DIE GESCHICHTE DES EISENS IN TECHNISCHER UND KULTURGESCHICHTLICHER BEZIEHUNG . DRITTE ABTEILUNG. DAS XVIII. JAHRHUNDERT. DIE GESCHICHTE DES EISENS IN TECHNISCHER UND KULTURGESCHICHTLICHER BEZIEHUNG VON Dr . LUDWIG BECK. DRITTE ABTEILUNG. DAS XVIII. JAHRHUNDERT. MIT 232 IN DEN TEXT EINGEDRUCKTEN ABBILDUNGEN. BRAUNSCHWEIG, DRUCK UND VERLAG VON FRIEDRICH VIEWEG UND SOHN. 1897 . Alle Rechte, namentlich dasjenige der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. INHALTSVERZEICHNIS . Die Geschichte des Eisens im 18. Jahrhundert . Allgemeiner Teil . Seite Einleitung 1—11 Litteratur im 18. Jahrhundert 11—57 Wissenschaftliche Lehranstalten 57—63 Die Chemie des Eisens in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts 63—74 Physik 74—91 Dampfmaschine vor Watt 91—112 Die Eisenindustrie bis gegen 1740 . Die direkte Schmiedeeisengewinnung — Luppenfeuer — Stucköfen 113—131 Hochöfen bis 1734 131—163 Die Eisengiesserei bis 1750 163—175 Eisen- und Stahlfrischen 175—201 Die Cementstahlfabrikation (nach Reaumur 1721) 201—227 Schmiedbarer Guss (nach Reaumur 1721) 227—242 Die mechanische Bearbeitung des Eisens (Polhem 1720 bis 1746) 242—255 Die Ankerschmieden 255—261 Die Weissblechfabrikation (1725) 261—265 Die Nadelfabrikation 265—270 Die Eisenindustrie um die Mitte des 18. Jahrhunderts (1740—1770). Die Erfindung des Gussstahls 271—281 Die Cementstahlfabrikation besonders in England 281—292 Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts . Das Brennmaterial 292—315 Die Eisenerze 315—321 Die Hochöfen in Frankreich um 1750 322—334 Inhaltsverzeichnis. Seite Die Flossöfen in Steiermark und Kärnten (334—347) 334—366 in Schmalkaden 347—349. Die Hochöfen in Deutschland 349—355, in Schweden 355—358, in Norwegen 358—362, in England 362—365, in Saarbrücken 365—366. Die Eisenverarbeitung . Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts 367—386 Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts 386—409 Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts 409—431 Eisen- und Stahlveredelung 432—453 Drahtzieherei, Nähnadelfabrikation 453—472 Ambossschmieden, Rohrhämmer, Messer- und Waffenfabriken 473—483 Die Chemie des Eisens von der Mitte des 18. Jahr- hunderts bis zum Sturz der Phlogistontheorie 483—502 Die Eisenindustrie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die Maschinen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts . James Watt und die Dampfmaschine 503—543 Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer 543—578 Walzwerke. Scheren 578—601 Werkzeugmaschinen. Öfen 601—625 Lavoisier und die antiphlogistische Chemie 626—647 Die Eisenbereitung im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts . Luppenfeuer 1775—1800 648—664 Frischfeuer 1775—1800 664—681 Frischen am Harz und in Österreich zu Ende des Jahr- hunderts 673—681 Puddelprocess. Feineisenfeuer 682—710 Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts 710—747 Eisengiesserei Ende des 18. Jahrhunderts 748—768 Stahl Ende des 18. Jahrhunderts 768—776 Verarbeitung von Eisen und Stahl 777 Die gewerblichen Verhältnisse 778—787 Besonderer Teil . Die Geschichte der Eisenindustrie in den einzelnen Ländern. Deutschland 778—990 Österreich 789—826 Bayern, Württemberg, Baden 826—832 Nassau und das Siegerland 832—849 Hessen und Thüringen 849—861 Der Harz 861—896 Sachsen 896—905 Preussen 905—936 Westfalen und die Rheinlande 936—990 Inhaltsverzeichnis. Seite Belgien 990—993 Lothringen (bis 1756) 993—997 Frankreich 997—1052 Italien 1053—1056 Spanien 1056—1063 England 1063—1101 Schweden 1101—1122 Russland 1122—1151 Amerika 1152—1181 Register 1183—1205 DIE GESCHICHTE DES EISENS IM ACHTZEHNTEN JAHRHUNDERT. Beck , Geschichte des Eisens. 1 DIE GESCHICHTE DES EISENS IM ACHTZEHNTEN JAHRHUNDERT. ALLGEMEINER TEIL . Einleitung . Im 18. Jahrhundert waren die Fortschritte im Eisenhüttenwesen sehr bedeutende, durch sie wurde die Grundlage des Riesenbaues der modernen Eisenindustrie geschaffen. Die politischen Verhältnisse trugen zur gewerblichen Entwicke- lung insofern bei, als die Länder Europas sich wenigstens zeitweilig ungestörter Friedensperioden erfreuten. War die Zahl der Kriege auch gross, so hatten dieselben doch nicht den verheerenden Charakter, wie der 30jährige Krieg in Deutschland, der Revolutionskrieg in England, der Befreiungskrieg der Niederlande, welche alle bürger- lichen und staatlichen Verhältnisse bis in den Grund aufgewühlt hatten. Aus den Kämpfen des 17. Jahrhunderts war eine gewisse Gruppierung der europäischen Grossmächte hervorgegangen, welche sich während des 18. Jahrhunderts mehr und mehr befestigte. Die leitende Stellung des römisch-deutschen Kaisers hatte schon längst aufgehört. Deutschlands innere Kraft war durch den 30jährigen Krieg gebrochen und der westfälische Friede hatte ein Konglomerat einer Unzahl kleiner und grosser Einzelstaaten hinterlassen, welche nur dem Namen nach durch das deutsche Kaisertum zusammen- gehalten wurden. Begann doch das Jahrhundert damit, dass sich der Kurfürst von Brandenburg selbst die preussische Königskrone auf- setzte. Wenn auch an Umfang den übrigen Staaten überlegen, stand Deutschland an Macht den geschlossenen Einheitsstaaten Frankreich und England nach. Diese beiden kämpften um die Hegemonie in 1* Einleitung. Europa, wobei Deutschland oder einzelne deutsche Staaten nur Hand- langerdienste verrichteten, der deutsche Grund und Boden bei allen grösseren Verwickelungen aber wieder das Schlachtfeld abgeben musste. So war es gleich zu Anfang des Jahrhunderts im spanischen Erb- folgekrieg, an dem sämtliche westeuropäische Staaten beteiligt waren. Italien litt an der gleichen Zerrissenheit wie Deutschland und ausserdem noch unter der antinationalen Politik des Papsttums. Spanien war zu Grunde gerichtet durch seine selbstmörderische Finanz- und Volkswirtschaft und durch eine unduldsame Priester- herrschaft. Entsprechend den politischen Verhältnissen, entwickelte sich die Eisenindustrie: In Italien und Spanien Stillstand, in Deutschland anfangs Stagnation, in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts lang- samer Fortschritt, mehr erzwungen durch die Konkurrenz des Aus- landes, als aus eigener Initiative. Infolgedessen bethätigte sich auch der Fortschritt in Deutschland mehr in Nachahmung als in Erfindung. Die Länder des Fortschrittes auf dem Gebiete der Eisenindustrie waren Frankreich, England, Schweden und Russland. Frankreichs Ehrgeiz ging dahin, der erste Staat in Europa, vor allem auf dem Kontinent, zu sein; es erstrebte politische Macht nach aussen, die Wohlfahrt im Inneren fand erst in zweiter Linie Berücksichtigung, ja sie wurde im Laufe des Jahrhunderts jenem ehrgeizigen Phantome nicht nur untergeordnet, sondern sogar zum Opfer gebracht. Aber Frankreich hatte seinen Zweck erreicht, der angesehenste und einflussreichste Staat des europäischen Kontinents zu sein. Sein Einfluss auf die Entwickelung der Eisenindustrie war ein grosser, aber mehr auf theoretischem als auf praktischem Gebiete. Die industriellen Fortschritte im eigenen Lande können nicht als mustergültig bezeichnet werden und haben die Eisenindustrie nicht wesentlich gefördert, aber die theoretische Behandlung des Gegen- standes, welche in einer reichen, vortrefflichen Litteratur ihren Aus- druck fand, wurde von grosser Bedeutung für dieselbe. Frankreich gebührt mit Schweden der Ruhm, der Begründer der Eisenhüttenkunde als Wissenschaft zu sein. Ganz anders gestaltete sich die Entwickelung in England. Dieses erstrebte die Weltherrschaft zur See nicht aus Ruhmsucht, sondern zur Sicherstellung seines grossartigen Handels und seiner Industrie. Deren Schutz und deren Entwickelung waren die ersten Interessen des Staates; diese waren es, welche sein politisches Handeln leiteten. Das Streben der Engländer war ein durchaus praktisches sowohl in Einleitung. der Politik, wie in der Industrie. Deshalb trat die theoretische Dis- kussion in den Hintergrund, das praktische Experiment aber in den Vordergrund, und während die schriftstellerische Thätigkeit in Eng- land auf dem Gebiete der Eisenindustrie im 18. Jahrhundert fast gleich Null ist, sind alle wichtigen Fortschritte und Entdeckungen hierin in England gemacht worden, und am Schlusse des Jahrhunderts steht England als die erste Eisenmacht der Welt da. Schweden setzte seine Bestrebungen auf Hebung der nationalen Eisenindustrie, welche die wichtigste Grundlage seines Wohlstandes bildete, mit Eifer und Erfolg fort und trug auf theoretischem, wie auf praktischem Gebiete zum Fortschritt des Eisenhüttenwesens bei. In Russland schuf der starke Wille eines genialen Herrschers eine mächtige Eisenindustrie, die bald im stande war, mit der der übrigen Staaten Europas in Wettbewerb zu treten. Die Grossartigkeit der Unternehmungen zeitigte manche Fortschritte, welche der ganzen Eisenindustrie zu gute gekommen sind. Mit kleinen Anfängen begann die Eisenindustrie Nordamerikas. Zunächst zog sie die Blicke der Politiker auf sich, denn der Druck, welchen sie durch die unvernünftige und ungerechte Industriepolitik Englands seinen Kolonien gegenüber gerade auf dem Gebiete der Eisenindustrie ausübte, gab den Hauptanstoss zu dem denkwürdigsten Ereignis des vorigen Jahrhunderts, der Unabhängigkeitserklärung der nordamerikanischen Freistaaten. Wir werden diesen wichtigen Vor- gang an späterer Stelle beleuchten. Der Verbrauch von Eisen wuchs, wenn auch lange nicht mit der Geschwindigkeit, wie in diesem Jahrhundert, von Jahr zu Jahr. Es war dies die natürliche Folge der zunehmenden Civilisation. So gingen Massen von Eisenfabrikaten von Europa nach Amerika für die immer mehr sich ausbreitenden Ansiedelungen. Immer grössere Mengen von Eisen verbrauchte die wachsende Seeschiffahrt. Der Fortschritt des Maschinenwesens, die Feuermaschinen, Dampfmaschinen, Walzwerke, Cylindergebläse u. s. w. erhöhten den Verbrauch von Eisen. Man begann eiserne Schienenwege anzulegen und eiserne Brücken zu bauen. Alles dieses trug zum Wachstum der Eisenindustrie bei. Der Verbrauch an Eisen wurde mehr und mehr der Kultur- messer der Nationen. Dieser wachsende Verbrauch ging Hand in Hand mit den Fort- schritten der Technik. Es wäre aber verkehrt, zu sagen, der zuneh- mende Bedarf allein habe diese Fortschritte veranlasst. Der Bedarf an Eisen ist infolge der mannigfaltigen vortrefflichen Eigenschaften dieses Einleitung. Metalles ein unbegrenzter. Jede technische Verbesserung in der Her- stellung desselben, die eine Steigerung der Produktion und eine Ver- billigung des Eisens zur Folge hat, bewirkt auch eine Steigerung des Verbrauchs. Die technischen Fortschritte steigern also ebenso den Verbrauch wie der vermehrte Verbrauch die Fortschritte steigert. Daher kommt es, dass wir in den einfachen Verhältnissen früherer Jahrhunderte und wie sie noch in der ersten Hälfte des 18. Jahr- hunderts vorliegen, das Wachstum der Industrie kaum wahrnehmen, während dieses Wachstum um so rascher zunimmt, je komplizierter unsere Industrie wird, je mehr wir uns der Gegenwart nähern. Dasselbe stellt sich fast wie eine geometrische Progression dar; jedenfalls erscheint sie uns im letzten Viertel des vorigen Jahr- hunderts bereits riesengross im Vergleich mit der ersten Hälfte des- selben. Die Fortschritte vollzogen sich auf theoretischem und auf prak- tischem Gebiete. Auf ersterem übernahm zuerst Frankreich die Füh- rung, und zwar durch den genialen Reaumur , den philosophischen Metallurgen. Ihm verdankt die Eisenhüttenkunde ihre eigentliche Begründung, durch ihn erlangte sie erst die Gleichberechtigung, ja die bevorzugte Stelle in der Metallurgie. Durch sorgfältige Versuche, in wissenschaftlichem Geiste erdacht, ausgeführt und erklärt, versuchte Reaumur zuerst Klarheit über die verschiedenen Zustände des Eisens und deren chemische und physi- kalische Unterschiede zu verbreiten. Auf derselben Grundlage baute er seine Erfindungen der Cementstahlbereitung und des schmiedbaren Gusses auf. Denn als seine Erfindungen dürfen wir diese Prozesse wohl bezeichnen, wenn auch schon früher daraufbezügliche Versuche gemacht worden waren, welche aber einen durchaus empirischen Charakter an sich trugen und in den Schleier des Geheimnisses gehüllt wurden. Diesen hob Reaumur und beleuchtete in seiner lichtvollen Weise das Wesen dieser Prozesse, die er dadurch jedem verständlich und zu einem Gemeingut machte. Dass der praktische Erfolg nicht der er- hoffte war, dass gerade in Frankreich diese beiden Fabrikationen nicht den erwarteten Fortgang nahmen, dass Reaumurs eigene Unter- nehmungen im Grossen verunglückten, beweist nichts gegen den grossen Werth der theoretischen Grundlage, welche Reaumur ge- schaffen hat. Aber auch die praktischen Erfolge blieben im Laufe der Zeit nicht aus, nur zog nicht Frankreich, sondern England den Nutzen davon. Die Cementstahlfabrikation erlangte schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine grosse Bedeutung in England Einleitung. und bildete zunächst die Grundlage für die englische Gärbstahl- bereitung; später wurde sie auch die Grundlage der Gussstahlfabri- kation, die aus ihr entstanden ist. Die Fabrikation des schmiedbaren Gusses verschwand, nachdem die Versuche in Frankreich ungünstig verlaufen waren, lange Zeit ganz, um erst gegen Ende des Jahr- hunderts in England von neuem und mit besserem Erfolg wieder aufgenommen zu werden. Hatte Reaumur der Eisenhüttenkunde durch das wissenschaft- liche Experiment ihre Grundlage gegeben, so führte ein anderer hervorragender Gelehrter des vorigen Jahrhunderts, der Schwede Emanuel Swedenborg , eine andere Methode, die der Ver- gleichung ein, welche die Grenzen der Hüttenkunde erweiterte und Übersichtlichkeit über die mannigfachen einzelnen Prozesse bewirkte. Ihm verdanken wir in seinem vortrefflichen Buche „De Ferro“ die erste Eisenhüttenkunde. Dieselbe ist wesentlich historisch und beschreibend, indem darin die schwedischen Hüttenprozesse möglichst objektiv, so wie sie damals ausgeführt wurden, geschildert werden und hieran kürzere Darstellungen der gleichartigen Prozesse, wie sie der Ver- fasser auf seinen Reisen im Auslande kennen gelernt hat, zur Ver- gleichung angereiht werden. Auch diese Methode ist in hohem Grade fruchtbringend geworden und hat bereits im vorigen Jahrhundert eine reichhaltige Litteratur erzeugt. Die Verbindung dieser praktischen Kenntnis der Hüttenprozesse mit der Theorie, wie sie das Experiment und die chemische und physikalische Wissenschaft geschaffen hatte, führte dann in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zur systematischen Eisen- hüttenkunde, welche ihre vortrefflichste Behandlung in Swen Rin- mans „Geschichte des Eisens“ gefunden hat. Unabhängig von diesen theoretischen und litterarischen Arbeiten entwickelte sich die Eisenindustrie in England auf empirischem Boden Schritt für Schritt und zeitigte die wichtigsten Erfindungen. Die Not war hier Lehrmeisterin; denn während der Bedarf an Eisen in Eng- land namentlich durch den Aufschwung der Schiffahrt von Jahr zu Jahr wuchs, nahm der Holzreichtum, welcher bis dahin das Brenn- material für die Eisenindustrie geliefert hatte von Jahr zu Jahr ab. Steinkohle als Ersatz für Holz und Holzkohle mit Erfolg zu verwenden, war aber trotz vieler Versuche bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts nicht gelungen. Erst diesem war es vor- behalten, die Lösung dieser wichtigen Frage zu finden. Nach langen Anstrengungen vermochte endlich Abraham Darby , das Einleitung. Schmelzen der Eisenerze im Hochofen mit Koks mit Nutzen durch- zuführen. Die zweite grundlegende Entdeckung, welche in England gemacht wurde, war die Erfindung des Gussstahls von Benjamin Huntsman 1740. Die Fabrikation desselben blieb während des ganzen Jahrhunderts Geheimnis und ausschliesslicher Besitz der Eng- länder, zu deren Überlegenheit auf industriellem Gebiete sie wesent- lich beitrug. Ein anderer grosser Fortschritt für die Eisengiesserei war die Einführung von Flammöfen zum Umschmelzen des Roheisens. Da- durch wurden die Giessereien erst unabhängig von den Hochöfen. Bei diesem Betriebe, wie bei der Stahlbereitung wurden Steinkohlen, beziehungsweise Koks als Brennmaterial verwendet. Noch aber war es nicht gelungen, Stabeisen aus Roheisen mit fossilem Brennstoff herzustellen; noch kannte man nur den Frisch- prozess, der nur mit Holzkohlen erfolgreich ausgeführt werden konnte. Da erfand Henry Cort 1785 das Flammofenfrischen , den sogenannten Puddelprozess , welcher das wichtige Endglied der Kette der Eisendarstellungsprozesse mit Steinkohlen bildete. Dadurch war Englands Ueberlegenheit auf dem Gebiete des Eisenhüttenwesens gesichert, denn seine Steinkohlenschätze waren grösser als die der Kontinentalstaaten; an Eisenerzen hatte es gleich- falls keinen Mangel und kein Land hatte so günstige Transport- und Abfuhrverhältnisse, als das gesegnete Inselland. Seit der Erfindung des Puddelprozesses war die Führerschaft Englands in der Eisenindustrie eine unbedingte und ist es geblieben bis in un- sere Zeit. Diese metallurgischen Fortschritte waren es aber nicht allein, welche den ausserordentlichen Aufschwung der Eisenindustrie ver- anlassten; Hand in Hand damit gingen die Erfindungen auf mecha- nischem Gebiete. Von diesen waren es zwei, welche unmittelbar von grösstem Einflusse auf die Eisenbereitung geworden sind, die der Walz- werke und der Cylindergebläse . Durch erstere wurde die Form- gebung des Schmiedeisens erleichtert und beschleunigt, durch letztere wurde die grosse Produktion der Kokshochöfen, wodurch erst deren unbedingte Überlegenheit begründet wurde, ermöglicht. Alle diese Neuerungen und noch viele andere Verbesserungen der Hilfs- und Werkzeugmaschinen hätten aber ihre volle Bedeutung nicht erlangen können ohne die wichtigste Erfindung des vorigen Jahrhunderts, die der Dampfmaschine . Diese ist der Triumph des 18. Jahr- Einleitung. hunderts und giebt ihm seine Signatur. Die Anfänge derselben fallen zwar, wie wir gesehen haben, schon in das vorhergehende Jahr- hundert. Savarys sogenannte Dampfmaschine war aber kein Motor im modernen Sinne, es war ein Apparat, der nur zum Wasserheben eine beschränkte Anwendung finden konnte. Viel näher dem Ziele kam schon die atmosphärische Maschine von Newkomen , die gewöhnlich als Feuermaschine bezeichnet wurde. Hier übten wirklich ein Kolben und eine Kolbenstange, welche durch den Luftdruck in einem luftverdünnten Raume niedergedrückt wurden, eine motorische Kraft aus. Bei der Unregelmässigkeit dieser Be- wegung war aber eine andere Verwendung als zur Bewegung von Pumpen, namentlich die Umsetzung in eine Kreisbewegung fast un- möglich und alle in dieser Richtung gemachten Versuche blieben er- folglos. Einen vollkommenen Motor schuf erst das Genie von James Watt in seiner Dampfmaschine. Durch diese wurde der grosse Schatz von Kraft, welcher in dem Schosse der Erde in den Kohlen- flötzen abgelagert ist, erst verwertbar gemacht und erschlossen. Mühevoll und lang war der Weg, den Watt wandern musste, bis er zu seinem Ziele kam; die eigene grosse Kraft des genialen Mannes hätte dazu fast nicht ausgereicht. Aber ein gütiges Geschick, dem wir heute noch danken, hat ihn geleitet und die grössten Schwierig- keiten hinweggeräumt. Nicht gleich war die Dampfmaschine Watts , so geistvoll sie er- dacht, so sinnreich alle Teile erwogen, so sorgfältig sie ausgeführt war, das siegreiche Werkzeug, wie es in seiner Vollendung vor uns steht. Allmählich nur entwickelte sie sich zu dieser Vollkommenheit und die Umsetzung der Kraft in die mannigfaltigen Bewegungen, die Anpassung an alle Arten von Arbeiten, welche wir sie heute leisten sehen, hat noch viele Mühe, Nachdenken, Versuche und Zeit gekostet. Aber schon bald nach ihrer Geburt wurde sie begrüsst als das, was sie geworden ist, das hoffnungsvolle Kraftwerkzeug einer besseren Zukunft, um den trägen Schritt und die mühselige Arbeit des Menschen zu beschleunigen und zu erleichtern. Diese Hoffnung fand den treffendsten Ausdruck in einem Gedicht, welches Erasmus Darwin , der Grossvater des berühmten Charles Darwin , selbst ein vortrefflicher Naturforscher und ein Freund von James Watt im Jahre 1788 verfasst hat. Es lautet Das Original befindet sich in E. Darwin , The botanic garden, die Über- setzung von Dr. Ernst Engel , in dessen „Das Zeitalter des Dampfes“. Berlin 1880. : Einleitung. Bald wird des Dampfes Kraft den flüchtigen Wagen Die Strasse entlang, Die träge Barke durch die Wellen tragen In sicherem Gang. Ja, durch des Windes leichtbewegte Schwingen, Durchs luftige Reich Ein neu Gefährt zum fernsten Ziele bringen, Dem Adler gleich! Der Dichter ist hier Prophet, dem die Zukunft enthüllt ist. Bis zur Eröffnung der ersten Eisenbahn bedurfte es aber noch einer ge- raumen Zeit, und das lenkbare Luftschiff gehört noch heute zu den unerfüllten Wünschen. Tiefeingreifend waren die Wirkungen der Erfindung der Dampf- maschine auf die Eisenindustrie; denn einerseits war damit eine Kraft quelle von unbegrenzter Stärke geboten, anderseits war sie nicht an örtliche Bedingungen gebunden. Überall, auf Höhen und Tiefen, in Stadt und Land, liessen sich Dampfmaschinen aufstellen. Die Eisen- industrie war nicht mehr gefesselt an das Gefälle des Wasserlaufes, sie war erlöst aus dem „Waldthal“; die Kraft, die sie nötig hatte, band sie nicht mehr an eine bestimmte Örtlichkeit; sie konnte frei da ihr Arbeitsfeld aufschlagen, wo sich ihr die günstigsten Bedingungen darboten. Dies war aber besonders in den Steinkohlenrevieren, wo der Bezug des Brennmaterials leicht und billig war, der Fall. Die Eisenhütten verliessen ihre alten Sitze in oft abgelegenen unzugäng- lichen Waldthälern und wanderten in das Steinkohlengebiet aus. Hier entstanden weit grössere Werke, als man sie früher jemals ge- kannt hatte; denn man war ja nicht mehr beschränkt durch die zu- gemessene Kraft des Wassergefälles, sondern konnte mit Steinkohlen und Dampfmaschinen beliebige Kraftmengen auf beschränktem Raume erzeugen. Auf diese Weise entstanden neue, grossartige Eisenindustrie- gebiete, wie namentlich in Schottland, Süd-Wales, Staffordshire, Ober- schlesien u. s. w. Auch die Chemie arbeitete eifrig an den Fortschritten im Eisen- hüttenwesen mit. War sie darin auch lange Zeit gehemmt durch die falsche Lehre vom Phlogiston, so konnte sie nach dem Sturze dieser durch die Entdeckung des Sauerstoffs und Lavoisiers Lehre von der Verbrennung sich frei entfalten und durch die richtige Erklärung der Konstitution der verschiedenen Eisensorten und der Vorgänge bei den hüttenmännischen Prozessen der Industrie den richtigen Weg und die richtigen Grenzen zeigen. Litteratur im 18. Jahrhundert. Nur in grossen Zügen haben wir die Entwickelung des Eisen- hüttenwesens im vorigen Jahrhundert angedeutet, die nähere Aus- führung sollen die nachfolgenden Blätter bringen. Litteratur im 18. Jahrhundert . Ein grosser Fortschritt für die Eisenindustrie war die Entstehung einer selbständigen Fachlitteratur im 18. Jahrhundert. Diese entwickelte sich zuerst in Frankreich. Der Führer und Meister der- selben war Reaumur , welcher durch seine zwei vortrefflichen Ab- handlungen über Cementstahlfabrikation und über schmiedbaren Guss (l’art de convertir le fer forgé en acier et l’art d’adoucir le fer fondu), welche er im Jahre 1722 zu Paris veröffentlichte, die Eisenindustrie nicht nur mit neuen Erfindungen und Ideen bereichert, sondern damit die gediegene Grundlage für die Litteratur des Eisenhütten- wesens gelegt hat. Seit Agricola hatte kein Schriftsteller es verstanden, hütten- männische Vorgänge mit solcher Sachlichkeit und Klarheit zu be- schreiben, wie Reaumur . Dadurch, dass er immer nur einen bestimmten Gegenstand zum Vorwurf seiner Arbeiten nahm, übertraf er sogar Agricola noch an Gründlichkeit, während er in Bezug auf Schönheit und Bestimmtheit des Ausdrucks, Wärme und Vornehm- heit der Sprache diesem an die Seite zu stellen ist. Die erwähnten Schriften Reaumurs sind Muster von Darstellungen technischer Vorgänge und Einrichtungen, welche den Praktiker ebenso ansprechen, wie den Gelehrten. Ehe wir auf diese und andere Arbeiten Reau- murs näher eingehen, wollen wir einige kurze Nachrichten über seine Person mitteilen. René-Antoine Ferchault de Reaumur wurde am 26. Februar 1683 als Sohn des Präsidialrats Reaumur zu La Rochelle geboren. Ebenfalls zur juristischen Carriere bestimmt, vertauschte er, einem inneren Drange folgend, das Studium der Jurisprudenz mit dem der Mathematik und der Naturwissenschaften. 1703 kam er nach Paris, wo er in den folgenden Jahren drei mathematisch-geometrische Ab- handlungen veröffentlichte, welche solchen Beifall fanden, dass er bereits 1708, erst 25 Jahre alt, zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften ernannt wurde. Er ist deren eifrigstes und thätigstes Mitglied geworden. Man übertrug ihm die Leitung eines grossen, von der Regierung unterstützten Unternehmens einer Beschreibung der Litteratur im 18. Jahrhundert. Künste und Handwerke (Description de divers arts et métiers). Dieses Werk wurde zwar niemals vollendet, es gab aber Reaumur , der sein ganzes Leben daran arbeitete, Veranlassung zu eingehenden Studien auf den verschiedenartigsten Gebieten der Technik, und seine Arbeiten wurden die Grundlage der grossen technischen Encyklopädie, welche erst nach seinem Tode unter dem Titel: Description des arts et métiers faites et approuvées par Messrs. de l’Académie royale des sciences de Paris erschien. Da er am Meere geboren war, so wurde sein Interesse schon früh auf das noch wenig bekannte Leben und die Entwickelung der See- tiere hingelenkt. In den Jahren 1708 bis 1715 machte er eingehende Studien hierüber und veröffentlichte eine Menge neuer Beobachtungen und Entdeckungen. Er fand die Purpurschnecke wieder auf und stellte den Farbstoff aus derselben dar Quelques expériences sur la liqueur colorante qui fournit la pourpre, dans les Mém. de l’Acad. des sciences; année 1736. . Er machte höchst inter- essante Beobachtungen über Regeneration bei den Krustaceen, besonders das Nachwachsen verlorener Glieder von Krabben und Seekrebsen; über die Fortbewegung der Seesterne, über die Zoophyten, welche die Korallen bilden, über den elektrischen Apparat der Zitterrochen; über eine Perlmuttersubstanz in den Weissfischen, mit der man künst- liche Perlen färben könnte; über die Phosphoreszenz der Bohr- muschel und anderer Seetiere u. s. w. Daneben beschäftigte er sich mit technischen Untersuchungen, deren Ergebnisse er veröffentlichte, wie 1711 über die Seilerei, 1712 über Golddrahtfabrikation, 1714 über Türkise und Türkisgruben in Frankreich, sowie über deren Zu- sammensetzung und Färbung, 1715 Versuche über luft- und wasser- dichtes Papier, 1718 über Goldstaub führende Flüsse in Frankreich. Am wichtigsten aber waren seine Versuche über das Eisen, welche er 1715 begann und welche namentlich die Erzeugung guter Stahlsorten in Frankreich zum Zweck hatten. Dieselben führten ihn zur Entdeckung der bis dahin als Geheimnis behandelten und in Frankreich noch nicht eingeführten Cementstahlfabrikation und weiter zur Erfindung des schmiedbaren Gusses. Er veröffentlichte die Ergebnisse seiner Arbeiten in den oben schon erwähnten beiden Abhandlungen, welche 1722 zu Paris gedruckt wurden. Der Prinzregent von Orleans hatte in Anbetracht der nationalen Bedeutung dieser Entdeckungen Reau- mur mit einem Gnadengehalt von 12000 Livres, welchen dieser aber nur unter der Bedingung annahm, dass derselbe nach seinem Tode auf die Akademie übergehen sollte, belohnt. Reaumur , der sich in Litteratur im 18. Jahrhundert. günstigen Vermögensverhältnissen befand, verwendete dieses Geld ausschliesslich zur Förderung der Industrie und der Gewerbe. Wie die Cementstahlfabrikation, so war die Weissblechfabrikation ein Zweig der Eisenindustrie, welcher in Frankreich noch unbekannt war. Cementstahl und Weissblech musste aus dem Auslande bezogen werden. Reaumur beschäftigte sich eingehend mit demselben und veröffent- lichte die Ergebnisse seiner Untersuchung 1725 in den Memoiren der Akademie unter dem Titel: Principes de l’art de faire le fer blanc. Es war dies ebenfalls die erste wissenschaftliche Arbeit über die Weissblechfabrikation. Nachdem er bereits 1718 die Beschreibung eines Eisenbergwerks der Grafschaft Foix herausgegeben hatte, ver- öffentlichte er 1722 und 1723 zwei Memoiren über die Magnetisierung des Eisens, 1724 eine über die Krystallisation der geschmolzenen Metalle beim Erstarren (De l’arrangement qui prennent les parties des Matières Métalliques et Minerales lorsqu’après avoir été mises en fusion, elles viennent a se figer). 1726 veröffentlichte er eine inter- essante Arbeit speciell über das Verhalten des Gusseisens beim Er- starren (Que le fer est de tous les métaux celui, qui se moule le plus parfaitement et quelle en est la cause Mém. de l’Acad. 1726, p. 273. . Sehr eingehend beschäftigte sich Reaumur mit der Unter- suchung feuerfester Thone, worüber er 1730 eine gründliche Ab- handlung veröffentlichte (De la nature de la terre en général et du caractère des différentes espèces de terres). Hiermit standen seine Versuche über die Porzellanbereitung in engster Beziehung, welche ihn 1739 zur Entdeckung des opaken Glases, nach ihm Reaumur- sches Porzellan genannt, führten. Die Erfindung, welche Reaumurs Namen am bekanntesten ge- macht hat, ist die seines Thermometers, eines Weingeistthermo- meters, bei dem der Temperaturunterschied zwischen dem Gefrier- und dem Siedepunkte des Wassers in 80 gleiche Teile geteilt ist. Diese praktische Grundlage hat ihm die allgemeinste Einführung ver- schafft, denn das bald danach angegebene Thermometer von Celsius unterscheidet sich nur durch die Einteilung der gleichen Temperatur- skala in 100 statt in 80 Teile Über das Thermometer hat Reaumur eine Reihe von Abhandlungen ver- öffentlicht, welche sich in den Memoiren der Akademie von 1731, 1733, 1734 und 1735 finden. Die erste führt den Titel „Sur la construction des thermomètres dont les degrés sont comparables, avec des remarques sur quelques propriétés de l’air“ (dans les Mém. de l’Acad. 1731). Ausserdem veröffentlichte Reaumur . Litteratur im 18. Jahrhundert. Von den technischen Arbeiten und Versuchen Reaumurs auf ganz andern Gebieten erwähnen wir noch seine Untersuchung der Spinn- fäden, welche 1710 als selbständiges Werk erschien (Examen de la soie des araignées 1710 in 4°) und in welchem er nachwies, dass Seide aus Spinnfäden die Seide aus Kokons der hohen Herstellungs- kosten wegen nicht ersetzen könnte. Dies Werk wurde auf aus- drücklichen Befehl des Kaisers von China durch den Jesuitenpater Perennin in die Mandschusprache übersetzt. Er schrieb ferner Auf- sätze über Wagenbau und Feuerlöschwesen. — 1735 veröffentlichte Reaumur eine Methode zur Konservierung der Eier. Überhaupt be- schäftigte er sich in grossem Massstabe mit Vögelzucht und künst- licher Brütung, worüber er 1749 eine berühmte Arbeit veröffentlichte Sur l’art de faire éclore et d’élèver en toute saison des oiseaux domestiques de toutes espèces, soit par le moyen de chaleur de fumier, soit par le moyen de celle du feu ordinaire. 1752 veröffentlichte er seine Schrift: Sur la digestion des oiseaux. , welche ins Deutsche und Englische übersetzt wurde. Ebenso Grosses wie auf dem Gebiete der praktischen Natur- wissenschaft leistete Reaumur auf dem der theoretischen. Als Beleg hierfür dient seine ausgezeichnete Geschichte der Insekten in 12 Bänden (Mémoires pour servir à l’histoire des insectes, Amsterdam 1737—1748, avec 276 planches). Reaumur wies auch zuerst nach, dass die Korallen und Madreporen keine pflanzlichen Gebilde seien, wie man bis dahin allgemein annahm, sondern von Korallentierchen, gebildet werden. Reaumur starb nach einem ruhigen, den Wissenschaften ge- widmeten Leben, welches er meist auf seinem Gute zu Saintonge, teils auch auf seinem Landgute zu Bercy bei Paris verbracht hatte, am 17. Oktober 1757 plötzlich in Folge eines Sturzes vom Pferde auf seinem Landgute de la Bermondière in Maine. Die französische Aka- demie widmete ihm einen warmen Nachruf (s. Mém. de l’Acad. 1757), in dem ihm als Gelehrter, Akademiker und Bürger das höchste Lob gespendet wird; mit besonderer Wärme aber wird sein edler Charakter, sein vortreffliches Herz, seine Bescheidenheit und Liebenswürdigkeit wie seine grosse Sittenreinheit gepriesen. Seine dankbaren Lands- leute legten ihm den Namen Plinius des 18. Jahrhunderts bei. Der Akademie der Wissenschaften hatte er erstens sein grosses Naturalien- kabinett, aus dem Brisson das Material für seine Werke über die Observations du thermomètre à Paris, comparées à celles de différents autres lieux 1735 — 1740. Ausser in der Einteilung bestand der Vorzug seines Thermo- meters in der Füllung mit Spiritus von bestimmtem Alkoholgehalt. Litteratur im 18. Jahrhundert. Säugetiere und Vögel schöpfte, zweitens seine Sammlungen von Mine- ralien und von Pflanzen, drittens 138 Mappen mit teils vollendeten, teils angefangenen Memoiren und viertens das Manuskript einer Geschichte der Künste vermacht. Die Handschriften wurden von den Encyklopädisten, namentlich aber von den Verfassern der De- scription des arts et métiers benutzt. Reaumurs wissenschaftliche und praktische Thätigkeit war von nachhaltigem Einfluss, und zwar nicht nur durch seine zahlreichen Erfindungen, sondern auch durch seine Methode der Untersuchung und Behandlung. Er war ein Meister des Experimentes und seine analytischen und synthetischen Versuche waren geistreich und prak- tisch. Seine Darstellungen zeichnen sich durch Klarheit, Einfachheit, Gründlichkeit und Anmut aus. Er ist ein klassisches Vorbild für die Behandlung technischer Fragen für alle Zeiten und sein Beispiel ist insbesondere für die französische technische Litteratur von nach- haltigem Einfluss gewesen, so dass diese durch sein Vorgehen und Wirken die gediegenste des 18. Jahrhunderts geworden ist, aus welcher alle andern Nationen schöpften. Reaumurs Einfluss war aber viel weitgehender. Er hat die technische Litteratur und die technische Wissenschaft erst geschaffen, durch seine Persönlichkeit wurde sie geadelt und sein Beispiel bewirkte, dass Gebildete und Vornehme sich mit Vorliebe mit ihr beschäftigten. Das grosse Werk „Description des arts et métiers“ hat Reaumur , wie erwähnt, nicht vollendet. Daran war seine Gründlichkeit und die Art, wie er die Fragen behandelte, schuld; denn er begnügte sich nicht damit, die Dinge und Zustände zu beschreiben, wie er sie fand, sondern er untersuchte die Grundlagen und ihre Verbesserungs- fähigkeit. Ausgerüstet mit dem ganzen mathematischen und natur- wissenschaftlichen Wissen seiner Zeit, that er dies mit dem grössten Erfolg und förderte dadurch die französische Industrie ungemein, zu- gleich erweiterte er den Kreis der Wissenschaften durch die Ein- führung, Erklärung und Begründung der Vorgänge im Gebiete der Technik. Sein Einfluss beschränkte sich schon zu seinen Lebzeiten nicht auf Frankreich, er machte sich in ganz Europa fühlbar, ganz besonders in Schweden, wo damals in der Akademie der Wissen- schaften ein reges Leben herrschte. Der zweite grosse Schriftsteller auf dem Gebiete der Eisen- industrie, welchen das 18. Jahrhundert hervorgebracht hat, der be- rühmte Emanuel Swedenborg , war ein Schwede. Der Einfluss, welchen sein französischer Zeitgenosse Reaumur auf ihn ausgeübt Litteratur im 18. Jahrhundert. hat, lässt sich aus seinen Schriften erweisen. Im Jahre 1734 ver- öffentlichte Swedenborg sein wichtiges Werk „De ferro“, dessen vollständiger Titel folgendermassen lautet: Emanuel Swedenborgii Sacrae Regiae Majestatis Regnique Sveciae Collegii Metallici Asses- soris Regnum Subterraneum sive Minerale De Ferro deque modis liquationum ferri per Europam passim in usum receptis: deque conversione ferri crudi in chalybem: de vena ferri et probatione ejus: pariter et chymicis praeparatis et eum ferro et victriolo ejus factis experimentis etc. etc. cum figuris aeneis. — Dresdae et Lipsiae sump- tibus Friederici Hekelii, Bibliopolae regii MDCCXXXIV. — Sweden- borg war auch eines jener universellen Genies, von allumfassendem Wissen (Polyhistor), wie sie gerade jene Zeit hervorbrachte und als deren grösstes Beispiel Leibniz an der Schwelle des Jahrhunderts steht. Emanuel Svedberg wurde am 29. Januar 1688 als der zweite Sohn des damaligen Hofpredigers Jesper Svedberg Nouvelle Biographie Générale, Paris 1865, Nr. 44, p. 690. zu Stock- holm geboren. Sein Vater war ein angesehener Geistlicher und her- vorragender Theologe, welcher 1692 zum Professor der Theologie nach Upsala berufen und 1702 von König Karl XII. zum Bischof von Skara ernannt wurde. Ausser einer Autobiographie hinterliess er eine grosse Zahl Schriften verschiedenen Inhalts. Als Geistlicher neigte er weder zur streng orthodoxen noch zur mystischen Richtung, und war besonders geschätzt wegen seiner Beredsamkeit, Vaterlands- liebe und Mässigung. Dass der talentvolle Sohn eines solchen Vaters eine vortreffliche Erziehung erhielt, ist fast selbstverständlich. Im vierten Jahre zeigte Emanuel bereits einen ungewöhnlichen Ernst. Schon als Knabe unterhielt er sich am liebsten mit Geistlichen über Glaubensfragen, ohne indes irgend welchen Hang zum Mysticismus oder zur Schwärmerei zu zeigen. Sein Vater vermied es, ihn irgend- wie zu beeinflussen, suchte vielmehr die möglichst freie Entfaltung aller seiner Anlagen zu befördern. Neben klassischen Studien be- schäftigte er sich mit Vorliebe mit Mathematik und Naturwissenschaft. Nachdem er 1709 zu Upsala die Doktorwürde mit einer philo- logischen Dissertation erlangt hatte, ging er auf Reisen und besuchte in den nächsten vier Jahren England, Holland und Frankreich. Während dieser Zeit veröffentlichte er zwei Bände Gedichte. Nach Hause zurückgekehrt, gründete er ein wissenschaftliches Archiv unter dem Titel Daedalus hyperboreus, von dem in den Jahren 1716 bis Litteratur im 18. Jahrhundert. 1718 sechs Bände erschienen. Wegen seiner vorzüglichen Kenntnisse in der Mechanik ernannte ihn Karl XII., der sein Genie erkannte, 1716 zum Assessor des Bergkollegiums. Er half damals nicht nur dem Ingenieur Polhem bei der Ausführung verschiedener Konstruk- tionen, sondern er leistete dem König einen ausserordentlichen Dienst, indem er den Transport der zur Belagerung von Friedrichshall er- forderlichen schweren Geschütze und des ganzen Belagerungsmate- rials über das Gebirge bewerkstelligte. Nach Karls XII. Tode in den Laufgräben dieser Festung erhob ihn die Königin Ulrike Eleonore zum Dank für seine Verdienste am 3. Mai 1719 in den Adelstand unter dem Namen von Svedenborg . Er hat von seinem Adel nie Gebrauch gemacht, sondern nannte sich einfach immer nur Assessor Svedenborg . Obgleich ein eifriges Mitglied der Landesvertretung, der gewissenhafteste Beamte und sowohl bei Hof als bei seinen Kollegen in hohem Ansehen, strebte er nie nach Beförderung. Er hatte und bekannte die freiesten Ansichten über Regierung und Staatswesen, hielt sich aber von Politik fern, indem er alles, selbst die Religion, nur von dem Gesichtspunkte der Moral aus betrachtete. Er lebte zumeist dem Studium und den Wissenschaften und hatte die umfassendsten Kenntnisse in Mathematik, Astronomie, Physik, Chemie, Mineralogie, Krystallographie, Metallurgie, Mechanik, Nautik und Nationalökonomie, welche er unablässig zu erweitern bemüht war. Unabhängig durch Vermögen und Charakter, ein Freund der Thätigkeit, lieferte er, wie richtig von ihm gesagt wurde, die Arbeiten einer ganzen Akademie und teilte sich selbst wissenschaftliche Preis- aufgaben zu, wie es sonst Fürsten und Universitäten zu thun pflegten. Nachdem er längere Zeit die Bergwerke Schwedens bereist und studiert hatte, besuchte er die Bergwerke und Brüche der Nieder- lande, Hannovers, Sachsens und des übrigen Deutschland während 15 Monaten in den Jahren 1721 bis 1722. Hierbei fand er an dem Herzog Ludwig Rudolf von Braunschweig einen grossmütigen Gönner, der ihm die sämtlichen Kosten seiner Reise bezahlte. Während dieser Reise veröffentlichte er fünf Abhandlungen und vier Bände, darunter das berühmte Buch „Prodromus principiorum rerum naturalium“, in welchem er die Erscheinungen der Chemie und Physik aus geometri- schen Grundsätzen zu erklären suchte; ferner ein Buch über Schiffs- bau, eins über eine neue Art der Meridianbestimmung und ein an- deres „Miscellanea observata circa res naturales, praesertim mineralia, ignem et montium strata“; alle reich an trefflichen Gedanken und Beobachtungen. Erst nach seiner Rückkehr nahm er seinen Sitz im Beck , Geschichte des Eisens. 2 Litteratur im 18. Jahrhundert. Bergwerkskollegium, für den er sich zuvor nicht würdig genug ge- halten hatte, ein. 1724 bot ihm die Universität Upsala den Lehr- stuhl für Mathematik an, aber trotz dringender Bitten lehnte er die Ehre ab. Die Theorie allein befriedigte ihn nicht. 1729 wurde er zum Mitglied der schwedischen Akademie der Wissenschaften er- nannt. — Seine Wissbegierde trieb ihn bald wieder in das Ausland. „Sein geistiger Horizont kannte keine Grenzen, wie bald danach auch sein religiöser.“ 1733 trat er seine Reise an, besuchte Preussen, Sachsen und die Berg- und Hüttenwerke in Böhmen, darauf die in Österreich, Steiermark und Ungarn. Den Winter brachte er in Leipzig zu, mit der Abfassung eines grossen Werkes beschäftigt, welches 1734 unter dem allgemeinen Titel „Opera philosophica et mineralia“ erschien und von dem das eingangs erwähnte Buch De ferro einen Teil bildete. In dem ersten allgemeinen Teil des Werkes stellte er sein System der Natur auf, eine Naturphilosophie. Der zweite und dritte Band sind durchaus praktisch und beschäftigen sich mit dem Eisen und dem Kupfer. Er wollte in gleicher Weise auch die übrigen Metalle behandeln, dieser Plan kam aber nicht zur Ausführung. Die Arbeiten für den ersten Band des Werkes führten ihn auf den Weg, den verborgenen Geheimnissen der Natur nachzuforschen. Er dehnte seine Theorie auf die Physio- logie aus und schrieb über das Unendliche, über die letzten Gründe und über den Zusammenhang zwischen Körper und Seele. Der Ruhm Swedenborgs breitete sich in Europa aus, Wolff und andere Gelehrten suchten seine Freundschaft und traten in nähere Verbindung mit ihm. Den 17. Dezember 1734 ernannte ihn die Akademie zu Petersburg zum korrespondierenden Mitgliede. 1736 unternahm er eine neue Studienreise. Von Holland ging er nach Frankreich und verweilte 19 Monate in Paris. Von da ging er nach Italien, wo er abwechselnd in Florenz, Venedig und Rom verweilte. Hier gestattete er sich zum ersten und einzigen Male einen freieren Lebensgenuss. Vier Jahre hatte diesmal sein Aufent- halt im Auslande gedauert. Nach seiner Rückkehr beschäftigte er sich hauptsächlich mit Physiologie und Anatomie und ver- öffentlichte in dem grossen Werke „Oeconomia regni animalis“ seine Ansichten über das Tierreich, speciell über den homo sapiens. Ganz besonders studierte er den Bau des Körpers und begründete eine Geometrie und Mechanik desselben. 1745 begab er sich nach London und veröffentlichte das merkwürdige Buch „De cultu et amore Dei“, das sich mit der Seele, der Erkenntnis und dem Litteratur im 18. Jahrhundert. Bilde Gottes beschäftigt. Damit schliesst die erste Periode seines Lebens. Im April des Jahres 1745 hatte er in London zum ersten Male eine Vision. Gott selbst war ihm, wie er glaubte, in menschlicher Gestalt, von einem Lichtglanz umflossen, erschienen und hatte ihm mitgeteilt, er habe ihn auserwählt, um den Menschen den geistigen Inhalt der heiligen Schriften zu erklären. „Schreibe nieder, was ich Dir sagen werde“, lautete sein Ruf. Seitdem hatte Swedenborg häufig Visionen und führte Zwie- gespräche mit Engeln, die ihm erschienen, welche er niederschrieb. Seine wissenschaftlichen Arbeiten hatten damit ihr Ende erreicht, mit um so grösserem Eifer warf er sich auf die Erklärung Gottes und der Menschennatur. Er schrieb darüber eine erstaunliche Zahl von Schriften. Es ist nicht unsere Aufgabe, ihm auf diesem Gebiete zu folgen oder Kritik zu üben. Bekanntlich besteht die Kirche der Swedenborgianer oder, wie sie sich nennt, „die Kirche des neuen Jerusalem“. Anerkennen muss ein jeder die hohe sitt- liche Auffassung des Gottesbegriffes, der Menschennatur und des Christentums, sowie den Ernst und Eifer, mit dem Swedenborg seine Lehre erfasste, begründete und erklärte. Hierin erweist sich auch die Einheitlichkeit zwischen Swedenborg dem Gelehrten und Swedenborg dem Propheten: das Suchen nach Wahrheit, das Bekennen der Wahrheit, wie er sie sieht, das ist das Streben, welches den Einen wie den Anderen erfüllte und so betrachtet, erscheint der Übergang von dem Einen zum Anderen nicht so un- begreiflich. Uns aber berührt hier nur Swedenborg der Gelehrte; ins- besondere der praktische Naturforscher und Metallurge. In ersterer Beziehung erwähnen wir, dass er sich eifrig für die Einführung des Dezimalsystems bemühte und darüber bereits 1719 eine Schrift ver- öffentlichte Über die Dezimalteilung der Münzen und Masse und die Vereinfachung des Rechnens und der Abschaffung der Brüche. In schwedischer Sprache 1719 in 8°. . Von praktischen Gesichtspunkten gingen auch die interessanten geognostischen Untersuchungen aus, worüber er die „Miscellanea observata circa res naturales, praesertim mineralia, ignem et montium strata“ 1722 in vier Bänden veröffentlichte. Aus dieser Arbeit erfahren wir auch, dass Swedenborg den Auftrag hatte, die schwedische Küste im Hinblick auf Salzgewinnung zu untersuchen. — Technisch-praktischem Zwecke sollte die kleine Schrift „Nova obser- 2* Litteratur im 18. Jahrhundert. vata et inventa circa ferrum et ignem, una cum novi camini inven- tione“ Amst. 1721 dienen. Alle diese Schriften stehen aber an Be- deutung zurück gegen das oben erwähnte Buch „De ferro“. Swedenborgs Werk „De ferro“ von 1734 ist das erste und älteste Handbuch der Eisenhüttenkunde. Behandelt es auch den Gegenstand nicht in der theoretischen Weise unserer heutigen Lehr- bücher, so giebt es uns doch eine systematische Darstellung des Eisenhüttenwesens Europas im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts. Die Grundlage bildet das schwedische Eisenhüttenwesen und sind die damals in Schweden gebräuchlichen Verfahrungsweisen für die Aus- schmelzung der Eisenerze zu Gusseisen und zu schmiedbarem Eisen, die Umwandlung von Roheisen in Schmiedeisen ausführlich auf den ersten 141 Folioseiten und 10 Figurentafeln beschrieben. Hieran knüpft sich eine vergleichende Schilderung der Eisenbereitung in Frankreich, Lüttich, Italien, Spanien, England, Nordamerika, Russland und Sibirien, Norwegen, Schlesien, Sachsen, am Harz, in Steiermark und Kärnten, eines älteren Verfahrens in Salzburg, der von Agricola beschriebenen Luppenfeuer und verschiedener Schmelzversuche mit rohem Holz und Steinkohle; sodann die Beschreibung der Stahlberei- tung aus Roheisen in Schweden, Frankreich, Salzburg, Tirol, Steier- mark und Kärnten und des Verfahrens nach Agricola . Hierauf folgt ein Auszug aus Reaumurs Schrift über die Erweichung der Guss- waren (schmiedbaren Guss), sodann eine Zusammenstellung ver- schiedener Angaben über Weich- und Hartmachen von Eisen, über Versuche, Schmiedeisen mit Flüssen zu schmelzen, Stahl eine silber- weisse Farbe zu geben, Schweissen und Löthen, Eisen vor Rost zu schützen und zuletzt die Darstellung der Schmiedeisenfabrikation in Lüttich, England und Schweden. Damit schliesst der erste Teil (Classis prima). Der zweite Teil handelt über die Eisenerze und die Kunst, die- selben zu probieren Regnum subterraneum sive minerale de vena et lapide ferri ut et de variis ejus probandi modus. . An die Prüfung der Erze schliesst sich die Prüfung und Unterscheidung der Eisensorten, der Eigenschaften des Stahls, das Vorkommen des Eisens in der Erde und in Pflanzen und Tieren. Der dritte Teil Regnum subterraneum sive minerale de variis cum ferro et ejus victriolo chymicis praeparatis et factis experimentis. handelt von den chemischen Verbindungen des Eisens; der Darstellung von Eisenfarben und Heilmitteln — tinctura, Litteratur im 18. Jahrhundert. flores, oleum Martis — dem spezifischen Gewicht des Eisens und dem Vorkommen von Eisen in den Stahlquellen. Aus diesem Inhaltsverzeichnisse ist zu ersehen, dass das Buch wesentlich eine praktische Tendenz verfolgt. Es schildert besonders die damals gebräuchlichen Hüttenprozesse und gerade darin liegt der grosse historische Wert des Buches. Swedenborgs Werk fand in Frankreich die verdiente An- erkennung; es wurde sogar ein Teil davon in französischer Über- setzung den Descriptions des arts et métiers der Akademie der Wissenschaften einverleibt In Justi’s Übersetzung und dem Nachdruck von Bertrand wurde diese weggelassen und durch die Schilderung der Eisenbereitung zu Baruth von dem Grafen Solms ersetzt. , „weil es anerkannt das Beste wäre, was bis jetzt über diesen Gegenstand geschrieben worden sei“. In Deutschland fand dagegen das in lateinischer Sprache ab- gefasste Buch nur in Gelehrtenkreisen Beachtung. Es ist dies zu bedauern und ein Zeichen, dass die deutsche Eisenindustrie damals nicht auf der Höhe der Zeit und der Wissenschaft stand, dass dieses vortreffliche Buch, obgleich es in Leipzig gedruckt und einem deut- schen Fürsten, dem Landgrafen Wilhelm von Hessen-Kassel, Regenten von Schweden, gewidmet war, in technischen Kreisen fast unbekannt blieb und später erst durch die französische Bearbeitung bekannt wurde. Der Hauptgrund dafür lag darin, dass das Werk lateinisch geschrieben war, eine Sprache, die den humanistisch Gebildeten zwar geläufig, dem Techniker jener Zeit aber noch fremder war wie heutzutage. Swedenborg war der Vorgänger und Anführer einer Reihe trefflicher schwedischer Metallurgen, welche besonders über das Eisen- hüttenwesen geschrieben haben. So sind über das schwedische Os- mundeisen folgende Specialschriften aus jener Zeit zu erwähnen: Petr. Saxholm , Dissert. de ferro Suecano Osmund 1725 und West- mann , De ferro Suecico Osmund 1725. Swedenborgs vortrefflicher Zeitgenosse und Kollege im Amt war Christoph Polhem , der viele hervorragende Ingenieur- und Maschinenbauten ausführte und der Vater des schwedischen Maschinen- wesens genannt wird. Christoph Polhem (Polheim, Polhelm, eigentlich Polhammer) Er selbst schrieb sich vor seiner Nobilitierung 1716 Christopher Pål- hammer , danach Christopher Polhem . wurde am 18. Dezember 1661, also 17 Jahre Litteratur im 18. Jahrhundert. vor Swedenborg , in Wisby geboren. Er war der Enkel eines deutsch-ungarischen Edelmannes, der wegen seiner Religion sein Vaterland hatte verlassen müssen. Von seinem 12. Jahre an war er gezwungen, für seinen Unterhalt zu sorgen und that dies durch Ab- schreiben. Später wurde er Rechner bei verschiedenen Grossgrund- besitzern. Neben seinem Broterwerb beschäftigte er sich von Jugend an damit, Maschinen zu entwerfen und auszuführen, wofür er ein an- geborenes Genie besass, denn er brachte mehrere Maschinen eigener Erfindung zu Stande, ohne noch irgend welche Kenntnis der Mathe- matik und Mechanik zu besitzen. Der Wunsch, sich mit diesen ver- traut zu machen, führte ihn dazu ohne fremde Hülfe Lateinisch zu lernen und seiner Energie, die vor keiner Schwierigkeit zurück- schreckte, gelang dies auch. 1686 begann er auf der Universität Upsala Mathematik zu studieren, ohne seine mechanischen Arbeiten liegen zu lassen. 1686 zog er zuerst die allgemeine Aufmerksamkeit dadurch auf sich, dass er die grosse Uhr der Domkirche von Upsala wieder in Stand setzte, nachdem alle Uhrmacher Schwedens dies für unmöglich erklärt hatten. Zwei Jahre später erfand er eine sehr bequeme Erzfördermaschine, wofür ihm von der Regierung ein Jahres- gehalt von 500 Thalern ausgesetzt wurde. 1693 wurde er Berg- mechanikus in Fahlun. Danach begab er sich auf Reisen und kam 1695 nach Paris, wo er zwei Jahre blieb. Dort fertigte er unter anderem den Entwurf zu einer höchst komplizierten Uhr, welche die französische Regierung ausführen liess und dem Sultan der Türkei zum Geschenk machte. 1697 nach Schweden zurückgekehrt, erhielt er eine Anstellung im Bergkollegium und führte nun viele mecha- nische Verbesserungen beim Bergbau und in anderen Industrieen ein. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts gründete er eine Fabrik in Stiern- sund zur Herstellung von Metallwaren. Er schrieb darüber in seinem patriotischen Testament (1746): „Da ich vor einigen und 40 Jahren mit den Stiernsundschen Manufakturen den Anfang machte, bestand dieser Ort nur aus Felsen, auf welchen kaum eine Ziege ihre Nahrung haben konnte, gegenwärtig finden nicht nur einige hundert Menschen ihren Unterhalt von allerlei Eisen und Stahlmanufakturwaren, sondern man kann sogar alles, was in Eisen, Stahl, Kupfer, Messing, Zinn und Blei verlangt wird, machen“. Ausserdem führte er im Auftrage der Regierung grosse Ingenieur- arbeiten, als Anlagen von Dämmen, Kanälen, Docks- und Hafenbauten aus. 1714 wurde er Bergassessor und 1716 als „Kommersrat“ nach Stockholm berufen, durch Titel und Orden geehrt und auch in den Litteratur im 18. Jahrhundert. Adelstand erhoben, wobei er, wie erwähnt, seinen Namen Polhammer in Polhem umwandelte. Er war Mitglied der Akademie der Wissen- schaften seit deren Stiftung im Jahre 1739. 1744 wurde er zum Präsidenten derselben gewählt. Polhem erfreute sich im hohen Alter wunderbarer geistiger Frische. Er war 83 Jahre, als er die Präsidentschaft übernahm und zwei Jahre später schrieb er seine unter dem Titel „patriotisches Testament“ bekannten Beiträge zur Eisenhüttenkunde, welche erst längere Zeit nach seinem Tode herausgegeben wurden. Er starb am 31. August 1751. Polhem war vor Allem Praktiker „und als solcher nicht nur in Schweden, sondern in ganz Europa berühmt“. Die Zahl der von ihm „erfundenen“, d. h. nach eigenen Ideen selbständig entworfenen Maschinen und Apparate war eine sehr grosse. Er veröffentlichte eine Anzahl derselben durch Druck, eine weitere Liste veröffentlichte sein Sohn Sie findet sich auch in Schrebers Sammlung kameralwissenschaftlicher Schriften, Bd. XII, 1764, S. 414. . Ein grosser Teil davon war im Modell in der Modellkammer des königlichen Berg- kollegiums aufgestellt. Es waren Maschinen für Bergbau, Schleusen- bau, Mühlenbau und Landwirtschaft, für die Landesverteidigung, für Metallindustrie, Wollenmanufaktur, Uhrmacherkunst u. s. w. Wir wollen davon nur einige, die auf das Eisengewerbe Bezug haben, erwähnen. Für die Stiernsundschen Manufakturen erfand er Maschinen, um aus verzinntem Eisenblech Schüsseln und Teller zu hämmern und fertig zu machen, um Becher zu schlagen und um tiefe Becher zu walzen; eine Schneidemühle mit Hobel-, Spunt- und Reifelwerk; eine grosse Plattpresse zum Pressen des Dachblechs; eine Klippschere für Nägel und Kneipeisen; ein grosses Walzwerk für Platten und Bandeisen ; eine Wassermaschine, Roheisenwalzen zu schleifen; eine Handmaschine, Teller rund zu schneiden, eine Klippschere, durch Wasserbetrieb Dachbleche vierkantig zu schneiden. Ferner für die Landesverteidigung erfand er eine Methode, durch Wasserbetrieb Bomben und Kugeln zu schleifen und ein Ziehwerk für Flinten- rohre für Gewehrfabriken. Wichtig war noch die Erfindung einer mechanischen Nagelschmiede und des Blasebalges dazu, sowie die von Glühöfen zum Heissmachen von Platten ohne Ge- bläse . Als bemerkenswerte Erfindungen erwähnen wir noch ein Pump- Litteratur im 18. Jahrhundert. und Druckwerk bei den Hellestadischen Eisengruben, welches durch einen Pferdegöpel getrieben wurde; eine Windmühle, welche im Sturme nicht geschwinder, als bei gewöhnlichem Winde geht, aber doch stärkeren Effekt zeigte, je stärker der Wind blies. Hiervon war ein Modell nach Leipzig und ein anderes auf den hannöverschen Harz gekommen. Ebendahin kam ein Hebewerk mit Selbststeuerung. Für die Harzer Bergwerke erfand er auch einen Pumpenkolben von Holz ohne Leder. Eine von ihm angegebene vollständige Münz- maschine wurde 1737 in Kassel gebaut. — Aus diesen letzten An- gaben ersieht man, dass Polhems Thätigkeit über die Grenzen seines Vaterlandes hinausging und er auch in Deutschland als Mechaniker im hohen Ansehen stand. Seine schriftstellerische Thätigkeit war nicht so umfassend, wie seine praktische. Auf diesem Gebiete hat er sich nie stark gefühlt und nur der Wunsch, seinem Vaterlande zu nützen, pflegte ihm die Feder in die Hand zu drücken. Charakteristisch hierfür ist folgende Stelle aus seinem patriotischen Testament: Obgleich ich als Besitzer solcher Metallwerke Bedenken tragen sollte, diesen Unterricht zu er- teilen und öffentlich bekannt zu machen, weil es in der Folge meinen Anstalten zum Nachteil gereichen könnte, so liegt mir doch das dauernde Wohlergehen des geliebten Vaterlandes viel näher am Herzen als mein und der Meinigen besonderer Nutzen; daher ich alles, was ich weiss und verstehe, des gemeinen Besten wegen offen- herzig bekannt mache. Ich mache daher meine geringen Kenntnisse nicht nur allgemein, sondern erteile auch allen denen, die zu mecha- nischen Wissenschaften wenig Lust haben, den Rat, dass sie mit solchen Dingen den Anfang machen mögen, deren Theorie den Kopf am wenigsten beschäftigt, und am geschwindesten beständige Ein- künfte verschafft. — Die Kunst aber besteht darin, dass man mit eigenen Händen machen lernt, was man sich vorzunehmen ge- denket. — 1714 gab er ein mathematisches Werk unter dem Titel „Cogitationes mathematicae“ heraus. 1716 veranlasste der junge Swedenborg , als er den Plan zu seinem Daedalus hyperboreus fasste, Polhem zur Mitarbeiterschaft. Beide arbeiteten mehrere Jahre (1716 bis 1718) gemeinschaftlich an diesem wissenschaftlichen Archiv. Darauf wurde lange nichts von ihm dem Druck übergeben. 1729 erschien zu Stockholm „Berättelsne om eina förnämsta mechaniska inventioner“. Als im Jahre 1739 die Abhandlungen der königlich schwedischen Akademie der Wissenschaften zu erscheinen begannen, Litteratur im 18. Jahrhundert. an deren Gründung er thätigen Anteil genommen hatte, veröffent- lichte er zahlreiche Aufsätze, die in den ersten sieben Bänden von 1739 bis 1746 zerstreut sind. Viele davon beziehen sich auf das Eisenhüttenwesen, dessen Hebung ihm immer warm am Herzen lag. Gleich im ersten Band 1739 erschien von ihm eine Abhandlung über die Zubereitung des Stahls, in deren Einleitung er mit Nachdruck darauf hinweist, wie unrecht und verkehrt es von seinen Landsleuten sei, dass sie ihr gutes Eisen in rohem Zustande verkauften, statt es zu feineren Sorten und zu Waren zu verarbeiten und dadurch den Ge- winn für sich zu ziehen, der jetzt allein dem Auslande, namentlich England, zu Gute komme. Seit 60 Jahren bedrücke ihn dieser patrio- tische Schmerz und seit 40 Jahren kämpfe er dagegen; 1720 habe er seine Gedanken hierüber in einer schlichten Denkschrift, so gut er es verstanden habe, dem Reichstag unterbreitet. Diese Schrift habe die Aufmerksamkeit erregt und Beifall gefunden und andere hätten daraufhin begonnen, in demselben Sinne zu schreiben. Er sei ein Bussprediger, der immer auf die Mängel hinweise, aber seine Er- fahrung und sein Patriotismus zwängen ihn dazu. Dieser praktische und für Schweden so wichtige Grundgedanke geht durch alle seine Schriften durch. — Ausser dem erwähnten Aufsatze über die Stahl- bereitung von 1739 veröffentlichte er 1741 einen weiteren über die Schmiedeisenbereitung in Schweden. In demselben Bande befinden sich auch noch Bemerkungen über die Verbindung der Theorie und Praxis in der Mechanik von seiner Hand. Seine Gedanken über das Eisenhüttenwesen in Schweden schrieb er dann noch einmal während des schlesischen Krieges 1746 in seinem 85. Lebensjahre im Zu- sammenhange nieder und dieses geschichtlich bedeutsame Manuskript, welches er bei seinem Ableben am 31. August 1751 im 90. Lebens- jahre hinterlassen hatte, veröffentlichte sein Sohn, der Kammerherr Gabriel Polhem , unter dem Titel „Christoph Polhems patriotisches Testament“ Die mangelhafte deutsche Übersetzung in Schrebers Sammlung XII, S. 325. im Jahre 1761. Die ausführliche Abhandlung ist be- sonders für die Geschichte des Eisenhüttenwesens in Schweden von Wichtigkeit. Aber auch für den Stand des Eisenhüttenwesens im Allgemeinen ist sie von Bedeutung; ganz besonders in Bezug auf die mechanischen Hülfsmittel. Polhem verdanken wir die ersten genaueren Angaben über die Anwendung von Walzwerken. Die Abhandlungen der königlich schwedischen Akademie der Litteratur im 18. Jahrhundert. Wissenschaften, welche seit 1739 erschienen, enthalten überhaupt zahlreiche und wichtige Beiträge zur Eisenhüttenkunde. Wie erwähnt, hatte Polhem einen Teil seiner Arbeiten dort erscheinen lassen. Weitere bemerkenswerte Aufsätze in denselben sind von August Ehrenswerd , Über das Büchsenschmieden 1739; von Daniel Tile- sius , Über Hammerschmiedeherde, und von Sven Rinman , Anleitung zur Verbesserung des Schmelzwesens in Schweden 1745. Es war dies die erste litterarische Arbeit des später so berühmten Verfassers der Geschichte des Eisens. Zahlreiche Beiträge lieferte Waller , der in Mineralogie und Metallurgie Hervorragendes leistete und sich be- sonderes Verdienst um die Kenntnis der Eisenerze erworben hat. Joh. Gottschalk Wallerius wurde am 11. Juli 1709 zu Nerike geboren, studierte Medizin und wurde 1733 Adjunkt und 1735 Doktor der Medizin in Lund. Er kam dann als Adjunkt der Medizin an die Universität Upsala, und wurde dann Professor der Chemie, Mineralogie und Pharmazie daselbst, in welcher Stellung er von 1750 bis 1767 thätig war. In diesem Jahre legte er wegen Kränklichkeit seine Stelle nieder, in welcher Bergman sein Nachfolger wurde. Seit 1748 war er Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Stockholm und 1763 der wissenschaftlichen Ge- sellschaft zu Upsala. Als Mineraloge nimmt er eine hervorragende Stellung ein, namentlich durch seine verständige Einteilung der Mineralien. 1747 erschien seine „Mineralogie eller Mineral-Riket“, welche später 1772 erweitert unter dem Titel Systema mineralogicum in zwei Bänden ge- druckt wurde. Dieses Werk fand grosse Verbreitung und wurde in das Deutsche, Französische und Englische übersetzt. Als Chemiker machte er sich bekannt durch seine „Chemia physica“ 1759 bis 1768, deutsch von Weigel 1772, und als Metallurg durch seine „Elementa metal- lurgiae speciatim chemicae“, 1768, welche unter dem Titel „Anfangs- gründe der Metallurgie besonders der chemischen“ von Joh. Gottsch. Waller 1770 in das Deutsche übersetzt wurde. Viele Arbeiten jüngerer Gelehrter wurden durch ihn in den Abhandlungen der Aka- demie zum Abdruck gebracht; so z. B. in dem Jahrgange 1756 „Von der gebührenden Aufsicht eines Eigentümers von Bergwerken. Hütten und Hämmern“, „Von den Eigenschaften eines Hammerherrn (von Uhr)“ u. s. w. In seiner Mineralogie teilte er die Eisenerze nach ihrer Farbe ein, in seiner Metallurgie nach ihrer Schmelzbar- keit. Über die Schmelzung und Zubereitung handelt der III. Ab- schnitt, III. Teil, Kapitel I seiner Metallurgie. Litteratur im 18. Jahrhundert. In Deutschland ist in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts über das Eisenhüttenwesen fast gar nichts geschrieben worden. Dieser Zweig der Metallurgie wurde am wenigsten beachtet. Dies zeigt sich um so deutlicher, als die übrigen Zweige der Metallurgie in jenem Zeitabschnitte mit Eifer betrieben wurden. Die Metallhüttenkunde fand sogar eine ganz vortreffliche Bearbeitung in dem grossen Werke von Ch. A. Schlüter „Gründlicher Unterricht von den Hütten- werken“, Braunschweig 1738. Das Eisen ist dabei gar nicht berück- sichtigt und hat das Werk für den Eisenhüttenmann höchstens da- durch ein Interesse, dass manche Schmelzöfen mit den beim Eisen- schmelzen gebräuchlichen Ähnlichkeit haben. In dieser Beziehung dürfte namentlich auf die Flammöfen hinzuweisen sein. Noch früher (1727 bis 1730) erschien Franz Ernst Brück- manns Werk „Magnalia Dei in Subterraneis oder Unterirdische Schatz- kammer aller Königreiche und Länder“, Helmstädt, 2 Bände, welches eine Geographie des Bergbaues genannt werden kann. Das originelle und sehr beachtenswerte Werk enthält aber ebenfalls nur wenig, was sich auf das Eisen bezieht. — Ein mineralogisches Werk, aber von hüttenmännischem Interesse, ist Joh. Friedr. Henckels Pyritologie, welche 1725 herauskam. Der nächsten Periode gehört der als Metallurge hervorragende Joh. Andreas Cramer an, welcher von 1743 bis 1773 braun- schweigischer Kammerrat für Berg- und Hüttenwesen in Blankenburg war. Er war viel gereist und hatte sich namentlich in Holland und England aufgehalten. 1739 erschienen zu Leyden seine „Elementa artis docimasticae“, von denen 1744 eine zweite Auflage gedruckt wurde. Die Bedeutung der Schrift wird am besten dadurch illustriert, dass die- selbe 50 Jahre später 1794 in einer Bearbeitung von Göttling unter dem Titel „Anfangsgründe der Probierkunst“ noch einmal veröffent- licht wurde. Cramers „Anfangsgründe der Metallurgie“ erschienen zuerst 1744 bis 1747, wurden später ebenfalls in verbesserter Auflage in drei Bänden 1774 neu gedruckt. Auch in diesem Werke findet der Eisenhüttenmann nichts Neues. Eine für seine Zeit vortreffliche Schrift waren C. E. Gellerts „Anfangsgründe zur metallurgischen Chemie“, zwei Bände 1750. Gellert , der Bruder des bekannten Dichters, war geboren am 11. August 1713 zu Hainichen bei Freiberg. Er wirkte von 1736/37 als Professor am Gymnasium in St. Petersburg und war dann bis 1746 oder 1747 Adjunkt der Akademie der Wissenschaften daselbst. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland hielt er die ersten metal- Litteratur im 18. Jahrhundert. lurgischen Vorlesungen in Freiberg, wurde darauf Kommissionsrat, Inspektor der Bergmaschinen und Schmelzprozesse in Freiberg u. s. w., 1762 Oberhüttenverwalter. Er hatte grossen Anteil an der Gründung der Bergakademie in Freiberg, 1765, und wurde der erste Professor der metallurgischen Chemie an dieser Anstalt, welche Stellung er bis zu seinem Tode am 18. Mai 1795 bekleidete. Seine metallurgische Chemie zeichnet sich durch Klarheit und gefällige Darstellung aus. Das Kapitel über die Auflösung der Steine durch Zusammenschmelzung in dem II. praktischen Teil ist von geschichtlicher Bedeutung für die Metallurgie. Das Eisen ist aber auch in diesem Buche vernachlässigt. Von grösserer praktischer Bedeutung für das Eisenhüttenwesen sind die gründlichen Werke eines Mannes, der seinem Beruf nach mit dem Eisen nur wenig zu thun hatte, diejenigen Henning Calvörs , des Predigers in der freien Bergstadt Altenau im Harz. 1760 erschienen seine „Acta historic. chronol. mechanica circa metal- lurgiam in Hercynia Superiori etc.“ oder „Historisch-chronologische Nachrichten und theoretische und praktische Beschreibung des Ma- schinenhüttenwesens und der Hülfsmittel bei dem Bergbau auf dem Oberharze u. s. w.“ in drei Teilen. Das Werk ist König Georg III. von England gewidmet. Wie Calvör in der Einleitung erzählt, hatte er schon 1726, als er Lehrer in Clausthal war und in höherem Auftrage die Jugend in den zum Bergwerke gehörigen Wissenschaften unter- richtete, eine kleine Schrift geschrieben „Programma de historia recentiori Hercyniae superioris mechanica“. Anfangs der vierziger Jahre wurde er veranlasst, diese Schrift fortzusetzen, wozu er auch durch das 1738 erschienene, oben erwähnte Werk von Schlüter von neuem sich angeregt fühlte. Die Bedeutung des Buches von Calvör geht weit über die besondere lokale Bedeutung hinaus und ist für die Geschichte des Berg- und Hüttenmaschinenwesens vom allergrössten Interesse. Da die Eisenindustrie am Harze von grosser Wichtigkeit war und eine alte Geschichte hat, so finden wir dieselbe in diesem und in den damit verbundenen Werken über die Geschichte des Berg- und Hüttenwesens am Unterharze viel mehr berücksichtigt, als in einem der zuvor genannten Werke. Wir werden deshalb öfter Veranlassung haben, auf Calvörs Schriften zu verweisen, obgleich auch diese keine Fachschriften für unsere Industrie sind. Die Akademie der Wissenschaften zu Paris hatte sich die dankenswerte Aufgabe gestellt, die Anwendung der Wissenschaft auf das gewerbliche Leben besonders zu befördern. In ihren Veröffent- Litteratur im 18. Jahrhundert. lichungen gestattete sie den Abhandlungen über praktische Gegen- stände besonders auch auf dem Gebiete der Hüttenkunde einen weiten Spielraum und wirkte dadurch höchst anregend auf die Industrie. Neben diesen Memoiren sollte aber, nach einem schon früh auf- getauchten Plan, durch die Akademie ein Werk geschaffen werden, in welchem alle einzelnen Zweige des gewerblichen Lebens eine ein- gehende Beschreibung und Erklärung finden sollten. Diese Absicht bestand, wenn auch in unbestimmter Form, schon vor Reaumurs Eintritt in die Akademie. In Reaumur glaubte man den Mann ge- funden zu haben, der dieser grossartigen Aufgabe gewachsen sei und so beauftragte ihn die Akademie mit der Herausgabe des Werkes. Reaumur ergriff die Sache mit Eifer und Begeisterung, und gewiss war kein Mensch dazu so befähigt wie er. Aber die Aufgabe, wie sie der Akademie vorschwebte, und wie sie auch Reaumur auffasste, war viel zu gross für die Kraft eines Menschen, und so kam es, dass es zu keinem Ende kam und dass er, als er am 17. Oktober 1757 die Augen schloss, nur eine grosse Sammlung von Bruchstücken von fertigen, halbfertigen und erst begonnenen Abhandlungen, die alle Teile des grossen Werkes bilden sollten, hinterliess. So lange Reau- mur lebte, hatte die Akademie nicht daran gedacht, andere neben Reaumur mit dieser Arbeit zu betrauen. Seine Überlegenheit und sein Ansehen schlossen dies vollständig aus. Nachdem er aber ge- storben war, sah sich die Akademie dazu gezwungen, sowohl um end- lich dem Publikum etwas von dem solange in Aussicht gestellten Werk zu bieten, als auch um die reiche Hinterlassenschaft Reau- murs zu verwerten. Sie beauftragte also eine Anzahl Gelehrte mit der Herausgabe der „Beschreibung der Künste und Handwerke“, Description des arts et métiers, in der Weise, dass jeder einen Teil, mit dem er mehr oder weniger vertraut war, bearbeiten sollte. Von einem einheitlichen Plan sah man, um nur einen Anfang zu be- kommen, ab und so erschienen dann einzelne Hefte (Cahiers) in Folio, von denen jedes ein Gewerbe schilderte, in bunter Aufeinanderfolge. Die Akademie veröffentlichte dieselbe mit einem Vorberichte, aus dem am besten ihre Auffassung des Unternehmens und ihre Stellung zu demselben zu ersehen ist. Er lautet: „Das Werk, welches wir hier dem Publikum vorlegen, ist die Frucht einer seit langer Zeit von der königlichen Akademie der Wissenschaften angefangenen Arbeit. Diese Gesellschaft hatte kaum ihren Anfang genommen, als sie das Vorhaben fasste, nach und nach alle mechanischen Künste zu beschreiben, indem sie überzeugt war, dass dieses Unternehmen Litteratur im 18. Jahrhundert. Gedeihen und Wachstum sowohl dieser mechanischen Künste als der Wissenschaften gleichmässig befördern würde. Wenn die Künste, die in dunklen Zeiten geboren sind und denen der Fleiss, der im Finsteren tappte, nur langsamen Fortschritt verschaffen konnte, lange Zeit vor Errichtung der gelehrten Gesellschaften bestanden, so kann man doch deutlich erkennen, dass sie in den Zeiten und den Ländern, in denen die Wissenschaften mit Fleiss gepflegt wurden, einen über- aus raschen Fortgang genommen haben . . . . Man wird, wenn man einzelne derselben, wie die Uhrmacherkunst, die Schiffahrt und andere betrachtet, einen unermesslichen Unterschied gewahr werden, welcher durchaus nicht dem blinden Zufall, sondern den Bemühungen zuzu- schreiben ist, welche man seit diesem Zeitraum angewendet hat, die Geometrie, die Mechanik, die Optik, die Chemie, die Anatomie u. s. w. zu vervollkommnen“. „Welche neue Vervollkommnung der Künste wird man nicht er- warten können, wenn die Gelehrten, die in verschiedenen Teilen der Naturkunde Kenntnis und Erfahrung erlangt haben, sich die Mühe geben werden, die oft sinnreichen Arbeiten, welche der Künstler in seiner Werkstatt unternimmt, zu untersuchen und zu erklären; wenn sie dadurch die Bedürfnisse einer Kunst, die Grenzen, die dem Künstler gezogen sind, die Schwierigkeiten, die ihn hindern, weiter zu schreiten, die Beihülfe, die man aus einer Kunst zur Unter- stützung einer anderen nehmen kann, und welche der Arbeiter selten im Stande ist, zu erkennen, klar stellen werden! Der Messkünstler, der Mechaniker, der Chemiker, werden einem verständigen Künstler Hülfsmittel an die Hand geben, um die Hindernisse zu übersteigen, welche wegzuräumen er sich nicht getraut hat. Sie werden ihn auf Wege führen, nur nützliche Dinge zu erfinden. Zu gleicher Zeit aber werden sie von ihm lernen, welches die Teile der Theorie sind, deren man sich hauptsächlich befleissigen muss, um das praktische Verfahren desto mehr aufzuklären und empirische Handgriffe auf bestimmte Regeln zurückzuführen“. „Dieses war die Absicht der Akademie der Wissenschaften, die stets ihre Arbeiten auf das Nützliche richtet, als sie ihre Mitglieder anregte, an einer Beschreibung der Künste zu arbeiten. Seit dem Anfange dieses Jahrhunderts hat sie nie aufgehört, Materialien zu sammeln, um diesen Zweck zu erreichen. Allein der Gegenstand ist unermesslich und kann nur durch eine lange Zeitfolge zu Stande ge- bracht werden. Man hatte dem verstorbenen Herrn von Reaumur aufgetragen, eine grosse Zahl Abhandlungen, die teils von vielen Mit- Litteratur im 18. Jahrhundert. gliedern der Akademie verfasst, teils aus verschiedenen Provinzen Frankreichs oder aus dem Auslande eingesendet waren, zu ordnen. Es ist bereits eine grosse Zahl von Abhandlungen über die Künste vorhanden. Eine grosse Menge von Werkstätten, Arbeiten, Maschinen, Werkzeugen und Handwerksgerätschaften sind in einerlei Format gezeichnet und in Kupfer gestochen, und die Akademie besitzt schon gegenwärtig mehr als 200 Kupferplatten, die zu ihren Beschreibungen dienen. Das Werk würde schon weiter gekommen sein, wenn nicht verschiedene Stücke verloren gegangen wären. — Glücklicherweise ist aber genug Material vorhanden, um ohne Anstand die vollständige Beschreibung einer grossen Anzahl von Künsten zu liefern. Diese Materialien sind im Jahre 1759 denjenigen Mitgliedern der Akademie, deren gelehrte Bemühungen hauptsächlich auf die Mechanik und die Naturkunde gerichtet sind, ausgeteilt worden. Indem sich dieselben der Mühe unterzogen haben, die schon angefangenen Beschreibungen zu vollenden und bei denen, die zu Anfang des Jahrhunderts ab- gefasst worden sind, die neuen Einrichtungen und Verfahrungsarten, die seit der Zeit erfunden wurden und gegenwärtig im Gebrauch sind, hinzuzufügen: werden sie es als ihre Schuldigkeit ansehen, all denen, welche ihnen in dieser Arbeit vorangegangen sind oder etwas dazu beigetragen haben, die gebührende Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.“ Auf diese Weise entstanden zunächst die Cahiers. Sehr bald nach ihrem Erscheinen unternahm es in Deutschland der berühmte Nationalökonom Johann Heinrich Gottlob von Justi , eine deutsche Übersetzung davon herzustellen, aber nicht wie das Origi- nal in Folioheften, sondern in Quartbänden, indem er, soviel wie möglich, die zusammengehörigen Abhandlungen in Bänden zusammen- fasste. Der erste erschien bereits 1762 bei Rüdiger in Berlin, Stettin und Leipzig unter dem Titel „ Schauplatz der Künste und Hand- werke oder vollständige Beschreibung derselben, verfertigt oder ge- billigt von den Herren der Akademie der Wissenschaften zu Paris“. Mit vielen Kupfertafeln. In demselben Format, ebenfalls in Quart- bänden, erschien 1774 eine „verbesserte“ französische Ausgabe von Bertrand in Neuchatel — eigentlich nur ein Nachdruck des Werkes der Akademie, welcher seiner Billigkeit wegen grosse Verbreitung fand. In diesem grossen Werke der französischen Akademie sind die Eisenindustrie und einzelne Eisengewerbe recht ausführlich behandelt. Die wichtigsten Abhandlungen sind in den drei ersten Bänden des Litteratur im 18. Jahrhundert. Schauplatzes enthalten (Band I, Kohlenbrennen, Ankerschmiede, Nadelfabrikation, Band II und III, von den Eisenhämmern und hohen Öfen) und sind teils unter Reaumurs Namen erschienen, teils sind hinterlassene Aufsätze von ihm zu Grunde gelegt; die umfassendste ist die von dem Marquis de Courtivron und Bouchu verfasste weitläufige Arbeit „Art de Forges et Fourneaux à fer“ . Der Text ist von Bouchu unter ausgedehnter Benutzung der von Reaumur hinterlassenen Handschriften und Zeichnungen, sowie verschiedener Beiträge anderer Schriftsteller und einer Übersetzung des grössten Teiles von Swedenborgs Werk „De ferro“ abgefasst. Der Marquis von Courtivron scheint hauptsächlich nur einige Tafeln Zeichnungen geliefert zu haben. Der Abschnitt über Eisengiesserei rührt grösstenteils von Duhamel her, dem noch ein besonderer Aufsatz von Deparcieux über Röhrenguss hinzugefügt ist. Das ganze Werk ist wenig einheitlich und in vieler Beziehung recht mangelhaft. Man versteht erst dieser Arbeit gegenüber Reaumurs Scheu, seine unvollendeten Schriften der Öffentlichkeit zu übergeben. Bouchu hat es gewagt, allerdings mit mehr Kühnheit als Verständnis. Seine weitläufigen theoretischen Erörterungen sind oft geradezu schwach, z. B. seine Betrachtungen über die Entstehung der Erzgänge, über das Feuer, über Zuschläge und Schlackenbildung. Das beste ist das, was nicht von Bouchu herrührt, besonders die Bruchstücke von Reaumur ; aber auch Duhamels und Deparcieux ’ Aufsätze über die Giesserei sind sehr sachlich und gut. Die Beschreibung der Fabri- kation von Schmiedeisen und Stahl ist aus Swedenborg , „De ferro“, übersetzt. Trotz aller Mängel verdienen die Verfasser unsere volle Anerkennung dafür, dass sie das Werk verfasst und herausgegeben haben. Trotz seiner Schwächen ist es die vollständigste Eisenhütten- kunde, welche bis dahin erschienen war und ist es bis auf Rinmans Geschichte des Eisens im vorigen Jahrhundert geblieben. Auch müssen wir den Verfassern dafür danken, dass sie viele Aufzeichnun- gen Reaumurs veröffentlicht und dadurch gerettet haben. Wäre es auch vielleicht wünschenswerter gewesen, wenn alle hinterlassenen Schriften Reaumurs über die Eisenindustrie unverkürzt heraus- gegeben worden wären, so war dies doch in jener Zeit kaum aus- führbar und wir müssen froh sein, dass auf diese Art wenigstens ein Teil der für die Geschichte des Eisenhüttenwesens so wichtigen Schriften erhalten worden sind. Was von Justis Übersetzung be- trifft, so beruht ihr Verdienst fast nur darin, dass sie so rasch er- schienen ist. Die ersten Hefte waren kaum im Druck veröffentlicht, Litteratur im 18. Jahrhundert. so fasste auch schon Justi , in voller Würdigung der hohen Bedeutung derselben, den Plan, eine deutsche Übersetzung davon herauszugeben. Leider ist dieselbe aber so schlecht ausgefallen wie nur möglich. Die ersten Abschnitte der Abhandlung von Courtivron und Bouchu , die er im zweiten Bande des Schauplatzes in eigener Übersetzung veröffentlichte, sind recht mangelhaft, der Hauptteil des Werkes aber, den er in der Übersetzung eines Gehülfen im dritten Bande erscheinen liess, ist geradezu abscheulich, vieles ganz unverständlich, vieles falsch und dabei ein Deutsch, dass man glauben muss, der Über- setzer habe weder die französische noch die deutsche Sprache gekannt. Dass Justi uns die Übersetzung des Werkes von Swedenborg , welches den grössten Teil der französischen Abhandlung ausmacht, erlassen hat, weil sie, wie er in charakteristischem Dünkel schreibt, „für Teutschland, wo man in den metallurgischen Wissenschaften viel weiter gekommen ist, als in Frankreich, nicht wichtig sei“, müssen wir unter diesen Umständen ihm fast dankbar anerkennen, um so mehr, da er an deren Stelle einen recht verdienstlichen Aufsatz des Grafen Johann Christian zu Solms-Baruth über das Eisen- hüttenwerk in Baruth veröffentlicht hat. Die Abhandlung von v. Courtivron und Bouchu erlangte grosse Anerkennung und Bedeutung namentlich in Frankreich, wo sie das Fundamentalwerk der Eisenhüttenkunde blieb bis zum Er- scheinen der „Siderstechnie“ von Hassenfratz im Jahre 1810. Auch die mit vielen Abbildungen ausgestattete Abhandlung „Forges ou art du fer“ von Grignon in der „Encyclopédie Méthodique“ ist im Wesentlichen nur eine Bearbeitung der Schrift von v. Courtivron und Bouchu . Einige biographische Notizen über die erwähnten Schriftsteller dürften deshalb von Interesse sein. Gaspard le Compasseur de Créqui-Montfort, Marquis de Courtivron , war ebenso berühmt als Feldherr, wie als Gelehrter. Er wurde geboren im Jahre 1715. Von seiner Jugend und seinem Studiengang wissen wir nur wenig. Wegen seiner grossen mathematischen und technischen Kenntnisse wurde er 1744 zum Adjoint-mécanicien der Akademie der Wissen- schaften ernannt. Die Verwaltung seiner Güter hielt ihn später viel von Paris entfernt, die Akademie ehrte ihn aber, indem sie ihm den Titel Pensionaire vétéran erteilte. Da er auf seinen Gütern Eisenbergwerke und Hütten besass, so beschäftigte er sich mit Vorliebe mit dem Eisenhüttenwesen und veröffentlichte 1747 eine Abhandlung über die Beck , Geschichte des Eisens. 3 Litteratur im 18. Jahrhundert. Notwendigkeit der Verbesserung der Eisenhütten zum Zweck der Verminderung des Holzverbrauches Sur la necessité de perfectionner la Métallurgie des Forges, pour diminuer la consommation des bois: où l’on donne quelques moyens fort simples, d’employer les mines en roche de Bourgogne aussi utilement que celles en terre de la même province. In den Mémoires de l’Academie des Sciences de 1747. . Er wies darin namentlich nach, dass Holzersparung und besseres Ausbringen erreicht werden könne, wenn man die Bergerze in Burgund, die damals, wie sie aus der Grube kamen, gepocht und verschmolzen wurden, in grossen Haufen ein Jahr oder länger an der Luft ab- lagern liesse, und sie dann verwasche; ferner, dass man durch eine richtige Gattierung der Bergerze mit den thonigen Erzen die Zu- schläge ganz sparen und einen reicheren Möller herstellen könne, wodurch das Ausbringen erhöht und der Kostenverbrauch vermindert werde. Diese auf Erfahrung und Versuchen beruhenden Vorschläge kennzeichnen Courtivron als praktischen Hüttenmann. — In Ver- bindung mit Bouchu veröffentlichte er 1762 die grosse Abhand- lung „L’art des forges et fourneaux de fer“, wozu er namentlich einen Teil der Tafeln bearbeitete. Er starb am 4. Oktober 1785. Etienne Jean Bouchu , der eigentliche Verfasser des Textes dieser Abhandlung, war praktischer Hüttenmann von Beruf. Er war geboren am 28. Mai 1714 zu Langres, studierte in Paris Chemie, Physik und Naturgeschichte, die er alsdann in den Eisenwerken von Arc en Barrois, welche dem Herzog von Penthièvre gehörten, prak- tisch verwerthen konnte. Er veröffentlichte viele Vorschläge zur Verbesserung des Eisenhüttenwesens, welche von der Akademie von Dijon gesammelt und herausgegeben wurden. Von der Akademie der Wissenschaften zu Paris erhielt er dann den Auftrag, in Gemein- schaft mit Courtivron die Eisenhüttenkunde für die Descriptions des Arts et Métiers zu bearbeiten. Ausserdem schrieb er 1767 „Obser- vations sur l’art du charbonnier“. Ferner rühren alle Artikel über Eisen in der ersten Encyclopädie von ihm her. Bouchu war Mitglied der Akademie der Wissenschaften von Dijon und starb am 16. Sep- tember 1773 zu Arc en Barrois. Einer der eifrigsten und bedeutendsten Mitarbeiter an den De- scriptions war Duhamel du Monceau , welcher auch wichtige Bei- träge zu der Arbeit von Bouchu und Courtivron über das Eisen geliefert hat. Henri Louis Duhamel du Monceau wurde 1700 zu Paris ge- boren und starb ebendaselbst am 23. August 1782. Er war ein sehr Litteratur im 18. Jahrhundert. vielseitiger Gelehrter, am berühmtesten wohl als Botaniker und Agronom, aber auch seine Arbeiten auf dem Gebiete des Eisenhütten- wesens sind von hervorragendem Werte. Er bekleidete die Stellung eines Generalinspektors der Marine, war Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Paris, der Royal Society von London und vieler anderer auswärtiger gelehrten Gesellschaften. Nach Reaumurs Tode wurde er die Seele des grossen Unternehmens der „Descriptions des arts et métiers“ und schrieb mehrere der ersterschienenen Ab- handlungen; so namentlich im Jahre 1760 den schönen Aufsatz über die Holzverkohlung, „L’art du charbonnier“, diesem folgte „Fabrique des ancres“, die Fabrikation der Anker von Reaumur mit Zusätzen und Anmerkungen von Duhamel , und L’art de l’epinglier“, die Nadel- fabrikation, ebenfalls von Reaumur mit Zusätzen von ihm, beide zu Paris im Jahre 1761. Hierauf erschien 1763 „L’art de faire les en- clumes“, die Ambossfabrikation, 1767 die umfangreiche Abhandlung über die Schlosserkunst, „L’art du serrurier“, und 1769 über die Drahtfabrikation, „L’art de reduir le fer en fil“. Ausser diesen ver- fasste er noch viele andere Artikel für die Descriptions. Duhamel du Monceau ist nicht zu verwechseln mit dem jüngeren Jean Pierre François Guillot Duhamel , welcher sich ebenfalls im vorigen Jahrhundert grosse Verdienste um das Eisen- hüttenwesen in Frankreich erworben hat und der erste Professor der Metallurgie an der Ecole des Mines wurde. Um die Zeit, als Reaumur starb, und die Akademie die Heraus- gabe der „Descriptions des arts et métiers“ mit Nachdruck in die Hand nahm, suchte auch die königliche Regierung das Berg- und Hütten- wesen in Frankreich nach Kräften zu fördern. Um das Jahr 1750 hatte der vortreffliche Minister Trudaine die erste technische Hoch- schule für Ingenieurwesen, L’école des Ponts et Chaussées, gegründet und trug sich mit dem weiteren Plan, eine besondere Hochschule für Berg- und Hüttenwesen ins Leben zu rufen. Da aber hierzu in Frankreich geeignete Lehrkräfte gänzlich fehlten, so suchte er die talentvollsten Schüler der École des Ponts et Chaussées hierfür heran- zubilden, indem er dieselben auf Staatskosten das Ausland bereisen liess. Zwei der so Bevorzugten waren der oben genannte jüngere Duhamel und Gabriel Jars . Beide haben ihrem Vaterlande durch ihre Leistungen den Betrag, welchen die Regierung ihnen als Reise- unterstützung zur Ausbildung gewährte, tausendfältig zurückbezahlt. Die Reiseberichte von Gabriel Jars , die sein Bruder nach seinem allzufrühen Tode veröffentlicht hat, gehören zu den grund- 3* Litteratur im 18. Jahrhundert. legenden Werken der Eisenhüttenkunde und zu dem Besten, was im vorigen Jahrhundert auf diesem Gebiete geschrieben worden ist. Gabriel Jars war am 26. Januar 1732 zu Clermont in der Auvergne geboren. Sein Vater war an Bergwerken im Lyonnais be- teiligt. Der Jüngling zeigte eine besondere Neigung zur Metallurgie. Trudaine veranlasste ihn zum Eintritt in die École des Ponts et Chaussées, wo er sich die nötigen theoretischen Kenntnisse für das Bergfach erwarb. 1757 trat er dann mit Duhamel , der nur wenig älter war, seine Informationsreise nach Deutschland an. Sie be- suchten Sachsen, Böhmen, Österreich und Ungarn, Steiermark, Kärnten und Tirol und kehrten 1759 wieder nach Frankreich zu- rück. 1765 besuchte er im Auftrage der Staatsregierung allein Eng- land und Schottland. 1766 reiste er in Begleitung seines Bruders M. G. Jars nach dem Harz und Norddeutschland, um dann Nor- wegen und Schweden zu besuchen. Nach seiner Rückkehr wurde er 1768 als Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Paris auf- genommen. Aber nur kurze Zeit konnte er sich dieser wohlver- dienten Auszeichnung erfreuen, denn im folgenden Jahre raffte den 37 jährigen der Tod hinweg. Die Berichte über seine Reisen, welche er dem Ministerium einzureichen beabsichtigte, waren noch im Manu- skript, als ihn der Tod ereilte. Zum Glück war sein Bruder, der die Neigungen des Verstorbenen teilte und sich ebenfalls dem Studium der Metallurgie gewidmet hatte, der Aufgabe gewachsen, die Hand- schriften im Druck herauszugeben. Er war der Vertraute seines Bruders gewesen und hatte ihn auf seiner letzten Reise begleitet. Das Werk erschien unter dem Titel „ Voyages Metallurgiques , ou recherches et observations sur les mines et forges de fer, la fabri- cation de l’acier, celle du fer-blanc, et plusieurs mines de charbon de terre, faites depuis l’année 1757 jusques et y compris 1769, en Allemagne, Suède, Norvège, Angleterre et Ecosse“. Lyon et Paris 1774. Jars hatte schon zu Lebzeiten seine gesammelten Aufsätze in zwei Abteilungen geteilt, von denen die ersten, welche auch die wichtigsten sind, Alles enthielten, was sich auf Eisen und Steinkohlen bezog, während in der zweiten Abteilung Alles enthalten sein sollte was sich auf die übrigen Metalle bezog. In dieser Ordnung erfolgte auch die Herausgabe, so dass die erste Abteilung 1774 erschien während die zweite erst 1781 gedruckt wurde. Die treffliche Arbeit wurde in richtiger Würdigung ihres Wertes alsbald ins Deutsche übersetzt und zwar von dem preussischen Oberbergrat Gerhard . Die recht gute Übersetzung der ersten Abteilung erschien in zwei Bänden Litteratur im 18. Jahrhundert. mit Anmerkungen vom Übersetzer 1777, die beiden anderen Teile ohne Zusätze im Jahre 1785. Gerhards Anmerkungen erhöhen noch den Wert des ersten Teiles des Werkes, so dass es, obgleich der Form nach nur Reisebericht, ein vollständiges Lehrbuch der Eisenhütten- kunde und des Steinkohlenbergbaues bildet. Die erste Abhandlung handelt von Eisen und Stahl überhaupt und ist eine allgemeine Ein- leitung zu den Reiseberichten, die aber bereits manche praktische Winke enthält; die zweite handelt von dem Eisenhüttenwesen in Steiermark, und werden darin besonders neben den alten Stücköfen die damals neu eingeführten Flossöfen beschrieben; die dritte schildert die Betriebe in Kärnten, namentlich auch die Stahlbereitung. Diesen drei ersten Abhandlungen sind ergänzende Zusätze von Dangenoust und Wendel, zwei Artillerieoffizieren, welche 1769 ebenfalls im Auf- trage der französischen Regierung Steiermark und Kärnten bereist hatten, beigefügt. Der vierte Aufsatz schildert die Eisenhütten und Stahlhämmer zu Kleinboden in Tirol; der fünfte und sechste die Eisen- werke in Sachsen und Böhmen, darunter die Weissblechfabrik zu Hein- richsgrün, in der siebenten Abhandlung sind die Harzer Hütten leider nur kurz behandelt; in der achten das Eisenhüttenwesen in Schweden, mit wichtigen Mitteilungen über die Bergwerksverwaltung, Polizei und Abgaben. Der neunte Aufsatz bezieht sich auf Norwegen, und sind darin namentlich die neuen Hochöfen zu Laurwig und Moss beschrieben. In der zehnten und elften Abhandlung berichtet Jars über die Stein- kohlengruben bei Newcastle, die Cementstahlfabrikation u. s. w. In der zwölften sind Eisen- und Steinkohlenwerke in Kumberland, Lan- cashire und Staffordshire beschrieben, zugleich auch die neuerfundene Gussstahlfabrikation, sowie die Feilenfabrikation in Sheffield; die 13. Abhandlung handelt von den Kohlen- und Eisenwerken in Schott- land, die 14. von den Kohlenwerken in Deutschland und den Nieder- landen, die 15. von der Verkokung, und die 16. von der Wetter- führung. Diese kurze Inhaltsangabe ist noch nicht erschöpfend und werden wir noch bei vielen Gelegenheiten im weiteren Verfolg Ver- anlassung haben, auf Jars metallurgische Reisen zu verweisen. Wohl gebührt Swedenborg das Verdienst, die hohe Bedeutung von Reisen und vergleichenden Studien im Auslande für die Metal- lurgen zuerst durch sein eigenes Beispiel bewiesen zu haben, denn sein Werk „De ferro“ ist in der Hauptsache ebenfalls eine Zusammenstellung von Reiseberichten; Jars’ vortreffliches Buch gab aber noch unmittel- barer die Anregung zu technischen Reisen, deren Nutzen aus seinen Berichten hervorleuchtet, und so ist denn in der zweiten Hälfte Litteratur im 18. Jahrhundert. des 18. Jahrhunderts eine ganz umfangreiche Litteratur von tech- nischen Reiseberichten entstanden, deren Bedeutung der Heraus- geber Jars in die Worte fasst: „Die wechselseitige Mitteilung der Kenntnisse und Einsichten muss ja Wissenschaften verbreiten und die Gesellschaft beglücken, so wie sie dem Gelehrten Ehre macht.“ M. de Genssane , Concessionaire des Mines d’Alsace et Comté de Bourgogne und korrespondierendes Mitglied der Akademie, war ein Zeitgenosse von Jars . Er beschäftigte sich mit Versuchen über die Verwendung der Steinkohle in der Metallurgie und schrieb da- rüber ein weitläufiges Buch „Traité de la fonte des mines par le feu du charbon de terre etc.“, welches 1767 und 1768 abgefasst und der Akademie eingereicht war. Es ist für uns von Interesse, weil darin ein ausführlicher Bericht über die Koksfabrikation zu Sulzbach bei Saarbrücken (Tome I, Chap. XII) und die Versuche, Koks im Hoch- ofen zu verwenden, enthalten ist. Von weiteren französischen Werken zu der Eisenhüttenkunde im vorigen Jahrhundert sind noch zu nennen: Grignon , Mémoires de physique sur l’art de fabriquer le fer, d’en fondre et forger des canons d’artillerie etc. Paris 1775. Grignon nennt sich auf dem Titel selbst Maître de forge, und Korrespondent der Akademie der Wissenschaften, sowie der Inschriften und schönen Künste in Paris. Er war ein hochgebildeter Praktiker. Sein Werk war das Ergebnis 26 jähriger Beobachtungen, Beobachtungen und Erfahrungen besonders über die Eisenhüttenkunde (l’art du maître de forge), welche er seit der Zeit praktisch betrieben hatte, nach chemischen Prinzipien und mit dem Sinne des Naturforschers. Es ist eine Sammlung von Memoiren, von denen sich die meisten und umfangreichsten auf das Eisengewerbe („La Siderotechnie“) beziehen. Die wichtigsten sind die über Bau und Betrieb der Hochöfen, über die Gebläse und über die Fabrikation der Kanonen. Trotz mancher paradoxer Ansichten ist das Werk reich an vortrefflichen Beobachtungen und Gedanken. Grignon hat ferner das Verdienst, dass er zuerst die grosse Be- deutung von Bergmans Schrift „De analysi ferri“ erkannte und die- selbe ins Französische übersetzte. Einen weiteren wichtigen Beitrag zur Litteratur des Eisens hat er in der Bearbeitung des Artikels „Fer et forges“ in der „Encyclopédie Methodique“ geliefert. Von Wichtigkeit waren für ihre Zeit die Monographieen von Tronson de Courdray , Über die Eisenbereitung auf Korsika Tronson de Courdray , Mémoire sur la manière dont on extrait en Corse le fer de la mine d’Elbe. Paris 1775. Deutsch von C. L. A. Wille, Litteratur im 18. Jahrhundert. M. le baron de Diedrich , Description des gîtes de minerai des forges, et des salines des Pyrénées, Paris 1786, und von La Peyrouse , Über die Eisengruben und Eisenhütten der Grafschaft Foix Traité sur les mines de fer et les forges du comté du Foix. Toulouse 1787. Deutsch unter dem Titel „Abhandlungen über die Eisenwerke und Eisenhütten in der Grafschaft Foix“ übersetzt von D. L. S. Karsten 1789. Es war dies die erste litterarische Arbeit des berühmten Karsten . . Als französische Schriftsteller des 18. Jahrhunderts über Eisen- hüttenkunde erwähnen wir noch Perret , der eine weitläufige Ab- handlung über Stahl geschrieben hat, sodann den berühmten Buffon Buffons Mitteilungen über das Eisen sind niedergelegt in dem inter- essanten Kapitel „fer“ seiner Histoire des Mineraux. , welcher Besitzer von Eisenwerken war, und endlich Monge , der zur Zeit der französischen Republik eine hervorragende Rolle spielte. Monge gehörte zu denjenigen französischen technischen Schrift- stellern, deren Werke einen patriotischen Zweck verfolgten, indem sie der Verteidigung des Vaterlandes dienen sollten. Als zur Zeit der Republik Frankreich von allen Seiten angegriffen wurde und das Vaterland in Gefahr war, wurden von dem Wohlfahrtsausschusse eine Anzahl hervorragender Gelehrter und Techniker zu einer Kommission der nationalen Verteidigung berufen. Diese Männer leisteten Grosses auch für die Eisenindustrie, um mit deren Hülfe die Armee aus eigenen Mitteln auszurüsten. Sie beschränkten ihre Thätigkeit nicht auf die Praxis, sondern suchten auch durch Abhandlungen das Ver- ständnis der einschlägigen Fabrikationsweise zu verbreiten. Auf diese Weise entstanden mit Unterstützung der republikanischen Regierung eine Anzahl bedeutsamer Schriften, unter denen das grosse Werk von Monge „L’art de fondre les canons“ in erster Reihe zu nennen ist; ferner „L’art de fabriquer des armes blanches“, „L’art de con- vertir le fer en acier“ und das nachgelassene Werk von Clouet , „L’art de faire les lames figurées“. Epochemachend für die Kenntnis der Konstitution des Eisens war der berühmte Aufsatz von Vandermonde, Berthollet und Monge „Mémoire sur le Fer, consideré dans ses différents états metallurgiques“ in den Memoiren der Akademie der Wissenschaften von Paris von 1786. Die antiphlogistische Chemie Lavoisiers wurde ferner von Guyton de Morveau in Bezug auf das Eisen weiter entwickelt. Gazeran machte um 1790 wichtige Versuche über die Festigkeit des Gusseisens. Tronson v. Courdrays Beschreibung der Eisenmanipulation auf der Insel Korsika. Leipzig 1786. Litteratur im 18. Jahrhundert. Schweden lieferte das beste Schmiedeisen und jeder Eisen- producent hegte den Wunsch, ein Eisen von gleicher Güte erzeugen zu können und war begierig, die Verfahrungsarten kennen zu lernen, welche so vortreffliche Produkte lieferten. Schweden war wie kein Land durch seinen Reichtum an Holz und Eisenerzen und seine Armut an anderen Bodenprodukten auf Entwickelung und Verbesse- rung seiner Eisenindustrie angewiesen. Diese Erkenntnis erfüllte die schwedischen Könige und die Regierung ebenso, wie alle ein- sichtsvollen Patrioten seit der Zeit Gustav Wasas . Dieses Streben hatte Männer wie Swedenborg und Polhem bewegt, ihre reichen Erfahrungen in trefflichen Schriften niederzulegen. Swedenborg hatte aber die Eisenindustrie wie einen Zweig der Naturbeschreibung behandelt und ganz objektiv die Verfahrungsweisen bei der Eisen- bereitung, wie er sie in seinem Vaterlande und im Auslande kennen gelernt hatte, dargestellt. Polhem war der Hauptsache nach Mecha- niker und mit der eigentlichen Metallurgie nicht so vertraut, dass er im Stande gewesen wäre, ein umfassendes Lehrbuch der Metallurgie zu schreiben, obgleich er ein sehr gereiftes und richtiges Urteil besass und in seinem patriotischen Testament die Grundzüge für ein solches Werk angedeutet hat. Auch die französische Litteratur hat ein solches Werk nicht hervorgebracht. Courtivron und Bouchu waren der Aufgabe nicht gewachsen gewesen, Jars war zu früh gestorben und Reaumur , der dafür wie geschaffen schien, hatte in Folge der Vielseitigkeit seiner Interessen zu viel unter- nommen für ein Menschenleben und war vor Ausführung seines grossen Unternehmens, das ihm als Lebensaufgabe vorgeschwebt hatte, gestorben. Die Forderung war gestellt, das Verlangen da- nach ein allgemeines, aber noch fehlte der richtige Mann dafür. Es musste einer sein, der sein Leben der Eisenindustrie ganz ge- widmet hatte, ihre Praxis auf das Genaueste kannte und theore- tische Kenntnisse und Klarheit des Urteils genug besass, um das Wesentliche und das Gemeinsame bei den einzelnen metallurgi- schen Methoden zu begreifen, zu erfassen und von allgemeinen wissenschaftlichen Gesichtspunkten aus darzustellen. Schweden war das Land, welches am ersten einen solchen Mann in jener Zeit hervorbringen konnte und es hat ihn hervorgebracht in Sven Rinman . Die ganze Lebensentwickelung des Mannes war dazu angelegt, ihn zu befähigen, die Eisenhüttenkunde praktisch zu fördern und ihren theoretischen Grundbau festzulegen. Litteratur im 18. Jahrhundert. Sven Rinman Die ausführlichste Biographie findet sich im ersten Bande der deutschen Übersetzung seines Bergwerkslexikons. war am 12. Juni 1720 in Upsala geboren und wendete sich früh der praktischen Hüttenkunde zu. Obgleich von seinem früheren Leben wenig bekannt ist, können wir doch mit Be- stimmtheit annehmen, dass ihm Polhem , von dem er in seinen Schriften immer mit grösster Hochachtung spricht, Lehrer und Vor- bild war. Sein Blick ging schon früh über die zunftmässigen Ueber- lieferungen des schwedischen Hüttenwesens hinaus, was er zuerst 1745 in einer Abhandlung über die beste Form der Schachtöfen, besonders der Eisen- Röst- und Schmelzöfen bewies. Er machte darin den be- merkenswerten Vorschlag, Hochofen und Frischherd so anzulegen, dass man das geschmolzene Eisen direkt in den Frischherd laufen lasse. Damals war Rinman Auskultant beim Bergkollegium. 1746 bis 1747 bereiste er auf Kosten einiger Hüttenbesitzer das Ausland. 1748 finden wir ihn bei Iggesunds Bruck in der Provinz Helsinge- land thätig, wo er das erste „doppelte“ Walz- und Schneidewerk in Schweden aufstellte. 1749 wurde er von der Bruck-Societät (Hütten- gesellschaft), beziehungsweise von dem 1745 gegründeten Eisen- comptoir nach Roslagen geschickt, um die dortigen Hochofenhütten und die Eisenerzeugung zu beaufsichtigen. 1750 war er Direktor des Silberbergwerkes zu Hellefors und 1751 wurde er zum ersten Ober- hochofenmeister in Schweden, welche Stelle damals vom Jernkontor neugeschaffen worden war, ernannt. 1753 wählte ihn die königliche Akademie der Wissenschaften zum Mitgliede. 1760 wurde er Direktor der Schwarzschmiede, d. h. der Eisenhammerhütten oder der Stab- eisenbereitung. Er wurde (vor 1772) Ritter des Wasaordens, und 1782 königlicher Bergrat, 1779 wurde ihm vom Eisencomptoir auch die Aufsicht über die Stahl- und Eisenfabriken in Eskilstuna übertragen. Ausser einer grossen Anzahl Abhandlungen, welche meistens in den Schriften der königlich schwedischen Akademie der Wissenschaften abgedruckt sind, schrieb er folgende Hauptwerke: 1. Anledning till Stål-och Jernsförädlingen och des förbättring 8°. Stockholm 1772, deutsch 1790 unter dem Titel: Anleitung zur Kenntnis der gröberen Eisen- und Stahlveredlung und deren Ver- besserung. Wien 1790. 2. Försök till Jernets historia. 2 Vol. 4°. 1782; deutsch: Versuch einer Geschichte des Eisens, von welcher wir nachher eingehender sprechen werden. Litteratur im 18. Jahrhundert. Bergverks Lexicon 1788/1789, 4 Bände und 1 Band Kupfer. (Von der deutschen Übersetzung sind nur 2 Bände, A bis F, Leipzig 1808 erschienen.) 4. Afhandl. rörande mechaniken, med tillämpning i synnerhet till bruck och bergwerk. Der erste Teil ist von Nordwall , der zweite mit 53 Kupfertafeln von Rinman 1792 bis 1794; deutsch: E. Nordwall und Sven Rinman , Maschinenlehre oder theoretisch- praktische Darstellung des Maschinenwesens bei Eisen-, Berg- und Hütten-, auch Hammerwerken. Aus dem Schwedischen übersetzt von J. S. L. Blumhof , 2 Teile in 3 Bänden. Berlin 1804 bis 1806, 4°. Rinman starb am 20. Dezember 1792 in der freien Bergstadt Eskilstuna. Seine „Anleitung zur Kenntnis der gröberen Eisen- und Stahlveredlung und deren Verbesserung“ war ein vorzügliches, prak- tisches Buch. Es wurde der Hüttensocietät gewidmet, durch deren Freigebigkeit auch Rinman in den Stand gesetzt wurde, seine vielen Versuche zur Verbesserung des Eisenhüttenwesens zu machen. In dem Werke wird die Arbeit der Hammerschmiede in ihren ver- schiedenen Zweigen beschrieben und bei jedem Kapitel Versuche und Vorschläge zur Verbesserung beigefügt. Es handelt 1. Von der Eisen- und Stahlveredlung im Allgemeinen. 2. Von dem Schmiedeeisen im Allgemeinen. 3. Von den Brennmaterialien. 4. Von dem Haushalt. 5. Von den Materialhämmern. 6. Von der Bereitung der Dachplatten. 7. Vom verzinnten Blech. 8. Von Zainhämmern (Gebundhämmern). 9. Von den Nagelschmieden. 10. Vom Walz- und Schmiedewerke. 11. Von Drahtziehereien. 12. Vom Stahl im Allgemeinen. 13. Vom Schmelz- und Gärbstahle. 14. Vom Brennstahl. 15. Von Hand- und Schmiedearbeiten. Das Werk enthält eine grosse Summe eigener Erfahrung und Beobachtung und zeichnet sich durch Klarheit und Bestimmtheit aus. Sven Rinmans „Geschichte des Eisens“ erschien im Jahre 1782 unter dem bescheidenen Titel „ Försöck till Jårnets Historia ned Tillampning för Slögder och Handtwerk“ in 2 Bänden. Bereits im Jahre 1785 erschien davon eine deutsche Übersetzung von J. G. Ge- orgi , Versuch einer Geschichte des Eisens mit Anwendung für Ge- werbe und Handwerke, die trotz ihrer Mangelhaftigkeit grosses Auf- sehen in Deutschland erregte und raschen Absatz fand. Die Mängel der Übersetzung waren nicht bloss sprachliche, sondern bestanden namentlich in den willkürlichen Kürzungen und Auslassungen. Dies veranlasste denn im Jahre 1814 keinen Geringeren als C. J. B. Karsten , eine neue vollständige Uebersetzung, mit vielen Anmerkungen, heraus- Litteratur im 18. Jahrhundert. zugeben. Karsten hat sich dadurch ein Verdienst um die Eisen- hüttenkunde in Deutschland erworben, denn Rinmans Geschichte des Eisens ist eins der grundlegenden Werke für die Metallurgie dieses Metalles. Karsten , der so viel für diese Wissenschaft geleistet hat, steht ganz auf den Schultern Rinmans. Rinmans Buch ist wesent- lich praktisch, der reiche Schatz seiner Erfahrungen ist unter ge- wissen einfachen allgemeinen Gesichtspunkten zusammengefasst. „Die vielen unendlich mühsamen Versuche, die sorgsamen Beobachtungen und die gründlichen ohne alle Vorurteile gesammelten Erfahrungen, die Anwendung derselben auf das praktische Leben, verbunden mit dem natürlichen, unbefangenen Blick und mit der einfachen Dar- stellungsart des bescheidenen Verfassers, geben seinem Werke einen ewig dauernden Wert“ ( Karsten ). Rinman führt in der Vorrede zu seiner Geschichte des Eisens folgenden Gedanken aus: Die Eigenschaften der Stoffe bedingen ihre Verwendung und die dafür nötigen Arbeiten. Man sollte glauben, dass die Eigenschaften des Eisens, des unentbehrlichsten Metalls, des Mittels zur Darstellung aller übrigen, völlig aufgeklärt und seit Jahr- tausenden bekannt sein müsse, dies sei aber keineswegs der Fall, die Erkenntnis des Eisens sei noch eine äusserst beschränkte. Der Grund dafür liege grossenteils an der grossen Verbreitung des Eisens, seiner Gemeinheit, wegen der man die Untersuchung der Eigenschaften des Eisens bis dahin den Handwerkern überlassen habe. Die Gelehrten begnügten sich damit, das nachzuschreiben, was ihre Vorgänger darüber gesagt haben. Nur wenige hätten es der Mühe wert ge- funden, einige Anwendungen von ihren Untersuchungen und Ent- deckungen auf Künste und Handwerke zu zeigen. Diejenigen, die darüber geschrieben, hätten sich damit begnügt, Schmelzverfahren, welche sie kennen gelernt hätten, zu beschreiben. Nur Reaumur habe in seiner Abhandlung, die Kunst, weiches Eisen in Stahl zu verwandeln, eingehend die Eigenschaften und das Verhalten des Eisens geprüft. Seit der Zeit habe aber keiner mehr sich auf den Boden eigener Versuche gestellt. Dies habe ihn veranlasst, einige Materialien zur Geschichte des Eisens zusammen zu tragen, um so mehr, als er durch die königliche Bergwerksbehörde und die Hütten-Societät darin unterstützt und dazu aufgemuntert worden sei. Damit ist die Bedeutung „Geschichte“ des Eisens erklärt, es ist die „Naturgeschichte“ des Eisens darunter gemeint, eine Untersuchung der Eigenschaften des Eisens und der aus denselben folgenden Arten der Verwendung und der Darstellung. Der erste Zweck beim Ent- Litteratur im 18. Jahrhundert. wurfe des Werkes war die Erfüllung des Wunsches der Hüttensocietät, seine Erfahrungen über das Eisen mitzuteilen. Wenn er die Geheim- nisse des Gewerbes enthülle, so sei dies nur zum Nutzen der Ge- werbetreibenden und verletze dabei keine Pflicht, weil er von Niemand Anleitung erhalten, sondern sich durch eine Menge von Versuchen nach den Grundsätzen der Chemie und Physik selbst die Bahn ge- brochen habe. Er beklagt es, den richtigen Aufschluss über die Be- standteile des Eisens nicht gefunden zu haben, woran der Umstand schuld war, dass er noch gänzlich in der Phlogistontheorie befangen war. Er war sogar der Ansicht, dass das Eisen an wesentlichen Bestandteilen ausser Eisenerde und Phlogiston auch noch ein Salz enthielte, neben den wesentlichen enthalte es aber noch mancherlei zufällige. Die chemischen und physikalischen Eigenschaften des Eisens bilden den Einteilungsgrund für die zehn Abschnitte, die wir kurz betrachten wollen. Der erste, von der Farbe des Eisens, behandelt ausser der äusseren Farbe und dem Bruchansehen, auch das Schleifen, Polieren, Beizen, Brunieren, Damaszieren, sowie die Schutzmittel gegen den Rost. Das zweite Kapitel handelt von der Schwere des Eisens, und hierin teilt Rinman das Ergebnis einer Reihe trefflicher Versuche über das spezifische Gewicht der Eisensorten mit. Im Anschluss daran bespricht er die Dichtigkeit und die Elastizität des Eisens, wobei er näher auf die Bereitung der Uhrfedern und der Klingen eingeht. Die dritte Abteilung erörtert die Wirkung des Magnets auf das Eisen und gehört nach unserer heutigen Auffassung in das Gebiet der praktischen Physik; nur was Rinman über das Probieren der Eisenerze durch den Magnet mitteilt, betrifft die Eisenhüttenkunde. Das vierte Kapitel handelt von dem Verhalten des Eisens in der Wärme und im Feuer. Eingehend wird darin die Ausdehnung des Eisens durch die Wärme besprochen; sodann die äusserliche Wirkung der Wärme, das Anlaufen besonders des Stahls; die Wirkungen der Glühhitze und der Schmelzhitze, die sich äussern in der Glühspahn- bildung, im Verbrennen und Verschlacken des Eisens; im Anschluss daran werden Verkalkung (Oxydation) und Reduktion besprochen. Über die Kalzination des Eisens und die Reduktion seiner Kalke teilt der Verfasser zahlreiche Versuche mit und beschreibt im An- schluss daran das Verschmelzen der Frischschlacken im Zerennfeuer. Litteratur im 18. Jahrhundert. Weiter werden die Wirkung der Kälte und Hitze auf Härte und Weich- heit des Eisens, die Mittel zur Beförderung der Weichheit, die Wir- kung auf die Zähigkeit, das Verhalten des Eisens in der Schmelz- hitze in offenen und geschlossenen Gefässen untersucht, woran sich die Beschreibung verschiedener Arten des Tiegelschmelzens, des Schmelzens des Stabeisens im offenen Feuer und des Schweissens des Eisens anreihen. Die Überschrift der fünften Abteilung lautet: Von der Ge- schmeidigkeit des Eisens. Darin werden die Erscheinungen der Ge- schmeidigkeit der verschiedenen Eisensorten erst im Allgemeinen er- örtert, dann zu der Darstellung des geschmeidigen Eisens überge- gangen und unter diesem Gesichtspunkte die wichtigsten Verfahren der Schmiedeisenbereitung beschrieben. Es sind dies die Luppen- feuer im Allgemeinen, insbesondere das Luppenschmelzen in Schweden, die deutsche Rennschmiede, die korsikanische und die französische Rennschmiede, die Bauern- und Blasöfen in den schwedischen Dal- orten, hierauf folgen die verschiedenen Frischmethoden, insbesondere die schwedische Osmundschmiede, die deutsche oder märkische Os- mundschmiede, die Wallonenschmiede, die deutsche oder Koch- schmiede, die Butschmiede, Frischschmiede, Suluschmiede, Halb- wallonenschmiede, Brechschmiede, Anlaufschmiede, Löschfeuerschmiede und die englische Stabeisenschmiede. Hieran schliessen sich die Be- reitung des englischen Stangeneisens in Tiegeln, sowie allgemeine Bemerkungen über die Bereitung des Stabeisens im Herde, über die Kunst des Feuerbaues, den besten Schmiedeprozess u. s. w. Es folgen hierauf Versuche und Erklärungen über hartes und weiches Eisen, über Zähigkeit, Stärke und Spannkraft des Eisens; über das Sortieren von Eisen und Draht, über Rotbruch und Kaltbruch, deren Ursachen und Verbesserungen. Mit diesem wichtigen Kapitel schliesst der erste Band ab. Während dieser mehr die Physik des Eisens behandelt, beschäftigt sich der zweite mehr mit der Chemie des Eisens. Er beginnt mit der sechsten Abteilung des Werkes. „Vom Verhalten des Eisens gegen andere Metalle. Bei dem Ver- halten gegen Gold werden auch die verschiedenen Arten der Vergoldung beschrieben, ausführlich wird über das Verhalten zum Platin, nament- lich über Versuche über das Zusammenschmelzen desselben mit Eisen und des Scheidens berichtet. Bei dem Verhalten zu Silber und Kupfer wird das Versilbern und Verkupfern beschrieben, die Legierung und Scheidung dieser Metalle, ferner die Lötung; bei dem Verhalten zum Litteratur im 18. Jahrhundert. Zinn, die Verzinnung beim Verhalten zum Blei, der Nutzen und die Verwendung des Eisens beim Bleierzschmelzen. Es folgt das Ver- halten des Eisens zu Quecksilber, zu Mangan, Nickel, Kobalt, Arsenik Wismut und Zink, wobei von dem Überziehen des Eisens mit Wismut und Zink gesprochen wird. Die siebente Abteilung handelt von den Pigmenten aus Eisen, wobei die aus Eisen bereiteten Erdfarben, Emaillen, Schlacken, Tinten und Farben beschrieben werden. Sie sind den Farben nach geordnet in schwarze, rote, gelbe, blaue, grüne und weisse, wobei auch von dem roten, gelben und grünen Glas gehandelt wird. Unter den blauen Farben wird das Berlinerblau, das Erlangerblau und das Ultramarin aufgeführt. Die achte Abteilung beschäftigt sich mit der Auflösung des Eisens, und zwar zuerst mit dem Verhalten des Eisens gegen die Luft und das Wasser, sodann gegen die Säuren. Bei der Vitriolsäure wird das Ätzen des Eisens, die Bereitung des Eisenvitriols und das Probieren der Eisenerze auf nassem Wege durch Niederschlag beschrieben; ebenso wird bei der Salpetersäure das Beizen und Ätzen von Eisen und Stahl erläutert. Es wird dann noch das Verhalten des Eisens zu folgenden Stoffen angeführt: zu Salzsäure, Königswasser, Fluss- spatsäure, Arseniksäure, Weinsteinsäure, Zuckersäure, Essig, Citronen- säure, Holzessig, Ameisensäure, Phosphorsäure, Boraxsäure, Sauerklee- säure, Molybdänsäure, Schwersteinsäure, ferner zu Alkali, Weingeist, Ölen, Schwefel, Salpeter, Salmiak, Kochsalz und fixem Salmiak (2 Teile Kalk und 1 Teil Salmiak). Hierauf folgen die zwei wichtigen Schlusskapitel vom Stahl und vom Roheisen. Es werden im neunten Kapitel die Eigenschaften des Stahls und die Stahlbereitung beschrieben, und zwar insbesondere die Schmelzung des Stahls unmittelbar aus den Erzen im Stückofen, die Bereitung des Stahls aus Flosseneisen in Steiermark und Kärnten, weiter wird gehandelt von der in Schweden üblichen Methode, aus Roheisen Stahl zu machen, vom Luppstahl, vom Gärben des Rohstahls und des Messerstahls, von der Verwandlung des Roheisens in Stahl durch Brennen oder Cementieren, von der Verwandlung des Stab- eisens in Stahl durch Schmelzen und durch Cementieren, von dem Stahlbrennen und dem Brennstahl, von der Stahlhärtung und der Oberfläche und Einsatzhärtung. Im zehnten Kapitel werden erst die verschiedenen Arten des Roheisens beschrieben, deren äussere und innere Eigenschaften, so- dann ist die Rede von den zu Gusswaren erforderlichen Eigenschaften, Litteratur im 18. Jahrhundert. von dem Gewicht des Roheisens und den Ursachen des verschiedenen specifischen Gewichtes des Eisens, vom Verhalten des Roheisens gegen den Magnet und gegen die Wärme, Verhalten im Feuer, in Glühhitze, beim Schmelzen, von der Auflösung, vom Klang und von der Ver- zinnung des Roheisens. Wie aus diesem Inhaltsverzeichnis ersichtlich ist, umfasst Rin- mans Geschichte des Eisens den grössten Teil der Metallurgie des Eisens. Es fehlt hauptsächlich der Hochofenbetrieb, der nur kurz erwähnt wird; ein Eingehen auf die Lehre von den Betriebsmitteln und der Eisenveredlung durch die Formgebung war nach der ganzen Anlage des Buches nicht zu erwarten. Über die Hochofenkunst, d. h. über Hochofenbau und Hochofen- betrieb, erschien 1791 ebenfalls in Schweden eine der gründlichsten Schriften, welche über diesen Gegenstand erschienen sind, Joh. Carl Garnejs Handledning uti Svenska Masmästeriet auf 504 Seiten in Grossquart und 16 Kupfertafeln. Das Werk wurde 1800 von Joh. Georg Ludw. Blumhof in das Deutsche übersetzt und erschien unter dem Titel: „Abhandlung von Bau und Betrieb der Hochöfen in Schweden.“ In diesem Werke, dessen Herausgabe ebenfalls auf Veranlassung und Kosten der schwedischen Hüttensocietät geschah, sind die lang- jährigen Erfahrungen Garnejs , der als Oberhochofenmeister mitten im praktischen Leben stand, und seiner Vorgänger niedergelegt und bildet das Werk die wichtige Ergänzung zu Rinmans Geschichte des Eisens und der gröberen Eisen- und Stahlveredlung. Garnejs schreibt darüber: „Was der selige Rinman aller seiner Unverdrossenheit un- geachtet, solange er den Posten eines Oberhochofenmeisters bekleidete, nicht vollenden konnte, weil hierzu viele und mannigfache Versuche u. s. w. erst erforderlich, auch die vorkommenden Erz- und Stein- arten von so ungleicher Beschaffenheit und Art waren, dass der eine Versuch für den andern den Weg bahnen musste, damit durch vor- eilige Schlüsse keine Irrtümer und kein schwerer und kostspieliger Verlust entstehen möchte — dies haben seine Nachfolger in diesem Amte, die Assessoren im Bergkollegium, und zwar der Direktor über die Feinschmiede, Bengt Quist Anderson , der jetzt verstorbene Direktor über das Hochofenwesen Magnus Allgulin und der Direktor über die Stabeisenschmiede Salomon von Stockenström , mit aus- gezeichnetem Eifer, und nützlicher Aufklärung, wodurch sie sich einen bleibenden Namen in der Geschichte des schwedischen Hüttenwesens erworben haben, fortgesetzt und zum Teil ergänzt. — Auf die Ent- Litteratur im 18. Jahrhundert. deckungen dieser Männer, welche mir zu den Versuchen, die ich selbst während meiner Dienstzeit anzustellen Gelegenheit gehabt, zu Weg- weisern gedient haben, gründet sich das Wesentliche dieser Abhand- lung.“ In Schweden war damals die Kunst des Ofenbaues (Stegresare- Konst) ganz getrennt von der Schmelzkunst (Masmästare-Konst); dem entsprechend zerfällt auch Garnejs Werk in zwei Teile. Der erste Teil, die Ofenbaukunst, zerfällt in folgende Kapitel: 1. Von den Arten der Hochöfen, 2. von dem Fundament, 3. von dem doppelten Rauh- mauerwerk, 4. vom Gestell, 5. vom Schacht, 6. von der Gicht, und 7. von der Instandhaltung des Hochofens. Der zweite Teil des Werkes, der „von dem Betrieb der Hochöfen“ handelt, zerfällt 1. in die Ein- leitung, 2. die Unterscheidung der Eisensteine, 3. die Beschickung, 4. das Rösten, 5. das Pochen, 6. die Kohlen, 7. die Blasebälge, 8. vom Gestell, 9. von der Wartung des Hochofens, 10. von der Unterscheidung des Roheisens, 11. von den Betriebsstörungen. Das Werk beruht zwar ganz auf der schwedischen Praxis, aber durch seine Gründlichkeit und vortreffliche, fassliche Darstellung ist es auch für die ausserschwedischen Länder, für die Hüttenkunde im Allgemeinen und für die Art der Behandlung des Gegenstandes von allergrösster Bedeutung geworden und gehört ebenfalls zu den grund- legenden Werken der Eisenhüttenkunde. Am bezeichnendsten ist wohl, was Meyer darüber schreibt Siehe Dr. Moritz Meyer , Beiträge zur genaueren Kenntnis des Eisen- hüttenwesens in Schweden 1829. : „Noch wichtiger aber wurde für die praktische Richtung Garnejs Handbuch des schwedischen Hochofen- betriebes. Dieses Buch, welches wirklich auf jedem Ofenkranze und bei jeder Tümpelflamme gelesen wurde und noch jetzt des Hüttenmannes Ratgeber bei allen schwierigen Vorfällen ist, hat die bis zu seinem Er- scheinen (1791) immer noch bestehenden, durch die mehrfachen Ein- wanderungen mitgebrachten Prinzipien des Hochofenbaues und die vielen Vorurteile allmählich fast ganz verdrängt, und die beigegebenen Kupferstiche mit allen ihren Buchstaben sind so ins Hüttenleben übergegangen, dass man bei der neuen Umarbeitung 1814 durch Lidbek es vorzog, die alten, obwohl schlechten Platten unverändert wieder abzuziehen, als neue stechen zu lassen, um nicht den Hütten- mann durch einen ihm weniger vertrauten Anblick zu stören oder zu entfremden. Über dieses Werk ist im Inlande nur eine Stimme, und das Ausland selbst, für das es nur einen mittelbaren Wert haben Litteratur im 18. Jahrhundert. kann, hat durch Übersetzen in mehrere Sprachen gezeigt, wie hoch es ihm stehe.“ Die ausserordentliche Verbreitung und damit sein un- mittelbarer Nutzen wurde dadurch sehr gesteigert, dass die schwedi- sche Gesellschaft der Eisenhüttenleute eine grosse Anzahl Exemplare auf ihre Kosten verteilte und Sorge trug, dass jede Hütte und jeder Hochofenmeister ein Exemplar erhielt. Bei Rinmans Lebensbeschreibung haben wir bereits seiner beiden letzten grossen Werke gedacht. Das Bergwerkslexikon wurde von ihm ebenfalls im Auftrage und auf Kosten der schwedischen Ge- sellschaft der Eisenhüttenleute bearbeitet und gedruckt. Die Grund- lage bildete eine Sammlung bergmännischer Kunstwörter von einem verstorbenen Bergmeister Bellander zu Sala, welche das Eisenkomptoir angekauft hatte. Aus dieser Sammlung entstand das umfangreiche mit vielen Tafeln ausgestattete Werk, welches leider nur bis zum Buchstaben F in deutscher Übersetzung erschienen ist. Rinman bewältigte diese umfangreiche, mühevolle Arbeit in wenig mehr als zwei Jahren. Ebenso entstand das letzte wichtige Werk Rinmans , die grosse Maschinenlehre, von welcher er den praktischen Teil be- arbeitete und mit 53 Kupfertafeln bereicherte, auf Veranlassung der Bruckssocietät. Auch von diesem ist die deutsche Übersetzung leider unvollendet geblieben. Die deutsche Litteratur des 18. Jahrhunderts über das Eisen- hüttenwesen entstand in Anlehnung an die ausländische. Wir haben oben schon erwähnt, dass der fleissige Johann Heinrich Gottlob von Justi alsbald nach dem Erscheinen der ersten Hefte der „De- scriptions des arts et métiers“ dieselben in das Deutsche übersetzte. Wenn diese Übersetzungen auch sehr mangelhaft sind, so haben doch die Abhandlungen über das Eisenhüttenwesen höchst anregend ge- wirkt. Von Justi war aber schon vor dieser Arbeit als selbständiger Schriftsteller auf dem Gebiete der Eisenhüttenkunde aufgetreten. Er schrieb 1757 seine „Vollständige Abhandlung von den Manufakturen und Fabriken“, welche, ein „Lehrbuch von der Kommerzienwissen- schaft“ und den praktischen Teil zu seiner „Staatswirtschaft“ bilden sollte. Der erste Teil, „welcher die allgemeinen Grundsätze und Be- trachtungen in sich enthält“, erschien 1757 in Kopenhagen, der zweite Teil, „worinnen die besonderen Arten aller und jeder Fabriken ab- gehandelt werden“, folgte 1761. Das Buch fand grossen Anklang und wurde 1767 unverändert in einer zweiten Auflage herausgegeben. 1780 war es wieder vergriffen und wurde in verbesserter Auflage, von dem berühmten Johann Beckmann in Göttingen mit Anmerkungen Beck , Geschichte des Eisens. 4 Litteratur im 18. Jahrhundert. versehen, bei Pauli in Berlin neu aufgelegt. Der dritte Abschnitt des zweiten Teils handelt von den Eisen- und Stahlfabriken. Nach einer allgemeinen Einleitung über die volkswirtschaftliche Bedeutung folgen nachstehende Hauptstücke: 1. Von den Eisenhütten und Giesse- reien, 2. von Stab- und Blechhämmern, 3. von den Stahlhütten, 4. von den Gewehrfabriken, und 5. von den Fabriken allerlei stählerner Gerät- schaften. In gefälliger, verständlicher Darstellung enthält das Buch, das mehr für den gebildeten Laien, als für den Fachmann bestimmt ist, eine Schilderung des Eisengewerbes. Das Buch war lange Zeit das einzige seiner Art. Dies war noch 1780 so, weshalb Beckmann es neu bearbeitete. von Justi hat noch vielerlei über einzelne Gegen- stände der Eisenhüttenkunde geschrieben und ist selbst aus einem Professor ein praktischer Eisenhüttenmann geworden, wobei er aller- dings nicht glücklich war. Johann Heinrich Gottlob Justi wurde am 25. Dezember 1720 zu Brücken im Amt Sangerhausen, kur- sächsischer Kreis Thüringen, geboren. Er studierte Jurisprudenz, trat bei Ausbruch des schlesischen Krieges in preussischen Kriegsdienst, machte den Feldzug mit und avancierte zum Regimentsquartier- meister. 1747 nahm Justi seinen Abschied, studierte weiter und machte sich als Schriftsteller bemerklich. 1750 erhielt er einen Ruf an die theresianische Ritterakademie zu Wien, wo er Kameral- wissenschaften vortrug. Er wurde der erste Schematiker der Staats- und besonders der Polizei- und Kameralwissenschaft. Dabei suchte Justi seine Theorieen immer praktisch anzuwenden; in diesem Sinne beförderte er die Seidenzucht in Österreich und bereiste die Berg- werke und Hütten. Er erhielt den Titel eines Finanz- und Bergrats und den Adel. Durch ein verfehltes Unternehmen, aus Kalklagern bei Annaberg in Nieder-Österreich Silber zu gewinnen, verlor er das Ver- trauen, weshalb er 1754 seinen Abschied nahm und Österreich ver- liess. Ohne festen Wohnsitz, führte er einige Zeit ein unstetes Leben, bis er 1755 die Bekanntschaft des hannöverischen Ministers von Münchhausen machte, der ihm die Stelle eines Bergrats und Ober- polizeikommissärs übertrug und ihn veranlasste, nach Göttingen zu ziehen, wo er Vorlesungen über Staatsökonomie und Naturwissen- schaften hielt. 1757 verliess er Göttingen, indem er einer Einladung nach Kopenhagen folgte. Von da aus bereiste er im Auftrage des Grafen Bernstorff Jütland, um Vorschläge über die Nutzbarmachung der grossen Haiden zu machen. 1759 ging er nach Berlin in der Hoffnung auf eine Staatsanstellung in Preussen. Hier widmete er sich mit erstaunlichem Fleisse litterarischen Arbeiten. 1763 legte er Litteratur im 18. Jahrhundert. zu Harburg eine Silberraffinerie an. 1766 wurde er endlich nach langem Warten zum königlich preussischen Berghauptmann ernannt und ihm die Oberaufsicht über die Glas- und Stahlfabriken in den östlichen Provinzen übertragen. Aber seine Gesundheit war bereits erschüttert. Er nahm seinen Wohnsitz zu Vietz in der Neumark, wo königliche Eisenhütten waren. Von jeher ein schlechter Haus- halter, war auch seine Verwaltung dort eine sehr unordentliche. Bei einer Revision ergaben sich Kassendefekte in Höhe von 46000 Thaler. Auf seinen eigenen Antrag wurde er nach Küstrin als Staats- gefangener gebracht, wo er 1771 an einem Schlaganfall verstarb. Justi war ein Mann von grossen Anlagen, erstaunlichem Fleiss und Gedächtnis und von weitem Blick. Er schrieb ausserordentlich leicht und meist auch gefällig. Auf der anderen Seite war er leichtsinnig, zerfahren, zum Grossthun geneigt, deshalb verschwenderisch und un- ordentlich; doch war sein trauriges Lebensende mehr durch seine Schwächen, als durch wirkliche Unredlichkeit herbeigeführt. Der zweite bedeutende deutsche Schriftsteller des vorigen Jahr- hunderts, der über Eisen schrieb, war der verdienstvolle königlich preussische Oberberg-Oberrechnungs- und Oberbaurat Dr. Karl Abraham Gerhard . Auch er machte sich zuerst durch die Über- setzung eines französischen Werkes, der metallurgischen Reisen von Gabriel Jars , welches 1777 in Hamburg erschien, bekannt. Er be- reicherte die darin enthaltenen Kapitel über das Eisen durch vor- treffliche Anmerkungen, welche als ein Anhang im zweiten Bande erschienen und die eine gedrängte Übersicht des ganzen Eisenhütten- wesens nach dem damaligen Stande der Kenntnis enthalten. Die hüttenmännische Reiselitteratur, wie sie Jars begründet hatte, fand in Deutschland grossen Anklang und viel Nachfolge. Unter diesen Schriftstellern ragte besonders Johann Jacob Ferber , von Geburt Schwede, durch Erziehung und Lebensgang ein Deutscher, hervor. Er war am 9. September 1743 zu Karlskrona geboren; zur Medizin bestimmt, studierte er mit Vorliebe Mineralogie unter Wallerius , später unter Cronstedt und Linne in Upsala. Mit Bergman war er befreundet. Seine erste mineralogische Reise machte er durch Schweden. Hierauf bereiste er von 1765 an Deutsch- land, England und Italien, längere Zeit dann Böhmen, Südösterreich und Ungarn. Seine Schrift über das Quecksilberbergwerk zu Idria war Veranlassung, dass er eine Professur in Mietau erhielt. 1774 und 1776 bereiste er die Pfalz und das Saargebiet. 1781 wurde er Professor in Petersburg und 1786 erhielt er eine Berufung nach 4* Litteratur im 18. Jahrhundert. Preussen als Oberbergrat. Er starb auf einer Reise in Bern im Jahre 1790. Seine zahlreichen Reisen hat er in vortrefflichen Einzel- beschreibungen in deutscher Sprache veröffentlicht. Er war gleich ausgezeichnet als Mineraloge, Geognost und Hüttenmann. Seine geognostischen Ansichten und seine Einteilung der Gesteine in a) Granit als Grundlage, b) älteres Schiefergebirge, c) Flötzgebirge, und d) Tertiärgebirge, wurde für lange Zeit massgebend. Seine in- haltsreichen Schriften gehören zu den besten Quellen für Mineralogie und Metallurgie. Zu der Kenntnis des Eisenhüttenwesens lieferte Ferber viele, zum Teil wertvolle Beiträge. Von seinen zahl- reichen Schriften führen wir in dieser Beziehung nur die folgenden an: Bergmännische Nachrichten von den Zweibrückischen, Pfälzischen und Nassauischen Ländern 1776, Neue Beiträge zur Mineralgeschichte 1778 und Abhandlung über die Gebirge und Bergwerke in Ungarn nebst einer Beschreibung des steyerischen Eisenschmelzens und Stahl- machens von einem Ungenannten. Von späteren Reiseschriftstellern nennen wir Haquet , welcher besonders die österreichischen Alpenländer bereiste; Pallas P. S. Pallas , Reise durch verschiedene Provinzen des Russischen Reiches, 3 Bde. in 4°, 1771 bis 1776. , der in seinem berühmten Reisewerk über Russland zahlreiche Mitteilungen über die Eisenhütten Russlands gemacht hat; B. F. J. Hermann , Reisen durch Österreich, Steyermark, Kärnten und Krain 1781, sowie verschiedene Schriften über Russland; Blumhof und Stünkel , Be- obachtungen auf einer Fussreise von der Roten Hütte nach Mägde- sprung und den Blankenburgischen Eisenhütten 1800. Zahlreicher und wichtiger sind die vielen Monographieen , welche in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts erschienen sind; unter diesen nennen wir: E. Herwig , Über das Eisen- schmelzen und Schmieden in der Herrschaft Schmalkalden 1777; J. D. G. Schreber , Beschreibung der Eisen-, Berg- und Hütten- werke zu Eisenerz in Steyermark, Leipzig 1792, und im Schauplatz der Künste und Handwerke von 1772 (Bd. XI.); B. F. J. Hermann , Über die Verfertigung des Brescianer Stahls in Steyermark etc. 1781, Beschreibung der Eisenberg- und Hüttenwerke zu Eisenerz in Steyer- mark, Wien 1788. E. A. Jägerschmid , Beiträge über einige metallische Fabriken der Grafschaft Mark 1788. Johann Philipp Becher , Mineralogische Beschreibung der Oranien-Nassauischen Lande nebst einer Geschichte des Siegenschen Hütten- und Hammer- Litteratur im 18. Jahrhundert. wesens, 1789. B. Fr. Joh. Hermann , Versuch einer mineralogischen Beschreibung des Uralischen Erzgebirges, 1789. J. Ch. Quantz , Über die Eisen- und Stahlmanipulation in der Herrschaft Schmalkal- den, 1799. Die vorgenannten Einzeldarstellungen beziehen sich auf die Eisen- industrie bestimmter Länder oder Landschaften. Die Monographieen über einzelne Betriebe oder technische Fragen waren noch selten. Die meisten finden sich in den technischen Sammelwerken, wie namentlich im Schauplatze der Künste und Handwerke, welcher von Justi begonnen und von Schreber fortgesetzt wurde und in P. N. Sprengels Handwerke und Künste in Tabellen. Diese Sammelwerke waren alle durch die Descriptions des arts et métiers veranlasst. Das Werk von Sprengel begann 1767 zu erscheinen und umfasst in der zweiten Sammlung im dritten Abschnitt das Handwerk des Nadlers, im sechsten und siebenten sind die Stahl- und Eisenarbeiter abgehandelt, und zwar in der sechsten Sammlung von 1770 1. der Nagelschmied, 2. der Schlosser, 3. der Sporer, 4. der Windenmacher, 5. der Zeugschmied, 6. der Feilenhauer, 7. der Messerschmied. Die siebente Sammlung von 1771 umfasst 1. die chirurgischen Instru- mentenmacher, 2. die Stahlarbeiter, 3. die Gewehrfabrik, 4. Schwert- feger und Langenmesserschmiede, 5. die Büchsenmacher, 6. die Büchsenschäfter und 7. die Grossuhrmacher. Der Zweck der Sammlung ist die Belehrung der Jugend, wie in der Vorrede gesagt ist, und ist die Darstellung dem Zwecke ent- sprechend populär gehalten. Ein ähnliches Werk ist Halles Werk- stätte der heutigen Künste. Diese technischen Sammlungen führen uns zu den eigentlichen Encyklopädien, von denen Deutschland in der ökonomischen Encyklopädie von Dr. J. G. Krünitz eine der umfassendsten besitzt, die erschienen sind. Der Artikel Eisen, sowie viele Einzelartikel über Eisengewerbe, sind gut und lesenswert. Das Werk ist ähnlich wie der Schauplatz der Handwerke und Künste so weitläufig angelegt, dass es eigentlich niemals zum Abschluss kam. Mit seiner Fortsetzung von Flörke und Kort umfasste es bis 1858 242 Bände. Bis zu Krünitz Tode 1796 waren 74 Bände erschienen. Das Werk fand trotz seines Umfanges namentlich im vorigen Jahr- hundert solche Verbreitung, dass 1782 bis 1814 eine zweite unver- änderte Auflage der ersten 97 Bände erschien. Neben dieser weit- läufigen Encyklopädie erschien eine gedrängtere, in welcher aber das Eisen entsprechend berücksichtigt wird von J. K. G. Jacobson als Technologisches Wörterbuch 1781, mit vier Supplementbänden von Litteratur im 18. Jahrhundert. Rosenthal 1793. — Ein wichtiges Sammelwerk, in welchem sich viele gute Aufsätze über Eisen finden, sind Schrebers Sammlungen von Kameralschriften. Von grösstem Einfluss auf die metallurgische Wissenschaft war das Erscheinen von Zeitschriften , welche sich mit Bergbau und Hüttenkunde beschäftigten. Als ein Vorläufer dieser in Deutschland müssen die Übersetzungen der Abhandlungen der königlich schwedi- schen Akademie der Wissenschaften von Kästner gelten. Ebenso müssen Crells chemisches Archiv und die chemischen Annalen (1783 bis 1803) genannt werden, sowohl, weil sie Auszüge aus den periodischen Schriften der wichtigsten Akademieen, in welchen die Metallurgie besonders berücksichtigt ist, enthalten, als auch wegen wichtiger metallurgischer Aufsätze. Die erste deutsche Fachschrift für Berg- und Hüttenwesen ist J. F. Lempe , Magazin für Bergbau- kunde 1785 bis 1799; die Eisenindustrie ist etwas mehr berücksichtigt in Köhler und Hoffmanns bergmännischem Journal 1788 bis 1794, an welches sich das neue bergmännische Journal 1795 bis 1816 an- schloss, und in C. E. von Molls Jahrbücher der Berg- und Hütten- kunde von 1797 an. Am interessantesten für uns ist unter den deutschen Zeitschriften das nur für die Eisenhüttenkunde bestimmte Eisenhütten-Magazin von Tölle und Gärtner , dessen erstes Monatsheft im August 1791 erschien. Trotz des reichen Inhaltes brachte es das Magazin leider nur auf zwei Jahrgänge, indem es aus Mangel an Unterstützung ein- ging. Von grosser Bedeutung war das von der republikanischen Re- gierung in Frankreich 1795 ins Leben gerufene Journal des mines . Von Fachschriften über Eisenhüttenkunde im allgemeinen nennen wir, ausser den früher erwähnten von Justi und Gerhard , des Freiherrn von Hoffmann Abhandlung über die Eisenhütten, welche mehr praktisch als theoretisch gehalten ist und besonders seine Erfahrungen, die er in Böhmen und Sachsen gemacht hat, enthält. Es finden sich darin ferner Angaben über die Betriebe in Blankenburg, Suhl, Bayreuth. Der technische Inhalt ist unbedeutend, wichtiger ist der ökonomische, in dem viele Preisangaben und Be- rechnungen mitgeteilt sind. Cancrinus , Abhandlung von der Zubereitung des Roheisens in Schmiedeeisen, auch des Stahls u. s. w., 1788; J. von Sternberg , Versuch über das vorteilhafteste Ausschmelzen des Roheisens, 1795; A. Tiemann , Bemerkungen und Versuche über das Eisen, ent- Litteratur im 18. Jahrhundert. halten hauptsächlich eine gute Darstellung des Eisenfrischens am Harz, 1797. Als die wichtigsten theoretischen Schriften über das Eisen und die Eisengewinnung, welche im vorigen Jahrhundert in Deutschland erschienen sind, dürfen wir die drei Abhandlungen über die Preis- frage: Worin besteht der Unterschied zwischen Roheisen aus Hohenöfen und geschmeidigem Eisen aus Frischherden ? von Lampadius, Hermann und Schindler bezeichnen. Sie stehen auf dem Boden der modernen Chemie und führen in die neue Zeit über. Am Schlusse des Jahrhunderts erschien dann die erste „ Systema- tische Eisenhüttenkunde mit Anwendung der neueren chemischen Theorie“ von Wilhelm Albrecht Tiemann . Die Vorrede ist im Jahre 1800 geschrieben, weshalb wir das Buch, das 1801 erschien, noch dem vorigen Jahrhundert zurechnen. „Bis jetzt existiert noch kein Buch“, schreibt der Verfasser in seiner Vorerinnerung, „worin die mit dem Hüttenwesen in enger Verbindung stehenden Wissenschaften im Zu- sammenhange vorgetragen würden und welches einen Überblick des Ganzen liefert. Ich unternahm es daher, einen solchen Versuch wenigstens mit dem Eisenhüttenwesen (da dies in jeder Hinsicht die Seele alles übrigen ist) zu machen, und diesen Versuch Eisen- hüttenkunde zu nennen.“ Deutschland hat also das erste systematische Lehrbuch dieses Teils der technischen Wissenschaft geliefert und Tiemann gebührt das Verdienst der Autorschaft sowohl dieses Buches, als des Namens der Wissenschaft, welcher seit der Zeit allgemein angenommen wurde. Das Buch ist mit Fleiss und Verständnis geschrieben und erfüllt durchaus seinen Zweck. Es ist jedenfalls nur dadurch so bald in Vergessenheit geraten, weil das vortreffliche Handbuch der Eisen- hüttenkunde von Karsten , dessen erste Auflage 1816 erschien, es gänzlich in den Schatten stellte. Auch muss zugestanden werden, dass es, obgleich es die neue chemische Theorie im Auszuge vor- trägt, doch keinen Fortschritt darstellt, sondern ganz auf dem alten Standpunkte des Betriebes, wie er damals am Harz in Übung war, steht. Die neuen Fortschritte, die doch schon in Deutschland damals wenigstens versuchsweise Eingang gefunden hatten, die Kokes- hochöfen, der Puddelbetrieb, die Dampfmaschine, das Walzwerk, werden nicht einmal erwähnt. Den Hülfswissenschaften, Chemie und Mineralogie, welche die beiden ersten Abschnitte des Werkes bilden, ist ein viel zu breiter Raum gewährt. Die drei anderen Abschnitte Litteratur im 18. Jahrhundert. sind die Hüttentopographie, die Hüttenarchitektur und die Hütten- ökonomie, worunter die eigentliche Eisenhüttenkunde begriffen ist. Die Hüttenchemie ist ein weitläufiger Auszug aus dem Lehrbuche der Chemie von Fourcroy und geht weit über die Grenzen einer Hüttenchemie hinaus. Der Verfasser setzt bei dem Leser gar keine chemischen Kenntnisse voraus und will ihn in die Wissenschaft über- haupt einführen und beschränkt sich dabei nicht auf die Chemie der Metalle, sondern zieht sogar die organischen Säuren in seine Be- trachtungen mit ein. Die Docimasie bildet eine Unterabteilung des ersten Abschnittes und umfasst das Probieren der Eisenmineralien auf trockenem und nassem Wege, soweit letzterer damals bekannt war. Wie der erste Abschnitt ein Auszug aus Fourcroy ist, so ist der zweite ein Auszug aus der Mineralogie Werners , wobei der spezielle Teil sich allerdings auf die „Eisenminer“ beschränkt. Die Topographie behandelt die örtliche Beschaffenheit des Eisenhüttenwerkes, Wahl des Platzes, Anlage der Hüttengräben u. s. w., und folgt hierin der Verfasser den Werken von Schlüter und Kramer . Die Hüttenarchi- tektur beschäftigt sich fast ausschliesslich mit dem Hochofenbau, wo- bei er sich auf Garney stützt. Diesem Abschnitt ist die Beschreibung und Berechnung der Gebläse hinzugefügt, wofür ihm Baader Ge- währsmann ist. Die Hüttenökonomie umfasst 1. die Betriebslehre, und zwar den Betrieb der Hochöfen, Frischfeuer, Blechhütten und Draht- hütten, 2. die Lehre von den Eigenschaften des Roheisens, Schmied- eisens und Stahls, 3. die Vorbereitung der Erze, Rösten und Ver- wittern, 4. die Lehre von den Brennmaterialien, die merkwürdiger Weise den Schluss bildet. Dem „Werke ist ein Entwurf einer hütten- männischen Litteratur“, d. h. eine Übersicht der einschlägigen Druck- werke beigefügt. Zum Schlusse erwähnen wir noch einige geschichtliche Werke, aus welchen manches für die Geschichte des Eisens zu entnehmen ist. Es sind dies J. von Sperges , Tyrolische Bergwerksgeschichte, 1765, J. F. Gmelin , Beiträge zur Geschichte des deutschen Berg- baues, 1783, und das bekannte Werk von J. Beckmann , Beiträge zur Geschichte der Erfindungen, 1797. Der grössere Verkehr der Länder Europas untereinander, die Informationsreisen zu wissenschaftlichen und technischen Zwecken, die Zeitungs- und periodische Fachlitteratur trugen viel dazu bei, hüttenmännische Kenntnisse und Erfindungen zu verbreiten, dennoch müssen wir erstaunen, wie langsam die nützlichsten Erfindungen und selbst die Kenntnis derselben sich verbreiteten. Ein Beispiel dafür Wissenschaftliche Anstalten. bietet Tiemanns Eisenhüttenkunde von 1801, in welcher der Puddel- prozess, der doch seit 15 Jahren in England betrieben wurde und eine Umwandlung der ganzen Stabeisenindustrie herbeigeführt hatte, nicht einmal genannt wird. England , das Land der wichtigsten Erfindungen auf dem Ge- biete des Eisenhüttenwesens im vorigen Jahrhundert, besitzt nur eine äusserst spärliche Litteratur aus dieser thatenreichen Zeit. Die Patentbeschreibungen (Specifications) sind fast die einzigen Quellen, aus denen wir Belehrung schöpfen können. Wissenschaftliche Lehranstalten. Von den Akademieen der Wissenschaften waren es besonders die englische, die französische und die schwedische in London, Paris und Stockholm, in welchen metallurgische Fragen behandelt wurden und welche dadurch einen bedeutsamen Einfluss auf die Entwickelung des Eisenhüttenwesens und der Eisenhüttenkunde ausgeübt haben. Über die Gründung und die Thätigkeit der Royal Society in London haben wir bereits früher berichtet. Die französische Akademie der Wissenschaften zu Paris war wie die meisten Anstalten dieser Art aus einer privaten Vereinigung von Gelehrten hervorgegangen; dieselbe hatte sich hauptsächlich mit Natur- wissenschaften beschäftigt. Seit 1692 veröffentlichte sie Memoiren, welche anfangs unregelmässig, seit 1699 regelmässig erschienen. In diesen fanden die praktischen Naturwissenschaften im 18. Jahrhundert weitgehende Berücksichtigung, und sind die Histoires et Mémoires de l’Academie de sciences à Paris reich an vortrefflichen Aufsätzen, die sich auf die Eisenhüttenkunde beziehen. Die schwedische Akademie der Wissenschaften entstand erst im 18. Jahrhundert. Im Jahre 1710 wurde die Universität Upsala in Folge der Pest geschlossen. Dies gab Veranlassung, dass die Pro- fessoren in Verbindung mit anderen Freunden der Wissenschaft eine gelehrte Gesellschaft, das Collegium Curiosorum, gründeten. Sweden- borg war ein thätiges Mitglied derselben und gab mit Polhem eine wissenschaftliche Zeitschrift, den Dädalus Hyperboreus, heraus. Das Collegium Curiosorum ging schon im Jahre 1718 wieder ein, aber bereits im folgenden Jahre gelang es dem eifrigen Berzelius , Wissenschaftliche Anstalten. eine neue litterarische Gesellschaft (Bokveltsgilde?) zu gründen, welche 1720 ihr gelehrtes Journal „Acta litteraria Sueciae“, welches von 1720 bis 1729 zu Upsala erschien, herausgab. Nachdem sie den Grafen Arved Horn zu ihrem Präsidenten erwählt hatte, bekam sie 1728 die königliche Bestätigung als Societas regia litteraria scientiarum Upsa- lensis. Diese gab von 1730 bis 1750 die Acta Soc. Reg. Scientiarum Ups. heraus, denen 1773 die Nova Acta folgten, welche bis in die Neuzeit fortgesetzt wurden. Die Petersburger Akademie wurde 1724 von Peter dem Grossen gegründet und mit reichen Mitteln ausgestattet. Seit 1728 giebt sie ihre Schriften heraus. Neben den fürstlichen Akademieen bildeten sich reiche wissen- schaftliche Privatgesellschaften , welche auf die praktische Naturwissenschaft und die Industrie von Einfluss waren. In Eng- land trat 1754 eine Gesellschaft zur Beförderung der Künste, Fabriken und des Handels (the voluntary Society for the Encouragement of Arts, Manufactures and Commerce) zusammen. Ihr Ziel war die Verbesserung geistiger und materieller Künste zum Nutzen der Industrie; sie suchte es zu erreichen, indem sie Ehren- diplome und Geldprämien für gewisse Zwecke bestimmte. Sie begann ihre Thätigkeit damit, dass sie Prämien aussetzte für die Beförderung des Zeichnens und Entwerfens, und zwar für beide Geschlechter. Sie erteilte Prämien an thätige Kolonisten in Amerika, Asien und Afrika und wirkte dadurch sehr anregend. Ihre Nützlichkeit erwies sich bald und dadurch nahm ihre Mitgliederzahl sehr zu. In Nachahmung dieser Vereinigung entstand in Hamburg 1765 die Hamburgische Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe. Es würde zu weit führen, alle wissenschaftlichen und praktischen Gesellschaften, die ausserdem noch im Laufe des Jahrhunderts ent- standen, aufzuführen. Sehr anregend wirkten die Preisaufgaben , welche von den Regierungen, Akademieen und Privatgesellschaften gestellt wurden. Ein wichtiges Förderungsmittel für wissenschaftliche und technische Zwecke waren öffentliche Sammlungen zur Förderung der Technik. Eine der ältesten und verdienstvollsten war die Sammlung von Modellen , welche sich auf Bergbau und Hüttenkunde, Strom- bau u. s. w. bezog, welche die oberste Bergbehörde in Schweden angelegt hatte und in welcher namentlich die vielen Erfindungen des berühmten Polhem in von ihm selbst gefertigten Modellen aus- gestellt waren. Eine berühmte Sammlung wurde das Conservatoire Wissenschaftliche Anstalten. des Arts et Métiers in Paris , welches 1794 gegründet wurde, und besonders Maschinen, Werkzeuge und Industrieprodukte umfasste. Das wichtigste Förderungsmittel waren aber die technischen Lehr- anstalten . Realschulen für eine wissenschaftliche aber nicht gelehrte Bildung entstanden in Deutschland gegen die Mitte des Jahrhunderts. Eine Anstalt der Art war das 1745 von Abt Jerusalem in Braun- schweig gestiftete Collegium Carolinum , noch mehr aber die 1745 durch Hecker in Berlin gegründete Realschule an der Drei- faltigkeitskirche. Österreich gründete unter Maria Theresia seine Normalhauptschulen, welche unseren höheren Bürgerschulen ent- sprechen. Die erste entstand 1771 in Wien, dieser folgten 1774 andere in Innsbruck, 1775 in Prag, in Gratz, 1776 in Linz u. s. w. Spinn- schulen, also Industrieschulen, hatte Österreich schon früher 1755 und 1764 gegründet. 1765 erliess es eine Spinnschulenordnung für seine deutschen Provinzen. 1787 zählte Böhmen allein über hundert In- dustrieschulen, als Spinn-, Näh-, Strick- u. s. w. Schulen. Ausserdem hatte Österreich bereits 1770 die Realakademie als höhere technische Lehranstalt gegründet. Für das Berg- und Hüttenwesen hatte Österreich besondere Fachschulen gegründet, und zwar zunächst drei Bergschulen für Ungarn in Nieder-Ungarn, Schmöllnitz und dem Temesvarer Banat. Die Idee zur Gründung einer höheren Lehranstalt wurde 1761 angeregt. Peithner hatte damals ein Promemoria über die Errichtung einer besonderen Professur der Bergwissenschaft an der Universität Prag bei dem Kaiser eingereicht und erhielt ein Jahr später den Auftrag, einen Entwurf auszuarbeiten. Damals kam zum erstenmale die Frage der Gründung einer Bergakademie zur Sprache. Aber erst 1763 wurde ein Plan zur Gründung einer „ordentlichen höheren Bergwesens Anstalt“ zu Schemnitz gefasst und teil- weise zur Ausführung gebracht (1. September 1763). Am 1. Sep- tember begann der öffentliche Unterricht, und zwar mit Vorträgen über Chemie, wozu als Lehrer Nicolaus von Jacquin mit dem Charakter eines wirklichen k. k. Bergrates angestellt worden war. Er sollte zugleich geeignete Personen heranziehen und sie für das chemisch-mineralogische Lehrfach heranbilden. Der Unterricht wurde in einem gemieteten Hause erteilt. Jacquin wirkte bis 1769 an der neuen Schemnitzer Berganstalt, von wo er als Professor nach Wien berufen wurde. Sein Nachfolger war Dr. Johann Scopoli , früher Professor der Chemie, Physikus und Bergamtsbeisitzer in Idria. Wissenschaftliche Anstalten. Scopoli wirkte bis 1779 und wurde dann Professor in Pavia. Durch Statut vom 2. April 1770 wurde der Anstalt in Schemnitz der Rang einer Akademie erteilt mit drei Lehrkanzeln und drei Jahrgängen. Bergbaukunde trug Christoph Traugott Delius vor, welchem 1772 Peithner folgte, Chemie las Scopoli und für Mathematik war ein Jesuit Pater Boda von Gratz berufen, welchem aber bald Pater Carl Tierenberger folgte. Die Anstalt war nur für Österreicher bestimmt. Sie nahm in den ersten Jahrzehnten keinen rechten Fortgang, war auch in ihren Mitteln beschränkt. Erst 1800 wurde beantragt, ein besonderes Gebäude für dieselbe zu bauen. 1795 war sie zu einer öffent- lichen Lehranstalt, zu welcher auch Ausländer Zutritt hatten, erklärt worden. Am Harze bestanden 1763 noch keine Bergschulen. Calvör hatte zwar schon 1726, als er Rektor der Schule zu Clausthal war, in höherem Auftrage die Jugend in den zum Bergwerk gehörigen Wissenschaften unterrichtet, aber er beklagt es gerade in seinem Werke über das Maschinenwesen am Oberharz 1763, dass keine der- artigen Schulen beständen und spricht sich warm für die Errichtung einer mathematischen Schule aus, in der die fähigsten Berg- und Hüttenleute einige Stunden in der Woche in Mathematik, Mechanik und Physik unterrichtet werden sollten. Er ist dabei für ein Zusammen- wirken von Theorie und Praxis im Sinne unserer Fachschulen, „wie in England, Holland und Russland dergleichen Schulen für die In- genieurs, Architekten und Schiffer, in grossen Städten auch wohl für die Tischler zur Erlernung der Säulenordnung und in Irland Werk- schulen, darin man sich übt in allerlei, was zur Ökonomie und Hand- lung gehört, sind“. In Deutschland war das wichtigste Ereignis auf diesem Gebiete die Gründung der Bergakademie in Freiberg im Jahre 1765. Schon vor dieser Zeit war hier in beschränktem Umfange Unterricht für Bergleute erteilt worden. Seit 1702 bestand die sogenannte Stipendienkasse zur Unterstützung solcher, die sich zu Bergbeamten ausbilden wollten. Der Unterricht beschränkte sich auf Mark- scheidekunst und Probierkunst, welche mehr zünftig betrieben wurden. Aber schon Henkel hatte angefangen, in der Metallurgie zu unterrichten. Ihm folgte Gellert mit seinen bedeutenden Vor- lesungen über Hüttenkunde und metallurgische Chemie. Im Ganzen aber blieb die Ausbildung Stückwerk. Das empfand besonders tief Friedrich August, Freiherr von Heinitz (geboren am 24. Mai Wissenschaftliche Anstalten. 1725), der sich dem Bergbau gewidmet und in Freiberg seine Studien gemacht hatte. Nachdem er Vizeberghauptmann zu Dresden ge- worden war, entwarf er mit dem Oberberghauptmann von Oppel den Plan zur Gründung einer Bergakademie zu Freiberg. Sie ar- beiteten einen Entwurf aus, welchen Kurfürst Friedrich August ge- nehmigte. Am 13. November 1765 wurde die Gründung der Akademie ausgesprochen und durch Reskript vom 4. Dezember 1765 näher be- gründet. — Der Anfang war recht bescheiden, die Staatsbewilligung betrug 1200 Thaler, wurde aber schon 1766 auf 1562⅔ Thaler er- höht. Die Vorlesungen mussten in einigen gemieteten Zimmern im Hause des Oberberghauptmanns von Oppel gehalten werden. Als Lehrer wurden angestellt Gellert, Charpentier, Lommer, Richter und Klotz , und zwar für metallurgische Chemie, Mathematik und Mechanik, Mineralogie, Markscheidekunst und Probierkunst. Die im ersten Jahre aufgenommenen Stipendiaten waren von Trebra, Beyer und Freiesleben . 1775 wurde A. G. Werner , der ein Zögling der jungen Bergakademie gewesen war, als Lehrer berufen. Erst las er über Mineralogie und seit 1776 auch über Bergbaukunde. Es ist bekannt, welche Verdienste dieser berühmte Mineraloge, dem die deutsche mineralogische und geologische Wissenschaft ihre syste- matische Begründung verdankt, sich um das Blühen und Gedeihen und die Anerkennung der Bergakademie in Freiberg im In- und Auslande erworben hat. Hauptsächlich durch ihn wurde Freiberg die berühmteste Lehranstalt für Bergbau- und Hüttenkunde, die sich ihren Ruhm namentlich im Auslande bis heute bewahrt hat. 1789 las Werner zum erstenmale ein besonderes Collegium über Eisen- hüttenkunde , welches er bis zum Ende seines Lebens (1817) wiederholte. 1793 wurde Lampadius als Dozent der Chemie be- rufen, der 1794 seine Vorlesungen im Sinne der neuen von Lavoisier begründeten Anschauung hielt. Auf seine Vorstellungen hin wurde 1795 ein neues chemisches Laboratorium im Hofe des Akademie- gebäudes erbaut. 1795 begann Lampadius seine Vorlesungen über allgemeine Hüttenkunde und analytische Chemie und 1796 über technische Chemie. Die Vorlesungen über Eisenhüttenkunde lagen zwar in Werners Hand, aber Lampadius hat sich auf diesem Ge- biete ebenfalls grosse Verdienste erworben; wir erwähnen aus dem vorigen Jahrhundert nur seine Versuche über Puddeln mit Holz auf dem Eisenwerke des Grafen von Einsiedel zu Lauchhammer bei Mückenberg im Jahre 1795 und seine preisgekrönte Arbeit über den Unterschied zwischen Roheisen und Stabeisen von 1796. Wissenschaftliche Anstalten. Von den ausserdeutschen Staaten hat sich besonders Frank- reich um das technische Lehrwesen im vorigen Jahrhundert ver- dient gemacht. Dem Minister Trudaine gebührt darum grosses Ver- dienst, welcher um 1750 eine höhere technische Lehranstalt, die École des ponts et chausseés , ins Leben gerufen hatte und sich mit der Absicht trug, eine Bergakademie in Frankreich zu gründen. Zu diesem Zwecke suchte er die befähigtsten Schüler der obengenannten Anstalt, namentlich Jars und Duhamel , zu Lehrern heranzu- bilden und liess sie auf Staatskosten im Auslande reisen. Die trau- rigen Finanzzustände Frankreichs verhinderten aber die Ausführung dieses schönen Planes. Erst der Republik war es vorbehalten, darin Grosses zu leisten. Sie gründete 1794 die École polytechnique , an der Männer wie Monge, Berthollet und Guyton de Mor- veau wirkten. Um dieselbe Zeit entstand die École des Mines . Schon am 18. Messidor des Jahres II (1793) wurden durch Beschluss des Wohlfahrtsausschusses Vorlesungen über Mineralogie, Bergbau, Probierkunde und Hüttenkunde gehalten und durch Gesetz vom 30. Vendémiaire des Jahres IV bestätigt. Die Berginspektoren mussten dieselben halten, und zwar öffentlich und kostenfrei. Lehrer waren Duhamel ( Jars Reisegefährte), Hassenfratz, Miché, Tonnellier, Boillet, Vauquelin, Brogniart, Hauy, Clouet etc. Siehe Journal des mines, an VII, No. 51. . Frankreich, in dem namentlich das Kunstgewerbe blühte, unter- stützte schon früh den Zeichenunterricht. Schon unter Ludwig XIV. bestand eine gewerbliche Zeichenschule zu Besançon; 1766 wurde eine solche zu Paris gegründet, welcher ähnliche Schulen 1773 zu Troyes , 1782 zu St. Quentin und 1794 zu Versailles folgten. In England , wo der Staat sich um das Schulwesen nicht be- kümmerte, blieb auch das technische Unterrichtswesen sehr ver- nachlässigt. Gegen Ende des Jahrhunderts entstanden die Mechanics institutions , welche Fortbildungsunterricht erteilten, ähnlich den Abendschulen unserer gewerblichen Fortbildungsschulen oder Ar- beiterbildungsvereine. Solche Anstalten gab es 1789 zu Birming- ham und 1799 zu Glasgow. Nach Calvörs Angaben müssen aber schon früher (vor 1763) in England und Irland Werkschulen bestanden haben. Die erste Gewerbeausstellung fand 1791 zu Prag statt; die erste Industrieausstellung 1798 zu Paris; dieselbe dauerte vom 19. September bis 2. Oktober und war von 110 Ausstellern beschickt. Chemie. Die Prager Ausstellung war eine Provinzialausstellung für Böhmen, die Pariser Ausstellung war eine nationale für ganz Frankreich. 1791 wurde auch in Frankreich das Patentwesen in ähnlichem Sinne wie in England durch Gesetz geregelt. In demselben Jahre erhielt auch Baiern und 1793 die Vereinigten Staaten von Amerika ein Patentgesetz. Die Chemie des Eisens in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die Entwickelung der Chemie in der ersten Hälfte des 18. Jahr- hunderts war für die Eisenindustrie wenig förderlich. Die Phlogiston- theorie , welche das 18. Jahrhundert beherrschte, erklärte die chemi- schen Vorgänge, auf welchen die Eisenschmelzprozesse beruhten, die Reduktion und Oxydation, falsch und wirkte dadurch nur ver- wirrend. Die chemische Analyse war aber noch nicht soweit ge- diehen, um den wichtigsten Gemengteil des Eisens, den Kohlenstoff, nachweisen zu können. In das erste Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts fällt zunächst ein lebhafter Streit über die Frage, ob durch die Verbrennung gewisser Körper Eisen gebildet werde oder nicht. Da man das Eisen nicht als ein Element ansah, so war eine solche Kontroverse möglich. Becher hatte die Generation des Eisens auf diesem Wege bestimmt behauptet (s. Bd. II, S. 962). Die Frage war 1702 in Paris von neuem angeregt worden, durch den Nachweis des älteren N. Lemery , dass manche Pflanzenaschen Eisen enthielten, welches sich mit dem Mag- neten ausziehen liesse. St. G. Geoffroy , der bei Verbrennung gewisser Pflanzen eben- falls eisenhaltige Asche erhielt, behauptete 1705, dass dieses Eisen erst durch die Verbrennung entstehe. L. Lemery widersprach ihm 1706, indem er nachwies, dass dieses Eisen nur aus der Pflanze bei der Verbrennung ausgeschieden sei. Geoffroy verteidigte aber seine Ansicht, indem er auf Bechers Versuch zurückgriff, wonach in dem mit Leinöl getränkten Thon nach dem Glühen mehr Eisen nachweis- bar sei als vor dem Glühen. Obgleich auch dieses 1708 von dem jüngeren Lemery richtig gestellt wurde, verschwand diese An- sicht nicht ganz und wurde viel später von Justi von neuem vor- gebracht. Chemie. Ebenso übten Bechers Ansichten über die Verbrennung und die Entstehung der Metalle auf die Chemiker zu Anfang des 18. Jahr- hunderts, insbesondere auf Stahl , den eigentlichen Begründer der Phlogistontheorie, grossen Einfluss aus. Nach Becher war die Ursache der Verbrennlichkeit jedweder Substanz im Gehalte eines gewissen Prinzipes, das er als terra pinguis bezeichnete, begründet. Diese fette Erde sei nicht identisch mit dem gemeinen Schwefel, wie die früheren Chemiker mehr oder weniger angenommen hatten, sondern auch der Schwefel enthalte nur einen grösseren Anteil dieser terra pinguis. Diese sei auch in allen mineralischen Substanzen enthalten, welche verbrennlich seien und die Verkalkung der Metalle beruhe auf der Vertreibung dieser terra pinguis durch Feuer. Überhaupt sei jede Verbrennung eine Auflösung. Eine einfache Substanz könne nicht brennen. Die Feuererscheinung beruhe auf der bei dieser Auflösung eintretenden Zerteilung und Verdünnung des verbrennlichen Körpers. Neben dieser terra pinguis gäbe es noch eine terra lapidea und eine terra mercurialis, welche drei ungefähr den früheren Elementen Schwefel, Salz und Quecksilber entsprachen. In allen Metallen seien diese drei Erden enthalten, so bestehe z. B. Eisen aus viel Salz, wenig Schwefel und noch weniger Merkur. Deshalb bildeten sich auch die Metalle in der Erde immer neu, wie schon Plinius sagte, auf Elba wachse das Eisen (gigni ferri metallum). Becher , der bekanntlich ein sehr unruhiges, aufregendes Leben führte, fand nicht die Musse, seine Theorie so durchzuarbeiten, dass er sie auf jeden einzelnen Fall hätte anwenden können. Er beklagte dies und wünschte sich einen Nachfolger, der seine Theorie, die er nur in Umrissen mitgeteilt hatte, vervollkommnen möge. Dieser Wunsch ging in Erfüllung, indem der berühmte Mediziner Georg Ernst Stahl Bechers Ideen zu einem vollständigen System ent- wickelte. Gleich bei seinem ersten Auftreten stimmt Stahl Georg Ernst Stahl , geboren 1660 zu Ansbach, seit 1693 Professor in Halle, 1716 als königlicher Leibarzt nach Berlin berufen, gestorben 1734. in seiner 1697 erschienenen Cymotechnia fundamentalis Bechers An- sicht bei, dass der Schwefel denselben verbrennlichen Stoff enthalte, wie die Metalle und dass der Schwefel aus diesem Stoffe in Ver- bindung mit Schwefelsäure bestehe, gerade so wie der Metallkalk der andere Bestandteil des Metalls sei. 1702 gab er Bechers Physica subterranea neu heraus, wobei er klagt, dass das Werk so wenig An- erkennung gefunden habe. Er fügte deshalb demselben sein Specimen Chemie. Becherianum bei. In diesem wiederholte er bestimmt, dass alle ver- kalkbaren Metalle aus einer brennbaren Substanz und Metallkalk be- stehen, dass das, was wir die Reduktion der Metallkalke nennen, ihre Vereinigung mit dieser brennbaren Substanz ist. Diese brennbare Substanz, die nicht Schwefel, noch Oel, noch Fett an und für sich, auch nicht Feuer schlechthin, sondern nur das Prinzip oder das Ur- sächliche desselben ist, nannte er Phlogiston . Er definiert dieses Phlogiston als materiale et corporeum principium, quod solum cita- tissimo motu ignis fiat. Es ist die Substanz, durch deren Abscheidung die Metalle zu Kalken werden. Diese Theorie erscheint uns nach unserer jetzigen Kenntnis der chemischen Vorgänge durchaus verkehrt und fast widersinnig und doch war dieselbe ein wesentlicher Fortschritt in der Chemie, weil sie die wichtigsten chemischen Erscheinungen von einem bestimmten und einheitlichen Gesichtspunkte aus betrachtete, prüfte und zusammen- fasste. Das Phlogiston, dieses Grundwesen, die Bedingung der Ver- brennlichkeit, ist in allen brennbaren Substanzen dasselbe: „es ist vor die Augen zu legen“, sagt er, „dass sowohl in dem Fett, da man die Schuhe mit schmiert, als in dem Schwefel aus den Bergwerken und allen verbrennlichen halben und ganzen Metallen in der That einerlei und eben dasselbige Wesen sei, was die Verbrennlichkeit eigentlich giebt und machet“; … und „es ist meines Erachtens das vernunftgemässeste, wenn man es von seiner allgemeinen Wirkung benennt. Und dieserwegen habe ich es mit dem griechischen Namen Phlogiston, zu deutsch brennlich, beleget.“ — Bechers Lehre von der fortdauernden Neubildung und dem Wachsen der Metalle in der Erde verwarf Stahl dagegen; nach ihm waren alle „ganghaftig be- findlichen Erze, stracks von Anfang, in die allerweiteste Einteilung, Befestigung und Auszierung der Erde mit eingelegt und eingeschaffen worden“. Stahls Phlogistontheorie fand allgemeine Anerkennung und An- wendung in Europa, wenn auch die französischen Chemiker den Aus- druck Phlogiston nicht annahmen, sondern nach wie vor statt dessen „Schwefel“ sagten, obgleich sie dabei nicht wirklichen Schwefel, sondern ebenfalls nur das verbrennliche Prinzip meinten. Zwar er- hoben einzelne bedeutende Chemiker, wie namentlich Fr. Hoffmann und Boerhave , gegen Stahls Erklärung wichtiger Erscheinungen Widerspruch, dies konnte aber die Verbreitung und die Macht der Phlogistontheorie nicht einschränken. Sie war, was in mechanischen Betrieben ein besseres Werkzeug ist, und darin liegt auch ihre histo- Beck , Geschichte des Eisens. 5 Chemie. rische Bedeutung. Sie schloss, wie Fr. Kopp treffend sagt, einen grossen Fortschritt in der Fähigkeit, chemische Erscheinungen unter allgemeineren Gesichtspunkten zu betrachten, in sich. — Mit der Phlogistontheorie trat zugleich die Chemie als ein selbständiger Teil der Naturwissenschaft auf; sie suchte die chemischen Erscheinungen, d. h. die Zusammensetzung der Körper und die chemischen Prozesse, durch welche Zusammensetzung und Zerlegung vor sich gehen und deren Gesetzmässigkeit an und für sich zu erforschen und nicht wie seither im Dienste einer anderen Wissenschaft wie die Jatrochemie oder eines unwissenschaftlichen Zweckes, wie die Alchimie. Stahls Ansicht über das Eisen und die unedlen Metalle über- haupt geht dahin Siehe G. E. Stahls Bedenken über Bechers Natur-Kündigung der Metalle, 1723, S. 71. , dass das brennliche Wesen (Phlogiston) der- gestalt „den vier unedlen Metallen beigemischt sei, dass sie eben da- durch ihre ganze metallische, letztsichtbare Gestalt, Glanz, Klang , vornehmlich aber die Geschmeidigkeit durch solches erlangen. — Welches sich handgreiflich, durch deren Zerstörung aus solcher ihrer metallischen Gestalt und Wiederbringung zu derselben durch die Kunst (insgemein Reduktion genannt) bescheiniget. a) Da nämlich die Zerstörung aus solcher ihrer metallischen Verfassung, darinnen sie im gemeinen Leben brauchbar sind, bloss durch Verglühen sich zuträgt; als wodurch dieses verbrennliche Wesen nicht anders als aus einer Kohle nach und nach ausgebrannt wird, dass das übrige einer Asche gleich zerfällt: ja auch noch darin der Kohlenasche ähnlich bleibt, dass es wie jene durch genugsamen Feuers Zwang zu einem Glas zusammenfliesset. … b) Die Wiederbringung aber zu dieser recht metallischen Gestalt, geschieht bloss durch wiederbeigebrachte Ersetzung solcherlei brenn- lichen Wesens; welches auch diese metallischen Aschen ganz gern und behende wieder annehmen und dadurch, so oft man nur beiderlei wiederholt, wieder zerstört und wieder ergänzt werden können. c) Welches dann das einzige wahre Fundament des Hütten- schmelzens bei dieser Art Metallen ist; da solche nämlich durch das Rösten oder Brennen, des dabei verhafteten, schwefligen, spiess- glasigten oder arsenikalischen Wesens zugleich an diesem ihren eigenen brennlichen Wesen verlustig werden und zu Asche gedeihen. Dannhero, wann sie ausser körperlicher Berührung der Kohlen ge- schmolzen werden, nichts anderes, als ein Glas geben; welches mit Chemie. dem übrigen tauben Schlackenglas vermengt und darinnen zerstreut, haften bleibt. Wann aber das Schmelzen nach wohlhergebrachtem Brauch durch die Kohlen hindurch dergestalt verrichtet wird, dass auch das Schlackenglas selbst möglichst dünn fliesst, so gewinnt das rechte Metallglas durch Berührung der Kohlen seine vorhin aus- und abgebrannte metallmässige Gestalt wieder, läuft zusammen, scheidet sich von der Glasschlacke und setzt sich unter dieselbige wieder zusammen“. Stahls Ansicht über den Unterschied zwischen Eisen und Stahl ging dahin, dass das Eisen noch erdige Teile enthalte, während Stahl mit Phlogiston gesättigt sei. Eingehender und sachlicher beschäftigte sich Reaumur mit den Unterschieden zwischen den verschiedenen Arten des Eisens. Er er- kannte deutlich, dass Stahl in Bezug auf seinen Phlogistongehalt oder, wie er sich als Franzose ausdrückt, in Bezug auf seinen Schwefel zwischen Gusseisen und Schmiedeisen stehe. Gusseisen enthielte am meisten Schwefel, Schmiedeisen keinen oder am wenigsten, Stahl stehe in Bezug auf den Schwefelgehalt mitten inne. Das Wort Schwefel darf uns nicht beirren, gemeint ist das brennliche Prinzip, und wenn wir statt Schwefel Kohlenstoff setzen, so haben wir die richtige Lösung. Reaumur war in seiner Theorie, die übrigens auch nur eine Erklärung beobachteter Thatsachen war, der Wahrheit bereits sehr nahe gekommen, und deswegen sind auch seine theoretischen Erklärungen meistens richtig, wenn wir uns nur durch die Ausdrucks- weise nicht beirren lassen. In Bezug auf die Reinheit des Eisens klassifizierte er die Eisen- sorten in anderer Reihenfolge, indem er Roheisen als das unreinste, Stahl als das reinste Eisen erklärte. Er nahm an, dass Gusseisen noch durch viele erdige Bestandteile aus den Erzen verunreinigt sei, im Schmiedeisen seien diese zwar abgeschieden, dieses enthalte da- gegen Eisenkalke, Stahl dagegen sei Eisen im reinsten Zustande der Metallizität. Die Eisenerze sind nach Reaumurs Ansicht zusammengesetzt aus Eisen-, Erde-, Schwefel- und Salzteilen. Durch den Schmelzprozess werden die erdigen Teile von den Eisenteilen getrennt, erstere ver- einigen sich mit den übrigen Verunreinigungen des Eisens zu der leichteren Schlacke, welche auf dem abgeschiedenen schweren Eisen obenaufschwimmt. Reaumur nimmt also die metallische Substanz in den Erzen als bestehend an und ist weit davon entfernt, wie Becher , zu glauben, dass dieselbe erst durch den Schmelzprozess aus 5* Chemie. der erdigen Grundmasse sich bilde. Das Roheisen ist eine noch un- reine Form des Eisens, welches noch nicht vollständig von den in den Erzen enthaltenen erdigen Beimengungen getrennt ist. Als wesentlichen Bestandteil enthält es eine beträchtliche Beimengung schweflig-salziger Materie. Nach Reaumurs Auffassung bilden Guss- eisen, Stahl und Schmiedeisen eine Reihe von reiner Eisensubstanz als Grundmasse, verbunden mit mehr oder weniger schweflig-salziger Materie, und zwar in der Weise, dass Gusseisen davon am meisten, Schmiedeisen davon am wenigsten enthält und der Stahl in der Mitte zwischen beiden steht. Gusseisen lässt sich durch Abscheiden der schweflig-salzigen Materie erst in Stahl und dann in Eisen über- führen, während weiches Eisen durch Hinzufügung von schweflig- salziger Materie Stahl wird und durch Überschuss dieser Beimengung in Gusseisen übergeht. Reaumurs Auffassung stimmt also ganz mit unserer heutigen Theorie überein, wenn wir nur statt schweflig- salziger Materie Kohlenstoff setzen. Die Übereinstimmung tritt noch deutlicher hervor, wenn wir ins Auge fassen, dass Reaumur unter Schwefel nicht das Element in unserem Sinne, sondern den brenn- baren Teil der Holzkohle, des Russes u. s. w. verstand. Die Rolle, die er dem Salz zuschreibt, ist weniger verständlich. Auch die salzige Beimengung denkt er sich flüchtig. Sie dringt mit dem Schwefel in die Poren des Eisens ein. An einer Stelle sagt er, das Salz vermittle die Verflüchtigung und die Aufnahme der schwef- ligen Substanz. Er teilt ihm also nur eine vermittelnde Rolle zu; dennoch hält er es für einen wesentlichen Bestandteil, weshalb er seinem Cementirpulver, dessen wichtigster Bestandteil Kohle ist, Salz beimischt, obgleich er zugiebt, dass Holzkohlenpulver allein die Um- wandlung von Schmiedeisen in Stahl durch Cementation bewirken kann. Aus theoretischen Gründen, die den irrigen chemischen An- sichten der damaligen Zeit entspringen, kann Reaumur der salzigen Beimengung bei den verschiedenen Eisenarten nicht entbehren, und sie spielt eine wichtige Rolle bei seiner Erklärung der Härtung des Stahles. Eisen hat, nach seiner Ansicht, eine gewisse Verwandtschaft zu der schwefligen und salzigen Materie. Glüht man deshalb Eisen in Substanzen, welche einen Überschuss dieser Materien enthalten und sie deshalb leicht abgeben (den Cementirpulvern), so nimmt das Eisen dieselben in sich auf. Umgekehrt giebt es Substanzen, welche eine stärkere Verwandtschaft zu der schwefligen und salzigen Materie haben, welche deshalb, wenn man Stahl oder Gusseisen in diesen glüht, diese weich machen (adoucieren), indem sie denselben die be- Chemie. treffenden Materien entziehen. Auf diesen Thatsachen beruht die Cementstahlfabrikation und die Darstellung des schmiedbaren Gusses, welche wir später näher betrachten werden. Die Aufnahme der schweflig-salzigen Materie erhöht die Härte des Eisens. Nun tritt aber beim Stahl die eigentümliche Erscheinung ein, dass derselbe, wenn langsam erkaltet, weich, wenn rasch erkaltet, hart wird, worauf die wichtige Eigenschaft der Stahlhärtung beruht. Dies erklärt Reaumur , von seiner Theorie ausgehend, in geistreicher Weise so: Stahl enthält schweflig-salzige Materie an Eisen gebunden; durch öfteres Erhitzen verliert der Stahl seine Stahlnatur, die schweflig- salzige Substanz lässt sich also durch Glühen verflüchtigen. Ehe dies aber geschieht, tritt ein Zwischenzustand ein. Bei der Erhitzung wird die innige Verbindung des Eisens mit der schweflig-salzigen Materie aufgehoben, dieselbe scheidet sich sozusagen in flüssigem Zu- stande aus und füllt die leeren Räume, die zwischen den Eisenmole- külen vorhanden sind, aus. Tritt plötzliche Abkühlung ein, so wird die Substanz in diesem Zustande fixiert und bewirkt die Stahlhärte, tritt die Abkühlung langsam ein, so kehrt die schweflig-salzige Materie, wenn die Grenztemperatur wiederum erreicht ist, in ihre frühere Lagerung, beziehungsweise ihre intime Verbindung mit dem Eisen zurück. Die fixierte schweflig-salzige Verbindung denkt sich Reau- mur sehr hart, er vergleicht sie treffend mit Eisenpyrit, Schwefelkies, welcher nach den Anschauungen jener Zeit auch in der Hauptsache eine schweflig-salzige Verbindung war; der Schwefel liess sich daraus durch Erhitzen in Substanz austreiben, während durch Verwitterung Salz (Eisenvitriol) entstand. Eine ähnliche, wenn nicht dieselbe Ver- bindung wäre die die Eisenmoleküle umgebende, durch rasche Ab- kühlung fixierte Materie. Können wir diese Theorie Reaumurs auch nach dem heutigen Stande der chemischen Wissenschaft nicht als richtig anerkennen, so müssen wir doch zugestehen, dass sie geistreich ist und sehr nahe mit modernen Theorien übereinstimmt, nach denen der Kohlenstoff dieselbe Rolle spielen soll, wobei auf den allotropischen Zustand desselben als Diamant hingewiesen wird. Reaumur hielt auch später an der Idee fest, dass der Grund- stoff des metallischen Eisens ein besonderes Element sei. In der be- rühmten Abhandlung von de Courtivron und Bouchu: Art des Forges et fourneaux à fer in den Descriptions des Arts et Métiers, welche nach Reaumurs hinterlassenen Handschriften ver- fasst ist, wird dieser Gedanke noch schärfer ausgedrückt. Diese Stelle mit der Kritik des deutschen Übersetzers von Justi giebt eine Chemie. interessante Illustration zu der chemischen Auffassung der Metalle in jener Zeit. Nachdem der Verfasser auf die Widersprüche der herr- schenden Theorie hingewiesen hat, sagt er ( Reaumur ): „Wäre es nicht denkbar, dass es ebenso viele Elemente als verschiedene Metalle selbst gäbe, wovon ein jedes sein ihm eigentümliches Wesen hätte? Die metallischen Substanzen, sagt man, sind schwere, glänzende, undurchsichtige und schmelzbare Körper, die hauptsächlich aus der Verbindung einer glasartigen Erde mit dem brennbaren Wesen ent- standen sind. Wir aber kommen zu dem Schluss, ein Metall ist ein schwerer, glänzender und undurchsichtiger Körper, der im Feuer schmilzt, unter dem Hammer sich treiben lässt und der aus einer glasartigen Erde, dem brennbaren Wesen und einem noch un- bekannten, verborgenen und jedem Metall besonders eigenen Element besteht . Nach dieser allgemeinen Erklärung muss man insbesondere von dem Eisen sagen, es sei ein Metall, welches aus seinem eigenen Element, aus Salz und brennbarem Wesen zusammen- gesetzt ist, welche drei Dinge sich im gehörigen Verhältnis in einer glasartigen Grunderde verbinden und darin festgehalten werden“. Justi verwirft diese Annahme besonderer metallischer Elemente, da sie die Wahrheit nur verdunkle. „ Henkel und andere vortreff- liche Mineralogen haben uns gelehrt, dass ein jedes Metall seine ihm besonders eigene metallische Grun derde hat, wodurch es deter- miniert wird, dieses und kein anderes Metall zu werden.“ In der Röstung erblickte Reaumur eine Ausscheidung von überschüssigem Schwefel und Salz, welche sehr notwendig sei, weil sonst bei heftigem Feuer gar kein Eisen sich abscheide, sondern verbrenne. Justi hatte von der Röstung eine viel unrichtigere Vorstellung. Nach seiner Meinung Siehe Justi , Schauplatz II, S. 62, Anmerkung. „enthalten die Eisenerze weiter nichts, als die metallische Erde des Eisens in sich und keineswegs wirkliches Eisen. Das Eisen wird erst erzeugt, wenn sich das brenn- liche Wesen der Kohlen mit der metallischen Eisenerde verbindet . Allein in dem hohen Ofen selbst kann sich wegen der Menge des Eisensteins und wegen der Gewalt der Blasebälge, welche eine Menge brennliches Wesen forttreiben, nicht soviel brennliches Wesen mit der Eisenerde vereinigen, als deren Menge erfordert. Es geht also ein sehr grosser Teil annoch rohe und noch nicht metalli- fizierte Eisenerde in das Gusseisen mit hinein. Daher entsteht also Chemie. die grosse Sprödigkeit und dass sehr viele nachfolgende Bearbeitung im Feuer erfordert wird, um mit der annoch in dem Gusseisen steckenden grossen Menge roher Eisenerde brennliches Wesen zu ver- binden. Allein, da in diesen nachfolgenden Arbeiten diese Verbindung des brennlichen Wesens wegen des grossen Klumpens von Metall nur auf der Oberfläche geschehen kann, daher soviel Hämmerens und Durch- schweissens erfordert wird, um ein geschmeidiges Eisen zu machen, so sondert sich eben bei diesem Durchschweissen und Bearbeiten eine grosse Menge annoch unmetallifizierter Eisenerde in Schlacken davon ab. Diese geht also verloren. Man sieht aber leicht, dass nicht soviel Eisen- erde unnützer Weise verloren gehen würde, wenn man schon vor dem Schmelzen in den Eisenstein brennliches Wesen zu bringen be- müht gewesen wäre. Dieses geschieht nun durch das Rösten, und zwar am besten, wenn das Rösten vermittelst schichtenweiser Versetzung mit Kohlen geschieht. Je langsamer das Feuer bei dem Rösten angeht, und je weniger heftig der Grad des Feuers ist, je mehr brennliches Wesen muss sich mit den Eisensteinen verbinden. Ich glaube sogar, wenn man die Haufen von Kohlen- und Erzschichten, wie die Meiler mit Rasen bedeckte (!) und nur vermöge anfangs schwacher Öff- nungen das Feuer sehr langsam angehen liesse, dass dies die nütz- lichste Art des Röstens sein würde“. Ebenso verkehrt waren Justis Ansichten über den Schmelz- prozess . Herr v. Justi hat im Anhange zu seiner Übersetzung der Abhandlung von v. Courtivron und Bouchu an Stelle der Über- setzung des Swedenborg , welche er weggelassen, einen mageren Ersatz geboten in der Beschreibung des Baruther Hochofens durch den Grafen von Solms-Baruth und einem sehr mittelmässigen Aufsatz über das Eisenhüttenwesen im Allgemeinen von ihm selbst. Er be- weist darin nicht nur sehr oberflächliche praktische Kenntnisse, sondern entwickelt auch ganz verkehrte theoretische Ansichten. Die- selben würden keine Beachtung verdienen, wenn v. Justi nicht doch eine gewisse Autorität im vorigen Jahrhundert genossen hätte, aller- dings weniger in Fachkreisen als bei dem sogenannten gebildeten Publikum. Seine Grundanschauung von der Natur des Eisens und der Erze war eine durchaus falsche. Nach seiner Ansicht kann „eine jede ge- meine Erde eine metallische Eisenerde werden“, durch die Einwirkung mineralischer sowohl als vegetabilischer Säuren. Die Erze im Boden sind in dieser Weise entstanden. Die Raseneisensteine dienen ihm als Beispiel, denn diese sind nach seiner Behauptung entstanden und Chemie. entstehen noch fortwährend durch die Einwirkung vegetabilischer Säure auf gemeine Erde oder Schlamm! Das Ausschmelzen der Erze zu Eisen ist nach seiner Annahme Austreibung der Säure und Aufnahme von brennlichem Wesen, welches sich mit der Eisenerde verbindet und dadurch zu Metall wird. Nach seiner Ansicht ist es „eine sehr lächerliche Einbildung, wenn man glaubt, dass Zuschläge den Fluss der Eisenerze in der That befördern können“. „Der eigentliche Endzweck und Nutzen der sogenannten Flusssteine ist, dass sie das überflüssige Saure der Eisenerze in sich schlucken. Sie bewirken also, dass die metallische Eisenerde desto leichter von dem Sauren befreit wird, sich mit dem brennlichen Wesen vereinigt und in einen metallischen König gehen kann; dahingegen, wenn man diesen Zusatz nicht brauchet, viele Eisenerde, die noch mit dem Sauren verbunden ist, in den Schlacken bleibt. Sie sind also mehr ein Niederschlagungsmittel, als eine Sache, welche den Fluss und das leichtere Schmelzen befördert.“ Der Grund, warum so viele Erze ein sprödes, weisses Eisen, welches er für verunreinigt hält, geben, ist der, dass „die Eisenerze von Natur Dinge in ihrer Grundmischung haben, welche, wenn sie nicht davon geschieden werden, allemal ein sprödes Eisen verursachen. — Diese natürlichen Fehler der Eisenerze sind hauptsächlich dreierlei. Sie führen entweder eine Säure und zuweilen einen wirklichen Schwefel bei sich, oder sie sind arsenikalisch, oder sie sind mit anderen Halb- metallen verunreinigt“. Nun wird in der weiteren Ausführung dem Arsenik eine Ver- breitung und eine Rolle zugeschrieben, die nur in der Phantasie des Verfassers existiert. Es war die bequeme Argumentation jener Zeit, wenn etwas nichts taugte, wenn es nicht nach Wunsch geriet, so war das abscheuliche Arsenik daran Schuld, welches ähn- lich wie der Schwefel überall dabei sein musste. Natürlich fiel es keinem dieser grossen Chimisten ein, jemals die Anwesenheit des Arseniks in Substanz nachzuweisen, oder nur danach zu suchen. Seine Anwesenheit war genügend dadurch erwiesen, dass die Sache nichts taugte. Dass solche verschrobene Theorieen die Praxis nicht fördern konnten, bedarf keiner Versicherung. Theoretiker wie Justi haben mehr geschadet als genützt. Auf sichererer Grundlage arbeiteten dagegen die schwedischen Chemiker, welche namentlich die Mineralchemie förderten. Brandt , der verdienstvolle Untersuchungen über die Verbindung des Eisens mit anderen metallischen Substanzen angestellt hat, kam mit seinen Chemie. Ansichten über die Natur des Stahls der Wahrheit schon ziem- lich nahe. Brandt sagt 1751 über die Umwandlung von weichem Eisen in Stahl: „wenn das eigentümliche brennbare Wesen des Eisens durch den Zusatz solcher Materie vermehrt wird, die eine ziemlich feuer- beständige Fettigkeit enthalten, als Hörner, Klauen und dergleichen, welche in verschlossenen Gefässen ihre fette Kohlenschwärze bei sich behalten und damit verschlossen geglüht wird, so wird Stahl daraus“. Die phlogistische Schule nahm bereits an, dass sich das Eisen in verschiedenen Verhältnissen mit dem Phlogiston vermischen könne, da sie aber die Wage und damit die quantitative Bestimmung nicht kannte, war das Alles, was sie über die verschiedenen Oxydations- und Kohlungsstufen des Eisens zu sagen wusste. Erwähnenswert ist noch die Entdeckung des Berliner Blaus durch Dippel im Anfange des 18. Jahrhunderts. Nach Stahls Mitteilung von 1731 soll dieselbe dem Zufalle zu verdanken gewesen sein. Erst 1725 wiesen der englische Chemiker John Brown und der Franzose St. F. Geoffroy nach, dass das Eisen die färbende Substanz im Berliner Blau sei. — Grosses Aufsehen erregte der Nachweis des Eisengehaltes im roten Blute, welchen der Italiener Menghini in den Denkschriften der Akademie zu Bologna 1747 veröffentlicht hatte. Nach seinen Ermittelungen berechnet sich der Eisengehalt eines Menschen mit 25 Pfd. Blut auf 6 Loth = 100 g. Die Probierkunst hatte in Bezug auf die Bestimmung des Eisens besondere Verbesserungen nicht erfahren, man bediente sich nach wie vor der trockenen Probe. Christian Carl Schindler unterscheidet in seiner metallischen Probierkunst (Dresden 1697) folgende Eisenerze: Brauneisenstein, Roteisenstein, Glaskopf (Blutstein), „weisser Eisen- stein, sieht weiss wie ein Spat und giebt gut Eisen und gelber Eisenstein, sieht wie eine gelbe Erde aus“. Eisen- und Stahlstein zu probieren, giebt er folgende Vor- schriften: Nimm den Eisen- oder Stahlstein, reibe ihn klein, wiege dessen 2 Centner (Probiercentner) und röste ihn wohl und gut. So er erkaltet, so teile ihn. Zu solchem einem Teil nimm 2 Centner schwarzen Fluss, 1 Centner Salarmoniak, einen halben Centner Glas- galle und einen halben Centner klein geriebene Kohlen, solches wohl untereinander vermenget, mit Salz bedeckt und eine starke Viertel- stunde wohl zugeblasen. Physik. Oder: 1 Centner gerösteten Eisenstein, 1 Centner Bleiglas, 2 Centner schwarzen Fluss von 2 Teilen Salpeter und einem Teil Weinstein und einen halben Centner kleingeriebene Kohlen. Oder: Nimm alten stinkenden Urin zwei Mass, thue darin eine Hand voll pulverisierten Weinstein und auch soviel Glasgalle oder Pottasche, solches wohl eingesotten, bis es hart wird, dann klein ge- rieben und auf einen Centner gerösteten Eisenstein 6 Centner dieses Flusses genommen, mit Salz bedeckt und bei einer starken Viertel- stunde wohl angesotten, so bekommst Du seinen Gehalt. Im Jahre 1739 gab Johann Andreas Cramer seine Docimasia zu Leyden in Holland heraus, welche 1743 verbessert als Elementa Artis Docimasticae, die auch in die englische und französische Sprache übersetzt wurden, erschien. Er verwirft die Probe mit dem Magneten und bemerkt zur Tiegelprobe, dass dieselbe nicht so zu- treffend sei wie bei den anderen Metallen. „Es gehört ein sehr hef- tiges und langandauerndes Feuer dazu, wenn das sämtliche redu- zierte Eisen in ein dichtes Korn gehen soll. Da man nun kein sicheres Kennzeichen hat, wann solches geschehen ist und vom Eisen gar bald ein Merkliches wieder in die Schlacken gehet, wenn mit dem Feuer länger als nötig fortgefahren wird, so bleibt diese Probe allemal ungewiss.“ Das Korn untersucht man mit einem Hammer auf einem kleinen Amboss und erkennt dann leicht, ob das Eisen gar oder grell ist. Die trockene Probe gab nie den wirklichen Eisengehalt, sondern den Gehalt von Roheisen, der sich aus dem betreffenden Erz aus- schmelzen liess. Physik . Im Jahre 1704 schmolz Homberg kleine Stücke Schmied- eisen mit einem Brennspiegel. Es bildete sich eine pechartige Schlacke und ein weisses löcheriges „Gusseisen“ Hist. et Mém. de l’académie des sciences à Paris 1706, p. 199. . Das Eisen verhielt sich dabei verschieden von den übrigen Metallen, welche allmählich in ihrer ganzen Masse schmolzen, während sich bei dem Eisen zuerst eine schwarze pechartige Masse auf der Oberfläche bildete. Brachte man diese mit Kohle in Berührung, so fand Funkensprühen und Aufschäumen statt. Physik. Einen ähnlichen Versuch machte der ältere Geoffroy mit Eisen- oxyden, und Reaumur benutzt denselben zu seiner Theorie des Vor- ganges im Hochofen, dessen wichtigster Teil darin bestehe, dass das „trockene“, denaturierte Eisen, fer dépouillé, durch die Berührung mit der Kohle die öligen Teile aus dieser aufnehme und dadurch in metallisches Gusseisen verwandelt werde. Er berichtet Siehe Descriptions des arts et métiers II, p. 122. , Geoffroy habe seine Versuche mit dem grossen Brennspiegel des Herzogs von Orleans gemacht. Er habe verschiedene Eisenrostarten genommen, teils den, welcher durch die Feuchtigkeit an der Luft erzeugt war, teils das im Feuer entstandene und gut ausgeglühte caput mortuum. Diese Materien habe er in den Brennpunkt des Spiegels gebracht, wobei er ihnen zuerst einen Sandstein zur Unterlage gegeben habe. Sie seien geschmolzen wie Öl und hätten nach dem Erkalten eine metallische zerreibliche Masse gebildet. Dann habe er dieselben Stoffe, sowie auch das erhaltene Schmelzprodukt, auf einer Kohlen- unterlage dem Fokus des Brennspiegels ausgesetzt. Sie seien ebenso geschmolzen, wie im ersten Falle. Nachdem man sie aber heraus- genommen und untersucht habe, hätte man wirkliches Metall, ge- schmolzenes Eisen, gefunden. Auch Geoffroy erklärt dies daher, dass die Eisenerde sich mit der fetten Materie der Kohlen verbunden habe und dadurch das Metall entstanden sei. Ebenso zeigte es sich, dass, wenn man Eisen oder Stahl auf einer Unterlage von Sandstein vor dem Brennspiegel schmolz, das flüssige Produkt nach dem Er- kalten nur noch eine metallische Masse war. Schmolz man es aber auf einer Unterlage von Kohlen, so warf das geschmolzene Eisen lebhaft Funken und diese Funken sind nichts anderes als kleine Kügelchen von Gusseisen. Indem das Eisen das Öl aus der Kohle aufnimmt, dehnt es sich aus und stösst die kleinen Kügelchen fort. Ähnliches geschieht im Hochofen, wo das Erz in dem oberen Teile des Gestelles in Berührung mit der Kohle die öligen Teile desselben einsaugt und mit fetter Materie durchdrungen vor die Form gelangt. Reaumur ist in seinen verschiedenen Abhandlungen sehr ein- gehend auf die physikalischen Eigenschaften des Eisens eingegangen. Er hat dieselben zuerst in wissenschaftlicher Weise be- handelt. Über das Gefüge (Textur, Struktur) und die Härte namentlich des Stahles, hat er sehr genaue Beschreibungen in seinen klassischen Abhandlungen „Die Kunst, Schmiedeeisen in Stahl zu ver- wandeln“ und „Die Kunst, gegossenes Eisen zu erweichen“ gegeben. Bei Physik. dem Roheisen unterscheidet er weisses, graues und halbiertes (fonte truitée Forelleneisen, welcher Name aus der Champagne stammt). Das weisse Eisen galt ihm als das reinere Eisen, was ihm dadurch erwiesen schien, dass es beim Verfrischen weniger Abbrand gab. Das graue war ihm ein unvollkommen ausgeschmolzenes Roheisen. Er unterscheidet strahliges und dichtes weisses Eisen, welches letztere unter dem Mikroskop ein feinkörniges Gefüge zeige. Graues Eisen ist unter dem Mikroskop schwammig und erscheint wie ein Flechtwerk. Nach der Farbe unterscheidet er grau, braun und schwarz; je dunkler, je weicher ist das Roheisen. Bei dem Schmiedeisen unterscheidet er hauptsächlich sehnigen, körnigen und blätterigen Bruch. Diese Ein- teilung genügt ihm aber nicht, er stellt vielmehr sieben Gruppen auf. Wir werden bei der Cementstahlfabrikation auf diese Ein- teilung näher zu sprechen kommen. Wir erwähnen hier nur noch, dass Reaumur , welcher zuerst das Mikroskop zur Untersuchung des Gefüges anwendete, auch der erste war, welcher genaue Zeich- nungen der Bruchflächen gemacht und dieselben in Kupferstichen dargestellt hat Siehe Reaumur , L’art de convertir le fer forgé en acier, wo er Tab. VI und VII die Bruchflächen des Schmiedeisens und Tab. VIII und IX Bruchflächen des Stahls darstellt. . Er schildert genau die physikalischen Unterschiede zwischen Eisen und Stahl, als deren wichtigsten er die Härtbarkeit des Stahls hervorhebt. Er berichtet ferner, dass Stahl leichter Hitze an- nehme, sich rascher erhitze, als Schmiedeisen, und dass er die An- lauffarben deutlicher und in rascher Aufeinanderfolge zeige. Über die Eigenschaften des Stahls und dessen Härtung lässt er sich aus- führlich aus In den drei letzten Memoiren der vorgenannten Abhandlung. . Er erwähnt als äussere Fehler die Kantenrisse; als Fehler, die man im Bruche erkennt, Eisenadern, ungleiches Korn, glänzende Blättchen mit dunklem Korn vermischt u. s. w. Die beste Probe ge- währt aber das Schweissen. Eine gute Schweissnaht muss beim Durch- hauen kaum erkennbar sein. Brummt der schweisswarme Stahl im Feuer, so lässt er sich schlecht schmieden; ebenso, wenn er beim Um- biegen Risse bekommt. Auf die Rosen auf der Bruchfläche, worauf die Händler soviel Wert legten, giebt er wenig. Ist ein Stahl frei von Flecken, Rissen, und zeigt er keine Adern oder Schuppen von Eisen im Bruch und ist er gut zu bearbeiten, so sind es drei Dinge, nach denen man ihn schätzt, sein Korn, seine Härte und sein Körper. Physik. Unter „ Körper “ versteht man den Widerstand, welchen der ge- härtete Stahl gegen Schlag und Stoss bekundet. Will man das Korn verschiedener Stahlsorten vergleichen, so muss der Bruch unter den gleichen Umständen hervorgebracht, namentlich muss die Härtung bei gleicher Hitze erfolgt sein. Das Korn des Stahles wird bei der Härtung gröber, und zwar um so mehr, je heisser er abgelöscht wird. Erhitzt man einen Stahlstab an einem Ende und bricht ihn dann in kurzen gleichen Abständen, so kann man deutlich die Verschiedenheit des Korns und die Zunahme der Feinheit desselben mit dem Abstande von dem erhitzten Ende wahr- nehmen. Da es aber ausserordentlich schwer ist, bei der Vergleichung von zwei Stahlstücken die Bruchflächen von gleich erhitzten Stellen zu erhalten, so ist es besser, die Stahlstücke ihrer ganzen Länge nach zu brechen. Dies geschieht nach Reaumur am besten dadurch, dass man die betreffenden Stahlstücke mit einem entsprechenden Stück weichem Eisen zusammenschweisst. Nachdem man es gehärtet hat, spaltet man das weiche Eisen der Länge nach durch, haut den Stahl ein wenig ein und bricht ihn dann leicht in seiner ganzen Länge. Der Bruch lässt die am stärksten erhitzte Stelle durch das gröbere Korn erkennen und die Vergleichung ist weit sicherer. Ausser- dem kann man das Korn mit dem Korn von Stahlstücken verschiedener Härte, aus denen man sich eine Skala bildet, vergleichen. Man kann nach der erhaltenen Hitze folgende Gruppen unterscheiden: 1. grobes Korn, weiss und glänzend auf der ganzen Fläche; 2. gemischtes Korn aus weissen glänzenden und aus dunklen Körnern, wobei die glänzenden Körner nicht so gross sind wie bei 1.; 3. feines, dunkles, nicht graues Korn; 4. groberes, dunkles Korn, dasselbe ist nicht so dunkel wie bei 3. und mehr verschwommen. Dieser Bruch zeigt sich besonders, wenn der Stahl bei der Härtung nicht genügend erhitzt war; er kommt also eigentlich nicht in Betracht. Die Grenzen zwischen diesen Gruppen sind nicht scharf. Zur Beobachtung bedient man sich am besten einer Lupe. Bei der Vergleichung in Bezug auf die Härte ist zu berücksichti- gen, dass in der Regel der Stahl um so härter wird, je heisser er abge- löscht wird. Auch hier müssen die gleichen Bedingungen, wie gleicher Querschnitt und gleiche Hitze bei der Härtung vorausgesetzt werden. Zur Ermittelung der Härte bedienen sich die Arbeiter der Feile und unterscheiden einfach Stahl, der von der Feile angegriffen wird, und solchen, der nicht angegriffen wird. Reaumur hebt mit Recht hervor, dass dieses Mittel ganz ungenügend sei, weil die Feilen selbst von Physik. sehr verschiedener Härte seien, es ausserdem aber noch eine Reihe von unterscheidbaren Härtegraden, und zwar gerade bei den feinsten Stahlsorten gäbe, welche von der Feile nicht angegriffen würden. Deshalb schlägt er eine Härteskala vor, ähnlich derjenigen, welche man später bei der Mineralogie in Anwendung gebracht hat, nur dass seine Skala aus lauter harten Körpern besteht. Sie beginnt 1. mit Glas, das noch von der Feile angegriffen wird, 2. weichster Bergkrystall (? vielleicht Chalcedon), 3. durchscheinender, harter Fig. 1. Kiesel (von Medoc), 4. Agat (von Perpig- nan), 5. orientalischer Jaspis, 6. orientali- scher Topas, oder statt dessen Korund, und 7. Diamant. Mit diesen Härte- mitteln ritzt man die Fläche des Stahls nahe der Bruchstelle und bestimmt die Grenzen. Für feine Werkzeuge wird die Agathärte entsprechen, ausneh- mend harte Geräte bedürfen Stahl von Topashärte. Am umständlichsten ist es, die dritte Eigen- schaft, den „ Körper “ des Stahls, d. h. seine Festigkeit bei glei- cher Härte, zu bestimmen. Auch hier beweist Reaumur wieder seine Gründlichkeit und seine Erfindungsgabe, indem er Mittel zur Bestimmung der Festigkeit in Vorschlag bringt, die erst viel später Anerkennung und Anwendung gefunden haben. Festigkeitsvergleiche lassen sich, wie er angiebt, nur bei absolut gleichen Querschnitten erreichen und diese sind nur zu erhalten, wenn man den zu prüfen- den Draht durch dasselbe Zieheisen zu Draht auszieht. Statt die zu prüfenden Drahtstücke im offenen Feuer zu erhitzen, was unsicher ist und eine Änderung des Stahles bewirken kann, bedient sich Physik. Reaumur flüssiger Metallbäder von geschmolzenem Blei, Zinn oder Gusseisen, in welche die Probestäbchen gleichzeitig und gleichlang eingetaucht werden. Ist dies geschehen, so bestimmt er den Zerreissungspunkt. Statt der Gewichte bedient er sich hierfür des Apparates Fig. 1 Reaumur , loc. cit. Tab. 10, Fig. 1. . Der Draht, dessen eines Ende in einen kleinen Schraubstock eingespannt ist, wird von einer Gabel gefasst, deren Stiel ein Schraubengewinde besitzt. Durch die Drehung der Gabel wird der Stahl bis zur Elastizitätsgrenze und bis zum Zerreissen gespannt. Das Mass dieser Spannung wird an einem Massstabe, über den sich die Gabel hinbewegt, abgelesen. Mit diesem Apparat hätte Reaumur ganz wohl Werte für die absolute Festigkeit ermitteln können, während er sich nur auf vergleichende Zerreissversuche beschränkte. Eine andere Probe zu demselben Zwecke besteht darin, dass man den Stahl als Meissel ausschmiedet, ihm eine bestimmte Härtung giebt und dann an einem Stahlstab, den man nur am Ende erhitzt und dann ge- härtet hat, in bestimmten abgemessenen Abständen von diesem Ende die Tiefe und Schärfe der Einschnitte bei gleich starkem Hieb, welcher durch ein herabfallendes Gewicht bewirkt werden kann, be- obachtet. „Dies ist ein einfaches, zweckmässiges Verfahren, um zu sehen, ob der Stahl „gut steht“.“ Die Härtefähigkeit ist die Eigenschaft, welche dem Stahl seinen Hauptwert giebt. Reaumur hat zahlreiche Versuche darüber angestellt. Erhitzt man den Stahl, so wird er ausgedehnt, löscht man ihn plötzlich in kaltem Wasser ab, so behält er diese Ausdehnung. Sein Korn erscheint grösser, weil die Zwischenräume zwischen den Molekülen sich erweitert haben. Man sollte nun glauben, dass der Stahl dadurch weicher geworden sei, dass eine Feile leichter ein- dringen könnte, aber das Gegenteil ist der Fall, er ist viel härter geworden, die Feile greift ihn nicht mehr an. Reaumurs geistreiche Erklärung dieser Erscheinung beruht auf seiner Theorie der chemi- schen Zusammensetzung von Eisen und Stahl, die wir bei der Chemie des Eisens bereits auseinandergesetzt haben. Dass der gehärtete Stahl ein grösseres Volumen einnimmt als der weiche, lässt sich leicht be- weisen. Ein gehärtetes Stück Stahldraht geht nicht mehr durch das Ziehloch, welches er zuvor im ungehärteten Zustande passiert hat Hierauf hatte schon Perrault 1680 hingewiesen, siehe Oeuvres diverses de physique et de mechanique de Mrs. E. und P. Perrault I, p. 17. . Reaumur hat diese Volumvermehrung durch genaue Versuche ge- Physik. messen und die lineare Ausdehnung zu 1/145, die körperliche Aus- dehnung zu 1/48 ermittelt. Er hat durch interessante Versuche festgestellt, dass eine Gewichtsänderung hierbei nicht eintrat, dass also weder ein Stoff hinzugetreten noch ausgetreten ist: also kann die wunderbare Erscheinung, dass der durch die Hitze ausgedehnte Stahl durch das Ablöschen hart wird, nur auf einer inneren Ver- änderung, einer anderen Lagerung der kleinsten Teile der Mole- küle, beruhen. Um dies zu ermitteln, hat Reaumur mikro- skopische Untersuchungen angestellt l. c. S. 321 und 330. , und hat dadurch zuerst das Mikroskop zur Untersuchung des Eisens in Anwendung gebracht. Diese Untersuchungen bestärkten ihn in seiner Hypothese, dass ge- wisse Verbindungen flüchtiger Stoffe sich in die Hohlräume zwischen den Molekülen des Eisens einlagerten. Die Einsatzhärtung, welche nur eine Oberflächenhärtung, durch Zufuhr flüchtiger (schweflig-sal- ziger) Stoffe bezwecke, bestätigt nach seiner Meinung seine Theorie. Während aber durch das Ablöschen des erhitzten Stahles die Härte sich sehr gesteigert hat, sei seine Festigkeit, entsprechend seinem lockeren Zustande, geringer geworden: gehärteter Stahl zerreisse bei geringerer Kraft als ungehärteter Dies ist aber nur bei geringer oder bei starker Erhitzung richtig, da- zwischen tritt die umgekehrte Erscheinung ein: die Festigkeit des Stahls wächst durch das Härten. . Die Härte stehe also in keinem unmittelbaren Zusammenhange mit der Festigkeit. Durch die Aus- dehnung beim Erhitzen und die darauf folgende Härtung ist die Be- rührung der Moleküle eine geringere, beziehungsweise der Abstand derselben ein grösserer geworden, und daraus erklärt Reaumur die Abnahme der Festigkeit; die Thatsache selbst stellte er durch Ver- suche fest, welche einen beträchtlichen Unterschied der Festigkeit bei dem gehärteten und bei dem ungehärteten Stahl ergaben. Die Härte wächst mit dem Grade der Hitze bei der Härtung, dies hat aber seine Grenze, überhitzter Stahl wird wieder weicher. Dies erklärt sich leicht aus der angegebenen Theorie, denn die Über- hitzung tritt ein, wenn die schweflig-salzige Materie, welche die Zwischenräume der Moleküle ausgefüllt hatte, anfängt, sich zu verflüchtigen. Dass der gehärtete Stahl durch Erhitzen und lang- sames Abkühlen wieder weich wird, erklärt sich nach Reaumurs Hypothese einfach daraus, dass hierbei die schweflig-salzige Materie wieder in ihre ursprüngliche Verbindung mit dem Eisen zurückkehrt. Auch das erhitzte Eisen wird durch das Ablöschen in kaltem Wasser Physik. härter, wenn auch nur in geringem Grade. Stahl erhitzt sich leichter als Eisen; und derselbe Hitzegrad dehnt den Stahl mehr aus als das Eisen; und das durch die Hitze ausgedehnte Eisen kehrt im Gegensatz zum Stahl nahezu vollständig wieder in sein ursprüngliches Volum zurück. Die Härtung des Stahls beruht stets auf der raschen Abkühlung desselben. Dies kann aber unter sehr verschiedenen Umständen ge- schehen. Der Stahl kann mehr oder weniger heiss sein, aber auch die Flüssigkeit, in der er abgelöscht wird, kann wärmer oder kälter sein. Die Wirkung hängt hauptsächlich von der Temperaturdifferenz ab. Heisser Stahl in heissem Wasser gelöscht, verhält sich wie ein weniger heisser Stahl in kaltem Wasser gelöscht. Die Hitzegrade beginnen für das Auge mit dunkelrot, gehen durch rotbraun, rot, kirschrot, gelb bis zu weiss. Die erste allgemeine Regel ist, das Korn des Stahles wird um so grösser, je heisser er ab- gelöscht wird; die zweite, der Stahl wird um so härter, je heisser er abgelöscht wird, natürlich beides nur bis zur Grenze der Überhitzung. Eine dritte Regel ist, je feinkörniger der Stahl ist, je härter wird er bei gleicher Temperatur. Man härtet also feinere Stahlsorten bei niedrigerer Temperatur, als groben, wenn man ihn nicht härter haben will. Im allgemeinen muss man groben Stahl bei höherer Hitze, über Kirschrotglut, härten. Man soll aber nie den Stahl heisser machen, als für den Zweck erforderlich ist, denn man beeinträchtigt dadurch seine Güte; daraus folgt die praktische Regel, dass der Stahl- schmied den Löschtrog gleich bei dem Feuer zur Hand haben muss. Das Wasser ist aber nicht das einzige Löschmittel bei der Stahl- härtung, man kann jeden Stoff dazu verwenden, der den Stahl ab- kühlt. Man härtet feine Spitzen, indem man sie in ein Stück festes Blei einsticht. Andere Metalle, wie Zinn, Wismut und Antimon, können demselben Zwecke dienen. Als ein besonders wirksames Härte- mittel fand Reaumur das Quecksilber. Trotz seines viel grösseren spezifischen Gewichtes erhitzte sich ein gleiches Volum Quecksilber beim Löschen eines gleichen Stückes Stahl viel mehr als Wasser. (Infolge der verschiedenen spezifischen Wärme.) Der in Quecksilber gehärtete Stahl zeigt grösseres Korn als der in Wasser gelöschte. Nicht alle Wasser verhalten sich gleich. Manche geniessen besonderen Ruf dafür, den Stahl besser zu härten, wie dies schon im Altertume der Fall war. Es sind dies wohl sehr reine Wasser, denn aufgelöste Salze beeinträchtigen die Härtung. Dies ist auch gewiss der Grund, warum man dem Tau von jeher eine be- sondere Kraft der Stahlhärtung zugeschrieben hat. Ferner ist der Beck , Geschichte des Eisens. 6 Physik. Essig ein gutes Härtemittel. Mit Rübensaft, der in den alten Ge- heimmitteln eine grosse Rolle spielt, erzielte Reaumur keinen Er- folg, wohl aber mit Scheidewasser. Alle fettigen Stoffe, wie Talg, Öl, Terpentin, alle Harze, Weingeist, kurz, alle Substanzen, welche sich entzünden oder zersetzen, löschen den Stahl langsamer als Wasser. Man benutzt dies bei Gegenständen, die man nicht zu rasch abkühlen darf, damit sie nicht springen oder sich werfen. Um einen bestimmten Härtegrad zu erreichen, bedient man sich der Anlauffarben, die bei ganz bestimmten Temperaturen entstehen. Alle diese Punkte be- handelt Reaumur mit grosser Gründlichkeit und können wir hier nur darauf verweisen loc. cit. mem. XII. . Reaumur stellte in seiner Abhandlung über schmiedbaren Guss die Behauptung auf, weisses Roheisen sei ein reinerer Stoff als graues Roheisen; die graue Farbe rühre daher, dass dem Eisen noch erdige Substanz beigemengt sei. Die Schweden — zunächst Swedenborg — waren umgekehrt geneigt, das graue Eisen für reiner zu halten, weil es ihnen das beste Schmiedeisen gab. Jars führt in seiner metal- lurgischen Reise Jars , Metallurgische Reise, deutsch von Gerhard I, S. 27. aus, dass die Farbe und Textur nicht immer über die grössere oder geringere Reinheit des Roheisens entscheide. Er schmolz dasselbe graue Roheisen unter denselben Bedingungen ein und liess dann das eine rasch, das andere langsam erkalten. Das Eisen in dem einen zeigte sich weiss, in dem anderen grau, obgleich es derselbe Stoff war. Jars geht aber zu weit, wenn er daraus den Schluss zieht, weisses Eisen entstehe immer durch rasche Abkühlung von grauem Eisen. Rinman hat vielmehr nachgewiesen und durch Ver- suche festgestellt, dass weisses Eisen, welches aus schlecht gerösteten rohen, oder rotbrüchigen Erzen erblasen ist, sich nie durch langsames Abkühlen in graues, gares oder weiches Eisen umwandeln lasse Siehe Rinman , Geschichte des Eisens I, S. 4. . Auffallend wenig hat Reaumur das verschiedene specifische Gewicht der Eisensorten beachtet und untersucht. Dagegen giebt Swedenborg das normale Gewicht von Eisen zu Regenwasser auf 7,817 an, verzeichnet aber zugleich folgende von ihm ermittelte ab- weichende Zahlen: 7,645, 7,914, 8,000, 8,166. Die ersten Ermittelungen über das spezifische Gewicht der Me- talle hatte Robert Boyle im Jahre 1675 angestellt. Eingehend hatte alsdann Musschenbroek diese Frage studiert. Er machte eine erstaunliche Zahl von Gewichtsbestimmungen. Physik. Für Stahl und Eisen fand er folgende Zahlen: Gerhard ermittelte folgende Zahlen für Schmiedeisen, die aber durchgehends zu niedrig sind: Eisen von Sorge (Zorge) 7,246 do. „ Mägdesprung 7,243 do. „ Schwedisches 7,247 do. Osmund aus der Grafschaft Mark 7,250 do. von Krossen 7,208 do. „ Kutzdort 7,201 Vom praktischen Standpunkte aus prüfte der Marquis von Mon- talembert die Frage, indem er die Qualität der Gusseisensorten für Geschützguss nach dem spezifischen Gewicht zu ermitteln suchte. Er bestimmte die spezifischen Gewichte von grossblättrigem, lockerem Giessereieisen zu 7,098 „ mittlerem „ „ 7,237 „ dichtem, hartem „ „ 7,473, so dass ein Pariser Kubikfuss 496 Pfd. 14 Unzen 2 Gran (gros), 507 Pfd. 3 Unzen 5 Gran, und 524 Pfd. 7 Unzen 2 Gran wiegen würden. De- parcieux sagt, die französischen Architekten rechneten den Kubikfuss Eisen durchgehends zu 580 Pfd. Dies sei aber für Gusseisen ganz unrichtig, da dasselbe nach seinen Ermittelungen an Gusseisen von Dampierre nur 496 bis 498 Pfd. wiege. Bergman bestimmte das spezifische Gewicht zu 7,751 bis 7,825, im Mittel zu 7,770. Buffon ermittelte das Gewicht von einem Kubikfuss von weissem Roheisen zu 457 Pfd., von flüssigem Roheisen zu 462 Pfd., und von grauem zu 485 Pfd. 6* Physik. Die umfassendste Untersuchung über das spezifische Gewicht der verschiedenen Eisensorten stellte aber Sven Rinman an. Aus seiner Tabelle wollen wir nur einige besonders interessante Zahlen anführen. 1. Schmiedeisen, weiches, von Grangerde 7,698 2. do. kaltbrüchiges, ebendaher 7,742 3. Schweissstahl, ungehärtet 7,751 4. do. gehärtet 7,553 5. Steyrischer Schmelzstahl , ungehärtet 7,782 6. do. do. gehärtet 7,822 7. Englischer Gussstahl , geschmiedet und geglüht 7,919 8. do. do. kalt gehämmert 7,830 9. do. do. gehärtet bei gelinder Hitze 7,708 10. do. do. gehärtet bei weiss warmer Hitze 7,831 11. Schwedischer Brennstahl, blasig, ungereckt 7,255 12. do. do. ausgeschmiedet, aber unge- härtet 7,767 (Das Eisen, woraus dieser Stahl angefertigt 7,698) 13. Roheisen , grau, vom besten Gang 7,052 14. do. schwarzgrau, grobkörnig, vom ersten Ab- stich 7,000 15. do. schwarzgrau, feinkörnig 7,090 16. do. lichtgrau, weniger gar 7,329 17. do. lichtgrau, feinkörnig, etwas rotbrüchig 7,572 18. do. weiss-grell, aus rotbrüchigen Erzen 7,676 19. do. weiss, feinkörnig, sehr zähe 7,840 20. do. weiss, im Reverberierofen umgeschmolzen 7,080 Rinman zieht aus seinen Versuchen folgende allgemeine Schlüsse: Stahl ist in der Regel schwerer als Eisen, das mittlere Ge- wicht berechnet sich zu 7,795, während das des Eisens noch unter 7,700 bleibt. Von den Stahlsorten ist der englische Gussstahl der schwerste und Rinman findet, dass der dichteste Stahl auch der spezifisch schwerste ist. Durch die Härtung nimmt der Stahl an Volum zu, wird in Folge dessen spezifisch leichter. Von den Roheisensorten sind die weissen, grellen die härtesten und schwersten, die schwarz- grauen, garen die leichtesten. Das mittlere spezifische Gewicht be- rechnet sich zu 7,251. Die abgerundeten spezifischen Gewichte be- tragen für Stahl 7,80, für Stabeisen 7,70, für Roheisen 7,25. Die ver- schiedenen spezifischen Gewichte sind nicht nur für den Naturforscher, Physik. sondern auch für den Mechaniker und Architekten von Wichtigkeit. Rinman hat ferner Versuche darüber angestellt, ob sich aus dem spezifischen Gewicht der Eisenerze der Erzgehalt berechnen liesse, hat aber gefunden, dass dieses Verfahren keine zuverlässigen Resul- tate giebt. Bei den besten schwedischen Eisenerzen fand er, dass sich das spezifische Gewicht zu den Prozenten ihres Eisengehaltes wie 85 zu 1 verhielt; oder dass der Quotient des spezifischen Ge- wichtes in tausend Teilen, dividiert durch 85, den Gehalt der Erze in Prozenten angiebt. Eine sehr fleissige Arbeit über das spezifische Gewicht vieler Eisen- und Stahlsorten veröffentlichte George Pear- son 1795 in seiner Arbeit über den indischen Wootzstahl Siehe Philosophical Transactions 1795, II, p. 322. . Die Federkraft des Eisens steht in einem gewissen Verhält- nisse zur Dichtigkeit und zu dem damit verbundenen spezifischen Gewicht. Sie wird durch kaltes Hämmern, Walzen, Ziehen u. s. w. sehr verstärkt, wozu aber kaltbrüchiges Eisen überhaupt nicht und rotbrüchiges, weil es zu weich ist, wenig zu brauchen ist. Dieses kalte Hämmern wird für alle Gegenstände, die federn sollen, nament- lich bei den Sägeblättern angewendet, das kalte Walzen durch glatte Stahlwalzen bei den Uhrfedern. Durch das Feuer wird die Feder- kraft zerstört, so dass eine elastische Feder nach dem Glühen ebenso weich wie gewöhnliches Eisen wird. Über die Festigkeit des Eisens stellte ebenfalls Musschen- broek Siehe J. von Musschenbroek , Cours de physique experimentale et mathé- matique, Tome II, p. 101. zuerst genaue Ermittelungen an. Im Vergleiche mit einigen anderen fand er bei quadratischen Stäbchen von 289/10000 Zoll Quer- schnitt: das Zerreissungsgewicht das spec. Gew. Bei Japanischem Kupfer 573 Pfd. 8,7267 „ deutschem Eisen 1930 „ 7,8076 „ englischem Zinn 150 „ 7,295 Bei einer Reihe anderer Versuche, welche den Zweck hatten, verschiedene Eisen- und Stahlsorten unter sich zu vergleichen, gab er seinen quadratischen Stäbchen eine Dicke von 1/10 rhein. Zoll. Er fand: das Zerreissungsgewicht Bei spanischem Eisen von Ronda in Andalusien 800 Pfd. „ vier Sorten schwedischem Eisen (670 bis 870 Pfd.) im Mittel 726 „ „ drei „ schwedischem Osmund (670 bis 750 Pfd.) „ „ 700 „ „ zwei „ deutschem Eisen (600 und 910 Pfd.) „ „ 755 „ „ drei „ „ „ (680 bis 840 „) „ „ 740 „ Physik. das Zerreissungsgewicht Bei drei Sorten geringem Eisen (670 bis 690 Pfd.) im Mittel 676 Pfd. „ drei „ Eisen von Lüttich (610 bis 810 Pfd.) „ „ 723 „ Sehr guter weicher Stahl 1190 „ Mittelguter „ „ 1240 „ Geringer „ „ 1080 „ Sehr guter gehärteter Stahl 1120 „ Stahl von der Härte eines Rasiermessers 1500 „ do. „ „ „ „ gewöhnlichen Messers 1350 „ Gerhard Siehe Jars , Metallurgische Reisen, deutsch von Gerhard , Bd. VI, 1777. Anmerkung, S. 640. ermittelte folgende Belastungsgewichte bis zur Zer- reissung eines Stabes von 1/12 Zoll im Quadrat: Sorger Eisen 1624 Pfd. Mägdesprunger „ 1626 „ Schwedisches „ 1620 „ Osemund „ 1702 „ Krossener „ 1599 „ Kutzdorfer „ 1606 „ Buffon machte ebenfalls zahlreiche Versuche über die Zähig- keit des Eisens Siehe Buffon , Histoire Naturelle, Tome V, 4. Mémoire: Expériences sur la tenacité et sur la décomposition de fer. . Draht von einer Linie Dicke trug 482 bis 495 Pfd. Dickes Eisen zeigte im Verhältnis eine viel geringere Tragkraft als dünnes; die Tragkraft des dicken Eisens erhöhte sich durch Über- schmieden. Er will gefunden haben, dass Schmiedeisen mit Sehne über fünfmal soviel Widerstand leistet, als Eisen ohne Sehne, und dass die Festigkeit des Eisens lange nicht so sehr von dem Erz als von der Bearbeitung unter dem Hammer abhängt. Dabei ist das Kalt- hämmern viel wirkungsvoller, als das Hämmern in der Hitze, indem das Glühen an und für sich die Zähigkeit des Eisens immer ver- mindert. Die Sehne entwickle sich erst durch das Hämmern. Das Ablöschen im Wasser zerstöre die Sehne und vermindere die Festigkeit. Gazeran veröffentlichte die von Ramus zu Creuzot um 1790 angestellten vergleichenden Versuche über die Festigkeit ver- schiedener Sorten von Gusseisen , namentlich solcher, die mit Holz- kohlen und solcher, die mit Koks erzeugt waren Siehe Annales de Chimie, Tome VII, p. 97—112. . Die Festigkeit des letzteren war nicht geringer als die des ersteren; durch das Um- schmelzen (im Flammofen) erhöhte sich die Festigkeit. Die Probe- stäbe waren 18 Zoll lang und 3 Linien im Quadrat; sie wurden in der Mitte auf eine scharfe Schneide aufgelegt, das eine Ende war an der Physik. Wand befestigt, während an das andere Ende eine Wagschale ge- hängt wurde, welche man mit Gewichten beschwerte bis zum Zer- reissen. Bezüglich der ermittelten Zerreissungsgewichte verweisen wir auf die Abhandlung und wollen nur erwähnen, dass dasselbe bei weissem Eisen an 1100 Pfd., bei gutem, grauem Gusseisen 1800 Pfd. betrug. s’Gravesande († 1742) und Coulomb beschäftigten sich auch bereits mit der Untersuchung der Elastizität der Metalle, wobei sie fanden, dass die Spannkraft oder Elastizität, d. h. die Kraft, mit welcher die Teilchen eines Körpers, welche durch Druck oder Zug aus ihrer Lage gebracht worden sind, innerhalb der Elastizitätsgrenze wieder in ihre ursprüngliche Lage zurückzukehren streben, dem Drucke proportional ist. Musschenbroek Musschenbroek , Introductio ad philosophiam naturalem, Tome II, p. 1527 etc. verdankt man ferner die ersten genauen Untersuchungen über die Ausdehnung der Metalle, namentlich von Eisen und Stahl in der Wärme . Er bediente sich zum Messen der Ausdehnungen eines von ihm erfundenen Mikrometers, eines kleinen Instrumentes, welches ver- mittelst eines Zeigers, wie bei einer Uhr, die kleinsten Ausdehnungen der Metalle bis auf den 12500. Teil eines Zolls angab, wenn man die kleinen Zaine der verschiedenen Metalle über einer Weingeistlampe erhitzte. Musschenbroek fand, dass sich das Eisen vom Gefrierpunkte bis zum Siedepunkte des Wassers um 0,00073 ausdehnt. Er fand ferner, dass sich das Eisen weniger ausdehnt als Kupfer, Messing, Zinn und Blei. Vergleichende Versuche ergaben: Ausdehnung von Eisen 18 do. „ Silber 24 do. „ Gold 31 do. „ Blei 36 (1 Toise = 33000). Weiches Eisen dehnt sich weniger aus als Stahl. Die Ausdehnung steht in keinem nachweisbaren Zusammenhange mit dem spezifischen Gewicht oder der Zähigkeit; eher scheint sie in einer gewissen Be- ziehung zu der Schmelzbarkeit der Metalle zu stehen. Rinman fand die Ausdehnung bis zur Weissglut bei Stabeisen zu 7/560 Stahl, 10/560 Physik. und Roheisen 12/560 seiner Länge. Das Eisen braucht auch längere Zeit zur Ausdehnung als die übrigen Metalle. Auf die Ausdehnung des Eisens muss vielfach im Bauwesen und in den Gewerben Rück- sicht genommen werden. Der Stahl erfährt beim Härten eine Ausdehnung , und es stellt sich nach Reaumurs Versuchen das Verhältnis des ge- härteten Stahles zu dem ungehärteten wie 49 zu 48. Rinmans Versuche bestätigten dies im Allgemeinen, doch fand er die Aus- dehnung bei verschiedenen Stahlsorten verschieden, und erleidet der festeste, dichteste Stahl die geringste Ausdehnung. Bei der Cemen- tation erfährt das Stabeisen eine Volumvergrösserung, welche nach Reaumurs Messungen bei einem Stück Eisen von 5 Zoll 1½ Linien = 2½ Proz. betrug. Reaumur hatte gefunden, dass flüssiges Eisen spezifisch schwerer sei als festes , dass deshalb ein Stück festes Roheisen in einem Bade von flüssigem Roheisen oben- auf schwimme; dass sich also flüssiges Roheisen beim Erkalten aus- dehne. Rinman bezweifelt dies. Nach seiner Erfahrung zieht sich Gusseisen, welches, in ein offenes Gefäss gegossen, sich frei aus- dehnen kann, beim Erstarren zusammen. Anders, wenn es in einem geschlossenen Raume erkaltet, wo die Oberfläche rascher erstarrt, als das Innere. Solcher Guss könne leichter sein, aber nur wegen seiner Undichtigkeit und Porosität. Über das farbige Anlaufen der Eisensorten, insbesondere des Stahls, hat Rinman zahlreiche Versuche angestellt und ausser dem Anlaufenlassen in geschmolzenen Metallen, als Zinn, Wismut, Blei und Zink und deren Legierungen, eine Reihe von Mitteln zur Hervor- bringung schöner Anlauffarben, namentlich der beliebtesten blauen Farbe angegeben, worauf wir verweisen (§§. 48 bis 52). Über die Zeit , welche zur Erwärmung einer Anzahl Eisenkugeln und zur Abkühlung derselben nötig ist, hat Buffon vergleichende Ver- suche angestellt und gefunden, dass die Zeiten, welche zum Erwärmen und noch mehr zum Abkühlen nötig sind, nicht im Verhältnis zu den Durchmessern der Kugeln standen, sondern länger waren. Wie zur Ausdehnung, so braucht auch zur Erwärmung das Eisen längere Zeit, als die übrigen Metalle. Ebenso verhält es sich mit der Ab- kühlung. Die Zeit der Erhitzung und Abkühlung ist nicht von dem spezifischen Gewicht, sondern von der Schmelzbarkeit der Metalle ab- hängig. Von der Wärme hatte man im vorigen Jahrhundert noch die sonderbarsten Vorstellungen. Die mechanische Auffassung erblickte Physik. darin eine Bewegung, die chemische einen Stoff. — In einem guten Schriftchen von Chapuit (Holz-Menage 1757) heisst es: „Das Feuer (die Wärme) ist ein in schnelle Bewegung gesetzter subtiler Schwefel (Phlogiston), der aus einer entzündeten Materie von allen Seiten mit grösster Geschwindigkeit herausfährt und helle leuchtet“. — „Die Er- fahrung lehrt, dass dieser in Bewegung gesetzte Schwefel nicht nur die anliegende Luft, sondern auch die in der Nähe befindlichen Körper in Bewegung setzt, selbige heiss und je nach ihrer Beschaffen- heit sogar flüssig macht.“ Der berühmte schwedische Chemiker Scheele fasst dagegen die Wärme durchaus als eine Materie auf. In seiner Abhandlung von der Luft und vom Feuer, 1777, sagt er (§. 96): „Das Eisen besteht aus einer eigentümlichen mit einer gewissen Menge Phlogiston und einem gewissen Teile Wärme verbundenen Erde . Die Wärme aber ist eine feine Säure, die sich mit mehr oder weniger Phlogiston vereinigen kann, und obgleich nicht alle Säuren die Eigenschaft haben, das Phlogiston im Übermasse an sich zu ziehen, so besitzen doch wenigstens sehr viele Säuren diese Eigentümlichkeit und zu diesen gehört die Wärme ebenfalls“. Rinman sagt: „Je genauer man die Bestandteile des Eisens kennen lernt, desto mehr bestätigt sich Herrn Scheeles Behauptung, dass die Feuermaterie oder die Wärme ein wirklicher Bestandteil des Eisens ist, und dass sie durch ihre feine Säure die mannigfaltigen Veränderungen und Abweichungen in der Geschmeidigkeit des Eisens hervorbringe. Deshalb muss man aber auch die Hitze mit zu den wirklichen Substanzen zählen, durch welche das Eisen in den geschmeidigen Zustand gebracht wird“. Er geht in Verfolgung dieser falschen Theorie soweit, zu be- haupten: „Die Wärme oder das Feuer für sich allein ist das wirk- samste Mittel, Roheisen in geschmeidiges Eisen zu verwandeln, so dass es weder der Luft noch des Wassers bedarf, wie die englische Frisch- methode und andere Versuche beweisen“. Die Vorstellung, dass die Wärme ein chemischer Stoff sei, erhielt sich auch noch nach dem Sturze der Phlogistontheorie. Lavoisier und Fourcroy betrachteten die Wärme als besonderen Stoff. Die Wärme mache sich nur bemerkbar durch den vorhandenen Wärme- stoff. Als ein Beweis für die Körperlichkeit der Wärme wurde die Ausdehnung der Körper bei der Erwärmung, oder wie man es auf- fasste, durch Zufuhr von Wärmestoff angesehen. Die verschiedenen Aggregatzustände wurden als Wirkungen der Verbindungen mit Wärmestoff angesehen. Bei Zutritt von einem gewissen Mass von Physik. Wärmestoff geht die Expansion so weit, dass der Körper flüssig wird, oder schmilzt. Bei noch grösserer Aufnahme desselben tritt die Ver- flüchtigung ein. Die Flüssigkeiten sind also Verbindungen fester Materien mit dem Wärmestoff und die Gasarten sind Auflösungen verschiedener Verbindungen im Wärmestoff Siehe Tiemann , Eisenhüttenkunde, S. 11. . Die Auflösungsfähig- keit verschiedener Stoffe im Wärmestoff ist verschieden, und die Wärmemenge, welche eine Substanz aufnimmt, um seine Temperatur um einen Grad zu erhöhen, nennt man die spezifische Wärme . Um diese zu bestimmen, erwärmt man den Körper auf eine bestimmte Temperatur und kühlt ihn dann in einem Apparate in Eis ab. Die Menge des geschmolzenen Eises giebt das Mass für die spezifische Wärme. Einen solchen Apparat nannte man Calorimeter Siehe Gren , Grundriss der Chemie, I. Teil, 1796, S. 94 Anmerkung. . Wich- tiger noch für die metallurgische Praxis war die Bestimmung sehr hoher Temperaturen, bekanntlich eine sehr schwierige Aufgabe. Hier- für erfand Josiah Wedgewood (1730 bis 1795) sein berühmtes Pyrometer . Es bestand aus Thoncylindern, von sehr feuerfestem Thon hergestellt, mit einer flachen Seite, die erhitzt in eine metallene Skala geschoben wurden; da sich der Thon bei hohen Temperaturen zusammenzog, so schob sich der Cylinder um so weiter ein, je heisser er war. Die Skala begann bei beginnender Rotglut, wofür eine Tem- peratur von 1077° Fahrenheit angenommen wurde, und ging bis zu 170° W. Jeder Grad von Wedgewood begriff 130° Fahrenheit über den 1077. Grad. Die ermittelten Schmelztemperaturen betrugen: von Silber 23° W., von Kupfer 27° W., Gold 32°, Gusseisen 130° W. Die Schweisshitze des Eisens wurde zwischen 90 und 95° W. angegeben, die Hitze in den Schmelzöfen der Eisengiessereien zu 150 bis 160°. Die höheren Zahlen sind aber alle viel zu hoch. Die Schmelztemperatur von Gusseisen würde nach obiger Angabe bei 17977° Fahrenheit oder beinahe 10000° Celsius liegen, eine Temperatur, die auf unserem Planeten wohl nicht existiert. Mackenzie gelang es, Stabeisen in sorgfältig verschlossenen Thontiegeln zur Schmelzung zu bringen und er bestimmte die Temperatur auf 155° W. Von der elektrischen Leitungsfähigkeit des Eisens fing man im vorigen Jahrhundert ebenfalls an, praktischen Gebrauch zu machen. Bekanntlich hatte Benjamin Franklin in Nordamerika, nachdem er bereits 1749 Versuche über die Entladung von Gewitter- wolken durch aufgestellte Metallstangen gemacht hatte, 1753 den Blitzableiter erfunden, welcher bald allgemeine Anwendung fand. Die Dampfmaschine vor Watt. Galvanis Entdeckung des Galvanismus erfolgte 1790 und Voltas scharfsinnige Untersuchungen und richtige Erklärung 1792. 1800 entdeckte Volta seine galvanische Säule, mit welcher der Engländer Nicholson in demselben Jahre Wasser in seine Ele- mentarbestandteile zerlegte. Die Dampfmaschine vor Watt. Thomas Savery gebührt der Ruhm, die erste Dampfmaschine erfunden zu haben, die betriebsfähig war und sich in der Praxis be- währt hat. Sie litt an grossen Unvollkommenheiten und erfüllte die auf sie gesetzten Erwartungen nur zum kleinen Teile, dennoch erhielt sie sich noch längere Zeit, als auch schon die viel vollkommenere Newcomen -Maschine erfunden war. Gleich der erste Versuch mit einer grösseren Maschine, von dem wir Kenntnis haben, war ein Misserfolg für Savery . Im Jahre 1706 errichtete er eine solche für ein Kohlenbergwerk bei Broadwaters in der Nähe von Wednesbury, in Folge einer Einladung der Gruben- besitzer. Der Wasserzufluss war aber so stark, dass die Maschine denselben nicht bewältigen konnte, und als Savery dies durch stärkeren Dampfdruck erzwingen wollte, explodierte sein Kessel und zertrümmerte die Maschine. Ähnliche Unglücksfälle traten öfter ein, und dies war nicht zu verwundern, denn Savery katte keinerlei Manometer an seinem Dampfkessel, der Heizer konnte also nie wissen, welcher Dampfdruck in seinem Kessel war, da aber die Maschine viel besser und vorteil- hafter arbeitete, je höher der Dampfdruck war, so lag die Gefahr, den Kessel zu überheizen, sehr nahe. Dies war auch der Grund, dass sich die Maschine für grosse Leistungen nicht bewährte, während sie für geringe, gleichmässige Leistungen ganz gut arbeitete. Letz- terer Art waren die Maschinen in Herrschaftshäusern und Gärten, um das für Wasch- und Badeeinrichtungen und für Springbrunnen erforderliche Wasser in ein mässig hohes Reservoir zu drücken. Solcher Maschinen wurden im Jahre 1712 zwei in der Nähe von London rühmend erwähnt: Die eine zu Sion Hill, Isleworth, für den Herzog von Chandos, die andere für Mr. Balle zu Campden-house Die Dampfmaschine vor Watt. in Kensington erbaut. Diese beiden Maschinen hatten nur je einen Druckkessel. Wo es nicht auf ununterbrochenen Betrieb ankam, wo also nichts daran lag, nach jeder Entleerung des Druckkessels den Dampf so lange abzustellen, bis sich derselbe wieder gefüllt hatte, war diese einfache Konstruktion vorteilhafter, denn während dieser Unterbrechung stieg die Spannung im Dampfkessel, und der Dampf wirkte dadurch bei seinem Eintritt um so energischer. Die grössere Wirkung des höher gespannten, heisseren Dampfes lag nicht im Druck allein, sondern auch darin, dass ein geringeres Quantum des heisseren Dampfes bei der Berührung mit dem kalten Wasser im Druck- kessel kondensiert wurde. Die Aktion des Dampfes als Druckkraft trat erst ein, wenn die oberste Schicht des Wassers bis zu einem ge- wissen Punkte erhitzt war; da dies bei dem heisseren Dampf rascher geschah, war der Dampfverlust durch Kondensation geringer. Von der Maschine zu Campden-house, die für musterhaft im Verhältnisse ihrer Teile galt, erfahren wir, dass der Dampfkessel 39, der Druckkessel 13 Gallonen fasste. Das Saug- und Druckrohr hatten 3 Zoll und der Dampfhahn 1 Zoll Bohrung. Das Feuer unter dem Kessel bestand aus einer offenen Kohlenpfanne, und die Maschine wurde einfach dadurch still gestellt, dass man diese darunter wegzog. Ein Knabe öffnete und schloss die Hähne mit der Hand und besorgte gleichzeitig die Feuerung. Die Maschine förderte 52 Gallonen Wasser in der Minute 16 Fuss durch das Saugrohr und 42 Fuss durch das Druckrohr. Ihre Stärke wurde zu einer Pferdekraft oder fünf bis sechs Menschenkräften geschätzt. Sie hatte 50 £ gekostet und als sie der Berichterstatter sah, war sie sechs Jahre in Betrieb gewesen Abridgments of Specifications rel. to the Steam Engine, Fatent Office. London 1871, I, p. 1—36. . Eine solche Maschine, nur von etwas grösseren Dimensionen, war es, welche 1716 an Zar Peter den Grossen nach Petersburg geschickt wurde, um dort die Wasserkünste in den neuen Gartenanlagen zu betreiben. Der kugelförmige Dampfkessel fasste 6 bis 7 Oxhoft, der Druckkessel 1 Oxhoft, derselbe füllte sich viermal in der Minute. An diesem brachte Desaguiliers die Verbesserung an, welche bereits 1713 für die Newcomen-Maschine erfunden war, nämlich das Wasser zur Kondensation in den Druckkessel einzuspritzen, statt es von aussen nur anzuspritzen. Es wird rühmend hervorgehoben, dass dies die einzige Verbesserung gewesen sei, die man nachträglich an Saverys Maschine vorgenommen habe. Doch brachte man bei den Die Dampfmaschine vor Watt. späteren Maschinen auch noch ein Sicherheitsventil am Dampf- kessel an. Das wichtigste Bedürfnis der damaligen Zeit waren kräftige Pumpen, um das Wasser der Bergwerke, namentlich der Kohlenberg- werke, aufzuwältigen. Davon hing die Existenz vieler Bergwerke ab. Nur wenige waren so gelegen, dass man natürliche Wassergefälle dazu hätte verwenden können; Tiefbau war aber nur möglich bei entsprechender Wasserhaltung. Für diesen Zweck bewährten sich aber, wie schon erwähnt, Saverys Maschinen nicht. Mit die ersten derselben wurden, wie er selbst berichtet, in Cornwall aufgestellt; die erste, die dort in Betrieb gesetzt wurde, war für eins der reichsten Zinnbergwerke, „das grosse Werk in Bearge“ bei Huel Vor, wenige Meilen von Helstone bestimmt. Der erste Versuch fiel auch gut aus, aber auch hier hielten die Kessel nicht stand und die vielen Kessel- explosionen wurden die Ursache, dass man sie verwarf und sie durch eine Newcomen-Maschine ersetzte. Ein gleiches Schicksal, wenn auch ein längeres Leben, hatte die Maschine, welche Savery für das Wasserwerk von York-buildings in West-London 1710 aufstellte. Es war dies seine älteste „grosse Maschine“ (great work). Er machte alle Teile davon doppelt so stark als zuvor. Diese Maschine hatte zwei Dampf- und zwei Druckkessel. Er machte darin den Dampf acht- bis zehnmal so stark, wie die gewöhnliche Luft. Dadurch wurde die Hitze im Kessel so gross, dass das übliche Lot schmolz und der Druck alle Fugen auseinandertrieb, so dass er gezwungen wurde, alle Verbindungen mit Zink (spelter) zu löten. Diese Maschine wurde später durch eine Newcomensche er- setzt, die neben der alten errichtet wurde. Sie stand noch im Jahre 1732, wo sie der französische Reisende Montraye sah, doch scheint sie kurze Zeit danach abgerissen worden zu sein. Dass Savery schon eine Ahnung von der Wirkung der Expansion hatte, geht daraus hervor, dass er anordnete, den Dampfhahn schon abzustellen, ehe der Druckkessel ganz geleert sei, indem man dadurch an Dampf spare. In der Regel waren Dampfkessel und Leitungsrohre aus Kupfer, Druckkessel und Hähne aus Messing hergestellt, die Fugen wurden alle durch Lötung verschlossen. Später (1730) waren alle Gefässe aus getriebenem Kupfer, alle Ventile, Hähne, Rohre u. s. w. aus Bronze. Im Jahre 1711 traten Newcomen und Cradley zuerst mit ihrer neuen Dampfmaschine hervor, welche Saverys Maschine bald in den Hintergrund drängen sollte. Die Dampfmaschine vor Watt. Thomas Newcomen war Schmied und Eisenhändler in Dart- mouth. Er beschäftigte sich schon früh mit Versuchen zur Her- stellung einer Dampfmaschine. Wie er dazu kam, wissen wir nicht. Während Savery der Überlieferung nach dadurch zur Erfindung seiner Dampfmaschine geführt worden sein soll, dass er eine leere Weinflasche, in der ein Rest Wein sich dadurch, dass sie zu nahe dem Kaminfeuer lag, in Dampf verwandelt hatte, mit dem Halse in kaltes Wasser steckte, wodurch sie sich sofort füllte, so soll New- comen durch die Beobachtung eines stark erhitzten Theekessels, dessen Deckel vom Dampf abwechselnd gehoben wurde und wieder zuklappte, auf den Weg der Erfindung geführt worden sein. Die Idee der Dampfmaschine lag gegen Ende des 17. Jahrhunderts in England in der Luft und viele mögen sich damit beschäftigt haben. Man hat oft Newcomens Maschine eine Verbesserung von der Saverys genannt. Dies ist nicht richtig. Newcomen ging seinen eigenen Weg und seine Maschine ist in ihrer Grundlage durchaus verschieden. Höchstens können die Mängel von Saverys Maschine Newcomen in seiner Konstruktion bestärkt haben. Dagegen ist Papins Einfluss auf Newcomen erwiesen und in der That ist Newcomens Maschine die vollendete Lösung des Problems, welches Papin vorschwebte und das er in seiner Schrift „Nova methodus etc.“ 1690 veröffentlicht hatte (s. Bd. II, S. 936). Newcomen , der neben seinem Geschäft sich mit Studien beschäftigte, ein ruhiger forschender Geist, und ein Quäker seiner Konfession nach, hatte von Papins Vorschlag, Bewegung auf Entfernungen dadurch zu übertragen, dass man mittelst Luftpumpen unter einen Kolben in einem Cylinder, den man nahe dem Schacht aufstellen könne, ein Vakuum erzeuge, ge- hört. Er verfolgte diese Idee und dies führte ihn dazu, mit dem be- rühmten Physiker Dr. Hooke in Korrespondenz zu treten. Dieser verwarf Papins Maschine und riet Newcomen ab, diesen Weg zu verfolgen, wobei ihm aber ganz nebenbei die Bemerkung entschlüpfte: „ja, könnte er rasch ein Vakuum unter seinem Kolben erzeugen, dann wäre die Sache gemacht“. Diese Bemerkung wurde ausschlag- gebend; sie war der bestimmte Ausdruck dessen, was Newcomen unklar vorschwebte; sie blieb allein von dem ganzen Inhalte des Schreibens in seiner Seele haften. Dass auch Savery Einfluss auf Newcomen ausgeübt hat, ist zweifellos. Savery lebte in Modbury nur 15 englische Meilen von Dartmouth; da er zur Ausführung seiner Apparate alle geschickten Metallarbeiter der Umgegend in Anspruch nahm, ist es nicht unmöglich, dass er sich auch an den ideenreichen Die Dampfmaschine vor Watt. Schmied von Dartmouth direkt gewendet hat. Nach einer Nachricht Harris , Lexicon Technicum, art. „Engine“. gelangte Newcomen in Besitz einer Zeichnung von Saverys Ma- schine, und fertigte sich danach ein Modell an, mit welchem er in seinem Garten Versuche machte. Savery hatte den hohlen Raum durch Kondensation des Dampfes in einem geschlossenen Gefäss erzeugt, Papin durch eine Luftpumpe unter dem beweglichen Kolben in einem Cylinder, Newcomen kom- binierte beide Methoden, indem er sein Vakuum unter einem beweg- lichen Kolben in einem Cylinder durch die Kondensation des Dampfes erzeugte. Dies ist der Grundgedanke unserer Dampfmaschine. Nach langem Planen und Tüfteln brachte Newcomen im Jahre 1705 ein Modell zu stande, welches so ziemlich seiner Idee entsprach. Von nun an war sein Streben darauf gerichtet, dasselbe im Grossen zur Ausführung zu bringen. Bei allen seinen Versuchen hatte ihm treulich sein Freund und Glaubensgenosse, der Glaser John Calley ebenfalls von Dartmouth, beigestanden. Newcomens Maschine bestand aus folgenden Teilen: 1. aus einem Dampfkessel, aus welchem der Dampf am oberen Ende durch ein Rohr, welches durch einen Hahn dicht verschlossen werden konnte, austrat. 2. aus einem unmittelbar über dem Kessel stehen- den, senkrechten Cylinder, in dem der Dampf unter einen darin be- weglichen Kolben gelangte. 3. aus dem Kolben, welcher dicht an die Cylinderwandung anschloss und sich in dem Cylinder seiner ganzen Länge nach auf und nieder bewegen konnte. Er war oben mit einer festen Kolbenstange versehen, welche durch eine Kette mit dem einen Arm eines Balanziers verbunden war, an dessen entgegengesetztem das Pumpengestänge ebenfalls an einer Kette hing. Der Dampf- cylinder war oben offen. Wurde der Dampf, der nur wenig Spannung hatte, unter dem Kolben eingelassen, so hob er diesen in die Höhe, indem er den Cylinder anfüllte. War der Kolben an seinem höchsten Punkte an- gelangt, so wurde der Dampfhahn geschlossen und gleichzeitig kaltes Wasser gegen die Cylinderwand gespritzt. In dem Masse, in dem sich nun der Dampf in dem Cylinder kondensierte, wurde der Kolben durch den Atmosphärendruck niedergedrückt, bis er den Boden er- reicht hatte, worauf der Dampfhahn von neuem geöffnet wurde. Das kondensierte Wasser floss durch ein Röhrchen am Boden beim Nieder- gang des Kolbens ab. Der Druck der Atmosphäre war ausreichend Die Dampfmaschine vor Watt. stark genug, die Pumpe zu ziehen. Bei dieser Maschine kam der Dampfdruck nur wenig zur Geltung, er hatte nur den Kolben, der schon durch das Pumpengestänge oder ein Gegengewicht abbalanziert war, zu heben, während die Kraft durch den Atmosphärendruck beim Niedergang ausgeübt wurde. Der Dampf diente also eigentlich nur dazu, das Vakuum herzustellen. — Die Kondensation des Dampfes ging aber durch das Anspritzen von aussen nur sehr langsam von statten. Etwas besser wurde dies, als man den ganzen unteren Teil des Dampfcylinders in ein Wassergefäss stellte, das, sobald der Kolben den höchsten Stand erreicht hatte, mit kaltem Wasser gefüllt wurde. Das Wasser, welches um die Cylinderwand zirkulierte, erhitzte sich und wurde teils zur Speisung des Kessels benutzt, teils fortlaufen gelassen. Durch die starke Abkühlung der Cylinderwand wurde aber viel Dampf unnütz verbraucht, indem ein Teil desselben bei jedem Wechsel erst kondensiert wurde, bis die Wand wieder erhitzt war. Trotz dieser Mängel traten Newcomen und Calley mit ihrer Dampfmaschine 1711 an die Öffentlichkeit. Savery erblickte darin eine Verletzung (infringement) seines Patentes. Es wird nun meist erzählt, Newcomen und Calley , welche als Quäker einen Rechts- streit nicht führen wollten, hätten sich mit Savery verständigt und alle drei hätten gemeinsam ein Patent genommen. Dies ist nicht richtig. Newcomen und Calley haben überhaupt nie ein Patent genommen. Dieses hat wahrscheinlich Savery , der damals sich be- reits viele Gönner erworben hatte und einflussreich war, verhindert und ihnen wegen Verletzung seines Patentes mit Prozessen gedroht. Newcomen und Calley scheinen sich dann mit Savery in der Weise verständigt zu haben, dass sie ihm für die Dauer seines Pa- tentes, welches zum Lohne für die nationale Bedeutung seiner Er- findung vom Parlamente bis zum Jahre 1733 verlängert worden war, für jede von ihnen ausgeführte Maschine einen gewissen Betrag zahlten. Newcomens Maschine beruhte auf wesentlich anderer Grundlage als die Saverys . Ein Patent hätte ihm kaum verweigert werden können, wenn er darum nachgesucht hätte, aber wahrschein- lich wussten Savery oder dessen Anhänger den bescheidenen, ängst- lichen und friedliebenden Newcomen einzuschüchtern, ehe er diesen Schritt nur wagte, und letzterer ging dann willig darauf ein, sich mit Savery abzufinden. Switzer , ein Zeitgenosse der beiden Erfinder, sagt hierauf bezüglich Switzer , Introduction to a System of Hydrostatics and Hydraulics, pag. 342. : „ Newcomens Erfindung war so früh, wie Die Dampfmaschine vor Watt. die Saverys , letzterer aber stand dem Hofe näher und hatte schon ein Patent erworben, ehe der andere es wusste; aus diesem Grunde war Newcomen froh, Teilhaber von ihm zu werden.“ Dass für Newcomen der Gelderwerb nicht die Hauptsache bei seiner Erfindung war, geht daraus hervor, dass er sich nie vordrängte, und trotz des Ruhmes seiner Erfindung selbst so zurückgezogen lebte, dass man nicht einmal weiss, wo und wann er gestorben ist. Er war zufrieden mit dem Erfolg seiner Maschine und mit dem Nutzen den er seinen Mitbürgern dadurch bereitet hatte. Es scheint aber, dass sowohl Saverys als Newcomens Ansprüche als Erfinder später an eine Londoner Gesellschaft übergingen. Es war dies dieselbe Gesellschaft, welche die Maschinen oder wenigstens die feineren Teile derselben, als die Metallcylinder, Pumpen, Hähne und andere Teile, fabrikmässig darstellte und den Grubenbesitzern oder sonstigen Interessenten, welche eine Maschine bezogen, zugleich mit geschickten Monteuren zur Aufstellung der Maschine, zuschickte. Diese „Gesellschaft der Besitzer der Erfindung, Wasser durch Feuer zu heben“ (the proprietors of the invention for raising water by fire) war durch ein Komitee von fünf Londoner Kaufleuten ver- treten Siehe Abridgments of Specifications rel. to the Steam Engine. Part I, p. 46, Note a. . An diese wendeten sich die Interessenten mit dem Gesuch um Erlaubnis, eine Feuermaschine aufstellen und betreiben zu dürfen (petition for a licence to erect and use a fire engine). Für die Ge- währung derselben hatten die Unternehmer eine jährliche Abgabe zu zahlen und ausserdem lieferte die Gesellschaft direkt oder durch andere verbündete Fabrikanten die Maschine. Lord Andrew Wau- chope musste im Jahre 1725 für die Erlaubnis der Errichtung einer Feuermaschine mit einem 28 zölligen Cylinder sich verbindlich machen, jährlich 80 £, zahlbar in vierteljährigen Raten, bis zum Ablaufe des Patentes (8 Jahre) zu bezahlen, „wird diese Zahlung 40 Tage nach Verfall nicht bezahlt, ob angefordert oder nicht, so hat das Komitee das Recht, durch seine Bediensteten, Pferde, Karren und Wagen, die Maschine, Cylinder, Kessel, Röhren, Materialien und alles Zubehör wegzunehmen und zum bestmöglichen Preise zu verkaufen, um sich aus dem Erlös zu befriedigen. Den Überschuss erhält Herr Wau- chope “. Diese Maschine, welche von John Potter von Chester-le- Street, aus den von London geschickten Teilen, montiert wurde, kostete, nach der noch vorhandenen detaillierten Rechnung, 1007 £ 11 sh 4 p. Siehe Abridgments a. a. O., A. D. 1725, Note S. 42. . Beck , Geschichte des Eisens. 7 Die Dampfmaschine vor Watt. Kehren wir aber zu dem Anfange der Geschichte von Newcomens Feuermaschine zurück. Newcomen und Crawley traten 1711 zuerst an die Öffent- lichkeit. Sie erboten sich, die Wasser einer bedeutenden Steinkohlen- grube zu Griff in Warwickshire auszupumpen, was bis dahin durch eine grosse Zahl von Pferden geschehen war. Die Grubenbesitzer lehnten das Anerbieten ab, da sie nicht an die Leistungsfähigkeit der Maschine glaubten. Dagegen kam im März des folgenden Jahres, durch die Vermittelung eines Herrn Potter von Bromsgrove, ein Vertrag zu stande zwischen einem Herrn Black und den Erfindern, welche sich verpflichteten, die Wasserhaltung einer ihm gehörigen Steinkohlengrube bei Wolverhampton zu übernehmen. Da die Grube nicht weit von Birmingham lag, wo es viele ge- schickte Metallarbeiter gab, so liessen sie die feineren Teile, nament- lich die der Pumpen, worin sie bis dahin keine Erfahrung hatten, dort anfertigen, und es gelang ihnen denn auch nach Überwindung verschiedener Schwierigkeiten, die Maschine in Gang zu setzen. Bei der unvollkommenen Kondensation durch die Wasserkühlung von aussen war der Gang ein ausserordentlich langsamer und unvoll- kommener. Die Hähne wurden mit der Hand gedreht. Da ereignete sich ein Zufall, welcher zu einer wesentlichen Verbesserung führte. Um einen vollständig dichten Schluss des Kolbens zu bewirken, liess man über dem geliderten Kolben noch eine Schicht Wasser stehen. Eines Tages wurde nun der träge Gang der Maschine plötzlich in der Weise unterbrochen, dass dieselbe ziemlich rasch hintereinander mehrere kräftige Hübe machte. Als man nach der Ursache forschte, fand es sich, dass der Kolben ein Loch bekommen hatte, durch welches das über dem Kolben befindliche Wasser in den Dampfraum eingedrungen war. Dies hatte eine raschere Kondensation zur Folge, welche einen entsprechend rascheren Wechsel der Maschine ver- anlasste. Sofort wurde es Newcomen klar, dass die Kondensation durch Einspritzen von kaltem Wasser in den Dampfraum viel wirk- samer sein müsse, und nachdem man diese Einrichtung getroffen hatte, erfüllte die Maschine reichlich die Erwartungen. Sie erhielt dadurch ungefähr das Aussehen, wie es ideal in Fig. 2 dargestellt ist. a ist der Dampfhahn; wenn dieser geöffnet wird, bleibt der Hahn b , welcher das Einspritzwasser aus dem Kasten c zulässt, geschlossen. Hat der Kolben seinen höchsten Stand, wie in der Zeichnung, erreicht, so wird a geschlossen und b geöffnet. Das Kondensationswasser läuft durch das Rohr f ab. Die Dampfmaschine vor Watt. Das Drehen der Hähne erforderte fortwährende Aufmerksamkeit und war ein langweiliges Geschäft. So erschien es auch dem Knaben Humphrey Potter , welcher dies zu besorgen hatte. Er kam durch Beobachtung auf die kluge Idee, die Maschine diese Arbeit selbst be- sorgen zu lassen, indem er die Hähne mit dem Balanzier durch Schnüre so verband, dass sie bei einem gewissen höchsten Punkte diese Arbeit verrichteten. Dadurch wurde die Maschine automatisch. Dieses Schnürenhebelwerk nannte er „scoggan“, eine Dialektbezeich- nung, die zugleich mit der Sache allgemeine Anwendung fand. In Fig. 2. demselben Jahre 1713 wurde auch die Liederung des Dampfkolbens mit Leder erfunden. Ein Zufall soll auch dazu die erste Ver- anlassung gegeben haben. Man hatte zur Verdichtung eine grosse Scheibe von Leder auf dem Kol- ben befestigt, welche mehrere Zoll über denselben hinaus- ragte, so dass sie sich an der Cy- linderwand umbog und aufstellte. Nach einiger Zeit war sie durchgerieben, so dass sich jetzt nur der schmale Rand des Leders, entsprechend seiner Dicke, wider die Cylinderwand anlegte. Der Verschluss war aber besser wie zuvor und auf diese Weise kam man dazu, mit Vorteil einen schmalen Leder- streifen oder eine einfache Schnur zur Dichtung zu verwenden. Das undauerhafte Schnürenwerk (scoggan) Potters wurde bald bei neuerbauten Maschinen durch ein Hebelwerk ersetzt, und zwar wurde dieses anfangs (1714) durch einen Schwimmer bewegt, welcher sich in einem mit dem Kessel in Verbindung stehenden Rohr auf und ab bewegte. Entwickelte der Dampf seinen höchsten Druck, so stieg 7* Die Dampfmaschine vor Watt. der Schwimmer und öffnete durch ein Hebelsystem den Injektions- hahn. Später (1718) ersetzte Henry Beighton an einer von ihm zu Newcastle gebauten Maschine diese Vorrichtung durch die zu- verlässigere eines Hebelwerkes, das durch eine mit dem Balanzier verbundene Führungsstange bewegt wurde (by spanners and plug frame). Das erste Sicherheitsventil, das man schon 1715 anwendete, bestand einfach in einem Stück durchbohrtem Blei. Es wurde be- reits oben erwähnt, dass sich über dem Kolben eine Schicht Wasser befand, diese diente teils selbst mit als Dichtung, teils hielt sie die Dichtung des Kolbens feucht und kühl. Dieses Wasser erneuerte sich fortwährend durch einen dünnen Wasserstrahl aus dem über der Maschine befindlichen Reservoir, während der Überfluss von dem Kolben beim Aufgange in eine obenangesetzte Ausbauchung gedrückt wurde, woraus es durch ein Rohr ablief. Früher hatte man dieses vorgewärmte Wasser zur Speisung des Dampfkessels benutzt, später verwendete man hierfür das viel heissere Kondensationswasser, welches unten aus dem Cylinder abfloss. 1717 brachte Beighton auf Desaguiliers’ Veranlassung Siehe Desaguiliers , Cours de physique expérimentale 1751, II, p. 627. ein Sicherheitsventil mit Laufgewicht ( Papins Erfindung) an dem Dampf- kessel an. Inzwischen hatten Newcomen und Cawley verschiedene neue Maschinen aufgestellt. 1713 waren bereits zwei bei Newcastle in Betrieb und man begann eine dritte auf dem Gute Moorhall bei Austhorpe unter der persönlichen Leitung Cawleys aufzustellen. Diese Maschine hatte einen 25 Zoll weiten Cylinder und 6 Fuss Hub. Wurden die Hähne mit der Hand gedreht, so konnte sie 15 Touren in der Minute machen, automatisch (mit dem scoggan) machte sie 12 Touren. Die Pumpen hoben das Wasser in zwei Sätzen 57 Ellen bis zum Stollen. In vier Jahren brannten vier Kessel durch. Von dieser Maschine erhielten die Erfinder jährlich 250 £ für Betrieb und Unterhaltung. Cawley blieb in Austhorpe und starb daselbst im Jahre 1717. In diesem Jahre hören wir von einer weiteren Maschine bei Whitehaven in Cumberland, einem Herrn Louder (wahrscheinlich Sir J. Lowther ) gehörig. Als Verbesserungen werden ferner erwähnt federnde Balanziers, um den Stoss bei einem plötzlichen Ruck des Pumpengestänges zu brechen und die „Schnaufklappe“ (snifting clack) am Cylinder. 1718 wird eine Newcomenmaschine als eine kostspielige Anlage bei Saltoun in Cumberland erwähnt. Allerdings hatte ihr Cylinder Die Dampfmaschine vor Watt. auch schon 40 Zoll Durchmesser und sie hob das Wasser aus einer Tiefe von 150 Ellen. Sie muss sich aber gut bewährt haben, denn schon wenige Jahre danach wurde eine zweite Maschine von gleicher Grösse auf demselben Bergwerke aufgestellt. Zu den ersten in Nordengland errichteten Maschinen gehören die von Oxclose bei Washington und zu Norwood bei Ravensbury, welche 1719 betrieben wurden. In diesem Jahre wurde eine weitere Newcomenmaschine auf der Byker-Kohlengrube montiert „von dem berühmten Sohne eines schwedischen Edelmannes, der Lehrer der Mathematik in Newcastle war“. Es war dies Martin Triewald , der dorthin gekommen war, um den englischen Kohlenbergbau kennen zu lernen. Er war der erste Ausländer, welcher die Dampfmaschine studierte. Nach seiner Rückkehr nach Schweden wurde er geadelt. 1720 wird zum ersten Male eine Newcomenmaschine in Schottland genannt, und zwar auf dem Elphinstone-Kohlenwerke bei Falkirk. Sie wird aber als die zweite in Schottland bezeichnet, aller Wahrschein- lichkeit nach war die erste die alte Maschine von Whitehill, Mid- lothian, welche 1727 abgelegt wurde. 1720 war das grosse Schwindeljahr (bubble-year) in England. Damals bildete sich unter anderen auch eine Gesellschaft für Dampf- maschinenbau. In diesem Jahre wurde die grosse Maschine in dem Londoner Wasserwerke von York Buildings neben der Savery- maschine aufgestellt. Switzer erwähnt diese „erhabene Maschine“ („noble engine“) des Thomas Newcomen , von der wir auch die Beschreibung und Zeichnung von einem Deutschen Friedrich Weidler besitzen Joh. Friederici Weidleri Tractatus de Machinis Hydraulicis Toto Terrarum Orbe Maximis Maryliensi ed Londiniensi etc. Vitembergae 1728. . Ihr Dampfkessel fasste 453 Kubikfuss; die dem Feuer ausgesetzte Fläche des Bodens und der Seiten betrug 95 Qua- dratfuss; die Verdampfungsfläche von 56,7 Quadratfuss verdampfte eine Schicht von 1,5 Zoll oder 52 Gallonen = 7 Kubikfuss in der Stunde. Der Brennmaterialverbrauch betrug 1000 £ im Jahre. Aus Weidlers Schilderung entnehmen wir, dass die Maschine im Jahre 1728 seit acht Jahren in ununterbrochenem Betriebe gestanden hatte. Sie hob das Wasser aus der Themse 124 Fuss hoch in ein Reservoir, von wo es nach den grössten Gebäuden Londons geleitet wurde. Der Cylinder war von Bronze (brass). Er hatte 2½ Fuss (30 engl. Zoll) Durchmesser und 9 Fuss Höhe. Der kupferne Kessel war zwischen 8 und 9 Fuss weit, er hatte ⅙ Zoll Wandstärke, Die Dampfmaschine vor Watt. während die Cylinderwand ½ Zoll dick war. Die Pumpen hatten 8- bis 12zöllige Stiefel und 7 Fuss Hub. Ausser dem Hauptgestänge befand sich an dem der Maschine entgegengesetzten Arm des Balanziers noch ein zweites leichteres Gestänge mit kürzerem Hub, welches die Speise- pumpe für das Wasserreservoir der Maschine bewegte. Die Maschine machte zwischen 12 und 20 Touren in der Minute. Das Gewicht des Kolbens, der Kolbenstange und Lenkstange muss durch entsprechende Belastung der anderen Seite des Balanziers abbalanziert sein. Fig. 3 giebt eine verkleinerte Abbildung der Maschine genau nach Mass und mit eingezeichnetem Massstabe Diese genaue Zeichnung wurde damals von John King in London ver- kauft, woher sie Weidler erhalten hatte. . Der Kessel B ist mit dem Cy- Fig. 3. linder C durch das Dampfrohr D verbunden, dieses wird von seiner unteren Mündung durch ein Ven- til verschlossen, welches mit dem Knopfe E fest verbunden ist. Die zwei Hähne G G bilden den Wasserstandsmesser des Kessels; sie sind mit zwei Röhren verbun- den, von denen die eine 2 bis 3 Zoll unter, die andere 2 bis 3 Zoll über den normalen Wasserstand münden. F ist ein belastetes Sicherheitsventil, S das Speise- rohr, in welches durch den Hahn K das heisse Kondensationswasser eintreten kann. Alle Teile der Maschine sind leicht aus der Zeichnung verständlich, nur die komplizierte automatische Regu- lierung, welche besonders inter- essant ist, bedarf der Erklärung. E schliesst den Dampfhahn, N ist der Einspritzhahn. Es ist die Aufgabe, dass diese beim höchsten und tiefsten Stande geschlossen oder geöffnet werden. Dies geschieht durch zwei verschiedene Hebelsysteme; das eine, welches den Dampfhahn öffnet, ist in dem Punkte p drehbar, das andere O O , Die Dampfmaschine vor Watt. welches sich über dem Hahn N um eine feste Achse bewegt, dreht mittelst eines Zahngetriebes den Einspritzhahn N auf und zu. Das Zahngetriebe besteht aus einem kleinen Zahnrad am Kopfe des Kegels des Hahnes, und einem gezahnten Viertelkreis, welcher mit dem Hebel O O denselben Drehpunkt hat. Die Drehung wird bewirkt durch den hölzernen Schwimmer, welcher sich in dem Rohre H auf und nieder bewegt. Das Rohr, welches mit dem Kessel verbunden ist, ragt etwa 1 Fuss in das Wasser des Kessels hinein. Hat der Dampf seine höchste Spannung erreicht, was eintritt, wenn der Kolben im Cylinder den höchsten Stand hat und der Kessel abgesperrt ist, so hebt der Schwimmer durch das mit demselben verbundene Rahmenwerk R den Hebel O O an seinem Ende 3 so hoch, bis er an einem Stift (notch) 2 auslässt, wodurch das Gewicht 13 den Hebel niederreisst, in Folge dessen der Hahn bei N geöffnet wird. In Folge dessen strömt kaltes Wasser aus dem Kasten g durch das Rohr M in den Cylinder ein und bewirkt die Kondensation des Dampfes. Hierdurch sinkt der Kolben L und der durch die Kolbenstange C C und eine Kette damit verbundene Arm h des Balanziers. An dem Balanzier ist aber die Lenkstange Q Q befestigt, welche einen Schlitz hat, durch den drei Zapfen gesteckt sind. Von diesen fasst der unterste das andere Ende des Hebels O O und bringt ihn wieder in seine ursprüngliche Stellung zurück. Die Stange Q Q bewegt auch das Hebelsystem, welches den Dampfhahn öffnet und schliesst. Bewegt sich die Stange nach oben, so fasst ein durchgesteckter Zapfen den Hebel 8, dadurch wird auch der mit diesem zu einem festen System verbundene Hebel 9, an dessen Ende sich das Gewicht 14 befindet, gehoben, und zwar am Ende des Hubs soweit, dass die senkrechte Stellung überschritten wird und das Gewicht nach der anderen Seite überhängt. Das Gewicht fällt nun dem Cylinder zu, aber nur soweit, als dies die Lederschnur 15, 16, an der seine Spitze befestigt ist, gestattet. Hierdurch entsteht ein Ruck, mit welchem der Hebel 4 auf der anderen Seite den Griff des Hebels des Dampfhahnes bei E an sich reisst, wodurch der Dampfhahn ge- schlossen wird. In demselben Augenblick wird, wie oben geschildert, der Kaltwasserhahn N geöffnet, die Kondensation des Dampfes im Cylinder erfolgt, der Kolben sinkt. In diesem Moment hat der Hebel 6, welcher in der Zeichnung nach unter gerichtet ist, die Stellung, dass er etwas über der Hori- zontalen, d. h. mit seinem vorderen Ende etwas höher als der Dreh- punkt p steht. Derselbe wird nun beim Niedergange der Lenkstange Q von einem Zapfen von oben gefasst und indem er abwärts gedrückt Die Dampfmaschine vor Watt. wird, bewegt sich auch das Gewicht 14 wieder rückwärts. Sobald dieses die Vertikale überschritten hat, fällt es nach der entgegen- gesetzten Seite wie zuvor, soweit dies die Lederschnur gestattet, da- durch drückt jetzt der Hebel 5 gegen den Schieber 10, wodurch der Dampfhahn geöffnet wird. In demselben Moment fällt der Schwimmer in dem Rohre H , weil die Dampfspannung nachlässt, der Rahmen R sinkt und der Stift bei 2 schliesst den Einspritzhahn so lange, bis der Schwimmer wieder zum Steigen kommt. Der Mechanismus war recht kompliziert und äusserst primitiv, ist aber doch leicht verständlich. Weidler berechnet die Leistung der Londoner Maschine, indem er den Druck der Luftsäule für einen Quadratfuss rheinisch auf 1958 Pfund annimmt, auf 600 Eimer (zu 288 Kubikzoll) stündlich oder 14400 Eimer in 24 Stunden, während die ganze Riesenanlage von Marly mit den 13 bezw. 14 grossen Wasserrädern nur 18100 Eimer hob, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass die Hubhöhe der Londoner Maschine nur 124 Fuss, die der von Marly über 500 Fuss beträgt. Immerhin hebt Weidler mit Recht die erstaun- liche Leistung dieser einen, einfachen Maschine, im Vergleiche mit dem kostspieligen Werke von Marly hervor. Die wirkliche Leistung der Maschine von York Buildings soll aber sogar 50 Tons Wasser in der Stunde betragen haben. Weidler erwähnt noch, dass die Maschinen in England be- sonders vorteilhaft arbeiteten, weil man die billigste Steinkohle, das Kohlenklein, als Brennmaterial verwende. Eine vorzügliche Dampfmaschine, wahrscheinlich von Newcomen selbst errichtet, arbeitete 1722 auf dem grossen Kohlenbergwerke bei Griff in der Nähe von Coventry. Sie kostete nur 150 £ im Jahre für Kohlen, Bedienung und Reparatur und leistete dasselbe, wie vor- her 50 Pferde, welche 900 £ im Jahre an Unterhaltung gekostet hatten. Diese Maschine war vorzüglich in Konstruktion und Gang und galt als die beste bis dahin gebaute. Im Jahre 1723 wurde die erste Newcomen-Maschine auf dem Kontinent aufgestellt, welche wirklich Arbeit leistete. Es war dies die grosse Maschine, welche Potter zu Königsberg in Ungarn er- richtete. Leupold hat eine Beschreibung und Abbildung davon mitgeteilt Leupold , Theatrum Machinarum Hydraulicarum. Tome II, p. 87. . Zuvor haben wir aber noch einiges Wenige über die Geschichte der Dampfmaschine in Deutschland nachzutragen. Land- graf Karl von Hessen-Kassel, Papins Beschützer, gebührt der Ruhm, Die Dampfmaschine vor Watt. die ersten Dampfmaschinen in Deutschland eingeführt zu haben. Von Papins Maschine haben wir bereits berichtet. Als diese den Er- wartungen des Landgrafen nicht entsprach, wandte er sich nach Eng- land wegen einer Savery-Maschine. Schon 1705 soll jener Prinz von Hessen, welcher im folgenden Jahre in der Schlacht bei Ramilly fiel, Saverys Maschine in London angesehen und von dem Erfinder selbst erklärt bekommen haben. Nach einer englischen Erzählung Siehe Abridgments , a. a. O., S. 32. hatte dann bereits im Jahre 1706 der Fürst durch einen Vertrauten ein Modell — wahrscheinlich von Papin — an Savery selbst ge- schickt. Das Modell hätte teilweise Saverys Erfindung entsprochen, sei aber so unvollkommen gewesen, dass es nicht ging. Er habe nun gebeten, dasselbe in Stand zu setzen. Savery teilte der Royal Society mit, er habe dies gethan und das Modell wieder nach Kassel geschickt. Dadurch erweckte er den Glauben, er habe die Maschine, welche Papin als die seinige ausgab, gemacht. Was an der ganzen Sache Wahres ist, bleibt unaufgeklärt. Dass Papin eine Arbeit Saverys oder irgend eines Anderen als seine eigene ausgegeben hätte, ist gar nicht denkbar. Dass aber der Landgraf hinter Papins Rücken sich mit Savery in Verbindung gesetzt hatte, ist nicht un- wahrscheinlich und mag dies viel zu dem bald darauf erfolgten Bruch zwischen beiden beigetragen haben. So lange der spanische Erb- folgekrieg dauerte, an dem Landgraf Karl persönlich teilnahm, ruhte die Angelegenheit. Nach Beendigung desselben griff er die Sache wieder auf. 1715 soll eine englische Dampfmaschine zum Betriebe eines Springbrunnens aufgestellt worden sein. Ein Kapitän Weber hätte dieselbe von England mitgebracht. Wenn die Jahreszahl richtig ist, so war dies jedenfalls eine Savery-Maschine. Nach Calvör Henning Calvör , Historisch-chronol. etc. Beschreibung des Maschinen- wesens auf dem Oberharze 1763, Bd. I, S. 119. hätte der hessische Artilleriemajor Weber in London die Maschine des Wasserwerkes bei York Buildings gesehen und nach einem Hand- schreiben desselben an den hannöverischen Minister „anno 1715 in Kassel auf Befehl des Herrn Landgrafen im kleinen verfertigen lassen, wo sie zu jedermanns Verwunderung ausgefallen“. — Es ist dies jedenfalls dieselbe Maschine, von der Kapitän Weber in einem Briefe an Leibnitz berichtete, sie habe bei ½ Klafter Holzverbrauch 64 Ohm Wasser 150 Fuss hoch gehoben. Bei der Annahme, dass dies eine Savery -Maschine war, löst sich auch der Widerspruch, dass Fischer von Erlach der Erste gewesen sein soll, der eine Dampf- Die Dampfmaschine vor Watt. maschine in Kassel aufgestellt habe, denn letztere war eine New- comen -Feuermaschine. Dieser Major Joh. Heinr. Weber und ein Major Joh. Jac. Brückmann erboten sich bei der hannöverischen Regierung, eine Maschine ihrer Erfindung zur Wasserhaltung der Bergwerke im Harze aufzustellen. Sie gaben an Calvör , l. c. 121. : „Eine Maschine, die so stark gebauet, dass selbige eines Feuers bedürftig ist, welches in Zeit von 24 Stunden ½ Klafter oder 171 Kubikfuss Holzes verzehret, kann binnen solcher Zeit 6480 Ohm oder 1080 Fuder Wasser 150 Fuss hoch heben in einer Röhre, die 7 Zoll in ihrem Diameter weit ist. Nach dieser Proportion können nun leicht alle Tiefen nach der Quantität des Wassers, das herauszuheben ist, kalkulieret und also auch die Ma- schine, per consequens auch das Feuer, nach Erforderung eines jeden Ortes Notwendigkeit, grösser oder kleiner gemacht werden“. Sie ver- langten für ihre erste Probemaschine 100000 Thaler Belohnung und ein Privilegium auf 20 Jahre. Es wurde auch ein Vertrag entworfen, aber nicht ratifiziert, jedenfalls der unerhörten Forderung wegen. Die beiden Erfinder veröffentlichten darauf 1720 eine Schrift: „Neu erfundene Elementarmaschine“, in welcher sie ihre Erfindungen in marktschreierischer Weise anpreisen zu demselben hohen Preise — natürlich ohne Erfolg. Keinenfalls kann aber der kolossale gusseiserne Cylinder, der noch im königl. Museum zu Kassel vorhanden ist, von Webers obenerwähnter Versuchsmaschine herrühren. Dagegen wurde später auch eine Newcomen -Maschine in Kassel aufgestellt. Dies geschah durch Fischer von Erlach , welchen Landgraf Karl von Wien berufen hatte. Unter dessen Leitung wurde 1722 die erste englische Feuermaschine in der Residenz Kassel zu einer Probe auf- gestellt Siehe „Das merkwürdige Wien“, Februar 1727, S. 74; dort wird gesagt, „dass diese Engelländische Feuermaschine von Herrn von Fischer zu allererst anno 1722 in Deutschland sei angegeben und auf gnädigste Verordnung Sr. Hoch- fürstl. Durchl. Caroli , Regierenden Herrn Landgrafens zu Hessen-Kassel, in dero Residenz-Stadt Kassel zu einer Probe aufgerichtet worden“. Siehe auch Weidler , loc. cit., p. 91. . Die Maschine war aus England bezogen und es ist kaum denkbar, dass der obenerwähnte grosse Cylinder, der 1,27 m Höhe und 1,25 m lichte Weite hat, zu dieser Maschine gehört habe. Die Engländer verwarfen damals noch die eisernen Cylinder gänzlich, auch ist das Verhältnis zwischen Höhe und Durchmesser ganz abweichend von den Maschinen jener Zeit. Wahrscheinlich gehörte der fragliche Cylinder, der irrig als Papins Cylinder bezeichnet wird und in Die Dampfmaschine vor Watt. Veckerhagen gegossen sein soll, zu einer projektierten Feuermaschine aus späterer Zeit, welche nie ausgeführt wurde. Grosses Verdienst um die Einführung der ersten Dampfmaschine auf dem Kontinent hat der obengenannte Joseph Emanuel Fischer von Erlach , der als Sohn des berühmten Hofbaumeisters in Wien 1680 geboren, in die Fussstapfen seines Vaters trat, sich aber mit Vorliebe dem Maschinenwesen und namentlich der damals neu aufgetauchten Dampfmaschine zuwendete, sich erworben. Seine Kenntnisse darin, wegen deren er 1721/22 nach Kassel berufen wurde, hatte er sich in England selbst angeeignet Calvörs Angabe, dass er seine Kenntnis erst in Königsberg erworben, stimmt nicht zu dem Faktum seiner Berufung nach Kassel. . Er bestellte um dieselbe Zeit eine Newcomen -Maschine in England für ein Bergwerk bei Königsberg in Ungarn, bei dem er beteiligt war. Isaac Potter , aus dem Bistum Durham stammend Smiles hält diesen irrtümlich für identisch mit dem Knaben Hum- phrey Potter , welcher das scoggan erfand, siehe Smiles, James Watt , p. 60. , führte diese Maschine aus. Sie wäre anfänglich für die Bergwerke in Schemnitz bestimmt gewesen, aber ihre Aufstellung daselbst wäre an dem Widerstande der Leute, welche 500 Pferde für die Gruben hielten und brotlos zu werden fürch- teten, gescheitert ( Calvör ). Nach einer englischen Notiz Siehe Abridgments a. a. O., S. 40. wäre Potter schon im Jahre 1721 mit dieser Maschine nach Ungarn ge- reist. In regelmässigen Betrieb kam dieselbe aber erst im März 1724. Obiger erster Misserfolg würde diese Verzögerung zum Teil erklären. Allerdings ging er bei der Aufstellung so gründlich zu Werke und brauchte soviel Zeit dazu, dass die Gewerke ungeduldig wurden, murrten und schon anfingen, ihn für einen Charlatan zu halten. Leupold sagt, es habe eben damals schon gar viele gegeben, die sich rühmten, solche Maschinen aufrichten zu können, ohne irgend etwas davon zu verstehen. Potters Sorgfalt kam seinem Werke zu gute, welches, nachdem es in Betrieb gesetzt war, allgemein ange- staunt wurde. Viele schrieben Potter , andere Fischer von Erlach den Ruhm der Erfindung zu; mit Unrecht, denn es war eine echte Newcomen -Maschine. Der berühmte Leupold hat sie in seinem Theatrum Machinarum Hydraulicarum 1724 abgebildet und sehr lobend besprochen. §. 202 handelt „Von der Feuermaschine des Herrn Potters , welche er zu Königsberg in Ungarn gebaut und allda mit gutem Success und Vergnügen der Kompagnie das ihrige prästieren soll“. Viele hätten Versuche gemacht, grosse Maschinen Die Dampfmaschine vor Watt. zu bauen, keiner aber mit solchem Erfolge wie Potter , „welcher durch seine Geschicklichkeit und Fleiss, zu Königsberg in Ungarn, dem Berichte nach, eine solche Maschine aufgesetzet, die billig von allen zu admirieren und ihm das Zeugnis eines hochverständigen und klugen Mannes erworben hat“. Leupold wollte aus Rücksicht für Potters Erfinderrecht anfangs nichts darüber veröffentlichen, nachdem aber die Sache jetzt bereits bekannt geworden und nicht nur Zeichnungen, sondern sogar Modelle nach der Maschine ange- fertigt worden seien, so könne von einer Verletzung eines Geheim- nisses und einer Schädigung nicht mehr die Rede sein. Danach habe er aus ihm zugesendeten Rissen und wo diese mangelhaft waren, nach seinem Verständnisse die Figur der Maschine gezeichnet, die im ganzen ziemlich genau dem Original entsprechen dürfte. Diese erste wirkliche Arbeit leistende Dampfmaschine auf dem Kontinent, welche in Fig. 4 nach Leupolds Zeichnung abgebildet ist, bedarf einer besonderen Erklärung nicht mehr. Der Dampf- kessel A hatte 7 Fuss Durchmesser und hielt 200 Eimer Wasser; er war zu ¾ gefüllt. Oben war eine Metallplatte mit dem Dampf- rohre aufgeschraubt. Der Cylinder hatte 32 bis 36 Zoll Durch- messer, war 8 Fuss hoch und wog in die 30 Centner. Der metallene Kolben R war seitlich mit Schrauben versehen, um die Liderung von Holz oder Leder festzuschrauben. Der Kolbenhub betrug 7 Fuss. Die Kraft wurde auf einen sehr starken Wagbalken von 21 Fuss Länge und 18 Zoll Dicke übertragen, an dessen anderem Ende das schwere dreiteilige Pumpengestänge für die drei Pumpensätze an einer Kette hing, deren Glieder jedes einzelne 10 Pfd. wog. Das sehr schwere Pumpengestänge war durch ein besonderes Gegengewicht abbalanziert. Die Regulierung der Dampf- und Wasserhähne geschah wie in Fig. 3 durch eine Lenkstange. Das Hebelwerk war einfacher als bei der Londoner Maschine, diese Vereinfachung rührt aber von Leupold her, welcher sich aus der erhaltenen Zeichnung „kein rechtes Konzept formieren konnte“. Die Maschine hob 24000 Eimer in 24 Stunden. Aus einem Briefe, den Leupold anfügt, geht hervor, dass die Ma- schine seit neun Monaten in ununterbrochenem Betriebe stand und sich vorzüglich bewährte. Herr Potter sei selbst noch in Königs- berg und habe die Aufsicht gegen ein Salarium übernommen. Ein zweiter Brief von Fischer von Erlach aus Wien am 23. Januar 1725 lautet: Was unsere Feuermaschine anbelangt, so brennet solche drei Klafter Holz des Tages und hat eine Kraft wie 25 Sätze Röhren, jede Die Dampfmaschine vor Watt. von 6 Zoll im Diameter und vier Klafter lang zu heben oder zu regieren, mit einer Geschwindigkeit, so dass 14 Hub, jeder von 6 Schuh, in der Minute geschehen. Zum Exempel: wenn das Wasser nicht höher als 4 Klafter hochzuheben, so kann die Maschine alle Fig. 4. 25 Satz Röhren, so nebeneinander stehen, auf einmal heben und also 25 Ausguss Wasser in dem Hub produzieren, ist aber das Wasser auf 100 Klafter zu heben, so müssen die 25 Satz Röhren untereinander statt nebeneinander gesetzt werden, also nur einen Ausguss bei jedem Hub giebt, als den obersten, weil die untersten nicht gezählt werden. Die Dampfmaschine vor Watt. Die Pressung auf den Kolben betrug 12288 Pfd. Die Leistung 1000 Eimer = 1168 Ctr. in der Stunde bei 30 Klafter (triginta orgyarum) Hub. Leupold hebt hervor, dass bei dieser Maschine nicht die Ex- pansion des Dampfes, sondern der Druck der Atmosphäre die Arbeit leiste. Dagegen teilt er selbst einen Entwurf einer Dampfmaschine mit, wobei die Arbeit durch die Expansion des Dampfes geleistet werden soll. Fig. 5 stellt Leupolds „Feuermaschine mit zwei Stiefeln und Fig. 5. Kolben, durch die Expansion die Kraft auszuüben Siehe Leupold , Theatrum Machinarum hydraul. II, S. 93, Tab. XLIII, Fig. III. “, dar. Es ist dies der erste klare Entwurf einer Hochdruck-Dampfmaschine. Er wollte damit „einen Versuch thun: ob man eine Schneidmühle in einem Walde, da genug Holtz und stehende Pfützen sind, auf solche Weise könnte kompendieus anlegen? Weil mir aber Zeit und Gelegenheit zu dieser Maschine, oder auch andere kurieuse Proben und Versuche zu machen, itzo sogleich nicht vergönnt, so habe Hoffnung, es werde vielleicht ein anderer Kuriosus daher Gelegenheit nehmen, ein und die andere Probe deswegen anzustellen“. Leupold fügt eben so wahr als bescheiden hinzu: Ist nur zu wagen, wo es nicht allzu hoch und zu viel Wasser giebt (wegen der Spannung im Kessel), aber für Die Dampfmaschine vor Watt. 20 bis 30 Ellen sei es wohl gut. Leider fand sich ein solcher „Kurio- sus“ aber nicht und so blieb die schöne Idee auf dem Papiere. Fischer von Erlach dagegen hatte sich mit der Dampfmaschine so vertraut gemacht, dass er 1724 selbst eine in Wien erbaute, und zwar für den Fürsten Franz Adam von Schwarzenberg , um in dessen Schlossgarten Wasserkünste zu treiben. Ihr Dampfkessel hatte 6 Schuh Durchmesser, der Cylinder war von Metall „aus einem Stück gegossen 9 Schuh hoch, eines Fingers dick, 1200 Pfd. schwer, im Diametro 2 Schuh, inwendig wohl ausgebohret und polieret“. Die Maschine kostete 12000 Gulden. Diese Maschine, die sehr gut arbeitete und damals zu den Merkwürdigkeiten Wiens gezählt wurde Siehe das Februarheft der „Merkwürdigkeiten Wiens“ 1727, S. 74. Es heisst da, „dass fast zu gleicher Zeit (mit der Königsberger Maschine) auch die dritte Feuermaschine allhier in Wien von dem Herrn Fischer von Erlacher sey verfertiget worden“. Die Maschine ist daselbst abgebildet und ist ganz ähnlich der Londoner Maschine. , war die erste leistungsfähige deutsche, d. h. von einem Deutschen mit deutschem Material erbaute Dampfmaschine. 1735 wurde Fischer von Erlach in den Freiherrnstand er- hoben. Im Jahre 1726 war auch zu Passy bei Paris eine Newcomen - Maschine von Mey und Meyer aufgestellt und in Betrieb gesetzt worden. Dieselbe war nach dem Modell der Maschine von Griff in England angefertigt. Sie hatte, nach Weidler Loc. cit., p. 72. , einen ovalen Kessel und einen eisernen Cylinder von 6 Fuss Höhe. Dies ist der erste eiserne Cylinder einer Newcomen -Maschine, von dem wir be- stimmte Nachricht haben. In England selbst wurden solche nicht angewendet. 1740 schreibt noch der berühmte Desaguiliers , der um die Entwickelung der Dampfmaschine sich so grosse Verdienste erworben hat: „Einige Leute bedienen sich eiserner Cylinder für ihre Dampfmaschinen, doch möchte ich niemandem dazu raten, denn, wenn man auch Arbeiter hätte, welche sie glatt genug ausbohren könnten, so kann man sie doch nicht dünner als einen Zoll dick giessen; deshalb können sie weder so rasch erhitzt noch abgekühlt werden, als andere und das macht ein bis zwei Touren Unter- schied in der Minute, wodurch ⅛ bis 1/10 weniger Wasser gehoben wird. Ein Bronzecylinder von den grössten Massen kann leicht ⅓ Zoll dick gegossen werden, und bei dauerndem Betriebe wird sich rasch die Differenz der Anlagekosten ausgleichen, um so mehr, wenn man den bleibenden Materialwert des Bronzecylinders in Betracht zieht“. Die Dampfmaschine vor Watt. Der Regulator der Maschine von Passy wurde nicht von einem Schwimmer, sondern allein durch die Lenkstange bewegt; diese Ver- besserung hatte ebenfalls Desaguiliers angegeben. Weidler sah 1726 in dessen Hof in London das Modell einer solchen Maschine, welches für Toledo bestimmt war, wonach eine grosse Maschine gebaut werden sollte. Ein anderes Modell von Holz sah Weidler bei Bosfrand in Paris und er betont, wie ratsam es sei, erst ein solches Modell fertigen zu lassen, ehe man eine Maschine im grossen ausführe Weidler Loc. cit., p. 79, wo er auch über eine abgeänderte Maschine von Bosfrand berichtet. Bosfrand baute selbst eine Feuermaschine, welche der Herzog von Autin bei Arcueil im Hause desselben in Augenschein nahm. Siehe Gelehrte Zeitungen, Leipzig 1726, 7. Januar. Von Paris, p. 10. . Auch wurde in demselben Jahre, wie er angiebt, eine zweite Maschine als Reserve in dem Wasserwerke von York Buildings aufgestellt. 1727 kehrte Martin Triewald von England nach Schweden zurück, wohin er eine von ihm selbst gefertigte Newcomen -Ma- schine mitnahm, welche auf einem Bergwerke in Schweden aufgestellt wurde. 1733 lief Saverys Patent ab. Seine Maschine hatte sich für grosse Leistung nicht bewährt. Hierfür, insbesondere für die Wasser- haltung bei Bergwerken, wurde überall die Newcomen -Maschine, welche Schritt für Schritt Verbesserungen erfahren hatte, angewendet und Swizer preist sie als „die schönste und nützlichste Maschine, welche irgend eine Zeit oder irgend ein Land jemals hervorgebracht hat Siehe Swizer , Specimina Inchnographia 1730. “. Es lässt sich nicht leugnen, dass sie einen grossen Fortschritt darstellte und dass sie dem Zwecke ihrer Verwendung entsprach. Aber welch ein roher Apparat war es im Vergleiche mit unserer Dampfmaschine. Ihr grösster Fehler war ihr grosser Kohlenverbrauch. In jener Zeit sah man jedoch in ihr den Gipfel der Vollkommenheit und so wurde denn viele Jahrzehnte, bis der grosse Reformator James Watt auftrat, nichts Wesentliches an ihrer Konstruktion mehr geändert. Die Verbesserungen, die man erstrebte und auch er- reichte, bestanden in sorgfältigerer Herstellung und in dieser Be- ziehung hat Smeaton das höchste geleistet. Direkte Schmiedeeisengewinnung. Die direkte Schmiedeeisengewinnung — Luppen- feuer — Stücköfen. Der Zustand der Eisenindustrie zu Anfang des 18. Jahrhunderts war ein sehr ungleichmässiger. Während in vielen Gegenden die Eisenbereitung noch auf recht niedriger Stufe stand, während Luppen- feuer und Stücköfen in weiten Gebieten noch die einzigen oder doch die verbreitetsten Schmelzvorrichtungen waren, blühten in anderen Gegenden Hochofen- und Frischfeuerbetrieb und war man bemüht, durch Verbesserung der Öfen, stärkere Betriebsmaschinen und grössere Blasebälge die Produktion zu steigern. Die unmittelbare Verschmelzung der Erze auf schmiedbares Eisen, die direkte Methode , war zu Anfang des 18. Jahrhunderts noch sehr verbreitet. Luppenfeuer waren fast in ausschliesslicher Anwendung im Ge- biete der Pyrenäen, sowohl im südlichen Frankreich, wie im nördlichen Spanien, ferner in Italien in den Gegenden, in welchen die Erze von Elba verschmolzen wurden, was besonders an der ganzen italienischen Westküste und auf der Insel Korsika geschah. In Deutschland war der Luppenfeuer- oder Rennwerksbetrieb vorherrschend im Osten und Norden, in Schlesien und der norddeutschen Tiefebene, sowie in der Oberpfalz, dem Gebiete von Sulzbach und Amberg. Neben dem Hochofenbetrieb wurden noch Luppenfeuer in vielen Gegenden Deutschlands betrieben, wie in Böhmen, Sachsen und am Harze, wo sie vielfach als Neben- betriebe der Landwirtschaft auf grossen Herrschaftsgütern sich erhalten hatten. In Ungarn und den unteren Donauländern, sowie in Russland wurden primitive Luppenfeuer zum Teil als Hausierbetrieb neben Stück- öfen betrieben. In sehr ausgedehnter Anwendung stand der Betrieb der Luppenfeuer (bloomaries, bloomeries) in den Kolonieen Nordamerikas. Der Stückofenbetrieb hatte seinen klassischen Mittelpunkt in Steiermark. In Kärnten, Krain, Tirol und Norditalien bestand er neben dem Hochofenbetriebe fort, ähnlich verhielt es sich in Schmal- kalden. In Schweden, Finnland und Russland wurden die Bauern- öfen, welche nichts anderes als niedrige Stücköfen waren, neben den Hochöfen fortbetrieben. Swedenborg Swedenborgius , De Ferro, p. 171. , indem er eine Luppenschmiede bei Sanger- hausen in Sachsen beschreibt, sagt, es gäbe dieser Rennwerke sehr Beck , Geschichte des Eisens. 8 Direkte Schmiedeeisengewinnung. viele in Deutschland (qualia plurima Germaniae quae vocantur „Rennwerk“). Sie hatten zwei Feuer. Der eine Herd diente zum Einschmelzen der Erze zu einer Luppe, der andere zum Ausschweissen der beiden Luppenhälften, die dann weiter zerteilt und in Stäbe ge- schmiedet wurden. Ein Rennherd lieferte bei normalem Betrieb in 24 Stunden 5 Luppen oder ca. 2000 kg Stabeisen in einer Woche Nämlich 13 Schiffspfund, nicht fünf, wie Bd. I, S. 783 irrtümlich ange- geben ist. 1 Schiffspfund = 160 kg = 20 Lispfund, also ein Lispfund = 8 kg. . Die Einrichtung und den Betrieb der sächsischen Rennherde nach Swedenborgs Beschreibung haben wir bereits Bd. I, S. 783 mit- geteilt. Hiervon abweichend waren die Rennwerke in Schlesien (Fig. 6) bei Malwitz, Ober-Eylau, Altenhammer, sowie an vielen anderen be- nachbarten, aber ausserhalb Schlesiens gelegenen Orten. Diese hatten Fig. 6. nur ein Feuer, in welchem sowohl das Einschmelzen der Erze zur Luppe, als das Ausheizen der Teile statt hatte. Swedenborg berichtet, dass die hellbraunen, leicht zerreiblichen Erze (Raseneisensteine) erst gesiebt wurden, wobei die ärmeren feinen Teile abgeschieden und aus dem Gröberen die Bergmittel ausgelesen wurden. Die Erze wurden dann mit Kalk oder einem Flusssteine ge- mengt und lagenweise abwechselnd mit Kohlen aufgegeben. Der Herd, der in eine Esse eingebaut war, musste geräumig sein. In der Mitte des Herdes wurde die Herdgrube aus Lösche hergestellt; in diese ragten die Winddüsen hinein. War das Feuer angelegt, so steigerte man Direkte Schmiedeeisengewinnung. es allmählich durch stärkeres Blasen. Eine Schmelzung dauerte fünf bis sechs Stunden, wobei fortwährend Kohle und Erz nachgegeben wurden, bis der Herd mit Eisen gefüllt war. Man zog nun die Kohlen von dem Schmelzgute ab, liess die Schlacke durch das Schlackenloch abfliessen, bis die noch sehr rohe Luppe freilag. Diese wurde von zwei Arbeitern unter den Wasserhammer gebracht, wo sie in die Form eines runden Brotlaibes „von der Grösse eines Hutes und der Dicke einer Hand (palma)“ ausgebreitet wurde. Durch die vielen Hammer- schläge wurden die Eisenteile zusammengeschweisst und die ein- geschlossenen Schlacken ausgepresst und entfernt. Dieser Kuchen wurde dann mit dem Setzeisen unter dem Hammer in längliche Stücke, „Daulinge“ genannt, zerteilt, die wieder in denselben Herd eingesetzt, bis zur Schweisshitze erhitzt und unter dem Hammer zu Stäben ausgereckt wurden. Wenn das Erz gut war, brauchte man zu einer Luppe 18 Breslauer Mass Erz und erhielt daraus 2 Ctr. Stab- eisen. Die amerikanischen Luppenfeuer in Maryland und Pennsyl- vanien, über welche Swedenborg gleichfalls einige Mitteilungen macht, waren nach deutscher Art zugerichtet. Sie hiessen bloomeries Liquatione venae immediata in officinis et tigills sive in illorum „bloo- meries“. . Eine Charge bestand aus drei Pecks oder ein Bushel geröstetem und zu Nussgrösse zerkleinertem Eisenerz (Raseneisenstein). Die Luppe, die 60 bis 70 Pfd. (Wights) wog, wurde in Stäbe ausgeschmiedet, und dauerte eine volle Charge mit dem Schmieden vier Stunden. Der Hammer wog 300 Pfd. (Wights). Swedenborg hebt hervor, dass alle Arbeiter, sowohl die Schmelzer als die Erzgräber und die Tage- löhner, in Amerika sehr hohe Löhne verdienten. Reaumur erwähnt (1722) in seiner Abhandlung über die Cement- stahlbereitung, dass man in Roussillon und in Pays de Foix in Frank- reich Rohstahl im Rennherd direkt aus den Erzen schmelze. Die Erze wurden mit Holzkohlen eingeschmolzen und die erhaltene Luppe (massel), welche die Gestalt eines Kuchens oder einer abgeplatteten Kugel habe, aus dem Herde geschafft und unter dem Hammer in fünf bis sechs Teile (massoques) parallel dem grössten Durchmesser geteilt. Diese würden in Stangen ausgeschmiedet, welche teils aus Eisen, teils aus Stahl beständen. Swedenborg beschreibt (S. 146) ein Luppenfeuer, das 1723 eine Meile von Dax in der Provinz Bayonne in Frankreich errichtet 8* Direkte Schmiedeeisengewinnung. worden war. Der Rennherd unterschied sich nach seiner Angabe von einem gewöhnlichen Frischherde nur dadurch, dass man den Boden des Schmelzraumes unten rund machte, und dass er etwas grösser war, wodurch er 1¼ bis 1½ Ctr. Eisen fassen konnte. Hatte sich die Luppe (renard, hier aber hournade genannt) am Boden gesetzt, so erfolgte das Ausbrechen und Zerschroten der Luppe wie oben. Das Erz war ein Raseneisenstein, von dem 15 bis 18 Ctr. zu einer hournade von 1½ Ctr. Gewicht nötig waren. In der Grafschaft Foix und in den Nachbargebieten wurden brauner Glaskopf und Brauneisenerz von Vic-Dessos in Luppenfeuern verschmolzen. Hierbei fiel neben dem weichen Eisen auch hartes stahlartiges Eisen und Stahl. Doch ge- schah dies mehr zufällig und waren die Luppenschmiede nicht im Fig. 7. stande, nach Willkür Stahl zu er- zeugen. Bei den südfranzösischen Luppenschmieden wendete man be- reits Wassertrommelgebläse an, die von Italien eingeführt worden waren. Über die italienischen Renn- werksschmieden an der italienischen Küste, besonders im Gebiete von Genua, macht Swedenborg nur kurze Mitteilungen, dagegen giebt er die nebenstehende Abbildung Fi- gur 7 eines italienischen Luppen- feuers mit Wassertrommelgebläse. Das Wassertrommelgebläse bestand 1. aus einer oder mehreren Einfallröhren, die nach älterer Konstruktion, wie hier, meist viereckigen Querschnitt haben; 2. aus einem Kasten, oder einem Fass, der eigentlichen Trommel, in welche die Einfallröhren ca. 7 Zoll tief einmündeten. Der Wasser- strahl strömte mit Heftigkeit auf einen oder mehrere Steine. Am Boden der Trommel befand sich der Ablauf für das Wasser, oben im Deckel die Ausströmungsöffnung für den Wind. Den dritten Teil des Gebläses bildete die Windleitung mit der Düse. Die reichen elbanischen Erze wurden nicht geröstet, sondern nur unter dem Hammer klein geschlagen (pulverisata) und so im Herde eingeschmolzen. Alle vier Stunden erhielt man eine Luppe von etwa 1½ Ctr. Gewicht. In einer Woche wurden 36 bis 40 Ctr. fertiges Stangeneisen unter dem Wasserhammer ausgeschmiedet. Zu einem Direkte Schmiedeeisengewinnung. Centner Eisen waren nur 2 bis 3 Ctr. Erz erforderlich. Mit dem Erze setzte man öfter altes Gusseisen ein. Zur Bedienung der Luppen- schmiede gehörten vier Mann. Von den spanischen Rennwerken erwähnt Swedenborg derer bei Lesso und Pellagium, zwei bis drei Meilen von St. Sebastian, am Flusse gelegenen. Diese hatten zwei Herde. Die Erze aus den 1 bis 1½ Meilen entfernten Gruben wurden zwei bis drei Tage lang geröstet. In dem einen Herde wurde das unter dem Hammer zerkleinerte Erz mit Kohlen gemischt aufgegeben und vor dem Winde niederge- schmolzen. Das erhaltene Eisen wurde dann in dem zweiten Herde ausgeschweisst (ut scilicet denuo liquesceret) und unter dem Hammer ausgereckt. In einer Woche wurden in einem solchen Rennwerke 40 bis 50 Ctr. (quintals) Eisen geschmolzen und verschmiedet. Das Fig. 8. Ausbringen aus den Erzen betrug ¼ bis ⅓. Der Ambos stand dicht bei dem Feuer und war so niedrig, dass der Renner ohne besondere Mühe die schwere Luppe unter den Hammer bringen konnte. Man wendete grosse Wasserräder an. Die Blasebälge waren von Leder, die Kohlen aus Kastanien- und Buchenholz. Zu den Eisenhütten, die nahe dem Meeresstrande lagen, wurden die Erze aus Biscaya gebracht, wo sie nahe bei Bilbao gewonnen und zur See nach St. Sebastian befördert wurden. Diese Erze waren reicher als die, welche in Guipuzcoa gegraben wurden. Auch hier wie in Navarra und Biscaya gab es Luppenfeuer. Über die Luppenschmieden (Catalanschmieden) im spanischen Navarra besitzen wir aber eine noch ältere und gründlichere Be- schreibung, die wir Reaumur verdanken. Sie stammt aus dem Jahre Direkte Schmiedeeisengewinnung. 1716, wurde aber erst nach Reaumurs Tode im Jahre 1762 in der Abhandlung von Courtivron und Bouchu über die Eisenhämmer und hohen Öfen abgedruckt. Reaumur hatte sich die Angaben dazu durch einen Herrn Gendre verschafft. Er schreibt darüber: „Weil das spanische Eisen in grossem Rufe und Werte ist und die Art, die Erze zu schmelzen, zur Güte desselben vielleicht etwas bei- trägt, so haben wir uns eine wahrheitsgetreue Beschreibung des Ver- fahrens und genaue Risse der Öfen zu verschaffen gewünscht und ist es uns nicht ohne Mühe gelungen, dass Herr Gendre , in Befolgung des Befehls seiner königlichen Hoheit (des Prinzregenten von Orleans) von einem Spanier, dem Besitzer des Eisenrennwerks Denderlats an Fig. 9. dem Flusse Bidassoa, am Eingange von dem spanischen Navarra ge- legen, die Erlaubnis erhalten hat, die Grundrisse, Fig. 8 (a. v. S.) und Fig. 9, die wir nötig hatten, zu nehmen. Die Erze, welche denen von Allevard in der Dauphiné glichen, gewann man durch Steinbruchsarbeit. Sie wurden 24 Stunden lang geröstet, dann in grobe Stücke von Eigrösse zerklopft. Der Luppen- herd hatte die Eigentümlichkeit der biscayischen Schmieden, dass sie zur Abhaltung der Bodenfeuchtigkeit in einen grossen kupfernen Kessel eingemauert waren. Dieser Kessel ( C C , Fig. 8, 9), der ca. 6 Fuss im Durchmesser, und 2½ Fuss Höhe hatte, war innen mit einem 1 Fuss starken Mauerwerk E E ausgekleidet. In dieses Mauer- werk war erst der Herd, dessen Wände aus Eisenzacken bestanden, eingemauert. Er hatte eine längliche Gestalt und verengte sich nach Direkte Schmiedeeisengewinnung. unten. Der grösste und der kleinste Durchmesser oben betrugen 4½ und 3 Fuss, der grösste Durchmesser am Boden 3 Fuss 4 bis 5 Zoll. Die Mündung der Düsen lag 18 Zoll über dem Boden und befand sich in der Mitte der einen Langseite. Man bediente sich lederner Blasebälge und lagen die Düsen in einem Winkel von 40° geneigt. Nahe am Boden an der einen Schmalseite befand sich eine Öffnung für den Schlackenabstich. Ein drittes Loch befand sich weiter oben, nur einige Zoll vom oberen Rande entfernt. Es diente zur Einführung des eisernen Rengels, um im Ofen zu arbeiten und die Luppe zu bewegen. Da, wo der Schlackenabstich sich befindet, hat der kupferne Kessel einen Ansatz ( D D , Fig. 9) und das innere Mauer- werk eine Unterbrechung. Man bedeckt den Boden des Herdes mit Buchenkohlen, ent- zündet sie und lässt die Bälge angehen. Sind sie gut durchgebrannt, Fig. 10. so schiebt man alle Kohlen nach der Seite der Form, wo man sie möglichst fest zusammendrückt. Auf der entgegengesetzten Windseite wirft man das geröstete grobstückige Erz ein und bedeckt dann das Ganze mit Kohlen. Die verbrannten Kohlen ersetzt man durch neue, indem man zu gleicher Zeit auch etwas Erz, aber mehr zerkleinertes als zuvor, einsetzt. In Bearn bediente man sich noch der ledernen Blasebälge (Fig. 8), während man in der Grafschaft Foix Wassertrommelgebläse oder Tromben (Fig. 10) eingeführt hatte. Man schmolz hier in fünf Stunden etwa 5 Ctr. geröstetes Erz ein, woraus man je nach dem Reichtum der Erze eine Eisenluppe (chasset) von 2 bis 3 Ctr. erhielt. Die Abbildung (Fig. 10) giebt uns ein recht anschauliches Bild Direkte Schmiedeeisengewinnung. einer Luppenschmiede der Grafschaft Foix. Der kleine Schmelz- herd S in der Mitte war gemauert und viereckig. Er war nicht in einen kupfernen Kessel eingebaut und glich einem gewöhnlichen Frischherd. Er wurde mit Kohlenstübbe ausgeschlagen, wobei man dem Schmelzraum eine elliptische Form gab. Der Wind wurde durch das Wassertrommelgebläse erzeugt, dessen Anordnung aus der Zeich- nung gut zu ersehen ist. Zum besseren Verständnis der Konstruktion ist in Fig. 11 ein Durchschnitt durch die Einfallröhren und die Trom- mel beigefügt. Die Tromben der Grafschaft Foix hatten zwei ziemlich weite Einfallröhren (arbres). Diese hatten viereckigen Querschnitt Fig. 11. und saugten den Wind von oben durch die Öffnun- gen H H an, ausserdem be- fanden sich aber auch noch engere Sauglöcher in den Wänden der Einfallröhre. Die Höhe der Einfallröhren betrug etwa 15 Fuss, die Weite 8 Zoll. Nach oben teilte sich ein jedes in Ge- stalt eines Y, das dadurch gebildete dritte Mittelrohr I diente zum Einfall des Wassers. Dasselbe befand sich oben 4½ Fuss unter dem Wasserspiegel und war durch einen Holzspund verschliessbar. Die Seiten- und Saugröhren (trompils) ragten über den höchsten Stand des Wassers hinaus. Die Einfall- röhren gingen 7 Zoll tief in die Trommel (tambour) oder den Wind- kasten (caisse de vent). In dem hinteren Teile dieses Kastens be- fanden sich unter den zwei Einfallröhren zwei steinerne Platten ( M M , Fig. 11), auf welche das Wasser mit grosser Kraft aufschlug. Das Erz gerät in Fluss, das Eisen sinkt zu Boden, die Schlacke schwimmt oben auf und wird von Zeit zu Zeit abgestochen. Durch Arbeiten mit der Brechstange, welche durch die oben erwähnte Öffnung eingeführt wird, im Herde und Umrühren der Masse wird die Abscheidung des Eisens befördert. In vier bis fünf Stunden wird der Erzsatz für eine Luppe von 6 bis 7 Ctr. eingeschmolzen. Der erste Einsatz beträgt Direkte Schmiedeeisengewinnung. 2 bis 3 Ctr., das übrige wird nachgesetzt. Beim Herausnehmen der Luppe heben einige Arbeiter dieselbe mit Brechstangen, während andere sie mit Zangen fassen und herausziehen. 675 Pfd. Erz sollen 225 Pfd. ausgeschmiedetes Stabeisen liefern. Das andere Verfahren der direkten Eisengewinnung vollzog sich in Schachtöfen . In Schweden schmolz man die Sumpf- und Seeerze zu Anfang des 18. Jahrhunderts noch ausschliesslich in dieser Weise, wie wir es Bd. I, S. 803 und Bd. II, S. 161 bereits beschrieben haben. Die Öfen hiessen Blaseöfen oder Bauernöfen (schw. Myrjärns- oder Blästerverk, Blästerugn). Die Sumpferze (Örke oder Yrke) wurden hauptsächlich in Jemptland, Dalekarlien und dem westlichen Bothnien gewonnen und in Angermanland und Dalekarlien ver- schmolzen. Vor dem Schmelzen wurden sie geröstet. Das Rösten geschah in Haufen, welche in Dalekarlien in der Weise zugerichtet wurden, dass man über den trockenen Boden einen Holzrost aus drei Lagen rechtwinklig übereinander geschichteter Balken aufschichtete und darauf eine Lage Erz etwa 0,2 m dick ausbreitete. Der quadra- tische Haufen von 3,6 m Seitenlänge wurde entzündet, und wenn die Balken längere Zeit gebrannt hatten und das Erz durchgeröstet war, schüttelte man dieselben, so dass das Röstgut zwischen den Ritzen durch auf den Boden fiel. Alsdann legte man nach Bedarf neues Holz und eine frische Erzlage auf. Versuche in Angermanland, die Sumpferze ungeröstet aufzugeben und durch langsame Steigerung der Hitze die Röstung im Ofen selbst vorzunehmen, hatten schlechten Erfolg; ⅔ des Eisens war unbrauchbar, so dass man davon abstehen musste. Die Öfen waren kleiner oder grösser, je nachdem die Blase- bälge getreten oder durch Wasserräder bewegt wurden. Die älteren Öfen mit Tretbälgen waren kaum grösser und höher als ein Luppen- feuer, 0,75 m hoch, unten 0,225 im Quadrat, oben 0,75 m Durch- messer, indem der nur 0,12 m hohe Raum bis zur Form quadratisch war, während der Raum von der Form bis zur Gicht die Gestalt eines umgekehrten Kegels hatte. In Dalekarlien wurde für diese Öfen nur eine Grube von 0,9 m Tiefe, 1,5 m Länge und 1,2 m Breite aus- gegraben und darin der Ofen aus gewöhnlichen Steinen, ohne be- sonderen Bodenstein, gemauert. In Angermanland hatte man da- gegen einen Bodenstein. Diese alten niedrigen Öfchen hatten nicht einmal ein Schlackenloch, sondern man liess die Schlacke, wenn sie zu hoch stieg, aus dem Formloch abfliessen; übrigens waren die Schlacken meistens gar nicht flüssig genug, um abzufliessen. Die Luppe, die nach beendeter Schmelzung in Schlacke eingebettet im Direkte Schmiedeeisengewinnung. Ofen lag, wurde mit einer Zange durch die obere Öffnung heraus- gehoben. Man konnte angeblich in den einfachen Öfen (Enkielling) in 24 Stunden sechs bis acht Luppen von je 15 bis 20 kg Gewicht machen. Doch giebt Swedenborg die Wochenproduktion eines Doppel- ofens (Twekielling) nur zu 1024 Pfund (ca. 450 kg) an, weil die Öfen nur einige Tage in der Woche betrieben wurden. Manchmal wurde die erhaltene Luppe direkt verschmiedet, meistens aber wurde sie in einem Löschherd durch Ausheizen gereinigt und dann erst ausgeschmiedet. Alles, was Swedenborg sonst noch über die Bauernöfen und über das Verschmelzen der Sumpferze Bemerkenswertes vorbringt, haben wir bereits früher (Bd. I, S. 806; Bd. II, S. 161) mitgeteilt und verweisen wir darauf. Die Seeerze, deren Gewinnung wir Bd. I, S. 808 beschrieben haben, wurden nicht nur in Angermanland und Dalekarlien, sondern auch in Småland und Ostgotland gewonnen und verhüttet. In Dalekarlien und Angermanland geschah das Schmelzen in derselben Weise wie bei den Sumpferzen, anderswo wurden sie zu Osmund verschmolzen und in Småland wurden sie in Hochöfen zugute gemacht. Die alten Osmundöfen , die wir schon früher wiederholt erwähnt haben, waren zu Anfang des vorigen Jahrhunderts schon selten ge- worden, weil der alte Osmundhandel aufgehört und der Drahtosmund auch in Schweden nicht mehr unmittelbar aus den Erzen geschmolzen, sondern aus Roheisen gefrischt wurde. Diese alten Osmundöfen stimmten übrigens fast vollständig mit den oben beschriebenen Bauern- öfen überein und auch der Betrieb war ähnlich. Saxholm erwähnt noch, dass die Osmundöfen mit Vorliebe an den Abhang eines Berges angebaut wurden und dass sie, wie die Stücköfen, vorn eine grosse Öffnung hatten, welche während des Schmelzens mit gut passenden Steinen zugesetzt, nach dem Schmelzen aber aufgebrochen und dann die Luppe herausgezogen wurde. Diese Luppen erster Schmelzung waren aber meistens noch sehr unrein, weshalb man sie zur weiteren Reinigung nochmals in demselben Ofen niederschmolz, wodurch man ein sehr viel reineres Eisen erhielt, das sich direkt zu Geräten und Werkzeugen verschmieden liess. Dieses Verfahren war zu Anfang des vorigen Jahrhunderts schon ausser Gebrauch gekommen und teils durch die oben beschriebenen Bauernöfen, teils durch ein besonderes Frischverfahren, bei dem granuliertes Roheisen oder Wascheisen ein- geschmolzen wurde, ersetzt. Das bei diesem Frischverfahren erhaltene Produkt nannte man ebenfalls Osmund. Dasselbe wurde in einem zweiten Herd ausgeheizt. Direkte Schmiedeeisengewinnung. Weit vollkommener als die schwedischen Osmund- und Bauernöfen waren die Stücköfen der österreichischen Alpenländer. Zu Vordernberg in Steiermark schmolz man in den ersten Jahr- zehnten des 18. Jahrhunderts die vortrefflichen Erze des Eisenerzer Erzberges noch ausschliesslich in Stücköfen Swedenborg , a. a. O., S. 177. ; die Öfen und das Schmelzverfahren haben wir früher (Bd. II, S. 169) bereits ausführlich beschrieben. Zu Vordernberg waren, zu Swedenborgs Zeit, 16 dieser Öfen im Betrieb. Ebenso bediente man sich in Eisenärz , sowie in dem übrigen Steiermark der Stücköfen, welche von verschiedener Grösse waren (Bd. II, S. 171). Die grössten waren 18 Fuss hoch; die Form lag 1½ Fuss über dem Bodenstein; die lichte Weite vor den Formen betrug bei den grossen Öfen 3 Fuss, bei den mittleren Öfen (von 14 Fuss Höhe) 2 Fuss im Quadrat. Von da erweiterte sich der Ofen und ging in der Höhe von 3 Ellen (ca. 1,80 m) über der Form in einen runden Querschnitt von 3 Ellen Durchmesser über. Dies war der Kohlensack. Von da verengerte sich der Ofen bis zur Gicht, welche 1 Elle (circa 0,60 m) Durchmesser hatte. 1 Fuss über dem Boden war in der Brust- seite ein starker Eisenstab eingemauert, über welchem die Brustwand von Lehm 1 Fuss dick hergestellt wurde. In dieser war das Form- loch konisch ausgespart. Die Bälge waren klein, nicht grösser als Schmiedebälge. Auch waren sie nicht auf einem festen Balggerüst gelagert, sondern beweglich, um sie bei jedem Aufbrechen leicht weg- nehmen zu können. Dies geschah bei den grossen Öfen jede 12 Stunden einmal. Die zwölfstündige Produktion betrug etwa 6 Ctr. Ein solcher Ofen hielt mehrere Jahre, sein Tiegel musste aber mindestens alle Vierteljahr erneuert werden. Wegen des Betriebes der Öfen verweisen wir auf das früher Gesagte. Wir besitzen eine noch ältere Beschreibung der Stücköfen von Vordernberg als die von Swedenborg im Jahre 1734 veröffentlichte. Sie rührt von einem Ofenmeister Anthes her, welcher im Auftrage und auf Kosten des Prinzen von Orleans eine Informationsreise nach Steiermark unternahm. Der Bericht befand sich in den hinterlassenen Papieren Reaumurs Abgedruckt in der Abhandlung: Arts des forges et fourneaux à fer par M. le Marquis de Courtivron et M. Bouchu in den Descriptions des arts et métiers, II, p. 141. und ist datirt vom 10. April 1719. Die Masse der Öfen waren danach die folgenden: Die recht- Direkte Schmiedeeisengewinnung. winklige Basis hatte an der Arbeits- und Hinterseite 13 Fuss, an den beiden anderen Seiten 11½ Fuss Länge. Die Höhe des inneren Ofens vom Boden bis zur Gicht betrug 14 Fuss und 4 Zoll. Der Ofen erschien aber viel höher, weil er mit einem Schornstein (Fig. 12, F G ), Fig. 12. Fig. 12a. der bisweilen über 18 Fuss Höhe hatte, überbaut war, so dass die gesamte Höhe 32 Fuss und mehr erreichte. Der Ofen verjüngte sich von der Basis bis zur Gicht I , wo sein äusserer Umfang 11 Fuss und 9 Fuss oder 9 Fuss 7 Zoll betrug. Die Esse F G hatte auf den drei Ofenseiten offene Thore H , welche nach der Gicht führten, auf der Direkte Schmiedeeisengewinnung. vierten befand sich eine eingebogene, schiefe Ebene K , auf welche der Aufgeber seine Körbe entleerte und welche die Beschickung gleich wie ein Trichter (Fig. 13, Fig. 13a) dem Ofen zuführte. Ofenbrust und Blasebälge befanden sich auf derselben Seite in dem einzigen Fig. 13. Fig. 13a. Gewölbe des Rauhmauerwerks. Die Brust, welche 5′ 2″ breit war und beim Ausziehen der Massel aufgebrochen wurde, war nicht fester zugemacht, als der Vorherd bei dem Hoch- ofen. Der obere zusammen- gezogene Teil des Ofens bildete bis auf etwa 4½ Fuss vom Bo- den einen umgekehrten Trich- ter von ovalem Querschnitt. Die Gichtöffnung I hatte 2 Fuss und 1½ Fuss Durch- messer, im Kohlensack N 5 Fuss 1 Zoll auf 4 Fuss 1⅔ Zoll. Doch war der Querschnitt an der Vorderseite breiter als an der Rückseite, wo die Wände weniger geneigt waren, derart, dass die Abweichung nach vorn 2 Fuss, während sie nach der Rückseite nur 7 Zoll be- trug. Die zwei anderen Seiten hatten die gleiche Neigung. Von dem Kohlensack an gingen die Wände senkrecht abwärts. Der Querschnitt ging in ein halbes Oval über, dessen Basis auf der Formseite lag (siehe Fig. 12a). Das Innere des Ofens wurde aus feuerfester Erde gestampft, hatte also eine sogenannte Massenzustellung, und zwar war die Massenschicht am Boden über dem Bodenstein 7 bis 8 Zoll dick. Die Seitenwände waren unten 1 Fuss, an der Gicht ½ Fuss stark. Den Bodenstein legte man ganz horizontal und 14 Zoll tiefer als den Hüttenboden. 8 Zoll über dem Boden lag ein starker eiserner Direkte Schmiedeeisengewinnung. Balken (Fig. 13a). Die Öffnung bis zur Sohle bildete das Ausziehloch, das nach jeder Schmelzung aufgebrochen wurde. Es wurde mit Lehm zugestopft. Die Form lag genau 7 Zoll über dem Boden. Sie hatte nur 2 Zoll Öffnung an der Mündung. Die Balgdüsen lagen 3 bis 4 Zoll zurück. Die Erze wurden geröstet; man gab keinen Zuschlag beim Schmelzen. Es wurden acht grosse Gichten gesetzt, welche in 18 Stunden niederschmolzen. Alsdann wurden die Bälge ausgehängt, die Zieh- öffnung aufgebrochen und der Eisenklumpen ausgezogen. Es war nicht leicht, diese Masse von 1800 Pfund herauszuschaffen. Es geschah dies, nachdem sie mit Brecheisen gelüftet war, mit starken Rollen, welche Fig. 14. sich um die Blasewelle aufwickelten und dadurch die Massel heraus- zogen (Bd. II, Fig. 55). Fig. 14 zeigt das Innere der Hütte. Die Beschreibung stimmt bis auf die Form des Schmelzofens ganz mit der Swedenborgs überein. Sowohl in den Luppenfeuern der Grafschaft Foix, als in den Stücköfen zu Vordernberg erhielt man gleichzeitig mit dem Eisen auch Stahl, und Reaumur hebt besonders hervor, dass merkwürdigerweise in den grossen kuchenförmigen Luppen der Stücköfen die mittleren Partieen Eisen, die Ränder Stahl seien. Es erkläre sich dieses daraus, dass der Stahl flüssiger sei als das Eisen und deshalb nach aussen hin abgeflossen sei. Diesen direkt aus den Erzen erhaltenen Stahl bezeichnete man nach Reaumur als „natür- lichen Stahl“. Direkte Schmiedeeisengewinnung. Blauöfen , welche den Übergang von den Stücköfen zu den Hochöfen bildeten, verwendete man in Südfrankreich, Norditalien und in Mitteldeutschland. Swedenborg beschreibt eine Blauofenhütte, welche zu Alvar in französisch Savoyen (Allevard, Dep. Isère) betrieben wurde. Das Erz, ein guter Spateisenstein, kam aus den reichen Gruben im Berge Vanche. Von der Anlage, die er hauptsächlich des Gebläses wegen, welches eine Trombe oder Wassertrommelgebläse war, schil- dert, giebt er nebenstehende Abbildung (Fig. 15). Indem ein dichter geschlossener Wasserstrahl durch den konischen Auslauf C C in Fig. 15. das Rohr E E , welches an der Auslaufstelle die Schlitze D D hat, einströmt, saugt es Luft ein, die mit dem herabstürzenden Wasser in die geschlossene Tonne G G gelangt. Diese Tonne hat zwei Öffnungen, eine unten, durch welche der Überschuss des Wassers abläuft und eine oben im Deckel, aus welcher die gepresste Luft ausströmt und durch einen Schlauch dem Schmelzofen zugeführt wird. Obgleich die Zeichnung sehr mangelhaft ist, so geben wir sie doch genau nach dem Original wieder, da der Leser die Fehler selbst leicht verbessern kann. Swedenborg erwähnt dazu, dass diese Art von Gebläsen vor mehr als 90 Jahren (um 1640) in Italien zuerst aufgekommen seien, wo sie noch in Anwendung stünden. Er bemerkt, dass, wenn man das Einfallrohr, beziehungsweise die Fallhöhe des Wasserstrahls 30 bis 36 Fuss hoch machen könne, man mit einem Rohre auskomme, wäh- rend man bei 20 bis 24 Fuss Gefällhöhe drei Rohre brauche. Je höher das Gefälle, je mehr leiste das Gebläse. Auch sei es für den Zweck genügend stark, dabei sei der Wind gleichmässig und andauernd, aber kalt und feucht. Direkte Schmiedeeisengewinnung. Reaumur beschreibt Siehe Courtivron und Bouchu im Schauplatz der Künste und Hand- werke, III, S. 35. Blauöfen in der Dauphiné, welche petits fourneaux hiessen und welche mit den Öfen von Alvar übereinstimmen dürften. Fig. 16 zeigt die eigentümliche Gestalt derselben in ver- schiedenen Schnitten. Sie waren 21 Fuss hoch und ihr Querschnitt ent- sprach einem ungleichen Viereck (Fig. 17). Die längste Seite, vorn auf der Arbeitsseite, war 1 Fuss 9 Zoll, die ihr gegenüberliegende, parallele Hinterseite war 1 Fuss 6 Zoll, die beiden gleichen Seitenwände waren 1 Fuss 3 Zoll lang. Der Ofen erweiterte sich gleichmässig von Grund Fig. 16. aus, bis etwa zur halben Ofenhöhe; hier im Kohlensack waren die Masse der Vorderseite 4 Fuss 6 Zoll, der Hinterseite 3 Fuss 6 Zoll, die beiden anderen Seiten hatten 4 Fuss Länge. Vom Kohlensack bis zur Gicht wurde der Ofen in demselben Verhältnis enger, wie nach dem Boden (Fig. 17, Y Z ). Bei diesen Öfen war nur ein Gewölbe in der Ofenbrust; Abstich- und Formseite waren identisch. Der Wind, der mittels eines Wasser- Fig. 17. trommelgebläses erzeugt wurde, strömte durch ein Rohr und eine Düse dem Ofen zu. Die Form lag 15 bis 16 Zoll über dem Boden. Ähnliche Schmelzöfen, die aber schon den Hoch- öfen sehr nahe kommen, beschreibt Swedenborg noch an einer anderen Stelle, wo er von den Eisenhütten Italiens berichtet. Man bediente sich dieser Öfen, die cannechio hiessen, bei Brescia im Gebiet der Republik Venedig. Sie werden dort, wie er angiebt, etwa 24 Fuss hoch aus Bruchsteinen erbaut, und zwar aus Talksteinen, welche durch ein Direkte Schmiedeeisengewinnung. Gemenge von Thon, Sand und Kohlenpulver verbunden werden. Die Gichtöffnung ist 3 Fuss (0,90 m) im Quadrat, der Ofen verengert sich nach unten bis zu ¾ Ellen (0,45 m) im Quadrat. Unter dem Ofen ist ein Abzugskanal, welcher aus seiner Mündung auf der einen Seite Dämpfe ausströmt. Der Bodenstein wird eine Hand hoch mit dem erwähnten Gemenge bedeckt. Ebenso wird die Ofenbrust aus guten, feuerbeständigen Steinen hergestellt und mit demselben Mörtel ver- bunden. Vor dem Ofen wird aus Kohlenlösche eine Fläche hergestellt, über welche das abgestochene Eisen sich ergiesst. Seitlich war die Wind- öffnung. Man bediente sich lederner Blasebälge, an manchen Orten auch der Wassertrommelgebläse, indem man das Wasser durch ein Rohr oder durch einen in den Felsen eingehauenen Kanal herab- stürzen liess. Das geröstete Erz wird über einen mit Kieselsteinen gepflasterten Boden ausgebreitet und mittels eines darauf geleiteten Wasserstrahls gewaschen und gereinigt. Das Erz wird dabei durchgearbeitet und giebt man so lange Wasser auf, bis es klar abfliesst. Danach lässt man den Erzhaufen trocknen. Der Ofen wird mit Holzkohlen gefüllt, welche mittels glühender, durch die Form eingetragener Kohlen entzündet werden, wobei man ganz schwach bläst, bis alles in Brand ist. Sind die Kohlen bis fast zu Boden gesunken, so füllt man den Ofen von neuem mit Kohlen, lässt den Wind an und giebt alsdann den ersten Kübel Erz — zerletto genannt —, welcher ungefähr ½ Centner schwer ist, auf. Dazu setzt man als Flussmittel ¼ des Gewichtes von einem gelben Sand, den man dort auch zum Schweissen benutzt. Dann giebt man wieder Kohlen auf und fährt so fort, bis zum Schluss der Woche. Sobald der Schmelzer durch die Form bemerkt, dass das Erz gut geschmolzen und ganz von Schlacken bedeckt sei, öffnet er mit einem Spiess die Stichöffnung oder das Auge und lässt Eisen und Schlacke zugleich herausfliessen. Der Gehülfe schliesst alsdann das Stichloch wieder mit einem Gemenge von Thon und Sand. Wenn das Eisen flüssig und gut abgeschäumt ist, vergiesst man es zu Geschützkugeln, welche Bomben und Granaten genannt werden, das andere giebt Rauh- oder Luppeneisen zum Schmieden unter dem Hammer (massae ferri crudis sub malleo dilatandi). Soll dies geschehen, so wird es zuvor etwas abgekühlt und dann unter dem Hammer in Schirbel zer- hauen. Ist genug Erz und Kohle da, so setzt man das Schmelzen die ganze Woche durch fort; fällt aber ein Festtag dazwischen, so hört man auf zu schmelzen. Auf einigen Werken dauert die Schmelzung Beck , Geschichte des Eisens. 9 Direkte Schmiedeeisengewinnung. überhaupt nur jedesmal zwei bis drei Tage. In einer Woche erzeugt man 60 bis 70 Ctr. Eisen. Aus dieser Beschreibung scheint hervor- zugehen, dass man in diesen Öfen abwechselnd Gusseisen und Schmiede- eisen erzeugte, ähnlich wie bei den Blauöfen im Schmalkaldischen. Eine andere eigentümliche Schmelzmethode, welche in der Gegend von Rom betrieben wurde, beschreibt Boccone In den Museo di fisica et di experienze etc. Siehe Courtivron und Bouchu in v. Justis Schauplatz der Künste und Handwerke, III, S. 35. : Das Erz bestand aus einer roten Erde. Alle sechs Stunden stach man ab. Bei der ersten Schmelzung erhielt man Klumpen von 200 bis 300 Pfund. Das geschmolzene Metall sah dem weissen Markasit (Wasserkies) ähnlich, war spröde und nicht zu verwenden. Es wurde in kleine Stücke zerschlagen, und nachdem alles Eisen erster Schmelzung aus dem Ofen gelaufen war, von neuem in demselben Ofen nieder- geschmolzen. Nach acht Stunden öffnet man den Ofen zum Abstich. Das umgeschmolzene Eisen hat die Markasitfarbe nicht mehr, sondern bildet Stücke von rohem, höckerigem, ungleichförmigem Eisen, welches altem Eisen ähnlich sah. — Dies war wohl kein Gusseisen, sondern eine Rohluppe, wie das Stück in Stücköfen, welche hier also erst bei einer zweiten Schmelzung entstand. Ausser diesen direkten Gewinnungsmethoden, welche sich aus den ersten und ältesten Versuchen der Eisenbereitung historisch entwickelt haben, beschreibt Swedenborg ein ganz neues Verfahren dieser Art Tentamen novum Angliae venam ferri fundendi in caminis reverberii per carbones lapideos sive fossiles. Swedenborgius, loc. cit. p. 160. , welches in England versuchsweise unternommen worden war, nämlich das Ausschmelzen von Eisenerzen im Flammofen mit Koks Per carbones adustos fossiles. . Im Jahre 1729 wurden drei engl. Meilen von Whitehaven diese Ver- suche begonnen. Man mischte gepochtes Erz von Cumberland mit gemahlener Steinkohle. Zunächst wurden 8 Mass oder 172 Pfund gepochtes Erz auf dem Herd eines Flamm- oder Reverberierofens (in furnum anemium, seu quem reverberii vocant) aufgetragen und acht bis zehn Minuten lang gebrannt und geröstet, wobei 8 Mass rohes Erz 6½ Mass oder 143 Pfund Röstgut gaben. Diesem gerösteten Erz wurde dann ½ Mass ungeröstetes zugemischt, so dass die Masse 154 Pfund wog, welche in einer Mühle feingemahlen wurde. Dieses Erzpulver vermischte man alsdann mit 5 Mass oder 35 Pfund Stein- kohle, setzte dann 1 Mass Töpferthon zu, feuchtete die Masse mit 2 Mass (2 cyathorum vel sitularum aquae) Wasser an und mischte Hochöfen bis 1734. alles gut durcheinander. Alsdann wurde dieses Gemisch von neuem in den Flammofen eingetragen und gut auf dem Herd ausgebreitet, worauf man es 1 Stunde und 40 Minuten der Flamme bei vollem Luftzug aussetzte: während dieser Zeit schmolz das Erz bei dem heftigen Feuer zu Klumpen von unregelmässiger Gestalt zusammen. Diese wurden herausgenommen und mit Holzhämmern die Schlacken und Unreinigkeiten abgeklopft. Alsdann wurden sie in denselben Ofen und dasselbe Feuer ½ Stunde lang zurückgebracht, um hier weiter gereinigt und ohne starken Luftzug (sine flabris vivis) durch das Feuer geläutert und die Verunreinigungen durch weiteres Erhitzen ausgeschmolzen zu werden, worauf sie unter einem 7 Centner-Hammer geschmiedet und ausgereckt wurden. Das glühende Eisen soll weich gewesen sein und hinreichend den Schlägen des Hammers nachgegeben haben, und wurden dabei 286 Pfund oder 6½ Mass Kohlen ver- braucht. Aber obgleich man es fertig brachte, die Eisenerze in dem trockenen Feuer des Flammofens zu schmelzen und in Fluss zu bringen, so gelang es doch nicht, sie von ihren Fehlern und verborgenen Giften und Verunreinigungen durch die mit viel Wind angefachte übelriechende und rauchende Flamme zu reinigen, vielmehr schmolzen die schädlichen Teile nicht heraus, sondern hinein: wozu noch kam, dass der Schwefel der Steinkohlen, wenn dieselben auch in der üblichen Art gebrannt waren, das Eisen verdarb, so dass die weichen und dehnbaren Teile in ihm hart und spröde wurden, oder dass sich die besseren Teile aus dem Erz in Schlacke verwandelten. Denn der Schwefel und das Feuer der Kiese macht das Eisen nicht weich und dehnbar, sondern vielmehr rauh. „Die Cyklopen, welche die von Schwefel dampfenden Blitze des Zeus herstellen, bereiten sich das Eisen, da ihnen das Holz mangelt, mit dieser Kohle (!).“ Diese Ver- suche hatten zwar den erhofften Erfolg nicht, waren aber von grosser Wichtigkeit für die Verwendung der Flammöfen in der Eisenindustrie. Hochöfen bis 1734. Obgleich wir über den Bau der Hochöfen vor der Schilderung Swedenborgs in seinem Werke „De ferro“ vom Jahre 1734 nur spär- liche Nachrichten haben, so lässt sich doch deutlich erkennen, dass 9* Hochöfen bis 1734. die Zustellung bereits zu Anfang des 18. Jahrhunderts eine sehr ver- schiedenartige war und dass sich in bestimmten Gegenden und Ländern auch bereits bestimmte Ofenformen, Profile oder Typen, ausgebildet hatten. Vorherrschend war in Mittel- und Südeuropa der viereckige Querschnitt, wobei Schacht und Rast zwei umgekehrt aufeinander- gesetzte, abgestutzte Pyramiden mit gemeinschaftlicher Basis im Kohlen- sack bildeten. In Nordeuropa, d. h. in Schweden und England, herrschte dagegen bereits die Zustellung mit kreisförmigem Querschnitt vor, wobei Schacht und Rast nicht abgesetzt waren, sondern allmählich ineinander übergingen, so dass eine eiförmige Gestalt des Ofeninneren entstand. Wir haben dieses Profil bereits bei einem englischen Ofen Fig. 17 a. aus dem Jahre 1678 kennen gelernt. Es ist dies die älteste Zeich- nung eines Hochofens. Die zweitälteste dürfte die Zeichnung eines steierischen Flossenofens sein, welche sich in Reaumurs hinterlassenen Schriften befand und die in den Descriptions des arts et metiers ver- öffentlicht wurde. Nach Reaumurs eigener Angabe stammt dieselbe aus Aufsätzen über den Bau von Hochöfen, welche ein Herr Anger- villiers im Auftrag des Herzogs von Orleans gesammelt und am 10. April 1719 von Strassburg aus an Reaumur geschickt hat Vergl. Schauplatz der Künste und Handwerke, Bd. III, 1764, S. 41. . Fig. 17 a, b, c stellen die Horizontal- und Vertikalschnitte durch die Windform der Flossöfen von Turrach („Durach“) in Steiermark und Gmind in Kärnten dar. Der Ofen von Turrach, nach kärntnerischer Art gebaut (s. Bd. II, S. 184), war damals noch der einzige Flossofen in Steiermark. Er war, wie die steierischen Blauöfen, mit einer Esse Hochöfen bis 1734. ( H ) überbaut, hatte viereckigen Querschnitt; der Kohlensack lag in der halben Ofenhöhe. Die Grundfläche des massiven Mauerwerks bildete ein Quadrat von 14 Fuss und 3 Zoll (4,629 m) Seite am Boden, die Höhe bis zum Anfang der Esse betrug 17 Fuss (5,522 m), nach oben wurde das Mauerwerk schwächer, bis zu 12 Fuss an der Gicht, bildete also eine abgestumpfte Pyramide. Gicht und Bodenquerschnitt Fig. 17 b. Fig. 17 c. des Gestells waren 18½ Zoll (0,500 m) im Quadrat, der Kohlensack, der in der Mitte lag, hatte 4 Fuss (1,299 m) im Quadrat. Ein Gestell hatten diese Flossöfen nicht, auch keinen Wallstein und Vorherd, sondern die Brust war in derselben Weise geschlossen, wie bei den Stücköfen. Abweichend vom Stückofen war dagegen, dass die Floss- öfen zwei Gewölbe, ein Abstich- oder Arbeitsgewölbe, und rechtwinklig darauf ein Blase- oder Formgewölbe hatten, in dem die Bälge lagen. Hochöfen bis 1734. Die Windform lag nur 8 Zoll über dem Boden, da man keinen grösseren Raum, um das flüssige Eisen zu fassen, nötig hatte, weil man alle drei Stunden die 3 bis 4 Centner, die inzwischen geschmolzen waren, abstach. Die Form hatte eine sehr starke Neigung, derart, dass die Windlinie den Bodenstein, 3 Zoll von der Windseite entfernt, traf. Dadurch glichen diese Öfen mehr den Blauöfen als den Hoch- öfen. Reaumur hebt auch hervor, dass diese Öfen den italienischen (Blauöfen) im Gebiete von Venedig glichen, ausser dass diese nur ein Ofengewölbe hatten. Die Erze in Turrach und Gmind wurden in grossen Stücken, wie in Vordernberg, geröstet und ohne Zuschläge mit Fichtenkohlen geschmolzen. Das Eisen war schon zum Teil entkohltes (gefeintes), weisses Eisen, das von farbig angelaufenen Blasen durchsetzt war, sogenannter luckiger Floss. Die dritte Abbildung eines Hochofens verdanken wir Sweden- borg , welcher die Eisenbereitung in seiner Heimat in seinem Buche „De ferro“ 1734 ausführlich beschrieben hat. Da diese Beschreibung genaue Nachrichten über das Schmelzen der Eisenerze giebt, zugleich den ersten gründlichen Bericht über Bau und Betrieb von Hochöfen enthält, so müssen wir dieselbe für die Vergleichung späterer Betriebe einer eingehenden Betrachtung unterziehen. Zwar bezieht sich Swedenborgs Bericht hauptsächlich auf schwedische Verhältnisse, aber Schwedens Eisenhüttenwesen stand zu jener Zeit schon in hoher Blüte und in keinem Lande wirkten Regierung und Gewerke so einmütig zusammen, um diese Industrie zu fördern und zu vervollkommnen. Die nationalen Eisenschmelzöfen Schwedens waren, wie wir wieder- holt gezeigt haben, die Bauernöfen, welche auch zu Swedenborgs Zeit noch zahlreich betrieben und in denen namentlich die Sumpf- und Seeerze des südlichen Schweden verschmolzen wurden. Die Hochöfen waren erst im 16. Jahrhundert von deutschen Arbeitern auf Veranlassung des Königs Gustav Wasa gegründet worden zur Verschmelzung der Bergerze, an welchen Schweden sehr reich war, welche aber bis dahin, infolge der armseligen Einrichtungen, unbenutzt geblieben waren. Dadurch erlangte erst die schwedische Eisenindustrie ihre Bedeutung. Mit den deutschen Hochöfen wurde auch der deutsche Frischprozess eingeführt. Dieser wurde teilweise, und zwar in dem eisenreichen Dalekarlien, im 17. Jahrhundert durch die Wallonschmiede verdrängt, welche der reiche niederländische Grossindustrielle Louis van Geer einführte. Seine Hochöfen wichen in ihrem Bau von Hochöfen bis 1734. den deutschen etwas ab. Zu Swedenborgs Zeit gab es also dreierlei Erzschmelzöfen in Schweden, die gewöhnlichen Hochöfen, die dalekarlischen und die Bauernöfen. Von diesen waren die ersteren die verbreitetsten und auf sie bezieht sich die nachfolgende Schilderung Swedenborgs . Das erste, was zum Bau eines Hochofens gehörte, war die Wahl des Platzes . Dieser musste trocken sein, aber einen festen Unter- grund für die Fundamentierung bieten. Er musste möglichste Sicherheit gewähren, dass die Ofensohle nicht von der Grundfeuchtigkeit erreicht wurde. Um den Ofen hiervor noch weiter zu schützen, legte man unter jedem Ofen einen Kanal an, in welchem die Feuchtigkeit gesammelt und abgeführt werden konnte. War der Boden besonders feucht, entsprangen Quellen in der Nähe, so legte man mehrere Abzugskanäle an und leitete das Wasser durch eiserne Rohre ab, auch umgab man die ganzen Fundamente mit einem Graben. Zum Fundament- boden wählte man Kies oder noch besser Schlacke. Doch waren manche der Ansicht, der Boden dürfe nicht zu trocken sein, weil dann die Hitze den Bodenstein zu sehr angreife. Keinenfalls aber setzte man das Fundament direkt auf den Fels, ohne in diesem eine Abzucht auszusparen. Dagegen suchte man immer die Fundamente bis auf den festen Grund zu führen; war dies nicht möglich, so musste man einen starken Holzrost unter das Fundament legen. Natürlich war man bei der Wahl des Ortes von dem Vorhandensein eines Wassergefälles abhängig. Bezüglich der Feuchtigkeit des Bodens konnte man nicht vorsichtig genug sein. Das Grundwasser, oder wohl meist das überschiessende Aufschlagwasser kühlte so stark, dass, wenn man auch eine kräftige Eisenplatte unterlegte, diese mit trockenem Sand überfüllte und darauf einen Bodenstein, so dick wie ein starker Mühlstein legte, die Schmelz- hitze im Gestell doch nicht erreicht wurde, wenn kein Abzugskanal im Fundament angebracht war. Auch wirkte die Feuchtigkeit des Bodens dadurch schädlich, dass das Holzwerk und das Leder der Bälge litten und Wasserdunst mit der Luft in den Ofen geblasen wurde, was den Ofengang nachteilig beeinflusste. Das Mauerwerk des Ofens setzte man entweder auf Fels oder auf starke Balken. Die äusseren, dicken Mauern des Ofens, das Rauhgemäuer , machte man entweder ganz aus zugerichteten Natur- steinen, sogenanntem „Graustein“, oder teils aus Bruchsteinen, teils aus schweren Balken, welche ringsum das Mauerwerk zusammen- hielten. Letztere, dem holzreichen Schweden eigentümliche Bauweise Hochöfen bis 1734. war besonders bei den Öfen der Bauerngewerke gebräuchlich, weil sie billiger war. Das gesamte Mauerwerk des Hochofens war ein vierfaches. Zu dem innersten, welches der Einwirkung der Hitze unmittelbar aus- gesetzt war, wählte man die besten, feuerfesten Steine. Das zweite, welches fast ebenso dick war, wurde aus gewöhnlichen Grausteinen hergestellt. Das dritte war lose aus kleinen Steinen, gepulverten Schlacken und ähnlichen Materialien aufgeführt, die keine feste Mauerung, sondern eine Füllung bildeten, um die ganze Wand zu verstärken und die Hitze zusammenzuhalten. Dieser folgte viertens die Umfangsmauer. Der innere Ofenraum war, wie die ihn um- schliessenden Mauern, von kreisförmigem Querschnitt, während die äussere Gestalt des Ofens viereckig war. Der Hohlraum zwischen dem viereckigen Rauhmauerwerk und dem runden Ofenmauerwerk war mit Steinbrocken und Schlacken ausgefüllt. Die innerste Mauer (Kernmur) musste am genauesten konstruiert und aus dem besten Material aufgeführt sein. Die feuerfesten Stein- arten (Pipsten) waren in verschiedenen Gegenden verschieden: Talk- steine, Sandsteine u. s. w. Man hatte auch versucht, schwerschmelzige Schlacke, wie sie zuletzt aus dem Ofen gezogen wurde, hierfür zu ver- wenden, was aber mehr für die Schacht- als für die Gestellwände geeignet war. Die Kernmauer machte man 2 bis 2½ Fuss 1 schwed. Fuss = 0,297 m. (0,594 bis 0,742 m) dick und 12 bis 14 Ellen (7,128 bis 8,316 m) hoch. Die Steine wurden so zugehauen, dass möglichst enge Fugen blieben, welche sorgfältig mit Thon und Sand verstrichen wurden. Die innerste Mauer hatte keinen Verband mit der zweiten, konnte also, wenn sie vom Feuer angegriffen war, für sich neu aufgeführt werden. Die zweite Mauer aus Graustein war ebenfalls 2 bis 2½ Fuss dick. Die Steine wurden mit Thon und Sand verbunden, und zwar musste dies ebenfalls mit Sorgfalt geschehen, damit das Mauerwerk keine Risse bekam und wenn die innere Ofenwand teilweise weggeschmolzen war, keine Steine in das Innere des Ofens fielen, was sonst meist dem Schmelzen ein unerwünschtes Ende bereitete. Die Ausfüllung aus losem Material zwischen dem inneren und dem äusseren Ofen, welche billiger war als Mauerung, wurde mit Holzstampfern zusammengestossen. Für das äussere Mauerwerk nahm man möglichst grosse Steine, welche durch Holzbalken (Schlingen) zusammengehalten wurden. Gewöhnlich befanden sich an jeder Wand 10 bis 12 solcher Balken ( G G , Fig. 18), Hochöfen bis 1734. welche an den Enden durch eingeschnittene Klammern verbunden waren. Die Holzumkleidung hielt nicht lange und war nur in einem Lande möglich, wo das Holz fast keinen Wert hatte. Die Balken verzogen sich, rissen oder verbrannten. Massives Mauerwerk ohne Holzverankerung war deshalb vorzuziehen. Früher hatte man sogar Fig. 18. den unteren Teil des Hochofens mit Holz konstruiert, doch war man zu Swedenborgs Zeit hiervon abgegan- gen und baute den un- teren Ofen massiv, wäh- rend man die Schacht- mauerung noch mei- stens in Holz stellte. War der Ofen bis zur Gichthöhe vollen- det, so führte man die äussere Holzwand noch 6 Fuss höher auf, oder brachte aus Balken und Latten oder Stei- nen die Gichtumzäu- nung (Fig. 18, H H ), welche der „Massungs- kranz“ hiess, an. Diese umschloss die Platt- form der Gicht, auf welcher Erze lagerten und der Aufgeber den Ofen beschickte. Öfter wurde auch noch ein Schutzdach darüber gebaut. Die Gesamtstärke des Ofenmauerwerks bis zum Hohlraum betrug 7 bis 10 Fuss (ca. 3 m) und da der Hohlraum im Mittel etwa 6 Fuss (1,782 m) weit war, so betrug die äussere Seitenlänge des quadratischen Ofens 20 bis 26 Fuss (5,940 bis 7,722 m). In dem Mauerwerk waren zwei Zugänge zu dem inneren Ofen ausgespart, der eine für die Wind- zufuhr, der andere für das Abstechen des Ofens und das Arbeiten in Hochöfen bis 1734. demselben. Diese Öffnungen waren keine Gewölbe, sondern die Mauern traten von einer gewissen Höhe, etwa von der halben Ofenhöhe an, zurück, so dass die Decke der Öffnung einen Neigungswinkel von 50 bis 60 Grad bildete. Um das Mauerwerk über derselben zu tragen, wurden starke gusseiserne Tragbalken von dreieckigem Querschnitt, 12 bis 17 Fuss (3½ bis 5 m) lang und 1 Fuss (0,297 m) dick unter- zogen und auf beiden Seiten eingemauert. Bei den Öfen der Armen musste Holzgebälk dafür dienen, was aber leicht in Brand geriet, wodurch oft der ganze Ofen einstürzte. In früherer Zeit, wo die Bauern nur für sich geschmolzen hatten, waren die Öfen ganz planlos und willkürlich, ohne bestimmte Masse gebaut worden, und man hatte bei geringerem Ausbringen grösseren Kohlenverbrauch. Eine Besserung war erst eingetreten, seitdem der König für die höhere Tageserzeugung eine Belohnung ausgesetzt hatte. Da erst hatte man angefangen, die Öfen höher, weiter, sorgfältiger und aus besserem Material zu bauen. Besondere Sorgfalt erforderte die Konstruktion des Schmelz- raumes. Swedenborg empfiehlt grosse, geräumige Öfen, indem er den Satz aufstellt, die Wirkung der Hitze sei proportional ihrer Menge, d. h. dem Raum, welchen das Feuer einnehme. In der Flamme eines Lichtes sei keine solche Hitze als in einem brennenden Holzhaufen. Was die Gestalt des Ofeninneren anlangt, so waren einige der Meinung, dass der Ofen an der Gicht ( D D ) am engsten, in der Mitte am weitesten sein müsse, andere waren der Ansicht, dass die Weite im Ofengestell, zwischen den Formen C , geringer sein müsse, als in der Gicht. Allgemein nahm man an, dass der Ofen in der Mitte am weitesten sein müsse, dagegen wollten manche diesen Kohlensack genau in der Mitte, andere mehr nach oben, andere mehr nach unten haben, „dies hänge aber allein von der Beschaffenheit der Erze ab, weshalb sklavisches Festhalten an einer Regel zu Irrtümern führe“. Am wichtigsten seien die Dimensionen des Gestelles , in welchem die Hitze erzeugt werde und aus dem sie, wie aus einer Quelle, nach aufwärts ströme. Vor 50 und 100 Jahren seien die Öfen niedriger und viereckig gewesen, wie noch heute an einigen Plätzen, jetzt aber seien die meisten kreisförmig von oben bis unten. Die Rundung des Ofens werde mit Hilfe einer an einem senkrechten, in der Mitte errichteten, drehbaren Baum befestigten Schablone , wie es in Fig. 19 abge- bildet ist, hergestellt. Die Verhältnisse der Durchmesser von Gicht, Kohlensack und Gestell verhielten sich im allgemeinen wie 3 : 4 : 2, die Umfänge betrugen meistens 8 bis 9 : 10 bis 12 : 6½ bis 7 Ellen Hochöfen bis 1734. (2,5 : 3,5 : 2 m). Aber es sei besser, die Dimensionen der Erfahrung als der Geometrie zu entnehmen. Wäre der Kohlensack zu weit, so ge- schähe die Schmelzung des Erzes zu plötzlich, ehe noch die gehörige Scheidung des Metalls (d. h. Reduktion) eingetreten sei, weshalb ein grosser Teil des Eisens in die Schlacken gehe. Das Eisen selbst sei roh und unrein und fliesse schlecht. Erfahrene Schmelzer liebten deshalb keinen weiten Bauch, weil derselbe die verschlungene Nahrung, wie sie sagten, nicht verdauen könne. Die Lage des Kohlensacks sei am besten etwas unterhalb der Mitte, wegen der besseren Vorbereitung der Erze, dadurch werde die Rast ( O O ) flacher und infolge dessen Fig. 19. rutschten die Erze langsamer vor die Form. Wenn aber der Kohlensack zu weit und die Rast zu flach wäre, so hinge sich die geschmolzene Masse wie Leim an der geneigten Rastfläche fest und fiele von da erst, wenn sich eine gewisse Menge festgesetzt hätte, die sich durch ihr Gewicht plötz- lich loslöse, herab. Dadurch gelangten kältere Massen auf einmal in das heisse Eisenbad im Herd, welches dann auf- schäume wie Wasser im heissen Kessel und in kochende Be- wegung geriete, wobei die Formen sich zusetzten, die Schlacken sich schwarz färb- ten und vieles Eisen in sich aufnehmen. Wie bei einem kalten Fieber sänke die Temperatur, und Mattigkeit trete ein. Schlacken und kaltes Eisen setzten sich im Herde fest, die der Arbeiter losbrechen und mit schweren Eisen- stangen und Haken herausschaffen müsse. Auch würde bei zu weitem Kohlensack das Mauerwerk über der Form zu rasch von der Glut zerstört. Das aufgegichtete Erz müsse auf seinem Wege von der Gicht bis vor die Formen alle Grade der Erhitzung durchmachen, dabei müsse es zur Rast so vorbereitet gelangen, dass es die ganze Schmelzhitze aufnehmen könne. Dies sei nicht der Fall, wenn die Rast zu hoch Hochöfen bis 1734. liege; auch aus diesem Grunde empfehle sich die Lage des Kohlen- sacks etwas unter der mittleren Ofenhöhe. Der Schacht müsse sich der richtigen Vorbereitung der Erze wegen langsam bis zum Kohlensack erweitern, der diese dann wie ein feuriger Schlund aufnehme. Seien die Erze aber schwefelhaltig, so mache man den Schacht höher, damit durch das längere Verweilen dann die schwefligen Substanzen und das „fette Phlogiston“ um so vollständiger ausgetrieben werden. An manchen Orten machte man die Gichtöffnung nur 3 Fuss (0,891 m), an anderen bis zu 6 Fuss (1,782 m) weit. War sie zu eng, so konnte die Luft nur langsam ausströmen und die Schmelzung wurde dadurch verzögert, war sie zu weit, so verbrannten die Kohlen zu rasch, ohne entsprechende Wirkung. Die Schmelzung ging schnell, aber unvollständig von statten: „frustra excoquitur vitium et inutilis humor“. An die Rast O O , die man auch Obergestell (oefwerstelle) nannte, schloss sich unmittelbar das Gestell C , d. h. die geneigten Wände der Rast gingen bis zur Formhöhe, so dass ein eigentliches Obergestell, eine Fortsetzung des Gestells über Formhöhe, fehlte. Den unteren Teil des Gestells bildete der Herd . In dem Fundament unter demselben befand sich der Abzugskanal ( K ). Derselbe pflegte die Länge des Herdes, die Höhe einer Hand und die Breite eines Fusses zu haben. Er war mit einer Eisenplatte von 2½ Fuss (0,742 m) Seitenlänge und 4 bis 5 Zoll (0,100 bis 0,125 m) Dicke, welche etwa 400 kg wog, bedeckt. Diese war sorgfältig mit Thon verschmiert, dass kein Wasserdampf in die Höhe steigen konnte. Manche nahmen auch eine Steinplatte. Auf die Platte wurde ½ bis ¾ Fuss (15 bis 22 cm) Sand aufgestampft und hierüber ein grosser Stein, der Bodenstein , ¾ bis 1 Fuss (23 bis 30 cm) dick und unge- fähr 5 Fuss (1,50 m) lang und entsprechend breit gelegt, so dass er den ganzen Herdboden bildete. Man wählte dazu einen möglichst feuerbeständigen Stein. Derselbe musste trocken sein. Frisch ge- brochene Steine waren ungeeignet. Um den Stein herum wurden Lehm, Sand und Stein trocken festgestampft zum Abschluss der Feuchtigkeit, weshalb auch nur trockene Materialien verwendet werden durften. Über dem Bodenstein wurden drei Steine so aufgestellt, dass sie einen länglich viereckigen Raum, welcher nach einer Seite offen blieb, umschlossen, es war dies der Herdraum oder das Unter- gestell (Stelle). Der Zwischenraum bis zur Aussenmauer wurde sorgfältig mit Sand zugestampft. Die Seitensteine pflegten ½ Fuss Hochöfen bis 1734. (15 cm) breit und dick zu sein. Der Herd selbst war länglich 3 bis 3½ Fuss (0,891 bis 1,039 m) lang, 1½ bis 1¾ Fuss (0,443 bis 0,517 m) breit, ¾ Fuss (0,222 m) hoch und konnte 6 bis 7 Schiffspfund (1200 bis 1400 kg) Das Schiffspfund Eisen muss zu Swedenborgs Zeit um 200 kg schwer gewesen sein. Nach seiner Angabe war 1 Schiffspfund = 26 Liespfund statt 20 Liespfund, wie sonst. Rechnet man das Liespfund zu 8 kg, so erhält man für 1 Schiffspfund 208 kg statt 160 kg. Auf S. 57 setzt Swedenborg 20 Schiffspfund = 9000 bis 10000 Pfund. Da 1 Pfund Schalgewicht 0,425 kg entspricht, so wäre 1 Schiffspfund zwischen 191,25 kg und 212,50 kg gewesen. Wenn wir das Schiffs- pfund = 200 kg setzen, kommen wir der Wahrheit jedenfalls näher, als wenn wir es zu 160 kg annehmen. Das Gewicht des Schiffspfunds war bekanntlich sehr verschieden, sowohl nach den Artikeln, als in verschiedenen Zeiten. Das leichtere Schiffspfund zu 320 gewöhnlichen Pfund hiess das Stockholmer. fassen. In dem richtigen Aufbau des Gestells lag die grösste Kunst des Meisters und er pflegte sich dafür genaue Masse von Holz zu machen. Das Gestell war der Sitz der Lebens- wärme, das Herz des Ofens, dessen Lungen die Blasebälge waren. Ein weiteres Gestell kann mehr Hitze fassen und bleibt das Eisen darin flüssiger. Die alten Öfen konnten nur 2 Schiffspfund (400 kg) fassen und war deren Erzeugung kaum ⅓ der jetzigen (zu Sweden- borgs Zeit). In diesen kleinen Öfen war die Abkühlung von aussen, besonders im Gestell, Schlacken setzten sich leicht fest und verengerten den Schmelzraum. Die neueren Öfen, namentlich die, aus welchen man die schweren Geschütze goss, konnten 10 bis 12 Schiffspfund (2000 bis 2400 kg) fassen. Doch benutzte man dazu meistens Doppel- öfen , welche zwei getrennte Herde hatten. Die erfahrenen Schmelzer machten das Gestell immer oblong, und zwar so, dass die Länge gleich der doppelten Breite und die Breite ungefähr gleich der doppelten Höhe war. Die Gründe, die sie gegen die kreisförmige oder quadratische Gestalt des Gestelles anführten, waren folgende: 1) könne der Wind, der in etwas schiefer Richtung die gegenüberliegende Längsseite treffen und dadurch im Abprall einen Wirbel bilden müsse, ehe er die Richtung nach aufwärts an nehme, nicht genügend durchdringen; 2) ginge das Arbeiten im Herd und die Reinigung desselben bei der länglichen Form leichter von statten; 3) käme das Eisen bei der breiteren Oberfläche leichter ins Kochen, wodurch viel Eisen verbrennen und in die Schlacke gehen würde. Die Mittellinie des Gestells fiel aber bei den schwedischen Öfen nicht mit der Mittellinie des Ofens zusammen, sondern war nach der Windseite zu eingerückt, derart, dass die senkrechte Mittellinie des Hochöfen bis 1734. Ofens nahezu das Formmaul traf (s. Fig. 18). Wir begegnen hier einer eigentümlichen Ähnlichkeit dieser alten schwedischen Hoch- ofenform mit der des Siegerlandes, die wir früher (S. 197, Fig. 65) beschrieben haben. Bei beiden ist die Formseite in den Ofen hinein- gezogen. Der Unterschied liegt nur darin, dass die schwedischen Öfen runden Querschnitt von der Formhöhe an erhielten, dadurch wurde das Obergestell mit der Rast verbunden. Der Siegerländer Ofen hatte durchgehends viereckigen Querschnitt und ein von der Rast getrenntes Obergestell. Ebenso hatten aber auch die älteren schwedischen Öfen viereckigen Querschnitt, und dass sie ein besonderes Obergestell hatten, geht daraus hervor, dass sich die Bezeichnung auch bei den runden Öfen erhalten hatte, obgleich die Sache ver- schwunden war. Die nahe Verwandtschaft dieser Ofenformen ist also klar. Da wir wissen, dass deutsche Hüttenleute die Hochöfen zuerst in Schweden einführten, so lässt sich annehmen, dass diese aus dem Siegerland stammten; oder dass diese eigentümliche Zustellung der Hochöfen überhaupt die in Deutschland in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts gebräuchliche war. Ihren Grund hatte dieses einseitige Einrücken der Formwand, welches den Aufbau des Ofens wesentlich erschwerte, darin, dass man nur mit einer Form blies und dass bei den schwachen Blasebälgen der Fokus fast unmittelbar vor der Form lag. Man musste also die Form in den Ofen hineinrücken, um die Hitze in der Mitte des Ofens zu halten. Bei sehr gutschmelzigen Erzen konnte man die Formwand etwas aus der Mitte herausrücken, wie dies in diesem Falle in Schweden geschah. Der Herd wurde nach der Abstichseite durch den „ Damm “ geschlossen, einen grossen Stein oder ein untermauertes schweres Eisen, ½ Fuss (0,148 m) hoch und 1½ Fuss (0,443 m) lang, 200 kg schwer, etwas niedriger als die Seitensteine des Herdes oder Eisen- kastens, damit man die Schlacken darüber ziehen oder freiwillig ab- fliessen lassen konnte. Auf der rechten Seite des Dammes befand sich die Öffnung zum Abstechen des Eisens, das Stichloch (Stickhohl), das mit Lehm geschlossen wurde und mit dem Abstichspiess geöffnet wurde, gerade wie heutzutage. Hatte sich die flüssige Schlacke in genügender Menge angesammelt, so liess man sie über den Damm abfliessen; hörte sie auf zu fliessen, so wurde der Vorherd aufgebrochen, Kohlen und Schlacken, die sich angesetzt hatten, mit Brechstangen ausgeräumt und der gereinigte Vorherd wieder mit Stübbe, einem Gemenge von Kohlenstaub und Sand, geschlossen. In manchen Hütten liess man die Schlacke nicht Hochöfen bis 1734. von selbst laufen, sondern liess sie, indem man den Vorherd von vornherein fest verschloss, steigen und stach sie nach Bedürfnis ab. Der Damm wurde erst am vierten oder fünften Tage nach Beginn der Schmelzung eingesetzt, nachdem zuvor die Gestübbe- wand weggebrochen und der Herd sorgfältig gereinigt war. Der Damm schliesst aber den Herd des Ofens nur zum Teil ab, denn der Herd ist nach vorn verlängert und bildet dadurch mit dem Damm den schon erwähnten Vorherd. Der obere Teil des Gestells springt dagegen zurück und findet über dem Herd seinen Abschluss durch einen keilförmigen Stein, der auf beiden Seiten Widerlager hat und ein starkes, gegossenes Eisenstück, den Tümpel (timp) und das Tümpeleisen . Der ganze Tümpel pflegte 3 bis 3½ Fuss (0,891 bis 1,039 m) hoch zu sein. Zwischen dem unteren Rande des Tümpels und dem inneren Rande des Dammes blieb ein Abstand von ½ Fuss (0,148 m) und dadurch entstand eine Öffnung, durch welche man in das Gestell gelangen und im Herd arbeiten konnte. Der Tümpel litt am meisten durch Hitze und Abkühlung, durch die Einwirkung der Schlacken, und das Arbeiten musste in einer Kampagne öfter (vier- bis zehnmal) erneuert werden. Über den Formen begann die Rast oder das Obergestell, welches sich bis zum Kohlensack oder Bauch des Ofens erweiterte. Dieses wurde in das äussere, zuerst errichtete Mauerwerk, mit dem es keine Verbindung hatte, hineingebaut, so dass es eine innere Bekleidung, eine Art Hemd (tunica) bildete, und zwar so hoch, als ein Mann, der auf dem Bodenstein stand, mit aufgehobenen Händen reichen konnte, etwa vier Ellen über die Form. Seine Wände machte man aus guten feuerfesten Steinen, zuweilen auch aus ausgesuchten Schlacken, die mit Sand und Thon eingebunden waren (künstlichen Steinen). Man führte sie möglichst hoch auf, damit die Neigung nicht zu flach wurde. Diesen inneren Einbau erneuerte man mit dem Gestell nach jeder Kampagne. Die Masse des von Swedenborg abgebildeten Ofens sind in der Beschreibung nicht angegeben. Nach dem beigefügten Mass- stab betrug die ganze Höhe 5,346 m Höhe des Kohlensacks 1,500 „ Höhe der Form 0,222 „ Weite vor der Form 0,300 „ Weite im Kohlensack 1,040 „ Weite der Gicht 0,740 „ Die Blasebälge waren aus trockenem Fichtenholz hergestellt und wurden durch zwei Daumen bewegt. Je grösser die Öfen, je Hochöfen bis 1734. grösser mussten die Bälge sein. Früher hatte man Lederbälge. Die Holzbälge machte man länger wie diese, weil man dadurch stärkere Pressung erzielte, der bewegliche Oberdeckel war 12½ Fuss (3,712 m) lang und bis zum Anfang der Düse betrug die Balglänge 14 Fuss (4,158 m), bei einer Hubhöhe von 3½ Fuss (1,039 m); die hintere Breite des Balgdeckels betrug 4½ Fuss (1,336 m), die vordere 3⅙ Fuss (0,941 m). Die Düse, welche eine 3½ Finger (0,087 m) breite Öffnung hatte, war von Eisenblech. Das Anblasen geschah langsam und steigerte man die Hitze allmählich. Dies wurde durch den Wasserzufluss reguliert. Bei regelmässigem Gange machte jeder Balg 10 Hübe in der Minute. Die Düse war 1⅔ Fuss (0,495 m) lang und ragte ½ Fuss (0,148 m) in die Form, welche 2 Fuss (0,594 m) lang war. Das Formloch war viereckig, die untere Fläche horizontal, die Seitenflächen schief in den Stein gehauen und mit Lehm so zubereitet, dass es halbkreisförmig wurde. Wenn diese Auskleidung wegschmolz, wurde sie erneuert, die Unterlage bildete eine eiserne Formplatte, welche ungefähr 12 Grad in den Ofen geneigt war und auf der die Düse ruhte. Dass bei solchem Stechen der Form fast immer Rohgang herrschte, wie aus Swedenborgs Schilderung hervorgeht, ist nicht zu verwundern. Trotzdem führt er viele Gründe für diese verkehrte Formlage an. Der Wind, der der Pulsschlag und die Seele des Ofens sei, wie die Hitze das Leben, müsse in dieser Richtung ein- strömen, um über die geschmolzene Masse hinzugleiten und bis zur andern Seite durchzudringen. Dies geschähe nicht, wenn die Form horizontal liege, indem dann der Wind gleich nach oben steige und zu viele Kohlen verbrenne. Dass eine solche Formlage möglich war, ohne alles Eisen im Herd zu verkochen, lässt sich nur aus der sehr schwachen Pressung des Windes erklären. Allerdings meint auch Swedenborg , die Form dürfe nicht zu viel Neigung haben, weil sonst der Wind nicht bis zur andern Seite durchdringe. Hohe Flamme mit viel Funken an der Gicht sei das Zeichen zu geneigter Formlage. Ebenso könne der Wind nicht durchdringen, wenn die Form zu weit sei, sei sie aber zu eng, so komme nicht genug Wind in den Ofen. Auch bei kreisrunder Formöffnung dringe der Wind nicht zur andern Seite, die Halbkreisform sei die beste. Auch die Entfernung der Düse vom Formmaul, das Zurückliegen derselben sei von Wichtigkeit. Im Winter gehe die Schmelzung besser von statten als im Sommer, was er der geringeren Feuchtigkeit zuschreibt, während der Haupt- grund die dichtere Luft ist. Es sei eine allgemeine Regel, dass der Hochöfen bis 1734. Wind in die Mitte des Ofens blase, weiche er davon ab, so gehe die Schmelzung mehr auf einer Seite vor sich, die Wände würden dort sehr angegriffen, während andere Teile des Gestells sich erkälteten. Bei kalkigen, leichtflüssigen Erzen blase man zuweilen ausser der Mittellinie, aber die Nachteile seien immer grösser als die Vorteile. Die Form solle nicht höher liegen als der Mittelstein des Herdes an der Formseite, auch nicht näher der Hinterseite als höchstens ¾ Fuss. Von der Hitze oder zu heftigem Blasen platzten die Bälge zu- weilen, was Stillstände von sechs bis acht Stunden veranlasste. Man musste dann die Form zustopfen . Der Stillstand bewirkte meist ein Stürzen der Gichten . Bei längeren Stillständen habe man auch die Gicht geschlossen und in einzelnen Fällen den Ofen dadurch lange Zeit, sieben und acht Tage, gehalten. War der Hoch- ofen fertig zugestellt, so begann man mit dem Wärmen und Füllen . Zu diesem Zwecke unterhielt man erst mehrere Tage ein Holzfeuer in dem Herd. War das Innere trocken, so füllte man mit Kohlen. Ein Ofen fasste 12 bis 18 Lasten zu 12 Tonnen. Früher liess man diese mehrere Tage bei offener Gicht brennen. Jetzt aber schliesst man nach dem Anzünden alle Öffnungen und bedeckt die Gicht mit einem Deckel. So lässt man die Kohlen 8 bis 14 Tage glimmen. Hierbei kann man auch Holz statt Holzkohlen aufgeben. Nach unge- fähr zwölf Tagen ist die Kohle im Schacht 6 bis 7 Fuss gesunken. Durch dieses langsame Anwärmen dringt die Hitze mehr in die Wände ein und man hat den Vorteil, dass man gleich von vornherein grössere Gichten setzen kann, denn während man früher anfangs nur zwei Tröge Erz auf einmal aufgab, kann man jetzt fünf bis sieben Tröge aufgeben. Öffnet man die Gicht nach dem Anwärmen, so sind die Kohlen dunkel und es tritt keine Flamme aus der Gicht, aber schon nach kurzer Zeit werden die Kohlen hell und nach ¼ Stunde ent- strömt der Gicht eine helle Flamme. Swedenborg erkennt wohl, dass die Berührung mit der Luft die Ursache davon ist (alimenta praebet calori), aber eine Erklärung dafür findet er nicht. Mit dem Aufgeben (schwedisch: oppsettning) der Erzgichten nimmt der Schmelzbetrieb seinen Anfang. Man lässt das Wasserrad langsam umlaufen und steigert den Wind in den ersten 10 bis 14 Tagen nur ganz allmählich. Die Kohlen wurden in Körben zu vier Tonnen aufgegeben, und zwar drei bis vier Körbe auf die Gicht. 12 Tonnen waren gleich 1 Last. Das Erz wurde in Trögen (Fourg oder Fat), welche 40 bis 50 Pfund Erz fassten, aufgeschüttet. Am ersten Tage setzte man nur 4 bis 5 Tröge, am zweiten schon 7 bis 8, am dritten Beck , Geschichte des Eisens. 10 Hochöfen bis 1734. 9 bis 10, am vierten 11 bis 12, am fünften 14, am sechsten 15 und nach 12 bis 14 Tagen 16 bis 19, welches der volle Satz war. Erstrebt man eine lange Hüttenreise, so muss man um so vorsichtiger mit dem Anwärmen und dem Steigern der Hitze sein. Rasches Anwärmen und Forcieren des Betriebes wirken sehr nachteilig auf die Ofenwände und den Ofengang. Swedenborg behauptet, die Kraft des Feuers wachse im quadratischen Verhältnis der Zeit. Durch zu rasch ge- steigerten oder überhaupt zu hohen Erzsatz wurden die Wände abge- kühlt, die Schmelzung verzögert, so dass man nur halb so viel durch- setzen könne. Je grösser die Öfen, je grösser konnte der Erzsatz sein. Er betrug bei den grossen Öfen 20 bis 28 Tröge, ja es soll Öfen geben, sagt Swedenborg , in welchen man 30 Tröge auf die Gicht setzen könne. Bei kleinen Öfen betrug der Erzsatz 12 bis 15 Tröge. Ein Ofen setzte manchmal nur halb so viel durch als ein anderer von gleichen Dimensionen: 1. wenn durch zu rasche Steigerung des Satzes das Gestell versaut war, 2. wenn der Boden feucht war, 3. wenn der Bodenstein Schaden gelitten hatte und Eisen durchliess, 4. wenn die Ofenwände Risse bekommen hatten, 5. wenn Kohlen und Erz feucht waren, 6. wenn der nötige Zuschlag fehlte, und 7. wenn un- richtig beschickt wurde. Alle Erze wurden in Schweden erst geröstet , was in Haufen, Gruben oder Stadlen geschah, sodann wurden sie unter einem Wasser- hammer zu kleinen Stücken zerklopft. Diese Form war besser als Pulverform, weil durch letztere der Ofen leicht verstopft wurde. In den ersten Tagen wurde das Erz in der Mitte aufgegeben, weil die Ofenwände noch kalt waren und die grösste Hitze sich in der Mitte befand. Nach Ablauf einiger Zeit, wenn die Wände gehörig durch- gewärmt waren, breitete man die Erze gleichmässig aus, nach sieben bis acht Tagen gab man schon mehr Erz an der Wand herum auf, weil die heisse Wand stärker heizte. Ebenso hing sich anfangs Eisen an den Wänden des Gestells an, während später umgekehrt die Wände, namentlich die Form und deren Umgebung, wegschmolzen. Man liess die Gichten immer 5 Fuss im Schacht sinken, ehe man von neuem aufgab. Wo die Hitze am stärksten war, setzte man das meiste Erz hin. Hatte man verschiedene Erzsorten zu schmelzen, so wurden dieselben vorher gemischt. An manchen Orten schmolz man zehn bis zwölf Sorten. Schwefelreichere Erze setzte man entfernt der Form, auf der Windseite, weil dieselben die Formwand zu sehr angreifen würden; kalkhaltige Erze setzte man über der Form. Das richtige Gewichts- verhältnis der Erzsorten bei der Mischung war sehr wichtig. Waren Hochöfen bis 1734. die Erze schwer schmelzbar, so musste man Kalk zuschlagen , und zwar gab man den Kalk in Schweden gebrannt auf. Zu diesem Zwecke pflegte man Kalkstein über die Rösthaufen auszubreiten und ihn beim Rösten mit zu brennen. Man gab den Kalk in der Mitte unmittelbar über den Kohlen auf. Das Quantum war verschieden nach den Erzen und betrug einen, zwei oder drei Kübel auf die Erzgicht. Kieselige Erze brauchten mehr Kalk als andere. Der Kalk wirkte als Fluss. Ohne denselben war die Schlacke schwerflüssig, es gab viel Wascheisen und das Eisen war matt. Der Schmelzer hatte seine Zeichen, aus denen er erkannte, ob er den Erzsatz erhöhen oder erniedrigen musste. Im allgemeinen galt es als Regel, dass man beim Erzsatz nicht bis zur Grenze ging, dass man also weniger Erz setzte, als der Ofen zu schmelzen imstande war, und zwar geschah dies der Güte des Eisens und der Sicherheit wegen. War die Schlacke schwarz und führte sie Graphit (micae, Glimmer), besonders die, welche zuletzt mit dem Eisen ausfloss, so musste man den Erz- satz erhöhen. Die Schlacken hingen sich dann an den Spiess, mit dem man im Gestell arbeitete. Ebenso setzte man mehr Erz, wenn die Schlacken weiss waren, wie dies in den ersten Tagen nach dem Anblasen der Fall zu sein pflegte. Wenn die Schlacke leicht floss wie Wasser und langsam erstarrte, so war dies ein Zeichen von zu grosser Hitze und man gab dann ebenfalls mehr Erz auf. Der Schmelzer beobachtete ferner sorgfältig den Ofengang durch die Form . Fiel das geschmolzene Erz in weissen, glänzenden Tropfen vor der Form nieder, so gab man mehr Erz, waren die Tropfen schwarz und dunkel, so war der Erzsatz zu hoch, bei dem richtigen Gang fielen helle und dunkle Tropfen in ziemlich gleichem Verhältnis. War die Schlacke vor der Form gelb und dunkel, so war der Ofen zu kalt, war sie lebhaft weiss, so war er zu heiss; reine gleichmässige bläuliche Farbe zeigte den richtigen Ofengang an. War die Farbe des Eisens matt-weiss im Bruch, so deutete dies auf zu viel Erz, war der Bruch „wie Eis“, auf zu wenig Erz zu den Kohlen; bei richtigem Verhältnis war das Eisen feinkörnig weiss oder grau mit dunklen Körnern. Doch hatte hierauf die Art der Erze grossen Einfluss. Waren die Schlacken, die mit dem Eisen abgelassen wurden, blasig und von dunkler Eisenfarbe, so war das Verhältnis richtig, waren sie aber fest und schwer von zu vielem Eisen, so war es unrichtig. Ein anderes Erkennungsmittel war die Gichtflamme , besonders am Abend, wenn sie weithin leuchtete. Wenn sie leicht, scharf, hell 10* Hochöfen bis 1734. und breit, ohne Funken emporwallte, so war dies ein Zeichen richtiger Schmelzung; war sie sehr hoch und rauchend, so deutete dies auf Kochen im Herd, unvollkommene Reduktion und Ver- schlackung von Eisen. War die Tümpelflamme stark, hell und rauchend, so war mehr Erz nötig, war sie dunkel, mehr Kohle. Warf das flüssige Eisen Funken, so gab man mehr Kohlen, war die Oberfläche beim Laufenlassen glatt und wie poliert, mehr Erz. Zuweilen kochte das Eisen heftig im Herd und begann zu speien, dann verdunkelte sich die Form mit schwarzer Schlacke, die aus- gezogenen Schlacken waren schwammig und eisenreich, die Hitze im Gestell nahm ab und es füllte sich rasch mit schmieriger Masse, wobei viel Eisen verschlackte und verloren ging. Der Arbeiter musste suchen, die kochenden Schlacken einzudämmen, die Formen oft und sorgfältig zu reinigen, sonst drohte Gefahr, dass sich das Gestell ganz zusetzte. Swedenborg vergleicht diesen Rohgang mit dem Gähren des Weinmostes, wobei das unreduziert in das Gestell ge- langende Erz wie Hefe wirke. Ähnliche Wirkung erzeugten nasse, alte Kohlen, zu wenig und schlechter Kalk, wenn halbgare Massen, welche noch schweflige Bestandteile eingemengt enthielten, sich von der Rast loslösten und in das geschmolzene Eisen im Gestell stürzten, sodann, wenn das Mauerwerk über der Form zu weit zerstört war, endlich Feuchtigkeit im Ofen, sowie ungeröstetes, besonders pulveriges Erz. Die Zeichen für den beginnenden Rohgang seien: wenn die Schlacken dicht aus dem Vorherd brächen, sich blasig aufblähten und in langem Laufe langsam wälzten, denn dann sei ihnen bereits Eisen oder Erz- pulver beigemengt, welches sie in Gährung versetze; ebenso, wenn die schaumigen Schlacken beim Austreten in Blasen zerplatzten und zusammenfielen und nach dem Erstarren eine löcherige, von Kanälen und Blasen erfüllte Masse bildeten; ebenso, wenn die bläuliche Farbe der Schlacken in die schwarze übergehe, was die Aufnahme von Eisen andeute, allmählich werde sie dann schwarz und zähe wie Pech; ferner, wenn die Gichtflamme mit Unterbrechungen dicht in die Höhe walle, manchmal zu verlöschen scheine und dann wieder eine hohe, unruhige Fackel bilde. Dies deute auf Unruhe im Herd. Werde sie rot und rauchig, so verkünde dies herannahenden Sturm. Ebenso leuchte dann die Tümpelflamme ungleich und heftig und werde dann gelb, rauchig und dunkel. Am deutlichsten sähe man das Kochen durch die Form. Durch folgende Mittel suchte man dem Rohgang entgegenzuwirken: 1. arbeitet man mit der Eisenstange in dem flüssigen Brei, wodurch sich das Leichte von dem Schweren scheidet; Hochöfen bis 1734. 2. zieht man die kalten, schaumigen Schlacken aus dem Ofen; 3. reinigt man die Form mit dem Spiess; 4. wendet man die grösste Aufmerk- samkeit auf die Gichten, giebt nur gleichmässige, gutgeröstete Erz- stückchen und kein Pulver und nur gute, trockene Holzkohlen auf. Der Rohgang kam aber so oft vor, dass Swedenborg sagt, einmal den Tag schade dieses Fieber nicht, es mache vielmehr den Herd weit. Wiederhole es sich aber oft, so dass es mehrmals an einem Tage einträte, so erleide man Abkühlung, Verlust, und das Eisen werde blasig. Die angeführten Zeichen des Ofenganges lassen aber nicht den Rohgang allein, sondern auch andere Unregelmässigkeiten erkennen, und Swedenborg giebt hierfür gründliche Anleitung, auf die wir aber hier nur verweisen können Swedenborgius a. a. O., fol. 48, 49 u. s. w. . Hierbei erwähnt er bezüglich des Giessens von Gusswaren aus dem Hochofen, dass dies am besten gegen Schluss der Kampagne geschehe. Wolle man Ambosse und ähnliche schwere Stücke giessen, so erhöhe man den Erzsatz, wodurch leicht Versetzungen eintreten könnten; wolle man feine Gusswaren giessen, so breche man im Gegenteil am Erzsatz ab, wodurch aber der Ofen angegriffen würde. Beides könne gegen Schluss der Kampagne weniger schaden. Über die Schlacken und ihre Bedeutung beim Schmelzprozess macht Swedenborg sehr treffende Bemerkungen. Die Schlacke schwimme auf dem Eisen, wie Öl auf Wasser. Die Schlackendecke sei nötig, um das Eisen vor dem Verbrennen zu schützen. Fehle es an Schlacke, so trete das Kochen des Eisens ein. Die Schlacke sei auch nötig, um die Abscheidung und Sammlung des Eisens zu er- möglichen. Sie schütze das Eisen vor dem Hineinfallen halbreduzierter Erzbrocken. Fange das Eisen im Gestell an, unruhig zu werden, so müsse man die Schlacke länger im Ofen halten. Ebenso halte man nach dem Anblasen den Herd immer möglichst voll Schlacken, um die Wände gehörig durchzuwärmen und das Eisen warm zu halten. Da, wo man reiche Erze verschmelze, könne man die Schlacke länger halten, so dass man sie in sieben bis zehn Stunden nur vier- bis fünfmal abzulassen brauche, bei steinigen und kalkigen Erzen müsse man öfter abstechen, an manchen Orten liefen sie fortwährend und so lange dies andauere, habe der Schmelzer wenig Mühe. Sie liefen die geneigte von Sand und Gestübbe hergestellte Schlackentrift herab, wo sie von Zeit zu Zeit mit Wasser übergossen und mit der Schaufel Hochöfen bis 1734. aus der Hütte getragen würden. War die genügende Menge Schlacken so abgeflossen, so zog man einige glühende Kohlen nach vorn, warf darauf einige Schaufeln des angefeuchteten Gemenges von gleichen Teilen Sand und Kohlenstaub (Stübbe) und schloss damit den Vor- herd. Ist das flüssige Eisen im Herd bis nahe vor die Form gestiegen, so dass es die Schlacke nicht mehr genügend schützen kann, so muss man es abstechen . Ehe man aber dazu schreitet, und zwar einige Stunden zuvor, bricht man den Vorherd mit dem Schlackenspiess auf, fährt mit dem Spiess im ganzen Herd am Boden und Wänden herum, um diese zu reinigen und anhängende Massen loszustossen, zieht diese aus dem Vorherd heraus und schliesst denselben mit Stübbe. In gleicher Weise reinigt man den Herd unmittelbar nach dem Abstich, so dass also der Vorherd zwischen jedem Abstich zweimal aufgebrochen wird. Zum Laufenlassen des Eisens wurde Flusssand vor den Ofen gefahren und darin das Bett für das Eisen gemacht. Gewöhnlich formte man darin mehrere lange, flache Kanäle oder Rinnen, die miteinander verbunden waren, weshalb der Flusssand den richtigen Feuchtigkeitsgrad haben musste. Die Form wurde mit gebranntem Sand und Asche bestreut. Nun stellte man den Wind ab, zog die Bälge zurück, schloss die Form mit einem Formlöffel, damit die Flamme dem Arbeiter nicht ins Gesicht schlagen konnte und öffnete das Stichloch mit einer langen Eisen- stange, meist mit Hilfe des Vorschlaghammers. Das dünnflüssige, hellrote Eisen floss heraus, gelbliche Schlacke schwamm oben auf. Man warf Asche darauf, damit es langsam erstarrte. Manches Eisen zeigte eine wallende Bewegung und schlangenförmige Zeichnungen. An den Brücken oder Überläufen, welche die Abteilungen verbanden, warf man feuchten Sand auf, um die Stücke leichter trennen zu können. Zuweilen geriet das Eisen beim Abstechen, durch Wasser oder zu feuchte Stellen im Laufe ins Kochen. War dies gering, so warf man feuchten Sand auf, war es heftig, so mussten die Anwesenden bei Seite springen und sich an einem sichern Platz vor dem herum- fliegenden, flüssigen Eisen schützen. Dies sei für Laien ein schreck- licher Anblick, aber die Hüttenleute seien so gewöhnt, mit dem flüssigen Eisen umzugehen, und so unempfindlich, dass sie Fremden für ein Trinkgeld oft Kunststücke vormachten, indem sie den Finger oder die ganze Hand in das flüssige Eisen steckten und sie unverletzt heraus- zögen, oder sie nähmen eine kleine Menge flüssiges Metall in die hohle Hand. Aber ehe sie dies thäten, steckten sie die Hand erst unter die Achselhöhle, damit sie von Schweiss feucht werde, auch Hochöfen bis 1734. müssten sie die Hand fest zusammenpressen, damit das Metall nicht zwischen die Finger käme. Die Eisenmasseln waren je nach den Formen ¼ bis ¾ Schiffs- pfund (1 bis 3 Ctr.) schwer. Nach zwölf Stunden konnte man sie schon mit der blossen Hand angreifen. Aus dem Bruch liess sich leicht die Güte des Eisens erkennen. Glänzte er von ziemlich grossen, fast rötlichen Schuppen, so war dies ein Zeichen, dass es sehr roh war, so dass es kaum durch wiederholtes Frischen gereinigt werden konnte. Dieser Fehler rührte von dem Erz oder von zu geringem Kohlensatz her. Floss das geschmolzene Eisen dick und unrein, so enthielt es noch schlackige Teile beigemengt; funkelte es wie Sterne und sprühte Flammen, so war dies ein Zeichen von Härte. Durch rasches Abkühlen, wie durch Aufgiessen von Wasser, wird das Eisen hart. Das Eisen ist gut, wenn die Graphitblättchen klein sind und wie eine Anhäufung glänzender Körner erscheinen; es ist schlecht, wenn die Graphitschuppen (micae) sehr gross, sehr glänzend und flach sind wie Wismut oder Eis. Das beste Eisen ist von grauer Farbe, ähnlich einem rauhen, grauen Tuche oder einem Gewebe von weissen und schwarzen Fäden, auch ist es schwerer, zäh und schwer zu zer- schlagen und steht auch im Feuer besser als das, welches wie Wismut glänzt. Eine glatte Oberfläche ist ein gutes Zeichen, während eine runzliche Oberfläche auf Schwefelgehalt deuten soll. Die Menge des Eisens war verschieden je nach der Grösse des Ofens, der Art der Erze u. s. w. Bei sehr gutem Ofengang erzielte man nach den ersten zwölf Tagen zuweilen 4000 kg, meistens aber schwankte die Produktion zwischen 3000, 2400, 1600 und 1400 kg, bei alten Öfen, ungünstigen Verhältnissen und schlechtem Betriebe betrug sie sogar nur 600 und 800 kg in 24 Stunden, wobei oft ebenso viel Kohlen verbrannt wurden, als bei den 3000 bis 4000 kg. Man stach alle acht bis zwölf Stunden ab, gewöhnlich fünfmal in 48 Stunden, und zwar meist nach der sechsten und vor der siebenten Gicht. Unter günstigen Verhältnissen brauchte man zu einem Schiffspfund Eisen 12 bis 14 Tonnen Kohlen (zu 100 kg 6 bis 7 Tonnen), bei ungünstigen Verhältnissen 24 bis 40 Tonnen (zu 100 kg 12 bis 20 Tonnen). Swedenborg führt dann (fol. 58) die Unglücksfälle auf, welche beim Hochofenbetriebe zuweilen vorkamen. Sodann beschreibt er das Ausblasen des Hochofens am Schluss der Kampagne. Dieses war zu jener Zeit meistens nicht dadurch bedingt, dass der Ofen ausgebrannt war und keinen regelmässigen Schmelzbetrieb mehr gestattete, sondern dadurch, dass der vorhandene Erz- oder Kohlenvorrat aufgehüttet Hochöfen bis 1734. war. Beim Ausblasen verfuhr man auf verschiedenen Hütten ver- schieden. Manche bliesen mit dem vollen Erzsatz ab, andere ver- minderten die Erzgichten genau in demselben Verhältnis, wie man sie beim Anblasen vermehrt hatte. War die letzte Erzgicht gesetzt und niedergegangen, so setzte man darüber eine Gicht feuchten Kohlenstaubes (Stübbe), um die ohnedies grosse Gichtflamme, die hoch emporwallte, zu verringern. Das Ausblasen dauerte 18 bis 20 Stunden und stach man währenddem noch zwei- bis dreimal ab. Sobald das letzte Eisen aus dem Ofen abgelassen war, verstopfte man die Form- öffnung mit Thon, so dass keine Luft mehr in den Ofen dringen konnte, fuhr aber noch während acht bis zehn Tagen fort, gegen die heisse Wand des Ofens zu blasen, um ihn abzukühlen und das Holz der Ofenbekleidung und der Bälge vor dem Verbrennen durch das heisse Mauerwerk zu schützen. Denn nun suchte sich die einge- schlossene Hitze Ausgänge durch das Mauerwerk und mussten diese ebenfalls durch Anblasen mit kaltem Wind gekühlt werden, um eine Feuersbrunst zu vermeiden. An der Ofenbrust riss man den Wall- stein (Damm) und das Tümpeleisen weg, so dass ein weites Loch entstand, durch welches die Luft einströmte. Im Herd und Gestell fand sich ein zusammengebackener Rest von Eisen und Schlacken, der ausgebrochen wurde. Oft befand sich aber am Boden noch eine grosse halbgefrischte Eisenmasse, die Sau — schwedisch Klot — genannt, welche 5 bis 12 Schiffspfund (800 bis 2000 kg) wog. So war der Bau und Betrieb der Hochöfen in den meisten Eisen- erzgebieten Schwedens. Etwas abweichend davon war derselbe in dem Gebiete von Dannemora, wo Louis de Geer die ersten Hochöfen erbaut hatte. Sie bestanden ganz aus Mauerwerk und hatten keine Holzumkleidung, wie die übrigen schwedischen Öfen. Das Rauh- gemäuer wurde aus Graustein, das innere Mauerwerk aus Sandstein hergestellt. Der innere Ofen war 12 bis 13½ Ellen (7,128 bis 7,425 m) hoch, in der Gicht 6 bis 6¼ Fuss (1,628 bis 1,756 m), im Kohlensack 7½ bis 8 Fuss (2,227 bis 2,376 m) weit. Die Rast war 3 Ellen (1,782 m) hoch. Bei Loefstad hatte man einen Doppelofen , d. h. es waren zwei Öfen in ein gemeinschaftliches Mauerwerk eingebaut. Der Abstand zwischen beiden betrug 6 bis 7 Ellen (3,564 bis 4,158 m). Die Arbeits- seiten beider lagen auf derselben Seite nebeneinander. Die Schmelzung ging in denselben gut von statten und hatte der abweichende Ofen- gang des einen Ofens keinen Einfluss auf den andern. Der Herd war 1½ Fuss breit, 3 Fuss lang (0,445 auf 0,891 m) und fasste bis zu Hochöfen bis 1734. vier Handbreite Höhe 8 bis 9 Schiffspfund (1600 bis 1800 kg). Der Damm und der Tümpel bestanden nur aus starken Steinen, ohne Eisenbekleidung. Der Tümpel hielt 20 Wochen. Die Form lag bei diesen Öfen nicht geneigt, sondern horizontal und dieses war die wichtigste Abweichung. Sie war durch die Leichtschmelzbarkeit der Erze ermöglicht. Die Bälge gingen etwas rascher; das Anwärmen dauerte kürzere Zeit als bei den gewöhnlichen Öfen. Der normale Erzsatz betrug 18 Kübel (zu 25 kg) geröstetes Erz auf 12 Tonnen Kohle. Man stach dreimal in 24 Stunden ab, jeder Abstich gab 8 bis 10 leichte Schiffspfund (1280 bis 1600 kg), in der Woche etwa 30000 kg mit 125 Last oder 1300 Tonnen Kohlen. Die Erze waren sehr reichhaltig. Nach Swedenborgs Angaben hätten sie 66 Proz. Eisen gehabt. Im Vorstehenden haben wir eine Zusammenstellung der wichtig- sten Nachrichten Swedenborgs über Bau und Betrieb der Hochöfen in Schweden mitgeteilt. Swedenborg hat aber auf seinen Reisen durch Europa mit grossem Eifer Angaben über den Eisenhüttenbetrieb anderer Länder gesammelt und lassen wir das, was er über die Hoch- öfen erfahren konnte, im Auszug folgen. Die Hochöfen in Frankreich waren zu jener Zeit meist viereckig. Swedenborg teilt folgende Dimensionen eines neuerbauten Hoch- ofens zu Grossouvre , nicht weit von Allier, mit. Er war 25 Pariser Fuss (8,121 m) hoch, die quadratische Gichtöffnung hatte 2½ Fuss (0,812 cm) Seitenlänge, die Rast 7 Fuss (2,274 m), der Herd war 19 bis 20 Zoll (digitos) (0,514 bis 0,541 m) hoch, 3 Fuss (0,975 m) lang und 18 Zoll breit (0,487 m). Dagegen waren die Hochöfen, welche der Herzog von Nevers in dem Gebiet von Perigord von schwedischen Arbeitern für den Guss von Kanonen hatte erbauen lassen, wie die schwedischen Öfen rund zugestellt. Sie waren 24 bis 26 Fuss (7,128 bis 7,722 m) Fuss und Elle sind nach schwedischem Masse umgerechnet. hoch, in der Gicht 2 Ellen (1,188 m) weit, der Herd war länglich, 1 Elle (0,594 m) breit und 1½ bis 2 Ellen (0,891 bis 1,188 m) lang. Die Hochöfen von Lüttich waren rechtwinklig zugestellt und nur 20 Fuss (6,497 m) hoch. Die Gichtöffnung 2 auf 3 Fuss (0,541 auf 0,812 m), die Rast 6 auf 7 Fuss (1,949 auf 2,274 m), die Produktion 1700 kg in 24 Stunden. Auch die englischen Hochöfen wichen von den schwedischen ab. Swedenborg beschreibt die bei Stourbridge in Staffordshire Hochöfen bis 1734. näher. Dieselben waren 26 Fuss (7,93 m) hoch. Das Rauhmauerwerk, welches unten 12 Ellen (7,32 m) Seitenlänge hatte, war bis ein Drittel der Höhe senkrecht aufgeführt, von da lief es nach der Spitze zusammen. Die Gicht war 20 bis 22 Zoll (0,510 bis 0,561 m) quadratisch, vor der Form war das Gestell 18 Zoll (0,458 m) breit und 2 Fuss 4 Zoll (0,712 m) lang, am Bodenstein nur 17 Zoll (0,435 m) breit und 2 Fuss (0,610 m) lang. Das Gestell war 5 Fuss (1,525 m) hoch. Es war aus vier grossen Gestellsteinen zusammengesetzt, von denen jeder 1 bis 1½ Tonnen wog; der grösste bildete den Bodenstein, die drei anderen je eine Seite. Die Form war in Stein ausgehauen und hatte nur eine eiserne Sohlplatte. Swedenborg beschreibt ferner einen Ofen zu „ Glocester in Sussex“ Hier liegt jedenfalls ein Irrtum in dem Namen vor, und zwar ist der Name des Ortes wohl unrichtig, indem aus dem ganzen Zusammenhange hervor- geht, dass die beschriebenen Öfen in Sussex liegen, Glocester liegt aber nicht darin. Swedenborg verdankt seine Nachrichten dem schwedischen Kommissar Kahlmeter . , von dem er eine recht unvollkommene Zeichnung (Fig. 20 Swedenborg will in dieser Zeichnung gleichzeitig die äussere Ansicht des Ofens und das Profil des Innern im Vertikalschnitt darstellen, giebt aber infolge dessen keine von beiden richtig. mitteilt; Fig. 21 zeigt das nach dem Texte verbesserte Profil. Er nennt ihn den höchsten und berühmtesten jener Gegend. Seine Höhe betrug 28 Fuss (8,540 m), während die übrigen nur 24 Fuss (7,320 m) hoch waren. Die Gicht war 22 Zoll (0,561 m) im Quadrat, der Umfang des Rauhgemäuers an der Gicht A 4 bis 5 Fuss (1,220 bis 1,525 m) im Quadrat. Das Mauerwerk ging 8 Fuss (2,440 m) senk- recht in die Höhe, der pyramidale Teil war 20 Fuss (6,109 m) hoch. Im Kohlensack waren die Masse 7½ Fuss auf 8 Fuss (2,288 bis 2,440 m). Der Querschnitt war rechtwinkelig; bei anderen Öfen waren die Masse 8 Fuss (2,440 m) im Quadrat. Die Höhen sind in der Beschreibung sehr unklar angegeben. Es scheint, dass bei 24 Fuss hohen Öfen (Fig. 20) der Herd G 18 Zoll (0,408 m), das Obergestell G Z ebenfalls 18 Zoll (0,408 m) und die Rast E E (boshes) 4 Fuss (1,220 m) hoch waren. Zwischen Rast und Schacht befand sich ein richtiger Kohlen- sack C C D D (Fig. 21) von 1½ Fuss (0,408 m) Höhe, für den Ofenschacht verblieb eine Höhe von 15½ Fuss (4,728 m). Die Rast setzte sich an das Gestell und den Schacht im scharfen Winkel an; der Rastwinkel betrug 50 Grad. Der Herd war 5 Fuss (1,525 m) lang, 2 Fuss 2 Zoll (0,661 m) breit und 1 Fuss 6 Zoll (0,408 m) hoch. Bei den kleineren Hochöfen, in denen Poterie und dergleichen gegossen wurde, war der Hochöfen bis 1734. Herd nur 4 Fuss (1,220 m) lang, 18 Zoll (0,408 m) breit und 10 bis 12 Zoll (0,254 bis 0,305 m) tief. — Bei den grossen Öfen liess man das Eisen direkt in die Gussformen laufen, bei den kleinen wurde es in einem Vorherd gesammelt und von da vergossen. Die grösste Produktion, von der Swedenborg berichtet, berechnet sich auf etwa 1600 kg in 24 Stunden. Bei den Hochöfen, welche für den Guss von Kanonen dienten, deren es viele in den Provinzen Kent und Sussex gab, hatte man in früherer Zeit auch zuweilen Doppelöfen, wie in Schweden, angewendet, doch war man davon abgekommen und wendete Fig. 20. Fig. 21. statt der Doppelöfen einfache Öfen von grösseren Dimensionen an. Man pflegte nur im Winter Kanonen zu giessen, im Sommer aber Roheisen zu machen. Die Öfen in Sussex waren etwas grösser als die in Kent. Zu Turnbridge in Kent konnten jede 16. Stunde zwei Geschütze gegossen werden, deren jedes an 750 kg wog. Die Formen wurden aus Lehm gemacht und in einer tiefen Dammgrube in aufrechter Stellung eingestampft. Prinz Ruppert hatte zahlreiche Versuche gemacht, die Schmelzung mit Steinkohlen vorzunehmen, es gelang aber nicht, weil sich das Gestell des Ofens verschlackte und das Eisen zu schwefelhaltig wurde. Auch pflegte Prinz Ruppert, Hochöfen bis 1734. der in Metallurgie und Chemie sehr erfahren war, dem flüssigen Eisen verschiedene Stoffe zuzusetzen, um das rasche Rosten der Kanonen, namentlich der Seele und des Zündloches, zu verhindern. Dies soll ihm auch bis zu einem gewissen Grade gelungen sein, so dass solche Geschütze sieben bis neun Jahre rostfrei blieben. Des- gleichen versuchte er leichtere Geschütze von gleicher Widerstands- fähigkeit zu giessen. Der Hochofen zu Edswald in Norwegen war 7,128 m hoch, Durchmesser der Gicht 1,485 m, des Kohlensacks 2,079 m, das Gestell war nach wallonischer Art (wie in Dannemora) zugestellt. Die täg- liche Produktion betrug nur 800 kg. Der Ofen zu Rotenthal in Sachsen war, wie die böhmischen Hochöfen, viereckig zugestellt und 7,20 m hoch Bei den deutschen und österreichischen Hochöfen ist der Fuss zu 0,3 m, der Zoll zu 0,025 m umgerechnet. . Der Herd war 55 cm lang, 30 cm breit und 30 cm hoch. Das Gestell war 1,05 m hoch; der Kohlensack 1,80 m im Quadrat, die Gicht 0,75 m im Quadrat. Das Ofengestell war aus sorgfältig zugehauenen Sandsteinen auf- geführt. Man verschmolz ungeröstete böhmische Eisenerze mit ¼ Kalk- stein. Die Tagesproduktion betrug meist etwa 1500 kg, stieg aber ausnahmsweise bis auf 3000 kg. Die Form war von Kupfer und konisch. Ein anderer Ofen war 5,40 m hoch, im Gestell 45 cm breit, 75 cm lang und 75 cm hoch, und produzierte 1200 kg. Die Harzer Hochöfen waren nach Swedenborg 6,60 bis 7,20 m hoch, teils mit rundem, teils mit viereckigem Schacht. Der dritte Teil des oberen Ofens war aus Ziegel-, das Übrige aus feuer- festen Bruchsteinen erbaut. Die Form lag 0,90 m über dem Boden- stein. Der Herd war 1,05 m lang. Aus 480 Gewichtsteilen Erz erhielt man 100 Teile Eisen oder an 21 Proz.; die Produktion betrug bei manchen Öfen 1400, bei manchen 1700 kg im Tage. Auch über die Flossöfen in den österreichischen Alpenländern macht Swedenborg einige Mitteilungen, die wir hier nachtragen wollen. Die Hochöfen mit geschlossener Brust, welche in Kärnten und Krain betrieben wurden, waren einschliesslich der aufgebauten Esse 7,20 m hoch. Der Tiegel war am Boden 0,66 m lang und 0,60 m breit. Die Form lag 0,36 m über der Sohle. Das Gestell erweiterte sich nach oben, so dass es etwa 1 m von der Sohle 0,90 m im Quadrat Hochöfen bis 1734. hatte. Indem der Ofen fortfuhr, sich nach oben zu erweitern, ging er allmählich in die runde Form über, in halber Höhe 2,70 m vom Boden hatte er 1,80 m Durchmesser, von da verengerte er sich bis zur Gicht, welche nur 0,30 m im Quadrat hatte. Diese Öfen waren mit einem Dache überbaut. Es wurde alle 3 bis 3½ Stunden abgestochen, die Tagesproduktion betrug etwa 1800 kg. Die Kampagne dauerte 28 bis 33 Wochen. Ein Flossofen im Salzburgischen hatte nach Swedenborg folgende Masse: Äussere Höhe 7,20 m Swedenborg , a. a. O., S. 184, giebt die Höhe zu 24 Fuss an, während er unmittelbar vorher sagt, der Ofen sei etwa 3 Ellen niedriger als die sächsischen Hochöfen. Er meint also im ersten Falle jedenfalls die äussere Höhe des Ofens mit der aufgebauten Esse. , Bodenstein 0,90 m im Quadrat, von da erweitert sich der Ofen etwa bis zur halben Höhe, wo er 1,80 m im Quadrat hat, wird von da bis zur Gicht, die 0,60 m im Quadrat hat, enger. Die Gicht war überbaut; der Bodenstein nach vorn etwas geneigt. Die Formöffnung lag 33 cm über dem Boden. Der Ofen, der aus den besten Steinen erbaut war, hielt Hüttenreisen von 20 bis 30 Wochen aus. Man stieg mit der Hitze und dem Erz- satz während der ersten drei bis vier Wochen allmählich. In den ersten Wochen schmolz man nur 80 bis 90 Centner die Woche, später mehr, und konnte man dann 28 bis 40 Gichten, je nach der Schmelz- barkeit des Erzes, in 24 Stunden setzen, zu entsprechend 36 bis 50 Centner geröstetem Erz und 1½ bis 2 Fuder Holzkohlen. Alle ¾ bis 1 Stunde wurde eine Gicht gesetzt, nach vier bis sechs Gichten wurde ein „Floss“ von 2½ bis 3 Centner Gewicht laufen gelassen. In 24 Stunden stach man sechs- bis siebenmal ab und erhielt 18 bis 20 Wiener Centner Eisen. Die Wochenproduktion betrug 126 bis 140 Centner, bei Stahlerz bis zu 200 Centner, hierzu wurde 245 bis 350 Ctr. Erz und 180 Sack (= 18 Fuder) Holzkohlen verbraucht. Abweichend von den kärntnischen Öfen war auch die Zustellung der Ofenbrust. Während dort das Untergestell mit einem Stein, in wel- chem sich Eisen- und Schlackenabstich befanden, geschlossen war, hatte man hier zwei Steine, von denen der eine rechts, in welchem das Stichloch sich befand, höher war, nämlich 45 cm hoch, während der Stein links nur 30 cm hoch war. Der Zwischenraum zwischen diesem und dem oberen Stein, welcher beide bedeckte, wurde mit Thon geschlossen. Durch diese grössere, nur leicht verschlossene Öffnung liess man die Schlacken ablaufen und konnte durch sie auch im Herd arbeiten. Man stach die Schlacken, welche hell- Hochöfen bis 1734. grün, schaumig und leicht waren, vor dem Abstich des Eisens ab. Für das Eisen bereitete man zu jedem Abstich, wie in Kärnten, ein Bett von Sand, in das man es laufen liess. Dies ist in Kürze eine Zusammenstellung der wichtigsten Angaben, welche Swedenborg über die Hochöfen gemacht hat. Bemerkenswert sind aber noch seine Mitteilungen über die Anwendung minerali- scher Brennstoffe in Hochöfen . Versuche, mit Steinkohle zu schmelzen, waren bis dahin nur in England gemacht worden. Da- gegen hatte man in verschiedenen Ländern versucht, Torf im Hoch- ofen zu verwenden. Von England schreibt er: in Lancashire mischt man Torf und Holzkohle, aber das Eisen, welches fällt, wird durch Schwefel rotbrüchig. Auch in Schweden hatte man Proben angestellt, und es soll gelungen sein, Eisen mit einem Zusatz von der Hälfte, ja von zwei Drittel Torf zu schmelzen. Dieser Torf wurde aber erst gebrannt und dadurch die schädlichen und fettigen Beimengungen ausgetrieben. Dies geschah in einer Grube unter einer dichten Decke von pulverförmiger Masse (tegumento denso pulvereo) und je länger man ihn darin erhitzte (per ignem lentum et bene clausum), je besser war es, so dass die Torfverkohlung 32 bis 72 Tage dauerte. Aus 4000 Torfstücken erhielt man zwei Fuder gebrannten Torf. „Aber wenn man auch Torf zum Abdampfen oder in der Küche brauchen kann, so ist er doch wenig tauglich, sobald er mit der zu schmelzen- den Substanz in unmittelbare Berührung kommt, und wenn man auch zuvor durch Glühen bei langsamem Feuer und gutem Verschluss die schwefligen und fettigen Beimengungen ausgetrieben hat, so behält er doch so viel Unreinigkeit zurück, dass man nicht ohne Schaden das Eisen damit in Berührung bringen kann, abgesehen von dem Missstande des hohen Aschengehaltes.“ Swedenborg berichtet ferner in ausführlicher Weise über Ver- suche, welche im Jahre 1726 in Schweden angestellt worden waren, um beim Schmelzen im Hochofen die Holzkohlen teilweise durch klein- geschnittenes gedarrtes Holz (ligna scissa semiusta seu torris) zu ersetzen. Ähnliche Versuche waren einige Jahre zuvor angeblich mit einigem Erfolg in Russland angestellt worden. — Die schwedischen Versuche hatten folgendes Ergebnis: der Gichtenwechsel ging bei dem Zusatz von geschnittenem Holz rascher von statten, dagegen war der Ver- brauch auf 100 Teile Eisen berechnet etwas grösser und es ging mehr Eisen in die Schlacken. Zu 100 Schiffspfund (16 Tonnen) Roheisen wurden bei der Mischung von Kohle und kleingeschnittenem Holz, wobei letzteres in Holzkohle umgerechnet ist, 150⅓ Last Holzkohlen Hochöfen bis 1734. gebraucht, bei Kohlen allein dagegen nur 147 Last; an Erz mussten zu derselben Menge Eisen 2661 Tröge (vascula) Erz bei Anwendung des Gemisches, dagegen nur 2591 Tröge bei dem gewöhnlichen Ver- fahren Allerdings mussten einmal auch 3313 Tröge aufgegeben werden. — Swedenborg teilt eine genaue Betriebstabelle über die angestellten Versuche mit. gesetzt werden. Nach diesem Ergebnis gewährt also der Zusatz von rohem Holz keine wesentlichen Vorteile. Swedenborg betont noch, dass dies Holz in so kleine Stücke geschnitten werden muss, dass es sich gut mit den Holzkohlen mischen lässt. Von grösserer Wichtigkeit ist das, was Swedenborg über die Verwendung der Steinkohle beim Hochofenbetrieb mitteilt. Bei seinem Bericht über den englischen Hochofenbetrieb bemerkt er: Zeitweilig und an verschiedenen Plätzen hat man Stein- kohle, die man zuvor zu Schlacken oder Cinders (Koks) gebrannt oder kalciniert hatte, angewendet, aber man soll dabei stets eine geringere Produktion gehabt haben, als mit Holzkohlen, denn während man mit diesen 15 bis 16 Tons Eisen in der Woche schmolz, erhielt man bei Zusatz von Koks nur 5 bis 6 Tons, abgesehen davon, dass das Eisen rotbrüchig und so schlecht wurde, dass es kaum zu irgend welchem Gebrauch geeignet war. Über die Art, wie damals die Steinkohlen verkokt wurden, macht Swedenborg (S. 161) nähere Angaben. Die Verkokung sei des grossen Schwefelgehaltes der Stein- kohlen wegen nötig. Sie geschah in Meilern, ähnlich den Kohlen- meilern. Aussen herum setzte man grosse Stücke, in der Mitte machte man einen senkrechten Kanal oder Schacht, der Grösse des Meilers entsprechend, und füllte denselben mit Stroh, dürrem Astholz und anderen leicht entzündlichen Stoffen aus. Diese wurden von oben angezündet, und verbreitete sich von da die Glut nach unten und nach den Seiten und schreitet von innen nach aussen vor. Wird die Hitze an einer Stelle stärker, so dass die Kohlen zu Asche zu verbrennen drohen, so bedeckt man diese mit Erde oder einer staub- förmigen Masse, wodurch das Feuer gedämpft und zurückgehalten wird. Sind die Flammen erloschen und hat das Feuer nachgelassen, so erscheinen die Kohlen ringsum gleichmässig durchgebrannt; um es besser zu löschen, wirft man Staub darüber und verstopft den Kanal. Auf diese Weise treibt man in England den Schwefel aus den Stein- kohlen aus und verwandelt sie in eine Art von Asche (in cineritiam), die aber noch Brennstoff enthält und die man „Cinder“ nennt. Sind die Hochöfen bis 1734. Haufen ganz kalt geworden, so nimmt man die Decke ab. Die Stücke, welche man als „charcoal“ (richtiger charred coal) bezeichnet, sollen zur Schmelzung von Kupfer und Eisen brauchbar sein. „Dass sie aber für das Eisen nichts taugen, haben wir oben mitgeteilt“, nämlich bei dem S. 130 beschriebenen Versuch im Flammofen. In diesem liess sich allerdings kein Erfolg erwarten, dass man aber damals schon mit Nutzen Koks beim Hochofenbetrieb verwendet hatte, wissen wir aus andern Nachrichten. Abraham Darby , der Stammvater einer Familie von Eisenindu- striellen, von der viele Glieder Grosses für die Eisenindustrie Englands geleistet haben, scheint der erste gewesen zu sein, der im 18. Jahr- hundert mit Erfolg Eisenerze mit Koks verhüttete. Er war 1677 zu Wrens’ Nest bei Dudley in Worcestershire, dem Pachtgut seines Vaters John Darby, geboren und kam, nachdem er herangewachsen war, bei einem Malzdarrenmacher in die Lehre. Nachdem er, erst 21 Jahre alt, geheiratet hatte, liess er sich in Bristol nieder. Er war Quäker und in Verbindung mit drei Glaubensgenossen errichtete er ein Werk, Baptist mills, für Mühlenbau. Einige Jahre nach Ausbruch des spanischen Erbfolgekrieges, wahrscheinlich 1704, reiste er nach Holland, wo er niederländische Metallgiesser anwarb, mit sich nach England brachte und mit deren Hilfe eine Metallgiesserei zu Baptist mills errichtete. Hier erfand er die Sandformerei, worauf wir später bei der Geschichte der Eisengiesserei näher zurückkommen werden. Nachdem er auf dieses Verfahren 1708 ein Patent genommen hatte, wollte er, um dasselbe aus- zubeuten, seine Giesserei bedeutend vergrössern. Hiervon wollten aber seine ängstlichen Teilhaber nichts wissen und verweigerten ihm die dafür geforderten Mittel. Infolge dessen löste Darby, der fest entschlossen war, sein Verfahren im Grossen auszuführen, das Geschäftsverhältnis, verliess Bristol und siedelte im Jahre 1709 nach Coalbrookdale in Shropshire über, um mit eigenen Mitteln die Sache zu betreiben. Coalbrookdale, welches seit dieser Zeit über hundert Jahre lang die historisch wichtigste Eisenhütte Englands wurde, von welcher viele bedeutsamen Verbesserungen ausgingen, war ein altes Eisenwerk. Schon in den Zeiten der Tudors stand dort eine Eisenschmiede (a smethe or smeth-house). Damals lag es noch mitten in einem holzreichen Waldrevier. Wie so viele englische Eisenhütten hatte es im Revolutionskriege schwer gelitten. 1651 gehörte es einem Wolffe von Madeley, einem Royalisten, der nach der Schlacht von Worcester den unglücklichen König Karl I. in einer Scheuer verbarg. Danach kam das Werk in den Besitz eines Mr. Fox, der daselbst Kanonen- Hochöfen bis 1734. kugeln und Handgranaten für die Regierung goss. Durch eine Explosion ging der Hochofen zu Grunde. Fox ging später mit Peter dem Grossen nach Russland. Dieses verlassene Werk pachtete Abraham Darby und zog mit seiner Familie und seinem treuen Gehilfen John Thomas dahin über. Die Hütte lag ausserordentlich günstig, an Holz war noch Überfluss, Erz und Kalkstein fanden sich in der Nähe und der Bach „Coldbrook“ hatte ein schönes Gefälle. Abraham baute einen neuen Hochofen und richtete eine Giesserei ein, deren Gusswaren sich bald einen Namen machten. In den ersten Jahren war an Holzkohle kein Mangel, aber mit dem rasch wachsenden Betriebe begann Holzmangel einzutreten. Vielleicht waren es zunächst auch nur teure Holzpreise, die Abraham Darby veranlassten, mit Steinkohlen, die ebenfalls in nächster Nähe vorkamen, Versuche zu machen. Im Jahre 1713 begann er mit Erfolg Scrivenor , History of the iron trade, p. 56; indessen bezweifeln Percy und Smiles die Richtigkeit dieser Angabe. Steinkohle im Hochofen zu verwenden; anfangs nur als Zusatz. Er verkokte, wie es scheint, die Steinkohlen Sicherlich geschah dies im Jahre 1718, wie aus nachfolgenden Einträgen des Hüttenjournals hervorgeht: 1718, Septbr. 28. Old Blast Furnace, Dr. Andrew Cartwright, coaking 114 Stack of coal; New Blast Furnace, Dr. Andrew Cartwright, coaking 135 Stack of coal. und ver- wendete anfangs den Koks gemischt mit guten Holzkohlen, später setzte er nur Braschen (brays) und Torf zu. Aus dem Hochofen- journal (Blast Furnace Memorandum Book), welches Darby hinter- lassen hat, geht hervor, dass der gebräuchliche Satz war: 5 Körbe Koks, mit 2 Körben Braschen und einem Korb Torf, hierauf gab man den Eisenstein und dann den Kalk auf. Aus diesem Journal geht ferner hervor, dass 1713 auf der Hütte zu Coalbrookdale wöchentlich in dieser Weise 5 bis 10 Tonnen Gusswaren, Töpfe, Kessel und son- stiger Potterieguss (hollow ware), welche man direkt aus dem Hoch- ofen goss, gemacht wurden; der Rest des Roheisens wurde in Massel (pigs) gegossen. Später kamen noch andere Artikel hinzu, als Roste, Plätteisen, Thürrahmen, Gewichte, Bankplatten, Wagenbüchsen, Stössel und Mörser und gelegentlich auch Schneiderbügeleisen. Das Geschäft nahm immer mehr zu, so dass in einer Woche 150 Stück Töpfe und Kessel gegossen wurden. 1715 verkaufte er 1/16 Anteil für 330 £, welches 1758 allerdings für 1150 £ zurückgekauft wurde. So stand das Werk in schönster Blüte, als beklagenswerterweise Abraham Darby am 8. März 1717 starb. Er war erst 40 Jahre alt und hinterliess eine Witwe und zwei noch unerwachsene Söhne, von denen der älteste, mit Namen Abraham, wie sein Vater, am 12. März 1711 geboren, Beck , Geschichte des Eisens. 11 Die Eisengiesserei bis 1750. kaum sechs Jahre alt war. Ein Schwager führte das Geschäft weiter, aber er handelte unredlich gegen die Witwe und die Kinder und betrog sogar verschiedene Arbeiter. In dieser traurigen Zeit mussten mehrere Geschäftsanteile verkauft werden. Um das Jahr 1730 übernahm der junge Abraham, erst 19 Jahre alt, das väterliche Geschäft. Seiner Energie gelang es, dasselbe rasch wieder zu heben. Auch nahm er die Versuche mit Steinkohle wieder auf. Er probierte erst ein Ge- menge von Holzkohle und roher Steinkohle, aber ohne Erfolg; als- dann ging er dazu über, Steinkohle zu verkoken, und zwar in Haufen oder Meilern, ganz ähnlich wie das Holz. Zu diesem Zwecke machte er im Freien einen kreisförmigen feuerfesten Boden oder Herd als Untergrund und baute hierauf seinen Meiler in der Weise auf, wie Swedenborg es beschrieben hat. Die Decke machte er aus einer Mischung von Thon und Koksstaub (cinders). Nachdem er sich einen gehörigen Vorrath Koks auf diese Weise hergestellt hatte, begann er seine Schmelzversuche. Sechs Tage und Nächte überwachte er selbst das Aufgeben, wobei er kaum schlief und seine Mahlzeiten auf der Ofengicht einnahm. Nach manchen Schwierigkeiten und Enttäuschungen floss am Abend des sechsten Tages das Eisen gut aus dem Ofen. Erschöpft verfiel er in einen so tiefen Schlaf, dass die Arbeiter ihn nicht zu erwecken vermochten und ihn schlafend nach seiner ent- fernten Wohnung trugen Siehe Percy , Iron, p. 888. Dieser Bericht rührt von den Nachkommen Abraham Darbys her. . 1735 wird als das Jahr bezeichnet, in welchem es dem jüngeren Abraham Darby gelungen sei, Eisenerze allein mit Koks im Hochofen zu schmelzen. Es scheint indes, dass er doch häufiger eine Mischung von Koks mit Holzkohle verwendete. Früher schon war es gelungen, Bleierze mit Koks zu schmelzen; 1692 hatte sich eine Gesellschaft hierfür gebildet. Auch scheint das Schmelzen der Eisenerze mit Koks, abgesehen von Dud Dudleys be- kanntem Erfolge, schon früher in einzelnen Fällen gelungen zu sein. Wenigstens berichtet Leigh in seiner Naturgeschichte von Lancashire, dass man dort kurz vor 1700 Eisen mit Steinkohle gemacht habe. Auch schmolz man um diese Zeit bereits Zinn- und Kupfererze mit Steinkohlen. Nach Blewstones Patent von 1677 war erst 1692 wieder ein Patent an einen Thomas Addison für die Herstellung von Eisen mit Steinkohlen ertheilt worden Patent A. D. 1692, Febr. 29, Nr. 291. Thomas Addison. — Using seacoale or pitt coale to melt or smelt down iron ore, iron, iron stone, slags, cinders, old cast or hammered iron etc. and to refine and make the same into bar iron and other iron and into guns, bullets etc. . Von einem Erfolge verlautet aber nichts. Die Eisengiesserei bis 1750. Alle englischen Schriftsteller sind darüber einig, dass das wichtige Problem der Verhüttung der Eisenerze im Hochofen mit Koks in er- folgreicher Weise zuerst zu Coalbrookdale gelöst worden ist. Dass dies aber nur langsam und ganz allmählich geschah, geht aus den wider- sprechenden Angaben, wem das Verdienst dafür zuzuschreiben sei, hervor. Es scheint auch dem jüngeren Abraham Darby 1735 noch nicht gelungen zu sein, Koks allein dauernd mit Vorteil im Hochofen zu verwenden; vielmehr scheint dies erst sein Schwiegersohn Richard Ford in den 40 er Jahren erreicht zu haben. Von ihm schreibt Professor Mason in einem Briefe, welcher in den Philosophical Transactions von 1747 (S. 370) abgedruckt ist: Man hat verschiedene Versuche gemacht, Eisenerz mit Steinkohlen zu schmelzen. Ich war der Meinung, es sei dies nirgends geraten, aber ich finde, dass Mr. Ford von Coalbrookdale in Shropshire aus Eisenstein und Kohle, welche beide in demselben Thal gewonnen werden können, hartes und weiches Eisen macht, wie er es haben will. Man hat Kanonen daraus ge- gossen, die so weich waren, dass sie sich bohren liessen wie Schmiede- eisen. Also auch von der Wissenschaft war die vollkommene Lösung dieser für die englische Eisenindustrie und für den englischen National- wohlstand so überaus wichtigen Frage im Jahre 1747 anerkannt. Aber die Einführung in die Praxis erfolgte nur sehr langsam. Nutzen wurde dabei erst nach der Anwendung stärkerer Gebläse erzielt. Hierauf werden wir später zurückkommen. Die Eisengiesserei bis 1750. Die Erfindung des Kastengusses im nassen Sand zu Anfang des 18. Jahrhunderts war ein wichtiger Fortschritt in dem Eisengiesserei- gewerbe. Die Kunst der Herstellung der Gussformen war von dem älteren Bronzeguss auf den Eisenguss übertragen worden. War dies anfänglich ein grosser Vorteil, indem dadurch die Eisengiesserei gleich mit einer gewissen Vollkommenheit in die Praxis eintrat, so lag doch auch ein Nachteil darin, insofern als die überlieferte Formkunst der Entfaltung der Eisengiesserei Beschränkungen auferlegte, die ihre natürliche Entwickelung hemmten. Bei dem Bronzeguss, bei dem der 11* Die Eisengiesserei bis 1750. Wert des Stoffes und des Erzeugnisses ein höherer war, kamen die Kosten der Herstellung der Formen nicht so sehr in Betracht, und zwar um so weniger, als die Gegenstände mehr in das Gebiet des Kunstgusses fielen. Deshalb lag kein Grund vor, beim Bronzeguss die Lehmformerei, welche das überlieferte Verfahren für die Her- stellung geschlossener Formen war, zu verlassen. Anders verhielt es sich beim Eisenguss, bei dem die Billigkeit des Produktes haupt- sächlich massgebend war; denn nur durch ihre Billigkeit konnten die Eisengusswaren die Bronzegusswaren verdrängen und sich grösseren Absatz verschaffen. Dem stand das kostspielige Verfahren, welches auch beim Eisenguss das überlieferte und einzig bekannte Verfahren der Herstellung geschlossener Formen war, die Form aus Lehm her- zustellen, im Wege. Es war deshalb ein wichtiger Fortschritt, als Abraham Darby 1708 in England die Kastenformerei im nassen Sand erfand. Durchaus neu war dieses Formverfahren nicht. Man kannte nicht nur bereits das Formen nach Modellen in fetter Erde in Form- kasten, die sogenannte Massenformerei, welche man, wie Reaumur mitteilt, für kleinere verzierte Gegenstände aus Gusseisen anwendete, sondern Biringuccio hatte auch bereits das Formen in nassem Sand beschrieben (s. Bd. II, S. 292) und für ordinäre kleine Bronzegusswaren empfohlen. Diese Mitteilung war aber, wie es scheint, unbeachtet geblieben und scheint dieses Verfahren vor Darbys Erfindung beim Eisenguss nicht zur Anwendung gekommen zu sein. Für die Eisen- giesserei war Darbys Verfahren deshalb ein wichtiger Fortschritt. Wir haben oben berichtet, dass Abraham Darby sich mit Hilfe einiger Geschäftsleute bei Bristol in einer Mühle, Baptist mills, eine Werkstätte zunächst für Mühlenbau eingerichtet hatte. Nun war damals in England das gusseiserne Kochgeschirr, welches von den Niederlanden und Deutschland eingeführt wurde, in Gebrauch ge- kommen. Durch den Ausbruch des spanischen Erbfolgekrieges, wo- durch die Eisengiessereien in den Niederlanden eingestellt werden mussten, erfuhren die eisernen Kochtöpfe eine bedeutende Preis- erhöhung. In England konnte man diese Art von Gusswaren damals noch nicht giessen. Abraham Darby erkannte die Bedeutung dieses Artikels, der damals als „Hiltonware“ in England bekannt war, reiste nach den Niederlanden, warb Metallgiesser an und gründete in Baptist mills eine Eisengiesserei, um eisernes Geschirr (Poterie) zu giessen. Er und seine niederländischen Giesser verfuhren dabei wie beim Erz- guss, drehten die Formen in Lehm, wahrscheinlich sehr dünn, und gossen infolge dessen alles fehl. Ein Schäferjunge, John Thomas, Die Eisengiesserei bis 1750. welcher als Gehilfe angenommen war und einen offenen Kopf hatte, soll Darby zuerst veranlasst haben, die Formen statt in Lehm in Formsand nach Modellen herzustellen. Darby versuchte es, hatte Erfolg damit und verlegte sich nun auf den Sandguss , was er, um sein Geheimnis zu bewahren, bei verschlossenen Thüren und Fenstern und verstopften Schlüssellöchern that. Den früheren Schäferjungen nahm er in sein Geschäft, und John Thomas und dessen Nachkommen waren von 1709 bis 1828 die vertrauten und treuen Beamten der Familie Darby. 1708 hatte Abraham ein Patent auf sein Verfahren genommen, dessen Wortlaut einen klaren Einblick in den damaligen Stand der Eisengiesserei in England gewährt. Es heisst darin: „In Anbetracht, dass unser getreuer und sehr geliebter Abraham Darby, von unserer Stadt Bristol, Schmied, durch sein Gesuch ehrfurchtsvoll vorgestellt hat, dass er durch sein Studium, seinen Fleiss und seine Auslagen eine neue Art ausfindig gemacht und vervollkommnet hat, bauchige Töpfe und andere bauchige Waren nur in Sand zu giessen, ohne Lehm oder Thon, wodurch solche eiserne Töpfe oder Waren schöner, leichter und geschwinder gegossen und billiger geliefert werden können, als auf dem gewöhnlichen Wege; in Anbetracht, dass die Billigkeit des Gusses aber von grossem Vorteil für die Armen in unserem Königreich, welche dieselben am meisten benutzen, sein wird und dies aller Wahrscheinlichkeit nach die englischen Kaufleute davon abhalten wird, fremde Märkte wegen solcher Waren, wovon jetzt grosse Massen eingeführt werden, aufzusuchen, vielmehr gleicherweise im Laufe der Zeit andere Märkte mit den Produkten unseres Reiches versehen werden können etc. etc., gewähren wir dem genannten Abraham Darby die volle Gewalt und das alleinige Privileg, solche Töpfe und Waren zu machen und zu verkaufen für den Zeitraum von 14 Jahren von jetzt an“. Darby, überzeugt von der Bedeutung seiner Erfindung, beab- sichtigte die Baptist mills bedeutend zu vergrössern, stiess aber, wie oben schon mitgeteilt, auf den Widerstand seiner ängstlichen Ge- schäftsteilhaber, die sich weigerten, die Mittel dafür herzugeben. Entschlossen, sein Projekt auszubeuten, verliess er Bristol und gründete die berühmte Eisengiesserei zu Coalbrookdale, deren Erzeug- nisse sich bald in ganz England hohen Ruf erwarben. Das Giessen selbst geschah im Anfang des 18. Jahrhunderts fast ausschliesslich direkt aus den Hochöfen. Man betrieb solche zu- weilen nur auf Gusswaren. Häufiger aber dienten die Öfen zur Er- zeugung von Frischereieisen und wurden nur ab und zu, je nach Die Eisengiesserei bis 1750. Bedarf, auf Giessereieisen zur Herstellung von Gusswaren umgestellt. Swedenborg empfiehlt, wie schon erwähnt, dies am Schlusse der Kampagne zu thun, um den Schmelzofen zu schonen und den Betrieb nicht zu stören. Denn man ändere zu diesem Zwecke den Erzsatz, indem man für schwere Gussstücke grössere Gichten setze, wodurch leicht Versetzungen entstünden oder für leichte Gusswaren kleinere Erzgichten setze, wodurch das Eisen hitziger werde und die Ofen- wände mehr angreife. Bei den Hochöfen, die hauptsächlich auf Gusswaren betrieben wurden, unterscheidet er diejenigen, bei welchen das Eisen abgestochen und durch Rinnen in die Formen geleitet wurde und solche, bei denen das Eisen mit Kellen aus dem Vorherd geschöpft wurde. Erstere dienten für grosse Gussstücke, namentlich für Geschütze, letztere für kleinere Gusswaren. Die Öfen für Geschützguss waren grösser, ja man baute in Schweden und in England für diesen Zweck Doppelöfen. In Kent und Sussex in England waren diese aber bereits wieder verlassen und durch grössere Einzelöfen ersetzt worden. In Frankreich und besonders in Deutschland und den Nieder- landen stand die Hochofengiesserei für kleinere Gusswaren in hoher Blüte. Die Herstellung von Gusswaren durch Umschmelzen von Roh- eisen, die Fabrikation von Gusswaren zweiter Schmelzung war dagegen noch sehr wenig bekannt und auf den Eisenhütten selbst nicht in Anwendung. Swedenborg erwähnt diese Art der Eisen- giesserei, die damals, wie es scheint, nur in Frankreich und Italien in grossen Städten oder als Hausierbetrieb für Herstellung kleiner Gegen- stände bekannt war, gar nicht. Reaumur dagegen hatte eine genaue Kenntnis der Eisengiesserei zweiter Schmelzung und hat dieselbe durch eigene Erfindungen ver- bessert. Er hatte so grosse Liebhaberei an dieser Kunst, dass er sich in seinem Hof eine kleine Giesserei mit von ihm erfundenen Sturzöfchen einrichtete. Er betrieb dieselbe hauptsächlich wegen seiner Unter- suchungen und Versuche über schmiedbaren Guss und hat seine Erfahrungen auch meistens in seiner Arbeit über diesen Gegenstand mitgeteilt. Reaumur hat auch zuerst die Eisengiesserei vom wissenschaft- lichen Standpunkte aus behandelt und zunächst eine Kritik des Roh- materials und eine genaue Beschreibung der verschiedenen Roheisen- sorten und ihre Verwendbarkeit für den Guss geliefert. Er unter- schied nicht nur die Hauptgruppen: weisses, graues und halbiertes Die Eisengiesserei bis 1750. Roheisen, sondern bei diesen wieder zahlreiche Untergruppen, wie weissstrahlig, dichtweiss, luckigweiss, feinkörnig grau, grobkörnig grau, blätterig grau, blätterig schwarz. Er untersuchte den Bruch mit der Lupe und dem Mikroskop und stellte die charakteristischen Bruch- flächen in Zeichnung und Kupferstich dar. Ihm gebührt das Verdienst, zuerst auf die hervorragende Be- deutung des grauen Roheisens für Herstellung von Gusswaren hin- gewiesen und die Gründe dafür entwickelt zu haben. In einem be- sonderen Mémoire Siehe Mém. de l’acad. d. Sciences 1726, p. 385. verfocht er die These, dass das Eisen unter allen Metallen sich am vollkommensten in Formen giessen lasse, und zwar deshalb, weil es nach angestellten Versuchen das einzige Metall sei, welches die Formen vollständig ausfülle, indem graues Roheisen beim Erstarren nicht schwinde, sondern sich sogar etwas ausdehne, wäh- rend alle übrigen Metalle sich hierbei zusammenziehen. Dies sähe man schon daran, dass die Gusstrichter von grauem Gusseisen konvexe Oberfläche haben, während die aller anderen Metalle konkav sind. Dies gehe auch daraus hervor, dass festes Eisen auf flüssigem von gleicher Zusammensetzung schwimme, während sich die anderen Me- talle, Wismut ausgenommen, umgekehrt verhalten. Diese interessante Erscheinung hat er durch eine Reihe von Versuchen bestätigt. Graues Eisen schwimmt nach Reaumur leichter als weisses; taucht man das schwimmende Stück von festem, grauem Eisen in dem flüssigen Eisen unter, so kommt es wieder an die Oberfläche. Das Roheisen wird durch Umschmelzen härter. Will man ihm seine Weichheit erhalten, so muss man die Tiegel, in denen man es schmilzt, gut mit Holzkohlen oder mit einem Gemenge von Holz- kohlen und Knochenkohlen zu gleichen Teilen ausfüllen. Auch erwies sich ein Zusatz von 1/20 bis 1/40 Sublimat (sublimé corrosive) als günstig. Andere Stoffe dagegen bewirkten das Gegenteil und machten das graue Eisen weiss. Überhaupt geht graues Eisen leicht in weisses über, wie z. B. schon durch rasches Abkühlen. Reaumurs Ver- suche, Eisen dadurch weicher zu machen, dass man ihm im flüssigen Zustande verschiedene Stoffe einrührte, waren ohne Erfolg, in den meisten Fällen wurde das Eisen dadurch hart. Ebenso wird das Eisen weiss, wenn man Schmiedeeisen oder aduzierten Guss mit grauem Gusseisen zusammenschmilzt. Dem allzu grauen Eisen kann man eine schöne Farbe geben, ohne ihm seine Weichheit zu nehmen, wenn man es mit etwas Alaun schmilzt. Im allgemeinen hält Reaumur Die Eisengiesserei bis 1750. den Übergang von grauem Roheisen in weisses für analog der Ver- wandlung des weichen Stahls in harten durch die Stahlhärtung (trempe). Doch hält er weisses Eisen für eine reinere Form des Roheisens, was ihm durch das Weisswerden des Eisens beim Schmelzen an der Luft unter Abscheidung von Schlacke bewiesen erscheint. Reaumur unterscheidet zwei Arten des Einschmelzens des Eisens: 1. das Einschmelzen in Gefässen, deren Wände von dem Feuer umgeben sind — das Tiegelschmelzen — und 2. das Ein- schmelzen in unmittelbarer Berührung mit dem Brennmaterial. Das Einschmelzen in Tiegeln geschieht in kleinen Gebläseöfen, wie beim Kupferschmelzen, man braucht dazu nur längere Zeit. Die Schmelzung geht schneller von statten, wenn das Roh- oder Bruch- eisen in kleine Stückchen zerschlagen ist. Man kann 15 bis 20 kg Fig. 22. in einem Tiegel schmelzen. Die Öfen macht man klein oder gross, festste- hend oder tragbar. Einen Ofen letz- terer Art, der ein- fach aus mehreren Lagen gebrannter, feuerfester Form- steine bestand, hatte Reaumur für seine Schmelzversuche in seinem Garten aufgestellt. Fig. 22 zeigt die ganze Einrichtung; f ist der Schmelzofen, h der Blasebalg, welcher auf dem fahrbaren Gestell i befestigt ist; k ist eine Feldschmiede und rechts ist ein Arbeiter dargestellt, der einen Tiegel mit flüssigem Eisen, den er mit einer Zange gefasst hat, in einen mit Holzrahmen zusammen- geschraubten Formkasten n ausgiesst. Es empfehle sich, das Guss- eisen, welches man einschmelzen will, heiss in den Tiegel einzutragen, namentlich soll man dasjenige, welches man nachsetzte, vorwärmen. Flammöfen, wie man solche beim Guss von Glocken oder Bronze- kanonen anwendet, benutzte man bei der Eisengiesserei damals noch nicht und waren diejenigen, die darin Erfahrung hatten, der Ansicht, dass die Hitze zum Eisenschmelzen nicht ausreiche. Reaumur zweifelt aber nicht, dass man durch Verbesserungen dies erreichen könne, wenn es erforderlich würde, was aber vorläufig nicht der Fall sei, Die Eisengiesserei bis 1750. weil man das Eisen in jeder Art von Gebläseöfen einschmelzen könne. Dagegen weist Reaumur bereits ganz bestimmt auf unsere Kupol- öfen hin, indem er sagt Reaumur , l’Art d’adoucir le fer fondu (1722), p. 415. : Öfen, welche nach demselben Prinzip kon- struiert wären, wie unsere Erzschmelzöfen, nur kleiner, und deren Hitze noch grösser wäre, würden sich sehr gut eignen, um grosse Massen von Eisen auf einmal zur Schmelzung zu bringen. Um ihre Wirkung noch grösser zu machen als die der Erzschmelzöfen, käme es nur darauf an, eine noch grössere Menge von Wind ununterbrochen einzublasen. Obgleich nun, fährt er fort, alle Kupferschmelzer heut- zutage wohl imstande wären, in ihren Schmelzöfen auch Eisen zu schmelzen, so geschieht dies doch nicht, weil Rohgussstücke dieser Art nur wenig verlangt werden. Dagegen giebt es eine Sorte von Schmelzern, welche täglich Eisen und kaum je ein anderes Metall giessen. Ihre Zahl ist nicht gross und ich weiss nicht, ob mehr als zwei bis drei gleichzeitig in Paris waren; gegenwärtig giebt es, so viel ich weiss, nur einen. Diese Art von Giesser ziehen im Lande umher, von einer Provinz zur anderen, sie machen Gewichte, allerhand Plättchen, manchmal giessen sie Kochtöpfe mit Füssen (marmites), manchmal flicken sie sie nur: hat ein Topf einen Fuss verloren, so giessen sie einen neuen daran. Weil nun diese Art des Eisengusses weniger verbreitet und weniger bekannt ist, und sie doch für die Folge von grossem Nutzen sein kann, so habe ich mir vorgenommen, sie in dieser Denkschrift genau zu beschreiben, wie sie heute betrieben wird, damit man sie anwenden kann, wie sie jetzt ist oder sich bemüht, sie zu vervollkommnen. Das alte Gusseisen ist nicht teuer; um es aber noch billiger zu haben, ziehen Leute auf den Dörfern herum, um die Bruchstücke zu kaufen und sie dann den Schmelzern zu verkaufen. Auf dem Lande wird dieser Handel kaum mit barem Gelde betrieben; so kauft man in der Umgegend von Paris das alte Eisen gegen Äpfel ein: ein Mann mit einer Wage in der Hand führt ein Pferd, welches mit recht geringem Obst beladen ist, und wiegt für das Eisen Äpfel hin. In Paris haben die Lumpensammler, welche hier dieses Geschäft be- treiben, auch ihr besonderes Zahlmittel, sie geben nämlich den Parisern Nadeln dafür. In Paris giebt es Vorrat genug davon, als alte Koch- töpfe, Kaminplatten und besonders Wasserleitungsröhren. Ich habe nie gesehen, dass man mehr als einen Sou für das Pfund bezahlt hätte und oft bekommt man es für weniger als zwei Heller (liards). Die Eisengiesserei bis 1750. Jedenfalls wird auch in der Folge daran kein Mangel sein. Am besten giesst man es erst zu dünnen Plättchen aus, die man besser in gleiche Stückchen zerschlagen kann. Was nun den Schmelzofen betrifft, so erinnert derselbe in der Gestalt an einen kleinen Hochofen; aber er ist noch kleiner, als der, den wir empfehlen wollen, und hat den Nachteil, dass er bei jedem Guss umgestürzt und bei dem folgenden Guss neu aufgebaut werden muss. Er besteht (Fig. 23) nämlich aus zwei Teilen, aus einer Art von Tiegel [poche Das Giessen mit diesen Öfen heisst fondre à la poche. genannt] und aus einem konischen Schacht (la Fig. 23. manche), welchen man darauf setzt. Für den Tiegel nimmt man oft einen alten eisernen Topf, den man etwa 1½ Zoll mit sandigem Lehm auskleidet. Will man ihn aber öfter be- nutzen, so muss man ihn mit gutem, feuerfestem Thon auskleiden. Der Tiegel hat ebenso wie der Schacht einen aufeinander passenden, halb- kreisförmigen Ausschnitt, welcher die Form- öffnung bildet. Den Schacht oder Sturz um- kleidet man auch mit Eisen, wozu sich die Giesser zuweilen mehrerer alter Töpfe ohne Böden bedienen, besser ist aber, ihn von Blech zu machen. Man macht ihn ungefähr 15 bis 16 Zoll (40 bis 44 cm) hoch. Im Inneren wird er ebenso wie der Untersatz ausgekleidet. Der Wind wird durch zwei Blasebälge, und zwar in der unvollkommenen Weise, wie es in Fig. 24 dargestellt ist, erzeugt. Die Blasebälge be- kommen eine geneigte Stellung, so dass der Wind etwa die gegenüberliegende Kante des Bodens trifft. Den Boden unter dem Ofen und den Bälgen macht man aus Kohlenstübbe mit Schlacke vermischt und gräbt den Tiegel (la poche) darin ein, doch setzt man ihn nicht direkt in das Loch, sondern, um das spätere Aufheben und Ausgiessen zu erleichtern, in einen eisernen Löffel, der aus einem Ring mit einem Stiel und mehreren Bändern gebildet ist und einen Henkel hat (Fig. 25). Die Form ist von Eisen, in diese münden die beiden Düsen der Blase- bälge. Man macht rings um den Ofen einen erhöhten Kranz von Stübbe, welcher die aus der Fuge zwischen Tiegel und Sturz aus- Die Eisengiesserei bis 1750. schlagende Flamme zurückhält. Ist der Ofen fertig aufgestellt, so wirft man glühende Kohlen ein, darüber schwarze und beginnt zu blasen. Man giebt Kohlen nach, bis der Ofen heiss genug ist und wirft Fig. 24. alsdann oben eine Lage Brucheisen auf. Die Eisenstückchen haben die Grösse eines Thalers. Man füllt dann wieder Kohlen nach; sind diese 2 bis 3 Zoll heruntergebrannt, so rührt man sie mit einer eiser- nen Stange zusammen, füllt bis oben hin Kohlen nach und giebt eine Fig. 25. neue Charge Eisen auf. Während des Schmelzens beobachtet man die Form und reinigt dieselbe, so oft sich Ansätze bilden. Die Form „soll klar sein wie der Mond“, wie die Giesser sagen. Man fährt mit Aufgeben fort, bis das gewünschte Quantum eingesetzt ist und bläst Die Eisengiesserei bis 1750. dann nieder, wobei man öfter von oben in den Kohlen rührt, dass kein Stückchen Eisen im Schacht hängen bleibt. Ist alles richtig niedergeschmolzen, so entfernt man ringsum die Kohlenstübbe und stürzt den Schacht (Turm oder Sturz) um. Der Tiegel mit dem geschmolzenen Eisen liegt nun frei. Man hebt ihn, um ihn auszu- giessen, mit dem eisernen Löffelgestell auf, und zwar, indem man eine Eisenstange durch den Henkel steckt, mit den Händen, oder besser mit Hilfe eines Hebels und einer Kette mit einem Haken, wie es Fig. 25 zeigt, wobei das Gewicht des Tiegels mit Inhalt durch ein Laufgewicht auf der andern Seite balanziert wird. Die Formen, welche zum Giessen fertig, mit Gewichten beschwert sind oder mit einem Holzrahmen mit Schrauben zusammengepresst werden, hat man Fig. 26. Fig. 27. inzwischen an ihren richtigen Platz unter dem Tiegel gebracht. Ehe man ausgiesst, wird das flüssige Eisen im Tiegel gereinigt, dadurch, dass man es von der Schlacken- kruste befreit. Die Rei- nigung beschleunigt man, indem man mit einem um einen Stock gewickelten nas- sen Lappen Wasser aufspritzt und die entstandene Schlackenhaut abzieht. Dies wieder- holt man sieben- bis achtmal. Dann ist die metallische Oberfläche ganz rein und man giesst aus. Dieser Ofen war, wie die Beschreibung zeigt, recht unvollkommen und Reaumur schlägt eine Reihe von Verbesserungen vor. Der Mantel soll von Blech gemacht werden, durch das man überall Nägel schlägt, damit deren Spitzen dem Thonfutter einen besseren Halt geben. Statt dessen macht man noch besser Gerippe von dünnen Eisenstäben. Bei dem des Schachtes sind die Stäbchen unten und oben winkelig umgebogen und werden durch Ringe zusammen- gehalten (Fig. 26). Bei dem Tiegel hat das Gerippe die Gestalt eines konischen Korbes, dessen Stäbe unten in einer Spitze zusammen- laufen, oben durch einen Ring gehalten sind. Diese Rippenwerke sind ganz von dem Thon, der das Schachtfutter bildet, umgeben und Die Eisengiesserei bis 1750. davon wenigstens einen Zoll dick bedeckt (Fig. 27). Die beiden Teile sind durch eiserne Stäbe zusammen verankert. Statt den Ofen in den Boden einzugraben, macht Reaumur seinen Ofen so, dass er frei in der Luft an zwei Zapfen, welche in einem festen oder fahr- baren Gestell lagern (Fig. 28), hängt. Das Öfchen sieht aus wie ein aufgerichtetes Kanonenrohr. Durch diese Art der Aufhängung wird es möglich, durch Neigen des Ofens das flüssige Eisen durch das Abstichloch, welches sich der Formöffnung gegenüber befindet, abzu- lassen (Fig. 29), nachdem man zuvor, ehe man den Ofen neigt, Schlacke und Kohlen durch das geöffnete Stichloch herausgezogen hat. Es ist nicht nötig, den Schacht jedesmal abzuwerfen, und man kann ohne grossen Wärmeverlust das Einschmelzen sofort von neuem be- ginnen; man kann also, so zu sagen, einen kontinuierlichen Schmelz- Fig. 28. betrieb führen. Dieser Ofen hat einerseits grosse Verwandtschaft mit unseren Kupolöfen, anderer- seits erinnert er auch an unsere Bessemerbirne. Beide Ofenarten finden sich in Reaumurs Giess- ofen kombiniert. Die beträchtliche Kohlenersparnis bei diesen Öfen gegenüber den vorher beschriebenen ist einleuchtend. Während man bei der vorbe- schriebenen Konstruktion das Eisen zu den Formen tragen muss, trägt man hier die Formen zu dem Ofen. Um das Eingiessen zu erleichtern, bedient man sich kleiner Einlauftrichter von gebranntem Thon. Fig. 28 zeigt das Öfchen während des Schmelzens, Fig. 29 (a. f. S.) während des Ausgiessens. Man kann diese Art Öfen auch grösser machen und sie dann mit zwei Blasebälgen betreiben. Doch eignen sich solche Öfen nur für grössere Gussstücke; für kleinere Ware wird das Aus- giessen zu beschwerlich, diese giesst man daher besser aus Tiegeln. Bei ganz grossen Stücken lässt man am besten das Metall durch Rinnen in die Formen laufen oder man bedient sich eiserner Giess- pfannen oder Löffel. Die Giesser jener Zeit wendeten meist nur hölzerne Formkasten, Rahmen oder Laden an, die aussen durch einen Holzrahmen zusammen- geschraubt wurden. Reaumur empfiehlt sehr eiserne Formkasten , Eisen- und Stahlfrischen. welche neben der grösseren Dauerhaftigkeit und der Unverbrennlich- keit noch viele andere Vorteile haben; besonders wenn man, was er für sehr wichtig hält, die Formen scharf trocknet. Er beschreibt die Einrichtung der eisernen Formkasten genau, ihre Führung in Zapfen und Löcher und ihre Verbindung mit Klammern und Schrauben Reaumur , Nouvelle art d’adoucir le fer fondu. Mem. V. . Er erwähnt, dass manche ihre grossen Kasten, um Geld und Gewicht zu sparen, aus Rahmen von Holz herstellten und nur die Traversen aus Eisen machten. Diese Formkasten dienten für Sand- und Massen- formerei, sowie für Lehmguss. Letzterer war zu Reaumurs Zeit für Poterieguss in Frankreich noch ausschliesslich im Gebrauch. Aber Reaumur war durchaus vertraut mit der Herstellung der Formen in Fig. 29. feuchtem Sand Da Reaumurs Kenntnis hiervon schwerlich aus England stammte, so bleibt es zweifelhaft, ob nicht das Formen in nassem Sande schon vor Darbys Patent von 1708 auf dem Kontinent, wenn auch in beschränktem Masse, in Anwendung war. . Er erwähnt, dass manche Hütten dieselben Gegenstände in Lehm oder in Sand formten, je nachdem ihnen das eine oder andere Material mehr zur Verfügung stände. In Paris beziehe man den Form- sand von Fontenoy-aux-Roses, und es stelle sich die einspännige Fuhre auf 40 bis 60 Sous. Habe man keinen guten Formsand, so könne man sich denselben künstlich bereiten. Am besten poche man den Sand nass, und setze ihm, wenn er zu mager sei, geschlämmten Thon zu Siehe a. a. O., Mém. VII, p. 242. . Man prüfe die Bindekraft des Formsandes, indem man einen gegebenen, damit ausgeschlagenen Kasten mit Gewichten belaste. Der Guss werde weicher, wenn man die Form aus trockenem Kalk, Kreide oder Eisen- und Stahlfrischen. Knochenkohle herstelle. Auf das Trocknen der Formen legt Reaumur den grössten Wert und schlägt vor, besondere Trockenöfen dafür zu bauen. Diese sollten die Gestalt von Kammern haben und stelle man die Formen darin hochkant auf- und übereinander, ähnlich wie die Backsteine in einem Ziegelofen, und sollte auch die Feuerung ähnlich wie bei diesem sein. Auch fetten Sand (Masse) und Lehm könne man sich künstlich bereiten aus entsprechenden Mischungen von Thon und Sand. Sehr gut sei eine Beimengung von Graphit. Den Lehm vermische man mit Pferdemist, um das Zusammenziehen und Reissen desselben zu verhindern. Besonders weichen Guss erziele man, wenn man die aus fettem Sand in eisernen Kasten hergestellten Formen in dem Trockenofen bis zur Rotglut erhitze, in die heissen Formen, womöglich im Trockenofen selbst, eingiesse, und dann noch etwas nachglühe und die Formen dann langsam erkalten lasse. Dies sei besonders für Feinguss zu empfehlen. Metallformen (Coquillen) machten den Guss immer hart, wenn man dieselben auch vorher stark erhitzt habe, seien also auch nur für harten Guss anwendbar. So giebt Reaumur eine Reihe praktischer Vorschriften für die Eisengiesserei, die zum Teil heute noch beachtenswert sind und grosses historisches Interesse haben, um so mehr, da wir sonst nur sehr spärliche Nachrichten über die Eisengiesserei aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts haben. Wir fügen hier noch eine Notiz über verbesserte eiserne Stuben- öfen und Zimmerheizung in Frankreich aus jener Zeit an. Der Kardinal von Polignac beschrieb 1713 in der von ihm unter dem angenommenen Namen Gauge herausgegebenen Mechanique du feu seine Erfahrungen über die Cirkulation der Wärme, über die Mittel, mit einem Feuer mehrere Zimmer zu erwärmen und die Wärme durch elliptische Krümmung zurückzuwerfen, ferner einen Kamin, bei dem die Rückenwand, der Feuerherd und die beiden Seitenwände von hohlen Eisenplatten umgeben waren, um die Luft zu erwärmen, welche ins Zimmer eindringen soll. Eisen- und Stahlfrischen. Das in den Hochöfen geschmolzene Roheisen wurde in Herdöfen verfrischt und dadurch in Schmiedeeisen oder Stahl ver- wandelt. Eisen- und Stahlfrischen. Zwei Hauptverfahren hatten in Europa Verbreitung gefunden, die deutsche Frischmethode , welche in Deutschland und dem östlichen Europa, und die französische oder Wallonschmiede , welche in Frankreich, Belgien und England im Gebrauch war. In Schweden war der Hochofenbetrieb und der Frischprozess von Deutschen eingeführt worden, deshalb hatte die deutsche Frisch- methode (Tyska Smidet) dort zuerst Eingang und Anwendung gefunden. Später war in der Provinz Roslagen zu Dannemora von Louis van Geer die Wallonschmiede (Fransyska Smidet) eingeführt worden. Fig. 30. Swedenborg beschreibt beide ausführlich und sind diese ersten gründlichen, fachmännischen Darstellungen der beiden Frischmethoden von besonderem geschichtlichen Interesse. In Fig. 30 hat er einen deutschen Frischfeuerbau abgebildet. Die besseren deutschen Frisch- herde bestanden zu Swedenborgs Zeit aus einem gemauerten Unterbau, der etwa 2,40 m lang und 2,10 m breit war. In diesem war das eigentliche Feuer mit eiserner Bodenplatte und drei eisernen Seiten- zacken, während die gemauerte Rückwand die vierte Seite abschloss, eingebaut. Der ganze Herd war überbaut mit einer Esse, und zwar Eisen- und Stahlfrischen. so, dass die Rückwand und die Formwand als geschlossene Mauern aufgeführt waren, während die beiden anderen Seiten offen blieben und die Esse an der einen Ecke durch einen freistehenden Pfeiler getragen wurde. Dieser Pfeiler war zuweilen aus Holz, zuweilen aus Eisen oder Mauerwerk, in den meisten Fällen aber war er aus abgängigen alten eisernen Ambossen und Hämmern zusammengesetzt, wie auch auf der andern Seite, da wo das Frischfeuer eingebaut war, meistens ein altes Hammereisen so eingebaut war, dass sein Auge zugleich das Schlackenloch bildete. Diese in Schweden damals allgemein übliche Verwendung alter Ambosse und Hämmer beim Feuerbau erinnert an eine ähnliche Verwendung in dem römischen Kastell Salburg im Taunus (vgl. Bd. I, S. 518). Die Esse war durch einen Holzrahmen B B zusammengehalten. Auch der Löschtrog G für die Werkzeuge war meist noch von Holz. Die älteren Frischherde waren noch einfacher. Sie waren nach drei Seiten offen und lehnten sich nur mit der vierten Seite an eine 1,80 m breite Mauer, welche die Blasebälge vom Feuer trennten und schützten (vergl. Fig. 45, Bd. II). Ein Überbau oder eine Esse war nicht vorhanden, Rauch und Gase zogen durch ein Loch im Dach ab. Diese Feuer fanden sich um 1730 noch bei den ärmeren Gewerken. Bei den zuvor beschriebenen überbauten Frischherden befand sich häufig ein Loch von 0,30 m Quadrat in der Rückwand, um lange Stangen, die man zusammenschweissen wollte, durchzustecken. Auch war die Öffnung nach der Arbeitsseite durch ein aufgehängtes Blech teilweise geschlossen, um die Arbeiter vor der Glut des Feuers zu schützen. Bei der Konstruktion des Frischherdes suchte man, wie bei der des Hochofens, einen festen, trockenen Untergrund und wie dort brachte man einen Abzugskanal unter dem Herdboden an. Feuchter Untergrund erschwerte und verzögerte das Frischen. Der Abzug war mit einem grossen Stein bedeckt. Nach der Balgseite zu wurde der eigentliche Feuerraum hergerichtet. Derselbe war fast quadratisch. Die Bodenplatte war 10 cm dick, 65 cm lang, 60 cm breit und wog etwa 450 kg; die Seitenplatten 65 cm lang, 35 cm breit und 7½ bis 10 cm dick. Über der Steinplatte im Boden wurde erst eine Lage von Schlacken- und Kohlenpulver aufgestampft und darüber die eiserne Bodenplatte gelegt. Die zwei Seitenzacken standen senk- recht. Die Vorderwand war, wie erwähnt, durch einen alten Ham- mer gebildet, die Formwand war gemauert, doch befand sich auch hier unterhalb der Form eine eiserne Platte. Von der Vorderwand Beck , Geschichte des Eisens. 12 Eisen- und Stahlfrischen. bis zur Hinterwand betrug die Entfernung 90 bis 105 cm, bis zur Form 65 cm. Die Masse des Herdes waren wie die der Bodenplatte 65 × 60 cm und 30 bis 35 cm hoch. Die Blaseform war halbkreis- förmig aus Kupferblech hergestellt. War die Form 8 Zoll lang, so war sie hinten 6⅓, vorn 3¼ Zoll breit. Die Grösse des Formmauls war abhängig von der Art des Eisens. Die beiden Düsen lagen 15 cm vom Formmaul zurück. Die Form ragte etwa 15 cm in den Herd hinein und war so geneigt, dass der Wind die Fuge zwischen Boden und Windzacken traf. Sie lag näher der Hinterwand, ge- wöhnlich ⅓ davon entfernt. Die Form war in einer viereckigen Öffnung im Mauerwerk mit Thon befestigt und mit einer eisernen Stange gehalten. Die richtige Lage und Neigung der Form gehörte zu der besonderen Wissenschaft des Frischers, die er geheim hielt. Sie änderte sich mit der Eisensorte. Lag die Form zu weit vor, so war der Abstand bis zur Windseite zu kurz, infolge dessen der Herd kalt, lag sie zu weit zurück, so wurde die Mauer angegriffen. Lag sie horizontal, so ging das Einschmelzen zwar rasch von statten, aber es wurden zu viel Kohlen verbrannt; lag sie sehr geneigt, so ging das Einschmelzen langsam von statten, das Eisen wurde gleich zäh, die Kohlen verbrannten meist unnütz. Auch die Höhenlage der Form war wichtig; meist legte man sie etwa 30 cm über den Boden. Eine Abweichung der Windrichtung von der Mittellinie nach der entfernten Ecke zu war von Nachteil, weil dadurch das Frischen verlangsamt und mehr Eisen verschlackt wurde; eher war eine Abweichung nach der Vorderwand zu gestattet. Man gab der Form stärkere Neigung bei Eisen, das wenig Schwefel enthielt und zum Kaltbruch neigte, dagegen geringere Neigung bei rotbrüchigem Eisen. Alle diese Regeln beruhten auf den Erfahrungen der Frischer. Die Kupferform wurde durch den kalten Windstrom vor dem Abschmelzen geschützt; man musste sie aber deshalb gut offen halten, damit sie nicht trotzdem schmolz, was auch durch sehr rohes Eisen, das leicht sich anhing, befördert wurde. Trotz der hohen Hitze vor der Form blieben die gusseisernen Zacken ungeschmolzen. Nur an der Bodenplatte hing sich das Eisen zuweilen fest; durch Kühlen des Bodens wurde dem entgegengewirkt. Die Pressung des Windes während des Prozesses war verschieden und wurde reguliert durch das Aufschlagwasser des Wasserrades, beziehungsweise durch die Schütze. Die Bälge wechselten langsamer als bei den Hochöfen, etwa 400 mal in der Stunde. Die eigentliche Frischarbeit begann mit der Herrichtung des Eisen- und Stahlfrischen. Herdes; war dieser gereinigt, so wurde er erst etwa zu einem Drittel mit Schlacken von der vorigen Schmelzung gefüllt, darüber wurde frische Kohlenstübbe mit etwas Schlacke vermischt aufgestampft, etwa bis zu ⅔ des Herdes. Ohne diese Auskleidung würde das Eisen durchschmelzen und sich an den Wänden festhängen, während die Schlacken, wie das Fett in einer Pfanne, die Wände ausschmieren und das Eisen von dem Boden trennen. Indem das Eisen in dem flüssigen Schlackenbad schwamm, konnten sich die Unreinigkeiten besser abscheiden, dieselben verschlackten, und die Metallteile schieden sich ab. Die Roheisengans wurde dem Formzacken gegenüber so eingelegt, dass sie teils in die Kohlen hinein-, teils daraus hervorragte. Nach und nach wurde sie der Form zugeschoben, so dass ihr Ende nur 10 bis 12 cm von der Mündung abstand; dabei lag der unterste Teil in der oberen Höhe des Formmauls, so dass der Wind die Massel von unten traf. Gab man dem Roheisenstück dieselbe Neigung wie der Form, so konnte man es in derselben Richtung voranschieben. Bei schwefelarmem, sehr kaltbrüchigem Eisen liess man den Wind das Eisen direkt treffen. Der Einsatz betrug ½ bis 1 Schiffspfund (etwa 80 bis 160 kg), je nachdem man feineres oder gröberes Eisen erstrebte. Hatte man verschiedene Eisensorten, so musste man sehen, dass sie sich beim Einschmelzen gut vermischten; man legte dann das zum Kaltbruch neigende unter das zum Rot- bruch neigende. Das Roheisen wurde mit Kohlen bedeckt gehalten und langsam geblasen. Es schmolz in Tropfen ein, wobei es allmählich nachgeschoben wurde. Von Zeit zu Zeit wurden Kohlen aufgegeben, so dass der Herd immer damit angefüllt blieb. Der Frischer unter- suchte öfter die Ecken des Herdes, um ein Anhängen des Eisens zu verhindern. Angehängte Eisenteile brachte er mit dem Spiess näher der Form. Durch letztere beobachtete er von Zeit zu Zeit das Schmelzen. Das Eisen floss ruhig, wenn es mit Kohlen bedeckt war, davon ent- blösst, funkelte es stark. Der Frischer arbeitete öfter im Herd, indem er die am Boden schwimmende Eisenmasse umrührte. Wurde die Flamme stark, so schloss man die Zwischenräume durch Aufwerfen frischer Kohlen, oder man goss Wasser auf. War nun das Eisen eingeschmolzen und waren die Ecken gereinigt, so liess man die Kohlen etwas niederbrennen, so dass das Eisen halb entblösst wurde. Alsbald begann dasselbe zu kochen und zu schäumen, nicht anders, als wie siedendes Wasser im Kessel (coquitur et fervet ferrum non aliter ut aqua in tripode). Es blähte sich dabei mehr und mehr 12* Eisen- und Stahlfrischen. auf und stieg in die Höhe, als wollte es überlaufen. Nach einiger Zeit liess das Kochen nach und in etwa einer halben Stunde war es beendet. Zur richtigen Trennung der Schlacken musste das Eisen anfangs völlig flüssig sein und einige Zeit so in Bewegung erhalten bleiben. Um es während des Kochens flüssig zu erhalten, gab man die besten, grössten Kohlen auf, doch nicht viel, damit das Bad nicht zu sehr bedeckt wurde. Es gab Eisen, welches nur sehr schwer und langsam schmolz; solches musste man in einem Bad von anderem Eisen einschmelzen und verkochen lassen, sonst blieb es hart und unschmiedbar. In solch flüssigem Eisenbad machte man auch zuweilen Stahl , indem man einfach stahlartige Eisenstücke in das Roheisenbad im Frischherd, wenn es am heissesten war, eintauchte. Doch musste dabei gehörig geblasen werden; ohne dies ging die Umwandlung in Stahl nicht vor sich; dabei gab man der Form eine stärkere Neigung Vergl. Brescianstahlbereitung, Bd. II, S. 252. . Während des Kochens ging die Form leicht zu. Sobald das Kochen bei dem Frischprozess nachliess und das Eisen sich zu einer Luppe vereinigte, wurde die Schlacke abgestochen, das Loch aber bald wieder geschlossen, damit nicht zu viel Schlacke entzogen würde. Ein Roheiseneinsatz von etwa 160 kg schmolz und verkochte in zwei Stunden. War dieser erste Teil des Frischprozesses beendet, so wurden manchmal die Kohlen weggezogen, der Herd von Staub und Asche gereinigt, der Wind abgestellt und die Luppe eine Stunde lang ab- kühlen gelassen. Dies war das But - oder Klumpffrischen , eine schlechte Frischmethode, die nur bei sehr guten Eisensorten zulässig war. Bei dem eigentlichen deutschen Frischen wurde zwar der Wind ebenfalls abgestellt, aber man entblösste das Eisen nicht, sondern begann sogleich mit dem zweiten Teil des Frischprozesses, dem Aufbrechen . Zu diesem Zwecke fuhr man mit der Brechstange durch das Loch (Auge) des Hammers am Boden, wendete die Luppe um und hob sie bis über die Form, so dass der Wind jetzt besonders die Seite, welche vorher unten war, treffen musste. Man warf um die Luppe herum Kohlen- und Schlackenpulver auf, und Schlacken auf die Kohlen, zog dann die Kohlen nach vorn und begann wieder zu blasen, indem man zugleich frische Kohlen aufwarf, und dies wiederholte, wenn es nach dem Aussehen der Flamme angezeigt erschien. Währenddem die Luppe niederschmolz, gab man schon Eisen- und Stahlfrischen. das Eisen für das nächste Frischen zum Vorwärmen auf. Die Luppe schob man nach und nach der Form zu. Die richtige Verteilung der Hitze im Frischherd war wichtig. Der Windstrom sollte den hinteren Teil der Masse treffen; traf er den vorderen, so zog sich die Hitze zu sehr nach vorn, wodurch die Form abschmelzen konnte. Der Frischer vereinigte mit der Stange alle Eisenbrocken zu einem Klumpen. Dabei fand ein starkes Auswerfen von Schlackenfunken statt. Dieses zweite Einschmelzen (recoctio) dauerte im Ganzen nur sieben bis acht Minuten, so dass der ganze Frischprozess kaum mehr als zwei Stunden in Anspruch nahm. Es wurde dabei dreimal Schlacke laufen gelassen; das erste Mal etwa 20 Minuten nach dem Anblasen. Diese war roh und eisenreich; man liess sie in Wasser fliessen und benutzte das Pulver wieder. Das zweimal nach ½ bis ⅔ Stunden; diese wurde fortgeworfen; das dritte Mal vor dem Aufbrechen. Zuletzt war nur wenig Schlacke im Herd, indem viel als Funken fort- gegangen war. Nach diesem doppelten Frischen wurde das Eisen unter den Hammer gebracht und zu Stäben ausgeschmiedet. In manchen Häm- mern, wo man schlechtes Eisen hatte, brach man noch ein zweites Mal auf und schmolz zum dritten Mal in derselben Weise, wie zuvor, ein, indem man langsam anblies, den Wind dann steigerte und gegen Ende wieder schwächer blies. Die Beschaffenheit der Holzkohlen war für den Prozess von Wichtigkeit. Schwere, feste Kohlen waren nicht gut, Fichtenkohlen am geeignetsten. Swedenborg giebt (fol. 88) genaue Vorschriften über die Holzarten, die beste Zeit des Schlagens u. s. w. Dem Schmied wurden in Schweden 24 Tonnen Holzkohlen für ein Schiffspfund Eisen bewilligt; was er weniger verbrauchte, und es kam vor, dass er mit 14 bis 18 Tonnen auskam, war sein Gewinn. In der Kohlen- ersparnis bewährte der Frischer am meisten seine Kunst. Die Beschaffenheit und Menge der Schlacke war für den Verlauf des Frischens von grosser Bedeutung: sie diente als Fluss, Reinigungs- mittel und als Schutzdecke. Bei schwerschmelzigem Eisen schlug man mehr Schlacke zu. Auch zum Ausheizen war das Schlackenbad nötig. Wenn das Eisen zu heiss wurde, begann es zu funkeln und wurde dann in das Schlackenbad getaucht. Aus der Schlacke liess sich der Prozess erkennen. Hing sie sich nur spärlich an die Rute an, und liess sie sich durch einen Schlag nur schwer ablösen, so war dies ein Zeichen von hartem, verbranntem Eisen. Man musste dann gute Schlacke zuschlagen. Schlechte Schlacken stach man ab. Auch war Eisen- und Stahlfrischen. deren bläulich schwarze Farbe ein schlechtes Zeichen. Gegen Ende des Prozesses musste noch eine genügende Menge Schlacken im Herd sein. Zu kaltbrüchigem Eisen setzte man Schlacken von rotbrüchigem Eisen und umgekehrt. Ebenso war die Flamme ein Erkennungszeichen für den Frischer. Ihre Farbe war durch die Schlacke bedingt. War sie rot, so deutete dies auf hartes Eisen und dass Schlackenzusatz nötig war. Pulverige Kohle färbte aber auch die Flamme rot. Anfangs war die Flamme braun oder gelb, sie veränderte sich allmählich durch rosenrot und himmelblau bis zuletzt zu hellweiss; je weisser, je besser war die Schmelzung. Eine grüne Färbung deutete auf Schwefel; sehr weiss und weisse Funken auf starke Hitze, wobei Gefahr war, dass das aus- zuheizende Eisen verbrannte. War das Frischen beendet, so schritt man zu dem Ausbrechen der Luppe. Die Luppe, welche auf der einen Seite flach, auf der andern rund war, wurde auf dem Boden gewälzt, die anhängenden Kohlen und Schlacken mit eisernen Hämmern abgeklopft und mög- lichst rund gemacht. Vier Männer hoben dann die Luppe auf den Amboss, wo sie mit hohen Schlägen des Wasserhammers zu einem Kuchen ausgebreitet wurde. Dieser wurde mit einem Setzeisen in 5 bis 7 Teile (Schirbel) zerhauen. Jeder derselben wurde mit einer Rollenzange gefasst und diese in die Kohlen im Frischherd geschoben. Die, welche nahe der Form lag, wurde, indem sie öfter gewendet wurde, am ersten heiss. Hatte sie genügende Hitze, so legte man sie höher und schob die folgende vor die Form und die andern nach, so dass die folgende immer den Platz der vorhergehenden einnahm. Auch konnte man die erhitzten Schirbel in das Schlackenbad tauchen, um sie vor dem Verbrennen zu schützen, doch durfte die Schlacke nicht zu roh sein. Die Schirbel wurden einer nach dem andern heraus- genommen und ausgeschmiedet. Diese Arbeit dauerte 1½ bis 2 Stunden, während der Zeit blieb das Schlackenbad im Herd und wurde nicht abgestochen. Man blies stark, verbrauchte aber nicht viel Kohlen. Die Flamme war grünlichgelb, bei schwächerem Winde bläulich. Der Frischer musste hauptsächlich darauf achten, dass kein Eisen ver- brannte. Sprühte das Eisen beim Herausnehmen sehr, so musste er es erst in die Schlacken tauchen. Der Eisenklumpen wurde zuerst nur in der Mitte gestreckt, quer zur Hammerfinne und dabei immer gedreht. Dann schmiedete man die beiden kolbenförmigen Enden zu Stäben aus, wobei man sie senkrecht zum Hammer streckte, parallel damit aber breitete und glättete. Zuletzt gab man, um die Flächen des Eisen- und Stahlfrischen. Stabes gewissermassen zu polieren, langsame Hammerschläge, während ein Junge Wasser darauf schüttete, wodurch jeder Schlag von einem lauten Knall begleitet war. Man schmiedete die groben Stäbe etwa 1 m lang, dabei kamen sie meist viermal in das Feuer zurück und erhielten das erste Mal 450 Schläge, das zweite Mal 380 bis 400, das dritte Mal 500 und das vierte Mal 400 Schläge, im Ganzen etwa 1700 Schläge mit dem rasch gehenden Schwanzhammer. Eine Haupt- regel beim Schmieden war, dass jeder Schlag eine neue Stelle traf und jede Stelle ihre Schläge erhielt. Die Arbeit ging ununterbrochen von Montag früh bis Samstag Abend, so dass die Woche 128 Arbeitsstunden hatte, in diesen wurden etwa 17 Frischen fertig gemacht, von denen jede etwa sechs Stunden dauerte, Frischen und Schmieden zusammengerechnet. Hatte man zwei Herde in einer Hütte, so dass das Frischen und Schmieden gleichzeitig und ohne Unterbrechung fortging, so rechnete man 4⅖ Stunden für ein Frischen. Teilte man jede Masse in fünf Schirbel, so erhielt man 90 geschmiedete Stäbe, welche 9 bis 10 Schiffspfund (etwa 1500 kg) wogen. Das Ausbringen wechselte auch, je nachdem man dickere oder dünnere Stangen schmiedete. Eine Wochenproduktion von 12 bis 14 Schiffspfund (etwa 2000 kg) war sehr hoch für einen Herd. Als sehr seltenen Fall erwähnt Swedenborg ein Ausbringen von 35 bis 40 Schiffspfund (etwa 6000 kg) die Woche in zwei Herden. Zu der Beschreibung des Prozesses fügt Swedenborg noch inter- essante Mitteilungen über die Werkzeuge hinzu. Der Ambossstock war mit einer schweren Eisenplatte unterlegt, damit er nicht in den Grund geschlagen wurde. Der Amboss selbst war aus Luppeneisen (ferrum crudum) geschmiedet und 3 bis 3½ Schiffspfund (etwa 500 kg) schwer. Seine Bahn war verstählt und Swedenborg beschreibt genau die schwierige Arbeit des Aufschweissens der Stahlplatte, welche die Bahn bildete. Die grossen Ambosse goss man auch öfter, und zwar geschah dies in den letzten Tagen der Hüttenreise. Kleinere Ambosse wurden aus reinem Eisen geschmiedet. Die Hämmer waren verschieden schwer von 45 bis 60 Liespfund (etwa 360 bis 480 kg) Gewicht, und man liess sie sehr rasch gehen. Dieses ist ein gedrängter Auszug aus Swedenborgs wichtigem und ausführlichem Bericht über die deutsche Frischschmiede in Schweden um das Jahr 1730. In Roslagen (Dannemora) bediente man sich dagegen der französischen Schmiede , wie sie Louis van Geer dort einge- führt hatte. Auch von dieser giebt Swedenborg eine ausführliche Eisen- und Stahlfrischen. Schilderung, die wir ganz kurz wiedergeben wollen, da wir über die Wallonschmiede und deren wesentliche Abweichungen von der deutschen Frischschmiede schon früher gehandelt haben. Für das vorzügliche Roheisen, welches die Hütten von Dannemora lieferten, war die Wallonschmiede, welche bei genügender Reinigung den Vorteil einer grösseren Produktion hatte, durchaus am Platz. Man konnte in einer Wallonschmiede 50 bis 60 Schiffspfund (8800 bis 9600 kg) Frischeisen machen, während man in einer deutschen Frisch- schmiede nur 16 bis 20 Schiffspfund (2560 bis 3200 kg) erhielt. Zu einer Wallonschmiede gehörten immer zwei verschiedene Herde, der Frisch - oder Einschmelzherd (Smeltarehaerd) und der Reck- herd (Reckarehaerd). Der Aufbau der Herde war ähnlich wie bei den deutschen. Der Schmelzherd war 0,750 m lang, 0,675 m breit und 0,375 m hoch. Die Bodenplatte und zwei Seitenzacken waren von Eisen. Die Form lag hier auf einer Mauer. Auf der Arbeitsseite war unten ebenfalls ein alter Hammer, dessen Auge als Schlackenloch diente. Die Frischer hielten ihre Zustellung des Herdes und dessen Masse so geheim, dass sie ihn am Ende jeder Woche absichtlich zer- störten, damit niemand ihnen etwas absehen konnte und machten denselben jeden Montag ganz neu. Die Form war ebenfalls von Kupfer, etwas stärker und weiter, wie bei dem deutschen Herd. Sie lag etwas tiefer und so, dass ihr Rücken mit der gegenüberliegenden Wand in einer Horizontalen lag. Ihre untere Fläche war 0,225 m vom Boden entfernt. Die Form lag im Verhältnis von 7 : 5 der Hinterwand näher. Die Neigung war so, dass die Achse die Kante der Bodenplatte und des Windzackens traf. Der Herd wurde mit guten, grossen Kohlen gefüllt. Die lange Roheisengans wurde durch ein Loch in der Wand von einem ausser- halb des Schmelzhauses an dasselbe angebauten Hüttchen aus (ex aedicula vel casa extra officinam exstructa) auf Holzrollen in den Herd geschoben, wobei sie etwa 20 Grad nach vorn geneigt lag. Sie wurde so gerichtet, dass ihr vorderer Teil, von Kohlen eingehüllt, vom Wind getroffen wurde und abschmolz. Man schmolz jedesmal nur soviel ein, als für eine Stange hinreichte. Während des Ein- schmelzens arbeitete der Frischer mit seiner Eisenstange fortwährend im Herd, rührte das geschmolzene Eisen um, brach das Eisen, welches sich angesetzt hatte, los und sammelte alles zu einem Klumpen oder Kuchen (massa sive panis) zusammen. Diesen hob er dann über die Kohlen und wendete dessen Unterseite dem Wind zu, den er 1 bis 1½ Minuten voll darauf blasen liess. Die Hauptaufgabe des Frischers Eisen- und Stahlfrischen. war, das Eisen gehörig durchzuarbeiten. Auch die Blasebälge, die einmal rascher, einmal langsamer gehen mussten, bedurften fort- währender Regulierung, welche durch die Wasserschütze erreicht wurde, deren Hebel der Arbeiter mit der linken Hand auf- und nieder- zog. Im Ganzen wechselten die Bälge rascher als bei andern Frisch- verfahren. Jede Schmelzung dauerte eine halbe Stunde, bei sehr geschickten und fleissigen Arbeitern sogar nur ¼ Stunde. Sollte die Luppe aber grösser werden, so schmolz man natürlich länger; doch machte man stets aus jeder Luppe nur eine Stange, die je nachdem 1, 1½, 2½ Zoll dick war. Das zeitraubende Zerteilen der Luppen fiel hierbei ganz fort. Zu jeder der gewöhnlichen kleinen Luppen brauchte man 1 Tonne Kohle; an einigen Plätzen in Roslagen aber auch 1½ bis 2. Aus einer Roheisengans, die 9 bis 11 Ellen lang war, machte man 35 solcher Luppen. Es gab Hämmer, welche nur 28 Tonnen Kohlen dazu verbrauchten. Die Luppe wurde unter einem kleinen Wasserhammer mit 15 bis 16 Schlägen gedichtet, das Schlechte abgehauen und zu einem flachen Kuchen ausgebreitet. Dieser wurde unter einem schweren Hammer zu einem parallelepipedischen Kolben ausgeschmiedet. Diesen brachte man in denselben Herd zurück, schob ihn in die Kohlen und liess den Wind an. War die eine Seite glühend, so wendete man ihn um. Dieses Ausheizen dauerte etwa gerade so lange, wie das Einschmelzen, welches währenddem vor sich ging. Der weissglühende Kolben, welcher von der Hitze zusammengeschrumpft erschien, ging nun in die Hände des Reckschmiedes, welcher dem Reckherd vorstand, über, der ihn erst auf der einen, dann auf der andern Hälfte zu einem dicken Stab von 0,90 m Länge ausschmiedete. Aus dem Schmelzherd wurde nur selten Schlacke abgestochen, man hielt vielmehr immer ein Schlackenbad im Herd, in das man das Eisen von Zeit zu Zeit eintauchte. Bei unreinem Eisen stach man öfter Schlacken ab, doch gewöhnlich nur zweimal in 24 Stunden. Die Unterschiede von dem französischen und dem deutschen Herd lagen 1. darin, dass bei der deutschen Frischschmiede nur ein Herd war; 2. dass der Wallonherd zwei Eisenzacken hatte; 3. dass die Form bei diesem niedriger lag und die Bälge rascher wechselten; 4. in der Art der Arbeit zunächst darin, dass in den deutschen Herden eine grosse Menge Roheisen auf einmal, hier kleine Mengen hinter- einander eingeschmolzen wurden; 5. in dem wiederholten Aufbrechen der Luppe im deutschen Herd, wozu vier Stunden Zeit bis zum Aus- schmieden erforderlich waren, während eine Luppe im Wallonherd Eisen- und Stahlfrischen. in ½ Stunde fertig war; 6. verweilte das Eisen länger im deutschen Herd, im Wallonherd wurde es fortwährend durchgearbeitet; 7. in ersterem kochte das Eisen auf, in letzterem nicht; 8. bei dem deut- schen Frischen wurde Schlacke abgestochen, bei dem französischen nicht; 9. bei jenem verwendete man gemischte Kohlen, hier nur grobe; 10. bei dem deutschen Frischen verarbeitete man meist graues, bei dem französischen weisses, rasch gehendes Roheisen. Der Reckherd wich in seinen Massen von dem Schmelzherd ab. Von der Form bis zur Windseite war er 0,60 m breit, dagegen 0,90 bis 1,20 m lang. Er war deshalb so in die Länge gezogen, weil die Stäbe zum Heizen in dieser Richtung eingelegt wurden. Die lange Wand war etwas nach innen geneigt. Als Brennmaterial diente beim Reckherd Kohlenklein, von dem 8 bis 9 Tonnen in einem Haufen aufgehäuft wurden. War der Herd so mit dem Kohlenklein gefüllt, so wurde ein Korb besserer Kohle aufgeworfen; diese wurde entzündet und der halb ausgeschmiedete Kolben mit dem dicken Ende näher oder weiter von der Form eingesteckt. An verschiedenen Merkmalen konnte man erkennen, ob der glühende Kolben eine trockene oder eine saftige Hitze hatte. Rotglühendes Eisen und rote Flamme zeigten trockene Hitze an. Die Schlacke war dann zäh und hing sich an die Form an. Weissglühendes Eisen bei mässigem Auswerfen von weissen Funken war ein gutes Zeichen, am besten war es, wenn Flamme und Funken bläulich aussahen. Zu grosse Hitze wurde durch Auswerfen von Sand und Schlacke auf das Eisen gemässigt. Aus dem Reckherd wurde die Schlacke öfter abgelassen, und zwar zwei- bis fünfmal bei jeder Schmelzung, d. h. beim Durchsetzen von je sieben Luppen. Viel Schlacken im Herd war gut, weil sonst die Hitze leicht trocken wurde. Während man im Schmelzherd für die 35 Luppen einer Gans 28 Tonnen Kohle verbrauchte, verbrannten im Reckherd für dasselbe Eisen 20 Tonnen. An einigen Orten verbrauchte man aber im Reckherd für jede Luppe eine, in andern sogar 1½ bis 2½ Tonnen Kohlen. Der Hammer war in fast ununterbrochener Thätigkeit, weshalb der Amboss durch einen Wasserstrahl fortwährend gekühlt wurde. In einem „einfachen“ Frischhammer wurden in einer Woche 40 Schiffspfund 40 pondera nautica majora sive 44 Stockholmensia. (6400 kg) Eisen geschmiedet, in andern, wo mehr Arbeiter beschäftigt waren, sogar 60. — Eingesetzt wurden wöchent- lich in einen Schmelzherd 11½ Roheisengänse zu je 9 Schiffspfund Eisen- und Stahlfrischen. (1440 kg) Gewicht, woraus 60 Schiffspfund (9600 kg) Stäbe geschmiedet wurden, so dass also 104 Roheisen 66 (= 63,96 Proz.) reines Eisen gaben. ⅓ ging also bei der französischen Schmiede verloren, bei der deutschen dagegen nur 3/13 (36 : 23 Proz.). In einer Hütte waren 8 Arbeiter: 2 Schmelzmeister und 2 Schmiede, mit je einem Gehilfen. Jeder Meister erhielt für 3½ Schiffspfund (560 kg = „1 Mihl“) 1½ Thaler in Kupfer, der erste Gehilfe 1¼ Thlr., vier andere Ge- hilfen je 1 Thlr., ein Knabe die Hälfte. Dazu erhielt jeder jährlich ein Trinkgeld (Winpenninger — Weinpfennige, ein Wort, das wohl auch noch auf die südliche Heimat hinweist). Der Knabe (gujar) spritzte das Wasser beim Schmieden und schlug die Marke auf die Stäbe. Der Kohlenverbrauch war bei der Wallonschmiede günstiger, ebenso die Produktion, dies lag aber nur an dem vorzüglichen Roh- eisen. Bei geringerem Roheisen war die französische Methode nicht anwendbar, weil die Reinigung hierfür ungenügend war und das Eisen schlecht wurde. Neben diesen beiden hauptsächlichen Frischmethoden wurde noch eine andere, sehr mangelhafte betrieben, welche als die schwedische Osmundschmiede bezeichnet wurde. Sie war wohl aus den Lösch- feuern der Bauernhütten entstanden, und da sie ein Halbfabrikat machte, welches den Osmund ersetzen sollte und als solcher verkauft wurde, so erhielt sie den alten Namen Osmundschmiede, obgleich sie mit der ursprünglichen, uralten Osmundschmelzerei aus Sumpf- und Seeerzen in niedrigen Schachtöfen nichts gemein hatte. Bei dieser Osmundschmiede Diese Frischmethode wurde zuerst ausführlich beschrieben von Peter Saxholm in seiner Dissertatio de Ferro Suecano Osmund. Upsala 1725. war das Rohmaterial Wascheisen oder granuliertes Roheisen. Die Schmiede selbst war den übrigen Frischhütten ähnlich. Fig. 31 (a. f. S.) stellt eine schwedische Osmund- Frischhütte nach Swedenborgs Zeichnung dar. Der Feuerbau selbst war sehr einfach. Das Fundament wurde aus grossen zusammen- gelesenen Steinen, deren Zwischenräume mit Sand ausgefüllt wurden, vorgerichtet. Der Oberbau wurde roh aus Bruchsteinen aufgeführt und bestand eigentlich nur aus einer mit Steinen umsetzten Grube, bei der man eine Öffnung für den Wind und vorn einen weiteren Zugang auf der Arbeitsseite liess. Der Boden des Herdes ruhte auf einer Stein- oder einer Eisenplatte, welche letztere 2 Zoll dick war und 18 Zoll (45 cm) im Quadrat hatte. Waren die Bälge sehr schwach, so machte man den Herd noch kleiner. Die älteren Herde hatten nur einen Zacken, 2 Zoll dick und 10 Zoll hoch. Eisen- und Stahlfrischen. Der Herd bestand aus einer Grube, die mit Kohlenstübbe so ausgeschlagen war, dass der Schmelzraum die Form eines Hutkopfs hatte. Die Form war von Eisen gegossen. Man bediente sich kleiner Bälge, die an manchen Plätzen gezogen wurden. Nachdem Kohlen auf den Herd gehäuft, das Feuer entzündet und die Bälge angelassen waren, setzte man das Wascheisen oben auf, wobei man acht geben musste, dass die kleinen Körner nicht durchrollten. Sie schmolzen und kamen schon als zähes Eisen in den Herd. Durch Umrühren unterstützte der Frischer den Frischprozess, wobei er alles zu einem Fig. 31. Klumpen zu vereinigen strebte. Ein grosser Teil des Eisens ver- schlackte und die so gebildete Schlacke beförderte das Frischen und die Vereinigung des Eisens. Waren etwa 15 kg Wascheisen nieder- geschmolzen und ein Klumpen gebildet, so liess man die Schlacke ab, unterbrach das Blasen, brach den Klumpen auf und zog ihn aus dem Herd. Der Klumpen wurde abgeklopft, gezängt und mit dem Setzeisen in vier bis fünf Stücke geteilt, die aber nicht getrennt wurden, sondern mit den Enden aneinander hingen. Die Stücke von gutem Eisen hiessen ausgewählter Osmund (Wald Eisen- und Stahlfrischen. Osmund), die kleineren, schlechten unausgewählter Osmund (Owald Osmund). Von letzterem machte ein Frischer in der Woche 9 Fass oder 180 Liespfund (1440 kg), von dem ausgewählten aber weniger. Auf jedes Fass (160 kg) rechnete man 32 Liespfund (256 kg) Wasch- eisen und 10 bis 11 Tonnen Holzkohlen. Der Abbrand betrug also etwa 37 Proz. An manchen Orten hatte man dies Verfahren verbessert. Der Herd war auf drei Seiten mit gegossenen Eisenzacken umschlossen; 60 cm lang und 45 cm breit. Die Form ragte etwa 10 cm in den Herd, so dass an der Formmündung bis zum Windzacken 35 cm Abstand blieben. Ausser Wascheisen schmolz man auch Roheisen- stücke ein, welche man auf der Windseite aufgab. Diese Schmieden gehörten meistens mehreren Bauern oder kleinen Gewerken und wurden nicht das ganze Jahr, sondern nur zeitweilig betrieben. Deshalb gehörten die Frischer und Hammerschmiede meistens keinem be- stimmten Werk an, sondern zogen herum und nahmen die Arbeit auf, wo Gelegenheit war und der Lohn ihnen zusagte. Auch wurde die Arbeit meistens abends eingestellt und morgens wieder aufgenommen. Dieses Eisen wurde im ganzen Lande an die Schmiede verkauft, welche daraus Nägel, Hufeisen, Ketten, Schlösser, Schlüssel und andere Kleineisenwaren verfertigten; auch wurde es zu Blech verarbeitet. Dieses waren die Frischmethoden, welche um jene Zeit in Schweden üblich waren. In Frankreich bediente man sich hauptsächlich in der Franche-Comté der Wallonschmiede, von der Reaumur in seiner Abhandlung über die Cementstahlfabrikation eine kurze Beschreibung mitgeteilt hat Reaumur , L’art de convertir le fer forgé en acier, p. 244. . Das Wichtigste bei diesem Verfahren war das Durcharbeiten (praitrir) des in Tropfen eingeschmolzenen Eisens im Herd, indem dasselbe hauptsächlich hierdurch seine Güte und Weich- heit erhielt. Freilich war damit auch ein grösserer Abbrand verknüpft. Die Luppenhämmer hatten ein Gewicht von 1000 bis 1500 Pfund. Zu Brescia in Italien wurde das in den Blauöfen gewonnene Roheisen in folgender Weise behandelt: Man hatte einen höchst ein- fachen Herd von 60 cm Höhe, dessen Boden eine Kalksteinplatte bildete. Die Wände waren gemauert, nur in der Vorderwand war ein mit Löchern versehenes Schlackenblech eingelassen. Die Form lag in der Mitte der Formwand und ragte 4 Zoll in den Herd. Auf dem Boden wurde nur eine etwa handdicke Lage von angefeuchtetem Kohlenpulver aufgestampft, dann wurde der Herd mit Kohlen gefüllt Eisen- und Stahlfrischen. und der Wind angelassen. Waren die Kohlen verzehrt, so wurde von neuem gefüllt und hierauf die Eisenbrocken (frusta ferrea) einer nach dem andern aufgegeben, so viel als man für eine Luppe nötig hatte. Die Schlacken, die abschmolzen, wurden wiederholt abgestochen, bis das Eisen genügend gereinigt war. Alsdann erhitzte der Schmied eine Stange an einem Ende bis zur Schweisshitze und bohrte sie dann in die glühenden Eisenklumpen am Boden ein. Auf diese Weise fasste er ihn, hob ihn aus dem Herd und trug ihn unter den Hammer, wo er ihn zu Stäben ausschmiedete. Bei der Porta St. Giovanni zu Rom befand sich ein Eisenhammer. Das Eisen wurde daselbst in zwei kleinen Herden gefrischt und aus- geheizt. Man schmolz altes Eisen mit Roheisen von Piombino in dem einen Herd ein, während man den andern als Reckherd benutzte. Das Einschmelzen in dem ersten Herd dauerte zwei Stunden. Man schweisste einen Stab an die Luppe, wie zuvor beschrieben. Man schmiedete Stäbe von 2,40 m Länge und 5 cm Dicke. Das Schmieden geschah erst unter einem Wasserhammer, dann aber mit Hand- hämmern. Den Wind lieferte ein Wassertrommelgebläse. Man erzeugte täglich etwa 5 Ctr. Eisen oder in der Woche 3000 Pfund (3 milliers), wozu 20 Säcke Kohlen verbraucht wurden. An der Strasse von Rom nach Florenz befanden sich viele Eisen- hämmer, welche ihr Roheisen ebenfalls meist von Piombino bezogen. Die Luppenherde hatten öfter einen gemischten Betrieb, indem mit den Erzen Brucheisen, besonders alte Munition eingeschmolzen wurde. Die in England gebräuchliche Frischmethode war eine Art Wallonschmiede. Es gab einfache Hütten mit einem Schmelzherd (finery) und einem Ausheiz- oder Reckherd (chafery), die meisten aber waren doppelte, d. h. sie hatten zwei Schmelzherde zu einem Ausheizherd und einem Hammer. Die Schmelzherde waren 0,675 m lang und 0,450 m breit, aus drei eisernen Zacken und einer gemauerten Wand gebildet. Die Bodenplatte, welche auf einer Unterlage von Kohlenlösche frei auflag, war 2 Zoll dick. Vorn lag vor der Arbeits- seite ein schweres Stück Eisen von quadratischem Querschnitt mit einem Loch zum Abstechen der Schlacken. Die Tiefe des Herdes war verschieden und betrug etwa 0,225 m. Auch die gemauerte Rück- wand war mit einer eisernen Platte bekleidet, auf welcher die ein- zuschmelzenden Roheisenmasseln (pigs) ruhten. Von diesen wurde ein Einsatz (weight) in einer Stunde zu einer Luppe (loop) einge- schmolzen. Die weissglühende Masse wurde mit Handhämmern abge- klopft, weil sie unter dem Wasserhammer auseinander fliegen würde. Eisen- und Stahlfrischen. Dann wurde sie unter dem Wasserhammer in Blöcke von 0,30 m Länge zerteilt und geschmiedet. Der Block wurde in demselben Herd nochmals geheizt und dann unter dem Hammer zuerst in der Mitte zu einem 3 Fuss langen Stab ausgeschmiedet, während auf jeder Seite ein Kolben stehen blieb. Diese Kolben (anconies) wurden dann in dem Reckherd erhitzt und zu Stäben geschmiedet. Der Reckherd war ebenso konstruiert, wie der Schmelzherd, nur etwas grösser und tiefer. Er war 0,9 m lang, 0,6 m breit und 0,4 m tief. Die Bälge waren länger, gingen aber nicht so rasch, wie bei dem Schmelzherd. Hammer und Amboss bestanden aus Gusseisen. Der Hammer war 300 bis 330 kg schwer. Aus 4000 kg Roheisen erhielt man 3000 kg Schmiedeeisen. Zu einer Tonne Eisen wurden in dem Frisch- oder Schmelzherd 3 Last (load), im Reckherd 1 Last Holz- kohlen verbraucht. In einem Frischherd konnte man in der Woche 2 Tonnen Luppeneisen machen, in einem Reckherd dagegen 5 bis 6 Tonnen ausschmieden. Am Harz und in Sachsen war die deutsche Aufbrechschmiede im Gebrauch. In den Frischhütten am Harz befand sich nur ein Herd, welcher aus gusseisernen Zacken und Bodenplatte konstruiert war. Der Hammer wog 275 kg. Bei gutem Roheisen lieferte ein Herd wöchentlich 2750 bis 3300 kg Schmiedeeisen, bei schlechtem nur 1320 kg. Der Kohlenaufwand betrug 4½ Mass = ½ Karre auf den Centner (55 kg). Von besonderer Art war der Frischprozess im Salzburgischen in Verbindung mit dem früher beschriebenen Hochofen. Da das sehr hitzige Eisen „noch viel Schwefel enthielt“, konnte man es nicht unmittelbar verfrischen. Es wurde zuvor in einem Herd, ähn- lich einem Kupfergarherd, von runder Form, 60 cm im Durchmesser und 45 cm Tiefe, welcher aus guten Steinen gemauert und mit Thon gut ausgekleidet wurde, umgeschmolzen (Hartzerrennen). Die Form, welche von Eisen war, ragte 0,125 m in den Herd und war nach der Mitte des Herdes zu gerichtet. Das Roheisen wurde in derselben Weise eingeschmolzen, wie sonst und dauerte das Einschmelzen drei Stunden. Um zu prüfen, ob das Eisen die richtige Gare erlangt habe, nahm der Schmelzer, gerade wie beim Kupfergaren, mit einem kalten Eisenspiess von Zeit zu Zeit einen Span. Das Eisen war gut, wenn es sich rings um den Spiess anlegte und daran haften blieb. That es dies, so räumte man die Kohlen weg, liess die Schlacke ab und liess die flüssige Eisenmasse stehen, zur Abscheidung der Un- reinigkeiten und zum Abkühlen. Alsdann schüttelte man auf die reine Eisen- und Stahlfrischen. Oberfläche Wasser und hob die erstarrten, kuchenförmigen Krusten — „Blattel“ genannt — ab. Diese ganze Arbeit des Einschmelzens und „Blattelnreissens“ dauerte vier Stunden und wurde in zwölf Stunden dreimal wiederholt. Diese Blatteln, welche weiss und hart waren, wurden in einer Art Röstofen mit Holzfeuer erhitzt (gebraten) und sodann in dem Frischherd, der dem sächsischen und böhmischen ähnlich war, ein- geschmolzen. Der Einsatz betrug 60 kg, woraus man 50 kg Schmiede- eisen erhielt. Das Schmiedeeisen wurde in Gebunden von 125 kg — Sohm (Saum) genannt — zusammengebunden. Die Stahlfabrikation stand in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts noch auf sehr niedriger Stufe. Der meiste Stahl wurde noch direkt aus den Erzen ausgeschmolzen. In den öster- reichischen Alpenländern, welche den meisten Stahl für den Handel erzeugten, geschah dies in Stücköfen, in den Pyrenäen, in Nordspanien und Südfrankreich in Herdöfen. Seit der Einführung des Hochofen- betriebes verfrischte man auch Roheisen zu Stahl. Dieser Frisch- stahl war aber in den meisten Fällen von geringer Güte. Nur wo man ein so vorzügliches Rohmaterial hatte, wie im Siegerland und in den österreichischen Alpenländern, erzielte man guten Stahl. Wir erwähnen hier nur diejenigen Stahlfrischmethoden, welche Swedenborg in seinem Buche „De ferro“ beschrieben hat l. c. fol. 195 etc. . In Schweden war ein schönes (admodum elegans) Stahlwerk zu Wick oder Trollbo, nicht weit von der Stadt Hedemohra in der Provinz Dalekarlien, errichtet worden. Das Roheisen, welches man dort verschmolz, kam von dem Hochofen von Wikmanshyttan, welcher seine vorzüglichen Erze aus dem Bergwerke Bisberget bezog. Die Stahlfrischhütte war gerade wie eine gewöhnliche Frischhütte ein- gerichtet. Auch der Frischherd war gerade so konstruiert, nur etwas kleiner. Boden- und Seitenplatten waren von Gusseisen, die Form aus Kupfer. Der Herd war 350 mm breit und von etwas grösserer Länge, auf letztere kam es aber weniger an. Vom Boden bis zur Form war ein Abstand von 162 mm. Die Grösse der Formöffnung und die Weite des Herdes waren von besonderer Bedeutung. Der Boden der Form lag nur ganz wenig in den Herd geneigt, die Mittel- linie der Form traf nicht wie sonst den Bodenstein, sondern den unteren Teil des Gichtzackens. Das Formmaul war etwas niedriger wie ein Halbkreis und flacher als bei den Eisenherden. Die Düsen Eisen- und Stahlfrischen. der Bälge lagen etwas weiter zurück. Das Verhältnis und die Masse der Form, Düsen und Bälge war sehr wichtig. Man wendete nur oberschlächtige Wasserräder an, weil diese mehr Gewalt hatten. Da der Herdboden nur wenig durch Schlacken geschützt wurde, brannte er rasch durch. Selten hielten die Bodenplatten länger als zwei bis drei Wochen. Auch die Gichtzacken litten und mussten öfter aus- gebessert oder erneuert werden. Sollte die Arbeit beginnen, so wurden Schlacken aufgegeben, dann Kohlen, mit etwas Kohlenpulver vermengt, und hierauf das Roheisen. Dieses gab man am besten in kleinen Masseln oder in Stücken auf. Über das Eisen wurden wieder Kohlen geworfen. Das Roheisen wurde einer Vorbereitungsarbeit unterworfen, indem es in den Kohlen bis zur hellen Glut (candescens), aber nicht bis zum Schmelzen erhitzt wurde (Glühfrischen). Ehe dieses eintrat, stellte man den Wind ab und brachte die glühenden Roheisenstücke unter einen Hammer von etwa 170 kg Gewicht, der sie in kleinere Stücke von 3 bis 4 Pfund zerschlug. Diese Eisenbrocken wurden nun nach und nach zum Einschmelzen über die aufgehäuften Kohlen aufgegeben. Hierbei wurde langsamer geblasen. Der Frischer arbeitete mit seiner Stange im Herd, damit sich nichts ansetzte. War das Eisen eingeschmolzen, so dass es als flüssige Masse den Boden des Herdes bedeckte, so wurde der Wind verstärkt. Das Roheisen verwandelte sich nun in Stahl und der Frischer musste genau auf alle Zeichen achten. Er untersuchte die Masse mit der Stange, beobachtete die Schlacken- und Eisenfunken, die ausgeworfen wurden, und die Flamme, welche anfangs dunkel, immer heller und weisser wurde, besonders nach dem Ablassen der Schlacke. Anfangs fühlte sich die Masse mit dem Spiesse weich an, nach und nach erhärtete sie. Ein Durcharbeiten der Masse fand nicht statt. Dann gab man wieder neue Eisenbrocken auf und wieder- holte dies in vier Stunden etwa viermal. Dadurch wuchs die Luppe im Herd, bis sie etwa 42 kg schwer war. Man brach sie nun mit der durch das Schlackenloch eingeführten Brechstange aus. Sie bildete eine unten runde, oben flache Masse. Man hob sie unter den Hammer, breitete sie etwas aus und zerteilte sie dann mit der Schrothacke in vier gleiche Teile. Die Stahlluppe hatte in der Glut eine rötere Farbe als die entsprechende Eisenluppe. Wenn das Gebläse nicht in Ordnung war, so bildete sich oft gar keine Schlacke. Die Schmelzung ging dann nur langsam vor sich und der Stahl verbrannte leicht und wurde schlecht. Um dies zu verhüten, warf man dann von Zeit zu Zeit Flusssand auf. Die Bodenplatte hielt dies aber nicht lange aus, Beck , Geschichte des Eisens. 13 Eisen- und Stahlfrischen. indem sich die Schlacken daran festhingen, was dem Stahl wieder zum Schaden gereichte. Die vier Stahlstücke wurden im Herd vor der Form erhitzt und dann unter dem Hammer zu Stäben ausgeschmiedet. Gleichzeitig wurde von neuem Roheisen eingeschmolzen. Das Ausheizen geschah in der Weise, dass zwei Schirbel nebeneinander eingelegt wurden. Der vor der Form wurde zuerst heiss, alsdann wurde er herausgenommen und zur Hälfte ausgeschmiedet; der zweite war währenddem an die Stelle des ersten gerückt und die dritte Schirbel eingelegt worden. Wurde die dritte herausgenommen und die vierte vorgeschoben, so wurde der erste halb ausgeschmiedete Kolben eingelegt u. s. w., bis alles zu Stäben von 3 cm im Quadrat und 1,20 bis 1,50 m Länge verschmiedet war Dieser Stahl hiess Schmelzstahl (Smeltarestaul, chalybs fabrilis vel liquatorius). Die Stangen glühten nicht weiss, sondern rot beim Ver- schmieden. Der Hammer ging rascher als beim Eisen. Sobald die Stangen geschmiedet waren, wurden sie noch glühend in fliessendes Wasser geworfen und so gehärtet. Dieser Rohstahl, welcher körnig war und noch hier und da Eisenfunken im Bruch zeigte, wurde in eine andere Schmiede ge- bracht, wo er durch wiederholtes Umschmieden in besseren Stahl von feinerem Korn umgewandelt wurde. Dies geschah unter kleinen Hämmern von 25 kg Gewicht, wobei der Schmied auf einem drei- füssigen Schemel sass und die Stäbe rasch fortwährend hin- und her- drehte. An der Radachse waren zwölf Hebedaumen und die Schläge des Hammers gingen so rasch, wie das Ticken einer Taschenuhr. Die Windform war wie bei dem Frischherd, nur etwas höher, so dass ihr Maul einen wirklichen Halbkreis bildete. Ihr Abstand vom Boden betrug 50 bis 75 mm. Der Herd war 250 bis 275 mm breit und 350 bis 400 mm lang. Die Arbeit geschah folgendermassen: Die gehärteten Rohstahl- stangen wurden entweder durch Aufwerfen auf einen scharfen Stein oder durch Hammerschläge in Stücke zerbrochen. Diese Stücke wurden dann nach ihrer Länge ausgesucht, nach einer gewissen erfahrungs- mässigen Ordnung oder Zeichnung (s. Fig. 32) in den Herd auf eine Lage Kohlen eingelegt und mit Kohlen bedeckt ausgeheizt. Indem der Wind durch die Öffnungen der durch die Stahlstangen gebildeten Stabgitter durchblies, machte er ein starkes eigentümliches Geräusch. Waren die Stäbe noch ½ bis ¾ Stunden glühend, so wurden sie in einer bestimmten Reihenfolge aus dem Herd genommen und unter dem Hammer mit raschen Schlägen zu Stäben von ½, ¾, 1, 1½ und Eisen- und Stahlfrischen. 2 Fuss Länge ausgeschmiedet, und zwar schmiedete der Meister auf seinem Schemel sitzend immer die eine Hälfte, der Geselle alsdann die andere Hälfte. Die ausgeschmiedeten Stäbe wurden in kaltem Wasser in einem hölzernen Löschtroge abgelöscht. Nur zwei grosse Stäbe wurden nicht gehärtet. Hierauf wurden die sämmtlichen Stäbe, die kleinen und die grossen, wie zu einer Rute (Garbe) zusammen- gebunden, und zwar so, dass einer der nicht gelöschten Stäbe zu unterst, der andere zu oberst lag. 16 bis 20 Stäbe waren so zu einer Garbe verbunden. Der Zweck war, durch die Vereinigung derselben zu einer Masse die Fehler, die der eine oder andere Stab hatte, aus- zugleichen. Diese Garbe wurde nun unter Aufwerfen von trockenem, gepulvertem Thon geschweisst, und zwar schlug man erst die eine Hälfte mit Handhämmern zusammen, dann die andere. Alsdann schweisste man unter Aufwerfen von Thon die eine Hälfte und schmiedete sie unter dem Wasserhammer zu einem 10 cm dicken Stab Fig. 32. zusammen, dann ebenso die andere Hälfte. Dann schmiedete man die beiden Enden noch weiter aus, so dass die ganze Stange etwa 3 m lang wurde. Die Stan- gen wurden in Gebunde von etwa 450 kg Gewicht zusammengepackt. Dieser schwedische Gärbstahl war nach Swedenborgs Angabe ebenso gut, wenn nicht noch besser, als der von Kärnten und Steiermark eingeführte. Der unmittelbar aus dem Roheisen erzeugte Stahl hatte den Vorzug, dass er mehr Hitze aushielt, ohne seine Stahlnatur zu verlieren, als der aus Cementstahl bereitete. Auch gingen die Eigenschaften des Roheisens, Härte, Zähigkeit und Festigkeit, mehr oder weniger auf den Stahl über und musste man danach und nach dem Zweck der Verwendung die Auswahl des Roheisens treffen. Solches, welches rot- brüchiges oder kaltbrüchiges Eisen gab, war auch für Stahl nicht zu gebrauchen. Nicht jedes Eisen gab Stahl Bezüglich der weiteren Angaben Swedenborgs über den Frischstahl verweisen wir auf sein Buch S. 201. . Der Abbrand war gross. Auf 64 Pfund Einsatz im Schmelzherd hatte man 24 Pfund Abbrand, und weiter im Reckherd 8 Pfund, so dass der Verlust im Ganzen sich auf 50 Proz. belief. 13* Eisen- und Stahlfrischen. Eine andere Stahlfrischhütte in Schweden, welche schon zur Zeit Gustav Adolfs angelegt worden war, befand sich zu Qwarnbacka. Auch hier geschah die Arbeit in zwei Herden. Diese lagen so hoch, dass der Arbeiter in aufrechtstehender und nicht in gebückter Stellung daran arbeiten musste. Der Boden und die Seiten bestanden nicht aus Eisen-, sondern aus Steinplatten von einem kalkigen Gestein, „Stellsteen“ genannt. Man hatte Holzblasebälge. Zwei Hämmer, jeder etwa 160 kg schwer, waren in der Hütte. In jedem Herd wurden abwechselnd 80 kg Roheisen auf das sorgfältigste eingeschmolzen, ganz wie im Eisenfrischherd, nur dass man sehr oft die Schlacken abstach, so dass das Eisen nicht im Schlackenbad, sondern trocken einschmolz (gan tort uti Haerden). Dagegen warf man während des Frischens öfter ein Pulver, aus Asche, Vitriol und Alaun gemischt, auf, von dem man glaubte, dass dadurch der Stahl sich besser bearbeiten liesse. Die Luppe wurde ausgebrochen, in Stücke zerhauen, diese ausgeheizt, in Stäbe geschmiedet, gehärtet und in Stücke zerbrochen. Diese Stücke wurden dann kreuzweise zu Packeten geformt, welche wieder in dem Herd geschweisst und zu Stäben wiederholt ausgeschmiedet wurden. Man erhielt dabei dreierlei Sorten: 1. Fassstahl oder Rohstahl, welcher aus dem Frischherd zuerst ausgeschmiedet war; 2. Klingen- stahl, welcher viermal gegärbt, d. h. viermal packetiert und aus- geschmiedet worden war, und 3. Federstahl, die beste Sorte, welche achtmal gegärbt war. Nach jedem Gärben mussten den Stäben Zeichen und Nummern aufgeschlagen werden, um zu wissen, wie oft sie ge- reinigt waren. Ausserdem liess sich die Güte des Stahls aus dem Aussehen der Bruchflächen erkennen. Der beste Stahl war ganz gleichförmig und weiss wie Silber. In einer Woche konnte man 14 Ctr. Fassstahl, 12 Ctr. Klingen- stahl oder 8 Ctr. 1 Centner = 8 Lispfund = 160 Shalpfund = 67 kg. Federstahl machen. Zu einem Centner oder 8 Lispfund Federstahl wurden 13½ Lispfund Roheisen und 26 Tonnen Holzkohlen gebraucht; zu 1 Ctr. Klingenstahl 12 Lispfund Roheisen und 24 Tonnen Kohlen, zu 1 Ctr. Fassstahl 12 Lispfund Roheisen und 9 Tonnen Kohlen. Zu Swedenborgs Zeit wurde aber in den Stahlhütten von Wedewang und Qwarnbacka der Gärbstahl bereits meist aus Cement- stahl (ferrum in furnis chalybeis concrematum) bereitet. Bei der Eisengewinnung aus den Sumpferzen in Dalekarlien fiel auch oft nebenher stahlartiges Eisen, aus dem die Eingeborenen Beile, Eisen- und Stahlfrischen. Sicheln u. s. w. machten, mit welchen sie durch ganz Schweden hausierten. Man beförderte die Stahlbildung dadurch, dass man das Eisen über dem Fokus rasch einschmolz und es längere Zeit in Glut erhielt, dann die Kohlen wegzog und es erkalten liess. In Südfrankreich wurde bei Alwar (Allevard) in der Dauphiné Stahl aus dem Roheisen, dessen Darstellung wir oben beschrieben haben, gefrischt. Der Stahlfrischherd (l’affinerie) war tiefer als die gewöhnlichen Frischfeuer. Er war von Eisenzacken zusammengesetzt. Das eingeschmolzene Roheisen wurde nicht umgerührt, sondern in Ruhe gelassen, bis der Herd voll war. Sobald dies geschehen, wurde der Wind abgestellt und die Masse kalt werden gelassen Swedenborgs Darstellung ist hier nicht ganz klar. Es scheint, dass man den ganzen Herdinhalt, Schlacken und Stahlbrocken, vorn aus dem Herd herauszog und sie vor dem Herd erkalten liess. . Die obere Kruste, hauptsächlich aus Schlacken bestehend, wurde entfernt und die Luppe unter dem Hammer in Stangen geschmiedet. Diese wurden in einem zweiten Ausheizherd (Chaufferie) erhitzt, doch nicht so sehr, wie zuvor. Man warf auch Sand auf, um die Hitze zu mässigen. Man schmiedete die Stangen zu dünneren Stäben aus, die noch glühend in kaltes Wasser geworfen wurden. Eine genauere Beschreibung der französischen Stahlfrischfeuer hat Reaumur in seiner berühmten Abhandlung über die Cement- stahlfabrikation (S. 245) mitgeteilt. „Zum Stahlfrischen kann man weisses Roheisen nehmen, doch zieht man gewöhnlich hellgraues (mediocrement grise) vor, d. h. ein weniger reines. Nicht als ob man mehr von den erdigen und Schlackenstoffen im Stahl als im Eisen haben wollte, sondern weil man kein so starkes Feuer beim Stahlfrischen anwenden darf, und weil sich bei schwachem Feuer die Unreinigkeiten leichter von dem grauen Roh- eisen abscheiden lassen. Die Methoden, die man beim Stahlfrischen anwendet, sind nicht so gleichmässig, wie die beim Eisenfrischen; im allgemeinen lässt sich sagen, dass man die Gans oder das Roheisen in einem tieferen Herd einschmilzt. Es giebt Gegenden, wo man die Herde 2 Fuss, ja bis 2½ Fuss tief macht. Man lässt den eingeschmolzenen Guss, der von glühenden Kohlen bedeckt ist, in Ruhe; der Wind trifft nur das ein- schmelzende Roheisen und man stellt denselben ab, sobald genug niedergeschmolzen, beziehungsweise der Herd gefüllt ist. In einigen Gegenden sticht man am unteren Teil des Tiegels oder Zerrennherdes (affinerie) ab und lässt die Masse in dünnen Platten auslaufen, in Eisen- und Stahlfrischen. anderen lässt man die Masse im Herd erstarren, bis die obere Schicht eine gewisse Dicke von etwa einem Zoll erlangt hat. Nachdem man erst die darüber erstarrte Schlackenschicht abgehoben hat, hebt man das erstarrte Eisen als eine feste Scheibe ab (Scheibenreissen). Man reinigt auf diese Weise den Guss von seinen erdigen Beimengungen, ohne ihm zugleich viel von seinen schwefligen und salzigen Teilen zu entziehen. Ja, man schmilzt da, wo man den besten Stahl macht, den Guss in Gefässen, die nur dazu dienen, zu verhindern, dass von diesen Substanzen etwas verloren gehe. Deshalb sind die Wände der Frischherde, die manchmal aus Eisenplatten, manchmal aus Mauerwerk bestehen, mit einer Lage Holzkohlen ausgestampft, so dass die Schmelzung gewissermassen in einem Kohlentiegel vor sich geht. Es giebt Arbeiter, welche dabei Hornspäne, Russ und ähnliche Stoffe in den Herd werfen. Das auf diese Weise durch eine zweite Schmelzung (Hartzer- rennen) gereinigte Eisen wird dann in einem Schweissherd (chaufferie) aufgegeben, in dem es nur soweit erhitzt zu werden braucht, um die genügende Menge der schwefligen und salzigen Bestandteile zu ver- flüchtigen, ohne dass die Eisenteilchen sich so sehr verteilen, dass sie ihren Zusammenhang verlieren. Da dies die einzige Aufgabe ist, so ist es nicht erforderlich, die Schlackenbestandteile in Fluss zu bringen, wie beim Eisenfrischen. Deshalb bedarf es keiner so hohen Hitze und man erhitzt nur so weit, als man es für notwendig hält, damit der Stahl den Hammer aushalte, wobei man die Luppe nicht durch- arbeitet, wie beim Eisenmachen. Der wichtigste Punkt ist, das Feuer nach der Menge des Metalles zu bemessen, da man bei zu starker Hitze Eisen bekommt. Bei aller Vorsicht erhält man in der Regel doch ¼ bis ⅓ der Masse als Eisen, indem es unmöglich ist, die Hitze so gleichmässig zu verteilen. So kommt es, dass ein Teil der ausgereckten Stange Eisen, ein anderer Stahl ist. Wären Stahl und Eisen immer getrennt, so hätte dies nicht viel auf sich, das Üble ist aber, dass man kaum jemals sicher ist, dass der Stahl nicht von Eisenadern durchzogen ist. — In den meisten Stahl- hütten werfen die Schmiede beim Ausheizen des gefrischten Stahles Sand oder gepulverte Schlacke auf, welche die metallischen Teilchen überzieht und sie vor dem Verbrennen oder der Überführung in Eisen schützt.“ Infolge des erwähnten Fehlers, dass der französische Frischstahl nicht rein, sondern von Eisenfäden durchzogen war, stand er an Güte dem deutschen Stahl sehr nach. Eisen- und Stahlfrischen. Das Stahlfrischen im Salzburgischen beschreibt Swedenborg folgendermassen. Man liest das beste Brauneisenerz aus, röstet es und schmilzt es dann im Hochofen zu Stahleisen, welches man in Gänse von etwa 4 Ctr. absticht. Der Herd, der dem sächsischen Frisch- herd gleicht, ist nur darin abweichend, dass die Windform schiefer liegt. Jede Gans wird für sich eingeschmolzen, wobei das Stahleisen nicht dünnflüssig, sondern breiartig fliesst. Das erste Mal lässt man die so eingeschmolzene Masse zwölf Stunden im Herd, sticht die flüssige Schlacke ab und rührt und wendet das Eisen mit der Brech- stange. Alsdann nimmt man die Masse aus dem Herd, zerteilt sie unter dem Hammer in Stücke, und löscht jedes Stück in Wasser. Diese Stücke werden dann von neuem in denselben Herd eingesetzt und sechs Stunden lang beständiger Hitze ausgesetzt, wobei wieder die überschüssigen Schlacken abgestochen werden. Alsdann wird die Masse von neuem aus dem Herd genommen, unter dem Amboss in Stücke zerhauen, die in Wasser gelöscht werden. Die Masse ist zwar jetzt schon stahlartig und hart, aber um richtigen Stahl zu geben, müssen die Stücke noch ein drittesmal in denselben Herd eingesetzt und sechs Stunden lang in der Glut gehalten werden. Die Masse wird zerteilt, in dicke Klumpen geschmiedet, die in Wasser abgelöscht werden. Diese dicken Stangen werden zerbrochen und die Teile in dünne Stäbe von etwa ½ Zoll (½ digiti) Seite aus- geschmiedet, die noch glühend abgelöscht werden. Um das Wasser noch kälter zu machen, setzt man ihm Kochsalz zu. Die Stäbe werden zu „Buschen“ von ¼ Centner Gewicht zusammengebunden. Aus 4 Ctr. Roheisen erhält man 2½ Ctr. Stahl, der sehr geschätzt wird. 1½ Ctr. gehen in die Schlacken. Die Holzkohlen mischt man aus ½ weichen und ½ harten. Es werden davon jedesmal sechs Säcke verbraucht. In einer Woche machen drei Arbeiter auf diese Weise 15 bis 16 Ctr. guten Stahl; nach diesem Verfahren macht man in Kärnten den meisten Stahl, der als steierischer verkauft wird. Über das Stahlfrischen in Kärnten, Tirol, Steiermark macht Swedenborg ebenfalls Mitteilungen, die aber nicht sehr eingehend sind. Danach betrug der Einsatz in den Stahlzerrennherd 4½ Ctr. Floss. Die Form sass tief mit etwas Neigung in dem Herd. Nachdem das Eisen eingeschmolzen war, liess man es drei bis vier Stunden ruhig stehen und in sich verkochen, ehe man darin rührte. Man warf Quarzsand auf, zur Abscheidung der Unreinigkeiten und weil man nicht viel Schlacken am Herd haben wollte. Nach dieser Zeit stach man Schlacke ab. Über dem Stahlkuchen blieb eine Masse Eisen- und Stahlfrischen. von weichem Eisen, welche man abhob und für sich verschmiedete. Alsdann nahm man die Stahlluppe heraus und teilte sie in vier Stücke, die man ablöschte und dann wieder in den Herd einsetzte und von neuem niederschmolz. Dies wiederholte man drei- bis viermal. War dann alles Eisen in Stahl verwandelt, so schmiedete man diesen in Stäbe von 3 Fuss Länge aus, die man in Lehmwasser ablöschte und sodann in Fässer packte. Aus dem Einsatz eines „Flosses“ von 4½ Ctr. erhielt man ½ Ctr. Schmiedeeisen, das übrige war Stahl. Aus 10 Ctr. erhielt man 7 Ctr. Stahl. Ein Meister machte in einer Woche mit einem Gesellen und einem Jungen 10 Ctr. Stahl. Der Hammer hatte ein Gewicht von 10 Ctr. Der Schwede Polhem hat in seinem patriotischen Testament (1746) noch einige allgemeine Regeln für das Stahlfrischen mitgeteilt Siehe Schreber, a. a. O., S. 358. , welche wir hier ebenfalls anführen wollen. Man wähle bestes, reinstes Roheisen. Solches, das zu Rotbruch und Kaltbruch neige, sei am besten zu verwerfen, doch liesse sich für manche Zwecke noch Stahl daraus machen. Aus rotbrüchigem Eisen erhalte man einen Stahl, der gut zu feilen wäre, so lange er nicht gehärtet sei: gehärtet eigene er sich für polierte Arbeiten, als Knöpfe, Schnallen, Degengefässe u. s. w. Der kaltbrüchige Stahl habe eine noch weissere Farbe, sei aber un- tauglich zu Draht, Saiten, Nadeln und Scheideeisen, da er keine Zähigkeit besitze. Beim Abstechen des Roheisens aus dem Hochofen solle man es für Eisen in tiefe Sandformen, zum Stahlfrischen in flache Formen laufen lassen. Ersteres bliebe, wie es wäre, in Klumpen in der Schlacke, letzteres aber müsse zart fliessen, was bei dünneren Stücken leichter geschähe. Auch erfordere dies stärkere Hitze, welche man entweder durch stärker angelassenes Gebläse oder durch kleineren Herd bei auf 30 Grad geneigter Form erhielte. Beim Stahlschmelzen müsse man die Schlacke fleissig ablassen und die Luppe im Herd drei- bis viermal wenden. Hierauf folge das Durchschmieden und Gärben, welches den Stahl zäh und geschmeidig mache. Je öfter man ihn schweisse, zusammenlege und ausschmiede, je zäher und je geeigneter für Federn, Degenklingen und dergleichen werde er. — Für Schneidzeuge brauche der Stahl nicht so oft gegärbt zu werden. Gute Kohlen von Laubholz und alten Fichten seien am besten, Kohlen von Tannen- oder jungem Holze machten den Stahl weicher, als er war; Kohlen von hartem und altem Holze machten ihn härter. Die Cementstahlfabrikation. Brennstahl sei gut in Ermangelung von anderem, aber für Schweden, das so guten Frischstahl habe, sei er unnötig. Form, Figur und Grösse der Herde sei verschieden. Jeder Meister halte seinen für den besten und halte daran fest. Etwas Vollkommenes sei hierin noch nicht gefunden, das bleibe der Zukunft vorbehalten. Ohne Zweifel habe der blosse Zufall bei der Bereitung des Eisens das Stahl- machen an die Hand gegeben, denn so lange die geschmolzene Schlacke im Herde stehe und das Eisen in demselben schwimme, behielte es seinen Schwefel, der ihm zur Weiche, wie Fett dem Leder, behülflich sei. Sobald man aber die Schlacke abliesse und das Eisen entblösst werde, verdufte der Schwefel, wodurch Stahl entstünde. Dies ginge zunächst von der Oberfläche aus. Wollte man Luppen haben, die durch und durch Stahl wären, so dürfte man sie nicht gross machen. Neben der Stahlbereitung in Frischherden spielte die Stahlbereitung durch Rückkohlung von Schmiedeeisen im Anfang des 18. Jahrhunderts bereits eine Rolle. Um diese Fabrikation hat sich Reaumur das grösste Verdienst erworben. Die Cementstahlfabrikation (nach Reaumur 1721). Reaumur hatte in den Jahren 1720, 1721 und 1722 vor der Akademie der Wissenschaften in Paris eine Anzahl Abhandlungen (mémoires) über das Eisen, insbesondere die Verwandlung von Schmiede- eisen in Stahl und die Erweichung des Gusses bis zur Schmiedbarkeit vorgetragen, welche so grossen Beifall fanden, dass beschlossen wurde, dieselben drucken zu lassen. Dies geschah durch Michel Brunet im Jahre 1722 L’art de convertir le fer forgé en acier et l’art d’adoucir le fer fondu, ou de faire des ouvrages de fer fondu aussi finis que de fer forgé par Monsieur de Réaumur , de l’Academie Royale des Sciences à Paris chez Michel Brunet , Grande Salle du Palais, au Mercure galant, MDCCXII, avec approbation et privilége du Roy. Der erste Teil l’art de convertir le fer forgé umfasst 382 Quartseiten mit 10 Figurentafeln, der zweite Teil d’adoucir le fer fondu 178 Quartseiten mit 7 Tafeln. . Reaumur widmete das Werk dem damaligen Regenten von Frankreich, Herzog Philipp von Orleans, welcher an seinen Arbeiten von Anfang an ein lebhaftes Interesse genommen hatte und ihm zur Belohnung einen bedeutenden lebenslänglichen Staatsgehalt bewilligt hatte. Die Cementstahlfabrikation. In der That verdiente das Werk diese grosse Anerkennung im vollsten Masse. Die Cementstahlfabrikation und die Darstellungen des schmiedbaren Gusses waren zwar keine neuen Erfindungen Reaumurs , aber sie waren bis dahin von denen, die sie betrieben hatten, so geheim gehalten worden, dass sie für die Technik so gut wie unbekannt waren. Reaumur suchte und fand die richtigen Darstellungsmethoden und machte sie aller Welt bekannt. „Da die Regeln, welche wir mitteilen, ganz neu sind“, schreibt er, „oder was dasselbe sagt, seither geheim gehalten waren, so hatten wir dieselben nicht nur vorzutragen, sondern auch auf ihren Wert zu prüfen.“ Dies that er in der gründlichsten und klarsten Weise. Diese rücksichtslose Veröffentlichung wichtiger technischer Prozesse war neu und wurde ihm von vielen sogar verübelt, die meinten, solche Dinge gehörten nicht vor das grosse Publikum, man hätte sie Gesell- schaften anvertrauen sollen, welche dieselben hätten ausbeuten können, oder wenigstens dem Staate, damit der Nutzen Frankreich allein zu gute gekommen wäre. Reaumurs erhabene Denkweise spricht sich deutlich in seiner Antwort darauf aus. „Die Gefühle, welche dem ersten Gedanken zu Grunde liegen, sind nicht edel genug, dass man sie noch dadurch verherrlichen sollte, dass man sie widerlegt; sind sie nicht selbst gegen die natürliche Gleichheit? Ist es denn sicher, dass unsere Entdeckungen so sehr unser sind, dass das Publikum kein Recht daran hätte, dass sie nicht in gewissem Sinne ihm gehörten? Wir müssen Alle und das ist unsere erste Pflicht, zu dem allgemeinen Wohle der Gesellschaft bei- tragen; wer das unterlässt, wenn er es thun kann, wer das unterlässt, wenn es ihn nur Worte der Rede kostet, versäumt eine wichtige Pflicht unter den verabscheuungswürdigsten Umständen. Wenn dieser Grundsatz feststeht, sind wir dann noch die absoluten Herren unserer Entdeckungen?“ Allerdings zeige das Publikum solcher Gesinnung gegenüber wenig Dankbarkeit, denn das Geheimgehaltene schätze es über alles Mass, dem aber, der das Geheimnis enthülle, zeige es sich undankbar, ja ablehnend, indem es finde, dass dies ja nichts wunder- bares sei, dieser oder jener Teil der Entdeckung längst bekannt ge- wesen sei u. s. w. Dieses Verhalten des Publikums habe viele Gelehrte veranlasst, Erfindungen geheim zu halten oder sie so dunkel zu be- schreiben, dass der Leser nichts damit anfangen könne. Dies sei aber unrecht. Dürfe der Arzt sich weigern, in der Gefahr einem körperlich Leidenden Hilfe zu leisten? und verhalte es sich mit geistigen Mängeln anders? Er behaupte, die, welche ihre Untersuchungen unklar dar- Die Cementstahlfabrikation. stellten, sie zum Teil verbergen und sie nur erraten liessen, stehlen dem Leser seine gute Zeit. Die Menschheit solle die gar nicht zu- lassen, die nur danach strebten, bewundert zu sein, statt sich nützlich zu machen. „Was den zweiten Teil des Vorwurfs betrifft, dass ich meine Er- findungen Frankreich allein hätte erhalten sollen, so verlangen sie, dass ich darin das unrühmliche Beispiel einiger unserer Nachbarn nachahme. Wohl sind wir zunächst unserem Vaterlande verpflichtet, aber wir sind auch der übrigen Welt verpflichtet: diejenigen, welche an der Vervollkommnung der Wissenschaften und Künste arbeiten, müssen sich als Bürger der ganzen Welt betrachten. Wollte man die Ausbeutung der Erfindungen so einschränken, so müsse dies durch Privilegien geschehen. Privilegien haben aber stets den Nachteil, dass sie den Fortschritt verlang- samen und den Preis des Produktes verteuern . Das Beste für die Menschheit ist Öffentlichkeit und freie Konkurrenz.“ Trotzdem ist der Verfasser bei seiner Arbeit und der Fürst bei der Erteilung der Belohnung dafür wesentlich von dem Gedanken geleitet worden, dass dadurch ihrem Vaterlande, Frankreich, ein be- sonderer Nutzen geboten werde. In Frankreich war man bis dahin nicht imstande gewesen, bessere Stahlsorten zu erzeugen, fast aller Stahl musste aus dem Auslande bezogen werden. Der Verfasser hoffte, dass seine Vorschläge die Mittel an die Hand geben würden, in Frank- reich selbst eine umfangreiche Industrie für bessere Stahlsorten zu begründen; nicht weniger erhoffte er von der Ausbeutung der Idee des hämmerbaren Gusses, welcher nach seiner Idee hauptsächlich für dekorative Zwecke geeignet sei. Da aber Frankreich auf diesem Ge- biete, in Bezug auf alles, was Geschmack und schöne Formen anlange, schon jetzt das anerkannt erste Volk der Welt sei, so werde ihm auch der grösste Teil des Nutzens aus dieser Erfindung zufliessen. Von so hohen wissenschaftlichen und patriotischen Gedanken war Reaumur bei Abfassung seiner Memoiren erfüllt. Seine beiden Abhandlungen bauen sich auf einer grossen Reihe praktischer Versuche, welche er mit Fleiss, Umsicht, Geduld und grossen Opfern an Zeit und Geld angestellt hatte, auf. Die Wichtigkeit des Inhalts und der Methode lassen es zweck- mässig erscheinen, dem Gedankengang des Verfassers möglichst zu folgen und einen gedrängten Auszug der umfangreichen Schriften zu geben. Alle Eisenerze sind aus Eisen-, Erd-, Schwefel- und Salzteilen Die Cementstahlfabrikation. zusammengesetzt. Die Kunst des Hüttenmannes besteht darin, die Eisenteile von den übrigen zu trennen, wodurch sie erst für den Gebrauch verwendbar werden. Die Schmelzung ist das erste Mittel, welches man hierfür anwendet. Bei der Schmelzung trennt sich die leichtere Schlacke von dem schwereren Eisen. Dieses ausgeschmolzene Eisen, das man Gusseisen (fonte) nennt, ist noch unrein, weshalb es unter dem Hammer zerbricht. Um es in schmiedbares Eisen zu ver- wandeln, wird es gefrischt, das heisst ein zweites Mal eingeschmolzen und unter einem schweren Hammer behandelt; dies wiederholt man und erhält dadurch schmiedbares Eisen oder Stahl, je nach der Behandlung. Es giebt drei Arten, Stahl zu machen: 1. aus Roheisen im Frisch- herd, wobei man meistens nur ein sehr geringes Produkt, manchmal aber je nach dem Roheisen und der Gegend auch ein besseres erhält; 2. direkt aus dem Erz im Schmelzofen, wie es in Steiermark und in unserem Lande in Roussillon, insbesondere in der Grafschaft Foix, geschieht, und 3. durch Cementation von Schmiedeeisen, wodurch man feinen Stahl, den man härter oder weicher machen kann, erhält. Dieser letztere ist allein frei von Adern und Körnern von weichem Eisen. Deshalb macht man in vielen Ländern, namentlich in Eng- land, obgleich man das Schmiedeeisen dafür aus Schweden beziehen muss, den feinen Stahl ausschliesslich aus diesem künstlichen Stahl. Auch in Italien und in verschiedenen Provinzen Deutschlands macht man Stahl aus Schmiedeeisen. Und wo man dies nicht thut, da hat man es gewiss doch schon versucht, weil man immer die aus Schmiede- eisen erzeugten Stahlsorten für die besten hält. Nur Frankreich, ob- gleich es Naturstahl (d. h. Rennstahl) sogar ausführen kann, entbehrt diesen und muss jährlich Unsummen dafür an das Ausland, wo man das Verfahren selbst ängstlich geheim hält, bezahlen. Allerdings wurde deshalb der Hof überlaufen, und besonders seit drei oder vier Jahren behaupteten Franzosen und Fremde aus allen Ländern, um sich zu bereichern, sie besässen das wahre Geheimnis, Eisen in Stahl zu ver- wandeln. Aber da trotz aller Gnadengeschenke niemals etwas dabei heraus kam, hat sich ein Vorurteil gegen alle diejenigen, welche dies unternehmen wollen, die man mit denen, die nach dem Stein der Weisen suchen, auf eine Stufe stellt, ausgebildet; und man hielt es für ein unausführbares Unternehmen. Trotz dieses Vorurteils erschien Reaumur das Problem aus nationalökonomischen Gründen für zu wichtig, um es fallen zu lassen. „Die Möglichkeit der Umwandlung von Schmiedeeisen brauchte nicht Die Cementstahlfabrikation. mehr bewiesen zu werden, sie war hinreichend bezeugt durch den Erfolg, den man in England, Deutschland und Italien damit erzielte, die Frage war nur die, ob man nach demselben Verfahren mit unserem Eisen ebenso gut Stahl machen konnte, wie jene mit dem ihrigen, oder ob man im schlimmsten Falle fremde Eisensorten in Frankreich in Stahl verwandeln sollte, wie man in England so vortrefflichen Stahl aus Eisen von Schweden machte, welches sich zeitweilig in Paris nicht höher stellte, als das einheimische Eisen und in den Häfen ebenso billig war, wie dieses. Da ich aber bei meinen Untersuchungen, die ich über die einheimischen Eisensorten bei der Beschreibung der Schmelzöfen und Hämmer und der verschiedenen Verfahren in den- selben angestellt hatte, erfahren hatte, wie mannigfaltig unsere ein- heimischen Eisensorten seien, zweifelte ich nicht, dass sich darunter solche befänden, welche sich in Stahl verwandeln liessen und mit denen man jede Stahlsorte herstellen könnte. Ich wusste sogar, dass in Bearn eine oder zwei Fabriken bestehen, in denen eine Person von Stellung schon Eisen aus jener Provinz in Stahl verwandelt hatte, welchen ich untersucht und dem deutschen Stahl nur wenig nach- stehend gefunden habe. Da ich diese Eisensorte für eine zur Umwandlung geeignete halten konnte, so kam es nur darauf an, das richtige Verfahren zu finden und dieses dann an allen Eisensorten des Königreichs zu probieren.“ Das Verfahren war ein Geheimnis, aber die Einsatz- härtung (trempe en paquet) war Reaumur bekannt und mit dieser musste es zusammenhängen. Die Stoffe, welche man bei dieser anwendete, waren zerstossene Holzkohle, Asche, Russ, denen man Salze zusetzte, nebst verschiedenen anderen Stoffen pflanzlicher, tierischer oder mineralischer Natur. Auch diese Mischungen bildeten Geheimnisse der Schmiede und jeder hatte sein eigenes Rezept. Es kam nun darauf an, durch Versuche festzustellen, wie diese Stoffe für sich auf das Eisen wirkten und welche Mischung die beste sei; ob man einzelne Bestandteile weg- lassen oder durch andere ersetzen könnte; welche Mengen anzu- wenden seien; wie der Prozess in einfacher, jedem Arbeiter verständ- licher Weise geführt werden müsse. Über alle diese und noch viele andere Fragen stellte Reaumur eine grosse Reihe von Versuchen an, die ihn zum Ziel führten und ihn in den Stand setzten, die beste Methode der Cementstahlfabrikation genau zu beschreiben. Die erste Versuchsreihe bezog sich auf die Zusammensetzung des Die Cementstahlfabrikation. Cements (Cementierpulvers), was am meisten als das Geheimnis der Kunst angesehen wurde. Es ist dabei einerlei, ob diese Versuche in Blech- oder in gusseisernen Kästen, in Thontiegeln oder sonstigen verschlossenen Gefässen vorgenommen wurden, und ob diese Gefässe in einer Schmiedeesse, einem Wind-, Muffel- oder Brennofen erhitzt wurden. Um aber unter gleichen Bedingungen zu arbeiten, wurden die Glühversuche in ganz gleichen Thontiegeln vorgenommen. Jeder erhielt eine andere Mischung. Die Eisenstückchen wurden lagenweise mit dem Cementierpulver geschichtet und alle möglichst dem gleichen Feuer ausgesetzt. Um zunächst festzustellen, ob nicht das Schmiede- eisen durch andauerndes Erhitzen schon an und für sich eine Ver- änderung erleide, wurde dasselbe zunächst nur mit indifferenten Sub- stanzen, als Thon, Kalk, Gips, verschiedenen Sandarten, Asche, gepulver- tem Glas, geglüht. Es zeigte sich keine Veränderung des Eisens, wenigstens keine Stahlbildung. Der Zusatz von Pflanzensäften, welche bei verschiedenen Geheimmitteln als wirkungsvoll hingestellt werden, zu diesen indifferenten Stoffen, übte ebenfalls keine besonderen Wirkungen. Ebenso wurden Versuche mit Fetten und öligen Substanzen für sich allein angestellt, so mit gewöhnlichem Talg, Leinöl u. s. w., mit welchen Thon und Kalk, die sich vorher als wirkungslos erwiesen hatten, vermischt wurden. Auch hierbei zeigte sich keine Stahl- bildung. In gleicher Weise wurden verschiedene Salze probiert, teils für sich, teils gemischt mit neutralen Stoffen und der Erfolg war derselbe. Grösser waren die Einwirkungen von gewissen Mischungen dieser Stoffe; so verwandelte ein Gemenge von Seife und Erde das Eisen zum Teil wenigstens in schlechten Stahl. Viel energischer war aber die Einwirkung derjenigen Stoffe, welche nach der Auffassung jener Zeit fettige und salzige Substanz gebunden enthielten, als Kohlenpulver, Steinkohle, frische unausgelaugte Holzasche, Russ, be- sonders der aus den Kaminen, gesiebte Hornkohle, gesiebte Leder- kohle, Kot verschiedener Tiere, wie der von Pferden, Hühnern und Tauben, entweder getrocknet oder verkohlt. Alle diese Substanzen verwandelten das Eisen in Stahl, „wie man dies bei ihrer fettigen und salzigen Natur erwarten konnte“. Der erhaltene Stahl war von ver- schiedener Güte; der mit Kohlenpulver, Russ und verkohltem Leder erhaltene war hart und fein, aber schwer zu bearbeiten und zeigte nach dem Ausschmieden viele Risse und Schrunden. Verkohlte Horn- späne zeigten sich weniger wirkungsvoll als die vorgenannten Stoffe; noch geringer war die Wirkung der frischen Holzasche. Taubenkot erzeugte feinkörnigen Stahl, der aber unter dem Hammer in Stücke Die Cementstahlfabrikation. flog, Pferdemist und Hühnerkot gaben nur ordinären Stahl. Ge- pulverte Steinkohle wirkte sehr heftig, verminderte das Volum des Eisens und frass es an, gab harten, spröden Stahl. Aus diesen Ergebnissen schloss Reaumur , dass die geeigneten Mischungen verschieden wirkender Substanzen das beste Resultat geben müssten. Indem er nun die gepulverte Holzkohle als den Grundstoff nahm, begann er eine neue Reihe von Versuchen durch Zusatz von allen Arten von Salzen. Die alkalischen Salze, wie Potasche und Soda, schienen die Stahlerzeugung zu beschleunigen, gaben aber ein schwer schmiedbares Produkt, das sich weder schweissen noch gärben liess. Andere, wie z. B. Borax, verminderten die Einwirkung der Kohle. Mit anderen Salzen erhielt er einen Stahl, der aber seine Stahlnatur beim Ausheizen sehr rasch wieder verlor. Diesen Fehler warf man dem Cementstahl im allgemeinen öfter vor, aber mit Unrecht, da nur gewisse Sorten denselben zeigen. Als besten Zusatz zur Holzkohle erwies sich Seesalz . Arsenik, Antimon, Schwefel und Grünspan, die Reaumur als Flussmittel des Eisens bezeichnet, gaben natürlicherweise gar kein Resultat. Nachdem Reaumur durch diese Versuche die brauchbarsten Stoffe für die Cementation kennen gelernt hatte, untersuchte er in einer neuen Reihe von Versuchen die geeignetsten Mischungsverhält- nisse derselben. Als solche ergab sich ein Gemenge aus 2 Tln. Russ, 1 Tl. Holzkohlenpulver, 1 Tl. Asche und ¾ Tln. Seesalz. Aber die Verschiedenheit der Eisensorten erforderte verschiedene Mischungen. Auf manche wirkte diese Mischung zu energisch, dem konnte man abhelfen durch einen grösseren Zusatz von Asche in folgendem Ver- hältnis: 2 Tle. Asche, 1 Tl. Holzkohle, 1 Tl. Russ, ¾ Tle. Seesalz. Diese Mischung erforderte eine längere Brennzeit. Diese Mischungs- verhältnisse sind nicht als die absolut besten anzusehen, sie sollen dem Arbeiter nur als Anhalt dienen. Durch die relative Vermehrung der fettigen Stoffe: Russ und Holzkohle, wird die Einwirkung des Cementierpulvers stärker, durch die Vermehrung der Asche wird sie schwächer. Lässt man das Salz fort, so ist eine viel grössere Menge Pulver nötig, um dieselbe Wirkung zu erreichen; umgekehrt wirkt die Erhöhung des Salzzusatzes ungünstig auf die Qualität des Stahls ein. Bei Anwendung von Holzkohlenpulver ohne allen Zusatz war die Stahlbildung eine vollkommene, nur war eine viel grössere Menge Pulver und eine längere Brennzeit erforderlich, als bei der Mischung. Man verzögerte die Wirkung noch mehr durch Zusatz eines in- differenten Stoffes, wofür Kalk sich am geeignetsten erwies. Nach Die Cementstahlfabrikation. der Natur des Eisens wählt man die geeignete Zusammensetzung. Manche Eisensorten verlangen eine langsame Einwirkung. Die ange- gebenen Stoffe sind gleichzeitig die, welche am leichtesten überall zu beschaffen sind und welche sich deshalb für den Betrieb im grossen am besten eignen. Das Seesalz (Kochsalz), welches auch als Pulver angewendet werden muss, lässt man am besten dekrepitieren. Die Holzkohle wird man beim Grossbetrieb unter dem Pochwerke zerkleinern; die Siebe werden am besten durch ein Wasserrad bewegt, und das Mischen, worauf viel ankommt, wird man am besten durch Maschinen bewerk- stelligen. Versuche, das Salz als Lösung aufzugiessen und dann die Mischung zu trocknen, haben sich nicht als vorteilhaft erwiesen. Überhaupt eignen sich die eingerührten und in Form von Kuchen getrockneten Gemenge, wie sie bei der Einsatzhärtung öfter ange- wendet werden, für diese Fabrikation nicht. Wie es ein Verhältnis der Bestandteile in der Mischung geben muss, so muss ein Verhältnis sein zwischen der Menge des Cementierpulvers und dem Eiseneinsatz. 2 Unzen 3 Quentchen auf ein Pfund Eisen, also ⅙ bis 1/7, ist der beste Satz, oder im Grossen 7 Pfund Russ, 3½ Pfd. Kohle, 3½ Pfd. Asche und 2½ bis 3 Pfd. Salz auf einen Centner Eisen. Hat man ein Eisen, was leicht einen guten Stahl giebt, so kann man mehr Pulver geben —, bei Eisen, das nicht leicht und keinen guten Stahl giebt, vermindert man dasselbe. Jedenfalls soll man an dem Cementier- pulver, weder an der Mischung, noch an der Menge zu sparen suchen, da durch besseren Stahl die Mehrkosten reichlich gedeckt werden. Ebenso wichtig wie die Mischung ist der Grad und die Dauer der Hitze beim Brennen . Mit dieser Frage beschäftigt sich die zweite Abhandlung. Das Feuer darf nie unmittelbar auf das Eisen oder die Mischung wirken, sondern diese müssen durch die Wände eines ringsum geschlossenen Gefässes geschützt sein. Wo ein Riss oder eine Öffnung der Flamme oder der äusseren Luft Zutritt ge- stattet, findet keine Stahlbildung statt. Wo man einen Deckel an- wendet, muss derselbe deshalb auf das sorgfältigste mit feuerfestem Material verdichtet werden. Wegen der Ausdehnung der Masse beim Erhitzen empfiehlt es sich, zwischen Deckel und Füllung einen kleinen Zwischenraum zu lassen. Ausser der richtigen Mischung des Cements ist für die Stahl- bildung nichts so wichtig, als das Brennen. Man muss das Fortschreiten der Verstählung durch Proben feststellen, wobei man sich nicht bei der Umwandlung des sehnigen Gefüges in ein körniges begnügen Die Cementstahlfabrikation. darf, sondern den Stahl auf seine Härtungsfähigkeit prüfen muss, da ersteres früher eintritt als letzteres. Ungenügend gestähltes Eisen muss man von neuem brennen. Brennt man aber zu lange, so wird der Stahl schwer zu bearbeiten und zerfährt unter dem Hammer, im besten Falle bleibt er voller Risse und Scharten. Indessen ist es nicht so schwer, die richtige Brennzeit zu ermitteln. Aber auch in Fabriken sollte man sich nicht nach einer bestimmten Zeitdauer, sondern nach der Probe richten. Die Brennzeit ist abhängig von dem Bau und der Grösse des Ofens, von der Grösse des Einsatzes, der Menge des Eisens, der Mischung u. s. w. Man kann in einem kleinen Tiegel die Umwandlung in einer Stunde bewirken, wozu man in einem grossen Ofen 12 bis 15 Tage braucht. Der Grad der Hitze ist dabei gleich wichtig. Die Einwirkung bis zur Mitte des Eisen- stabes geht um so besser und um so rascher von statten, je grösser die Glut ist. Sie beginnt erst bei einer bestimmten Temperatur und steigert sich mit derselben. Deshalb ist die Wirkung anfangs viel langsamer als nachher, wenn die ganze Masse gleichmässig durch- geheizt ist. Dies fand Reaumur durch den Versuch bestätigt, indem er einen Tiegel, der nur Cementierpulver enthielt und ein Stück Eisen jedes für sich erhitzte und erst als beides eine gewisse Hitze erlangt hatte, das Eisen in das Pulver steckte. Die Stahlbildung ging alsdann sehr rasch von statten. Natürlich darf die Hitze nie so hoch steigen, dass das Eisen (welches sich durch weitere Aufnahme von Kohlenstoff in Gusseisen verwandelt) schmilzt. Ist ein Teil der Stange geschmolzen, so ist der Rest sehr harter Stahl. Reaumur beob- achtete, dass zuweilen nebeneinander liegende Stangen in einen halb- flüssigen Zustand gerieten, so dass sie an einer Stelle zusammenflossen und durch einen Zapfen verbunden waren. Dieser Zapfen erwies sich als der gleiche Stahl wie die Stangen selbst. Diese Beobachtung, wenn weiter verfolgt, hätte Reaumur auf die Erfindung des Gussstahls, welche Huntsmann erst 20 Jahre später machte, führen können. Die Verlangsamung der Brennzeit erhöht nicht die Güte des Stahls, dies stellte Reaumur durch Versuche in Muffelöfen fest. Allerdings zeigte der Stahl bei rascher Umwandlung Blasen auf seiner Ober- fläche, die bei langsamer Umwandlung sich nicht bildeten, aber diese Blasen sind ohne jeden Nachteil. Andere Versuche lehrten, dass die Güte des Stahls leidet, wenn man ihn wiederholt in frische Mischungen derselben Zusammensetzung einsetzt, es ist besser, ihn wieder in die schon gebrauchte Mischung zurückzubringen oder eine schwächere Mischung zu nehmen. Beck , Geschichte des Eisens. 14 Die Cementstahlfabrikation. Eine wichtige, wenn auch nie vollkommen zu erfüllende Forderung ist die vollständige Gleichmässigkeit der Temperatur in dem ganzen Ofen. Um eine möglichst gleiche Wirkung zu erzielen, wählt man auch nur Stäbe von demselben Querschnitt, und zwar sind Flach- stäbe am besten. Dickere Stangen brauchen viel mehr Zeit, um durchaus in Stahl umgewandelt zu werden, und zwar wächst die Brennzeit in einem grösseren Verhältnis als die Dicke. Das Ver- hältnis der Oberfläche zum Inhalt oder des Umfangs zum Querschnitt ist dabei von wesentlichem Einfluss. Die Wirkung steht nicht in direktem Verhältnis zur Brennzeit, indem die frische Mischung stärker wirkt, als die, welche schon einige Zeit im Feuer war. Im Anfang geht die Verstählung rascher vor sich als gegen das Ende. Vorversuche im kleinen sind für den Gross- betrieb unerlässlich und wie diese Versuche zu machen sind, lehrt die dritte Abhandlung. Als beste Form der Versuchsgefässe fand Reaumur die kleiner, länglicher Kistchen; diese entspricht am meisten der Form der Flachstäbe, welche sich darin am bequemsten schichten- weise einsetzen lassen. Auch kann man eine Anzahl dieser Kistchen über- und nebeneinander in einen Glühofen einsetzen. Ein gut passender Deckel ist sehr wichtig. Derselbe kann aber durch eine aufgestampfte Decke von fettem Sand, ähnlich dem Formsand, ersetzt werden. Wie schon erwähnt, kann man beinahe jede Art von Feuerung be- nutzen. Reaumur beschreibt eine ganze Reihe von Feuerungsanlagen für die Versuche im kleinen. Benutzt man die Schmiedeesse, so kann man mit Vorteil Steinkohlen statt Holzkohlen verwenden. Für grössere Versuche eignet sich besser ein gemauerter Windofen von rechtwinkligem Querschnitt, in den die viereckige Versuchskiste so hineinpasst, dass sie von allen Seiten vom Feuer umgeben ist (Fig. 33). Der Wind wird am besten durch einen Doppelbalg erzeugt. Diese Versuche im kleinen zeigten den Weg für das Verfahren im grossen und für die Konstruktion eines Brennofens für den fabrikmässigen Betrieb. Mit dieser wichtigen Frage beschäftigt sich die vierte Abhandlung. Reaumur konstruierte einen Ofen, welcher denen, welche noch heute bei dieser Industrie in Anwendung sind, sehr ähnlich ist. Die Öfen, die man bis dahin bei den Versuchen mit der Cementstahlfabrikation in Frankreich angewendet hatte, glichen mehr den Töpfer- oder Glasöfen. Solcher waren, wie Reaumur berichtet, zwei in den letzten Jahren von Engländern angeblich nach dem Muster der in England gebräuchlichen gebaut worden: der eine von dem berüchtigten Spekulanten Law zu Harfleur, der andere zu Die Cementstahlfabrikation. St. Germain en Laye, wobei der Herzog von Noailles beteiligt war. Letzteren hatte Reaumur gesehen; die Tiegel standen in dem Ofen- gewölbe auf Untersätzen ganz wie bei den Glasöfen. Diese grossen Fig. 33. Öfen bedurften im Verhältnis zum Einsatz viel zu viel Brenn- material. Reaumur suchte einen Ofen zu konstruieren, welcher bei möglichst grossem Einsatz nicht zu viel Umfang erforderte, sowie einfach und billig sich herstellen liess. Er ging dabei von seinem rechteckigen Versuchswindofen aus. Die Luftzuführung sollte durch Blasebälge geschehen, weil dies vorteilhaft schien und man die Hitze damit leicht steigern oder mässigen konnte. Nach mancherlei Versuchen kam Reaumur zu der Fig. 34 dargestellten Konstruktion. Die Basis des Ofens ist rechtwinklig, fast quadratisch. Das starke Rauhgemäuer wird noch durch eiserne Bänder, welche in Fig. 34. Schrauben endigen und durch Muttern angezogen werden können, verstärkt. Das Rauhmauerwerk ist im Inneren mit einem Futter oder „Hemd“ ausgekleidet, welches den inneren Ofenraum umschliesst. 14* Die Cementstahlfabrikation. Unten ist ein Boden eingebaut, welcher das Ofeninnere von dem Windgewölbe oder Aschenfall A trennt. Die Seitenwände der Brenn - oder Cementierkisten sind, um sie so dünn wie möglich zu halten, nicht aufgemauert, sondern aus gebrannten Platten aus feuerfestem Thon hergestellt, welche unten und an den Seitenwänden in Rinnen oder Falzen, welche im Mauerwerk ausgespart sind, einpassen und darin mit feuerfestem Lehm verdichtet werden. Auf diese Art werden drei Abteilungen hergestellt, in welche die Eisenstäbe mit dem Cementierpulver lagenweise eingetragen werden. Der mittlere Hohl- raum ist der grösste und grösser als die beiden seitlichen, deren Aussenwände von dem Ofenfutter selbst gebildet werden. In Fig. 34 sieht man die drei Ofenkisten gefüllt im Querschnitt. In der Kiste Fig. 35. a liegen drei Eisenstäbe in derselben Lage nebeneinander, während in den schmalen Seitenkisten b b nur je ein Stab in der gleichen Lage liegt. Die drei Abteilungen oder Kisten sind oben durch Deckel geschlossen, welche seitlich übergreifen. In unserer Zeichnung sind dieselben flach dargestellt, man kann die- selben aber auch in der Mitte erhöhen, was den Vorteil hat, dass die Kohlen, welche auf dieselben geschüttet werden, leichter auf den geneigten Flächen durch die breiten Schlitze in den Feuerungsraum rutschen. Durch den Einbau der Kisten bleiben zwischen denselben zwei schmale Hohlräume, welche die Feuerungsräume bilden und ganz mit Brennmaterial gefüllt werden. Die mittlere, grosse Kiste ist also auf beiden Seiten vom Feuer umspielt, während die Seitenkisten nur von der einen, inneren Seitenfläche aus erhitzt werden. Die Verbrennung wird verstärkt und geregelt durch künstlichen Wind, welcher durch schlitzförmige Düsen n n unten in den Verbrennungsraum einmündet; dieselben können mehrere kleine Schlitze bilden wie im Grundriss Fig. 35 durch n n oder einen langen Schlitz, wie durch o o angedeutet ist. Der Wind wird durch einen doppelten Blasebalg erzeugt, tritt durch die Öffnung B (Fig. 34) in den Windraum A , von wo er durch die erwähnten Düsen in den Feuerungsraum gelangt. Der obere Teil des Ofens Die Cementstahlfabrikation. wird durch einen innen dachförmigen Deckel abgeschlossen. Derselbe hat ein Loch in der Mitte, durch welches man Kohlen nachfüllt und durch welches die Feuergase austreten können, wobei durch einen durchlöcherten Stöpsel beliebig mehr oder weniger verschlossen werden kann. An dem eisernen Rahmen des Deckels befinden sich vier Zapfen, an denen er in die Höhe gezogen wird. In der Vorderwand oder in den beiden Schmalseiten des Ofens befinden sich verschiedene Oeffnungen, welche mit dem Ofeninneren in Verbindung stehen. In den Feuerraum führen zwei horizontale Schlitze unmittelbar über der Sohle, durch welche man die Öffnungen der Düsen, wenn sie sich durch schmelzende Massen verlegen, mittelst eines Feuerhakens reinigen kann. Höher oben befinden sich zwei grössere Öffnungen, welche durch vorgesetzte kleine Thürchen von Thon verschlossen sind und durch welche man die Kohlen in den beiden Feuerungsräumen mit einem Spiess aufstochen oder sie auch mittelst einer langen Stange, welche man gegen die gegenüber- liegende Wand anstemmt, zurückhalten kann. Ähnliche Öffnungen führen in die Brennkisten, und zwar drei breitere übereinander in die mittlere Hauptkiste und je zwei schmälere in die zwei Seitenkisten. Durch diese kann man in das Innere des Ofens sehen und den Hitzegrad beobachten, sodann zieht man durch diese Öffnungen die Proben. Beim Füllen des Ofens legt man näm- lich in der Höhe dieser Öffnungen Probestangen ein, welche in die Öffnungen hineinragen, so dass sie leicht mit einer Zange gefasst werden können. Glaubt man, dass die Cementation nahezu beendet sei, so überzeugt man sich davon durch Ziehen und Probieren einer solchen Stange, was in verschiedener Höhe geschehen kann. Diese Öffnungen sind während des Betriebes mit Thonpfropfen geschlossen; durch dieselben kann man auch kleine Schäden, namentlich Sprünge und Löcher in den Seitenplatten ausbessern, indem man sie mit feuer- festem Thon verschmiert. Da beim Brennen die Füllung allmählich etwas einsinkt, so ent- steht oben ein leerer Raum; diesen füllt man durch die obere Öffnung wieder aus, indem man dünnere Eisenstangen und Cementierpulver einträgt. Die dünneren, später eingesetzten Stangen werden doch mit den dicken Stangen gleichzeitig gar werden. Will man den Ofen laden, so schneidet man zunächst die Eisen- flachstäbe auf gleiche Längen ab, und zwar so, dass dieselben 1 bis 1½ Zoll kürzer sind als der Innenraum der Kiste. Es empfiehlt sich, oben und unten, wo die Hitze geringer ist als in der Mitte, schwächere Die Cementstahlfabrikation. Stäbe einzulegen. Die heisseste Zone liegt aber nicht immer gerade in der Mitte. Man ermittelt dieselbe durch einen Versuch, indem man eine Eisenstange vertikal einsteckt und mitbrennt. Hiernach zerschlägt man sie in viele kleine Stücke, die man getrennt probiert und dadurch ermittelt, in welchen Höhen dieselbe mehr oder weniger der Hitze ausgesetzt war. Jede Lage Eisen wird gewogen und ebenso wird das Cementier- pulver entweder zugewogen oder zugemessen. Obgleich die seitlichen Kisten nur etwa ⅓ so breit sind als die Hauptkiste, werden sie doch nicht so heiss wie letztere; deshalb legt man auch in die Seiten- kisten schwächere Stäbe ein. Es steht durchaus nichts im Wege, die mittlere Kiste noch grösser zu machen, als oben angegeben: die Brennzeit wird dann eine längere sein, aber es wird auch eine grössere Menge Eisen in Stahl verwandelt. — Sind die Kisten gefüllt, so werden die Deckel aufgesetzt und sorgfältig lutiert. Alsdann wirft man erst einige glühende Kohlen in die beiden Feuerräume und füllt dann Kohlen nach, bläst schwach an, um die Hitze in Gang zu bringen und setzt sodann den Hauptdeckel auf den Ofen. Man darf beim Nachfüllen nie zu viel Kohlen auf einmal aufgeben. Es ist nicht gut, wenn die Kohlen den ganzen Feuerraum erfüllen, viel- mehr werden die Wände viel heisser, wenn eine niedrige Schicht Kohlen in gleichmässiger voller Glut erhalten wird, dann geben die Verbrennungsgase am meisten Wärme an die Kistenwände ab. Durch die vorspringenden Ränder der Kistendeckel wird der Schlitz, durch welchen die Gase entweichen müssen, verengert, wodurch die Hitze mehr zusammengehalten wird. Auch muss man sorgfältig vermeiden, dass kalte Kohlen, die noch nicht entzündet sind, durch den Spalt in den Feuerraum fallen. Das Vorwärmen der Kohlen ist ein wesent- liches Beförderungsmittel des Prozesses. Die ersten Stunden bläst man langsam, damit sich die Wände allmählich erhitzen und durch zu plötzliche Hitze nicht reissen, dann aber lässt man den Wind voll an. Es ist sehr wichtig, dass der Windstrahl genau in der Mitte senkrecht aufsteigt, und dass er nicht nach einer Seite hinbläst. Den Wind durch eine grössere Anzahl Öffnungen oder durch einen langen Schlitz eintreten zu lassen, ist nur zu empfehlen, weil dadurch eine bessere Verteilung der Hitze bewirkt wird. Für einen Ofen von 300 kg Eiseneinsatz, wie ihn Reaumur beschrieben hat, genügt ein Doppelbalg von 3½ Fuss Länge bei 30 bis 40 Hüben in der Minute. Der Balgzieher besorgt auch das Aufgeben und Einschieben der Kohlen. Sind die Eisen- Die Cementstahlfabrikation. stäbe nicht dicker als drei Linien bei etwa 20 Linien Breite, so können dieselben bei einem Einsatz von fünf bis sechs Centnern Eisen in 24 bis 36 Stunden in Stahl verwandelt werden; hierzu sind sechs bis sieben Karren Kohlen erforderlich. Man kann also in einem solchen kleinen Ofen dadurch, dass die Brennzeit kürzer ist, in derselben Zeit annähernd ebensoviel Stahl erzeugen, als in einem grossen Ofen, der entsprechend längere Brennzeit erfordert. Will man aber für einen grösseren Betrieb grössere Öfen con- struieren, so kann man ganz dasselbe Modell beibehalten und nur die Masse vergrössern. In erster Linie aber macht man die Öfen und die Eisenstäbe, die man einsetzt, länger. Die Kisten breiter und höher zu machen, empfiehlt sich weniger, als ihre Zahl und zugleich auch die der Feuerungen zu vermehren, also statt einer mittleren Kiste drei Kisten einzubauen, wobei man auch die Feuerungen um zwei vermehren muss. Ein solcher grosser Ofen ist vorteilhafter als mehrere kleine von gleichem Einsatzquantum, weil in den grossen Öfen das Verhältnis der Mittelkisten zu den Seitenkisten, in welchen die Stahlbildung nur sehr unvollkommen erreicht wird, ein günstigeres ist. Auch wird an Arbeitslohn gespart. Es empfiehlt sich, an jeder Düse eine Klappe anzubringen, womit man den Wind ermässigen oder abstellen kann. Das Windquantum muss für grössere Öfen ent- sprechend grösser sein und lässt sich leicht durch Rechnung er- mitteln Reaumur teilt eine solche Windberechnung mit, loc. cit. S. 128. . Statt der ledernen Doppelbälge, welche von Hand gezogen werden, wird man bei grossen Öfen besser Holzblasebälge, von einem Wasserrad bewegt, benutzen. Nach Reaumurs Berechnung würde ein Holzblasebalg, wie er bei den Hochöfen angewendet wird, für einen Stahlbrennofen von 10000 kg Eiseneinsatz genügen; doch der Verfasser bezweifelt, dass jemals Öfen von solcher Grösse gebaut werden würden. Die Blasebälge, wie sie bei den Frischherden im Gebrauch sind, genügen nach seiner Berechnung für Öfen von 3000 kg Einsatz. Der ökonomisch wichtigste Gesichtspunkt ist die Ausnutzung der Wärme und die wird bei der vorgeschlagenen Konstruktion in viel höherem Grade erreicht, als bei den gewönlichen Wind-, Glas- und Töpferöfen. Aus diesem Grunde ist auch die Erhöhung der Kisten weniger vor- teilhaft, als die Verlängerung derselben. Bei der gleichen Feuerung liegt das Maximum des Wärmeeffekts in einer bestimmten Höhe über den Winddüsen; darüber hinaus nimmt die Wirkung ab. Ferner Die Cementstahlfabrikation. muss man die Wände mit zunehmender Höhe entsprechend dicker machen, so dass man schliesslich die gebrannten Platten durch ein Mauerwerk aus feuerfesten Backsteinen ersetzen muss. An Stelle dieses wären aber Kisten aus dicken Eisenplatten wohl noch vor- zuziehen, wobei man allerdings von der künstlichen Windzuführung absehen müsste. Man könnte dann mit Holz heizen und die Gase durch einen Schornstein abführen. Ein Rost wäre leicht hergestellt durch in gewissen Abständen eingemauerte Backsteine Reaumur a. a. O. Tab. V. . Nachdem Reaumur so in eingehendster Weise ein klares Bild eines Stahlcementierofens gegeben hat, wendet er sich in der fünften Abhandlung zu der Untersuchung der verschiedenen Eisensorten auf ihre Stählungsfähigkeit. Dass Schmiedeeisen aus verschiedenen Erzen in dieser Beziehung ein sehr verschiedenes Verhalten zeigt, ist eine bekannte Thatsache: manches ist besser, manches gar nicht zu gebrauchen; manches braucht mehr Cement, manches längere Zeit zur Umwandlung. Reaumur hat mit einer grossen Anzahl Eisen- sorten, namentlich mit französischen, Versuche angestellt und ist da- durch zu gewissen allgemeinen Regeln geführt worden. Das Haupt- mittel der Unterscheidung bildet das Bruchansehen , welches von dem Gefüge oder der Textur des Eisens bedingt ist. Zuvor aber kann als erste Regel für alle Eisensorten gelten, dass man kein Eisen zur Cementation nimmt, welches Risse, Narben und Flecken zeigt, sondern dass man nur gesunde, saubere, gutgeschmiedete Stäbe hierfür aus- wählt. Rotbrüchiges Eisen darf man nie verwenden und muss das Schmiedeeisen stets darauf untersuchen, weil Rotbruch bei den ver- schiedensten Sorten vorkommen kann. Dieser Fehler verschwindet nicht durch die Cementation, sondern tritt nur noch mehr hervor. — Im allgemeinen unterscheidet man weiches und hartes Eisen, ersteres lässt sich wiederholt nach allen Seiten biegen und winden, ohne zu brechen, letzteres bricht hierbei. Nach der Struktur unterscheidet man sehniges und körniges Eisen, aber die Abstufungen sind unend- lich, so dass fast jede Eisensorte einen anderen Bruch zeigt. Reau- mur hat zum ersten Male die Bruchflächen der Eisensorten genau beschrieben, sie in gewisse Gruppen gefasst und sie, so gut dies mög- lich ist, durch Zeichnungen und Kupferstiche veranschaulicht. Be- züglich der Einzelheiten müssen wir auf seine Abhandlung verweisen und können nur das Allgemeinste hier mitteilen. Reaumur hebt mit Recht hervor, dass das Bruchansehen des Eisens in seinen ver- Die Cementstahlfabrikation. schiedenen Zuständen mehr abweiche, als das mancher verschiedener Metalle, wie z. B. Blei, Zinn und Silber. Die Schmiedeeisensorten zerfallen, wie schon erwähnt, in zwei Klassen, in solche mit körnigem oder blätterigem und solche mit sehnigem Bruch; ersterer gleicht mehr dem der Steine (Sandstein, Kalkstein, Granit), letzterer mehr dem des Holzes. Diese Einteilung genügt aber nicht, Reaumur fasst deshalb die verschiedenen Brucherscheinungen in sieben Gruppen zu- sammen, die er genau beschreibt und in Bezug auf ihre Brauchbar- keit für die Cementstahlfabrikation untersucht. Diese Gruppen sind kurz folgendermassen charakterisiert: 1) glänzend, grossblätterig; 2) glänzend, kleinblätterig; 3) blätterig und körnig gemischt, wobei aber die graulichen körnigen Partieen gegen die glänzenden blätte- rigen zurücktreten; 4) körnig-blätterig, wobei die feinkörnigen Partieen vorherrschen und die Blätter weniger gross und glänzend sind; 5) körnig, welcher Bruch oft bei gutem, weichem Schmiedeeisen sich zeigt; 6) körnig-blätterig-faserig, wobei die körnigen Partieen vor- herrschen, die einzelnen Körnchen aber weniger scharf und mehr ab- geplattet erscheinen; 7) sehnig, welches man vorzugsweise als weiches Eisen zu bezeichnen pflegt, wie z. B. das von Berry, von dem Hammer- werk von Painpont in der Bretagne, von Foix u. s. w. Die Verschiedenheit dieser Gruppen rührt nicht allein von der Erzeugung, sondern auch von der Behandlung her. Oft finden sich verschiedene Bruchflächen an demselben Stabe. Überhaupt sind die Grenzen nicht scharf. Demungeachtet ist die Einteilung eine brauchbare. Gruppe 1 ist schlechtes Schmiedeeisen und auch zur Cement- stahlbereitung ganz ungeeignet, der daraus bereitete Stahl zerbröckelt unter dem Hammer. Gruppe 2 verarbeitet sich gut als Eisen, namentlich für polierte Sachen, taugt aber nicht zur Stahlbereitung; ein vorheriges Um- schmieden verbessert es etwas. Will man diese Eisensorten cemen- tieren, so wählt man schwache Mischung und kurze Brennzeit. Den Grund der Unbrauchbarkeit dieser beiden Sorten findet Reaumur hauptsächlich in dem zu lockeren Gefüge. Gruppe 3 verwandelt sich meist leicht in guten Stahl. Es be- darf keines starken Cements noch langer Hitze. Der erzeugte Stahl hat eine schöne weisse Farbe, wie überhaupt der Stahl von Eisen mit glänzend-blätterigem Bruch weisser wird als der von körnigem. Gruppe 4 giebt am zuverlässigsten Stahl bei der Cementation; derselbe ist grau und lässt sich vorzüglich schmieden; dagegen ist er nicht immer der härteste. Er ist besonders geeignet für feine, saubere Die Cementstahlfabrikation. Arbeit. Er braucht keine lange Brennzeit, ist aber nicht empfindlich darin. Reaumur erklärt diese Vorzüge aus der Struktur, die eine Durchdringung und Verteilung des wirksamen Agens erleichtern, auch sei der feinkörnige Grundstoff schon als natürlicher Stahl an- zusehen. Das Eisen der 5. Gruppe, zu dem namentlich das Quadrateisen (les quarrillons) von der Champagne und von Nivernois gehören, be- darf einer langen Brennzeit zur Stahlverwandlung, woran das gröbere Korn Schuld ist; dagegen kann die Mischung schwächer sein als bei Gruppe 4. Der Stahl ist grau und gut schmiedbar. Bei dieser Eisenart finden sich oft Stangen, die schon sehr hart sind und sich nur schwer schmieden lassen. Diese muss man aushalten, da sie sich nur sehr langsam brennen. „Allerdings habe ich aus derartigen Stäben von Berry den härtesten und feinsten Stahl, der sich sehr leicht verarbeiten liess, erhalten. Dagegen lässt sich das Harteisen (fer fort) von Foix, das eigentlich schon ein grober Naturstahl ist, durch Cementation nicht zu feinem Stahl umwandeln.“ Das Eisen der 6. Gruppe, das weder blätterig noch körnig ist, giebt ungleichen Stahl, der sich oft nur schwer bearbeiten lässt. Man schmiedet es am besten zuvor um, wobei man meist sehniges Eisen erhält. Dieses Eisen der 7. Gruppe giebt, wenn es frei von Rotbruch ist, ausgezeichneten Stahl, der viele „Körper“ hat, d. h. der viele Hitzen erträgt, ohne sich zu verändern. Dieser bedarf der längsten Brenn- zeit, was zum Teil daher kommen mag, dass das Feuer doppelte Arbeit zu verrichten hat, indem es die faserige Struktur in eine körnige verwandeln und die Stahlbildung bewerkstelligen muss. Auch er- fordert das sehnige Eisen stärkere Cemente. Die sehnigen Eisensorten sind aber unter sich auch sehr verschiedener Art, einige sind gemengt mit blätterigem, andere mit körnigem Eisen und zeigen auch die oben beschriebenen Eigenschaften dieser, nur werden sie immer durch die beigemengte Sehne verbessert. Ein grossblätteriges Eisen Gruppe 1, das mit sehnigem Eisen vermischt ist, kann brauchbaren Stahl geben. Ausser dem Unterschied im Gefüge ist auch noch ein Unterschied in der Färbung zu beobachten, indem bei gleichem Gefüge diese heller oder dunkler sein kann. Sehr weisse und sehr schwarze Fär- bung sind keine günstigen Zeichen. Eine allgemeine Regel ist, das Eisen ist um so besser, je feiner und je gleichförmiger seine Teil- chen sind, dies gilt von den Blättchen, von dem Korn und von der Sehne. Die Cementstahlfabrikation. Da nur ein sehr kleiner Teil des Eisens als Stahl zur Verwen- dung kommt, so kann man das richtige unter den vielen Sorten des Königreiches schon aussuchen; wenn es sein muss, kann man aber auch schwedisches Eisen, das, wie schon bemerkt, in unseren Häfen so billig wie unser eigenes zu haben ist, verwenden. „Aber es ist dies nicht nötig“, sagt Reaumur . „Ich habe mit einer ganzen Reihe französischer Eisensorten bereits günstige Resultate erzielt, unsere meisten Provinzen liefern brauchbares Cementeisen.“ Der Verfasser berichtet nun in seiner sechsten Memoire über die Veränderungen, welche das Eisen bei seiner Umwandlung in Stahl erfährt; über die Vorsichtsmassregeln, die man beim Ausschmieden des Brennstahls anwenden muss und endlich über die Kosten des Verfahrens. Die Veränderungen , welche das Schmiedeeisen beim Über- gang zum Stahl bei der Cementation erleidet, sind ebenso interessant vom physikalischen, wie vom metallurgischen Standpunkte aus. Der Stab von weichem Schmiedeeisen von körniger oder sehniger Textur erscheint nach der Cementation, einerlei ob er rasch oder ganz lang- sam im Ofen selbst erkaltet ist, als spröder, harter Stahl, derart wie der Stahl sonst nur nach raschem Ablöschen erscheint. Ein Schlag mit dem Hammer beweist, ob das Eisen richtig cementiert ist, in diesem Falle wird der Stahl in Stücke brechen. Bleibt er ganz, so war die Cementation keine vollständige. Die Bruchfläche ist gegen früher ganz verändert; statt der Sehnen und Körner zeigen sich Blätter. Gefüge und Farbe sind mehr wie bei weissem Roheisen als bei irgend einer anderen Eisensorte. Ein ungeübtes Auge wird es nicht für Stahl halten, sondern für schlechtes (verbranntes) Schmiedeeisen. Und doch unterscheidet sich der Bruch wesentlich in zwei Punkten von schlechtem Schmiedeeisen, erstens sind die Blätter, wenn auch gross und unregelmässig, doch ganz regelmässig gelagert, und zwar senk- recht zur Längenachse des Stabes, zweitens ist die Farbe eine ganz andere, sie ist matt und grauer als die von Schmiedeeisen. Dies tritt deutlich hervor, wenn man ein Stück von diesem daneben hält. Die Blättchen erscheinen wie schlecht poliert und von rauher Oberfläche, wie gespickt oder aufgesträubt. Dies rührt von dem Umwandlungs- prozess her. Dieser lässt sich in seinem Fortschreiten ebenfalls an den Bruch- flächen in den verschiedenen Stadien erkennen. Die Umwandlung beginnt an der Oberfläche und schreitet nach der Mitte zu fort. Die sehnige Textur des Eisens verschwindet nahe der Oberfläche zuerst; Die Cementstahlfabrikation. im Bruch erscheint der Stab noch im Inneren sehnig, nach aussen hin umgeben von einem Kranz von Blättchen, deren Glanz aber nicht matt ist, sondern glänzend wie bei Gruppe 1. Sie sind noch nicht in Stahl verwandelt, sondern erst im Übergang dazu. Die Änderung der Struktur geht also der Stahlbildung voraus. Der äussere Ring von blätterigem Gefüge verbreitert sich, bis er bis zur Mitte gelangt ist. Gleichzeitig wird die Farbe ebenfalls von aussen nach innen fortschreitend matt und grau. Dickere Stäbe zeigen bei diesem Über- gang einen sehnigen Kern, dann eine glänzende und aussen eine matte, blätterige Hülle, wie Fig. 36 es darstellen soll. Der sehnige Kern verwandelt sich allmählich in glänzende Blätter, wird aber erst Stahl, wenn er die mattgraue Farbe des äusseren Ringes bekommt. Währenddem bleiben aber die äusseren Teile nicht unverändert, die Blätter werden kleiner, die Farbe dunkler. Bei dem körnigen Eisen Fig. 36. Gruppe 3 und 4 zeigt sich die Umwandlung in ähnlicher Weise, erst bildet sich ein nach innen fortschreitender Ring von glänzenden Blättern, dem einer von mattgrauen Blättern und diesem einer von dunkler grauen, ver- schwommenen Körnchen folgt. Die Blätter- bildung geht hierbei leichter von statten als bei dem sehnigen Eisen, das wohl aus diesem Grunde eine längere Brennzeit be- ansprucht. Der Bruch giebt das einfachste und sicherste Zeichen, ob und wie weit das Eisen in Stahl umgewandelt ist. Er gestattet aber auch ein Urteil über die Güte des Stahls. Zeigt der Bruch sich nur dunkel und feinkörnig, so war das Eisen zu lange im Feuer, der Stahl ist unbrauchbar; zeigt sich nur ein schmales, feinkörniges, dunkles Band, so wird er hart sein, aber leicht zu schmieden; ist dieses Band breiter als die blätterige Mitte, so wird der Stahl meist rissig; ist dies nicht der Fall, so ist er von besonderer Güte. In der Regel soll der blätterige Teil grösser sein als der umgebende körnige. Der Stahl ist im Inneren nie derselbe wie aussen. Gerade dadurch lassen sich aber die verschiedenen Stahlsorten erzielen, welche die Praxis verlangt. Dünnere Stäbe werden aber rascher und gleichmässiger gestählt als dicke. Der Fehler, der bei gutem Eisen durch zu langes Brennen ent- steht, erscheint bei schlechten Eisensorten auch ohne dieses, indem bei diesen die äusseren Partieen schon dunkel und körnig werden, ehe die inneren noch ihren Glanz verloren haben; so verhält sich das Die Cementstahlfabrikation. blätterige Eisen Gruppe 1 und 2. Nach Reaumurs Auffassung saugen diese zu rasch den Schwefel und das Salz ein, so dass die äusseren Teile schon übersättigt sind, ehe bei den inneren nur die Einwirkung beginnt. Die verschiedenen Eisengruppen behalten eine Verschieden- heit auch nach der Cementation, welche sich besonders in der Grösse der Blättchen und im Glanz zeigt; so zeigt das schwedische Eisen oder das der Gruppe 4 nach dem Brennen lebhafteren Glanz als das von Gruppe 1, 2 und 5. Als Regel lässt sich sagen, das zuverlässigste Eisen ist das, welches bei gleichem Grade der Cementation die grössten Blätter zeigt. Das schwedische hat auch diesen Vorzug. Das Äussere der cementierten Stäbe zeigt häufig Erhöhungen, Fig. 36, die man als Blasen bezeichnet, weil man sie einem inneren Kochen zuschreibt. Von diesen nennt man den Cementstahl auch Blasenstahl (blister-steel im Englischen). Diese Blasen sind meist länglich, von verschiedener Grösse und finden sich auch im Inneren. Reaumur , der geneigt war, diese Blasenbildung einer stärkeren Einwirkung des Salzes zuzuschreiben, überzeugte sich durch Versuche, dass dies nicht der Fall war. In der Regel sind die Blasen Zeichen, dass der Stahl lange genug ge- brannt war. Sie sind aber ebenso sehr Zeugen der Heftigkeit als der Dauer der Einwirkung. Bei schwacher Hitze entstehen sie auch bei langem Brennen nicht. Neben diesem sichtbaren Aufblähen hat ein unsichtbares in der ganzen Masse statt, welches durch eine Volum- vermehrung sich anzeigt. Sie beträgt nahezu 10 Proz., wie Reaumur durch Längenmessungen feststellte. Aber nicht nur das Volum der Eisenstange nimmt bei der Cementation zu, sondern auch das Ge- wicht, und zwar ermittelte Reaumur eine Zunahme von 0,39 Proz. Obgleich der rohe Cementstahl so brüchig ist wie abgelöschter Stahl, so hat er doch durchaus nicht die Härte desselben. Er ist nur wenig härter wie Schmiedeeisen. Erhitzt man ihn aber und löscht ihn ab, so wird er ebenso hart wie gehärteter Stahl. Zieht man eine Stange glühend aus dem Ofen und wirft sie in das Wasser, so wird sie hart und im Bruche feinkörnig, aber nicht so schön und gleichmässig, als wenn man sie vorher überschmiedet hat. Dies benutzt man beim Probeziehen. Hat man die Proben in verschiedenen Höhen des Ofens genommen und hat man sich überzeugt, dass die Cementation in der gewünschten Weise stattgefunden hat, so hört man auf zu feuern und zieht, wenn der Ofen dazu eingerichtet ist, die Stäbe heraus oder lässt sie in dem Ofen und mit demselben erkalten. Alsdann erwärmt man die Stäbe wieder in einem Schmiedeherd und schmiedet sie vor- Die Cementstahlfabrikation. sichtig aus. Hierbei erhitzt man sie anfangs am besten nur bis zur hellen Rotglut. Besser noch ist es, wenn man die Stangen in einem Flammofen ausheizen kann, weil sie dann gleichmässiger erhitzt werden. Hierfür sind die Glühöfen mit Holzfeuerung am besten, die man anwendet, um die Stäbe, welche man durch die Plättwalzen und Scheibenmesser der Eisenschneidwerke (les rouleaux des applatisseries et les couteaux de fenderies) gehen lässt, zu erhitzen. Ist der Brennstahl aus gutem und richtig geschmiedetem Eisen hergestellt, so ist der Abgang nicht grösser als beim Ausschmieden von gwöhnlichem Eisen. Beim Ausschmieden von solchem aus schwe- dischem Eisen in Vierkantstäbe von zwei Zoll auf vier Linien fand ihn Reaumur nicht höher als 1/12. Sind die Stäbe zur gewünschten Form ausgeschmiedet, so werden sie gehärtet. Dies geschieht hauptsächlich, weil es im Handel so ver- langt wird. Man erhitzt die Stäbe bis zur Kirschrotglut und wirft sie dann in kaltes Wasser. Dadurch wird der Stahl hart und fein- körnig. Reaumur teilt auch eine Kostenberechnung für einen Ofen für 300 kg Einsatz in Paris mit. Danach stellten sich die Kosten der Cementation auf 11 Mk. für 100 kg Eisen. Auf dem Lande, in der Nähe von Eisenhämmern, würden die Kosten nur ca. 6,40 Mk. be- tragen. Der Eisenabgang und die Unkosten beim Schmieden berechnen sich zu 4 Mk. pro 100 kg. Diese Kosten sind gering im Verhältnis zu den Preisen von Eisen und Stahl, denn während man für 100 kg von ersterem 24 Mk. bezahlt, kosten 100 kg guter Stahl 160 Mk. Beim halben Preise für geschmiedeten Cementstahl würde noch ein be- trächtlicher Gewinn erzielt werden. Nachdem Reaumur in den angeführten Kapiteln ein klares Bild der Cementstahlfabrikation gegeben und die Frage nach ihrer praktischen Seite erschöpfend durchgearbeitet hat, wendet er sich in seinen folgenden Memoiren zur theoretischen Erörterung des merk- würdigen Prozesses und behandelt in der siebenten Abhandlung zu- nächst die Frage des Unterschiedes zwischen Stahl und Eisen. Hier- bei widerlegt er zunächst die landläufige Erklärung, dass der Stahl ein vollkommener gereinigtes Eisen sei. Er führt aus, dass, wenn man die Reinigung richtig als eine Abscheidung aller fremden Stoffe auf- fasse, bei der Cementation von einer solchen Reinigung nicht die Rede sein könne, es würden bei diesem Prozess keinerlei Stoffe aus dem Eisen entfernt, sondern im Gegenteil beweise die von ihm nach- gewiesene Gewichtszunahme eine Zufuhr fremder Stoffe. Dieser fremde Die Cementstahlfabrikation. Stoff sei aber keinesfalls Eisen. Die Reinigung des Eisens zu Stahl aber so aufzufassen, dass der Stahl einen vollkommenen Zustand des Eisens darstelle, sei ebenfalls widersinnig. Eisen und Stahl seien Körper von verschiedenen Eigenschaften, von denen die einen diesem, die anderen jenem Zwecke besser dienten, und man könne durchaus nicht sagen, dass der eine an und für sich schätzbarer sei als der andere. Fiele alles Eisen bei seiner Herstellung als Stahl, so wäre man ebenso gezwungen, auf Mittel zu sinnen, denselben in weiches, geschmei- diges Eisen umzuwandeln, wie man jetzt den umgekehrten Weg ver- folge. Eine Reinigung finde bei der Verwandlung des Schmiedeeisens in Stahl also nicht statt, sondern eine Stoffaufnahme. Diese Stoffe konnten nach dem damaligen Stande der Wissenschaft keine anderen sein als Schwefel und Salz. Dies ist nun freilich ein grosser Irrtum, denn der bei der Cementation von dem Eisen aufgenommene Stoff ist weder Schwefel noch Salz, sondern Kohlenstoff. Reaumurs falsche Theorie beeinträchtigt aber in keiner Weise die Richtigkeit seiner Beobachtungen, dagegen verleitet sie ihn zu falschen Schlüssen. Er findet die Aufnahme von Schwefel und flüchtigem Salz darin bestätigt, dass bei öfterem Ausheizen der Stahl an seinen charakteristischen Eigenschaften Einbusse erleide. Dies erklärt Reaumur aus der Verflüchtigung der aufgenommenen Stoffe und er behauptet, dass man durch längeres Erhitzen Schwefel und Salz gänzlich wieder austreiben könne, wodurch der Stahl wieder zu Schmiedeeisen werde. Diese Be- hauptung ist in dieser unbedingten Fassung falsch und konnte von ihm nur aufgestellt werden, weil er die Rolle, welche der Sauerstoff der Luft bei der Entkohlung des Stahls spielt, nicht kannte. Diese falsche Theorie ist es auch, welche Reaumur die Bedeutung des Seesalzes als eines Bestandteils der Cementierpulver überschätzen lässt. Reaumur fand selbst, dass das Erhitzen in einem Kohlenfeuer unsicher war und ganz verschiedene Resultate ergab. Bei seiner Untersuchung der Einwirkung verschiedener Stoffe auf das Eisen in der Hitze, welche er angestellt hatte, um das beste Cementierpulver zu finden, hatte er bereits die Beobachtung gemacht, dass manche Stoffe, statt das Eisen härter zu machen, es eher weicher machten. Dieser bediente er sich nun, um in derselben Weise wie bei der Cementation, den Brennstahl darin einzupacken und zu glühen. Als die geeignetsten Stoffe hierfür fand er Knochenkohle und Kreide, welche er mit ⅓ ihres Gewichtes mit Holzkohlenpulver vermengte. Dieses Glühen geschah in denselben Öfen, wie das Cementieren. Die Brennzeit erforderte aber nur ⅓ der Zeit, wie beim Cementieren. Die Cementstahlfabrikation. Auch hierbei begann die Einwirkung an der Oberfläche und schritt von aussen nach innen fort. Nach einiger Zeit zeigte sich im Bruch ein Saum von weichem Eisen, während das Innere Stahlbruch zeigte. Die Breite dieses Saumes giebt das Zeichen für die Beendigung des Prozesses. Dieser Saum von weichem Eisen ist durchaus nicht nach- teilig für die Güte und Brauchbarkeit des Stahls, denn sie schützt den Stahl beim Erhitzen vor dem Verbrennen, dem er sonst leicht ausgesetzt ist und sie erleichtert die Schweissung desselben. Dieses Verfahren, von welchem sich Reaumur sehr viel versprach, erleich- tert die Cementation auch insofern, als man nicht ängstlich zu sein braucht, die Brennzeit zu überschreiten, weil der Fehler durch diesen Prozess sich vollständig wieder gut machen liesse. Reaumur dehnte diese Versuche nun auch auf den natürlichen Stahl aus und fand, dass derselbe sich ebenso verhalte. Ja er machte dieselben Experimente mit Roheisen, wobei er denselben günstigen Erfolg erzielte. Dadurch gelangte er zur Ueberzeugung, dass weisses Roheisen, Stahl und Stabeisen eine Reihe darstellen von Eisen als Grundstoff mit mehr oder weniger Schwefel- und Salzgehalt. Diese Theorie, welche er in seiner neunten Memoire ausführlich behandelt, haben wir bereits erwähnt. Theoretisch erklärt Reaumur den oben erwähnten Vorgang so, dass die Kreide und ähnliche Substanzen die Fähigkeit besässen, die schweflige und salzige Beimengung des Eisens aufzusaugen, dass es also der umgekehrte Vorgang sei, wie bei der Cementation. Dort giebt dies Pulver, bestehend aus Kohle und Seesalz, in welchem das Eisen geglüht wird, die salzige und schweflige Materie an das Eisen ab, hier giebt umgekehrt das Eisen diese Stoffe an die Umgebung ab, das Pulver, in der Hauptsache aus Kreide oder Knochenkohle bestehend, saugt die schweflig-salzige Materie auf. Da nun nach seiner Theorie Roheisen nichts anderes ist als Eisen mit einer grösseren Beimengung schweflig-salziger Materie als Stahl, so steht nichts im Wege, Roheisen durch eine ähnliche Behandlung in Stahl Glühstahl. und in Schmiedeeisen überzuführen, und seine Versuche haben dies, wie er angiebt, bestätigt. Reaumur weist auch mit Recht auf das Stahlbereitungsverfahren hin, welches Biringuccio beschrieben hat, und welches nichts anderes sei als eine Cementation von Schmiedeeisen in flüssigem Roheisen. Die Cementstahlfabrikation. Es ist ihm ohne Mühe in einer gewöhnlichen Schmiede gelungen, durch Einrühren von altem Schmiedeeisen, Nägeln u. s. w. in flüssiges Roheisen Stahl zu erzeugen. Dieses Ver- fahren empfiehlt Reaumur zur Herstellung eines ge- ringen, aber billigen Stahls . In der folgenden Abhandlung beschreibt Reaumur die Kenn- zeichen von gutem und schlechtem Stahl und giebt neue Mittel an, die Qualität des Stahls nach Bruchansehen, Härte u. s. w. zu er- kennen. Er sagt mit Recht, die Unterscheidungsmerkmale der Stahl- arbeiter seien so wenig zuverlässig, dass sie in den meisten Fällen ihren Stahl auf ungefähr kauften und ihn erst nach dem Erfolg be- urteilten. Er weist darauf hin, dass die farbig angelaufenen Rosen auf der Bruchfläche, welche von den Händlern so gerühmt und von den Schmieden gesucht würden, ein sehr unzuverlässiges Zeichen der Güte, wie der Härte des Stahls seien. Manche geringe fran- zösische Stahlsorten zeigten dieselben, während sehr feine deutsche Stahlsorten dieselben nicht zeigten. Es würde uns hier zu weit führen, auf Reaumurs Prüfungsmethoden näher einzugehen, einiges darüber haben wir bereits mitgeteilt. Dagegen können wir nicht umhin, hier noch kurz das anzuführen, was Reaumur über die Einsatzhärtung (la trempe en paquet) in seiner zwölften Abhandlung vorbringt. Obgleich die Einsatzhärtung und die Cementation auf gleicher Grundlage beruhten und anschei- nend ganz übereinstimmten, so bestehe doch ein wichtiger Unterschied zwischen beiden darin, dass man bei der Einsatzhärtung nur eine Ober- flächenhärtung erstrebe, den Eisenkörper aber möglichst zu erhalten suche, während man bei der Cementation die ganze Masse bis ins Innerste in Stahl umzuwandeln strebe. Bei letzterer wolle man erst ein Material herstellen, das man alsdann verarbeite und je nach dem Zwecke seiner Verwendung in bestimmte Formen ausschmiede, bei ersterem dagegen habe man schon die gewünschte Form erzeugt und wolle dieser nur so weit wie nötig eine äusserliche Härtung geben; es soll dabei möglichst vermieden werden, den Gegenstand spröde zu machen; seine Festigkeit soll ihm erhalten bleiben, was nur möglich ist, wenn die Umwandlung in Stahl nur eine oberflächliche ist, der Kern aber Schmiedeeisen oder weicher Stahl bleibt. Deshalb müsse man bei der Einsatzhärtung für das Härtepulver schnellwirkende Stoffe auswählen, welche schon bei geringer Hitze wirksam seien. Aus diesem Grunde eignen sich Stoffe für die Einsatzhärtung oder Oberflächenverstählung, welche für die Cementstahlbereitung zu ver- Beck , Geschichte des Eisens. 15 Die Cementstahlfabrikation. werfen sind. Die flüssigeren Substanzen, welche man für ersteren Zweck am vorteilhaftesten verwendet, sind für den letzteren ungeeignet, weil ihre Wirkung nicht in das Innere dringt und weil dieselbe auch keine genügend nachhaltige ist, indem so erzeugter Stahl viel weniger lange Hitzen aushält als richtig bereiteter Cementstahl. Auf die Oberflächenhärtung beziehen sich vornehmlich die vielen überlieferten Rezepte von zum Teil sehr sonderbarer Zusammensetzung. Reaumur hat vielerlei Mischungen versucht und empfiehlt als besonders wir- kungsvoll einmal Russ mit Urin vermischt und getrocknet, sodann dieselbe Mischung unter Zusatz von Seesalz oder Ammoniaksalz, wo- bei letzteres den Vorzug verdiene; fernerhin getrockneten und ver- kohlten Taubenkot, den man noch wirkungsvoller machen könne durch Zusatz von Urin und Ammoniaksalz. Reaumurs Arbeit über die Umwandlung von Schmiedeeisen in Stahl ist so gründlich, dass keine Frage unerörtert bleibt. Die von ihm auf Grund seiner zahlreichen Versuche gemachten Vorschläge sind so klar und überzeugend, dass sie zur Ausführung im grossen geradezu herausfordern. Reaumur versuchte selbst sein Verfahren im grossen Massstabe zur Ausführung zu bringen und andere Unter- nehmer in Frankreich haben es nach ihm gethan. Aber der Erfolg entsprach nicht den gehegten Erwartungen. Der Grund hierfür lag hauptsächlich darin, dass die französischen Eisensorten für diese Fabrikation wenig geeignet waren und das erhaltene Produkt weit hinter den aus bestem schwedischen Eisen hergestellten zurückstand. Dazu kam, dass die Engländer alles thaten, um diese Fabrikation in Frankreich nicht aufkommen zu lassen, worüber wir später noch be- richten werden. Dennoch bestand zur Zeit von Reaumurs Ableben die Cementstahlfabrikation in Frankreich. In dem Nachruf der Akademie heisst es: Seine Arbeit hat, nachdem verschiedene Etablisse- ments durch verschiedene Umstände fallierten, bei uns diese Kunst eingebürgert, auf welche unsere Nachbarn so eifersüchtig waren. Wir wollen hier anfügen, was Polhem über die Cementstahl- fabrikation in Schweden mitteilt, deren Einführung von Frankreich aus daraus hervorzugehen scheint, weil die Brennkisten von französischem Thon gemacht wurden. Von einem Zusatz von Salz zu dem Kohlenpulver, wie es Reaumur vorgeschlagen hatte, weiss er aber nichts. Er sagt: man füllt die Kisten mit Stangeneisen, zwischen welches man soviel Birkenasche und Kohlenstücke thut, dass die Stangen sich nicht be- rühren können. Die Kisten stehen 7 bis 9 Zoll voneinander ab. In den Zwischenräumen sind Thonböden gelegt, auf welchen die Kisten Schmiedbarer Guss. auch stehen, und welche runde Zuglöcher in Reihen geordnet haben, damit, wenn man Kohlen zwischen und auf die Kisten legt, der Ofen 8 bis 10 Tage brennen kann. Doch richtet sich die Brennzeit nach den Öfen, die man gross oder klein machen kann. Die grossen sind ökonomischer. Der gebrannte Stahl ist grob und undicht, wird aber durch Ausschmieden und Gärben dicht. Einmal gegärbt, ist er für grobes Schmiedezeug tauglich; zu Messern, Scheeren und Werzeug etc. schweisst man ihn vierfach. Auch hierbei ist die Art der Kohlen wichtig. Alte Kohlen sind dem Stahl sehr nachteilig; vorsichtige Schmiede glühen sie deshalb erst aus. Dass die Anlauffarben des Stahls von einer dünnen Oxydations- schicht — „Sinter“ — herrühren, den man durch Essig, Salz u. s. w. entfernen kann, ist Polhem bereits bekannt. Schmiedbarer Guss (nach Reaumur 1721). Ein anderer Zweig der Eisenindustrie, um dessen Entwickelung sich Reaumur das grösste Verdienst erworben hat, war die Her- stellung des schmiedbaren Eisengusses (fer adoucis, fonte mal- leable, engl. malleable cast iron). Reaumur war nicht der erste Erfinder dieses Verfahrens. Ein Unbekannter hatte, wie er selbst erzählt, um 1701 in Cône und in der Vorstadt St. Marceau in Paris bereits die fabrikmässige Anfertigung aduzierter Gusswaren begonnen, allerdings ohne nachhaltigen Erfolg. Reaumur gebührt dagegen das Verdienst, das Verfahren und den Vorgang, auf dem es gegründet ist, zuerst wissenschaftlich untersucht und erklärt und dadurch dieser Fabrikation die richtige Grundlage gegeben zu haben. Aus diesem Grunde ist man berechtigt, Reaumur , ebenso wie bei der Cement- stahlfabrikation, einen wesentlichen Anteil an der Erfindung dieser Industrie zuzuschreiben. Er hat seine Arbeit über den schmiedbaren Guss gleichzeitig mit seiner Abhandlung über die Cementstahlfabrikation in sechs Memoiren unter dem Titel „L’art d’adoucir le fer fondu, ou l’art de faire des ouvrages de fer fondu aussi finis que de fer forgé“ im Jahre 1722 veröffentlicht. Er hat sie dann später noch mit Nach- trägen und Zusätzen bereichert und in dieser erweiterten Form wurde sie nach seinem Tode von Duhamel de Monceau in den Descrip- tions des Arts et Métiers veröffentlicht. 15* Schmiedbarer Guss. Reaumur hat in dieser Abhandlung selbst die irrige Ansicht ausgesprochen, dass diese Kunst schon in alten Zeiten bekannt ge- wesen und später verloren gegangen sei. Hierzu wurde er verführt durch angebliche Überlieferungen der Eisenarbeiter, welche die wunder- baren Schmiedearbeiten des Mittelalters, speziell die herrlichen Thür- beschläge der Notre Dame-Kirche, für Werke einer verlorenen Geheim- kunst oder nach Reaumurs Deutung für aduzierten Kunstguss erklärten. Diese ganz grundlose Annahme war nur daraus ent- standen, dass man im Anfang des 18. Jahrhunderts ausser stande war, so vortreffliche Schmiedearbeiten nur mit dem Hammer herzustellen, und dass man dies noch weniger den vermeintlich viel ungeschickteren Vorfahren zutraute. Wir wissen, wie falsch diese Annahme war. Richtig ist dagegen, dass der obenerwähnte Unternehmer („Par- tikulier“) zu Anfang des 18. Jahrhunderts eine Gesellschaft zur Aus- beutung des von ihm geheimgehaltenen Aduzierverfahrens zusammen- gebracht und auch einige ganz hübsche Sachen angefertigt hatte; aber das Unternehmen ging zu Grunde, der Unternehmer verschwand und man hat nie erfahren, was aus ihm geworden ist. Er war seiner Methode nicht genügend sicher und der Erfolg hing zu sehr vom Zufall ab. Oft kamen die eingesetzten Waren noch ganz hart und unverändert aus dem Ofen, noch öfter waren die Gussstücke durch eine dicke Oxydkruste entstellt. Dem ungeachtet bedauert es Reaumur lebhaft, dass das Geheimnis auf diese Weise verloren gegangen war, da er, wenn dies nicht geschehen wäre, viele Mühe und Arbeit gespart hätte. So war er gezwungen, sich seinen Weg selbst zu suchen und eine grosse Reihe von Versuchen anzustellen. Er that dies mit der Gründlichkeit und Planmässigkeit, welche alle seine Untersuchungen auszeichnen. Die Aufgabe war, wie Reaumur in seiner ersten Memoire aus- führt, Gusswaren, welche hart und spröde waren, weich und schmied- bar zu machen. Obgleich man bis dahin meist nur grobe Ware, wie Kaminplatten, Öfen, Töpfe, Röhren und dergleichen aus Eisen ge- gossen hatte, so lag doch kein Grund vor, auch Kunstgeräte, Zier- stücke aller Art wie aus Bronze zu giessen. Hierfür kam in erster Linie die richtige Auswahl des Roheisens in Betracht. Weisses Eisen erschien Reaumur für am geeignetsten, weil es nach seiner Ansicht reiner war als graues. Das graue Roheisen enthielt nach seiner Meinung viele fremde, erdige Substanzen eingemengt. Dass man ihm für gewöhnliche Gusswaren den Vorzug gab, geschähe nur deshalb, weil es sich besser bearbeiten lasse. An und für sich könne man Schmiedbarer Guss. die Waren ebenso gut aus weissem Roheisen giessen, wodurch die- selben zugleich den Vorzug einer schönen Silberfarbe erhielten, wäh- rend die aus grauem Eisen gegossenen Stücke immer missfarbig und matt blieben. Dass aber das graue Eisen nur ein verunreinigtes weisses Eisen sei, schloss Reaumur , der von gebundenem und un- gebundenem Kohlenstoff noch keine Ahnung hatte, daraus, dass graues Eisen bei der Reinigung durch Umschmelzen (dem Feinen) weiss werde, so dass „Feinen“ und „Weissen“ gleichbedeutend seien. Je schwärzer das Roheisen, je öfter müsse man es umschmelzen, um es zu weissen. Beim Anblasen eines Hochofens fiele immer zuerst graues Eisen, wenn die Erze auch ihrer Natur nach, wie dies in der Folge geschähe, weisses Eisen gäben, weil das erste Eisen noch nicht so flüssig sei, dass sich die Unreinigkeiten aus demselben genügend abscheiden könnten. — Giesse man Roheisen dünn aus, so werde es ebenfalls weisser, als wie wenn dasselbe Eisen dick gegossen würde, was daher komme, dass sich bei der grösseren Oberfläche des dünn gegossenen Eisens die Unreinigkeiten leichter abscheiden könnten. Deshalb solle man für die zu aduzierenden Gusswaren das reinere weisse Roheisen wählen. Die zweite Denkschrift beschäftigt sich mit der Herstellung der Gusswaren und haben wir das meiste davon bereits an einer anderen Stelle (S. 165) mitgeteilt. Das weisse Eisen lässt sich nicht gut durch Rinnen den Formen zuführen, weil es zu rasch erstarrt. Wenn man sich eiserner Giess- kellen bedient, so muss man diese sehr gut vorwärmen. Flussmittel sind bei dem Eisen für schmiedbaren Guss durchaus zu vermeiden. Dagegen ist es wichtig, dass die Formen sorgfältig getrocknet und dass sie womöglich vorgewärmt sind. Es ist sogar gut, sie in einer Art von Backofen vor dem Giessen zu erhitzen, namentlich wenn man Gussstücke von ungleicher Dicke aus dem weissen, spröden Eisen giessen will. Man öffnet die Formen, wenn das Gussstück noch rot- glühend ist und schiebt es in den Wärmofen, wo es ganz allmählich erkaltet. Reaumur warnt sehr davor, viele Gegenstände in dem- selben Formkasten einzuformen, dieselben durch Laufrinnen zu ver- binden und nur einen Einguss zu machen, weil dies viel Bruch gebe. Die Einlaufstellen müssen so dünn wie nur möglich sein. Nachdem Reaumur das Wichtigste über den Guss für diese Fabrikation mitgeteilt hat, wendet er sich in seiner dritten Memoire zur Untersuchung der Mittel und Stoffe, der Glühpulver , durch welche die Erweichung der Gusswaren herbeigeführt werde. Hierüber hatte er Schmiedbarer Guss. bereits Versuche angestellt, ehe er seine Arbeiten über die Verwandlung des Schmiedeeisens in Stahl aufnahm. Dass die Erweichung des harten Gusses durch Glühen geschehen müsse, lag nahe; dass dazu aber ein Glühen im offenen Feuer nicht genüge, schien ihm schon durch die Beobachtung an den Kaminplatten, welche, obgleich dauernd der Erhitzung ausgesetzt, ihre Sprödigkeit nicht verloren, erwiesen. Da- gegen liess die Erhitzung in Tiegeln oder geschlossenen Öfen und die Einwirkung fremder Stoffe, mit welchen man die Gussstücke um- gab, Erfolg erwarten. Reaumur machte zu diesem Zwecke eine grosse Menge von Glühproben l. c. p. 454 etc. . Er versuchte alle nur denkbaren Stoffe hinsichtlich ihrer Einwirkung in der Glühhitze und kam schliess- lich zu dem Resultat, dass Kreide und Knochenasche die beste Wir- kung ausübten. Darin wurde er bestärkt durch das Ergebnis seiner Versuche, die er über das Tempern des zuviel cementierten Stahls angestellt hatte. Auch seine Theorie führte ihn dazu. Roheisen war nach seiner Ansicht Eisen, welches am meisten schweflige und salzige Materie enthielt. Durch Entziehung dieser musste es in Stahl und weiter in Schmiedeeisen verwandelt, d. h. erweicht werden. Es kam also darauf an, den harten Guss in Sub- stanzen zu glühen, welche am meisten die Fähigkeit hatten, die schweflige Materie aufzusaugen, hierfür waren Kreide und Knochen- asche am geeignetsten. Der Erfolg schien seine Theorie zu bestätigen. Indessen machte er bei seinen Glühversuchen doch verschiedenerlei besondere Erfahrungen. Zunächst war die Temperatur sehr zu be- achten. Giebt man dieselbe Glühhitze wie bei dem Stahlbrennen, so zeigen sich die Gussstücke mit einer Schicht Glühspan bedeckt, der sie unschön erscheinen lässt und die Zeichnung der Verzierungen verwischt. Dieser Fehler wird verbessert, wenn man das Glühen bei geringerer Hitze vornimmt, er wird aber noch mehr verbessert, wenn man der Kreide oder der Knochenkohle einen Zusatz von gepulverter Holzkohle giebt. Bei Versuchen im grossen zeigte sich ferner ein viel besserer Erfolg bei der Anwendung von Knochenkohlen, als bei der von Kreide; bei letzterer blieb er öfter ganz aus, namentlich bei grösserer Hitze. Am besten nimmt man also gepulverte Knochen- kohle, welche man mit Holzkohlenpulver mischt, und zwar im Ver- hältnis von 2 zu 1. Das Pulver kann man immer wieder von neuem verwenden, indem man nur den geringen Abgang durch neues ersetzt. Man nimmt nur so viel Pulver als nötig ist zu verhindern, dass die Gussstücke sich berühren. Schmiedbarer Guss. Besser wie dieses und wie alle anderen Pulver wirkte aber der Eisenglühspan selbst. Reaumur nannte dieses Pulver, welches er durch Abklopfen eiserner Platten, welche längere Zeit der Wirkung des Feuers ausgesetzt gewesen waren, erhielt, Eisensafran . — Leider liess es Reaumur bei diesem Versuche bewenden. Hätte er ihn weiter verfolgt und die Vorzüge dieses Glühmittels mehr hervorgehoben, so würde die Fabrikation im grossen wahrscheinlich mehr Erfolg gehabt haben als dies der Fall war. Denn die moderne Fabrikation des schmiedbaren Gusses, wie sie sich seit Anfang dieses Jahrhunderts entwickelt hat, beruht hauptsächlich auf der Anwendung von Eisen- oxyd als Aduzierpulver, d. h. als Entkohlungsmittel. Fig. 37. Reaumur wendet sich nun in seiner vierten Memoire zu den Öfen , welche für diesen Prozess am geeignetsten sind. Da auch hier die Glühgefässe geschlossen sein und vom Feuer umspielt werden müssen, so kommt er auf dieselbe Ofenkonstruktion wie bei der Cementstahlfabrikation, welche er nur dem Prozess entsprechend ab- ändert (Fig. 37). Da bei diesem keine so grosse Hitze verlangt wird, so empfiehlt sich eine Feuerung mit natürlichem Luftzug an Stelle des Gebläses, wobei man vorteilhaft Holz statt Kohle als Brenn- material verwenden kann. Das bedingt eine Veränderung des Rostes und der Luftzuführungskanäle Fig. 38 (a. f. S.), welche man vermehren Schmiedbarer Guss. und erweitern muss. Die Luftzufuhr kann man durch ein vorgesetztes Blech regulieren. Auch macht man die Öfen verhältnismässig höher, und zwar um ein Drittel oder um die Hälfte. Dadurch kann man die Kisten aber nicht mehr von oben laden, sondern muss sie von der Seite bedienen. Deshalb ist je eine der schmalen Wände mit losen Formsteinen zugesetzt, die zugleich mit dem Laden über- einandergesetzt werden. Diese Formsteine bekommen einen festen Halt durch eiserne Klammern, welche in Ringe der eisernen Ofen- bänder passen, wie aus der Zeichnung ersichtlich. Die Wände der Feuerungskammern kann man bei Holzfeuer von gusseisernen Platten Fig. 38. machen, die man verklam- mert und gegen das Durch- biegen durch einen Steg von Gusseisen verseift. Man wird meistens meh- rere Platten übereinander- setzen, weshalb man an jeder einen Falz an einer Seite angiesst, in welchen sich die folgende Platte einsetzt. Man soll getrock- netes Holz verwenden; das Trocknen kann über dem Gewölbe des Ofens ge- schehen. Bei dem Laden legt man die dickeren Stücke oder die am meisten weich gemacht werden sollen, an die heissesten Stellen. Die Gussstücke selbst müssen sorgfältig vom Sand gereinigt sein. Auch hier setzt man in jede Lage Probestücke ein, die man am besten als massive Cylinder, also in der Form von Rundeisenstäben giesst, denen man mindestens die halbe Länge des Ofens giebt. Man nimmt am besten mehrere von verschiedener Dicke. Sobald man glaubt, dass der Prozess beendet sei, zieht man sie aus und zerschlägt sie nach dem Erkalten. Hierdurch kontrolliert man den Glühprozess. Man muss aber die Veränderungen kennen, welche die Gussstücke durch den Glühprozess erleiden. Diese machen sich schon an der Oberfläche bemerkbar. Die bläuliche Farbe der Gussstücke geht, wenn eine Erweichung eingetreten ist, in eine braune über. Während die bläulichen Stücke von der Feile nicht angegriffen werden, geschieht dies leicht bei den braunen. Vergleicht man den Schmiedbarer Guss. Bruch, so beobachtet man ebenfalls zunächst eine Veränderung der Farbe. Dieselbe wird durch das Tempern dunkler, und zwar zeigt sich diese Farbenveränderung schon, ehe ein merkliches Weichwerden des Gusses eintritt; sie geht demselben voraus. Wichtiger aber ist die Veränderung des Gefüges. Der weisse Guss, der so dicht war, dass man kaum mit dem Mikroskop einige Blättchen erkennen konnte, wird lockerer, es bildet sich von der Oberfläche aus ein körniger Ring von weicherem Eisen oder vielmehr von Stahl, der allmählich nach innen fortschreitet und zuletzt bis zum Mittelpunkt vordringt. Alsdann ist die ganze Masse weich geworden und lässt sich feilen. Die Körner treten erst vereinzelt auf, werden dann zahlreicher und legen sich endlich dicht zusammen. Die Farbe des so getemperten Gusses ist dunkler wie die des ordinären Stahls, auch erscheinen darin vereinzelte grössere, dunkel schwarze Körner, die sich aber unter dem Mikroskop als grössere Hohlräume erweisen. Fährt man mit dem Glühprozess fort, so tritt eine neue Erscheinung ein. Ringsum erscheint ein heller, glänzender Streifen ganz wie blätteriges Schmiedeeisen und in der That ist er nichts anderes. Der glänzende helle Ring wird breiter, bis er zuletzt die ganze Fläche einnimmt. Mit der Farbe ändert sich das Gefüge, es wird blätterig, ganz wie gewisse Schmiede- eisensorten. Mit der Farbe und dem Gefüge ändern sich auch ent- sprechend die Eigenschaften des Gusseisens. Hat es durch den Glüh- prozess die dunkle, körnige Textur des ordinären Stahls erlangt, so zeigt es auch die Natur desselben; erhitzt und rasch gekühlt, nimmt es Stahlhärtung an. Tritt das blätterige Gefüge ein, so zeigt das so veränderte Metall die Eigenschaften von Schmiedeeisen. War das Stück dick, so können die drei Zustände nebeneinander beobachtet werden, aussen weiches Eisen, innen noch unverändertes Gusseisen, dazwischen Stahl. Das Gefüge des blätterigen weichen Eisens ist sehr locker, zwi- schen den Blättchen sind Hohlräume. Noch eine andere Erscheinung ist bemerkenswert. Als Reaumur einen schweren Thürklopfer nach dem Glühen herausgenommen hatte, war er viel leichter geworden. Bei näherer Prüfung zeigte es sich, dass der innere Kern von Gusseisen ausgelaufen war. Die Hülle war in Schmiedeeisen verwandelt worden, während der Kern noch unverändert war. Bei der gesteigerten Temperatur des Ofens schmolz dieser und lief durch eine Öffnung aus. Diesen Vorgang wiederholte Reaumur absichtlich mit massiven Cy- lindern. War die äussere Schicht getempert und steigerte man die Hitze, so lief der Kern aus und man erhielt Hohlcylinder. Man konnte sogar den Punkt bestimmen, von welchem das flüssige Eisen Schmiedbarer Guss. auslaufen sollte, wenn man diesen nämlich vor der Einwirkung ab- schloss, indem man ihn mit einem indifferenten Stoff, etwa mit Lehm, beschmierte. Nach Reaumur’s Ansicht liesse sich von dieser Erscheinung in manchen Fällen bei der Ausführung des Prozesses im grossen Nutzen ziehen. Kommt es aber darauf an, einen durchaus getemperten Gegenstand zu bekommen, so darf diese Erscheinung nicht eintreten; sie beweist, dass die Hitze im Glühofen zu hoch war. Bei Mangel an Vorsicht kann es vorkommen, dass der ganze Einsatz zusammen- schmilzt. Manche Stücke bedürfen nur eines oberflächlichen Weich- werdens, andere, welche gebohrt oder sonst bearbeitet werden, müssen durchaus weich sein, bei wieder anderen kommt es auf eine gewisse Biegsamkeit an. Gut getemperter Guss lässt sich kalt und warm biegen und glatt schlagen. Er lässt sich dagegen nur schwer im Feuer schmieden, weil das Gefüge des getemperten Eisens zu lose ist; er zerbröckelt unter dem Hammer. Es ist aber auch nicht der Zweck, diesen Waren mit dem Hammer ihre Form zu geben. Mit Vor- sicht behandelt, lässt er sich aber auch schmieden. — Kalt biegen lassen sich dünne Gegenstände von hämmerbarem Guss leichter als solche von Schmiedeeisen. Graues Gusseisen wird durch das Glüh- frischen ebenfalls weicher, aber niemals so weich und biegsam wie das weisse. Getemperter Guss muss der Theorie nach leichter sein als die Gussware, von der er stammt; Reaumurs Versuche haben dies be- stätigt, wenn er auch nicht im stande war, Werte dafür zu ermitteln. Beim Betriebe im grossen empfiehlt es sich, mehrere Öfen zu haben, damit man in dem einen dickere Stücke, in dem anderen dünnere in längeren und kürzeren Bränden aduzieren kann. Man kann getemperten Stücken, nachdem sie fertig mit Feilen, Bohren u. s. w. bearbeitet worden sind, leicht wieder eine Härtung geben durch das Verfahren der Einsatzhärtung (la trempe en paquet), was namentlich sich dann empfiehlt, wenn man sie polieren will. In der letzten Abhandlung zählt Reaumur die verschiedenen Arten der Verwendung des schmiedbaren Gusses auf. Schon in der Einleitung hatte er hervorgehoben, dass es sich ganz besonders für reich verzierte Gegenstände, welche aus Schmiedeeisen oder Stahl nur sehr schwer und mit enormen Kosten herzustellen wären, eigne. Er hatte darauf hingewiesen, wie unerschwinglich teuer Kunst- werke von Schmiedeeisen, z. B. die reich verzierten Thürklopfer, die Degengefässe aus geschnittenem Eisen seien und wie leicht und billig Schmiedbarer Guss. dieselben nach Modellen herzustellen wären. Er weist darauf hin, wie mager die schmiedeeisernen Geländer, Füllungen, Laternenträger u. s. w., welche man dürftig und unsolide mit aufgesetztem, geschnittenem und gebogenem Blech verziere, seien, während man dieselben aus schmied- barem Guss viel reicher und dauerhafter herstellen könne. Schlüssel, Schlösser, Riegel, Bänder, die jetzt alle so nüchtern glatt wären, liessen sich so geschmackvoll und reich verziert anfertigen. Fig. 39 zeigt einen Schlüssel im Rohguss und geglüht und ciseliert. Reaumur weist ferner darauf hin, und dies ist von Interesse für die Geschichte der Giessereitechnik, dass man ja leicht schmiede- eiserne Zapfen u. s. w., welche besonders viel auszuhalten hätten, Fig. 39. schon mit eingiessen könne, indem dieselben in die Form eingelegt, sich beim Giessen mit dem Guss- eisen fest verbänden. Die schönen Schlüssel, die man jetzt so teuer aus England beziehe, liessen sich viel reicher und dabei billig nach diesem Verfahren herstellen. Gür- tel- und Schuhschnallen, Bügel, Pferdegebisse, kurz hunderterlei Dinge, die schwierig zu schmieden sind, wären billig so zu machen. Selbst für Kanonen hält er dies Verfahren sehr geeignet. Guss- kanonen seien immer der Gefahr des Zerspringens ausgesetzt, deshalb seien schmiedeeiserne Kanonen viel besser, aber sie seien zu teuer. Da wäre der schmiedbare Guss nun gerade der richtige Stoff und man könnte denselben noch verstärken, wenn man die Kanonen über ein dichtes Gerippe von schmiedeeisernen Stäben giesse. Er macht An- gaben, wie die Glühöfen dafür einzurichten seien und setzt grosse Hoffnungen auf diese Art der Verwendung. Aber nicht nur künstlerischen und kriegerischen Zwecken soll die Erfindung dienen, sondern auch dem häuslichen Gebrauch. Eisernes Kochgeschirr sei noch in den Häusern der Wohlhabenden verpönt und werde nur bei den Bauern auf dem Lande angetroffen. Der Grund dafür sei, dass es zu schwer und zu plump sei. Man müsse es so dick giessen, weil gewöhnlicher Guss zu leicht springe und zerbreche. Würde man aber das Geschirr dem Glühfrischprozess Schmiedbarer Guss. unterwerfen, so würde ihm die Spannung und Sprödigkeit genommen. Man könne solches Geschirr viel dünner giessen und es würde dann bald in allgemeinen Gebrauch kommen, da es viel billiger sein würde als das jetzt noch allgemein gebräuchliche Kupfergeschirr und der Gesundheit nicht schaden könne. Reaumur spricht prophetisch, indem er sagt: „wohl wird dieser Prozess viele Anwendung finden, wenn er künstlerische Waren liefert und das Schöne verbilligt. Denn wenn auch das Schöne vielfach nur ein Modebegriff ist, so würde doch jeder lieber in einem Palast wohnen, als in einer Hütte, wenn er dies für dieselben Kosten haben könnte. Wichtiger aber als das Dekorative ist das Nützliche und erst, wenn es gelänge, Gegenstände des täglichen Gebrauchs auf diesem Wege herzustellen, würde diese Fabrikation ihre wahre Bedeutung erlangen.“ Reaumur warnt zwar vor übertriebenen und unvernünftigen Hoffnungen, welche erwacht seien, seitdem er im November 1721 diese Kunst in öffentlicher Ver- sammlung der Akademie vorgetragen und die in zahlreichen Anfragen und Zuschriften ihren Ausdruck fänden, im ganzen aber ist er selbst erfüllt von der zuversichtlichsten Hoffnung. Die Erfüllung dieser Hoffnung sollte er aber nicht erleben. Hatte schon der von ihm vorgeschlagene Prozess der Cementstahl- fabrikation in Frankreich nur mässigen Erfolg, so hatte seine Kunst, Gusseisen zu erweichen, gar keinen. Die verschiedenen Unternehmungen, welche darauf gegründet wurden, gingen sämtlich zu Grunde. Zur Zeit seines Todes 1757 war, wie wir aus seinem Nachruf erfahren, die öffentliche Meinung über Reaumurs Erfindung bereits zur Tages- ordnung übergegangen, sie war als erfolglos aufgegeben. Während bei dem Cementstahlprozess Reaumurs Angaben so- wohl in Frankreich als noch mehr im Auslande, z. B. in Schweden und namentlich in England, mit Erfolg ausgebeutet wurden, so hatte die Fabrikation des schmiedbaren Gusses damals gar keinen Erfolg und wurde in England, wo Versuche damit gemacht worden waren, als unpraktisch verworfen. Fragen wir uns, wie dies möglich war, nachdem Reaumur das ganze Bild der Fabrikation und ihrer Ver- wendbarkeit so klar, deutlich und richtig dargestellt hatte, dass unsere heutige Industrie auf diesem Gebiete fast vollständig damit überein- stimmt, so müssen wir antworten, dass dies wohl zum Teil in der Ungeschicklichkeit und dem Mangel an Sorgfalt und Geduld lag, mit dem das Verfahren geprüft wurde, hauptsächlich aber lag es darin, dass es keinem dringenden Bedürfnis begegnete; die Erfindung war ihrer Zeit vorausgeeilt. Nur wo eine Erfindung einem dringenden Schmiedbarer Guss. Bedürfnis Abhilfe schafft, hat sie unmittelbaren Erfolg. Schafft eine Erfindung zugleich ein neues Produkt, so muss dies erst in den Handel eingeführt, der Bedarf erst den Menschen angewöhnt werden und dazu ist in den meisten Fällen lange Zeit erforderlich, ganz abgesehen von dem Widerstande, welchen die bestehenden Gewerbe, die sich durch dasselbe beeinträchtigt glauben, der Einführung entgegensetzen. Jene Zeit war aber für Reaumurs Erfindung noch nicht reif. Reaumur selbst aber hielt an seiner Erfindung unentwegt fest und suchte dieselbe in späteren Jahren noch zu erweitern. In Frankreich wurde zu Cône eine neue Fabrik nach Reaumurs Vorschlägen eingerichtet und daselbst die Fabrikation von schmied- barem Guss in der beschriebenen Weise mehrere Jahre hindurch be- trieben, aber die Unternehmer machten schlechte Geschäfte. Da kam um das Jahr 1740 ein Herr von Haudinart zu Reaumur und erzählte, sein Vater habe schon, ehe die Fabrik in Cône betrieben worden sei, ebenfalls aduzierten Guss gemacht, einfach in der Weise, dass er die Gegenstände mit etwas bestrichen und dann geglüht habe. Die Sache sei auch ganz gut gegangen, bis sein Vater mit seinen Teilhabern in einen Prozess verwickelt worden und bald darauf ge- storben sei. Damit habe auch die Fabrik aufgehört. Er selbst sei noch zu jung gewesen, als dass ihm sein Vater das Geheimnis hätte mitteilen können. Dennoch wusste er einige Angaben über die Stoffe zu machen, welche sein Vater verwendet habe. Mehr sagte er nicht, wie Reaumur scherzend bemerkt, wohl aus übertriebener Höflichkeit um mir die Freude zu lassen, auch diese Sache von neuem zu finden. Jedenfalls gab aber diese Mitteilung die Veranlassung, dass Reaumur Versuche, die er früher gemacht, seit langem aber liegen gelassen hatte, wieder aufnahm. Konnte man einen Stoff finden, der feuerfest wäre, keinen Schwefel abgebe und beim Trocknen sich nicht zusammen- ziehe, die Gussstücke also vollständig umhülle, so liesse sich hoffen, den ganzen Prozess zu vereinfachen, denn dann brauchte man keine geschlossenen Glühtöpfe oder Kisten und auch keine teuren Brennöfen, man konnte dann das Glühen in irgend einem Ofen bewerkstelligen. Als einen solchen Stoff bezeichnete Reaumur das Reissblei (mine de plomb) oder den Graphit , auf welchen seine Aufmerksam- keit dadurch gelenkt wurde, dass man aus demselben in Deutschland feuerfeste Schmelztiegel anfertigte, welche wiederholte Schmelzungen aushielten, ohne zu reissen. Er fand weiter, dass der Prozess um so besser verlaufe, je rascher man die Gegenstände erhitze und bei scharfer Hitze glühe. Schmiedbarer Guss. Er fand, dass sogar ein ganz dünner Anstrich von Graphit hin- reiche, ja dass eine bestimmte Glühhitze schon für sich im stande sei, harten Guss zu erweichen. Aber auch nur eine solche, denn bei langsamem Erhitzen und Kirschrotglut bedecken sich die Gussstücke mit Glühspan und werden nicht weich, und ebenso verbrennt das Eisen bei zu grosser Hitze und wird im Inneren hart. Weil also die richtige Temperatur sehr schwer zu treffen und die Gefahr von Glüh- spanbildung bei offenem Feuer immer vorhanden ist, so schien es nicht thunlich, den Graphitüberzug ganz zu entbehren. Auch ist die Ein- wirkung der Hitze allein nur eine oberflächliche und findet keine wirkliche Umwandlung des Gusseisens in Schmiedeeisen statt. Es ist gut, dem Graphit einen Zusatz von feuerfestem Thon oder einem ähnlichen Stoffe, welcher seine Bindekraft erhöht, zu geben. Das Gemenge rührt man mit Wasser zu einem Brei an, den man ent- weder mit dem Pinsel aufträgt, oder in den man die Gegenstände eintaucht. Jede Art der Feuerung ist anwendbar, doch sind die Re- sultate bei dem offenen Herdfeuer unsicher und die Gefahr des Schmelzens der Gusswaren vorhanden. Geschlossene Gefässe sind deshalb vorzuziehen, am meisten aber eignet sich ein eigens für den Zweck erbauter Glühofen, ähnlich einem Töpferofen von viereckigem Querschnitt, mit Bänken oder Traggestellen ringsum und der Feuerung in der Mitte. Reaumur stellte eine weitere Reihe von Versuchen an, um das Verziehen und Werfen der Gusswaren zu vermeiden oder wieder gut zu machen. Manchmal genügte für letzteren Zweck ein vorsichtiges Beklopfen mit dem Hammer, in den meisten Fällen wird aber ein Pressen in der Hitze (Kirschrotglut) erforderlich. Hierzu genügt bei kleinen Stücken ein Schraubstock, zwischen dessen Backen man die Stücke entweder unmittelbar oder zwischen Platten presst. Bei ver- zierten und komplizierten Stücken muss man besondere Gesenke hier- für machen. Bei Töpfen und ähnlichen hohlen Gussstücken müssen Futter eingespannt werden. Eine besondere Reihe von Memoiren beschäftigt sich mit der Frage, ob Eisenguss im flüssigen Zustande erweicht werden kann. Reaumur gelangte zu einem negativen Resultate. Keins der vielen Mittel, die er versuchte, brachte die gewünschte Wirkung hervor, die meisten machten vielmehr das Eisen härter als zuvor. Darauf wendete sich Reaumur zu den Mitteln, welche geeignet seien, einen möglichst weichen Guss zu erzeugen. Er verliess damit eigentlich gänzlich den Ausgangspunkt seiner Untersuchung, welcher darin bestanden hatte, Schmiedbarer Guss. Gusseisen durch einen Glühprozess in weiches Schmiedeeisen umzu- wandeln und welches ihn zur Erfindung des schmiedbaren Gusses geführt hatte. In seiner späteren Arbeit verwischt er diesen Stand- punkt, indem er seine Aufgabe allgemeiner dahin fasste, Mittel zu finden und anzugeben, weiche Gusswaren, welche sich feilen und bohren liessen, zu erzeugen. Dies konnte ebenso wohl durch die ver- schiedenen Umwandlungsprozesse, als von vornherein durch Erzielung eines weichen Gusses geschehen; letzteres war dann schliesslich die einfachere und natürlichere Lösung, auf welche deshalb in der späte- ren Arbeit besonderes Gewicht gelegt wird. Diese spätere Arbeit er- schien erst, wie erwähnt, nach Reaumurs Tode in den Descriptions des Arts et Métiers Ausgabe von Bertrand , Tome XV, p. 71—277. unter dem Titel: Nouvelle art d’adoucir le fer fondu. Sie ist mit einer Einleitung des Herausgebers Duhamel du Monceau versehen und zerfällt in drei Teile. Der erste ist ein nur wenig veränderter Abdruck der alten Arbeit vom Jahre 1722, bei welchem aber der letzte Teil fehlt, so dass er nur aus fünf Memoiren besteht. Dieser beschäftigt sich mit dem Glühfrischen in geschlossenen Öfen. Der zweite Teil besteht aus vier kürzeren Memoiren und be- handelt das Glühfrischen mit einfachem Überzug. Der dritte Teil umfasst neun Abhandlungen und lehrt die Herstellung von Gusswaren, welche schon in weichem Zustande die Formen verlassen. Diese zweite ausführlichere Arbeit über denselben Gegenstand entbehrt der Anmut der ersten, es fehlt ihr die letzte Hand des Meisters. Sie hat ferner den Fehler, dass sie keinen genügend scharfen Unterschied macht zwischen der Umwandlung des Gusseisens in Schmiedeeisen — den schmiedbaren Guss —, zwischen Oberflächenerweichung und zwischen alleiniger Aufhebung der Spannung durch ein nachträg- liches Glühen. Dieser Unterschied ist aber ein fundamentaler, denn bei ersterem wird eine Verwandlung der Substanz, ein metallurgisch- chemischer Prozess angestrebt, während es sich beim Glühen unter loser Decke, sowie beim einfachen Ausglühen nur um eine physika- lische Wirkung, nämlich um die Aufhebung der Spannung, welche durch das rasche Erstarren des flüssigen Metalles in den Formen den Gusswaren anhaftet, handelt. Diese Verwischung der Grenzen von zwei durchaus verschiedenen Prozessen, welche allerdings ineinander übergehen, zieht sich bedauerlicherweise durch die ganze Litteratur hindurch, nicht nur zum Nachteil der theoretischen Erkenntnis, son- dern auch der praktischen Verwertung der Erfindung Reaumurs , Schmiedbarer Guss. welche erst in diesem Jahrhundert zur vollen Anerkennung ge- kommen ist. Was nun den dritten Teil der neuen Abhandlung Reaumurs anlangt, so gehört derselbe, wie schon aus seiner Überschrift hervor- geht, fast ganz in das Gebiet der Eisengiesserei. Die Grundlage des Erfolges, um weichen Guss zu erzielen, bildet die Auswahl des Roh- eisens, indem dasselbe sich mehr oder weniger dafür eignet. Nur graues Eisen soll man hierzu verwenden. Will man weisses benutzen, so muss man es erst aduzieren, aber auch dann muss man es mit natürlichem grauen Gusseisen zusammenschmelzen. Ist das Eisen zu grau, so empfiehlt er einen geringen Zusatz von Alaun, der ihm eine schönere Farbe gebe, ohne es hart zu machen. Soll das Guss- eisen beim Umschmelzen seine Weichheit behalten, so muss das Schmelzgefäss mit einem Futter von Holzkohlen oder von Holzkohlen mit Beinasche ausgekleidet werden. Unter den verschiedenen Mitteln, die Weichheit der Gusswaren zu befördern, hebt er als wichtigstes das Erhitzen der Formen hervor. Das gut geschmolzene Gusseisen soll in heisse Formen eingegossen werden. Um eine genügende Er- hitzung der Formen zu ermöglichen, empfiehlt er dringend die Anwen- dung eiserner Formkasten an Stelle der noch allgemein gebräuchlichen hölzernen. Er verlangt, dass alle Formen nicht nur Lehm- und Massenformen, sondern auch die Sandformen bis zur Rotglut erhitzt werden. Dies könne in einem Ofen geschehen, der einem Cementier- ofen ähnlich sei, und in dessen Kammern sich Gestelle mit Abteilungen befänden, in welche man die Formkasten einschiebe. Da das Aus- ziehen der heissen Kasten aus diesen Öfen aber beschwerlich sei, so empfiehlt er einen Ofen, der mehr einem Ziegel- oder Backsteinbrenn- ofen ähnlich ist, in dessen viereckiger Kammer die eisernen Form- kasten vertikal auf den Boden und übereinander gestellt werden, dass Kohle und Hitze sie von allen Seiten umgeben. Die Öfen könnten nach Reaumurs Angabe so eingerichtet sein, dass man in denselben giesst, die Formkasten also nicht herausgenommen zu werden brauchen. — Als ein weiteres Mittel zur Erzielung weicher Gusswaren empfiehlt Reaumur ein Ausglühen unmittelbar nach dem Guss, so dass die Gussstücke noch möglichst heiss in den Glühofen kommen. Auch dies wird sehr erleichtert, wenn die Gusswaren in den zuletzt erwähnten Öfen, die den heutigen Darrkammern der Giessereien am nächsten kommen und in welcher die Formen erhitzt wurden, auch gegossen werden. Das Nachglühen kann dann in denselben leicht und ohne grosse Kosten bewerkstelligt werden. Die vielen Angaben, die Schmiedbarer Guss. Reaumur sonst noch in Bezug auf Formen und Giessen macht, gehören in das Kapitel der Giesserei, werden aber am besten in den trefflichen Memoiren des Verfassers selbst nachgelesen. Wir haben erwähnt, dass Reaumurs Erfindung des schmiedbaren Gusses keinen grossen Erfolg hatte. Dass daran nicht er, sondern diejenigen, welche die Sache auszubeuten versuchten, Schuld waren, geht aus den von den Metallurgen des 18. Jahrhunderts erhobenen Einwendungen gegen das Verfahren hervor. Der Engländer Horne hat 1773 eine Abhandlung über Eisen und Stahl veröffentlicht, in der er behauptet, es lohne sich nicht, sich bei dem Glühfrischprozess aufzuhalten, da derselbe nicht den Erwartungen, welche Reaumur darauf gesetzt habe, entspräche. Glühe man die Gusswaren mit Beinasche allein, so verbrennten sie, glühe man sie in einem Gemisch von 2 Tln. Beinasche mit 1 Tl. Holzkohle, so ent- stehe ein so löcheriges Produkt, dass es nicht möglich sei, dasselbe zu polieren. Er selbst habe, bestochen von der Schönheit und Nütz- lichkeit der Erfindung, eine Reihe von Versuchen gemacht. Er habe mehrere Eingüsse von ¾ Zoll Dicke in einen Tiegel mit obigem Pulver längere Zeit geglüht und dann zum Schluss einer scharfen Hitze ausgesetzt, das Ergebnis sei gewesen, dass der innere Teil ge- schmolzen und ausgelaufen sei. Obgleich diese Versuche genau das er- gaben, was Reaumur angegeben und erklärt hatte, indem er zugleich vor der zu grossen Steigerung der Hitze, wenn man nicht obiges Re- sultat mit Absicht herbeiführen wolle, gewarnt hatte, so führt dennoch Horne diese ungeschickten Versuche mit grosser Selbstgefälligkeit als Beweise gegen den Wert von Reaumurs Entdeckungen an. Viel gründlicher hat der schwedische Metallurg Swen Rinman (1782) diese Frage geprüft und viele neue und wichtige Versuche darüber gemacht. Dennoch, obgleich er den Glühfrischprozess genau kannte, glaubte auch er nicht an die praktische Verwertbarkeit desselben, in der von Reaumur vorgeschlagenen Weise. Er sagt Swen Rinman , Geschichte des Eisens, §. 295, deutsch von Karsten , II, S. 731. : die Kenntnis des Aduzierens des Roheisens kann zwar für den Künstler in manchen Fällen sehr nützlich und vorteilhaft sein; bei grossen Giessereien, deren Fabrikate durch Aduzieren und Ciselieren mehr Vollkommen- heit erhalten sollen, würde man aber in der Ausübung zu keinen Vorteilen gelangen, wie die von Reaumur in Vorschlag gebrachte und mit einem grossen Kostenaufwand in Frankreich zu stande ge- Beck , Geschichte des Eisens. 16 Die mechanische Bearbeitung des Eisens. kommene Fabrikanstalt beweist, von welcher die Unternehmer wieder abstehen mussten, teils weil das Brennmaterial zu teuer war, teils weil sehr viele Arbeiten missglückten. Letzteres mochte wohl aus mancherlei Ursachen geschehen, teils weil das Roheisen beim Schmelzen im grossen nicht immer jedesmal ein und dieselbe Beschaffenheit haben konnte, teils weil der geringste unbemerkbare Fehler, eine un- dichte oder blasige Stelle in der Gussware, sogleich allen Aufwand an Kosten und Mühe vergeblich machte, teils endlich weil der glück- liche Erfolg des Aduzierens sehr von dem einer jeden Roheisenart angemessenen Hitzgrad abhing, der sich um so schwerer genau treffen liess, als die Gusswaren an der einen Stelle dicker sein konnten als an der andern u. s. f. Überdies nimmt aber die Oberfläche des aduzierten Roheisens nicht den Grad der Feinheit an, dass man ihr eine glänzende Politur geben könnte. Rinman war aber weit davon entfernt, die hohe Bedeutung des Glühfrischens zu verkennen. Er legte ihm sogar eine besondere Wichtigkeit für die Stahlfabrikation, mehr als Reaumur selbst, bei und hat dessen Versuchen viele neue hinzugefügt, auf die wir später noch zurückkommen werden. Wenn er daher die Bedeutung des Prozesses für den schmiedbaren Guss als solchen verkannte, so lag dies in den Verhältnissen seines Landes und seiner Zeit. Was Reaumur erstrebte, der getemperte Kleinguss, entsprach der Pariser Industrie, nicht aber der schwedischen um das Jahr 1780, während die Frage der Herstellung von Gussstahl Rinman näher lag. That- sache ist, dass, nachdem die Fabrik zu Cône zu Grunde gegangen war, Reaumurs Erfindung des schmiedbaren Gusses keine weitere praktische Verwertung im 18. Jahrhundert fand und derart in Ver- gessenheit geriet, dass Samuel Lucas im Jahre 1804 auf das von Reaumur beschriebene Verfahren, als eine neue Erfindung, ein Patent erhielt. Die mechanische Bearbeitung des Eisens (Polhem 1720 bis 1746). Die mechanische Bearbeitung des Eisens hatte in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts nicht unwesentliche Fortschritte gemacht. Auf der Formgebung beruhten wichtige Industriezweige, Die mechanische Bearbeitung des Eisens. wie die Ankerschmieden, die Blech- und Drahtfabrikation, das Nagler- und Nadlergewerbe u. s. w. Zunächst war aber schon die unmittel- bare Bearbeitung der Luppe und das Ausschmieden des Eisens in die gebräuchlichen Formen für Material- und Handelseisen die wichtigste Aufgabe des Hammerschmieds. Hierüber verdanken wir dem vortreff- lichen Polhem nähere Mitteilungen. Dies war das eigentliche Ge- biet für sein grosses mechanisches Talent, und er hatte eine so richtige Vorstellung von der Bedeutung der Maschinenarbeit für die Eisen- industrie, dass seine Bemerkungen oft wie Prophezeiungen klingen. Die Ausführungen Polhems über die mechanische Bearbeitung des Eisens zu verschiedenen Zwecken bilden für die historische Be- trachtung wichtige Ergänzungen zu Swedenborgs Schilderungen. Indem er seine Landsleute ermahnt, Zainhämmer, Reckhämmer und Stahlhämmer anzulegen, um die Wasserkraft der zahlreichen Gefälle ihres Landes auszunutzen und durch die Veredlung ihres Eisens grösseren Nutzen zu erzielen, schildert er kurz die wichtigsten An- lagen dieser Art. „Der Vorteil, sowohl in andern Dingen als besonders bei ge- werblichen Anlagen, besteht in den Mitteln, die Arbeit zu erleichtern, damit die Sachen nicht zu teuer werden, indem der Absatz durch nichts so sehr als durch billige Preise befördert wird: deshalb sind solche Maschinen und Anlagen, welche auf eine oder andere Weise die groben Handarbeiten vermindern oder erleichtern, höchst nötig. Dieser Endzweck wird am besten durch Ausnutzung der Wasserkraft zur Arbeit mit einem Nutzen von 100, ja 1000 Proz. gegen die Kosten der Handarbeit erreicht.“ Er empfiehlt Zwischenprodukte herzustellen zwischen dem ordi- nären Handelseisen, für das nicht viel bezahlt werde, und der fertigen Ware, so z. B. für die Messerschmiede vorgeschmiedetes, aus Eisen und Stahl zusammengeschweisstes Material (Messermasse), was auf „Klipphämmern“ (Zainhämmern) geschieht. Das Materialeisen für Küchengeschirre, als Pfannen, Schaufeln, Kasserollen u. s. w., könnte am besten auf Kneip-, Tief-, Platt- und Planhämmern gemacht werden. Alle Teile von Gewehr- und Thürschlössern könnten mit Gesenkhämmern geschmiedet werden. Wichtig sei ferner die Anlage von Walzwerken, Schneidewerken und Scheren. Aber auch auf den groben Stangenhämmern liessen sich schon viele grobe Waren ver- schmieden, z. B. Pflugeisen, Eggenzähne, Brechstangen, Hämmer, Haken, grosse Nägel, Hespen, Bolzen u. s. w. Indem Polhem nun zur Ausführung im einzelnen übergeht, 16* Die mechanische Bearbeitung des Eisens. wendet er sich zuerst zu den Zain- und Blechhämmern (Kneip- und Platthämmern). Das grobe Stangeneisen kam von den Hammer- schmieden in die Kneip- und Platthammerschmieden, und zwar zunächst in die ersteren, in welchen zwei bis drei Hämmer von verschiedener Grösse arbeiteten. Das Ausschmieden auf den Kneiphämmern geschah immer der Quere, nie der Länge des Hammers nach, weil dadurch Risse und Blätter entstanden. Bei dem Querschmieden wurde jeder Schlag der abgerundeten Hammerfinne auf dem Zain eingedrückt. Man liebte dies besonders für das Drahtziehen, angeblich weil das Fett sich länger in den Einkerbungen hielt. Auf diese Weise wurden allerlei Arten kleiner Stangen, gröbere und feinere, von quadratischem Querschnitt, ferner Flachstäbe ½, 1⅔, 3 und 4 mal so breit wie dick und Bandeisen geschmiedet, „was aber mittelst Walzwerke viel ge- schwinder geschieht als durch den Hammer“. Über das Ausschmie- den der Luppe in Stäbe bemerkt er noch folgendes: Wenn die Luppe zerhauen und das Mittelstück (welches das beste Eisen liefert) da- von genommen ist, muss das Eisengut zu groben Stangen durch- geschmiedet werden, welche die Breite von 3 Zoll und die Dicke von 1¼ Zoll erhalten. Dieses muss ein Meister oder geschickter Geselle verrichten, welcher die Stangen, ohne ihnen mit Planieren längs des Hammers zu helfen, überall gleich dick treffen kann, denn wenn die Stangen auf ein oder der anderen Stelle auch nur ein wenig dicker als anderwärts sind, so ist es beinahe unmöglich, diesem abzuhelfen, ohne dass es nicht an den nachgeschlagenen Stellen Risse geben sollte. Deshalb ist es am besten, die Stangen gar nicht zu planieren, sondern ihnen nur durch einige leichte Schläge nachhelfen zu lassen, besonders da dasselbe Eisen noch mehrmals unter andern Hämmern umgeschmiedet wird. Platinen und Platten schmiedete man unter dem Platthammer nur in die Quere, legte aber dabei meist mehrere übereinander. Es bedurfte einer gewissen Berechnung. Wurden z. B. Platten verlangt, welche 1/20 Zoll Dicke haben sollten, so legte man 5 Platten von je ¼ Zoll zusammen, welchen Pack man von neuem bis auf ¼ bis ⅕ Zoll Dicke ausschmiedete, wodurch die einzelnen Blätter die gewünschte Dicke bekamen. Solche Stücke, für bestimmte Zwecke mit grossen Scheren geschnitten, fielen dann ganz gleich aus, so dass sie gar nicht mehr gerichtet zu werden brauchten. Die gangbaren Sorten wurden auf Vorrat nach Nummern geschmiedet. Nun folgen Polhems wichtige Mitteilungen über die Walz- werke , aus denen klar hervorgeht, dass man solche nicht nur in Die mechanische Bearbeitung des Eisens. Verbindung mit Spaltwerken, sondern auch für sich zum Strecken und Auswalzen flacher Eisensorten verwendete. Das Kapitel 14 handelt von Walzwerken und ihrem Nutzen wie folgt: Durch gute Walzwerke können viele Arbeiten teils erleichtert, teils abgekürzt werden; denn durch seine Geschwindigkeit kann ein Walzwerk 10 bis 20 und nach Beschaffenheit des Wasserbetriebes wohl noch mehr Stangen Bandeisen in eben der Zeit pressen, in welcher der Kneip- hammer nur eine ausreckt. Ausserdem dass dünnes Bandeisen zu Fassreifen und allerlei Beschlägen nützlich ist, so können auch Messer- stahl und ähnliche geschweisste Sorten gewalzt und dann in Klein- schmieden vollendet werden. Man kann auch solche Walzen machen, welche die Klingen breit und nach beiden Seiten dünn, ungefähr von der Form der Degenklingen machen, welche, wenn man sie der Länge nach in der Mitte voneinander schneidet, zu Messerklingen sehr bequem sind. Ausserdem kann man auch Walzen für allerlei Formen , als zu viereckigen, runden oder halbrunden Zainen oder Stangen und zu Stahl für allerlei Feilensorten machen, welche nachher durch wenig Schmieden zu vollenden sind. Mit Walzwerken kann man allerlei Stacketstangen, mit besonders dazu eingerichteten, das meiste zu Schlüsseln und Schlössern, wenn solche von einerlei Façon sind und auch Bleche machen. Wir ersehen hieraus, dass Polhem bereits mit der Anwendung der Walzwerke zur Herstellung vielerlei Eisensorten durchaus ver- traut war, während man den Anfang dieser Kunst seither meistens erst viel später in die Zeit Henry Corts gesetzt hat. Es wäre ja auch fast unbegreiflich gewesen, wenn man Walzen als ein Teil der Eisenschneidwerke schon lange benutzt hätte, ohne auf die Idee zu kommen, das Walzwerk für sich, ohne Verbindung mit den Schneid- scheiben zu verwenden. Die Anwendung der Eisenschneidwerke konnten wir aber schon im 17. Jahrhundert mit Sicherheit nach- weisen. Dass man die Bleche in Sachsen zur Weissblechfabrikation durch Walzen gehen liess, scheint aus Yarrantons Angaben hervorzugehen. Es ist ja wohl anzunehmen, dass man anfangs die Walzen mehr zum Egalisieren und nicht eigentlich zum Ausrecken verwendet hat, nament- lich bei den Blechen. Aber man musste doch sehr bald dabei die Beobachtung machen, wie leicht sich heisses Eisen zwischen Walzen auch strecken liess, und Polhems Mitteilungen lassen keinen Zweifel, dass sie hierfür in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts bereits hier und da verwendet wurden. Im Kapitel 15 von Polhems Testament, Die mechanische Bearbeitung des Eisens. welches von den Walzen und ihrer Verfertigung handelt, sagt er, dass die Zahl der Walzwerke im Vergleich mit der der Hämmer in Schweden klein sei. Er fährt dann fort: „So viele Vorteile die Walzen wegen geschwinder Verfertigung der Arbeit mit sich führen, so schwierig sind sie herzustellen. Mittels derselben kann man nicht nur das gröbste Stangen- und Platteneisen auswalzen, sondern es auch (in Verbindung mit Schneidscheiben) in beliebig schmale Streifen zer- schneiden, so dass man mit Walzen in einem Tage mehr, als mit Hämmern in einem Monat ausrichten kann. Man hat aber die Er- fahrung gemacht, dass geschmiedetes Eisen zäher als gewalztes ist, weshalb man da, wo es auf die Zähigkeit besonders ankommt, wie z. B. bei Draht, geschmiedetes Eisen gebraucht, obgleich geschnittenes Eisen billiger wäre. Es ist also wohl zu erwägen, welche Gattungen von Eisen zu walzen und welche zu schmieden sind.“ „Nunmehr komme ich zu der Anfertigung der Walzen, welches nicht ohne Kunst und Wissenschaft geschieht. Alle Arten kleiner Walzen bis 6 und 7 Zoll Durchmesser können leicht aus gutem Eisen geschmiedet werden. Man härtet ihre Oberflächen, indem man Stahl darumlegt, aufschweisst und schmiedet. Nachher werden sie abgedreht, welches am besten auf der Drehbank mittels eines kleinen Wasserrades geschieht. Das Dreheisen wird an einem Klotz befestigt, der mittels einer langen Schraube an der Walze allmählich der Länge nach hingezogen wird, was gemeiniglich durch die Hand des Walzmeisters geschieht, aber auch so gemacht werden kann, dass das Wasserrad die Schraube allmählich umdreht. Wenn die Walzen auf dem Wasserwerk gut abgedreht sind, setzt man sie in einen festen Drehstuhl, der mit einem Rade geht und justiert sie zum Schluss mit kleineren Eisen und Feilen, damit sie die rechte Runde und Glätte erhalten. Alsdann härtet man sie auf die Weise, dass man sie im Feuer rot werden lässt und nachher allmäh- lich in ein langsam fliessendes Wasser taucht. Noch besser ist es, die Walzen in Öl oder Talg abzulöschen. Sollte sie aber nicht voll- kommen hart werden, so kann man dadurch abhelfen, dass man die glühende Walze vor dem Ablöschen in Hornspänen wälzt. Ist sie aber nur von Eisen, so muss man sie setzhärten (satshärdas, d. h. durch Einsatzhärtung). Nach dem Härten spannt man sie in die Drehbank und versucht, ob sie so rund geblieben, wie sie vorher war, was nur selten geschieht, indem es sich wohl ereignen kann, dass der Stahl an einer Seite dünner zu liegen kommt als auf der andern, infolge- dessen sich beim Ablöschen die Seite, wo der Stahl dünner ist, mehr Die mechanische Bearbeitung des Eisens. zusammenzieht. Hat nun die Walze auch nicht den Fehler, dass sie blätterig ist, was sich beim Härten leicht ereignet, so schreitet man zum Schleifen in der Weise, dass man sie mit einer Kurbel umdreht und sie die ganze Länge herunter mittels einer zinnernen oder bleier- nen Kappe, auf welche man erst groben und dann feinen Schmirgel thut, schleift, bis sie glatt und rund ist. Dieses Verfahren erfand Gabriel Polhem , der Sohn des Verfassers, im Jahre 1737, und be- diente sich desselben für die Walzen des Kasseler Münzwerks. Auf diese Weise erhält man vollkommene Walzen, welche aber leicht durch ungeschickte Arbeiter verdorben werden können, weshalb Fig. 40. Vorsichtsmassregeln nötig sind. Am leichtesten verderben die Walzen beim Auswalzen von heissem Eisen, an welchem Schlacken oder Sinter hängen. Dies verhindert man dadurch, dass man die Schlacken zuvor dadurch abschabt, dass man die Stangen vor dem Eintritt in die Walzen durch eine Zange (Fig. 40), welche vor derselben aufgestellt ist und die an jedem Arm in der Mündung zwei scharfe Stahlzähne hat, welche man gegen das zu walzende Eisen presst, passieren lässt. Dies geschieht nur das erstemal, wenn das Eisen aus dem Ofen kommt und den meisten Sinter auf sich hat. Da beim Walzen das Eisen sich abkühlt, so bringt man, um es nicht bei jedem Durchgang von neuem aufwärmen zu müssen, eine Stahl- schraube an dem Walzenständer an, mit der man die Walzen auf gewisse Grade zusammendrehen kann, so dass man das Eisen mit ein und derselben Hitze durch die Walzen ziehen kann . Auf diese Weise kann eine Länge von einer Elle auf 5 oder 6 mal mit einer Hitze bis auf 7 Ellen ausgezogen werden, welches ich bei meinen eigenen Werken öfter gesehen habe. Auf diese Weise kann man auch verschiedene Dicken erhalten, je nachdem man die Stahl- schraube einstellt, wie es für die verschiedenen Zwecke erforderlich ist. Dies ist in Kürze das, was ich von geschmiedeten Walzen Die mechanische Bearbeitung des Eisens. grösserer Form von 8 bis 10 Zoll Durchmesser zu sagen hatte. Ge- schmiedete Walzen können bis doppelt so lang sein als ihr Durch- messer, gegossene Walzen darf man aber nicht dicker machen als 1½, höchstens 1¾ ihres Durchmessers, wenn sie bei starkem Gebrauch nicht brechen sollen.“ Die Bleche für die Dachplatten (Dachbleche) waren von beson- derer Konstruktion. „Da die Bleche breit und an ¾ Elle (0,45 m) lang sind, so muss man den Walzen einen entsprechenden Durch- messer geben. Da aber die breiten Walzen im Drücken eine weniger starke Wirkung ausüben als die schmalen, so legt man, um so breite Platten zu walzen, noch ein Paar kleine geschmiedete Walzen zwischen ein Paar starke gegossene Walzen, welche jene gerade erhalten und verhüten, dass sie sich nicht werfen.“ Solche Walzen legte Polhem auf seinem Werk zu Stiernsund an. Ältere Walz- und Schneidwerke erwähnt Rinmann bei Wedwog und Avesta. „ Gegossene Walzen sind ziemlich viel in Anwendung und sie sind auch gut, wenn sie aus dem richtigen Eisen gegossen sind. Dazu ist am besten ein Eisen zwischen grau und weiss (halbiert). Hierauf sind allerdings unsere Hochöfen nicht eingeübt, die nur das eine oder das andere zu machen wissen. Seitdem man aber gefunden hat, dass gegossene Ambosse bisweilen besser sind als geschmiedete, sind dieselben doch dazu gekommen, gegen Ende der Kampagne auf solches Gusseisen hinzuarbeiten. Wenn graues Roheisen, wie gewöhn- lich, geblasen wurde, so giebt man gegen das Ende, wenn es dem Ofengang nicht mehr viel schaden kann, stärkere Erzsätze, wodurch das Eisen hart wird, öfter so hart wie gehärteter Stahl. Wenn dieses eintritt, so ist es Zeit, Walzen und Ambosse zu giessen. Da dies aber nur selten eintrifft, so müssen allezeit fertige Formen, entweder von Thon oder von Eisen in Bereitschaft stehen, von welchen man die ersteren folgenderweise anfertigt: Man dreht Stroh mit einem einfachen Apparat zu Stricken zusammen und befestigt diese, oder bei kleinen Walzen Lunten am Ende einer Eisenstange, und wickelt sie um diese der Art herum, dass man sie, wenn die Walze fertig ist, leicht herausziehen kann. Hierüber schlägt man überall zarten Lehm bis zu der beliebigen Dicke der Walze, welche man gegen ein Form- brett abdreht und trocknet. Zeigen sich Risse, so verschmiert man diese und dreht sie von neuem rund; ist sie fertig getrocknet, so überpinselt man sie mit Milch und französischem Thon und dann mit Bolus und Leimwasser, trocknet wieder, poliert die Fläche und über- streicht sie mit einem Pinsel dünn mit Bockstalg und glättet durch Die mechanische Bearbeitung des Eisens. Abdrehen. Alsdann pinselt man feingestossenen Graphit und streicht feingestossene (kölnische) Tabakspfeifen mit saurer Milch, Eiweiss oder Öl, wohl angerieben, darüber: wenn das trocken ist, so pinselt man ein Gemenge von Lehm, Sand und Pferdekot, zu einem Brei ange- macht, darüber und wiederholt dies 5 bis 6 mal, doch so, dass man es allemal zwischenher trocknen lässt. Zuletzt beschlägt man die Form mit vier Eisenstangen, welche ihre Öhre im oberen und die Biegung im unteren Ende haben, der Länge nach; um diese wickelt man einen Stahldraht so, dass zwischen dem Gewinde fingerbreit Raum bleibt, beschlägt dies mit Lehm, den man zu einem steifen Teig gemacht hat, worauf man sie trocknen lässt. Sobald dies geschehen, zieht man das Strohseil oder die Lunte heraus, stellt die Walze des völligen Trocknens wegens an einen warmen Ort. Zuletzt muss man sie bren- nen, was am besten in einem Töpferofen geschieht. Ist dies ge- schehen, so klaubt man von den beiden offenen Enden von innen aus den zuerst aufgestrichenen Lehm los, der sich da löst, wo der Talg sich eingezogen hat, wiewohl schon der grösste Teil dieses Lehms mit dem Stroh herausgebracht wurde, und man mit der Hand nur nach- zuhelfen braucht. So erhält man die Walzenform. Wenn der Guss geschehen soll, gräbt man die Form in Sand ein, drückt diesen fest dagegen, damit das schwere Eisen, welches rasch in die Form einströmt, diese nicht sprenge, obgleich dies schon zu- meist durch den umgewickelten Stahldraht verhindert wird. — Man giesse nicht, ohne sich überzeugt zu haben, dass das Eisen auch von der richtigen Beschaffenheit ist. Wenn die Walzen im Sande soweit abgekühlt sind, dass sie dunkelrot scheinen, so wirft man sie der Länge nach in die Wasser- gerinne und wälzt sie darin hin und her, damit die Härtung nach allen Seiten gleich geschehen möge. Ist der Guss wohl geraten und sind folglich auf der Oberfläche weder Blasen noch Schlacken, so schleift man sie mit einem Stück Sandstein, bis die Bahn so glatt wird, als man sie verlangt. Sollte sich aber der Unfall ereignen, dass auf der Bahn eine Grube oder Höhlung geblieben wäre, so macht man einen Teich von Feilspänen, Essig und Eiweiss und verstreicht die Löcher damit. Dieser Kitt wird beinah so hart wie Eisen, wenn er sich aber ausnutzt, streicht man neuen hinein. Das ist in Kürze die Bereitungsweise der Walzformen in Thon. Man kann auch Walzenformen von Gusseisen aus drei zu- sammenzusetzenden, wohl zu schleifenden Teilen herstellen. Eine solche Form vollkommen zu machen, ist aber ebenso beschwerlich, wie Die mechanische Bearbeitung des Eisens. die aus Thon. Man kann auch Walzen in Sand giessen , wobei es aber mehr auf Glück als auf Kunst ankommt. Denn es ist immer schwer, völlig runde Walzen zu erhalten, und wenn hierin das Ge- ringste fehlt, so werden die Bleche im Walzen ungleich und zum Ge- brauch undienlich. Schmiedeeiserne Walzen kann man durch Einsatzhärtung in folgender Weise härten. Man macht von starkem Blech eine Hülse um die Walze von derselben Höhe, aber zwei Zoll weiter im Durch- messer als diese. Den Zwischenraum füllt man mit einem Pulver von Horn, welches auf die Art verfertigt wird, dass man das Horn so stark in einem Backofen trocknet, dass es spröde wird, es dann klein stösst und siebt, hierauf aber mit Salzlake anmacht, trocknet und es dann zur Umgebung der Walze benutzt. Obendrauf legt man einen eisernen Deckel, den man mit einem Gemenge von Lehm und Kuh- mist oder besser Ochsenblut verklebt. Wenn die Hülse mit Lehm über- strichen ist, setzt man sie in einen Haufen kalter Kohlen, welche sie von allen Seiten bedecken müssen. Alsdann zündet man den Kohlen- haufen an, der ganz in Flammen gerät. Nach einer Stunde oder mehr legt man die nunmehr rotglühende Walze auf Eisen in einen Trog und lässt Wasser hineinlaufen, so lange, bis es die Walze be- deckt. Die so gehärtete Walze schleift man erst mit Schmirgel und Öl, sodann mit Zinnasche und zuletzt mit Blutstein, wodurch sie spiegelblank wird. Solche Walzen dienten z. B. für die Zinnfolien.“ Aus Polhems wichtigen Mitteilungen über Walzen und Walz- werke geht hervor, dass Polhem deren Benutzung zum Walzen von Eisen, unabhängig von den eigentlichen Eisenschneidwerken, durchaus bekannt war und er sie als etwas Bekanntes voraussetzt. Wenn er auch selbst Walzwerke konstruiert und erbaut und Ver- besserungen angebracht hat, so stellt er sich durchaus nicht als den Erfinder des Eisenwalzens hin, erwähnt dies auch nicht als eine neue Erfindung. Wir dürfen also wohl annehmen, dass das Walzen des Eisens unabhängig von Eisenschneidwerken schon lange Zeit vor 1746 in Ausübung war, und dass es wohl schon, ehe Polhem die Fabriken zu Stiernsund zu Anfang des 18. Jahrhunderts gründete, bekannt war. — Ein Beweis dafür lässt sich allerdings nicht erbringen, da bestimmte Nachrichten aus andern Ländern fehlen. Die ersten Angaben aus England finde ich in dem Patent von John Payne (Nr. 505) vom 21. November 1728; darin heisst es: „die Eisenstäbe, nachdem sie in einem langen, gewölbten Glühofen erhitzt sind, sollen zwischen zwei grossen metallenen Walzen (welche geeignete Kerben Die mechanische Bearbeitung des Eisens. oder Furchen auf ihrer Oberfläche haben) durch die Kraft der von ihm erfundenen Maschine oder andere Kräfte in solche Gestalten und Formen gebracht werden, wie es verlangt wird „And those or other barrs, being heated in a long hott arch ore cavern are to pass between two large mettall rowlers (which have proper notches or furrows on their sussfass), by the force of the inventor’s engine or other power, into such shapes and formes as required.“ “. In demselben Jahre 1728 wurden in England die ersten Blechwalzen von Hanbury eingeführt. Flower sagt in seiner Geschichte der Weissblechfabri- kation: die Erfindung des Blechwalzens geschah 1728 und schreiben sich ebenso John Payne wie Major Hanbury das Verdienst davon zu In Ures Dictionary of the Arts wird die Erfindung John Payne im Jahre 1728 zugeschrieben. . Über die weitere Entwickelung der Walzwerke werden wir später berichten, hier wollen wir nur noch hervorheben, dass Polhem mit dem Guss eiserner Walzen vertraut war und dass ihm profilierte Walzen, d. h. Walzen mit aufeinander passenden Rinnen oder Ver- tiefungen ganz bekannt waren, wie daraus hervorgeht, dass er aus- drücklich angiebt, man könne Eisen von verschiedenen Querschnitten, wie Rundeisen, Quadrateisen und Eisen, welches die Form von Degen- klingen habe, mittels Walzen herstellen. Wir kehren nun zu Polhems Angaben über die Hammerwerke zurück. Aus dem mit Zainhämmern geschmiedeten oder mit Walz- werken gewalzten Eisen kann man mit Hilfe von Wasserwerken weitere Eisenarbeiten herstellen. Mittels der Zieh- oder Zugwerke verwandelt man Eisen oder Stahl in Draht. Die Hauptkenntnis des Drahtziehens muss darin bestehen: 1) die Zugzange so zu stellen, dass sie weder zu viel noch zu wenig kneipt. Im ersteren Falle er- hält der Draht unschöne Eindrücke (Bisse), im zweiten Falle geht der Draht nicht mit; 2) den Ziehlöchern die richtige Weite zu geben, dass die jedesmalige Verjüngung entsprechend ist. Hierfür hatte Polhem einen Massstab konstruiert (Drahtleere), bestehend aus einem runden, schmalen, glattgefeilten Spitzbohrer von drei Zoll Länge und ¼ Zoll Durchmesser an seinem dicken Ende. Da die Verjüngung eine gleichmässige war, so liess sich aus der Länge, welche der Bohrer in das zu messende Loch eindrang, dessen Weite durch Rechnung oder mittels eines Massstabes bestimmen. Ein anderer Punkt, auf den es ankommt, ist die Auswahl des Eisens. Man prüft das Eisen, indem man es mit einem scharfen Meissel einhaut und durch Umbiegen zu brechen sucht. Lässt sich Die mechanische Bearbeitung des Eisens. die Stange ohne zu brechen ganz zusammenbiegen, so kann man das Eisen ohne weiteres zu Draht gebrauchen, bricht sie aber, wie meistens, so muss man es durchschmieden und gärben. Das geschieht in der Weise, dass man die Stangen auf ¾ Zoll Dicke ausschmiedet und sie dann in viereckige Bunde von 9, 16 oder 25 Stäben zusam- menpackt, welche man an zwei Stellen mit dünnem Zaineisen zu- sammenbindet. Dieses Bund schweisst man dann zusammen, wobei man in der Mitte anfängt und so zuerst nach der einen, hernach nach der anderen Seite fortfährt. Hierauf reckt man das Eisen unter einem Hammer und Amboss, welche beide schmale runde Bahnen haben, in die Quere, wobei alle Schläge auf beiden Seiten Einkerbungen geben, ähnlich wie bei einem quergefältelten Fidibus, und zwar von ⅓ oder ¼ Zoll. Diese Ungleichheiten machen, dass der Draht an- fänglich leicht durchgeht, so lange sich das Fett in den schwarzen Narben oder Eindrücken aufhält, nachher aber muss man einen Fett- lappen beständig um den Draht fast bis an das Zugeisen halten. Das Übrige lernt man aus der Übung. Polhem empfiehlt ferner die Fabrikation von Gärbstahl (Ver- bundmetall) für Messer, Scheren und Gabeln als für Schweden be- sonders geeignet und giebt dabei verschiedene Winke von allgemeinem Interesse. Man soll das Eisen dazu in der Weise vorrichten, dass man vier grobe Stahlstangen um eine Stange von zähem Eisen her- umlegt, daraus ein Packet bildet und dieses zusammenschweisst und ausschmiedet. Diese Stangen dürfen höchstens eine Länge von 45 cm haben, damit man die Hälfte bequem in die Schlacken eintauchen kann. Das gut geschweisste Packet wird dann zu dünnen Quadrat- stäben ausgeschmiedet. Diese werden unter einem leichteren Hammer zur richtigen Breite ausgereckt. Die Dicke verhält sich zur Breite in der Regel wie 4:9. Der so hergestellte Messerstahl dient zu allen Arten von Feilen, Messerklingen u. dergl., welches zugleich hart und zähe sein soll, aber nicht zu Federn, weil der Eisenkern durch öfteres Biegen abbricht Bei den sog. Nürnberger Messern wurde der Stahl in die Mitte und auf beide Seiten weiches Eisen gelegt. Solche Messer putzen sich aber schlecht. . Der Vorteil einer Messerschmiede liegt wesentlich im rich- tigen Zusammenarbeiten mehrerer Schmiede zu gleicher Zeit. Pol- hem rät deshalb, eine Schmiede mit zwei Herden und jeden Herd mit zwei Ambossen einzurichten. In einer solchen Schmiede können acht Messerschmiede zugleich arbeiten, nämlich zwei und zwei bei Die mechanische Bearbeitung des Eisens. einem Amboss einander gegenüber, wovon vier ein Feuer benutzen, dergestalt, dass, sobald der eine an der einen Seite des Herdes das Blatt fertig geschmiedet hat, welches allemal mit einer Hitze oder einem Wärmen geschehen muss, er es abhaut und für den andern auf der andern Seite ins Feuer legt, um ebenfalls mit einer Hitze das Blatt ganz fertig zu schmieden; auf diese Weise können ein Paar Leute, wenn sie fleissig sind, täglich 20 bis 30 Dutzend verfertigen, während sie nach deutscher Art höchstens 12 Dutzend zu Wege bringen. Am Schlusse der Woche werden alle Klingen gehärtet, und zwar in flüssigem Blei , das so heiss ist, dass sie braunrot darin an- laufen. Man lässt es abkühlen, bis reine Feilspäne darin hochblau werden. Alsdann tunkt man alle Messer, und zwar, der Menge wegen mittels Zangen, bundweise ein und lässt sie blau anlaufen. Sollten sich einige Blätter beim Härten krümmen, so reckt man sie auf die Weise, dass man sie mit dem Hammer an der inneren oder einge- bogenen Seite und nicht an der erhabenen, wie man meinen sollte, ausschlägt. Zu den Scheren richtet man das Eisen in den Hammerschmieden so zu, dass man eine Stahlstange und eine Eisenstange zusammen- schweisst. Die Messer- und Scherenfabriken können dieselben Schleifsteine und Polierscheiben benutzen. Erstere haben 2 bis 3 Ellen (1,70 bis 1,80 m) Durchmesser und werden vom Wasserrad getrieben. Die Gabeln , welche zu den Messern gehören, erfordern, ehe sie fertig werden, dreimalige Hitze. Im ersten Feuer schmiedet man die Zange und giebt dem Halse seine rechte Gestalt. In der zweiten Hitze spaltet man das Eisen, haut es ab und schmiedet die eine Zinke aus. Im dritten schmiedet man die andere Zinke und schlägt sie in einer Form zusammen; wo es fehlt, hilft man dann noch mit der Feile nach. Auch hier ist die richtige Arbeitsteilung die Grundlage des Nutzens. Andere Waren, die fabrikmässig hergestellt werden können, sind ordinäre Schlösser . Zu dem Schlossblecheisen, welches auf einer Seite fein poliert sein muss, schweisst man bloss zwei Stäbe, einen von hartem, kaltbrüchigem Eisen (oder Stahl), und einen von weichem. Diese schmiedet man zu grobem Platteneisen in der Hammerschmiede vor und breitet es dann auf Blechhämmern zu Blechen von ver- schiedenen Stärken (¼, ⅕, ⅙ bis 1/12 und 1/16 Zoll) aus. Dies ge- schieht auch in der Weise, dass man erst die Platine für sich an- schmiedet und dann mehrere zusammenlegt und ausschmiedet, so dass Die mechanische Bearbeitung des Eisens. man, um z. B. Blech von 1/16 zu bekommen, vier Bleche von ¼ Zoll zusammenlegt und diese bis auf ¼ Zoll ausschmiedet. Um Schlösser zu machen, muss die Arbeitsteilung noch weiter durchgeführt werden. Für jeden Schlossteil muss ein besonderer Schmied sein. Ein jeder hat seine besonderen Gesenke. Polhem beschäftigte sich viel mit der Verbesserung der Schlösser und be- schreibt in seinem Testament ein von ihm erfundenes neues Sicher- heitsschloss, von dem er eine allgemeine Verwendung hofft. Man schlägt, wie schon erwähnt, alle einzelnen Teile in Ge- senke, auch die Schlüssel, welche, wie bei den englischen und fran- zösischen Schlössern, aus dem Ganzen geschmiedet und ohne Lötungen sein mussten. „Wenn es hiermit aber recht geschwind gehen soll, so macht man ein Paar Stahlwalzen, in welche man der Länge nach die Schlüssel von verschiedener Form und Grösse eingräbt . Diese Walzen müssen an einem Ende ein doppeltes Zahngetriebe haben, damit die Schlüsselformen recht genau aufeinander passen. Wenn man walzen will, was am besten durch ein Wasserrad geschieht, müssen die Platten die Breite und Länge der Schlüssel haben und über 30 bis 45 cm lang, auch ungefähr 8 bis 10 cm dick sein; man macht sie der grössten Weichheit wegen weissglühend. Je geschwinder sie bei einem kräftigen Wasserbetrieb umlaufen, desto besser und genauer drückt sich die Form aus, so dass, wenn man die Walzen ganz dicht zusammenschraubt, das Blech zwischen jedem Schlüssel so dünn wie Papier wird, welches man mit Meisseln weghaut und sie überall mit feinen Feilen zum Polieren und Härten abfeilt.“ Hier giebt also Polhem eine andere Art der Verwendung der Walzen an, nämlich zur Prägung an Stelle des Schmiedens im Ge- senke, ein Verfahren, welches erst in neuerer Zeit wieder zu allge- meinerer Verwendung gelangt ist. Das Eisen zu dieser Fabrikation stellt man am besten so dar, dass man drei Stäbe zusammenschweisst, einen weichen in der Mitte und zwei harte (kaltbrüchige) zu beiden Seiten, diese reckt man, nachdem sie geschweisst sind, unter dem Reckhammer zu so breiten Platten aus, als es zwei, drei bis vier Schlüssel in der Breite er- fordern und schneidet sie mit einer groben Wasserschere in solche Stücken, wie es die Auswalzung in der beschriebenen Weise er- fordert. „Durch diese Einrichtung kann man gute und schöne Schlösser viel billiger (zu 2 Dal. Kupf. Münze, welche sonst einige Reichsthaler Die Ankerschmieden. kommen) liefern; was ich selbst versucht habe, ob die Sache gleich gewisser übeler Ursachen wegen keinen Fortgang nahm Er verweist dabei auf seine Mitteilungen im zweiten Bande der Schriften der Königl. Schwedischen Akademie der Wissenschaften, S. 206. .“ Auch die Nagelfabrikation lässt sich vorteilhaft mit Wasser- hämmern betreiben. Hierzu muss man eine Anzahl kleinerer und grösserer Hämmer einrichten, denn es ist nicht vorteilhaft, leichte Nägel auf schweren Hämmern darzustellen. Was Polhem ferner über Schweissung und Lötung des Eisens mitteilt, ist von grossem praktischen Interesse, doch können wir hier nur darauf verweisen. In vielem ist Polhem seiner Zeit vorausgeeilt. Dies fühlte er selbst nicht ohne eine gewisse Bitterkeit, welche zum Ausdruck kommt, wenn er von dem bornierten Zunftverstand der Meister spricht, die aus Dünkel und Trägheit neuen Ideen unzugänglich seien. Des- halb ist sein patriotisches Testament der Jugend gewidmet, welche mit seinen neuen Ideen dem Reiche dereinst Nutzen stiften soll. Teilweise ist diese Hoffnung in Erfüllung gegangen, und besonders hat er in einem seiner Schüler, in Swen Rinman , einen Nach- folger gefunden, der ihm und seinem Vaterland Ehre gemacht hat. Die Ankerschmieden. Die grössten Schmiedestücke von Eisen, welche im früheren Jahrhundert gewerbsmässig dargestellt wurden, waren die Schiffsanker. Ein guter Anker war wohl das wichtigste Ausrüstungsstück eines Schiffes, und je grösser man die Schiffe baute, je schwerer mussten die Anker werden. Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts galt es als Regel, dass man auf 20 Tonnen Schiffsgehalt einen Centner zu 110 Pfund Ankergewicht rechnete, so dass also ein Schiff von 1500 Tonnen Gehalt einen Anker von 8250 Pfund verlangte. Die Ankerschmiede bildeten ein zünftiges Gewerbe, das hauptsächlich in den grösseren Seeplätzen ansässig war. Bis gegen Ende des 17. Jahr- hunderts geschah das Schmieden der Anker ausschliesslich mit Hand- hämmern, wie wir früher bereits erwähnt haben. Um diese Zeit begann man in Frankreich in den Eisenindustrie- bezirken Versuche zu machen, Anker mit Wasserhämmern zu schmieden. Die Ankerschmieden. Über die Fabrikation der Anker hat Reaumur 1723 eine Ab- handlung der Akademie der Wissenschaften in Paris vorgetragen, welche aber erst nach seinem Tode mit Anmerkungen von Duhamel de Monceau in den Descriptions des arts et metiers Diese Abhandlung ist in einem der ersten Cahiers enthalten. In der Aus- gabe von Bertrand findet sie sich Tome XV; im Schauplatz der Künste und Handwerke ist sie im ersten Band übersetzt. veröffentlicht wurde. Aus dieser interessanten Schrift teilen wir folgendes mit. Die Herstellung eines grossen Ankers, der aus der Rute, zwei Armen, zwei Schaufeln und dem Ring besteht, ist eine beschwerliche Arbeit, denn nicht nur mussten diese einzelnen Teile ein jeder für sich hergestellt und dann mit den übrigen auf das sorgfältigste zusammengeschweisst werden, sondern die einzelnen Teile mussten selbst wieder aus grossen Bündeln oder Packeten von Schmiedeeisen- stäben zusammengeschweisst und ausgeschmiedet werden. Dies war eine ebenso mühevolle als kostspielige Arbeit. Hauptsächlich um billigere Anker zu beschaffen, legte gegen Ende des 17. Jahrhunderts Herr von Seignelay , damals Chef der franzö- sischen Marine, eine Ankerfabrik in der Provinz Nivernais an, in der man Anker direkt aus den Luppen der Frischfeuer schmiedete. Man schweisste so viel Luppen zusammen als jeder Teil erforderte, und zwar geschah dies unter dem grossen Stabhammer. Die so herge- stellten Anker erwiesen sich aber als gänzlich unbrauchbar. Das Eisen war viel zu wenig gereinigt, und sie brachen so leicht, als wenn sie von Gusseisen gewesen wären. Man gab die Fabrikation auf „und es ist zu wünschen“, sagt Reaumur , „dass dieselbe niemals wieder eingeführt werden möge“. Hierauf schmiedete man die Anker aus mehreren Kolben, die man zusammenschweisste. Dies geschah in der Weise: man zängte die Luppe unter dem grossen Hammer und schmiedete sie zu einem flachen Kolben aus. Diesem gab man eine zweite Hitze und schmiedete ihn so um, dass die breite Seite zur schmalen Seite wurde. Darauf schmiedete man sie in die Gestalt von Keilen und schweisste zwei oder mehr, je nach der Grösse des Ankers, zusammen. Dies waren die Anker aus geschweissten und gestauchten Kolben. Sie waren besser als die ersterwähnten, bewährten sich aber bei der Probe auch nicht. War auch das Eisen besser gereinigt, so konnte sich doch bei dieser Art zu schmieden keine Sehne entwickeln. Ein Herr Tresaguet , der von dem Minister de Pontchartrain den Auftrag erhielt, die Fabrikation zu prüfen, wies diesen Fehler Die Ankerschmieden. nach und schlug, um demselben abzuhelfen, in einem Aufsatz, den er 1702 bei dem Ministerium einreichte, ein anderes Verfahren vor. Er riet, die Kolben zu Flachstäben von 1 Zoll dick, 4 Zoll breit und 3 bis 4 Fuss lang auszuschmieden, diese ein- oder zweimal in Schweiss- hitze umzuschlagen und zusammenzuschweissen und daraus Keile zu schmieden und diese wie oben weiter zu verarbeiten. Auch dies war, wenn auch besser, doch nur ein Notbehelf, zu dem man nur seine Zuflucht nahm, weil man es für unmöglich hielt, unter einem Wasser- hammer die Ankerteile in derselben Weise zu schmieden, wie es mit der Hand geschah. Bei dem Schmieden mit Handhämmern hatte man Packete aus einer grossen Zahl von Stäben, welche alle schon annähernd die Länge der Rute oder eines andern Ankerteils hatten. Diese waren mit eisernen Bändern zusammengebunden und wurden in heftiger Weissglut mit zahlreichen Hammerschlägen, mit schweren Vorschlaghämmern zusammengeschweisst (Bd. II, Fig. 228). Dabei war der einzelne Schlag nicht so stark. Man war aber überzeugt, dass, wenn man dasselbe mit einem Wasserhammer versuchen wollte, die Bänder den Schlag nicht aushalten, zerspringen und die Stäbe nach allen Seiten auseinanderfahren würden. Herr Tresaguet , der dieses Vor- urteil geteilt hatte, kam nach und nach zu der Ansicht, dass die Sache doch nicht so unausführbar sein möchte. Trotz dem Wider- spruche seiner Werkmeister und Schmiede wagte er den Versuch und siehe da! er gelang gleich das erstemal viel besser, als er zu hoffen gewagt hatte. Seitdem ist dieses Verfahren eingeführt worden und hat alle andern verdrängt. Die Vorteile, die Ankerteile aus Stäben von gut durchgearbeitetem zähen Schmiedeeisen, dessen Fasern in der Richtung des Stückes gelagert sind, herzustellen, liegen auf der Hand. Auch wirkt der Schlag eines Hammers von 800 Pfund, wie man ihn bei den grössten Ambossen verwendete Duhamel bemerkt dazu, dass man zu Ankern von 6000 Pfund Hämmer von nur 500 bis 600 Pfund verwende. , ganz anders, als ein Dutzend Handhämmer von 12 bis 15 Pfund. Die mit Handhämmern aus Stäben geschweissten schweren Ruten waren auch gar nicht bis in das Innerste ge- schweisst, sondern nur von einer geschweissten Hülle eingeschlossen. — Für die Ankerschmiede in den Seestädten war dieser Erfolg der Hammerwerke ein empfindlicher Schlag, und sie versuchten dagegen anzukämpfen. Die Hammerwerke hatten auch noch den Vorteil, dass sie die einzelnen Stäbe schon der Form entsprechend vorschmieden Beck , Geschichte des Eisens. 17 Die Ankerschmieden. konnten, so dass sie z. B. für die Rute diese nach unten etwas breiter machten, während die zünftigen Ankerschmiede das Stabeisen nehmen mussten, wie es im Handel vorkam. Aus diesen verjüngten Stäben machte man auf dem Hammerwerk ein Packet, welches pyramidal zulief, und band es mit starken Ringen (Fig. 42), die man unter dem Hammer zusammenschlug (Fig. 41). In Fig. 41. den Handschmieden musste man die pyramidale Form des Packets durch Einstecken kürzerer Stücke bewirken, was natürlich die Gleichförmig- keit beeinträchtigte. Das Heizen im Schmiedefeuer geschah aber auch auf den Hammerwerken stets mit Steinkohlen, weil Holzkohlen keine so durchgreifende Hitze gaben. Die Schmiede selbst hatte nichts Fig. 42. Besonderes. Die Öffnung der Windform war rund und enger als bei den Schmiedeherden für Holzkohlen. Die Bewegung der grossen Last des Schmiedestücks geschah mit Hilfe eines Krahnes (Kranichs), der so gestellt war, dass er zu der Esse und zum Hammer führte. — Mit dem Schweissen begann man in der Mitte, weil durch das Aus- schmieden das Packet zugleich gestreckt wurde, was nur von der Mitte aus gleichmässig geschehen konnte. War ein Stück von etwa einem Fuss schweisswarm, so begann man mit dem Schmieden, wobei Die Ankerschmieden. man sich, um die richtige Stärke zu erlangen, eines Greifzirkels bediente. Es ist nicht unsere Aufgabe, auf die Einzelheiten der Arbeit näher einzugehen. Die Arme machte man ebenfalls aus pyramidenförmigen Stäben und schweisste einen Schweif an, um besser wenden zu können. Die Schaufeln machte man aus Kolben. Zum Zusammenschweissen der schweren Stücke waren zwei Krahne erforderlich und natürlich auch zwei Schmiedefeuer. In jedem wurde das Ende eines Teils bis zur hellen Weissglut erhitzt, worauf die beiden Krahne die Stücke auf den gemeinschaftlichen Amboss zusammenführten. Man legte ihre glatt gemachten Enden gegeneinander und vereinigte sie mit starken Schlägen zu einer Masse. Besonders zum Anschweissen (encoller) eines der Arme an die Rute waren kräftige Hammerschläge nötig. In der Schmiede zu Imphy in der Provinz Nivernais hatte man einen Hammer mit besonders hohem Hub eigens für diese Arbeit gebaut. Mit diesem Hammer konnte man mit vier bis fünf Schlägen einen Arm an die Rute anschweissen. Der Angriffspunkt der Hebedaumen zwischen Helm und Hammerachse lag nur ⅓ von letzterer entfernt. Der Hub war bis 40 Zoll. Die Hammerwelle hatte nur zwei Hebe- daumen. Bei den Ankerschmieden in den Seeplätzen hatte man in Er- mangelung von Wasserhämmern verschiedene Maschinen, um das Anschweissen der Arme an die Rute zu bewerkstelligen. In Brest bediente man sich einer Ramme, ähnlich der, mit welcher man Pfähle in den Boden treibt; dasselbe war der Fall zu Vienne, wo sieben bis acht Männer den Rammbär ziehen mussten. Eine andere sonderbare Vorrichtung hatte man ebenfalls in Brest. Sie bestand aus einer schweren Keule von beinahe 300 Pfund Gewicht. Auf der einen Seite endigte sie in einen Stiel, den ein Arbeiter festhielt, um dem Schlage seine Richtung zu geben. Die Keule selbst war aufgehängt und wurde von sieben bis acht Mann aufgezogen und fallen gelassen. Den Schlag zu lenken war eine schwierige Arbeit. Diese einfachen Maschinen sind von grossem historischen Interesse. Mögen doch wohl auf ähnliche Weise jene wunderbaren Schmiedestücke des Altertums, wie der Dehli Lhat in Indien (Bd. I, S. 218), angefertigt worden sein. Diese Hammerkeule galt aber schon zu Anfang des vorigen Jahrhunderts für ein sehr unvollkommenes Werkzeug. Zu Rochefort hatte man einen Hammer von 600 bis 700 Pfund, der wie ein riesiger Vorschlaghammer war, dessen Stiel sich in einem eisernen Zapfen drehte. Er war in einem Gerüst aufgehängt und 17* Die Ankerschmieden. wurde durch ein eigenartiges Ziehwerk von acht Arbeitern, welche an Seilen zogen, in schwingende Bewegung gesetzt S. Beschreibung und Abbildung in Descriptions des Arts et Metiers, p. 42. . Alle diese Maschinen dienten, nachdem die grosse Ankerfabrik zu Cosne errichtet worden war, nur noch zu Reparaturarbeiten. Über die Gründung dieser Fabrik schreibt Reaumur : Im Jahre 1733 kaufte Herr Babaude de Chaussade den Grund und Boden für diese Schmiede, mit deren Errichtung ihn der Minister Graf de Maurepas beauftragt hatte. Das Werk nahm einen so glücklichen Fortgang, dass de Chaussade sich bald danach genötigt sah, eine zweite Schmiede zu Cosne zu errichten, dann eine dritte auf seinem Gute zu Guerigny und eine vierte auf seinem Gute zu Villemenant, zwischen Charité und Nevers. Als M. de Marchaud Minister des Seewesens war, legte er ihnen den Titel königliche Fabriken bei und ihre Thüren wurden von Schweizern in königlicher Livree bewacht. Die berühmteste Ankerfabrik war aber zu jener Zeit die von Soderfors in Schweden. Sie versorgte nicht nur das ganze schwe- dische Seewesen mit Ankern, sondern lieferte auch viele in das Aus- land. Die Anker von Soderfors galten als die besten. Dabei war das Verfahren noch genau das ganz alte mit der Keule, welche wie ein Rammbär wirkte, und welches man in Frankreich verworfen hatte, weil der Wasserhammer und die Schweissung von Packeten bessere Arbeit lieferten. In Soderfors schweisste man die Anker- teile einfach aus Luppenstücken zusammen. Dass auf diese einfache Art so gute Anker entstanden, lag nur an dem vorzüglichen Eisen. Dasselbe war von Haus aus durch seine Erze von besonderer Güte, wurde aber auch mit besonderer Sorgfalt gefrischt. Es geschah dies nach der deutschen Frischmethode, wobei man aber einmal, unter Umständen auch zweimal mehr aufbrach wie sonst. Zum mindesten wurde also die Luppe zweimal aufgebrochen. Wollte man Anker daraus machen, so zerteilte man sie in drei, manchmal nur in zwei Stücke. Man schweisste nun eines dieser Stücke an eine starke Eisenstange, welche oben einen Griff wie ein Bohrer hatte, an, um sie festzuhalten und zu regieren. An das erste Luppenstück schweisste man dann das zweite an und fuhr so fort nach Bedarf. Das An- schweissen des Ankerkreuzes sowohl als die Vollendung des Ankers konnte unter dem gewöhnlichen Hammer nicht vorgenommen werden. Deshalb befand sich zwischen den beiden Frischfeuern ein grosser Amboss, derselbe stand unter einem starken Balken, über welchem Die Weissblechfabrikation. eine Rolle befestigt war und unter dem sich ein Kloben mit einem Strick befand, an welchem ein Haken hing. Dieser trug eine geschmiedete eiserne Keule von ungefähr 75 kg Gewicht, welche wegen ihrer Gestalt der Herkules hiess. Sie wurde am dünnen Ende vom Meister gefasst, während drei Arbeiter das dicke Ende, wie bei einer Ramme, mit Seilen anzogen und fallen liessen, wobei der Meister die Richtung des Falles lenkte. Abweichend von dem französischen Verfahren war auch, dass man nur Holzkohlen zum Erhitzen verwendete. Jars ist der Meinung, dass dieses Verfahren auch in Frankreich gute Resultate gegeben haben würde, wenn man nur das Eisen sorgfältiger gefrischt hätte. Richtig ist, dass bei den Luppenstücken die Hitze besser verteilt war als bei den Packeten, welche, wenn man sie gut heiss im Innern machen wollte, aussen verbrannten. Trotzdem war dieses unvollkommene Ver- fahren nur bei dem besten Material anwendbar. Die Weissblechfabrikation (1725). Reaumur hat sich nicht nur grosse Verdienste um die Weiss- blechfabrikation in Frankreich erworben, sondern wir verdanken ihm überhaupt die erste genaue Beschreibung dieses Industriezweiges. Dieselbe ist enthalten in einer Memoire, welche er am 11. April 1725 der Akademie der Wissenschaften in Paris vortrug Principes de l’art de faire le fer blanc in L’histoire et mémoires de l’Academie Royale des Sciences de 1725, gedruckt 1727, p. 102. , und die sich durch Klarheit und Schönheit der Sprache auszeichnet. Die Fabrika- tion der verzinnten Bleche galt damals noch als ein Geheimnis der Deutschen. Deutschland hatte den ganzen Weissblechhandel in Händen und vertrieb dasselbe nach allen Ländern Europas. Die Versuche des Ministers Colbert, die Weissblechfabrikation mit Hilfe von deut- schen Arbeitern in Frankreich einzuführen, hatten keinen Erfolg gehabt. Gerade weil der Prozess als ein Geheimnis behandelt wurde, unterzog ihn Reaumur einer genauen Prüfung und veröffentlichte zum allgemeinen Wohle die so einfachen Vorgänge bei der Fabrikation, welche künstlich von dem Schleier des Geheimnisses umgeben waren. „Wenn die Arbeiter und Gewerke ihre Kunst auch geheim halten,“ Die Weissblechfabrikation. sagt er, „so ist sie doch durchaus kein Geheimnis. Jedenfalls ver- langt es das öffentliche Wohl, dass man die Frage prüfe und die Sache untersuche.“ In diesem Sinne ist die Memoire geschrieben. Sie soll aufklären und denen, welche die Sache betreiben wollen, genügende Anleitung dazu geben. Die Bereitung des Schwarzbleches setzt er als bekannt voraus. Er erwähnt nur, dass nicht jedes Eisen sich dazu eigne, indem grosse Zähigkeit in Verbindung mit Härte dafür verlangt werde. Das Blech müsse sich heiss und kalt hämmern und treiben lassen; weder sehr hartes noch sehr weiches Eisen sei zu gebrauchen. Man nehme in der Regel Quadrateisen von 1 Zoll Querschnitt, breite dieses flach aus und teile es in die Stürze (des semelles), die man zur Hälfte umbiege und ausschmiede. Aus den ausgeschmiedeten Stürzen bilde man Päcke meist von 40 Blatt, welche man zusammen unter einem Hammer von 6 bis 7 Ctr. Gewicht zu Blech ausschmiede. — Von Walzwerken zum Auswalzen der Bleche, wie solche vermutlich bereits im 17. Jahrhundert in Sachsen in Anwendung waren und 1728 von Hanbury in England eingeführt wurden, erwähnt Reaumur nichts. Ist das Blech fertig, so beginnt die Arbeit des Verzinnens. Die Frage nach dem besten Verfahren ist wesentlich eine ökonomische. Handelt es sich nur darum, wie man überhaupt das Eisen verzinne, so wäre die Antwort sehr leicht. Zinn haftet leicht am Eisen, wel- ches eine reine Oberfläche hat. Eine solche kann man auf mecha- nischem Wege durch Feilen oder auf chemischem Wege, z. B. durch Abreiben des erwärmten Eisens mit Salmiak erhalten. Beider Mittel bediente man sich seit langer Zeit beim Verzinnen kleiner Gegen- stände, wie Sporen, Schnallen u. s. w. Bei der fabrikmässigen Dar- stellung verzinnter Bleche handelt es sich aber darum, das Eisen auf die billigste Weise zu verzinnen und hierzu ist weder das Blankfeilen noch das Abreiben mit Salmiak geeignet. Dafür wählt man ein lang- sameres, aber billigeres Verfahren: die Einwirkung verdünnter Säuren (des eaux acides). Diese benagen die mit einer dünnen Haut am Glühspan überzogenen Oberflächen der Bleche, ähnlich wie die Feile, und wenn dies auch langsamer geschieht, so hat man hierbei den Vorteil, dass man viele Bleche gleichzeitig ihrer Wirkung aussetzen kann. Dieses Beizen (decaper) ist die unerlässliche Vorarbeit für das Verzinnen. Reaumur stellte nun eine Reihe von Versuchen an, welche Flüssigkeit hierfür am geeignetsten sei und kam zu dem Schlusse, dass keine billiger den Zweck erfülle, als die von den deutschen Zinnern angewendete Beize aus vergorenem, geschrotenem Roggen. Die Weissblechfabrikation. Dass die Deutschen den Roggen hierfür benutzten, war Reaumur bekannt. Um 1710 hatte er eine Weissblechfabrik zu Beaumont- la-Ferrière in Nivernais besucht. Obgleich die deutschen Arbeiter, welche man dorthin berufen hatte, sehr geheimnisvoll thaten, so konnte er doch wahrnehmen, dass ihre Beize aus Korn hergestellt war. Auch war ihm bekannt, dass bei sehr hohen Kornpreisen die deutschen Fabriken zeitweilig ihren Betrieb einstellten. Man zog Roggen andern Getreidearten vor, weil er am leichtesten säuert. Versuche, welche man bei sehr hohen Kornpreisen mit Hafer gemacht hatte, waren erfolglos geblieben. Die Gärung und das Beizen der Bleche geschah in geschlossenen Gewölben, welche mit Holzkohlen erwärmt wurden. Durch die Hitze und den Dunst war die Arbeit eine sehr beschwerliche. Die Arbeiter gingen zweimal den Tag in die Gär- kammer, um die Bleche zu wenden und die verbrauchte Beize durch neue zu ersetzen; sie waren dabei wegen der fast unerträglichen Hitze nur mit einem Hemd bekleidet. Die Bleche mussten mindestens zwei Tage, meist aber länger in der Beize bleiben. Wegen der Beschwerlichkeit der Arbeit bezweifelt Reaumur , ob dies Verfahren das beste sei und suchte nach einem besseren. Das übliche Verfahren hatte auch noch andere Mängel. So schien es ihm verkehrt, dass man die Bleche immer nur zur Hälfte ein- tauchte und nach einer gewissen Zeit wendete. Auch schien es Reaumur zweckmässiger, die Bleche erst zu entfetten. Überhaupt hielt er es für besser, das Beizen durch mehrere einfache Operationen zu ersetzen und dabei das Erwärmen ganz zu sparen. Er ging dabei mit Recht von der Betrachtung aus, dass es sich hauptsächlich darum handle, die dichte Haut, welche die schwarze Oberfläche der Bleche bilde, zu entfernen, und dass dies durch Rosten geschehen könne, indem der Rost, der ein grosses Volum einnehme und wie ein Schwamm sich auftreibe, die Haut vom Glühspan mechanisch absprengen und entfernen könne. Ein Eintauchen in Salmiaklösung gab nach seinen Versuchen das beste Ergebnis. Zur Entfernung des Rostes und zum vollständigen Beizen würde sich ein Eintauchen in Essig oder ver- dünntes Scheidewasser empfehlen, wenn dies nicht zu teuer wäre. Auch Vitriol empfehle sich nicht, weil es zu stark beize, obgleich es in Gegenden, wo Schwefelkies vorkomme, durch Verwittern und Aus- laugen desselben billig zu beschaffen wäre. Er empfiehlt deshalb, eine Beize aus Essig und Salmiaklösung herzustellen, in dieser aber die Bleche nicht stehen zu lassen, sondern nur wiederholt einzutauchen und der Luft auszusetzen, wobei sie Die Weissblechfabrikation. allerdings nie ganz trocken werden dürften. Zum Schluss sollten die Bleche mit Sand abgerieben und die Bleche in Bütten mit reinem Wasser eingelegt werden. Diese Art zu beizen ginge rascher und sei billiger. Die zweite wichtige Arbeit ist das Verzinnen selbt, welches da- durch geschieht, dass man die Blechtafeln senkrecht in ein Bad von flüssigem Zinn eintaucht. Auch hierbei wirkt Salmiak sehr günstig, indem es die Ausbreitung des Zinns auf der Oberfläche und das Haften desselben befördert, deshalb bedient man sich desselben beim Verzinnen im kleinen. Auch bei den Versuchen im grossen hatte man dasselbe in Frankreich angewendet. Man hatte dabei das Blech vor dem Verzinnen mit Salmiak eingerieben. Dies hatte aber den Nachteil, dass, weil die gleichmässige Verteilung schwierig war, das Blech fleckig wurde. Die deutschen Zinner wendeten deshalb gar keinen Salmiak an, statt dessen hielten sie das geschmolzene Zinn mit einer Schicht von flüssigem Talg bedeckt. Eine Schutzdecke war nötig, weil ohne solche das Zinn an der Oberfläche sich mit einer Decke von Zinn- asche überzog, die sehr störend war, indem sich Teilchen davon an das Blech anhängten und die Verzinnung an der Stelle hinderten. Wendete man nur reinen Talg an, so ging das Verzinnen nicht gut von statten. Dem Talg war also irgend etwas beigemengt, was auch daraus hervorging, dass der Talg der deutschen Zinner schwarz war. Dies war nach Reaumurs Ansicht das einzige wirkliche Geheimnis der Deutschen. Durch Versuche fand er, dass auch hier ein Zusatz von Salmiak die günstigste Wirkung ausübte. Salmiak färbte aber den Talg nicht schwarz; es musste also noch ein anderer Zusatz dabei sein. Diesen glaubte Reaumur im Ofenruss gefunden zu haben und wirklich gab auch Talg mit Zusatz von Salmiak und Ofenruss die besten Resultate. Aber da der Talg allmählich wegbrannte, so wurde er durch den eingerührten Ofenruss sehr dick, was wieder neue Miss- stände hervorrief. Dagegen fand Reaumur , dass Talg, wenn man ihn stärker erhitzte, sich von selbst schwärzte, ähnlich wie geschmol- zener Zucker braun und zuletzt schwarz wird. Und das erwies sich dann auch als das ganze Geheimnis der deutschen Zinner, sie er- hitzten den Talg, den sie beim ersten Einsatz aufgaben, scharf, dass er fast schwarz wurde, während sie später für den Abgang immer nur reinen Talg nachsetzten. Wie Talg wirken auch Wachs und Harz, Wachs, wie es scheint, am besten, aber es hat den Nachteil, zu teuer zu sein. Den Zusatz von Salmiak empfiehlt Reaumur sehr, Die Nadelfabrikation. da er auch bei den Blechen die Ausbreitung und das Haften des Zinns befördere, wie er meint, deshalb, weil er die Flüssigkeit des Zinns ohne Temperatursteigerung erhöhe. Durch Pflanzenöle oder durch Mineralöl liesse sich der Talg nicht ersetzen, auch nicht durch Schwefel (!), der nach der Chemie jener Zeit ebenfalls in der Hauptsache ein fettiges Wesen hatte, weil dessen Säure schädlich sei. Reaumur giebt noch Vorschriften über die Temperatur des Zinnbades und fügt noch manche praktischen Winke bei. Die ganze Darstellung, welche viel Neues, Selbstbeobachtetes enthält, ist richtig und verständlich und hat vollständig den Zweck erfüllt, Industriellen, welche diese Fabrikation betreiben wollten, eine Anleitung dafür zu geben. Wir können sie übergehen, da wir das Verfahren bereits (Bd. II, S. 979) geschildert haben. Die Nadelfabrikation. Die Nadelfabrikation hatte seit Garzonis Zeit sich hauptsächlich in der Richtung vervollkommnet, dass eine grössere Arbeitsteilung dabei zur Einführung gekommen war, wodurch die Produktion sehr gesteigert wurde. Auch hatte man die Werkzeuge etwas verbessert, im Grunde beruhte aber noch alles auf Handarbeit. Unter Reaumurs hinterlassenen Schriften befand sich auch eine Beschreibung der Verfertigung der Nadeln. Du Hamel de Monceau hat dieselbe bearbeitet und mit Anmerkungen von Perronet in den ersten Heften der Descriptions des Arts et Metiers 1761 heraus- gegeben. Sie bezieht sich nur auf die Stecknadeln, die damals aber meist aus Messing gemacht wurden. Von Eisen machte man nur die schlechtesten Nadeln. Es kauften dieselben in Frankreich niemand als die Weiber auf dem Lande. Den Nadlermeistern zu Paris war die Anfertigung eiserner Nadeln nach Artikel 19 ihrer Gewerks- verordnung ausdrücklich bei vier Thaler Strafe verboten. Reaumur meint, dies sei deshalb geschehen, weil man den Stich eiserner Nadeln für giftig halte, was aber falsch sei. Dagegen verwerfe man sie mit Recht, weil sie nicht so glatt seien wie die messingenen. Sie behielten öfters Ungleichheiten, welche das Leinen oder die feinen Zeuge be- schädigten. Man kannte eben noch keine Stahlnadeln. „Dem unge- Die Nadelfabrikation. achtet,“ sagt Reaumur , „besitzen sie vor den messingenen auch einen Vorzug, nämlich, dass sie härter sind und sich nicht so leicht krumm biegen. Würden sie mit derselben Sorgfalt geglättet wie die Nähnadeln, so würden sie wohl noch den messingenen Nadeln vorzuziehen sein und ich weiss nicht, ob sie durch die Arbeit des Glättens viel teurer würden.“ Zur Herstellung der Nadeln waren folgende Arbeiten erforderlich: 1. wurde der auf die richtige Dicke gezogene, gereinigte Draht ge- richtet; 2. wurde er auf die richtige Länge abgeschnitten; 3. gespitzt; 4. fertig gemacht oder poliert; die 5. Arbeit war das Schmieden der Schäfte, die 6. das Spinnen des Knopfdrahtes, die 7. das Schmieden der Knöpfe, die 8. das Ausglühen der Knöpfe, die 9. das Aufsetzen und Stumpen der Knöpfe, die 10. das Scheuern der Nadeln, die 11. das Verzinnen derselben, die 12. das Abspülen, die 13. das Abtrocknen im Rollfass, die 14. das Schwingen derselben, und die 15. das Ein- stecken der Nadeln in Papier. In den Fabriken zu L’Aigle in der Normandie, welches der Haupt- sitz der französischen Nadelfabrikation war, kauften die Nadler etwas stärkeren Draht ein und zogen ihn selbst zur richtigen Stärke. Immer war aber der Draht in Ringen aufgerollt, also gebogen und musste erst gerade gestreckt werden. Das Strecken oder Richten des Drahtes (dresser le fil) geschah mit Hilfe einer sehr einfachen Vorrichtung, dem Richteholze. Es bestand dies aus einem kleinen Brett, auf welchem sechs bis sieben Drahtstifte so eingeschlagen waren, dass der Draht, wenn man ihn zwischen denselben hindurchzog, gerade heraus kam. Die Stifte richtig einzuschlagen, ist die Kunst des Drahtziehers, die auf Übung und Erfahrung beruht. Der Richter (dresseur) besorgt nur diese eine Arbeit, indem er dabei mit dem gestreckten Draht, den er mit der Zange gefasst hat, rückwärts geht bis an das Ende des Arbeitsraumes, dann erst schneidet er den Draht am Richtholz ab und legt ihn zu dem zuvor gezogenen in Strähnen (des bottes) zu- sammen. Der Draht wurde dann in flachen Strähnen nach dem Mass eines Zuschneidemodells mit Handscheren geschnitten. Diese Stücke (tronçons) machte man so gross, dass jedes drei bis fünf Nadeln gab. Das Spitzen geschah auf beiden Seiten des Drahtes mit Hilfe einer umlaufenden verstählten Scheibe, deren Schleiffläche parallele Ein- kerbungen oder Schneiden ähnlich einer Feile hatte. Man nennt diese Schleifrädchen, die 1½ Zoll dick sind und 3 Zoll Durchmesser haben, Spitzringe. Dieselben werden durch ein grosses Rad, welches mit einer Kurbel umgedreht wird, durch eine Schnur bewegt. Der Zuspitzer drückt dabei eine Anzahl Drähte, welche die Breite von ⅔ des Rad- Die Nadelfabrikation. kranzes einnehmen, gegen den Spitzring, indem er gleichzeitig mit dem Daumen fortwährend quer darüber hinfährt und sie dadurch in drehende Bewegung setzt. Ein guter Zuspitzer kann auf diese Art 240000 Nadeln in einem Tage spitzen. Die zugespitzten Drähte werden nun auf einem zweiten Spitzring, der nur feinere Schneiden hat, ebenso geschliffen, was man aber das Polieren nennt. Ein Arbeiter kann den Tag leicht 180000 Stück polieren. Diese auf zwei Seiten gespitzten Drähte werden nun von dem Schäfte- schneider zerschnitten. Dazu bedient er sich der Schenkellade, eines Fig. 43. Holzgestells, das auf dem Schenkel aufsitzt und um denselben geschnallt wird, welches oben zwei Klammern hat, durch welche ein Riegel geht, mit dem man die Drähte festklemmen kann. Das Abschneiden geschieht mit einer Handschere. Ein Schäfteschneider schneidet etwa 180000 Nadeln an einem Tage. — Nun werden die Nadelknöpfe auf- gesetzt. — Anfangs hat man die Köpfe wohl aufgeschlagen, ähnlich den Nagelköpfen; aber schon seit lange wickelt man den Knopf aus zwei Gewinden eines feinen Messing- oder Kupferdrahtes. Das Fest- schlagen der aufgewickelten Knöpfe besorgt die Wippe (entêtoir), jenes in Nürnberg erfundene einfache sinnreiche Werkzeug. Fig. 43 Die Nadelfabrikation. ist die Abbildung nach Reaumurs Zeichnung. Die Wippe ist ein kleines Hammerwerk; z ist der Hammer, v der Amboss. In der oberen Fläche des stählernen Ambosses ist die Vertiefung ein- geschlagen, in welche der halbe Nadelknopf passt, die andere Hälfte ist in der unteren Fläche des Stempels z eingeschnitten; beide Höhlungen müssen genau aufeinander passen. Deshalb geht der Stempel und seine Verlängerung in doppelter Führung. Über dem Stempel befindet sich das runde Bleigewicht, welches das Niederfallen des Stempels bewirkt, sobald der Arbeiter, der mit einem Tritt das Gewicht aufgezogen hat, den Fuss aufhebt. Der ganze Apparat ist auf einem starken Holzklotz befestigt, vor dem der Arbeiter sitzt. Mit der linken Hand erfasst er eine Nadel und fährt mit der Spitze in einen Haufen aufgerollter Knöpfe, bis er einen aufgereiht hat. Dann nimmt er sie in die rechte Hand, schiebt den Knopfdraht von dem Amboss bis an das Ende des Schaftes, legt den Knopf in die Vertiefung und lässt den Hammer fallen. Er giebt dem Knopf vier bis fünf Schläge nebeneinander. Dann ist dieser rund und fest und er wirft ihn in eine Schachtel zu seiner Rechten. Währenddem war aber seine Linke nicht müssig, sondern hat einen neuen Knopf an eine Nadel gereiht. So sind die beiden Hände und ein Fuss des Arbeiters in fortwährender Thätigkeit und er macht auf diese Weise gewöhnlich 7000 bis 8000 Nadeln an einem Tage, einige bringen es sogar bis auf 12000. Nun folgte das Verzinnen oder Sieden der Nadel. Dies war bei den Messingnadeln etwas anders als bei den eisernen. Bei letzteren geschah es so, dass man die Nadeln erst mit Kleie umrührte, damit sie ganz trocken wurden und sie dann in einen unglasierten, bauchigen Krug, die Verzinnkruke, warf. Diesen setzte man auf einen Drei- fuss über ein Feuer und erhitzte, bis die Nadeln zwischen gelb und blau anliefen. Sodann warf man zwei Lot Zinn in dünnen Stücken hinein und liess dieses schmelzen. War dies geschehen, so warf man ein Lot Salmiak darauf, verschloss den Krug mit einem Holzstöpsel, nahm ihn in beide Hände und schüttelte ihn hin und her, dass die Nadeln von einem Ende zum andern fielen. Hierauf öffnete man den Krug und schüttete sie in einen Zuber voll kalten Wassers, wobei sie aber erst ein grosses Sieb passierten, wodurch sie voneinander gesondert wurden. Hierauf nahm man sie wieder aus dem Wasser und that sie in einen Sack mit trockener Kleie, in dem sie von zwei Arbeitern geschüttelt wurden. Bei diesem Verfahren wurden die Spitzen, welche zerbrechlicher waren als bei den Messingnadeln, Die Nadelfabrikation. mehr geschont, als wenn man sie wie diese in einem Rollfass scheuerte. Zum Schluss wurden die Nadeln in Reihen von je 25 Stück auf Papier gesteckt. Die Löcher im Papier sind vorgestochen und kann eine Person über 30000 Stück den Tag einstecken. Man machte 18 Sorten Nadeln von verschiedener Grösse, welche mit den Nummern 1 bis 18 nach ihrer Grösse bezeichnet wurden. Vordem machte man in Frankreich viel schwarze Nadeln , und dies waren die einzigen eisernen Nadeln, welche die Pariser Nadler verfertigen durften. Man trug dieselben bei der Trauer. Aber sie waren schon seit vielen Jahren aus der Mode gekommen. Dagegen wurden sie noch von den Frauen zur Befestigung der Haarlocken gebraucht. Sie waren dünn, 1¾ Zoll lang und wurden in sehr ein- facher Weise mit einem schwarzen Firnis gefärbt. Man füllte die Nadeln in einen irdenen Topf, goss Leinöl darauf und schüttelte über Feuer. Es entwickelte sich ein unerträglicher Gestank und die Nadeln färbten sich schwarz. Man schüttete sie auf einen Bogen starkes Papier aus. Ebenso verfuhr man beim Färben der Heften und Häkchen und anderer Artikel, welche man schwarz färbte. Die Nadler machten noch verschiedene andere Artikel: Schreib- tafelgriffel, Stricknadeln, Wandhaken, Hefte, Haken und Ösen, Draht- gitter, Siebgewebe nnd Drahtstifte . Wir wollen nur von der Fabrikation der letzteren, welche durch den Maschinenbetrieb heut- zutage eine so grosse Bedeutung erlangt hat, ein paar Worte sagen. Der Draht wurde gerichtet, geschnitten, auf beiden Seiten gespitzt und dann zerschnitten. Dies geschah aber nicht auf der Schenkel- lade im Sitzen, wie bei den Nadeln, weil der Draht hierfür zu stark war, sondern mit einer starken Schere, welche mit einem Arm an einem Tische befestigt war. Der Schneider steht davor und hat eine Anzahl Drähte in der Hand, die er vorschiebt, bis die Spitzen gegen ein Eisenblech stossen, und dann durchschneidet. Die Köpfe werden mit Hilfe eines Schraubklobens (mordant) darangeschlagen. In den Backen derselben sind kleine Rinnen eingekerbt, in welche man den Schaft, d. h. den Stift ohne Kopf steckt, so dass er etwa ½ Linie vorsteht. Der Schraubkloben, welcher durch eine Feder gesperrt ist, wird zwischen die Backen eines grossen Schraubstocks gespannt. Öffnet der Arbeiter diesen, so öffnet sich auch der Schraubkloben. Der Arbeiter dreht nun mit der Linken fortwährend den Schraub- stock auf und zu, während er mit der Rechten die Schafte einlegt Die Nadelfabrikation. und mit dem Hammer daraufschlägt. Der erste leichte Schlag giebt einen kleinen Kopf, wie ihn die Schuster für ihre Schuhzwecken ver- langen; für die Stifte der Kistenmacher, Schreiner, Bildschnitzer u. s. w. erhält dieser Kopf einen zweiten, stärkeren Schlag. Nun dreht der Arbeiter den Schraubstock auf, dadurch öffnet sich der Schraub- kloben, der fertige Stift fällt heraus, und er setzt mit der rechten Hand einen neuen Schaft ein. Ein geschickter Arbeiter machte auf diese Art 10000 bis 12000 Stifte in einem Tage. DIE EISEN-INDUSTRIE UM DIE MITTE DES ACHTZEHNTEN JAHRHUNDERTS (1740—1770). Die Erfindung des Gussstahls. Vor der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde in England eine Er- findung gemacht, welche von der allergrössten Wichtigkeit nicht nur für England, sondern für die gesamte Eisenindustrie werden sollte. Es war dies die Erfindung des Tiegelgussstahls durch Benjamin Huntsman . Wenn Goethes Wort, dass eine Erfindung der Abschluss von etwas Gesuchtem sei, in den meisten Fällen, wie wir im Verlauf unserer Geschichte nachweisen konnten, seine Berechtigung hat, so giebt es doch auch Fälle, in denen eine Erfindung unvorbereitet in die Erscheinung tritt, und das war gerade bei der Stahlfabrikation der Fall: die beiden wichtigsten Erfindungen, welche die Grundlage der Flussstahlfabrikation geworden sind, die Erfindung des Tiegel- stahls durch Huntsman und die des Bessemerstahls sind wie plötz- liche Erleuchtungen in die Welt gekommen. Die Erfindung des Gussstahls erscheint nachträglich als eine sehr einfache Sache, ein wahres Ei des Kolumbus. Aber die Idee, Stahl durch Schmelzung zu reinigen, musste erst einmal in irgend einem Kopf auftauchen, und dann musste sie mit der Vorsicht und Umsicht ausgeführt und praktisch verwertbar gemacht werden, wie es durch Huntsman geschehen ist. Es ist charakteristisch, dass dieses ein- fache metallurgische Verfahren nicht von einem Mann vom Fach, sondern von einem Uhrmacher gemacht wurde. Ein Fachmann jener Zeit, in seiner zünftigen Beschränktheit, würde die Idee Huntsmans wahrscheinlich von vornherein verworfen haben, da für ihn Stahl ein unschmelzbarer Stoff und jedes geschmolzene Eisen Gusseisen war. Die Erfindung des Gussstahls. Huntsman war Uhrmacher, ein geschickter und sehr peinlicher Arbeiter, der grossen Wert auf gute Werkzeuge und infolgedessen auf guten Stahl legte. Auch für seine Uhrfedern bedurfte er eines ganz zuverlässigen Materials. Für den einen wie für den andern Zweck war ihm der Stahl, wie er ihn damals kaufen musste, unge- nügend. Auf diesem Nährboden entwickelte sich die Idee der Guss- stahlbereitung. Über die persönlichen Verhältnisse des Erfinders und über die Entstehung der Erfindung wissen wir nur sehr wenig. Huntsman hat weder jemals etwas geschrieben noch hat er ein Patent für seine Erfindung genommen. Er hielt dieselbe mit der grössten Vorsicht geheim und hat deshalb auch über ihren Ursprung nichts mitgeteilt. Benjamin Huntsman S. Smiles , Industrial biography, p. 103. wurde 1704 in Lincolnshire geboren. Seine Eltern stammten aus Deutschland und hatten sich erst wenige Jahre zuvor dort niedergelassen. Da der Knabe von rascher Auf- fassung war, wurde er für ein mechanisches Gewerbe bestimmt. Er erwarb sich früh einen gewissen Ruf durch seine Geschicklichkeit, Uhren zu reparieren und liess sich daraufhin, als er das nötige Alter erlangt hatte, als Uhrmacher in Doncaster nieder. Wie es die Zunft mit sich brachte, beschäftigte er sich nebenher mit allerlei Arbeiten eines Mechanikers, reparierte Schlösser, Schornsteinkappen, Bratenwender u. s. w. Er war sehr klug, beobachtend, nachdenkend und praktisch und erwarb sich neben seinem Geschäft einen Ruf als Wundarzt. Er war ein geschickter Chirurg und war besonders ge- schätzt als Augenarzt, was er nur seiner Beobachtung, Erfahrung und Geschicklichkeit, nicht theoretischen Studien verdankte. Viele suchten bei dem weisen Quäker, denn ein solcher war er, Hilfe, der jedem gern half und keine Bezahlung dafür nahm. Er machte sich seine Werkzeuge selbst und empfand dabei, wie bei den Uhrfedern, oft den Mangel an gutem, zuverlässigem Stahl. Der beste Werkzeugstahl war damals der deutsche Stahl. Die Cementstahlfabrikation hatte zwar in England Eingang gefunden und verschaffte sich mehr und mehr Geltung. Der Stahl, den sie lieferte, konnte aber mit gutem deutschen Stahl namentlich als Werkzeug- stahl nicht wetteifern. Der Grund dafür lag zum Teil in dem Pro- dukt selbst, zum Teil darin, dass man noch nicht verstand, den Cementstahl richtig zu gärben. Man schmiedete die Brennstahlstäbe, nachdem sie gehärtet und sortiert waren, einfach in wiederholten Die Erfindung des Gussstahls. Hitzen zu dünnen Stäben aus. Erst einige Zeit danach führte Crowley in Newcastle das Gärben des Cementstahls in England ein. Der Cementstahl hatte häufig kleine Mängel, indem die Fehler der Schmiedeeisenstäbe durch die Umwandlung nicht entfernt wurden, sondern noch deutlicher zu Tage traten. Deutscher Stahl war besser, namentlich lieferten die österreichischen Alpenhändler vortrefflichen Werkzeugstahl. Aber auch dieser hatte häufig Flecken und ausser- dem war im Handel viel Unredlichkeit; geringere Marken wurden für beste verkauft, und auf dem damals weiten Wege von Steiermark bis Doncaster ging das Stück Stahl, das der bescheidene Uhrmacher von seinem Händler bezog, durch viele Hände, die alle ihren Nutzen daran suchten. Die Unzuverlässigkeit der Ware, die Huntsman als guten Stahl kaufte, war es, die ihn auf den Gedanken brachte, ob es nicht ein Mittel gäbe, durch Reinigung ein gleichmässigeres und besseres Produkt zu erzielen. Dieses durch Umschmelzen zu versuchen, war ein Gedanke, der einem Laien im Eisengewerbe näher lag, als einem Fachmann, weil er die grossen Schwierigkeiten der Ausführung nicht kannte. Stahl zu schmelzen, erforderte eine so hohe Temperatur, dass man dies damals für praktisch unausführbar hielt. In Berührung mit Kohle war es unmöglich, weil Stahl sich durch Aufnahme von Kohlenstoff in Gusseisen verwandelte, aber auch bei dem Schmelzen in geschlossenen Gefässen war eine Einwirkung kohlender Gase kaum ganz zu vermeiden und die geringste Menge musste den Stahl verderben. Es muss deshalb Huntsman viele Enttäuschungen und viele Misserfolge gehabt haben, bis er endlich doch sein Ziel erreichte und es ihm gelang, guten brauchbaren Guss- stahl herzustellen, und es ist ein Zeichen für den festen Glauben an die Richtigkeit seiner Idee und für seine Beharrlichkeit in der Aus- führung derselben, die beiden Grundbedingungen für jeden Erfinder, dass er trotz allen Schwierigkeiten allein und aus eigener Kraft seine Erfindung durchführte. Huntsman begann mit seinen Stahlschmelzversuchen in Don- caster; um dieselben aber besser ausführen zu können, siedelte er im Jahre 1740 nach Handsworth bei Sheffield über. Hierzu veranlasste ihn sowohl der bessere Bezug seiner Rohmaterialien, Steinkohlen oder Koks und Brennstahl, als auch die Aussicht auf besseren Absatz seines Produktes. Sheffield war bereits damals der Hauptsitz der Stahlwarenmanufaktur. Die besten Messer und Werkzeuge wurden in Sheffield fabriziert. Die Nachfrage nach gutem Stahl war deshalb dort gross und Huntsman hoffte, dass er sein besseres Produkt dort Beck , Geschichte des Eisens. 18 Die Erfindung des Gussstahls leicht absetzen könnte. Er muss seiner Sache schon ziemlich sicher gewesen sein, als er seinen Wohnsitz und sein Geschäft aufgab, um in Handsworth sich ganz der Stahlbereitung zu widmen. Aus diesem Grunde wird es gerechtfertigt erscheinen, anzunehmen, dass, als Huntsman seinen Umzug bewerkstelligte, der Gussstahl wenigstens im kleinen bereits erfunden war, man darf also wohl das Jahr 1740 als das Jahr der Erfindung des Gussstahls bezeichnen. In Handsworth machte er aber erst die entscheidenden Versuche im grossen und ging vom Experiment zur Fabrikation über. Er betrieb das eine wie das andere ganz im geheimen, wozu die abgelegene Lage seiner Fabrik, einige englische Meilen südlich von Handsworth, günstig war. Die Schwierigkeiten, die er zu überwinden hatte, waren enorm. Für die Schmelzung des Stahls waren Hitzegrade erforderlich, wie sie bis dahin bei keinem metallurgischen Prozess in Anwendung gekom- men waren. Der dazu geeignete Ofen, das beste Brennmaterial, die feuerbeständigen Tiegel, der Schmelzfluss, die Eingussformen, — alles das musste erst gesucht, gefunden und ausprobiert werden, ehe eine Fabrikation möglich war. Es dauerte Jahre lang, ehe Huntsman ein Produkt erhielt, das ihn befriedigte und das er auf den Markt bringen konnte. Lange nach seinem Tode fand man die Zeugnisse seiner mühevollen, fehlgeschlagenen Versuche in vielen Centnern Stahl, die man an verschiedenen Plätzen in der Nähe der Fabrik ausgrub. Dort hatte er diese Schmerzenskinder vergraben, damit sie sein Ge- heimnis nicht verraten sollten. Aus ihnen konnte man erkennen, wie er unablässig seine Idee verfolgte, Stahl in geschlossenen Tiegeln mit einem Flussmittel bei höchster Hitze zu schmelzen. Und als er endlich am Ziele glücklich angelangt schien, erwuchsen ihm neue Schwierigkeiten durch Vorurteil und Neid der englischen Stahlwaren- fabrikanten und durch Verrat anderer, die sein Geheimnis stehlen wollten. Bei der Tiegelgussstahlfabrikation handelt es sich nicht um eine Stahlerzeugung, sondern nur um eine Stahlreinigung und Um- wandlung in ein gleichförmiges, geschlossenes Produkt. Schweiss- oder Cementstahl wird durch Umschmelzen im Tiegel in Gussstahl verwandelt. Die Gleichförmigkeit des Metalls (homogenious metal) war der Zweck der Operation, und er wurde erreicht durch die einfachen Hilfsmittel, welche Huntsman anwendete: Tiegel vom besten, feuerfesten Material, wofür er wahrscheinlich Stourbridge-Thon verwendete, feste, in geschlossenen, sogenannten Bienenkorböfen, hergestellte Koks und einen Windofen mit hoher Esse. Es sind dieselben Mittel, welche noch heute in Anwendung sind. Die Erfindung des Gussstahls. Waren Huntsmans Versuche zunächst von dem eigenen Bedürfnis ausgegangen, so war doch schon die Verlegung seiner Werkstätte nach Handsworth in der Hoffnung auf den Absatz seines Stahls an die Sheffielder Fabrikanten veranlasst worden, indem er die zukünftige Bedeutung seines Stahls für die Stahlwarenfabrikation voraussah. Aber seine Bemühungen, seinen Stahl bei den Sheffielder Messer- schmieden anzubringen, hatten anfänglich wenig oder gar keinen Erfolg. Der harte Gusstahl war viel beschwerlicher zu schmieden als der Schweissstahl und das genügte, ihn zu verwerfen und Hunts- man , der die Sache nicht als Kaufmann betrieb und nicht auf Ge- winn ausging, verzagte und liess die Hoffnung sinken, den am Alten hängenden Zunftgeist der Sheffielder Schmiede zu bekehren. Aber galt der Prophet nichts in seinem Vaterlande, so fand er um so grössere Anerkennung ausserhalb desselben. In Frankreich besonders wurde guter Stahl für feine Stahlwaren gesucht, und da die fran- zösischen Stahlarbeiter ihren besseren Stahl doch alle aus dem Aus- land beziehen mussten, waren sie unparteiischer in ihrem Urteil als die Sheffielder, welche wahrscheinlich auch für die von ihnen be- triebene Brennstahlfabrikation fürchteten. Huntsmans Stahl fand willige Abnehmer in Frankreich, die daraus Stahlmesser und Stahl- werkzeuge machten, welche die englischen an Güte weit übertrafen. Jetzt wurden die klugen Herren in Sheffield unruhig, namentlich da selbst in England die französischen Messer aus Huntsmans tahl den Sheffieldern vorgezogen wurden. Sie fingen an, für die Zukunft ihres Gewerbes besorgt zu werden und verfielen auf einen echt eng- lischen Ausweg: sie schickten eine Deputation an Sir George Savile , Parlamentsmitglied für die Grafschaft York, mit der Bitte, bei dem Ministerium ein Verbot der Ausfuhr von Gussstahl zu erwirken. Aber als Savile auf sein Befragen erfuhr, dass sie selbst den Guss- stahl gar nicht verwendeten, lehnte er ihr Gesuch rundweg ab. Es war ein Glück für die Stadt Sheffield, dass ihrem unsinnigen Bitt- gesuche keine Folge gegeben wurde, denn um jene Zeit hatten unter- nehmende und vernünftigere Fabrikanten in Birmingham Huntsman bereits dringende und günstige Anerbietungen gemacht, seine Guss- stahlfabrik nach Birmingham zu verlegen. Wäre dies geschehen, so wäre wahrscheinlich der Stahlwarenhandel Birminghams der erste Englands geworden und Sheffield, dessen Geschäft damals auf sehr schlechten Füssen stand, zu Grunde gegangen; so wurde es durch die Erfindung von Benjamin Huntsman zu einer blühenden Stadt. Jetzt endlich sahen sich die Sheffielder Fabrikanten, wenn sie ihren 18* Die Erfindung des Gussstahls. Handel nicht ganz an Frankreich verlieren wollten, gezwungen, Guss- stahl zu verarbeiten. Damit hatte Huntsman sein Ziel erreicht; sein Absatz und seine Fabrikation nahmen grossen Aufschwung. Aber nun begann ein neuer Kampf für ihn. Der Neid der Stahl- fabrikanten missgönnte ihm seinen Erfolg und suchte ihm seinen Vorteil zu entreissen. Da Huntsman durch kein Patent geschützt war, so war seine Erfindung vogelfrei, wenn es nur jemand gelang, hinter sein Geheimnis, das er so ängstlich behütete, zu kommen. Es fehlte nicht an gewissenlosen Menschen, welche dies auf unehr- liche Weise versuchten. Aber Huntsman war auf seiner Hut. Alle seine Arbeiter hatten sich ihm zu unverbrüchlichem Schweigen ver- pflichtet, kein Fremder durfte die Fabrik betreten, und die Schmel- zungen, beziehungsweise das Ausgiessen fand in einem abgeschlossenen Gebäude in der Nacht statt. Natürlich gingen mancherlei Mut- massungen über den Stahlschmelzprozess um. Die verbreitetste Mei- nung ging dahin, dass es ein besonderes Flussmittel sein müsse, welches das Schmelzen des Stahls befördere, und in Arbeiterkreisen erzählte man sich, dass zerbrochene Glasflaschen dazu verwendet würden. Viele Bestechungsversuche wurden gemacht, doch ohne Erfolg. Vermutlich hielt Huntsman seine Leute in dem Glauben, dass das Flussmittel, das er wahrscheinlich selbst zusetzte, die Seele des Geheimnisses wäre. Dies lässt sich deshalb annehmen, weil die- jenigen Fabrikanten, welche durch Spionieren und Bestechen hinter das Geheimnis gekommen zu sein glaubten, bei ihren Versuchen Stahl zu schmelzen, ebenfalls aus dem Flussmittel ein grosses Ge- heimnis machten und dasselbe eigenhändig vor dem Verschliessen der Tiegel aufgaben. Endlich gelang es einem der Konkurrenten, namens Walker , einem Eisengiesser, welcher seine Fabrik zu Greenside bei Sheffield hatte, auf verräterische Weise sich in den Besitz des Geheimnisses zu setzen S. The useful metals and their alloys p. 348 und Smiles , a. a. O. p. 108; auch Percy , Iron and Steel, p. 829. . An einem kalten Winterabend, als der Schnee in dichten Flocken niederfiel, und die Fabrik ihren roten Lichtschein über die Nachbar- schaft warf, kam ein Mensch elend und zerrissen an das Thor und flehte um die Erlaubnis sich wärmen zu dürfen und um ein Obdach. Die menschenfreundlichen Arbeiter konnten seinen Bitten nicht wider- stehen und gewährten ihm ein Lager in einem warmen Winkel des Gebäudes. Schärfere Augen würden wohl wenig Schlaf in der er- Die Erfindung des Gussstahls. heuchelten Übermüdung des Fremden entdeckt haben, denn mit gierigen Blicken bewachte er jede Bewegung der Arbeiter, als diese jetzt die einzelnen Operationen des neuerfundenen Prozesses vor- nahmen. Er bemerkte zuerst, dass Stangen von Brennstahl in kleine Stücke von 2 bis 3 Zoll zerbrochen und in einen Thontiegel ein- getragen wurden. Als dieser nahezu gefüllt war, wurden zerkleinerte Scherben von grünem Glas darüber ausgebreitet und dann wurde das ganze mit einem dicht schliessenden Deckel geschlossen. Die Tiegel wurden hierauf in einen dafür hergerichteten Ofen eingesetzt und nach Verlauf von 3 bis 4 Stunden, währenddem von Zeit zu Zeit untersucht wurde, ob der Stahl in den Tiegeln völlig zu einer Masse geschmolzen sei, machten sich die Arbeiter daran, die Tiegel mit Hilfe von Zangen aus dem Ofen herauszuheben und den ge- schmolzenen Inhalt, der hellglänzend funkelte und sprühte, in eine zugerichtete Form aus Gusseisen auszugiessen. Hier liess man sie erkalten, während die Tiegel von neuem gefüllt und die Operation wiederholt wurde. War die Form kühl, so wurde sie aufgeschraubt, und es zeigte sich ein Stahlbarren, der nur noch der Hilfe des Hammerschmieds bedurfte, um eine vollkommene Stahlstange zu sein. Wie es dem verräterischen Gast, nachdem er dies alles beobachtet hatte, gelang zu entkommen, darüber verlautet nichts, aber Thatsache ist es, dass nur wenige Monate danach Huntsmans Fabrik nicht mehr die einzige war, in der Gussstahl bereitet wurde. In einem schwedischen Reisebericht 1797 bis 1799 von Proling ist dieser Vorgang gerade umgekehrt erzählt S. Karstens Archiv, Bd. VIII, S. 342; Wedding , Handbuch der Eisen- hüttenkunde, Bd. III, S. 607. . Danach sollte ein armer Metallarbeiter namens Walter , welcher Walzen aus Cement- stahl anfertigte, der Erfinder des Gussstahls gewesen sein. Da seine Walzen immer Fehler und Flecken hatten, so habe er sich bemüht, Walzen aus Metalllegierungen zu giessen. Hierbei habe er nach viel- jährigen Versuchen die Entdeckung gemacht, dass er einen ohne allen Zusatz umgeschmolzenen Stahl vollständig dicht erhalten könne. Er habe dann auf diese Weise vortreffliche Walzen und Schmiede- werkzeuge von vorzüglicher Gleichmässigkeit und Dichtigkeit erzeugt. Ein reicher Fabrikant Huntsman habe davon erfahren, und nach- dem er durch chemische Untersuchung habe feststellen lassen, dass dem Stahl keine fremden Stoffe beigemischt waren, die Sache als- bald nachgemacht. Der reiche Fabrikant habe dem Stahl seinen Die Erfindung des Gussstahls. Namen gegeben, während der arme Erfinder unbekannt und unbelohnt gestorben sei. Dieses Geschichtchen des schwedischen Reisenden hat keine historische Bedeutung gegenüber den verschiedenen ernsten Mittei- lungen englischer Fachschriftsteller. Höchst merkwürdig bleibt es ja allerdings, dass die englische Nation und insbesondere die Stadt Sheffield den Erfinder des Gussstahls, der durch seine Erfindung die Blüte Sheffields begründet und die Grundlage zur Überlegenheit der englischen Eisenindustrie zuerst gelegt hat, fast vergessen hatte, so dass ein Ausländer, der berühmte Metallurg Le Play anfangs der vierziger Jahre denselben erst wieder entdecken und auf seine Ver- dienste aufmerksam machen musste. Le Play hat sich die Mühe gegeben, während seines Aufenthaltes in Sheffield die Frage der Er- findung des Gussstahls zu prüfen und kam zu der Überzeugung, dass nur Benjamin Huntsman dieser Ruhm gebühre und hat dieses in seiner vortrefflichen Abhandlung über die Stahlfabrikation in York- shire öffentlich kundgegeben Siehe Annales des mines, 4. Serie, T. III, p. 636. Le Play schreibt den Namen immer Huntsmann , in älteren deutschen Büchern findet man ihn sehr oft Hunsmann, Hunzmann geschrieben. . Er spricht mit Begeisterung von der denkwürdigen Erfindung, welche die Stahlindustrie Yorkshires zur ersten der Welt gemacht und so wesentlich zu Englands Suprematie in der Eisenindustrie beigetragen habe. Was nun das tiefe Geheimnis anbetrifft, so wurde dasselbe schon zur Zeit, als Gabriel Jars Sheffield besuchte, also 1765, nicht mehr so ganz bewahrt. Er giebt in seinem Reisebericht keine eingehende, aber doch eine ganz genügende und in der Hauptsache auch richtige Schilderung des Verfahrens. Es scheint, dass man aber nach dieser Zeit die Fabrikation wieder mehr geheim hielt, so dass spätere Schrift- steller noch weniger zu berichten wissen. Konnte doch ein so tüch- tiger Hüttenmann wie Hermann 1789 behaupten, der englische Gussstahl sei gar nicht gegossen, sondern es sei nur sorgfältig gegärbter Cementstahl Crells Chem. Annalen. Bd. VI, 1. St., S. 21. . Svedenstjerna , der die englischen Eisenwerke so gründlich studiert hat, versichert, dass bis 1804 über die Bereitung des englischen Gussstahls nichts bekannt geworden sei, was als Richt- schnur dienen könnte. Er selbst teilt in dem Bericht über seine Reise durch England und Schottland auch nichts darüber mit. Karsten erklärt sich 1815 ausser stande, darüber zu berichten Siehe Rinman , Geschichte des Eisens, deutsch von Karsten. Bd. II, S. 639. . Blumhof Die Erfindung des Gussstahls. sagte 1817 Blumhof , Encyklopädie der Eisenhüttenkunde. Bd. II, S. 498. , die Verfertigung des englischen Gussstahls werde noch geheim gehalten, und dass er nichts davon wusste, dokumentiert er vollständig dadurch, dass er eine ganz falsche Schilderung eines französischen Hütteninspektors Vandenbrock abdruckte. So hat denn Jars kurzer Bericht von 1765 Siehe Gabriel Jars , Metallurgische Reisen, deutsch von Gerhard Bd. II, S. 422. aus der Zeit, da Benjamin Huntsman noch selbst seine Gussstahlfabrik in Handsworth leitete, ganz besonderen Wert. Er sagt, die Schmelzöfen seien ähnlich wie Messingschmelzöfen, nur kleiner, und der Luftzug zu denselben laufe unter der Erde her. Ein viereckiger Fuchs führe in Bodenhöhe aus dem Ofen in den Schornstein. In diesem Ofen habe nur ein Schmelztiegel, welcher 9 bis 10 Zoll hoch und bis 6 Zoll weit sei, Platz. „In den- selben wird der Stahl mit einem Fluss, aus dem man aber ein Ge- heimnis macht, eingesetzt, der Tiegel aber auf einen runden Back- stein (sogenannten Käse), welcher auf dem Roste liegt, gestellt. Man legt alsdann rund um den Tiegel Cinders (Koks) und füllt auch den ganzen Ofen damit voll, lässt das Feuer an und legt die obere Mün- dung des Ofens mit einer Thür von Backsteinen, welche durch einen eisernen Rahmen zusammengehalten werden, zu, worauf die Flamme in den Schornstein spielt. Der Tiegel muss fünf Stunden im Ofen stehen, ehe der Stahl völlig geschmolzen ist; alsdann wird derselbe in vierkantige Formen von gegossenem Eisen, welche aus zwei Stücken bestehen, deren eines auf das andere gelegt wird, gegossen. Der Einguss geschieht an dem einen Ende. Ich habe Ingots von dergleichem Stahl gesehen, welche wie Roh- eisen aussahen. Dieser Stahl wird auf eben die Art, wie der Cement- stahl, unter dem Hammer ausgereckt, er muss aber gelinder und mit mehr Vorsicht ausgewärmt werden, weil er sonst leicht zerspringen würde. Die Absicht bei diesem Prozess geht bloss dahin, die Stahl- teilchen so nahe wie möglich aneinander zu bringen, so dass er keine faule Flecken, wie der deutsche Stahl, habe, und man will behaupten, dass dies bloss durch die Schmelzung zu erreichen sei.“ Zur Einleitung hatte Jars schon bemerkt, dass der Prozess dazu diene, den Cementstahl noch mehr zu verfeinern. Wenn er danach sagt, es werden Abfälle von Stahlwaren eingeschmolzen, so war das nur für ganz geringe Stahlsorten richtig; der gute Gussstahl wurde aus Stücken des besten Cementstahls geschmolzen. Die Erfindung des Gussstahls. Er sagt zum Schluss, der Gussstahl werde nicht sehr häufig, sondern nur zu solchen Arbeiten, die eine sehr schöne Politur er- forderten, gebraucht, und es würden die besten Rasiermesser, ver- schiedene Arten Federmesser, die schönsten stählernen Ketten, Uhr- federn und kleine Uhrmacherfeilen daraus angefertigt. Die Nachfrage nach Gussstahl nahm aber von Jahr zu Jahr zu. Infolge dessen verlegte Huntsman 1770 noch einmal sein Geschäft in eine grosse, neu von ihm erbaute Fabrik zu Attercliffe, nördlich von Sheffield, welche für seinen Betrieb günstiger gelegen war. Dort wirkte er noch sechs Jahre als Stahlfabrikant und als Wohlthäter. Denn wie die Darbys und Reynolds war er ein würdiges und hoch- angesehenes Mitglied der Sekte der Quäker (society of friends). Er war bewandert in dem Wissen seiner Zeit, und besonders in der Chemie, welche ihm bei seinen Versuchen von Nutzen war. Dass er dabei von grosser Beharrlichkeit war, geht aus den Schwierigkeiten, welche er bei der Ausführung und Vervollkommnung seiner Erfindung zu überwinden hatte, hervor. Aber wie viele originelle Charaktere, war er ein Sonderling in seinen Gewohnheiten und verschlossen. Die Akademie (Royal Society) wünschte ihn als Mitglied aufzunehmen, sowohl wegen seiner erfolgreichen Erfindung als wegen seiner chemischen Kennt- nisse, aber er lehnte die Ehre ab, weil er fürchtete, aus seiner Ein- samkeit herausgerissen zu werden und weil es ihm gegen die Grund- sätze der Quäker zu sein schien. Er starb 1776 im 72. Lebensjahre und wurde auf dem Kirchhofe von Attercliffe beigesetzt. Le Play suchte 1842 seinen Grabstein auf, welcher die Inschrift trägt: Sacred to the memory of Benjamin Huntsman, of Attercliffe, steel-refiner , who died June 20 th. 1776, aged 72 years Siehe Percy , Iron and Steel, p. 829. . Sein Sohn führte das Geschäft fort und dehnte es immer mehr aus. Die Gussstahlmarke Huntsman wurde in der ganzen Welt bekannt und erhielt ihren Ruhm länger als ein Jahrhundert und Le Play schreibt 1846, „der Käufer, der dafür einen höheren Preis zahlt, folgt nicht blinder Routine, sondern giebt damit einen vernünftigen, wohlverdienten Tribut an alle die materiellen und moralischen Eigenschaften, für welche die Marke Huntsman seit einem Jahrhundert die Garantie geboten hat“. Neben Huntsman war Marschall (Marshall, Martial) die berühm- teste Marke für englischen Gussstahl zu Ende des vorigen Jahrhunderts. Die Fabrikation des Tiegelgussstahls darf nicht verwechselt werden Die Cementstahlfabrikation in England. mit der des Tiegelflussstahls . Letztere bezweckt eine wirkliche Stahlerzeugung, und zwar durch Zusammenschmelzen von Roheisen und Schmiedeeisen. Reaumur gebührt das Verdienst, diesen Weg zuerst gezeigt zu haben. Er schmolz Roheisen in einem Tiegel heiss ein und setzte Schmiedeeisenabfälle zu, dadurch erhielt er Stahl. Ich habe auf diesem Wege, schreibt er 1722 Reaumur , l’art de convertir etc. p. 256. , ganz leidlichen Stahl erhalten. Der Zusatz von Schmiedeeisen zu dem Guss betrug ¼ bis ⅓. — Indes war dies doch nur ein Versuch im kleinen, eine praktische Bedeutung hat die Tiegelflussstahlerzeugung im vorigen Jahrhundert nicht erlangt. Die Cementstahlfabrikation besonders in England. Die Gussstahlfabrikation in England benutzte Cementstahl als Rohmaterial. Die Cementstahlfabrikation wurde mindestens schon seit Anfang des 18. Jahrhunderts in England betrieben. Bereits im vorhergegangenen Jahrhundert hatte sich Prinz Ruppert um deren Einführung bemüht. Es ist möglich, dass er sie auch wirklich ein- geführt hat, dass er sie aber, ähnlich wie Huntsman seinen Guss- stahlprozess, so geheim hielt, dass nichts davon bekannt wurde. Nach einer anderen Nachricht soll die Cementstahlfabrikation um das Jahr 1710 von einem deutschen Arbeiter Bertram aus der Grafschaft Mark in England eingeführt worden sein Siehe Poppe , Geschichte der Technologie, Bd. II, S. 409. . Wie dem auch sei, zweifellos ist, dass zu Reaumurs Zeit die Engländer bereits Brenn- stahl exportierten. Genauere Nachrichten fehlen aber durchaus, bis Gabriel Jars in seinen wichtigen Reiseberichten von 1765 auch diese Fabrikation beschrieben hat. Ehe wir uns mit diesem Bericht beschäftigen, wollen wir kurz noch einiges mitteilen, was an unser Kapitel über Reaumurs Arbeit über den Brennstahl anknüpft. Reaumurs Arbeit rief nicht nur in Frankreich Cementstahlfabriken ins Leben, sondern auch in Schweden und in Deutschland. Aus Polhems Schriften geht hervor, dass man sich in Schweden mit der Cementstahlfabrikation beschäftigt hatte. Dass dies sehr Die Cementstahlfabrikation in England. bald nach der Veröffentlichung von Reaumurs Arbeit (1722) ge- schah, folgt aus einer Dissertation eines gewissen Schepper E. Schepperus , de ferri confectione ad Barkinge, ubi secretione artificio e Chemia petito, igne suppresso, cum sale cinereo ferrum commune in στομωμα mutatur. . Da- nach scheint bei Barkinge schon vor 1725 eine Cementstahlfabrik errichtet worden zu sein, denn er schreibt, dort geschieht die Um- wandlung von gewöhnlichem Eisen in Stahl durch eine künstliche chemische Abscheidung in geschlossenem Feuer mit Aschensatz. Ferner war am Harz eine Cementstahlfabrik entstanden. Darüber meldet von Rohr 1739 J. Bernh. von Rohr , Merkwürdigkeiten des Oberharzes 1739, S. 258. : „Man stratificiert in einem grossen Ofen Fig. 44. Eisenplatten und Horn oder Tierklauen und macht ein gross Feuer darunter, so ent- zünden sich die Klauen und kalzinieren das Eisen. Ist es glühend genug und an dem, dass es schmelzen will, so nimmt man’s aus dem Ofen und härtet es ganz glühend in kaltem Wasser ab, da dann der Stahl daraus wird. Der Stahl hat die alte Struk- tur, nur Löcherchen.“ Jars gelang es 1765 trotz der in England üblichen Ge- heimniskrämerei, sich Ein- blick in die englische Fabri- kation zu verschaffen, und er hat darüber in seinem Reiseberichte sehr wert- volle Mitteilungen hinter- lassen. Seine Zeichnungen (Fig. 44, 45 u. 46) sind zwar, wie er angiebt, nur nach dem Augenmass gemacht, sie sind aber richtiger als manche andere seiner Abbildungen. Newcastle und Sheffield waren die beiden Sitze der Cement- stahlfabrikation. Die Öfen, welche Jars beschrieben hat, befanden sich Die Cementstahlfabrikation in England. bei der erstgenannten Stadt. Sie stimmen in ihrem Prinzip ganz und in ihrer Anordnung nahezu mit den von Reaumur angegebenen Fig. 45. überein. Sie hatten ver- schiedene Grösse, waren aber alle nach demselben Muster gebaut. Das äussere Mauerwerk bildete ein läng- liches Viereck, nicht viel von einem Quadrat ab- weichend. Es umschloss den Feuerungsraum und zwei Brennkisten. Längs durch den Ofen ging ein eiserner Rost, der beinahe mit der Hüttensohle pa- rallel lag, 20 Zoll breit war, und unter welchem sich der Aschenfall befand. Ungefähr 16 Zoll über dem Rost wurden auf beiden Seiten die Brennkisten, in welche man das Eisen einlegte, aufgebaut. Zu diesem Zweck mauerte man auf jeder Seite zehn Zugkanäle, Fig. 46. auf welchen die Kisten aus feuer- festem Sandstein- platten aufgeführt und die Fugen mit Thon verstrichen wurden. Inwendig waren die Kisten etwa 10½ Fuss lang, 2 Fuss 4 Zoll breit und 2 Fuss 6 Zoll tief, und die Flamme spielte rund um diesel- ben herum. Seit- lich wurden sie durch Mauerwerk Die Cementstahlfabrikation in England. gestützt, so dass sie den Druck des Eisens und die Gewalt des Feuers aushalten konnten. Über diesen Kisten und den ganzen inneren Raum ist eine Haube oder Kuppel (nicht ein Tonnengewölbe wie bei Reaumur ) aufgeführt, welches die Hitze zusammenhält und durch deren Decke Rauch und Flamme durch acht Öffnungen abziehen. Der ganze Ofen steht unter einer Esse, welche in Gestalt eines Zuckerhutes von Backsteinen erbaut ist. „ Das schwedische Eisen ist das einzige, welches bis- her zur Verwandlung in Stahl tüchtig befunden worden ist . Es sind auch mit dem in England fabrizierten Eisen viele Ver- suche angestellt worden, aber man hat nie daraus einen ebensoguten Stahl, wie aus dem schwedischen, erhalten können. Man nimmt zu dieser Arbeit verschiedene Sorten von schwedischem Stahl, welche, so wie sie nach der Verschiedenheit der Güte in verschiedenem Wert stehen, dadurch auch im Preise des Stahls eine Veränderung machen. Die Eisenstäbe, welche cementiert werden, haben nicht gleiches Mass; manchmal sind sie vierkantig, meist aber flach, 1½ bis 2 Zoll breit und 4 bis 7 Linien dick und in der Länge kommen sie der Länge der Kisten gleich. In jeder Kiste werden 5 bis 6½ Tonnen Eisen eingesetzt, deren jede 21 Ctr. wiegt, den Centner zu 112 Pfund nach englischem Gewicht gerechnet. Es werden demnach in einem Ofen mit 2 Kisten 10 bis 13 Tonnen oder etwa 23000 bis 28000 Pfd. Eisen auf einmal eingesetzt. Zur Cementation bedient man sich nur des Kohlenpulvers ohne allen Zusatz von Öl und Salz als Cementationsmittel. Wenn nun die Eisenstäbe in die Kisten eingesetzt werden sollen, so kriecht der Stahlbrenner in den Ofen hinein und durch die an den Enden angebrachten Löcher werden ihm die Stäbe zugereicht. Es sind dies dieselben Öffnungen, durch welche auch die Flamme durchschlägt, und welche während der Arbeit nach aussen zugesetzt werden. Der Stahlbrenner nimmt alsdann Kohlenstübbe, welche durch ein grobes Sieb durchgeschlagen ist, feuchtet dieselbe ein wenig an, macht auf dem Boden der Kiste davon eine Schicht und legt darauf eine Lage von Eisenstäben, welche gewöhnlich nach der Länge des Ofens abgehauen sind. Zuweilen nimmt man auch Stäbe von verschiedener Länge, so wie sie kommen, jedoch werden sie stets dergestalt ein- gesetzt, dass keiner den anderen berührt, und also beständig Kohlen- stübbe dazwischen liegt. Die erste Schicht Stäbe wird sodann 1 Zoll hoch mit demselben Kohlenpulver bedeckt und dann wieder eine Lage Stäbe gelegt. Auf diese Art wird fortgefahren, bis die ganze Kiste Die Cementstahlfabrikation in England. voll ist. Die oberste Schicht Stäbe wird wieder mit Stübbe und diese mit Sand bedeckt, damit das brennbare Wesen in der Kiste desto mehr beisammen bleibe und durch den Brand nicht in Asche ver- wandelt werde. Man gebraucht hierzu gewöhnlichen feuchten Sand; wenn er trocken ist, muss man ihn anfeuchten. Dieser Sand wird dicht aufgestreut und von den Seiten nach der Mitte zu erhöht, so dass er in der Mitte etwa 10 Zoll dick liegt. Wenn das Eisen in den Kisten eingesetzt ist, wird der Ofen in folgender Weise zuge- macht. Die eisernen Rostbalken, welche in dem Mauerwerk einge- mauert sind, stehen sehr weit voneinander ab, so dass sie den Kohlen noch keine genügende Auflagerung gewähren; es werden daher nach der ganzen Länge des Rostes andere Stäbe querüber und so dicht beieinander gelegt, dass die Steinkohlen darauf ruhen können. Als- dann werden die beiden grossen Öffnungen, welche sich an jedem Ende des Rostes befinden, zugemauert, so dass in der Höhe des Rostes auf jeder Seite nur eine Öffnung bleibt, die 10 Zoll hoch und 7 bis 8 Zoll breit ist, und durch welche die Kohlen auf den Rost geworfen werden. Vor diesen Öffnungen befinden sich eiserne Thüren, welche man, so oft geschürt und mittels eiserner Stangen in den Kohlen ge- stocht wird, aufmachen und verschliessen kann. Man pflegt in der Regel Montag Abend den Ofen anzustecken und ihn dann bis zum folgenden Samstag in heftigem Feuer zu er- halten. Es ist dies die gewöhnliche Brennzeit bei einem Einsatz von 10 Tonnen, sind aber 12 bis 13 Tonnen Eisen eingelegt, so wird mit der Feuerung bis Sonntag Abend fortgefahren. Um aber desto sicherer zu sein, dass das Eisen hinlänglich cementiert ist, so sind an dem einen Ende sowohl an dem Ofen als an den Kisten Öffnungen angebracht, durch welche eine Stange herausgezogen werden kann, sobald man glaubt, dass der Stahl gar gebrannt sei. Der Stahlbrenner erkennt meist schon an der Farbe und den Blasen auf der Ober- fläche, ob der Stahl gut sei; das Herausziehen einer Probestange ge- schieht daher nicht überall. Wenn es sich nun findet, dass nach einem fünf Tage und fünf Nächte ununterbrochenen Feuer das Eisen ganz in Stahl verwandelt worden, so wird das Mauerwerk, welches an den beiden Enden zur Anbringung der Thüren aufgeführt war, aufgebrochen. Damit der Ofen desto geschwinder erkalte, nimmt man auch die aufgelegten Roststäbe hinweg, wobei die Kohlen in das Aschenloch fallen; des- gleichen werden auch die vier Thüren, die während der Arbeit zu waren, geöffnet. Man muss demungeachtet wohl eine ganze Woche Die Cementstahlfabrikation in England. warten, ehe der Stahl kalt wird, und wird er nicht früher heraus- genommen. Der Stahlbrenner, welcher das Eisen eingesetzt hat, kriecht alsdann in den Ofen und reicht die Stäbe einem anderen Arbeiter durch die an den Enden befindlichen Öffnungen zu, welcher ihm dieselben abnimmt. Für die ganze Arbeit sind nur zwei Per- sonen erforderlich, deren jede für eine Tonne vier Schilling erhält. Es gehen bei der Arbeit 16 bis 18 Fuder Steinkohlen auf, deren jedes 16 Centner zu 112 Pfund Gewicht beträgt und vier Schilling kostet — also auf 1000 kg Stahl etwa 1220 kg Steinkohlen. Man hatte beobachtet, dass das Gewicht des Eisens bei seiner Verwand- lung in Stahl weder ab- noch zunahm. Die Gewichtsabnahme an Kohlenstoff wurde ausgeglichen durch die Gewichtszunahme durch Oxydation der Oberfläche. Dieser Stahl, wie er aus dem Ofen kommt, heisst Blasenstahl (blister steel) und wird, wenn auch selten, zum Preise von 26 bis 28 Schilling der Centner (50 Mk. für 100 kg) verkauft. — Für den gewöhnlichen Vertrieb wird erst noch eine sehr einfache Arbeit mit ihm vorgenommen, indem er unter einem Hammer zu vierkantigen Stäben von sieben bis acht Linien Stärke und beliebiger Länge ausgeschmiedet wird. Diese lässt man, ohne sie im Wasser abzulöschen, an der Luft erkalten. Dadurch wird das Gefüge des Stahls, das vor- her locker und grossblätterig war, dicht und feinkörnig, so dass es dem Korn des gemeinen deutschen Stahls gleicht. In diesem Zu- stande wird es gemeiner Stahl (common steel) genannt und zur Anfertigung von Feilen, Sägen, Scheren, Messern u. s. w. gebraucht. Er wird nach den englischen Provinzen, namentlich aber nach Shef- field und Birmingham, verschickt und der Centner zu 30 bis 32 Schil- ling berechnet. Da die Enden der Stäbe meist unrein sind und keinen guten Stahl geben, so werden sie abgehauen und in Packeten verschmiedet. Dieser Stahl heisst harter Stahl (hard steel) und wird gewöhnlich zur Verfertigung von Ackergeräten verwendet. Aus dem Cementstahl kann man durch eine zweite Arbeit, welche den Namen deutsches Stahlmachen führt, eine noch bessere Sorte erhalten, welche Benennung sie daher erhalten hat, weil das Erzeugnis dem deutschen Stahl an Korn und Qualität völlig gleich kommt.“ Jars überzeugte sich davon durch Proben, und die betreffende englische Gewerkschaft hatte dem echten deutschen Stahl bereits einen beträchtlichen Absatz entzogen. Zu bemerken war nur, dass der Die Cementstahlfabrikation in England. Cementstahl bei wiederholten Hitzen weit mehr von seiner Stahlnatur verlor als der deutsche. „Um diese Arbeit zu bewerkstelligen, werden 10 bis 12 Stäbe von Blasenstahl, wie sie aus dem Ofen kommen, in ein Packet zusammen- gelegt und im Steinkohlenfeuer erhitzt. Von Zeit zu Zeit bewirft man dieses Packet mit trockenem, gepulvertem Thon, ebenso wie sonst das Eisen behandelt wird, damit die Hitze mehr zusammen- gehalten wird und die Stäbe besser schweissen. Die Erfahrung be- weist, dass bei dem Schweissen des Stahls der Thon vorzuziehen ist, während für das Schweissen des Eisens der Sand bessere Dienste thut. Wenn nun ein solches Packet die hinlängliche Hitze hat, so bringt man es unter den Hammer, unter dem es sodann zusammen- geschweisst und in Stäbe von bestimmtem Mass ausgereckt wird. Dieser Stahl wird meist nur auf ausländische oder auswärtige Be- stellungen gemacht, und das Verfahren dabei ist dasselbe, wie in Steiermark zur Bereitung des feinsten Stahls. Einige Stahlschmiede in England pflegen zur Herstellung eines superfeinen Stahls, von welchem das Pfund 20 Sols (1 kg = Mk. 1,60) kostet, noch zwei Arbeiten mit demselben vorzunehmen. Zu dem Ende brauchen sie bei der Anfertigung des deutschen Stahls aus cementiertem Stahl Holzkohlen statt Steinkohlen und cementieren alsdann diesen deutschen Stahl nochmals ebenso wie Eisen und raffinieren ihn zum zweitenmal in der beschriebenen Weise mit Holzkohle. Der Versuch eines Fabrikanten bei Newcastle, den Stahl durch Schmelzung zu reinigen, wie Huntsman , zu welchem Zweck er zwei Meilen von der Stadt eine Fabrik erbaut hatte, war misslungen.“ In Sheffield und Umgegend wurde ebenfalls eine grosse Menge Cementstahl gemacht. Jars fand die besseren Öfen denen in New- castle ähnlich, nur waren sie kleiner und weder in diesen noch in den geringeren (wahrscheinlich älteren) Öfen wurde so viel Eisen auf ein- mal eingesetzt, als in den oben beschriebenen. Die Öfen bestanden aus einem Gewölbe von Backsteinen, etwa 12 Fuss lang, 6 Fuss breit und in der Mitte 6 Fuss hoch. In denselben war nur eine Kiste . Die Feuerung, welche der Länge nach durchlief, und welche von beiden Seiten aus bedient wurde, befand sich in der Mitte unter dem Boden der Kiste. Die Feuergase traten durch je sechs Öffnungen auf beiden Seiten zwischen das Gewölbe und die Seitenwände der Kiste und umspülten dieselbe. Sie entwichen durch den darüber ge- bauten Schornstein. In diese Öfen wurden nur 4 bis 5 Tonnen auf Die Cementstahlfabrikation in England. einmal eingesetzt und wurde fünf Tage lang gefeuert. Das Besetzen der Kiste geschah wie in Newcastle. Auch hier verwendete man nur schwedisches Eisen zur Stahlbereitung, und kannte man kein anderes Eisen, was dafür zu gebrauchen war. Der Blasenstahl kam in Raffinierwerke, wo er unter leichten, schnellgehenden Hämmern gereinigt und ausgeschmiedet wurde. Das Ausheizen des Stahls ge- schah mit Steinkohlen. Dazu bemerkt Jars : „Ich habe beobachtet, dass der Stahl in diesen Hütten mit solchen Steinkohlen ausgewärmt wurde, die beinahe alle ihr Harz verloren hatten. Denn da auf dem Herde beständig ein grosses Feuer unterhalten wird, so legt man sehr sorgfältig die frischen Kohlen oben auf, so dass, ehe sie auf den Stahl kommen, sie schon ihr Harz verloren haben und der Arbeiter nimmt sich deshalb auch sehr in acht, dass, wenn er das Feuer auf- bricht, keine frische Kohlen nahe vor das Feuer fallen. Man lässt den Stahl nur hell braunrot werden, weil er, wenn man ihm zu viel Hitze gebe, leicht springen würde; deshalb schlagen auch die Hämmer sehr schnell, damit der Stahl, ohne zwei Hitzen zu erhalten, bei diesem Wärmegrade ausgereckt werden könne. Der Stahl wird so in vier- eckige Stäbe von 4 bis 5 Linien Dicke ausgeschmiedet, aber nicht in Wasser gelöscht, sondern in diesem Zustande zur Verfertigung kleiner Waren verbraucht und verkauft.“ Eine bessere Reinigung geschah durch die Schmelzung, wie oben beschrieben. Jars suchte die auf seiner Reise gewonnene Kenntnis des Stahl- brennens nach seiner Rückkehr in Frankreich zu verwerten. Zu diesem Zweck erbaute er einen Versuchsofen zu Paris in der Vor- stadt St. Antoine, in welchem er mit glücklichem Erfolg Stahl brannte. Während die Cementieröfen in England mit Steinkohlen geheizt wurden, wurden sie auf dem Kontinent, namentlich in Deutschland und Schweden, mit Holz oder Holzkohle gefeuert. Englands Stahlindustrie hatte durch die ausgedehnte Cement- stahlfabrikation bereits einen grossen Umfang und eine grosse Be- deutung erlangt und die Engländer suchten dieselbe in jeder Weise zu erhalten und zu befördern. Sie war durchaus auf künstlichem Grund aufgebaut, denn sie beruhte auf der Verwendung des vorzüglichen skandinavischen Eisens, welches auf einem weiten Wege über See herbeigeschafft werden musste. Von der Sicherheit dieses Bezugs war also diese ganze Industrie abhängig und die Engländer thaten alles, was in ihrer Macht stand, sich diesen Bezug zu erhalten. Das wichtigste Mittel war natürlich, dass sie denjenigen Werken, welche Die Cementstahlfabrikation in England. das für die Stahlfabrikation besonders geeignete Eisen fabrizierten, höhere Preise zahlten. Sie vergüteten den Hüttenwerken in und um Danemora, von denen sie dieses Eisen bezogen, grundsätzlich 15 Proc. mehr als der Normalpreis des Eisens war. Sie kauften ausserdem den betreffenden Werken die ganze Produktion ab und banden die Besitzer durch Verträge, an niemand anders als an sie ihr Eisen ab- zugeben. Dieses Eisen führte die gemeinschaftliche Bezeichnung Oregrund-Eisen, weil alle diese Hütten ihr Eisen in dem Hafen von Oregrund verschifften. Von da ging es teils nach Newcastle, haupt- sächlich aber nach Hull, namentlich das für die Sheffielder Werke. Das Oregrund-Eisen hatten die Engländer förmlich mit Beschlag belegt und wachten mit Eifersucht darüber, dass es nicht in andere Hände gelangte. Dies war der wichtigste Grund des grossen Aufschwungs und der Bedeutung der englischen Stahlfabrikation und weshalb in keinem anderen Lande die Cementstahlfabrikation zu gleicher Blüte kommen konnte. Kein anderes Land hatte ein solches Material, und La Play schreibt mit Recht den Misserfolg der vielen Versuche zur Einführung dieser Stahlfabrikation in Frankreich diesem Um- stande zu. Natürlich lag es nahe, dass die Schweden selbst die Vorteile ihres vorzüglichen Materials ausnutzten, und sind denn auch man- cherlei Versuche schon frühzeitig gemacht worden. Dass dieselben in der ersten Hälfte des Jahrhunderts keinen besonderen Erfolg hatten, geht aus Polhems Bemerkungen in seinem patriotischen Testament hervor. Ein Versuch auf der Hütte zu Akerby in Rosslagen, welche das vorzügliche -Eisen lieferte, hatte keinen Erfolg, angeblich weil der Prozess zu kostspielig war, was aber daher kam, dass man teuere englische Steinkohle als Heizmaterial verwendete. In den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts war auch auf der Eisenhütte zu Osterby, welche das beste Stabeisen — das sogenannte Zwei-Kugel-Eisen, mit der Marke o o — lieferte, ein Stahlbrennofen angelegt worden. Jars schreibt darüber: Der Ofen hat bezüglich seiner Bauart mit dem in England gebräuchlichen viel Ähnlichkeit, allein er ist nicht so vor- teilhaft wie dieser angelegt; es befinden sich drei Kisten in jedem Ofen, deren jede nur sechs Fuss lang ist und in welche zusammen 30 Schiffspfund (4800 kg) Eisen gehen. Ein Ofen hat vier Feuerungen, welche aber nur zwei englischen gleichkommen, weil der Rost nicht durch den Ofen durchgeht, sondern sich in der Mitte eine Scheide- wand befindet. Das Sonderbarste dabei ist aber, dass man die Arbeit für unmöglich hält, wenn der Ofen nicht wie in England mit Stein- Beck , Geschichte des Eisens. 19 Die Cementstahlfabrikation in England. kohlen geheizt wird. Diese verkehrte Ansicht, als welche sie Jars ganz richtig bezeichnet, macht, da der Preis der englischen Stein- kohlen ein sehr hoher ist, den Prozess kostspielig und überhaupt bis jetzt zweifelhaft. Dies Vorurteil, welches vordem allgemein in Schwe- den herrschte, deutet darauf hin, dass der Prozess dem englischen nachgemacht, von dort also nach Schweden gelangt war. Dass Reaumurs Abhandlung über die Cementstahlbereitung aber grossen Einfluss auf die schwedischen Fabrikanten gehabt hat, gestanden diese Jars gegenüber selbst ein und sie richteten sich auch in Bezug auf das Cementierpulver nach dessen Vorschlägen, obgleich sie gerade in diesem Punkte, wie Jars mit Recht bemerkt, besser den Eng- ländern gefolgt wären und wie diese nur Holzkohlenpulver genommen hätten. In diesen wie in anderen Dingen, z. B. in dem Baumaterial, waren sie noch wenig erfahren; die ganze Fabrikation war, wie Jars meint, noch im Versuchsstadium. Um das obengenannte Quantum von 30 Schiffspfund Eisen in Stahl umzuwandeln, waren sechs bis sieben Tage Brennzeit und 100 schwed. Tonnen Steinkohlen erforderlich. Der eingelegte Probestab hatte am Ende ein Öhr, so dass man ihn leicht mit einem Haken herausziehen konnte. Der Stahl wurde in einer besonderen Hütte raffiniert unter einem Hammer von etwa 100 kg Gewicht, der aber nicht so rasch ging wie die englischen Raffinierhämmer. Der Stahl wurde mit Steinkohlen erhitzt, weil man auch hierbei von dem Vorurteil befangen war, dass er beim Gebrauch von Holzkohlen schlechter werde. Er erhielt dabei eine stärkere Hitze als in England, und dass er trotzdem unter dem Hammer nicht rissig und unganz wurde, war ein Beweis für seine Güte. Er wurde in kleine Stäbe wie der kärntnische Stahl ausgeschmiedet und auch unter der falschen Bezeichnung „venetianischer Stahl“, worunter der Stahl aus Kärnten und Krain im südlichen Europa gehandelt wurde, auf den Markt gebracht. Man verkaufte ihn auch nicht anders als ge- härtet, weshalb man ihn vorher auf einem etwa drei Fuss langen Feuer glühte und ganz heiss in das Wasser warf. Obgleich Jars die Cementstahlfabrikation in Schweden unbedeutend vorkam, indem er sie jedenfalls mit der englischen, die er vorher kennen ge- lernt hatte, verglich, so geht doch aus seinen eigenen Angaben her- vor, dass der Export von schwedischem Cementstahl gar nicht so gering war. Osterby, welches allein den „venetianischen Stahl“ machte, hatte seinen Hauptabsatz nach Spanien und verkaufte den Centner zu 150 schwedischen Pfund (51 kg) für 4½ bis 5 Thaler. Jars sagt: Die Cementstahlfabrikation in England. Spanien allein soll eine ungeheure Quantität sogenannten venetiani- schen Stahls gebrauchen und der Absatz dahin würde noch grösser sein, wenn der Preis billiger gestellt werden könnte. Der übrige schwedische Cementstahl ging hauptsächlich nach Portugal und Livorno und wurde zu dem gleichen Preise wie der venetianische berechnet. Man schätzte die Produktion von demselben auf 30000 Centner, welche fast ganz ausgeführt wurde. Russland bezog davon 3000 Centner. Auch in Norwegen wurde Cementstahl gemacht, und zwar auf den grossen Silberbergwerken zu Kongsberg, allerdings nur für den eigenen Bedarf, und war das Verfahren in mancher Beziehung ab- weichend. Man stellte sich das Rohmaterial selbst her, und zwar aus den abgängigen Bergbohrern und sonstigem alten Schmiedeisen. Dieses Schrott wurde in einem Herd, wie ein Frischherd, zu einer Luppe eingeschmolzen, aus welcher man, nachdem sie unter einem grossen Hammer gezängt war, die Stäbe schmiedete. Der Ofen war von einem geschickten Arbeiter des Werkes, welcher zu diesem Zweck nach Schweden geschickt worden war, erbaut. Er hatte wie die schwe- dischen Öfen drei Kisten, welche ungefähr 7 Fuss lang, 1½ Fuss breit und 3⅓ Fuss tief waren und zwischen deren jeder verschiedene Zugöffnungen angebracht waren. Die beiden langen Seitenmauern des Ofens trugen unten mit Hilfe breiter und dicker eiserner Schie- nen, welche querüber dicht nebeneinander lagen und auf denen sich eine Plättung von Ziegelsteinen befand, die Sohle dieser Kisten. Der ganze Raum darunter war ein hohler Raum, an welchem sich zur Regulierung des Zuges eine Thür befand. Der Ofen war nicht mit einer Kuppel überbaut, sondern mit einem Tonnengewölbe, welches auf den Seitenmauern ruhte und oben verschiedene Abzuglöcher hatte, welche man mit Ziegeln zusetzen konnte. Die Besetzung der Kisten glich in sofern mehr dem englischen Verfahren, als man nur Kohlenstübbe, und zwar aus Buchenkohle, als Cementierpulver verwendete. Die Feuerung war sehr ähnlich der von Reaumur angegebenen. Der Ofen wurde mit grossen Holzkohlen, welche durch die Hilfe der Züge rund um und über die Kisten gestürzt wurden, geheizt, und man liess oberwärts nur in der Mitte eine kleine viereckige Öffnung, um das Feuer 12 bis 13 Tage, welche Zeit zum Brennen erforderlich war, zu unterhalten. Das Feuer wurde durch einen oder mehrere Züge, welche mit kurzen Holzstangen, die am Ende mit Thon beschmiert waren, mehr oder weniger geschlossen wurden, regiert. Man brauchte zu einem Brande etwa 30 Last 19* Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Holzkohlen. Bei dieser Art der Feuerung und Ofenkonstruktion gaben nur die mittleren Lagen gut cementierten Stahl. Die Stäbe wurden unter einem gewöhnlichen Reckhammer zu viereckigen Stäben ausgeschmiedet. Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts (1734 bis 1770) . Über den Zustand der Eisenindustrie um die Mitte des 18. Jahr- hunderts geben besonders die Abhandlungen von Reaumur, Mar- quis de Courtivron, Bouchu und Duhamel in den Descrip- tions des arts et métiers, die Reiseberichte von Gabriel Jars , ein Aufsatz des Grafen Johann Christian von Solms-Baruth und Calvörs Berichte über den Harz nähere Auskunft. Das Brennmaterial. Das grössere Interesse, welches man der Hüttenkunde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zuzuwenden begann, der zuneh- mende Holzmangel und die bessere Erkenntnis der wirtschaftlichen Bedeutung des Holzes und der Waldungen gaben Veranlassung, dass auch der Holzverkohlung grössere Aufmerksamkeit zugewendet und dieselbe ebenfalls in den Kreis wissenschaftlicher Untersuchungen gezogen wurde. 1740 veröffentlichte der schwedische Mineraloge Magnus Wallner eine Abhandlung über die Köhlerei in Schweden Magni Wallneri Diss. de arte carbonaria in patria. Upsal. 1740. — Er- schien 1746 in schwedischer Sprache als „Afhandling om Kolare-Konsten i Sverige.“ . Die meiste Anerkennung und Verbreitung fand aber die in den Des- criptions des arts et métiers von der französischen Akademie der Wissenschaften veröffentlichte Schrift von Duhamel du Monceau , L’art du Charbonnier 1761 Deutsch in v. Justis Schauplatz der Künste und Handwerke, Bd. I. — 1771 erschienen Additions et corrections relatives à l’art du charbonnier par M. Duhamel du Monceau , welche in den Descriptions des arts et métiers, ed. W. Bertrand Bd. I und II abgedruckt sind; deutsch im Schauplatz der Künste, Bd. X, S. 239. Von älteren deutschen Schriften über diesen Gegenstand sind zu erwähnen: Scopoli , Abhandlung vom Kohlenbrennen, Bern 1771; neue Auflage 1802 und C. E. Bornemanns Versuch einer systematischen Abhandlung von den Kohlen. Göttingen 1776. . Es ist eine vortreffliche Schrift, in Das Brennmaterial. welcher die Grundsätze der Holzverkohlung klar und praktisch aus- einandergesetzt sind. Die Verkohlung geschah allgemein in Meilern , welche gegen- über den von Biringuccio beschriebenen nur den Fortschritt zeigen dass sie grösser waren und sorgfältiger gesetzt wurden. Die Arbeit begann mit dem Einebnen der Meilerstelle, welche der Sicherheit des Waldes wegen von dem Forstbeamten be- stimmt wurde. In der Mitte (Fig. 47 a ) wurde alsdann der Mast- baum (mât) oder Quandelpfahl errichtet. Um diesen die ersten, Hölzer, aufrechtstehend, in etwas dem Pfahl zugeneigter Stellung, indem sie mit ihren Köpfen gegen denselben anlehnen, gestellt. Fig. 47. Um diesen ersten Ring setzt man den zweiten, dritten u. s. w., bis die ganze untere Lage, die aus den längsten und stärksten Hölzern besteht, einen Durchmesser von 5 bis 6 Fuss hat. An einer Stelle am Boden lässt man einen Kanal offen, indem man einen Rundbaum b einlegt, den man später auszieht. Dieser Kanal, der bis zu dem Quandelpfahl geht, bildet die Zündgasse. Nach- dem der innere Ring der untersten Lage gesetzt ist, beginnt der Köhler mit dem Aufsetzen der zweiten Lage, was auf dieselbe Art vom Boden aus geschehen kann, und entsprechend mit dem Fort- schritt der zweiten Lage, setzt er die erste weiter, bis der vorge- schriebene Umkreis des Meilers erreicht ist. Um die beiden oberen Lagen zu setzen, muss er bei grossen Meilern auf dieselben steigen. Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. (Fig. 47). Dadurch, dass die Hölzer jeder folgenden Lage von geringerem Durchmesser etwas mehr geneigt sind, bekommt der Meiler seine haubenförmige Gestalt. Die gewöhnlichen kleineren Meiler fassten 5 bis 10 Klafter (corde) Corde war ein Holzmass von 8 Fuss Länge und 4 Fuss Höhe, dessen Breite aber je nach der Länge der Holzstücke verschieden war. Da dieselben zum Ver- kohlen in der Regel auf 2 bis 3 Fuss Länge geschnitten wurden, so schwankte ein Faden oder Klafter Kohlholz von 64 bis 96 Kubikfuss. Holz, während die grossen Meiler für die Eisenhütten bis zu 50 Klafter Holz fassten. Grosse Meiler sind viel vorteilhafter als kleine, indem der Abbrand bei ersteren nicht viel grösser ist als bei kleinen. Bei Meilern von 10 Klafter schätzte man den Verlust durch Abbrand einschliesslich des Reisigholzes in der Zündgasse auf den fünften Teil (20 Proz.), bei Meilern von 50 Klafter aber war er viel geringer. Nun macht man die Decke des Meilers aus Erde und Asche Man wendet dazu die Erde an, die man in der unmittelbaren Nähe Fig. 48. des Meilers gräbt, vorausgesetzt, dass sie nicht sandig oder steinig ist. Der Köhler schlägt sie mit der Rückseite der Schaufel fest (Fig. 48); um besser zu halten, muss sie etwas feucht sein. Man bedeckt auf diese Weise den ganzen Meiler 3 bis 4 Zoll dick, mit Ausnahme einer Öffnung an der Spitze von etwa ½ Fuss Durch- messer, um hieraus den ersten Rauch entweichen zu lassen. Da wo man Meiler ohne Zündgasse anlegt und von oben anzündet, lässt man ringsum am Boden den Meiler einen halben Fuss hoch unbedeckt, und erst wenn er ordentlich in Brand geraten ist, bedeckt man auch den Fuss des Meilers. An manchen Plätzen bediente man sich des Laubes statt der Erde als Deckmaterial. In Deutschland nahm man Das Brennmaterial. fast allgemein ausgestochenen Rasen dazu, welcher die besten Decken giebt. Man schreitet nun zum Anzünden des Meilers, was bei den be- schriebenen durch die Zündgasse geschieht, durch welche das Feuer nach dem Quandel, den man mit kleinem, trockenem Holz umgeben hat, geleitet wird. Der Zug geht am Quandel in die Höhe und oben strömt dicker, weisser Rauch aus. Dieses Centralfeuer erhitzt das Holz des Meilers nach allen Seiten hin. An der Menge, dem Aus- sehen des Rauches und einem geringen Einsinken an der Spitze er- kennt der Köhler, ob der Meiler in der Mitte gehörig durchgebrannt ist, was gewöhnlich nach 10 bis 15 Stunden eintritt. Alsdann ver- schliesst er die obere Öffnung in der Decke und die Zündgasse am Boden. Die Glut im Inneren verbreitet sich nun durch den ganzen Meiler, infolge dessen fängt die Decke an zu schwitzen. Dass diese Ausbreitung der Hitze nach allen Seiten hin geschieht, ist nun die Hauptsorge des Köhlers. Er trägt dazu bei, indem er da, wo die Hitze am schwächsten ist, Löcher mit dem Schippenstiel in die Decke stösst. Diese bilden kleine Essen, nach denen sich das Feuer hin- zieht. Dies wird bei regelmässigem Verlauf zuerst am äusseren Rande am Boden, der von dem Mittelpunkte der Verbrennung am weitesten entfernt ist, nötig sein. Dort stösst man ringsum eine Anzahl Löcher. Entstehen während des Brennens Risse und Einsenkungen in der Decke, so muss der Köhler immer rasch bei der Hand sein, um dieselben durch Auftragen und Schlagen von neuem Deckmaterial wieder zu schliessen. Auf diese Weise regiert der Köhler durch Öffnen und Decken die Hitze in seinem Meiler, der, wenn die Verkohlung richtig voranschreitet, gleichmässig einsinkt. Ist der Meiler an einer Stelle genügend durch- gebrannt, so schliesst der Köhler die Öffnung daselbst. Als Kenn- zeichen dient ihm hauptsächlich das Aussehen des Rauches, der den Öffnungen entströmt. Seine Kun st besteht darin, das Holz richtig durchbrennen zu lassen, ohne es zu verbrennen. Viele Zufälligkeiten haben darauf Einfluss, z. B. der Wind, den man, wenn er zu stark bläst, durch vorgesetzte Schirme aus geflochtenen Horden abhält. Ein kleiner Meiler brennt 3 bis 4 Tage, ein grosser 6 bis 7 Tage. Der Meiler sinkt durch das Brennen etwa um die Hälfte ein; nach- dem er vollständig abgekühlt ist, fängt man an einem Punkte mit dem Ziehen der Kohlen an. Für die Hüttenwerke war die Wahl des Holzes und der Kohlen von Wichtigkeit. Man machte Kohlen aus harten und aus weichen Hölzern. Von ersteren kamen besonders Eichen und Buchen, von Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. letzteren Fichten in Betracht. Erstere gaben mehr Hitze, von letz- teren glaubte man, dass sie dem Eisen mehr Geschmeidigkeit bei- brächten. Gewachsenes Rundholz zog man dem gerissenen Stamm- holz vor. Am besten war das Holz von 18 bis 20jährigen Schlägen, in Stangen von 6 bis 12 Zoll im Umfang. Dieses Holz wurde zum Verkohlen in Stöcke von 2 bis 3 Fuss Länge zerhauen. Gute Holzkohle sollte leicht, klingend und von grossen glänzen- den Stücken sein, die sich leicht zerbrechen liessen. Im Hochofen verwendete man nur grosse Kohlen. Die Köhlerei war ein wichtiger Teil der Waldwirtschaft und der Kohlenbezug eine Existenzfrage der Eisenhüttenwerke. Ein fran- zösischer Hüttenmeister Robert hatte schon früher die Behauptung aufgestellt, dass ein Hochofen mehr Holz verbrauche als zwei kleinere Städte, und Duhamel stellte folgende Berechnung an. Ein Hoch- ofen verzehrte täglich 8 Fuder (bannes) Kohlen. Zu einem Fuder Kohlen waren 4 Klafter (cordes) Holz nötig. Folglich verzehrte ein Ofen täglich 32 Klafter, oder im Jahre 11680 Klafter Holz. Ein Morgen Wald in Schlage von 20 Jahren eingeteilt, giebt auf den Schlag nicht mehr als ungefähr 36 Klafter Holz. Ein Hochofen ver- brauchte also die ganze Produktion von 324 Morgen forstmännisch betriebenem Wald, wobei eine Tagesproduktion von 2000 kg Roheisen angenommen war Dangenoust hat in dem von Duhamel später herausgegebenen Nach- trag diese Berechnung geprüft. Er fand bei Öfen von 1500 kg Tagesproduktion 6570 Klafter Holzverbrauch. . Kein Wunder, dass, wo die Eisenindustrie sich ausdehnte, Holz- mangel entstand. In vielen Gegenden, besonders in England und den Niederlanden, war man gezwungen, entweder die Eisenindustrie zu Grunde gehen zu lassen, oder Ersatzmittel für die Holzkohle zu finden. Solche Ersatzmittel boten sich im Torf und in der Steinkohle dar. Der Torf gab in seinem natürlichen Zustande als Stechtorf zu wenig Hitze aus, dagegen war er in gekohltem Zu- stande verwendbar. Die Steinkohle bewährte sich im Schmiedefeuer vortrefflich, da sie eine viel raschere Hitze gab als Holzkohle. Im Frischherd und im Hochofen war sie in rohem Zustande nicht zu gebrauchen. Aber man hatte gelernt, auch die Steinkohle ähnlich wie das Holz zu verkohlen, oder wie man es später nannte zu ver- koken. In England machte man bereits im 17. Jahrhundert Versuche, Torf zu verkohlen und in der Eisenindustrie zu verwenden. Fast Das Brennmaterial. in allen Patenten, welche für die Verwendung der Steinkohle bei der Eisenbereitung genommen wurden, wird der Torf neben der Stein- kohle genannt. So nahmen z. B. schon 1630 Edw. Ball, Edm. Laselles, Rob. Hampton und William Auley in Patent, Torf (peat or turf) in Kohle zu verwandeln und damit Eisen, Blei und Zinn zu machen und für andere Zwecke, ohne dabei Holz, Holzkohlen oder Steinkohlen zu benutzen. Edward Jorden erhielt am 17. Dezbr. 1632 ein Patent, Eisen, Zinn, Blei und Kupfererze mit Steinkohle und Torf zu schmelzen; ebenso 12. Dezbr. 1637 Sir Philibert Vernatt Schmiedeeisen mit Stein- kohlen oder Torf zu machen, und am 2. Mai 1638 Sir George Horsey, David Ramsey, Roger Foulke und Dudd Dudley Eisen zu machen mit Steinkohlen oder Torf (with sea or pitt coale, peate, or turffe). Des- gleichen 30. Mai 1673 Sir Nicholas Slanning für Schmelzen, Giessen, Frischen und Schmieden von Eisen und anderen Metallen mit ver- kohltem Torf (with turffe and peate charred). Johann Joachim Becher schreibt in seiner „Närrischen Weisheit und weisen Narrheit“ 1683, 12. Bd., S. 91: „In Holland hat man Turf und in England Steinkohlen, beyde tauchen nicht viel zum Brande, weder in Zimmern noch zum Schmelzen. Ich habe aber einen Weg gefunden, dass sie nicht allein nicht mehr rauchen und stinken, sondern mit den Flammen davon so stark zu schmelzen, als mit dem Holze selbst, und so eine grosse Extension der Feuerflammen, dass ein Schuh solcher Kohlen zehn Schuh lange Flammen machen. Das habe ich im Harz demonstriert mit Turf und hier in England bei dem Herrn Boyle mit Steinkohlen, auch in Windsor damit in grosso abgetrieben.“ Am 9. Febr. 1727 erhielt William Fallowfield ein Patent, Eisen- erz zu Roheisen zu schmelzen, mit einem anderen Brennmaterial als dem seither gebräuchlichen und dasselbe anzuwenden zum Frischen und Ausschmieden des Roheisens in Stäbe. Das Brennmaterial war verkohlter Torf (charred peat or turf) gemischt mit einer geringen Menge Holzkohlen. Erfolg scheinen diese Versuche aber nicht gehabt zu haben, wenigstens ist nichts darüber bekannt. In Deutschland machte man im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts ebenfalls Versuche, Holzkohle zum Teil durch Torfkohlen zu ersetzen, und zwar, wie berichtet wird, mit Erfolg. Justi schreibt in einer Anmerkung in seiner Übersetzung des Artikels der Descriptions: Über die Kunst des Kohlenbrennens“ Schauplatz der Künste und Handwerke, Bd. I, S. 30. : Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. „Der Herr Duhamel gedenket in dieser ganzen Abhandlung nichts von der Art und Weise den Torf zu verkohlen, welches doch eine der nützlichsten Erfindungen unseres Jahrhunderts ist; indem die Torfkohlen nicht allein zu allen Endzwecken angewendet werden können, wie die Holzkohlen, sondern auch zum Eisenschmelzen dienlich sind und sogar etwas beitragen, mehr Eisen aus den Minern aus- zubringen, als sie an sich selbst mit Holzkohlen geben würden, ohne dass das Eisen dadurch spröde wird. Diese Erfindung ist schon seit 40 Jahren in Deutschland gemacht worden (also um 1720). Man hat insonderheit in Sachsen die getrockneten Torfstücke in eben- solchen Meilern verkohlt, wie das Holz; nur mit dem Unterschiede, dass man die Torfmeiler nicht so hoch gesetzt, und nachdem man einen leeren Raum um den Mast herum gemacht, zwischen jedem Umkreise von Torfstücken um den Mast herum zur Formierung des Bettes einen starken Zoll breit Raum gelassen hat. Allein seit unge- fähr 16 Jahren (um 1744) hat man zur Verkohlung des Torfes be- sondere Öfen erfunden, die viel bequemer sind und die Arbeit sehr erleichtern, sowohl als die Kohlen verbessern.“ Diese Erfindung ist meines Wissens in der Grafschaft Wernige- rode gemacht worden. Das Verkohlen geschieht in runden eisernen Öfen, die auf einem viereckigen starken Gemäuer ruhen. Ein solcher eiserner Ofen hat drei Sätze, die aufeinander gesetzt werden, davon die oberen Sätze immer kleiner sind als die unteren. Der oberste und kleinste Satz hat oben eine Öffnung, wodurch der Torf hinein- gethan werden kann und die man nach Gefallen mit einer Thür ver- schliesst. Der untere eiserne Satz hat oben einen Rost, worauf die Torfstücke zu liegen kommen; und die vier steinernen Grundmauern haben ebenfalls eine eiserne Thür, die verschlossen werden kann. Wenn man den Torf verkohlen will, so wird auf dem Rost mit wenig dürrem Holze Feuer angemacht und die Torfstücke werden von oben schichtweise darauf gelegt. Sieht man, dass der Torf genugsam Feuer gefangen hat, so wird die untere Thür in dem steinernen Gemäuer verschlossen und sorgfältig mit Lehm zugeschmiert. Zugleich legt man den Ofen mit Torfstücken voll, und wenn man findet, dass der ganze Haufen fast bis oben glüht, so wird auch die obere Thür zu- geschlossen und verschmiert. Bald darauf verschmiert man auch alle übrigen Fugen und Ritzen und in zwölf Stunden wird der leichte Torf, in ungefähr 24 Stunden aber der feste Torf sehr wohl verkohlt sein. Wenn man sechs bis acht solche Öfen hat und die Arbeit nach einer gewissen Ordnung und Abwechselung darinnen vornimmt, so Das Brennmaterial. stehen die Arbeiter in beständiger Beschäftigung und es kann eine sehr grosse Menge Torfkohlen genommen werden. Eine Hauptsache ist, dass der Torf vorher sehr wohl getrocknet wird. Über diese Torfverkohlung giebt Bornemann in seiner „Ab- handlung von den Kohlen“ 1774 nähere Nachrichten. Danach hätte Oberberghauptmann von Carlowitz in Sachsen die Torfverkohlung im Anfang des Jahrhunderts erfunden und eingeführt. Sein Verfahren war aber die Verkohlung in Meilern und er hat dasselbe in seiner Sylvicultura Oeconomica näher beschrieben. Nach seinem Tode ging die Sache wieder ein. Später habe dann Graf Christian Ernst von Wernigerode und ein Herr von Lange das Verfahren verbessert und es um die Mitte des Jahrhunderts auf die Höhe gebracht, auf der es jetzt (1774) stehe. Bornemann giebt eine genauere Schilderung und Zeichnung der oben beschriebenen eisernen Verkohlungsöfen, auf die wir verweisen. Er erwähnt, dass die Meilerverkohlung deshalb bei Torf nicht gut verwendbar sei, weil die Torfkohle durchaus kein Wasser vertrage und deshalb das Löschen sehr schwierig sei. In den Öfen erfolgte das Löschen, wie auch aus Justis Beschreibung hervorgeht, durch vollkommenen Luftabschluss. Ebenso betont er, wie Justi , dass der Torf vor dem Einsetzen gut getrocknet werden müsse. Zu diesem Zwecke habe man auf dem gräflich wernigerodischen Werke sehr grosse, fünf Stockwerke hohe Trockenhäuser gebaut. Dieselben seien mit Brettern beschlagen, welche immer je drei Fuss voneinander abständen. Nach diesem Verfahren wurde damals schon länger als 20 Jahre der Torf in der Umgebung des Brockens verkohlt, und dasselbe Verfahren war nach Bornemanns Angabe im Wittgensteinschen eingeführt worden. Kammerrat Cramer hatte gefunden, dass sich das Ausbringen von Eisen bei der Verschmelzung mit Torfkohle vermehre, infolge des Eisengehaltes des Torfes. Man verwendete die Torfkohle gemischt mit Holzkohle. In Schweden solle man aber auch nur mit Torf gutes Eisen machen. Von älteren Schmelzversuchen mit Torf erwähnen wir noch die 1765 auf der Eisenhütte zu Röhrenbach im Salzburgischen gemachten. Man verwendete rohen Torf. Ein Versuch mit reinem Torf gab nur verbrannte Eisenschlacke. Zusätze zu Holzkohlen von ½ bis ⅓ und ⅙ gaben nur schlechtes, sprödes Eisen. Bei 1/7 Zusatz erhielt man weisses, strahliges Eisen. Man gab die Versuche auf. Nur wenn sich Ansätze oder Hurten im Ofen gebildet hatten, soll ein geringer Torf- zusatz sich als vorteilhaft erwiesen haben Molls Jahrbuch für Berg- und Hüttenkunde, Bd. IV, 2. Teil. . Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. 1771 und 1772 machte die Gewerkschaft zu Hammerau Frisch- versuche mit Torfkohle. Über die in den beiden letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts gemachten Versuche über die Verwendung von Torf und Torfkohle an Stelle von Holz und Holzkohle werden wir später berichten. Von den früheren Versuchen, Steinkohle zu verkohlen , haben wir bei der Schilderung von Dud Dudleys erfolgreichen Bemühungen, Eisenerze mit Steinkohlen im Hochofen zu schmelzen, schon mehreres berichtet (Bd II, S. 1269). Wir wollen, ehe wir auf die weitere Entwickelung der Verkokung eingehen, eine Zusammenstellung bemerkenswerter Nachrichten über Steinkohlen seit Anfang des 16. Jahrhunderts vorausschicken. Im Wurmrevier bei Aachen ging man um diese Zeit zum Tief- bau über. Ausser der gewöhnlichen Haspel bediente man sich der Pferdegöpel, deren Erfindung man in das Jahr 1504 setzt. Aus dem Jahre 1532 stammt die erste schriftliche Steinkohlenordnung für Zwickau, obgleich der Bergbau daselbst bis in den Anfang des 15. Jahrhunderts zurückgeht und jedenfalls schon früher bergrechtliche und polizeiliche Bestimmungen bestanden. In jener Zeit hatte aber der Kohlenbergbau noch keine grosse Bedeutung, da das Klafter Holz nur sechs bis sieben Groschen kostete. Der älteste regelmässige Berg- bau war in Planitz. Die erwähnte erste Kohlenordnung wurde vom Stift Grünhain und dem Ritter von der Planitz erlassen. Dieser folgte 1552 die erste churfürstlich sächsische Steinkohlenordnung. 1545 ging Eisen von den badischen Hüttenwerken nach Köln und Berg, dafür kamen Steinkohlen zurück, welche wie Holz verzollt wurden Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Bd. XII, S. 186. . Sebastian Münster meldet in seiner Kosmographey (1550), man habe in den letzten Jahren in Wallis ein Bergwerk, auf ein Mineral, so man Kohlstein nennt, gefunden. Diesen Stein brauche man zum Kalkbrennen wie zu Aachen und Lüttich. Er brenne bis zur Asche und gäbe viel Hitze. Etliche brauchten ihn, um die Stuben zu heizen. In dem Niederland und Aachen koche man die Speisen damit. Sie fänden sich im Bremisthal gegen Sitten über am Wasser unter den grossen Felsen. Für den Lütticher Steinkohlenbergbau wurden im 16. Jahrhundert verschiedene Gesetze erlassen, so am 21. Juni 1571 ein Privilegium Kaiser Maximilians II. für das Bistum Lüttich. Das Brennmaterial. Am 22. Dezbr. 1582: Edit touchant la manière de conquérir les mineraux extans dans le fond d’autruy. Caesalpinus erwähnt 1596, dass man zu Lüttich die Steinkohlen zur Eisenbereitung verwende. Guicciardini sagt, man könne den übeln Geruch der Steinkohlen durch Einwerfen von Salz vertreiben. 1616 wurde im Wurmrevier das erste von einem Wasserrade getriebene Pumpwerk bei dem Dorfe Manbach im Wurmthal oberhalb Herzogenrat auf einer Kohlengrube der früheren Abtei Klosterrat auf- gestellt. In einem alten Buche über Steinkohlen, Sylva Subterranea oder Vortreffliche Nutzbarkeit des unterirdischen Waldes der Steinkohlen von Joh. Phil. Bünting, Halle 1693, finden sich noch allerhand Curiosa. Der Verfasser berichtet, es gäbe zweierlei Meinungen über den Ursprung der Steinkohlen: 1. dass die Steinkohlen nach Erschaffung der Welt durch Kraft der Natur und Macht der Erde generiert und entstanden wären; 2. dass sie gleich anderer Kreatur mit dem Anfang der Welt erschaffen. Die erstere Ansicht sei ketzerisch und gänzlich zu verwerfen. Zwei Stellen der heiligen Schrift bringt Bünting direkt mit den Steinkohlen in Verbindung, nämlich Jesaias Kap. 60, V. 17: „Er wird Erz anstatt Holzes bringen“, wo Erz = terra bituminosa, Steinkohle, sei und Hiob Kap. 28: „Man bringet auch Feuer unten aus der Erde, da doch oben Speise aufwächset“, wo Feuer = materia inflammabilis vel combustibilis sei. Viele hielten auch die Steinkohlen für nutrimenta et excrementa metallorum, weil oft Erz mitbricht. Der Verfasser ist der Ansicht, dass die Steinkohlen mit der Welt erschaffen, aber mit besonderem Samen zu ihrer Fortpflanzung und Wachstum begabt seien. Er erzählt, Luther habe prophezeit, dass vor dem jüngsten Tage an drei Dingen Mangel sein werde: 1. an guten, aufrichtigen Freunden; 2. an tüchtiger, wichtiger Münz; 3. an wilden Holzungen. Dies sei Alles jetzt eingetroffen. Vielleicht könnten aber die Sylva subterranea noch helfen. Libavius sage (I. Singul. P. 3, c. q. p. 1045), die Steinkohlen sind gegrabene, schwarze und harzige oder Pechkohlen, hart wie Steine und sehr schwefelig, gar leichtlich aber anzubrennen, daher sie auch zum Einheizen und zu den Schmiedearbeiten sehr bequem und dienlich sind. Agricola sei der Meinung, dass die Steinkohlen ein fetter, harzigter mit einer schwefligen Materie vermischter Safft sei, der also in der Erde ver- härtet und zum Steine geworden sei. Cardanus sagte: Engelland ist so voll von schwarzem Judenpech, welches man bitumen nennt, dass man allda die Steine und Erde damit brennet. Encelius melde in Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. libr. de lithantraco (1557), dass die Kohlen von Newcastle nicht bloss nach England und Schottland, sondern auch nach Holland, Dänemark und Hamburg zu verschiedenem Gebrauch verführt werden. Kentmannus unterscheide 1. Bitumen Bohemicum, böhmische Kohle; 2. Carbones bithuminosi et fossiles non procul Dresdae, weiche Steinkohle; 3. Bituminosi cum pyrite aluminoso effosi, Steinkohlen mit Alaun; 4. Bituminosi duri fossiles, gute Steinkohle, Pechkohle; 5. Bi- tuminosi molles friabiles und 6. Steinkohle mit weissem Fluss. Er sagt, an denjenigen Orten, an denen Holz teuer ist, gebrauche man Steinkohlen zum Einheizen. Der Verfasser beschreibt dann einen Steinkohlen-Stubenofen mit hohlem Untersatz und einem Rost aus schmiedeeisernen Stäben, wie ein Bratrost. Er empfiehlt das An- feuchten der Kohlen und rühmt die Steinkohlen als Stubenbrand. Arme Leute könnten sich statt des eisernen Rostes eines Rostes von Ziegelsteinen bedienen. Sehr vorteilhaft sei das Nachlegen von ovalen Klumpen, die ¼ Elle lang und ½ Elle dick, aus 2 Teilen kleiner Kohlen, 1 Teil Steinkohlenasche und 1 Teil Lehm hergestellt und getrocknet seien. Mit zwei bis drei Metzen könne man den ganzen Tag über eine Stube damit warm halten. Das Mischen der Stein- kohlen mit Lehm sei lütticher und brabanter Art. Bezüglich der Verwendung in den Eisenschmieden bemerkt er, Agricola habe schon gesagt, dass ein Schmied mit einem Scheffel Steinkohlen mehr verschmieden könne, als mit fünf Scheffel Holz- kohlen, was auch Libavius bekräftige und von den Zwickauer Stein- kohlen melde, dass die Schmiede durch das ganze Meissner Land die- selben zu ihrer Arbeit gebrauchten. Die Steinkohlen gewährten hierbei wohl grosse Ersparnis, erforderten aber auch grössere Aufmerksamkeit. Man müsse sie gut nässen, sonst würden sie durch den Schornstein geblasen. Man verwendete sie ausserdem in Backöfen, zum Bierbrauen, Kalkbrennen, Salzsieden u. s. w. Zum Erzschmelzen aber tauchten sie nichts. In Newcastle seien sie so geschätzt, dass ein Bettler lieber ein Stück Steinkohle nehme als ein Stück Brot. In Newcastle kosteten 1536 die Steinkohlen 2 Schilling 6 Pfg. das Cauldron Alter Name für Chaldron. , in London 5 Schilling. — 1590 vereinigten sich die Gewerke in Newcastle zu einer künstlichen Teuerung (der erste Kohlenring!), infolge dessen stieg der Preis auf 9 Schilling das Cauldron. 1615 beschäftigte der Newcastler Steinkohlenhandel 400 Segel- schiffe, davon dienten 200 für den Bedarf der Stadt London, 290 für Das Brennmaterial. das übrige England. Ausserdem waren viele fremde Schiffe an dem Kohlenhandel beteiligt, so von Frankreich 55 Schiffe, die bis nach la Rochelle und Bordeaux gingen; ferner Schiffe aus Hamburg, Bremen, Emden, Holland und Seeland. 1627 entstand in London Kohlennot infolge des Krieges im Norden. Karl I. legte einen Zoll von 6 Pfg. auf jedes Cauldron. 1634 betrug der Zoll nur 4 Pfg. für die Exportkohlen. 1637 monopolisierte der König den Steinkohlenhandel und über- trug Sir Thomas Tempest und andern den Verkauf für 21 Jahre. Schon im folgenden Jahre erhielt eine andere Gesellschaft das Privileg, Thomas Horth und Genossen. Sie mussten dem König einen Schilling von jedem Cauldron bezahlen und durften deshalb in London im Sommer nicht über 17 Schilling, im Winter nicht über 19 Schilling verkaufen. 1655 kostete das Cauldron aber 20 Schilling. Damals waren zu Newcastle 320 Schiffe und Lichter, von denen jedes 800 Chaldrons fasste nach Newcastler Mass. 136 Chaldrons Newcastler Mass waren aber gleich 217 Chaldrons Londoner Mass. 1676 war der Kohlenbrand schon sehr allgemein geworden. Es wurden in Newcastle 80000 Tonnen verschifft, das vierfache gegen 1636. Von den vielen Versuchen, die Steinkohlen in der Eisenindustrie zu verwenden, haben wir zum Teil schon berichtet. Bereits im Jahre 1589 gewährte Königin Elisabeth Robert S. Galleway , A History of Coal-Mining in Great-Britain 1882, Seite 39. an Thomas Procter und William Peterson ein Patent, Eisen und Stahl zu machen und Blei zu schmelzen mit Steinkohlen und Torf (with earth coal, sea coal, turf and peat). Aber die Unternehmer machten schlechte Geschäfte. In diesem Patent war aber schon eine deutliche Anspielung auf einen vorbereitenden Prozess (coking oder cooking) des Brenn- materials. Cooked peat, also Torfkohle, war der Brennstoff, mit dem die Obigen zwei Tonnen hergestellt hatten. 1590 erhielt der Dekan von York eine Licenz, Steinkohle zu reinigen und sie von ihrem widrigen Geruch zu befreien. Über den Erfolg ist aber nichts bekannt. 1607 bekam Robert Chantrell ein Patent für das Herstellen und Schmieden von Eisen und Stahl mit Steinkohle und Torf. Nun folgten die bekannten Patente von Sturtevant, Rovenzon und Dudley. Auch die übrigen Patente aus dem 17. Jahrhundert, welche sich auf Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. die Gewinnung des Eisens mit Steinkohle beziehen, haben wir bereits erwähnt. Sie enthalten keine nähere Angabe über die Vorbereitung der Steinkohle für ihre Verwendung im Hochofen. Es wurde aber bereits nachgewiesen, dass diese Vorbereitung, die Verkokung der Steinkohle jedenfalls das wichtigste Geheimnis Dud Dudleys, dem es gelang, Eisen mit Steinkohle im Hochofen zu schmelzen, war. Die Frage der Verkokung beschäftigte die Techniker des 17. Jahrhunderts andauernd. Aus Plots Geschichte von Staffordshire erfahren wir, dass dort gegen Ende des Jahrhunderts die Verkohlung der Stein- kohle in Meilern bereits in Übung stand. Von den Patenten des 17. Jahrhunderts heben wir besonders noch zwei hervor, weil die- selben sich nur auf die Verkokung beziehen. Das eine wurde bereits im Jahre 1632 an Sir Abraham Williams, John Gaspar van Wolfen, Edward Hanchett, Amadis van Wolfen, Walter Williams, Henry Reignolds, John Browne und Gaspar Fredericke van Wolfen erteilt, „für ein neues Verfahren der Verkohlung von Steinkohle (Charking of Seacole) und jeder Art Erdkohle und für die Aufbereitung und Zurichtung derselben, um sie geeignet zu machen, Eisen und andere Metalle zu schmelzen, sowie für jede Art von Verwendung noch über die hinaus, die sie bis jetzt gefunden hatte. — Eine Beschreibung des Ver- fahrens ist nicht mitgeteilt, nur ist in dem Patent (Letters Patent, Nr. 65) gesagt, dass den Patentinhabern auch das Recht zustehen solle, auf fremdem Grund und Boden Öfen oder andere Gefässe zu errichten (and further agreeing with the tennants and occupiers of the soyle to sett opp in any place or places with in our domynions any house or houses, furnace or furnaces, vessel or vessels , or any other ymplements whatsoever fitt and necessary for the putting in practice of the said mistery), woraus sich vermuten lässt, dass ihr Verfahren in geschlossenen Öfen oder Gefässen ausgeführt wurde. Von grossem Interesse ist auch das andere Patent, welches der deutsche Gelehrte Becher , der mit Prinz Rupprecht von der Pfalz, dem Enkel Jakobs I., in naher Beziehung stand, erhielt, obgleich dessen Hauptzweck die Gewinnung der Destillationsprodukte der Steinkohlen, Teer und Teeröle, war. Dieser Teer wurde bei der königlichen Marine, an deren Spitze Prinz Ruppert damals stand, an- gewendet. In seiner „Närrischen Weisheit“ schreibt Becher darüber Närrische Weisheit und weise Narrheit, Frankfurt 1683, S. 91. : Das Brennmaterial. „Bey dieser Occasion ist auch merkwürdig, dass gleich wie die Schweden ihren Teer aus Kiefernholz machen, also habe ich hier in England aus Steinkohlen Teer gemacht, welcher dem Schwedischen in Allem gleicht stehet und noch in etlichen Operationen darüber ist. Ich habe die Probe davon gemacht, sowohl auf Holz als auf Stricke und ist diese gut befunden worden, gestattete auch der König eine Probe davon zu sehen, welches für die Englischen eine grosse Sache ist und die Kohlen, wenn der Teer daraus gegangen ist, sogar besser zum Gebrauch als vorhin.“ Von den trefflichen Eigenschaften dieser zurückbleibenden Kohlen spricht er noch an einer andern Stelle a. a. O., S. 67. : „Ich habe einen Weg gefunden, nicht allein beyde Sorten (Steinkohlen und Torf) zu guten Kohlen zu brennen, die nicht mehr rauchen noch stinken, sondern mit den Flammen davon so stark zu schmelzen, dass ein Schuh solcher Kohlen 10 Schuhe lange Flammen machen“ . . . . Zu praktischer Bedeutung kam die Steinkohlenverkokung durch die Darbys , denen es gelang, mit Koks Roheisen zu erzeugen. Sie bedienten sich der Haufenverkohlung. Nachdem Darby die Aus- führbarkeit und Zweckmässigkeit des Hochofenbetriebes mit Koks bewiesen hatte und dies anerkannt war, entstanden in den verschiedenen Teilen Englands Kokshochöfen und die Steinkohlenverkohlung kam in grosse Aufnahme. Die Kunde dieses Erfolges, welcher der erste grosse Schritt für die Herrschaft der englischen Steinkohlen-Eisenindustrie war, drang ins Ausland und Jars wurde von der französischen Regierung haupt- sächlich nach England geschickt, um die Gewinnung und Verwen- dung der Steinkohlen zu studieren. Die Beschreibung des englischen Steinkohlenbergbaues bildet denn auch den hauptsächlichen Teil seines Berichtes über seine englische Reise und er hat darin die verschiedenen Arten der Koksfabrikation, welche er kennen gelernt hat, beschrieben. Die Koks für die Hochöfen wurden meist bei denselben in Meilern bereitet. Man verfuhr dabei ganz ähnlich wie bei der Holzverkohlung. Zu Clifton Furnace richtete man runde Meilerstätten von 10 bis 12 Fuss im Durchmesser zu; auf diesen wurden Stückkohlen derart aufgesetzt, dass die Luft durch den ganzen Haufen zirkulieren konnte. Ein solcher Meiler hatte die Gestalt eines Kegels, dessen Höhe von der Spitze an bis auf die Grundfläche ungefähr 5 Fuss betrug. Wenn Beck , Geschichte des Eisens. 20 Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. nun die Kohlen auf die vorbeschriebene Art aufgesetzt waren, so wurden auf die Spitze etliche glühende Kohlen gelegt und der Meiler alsdann mit Stroh, darüber mit Erde und Kohlengrus beschüttet, der- gestalt, dass die Erde eine Decke von 1 Zoll Dicke über das Ganze bildete. Es standen immer viele dergleichen Meiler im Feuer, bei denen nur zwei Mann arbeiteten, einer des Tages, der andere des Nachts, und welche besonders darauf achten mussten, von welcher Seite der Wind kam. Wenn während der Arbeit Risse oder Löcher in dem Meiler ent- standen, so mussten sie dieselben, damit die fertigen Koks nicht ver- brannten, sogleich zustopfen. Die Koks von Clifton Furnace sahen denen von Carron nicht ähnlich und waren sehr locker. Die Verkokung der Steinkohlen geschah zu Carron ebenfalls in Meilern, die aber viel niedriger waren. Das runde Bett der Meiler- stätte auf der blossen Erde hatte 10 bis 15 Fuss im Durchmesser. Daneben lag immer eine Mischung aus Kohlengrus und Asche von der vorhergehenden Arbeit bereit. Die Kohlen wurden nun so auf- geschichtet, dass sie am Rande 7 bis 8 Zoll, in der Mitte höchstens 1 Fuss hoch lagen. Der Haufen wurde auch in der Mitte entzündet und wie sich das Feuer ausbreitete, Kohlengrus und Asche mit der Schaufel aufgeworfen, ohne aber das Feuer dadurch zu ersticken. Hatte sich die Flamme überall hin ausgebreitet und war dann er- loschen, so war das Harz ausgetrieben und die entschwefelten Kohlen wurden durch weiteres Aufwerfen von Mulm und Asche erstickt. Diese Arbeit dauerte 40 Stunden. Den Koks beschreibt Jars als heller als die Steinkohle, aber als weit schwärzer als die Cinders, welche man in Newcastle mache. Die Kohle laufe aber auch nicht im Feuer zusammen wie die von Newcastle. Die Verkohlung an letzterem Platze geschah aber auch in ganz anderer Weise, nämlich nicht in Meilern, sondern in Öfen . Der ursprüngliche Zweck dieser Verkohlung war ein nicht rauchendes und riechendes Brennmaterial für den Hausbrand herzustellen; man nannte sie Entschweflung. Die Koks hiessen wegen ihrem geflossenen, schlack- artigen Zustand Cinders. Die Öfen sind in Fig. 49 u. 50 abgebildet; das äussere Mauer- werk war viereckig, der innere Ofenraum rund. An manchen Plätzen standen drei in einem gemeinschaftlichen Mauerwerk. In der Anlage zu Newcastle, die Jars beschreibt, standen neun am Wasser. Sie waren nach einem Muster gebaut, nur abweichend in der Grösse. Man verwendete am liebsten für diese Arbeit Kleinkohlen . Grössere Stücke mussten sogar ausgehalten werden, weil sie langsamer ver- Das Brennmaterial. kokten. Die grössten Öfen hielten 1½, die gewöhnlichen aber nur 1 Chaldron. Die Öfen wurden nie voll, sondern immer nur bis zum oberen Rande der Thüre gefüllt. Sie wurden durch glühende Kohlen entzündet, Fig. 49. meistens aber entzündeten sie sich von selbst durch die er- hitzten Ofenwände. Sodann wurde die Thür zugemacht und die Fugen verschmiert, doch so, dass immer noch etwas Luft eintreten konnte. Dampf und Rauch ström- ten durch die Esse in der Mitte ab. Liessen diese nach, so schloss man die obere Mündung mehr und mehr mit einem Backstein. Die Arbeit dauerte etwa 30 bis 40 Stunden, man nahm aber erst nach 48 Stunden die Cinders heraus. Die ganze Masse bildete nun einen zusammenhängenden Klumpen mit vielen senkrechten Rissen und Spalten, so dass er sich Fig. 50. doch leicht zerbrechen und aus dem Ofen ziehen liess. Das Ausziehen erfolgte mit- tels einer eisernen Krücke, während ein zweiter Ar- beiter die ausgezogenen Stücke mit Wasser begoss. Der Ofen wurde dann gleich von neuem gefüllt. Die Kohlen schwanden bei der Arbeit um ein Viertel dem Volum nach, dem Gewicht nach aber nicht soviel. Ein Mass Cinder kostete in New- castle um ein Drittel mehr als das gleiche Mass Steinkohlen. Die Cinders hatten eine aschgraue Farbe und waren sehr porös, aber doch weit fester als „die Koks, die auch abgeschwefelte Kohlen sind, aber nach einem andern Prozess verfertigt wurden“. Die Cinders dienten, ausser zum Stubenbrand, besonders zum Malzdarren und zu 20* Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. ähnlichen Feuerungen. Ein Goldschmied hatte sie auch im Windofen mit Erfolg benutzt. Jars war von der Wichtigkeit der Verkokung der Steinkohlen für die metallurgische Industrie so sehr durch seine Reise nach Eng- land überzeugt worden, dass er alsbald nach seiner Zurückkunft Ver- suche mit französischen Kohlen anstellte. Er interessierte seinen Bruder dafür, der ebenfalls Metallurg war und das Hüttenwerk zu Sainbel leitete, aber ihre gemeinschaftliche Reise nach Schweden unterbrach ihre Arbeit. Nach Frankreich zurückgekehrt, nahm der Bruder, M. G. Jars , die Versuche wieder auf, und zwar auf dem Hüttenwerk zu Sainbel, wobei er sich der Steinkohlen von Rive-de- Gier bediente. Dieselben wurden in Meilern verkohlt, ganz in der Weise wie zu Carron. Zum Decken verwendete er entweder Stroh und Lehm oder Abgänge von Koks. Rasen erwies sich als ganz ungeeignet. Nach den vom 20. Januar 1769 bis 10. März 1770 fort- gesetzten Versuchen ergab sich, dass 100 Pfund Kohlen von Rive-de- Gier 65 Pfd. Koks gaben. Dieselben wurden mit Erfolg beim Kupfer- rohstein-Schmelzen verwendet. Am 7. März wurde ein Probeschmelzen in zwei Krummöfen ausgeführt. Dasselbe fiel sehr günstig aus, indem das Schmelzen viel rascher und billiger verlief als mit Holzkohle. Gabriel Jars hatte diesem Schmelzen noch beigewohnt. Der Be- richt darüber gelangte aber erst nach seinem Tode am 9. Januar 1770 an die Akademie, von der er alsbald in den Descriptions des arts et métiers (Bd. II, p. 182) abgedruckt wurde. Später zog Jars , der Bruder, aber doch vor, Koks mit Holzkohlen vermischt zu ver- wenden. Gabriel Jars hatte auch auf der homburgischen Eisenhütte im Elsass (1768) Schmelzversuche mit Koks für Giessereieisen anstellen lassen, die sehr befriedigend ausgefallen waren. Aus Jars Bericht erfahren wir ferner, dass die Engländer auch noch eine Art Verkokung in geschlossenen Gefässen betrieben, bei welcher sie den Kohlenteer gewannen. Dieses Verfahren hatte man 1763 in Lüttich nachgeahmt und die erhaltenen Koks mit Vorteil zum Verschmelzen der Eisenerze verwendet. Um dieselbe Zeit hatte ein Herr de Genssane , der an Berg- werken im Elsass und Burgund beteiligt war, ein weitläufiges Werk über die Verwendung der Steinkohle zum Erzschmelzen geschrieben. Er hatte dasselbe im Jahre 1767 an die Akademie geschickt, das- selbe 1768 durch ein neues Kapitel erweitert und das Ganze 1770 in zwei Bänden mit Tafeln herausgegeben Traité de la Fonte des Mines par le feu du charbon de terre etc. 4°. Paris 1770. . Das Brennmaterial. Das interessanteste Kapitel dieses Werkes beschreibt eine Art Koksöfen , welche seit einigen Jahren in der Grafschaft Nassau-Saar- brücken in Anwendung gekommen waren. Dort hatte der um die Eisen- industrie des Saargebietes hochverdiente Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken nach englischem Vorbilde mit grossen Opfern eine Koksfabrikation eingerichtet und 1767 bis 1768 einen Eisenhoch- ofen zu Sulzbach damit betrieben. Dieses Werk besuchte Genssane , der davon Kunde erhalten hatte, im Jahre 1768 und er erkennt es rühmend an, dass, während sonst dies Verfahren geheim gehalten wurde und den eigenen Arbeitern der Zutritt zu den Werken ver- boten sei, man ihm hier bereitwilligst Alles gezeigt habe. Er schreibt das Hauptverdienst der Ausführung dem Fürsten selbst zu, denn, nachdem er auseinander gesetzt hat, dass die Meilerverkokung nichts tauge, fährt er fort: „Es war dem Fürsten von Nassau-Saarbrücken vorbehalten, alle diese Schwierigkeiten zu überwinden durch seine Ausdauer und die grossen Kosten, die er daran wendete. Die Öfen, welche dieser Fürst auf der Hütte zu Sulzbach hat erbauen lassen, erschienen uns bei genauer Prüfung ebenso geistreich wie zweck- entsprechend.“ Die betreffenden Öfen wichen in ihrer Konstruktion wesentlich von den oben beschriebenen englischen Korböfen ab. Da der Haupt- zweck derselben die Gewinnung von Teer und Teeröl war, so musste die Einrichtung eine wesentlich andere sein. Die Verkokung geschah in einem geschlossenen Raume, der von der Flamme einer besonderen Feuerung umspült wurde. Fig. 51 (a. f. S.) ist eine Darstellung dieser Öfen. Wie man sieht, ist der innere Verkohlungsofen eine geschlossene Muffel, welche von dem äusseren Ofen umschlossen wird. Der äussere Ofen ist ein Gewölbe, welches die Muffel und zwei auf beiden Seiten liegende Feuerroste umspannt. Auf den Rosten wird mit Holz gefeuert, die Flamme umspült die Muffel und hat im Scheitel des Gewölbes ihren Abzug. Die Muffel war aus feuerfestem Thon, wie ihn die Glasmacher für ihre Schmelztöpfe verwendeten, hergestellt. Dies erforderte grosse Geschicklichkeit und war wohl nur möglich, weil wegen der Glasfabriken auch geschickte Töpfer im Lande waren. Der Fürst hatte allerhand Versuche gemacht, ehe er das beste fand. Er wollte die Muffeln erst aus Eisenblech machen, aber natürlich verbrannten dieselben sofort. Sie aus Formsteinen aufzumauern, hatte sich ebenfalls nicht bewährt und so kam man dazu, sie an Ort und Stelle aus Thon herzustellen. Der Boden des Ofens war rinnenförmig vertieft und nach der Seite geneigt, wo am tiefsten Punkt das Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Ableitungsrohr für die Gase und Destillationsprodukte sich befand. Der Ofen wurde in der Weise gefüllt, dass ein Arbeiter durch die Öffnung in die Muffel stieg und die doppelfaustdicken Kohlenstücke, welche ein anderer Arbeiter ihm zureichte, auf dem Boden auf- schichtete, wie wenn er eine Trockenmauer aufführen wollte, wobei Fig. 51. er vorsichtig zu Werke gehen musste, um die Wände nicht zu be- schädigen. Hatte er sie bis zur Höhe der unteren Öffnung so hoch aufgeschichtet, als er konnte, so kroch er durch dieselbe heraus, setzte sie von aussen zu und füllte dann den Ofen durch die obere Öffnung bis zur richtigen Höhe voll. Alsdann schmierte er die beiden Öffnungen mit Lehm, der mit etwas Pferdemist versetzt war, zu und Gebläse. schloss die eisernen Thüren. Nun wurde das Feuer auf dem Rost entzündet. Die Kohlen in der Muffel oder Retorte wurden heiss und die Dämpfe entwichen durch das Rohr, während der Teer sich ver- dichtete und in den Topf, der als Vorlage diente, floss. Allmählich erhitzte sich Muffel und Ladung bis zur Rotglut. Sobald die Rauch- entwickelung aufhörte, waren die Kohlen verkokt und der Prozess beendet. Man zog die Koks mit Haken durch die untere Thüre heraus. Jeder Ofen war mit einer Tonne Steinkohlen geladen und man brauchte 9 Ctr. geringer Steinkohle, um sie zu brennen. Neun Öfen waren in einem Mauerwerk zu einer Batterie vereinigt. Von diesen waren immer wenigstens drei in Brand. Wenn die Steinkohlen in den ersten drei halb gebrannt waren, so entzündete man das Feuer der drei folgenden, wenn diese ebenso weit, das der drei letzteren. In dreimal 24 Stunden wurden auf diese Weise die neun Öfen ge- brannt, so dass jeden Tag drei Öfen entleert werden konnten. Die Steinkohle verlor etwa ⅛ ihres Gewichtes. Das Gewichtsverhältnis des Koks zu Buchenkohle war wie 5 zu 3. Mit diesen Koks betrieb der Fürst seinen Hochofen zu Sulzbach und schmolz nach Genssanes Bericht ein gutes Roheisen. Auf die Dauer aber scheint sich der Betrieb des Hoch- ofens mit Koks doch nicht bewährt zu haben, denn nach zwei Jahren liess man ihn fallen. Die Verkokungsöfen blieben aber im Betriebe, hauptsächlich der Teergewinnung wegen. Gebläse. Reaumur verdanken wir eine ausführlichere Beschreibung der Wassertrommelgebläse oder Windtrompeten (trompes ou soufflets à chøte d’eau, appellés aussi „artifices“ en Dauphiné), welche in den französischen und italienischen Alpenländern auch für kleine Hoch- öfen Verwendung fanden, hauptsächlich aber bei Luppen- und Frisch- feuern angewendet wurden. Er beschreibt die in der Dauphiné und die in der Grafschaft Foix gebräuchlichen; von letzteren haben wir bereits oben bei der Schilderung der Luppenfeuer der Grafschaft Foix Abbildungen mitgeteilt. Das Prinzip des Wassertrommelgebläses beruht auf der Kon- traktion eines Wasserstrahls bei vollem Ausfluss vor der Mündung. Geschieht nun dieser Ausfluss in eine geschlossene Röhre, so wird an Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. der Kontraktionsstelle Luft angesaugt, die sich mit dem Wasserstrahl mischt und unter dem Druck der Wassersäule in einem Sammelgefäss aufgefangen und aus diesem abgeleitet werden kann. Bei den Ge- bläsen der Dauphiné wurde, wie bei den italienischen, die Sweden- borg abgebildet hat, die Luft nur durch seitliche Öffnungen im Einfallrohr angesaugt. Fig. 52 stellt ein Wassertrommelgebläse zu einem Blauofen der Dauphiné mit drei Einfallröhren und Trommeln dar. In dem Boden des Wassergerinnes mündet eine senkrecht stehende Röhre von etwa 27 Fuss Höhe und 1 Fuss 4 Zoll Durch- messer; diese Masse können sich mit dem Gefälle ändern. Die Art, wie diese Röhre ausgehöhlt ist, bewirkt hauptsächlich die Wirkung des Gebläses. Die oberste Öffnung (Fig. 54), in welche der fast horizontale Fig. 52. Kanal das Wasser ergiesst, hat 13 Zoll im Durchmesser. Von da verengert sich der Querschnitt der Röhre bis auf drei Fuss von der oberen Öffnung auf 4 Zoll Durchmesser. Unmittelbar unter diesem engsten Punkte (étranguillon) d d erweiterte sich das Rohr auf 9 Zoll Durchmesser; der obere Teil des Rohres bildet also einen Trichter, der in das Rohr mündet. Unter der engen Mündung sind zehn Öffnungen, durch welche Luft in die Windtrompete eintritt. Diese cylindrischen Löcher f f sind schief gebohrt, so dass die eintretende Luft schon die Richtung nach abwärts, wie das herabfallende Wasser hat. Die oberen sechs münden im Inneren etwa 8 Zoll unter der Trichter- öffnung, die unteren vier sitzen 5 Zoll niedriger. Sie haben 2 Zoll im Durchmesser. Das Rohr mündet in eine, mit eisernen Reifen stark gebundene Kufe M (Fig. 53) von 6 Fuss Höhe und 6 Fuss Gebläse. Weite, etwa 1½ Fuss von dem oberen Rande, also 4½ Fuss vom Boden. Inwendig ist eine eiserne oder steinerne Tafel K (Fig. 53) von 1 Fuss 4 Zoll im Durchschnitte und etwa in halber Höhe ange- bracht. Sie wird von einem hölzernen Kreuz, welches auf vier Füssen Fig. 53. Fig. 54. Fig. 55. autsteht, getragen (Fig. 55). Ausser der Öffnung für das Einfallrohr be- findet sich eine zweite Öffnung (Fig. 53) in dem geschlossenen Deckel zur Ab- führung des Windes. Das Wasser tritt also alle Zeit voll in das Trichter- rohr ein, indem es aus dessen unterer Mündung ausströmt, wird es zu- sammengezogen und dann zerstreut und fällt in Tropfen und Fäden auf die Luft, die es durch sein Gewicht und Gefälle mit hinunterreisst, während die fortgerissene Luft immer durch nachströmende ersetzt wird. Die Luft wird mit Gewalt bis in die Kufe M , die sogenannte Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Trommel, gerissen, wo sie frei wird. Indem aber das Wasser mit Gewalt auf die Tafel aufschlägt, wird ausserdem ein grosser Teil der im Wasser gelösten Luft frei gemacht. Diese Luft hat keinen andern Ausgang als durch die zweite Öffnung im Deckel, welche sie dem Ofen zuführt. Gleichzeitig lässt man durch eine Öffnung in der Seitenwand am Boden der Kufe ebensoviel Wasser ablaufen, als oben Fig. 56. zuströmt. Diese Öffnung ist durch einen Schieber Q R S (Fig. 53) ge- schlossen, den man entsprechend stellt. Dadurch entsteht ein gleich- förmiger Windstrom. Für einen Frisch- oder Ausheizherd genügt eine solche Wind- trompete (Einfallrohr), für einen Hochofen zum Erzschmelzen braucht man zwei oder, wie in der Abbildung, drei. Jede hat ihre besondere Fig. 57. Kufe (Trommel), da- gegen leitet man die Windleitungen aus denselben in ein grösseres Sam- melrohr, aus dem dann der Wind in den Ofen geleitet wird. Das Wind- rohr hatte vor seiner Einmündung eine Klappe oder ein Ventil, durch dessen Öffnung die Luft statt in den Ofen ins Freie ausströmen konnte (Fig. 57, l m ). Je höher das Ein- fallrohr, je stärker wird der Druck des Windes, während die Wind- menge von den Durchmessern des Trichters, Fallrohres, der Wind- löcher u. s. w. abhängt. Beides richtet sich nach Bedarf, Wasser- menge und Gefälle. Die Wassertrommelgebläse der Grafschaft Foix waren anders konstruiert. Bei diesen sind die seitlichen Luftlöcher unter dem Trichter nur nebensächlich, indem hier die Luft gleich beim Ein- strömen des Wassers mitgerissen wird. Dies geschieht durch die Die Eisenerze. eigentümliche Konstruktion des Einlaufs. Wir haben diese bereits bei dem Luppenfeuer der Grafschaft Foix beschrieben und abgebildet (s. S. 120, Fig. 11). Diese Wassertrommelgebläse waren besonders verbreitet in den Gebirgsgegenden von Mittel- und Nord-Italien, Süd-Frankreich und Nord-Spanien und fanden im vorigen Jahrhundert häufig Anwendung. Sonst war der Blasebalg die allgemein angewendete Blase- maschine der Eisenindustrie. In manchen Gegenden hielt man an den alten Lederbälgen fest, während in den meisten Ländern der deutsche Holzblasebalg Verwendung fand. Dass die Holzbälge durch Deutsche zuerst nach Frankreich gebracht worden seien, bestätigt Reaumur ausdrücklich. In Berry und Nivernais sei es ein Deutscher, in der Dauphiné ein Schweizer gewesen, welche zuerst hölzerne Bälge eingeführt hätten. Ebenso sei es in der Franche-Comté ein Deutscher gewesen, welcher die Erbauung derselben zuerst den Gaucherots, den geschickten Bälgemachern jener Gegend, gelehrt habe. Auf die aus- führliche Beschreibung Reaumurs Siehe Descriptions etc., T. II. p. 96; Schauplatz, Bd. II, S. 104. brauchen wir nicht näher ein- zugehen. Wir erwähnen nur, dass Reaumur auch die Leistung eines Holzblasebalges für einen Hochofen berechnet hat. Ein Schmiedebalg von 7½ Fuss Länge, 42 Zoll Breite des Balgdeckels an der Breitseite, 14 Zoll an der Schmalseite, wo er seinen Drehpunkt hat, giebt danach bei einem Wechsel 20151½ Kubikzoll Luft. Nun macht ein solcher Balg 206 Stösse in einer Viertelstunde, die beiden Bälge also 412. — Ein Blasebalg von mittlerer Grösse für einen Hochofen giebt 98280 Kubik- zoll Wind bei jedem Wechsel; er macht 120 Stösse oder der Doppel- balg 240 Stösse die Viertelstunde. 98280 Kubikzoll sind annähernd 57 Kubikfuss. Das Gewicht der Luft zu dem des Wassers = 1/1000 angenommen, entspricht dies 3½ Pfund Luft bei einem Wechsel. Nimmt man acht Wechsel in einer Minute an, so erhält man für zwei Bälge 56 Pfund Luft in der Minute und 3360 Pfund in der Stunde. Die Eisenerze. Die Aufbereitung der Eisenerze erfolgte in den meisten Gegenden durch Handscheidung, nur in Frankreich spielte das Ver- waschen der Eisenerze eine Rolle. Man hatte dort vielfach lettige Erze und das Verwaschen hatte den Zweck, den zähen Thon von den Erzkörnern abzuspülen. Zu diesem Zwecke dienten Waschherde mit Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Rührwerken (Patouillets), in welchen die Erze unter reichlichem Wasserzufluss abgeschlämmt wurden Siehe hierüber Näheres in den Descriptions des arts et métiers, T. II und Justi , Schauplatz der Künste und Handwerke, Bd. II, S. 53. . Das Rösten der Erze Justi , a. a. O., S. 62. war eine weitere Vorbereitungsarbeit für den Schmelzprozess, welche mehr Anwendung fand als das Waschen. Das Rösten der Eisenerze hatte zuweilen nur einen mechanischen Zweck, den der Auflockerung, meist aber einen chemischen, den der Abscheidung gewisser Substanzen, wie Kohlensäure, Wasser und Schwefel und den der Oxydation. Allgemeine Regeln waren: Die Röstung muss in freier Luft geschehen, indem man den flüchtigen Teilen, die weggehen sollen, den bequemsten Weg öffnen muss. Das Feuer soll dabei mässig sein. Man zog meist Holzfeuer dem Holzkohlenfeuer vor, sowohl wegen der geringeren Kosten als auch, weil Holz nicht so sehr hitzte und dadurch den Zweck der Operation besser erfüllte. Reaumur stellte Versuche über die Röstung an und schreibt darüber: „Ich röstete ein Stück Erz von der Grösse eines Eies mit Kohlen; nach einer Stunde hatte es den fünften Teil des Gewichtes verloren. Ich weiss zwar nicht, ob dies allgemein der Verlust bei diesem Erz ist, das aber weiss ich, dass es immer ein beträchtliches verliert, was die Aufmerksamkeit derer, die das Erz ausschmelzen, wohl verdient. Aus diesem Grunde bringt man es (in Süd-Frankreich) niemals auf den Ofen, ohne es vorher bei dem Bergwerk geröstet zu haben, damit man nicht eine unnütze Last transportieren muss.“ Nach Reaumurs Auffassung war die Röstung eine Ausscheidung von Schwefel und Salz und für den Schmelzprozess höchst wichtig. Die Röstung geschah meistens in offenen Haufen mit Holz, wie z. B. in Schweden nach Swedenborgs Schilderung, in manchen Gegenden aber auch in Stadeln und Röstöfen. Reaumur teilt darüber folgendes mit Descriptions etc., T. II, p. 60. : „Man röstet die Erze in der Dauphiné, Grafschaft Foix, Roussillon und Navarra in solchen Öfen, die den Kalköfen sehr ähnlich sind, die aber nach Verschiedenheit dieser Länder verschieden gebaut sind. Allenthalben sind es aber teilweise in die Erde gegrabene Löcher, die ummauert und oben offen sind. Das Mauerwerk hat unten eine Öffnung zum Einfeuern. Man füllt diese Öfen mit Holz und Erz schichtenweise. Die erste Schicht macht man aus dem gröbsten Erze. In der Dauphiné heisst ein solcher Die Eisenerze. Röstofen une ugraine. Er hält ungefähr 14000 bis 15000 Pfund geröstetes Eisenerz und man braucht zwei Wagen Holz auf 1400 bis 1500 Eselsladungen Erz. Das Feuer brennt in diesen Öfen einen oder mehrere Tage. Man muss darauf achten, dass die letzten Schichten Erz aus kleinen Stücken bestehen, damit hier das Feuer, weil es weniger Luft hat, länger anhält und so das Erz, das am weitesten von der grossen Hitze entfernt ist, doch am leichtesten röstet. In derselben Provinz hat man Öfen, die äusserlich cylindrisch, inwendig aber wie ein abgestutzter umgekehrter Kegel aussehen. Die obere Öffnung ist 9 Fuss (2,924 m) im Durchmesser, während der Ofen am Boden nur 4 Fuss (1,30 m) weit ist. Seine Höhe beträgt 10 Fuss (3,248 m), wie man dies aus der Fig. 58 ersehen kann, die nach den Zeichnungen, welche mir Herr von Orsai, der frühere Inten- dant jener Provinz, verschafft hat, hergestellt ist. Wenn die Erze ge- Fig. 58. Fig. 59. röstet sind, so zerschlägt man die gröberen Stücke zu Nussgrösse, dabei scheidet man die taube Bergart davon. Man verbringt alsdann das geröstete Erz zu den Schmelzhütten und lagert es in Haufen an der Luft. Die Hüttenmeister sagen, dass die Erze durch dieses Lagern 5 Prozent an Wert gewinnen. . . . Die gerösteten Erze von Alvar geben ungefähr ein Drittel ihres Gewichtes geschmolzenes Eisen. In der Landschaft Foix und Umgegend errichtet man die Öfen (Stadeln) auf einem quadratischen Sockel von 9 Fuss Seitenlänge. Man führt die Wände, 3 bis 4 Fuss hoch, senkrecht auf und lässt auf einer Seite eine Öffnung zum Anzünden. Den Boden bedeckt man mit einer Schicht Kohlen, auf diese legt man eine Schicht Holz und hierauf breitet man das zu röstende Erz aus, dieses bedeckt man wieder mit Kohlen und Holz und breitet eine Erzschicht darüber, dicker als die erste. Das Brennen in diesen Stadeln, welche Fig. 59 nach einer Zeichnung des damaligen Intendanten d’Angervilliers hergestellt sind, dauerte acht Tage. Die Öfen im spanischen Navarra hatten mehr Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Ähnlichkeit mit Ziegelöfen und waren auch die Erzstücke in ent- sprechender Weise aufgesetzt. Es waren ebenfalls viereckige Röst- stadeln. Die erste Schicht Erz baute man wie ein Gewölbe auf und schichtete darauf das übrige Erz in Gestalt einer Pyramide auf. Das Gewölbe bildete den Feuerungsraum. Man unterhielt das Feuer mit Holz etwa 24 Stunden. In England röstete man ebenfalls vielfach die Erze in Schacht- öfen, ähnlich Kalkbrennöfen, so zu Clifton Fournace, in Cumberland und im Forrest of Dean in Gloucestershire Siehe J. Harris , Lexicon Technicum. „Iron“. . In Steiermark hatte man sehr grosse viereckige Röstöfen oder Röststadeln. Die zu Vorderberg hatten eine Seitenlänge von 24 Fuss und waren 14 Fuss hoch. Die Umfassungsmauern waren unten 2 Fuss, oben nur ½ Fuss dick. An der Vorderwand war die gewölbte, 6 Fuss hohe Thür zum Ausziehen. Beim Füllen wurde diese mit eisernen Stangen, die mit Haken befestigt wurden, geschlossen und gegen die- selbe feuerbeständige Steine gesetzt. Den Boden bedeckte man mit einer 2½ Fuss dicken Kohlenschicht, auf welche man eine 4 Fuss dicke Erzschicht ausbreitete. Hierauf folgte die zweite Kohlenschicht, die aber nur 1½ Fuss dick war, darauf die zweite Erzschicht von 2½ Fuss Dicke; die dritte Kohlenschicht machte man nur einen, die dritte Erzschicht nur 2 Fuss dick. Die Röstung dauerte ungefähr 14 Tage. Schien sie beendet, so warf man noch eine Lage Kohle von ½ Fuss auf. Alsdann zog man die Erze nach Bedarf und pochte sie zu Nussgrösse. Man hatte immer zwei Öfen nebeneinander, von denen der eine im Brand war, während der andere gezogen wurde. Das gepochte Erz wurde auf einen grossen Haufen, der rings mit Brettern eingefasst war, aufgefahren und oben platt ausgebreitet. Auf diesen Haufen wurde durch verschiedene Rinnen Wasser geleitet, das man möglichst verteilt durch Öffnungen am Boden ablaufen liess. In diesem Zustande liess man den Haufen ein auch wohl zwei und drei Jahre und man behauptete, das Erz sei um so besser, je länger es in Haufen gestanden habe. — Auch zu Alvar in Frankreich liess man die gerösteten Erze lange in grossen Haufen liegen, ohne jedoch Wasser darauf zu leiten. Alle Erze werden nach dem Rösten rötlich oder rostfarben und weicher und zarter anzufühlen. Courtivron und Bouchu treten lebhaft für die Notwendigkeit des Röstens der Erze, das damals in Frankreich vernachlässigt war, ein. Die Ausrede der Hüttenleute, dass die Erhöhung Die Eisenerze. der Schmelzöfen dieselbe Wirkung thue wie das Rösten und dasselbe ersetzen könne, weisen sie zurück, weil die Röstung an freier Luft geschehen müsse. In England und Schweden röste man die Erze, bis sie in kleine Stücke zerfallen und doch seien die Schmelzöfen dort so hoch wie in Frankreich. Zu Laurwig in Norwegen hatte man statt des früheren Röstens in viereckigen Stadeln eine verbesserte Röstmethode für die Magnet- erze eingeführt, welche Jars folgendermassen beschreibt Siehe Jars , Metallurgische Reise, Bd. I, S. 277. . Man führte unter freiem Himmel eine 6 Fuss hohe, starke, runde Mauer von be- trächtlichem Durchmesser auf, in welcher sich nur eine Thüre zur Ein- karrung der Erze befand. Ehe nun der Röstofen gefüllt wurde, führte man ringsum aus grossen, halbgerösteten Erzstufen eine zweite Mauer auf, so stark, dass sie in sich stand. In dieser runden Röststadel machte man ein Bett von Holz und Kohlen und stürzte darauf Erz in grossen und kleinen Stücken auf, schichtete dann lagenweise Erz und Kohlen bis auf eine Höhe von 8 bis 12 Fuss und liess nur in der Mitte eine Öffnung, welche von vier Brettern umschlossen wurde, um dadurch den Rösthaufen anstecken zu können. Auf die obere Lage Erz schüttete man 4 Zoll hoch Kohlenklein und zündete dann an. Die ganze Röstung dauerte vier bis acht Tage. Eine Ofenfüllung betrug etwa 100 Tonnen Erz. Zu einer Röstung wurden 50 Lasten Kohlen, von denen jede 1 Thaler oder 4 Mark kostete, verbraucht. Die Röstung der Thoneisensteine zu Carron in Schottland ge- schah seit 1760 mit Steinkohlen in Haufen. Zu dem Ende machte man auf gleicher Erde ein Bett von Steinkohlen 18 bis 20 Fuss lang, 6 bis 7 Fuss breit und 6 Zoll hoch, auf welches der Eisenstein in groben Stücken von 7 bis 10 Pfund schwer gestürzt wurde. Der Haufen lief nach oben zu und war etwa 3 Fuss hoch. Er wurde an einem Ende angezündet und, sowie das Feuer vorwärts ging, wurde der ganze Haufen, damit die Hitze desto besser beisammen blieb, mit Steinkohlenmulm und Asche bedeckt. Es dauerte mehrere Tage, bis der Haufen durchgebrannt war. Die Zuschläge zu den Erzen bei dem Schmelzprozess dienen als Flussmittel . Die Beimengungen der Erze sind nach v. Cour- tivron und Bouchu thoniger oder kalkiger Natur. Ein gewisses Verhältnis zwischen Thon und Kalk giebt den besten Fluss, und zwar sollten hierfür auf 10 Teile Thon 4 Teile Kalkstein kommen. Nach diesem Grundsatze seien Zuschläge beim Schmelzen aufzugeben. Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Manche Erze enthielten diese Stoffe in der richtigen Mischung, manche enthielten mehr von dem einen oder dem andern. Hat man Erze von ver- schiedener Mischung oder Gangart zur Hand, so kann man diese selbst so mischen, dass das richtige Verhältnis herauskommt. Ist dies nicht der Fall, so muss man das fehlende als Fluss oder Zuschlag zusetzen. Die Zuschläge müssen trocken sein und so klein als möglich, damit sie sich gut mischen können. Manche geben schon beim Rösten Kalk als Zuschlag mit auf (eigentlich nur, um ihn billig zu brennen). Bestimmte Regeln für die Schlackenmischung liessen sich noch nicht aufstellen. Vorläufig könne man nur sagen, dass die Vermischung von kalkigen mit thonigen Erzen gut sei. Gerade die verschiedene Gangart der Erze und die Verschiedenheit der Zuschläge bedinge die Verschiedenheit der Schmelzöfen. „Wenn man einmal wissen wird die Erze so zu bereiten, dass man bei der Schmelzung fast einerlei Verfahren anwenden kann, so wird man nicht mehr als einerlei Art Öfen dazu nötig haben und das ist es, was wir erzielen.“ (Si nous pouvons amener ces mines à une disposition presque égale pour la fusion, il ne s’agira plus que d’un fourneau presque uniforme: sur quoi nous proposerons nos vues.) Die folgenden Mitteilungen über Gangarten und Schlacken- flüsse sind von den französischen Verfassern Gellerts Anfangsgründen der metallurgischen Chemie (Leipzig 1750), entnommen. Die Kennzeichen für die Gangarten sind danach folgende: Braust das Gestein mit Säure, so ist es kalkartig, erhärtet es mit Wasser, so ist es gipsartig, bleibt es, mit Wasser angefeuchtet, feucht, so trockne man es und glühe es einige Stunden in starkem Feuer, schmilzt es dann, so ist es glas- artig, brennt es sich hart, so ist es thonartig. Die Steine zeigen aber in ihrer Vermischung folgendes Ver- halten in starker Hitze : Thonige und kalkige lösen einander und werden zu Glas. Thonige und gipsige ebenso. Thonige und glasige strengflüssige lösen einander nicht auf. Thonige und glasige leichtflüssige lösen einander auf. Gipsige und kalkige lösen einander nicht auf. Gipsige und strengflüssig-glasige ebenso. Kalkartige und strengflüssig-glasige ebenso. Kalkartige und leichtflüssig-glasige ebenso. Der Flussspat löst unter den leichtflüssigen, glasigen Steinen am besten auf. Gellert giebt hierzu in dem praktischen Teil seines Lehrbuches (Aufgabe XVII) folgende schmelzbare Mischungen: Die Eisenerze. Vermische 1 Tl. Kreide mit 3 Tln. Thon oder 1 Tl. Kreide mit 5 Tln. Thon. Vermische 2 Tle. Thon mit 1 Tl. Flussspat oder 1 Tl. Thon mit 2 Tln. Flussspat. Vermische 2 Tle. Kreide mit 1 Tl. Flussspat oder 4 Tle. Kreide mit 1 Tl. Flussspat. „Es ist sehr merkwürdig“, schreibt Gellert , „dass zwei Stein- arten einander auflösen und zu einem Glase schmelzen, da doch von denselben eine jegliche vor sich allein nicht schmelzen will. Es ist dieses auch von einem sehr grossen Nutzen bei dem Schmelzwesen, dessen man sich auch in der Praxis bedient, indem man beim Eisen- schmelzen Kalk zusetzt, um den Fluss zu befördern, ohne den rechten Grund davon zu wissen. Man sieht auch hieraus, dass die Asche und das darin enthaltene alkalische Salz von den verbrannten Kohlen zum Flusse der bei den Erzen befindlichen Steinarten nicht notwendig erfordert wird.“ Die XVIII. Aufgabe lautet: „Zwei Steinarten, die einander nicht auflösen, vermittelst einer dritten Steinart aufzulösen. Als Auflösungen erwähnen wir folgende: Vermische 1 Tl. Kreide, 3 Tle. Thon und 1 Tl. Sand. Vermische 1 Tl. Kreide, 5 Tle. Thon und 1 Tl. Sand. Vermische 1 Tl. Thon, 4 Tle. Flussspat und ½ Tl. Sand. Vermische 1 Tl. Thon, 4 Tle. Flussspat und 1 Tl. Sand. Anmerkung : 1. Wenn man zwei Steinarten, die einander nicht auflösen, vermittelst einer dritten Steinart auflösen will, so muss diese dergestalt beschaffen sein, dass sie entweder eine von den beiden Steinarten oder auch eine jegliche von denselben auflöset. 2. Diese Erfahrungen können, ebenso wie die vorhergehenden, bei dem Schmelzwesen grossen Nutzen verschaffen, wenn man gehörige Vorsicht dabei gebraucht. Denn in den Hütten pflegt man den streng- flüssigen Erzen noch einmal so viel Schlacken zuzusetzen, um sie in den Fluss zu bringen. Wo man aber verschiedene Erzsorten hat, würde man viel Arbeit, Kohlen und Kosten ersparen, wenn man sich nach ihren Auflösungen zugleich mit richtete, und manche Erze, die man jetzt als unschmelzbar verwirft, schmelzen können.“ Beck , Geschichte des Eisens. 21 Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Hochöfen in Frankreich um 1750. Über den Bau und Betrieb der Hochöfen machen Courtivron und Bouchu in ihrer Abhandlung von den Eisenhämmern und hohen Öfen ausführliche Mitteilungen. Das meiste davon stammt aus den hinter- lassenen Papieren Reaumurs , welche Beschreibung und Zeichnungen des Hochofens und der Hütte von Grossouvre, in der Grafschaft Berry, derselben, welche auch Swedenborg erwähnt hat, enthielten Dieselben stammen wahrscheinlich aus dem Ende der 40 er Jahre des 18. Jahrhunderts, denn Reaumur bezieht sich in einer Anmerkung auf eine von ihm im Jahre 1744 der Akademie vorgetragene Abhandlung. . Fig. 60 stellt die Anlage des Hüttenwerks dar. Rechts befindet sich das Schmelzhaus mit dem Hochofen, dessen Arbeitsseite dem Fig. 60. Beschauer zugekehrt ist, während die linke Seite des Ofens die Form- seite mit dem Formgewölbe und den durch ein Wasserad bewegten Blasebälgen zeigt. Vor dem Hüttengebäude schieben drei Arbeiter eine Gans auf zwei Rollen der einfachen Wage mit Laufgewicht zu, auf welcher ein Arbeiter eine zweite Gans abwiegt, hinter und über dem Schmelzhaus liegt der Kohlen- und vielleicht auch Erzschuppen, in welcher zwei Maultiere und ein Treiber Kohle oder Erz in Säcken eintragen. Links befindet sich die Schlackenhalde. Fig. 61 zeigt den Hochofen im Durchschnitt durch das Arbeits- gewölbe und Fig. 62 durch das Formgewölbe und die Querschnitte durch die Form Fig. 63 und den Kohlensack Fig. 64. Die Hochöfen in Frankreich. Die Vorder- oder Arbeitsseite des Hochofens nannten die Fran- zosen Côte de la dame (Wallsteinseite), die Hinterseite rustine oder Aufgebeseite, die Formseite Côte de la tuyère und die Windseite Contrevent. Diese Bezeichnungen waren, ausser der zuerst genannten, schon bei den alten Luppenherden gebräuchlich. Das Rauhgemäuer hatte an der quadratischen Basis 20 Fuss Seitenlänge und war 25 Fuss hoch. Die innere Ofenhöhe betrug Fig. 61. dagegen nur 21 Fuss. Der massive Teil des Rauhgemäuers ging auf 18 bis 19 Fuss Höhe, dort war eine Plattform ( F F ), welche von vier umlaufenden Mauern, den Gicht- mauern ( A D ) (les batailles du four- neau), eingeschlos- sen war. Der in- nere Ofen war noch 2 Fuss und 8 Zoll höher als die Plattform in die Höhe geführt ( G G ). Dieser oberste Teil des Ofenschachtes war nicht mehr zusammengezogen, vielmehr hörte die Verengerung des Ofens auf der Höhe der Plattform auf; die obersten Wände waren senkrecht und umschlossen einen rechtwinkeligen Raum von 2 Fuss auf 1½ Fuss, der oben mit der Gicht (le gueulard) abschloss. Die Wände des Schachtaufsatzes (la buze) waren 2¾ Fuss dick, in der hinteren Wand war eine Nische ausgespart, in welche der Aufgeber X trat, wenn er Erz oder Kohlen einwarf. Die Plattform der Gicht war durch vier eiserne Platten (taques) abgedeckt. Der Ofenschacht erweiterte sich bis zum Bauch oder Kohlensack J J , 21* Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. welcher 13 Fuss unter der Gichtöffnung lag. Er bildete einen umge- kehrten Trichter, welcher mit seiner Basis auf einem aufrechtstehenden Trichter sass. Der obere Teil war der Schacht oder Laderaum (la charge). Derselbe war aus feuerfesten Backsteinen oder in andern Gegenden aus Feldsteinen hergestellt. Der untere Teil, von dem Kohlensack bis zum Boden, war nur 8 Fuss hoch. Der obere, sich stark erweiternde Teil desselben, die Rast (étalage), war ungefähr Fig. 62. 3 Fuss hoch und wurde aus Masse (sable) gestampft. Die Querschnitte des Ofeninneren bilde- ten im Gestell ein längliches Viereck (Fig. 63), in der Rast ein längliches Achteck (Fig. 64). Die Gichtöffnung war wieder ein Vier- eck. Infolgedessen waren Rast und Schacht durch je acht Flächen be- grenzt, durch vier Trapeze und vier Dreiecke, wie aus dem Schnitte Fig. 64 zu ersehen ist. Diese eigentümliche Ge- stalt des Ofeninne- ren kam in Frank- reich öfter vor. Die Rastwände waren stark geneigt. Der untere viereckige Teil des Ofen- inneren K K L (Fig. 61) war das Gestell oder Werk (l’ouvrage). Es war dieser Teil auch wirklich das Werk des Schmelzers, das er selbst fertig stellte und einbaute und das zu machen er für eine wichtige geheime Kunst ausgab und selbst dafür hielt. Es wurde meist aus grossen, sorgfältig zugehauenen Werksteinen ohne Mörtel zusammen- gefügt. Der Boden bestand in der Regel aus einem Stein, was besser war, als wenn man ihn aus zwei oder drei zusammensetzte. Hierauf Die Hochöfen in Frankreich. wurden zuerst die beiden Seitensteine (les costières), nämlich der auf der Formseite und der auf der Windseite, gelegt. Je weniger Steine im Gestell, desto besser, denn dann gab es um so weniger Fugen, Fig. 63. welche die Angriffs- linien der Zerstörung durch das Feuer waren. Meistens verwendete man gute, feuerfeste Sandsteine. Reaumur beschreibt das Aus- sehen der in Berry und Nivernais ge- bräuchlichen genau. Die Höhenlage der Form war von grosser Wichtigkeit, 18 Zoll war die gewöhnliche Höhe, doch schwankte sie zwischen 17 und 25 Zoll. Die Gestelle dauerten viel kürzer als der übrige Ofen und mussten an manchen Plätzen nach drei bis vier Monaten, an andern nach sechs Monaten, Fig. 64. an andern noch spä- ter erneuert werden. Die französischen Öfen bestanden also in ihren drei Hauptteilen aus dreierlei Material, das Gestell aus Sandstein- quadern, die Rast aus gestampfter Masse und die Schachtwände (les parois) aus gebrann- ten Steinen. Nirgends, auch im Schacht nicht, verwendete man Kalk- mörtel, sondern nur Lehm. Dass man die Wände der Rast aus Masse herstellte, ge- schah nur der Ersparnis wegen. Man bediente sich eines etwas thonhaltigen, feuerbeständigen Sandes, den man zwei Fuss dick auf- Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. stampfte. Er hielt sehr gut in der Rast, dagegen konnte man ihn zur Herstellung des Gestelles nicht verwenden, weil er der flüssigen Schmelzmasse nicht widerstand. Die Gestalt des Ofens war das Ergebnis der Erfahrung. Theoretisch liess sie sich nicht begründen und ist Reaumur vielmehr der Ansicht, dass theoretisch der runde Ofenquerschnitt der richtigste sei; das Feuer würde bei diesem überall auf gleiche Weise wirken und der Ofen an einem Platz nicht mehr abgenutzt werden, als an einem andern. Besonders gilt dies von dem Gestell, bei dem man allgemein an der viereckigen Gestalt festhielt. Fig. 65. Reaumur ist aber der An- sicht, dass die Form eines ab- gestumpften Kegels von läng- lich runder Form für Gestell und Rast am geeignetsten wäre. Der Grund, warum die Ofen- meister an der viereckigen Form festhielten, war nach seiner Meinung nur ihre Unge- schicklichkeit als Steinhauer. Das Werk mit vier geraden Seiten sei leichter für sie zu machen. Die Öfen bei St. Gervais in der Dauphiné hätten achteckigen Querschnitt im Gestell und in der Franche- Comté sollte es Öfen von ova- ler Form geben, doch seien dies seltene Ausnahmen. Die Hoch- öfen im östlichen und nord- östlichen Frankreich hatten meist viereckigen Querschnitt. Die Feuchtigkeit unter dem Bodenstein wurde durch einen ge- wölbten Kanal Q (Fig. 61) abgezogen. Derselbe hatte an einer Seite ein Abzugsrohr im Arbeitsgewölbe (Fig. 65 L ), welches vor dem Ofen mündet und aus dem, infolge der Hitze des Ofens, fortwährend Dampf entweicht. Das Rauhmauerwerk wurde mit drei oder vier starken Holzbindern, Fig. 61 D D R R , zusammengehalten. Die Balken derselben waren 1 Fuss stark, es lagen drei bis vier übereinander, unten lagen sie auf vorsprin- genden Steinen auf. Der höchste lag in der Höhe der Gicht-Plattform. Die Hochöfen in Frankreich. Der Wall (dame), M Fig. 65, war nicht von einem Stein, sondern von einem starken Gussblock von 8 bis 10 Zoll Höhe und 12 Zoll Breite gebildet, welcher die Breite der Ofenseite nicht ganz ausfüllte und die Abstichöffnung frei liess. Dieser Wall schloss die untere Öffnung der Ofenbrust, die 15 bis 18 Zoll hoch und 17 bis 18 Zoll breit war, teil- weise ab. Zu beiden Seiten des Walles standen gusseiserne Platten, boustas genannt, welche oben das Tümpeleisen trugen, das gewöhnlich einfach aus einer Gans hergerichtet war. Durch die so eingerahmte Öffnung konnte man in das Innere des Ofens gelangen. Die Schlacken- trift N wurde durch zwei eiserne Stangen (gentilhommes), die sich an den Wall anlehnten, begrenzt. Das Weitere wird durch die Zeich- nungen genügend erläutert. Der Fluss (castine), den man in Berry und Nivernais anwendete, war ein weisser Kalkstein. In Bourgogne und Franche-Comté schlug man den feinkörnigen Bohnerzen einen leichtschmelzigen Lehm (terre d’herbue genannt), der vorher gestossen wurde, zu. Erz, Zuschlag und Kohlen wurden in Füllkörben (paniers) aufgegeben. Dieselben waren von verschiedener Grösse, die für die Kohlen (rasses) waren am grössten, die für das Erz (clous, couches) am kleinsten. Letztere fassten ½ Scheffel Pariser Mass, erstere ¼ Sack = 31 Pfd. Kohlen. Eine Gicht (une charge) bestand zu Grossouvre in Berry aus 8 Kohlenkörben, 11 Erzkörben und 3 Flusskörben. Ebenso bestand in der Franche-Comté die Erzgicht aus 11 bis 12 Körben zu 40 bis 50 Pfund. Die Chargen wurden in bestimmten Zeiträumen aufgegeben, doch bediente sich der Aufgeber eines Massstabes (becasse), um damit den Niedergang der Gicht zu messen, wie aus Fig. 61 zu ersehen ist, um den richtigen Zeitpunkt zum Aufgeben zu bestimmen. Dieser Massstab bestand aus einer Eisenstange, welche beweglich an einem Stiel, ähnlich wie ein Dreschflegel, befestigt war. Die Eisenstange hatte eine Länge von 2½ Fuss, und es war Zeit, frisch zu laden, so- bald sie ganz in den Ofenschacht hineinging. Die heisseste Stelle im Ofen befindet sich nahe vor der Form, indem der Windstrom ähnlich wirkt, wie die Flamme einer Glasbläser- lampe. Die Düsen der Blasebälge nehmen nicht die ganze Form- öffnung ein, so dass noch Raum bleibt, um die Schmelzung vor der Form beobachten zu können. Der Niedergang der Erze und die Schmelzung vor der Form darf nicht zu rasch erfolgen, damit das Eisen aus dem Erz Zeit hat, die erforderliche fettige Materie aus den Kohlen aufzunehmen. Gleichzeitig schmelzen die Asche der Kohlen, die Erden des Flusses und die Unreinigkeiten der Erze zu Schlacke. Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Diese Schlacke läuft über dem Damm auf der einen Seite, wo eine Schlackentrift zurecht gemacht ist, ab. Die Schlacken sind von sehr verschiedener Farbe, je nach der Natur der Erze. Die der Öfen in Nivernais waren grünlich, voll weisser Adern, dem Jaspis ähnlich. Andere sind wie Flaschenglas, andere weisslich, andere schwärzlich. Ausserdem wechselt die Farbe der Schlacken je nach dem Ofengang. Nachdem eine gewisse Anzahl Gichten niedergeschmolzen sind, hat sich soviel geschmolzenes Eisen im Herd oder Eisenkasten ange- sammelt, dass es Zeit wird, es abzustechen. Zu dem Zwecke formt man in dem Sandbett vor dem Ofen eine lange prismatische Rinne ein, in welche man das flüssige Roheisen zu einer „Gans“ (gueuse) von 1500 bis 2500 Pfd. Gewicht auslaufen lässt. In der Form hatte man mit römischen Zahlen die Nummer der Gans zuvor eingedrückt und diese erscheint nun erhaben auf dem Boden der Roheisenmasse. Nach dem Abstechen bricht man den Vorherd auf und reinigt den- selben, indem man die zähe Ziehschlacke über den Wall auszieht. Natürlich ruht während des Abstechens und während dieser Arbeit das Gebläse, das erst wieder angelassen wird, sobald der Vorherd und das Abstichloch wieder ordnungsmässig verschlossen sind. In den meisten Hütten öffnet man, nachdem ein bis zwei Gichten niedergeschmolzen sind, nochmals den Vorherd, um ihn zu reinigen und die Ziehschlacke zu entfernen. Man sticht gewöhnlich in 20 bis 24 Stunden zwei Gänse bei stillgestelltem Gebläse ab. Die Gans wird nach 10 bis 11 Stunden, nachdem sie erkaltet ist, aus der Vor- hütte gezogen und gewogen, wie es auf Fig. 60 zu sehen ist. Eine Wochenschmelze (fondée) hiess die Arbeit von sechs Tagen und da- nach wurde die Produktion gewöhnlich angegeben. Sie betrug meist 25000 bis 30000 Pfund. Eine Hüttenreise, d. h. die Zeit, während welcher ein Ofen im Betriebe war, hiess ouvrage, auch soudage, und wurde nach Monaten ausgedrückt. Sie wurde in Frankreich nicht eher beendet, als bis ein Fehler oder ein Mangel dazu zwang, und dauerte in Berry meist fünf bis sechs, manchmal bis elf Monate. Man bezeichnete die Hüttenreisen auch nach der Produktion, so dass man von Reisen oder Werken von 600000 oder 800000 Pfund sprach. Das Ausblasen des Ofens nannte man mettre-hors. Gegen Ende der Hüttenreise, wenn das Gestell schon ausgeschmolzen ist und sich erweitert hat, bilden sich leicht Eisenansätze im Ofen, Sauen (renards) genannt. Auch entstehen Ansätze von verglaster Materie in der Rast. Nach dem Ausblasen ist in der Regel die Windseite am meisten weggeschmolzen. Wenn man es in der Hand hat, bläst man Die Hochöfen in Frankreich. am besten im Herbst aus, weil man dann am wenigsten Wasser hat. Man benutzt die Zeit des Stillstandes, die nötigen Vorräte von Erz und Kohlen anzuschaffen. Bei dem Füllen des Ofens verfuhr man so, dass man erst den ganzen Ofen mit Holzkohlen füllte. Die Form war geschlossen. Man entzündete vom Wall aus. Waren die Kohlen soweit niedergebrannt, dass Raum für eine Gicht war, so setzte man sie, gab aber zu acht Körben Kohlen nur vier Körbe Erz und einen Korb Flussstein. War diese bis zur richtigen Höhe niedergegangen, so folgte die zweite Gicht von 5 Körben Erz und 2 Körben Flussstein, alsdann die dritte von 6 und 2½, die vierte von 7 und 3 Körben. Den Flussstein ver- mehrt man nicht weiter, der Erzsatz steigt bei der neunten Gicht auf 9 Körbe. Sobald die ersten Erzstücke in der Höhe des Dammes im Gestell ankommen, schlägt man den Rost (grille), d. h. man macht ein Gitter von Eisenstangen, die man vom Damm bis zur Hinterwand vortreibt. Die Stangen müssen dicht nebeneinander liegen, damit sie die ganze Füllung des Ofens abfangen. Man reinigt alsdann den Raum unter dem Rost, den Herd, sorgfältig und schlägt ihn dann mit einer 4 bis 5 Zoll dicken Lage von Kohlenstaub aus. Diese soll die Herdwände vor der unmittelbaren Wirkung des Windes und der ge- schmolzenen Massen schützen. Darauf zieht man den Rost, verschliesst den Vorherd mit Kohlen und Kohlenstübbe, öffnet die Form, legt die Düsen ein und beginnt zu blasen. Wir haben oben erwähnt, dass man die zähe Schlacke, welche sich im Herd sammelt, mit Stangen und Haken auszieht. Da diese Ziehschlacke noch Eisenkörner ein- gemengt enthält, so wird sie gepocht und dann verwaschen, wobei man die Pochschlämme durch ein Holzgerinne leitet, in welchem Querleisten am Boden aufgenagelt sind, welche die schweren Eisen- körner, das Wascheisen, zurückhalten, welches dann ausgeschöpft wird. An diesen Bericht Reaumurs über die Eisenhochöfen in Berry und Nivernais schliessen sich die weiteren Ausführungen von de Cour- tivron und Bouchu über die Hochöfen in Frankreich. Dass die achteckige Querschnittsform in Frankreich auch in andern Gegenden um die Mitte des vorigen Jahrhunderts beliebt war, ersehen wir aus einer Beschreibung der Hochöfen von Angoumois und Poitou von 1756 Siehe Courtivron und Bouchus Abhandlung in v. Justi , Schauplatz, Bd. III, S. 48. . Man hatte hier zweierlei Öfen, kleinere und engere für lettige Erze und grössere für thonfreie Erze. Bei ersteren Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. betrug die Höhe 6,957 m. Die innere Form war unregelmässig und bildeten die Querschnitte verschobene Achtecke, die Gichtöffnung da- gegen ein Trapez. Die Masse derselben sind aus untenstehender Fig. 66 zu ersehen. Die Masse des Kohlensacks sind nicht angegeben. Die Form lag 18 Zoll (0,487 m) über dem Boden, darüber erhob sich das Steinmauerwerk des Gestelles noch 5½ Fuss (1,787 m), die eigent- liche Rast war auf der Formseite höher als auf der Windseite, nämlich 4½ Fuss (1,462 m) auf 3½ Fuss (1,137 m), so dass die Rast über der Form steiler, auf der Windseite flacher war. Das Mittel der Form lag 2½ Zoll (0,068 m) näher der Rückseite als der Tümpelseite. Zur Herstellung der richtigen Profile des Ofeninneren wurden die Haupt- querschnitte in Gestalt von Rahmen, durch deren Ecken Seile ge- zogen wurden, eingesetzt. Die Hochöfen für die nicht lettigen Erze waren 8,121 m hoch, die Gichtöffnung war rechtwinkelig 0,975m auf 0,568 m. Der Quer- Fig. 66. schnitt des Gestelles vor den Formen war ebenfalls ein Achteck, dessen zwei lange Sei- ten 0,568 m, die Hin- terseite 0,406 m, die Vorderseite 0,433 m, die vier gebrochenen Ecken 0,217 m massen. Die Form lag 20 Zoll (0,541 m) über dem Boden. Ein solcher Ofen stand zu Verrières bei Poitiers in gutem Betriebe. In der Champagne, in Burgund u. s. w. hatten die Hochöfen dagegen rechtwinkeligen Querschnitt, wie in Deutschland. Ihre Höhen schwankten von 18 bis 26 Fuss (5,847 bis 8,446 m), die Gicht von 22 bis 28 Zoll (0,595 bis 0,758 m) auf 25 bis 30 Zoll (0,677 bis 0,812 m) in Breite und Länge, im Kohlensack von 52 bis 58 Zoll (1,408 bis 1,570 m) auf 60 bis 72 Zoll (1,624 bis 1,949 m), dabei lag der Kohlen- sack 6 bis 8 Fuss (1,949 bis 2,599 m) hoch; die Form 12 bis 20 Zoll (0,325 bis 0,541 m) über dem Boden in ⅓ Abstand von der Hinter- seite und ⅔ vom Tümpel, um die Hitze mehr nach hinten zu bringen, wo der Schmelzer mit seiner Brechstange weniger gut reinigen konnte. Die Breite des Gestelles war in der Regel gleich der Höhe der Form vom Boden. Für schwerer schmelzbare Erze machte man die Öfen höher als für leichter schmelzbare und setzte die Form tiefer. Bei Die Hochöfen in Frankreich. leichter schmelzbaren Erzen machte man die Gicht weiter, die Rast enger und das Untergestell höher. In der Kenntnis dieser Verhält- nisse lag die geheime Wissenschaft der Schmelzer. Man verwendete sowohl Sandstein als auch Kalkstein zum Ofenbau, und den Verfassern war ein aus letzterem Material erbauter Ofen bekannt, der in einer Reise 1½ Million Pfund Eisen gemacht hatte. In dem Aufsatz von Courtivron und Bouchu wird ferner auch ein Vergleich des Kohlenverbrauchs bei dem direkten und indirekten Verfahren angestellt. Danach war der Aufwand in den Katalanschmieden 3 Pfund Kohle auf 1 Pfund Eisen. Bei dem Hoch- ofen brauchte man 1 Pfund und 13 Unzen 1 Livre = 16 Unzen = 0,4895 kg. Kohlen zu einem Pfund Guss; da man zu einem Pfund Schmiedeeisen 1½ Pfund Guss braucht, so würde der Kohlenaufwand im Hochofen 43½ Unzen (= 272 Proz.) auf das Pfund Eisen betragen. Nimmt man an, dass zur Umwandlung des Gusseisens in Schmiedeeisen ebenso viel Kohle verbraucht wurde, so belief sich der gesamte Kohlenverbrauch für 1 Pfund Schmiedeeisen auf 5 Pfund und 7 Unzen (= 544 Proz.). Die Verfasser nehmen rund 6 Pfund in der Periode des Anheizens des Hochofens und 5 Pfund bei vollem Gange an. In Burgund und Champagne stellte sich der Kohlenverbrauch bei der gewöhnlichen Arbeit sogar auf 7½ Pfund, bei der verbesserten Arbeit immer noch auf 5 Pfund. Im ganzen war also die Schmiedeeisenerzeugung in Katalanschmieden hinsicht- lich des Kohlenverbrauches sparsamer. Dieselben Verfasser stellen sodann allgemeine Betrachtungen über den Bau der Hochöfen an. Einzelne ihrer Bemerkungen verdienen vom historischen Standpunkte aus Beachtung. Das Rauhgemäuer hatte meistens eine unverhältnismässige Stärke im Vergleich zu dem inneren Ofenraum, und zwar mehr als für den Zweck der Zusammenhaltung der Wärme erforderlich war. Dafür lag kein anderer Grund vor als der, eine recht grosse Plattform auf der Gicht zu bekommen. Die Verfasser weisen mit Recht darauf hin, dass dies die Anlage verteure und man besser auf andere Weise, durch Anlehnung an einen Ab- hang u. s. w., sich helfe. Sie weisen ferner auf ein Mittel hin, das massive Rauhmauerwerk rascher und besser auszutrocknen, was da- durch geschehe, dass man lose zusammengerollte Blechrohre, in welche die Dämpfe eindringen könnten, in Abständen von je 2 Fuss einmaure. Die Verfasser vertreten dagegen die verkehrte Ansicht, dass niedrige Öfen, und zwar solche von 18½ Fuss (6 m) Höhe, vorteilhafter seien Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. als höhere von 21 oder 25 Fuss (7 bis 8 m) Höhe. Dass sie bequemer sind, ist klar, auch dass die Gichten rascher vor die Form gelangen, was bei Unregelmässigkeiten des Ofenganges, wie sie ja bei dem da- maligen Betriebe fortwährend vorkamen, von Wichtigkeit war; dass sie aber an und für sich ökonomischer seien, ist unrichtig, und wenn sie Erfahrungen und Versuche dafür anführen, so muss man an- nehmen, dass sie in den höheren Öfen denselben Wind zugeführt haben, wie in den niedrigen, dass aber ihre Blasebälge so schwach waren, dass sie nur für den Ofen von 18 Fuss gerade ausreichten, für die höheren aber nicht. Für die inneren Ofenwände soll, mit Aus- nahme des Gestelles, eine Dicke von 2½ Fuss (0,677 m) vollkommen genügen. Wie mangelhaft und undauerhaft der Ofenbau aber damals war, geht daraus hervor, dass man in Frankreich Hochöfen vielfach mit Kalksteinplatten von wenigen Zoll Dicke und gewöhnlichem Mauer- mörtel ausmauerte, was sich allerdings wohl nur auf den Schacht beziehen kann, da die Rast ja aus Masse gestampft wurde. Solche Öfen mussten nach jeder Schmelzung durchaus erneuert werden. Die Verfasser weisen mit Recht auf die Nachteile eines so ungeeigneten Materials und einer so unvorteilhaften Ausmauerung hin. Sie empfehlen da, wo natürliche feuerfeste Steine fehlen, Backsteine. Für die Masse zum Ausstampfen der Rast mischte man 5 Tle. Thon mit 4 Tln. Sand. Gestelle aus Masse waren in Frankreich damals nicht im Gebrauch, wohl aber in den österreichischen Alpenländern. Man benutzte dabei Leerrahmen von Brettern, die den Raum umschlossen, der leer bleiben sollte. Man setzte einen Rahmen auf den andern, nachdem man den Raum dahinter ausgestampft hatte. Wenn die Rahmen weggenommen waren, so trocknete der Sand sehr geschwind; hatte man aber Thon verwendet, so musste man ihn verschiedene Tage hintereinander immer wieder von neuem schlagen, gewissermassen, als wenn er unter dem Schlagen trocken werden sollte. Wenn man Kalksteine zur Ausmauerung anwendete, so musste man zwei Wände hintereinander aufführen, von denen die innere die falsche Wand (fausse-parois) hiess. Der Grund hierfür war der, dass die innere Wand, die rasch zerstört wurde, sich für sich ablöste und ausgebessert werden konnte, ohne dass der Ofen selbst Schaden litt. Für einen Ofen von 18½ Fuss (6 m) Höhe, wie sie ihn für Burgund und überhaupt als Normalofen vorschlagen, geben die Verfasser folgende Masse: Das Gestell, welches sie oval machen, soll haben: Länge des Gestelles 18½ Zoll (0,501 m), in der Breite des Gestelles 13 Zoll (0,352 m), in der Formhöhe 13 Zoll (0,352 m), Abstand des Die Hochöfen in Frankreich. Formmittels von der Hinterwand 6½ Zoll (0,176 m), Abstand des Formmittels von dem Tümpel 12 Zoll (0,325 m). Die Form soll mit ihrem flachen Boden horizontal liegen, das Formmaul soll so eng sein, wie eine der Düsenöffnungen. Die Form- öffnung soll sich vorn erweitern, der Bequemlichkeit der Arbeit wegen. Das Obergestell, d. h. der Abstand von der Form bis zum Anfang der Rast, soll ebenfalls 13 Zoll betragen. Die Rast soll 52 Zoll (1,408 m) hoch, 60 Zoll (1,624 m) lang und 50 Zoll (1,754 m) breit sein. Der Kohlensack liegt 6½ Fuss (2,111 m) über dem Boden, von da bis zur Gicht ist der Schacht 12 Fuss (4,889 m). Die Gicht soll 20 auf 24 Zoll (0,541 bis 0,650 m) haben. Die Ecken sollten durchweg abgerundet sein, so dass der Querschnitt eine eirunde Gestalt hatte. Dass nur die Bequemlichkeit der Meister der Grund war, weshalb man an der rechtwinkeligen Form überhaupt noch festhielt, gehe schon aus dem Bericht eines Herrn Guerchois von dem Jahre 1717 hervor, in dem es heisse: „In der Grafschaft Burgund ist ein Hochofenmeister, der die Wände einiger seiner Öfen nach der Form eines abgestumpften Kegels, andere acht- eckig, andere zehneckig hatte machen lassen, allein er hat es, weil die Ausführung davon schwer war, doch wieder dabei bewenden lassen, so dass die Öfen mehr eine viereckige als länglich runde Gestalt be- halten haben.“ Bei dem ovalen Querschnitt konnte man die von Swedenborg beschriebene Drehschablone nicht brauchen, statt dessen bediente man sich, wie oben erwähnt, entsprechender Rahmen von Flacheisen, in welchen ringsum Löcher eingebohrt waren, durch welche Seile gespannt wurden, wodurch man die Form des Ofen- inneren erhielt. Zu bemerken ist noch, dass man in Frankreich wie auch in andern Ländern mit einer Nase blies, d. h. dass man an dem Form- rüssel eine künstliche Verlängerung von Thon anbrachte, wodurch der Schmelzpunkt mehr in den Herd hinein verlegt wurde, und der man je nach Bedürfnis eine gerade, nach unten oder nach einer Seite geneigte Richtung geben konnte. Die Kohlengichten, die vordem 360 Pfund (176 kg) betrugen, wurden mit Vorteil auf 280 Pfund (137 kg) vermindert. Die Erze sollten gewaschen und geröstet sein. Pulverige Erze musste man anfeuchten. Während die französischen Metallurgen glaubten, einen Universal- Hochofen nach einheitlichem Muster und sogar gleichen Massen auf- finden und einführen zu können, entwickelte sich der Hochofenbau in der Praxis gerade in entgegengesetzter Richtung. Es bildeten sich Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. nationale oder provinzielle Typen von Hochofenformen aus, wie sie den Erzen der betreffenden Landschaften entsprachen und an denen die Hochofenmeister mit Zähigkeit festhielten. Diese landschaftlichen Hochofentypen entwickelten sich erst im Laufe dieses Jahrhunderts zu voller Schärfe. Deutschland hat davon eine Anzahl charakteristi- scher und durchaus voneinander abweichender aufzuweisen. Die Flossöfen in Steiermark und Kärnten. Am Erzberg in Steiermark hielt man bis um die Mitte des 18. Jahrhunderts an dem alten Stückofenbetrieb fest. Der konser- vative Sinn der Plaameister klammerte sich an das Hergebrachte und wollte von der Einführung des Hochofenbetriebes nichts wissen, teils aus Bequemlichkeit, teils aus Furcht, dass die Qualität ihres Eisens und Stahls und damit das Renommee ihrer Ware dadurch leiden könnten. Als der Hüttenmeister Anthes im Jahre 1719 im Auftrage der französischen Regierung seinen Bericht schrieb, kannte man am Erzberg nur Stücköfen und ebenso war es, als Swedenborg 1734 sein Buch über das Eisen veröffentlichte. Sowohl in Eisenerz als in Vordernberg schmolz man noch alles Eisen in Stücköfen. Der grosse Kohlenverbrauch derselben zwang aber endlich doch die Radmeister dazu, den alten Betrieb aufzugeben und Flossöfen, wie in Kärnten, zu erbauen. Schon 1665 hatte Graf Schwarzenberg einen solchen er- baut gehabt. Derselbe stand aber nicht lange im Betriebe, angeb- lich, weil der Kohlenverbrauch für das Frischen des darin erblasenen Roheisens auf den Hammerwerken zu gross war. Später muss aber doch der Betrieb wieder aufgenommen worden sein, denn Reaumur erwähnt den Schwarzenbergischen Flossofen zu Turrach („Durach“) als den einzigen in Steiermark. Die Erbauung der ersten Flossöfen am Erzberg fällt um das Jahr 1750 Siehe Ferber , Anhang zur Abhandlung über die Gebirge und Bergwerke in Ungarn, S. 273. . Als Jars im Jahre 1758 Eisenerz besuchte, befanden sich bereits mehrere daselbst im Betriebe. Sie waren auffallend niedrig, nämlich nur 11 bis 12 Fuss (3,753 bis 3,898 m) hoch. Über dem Schmelzofen war ein gemauerter Kamin von gleicher Höhe aufgeführt (s. S. 133, Fig. 71 b c ) Jars Zeichnungen stimmen mit seiner Schilderung nicht ganz überein. Nach dem beigefügten Massstabe wäre der gezeichnete Ofen im Lichten 15 Fuss . Die Flossöfen in Steiermark und Kärnten. Der Abstand von der Formseite zur Windseite betrug 2 Fuss 10 Zoll (0,920 m), von dem Stich bis zur Hinterseite zu 2 Fuss 8 Zoll (0,866 m). Der Ofen erweiterte sich bis auf ein Drittel seiner Höhe, wo er 3 Fuss (0,975 m) mass. Von da zog er sich nach oben wieder zusammen, so dass er an der Gicht nur 2 Fuss (0,650 m) weit war. Auf den Bodenstein schlug man eine Sohle von Gestübbe etwa 1 Fuss hoch. Man blies durch den Stein, die Lehmform wurde in einer Höhe von 15 bis 16 Zoll (0,406 bis 0,433 m) über Bodenhöhe angebracht Nach Dangenoux und Wendel (1769) in Eisenerz 2 Fuss, zu Vordern- berg 17 Zoll. . Das Flossschmelzen fing Montags früh an. Man füllte zuerst den Ofen mit 18 Körben Kohlen, deren jeder 8½ Kubikfuss hielt; gab dann auf, wie auch bei den Stücköfen, und stach alle 2 bis 2½ oder 3 Stunden ab, und zwar Roheisen und Schlacken zusammen, die man in eine flache, in Gestübbe ausgeschlagene Grube von etwa 4 Fuss Durchmesser laufen liess, so dass das Eisen einen Kuchen von etwa 1 Zoll Dicke bildete. Je dünner das Roheisen war, je leichter schmolz es im Frischherd. Das ganze Gewicht eines Abstiches betrug 3 bis 4 Ctr. Eisen. Im Anfang fiel Hartfloss, weil der Ofen noch zu kalt war, um schon Weichfloss machen zu können. Hiermit begann man erst am Dienstag Mittag. Bis dahin war die erste Lehmform schon so weit abgeschmolzen, dass sie erneuert werden musste, wobei man die Bälge auf die Seite schob. Nach dem Wiederanblasen gab man anfangs mehr Kohlen und weniger Erz, weil durch die Erneuerung der Form der Ofen unten kalt geworden war, dann aber stieg man mit dem Erzsatz, um einen übersetzten Gang zu bekommen. Man liess hierbei das Eisen länger im Ofen, stach also in grösseren Pausen ab. Dieser Betrieb war ökonomisch der vorteilhaftere, liess sich aber nicht lange durchführen, weil alsbald das dicke, zähe, halbstahlartige Eisen sich am Boden festzusetzen anfing. Nahm dies zu, so musste man wieder schärfer und auf harten Floss blasen. Gewöhnlich konnte man von Dienstag Mittag bis Freitag Mittag Weichfloss machen, dann musste man bis Sonnabend früh, wo man den Ofen eindämmte und den Wind abstellte, wieder auf Hartfloss blasen. Mehr oder weniger Weichfloss zu machen, hing von der Beschaffen- heit der Erze und von der Geschicklichkeit des Schmelzers ab. Man verschmolz in einem solchen Ofen wöchentlich, d. h. von Montags hoch, 3 Fuss am Boden, 4 Fuss vor der Form und 5½ Fuss im Kohlensack, welcher sich in der halben Höhe des Ofens befindet, weit. Die Gestalt des Ofens, der nur ein Gewölbe für die Blasebälge und den Abstich hat, gleicht noch sehr einem Stückofen. Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. früh bis Sonnabend früh, 400 Ctr. Erz und brauchte dazu gegen 600 Mass Kohlen, das Mass zu 4½ Kubikfuss gerechnet. Der Kohlen- aufwand war demnach sehr beträchtlich. Fig. 67. Fig. 68. Fig. 69. Fig. 70. Jars teilt nebenstehende Ofenprofile mit. Fig. 67 soll den Höhenschnitt eines Eisenerzer, Fig. 69 den eines Vordernberger Ofens (von 1758) darstellen. Aus den Grundrissen Fig. 68 und Fig. 70 ergiebt sich, dass nur ein Gewölbe in dem Rauhgemäuer ausgespart Die Flossöfen in Steiermark und Kärnten. Fig. 71. Fig. 72. war, so dass Abstich-, Wind- und Arbeitsseite eins waren, wie bei den Stücköfen. Die Eisen- erzer Öfen hatten runden, die Vordernberger qua- dratischen Querschnitt. In Kärnten haben die Flossöfen früher Ver- breitung gefunden als in Steiermark, und als Gabriel Jars im Jahre 1758 den Erzberg bei Hüttenberg besuchte, fand er den Flossofenbetrieb dort bereits vorherr- schend. Auch waren alle Öfen, sowohl die Stück- als wie die Flossöfen, „hohe Öfen“ von 18 bis 20 Fuss (5,847 bis 6,497 m) Höhe. Die Flossöfen wa- ren von denen zu Eisenerz verschieden. Fig. 71 u. 72 stellen einen Kärntner Flossofen nach Jars ’ Zeichnung dar. Das hohe und schmale Ofenprofil war lange Zeit charakteri- stisch für die Kärntner Hochöfen. Wie aus dem Grundriss zu ersehen, war bei ihnen das Arbeits- gewölbe und das Form- gewölbe („der Formstall“) getrennt. — Gestell und Gicht waren viereckig, der dazwischenliegende Ofen- raum, Rast und ein Teil des Schachtes aber rund. Beck , Geschichte des Eisens. 22 Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Nach dem beigefügten Massstabe hatte das Gestell 0,60 × 0,45 m, die Rast 1,10 m im Durchmesser, die Gicht 0,53 m im Quadrat. Diese Masse stimmen ziemlich mit den von Swedenborg angegebenen (S. 156) überein. Die Form lag 13 Zoll (0,352 m) über dem Boden- stein, der nach dem Stich zu abschüssig gelegt war. Die Öfen waren von einem feuerbeständigen Granit erbaut, das Rauhmauerwerk war 4,20 m im Quadrat. Man stach das Eisen, welches verschickt werden sollte, in Gänze, die 4 bis 6 Fuss lang, 1 Fuss breit, 4 Zoll dick und 5 bis 6 Centner schwer waren, ab. Dangenoust und Wendel , welche 1769 Kärnten bereisten, machen noch folgende Angaben. Eine Gicht oder Charge bestand aus 1 Mass Kohlen zu 3 Fuss breit, 3½ Fuss lang und 2½ Fuss hoch und aus einem Kübel Erz, welcher 18 Zoll im Quadrat und 12 Zoll hoch war. Die Erze, spatige Brauneisensteine, wurden in viereckigen Stadeln geröstet. Man schmolz sie ohne Zuschlag, arbeitete mit der Stange nicht im Ofen und stach keine Schlacken vor dem Abstechen ab, wenn sie nicht gerade bis vor die Form stiegen. Alle vier Stunden hatte man einen Abstich von 5 bis 6 Ctr. Roheisen. War das Eisen für den eigenen Gebrauch, so liess man es in einen Sumpf laufen. Auf die Schlacke, welche das Roheisen bedeckte, goss man Wasser und zog sie ab. Alsdann spritzte man auf die Oberfläche des Eisens Wasser, so dass diese erstarrte und man eine Scheibe Eisen abheben konnte, danach spritzte man wieder Wasser auf und hob die zweite Scheibe u. s. w. Je dünner die Scheiben wurden, desto besser war das Roheisen. Alsdann wurde das Stichloch einfach mit Lehm wieder verschlossen, ohne dass eine Reinigung des Herdes nötig gewesen wäre. Ein Ab- stich ergab 5 bis 6 Centner Wiener Gewicht, so dass ein Ofen in 24 Stunden 30 bis 36 Centner Roheisen lieferte, und dieses die neun Monate durch, die er im Gange war. So verfuhr man überall, ausser wo man Eisen für entfernt liegende Hämmer oder für die Stahl- fabriken machte. Dieses liess man in Gänze laufen, wie es Jars angiebt. Dieselben wurden dann umgeschmolzen und in Scheiben gerissen, ehe man sie verfrischte. Alles Roheisen in Kärnten war weiss, wie auch das in Steier- mark, und hielt man das weisse für besser als das graue, sowohl zum Eisen- als zum Stahlmachen. In Steiermark blieb man nicht bei den ersten von Jars be- schriebenen niedrigen Flossöfen stehen, sondern erhöhte sie und veränderte auch ihre Gestalt. Es scheint, dass in der Beziehung in den ersten Jahrzehnten viel experimentiert wurde, weshalb auch Die Flossöfen in Steiermark und Kärnten. die Berichte verschiedener Reisender über die Flossöfen zu Eisenerz und Vordernberg durchaus nicht übereinstimmen. Pantz und Atzl schreiben Versuch einer Beschreibung der vorzüglichsten Berg- und Hüttenwerke des Herzogtums Steiermark von V. Ignatz Ritter von Pantz und A. Jos. Atzl . Wien 1814. S. 113. : „Im Jahre 1762 wurden also die Stücköfen gänzlich abgeschafft und dafür Flossöfen von 14 bis 16 Fuss Höhe aufgeführt. Unter diesen war einer, den man einen Hochofen nannte. Er war 22 Fuss hoch und stand auf dem Platze, wo jetzt der Rupprechtische Ofen ist. Zur Einführung dieser Arbeit wurden Schmelzleute aus Kärnten geholt, die, wie dort, mit kupfernen Formen schmolzen und sogenannte Gänze oder Kärntner Stritzel abstachen. Weil man sich aber vom Stückofenprozess dadurch sehr entfernte, in dieser Arbeit noch un- erfahren war und meistens sehr gekohlte, graue und spieglichte Flossen erzeugte, welche die Hammerwerke gegen ihr voriges, schön weiss-metallisches und nur wenig gekohltes Eisen nicht zu verarbeiten wussten, da ihnen die Zustellung der Feuer für dieses Eisen noch unbekannt und die Entkohlungsmittel desselben nicht in ihrer Er- fahrung lagen, so erhob sich über dieses Rohgut eine Menge Klagen, wobei die Stadt Steyr und die Waidhofner Fabrikanten, die jene geschmiedete Ware verarbeiteten, nicht still blieben. Diese Beschwerden machten den Beschluss notwendig, jenen Ofen wieder abzutragen und in den eben erst eingeführten Flossöfen die Arbeit zu verfolgen, ungeachtet selbst das aus ihnen erzeugte Roheisen den Hammerwerken noch nicht behagen wollte, die den Unterschied gegen das der Stück- öfen nur zu sehr fühlten.“ Die Masse der gewöhnlichen Flossöfen wichen in der Höhe um 2 Fuss, in der Weite nur um 6 Zoll von den Stücköfen ab. Der damals neu zugestellte Wendensteiner Ofen hatte folgende Masse: Vom Bodenstein bis zum Kohlensack 7 Fuss — Zoll (2,212 m) Von diesem bis zur Gicht 7 „ 6 „ (2,370 m) Ganze Höhe 14 Fuss 6 Zoll (4,582 m) Weite der Gicht von der Form- zur Windseite 2 Fuss — Zoll (0,632 m) „ von der Brust- zur Hinterseite 3 „ — „ (0,978 m) „ im Kohlensack 5 „ 3 „ (1,659 m) „ am Bodenstein von der Form- zur Windseite 3 „ 6 „ (1,136 m) „ von der Brust- zur Rückenseite 3 „ — „ (0,978 m) 22* Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Der Schacht war übrigens rund und hintersässig, d. h. wenn man von der Mitte der Gichtöffnung einen Senkel bis auf den Bodenstein herab- liess, so musste er gerade die Wind- oder Schussseite noch berühren. Das Gestell stand daher um 21 Zoll von der Mittellinie ab gegen die Formseite hin, und zwar aus dem Grunde, damit die Lehmform durch die Schwere der niedergehenden Sätze nicht abgedrückt wurde. Der von der Gichtöffnung noch weiter aufgeführte trichterförmige Kranz betrug in seiner gesamten Höhe 5 Fuss (1,580 m) und ebenso viel in seiner grössten Weite. Statt der Kupferformen setzte man damals eine Form von Lehm ein. Man stopfte zu diesem Zwecke mehrere Ballen Lehm in das Fig. 73. Formloch und trieb mitten durch noch einen grossen läng- lichen Keil von Lehm weiter in den Ofen hinein, der mit einem cylindrischen Stab so durchbohrt wurde, dass die Mündung horizontal war, 3 Zoll (0,079 m) weit, und so lange sie nicht abbrannte, 18 Zoll (0,473 m) in das Gestell hinein- ragte und ebenso weit vom Bodenstein entfernt lag. Durch die Führung der Formnase dirigierte man den Ofen auf raschen und langsamen Gang; für schnellen Niedergang der Gichten wurde sie aufwärts gerichtet, für langsamen abwärts, wobei das Eisen mehr entkohlte und die Schlacken flüssiger wurden. Kurz liess man die Nase, um die Eisen- ansätze von der Formseite wegzuschmelzen, lang, um mehr zu produzieren. Die horizontale Lage war die übliche bei normalem Gang. Die Hintersässigkeit war charakteristisch für die steierischen Floss- öfen und es ist auffallend, dass Jars nichts davon erwähnt. Seiner Zeichnung nach hätten Gestell und Schacht in einer Achse gelegen. Nach Jars ’ Reisebericht sind noch verschiedene Beschreibungen des Flossofenschmelzens in Steiermark veröffentlicht worden Ausser den angeführten aus dem 18. Jahrhundert besonders: Ferbers Abhandlungen über die Gebirge und Bergwerke in Ungarn, nebst einer Beschreibung des steierischen Eisenschmelzens und Stahlmachens von einem Ungenannten, 1780. . Eine sehr Die Flossöfen in Steiermark und Kärnten. gute von einem Steiermärker findet sich als Anhang in Ferbers Abhandlungen über die Gebirge und Bergwerke in Ungarn (1780). Ausserdem veröffentlichte Schreber im Schauplatz der Künste und Gewerbe, Bd. XI, S. 1772 die Zeichnung (Fig. 73 und 74) eines Eisenerzer Flossofens. Das Rauhmauerwerk oder der „Ofenstock“ Fig. 74. ( A B C D ) hatte quadrati- schen Querschnitt und senk- rechte Seitenwände. Es bildete annähernd einen Würfel. In seinem Inneren war ein viereckiger Hohl- raum ( E F G H ) ausgespart, in welchen der eigentliche Schmelzofen mit feuerfestem Lehm (Masse) eingebaut wurde; man nannte dies die „Leimfütterung“. Die Seitenlänge des Ofenstockes betrug je 3 Klafter = 18 Fuss Ein Wiener Fuss = 12 Zoll = 0,316 m. (5,688 m), die Höhe 16 Fuss 3 Zoll (5,315 m). Die Seite, wo das Gebläse lag, hiess die Brustseite ( C D ), wie bei den Stück- öfen (auch Kamm- oder Balgseite); die der Brustseite gegenüberstehende Seite A B nannte man die Schussseite. Die Seite B D , wo das Wasser auf das Rad geführt wurde, wodurch die Welle, die das Gebläse trieb, be- wegt wurde, hiess die B. F. Hermanns Beschreibung der Manipulation, durch welche in Steiermark, Kärnten und Krain der berühmte Brescianstahl verfertigt wird, 1781. Scopoli , Anfangsgründe der Metallurgie, 1789, S. 172. Klinghammer , Von Eisenwerken und Stahlfabriken in Steiermark; Bergmännisches Journal 1788, Bd. I. Wille , Vom Eisenschmelzen im Herzogtum Kärnten in Crells Beiträgen z. d. chem. Anal., Bd. I, St. 4, S. 9. Hacquets Mineralogisch-botanische Reise in Tirol 1784; Be- schreibung der Eisenberge und Hüttenwerke zu Eisenerz in Steiermark etc., Wien 1788. O’Reilly , Annales des Arts et Manuf., T. XIX, p. 113. Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Wasserseite, und die dieser entgegengesetzte Seite A C nannte man die Schoppseite, weil hier der Schopp, d. h. der Abstich, sich befand. In der Schoppseite war das Abstichgewölbe K , in der Brustseite das Formgewölbe W ausgespart. Die Wände des Ofenstocks waren von ungleicher Dicke; diese betrug an der Brustseite 4 Fuss (1,264 m), an der Schussseite 6 Fuss (1,896 m), an der Schopp- und der Wasserseite je 5 Fuss (1,580 m). Man erbaute den Ofen auf möglichst trockenem Grunde. Der Sicherheit wegen führte man ein gemauertes Fundament auf, und zwar zunächst eine 2 Fuss (0,632 m) starke Grundmauer A B X Y , auf dieser wurde der Kreuzkanal N , welcher der „Luftgraben“ genannt wurde, ½ Fuss (0,158 m) breit und ½ Fuss hoch aufgeführt, aus dessen Mündung an der Brustseite unter dem Gebläse ein blechernes Rohr in das Freie geführt wurde, um die durch die Hitze des Schmelzofens sich bildenden Dämpfe abzuleiten. — Über den Luft- graben, der mit Steinplatten oder Ziegeln gedeckt ist, kommt eine Lehmsohle und über diese der Bodenstein Diese fehlen in der Zeichnung. , der etwa 1 Fuss (0,316 m) dick war, zu liegen; daher hatte der ganze Ofenstock vom Grunde des Fundaments bis zur Gicht, „dem Eingang“, 19 Fuss 9 Zoll (6,162 m) Höhe. Über jedem Flossofen war ein turmartiger Windfang aufgemauert, 5 Klafter (9,48 m) Nach der Zeichnung aber nur 22 Fuss (6,952 m). hoch, der sich nach oben etwas verengte. Zum Bodenstein wählte man eine flache Platte von feuerfestem Thon- schiefer und gab ihm ½ Zoll Neigung gegen die Schoppseite. Auf diesem wurde die Wandung des Ofens vom Boden aufsteigend nach einem bestimmten Profil bald dicker, bald dünner, mit feuerfestem Lehm aufgestampft oder „angeschlagen“. Man nannte dies „das Sumperschlagen“ „Sumper“ soll die Eisenerzer Bezeichnung für Lehm gewesen sein. . Diese Arbeit, die vordem bei der Stück- oder Masserzeugung nur alle 12 Jahre wiederholt worden war, musste bei den Flossöfen, weil der Lehm durch die grössere und beständige Hitze rascher verzehrt wurde, alle drei bis vier Jahre von neuem vorge- nommen werden. Den unteren Teil des Ofens, besonders über der Schoppseite, wo die grösste Hitze zu sein pflegte, musste man öfters ausbessern. Geschah dies so gründlich, dass besondere „Reifeisen“, hinter denen man den Lehm einstampfte, eingesetzt werden mussten, so nannte man diese Arbeit das „Reifsetzen“. Solche Ausbesserungen nahm man natürlich nur vor, wenn der Ofen nicht im Gange war. Die Länge der Schmelzkampagnen war damals aber viel weniger von der Haltbarkeit des Ofens, als von anderen ökonomischen Be- Die Flossöfen in Steiermark und Kärnten. dingungen abhängig. Sowohl beim Sumperschlagen, als beim Reif- setzen war hauptsächlich auf die richtige Legung der „Bruststange“ ( Q R ) acht zu geben, denn durch diese wurde der Platz der Form ( O ) und die „Hintersässigkeit“ des Ofens bestimmt. Die Bruststange musste 2 Fuss 6 Zoll (0,79 m) hoch liegen; denn wenn solche niedriger gelegt wurde, musste man auch die Form niedriger machen, was erfahrungs- mässig einen grösseren Aufwand an Kohlen und eine schlechtere Arbeit verursachte. Ihr Abstand vom Ofenmittel wurde in folgender Weise festgestellt; man senkelte von der Mitte der Brust- (Balg-) seite der Gichtöffnung und legte die Bruststange 21 Zoll (0,563 m) von dem Lot ab, um welche 21 Zoll dann der Ofen hintersässig wurde. „Stünde der Ofen senkrecht, so würde die ganze Last des Erzes und der Kohlen auf die Form hinunterfallen und solche, da sie nur aus Leim gemacht ist, abdrücken, oder das Erz über derselben, weil dahin die Luft am wenigsten wirkt, sich anlegen und versetzen. Bei so ge- staltetem Bau des Ofens wird die Form gleichsam von der Hinter- sässigkeit geschützt und Kohle und Erz kommen vor die in den Ofen hineinragende Lehmform, wo der Wind am meisten wirken kann.“ Man legte gewöhnlich zwei eiserne Bruststangen in einen Abstand von 3 Zoll (0,079 m) parallel nebeneinander, sie ruhten auf den an beiden Enden gesetzten Brustmäuerchen und hielten die ganze Brust, d. h. die Wand des inneren Ofens auf der Balgseite bis zum Form- gewölbe. Die Wand unter den Bruststangen bis zur Sohle nannte man den „Krenn“. Diese ganze Anordnung rührte noch von den alten Stücköfen her, wie auch die Bezeichnung Brustseite für die Blaseseite, während wir gewohnt sind, unter der Brustseite die Abstich- seite zu verstehen. Um den Sumper zu schlagen, wurde der innere Hohlraum des Ofens mit weissem, feuerfestem Lehm, einem vorzüglichen Kaolin, der am Erzberg selbst gewonnen wurde, so ausgefüllt, dass nur die tiegel- förmige Höhlung, welche den Schmelzraum bildete, ausgespart blieb. Dieser Hohlraum lag näher nach der Brust- oder Balgseite zu, so dass die Lotlinie vom Mittelpunkte des „Eingangs“ (der Gicht) der Schussseite zufiel. Übrigens war auch der Querschnitt in keiner Ofenhöhe ein vollständiger Kreis, sondern eine sich mehr oder weniger dem Kreis nähernde Ellipse, die sich nach oben hin verdrehte. Am „Boden“ betrug die Entfernung der Schoppseite von der Wasserseite 3 Fuss 2 Zoll (1 m) und von der Brust- bis zur Schussseite 3 Fuss 6 Zoll (1,158 m); im „Bauch“ oder Kohlensack, der sich wie bei den Stücköfen in der halben Höhe des Ofens befand, war die Weite zwischen Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Schopp- und Wasserseite 5 Fuss 4 bis 5 Zoll (1,685 bis 1,688 m), zwischen Brust- und Schussseite 5 Fuss 2 bis 3 Zoll (1,633 bis 1,660 m); hier war also der letztere Durchmesser der kleinere. Dasselbe war am „Eingang“ der Fall, wo der Abstand zwischen Schopp- und Wasser- seite 2 Fuss 6 Zoll (0,79 m), zwischen Brust- und Schussseite nur 2 Fuss 2 bis 3 Zoll (0,685 bis 0,711 m) Siehe Schreber , a. a. O., S. 16, woselbst das Mass der Abstände der vier Seiten von der Lotlinie von Fuss zu Fuss der Höhe in einer Tabelle zusammen- gestellt ist. betrug. Der Bodenquer- schnitt war demnach gegen den Querschnitt des Bauches und des Eingangs verdreht. Dazu kam nun noch die Hintersässigkeit, wodurch die Mittellinie um etwa 10 Zoll von der Lotlinie abwich. Beim Aufstampfen des Krenns liess man in der Mitte desselben eine dachförmige Öffnung für die Form frei. In diese Öffnung wurde dann die Form, oder wie man in Steiermark sagte, die „Ferne“ ein- gesetzt. Sie bestand aus einer von grauem Lehm mittels des hölzernen Formnagels ausgehöhlten, 18 Zoll langen Röhre, welche nach der Beschaffenheit der Schmelzung gläge, eben oder scharf, d. h. nach unten geneigt, horizontal oder oben gerichtet, eingeschlagen wurde. Die ebene Lage war die normale, bei der „glägen“ verbrannte zu viel Eisen, bei der „scharfen“ zu viel Kohlen. Das Gebläse eines solchen Hochofens bestand aus zwei kleinen hölzernen Bälgen, die den Wind ununterbrochen und gleichförmig in den Ofen führen mussten, wobei darauf zu achten war, dass die Balgdüsen gut in die Lehmform ein- passten, um möglichst wenig Windverlust durch seitliches Entweichen zu erleiden. Der Betrieb eines Flossofens war kurz folgender: Zunächst wurde der fertig zugestellte Ofen durch Holzflamme gut getrocknet und hierauf mit Kohlen gefüllt, und zwar bis zum Kranz, d. h. bis zum oberen Rand des auf der Gicht aufgemauerten Fülltrichters e f c g . Der Ofen bis zum Eingang fasste 30, bis zum Kranz 40 Fass Kohlen Ein Fass Kohlen = 5 österr. Metzen. . Hierauf wurden durch die Form einige glühende Kohlen eingelegt und das Gebläse langsam angelassen, damit die Hitze im Anfang nur ganz allmählich um sich griff; man nannte dies die „Glimmung“. War der Kranz bis zum Eingang leer geworden, so wurden noch ein- oder mehreremal frische Kohlen und auf diese dann zuerst ½ Kübel 1 Kübel Erz wog netto 3 Ctr. 23 Pfd. (180 kg). Stein aufgegeben. Nachdem dieser Satz niedergegangen war, gab man ½ Kübel Erz mit 8 bis 10 Fass Kohlen, nachher aber wurde bei jeder Die Flossöfen in Steiermark und Kärnten. folgenden Gicht ein ganzer Kübel Erz mehr und ein Fass Kohlen weniger aufgegeben. Wurde die Lehmform während der Arbeit durch die niedergehenden Gichten abgedrückt, oder vom Feuer verzehrt oder auch nur kürzer, so stiess man den alten Lehm heraus und bohrte eine neue Form an. Nur dann liess man dieselbe mit Vorsatz kürzer werden, wenn sich bei dem Krenn Ansätze von Eisen (sogenannter „Brand“) angesetzt hatten, um diese wegzuschmelzen. Half dies noch nichts und fuhr das Eisen fort zur Form heraufzuwachsen, so musste man den „Sinter“, d. h. die Schlacke, die sonst erst mit dem Eisen zugleich abgelassen wurde, abstechen, um durch die nachrückenden Kohlen dem Eisen wieder Wärme zuzuführen. — War das Untergestell bis zur Form mit flüssiger Masse angefüllt, so wurde abgestochen. Es geschah dies in der Regel alle drei Stunden. Ebenso war das Auf- geben oder der Gichtenwechsel von dem Schmelzgang abhängig. Beides waren Arbeiten des „Pleyers“ oder „Plaarers“, wie er in Kärnten hiess. Beim Ablassen oder Stechen, das weder zu spät noch zu früh ge- schehen durfte, verfuhr er folgendermassen. Nachdem der flache „Tiegel“ (das Flossenbett) gut und eben zubereitet worden, um die Flosse allenthalben gleich dick zu erhalten, wurde von dem „Müllner“ der Gestübbebatzen oder -Klumpen und von dem „Grodler“ (Gradler) die Sinterkrücke in Bereitschaft gehalten. Hierauf stiess der Plaarer mit der eisernen Stange unten am Schopp durch den Lehm und liess durch diese Öffnung, die weit genug geöffnet werden musste, um alles heraus zu lassen, Eisen und Schlacken in den Tiegel fliessen. Die Öffnung wurde sogleich mit dem Gestübbebatzen wieder zugemacht oder „verschoppt“. Wenn sich nach einer Weile das Eisen und der Sinter geschieden hatten, wurde letzterer mit Wasser übergossen und hierauf mit der eisernen Krücke von der Flosse abgezogen. Die Flosse liess man 1½ Stunden im Tiegel langsam auskühlen und hub sie mit Hilfe einer grossen eisernen Zange und eines besonders hierzu be- stimmten Ziehhaspels des „Flossenzugs“ auf die Seite. Beim Aufgeben war das Folgende besonders zu beachten: Man nahm nicht Kohlen von einer Sorte, sondern ein Gemisch von harten und weichen, von Buchen- und Fichtenkohlen. Buchene allein gaben „trockene“ Flossen, weiche allein erzeugten keine genügende Hitze und grösseren Kohlenaufwand. Das Massverhältnis zwischen Erz und Kohle richtete sich nach der Eisensorte. Man unterschied haupt- sächlich „Weichfloss“ und „Hartfloss“. Die Bezeichnungen „weich“ und „hart“ rühren hierbei keineswegs davon her, dass das Roh- eisen weicher oder härter war, sondern dass dasselbe im Frischherd Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. leichter oder schwerer verfrischte und hierbei weiches oder hartes Eisen gab. Der Weichfloss war ein luckiges Roheisen von übersetztem Ofen- gang, welches rasch und leicht im Frischherd ging und das beste Stabeisen gab. Die Schlacke, welche dabei fiel, war schwarz und kochte („wallte und blauderte“). Der Hartfloss entsprach dagegen unserem Halbspiegel oder weissstrahligen Eisen (er war „schielicht oder kompakt“). Die Schlacken, die dabei fielen, waren grün. Weil das Eisen dichter und deshalb schwerer war und, indem es langsamer frischte, ein hartes, mehr stahlartiges Eisen gab, so nannte man es „schweren oder harten Floss“. Sahen die Flossen „schwarzgriesig“ und verbrannt und der Sinter davon weiss aus, so wurden sie „graue Flossen“ genannt. Die schweren Flossen wurden durch den Mangel an Kohlen, die grauen durch Überfluss derselben erzeugt, daher der Pleyer, der auf Weichfloss arbeitete, jederzeit mit der Schüttung der Kohlen auf die Arbeit des Ofens acht haben musste: denn bei erzeugten schweren Flossen musste er bei zukünftiger Schüttung dem Ofen mehr Kohlen geben; bei erzeugten grauen Flossen war er genötigt, von den Kohlen abzubrechen. Bei dem „Haufenschütten“, d. h. dem Aufgeben, hatte man Be- dacht zu nehmen, dass, sobald es thunlich, die benötigten Kohlen und Erze in den Kranz geschüttet wurden, denn dadurch wurde der Eisenstein vorgeröstet und deshalb die Kohlen nicht unnütz ver- brannt. Um die Röstung zu befördern und vollständiger zu machen, wurde das Erz im Kranz wiederholt seitwärts hinaufgescharrt. An der Seite, wo die Gicht rascher einsank, gab man mehr Kohle nach, besonders an der Schussseite, damit es sich nicht so leicht an der Krennseite ansetze. Die Kennzeichen des Ofenganges waren ausser dem Eisen und dem Sinter, wie oben beschrieben, das Aussehen vor der Form und die Gichtflamme „der Läck“. Gingen die flockenweise vor der Form herabfallenden Tropfen alle hell und weiss nieder, so war die Hitze zu stark; gingen sie meistens schwarz nieder und war die Form dunkel, so ging der Ofen zu kalt; ein mittleres Verhältnis war das richtige. War die Flamme auf dem Kranz ganz weiss und brannte hoch auf, so war dies das Zeichen eines harten Eisens, war „der Läck“ gelb oder braunrot und brannte ganz niedrig, so fiel weiches Eisen. Die Hochöfen mit geschlossener Brust waren nur in einigen Ge- bieten, wo man so reine Erze wie in Steiermark und Kärnten zur Die Flossöfen in Schmalkalden. Verfügung hatte. In Deutschland hatte man nur in Schmalkalden ähnliche Öfen. Der Schmelzbetrieb in der Herrschaft Schmalkalden erlitt in dieser Zeit eine Änderung durch die Einführung der hohen Blau- öfen . Es geschah dies auf Betreiben des später in preussische Dienste übergetretenen Geheimrats Waitz von Eschen im Jahre 1743 oder 1744. Vordem hatte man das weiche Eisen durch direkte Schmelzung in den sogenannten niedrigen Blauöfen, die 12 bis 16 Fuss (3,60 bis 4,80 m) hoch waren, erhalten Vergl. Bd. II, S. 177. . Das Rohstahleisen hatte man allerdings schon in den vorhergehenden Jahrhunderten in Öfen gewonnen, die den steierischen und kärntnerischen ähnlich waren. Die Reform in der Mitte des vorigen Jahrhunderts bestand nur darin, dass man diese Öfen erhöhte und alles Erz, auch das für weiches Fig. 75. Eisen, in denselben auf Roheisen verschmolz. Die Abbildung eines Schmalkaldischen Roh- stahlschmelzofens (Fig. 75) haben wir schon im zweiten Bande, Fig. 57 bis 60, mitgeteilt. Quantz , dessen Beschreibung der Eisen- und Stahlmani- pulation in der Herr- schaft Schmalkalden von 1799 dieselbe entnom- men ist, bemerkt aus- drücklich, dass die Gestalt der hohen Blauöfen ganz damit überein- stimmt. Ihre Höhe ging von 19 bis 24 Fuss. Bei einem 20 Fuss 8 Zoll (6,20 m) hohen Ofen waren die übrigen Masse die folgenden: Der Durch- messer des Gestelles auf der Herdsohle 2 Fuss (0,60 m), von der Herd- sohle bis zur Form 1 Fuss (0,30 m). Bis zur Form waren die Wände senkrecht. Von da erweiterte sich der Schacht bis zum Anfang der Rast, welche 4 Fuss 3 Zoll (1,275 m) Durchmesser hatte. Die Höhe dieses Schachtes, welcher das Gestell bildete, betrug 8 Fuss 2 Zoll (2,50 m) und stellte einen umgekehrten Kegel vor. Die Höhe der auffallend niedrigen Rast betrug 9 Zoll (0,225 m), in der Böschung gemessen 10 Zoll (0,250 m), der Rastwinkel 55 Grad. Doch war derselbe Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. verschieden für verschiedene Erze. Der Durchmesser im Kohlensack betrug 5 Fuss 3 Zoll (1,575 m). Von der Rast ging ein Stück von 1 Fuss senkrecht in die Höhe, also ein richtiger Kohlensack. Von da verengert sich der Ofen bis zur Gicht, welche 1 Fuss 8 Zoll weit war. Der obere kegelförmige Schacht war 10 Fuss 9 Zoll (3,225 m) hoch. Über der Gicht war der Ofen noch höher aufgeführt und am Fülltrichter auf- gesetzt. Das Mauerwerk wurde aus einem glimmerhaltigen Sandstein, der Boden aus einer Kieselbreccie hergestellt. Das Rauhmauerwerk war durch sechs eiserne Anker verstärkt. Die Form war von Kupfer, 0,30 m lang, die Mündung 0,038 × 0,062 m. Die Bälge waren nur 3 m lang, 0,975 m hinten, 0,200 m am Kopf breit, während die Bälge des Blauofens für Rohstahleisen, der hitziger gehen musste, 3,85 m lang, 1,175 m hinten und 0,225 m am Kopf breit waren. Die Düsen von Eisenblech waren vorn 0,038 m weit und lagen 0,075 bis 0,10 m von der Formmündung zurück. Wenn das Schmelzen angehen sollte, so wurde der Abstich (die Brust), die 0,60 m breit und 0,35 m hoch war, anfänglich mit Kohlengestübbe zugemacht, nachher aber, wenn das Gestell erwärmt war, mit Sandsteinen zugesetzt und mit Lehm verschmiert. Dann wurde der Ofen mit Kohlen gefüllt, angewärmt, darauf in Betrieb gesetzt wie gewöhnlich. Durch Verordnung war bestimmt, dass zu 4/7 des guten spatigen Erzes vom Stahlberg 3/7 des geringeren, kalkhaltigen Erzes der Mommel gesetzt werden sollten. Zuschläge wurden nicht gegeben, da man durch Gattierung der Erz- sorten die richtige Schlackenmischung erzielte. Eigentümlich war das häufige Abstechen und die Art, wie dies geschah. War der Ofen im richtigen Gange, so wurde immer nach acht Gichten, meist nach 1½ bis 2 Stunden, das Eisen in Massen von 75 bis 125 kg mit der Schlacke in eine vor dem Ofen aus Kohlen- stübbe und Sand gemachte runde Grube laufen gelassen. Die flüssige Masse wurde sogleich mit Wasser begossen, wodurch die Schlacken in die Höhe gingen. Dann liess man den Roheisenkuchen erkalten, bis vier Gichten im Ofen niedergegangen waren. Hierauf wurde er aus der Grube unter eine Wasserrinne gezogen, ganz erkalten gelassen und dann mit Hämmern zerschlagen. Dieses Verfahren war vom Rohstahleisenschmelzen übernommen. Für die Kaltfrischschmieden liess man das Eisen auch in Gänze oder in Kuchen laufen; da es aber immer hart war, sprang es meistens. Deshalb war es auch zum Ver- giessen nicht geeignet. Anfangs erhielt man bei heissem Gang schönes grossspiegeliges Eisen, „sperriges“ Eisen genannt, dann Kleinspiegel, hierauf luckigen Floss, den man für das Eisenfrischen erstrebte. — Die Hochöfen in Deutschland. In 24 Stunden setzte man gewöhnlich 3 bis 3½ Fuder Eisenstein mit 3½ bis 4 Fuder Kohlen, woraus man 30 bis 35 Ctr. Roheisen erhielt Fig. 76. Fig. 77. Eine eigentümliche Über- lieferung von dem alten Blauofenbetrieb war es, dass der Schmelzer, wenn die Reise zu Ende ging, zu dem letzten Eisen noch reichlich Eisenstein setzte und eine regelrechte Luppe blies, die er nach dem Abstellen des Windes und dem Aufbrechen der Brust aus dem Ofen schaffte. Ein hoher Blauofen wurde von drei bis vier Schmelzern bedient, welche in vier- stündiger Schicht wechsel- ten und zusammen täglich 4 Mark erhielten. Gegen den alten Betrieb in nie- deren Blauöfen war dieses Schmelzverfahren ökono- misch, sowohl hinsichtlich des Kohlenverbrauchs, wie des Ausbringens der Pro- duktion und der Arbeits- löhne Nähere Angaben hierüber siehe Quantz , a. a. O., S. 82. . Die Hochöfen im übrigen Deutschland waren alle Öfen mit offener Brust , also mit Vorherd, Wall und Tümpel. Jars be- richtet über die Eisen- hütten in Böhmen und Sachsen , welche er im Jahre 1757 besucht hatte; insbesondere beschreibt er Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. einen Hochofen zu Johann-Georgenstadt im sächsischen Erz- gebirge näher. Fig. 76 u. 77 (a. v. S.) geben die Gestalt desselben nach der ziemlich mangelhaften Zeichnung Wir teilen diese in vielen Einzelheiten ungenügende Zeichnung haupt- sächlich deshalb mit, weil es die älteste Abbildung eines deutschen Hochofens ist. . Nach dem beigefügten Massstabe wäre der Ofen 21 Fuss (6,822 m) hoch gewesen. Bodenstein und Gestell waren aus grossen zugehauenen Quadern von Zwickauer Sandstein aufgeführt. Die Form lag 15 bis 16 Zoll (0,406 bis 0,423 m) vom Bodenstein und 4 Zoll (0,108 m) über dem Rande des Wellsteins, folglich war der Vorherd 1 Fuss (0,325 m) tief. Er stand nur 9 bis 10 Zoll (0,244 bis 0,271 m) von dem Tiegelstein vor. Die Breite des Gestelles von der Formseite nach der Windseite betrug 15 bis 16 Zoll (0,406 bis 0,433 m), die Länge 3 Fuss (0,975 m). Das Gestell behält diese Masse bis auf eine Höhe von 3 Fuss 6 Zoll (1,037 m) vom Bodenstein an gerechnet bei, von da erweitert er sich bis auf eine Höhe von 3 Fuss In der Zeichnung ist die Rast nur einen Fuss hoch, was jedenfalls nicht richtig ist. , wobei der viereckige Querschnitt in einen zirkelförmigen übergeht, der im Kohlensack 5 Fuss 2 Zoll (1,689 m) Weite hat. Von da zieht er sich bis zur Gicht, die ebenfalls zirkel- förmig ist und 27 Zoll (0,731 m) Durchmesser hat, wieder zusammen. Die Erze, die zur Verhüttung kamen, waren grösstenteils Blutstein und Glaskopf aus dem grossen Eisenbergwerk „Hülfe Gottes Irrgang“, welche 13 Hochöfen in der Nachbarschaft mit Erz versah. Bei jeder Gicht wurden 8 Schwiegen Kohlen, hierauf 7 Kübel Möller, deren jeder ungefähr 60 Pfund wog, gesetzt. In 24 Stunden wurde 16- bis 17 mal aufgegeben und zweimal in Gänzen abgestochen. Jede Ganz wog 9 bis 9½ Centner. Die Tagesproduktion betrug also etwa eine Tonne (1000 kg). Von dem Bau der Hochöfen im Harz macht Jars keine näheren Angaben; wir erfahren nur, dass der Hochofen auf der Königshütte 21 Pariser oder 24 Harzer Fuss (6,822 m) hoch war, während der Ofen zu Rübeland sogar 28 Fuss (7,980 m) Höhe hatte. Man fing also auch in Deutschland an, die Öfen höher zu bauen. Genauere Angaben über einen Hochofen zu Baruth in der heutigen Provinz Brandenburg verdanken wir dem Besitzer desselben, dem Grafen Johann Christian zu Solms-Baruth, welcher sich theoretisch und praktisch mit dem Eisenhüttenwesen vertraut gemacht und eine aus- führliche Abhandlung über die Eisenhüttenwerke zu Baruth geschrieben hat. Graf Solms-Baruth stellte dieselbe Herrn v. Justi zur Verfügung, Die Hochöfen in Deutschland. welcher sie an Stelle der Übersetzung von Swedenborgs Werk „De Ferro“ 1764 in dem Schauplatz der Künste und Handwerke (Bd. III, S. 161) abdruckte. In Fig. 78 ist die ganze Hüttenanlage abgebildet. a der hohe Ofen, b das Gichtenhaus, e das Schwengelhäuschen, in dem sich die Blasebälge befanden; d die Brücke, auf welcher die Erze und Kohlen auf die Gicht des Ofens getragen wurden; f Teich, g „Freiharke“, h das Kohlenhaus, i i Erzstürzplätze, k das Wohnhaus mit sechs Stuben, l der Stall mit einer Stube, m Brau- und Darrhaus, Fig. 78. n Hofraum, o Auffahrt. Aus einer Anmerkung von Justis geht her- vor, dass die Hütte um 1757 erbaut wurde. Man verhüttete Raseneisenstein, der um Baruth überall an der Oberfläche, höchstens einen Fuss unter der Dammerde vorkam und gegraben wurde. Er hielt angeblich zwischen 40 und 60 Proz. Eisen. Die Stücke wurden mit Handhämmern klein geschlagen, dann wurde er in Stadeln geröstet, in letzterer Zeit aber hatte man das Rösten abgeschafft, weil bei der Leichtschmelzigkeit der Erze kein Bedürfnis dazu vorlag und die Erze im Schacht des Hochofens genügend vor- bereitet wurden. Früher hatte man das Erz in Renn- oder Blaufeuern Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. verschmolzen, die aber seit Einführung des Hochofenbetriebes sich nicht mehr rentierten. Der Hochofen stand wegen des sumpfigen Untergrundes auf einem Rost (Fig. 79, 2, 2) von eingerammten starken Pfählen (1, 1). Auf diesen war eine starke Grundmauer (3, 3) mit den nötigen „Anzüchten“ (4), welche über das Kreuz unter dem Herd durchgingen, aufgeführt. Das Rauhmauerwerk war aus Backsteinen erbaut. Es war zusammen- gehalten durch eiserne Anker (7, 7), welche über das Kreuz durch das Mauerwerk gingen und durch zwei starke Rahmen oder Schlingen (8, 8) von Eichenholz, welche es umspannten. Der Schmelzraum war viereckig, sowohl im Gestell als auch im Schacht, obgleich der Ver- Fig. 79. fasser anerkennt, dass runde Schächte vorzuziehen seien. Die Haupt- sache sei aber doch die richtige Weite des Kohlensacks, und in dieser Beziehung habe die Erfahrung gelehrt, dass das richtigste Verhältnis zwischen der Weite von Gicht, Bauch und Gestell im allgemeinen gleich 4 : 5 : 3 sei. Bei schwefelhaltigen Erzen solle man den Bauch des Ofens etwas enger halten; überhaupt müsse man sich nach der Beschaffenheit der Erze richten. Das Gestell bestand aus Sandsteinen von Pirna. Von der rich- tigen und sorgfältigen Zustellung des Gestelles hing nach der Ansicht der Ofenmeister, welche dies zu besorgen hatten, der Erfolg der Schmelzung hauptsächlich ab. Das Gestell bestand aus folgenden Die Hochöfen in Deutschland. Stücken, dem Formstück, dem Tümpel und den zehn gemeinen Stücken. — Der Herd des Baruther Ofens fasste nur etwa 4 Ctr. Eisen. Nach allgemeiner Erfahrung sollte der Herd doppelt so lang als breit sein, seine Höhe aber nur gleich der halben Breite. Im Formstein lag die Form, welche 1½ Fuss lang von Eisen oder Kupfer war, konisch zulief und vorn eine 1½ zöllige halbzirkelige Öffnung hatte. Dieselbe lag hinten etwas höher als vorn, so dass sie mit der Horizon- talen einen Winkel von 12° machte. „Die Hochöfner halten dieses, sowie die Zustellung, für die grösste Kunst, welche sie am geheimsten halten.“ Die Masse des Ofens sind in der Beschreibung nicht an- gegeben. Nach der Zeichnung und dem beigefügten Massstabe wäre der äussere Ofen mit der Gichtmauer 14½ Ellen = 9,672 m der innere Ofen 12½ „ = 8,338 „ das Gestell 1¼ „ = 0,834 „ die Rast 1¼ „ = 0,834 „ der Schacht 10 „ = 6,670 „ hoch und die Gicht 1½ „ = 1,000 „ der Kohlensack 3 „ = 2,000 „ das Gestell 1 „ = 0,667 „ weit gewesen. Die Blasebälge waren von Holz, 7 Ellen (4,670 m) lang und 2½ Ellen (1,668 m) breit. „Die vordere Öffnung der Form muss meistens den Mittelpunkt des hohen Ofens berühren Dieser Satz, der gleich darauf nochmals wiederholt wird, ist nicht ganz klar, und müsste man danach vermuten, dass der Ofen hintersässig war, so dass die Formmündung unter dem Gichtmittel gelegen hätte. Die Zeichnung lässt dies aber nicht erkennen. .“ Die Erze wurden mit Zuschlag eines kalkhaltigen Lehms und Kalksteins oder in Ermangelung desselben mit einem kalkhaltigen Stein, Wacke ge- nannt, geschmolzen. Dieser wurde vorher „ein wenig geröstet, wel- ches man der Erfahrung gemäss sehr nutzbar befunden hat“. Die verschiedenen Erzsorten wurden mit dem Zuschlag auf der Gicht zu einem Möller aufgefahren. Das Verhältnis des gebrannten Kalkes zum Erz war wie 1 zu 10. Der Bericht über den Betrieb und Betriebsstörungen und die Mittel zu deren Abhilfe enthält nichts, was nicht bereits von Swedenborg angegeben worden wäre. Über die Reinigung des Gestells wird gesagt: „Ehe abgestochen wird, muss der Hochöfner mit der Brechstange von den Seitenwänden des Herdes die Beck , Geschichte des Eisens. 23 Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Schlacken abstossen, damit sie sich in die Höhe begeben. Wenn aber abgestochen ist, alsdann werden die im Ofen noch übrigen Schlacken vermittelst eiserner Instrumente sorgfältig aus dem hohen Ofen heraus- gezogen.“ Man blies auf graues Roheisen. Es wurde möglichst viel Gusswerk gemacht, was vorteilhafter war als das Eisen in Gänze zum Frischen laufen zu lassen. Nur flache Sachen, namentlich Ofenplatten, wurden im Sande gegossen, während „Ofenblasen, Töpfe, Kasserolle, runde Öfen“ u. s. w. in Lehm gegossen wurden. — Beim Ausblasen des Ofens wurde in Baruth ebenso nur umgekehrt verfahren wie beim Anblasen und an dem Erzsatz in entsprechendem Verhältnis abgebrochen. War der ganze Ofeninhalt niedergeblasen, so liess man doch die Bälge noch 10 bis 12 Tage gehen, um dadurch den Ofen rascher abzukühlen. Dem Aufsatze des Grafen Solms-Baruth sind einige beachtenswerte Beilagen beigefügt, auf die wir aber hier nur verweisen können. Die erste ist ein Kostenvoranschlag für den Jahresbetrieb eines Ofens, welcher 40 Wochen geht und in dieser Zeit 5600 Ctr. Eisen pro- duziert Der Anschlag fängt gleich mit einem groben Rechenfehler in den Ein- nahmen an. Die Aufstellung der Ausgaben hat aber doch ein lokales Interesse. . Die zweite Anlage ist die Inventarbeschreibung des Hütten- werkes. Aus dieser erwähnen wir nur, dass das Pochwerk mit drei Stempel angelegt war, wie dies im vorigen Jahrhundert bei den deut- schen Hütten ziemlich allgemein gebräuchlich war. Beim Hochofen waren im ganzen 5 Mann beschäftigt: 1 Hochofenmeister, 2 Hoch- ofenarbeiter und 2 Aufgeber, welche abwechselnd in zwölfstündiger Schicht die Arbeiten am Ofen verrichteten. Sie erhielten zusammen 9 Thaler Wochenlohn. Die Eisengiesser waren wieder besonders und be- standen aus einem Meister und „zween Purschen“. Ferner gehörten zum Hochofen: 1 Kohlenmesser, 1 Eisensteinmesser, 6 bis 8 Köhler, welche das bis 2000 Klafter jederzeit vorrätig stehende Holz verkohlten, 6 bis 8 Steingräber, welche das erforderliche Erz gruben, 2 Kahn- fahrer, welche den Eisenstein auf dem Wasser zufuhren, und 2 Hütten- knechte. Zu einer Hammerhütte gehörten 4 Arbeiter: 1 Meister, 1 Vor- schmied, 1 Ausgiesser und 1 Junge. Diese wurden nach dem Centner abgelieferten Eisens bezahlt. Der Meister erhielt davon 3 Gr. 6 Pfg., der Vorschmied 2 Gr., der Aufgiesser 1 Gr. 9 Pfg., der Junge 9 Pfg. Sie konnten in der Woche 20 bis 30 Centner abliefern. Die dritte Beilage betrifft die Zustellung, d. h. die Masse des Gestells. — Die vierte Beilage ist die Tabelle eines dreissigwöchent- Die Hochöfen in Schweden. lichen Schmelzens. In den 30 Wochen wurden 2995 Gichten mit 46465 Kästchen Eisenstein aufgegeben und 4626 Ctr. Eisen geschmolzen. Im Durchschnitt also 22 Centner in 24 Stunden, die Woche zu sieben Tagen gerechnet. Die Frage, ob es zweckmässig sei, die Erze geröstet oder unge- röstet aufzugeben, beschäftigte damals die Eisenhüttenleute und hat ein Schwede Daniel Thelaus 1757 darüber eine Abhandlung ge- schrieben Metallurgische Abhandlung von dem Rösten des Eisenerzes, unter dem Vorsitze Herrn Joh. Gottsch. Wallerius zu Upsala den 22. Juni 1757 der öffent- lichen Prüfung unterworfen von Dan. Thelaus . Deutsch in Schrebers neuer Sammlung, Bd. VI, S. 325. . Er führt darin aus, dass man in Deutschland auf vielen Hochofenhütten vom Rösten der Erze abkomme, so zu Baruth in Sachsen und zu Torgelow in Vorpommern, welche Raseneisensteine verhütteten. In Schmalkalden röstete man die Erze weder beim Eisen- noch beim Stahlschmelzen. Auf den Hütten im Trierischen an der Lahn zu Nieborn (Nievern), Aalen, Schmitten und Hohrhein wurden die in nussgrosse Stücke zerklopften Erze roh aufgegeben. Auf der Ludwigshütte bei Biedenkopf wurden die reichen Erze von Königsberg nicht geröstet, nur die ärmeren Zuschlagserze. Ebenso erörterte man damals bereits die Frage, in wie weit der im Hochofen zugeschlagene Kalk den Schwefel aus den Erzen auflöse Abhandl. d. Schwed. Akademie von J. D. Christiernin v. 19. März 1760. . Ein ge- wisser Junke hatte das behauptet; Christiernin bezweifelt, dass man den Schwefel, den man nicht durch Röstung entfernen könne, durch den Kalkzuschlag entferne. Er giebt aber zu, dass der Kalk- stein beim Schmelzen der Eisenerze ein Flussmittel sei, das ein leichtes und reines Schmelzen befördere. Gabriel Jars besuchte Schweden im Jahre 1769; es war seine letzte Reise. Beim Lesen der Schilderung der schwedischen Hoch- öfen darf dieser Zeitunterschied von 10 bis 12 Jahren gegenüber den zuvorbeschriebenen deutschen Öfen nicht ausser acht bleiben. Die Hochöfen in Skandinavien hat Jars genauer beschrieben als die deutschen und mit Recht, denn die neuesten derselben, die von Laurwig in Norwegen, dürfen wohl als die besten jener Zeit angesehen werden. Swedenborg hatte zwar über die schwedischen Hochöfen bereits ausführlich berichtet, und wir haben einen Auszug daraus mitgeteilt; seit den 35 Jahren waren aber unverkennbare Ver- besserungen in den Abmessungen und in der Bauart gemacht worden. 23* Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Die schwedischen Öfen hatten, wie wir wissen, ein rundliches Profil. Nur der Eisenkasten hatte senkrechte Wände; von der Form an gingen Obergestell, Rast und Schacht allmählich ineinander über, so dass das Profil eine gekrümmte Linie und jeder Abschnitt Fig. 80. ein Kegelstück bildete. Die Querschnitte bildeten Kreis- linien. Diese Hochofenform ist diejenige, welche den Sieg über alle anderen davon ge- tragen hat, freilich erst nach mehr als hundertjährigem Kampf. Es ist dieselbe, welche in dem ältesten Profil, dem Hochofen von Forrest of Dean in England, bereits erscheint und welche man vielleicht richtiger die englische Form nennen würde. In Deutschland bezeichnete man aber diese Ofenform als die schwedische, weil sie uns durch die vortrefflichen Schriften der schwe- dischen Metallurgen hauptsächlich bekannt geworden ist. Die schwedischen Öfen in Wärmeland (Fig. 80) welche Jars gemessen und gezeichnet hat, stimmen mit den von Swedenborg beschriebenen überein, nur waren sie grösser. Ihre Masse waren die folgenden: Der grosse Fassungsraum dieser neuen schwedischen Öfen ist sehr bemerkenswert und namentlich war die Gichtweite grösser als bei den Die Hochöfen in Schweden. deutschen und französischen Öfen. Die Schweden legten besonderen Wert auf eine weite Gicht, angeblich um zu vermeiden, dass die Hitze sich zu sehr in die Höhe ziehe und die Erze im Schacht schon an- fingen zu schmelzen, ehe sie reduziert seien. Es war dies jedenfalls eine Erfahrung, die sie an ihren Magneteisensteinen gemacht hatten. Das Gestell bis zum Bauch war aus Sandsteinen, der Schacht aus Formsteinen Künstliche, aus feuerfestem Thon gebrannte Steine. gebaut. Der Wind wurde mittels Holzblasebälgen er- zeugt und durch eine Form in den Ofen geleitet. Man stach unge- fähr alle neun Stunden ab und liess das flüssige Eisen in mehrere Gänze, damit diese nicht zu schwer wurden, auslaufen. Die Öfen pflegten 20 bis 25 Wochen im Jahr zu gehen und blies man ge- wöhnlich am Anfang des Jahres an und Ende Mai oder Mitte Juni aus. Im Jahre 1758 gab es 48 Hochöfen in Wärmeland und Dahl und 15 zu Danemora. Die ersteren 48 schmolzen 75611 Schiffs- pfund (12100 Tons), entsprechend einer durchschnittlichen Tages- produktion von 1650 kg. Auf dem Grillischen Hochofen zu Söderfors in Roslagen war der Schacht, wie auch das obere Rauhgemäuer, aus Schlackenziegeln statt aus Formsteinen, was Jars als einen grossen Vorteil bezeichnet. Es ist dies eine sehr frühe und sehr merkwürdige Verwendung der Schlacken. Die Herstellung dieser Steine geschah auf folgende Art. Man liess die Schlacken, so wie sie aus dem Hochofen kamen, in eine Form laufen, welche aus einer gegossenen eisernen Platte, welche die Grösse der zu machenden Ziegel hatte und aus zwei gegossenen Seitenstücken, deren jedes einen rechten Winkel bildete, hergestellt war. Diese zu- sammengesetzte Form wurde wagerecht auf Sand vor die Öffnung des Ofens hingestellt. Nachdem man allerhand Abfälle von Schlacken vom vorigen Guss hineingeworfen hatte, liess man die sehr flüssige, hitzige Schlacke darüberlaufen. War die Form voll, so schloss man den Schlackenstich und legte auf die Form eine Gussplatte, welche die Oberfläche eben machte und das Überlaufen verhinderte. Sobald alles geronnen war, wurde die Form ringsum mit etwas Wasser bespritzt, der Deckel entfernt, eins der rechtwinkeligen, dreieckigen Seitenstücke weggenommen und der Ziegel herausgenommen. Die Steine wurden an einem warmen Orte zum allmählichen Erkalten aufgesetzt, weil sie bei raschem Erkalten sprangen. Diese Ziegel wurden nicht nur zur Erbauung der Öfen, sondern auch zum Bau von Mauern gebraucht. Sie waren zwar etwas schwer, aber durch ihre gute Auflagerung gaben sie sehr feste, dauerhafte Mauern. Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Hinsichtlich des Betriebes sowohl der Öfen in Wärmeland, als der in Roslagen können wir auf Swedenborgs Angaben verweisen. Fig. 81. Höchstens ist noch zu erwähnen, dass zu Sö- derfors die gerösteten Erze gepocht und durch ein Rätter geworfen wurden. Nur das Durch- geworfene kam in den Ofen. Auch hatte man daselbst einen sehr ein- fachen mechanischen Auf- zug, um die beladenen Erzkübel auf die Gicht zu heben. Es geschah dies durch die Pochwelle mit Hilfe einer Kette, welche um einen Haspel geschlungen war, der mittels eines Hebels in ein Triebrad an der Welle ein- und ausgerückt werden konnte. Weit interessanter sind die folgenden von Jars beschriebenen Norwegischen Hochöfen . — Die grosse neue Hütte zu Laurwig Fig. 82. gehörte dem Grafen von Laurwig, „der sie aufs vollkommenste angelegt und zur Er- haltung dieses End- zwecks nicht gespart hat. Den grössten Teil dieses glücklichen Fortgangs hatte er einem in der Kunst sehr einsichtsvollen und geschickten Manne zu danken, dem er die Direktion dieser Hüt- ten anvertraut hatte“. Die Anlage bestand aus drei Hochöfen und elf Frischherden. Der Die Hochöfen in Norwegen. neueste der Hochöfen, in günstiger Lage näher nach der Küste hin erbaut, war 70 Zoll höher als die anderen. „Er war“, wie Jars sagt, „mit einer Solidität, die nicht ihresgleichen hat, erbaut, weil die Lage des Ortes es erlaubte, durch Sprengung des harten Feldspatgesteins einen Platz auszuhöhlen und den Ofen hineinzusetzen, so dass der Felsen an Stelle des äusseren Mauerwerks den inneren Ofen schützte“. Nach dieser Schilderung sollte man vermuten, der Ofen wäre ganz in den Felsen eingebaut gewesen, dies war aber nach den Abbildungen Fig. 83. nicht der Fall. Es scheint, dass sich nur die Rück- wand des Ofens an den Felsen anlehnte. Die Grundmauer der beiden älteren Öfen hatte 29 Fuss (9,420 m) im Qua- drat. Fig. 81 zeigt das Fundament mit den Kreuz- abzügen, Fig. 82 den ebenen Schnitt in Form- höhe, Fig. 83 den senk- rechten Schnitt durch das Arbeitsgewölbe, Fig. 84 (a. f. S.) denselben durch das Formgewölbe. Der Abzugskanal im Boden war mit einem grossen Stein bedeckt, über diesem befand sich eine Lage Sand von 1 Fuss (0,325 m) Dicke und auf dieser lag der Bodenstein Was in der Zeichnung nicht richtig dargestellt ist. . Rings um den Sohlstein wurde eine 4 Fuss (1,299 m) dicke Mauer von einem feuerbeständigen, schwarzen Glimmergestein und Thonmörtel aufgeführt, und darauf das innere Mauerwerk mit demselben Material. Zwischen der äusseren Rauhmauer von 24 Fuss Quadrat und dem inneren Ofen blieb ein hohler Raum von 1 Fuss Breite, welcher mit Sand ausgefüllt wurde und von dem aus eine Anzahl offene Kanäle zur Austrocknung des Rauhgemäuers nach aussen führten. Das Gestell Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. war aus feuerfestem Sandstein und war aus England bezogen . Unten war es 23¼ Zoll (0,630 m) dick, oben verlief es sich im Bauch des Ofens etwa 8 Fuss (2,599 m) über dem Boden. Der Zeichnung nach waren die Hauptmasse folgende: Höhe des Ofens 30 Fuss = 9,745 m „ der Rast 9 „ = 2,924 „ Weite vor der Form 2 „ = 0,650 „ „ im Kohlensack 8 „ = 2,699 „ „ der Gicht 4 „ = 1,300 „ Fig. 84. Die Form lag 15 Zoll (0,406 m) hoch, etwas stechend. Die Sandfüllung zwi- schen dem inneren und äusseren Ofen war zum Schutze des Mauer- werks vor Hitze wie vor Feuchtigkeit sehr zweck- mässig. Der dritte, zuletzt erbaute Hochofen (Fig. 85) war besonders merk- würdig, sowohl durch den Einbau in die Felsen und durch seine Grösse, als namentlich auch dadurch, dass er einen cylindrischen Schacht hatte. Seine Masse waren nach dem der Zeichnung beigefüg- ten Massstabe: Ganze Höhe 10,098 m Höhe bis zur Form 0,445 „ „ „ zum Kohlensack 3,579 „ Weite vor der Form 0,609 „ „ des Kohlensacks 2,079 „ „ der Gicht 2,079 „ Aus der Angabe von Jars , dass die Gestellsteine aus England bezogen waren, lässt sich vermuten, dass auch die Konstruktion Die Hochöfen in Norwegen. der Hochöfen und die ganze Anlage, die von der schwedischen doch sehr abwich, unter englischem Einfluss entstanden war. Es ist auf- fallend, wie sehr die Öfen von Laurwig englischen Kokshochöfen, die wir später kennen lernen werden, gleichen. Das Gestell und Schacht umgebende Mauerwerk war 2 Fuss dick aus Backsteinen erbaut. Die drei Öfen zu Laurwig gingen ununterbrochen 12, 18 Monate bis 2 Jahre und Jars sah einen, der schon über 2 Jahre im Fig. 85. Feuer stand. Es sind dies bei weitem die längsten Hüttenreisen, von denen wir bei Holzkohlenöfen bis dahin gehört haben. Zur Auf- mauerung des Schachtes bediente man sich der schon von Sweden- borg beschriebenen Drehschablone, von welcher Jars eine verbesserte Zeichnung mitteilt. Die Erze, meist Magneteisensteine, kamen 30 Meilen weit von Arendal zu Wasser. Sie hatten 40 bis 50 Proz. Eisengehalt und wurden gattiert. Es kam sehr auf eine gleichmässige und nicht Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. zu scharfe Röstung derselben an. Früher hatte man diese Erze in viereckigen Röststadeln nach der gewöhnlichen Methode geröstet, seit einiger Zeit hatte man aber ein verbessertes Röstverfahren eingeführt, welches wir oben mitgeteilt haben (S. 319). Die groben Stücke der gerösteten Erze wurden unter einem Hammer klein geschlagen. Das Erz bedurfte keines Zuschlags. Jede Charge bestand aus einer Last Kohlen und etwa einer Tonne (450 kg) Erz. In 24 Stunden wurde zweimal abgestochen, und zwar geschah dies jedesmal, wenn fünf Gichten niedergegangen waren, deren jede 2 bis 2¼ Stunden Zeit brauchte. In 30 Tagen wurden mit 300 Last Kohlen aus 300 Tonnen 1 Tonne = 26 Tröge. Erz 84 Tonnen (à 1000 kg) Roheisen ge- schmolzen. Zum Füllen und Anwärmen, welches 14 Tage dauerte, brauchte man 16 Last Kohlen. Von 1600 Tonnen Roheisen wurder nur 320 Tonnen zu Gusswaren vergossen, das übrige wurde verfrischt, so dass man 960 bis 1120 Tonnen Schmiedeeisen erzeugte, welches meistens nach England ging. Von grösster Bedeutung war die Entwickelung der Hochofen- industrie in England seit der Mitte des 18. Jahrhunderts. Der Betrieb der Hochöfen mit Koks begann in allgemeinere Aufnahme zu kommen. Es war aber auch die höchste Zeit, um dem gänzlichen Untergang der englischen Hochofenindustrie infolge des immer drücken- der werdenden Holzmangels zu entgehen. Im Jahre 1740 war die englische Roheisenproduktion auf 17350 Tonnen gesunken, man zählte in ganz England nur noch 59 Hochöfen in Betrieb, aber auch für diese waren die Holzkohlen kaum zu beschaffen. Trotzdem wollten die Hochöfenbesitzer, befangen in Vorurteilen und verblendet durch Eigennutz, nichts von der grossen Reform wissen, welche Abraham Darby angebahnt hatte, der praktisch bewiesen hatte, dass man auch mit Koks allein gutes Eisen im Hochofen schmelzen kann. Sein Beispiel fand keine Nachahmung und Coalbrookdale war im Jahre 1747, als Professor Mason seinen Brief der Royal Society mitteilte, wie es scheint, noch das einzige Hüttenwerk in England, in welchem Eisenerze mit Koks verhüttet wurden. Der jüngere Darby , unter- stützt von seinem Schwiegersohn Richard Ford , erntete den Lohn seiner und seines Vaters Erfindungen. Er erwarb ausgedehnte neue Mutungen auf Kohlen und Erze, baute neue Hochöfen und dehnte sein Werk immer mehr aus Siehe Percy , Iron and steel, p. 888. . 1750 stellte er die erste Feuermaschine, d. h. eine Newcomens che Dampf- Die Hochöfen in England. maschine auf, um die Gebläse seiner Hochöfen zu verstärken. Dies geschah aber nicht durch direkte Verbindung der Blasebälge mit der Feuermaschine — so weit war man damals noch nicht —, sondern dadurch, dass die Feuermaschine starke Pumpen bewegte, welche eine grosse Wassermenge in den Spannteich des Wasserrades hoben. Durch diesen verstärkten Wasseraufschlag war man im stande, grössere Wasserräder von 24 Fuss Durchmesser zu bewegen, welche dann wieder die stärksten Holzblasebälge, welche bis dahin gebaut worden waren, in Thätigkeit setzten. Darby erbaute nach und nach sieben Hoch- öfen und stellte fünf Feuermaschinen auf, und so wurde Coalbrookdale in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts das berühmteste und grösste Eisenhüttenwerk Englands und wahrscheinlich der Welt. 1754 wurde der erste Hochofen zu Horsehay angeblasen. Im Dezember meldet er, „die Horsehay Werke sind auf dem höchsten Gipfel des Erfolges, 20 bis 22 Tonnen Eisen jede Woche, und warm vom Ofen weg verkauft mit gehörigem Nutzen“. Dies entsprach einer Produktion von gut 3 Tonnen in 24 Stunden, eine höhere Produktion als bei den Holzkohlenöfen üblich war. Bald entstanden dann auch in anderen Gegenden Englands und in Schottland Kokshochöfen. Leider hat Jars auf seiner Reise in England im Jahre 1765 Coalbrookdale nicht besucht und dadurch entbehren wir näherer Angaben über die dortigen Hochöfen, dagegen hat er andere Werke gesehen und die Kokshochöfen in Cumberland und Schottland beschrieben. In Cumberland lag die Eisenhütte von Clifton-Furnace zwischen Cokermouth und Whitehaven. Die Erze waren Thoneisen- steine, von denen man an der See viel Lesesteine fand. Jars erzählt, dass die Hütte schon sehr alt sei und wegen der vielen Steinkohlen- werke in der Nachbarschaft an diesem Platz erbaut worden war. Die Erze mussten hier, angeblich weil die Koks hier nicht so gut brannten wie zu Carron in Schottland, sorgfältiger geröstet werden und geschah dies deshalb in Schachtöfen, ähnlich den Kalkbrennöfen. Die Stein- kohlen waren härter und fester und hatten mehr Harzteile. Man unterschied zwei Sorten, die vom Dach des Flötzes, welche man top coal nannte, und die darunter befindliche falling-coal. Das Brennen derselben zu Koks geschah in Meilern. Mit diesen Koks wurden die Erze im Hochofen auf Giessereieisen verschmolzen, welches grösstenteils direkt vergossen wurde. Ausserdem besass das Werk noch zwei Flammöfen, in welchen meist gekauftes Eisen von Wales umgeschmolzen und zu kleineren Gusswaren, namentlich zu Töpfen u. s. w., vergossen wurde. Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Das andere Werk mit Kokshochofenbetrieb, welches Jars im Jahre 1765 besuchte, war die berühmte Hütte zu Carron in Schott- land , welche ebenfalls für die Geschichte der Eisenindustrie von England von besonderer Bedeutung ist. Es war damals noch eine ganz neue Anlage, denn es war erst im Jahre 1760 von Dr. Roebuck , dem grossen Unternehmer, der nachmals zuerst James Watts Erfindung der Dampfmaschine zu würdigen verstand, sich mit ihm verband und ihm, so lange er konnte, voranhalf, gegründet worden. Roebuck wurde einer der grössten Wohlthäter Schottlands durch die Einführung des Kokshochofenbetriebs, starb aber arm, da ihm seine Unter- nehmungen über den Kopf wuchsen. Der erste Hochofen war 1760 zu Carron von ihm erbaut worden. In den folgenden Jahren wurde das Unternehmen ausserordentlich erweitert. Das Gesellschaftskapital sollte nach dem Gründungsvertrag 12000 £ nicht übersteigen, aber 1771 betrug es schon 130000 £ und wurde bald darauf auf 150000 £ erhöht. In wenigen Jahren wurde dieses Werk durch seine Leistungen eines der berühmtesten in Europa. Aus der Schilderung, welche Jars von den Carron-Werken gemacht hat, entnehmen wir Folgendes. Auf jeder der beiden grossen Steinkohlenbergwerke, welche der Gesellschaft gehörten, stand eine Feuermaschine, welche die Wasser- haltung besorgte. Die Erze kamen von fünf verschiedenen Orten. Es war ein Thoneisenstein, der höchstens 30 Prozent enthielt; um ein grösseres Ausbringen zu erzielen, verschmolz man ihn mit rotem Glaskopf (Hämatit) von Cumberland. Die Thoneisensteine hatten eine schwarzgraue Farbe und sehr dichtes Korn. Sie glichen keinem der Eisenerze, welche Jars bekannt waren. Sie wurden in grossen Haufen mit Steinkohlen geröstet (siehe S. 319). Das Cumberländer Erz (iron-ore) wurde ungeröstet auf- gegeben. Die Steinkohlen wurden in Meilern zu Koks gebrannt. Das Verschmelzen geschah in zwei nebeneinander stehenden Hochöfen. Dieselben waren 30 Fuss (9,15 m) hoch, von runder Form und hatten 8 Fuss Durchmesser im Bauch. Es waren also ausser dem neuen Ofen von Laurwig die grössten Öfen, von denen wir bis dahin Kenntnis haben. Vor jedem Ofen lagen zwei sehr grosse, einfache Blasebälge, welche durch ein sehr grosses Wasserrad getrieben wurden, an dessen Welle zu jedem Blasebalg vier Wellfüsse befindlich waren. Alle zwölf Stunden wurde abgestochen und jeder Abstich wog ungefähr 40 Ctr., in 24 Stunden also 4500 kg per Ofen, wohl die grösste Produktion, die bis dahin erreicht war. „Es ist sonderbar,“ fährt Jars fort, „dass dieses bei Steinkohlen Die Hochöfen in Saarbrücken. erblasene Roheisen so sehr weich ist, da man doch niemals, wie wir in der Folge sehen werden, ein gutes Stabeisen daraus erhalten kann. Es lässt sich fast wie Stabeisen feilen und schmieden: ein Umstand, welcher für die Herstellung allerhand Arten von Gusswaren ungemein vorteilhaft ist. Die Anfertigung von Gusswaren ist aber auch der Hauptgegenstand auf dieser Hütte und es werden hier, ebenso wie auf einer sehr beträchtlichen Eisenhütte in dem Herzogtum Wales, die grössten Cylinder zu Feuermaschinen für Schottland und England gegossen.“ Das Giessen sehr grosser Stücke wurde noch durch Flamm- öfen, in welchen Roheisen eingeschmolzen wurde, unterstützt. Man goss aber alle Arten von Gegenständen, und Töpfe für Amerika bildeten einen Hauptartikel. „Ein Umstand bei diesem Hüttenwerk, den man sonst nirgends findet, ist sehr merkwürdig. Dieses ist ein hoher Ofen, der, wie man sagt, schon vier Jahre im Gange ist , und die Gewerken glauben, dass er noch ein Jahr gehen werde. Der zweite ist auch schon drei Jahre im Gange, da doch sonst überall eine solche Hüttenreise höchstens ein Jahr dauert.“ Die grossen Gebläse waren den Gewerken immer noch nicht stark genug, deswegen liessen sie damals neue Bälge von ungeheurer Grösse machen, welche 21 Fuss (6,405 m) lang werden und aus 10 Zoll (0,255 m) dicken Bohlen be- stehen sollten. Sie sollten sich auf über 300 £ stellen. Jars meint, wenn sie Doppelbälge anwendeten, würden sie viel sparen können. Man machte aber nicht nur Gusswaren, ein Teil des Roheisens wurde zu Stabeisen verfrischt, was aber nur unter starkem Zusatz von russischem und amerikanischem Eisen geschehen konnte. Auf dem Kontinent gelang es zuerst in Deutschland, Eisenerze im Hochofen mit Koks zu verschmelzen. Dies geschah zu Sulzbach bei Saarbrücken durch den Fürsten Wilhelm Heinrich von Nassau- Saarbrücken. Über die Verschmelzung der Eisenerze mit Koks in Sulzbach berichtet Genssane , dass der Hochofen ganz ähnlich den von Courtivron und Bouchu beschriebenen französischen gewesen sei. Auch der Betrieb war der gleiche, nur blies man etwas stärker. Die Erze, Thoneisenstein und Bohnerze, wurden nur zum Teil geröstet. Sie waren arm und gaben nur 30 bis 32 Proz. Eisen. Man beschickte in der Weise, dass man erst zwei Sätze, etwa 25 kg, geröstetes Erz aufgab, darüber fünf Körbe Koks, von denen jeder etwa 25 kg wog, darauf fünf Sätze, etwa 50 kg, ungeröstetes Erz, auf dieses drei Sätze Kalkstein und dann wieder fünf Sätze gerösteten Stein. Jede Charge wog etwa 250 kg Erz, 38 bis 40 kg Kalkstein und 125 bis 130 kg Koks. Man gab in Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. 24 Stunden sechsmal auf; also 2500 kg Erz, 350 bis 400 kg Kalkstein und Koks entsprechend 1300 kg Steinkohlen. Hiermit erzielte man 800 kg Roheisen von guter Qualität, wie Genssane behauptet. Das Roheisen war so gut, dass es beim Frischen „nur“ 25 bis 26 Prozent verlor. Dabei gab es so weiches Eisen, dass man es fast zu Draht verarbeiten konnte. Hierin ist aber Genssanes Bericht jedenfalls zu schön gefärbt, denn man gab nach zwei Jahren die Herstellung von Roheisen mit Koks, wegen der schlechten Qualität des Roheisens, wieder auf. Jedenfalls gebührt aber dem deutschen Fürsten von Nassau-Saar- brücken der Ruhm, auf dem Kontinent den ersten Eisenhochofen mit Koks mit Erfolg betrieben zu haben. Es ist auch charakteristisch, dass es in Deutschland zwei souveräne Fürsten waren, welche sich um die Fortschritte des Hochofenbetriebs verdient machten und von denen wir die ersten Berichte über den Betrieb deutscher Hochöfen haben. Man hatte wohl erkannt, dass die Verwendung roher Steinkohlen im Hochofen unausführbar sei oder sehr schlechtes Eisen gäbe, weil bei der unmittelbaren Berührung von Kohle und Erz die Unreinig- keiten der ersteren, namentlich der Schwefel, in das Eisen übergingen und dasselbe verdarben. Die Idee, die Kohlen von den Erzen zu trennen, die Ausschmelzung der letzteren nur durch die Flamme der Steinkohle zu bewirken, lag nahe und wurden in England darüber bereits im 17. Jahrhundert Versuche angestellt und Patente erteilt. Das bekannteste ist das, welches einem Deutschen, Blauenstein (englisch Blewstone), erteilt wurde, der wenigstens teilweise Erfolg gehabt zu haben scheint. Im allgemeinen aber hatten diese Versuche kein Ergebnis, weil man im gewöhnlichen Zugflammofen nicht die nötige Temperatur erzielte, um Eisenerze zu schmelzen. Die Idee tauchte aber immer von Zeit zu Zeit wieder auf. Auch in Deutsch- land war dies der Fall und hier war es Herr von Justi , der zuerst einen solchen Flammofen zum Schmelzen der Eisenerze, den er einen „englischen Coupolo-Ofen“ nannte, vorschlug v. Justi , Chymische Schriften, Bd. III, S. 365 und Schauplatz der Künste und Handwerke 1764, Bd. III, S. 6 Anmerkung. . Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Eisengiesserei hat im Laufe des 18. Jahrhunderts be- deutende Fortschritte gemacht. Dass sie in Frankreich schon zu Anfang des Jahrhunderts auf einer verhältnismässig hohen Stufe stand, haben wir aus den Schriften Reaumurs entnommen, der selbst wieder eben durch seine Schriften diese Kunst gefördert hat. Über den Stand der französischen Giessereitechnik um 1760 giebt die Ab- handlung von Courtivron und Bouchu in den Descriptions des arts et métiers, an der ausserdem Duhamel mitgearbeitet hat, und welche die erste ausführliche Darstellung über die Eisengiesserei im allgemeinen enthält, den besten Aufschluss. Nach dem Form- material und der Art der Abformung ist der Aufsatz über Giesserei eingeteilt in die unbedeckte Abformung in Sand, sogenannter offener Herdguss, in die Abformung in Lehm und in die Abformung in Sand in geschlossenen Kasten. Die offene Sandformerei ist das einfachste Verfahren. Über ihre Ausführung wird nichts Neues vorgebracht. Dagegen erfahren wir, dass ihre Anwendung eine recht mannigfaltige war. Es wurden nicht nur die Ofen- und Kaminplatten, die damals im allgemeinen Gebrauch waren, im offenen Herd gegossen, sondern auch Schmiede- ambosse, Chabotten und schwere Hämmer so gegossen. Auch fing man an, die Ringe mit Hebedaumen zur Bewegung der Hämmer in einem Stück zu giessen, was einen grossen Vorteil bot gegenüber dem früheren Verfahren, bei dem durch das Einstemmen der schmiede- eisernen Hebedaumen der Wellbaum sehr geschwächt worden war. Der Guss erfolgte fast stets direkt aus dem Hochofen, und zwar in der Weise, dass man die Form mit der Laufrinne oder dem Bett der Gans durch eine im Sand geformte Rinne verband, welche man beim Abstich öffnete und soviel flüssiges Eisen durchliess, als zum Füllen der Form erforderlich war, worauf man sie durch Zustopfen mit Sand oder ein eingesetztes Blech schloss. Da wo man weisses Roheisen erzeugte, wurden die Gussstücke oft so hart und spröde, dass man sie unmittelbar nicht gebrauchen konnte. Dies wurde bis zu einem ge- wissen Grade durch nachträgliches längeres Ausglühen verbessert. Es geschah dies entweder einfach in einem Haufen brennender Kohlen Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. oder in einem Wärmeofen. Auch ein Umhüllen mit frisch abgestochenen, glühenden Schlacken übte manchmal schon eine genügende Wirkung. Die Hauptart des Formens war immer noch die Lehmformerei . Obgleich die Sandformerei billiger war und rascher von statten ging, hing man doch noch mit Vorliebe an dem älteren Verfahren. Die Eisengiesserei verleugnete nicht ihre Abstammung von der uralten Kunst der Metallgiesserei, welche sich im Mittelalter in der Glocken- und Kanonengiesserei grossartig entwickelt hatte. Über das Formen in Lehm und in Sand liefert Duhamel eine sehr gute Beschreibung, die durch vortreffliche Zeichnungen noch ver- ständlicher wird Descriptions des arts et métiers, T. II, p. 186; Schauplatz der Künste und Handwerke, S. 88. . Wir können nur das Wichtigste daraus mitteilen und verweisen auf das Original. Die Vorzüge des Lehmgusses bestanden darin, dass man dazu keine Modelle brauchte, und dass, wenn man zarten Lehm nahm, die Gussstücke sauberer und glatter wurden als die in Sand gegossenen. Endlich waren die in getrockneten Lehmformen gegossenen Gusswaren fester als die in feuchtem Sand gegossenen, in welchem das Eisen immer etwas abgeschreckt wurde. Der Thon durfte nicht zu fett sein, weil er sonst beim Trocknen Risse bekam; in dem Fall mischte man feinen Sand bei. Das Reissen wurde auch verhindert durch Einmengen von Asche, Pferde- und Kuhmist, Haaren, kleingeschnittenem Werg u. s. w. Mochte die Erde von Natur noch so gut sein, es war immer nötig, sie vor dem Gebrauch gehörig durchzuarbeiten, was durch Schlagen mit dicken eisernen Stangen oder gewöhnlicher durch Treten mit den nackten Füssen in Lehmgruben geschah. Hierbei wurden auch die genannten Zusätze eingemengt. Man bediente sich bei der Lehmformerei keiner Modelle, dagegen soviel wie möglich der Schablonen. Erst stellte man den inneren Teil des Gussstücks, den Kern, dar, auf diesen trug man mit Lehm die Eisenstärke auf, welche später entfernt wurde. Über Kern und Eisenstärke, auch „Hemd“ genannt, formte man die äussere Form oder den Mantel. Zur Fertigstellung einer Lehmform macht man also 1) den Kern, auf diesen trägt man 2) die Eisenstärke auf, hierüber formt man 3) den Mantel, 4) nimmt man den Mantel wieder fort, 5) löst man die Eisenstärke oder das Hemd ab und entfernt es, worauf man 6) den Mantel wieder darüber stülpt, wodurch die Hohlform hergestellt ist. Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Als Beispiel für die Lehmformerei und für die Sandformerei wird das Einformen eines bauchigen Kessels beschrieben, der damals auf die eine und auf die andere Weise hergestellt wurde. Fig. 86. Fig. 87. Fig. 86 stellt den fertigen Kessel dar, der in Lehm geformt werden soll. Zuerst wird der Kern gemacht. Zu diesem Zwecke wird Fig. 88. Fig. 89. die rohe verjüngte Form durch Aufdrehen eines lose geflochtenen Stroh- seils auf einer konischen Spindel (Fig. 87, N ), an deren Ende man eine Handkurbel befestigt und welche auf einem Werk- tisch ruht, in der Weise, wie es Fig. 89 zeigt, her- gestellt. Auf diese wird der Lehm mit der Hand unter Drehen der stroh- bewickelten Spindel aufgetragen und mit dem Schablonen- brett abgestrichen (Fig. 88), wodurch die ungefähre Ge- stalt des Kerns entsteht. Der Kern wird dann getrock- net und hierauf zum zweitenmal auf der Beck , Geschichte des Eisens. 24 Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Werkbank unter Aufgeben von Lehm mit Hilfe einer genaueren Schablone abgedreht. Für einen solchen Kesselkern genügt das zwei- malige Aufdrehen, bei komplizierteren Körpern muss es öfter wieder- holt werden. Der Kern wird von neuem getrocknet. Dieses Trocknen kann im Sommer bei sehr günstiger Witterung im Freien geschehen, in der Regel werden die Lehmkörper aber über einem Feuer, welches in einem aus Backsteinen gemauerten Trog, auf dessen langen Seiten- Fig. 90. wänden die Spindeln mit ihren Enden auf- lagern, während der Lehmkörper über dem Kohlenfeuer hängt und nach Bedürfnis leicht gedreht werden kann, getrocknet. Alsdann erhält der Kern einen Anstrich von feiner Kreide oder gesiebter Asche, wodurch sich die danach aufgetragene Eisenstärke später besser ablöst. Das Auftragen dieser Lehmschicht geschieht genau in derselben Weise, nur mit einer andern Schablone, welche genau der äusseren Form des Kessels entspricht. Man trocknet wieder und trägt einen Fig. 91. Fig. 92. ebensolchen Anstrich auf, wie auf den Kern. Hierauf wird der Mantel aufgetragen, ebenfalls in zwei Lagen, von denen die erste ungefähr 9 Linien dick, die zweite etwas schwächer ist. Die äussere Form ist der inneren ähnlich, doch kommt es dabei nicht so sehr auf Genauig- keit an, wie zuvor. Man hat inzwischen die Henkel für sich geformt, und zwar über zwei Rundhölzer, die zusammenstossen und sich aus- ziehen lassen. Diese setzt man an ihre richtigen Plätze, indem man Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. in den Mantel bis auf das Hemd ein Loch macht, in welches man sie einsetzt und sie mit Lehm festklebt. In der Mitte zwischen den beiden Henkeln zeichnet nun der Former den Teilstrich an, nachdem später die Form auseinander geschnitten wird, um den Lehm für die Eisenstärke abzulösen (Fig. 90). Ehe dies geschieht, schlägt man die Spindel aus der trockenen Form, was leicht ist, da sie verjüngt zuläuft. An derselben hängt das eine Ende des Strohseils, welches man nun ebenfalls ganz herauszieht. Man füllt nun das Innere mit gewöhnlichem Lehm, um der Form mehr Halt zu geben und trocknet sie dann in aufrechter Stellung über dem Feuer. Alsdann werden die drei Füsse, die man ebenfalls vorher in Lehm geformt hat, angesetzt (Fig. 91), und das Ganze von neuem getrocknet. Nun zerschneidet man Fig. 93. den Mantel nach der vorgezeichneten Teilungslinie (Fig. 92). Die beiden Hälften lassen sich leicht abziehen. Ebenso lässt sich die Lehmschicht, welche der Eisen- stärke entspricht, leicht ablösen. Nach- dem die äussere Form, da, wo Henkel und Füsse eingesetzt sind, auch von innen glatt gestrichen worden ist, das Loch, durch welches die Spindel durchging, am Kern mit Lehm zugemacht und glatt gestrichen, am Mantel ebenfalls geschlossen und nur die beiden Öffnungen für den Einguss und die Windpfeife ausgespart worden sind, schiebt man die beiden Hälften des Mantels wieder über den Kern. Um aber ganz sicher zu sein, dass sich Mantel und Kern nirgends berühren, legt man an ver- schiedenen Punkten Kugeln von einem leichtflüssigen Metall, Blei und Zinn (Fig. 92), ein, welche beim Guss von dem flüssigen Eisen sofort geschmolzen werden. Die fertige Form wird in glühenden Kohlen scharf getrocknet, alsdann gräbt man sie im Boden ein und stampft sie ringsum mit Sand fest, so dass nur die Eingüsse über dem Boden hervorragen. Der Giesser schöpft nun mit Handkellen das flüssige Eisen aus dem Vorherd des Hochofens (s. Fig. 93) und giesst es dann in die Formen. Nach dem Erkalten wird die Form aufgegraben, herausgehoben und abgeklopft, die Eingusstrichter abgeschlagen und das Gussstück geputzt. Die Hochöfen, die auf Gusswaren gingen, waren ebenso zugestellt wie die übrigen, nur machte man den Vor- 24* Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. herd zuweilen etwas länger, um besser ausschöpfen zu können, legte für schwere Güsse auch die Form etwas höher, so dass man 15 Zoll Höhe im Eisenkasten bekam und richtete hier und da, um den Vor- herd warm zu halten, die Form etwas nach vorn. Das Formen im feuchten Sand ging viel rascher von statten und war auch das dazu nötige Material billiger. Dagegen brauchte man dafür Modelle und Formladen, Rahmen oder Formkasten. Letztere Fig. 94. Fig. 95. Fig. 96. Fig. 98. Fig. 97. waren damals noch allgemein von Holz mit Eisen beschlagen und wurden durch Stifte und Haken miteinander verbunden. Der Formsand muss fein sein und schwach angefeuchtet sich in der Hand ballen lassen. Man schlägt ihn trocken durch ein Haar- sieb und vermischt ihn innig mit Kohlenstaub; alsdann feuchtet man ihn an. Bei der Sandformerei hat es keine Schwierigkeit, die rich- tige Gestalt herzustellen, da dieselbe durch das Modell gegeben ist. Die Schwierigkeit liegt darin, das abgeformte Modell derart aus dem Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Sand zu entfernen, dass die Form erhalten bleibt und nichts ver- letzt wird. Zum Formen gehört als Unterlage ein an der Oberfläche glattes Formbrett, wie es in Fig. 94 in Ansicht und Querschnitt dargestellt ist. Dasselbe muss über den Formkasten (Fig. 95, 96) hinausragen. Man sieht in der Zeichnung des letzteren die eisernen Winkelbänder b b , die Verstärkungsleisten c c und die Griffe d d . Das Modell, Fig. 97, welches ganz glatt von Messing gearbeitet ist, wird nun zuerst mit der Hohlseite oder dem Rande auf das Formbrett aufgesetzt, der Formkasten darüber gesetzt und der ganze freie Raum um das Modell herum mit Formsand ausgefüllt und festgestampft, wie in Fig. 98 dar- gestellt. Die Füsse, welche mit besonderen geteilten Hülfsmodellchen geformt werden, setzt der Former erst nachträglich an, ebenso die Henkel. Nachdem der Kasten bis zum Rande vollgestampft und glatt Fig. 99. Fig. 100. abgestrichen ist, setzt man einen Aufsatzkasten auf, in welchen der Einguss f , der auf das Messingmodell gesetzt wird, eingeformt wird. Die beiden durch Riegel oder Haken verbundenen Kasten (Fig. 99) werden dann umgewendet, auf der andern Seite ebenfalls ein Rahmen aufgesetzt und in diesem das Innere des hohlen Topfmodells abgeformt. Dieser wird dann abgehoben und auf die Seite gestellt, wie es Fig. 100 zeigt, worauf das Messingmodell ausgehoben wird. Nun wird der Oberkasten (Fig. 98) ohne das Formbrett auf den Unterkasten (Fig. 99) aufgesetzt, mit Haken fest gemacht und so ist die Form zum Guss fertig. Der Abhandlung von v. Courtivron und Bouchu ist ausser der Arbeit von Duhamel noch ein besonderer Aufsatz von Deparcieux über Röhrenguss einverleibt. Der Verfasser unterscheidet Muffen- röhren und Flantschenröhren; dieselben kamen vornehmlich zur Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Anwendung als Abfallrohren, um das Wasser von den Dächern herab- zuleiten, und als Wasserleitungsröhren. Bei ihrer Herstellung wurde die äussere Rohrform nach einem Holzmodell in Sand geformt, der Kern aber in Lehm gedreht, wie dies auch heute noch vielfach gebräuchlich ist. Die Muffenrohre sind die ältere Art. Fig. 101 zeigt die Gestalt derselben, wie sie früher in Frankreich gebräuchlich waren und wie Fig. 101. Fig. 102. sie 1746 oder 1747 einer alten Wasserleitung in den Tuillerien entnommen wurden. Sie hatten auf der einen Seite eine Muffe, auf der andern Seite in entsprechendem Ab- stande einen ringförmigen Wulst, welcher dazu diente, dem Kitt, mit dem man die Röhren ineinander befestigte, Halt zu geben. Fig. 102 zeigt das Rohr im Durchschnitt. Fig. 103 ist das Modell im ganzen und im Schnitt. Fig. 103. Man sieht, dass dasselbe in der Mitte der Länge nach geteilt und zusammen- gekittet war. Beim Ein- formen wurde erst die eine Hälfte mit der flachen Seite auf das Aufstampf- brett gelegt, der längliche Kasten darübergestülpt, mit Sand gefüllt, gestampft und glatt abgestrichen. Sodann wurde der Kasten gewendet, die zweite Modell- hälfte auf die eingeformte erste Hälfte aufgesetzt, ein zweiter Kasten Fig. 104. aufgesetzt und ebenso aus- gestampft. Dann wurde der aufgesetzte Kasten wieder aufgehoben und die beiden Modellhälften herausgenommen. Der Kern, Fig. 104, welcher um eine Spindel, welche erst mit Stroh umwickelt, dann mit Lehm an einem Schablonenbrett abgestrichen wird, geformt ist, wird dann in den Unterkasten eingelegt, wobei sorgfältig auf seine richtige Lagerung geachtet wird, welche dadurch bewirkt wird, dass man den vor- stehenden Spindelenden eine entsprechende Auflagerung giebt, so dass Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. der Kern in der Form derart frei schwebt, dass überall der gleiche Abstand von der äusseren Form entsprechend der Wandstärke des Rohres verbleibt. Nachdem man den Oberkasten, welcher natürlich auch am Unterkasten seine Zapfenführung hat, wieder aufgesetzt hat, ist die Form zum Gusse fertig. Die Muffenröhren haben den grossen Nachteil, dass man sie aus einer geschlossenen Leitung kaum heraus- nehmen kann, ohne sie zu zerschlagen, dadurch kam man dazu, sie durch Flantschenröhren, welche Verdichtungsflächen haben, die mit Schrauben verbunden werden, zu ersetzen. Es war dies eine sehr wichtige Erfindung, die durchaus nicht so einfach war, wie sie uns heutzutage erscheint Siehe hierüber Deparcieux in den Descriptions des arts et métiers, T. II, p. 225. . Sie soll nach Deparcieux’ Angabe gegen Ende des 17. Jahrhunderts in Frankreich gemacht worden sein, als Ludwig XIV. die grossartigen Anlagen in Versailles und Marly aus- führen liess. Nach seiner Ansicht hätte der Schwerpunkt der Er- findung nur in den richtigen Formkasten gelegen. Das Modell eines Fig. 105. einfachen Flant- schenrohres be- steht aus sechs Teilen, aus den zwei Rohrhälften und den vier Flantschenhälf- ten (Fig. 105). An dem Rohrmodell ist ein Ansatz von geringerem Durchmesser, der Kernstutzen, durch welchen die Eisenstärke bestimmt wird. Deparcieux sagt, man habe seines Wissens bis jetzt keine Versuche über die erforder- liche Wandstärke von gusseisernen Röhren bei bestimmtem Druck angestellt und müsse man sich deshalb an die vorliegenden Erfahrungen halten. Für ein 6 bis 7 Zoll weites Rohr mache man die Wandstärke in der Regel 6 bis 7 Linien, wenn es aber einen Druck von 100 bis 120 Fuss Wasser auszuhalten habe, müsse man sie 8 bis 9 Linien dick machen. Die Flantschen mache man dicker als die Wandstärke der Rohre, bei Röhren von 6 bis 7 Zoll 14 bis 15 Linien stark. Dementsprechend müsste auch die Entfernung der Schraubenlöcher vom Rande der Flantsche sein. Diese Löcher machte man 1 bis 2 Linien grösser, als der Schraube entspreche, damit sie leicht durch- gesteckt werden könne. Für 6- bis 8zöllige Röhren gäbe man ihnen 13 Linien lichte Weite. Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Die alten Flantschenrohre hatten viereckige Flantschen mit gebrochenen Ecken, wobei die Schraubenlöcher in den Ecken ange- bracht waren. Zum Ausheben mussten sie etwas verjüngt werden. Man verstärkte die Dicke der Rohrwandung nach der Flantsche zu, wobei man gewöhnlich in 2 Zoll Entfernung begann. Das Besondere der Formkasten bestand darin, dass zwei besondere bewegliche Kasten- scheider angebracht waren, auf welchen der Lehmkern, der weit vorstehen musste, seine Auflagerung erhielt. Das Aufdrehen des Kerns geschah in ganz entsprechender Weise, wie das oben beschriebene Aufdrehen des Kesselkerns. Das Einformen des Modells ist leicht zu verstehen. Die Formlöcher wurden in den Flantschen durch kleine Lehmkerne ausgespart. Man machte in den Hütten von Dampierre und Senonges bei Dreux nicht nur gerade, glatte Röhren, sondern Fig. 106. auch gekrümmte und solche mit Stutzen, mit schiefen Flantschen u. s. w. Fig. 106 zeigt ein Rohr- modell mit Stutzenrohr und schiefer Flantsche in seinem Formkasten gelagert. Mit solchen Röhren konnte man Ver- bindungen herstellen, die man früher nur durch Zwischenstücke von Blei oder Kupferblech erreichen konnte. Aus allen diesen Schilderungen ersehen wir, dass die Kunst der Formerei, die ja auch eine uralte ist und im Bronzeguss schon im Altertum zu hoher Kunst entwickelt war, in den Eisenhütten um die Mitte des vorigen Jahrhunderts schon sehr weit vorgeschritten war, und dass die Handarbeit schon fast ebenso wie heutzutage ausgeführt wurde. Auch die Werkzeuge der Former, die ja sehr einfach sind, waren ganz dieselben, wie sie heute noch in Gebrauch sind. Das Schöpfen des flüssigen Eisens mit Handkellen (cuillers) aus dem Vorherd des Ofens war mühselig, und wenn der Weg bis zur Form weit war, oft unsicher, da zu einem grösseren Stücke mehrere Kellen voll Guss nötig waren. Deparcieux rät deshalb an, wo es nur irgend möglich sei und bei grossen Stücken immer, das Eisen in Rinnen nach den Formen, die dann selbstredend in den Boden eingegraben sein mussten, zu leiten. Der Abschluss der Rinne geschah durch eine quer eingesetzte eiserne Schaufel, die man wie eine Schleuse aufzog. Stücke von mittlerer Grösse solle man mit der Taschenkelle (la poche) Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. giessen. Es war dies eine Setzpfanne von Gusseisen. Sie hatte 14 bis 16 Zoll Durchmesser und 8 bis 9 Zoll Höhe und am oberen Teile eine Öffnung von 8 bis 9 Linien Durchmesser, die mit einem Thonpfropf verstopft wurde. Sie fasste 6 bis 7 Kellen von je 35 bis 40 Pfund Gewicht. Die mit Lehm ausgestrichene Taschenkelle wurde zuvor angewärmt und dann wurde das Eisen mit Handkellen ein- getragen. War sie genügend gefüllt, so wurde die Öffnung aufgestossen und das Eisen in die Form laufen gelassen. Über den Geschützguss in Frankreich hat der Marquis de Mon- talembert eine wichtige Abhandlung in den Memoiren der Akademie der Wissenschaften vom Jahre 1759 veröffentlicht. Der Zweck des Auf- satzes ist, nachzuweisen, dass es nicht gut sei, die Kanonen aus übergarem Giessereieisen (fonte bourrue), welches blätterig und locker ist, her- zustellen, wie dies jetzt zum Nachteil der Artillerie häufig ge- schehe, weil es für das Abdrehen und Bohren nach dem neuen Ver- fahren von Maritz wegen seiner grossen Weichheit bequemer sei, sondern dass das Gusseisen wie früher eine gewisse Dichtigkeit und Festigkeit haben müsse (fonte aminée). Der Marquis von Montalembert besass grosse Eisenwerke in Perigord, in denen namentlich auch der Guss eiserner Geschütze für die Marine betrieben wurde. Wir erfahren nun, dass man bereits in den zwanziger Jahren angefangen hatte, Bronzegeschütze voll zu giessen und die Seele aus dem Vollen zu bohren. 1744 hatte Maritz in Strass- burg den Kernguss für Bronzegeschütze gänzlich abgeschafft, dieselben vollgegossen und die Seele mit seiner Bohrmaschine ausgebohrt. 1752 hatte Montalembert angefangen, auch eiserne Kanonen in dieser Weise zu giessen und zu bohren. Dies war ein grosser Fortschritt für das Geschützwesen, denn während man vorher, als man die Seele über einen Kern goss, selten ein Rohr erhielt, das ohne Löcher und Höhlen (chambres) im Inneren war, so konnte Montalembert 1752 an den Marineminister Rouille berichten, dass seine aus halbiertem Eisen gegossenen und aus dem Vollen gebohrten Kanonen niemals Höhlen zeigten, was sich auch in der Folge bestätigte. Dadurch kamen die gusseisernen Geschütze wieder mehr in Aufnahme. Die Bearbeitung der Geschütze, das Ausbohren und Abdrehen derselben wurde eine Sache von grösserer Bedeutung. Dies gab die Veranlassung zu einer Reform im Artilleriewesen, indem die französische Regierung den Schweizer Maritz , der sich durch seine Erfindung verbesserter Kanonen- bohr- und Drehbänke einen Ruf erworben hatte, 1755 als General- inspektor der Marine-Geschützgiessereien (Inspecteur général des fontes Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. de la Marine) ernannte, in welcher Stellung er auch die Qualität des Gusseisens zu prüfen und darüber zu bestimmen hatte. Die Geschütze wurden bekanntlich damals alle aus dem Hochofen gegossen. Man hatte es bis dahin sorgfältig vermieden, aus dem in den ersten Tagen nach dem Anblasen gewöhnlich fallenden, mit Graphit überladenen Roheisen, dem fonte bourrue, Kanonen zu giessen, dieselben vielmehr aus dem dichtgrauen, festen Eisen, wie es bei vollem Erzsatz fiel („fonte qui à tous sa mine“), gegossen. Nun brauchte aber Maritz , der unter Zustimmung des Ministers seine Drehbänke für Bronze- geschütze in allen Kanonengiessereien des Landes einführte und die Kanonen nicht nur ausbohrte, sondern auch von aussen abdrehte, einen sehr weichen Guss, was ja nicht schwer zu erreichen war durch Verminderung des Erzsatzes bei der Gicht. Dieser weiche Guss war aber auch sehr porös, infolge dessen viele eiserne Geschütze nach kurzem Gebrauch unbrauchbar wurden, zum grossen Nachteil der Marine. Montalembert führt deshalb mit Recht aus, dass weiches Eisen nicht immer gutes Eisen sei, ein Irrtum des Publikums, der von Schmiedeeisen hergenommen sei, wo die Bezeichnungen weich und gut fast identisch seien. Ganz anders verhalte sich dies aber beim Gusseisen, das einen grossen Widerstand, namentlich wie bei den Geschützen, den Widerstand gegen die Pulvergase auszuhalten habe, da sei nicht das weichste das beste, sondern das festeste. Das feste Eisen sei aber schwerer als das schwammige, dunkle (très poreuse, très brune et très tendre) und so könne das spezifische Gewicht den besten Massstab für die Brauchbarkeit des Eisens zum Geschützguss abgeben. In diesem Sinne machte Montalembert Versuche und fand, dass das spezifische Gewicht des weichsten, porösesten Gusses 7,098, das von mittlerer Dichte 7,237 und des dichtesten und härtesten 7,473 betrüge, demnach wog der Kubik- fuss 497 bis 507 und 524 Pfund. Hiernach liessen sich leicht, wenn man erst durch Versuche festgestellt hätte, welches Eisen am haltbarsten und geeignetsten für die Geschütze sei, Gewichtsgrenzen festsetzen, welche das massive Geschützrohr haben müsse, um von der Regierung als tauglich angenommen zu werden. Montalembert gebührt der Ruhm, das Bohren der gusseisernen Kanonen aus dem Vollen zuerst eingeführt zu haben, und was er über das Material gesagt hat, dass ein feinkörniges oder halbiertes Eisen dem grossblätterigen grauen Eisen vorzuziehen sei, hat die Praxis des folgenden Jahrhunderts bestätigt. Montalembert verwarf auch das von Maritz eingeführte Abdrehen der Geschütze, da die Giess- Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. haut das Eisen vor dem Rost schütze und durch keinen Anstrich er- setzt werden könnte. Da Maritz ’ Geschütze sich schlecht bewährten, häufig platzten und grosses Unglück anrichteten, musste er 1764 seine Entlassung nehmen, obgleich er sich grosse Verdienste um die Verbesserung des Kanonen- bohrwesens erworben hatte. Schweden lieferte damals bereits sehr gute gusseiserne Kanonen. Jars hat einiges über die schwedischen Geschützgiessereien, welche er 1767 besucht hatte, mitgeteilt. Er sah zwischen den beiden Städten Nyköping und Nordköping in der Provinz Südermannland eine Geschützgiesserei, welche dem Baron von Stakelberg gehörte. Sie lieferte etwa 300000 kg Guss- waren, bestehend in 24- und 12 pfündigen Kanonen, Kugeln und Bomben, welche meistens ausser Landes gingen. Sie hatten, wie die meisten Geschützgiessereien in Schweden, zu jener Zeit einen Doppel- ofen, d. h. zwei Hochöfen mit gemeinschaftlichem Rauhmauerwerk. Diese waren gewöhnlich 7 bis 8 Monate lang im Jahr im Gange. Die Erze, die verschmolzen wurden, waren Magneteisenstein, teils von Rosslagen, teils aus der Nähe von Nyköping. Dieselben wurden in Haufen, welche 32000 kg Erz fassten, geröstet, danach unter Häm- mern, von denen vier nebeneinander lagen, gepocht, dann wurden sie gattiert und mit Kalkstein beschickt. Um das für einen Guss ge- nügende Eisen zu haben, liess man die Öfen bis zu 2½ Tag, ohne abzustechen, gehen. Natürlich musste der Herd den dafür ausreichen- den Fassungsraum haben. Eine 24 pfündige Kanone wog 3200 kg. Sie wurde über einen Kern gegossen, so dass nur noch 2 bis 3 Linien nachgebohrt werden mussten. Das Bohren geschah ebenso wie auch auf der Eisenhütte zu Moss in Norwegen, stehend und zwar so, dass die Kanone, welche mit Hilfe von Hebeln und eisernen Ketten senkrecht gehalten wurde, indem sie auf dem Bohrer aufruhte, durch ihre eigene Schwere sich selbst bohrte. Der Bohrer wurde durch ein Vorgelege in Bewegung gesetzt, welches durch ein grosses Wasserrad getrieben wurde. Die Schwierigkeit, die alten oder fehlerhaften Kanonen zum Um- giessen zu zerschlagen, hatte zur Konstruktion eines Sägewerkes, mit dem man eine Kanone je nach ihrer Stärke an einem Tage in drei bis vier Stücke zerschneiden konnte, geführt. Die Maschine bestand aus einem kleinen Stirnrad von geschmiedetem Eisen, welches einen Fuss im Durchmesser hatte und dessen Zähne von Stahl waren. Dieses Rad war an einer langen, dicken eisernen Welle befestigt, welche auf Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. der einen Seite auf einem Lager ruhte, mit dem anderen Ende mit dem Zapfen der Radwelle fest verbunden war. Parallel mit dieser Welle bewegt sich die Kanone auf einem Art Schlitten auf und nieder und rückwärts und vorwärts. Es war also eine grosse Kreissäge, welche die Kanone durchschnitt, indem sich diese nach unten be- wegte. Eiserne Geschütze bildeten einen wichtigen Ausfuhrartikel Schwe- dens. Die Hochöfen waren durchgehends Privateigentum und ur- sprünglich nur auf Giesserei eingerichtet, und der Geschützguss stand jedem anderen Guss vor. Der Staat legte solchen Wert darauf, dass er den betreffenden Hochofenbesitzern seit 1740 verbot, neben der Kanonengiesserei Frischereibetrieb zu führen, damit ihr ganzes Inter- esse auf den für den Staat so wichtigen Artikel des Geschützgusses gerichtet bliebe. Dadurch bildeten sich eine ganz feststehende Routine und ganz bestimmte Erzgattierungen aus, wodurch denn auch ein vorzügliches Produkt erzielt wurde. Während man auf dem Kontinent von Europa fast alle Guss- waren aus dem Hochofen goss, höchstens für Feinguss sich der beschriebenen kleinen Öfchen bediente, goss man in England bereits vielfach aus dem Flammofen , in dem man das Roheisen um- schmolz. Das Bedürfnis, grosse Gussstäbe, wie z. B. die gewaltigen Cylinder von beinahe 2 m Durchmesser für die Feuermaschinen, grosse Schiffskanonen u. s. w. zu giessen, hatte zu diesem Verfahren geführt. Scheinbar lag dieses Schmelzverfahren nahe, da man schon seit Jahrhunderten die Bronze zum Glockenguss in Flammöfen geschmolzen hatte. Dass es aber trotzdem beim Eisenguss bis dahin keine Anwendung gefunden hatte, war darin begründet, dass man mit Holz nicht die nötige Hitze im Flammofen erzeugen konnte, um Eisen zu schmelzen. Wohl war dies aber mit Steinkohlen möglich und deshalb verfiel man zuerst in England, wo man die Steinkohlen in allen Zweigen der Industrie benutzte, auf dieses Verfahren. Wann und wie es erfunden wurde, ist unbekannt. Im 17. Jahrhundert hatte man wiederholt Versuche gemacht, Erze im Flammofen mit Steinkohlen zu schmelzen. Nachdem man nämlich die nachteilige Einwirkung der schwefelhaltigen Steinkohlen auf das Eisen bei den Versuchen, die Erze in Berührung mit roher Stein- kohle im Hochofen zu schmelzen, kennen gelernt hatte, suchte man die Lösung des Problems der Eisenerzeugung mit Steinkohle in der getrennten Feuerung, bei welcher nur die Flamme mit dem Schmelz- gut in Berührung kam. Hatten diese Versuche, die wir bereits erwähnt Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. haben, auch nicht den gewünschten Erfolg, so führten sie doch unzweifelhaft auf das Umschmelzen des Roheisens im Flammofen mit Steinkohlen. Wahrscheinlich waren es die Experimente, die der Deutsche Blewstone anstellte, welche unmittelbar dazu hinleiteten. Frederik de Blewstone hatte am 25. October 1677 ein Patent genommen für das Schmelzen und Reduzieren von Eisen und allen anderen Metallen und Mineralien mit Steinkohlen (Melting down, forging, extracting and reducing iron and all metals and minerals with pitt coale and sea coale). Dass dies im Flammofen geschah, wissen wir aus anderen Nachrichten. Blewstone muss einigen Erfolg gehabt haben, denn seine Versuche erregten Aufsehen. Becher schreibt in seiner „Närrischen Weisheit“ (S. 34): „Nach Printz Rupperts Angaben hat ein Teutscher hier im Lande, namens Blauenstein , erfunden mit Steinkohlenflammen Eisenerzt zu schmelzen, dass es ge- schmeidig Eisen gibt. Man hat lange mit zu thun gehabt, denn der Arsenik in den Steinkohlen macht alles Eisen brüchig, endlich ists doch gefunden worden, denn ich habe vor kurzer Zeit die Probe bey dem Printzen gesehen, nemlich ein Instrument von solchem geschmol- zenen Eisen gemacht, war sehr geschmeidig, welches der Printz noch auf meine invention verkupffert.“ Blewstones Verfahren, Eisenerze auf diese Art zu schmelzen, hatte aber, wie wir früher bereits gesehen haben, keinen dauernden Erfolg, wohl aber gelang das Umschmelzen von Guss- und Roheisen und bürgerte sich dieses allmählich in England ein. Bestimmtes erfahren wir aber vom Schmelzen des Eisens in Flammöfen erst durch Jars ’ Bericht seiner Reise in England 1765. Er beschreibt zuerst die Eisengiessereien bei Newcastle (I, 351). „Die Giesshäuser, auf denen allerhand Waren, als Schmortiegel, Töpfe, Gossen, Cylinder, Wagenräder u. s. w. von Roheisen gegossen werden, stehen auf beiden Seiten des Flusses und gehören verschiedenen Ge- werkschaften an. — Der zu dieser Arbeit gebräuchliche Ofen (Fig. 107 und 108, a. f. S.) ist ein Windofen, den man in Frankreich den englischen Ofen nennt. Schlüter hat denselben Ofen bei der Beschreibung, wie in England die Kupfererze verschmolzen werden, abgebildet; ein Unterschied besteht nur darin, dass ersterer in der Mitte eine Thüre hat, welche während der Arbeit zu ist. Durch diese Thüre B wird der Herd A vorgerichtet und die zu verschmelzende Materie aufgesetzt, wonach dieselbe fest verschlossen wird. An dem einen Ende des Ofens, der Feuerung gerade gegenüber, also auf der Seite des Schornsteins, befindet sich eine Öffnung, welche 1 Fuss im Quadrat Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. gross ist. Diese zweite Thüre C (Fig. 108) wird während der Arbeit mit einem Backstein zugesetzt, welcher ebenso gross wie die Öffnung ist. Mitten in diesem Backsteine befindet sich ein rundes Loch von 1½ Zoll Durchmesser, welches mit einem Cylinder von Thon verschlossen wird, den man herausnimmt, sobald man nachsehen will, ob alles im Fluss sei und ob das Eingeschmolzene den gehörigen Hitzegrad erlangt habe, was die Schmelzer aus Erfahrung beurteilen können. Unterhalb der Thüre ist der Stich K angebracht. Der Herd wird von Sand aus der Tyne oder von Seesand ge- macht, völlig gleich und nach der Seite des Stichs zu geneigt ge- schlagen, so dass er daselbst eine ansehnliche Vertiefung bildet. Wenn nun der Ofen auf diese Art zurecht gemacht ist, was alle Morgen Fig. 107. geschieht, so wird die grosse vordere Öffnung B mit einer aus Backsteinen be- stehenden Thüre, welche Backsteine mit einem eisernen Rahmen verbunden werden, verschlos- sen. Durch eine kleine Feuerthüre F , welche nur 6 Zoll im Quadrat hält, werden als- dann die Stein- kohlen in den Windofen gelegt und diese Öffnung selbst wird mit Kohlen zugesetzt. Damit die Asche durch den Rost falle, müssen die Kohlen öfters aufgerührt werden; so oft dies geschehen ist, wird von neuem aufgegeben. Auf diese Art wird der Ofen drei bis vier Stunden lang abgewärmt. Alsdann öffnet man die grosse Thüre von Backsteinen, welche an einer über eine Rolle gehenden Kette hängt, und setzt durch Hilfe derselben das zu verschmelzende Roheisen ein, von welchem zu jedem Schmelzen 40 bis 45 Centner erforderlich sind. Alsdann werden alle Thüren ganz dicht verschlossen und fünf bis sechs Stunden das heftigste Feuer gegeben, in welcher Zeit alles eingeschmolzen ist. Das auf diese Art eingeschmolzene Roheisen kommt aus Schottland oder aus Amerika in Stücken, welche 2 bis 3 Centner im Gewicht halten. Gemeiniglich aber werden alte Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. zerbrochene Gusswaren, als Grapen, kleine Kanonen u. s. w. mit durchgesetzt. Man rechnet, dass zum Verschmelzen der oben angeführten Quantität Gusseisen 22 bis 23 Centner Kohlen und noch darüber erfordert werden. Während der Zeit, dass der Ofen abgewärmt und das Gusseisen eingeschmolzen wird, werden die Formen nach der überall gebräuchlichen und verschiedentlich beschriebenen Art ange- fertigt. An dem Ende des Ofens, wo der Stich angebracht ist, be- Fig. 108. findet sich eine ziemlich grosse Dammgrube, in welche die Formen zu den grossen Stücken gesetzt werden und ich habe bei meiner Anwesenheit ein Rohr, welches 15 Fuss lang war, abgiessen sehen. In diesem Ofen lassen sich nur Röhren, die nicht über 22 Zoll (0,451 m) weit sind, giessen, weil er zu klein ist, um die zu grösseren erforderliche Menge Roheisen zu fassen. Die Formen zu den grossen Stücken werden in der Dammgrube senk- recht aufgestellt. Zu dem Ende werden die Formen mit Sand stark eingedämmt, und damit die Hitze keinen Schaden dabei thun kann, wird die Form von oben mit eisernen Gewichten beschwert. Als- dann wird von dem Stich an ein Lauf gemacht, welcher dicht bei der Form in zwei Rinnen auseinandergeht. Wenn nun das Roheisen in voll- kommenen, zum Giessen hinlänglichen Fluss ge- bracht ist, wird vermit- telst einer eisernen Stange, die mit einem Hammer angetrieben wird, der Stich geöffnet und das Roheisen läuft dann in die Formen. Zwei Schmelzer halten dann in dem doppelten Lauf mit vorgesetzten hölzernen Schaufeln die mit dem Roh- eisen zugleich ausfliessenden Schlacken und Unreinigkeiten auf, damit sie nicht in die Form hineingehen. Wenn nun die Form sowohl als der Lauf vollgelaufen sind, so wird der Stich mit einem grossen Stück Thon wieder zugemacht. Das im Lauf befindliche Roheisen wird so- dann mit kleinen Holzkohlen bedeckt, dass es warm bleibt und das Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. in der Form gegossene Stück nicht springt. Wenn dies geschehen ist, so wird die grosse Thüre, welche sich über dem Stich befindet, aufgemacht und das eingeschmolzene Roheisen mit heiss gemachten und mit Lehm überzogenen Kellen ausgeschöpft und in Formen ge- gossen. Auf diese Art giesst man die kleineren Stücke, als Grapen, Töpfe u. s. w., zu denen hölzerne Modelle gemacht werden und welche man auf die überall gewöhnliche Art im Kasten in Sand abformt. Da gewöhnlich inwendig an den Ecken etwas Roheisen ungeschmolzen bleibt, sich auch zuweilen von dem Geschmolzenen Bühnen ansetzen, so werden diese losgebrochen, in die Mitte geschafft und noch einmal unter scharfer Hitze eingeschmolzen. Dieses Eisen wird dann mit Kellen ausgeschöpft. — Der Guss von dem, was am Tage einge- schmolzen wurde, pflegt abends zu geschehen. Danach wird der Ofen gereinigt und alle Thüren geöffnet, damit er sich die Nacht über ab- kühlt. Am Morgen wird dann der Herd von neuem zum Schmelzen vorgerichtet. Währenddem wird das Gussstück aus der Dammgrube gehoben und eine neue Form eingesetzt. Das erhaltene Gusseisen scheint von der besten Qualität zu sein und lässt sich beinahe wie Schmiedeeisen feilen.“ Zu Clifton Furnace in Cumberland und zu Carron in Schottland geschah das Vergiessen sowohl aus dem Hochofen als aus Flammöfen. Grossartig war für jene Zeit der Giessereibetrieb zu Carron. Jars schreibt darüber: „Die Anfertigung von Gusswaren ist die Hauptsache auf dieser Hütte, und es werden hier die grössten Cylinder für Feuer- maschinen gegossen. Ich habe einen solchen Cylinder giessen sehen, welcher 50 Zoll (1,275 m) Durchmesser hatte. Zu dem Ende wird vor den hohen Öfen eine Dammgrube angelegt, in welche die Formen der abzugiessenden Stücke eingesetzt werden. Man zieht alsdann von jedem Ofen kleine Graben in Sand und lässt durch dieselben das Eisen in die Form laufen, und wenn so grosse Stücke gegossen werden, für welche die beiden hohen Öfen nicht Roheisen genug halten können, so nimmt man noch das Roheisen von etlichen Windöfen (Flamm- öfen) hinzu. Fünf derselben stehen dergestalt, dass das Eisen in eben dieselbe Dammgrube laufen kann und dadurch ist man im stande, ein Stück von 40000 Pfund (20 Tonnen) abzugiessen . Die Windöfen sind ebenso eingerichtet und werden auch auf eben die Art betrieben, wie die oben beschriebenen. Sie gehen alle Tage und es geschehen täglich zwei Güsse. Alle kleinen Stücke, die von dem Hochofen fallen, alte zerbrochene Gusswaren, die aus verschiedenen Ländern dahin gebracht werden, werden darin verschmolzen und Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. ausserdem auch Roheisen. Das Bestreben der Hütte geht dahin, alle Arten von Gusswaren anzufertigen, als Roste und Stubenkamine, Zierrate von Zimmern, Schiffsöfen, Hausthüren mit zwei Flügeln, Plätteisen, Töpfe u. s. w. Die letzteren machen einen Hauptgegenstand aus. Diese Hütten versorgen ganz Canada damit, seitdem solches von Eng- land erobert ist und sie brauchen dieselben Modelle, die man ehedem in Frankreich hatte. Endlich werden auch daselbst beinahe alle Arten von Waren aus Gusseisen gemacht, die man sonst aus ge- schmiedetem Eisen verfertigt und auf Schleifsteinen, welche nach der zu St. Etienne in Foretz gewöhnlichen Art vom Wasser getrieben werden, blank geschliffen. Die Formen zu den grossen Cylindern werden aus Thon, der mit Kälberhaaren vermischt und sehr wohl durchgearbeitet und geknetet wird, hergestellt. Die Kernstange zu dem grossen Cylinder besteht aus einer grossen runden eisernen Stange, um welche so lange Backsteine gelegt und darüber Thon geschlagen wird, bis der Kern den erforderlichen Durchmesser erhalten hat. Weil aber ein solcher Kern zu stark ist, als dass man ihn selbst drehen könnte, so wird er senkrecht aufgestellt und an einer beweglichen Spindel wird eine Schablone befestigt, welche, wenn sie herumgedreht wird, dem Kern die gehörige Proportion giebt.“ In Deutschland war die Eisengiesserei direkt aus dem Hochofen sehr verbreitet. Die Eisenhütten am Rhein, an der Saar, in der Eifel, an der Lahn, in Nassau, Hessen, am Harz, in Sachsen lieferten vorzügliche Gusswaren. Durch von Justi erfahren wir, dass schon lange vor 1764 auch das Einschmelzen im englischen Coupoloofen, d. h. im Flammofen mit englischen Steinkohlen, auf den Eisengiessereien in Hamburg und Altona eingeführt war Schauplatz der Künste und Handwerke, Bd. III, S. 7 Anmerk. . Justi spricht von der Güte dieser Öfen und der damit erzeugten Gusswaren sehr geringschätzig. In diese Hamburger Öfen könne man in der Mitte eine alte Kanone hineinhängen und sie nach und nach abschmelzen. Hieraus zieht Justi den verkehrten Schluss, dass diese Öfen nichts taugen könnten, weil dies „wider die Natur des Coupolo- ofens“ sei. Er ist aber durchaus kein klassischer Zeuge, weil er selbst schon um 1762 ein Patent auf einen „verbesserten englischen Coupolo- ofen“ genommen hatte. Derselbe war allerdings 1764 in Deutschland, wie er berichtet, noch nicht probiert worden S. Schauplatz (1764), Bd. III, S. 6. Chymische Schriften (1771), Bd. III, S. 365, wo auch eine Abbildung seines Ofens mitgeteilt ist. . In einem späteren Aufsatz giebt Justi an, dass das Verdienst der Erfindung dieser Öfen Beck , Geschichte des Eisens. 25 Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. hauptsächlich einem englischen Doktor der Medizin gebühre ( Blew- stone ?). Er erwähnt, dass die Essen 24 Fuss hoch sein sollten. Es waren dies für jene Zeit ungewöhnlich hohe Schornsteine. Er empfiehlt die Einführung englischer Coupoloöfen sehr. Sie seien auch für Holzfeuer zu gebrauchen, allerdings könne man mit diesem kein Eisen schmelzen. Dagegen behauptet er, man könne mit Steinkohlen Eisen- erze mit Holzkohle vermischt schmelzen; besser aber alte Eisenguss- waren, wie alte Kanonen und Kugeln. Zu diesem Zwecke habe er vor sechs Jahren, also 1765, auf dem königlich preussischen Hütten- werk Gotho an der sächsischen Grenze einen englischen Coupolo- ofen (Flammofen) erbaut. Der Herd war 5 Fuss lang, 3½ Fuss breit und 2 Fuss tief; die Rostfläche 2½ × 4 Fuss. Er schmolz mit Holz- feuer, erzielte auch genügende Hitze, aber das Eisen frischte so sehr, dass es nicht mehr floss. Er drückt dies so aus: „Bei der Schmelzung entgehet dem Eisen beständig etwas von seinem brenzlichen Wesen, da es aber von dem Holzfeuer keinen neuen Zusatz davon erlangen kann, so wird das geschmolzene Eisen gleichsam so dürre und aus- getrocknet, dass es hernach nicht weiter schmelzbar ist.“ Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Umwandlung von Roheisen in Schmiedeeisen geschah um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ausschliesslich durch das Frisch- verfahren mit Holzkohlen in offenen Herden. Wohl hatte man in den holzarmen, aber steinkohlenreichen Gegenden auch hierbei versucht, die Holzkohlen durch Steinkohlen zu ersetzen, Erfolge hatte man aber nicht erzielt. Zum Frischen im Herd liess sich die Stein- kohle nicht verwenden, indem sie, mit dem glühenden Eisen in un- mittelbare Berührung gebracht, dasselbe verdarb. Dagegen war es den Engländern wohl gelungen, das Ausheizen der Schirbeln und Kolben im Steinkohlenfeuer zu bewerkstelligen. Die Fortschritte, welche das Frischverfahren mit Holzkohle im Laufe der Zeit machte, waren mehr lokaler Natur. Je nach der Art des Roheisens erwiesen sich kleine Änderungen des Verfahrens vorteilhafter, wobei aber oft mehr die Billigkeit und der Gewinn, als die Güte des Erzeugnisses massgebend waren. Die Produktionskosten wurden ein immer wesent- licherer Faktor und deren Verringerung fand ihren Hauptausdruck Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. in der Ersparnis an den immer teurer werdenden Holzkohlen. Die technische Vervollkommnung bewegte sich in der Richtung der sorg- fältigeren Ausführungen der Betriebsapparate, zunächst der Kon- struktion und des Baues des Frischfeuers und in einer grösseren Arbeitsteilung oder Trennung des Verfahrens in verschiedene Teile der Vor- und Nachbehandlung. Das vorbereitende Schmelzen oder Feinen des Roheisens fand namentlich im Süden, wo man gute Bergerze verschmolz, Eingang, so in Kärnten und Steiermark in dem Hartzerennen, im südlichen Frankreich in einem ähnlichen Ver- frischen, mazéage genannt. Die selbständige Nachbehandlung, das Ausheizen des Rohfrischeisens in einem besonderen Herd war schon bei der Wallonschmiede zur Anwendung gekommen und wurde noch weiter entwickelt in der englischen Frischmethode. In Steiermark war durch die Einführung der Flossöfen auch die Einführung des Frischverfahrens bedingt worden. So wenig man sich bei der Konstruktion der Flossöfen streng an die kärntnerischen Öfen, welche doch zunächst die Veranlassung zum Übergang zu diesem Betriebe gegeben hatten, hielt, so wenig war dies bei dem Frischprozess der Fall. Man behielt vielmehr den alten gemauerten Löschherd, wie man ihn zum Ausheizen oder Zerennen der Halb- massen der Stücköfen verwendet hatte, bei, und benutzte ihn sowohl zum Eisen- wie zum Stahlfrischen, also zum Weich- und zum Hart- zerennen, sowie als Ausheizfeuer für die Streckhämmer. Diese allge- meine Brauchbarkeit darf aber nicht als ein besonderer Vorzug an- gesehen werden; im Gegenteil muss man schon vornweg urteilen, dass ein Herd, welcher für so verschiedene Zwecke gebraucht wird, unmög- lich für jeden einzelnen Zweck die entsprechendste Gestalt und Grösse haben konnte Siehe Tunner , Die Stabeisen- und Stahlbereitung in Frischherden, Bd. II, S. 105. . Fig. 109 (a. f. S.) ist die Abbildung eines steierischen Löschherds, wie er noch in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts im Gebrauch war. Über das Weichzerennen , d. h. das Eisenfrischen in Steier- mark, hat Jars eine gute Schilderung in seinem Reisebericht aus dem Jahre 1758 hinterlassen. Derselbe wird ergänzt durch eine von Ferber 1780 veröffentlichte Beschreibung des steierischen Eisen- schmelzens und einen Aufsatz von Klinghammer im Bergmännischen Journal von 1788. Zu Eisenerz selbst befand sich bei Jars ’ Besuch 25* Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. im Jahre 1758 nur ein einziges Frischfeuer, alle übrigen Frischhütten und Hämmer waren acht Stunden (5 Meilen) davon bei St. Gallen. Die manganreichen Erze des Erzbergs lieferten ein Roheisen, welches sehr geneigt war beim Frischen ein hartes, stahlartiges Eisen zu geben. Deshalb bemühte man sich, wie wir bei dem steierischen Flossofenbetrieb bereits berichtet haben, schon beim Schmelzen der Fig. 109. Erze ein möglichst kohlenstoffarmes Roheisen, ein lucki- ges Eisen, das man Weichfloss nannte, zu erhalten. Aber auch dieser Weich- floss gab, wenn man ihn unmittelbar ver- frischte, noch ein hartes Eisen. Man musste das Roh- eisen einer Vorbe- reitung unterwerfen, einem Glühfrischen, dessen Zweck eine weitere Entkohlung vor dem Frischen war. Man nannte dies das Flossen- braten und dieser Bratprozess war ein charakteristischer Teil des Weich- zerennens. Das Rösten oder „Braten“ des Roh- eisens bestand in einem längeren Glühen bei mässigem Luftzutritt. Jeder Frischherd zu St. Gallen hatte, nach Jars Beschreibung, seinen 8 Fuss langen, 4 Fuss breiten „Bratofen“, der einem Kupfersaigerofen ähnlich sah. An den langen Seiten war er offen; an jedem Ende befand sich eine 2 bis 4 Fuss hohe Mauer, über der sich der „Esskobel“ oder Schorn- stein erhob. In der Mittellinie des Herdes war im Boden ein Kanal, der von der einen Wand bis zur andern führte und der von zwei runden, Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. schiefliegenden Flächen eingeschlossen war. Hinter einer dieser Mauern waren zwei Blasebälge angebracht, deren Düsen in einer Form lagen, welche in den Kanal mündeten. Um nun in diesem Ofen das Floss- eisen zu braten, füllte man an der Seite des Gebläses den Kanal mit Kohlen, bedeckte den Kanal mit Flossenstücken, die man auf die flache Seite legte, schüttete Kohlen darauf und gab alsdann 40 Ctr. Floss in Stücken von verschiedener Grösse auf. Man setzte diese Stücke auf die hohe Kante in der Länge des Ofens dicht aneinander, bedeckte alles mit Kohlen und streute feine Stübbe darüber, damit die Hitze mehr beisammen blieb. Alsdann zündete man Feuer an und liess die Bälge sehr langsam angehen, damit die Hitze nicht zu stark wurde und der Floss schmolz. Man bezweckte nur eine Röstung, welche 14 bis 15 Stunden dauerte, in welcher Zeit, sobald es nötig war, frische Kohlen aufgegeben wurden. Zuweilen begannen einige Fig. 110. Stücke zu schmel- zen, aber der grösste Teil backte nur zu- sammen und das Eisen, das vorher spröde wie Glas war und zersprang, wenn es hinfiel, er- hielt durch diese Rö- stung schon einige Geschmeidigkeit. Es zerbrach nur mit Mühe und auf dem Bruch bemerkte man Teile, die sich hin- und herbiegen liessen. Ein Abgang war bei dieser Arbeit nicht wahrzunehmen. Die gebratenen Flossenstücke wurden nun in den Frisch- oder Zerennherd (Fig. 109 und 110) eingesetzt. Nach Jars Angabe hatte der Herd eisernen Frischboden und Schlackenplatte. Letztere war immer von Eisen, während der Frischboden öfter auch aus einer Steinplatte oder aus Ziegelmauerwerk hergestellt war. Der Herd war (nach Tunner ) 30 Zoll (0,790 m) lang, 27 Zoll (0,710 m) breit und 15 bis 18 Zoll (0,395 bis 0,474 m) tief. Die Form, die etwa 250 Quadrat- linien in der Mündung hatte, war ¼ Zoll unterfeilt, lag 6 Zoll über und hatte 10 bis 12 Grad Neigung. Die Entfernung des Formmittels von der Wolfsmauer betrug 12 Zoll (0,316 m), vom Sinterblech 15 Zoll. Der Einsatz betrug etwa 2 Centner auf den Dachel (die Luppe). Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Das Roheisen gab man in Form unregelmässiger Brocken auf Die nachfolgende Schilderung ist hauptsächlich aus Tunners „wohlunter- richtetem Hammermeister“ (§ 111) entnommen, weil dieselbe eingehender und klarer ist als die von Jars , mit der sie aber im ganzen übereinstimmt. . Der Herdraum wurde bis zur Formhöhe mit Lösche gefüllt und diese festgeschlagen. Hieraus wurde ein Schmelzherd von 12 bis 15 Zoll Durchmesser und 6 bis 7 Zoll Tiefe ausgegraben. Dann wurde der- selbe bis über Formhöhe mit Kohle gefüllt und diese angezündet, als- dann die Massel zum Ausheizen eingelegt und mehrere Körbe Kohlen darüber gefüllt, und einige Schaufeln Weich (Hammerschlacke) darauf geworfen, um den Schlackenboden zu bilden. Während des Betriebs in der Woche liess man den Schlacken- oder „Schwallboden“ mög- lichst unverletzt bestehen, und es gelang oft, alle Frischen auf dem- selben Schwallboden zu machen. Der Dachel wurde in der Regel zu vier parallelen Masseln zerschroten, von denen die beiden äusseren, die Ranftmasseln, zuerst, die beiden Kernmasseln danach zum Anfang des Prozesses ausgeheizt und ausgeschmiedet wurden. Erst wenn nur noch zwei Masseln und Kolben im Feuer waren, wurde die erste Flossengarbe von 100 bis 150 Pfund von der Windseite aus einge- setzt. Während des Ausheizens schmolz noch kein Roheisen ein, dagegen wurde währenddem der Zerennboden hergerichtet. Das Aus- heizen und Bodenzurichten dauerte 2 bis 2½ Stunden. Nach beendetem Ausheizen legte man die zweite Flossengarbe (60 bis 100 Pfund), von der Arbeitsseite aus, auf der hohen Kante über dem Esseisen ein. Hierauf wurde der ganze Herd hoch mit Holzkohlen angefüllt und bei geschwächtem Wind der Zerennprozess eingeleitet. Nach 10 bis 20 Minuten begann das Eisen von der ersten Garbe zu schmelzen und abzutropfen. Der Arbeiter regulierte dies durch Vorschieben, Niederlassen u. s. w. Das geschwächte Gebläse wurde so lange bei- behalten, bis der Zerennboden die richtige Höhe erreichte und anfing, sich mit dem Räumeisen fest und kleberig anzufühlen. Blieb der Boden tief, so stach man Schlacke ab und gab gare Schlacke und Setz- brocken vom früheren Boden auf. Gewöhnlich dauerte das schwache Blasen noch ¼ bis ½ Stunde nach dem Ausheizen, währenddem die zweite Garbe sich auch bis zum Abschmelzen erhitzte. Alsdann wurde der Wind verstärkt und das Eisen völlig eingerennt. Dünneisen bil- dete sich dabei, infolge des wenig stechenden, schwachen Windes, wenig. In der Erhaltung und Führung des Zerennbodens bestand die Kunst des Frischers Tunner , a. a. O., § 105. . War das Eisen gar eingeschmolzen, so folgte Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. noch das Nachzerennen, d. h. das Verkochen des Dünneisens. Dieses nahm, da nur wenig Dünneisen vorhanden war, auch nur wenig Zeit in Anspruch. Wenn aber auch kein Dünneisen vorhanden war, so blies man zum Nachschmelzen der zerstreuten Brocken, und damit der Dachel auf der Steinseite völlig ausgarte, doch noch etwa ¼ Stunde nach. Nur wenn man dazu übergehen wollte Stahldachel zu machen, was öfter vorkam, blies man nicht nach. — Nun wurde der Dachel ausgebrochen. Der ganze Zerennprozess, einschliesslich des Dachel- ausbrechens, nahm gewöhnlich zwei Stunden in Anspruch. Ein guter Dachel war auf der oberen sogenannten Steinseite ziemlich eben und hatte eine hellleuchtende Farbe von reinem Eisen, die untere Seite hatte eine von Schlacke durchzogene Hülle und war von abgerundeter Gestalt. Häufig zeigten sich aber in dem Dachel noch rohe Durch- schüsse, die beim Drücken und Breiten unter dem Hammer als „Weich“ abfielen. Je reiner der Dachel, je weniger „Weich“ gab es. Der Dachel wurde nun mit der Steinseite nach unten auf den Amboss gebracht, wozu man sich, wie bei dem Stückofenbetrieb, der Zugzange bediente. Er wurde unter mehrmaligem Wenden gedrückt und ge- breitet und dann in zwei Hälften geschroten. Jede dieser Hälften wurde dann ebenso auf dem Amboss gedrückt und gebreitet und dann wieder in zwei, zuweilen auch in drei Masseln zerhauen. Hierauf folgte das Drücken der Masseln, wobei zuerst die beiden Ranftmasseln und dann die Kernstücke vorgenommen wurden. Zwischen jeder Vorrich- tung musste der Hammer auf den Bauer gesetzt werden. Der Heizer half dem Hammerschmied bei der Arbeit. Während der Zeit wurde der Herd wieder zugerichtet. Die ganze Arbeit beim Hammer dauerte acht bis zehn Minuten, so dass der ganze Zeitaufwand von einem Dachel zum andern vier Stunden betrug. Das Eisen wurde meistens zu Zaggel von 2 Zoll Quadrat ausgeschmiedet. Man schmiedete, soweit wie thunlich, fertige Waren auf dem Zerenn- (Grob-, Wallas- oder Wälsch-) hammer aus, die dann als Grob-, Wallas- oder Wälschwaren bezeichnet wurden. Ein Zerennhammer wog mindestens 5 Centner. Lange Ware nannte man Stäbe, die in zwei Hitzen, kurze Ware solche, die in einer Hitze dargestellt wurden. Man arbeitete in dem steierischen Löschherd nicht auf eine bestimmte Sorte, sondern machte je nach- dem mehr harte oder weiche Ware, wobei man sich meistens nach dem Roheisen richtete. Die Dachel fielen ungleich und auch die Masseln aus demselben Dachel waren unter dem Hammer nicht ganz gleich. Man machte deshalb zwölf Sorten von Grobwaren und in dem richtigen Sortieren lag die Kunst des Hammerschmieds, der deshalb Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. in den steierischen Frischhütten der wichtigste Mann und dem Heizer oder Frischer vorgesetzt war. Nach der Härte erzeugte man folgende Sorten: 1) Brucheisen, pyramidal zulaufende Stäbe von 4 Fuss Länge, eigentlich ein eisenschüssiger Rohstahl, wurde auch als ordinärster billigster Stahl, besonders zum Stählen geringer Werkzeuge ver- wendet. 2) Sagbränder, flache Stäbe, 2 Zoll breit, 6 Fuss lang, stahl- artig, aber weicher wie 1), hauptsächlich für grosse Sägeblätter. 3) Radschuhe und Radschuhflecke, keilförmige Platten, halbhart, auf einer Seite mehr Stahl als Eisen, dienten zum Belegen der alten Radschuhe der Frachtwagen. 4) Radreifen, 2½ bis 6½ Zoll breit, ½ bis 1 Zoll dick, 6 bis 9 Fuss lang, aus festem, hartem Eisen. 5) Flammen von ähnlicher Gestalt wie 1), dienten für Hacken, Hauen, Schaufeln u. s. w., sehr gut ausgeheiztes, zähes, festes Eisen. 6) Weiss- blechflammen, flache prismatische Stäbe, meist 4 Zoll breit, ¾ Zoll dick, von unbestimmter Länge, erforderten noch sorgfältigere Darstellung als 5), dienten als Materialeisen für die Weissblechfabrikation. 7) Wagen- achsen, in der Mitte kantig, an den Enden rund und dicker, von ver- schiedenem Mass, das Eisen musste zäh und fest sein. 8) Schliessen- eisen, wie Radreifen, nur schmäler wie 7). 9) Stabeisen, meist 1 bis 2½ Zoll breit, 3 bis 4 Fuss lang, per Stück 10 bis 15 Pfund schwer, war die feinste Gattung Grobwaren, aus weichem, zähem Eisen; es wurde von den Faustschmieden für Bänder u. dergl. verwendet. 10) Mühl- stangen, quadratisch 5/4 bis 10/4 zöllig, 5 bis 10 Fuss lang, aus weichem Eisen. 11) Blechflammen, 4 bis 6 Zoll breit, ¾ bis 6/4 Zoll dick, von unbestimmter Länge, aus sehr weichem, gut ausgeheiztem Eisen, für Schwarzbleche. 12) Zainprügel, quadratisch, am vorderen Ende ver- jüngt, 6/4 bis ¾ Zoll, 3 bis 4 Fuss lang, aus weichem, besonders gutem Eisen, zu Nageleisen und Drahteisen. Zu diesen Sorten kamen auf den Hämmern, die gleichzeitig Stahl frischten, noch verschiedene Stahlsorten, die wir später aufzählen werden. Beim Ausschmieden wurde die Massel in der ersten Hitze nur ganz gemacht und leicht überschmiedet, worauf sie sogleich Schweisshitze bekam, in der sie ausgeschmiedet wurde. Zu einem Frischfeuer gehörten drei Mann, der Hammerschmied, der Heizer und der Wassergeber, welche täglich in 16 Stunden vier Dachel erzeugten. Der Hammerschmied bezog den Centnerlohn und die Getreide- und Fett-Fassung und bezahlte und verköstigte seine Leute. Jeder Dachel konnte bei guter Arbeit zu 100 kg veranschlagt werden. Der Kohlenverbrauch stellte sich auf 4 bis 5 Fass zu 7¾ Kubik- fuss für den Centner Stabeisen. Der Abbrand betrug 8 bis 12 Prozent. Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Beschreibung, welche Jars von der steierischen Löschfrisch- schmiede gemacht hat, stimmt mit dieser ausführlicheren Schilderung nach Tunner im wesentlichen überein. Er erwähnt noch, dass man die ausgebrochene Luppe auf dem Herdboden erst mit Holzhämmern abklopfte, ehe sie auf den Amboss gehoben wurde. Das Gewicht des Wasserhammers giebt er zu 9 Centner an. Gewöhnlich befanden sich zwei oder drei Frischfeuer in einer Hütte und bei manchen Arbeiten halfen sich die Arbeiter wechselweise. Man machte in denselben Frischherden Eisen und Stahl. Jars ist erstaunt über den geringen Abbrand von nur 12 Prozent. Das Frischverfahren in Kärnten war ähnlich. Auch dort wurden die Flossen, um Weicheisen zu machen, erst gebraten und soll dieses Verfahren von Kärnten nach St. Gallen gekommen sein. Der Herd hatte nach Dangenoust und Wendel Siehe Jars , a. a. O., Bd. I, S. 112. 26 Zoll im Quadrat. Man setzte nur etwa 100 Pfund gebratenes Roheisen ein. Die Arbeit dauerte trotzdem vier Stunden. Man machte absichtlich hartes oder weiches Eisen. Im ersteren Falle gab man der Form mehr Neigung und blies schärfer. Zu Kleinboden in Tirol verfuhr man beim Frischen von Stab- eisen 1765 wie in St. Gallen, ohne aber die Flossen zu braten. Bei der eigentlichen Tiroler Schmiede verarbeitete man dagegen in Herden raffiniertes Roheisen (Hartzerennböden) mit Fichtenkohlen in demselben Herd, entweder auf Rohstahl oder auf Grobeisen, wobei man in der Regel abwechselte. Man machte, ähnlich wie bei der Siegener Einmalschmelzerei, sehr grosse Luppen von 3½ Centner. Entsprechend war die Grösse des Herdes, 36 × 39 Zoll. Die Form lag 18 Zoll über dem eisernen Boden und 8 bis 10 Zoll über dem eingestauchten Löschboden. Zum Stahl- oder Eisenfrischen wählte man unter den vorrätigen Hartzerennböden die mehr rohen oder die weichen aus, ebenso gab man beim Stahlfrischen mehr und rohere Zuschläge als beim Eisenfrischen. Sonst stimmte die Arbeit mit dem steierischen Weichzerennen, das wir beschrieben haben, und der steierischen Rohstahlarbeit, die wir später beschreiben werden, über- ein. Die Arbeit dauerte vier bis fünf Stunden. Der Abbrand betrug hier 23 bis 25 Prozent. Jars hat die Eisenhütten von Johann-Georgenstadt und von Heinrichsgrün in Böhmen beschrieben, dabei aber das Frischverfahren nur sehr kurz berührt. Von dem Frischeisen von Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Johann-Georgenstadt sagt er nur, dass es zu Dünneisen für Weiss- blech verschmiedet werde. Zu Heinrichsgrün verfrischte man graues Roheisen. Dasselbe musste fein- und schwarzkörnig sein. Aus weissem Eisen konnte man dort kein weiches Eisen machen. Die Arbeiter erkannten an der Brechstange, womit sie in das geschmolzene Eisen hineingingen, und an den Funken, die es von sich gab, ob es hinläng- lich ausgefrischt war. — Aus dieser Bemerkung lässt sich schliessen, dass es die böhmische Anlaufschmiede war, welche, wie in Horzowiz, auch in Heinrichsgrün in Anwendung stand. Dies wird bestätigt durch von Stockenström und Rinman . Nach einer genauen Beschreibung der Anlaufschmiede von Johann-Georgenstadt von erste- rem hat Rinman dieselbe in seiner Geschichte des Eisens beschrieben. Jars erwähnt noch, dass sie sich auch nach der Menge und Beschaffen- heit der Schlacken, welche sie abstachen, richteten. Der Frischprozess dauerte ungefähr zwei Stunden. Das Stabeisen war grobkörnig und kaltbrüchig; in der Hitze aber jedenfalls sehr weich, weil es ebenfalls zu Weissblech verarbeitet wurde. Die böhmische Anlaufschmiede gehört zu der deutschen Frisch- oder Aufbrechschmiede. Sie war in der zweiten Hälfte des vorigen und der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts verbreitet in Böhmen, Sachsen, Schlesien und Mähren. Der Feuerbau war ganz derselbe wie bei dem gewöhnlichen deutschen Frischherd Siehe Rinman , Geschichte des Eisens, deutsch von Karsten , Bd. I, S. 577. Tunner , d. wohlunterrichtete Hammermeister, Bd. II, S. 191. . Er war aus drei Guss- zacken und dem Gussboden hergestellt, 21½ × 23 Zoll. Der 23 Zoll lange Formzacken war in den Herd geneigt (s. Fig. 111). Die kupferne Form war fast viereckig, 1½ Zoll breit, 1 1/10 Zoll hoch, ragte 3 Zoll in den Herd und hatte 10 Grad Neigung. Erst wurde ein Löscheboden besonders in den Ecken gemacht, darauf ein Schlackenboden, der an der Windseite stärker war. Auf das Schlackenbett wurde das ein- zuschmelzende Roheisen, 250 bis 260 Pfund, in einem regelmässigen Stoss aufgesetzt (siehe Fig. 113), der, um ihn vor dem Umfallen zu bewahren, mit einigen Schwallstücken verspreizt ward. Der Raum zwischen dem Stoss und der Formwand wurde mit Holzkohlen gefüllt und der Wind mit 6 bis 8 Zoll Wassersäule Druck angelassen. Der ganze Vorgang zerfiel in vier Perioden, das Ausheizen und gleich- zeitiges Roheiseneinschmelzen, das Garen, das Anlaufen und das Luppen- machen. Beim Ausheizen wurde nur etwa die Hälfte des Eisens, gewöhn- Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. lich ein Schirbel, erhitzt, weil die andere schon in der Anlaufperiode fertig gemacht wurde. Der Schirbel wurde horizontal zwischen Form und Roheisenstoss eingelegt und mit Holzkohle überschüttet. Gewöhn- lich wurden aber gleichzeitig noch allerhand halbfertige, kleinere Ware (Kolben) erhitzt, mit welcher der freibleibende Raum besteckt wurde. In dem Masse als Platz frei ward, rückte man den Roheisenstoss der Form näher, so dass er zuletzt nur wenige Zoll davon entfernt war. Der Roheisenstoss begann von unten an, wo der Wind ihn traf, abzu- Fig. 111. Fig. 112. schmelzen. Um dies zu befördern, musste er öfters mit der Brech- stange gelüftet werden. Gegen Ende des Ausheizprozesses wurde der Wind noch mehr geschwächt, wodurch es möglich wurde, eine nur 6 bis 8 Zoll über die Form reichende Lage Kohlen zu erhalten, ohne vom Fig. 113. Wind auseinander geworfen zu werden. Volle Ausnutzung einer kleinen Kohlen- menge war das besondere Streben bei dieser Frischmethode. In Horzowiz dauerte das Ausheizen 2 bis 2½ Stunden und das Einschmelzen noch ½ bis 1 Stunde. In Reutenhan, wo die Arbeit rascher geführt wurde, brauchte man zu beiden nicht zwei Stunden. Nach beendigtem Einschmelzen wurde der Wind noch mehr geschwächt, so dass er nur noch mit 2 bis 3 Zoll Wasserdruck blies. War viel rohe Schlacke da, so stach man ab, was aber meist erst später geschah. Die wenigen Kohlen schaffte man fortwährend von der Windseite nach der Formseite, damit hier immer ein Häufchen Kohlen erhalten wurde. Die der Form zunächst liegenden Partien Eisen fingen an teils durch Kaltblasen, teils durch Garen in halbfesten Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Zustand überzugehen. Man brach sie auf, kratzte sie aus, schob die Kohlen an den frei gewordenen Raum und hob die Eisen- und Schlacken- brocken über dieselben. Gleichzeitig liess man die aussaigernde Roh- schlacke seitlich in eine im Vorherd zugerichtete Grube ab. Dieses Ablassen der Schlacke hielt mit dem Garen vor der Form gleichen Schritt. Man lüftete die Eisenmasse am Boden. Die aufgehäufte Masse über der Form geriet in ein gelindes Kochen, wodurch ihr Garen sehr befördert wurde. Nun wurde unter der Form ganz vom Boden aus aufgebrochen, auf der Windseite aber, wo das Eisen noch roh ist, nur gelüftet. Bei dem letzten Aufbrechen wurden die hellen, garen Partien über die Form, die rohen mehr nach der Windseite hingeschafft. Der Anlaufstab wurde zu seiner Vorbereitung in den Schmelzraum eingehalten. Die reine Garperiode, die etwa eine Stunde dauerte, war nun beendet. Der Kohlenaufwand beim Garen betrug 3 Kubikfuss. Nun wurde der Wind wieder verstärkt, doch nicht mehr als auf 10 bis 12 Zoll Wassersäule. Hatte der eingehaltene Anlaufstab Schweisshitze erlangt, so wurde er unter dem Hammer ganz gemacht und währenddem die garsten Partien aufgebrochen, über die Form gebracht und eingeschmolzen. Gerade unter dieser Stelle wurde der Anlaufstab eingelegt. An diesen hingen sich die gar niederschmelzen- den Eisenteilchen an und wurde dies durch öfteres Umdrehen des Anlaufstabes befördert. Man nannte dies den reinen Anlauf, indem nur das beste, flüssige Eisen bei der intensiven Hitze hängen blieb. Das meiste lief ab und sammelte sich unten zu einer kleinen Luppe. Eine andere Partie garte über der Form derart, dass sie nicht nieder- schmolz. Diese oberste Partie und die kleine Luppe unter der Form wurden mit Brechstangen und Haken auf die Arbeitsplatte gebracht, an den schweissenden Anlaufkolben geklebt, unter den Hammer ge- hoben und daselbst zu einem Kolben vereinigt. Diese garen, an den Anlaufstab gebrachten Frischbrocken wurden Juden oder gezwungener Anlauf genannt. Sie gaben kein so gutes Eisen wie der reine Anlauf, förderten aber die Arbeit. Die Juden wurden erst nur unter dem Hammer ganz gemacht und dann in einer neuen Schweisshitze an dem freien Ende ausgeschmiedet. Diese halbfertigen Kolben wurden beiseite gelegt, um später beim Roheiseneinschmelzen ausgeheizt und fertig gemacht zu werden. Für grössere Stäbe musste das Ankleben der Juden mehrmals wiederholt werden. Beim Aufbrechen unter der Form und dem Anordnen der aufgebrochenen Teile über der Form arbeiteten immer zwei Mann zusammen. Nach und nach wurden auch Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. die Teile an der Windseite gelüftet und näher herangerückt. Nach- dem etwa ¾ des Eisens in Gestalt von Juden aus dem Herd entfernt war, wurde die Anlaufperiode, die 2 bis 2¾ Stunden dauerte und 10 Kubikfuss Kohlen erforderte, beendet. Die zerstreuten Brocken wurden nun bei geschwächtem Winde gesammelt und vor dem Winde niedergeschmolzen, was etwa ¼ Stunde beanspruchte. Der erhaltene Klumpen, der noch sehr ungleich war, wurde aufgebrochen, mit der oberen, garen Seite nach unten gewendet, über die Form geschafft, um bei verstärktem Winde zu einer garen Luppe niedergeschmolzen zu werden. Hierbei wurde öfter gelüftet und Garschlacke und Stock- weich zugesetzt. Nach ¼ bis ½ Stunde war die Luppe fertig, die sofort herausgebrochen, entweder mit Zangen oder am Anlaufstab unter dem Hammer gedrückt wurde. Die ganze Charge dauerte, je nach der Qualität des Roheisens, 5¼ bis 8¼ Stunden, und waren dazu 28 bis 32 Kubikfuss Holzkohlen erforderlich. Die höheren Zahlen galten für graues Roheisen und die Erzeugung feinerer Roheisen- sorten, die kleinen für halbiertes Roheisen und grobes Materialeisen. Der Abbrand war in ersterem Falle 23 bis 25, im letzteren 19 bis 21 Prozent; die Stabeisenproduktion für die Charge etwa 100 kg. Die Schilderung Rinmans von der Anlaufschmiede zu Johann- Georgenstadt weicht insofern von obiger genaueren Beschreibung Tunners ab, als dort das Roheisen in Gestalt einer Ganz von 8 Fuss Länge eingelegt und von dieser abgeschmolzen wurde. Sowie das Roheisen nach und nach abschmolz, wurde die Ganz nachgeschoben. Die Anlaufstangen waren 4½ Fuss lang und 2½ Zoll breit und mit einem hölzernen Handgriff versehen. Man machte mit zwei Anlauf- stangen etwa 7 bis 10 Anlaufkolben im ungefähren Gewicht von 150 Pfund, die zu Flachstäben von 2½ bis 3 Fuss Länge ausgeschmiedet, in Bunden gepackt, als Seileisen verkauft wurden, während der Deul, den man durch das Aufbrechen erhielt, in zwei Schirbel zerhauen und in Blechflammen für die Weissblechfabrikation ausgeschmiedet wurde. Rinman bezeichnet dieses Verfahren als Taucheisenschmiede und Eintauchschmiede. Auch am Harz war, wie fast überall in Deutschland, die deutsche Aufbrechschmiede üblich. Jars , der 1766 die dortigen Eisenwerke besuchte, bemerkt über die gewöhnlichen Frischhütten nur, dass die Hämmer 3 bis 6 Centner wogen, dass jeder Hammerschmied nur eine bestimmte Menge Stabeisen machen durfte, und dass sie aus 3 Ctr. Roheisen (330 Pfund) 206 bis 210 Pfund verschiedenes Stabeisen und Sturzblech schmieden mussten. Etwas eingehender beschreibt er eine Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. besondere Art derselben, mittels welcher man ein besonders weiches Schmiedeeisen herstellte. Hierfür traf man schon bei der Beschickung des Hochofens die entsprechende Auswahl der Erze, indem man alle Sorten wegliess, welche das Eisen spröde oder brüchig machen konnten. Man schlug auch keinen Kalk zu, weil derselbe kupferschüssig und der Qualität schädlich war. Man nahm nur die Erze, welche viel Spat führten, und mit dem Namen Kuhrim bezeichnet wurden. Das von diesem Schmelzen gefallene Roheisen wurde in einem besonderen Frischfeuer, dessen Herd viel kleiner war, verarbeitet, man gebrauchte auch mehr Vorsicht dabei und bediente sich eines besonderen Verfahrens. Sowie das Roheisen niederschmolz und sich auf dem Frisch- boden kleine Luppen davon ansetzten, nahm der Frischer dieselben heraus und nachdem er eine Anzahl dieser Luppen vom ersten Frischen zusammengebracht hatte, schmolz er sie von neuem zusammen ein, um eine einzige daraus zu erhalten, welches zweimal geschmolzenes Eisen hiess. Diese Arbeit dauerte gemeiniglich vier Stunden. Wenn nun dieses Eisen zuerst in ein dickes, vierkantiges Stück ausgeschmiedet war, brachte man es in eine Hütte, in der sich zwei kleine Schwanz- hämmer befanden. Daselbst wurde dieses Eisen von neuem in Formen von verschiedener Breite und Länge ausgeschmiedet, wie man es zur Verfertigung der Nägel, Ketten, Flintenläufe oder Eisendraht ver- langte. Man versicherte Jars , dass durch diese Methode, das Eisen zwei- mal zu frischen, man allezeit vortreffliches Eisen erhielte, jedoch mit einem weit beträchtlicheren Abgang, weil man von 3 Ctr. Roheisen kaum 175 Pfund Stabeisen erhielt. Das beschriebene Verfahren stimmt mit der Modifikation des deutschen Frischverfahrens überein, welche man als Brechschmiede bezeichnet. Über die Frischhütten in Schweden haben wir bereits früher einen Auszug aus Swedenborgs ausführlicher Schilderung mitgeteilt. Wir wissen daraus, dass die deutsche Aufbrechschmiede das gebräuch- liche Frischverfahren war und man nur im Gebiet von Dannemora an der von Louis de Geer eingeführten Wallonschmiede festhielt. Man war eifrig bestrebt, die Stabeisenfabrikation, die wegen des gross- artigen Exports für Schweden so wichtig war, zu verbessern. Am meisten geschah dies durch sorgfältiges Sortieren und scharfe Kon- trolle. Aber auch das technische Verfahren suchte man zu vervoll- kommnen. Wir haben schon Polhelms Bemühungen in dieser Rich- Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. tung erwähnt. Ausser ihm schrieb Daniel Tilesius über das Eisen- frischen in Schweden S. Abhandlungen der Königl. schwed. Akademie der Wissenschaften 1742, Bd. IV, S. 158: Daniel Tilesius , Von den Hammerschmiedsherden und deren Stellung. und ein ganz neues Leben kam in das schwedische Eisenhüttenwesen durch Sven Rinman , der 1751 das neu geschaffene Amt eines Obermassofenmeisters, d. h. eines obersten königlichen Hüttendirektors angetreten hatte und dem dann im Jahre 1760 auch alle Schwarz- und Grobschmieden, also alle Frischhütten, unterstellt wurden. Im Jahre 1766 besuchte Jars Schweden und Norwegen. Aus seinem Reisebericht ist über die Schmiedeeisenbereitung in Schwe- den folgendes zu erwähnen. Zu Soderfors war für die Ankerfabrik diejenige Modifikation der deutschen Aufbrechschmiede im Gebrauch, welche man als Halb- wallonschmiede bezeichnet. Der Frischherd war wie ein gewöhn- licher deutscher Herd gebaut; die Form ragte 3 bis 4 Zoll in den Herd hinein und lag 10 bis 12 Zoll vom Boden. Der Frischboden wurde über und über mit Quandelkohlen und Schlacken beschüttet, als- dann mit Meilerkohlen aufgefüllt und auf dieselben auf der Gicht- seite eine Ganz von etwa 100 kg Gewicht gelegt, mit Kohlen bedeckt und das Gebläse angelassen. Das Einschmelzen des Roheisens dauerte etwa eine Stunde. Wenn alles Eingeschmolzene sich in einer Luppe angesetzt hatte, wie es bei richtiger Lage der Form geschehen musste, so wurde dieselbe mit Brechstangen aufgebrochen, um sie über die Kohlen zu bringen und nochmals einzuschmelzen. Dieses wurde ein drittes Mal wiederholt und die Schlacken wurden, wenn sie sich zu sehr anhäuften, abgestochen. Diese drei Operationen dauerten drei bis vier Stunden. Wenn bei dem letztenmal sich eine grosse Luppe angesetzt hatte, so wurde dieselbe herausgenommen, neben dem Herd hingelegt und rundum beklopft, wie man sie denn auch etwas ab- kühlen liess, ehe man sie unter den Hammer brachte, welchen man, sobald die Luppe auf den Amboss gehoben war, angehen liess. Die Schlacken liefen dadurch ab. Man teilte sie dann in verschiedene Schirbel, welche zu Stäben geschmiedet wurden. Dies entsprach also dem deutschen Frischverfahren. Sollten aber Anker ausgeschmiedet werden, so gab es keine Schirbel, sondern die Luppe wurde in drei Stücke geteilt, welche der Ankerschmied übernahm. Dieser Umstand, dass das Ausschmieden der Luppenstücke in einem andern Herd erfolgte, hatte Veranlassung zu dem Namen Halb- Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. wallonschmiede gegeben. Das Frischverfahren selbst entsprach aber ganz der gewöhnlichen deutschen Frischarbeit. Es gehörten zwei Feuer zu einem Hammer, aus denen man in der Woche etwa 4800 kg Eisen ausschmiedete. Der Kohlenaufwand und der Abgang an Roheisen waren bei dieser Arbeit durch Verord- nung festgesetzt. Die so gefrischten Luppen hatten öfter im Inneren etwas Stahl. Die Hämmer, deren man sich in den schwedischen Frischhütten bediente, waren 320 bis 360 kg schwer, von geschmiede- tem Eisen mit verstählten Bahnen. Die Hammerhelme wurden von Birkenholz gemacht. Jars erwähnt hierbei, dass er sich wegen der Angabe Swedenborgs , dass man sich gegossener, eiserner Ambosse, welche mit Stahlplatten versehen seien, bediene, überall erkundigt, um die Möglichkeit des Verfahrens kennen zu lernen, aber niemand hätte etwas von der Sache gewusst. Dagegen könne man wohl die Bahn gusseiserner Ambosse härten, wenn man eine eiserne Platte an der Stelle in die Form einlegte, wodurch das Eisen an dieser Fläche abgeschreckt und hart werde. Hier geschieht also die erste Erwähnung von Hartguss . Obgleich durch die eingelegte, glatte Platte die Ambossbahn schon glatt wird, so wird sie doch noch auf dem Amboss abgeschliffen. Auf der Hütte zu Forssmark, welche Dannemoraerze verarbeitete, fand Jars neben einem Wallonfeuer auch einen deutschen Frisch- herd, welcher von den eben beschriebenen in verschiedenen Stücken abwich. Der gegossene, eiserne Frischboden hatte beinahe 2 Fuss im Quadrat und drei andere dergleichen Platten bildeten wie gewöhnlich den inwendigen Teil des Herdes, wobei der Giesszacken etwas weniger überhing. Wenn der Herd mit Kohlen angefüllt war, so legte man der Form gerade gegenüber zwei Gänze, von je 60 kg Gewicht, kreuzweise darauf und bedeckte dieselben mit Kohlen. Das Roheisen schmolz nach und nach ein und fiel auf den Frischboden. Wenn nun die Gänze ganz eingeschmolzen waren und sich die Luppe angesetzt hatte, so hingen die Frischer das Gebläse ab, räumten die Kohlen weg und entblössten die Luppe; in diesem Zustande liessen sie die- selbe ½ Stunde abkühlen und währenddem wendeten sie die Luppe um und schütteten ringsum Kohlen. Sobald nun der Frischer glaubte, dass sie hinlänglich abgekühlt sei, hing er das Gebläse von neuem an und liess die Luppe zum zweiten Mal einschmelzen, zu welcher Arbeit überhaupt drei Stunden gehören. Wenn sich die gare Luppe angesetzt hatte, so wurde dieselbe unter den Hammer gebracht, ge- zängt und in mehrere Stücke geteilt, die nach Verhältnis ihrer Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Schwere, in Stäbe von verschiedener Grösse ausgeschmiedet wurden. Man benutzte hierzu das nämliche Feuer, indem diese Arbeit während des Verfrischens des Roheisens geschah. Es ist dies ein Vorteil, welchen die deutsche Methode an sich hat, und wozu noch kommt, dass, wenn hierbei noch etwas Eisen abschmilzt, dieses in den Herd fällt und sich mit der Luppe vereinigt. In ganz Schweden war für die deutschen Frischhütten der Auf- wand an Kohlen und der Abbrand durch Verordnung festgesetzt. Es war letzterer schon im Gewicht ausgedrückt: 1 Schiffspfund Roh- eisen hatte 26 Lisspfund, 1 Schiffspfund Stabeisen nur 20 Lisspfund. Dies entsprach dem Abbrand, so dass also gerade 1 Schiffspfund Roheisen 1 Schiffspfund Stabeisen ergab. Der Kohlenverbrauch für ein Schiffspfund (etwa 160 kg) war auf 2 Stige = 24 Tonnen = 96 Kubikfuss festgesetzt. Alles was hieran gespart wurde, kam dem Frischer zugute. Bei einem Hammer arbeiteten gewöhnlich sechs Leute; also bei jedem Feuer drei, welche gewöhnlich 30 Schiffspfund (4800 kg) ausschmieden konnten. Das beschriebene Verfahren stimmt ganz mit dem richtigen deut- schen Frischen überein, bis auf die Unterbrechung des Prozesses nach dem Einschmelzen und vor dem Rohaufbrechen. Bei dem gut ge- leiteten deutschen Frischen soll das Rohaufbrechen ebenso wie das Garaufbrechen bei ununterbrochenem Gang des Gebläses geschehen. Die Unterbrechung des Prozesses nach dem Einschmelzen geschah, um ohne Arbeit das Eisen durch Abkühlung rascher fest werden zu lassen, und es in einem Klumpen aufbrechen zu können. Es war dies aber nur zur Bequemlichkeit der Arbeiter, dagegen zum Nach- teil der Güte des Produktes und des Kohlenverbrauchs. Denn die Eisenmasse erstarrte durch Erkalten, nicht durch Garen und die durch die Unterbrechung herbeigeführte Abkühlung war so gross, dass sie durch vermehrten Kohlenaufgang nach dem Wiederanblasen ausgeglichen werden musste. Oft wurde das Erstarren des roh eingeschmolzenen Eisens zu einer Luppe durch Aufschütten von Wasser noch beschleunigt. Die Arbeit wurde dadurch zum Kaltfrischen , ein Verfahren, bei dem die noch ganz rohe Eisenmasse im Herd allein durch gewaltsames Abkühlen fest gemacht und also roh aufgebrochen wird. Diese Methode ist für weniger reine Eisensorten durchaus verwerflich, weil die Reinigung dabei nicht zu Ende geführt und nichts erspart wird als Schweiss der Arbeiter. Für sehr reine Roheisensorten, die schon frisch oder kohlenstoffarm aus dem Hochofen kommen, ist dieses Ver- Beck , Geschichte des Eisens. 26 Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. fahren dagegen zulässig und da es ökonomisch vorteilhaft ist, hat es sich auch in Deutschland in manchen Gegenden eingebürgert. Zuerst geschah dies am Rhein, vermutlich im Wiedischen, weshalb das Kalt- frischen in Deutschland meist als Rheinisches Frischen und die Frischessen als rheinische Frischfeuer bezeichnet wurden. In Schmalkalden war mit der Einführung der hohen Blauöfen auch das rheinische oder Kaltfrischfeuer eingeführt worden. Allerdings ging nebenher gleichzeitig mit dem Betrieb der niedrigen Blauöfen auch noch der eigentliche Löschfeuerbetrieb. Bei diesem wurden die „Stücke“ von den „Gössen“ der niedrigen Blauöfen (Stück- öfen) mit Scheibeneisen im Löschherd eingeschmolzen und zu weichem Eisen verfrischt (s. Bd. I, S. 828 u. Bd. II, S. 211). Die grössere Menge des in den hohen Blauöfen erblasenen Roh- eisens wurde aber im Kaltfrischfeuer zugute gemacht. Zu diesem Zwecke führte man den Betrieb der Flossöfen, wie in Steiermark, auf gares, „weiches“, luckiges, d. h. weisses, feinstrahliges Roheisen voller Löcher, die mit bunter, besonders stahlblauer Farbe angelaufen waren, aus dem man weiches Eisen erhielt. — Das Frischfeuer, das mit gusseisernen Zacken, von denen die Formplatte in den Herd, die Gichtplatte nach aussen geneigt waren, zugestellt war, hatte grosse Ähnlichkeit mit dem (Bd. I, Fig. 69 u. 70, Seite 229, abgebildeten) Siegerländer Frischherd. Auf der Schlackenplattenseite befand sich kein Zacken, sondern nur die Essbank, die auf zwei Steinen ruhte. Unter dem Frischboden befand sich eine Höhlung, der Tümpel, der mit einer zu Tag ausgehenden Röhre in Verbindung stand, in wel- cher, wenn der Frischboden zu warm war, Wasser zum Abkühlen zugelassen wurde. Form- und Gichtzacken waren 2 Fuss 4 Zoll (0,70 m), Rückenzacken und Schlackenplatte 2 Fuss 2 Zoll (0,65 m) lang und 1 Fuss (0,30 m) hoch. Die kupferne Form, deren Mündung 0,037 × 0,025 m betrug, ragte 0,060 m in den Herd. Ihre Höhe vom Boden war verschieden, je nachdem hartes oder weiches Roheisen verfrischt wurde. Bei letzterem betrug die Höhe 0,30 m, bei ersterem 0,25 m. Die Neigung der Form betrug 5 bis 6 Grad, bei hartem Roh- eisen mehr wie bei weichem. Die Bälge waren 2,70 m lang und 0,975 m breit. Die 1 m langen Düsen lagen 0,102 m von der Form- mündung ab. Nachdem die Kohlen im Herd entzündet sind, giebt der Frischer Kohlen und darüber Lech von der vorigen Arbeit auf. Dann setzt er, wenn er hartes Eisen frischen will, 6 bis 10 kg Roh- eisen ein, welche voraus garen und den sogenannten „Frischvogel“ bilden. Bei weichem Roheisen ist dies nicht nötig. Der Frischvogel Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. beschleunigt das Garen in hohem Masse. Das Roheisen wird wie ge- wöhnlich in Form einer Ganz, die auf der Gichtplatte liegt und allmählich vorgeschoben wird, aufgegeben. Man hält das Ende der- selben in einem Abstand von etwa 0,10 m von der Form. Die Bälge lässt man langsam angehen, verstärkt aber den Wind, sowie die ein- geschmolzene Masse im Herd zunimmt. Während des Einschmelzens findet das Ausheizen und Ausschmieden der Luppenstücke statt. Schon ½ Stunde, nachdem das Einschmelzen begonnen hat, lässt man Schlacke (Lech) laufen, indem der Frischer mit dem Handstachel durch das Schlackenloch (die Lachthal) eine Öffnung macht, doch muss er Sorge tragen, dass das Eisen noch von Schlacke bedeckt ist, damit die Hitze saftig bleibt und nicht trocken wird. Letzteres erkennt man leicht daran, dass helle Funken aus dem Feuer hervor- brechen, die sich im Zickzack durchkreuzen. Der Frischer sagt dann „es senget und lauset im Feuer“ und giebt als Gegenmittel Hammer- schlag auf. Das Ablassen des Lechs geschieht während des Ein- schmelzens der Ganz und des Ausschmiedens drei- bis viermal. Bei heissem oder Rohgang sieht der Lech rot aus (Heisslech), bei frischem Gang weiss (Frischlech). Ist die Schlacke zu heiss oder zu roh und so zähe, dass keine Scheidung erfolgt, so wirft der Frischer Schweisssand auf, der sie dünnflüssig macht. Das Einschmelzen des Roheisens wurde so lange fortgesetzt, bis 1½ bis 2 Centner im Herd waren. Es wurde aber kein bestimmtes Quantum eingewogen, sondern soviel eingeschmolzen als der Herd fasste. War das Einschmelzen und das Ausschmieden der vorigen Luppe beendet, und war das Eisen bereits am Boden zu einem Frischklumpen zusammengegangen, so wurde das Gebläse abgestellt, die Kohlen abgeräumt und der Frischklumpen ½ Stunde entblösst stehen gelassen, um abzukühlen, damit das fol- gende Einschmelzen desto langsamer geschehe. Um das Erkalten des Frischklumpens noch mehr zu befördern, wurde er mit Wasser begossen . Nach einer halben Stunde wurde der Frischklumpen aufgebrochen, in die Höhe gebracht und umgewendet, so dass die gare Seite, die bisher unter der Form lag, gerade über dieselbe zu liegen kam. Die gare Seite schmilzt jetzt zuerst nieder, kommt zu Boden und bildet eine Luppe, woran sich das nachfolgende Frischeisen ansetzen kann. Dies geschehe nicht, wenn die rohe Seite zuerst schmölze, auch würde dann zu leicht die Form verbrennen. Beim Einschmelzen der Luppe lässt man die Bälge rascher wechseln, da das gefrischte Eisen grössere Hitze hierfür erfordert. Doch brauchte das harte, 26* Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. kohlenstoffreichere Eisen weniger starken Wind, indem es besser war, das Einschmelzen der Luppe etwas langsam zu betreiben, damit jeder Eisentropfen, der von dem Frischklumpen absaigerte, ganz von dem Winde getroffen wurde. Es kam öfter vor, dass der Frisch- klumpen namentlich gegen Ende des Einschmelzens zu rasch nieder- schmolz. In diesem Falle hob man ihn aus dem Feuer, begoss ihn mit Wasser und setzte ihn dann wieder ein. Von Zeit zu Zeit lüftete man den Frischklumpen in die Höhe, hielt ihn aber immer mit Kohlen bedeckt. Es war besonders wichtig, dass der Wind gehörig unter dem Klumpen durchstrich, um ein gleichmässig gares Eisen zu erzielen und dass sich nicht das Eisen zu früh vor der Form aufsetzte und dem Wind den Durchgang versperrte. Geschah dies, so musste der Frischer stärker blasen. Umgekehrt musste er das Hohlblasen des Windes vermeiden, dadurch, dass er das Feuer immer gut geschlossen hielt. War dies dennoch geschehen, so dass die Mitte weggeschmolzen und ungeschmolzene Teile auf beiden Seiten stehen geblieben waren, hatte also, wie der Frischer sagte, „die Luppe Beine bekommen“, so musste er entweder den Frischklumpen umkehren oder ihn zerstossen. Den Fortgang des Garens beurteilte der Frischer an der Farbe der Flamme und an den Schalen, die sich an den Spiess anlegten und die ihm anzeigten, ob er Heisslech, d. h. Schlacke vom ersten Einschmelzen, oder Stocklech, d. h. garende Schlacke zu- setzen musste. Ging die Arbeit zu frisch, d. h. wollte das Eisen vor der Zeit garen, so setzte er Heisslech zu, um den Prozess zu verlang- samen und trockene Hitze zu verhindern; umgekehrt machte der Arbeiter bei zu heissem Gang von dem Stocklech Gebrauch, um das Garen zu beschleunigen. Im allgemeinen zog man ein saftiges Feuer vor. War der Frischklumpen ganz eingeschmolzen und etwaige zer- streute Klümpchen damit vereinigt, so räumte der Frischer die Kohlen weg und brach die Luppe mit dem Spiess los. Seine beiden Mit- arbeiter traten dann auf ein gegebenes Zeichen hinzu und halfen ihm die Luppe mit Haken herauszuziehen und unter den Hammer zu wälzen, wo sie, nach Beklopfen mit einem Vorhammer, unter dem Wasserhammer in fünf bis sechs Stücke zersetzt wurde. Diese wurden dann beim folgenden Schmelzen ausgeheizt, wobei sie öfter weisswarm im Schweisssand herumgedreht wurden, ehe man sie unter den Ham- mer brachte. Der Abgang des Roheisens beim Kaltfrischen betrug 25 Prozent, die Arbeit dauerte fünf bis sechs Stunden, so dass man meist in 48 Stunden neun Luppen machte. Auf den Centner Stab- eisen verbrannte man 2½ bis 3 Stützen Holzkohlen. Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Zwischen diesen Extremen, dem Kaltfrischen und dem richtigen Warmfrischen lagen aber viele mögliche Zwischenstufen und in der That begegnete man diesen auch in der Praxis. Die Arbeiter waren immer geneigt, die Luppenbildung nach dem Einschmelzen zu be- schleunigen, um sich die Arbeit zu erleichtern. Infolge dessen ent- wickelten sich mancherlei Verfahrungsweisen, welche mehr oder weniger von der richtigen deutschen Frischmethode nach der Seite der Kalt- frischschmiede hin abwichen. Manche dieser Zwischenarten sind als selbständige Methoden beschrieben und mit besonderen Namen be- zeichnet worden, was im Grunde nicht nötig gewesen wäre, und das Verständnis nicht wesentlich gefördert hat. In Schweden, wo eben- falls ein sehr gutes Roheisen zur Verfügung stand, haben die Frischer das deutsche Verfahren in diesem Sinne in verschiedener Weise ab- geändert. Eine in Schweden gebräuchliche Frischmethode dieser Art war die Butschmiede , oder von but = Klumpen auch Klump- frischen genannt. Man verwendete dazu ein sehr gutes, leicht- frischendes Roheisen. Zur Zeit des Einschmelzens oder des Aus- schmiedens der Schirbel von dem vorigen Deul rührte der Frischer durchaus nicht im Herd, sondern sorgte nur, dass das Eisen so lang- sam abschmolz, dass, sobald das Ausschmieden beendet war, man das Eisen „in den Klump gehen (gå in but)“ liess, was dadurch geschah, dass man das Gebläse abhing, die Kohlen wegzog und Wasser auf die heisse Masse schüttete, um das Festwerden zu beschleunigen. Der But wurde dann aufgebrochen, umgewendet, auf frische Kohlen gesetzt und sogleich gar eingeschmolzen. Der Frischer, der sonst während dem ganzen Prozess wenig Mühe hatte, muss nur beim Deul- machen grössere Sorgfalt darauf verwenden, dass das eingemengte rohe Eisen nicht in diesem Zustande mit einging, sondern gehörig durch- gearbeitet wurde. Man schmolz 2 bis 3 Centner, zuweilen noch mehr auf den Satz. Dem entsprechend war der Herd gross (26 × 29 Zoll im Mittel), aber nur 11 bis 12 Zoll tief und war flacher Wind erforder- lich. Grelles Roheisen war für die Butschmiede am besten und härtete man das Eisen in Schweden oft künstlich, indem man die eben er- starrten Roheisengänze in kaltem Wasser ablöschte. Ein fleissiger Frischer konnte bei dem grossen Einsatz und dem einfachen Verfahren aus geeignetem reinem Roheisen viel Frischeisen machen. Für graues, oder, wie es die Frischer nannten, gares Roheisen, war dieses Verfahren nicht anwendbar und gab ein sehr schlechtes Produkt, weshalb Rinman das ganze Verfahren als ein schlechtes bezeichnet Siehe Rinman , Geschichte des Eisens, d. v. Karsten , Bd. I, S. 569. . Man Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. nannte dieses Frischverfahren in Schweden auch „ Lathunsmide “ oder „ faule Schmiede “. — Schon Swedenborg und Thilesius hatten dieses Verfahren beschrieben. Das charakteristische desselben bestand darin, dass man das Eisen nur einmal, und zwar sogleich gar aufbrach Siehe Karsten , Handbuch der Eisenhüttenkunde, Bd. IV, S. 124. . In Deutschland betrieb man ein ähnliches Frischverfahren, das aber mit sehr kleinen Einsätzen von höchstens 100 Pfund arbeitete und deshalb als Kleinfrischarbeit bezeichnet wurde. Eine andere, noch schlechtere Modifikation der deutschen Frischschmiede in Schweden war die Suluschmiede , bei der man während dem Ausschmieden und ersten Aufbrechen schon kleine Frischstücke, die hinlänglich zusammenhängend zu sein schienen, herausnahm, an das Ende einer Stange anschweisste und zu einem Stabe ausreckte. Dieses Eisen war noch roh und stahl- artig. Dadurch wurde der Deul kleiner. Der Vorteil lag auch hier in grösserem Ausbringen, beziehungsweise geringerem Abbrand. Das so erhaltene Eisen war aber hart und sehr ungleich. Rinman stellt es gewissermassen als ein unehrliches Verfahren hin, welches man verbieten müsste Rinman , a. a. O., Bd. I, §. 103. . Wir haben erwähnt, dass, als Jars die Eisenhütte zu Forssmark besuchte, daselbst gleichzeitig auf deutsche und auf wallonische Art gefrischt wurde. Nach Jars Angabe kam die Wallonschmiede völlig mit der in Lüttich und in Frankreich üblichen überein. Jede Ganz wog 6 bis 7 Schiffspfund (etwa 1000 kg). Eine solche wurde auf den Herd gelegt, und wie sie abschmolz, allmählich langsam vorgerückt. Sobald sich eine genügend grosse Luppe im Herd angesetzt hatte, wurde sie herausgenommen, gezängt, unter dem Hammer in Stücke geteilt, welche man sodann auf einen besonderen Herd, den man Wärmeherd (chaufferie) nannte, und welcher lediglich zum Auswärmen und Ausschmieden in Stäben gebraucht wurde, brachte. Man be- hauptete, dass bei diesem Verfahren wegen der weiten Form und der stärkeren Hitze, welche der Herd durch die beständige Schmelzung erhielt, mehr Eisen als bei der deutschen Frischmethode verschlackte, allein auf der andern Seite ging die Arbeit auch geschwinder, indem ein Hammer wöchentlich 40 Schiffspfund Eisen ausschmiedete, anstatt dass bei der deutschen Methode nur 30 gemacht wurden. Der dortige Hütteninspektor versicherte Jars , dass man aus 18 Schiffspfund Roheisen, jedes zu 26 Lisspfund, nach der deutschen Art 19 Schiffs- Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. pfund Schmiedeeisen, nach der wallonischen Art aber nur 17 erhalte. Das deutsche Frischverfahren, welches Jars auf dem grossen Eisenwerk zu Laurwig in Norwegen kennen lernte, stimmte seiner Beschreibung nach wieder mehr mit der Brechschmiede überein. Der Herd war aus gusseisernen Zacken und Bodenplatte zusammen- gesetzt. Die kupferne Form lag 10 bis 12 Zoll über dem Boden und ragte 4 bis 5 Zoll über den Formzacken vor. Ihre Neigung richtete sich nach der Beschaffenheit des Roheisens. Der Frischboden wurde mit Quandelkohlen und Schlacken bedeckt und die Ganz von etwa 80 kg Gewicht auf den Gichtzacken über den Wind eingelegt. Sowie das Eisen einschmolz, setzte es sich unter der Form an und dies war das Zeichen, dass die Form nach der Qualität des Roheisen richtig lag. Hatte sich unter der Form eine kleine Luppe angesetzt, so wurde dieselbe mit der Brechstange losgebrochen, aus dem Herd gebracht und bei Seite gelegt. Auf diese Weise fuhr man fort, bis aus allem Roheisen dergleichen kleine Luppen geworden waren, welche dann alle wieder in den Herd kamen und eingeschmolzen wurden. Es entstand daraus eine gare Luppe, welche ausgebrochen, gezängt und in 5 bis 6 Teile zerschroten wurde, welche zu ebenso viel Stäben aus- geschmiedet wurden. Das Ausheizen hierfür geschah während dem Einschmelzen. Der Abbrand betrug hier 25 Prozent. In jeder Hammerhütte waren zwei Frischfeuer und nur ein Hammer von 6 bis 7 Centner Gewicht. Dabei arbeiteten 7 Mann, nämlich 1 Meister, 4 Burschen und 2 Kohlenträger, welche bei 16stündiger Schicht im Monat 120 Schiffspfund (19260 kg) Stabeisen schmiedeten. Auf der Eisenhütte zu Moss wurde dagegen nach der richtigen deutschen Frischmethode verfahren; die ganze Luppe aufgebrochen und ohne Unterbrechung bis zur fertigen Gare geblasen. Die Luppen wogen 2 Centner. Die Ambosse waren aus sehr hartem Gusseisen. Die Frischhütten in England stimmten nach Jars ’ Angabe mit den in Deutschland und Schweden gebräuchlichen überein. Über die Frischhütten bei Newcastle , welche er 1765 besuchte, giebt er nur kurze Nachricht. Man schmolz mit Holzkohlen, hatte lederne Blase- bälge und verfrischte Roheisen aus Schottland und Amerika zusammen mit altem Gusseisen und Schmiedeeisenabfällen. Das daraus erhaltene Stabeisen stand dem schwedischen an Güte sehr nach. Die Hämmer, welche etwa 300 kg wogen, wurden von Hebedaumen aufgehoben. Zu Carron in Schottland wurde Jars zwar versichert, man könnte auch mit Steinkohlen frischen, aber er hat es nirgends gesehen Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. und glaubt nicht daran. Wohl aber geschah das Ausheizen zu Carron mit Steinkohlen. Das Eisen, welches man verfrischte, war Koksroh- eisen, vermischt mit Holzkohlenroheisen aus Russland und Amerika. Das auf der Hütte erblasene Koksroheisen war für sich nicht zu ge- brauchen. Das Frischen und Ausheizen geschah in verschiedenen Herden, entsprechend der Wallonschmiede, und zwar wurden die Kolben in einem Ausheizherd mit Steinkohlen gewärmt. Rinman giebt allgemeine Regeln über den Feuerbau bei den Frischherden. Versuche, die viereckigen Herde durch ovale und achteckige zu ersetzen, haben keinen solchen Erfolg gehabt, dass sie die hergebrachte, bequeme Form hätten verdrängen können, ausser- dem war der eigentliche Schmelzraum, der aus Gestübbe und Schlacken hergestellt wurde, so wie so rund. Der Grund unter dem Herd wird so eingerichtet, dass man, wenn es nötig ist, Wasser unter den Frischboden leiten kann. Dies ge- schieht, wenn sich der Boden bei rohem Gang oder durch dünnflüssiges, gares Eisen zu sehr erhitzt hat. — Durch die Neigung, welche man dem Boden giebt, kann man auf den Gang des Frischens einwirken. Neigt sich der Boden vom Wind ab nach der Ecke des Gicht- und Aschenzackens hin, so geht das Feuer härter und dünnflüssiger. Diese Lage des Bodens wählt man bei den deutschen Frischfeuern, wenn man sehr grelles und leichtfrischendes Eisen zu verarbeiten hat. Ist der Boden ausgehöhlt, so bleibt der Gang dünn, rein und roh. Am wichtigsten ist die Beschaffenheit und Lage der Form, denn die Windführung hat auf den Gang im Herd den grössten Einfluss. Weite Formen fördern mehr, verbrennen aber auch mehr Kohlen. Man kann sie nur anwenden bei guten Kohlen, gutem Roheisen und gutem Gebläse; fehlt es an einem dieser, so muss man die Form ver- engern. Ist die obere Kante der Formöffnung länger, so hat die Form ein Obermaul und blässt mehr nach unten. Der Kohlenverbrauch ist dann geringer und das Eisen gart besser, erleidet aber auch mehr Abbrand. Steht umgekehrt die untere Kante vor, so hat die Form ein Untermaul, bläst dann mehr nach oben, wobei der Prozess langsamer geht, weniger Eisen verbrennt, das Eisen aber langsam gart und schlechter wird, wobei mehr Kohlen verbrennen. Ganz ähnlich verhält es sich mit der mehr oder weniger geneigten Lage der Form. Wenn sich die Form ebenso wie die Formzacken in den Herd hinein neigt, so hat man meistens einen reinen, nicht zu rohen und nicht zu garen Gang. Man lässt die Form mehr oder weniger (von 2½ bis 5 Zoll) in den Herd hineinragen, je nachdem das Eisen Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. leichter oder schwerer schmelzend ist. Die Form muss ebenso weit vom Aschenzacken entfernt liegen als die Tiefe des Herdes beträgt, auch muss sie mit dem Formzacken immer einen rechten Winkel bilden. — Ist sie nach der Vorderseite gewendet, so geht sie mehr frischend, nach dem Aschenzacken mehr hart. Die Stärke oder Pressung des Windes wurde durch den mehr oder weniger raschen Wechsel der Bälge reguliert. Der Schwede Gahn erfand zuerst einen Windmesser, um den Druck des Windes zu messen. Die Tiefe des Herdes richtet sich nach der Eisensorte; bei halbiertem Eisen macht man ihn tiefer, bei grauem flacher. Der Aschenzacken muss sich aus dem Herd neigen, damit das Frischeisen leichter aufgebrochen werden kann. Der Aschenzacken liegt meist einen Zoll höher als der Formzacken. Je höher die Arbeitsseite ist, desto härter oder frischender geht der Herd, und umgekehrt. Das Schlackenloch liegt 2 Zoll höher als der Frischboden. Der Wind- strom muss immer durch die Düsen nach der Mitte der Formöffnung und nach dem Boden der Form gerichtet werden. Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Stahlbereitung geschah zwar nicht ausschliesslich durch das Frischverfahren; die Cementstahlbereitung hatte bereits einen ziemlichen Umfang erlangt, aber jedenfalls war das Stahlfrischen in jener Zeit die verbreitetste und gebräuchlichste Art der Stahlfabrika- tion. Die direkte Stahldarstellung aus den Erzen hatte sehr abge- nommen. Sie wurde noch betrieben in Nordspanien, Korsika und einigen anderen Gegenden in Rennherden, und in Steiermark in Stück- öfen, die aber im Laufe des Jahrhunderts mehr und mehr verschwanden. Das Stahlfrischen geschah in ganz ähnlichen, teilweise sogar in denselben Herdöfen, wie das Eisenfrischen. Der Unterschied des Prozesses gegen das Eisenfrischen bestand darin, dass man das Garwerden des Roheisens durch eine langsame Behandlung unter dem Winde zu bewirken suchte, statt dass das Roheisen beim Eisenfrisch- prozess stets vor oder über dem Winde gehalten werden musste. Um Stahl, den Zwischenzustand zwischen Roheisen und Schmiedeeisen, welcher reicher an Kohlenstoff und leicht schmelzbarer ist als letzte- res, zu erhalten, durfte nur eine beschränkte Verbrennung des Kohlen- Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. stoffs bei niedriger Temperatur bewirkt werden. Jars giebt in seinem Reisebericht auch über das Stahlfrischen verschiedene Nachrichten. In Steiermark war man durch den Übergang zum Flossofenbetrieb auch zum Stahlfrischen übergegangen. Die steierische Rohstahlarbeit war mit der steierischen Löscharbeit für Roheisen so verwandt und in so unmittelbarem Zusammenhang, dass häufig in denselben Herden abwechselnd einmal Roheisen und einmal Stahl erzeugt wurde. Jars schreibt (1757) darüber: Zum Stahlmachen aus Floss nimmt man den harten und bratet ihn nicht. Man baut ein Feuer, welches demjenigen, in dem man das Eisen verfrischt, gleich ist, nur mit dem wesentlichen Unter- schied, dass man die Form mehr stechen lässt, die Stübbe weniger anfeuchtet und nur sehr wenig Schlacken zusetzt. Anfänglich schmiedet man die Stahlkolben von einer vorhergegangenen Arbeit aus, um dem Herd Zeit zu lassen, in Hitze zu kommen. Alsdann trägt man viel Kohlen auf den Herd und legt in zwei Zangen die eine Hälfte des Flosses, den man verfrischen will, auf und nach Verlauf von 1½ Stunden die zweite Hälfte. Die Arbeit dauert ebenso lange als bei der Verfrischung des Eisens, allein man setzt sehr wenig Schlacken zu, weil man sie während der ganzen Arbeit nicht abzieht und auch der Floss selbst genug Schlacken giebt. Man zieht diese erst dann ab, wenn der Stahl in einer Luppe aus dem Feuer gebracht wird. Geschieht dies, so beklopft man sie nicht mit einem hölzernen Schlegel, sie wird auch nicht gezängt, sondern man teilt sie gleich in verschiedene Kolben, an deren Härte man unter dem Hammer er- kennt, dass es kein Eisen sei. Die ausgeschmiedeten Stangen kommen dann in die Raffinierhämmer. Je mehr dieser Stahl gegärbt wird, desto besser wird er, desto mehr Güte bekommt er, während der Stahl, welcher aus Schmiedeeisen gemacht ist, beim öfteren Schmieden an seiner Qualität verliert. Man macht aus dem Rauh- oder Rohstahl: 1. gemeinen Stahl, 2. feinen oder Mittel-Stahl, 3. Kernstahl, 4. Scharren- stahl und endlich 5. Münzstahl, welcher der beste und teuerste ist. Bei der steierischen Rohstahlarbeit nahm man also weisse Flossen von schwach übersetztem Gang, die keiner weiteren Vorbereitung unterworfen wurden, während man in Kärnten und Krain das Eisen erst einschmolz und in Böden abhob. Dangenoust und Wendel machen zu Jars Beschreibung noch folgende Zusätze: Der Herd hat oben 24, am Boden 21 Zoll Quadrat und 16 Zoll Höhe. Die Form ragt 5 Zoll in den Herd hinein. Das Roheisen wird in Zangen, welche 3 bis 4 Stücke Floss halten, längs dem Formzacken, der Form gerade Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. gegenüber eingelegt. Man legt den Herd mit nasser Stübbe zu, bedeckt alles mit Kohlen und giebt Garschlacke auf. Während dem Ein- schmelzen werden die Kolben ausgeschmiedet. Alle Viertelstunde wird die flüssige Schlacke laufen gelassen, während man wieder weiche Garschlacke aufgiebt. Nach zwei Stunden sind alle Kolben aus- geschmiedet. Man legt ein zweites Pack Floss mehr in der Mitte vor. Nach 3½ Stunden ist dieses geschmolzen. Man schützt das Gebläse ab, damit die Luppe fest wird, legt sie frei und bricht sie nach 4½ Stunden aus. Die 150 Pfund schwere Luppe wird unter dem Hammer in vier Schirbel zerteilt, welche ausgeheizt, zu Stäben ge- schmiedet und sortiert werden. Dieses Verfahren hatte seinen Haupt- sitz in St. Gallen, war aber im ganzen Obersteyer und auch in Tirol in Anwendung. Zu Pillersee wechselte man ganz regelmässig mit Schmiedeeisen und Stahlfrischen oder mit Weich- und Hartzerennen, wie man es nannte, in demselben Herd ab. Die Form lag nur 8 Zoll über dem Boden und hatte ganz wenig Neigung. Die Umfassungswände der Herd- grube waren 12 bis 14 Zoll höher als die Form, um die Kohlen zusammen zu halten. Am besten eigneten sich blumige Flossen; die- selben wurden nacheinander in drei Zangen eingelegt und nieder- geschmolzen. Der Einsatz betrug 80 kg. Jede Charge dauerte vier Stunden und man machte drei im Tage, in der Woche etwa 1200 kg Rohstahl. Der Eisenverlust war nicht grösser als beim Weichzerennen, etwa 10 Prozent, und man brauchte für 1 Ctr. Rohstahl 30 bis 32 Kubik- fuss Kohlen aus weichem Holz. Die ausgeschmiedeten Stäbe wurden in Wasser geworfen, zerschlagen und sortiert. Man erhielt nicht nur Rohstahl, sondern auch mehr oder weniger stahlartiges Eisen. Gewöhnlich rechnete man auf 100 Teile: 60 Tle. Roh- oder Edelstahl, 20 Tle. Mock oder Mittelkür, welcher zu rohen Schneidwaren, besonders zu Sensen, Sicheln, Äxten u. s. w. verarbeitet wurde und nur roh in den Handel kam, 10 Tle. Hammer- oder Zwittereisen, das für Radreife verwendet wurde, und 10 Tle. Verlust. Der Rohstahl wurde vor dem Gärben nochmals sortiert in: 1. Zwick- schmiedestahl, der weichste, aber besser wie Mock; 2. Mittelzeug; 3. Scharsachstahl und 4. Meisselstahl, der härteste und festeste, der nur zuweilen fiel und zu Münzstahl benutzt wurde Siehe Karsten , a. a. O., Bd. IV, S. 458. Jars unterscheidet Friemen-, Kern-, Scharsach- und Münzstahl. . Die kärntnerische Rohstahlarbeit ist sowohl von der Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Kärntner Frischarbeit, als von der steierischen Rohstahlarbeit durch- aus verschieden. Sie hat sich aus der Brescianschmiede (s. Bd. II, S. 252) entwickelt und hat mit dieser manches Übereinstimmende. Das Eisen, welches die Stahlhämmer von den kärntnerischen Hochöfen bekamen, war meist halbiert und wurde erst durch einen besonderen Prozess, das Hartzerennen, vorbereitet. Es geschah dies früher in dem Stahl- frischherd selbst. Jars giebt folgende Schilderung: „Um aus Floss Stahl zu machen, bedient man sich eines mit zwei Blasebälgen versehenen Herdes (Hartzerennherdes), der denen zu St. Gallen ähnlich ist. Der Boden des Herdes ist eine Platte, welche im Feuer gut steht; die Seiten sind von beschlagenen stählernen Platten eingefasst, worunter sich auch eine Schlackenplatte mit Löchern befindet, um die Schlacken abstechen zu können. Auf den Boden des Herdes schlägt man feuchte Kohlenstübbe ringsum im Kreise, so dass nichts zwischen diese und die Stahlplatten laufen kann, denn diese Materie frisst leicht durch, wenn die Ganz geschmolzen ist. Auf einem solchen Herde schmilzt man in drei Stunden eine Flosse oder Ganz ein, lässt sie eine gute Viertelstunde sich läutern, alsdann sticht man durch das obere Loch die Schlacken, welche die Oberfläche bedecken, ab, räumt die Kohlen weg und das Eisen erscheint auf seiner oberen Seite hart. Man spritzt noch Wasser darauf und reisst es dann wie Garkupfer in Scheiben. Auf dem Boden bleibt eine Masse zurück, die man Eisen nennt, weil sie nicht so spröde ist als die Scheiben, die man davon abgehoben hat. Wenn man nun Stahl machen will, so hat man einen etwas kleineren Herd als den vorigen, dessen Boden man auf die nämliche Art zurichtet; man lässt nur die Form etwas mehr stechen. Der Herd wird mit Kohlen gefüllt, und wenn er heiss ist, so rückt man, während man zugleich die Stahl- kolben darauf auswärmt und ausschmiedet, eine von den auf der Herdsohle bei der vorher beschriebenen Arbeit zurückgebliebene Masse, die man Eisen nennt, heran. Sie schmilzt nach und nach ein und man trägt von Zeit zu Zeit Stücke von den gerissenen Scheiben hinzu. Um Stahl zu machen, braucht man sowohl das eine wie das andere, denn das eine würde zu weich sein und das andere springt und hält nicht unter dem Hammer aus. Um das Einschmelzen zu erleichtern und damit auch nicht zu viel verbrennt, wirft man von Zeit zu Zeit Schlacken auf und sticht sie auch wie gewöhnlich ab. Wenn man sieht, dass die Schlacken zu dick sind, so setzt man einige Stücke weissen Quarz zu, wovon die Schlacken dünner werden. Sieht man, dass ungefähr 20 Pfund sich auf dem Boden des Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Herdes befinden und auf dem Punkt sind, den man verlangt, so nimmt man die Luppe heraus, um sie unter den Hammer zu bringen. Man schiebt alsdann von neuem die Masse, die man Eisen nennt, vor, damit man davon zu einer zweiten Luppe abschmelze und fährt fort, Stücke von den vorbeschriebenen Scheiben und Schlacken auf- zutragen u. s. w. Man behämmert alsdann die Stahlluppe rundum und teilt sie nachher; man wärmt die Kolben auf demselben Herde aus, teilt und schmiedet sie in Stücken von 4 bis 5 Pfund zu 8 bis 9 Zoll Länge und 1 Zoll im Quadrat. Am einen Ende schmiedet man sie auf 2 Linien Dicke zu. An diesem werden sie gefasst und in einem andern Feuer zu kleinen viereckigen Stäben oder Ruten aus- gereckt, die man glühend in fliessendem Wasser ablöscht und härtet. Alsdann reibt man sie mit Stahlhammerschlag blank. Sie werden in lange Kisten gepackt und so nach allen Ländern verschickt, besonders nach Italien und der Türkei.“ Dangenoust und Wendel bemerken hierzu: Der Herd habe an der Formseite 26, an der Gichtseite 29 Zoll und sei von der Schlackenplatte zur Rückseite 21 Zoll; die Tiefe betrage 18 Zoll und die Form rage 4½ Zoll in den Herd hinein. Den Löschboden mache man 9 Zoll dick. Die Luppe wiege 70 bis 80 kg. In 18 Stunden erhielt man von einem Feuer 200 kg Stahl. 10 Ctr. Floss gaben etwas mehr als 7 Ctr. Stahl und man brauchte dazu 80 Mass Kohlen, oder nach Jars Angabe zu 15 Ctr. Stahl 16 Körbe Kohlen, den Korb zu 13 Kubikfuss gerechnet. Ausser der erwähnten Stahlsorte machte man noch eine feinste, welche viel teurer war. Der kärntnerische Stahl wurde allgemein für besser gehalten als der steierische. Dass die kärntnerische Rohstahlarbeit aus der alten Brescian- schmiede, die schon Biringuccio beschrieben hat, hervorgegangen ist, haben wir früher schon berichtet. Fast alle die alten italienischen und romanischen Ausdrücke haben sich bei ihr erhalten. Wir können deshalb auch auf unsere Beschreibung der Brescianstahlarbeit verweisen und uns ziemlich kurz fassen Vgl. besonders Karsten , Eisenhüttenkunde, S. 1067 u. Tunner , a. a. O., Bd. II, S. 250. . Fig. 114 (a. f. S.) stellt einen Kärntner Rohstahlherd dar, welcher nach Tunner 22 bis 23 Zoll lang, 23 bis 24 Zoll breit und 11 bis 13 Zoll tief war, von dem festgestauchten Löschboden stand aber die Form nur 7 bis 9 Zoll ab. Der Riastein, d. h. der Windzacken, auf dem Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. das einzuschmelzende Roheisen auflag, war 2½ bis 5 Zoll höher als die Formlage; je höher das Roheisen einschmolz, je garer war der Gang. Die Form hatte eine kreisförmige Mündung von 16 bis 17 Linien Durchmesser, 3½ bis 4½ Zoll Überliegen und 10 bis 16 Grad Stechen. Man blies gewöhnlich mit 15 bis 16 Wasserzoll Pressung. Der Herd war aus einem Boden von Stein und aus vier eisernen Zacken, Steine genannt, zusammengesetzt. Jars giebt an, dass das Hartzerennen in einem besonderen Herd geschehe, dies war aber durchaus nicht die Regel, auf den meisten Werken wurde dies vielmehr in dem Stahlfeuer selbst vorgenommen, und zwar gewöhnlich Fig. 114. am Schluss der Schicht. Das Roheisen bestand also aus Hartzerenn- böden und aus weissen, frischen Hochofenblatteln, ein durch Ab- schrecken gebildetes kleinspiegliges Eisen. Der Prozess zerfiel 1. in die Sauerbildung und das Deulputzen, 2. die Bildung des Frischbodens und das Deulumschlagen und 3. die Cottabildung mit dem weiteren Ausheizprozess. Die Arbeit begann mit der Einschmelzung von unvor- bereitetem Roheisen, um daraus eine dickflüssige Eisenmasse, den „Sauer“, zu bekommen, welcher die Unterlage für die Cotta oder die Luppe bildete. Dies war eben das Charakteristische des Verfahrens, welches ihm mit der Brescianschmiede gemein war. Gleichzeitig er- folgte das Abschweissen oder Putzen der zwei Hälften der vorigen Cotta, Deule genannt, und das Ausschmieden derselben auf dem einen Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Ende in grosse, 3 Zoll dicke Kolben, Greifen oder Presa genannt. Durch die abschweissenden Teile wurde der Sauer immer garer und ging gegen Ende des Deulputzens in einen breiartigen Zustand über. Der richtige Zustand musste gerade mit der Beendigung dieser Arbeit zusammenfallen und musste dies der Frischer durch Menge und Be- schaffenheit des einschmelzenden Roheisens regeln. Auch musste ein genügendes Quantum Sauer vorhanden sein, um den Deul, wenn er weiche Stellen hatte, darin eintauchen und dadurch cementieren zu können. War er zu gar, so schmolz man Blatteln nach, war er zu roh, so dämpfte man ihn durch gare Zuschläge (Scaja). Bei dem Putzen wendete man den 70 bis 100 kg schweren Deul, damit er nicht auf Fig. 115. einer Seite zu heiss wurde und abschmolz und stiess und zwickte die Unreinigkeiten mit der Heizschaufel und der Moja (Zange) weg. Dies wurde fortgesetzt, bis die Oberfläche des Deuls rein erschien; alsdann wurde er mit Armring und Spannring gefasst und unter den Hammer gebracht. Das ausgeschmiedete Stück (Greife, Presa) wurde auf die Seite gelegt und der zweite Deul geputzt. Die ganze Arbeit dauerte 1½ Stunden. Der blossgelegte Sauer wurde von Schlacke gereinigt und nach allen Seiten hin in kleine Brocken aufgebrochen und diese in ein Häufchen in der Mitte des Herdes zusammengebracht, was man das „Aufrichten“ des Sauers nannte. Man füllte Kohlen darüber und schob die noch heisse letzte Presa zum Ausschweissen der andern Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Hälfte ein, während man die andere, kältere, über den Riastein zum Anwärmen legte. Man begann nun mit der Bildung des Frischbodens. Das Aufrichten des Sauers hatte den Zweck, den oberen Teil vor dem Wind zum Frischboden zu verkochen, den unteren dagegen wieder als Sauer flüssig werden zu lassen, in welchem Zustande er sich wäh- rend der ganzen folgenden Periode erhalten musste, denn nur dann war man sicher, dass der untere Teil der Cotta harter Stahl blieb. Das Ausschweissen und Putzen der Presa erfolgte gerade wie bei der ersten Operation das Putzen des Deuls. Das geputzte Presastück wurde mit einer Schmiedezange vom Zug nach dem Hammer gebracht und hier zu einem langen Kolben von 3 Zoll Stärke am Ende und 4 bis 5 Zoll in der Mitte ausgeschmiedet. Dies nannte man das Umschlagen des Deuls. Die Arbeit dauerte ½ bis ¾ Stunden und sollte sich währenddem der aufgerichtete Sauer an der Oberfläche zu einem gleichmässigen, ebenen Boden verkocht haben, was man mit der Rennstange untersuchte. Zeigte er sich eben und fest und fast über den ganzen Herd verbreitet, so begann man mit dem Einschmelzen der Hartzerennböden. Das Einsetzen derselben geschah an der Ria- seite und wurde das Presastück kreuzweise darüber geschoben, um sie auf dieser Seite festzuhalten. Im Anfang schmolz man gern ein sehr weiches Eisen ein, weil die Cottabildung langsam und tief im Herd vor sich ging. Dazu benutzte man einen Kochboden; dies waren jene Böden, die aus dem Sauer nach Beendigung der Schicht erhalten wurden und die natürlich sehr weich waren. Dies dürfte das sein, was Jars als die übrig gebliebene Masse, welche man Eisen nennt, bezeichnet. War der Frischboden in Ordnung, so wurde der umgeschlagene Deul eingelegt, um in der Mitte eine Hitze zu bekommen. Seither hatte man ziemlich trockene Hitze, d. h. wenig Schlacke im Herd. Jetzt musste man mehr Schlacke aufgeben, um die heran- wachsenden Cotta zu schützen. Beschaffenheit und Menge der Schlacke waren bei der Rohstahlarbeit von grosser Wichtigkeit. Roher machte man sie durch Quarz und frische Blatteln, garer durch Hammerschlag; besser aber war es, zu rohe Schlacke abzustechen und durch gare zu ersetzen. Die Schlacke sollte den Cottaboden 2 bis 2½ Zoll hoch be- decken. Der zur Schweisshitze erwärmte Deul wurde nun in der Mitte auf 2 Zoll Quadrat ausgeschmiedet und dann zu zwei grossen Kolben, Halbdeule, abgesetzt, welche sogleich wieder in das Feuer kamen. Das Ausheizen ging nun ununterbrochen fort. Die Halbdeule wurden in zwei kleinen Kolben, Tajoli, geschmiedet, welche entweder als Brescianstahl in drei kleine Kölbchen, oder als Tannenbaumstahl in Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. eine halbfertige Stange, oder als Stückstahl gleich fertig geschmiedet und glühend in den Härtetrog geworfen wurden. Ganz wie das erste Presastück wurde dann das zweite behandelt. Die Dauer des Ausheiz- prozesses vom Schweissen des zuerst umgeschlagenen Deuls an betrug 2½ bis 3 Stunden, je nachdem jedes Feuer seinen eigenen Hammer- schlag hatte oder nicht. Gewöhnlich erhielt man an 2 Ctr. Stahl. Während des Ausheizprozesses schritt die Cottabildung, wenn einmal das Einschmelzen der Hartzerennböden begonnen hatte, ohne Unterbrechung bis zur Vollendung fort. Je gleichmässiger dies ge- schah, je besser. Man musste den Boden und das Anwachsen der Cotta fortwährend untersuchen, was dadurch erleichtert wurde, dass derselbe nach jedem Herausnehmen eines Heizstückes ganz frei und zugänglich war. Man konnte durch Aufsetzen roher oder garer Schlacke an erhöhten oder vertieften Stellen Fehler verbessern. Flamme und „Lauch“ waren die Erkennungszeichen für den Gang des Frisch- prozesses. Man musste besonders allgemeinem Weichgang oder Roh- gang entgegenarbeiten, was durch Verstärkung oder Verminderung der Hitze unter Zusatz von Blattelstücken oder garer Zuschläge ge- schah. Wuchs die Cotta bis nahe zur Form, so bildete sich auf dem Herd durch die starke Hitze ebenfalls ein geschmolzenes Eisen- Sauer, dessen Überhandnehmen man aber entgegenwirken musste durch Schwächung des Windes, Aufgeben von nassem Sinter oder Auf- schütten von Wasser. Wurde er aber kleberig, weich, so machte man ihn durch Aufgeben von Blattelstückchen wieder frisch. War der Herd ganz zugewachsen und die Cotta bis auf einen Zoll vor die Form gerückt, so war der Prozess beendet. Der Rest der Hart- zerennböden wurde zurückgeschoben, der Wind abgestellt, die Schlacke abgelassen, die Kohlen weggezogen und die Cotta freigelegt. Vom Einschmelzen der Böden bis zum Ende dauerte es 3¼ bis 3¾ Stunden. Man liess sie abkühlen und zog die erstarrende Schlacke von Zeit zu Zeit ab. War sie hinreichend abgekühlt, so goss man noch einmal Wasser über die Schlacken und hob sie ab. Alsdann wurde die Cotta gelüftet und aufgewuchtet, dann mit Hilfe der grossen Rennstange gehoben und auf zwei Querstangen gelegt. Der Sauer am Boden wurde abgestossen und die gereinigte Cotta auf die Seite gehoben und nach dem Hammer transportiert, wo sie zerschroten wurde. Gewöhnlich wurden drei Chargen an einem Tage gemacht. Bei jeder verkochten etwa 20 Pfund von den bei Anfang der Schicht ein- geschmolzenen 80 Pfd. Sauer. Der verbleibende Sauer wurde am Schluss als Kochboden ausgehoben. Die Dauer der ersten Charge oder eines Beck , Geschichte des Eisens. 27 Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. „Schmiedens“ betrug sechs, die der beiden folgenden nur je fünf Stunden. Das Hartzerennen mit Vor- und Nacharbeit währte auch noch drei bis vier Stunden. Auf vielen Hämmern wurden deshalb nur zwei Cotta gemacht. — Die grosse flache Cotta, welche etwa 2 Fuss Seitenlänge hatte und 5 Zoll dick war, wurde auf zweimal, je zur Hälfte durchgeschroten. Die Hämmer wogen 150 bis 200 kg und machten an 120 Schläge in der Minute. Sie waren so leicht, weil man gleichzeitig den Tannenbaum- und andere Stahlsorten damit fertig schmieden wollte. Der durch dieses Verfahren erzeugte Stahl war härter und meist auch reiner und gleichmässiger als der nach dem steierischen Verfahren hergestellte. Folgende Sorten waren die üblichen: 1. Kölberlstahl (Brescianer oder Münzkölberl) war die Hauptsorte und der härteste, der in kleinen Kolben von 5 bis 6 Pfund Gewicht, mit einer quadratischen Greife von ½ bis ¾ Zoll und auf der andern Seite einem abgezainten, gehärteten und gebrochenen Probezäpfchen versehen war. 2. Tannenbaumstahl, langer und kurzer, ungehärtete, quadratische Stäbe, 6 bis 8 und 4 bis 5 Fuss lang. Erzeugte ein Werk bloss Tannen- baum, so konnte ¾ als reiner Stahl, ¼ als eisenschüssig angenommen werden. 3. Stückstahl, grosser und kleiner, quadratische, gehärtete Stangen, 2 und 1 Zoll stark, mit reiner, oft mit Rosen angelaufener Bruchfläche. 4. Mockstahl, die von 3. ausgeschlossenen eisenschüssigen Stäbe. 5. Refudi, wie bei der steierischen Stahlarbeit, die ganz unbrauch- baren Stücke. Zu einem kärntnerischen Stahlfeuer gehörten drei Mann, der Meister, Heizer und Wassergeber. Die wöchentliche Erzeugung eines Feuers, in dem täglich dreimal geschmiedet wurde, betrug 30 bis 35 Centner. Der Kohlenverbrauch 40 bis 50 Kubikfuss Fichtenkohle auf 100 Pfund fertigen Stahl. Das Verhältnis von Blatteln zu Zerenn- böden war wie 1 : 3 oder 1 : 2. — Der Abbrand belief sich gewöhn- lich auf 25 Prozent. Um den Brescianer- oder Kistenstahl zu machen, wurden die Kölbchen in einem besonderen Ziehfeuer erwärmt und unter einem 1¼ bis 2 Centner schweren Ziehhammer zu dünnen Stäben von ¼ bis ¾ Zoll Stärke, welche nach Nummern verkauft wurden, ausgeschmiedet. Die ausgeschmiedeten Stäbe wurden im Troge gehärtet und der Glüh- span abgerieben. Man sortierte nach Bruchansehen und Qualität: Münzstahl, Eindupf-, Zweidupfstahl und Eindupf- und Zweidupfmock. Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Rosenbildung im Bruch, welche beim Rosenstahl verlangt wurde, beförderte man dadurch, dass man die Stäbe nach der ersten Härtung nahe dem Ziehfeuer aufstellte und sie von Zeit zu Zeit mit Wasser begoss. Dadurch bildeten sich die feinen Quersprünge, welche die Rosen zeigten. Alle diese Stahlsorten wurden in Kisten zu 250 oder 125 Pfund gepackt. Die tiroler Rohstahlschmiede , bei welcher in demselben Herd Stahl und Eisen abwechselnd erzeugt wurde, war ein Mittelding zwischen dem steierischen und kärtnerischen Verfahren. Nach Jars ’ Reisebericht wurde zu Kleinboden in Tirol Stahl auf zweierlei Weise gefrischt, entweder nur aus Roheisen oder unter Zusatz von altem Eisen. „Nach der ersten Methode schmilzt man die Gänze von schwarzem Korn in einem Hartzerennherd mit zwei Blasebälgen, ebenso wie in St. Veith, ein. Man reisst das geschmolzene Eisen in Scheiben, doch ist man bedacht, die zum Stahlmachen dienen sollen, noch dünner zu reissen. Sie sind alsdann sehr spröde und den Flosskuchen in Kärnten sehr ähnlich. Um nun daraus Stahl zu machen, bedient man sich eines Frisch- herdes, welcher mit dem zu St. Gallen in Steiermark übereinkommt. Man wählt dazu die dünnsten Scheiben und legt sie auf den mit Kohlen angefüllten Herd und lässt zublasen. Die Scheiben werden aber nur ganz allmählich vorgeschoben, was ein wesentlicher Umstand ist. Wenn alles geschmolzen ist, hängt man das Gebläse ab und bedeckt das im Herd befindliche Metall mit grober Lösche. In diesem Zustande wird es eine gute Stunde gelassen, alsdann aber in einer Luppe herausgenommen und unter den Hammer gebracht, um es in verschiedene Teile zu teilen; man schmiedet es in viereckige Stücke und schickt es in die Raffinierhämmer zum Ausschmieden. Bei der andern Methode verfährt man folgendermassen: Der Herd, in welchem die Arbeit geschieht, hat inwendig ungefähr 2 Fuss im Quadrat und ist mit senkrecht stehenden Gussplatten eingefasst, von denen die an der Vorderseite befindliche, welche die Schlackenplatte heisst, drei Löcher hat. Die Form steht ungefähr 4 Zoll vor, sie ist 18 Zoll lang und hat 1 Zoll Fall, vorwärts ist sie etwas zurück- gebogen. Der Herd ist 2 Fuss tief; wenn aber darin gearbeitet werden soll, so bringt der Frischer kleine Quandelkohlen hinein, die er mit der Schippe festschlägt; darüber und auf den Boden legt er Schlacken von derselben Arbeit und ringsumher kleine Quandelkohlen in Gestalt eines Tiegels, so dass von dem Boden bis an die Form nur 8 bis 27* Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. 9 Zoll leer bleiben. Er giebt Kohlen auf, zündet sie an, rückt seine Ganz heran, aber nur langsam vorwärts, damit die Schlacken Zeit haben, zu schmelzen und zieht die Bälge an. Die Schlacken schmelzen bald und bilden eine Art von Kessel, welcher das Roheisen, das tropfenweise hineinfällt, aufnimmt. Der Frischer reinigt von Zeit zu Zeit seine Form mit Hilfe eines eisernen Formstachels, welchen er in den Formrüssel hineinbringt und damit das Eingeschmolzene umrührt. Sind die Schlacken nicht flüssig und dünn genug, so setzt er Kiesel zu, und wenn derselben zu viel wird, so sticht er sie über dem Metall durch eines der in der Schlackenplatte befindlichen Löcher ab. Zuweilen läuft auch etwas Eisen mit ab, welches dann der Frischer wieder mit den Scheiben aufgiebt. Wenn alles eingeschmolzen ist, räumt er die Kohlen weg, hängt das Gebläse ab und giesst Wasser darauf. Er hebt dann erst die Schlacken ab und reisst dann das Eingeschmolzene in Scheiben (Hartzerennböden). Hierauf richtet man einen Herd vor, um aus dieser Materie, welche zuweilen ein grauer, doch weit häufiger ein weisser Guss ist, Stahl zu machen. Der Frischer reinigt sein Feuer und bringt wieder Quandel- kohlen und Schlacken, von denen, die um den Herd herumliegen, hinein, nimmt alsdann zwei oder drei kleine Schippen voll Schlacken, die zum Teil von einer vorigen Arbeit dieser Art, zum Teil aber auch von der vorbeschriebenen gefallen sind, pocht sie gröblich und legt sie in die Mitte unter die Form, dergestalt, dass sie ungefähr 5 Zoll unter dieser liegen; rundum streut er noch Kohlen und Schlacken, legt Feuer an und bedeckt alles mit Holzkohlen. Alsdann legt er eine Stahlluppe von einem vorhergehenden Frischen auf, um sie zu wärmen und auszuschmieden und dadurch das Feuer auszunutzen und den Schlacken Zeit zum Schmelzen zu lassen. Wenn diese geschmolzen sind, rückt er die Stahlkuchen an, dass sie nach und nach einschmelzen, und indem sie tropfenweise herunterfallen, sogleich mit Schlacken bedeckt werden. Alsdann fängt der Frischer an mit einer Brechstange in der eingeschmolzenen Masse zu arbeiten. Bleibt sie flüssig, so setzt er nach und nach altes Eisen zu, ohne welches angeblich dem Stahl keine Konsistenz gegeben werden könnte; er würde auch sonst zu trocken sein, sich nicht schmieden lassen und unter dem Hammer in Stücke zerspringen. Mit einem Worte, das Eisen giebt ihm erst die erforderliche Festigkeit. Es scheint, dass dieses Gusseisen zu viel brennbares Wesen hat, und dass es im Ver- hältnis, wie es rein wird, den Überfluss davon dem Eisen mitteile, um mit selbigem eine Stahlmasse zu bilden. Nach Beschaffenheit des Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Roheisens setzt man mehr oder weniger altes Eisen hinzu. Der Frischer hat mir gesagt, dass man gemeiniglich zu 60 Pfd. Stahlkuchen 30 Pfd. altes Eisen setze, und dass man davon 60 Pfd. Rohstahl erhalte. Diese Arbeit dauert drei Stunden.“ In Schmalkalden Siehe J. Ch. Quantz , Eisen- und Stahlmanipulation in der Herrschaft Schmalkalden 1799, S. 153. entwickelte sich der Stahlfrischprozess ganz ähnlich wie in Steiermark. Wie hier hatte man vordem den Stahl direkt aus den Erzen erhalten, war aber nach Einführung der Flossöfen zum Stahlfrischen übergegangen, wobei man ebenso wie in Steiermark zunächst die alten Löschherde weiter benutzte. Es muss Fig. 116. aber hier nochmals betont werden, dass die Verwendung der Flossöfen zum Schmelzen des Rohstahleisens viel früher erfolgte, als die Ein- führung der hohen Blauöfen zum Schmelzen des Scheiben- und Platteneisens für das Frischen von weichem Eisen. Dementsprechend ist auch das Stahlfrischen in Schmalkalden älter und dürfte wohl bis in das 16. Jahrhundert zurückreichen. Obgleich das schmalkaldische Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Stahlfeuer (Fig. 116, a. v. S.) dem Fig. 114, 115 abgebildeten steierischen sehr ähnlich sah, war es infolge der alten Überlieferung noch einfacher und den ursprünglichen Löschherden noch ähnlicher, als die steierischen Stahlfeuer. Bei dem schmalkaldischen Stahlherd waren die drei Seiten gemauert, und nicht einmal die Arbeitsseite war durch das übliche Sinterblech geschlossen; vielmehr war der Raum B unter der Ess- bank e , welche 1 Fuss 3 Zoll (0,375 m) über dem Bodenstein lag, nur mit Kohlengestübbe zugemacht, welche zum Ablassen der Schlacke mit dem Spiess durchstochen und zum Ausbrechen des „Schreys“ ganz entfernt wurde, so dass sie bei jeder Schmelzung erneuert werden musste. Die übrigen Wände waren aus Sandstein und Lehm gemauert und auch der Bodenstein v bestand aus einer Sandsteinplatte, welche wöchentlich zweimal, am Mittwoch und Samstag, erneuert wurde. Die Tiefe des eigentlichen Stahlherdes von der Gichtplatte ( n m ) bis auf den Bodenstein betrug 2 Fuss (0,60 m), ebenso gross waren Breite und Länge vor der Form. Auf der Hinterseite des Herdes war eine kleine Mauer ( w ) aufgeführt, in der sich in der Höhe der Gichtplatte eine Öffnung z , um die Stahlstangen zum Wärmen vor dem Härten durchzustecken, befand. Das Loch f rechts diente zum Trocknen von gepulvertem Lehm, den der Stahlschmied anstatt Schweisssand ver- wendete. Die Form ragte 6 Zoll (0,15 m) in den Herd hinein, lag 5 Zoll (0,125 m) vom Bodenstein und 10 Zoll (0,25 m) von der Hinter- seite entfernt. Das Formauge war halbrund, 1 Zoll breit und ¾ Zoll hoch (0,030 × 0,022). Die Windstrahlen, die sich kreuzten, trafen die Gichtwand 2 Zoll über dem Bodenstein, hatten also ein geringes Stechen. Die Form war um die Mitte des Jahrhunderts noch von Eisenblech und musste alle 14 Tage erneuert werden. Gegen Ende des Jahrhunderts hatte man Kupferformen, die viel länger hielten. Ebenso waren die Bälge, wie im Siegerland, von Leder. Erst nach 1760 überwand man das Vorurteil der Stahlschmiede, welche be- haupteten, Holzbälge verdürben den Stahl, weil ihr Wind zu scharf sei. Die späteren Holzbälge waren aber auch nur 8 Fuss 3 Zoll (2,49 m) lang, und mussten bei stärkerem Blasen rasch wechseln. Der Hammer war bedeutend kleiner als im Siegerland und in Steiermark und wog nur 1½ bis 2 Centner. Der Hammerstock hatte keine „Chavatte“, sondern bestand aus einem starken Stamm, der 6 bis 7 Fuss in die Erde versenkt war. Seine obere Fläche war durch die zahreichen Köpfe eingetriebener grosser Radnägel geschützt. Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Arbeit des Stahlfrischens verlief folgendermassen. Zuerst wurden einige grobe Holzkohlen in den Herd geworfen und entzündet. Dann gab man einige Schaufeln gröblich zerkleinerte Kohle auf und hierauf eine Lage Hammerschlag, „Flisching“ genannt, um einen festen Boden zu bilden. Auf diese Lage gab man 25 bis 30 Pfund Roh- stahleisen in kleinen Brocken von höchstens 3 bis 5 Pfund Gewicht auf und füllte dann den ganzen Herd bis zur Gichtplatte mit zer- kleinerter Kohle, denn der Stahlschmied zerklopfte alle Holzkohlen vor dem Aufgeben, um ein möglichst geschlossenes Feuer zu erhalten. Dieser erste kleine Einsatz, „der Setztacken“ genannt, wurde mit garen Schlacken und Hammerschlag niedergeschmolzen und vollständig ver- frischt, ehe der grössere Einsatz erfolgte. Es dauerte etwa eine Stunde bis zum Schmelzen des Setztackens und drei Stunden bis zur Gare. Sobald diese eingetreten war, was man besonders am Hartwerden des Eisens auf dem Herd erkannte, räumte man alle glühende Kohlen vor die Form, legte vor dieselben den Rengel ein, um ihr Nachrollen zu verhindern und trug dann hinter dem Rengel alle „Tacken“, d. h. Rohstahleisenstücke, die man verschmelzen wollte, ein und bedeckte sie mit Kohlen. Der ganze Einsatz betrug 1½ bis 2 Centner, je nach der Grösse des Herdes. Man setzte das Roheisen hinter dem Rengel, also im kälteren Teile des Herdes ein, damit es sich allmählich bis zur Schmelzhitze erwärme, indem beim Einsetzen in den heissen Teil des Herdes und raschem Erhitzen mehr Eisen verbrennen würde. Andererseits wurde das Einschmelzen dadurch beschleunigt, dass man das Rohstahleisen in kleinen Brocken aufgab. Grosse Stücke wurden zu leicht zu weit gefrischt, verloren zu viel Kohlenstoff und wurden dadurch unschmelzbar. Aus diesem Grunde warf man auch die dickeren Brocken unten hin, wo sie mehr von Kohlen bedeckt waren und rascher heiss wurden. Sobald die Brocken geschmolzen waren, zog man den Rengel heraus. Der gare Setztacken wurde durch das niederschmelzende Rohstahleisen wieder aufgelöst, kam in Fluss und vermengte sich mit diesem. Diese Vereinigung ging indessen nicht plötzlich, sondern allmählich vor sich, indem nicht alles Rohstahleisen auf einmal in Fluss geriet; und auch das, was wirklich schon ge- schmolzen war, wurde zum Teil von dem Winde nach den Seiten des Herdes getrieben, wo es sich ansetzte und fest wurde. Hiervon brach nun der Stahlschmied ein Stück nach dem andern auf und brachte es vor dem Winde zum Schmelzen. Die Schlacke oder „das Lech“, welches sich beim Aufbrechen und Rühren im Herd an den Rengel legte, war für den Stahlschmied das Kennzeichen des Fortschrittes Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. der Arbeit, und ob und wieviel Lech von der vorigen Arbeit er zu- setzen musste. Je heisser das Rohstahleisen geblasen war, je weniger Zusatz brauchte es, je frischer, also je ärmer an Kohlenstoff, je mehr. Der Lechzusatz hatte also den Zweck, das Garen zu verlangsamen, indem er das Eisen vor der unmittelbaren Einwirkung des Windes schützte. Der raschere oder langsamere Verlauf des Prozesses und danach der Zuschlag von Lech war auch davon abhängig, ob das Feuer selbst kalt oder warm lag. Ein kaltes Feuer verlangte mehr Fluss, ebenso auch nachdem ein neuer Herdstein gelegt war. War der Lech in dünnem Fluss, was der Stahlschmied am Ansatz am Rengel erkannte, so verstärkte er das Gebläse, „der Wind musste durchblasen“. Man liess die Bälge mehrere Minuten rasch wech- seln, wodurch auch das Eisen sich völlig verflüssigte, was man an dem Anlegen desselben, dem „Beschuhen des Rengels“, beobachten konnte. Dann liess man die Bälge wieder langsam gehen. Die Masse fuhr aber fort zu steigen und es liess sich ein wirkliches Aufkochen des Eisens im Herd bemerken. Nach dem Einschmelzen begann das Garmachen . Dies konnte ohne Zusatz nur durch den Wind geschehen, wurde aber beschleunigt durch den Zusatz von „Flisching“ und altem Schmiedeeisen. Die Menge dieser Zusätze richtete sich nach der Natur des Rohstahleisens. Auch hierfür war der Rengel der Massstab des Stahlschmieds. Je weniger Zusatz von Lech das Rohstahleisen erforderte, je mehr Flisching verlangte es beim Garen. Ging das Schmelzen zu heiss, d. h. floss das Rohstahleisen dünn, so half man durch Zusatz von altem Schmiedeeisen. Dem Schmied war es lieb, wenn er viel Zusatz geben konnte, weil er auf Gewicht arbeitete. Auch wenn das Roh- stahleisen unrein war und wegen des vielen Lechs keine Scheidung erfolgte, setzte er altes Eisen zu, indem er gleichzeitig einen Teil der Schlacken abstach. Sobald die Kennzeichen der Gare sich zu zeigen begannen, blies man langsamer und setzte kein Flisching mehr zu. Das wichtigste Kennzeichen war das Ansetzen von Eisenkörnern an den Rengel. Anfangs waren diese Körner von Erbsendicke, aber ganz vereinzelt, mit fortschreitender Gare wurden sie dünner und häufiger, bis zuletzt das gare Eisen einen gleichmässigen dünnen Überzug bildete. Quantz vergleicht diesen Teil des Prozesses treffend mit dem Buttermachen. Die anfangs getrennten Stahlkörner vereinigen sich allmählich im Herd zu einer Luppe oder dem „Schrey“. Die Arbeit ist beendet, wenn der Schrey sich zu einer harten Masse verdichtet hat. Der flüssige Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Lech hatte sich dann grossenteils unter denselben begeben. Ein guter Schrey hatte eine glatte Oberfläche. — Nun hing man das Gebläse ab und zog den Lech, der sich über dem Schrey befand, mit den Kohlen auf die Gichtplatte, um ihn bei der folgenden Schmelzung zu ver- wenden. Der Schrey wurde rings vom Herd losgelöst, aufgerichtet, mit Haken und Zangen herausgezogen, unter den Hammer gebracht und mit dem Setzeisen in 6 bis 8 Teile zerschroten, was man „das Hauen des Schreys“ nannte. Dies besorgten zwei Arbeiter, während der dritte den Herd reinigte. Die Schlacke, die unter dem Schrey sass, war mit Lehmbrocken vom Herd verunreinigt und wurde deshalb auf die Halde gefahren. Waren durch das Ausbrechen des Schreys und beim Reinigen Löcher im Herd entstanden, so wurden sie mit Lehm und Sandsteinbrocken verstopft. Das ganze Schmelzen eines Schreys dauerte sechs bis acht Stunden. Während des Schmelzens erfolgte in demselben Herd auch das Aus- heizen zum Ausschmieden der Stücke von dem vorigen Schrey. Da die untere Seite des Schreys härter war als die obere, so hatte auch jedes Stück eine harte und eine weichere Seite, worauf man beim Einlegen Rücksicht nehmen musste. Zunächst legte man das Stück so an, dass die weiche Seite nach unten kam. Nachdem es rot- bis weisswarm geworden war, wurde es vorsichtig mit langsamen Schlägen unter dem Hammer gedichtet. Man nannte dies „das Zusammenhalten des Stückes“, hierauf folgte in zwei Schweisshitzen das Breiten, wobei das Stück im Feuer gewendet wurde. Auf das Breiten folgte das „Ausschlagen“ und Ausrecken und auf dieses das Härten. Diese Operationen erforderten zahlreiche Hitzen und sorgfältiges, vor- sichtiges Schmieden. Der fertige Stahl war entweder Stangenstahl oder Fassstahl, letzterer wurde in Kernstahl und gemeinen Stahl sortiert. Im übrigen Deutschland war nur im Siegerland und in der Mark eine altangesessene, bedeutende Stahlindustrie. Die dort angewendete Methode haben wir früher bereits geschildert; Jars hat das Sieger- land nicht besucht und berichtet auch sonst nichts über Stahlfrischen in Deutschland. Von dem Siegerländer Stahl war der von Lohe bei Müsen am besten, besonders für Schneidwaren. Die Rohstahlfabrikation in der Grafschaft Mark stammte aus dem Nassau-Siegenschen, und zwar aus dem Amte Freudenberg, von wo sie in der Mitte des 17. Jahrhunderts eingeführt worden war. Ebendaher wurde das Rohmaterial, Siegerländisches Rohstahleisen, Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. welches aus ⅔ Stahlerz und ⅓ Brauneisenstein erblasen wurde, bezogen. Die alte Form des Rohstahlschmelzens in der Mark wurde deshalb als Freudenberger Schmiederei bezeichnet. Sie verlief wie das Siegensche Rohstahlschmelzen, und zwar gewöhnlich mit sechs Heizen vor dem Aufbrechen des Schreys. Ende des 17. Jahrhunderts wurde dieses ältere Verfahren durch ein etwas abgekürztes Verfahren, die sogenannte Schwalschmiederei, welche aus dem Bergischen eingeführt wurde, teilweise verdrängt. Man setzte hierbei nämlich meist von der dritten Heize an beim Garen altes Schmiedeeisen, „garen Schwal“, zu, wodurch das Garen beschleunigt und das Ausbringen vermehrt wurde; infolgedessen brauchte man nur fünf Heizen bis zum Auftreten des Schreys. Statt des garen Schwals bediente man sich auch der aus den alten Osmund- halten ausgeklaubten garen Schlacken und Eisenfrischbrocken, welche von armen Leuten gesammelt und verkauft wurden. Gute Schwal- schmiede verarbeiteten auf zwei Karren Stahlkuchen (Rohstahleisen) eine Karre Schwal und um so mehr, je besser der Stahlkuchen war. Von diesen drei Karren lieferten sie 14 Mesen oder 1960 Pfund Roh- stahl, während sonst die Freudenberger und Plettenberger, die eben- falls nach Freudenberger Art schmiedeten, 15 Mesen aus drei Karren ausbrachten. Der grössere Abbrand kam von der grösseren Ver- brennlichkeit des Schwals. Dennoch war die Schwalschmiederei durch den hohen Zusatz von altem Eisen ökonomisch sehr vorteilhaft. Die beiden Verfahren wichen auch in der Zustellung des Feuers vonein- ander ab, indem der Freudenberger Herd weiter und länger und die Form stechender war. Der Boden des Feuers bestand aus feuerbeständigem Sandstein, die Form war von Kupfer. Auf 1000 Pfd. Rohstahleisen fielen in der Regel 5 Mesen (zu 140 Pfund) Rohstahl. Das Bendorfer Stahleisen war gegen Ende des Jahrhunderts besonders beliebt, weil es sehr dünne Schlacke und guten Stahl gab. Der mittlere Kohlenverbrauch war 20 Tain auf eine Karre Roh- stahl. Der meiste Rohstahl, dessen Preis sehr schwankend war, wurde auf den märkischen Reckhämmern zu Reckstahl verarbeitet. Im allgemeinen trat damals die Stahlbereitung noch sehr gegen die Eisenbereitung zurück. Guten Stahl bezog man aus den genannten Gebieten, geringen machte man für den eigenen Bedarf oder für den beschränkten Nachbarortsverkehr in den Eisenfrischherden zeitweilig nebenher. Ähnlich lagen die Verhältnisse in Schweden : Trotz des vor- Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. trefflichen Materials, trotzdem alle Welt wusste, dass das meiste schwedische Eisen von den Engländern zur Stahlfabrikation benutzt wurde, spielte dieselbe in Schweden selbst keine Rolle. Geringen Stahl erhielt man von den Bauernschmieden, auch nebenher als „ Luppstahl “ in manchen Frischhütten, namentlich den Sulu- schmieden . Was man an Frischstahl erzeugte, deckte kaum den laufenden Bedarf. Das Frischverfahren, welches man anwendete, war ebenfalls von Deutschland überkommen, und war das in Norddeutsch- land, namentlich am Harz und in Westfalen gebräuchliche. Jars erwähnt nur die Frischstahlerzeugung zu Forssmark. Dort befand sich neben zwei Eisenfrischhütten auch eine Stahlfrischhütte. „Das zu dieser Arbeit nötige Roheisen“, sagt Jars , „ist mit demjenigen, aus welchem Schmiedeeisen verfertigt wird, nicht einerlei, sondern es ist schwarz.“ Dasselbe wurde aus denselben Erzen, aber bei geringe- rem Erzsatz erblasen. Dadurch erhielt man zwar weniger Roheisen, indem der Hochofen nur ungefähr 40 Schiffspfund (6400 kg) die Woche gab, aber dieser Verlust wurde ausgeglichen durch die Qualität des Roheisens und den Preis des Stahls. „Das zu dieser Arbeit bestimmte Roheisen wird in kleinen, unregelmässigen Stücken, die 5 bis 6 Zoll lang und mehr oder weniger breit sind, abgestochen und in diesem Zustande, welches ich sonst nirgends gesehen, auf einen Frischherd gesetzt, bis es rotglühend geworden, worauf es unter einen grossen Hammer kommt, um es etwas zu breiten und seine Zwischenräume zu verengern, und man behauptet, dass diese Arbeit notwendig sei und dem Stahlfrischen vorausgehen müsse. Da aber altes Roheisen spröde ist, so springt es, obgleich es einen Grad der Geschmeidigkeit hat, den man bei anderen Roheisen- sorten nicht findet, doch unter dem Hammer an vielen Stellen aus- einander. Man schreitet nun zum Stahlschmelzen. Der dazu bestimmte Herd weicht von den Frischherden etwas ab; er ist länger und schmäler, und die Form liegt niedriger. Der Gichtzacken hängt nicht über, sondern steht senkrecht. Die Form ist glatt und liegt mit dem Frischboden fast horizontal, obgleich der Wind mehr als bei dem Eisen stechen muss, welches durch den Formrüssel, der unterfeilt ist, erhalten wird. Auf dem Herde werden soviel Stücke Roheisen eingeschmolzen, als zu einer Luppe von 40 bis 50 kg gehören, zu deren Erzeugung drei bis vier Stunden Zeit gehören, und wobei von Zeit zu Zeit Schlacken, die von dieser Arbeit gefallen sind, zugesetzt werden. — Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Diese Luppe wird, wie auch sonst, unter dem Hammer gezängt, in verschiedene Stücke geteilt und diese zu Stäben ausgeschmiedet, wobei ein Abgang von zwei Drittel (?) an dem Roheisen erfolgen soll. Die Luppenstücke werden auf einem andern Herd mit englischen Kohlen ausgewärmt und unter einem kleinen Hammer ausgereckt; doch werden die Stahlkolben nicht so heiss wie die Eisenkolben aus- geschmiedet, und ist es üblich, dass man dieselben, so oft sie aus dem Feuer und ehe sie unter den Hammer kommen, vorher in klein gestossenen Thon stecke und sie damit überziehe. Die langen ausgereckten Stäbe werden jeder in 15 Stücke zer- schlagen, welche man in eine Zange fasst, zusammenschweisst und von neuem unter dem Hammer zu einem Stabe ausschmiedet, welcher Stahl sodann Kaufmannsware ist. Man rechnet, dass zu jedem Centner Stahl (zu 132 schwedischen Pfund) 2½ Sturz Holzkohlen und ⅛ Tonne Steinkohlen gehören.“ Diese Beschreibung stimmt mit der ausführlicheren Beschreibung des schwedischen Stahlfrischens von Sven Rinman (§ 262) überein und tragen wir aus dieser zur Ergänzung noch das Folgende nach. Man nahm am liebsten das graue Roheisen, welches zu Anfang der Hüttenreise fiel und goss es in 1 bis 2 Zoll dicke Platten, die, wie oben beschrieben, rotglühend unter einem Hammer zerkleinert wurden. Der Herd war ganz wie ein deutscher Frischherd, nur enger (17 bis 20 × 22 bis 24 Zoll) und nur halb so tief (13 bis 14 Zoll); die Länge vom Formmittel zum Aschenzacken betrug 8½ bis 9 Zoll. Er war aus drei Eisenzacken und eisernem Boden gebildet. — Der Frisch- prozess verlief wie folgt: Der gereinigte Herd wurde mit reinen Kohlen gefüllt, diese entzündet, die Bälge angelassen und dann zuerst etwa 1½ Schaufeln von Hammerstockschlacke aufgegeben. War diese niedergeschmolzen, so gab man eine halbe Schaufel (4 kg) von den zerschlagenen Roheisenstücken über Kohlen auf den Gichtzacken dem Gebläse gerade gegenüber und bedeckte sie mit Kohlen. Das Gebläse musste hierbei, wie überhaupt, so oft man neues Eisen aufgab, lang- sam wechseln. Alsdann wurde ein Schirbel von der vorigen Luppe (Schrey) über die Form gelegt, um dort die zum Ausrecken nötige Hitze zu erhalten. Währenddem schmolz das Roheisen nieder und legte sich mitten unter der Form als eine gefrischte Masse (Sule genannt) an. Das noch roh gebliebene Eisen, besonders beim Aschen- zacken, musste man vor den Wind zu bringen suchen, und wenn sich die Sule ganz angelegt hatte, wurde wieder eine Schaufel Roheisen oder noch etwas mehr, wie oben, nachgesetzt. Dieses Aufgeben wieder- Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. holte man jede Stunde etwa vier- bis fünfmal, oder richtiger: Der Frischer musste jedesmal von neuem Roheisen setzen, wenn das vorige ganz eingegangen und zu Stahl gefrischt war, bis der Schrey bis unter die Form gelangt war, und der Herd nicht mehr fassen konnte. Beim Schreymachen wurden die vier Schirbel von der vorigen Arbeit zu 1⅓ zölligen Quadratstäben ausgeschmiedet und dann an den Gärbe- stahlhammer geliefert. Erfahrung und Aufmerksamkeit waren für den guten Erfolg des Frischens unentbehrlich. „Die Geschicklichkeit des Stahlschmiedes bestand darin, das Roheisen zur Geschmeidigkeit oder zum Frischen zu bringen, ohne dass es zuviel von seinem überflüssigen Phlogiston verlor, oder dass es zu Stabeisen wurde, ohne aber auch zugleich roh zu bleiben.“ Ausser dem Feuerbau war es das Aufgeben von Eisen, Schlacken und Kieselstein, das Ablassen der Schlacke, das Verstärken und Schwächen des Gebläses u. s. w., was dies herbeiführte. Als Erkennungs- zeichen für den richtigen Gang dienten die Herdflamme, die Farbe des Eisens im Herd, die Farbe der Schlacke, das Anfühlen mit der Brechstange, wobei es hart und glatt anliegen musste. Weiche Stellen verbesserte man durch Aufgeben von Roheisen. Wenn nach fünf bis sieben Stunden alles zu einer Luppe eingeschmolzen war, so wurde aufgebrochen. Ein Meister und sein Gehilfe konnten in einem Tage höchstens zwei Schmelzen machen. Sie machten die Woche 7 bis 8, höchstens 9 Ctr. Stahl. Bei gutem Roheisen betrug der Abbrand nur 23 Prozent, wie bei dem Stabeisenfrischen; er stieg bei schlechtem Roheisen bis 32 Prozent. Jars ’ abweichende Angabe beruht deshalb wohl auf einem Irrtum. Das Gärben geschah, wie oben angegeben, mit Holzkohle. Dieses Verfahren, welches mit der Siegener Einmalschmelzerei Ähnlichkeit hatte, war das allgemein gebräuchliche in Schweden. Von geschichtlichem Interesse ist aber noch ein anderes Stahl- frischverfahren, obgleich es nur an einem Ort, zu Wedewäg im Linde- ner Bergrevier, in Übung war. Hier wurde nämlich noch mit Hand- bälgen in der einfachsten Weise Stahl gemacht. Der Stahlherd hatte zwei Feuer unter derselben Esse, so dass wechselweise in beiden geschmolzen oder gefrischt und gegärbt werden konnte. Die Bälge waren, wie gewöhnliche Schmiedebälge, nur 7 Fuss lang und wurden mit einer „Schwungrute“ betrieben. Zum Bodenstein wendete man hier einen Sandstein an, wie in Deutschland, der 14 Tage bis 3 Wochen aushielt. Der Herd zeigte in seinen Massen nichts besonderes, nur bildete er unter dem Formzacken die Gestalt eines Halbkreises, indem Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. die Ecken, welche der Schlacken- und Aschenzacken mit dem Form- zacken machen, ausgelegt waren. Die Tiefe des Feuers vom Boden bis an den Wind betrug nur 5 Zoll. Man verarbeitete halbiertes Roheisen aus Lindner und Storer Erzen. Dasselbe wurde in ziemlich grossen Brocken auf den Gichtzacken eingesetzt und niedergeschmolzen. Man gab 12 kg auf einmal ein, welche Menge in drei bis vier Stunden zu einer Stahlluppe von 8 kg eingeschmolzen war, die dann ausgebrochen und geschmiedet wurde. So fuhr man von zwei zu zwei Stunden fort, doch konnte man in acht bis neun Stunden nur etwa 32 kg Stahl machen, weil die übrige Zeit zum Abkühlen des Herdes erforderlich war. Der Frischer musste acht geben, dass das Eisen nicht zum Kochen kam. Rinman , der diesen Prozess beschrieben hat l. c. Bd. II, S. 543. , erstaunt sich, dass man mit so schwachem Gebläse soviel fertig bringe. Sicher- lich war es aber überhaupt nur dem schwachen Gebläse zuzuschreiben, dass auf diese Weise Stahl erzeugt werden konnte, indem bei stärkerem Gebläse unzweifelhaft ein Kochfrischen eintreten musste. Sven Rinman hat mit grossem Eifer Versuche über die Um- wandlung von Roheisen in Stahl durch blosses Glühen ange- stellt. Dass dies überhaupt möglich sei, hatte Reaumur nachgewiesen. Dieser legte aber ausschliesslich nur Wert darauf, Gusswaren durch solches Glühfrischen in weiches Eisen, sogenannten schmiedbaren Guss, zu verwandeln und erwähnte nur nebenher die Möglichkeit, auf diesem Wege auch Stahl zu erhalten. Rinman glaubte umgekehrt, dass sich dieses Verfahren vorteilhafter zur Stahlfabrikation als für schmied- baren Guss verwerten liesse. Er verfuhr bei seinen Versuchen ganz in derselben Weise wie Reaumur , indem er das Glühen in verklebten Tiegeln oder Thonkisten meistens im Stahlbrennofen, zuweilen auch in einem kleinen Windofen vornahm. Beim Glühen im offenen Feuer bedeckte sich das Roheisen an der Oberfläche mit einer Glühspanschicht, unter dieser folgte erst eine weiche, schmiedeeisenartige, dann eine harte stahlartige Lage und hierauf im Inneren unverändertes Roheisen. Bei zwölftägigem Glühen im geschlossenen Tiegel ohne Zusatz war die Glühspanbildung sehr gering, das Eisen sehr weich, aber nicht schmiedbar. Ebensowenig wurde Roheisen, welches in Kohlenstaub geglüht wurde, geschmeidig. Dagegen gaben die Versuche beim Glühen im verschlossenen Tiegel in einer Ausfüllung von Knochenasche, welche schon Reaumur besonders empfohlen hatte, günstige Resultate. Rinman stellte eine Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. grosse Anzahl von Versuchen an, aus denen sich ergab, „dass Roh- eisen, ohne zu schmelzen und ohne seine Gestalt zu ändern, bloss in einem gehörigen Hitzegrad mit Knochenasche, die eine absorbierende Wirkung äussert, wodurch die Verwandlung befördert und der Ab- brand vermindert wird, in Stahl und in geschmeidiges Eisen ver- wandelt werden kann“. Über die vielen Einzelheiten, welche sich bei den Versuchen ergaben, müssen wir auf Rinmans Bericht ver- weisen Rinman , Geschichte des Eisens, § 265. . — Weniger günstig waren die Resultate beim Glühen in gebranntem Kalk und Kreide. Von den vielen Substanzen, die Rinman ausserdem noch als Glühpulver verwendete, heben wir nur noch das Reissblei oder den Graphit hervor, den ebenfalls Reaumur schon empfohlen hatte. Kaltbrüchiges Roheisen in gut verschlossenem Tiegel, mit diesem geglüht, verwandelt sich in feinen und harten Stahl, der eine reine, blanke Oberfläche erhielt, ohne Blasen zu bekommen. Trotz dieser einzelnen Erfolge kam ein verwertbares Ergebnis bei diesem Glühfrischen nicht heraus, denn die Qualität des stahl- artigen Eisens liess in allen Fällen viel zu wünschen übrig. Rinmans Theorie der Stahlbildung war die Reaumurs che. Danach sind Roheisen, Stahl und Stabeisen Verbindungen von Eisen mit Phlogiston in verschiedener Abstufung; Roheisen enthält davon am meisten, Stabeisen am wenigsten. Der Frischprozess ist eine Ver- flüchtigung des Phlogistons des Roheisens, welche beim Eisenfrischen möglichst weit getrieben wird, während sie beim Stahlfrischen nur bis zu einem gewissen Grade statt hat. „In den Stahlherden sind der Feuerbau und die ganze Manipulation darauf hin gerichtet, dem Roheisen beim ersten Einschmelzen nur soviel Phlogiston zu entziehen, als nötig ist, um es hierbei geschmeidig zu machen, in welchem Zu- stand es Stahl heisst.“ Rinman machte auch Reaumurs Versuche über Cementation von Schmiedeeisen zu Stahl in den verschiedenen von diesem empfohle- nen Glühpulvern nach und bewies, was die Praxis schon von selbst gefunden hatte, dass der einfache Kohlenstaub, besonders von Birken- kohle, das beste und billigste Cementierpulver abgebe, und dass der von Reaumur empfohlene Zusatz von Salz nicht nur den Prozess verteure, sondern auch schlechteren Stahl erzeuge. Dagegen bewährte sich Reissblei für den Zweck sehr gut. Über die vielen Versuche selbst verweisen wir auf § 270 von Rinmans Geschichte des Eisens. Eisen- und Stahlveredelung. Eisen- und Stahlveredelung. Über die Fortschritte der Eisen - und Stahlveredelung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verdanken wir Sven Rinman einen vortrefflichen Bericht. Das Testament Polhems , der seinen Landsleuten die Eisen- und Stahlveredelung zum Nutzen des Vater- landes an das Herz gelegt hatte, fand in Rinman seinen eifrigsten Vollstrecker. Er widmete seine ganze Kraft bis zu seinem Ende der Aufgabe, die Industrie seines Landes zu heben, zu fördern und zu verbessern. Er folgte Polhem auch darin, dass er gerade auf die Veredelung besonderen Wert legte. In diesem Sinne ist sein vortreff- liches Buch: Anleitung zur Kenntnis der gröberen Eisen- und Stahl- veredelung und deren Verbesserung, welches 1772 erschien Anledning till Stål- och Jernsförädlingen och dess förbättring. 8°. Stock- holm 1772. Eine deutsche Übersetzung erschien in Wien 1790. , verfasst. Er beschreibt die gröberen Eisen- und Stahlveredelungsverfahren, wie sie in Schweden in Übung standen, und knüpft an jedes einzelne seine Verbesserungsvorschläge. Die Beschreibungen sind so klar und praktisch, wie sie nur jemand geben konnte, der mit dem Gegen- stande durch und durch vertraut war. Bei Rinman war dies in ungewöhnlichem Grade der Fall, denn er bekleidete bereits seit 1760 die von den Hammerwerksbesitzern eigens für ihn und für die Ver- besserung des Eisenhammerwesens geschaffene Stellung eines Direktors der Schwarz- und Grobschmieden. Das Buch ist also das Ergebnis seiner Berufsthätigkeit und schon dadurch von grösserer Zuverlässig- keit. Es ist auch der früheste ausführliche Bericht über diesen Gegen- stand. Aus diesen Gründen legen wir es unserer Betrachtung über die gröbere Eisen- und Stahlveredelung im allgemeinen zu grunde und fügen bei den einzelnen Abschnitten nur das hinzu, was wir aus anderen Berichten und von anderen Ländern noch Bemerkenswertes aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wissen. Unter der gröberen Eisen- und Stahlveredelung begreift Rinman die Fabrikation aller Zwischenprodukte zwischen Frischeisen und fertigem Gebrauchsgegenstand. Das ist also in erster Linie alles Materialeisen, welches in den Schwarzschmieden , im Gegensatz zur Frischschmiede, dargestellt wird. Rohmaterial war Frischeisen, ausnahmsweise in Schweden auch zuweilen noch Osmund, der aber nicht mehr direkt aus Erzen, sondern aus altem Eisen bereitet wurde. Eisen- und Stahlveredlung. Die Produkte waren zunächst Stabeisen oder Stangeneisen, die unter dem Stabhammer von etwa 300 kg Gewicht, sodann Zain- und Bandeisen, die unter dem Zain-, Reck- oder einem Gebund- hammer ausgeschmiedet wurden. In Deutschland war ein Stab- hammer meist nur 150 bis 250 kg schwer. Man schmiedete darauf Nagel-, Schienen-, Flach-, Tau-, Schar-, Gragen-, Stängel- und Senseneisen. Ausser diesen Stabeisensorten schmiedete man auf Bestellung Modelleisen. Man unterschied ferner in Schweden Façoneisen (Gitter- und Senkeisen), welches in mit Gesenken versehenen Ambossen und Hämmern geschmiedet wurde, wozu auch das geschmiedete Rundeisen gehörte. Bleche , und zwar Dach- und Salzpfannenplatten, Sturzblech und verzinntes Blech. Bandeisen , welches entweder geschmiedet oder gewalzt wurde. Schmiedeeisen, Nageleisen, Nägel und Draht . Zu den Produkten der gröberen Stahlveredlung rechnet Rinman nicht nur den Gärbstahl , sondern auch den Brennstahl und Gussstahl . Zur feineren Veredlung durch die Schwarzschmieden gehörte die Herstellung aller Gebrauchsartikel, die unter dem Hammer fertig gemacht werden, als Pflugscharen, Äxte, Schaufeln, Spaten, Hacken, Sensen, Sicheln, Sägeblätter, Gewehrläufe, Lafettenblech, Blechschläger- und Pfannenschmiedearbeiten, Dreifüsse, Kasserollen, Hufeisen, Be- schläge, Hämmer, Ambosse, Klammern, Anker, Ketten u. s. w. Der Stabhammer diente schon zum Dichten und Zängen der Luppe. Unter dem Stabhammer wurde alles Eisen vor- und die gröberen Sorten auch fertig geschmiedet, für die feineren hatte man Zainhämmer und für die weitere Veredlung Nagel-, Tief-, Planier-, Rohr-, Waffen-, Blankschmiede-, Sensen-, Schaufel-, Bandeisen-, Draht-, Gesenk-, Reck- und Stahlraffinierhämmer. Die Einteilung der vierkantigen Eisensorten geschah nach dem Querschnitt, sogenannten Schamplons (Schablonen). Rinman führt sechs Flacheisen- und sechs Vierkanteisensorten auf, welche unter dem Stabhammer hergestellt wurden, darunter Voyage-Eisen, als schwächstes Flacheisen, 1½ Zoll: ⅜ Zoll und 5 Ellen lang, welches ein Exporteisen war, das, um es auf Eseln gut transportieren zu können, so dünn und kurz sein musste, dass man es bequem zusammen- biegen konnte, und eigentliches Schamplon-Eisen, welches nach be- sonderen Querschnitten auf Bestellung angefertigt wurde. Nach der Güte unterschied man gutes und unartiges. Gutes Beck , Geschichte des Eisens. 28 Eisen- und Stahlveredlung. Eisen soll 1. äusserlich gleich, glatt und von schwarzgrauer Farbe sein; 2. keine Kantenrisse zeigen; 3. die Proben durch Brechen im Schraubstock, durch Werfen und durch starke Schläge nach der Probierordnung aushalten; 4. sich an den Kanten mit den Hohl- meisseln in langen Spänen, die sich kräuseln, ohne zu brechen, aus- hauen lassen; 5. guten Bruch und Sehne zeigen. Der Bruch war aber wieder sehr verschieden nach der grösseren Härte oder Weichheit des Eisens. In Bezug auf diese unterschied man: a) hart und dicht, b) hart und fest, c) hart und spröde, d) weich und zäh (langfadig) und e) weich und schrod (kurzfadig). Das unartige Eisen wurde eingeteilt in rotbrüchiges, kaltbrüchiges, rohes und verbranntes Eisen. Eine weitere Unterscheidung machte man nach dem Ursprungsort und auf diese legte man in Schweden grossen Wert. Da es Vorschrift war, dass jede Hütte und jeder Hammer besondere Nummer und Stempel auf ihr Eisen schlagen mussten und da jede Hütte ihren be- stimmten Erzbezug und jeder Hammer seinen regelmässigen Roheisen- bezug hatte, so war der Stempel schon ein erfahrungsmässiges Qualitätszeichen. Für einen schwedischen Materialhammer , der nur zum Aus- schmieden von Gärbeisen bestimmt war, hatte man zwei Heizfeuer. Ein solcher Hammer war nicht so schwer wie ein Frisch- oder Stab- hammer und wog nicht über 36 Liespfund (etwa 250 kg), hatte dafür aber einen rascheren Gang. Ausser zum Recken konnten diese Häm- mer zum Gärben und zum Schmieden von grober Ware, als Hämmer, Ambosse, Pflugeisen, grosse Sägeblätter, geschweisste Walzen u. s. w. benutzt werden. Grobe Blechplatten zu grossen Salzpfannen, Flamm- ofenthüren, Kachel- und anderen Öfen wurden auch öfter, namentlich auf den Frischhütten selbst unter solchen Hämmern ausgeschmiedet, während man in der Regel das Eisen nur auf dem Stabhammer verschmiedete und dann auf dem Platthammer breitete. Die für die Ausfuhr, besonders nach England, bestimmten Platten waren 10 bis 11 Zoll × 12½ bis 13 Zoll und knapp ¼ Zoll dick. Für Holland wurden drei Sorten geschmiedet, davon gehörten zu einer Pfanne: 1. Bodenplatten, 1 Elle 19 Zoll lang, 23 Zoll an einem Ende und 12 Zoll am andern Ende breit, jede ungefähr 3 Liespfund (25 kg) schwer, hiervon zu einer Pfanne gewöhnlich 26 Stück; 2. 200 Stück Bodenstücke, jedes 2½ Liespfund (20 kg) schwer, 1 Elle 3½ Zoll lang und 22 Zoll breit; 3. 30 Stück Seitenplatten, jede auf 2 Liespfund (16 bis 18 kg) schwer, 1 Elle 16 Zoll lang und 16 Zoll breit. Eisen- und Stahlveredlung. Auf der Hammerhütte zu Reichenhall wurden die Salzpfannen- bleche auf 20 × 24 Zoll, in Tirol 23½ Zoll Quadrat (21 kg), im steirischen Salzkammergut nur 20 × 10½ Zoll und 3 Linien dick (5 kg) geschmiedet. In England wurden die Salzpfannenbleche gewalzt, doch waren die geschmiedeten Platten dichter und besser. Dachplatten war die grobe Schwarzblechsorte, welche in Schweden viel geschmiedet wurde. Hierzu wurde oft noch „gewählter Osmund“, seiner Weichheit und Zähigkeit wegen, genommen. Ver- wendete man Frischeisen, so nahm man nur die Mittelstücke der Frischen. Das Materialeisen wurde „nach gutem Augenmass und alter Gewohnheit“ so abgehauen, dass aus jedem Stück eine grosse und zwei gewöhnliche Platten mit so wenig Spänen und Abschnitzeln als möglich fielen. Für gewöhnliche Dachplatten, deren höchstens 80 ein Schiffspfund ausmachten, eine also 2 kg wog, mussten die Materialstücke nicht grösser sein, als dass 30 oder 28 Stück ein Schiffspfund betrugen. Der Abfall vom Schmieden sollte nicht über ¼ des Ganzen betragen, war aber oft mehr als ⅓ des Gewichtes der unbeschnittenen Platten. Die Sorten waren: 1. Ordinäre Dachplatten, 2 Fuss lang, 18 Zoll breit, von denen 75 bis 80 ein Schiffspfund machten. 2. Extraordinäre Platten, die einen Zoll weniger lang und breit waren und wovon 90 bis 95 auf ein Schiffspfund gingen. 3. Schindelplatten von verschiedener Grösse, meist 28 × 22 Zoll, 30 auf ein Schiffspfund. 4. Extrafeine Dachplatten, so gross wie 1., aber so dünn, dass 90 bis 100 auf ein Schiffspfund gingen. 5. Plattenschläger oder norwegische Platten, wie 1. oder 3., aber so dick, dass 40 bis 45 ein Schiffspfund wogen. Zur grösseren Haltbarkeit auf den Dächern empfiehlt Rinman , sie heiss mit einem Firnis zu bestreichen, was dem üblichen Anstrich auf dem Dache mit Leinöl und Kienruss vorzuziehen sei. Die Dach- bedeckung mit Eisenblech muss damals in Schweden ziemlich viel im Gebrauch gewesen sein. Unter dem, was für eine gute Blechschmiede erforderlich ist, empfielt Rinman besonders einen Wärmofen und eine Wasserschere, entweder nach Polhelms oder nach seinem Modell, endlich ein kleines Walzwerk zum Auswalzen der geschmiedeten Bleche. Hierzu bemerkt er: „Dachplatten können auch wohl mit 28* Eisen- und Stahlveredlung. Walzwerken allein, ohne alles Schmieden bereitet werden, aber da ausser einem sehr weichen walzbaren Eisen auch eine grosse, kostbare, sehr stark gebaute, mit reichlichem Wasser versehene Betriebs- einrichtung, nebst einem sehr thätigen, achtsamen Meister erfordert wird, so dürften sie bei uns kaum eingeführt werden.“ Für verzinnte Bleche , die viel dünner waren, bedurfte man noch eines weicheren und zäheren Eisens und nahm dazu nur solches, welches dreimal im Herd niedergeschmolzen (zweimal aufgebrochen) war. Wurden die Bleche geschmiedet, so nahm man ein Material- eisen von 2 Zoll Dicke und ¾ Zoll Breite; wurden sie gewalzt, von 6 Zoll Breite und ⅝ Zoll Dicke. Blechwalzwerke gab es zu Fagerwiek in Nyland, bei Skieskatle- berg in Westmannland und zu Johannisfors in Upland. Die gangbarste Sorte Weissblech war 13 auf 10 Zoll. In Schweden waren am gebräuchlichsten: 1. Ganzes Kreuzblech, die beste, gleichste und dickste Sorte, von welcher 1 Fass zu 450 Blättern 1 Schiffspfund Stapelgewicht (160 kg) wog; sie wurden mit  bezeichnet. 2. Halbes Kreuz, ½ , etwas dünner, 150 kg das Fass. Hierauf weiter abnehmend: 3. Senkler, 4. Forder- (140 kg) und 5. Netzelblech (130 kg), 6. Verzinnter Ausschuss, 7. Schwarzer Ausschuss und 8. Unsortiertes verzinntes Blech. Auf deutschen Blechhämmern wurden noch weiter Doppelkreuz- oder Kronenblech I. P., Extrakreuz W X. Wf., ☉ Fr. u. s. w. sortiert. In England sortierte man gewöhnlich nur einfaches, in Kisten zu 225 Blechen zu 140 engl. Pfund Gewicht und Doppelblech zu 100 Blätter in der Kiste von demselben Gewicht. Diese zeichneten sich durch ausserordentliche Gleichmässigkeit aus, was seinen Grund darin hatte, dass das Blech gewalzt war. Auch waren sie besser verzinnt und beschnitten. In der Länge übertrafen sie die schwedischen; ihr Mass war 14 Zoll Länge und 10 Zoll Breite. In England galt es als eine Regel, dass so viel Gewicht, als durch das Beizen verloren ging, durch das Verzinnen wieder ersetzt wurde, was eine sehr feine Verzinnung voraussetzt. Während die Stab- und Materialhämmer Aufwerfhämmer waren, so waren die Zain- oder Gebundhämmer, auch Knopper- oder Eisen- und Stahlveredlung. Kneiphämmer (Knipphamare) genannt, meist Schwanzhämmer . Dieselben waren nicht über 15 Liespfund (etwa 120 kg) schwer und verschieden in der Konstruktion des Hammergerüstes. Fester Bau und rascher Gang waren Haupterfordernisse. Letzterer wurde durch den Umlauf des Wasserrades und die Zahl der Hebedaumen bedingt. Die Daumen waren nicht in die Welle eingezapft, sondern auf einem zweiteiligen gusseisernen Kranz, welcher mit viereckigen Löchern zum Einsetzen der Stahlzähne versehen war, mit hölzernen Keilen auf- gekeilt. Die Zähne gleich an den Kranz anzugiessen, hatte sich deshalb nicht bewährt, weil man die Zähne nicht auswechseln konnte; wenn also einer fehlerhaft geworden war, gleich der ganze Ring unbrauchbar wurde. Jeder Zainhammer, der schwerer als 7 Liespfund (56 kg) war, musste seine eigene Radwelle und sein eigenes Gestell haben, während man von leichteren Hämmern wohl zwei mit einer Welle treiben konnte, wobei man die beiden Hammergerüste zu einem verbinden konnte. Das Rad eines gewöhnlichen Hammers lief 15 mal in der Minute um, und da der Zahnkranz zwölf Zähne hatte, so machte der Hammer 180 Schläge in der Minute. Es war allgemeine Regel, dass man durch den schnellen starken Gang des leichteren Hammers dieselbe Wirkung hervorzubringen suchte, der sonst mit einem schwereren Hammer bei langsamem Umtrieb hervorgebracht werden konnte Siehe Rinman , l. c. S. 139. . Durch häufige und leichte Hammerschläge wird das Eisen oder Stahl immer dichter und fester und die Schmiedearbeit reiner und schöner, als unter einem schweren Hammer, dessen Schlag häufig Undichtigkeiten und Risse hervor- bringt. Es ist deshalb sehr wichtig, dass die Schwere des Hammers der auszuführenden Arbeit angemessen sei. Doch lassen sich darüber nur ganz allgemeine Regeln geben. Für gemeines Bolzen- und Gebundeisen, Brennstahl von ½ Zoll Quadrat waren Hämmer von 13 bis 15 Liespfund (104 bis 120 kg) am besten, für Gärbstahl durfte er nicht schwerer als 10 Liespfund (80 kg) sein, weil der Stahl bei schweren, langsamen Schlägen nicht so gut geschweisst werden kann, als bei schnellerem und leichterem Hammergange. Zum Schmieden von Sicheln, Sägeblättern, Klingen und ähnlicher Ware sollte der Hammer nicht schwerer als 7 bis 8 Liespfund (etwa 60 kg) sein, wenn er nur ein starkes Getriebe hatte. Ausser dem Bau des Hammers war eine weitere Hauptsache, dass die Hammerbahn gut verstählt und glatt geschliffen war, wodurch die Eisen- und Stahlveredlung. Arbeit ein schöneres Ansehen erhielt; und damit der Amboss gut unter dem Hammer stand, war es nötig, ihn mit Keilen in einer grossen Ambossschale (Chabotte — städ skål) von Gusseisen zu befestigen. Gut gegossene, gehärtete Ambosse galten als die besten. In Deutschland befand sich der Zain - (Zähn-, Zehnt-) hammer entweder in oder an der Stabhammerhütte, oder er stand zuweilen in einem besonderen Gebäude bei der Hütte oder, was aber unwirt- schaftlich war, von derselben entfernt. Bei einer gemeinen Zain- schmiede wurde meist Krauseisen zu Nagel- und Kleinschmiedearbeit gemacht. Kraus- oder Knoppereisen hiess dasselbe, weil es Knöpfe und Einkerbungen hatte. Man nahm zu demselben gern fehler- haftes Stabeisen, welches auf diese Art verwertet wurde. Das auf dem Stabhammer angefertigte Prügel- oder Zainbengeleisen wurde dem Zainschmied zugeworfen, der daraus ein gewisses Gewicht Kraus- eisen zu schmieden hatte. Dies geschah nach dem Ausglühen unter einem ½ bis 1 Centner schweren Zainhammer, und zwar führte der Schmied den Stab der Quere nach und rückte ihn nach jedem Schlage voran, wodurch er die Kerben und Beulen bekommt. Die Stäbe werden rund oder kantig geschmiedet, meist 8 bis 10 Fuss lang. Der Abgang betrug am Harz 3 bis 4 Prozent. In einer wohl eingerichteten Zain- schmiede machte man auch Drahteisen, Platinen- und Modelleisen. Ursprünglich, und so lange man nur Holzkohlen als Brennmaterial in den Reckherden verwendete, waren die Zainhämmer mit den Frisch- hämmern verbunden. Nachdem man aber gelernt hatte, das Eisen in den Reckherden mit Steinkohlen auszuheizen, wurden die Reck- schmieden unabhängig von den Frischhütten und siedelten sich in dem Steinkohlengebiet selbst an. Dies war in Deutschland besonders in der Grafschaft Mark der Fall. Die Steinkohlen erforderten ein schärferes Gebläse, gaben dann aber auch eine rasche und heftige Hitze. Es war aber eine Kunst, das Reckfeuer richtig zu führen, weil das Eisen in der Weissglut die Steinkohlen nicht berühren durfte. Man nahm deshalb fette Kohlen, welche, mit Wasser angefeuchtet, im Feuer zusammenbackten und ein Gewölbe bildeten, dessen innerer Raum ausbrannte, während die Umhüllung die Hitze in dem Gewölbe zusammenhielt. In dieses glühende Gewölbe wurden die Eisenstücke so nebeneinander gelegt, dass der Wind darunter herstrich, ohne sie abzukühlen und das Eisen glühend wurde, ohne von den Kohlen unmittelbar berührt zu werden. Die Beobachtung des Feuers besorgte der Schmiedeknecht, während der Meister, auf seinem Hängestuhl sitzend, unter dem Hammer arbeitete. Bei dem Ausrecken des Stab- Eisen- und Stahlveredlung. eisens in Bandeisen machte der Hammer zehn Schläge in der Sekunde. Für jede Rundeisensorte hatte man besondere Gesenke für Hammer und Amboss, die eingeschoben und verkeilt wurden. Alles geschmiedete Eisen wurde, um es gerade zu machen, von einem dritten Arbeiter auf dem Richtamboss mit der Hand gerichtet. Von grobem Band konnte man in einem Feuer 2000 kg in der Woche zu 1750 kg aus- schmieden. Ein gut gehender Hammer verschmiedete 60000 kg im Jahre. Die Kosten beliefen sich auf 12000 Mark, der Gewinn auf 10 Prozent, also 1200 Mark. In Schweden wurde das Gebundeisen entweder direkt aus den Stäben, wie sie vom Stabhammer kamen, ausgeschmiedet oder diese wurden nach Polhems Erfindung erst mit einer starken Schere in schmale Ruten geschnitten und diese unter dem Zainhammer geglättet. — Man schmiedete Vierkant- und Flacheisen. Ersteres gewöhnlich ½ Zoll im Quadrat und 8 Ellen lang, letzteres 1 bis 1¼ Zoll breit, ¼ bis 1/16 Zoll dick und 7 Ellen lang; aber auch dicker oder dünner in den Grenzen, wie es einerseits sich nicht mehr gut unter dem Stabhammer schmieden liess, anderseits man seine Kanten noch abrunden konnte. Bei einigermassen gutem Gange schmiedeten zwei Schmiede von den gebräuchlichen Sorten im Jahre ungefähr 200 Schiffspfund (32000 kg); von dem unter der Polhems chen Schere geschnittenen Eisen, welches unter dem Zainhammer nur geglättet wurde, dagegen 600 Schiffspfund (96000 kg). Letztere Sorte ging viel nach Deutschland in Gebunden von 80 kg. In Schweden wurde es zu Nageleisen und Kleinschmiedearbeiten verwendet. Das Bolzeneisen , welches namentlich beim Schiffsbau verwendet wurde, war achtkantig, sechskantig und rund. Das achtkantige war das gemeinste und wurde in sieben Nummern von ⅝ bis 1⅜ Zoll im Durchmesser geliefert, von welchen die feineren Nummern 1 bis 4 nur unter dem Zainhammer geschmiedet werden konnten. Es gehörte ein gutes Stangeneisen dazu, um gerade, scharfe Kanten zu bekommen. Das runde Bolzeneisen wurde entweder auf dem Glätteamboss oder in der Senke geschmiedet, wovon die eine halbe Rundung im Amboss, die andere im Hammer sass, wodurch dasselbe sehr gleich- mässig, glatt und schön wurde. Sechskanteisen wurde so gemacht, dass man die Stäbe erst schief vierkantig schmiedete und alsdann die spitzen Ecken niederschlug. Bandeisen von solcher Breite und Dünne, dass es nicht mehr unter dem Hammer quer gekantet werden konnte, sondern nur nach Breite und Länge ausgereckt wurde, diente zu Fassreifen und Fastage Eisen- und Stahlveredlung. und wurde diese Art Bandeisen vorzugsweise in Holland und Deutsch- land gesucht, weil es zäher und fester war als das gewalzte Bandeisen. Sorten waren: 1. Lagerbänder, 5½ bis 6 Ellen lang, 1½ Zoll breit, 8 Skål- pfund jedes Stück. 2. Halbe Lagerbänder, 3½ bis 3¾ Ellen lang, 1⅛ Zoll breit, 5 Skålpfund jedes Stück. 3. Kistenbänder, 4 bis 4¾ Ellen lang, ⅞ Zoll breit, 2 Skål- pfund jedes Stück. 4. Mundpfeifen, 5 bis 5½ Ellen lang, ⅞ Zoll breit, 2½ Skål- pfund jedes Stück. 5. Spanische Mundpfeifen, 4 bis 4½ Ellen lang, 1 Zoll breit, 3½ Skålpfund jedes Stück. Ferner wurden unter den Zain- oder Gebundhämmern viele Sorten Materialeisen und Stahl vorgeschmiedet, besonders für Drahtziehereien, Sägeblätter, Sicheln, Sensen, Klingen, Hespen, Hufeisen, Äxte, Schaufeln, Spaten, allerhand Ackergerät u. s. w., welches dann teils mit der Hand, teils mit Maschinen weiter verarbeitet wurde. Dies besorgte in der Regel der betreffende Schmied selbst. Rinman empfiehlt aber dieses Verschmieden des Materialeisens zu einer selbständigen Arbeit zu machen, wie dies bei den besseren Einrichtungen im Auslande geschehe. Hierfür ist nötig: 1. dass die eisernen Modelle tadellos sind und muss das Gewicht derselben bis auf das Lot bemerkt werden; 2. dass an Material nicht mehr Eisen genommen wird als nach dem vor- bestimmten Gewicht und Mass erforderlich ist, welches Augenmass und Übung des Meisters beurteilen muss; 3. dass die Arbeit unter dem Zainhammer so sauber und so weit fertig wie möglich geschmiedet wird, und dass dafür 4. Hammer und Amboss in Form und Schwere genau dem Artikel angemessen sein müssen; 5. dass alle erforderlichen Hilfswerkzeuge vorhanden sind. Ehe wir auf die feinere Formgebung eingehen, wollen wir kurz die Rohstahl-, Gärbstahl- und Brennstahlschmieden betrachten, in welchen man dieselbe Art von Zainhämmern verwendete. Der Rohstahl, wie er vom Stahlfeuer kam, war für die meisten Zwecke noch nicht zu gebrauchen, und musste erst durch Umschmieden oder durch Gärben in ein brauchbares Material verwandelt werden. Das Umschmieden des Rohstahls erfolgte in Westdeutschland besonders in der Grafschaft Mark und dem Herzogtum Berg in den Reckhämmern. Man unterschied: 1. die Bördenstahlhämmer, welche den sogenannten Bördenstahl machten, woraus zu Altena der Stahl- Eisen- und Stahlveredlung. draht verfertigt wurde. 2. Stahlhämmer für den auswärtigen Handel, welche vielerlei Stahlgattungen und Dimensionen, wie es der Handel mit dem Auslande verlangte, lieferten. Auf diese wurden Zeichen geschlagen, und zwar für bestimmte Länder auch bestimmte Zeichen, so z. B. zwei S mit + darüber und = darunter auf den vierkantigen Stahl, der unter dem Namen Acier d’Hongrie nach Brabant und Frankreich ging. Name und Zeichen waren Nachahmungen, bezw. Fälschungen des steierischen und kärntnerischen Stahls. Sonst waren die gewöhnlichsten Zeichen für Frankreich Hirschkopf und Einhorn Weitere Angaben über märkische und bergische Stahlzeichen werden in der Geschichte des Eisens der einzelnen Länder folgen. . 3. Stahlhämmer für den inländischen Gebrauch, die besonders Sensen-, Sägen-, Feilen-, Klingen-, Messer-, Federstahl u. s. w. verfertigten. Eine besonders gute Sorte Messerstahl hiess Krampstahl. Er ging meist nach England unter dem Namen Butcher-Steel und wurde hauptsächlich für Tisch- und Schlachtmesser gebraucht. Es war ein sorgfältig bereiteter Gärbstahl. Das Gärben geschah entweder im Stahlfeuer selbst oder in besonderen Gärbstahlherden von besonderen Schmieden. Letzteres war besser, auch schon deshalb, weil das Gärben rascher ging als das Stahlmachen, so dass, was in 18 Stunden an Stahl gefrischt wurde, in 10 Stunden gegärbt werden konnte. Deshalb kann ein Gärbherd mit drei Arbeitern zwei Schmelzherde bedienen. Die oben unter 2. und 3. angeführten märkischen Stahlhämmer waren Gärbstahlhämmer. Ebenso wie der Rohstahl wurde der Cementstahl teils blos aus- geschmiedet, teils gegärbt. Durch das Ausschmieden erhielt der Cementstahl erst sein Korn. Die gewöhnliche Sorte von ½ bis ⅝ Zoll Quadrat hiess in Schweden Bunkstahl. Davon konnte ein Meister mit seinem Gesellen den Tag 5 bis 6 Centner fertig machen. Für diese grobe Sorte musste der Hammer 13 bis 14 Liespfund (etwa 110 kg) schwer sein; für feinere Sorten aber musste man einen um die Hälfte leichteren Hammer haben, wenn der Stahl nicht Risse und Borsten erhalten sollte. Da zum Ausschmieden des Cementstahls Weissglut- hitze genügt, so empfiehlt Rinman dasselbe in einem Flammofen (Glüh- ofen) vorzunehmen; vielleicht in Verbindung mit einem Blechhammer. Nägel , so weit sie nicht aus der Faust geschmiedet wurden, schmiedete man unter kleinen Wasserhämmern, welche den Zain- hämmern entsprachen. Letzteres war in Schweden das gangbarste Verfahren und hatte den Vorteil grösserer Produktion und besserer Eisen- und Stahlveredlung. Ausnutzung der Arbeitskraft, da die Arbeit für den Schmied leichter war; auch konnte man gröberes Materialeisen verwenden und die Nägel wurden gleichmässiger und glätter wie bei den Handschmieden. Besonders war das Schmieden unter dem Wasserhammer für grobe Sorten, wie namentlich für Eck- und Schiffsnägel von 5 bis 13 Zoll Länge geeignet, doch wurden auch noch zweizöllige spitze Lattennägel so geschmiedet. Die Handschmiederei hatte folgende Vorteile: es konnten mehrere Schmiede an einem Herd arbeiten, die Anlagekosten waren gering und brauchte kein Wasserzins gezahlt zu werden, sie konnte von den Bauern als Hausindustrie nebenher betrieben werden, wodurch die Kosten für Löhne fortfielen. Bei den Nagelhämmern war es von Vorteil, mehrere an einer Radwelle anzulegen, und zwar so viele als die Wasserkraft und die Festigkeit des Gebäudes es erlaubten. Vier Hämmer, an denen drei Schmiede mit einem Herd arbeiteten, wie dies zu Billingsforss in Wärmeland und an anderen Orten eingerichtet war, hält Rinman für am besten. Er empfiehlt das schwere hölzerne Hammergerüst durch eines von Gusseisen ersetzt, welches dauerhafter und bequemer wäre. Die schweren Nagelhämmer sollten 12 bis 16 kg, die leichten nur 8 kg wiegen. Ganz grosse Nägel von 8 bis 18 Zoll wurden unter Hämmern von 60 kg Gewicht geschlagen, ein solcher Hammer musste aber schon seine besondere Welle haben. Die Nagelhämmer mussten bei mittlerer Geschwindigkeit 300 Schläge in der Minute machen. Danach und nach der Umlaufzeit des Rades richtete sich die Zahl der Zähne am Wellkranz. Dass Hammer und Amboss wohl verstählt und glatt sein mussten, ist selbstverständlich. Man richtete die Nagelhämmer mit Reitel- oder mit Prellhammer ein. Waren mehrere Hämmer mit einer Welle verbunden, so mussten die Kammen in solcher Ordnung ein- gesetzt werden, dass die Hämmer nicht zugleich, sondern nacheinander gehoben wurden, wie Pochstempel. Das Verhältnis zwischen Helm- länge und Schwanzlänge richtete sich nach dem Gewicht des Hammers. Bei Nagelhämmern mit Prellhämmern, bei denen der Durchmesser des Wellrings 3¼ bis 3½ Fuss betrug und 16 bis 18 Kammen hatte, wählte man folgende Längen: Für viele Nagelsorten, bei denen es mehr auf den billigen Preis, als auf Güte ankam, konnte man kaltbrüchiges Eisen verwenden. Eisen- und Stahlveredlung. Rotbrüchiges Eisen war aber dafür unbrauchbar. Um das Nagel- eisen herzustellen, wurde es entweder auf Zainhämmern ausgereckt, was am teuersten war, oder aus Flachstäben mit der Polhems chen Schere dreimal der Länge nach geschnitten, oder in einem Eisen- schneidewerk, wo es gewalzt und zwischen Scheibenmessern zerteilt wurde, angefertigt. Wo die Anlage einer solchen Eisenspalterei zu teuer erschien, genügte es, bloss Schneidewalzen anzulegen und vor- geschmiedete Flachstäbe darin zu spalten. Die Menge der im Handel vorkommenden Nagelsorten war sehr gross. Die wichtigsten schwedischen Sorten waren: 1. Eichnägel (Ekspik), quadratisch, dick. 2. Brettnägel (Furnspik), dreieckig, platt. 3. Boot- nägel (Båtspik), viereckig, noch platter. Diese Sorten wurden nach Längen in Zollen bestellt. Die folgenden Sorten hatten gebräuchliche Längen: 4. Einbrett, waren Brettnägel von 3¼ Zoll Länge. 5. Zwei- brett, von 4½ Zoll Länge. 6. Einfache Lattennägel, waren Bootnägel von 3 Zoll Länge. 7. Doppelte Lattennägel, von 4 Zoll Länge und 8. Herrennägel, von 5 Zoll Länge. Diese Nägel wurden auch nach Norwegen und Deutschland ausgeführt. Ein Übelstand der schwedischen Nägel war das schwankende Gewicht, deshalb wurde durch eine königliche Verordnung von 1683 für die Nagelschmiede die Gewichte der 1- bis 12zölligen Nägel von 1000 Stück vorgeschrieben. Die Bestimmungen dieser Verordnung wurden aber zu Rinmans Zeit nur noch wenig befolgt, weshalb er selbst neue Gewichtstabellen in Vorschlag brachte. In den übrigen Ländern wurden die Nägel meistens mit der Hand aus Schmiedeeisen geschmiedet. Ausser Schweden und Norwegen lieferten Russland, Holland, England und Deutschland, besonders Steiermark, Kärnten und Krain die meisten Nägel. Krain allein sandte jährlich an 10000 Ctr. Nägel in alle Gegenden der österreichischen Monarchie, sowie auch über Graz nach Kroatien, Italien, Türkei u. s. w. Kärnten lieferte verschiedene Sorten in grosser Menge, welche über Triest nach Italien, Spanien, Portugal, sogar nach Indien gingen. In St. Veith war die Hauptniederlage von Kärntner Nägeln, welche nach Italien ausgeführt wurden, von wo aus sie weiter verführt wurden. Für diejenigen Sorten, welche nach Böhmen, Mähren und Österreich gehen sollten, befand sich zu Wien eine Hauptniederlage und in verschiedenen Städten der Monarchie Nebenniederlagen. In Frankreich blüte die Nagelindustrie besonders zu Charleville, in der Champagne, welche nach allen Gegenden Frankreichs Nägel Eisen- und Stahlveredlung. vertrieb, zu St. Dizier, zu Valenciennes u. s. w. Namentlich wurden viele kleine Nägel dort gemacht, welche nach Körben, Sommes, zu 12000 Stück gehandelt wurden. Im Detailhandel kaufte man sie pfundweise, mit Ausnahme der Zwecken-, Schiefer- und Lattennägel. Alle Nägel, von denen das Tausend 4 Unzen bis 2 Pfund wogen, wurden Broquettes genannt. Sie wogen ¼ ½, ¾, 1, 1¼, 1½, 1¾ und 2 Pfund. Die kleinsten Broquettes brauchten die Tapezierer, Sattler und Stellmacher zum Beschlagen feiner Arbeiten. Die von 5/4 bis 7/4 Pfund waren für jedermanns Gebrauch. Die zweipfündigen gebrauchten die Tapezierer und Schlosser. Dachdecker- und Maurernägel hatten glatte Köpfe und hiessen auch Mundnägel, weil sie die Arbeiter vor dem Einschlagen mit den Lippen festzuhalten pflegten. Man unterschied Schiefernägel (clous à ardoises) und Lattennägel (clous à lattes), von den ersteren wog das Tausend 2, 2½ oder 3 Pfund, von den letzteren 4 und 4½ Pfund. Diese waren länger, weil man sie zum Aufnageln von Latten auf Holz verwendete. Schindelnägel (clous à bardeaux — engl. clasp nails) dienten für Sattler, Schlosser, Tischler, Täschner, Stellmacher u. s. w. Sie hatten runde Köpfe und wurden auch nach Sommes verkauft. Fussbodennägel hatten lange Köpfe, um gut in das Holz zu fahren und nicht hervorzustehen. Sie wogen 10, 15, 20, 28 oder 35 Pfund das Tausend und wurden nur von den Schreinern gebraucht. Hakennägel, davon wurden die leichteren nach dem Gewicht von 1000 Stück in 6-, 8- und 10pfündige unterschieden, die schwereren wurden nach dem Hundert verkauft (clous à crochet au cent); noch schwerere hiessen clous de cinquante, und wogen 1000 Stück über 50 Pfund. Zu den letzteren gehörten die mit platten Haken, welche man Taubenschlagnägel nannte. Schlossernägel und gemeine Nägel, welche nach dem Gewicht gehandelt wurden, waren ebenso lang, aber schwerer als die von derselben Qualität, welche man leichte Nägel nannte. Die gemeinen von dieser Gattung waren doppelt so schwer, die Schlossernägel noch schwerer. Schlossnägel hatten spitze Köpfe, „wie ein geschliffener Diamant“. Von Schuhnägeln und Zwecken (clous à trois têtes) gab es viele Sorten, welche teils nach Sommes, teils nach der Zahl verkauft wurden. Die ersteren hatten 2, 2½, 3, 3½ bis 4 Pfund pro Tausend im Gewicht. Die ersten zwei Sorten rechnete man unter die leichten, die übrigen unter die schweren Nägel. Die zählbaren unterschied man noch in zweiköpfige Schuhnägel und in solche mit spitzen Köpfen. — Von den Nägeln ohne Köpfe unterschied man leichte und Eisen- und Stahlveredlung. schwere. Die ersteren von 3 und 3½ Pfund wurden nach Sommes (à 12000 Stück), die von 4 und 5 Pfund das Tausend nach Hundert verkauft. Die Blasebalgnägel hatten besonders breite Köpfe; die Nietnägel (clous à river) keine Spitzen. Zweispitzige Nägel mit ganz breiten Köpfen von einem Zoll Durchmesser dienten zum Beschlagen der Wagenthüren. Die Hufnägel hatten erhabene Köpfe, welche auf beiden Seiten flach waren, damit sie in den Falz des Hufeisens passten. Man unterschied französische, englische und deutsche. Die französischen Hufnägel wurden fast alle in der Normandie, in der Gegend von Breteuil verfertigt und wogen das Tausend 14, 16, 18, 20, 22 und 24 Pfund. Auch zu Tinchebray, unweit Falaise, befand sich eine Fabrik für Hufnägel. Vormals bezog Paris und der grösste Teil von Frankreich die Hufnägel aus dem Limousin. Schienennägel (clous à bande ou à tête rabadue) wurden in Frankreich nur in der Champagne und St. Dizier in Menge verfertigt. Sie dienen besonders zum Anschlagen der eisernen Bänder und der Radschienen. Sie wurden nach Tausenden gehandelt. Die kleinsten wogen 7 Pfund, die schwereren 8, 9, 10, 11 und 12 Pfund. Wenn sie noch schwerer waren, wurden sie nach dem Gewicht verkauft und hiessen clous à poids. Nur in Charleville wurden alle Arten von Nägel gemacht. Zu Tinchebray in der Normandie wurden nur fünf Sorten Kleinnägel oder Zwecken gemacht, nämlich ¼-, ¾-, 1-, 1½ pfündige. Sie wurden in Säcken oder Beutel zu 60 Pfund oder 10000 Stück gehandelt. Die feinen Nägel der Champagne waren aber besser als die der Normandie. Vorzügliche kleine Nägel wurden um Troyes geschmiedet und die von St. Dizier waren auch gut. Die besten Gattungen feiner Nägel und Zwecken lieferte aber die Provinz Forez, sie waren aber auch teurer als alle anderen. In Holland war ein ausserordentlich starker Handel mit Nägeln, die fast alle in dem Gebiet von Lüttich fabriziert wurden. Das Tausend wog 10, 12, 14, 16, 24, 30, 36, 50, 58, 60 bis 68 Pfund; die hundert Pfund kosteten 10 bis 12 Gulden holländisch. Die Lütticher Nägel wurden von Handschmieden aus ganz sprödem, kaltbrüchigem Eisen gemacht. Da dieses und die Steinkohlen sehr billig waren, die Lebensmittel wenig kosteten und die Arbeit von Bauern im Hause betrieben wurde, so stellten sich die Preise dieser Nägel sehr niedrig. Alle Sorten hatten einen platten Schlag auf dem Kopf, was nur mit dem Handhammer zu machen ist, ein Teil hatte platte fünfschlägige, ein anderer hohe vierschlägige Köpfe. Eisen- und Stahlveredlung. Die deutschen Nägel waren aus zähem Eisen und, da dieses Material kostbarer war, alle sehr leicht geschmiedet, so dass z. B. von den dreizölligen 25000 Stück auf ein Schiffspfund (160 kg) gingen. Es gab eine Unmasse Sorten sowohl schwarze als weisse (verzinnte) Nägel. Die Nagler, welche in Grob- und Kleinnagelschmiede geteilt wurden und von denen man ausserdem Schwarz- und Weissnagel- schmiede unterschied, hatten ein geschenktes Handwerk. Man verkaufte die Nägel in Dutzenden, halben und ganzen Schock, halben und ganzen Hunderten und Tausenden. Die Nagel- schmiede in Preussen mussten einheimisches Eisen verarbeiten, nur für die Schiffsnägel durften sie schwedisches Eisen nehmen. Berühmte Nagelschmieden waren zu Roda im Hennebergischen und zu Silbach in Westfalen. In Norwegen waren grosse Nagelfabriken auf dem Eisenwerk zu Moss; die Edsvolder Schiffsnägel waren durch ihre Güte berühmt. Man machte sie von 3 bis 10 Zoll Länge, etwas flach mit einem vier- seitigen Kopf. Bei einem Zainhammer konnten von den 8- bis 10zölligen Schiffsnägeln in einer Woche 3 Schiffspfund (480 kg), von den 7zölligen 4000 und von den 6zölligen 5000 Stück verfertigt werden; von letzteren gingen 2000 Stück auf 1 Schiffspfund. Zu Edsvold wurden sechs Schwanzhämmer von einer Welle bewegt. Die Hauptniederlage war zu Christiania. Die meisten Nägel für den Handel im Inneren des russischen Reiches wurden von den Schmieden in einigen Distrikten an der Wolga gemacht, wozu sie meist geschnittenes Eisen aus Sibirien nahmen. Auch gab es in den Gebieten von Archangel, Olonetz, Wologda, Wiätka, Kastroma und in mehreren Gegenden Sibiriens ebenfalls Bauern, welche Nägel schmiedeten. Bei Narwa befand sich eine Nagelfabrik. In Italien lieferten Brescia im Venetianischen und Torre del Cinquale sehr viele Nägel von allerhand Arten. Auch wurde in allen Seestädten Italiens und anderer Länder mit Schiffsnägeln ein starker Handel getrieben. England verführte eine ungeheure Menge vortrefflicher Nägel, welche meist mit der Hand geschmiedet wurden, teils aus gutem russischen Eisen, teils aus kaltbrüchigem, einheimischem. Das Centrum der Nagelfabrikation war Birmingham, doch waren die Nagelschmiede meistens in der Umgegend, namentlich in Wallsall und Wolverhampton ansässig. Die Nägel wurden nach 100 Stück verkauft und als 2, 3, 4, 6, 8, 10 und 12 Pennynägel bezeichnet, weil je das Hundert Eisen- und Stahlveredlung. entsprechend viel kostete. Auch die übrigen kleinen Sorten Bellow- Lath-, Tack-, Hob-Nail etc. wurden nach dem Hundert verkauft, die gröberen, wie Kastennägel und 5 zöllige und doppelte Wassernägel, nach dem Pfund. Zu Tipton in Staffordshire wurden kleine Nägel gemacht, von denen 1200 Stück nur 2 Unzen wogen. Die Zahl der Sorten war auch hier eine ausserordentlich grosse. Sie gingen massen- haft nach Nordamerika, Ost- und Westindien, Spanien und Portugal. In England fabrizierte man gegen Ende des Jahrhunderts auch gegossene und Maschinennägel. Für erstere hatte Joseph Ashton 1771 ein Patent erhalten. Der Guss eiserner Nägel wurde 1785 bereits im grossen betrieben Siehe Pfingstens Almanach für Kameralisten und Polizeibeamte auf das Jahr 1785, S. 484. . Die so bereiteten Nägel hatten grosse Köpfe und kleine Stifte und dienten zu Beschlägen, besonders Sargbeschlägen. Das Eisen wurde in Tiegeln geschmolzen, die Form in einem zweiteiligen Kasten von 3 Fuss Länge, 1½ Fuss Breite und 4 bis 5 Zoll Tiefe hergestellt. Das Modell war von Kupfer und enthielt reihenweise geordnet je sechs Nagelköpfe in der Breite und zehn in der Länge. Die Köpfe waren durch schmale Rinnen untereinander und mit dem Einlauf verbunden; sie waren auf der einen Seite konvex, auf der anderen konkav. Das Einformen des Oberkastens geschah auf einem Aufstampf- brett; dann wurde der Unterkasten aufgesetzt und die andere Seite der Nägelköpfe geformt. Auf diese Weise wurden die Köpfe geformt. Um die Spitzen daran zu formen, hatte man kleine Handmodelle von Kupferblech, welche genau auf die Sandknöpfe passten. In jeder Aushöhlung für die Köpfe war in der Mitte ein kleines viereckiges Loch, durch welches man mit einer Spitze von bestimmter Stärke und Länge durchstiess und dadurch den Hohlraum für den Nagel bildete; eine leichte Arbeit, welche von Kindern verrichtet wurde. Nunmehr wurden die beiden Formkasten aufeinander gesetzt und zusammen- geschlossen. Nach dem Giessen wurden sie aufgeschlagen, die Nägel, die alle mit den Köpfen zusammenhingen, herausgenommen, aus- einander gebrochen und die guten Nägel, welche aber noch sehr spröde waren, getempert Siehe Krünitz , Ökonom. Encyklopädie, Bd. 100, S. 809. . Nach der Patentbeschreibung sollten die Nägel zwölf Stunden in einem Kohlen- oder Koksfeuer erhitzt werden. Thomas Clifford machte Nägel mit Maschinen, worauf er am 17. Juli 1790 ein Patent erhielt Repert. of Arts and Manufact. Nr. 40. . Er benutzte Walzen, welche wie Eisen- und Stahlveredlung. Stempel wirkten. Das Eisen wurde erst auf die genaue Stärke aus- gezogen oder gewalzt. Alsdann wurde das Eisen warm gemacht und heiss durch ein Paar Stahlwalzen gehen lassen, in welchen die Nagel- form vertieft auf jeder Walze zur Hälfte eingegraben war, und welche der Länge eines oder mehrerer Nägel entsprachen. Auf diese Weise wird eine fortlaufende Kette von Nägeln erzeugt, wobei immer die Spitze des einen an dem Kopf des anderen hing. Diese Verbindungs- stellen wurden dann leicht getrennt. Statt der Walzen konnten auch Stempel mit Gesenken dienen. Obgleich die Handnagelschmiede der Einführung der Nagelmaschinen den energischsten Widerstand entgegen- setzten, so fand diese Art der Fabrikation bald Verbreitung, nament- lich auch in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, wo zu Anfang dieses Jahrhunderts bereits ⅔ des unter den Walzwerken verarbeiteten Eisens für diese Nagelfabrikation Verwendung fand. William Finch erhielt 1790 ein Patent für einen Nagelhammer, mit Wasserkraft oder Dampf zu betreiben, der aber sonst nichts bemerkenswertes zeigt. Wichtiger war das Patent von Samuel Guppy vom 19. August 1796. Dasselbe bezog sich auf zwei verschiedene Maschinen, die eine zum Schmieden, die andere zum Anköpfen der Nägel; beide arbeiteten nach dem Rotationsprinzip. In der Schmiedemaschine lief eine Walze, an deren entgegengesetzten Enden, in der Richtung ihrer Längenachse, zwei Stempel oder Schmiedemesser (dies or cutters) befestigt waren. Eine Schiebeplatte mit einem zweiten Stempel glitt gegen die Stirn- seite der Walze, und bewegte sich in solcher Weise, dass mit der Umdrehung der Walze der Stempel mit beiden Schneidemessern korrespondierte, welche abwechselnd von den Enden eines Flach- oder Nageleisens jedesmal ein so grosses Stück abschnitten als einem Nagel entsprach, in dem die beiden Abschneider zugleich in regelmässiger Aufeinanderfolge den Kopf eines jeden Nagels von den entgegen- gesetzten Seiten des Nageleisens bildeten. Der Anköpfapparat bestand in einem Rade mit drei Hebetatzen, welche bei jeder Umdrehung drei Hämmer aufwarfen, deren Schläge in ihrer Aufeinanderfolge die Nägel, welche durch eine Kette vorwärts bewegt wurden, empfingen. Die Walz- und Schneidewerke oder die Eisenspaltereien hatten im Laufe des 18. Jahrhunderts eine immer grössere Anwendung und Wichtigkeit erlangt, namentlich für die Herstellung von geschnittenem Nageleisen. Hinsichtlich der Bauart unterscheidet Rinman 1. Einfache Walz- und Schneidewerke, bei welchen auf beiden Seiten des Gebäudes je ein Wasserrad liegt, wodurch für das Trieb- Eisen- und Stahlveredlung. werk der Walzen und Schneidescheiben nur zwei Stirnräder und zwei Trillinge nötig sind. Die Walzen und Scheiben drehen sich ebenso geschwind wie die Wasserräder, die man entsprechend schneller laufen lässt. 2. Ein doppeltes Werk, welches man bei niederem Gefälle und wenn die Räder nur auf eine Seite gelegt werden können, anlegt. Hier befinden sich die beiden Räder auf derselben Seite und man braucht für die doppelte Übersetzung vier Kronräder und vier Trillinge. Infolgedessen gehen dann die Walzen und Scheiben doppelt so rasch als die Wasserräder. Man hat auch 3. Anlagen, die mit einem einzigen Wasserrad mittels Triebrädern oder Krauswalzen gehen; diese hat man als halbe Werke bezeichnet. Ferner kann man auch ein Walzwerk oder ein Schneidewerk allein betreiben. Man kann dabei den Walzenstuhl so einrichten, dass die Walzen weggenommen und statt derselben ein Schneidewerk eingelegt werden kann, so dass man in demselben Gestell das Eisen schneiden kann, welches vorher darin gewalzt wurde, wobei freilich das Eisen erst wieder geglüht werden muss, was den Betrieb erschwert. Über Walzwerke haben wir in einem besonderen Kapitel gesprochen. Vieles dort Gesagte bezieht sich auch auf die Schneidewerke. Das Gerüst, in welchem die Schneiderollen liefen, war im ganzen dem Walzengerüste ähnlich; doch zeigte es auch manche Abweichungen. Während man die Säulen des Gerüstes bei dem Walzwerk meist von Schmiedeeisen machte, stellte man sie bei dem Schneidewerk, das weniger Stösse auszuhalten hatte, in der Regel von Gusseisen her. Diese waren nicht rund, wie bei den Walzwerken, weil man keine Schrauben zum Verstellen nötig hatte, da die Schneiderollen nicht verstellt zu werden brauchten, sondern sie waren winkelig und bildeten Rahmen, welche durch Zugstangen und einen sogenannten Deckring i i . Fig. 117 (a. f. S.), verbunden waren. Fig. 118 u. Fig. 119 (a. f. S.) zeigen einen solchen Rahmen b b, c c von der flachen und von der schmalen Seite, welcher in den Schneideblock a eingelassen ist. Die Holzlager zwischen den Rahmen werden durch Keile in ihrer Lage gehalten. Die Schneiderolle, „das Gebinde“, ist zusammengesetzt aus grösseren Schneidescheiben, welche durch kleinere Zwischenscheiben voneinander getrennt und im richtigen Abstand gehalten werden. Aussen befinden sich auf beiden Seiten Leitscheiben, welche zur Verstärkung durch Aussenscheiben gehalten werden. Das ganze „Gebinde“ wurde durch vier durchgehende Schrauben zusammengehalten. Die Schneide- Beck , Geschichte des Eisens. 29 Eisen- und Stahlveredlung. scheiben hatten bei gewöhnlichem Schneideeisen 14 Zoll Durchmesser. Der äussere stark verstählte Umkreis derselben teilte das etwa ⅜ Zoll dicke Flacheisen zwischen den Mittelscheiben in so breite Zaine, als die Kanten der Scheibe dick waren. Dies betrug meist ⅝ Zoll, wenn das 4⅜ Zoll breite Eisen in fünf Zaine geschnitten werden soll. Zur richtigen Einführung befanden sich vor den Schneiderollen sogenannte Gabelplatten, zwischen welchen der Stab eingesteckt wurde. Statt der Befestigung der Schneide-, Zwischen- und Leitscheiben mit Schrauben bediente man sich in späterer Zeit auch einer Befestigung zwischen Scheiben, gegen welche sie festgekeilt wurden. Fig. 117. Fig. 118. Fig. 119. Man schnitt auf dem Schneidewerk feine Stäbe und Bandeisen oder „Tubbenbänder“. Besonders beliebt war das geschnittene Eisen für Nageleisen. Wie gross der Bedarf war, geht daraus hervor, dass im Fürst- bistum Lüttich an der Maas in einer Entfernung von drei bis vier Meilen elf grosse teils einfache, teils doppelte Walz- und Schneide- werke sich befanden, von denen jedes jährlich 2000 bis 3000 Schiffs- pfund — im ganzen etwa 5000 Tons fabrizierte. Das meiste fand Verwendung zur Nagelfabrikation. Bandeisen ging besonders nach den Weinländern für Fassreifen. Damals wurden in Cadix allein jährlich 9000 bis 10000 Schiffspfund (1600 Tons) geschnittenes, sogenanntes spanisches Bandeisen abgesetzt. Ein Schneidewerk mit fünf Arbeitern lieferte in Schweden wöchentlich 10 bis 15 Tons geschnittene Stäbe; Bandeisen, wovon das feine spanische bei 7 bis 8 Fuss Länge 3 bis 4 Pfund wog, nur ungefähr 3200 kg. Eisen- und Stahlveredlung. Die bekanntesten schwedischen Sorten waren Rinman , Eisen- und Stahlveredlung, S. 185. : 1. Geschnittenes Eisen, 5 bis 8 Fuss lang, nach der Dicke unter- schieden in: a) 7 schneidiges, mit 7 Scheiben auf 7/16 Zoll im Quadrat geschnitten. b) 9 schneidiges, mit 9 Scheiben, ½ Zoll breit und 5/16 Zoll dick geschnitten. c) 11 schneidiges, mit 11 Scheiben, ⅜ Zoll im Quadrat geschnitten. d) 13 schneidiges, mit 13 Scheiben, 5/16 Zoll breit und ¼ Zoll dick geschnitten. e) 15 schneidiges, mit 15 bis 17 Scheiben, teils ¼ Zoll Quadrat, teils ¼ Zoll breit und 3/16 Zoll dick geschnitten. Das gute geschnittene Eisen wurde mit drei Bändern so zusammen- gebunden, dass die Enden der Bänder längs des Bundes gelegt wurden, während man bei kaltbrüchigem Eisen die Enden der Bänder so legte, dass eines aufwärts, das andere abwärts längs dem Bunde lag. Ein solches Bund wog 1 Centner, bei sehr feinen Sorten ½ Centner. 2. Bandeisen, das seinen Hauptabsatz nach Spanien und Portugal hatte und danach unterschieden wurde in Bandeisen a) für Cadix, Alicante und Malaga, drei Sorten 8, 8½ und 9 englische Fuss lang, 1 Zoll breit und kaum ⅛ Zoll dick; wurden zu 81 Bändern in jedes Gebund, welches etwa 125 kg wiegen musste, gebunden; b) für Lissabon, drei Sorten von denselben Massen, wovon 54 Bänder zusammengebunden etwa 70 kg wiegen mussten. Die einzelnen Sorten mussten etwas feiner sein als die obigen; c) für Oporto auch drei Sorten von 7, 7½ und 9 engl. Fuss, 1 Zoll breit und ⅛ Zoll dick; wurden ebenfalls in Bunde von 54 Bändern gebunden. d) Französisches und schwedisches Bandeisen wurde etwas breiter und dicker gemacht, von 7 bis 8 Fuss Länge, 1¼ Zoll breit, wobei jedes Band etwa 3 kg wog; ferner 1½ bis 1⅝ Zoll breit, welch letztere Sorte aus feinem Voyage- eisen oder extraglatt von 1¼ bis 1½ Zoll Breite und ⅞ Zoll Dicke gewalzt wurde. Alle vorgenannten feineren Sorten mussten aus geschnittenen Stangen gewalzt werden 29* Eisen- und Stahlveredlung. Während beim Nageleisen Kaltbruch wenig schadete, durfte für Bandeisen nur das weichste Eisen gewählt werden. Dies war auch schon deshalb nötig, weil hartes Eisen die Walzen rasch angriff und verdarb, infolgedessen dieselben immerwährend neu abgedreht werden mussten und rasch verschlissen. Aus diesem Grunde zog man in England für diese Fabrikation das weichere russische Eisen vor. Eine Kunst des Meisters bestand darin, das Materialeisen in der gehörigen Länge abzuhauen, was nach dem Augenmass geschah. Schneide- und Walzwerke bedurften grosser Kraft. Genügendes Aufschlagewasser war deshalb Hauptbedingung für eine solche Anlage. Auch waren gusseiserne Triebräder, statt der hölzernen, wie Rinman solche auf der Graphütte in Nerike eingeführt hatte, sehr zu empfehlen. Ebenso hatte sich für die Walzen Gusseisen am besten bewährt. Geschmiedete Walzen, deren Oberflächen durch Einsatzhärtung oder durch Aufschweissen verstählt waren, bewährten sich nicht, denn einesteils waren sie teurer, anderseits, sobald sie Furchen bekamen, was beim Walzen des Bandeisens nicht ausbleibt, nur schwer und mit grossem Zeitaufwand wieder in Stand zu setzen. Das Nachdrehen der gegossenen Walzen war dagegen leicht und einfach. Es geschah mit einem einfachen Drehstahl, ohne die Walzen auszuheben, im Walz- gerüste selbst. Die beste Vorschrift über den Guss harter Walzen hatte Polhem gegeben. Rinman beklagt nur, dass es wenige geschickte Giesser dafür in Schweden gäbe, indem die meisten den Kanonenguss gelernt hätten, zu dem man ein ganz gares Eisen verwende, weshalb sie mit hartem Guss, wie er für die Walzen nötig sei, nicht umzugehen verständen. Wegen des Gusses einzelner Walzen könne man die Beschickung des Hochofens nicht verändern und der Walzenguss aus Flammöfen hätte schlechte Resultate ergeben. Der Guss in eisernen Formen oder Koquillen sei mehrfach versucht worden, biete aber auch grosse Schwierigkeiten wegen der Genauigkeit der Herstellung der Form. Diente das Schneidewerk nur für geschnittene Stäbe, so konnten die Walzen mehrere hundert Schiffspfund (zu 160 kg) ausdauern, ohne nachgedreht zu werden. Viel mehr litten sie, wenn feine geschnittene Stäbe zu spanischen Bändern gewalzt wurden. Die Vorsicht des Meisters konnte aber auch hierbei viel zur Schonung der Walzen beitragen, und Rinman gelang es, auf einem Walzenpaar 100 Schiffs- pfund spanisches Bandeisen zu walzen, ohne nachdrehen zu müssen. Der Vorteil der Walzen gegenüber den Hämmern war sehr beträchtlich. Die Kosten für Bandeisen betrugen unter dem Zainhammer fast Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. 9 Thaler, während sie sich bei dem Walzwerk auf nur 6 Thaler stellten; und konnte man mit dem Walzwerk fünfmal so viel fertig machen als unter dem Hammer. Dazu kam noch der Vorteil der grösseren Gleichmässigkeit der Ware. Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. Die Drahtzieherei war eine der wichtigsten Eisenveredelungen. Zaineisen liess sich durch Ausziehen zu Draht leicht auf den vier- bis zwanzigfachen Wert bringen. Obgleich in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in manchen Gegenden Deutschlands, Frankreichs und Schwedens das Ziehen des Drahtes mit der Hand in der schwingenden Schaukel, wie wir es früher (Bd. I, S. 888). beschrieben haben, noch im Gebrauch war, so hatten sich doch die Drahtmühlen, d. h. die durch Wasserkraft bewegten Drahtzüge, überall Eingang ver- schafft und fanden immer grössere Verbreitung. Polhem giebt in seinem patriotischen Testament Nachrichten über die Drahtzieherei; in den Descriptions des arts et métiers hat Duhamel du Monceau eine Abhandlung darüber veröffentlicht Art de reduire le fer en fil, connu sons le nom de fil d’Archal. Descript. des arts et met. ed. Bertrand , Tome XV, p. 433. , und Rinman handelt darüber in seiner Eisen- und Stahlveredelung Rinman , l. c. S. 199. . Weiches, zähes und festes Eisen, frei von Kaltbruch, ist für die Drahtbereitung am besten. Auf die richtige Auswahl des Eisens kommt viel an. In Deutschland verwendete man meistens das in Zainhämmern geschmiedete Krauseisen. In anderen Gegenden ver- wendete man Flacheisen, welches man mit dem Meissel in schmale Stäbe spaltete, wie z. B. zu La Trappe in Frankreich, wo Flacheisen von 21 bis 24 Linien Breite und 6 bis 7 Linien Dicke auf diese Weise in drei Stäbe gespalten wurde S. Descriptions etc. p. 427. . In Schweden bediente man sich hierzu statt des Handmeissels der durch Wasserkraft bewegten Polhems chen Schere. Am häufigsten wurde aber um diese Zeit bereits Flacheisen mit Scheibenmessern in den Eisenschneidewerken zu Drahteisen geschnitten. Das geschnittene Eisen wurde dann nochmals über- schmiedet und an den Kanten etwas abgerundet. Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. Das auf Zainhämmern, die man in Frankreich „Allemanderies“ nannte, vorgeschmiedete Nageleisen war am besten, weil es die voll- kommensten Sehnen hatte. Durch das Spalten wurden immer die Sehnen teilweise durchschnitten. Nach Duhamel waren die Hämmer der Allemanderies (Drahteisenschmiede) von Gusseisen und machten bis 250 Schläge die Minute. Stahldraht fertigte man in Deutschland aus Schweiss-Gärbstahl. In Frankreich bediente man sich des „ungarischen“ Stahls; in Schweden wurde eigentlicher Stahldraht nicht gemacht. Rinman empfiehlt gegärbten Brennstahl dafür, welchen man haupt- sächlich in England verwendete; doch wurde in England auch bereits Draht aus Gussstahl gemacht Rinman , l. c. S. 212. . In den kleinen Osmundhämmern im Märkischen wurde das Material- eisen zu Flachstäben, ¾ bis 1 Zoll breit, ¼ Zoll dick und 2 Ellen lang ausgeschmiedet und dann mit der Hand in drei dünne Stangen gespalten, die mit Handhämmern auf einem abgerundeten Amboss mit der Finne des Hammers ausgereckt wurden. Dieses Ausschmieden mit der Hand trug gewiss viel zur Güte des märkischen Drahtes bei, kostete aber auch viel Arbeitslohn. In Frankreich nahm man die Drahtknüppel, wie sie aus der Frischschmiede kamen, heizte sie auf einem Ende 6 bis 8 Zoll aus Fig. 120. und schmiedete die- ses unter dem klei- nen Nagelhammer (Fig. 120), indem der Schmied das Eisen fortwährend und rasch drehte, vor- und zurück- schob, so dass das Eisen gleichmässig gestreckt wurde. Ein Drahtknüppel (carillon) von einem Fuss Länge erhielt auf diese Art eine Länge von 6 bis 8 Fuss. Dieses nannte man Drahteisen (fer forgis). Ein guter Arbeiter konnte 2 Centner davon ausschmieden, die gewöhnliche Tagesproduktion betrug aber Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. nur 75 kg. Der Arbeiter sass dabei auf dem beweglichen Brett M N , mit dem er sich nach Bedürfnis vor- und zurückschieben konnte. Das Brett hing hinten bei N an einem Ring, vorn an einem Strick O . Die Rinne P giebt dem geschmiedeten Draht eine Führung und ver- hindert das Krummbiegen. 108 Pfund Knüppel gaben 70 Pfund Drahteisen. In Schweden geschah das Ausrecken unter Nagelhämmern. Rinman giebt folgende Vorschriften: 1. Das Materialeisen soll zu 1⅜ Zoll glatt und ⅜ Zoll dick unter dem Stabhammer geschmiedet werden. 2. Diese Flachstäbe sollen in 2⅓ bis 3 Ellen lange Stümpfe zerteilt und dann mit einem einfachen Schneidewerk (ohne vorheriges Walzen) in drei Stäbe — oder, wenn man das Materialeisen 2 bis 2½ Zoll breit schmiedet, in fünf Stäbe — zerschnitten werden. 3. Diese dünnen Stangen werden in einem Glühofen mit Holz- feuer ausgeführt und alsdann 4. unter einem Nagelhammer zur gehörigen Feinheit ausgereckt, wobei der Gang des Hammers so schnell wie möglich sein muss. Draht, der gröber als ¼ Zoll sein soll, könne man aus geschnittenem Draht in Gesenken ausschmieden, oder man könne ihn, nach einem von Rinman schon im Jahre 1748 gemachten Vorschlag, direkt aus- walzen. — Auch Duhamel sagt, dass man da, wo man ein Schneide- werk habe, man die geschnittenen Stäbe, um sie rund zu machen durch Walzen gehen liesse, welche Furchen (cannelures) von gleicher Tiefe hätten, die aufeinander passten und das Profil des zu walzenden Eisens ergäben. Wenn sie, nachdem sie zwei Kaliber passiert hatten, noch nicht rund waren, liess man sie durch ein drittes gehen. Immer blieb ein Grat oder Bart (bavure), weil die Walzen nicht fest auf- einander schlossen. Duhamel hatte aber diese Fabrikation nie gesehen und kannte sie nur von Hörensagen. Zu Kleinboden in Tirol wurde (1774) das Drahteisen auf von Eisen gegossenen Ambossen und Hämmern mit geschliffenen Bahnen zu ¼ Zoll dicken Drahtzainen ausgereckt, zusammengewunden und in einem Glühofen ¾ Stunden lang ausgeglüht; alsdann nach dem Erkalten durch eine Reckwalze (Zainwalze) rund gebogen Siehe v. Moll , Jahrbücher der Berg- und Hüttenkunde, S. 55. . Es war auch thunlich und geschah an manchen Orten, dass man das geschnittene Eisen direkt zu gröberen Drahtsorten auszog. Dazu nahm man die mittleren Stäbe, die vom Schneidewerk kamen. Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. Rinman empfielt, den Draht vor jedem Ausglühen in ein Gemisch von 2 Teilen Kalk und 1 Teil Thon, welches mit Wasser zu einem dünnen Brei angerührt ist, zu tauchen. Dies mit einer solchen Kalk- haut überzogene Eisen bleibt weicher und zäher. Das Entfernen des Schlackenspans nach dem Glühen geschah in Schweden in sehr unvollkommener Weise, dadurch, dass man den Draht durch ein Brett zog. Rinman empfiehlt die deutsche Art, welche darin bestand, dass die ausgeglühten Drahtringe nach dem Abkühlen über zwei aufrechtstehende Rundhölzer gehängt und abgeklopft wurden. Diese Rundhölzer sind in einem Hebel befestigt, der in einem Gewerbe sitzt und dessen anderer Arm durch Daumen einer Welle niedergedrückt wird; dadurch werden die Ringe in die Höhe gehoben und fallen, wenn die Daumen auslassen, zu Boden, indem sie gegen eine Unter- lage aufschlagen. Auf diese Weise werden sie unter beständigem Zurinnen von Wasser abgeklopft und von dem Glühspan befreit, bis sie ganz blank werden. Diese Vorrichtungen heissen Polterbänke . In England geschah das Reinigen vom Glühspan in der Weise, dass die Drahtringe in eine mit Zahnrad und Trilling umlaufende Tonne gelegt und vermittelst kleiner eingelegter Feuersteine oder Hochofen- schlacken unter beständigem Zurinnen von Wasser, durch Öffnungen in der Tonne, rein gescheuert wurden. — Besser noch war es, die Drahtstangen oder den groben Draht, der fein ausgezogen werden sollte, nachdem er vom Glühspan befreit war, in eine Beize zu legen und darin einen oder zwei Monate schwach rosten zu lassen, wodurch sich festsitzende Glühspanteilchen ganz loslösten und die Oberfläche weicher wurde. Dies geschah in Deutschland und in England. Einen Zusatz von Holzessig zu der Beize hält Rinman dabei für zweck- dienlich. Das Ausglühen des Drahtes wurde meistens auf offenem Kohlen- feuer in einem Schmiedeherd vorgenommen. Rinman empfiehlt sehr die Anwendung von Glühöfen. Wo man keine Gelegenheit zur Erbauung eines solchen Ofens habe, müsse das Ausglühen mit Kohlen in einem grossen gegossenen Cylinder von Gusseisen oder in einem grossen Kessel mit kleinen Zuglöchern im Boden und in der Mitte der Seiten geschehen. — Duhamel beschreibt einen Glühofen mit Holzfeuer von 12 Fuss Länge und 4 Fuss Breite, der 200 Dutzend Ringe fasste. Jägerschmied hat in seinen „Bemerkungen über einige Metallische Fabriken der Grafschaft Mark 1788“ das Ausglühen des Drahtes mit Holzfeuer für einen verderblichen Missbrauch der Drahtfabriken West- Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. falens erklärt, da man doch die Steinkohle bei der Hand habe. Er nennt es ein lächerliches Vorgeben, dass man den Draht nicht mit Steinkohle ausglühen könne, zumal da dieses ja in geschlossenen Gefässen geschähe. Er schlägt deshalb einen Blechglühofen vor (Fig. 121), wie er wirklich auch später Eingang fand. C ist der guss- eiserne Glühkessel, dessen Deckel, ebenso wie der eiserne Ofenhut D , mit Lehm, Pferdemist und Hammerschlag, welche mit Ochsenblut angemacht werden, verdichtet wird. Das geschmiedete Drahteisen wurde aber in der Regel, um es im Drahtzug auszuziehen, auf einem offenen Kohlenfeuer von 12 Fuss Fig. 121. oder mehr Länge zur Rotglut erwärmt. Hier- auf übernahm es der Drahtzieher, der es mit Speck, Butter oder Talg einfettete und es dann drei- bis viermal durch die Öffnungen seines Zieheisens, wo- bei es jedesmal etwas dünner wurde, durch- zog. Durch dieses „Grobziehen“ (roulage) war der Draht hart geworden und musste, um ihn wieder weich zu machen, ausge- glüht werden. Als- dann wurde er wieder durch drei Nummern gezogen, von neuem geglüht und wieder durch drei Ziehlöcher gehen lassen und so fort. Diese Arbeit hiess das Feinziehen (ébroudage). Der Grobzug mit der Stossziehbank oder der „Schiebebank“ ist jetzt durch die Feinwalzen verdrängt, in früherer Zeit bildete er den wichtigsten und kostbarsten Teil eines Drahtzuges (tréfilerie). Das Drahteisen wurde an einem Ende zugespitzt durch die grösste Öffnung des Zieheisens durchgesteckt und an dem durch- gesteckten Ende von der Drahtzange gefasst, welche den Draht auf eine gewisse Länge durchzieht, ihn dann, indem sie sich beim Wechsel der Bewegung öffnet, los lässt. Die geöffnete Zange bewegt sich Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. vorwärts, und zwar gerade so weit, als sie sich vorher zurückbewegt hatte, fasst den Draht, indem sie sich im Augenblick der Rückwärts- bewegung wieder schliesst, von neuem und zieht den Draht wie zuvor ein Stück durch das Zieheisen. So geht die Zange immer hin und her und reisst bei jedem Rückgange den Draht ein Stück durch das Zieheisen. Die hin- und hergehende Bewegung wird durch einen Hebel vermittelt, welcher durch Daumen oder Kammen an einer Welle Fig. 122. hin- und herbewegt wird. So sehen wir es schon in der Abbildung von Weigel (Bd. II, S. 976). Einen anderen Bewegungsmecha- nismus hat Sturm in seiner Mühlenbau- kunst 1718 vorgeschlagen (Fig. 122). Hier ist die Schere A mit einem Schlitten in Verbindung, welcher durch einen halben Trieb U , der in eine doppelte Zahnführung eingreift, vorwärts und rückwärts geschoben wird. Beim Ziehen schliesst sich die Zange A und fasst den Draht, während sie ihn beim Rückgange auslässt, wobei sich aber die Zange nicht mehr öffnen kann, als es die Hebel, welche bei C D an den Seiten- führungen H J und K L gleiten, gestatten. Obgleich nichts davon bekannt ist, dass diese Konstruktion in der Praxis Eingang ge- funden hat, so ist sie doch von historischem Interesse. Sturm schreibt, er habe zwar solche Drahtmühlen bei Nürnberg oft ge- sehen, doch habe er nie den Bewegungs- mechanismus der Zangen beobachten können. — „In diesen Eisendrahtmühlen bei Nürn- berg sind grosse Zangen, welche durch eine Maschine hin und her getrieben werden, welche, nachdem die Stange ein wenig spitz gefeilt und durch ein Loch in einem Amboss (Zieheisen!) gesteckt worden, nach demselben zugeht, sich davor öffnet und das durchgesteckte Ende der Stange ergreift, sobald aber sich fester wieder zusammenthut und zurückgehend die Stange mit nach sich zieht und also dünner und länger machet; sobald die Zange ihren Rückgang absolvieret, thut sie sich auf und lässet die Stange an dem Ende, wo sie dieselbe gefasst hatte, los, ergreifet sie hingegen an dem Amboss und zieht sie weiter Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. nach sich, bis sie solchergestalt ganz durchgezogen ist. — Nachdem wird die Stange wieder durch ein enges Loch gesteckt und nochmals durchgezogen und dadurch noch dünner und länger gebracht. Von da wird sie vor eine andere Zange gebracht, die durch noch kleinere Löcher ziehet und so fort, bis der Draht dünn genug geworden.“ Fig. 123. Zu der von Sturm angegebenen Konstruktion bemerken wir noch, dass seine Zange 1½ Fuss lang war, und dass jeder Zug einer Zangen- länge entsprach. Die aus der Zeichnung ersichtliche Art der Bewegung war Sturms Lieblingskonstruktion für die Umsetzung einer rotierenden Bewegung in eine geradlinige hin- und hergehende. Er erwähnt, dass Fig. 124. er sie zuerst an einer holländischen Maschine gefunden habe. Das Getriebe müsse sehr genau eingeteilt sein. Die Ziehbank und der Bewegungsmechanismus derselben ist aus den Figuren 123, 124 und 125, welche der Beschreibung Duhamels entnommen sind, zu ersehen. An der Wasserradwelle befinden sich die Daumen B B , welche den Kniehebel C D F in Bewegung setzen. An dem Schenkel F ist der ringförmige Griff G (Fig. 125 a. f. S.) befestigt, welcher die Schenkel b b der Zange H fasst, welche beim Zug mit dem Becken a a den Draht R fasst und ihn durch das Zugeisen P P zieht. Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. Gewöhnlich befanden sich drei Zangen an einer Welle, welche eine geneigte Lage hatten, damit sie beim Auslassen des Hebedaumens zum Teil durch ihr Gewicht zurückfallen. Da der dickere Draht mehr Kraft zum Ziehen gebraucht als der dünnere, so machte man die Daumen oder Kammen für den dicksten Draht am kürzesten, wodurch auch die Zuglänge die kürzeste wurde, während man bei jeder folgenden Zange die Kammen und den Zug länger machte. Die erste Zange zog nur 2 Zoll, während die folgende 4 Zoll, die dritte 5 Zoll zieht. Die Kammen der drei Zangen mussten so gegeneinander gestellt sein, dass nie zwei Zangen gleichzeitig anzogen, sondern dass die Bewegungen der drei Zangen aufeinander folgten. Trotzdem die Kammen ungleich lang waren, so war doch die Ausdehnung des Drahtes im Verhältnis noch grösser. Um das rich- tige Verhältnis der Geschwindigkeiten herzustellen, vermehrte man bei den folgenden Zangen die Zahl der Kammen, so dass, wenn die Fig. 125. erste und zweite Zange je drei Kammen hatte, die dritte vier Kammen hat. Die Zieharbeit besorgte die Maschine, der Arbeiter hatte nur den frischen Draht zu spitzen, durch das Ziehloch zu stecken und mit der Zange zu fassen und den gezogenen Draht mit der Hand aufzurollen. Der Grobzieher hat aber auf die Natur des Eisens zu achten und hilft je nachdem nach, indem er das Ziehloch etwas erweitert oder den Zug etwas kürzer stellt. Zum besseren Durchgang des Drahtes wird der- selbe immer eingefettet. Zu diesem Zwecke befestigt man vor die Zieh- öffnung ein Stück Speck Q (Fig. 124), das der Draht erst passieren muss. Nachdem der Draht dreimal mit der ersten Zange gezogen worden ist, wird er ausgeglüht und dann beginnt das Ziehen von neuem durch engere Löcher mit der zweiten Zange. Nach dem dritten Glühen kommt er auf die dritte Zange, deren Bewegungen viel rascher sind. Hier geht er durch vier Löcher und ist dann Feindraht oder Kleindraht, der dann in Frankreich meistens mit der Hand weiter gezogen wurde. In Deutschland (Altena, Iserlohn) und Schweden kam er auf die Drahtrollen (bobine). Die richtige Abnahme der Weite der Ziehlöcher ist die wichtigste Kunst des Drahtziehers. Die engste Öffnung Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. des kegelförmigen Ziehloches muss immer an der Oberfläche des Zieh- eisens nach den Zangen zu sein. Die genaue, glatte Rundung derselben ist von Wichtigkeit. Die Zieheisen, welche der Arbeiter kauft, haben noch keine Löcher, sondern sind nur durch das Eisen angebohrt. Die Arbeiter erweitern die Löcher mit einem stählernen Stempel oder Durchschlag (coin). Die Dicke des Drahtes wird gemessen durch eine Drahtleere (jauge). Man bezeichnete ihn nach Nummern je nach der Zahl der Ziehöffnungen, durch welche er gegangen war. Man zog gewöhnlich neun Dutzend Ringe feinen Draht. Der Centner Draht- eisen gab 536 Fuss Grobdraht (fil d’écotage), ein Centner Grob- draht gab 947 Fuss Mitteldraht (fil d’ébroudage); ein Centner Mitteldraht 1592 Fuss Feindraht (ébroudis). Der Feindraht, welcher Fig. 126. ⅓ Linie dick war, kam zum weiteren Ausziehen auf die Drahtrollen, welche in Deutschland von Wasserrädern bewegt wurden, wie die Grobzieherbänke. In Frankreich wurde dagegen der Ziehdraht von der Drahtmühle an Arbeiter (agreyeurs genannt) verkauft, welche in ihren Wohnungen kleine Handziehbänke auf eigene Rechnung betrieben. Mit der Stosszange liess sich der Draht nicht weiter ziehen, weil der dünne Draht zu leicht reisst. Man hatte deswegen von Alters her für den Feinzug die Drahtrollen, die in schematischer Anordnung in Fig. 126 dargestellt sind. Immer sind es zwei Rollen, von denen die eine C Kraft, sei es durch Hand oder Maschine, bewegt wird und den Draht durch ein Zieheisen B zieht und aufrollt, während er von der anderen Rolle, der Laterne, A sich abwickelt. Bei dem Handbetrieb, wie ihn Duhamel beschreibt, kam der Draht zuerst auf eine kleine Ziehbank mit Zugzange, welche ganz ähnlich den eben beschriebenen Ziehbänken eingerichtet war, nur war alles kleiner und der Zughebel wurde mit der Hand bewegt. Dieses Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. Ziehen ging langsam, indem der Draht bei jedem Zug nur 3 bis 4 Zoll vorrückte. Auch bekam der Draht viele Zangenbisse, die seine Güte und Schönheit beeinträchtigten. Hierauf brachte man den Draht erst auf die grobe Handrolle, welche horizontal, wie ein Haspel, von zwei Arbeitern bewegt wurde. Hatte er hier den nötigen Grad der Feinheit erlangt, so kam er auf die stehende Rolle (bobine verti- cale), welche von einem Arbeiter (tireur de fer), wie eine Kaffeemühle gedreht wurde Siehe Duhamel , Tréfilerie Tab. IV. Descriptions des arts et métiers, Tome XV. . Die Ziehbank, auf der dies geschah, war 4½ Fuss lang und 1½ Fuss breit. Eine solche Handrolle hatte 6 Zoll Durch- messer. Man zog den Eisendraht höchstens bis auf ⅛ Linie Durch- messer für Kratzendraht, nur die feinen Zithersaiten aus Stahldraht waren noch dünner. Diese feinsten Sorten wurden in Frankreich damals nicht gemacht. Natürlich musste man auch den feinen Draht von Zeit zu Zeit ausglühen, was in geschlossenen Öfen in eisernen Töpfen geschah. Man verwendete dazu Lochkuchen als Brennmaterial und verbrauchte 700 bis 800 Stück zum Ausglühen von 100 Pfund Draht. Das Glühen dauerte zehn bis zwölf Stunden. Man liess den Draht in dem Gefäss kalt werden, was weitere zehn bis zwölf Stunden in Anspruch nahm. Rollendraht (à rouet) nannte man den feinen Draht, der von 10 auf 18 Fuss ausgezogen war, Nadeldraht (à épingle) von 10 auf 20 Fuss, Kratzendraht (pour cardes) von 10 auf 30 Fuss. Stahldraht wurde in Frankreich aus ungarischem Stahl gemacht, der erst auf die Dicke eines kleinen Fingers ausgeschmiedet wurde. Dieser wurde in Stücke oder Knüppel geteilt, wie das Eisen, und in derselben Weise gezogen. Er musste noch öfter geglüht werden als das Eisen. Man rechnete in Frankreich den Draht nach Dutzendpfund (douzaine de livres). Für ein Dutzendpfund Grobstahldraht brauchte man drei Tage, für ein Dutzendpfund vom feinsten Draht 14 Tage bis 3 Wochen. Obgleich Duhamels Beschreibung der Drahtfabrikation sehr klar und verständlich ist, so genügt sie doch nicht dem, der etwa einen Drahtzug erbauen wollte. Hierfür hat Rinman genauere Angaben gemacht Rinman , Afhandling rörande Mechaniken, Tom. II, 1794 und Blumhof , Encykl. d. Eisenhüttenkunde, Bd. I, Art. Drahtzieherei. , auf welche wir verweisen. Die Drahthütte, die er beschreibt, hat acht Zangen und vier Rollen. Die acht Zangen sind an einer Wasserradwelle so ange- bracht, dass sich immer je zwei Ziehbänke, deren Zangen von den- Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. selben Kammen bewegt werden, gegenüberstehen. Es sind auf die Welle vier gusseiserne Kränze mit hölzernen Däumlingen oder Kammen aufgezogen. Die Kammen des folgenden Kranzes sind immer etwas länger als die des vorhergehenden. Die Rollen werden von einer Radwelle mittels Zahngetriebe bewegt, so dass die Rollen auch mit zunehmender Geschwindigkeit laufen. Der Abgang beim Ziehen betrug 25 Prozent, so dass 4 Centner Stangeneisen von 1 Zoll Quadrat 3 Centner Draht lieferte. In Schweden hatte man folgende Sorten: der gröbste hiess Kupfer- schlägerdraht, davon gingen sechs Ringe auf den Centner; dann kam Fensterdraht mit zehn Ringen auf den Centner, Reifdraht mit 20 Ringen auf den Centner; sodann Nummerdraht, wovon die Nr. 1 bis 10 20 Ringe auf den Centner hatten. Die feineren Drahtsorten von 11 bis 24 oder 26 wurden in Ringen von 6 Mark Viktualiengewicht, also 20 Ringe auf den Centner, gebunden. Ein schwedischer Fabrikant Eckerman erfand im Jahre 1726 zu Stockholm die Kunst, Eisendraht glatt und eben zu machen und ihn in seidene und leinene Zeuge einzuweben, von denen er selbst Kleider trug. Es scheint aber nicht, dass diese Erfindung einen bemerkenswerten Erfolg hatte. In Deutschland wurde auch am Harz Draht gezogen. Die Arbeit dort war kurz folgende: Zuerst wurde der Draht gespitzt, geglüht, mit Talg und Öl geschmiert und alsdann auf die erste Zange oder Rumpel gebracht, woselbst er viermal bis zu Nr. 4 durchgezogen wurde. Hierauf wurde er wieder geglüht, gescheuert, gespitzt, geschmiert und auf der zweiten Zange, der Schumback , ebenfalls viermal bis zu Nr. 8 gezogen. Alsdann glühte und scheuerte man ihn aufs neue und brachte ihn zur dritten Zange, dem Bänkel , wo er bis zu Nr. 13 gezogen wurde. Zuletzt wurde er nochmals geglüht, gescheuert und auf die vierte Zange, die Schockenzange , gebracht und daselbst bis zu Nr. 18 gezogen. Alsdann kam er auf die Leyer oder Rollen, wo er bis zu den feinsten Sorten gezogen wurde. Auf der Königshütte waren fünf Zangen und zwei Leyern, welche beständig betrieben wurden. Der stärkste Draht, welcher dort verfertigt wurde, war der Grubenseildraht von 3 bis 5 Linien Dicke. Die eisernen Grubendrahtseile waren eine Erfindung des Berghauptmanns v. Reden und eines Herrn Lunde und wurden in den 80 er Jahren bei den Bergwerken am Harz eingeführt. Man produzierte auf der Königs- hütte 35 Sorten Draht, welche mit ebensoviel Nummern bezeichnet wurden und von dem Seildraht an in der Stärke abnahmen. Elf Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. Ringe Draht, deren jeder 9½ Pfund wog, wurden auf einen Centner gegeben. Viel bedeutender war die Drahtfabrik zu Ilsenburg in der Graf- schaft Wernigerode. Hier befanden sich in drei nahe bei einander- liegenden Gebäuden 30 Zangen und 6 Leyern, welche beständig im Betriebe standen. Es wurden 28 Sorten Draht verfertigt. Das Glühen des Drahtes geschah in einem Reverberierofen mit Reissholzfeuer. Das Drahtwerk zu Zorge war dem Königshütter gleich. Die Drahtfabrik zu Sophienhausen bei Hohenfinow in der Chur- mark zog 41 Sorten, nämlich 0 bis 00000 Extraproben Kupfer- schmiededraht, dann in Nr. 1 bis 36, von denen die feineren Nummern von 21 bis 36 als „Band“ bezeichnet wurden. Die Drahtfabrikation der Grafschaft Mark war die wichtigste in Deutschland, sie hatte aber in technischer Beziehung keine Fort- schritte gemacht. Die märkische Osemundschmiede bildete die Grundlage der berühmten Drahtindustrie von Altena, Iserlohn und Lüdenscheid . Sie lieferte ein vorzügliches Drahteisen, welches auch im Ausland, selbst in Schweden als das beste galt. An Festigkeit übertraf es das sonst so vorzügliche schwedische Eisen (siehe Seite 86). Infolge- dessen hielten die Osemundschmiede, welche eine geschlossene Zunft bildeten, mit einer Zähigkeit an dem Hergebrachten, welche an Aber- glauben grenzte. Ihr ererbtes Verfahren galt ihnen unbedingt als das beste, an dem es nichts zu verbessern gab, und wenn etwas schief ging, so suchten sie den Grund viel eher in Behexung als in einem Mangel des Verfahrens oder ihrer Arbeit. In Wahrheit war die Ein- richtung in manchen Stücken gegen andere Zainhämmer zurück- geblieben. Jägerschmid , dem wir eine vortreffliche Schilderung der märkischen Industrie des vorigen Jahrhunderts verdanken E. A. Jägerschmid , Bemerkungen über einige Metallische Fabriken der Grafschaft Mark. Durlach 1788. , charak- terisiert diesen Zustand sehr treffend. „Es ist den Arbeitern von jeher nicht erlaubt, Fremde in die Werkstätten zu lassen, also, dass schon in älteren Zeiten der Handlungs- neid dem Fortgang und der Verbesserung der Künste und Wissenschaften sich widersetzte. Allein so lange die Osemundschlacken 40 bis 50 Proc. Eisen in sich enthalten, so lange die Schmiede glauben, ihr Feuer wäre bezaubert, wenn zufällige Umstände die Arbeit verstellen und durch Beten erzwingen wollen, was Kenntnisse und Geschicklichkeiten Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. allein vermögen, so bin ich weit entfernt, zu glauben, dass diese Fabrik denjenigen Grad der Vollkommenheit, dessen sie fähig ist, erreicht habe und bis dahin fällt das Geheimnisvolle auch ins Lächerliche.“ Das Osemundfrischen und den Osemundhammer haben wir früher schon beschrieben (Bd. II, S. 485). Wie gut das Osemundeisen war, geht schon aus seinem Preise hervor; der Karren wurde nämlich mit 53 Thalern bezahlt, während sonst für gutes Stabeisen nur 44 Thaler bezahlt wurde. Die Ausfuhr des Osemundeisens war verboten und durften die Hämmer nur eine bestimmte Zeit im Jahre arbeiten. Die Osemund- schmiede mussten einen Eid leisten, nicht ausser Landes ihr Hand- werk zu betreiben. Der Eid lautete: „Ich .... schwöre zu Gott einen leiblichen Eid, dass ich das Osemundschmiede-Handwerk nicht ausser Landes gebrauchen oder Ausländischen solches lehren, so auch meinen jetzigen und künftigen Reidemeister treu und hold sein, dessen Bestes, so viel mir möglich ist, befördern, und allen Schaden verhüten, auch aus gutem Grunde, nach bestem meinem Vermögen, guten Osemund wieder liefern, und bei Empfang des rauhen Eisens und Wieder- lieferung des Osemundes, auf das Gewicht fleissig acht geben und getreulich damit umgehen will. So wahr mir Gott hilft und sein heiliges Evangelium“. Das Osemundeisen wurde fast alle zu Draht gezogen. Lüdenscheid, Altena und Iserlohn hatten das Recht, Draht zu fabrizieren und waren jeder Stadt die Nummern, die es ziehen durfte, zugewiesen. — Lüdenscheid zog nur groben, Iserlohn nur feinen Draht, Altena die Mittelsorten und stand sich dabei am besten. Aller Draht der drei Städte wurde an einem gemeinschaftlichen Stapel abgeliefert. Dadurch bildeten die drei Städte eine grosse Genossenschaft. Dies war eine grosse Hülfe für den kleinen Fabrikanten, der nicht selbst reisen oder reisen lassen konnte. Er erhielt für seine abgelieferte Ware von dem Stapel einen Schein, der so gut wie bares Geld war. Auch wurde dadurch der Anfertigung schlechter Ware vorgebeugt, da sie alle vor der Annahme besichtigt wurde. Die Kaufleute durften nur von dem Stapel Draht kaufen. Sie gaben ihre Drahtbestellungen auf dem Stapelkontor ab; beeidigte Leute besorgten die Verpackung und dann erst kam er in die Hände des Kaufmanns. Der Betrag der bezogenen Ware wurde ihm belastet, der gelieferten gut geschrieben und alle Quartale wurde abgerechnet. Der Stapel hatte etwa 6 bis 8 Prozent und der Fabrikant oder Reidemeister ebenso viel Nutzen. Beck , Geschichte des Eisens. 30 Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. Am Ende des Jahres wurden die Bücher abgeschlossen und die Dividende verteilt. Der Kaufmann schlug nur einen geringen Nutzen auf die Ware. Die fehlenden und ausgehenden Sorten waren am Eingang des Stapels angeschlagen, so dass sich die Fabrikanten danach richten konnten. Der Drahtvorrat in Altena betrug immer von 100000 bis 150000 Thaler an Wert. Dadurch konnten grosse Bestellungen rasch effektuiert werden. Diese lobenswerte Einrichtung hatte aber anderseits den Nachteil, dass es die Industrie nicht zu einer grösseren als der herkömmlichen Leistung, die ja ausreichenden Gewinn abwarf, anspornte. Überdies war die Produktion dadurch beschränkt, dass auch die Drahtzieher nur eine gewisse Zeit im Jahre arbeiten durften. Dagegen waren die Altenaer Drahtfabriken gegen Konkurrenz in den preussischen Nachbarprovinzen geschützt, wie aus nachfolgendem Kontrakt der Kriegs- und Domänenkammer zu Cleve von 1745 hervorgeht: „Demnach zur besseren Aufnahme derer Drahtfabriken zwischen sicheren Societätsgenossen und denen Reidemeisteren, wie auch Drahtfabrikanten zu Altena, Dahle und Evinghausen ein Contract geschlossen, und dabei Art. 48 u. 49 ausbedungen worden, dass allen mit Draht handelnden Cleveschen und Märkischen, wie auch Moersi- schen Kaufleuten, bey Strafe von 100 Ducaten, verboten werden möge, von denen Drahtsorten, die zu gemeldetem Altena, Dahle und Eving- hausen gemachet werden, keine ausser Landes verfertigen, noch anderen, als in denen Königl. Landen fabricirten Draht einkauffen zu lassen, und Handel damit zu treiben. Se. Königl. Majestät in Preussen etc. unser allergnädigster Herr, auch solchen Contract, wie in allen seinen Clausulen, also in specie in obgemeldten Articulen, allergnädigst confirmiret und bestätiget haben. „Also wird in dessen Confirmität, Namens Höchst Deroselben, hiemit allen Cleve-, Marck- und Moersischen mit Draht handelnden Kaufleuten und Unterthanen wohlernstlich, und bey Vermeidung oberwehnter Strafe von 100 Ducaten, aufgegeben, und anbefohlen, von denen Sorten Draht, so zu Altena, Dahle und Evinghausen fabriciret werden, keine ausser Landes machen zu lassen, noch auch anderen, als in Sr. Königl. Majestät Landen fabriciret, anzukauffen und damit Handel zu treiben. Wobey zugleich allen Richtern, Hoch- grafen, Schultheissen und andern Königl. Befehlshabern, wie nicht weniger den sämmtlichen Magisträten in Cleve und Mark, sodann im Fürstenthum Moers, hiedurch nachdrücklichst anbefohlen wird, auf Requisition des Magistrats zu Altena, den etwa ausser Landes fabri- Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. cirten, von einländischen Kaufleuten anerhandelten Draht, sofort anzuhalten, und nachher Altena zur nöthigen Untersuchung ausfolgen zu lassen, übrigens aber die Uebertreter dieser Verordnung sofort zur Bestrafung hiehin anzuzeigen. Signatum Cleve in der Krieges- und Domainen-Cammer den 22. Juli 1745. Rappard, Geelhaar, Müntz, Schmitz, J. C. Wolmstädt, Durham, Colberg, A. O. v. Raesfeld, B. Rappard, Gazali, v. Schack, Fiedler, Michaelis, S. P. Jänicke.“ Die mechanischen Einrichtungen der märkischen Drahtmühlen waren einfach und veraltet. Wie im Handel, so hielt man in der Technik am Hergebrachten fest und setzte dem Fortschritt passiven Widerstand entgegen. Die einzelnen Drahtmühlen waren klein, meistens mit einem Wasserrad. Das Ziehen geschah auf Grobziehers-, Kleinziehers- und Winders- (Winnen-) Bänken. Die ersten beiden hatten Zangen, die letztere Rollen. Wenn es nicht an Wasser fehlte, so trieb ein Rad vier Scheiben mit den dazu gehörigen Rollen. Jägerschmid tadelt die Konstruktion der Wasserräder, der Zieh- zangen und der Glühöfen, für welch letztere er bessere Öfen mit Steinkohlenheizung vorschlug (s. Fig. 121). In dem Altenaer Revier waren allein 84 Drahtmühlen und wurden hier jährlich 150000 bis 160000 Stück Eisendraht, das Stück zu 10 Pfund gerechnet, angefertigt. Im ganzen waren 800 bis 900 Arbeiter in den Drahtziehereien beschäftigt. Zwei Arbeiter zogen in 14 Tagen 120 Stück Draht; dafür erhielten sie 5½ Stüber, wofür sie dann die Pacht- und die Fabrikationskosten zahlen mussten. Das Eisen erhielten sie von den Reidemeistern, welche auch die Reparaturkosten der Drahtmühlen tragen mussten. Dieses Verhältnis besteht zum Teil noch heute. Der Abgang betrug nur 10 Prozent, es gaben 100 Pfund Osemundeisen 90 Pfund Draht. Ausser dem Eisendraht wurden noch ungefähr 300000 Pfund Stahldraht jährlich für die Aachener Nadelfabriken angefertigt, welche dafür 60000 Thaler zahlen mussten. Das Osemundeisen, welches 1 Zoll dick und 1½ Zoll breit war, kam erst in kleine Handschmieden. Hier wurden die Stäbe bei Stein- kohlenfeuer geheizt und in der Mitte der Länge nach gespalten und an den Enden beigeschmiedet, damit sie in die Zieheisen gingen. So erhielten sie die Grobzieher. Die Stahldrahtstäbe waren ¼ Zoll quadratisch und wurden bei Steinkohlenfeuer in Kleinschmieden rund geschmiedet. Sobald der Draht drei Löcher des Zugeisens passiert hatte, wurde 30* Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. er geglüht. Zuletzt wurde der Eisen- und der Stahldraht durch eine Holzscheibe gezogen, wodurch er eine Art Politur erhielt. Auch die Drahtzieher mussten einen Verbleibungseid leisten. Das Recht, Draht zu fabrizieren, hatte nur ein zünftiges Mitglied der Reidemeisterinnung und das Recht erbte vom Vater auf die Söhne, aber nicht auf die Töchter. Die Fabrikation von Stahldraht war erst in diesem Jahrhundert aufgenommen worden. Den dafür verwendeten „Bördenstahl“ lieferten die Raffinier- oder Reckstahlhämmer. Auch die Einrichtungen dieser Raffinierhämmer entsprach nicht mehr den Anforderungen der Zeit. Namentlich tadelt Jägerschmid die Konstruktion der Schwanz- hämmer, die bei 70 bis 80 Pfund Gewicht und 8 bis 9 Zoll Hub, Stahl- zangen (Pakete) von 40 bis 50 Pfund und 5 bis 6 Zoll Höhe schweissen und gärben mussten. Man schmiedete den Rohstahl erst in Schienen von 2½ Zoll Breite und 2 bis 3 Linien Dicke aus. Die glühenden Stäbe wurden in Wasser gehärtet und in Stücke von 2 bis 3 Fuss zerschlagen. Von diesen wurden 10 bis 12 in ein Paket zusammen- gesetzt, und zwar nahm man erst ein Stück Eisen, dann zwei schlechte Stücke Stahl, dann wieder ein Stück Eisen, nun guten Stahl in die Mitte; unten wieder Eisen, zwei Stücke schlechten Stahl und zuletzt ein Stück Eisen. Dieser Pack, eine „Zange“ genannt, wurde in einer Wellzange in Steinkohlenfeuer zusammengeschweisst und in 5 Linien dicke Stäbe ausgereckt, die dann, wie oben beschrieben, zu Stahl verarbeitet wurden. Der Abgang beim Raffinieren und Strecken betrug 25 Prozent. Dieser „Bördenstahl“ wurde von den Stahldrahtschmieden in achteckige, dünne Ruten geschmiedet, welche in dieser Gestalt in den Zug genommen wurden. Aus 12 Börden lieferte der Stahl- drahtschmied 115 Stück; der Bankzöger hatte von 12 Börden 2 über, lieferte also dem Kleinzöger 117 Stück ab, dieser bekam 3 Stück mehr und lieferte dem Winner 120 Stück, welche dieser seinem Reidemeister abliefern musste. Hatte man den Stahldraht ursprünglich nur für die Aachener Fabriken gezogen, so entstand später, im Jahre 1780, in Altena selbst eine Nähnadelfabrik . Sie war von Aachener Fabrikanten ganz nach dem Muster der Aachener Fabriken gebaut. Die Nadelfabrik gehörte einer sehr vielköpfigen Gewerkschaft; sie musste alles auf den Stapel liefern. Diesen Umständen schreibt Jägerschmid die ungleiche und vielfach geringe Qualität der Nadeln zu, infolge deren die Nadeln keinen Absatz fanden. In der That kam die Fabrik dem Untergang nahe, von dem sie nur durch die Hülfe des für die preussische Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. Industrie hochverdienten Ministers v. Heinitz gerettet wurde. Mit der königl. Unterstützung gelang es dem unternehmenden Bürger- meister Rumpe , die Fabrik wieder in grossen Flor zu bringen Weitere Nachrichten s. Eversmann a. a. O., S. 284. . — Eine zweite kleine Nadelfabrik befand sich in den achtziger Jahren zu Westich. Die Nadelfabrikation schliesst sich unmittelbar an die Draht- bereitung an, indem diese das Rohmaterial für jene liefert. Die älteren Berichte, namentlich von Reaumur über die Anfertigung der Steck- nadeln, haben wir schon mitgeteilt. Über die Nähnadelfabrikation hat Reaumur nichts hinterlassen und besitzen wir über diese Fabrikation erst aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts genauere Nach- richten. Man machte die Nähnadeln entweder aus Stahldraht oder aus Eisendraht, den man nachträglich cementierte. Das letztere Verfahren war in Süddeutschland und in England gebräuchlich, während man in Aachen, Burtscheid und Altena den Stahldraht aus der Mark verarbeitete. Gute Nähnadeln dürfen sich weder biegen noch zer- brechen, dabei müssen sie eine längliche scharfe Spitze und ein längliches Auge haben. Man nannte die Nähnadelmacher „Ein- schläger“ im Gegensatz zu den Stecknadelmachern, den „Aufschneidern“. Die Nähnadelfabriken im fränkischen Kreise waren sehr bedeutend, namentlich waren die Nadeln von Schwabach berühmt. Hier arbei- teten über 100 Meister und Gesellen. Die Nadelfabrik zu Schwabach ernährte an 1200 Menschen und versandte jährlich 180 bis 200 Millionen Nadeln in alle Teile der Welt, wodurch über 130000 Gulden ein- gingen, wovon nur etwa 36000 Gulden für Draht und andere Bedürf- nisse abgingen. Es wurden hier 21 Sorten von runden Nähnadeln, welche mit Buchstaben von A bis S bezeichnet wurden, ferner alle möglichen Sorten von Schneidernadeln, als Segel-, Einbind- und Matrazennadeln, 15 Sorten der Grösse nach, alle Sorten von Beutler-, Kürschner-, Schuster- und Tapetennadeln, sowie Stricknadeln und Stuhlnadeln für die Strumpfwirker verfertigt. Ausser in Schwabach waren in Franken Nähnadelfabriken in Fürth, Nürnberg, Lauf, Aben- berg (Klein-Amberg), in Weissenburg bei Linden, Pappenheim und Gierwangen in Schwaben, ferner zu Röglingen; ausserdem in Süd- deutschland zu Monheim in der Oberpfalz und zu Durlach in Baden. Noch viel bedeutender waren die Nadelfabriken von Aachen und Burtscheid, wo 10000 bis 12000 Arbeiter von den Nadelfabriken lebten. In Aachen gab es zehn bis zwölf, in Burtscheid zwei und Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. in Vaals eine Nähnadelfabrik. Weniger bedeutend war die Fabrik in Altena. Die deutschen Nähnadeln kamen meistens unter französischen Adressen in den Handel. Bekannt waren die Marken: der Strauss, die Sonne, der Hahn, Fortuna, der Engel (Aiguilles à chasses rondes aux marques de l’Autriche, du Soleil, du Cocq, de la Fortune, de l’Ange), welche namentlich zu Nürnberg, Schwabach, Weissenburg und Pappenheim verfertigt wurden. Hohlgefitzte Nadeln unter der Bezeich- nung à la Coupe und façon de Paris wurden am schönsten in Aachen und Burtscheid gemacht. Die Nadelburger Fabrik bei Wienerisch-Neustadt lieferte Lang- augen Nr. 0 bis 8, Rundaugen, Bremer Nadeln, Spanische Nadeln, Sperrnadeln, Bauernnadeln, Schuster-, Kürschner-, Zischenmacher-, Tapezierer-, Schnurmacher-, Handschuhmacher- und Perlnadeln. Sie waren im allgemeinen zu weich. In Frankreich lieferten folgende Orte gute Nähnadeln: Aigle und Erpouse in der Normandie, Bois-Arnaud bei Rugles, Herponnay und Juignette, ebenfalls bei Rugles (Dep. Eure), Bourg in Perche, Franche- ville bei Verneuil, Moreuil, vier Meilen von Mont Didier und Troyes in der Champagne. In England war Birmingham und Umgegend der Hauptsitz der Nadelfabrikation, besonders der Ort Redditch, etwa 14 engl. Meilen von genannter Stadt. Ein alter Sitz der Nadelfabrikation war auch Whitechapel, die östliche Vorstadt Londons. Obgleich die Fabrikation dort eingegangen war, so hatte sich doch der Name Whitechapel-Needles im Handel erhalten. Eine andere bekannte Sorte waren Mackenzies, welche den Faden im Öhr nicht verletzen sollten (warranted not to cut in the eye). Sie hatten ihren Namen von einem Fabrikanten Gilbert Mackenzie , wurden aber von anderen, wie Bartfleet, Mills u. A. ebenfalls gemacht und unter Namen wie Wm. Bartfleets Original Mackenzies verkauft. Man unterschied in England folgende Hauptsorten: Common, Best Common, London, or Milliners needles (Kronnadeln), Long eye und Lo. Lo. eye (Langaugen), Whitechapel fine, between und super- fine, sharps (dünne), blunts (dicke); Whitechapel long eye, fine darning needles (Stopfnadeln), embroidering needles (Sticknadeln), yarn darning needles (Sayettenadeln), long eye (Langaugen), round eye (Rundaugen), looping needles (für Hutmacher), French quitting and cotton needles (Piquénadeln), Tambour needles (Tamburinnadeln) und sailmakers needles, von denen es wieder mehrere Sorten gab. Die englischen Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. Nähnadeln wurden in Weissblechbüchsen (tin cases) verpackt und verschickt. Man machte die englischen Nähnadeln nicht nur aus Eisendraht, indem man sie nachher cementierte, sondern auch aus gewöhnlichem Stahldraht und aus Gussstahldraht. Die Nadeln mussten bis zu ihrer Vollendung durch mehr als 60 Prozesse gehen. In Schwabach war der Gang der Fabrikation etwa folgender: Der meist von den thüringischen Drahthütten bei Schmalkalden und Steinback erhaltene Draht wurde auf dem Richtholz gerade gezogen, mit der Schrotschere bündelweise in sogenannte Schaften oder Schachten, von denen ein jeder zwei Nadellängen lang war, zerschnitten. Die geschnittenen Schafte wurden zwischen zwei glatten eisernen Platten gerichtet und dann zugespitzt. Das Zuspitzen oder Schleifen der beiden Enden geschah ähnlich wie beim Spitzen der Nähnadeln, nur wendete man meistens statt des Spitzringes runde, vom Wasser bewegte Schleifsteine an. Dieses Schleifen geschah trocken. Der Arbeiter erfasste, wie bei dem Schleifen der Stecknadeln, eine grössere Anzahl Schafte und spitzte diese gleichzeitig unter fortwährendem Drehen mit der Hand. Die zugespitzten Schafte wurden mit der Schrotschere in der Mitte durchgeschroten. Das Öhrende wurde mit einer krummen Feile befeilt und diesem Ende auf beiden Seiten des Kopfes mit derselben Feile ein Strich gegeben. In diese mit der Feile bezeichnete Stelle wurde mit einem feinen Drillbohrer ein Loch gebohrt und die länglichen Augen mit der Filzfeile eingefilzt. Alle diese Arbeiten geschahen noch mit der Hand. Die fertigen Nadeln wurden dann in eine Beize von saurem Bier gelegt und wenn sie aus derselben herausgenommen waren, scheuerte man sie zuerst mit Essig, dann mit Wasser und trocknete sie mit Kleien oder Sägespänen in einem beweglichen Fass, in welchem man sie schüttelte. In England bediente man sich zum Scheuern der Nadeln einer besonderen Maschine, welche durch eine horizontale Windmühle bewegt wurde. Alsdann wurden die Nadeln wieder gehärtet, was auf verschiedene Art geschah. Gewöhnlich wurden die Nähnadeln in grosse irdene Töpfe geschüttet, und zwischen jede Lage zartgeschnittene spanische Seife und Hornspäne gethan; der mit diesem Gemenge gefüllte Topf wurde rotglühend gemacht, die glühenden Nadeln wurden in Härte- wasser geschüttet, alsdann mit sehr feinem Sand gescheuert, hierauf nach ihren verschiedenen Nummern und Sorten pfundweise in Packete gepackt. Die eckigen Nadeln erhielten ihre Gestalt in einem dreieckigen Drahtzieherei, Nähnadelfabrikation. Gesenke oder einem mit entsprechender Rinne versehenen Amboss. Dreieckig waren die Anreihnadeln, Schuster-, Pack- und Einbund- nadeln; viereckig Sattler- und Riemennadeln und Ausheftnadeln. Für die Fabrikation der Nadeln mit Maschinen erhielt Thimothey Harris von Waltham Abbey, Essex, am 14. Juli 1797 ein Patent. Seine Erfindung bezog sich auf eine Zuspitzmaschine, deren Schleif- scheiben von Stahl waren. Eine anderweitige neue Verwendung fand der Draht durch die Erfindung der Drahtseile . Der Franzose Reignier , ein Mechanikus im Dienste des Herzogs von Chartres, erfand um 1780 eine Vorrich- tung, mittels welcher man Eisendraht so vollkommen und geschmeidig in Stricke drehen konnte, wie hanfene. Diese Drahtseile verwendete er namentlich für Blitzableiter. Der Engländer Hancok machte ebenfalls Stricke aus Eisendraht, welche kalt gewebt und als Trans- missionen verwendet wurden. Im Grubenbau führte der hannoversche Berghauptmann v. Reden , der Onkel des berühmten preussischen Ministers, die Drahtseile ein. Es war eine Erfindung von ihm und von einem Herrn H. Lunde . Diese eisernen Grubenseile waren Ketten, welche statt der gewöhnlichen Grubenseile in den Berkwerken ver- wendet wurden. Das Eisen dazu wurde auf dem Drahtwerk zu Königshütte besonders bereitet und probiert, ehe es den Bergschmieden, welche die Drahtseile anfertigten, geliefert wurde. Sie kamen in den 80 er Jahren in den Harzer Bergwerken in Gebrauch. Die Fabrikation von Drahtsieben wurde besonders in Böhmen, und zwar in Nieder- kreibnitz und anderen benachbarten Orten des Leitmeritzer Kreises, betrieben. Der stärkste Eisendraht, der dort verarbeitet wurde, hiess Band Nr. 1 bis 6; hierauf folgte Koppeldraht und Sturzdraht, aus welchem die Kornfegen gewirkt wurden. Der feinste Draht hiess Blei, wovon man wieder zehn Nummern hatte. Der Draht wurde gewirkt oder gestrickt. Im ersteren Falle hatten die Siebe viereckige, im letzteren runde Löcher. Stets musste der Draht erst geglüht werden. Das Wirken geschah auf einem einfachen Stuhl, ähnlich einem Webstuhl. Die gestrickten Siebe wurden mit der freien Hand geflochten. Man verfertigte in Böhmen folgende Sorten: feine, gegitterte Dunstsiebe, feine Griessiebe, mittlere Griessiebe, Staub-, Fege-, Raden-, Knotten-, Rollen-, gestrickte Knotten- und Bohnensiebe. Ambossschmieden und Waffenfabriken. Ambossschmieden, Rohrhämmer, Messer- und Waffenfabriken. Auch für die Formgebung grober Stücke wurde die Hand- schmiederei mehr und mehr durch die Arbeit des Wasserhammers verdrängt. Ein Beispiel hierfür bieten die Ambossschmieden. Ambosse wurden früher ausschliesslich mit Handhämmern geschmiedet, und zwar meist mit nur geringer Sorgfalt. In Frankreich wurden die- selben zu der Zeit, als Duhamel seine Abhandlung über die Amboss- schmiede in den Descriptions des arts et métiers De la forge des enclumes par M. Duhamel du Monceau . Descriptions, ed. Bertr., T. XV, p. 65. veröffentlichte, noch vielfach von herumziehenden Schmieden gemacht und geflickt. Die Handbälge dieser Schmiede glichen den Bälgen der afrikanischen und indischen Naturvölker. Öfter wurden ordinäre Ambosse in den Frisch- hütten direkt aus Rohluppen unter dem Luppenhammer geschmiedet. Bessere Ambosse wurden aus einer Anzahl vorgeschmiedeter Stäbe unter einem Wasserhammer geschweisst und geschmiedet. Grössere Ambosse dieser Art wurden aus plattenförmigen Stücken hergestellt, auf deren oberen Fläche, rechtwinkelig zu den Schweissflächen, eine Stahlplatte aufgeschweisst wurde. Während damals in den bedeutenden Ambossschmieden Berlins noch der Handbetrieb herrschte, war in der Grafschaft Mark die Ambossschmiederei mit Wasserbetrieb zu einem wichtigen Industriezweige geworden. Diese Ambossschmiede verfertigten nicht nur Ambosse aller Art, sondern auch sonstige schwere Schmiedestücke, als Hämmer, Walzen, Hülsen, Achsen, Schienen, Wellzapfen, Mühlenkreuze, Sperrhaken, Pumpengestänge, Maschinenteile u. s. w. Ein gut betriebenes Amboss- feuer brauchte jährlich 340 Ctr. Nassauer Luppeneisen, 15 Ctr. Stahl und 104 Karren Steinkohlen. Der Verdienst war ein guter. Rohrhämmer zum Ausschmieden der Gewehrläufe mit Wasser- hammerbetrieb bestanden schon im 16. Jahrhundert, aber erst im 18. Jahrhundert kamen sie zu allgemeinerer Anwendung, namentlich auch zu Suhl. Bei dem Schmieden der Rohre unter dem Rohr- hammer, der etwa 15 kg schwer war, verfuhr man ebenso, wie wir es früher bei den Handrohrschmieden beschrieben haben, und ging die Arbeit bei gutem Material schnell von statten. In sechs bis acht Ambossschmieden und Waffenfabriken. Hitzen wurde ein ganzes Rohr geschweisst. War aber das Eisen schlecht, namentlich rotbrüchig, so ging die Arbeit, besonders das Schweissen, schlechter von statten als bei den Handhämmern, weil der schwerere Hammerschlag zahlreiche Risse an den Schweissstellen veranlasste. Der Rohrschweisser war der wichtigste Arbeiter bei der Rohrschmiede; ihn machte der Meister für alle Mängel der geschmiedeten Rohre verantwortlich. Die ordinären Rohre wurden der Länge nach zusammen- geschweisst, man machte aber auch gewundene, gedrehte und damas- zierte Rohre. Die gewundenen oder Bandrohre (canon à ruban) wurden in der Weise hergestellt, dass man über ein dünnes gewöhnliches Rohr einen 1 Zoll breiten Eisenstab schraubenförmig so aufwand, dass sich die schmalen Seiten desselben berührten. Es wurde dann stückweise schweisswarm gemacht und unter fortwährendem Umdrehen geschweisst, und dabei öfter auf einer Eisenplatte gestaucht. Gewöhnlich wurde dann die ganze innere Hülse herausgebohrt. Die gedrehten Rohre (canon tortu) wurden über einem Dorn geschweisst. Die damaszierten oder türkischen Flintenrohre waren in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts sehr in Aufnahme gekommen. Die Stäbe, aus welchen diese gewunden wurden, waren aus abwechselnden Lagen von Eisen und Stahl zusammengeschweisst P. Wäsström hat darüber 1773 einen Aufsatz veröffentlicht Siehe Abhandl. der Königl. Schwed. Akademie 1773, S. 290. . Er empfiehlt darin diese Fabrikation für Schweden und schlägt folgendes Verfahren vor. Man wähle Stäbe von gutem, weichem Eisen und von hartem Brennstahl und schmiede sie bis auf ¼ Zoll aus. Von diesen schweisst man sieben Schienen abwechselnd von Eisen und Stahl, doch so, dass die erste und die letzte Eisen sind, zusammen und schmiedet sie zu Flachstäben von 1 Zoll Breite aus. Diese haut man in der halben Länge durch, schlägt sie um und schweisst die beiden Hälften wieder zusammen, worauf man sie wieder auf dieselbe Dicke und 1 Zoll Breite ausschmiedet. Diese Stäbe kann man so ver- wenden; will man sie aber noch feiner haben, so kann man das Um- schlagen u. s. w. noch ein- oder mehreremal wiederholen. Man schmiedet die Stäbe in der Weise, dass sie an dem einen Ende, woraus man die Pulverkammer macht, ⅙ Zoll, am andern Ende, den der Mündung, ⅛ Zoll dick macht. Dann rollt man sie schraubenförmig über ein Ambossschmieden und Waffenfabriken. altes Rohr, wie oben angegeben. Als Brennmaterial empfiehlt Wäsström Steinkohlen und warnt vor Tannenkohlen. Rinman bemerkt zu diesem Aufsatz, dass die Türken zu diesem Verfahren aus Mangel an gleichmässigem guten Material gekommen seien, wodurch sie gezwungen wären, die Fehler einer Eisensorte durch die Vorzüge anderer auszugleichen. Nach seinen Versuchen empfiehlt sich folgende Zusammensetzung der Schienen für damaszierte Röhren: 1. Weiches Storbergs Stangeneisen, 2. Brennstahl von Dannemoraerzen, 3. zäher Schmelzstahl und 4. weiches Osemundeisen. Drahtröhren machte man in der Weise, dass man Drahtstücke, Hufnägel u. s. w. in dem kleinen Feuer des Rohrhammers zu einem Deul zusammenschweisste und daraus die Schienen für die Rohre schmiedete. Eine andere Art von Drahtläufen werden wir weiter unten bei der Gewehrfabrikation erwähnen. Der Büchsenmacher Fuller in London hatte durch Versuche gefunden, dass die aus Hufnägeleisen gedrehten Rohre die besten seien. Ebenso wurden die guten spanischen Rohre aus alten Hufnägeln geschmiedet, welche man dazu sammeln liess. Zu einem Laufe, der fertig 6 bis 7 Pfund wog, gehörten 40 bis 45 Pfund alte Nägel. Gute spanische Nagelläufe wurden in Paris bis zu 1000 Francs das Stück bezahlt. Säbelklingen und Messer wurden noch meistens mit der Hand geschmiedet, dagegen wurden die Sensen schon früher auf Wasser- hämmern hergestellt. Besonders geschah dies zu Steiermark, dessen blaue Sensen für die besten galten. Sie waren aus Schweissstahl gefertigt (s. Bd. II, S. 422). Aber auch in Westfalen hatte die Fabrikation blauer sogenannter steierischer Sensen, welche ganz aus Stahl geschmiedet wurden, bereits eine grosse Bedeutung erlangt. Die grösste Fabrik war die der Gebrüder Elbers in Hagen, welche im Jahre 1800 30000 Stück steierische Sensen machte. Ausser dieser gab es noch zwei Fabriken, welche damals zusammen 162 Schmiede und 43 Schleifer beschäftigten. Die Sensenhämmer der Enneper Strasse machten weisse Sensen. Eine Hauptsache war die richtige Zusammensetzung des Gärb- oder Raffinierstahls, und wurde dessen Zusammensetzung von den Raffinierschmieden als Geheimnis behandelt. In England bediente man sich des Cementstahls bei der Sensenfabrikation. Die Blankschmiedearbeit , durch welche hauptsächlich ordinäre Werkzeuge, wie Beile, Äxte, Futterklingen, Spaten, Schaufeln, Haken u. s. w. hergestellt wurden, bildete ein wichtiger Zweig der Eisenveredelung, Ambossschmieden und Waffenfabriken. welcher ebenfalls mit Wasserhämmern betrieben wurde, und zwar mit Schwanzhämmern. Ein wichtiger Teil der Blankschmieden waren die Schleifwerke. Jars sah zu Swallwell bei Newcastle ein gut ein- gerichtetes Schleifwerk, in welchem ein Wasserrad durch eine Über- setzung mit Stirnrad und Trilling eine lange Welle trieb, an der sechs Schleifsteine befestigt waren. Es diente zum Schleifen von Küchen- und Ackergeräten. In Schweden gehörten diese Eisenhämmer zu den Feinschmieden, welche nicht, wie die Schwarzschmieden, unter dem Bergkollegium, sondern unter dem Kommerzkollegium standen. Die Blechschlägerarbeit war eine andere Art der Eisen- veredelung, welche mit sogenannten Tiefhämmern ausgeführt wurde. Diese Tiefhämmer waren lange spitzige Hämmer, welche wegen ihrer Ähnlichkeit mit dem Schnabel eines Spechtes auch Spechtbecher genannt wurden. Die Arbeit selbst hiess das Aus- oder Auftiefen. Ein wichtiger Zweig desselben war das Pfannenschmieden. Der ganze Betrieb war von den Messingwerken auf die Eisenhämmer übertragen. Rinman sah solche Tiefhämmer bei Lüttich zum Schmieden tiefer Kessel und Kasserolle, welche nachher verzinnt wurden, im Betrieb Rinman , Eisen- und Stahlveredelung, S. 336. . Jars hat 1765 in England noch verschiedene Fabriken, welche Stahl verarbeiteten, gesehen und beschrieben, die hier ebenfalls angeführt werden müssen. Dazu gehörte eine Sägefabrik zu New- castle Jars , a. a. O., S. 379. . Man verwendete für die Sägeblätter den gemeinen Stahl (Cement- stahl). Derselbe wurde mit Handhämmern ausgetrieben. Die Hämmer wogen 4 bis 5 Pfund. Man liess den Stahl nur kirschrot werden und trieb ihn mit kleinen Schlägen, wodurch er die nötige Härte (Feder- härte) erhielt und nicht mehr im Wasser gehärtet werden durfte. — Das geschmiedete Sägeblatt wurde alsdann in der Schleiferei geschliffen und hierauf mittels eines gut gehärteten Haueisens die Zähne ein- gehauen. Dieses Haueisen war ein Kaltmeissel, der genau die Form des Zahnes hatte und in einer Führung ging. Nach jedem Hieb wurde er durch eine Feder zurückgestossen, so dass der Arbeiter nichts zu thun hatte, als die Säge fortzuschieben und mit dem Hammer zu schlagen, was bei einiger Fertigkeit des Arbeiters sehr rasch ging. Das Schärfen der Säge geschah mit der Feile. — Gegen Ende des Jahrhunderts machte man die Sägeblätter in England bereits aus- schliesslich aus Gussstahl. Ambossschmieden und Waffenfabriken. In Deutschland wurden besonders in der Grafschaft Mark Säge- blätter fabriziert und dort zuerst auf Breithämmern vorgeschmiedet. Das Austreiben der Zähne geschah in Deutschland mit einer beweg- lichen Stampfe, welche von dem Meister gegen ein im Amboss befestigtes Gesenk gehalten wurde, während der Gehülfe darauf schlug. Albert in Paris erhielt am 12. Septbr. 1799 ein Patent auf eine Säge ohne Ende mit Handbetrieb, welches aber auch in der Hauptsache nur ein senkrecht stehendes Schneidrad war. Nach Rinman Rinman , Geschichte des Eisens, Bd. I, S. 30. ist das kalte Hämmern bei den Sägeblättern höchst notwendig und wird eine sehr geübte Hand dazu erfordert, um auf einem harten und glatten Amboss mit einem polierten und gut verstählten Hammer recht gleichmässige Schläge zu geben, so dass das Blatt nicht schief oder auf der einen Stelle härter als auf der andern gestreckt wird. Mit solchen dichten und mittelmässig starken Schlägen muss man so lange fortfahren, als das Eisen es, ohne Risse zu bekommen, vertragen kann. Um sich überzeugen zu können, dass die Schläge dicht genug nebeneinander erfolgen, schwärzt man die Blätter an den Stellen, wo sie gehämmert werden sollen, etwas mit Steinkohlen oder Kiendämpfen, so dass man jeden Schlag deutlich sehen und sich von der Gleichförmigkeit überzeugen kann. Ein dünnes Sägeblatt von der Länge einer Elle muss auf diese Art eine solche Springkraft erhalten, dass es sich in einen halben Zirkel biegen lässt und dann sogleich wieder in seine vorige Form zurück- springt. Wenn die Zirkellinie ganz gleichförmig ohne Buchten und Biegungen zum Vorschein kommt, ist das Blatt gleichförmig und gut geschlagen. Die Kreissägen waren im vorigen Jahrhundert schon bekannt und im Gebrauch, z. B. zu Rewdinsk, 40 Werst von Katharinenburg im Ural, zum Zerschneiden von Eisen. Jars besuchte ferner auf seiner Reise verschiedene Feilen- fabriken , sowohl in Newcastle als in Sheffield. Die Feilen wurden aus gemeinem Stahl geschmiedet und dann sieben bis acht Stunden in einem Wärmfeuer geglüht und langsam erkalten gelassen, damit sie recht weich wurden. Hierauf wurden sie auf einem Schleifstein poliert. So wurden sie an die Feilenhauer abgeliefert, welche sie in vertiefte Bleiplatten legten und befestigten. Das Hauen geschah mit der Hand mit einem Kaltmeissel. Alle Versuche, mit Maschinen zu hauen, hatten keinen dauernden Erfolg gehabt. Zum Härten bediente Ambossschmieden und Waffenfabriken. man sich ganz lockerer Koks. Die Feilen wurden in Bierhefe getaucht, dann in einen Haufen, der aus einem Gemisch von Seesalz und gestossenen Rinderklauen bestand, gesteckt und so durchgeführt, dass sie von allen Seiten damit überzogen waren. Sie wurden dann zum Trocknen auf eine eiserne Platte nahe dem Feuer gelegt, sodann in ein Koksfeuer gebracht, und zwar so, dass sie der Arbeiter vor Augen hatte. Sobald sie kirschrotglühend waren, nahm er sie heraus und tauchte sie senkrecht, soweit die Einhiebe gingen, in kaltes Wasser, wodurch sie gehärtet wurden. Alsdann wurden sie mit feinem Sand und einer scharfen Bürste abgescheuert und in eine Kufe mit Wasser, in welcher weisser Thon aufgelöst war, geworfen, in welcher sie ver- blieben, bis sie verpackt werden sollten. Der Überzug von Thon schützte so lange vor Rost, bis sie ganz trocken und rein gemacht und mit Öl eingerieben waren, was sie auf dem Transport vor dem Rosten bewahrte. In dieser Fabrik wurden wöchentlich 200 Dutzend Feilen von mittlerer Grösse angefertigt. In Sheffield nahm man in der Regel für die Feilen aus- geschmiedeten Cementstahl. Das Ausglühen geschah in Koks, die man sich in dem Herd selbst bereitete, indem man eine grosse Menge Steinkohlen aufgab, diese entzündete und so lange blies, bis sie auf- hörten zu flammen und zu dampfen; alsdann nahm man sie weg und löschte sie mit etwas Wasser ab. Mit dieser Art „Cinders“ wurden die Stahlwaren geglüht. Die Feilen wurden in Gesenken geschmiedet und beim Erhitzen zeitweilig durch einen Haufen Sand gestrichen. Das weitere Verfahren war ganz ähnlich dem zu Newcastle. In den Schleifereien erhielten die Messerklingen, Scheren, Barbiermesser u. s. w. den letzten Schliff auf einer hölzernen Scheibe, welche 1 Zoll breit, mit Leder eingefasst und mit Schmirgel bestreut war. Diese Scheiben liefen sehr rasch um. Für Klingen hatte man auch hölzerne Scheiben ohne Leder, welche mit Fett und Schmirgel überzogen wurden. Ein gewisser John Baskerville nahm am 16. Januar 1742 folgendes merkwürdige Patent auf das Walzen, Schleifen und Formen von Metallblechen , welche für verschiedene Zwecke lackiert oder gefirnisst werden sollen. „Der Hammerschlag (scale) wird von den eisernen Blechen (plates), wenn sie aus den Walzen kommen, durch Wasser, in welchem Salmiak gelöst ist, und darauf folgendes Ausglühen entfernt, das, was noch haften geblieben ist, durch Abreiben (scouring). Diese Bleche sind dann fertig zum Glätten zwischen Walzen (flatting by the rolls); die letzteren erhalten den nötigen Druck durch einen belasteten Hebel, Ambossschmieden und Waffenfabriken. statt mittels Schrauben. Der Hebel mit einem Laufgewichte wirkt auf das Polster, in dem die Zapfen der Walzen laufen und lässt sich durch Verschieben des Laufgewichtes der Druck vermehren oder ver- mindern und dem entsprechend giebt die obere Walze nach und lässt eine dickere oder dünnere Platte durch. Die Bleche werden fast völlig geglättet (made flat), wenn man sie einige Mal die Walzen passieren lässt. — Nachdem sie abgeschliffen sind, wird auch das Formen oder Richten (moulding) durch Walzen bewerkstelligt. In diesem Falle wird ein flaches Stück Eisen senkrecht und parallel an jedem Ende der Walze aufgestellt und ein Stück der Form (moulding) horizontal an beiden Seiten angelegt, um der Platte die Richtung zu geben, dass sie beim Vor- und Rückgang in einer geraden Linie (a right line) geht.“ Der Schlusssatz ist etwas unverständlich. Am 14. Juli 1759 erhielt Thomas Blockley ein Patent für das Polieren und Walzen von Metallen, um Radreife (tyres for carriages) daraus zu machen. Die Walzen sollten rückwärts und vorwärts gehen, zwei oder mehrere zusammen. Am 31. Juli 1766 nahm John Purnell ein Patent auf die Her- stellung von Schiffsbolzen, Rundstäben und Draht aus Eisen und Stahl. Dazu sollte ein Walzenpaar dienen, dessen beide Walzen entsprechende Erhöhungen und Vertiefungen hatten. Das Metall wurde erhitzt und heiss durch die Höhlungen, welche Rundeisen oder Draht erzeugen, gehen lassen. Die Walzen drehten sich in Zapfen, einer derselben war mit dem Zapfen eines Wasserrades so verbunden, dass eine gemeinschaftliche Muffe auf beide passte. Das Wasserrad trieb so die eine Walze, welche durch ein Kammrad die andere Walze bewegte. Richard Ford nahm am 28. August 1749 ein Patent, Metalle von verschiedenen Dicken auf denselben Walzen in einer Operation auszuwalzen. Entweder sollte eine Walze kegelförmig sein oder drei oder mehr Walzen zusammen laufen, so dass das Muster, welches man walzen wollte, indem es durch ein Walzenpaar durchging, gleichzeitig durch ein anderes gehen konnte. — Da Ford nach diesem Verfahren auch Draht walzen wollte, so ist es wohl kaum zweifelhaft, dass wir hier die erste Idee eines Schnell- oder Feinwalzwerkes vor uns haben. Die Gewehrfabrikation . Die Verwendung von Eisen und Stahl für die Bewaffnung nahm immer grösseren Umfang an. Je stärker die stehenden Heere Ambossschmieden und Waffenfabriken. wurden, je gleichmässiger die Ausrüstung und Uniformierung, je massen- hafter wurden Waffenstücke nach einem und demselben Modell gebraucht. Dadurch ergab es sich von selbst, dass die fabrikmässige Herstellung die Handarbeit des einzelnen Meisters verdrängte. Am meisten war dies bei der Gewehrfabrikation der Fall. Die komplizierte Arbeit, welche ein Gewehr erforderte, zwang zur Arbeitsteilung und zu fabrik- mässiger Herstellung der einzelnen Teile. In dieser Weise war in Deutschland zu Suhl die Gewehrfabrikation zuerst betrieben worden und hatte dieselbe vor dem 30jährigen Kriege alle Länder Europas mit Gewehren versorgt. Suhl hatte unter den Stürmen des 30jährigen Krieges aber furchtbar zu leiden gehabt. Gleichzeitig hatten alle grösseren Staaten eigene Gewehrfabriken gegründet, um bei der Bewaffnung ihrer Truppen von dem unsicheren Bezug von einer aus- ländischen Fabrikstadt unabhängig zu sein. Auf diese Weise ent- standen in Deutschland die Gewehrfabriken zu Herzberg am Harz, zu Spandau und Potsdam in Preussen; ferner in Österreich: zu Wienerisch-Neustadt, Stadt Steyer, Krems, Stockerau, Karlsbad und Weinberg in Böhmen und zu Ferlach in Kärnten; in Bayern: zu Am- berg und Kemnath in der Oberpfalz; in Württemberg: zu Ludwigsburg; in Sachsen: zu Zella im Gothaischen und zu Obernhayn bei Dresden. In England entstanden zu Birmigham bedeutende Gewehrfabriken, welche aber Privatunternehmungen waren; ferner gab es eine in Bridgenorth. In Frankreich haben sich die Gewehrfabriken namentlich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sehr vermehrt. Am angesehen- sten war die in dem ehemaligen Hôtel de la maison du Roi. In dieser waren auch die berühmten Laufschmiede Le Clair Vater und Sohn beschäftigt, deren Doppelflinten sich besonderen Rufes erfreuten und mit 100 bis 200 Louisd’or das Stück bezahlt wurden. Eine bedeutende Gewehrfabrik bestand zu Sedan; ferner wurden Gewehr- fabriken gegründet zu St. Etienne, Charleville, Abbeville und Verdun. Lüttich war schon lange berühmt durch seine Schiesswaffen und machte Suhl Konkurrenz. Es arbeitete aber mehr auf billige Ware, die dann auch entsprechend schlecht war. Eine Lütticher Flinte kostete nicht über 6½ Livres. Ausserdem wurden in den Nieder- landen zu Mastricht Gewehre fabriziert. Spanien hatte seine wichtigsten Gewehrfabriken zu Cordova, Bar- celona und zu Helgoybar, welche das vortreffliche Eisen von Biskaya und Guipuzcoa verarbeitete. In Italien behauptete Brescia seinen alten Ruhm. Ambossschmieden und Waffenfabriken. In Dänemark war eine Gewehrfabrik zu Kronburg. In Schweden wurden zu Norrtelge, Oerebro und Jönköping Gewehre gemacht. In den nordamerikanischen Freistaaten wurde eine Staatsfabrik bei Richmond in Virginien gegründet und eine vorzüg- liche Privatfabrik zu New-Haven. Die grossartigsten Gewehrfabriken waren aber um jene Zeit wohl die kaiserlich russischen. Von diesen war Tula die älteste, denn sie war bereits 1595 mit 30 Arbeitern begründet worden. Aber erst 1717 erhielt sie ihre spätere Gestalt und im Jahre 1737 kam sie in eigentliche Aufnahme. Gegen Ende des Jahrhunderts waren daselbst 5000 Arbeiter mit der Waffen- fabrikation beschäftigt. Die zweite grosse Gewehrfabrik zu Süderbeck wurde 1716 angelegt, die dritte war zu Petrosawodsk in der Olonetz- schen Statthalterschaft, dann gab es eine vierte in Orel, eine fünfte in Moskau und eine sechste in Tobolsk. Die Gewehrfabriken waren mit Maschinenbetrieb eingerichtet und wurden die Maschinen meist durch Wasserkraft betrieben. Die Arbeiten, welche ein Büchsenschmied allein zu machen hatte, wurden in den Fabriken von einer ganzen Anzahl Arbeiter ausgeführt. Da gab es Rohrschmiede, Rohrverschrauber, Schlossmacher und Garniturmacher; letztere waren wieder eingeteilt in Giesser, Plattenmacher, Garnitur- Auffeiler, Graveurs und Stecher. Ferner gab es Ladestockmacher und Bajonettschmiede. Die Schleifer zerfielen in Rohrschleifer und Bajonettschleifer. Diesen folgten die Schmirgler. Endlich gab es noch die Schäfter und Reparierer. Sodann kamen verschiedene Arbeits- maschinen in Anwendung, als Bohrmühlen, Schleif- und Polierwerke, Ziehbänke u. s. w. Zeichnungen der maschinellen Einrichtung einer Gewehrfabrik im vorigen Jahrhundert findet sich in Rinmans Maschinenlehre Afhandling rörande Mechaniken etc. af S. Rinman , T. II, p. 508 — 526. Blumhofs Encyklop. der Eisenhüttenkunde, Art. Gewehre. — Über Maschinen zum Bohren von Flintenläufen s. Luigi Chizzola , Beschreibung einer neuen Maschine, Flintenläufe zu bohren, in Schrebers Sammlung, Bd. X, S. 225, und Machines et Inventions approuvés par l’Acad. des Sciences à Paris, III, p. 71. Machine pour la fabrique des canons de fusil par M. Villons . . Über Verbesserungen in der Fabrikation ist noch folgendes zu erwähnen. In Frankreich schweisste man die Platinen (lames à canon) aus drei verschiedenen Stücken zusammen, von denen das mittlere von der besten Beschaffenheit sein musste und erhalten blieb, dadurch, dass die beiden äusseren es vor der Wirkung des Feuers schützten. Die äusseren Lagen wurden von innen durch das Bohren, von aussen durch das Schleifen wieder weggenommen. Die Platinen wurden erst Beck , Geschichte des Eisens. 31 Ambossschmieden und Waffenfabriken. durch eine Fallprobe mit einem 650 Pfund schweren Bär geprüft. Der Rohrhammer wog 300 Pfund. Über dies Schweissen und Schmieden der Rohre siehe Bd. II, S. 441. Man verbesserte die Platinen zu besseren Gewehren häufig durch Gärben. Bandröhren (canons à ruban) wurden besonders in Spanien gemacht. Hierzu wurden dünne Schienen aus alten Hufeisen, Nägeln u. s. w. ausgeschmiedet und dann über ein schwaches Rohr gewunden und nach und nach zusammengeschweisst. Geschah dies über einem Dorn, so wurde dieser nach dem Schweissen heraus- geschlagen und das Rohr nochmals rotglühend in einem Gesenk- amboss überschmiedet. Die Herstellung der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Mode gekommenen damaszierten Läufe Vergl. hierüber: Abhandlungen der Schwed. Akad. 1773 P. Wäsström , Beschreibung damaszierter Gewehre von Eisen und Stahl. — An essay on shooting 3 te ed., London 1792, deutsch: Versuch über Gewehrfabriken, die Schiesskunst und das Jagdwesen, a. d. Engl. von Timäus , 1792. — Anschütz , Gewehrfabrik zu Suhl. haben wir bereits beschrieben. Sie wurden durch Zusammenschweissen von abwechselnden Lagen von Stahl und Eisen hergestellt. Feiner war die Damastzeichnung der Drahtläufe. Zu ihrer Her- stellung umwickelte man einen Dorn oder einen alten Flintenlauf, der als Dorn diente, etwa nach der halben Länge des künftigen damaszierten Rohres mit feinem ausgeglühtem Draht. Auf jede Lage dieser Umwickelung legte man der Länge nach einige Drahtstäbe zum Zusammenhalten. Während der eine Arbeiter den Draht wickelte, stauchte ihn der andere mit einem Stempel fest gegen den Dorn. Dies wurde fortgesetzt, bis das gewickelte Knäuel so dick war wie etwa ein Mannsschenkel. Hierauf wurde das umwickelte Rohr in die Esse gebracht und der Draht zusammengeschweisst, zuletzt über einem kalibermässigen Dorn. Dies geschah aber ganz allmählich und mit grosser Vorsicht. Der Draht musste wenigstens 20mal geglüht werden, ehe er sich zusammenschweissen liess. Es war eine Kunst, welche nur die geschicktesten Büchsenmacher damals verstanden, weshalb diese Drahtrohre hoch bezahlt wurden. — Ein anderes, weniger solides Ver- fahren bestand darin, den Draht über ein schwaches Rohr zu wickeln und mit diesem zusammenzuschweissen. Um die Zeichnung der damaszierten Rohre hervortreten zu lassen, wurde das Rohr in einem Troge mit Essig, Vitriol, verfaulten Citronen und Scheidewasser so lange liegen gelassen, bis sich die Adern zeigten. Chemie des Eisens. Eine falsche Damaszierung, die aber beim Gebrauch bald völlig verschwand, wurde dadurch hergestellt, dass man das Rohr mit Wachs überzog, die Adern und Zeichnungen mit dem Grabstichel durch das Wachs eingrub und dann das Rohr in obige Beize legte. Das Rohr musste schon vor dem Überziehen mit Wachs poliert sein. Damaszierte Läufe wurden nur für Luxuswaffen verwendet. Erst durch die Verbindung der Schusswaffe mit der Pike durch die Einführung des Bajonetts wurde das Gewehr die alleinige Waffe des Fussvolks (diese Erfindung war von fast eben so grosser Bedeutung wie die des französischen Gewehrschlosses). König Fried- rich I. von Preussen hatte schon das Schnappschloss mit dem Flinten- stein allgemein in der preussischen Armee eingeführt. Das Lunten- schloss war bereits zu Anfang des 18. Jahrhunderts ausser Gebrauch gekommen. Leopold von Dessau führte den eisernen Ladestock ein. Weitere Verbesserungen waren die Einführung fertiger Patronen und konischer Zündlöcher. Hinterlader, mehrläufige und Drehgewehre kamen schon früher vor. Hinterlader kennt man aus den ersten Jahren nach 1600; in Deutschland machte Wetschgi in Augsburg Hinterladungspistolen nach eigener Erfindung. — Marquis von Worcester führte unter seinen Erfindungen Hinterlader und Drehgewehre auf. Patente auf Hinterlader nahmen Abraham Hill 1664, Isaac de la Chaumette, Th. Wright und Ch. Bryne 1772 und Patrik Ferguson 1776; für Drehgewehre Abraham Hill 1664 und James Puckle 1717. Die Chemie des Eisens von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum Sturz der Phlogistontheorie. Die Chemie machte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts grosse Fortschritte, welche auf die Eisenhüttenkunde nicht ohne Ein- fluss blieben. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts hatte die Phlogiston- theorie so allgemeine Anerkennung und Annahme gefunden, dass kaum ein Zweifel an derselben auftauchte. Obgleich sie gerade die Prozesse der Verkalkung und der Reduktion unrichtig erklärte, so beschäftigten sich die Chemiker jener Zeit doch ganz besonders mit diesen Vorgängen, welche allerdings für die Praxis auch von der 31* Chemie des Eisens. grössten Wichtigkeit waren. Metallurgie und Mineralogie hatten der Chemie grosse Anregung gegeben und man muss zugestehen, dass die Chemiker jener Zeit mit rastlosem Fleiss bemüht waren, Licht in das Dunkel der Erscheinungen zu bringen. Dadurch wurden eine Masse neuer Thatsachen entdeckt, deren Wert durch die unrichtigen Erklärungen derselben kaum beeinträchtigt wurde. Auf dem Gebiete der Chemie des Eisens waren es besonders wieder die Schweden , welche an dem Fortschritt arbeiteten; auf dem Gebiete der Mineralogie der Eisenerze Waller und Cronstedt , auf dem Gebiete der metallurgischen Chemie besonders Brandt . Brandt wies im Jahre 1733 das Arsen und 1735 das Kobalt als selbständige Metalle nach In Actis Upsalensis d. 1735. . Man ging, unbeirrt durch die Theorie, welche die Metalle für zusammengesetzte Körper erklärte, darauf aus, Metalle zu isolieren und zu entdecken. Brandt rechnete Arsen und Kobalt unter die Halbmetalle, deren er sechs annahm: Antimon, Wismut, Kobalt, Arsenik, Zink und das Quecksilber, dessen Mangel an Dehnbarkeit ihn veranlasste, es so zu gruppieren gegenüber den sechs wahren Metallen. Er erklärte sich aber bestimmt dagegen, dass man Substanzen, wie Vitriol, Zinnober, Erze, Erden und dergleichen als Halbmetalle bezeichnete, indem diese ausser der Feuerbeständigkeit und Geschmeidigkeit alle Eigenschaften der wahren Metalle besitzen sollten. Um diese Zeit (1741) wurde auch das Platin als ein besonderes Metall erkannt. 1751 wies der schwe- dische Mineraloge Cronstedt auch das Nickel als ein eigenes Metall nach. Brandt machte ausgedehnte Versuche über das Verhalten des Eisens zu den übrigen Metallen , welche er 1751 veröffentlichte Siehe Abhandl. d. Königl. Schwed. Akad. d. Wissenschafften 1751, S. 212: Das Eisen und dessen Verhalten gegen andere Körper etc. . Er schmolz Eisen mit Gold, Silber, Zinn, Kupfer und Blei zusammen und untersuchte die Verbindung von Eisen mit Quecksilber. Ferner schmolz er Eisen mit Spiessglanz, mit Arsenik, mit Kobalt, mit Wismut und Zink. Er untersuchte das Verhalten des Eisens in der Hitze, sowie gegen Säuren, gegen Schwefel, Salze und Glas. Zu letzterem bemerkt er: „Da auch Eisenkalk in viel geringerer Hitze vermittelst beigefügter Glasmaterie verschlackt, als durch etwas brennbares reduziert wird, andere Metalle aber zu ihrem Verschlacken stärkere Hitze brauchen, als zu ihrer Reduktion: so ist dies auch eine sehr vorteilhafte Eigenschaft, wenn sie bei dem Schmelzen recht Chemie des Eisens. in acht genommen wird, und legt den Grund zum Verschlacken des Eisens und zu dessen reiner Absonderung von den edleren Metallen.“ Brandt hatte auch Untersuchungen über den Rotbruch und den Kaltbruch des Eisens angestellt und kam zu dem falschen Resultat, dass rotbrüchiges Eisen Schwefelsäure enthalte, während dem kaltbrüchigen Eisen Arsenik, Wismut (nach anderen Zink) oder Spiess- glanz beigemischt sei. Diese Frage beschäftigte damals die schwedischen Chemiker lebhaft, denn die Königl. Akademie der Wissenschaften hatte einen Preis ausgeschrieben für das beste Mittel zur Entfernung des Kalt- bruchs. Rinman erzählt dazu folgendes Geschichtchen. Bereits 1749 habe ein schwedischer Gelehrter eine Beantwortung der Preisfrage eingereicht und ein unfehlbares Arcanum dafür mitgeteilt. Er behauptete, der Kaltbruch rühre von groben, erdartigen Salpeterteilen her. Wenn man solche Erze glühe und dann auslauge, so erhielte man Salz- krystalle aus der Lösung, deren Menge im Verhältnis zu dem Grade des Kaltbruchs stände. Man solle deshalb, um den Kaltbruch zu entfernen, die Erze pochen, sieben und in einem Reverberierofen unter fleissigem Umrühren mit Holzfeuer kalzinieren; die noch rotglühende Masse solle man dann in eine gemauerte Pfanne schütten und unter Umrühren mit Wasser auskochen, welches das schädliche Salz auflöse. Aus dem zurückbleibenden Erzpulver erhielte man dann im Hochofen das zäheste Eisen und, fügt er hinzu, um das kostspielige Verfahren verlockender zu machen, nicht nur dieses, sondern aus den ersten Erzteilen könne man das feinste Gold und aus der Lauge die vor- trefflichste Universalmedizin herstellen! Um die Chemie der Eisenerze hat sich der berühmte Mineraloge Johann Gottschalk Waller (Wallerius) sehr verdient gemacht, der von 1750 bis 1767 als Professor der Chemie, Mineralogie und Pharmacie an der Universität zu Upsala wirkte. 1767 trat er seine Stelle kränklichkeitshalber an Bergman ab. Wallerius ’ Nachfolger Torbern Bergman hat sich die grössten Verdienste um die Erkenntnis der Eisenverbindungen, namentlich aber um die chemische Analyse des Eisens und der Erze erworben. Bergman war am 20. März 1735 zu Katherinberg, Westgothland, geboren. Von seinen Eltern zum Studium der Theologie und Juris- prudenz, trotz seiner leidenschaftlichen Neigung für Mathematik und Naturwissenschaften, bestimmt, studierte er die letzteren neben seinen Fachstudien heimlich mit solchem Eifer, dass er darüber erkrankte und die Universität verlassen musste. Erst nach seiner Wieder- herstellung gab sein Vater die Erlaubnis, sich ganz seinen Lieblings- Chemie des Eisens. studien widmen zu dürfen. Er wurde erst Adjunkt der Mathematik und Physik und dann 1767 nach dem Austritt Wallers Professor der Chemie und Pharmacie an der Universität zu Upsala. Er widmete sich seit dieser Zeit hauptsächlich chemischen Untersuchungen und seine Erfolge verbreiteten seinen Ruhm durch ganz Europa. 1776 wollte ihn Friedrich der Grosse unter ehrenvollen, glänzenden Bedin- gungen nach Berlin ziehen, aber er konnte sich nicht entschliessen, sein Vaterland, das ihm mit der grössten Bereitwilligkeit die Mittel für seine Untersuchungen gewährt hatte, zu verlassen und lehnte ab. Seine Gesundheit war durch übermässige Thätigkeit erschüttert, seit 1769 kränkelte er, von 1780 an nahm sein Leiden eine schlimmere Wendung und 1784 starb er in seinem 49. Jahre im Bade Wedwer am Wettersee. Er schrieb eine grosse Anzahl kleinerer und grösserer Schriften, darunter 1779: De primordiis Chemiae, 1782: Historia Chemiae medium seu obscurum aevum — beide in das Deutsche übertragen von Wigleb . Einen grossen Teil seiner Abhandlungen sammelte er unter dem Titel Opuscula Physica et Chemica, 6 Vol., 1779 — deutsch von Taber , Frankfurt 1782 bis 1790. Bergmans Arbeiten sind klar und praktisch. Er hatte ein sehr richtiges Urteil darüber, wie weit man der Spekulation in der Natur- wissenschaft Einfluss gestatten und wie weit die Erfahrung allein als Führerin anerkannt werden muss. Fortgesetzte richtige Beobachtungen hielt er für das allein Förderliche in der Chemie und auf diesem richtigen Wege mit eisernem Fleiss voranschreitend, hat er neue That- sachen gefunden, neue Wege gezeigt, welche die Wissenschaft später zu den wichtigsten Resultaten führten. Vorzüglich erfolgreich waren seine Bemühungen, die analytische Chemie auf einen höheren Stand- punkt zu erheben und seine Arbeiten legten eigentlich das Funda- ment für die Zerlegungskunst unorganischer Körper Siehe Kopp , Geschichte der Chemie, Bd. I, S. 246. . Die chemische Analyse auf nassem Wege war damals noch ganz unentwickelt. Die Untersuchungen der Mineralien und Erze wurden fast nur auf trockenem Wege durch Schmelzung gemacht. Auf nassem Wege hatte man bis dahin nur qualitative Untersuchungen angestellt, die aber an grosser Unsicherheit litten; quantitative Bestimmungen durch die Analyse auf nassem Wege zu machen, hatte man noch kaum versucht. Bergman gab zuerst eine vollständige Lehre über die Wahl der Reagentien und über deren Wirkung; er war der erste, der eine Anweisung für den Gang, den man bei der Chemie des Eisens. analytischen Untersuchung auf nassem Wege einzuschlagen hat, auf- stellte, und seine Arbeiten in dieser Hinsicht tragen schon ganz das Gepräge der neueren, exakteren Wissenschaft. Allerdings haben sich seine quantitativen Bestimmungen später als nicht sehr genau herausgestellt. Dies beeinträchtigt aber den Wert seiner Arbeiten nur wenig, denn dieser liegt in der Methode, mit Hülfe derer er eine grosse Menge neuer Gegenstände in das Bereich der chemischen Untersuchung zog und dadurch den Wirkungskreis und das Arbeitsfeld der Chemie erweiterte. Zu seinen Lebzeiten stand sein Ruf als Scheidekünstler so fest, dass man an der Richtigkeit seiner Analysen keinen Zweifel hegte. Er machte namentlich auch die ersten Mineralwasseranalysen, und zwar nach derselben umfassenden Methode, wie sie heute noch geübt wird. Die angebliche Unlöslichkeit mancher Mineralien und Substanzen waren für ihn kein Hindernis, den nassen Weg der Zerlegung anzu- wenden; er suchte und fand die Mittel der Auflösung derselben. Dabei vernachlässigte er über den nassen Weg die trockene Probe keineswegs. Er suchte den Gebrauch des Lötrohres in allgemeine Aufnahme zu bringen und zeigte, wie dasselbe zur Bestimmung von Mineralien mit grösstem Vorteil angewendet werden kann. Unsere ganze Lötrohrprobierkunst basiert auf der Grundlage, welche Bergman ihr gegeben hat. Als Schwede lagen ihm Untersuchungen über das Eisen nahe und diese Arbeiten gehören zu seinen wichtigsten und besten. Er versuchte es, zuerst den Unterschied zwischen Schmiedeeisen, Stahl und Gusseisen durch die chemische Analyse festzustellen, eine Arbeit, die ganz im Geiste der neueren analytischen Chemie ausgeführt ist Siehe Kopp , a. a. O., S. 249. . Er prüfte die verschiedenen Eisenarten durch Auflösen in verdünnter Schwefelsäure und Messen des entwickelten Wasserstoffgases; er fand, dass so Schmiedeeisen das meiste, Stahl weniger, Gusseisen am wenig- sten Wasserstoffgas abgiebt; dass hingegen Schmiedeeisen am wenigsten, Stahl mehr und Gusseisen am meisten unlöslichen Rückstand lässt; er schloss daraus, dass auch der Phlogistongehalt ein entsprechend verschiedener sei und dass sich also Stahl nicht in einem höheren Zustande der Metallizität befinde. Zur Kontrolle untersuchte er auch, wieviel Stahl und wieviel Schmiedeeisen nötig sei, um ein gewisses Gewicht Silber aus seiner schwefelsauren Lösung zu fällen und das Resultat bestätigte seine Ansicht. Er beurteilte ihre Verschiedenheit richtig, indem er sie als Verbindungen in verschiedenen Verhältnissen Chemie des Eisens. aus Eisen mit Graphit , mit welchem auch noch oft Mangan und Kieselerde verbunden sei, ansah. Dabei definierte er den Graphit nicht als gewöhnliche Kohle, sondern, wie Scheele , als eine brennbare Verbindung aus Luftsäure und Phlogiston. Bergman , der noch ganz auf dem Boden der Phlogistontheorie stand, sah allerdings das Eisen selbst noch als einen zusammengesetzten Körper an, insofern ist seine Ausdrucksweise befremdlich, aber die wichtigsten Thatsachen waren durch seine analytische Arbeit erwiesen und konnten später leicht in eine andere theoretische Ausdrucksweise übersetzt werden. Sehr eifrig beschäftigte Metallurgen und Chemiker jener Zeit die wichtige Frage über das Mangan und seine Beziehungen zum Eisen. Das Mangan, das Metall des Braunsteins, ist mit dem Eisen so vergeschwistert, dass es lange Zeit nicht als ein besonderes Metall erkannt wurde. Im Altertum hielt man den Braunstein für eine Art Magneteisenstein. In diesem Sinne sagt Plinius , man benutze den Magnet, um bei der Glasfabrikation das Glas zu entfärben. Diesen Standpunkt teilte noch Agricola . Im Mittelalter machte man insofern einen Unterschied zwischen beiden, als man das Magneterz magnes und magnesius lapis nannte, den Braunstein aber als magnesia bezeichnete, aber noch Basilius Valentinus rechnet ihn unter die Eisenerze. Erst im 16. Jahr- hundert unterschied man den Braunstein als ein besonderes Mineral, dem man in Italien zuerst den Namen Manganensis beilegte. Cardanus sagt in seiner Schrift De subtilitate 1553: „Syderea, quam Manga- nensem Itali vocant, terra est repurgando vitro aptissima, illudque tingens colore caeruleo.“ Immer noch hielt man ihn für ein Eisenerz. Erst der Chemiker Pott , Professor an der Universität zu Berlin, zeigte in seinem examen chymicum magnesiae vitrariorum, Germanis „Braun- stein“, dass das Eisen nicht zu den wesentlichen Bestandteilen des Braunsteins gehöre. Er stellte mehrere Salze des Mangans dar, ohne jedoch das eigentümliche Metall zu erkennen. Er hielt den von ihm untersuchten Niederschlag von Manganoxydulhydrat für eine alkalische Erde, „ähnlich der Alaunerde, mit einem sehr zarten Phlogiston ver- bunden“. Es dauerte bis zum Jahre 1774, ehe Scheele, Bergman und Gahn das Braunsteinmetall entdeckten. Scheele hatte den Braunstein untersucht und mit den verschiedenartigsten Reagentien behandelt, dabei die charakteristischen Eigenschaften der Mangansalze beschrieben, ohne aber dadurch zu dem Schluss geführt zu werden, dass in den Mangansalzen ein neuer metallischer Körper enthalten sei. Er neigte vielmehr zu der Ansicht, dass die in dem Braunstein Chemie des Eisens. enthaltene Erde eine Umwandlungsform der Kalkerde sein könne. Bergman aber, dem die nahe Verwandtschaft des Mangans mit dem Eisen zu klar war, erklärte aus Scheeles Versuchen mit Bestimmt- heit, dass in dem Braunstein ein neues Metall enthalten sein müsse und noch in demselben Jahre konnte er melden, dass seinem Schüler und Mitarbeiter Gahn die Reduktion des Braunsteinmetalles gelungen sei. Bergman nannte das neue Metall Magnesium, in Deutschland nannte man es meist Braunsteinmetall, die Franzosen, Engländer und Italiener nannten es Manganesium und diese Unsicherheit der Bezeich- nung dauerte fort, bis 1808 Buttmann die abgekürzte Bezeichnung Mangan vorschlug und Klaproth sie annahm. Bergman war die wichtige Rolle, die das Mangan bei den Eisen- und Stahlschmelzprozessen spielte, wohl bekannt. Er untersuchte genauer den Anteil, welchen das neue Metall an der Zusammen- setzung der Eisenerze und der Eisenarten habe. Durch seine unvoll- kommene Trennungsmethode fiel leider der von ihm ermittelte Mangan- gehalt durchgehends viel zu hoch aus. Trotzdem gehört auch diese Arbeit Bergmans zu den grundlegenden für die Chemie des Eisens. Bereits 1774 wies Bergman nach, dass das Mangan ein gewöhnlicher Begleiter der Spateisensteine sei. 1781 untersuchte er Schmiedeeisen, Stahl und Gusseisen auf ihren Mangangehalt, wobei er allerdings zu viel zu hohen Zahlen kam. Die Trennung von Eisen und Mangan ist bekanntlich schwierig. Bergman erhitzte entweder das Gemenge von Eisenoxyd und Manganoxyd mit Salpetersäure bis zum Glühen, und löste dann das Mangan mit starkem Essig oder verdünnter Salpeter- säure oder er fällte Eisen und Mangan aus ihrer Lösung mit Blut- laugensalz und suchte dann das Mangan durch vieles Wasser aus- zuziehen. Beide Methoden sind sehr unvollkommen. 1791 schlug Richter das neutrale weinsaure Kali zur Trennung vor, Vauquelin versuchte 1799 die Trennung mit doppeltkohlensaurem Natron, Klaproth wendete 1802 nach Gehlens Vorschlag bernsteinsaures Natron an, statt dessen Hisinger 1806 die benzoesauren Salze vor- schlug. Eine andere wichtige Arbeit Bergmans war die über den Kalt- bruch des Eisens Siehe Kopp , a. a. O., S. 140. . J. C. F. Meyer in Stettin hatte hierzu die Anregung gegeben; derselbe erhielt 1780 aus kaltbrüchigem Eisen einen weissen, erdartigen Körper. Da er denselben sowohl aus dem bezüglichen Roheisen als aus den Sumpferzen, aus welchen dieses Chemie des Eisens. dargestellt wurde, erhielt, so betrachtete er ihn als die Ursache des Kaltbruchs. Da er weiterhin fand, dass man jenen Körper zu einem Korn von metallischem Aussehen schmelzen konnte, so hielt er ihn für ein neues Metall, welches er Hydrosiderum oder Wasser- eisen nannte. Bergman gelang es auch, aus dem weissen Rück- stand ein Metallkorn zu schmelzen, welches er ebenfalls für ein neues Metall, das er siderum nannte, erklärte. Aber schon 1784 berichtigte Meyer seine frühere Angabe dahin, sein Wassereisen sei Eisen mit Phosphorsäure gewesen. Gleichzeitig fand dies auch Klaproth . Beide bewiesen auch die Zusammensetzung des Wasser- eisens durch Synthese; analytisch zeigte sie zuerst Scheele 1785. So wurde endlich die langgesuchte Ursache für den Kaltbruch des Eisens entdeckt und erst von da an gelangte man nach und nach zur Kenntnis der wichtigen Rolle, welche der Phosphor im Eisen spielt. Das Verfahren, welches Bergman bei seinen Analysen eisen- haltiger Substanzen anwendete, war das folgende: Als Lösungsmittel schreibt er Königswasser, eine Mischung von 1 Thl. Scheidewasser (Salpetersäure) und 2 Thln. Salzsäure, vor. Das Erz wird möglichst fein gepulvert, abgewogen und in einem Glas- kolben mit der Säure digeriert, was einige Tage, bei schwer löslichen Substanzen sogar unter Erwärmung bis zur Siedehitze, fortgesetzt wird. Der Rückstand soll auf ein abgewogenes Filtrum von Lösch- papier gebracht und mit heissem Wasser ausgesüsst werden. Das Waschwasser wird mit der Lösung zusammengegossen, welche jetzt alles in dem Erz enthaltene Eisen enthält. — Die Fällung des Eisens aus der Lösung geschieht mit Blutlauge, welche nach einer von Macquer angegebenen Methode aus weissem Fluss (Weinstein und Salpeter im Tiegel abgebrannt) und Berlinerblau hergestellt wurde. Die Reaktion auf Eisen mit Blutlaugensalz hatte Marggraf 1751 bei seinen Wasseruntersuchungen in die analytische Chemie eingeführt. Von dieser Blutlauge wird so lange zu der Eisenlösung zugetropft, als noch ein blauer Niederschlag gebildet wird. Es ist besser, etwas mehr von der Lauge zuzusetzen. Hat sich der Niederschlag abgesetzt, so bringt man alles auf ein gewogenes Filter, süsst den Rückstand auf dem Filter mit heissem Wasser aus, trocknet das Filter, wiegt es mit dem Rückstand, zieht das Gewicht des Filters ab und berechnet das Berlinerblau auf den Eisengehalt. Bergman hatte durch viele Versuche gefunden, dass ein Teil Eisen in der Lösung fast genau 6 Tln. Berlinerblau entspricht und dient dies als Grundlage für die Chemie des Eisens. Berechnung. Man erhielt auf diesem Wege den Eisengehalt viel genauer und richtiger als auf dem Wege der Tiegelprobe. Für gewöhnliche Erzproben genügte es nach Bergman , das Erz in Säure zu lösen, die saure Lösung zu neutralisieren und dann die Menge des Kalks zu bestimmen, der zur Fällung der Eisenerde nötig sei. Aus dieser liesse sich der Eisengehalt des Erzes berechnen. Die Ergebnisse seiner Untersuchung über das Eisen finden sich in der vortrefflichen Schrift De Analysi Ferri Tob. Bergman , Opuscula Physica et Chemica etc. Vol. III. niedergelegt. Wir müssen auf die Schrift selbst verweisen, da wir nur ganz kurz einige der Resultate mitteilen können. Bei der Wasserstoffbestimmung mit Schwefelsäure fand Bergman , dass Roheisen durchschnittlich 40, Stahl 46 und Schmiedeeisen 50 Kubikzoll dieses Gases aus einem Probier- centner entwickelte. Im festen Rückstande fand er bei demselben Eisen (von Forssmark): bei Roheisen 3, bei Stahl 0,5 und bei Schmiede- eisen 0,1 Proz. Die vollständige Analyse für die drei Eisenarten ergab: Der Phlogistongehalt entspricht in Kubikzoll: Bergman hat ferner die grössten Verdienste um die Lehre von der chemischen Verwandtschaft der Anziehung, wie er sie nannte. Die von ihm dafür aufgestellten Grundsätze wurden allgemein ange- nommen. Die Reihe der Verwandtschaft des Eisens zu den übrigen Metallen auf trockenem Wege war nach ihm in absteigender Stärke: Nickel, Kobalt, Arsenik, Kupfer, Mangan, Gold, Silber, Zinn, Antimon, Platin, Wismut, Blei, Quecksilber. Ebenso leistete er Grosses für die Mineralogie, für welche er die erste Klassifikation nach der chemischen Konstitution der Mineralien entwarf. Dabei war er der Erste, der in Verbindung damit die Wichtigkeit der Krystallgestalt als Kennzeichen für die Mineralien nachwies. Wenn Bergman , wie kein Chemiker vor ihm, die Wage benutzte, die qantitative Zusammensetzung der Körper aufs Genaueste zu Chemie des Eisens. erforschen, so ist es uns fast unverständlich, wie der klar blickende Mann doch noch an der Phlogistontheorie festhalten konnte, auch noch zu einer Zeit, wo die neue Lehre vom Sauerstoff schon laut verkündigt wurde. — Dabei ging er in seinem analytischen Bestreben so weit, sich zu bemühen, das Phlogiston selbst quantitativ zu bestimmen. Er ging dabei von der Erscheinung der Metallfällung aus Siehe Kopp , a. a. O., Bd. I, S. 253. und nahm an, dass das fällende Metall sein Phlogiston abgiebt an den Metallkalk, der in einer Säure aufgelöst ist, so dass die Menge des fällenden Metalles, welches sich auflöst, gerade soviel Phlogiston abgiebt, als die Menge des gefällt werdenden zur Existenz im reguli- nischen Zustande nötig hat. Er suchte nun zu bestimmen, wie viel von einem Metall eine gewisse Menge eines andern aus seiner Auf- lösung in regulinischem Zustande ausfällt; er erhielt so diejenigen relativen Mengen zweier Metalle, in welchen seiner Ansicht nach gleich viel Phlogiston enthalten war und durch fortgesetztes Ver- gleichen suchte er die meisten Metalle nach der Grösse ihres Gehalts an Phlogiston zu ordnen. Es ist dies ein glänzendes Beispiel, wie die irrige Lehre vom Phlogiston der richtigen Naturbeobachtung selbst nicht im Wege stand, denn ganz denselben Weg schlugen später die Chemiker ein, um das Umgekehrte nachzuweisen, nämlich das Verhältnis, in welchem sich die einzelnen Metalle mit dem Sauerstoff zu Metallkalken ver- binden. Ein treuer, hochbegabter Arbeitsgenosse Bergmans auf dem Felde der Chemie war Carl Wilhelm Scheele , der 1742 als Sohn eines Kaufmanns in Stralsund geboren war. Seine Begabung zeigte sich erst, nachdem er 1757 als Lehrling in eine Apotheke zu Gothen- burg eingetreten war. Von da ab wendete er allen Fleiss und alle Mühe auf, um sich in der Scheidekunst zu vervollkommnen. Er kam 1773 als Apothekergehülfe nach Upsala und hier wurde Berg- man zuerst auf ihn aufmerksam. Der einfache Apothekergehülfe war aber gar nicht versessen auf die Bekanntschaft des weltberühmten Professors und lehnte dessen Einladung schroff ab. Er hegte nämlich einen leicht erklärlichen Groll gegen Bergman . Ende der 60 er Jahre hatte er eine Arbeit über Weinsäure und ihre Verbindungen an Bergman geschickt, von welcher dieser aber gar keine Notiz genommen hatte. Scheele musste die ganze Arbeit umschreiben und schickte sie an den Adjunkten der Akademie, Retzius , welcher dieselbe aller- Chemie des Eisens. dings 1770 in den Schriften der Akademie abdrucken liess, aber in solcher Fassung, dass ein grosser Teil des Verdienstes auf Retzius fallen musste. Hieraus erklärt sich zur Genüge Scheeles bitteres Gefühl gegen Bergman , denn er hielt sein Betragen für Geringschätzung. Nicht ohne Mühe gelang es Bergman , ihn zu überzeugen, dass nicht böser Wille, sondern Vergesslichkeit der Grund des unliebsamen Ereig- nisses gewesen sei. Nachdem er aber einmal Scheeles Herz gewonnen hatte, entspann sich daraus eine Freundschaft beider für das Leben zum Segen der Wissenschaft, der Bergman und Scheele immer als zwei Sterne erster Grösse vorleuchten werden. Scheele starb 1786, zwei Jahre nach Bergman , nach kaum zurückgelegtem 43. Lebens- jahre. Von seinen Entdeckungen haben wir die der Mangansalze schon genannt, ferner entdeckte er die Molybdän- und die Wolframsäure, ferner die Barytsalze, die Flusssäure u. s. w. Eine für die Metallurgie des Eisens wichtige Arbeit war seine Untersuchung des Graphits . Er wies 1779 nach, dass sich derselbe beim Verbrennen mit Salpeter fast ganz in Kohlensäure verwandle und dass er, mit Arseniksäure erhitzt, diese unter Entwickelung von Kohlensäure zu arseniger Säure reduziere; er schloss, der Graphit sei eine Art mineralischer Kohle, welche viel fixe Luft (Kohlensäure) und Phlogiston enthalte. Das Eisen im Graphit erklärte er für eine zufällige Beimischung. Dagegen sei der „Kies“ im Gusseisen wirklicher Graphit. Eine seiner hervorragendsten Arbeiten war seine chemische Abhandlung über Luft und Feuer Kopp , a. a. O., Bd. I, S. 260. , welche 1777 im Druck erschien. Er wies darin nach, dass die atmosphärische Luft aus zwei ver- schiedenen Bestandteilen besteht, wovon die eine, von ihm Feuerluft genannt, die Verbrennung und das Atmen unterhält, während die andere, welche er verdorbene Luft nannte, nichts zur Unterhaltung dieser Prozesse beiträgt. Zur Zerlegung der Luft bediente sich Scheele einer Auflösung von Schwefelleber, von der er erkannte, dass sie den Anteil an Feuerluft vollständig absorbiert. Er versuchte das Ver- hältnis beider Gase quantitativ zu bestimmen und ermittelte ziemlich richtig ihre specifischen Gewichte. Er zeigte, dass die Metalle bei ihrer Verkalkung Feuerluft aufnehmen und bei ihrer Reduktion wieder davon befreit werden. So hatte er selbst die Thatsachen erforscht, welche die Unrichtigkeit der Phlogistontheorie erwiesen und doch hielt er an letzterer fest, was freilich nur dadurch möglich war, dass er dem Begriff Phlogiston eine ganz andere, künstliche Deutung gab. Chemie des Eisens. Phlogiston war ihm nur ein Hauptbestandteil des Lichtes und der brennbaren Luft; mit vielem Wärmestoff bildete er das erste, mit wenigem das Wasserstoffgas. — Wäre es Scheele vergönnt gewesen, länger zu leben, so hätte er sich gewiss der antiphlogistischen Lehre zugewendet. Auch der grosse Metallurge Rinman stand ganz auf dem Boden der alten Theorie. Wir sehen seinen sonst so klaren Blick überall verdunkelt und gehemmt durch die falsche Lehre vom Phlogiston. Seine Auffassung aller Oxydations- und Reduktionsprozesse erscheint uns fast unbegreiflich. Die Glühspanbildung hält er zum Beispiel für eine Verdunstung des Brennbaren aus dem Eisen. Aus der Erfahrung, dass sich das Eisen bei fortgesetztem Glühen ganz in Glühspan ver- wandelt, geht nach seiner Behauptung die „Erfahrung hervor, dass das Phlogiston oder das brennbare Wesen in dieser Hitze ununter- brochen und unaufhörlich verdunstet und sich zerstreut“. — Dieses Verdunsten des Phlogiston oder dieses Verbrennen zu Schlacke, was ihm gleichbedeutend ist, soll in einem kubischen Verhältnis des Abstandes von innen nach aussen abnehmen. — Dass aber der Zutritt der Luft zu dieser „Verdunstung“ nötig ist, weiss er sehr wohl: „die Verbrennung oder die Entstehung des Glühspans ist desto beträcht- licher, je grösser der Hitzegrad ist, der angewendet wird und je mehr die Luft freien Zutritt hat “. Sowie das Phlogiston verdampft, vermehren sich Gewicht, Grösse und die äussere Oberfläche des zurück- bleibenden verbrannten Metalles. Unmittelbar unter der Schlackenrinde zeigen sich Eisen und Stahl am weichsten und schwersten. Stahl und Roheisen lassen sich durch gewisse langanhaltende Glühgrade, sobald die Metalle nicht unmittel- bar vom Kohlen- und Flammenfeuer berührt werden, ohne einen Kunstgriff oder einen besonderen Zusatz in weiches und geschmeidiges Eisen verwandeln. Das wichtigste Mittel, das Verbrennen des Eisens in der Glühhitze zu vermeiden, besteht in der Verhinderung des Zutrittes der Luft. Hierfür giebt es viele Mittel, deren Verhalten Rinman ausführlich beschreibt (§. 59, 60). Dass der Garschaum und der sogenannte „Kies“ in dem schwarzen, blätterigen Roheisen in seinem Verhalten mit dem Wasserblei oder Graphit vollständig übereinstimmt, war Rinman wohl bekannt. Er sagt, dass, wenn man solches gares, grobkörniges, schwarzgraues Roh- eisen mit Scheidewasser koche, ein Teil sich löse und ein Gewebe von ebenso grossem körperlichen Inhalt zurückbleibe, als das ange- wendete Stück Eisen gewesen sei, welches durchaus die Eigenschaften Chemie des Eisens. des Wasserbleies besitze. So habe sich eine eiserne Kugel, welche viele Jahre auf dem Meeresgrunde in einer metallenen Kanone gesteckt habe, durch die Einwirkung des Seewassers aufgelöst, dass nur solche Wasserbleisubstanz zurückgeblieben sei. Dieser Eisenglimmer stimme aber so sehr mit Kohlenstaub überein, dass man ihn mit mehr Recht gekohltes Eisen (koladt Järn) als Eisenschlacke nenne. Über die Gewichtszunahme des Eisens beim Verbrennen machte Rinman eine Reihe von Versuchen und fand dieselbe 1762, wie Morveau , zu annähernd 27 Prozent. Aber er erklärte dieselbe nach dem Satze, den Scheffer in den Abhandlungen der Schwedischen Akademie 1757 aufgestellt hatte: „Die Metalle nehmen in demselben Verhältnis an Gewicht zu, als sie ihr Phlogiston verlieren und werden umgekehrt in demselben Grade leichter, als sie sich mit dem Phlogiston verbinden“. „Alle Chemiker stimmen darin überein, dass die Kalcination eine Abscheidung des Phlogiston oder des Brennbaren von dem Metall ist und dass die Reduktion in der Wiedervereinigung mit jenem Stoffe besteht. — Die erstere Operation bewirkt aber eine Gewichts- vermehrung, die zweite eine Gewichtsverminderung.“ Weil nun die Gewichtsvermehrung des geschmeidigen Eisens bei der Verwandlung in Crocus 25 Prozent, und die des Roheisens bei derselben Behandlung 27 Prozent beträgt, so kann man schliessen, dass sich die Quantität des Phlogiston im geschmeidigen Eisen zu der im Roheisen wie 25 zu 27 verhält. Das specifische Gewicht der Schlacke eines in starker Hitze verbrannten Eisenstabes fand Rinman gleich 4,810. Rinman hat ebenso eine Reihe von Versuchen über die Reduktion von Eisenschlacken und Eisenkalke angestellt (§. 65, 66). Obgleich er nun die Wichtigkeit des Zutritts der Luft anerkennt, bestreitet er doch, dass die Gewichtszunahme der Eisenkalke der Verbindung mit der Luft zugeschrieben werden könne, vielmehr rühre dieselbe vorzüglich vom Verlust des Phlogiston her. — Hier führt also die falsche Theorie den Experimentator vollständig auf den Irrweg. Rinman war es bekannt, dass man aus manganhaltigen Erzen am besten Stahleisen erzeugen könne. Er erwähnt, dass die Erze, welche in Steiermark und Kärnten, in Schmalkalden und in Siegen den guten Stahl geben, alle braunsteinhaltig seien. Aus den braun- steinhaltigen Erzen von Dingelwik in Daland konnte Rinman bei seinen Schmelzversuchen in einem Rennfeuer immer nur Stahl, niemals weiches Eisen bekommen. Bergman hatte in seiner Streitschrift Chemie des Eisens. über die weissen Eisenerze 1774 zuerst hierauf aufmerksam gemacht und Hjelm hatte 1778 die Bedeutung des Mangangehaltes der Eisen- erze zur Stahlbereitung in einer ausführlichen Arbeit nachgewiesen. Rinman hatte auch viele Roheisensorten auf ihren Mangangehalt untersucht und Scheele hatte in dem aus den Stahlerzen von Swart- wicker erblasenen Roheisen, aus dem guter Stahl gemacht wurde, 16 Proz. Mangan nachgewiesen. Rinman fasst seine Meinung dahin zusammen: „Es geht aus allen Untersuchungen hervor, dass Mangan ein unzertrennlicher Begleiter aller bisher bekannten Stahlerze ist. Man hat daher allen Grund, die ältere Vermutung für sehr wahr- scheinlich zu halten, dass der Braunsteingehalt einigen Eisenerzen die Eigenschaft erteilt, ohne einen besonderen Aufwand von Kunst und Mühe, Stahl oder stahlartiges Eisen zu geben. Bis jetzt ist es aber noch nicht erwiesen, ob sich der Braunstein als Metall mit dem Eisen verbindet, oder ob dieses Metall durch seine starke Anziehung zum Phlogiston nur bewirkt, dass das flüchtige Brennbare feuerbeständiger wird und sich in der Schmelzhitze nicht so leicht vom Eisen trennt.“ Quantz geht weiter, indem er behauptet, dass ohne Mangan kein Stahl entstehen könnte. Er schreibt dem Mangan eine doppelte Wirkung zu, einmal, indem es Erze wie Eisen flüssiger mache, das andere Mal, dadurch, dass es sich mit dem Eisen im Stahl verbinde. Er empfiehlt den Zusatz von Braunstein beim Schmelzen der Erze im Hochofen Siehe Quantz , Eisen- und Stahlmanipulation der Herrschaft Schmalkalden, S. 9 u. 187. . Roheisen ist nach Rinmans Ansicht, der darin Bergman folgt, Phlogiston und Feuermaterie vermischt mit metallischer Erde, wozu noch eine reissbleiartige Substanz (Plumbago) und Braunsteinmetall teils wesentlich, teils zufällig hinzutreten. Was Rinman über die Einteilung der Eisensorten, über die Entstehung derselben und ihr Verhalten beim Vergiessen und Frischen mitteilt, ist im ganzen nicht neu und bezieht sich im einzelnen auf die besonderen Verhältnisse Schwedens. Er klassifiziert das Roheisen in gares Roheisen, und zwar in schwarzgraues mit grossblätterigem Kies (Graphit), graues, fein- und lichtgraues, graues mit weissen Flecken, halbiertes, hagelbuntes und eisstreifiges. Die zweite Gruppe umfasst die grellen oder weissen Roheisensorten, bei denen er unter- scheidet mattweisses, mit unordentlichem Bruch ins Gelbliche fallend, blankweisses, silberfarbig ins Bläuliche spielend, weiss mit blanken, Chemie des Eisens. flachen Flecken. Die garen oder grauen Eisensorten entstehen, wenn weniger Erz gesetzt wird, als die Kohlen tragen können, grelles, wenn soviel Erz gesetzt wird, als die Kohlen tragen können. Giesst man graues Eisen in Metallformen, so dass es sich rasch abkühlt, so wird es auch weiss, und zwar strahlig senkrecht auf die abgeschreckte Fläche. Weisses, grelles Roheisen aus Quicksteinerzen (die schwe- dische Bezeichnung für gutartige, leichtschmelzige Erze) hält er, ähnlich wie Reaumur , für das reinste Roheisen. Rinman macht (§. 286, 287) ausführliche Angaben von den zu den Gusswaren erforderlichen ver- schiedenen Eigenschaften des Roheisens, die zwar nichts besonderes neues enthalten, für den Giessereitechniker aber von Interesse sind, namentlich manche Bemerkungen über Hartguss, wozu das schwe- dische Eisen ja besonders geeignet ist. Er erwähnt, dass man jetzt in der Regel die Geschütze voll giesse und die Seele ausbohre; dass man aber gefunden habe, dass über den Kern gegossene Geschütze, deren Seelen dadurch gehärtet wären, weiter und schärfer schössen. Die grosse Schwierigkeit für das Giessen über den Kern bestände darin, das Innere, die Seele, blasenfrei zu bekommen. Er glaubt, dass dies aber erreicht werden könne, wenn man statt der massiven Kern- stange eine hohle, also ein eisernes Rohr nähme, wie man dies jetzt nur für die Pulverkammer thäte. Über die Mittel, welche zur Weichheit des Eisens beitragen, stellte Rinman viele Versuche an, auf die wir hier verweisen (§. 72 bis 74). Buffon hatte in seiner Geschichte der Mineralien die Behauptung aufgestellt, weiches Eisen verliere durch öfteres Glühen seine Zähigkeit und werde schlechter, und zog daraus den Schluss, dass man Eisen nur möglichst wenig und möglichst selten erhitzen dürfe, dass Eisen durch zwei- oder dreimalige Weissglut verdorben werde u. s. w. Tronson de Courdray hatte diesen Irrtum schon widerlegt und behauptet, dass das Eisen durch öfteres Schweissen sogar besser und zäher werde. Rinman fand dies durch seine Ver- suche bestätigt. Rinmans Versuche, Schmiedeeisen im Tiegel ohne Zusatz für sich zu schmelzen, hatten keinen Erfolg. Dass geschmeidiges Eisen auch durch reine oder salzartige Flüsse nicht zum Schmelzen gebracht werden kann, hatte schon Henkel in seiner Kieshistorie nachgewiesen; mit kohlenhaltigen Zusätzen geschmolzen, veränderte es sich dagegen in ein stahl- oder roheisenartiges Produkt. Er sagt: „In geschmolzenem Roheisen löst sich das geschmeidige Eisen auf und kann darin zum Schmelzen gebracht werden. Ich brachte Beck , Geschichte des Eisens. 32 Chemie des Eisens. Roheisen in einem Tiegel im Windofen zum Fliessen und stellte einen dünnen Stabeisenzain hinein. Nach wenigen Minuten bemerkte ich, dass der Zain schon angegriffen war und in dem flüssigen Roheisen, welches dadurch dick und breiartig wurde und sich zum Frischen neigte, zu schmelzen anfing. Das abgeschmolzene Ende des Eisenzains war zugespitzt und stahlartig geworden. — Diese Erscheinung giebt einen Aufschluss über die Art, wie das geschmeidige Eisen in Roh- eisen übergeht; es verbindet sich nämlich zuerst mit so viel Brenn- barem als nötig ist, um Stahl zu werden, und wenn dann noch mehr Phlogiston hinzukommt, geht es wirklich in Roheisen über, in welchem Falle es als ein flüssiges Metall erscheinen kann. Weil aber das Roheisen dadurch etwas von seinem Brennbaren verliert, so muss es sich dem gefrischten Zustande nähern, oder geschmeidig zu werden anfangen. . . .“ „Aus den Versuchen im kleinen über die Reduktion der Eisen- erze und Eisenkalke in einer minder starken Hitze und ohne Schmelzen im Tiegel, aber mit Zusatz von brennbaren und im Feuer andauernden Substanzen, ist es bekannt, dass das Eisen erst eine Art von Geschmeidig- keit und Zähigkeit erlangt, und dass es nicht eher flüssig wird, als wenn der Hitzegrad bei einem Zusatz von Kohlenstaub aufs Höchste verstärkt wird.“ „Bei dem Frischprozess erfolgt gerade das Gegenteil. Das Roheisen muss nämlich durch die Verjagung des überflüssigen Phlogiston zuerst hartes Eisen oder Stahl werden und sich dann in dem Verhältnis, als es von der Feuermaterie stärker durchdrungen wird, mehr und mehr in weiches und geschmeidiges Eisen verwandeln, welches desto weicher wird, je mehr die Hitze zunimmt und je stärker der Abbrand ist, bis es sich endlich durch den zu grossen Verlust an Phlogiston wieder zersetzt, spröde und zuletzt zur Schlacke wird, in welchem Zustande man es als eine Art von Erz oder als zu seinem ersten Zustande zurückgekehrt ansehen kann.“ Rinman glaubte aber auch, dass die Wärme — der Wärme- stoff — allein im stande sei, Roheisen in weiches Eisen zu verwandeln. Über die specifischen Gewichte verschiedener Roheisensorten machte er noch folgende Ermittelungen: Halbiertes, gutes Roheisen aus Quicksteinerzen von Wärmeland 7,670 Grelles, weisses Roheisen mit dichtem Bruch aus denselben Erzen 7,600 Hellgraues, feinkörniges Roheisen aus Dürrerzen von Norberg 7,050 Dunkelgraues, grobsterniges vom Anfang der Kampagne aus denselben Erzen 7,000 Chemie des Eisens. Graues, grobkörniges aus Smålandischen Wiesenerzen 6,800 Weisses Eisen aus sehr wenig gerösteten Quicksteinen von Forsbeck 7,747 Ähnliches Eisen aus denselben Erzen, die aber stark geröstet waren 7,495 Im Frischfeuer verhalten sich die verschiedenen Roheisensorten wie folgt: a) Graues oder gares Roheisen ist strengflüssig und frischt lang- sam, erleidet aber wenig Abbrand. Es wird besonders beim deutschen Frischprozess verwendet. b) Halbiertes Roheisen frischt rascher und leichter, weshalb es die Frischer mit Vorliebe nehmen. c) Weisses, grelles Roheisen ist leichtflüssig und frischt rasch, allein es erleidet den stärksten Abbrand. Er wird besonders in den Wallonschmieden verarbeitet. d) Gehärtetes Roheisen, d. i. gares Eisen, welches nach dem Erstarren rotglühend in fliessendem Wasser abgelöscht wurde, ist meist frei von anhängendem Sande und schmilzt und frischt leichter wie a). Dass die Anwesenheit von Schlacke beim Schmelzen des Eisens, um dasselbe vor dem Verbrennen zu schützen, notwendig ist, behauptet Rinman mit Bestimmtheit. „Nach allen Versuchen ist es entschieden“, sagt er, „dass der unmittelbare Zutritt der Kohle schon hinreicht, das Eisen in metallischer Gestalt darzustellen, dass sich das Eisen aber ebenso schnell wieder verschlackt, oder dass es sogleich verbrennt, wenn es nicht augenblicklich mit einer glasartigen, das Eisen in der Hitze nicht angreifenden Substanz, welche das einzige wirksame Mittel ist, um das Metall gegen das Verbrennen zu schützen, bedeckt wird.“ Manche Erze führen die Schlackenbestandteile in der richtigen Mischung mit sich, wie die von Dannemora; die meisten bedürfen aber eines Zuschlages und zwar gewöhnlich des Kalkes. Rinman warnt aber sehr vor unreinem Kalk, wozu er als Schwede besondere Veranlassung hatte, da viele schwedischen Kalke Schwefelmetalle eingesprengt enthalten. Gerhard hat zur Aufklärung über die Lehre von der Schlacken- bildung und der Beschickung der Erze beim Schmelzen beigetragen, indem er Schmelzversuche mit den Gangarten, welche die Erze gewöhnlich begleiten, anstellte Berichte der Berliner Akademie, Jahrgang 1781, S. 80. . Er machte seine Versuche in Tiegeln 32* Chemie des Eisens. von Thon, von Kreide und von Kohle in einem Probierofen. Klaproth hat diese Versuche später in einem Porzellanbrennofen wiederholt Siehe Klaproth , Mineralanalysen, Bd. I. . Ebenso hat Lampadius in Freiberg 1798 bis 1800 eine Reihe systematischer Schmelzversuche der schlackenbildenden Substanzen und der Metalloxyde in Thontiegeln und in Kohlentiegeln (d. h. in mit Kohle gefütterten Tiegeln) vorgenommen und im ersten Bande seiner Hüttenkunde veröffentlicht. Rotbruch und Kaltbruch , die beiden wichtigsten Unarten des Eisens, sind Gegenstand der Untersuchung der meisten Metallurgen des vorigen Jahrhunderts, welche sich mit dem Eisen beschäftigt haben, gewesen. Reaumur, Swedenborg und Polhem haben darüber geschrieben, ebenso Jars, Gerhard, Waller, Brandt, Bergman, Horn und am ausführlichsten Rinman . Rotbrüchiges Eisen erweist sich nach Gerhard Siehe Jars , Metallurg. Reisen, Bd. II, S. 645. Anmerkungen. in kaltem Zustande als zäh und weich, ebenso verhält es sich in der Weissglut, während es in der Rotglut beim Biegen bricht. Es rostet leicht und ist deshalb zu Küchengeschirr untauglich, auch nicht zu Öfen, weil es beständig einen unangenehmen Geruch verbreitet. Bei dem Feilen giebt es einen bläulichen Stich. Es kann nur zu kleinen Schmiede- arbeiten verwendet werden. Nach Rinman Rinman , Geschichte des Eisens, §. 119. ist es ferner noch undicht und deshalb für polierte Arbeiten unbrauchbar, und hat wenig Spannkraft, weshalb man es nicht für feine Drähte verwenden kann. Rotbrüchiges Eisen nimmt durch Streichen die magnetische Kraft am schnellsten an. — Als Ursache des Rotbruchs hat man früher haupt- sächlich eine Beimengung von Kupfer, im vorigen Jahrhundert aber schon allgemein eine Beimengung von Schwefel bezeichnet. Das schwedische Eisen aus den Bergerzen neigt mehr zu Rot- bruch als zu Kaltbruch und schrieb man dies früher einem Kupfer- gehalt zu, während in den meisten Fällen der Schwefel die Ursache ist. Nach Rinmans Ansicht war es nicht Schwefel als solcher, sondern er nahm mit Brandt an, dass Vitriol- oder Schwefelsäure in dem rotbrüchigen Eisen enthalten sei. Er glaubte, dass auch alle anderen Säuren, z. B. die des Flussspats, wenn sie sich mit dem Eisen verbinden, Rotbruch erzeugen. Das einzige Mittel, den Rotbruch zu verbessern, bestehe darin, die Ursache desselben — also namentlich den Schwefel — zu entfernen. Das wichtigste Mittel hierfür sei das Rösten der Erze. Chemie des Eisens. Kaltbrüchiges Eisen ist nach Gerhard hart, lässt sich in der Wärme gut bearbeiten und biegen, in der Kälte aber springt es sehr leicht, kann kalt nicht gehämmert werden und hat meist ein hell- glänzendes, mehr blätteriges als sehniges Gewebe. Es rostet nicht so leicht und nimmt eine schöne Politur an. Es eignet sich für alle Gegenstände, die keinen Stoss auszuhalten haben, auch für dünne Bleche und für Nägel. Zu Gusswaren ist es sehr geeignet, da es dünnflüssig ist und sich gut vergiesst. Für Stahl ist es unbrauchbar. Eine sehr gute Eigenschaft ist seine Schweissbarkeit. Es schweisst leicht und bei geringerer Hitze als andere Eisensorten. Es rostet nicht so rasch und nimmt die magnetische Kraft nicht so gut an wie rotbrüchiges Eisen. Kaltbrüchig waren namentlich die aus Wiesen- und Sumpferzen dargestellten Eisensorten und da man in Norddeutschland früher fast ausschliesslich diese Erze verschmolz, so stand namentlich das deutsche Eisen in früheren Zeiten im Ruf der Kaltbrüchigkeit. Die Ursache dieses Fehlers blieb viel länger verborgen und beschäftigte viele Chemiker. Brandt nahm eine Beimengung von Arsenik, Wismut oder Spiessglanz an. Waller und Gerhard behaup- teten, dass der Mangel brennbarer Teile den Kaltbruch hervorbringe. Cramer schrieb den Kaltbruch der Beimengung einer schlackigen Erde zu; dem widersprach aber der Umstand, dass sich der Kaltbruch durch Gärben und Schweissen nicht verminderte. Bergman und Meyer sprachen zuerst die Ansicht aus, dass die Ursache des Kalt- bruchs ein noch unbekanntes Halbmetall sein möchte. Meyer fand aber, dass sein vermeintliches Hydrosiderum eine phosphorsaure Eisenverbindung war. Seitdem sah man die Phosphorsäure als die Ursache des Kalt- bruchs an. Rinman schreibt aber noch in seiner Geschichte des Eisens die Ursache des Kaltbruchs dem Mangel einer dem Eisen eigentümlichen Säure zu. Der eigentliche Vorgang der Kohlung des Eisens war Rinman noch ganz unbekannt, dagegen sind seine Beobachtungen dieser Erscheinungen, für welche ihm nur der richtige Schlüssel der Erklärung fehlte, klar und bestimmt. Er erzählt, dass bei einem Hochofen im Bergrevier zu Nora, welcher das vortreffliche Asboberger Erz — eine Art Hämatit — verarbeitete, durch den Fehler eines Arbeiters einmal so viel Erz aufgegeben worden sei, dass die Kohlen es nicht schmelzen konnten und die Stücke in halbrohem Zustande aus dem Gestell ausgekratzt werden mussten. Chemie des Eisens. „Die Erzstücke hatten sich äusserlich mit einer dünnen Haut von teils zähem, teils stahlartigem Eisen überzogen, welches sich kalt biegen und schmieden liess; inwendig lagen aber die Erze noch wie ein Kern in der Schale, in körniger Gestalt, völlig ungeschmolzen und bloss stark blau gebrannt. „Aus dieser Beobachtung scheint mir deutlich und unwidersprech- lich hervorzugehen, dass das Eisen in dem ersten Grade der Schmelz- hitze aus den Erzen, worin es sich im mineralisierten Zustande befindet, als ein geschmeidiges Metall reduziert wird, oder dass es zuerst als gefrischtes Eisen erscheint; worauf es in einer stärkeren Hitze und durch Aufnahme von mehr Phlogiston zum zweitenmal in Schmelzung gerät, als Roheisen zum Vorschein kommt, bei welcher zweiten Schmelzung fast alles Eisen und selbst das, was sich beim ersten Grade des Frischens etwa in Glühspan oder Schlacke verwandelt hat, in Roheisen übergeht. — Es folgt hieraus, dass sich die Erzeugung oder Schmelzung des gefrischten Eisens in kleinen Blaseöfen, oder in den Rennfeuern, auf den Eintritt des ersten Reduktionsgrades gründet.“ Rinman hat durch Versuche nachgewiesen, dass Roheisen durch fortgesetztes Glühen im Blechglühofen unter Abbrand von 26 Proz. Eisen in vollkommen geschmeidiges Eisen verwandelt wird. Ein Tümpeleisen, welches nach mehrwöchentlichem Betriebe eines Hoch- ofens herausgenommen wurde, war zur Hälfte fortgeschmolzen, der übrig gebliebene Teil war innen Stahl, aussen Schmiedeeisen. Abbrand und Zeitaufwand sind aber zu gross, um dieses Verfahren praktisch zu verwerten. Beschleunigt wird dieses Weichwerden des Roheisens durch Glühen in gewissen Stoffen, wie dies Reaumur bewiesen hat. Roheisen wird schon geschmeidig durch Schmelzen im offenen Feuer, wobei es eine möglichst grosse Oberfläche haben muss. Durch Umrühren und Durcharbeiten des geschmolzenen Eisens wird dieser Vorgang beschleunigt. Hierauf beruhen die Frischprozesse. DIE MASCHINEN IN DER ZWEITEN HÄLFTE DES ACHTZEHNTEN JAHRHUNDERTS . James Watt und die Dampfmaschine . Die Feuermaschine hatte nur eine sehr einseitige Benutzung gefunden; nur zum Betriebe von Pumpwerken war sie zu gebrauchen. Dafür hatte sie allerdings mit der Zeit eine grossartige Verwendung in England erlangt, namentlich bei dem Bergbau. Sie verrichtete die Wasserhaltung der Zinnerzgruben von Cornwall und vieler Stein- kohlenbergwerke im nördlichen England. Die Fortführung des Tief- baues, die Abtäufung und Trockenhaltung tiefer Schächte war an vielen Plätzen nur ermöglicht durch die Wasserhaltung mittels starker Maschinen. Versuche, die Feuermaschine auch für andere Zwecke, als selbständigen Motor zu benutzen, waren nicht viele gemacht worden und die gemacht worden waren, hatten geringen Erfolg gehabt. Die ungleiche Bewegung beim Auf- und Niedergang, das stossartige Ein- setzen beim Wechsel, namentlich bei der Abwärtsbewegung, liessen es sehr schwierig erscheinen, einen regelmässigen Gang durch Umsetzung zu erreichen. Besondere Schwierigkeiten machte die Umsetzung der geradlinigen Bewegung in eine Drehbewegung. Vorschläge wurden allerdings hierfür gemacht. So nahm Jonathan Hull im Jahre 1736 ein Patent, um mittels einer Feuermaschine die Ruderräder eines Schiffes und damit das Schiff selbst zu bewegen Tredgold , on steam engine, p. 14. , aber sein Projekt kam nicht zur Ausführung. Am 21. Oktober 1740 nahm John Wise ein Patent für eine Feuermaschine, welche Wasser nicht durch Pumpen heben sollte, James Watt und die Dampfmaschine. sondern mittels Rädern, Ketten, Seilen, Flügelstangen u. s. w. einen getrennten Bewegungsapparat in Bewegung zu setzen bestimmt war. In der Patentbeschreibung wird gesagt: „Die Feuermaschine selbst arbeitet nach den neuesten Verbesserungen, aber statt durch Pumpen Wasser zu ziehen oder zu pressen, ist an dem Ende des Balanciers (working beam) eine Kette, Seil oder Stange befestigt, welche senk- recht zu meiner neuen Erfindung oder Maschine niederkommt. Diese befindet sich unter einem besondern von der Feuermaschine getrennten Dach und besteht aus einer horizontalen Welle (shaft), an welcher sich Räder bewegen, in der Weise, dass ein Rad mit eisernen Drillingen (rounds) an der Welle fest ist, in welche eiserne Triebe (dogs) mit Zähnen, welche in die erwähnten Drillinge eingreifen, die Welle halb umdrehen und dann auslassen. Das zweite ist ein doppeltes Drehrad (double tumbling wheel), an welchem die oben erwähnte Kette und Triebe befestigt sind, und welches ebenfalls mit der Achse halb umgedreht wird durch den senkrechten Hub der Feuermaschine und dann wieder durch ein Gewicht an seine ursprüngliche Stelle zurück- gebracht wird, während ein Schwungrad die erwähnte Welle in Bewegung erhält, so dass sie sich im Kreise dreht. Wenn sie aber für grosse, schwere Arbeit dienen soll, wie Aus- platten (plating) oder Walzen von Kupfer, Eisen u. s. w., so arbeitet sie dadurch, dass das gehobene Wasser auf ein oberschlächtiges Rad fällt, das an der horizontalen Achse fest ist, wobei ein Wasserstrahl von zwei Oxhoft so viel arbeitet, als sonst 1000 Oxhoft in der Stunde.“ Im Jahre 1740 kamen als eine Neuheit gusseiserne Kurbeln bei der Maschine der London-bridge-Waterworks in Anwendung. Im Jahre 1757 gab Keane Fitzgerald gleichfalls Vorrichtungen an, welche bezweckten, die Dampfmaschine auch für andere Zwecke als zur Bewegung von Pumpen nutzbar zu machen und er schlug dabei ein Schwungrad vor, um eine gleichartige Bewegung zu erhalten Phil. Transactions I, p. 53 bis 157. . Einen Erfolg hatten aber diese Vorschläge nicht. Dagegen erzählt Jars in seinem Reiseberichte von 1765 von einer Feuermaschine, welche bei einem Kohlenbergwerk in der Gegend von Newcastle zur Förderung verwendet wurde. „Ungefähr acht Meilen nordöstlich von Newcastle“, schreibt er, „unweit dem Dorfe Hartley, betreibt ein grosser Gutsbesitzer, der zugleich mit dem Bergregal beliehen ist, sehr viele Kohlengruben. Eine seiner Feuermaschinen ist sehr beträchtlich; sie ist mit zwei grossen Kesseln versehen, welche den James Watt und die Dampfmaschine. Dampf in einen 60 Zoll weiten Cylinder einführen. Diese Maschine treibt eine andere zur Kohlenförderung, was eine ganz neue Erfindung ist. Ich habe ihren Mechanismus nicht beobachten können, weil sie eben, als ich mich daselbst aufhielt, nicht ging, auch der Ort, wo sich das Räderwerk befand, verschlossen war. Man versicherte mir aber, sie sei sehr künstlich zusammengesetzt und bestehe aus sechs bis sieben Rädern, deshalb sei sie aber auch sehr zerbrechlich und man wende sie nur selten an. Der Erfinder und Erbauer habe ein Patent darauf auf 14 Jahre.“ Jars fügt hinzu: „Es würde besser sein, anstatt einer solchen Maschine, die notwendig sehr viel Kraft von der Feuermaschine verbraucht, durch Hülfe der letzteren das Wasser auf ein Kehrrad zu heben, durch welches die Förderung der Kohlen geschehen könnte.“ Diese Ansicht entsprach der damals herrschenden Meinung in England. 1742 hatte zuerst Champion in Bristol mit einer Newcomen-Maschine Wasser auf ein Schaufelrad gepumpt und es dadurch in Bewegung gesetzt und dieses Verfahren, so unrationell es uns heute erscheint, fand Anklang und wurde von den ersten Ingenieuren angewendet. Selbst Smeaton hielt es für die beste Methode der Krafterzeugung durch die Feuermaschine und wendete es vielfach an, auch dann noch, als Watt bereits seine ver- besserte Dampfmaschine erfunden hatte. Auch auf den Eisenwerken zu Carron wurde, nachdem durch die Vergrösserung des Werkes Wassermangel eingetreten war, nach Smeatons Plan eine Feuer- maschine aufgestellt, welche das Wasser aus dem Untergraben wieder in den Obergraben des Wasserrades pumpte. Vordem hatte bereits im Jahre 1736 ein gewisser Wrigley in ähnlicher Weise mit einer Dampfmaschine das Wasser eines Baches in den Obergraben eines Wasserrades gepumpt, welches die Blasebälge von Busham furnace bewegte: das erste durch Dampfkraft, wenn auch indirekt, bewegte Hochofengebläse. Im Jahre 1775, als Watts Kondensationsmaschine bereits erfunden und in Anwendung war, erbaute Smeaton eine Ölmühle bei Hull, wobei er in gleicher Weise das Wasser mit einer Feuermaschine auf ein Schaufelrad pumpte, um die Drehbewegung hervorzubringen. Aber die Feuermaschine selbst bedurfte der Verbesserung. Sie verschlang infolge ihrer unvollkommenen Konstruktion Unmassen von Kohlen. Auf den Steinkohlenbergwerken selbst, wo die Abfallkohle, die unter den Kesseln verbrannt wurde, keinen Wert hatte, machte sich dies nur wenig fühlbar, ganz anders aber war dies in Cornwall, wohin die Kohlen von weither erst zu Wasser und dann zu Lande James Watt und die Dampfmaschine. nach den Bergwerken gebracht werden mussten. Hier waren die Kosten der grossen Feuermaschinen so enorm, dass sie fast den ganzen Gewinn verschlangen. Abhülfe that Not. Man suchte sie zunächst in Verbesserungen der Dampfkessel. Schon 1730 hatte Dr. Allen Versuche in dieser Richtung gemacht. 1748 erhielten Thomas Stephen und Moses Hadley ein Patent auf einen verbesserten runden Kessel, bei dem die Feuergase in Zügen durch den Kessel gingen. Viele ähnliche Patente folgten. 1756 erfand Sampson Swain einen Kessel, in dem die Feuergase durch ein Schlangenrohr das Wasser im Kessel erwärmten. Eigenartig war das Patent von John Wright für einen verbesserten Dampfkessel. Derselbe war geteilt, das Speisewasser fiel am heissesten Punkt ein und die über- flüssige Wärme sollte zum Rösten von Eisenerzen u. s. w. verwendet werden. Verbesserungen an der Maschine selbst erstrebte Brindley . 1758 erbaute er eine Maschine für Newcastle-under-Tyne, welche nur 150 £ kostete, während bis dahin keine Maschine unter 500 £ gekostet hatte. 1759 nahm er ein Patent für verschiedene Ver- besserungen, fand aber so viele Schwierigkeiten, dass er sie nicht ausführen konnte. 1762 baute ein gewisser Hindley in York eine Maschine ohne Balancier. Die Pumpenstange befand sich unter dem Cylinder und war mit der Kolbenstange durch ein Rahmenwerk ver- bunden. In demselben Jahre konstruierte John Oxley zu Leaton Delaval einen Apparat, um Maschinen mit kontinuierlicher Kreis- bewegung direkt von dem Balancier aus zu bewegen. Diese Maschine wurde nach einigen Jahren wieder abgeworfen. Inzwischen gab man den Feuermaschinen, entsprechend den grösseren Anforderungen, immer grössere Dimensionen. Dies war nur dadurch möglich, dass man, namentlich zu Coalbrookdale in Shropshire, gelernt hatte, so gewaltige Cylinder zu giessen. Der grösste Cylinder seiner Zeit wurde am 26. Februar 1763 für Newcastle gegossen. Er war 6½ Fuss hoch und 74 Zoll weit, wog ohne Boden und Kolben 6½ Tons, mit Boden und Kolben 11 Tons. Er war ein Muster von Eisenarbeit und sollte 15⅓ Tonnen Wasser mit jedem Hub bewältigen. Es ist dies dieselbe Maschine, die Jars 1765 auf der Walker-Grube sah. Sie hatte vier grosse Kessel, von denen drei beständig im Feuer waren. Die Kessel waren, soweit sie vom Feuer bespült wurden, aus Sturzblechtafeln zusammengenietet; der obere Teil des Kessels war rund aus gegossenen Tafeln zusammengesetzt, das Stück unmittelbar unter dem Cylinder war ganz von Kupfer. Jars bemerkt, dass dies James Watt und die Dampfmaschine. Zusammensetzen der Kessel aus verschiedenen Materialien veraltet sei und dass man sie jetzt ganz von Eisenblech mache. Jeder Kessel war in einen besondern Ofen eingemauert und hatte seinen eigenen Schornstein. Die Flamme musste in einer Spirallinie um den gewölbten, kegelförmigen Boden des Kessels spülen. Die beiden Feuer- maschinen bei Chacewater in Cornwall bei den Bergwerken Wheal Rose und Wheal Bury, welche 66 und 72 Zoll Durchmesser hatten, verbrauchten eine jede ungefähr 13 Tonnen Kohlen den Tag. Um den Bergwerksbesitzern eine Erleichterung zu verschaffen, gewährte die Regierung für jedes Chaldron Steinkohle 5 Schilling Steuernachlass, aber auch das genügte in verschiedenen Fällen nicht und die Klage wurde allgemein, dass der Kohlenverbrauch die Bergwerke in Cornwall unrentabel mache. Smeaton , der bedeutendste Maschineningenieur seiner Zeit, bemühte sich eifrig, die Feuermaschine zu verbessern, aber nicht durch neue Ideen, sondern nur durch sorgfältigere Ausführung und zweckmässigste Verteilung der Stärken und Gewichte der einzelnen Teile. Um dies zu erreichen, stellte er in seinem Hause bei Austhorpe eine Modellmaschine auf und indem er diese nach und nach in allen ihren Teilen verbesserte, gelang es ihm, sie so vollkommen wie mög- lich zu machen. Er brachte auf diesem Wege allerdings die Feuer- maschine zu grösstmöglicher Leistungsfähigkeit und erzielte nicht unbeträchtliche Kohlenersparnis. Dabei baute er Maschinen von ungeheuren Dimensionen. An einer seiner Maschinen hatte er einen so grossen Balancier, dass 40 Pferde nötig waren, ihn in Bewegung zu setzen. Die 1775 von ihm konstruierte Maschine für Kronstadt hatte 66 Zoll Cylinder und 8 Fuss Hub. Sie galt für stärker als irgend eine in England und sollte in 24 Stunden 29300 Tonnen Wasser 52 Fuss hoch heben können. Seine später gebaute neue Chacewater-Maschine von 150 Pferdekräften galt als eine unerreichte Leistung auf dem Gebiete des Maschinenbaues. Sie hatte 74 Zoll Durchmesser und 10½ Fuss Hub. Der Cylinder wog 90 Centner 14 Pfund und kostete der Centner 28 Schilling. Aber alles das genügte nicht; die Feuermaschine war und blieb eine höchst einseitige Maschine. Die Dampfkraft war noch weit davon entfernt, die Wasserkraft ersetzen zu können. Es fehlte eine neue Idee, eine vollkommene Maschine, ein Erfinder. Dieser war bereits geboren in der Person des unsterblichen James Watt . Wenn man im täglichen Leben James Watt schlechthin den Erfinder der Dampfmaschine nennt, so ist dies ja nicht richtig, aber James Watt und die Dampfmaschine. es liegt dem doch eine grosse Wahrheit zu grunde, denn das, was wir heute unter einer Dampfmaschine verstehen, der Motor, der für alle Zwecke verwendbar ist, der fast überall anzubringen, jede Form der Kraftübertragung ermöglicht, ganz kleine und riesengrosse Arbeit zu leisten vermag, diese Dampfmaschine hat in der That niemand als Watt erfunden. Auch hat keine Erfindung eine so gewaltige Wirkung auf Technik und Industrie, ja auf die gesamte Kultur ausgeübt als die Erfindung der Dampfmaschine. Aus Eisen gebaut, ein Kind der Eisenindustrie, hat sie diese zu den grossartigsten Fortschritten geführt, und wenn wir von einer neuen Zeit sprechen im Gebiete der gesamten Technik, so beginnt diese mit der Erfindung und Einführung der Watts chen Dampfmaschine. Diese Erfindung hat einen viel gewaltigeren Umschwung der Kultur herbeigeführt als die ihr unmittel- bar folgende französische Revolution, wir rechnen deshalb die neue Zeit in unserer Kulturgeschichte am richtigsten von der Erfindung der Dampfmaschine an. Ein besonderes Interesse bietet Watts Erfindung auch dadurch, dass wir ihre Entstehung, Entwickelung und Vollendung so genau verfolgen können, wie wohl bei kaum einer andern Erfindung. Watt hatte von früh an eine Anzahl hochgebildeter Freunde, die sich für seine Bestrebungen interessierten, dabei besass er ein Bedürfnis, sich und seine Gedanken mitzuteilen, und war ein eifriger Briefschreiber. Seine Briefe enthüllen uns die Geschichte seines Lebens und die Geschichte seiner Erfindung. Und selten wohl war ein ganzes Leben so ganz von einer Idee, einem Streben erfüllt. Darauf beruht ein grosser Teil von Watts ausserordentlichem Erfolg. Aber nicht darauf allein. Es kamen vielmehr viele günstige Momente zusammen: das Bedürfnis nach der Erfindung, die angeborene Erfindungsgabe Watts , seine klaren theoretischen Kenntnisse, welche ihn die Grenzen des Erfindbaren erkennen liessen, die sich aber auch, verbunden mit einer lebhaften Phantasie und dem Drang zum Erfinden, zu Intuition der Erfindung steigerten, alle diese Eigenschaften begleitet von einem genialen mechanischen Geschick, praktischem Blick und praktischer Übung in den Mitteln der Ausführung. Hierzu gesellte sich mit dem Glauben an die Erfindung eine grosse Geduld und Ausdauer und hierin begegnet uns deutlich jenes merkwürdige psychologische Phänomen, dass die Ideen den Menschen beherrschen können im Widerstreit mit seinem Körper. Watt war von Kindheit an zart und schwächlich und litt später furchtbar unter nervösen Kopfschmerzen. Diese wurden durch sein rastloses Grübeln, James Watt und die Dampfmaschine. Denken, Erfinden gesteigert, oft erst veranlasst, machten ihn häufig zu jeder Arbeit unfähig und bereiteten ihm so schmerzliche Qualen, dass er seinen Drang zum Erfinden mit samt seinen Erfindungen, die ihn in der ersten Zeit seines Lebens nur vom sicheren Erwerb abhielten und ihm Mühe und Unannehmlichkeiten bereiteten, ver- wünschte und sich nach einem beschränkten praktischen Beruf sehnte. Aber der ihm innewohnende Geist liess ihm keine Ruhe und die Sucht zum Erfinden begleiteten ihn bei der Arbeit, wie bei der Ruhe, im Wachen wie im Traum. Das Erfinden war bei ihm wirklich eine Leidenschaft. Es ist eine der belehrendsten und erhebendsten Aufgaben, den Ideen- und Entwickelungsgang Watts zu studieren. Wir aber müssen der gütigen Vorsehung danken, dass dieser Mann gelebt hat. Man glaube ja nicht, wenn Watt nicht gewesen wäre, so hätte ein anderer diese Erfindung gemacht. Von dieser ober- flächlichen Annahme wird jeder bekehrt werden, der das Leben Watts wirklich studiert. Möglich, dass in einem Jahrhundert oder in noch längerer Zeit Watts Erfindungen allmählich an das Licht gekommen wären. Dass sie ein Mann in solcher Vollendung zu jener Zeit machen konnte, ist und bleibt etwas Wunderbares. Watts Lebensgang und der Gang seiner Erfindung sind so mit- einander verbunden, dass sie kaum zu trennen sind und sich am besten an dem biographischen Faden vorführen lassen. Dies kann hier nur in grossen Zügen geschehen, in Bezug auf Einzelheiten verweisen wir auf die vorhandene Litteratur Watt und Boultons Briefwechsel. Stuart , A descriptive history of the steam engine, 1824. Arago , Zur Geschichte der Dampfmaschine. Farey , A treatise on the steam engine. Tredgold , The principles of the steam engine, 1827. Bataille et Jullien , Traité des machines à vapeur, 1847—1849. Muirhead , The origin and progress of the mechanical inventions of James Watt, 3 Bde. London 1854. Robert Harts Reminiscences of James Watt in Transactions of the Glasgow Archaeol. Soc. 1859. . James Watt wurde am 19. Januar 1736 zu Greenock am Clyde geboren. Seine Eltern waren fleissig, rechtschaffen und fromm, aber nicht mit irdischen Gütern gesegnet. Der Vater schickte James , der von Jugend an von schwächlicher Gesundheit war, 1754 zu einem Instrumentenmacher in Glasgow in die Lehre, denn schon früh hatte sich bei dem Knaben ein hervorragendes mechanisches Geschick gezeigt. Da er jedoch bei dem Meister, der sich zwar Optiker nannte, aber nur zuweilen eine Brille reparierte oder eine Geige oder ein James Watt und die Dampfmaschine. altes Spinet oder was sich sonst bot, nichts lernen konnte, so ging er 1755 nach London, wo er auch nach manchen Mühsalen bei einem Feinmechaniker, welcher mathematische Instrumente machte, namens John Morgan , Beschäftigung fand. Aber sie war zu anstrengend für seinen schwächlichen Körper und so musste er schon 1756 wieder in seine Heimat nach Greenock zurückkehren. Nachdem er wieder her- gestellt war, ging er nach Glasgow, um hier Arbeit zu suchen und sich als Feinmechaniker selbständig zu machen. Da aber Watt nicht zur Zunft gehörte, legten ihm die Zirkelschmiede (hammermen), welche ihn als Eindringling ansahen, grosse Schwierigkeiten in den Weg, obgleich sie mathematische Instrumente weder machen konnten noch machen wollten. Glasgow aber war eine Universität und das war Watts Glück. Er reparierte einige physikalische Instrumente für Dr. Dick , Professor der Naturwissenschaft; dieser erkannte seine Geschicklichkeit und bewirkte, dass ihm in den weitläufigen Gebäuden der Universität ein Raum für eine Werkstätte eingeräumt wurde. So wurde der zwanzigjährige James Watt Universitätsmechanikus. Als solcher hatte er zwar wenig Arbeit und noch weniger Einkommen, trotzdem wurde diese Stellung für ihn vom grössten Nutzen, denn sie gab ihm Gelegenheit zu wissenschaftlicher Ausbildung. Watt , der ein sanftes, einnehmendes Wesen besass und mit der grössten Wahrhaftigkeit eine angeborene Liebenswürdigkeit verband, fand bald Freunde. Seine kleine Werkstätte wurde ein Rendezvous streb- samer junger Leute und nicht nur Studenten, auch Professoren hatten es gern mit dem verständigen, gedankenvollen Mechanikus mit den sanften, träumerischen, blauen Augen zu thun. Besonders aber waren es zwei ausgezeichnete Männer, welche mit dem jungen Instrumenten- macher einen Freundschaftsbund für das Leben schlossen, der eine war John Robinson , damals Student und nur wenig jünger als Watt , später berühmt als Professor der Naturwissenschaft in Eding- burg, der andere der damals schon berühmte Chemiker Professor Dr. Black , der viel älter als Watt , doch zu diesem eine innige, väter- liche Freundschaft fasste und ihm in jeder Weise nützte. Robinson war es, der 1759 zuerst Watts Aufmerksamkeit auf die Dampf- maschine lenkte, indem er die Frage anregte, ob es nicht möglich sei, ein Fuhrwerk mit Dampf zu betreiben. Watt erfasste die Sache, dachte ernsthaft darüber nach und entwarf ein allerdings ganz unvoll- kommenes Modell einer Feuermaschine in Verbindung mit einem Fuhr- werk. Seit dieser Zeit wurde er die Dampfmaschine nicht mehr los. Viel tiefer führte ihn aber Black in diese Frage ein. Dieser las James Watt und die Dampfmaschine. damals über seine neue Theorie der latenten Wärme. Watt hatte bald Veranlassung, sich mit dieser Lehre praktisch zu beschäftigen. In dem Inventar des physikalischen Kabinetts der Universität war das Modell einer Newcomen-Maschine aufgeführt. Watt und seine Freunde suchten danach, weil ihr Interesse an der Dampfmaschine ein immer lebhafteres wurde, aber es fand sich nicht vor. Auf nähere Nachforschung hin ergab es sich, dass es schon Jahr und Tag nach London zur Reparatur geschickt worden war. Der Instrumenten- macher in London wusste mit dem Dinge nichts anzufangen und hatte es beiseite gestellt. Es wäre wohl nie wieder nach Glasgow zurück- Fig. 127. gekommen, wenn es nicht auf Veranlassung der Freunde re- klamiert worden wäre. Watt , der schon seit 1761 mancherlei Versuche über Wasserdampf angestellt hatte, wartete mit Ungeduld auf das Modell. Seine Geduld wurde auf eine lange Probe gestellt. Endlich kam es im Jahre 1763 an und das mangelhafte Modell einer Newcomenmaschine (Fig. 127) gelangte in seine Hände, ein armseliges, unvollkommenes Machwerk, höchstens ein Spiel- zeug, wie es Watt selbst nannte. Der Kessel war noch etwas kleiner wie ein gewöhn- licher Theekessel. Trotzdem war dieses so unbedeutende Ereignis von der grössten Tragweite für die Erfindung der Dampf- maschine. Watt machte sich sogleich darüber her, den Apparat zu probieren und Verbesserungen auszudenken. Er konstruierte sich einen Kessel, an welchem er sehen konnte, wie viel Wasser in einer gewissen Zeit in Dampf verwandelt wurde und wie viel Dampf bei jedem Hub der Maschine verbraucht wurde. Er war erstaunt, als er entdeckte, dass eine kleine Menge Wasser, in Dampf umgewandelt, eine viel grössere Menge Wasser bis zum Siedepunkt erhitzen konnte. Er bestimmte die Mengen und fand, dass ein Teil Wasser in Form von Dampf die sechsfache Menge kaltes Wasser bis James Watt und die Dampfmaschine. zum Siedepunkt erhitzen konnte. Die Thatsache hatte er festgestellt, aber eine Erklärung dafür suchte er vergeblich, bis Dr. Black ihm das Gesetz der gebundenen Wärme erklärte. Nachdem Watt hier- durch erkannt hatte, welch eine Menge Wärme im Dampf gebunden sei, lenkte er seine ganze Aufmerksamkeit darauf, bei seiner Maschine Dampf zu sparen, da hierdurch die grösste Kohlenersparnis erzielt werden musste. Er machte Versuche, um mit der gleichen Menge Kohle mehr Dampf zu erzeugen durch bessere Ausnutzung der Wärme der Feuergase. Dies erreichte er dadurch, dass er Feuerzüge durch den Kessel legte und den Kessel ausserhalb der Feuerung mit Holz als den schlechteren Wärmeleiter umkleidete. Ebenso umkleidete er den Dampfcylinder und die Dampfrohre. Aber alles das half nur wenig gegenüber dem Dampfverbrauch zur Wiedererhitzung der durch das in den Cylinder nach jedem Aufgang eingespritzte kalte Wasser Fig. 128. abgekühlten Cylinderwände. Wenn die Wände nicht mit abgekühlt wurden bei der Kondensation des Dampfes? Aber wie war das möglich? Und wenn es selbst möglich wäre, so würden die heissen Cylinderwände beim Niedergang neuen Dampf erzeugen und dadurch ein Hin- dernis bilden. Das Einspritzen des Was- sers in den Cylinder war der grösste Nachteil der Maschine, das erkannte Watt deutlich, aber wie war es möglich, dies zu vermeiden? Er grübelte über diese Fragen unablässig. Bei einem Sonntagnachmittag-Spaziergang im Frühjahr 1795 durch die Wiesen bei Glasgow (the Green) kam ihm, wie er später selbst erzählte, plötzlich der Gedanke der getrennten Kondensation. Der Gedanke kam ihm wie eine Erleuchtung; er erfasste ihn sofort, hielt ihn fest, dachte ihn in seinen Einzelheiten und seiner praktischen Durchführbarkeit aus, und als er nach Hause zurückkehrte, war der Kondensator erfunden. Der wichtigste Schritt auf Watts Wege zur Erfindung der Dampfmaschine war damit gethan, denn er war ein wirklicher Fortschritt, eine unzweifelhafte Ver- besserung der alten Feuermaschine. Watt ging sofort an die Arbeit und machte sein erstes Modell einer Dampfmaschine (Fig. 128), welches in etwa zwei Monaten vollendet war. Sein Maschinchen, wenn auch in Einzelheiten mangelhaft, arbeitete ausgezeichnet. Er spannte den Dampf auf 10½ Pfund und hob mit den kleinen Kolben James Watt und die Dampfmaschine. ein Gewicht von 14 Pfund. Aber was nun? Bis dahin hatte Watt die Sache mehr als eine physikalische Aufgabe betrachtet. Jetzt, da der Nachweis erbracht war, dass seine Idee eine Verbesserung enthielt, welche unschwer ausführbar war, musste die Sache im grossen aus- geführt, eine Maschine, die wirklich Arbeit leisten konnte, gebaut werden. Dazu fehlten Watt alle Mittel; aber das Glück war ihm günstig. Dr. Roebuck , der Erbauer der grossartigen Eisenwerke bei Carron, der kühne Unternehmer, war mit Dr. Black befreundet und hörte von diesem gelegentlich von Watts Erfindung. Sofort nahm er Interesse an der Sache und trat mit Watt in Korrespondenz. Roebuck , unternehmend und rastlos thätig, war der richtige Mann, Watt , der von Natur ängstlich und zaghaft war, zur Thätigkeit anzu- spornen. Er ermahnte Watt , seine Erfindung zu betreiben, „einerlei, ob als Physiker oder als Geschäftsmann“, und erklärte sich bereit, ihm bei Errichtung einer grösseren Maschine behülflich zu sein. Im November 1765 schickte Watt Detailzeichnungen für einen Dampf- cylinder und Kolben, welche in Carron gegossen werden sollten, an Roebuck . Aber in der Kunst des Giessens und noch mehr in der des Bohrens von Dampfcylindern war man damals in Carron noch weit zurück. Trotz aller Mühe war der Cylinder so schlecht gebohrt, dass er als unbrauchbar zur Seite gelegt werden musste. Der Mangel guter Maschinenarbeiter bereitete Watt überhaupt viele Mühe. Die Kolbenstange liess er in Glasgow unter seiner persönlichen Aufsicht verfertigen und sie heimlich nach Kinneil, wo die Maschine zusammengesetzt werden sollte, bringen. Watt besass noch kein Patent, deshalb war Heimlichkeit geboten. Die Arbeit rückte nur langsam voran. 1766 schrieb er an Roebuck , „meine Hauptschwierigkeit beim Bau der Maschinen ist immer die Schmiede- arbeit“. Sein Geschäft in Glasgow ging zurück. Watt hatte nämlich, um seine Verhältnisse zu verbessern, sich mit einem Kaufmann associiert und ein Ladengeschäft in der Stadt angefangen. Sein Associé starb aber bald und Watt sah sich gezwungen, das Geschäft auf- zugeben. Durch den schlechten Gang des Geschäftes und seine Aus- lagen für die Dampfmaschine hatte er sich in Schulden gestürzt. Um seine Familie, die er inzwischen gegründet hatte, ernähren zu können, übernahm er Vermessungsarbeiten; anfangs nur einfache Land- vermessungen, bald aber wurden ihm grössere Arbeiten übertragen. Es ist ein glänzender Beweis seiner Thätigkeit und der Wertschätzung, in der er stand, dass ihm die Stadt Glasgow die Vermessungsarbeiten für ein grosses Kanalprojekt übertrug. In dieser Angelegenheit kam Beck , Geschichte des Eisens. 33 James Watt und die Dampfmaschine. Watt im Jahre 1767 zum erstenmal nach London, um die Ermäch- tigung zur Erbauung des Kanales von dem Parlament zu erlangen. — Um diese Zeit trat er auch mit Dr. Roebuck in ein engeres geschäft- liches Verhältnis. Dieser hatte soviel Glauben an die Zukunft von Watts Maschine, dass er die Zahlung seiner sämtlichen Schulden im Betrage von etwa 1000 £ übernahm, dafür sollte er ⅔ des Nutzens der Erfindung haben. Im Anfang des Jahres 1768 machte Watt neue Versuche mit einem grösseren Modell von 7 bis 8 Zoll Cylinder- durchmesser. Dieselben gingen zuerst nicht nach Wunsch, aber Watt überwand die Schwierigkeiten und konnte nach einem Monat ange- strengter Arbeit Dr. Roebuck zu dem Erfolg beglückwünschen, indem er bescheiden hinzufügte, jetzt hoffe er bald einiges leisten zu können für das, was er ihm schuldig sei. Das Modell arbeitete so gut, dass jetzt beschlossen wurde, ein Patent darauf zu nehmen. Watt reiste nach Berwick-upon-Tweed und gab bei dem Master-in-Chancery daselbst eine Erklärung über die Natur seiner Erfindung ab, um sich den vorläufigen Schutz dafür zu sichern. Im August arbeitete er an seiner Patentschrift. Aber er war niedergeschlagen und verdriesslich über den schleppenden Geschäftsgang und die Kosten. Dr. Roebuck war umgekehrt voller Hoffnung und drängte Watt , seine Maschine im grossen auszuführen. Watt aber dachte nur an neue Verbesserungen und arbeitete an allen möglichen Details für den Kondensator, die Pumpen, Ventile u. s. w. Dabei fühlte er sich körperlich sehr ange- griffen, klagte viel über schlechten Schlaf, dass er nichts fertig bringe, kurz, er fühlte sich kopf- und herzkrank. Damals studierte er eifrig, lernte Deutsch, nur um Leupolds Theatrum Machinarum in der Ursprache lesen zu können, wie er zu ähnlichen Zwecken vorher schon Fran- zösisch und Italienisch gelernt hatte. Der Geist seines Genies leuchtet aus den Zeilen seiner Patent- beschreibung und hier zeigt sich sein klarer Blick in die Zukunft. Er hatte die Idee der Expansion als ein Mittel der Dampfersparnis klar erfasst und ebenso entwickelt er damals bereits in Briefen an Dr. Small die Idee der Hochdruckmaschine und die Anwendung hoch- gespannten Dampfes, wo es an Wasser zur Kondensation fehle. Anfangs 1769 waren seine Patentschrift und die Zeichnungen dazu fertig. Am 5. Januar wurde ihm das erste berühmte Patent (Nr. 913) erteilt unter dem Titel: eine Verbesserung in dem Verfahren, einen luftleeren Raum in einem Dampfcylinder zu erzeugen. Um das Wesen und die Mängel der Newcomen-Maschine im grossen genau kennen zu lernen, übernahm er selbst die Aufstellung James Watt und die Dampfmaschine. einer solchen und bediente während seines Aufenthalts in Kinneil selbst die Schoolyardmaschine bei Borougstoness. Endlich begann er mit dem Bau seiner Versuchsmaschine. Zu diesem Zwecke blieb er in Kinneil, wo ihm Dr. Roebuck ein abgelegenes Häuschen ein- geräumt hatte, in welchem er unbeobachtet in aller Stille seine Maschine montieren konnte. Die Teile dazu hatte er teils in seiner Werkstätte in Glasgow, teils auf der Hütte zu Carron, wo namentlich der Cylinder von 18 Zoll Durchmesser und 5 Fuss Hub gegossen wurde, anfertigen lassen, die Aufstellung besorgte er selbst mit Hülfe einiger Arbeiter. Watt konnte nur seine Mussestunden der Erfin- dung widmen. Da er noch seinen Vermessungsarbeiten nachzugehen hatte, musste er oft abwesend sein. Dadurch machte die Arbeit nur sehr langsame Fortschritte, denn ohne ihn wussten sich seine Arbeiter nicht zu helfen. Die Teile, die er anfertigen liess, waren alle sehr mangelhaft gearbeitet, so dass Watts Verdruss kein Ende nahm. Je mehr sich die Arbeit der Vollendung näherte, je mehr wuchs seine Angst vor dem nahenden Gericht (for his approaching doom). Er konnte nachts nicht schlafen und Furcht erfüllte ihn mehr als Hoff- nung. Gerade umgekehrt ging es Roebuck , seine Zuversicht wuchs mit dem Fortschritt der Arbeit und er wurde nicht müde, den zag- haften Erfinder anzufeuern, dem er, wo er konnte, mit guten Rat- schlägen half. Robinson erzählt, dass ihm Frau Roebuck um diese Zeit einmal sagte: „ Jamie (Watt) ist ein verdrehter Junge und ohne den Doktor wäre er verloren, aber Dr. Roebuck lässt ihn nicht untergehen.“ Im September 1769 war endlich die Versuchsmaschine fertig, aber sie erwies sich als recht mangelhaft. Der Cylinder war so schlecht gegossen, dass er fast unbrauchbar war. Watt war ganz niedergedrückt und schrieb an Dr. Small : „Es ist eine verfluchte Sache, wenn ein Mensch alles an einem einzigen Faden hängen hat.“ Nur das Gefühl der Pflicht, dass seine Gläubiger nicht durch ihn zu Schaden kommen dürften, hielt ihn damals aufrecht, weiter zu arbeiten. An der Richtigkeit des Principes seiner Maschine zweifelte er keinen Augenblick, nur die Ausführung (the workmanship) brachte ihn zur Verzweiflung. Könnte er tüchtige Mechaniker finden, so wäre er seiner Sache sicher, aber solche gab es damals in Carron nicht. Um diese Zeit brach ein anderes Unglück herein. Dr. Roebuck kam in finanzielle Schwierigkeiten. Der kühne Mann hatte zu viel gewagt. Obgleich alle seine Unternehmungen gesund waren, obgleich ihm der hohe Ruhm gebührt, der Gründer der modernen Eisenindustrie Schottlands geworden zu sein, so konnte ihn das doch nicht vor dem 33* James Watt und die Dampfmaschine. Untergang retten, da er über seine Kräfte sich in Unternehmungen eingelassen hatte. Er hatte alles, was er erworben hatte und mehr wie dies in die Aufschliessungsarbeiten neuer Kohlenbergwerke gesteckt und sass plötzlich bei Eintritt einer ungünstigen Konjunktur so fest, dass er nicht im stande war, die Kosten des Patentes für die Dampf- maschine zu bezahlen. Watt musste sich das Geld von seinem treuen, alten Freunde Dr. Black leihen. Damals schrieb er an Small : „Von allen Dingen in der Welt ist nichts so thörigt als erfinden.“ Und am 31. Januar 1770 schrieb er an einen anderen Freund: „Heute werde ich schon 35 Jahre alt und ich glaube, ich habe nicht für 35 Pfennige Gutes in der Welt gethan bis heute, aber ich kann es nicht ändern.“ — Das Erfinden konnte er eben nicht lassen, sein ganzes Denken drehte sich darum. War es nichts Grosses, so waren es kleine Dinge, an deren Verbesserung er arbeitete. So erfand er mancherlei „gim cracks“, Kleinigkeiten von grosser praktischer Bedeutung. Aber ihm brachten sie nichts ein, er kam mehr und mehr ins Gedränge. Selbst manche seiner guten Freunde hielten seine Leidenschaft zu erfinden für seinen Fehler. Dr. Huttons Neujahrs- gruss lautete: Glück zum neuen Jahr, aber keine neuen Erfindungen! In solcher Lage befand sich Watt , als ihm das Anerbieten gemacht wurde, die Bauleitung des Monklandkanals gegen einen Jahresgehalt von 200 £ zu übernehmen. Frau und Kind zu lieb nahm er das Anerbieten an, welches ihn mehrere Jahre von seiner erfinderischen Thätigkeit abzog. Neben der Bauleitung des Kanales konnte er noch mancherlei andere Vermessungsarbeiten ausführen, so die Vermessung des Clyde zum Zweck seiner Schiffbarmachung; die Vermessung des Strathmorekanals im Herbst 1770. Für den Magistrat von Hamilton fertigte er die Pläne für den Bau einer Brücke über den Clyde. Für die ganze Arbeit erhielt er 7 £ 7 sh. Aber diese Arbeiten im Freien hatten wenigstens den Vorteil, dass sie seine Gesundheit kräftigten, auch hatte er dabei sein Auskommen. Die letzte dieser Arbeiten war die Vermessung des Caledoniakanals im Herbst 1773. Während er diese Arbeiten in weglosen Gegenden beim schlechtesten Wetter ausführte, traf ihn der schwerste Schlag, der ihn damals treffen konnte, seine treue, innig geliebte Gattin, die ihn immer so freundlich in seinen Sorgen und Ängsten getröstet und aufgemuntert hatte, starb plötzlich im Wochenbett. Diesem Unglück folgte bald ein zweites; Dr. Roebuck , der noch einige Jahre mit aller Kraft gegen den Zusammenbruch seines Vermögens angekämpft hatte, wurde bankrott erklärt. So brach auch diese Stütze Watts zusammen. James Watt und die Dampfmaschine. Aber das Sprichwort, „wenn die Not am grössten, ist Gott am nächsten“, bestätigte sich an Watt . Sein Retter in der Not erschien in der Person Matthew Boultons . Mit seiner Hülfe erst konnte Watt das erreichen, was er erreicht hat. Matthew Boulton war am 3. September 1728 in Birmingham geboren, als Sohn eines Fabri- kanten von Birminghamer Metallwaren, besonders von Metallknöpfen. Das Geschäft war ein aufblühendes, Matthew wuchs in ihm gross, bethätigte eminentes technisches und kaufmännisches Geschick. Er war seinem ganzen Wesen nach ein Geschäftsmann im grossen Stil. Als ihm seine Werkstätten in Birmingham zu klein geworden waren, gründete er die nachmals weltberühmte Fabrik zu Soho, zwei eng- lische Meilen nördlich von Birmingham an der Strasse nach Wolver- hampton. Hier erbaute er nach und nach Werkstätten für 1000 Arbeiter. Er verfertigte kleinere Metallwaren aller Art, ausser Metallknöpfen namentlich plattierte Waren zum Hausgebrauch wie zum Luxus, wobei er auf Schönheit und Geschmack sah. Während Birminghamware früher fast gleichbedeutend mit Schundware gewesen war, war es Boultons eifrigstes Streben, nur Vollendetes auf den Markt zu bringen, und es gelang ihm, den Namen Birmingham zu Ehren zu bringen. Unter den vielen Artikeln, die er fabrizierte, gehörten auch Stand- uhren, worin er erfolgreich mit der französischen Ware konkurrierte. Hierzu hatte er eine mechanische Werkstätte nötig und dies führte ihn zum Maschinenbau. Matthew Boulton war ein Mann von rastloser Thätigkeit und kühnem Unternehmungsgeist. Wo er einen Artikel fand, der zu seiner Fabrikation passte und Gewinn versprach, griff er ihn auf, und wo er ein Talent entdeckte, unterstützte er es und suchte es an sich zu fesseln. Seine Fabrik wurde eine wahre Schule der Arbeit. Er engagierte die besten Vorarbeiter und zog sich unter deren Anleitung aus den Bauernjungen der Umgegend eine treffliche Arbeiterschar gross. Soho hatte für die grossen Bedürfnisse der Fabrik keine genügende Wasserkraft. Boulton beschäftigte sich deshalb schon seit dem Jahre 1766 mit der Idee der Anlage einer Feuermaschine. Watt besuchte Boulton in Soho und sah ihn da zum erstenmal im Jahre 1769 auf der Rückreise von London, wo er seines Patentes wegen gewesen war. Beide Männer schlossen sich sogleich aneinander an und blieben von da an in Korrespondenz. Watt fühlte, dass Boulton ihm mehr wie irgend ein anderer behülflich sein könnte, seine Erfindung auszubeuten. Er suchte des- halb Boulton zu veranlassen, sich mit Dr. Roebuck und ihm zu James Watt und die Dampfmaschine. verbinden. Boulton war zurückhaltend, da er namentlich mit Roebuck in keine nähere Verbindung treten wollte. Im Winter 1769 bis 1770 korrespondierten Dr. Small und Watt über die Frage der Dampfschiffe und Watt schlug damals bereits die Schraube (spiral oar) als das beste Hülfsmittel zur Fortbewegung eines Schiffes vor. Im Jahre 1770 liess Boulton nach einer Zeichnung Watts die zu einer Dampfmaschine nötigen Teile giessen und lud Watt ein, nach Soho zu kommen. Aber Watt hatte damals die Bauleitung des Monklandkanals übernommen und war gebunden. 1772 war ein grosses Krachjahr in England und dadurch kamen auch Watts Kanalbauarbeiten zum Stillstand. Er begann wieder seine Hoffnung auf die Dampfmaschine zu setzen, vollendete ein Modell einer Hochdruck-Radmaschine und versuchte nochmals Boulton zur Teilhaberschaft zu bewegen. Da erfolgte Dr. Roebucks Bankrott. Boulton hatte 1200 £ zu fordern. Er nahm dafür die ⅔ Anteile an Watts Erfindung mit Zustimmung der übrigen Gläubiger, die froh waren, Boulton so billig los zu werden, denn sie hielten die Sache für keinen Pfennig wert. Damit erwarb er auch die vorhandenen Modelle und die Versuchsmaschine. Und nun trat er mit Watt in Verbindung. Watt nahm die Kinneilmaschine auseinander und schickte sie nach Birmingham. Im Mai 1774 folgte er endlich selbst nach. Watt hatte jetzt neun Jahre an der Dampfmaschine gearbeitet, fünf Jahre waren verflossen seit der Erteilung des Patentes, und doch war sein ganzes Werk nur „ein Schatten im Hinblick auf seine Ver- wertbarkeit“ (a shadow as regarded its practical utility and value), wie Boulton sagte. Roebuck und Watt hätten schwerlich je mit der Erfindung ein Geschäft gemacht. Alles hing ab von der Geschäfts- gewandtheit, der Energie und dem Vermögen Boultons . Aber, wie Smiles treffend sagt, hätte Watt ganz Europa durchsucht, er hätte keinen besseren Mann als William Boulton finden können, um seine Maschine richtig in die Welt einzuführen. Boulton war ein genialer Geschäftsmann, dabei von hoher Bildung und durch und durch ein „gentleman“. Von Boultons vielseitiger und gründlicher Bildung zeugt die Mondscheingesellschaft, ein Kreis der vortrefflichsten Männer, welche sich regelmässig zu anregendem Gedankenaustausch ver- sammelten, welchen hauptsächlich Boulton zusammengebracht hatte. Hierzu gehörten Männer wie Edgeworth , der Erfinder des Dampf- wagens, Keir , der Chemiker, Dr. Small, Josiah Wedgewood, Thomas Day , Dr. Darwin , Arzt, Naturforscher und Dichter, der Grossvater James Watt und die Dampfmaschine. von Charles Darwin, Joseph Pristley und — last not least — James Watt. Boulton war ein kühner Unternehmer, aber kein Enthusiast. Es war ihm wohl bekannt, dass Smeaton , der damals als erste Autorität im Maschinenwesen galt, Watts Maschine für zu kompliziert und unpraktisch erklärt hatte, weil sich keine Arbeiter finden würden, welche die schwierigen Teile richtig ausführen könnten. Boulton hatte sein eigenes Urteil und teilte diese Bedenken nicht. Aber er hatte andere Sorgen. Er fasste die ihm gestellte Aufgabe von vorn- herein richtig und grossartig auf. Die Erfindung war Watts Sache und ihm schenkte er volles Vertrauen. Die Fabrikation und der Vertrieb aber waren seine Sachen und ihm schien das ganze Unter- nehmen nur dann der Opfer und Mühe wert, wenn er die Maschinen für die ganze Welt lieferte. Dazu gehörte aber viel, sehr viel! Es musste eine ganz neue Fabrik geschaffen werden, wie noch keine bestand, mit den besten, vollkommensten Hülfs- und Werkzeug- maschinen. Es musste ein Stamm tüchtiger Arbeiter erst heran- gezogen werden, welcher für die neue Maschine die sorgfältige Arbeit (accurate workmanship) leisten konnte, welche er ebenso wie Watt verlangte. Die neue Dampfmaschine musste erst eingeführt und der Markt dafür erst geschaffen werden. Welche Korrespondenz, welche technische und kaufmännische Arbeit, welche Geldsummen waren hierfür erforderlich, viel grösser als Boulton besass. Er sah die ganze Grösse des Unternehmens vor sich, aber er schreckte trotzdem nicht davor zurück. Einstweilen liess er Watt gewähren, dem er eine geräumige Werkstatt eingeräumt hatte und der unbeschränkt nach seinem Ermessen darauf los arbeitete. Boulton bezahlte alles, sowohl die Kosten der Arbeit als die Kosten von Watts Lebensunterhalt. Die Kinneilmaschine, die erste, welche Watt gebaut hatte, wurde für den Betrieb in Soho und für Versuche fertig gestellt. Sie hatte nur 7 Zoll Cylinderweite. Dank der darauf verwendeten Mühe und Sorgfalt und der guten Arbeiter arbeitete die Maschine viel besser wie früher. Watt war zum erstenmal befriedigt und fühlte sich glücklich. Darüber waren aber wieder zwei Jahre verstrichen. Sechs Jahre des Patentes waren bereits abgelaufen und noch kein Anfang zur Ausbeutung der Erfindung gemacht. Boulton konnte das grosse Unternehmen nicht eingehen auf die kurze Frist hin, die Watts Patent noch zu laufen hatte. Er verlangte Sicherheit durch eine Verlängerung der Patentfrist. Es lagen schon manche Anfragen, namentlich von Cornwall, vor, wo die alten Newcomen-Maschinen James Watt und die Dampfmaschine. immer weniger genügten. Die Zeit war entschieden günstig. Aber Boulton wollte nichts Grosses wagen, ehe die Frage der Patent- verlängerung entschieden war. Auch Watt selbst wurde schwankend. Er hatte nichts Sicheres und sein Freund Dr. Robinson , welcher damals als Professor der Mathematik an der Seeschule zu Kronstadt in russischen Diensten stand, bot ihm eine Anstellung mit 1000 £ jährlich in Russland an. Trotzdem lehnte Watt ab und beschloss zu bleiben, bis seine Sache im Parlament entschieden war. Am 28. Fe- bruar 1775 hatte er sein Gesuch eingereicht. Als es zur Verhand- lung kam, rief zwar die Opposition, kein Monopol! aber Watt hatte sein Gesuch so vortrefflich und so wirkungsvoll begründet, dass es mit Majorität angenommen und sein Patent auf 25 Jahre verlängert wurde. Der Parlamentsbeschluss ist vom 22. Mai 1775 und heisst: An Act of vesting in James Watt , Engineer, the sole use and pro- perty of certain steam engines, commonly called fire engines of his invention, throughout her Majesty’s Dominions for a limited time of 25 years. Jetzt erst setzte sich Boulton mit Roebucks Gläubigern, welche nachträglich noch Ansprüche auf die ⅔ des Gewinnes von Watts Erfindung erhoben, vollständig auseinander, indem er ihnen gegen Verzicht auf alle weiteren Forderungen 1000 £ auszahlte. Er erwärmte sich für das Unternehmen, experimentierte selbst mit der Dampfmaschine, während Watt seine Sache in London verfocht. Er bestellte einen neuen gusseisernen Dampfcylinder bei John Wilkinson in Bersham, dem genialen Eisenhüttenmann, der eine neue Bohr- maschine erfunden hatte, um die Cylinder genau ausbohren zu können. Dieser wurde anstatt des alten Zinncylinders eingesetzt und gab sehr gute Resultate. Eine grosse Maschinenwerkstätte wurde gebaut, die bald widerhallte von den Hammerschlägen für die neuen Dampf- maschinen. Die erste Maschine, welche in Soho auf Bestellung gemacht wurde, war für John Wilkinson , um damit die Blasebälge seiner Eisenhütte zu Broseley zu treiben, diente also der Eisen- industrie! Der Kolben hatte 38 Zoll Durchmesser. Anfangs 1776 wurde sie aufgestellt; mit Spannung erwartete man den Erfolg, der glänzend ausfiel. Boulton schrieb an Watt , der in Schottland weilte, um seine Angelegenheiten zu ordnen, um seinen vollständigen Überzug nach Birmingham zu bewerkstelligen: „Das Geschäft kommt in Gang. Bitte sagen Sie Wilkinson , dass er ein Dutzend Dampf- cylinder von 12 bis 50 Zoll Bohrung für uns fertig stellt mit den entsprechenden Kondensatoren. Letztere müssen hier zusammen- James Watt und die Dampfmaschine. gesetzt werden. Wir können dann innerhalb drei Wochen eine Maschine fertig machen.“ Jetzt erst, nach Watts Rückkehr von Schottland, wurde der schriftliche Vertrag zwischen Boulton und Watt ausgefertigt, dessen Hauptinhalt war, dass Watt ⅓ des Gewinnes von allen verkauften Maschinen erhielt. Es war damals ausser anderen eine Dampfmaschine für die Destillerie von Cook \& Co . in Strafford-le-Row bei London in Bestellung und Boulton drängte mit aller Macht, dass die Aufstellung beschleunigt wurde, weil unter den Ingenieuren in London die Parole ausgegeben war, Watts Maschine tauge nichts, sie sei zu kompliziert. Smeaton war das grosse Licht, dem man darin nachbetete. Der glänzende Erfolg der neuen Maschine machte das Gerede verstummen. Die Aufträge mehrten sich rasch. Boulton schreibt im Jubel: „Hätten wir 100 Rädermaschinen und 20 grosse fertig, wir könnten sie alle los werden. Lasst uns Heu machen, so lange die Sonne scheint!“ Watt , der damals eifrig an der Erfindung eines Dampfrades arbeitete, fühlte sich aber noch ganz unsicher. Auch fehlte es nicht an Schwierigkeiten. Abgesehen davon, dass hier und da eine Maschine nicht gleich nach Wunsch gehen wollte, war in den Werkstätten selbst noch manches unvollkommen. Bei der zunehmenden Arbeit musste man ungeübte Leute einstellen. Bei der Unvollkommenheit der Werkzeugmaschinen hing aber alles von der Genauigkeit der Handarbeit ab. Einiger- massen wurde geholfen durch eine möglichst durchgeführte Arbeits- teilung. Hatte man einen tüchtigen Arbeiter herangebildet, so war fortwährende Gefahr da, dass er durch glänzende Anerbietungen zum Fortgehen verlockt wurde. Schickten doch die fremden Regierungen Emissäre, wie Preussen Eversmann und von Stein , den späteren berühmten Minister, mit dem Auftrag, das Geheimnis der Watts chen Maschinen zu erforschen und womöglich Zeichnungen und geschickte Arbeiter mitzubringen. Schon ehe Watt seine Kinneilmaschine baute, hatte er im kleinen die Expansion versucht. Boulton hatte später dieselbe Idee ergriffen und Versuche damit gemacht. Man versuchte jetzt die Sache im grossen und baute Maschinen mit Expansion. Eine solche wurde zuerst 1778 auf dem Wasserwerk von Stradwell aufgestellt. So gut die Sache auch war, es stellte sich heraus, dass dadurch zu grosse Anforderungen an die Fähigkeit der Maschinenwärter gestellt wurden und so musste man diese Verbesserung damals fallen lassen. Es war ein Opfer, das man der Dummheit bringen musste, am Princip hielt Watt nach wie vor fest und arbeitete es noch besser aus. James Watt und die Dampfmaschine. Ein grossartiges Feld für Boulton und Watts Thätigkeit wurden die Bergwerke in Cornwall. Je tiefer die Gruben wurden, je weniger konnten die alten Feuermaschinen die Wasserhaltung bewältigen und der Kohlenverbrauch richtete die Gewerke zu Grunde. Schon lange ehe Watt und Boulton sich gefunden hatten, waren von diesen Erkundigungen über die neue „schottische“ Dampfmaschine eingezogen worden. Auf spätere Anfragen lud Boulton die Grubenbesitzer ein, sich die im Gang befindlichen Maschinen zu Soho, Bedworth, Bow u. s. w. anzusehen. Ende 1776 wurden bereits mehrere Maschinen für Corn- wall bestellt. Die ersten für Wheal-Busy bei Chacewater und für Ting-Tang bei Redruth wurden im Mai 1777 verschifft. Noch begegneten die Erbauer grossem Widerstand. Namentlich war es ein Maschinenfabrikant Jonathan Hornblower , der selbst Newcomen- maschinen in Cornwall baute, der in gehässigster Weise alles that, um Watts Maschinen zu verkleinern. Mit grossem Misstrauen sah man der Inbetriebsetzung der Chacewatermaschine entgegen. Um so grösser war der Eindruck, als sie arbeitete. Alles lief zusammen, sie zu sehen; alle waren bekehrt. Watt schrieb voll Humor an Boulton : „Die Schnelligkeit, Heftigkeit, Grösse und der furchtbare Lärm der Maschine gewährte allen Zuschauern, ob Gläubige oder nicht, grosse Befriedigung. Ich hatte sie ein- oder zweimal so gestellt, dass sie sanft ging und weniger Lärm machte, aber Mr. Wilson (der Besitzer) kann nicht schlafen, wenn sie nicht wie toll scheint, und so habe ich’s dem Maschinenwärter überlassen, denn es scheint, dass gerade der Lärm den Unwissenden eine grosse Meinung von der Kraft der Maschine giebt: Das bescheidene Verdienst wird so wenig bei der Maschine wie bei den Menschen anerkannt.“ Watts Maschine (Fig. 129) war, wie die atmosphärische Maschine, einfach wirkend. Der Unterschied bestand darin, dass: 1. Der Niedergang des Kolbens nicht durch den äusseren Luft- druck, sondern durch den Dampf bewirkt wurde, welcher oberhalb des Kolbens einströmte, weshalb der Dampfcylinder oben durch einen Deckel verschlossen werden musste. 2. Dass die Kondensation nicht im Dampfcylinder selbst, sondern in einem besonderen Gefässe, dem Kondensator, erfolgte, der durch ein kurzes Rohr mit dem unteren Teile des Dampfcylinders verbunden war und der von aussen gekühlt und in den zugleich Wasser ein- gespritzt wurde. 3. Dass der Dampf beim Aufgang des Kolbens, welcher ebenfalls durch ein Gegengewicht bewirkt wurde, durch ein sogenanntes Gleich- James Watt und die Dampfmaschine. gewichtsventil aus dem oberen Raum in den unteren trat. Die Neuerung erforderte demnach drei Ventile. 4. Dass Luft und warmes Wasser aus dem Kondensator durch eine besondere Luft- und Warmwasserpumpe entfernt wurden. Die Chacewatermaschine hatte 63 Zoll Durchmesser und 9 Fuss Hub. Cornwall war gewonnen. Zahlreiche Aufträge liefen ein. Watt musste nach Soho zurück, denn nur er war im stande, die Entwürfe und Zeichnungen dafür zu machen. Andere Schwierigkeiten erwuchsen. Durch die ungeheuren Ausgaben für den Bau der Fabrik und der Fig. 129. Maschinen, die noch lange kein Geld einbrachten, kam Boulton in finanzielle Be- drängnis. Trotzdem entwarf er ein System der Abzahlung für seine Maschinen, wel- ches ihm zunächst kein bares Geld in die Kasse brachte, aber eine grosse Rente für die Zukunft ver- sprach. Er verlangte näm- lich statt Zahlung einer Kaufsumme nur ⅓ der wirklichen Kohlenersparnis gegen die alten Feuer- maschinen. Diese wurde bei jeder neuen Anlage durch ehrlichen Versuch fest- gestellt. Boulton und Watt verkauften an die Bergwerke, wo alte Ma- schinen standen, nur unter dieser Bedingung. Zur Bestimmung der Leistung der Maschinen musste die Zahl der Hube ermittelt werden. Zu diesem Zwecke erfand Watt ein Zählwerk unter Verschluss. Wo die Steinkohlen billig waren, wurde dagegen eine bestimmte Patent- gebühr statt Zahlung ausbedungen. Neue grosse Maschinen für Cornwall wurden bestellt, die Maschinen- fabrik in Soho nahm immer grösseren Umfang an, damit wuchsen aber auch die Schwierigkeiten der Firma. Es war ein schwerer Kampf, den kaum ein anderer durchzukämpfen vermocht hätte. Boulton aber wich nicht und kämpfte wie ein Held. James Watt und die Dampfmaschine. 1779 kamen zwei preussische Ingenieure nach Soho, welche von Watt sehr artig empfangen wurden. „Sie gelangten in das Maschinen- zimmer und kopierten Old Bess“ (die frühere Kinneil-, jetzt Soho- maschine). Acht weitere Maschinen wurden für Cornwall bestellt. Die Aus- führung überwachte Watt und er war darin äusserst peinlich. Er gab für jede Maschine eine geschriebene Anleitung heraus, nach der gearbeitet werden musste und worin nicht nur die Werkzeuge für die einzelnen Arbeiten, sondern auch die Aufeinanderfolge derselben genau angegeben war. Dadurch wurde Soho eine hohe Schule der Arbeit. Watt verlangte viel und wurde leicht ungeduldig, was durch Boultons vornehme Ruhe wieder ausgeglichen wurde. Tüchtige Vorarbeiter kamen aber dadurch auch in Stellungen, wie sie früher gewöhnliche Arbeiter nie erlangt hatten. Ein solcher war William Murdock , ein praktisches Genie und der zuverlässigste Mensch, das Muster eines Monteurs; auf ihn konnte sich Watt ganz verlassen. Watts Umgang regte in Murdock den Erfindungsgeist an, wodurch er später das erste brauch- bare Modell eines Dampfwagens entwarf und anfertigte und zuerst die Gasbeleuchtung einführte. Geboren 1754, also damals noch ein junger Mann, stieg er vom gemeinen Arbeiter durch eigene Kraft zum Gehülfen, ja man kann sagen zum Freund von Watt und Boulton empor. Er war Watts Adjutant. Wo eine schwierige, mechanische Aufgabe zu lösen war, wurde Murdock hingeschickt. Es war ein schönes Ver- hältnis zwischen dem treuen Diener und der Herrschaft. Noch schöner war aber das Verhältnis zwischen Watt und Boulton selbst, zwei bedeutende Menschen von ausgeprägter Individualität, in voller Über- einstimmung einem Zweck dienend. Watt war das Gehirn, Boulton das Herz des Unternehmens. Bis zum Sommer 1780 hatten Boulton und Watt 40 meist grosse Maschinen geliefert, davon 20 nach Cornwall. Wir haben schon früher erwähnt, dass Watt eine Freude am Briefe- schreiben hatte und eine ausgedehnte Korrespondenz unterhielt. Zu seiner eigenen Erleichterung hatte er 1778 die Kopierpresse erfunden, die noch heute in allgemeinem Gebrauch ist. Auch diese Erfindung verstand Boulton in grossartigem Massstabe auszubeuten, in Gemein- schaft mit Watt und Keir , nachdem Watt 1780 ein Patent darauf genommen hatte. Um jene Zeit litt dieser wieder an unaufhörlichem Nervenkopfweh. Die Cornwaller Gewerke wollten von den Zählkarten und der Berechnung der Kohlenersparnis nichts mehr wissen und zogen es James Watt und die Dampfmaschine. vor, eine jährliche Rente zu zahlen. Die Gewerke von Wheal Virgin zahlten beispielsweise für ihre fünf Maschinen 2500 £ jährlich. Boulton ging ohne Zögern auf den neuen Zahlungsmodus ein, aber Watt war damals in so melancholischer Gemütsstimmung, dass er darin nur Unglück sah. Die Firma wurde selbst nach und nach Teil- haber an verschiedenen Bergwerken in Cornwall, welche Anteile an Zahlungsstatt verpfändet hatten. Dadurch wuchs ihr Interesse an dem dortigen Bergbau noch mehr, so dass Boulton ein eigenes Haus daselbst bauen und einrichten liess, wo er in den folgenden Jahren regelmässig einen Teil des Jahres verbrachte. Er trug sich sogar eine Zeit lang mit der Idee, die ganze Maschinenfabrik von Soho nach Cornwall zu verlegen, weil Cornwall ihr Hauptabsatzgebiet geworden war. Alle Newcomenmaschinen bis auf eine waren dort von den Watts chen Maschinen verdrängt worden. Watts Niedergeschlagenheit dauerte an. Freilich fehlte es nicht an Sorgen und Ärgernissen. Boulton hatte mehr als 40000 £ in das Maschinengeschäft gesteckt, ehe es anfing, sich zu rentieren, und als es nun anfing, entbrannte ein Kampf um das Patent, indem Gegner auftraten, welche es zu stürzen suchten. Einen andern grossen Ver- druss musste er erleben in Bezug auf die Anwendung der Kurbel. 1779 war nämlich Watt damit beschäftigt, die einfachste Art der Umsetzung der geradlinigen in die Kreisbewegung zu konstruieren. Er verfiel auf die natürlichste, die Kurbel, die seit undenklicher Zeit in Anwendung war, denn, wie Watt sagte, war der Mann, der das erste Tretrad machte, der Erfinder der Kurbelbewegung, und jeder Scherenschleifer benutzte dieselbe. Er dachte also nicht daran, darauf ein Patent zu nehmen. Gross war daher sein Ärger, als Pickard im folgenden Jahre 1780 auf die Anwendung der Kurbel ein Patent erhielt, um so mehr, als die Idee augenscheinlich von ihm gestohlen war. Er hatte seine Kurbelmaschine in Soho fertig konstruiert. Einer der Modelleure, welche an dem Modell gearbeitet hatten, prahlte damit eines Abends in der Kneipe und zeichnete das Princip mit Kreide auf den Tisch, um es besser zu erklären. Ein Horcher war anwesend in der Person eines Knopfmachers. Durch diesen soll Pickard Kenntnis davon bekommen haben. Watt hatte immer einen gewissen Washburne im Verdacht, einen Mechanikus in Bristol, den Watt früher einmal beschäftigt hatte und der sich später darauf verlegte, selbst Dampfmaschinen zu bauen. Watt schrieb 1781: Washburnes Maschinerie ist von mir und durch unwürdige Mittel gestohlen und das Patent erschlichen. Dieser Washburne behauptete auch der Erfinder James Watt und die Dampfmaschine. des Schwungrades zu sein, obgleich dieses schon 1757 Fitzgerald patentiert worden war. Im Jahre 1781 war die Marineverwaltung mit Washburne wegen Errichtung von Mahlmühlen in Verbindung getreten, wollte aber von Boulton und Watt die Maschinen beziehen. Diese lehnten es ab, mit Washburne in irgend welche Verbindung zu treten. Die Marineverwaltung wendete sich in ihrer Verlegenheit an Smeaton , welcher erklärte, dass die Dampfmaschine, ob mit Kurbel oder mit einer andern Vorrichtung, für den Zweck überhaupt nichts tauge, da sie für Rotationsbewegung niemals das Wasserrad ersetzen könne (!). Die Anwendung der Dampfmaschine für Mühlen war aber eine dringende Frage geworden und Pickards Patent, welches Watt die Anwendung der Kurbel unmöglich machte, kam höchst ungelegen. Durch mechanische Schwierigkeiten liess sich aber Watt nicht leicht ausser Fassung bringen. Diesmal hütete er sich, seine Erfindung vor- zeitig kund zu geben. Boulton drängte wegen der Rotationsmaschine, denn von allen Seiten kamen Anfragen wegen derselben. „Die Menschen sind dampfmühl-toll“, schrieb Boulton . Ein Mr. Edwards verlangte eine solche, um damit einen Hammer von 7 Ctr. Gewicht 120mal in der Minute zu heben. — Am 25. Juli 1781 gab Watt seine Erfindung zum vorläufigen Schutz. — Um dieselbe Zeit wurde in Soho eine grosse Dampfmaschine gebaut, welche die Öfen von Walkers Eisenwerken bei Rotherham treiben sollte, und eine andere für Wilkinsons Eisenhämmer zu Bradley, bei denen er doppelte Cylinder, doppelte Kurbeln und ein Paar Schwungräder zu verwenden vorschlug. Ein anderer Konkurrent Watts tauchte auf in den Gebrüdern Hornblower , welche Reklame machten für eine Feuermaschine, besser als die Watts . Dieser vermutete, dass es eine Heissluft- maschine sein könne. Boulton machte Versuche mit heisser Luft und ebenso Pristley , der zu dem Schluss kam, dass heisse Luft nicht so billig dieselbe Arbeit leisten könne als Dampf. Watts Erfolge regten den Erfindungsgeist in vielen Köpfen an. Endlich kam Watt hinter Hornblowers Maschine und fand, dass sie nichts anderes war als eine zweicylindrige Maschine mit Expansion nach seinem Princip. Das Princip der Expansion hatte Watt bereits 1769 seinem Freunde Dr. Small erläutert; er hatte es angewendet bei der Sohomaschine und bei der Shadwellmaschine, war aber von der allgemeinen Anwen- dung infolge seiner schlechten Erfahrungen bei den Maschinisten abgekommen. Wie sehr er von dem Princip selbst durchdrungen war, erhellt daraus, dass er an Boulton schrieb: „Eine gut regulierte James Watt und die Dampfmaschine. Expansionsmaschine ist das non plus ultra unserer Kunst.“ Horn- blower erhielt auch 1781 ein Patent auf eine Expansionsmaschine, welches aber von Boulton und Watt angegriffen wurde. Watt war damals sehr fleissig. Innerhalb 14 Tagen vollendete er die Zeichnungen für seine zum Patent angemeldete Rotations- maschine. Um dieselbe Zeit machte er eine Reihe von Erfindungen, darunter eine plötzliche Arretierung für die grosse Dalcoathmaschine im Falle eines Grubenunglücks, ferner den Ausgleichungsbalancier (equalising beam), das verbundene Radgetriebe (top working gear) und die Excenterscheibe mit horizontaler Achse (a horizontal-axled elliptical with one pulley); daneben erfand er einen vortrefflichen Metallkitt. Am 25. Oktober 1781 wurde das Patent für seine rotierende Dampfmaschine erteilt. Er hatte bei dieser die Anwendung der Kurbel Fig. 130. (wegen Pickards Patent) durch fünf verschiedene Methoden von Radbewegungen ersetzt. Das, was in der Praxis den Vorzug erhielt, war das zuerst von W. Murdock erfundene Plane- tenrad (Sun and Planet Motion), welches zwei Umdrehungen machte bei einem Hub (siehe Fig. 130). Am 23. Februar 1782 wurde das Patent, nach Einlieferung der Specifikation, ordnungsmässig ein- getragen. Es erstreckte sich auf einfache, Verbund-, halbrotierende und rotierende Maschinen mit und ohne Expansion. In Briefen aus jener Zeit verfolgte er die Idee der Überhitzung des Dampfes unmittelbar vor dem Eintritt in den Cylinder. — Im März war der Entwurf seiner Expansions-Wechselmaschine fertig, für welche ihm am 4. Juli das Patent erteilt wurde. In diesem Patent war die doppeltwirkende Maschine, oder Hoch- druckmaschine, bei welcher der Dampf durch Druck unter und über dem Kolben wirkt, mit einbegriffen, ferner das Princip der Expansion, verschiedene Methoden der Kraftausgleichung, die Geradführung der Kolbenstange durch Zahngetriebe und eine rotierende Maschine oder Dampfrad. — Bei dieser angestrengten Thätigkeit war Watt viel leidend und während er seine Erfindungen ausarbeitete, ging vieles verkehrt in den Werkstätten. Hier bewährte sich wieder William Murdock , der überall hin gerufen wurde, wo es fehlte. James Watt und die Dampfmaschine. Im allgemeinen war die Geschäftslage damals eine sehr schlechte. Der Bergbau in Cornwall lag danieder; das grosse Kopierpressenlager in London brannte ab. Die Dampfmaschinen hatten jetzt 13 Jahre nach dem Patent noch keinen wirklichen Gewinn gegenüber den auf- gewendeten Summen eingebracht. Die gesamten Abgaben von den Pumpmaschinen beliefen sich 1782 nur an 4320 £ das Jahr. Watt , von Schmerzen und Sorgen gequält, war nahezu verzweifelt. Boulton hielt den Kopf hoch. Je schlechter die Aussichten in Cornwall waren, je mehr musste man sich auf die rotierenden Maschinen verlegen und diese überall anzuwenden versuchen, wo man seither Wasserräder benutzt hatte. Als Boulton 1781 ein grosses Kupferwalzwerk sah, klagten die Besitzer, dass es im Winter wegen des Frostes still liegen müsste. Boulton schlug deshalb eine Dampfmaschine als Motor vor. Nach Hause zurückgekehrt, liess er sofort ein Modell eines Walz- werkes mit einer Dampfmaschine mit zwei Cylindern und zwei Balanciers, von denen ein jeder die Kraft auf eine Walze übertrug, anfertigen. Ende des Jahres legte er eine Dampfschmiede in Soho an. „Sie arbeitet gut“, schrieb er, „denn obgleich die Maschine klein ist, reckt sie doch mehr Stahl, als ein grosses Walzwerk in der Nachbarschaft mit Wasser zieht.“ Wilkinson gefiel dieses Dampf- walzwerk so sehr, dass er ein viel grösseres für die Bradley-Eisen- werke bestellte und ein weiteres wurde bald darauf für Rotherham in Auftrag gegeben. Aber die Zahl der Walzwerke (iron mills) war damals noch beschränkt und Boulton erwartete auch hiervon nicht viel. Weit grössere Hoffnungen setzte er auf die Getreidemühlen. Ende des Jahres (1782) hatte Watt seine Rotationsmaschine für einen Schwanzhammer und für eine Getreidemühle angewendet. „Es ist jetzt ausgemacht“, schreibt er, „dass die Dampfmaschine die Korn- mühle treibt, nicht aber, dass dabei etwas verdient wird.“ Die erste Dampfmühle wurde für Mr. Reynolds in Ketley gegen Ende 1782 errichtet, die erste in London für die Brauerei von Goodwyn \& Co. , und die zweite, welche mit einigen Änderungen vor 20 Jahren noch arbeitete, bei Messrs. Whitbread . Der Erfolg war ein so guter, dass bald alle Brauereien Londons folgten. Es war sehr nötig, dass sich andere Absatzgebiete für die Dampfmaschine fanden, denn die Ein- künfte von Cornwall gingen erheblich zurück; die der Chacewater- maschinen waren von 2500 £ auf 1000 £ gesunken. 1783 erkrankte Boulton und musste dann zu seiner Erholung längere Zeit nach Schottland gehen. Der kräftige Mann erlangte bald seine Gesundheit wieder. Wedegewood bestellte eine Maschine, um Flint zu mahlen. James Watt und die Dampfmaschine. Ein wichtiger Absatz that sich in Nordamerika auf für Sägemühlen und in Westindien für Zuckermühlen. Die Aufträge häuften sich derart, dass Watt kaum im stande war, die Zeichnungen alle anzu- fertigen. Ausserdem hatte er eine Reihe neuer Erfindungen aus- zuarbeiten, welche in seinem Patent von 1784 zusammengestellt sind; dazu gehörte der Dampfschwanzhammer , um Eisen und Stahl zu schmieden, die Anwendung der Dampfmaschine, um die Räder leichter Fuhrwerke zu treiben (Dampfwagen) u. s. w. In diese Zeit fällt die schöne Erfindung der Geradführung durch das Parallelogramm (the Parallel Motion) (Fig. 131), von der Watt selbst sagte: „obgleich ich nicht allzu viel auf Ruhm setze, so bin ich doch auf die Parallel- bewegung stolzer als auf irgend eine andere mechanische Erfindung.... Sie erlaubt senkrechte Bewegung ohne Ketten, Führungen mit fatalen Reibungen, Bogenköpfen und anderen plumpen Dingen“ und hatte Fig. 131. unter anderen den Vorteil, dass man bei 8 Fuss Hub das Ma- schinenhaus um 5 Fuss niedriger bauen konnte als seither. Sie wurde zuerst und mit grossem Erfolg an der Whitbread-Maschine in London angebracht. Die andere, ebenso bekannte, geistvolle Erfindung Watts aus dieser Zeit war der Regulator mit Schwungkugeln (the governor). Die Gleichförmigkeit des Ganges war bei den Pumpmaschinen nicht so wichtig gewesen, jetzt bei der Rotationsmaschine war sie ein Haupterfordernis. Vordem hatte sich Watt mit Drosselklappen, welche durch Hand gestellt wurden, geholfen. Der neue Regulator arbeitete automatisch. Dieses einfachste und eleganteste Mittel der Geschwindigkeitsregulierung hat sich bis auf unsere Tage erhalten, wie Watt es konstruiert hatte. Eine Haupt- anwendung erhoffte Watt von der Anwendung der Dampfmaschine für Fuhrwerk. In sein Patent hatte er deshalb den Dampfwagen mit eingeschlossen, und zwar sollten die Räder durch eine Hochdruck- maschine, bei welcher der Dampf ins Freie ausströmte, getrieben werden oder auch durch Niederdruck. Watt liess die Sache aber liegen. Dagegen baute sich William Murdock einen Dampfwagen, mit dem er wirklich auf der Landstrasse von Redruth, zum grossen Erstaunen der Einwohner, herumfuhr. 1784 wurde die letzte Newcomen- Beck , Geschichte des Eisens. 34 James Watt und die Dampfmaschine. Maschine in Cornwall zu Polgooth abgelegt und durch eine Watts che Maschine ersetzt. Um diese Zeit begann infolge der Vorgänge in Frankreich die Politik allgemeines Interesse zu erregen, auch Boulton nahm daran Teil. Damals war der ältere Pitt Minister. Um dieselbe Zeit gründete Boulton in Cornwall die grosse Kupfergesellschaft. Fig. 132. Ein anderes wichtiges Ereignis war die Aufstellung der ersten grossen Rotationsmaschine mit Parallelführung (Fig. 132) in dem grossen Dampfmühlenwerk Albionmill in Southwark, welche 1786 in Gang gesetzt wurde und nach einigen Schwierigkeiten vorzüglich arbeitete. Diese Maschine verbreitete mehr wie irgend eine andere den Ruhm von Boulton und Watt und wurde zur besten Reklame für sie. Bestellungen aller Art liefen massenhaft ein für Papier- James Watt und die Dampfmaschine. mühlen, Baumwoll-, Getreide-, Eisen- und Zuckerrohrmühlen. Es kamen Ingenieure von allen Ländern Europas, um die Watts che Maschine kennen zu lernen. Die Dampfmaschine war eine aner- kannte Macht geworden . „Es geht kein Wasserrad in Staffordshire,“ schrieb Boulton im Dezember 1786, „sie sind alle eingefroren, und wäre nicht Wilkinsons Dampfwalzwerk (steam mill) da, so müssten die armen Nagelschmiede alle verhungern; während diese Tag aus Tag ein ihren Gang geht, 10 Tonnen Eisen den Tag walzt und schneidet, welches warm weggeht. Gegen Ende 1786 liefen neue Bestellungen ein. Die Spiegelglas- Gesellschaft bestellte eine 40 pferdige Maschine; für die Oxford-Kanal- Gesellschaft und für die Wasserwerke in Marly bei Paris liefen Auf- träge ein. Bis zum Jahre 1785 hatte die Maschinenfabrik in Soho noch keine Überschüsse machen können, aller Verdienst musste wieder in das Geschäft gesteckt werden; nach zwei weiteren Jahren sah dies ganz anders aus. — Watt und Boultons Ruhm breitete sich durch ganz Europa und Amerika aus. Soho wurde ein Sammelpunkt aus- erlesener Geister. Wir haben schon oben der Mondscheingesellschaft gedacht, welche ihren Namen daher hatte, dass die Mitglieder bei Vollmond im Hause des einen oder des andern, meist aber bei Boulton zusammenkamen, um die Mondbeleuchtung für den oft weiten Nach- hauseweg benutzen zu können. Die Mondscheingesellschaft war eine Art freie Akademie, alle wichtigen Tagesfragen auf dem Gebiete der Wissenschaft und Technik wurden besprochen. Hervorragende Personen machten sich eine Ehre daraus, an den Zusammenkünften teil nehmen zu dürfen. Unter den gelegentlichen Besuchern erwähnen wir auch Baron Reden , den späteren hochverdienten preussischen Minister, den Be- gründer des oberschlesischen Berg- und Hüttenwesens, welchen De Luc 1782 bei Watt einführte. Priestley , der Entdecker des Sauerstoffs, war ein hervorragendes Mitglied der Mondscheingesellschaft. Dieser hatte bereits 1781 bei seinen Versuchen gefunden, dass, wenn man ein Gemisch von Wasserstoff und Luft durch den elektrischen Funken entzündete, der Wasserstoff und ein Teil der Luft verschwand und die Wände sich mit Wasser beschlugen. Diesen Versuch machte ein Mr. Waltire , der in den englischen Städten herumzog und Vor- lesungen über Chemie hielt, zu einem Vorlesungsexperiment. Dadurch wurde Cavendish zuerst darauf aufmerksam, der dem von Priestley wenig beachteten Umstand, dass sich die Wände mit Wasser beschlugen, die gebührende Aufmerksamkeit schenkte und dadurch zu der Ent- 34* James Watt und die Dampfmaschine. deckung der Zusammensetzung des Wassers geführt wurde. Watts Aufmerksamkeit war aber ebenfalls durch Priestleys Versuch auf den Gegenstand gelenkt worden. Er war schon früher zu der Über- zeugung gekommen, dass Dampf, stark erhitzt, sich in Luft verwandle. Jetzt schloss er aus Priestleys Experiment, dass das Wasser aus brennbarer Luft (Wasserstoff) und dephlogistisierter Luft (Sauerstoff) zusammengesetzt sei. Watt hat also schon vor Cavendish die rich- tige Konstitution des Wassers erkannt. 1782 schrieb er an Boulton : „Sie werden sich erinnern, dass ich oft sagte, dass, wenn man Wasser zur Rotglut oder noch höher erhitzen könnte, es sich wahrscheinlich in eine Art Luft verwandeln würde, weil der Dampf in diesem Falle alle seine gebundene Wärme verloren haben würde, welche sich ganz in fühlbare Wärme verwandeln würde, wodurch eine vollständige Umwandlung der Natur der Flüssigkeit entstehen müsste.“ Und zu Priestleys Versuch schrieb er an Dr. Black : „Wenn ganz trockene brennbare Luft und ganz trockene dephlogistisierte Luft durch den elektrischen Funken in einem verschlossenen Gefässe entzündet wurden, so fand ich nach dem Erkalten eine gewisse Menge Wasser an den Wänden niedergeschlagen, gleich oder nahezu gleich dem Gewicht der ganzen Luft. .... Sind wir nicht berechtigt zu schliessen, dass Wasser zusammengesetzt sei aus dephlogistisierter und inflammabler Luft oder Phlogiston, denen ein Teil ihrer latenten Wärme entzogen ist? und dass dephlogistisierte oder reine Luft aus Wasser, dem der Phlo- giston entzogen ist, besteht, verbunden mit Wärme und Licht? und wenn Luft nur eine modifizierte Form der Wärme ist oder ein Bestandteil des Phlogiston, dann besteht die reine Luft (der Sauer- stoff) aus Wasser, dem der Phlogiston oder die latente Wärme ent- zogen ist?“ So kamen Watt und Cavendish gleichzeitig und selbständig zur richtigen Erkenntnis der Konstitution des Wassers, denn es ist ganz undenkbar im Hinblick auf die Natur der beiden Männer, dass einer von beiden die Idee des andern als die seinige ausgegeben hätte. Watt gebührt die Priorität insofern, als er seine Ansicht früher niederschrieb, in seinem Briefe an Priestley vom April 1783. Es ist aber zugleich ein Beweis, wie klar und tief Watt das Wesen der Dinge ergründete, weit über die Grenzen des rein Mechanischen hinaus. Cavendish veröffentlichte seine vermeintliche Entdeckung erst am 15. Januar 1784 und Watt war sehr ärgerlich darüber, denn er war damals überzeugt, dass Cavendish seine Idee gestohlen hätte. Später, als er alt geworden war, dachte er ruhiger hierüber und sagte: „Alles in Allem liegt wenig daran, ob Cavendish James Watt und die Dampfmaschine. oder ich zuerst die Zusammensetzung des Wassers gefunden haben, die Hauptsache ist, dass sie gefunden wurde.“ Wie gründlich Watt auch in das Wesen der Chemie eingedrungen war, geht daraus hervor, dass er Berthollets Entdeckung von der Bleichkraft des Chlors in die Praxis einführte, indem er zuerst in der Färberei seines Schwiegervaters Macgregor in Glasgow die Chlorbleicherei im grossen anwendete. Während Watt dieses Gebiet der Chemie mit Liebe betrieb, war Boulton ein ausgezeichneter Mineraloge und Geognost. 1785 besuchte ihn und die Mondschein- gesellschaft Faujas de St.-Fond . Ein neues und grossartiges Geschäft begann Boulton mit der Ausprägung von Kupfergeld. Die Einrichtungen der alten Münzen waren so unvollkommen, dass ihre Leistungen ausserordentlich gering waren, sowohl in Bezug auf Qualität als auf Quantität. Boulton hatte für seine Knopffabrik schon bessere Stampf- und Prägwerke als die Münzstätten. In Verbindung mit der Dampfmaschine konnte er ihre Leistungsfähigkeit ausserordentlich steigern. Dazu kam, dass Boulton Liebhaberei an Münzen hatte, und sein Geschmack in Bezug auf Zeich- nung, Schnitt und Gravierung sehr geläutert war. Abgesehen von geprägten Knöpfen mit erhabener Verzierung, prägte er Spielmünzen. Das Ausprägen wirklicher Münzen lag ihm also als ein technischer Betrieb sehr nahe. Er hatte schon früher ab und zu solche geprägt. 1786 über- nahm er einen Kontrakt für 100 Tonnen Kupfermünzen für die Ostindische Gesellschaft, und um diesen rechtzeitig erfüllen zu können, legte er die neue Präganstalt mit Dampfbetrieb in Soho an. Diese wurde der Ausgangspunkt einer vollständigen Reform des ganzen Münzwesens. Boulton konstruierte nach und nach sämtliche Münzmaschinen neu und ihm gebührt das Verdienst der besseren Geldausprägung. Das Geldmünzen wurde ein bedeutender Zweig der Fabrik von Soho, dem Boulton in den letzten 20 Jahren seines Lebens sein hauptsäch- liches Interesse zuwendete. Es hatte für ihn noch den andern ungeheuren Vorteil, dass er dadurch den Wert seiner Kupferberg- werke in Cornwall erhöhte, denn Boulton wurde nun der grösste Käufer von Kupfer und dadurch wieder ein Wohlthäter für den ganzen Bergbau in Cornwall. Diese glänzenden Resultate erreichte er durch seinen Fleiss, seine Geschäftsgewandtheit, vor allem aber durch seine strenge Redlichkeit und Gewissenhaftigkeit. Er führte Krieg gegen die übliche schlechte und unwichtige Prägung und ver- besserte dadurch das Geld überhaupt, was ein ungeheurer wirtschaft- licher Fortschritt war. Er prägte bald für alle Länder in grossartigem James Watt und die Dampfmaschine. Massstabe. 1790 bis 1792 auch für die französische Republik. Am längsten wehrte sich die englische Regierung selbst, die Ausprägung der Privatindustrie zu überlassen. Aber Boultons Geld war soviel besser und schöner, dass auch hier die Regierung im Jahre 1797 der öffentlichen Meinung nachgeben musste und die Ausprägung des Kupfergeldes für England Boulton übertrug. Die Prägeanstalt zu Soho war sehr bedeutend, sie hatte acht starke Münzpressen mit Dampfbetrieb und konnte 1200 Tons Kupfer- münzen im Jahre schlagen. Boulton erhielt auch den Auftrag, die königliche Münze zu Tower-Hill neu einzurichten und er machte daraus die vollkommenste Münze damaliger Zeit. Die Pläne waren von ihm, die Maschinen lieferte Soho. In gleicher Weise richtete er eine Anzahl neuer Münzen in verschiedenen Ländern ein. Hätte Boulton sonst nichts geleistet, so würden seine Verbesserungen des Münzwesens allein seinen Namen unsterblich gemacht haben. Ende der 80er Jahre konnten sich Boulton und Watt ihres festbegründeten Wohlstandes erfreuen. Beide hatten Söhne in ziem- lich gleichem Alter, die als hoffnungsvolle Nachfolger heranwuchsen. Die französische Revolution brach aus und bewegte alle Gemüter. In Birmingham erhob sich der Aufruhr gegen die Franzosenfreunde, durch den Pristleys Haus, das ihm seine Freunde von der Mond- scheingesellschaft geschenkt hatten, zerstört wurde und er selbst nur mit Mühe das Leben rettete. Auch dieser Sturm ging vorüber, ohne den festgefügten Bau der Firma zu erschüttern. 1794 traten die Söhne von Boulton und Watt in das Geschäft und ihre jugendliche Energie trug dazu bei, das Geschäft noch mehr zu heben. 1798 wurde Wilh. Murdock aus Cornwall zurückberufen, um oberster technischer Aufsichtsbeamter der Werkstätten von Soho zu werden. Die Gewerke in Cornwall sahen ihn ungern scheiden und boten ihm 1000 £ das Jahr, wenn er bliebe. Aber die Treue band ihn an Watt . Er war seine „rechte Hand“. In Soho leistete er viel zur Verbesserung der Werkzeuge. Er konstruierte eine Cylinderbohr- maschine mit Schraube ohne Ende, die in ein Zahngetriebe griff, an deren Achse der Bohrstahl befestigt war und die sich vortrefflich bewährte gegenüber der alten Methode mit dem Stirnrad (spur gear). Bereits 1785 hatte er die erste oszillierende Dampfmaschine erfunden. Ebenso war das von ihm erfundene doppelte Schieberventil, welches die vier Klappenventile (poppet valve) ersetzte, eine wesentliche Ver- besserung. Auch in der Giesserei war er sehr erfahren und erfand James Watt und die Dampfmaschine. den Guss der Dampfmäntel für die Cylinder in einem Stück, statt aus zusammengeschraubten Segmenten. Murdock hatte in dem Drang, zu erfinden, viel Ähnlichkeit mit Watt . Die moderne Gasbeleuch- tung ist ebenfalls seine Erfindung. Dass man Leuchtgas aus Stein- kohlen herstellen konnte, war längst bekannt, aber die praktische Verwendung zeigte Murdock zuerst. Schon 1792 machte er Versuche damit zu Redruth und bald beleuchtete er sein Haus und seine Werk- stätte damit. In Soho wurde die ganze Front der Fabrik zur Feier des Friedens von Amiens im Jahre 1802 durch Murdock mit Gas beleuchtet. Dies fand solchen Beifall, dass man 1803 die ganze Fabrik mit Gas einrichtete, was dann von vielen Fabriken nachgeahmt wurde. Als Watt 1805 nach Glasgow kam, war auch dort das Gas schon in ziemlich allgemeiner Anwendung. Murdocks Verdienst wurde von der Royal Society in London anerkannt und mit der goldenen Medaille belohnt. Die Gasbeleuchtung der Städte kam erst in den folgenden Jahren durch einen Deutschen, Winzer (1809), und namentlich durch Clegg auf, der die Londoner Gasbeleuchtung einrichtete. Murdocks Lieblingsidee war eine Druckluftmaschine. Er führte auch eine solche aus mit 12 Zoll Cylinder und 18 Zoll Hub, welche er mit der gepressten Luft des Kupolofengebläses der Sohogiesserei betrieb und damit eine Drehbank in der Modellierwerkstätte in Bewegung setzte. Er machte auch einen Aufzug mit Druckluft, welcher die Gussstücke von der Giesserei zu den Bohrmaschinen und von da auf die Kanalsoole hob. Auch zu den Schellenzügen in seinem Hause benutzte er sie bereits. Der noch heute gebräuchliche Rostkitt für Gusseisen war gleich- falls eine Erfindung Murdocks . Er war darauf gekommen, weil durch ein Stückchen Salmiak, welches zufällig in seinen Werkzeug- kasten gefallen war, Eisenfeilspäne so fest an ein Sägeblatt gerostet waren, dass sie kaum entfernt werden konnten. Versuche ergaben, dass sein Rostkitt (cast iron cement) besser war als Watts Metallkitt. Als im Jahre 1800 Watts Patent für die Dampfmaschine erlosch, löste sich auch die darauf begründete Handelsgesellschaft Watt und Boulton auf. Boulton war damals 72, Watt 64 Jahre alt. Watt fühlte sich erst jetzt ganz glücklich, als er alle Geschäftssorgen los war. Boulton blieb in seiner Thätigkeit. Die Münze war jetzt seine Hauptfreude. 1803, nach dem Frieden von Amiens, machte Watt die längste Reise seines Lebens. In Gesellschaft seiner Frau fuhr er durch Belgien, den Rhein herauf bis Frankfurt, von da nach Strass- burg und über Paris zurück. James Watt und die Dampfmaschine. Boulton endete am 17. August 1809, 81 Jahre alt, sein thätiges Leben. Er hatte Soho zu einer Musterfabrik gemacht und mit Stolz nannte er sie seine Schule für geschickte Arbeiter. Er sorgte väter- lich für seine Leute und gründete zu diesem Zwecke eine Lebens- versicherung für dieselben. Geschäftsmann vom Scheitel bis zur Zehe, hatte doch sein ganzes Wesen etwas vornehmes. Er war in der That der „königliche Kaufmann“ und auch Watt nannte ihn oft, wenn er von ihm sprach, den fürstlichen Boulton . Was Watt und durch diesen die Welt ihm verdankt, haben wir aus obiger Skizze kennen gelernt. Watt , tief erschüttert von dem Tode seines edlen Freundes, schrieb einen Monat nach dessen Ableben in einem Manuskript, das er in Soho deponierte: „Während der ganzen Zeit unserer Geschäftsverbindung war es Boultons thätige und hoffnungs- frohe Gemütsart, welche die Mutlosigkeit und Verzagtheit, welche in meiner Natur lag, aufwog; und jede Hülfe, welche Soho oder Birmingham liefern konnte, wurde durch ihn beschafft. Boultons liebenswürdiger, freundlicher Charakter in Verbindung mit seinem Ruf als Ingenieur und unternehmenden Fabrikanten, erwarben uns viele und sehr thätige Freunde in beiden Häusern des Parlaments.... Genüge es zu sagen, dass seinem grossmütigen Schutz, dem thätigen Anteil, den er in der Betreibung des Geschäftes nahm, seinem verständigen Rat und seinem Beistand bei der Erfindung und Ausführung vieler Arten der Ver- wendung der Dampfmaschine, für verschiedene Arten von Maschinen, das Publikum zu einem grossen Teil für die Wohlthaten, die es jetzt durch diese Maschinen erfährt, verpflichtet ist. Ohne ihn oder einem ähnlichen Teilhaber (wenn ein solcher überhaupt zu finden gewesen wäre) hätte die Erfindung nie so weit gebracht werden können, wie es geschehen ist.“ „ Boulton war nicht nur ein geistvoller Mechaniker, sehr geschickt in allen Zweigen der Industrie Birminghams, sondern er besass auch in hohem Masse die Fähigkeit, eine neue Erfindung, ob von ihm oder von anderen, für das Publikum nützlich zu machen, sowohl durch Organisation und Anordnung der Einrichtungen, durch welche sie ausgeführt werden konnte, als auch durch Beförderung des Absatzes durch eigene Arbeit und die Hülfe seiner zahlreichen Freunde und Korrespondenten. Seine Auffassung des Wesens einer Erfindung war rasch und nicht weniger rasch verstand er es, die Anwendbarkeit zu ermessen und den Gewinn, der sich daraus erzielen liess, zu über- schlagen. Sobald er irgend etwas in die Hand nahm, brachte er es rasch zur Ausführung und sparte dabei weder Mühe noch Kosten. James Watt und die Dampfmaschine. Er war ein grossherziger Beförderer der Verdienste anderer und das Vaterland verdankt ihm vielerlei Verbesserungen, welche durch seine Hülfe ins Leben getreten sind. Was mich selbst betrifft, so kann ich mit voller Aufrichtigkeit sagen, er war mein liebevollster, treuester Freund und Gönner, mit dem ich in engster Verbindung während 35 Jahren niemals eine ernste Meinungsverschiedenheit hatte.“ „Was die Verbesserungen und Neueinrichtungen in Soho angeht, — wie er aus einer dürren Heide einen herrlichen Garten geschaffen wie er die Gegend von Handsworth bevölkert und reich gemacht hat, — so muss ich diese Dinge gewandteren Federn überlassen.“ Dieser schöne Nachruf ehrt den, dem er gilt und den, der ihn niederschrieb. Zehn Jahre konnte sich noch Watt des sich immer mehr wach- senden Segens, den seine Dampfmaschine verbreitete, erfreuen. Am 19. August 1819 schied auch er ruhig und friedlich aus dem Leben im 83. Lebensjahr. Mit ihm schied einer der grössten Wohlthäter des Menschengeschlechts. Er wurde nahe seinem abgeschiedenen Freunde Boulton in der Kirche von Handsworth beigesetzt. Sein dankbares Vaterland aber errichtete ihm ein marmornes Ehrendenkmal in der Westminster Abtei. Die Kolossalstatue ist von Chantrey , die ein- gemeisselten Verse von Lord Brougham . Als letzterer Minister von England geworden war, sagte er: „Ich habe es immer als eine der höchsten Ehren, die mir im Leben widerfahren sind, gehalten, dass ich berufen wurde, die Inschrift für dieses edle Denkmal, von Edlen gestiftet, abzufassen.“ Die Worte der Inschrift Not to perpetuate a Name Which must endure while Peaceful Arts flourish, But to show That Mankind have learned to honour those Who best deserve their gratitude The King His Ministers and many of the Nobles And Commoners of the Realm Raised this Monument to James Watt Who directing the Force of an Original Genius Early exercised in Philosophical Research To the improvement of The Steam Engine Enlarged the Resources of the Country, Increased the Power of Man And rose to an Eminent Place lassen sich nicht in ihrer ursprüng- lichen Schönheit wiedergeben, ungefähr lauten sie wie folgt: James Watt und die Dampfmaschine. Nicht einen Namen zu verewigen, Welcher dauern wird, so lange friedliche Künste blühen, Sondern zu zeigen, Dass die Menschheit gelernt habe, die zu ehren, Welchen am meisten ihr Dank gebührt, Hat der König Seine Minister und viele Edle Und Abgeordnete des Reiches Dieses Denkmal errichtet James Watt, Welcher die Kräfte seines angebor’nen Genies Früh entwickelt durch philosophisches Studium Verwendete zur Verbesserung der Dampfmaschine , Die Hülfsquellen des Vaterlandes vermehrte, Die Kräfte der Menschen erhöhte Und selbst emporstieg zu einem hervorragenden Platz Unter den berühmtesten Männern der Wissenschaft Und der wahren Wohlthäter der Welt. Geboren zu Greenock 1736, Gestorben zu Heathfield in Staffordshire 1819. Die Fortschritte der Dampfmaschine in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sind fast ausschliesslich an den Namen James Watt geknüpft, dies lag in der Überlegenheit seines Genies und in dem Umstande, dass die Thätigkeit anderer durch das Erfindungspatent, welches erst mit dem Jahre 1800 ablief, eingeschränkt war. Es ist deshalb nicht viel zu dem, was über Watts Erfindungen berichtet worden ist, hinzuzufügen. Nur dürfte noch zu erwähnen sein, dass er auch die Dampfkessel verbesserte und die sogenannten Kofferkessel (Fig. 133 u. 134) erfand. Hornblowers Versuche, Dampfmaschinen nach eigener Erfindung zu bauen, haben wir bereits erwähnt. Seine Maschine hatte zwei senkrecht stehende, ungleich grosse Cylinder, welche miteinander ver- bunden waren, und arbeitete mit Hochdruck. Die Idee war gut und wurde später weiter entwickelt (Verbundmaschine). Hornblower hatte keinen grossen Erfolg damit, weil er durch Watts Patent verhindert Among the most illustrous Followers of Science And the real Benefactors of the World. Born at Greenock 1736 Died at Heathfield in Staffordshire 1819. James Watt und die Dampfmaschine. war, die Kondensation zu benutzen. Noch weniger Erfolg hatte ein ähnliches Patent von Sadler , dessen Maschine zwei Cylinder hatte, von denen der grössere einfachwirkend war, der kleinere als atmosphärische Maschine wirkte. Joseph Brahma erhielt 1790 ein Patent auf eine zweicylindrige Rotationsmaschine, wobei der eine Cylinder in dem anderen stand. Bei einer anderen Anordnung aus dem vorigen Jahrhundert stehen drei Cylinder, von denen der mittlere als Konden- sator dient, übereinander. Cartwright suchte 1797 Dampfmaschinen Fig. 133. Fig. 134. ohne Balancier zu konstruieren, ferner verbesserte er die Kondensation (Patent vom 11. November 1797). Wichtiger war die Verwendung der Dampfmaschine zu ver- schiedenartigen Arbeitszwecken. Anfänglich beschränkte sich dieselbe auf den Betrieb von Wasserpumpen. Ein Hauptvorzug der Watt - schen Maschine bestand aber darin, dass sie sich leichter auch mit anderen Bewegungsmechanismen verbinden liess, als die atmosphärische Maschine, besonders seitdem die Verwandlung der Geradebewegung in die Kreisbewegung gelungen war. Viele dieser Übersetzungen hatte James Watt und die Dampfmaschine. Watt selbst ausgeführt, viele wurden von andern erdacht. Für die Anwendung als Motor der wichtigsten Maschinen für die Eisenindustrie, für Gebläse, Hämmer und Walzen hat John Wilkinson hervorragendes Verdienst, andere Übersetzungen, namentlich zur Bewegung von Fuhr- werken und Fahrzeugen werden wir später erwähnen, wenn wir von den Dampfschiffen und Lokomotiven handeln werden, deren Anfänge noch in das 18. Jahrhundert, deren praktische Ausführungen aber erst in das 19. Jahrhundert fallen. Nachdem der Erfolg der Watts chen Dampfmaschine anerkannt und bekannt geworden war, machte man auch in den übrigen Industrie- ländern Europas, besonders in Deutschland, Frankreich und Russland Versuche, ebenfalls Dampfmaschinen zu bauen. Die ersten Versuche in Frankreich fielen nicht besonders glücklich aus. Dagegen bediente man sich in Frankreich schon früher wie in Deutschland englischer Maschinen. 1778 war der französische Mühlenbauer Perrier in Soho, um mit Boulton und Watt wegen einer Dampfmaschine für das Pariser Wasserwerk zu Passy zu verhandeln. 1779 schickten Boulton und Watt eine Maschine nach Challiot in Frankreich. 1781 trieb d’Arnal zu Nimes eine Kornmühle mit zwei Dampfmaschinen, welche das Wasser auf zehn oberschlächtige Räder pumpten. Auf dem Eisen- werk Creuzot waren Dampfmaschinen vor 1785 in Anwendung. In Russland wurde die erste Dampfmaschine 1787 von Engländern erbaut. 1786 hatte Gascoigne , welcher technischer Leiter der Carron- Eisenwerke nach Dr. Roebuck gewesen war, eine Kolonie schottischer Mechaniker in St. Petersburg etabliert, welche die erwähnte Maschine bauten; dieselbe fiel aber sehr plump aus und war weit schlechter als die englischen. In Deutschland wurde die erste Dampfmaschine nach Watts Grundsätzen in Preussen auf Veranlassung Friedrichs des Grossen gebaut. Es ist bekannt, wie sehr der grosse König für die industrielle Entwickelung seines Landes besorgt war. Mit ihm zusammen wirkte der vortreffliche Minister v. Heinitz . Beide verstanden es, die besten Leute zu finden; dies bestätigt sich in der Ernennung zweier noch junger Männer zu Bergräten, des Freiherrn v. Stein , den der König nach Westfalen entsendete, und des Grafen v. Reden , der 1779 an die Spitze der neugegründeten Bergdeputation in Tarnowitz in Oberschlesien gesetzt wurde. Um diese Zeit gelangten die ersten Nachrichten von dem Erfolg der neuen Dampfmaschine nach Preussen. Friedrich entsandte alsbald zwei erfahrere Hüttenbeamte nach Eng- land, um Watts Dampfmaschine an Ort und Stelle zu studieren. James Watt und die Dampfmaschine. Wir haben berichtet, wie liebenswürdig die preussischen Ingenieure von Boulton und Watt zu Soho empfangen wurden. Dass der Bericht, welchen sie erstatteten, bei dem König Erfolg hatte, beweisen die folgenden Thatsachen. Der Mansfeldische Bergbau hatte mit Schwierigkeiten in Bezug auf die Wasserhaltung zu kämpfen. 1782 beantragte das Oberbergamt zu Rothenburg (von Friedrich II. 1772 gegründet), dem derselbe unterstellt war, die Aufstellung einer grossen Kraftmaschine zur Abhülfe und schlug dafür eine englische Dampf- maschine vor. Durch Spezialbefehl des Königs wurde der Bau- inspektor, später Berginspektor Bückling in das Oberbergamt zu Rothenburg versetzt und nach England geschickt, um sich über die Dampfmaschine zu informieren S. Zeitschr. deutscher Ingenieure 1886, S. 731, 1047. Dr. Gerland , Die Dampfmaschine im 18. Jahrhundert in Deutschland, S. 35. . Dieselbe sollte nämlich nicht gekauft, sondern im Lande selbst angefertigt werden. Die Kosten sollte der „Landesmeliorationsfond“ tragen. Bückling kam der ihm gestellten Aufgabe nach und fertigte nach der Rückkehr von seiner mehrmonatlichen Reise ein Modell an, welches in Berlin geprüft und angenommen wurde. Ein Mechaniker und ein Kupferschmied wurden nach Rothenburg geschickt und begannen unter Bücklings Leitung mit der Anfertigung der Maschine. Der Cylinder wurde aus Kanonen- bronze in der königl. Geschützgiesserei in Berlin, der Dampfkessel aus Kupfer auf dem königl. Kupferhammer am Finnowkanal bei Neustadt-Eberswalde angefertigt, die Pumpen teils in Ilsenburg, teils in Mägdesprung gemacht, die Kolbenstange und einige andere schmiede- eiserne Teile lieferte ein Frischhammer zu Sausenberg in Oberschlesien, die Gussteile Zehdenik in der Brandenburger Mark. In der Handlungs- zeitung vom 5. Februar 1785 liest man: „Herr Bückling , welcher vor einiger Zeit von Berlin aus nach England geschickt wurde, war so glücklich, die Boltons che Feuermaschine, deren Mechanismus die französischen, nach London geschickten Akademisten, welche den Auftrag gehabt, eine solche Maschine in Paris anzulegen, um diese Stadt dadurch mit frischem Wasser zu versehen, vergebens zu erforschen bemüht gewesen sind, genau zu untersuchen und ihren Mechanismus sowohl, als das Verhältnis aller ihrer Teile sorgfältig zu berechnen. Er ist gegenwärtig damit beschäftigt, eine solche Maschine zu Burg-Gerner in der Grafschaft Mansfeld zu erbauen, welche aus 50 Lachter tiefem Schacht die Grubenwasser bis zu einem Stollen 50 Lachter hoch heben soll.“ Nach einer allgemeinen James Watt und die Dampfmaschine. Erklärung der Dampfmaschine heisst es weiter: „Noch ist zu gedenken, dass der metallene Dampfcylinder in dem Königl. Giesshause zu Berlin, unter der Aufsicht und nach der Angabe des Herrn Assessor Bück- ling gegossen, aus dem Kerne gebohrt und inwendig sehr sauber poliert worden sei; dass dessen Durchmesser 2 Fuss 4 Zoll, die Höhe 9 Fuss 6 Zoll betrage und einen Hub von 8 Fuss habe Im Bergmännischen Journal, Jahrgang VI, Bd. I, S. 444, sind die Masse der umgebauten Maschine wie folgt angegeben: Durchmesser des Cylinders 34 Zoll, Höhe 10½ Fuss, Stärke des Eisens 5/4 Zoll, Hub 6 bis 8 Fuss. . Der kupferne Dampfkessel hat eine sphärische Figur und misst in seiner gewöhnlichen Weite 8 Fuss 8 Zoll im Durchschnitt bei einer Höhe von 7 Fuss 9 Zoll. Alles nach Rhein. Mass. Am Dampfkessel ist ein Wärmemesser und in Verbindung mit der Luftpumpe ein Luftmesser angebracht. Ersterer zeigt dem Arbeiter den Grad der Hitze, den das Wasser im Kessel haben muss, welcher die Hitze des kochenden Wassers nach Reaumurs cher Skala um 5 Grade übersteigt und letzterer unterrichtet ihn, ob die Luftpumpe in gehörigem Stande sei, um ihre Dienste in den Dampfkanälen zu leisten. Der Dampfkessel wird zur Hälfte mit Wasser gefüllt und in ihm sind zwei mit Hähnen verschlossene Röhren angebracht, daran die eine unter das Wasser reicht und die andere über selbigem steht.... Die Maschine hebt in einer Minute 18 mal und giesset auf jeden Hub 3 Kubikfuss Wasser. Die Kraft derselben ist übrigens der Kraft von 108 Pferden gleich.“ In demselben Jahre 1785 wurde die Maschine vollendet und am 23. August 1785 in Gegenwart Sr. Excellenz des Staatsministers v. Heinitz , des Oberbergrats v. Veltheim , des Oberbergrats v. Reden und des Bergassessors Bückling in Betrieb gesetzt. Die Resultate waren aber anfangs sehr wenig günstig. Zunächst stellte es sich heraus, dass die Kesselfeuerung viel zu tief lag, dann brannte infolge starken Absatzes von Kesselstein der Kessel durch, und als diese Schäden repariert waren, zeigte es sich, dass die Maschine zu schwach war. Bückling wurde zum zweitenmal nach England geschickt, um einen grösseren gusseisernen Cylinder zu bestellen. Dies that er, und zwar bei Homfray in Pennydarran in Südwales. Auch gelang es ihm, einen Engländer, Richards , als Maschinenwärter zu engagieren. Die kupfernen Kessel ersetzte man durch eiserne Watts che Koffer- kessel, wofür Suhler Pfannenblech von Schlegelmilch \& Komp . bezogen wurde; zu einem zweiten Kessel lieferte die Hütte zu Sorge bei Benneckenstein das Material. Die umgebaute Maschine versah nun ihren Dienst bis zum Jahre 1794 ohne Störung. Dann aber Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. machte der fortschreitende Bergbau die Aufstellung einer grösseren not- wendig. Die Maschine wurde abgebrochen, aber 1797 an einem anderen Schacht wieder aufgestellt, wo sie bis 1848 Wasser pumpte. Der Maschinenmeister Richards baute mit Unterstützung der Bergbehörde in Rothenburg auch neue Maschinen, deren gusseiserne Cylinder jedoch aus England bezogen werden mussten; so namentlich eine für Harz- gerode und für die Salinen bei Langendreer in Westfalen. Bückling errichtete auch auf dem königl. preussischen Salzwerk in Schönebeck bei Magdeburg noch eine Dampfmaschine. In Berlin liess man nach wie vor diesen Bestrebungen jede mögliche Unterstützung angedeihen und so wurde diese Maschine der ruhmvolle Ausgangspunkt zunächst eines Aufschwunges des Bergbaues und dann der Entwickelung der deutschen Maschinenindustrie überhaupt. Der deutsche Ingenieurverein beschloss, im Jahre 1885 zum hundertjährigen Gedächtnis an die Inbetriebsetzung der ersten deut- schen Dampfmaschine an ihrem Standort zu Burgörner ein Denkmal zu errichten. Die zweite Dampfmaschine in Preussen war die am 4. April 1788 auf der königl. Friedrichsgrube bei Tarnowitz aufgestellte, welche auf Veranlassung des Berghauptmanns v. Reden aus England bezogen war. Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. Die Erfindung der Dampfmaschine war von so ausserordentlicher Bedeutung für die gesamte Industrie, dass es notwendig war, sie aus- führlich zu behandeln. Bei den übrigen Fortschritten der Mechanik und des Maschinenbaues ist dies nicht so nötig und können wir uns mit Hervorhebung der wichtigsten Thatsachen begnügen und die aus- führliche Behandlung einer Geschichte des Maschinenwesens überlassen. Das Wasser war die wichtigste Triebkraft und blieb es auch während des ganzen vorigen Jahrhunderts. Man wendete deshalb auch der Hydrostatik und -Dynamik und dem Bau der Wasserräder besondere Aufmerksamkeit zu. Obgleich aber die Wasserräder in allgemeinem Gebrauch standen, hatte man doch zu Anfang des 18. Jahrhunderts von einer wissenschaftlichen Begründung ihrer Leistung keine Ahnung. Stevin und Galilei hatten allerdings bereits im 16. Jahrhundert die Grundlage einer Mechanik des Flüssigen Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. gelegt; seit jener Zeit war man aber nur wenig weiter gekommen. Huyghens und Newton hatten mancherlei Versuche gemacht, letzterer namentlich über den Ausfluss des Wassers. Newton hatte auch die Hydrodynamik mathematisch behandelt, war aber dabei von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Überhaupt beging man damals noch allgemein den Fehler, alle Maschinen nur vom statischen Gesichts- punkt, von dem des Gleichgewichtes in der Ruhe aus zu betrachten, weshalb man zu richtigen Aufschlüssen nicht kam. Erst Parent ver- suchte 1704 die Umlaufgeschwindigkeiten von Maschinen zu unter- suchen. Ein grosser Fortschritt war Eulers vollständiges Werk über Mechanik, 1736, an die sich d’Alemberts Traité de dynamique 1743 und Traité des fluides 1744 anschlossen. Hierauf trat wieder eine längere Ruhepause ein, bis Lagrange 1788 der Mechanik durch Zugrundelegung des Princips der virtuellen Geschwindigkeit ihr festes Fundament gab. Zu diesen Untersuchungen auf dem Gebiete der Mechanik traten Musschenbrocks wichtige Versuche über die Festigkeit hinzu, welche er 1756 veröffentlichte. Um dieselbe Zeit (1758) schrieb Segner über die Reibung. Die Mechanik des Flüssigen wurde speziell bereichert durch Clairault und Bouguer , sowie durch Poleni , welcher schon 1717 Versuche über den Ausfluss des Wassers bekannt machte, welche dann von Michelotti, Venturi, Borda, Bossut, Du Buat, Langs- dorf und Gerstner wiederholt und erweitert wurden. Der praktische Maschinenbau, der weit älter als die Theorie war, wurde von dieser zunächst nur wenig beeinflusst. Über den Bau hydraulischer Maschinen, namentlich der Wasserräder, besitzen wir aus dem 18. Jahrhundert wichtige Werke in Leonhard Christof Sturms Mühlenbaukunst (1718), Jakob Leupolds Theatrum machi- narum hydraulicarum und B. Forest de Belidor’s grosses Werk Architecture hydraulique. Es sind dies alles keine theoretischen Werke, sondern sie gehen von der Beschreibung guter bestehender Wasser- werke aus. Rinman giebt in seiner Maschinenlehre folgende Einteilung der Wassergefälle und Raddurchmesser für Hammerräder: Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. Die Radschaufeln der unterschlächtigen Räder machte man 1,17 m breit; die Schaufelbreite der oberschlächtigen Räder war geringer. Blaseräder machte man etwas höher als die entsprechenden Hammerräder, baute sie aber leichter. Justi giebt (1771) an, ein unterschlächtiges Hammerrad für Blech- und Breithämmer brauche 4 Quadratfuss ständigen Wasser- zufluss, ein oberschlächtiges Rad bedürfte für denselben Zweck nur 1½ Quadratfuss. Ein Frischhammer brauchte überhaupt bei unter- schlächtigem Betriebe 4 Quadratfuss, nämlich 2½ Quadratfuss für das Hammer- und 1½ Quadratfuss für das Blaserad; bei oberschlächtigem Betriebe genügten 2 Quadratfuss. Im Harz war man allgemein der Ansicht, die Höhe der Hammer- und Blaseräder dürfe nicht über 8 Fuss sein, indem bei grösserer Höhe die nötige Geschwindigkeit nicht erreicht werden könne. Auch gegen Ende des Jahrhunderts hielt man noch dafür, dass Hammer- räder nicht über 10 Fuss sein dürften. Die Hammerschmiede machten Schwierigkeiten, als man bei dem Umbau der Mandelholzer Hütte 1796 Wasserräder von 12 Fuss Durchmesser errichtete. In Deutschland waren namentlich bei den Berg- und Hüttenwerken, die ja meistens in gebirgigem Terrain lagen, oberschlächtige Räder schon in früher Zeit (s. Bd. II, S. 520) und in ausgedehntem Masse in Anwendung. Weniger war dies in anderen Ländern, wie Italien, Frankreich und England der Fall, wo man teils aus Gewohnheit, teils aus Ökonomie mehr unterschlächtige Räder anwendete. Es machte deshalb fast den Eindruck einer neuen Entdeckung, als Deparcieux Siehe Memoires de l’Academie des sciences 1754, p. 603. Siehe M. Rühl- mann , Allgemeine Maschinenlehre, Bd. I, S. 267. 1753 nachwies, dass eine gewisse Menge Wasser bei gleicher Fallhöhe mehr durch ihr Gewicht als durch den Stoss wirke und dass deshalb oberschlächtige Räder vorzuziehen sind. Um die- selbe Zeit hatte Smeaton über denselben Gegenstand Versuche gemacht, die er 1759 in der Philosophical Transactions veröffentlichte und welche einen grossen Einfluss auf den Bau der Wasserräder in Eng- land ausübten. An diese schlossen sich dann die praktischen Unter- suchungen von Bossut 1770 an und am Schluss des Jahrhunderts wurde der Bau der Wasserräder für Bergbau und Hütten in der Maschinenlehre von Nordwall und Rinman gründlich abgehandelt. In England suchte man durch oberschlächtige Wasserräder von kolossalem Durchmesser, welche vielfach von Feuermaschinen bedient Beck , Geschichte des Eisens. 35 Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. wurden, indem diese das Wasser auf die erforderliche Höhe pumpten, den gesteigerten Kraftanforderungen nachzukommen. Wasserräder von 40 engl. Fuss Durchmesser waren keine Seltenheiten. Das grosse Rad auf der Hütte von Cyfartha am Ende des Jahrhunderts hatte 52 Fuss Durchmesser und 7 Fuss breite Schaufeln. Das ganze Rad einschliesslich der Schaufeln war von Gusseisen und wog über 100 Tonnen Svedenstjernas Reise durch England 1802 und 1803. Deutsch von Blumhof , S. 56. ! Segner schlug 1730 das horizontale Reaktionsrad vor und Euler befürwortete dessen Einführung in abgeänderter verbesserter Form (1750 bis 1754) In den Abhandlungen der Berliner Akademie. , aber ohne Erfolg. Horizontale Löffel- räder waren in Gebirgsgegenden, namentlich in den Pyrenäen, längst bekannt. Belidor beschreibt solche, welche in der Provence und Dauphiné zum Betriebe von Getreidemühlen in Anwendung waren. Bei der Hüttenmechanik fanden sie damals noch keine Anwendung. Wichtiger, namentlich für die Montanindustrie, war die Erfindung der Wassersäulenmaschinen . Die Anregung dazu hat jedenfalls Newcomens Feuermaschine gegeben. Wie bei dieser der Dampf, so sollte bei der neuen Maschine das Wasser abwechselnd einen Kolben in die Höhe drücken. Einige ältere Versuche von Denisard und Dueille (1731), von denen Belidor berichtet, haben nur ein theoretisches Interesse; die praktische Ausführung der Maschine wurde fast gleich- zeitig von Höll in Ungarn und von Winterschmidt am Harz unter- nommen. Wenige Jahre später konstruierte der Engländer Westgarth eine ähnliche Maschine. Dem Oberkunstmeister Höll zu Schemnitz gebührt wohl die Priorität und auch das Verdienst, die beste Wasser- säulenmaschine konstruiert zu haben. Er stellte seine erste Maschine 1749 im Leopoldischacht auf und seine Maschinen fanden Verbreitung in den ungarischen Silber- und den kärntnerischen Bleibergwerken. Winterschmidt errichtete 1753 zuerst eine kleine Maschine auf der Grube Karlsgnade, dann eine grössere auf dem Treueschacht. West- garth stellte 1765 seine erste Maschine auf. Winterschmidt , der sich die Priorität der Erfindung, welche er 1748 gemacht haben will, zuschreibt, hat seine Maschine weitläufig in Calvörs Maschinenwesen am Harz beschrieben. Für den Hochofen war die Gebläsemaschine das wichtigste Werkzeug. Man bediente sich Anfang des 18. Jahrhunderts allgemein der Blasebälge , und zwar waren die um 1620 in Mitteldeutschland Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. erfundenen Holzbälge bei den Hochöfen hauptsächlich in Gebrauch. Auch behaupteten dieselben die Herrschaft während des ganzen 18. Jahrhunderts. Lederbälge waren nur noch in einigen Gegenden beim Hochofenbetrieb üblich; so hielt man z. B. im Siegerland an denselben fest, weil man sie angeblich rascher treiben konnte. Bei Frischfeuern waren sie mehr in Anwendung. Über die Konstruktion der Holzblasebälge haben wir bereits berichtet (Bd. II, S. 938). Nach der älteren, allgemein gebräuchlichen Konstruktion bewegte sich der Oberkasten um die feststehende Fläche (Unterkasten). Da er nur beim Niedergang Wind ausströmte, so mussten immer zwei Bälge abwechselnd blasen, um eine fortwährende Luftzufuhr zu bewirken. Der Niedergang des Balges wurde dadurch bewirkt, dass Wellfüsse oder Kämme an der Wasserradwelle direkt auf eine Verlängerung des Balgendeckels, den Streichspan, drückten. Der Aufgang geschah durch Aufziehen durch ein Gegengewicht an einem Balancier oder der Wippe durch eine elastische Schwung- oder Balgenrute, welche durch ihre Federkraft wirkte, oder durch einen zweiarmigen Hebel, die Balgwage, welche durch Nuten beide Oberkasten so miteinander verband, dass, wenn der eine niedergedrückt wurde, die Wage den anderen in die Höhe zog. Diese ältere, im vorigen Jahrhundert allgemein verbreitete Konstruktion hatte unter anderen den Nachteil, dass der Beginn des Aufgangs des einen Balges genau mit dem Beginn des Niederganges des anderen zusammenfiel, wodurch ein Stossen des Windes herbeigeführt wurde, oder wie der Kunstausdruck lautete, die Bälge „horchten“, d. h. setzten aus. Die Hochofenbälge am Harz waren mit dem Balgkopf 13 Fuss 6 Zoll lang, vorn oben 1 Fuss 6 Zoll, unten 1 Fuss 4 Zoll breit, hinten 3 Fuss 4 Zoll oben und 3 Fuss 2½ Zoll unten breit, und vorn 7¼ Zoll, hinten 1 Fuss tief. Die Balgrute war eine gesunde Tanne von 48 Fuss Länge, am dünnen Ende 6 Zoll dick. Die Balgwelle war gewöhnlich 36 bis 40 Fuss lang und hatte da, wo die Däumlinge sassen, 14 Zoll Durchmesser. Ein solcher Balg presste bei jedem Niedergang 38 Kubikfuss Luft aus, hatte aber einen schädlichen Raum von 10 Kubikfuss. Letzteren suchte man in der Folge dadurch zu vermindern, dass man in den Boden oder Unterkasten ein zulaufendes Brett, dessen dünnes Ende am Balgkopf lag, einlegte Siehe Tiemann , Eisenhüttenkunde, §. 253. ; dadurch wurde der schädliche Raum auf die Hälfte reduziert. Je mehr man danach trachtete, die Pro- duktion zu vergrössern, je mehr vergrösserte man die Blasebälge. Dies 35* Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. hatte aber seine Grenze an der Schwerfälligkeit des Apparates. Hermann giebt 24 Fuss als die grösstmögliche Länge an. 1724 soll schon ein Schlosser Freitag in Gera einen Doppel- balg mit parallelen Wänden erfunden haben. In Frankreich kam man im vorigen Jahrhundert zuerst auf den Gedanken, den Oberkasten feststehend zu machen und den Unter- kasten in diesen hineinzudrücken; dies hatte den Vorteil, dass der Unterkasten durch sein eigenes Gewicht niedersank, wodurch für die gleiche Windmenge weniger Kraft erforderlich war. Genssane Genssane , Traité de la fonte des mines etc. I, p. 98. hat 1770 ein nach diesem Princip verbessertes Gebläse abgebildet. Es waren Doppelbälge, deren oberer Kasten als Sammelkasten diente, um mit einem Balg einen ununterbrochenen Windstrom hervor- bringen zu können (s. Fig. 135). Als Bläser wirkte nur der untere Kasten. Beide Bälge hatten eine unbewegliche Fläche a miteinander gemein, welche für den Fig. 135. unteren Balg den Deckel des Oberkastens und für den oberen Balg die Sohle des Unterkastens bildete. Bei dem unteren Balg war der Oberkasten und bei dem oberen Balg der Unterkasten unbeweglich. Verdichtung und Einlassventil am Unter- kasten waren wie gewöhn- lich. Bei der Aufwärts- bewegung des Unterkastens wurde die Luft durch die Ventile in dem gemeinschaftlichen Deckel a in den oberen Balg und aus diesem in die Düse gepresst. Beim Niedergang des Unterkastens wurde die Luft durch ein Ventil ange- saugt, gleichzeitig entleerte sich der Oberkasten durch sein eigenes Gewicht völlig. Die ganze Einrichtung war dem doppelten Lederbalg der Schmiede nachgemacht und sehr schwerfällig. Jars erwähnt diese Bälge schon 1765, indem er sagt, man würde auf der Hütte zu Carron viel Geld ersparen, wenn sie die Doppel- bälge kennten und diese statt der enorm grossen einfachen Bälge verwendeten. Auch in Deutschland hatte man Versuche mit dieser Konstruktion Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. gemacht. Die Neuerung erlangte aber keine Verbreitung, bis sie anfangs dieses Jahrhunderts in Schweden in verbesserter Form wieder aufgenommen wurde. Viel allgemeineres Interesse erregten im vorigen Jahrhundert die Wassertrommelgebläse , die sich von Italien aus namentlich nach Südfrankreich Hier hiessen sie Aysarcas. verbreitet hatten und welche durch Swedenborg und Reaumur bekannt geworden waren. Sie hatten bei grosser Einfachheit der Konstruktion den Vorteil, dass sie einen kontinuier- lichen Windstrom lieferten. Dagegen gaben sie nur wenig und schwach gepressten Wind. Es stand aber, genügende Gefällhöhe vorausgesetzt, theoretisch nichts im Wege, ihre Wirkung zu steigern und so wendete sich das technische Publikum mit einer gewissen Vorliebe dieser Art von Gebläse zu, um so mehr, da sie sehr billig in der Anlage waren. Baron Zois berechnet die Kosten eines Wassertrommelgebläses von 6 Tonnen auf nur 500 Gulden, während ein entsprechendes Balg- gebläse mit zwei 18 schuhigen Bälgen sich auf 4000 Gulden stellte. Wir haben diese Art der Gebläse bereits für unsern Zweck genügend beschrieben. Ein Engländer Lewis hat im vorigen Jahrhundert sehr eingehende Versuche über Wassertrommelgebläse angestellt Lewis , On the blowing of air into furnaces by the fall of water, in seinem Commercium Philosophico-Technicum 1763. Ders ., Physikalisch-chemische Abhand- lungen und Versuche zur Beförderung der Künste, Handwerke und Manufakturen; aus dem Engl. von J. G. Krünitz 1764. Siehe auch Karsten , a. a. O., S. 588. und gefunden, dass ihre Wirkung am grössten ist, wenn unmittelbar im Boden der Zuleitungsrinne, des Gefluders oder der Arche eine Anzahl cylin- drischer Ansatzröhren angebracht sind, welche das Wasser in ebenso viele Lutten führt, wobei die Menge des niederfallenden Wassers durch einen Schieber oder einen Stellkeil bestimmt wird. Diese Ansatzröhren sollen nicht einfach unten offen sein, sondern am Boden eine Art von Sieb und seitlich Löcher haben, so dass das Wasser nicht in einen Strom, sondern zerteilt, wie in einer Brause, in die Lutte gelangt und um so mehr die Luft mitreisst. Lewis fand ferner, dass eine Gefällhöhe von 14 Fuss hinreicht, so dass es bei höherem Gefälle, z. B. bei 25 Fuss, vorteilhafter ist, die Wassermenge doppelt zu benutzen, indem man sie durch zwei Systeme von übereinander- stehenden Lutten führt. Der Wind von allen Lutten wird einem gemeinschaftlichen Sammelkasten zugeführt. Diese Trommelgebläse erforderten aber beträchtlich mehr Wasser, Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. als ein Wasserrad von gleichem Effekt, deshalb empfahlen sie sich nur in Gebirgsgegenden bei hohem Gefälle und reichlichem Wasser, und da, wo man mit schwach gepresstem Winde auskam, weil sie billig in der Anlage und besonders in der Unterhaltung waren. Sie haben sich deswegen besonders bei den Katalonschmieden in den Pyrenäen, in der Grafschaft Foix und der Dauphiné bewährt und sind auch bei Frischfeuern in bergigen Gegenden mit Vorteil verwendet worden. Ritter von Stahlberg führte ein solches Gebläse auf seinem Eisen- werk bei Hof ein und will gefunden haben, dass das Eisen besser und geschwinder frische. Dass man sie auch bei den Blauöfen in den französischen und den italienischen Alpen anwendete, wissen wir aus Swedenborgs Schilderung. Eine verbesserte Trommel (tambour), wie sie nach La Peirouse 1786 in der Grafschaft Foix in Anwendung war, ist in Fig. 136 Fig. 136. abgebildet. Links sieht man das Einfallrohr mit der darunter befind- lichen steinernen Aufschlagplatte. Die Verbesserung liegt in der Konstruktion des Aufsatzes A (la sentinelle), aus welcher der Wind der Düse zugeführt wird. In den oberen Rahmen passt ein Holz- deckel, in dessen Mitte sich ein 2 Zoll grosses Loch, der Schnarcher (expirail), befindet, welcher durch einen Pfropfen verschlossen ist. An diesem misst der Werkmeister die Stärke des Windes. Baron von Zois zu Laibach führte Ende des Jahrhunderts Wassertrommelgebläse verbesserter Konstruktion auf seinen Eisen- werken in Unterkrain und Steiermark zum Betriebe von Hochöfen ein und war von ihrer Leistung befriedigt Siehe v. Marcher , Abhandlung über das Wassergebläse 1810. . Diese Gebläse wurden errichtet auf den Eisenhütten zu Missling in Steiermark und zu Jauer- Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. burg und Wochein in Krain. Fig. 137 u. 138 (a. f. S.) zeigen die dort angewendete Konstruktion. Das Wasser stand 3 Fuss 6 Zoll in der Tonne und liess einen freien Luftraum von 2 Fuss 6 Zoll Höhe und 51,54 Kubikfuss Inhalt. Sechs solcher Tonnen leisteten soviel als zwei 18 Fuss lange Spitzbälge. Aus allen sechs Tonnen wurde der Wind in einem gemeinschaftlichen Recipienten oder Sammler b (Fig. 138), in Gestalt eines länglichen Kastens, vereinigt. Man benutzte nur eine Fig. 137. Düse, welche 5 Fuss 6 Zoll lang war; ihre grösste Weite betrug 9 Zoll, ihre Mündung, durch welche die Luft in den Ofen strömte, 2 Zoll Durchmesser. Ähnliche Gebläse wurden zu Admont in Steiermark und zu Hof in Unterkrain errichtet. Eine andere Klasse von Winderzeugern, welche im vorigen Jahr- hundert Bedeutung erlangten, waren die hydrostatischen Gebläse . Während bei dem zuvor beschriebenen Apparate das Wasser durch Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. seine Bewegung, seinen Fall, den Wind erzeugt hatte, blieb bei den hydrostatischen Gebläsen das Wasser in Ruhe, während ein Gefäss durch eine davon unabhängige Kraft darin auf und nieder bewegt wurde. Eine Maschine der Art gab der Schwede Martin Friewald 1736 an Siehe Philosophical Transactions, T. 42. . Zwei unten offene und zum Teil in Wasser gesenkte, oben mit einem Ventil zur Einlassung der äusseren, und einem Lederschlauch zur Auslassung der zusammengedrückten Luft versehene Glocken werden abwechselnd auf- und niederbewegt und geben das Gebläse. Fig. 138. Das Aufziehen der Glocken geschieht durch einen Wasserkasten, der an einem Hebel hängt und abwechselnd gefüllt und entleert wird. Eine ähnliche Blasemaschine wendete man im Harz zur Wetter- haltung in den Gruben an. Es war der sogenannte Harzer Wetter- satz. Die älteren Apparate der Art hatten Lederliederung, aber schon 1763 richtete man Wassersätze mit Wasserliederung vor Siehe Crells Chemische Annalen 1794, Bd. II, S. 332. . Das älteste ausgeführte Glockengebläse , von dem wir Nach- richt besitzen, befand sich auf der Hütte zu Châtel-Naudrin in der Bretagne in Frankreich und bediente einen Hochofen. Es war von Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. einem Herrn Danican , dem ersten Besitzer jener Hütte, etwa um die Mitte des Jahrhunderts erbaut worden und man schrieb ihm die Erfindung desselben zu. Grignon , dem wir die Mitteilung darüber verdanken Grignon , Memoires de Physique sur l’art de fabriques le Fer 1775. , vermutet aber, dass er die Idee dafür einem alten spanischen Schriftsteller, in dem der Apparat abgebildet gewesen sei, entnommen habe. Er entspricht ganz der von Friewald angegebenen Maschine. Fig. 139 soll den Apparat darstellen. Jede Glocke bildete einen Cylinder von 8 Fuss Höhe und 4 Fuss Durchmesser und bewegte sich in einem Recipienten von 9 Fuss Höhe und 4½ Fuss Durchmesser auf und nieder. Beide Gefässe waren hölzerne, mit Eisenreifen gebundene Tonnen. Der erstgenannte Cylinder endigte in eine Fig. 139. starke Haube von Blei, welche oben einen eisernen Ring hatte, an welchem die Glocke mit einer Kette an einem Balancier aufgehängt war. Die Glocke hatte ferner am oberen Ende ein Ventil, durch welches die Luft einströmen konnte, und ein zweites, welches mittels eines Verbindungsstückes von Leder in ein Kupferrohr mündete und sich beim Ausblasen öffnete. Der Recipient war mit Wasser gefüllt. Indem die Glocke sich in dem Recipienten auf- und niederbewegte, saugte sie einmal die Luft an, das anderemal presste sie dieselbe aus. Der Niedergang geschah durch das Gewicht der Glocke, während der Aufgang durch einen Wasserkasten, der an dem entgegengesetzten längeren Arm des Balanciers befestigt war, bewirkt wurde. Sobald Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. nämlich die Glocke ihrem tiefsten Stand nahe war, öffnete der Wasser- kasten mittels eines Hebels, den er in die Höhe drückte, einen Wassergraben, aus dem sich sofort eine Wassermasse von 45 bis 50 Kubikfuss in ihn ergoss. Dadurch wurde der Balancier auf der Seite des Wasserkastens stärker belastet und sank, indem er zugleich die Glocke aufzog. Sobald der Wasserkasten sich abwärts bewegte, schloss sich wieder der Wasserzulauf, und wenn der Wasserkasten seinen tiefsten Stand erreicht hatte, öffnete sich durch eine Schnur, die sich alsdann spannte, eine Abflussklappe, wodurch der Kasten wieder leer lief, worauf das Gewicht der Glocke dieselbe wieder nieder- sinken liess. Die Glocke konnte höchstens zwei Niedergänge oder zwei Entleerungen in der Minute machen, die zwei Glocken zusammen also vier; dies entsprach, da eine Füllung etwa 100 Kubikfuss ausmachte, 400 Kubikfuss Wind in der Minute, man konnte aber höchstens auf 300 Kubikfuss wirklich rechnen. Der grosse, schwerfällige Apparat kostete an 18000 Francs in der Anschaffung und bedeutende Unterhaltungskosten. Der Wind war ungleich. Frost machte den Betrieb unmöglich, weil das Wasser im Recipienten gefror. So lange Danican lebte, bediente man sich der Maschine, um den Hochofen von Châtel-Naudrin mit Wind zu ver- sehen. Danican war von seinem Bewegungsmechanismus so ein- genommen, dass er auch den Versuch machte, ein Pochwerk damit zu treiben, was ihm aber nicht gelang. Nach seinem Tode oder Abgang wurde das Glockengebläse durch Holzbälge ersetzt. Grignon spricht die Ansicht aus, man könne den Apparat unter Beibehaltung der Glocken verbessern, wenn man dieselben mit einem Wasserrad in Verbindung bringe, ähnlich wie bei den Holzbälgen. Der oben erwähnte Harzer Wettersatz veranlasste von Baader und nach ihm Köhler zur Konstruktion hydrostatischer Gebläse. Köhler baute ein solches Gebläse 1794 auf der gräflich Einsiedelschen Hütte zu Mückenburg (Lauchhammer). Es war einige Zeit im Betriebe, wurde aber später durch ein englisches Cylindergebläse ersetzt. Herr von Baader gab ebenfalls im Jahre 1794 seine „Beschreibung eines neu erfundenen Gebläses“ heraus. Er that sich darin auf seine neue Erfindung, die er 1789 in England gemacht und dort zuerst einigen hervorragenden Männern mitgeteilt hatte, etwas viel zu gut, weshalb er sich in einem Aufsatz in Crells Chemischen Annalen in demselben Jahre eine Zurechtweisung gefallen lassen musste. In dem angeführten Aufsatze wurde aktenmässig nachgewiesen, dass das Princip des Baaders chen Gebläses im Harzer Wettersatz seit minde- Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. stens 30 Jahren in Anwendung war, und dass von Baader die Harzer Wettersätze gesehen hatte und kennen musste. Ebenso hatte John Laurie 1786 oder 1788 in der Nähe von Edinburgh ein Gebläse angelegt, welches ganz mit dem Gebläse Baaders übereinstimmte. Ausser den oben erwähnten Glockengebläsen waren kleine hydro- statische Gebläse für Schmiedefeuer bereits angegeben und ausgeführt worden von Hornblower in England und von Friedrich in Klausthal für eine Bergschmiede 1788. Baader führte sein Gebläse im Jahre 1799 auf dem Eisenwerk Weyerhammer, unweit Mantel in der Oberpfalz, im grossen aus, nach Fig. 140. welchem Muster dann mehrere ähnliche Gebläse zu Ludwigshütte bei Biedenkopf vom Hofkammerrat Klipstein , zu Eibelshausen im Dillenburgischen u. s. w. erbaut worden sind. Baader selbst baute später (um 1815) noch ein solches Gebläse auf der Königshütte bei Waldsassen in Bayern. Tiemann sagt in seiner Eisenhüttenkunde von dem Baader - schen Gebläse (S. 319): „Das Ganze ist eine dem englischen Cylinder- gebläse ähnliche Maschine. Sie besteht aus zwei Cylindern, wovon Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. der eine unbeweglich und feststehend, der andere aber beweglich ist. Letzterer vertritt die Stelle des Kolbens und das im ersteren gefüllte Wasser ist statt der Liederung.“ Als Vorzüge werden angegeben voll- kommene Dichtigkeit, geringe Reibung, Kraftersparung und Einfach- heit. Man setzte eine Zeitlang gerade um die Wende des Jahr- hunderts grosse Erwartungen auf das Baaders che Gebläse, die sich aber doch nicht erfüllt haben. Fig. 140 (a. v. S.) u. 141 stellen Ansicht und Durchschnitt des Gebläses von Weyerhammer dar, das von dem ursprünglichen Entwurf, wie Baader ihn 1794 veröffentlicht hatte, nur in Nebensächlichem abweicht. Fig. 141. In der Tonne A , welche bis zur Höhe x mit Wasser gefüllt ist, bewegt sich der Cylinder von Eisenblech B , der unten offen, oben aber in einer gewissen Höhe durch einen Boden geschlossen ist, auf und nieder durch das Gestänge A' . Der Unterschied zwischen dem oben beschriebenen Glockengebläse besteht hauptsächlich darin, dass der Ausfluss des Windes nicht durch eine Öffnung in dem beweg- lichen Oberkasten, sondern durch ein Rohr in C mit Klappenventil h erfolgt, welches durch den Boden der Tonne geht und über dem Wasserstand seine obere Öffnung hat. Beim Aufgang des Blech- cylinders schliesst sich die Ausströmungsklappe h , dagegen öffnen sich die beiden in dem Boden des Cylinders angebrachten Saugklappen h h Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. und lassen die äussere Luft in den Cylinder einströmen. Sobald die Abwärtsbewegung beginnt, schliessen sich die Saugklappen durch ihre kleinen Gegengewichte und die Druckklappe h öffnet sich. Der Wind strömt durch das Rohr D und dessen Ansatz E nach dem Wind- kasten F und der Windleitung G . Der Blechcylinder B hat eine Geradführung durch aufgeschraubte eiserne Schienen, welche in eisernen Rinnen laufen, die an der Innenwand der Tonne befestigt sind. Fig. 142. Die Bewegung wird aus Fig. 142 ersichtlich. Durch das an der Radwelle angebrachte Zahngetriebe wird die excentrische Scheibe oder der Wellfuss a in Bewegung gesetzt, welcher auf den Streich- span e wirkt und die untere Wippe c bewegt, welche die eiserne Stange g , die obere Wippe oder den Balancier k in Bewegung setzt, an dessen anderem Ende der Blechcylinder hängt. Selbstredend mussten auch bei diesem Gebläse mindestens zwei Cylinder gleich- Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. zeitig und abwechselnd auf- und niedergehen, um einen andauernden Windstrom zu erzeugen. Zu Weyerhammer hatte man zwei Cylinder, zu Ludwigshütte bei Biedenkopf stellte Klipstein drei Cylinder auf, — jedoch ohne merklichen Vorteil. Baader hat der Beschreibung seines Gebläses eine Berechnung und Formeln für die Windmenge beigefügt. Nach den Beobachtungen des Hüttenverwesers Pindl zu Weyerhammer drückte das dortige Gebläse mit zwei aus genietetem Eisenblech angefertigten Cylindern von 4 Fuss 10 Zoll lichter Weite bei 7½ Um- gängen eines 13 Fuss hohen unterschlächtigen Wasserrades in jeder Minute 678, bei 8½ Umdrehungen 760 Kubikfuss Luft durch eine 2 Zoll weite Deute gleichförmig aus. — Das Gebläse zu Eibelshausen brachte bei neunmaligem Wechsel der beiden Cylinder 684 Kubikfuss Wind in den Hochofen. Das Baaders che Gebläse auf der Ludwigs- hütte hatte, obgleich hier drei Cylinder zusammenwirkten, noch einen grösseren Windsammelkasten. Im ganzen arbeiteten die Baaders chen Gebläse nicht günstiger als die Holzbälge und waren teurer in der Anlage. Nach Blum- hofs Angabe Siehe Blumhofs Encyklopädie, Bd. II, S. 270. kostete ein solches Gebläse mindestens 3600 Mark. Nimmt man an, dass es in 30 Jahren abgenutzt sei und schlägt die Abnutzung an Kapital auf 90 Mark, die Zinsen auf 180 Mark und die jährliche Schmiere und Unterhaltung auf 270 Mark, so betrüge der jährliche Aufwand 540 Mark. Dies wäre mehr als das zwölffache, was ein gut konstruierter Balg von entsprechender Leistung an Unter- haltung koste. Dasjenige neue Gebläse des vorigen Jahrhunderts, welches sich siegreich behauptete, war das englische Cylindergebläse . Ehe wir dasselbe näher betrachten, wollen wir zunächst noch einiger Versuche mit anderen Wassergebläsen kurz Erwähnung thun. Wir haben im ersten Bande unseres Werkes erwähnt, dass man schon in alten Zeiten die Äolipile oder Dampfkugel zum Anblasen des Feuers benutzte. Dieselbe Idee tauchte im vorigen Jahrhundert wieder auf und soll ein Mechanikus in Wien um 1790 viel Kosten angewendet haben, um einen solchen Apparat für Hüttenwerke anwend- bar zu machen, ohne damit Erfolge zu erzielen. Klipstein machte ähnliche Versuche, indem er den in einem Kessel von Kupferblech erzeugten Dampf in einer zweiten Kugel aus dem gleichen Metall über- hitzte und diesen überhitzten Dampf in einem ganz dünnen Strahl auf die Kohlen leitete. Damit will er einen hohen Heizeffekt erzielt haben. Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. Diese Versuche veranlassten auch den berühmten Gellert zu Freiberg, die Frage zu prüfen, und auch er erhielt im kleinen gute Resultate, doch standen dieselben in keinem Verhältnis zum Kohlen- aufwand. Ein praktisches Ergebnis für die Hüttenkunde hatten diese Experimente nicht, sie verdienen aber deshalb unser Interesse, weil man wenigstens bei den Versuchen von Klipstein und Gellert schon die Frage der Zersetzung des Wassers mit in Betracht gezogen hatte. Von weiteren Versuchen, die Blasebälge durch bessere Vorrich- tungen zu ersetzen, erwähnen wir die Terrals , welcher schon 1729 ein Windradgebläse konstruiert und empfohlen hatte. Den Balgengebläsen nahe verwandt waren die Windkasten- gebläse , welche Ende des vorigen Jahrhunderts in Süddeutschland Verbreitung fanden. Sie bestanden ebenfalls aus zwei hölzernen Kasten, die sich ineinander bewegten und dadurch den Wind abwech- selnd einsaugten und ausbliesen. Die Deckel der Kasten standen aber nicht im Winkel, sondern parallel, dadurch fiel die Verbindung durch ein Schloss fort, Ober- und Unterkasten waren völlig unabhängig voneinander; der schädliche Raum konnte dadurch sehr verringert werden und das war ihr Vorzug gegenüber den Holzbälgen. Den Unterkasten nannte man den Kolben. Die Dichtung geschah eben- falls durch Druckleisten und Federn, ähnlich wie bei den Holz- bälgen. Die älteren Windkastengebläse waren einfachwirkend; es mussten also, wie bei den Blasebälgen, zwei verbunden werden, um einen kontinuierlichen Luftstrom zu erzeugen. Der Gedanke, diese Kasten- gebläse doppeltwirkend zu machen, lag aber nahe. Auch die Windkastengebläse fanden ihr Vorbild in einer Harzer Wettermaschine, welche Bartels zu Anfang des Jahrhunderts erfunden und erbaut hatte Siehe Calvör , a. a. O., Teil I, Tab. III. . Als Gebläse sollen sie im Salzburgischen zuerst in Gebrauch gekommen sein. Hermann fand 1780 ein solches nur bei der Silberhütte in Ramingstein, erst nach dieser Zeit wurde ein Kastengebläse für den Eisenhochofen zu Werfen mit Erfolg aufgestellt. Hermann schreibt über die Windkastengebläse (1795): „Sie wirken unter gleichen Verhältnissen und unter einerlei Umständen mit eben- soviel Stärke als die Cylinder, kosten viel weniger, sind wohlfeiler zu unterhalten und dauern vielleicht ebenso lange. Meistens werden sie durch Wasserräder mit angebrachten einfachen Krummzapfen, Korbstangen, Wagebalken und Druckarmen bewegt. … Der grösste Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. Teil dieser Windkasten ist einfach; man kann sie aber auch doppelt vorrichten. In diesem Falle werden die Deckel aber nicht von oben nieder, sondern von unten hinaufgedrückt, wozu zwar ein anderer, aber sehr einfacher Mechanismus erforderlich ist.“ Verschieden von den Windkastengebläsen waren die eigentlichen Kastengebläse mit Stiefel oder Kolben. Während die ersteren den Blasebälgen ähnlich waren, glichen letztere den Cylindergebläsen. Die Kastengebläse mit Kolben scheinen als eine Nachahmung der Cylinder- gebläse in Holz entstanden zu sein. Auf den Werken, wo die Beschaffung der eisernen Cylindergebläse zu teuer oder zu schwierig war, sollen sie diese ersetzen. Dies war besonders in den holzreichen Gegenden Deutschlands und in Schweden der Fall. In Böhmen müssen wohl diese Gebläse zuerst Eingang und Ver- besserungen erfahren haben, denn man bezeichnete die Kastengebläse in Deutschland meist als „böhmische“. Ebenso waren Kastengebläse in den polnisch-deutschen Provinzen in Gebrauch, wo sie Hacquet sah. Der preussische Oberhütteninspektor Voss zu Borek in Schlesien erwarb sich besondere Verdienste um dieselben und waren solche Gebläse zu Borek, Panky und Kotten im Betriebe Wähler , Grundriss der Eisenhüttenkunde. Berlin 1806. . Auf dem Harze legte Maschinendirektor Friedrich 1792 verbesserte Kastengebläse an. Bei einem Ofen waren drei Kästen in Anwendung, welche in ein Reservoir bliesen, bei zwei anderen je zwei. Bei einem der letzteren hatten die Kolben 52 Zoll Hub. Der Hub erfolgte immer durch Antrieb von unten, entweder mit epicykloidischen Wellfüssen oder mit gezahnten Kränzen und Stangen. — In Frankreich kamen sie 1786 in Gebrauch. Im Salzburgischen suchte man sie den englischen Cylinder- gebläsen noch ähnlicher zu machen, indem man ihnen runden Quer- schnitt gab. Es entstanden dadurch die sogenannten Schubbälge oder Zirkelkasten , welche 4 bis 5 Fuss Durchmesser hatten. Der Kolben war, wie bei den gewöhnlichen Kastengebläsen, mit Leisten und Federn versehen. Ein solches Gebläse wurde bei dem Schragl - schen Flossofen zu Vordernberg errichtet. Ein Kasten fasste 42 Kubik- fuss Luft, hatte aber einen beträchtlichen schädlichen Raum. Der Kolben wechselte acht- bis neunmal in der Minute. — Ähnlicher Holzcylindergebläse bediente man sich auch in Russland. Diese cylindrischen Kastengebläse bewährten sich aber nicht, weil sie sich leicht verzogen und dadurch nachteilige Reibung der Kolben- Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. leisten entstand und weil sie nur schwer dicht zu halten waren, stärkere Pressung überhaupt nicht aushielten. Die ersten Kastengebläse (Fig. 143) waren, wie erwähnt, einfach- wirkend. Der Kasten a war am Boden offen und der Kolben b presste beim Aufwärtsgang die Luft aus. Der Kolben hatte Saugklappen d gerade wie beim Cylindergebläse. Um einen kontinuierlichen Wind- strom zu erhalten, mussten wenigstens zwei Kasten zusammen blasen. Fig. 143. In der Regel wurde die Luft erst in einen Sammelkasten geleitet, von dem aus sie in den Ofen trat. In Schweden wurden die Kasten- gebläse mit aufwärts drückendem Kolben von dem Bergamtsassessor v. Stockenström ein- geführt. — In Frankreich erbaute Clouet 1795 ein Kastengebläse zu Chibon bei Sedan, und Huard mehrere im Dep. von Nièvre. Ein Fortschritt, analog wie bei den Cylinder- gebläsen, waren die doppelten Kastengebläse. Diese hatten ringsum geschlossene Kasten und der Wind wurde kontinuierlich ausgepresst und angesaugt durch Ventile auf der oberen Fläche und dem Boden des Kastens. Ein solches Gebläse mit drei Kasten wurde 1800 auf der Eisen- hütte zu Elend an Stelle eines alten einfachwirkenden erbaut. Auch bei diesen Kastengebläsen geschah die Dichtung durch Holzleisten, welche durch Federn gegen die Wände gedrückt wurden, was sich besser bewährte als Lederliederung. Die Kastengebläse sollten meistens nur ein billiger Ersatz für die Cylindergebläse sein, welche letzteren aber doch den Sieg davon trugen. Es wird gewöhnlich behauptet und die Angabe ist eine der vielen historischen Erblügen, die englischen Cylindergebläse seien von Smeaton im Jahre 1760 erfunden und in diesem Jahre auf dem Eisenwerk in Carron von ihm eingeführt worden Auch Rühlmann entnimmt diese Angabe Fareys Abhandlung über die Dampfmaschinen, wonach das Gebläse aus vier eisernen Cylindern bestanden hätte. Siehe Rühlmann , Maschinenlehre, Bd. IV, S. 732. . Dieses steht hinsichtlich der Jahreszahl in Widerspruch mit den beglaubigten Thatsachen. Smeaton , über dessen Thätigkeit als Konstrukteur und Erfinder wir die zuverlässigsten Nachrichten von ihm selbst besitzen, hat niemals auf die Erfindung der Cylindergebläse einen Anspruch Beck , Geschichte des Eisens. 36 Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. erhoben; keinenfalls hat er aber ein solches Gebläse schon 1760 in Carron eingeführt. Jars , der 1765 das Eisenwerk zu Carron besuchte, beschreibt das dortige Hochofengebläse ganz genau. Er sagt: „vor jedem Ofen liegen zwei sehr grosse einfache Blasebälge, welche durch ein sehr grosses Wasserrad getrieben werden, an dessen Welle zu jedem Blasebalg vier Wellfüsse befindlich sind“. Jars teilt fernerhin mit, dass man mit der Absicht umgehe, noch stärkere Bälge anzulegen. „Die Gewerke finden nicht, dass ihr Gebläse zu stark sei, sie lassen anjetzt ein paar neue einfache Bälge von ungeheurer Grösse machen, welche 21 Fuss lang werden und aus 10 Zoll dicken Bohlen bestehen sollen; diese Bälge werden über 300 Pfund Sterling kosten. Wenn die Gewerke den Gebrauch der doppelten hölzernen Bälge kennten, so würden sie viel sparen können.“ Je vertrauter man mit dem Betriebe der Kokshochöfen wurde, je mehr sah man ein, dass man um so bessere Erfolge erziele, wenn man den Wind verstärke, womit die Vergrösserung der Hochöfen Hand in Hand gehen konnte. Holzbälge von der oben angeführten Grösse waren aber sehr plumpe Maschinen und dabei genügten sie den wachsenden Anforderungen doch nicht. Man musste also danach streben, andere Gebläse zu erfinden. Da lag denn in England zu jener Zeit nichts näher, als Apparate zu konstruieren, welche wie die Feuermaschinen in der Hauptsache aus einem grossen Cylinder mit Kolben bestanden. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass man die ersten Versuche mit abgängigen Cylindern von Feuermaschinen machte und dass man, als diese günstig ausfielen, Maschinen konstruierte, die äusserlich die grösste Ähnlichkeit mit den Feuermaschinen hatten, indem sie, wie diese, aus einem weiten aufrechtstehenden Metall- cylinder, in dem sich ein grosser Kolben auf und nieder bewegte, bestanden. Smeaton war aber damals derjenige Ingenieur Englands, welcher am meisten Feuermaschinenanlagen ausführte und darin als grösste Autorität galt. Es ist also ganz natürlich, dass er gewiss auch zu den ersten gehörte, welche Cylindergebläse bauten. Nun ist bekannt, dass Smeaton im Jahre 1768 ein neues grosses Gebläse zu Carron erbaute, welches durch ein Wasserrad betrieben wurde. Wahrschein- lich war dies ein Cylindergebläse Man nannte das Schmelzen mit Cylindergebläsen später die Carronsche Schmelzmethode (nach Herrmann ). . Solche werden von dieser Zeit an öfter genannt. Das neue Gebläse wurde zugleich mit der neuen Maschinenanlage, welche durch die Erweiterung des Werkes notwendig Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. geworden war, errichtet Auch der schwedische Bergrat Norberg bezeichnet Smeaton als den Erfinder der Cylindergebläse; siehe Norberg , Über die Produktion des Roheisens in Russland, deutsch von Blumhof , 1805, S. 7, u. O’ Reilly , Annales des Arts et Manu- factures XV, p. 225, giebt an, dass die ersten Cylindergebläse zu Carron gewesen seien. . Diese Anlage bestand, wie schon oben erwähnt, aus einer Feuermaschine, welche das Wasser auf ein grosses oberschlächtiges Rad hob, das die Gebläsecylinder in Bewegung setzte. Nach anderen Angaben sollen die Cylindergebläse erst 1775 erfunden worden sein. Dies kann aber wieder nicht richtig sein, denn in einem Patent von John Barber von 1773 über ein neues Schmelz- verfahren ist bereits ein Cylindergebläse erwähnt und abgebildet. Die irrtümliche Angabe rührt wahrscheinlich daher, dass 1775 John Wilkinson zuerst eine Dampfmaschine nach Watts Patent für sein Cylindergebläse verwendete. Die Dampfmaschine hatte einen Cylinder von 38 Zoll Durchmesser. Das Gebläse bediente einen Hochofen. Seit dieser Zeit kamen diese Gebläse in England allerdings rasch in Aufnahme und verdrängten bald die Holzbälge bei den Hochöfen. Die ältesten Cylindergebläse waren, wie die Cylinder der Feuer- maschinen, oben offen. Sie bestanden aus zwei aufrecht nebeneinander stehenden, oben offenen, 4 bis 6 Fuss weiten Cylindern, deren geliederte Kolben wechselweise mittels zweier über denselben angebrachten Schwengel mit Gewichtskasten aufwärts gezogen und durch die an der Welle des Rades angebrachten Wellfüsse, wie die Oberkasten der gewöhnlichen Bälge, niedergedrückt wurden. Aus jedem Cylinder strömte die unter dem Kolben zusammengedrückte Luft durch ein besonderes, am Boden des Cylinders angebrachtes Windrohr in die gemeinschaftliche Form. Da die Bewegung des Kolbens langsam war, so machte sich das Absetzen oder Aussetzen des Windes beim Wechsel unangenehm bemerkbar und man suchte einen einfachen, gleichmässigen Wind- strom dadurch zu erreichen, dass man statt zwei drei oder vier Cylinder zusammen arbeiten liess und den Wind erst in einem weiten Sammelrohr vereinigte, aus welchem man ihn durch eine einzige Düse dem Ofen zuströmen liess. Aus diesen Sammelröhren entstanden dann die Regulatoren, welche wir später beschreiben werden. Die Cylinder- gebläse wurden anfangs durch Wasserräder bewegt, später aber, und besonders nachdem Watt eine praktische Umsetzung der geradlinigen Bewegung in die Drehbewegung erfunden hatte, mehr und mehr durch Dampfmaschinen, und es ist ganz erstaunlich, welche Zahl von Cylinder- gebläsen mit Dampfbetrieb in den letzten 20 Jahren des vorigen Jahr- 36* Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. hunderts in England errichtet wurde. Bader schreibt, „die Vorteile der Dampfmaschine, dass man einen Platz für ein Unternehmen wählen kann, wo man will und ohne von einem Wassergefälle abhängig zu sein und dass der Betrieb ohne Unterbrechung und unabhängig von der Jahreszeit das ganze Jahr geführt werden kann, werden in Eng- land und Schottland so hoch geachtet, dass man bei dem Bau eines Hüttenwerkes, wenn man hierzu eine günstige Stelle gefunden hat, lieber die kostbarsten Dampfmaschinen zum Betriebe aller Gebläse, Hammer- und Walzwerke errichtet, als dass man in einer Entfernung von einer Stunde das reichlichste Aufschlagwasser und Gefälle, wo übrigens jene Vorteile nicht in demselben Masse vereinigt werden könnten, zu dieser Absicht benutzte. Man trifft daher auch in jenen Ländern überall wenigstens zehn mit Dampfmaschinen betriebene Werke gegen eins, das mit Wasserkraft betrieben wird, an.“ So war in England das Verhältnis am Schlusse des Jahrhunderts. Die eisernen Cylindergebläse hatten den grossen Vorzug geringerer Reibung, geringeren Windverlustes und dass sich ein viel höher gespannter Wind in ihnen erzeugen liess. Diese Vorteile waren so augenfällig, dass die englischen Cylindergebläse auch auf dem Kon- tinent rasche Verbreitung fanden, rascher im Verhältnis als die Dampfmaschinen. Für den Kokshochofenbetrieb waren sie geradezu unentbehrlich geworden, aber auch für den Holzkohlenbetrieb erwiesen sie sich jeder anderen Art von Gebläse überlegen. Das älteste Cylindergebläse auf dem Kontinent war das zu Creusot in Frankreich erbaute. Dieses englische Cylindergebläse, welches dort um 1778 errichtet wurde, ist in Fig. 144 abgebildet. Die Stange a wurde durch eine Feuermaschine bewegt und trieb mittels des Balanciers b den Kolben des Gebläsecylinders D , welcher unten offen war. Beim Niedergang trat die Luft durch die geöffneten Klappen e e ein, während sie beim Aufgang durch die Klappen h h in die beiden Regu- latoren E E gedrückt wurde. Die Luft aus den Regulatoren gelangte durch die Leitungen o o in die Trommel oder den Sammelkasten P , von wo aus sie beliebig durch Ableitungsrohre den Hochöfen zugeführt werden konnte. Diese Leitungen lagen in Creusot unterirdisch und traten dicht vor dem Ofen aus der Hüttensohle hervor. Man blies mit einer eisernen Düse durch den rohen Formstein, welcher mit feuerfestem Thon ausgeschmiert wurde, in den Ofen. Das Gebläse hatte eine so gewaltige Kraft, wie Ferber es niemals bei einem andern Gebläse gesehen hatte. Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. Eine grosse und rasche Verbreitung fanden die englischen Cylinder- gebläse auch in Russland, nachdem Kaiserin Katharina II. 1788 den englischen Ingenieur Gascoigne dorthin berufen hatte und dieser die kaiserliche Eisenhütte und Kanonengiesserei zu Petrosadowsk ganz nach englischem Muster umbaute und einrichtete. Man bediente sich dabei stets einer grösseren Anzahl, meist von vier oder sechs Cylindern, welche abwechselnd bliesen; dadurch sparte man den Regulator, der zu einem einfachen Windsammler zusammenschrumpfte. Fig. 144. In England dagegen entwickelten sich die Cylindergebläse mehr in der Richtung, dass man mit einem oder zwei grossen Cylindern blies und die Ungleichheiten im Winddruck durch Regulatoren ausglich. Nachdem man einmal den Windregulator mit belastetem, schwe- bendem Kolben (regulator with the flying piston) erfunden hatte, konnte man Cylindergebläse mit einem einfachwirkenden Blasecylinder bauen. Die Anordnung war der Art, wie sie aus Fig. 145 (a. f. S.) ersichtlich ist, dass in dem unten offenen, oben durch einen Deckel geschlossenen Blasecylinder C C sich ein geliederter Kolben an einer Kolbenstange b b auf und nieder bewegte. Beim Niedergang saugte er die äussere Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. Luft durch die im Kolben angebrachten Saugklappen V V an. Beim Aufgang drückte er diese Luft durch die Druckklappe x in den Regu- lator D D . Letzterer bestand aus einem Cylinder von noch grösserem Durchmesser, in welchem ein geliederter Kolben P P , der nur durch die rechtwinkelige Stange g f gerade geführt war, frei schwebte. Dieser Kolben hatte eine bestimmte Belastung. Sobald nun die Pressung des Windes beim Aufgang des Blasekolbens stärker wurde, als der Belastung entsprach, was eintreten musste, weil die Einströmungs- öffnung x viel grösser war als die Ausströmungsöffnung an der Düsen- mündung, so stieg der schwebende Kolben im Regulator in die Höhe. Dieses Aufsteigen hörte sofort auf, wie die Aufwärtsbewegung des Gebläsekolbens beendet war und dessen Niedergang begann. Von Fig. 145. dem Moment an sank der schwebende Kolben im Regulator, indem er durch sein Gewicht die Luft aus dem Ausflussrohr und der Düse presste. Es kam nun darauf an, das Steigen und Sinken des Kolbens im Regulator in ein richtiges Verhältnis zu der Luftzufuhr und Abfuhr zu setzen. Dies war immer nur annähernd zu erreichen. In erster Linie musste man dafür sorgen, dass immer noch nach beendigtem Niedergang etwas Luft im Regulator blieb. Dies wurde durch die Belastung bewirkt. Gegen das zu hohe Steigen des schwe- benden Kolbens konnte man sich ausser durch die Regulierung der Belastung noch durch ein Ablassventil r (the waste-valve) schützen, welches sich durch einen Hebel m n öffnete, sobald der Hebel m durch die Stange p gefasst wurde. Die Art, wie das Gebläse arbeitete, wird hieraus genügend klar sein. Von Interesse ist noch, dass die Kolben- Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. stange des Gebläsecylinders, welche durch den Deckel desselben ging, durch eine Stopfbüchse s s geführt und gedichtet war. An ihrem oberen Ende war die Kolbenstange durch Öhr und Hülse mit einer Gliederkette in Verbindung, welche an ihrem oberen Ende durch eine Schraube mit Mutter an dem Balancier A A befestigt war und sich auf das Kreissegment oder den Krümmling B B auflegte. Die Liederung des Gebläsekolbens war ähnlich wie bei den Pumpenkolben mit Leder. Eine Hauptsache war, dass der Cylinder richtig ausgebohrt war, aber das hatte man in England durch die Dampfcylinder gelernt und nach und nach auf eine hohe Stufe der Vollkommenheit gebracht. Man wählte gerade die Cylinderform, weil man ihr durch das Aus- bohren den höchsten Grad der Genauigkeit geben konnte. Bei Wasserrädern geschah die Bewegung des Gebläsekolbens oft mittels cykloidischer Wellfüsse, auf deren Konstruktion dann viel ankam. Die Anordnung eines Cylindergebläses in Verbindung mit einem Regulator erlaubte es auch, mit einem starken Gebläse gleichzeitig mehrere Feuer zu betreiben. Dieser Vorteil hatte ebenso sehr wie der Ausgleich des unregelmässigen Luftdrucks zu der Einführung und Verbreitung der Windregulatoren beigetragen. Auch diese sollen zuerst zu Carron zur Anwendung gekommen sein. Die einfachste Form derselben war ein genügend grosser Raum, in welchem sich die Stösse der Maschine in der eingepressten Luft ausgleichen konnten. Bei einem einzigen Gebläsecylinder war ein Regulator gar nicht zu entbehren, aber auch wo zwei zusammenwirkten, erwies er sich als sehr vorteilhaft. Man liess dann meist den Wind von zwei oder mehreren Cylindern oder Kasten in einen geschlossenen Hohlraum, den man Windkasten, Windsammler, Kondensator oder Regulator nannte, blasen. Je grösser dieser Hohlraum war, je vollkommener glichen sich die Stösse aus. Auf der Eisenhütte zu Devon bei Muirkirk in Schottland hatte man zu diesem Zwecke ein in die Felsen gesprengtes Gewölbe von 72 Fuss Länge, 14 Fuss Breite und 13 Fuss Höhe, also mit einem Fassungsraum von 13000 Kubikfuss, als Regulator für das Gebläse des Hochofens hergestellt. Gewöhnlich bestanden aber diese Art von Regulatoren nur aus einem eisernen oder hölzernen Kasten, dessen Grösse sich nach der Stärke des Gebläses richtete. Da der Fassungs- raum derselben ein bestimmt begrenzter war, so nannte man sie Windregulatoren mit unveränderlichem Inhalt . Diesen standen die Regulatoren mit veränderlichem Inhalt gegenüber. Einen solchen mit schwebendem Kolben haben wir bereits oben beschrieben. Diese Art bezeichnete man als Trockenregulatoren im Gegensatz Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. zu den Wasserregulatoren , bei welchen Wasser den Abschluss bildete, ähnlich wie bei den Glocken der oben beschriebenen Glocken- gebläse oder bei unseren Gasometern. Auch die Wasserregulatoren kamen zuerst in England zur Anwendung und bestanden daselbst ursprünglich aus einem langen, viereckigen Blechkasten, der in einem gemauerten Kasten stand (siehe Fig. 146). Der Wind der Gebläse- maschine trat durch eine Öffnung im Deckel des Kastens an der einen Seite ein und durch eine ähnliche Öffnung an der anderen Seite wieder aus. Der gepresste Wind drückte auf die Oberfläche des Wassers, wodurch dessen Spiegel im inneren Kasten sank, während er in dem kommunizierenden äusseren Kasten entsprechend stieg. Der Druck des Wassers erzeugte einen gleichmässigen Windstrom. Diese Regulatoren bewährten sich in England sehr gut und wurden deshalb trotz der grösseren Anlagekosten und dem grösseren Raum, den sie Fig. 146. erforderten, den Regulatoren mit schwebendem Kolben vorgezogen, da man irgend welchen nachteiligen Einfluss der durch die Berührung mit dem Wasser vom Wind aufgenommenen Feuchtigkeit auf den Schmelzprocess nicht wahrnehmen konnte. Die Regulatoren gestatteten, wie erwähnt, mehrere Hochöfen und noch andere Feuer mit Hülfe einer einzigen starken Gebläsemaschine zu betreiben, was viel ökonomischer war, als jedes Feuer mit seinem beson- deren Apparat zu versehen. Hiervon machte man denn auch in Eng- land gegen Ende des Jahrhunderts bereits ausgiebigen Gebrauch. Zu Lightmore, unweit Coalbrookdale, wurden z. B. nach Svedenstjerna Svedenstjerna , a. a. O., S. 76. drei Hochöfen und mehrere Feineisenfeuer von einer einzigen Dampf- maschine mit der Kraft von einigen und neunzig Pferden bedient. Das Cylindergebläse hatte 7 Fuss 4 Zoll inneren Durchmesser und 5 Fuss Hub. Der Wind wurde aus zwei gleich grossen Regulatoren mit Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. beweglichen Deckeln verteilt. Jeder dieser Deckel war mit 10 Tonnen Eisen beschwert und das Sausen des Windes vor der Form war so stark, dass man kein Wort hören konnte. Der aus zwei eichenen Bäumen bestehende Balancier war etwa 18 Fuss lang, 2½ Fuss hoch und 1½ Fuss breit und mit eisernen Bändern beschlagen und mit starken Gussplatten belegt. Die Maschine war nach dem letzten Patent von Boulton und Watt gebaut. Sie ging, abgesehen von dem Sausen des Windes und dem Schlagen der Ventile, äusserst ruhig und leicht. Man erkannte mehr und mehr, welchen Einfluss die Windmenge und Windpressung auf den Gang der Hochöfen, ihre Produktion und Grössenverhältnisse ausübte. Infolgedessen wendete man auch der Windberechnung grössere Aufmerksamkeit zu und erfand Apparate, um den Winddruck zu messen und fortwährend zu beobachten. Bouchu hat in der oft erwähnten Abhandlung über das Eisen in den Descriptions des arts et métiers zuerst eine Berechnung der Windmenge, welche das hölzerne Balgengebläse eines Hochofens liefert, mitgeteilt. Er nahm dabei folgende Masse an: Länge des beweglichen Balgdeckels 90 Zoll, Breite von einem Ende 42 Zoll, am anderen Ende 14 Zoll, Hub 14 Zoll. Danach berechnete er den Inhalt des Balges als Keil zu 20151⅓ Kubikzoll oder 11,66 Kubik- fuss; wenn nun die Bälge 14 mal in der Minute wechseln, so liefert einer 163,24 und beide 326,48 Kubikfuss Wind in der Minute. — Die Berechnung eines Kastengebläses ist noch einfacher. Das alte Kasten- gebläse von Guerigny z. B., dessen Kasten 33 Zoll Quadrat und 27 Zoll Hub hatten und 25 Touren in der Minute machten, lieferten 425 Kubik- fuss Wind in der Minute. Baader hat für die Berechnung des körperlichen Inhaltes eines Balges folgende allgemeine Formel aufgestellt: K = h . ⅓ l ( B + ½ b ), worin K der körperliche Inhalt des Hubes, l die Länge, B die vordere Breite, b die hintere Breite des Balges und h die Höhe des Hubes ausdrückt. Berechnete man in derselben Weise wie oben die Leistung des Cylindergebläses zu Creusot, welches 5½ Fuss Durchmesser und 7 Fuss Höhe hatte und 15 Touren in der Minute machte, so ergab sich eine Luftmenge von 2495 Kubikfuss in der Minute. Diese Art der Berechnung war zwar in Anwendung, aber sie war nicht genau. Multiplizierte man das Volum des Gebläses mit der Zahl der Touren, so erhielt man zu grosse Werte. Die Saugklappe öffnete sich erst, wenn eine gewisse Luftverdünnung eingetreten war; da nun im schädlichen Raum nach dem Auspressen komprimierte Luft zurück- Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. geblieben war, die sich beim Niedergang des Kolbens im Cylinder erst verbreitete und die erst verdünnt werden musste, so verstrich eine gewisse Zeit, ehe die Saugklappe sich öffnete, und die eingesaugte Luft erreichte nicht ganz den Druck der äusseren Atmosphäre. Diese Umstände bewirkten eine geringere Leistung und war diese für jedes Gebläse verschieden, für die Bälge aber des grossen schädlichen Raumes wegen geringer als für Kasten- und Cylindergebläse. Genauere Formeln unter Berücksichtigung des schädlichen Raumes hat später Baader in seiner Theorie der englischen Cylindergebläse (1805) aufgestellt. Aus dieser ersten gründlichen Berechnung der Cylinder- gebläse teilen wir nachfolgende Resultate mit: Man muss die Saugklappen so gross wie möglich machen; die Dimensionen eines Regulators mit unveränderlichem Inhalt müssen sehr gross sein bei einer einfachen Dampfmaschine, um ein gleichmässiges Gebläse zu geben; bei einem doppeltwirkenden Dampfcylinder brauchen sie nur den fünften Teil so gross zu werden. Der kubische Inhalt eines Wasserregulators braucht nur den sechsten Teil von dem einer Windkammer von unveränderlichem Inhalt zu betragen, um einen ebenso ruhigen Wind- strom zu liefern. Die Reibung eines nicht zu scharf geliederten, gut ausgebohrten Cylinders wurde in England zu einem Pfund für jeden Zoll engl. Durchmesser gerechnet. Fette oder flüssige Kolbenschmiere war nicht anwendbar, dagegen hatte sich eingestreuter Graphit bewährt, der auch den Vorteil bot, dass er Gussblasen und Unebenheiten ausfüllte. In der Praxis begnügte man sich, statt die Luftmengen, die dem Ofen zugeführt wurden, zu berechnen, damit, den Winddruck zu ermitteln, indem man die Wassersäule mass, welcher der gepresste Wind das Gleichgewicht hielt. In England blies man viel stärker als in Deutschland. Bei einem Cylindergebläse vor einem englischen Hochofen betrug der Druck im Wasserregulator gemeiniglich 5 bis 6 Fuss Wassersäule Nach Mushet 1798 6 Zoll Quecksilber = 6,784 Fuss Wasser, was 1500 bis 1800 Kubikfuss Luft pro Minute ergab, wenn der Durchmesser der Form 2¾ bis 3 Zoll betrug. oder 2 bis 2½ Pfund Überdruck auf jeden Quadratzoll des schwebenden Kolbens im Trockenregulator; während in Deutschland die stärkste Verdichtung der Luft im Gebläse bei einem allerdings auch kleineren Holzkohlenhochofen höchstens einer Wassersäule von 3 Fuss und einer Belastung von 1 bis 5/4 Pfund auf den Quadratzoll entsprechen durfte. In England rechnete man für einen hohen Ofen von mittlerer Grösse von 40 Fuss von der Sohle bis zur Gicht gewöhnlich 1600 bis Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. 2000 Kubikfuss Luft pro Minute, während in Deutschland ein paar Bälge von der grössten Art mit vollem Aufschlagwasser höchstens 900 Kubikfuss pro Minute von viel geringerer Geschwindigkeit lieferten. Vergleichen wir damit die Zahl, welche Bouchu für das Wind- quantum eines Hochofens mit zwei Bälgen ermittelt hatte, nämlich 326,48 Kubikfuss pro Minute, so haben wir ein Bild von dem Fort- schritt des Hochofenbetriebes in den 30 Jahren von 1760 bis 1790. Die Windmesser erlangten dementsprechend beim Hochofen- betriebe zunehmende Wichtigkeit und kamen gegen Ende des Jahr- hunderts in allgemeinen Gebrauch. Ihrem Princip nach waren es kommunizierende Röhren mit Wasser oder Quecksilber gefüllt. Indem man den einen Schenkel mit dem Gebläsewind in Verbindung brachte, drückte dieser die Flüssigkeit in dem anderen Schenkel in die Höhe und konnte man die Windpressung am Stande der Flüssigkeitssäule an einer Skala ablesen. Die Wasserdruckmesser waren nach Fuss und Zoll, die Quecksilber- druckmesser nach Zoll und Linien geteilt. Die Wassermesser wurden bei Blasebälgen angewendet, für stärkere Gebläse, namentlich bei den Hochöfen, kamen die handlicheren Quecksilberwindmesser in allgemeinen Gebrauch. Die Wassermanometer waren auch weniger genau, da das Wasser zu leicht verdunstete. Die Verhältniszahlen, welche man den Berechnungen zu grunde legte, waren folgende: Quecksilber 13,568 mal so schwer als Wasser und das Wasser 811 mal so schwer als die Luft. Einen Windmesser, welcher in der Praxis Eingang fand und namentlich von Norberg sowohl in Russland als in Schweden angewendet wurde, hatte der Engländer Lewis angegeben, ein anderer rührte von dem schwedischen Chemiker Gahn her, ein dritter vom Oberbergrat Stünkel u. s. w. Die Pressung des Windes war allerdings von grösster Wichtigkeit für den Schmelzprocess, aber man war gegen Ende des Jahrhunderts geneigt, dieselbe zu überschätzen und einseitig von der Erhöhung des Winddrucks alles zu erwarten, während es doch in erster Linie die Windmenge war, welche die grössere Wirkung hervorbrachte. Diese nahm aber mit der Pressung nur im Verhältnis der Quadratwurzeln zu, während sie durch Vergrösserung der Formöffnung im Verhältnis des Quadrates der Durchmesser wuchs. Dieses Verhältnis hat John Roebuck jun., der Sohn des berühmten Dr. Roebuck , zuerst klar gestellt und durch Versuche bestätigt John Roebucks Mitteilungen über einen von ihm angewendeten Mano- meter, vergl. Annalen der Physik, 1801, Bd. XI, S. 53. . Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. Er stellte diese Versuche an einem der Hochöfen des Devon- Eisenwerks bei Alloa in Schottland in den Jahren 1795 und 1796 an und erzielte durch Einlegen weiterer Formen eine Steigerung der Produktion von 20 auf 33 Tonnen in der Woche, wobei er weniger Brennmaterial, weniger Eisenstein und weniger Kalkstein auf das gleiche Quantum Eisen verbrauchte S. Journal der Physik. Bd. IX, S. 45. . Er leitete daraus die Regel ab, dass bei einer gegebenen Kraft eine grosse Luftmenge, die mit einer mässigen Geschwindigkeit in den Ofen geblasen wird, den grössten Vorteil im Schmelzen des Eisensteins gewährt. Doch müsse das richtige Verhältnis zwischen Geschwindig- keit und Menge der Luft erst durch Erfahrung festgestellt werden. Wichtige Maschinenteile waren die Wellfüsse, Kammen oder Daumen , welche die Kraft vom Motor auf das Gebläse, also bei der alten Einrichtung vom Wasserrad auf den Blasebalg zu übertragen hatten. Das Haupterfordernis war, dass die Bewegung gleichmässig übertragen wurde, weiter kamen in Betracht geringe Reibung und solide Verbindung mit der Welle. Viele hervorragende Mechaniker beschäftigten sich mit der Lösung dieser Aufgabe. Olaus Römer hatte schon im 17. Jahrhundert die epicykloidische Gestalt der Kammen bei den Zahnrädern als die theoretisch richtigste ermittelt und dieses mechanische Problem war dann von de la Hire, Johann Bernouilli, Euler und Kästner weiter behandelt und theoretisch entwickelt worden. Besonders aber war es der schwedische Mathematiker Peter Elvius , welcher die epicykloidische Form bei den Wellfüssen in Anwendung brachte und seine theoretischen Ermittelungen übertrug Sven Rinman , der sich sehr eingehend mit der Konstruktion der Wellfüsse beschäftigte, in die Praxis. Rinman war es auch, der zuerst die alten hölzernen Hebearme durch eiserne Daumen ersetzte, indem er nachwies, dass deren Reibung eine geringere sei. Man hatte schon früher die Streich- späne der Blasebälge, auf welche die Wellfüsse drückten, mit Eisen- blech überzogen, sowohl der grösseren Haltbarkeit als auch der geringeren Reibung wegen. Eine sehr gründliche Untersuchung über die beste Form der Wellfüsse für Gebläse veröffentlichte v. Baader in Anschluss an seine Beschreibung und Theorie des englischen Cylindergebläses. Er fand, dass die beste Krümmung der Wellfüsse, um den gleichförmigsten Wechsel des Gebläses hervorzubringen, nach einer krummen Linie zu Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. konstruieren sei, welche weder Cykloide noch Epicykloide ist. Er empfiehlt dabei die einfachen Wellfüsse, wie sie in England gebräuch- lich waren, gegenüber den in Deutschland gebräuchlichen doppelten Kämmen, bei welchen zwei Hube bei einem Umgang des Rades gemacht wurden, infolgedessen das Rad aber auch soviel langsamer laufen musste. v. Baader legt seiner Konstruktion folgende Erwägungen zu Grunde. Um eine ununterbrochene Wirkung eines Cylindergebläses mit zwei Kolben zu erreichen, muss der eine Hub dem andern etwas voreilen, denn im Augenblick des Wechsels findet nicht gleich ein Ansaugen statt, weil die Luft im schädlichen Raume erst verdünnt werden muss. Hieraus folgen zwei wesentliche Bedingungen für den Gang der Maschine: 1. Der Rückzug oder der einsaugende Hub eines jeden Kolbens muss in einer kürzeren Zeit vollendet werden als der ausdrückende Hub. 2. Jeder Kolben wird also am Ende seines Hubes von dem darauf folgenden Hube des anderen Kolbens eingeholt, und am Anfang und Ende eines jeden Hubes müssen einige Augenblicke lang beide Kolben zusammen arbeiten oder zu gleicher Zeit miteinander Luft ausdrücken. Um an der Ausströmungsöffnung gleichbleibende Ausflussgeschwin- digkeit zu erhalten, muss: 1. Jeder Kolben während derjenigen Zeit seines Hubes, die er ganz allein arbeitet, mit vollkommen gleichförmiger Geschwindigkeit bewegt werden. 2. Zu Anfang und Ende eines jeden Hubes, da beide Kolben miteinander arbeiten, die Summe ihrer Wirkungen und Widerstands- momente, sowie die von beiden miteinander ausgedrückte Luftmenge ebenso gross werden als diejenige, welche ein einzeln arbeitender Kolben in gleicher Zeit ausdrückt. Die Geschwindigkeit eines jeden Kolbens muss also vom Anfang seines Hubes beschleunigt, während der Zeit, da er arbeitet, gleich- förmig und am Ende, sobald der zweite Kolben seinen Hub beginnt, verzögert sein. Baader konstruierte nebengezeichneten einhubigen Wellfuss (Fig. 147, a. f. S.), welcher diesen Anforderungen entsprach. War das Gebläse die wichtigste Maschine in der Hochofenhütte, so war dies der Hammer in der Frischhütte und in allen Arten von Hammerhütten, welche ihre Benennung von diesen hatten. Der Hammer als Werkzeug hat keine grossen Veränderungen und Verbesserungen im Laufe des 18. Jahrhunderts erfahren. Diese Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. beschränken sich auf sorgfältigere Fundamentierung und Herstellung des Hammergerüstes, solidere Konstruktion der Hammerräder, der Hebedaumen u. s. w.; endlich auch auf die Anwendung der Dampf- maschine als Motor. Der Hammer wirkte nicht bloss durch das Gewicht und den Fall, sondern auch durch den Rückschlag, also durch Elasticität. Dies wurde beim Aufwerfhammer durch den Reitel, bei dem Schwanz- hammer durch den Schwanzring und den Prellklotz bewirkt. Je schwerer der Hammer, desto stärker musste sein Gerüst sein. Das Ham- Fig. 147. mergerüst eines Aufwerfhammers bestand aus zwei Säulen, zwischen denen sich die Hülse des Ham- mers bewegte, den Büchsensäu- len und aus zwei hintereinander stehenden Säu- len, der Drahm- und Reitelsäule, durch welche der Reitel gesteckt wurde. Diese Säulen bekamen Halt und Verbin- dung durch den schweren Drahmbaum, welcher auf der Drahm-, Reitel- und Hütten- säule ruhte. Ein Fortschritt ist auch darin nachzuweisen, dass man mehr Eisen zur Verbindung und Verstärkung des Hammergerüstes anwendete, ja man ging dazu über, einzelne Teile ganz von Gusseisen statt von Holz zu machen; so machte man in Deutschland die Büchsensäulen und die Mittelsäulen zuweilen von Gusseisen, in England setzte man sogar das ganze Hammergerüst aus Teilen von gegossenem Eisen zusammen. Selbst die Wasserräder und Hammerwellen goss man in England aus Eisen. Die Stabhämmer waren Aufwerfhämmer ; nur bei der Osmund- schmiede bediente man sich der Schwanzhämmer . Die Zain - und Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. Reckhämmer waren dagegen meist Schwanzhämmer, ebenso die Nagel - und Tiefhämmer . Die Stirnhämmer (Fig. 148) zum Schmieden schwerer Luppen und Pakete kamen in England zuerst auf. Wir haben bei der Beschreibung der Ankerschmieden kennen gelernt, dass man bei diesen, die in den grossen Seehäfen sich befanden, sich schwerer Hämmer bediente, die nicht durch Wasserkraft, sondern von Menschenhand bewegt wurden. Dieselben wurden durch Seile gezogen und in Schwingung versetzt. Der Schlag wurde durch Federn verstärkt. Die Abbildungen französischer Hämmer dieser Art finden sich in den Descriptions des arts et métiers S. Schauplatz der Künste und Handwerke, Bd. I, Tab. V, Fig. 1, 2 und 5. . Die plumpe Fall- keule, Herkules genannt, haben wir ebenfalls bereits beschrieben Abbildung davon findet sich ebendaselbst Tab. V, Fig. 10. . Compaguot brachte einen schweren Hammer von 500 bis 750 kg Gewicht mit Handbetrieb in Vorschlag Machines et inventions etc. de l’Academie, V, p. 101. , doch ist seine Erfindung Fig. 148. Besson entnom- men, in dessen Théâtre des Instru- ments mathemati- ques et mécaniques er bereits 1569 ab- gebildet wurde. Oberschläch- tige Hammer- räder hatten meist 3,20 m Durchmesser und 0,36 m Schaufelbreite. Man machte den Radkranz schwer und die Arme leicht, damit sie als Schwungrad wirken konnten. Den Aufwerfhämmern gab man ein Gewicht von 4 bis 5 Centner und keine grössere Geschwindigkeit als 80 bis 90 Schläge in der Minute. Die höchste Hubhöhe betrug 0,60 bis 0,75 m. Schwanzhämmer waren leichter, doch von sehr verschiedenem Gewicht; die schwersten, die man auch zum Verschmieden nicht zu schwerer Luppen verwendete, hatten 3 bis 3½ Centner Gewicht, 0,47 bis 0,52 m Hubhöhe und machten 150 bis 180 Schläge in der Minute. Das Schwanzhammergerüst war viel einfacher; es bestand in der Hauptsache nur aus zwei Büchsensäulen, welche mit dem Grundwerk fest verbunden waren. Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. Über den Effekt der Wasserhämmer hatte Polhem bereits Berechnungen angestellt, wobei er die von Huygens aufgestellten Sätze über Pendel- und Centrifugalbewegung zu Grunde legte. Auch bei den Hämmern waren die Wellfüsse , Kammen oder Daumen ein wichtiger Maschinenteil, da er die Kraft des Motors auf das Werkzeug übertrug. Die richtige Konstruktion derselben war eine der im 18. Jahrhundert am meisten bearbeiteten mechanischen Aufgaben. Da die Hämmer oft viele Schläge in kurzen Zwischenräumen zu machen hatten, so musste nicht nur das Hammerrad rascher laufen als das Blaserad, sondern es mussten auch mehr Hebearme oder Daumen an der Welle angebracht werden. Man machte die Hebe- arme (Hebeköpfe, Hebetatzen, Heblinge) früher aus hartem Holz. Vor alters wurden die hölzernen Hebearme durch die Welle gelocht und Fig. 149. aus 8 Zoll starkem, festem Holz gemacht. Sie wurden kreuzweise durch die Wellen gesteckt und ragten auf derselben an vier Seiten 1½ bis 2 Fuss empor. Diese Löcher schwächten aber die Welle sehr, weshalb letztere auf 6 Fuss lang stark beringt werden musste. Später wendete man auch eiserne Heblinge an. Die Heblinge wurden verdrängt durch die eisernen Well- kränze. Um nämlich den eisernen Hebearmen die nötige Stärke und Festigkeit zu geben, schlug Rinman vor, die Hebearme fest mit einem Ringe um die Radwelle zusammen- zugiessen Abhandlungen der Schwed. Akademie der Wissenschaften 1758, Bd. XX, S. 20. Wie die Hammerwerke dadurch zu verbessern sind, dass man die Hebearme und Kämme der Räder zum Gebläse aussen an die Radwellen befestigt; ebendaselbst 1774, S. 305: Neuere Untersuchungen von Hebearmen aus Gusseisen bei Eisen- hämmern von Rinman . . Diese Einrichtung fand rasche Verbreitung und wurde nach und nach allgemein eingeführt. Nebenstehende Fig. 149, welche der Encyklopädie von 1783 entnommen ist, zeigt einen solchen Well- oder Hammerring von Gusseisen. Hårlman machte 1760 den Vorschlag, die Ringe aus zwei Teilen zu giessen, aber ohne Erfolg. — Die Well- ringe wurden auf den Hütten gewöhnlich im Anfang der Kampagne, wenn das Eisen recht gar war, im Sande nach einem Modell gegossen und wog ein mittelmässiger, vierarmiger Wellring 11 bis 12 Centner. Wellringe mit vier Daumen waren vollständig ausreichend bei Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. Wasserrädern von 10 Fuss Durchmesser, bei grösseren Rädern wurde der Gang zu langsam und konstruierte hierfür Forssgren fünfarmige Wellkränze S. Abhandl. der Schwed. Akad. 1774. , welche sich auch für 12- bis 14 füssige Wasserräder bewährten, indem sie bei schnellerem Gang des Hammers eine Ersparung an Aufschlagwasser zur Folge hatten. Bei den Zain- und Nagelhämmern machte man den Wellkranz aus einem starken Ringe von Gusseisen, entweder aus einem Stück oder aus zwei zusammengeschraubten Ringen von 8 bis 9 Zoll Breite und 4 bis 5 Zoll Dicke, mit 3½ Zoll viereckigen Löchern, worin die verstählten Kammen oder Däumlinge mit hölzernen Keilen oder Klötzen befestigt waren. Solche Ringe dienten zur Befestigung der Welle und der Kammen und beförderten den guten und festen Gang des Hammers Siehe Rinman , Bergv.-Lex. I, S. 1087, Tab. XIX, Fig. 7. . Die auf den Eisenhütten zum Ausschmieden des Eisens gebräuch- lichen grossen Hämmer wurden entweder geschmiedet, oder wie es meistens der Fall war, gegossen. Den Frischamboss machte man möglichst schwer und stellte ihn auf einen elastischen Ambossstock. Gewöhnlich ruhte der Amboss auf einer Ambossschale oder Schabotte, um das Niedertreiben in den Ambossstock zu verhindern. Man machte in Deutschland die schweren Hammerambosse aus Gusseisen, und zwar wählte man dazu, weil sie hart sein mussten, grelles Eisen. Seine obere Fläche durfte nicht ganz horizontal, sondern musste vorn etwas höher wie hinten stehen, damit der Hammer die Stäbe nicht zu sehr nach hinten traf. Der Amboss musste ferner eine gerade geschliffene Bahn haben, die nicht hohl sein durfte, weil das Stabeisen sonst Längsrisse bekam. Das Abschleifen geschah entweder einfach auf einer Sandsteinplatte, auf der er mit- tels eines an ein Wasserrad gesteckten Krummzapfens und daran befestigte Stange hin und her geschleift wurde, was aber sehr lang- sam und unvollkommen von statten ging, oder mit einem umlaufenden Schleifstein, der vorn am Ende der Blaswelle angebracht war, oder mit einer Schleifmaschine, wie eine solche auf der Elfkarönshütte in Schweden von Rinman beschrieben wurde Siehe Rinman , Afhandling rörande Mechaniken etc. II, p. 210. . Von Interesse ist, dass Peter Onions sich 1783 eine Erfindung patentieren liess, die Federkraft der Luft zur Verstärkung des Hammer- schlags zu benutzen. Es bildet diese einen Teil seines berühmten Patentes des Puddelprozesses. Die Wirkung wird auf einem Aufwerfhammer Beck , Geschichte des Eisens. 37 Walzwerke. Scheren. ausgeübt mittels eines Cylinders mit beweglichem Kolben. Ist die Luft im Cylinder komprimiert, so wirkt der Kolben federnd; ist die Luft verdünnt, so hilft der äussere Luftdruck zur Verstärkung des Schlages; im ersteren Falle ist der Cylinder über dem Hammer ange- bracht und drückt die Kolbenstange auf den Helm, im zweiten Falle befindet sich der Cylinder unter dem Hammer und zieht der Kolben an dem Hammerhelm. Der Beschreibung sind eine Anzahl Zeich- nungen beigefügt. Mit der Einführung des Puddel- und Schweissverfahrens in Eng- land kamen auch viel schwerere Hämmer in Anwendung. Mushet sagt 1798: „Die schweren Hämmer, welche mit dem gegossenen Helm 3000 bis 4000 Pfund wiegen, pressen die Schlacken mit Kraft aus dem Eisen, während bei den Walzen die Gefahr vorliegt, dass die Schlacken eher mit eingewalzt werden.“ Walzwerke. Scheren. Ein wichtiger Fortschritt für die Formgebung des Eisens war die Einführung der Walzwerke . In Verbindung mit Schneidewerken waren dieselben schon im 17. Jahrhundert in Anwendung gekommen. Dabei hatten sie aber eine unselbständige Rolle gespielt, indem sie nur dazu dienten, die Flachstäbe, die geschnitten werden sollten, zu glätten und zu egalisieren. Die Stäbe wurden dabei allerdings auch etwas gestreckt, weshalb man sie auch Schneide- und Streckwerke nannte; die Streckung war aber mehr nebensächlich. Die ganze Art des Betriebes war von den Münzstreckwerken auf die Eisenindustrie übertragen worden, wie wir früher nachgewiesen haben. Dem entsprechend waren die Walzen nur klein und das Flacheisen wurde nur bis zur Rotglut erwärmt. Nachdem dieser Betrieb aber einmal eingeführt war, musste man bald wahrnehmen, wie vortrefflich das glühende Eisen sich walzen und strecken liess, besonders wenn man das Eisen etwas stärker erwärmte. Man konnte die Streckwerke ganz wohl zum Auswalzen von Bandeisen benutzen, indem man den vor- geschmiedeten Flachstab erst rotglühend die Walzen passieren und ihn dann in derselben Hitze durch die Schneidescheiben gehen liess. Die geschnittenen Stäbe erhitzte man aufs neue und breitete sie unter Walzwerke. Scheren. den Walzen, durch welche man sie mehreremal hintereinander durch- zog, zu Bandeisen von bestimmter Stärke aus. Die Walzen wurden nach jedem Durchgang etwas enger gestellt, was durch Keilen der Lager geschah. Für diesen Zweck machte man die Walzen breiter, um das Strecken nicht immer an denselben Stellen der Walzen vor- nehmen zu müssen, weil dieselben dadurch zu rasch Furchen bekamen und nachgedreht werden mussten. Wie man Flacheisen für Band- und Schneideeisen verwalzte, so lag auch der Gedanke nahe, vorgeschmiedete Bleche zwischen Walzen glatt und gleich zu machen. Besonders war dies bei der Weissblech- Fig. 150. fabrikation, wo es auf ganz glatte, ebene Tafeln ankam, von Vorteil. Und es scheint, dass man hier- für zuerst die Walzen selbständig angewendet hat. Nach einer Stelle aus Yarranton lässt sich sogar vermuten, dass die- ses Verfahren bereits im 17. Jahrhundert in Sach- sen angewendet wurde. Sicher aber wurden schon in den ersten Jahrzehn- ten des 18. Jahrhunderts Walzen in dieser Weise verwendet. In England sollen im Jahre 1728 die Walzen bei der Blech- fabrikation in Aufnahme gekommen sein. Auch die Idee der gefurchten oder Kaliberwalzen war nicht neu. Zuerst begegneten wir ihr bei Brankas Walzen für Fensterblei (s. Bd. II, S. 946). In einem Buche eines M. Remond , Mitglied der Société des arts von 1731: „Mémoire sur le laminage de plomb“, wird ein sehr inter- essantes Verfahren mitgeteilt, Bleirohre zu walzen. Das Blei wird als kurzes, dickes Rohr über einen eisernen Dorn gegossen und dann mit diesem durch kalibrierte Walzen gestreckt und ausgewalzt. Diese Walzen waren sogar mit Rücklauf eingerichtet, ebenso wie die von 37* Walzwerke. Scheren. Fajolle 1728 angegebenen zum Auswalzen von Blei zu Bleiblech Siehe Machines et inventions approuvées de l’Académie etc. V, p. 43, Nr. 307 bis 330. . (Fig. 150, a. v. S.) Im Jahre 1728 nahm John Payne in England sein merkwürdiges Patent, welches wir S. 250 mitgeteilt haben und in welchem klar und deutlich kalibrierte Walzen zum Auswalzen von Eisen beschrieben sind. Paynes Patent enthält aber gleichzeitig soviel andere Dinge, dass das Einzelne dadurch an Bedeutung verliert. Jedenfalls war aber die Vorstellung von Façonwalzen zum Auswalzen des Eisens schon vorhanden. Wichtiger ist das, was wir aus Polhems Schriften erfahren, denn dieser ausgezeichnete Mechanikus, der so viele maschinelle Vorrich- tungen erfunden hat, beschäftigte sich mit besonderer Vorliebe mit den Walzwerken, deren grosse Bedeutung für die Eisenindustrie er zuerst hervorgehoben und erklärt hat. Unter den von ihm erfundenen Maschinen wird besonders ein grosses Walzwerk für Platten und Bandeisen aufgeführt, ferner eine Maschine, um gegossene Eisenwalzen zu schleifen. Diese Maschinen waren auf seinen Werken in Stjern- sund, welche er im Jahre 1704 gegründet hatte, in Thätigkeit. Polhem kannte bereits die profilierten Walzen. Er erwähnt, dass es leicht sei, Eisen in der Form von Degenklingen, mit einem Grat in der Mitte, zu walzen, was doch nur durch entsprechende Furchung der Walzen möglich ist. Ebenso spricht er von gewalztem Rund- und Vierkanteisen. Walzen für Feinbleche wurden ferner bei der Fabrikation lackierter Blechwaren, sogenannter japanischer Waren, in England angewendet. Hierfür erhielt John Baskerville am 16. Januar 1742 ein Patent. Es heisst darin: Wenn die Bleche von den Walzen kommen, so ent- fernt man den Glühspan durch Wasser, in welchem Salmiak gelöst ist, und darauffolgendes Erwärmen über einem grossen Feuer und Abscheuern. Die Bleche sind dann fertig zum Glätten durch Walzen; letztere erhalten den erforderlichen Druck mit Hülfe eines belasteten Hebels, ähnlich einer Stahlelle, anstatt durch Schrauben. — Der belastete Hebel war ausreichend, wo es sich nur um Glätten oder Polieren handelte; wo man aber bestimmte Stärken walzen musste, wurden die Walzen mit Keilen oder Schrauben gestellt. Calvör hat in seinem Werke über die Maschinen des Oberharzes (1763) ein Walz- oder Streckwerk für eine Münze abgebildet Calvör , a. a. O., II, Tab. 23 und 24. . Das Walzwerke. Scheren. Walzengerüst war von Eisen und die Stellung der Walzen geschah durch Schrauben. Im Jahre 1754 wurden in England auch bereits Kesselbleche gewalzt. In einer Patentbeschreibung aus diesem Jahre ist von der Anfertigung genieteter Dampfkessel aus gewalzten Blechen die Rede. 1759 erhielt Thomas Blockley ein Patent für das Glätten und Walzen schmiedbarer Metalle, um Radschienen daraus zu machen. Man bereite zwei Walzen zum Auswalzen von Eisen in der Weise, dass man sie in verschiedene Formen drehe, wie es der Zweck ver- lange. Dieselben sollten sich, zwei oder mehr zusammen, nach rechts und nach links drehen. 1766 erhielt John Purnell ein Patent für eine Maschine, um Schiffsbolzen, Rundeisen, Rundstahl und gewalzten Draht zu machen Pat. Nr. 854. John Purnell : New-invented Machine for making ship bolts, large rounds rods of iron and steel, and iron and steel wire of various sizes, that is in many respects for more serviceable and preferable than any method that has hitherto been made use of for that purpose. . Fig. 151. Die Maschine ist nichts anderes als ein Walzwerk und ist der Patent- beschreibung eine Zeichnung der Wal- zen beigefügt (Fig. 151). Aus dieser ersehen wir, dass die Walzen drei Rund- kaliber hatten; die- selben waren nicht in beiden Walzen so verteilt, dass beide Walzen gleiche halbkreisförmige Rinnen gehabt hätten, sondern in der einen Walze, welche stärker war, waren diese Rinnen sehr tief eingeschnitten, während auf der anderen Walze auf- gesetzte scheibenförmige Ringe, auf welchen die andere Seite des Profils eingeschnitten war, in dieselbe eingriffen. Die Walzen hatten viereckige Zapfen und wurde die eine durch eine Muffe B 2 mit dem Zapfen einer Wasserradwelle verbunden, während beide Walzen auf der andern Seite gleiche Zahnräder G hatten, welche ineinander griffen, wodurch die andere Walze mit bewegt wurde. Auf diese Weise wollte Purnell nicht nur starke Rundstäbe, sondern auch Draht walzen. Walzwerke. Scheren. Hier finden wir also auch bereits die Idee eines Feineisenwalz- werkes. Eine ähnliche Idee wurde 1769 Richard Ford patentiert, näm- lich „Metalle von verschiedener Dicke mit denselben Walzen und durch dieselbe Operation zu walzen, Draht zu ziehen und Metalle zu pressen“. — „Die Walzen werden wie gewöhnlich umgedreht mit Hülfe einer Muffe und eines Zapfens von der Mitte der Welle aus oder statt dessen drei oder mehr Walzen, so dass ein Muster, das man walzen will, zu derselben Zeit, wenn es ein Paar Walzen passiert, auch schon durch das andere gehen kann.“ Dem Gedanken der Drahtwalze gab Fleur , Direktor der Münze in Besançon, in einem am 15. Dezbr. 1778 datierten Aufsatz Derselbe ist abgedruckt in den Descriptions des arts et métiers ed. Bertrand , Vol. XV, p. 277 und in der Encyklopädie Methodique; Arts et Métiers mécaniques. Art. fer. Fernere Nachrichten finden sich in Dietrich , Descriptions des gites de minerai etc., Vol. II, p. 31. noch bestimmteren Ausdruck. Er erzählt, dass sein Vater früher einen kleinen Drahtzug in Morvillars im Elsass besessen habe, welcher damals der einzige in Frankreich gewesen wäre. Der Vater verzog und starb und das Werk verfiel. Vor mehr als 30 Jahren habe er nun selbst angefangen, sich für die Eisenindustrie zu interessieren. Damals habe man in seiner eigentlichen Heimat der Franche Comté noch keine andere Eisenwaren gemacht als Gusseisen und Stabeisen. Blech und Draht kaufte man aus dem Auslande. Fleur beschloss eine Fabrik für deren Fabrikation zu errichten. Deshalb baute er den alten Drahtzug, wo er als Kind gewesen war, wieder auf. Er hatte Erfolg, sein Draht wurde bald in der Gegend dem aus Deutsch- land und der Schweiz vorgezogen. Er war geneigt, die Sache in grösserem Massstabe zu betreiben. Bald bot sich hierzu eine günstige Gelegenheit. Der Herzog von Randau, Marschall von Frankreich, der in Burgund grosse Eisenwerke besass, hatte von seinem Erfolg gehört und wollte diesen Industriezweig in seiner Provinz einführen. Er verpachtete im Jahre 1745 seine Eisenwerke unter günstigen Bedin- gungen an Fleur , dem er gestattete, nach Belieben Verbesserungen und Bauveränderungen vorzunehmen. Dieser legte alsbald eine Draht- zieherei und einen Blechhammer (platinerie de fer en tôle) an; diese verband er mit einer Nagelfabrik (clouterie à froid) und vergrösserte das Werk, so dass er über hundert Arbeiter beschäftigte. Die Nägel fanden vorzüglichen Absatz und gingen sogar nach Spanien, Italien und Deutschland. Sein Erfolg reizte zur Nachahmung, so dass Walzwerke. Scheren. nach und nach sieben Drahtmühlen (tireries roulantes) in Burgund entstanden, die alle nach dem ersten Muster eingerichtet wurden. Ähnliche Werke entstanden im Elsass, in Lothringen, Nivernois, Touraine, Forez, Limousin und in der Champagne. Die von Fleur geschulten Arbeiter hatten sich überall hin ver- breitet und Frankreich war in den 70 er Jahren bereits in der Lage, Draht zu exportieren. Fleur begnügte sich damit nicht, sondern strebte nach Ver- besserung der Fabrikation. Er fand, dass das auf vielen Werken gebräuchliche Spalten des Eisens schädlich sei, weil dadurch die Sehnen zerschnitten wurden. Das Ausschmieden war viel besser, aber es war viel teurer und man konnte die Stäbe nicht sehr lang aus- schmieden; ausserdem machte jeder unrichtige Schlag das Drahteisen zum Ziehen untauglich, wodurch es sehr viel Ausschuss gab. Jeder Stab bekam drei Hitzen und musste sechsmal durch den Zug gehen, um ihn bis Nr. 24, d. h. bis auf 4 Linien Dicke auszuziehen. — Er schmiedete deshalb das Drahteisen in der Gestalt eines verschobenen Quadrats ganz flach vor und benutzte zur weiteren Verarbeitung eine Maschine, durch die er viel Kohlen, Arbeit und Zeit sparte, die Faser verbesserte, den Abgang verminderte und die vielen Hitzen beseitigte. Einen Stab von 6 Linien Stärke und 15 Fuss Länge konnte er in einer Hitze bis auf 30 Fuss verlängern. Er sparte dabei ausserdem viele Handarbeit und das sechsmalige Ziehen bis Nr. 24; durch den gleich- mässigen Druck wurde auch der Draht gleichmässig und hatte keine Zangenbisse. Sechs Arbeiter und einige Kinder zogen in 24 Stunden 6000 Pfund von diesen Stäben von 6 Linien Durchmesser auf 4 Linien, während vier Arbeiter an den Streckzangen in derselben Zeit nicht über 500 Pfund bis zu 4 Linien ziehen konnten. Die grossen Vor- teile seines Verfahrens veranlassten Fleur , dasselbe aus Patriotismus bekannt zu machen (1777). Die Maschine hatte vier eiserne Gestelle (cages) mit je zwei Walzen, welche abwechselnd die entgegengesetzten Wirkungen hervorbrachten. In dem ersten liess man das heisse Eisen von 6 Linien zwei Walzen passieren, welche es auf 7 Linien Breite bei 3 Linien Höhe auswalzten. Von diesen brachte man es zwischen die zwei Walzen in dem zweiten Gestell, doch so, dass es hochkant durchpassieren musste, dadurch wurde es fast rund von 5 Linien Durchmesser. Hierauf passierte es die Walzen im dritten Gestell, die es wieder platt walzten, zu 5 Linien auf 2 Linien. Hierauf wurde es im vierten Gestell wieder hochkant durchgewalzt auf 4 Linien rund. Es war also in vier Durchgängen zu Draht Nr. 24 und auf die Walzwerke. Scheren. doppelte Länge ausgestreckt worden. Die Maschine war sehr einfach und hatte Ähnlichkeit mit einem Schneidewerk. Einen Entwurf davon reichte Fleur zugleich mit der Abhandlung dem Generalsekretär des Handels ein und erklärte sich bereit, Reflektanten sein Werk zu zeigen oder auf Wunsch ein solches anfertigen zu lassen. Die Walzen waren aus paketiertem Eisen geschweisst und geschmiedet. Er bediente sich der Maschine schon seit Anfang der 50er Jahre. Ohne seine Ziehscheiben zu vermehren, hatte er durch dieselben die doppelte Produktion an gezogenem Draht, ausserdem drei Viertel weniger Abfall und Minderverbrauch an Talg. Zum Feinziehen empfahl er den Gebrauch von Rollen anstatt der Zangen, weil letztere leicht in Unordnung gerieten, grosse Unterhaltungskosten erforderten und doch viel Eisen verdarben. Wir haben also hier schon das vollständige Bild unserer modernen Drahtwalzen und Drahtziehereien. Es scheint aber nicht, dass Fleurs Beispiel und gute Ratschläge viel Erfolg gehabt hätten. Er giebt in seiner Abhandlung noch ver- schiedene andere praktische Winke, welche wir auch gleich mit anführen wollen. Es war Gebrauch, die Zieheisen, welche bei einem Zoll Dicke aus 9 Linien Eisen und 1 Linie Stahl bestanden, heiss zu lochen, was kostspielig war und wodurch sie leicht unbrauchbar wurden. Fleur schlägt vor, die Ziehlöcher kalt durch das Eisen zu bohren oder mit einer von ihm angegebenen Maschine zu lochen und dann nur die Stahldecke warm durchzuschlagen. Bei den Schneidewerken war es allgemein gebräuchlich, dasselbe durch zwei Wasserräder zu treiben, von denen je eins an den entgegen- gesetzten Wänden des Gebäudes angebracht war und in entgegen- gesetztem Sinne umlief; hierdurch wurde auch die entgegengesetzte Bewegung der Walzen und Schneidescheiben, welche direkt mit den Wasserradwellen verbunden waren, bewirkt. Fleur schlägt vor, alles mit einem Rad zu treiben und die Walzen und Schneidescheiben so dicht zusammenzustellen, dass das Eisen direkt aus den Walzen in die Schneiderollen eintritt. Fleurs Erfindungen haben nicht die Beach- tung gefunden, die sie verdient hätten, namentlich nicht in Deutschland. Auch über ein Walzwerk, welches Anfang der 50er Jahre zu Essonne in Frankreich angelegt worden war, um profiliertes Eisen zu machen, liegt ein Bericht einer Kommission der Pariser Akademie vom 23. Dezember 1752 vor Mitgeteilt in der Encyklopädie Methodique, Art. fer. . Das Walzwerk bestand aus zwei Walzwerke. Scheren. Walzen, deren eine auf der Oberfläche profiliert war, um dem Eisen auf der einen Seite die Form (moulière) zu geben, die man wünschte. Die untere Walze war direkt mit der Radwelle verbunden, die obere wurde durch ein Zahngetriebe in entgegengesetzter Richtung bewegt. Das eiserne Band, das man profilieren wollte, wurde rotwarm durch- gewalzt; damit es sich nicht aufrollte, ergriff es der Arbeiter sofort nach dem Durchgange mit einer Zange. Die Kommission hatte bereits am 28. Januar 1751 Untersuchungen angestellt, ob das Eisen durch das Walzen zäher werde. Sie stellten fest, dass sich durch das Walzen Sehne entwickelte und die Qualität des Eisens verbessert wurde. Dies sind sehr beachtenswerte Resultate aus so früher Zeit. In Schweden hatten zwar die Walzwerke trotz Polhems Bemühungen keine grosse Verbreitung gefunden, sie hatten sich aber als ein erprobtes Werkzeug der Formgebung, namentlich für Blech und Bandeisen, Anerkennung verschafft. Rinman fällt in seiner Eisen- und Stahlveredlung im Jahre 1772 folgendes Urteil: „In England werden Salzpfannenplatten durch Walzen des groben Materialeisens bereitet, wodurch zwar etwas an Zeit und auch darin gewonnen wird, dass die Platten überall gleich dick und glatt ausfallen; man hat aber erfahren, dass das Eisen in den Platten durch das Schmieden mehr verfeinert, zäher, dichter und stärker wird, als durch das Walzen, und daher werden unsere (schwedischen) Platten selbst in England, namentlich für die grossen Salzpfannen, für besser gehalten, so dass also hierbei das Walzwerk für keine eigentliche Verbesserung gehalten werden kann. Dahingegen können einige Arten dickere, aber kleinere Platten (Bleche), vorzüglich die für Thüren an Kachelöfen, Haspenblech u. s. w., welche geschliffen und poliert werden, mit grossem Vorteil unter einem Walzwerk bereitet werden, sowie ein solches Werk auch für viele andere dahingehörige Arbeiten benutzt werden kann, wodurch sehr viel, sowohl an Zeit als an Abgang durch Feilen und Schleifen, durch die grössere Gleichheit der Platten erspart werden kann.“ Hinsichtlich der feinen Bleche, sagt Rinman , sei das durch Walzwerk bereitete an Schönheit und Politur das beste. Alle Arten von Beschlägen, die davon gemacht würden, seien ausserordentlich blank und ebenmässig, so dass das geschmiedete Blech gar nicht damit verglichen werden könne. Die prächtigen japanischen Arbeiten, welche in England gemacht würden, forderten unbedingt gewalzte Platten, die im höchsten Masse blank und glatt seien und es noch Walzwerke. Scheren. mehr würden, wenn das Polieren dazu komme, wie es mit geschmiedetem Eisen nicht erreicht werden könne. Der einzige Versuch, der in Schweden mit Blechwalzen gemacht und zwei Jahre lang fortgesetzt worden sei, habe aber, durch mancherlei widrige Umstände, schlechten Erfolg gehabt und sei deshalb aufgegeben worden. Rinman ist aber unbedingt der Meinung, dass Blechwalzen, wenn die Wasserräder stark genug seien, dass sie beim Durchgang des Eisens wenig von ihrer Geschwindigkeit und Kraft verlören und die gut standfest gemacht würden, was allerdings nicht leicht sei, sich rentieren müssten. Dabei müssten aber die Bleche, nachdem sie durch Glühen und Scheuern von dem Glühspan gereinigt und zur gehörigen Grösse beschnitten, noch einmal kalt durch ganz glatte und dicht aufeinander passende Walzen laufen. Von besonderem Interesse ist auch Rinmans „Allgemeine Anleitung für Walz- und Schneidewerke“: „Da Walz- und Schneidewerke eine grosse Gewalt erfordern, so ist es nötig, dass sowohl das Aufschlagewasser in hinlänglicher Menge da ist, als dass auch das Gebäude massiv und dauerhaft gemacht wird, vorzüglich die Radwelle, welche die Walzen und Schneidescheiben treiben muss, wobei selbst der Zapfen stark und von gutem Eisen vorzüglich mit einem Blade an die Welle befestigt sein muss. Wie die Ringe der Trillinge und Zahnräder mit gutem Vorteil von Guss- eisen gemacht werden können, mit Zähnen und Trillingsstöcken von Holz, habe ich an einem solchen Werke auf der Graphütte in Nerika mit gutem Erfolg gezeigt, und kann diese als ein Modell für diejenigen dienen, die solche Einrich- tung auch annehmen wollen, und mit Bequemlichkeit solches gut gegossenes Eisen erhalten können. Für die Walzwerke ist es sehr nützlich, das Gestell mit vier Schrauben einzurichten, auf englische Art, wobei ich neulich eine Ver- besserung ausgedacht habe, um die Länge der Walze zu vermindern, welches sehr viel zur Vermehrung der Stärke derselben beiträgt. Für Schneidewerke können aber auch Säulen von gegossenem Eisen mit Keilen sehr zuträglich sein. Um gute und standhafte Walzen zu erhalten, hat man hier im Reiche viel Schwierigkeiten gehabt, und sind viele Versuche darüber angestellt, teils mit geschmiedeten Walzen von Eisen, die nachher im Stahlofen auf der Oberfläche zu Stahl gebrannt wurden, teils auch mit geschmiedeten und vorgestahlten Walzen, da aber alle dergleichen Walzen sehr kostbar sind, und doch nicht hart genug zu feinem Bandwerke, sondern von dem Bande tiefe Furchen bekommen, die nachher auf einem eigenen Schleifstuhle mit einem Wasserrade wieder abge- schliffen werden müssen, welches alles zu beschwerlich und zeitspielig ist, so müssen Walzen von Gusseisen allen anderen vorgezogen werden, die beides, weniger kostbar und leichter sind, und in dem Walzwerke selbst mit einem ein- fachen Stahlstücke eben und rein geschliffen werden können. Es kommt bloss darauf an, genau gegossene Walzen zu erhalten, die von hartem und dichtem Gusseisen sind, wozu kürzlich Herr Kommerzienrat Polhem in seinem patrioti- schen Testamente eine sehr gute und zuverlässige Anweisung gegeben hat. Das Unglück ist, dass bei den Giessereien im Reiche selten geschickte Arbeiter zur Bereitung der Formen und zum Gusse selbst gefunden werden, da bei den Kanonen- und Topfgiessereien bloss ganz weiches, mit Phlogiston übersättigtes (nödsatt) Eisen gebraucht wird, welches zu solchen Walzen ganz untauglich ist, und wo man hartes Eisen haben kann, finden sich keine verständige Arbeiter Walzwerke. Scheren. für das Formen und den Guss. Man kann auch nicht verlangen, dass man, um einige Walzen zu giessen, in der Beschickung des hohen Ofens eine Abänderung mache und dadurch das Eisen verändere, welches freilich der beste Weg wäre. Man vermutete, dass man die besten Walzen in dem hier im Reiche eingerichte- ten sogenannten Reverberierofen erhalten würde, wo nämlich alles Gusseisen durch Steinkohlenflammen geschmolzen und umgegossen wird, die Erfahrung hat aber gezeigt, dass solche Walzen, ob sie gleich ganz akkurat und wohl gegossen sind, doch entweder zu weich oder zu spröde waren, oder auch durch eine Menge Luftblasenlöcher und Undichtigkeiten verdorben wurden, dem aber doch mit der Zeit abgeholfen werden muss. Bis dahin scheint der genannte Polhems che Vorschlag der beste zu sein. Das Giessen in Gusseisenformen oder Koquillen ist auch auf mehrere Art versucht, und hat wohl grossen Nutzen bei Ersparung der Form sowohl als darin, dass die Walzen in der eisernen Form härter werden als in der thönernen, allein es erfordert auch grosse Genauigkeit in Bereitung der Form, und erfordert auch wieder taugliches Eisen für die Walzen selbst. Die beste Einrichtung für die Glühöfen mit Holz, wie auch der Scheren zum Abschneiden des Materialeisens, und wie die abgeschnittenen Stangen, die gewalzt werden sollen, durch eine enge Hülse gehen müssen, damit sie sich nicht zur Seite schieben u. s. w., kann auf der Graphütte und Hellefors in Nerika, als auch bei Iggesund im Helsingland bei den von mir eingerichteten Walz- und Schneidewerken in Augenschein genommen werden. Zum Ausglühen des Eisens kann wohl allerlei Art Holz und selbst Torf gebraucht werden: da aber Laub- holz, als Birken und Ellern, nächst Steinkohlen die schärfste Flamme und Hitze giebt, so trägt auch solches Holz zur geschwinden Beförderung des Ausglühens und der Arbeit sehr viel bei. Was den Torf betrifft, so kann wohl einige Holz- ersparung dadurch gemacht werden, da es aber ein so kurz dauerndes Brenn- material ist, so verlohnt es oft der Kosten nicht. Steinkohlen können nirgends anders empfohlen werden, als wo sie für erträglichen Preis aus England erhalten werden können, und dann muss der Ofen besonders dazu ėingerichtet sein. Bei dem, was vorhin von der Gewalt erinnert ist, die die Walzen durch die geschnittenen Stangen, die zu Bandeisen ausgewalzt werden sollen, leiden, muss angemerkt werden, dass dieser Schaden für die Walze sehr durch die Achtsam- keit des Meisters vermindert werden kann, wenn er: a) Zu Bandeisenwerken nichts anderes als das allerweichste Eisen auswählt. b) Dass das dünnste Material- eisen unter die Walze gebracht wird, das nie über, aber wohl unter ¼ Zoll dick ist. So muss auch das Materialeisen, ehe es geschnitten wird, nicht über ¾ Zoll dick sein, oder im anderen Falle zweimal gewalzt werden, wie es auch im Aus- lande gebräuchlich ist, wo das Eisen ½ bis ⅝ Zoll dick ist. c) Die zum Band- eisen geschnittenen Stangen müssen in starker Hitze schnell ausgeglüht werden, und daher nicht mehr Stangen auf einmal in den Ofen gelegt werden, als mit Schnelligkeit können ausgewalzt werden, weil der Schlackenspan, der sich darauf festsetzt, sowohl die Walze verdirbt, als auch den Bändern ein schlechtes Aus- sehen giebt. d) Sobald die geschnittene Stange von der Walze ergriffen wird, muss eine mit zwei groben Querfurchen versehene Zange um die Stange gekniffen werden, damit dieselbe durch das Reiben zwischen der Stange von ihrem Schlacken- span befreit werde. Dieses thut mehr gute Wirkung, als man sich vorstellen kann, so dass man sich diese Vorsicht, ob sie gleich bisher nicht benutzt ist, nicht darf verdriessen lassen, und will ich von der bequemsten Einrichtung dieser Zange fernere Aufklärung geben, wenn es erfordert wird. e) Dass viel Wasser auf die obere Walze gegossen werde, vorzüglich auf die Stelle, wo das Bandeisen durchgeht, und dass die untere Walze zugleich in kaltem Wasser gebadet werde, welches mit etwas Thon und Schlacken aufgedämmt werden kann, wodurch die Bahn der Walze vor dem Anlaufen gesichert wird und sich härter hält. f) Dass die Stangen nicht immer an einer Stelle eingesteckt werden, sondern Walzwerke. Scheren. damit so oft als möglich gewechselt wird, damit die von der Hitze auf der Bahn angelaufenen Stellen inzwischen Zeit haben, wieder abzuatmen. Fernere Achtsam- keit hierbei muss jeder Meister selbst wissen in Acht zu nehmen.“ Rinman hat in den Abhandlungen der königl. schwedischen Akademie der Wissenschaften vom Jahre 1772 ausserdem noch eine ausführliche „Beschreibung von Walz- und Schneidewerken mit Ver- besserungen“, welchen Zeichnungen beigefügt sind, veröffentlicht. Er bezeichnet dieselbe selbst als eine Ergänzung zu dem, was er in seiner „Eisen- und Stahlveredlung“ über Walzwerke gesagt habe und ver- weisen wir deshalb Interessenten auf den gediegenen Aufsatz. Er selbst hatte ein starkes Walz- und Schneidewerk 1762 zu Graphütte angelegt, wobei zum erstenmal ein ganz gusseisernes Triebwerk ange- wendet wurde. Trotz Rinmans Ratschlägen, trotz Polhems früherem Beispiel fand die Anwendung der Walzwerke in jener Periode keine Ver- breitung in Schweden, ebensowenig in Frankreich und noch weniger in Deutschland. England war das einzige Land, in dem diese Industrie immer festere Wurzeln schlug. In der Weissblechfabrikation wurde sie am frühesten eingeführt, für die japanischen Blechwaren seit 1742 und für Kessel- und Pfannenblech jedenfalls schon seit Anfang der 50er Jahre. Rundeisen wurde ebenfalls schon zuweilen gewalzt und groben Draht versuchte man mindestens seit 1769 auf diese Weise herzustellen. Versuche, Formeisen zu walzen, waren ebenfalls schon früher gemacht worden. Am 24. Mai 1783 erhielt William Playfair ein Patent, Fenstereisen, verziertes Leisteneisen für Kamingitter, Huf- eisen u. s. w. zu walzen. Ein Teil der Erfindung bestand darin, ver- schiedene dieser Artikel durch Walzen herzustellen. Man verwendete dazu ein in einem Gestell befestigtes Walzenpaar von Stahl, Eisen oder sonstigem Stoff, welches durch ein Zahngetriebe verbunden war und durch Wasserkraft oder eine andere Kraft bewegt wurde. Die Walzen waren mit Rinnen oder Vertiefungen auf ihrer Oberfläche, entsprechend der Gestalt, welche man dem Metall geben wollte, ver- sehen. Dem Patent sind Zeichnungen beigegeben. Besonderer Wert ist auf die Herstellung von Hufeisen gelegt. Diese erhielten erst ihre genaue Gestalt in gestreckter Richtung zwischen Walzen und wurden dann um einen Ansatz auf einem eisernen Block, der genau die innere Form des fertigen Hufeisens hatte, umgebogen. In demselben Jahre am 17. Dezember erhielt Playfair ein zweites Patent für dieselbe Sache, welches als eine Ergänzung des ersten Walzwerke. Scheren. Patents anzusehen ist, „um Metallstücken eine cylindrische oder andere bestimmte Gestalt zu geben oder die Stücke spitz zulaufend zu machen und hierdurch Rundstäbe, Bolzen, Nutendraht, Schaufeln u. s. w. rascher wie seither zu machen“, ferner um verzierte Oberflächen für alle mög- lichen Zwecke und zusammenhängende Kugeln (beads), Blätter u. s. w. zu erzeugen. Hierfür soll das Metall kalt oder warm zwischen Walzen durchgehen, „welche Einschnitte oder Höhlungen haben, von der umgekehrten Gestalt, welche die Sache erhalten soll oder es kann auch eine Walze glatt sein. Die Walzen können in Lagern laufen, welche durch Schrauben zusammengepresst werden. Das Princip besteht darin, dass man das Metall gekrümmte Oberflächen passieren lässt, wenn es auch keine vollständigen Cylinder sind, in solcher Weise, dass dieselben das Metall teilweise pressen und jedem Teil in der Aufeinanderfolge, in der derselbe passiert, seine Form geben“. Fig. 152. Nur drei Tage früher, am 14. November 1783, erhielt John Westwood ein Patent „für das Här- ten und Steifmachen von Kupfer, Messing, Eisen, Stahl u. s. w. und solchem (kalt oder erhitzt) runde, winklige gezackte oder ovale Formen mittels eingeschnittener oder ausgereckter Walzen zu geben“. Das Härten wurde durch kaltes Walzen bewirkt, wobei man die Walzen, wenn nötig, mit Wasser kühlte. Das Metall passierte eine Anzahl von Rinnen eines Walzenpaares, wie sie zum Aus- breiten oder Walzen der Metalle gebraucht wurden, in welche aber kreisförmige oder winklige Vertiefungen in entsprechenden Abstufungen von grösseren und kleineren eingedreht waren. Die Walzen wurden fester geschraubt, wenn das Metall das zweite oder folgende Mal durch ein bestimmtes Kaliber durchgezogen wurde, und man suchte das Metall jedesmal mit einer anderen Fläche mit den Wandungen der Höhlung in Berührung zu bringen, um den Druck gleichmässig zu verteilen und eine regelmässige Gestalt zu bekommen. Nebenstehende Zeichnung (Fig. 152) eines kalibrierten Walzen- paares ist dem Patent beigefügt. Zum Schluss wird noch bemerkt, dass das Walzen auch warm geschehen kann, soweit es das Metall verträgt. Walzwerke. Scheren. Die grösste Verbreitung erhielt die Anwendung des Walzens durch die Erfindung des Puddelprozesses . Die Verwendung von Walzen bildete einen wesentlichen Teil von Corts Verfahren; auch war sie eine Neuerung gegen früher, die als eine neue Erfindung bezeichnet werden kann. Diese bestand darin, dass man die rohen Luppen, nachdem sie nur ganz schwach gezängt und gedrückt waren, sehr heiss auswalzte und ebenso die Schweisspakete in grosser Hitze unter die Walzen brachte. Bis dahin hatte man das Eisen vor dem Walzen sorgfältig vorgeschmiedet und die vorgeschmiedeten Stangen oder Platten nur rotglühend zum Walzen gegeben. Der Hammer hatte immer noch die Hauptarbeit der Formgebung leisten müssen, während die Walzen nur das Fertigmachen besorgten. Durch Corts neuen Prozess wurde umgekehrt dem Hammer nur die Vorarbeit zugewiesen, während das Walzwerk die ganze Streckarbeit und die Formgebung besorgte. Cort hat keine Neuerungen an den Walzen selbst erfunden und auch das von ihm angewendete Verfahren scheinen andere vor ihm angewendet zu haben, sein grosses Verdienst besteht nur darin, dass er dieses Verfahren mit seinem neuen Frischprozess in praktische Verbindung brachte. Das Hauptverdienst um das Walzen gebührt wohl John Purnell , welcher s. Z. das erste Patent auf das Walzen von Rundeisen 1766 erhalten hatte. William Purnell erhielt „auf eine Mitteilung von Purnell “, wie es in der Specifikation heisst, am 5. Juni 1787 ein Patent „auf das Herstellen, Zängen und Schweissen von Eisen mit Steinkohlen aus Erz, Roh- oder Gusseisen mittels einer Maschine“. Der erste Teil des Patents ist nichts anderes als eine Wiederholung von Corts Prozess, der 1783 und 1784 bereits patentiert war. Dann heisst es weiter, die Luppen, welche ungefähr 14 Pfund wiegen, sollten nacheinander unter einem Stabhammer in keilförmige Stücke geschmiedet und diese in der- selben Hitze (while still heated) durch ein nahegelegenes Walzen- paar durchgewalzt werden, worauf sie in eine Kufe mit Wasser fielen. Beim Walzen würden die Stücke der Reihe nach auf eine eiserne Platte (den Walztisch), welche vor den Walzen befestigt war, gelegt, und von da aus mit dem dünnen Ende nach vorn zwischen diese gedrückt, oder die Walzen könnten nebeneinander laufen und die Eisenstücke (von oben) zwischen ihnen durchfallen. Das Verbringen des Eisens von den Öfen zu den Walzen sollte mit Schippen und Haken geschehen. Durch das Walzen würde die Schlacke ausgepresst und das Metall für den Schweissofen vorbereitet anstatt durch einen Hammer. Walzwerke. Scheren. Purnells Anteil an der Einführung des Puddelprozesses war so gross, dass man in Schriften jener Zeit, namentlich in deutschen, diesen Prozess oft als Corts- und Parnells- (statt Purnells) Prozess, ja manchmal bloss als Parnells Prozess bezeichnet findet. Cort beschreibt die Anwendung der Walzen zum Strecken der Schweisspakete (fagots) in seinem ersten Patent vom 17. Januar 1783 folgendermassen: „Man walzt die Pakete, welche an einem Ende dünner sind als an dem anderen, um die Operation zu erleichtern, durch die Walzen eines gewöhnlichen Walz- und Schneidewerkes, wo- durch die Schlacken ausgepresst und das Metall in einen faserigen und zähen Zustand gedrückt wird; ein Hammer ist dabei unnötig. Platten, Stäbe, Bolzen, Flacheisen, Reifeisen u. s. w. kann man ent- weder mit flachen oder kannelierten (with grooves and collars) Walzen, wobei man das Eisen, wenn erforderlich, schneiden kann, herstellen.“ — In seinem zweiten Patent vom 13. Februar 1784 schlägt Cort vor, die Luppen schweisswarm unter einem Hammer zu zängen in Kolben, Brammen oder andere Formen (half blooms, slabs or other forms), welche von neuem erhitzt in Stangen, Plattinen oder zu anderen Formen ausgezogen werden; die Brammen aber werden, nachdem sie auf die richtige Form gezängt sind, in gefurchten Walzen zu beliebigen Eisensorten in Schweisshitze ausgestreckt. Cort benutzte also die Walzen hier erst, nachdem die Kolben vorgeschmiedet und zum zweitenmal ausgeheizt waren. Das heutige Verfahren entwickelte sich erst allmählich in der Praxis. Beachtenswert ist in dieser Beziehung ein Patent von John Butler vom 4. März 1786 für Herstellung von Bolzen und Rundeisen. „Ein paar gusseiserne Walzen, befestigt wie Plattenwalzen, aber mit eingeschnittenen Rinnen von verschiedener Grösse und Gestalt, werden nahe zwei Flammöfen aufgestellt, in deren einem man eine gute Schweisshitze, in dem anderen eine mässigere Hitze erzeugt. Bündel eiserner Abschnitzel (shearings), mit Bändern zusammengebunden, werden in dem ersten Ofen zur Schweissglut und dann zwei- oder mehrere Male durch die grösste Öffnung und dann durch die nächste grosse Öffnung durchgewalzt. Hierauf werden sie in dem zweiten Ofen erhitzt und durch die kleineren Kaliber bis zu der gewünschten Stärke ausgezogen. Stabeisen erhitzt man nur in dem zweiten Ofen, um es zu strecken. Rund-, Flach-, Quadrateisen macht man in ent- sprechenden Rinnen. Jedesmal giebt man dem Eisen, sobald es die Walzen passiert hat, eine Drehung. John Wilkinson nahm am 2. März 1792 ein Patent, Eisen mit Walzwerke. Scheren. Hülfe von Dampfmaschinen auszuwalzen. Der Zweck war dabei, nach Belieben eine Vorwärts- oder Rückwärtsbewegung der Walzen zu erzielen Diese Patentbeschreibung Nr. 1857 ist mit Zeichnungen versehen. Siehe Abridgments , S. 25; wir kommen auf das Walzverfahren bei der Geschichte von England zurück. . Im Jahre 1798 wurden zwei Patente für Schnellwalzen erteilt, das erste an John Champion für eine Drahtwalze, das zweite an John Hazeldine für eine Verbindung verschiedener Walzen durch Führungen, so dass das Metall, welches ein Walzenpaar verlässt, die übrigen Paare passieren kann ohne jede Beihülfe. Sehr bemerkens- wert ist auch das Nagelwalzwerk, welches Thomas Clifford 1790 patentiert bekam. Der angewendete Apparat bestand aus zwei auf einem passenden Gerüst gut montierten Walzen und aus einem Paar Zahnrädern an den betreffenden Walzenachsen, welche die gleich- zeitige und gleichmässige Bewegung hervorbrachten. Diese Walzen wirken wie sich umdrehende Stempel, indem sich auf einer oder mehreren fortlaufenden Linien Vertiefungen rund um den Umfang der Walzen befanden, welche eine oder mehrere Reihen von Nagelformen bildeten, so dass immer Kopf und Spitze zusammenstiessen und auf jeder Walze die Hälfte der Nagelform eingegraben war. Das Nagel- eisen wurde glühend durchgewalzt und in die Vertiefungen hinein- gepresst, wodurch eine fortlaufende Kette von Nägeln entstand, bei denen Kopf und Spitze zusammenhingen; oder man konnte die Ver- tiefungen auch so machen, dass immer zwei Köpfe und zwei Spitzen sich begegneten. Durch einen weiteren Prozess wurden die Nägel zerschnitten und mittels geeigneter Werkzeuge fertig gemacht. … In Deutschland und Frankreich fanden die Walzen erst zu Ende des Jahrhunderts Eingang. Das erste Blechwalzwerk in Deutschland wurde um 1780 zu Neuwied betrieben Nach Dietrich , Descriptions des gîtes de minerai et des bouches à feu de la France, Tome II, p. 346, wo gesagt wird, dass Joh. v. Dietrich ein Blech- walzwerk zu Rauschendwasser nach dem Muster des zu Neuwied betriebenen errichtet habe. . In Westfalen legte der Landrichter Göcke im Jahre 1789 die erste Plattenwalze oder Schwarz- blechfabrik zu Everingsen an. Es war lange die einzige Anlage dieser Art in der Mark und die erste Konkurrenz für die benachbarten Plattenhämmer zu Olpe. In Österreich wurde das erste Blechwalz- werk im Jahre 1793 zu Lippitzbach in Kärnten errichtet und in Betrieb genommen. Das erste Walzwerk am Harz war ein Messingwalzwerk, welches 1800 bei Goslar von dem Hüttenreiter Stünkel angelegt wurde. Walzwerke. Scheren. Gehen wir noch auf die Herstellung und Konstruktion der Walzen etwas näher ein, so haben wir zunächst das Material ins Auge zu fassen. Die kleinen Walzen in den Münzen, die der Gold- schläger u. s. w., wurden früher geschmiedet und dann durch Einsatz- härtung verstählt. Im vorigen Jahrhundert ging man dazu über, sie aus raffiniertem Cementstahl oder aus Gussstahl zu machen. Berühmt waren gegen Ende des Jahrhunderts die aus Gärbstahl bereiteten Walzen von Souppes in Frankreich Samlingar i Bergsvettenskapen, af Svedenstjerna och Lidbeck, I, H. 2, p. 93. Om Stålgarfningen vid Suppes i Frankrike etc. (v. Svedenstjerna ). . Man nahm dazu Cementstahl aus schwedischem Eisen entweder für sich allein oder mit französi- schem Luppenstahl (acier du pays), legte die Stäbe in Lagen kreuz- weise übereinander und gärbte sie in einem Gärbherd mit Steinkohlen- feuer. Das Gärben wurde mehrere Male wiederholt. Alsdann schweisste man den Gärbstahl um eine vorgeschmiedete schmiedeeiserne Welle zu einer Walze aus. Diese wurde abgedreht und bekam zum Schluss noch eine Oberflächenhärtung. Noch vorzüglicher waren schon damals die englischen Guss- stahlwalzen . Es gab nur eine Fabrik, welche diese anfertigte. Dieses geschah in der Weise, dass man Stahl um einen Kern von Eisen goss. Dazu bediente man sich einer gusseisernen Form, die unten eine Vertiefung hatte, in welche der Kern hineinpasste. Das Eisen wurde weisswarm in die Form eingesetzt und dann der Stahl darum gegossen. Nach dem Abkühlen war Stahl und Eisen auf das innigste verbunden. Das Hämmern der Walze geschah unter einem besonderen Reckhammer und das Abdrehen mittels eines eigenen Drehwerks. Zum Härten wurde die Walze in eine passende Büchse von Blech, welche mit Kohlenstaub gefüllt war, eingesetzt, um die Oberfläche zu schonen. Nach dem Herausnehmen wurde sie unter einem Wasserhahn langsam gehärtet und dann ganz in Wasser getaucht. Hierauf folgte noch das Polieren mit Schmirgel und Öl und dann mit Kolkothar auf einer Polierscheibe von Walnuss- oder Erlenholz. Diese Gussstahlwalzen dienten meist nur zum Glätten von Uhrfedern u. dergl. Sonst bediente man sich im Eisengewerbe geschmiedeter Walzen, denen man eine Einsatzhärtung gab oder, und das war in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bereits der herrschende Gebrauch geworden, gusseiserner Walzen. Hierfür nahm man halbiertes Eisen und befolgte die Vorschriften Polhems (S. 248). Bei dem Einformen verfuhr man ganz ähnlich Beck , Geschichte des Eisens. 38 Walzwerke. Scheren. wie beim Kanonenguss und bereitete die Formen aus gutem, feuer- festem Lehm. Die Form durfte nicht geteilt sein, weil sonst die Walze leicht unrund wurde. Um sie ganz rund zu erhalten, nahm man einen ganz glatten Cylinder von Holz, der genau die Dicke des Zapfens hatte; diesen umwickelte man mit Strohseil, worauf man die Form der Walze in mehreren Lagen auftrug. Dann wurde die äussere Form gemacht, welche man in Sand eindämmte und nachdem diese Fig. 153. gut trocken war, wurde der Holzcylinder her- ausgezogen, die innere Form ausgebrochen und die verbleibende Form der Walze gut getrocknet u. s. w. Über die Grösse der Walzen macht Rinman folgende An- gaben: Die Walzen für Schneideeisen und Bandeisen mussten 0,187 m lang und von 0,200 m Durchmesser in der Bahn sein, wo- bei jeder runde Zapfen 0,125 m lang und dick, die viereckigen Zapfen ebenso lang und qua- dratisch nach der Dia- gonale waren. Für eiserne Dachbleche machte man die Walzen auf der Bahn wenigstens 0,550 m lang und 0,250 m im Durchmesser stark, an den Zapfen 0,162 m lang und dick; die ganze Länge der Walze betrug 1,050 m. Das waren freilich Zwerge gegen unsere modernen Walzen. Auch waren die Luppenwalzen, die man in England beim Puddelprozess verwendete, beträchtlich stärker. Den Walzstuhl, so nannte man das Walzengerüst, machte man von Eisen. Für Schneide- und Band- eisen genügten vier geschmiedete, eiserne Säulen, wobei der Abstand der Walzen voneinander oder die Dicke des Bandes durch die in den Säulen befindlichen Löcher mittels eiserner Keile gerichtet wurde, wie es auch bei den Walzwerken in Flandern und Frankreich gebräuchlich Walzwerke. Scheren. war. Für genauere Arbeiten hingegen, wie für Bleche und Platten, musste der Walzstuhl mit vier starken eisernen Schrauben und Muttern gemacht sein, wie dies in England überall der Fall war und in Schweden zu Avesta und Garphytte eingeführt wurde Vergl. Abhandl. d. Schwed. Akad. von 1772 und Rinman , Bergwerks- Lexikon, S. 1104. . Fig. 154. Die Schneide- und Walzwerke wur- den früher in der Regel mit zwei gegenüberliegenden und gegeneinander laufenden Wasser- rädern, mit wel- chen die Walzen direkt verbunden waren, getrieben. Die Walzen und Schneidescheiben gingen nicht schnel- ler als die Wasserräder selbst. Diese Art nannte man „einfache“ Walz- und Schneidewerke. „Doppelte“ nannte man diejenigen, bei denen die Scheiben und Walzen durch ein vorgelegtes Zeug von vier Fig. 155. Kernrädern und vier Trillingen meist doppelt so schnell umge- trieben wurden als die Wasser- räder. Es gab, wie schon früher erwähnt, Werke mit nur einem Rad, wobei Walzen und Schneide- scheiben durch Triebräder oder sogenannte Krauswalzen bewegt wurden. Rinman hat in seinem grossen Werke über Bergmechanik (T. II, S. 350 u. s. w.) eine Anzahl von Walzwerksanlagen abgebildet und genau beschrieben. Wir teilen daraus nur einiges wenige mit. Die allgemeine Anordnung eines doppelten Walz- und Schneide- werkes ist aus Fig. 153, 154 zu ersehen. H H sind die Wände der 38* Walzwerke. Scheren. beiden Radstuben auf beiden Seiten des Gebäudes. Die von dem Wasserrad bewegten Triebräder treiben die Schneidescheiben b und die Walzen s in entgegengesetzter Richtung um. In der Ecke links befindet sich ein Glühofen ( M N ) für das Materialeisen. Rechts ist ein Schmiedefeuer x mit dem Amboss y . Fig. 155 (a. v. S.) zeigt einen Walzwerksstuhl mit Keilen, der aus glatten, geschmiedeten Pfosten besteht, wie sie in Westfalen, Lüttich Fig. 156. und Frankreich bei den Walz- und Schneide- werken im vorigen Jahrhundert gebräuch- lich waren. Fig. 156, 157 zeigen dagegen einen Walzen- stuhl mit Schrauben nach englischer Art. Fig. 158 zeigt das sogenannte Steuer- blech, welches beim Walzen von Bandeisen aus Schneideeisen angewendet wurde. Die Schneideeisen wurden durch die Öffnungen eingesteckt, wodurch sie Führung bekamen. Fig. 157. Fig. 159, 160, 161 sollen die Art der Zusammensetzung der Schneidescheiben erklären. Ein Blechwalzwerk ist in Fig. 162 u. 163 dargestellt. Dieses ist für grössere Bleche nach englischer Art eingerichtet. Rinman beschreibt auch ein kleines schwedisches Blechwalzwerk, welches mit nur einem Wasserrad betrieben wurde. Hierzu macht er über das Walzen des Bleches selbst folgende Angaben: Walzwerke. Scheren. Das Materialeisen, welches von weicher und zäher Art, 2½ bis 3 Zoll breit und 5/4 Zoll dick sein muss, wird unter einem besonderen Zainhammer in 2 Fuss lange Stücke abgehauen. In einen in der Nähe befindlichen Glühofen legt man alsdann etwa 1 Schiffspfund (160 kg) dieser Stümpel ein und wenn sie weisswarm geworden sind, bringt man sie zwischen die Walzen, unter denen sie meistens doppelt so lang und etwa ⅜ oder ¼ Zoll dick, auch gegen 1 Zoll breiter Fig. 158. Fig. 160. Fig. 162. Fig. 159. Fig. 163. Fig. 161. als zuvor werden. Sobald das geglühte Material herausgenommen ist, wird neues in den Glühofen eingetragen, so dass mit dem Walzen ununterbrochen fortgefahren wird. Die gewalzten Stümpel werden doppelt zusammengebogen und unter mehrmaligem Glühen in gewöhn- licher Weise zu Sturzblech ausgeschmiedet. Das Walzen war also hierbei nur eine Vorarbeit. Zu dem oben abgebildeten Blechwalzwerk bemerkt Rinman , dass man in England damit Kupferbleche zum Beschlagen der Schiffe von 3¾ Fuss Breite und 6 bis 8 Fuss Länge (1,12 m × 1,80 bis 2,40 m) Walzwerke. Scheren. walze. Die Walzen müssten dann 4½ Fuss lang und 10 bis 11 Zoll dick sein. Eisenplatten walzte man nicht von solchen Dimensionen. Solche von 2 Fuss Länge und 1½ bis 1¾ Fuss breit (etwa 0,60 × 0,50 m) galten als grosse Platten. Die Bleche zum Verzinnen hatten 10 bis 11 Zoll auf 13 Zoll (0,30 bis 0,39 m) und waren die dafür benutzten Walzen nur 14 bis 15 Zoll (etwa 0,42 m) lang. Im Jahre 1791 erhielten Jamain und Poncelet in Frankreich ein Patent auf Blechwalzwerke. Dillingen war nach Neuwied und Everingsen das älteste Blechwalzwerk in Deutschland. An die Walzen reihen sich die Pressen , welche zur Formgebung in Metallfabriken vielfach angewendet wurden. Wir weisen besonders auf die vorzüglichen Leistungen Polhems zu Stjernsund und Boultons zu Soho hin. James Knight liess sich 1762 eine ganz eigentümliche Ma- schine, welche er „Forge harness“, Schmiederüstzeug, nannte, in England patentieren, um damit Eisen und andere Metalle heiss auszuziehen. Der ganze Apparat bestand nach der etwas unklaren Beschreibung aus einer Schraubenmaschine oder Spaltpresse (screw engine or slitting press), einem gusseisernen Hammerhelm und guss- eisernem Ambossblock. Die Schraubenmaschine bestand aus einer grossen Schraube und einem schweren Schwungrad (fly), durch welches die Schraube in Bewegung gesetzt wurde, und dem Körper oder Kasten der Maschine, in welchen die Messer eingesetzt wurden. Die Messer mussten zuerst so gestellt werden, dass sie einen Kasten bil- deten, in welchen die Eisenluppe (in der gewöhnlichen Weise aus Roheisen bereitet) hineingelegt wurde. Alsdann wurde das Schwung- rad durch ein Wasserrad in Bewegung gesetzt und presste die eiserne Luppe zu einem flachen Kuchen zusammen. Hierauf wurde die Schraube zurückgezogen und die Messer so angeordnet, dass sie bei einem zweiten Angriff ineinander griffen und den Kuchen in Kolben zerschnitten, welche unter dem Hammer in der gewöhnlichen Weise ausgereckt wurden. Hammerhelm, Hammer und Amboss waren von Eisen und konnten Helm und Hammer auch in einem Stück gegossen werden. Die Kolben wurden in einem Wärmeofen mit Koks erhitzt. Eine Nagelpresse liess sich Thomas Clifford am 4. Dezbr. 1790 patentieren. Die Nägel wurden aus Blechplatten mit Hülfe eines Stempels ausgestanzt. Die Gestalt des Stahlstempels (punch) entsprach genau dem Längenprofil des Nagels. Die Köpfe wurden dann durch Anköpfstempel geformt. Jeder Nagel kam in richtiger Lage unter Walzwerke. Scheren. denselben. Die Höhlung des Stahlstempels entsprach der Gestalt des Kopfes. Man konnte auch die Platten schon so verwalzen, dass sie in Abschnitte von abnehmender Stärke gepresst wurden. Samuel Guppy erhielt 1796 ein Patent auf eine rotierende Maschine, um Nägel zu schneiden und zu köpfen. Es war eine Kom- bination einer Walze und einer Presse, so dass der Draht aus der Walze gleich unter zwei Stempel kam, von denen der eine zuschnitt, der andere anköpfte. Der Anköpfapparat bestand aus einem Rad mit drei Heblingen, welche drei Hämmer bei jeder Umdrehung auf- warfen, welche die Nägel, die sich in einer Kette fortbewegten, an der richtigen Stelle trafen. Fig. 164. Die Hufeisenmaschine von George Coates von 1797 war schon ein recht komplizierter Mechanismus, ebenfalls aus Walzen und Pressen zusammengesetzt. Bei weitem die wichtigste Erfindung auf diesem Gebiete war Brahmas hydraulische Presse im Jahre 1795, wenn dieselbe auch damals noch keine Anwendung in der Eisenindustrie fand. Zu den wichtigen Bearbeitungsmaschinen des Eisens gehören die Scheren , welche namentlich bei der Blechfabrikation unentbehr- lich waren. Früher kannte man nur die Stockscheren, welche ihre Arbeit sehr langsam verrichteten. Der berühmte Polhem erfand zuerst eine Blechschere , welche mit Wasser betrieben wurde. Die erste errichtete er auf seiner Metallfabrik zu Stjernsund; von da verbreiteten sie sich in Schweden. Walzwerke. Scheren. Die Polhems che Schere bestand aus zwei dicht aufeinander liegenden Schenkeln, welche auf einer gemeinschaftlichen Achse beweglich waren Siehe Sven Rinman , Afhandl. rör. Mech. 1794, Tom. II, p. 263. . Der eine Schenkel klemmte die Blechtafel gegen einen kleinen, mit Stahl belegten Amboss, während der andere die Kanten derselben nach vorgeschriebenem Masse an der scharfen Kante des Ambosses beschnitt. Fig. 164 (a. v. S.) ist die Abbildung einer Polhems chen Blechschere. a b ist die Schere, d g der Drücker, k der Amboss. Beim Beschneiden wurde die Blechtafel horizontal unter den Drücker g gebracht, der sie fest hielt, bis der Schneideschenkel die Fig. 165. überstehende ungerade Kante des Bleches auf 6 bis 8 Zoll lang abschnitt, so oft die Tafel nach einem gemachten Riss während des Schneidens fortgeschoben wird. Diese Schere war gut und ausreichend für dünne Bleche; für doppelte Stürze oder dicke Platten war sie nicht kräftig genug und arbeitete zu langsam. Für diesen Zweck konstruierte Sven Rinman eine verbesserte Blechschere, welche zuerst bei Ferna Bruk in Westmanland auf- gestellt wurde. Bei dieser Schere, welche für Pfannenbleche ver- Werkzeugmaschinen. Öfen. wendet wurde, stand der bewegende Hebel rechtwinkelig zu der Schneideplatte, welche bei jedem Schnitt 10 bis 12 Zoll durchsetzte. Polhem hatte ausser der Blechschere auch eine Wasserschere zum Schneiden von Materialeisen konstruiert, mittels welcher in Schweden Zaineisen der Länge nach geschnitten und auf diese Weise Schneideeisen (Klippjärn) erzeugt wurde. Fig. 165 ist die Abbildung dieser Schere, die viele Jahre in Stjernsund arbeitete. Einen Schneideapparat, um flach ausgepresste Luppen mit Messern, welche in einem Presskopf befestigt sind, der mit einer starken Schrauben- presse verbunden ist, in cylindrische Kolben zu zerschneiden, hatte James Knight sich 1762 patentieren lassen (s. oben S. 598). John Cockshutt bezieht sich in seinem Patent von 1771, in welchem die erste Angabe über ein Feineisenfeuer gemacht wird, ebenfalls auf eine „Maschine eigens dafür konstruiert“, um die grossen Luppen, welche er in seinem neu erfundenen Ofen erhält, in Stücke zu schneiden. Diese Maschine wird zweimal in dem Patent angeführt, aber ohne die geringste nähere Beschreibung. Sie wird so wenig, wie die Maschine von Knight , eine praktische Bedeutung erlangt haben; immerhin ist es von Interesse, dass man schon so früh daran dachte, die Luppen mit Maschinen zu zerschneiden. Werkzeugmaschinen. Öfen. Von grosser Bedeutung für die Eisenindustrie war die Verbesserung der eigentlichen Werkzeugmaschinen , namentlich der Bohr - und Drehbänke . Die Fortschritte der Engländer im Ausbohren grosser Cylinder haben wesentlich zur Einführung der Dampfmaschinen und Cylindergebläse beigetragen und man begegnet in den deutschen hüttenmännischen Schriften gegen Ende des Jahrhunderts fast keiner Klage so oft, als der, dass wir nicht im stande seien, grosse Cylinder so zu bearbeiten wie die Engländer, die allein das Ausbohren derselben verständen. Die Metallbohr- und Drehbänke haben ihre Entwickelung zunächst der Geschützfabrikation zu verdanken. Das Ausbohren der Kanonen war das Problem, an dem sich die Bohrkunst hauptsächlich entwickelt hat. Wir haben früher schon erwähnt, wie Biringuccio im 16. Jahrhundert in seiner Pyrotechnia bereits das Ausbohren der Werkzeugmaschinen. Öfen. Kanonen mit Hülfe eines Wasserrades beschrieben hat. Die von ihm dargestellte Bohrmaschine bohrte horizontal. Der Bohrer, der mit der Wasserradwelle verbunden war, drehte sich jedoch immer an der- selben Stelle; das Geschütz musste sich also dem Bohrer entgegen bewegen, was mittels eines an dem Schlitten angebrachten Zugwerks geschah. Fig. 166. Von dieser Art zu bohren ging man in späterer Zeit ab und zu vertikalen Kanonen-Bohrmaschinen über, weil hierbei das Gewicht des Geschützes die Arbeit unterstützte. Bei diesen (Fig. 166) war das Geschütz an Flaschenzügen senkrecht mit der Mündung nach unten aufgehängt und drückte der senkrechten Bohrstange S S , welche durch Pferde umgedreht wurde, entgegen. Das Geschütz war auf einem senkrecht geführten Schlitten befestigt, der mit dem Geschütz auf- und niedergelassen wurde und geschah dies mittels doppelten Werkzeugmaschinen. Öfen. Getriebes. Diese Art zu bohren wendete man an, als man noch aus- schliesslich die Geschütze über einen Kern goss, das Bohren also nur ein Nachbohren der eingegossenen Seele war. Im Anfang des 18. Jahrhunderts ging man aber dazu über, die Kanonen massiv zu giessen und die Seele aus dem Vollen zu bohren. Dies gab die Veranlassung, wieder zu der früheren Bohrweise auf horizontalen Bänken zurückzukehren. Die vertikalen Bohrer, welche keine ordentliche Führung hatten, bohrten zu leicht schief, namentlich dadurch, dass sie sich drehten, während das Bohrstück still stand. Den horizontalen Bohrern konnte man leichter Halt und Führung geben. Dem Schweizer Maritz aus Murten gebührt das Verdienst der Einführung der horizontalen Bohrmaschinen, welche man in der Regel als seine Erfindung bezeichnet, obgleich es, wie wir gezeigt haben, nur eine Rückkehr zu dem ursprünglichen Bohrverfahren war. Aller- dings waren seine Bohrbänke besser ausgestattet als die einfachen Vorrichtungen Biringuccios. Maritz baute seine horizontalen Bohr- bänke zuerst 1713 zu Bern. Dann ging er nach Spanien, wo er sich lange aufhielt und viele Bohrbänke errichtete. Um 1740 berief ihn der König von Frankreich, machte ihn zum Inspektor des Geschütz- wesens und in dieser Stellung reorganisierte er die französischen Artilleriewerkstätten, indem er das Giessen ohne Kern und das Bohren aus dem Vollen mit horizontalen Bänken einführte. Seine eisernen Kanonen waren anfangs schlecht, weil er zu weichen Guss nahm, was Montalembert nachwies, der die richtige Eisensorte für den Kanonen- guss durch Versuche in Perigord ermittelte. Nachdem dessen Ver- fahren angenommen war, wurden auch gute eiserne Geschütze in Frankreich gegossen. Ebenso ging man in England und Schweden, welche Länder die meisten gusseisernen Kanonen lieferten, zu den horizontalen Bänken über. In früherer Zeit wurden die Bohrbänke vielfach nur mit Tret- rädern betrieben, doch hatte man in Ulm schon im 16. Jahrhundert Bohrmühlen, also Wasserbetrieb. Die Horizontalbohrmaschinen fanden im vorigen Jahrhundert mehr und mehr Verbreitung, obgleich man auch in manchen Anstalten die vertikale Bohrung beibehielt, wie z. B. zu Ehrendal in Schweden, wo aber durch einen langen Trilling die Kanone gedreht wurde, während der Bohrer fest stand. Dagegen erbaute man noch 1775 auf der Stückgiesserei zu Hällefors in Schweden eine Bohrmaschine nach dem alten System, welche aber nach 10 Jahren wieder abgelegt wurde. Werkzeugmaschinen. Öfen. Bei den horizontalen Bänken war es eine Hauptsache, dass die Kanone richtig eingespannt wurde, damit die Achse der Seele genau mit der Achse des Stückes zusammenfiel. Die Kanone lief dabei wie in einem Drehstuhl um. Diese Bänke hatten den weiteren Vorteil, dass sich die Kanonen auf ihnen auch sehr leicht äusserlich abdrehen liessen, was dadurch erst allgemein geworden ist. Die Schiffskanonen bohrte man, so lange sie über den Kern gegossen wurden, in der Regel überhaupt nicht aus, indem man behauptete, durch Entfernung der inneren Gusshaut verliere die Kanone ihre Festigkeit. Nachdem man auch bei den eisernen Kanonen zum Vollguss und Bohren der Seele übergegangen war, musste man hiervon absehen, hielt aber lange Zeit an demselben Vorurteil in Bezug auf das Abdrehen fest, indem man behauptete, die Kanone würde wesentlich geschwächt durch Entfernung der äusseren Gusshaut. Die Franzosen hatten im vorigen Jahrhundert ihre Geschütze noch vielfach aus Schweden bezogen. Als aber der Revolutionskrieg ausbrach und die junge französische Republik isoliert und, mit den monarchischen Staaten Europas in Krieg verwickelt, auf ihre eigene Kraft allein angewiesen war, wurde die nationale Bewaffnung organisiert und die Waffenfabrikation erhielt hierdurch einen mächtigen Aufschwung. Hassenfratz, Monge und Perrier wurden von dem Wohlfahrtsausschuss berufen, um die Geschützfabrikation zu organisieren. Der Mathematiker Monge warf sich mit besonderem Eifer auf die Sache und ihm verdanken wir eine ausführliche Beschreibung der Geschützfabrikation mit vortrefflichen Abbildungen, welche im Auftrage des Wohlfahrtsausschusses gedruckt wurde Description de l’art de fabriques les canons, faite en exécution de l’arrété du Comité de Salut public, au 18 pluviôse de l’an 2 de la République française, une et indivisible, par Gaspard Monge. Paris, an 2 de la republique française. . Diesem Werke entnehmen wir, dass man in den alten Geschütz- giessereien zu Douai, Strassburg, Rochefort und Ruelle noch an dem früheren Verfahren fest hielt, das Kaliber durch eine Anzahl auf- einander folgender Bohrer zu bohren, von denen jeder folgende die Seele um 6 bis 8 Linien erweiterte, bis man zuletzt den Schlicht- bohrer anwendete. In den neu eingerichteten Werkstätten bohrte man die ganze Seele bis auf den Schlichtbohrer mit einem einzigen Bohrer. Dies war namentlich in der Bohrwerkstätte von Chaillot der Fall. Eine Dampfmaschine setzte vier gleich grosse Zahnräder, welche ineinander griffen, in Bewegung, von denen jedes eine Bohrbank bediente, so dass also immer vier Kanonen gleichzeitig ausgebohrt Werkzeugmaschinen. Öfen. wurden. Während bei den älteren Bohrbänken der Bohrer auf einem Schlitten befestigt war, welcher mittels Ketten und eines Haspels vorwärts bewegt wurde, so fanden wir bei den Bohrbänken von Chaillot schon die Einrichtung eines Selbstganges mittels Zahngetriebe. Fig. 167 zeigt eine dieser Bohrbänke im Aufriss. A ist der Motor, ein Zellenrad (während in der allgemeinen Beschreibung der Anlage eine Dampfmaschine — machine à feu — als Motor angegeben ist) Watt soll schon 1779 eine Dampfmaschine für Chaillot gebaut haben. . Durch das Zahngetriebe B C wird die Kraft auf die Bohr- bänke übertragen. Die Verbindung der Zahnradwelle mit der Kanone wird durch die Muffe m vermittelt. Die Kanone ruht in den beiden Supports E und D . In E hat der Hals der Traube, in D der des Kopfes seine Auflagerung. Der Bohrer F ist verbunden mit einer Zahnstange T , welche durch ein Triebrad bei M beim Bohren vor- geschoben wird. Dies geschieht dadurch, dass die Peripherie des Fig. 167. Speichenrades h h durch ein Seil mit dem Hebel O N verbunden ist, welcher sich in dem Zapfen f dreht. An dem anderen längeren Hebelarm ist ein Gewicht befestigt, welches den Hebel niederzieht, dadurch das Seil O spannt und mit dem Speichenrad zugleich das Zahngetriebe umzudrehen strebt. Dieses wirkt auf die Zahnstange und den Bohrer F , welcher dadurch vorwärts bewegt wird. P ist ein Wellbaum, um den ein Seil geschlungen ist, welches über die Rolle Q geht und mit dem langen Arm des Hebels O N verbunden ist, um nach Bedürfnis den Hebel aufziehen und entlasten zu können, wodurch die Spannung des Bohrers aufhört und dieser zurückgezogen werden kann. Ausser dem Ausbohren war das Abstechen des verlorenen Kopfes eine zweite Arbeit, welche auf der Bohrbank ausgeführt wurde. Zu diesem Zwecke bediente man sich eines Hebels, welcher mit einem Werkzeugmaschinen. Öfen. Support verbunden war. In dem Hebelarm war die Führung für den Meissel, welcher das Abschneiden bewirkte und der durch ein Gewicht am Ende des Hebelarms gegen die Kanone gedrückt wurde. Das Bohren des Zündlochs geschah in ziemlich primitiver Weise mit Hülfe eines Fidelbohrers, der eingespannt wurde. Der kleine Apparat, mit welchem dies geschah, hiess der Grashüpfer. Outram zu Clyde erfand eine verbesserte Maschine zum Ausbohren der Zünd- löcher, welche aber ziemlich kompliziert war. Ebenso bedurfte man zum Abdrehen keiner besonderen Vorrichtungen. Es geschah dies mit messerartigen Drehstählen, welche einfach wider das umlaufende Kanonenrohr angedrückt wurden. Nur zum Abdrehen der Schild- zapfen bediente man sich eines etwas komplizierteren Werkzeuges. Es war dies ein Kapselbohrer, dessen Weite genau der Dicke des Schildzapfens entsprach. Im Haag in Holland war eine Bohrmaschine, bei welcher das Vorrücken des Bohrers durch eine Schraube ohne Ende, welche in eine gezahnte Stange eingriff, bewirkt wurde. Dieses entsprach einer Erfindung William Murdocks . Das Hauptverdienst der Verbesserung der Bohrmaschinen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gebührt überhaupt den Engländern, namentlich Smeaton und John Wilkinson , welche soviel für die Verbesserung der Arbeitsmaschinen geleistet haben und auch auf diesem Gebiete sich hervorragendste Verdienste erwarben. Auf dem Eisenwerk Carron wurden hauptsächlich Kanonen gegossen, zu deren Bearbeitung Smeaton die Maschineneinrichtung gemacht hatte. Wilkinson legte im Auftrage der französischen Regierung eine Geschützgiesserei und Bohranstalt zu Nantes ganz nach englischem Muster an. Ein Wasserrad von nur 8 Fuss Durchmesser drehte die Kanone, welche durch einen angegossenen viereckigen Ansatz am Knopf mit einem Stirnrad verbunden war, welches durch ein anderes Stirnrad an der Radwelle in Bewegung gesetzt wurde. Beide Stirn- räder waren von Gusseisen, sehr sorgfältig gearbeitet und gut geschmiert, wodurch die Kanone ungemein genau umging. Die Bohrstange war ganz horizontal auf einem Schlitten oder Gestell befestigt, mit dem sie durch Gewichte vorgeschoben wurde. In England wendete man in der Regel gegen Ende des 18. Jahr- hunderts Dampfmaschinen zur Bewegung der Kanonenbohrbänke an. Auf dem Eisenwerk Calcutt bei Brosley in Shropshire setzte eine Dampfmaschine durch Vorgelege elf horizontale Bohrer gleichzeitig in Bewegung. Werkzeugmaschinen. Öfen. Auf dem Eisenwerk Clyde bei Glasgow konnten vier Kanonen auf einmal gebohrt und abgedreht werden. Das Abdrehen geschah auch hier mit der Hand, oft durch Knaben und ebenso leicht, als wenn man ein Stück Holz abdrehte. Eine grossartige Kanonengiesserei war zu Petrowsadowsk in Russ- land, welche der Krone gehörte. Dieselbe war von dem englischen Ingenieur Gascoigne eingerichtet worden. Vor einem Wasserrad konnten auf einmal die verlorenen Köpfe von fünf Kanonen abge- schnitten werden und auf einem anderen wurden zugleich zehn massiv gegossene eiserne Kanonen unter Aufsicht von nur zwei Mann auf einmal gebohrt. Als die vollkommenste Stückgiesserei galt aber schon damals die von Woolwich in England, welche mit vorzüglichen Bohrmaschinen ausgestattet war. Nach diesem Muster baute der hannöversche Ingenieur-Oberstleutnant Müller , später Professor in Göttingen, die Stückgiessereien in Hannover und Stockholm und 1795 berief ihn König Friedrich Wilhelm II. nach Berlin zur Verbesserung der preussischen Anstalten. Wir ersehen hieraus, welche grosse Fortschritte die Metall- bearbeitung zunächst bei den Werkzeugen des Krieges gemacht hatte. Für die Bewaffnung scheute man eben keine Kosten, keine Versuche. Dadurch wurde auch hierin der Krieg der Lehrmeister des Friedens. Für friedliche Zwecke benutzte man aber ebenfalls bereits in ausgedehntem Masse die Bohrmaschinen. Zunächst waren es Pumpen- stiefel und Wasserröhren, welche ausgebohrt wurden, dann aber erwuchs der Bohrkunst eine grosse und schwierige Aufgabe in Herstellung grosser, ausgebohrter Cylinder, erst für die atmosphärischen Maschinen, dann für die Dampfmaschinen und endlich für die Cylindergebläse. Es waren keine geringen Schwierigkeiten zu überwinden, bis man dahin kam, Cylinder von Durchmessern bis 70 Zoll (1,80 m) tadellos auszubohren. Als die Feuermaschinen aufkamen, war man überhaupt noch nicht im stande, eiserne Cylinder von einiger Weite aus- zubohren. Deshalb hielt man an den Messing- oder Bronzecylindern fest, so viele Nachteile diese auch sonst hatten. Um die Mitte des Jahrhunderts wurde die Anwendung eiserner Cylinder zwar allgemein, wie unvollkommen diese aber gebohrt waren, geht aus Watts Klagen hervor, der die grössten Schwierigkeiten hatte, gut gebohrte Cylinder zu bekommen. Der erste, der seinen Wünschen entsprechend lieferte, war John Wilkinson . Es war ein 18 Zoll-Cylinder, für welchen Wilkinson eine besondere Bohrmaschine von grosser Genauigkeit Werkzeugmaschinen. Öfen. konstruiert hatte. Dies war der Anfang des grossartigen Geschäftes, welches Wilkinson mit gebohrten eisernen Dampf- und Gebläse- cylindern machte, welche seinen Namen durch ganz Europa trugen. An genauen Angaben über die älteren englischen Bohrbänke fehlt es; aber schon Jars erwähnt dieselben in seiner Reise nach England (1765). Er beschreibt (Bd. I, S. 357) das Ausbohren eiserner Rohre, welche bis zu 22 Zoll Durchmesser zu Newcastle gegossen wurden. „Die Maschine, deren man sich zum Bohren und Polieren der eisernen Rohre bedient, besteht aus einer vertikal stehenden Welle, welche ungefähr 1 Fuss im Quadrat hat und an welcher ein Rad von 1 Fuss Durchmesser befestigt ist, dessen obere Fläche der Erde gleich ist. Die untere Fläche ist mit Zähnen versehen, welche in einem Trilling von ungefähr 2 Fuss im Durchmesser eingreifen und dessen Achse so weit verlängert ist, dass sie sehr bequem zu einer Bohrstange, etwa 16 bis 17 Fuss lang, dienen kann. An dem äusseren Ende dieser Achse befindet sich ein kleines Rad oder eine Art von eiserner Walze, die dem Durchmesser des auszubohrenden Rohres entsprechend eingerichtet ist. Dieses kleine Rad hat rundum verschiedene Einschnitte, in welche stählerne Schneiden eingesetzt und mit eisernen Keilen befestigt werden, die man nach Gefallen herausnehmen kann, wenn man sie auf einem dabei befindlichen Schleifstein scharf machen will. Unter diesem Rade ist an der stehenden Welle ein 8 Fuss langer Baum angebracht, an welchen, wenn die Maschine gehen soll, ein Pferd angespannt wird. Man bringt alsdann das Stück, das gebohrt werden soll, in einen Schlitten, welcher willkürlich vor- und rückwärts geschoben werden kann. Zu diesem Zwecke bedient man sich einer beweglichen stehenden Welle, durch welche ein Hebel hindurchgeht, und vermittelst eines Seiles, welches an dem Schlitten befestigt ist und über eine unter dem Trilling befindliche Rolle herüber läuft, kann ein Mensch, indem er an dem Hebel zieht, das Seil auf die stehende Welle aufwickeln und in dem Verhältnis, wie der Bohrer fortrückt, den Schlitten mit dem Rohre verschieben. Zu dieser Arbeit gehören zwei Leute; einer regiert den Bohrer und der andere dreht den Hebel; der erstere treibt und hält auch die Pferde nach Beschaffenheit der Umstände an.“ Die Röhren wurden also senkrecht stehend gebohrt, ähnlich wie die Kanonen zu jener Zeit. John Smeaton konstruierte für die Eisenhütte zu Carron eine doppelte Bohrmaschine für Cylinder und Kanonen. Coalbrookdale, welches lange die grösste und berühmteste Eisen- Werkzeugmaschinen. Öfen. giesserei in England war, hat ebenfalls grosse Verdienste an den Fortschritten der Metallbearbeitung. Hier wurden zuerst die grossen eisernen Cylinder für Feuermaschinen gegossen und gebohrt. Die berühmtesten Mechaniker Englands waren am meisten darauf bedacht, die Metallbearbeitung und die Werkzeuge dazu zu verbessern. Dies gilt besonders von Smeaton, Wilkinson, Watt, Boulton und Murdock . Die durch diese Männer eingeführten Verbesserungen haben ausser- ordentlich viel zur Entwickelung des Maschinenbaues und dadurch der mechanischen Industrieen überhaupt beigetragen und den Vorsprung, welchen England im Laufe des 18. Jahrhunderts gewann, verdankt es nicht zum kleinsten Teil der Verbesserung seiner Metallbearbeitungs- werkzeuge. Leider fehlt es zu sehr an genaueren Nachrichten, um dies im einzelnen verfolgen zu können. Exakte Maschinenarbeit gab es erst, nachdem die automatischen Werkzeugmaschinen erfunden waren. Die oben beschriebenen Kanonenbohrmaschinen können als Anfang derselben betrachtet werden. Wie unvollkommen es aber noch mit dem Ausdrehen der Cylinder zu James Watts Zeit bestellt war, geht aus Watts Brief an Dr. Small hervor, in welchem er von seinem neuen 18 zölligen Cylinder schreibt: „an der übelsten Stelle übertrifft der längere Durchmesser den längeren nur (!) um ⅜ Zoll“. Watt , selbst Feinmechaniker, hatte ein empfindliches Gefühl für exakte Arbeit und so lange er in Soho thätig war, suchte er diesen Begriff den rauhen Händen seiner Grobschmiede, die erst zu Maschinen- arbeitern erzogen werden mussten, beizubringen. So wurde Soho eine Schule für gute Maschinenarbeiter. Ähnlich wirkte John Wilkinson zu Broseley. William Murdock erhielt 1799 ein Patent auf seine Methode, Cylinder zu bohren durch eine Schraube ohne Ende, welche in ein Zahnrad eingriff, das an der Bohrwelle befestigt war. In London war es Joseph Brahmah , der gegen Ende des Jahrhunderts durch exakte Metallarbeit berühmt war, und sowohl er als noch mehr sein Vorarbeiter Henry Maudslay haben viel zur Verbesserung der Metallbearbeitung und der Werkzeuge beigetragen. Die Drehbank ist ein uraltes Werkzeug. Sie wurde von tausen- den und abertausenden geschickten Händen benutzt, ausführliche Werke wurden über diese Hülfsmaschine geschrieben Plumier , L’art de tourner. Paris 1754. Morin , L’art de tourner en perfection. De la Hire , Machines approuvés par l’academie 1719. De la Condamine , eben- daselbst 1733 u. s. w. und dennoch blieb sie unverändert und unverbessert bis zum Ende des 18. Jahr- Beck , Geschichte des Eisens. 39 Werkzeugmaschinen. Öfen. hunderts. Man wusste nicht anders, als dass der Drehstahl mit der Hand geführt werden musste und wir haben oben gesehen, dass man auch beim Abdrehen der Kanonen kein anderes Verfahren anwendete. Aber auch die Achsen, Kolbenstangen u. s. w., auf deren genaue cylindrische Rundung doch so viel ankam, wurden einfach mit dem Handstahl abgedreht. Dass dies bei grösseren Eisenstücken eine beschwerliche und unsichere Arbeit war, ist einleuchtend. Diesen Missständen wurde mit einem Male abgeholfen durch den von Henry Maudslay erfundenen Drehbanksupport . In diesem wurde der Drehstahl in bestimmter Stellung festgeschraubt und bewegte sich parallel mit der Bank und dem abzudrehenden Stück. Allerdings gebührt das Verdienst der ersten Erfindung eines solchen Apparates dem Schweden Polhem . Derselbe beschreibt in seinem patriotischen Testament seine Drehbank mit eiserner Leitspindel zum Walzendrehen folgendermassen: Die Drehbank wird mittels eines kleinen Wasserrades bewegt. Der Drehstahl wird an einem Klotz befestigt , welcher mittels einer langen Schraube an der Walze allmählich der Länge nach hingezogen wird, welches meist durch die Hand des Walzmeisters geschieht, aber auch so gemacht werden kann, dass das Wasserrad die Schraube allmählich umdreht. Um diese Schraube zu schneiden, verfährt man so, dass man sich erst eine Spindel von feinem Holz, als Ahorn, Quitten, Apfel- baum oder dergleichen herstellt. Auf diese befestigt man ein Papier, auf welchem man zwei parallele Linien von dem Abstand, welcher der Dicke des Schraubenganges entspricht, aufgerissen hat, in der Weise, dass diese Linien um die Spindel den Schraubengang machen. Diesen schneidet man mit einer Säge, welche durch eine angebrachte Drahtleiste verhindert wird, tiefer als bis zu dem bestimmten Mass einzuschneiden, aus. Diese Holzschraube wird parallel neben die Eisenspindel gespannt, in welche das Schraubengewinde eingeschnitten werden soll und das in erstere eingeschnittene Gewinde dient als Führung für den Drehstahl, der das Gewinde in die sich gleichförmig mitdrehende Eisenstange einschneidet. Dies geht selbstverständlich nur ganz allmählich. … Polhems Erfindung scheint wenig Beach- tung gefunden zu haben. Maudslay machte den ersten Support dieser Art, als er noch Vorarbeiter bei Bramah war. Nachdem er sich aber 1797 seine eigene Werkstätte in Wells Street, Oxford Street, London, errichtet hatte, verbesserte er denselben noch wesentlich. Die einfache, zweck- mässige Vorrichtung fand rasch die allgemeinste Verbreitung und Werkzeugmaschinen. Öfen. war eine der wichtigsten Verbesserungen, welche an den Werkzeug- maschinen gemacht worden sind. Der Arbeiter hatte nur noch seinen Drehmeissel richtig einzuspannen und langsam, ohne alle Anstrengung, den Schlüssel der Führungsschraube zu drehen; und auch dieser letzteren Arbeit wurde er überhoben durch ein selbstthätiges Zahn- getriebe. Dieser unscheinbaren Erfindung verdanken wir grossenteils die Zuverlässigkeit unserer Maschinen. Sie hat wesentlich zum Aufschwung des Maschinenbaues beigetragen und während man früher nur kom- plizierten Bohrmaschinen für gewisse ausserordentliche Leistungen in grossen Werkstätten begegnete, wurde die Supportdrehbank in allen Werkstätten heimisch, für grosse und kleine Arbeit angewendet und nahm den Bohrmaschinen einen grossen Teil ihrer Arbeit ab. Die Drehbank wurde seitdem das wichtigste Werkzeug der Metall- bearbeitung. Der Dampfhammer hat zwar im 18. Jahrhundert noch keine Bedeutung erlangt, doch hatten Wilkinson und Watt seine zukünftige Bedeutung bereits erkannt und die ersten Versuche zu seiner Herstellung gemacht. Watt schrieb am 3. Mai an Boulton: „Wilkinson will grosse Schmiedestücke machen und braucht eine Maschine, um einen Stempel von 15 Centner 30- bis 40 mal in der Minute zu heben. Ph. Webb ist beauftragt, es mit einer kleinen Maschine und einem Fallhammer (stamp-hammer) von 60 Pfund Gewicht zu versuchen. Viele solche Rammen (battering rams) würden gebraucht werden, wenn sie sich bewährten.“ Ferner schreibt Watt am 26. Novbr. 1782 an Boulton : „Bei Wilkinson treibt eine Dampfmaschine, die gleichzeitig eine Pumpe bewegt, einen Schwanzhammer; doch entspricht er nicht ganz.“ So- dann bemerkt er am 28. Novbr. über den damaligen Zustand: „Der Dampfcylinder hat 15 Zoll Durchmesser und 4 Fuss Hub und macht 25 Wechsel in der Minute; der Hammer, der sechs Schläge für jeden Wechsel macht, wiegt 120 Pfund, ist 18 Zoll breit, giebt einen guten Schlag und schmiedet Eisen gut. Er beabsichtige den Hammer 1½ Centner schwer zu machen und 250 bis 300 Schläge zu geben, da Überschuss an Kraft da sei. — Einige Tage später machte die Dampfmaschine 28 Touren und der Hammer schmiedete mehr Eisen, als der Schmied heizen konnte.“ — Am 3. Dezember 1782 schreibt er an Boulton : „Was sollen wir der kleinen Dampfmaschine zu thun 39* Werkzeugmaschinen. Öfen. geben? Joseph meint ein Walzwerk; bitte, teile mir Deine Meinung über die Grösse der Walzen etc. mit“, und am 13. Dezbr. berichtet er: „Der Hammer wiegt 120 Pfund, hat 8 Fuss Hub und macht 240 Schläge in der Minute. Er braucht nur sehr wenig Dampf und nicht ein Viertel der Kraft, die nötig wäre, das Wasser für ein Wasser- rad zur Bewegung des Hammers zu heben.“ Dies sind die quellenmässigen Nachrichten über die ersten mit Dampf bewegten Schmiedehämmer. Die Öfen . Von grosser Bedeutung für die metallurgischen Operationen im Eisengewerbe waren die Verbesserungen der Öfen . In diesen voll- ziehen sich fast alle Schmelz- und Glühprozesse, ihre Entwickelung ist deshalb ein wichtiger Teil der Geschichte der Metallurgie. Die Hauptformen der Schmelzöfen waren zu Anfang des 18. Jahrhunderts soweit entwickelt, dass von neuen Ofenarten kaum die Rede sein kann. Wohl aber sind alte Ofenarten in neuer Weise verwendet und zweck- entsprechend umgeändert worden. Da wir das meiste hierüber schon bei der Beschreibung der ver- schiedenen Hüttenprozesse vorgebracht haben, so können wir uns hier kurz fassen. Die Herdöfen , welche als Frischfeuer und Rennfeuer eine wichtige Rolle in der Eisenindustrie spielten, erfuhren nur unwesent- liche Veränderungen. Die alten gemauerten Löschherde verschwanden mehr und mehr und wurden von den mit Eisenzacken ausgesetzten Herden ersetzt. Christ. Polhem hatte zu Stjernsund einen ver- besserten Frischherd konstruiert, der mit einem Gewölbe überbaut war und unter dessen Sohle gewölbte Abzugskanäle herliefen. Weder dieser Versuch noch die späteren Versuche in Schweden, dem Frisch- herd eine ovale oder achteckige Gestalt zu geben, hatten bemerkens- werte Erfolge. Von geschichtlicher Bedeutung war dagegen John Cockshutts länglicher Frischherd mit mehreren Formen (Patent Nr. 988 von 1771), aus welchen sich die Feineisenfeuer entwickelt haben. Die wichtigsten Öfen waren seit Erfindung des Hochofenprozesses die Schachtöfen geworden. In ihrer unvollkommensten Form als Bauernöfen und Stücköfen verschwanden sie mehr und mehr in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. Auch die Blauöfen, welche den Übergang zwischen Stücköfen und Flossöfen bildeten, teilten dieses Werkzeugmaschinen. Öfen. Schicksal; dagegen gelangten Floss- und Hochöfen zu allgemeiner Anwendung und fortschreitender Entwickelung. Die Flossöfen waren hohe Schachtöfen mit geschlossener Brust, die Hochöfen solche mit offener Brust. Beide Ofenarten stimmten darin überein, dass sie ein Arbeits- gewölbe und ein Formgewölbe hatten. Erst gegen Ende des Jahr- hunderts trat hierin eine Änderung ein, und zwar zuerst in England, nachdem man dort zu den Cylindergebläsen mit Regulatoren über- gegangen war. Die doppelten Düsen kamen dadurch in Wegfall, man blies den Wind durch eine einzige Röhre in den Ofen. Das Streben nach Steigerung der Produktion und die Erfahrung bei den Koks- öfen, dass dieselbe mit der Windmenge, die man in den Ofen blies, zunahm, führten endlich dazu, mit dem alten Vorurteil der einen Form zu brechen und den Wind durch mehrere Formen dem Ofen zuzuführen. Es bot das bei den starken Cylindergebläsen, den grossen Windregulatoren oder Kondensatoren, um so weniger Schwierigkeit, Fig. 168. weil man die Formgewölbe selbst viel kleiner wie früher, wo die- selben zugleich die Blasebälge beherbergen mussten, machen konnte. Diese Neuerung, die Einführung von zwei oder mehreren Formgewölben, welche nach und nach den Hochofenbau wesentlich veränderte, scheint in den 80 er Jahren aufgekommen zu sein. Direkte Nachrichten fehlen hierüber, es lässt sich dies aber aus einem bemerkenswerten Aufsatz schliessen, welcher 1790 in den chemischen Annalen von Crell anonym erschienen ist und den Titel führt: Über einige Hauptmängel verschiedener Eisenhütten in Deutschland. Der Verfasser, der frühere Berghauptmann von Klausthal, August Ferd. v. Veltheim , hatte durch eigene Anschauung das englische Eisenhüttenwesen kennen gelernt, war entzückt von allem, was er in England gesehen hat und möchte am liebsten sofort die ganze deutsche Eisenindustrie nach englischem Muster umgestalten. Wenn er in seinen Behauptungen oft über das Ziel hinausschiesst und in seinen Schilderungen mit grellen Farben malt, so enthält die Schrift doch viel Wahres, geradezu Prophetisches und fesselt durch ihre frische Unmittelbarkeit. Natürlich verlangt er für die Hochöfen stärkere Gebläse und grössere Dimensionen. Im Anschluss hieran schreibt er (§. 6): „Aus diesen und noch mehr Gründen würde ich einen Hochofen entweder mit zwei Formen oder bei noch grösseren Werkzeugmaschinen. Öfen. Dimensionen gar mit vier Formen vorrichten, dann aber dem Gestell selbst eine beinahe ovale Form, ungefähr nach vorstehender Zeichnung (Fig. 168, a. v. S.) geben. Dass zur Gewinnung des Raumes und überhaupt zur bequemen Regierung des Ganzen dieses durch soge- nannte Windleitungen, die mit einem Regulator versehen sind, aus- geführt werden müsste, versteht sich schon von selbst.“ Zu Newiansk in Sibirien hatte man damals bereits zwei Formen, die aber auf derselben Ofenseite lagen. Man blies mit vier Cylindern. Zu Treibach, wo man ebenfalls mit vier Bälgen blies, lagen dagegen Fig. 169. die beiden Formen einander gegenüber. Dasselbe war der Fall in Siebenbür- gen, wo Gubernial- rat von Leithner diese Verbesserung eingeführt hatte, und in Schlesien. Über den Bau der Hochöfen, die dazu verwendeten Materialien und die Grössenverhältnisse haben wir das Wich- tigste ebenfalls be- reits mitgeteilt. Das Streben ging Ende des vorigen Jahr- hunderts nament- lich in England da- hin, die Öfen immer grösser, namentlich immer höher zu bauen. Man glaubte vielfach, dass die Erhöhung des Ofens unbedingt eine Vergrösserung der Produktion herbeiführe, obgleich diese doch fast allein von der Verstärkung des Gebläses abhing. Hierdurch wurde man veranlasst, die Hochöfen oft in ganz zweckloser übertriebener Weise zu erhöhen und dadurch zu verteuern. Gegen diesen Missbrauch wendete sich der berühmte Eisenhüttenmann John Wilkin- son , welcher eine vollständige Reform des Hochofenbaues dahin erstrebte, dass er die riesigen Hochöfen mit einer Form durch ganz niedrige Öfen Werkzeugmaschinen. Öfen. mit besserer Windverteilung durch mehrere Formen zu ersetzen strebte. John Wilkinson nahm 1794 ein Patent (Nr. 1993) „für ein neues Verfahren, Roheisen aus den Erzen zu erzeugen zur Verarbeitung auf Schmiedeeisen“. Die Patentschrift enthält keine nähere Erklärung des neuen Verfahrens, dagegen ist ihr eine Tafel mit Zeichnungen und Erläuterungen beigefügt. Unter nebenstehen- den Abbildungen (Fig. 169 und 170) ist bemerkt: Schnitte von Fig. 170. zwei Öfen, um darin, statt wie es jetzt geschieht, Erz und Zuschläge in Öfen von 30 bis 70 Fuss Höhe zu schmelzen. Meine Erfindung oder Verbesserung geht auf die Errichtung niedriger Öfen, nicht über 10 Fuss hoch, von rundem, länglichem oder quadratischem Quer- schnitt, in welchen jede Art Erz oder Brennmaterial geschmolzen werden kann, und in welche starker Wind von zwei oder mehreren Stellen, Formen genannt (called Twires), deren Zahl man nach der Art des Erzes und Brennmaterials abändern kann, eingeblasen wird. Jedem Arbeiter wird es möglich sein, seinen Ofen nach der Qualität seiner Materialien selbst zuzurichten. Die als Proben beigefügten Zeichnungen stellen 1. einen runden Ofen (Fig. 169) mit drei auf drei Seiten verteilten Formen dar, welcher am meisten den sogenannten Kupoloöfen zum Werkzeugmaschinen. Öfen. Umschmelzen des Roheisens in den Giessereiöfen entspricht; 2. einen länglichen Ofen mit drei Formen auf einer langen Seite (Fig. 170), welcher an die Öfen des Generals Rachette , welche anfangs der 60 er Jahre dieses Jahrhunderts Aufsehen erregten, erinnert. Es ist nichts davon bekannt, dass sich Wilkinsons niedrige Öfen für das Ausschmelzen der Erze bewährt hätten, dagegen fand man, dass man in diesen Öfen mit Leichtigkeit bei schwachem Winde Roheisen umschmelzen konnte, was für die Eisengiesserei von grösster Wichtigkeit wurde. Zu diesem Zwecke fanden Wilkinsons kleine, mehrförmige Öfen Fig. 171. unter der unrichtigen Benennung Kupolöfen rasche Verbreitung. Sie wurden zu Anfang dieses Jahr- hunderts auch auf dem Kontinent eingeführt und in Frankreich bis um die Mitte dieses Jahrhunderts als „Wilkinsonöfen“ bezeichnet. Diese von Wilkinson vor- geschlagenen Schmelzöfen hatten den grossen Vorteil, dass kost- spieliges Rauhmauerwerk durch eine starke Umkleidung von guss- eisernen Platten ersetzt und er- spart war. Ähnliche Bestrebungen mach- ten sich bei dem Hochofenbau geltend, um durch Verwendung von Eisen an Mauerwerk zu sparen. Dies geschah durch starke Verankerung mit durch und um das Mauerwerk gelegten schmiedeeisernen Stangen. Bei dem um 1795 neu erbauten Hochofen zu Lauchhammer bei Mückenburg ersparte man das äussere Rauh- mauerwerk für den Schacht vollständig durch die in Fig. 171 gezeichnete Einbindung des Rauhschachtes durch ein Gitterwerk von Eisenstäben. Die Mehrzahl der Hüttenleute erstrebte aber gegen Ende des Jahrhunderts eine Erhöhung der Hochöfen und die Ansicht der Eisen- hüttenmänner jener Zeit findet wohl ihren deutlichsten Ausdruck in folgender Äusserung Hermanns : „Je höher der Hochofen ist (doch würde ich ihn nie über 45 englische Fuss bauen, das Mittel ist zwischen Werkzeugmaschinen. Öfen. 35 und 40), desto vorteilhafter ist er auch, vorausgesetzt, dass alle übrigen Erfordernisse damit übereinstimmen, desto mehr bringt er in einerlei Zeit Roheisen aus und desto weniger braucht er Kohlen.“ Die Flammöfen waren zwar längst bekannt und in der Metall- industrie im Gebrauch, bei der Eisenindustrie hatten sie aber vor dem 18. Jahrhundert eine nennenswerte Anwendung nicht gefunden. Sie erlangten hierfür erst eine Bedeutung, als man in England ernst- lich versuchte, die Holzkohlen durch Steinkohlen zu ersetzen. Nach- dem man sich überzeugt hatte, dass bei direkter Berührung von Eisen mit Steinkohlen gutes Eisen nicht zu erzielen war, versuchte man es damit, dass man in einem überwölbten Flammofen das Brennmaterial getrennt von dem Schmelzmaterial auf einem besonderen Rost ver- brannte und die Flamme über das Schmelzgut im Herd des Ofens leitete. Der erste, der dieses in der Metallindustrie bereits ange- wendete Verfahren auf die Eisenindustrie zu übertragen versuchte, war Dr. Blewstone gegen Ende des 17. Jahrhunderts, doch scheint er damit keinen Erfolg gehabt zu haben. Mit wirklichem Nutzen wurde dieses Verfahren dagegen im 18. Jahrhundert zum Umschmelzen des Giessereiroheisens in England angewendet, was, wie wir gezeigt haben, für die Entwickelung der Eisengiesserei von grosser Bedeutung war. Die hierbei angewendeten Flammöfen glichen den in den eng- lischen Metallhütten angewendeten. Dieser Ofen, den wir bereits S. 383, Fig. 108 abgebildet haben, war mit einem kuppelförmigen Gewölbe überspannt und wurde deshalb Kupolofen genannt. Als „englischen Kupoloofen“ hat ihn auch v. Justi 1766 in einer beson- deren Schrift beschrieben, in welcher erwähnt wird, dass solche Öfen schon seit 50 Jahren zum Kupferschmelzen in England im Betriebe seien. Dass dieser Name ohne jede Berechtigung später auf die niedrigen Schachtöfen in den Giessereien übertragen wurde, lässt sich nur daraus erklären, dass letztere ebenfalls zum Umschmelzen des Roheisens dienten und dadurch die eigentlichen Kupolöfen zum Teil verdrängten. Die Namensübertragung fand aber schon früh in England selbst statt, denn Svedenstjerna beschreibt in dem Bericht über seine englische Reise von 1802/3 die Schachtöfen der Eisen- giessereien bereits unter diesem Namen neben den „ Reverberier- öfen “. Letzteres war die auf dem Kontinent gebräuchliche Bezeich- nung für die Flammöfen, während die Engländer sie für gewöhnlich einfach Zugöfen (air furnaces) nannten, weil die Verbrennung ohne Gebläse durch den Luftzug vor sich ging. Eine noch grössere Bedeutung erlangten die Flammöfen für Werkzeugmaschinen. Öfen. die Eisenindustrie durch den Puddelprozess . Die Flammöfen, deren man sich hierbei bediente, stimmten in der Form anfänglich ganz mit den in den Giessereien angewendeten überein. Wie bei diesen bildete der Herd eine ausgeschweifte Höhlung, wie aus Fig. 172 zu ersehen ist. Dadurch war das Metallbad ungleich und in der Mitte ziemlich tief, was für den Puddelprozess nicht vorteilhaft war und das Frischen verzögerte. Erst sehr allmählich kam man zu der flachen Fig. 172. Form des Herdes, die später gebräuchlich wurde. Die neben- stehende Zeichnung stellt einen Puddel- ofen aus dem An- fang dieses Jahr- hunderts dar Aus Lampadius , Handbuch der Hüttenkunde, Tl. II, Tab. L. . Wie aus der Zeichnung ersicht- lich, war der Ofen durchweg aus Mauerwerk herge- stellt, selbst der Rost, auf dem die Steinkohlen ver- brannten, war ein gemauertes Gewölbe mit viereckigen Öff- nungen e e . Die Kohlen wurden von oben in einen schachtförmigen Raum eingefüllt und verbrannten durch die Luft, welche durch die Aschenlöcher im Rost und durch die Züge h unmittelbar über dem Rost zuge- führt wurde. Eine Feuerbrücke war ebensowenig vorhanden wie eine Fuchsbrücke; die Feuergase entwichen unmittelbar durch den Schornstein b , welcher 25 bis 30 Fuss hoch war. An der Rückseite des Ofens, da wo die Flamme in die Esse schlug, befand sich eine Öffnung, durch welche man mittels einer Thür c in den Ofen sehen Werkzeugmaschinen. Öfen. und den Schmelzprozess beobachten konnte. Im Herd befand sich auch noch, ganz wie bei den Giessflammöfen, am tiefsten Punkt ein Abstich ( m ). Der Herd war 7 Fuss lang und an der breitesten Stelle 3 Fuss breit. Onions giebt in seiner Patentbeschreibung Flammöfen mit zwei Rosten an; der Herd lag zwischen beiden erhöht. Cort wendete zum Schweissen seiner Pakete gleichfalls einen Flammofen an, den er balling furnace nannte und aus dem unser Schweissofen entstanden ist. Onions beschreibt in seinem Patent die Anwendung von künst- lichem Wind beim Flammofen, und zwar einmal, indem derselbe unter den Rost geleitet wird, zum Zweck einer lebhafteren Verbrennung der Steinkohlen, also als Unterwind, und das anderemal, dass er durch das Ofengewölbe auf die geschmolzene Eisenmasse geleitet wird zur Beschleunigung des Frischprozesses. Der Gedanke, die Wirkung der Hitze dadurch zu steigern, dass man zwei oder mehrere Flammöfen miteinander verbindet, wiederholt sich in verschiedenen Patenten. Schon John Payne beschreibt in seinem oft erwähnten Patent von 1728 den Ofen, in welchem er seine Eisenstäbe ausheizt, ehe er sie auswalzt, als „ein langes heisses Gewölbe“ (a long hott arch or cavern). „Das heisse Gewölbe kann eins einer ganzen Reihe sein, welche durch Füchse miteinander und mit der Feuerkammer am einen Ende verbunden sind, so dass die Hitze die ganze Reihe passieren muss.“ Diese Anordnung machte Robert Gardner 1788 zum Gegen- stand eines Patentes; er nannte seinen Ofen den ständig zunehmenden Flammofen (a new invented progressivly multiplying air furnace). Der Patentbeschreibung sind Zeichnungen beigefügt. Die Konstruktion beruht auf mehreren neuen Ideen, welche in der Folge praktische Bedeutung erlangten. Der Grundgedanke ist der des Vorwärmens. Als ersten Gesichtspunkt betont der Patentnehmer die bessere Aus- nutzung der Kohlen und der durch diese erzeugten Hitze. Um dies zu erreichen, soll die Flamme durch mehrere Abteilungen streichen, von denen jede ihre besonderen Thüren zum Eintragen der Metalle hat. In der ersten Abteilung kann man Eisen zur Schweisshitze erhitzen, nachdem es in der zweiten Abteilung bis zur Rotglut vor- gewärmt war. Will man die Hitze einer Abteilung steigern, so kann man dies thun, indem man mehrere Feuerungen zusammenführt. Wenn dies in der Weise, wie es in der Zeichnung angegeben ist, geschah, so konnte damit freilich kein grosser Effekt erreicht werden. Werkzeugmaschinen. Öfen. Durch Anbringung verschiedener Essen und Zugklappen sollte die Hitze in den einzelnen Öfen reguliert werden. Das zweite wichtige Princip, welches der Erfinder bei seinem Ofen anwendete, war, dass der Sandherd des Bodens auf einem hohlen eisernen Boden ruhte. Die eisernen Bodenplatten werden durch darunter herstreichende Luft vor dem Durchschmelzen geschützt und der Sandherd kann nach Bedarf erneuert werden. Fig. 173. Drittens sollen die abziehen- den Gase zur Dampferzeugung benutzt werden. William Tailor nahm 1793 ein Patent auf einen Flammofen, der sowohl zum Frischen als auch zum Schweissen dienen sollte. Der- selbe hatte an jedem Ende eine Feuerung und ebenso zwei Schornsteine an der Rück- seite und in der Mitte des Ofens. Der Ofen war aus Eisen und Ziegeln gebaut. Der Arbeitsraum bestand aus einem eisernen Boden mit einer Bedeckung von Sand oder sonstigem feuerfesten Material Fig. 174. und wurde durch darunter durchstreichende Luft gekühlt, wie bei Gardner . Eine eigentümliche Ver- wendung von Flammöfen fand bei dem englischen Tiegel- frischen statt, indem hierbei der metallurgische Prozess nicht unmittelbar in dem Flammofen, sondern in Tiegeln oder Töpfen, welche, ähnlich wie bei den Glasöfen, in einen Flamm- ofen eingesetzt und darin erhitzt wurden, ausgeführt wurde. Eine andere Art Flammöfen, welche ebenfalls sehr früh in der Eisenindustrie Anwendung fanden und auf dem Kontinent viel früher bekannt waren als die Gussflammöfen und die Puddelöfen, waren die Wärm - oder Glühöfen (Fig. 173 u. 174), welche am frühesten bei den Blechhämmern benutzt wurden und die dann bei den Walz- und Schneidewerken in Anwendung kamen, und auch sonst zur Eisen- veredlung dienten. Sie ähnelten den Brotbacköfen. In denselben Werkzeugmaschinen. Öfen. erhitzte man die Bleche, Stäbe u. s. w. zur Rotglut, um sie weiter zu verarbeiten. Ein solcher Ofen findet sich schon bei Swedenborg auf der Abbildung eines Eisenschneidewerks Bd. II, S. 953 dargestellt. Polhem und Rinman verbesserten diese Öfen. Polhem führte sie auf seiner Metallfabrik zu Stjernsund ein und Rinman gab in den Abhandlungen der Schwedischen Akademie von 1764 eine Beschrei- bung solcher Blechglühöfen. In Deutschland kamen diese Blech- glühöfen erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Aufnahme. Fig. 175 stellt einen Blechglühofen aus der angegebenen Zeit vom Harz dar, der nach Tiemann eigentlich ein „englischer Reverberierofen“ ist. Fig. 175. G ist die Hauptesse, E ist ein kleiner Schornstein über der Einsatzthür zum Wegführen des Rauches. Auf dem Boden des gewölbten Glühherdes F liegen starke eiserne Rostbalken k k , auf welche die Bleche aufgelegt werden Vergl. auch Hoffmann , Neues Bergmännisches Journal 1802, S. 255. . Die Feuerung geschah mit Holz. — Die Glühöfen zum Ausglühen der Stäbe waren von ähnlicher Konstruktion, nur län- ger und schmäler. In Sibirien bediente man sich ähnlicher Öfen zum Glühen des harten Eisens, um es dadurch weicher zu machen Ein solcher Ofen ist abgebildet in Hermann , Über die Frage: Worin besteht der Unterschied zwischen Roheisen und Frischeisen, Tab. II, Fig. 3. . Einen eigenartigen Draht- glühofen von Mägdesprung hat Stünkel beschrieben Siehe Stünkel , Eisenhütten am Harz, S. 345. . Es war ein runder, innen und aussen von gebrannten Thonziegeln her- gestellter Ofen. Die innere Weite betrug 4 Fuss und die Höhe vom Roste an gerechnet 9 Fuss; oben war er rund zugewölbt, nur eine 6 Zoll weite Öffnung, die als Schornstein diente, befand sich in der Decke. Der Rost war 12 Zoll über der mit Steinen gepflasterten Sohle des Ofens angebracht; unter demselben war der Aschenfall. 1½ Fuss über dem Roste gingen vier vierkantige eiserne Stäbe von Werkzeugmaschinen. Öfen. 1½ Zoll Stärke parallel und horizontal durch den Ofen und waren am Ende vermauert. Auf diese Stäbe wurden die Drahtringe gepackt auf einen gegossenen Ring als Unterlage. Über den Stäben war eine Thür zum Ein- und Austragen des Drahtes, an der gegenüberstehenden Seite war die Feuerthür. Die Feuerung geschah mit Buchenholz. Auch ringsum und über die Drahtringe wurden Holzstücke gelegt, um den Draht von allen Seiten zu erhitzen. Fig. 176. Der Drahtglühofen zu Kleinboden in Tirol (1774) ruhte auf einem Gewölbe, hatte inwendig eine Weite von 4 Fuss, eine Tiefe von 5 Fuss und eine Höhe von 3 Fuss; auf dem Boden befanden sich sechs Aschen- oder Zuglöcher. 12 Zoll über diesem Boden befand sich eine Art eisernen Rostes, worauf die zu glühende Masse zu liegen kam. Zu oberst im Ofen war in jeder Ecke ein Zugloch, das als Register für das Feuer diente. Die Feuerung geschah mit Holz. Auf den Glührost wurden die Drahtringe so aufgelegt, dass die gröbsten Sorten zu unterst lagen. Zwischen jeden Ring legte man ein Stück Holz. Zur Erreichung höherer Hitzegrade, Weissglut, Schweisshitze, bediente man sich in England eigentümlicher Öfen, welche ein Zwischenglied zwi- schen den Herdöfen und den Gefäss- öfen bilden. Es sind dies die hollow- fires , Hohlfeuer, welche lange Zeit eine wichtige Rolle spielten. Sie traten an die Stelle der Ausheizfeuer (chaferies) und wurden zuerst zum Ausschweissen der bei der südwales- schen Frischmethode erhaltenen Schirbel angewendet. Sie wurden mit Koks gefeuert. Ihrer Konstruktion nach waren es mit Gewölbe über- baute Frischfeuer, wie solche ebenfalls Polhem zuerst angewendet hatte. Fig. 176 ist die Abbildung eines Hohlfeuers, wie es früher in Südwales betrieben wurde Karstens Eisenhüttenkunde, Tab. 42, 8 bis 10. . Werkzeugmaschinen. Öfen. Dasselbe besteht aus zwei Teilen, dem Schweissraum a und dem Vorwärmraum b . Der ganze Ofen war 6 Fuss 5 Zoll lang und 5 Fuss 7 Zoll breit. Der Schweissherd, welcher 16 Zoll tiefer als der Vor- wärmraum lag, war 2 Fuss lang, 20 Zoll breit und bis zum Scheitel des Gewölbes 2 Fuss 3 Zoll hoch. Der Glühraum b war 9 Zoll breit und 20 Zoll lang. Die Sohle des Schweissherdes bestand aus ein- gestampftem Quarzsand mit einer Vertiefung in der Mitte. Der Ofen wurde bis zur Höhe der Thüröffnungen mit Koks gefüllt, und wenn diese gut in Brand waren, die zu schweissenden vorgewärmten kuchen- artigen Scheiben auf dem breit geschmiedeten Ende eines Schmiede- eisenstabes durch die Thüröffnung in den Herd geschoben. Dieselbe Art von Öfen wurde in England öfter zum Schweissen von alten Schmiedeeisenabfällen, welche in Paketen (fagots) zusammen- gebunden wurden, verwendet, weshalb man diese Öfen auch fagotted iron furnaces nannte Siehe Svedenstjernas Reise durch England 1802/3, S. 143. . In Sheffield verwendete man die hollow-fires zum Ausrecken des Stahls. Diese Öfen waren kleiner und hatten keinen Vorwärmherd. Da die hollow-fires keiner Esse bedurften und wenig Raum erforderten, konnte man sie leicht überall aufstellen, wo man einen Blasebalg anbringen konnte. Sie hatten den Vorteil geringeren Brennmaterial- verbrauchs und geringeren Abbrandes, dagegen kamen oft Reparaturen, namentlich an den Gewölben, vor. Des hollow-fire wird zum erstenmal in einem Patent von John Roebuck , dem Gründer der Carronwerke von 1762 (Nr. 780) gedacht. Er will schmiedbares Eisen mit Steinkohlen in einem Herd frischen. Dieses Frischeisen soll dann in einem Hohlfeuer ausgeheizt werden. (The metal is afterwards exposed „to the action of a hollow pit-coal fire“ worked with a blast, until it is „reduced to a loop“, which is hammered into bar iron.) Henry Cort erwähnt in seinem Patent von 1783 das Hohlfeuer als allgemein im Gebrauch zum Ausheizen von Eisen, indem er sein neues Verfahren dazu in Gegensatz stellt („this in a practice not hitherto used in a chafery or hollow fire or other fire blown by blast, in welding large faggots of iron“). Von Gefässöfen gelangten besonders die Stahl-, Cementier- oder Brennöfen im vorigen Jahrhundert zur Entwickelung. Sturzöfen, d. h. tiegelförmige Öfen, welche in Zapfen schwebend aufgehängt waren und umgekippt werden konnten, hat Reaumur zuerst beschrieben (S. 170). Gegen Ende des Jahrhunderts kamen Werkzeugmaschinen. Öfen. diese Öfen in vergrössertem Massstabe in Russland bei dem Giesserei- betriebe in Anwendung. Sie erregten grosses Interesse und wurden auch in Schweden eingeführt. Näheres über diese Sturzöfen folgt später. Im Anschluss an diese Übersicht der Entwickelung der Öfen fügen wir noch einige Nachrichten über die Benutzung der über- Fig. 177. flüssigen Wärme hinzu. John Barber macht in seinem Patent von 1773 den Vor- schlag, einen Dampfkessel über die Gicht eines Schacht- ofens zu stellen. Ebenso schlägt Robert Gardiner in seinem Patent über ver- bundene Flammöfen vor, die verlorene Wärme der Öfen (waste heat of fur- naces) zur Dampferzeugung zu benutzen. Über die Be- nutzung der überflüssigen Hitze der Koksöfen nahm Henry Seymour Conway sogar ein besonderes Patent (Nr. 1689). Er will damit Erze und Metalle rösten und schmelzen, Messing und Stahl schmelzen u. s. w., indem er die rauchfreie Flamme direkt in ent- sprechende Öfen leitet. John Watt nahm 1785 ein Patent für eine rauch- verzehrende Feuerung, welche er besonders bei Schmelzöfen, nament- lich den Giesserei-Flammöfen, angewendet haben wollte (Patent Nr. 1485 mit Zeichnung). Einen sehr eigentümlichen „Holz ersparenden Hochofen“ (Fig. 177 und 178) schlug Graf Joachim von Stenberg 1795 vor. Es war eine Kombination von Schacht- und Flammofen. Die Reduktion der Erze sollte in einem Schacht, ähnlich dem Schacht eines gewöhn- lichen Hochofens, erfolgen. Mit dem unteren Ende dieses Schacht- Werkzeugmaschinen. Öfen. ofens waren zwei Flammöfen verbunden, welche die Schmelzung und Reinigung des Eisens bewirken sollten. Die Reduktion im Schacht- ofen sollte mit Holzkohlen, die Schmelzung in den Flammöfen mit Steinkohlen erfolgen. Das Aufgeben der Erze und Kohlen im Schacht geschah genau wie bei dem Hochofen. Der Ofenschacht sollte zugleich als Esse für die Flammöfen dienen. Die zerkleinerten, mit Holzkohle geschichteten Erze sanken in dem gut vorgewärmten Hochofenschacht, wo sie gleichzeitig mit den glühenden Feuergasen der Flammöfen in Berührung kamen, langsam nieder und gelangten als eine gut geröstete und teilweise schon reduzierte halbflüssige Masse durch zwei weite Öffnungen, welche gleichzeitig den Flammöfen als Füchse dienten, Fig. 178. auf die Schmelzherde, wo sie durch das heftige Feuer der Stein- kohlen, welche auf den geräumigen Rosten verbrannten, in dünnen Fluss gebracht wurden. Eisen und Schlacken wurden von Zeit zu Zeit abgestochen. Künstlicher Wind war nicht vorgesehen. Der Holz- kohlensatz im Schachtofen sollte ein möglichst kleiner sein und der ganze Schmelzprozess einen sehr geringen Aufwand an Brennstoff erfordern. Versuche, welche Graf Sternberg im kleinen vornahm, sollen dies, sowie überhaupt die Ausführbarkeit des Projektes, erwiesen haben. Es ist aber niemals in der Praxis zur Anwendung gekommen und ist es überflüssig, die Gründe, die gegen dasselbe sprechen, aus- einander zu setzen. Graf Sternberg hat in seiner Schrift Graf Joachim von Sternberg , Versuch über das vorteilhafteste Aus- schmelzen des Roheisens u. s. w., Prag 1795. auch einen Normalhoch- ofen, aus welchem sich durch Berechnung die richtigen Dimensionen und das entsprechende Windquantum für jeden einzelnen Fall ableiten lassen sollen, angegeben. Als ein Versuch ist dies immerhin erwähnenswert. Beck , Geschichte des Eisens. 40 Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. Vandermonde, Berthollet und Monge . Ein weittragender Umschwung in den Grundanschauungen über die chemischen Vorgänge vollzog sich im letzten Viertel des 18. Jahr- hunderts. Die Lehre vom Phlogiston beherrschte noch die Chemie und kaum einen praktischen Zweig derselben in dem Masse, wie die Metallurgie, während doch keiner so augenscheinlich auf das Wider- sinnige der Grundannahme, dass die Verkalkung das Austreten einer Substanz, also eine Trennung, die Reduktion aber das Eintreten eines Stoffes, des Phlogiston, also eine Verbindung sei, hinführen musste. Man sollte glauben, jeder metallurgische Vorgang hätte die Unrichtig- keit der Annahme erweisen müssen, sobald man nur einmal die Wage zur Hand nahm, sobald man die Frage stellte, findet eine Gewichtszu- oder -abnahme statt? Die Treibarbeit war doch beispielsweise ein so einfacher und so bekannter Prozess. Wie deutlich lag es vor Augen, dass bei der Umwandlung des metallischen Bleies in Glätte eine Gewichtsvermehrung statt hat, dass also doch etwas hinzutreten und nichts austreten musste. Aber solche Gewalt hatte die Theorie über die Geister, dass man das Mittel, welches allein hierüber Aufschluss geben konnte, die Wage, geflissentlich anzuwenden vermied, und die Gewichtszunahme, wenn man sie anerkennen musste, als etwas Zufälliges hinzustellen versuchte. Als man dann die sich immer mehr häufenden Thatsachen, dass bei der Verbrennung stets eine Gewichtszunahme, bei der Reduktion eine Gewichtsabnahme statt hatte, nicht länger übersehen konnte und sie anerkennen musste, suchte man durch geschraubte Erklärungen von dem Wesen und der Natur des Brennbaren die Theorie zu retten, bis endlich der morsche Bau unter dem Druck des Belastungs- materials zusammenbrach. Die unhaltbare Phlogistontheorie gestürzt zu haben, ist das unbestreitbare Verdienst des französischen Chemikers Lavoisier , dessen Waffe die Wage war, und der aus seinen grundlegenden Beobachtungen und Entdeckungen auch gleich die richtigen weit- gehenden Schlussfolgerungen zu ziehen vermochte. Die entscheidende Entdeckung des Sauerstoffs, die richtige Erklärung der Verbrennungsprozesse, der Sturz der Lehre vom Phlogiston bilden den wichtigsten Abschnitt in der Geschichte der Chemie und gehören Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. zu denjenigen Errungenschaften, die, wie die Erfindung der Dampf- maschine auf mechanischem Gebiet, weltbewegend gewirkt haben. Auch auf die Chemie des Eisens und die Eisenindustrie ist dieses Ereignis von der allergrössten Tragweite geworden und ist es deshalb unsere Pflicht, die Entstehungsgeschichte der Entdeckung Lavoisiers kurz zu schildern. Wie jede Erfindung, ist sie nicht unvermittelt auf die Welt gekommen, auch nicht nur in dem Kopfe eines Menschen entstanden. Einer der ersten, der das Fundament der Phlogistonlehre, ohne es zu ahnen, untergrub, war der englische Chemiker Black. Joseph Black , 1728 zu Bordeaux von englischen Eltern geboren, später Professor der Chemie in Glasgow und danach in Edinburg, starb im Jahre 1799. Ausgezeichnet als Mensch und Gelehrter, hat er in verschiedener Weise an der Kulturentwickelung des vorigen Jahrhunderts mit- gearbeitet, nicht nur durch seine Arbeiten, sondern auch durch die Anregung, die er anderen gab und unter diesen besonders dem grossen James Watt , dessen Lehrer, Berater und treuer Freund er gewesen ist, so lange er lebte. Der Ausgangspunkt dieses Freundschafts- verhältnisses bildeten Blacks Vorlesungen über die von ihm entdeckte Lehre von der latenten Wärme. Eine andere Arbeit „über die Kausti- cität des Kalkes“ war es, mit der er der Lehre vom Phlogiston einen Stoss in das Herz versetzte. Nach der herrschenden Ansicht beruhte die Kausticität des Kalkes auf der Aufnahme von Feuermaterie beim Brennen. Diese Feuermaterie konnte der gebrannte Kalk an andere Alkalien abgeben, welche dadurch selbst ätzend wurden, während der Kalk seine ätzende Kraft verlor. Diese einfache, einleuchtende Theorie gehörte zu den Fundamentalsätzen der phlogistischen Schule. Black wies aber nach Zuerst in seiner Inauguraldissertation 1754, dann gründlicher in einer besonderen Abhandlung 1755. , dass sie falsch sei und von der Verbindung mit einer Feuermaterie nicht die Rede sein kann Siehe Kopp , Geschichte der Chemie, Bd. I, S. 328. . Er wies nach, dass die milden Alkalien nicht einfache Substanzen, sondern Verbin- dungen seien und dass die Kausticität ihnen nicht mitgeteilt würde durch Verbindung mit einer Substanz, der Feuermaterie, sondern durch Entziehung einer Substanz, der Kohlensäure, welche er als „fixe Luft“ bezeichnete. Er wies ferner nach, dass nichtätzender Kalk an Gewicht verliert, wenn er zu ätzendem wird und schloss daraus, dass der erstere den letzteren als Bestandteil in sich enthalte. Er zeigte, dass die Alkalien in dem nicht ätzenden Zustande mit 40* Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. Säuren aufbrausen und eine Luftart von sich geben, welche ganz dieselbe ist, wie die aus nichtätzendem Kalk durch Glühen aus- getriebene; diese fixe Luft muss deshalb den zweiten Bestandteil der milden Alkalien bilden. Er stellte fest, dass die alkalischen Körper in einfacherem Zustande ätzend sind und erst durch Verbindung mit fixer Luft diese Eigenschaft verlieren und dass die Ätzendmachung der Alkalien durch Kalk darauf beruht, dass die fixe Luft von den ersteren an den letzteren tritt. Diese Entdeckung Blacks musste zur Erschütterung der Lehre vom Phlogiston beitragen, nicht nur durch die nachgewiesene That- sache, sondern auch besonders durch die Methode, indem Black Gewichtsermittelungen als massgebend ansah, und bei der Erklärung qualitativer Erscheinungen die quantitativen Verhältnisse als ent- scheidend gelten liess. Er stellte damit zugleich fest, dass ein schwererer Körper nicht ein Bestandteil eines leichteren sein kann, ein Satz, der in seinen Konsequenzen die Phlogistontheorie zu Fall bringen musste. Durch Blacks Untersuchung der fixen Luft wurde das Studium der gasförmigen Körper, der Luftarten, angeregt und damit der richtige Weg eingeschlagen, der zur Erkenntnis des Wesens der Verbrennung führen musste. Ein Landsmann Blacks, Henry Cavendish (geb. 1731, gest. 1810), war es, der sich eingehend mit dem Studium der Luftarten beschäftigte. Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts hatte noch allgemein die naive Anschauung geherrscht, dass alle Luft von einerlei Art sei und dass ihre scheinbare Verschiedenheit nur auf Beimengungen irgend eines Stoffes beruhe. Cavendish wies 1762 zuerst nach, dass es Luftarten giebt, welche von der gewöhnlichen Luft wesentlich verschieden sind und wies dies nach an der fixen Luft (Kohlensäure) und der brennbaren Luft (dem Wasserstoffgas). Er untersuchte und beschrieb diese Gasarten genau und richtig, ermittelte ihre specifischen Gewichte, wenn auch mangelhaft, wies nach, dass sich die Kohlensäure mit verschiedenen Alkalien in ver- schiedenem Mengenverhältnis verbindet und bestimmte die quantitative Zusammensetzung verschiedener kohlensaurer Salze; er fand, dass Wasserstoff brenne, aber die Verbrennung und die Atmung ebenso- wenig unterhalte, wie die Kohlensäure. Trotz alledem blieb Cavendish noch fest auf dem Boden der Stahls chen Lehre stehen und nahm sogar an, in dem Wasserstoffgas das Phlogiston selbst entdeckt zu haben, denn es wurde ja aus den Metallen, welche nach dieser Lehre Verbindungen von Metallkalken mit Phlogiston waren, durch ver- dünnte Schwefelsäure abgeschieden. Diese Lehre von der Identität Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. des Phlogiston mit dem Wasserstoff fand damals willige Annahme. Um diese Zeit hatte sich Pristley , Geistlicher durch Beruf, Chemiker durch Genie, mit Eifer auf das Studium der Gase geworfen. Joseph Pristley war 1733 als Sohn eines Kaufmanns in dem Dorfe Fieldhead bei Leeds in Yorkshire geboren. Er sollte dem Beruf des Vaters folgen, aber eine Leidenschaft zum Studium ver- anlasste ihn, im 19. Jahre sich der Theologie zu widmen. Er studierte drei Jahre auf der Akademie zu Daventry und sog da den seiner zarten, liebenswürdigen Natur widersprechenden Geist der Unduldsam- keit und starren Eigensinns in geistlichen Dingen ein, der ihm in seinem späteren Leben so viele Kümmernisse bereitete. Er war Dissenter im strengsten Sinne des Wortes. Früh erwachte seine Liebe zu den Naturwissenschaften. Zuerst waren es die Erscheinungen der Elektricität, denen er seine ganze freie Zeit widmete. Als Frucht seiner Studien erschien 1767 seine Geschichte der Elektricitätslehre, ein damals auch in Frankreich und Deutschland hochgeschätztes Werk, welches ihm in England die Mitgliedschaft der königlichen Gesellschaft und in Schottland das Diplom eines Doktors der Rechte der Universität Edinburg einbrachte; ferner erhielt er eine Prediger- stelle in Leeds. Diese gab er auf, als ihn 1773 ein reicher Adliger, Graf Shelburne , später Marquis von Lansdowne , anstellte, haupt- sächlich als Reisebegleiter. Dieses Verhältnis dauerte bis 1780 und in diese Zeit fallen seine berühmtesten Entdeckungen auf chemischem Gebiet. Obgleich er von Lord Shelburne , mit dem er sich auch durch seine beständigen theologischen Streitigkeiten entfremdet hatte, noch unterstützt wurde, kam er doch in so bedrängte Verhältnisse, dass seine Freunde, die Mitglieder der oben erwähnten Vollmond- Gesellschaft, zu der namentlich Boulton und Watt gehörten, eine Subskription für ihn eröffneten, aus deren Erträgnis sie ihm ein Haus bauten und ihm eine Rente zuwendeten. Später erhielt er auch, besonders durch Boultons Bemühungen, die Stelle eines Predigers der dissentierenden Gemeinde in Birmingham. Aber auch hier ver- wickelte er sich wieder in zahlreiche theologische und politische Streitigkeiten. Er schwärmte für die französische Revolution und trug dies oft in sehr unpassender Weise zur Schau. Der Hass des aufgehetzten Pöbels von Birmingham kam 1791 am Jahrestage der Zerstörung der Bastille, welchen er in seinem Hause festlich begehen wollte, zum Ausbruch. Sein Haus wurde überfallen, geplündert und niedergebrannt, ebenso seine Kirche in Birmingham und die Wohnungen einiger seiner Freunde. Pristley rettete mit knapper Not das nackte Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. Leben Die Franzosen lohnten ihm sein Martyrium für ihre heilige Sache, indem sie ihn zum lebenslänglichen Mitgliede des Konvents erwählten, aber in England fand er keine bleibende Stätte mehr, so dass er 1794 nach Amerika auswanderte, wo er sich an den Quellen des Susquehannah in Northumberland niederliess, bis zu seinem Tode 1804 mit der Abfassung chemischer und mehr noch theologischer Schriften unablässig beschäftigt. Seine grossen Verdienste für die Chemie beruhen auf der Ent- deckung der meisten wichtigen Gasarten. Waren seine Untersuchungen nicht so gründlich wie die von Black und Cavendish , so waren sie um so vielseitiger. Er hat die Lehre von den Gasen mehr bereichert als irgend ein anderer Naturforscher, und seine Methode, gasartige Substanzen zu untersuchen, bildet noch heute die Grund- lage solcher Untersuchungen. Er wendete zuerst Quecksilber statt Wasser als Sperrflüssigkeit an, wodurch er im stande war, alle Gas- arten, welche vom Wasser absorbiert oder zersetzt werden, zu unter- suchen. Wir können hier nur einzelnes von seinen Arbeiten erwähnen. Die bedeutendste Entdeckung Pristleys war die des Sauerstoff- gases , welches er zuerst 1774 aus dem roten Quecksilberoxyd durch Erhitzen abschied. Diese Entdeckung bildete die hauptsächliche Grundlage für das Lehrgebäude der modernen Chemie. Er erkannte in dem neuen Gas eine Luftart, welche das Verbrennen und das Atmen länger und lebhafter zu unterhalten vermag als eine gleiche Menge gewöhnlicher Luft; die wichtigen Schlussfolgerungen aus dieser Entdeckung zog aber Pristley selbst nicht, diese zog ein anderer, der Franzose Lavoisier , welcher dadurch der Begründer der modernen Chemie geworden ist. Antoine Laurent Lavoisier , 1743 zu Paris als Sohn reicher Eltern geboren, erhielt eine vortreffliche Erziehung. Sein Vater regte die Liebe zu den Naturwissenschaften in ihm an; Mathematik und Chemie bildeten sein Hauptstudium. In seinem 21. Jahre erwarb er bereits einen grossen Preis, welchen die Regierung für die Lösung der Frage wegen der besten Strassenbeleuchtung einer grossen Stadt ausgesetzt hatte. Dies hatte die weitere Folge, dass er schon 1768, erst 25 Jahre alt, zum Mitgliede der Akademie zu Paris ernannt wurde. Seit dieser Zeit widmete er sich ganz dem Studium der Chemie. Um sich die Mittel für die grossen Untersuchungen, die ihm vorschwebten, zu sichern, bewarb er sich um die einträgliche Stelle eines Generalpächters, welche er auch erhielt. Durch diese Stellung in das öffentliche Leben eingeführt, wurde ihm oft Gelegen- Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. heit geboten, seine Kenntnisse für den Staat und das öffentliche Wohl zu verwerten. So wurde er 1776 an die Spitze der Verwaltung der Salpeter- und Pulverfabrikation gestellt, welche er bis zu seinem Tode vortrefflich und mit anerkanntem Erfolge leitete. Von der Republik wurde er zu den meisten wissenschaftlichen Kommissionen zugezogen, so wurde er beispielsweise 1790 Mitglied der Kommission für die Regulierung des Mass- und Gewichtssystems. 1791 liess die kon- stituierende Versammlung einen von ihm abgefassten Bericht über die Steuererhebung unter dem Titel: „Traité sur la richesse territoriale de la France“ drucken. Aber weder seine wissenschaftlichen Ent- deckungen, noch seine Verdienste für das Vaterland konnten ihn vor der Guillotine retten, auf welche ihn der Neid und das Miss- trauen Robespierres brachten. Unter nichtigem Vorwand wurde ihm der Prozess gemacht, und als einer seiner Freunde den Mut hatte, seine Verdienste um die Wissenschaft vor dem Schreckens- tribunal aufzuzählen, antwortete der Gerichtspräsident mit der unsterblichen Roheit: Nous n’avons plus besoin des savants! So endete Lavoisier im 51. Jahre seines ruhmvollen Lebens auf dem Schaffot. Von den Arbeiten Lavoisiers können wir hier nur insofern sprechen, als sie mit der grossen Reform der Chemie in Beziehung stehen; sie zeichnen sich alle durch Originalität und Gründlichkeit aus, was sie aber hoch erhebt über die einzelnen Grossthaten anderer Chemiker, das ist der einheitliche Gedanke, der sie erfüllt, der geniale Plan, dem sie alle dienen, nämlich der, der Chemie eine neue, feste Grundlage zu geben durch eine neue, richtige Lehre von der Verbrennung und Verkalkung und von der Rolle, welche der Sauerstoff dabei spielt. Als Mittel zur Ausführung diente ihm die Wage, indem ihm die Gewichtsbestimmungen das Beweismaterial lieferten. In der Ermittelung der Gewichte ging er mit der Sorgfalt und Genauigkeit zu Werke, wie sie die neue Chemie, die Kopp mit Recht das Zeitalter der quantitativen Untersuchungen genannt hat, erforderte. Den grossen Feldzug gegen das Phlogiston begann Lavoisier 1772 mit einer Note, die er bei der Akademie deponierte und welche in der ersten Hälfte des folgenden Jahres eröffnet und gelesen wurde. Er erklärte darin, dass bei der Verkalkung von Metallen ebenso wie bei der Verbrennung von Phosphor und Schwefel eine Gewichts- zunahme stattfindet, dass diese von der Absorption einer grossen Menge Luft herrührt und dass bei der Reduktion von Metallkalken Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. sich wieder Luft in grosser Menge entwickelt Kopp , a. a. O., Bd. I, S. 305. . Die Frage, ob ein besonderer Teil der Luft bei der Verkalkung absorbiert werde, hatte Lavoisier noch nicht untersucht. Da teilte ihm Pristley , bei einem Aufenthalt in Paris 1774, seine Entdeckung des Sauerstoffgases mit und dadurch erlangte erst diese Entdeckung in Lavoisiers Kopf ihre weltgeschichtliche Bedeutung. 1775 erschien die wichtige Schrift Lavoisiers , in der er nachwies, dass es der Sauerstoffsei, welcher die Verbrennung bewirke und dass der Sauerstoff die notwendige Bedingung jedes Verbrennungsprozesses sei. In demselben Aufsatz wies er nach, dass die fixe Luft (Kohlensäure) eine Verbindung von Kohle mit Sauerstoff sei, da bei dem Erhitzen von Kohlen mit Metall- kalk regulinisches Metall zurückbleibe und fixe Luft entweiche. Ebenso wies er bereits darauf hin, dass im Salpeter viel Sauerstoff enthalten sein müsse, woraus sich die lebhaften Verbrennungserscheinungen derselben mit Kohlen und anderen Körpern erklärten. Um seine Erklärung der fixen Luft noch klarer zu beweisen, stellte er Ver- brennungsversuche mit Diamanten im Inneren eines mit Luft oder Sauerstoffgas gefüllten Glasgefässes mit Hülfe grosser Brenngläser an. Er zeigte, dass bei der Verbrennung nichts anderes als fixe Luft gebildet wird, gerade so, wie wenn man in gleicher Weise Holzkohle verbrennt. Wichtiger noch war seine Arbeit über die Verbrennung des Phosphors, welche er 1777 publizierte, denn er konnte dabei zugleich nachweisen, dass bei der Verbrennung in einem abgemessenen Volumen Luft nur ein Fünftel absorbiert wurde, während vier Fünftel einer Luftart zurückblieb, welche weder die Verbrennung noch die Atmung unterhalten konnte. Er suchte daraus zu beweisen, dass die atmo- sphärische Luft ein Gemisch aus zwei verschiedenen Gasarten sei. In demselben Jahre 1777 bewies er die Zusammensetzung der Schwefel- säure. Dass bei der Verbrennung von Schwefel schweflige Säure ent- stehe, war längst bekannt, dass dies durch Verbindung von Schwefel mit einer gewissen Menge Sauerstoff geschehe, war für Lavoisier leicht nachzuweisen. Erhitzt man Quecksilber mit koncentrierter Schwefel- säure, so entwickelt sich ebenfalls schweflige Säure, indem die Schwefel- säure einen Teil ihres Sauerstoffs an das Quecksilber abtritt. Dieser vom Quecksilber aufgenommene Sauerstoff entweicht aber wieder bei stärkerem Erhitzen. Auf diese Weise konnte Lavoisier Schwefel- säure direkt in schweflige Säure und Sauerstoff zerlegen und den Beweis liefern, dass die Schwefelsäure nur eine höhere Oxydations- Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. stufe des Schwefels sei. — Aus diesen Thatsachen konnte Lavoisier auch erklären, wie der Zerfall des Schwefelkieses und des Schwefel- eisens in Eisenvitriol vor sich geht. An der Entdeckung der Oxydationsstufen des Stickstoffs haben Lavoisier, Cavendish und Pristley zugleich Anteil. Lavoisier wies in derselben Weise, wie bei der Schwefelsäure, nach, dass die Salpetersäure aus Sauerstoff und einem anderen Gase, dem Salpeter- gas, bestände. Was das Salpetergas sei, wies Cavendish nach, indem er aus einem Gemenge von Sauerstoff und Stickstoff durch fort- gesetztes Durchschlagen elektrischer Funken Salpetersäure erzeugt hatte. Pristley wies die untersalpetrige Säure als eine besondere Oxydationsstufe des Salpetergases nach. So erklärte dann Lavoisier 1778 das als Lebensluft oder reine Luft bezeichnete Gas für den Säurebilder und legte ihm dem entsprechend 1781 den Namen Oxygen (Sauerstoff) bei. Lavoisier wandte sich nun wieder den Metallkalken oder Oxyden zu. Er stützte sich auf Bergmans Arbeit, welcher durch die Ausfällung eines Metalls aus einer Lösung durch ein anderes Metall die Menge des Phlogistons zu bestimmen gesucht hatte. Lavoisier erkannte klar, dass man so zwar nicht das Phlogiston, aber wohl den Sauerstoff der Metallkalke bestimmen könne. Seine Resultate waren aber wegen der Ungenauigkeit der Versuche ebenso mangelhaft, wie die Bergmans . Die Sauerstoffverbindung des Eisens suchte er direkt durch Verbrennen darzustellen; da er aber nicht beachtete, dass das Eisen verschiedene Sauerstoffverbindungen bildet, so waren auch diese Resultate nicht genau. Auf grund seiner Versuche stellte Lavoisier 1782 eine Verwandt- schaftstafel der Metalle zum Sauerstoff auf, die aber ebenso unzuläng- lich war wie Bergmans Verwandtschaftstafel des Phlogiston. Um diese Zeit machte Cavendish seine wichtigen Untersuchungen über die Verbrennungsprodukte der Gase, welche ihn zu der höchst wichtigen Entdeckung der Zusammensetzung des Wassers führten. 1783 erhielt Lavoisier von Cavendishs Entdeckung, dass sich bei der Verbrennung des Wasserstoffs Wasser bilde, Kenntnis. Sogleich wurde es ihm klar, dass Wasser eine Verbindung von Wasserstoff und Sauerstoff sein müsse. Er machte Cavendishs Verbrennungs- versuche nach und bestimmte die Zusammensetzung aus der Menge der verbrauchten Gase. Er zerlegte das Wasser, indem er Dämpfe über glühendes Eisen leitete, mit welchen sich der Sauerstoff verband und der abgeschiedene Wasserstoff aufgefangen wurde. Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. Durch diese wichtige Entdeckung beantwortete sich die schwierige Frage, woher die Metalle bei der Auflösung in Säuren ihren Sauer- stoff hernähmen, und woher der Wasserstoff, der sich dabei ent- wickelte, stamme, leicht, und Lavoisier konnte nun (1785) mit Bestimmtheit aussprechen, dass sich die Säuren nie direkt mit einem Metall, sondern immer nur mit einem Oxyd desselben verbinden und dass die Oxydation des Metalls entweder auf Kosten des Sauerstoff- gehaltes der Säure oder des Wassers vor sich geht. So war Lavoisiers Theorie zu einem vollkommenen Gebäude angewachsen, das die Blicke aller Chemiker anzog, wenn auch anfangs nur einzelne einzutreten wagten. Die Phlogistontheorie war Lavoisiers Angriffen nicht gewachsen. Seine Abhandlungen über die Verbrennung (1778) und über das Phlogiston (1783) waren unwiderleglich, denn sie beruhten auf Wahrheit. Vom Jahre 1785 an fand seine Lehre Anerkennung, und bedeutende Chemiker schlossen sich ihr an. Durch Lavoisier entstand zunächst in Frankreich die anti- phlogistische Schule, aus welcher eine Reihe der berühmtesten Forscher auf dem Gebiete der Chemie hervorgegangen sind und diese französische Schule oder la chimie Française, wie sie ihre Anhänger mit Stolz nannten, war für mehrere Jahrzehnte tonangebend und führend in Europa. Dabei unterstützte die französische Republik die junge Wissenschaft der Zukunft, welche wie sie selbst und fast zu gleicher Zeit auf französischem Boden durch eine Revolution gegen das Alte erstanden war, auf das eifrigste. Lavoisiers Arbeiten sind von unermesslicher Tragweite für die Chemie und für alle Naturwissenschaften, für die Industrie und die Kultur geworden. Die quantitative Untersuchungsweise gab ihr eine Sicherheit und eine Beweiskraft, die der Chemie vorher gefehlt hatte und die sie mit einem Male zu einer gleichberechtigten Wissenschaft neben die Physik stellte, der sie bis dahin unterstellt gewesen war. Die selbständige Weiterentwickelung dieser beiden verwandten Zweige der Naturwissenschaft hat in der segensreichsten Weise beide gefördert. Welche Folgen Lavoisiers Lehre zunächst für die Chemie hatte, können wir nur andeuten. Die Lehre von der Affinität , die man bisher nur qualitativ auf- gefasst hatte, bekam durch die quantitative Untersuchung erst festen Halt und erhöhte Bedeutung. Mit der Überzeugung von der Unver- änderlichkeit des Gewichtes der Materie bekam die quantitative Analyse erst ihre richtige Stellung und Bedeutung. Durch die quantitative Analyse lernte man die wirkliche Zusammensetzung zahl- Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. loser Körper kennen, die man vorher gar nicht darauf untersucht hatte. Aber indem man sich nicht damit begnügte, die quantitative Zusammensetzung einer Einheitsmenge zu finden, sondern ebenso danach suchte, wie viele der verschiedenen Bestandteile sich mit dem gleichen Gewicht einer bestimmten Substanz verbinden und in der weiteren Folge, eine wie grosse Menge einer Substanz nötig ist, um eine gewisse Menge einer anderen Substanz in Verbindungen zu ersetzen, kam man auf den Begriff des Äquivalents und legte damit die Grundlage der Stöchiometrie . Man fand, nachdem man die Äquivalentzahlen ermittelt hatte, dass die chemischen Verbindungen nicht nur in konstanten, sondern auch in einfachen Gewichtsverhält- nissen statthaben. Die quantitative Analyse führte ferner zur Auf- findung des Gesetzes der multiplen Proportionen . Mit der Erkenntnis dieser Gesetze erhebt sich die chemische Wissenschaft über den empirischen Standpunkt empor zur Wissenschaft. Indem man sich nicht mit der Gewichtsermittelung begnügte, sondern bei den gasförmigen Körpern auch die Volumveränderungen beobachtete und deren Gesetzmässigkeit erkannte, gelangte man zur Entdeckung des Zusammenhangs zwischen specifischem Gewicht und Äquivalent- gewicht bei den gasförmigen Körpern. Und diese Entdeckung führte wieder zur Bestimmung des Atomgewichtes . Dass eine ganz andere Vorstellung von den Elementen mit der neuen Lehre aufkam, bedarf kaum der Erwähnung. Für sie war ein Element der Stoff, der sich chemisch nicht weiter zerlegen lässt. So entsprang aus Lavoisiers Untersuchungen, Entdeckungen und Schlussfolgerungen der ganze Reichtum der modernen Chemie. Wie Schuppen fiel es nun auch den Metallurgen von den Augen. Wie einfach und natürlich erschienen jetzt die Vorgänge, deren Erklärung die Phlogistontheorie mehr verdunkelt als aufgeklärt hatte. Oxydation und Reduktion sind ja die Grundlage fast aller metallurgischen Operationen. Diese waren durch die neue Lehre auf das einfachste erklärt. Jetzt erst kam die Luft, die man zwar als Luftzug oder Gebläsewind auch vordem nie entbehren konnte, der die Theorie aber immer nur eine zufällige, nebensächliche Bedeu- tung zuerkannt hatte, zu ihrem Recht. Jetzt erst fiel der Schleier des Geheimnisses, der die Konstitution der verschiedenen Eisen- sorten verhüllt hatte. Der „flüchtige Schwefel“, das „brennliche Wesen“, das „Phlogiston“ und wie man es sonst noch genannt hatte, es enthüllte sich einfach als Kohlenstoff ; ein Stoff, der uns überall umgiebt, den wir mit uns herumtragen, der unserem Körper Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. Wärme und Leben verleiht und den man doch erst so spät erkannt hat! Die Entdeckung, dass ein verschiedener Gehalt an Kohlenstoff die Verschiedenheit der Eisenarten, des Gusseisens, Stahls und Schmiede- eisens bedingt, war die unmittelbare Folge der Lehre und der Unter- suchungsweise Lavoisiers . War sie doch, wie wir gesehen haben, durch bedeutende Chemiker, namentlich durch Reaumur, Bergman und Rinman so vorbereitet, dass uns für die Erklärung ihrer chemi- schen Untersuchungen und Beobachtungen oft nur das eine erlösende Wort gefehlt hat. Dem ungeachtet ist die vortreffliche Arbeit, in welcher die drei Naturforscher Monge, Vandermonde und Berthollet im Jahre 1786 zuerst den Nachweis geliefert haben, dass es der Kohlenstoff sei, welcher die Verschiedenheit der Eisensorten, die Umwandlung des Schmiedeeisens in Stahl durch die Cementation u. s. w. bedinge, ein Ereignis für die Geschichte des Eisens. Sie ermittelten, dass in allen Eisensorten Kohlenstoff enthalten ist, dass davon aber das Schmiedeeisen nur sehr wenig, der Stahl mehr und das Gusseisen am meisten enthält. Bergman hatte bereits auf die Wichtigkeit der längst bekannten Thatsache, dass man durch Zusammenschmelzen von Schmiedeeisen mit Kohle unter verschiedenen Bedingungen die verschiedenen Modifikationen des Eisens darstellen könne, hingewiesen. Da er aber eine unrichtige Vorstellung von dem Wesen der Kohle hatte, fand er die richtige Erklärung nicht. Er nannte das Reissblei (Garschaum, Kies) im Eisen „eine Verbindung des in einem gewissen Grade gestärkten Eisens mit dem gröberen Brennbaren desselben“. Scheele hatte schon 1779 die kohlenartige Natur des Graphits im Roheisen nachgewiesen und man fing bereits an, demselben eine wesentliche Rolle in der Zusammen- setzung des grauen Roheisens zuzuschreiben; so namentlich auch Monge in Frankreich 1786. Der Sturz der Phlogistontheorie durch Lavoisier , der Nachweis, dass Luft und Wasser zusammengesetzte Körper, sowie dass alle chemischen Stoffe wägbar sind, die Erklärung der Verbrennung und Verkalkung, die grosse Rolle, welche der Sauerstoff bei den wich- tigsten chemischen Prozessen spielt, führten in ihren weiteren Folgen auch zu einer richtigen Erklärung der Konstitution des Eisens und der Ursache der Verschiedenheit seiner verschiedenen Modifikationen als Schmiedeeisen, Stahl und Gusseisen. Bis dahin hatte man diese Ver- schiedenheit durch das brennbare Wesen oder das Phlogiston erklärt. Nachdem die neue, sogenannte „antiphlogistische“ Schule nachgewiesen Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. hatte, dass es kein Phlogiston gebe, musste man nach einer anderen Erklärung suchen. Diese lieferten die französischen Chemiker und Physiker Vandermonde, Berthollet und Monge in einer klassischen Abhandlung über das Eisen in seinem verschiedenen metallischen Zustande, welche im Jahre 1786 in den Memoiren der Akademie der Wissenschaften in Paris erschien Mem. de l’Acad. des Sciences A. 1786, p. 204. Deutsch in Crells Chemi- schen Annalen von 1794, S. 353, 460, 509. . Diese Schrift bildet die Grundlage für die Lehre von der Zusammensetzung des Eisens. Wie früher erwähnt, hatten Reaumur und Bergman die Natur der verschiedenen Eisensorten so gründlich studiert und so richtig erkannt und beschrieben, dass sie von der vollen Wahrheit nur die falsche Theorie trennte. Es fehlte für den die Eigenschaften bedin- genden Bestandteil nur die richtige Bezeichnung als Kohlenstoff. Diese sprachen die genannten Chemiker zuerst bestimmt aus. Sie stellen sich in allem übrigen ganz auf den Boden der Untersuchungen von Reaumur und Bergman , gestehen dies rückhaltlos ein und sagen selbst, sie übersetzten eigentlich nur deren Resultate in eine neue Sprache. Hierin ist ihre Bescheidenheit zu gross. Vor allem beseitigten sie einen fundamentalen Irrtum Bergmans . Dieser ging von der Annahme aus, dass die brennbare Luft (Wasserstoff), welche sich bei der Auflösung des Eisens in Säuren, namentlich in verdünnter Schwefel- säure entwickle, aus dem Eisen herrühre, also a priori ein wesent- licher Bestandteil des Eisens sei. Vandermonde, Berthollet und Monge wiesen dagegen nach, dass alle brennbare Luft, die sich bei dieser Auflösung bilde, aus dem Wasser herrühre. Es war durch Lavoisier erwiesen, dass sich bei der Lösung der Metalle in Säuren eine entsprechende Menge Wasser zersetze, indem sich das Metall auf Kosten des Sauerstoffs im Wasser oxydiere und nur in oxydiertem Zustande von der Säure gelöst werde. Daraus folgt, dass die Menge des bei der Auflösung sich bildenden Wasserstoffgases der Menge des reinen Eisens in der Substanz entspricht. Diese Mengen waren aber ungleich. Nach Bergmans Versuchen verhielten sie sich bei Stab- eisen, Stahl und Roheisen wie 50 : 48 : 40. Es musste also mit dem reinen Eisen, welchem das geschmeidige Eisen am nächsten kommt, ein oder mehrere fremde Stoffe in dem Stahl und dem Roheisen ver- bunden sein, welche diese geringere Wasserstoffentwickelung bedingen. Diese fremde Substanz war Kohlenstoff. Dass dieser sich mit dem Stabeisen verbindet und dadurch Stahl bildet, ging klar aus der Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. Cementstahlbereitung hervor. Das Cementierpulver, in dem die Schmiedeeisenstäbe geglüht werden, ist Kohle. Es findet nachweislich durch dieses Glühen eine Gewichtszunahme statt. Diese kann nur durch Aufnahme von Kohlenstoff bedingt sein. Schwerer fiel es den französischen Chemikern, die Natur des Roheisens zu erklären, weil sie noch nicht zwischen gebundenem und ungebundenem Kohlenstoff unter- schieden oder vielmehr weil sie von gebundenem Kohlenstoff noch nichts wussten und annahmen, aller Kohlenstoff sei als ungebundener Kohlenstoff oder Graphit in dem Eisen enthalten. Dass aber auch bei dem Roheisen der Kohlenstoff den Unterschied zwischen weissem Eisen und grauem Eisen bedinge, schlossen sie daraus, dass man graues Eisen, welches nach ihrer Auffassung viel Kohlenstoff enthielt, erhält, wenn man die Erze mit viel Kohlen schmilzt, dagegen weisses Roheisen, wenn man dasselbe Erz mit wenig Kohle, also bei über- setztem Gang, schmilzt. Indessen genügt ihnen der Kohlenstoffgehalt nicht, um den grossen Unterschied zwischen weissem und grauem Roheisen zu erklären, ebenso genügt er ihnen nicht, um daraus die grosse Differenz der Wasserstoffmenge, welche aus Roheisen, und der, welche aus Stahl und Stabeisen entwickelt wird, herzuleiten. Um diese Erscheinungen zu erklären, machen sie die alte Theorie Reaumurs , dass das Eisen in Roheisen noch nicht vollkommen metallisiert sei, zu der ihrigen. Sie sagen: „Roheisen muss als ein König angesehen werden, dessen Wiederherstellung (Reduktion) nicht vollendet ist, der also noch einen Teil der Lebensluft in sich hat, mit welcher er im Erze als Kalk gebunden war.“ Sie nehmen also im Roheisen noch eine gewisse Menge Sauerstoff neben dem Kohlenstoff als wesentlichen Bestandteil an. Den Unterschied zwischen weissem und grauem Roheisen erklären sie nur dadurch, dass im weissen Eisen die Wiederherstellung noch unvollkommener ist als im grauen, dass also im weissen Eisen eine grössere Menge Sauerstoff neben einer geringeren Menge Kohlenstoff enthalten ist, während das graue Roheisen wenig Sauerstoff und viel Kohlenstoff enthält. Dadurch soll sich die verhältnismässig geringe Menge Wasserstoff, welche das weisse Eisen bei der Auflösung in Schwefelsäure entwickelt, erklären. Diese würde sich, nach der Anschauung der Verfasser, aus dem geringen Kohlengehalt nicht her- leiten lassen, wohl aber aus der Beimengung von oxydischem Eisen, welches sich ja ohne Wasserstoffentwickelung in der Säure löst. Wenn bei dem Roheisen der Sauerstoffgehalt ein beträchtlicher ist, so ist er zwar bei dem Schmiedeeisen nur ein geringer, aber ganz frei davon Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. scheint ihnen kein Eisen zu sein. So wenig es einen idealen Zustand des weichen Eisens, welches frei von allem Kohlenstoff sein müsste, giebt, so wenig giebt es einen absolut sauerstofffreien. Die Fehler von schlechtem Schmiedeeisen beruhen zum Teil auf einem grösseren Sauerstoffgehalt. Der Stahl steht in dieser Beziehung nicht in der Mitte zwischen Roheisen und Schmiedeeisen; der Stahl verlangt viel- mehr ein möglichst vollkommen wiederhergestelltes, d. h. sauerstoff- freies Eisen zu seinem Grundstoff. Der Unterschied von Stahl und Stabeisen liegt nicht nur im Kohlenstoffgehalt; der Grundstoff des Stahls ist vielmehr von Sauerstoff freier als der des Schmiedeeisens. „Im Brennstahl ist das Eisen vollkommen wieder hergestellt, aber noch überdies mit Kohlenstoff gebunden, den er aus dem Cement ein- geschluckt hat und von dem er eine gewisse Menge enthalten muss, wenn der Stahl von bestimmter Beschaffenheit sein soll. Zwischen Roheisen und Stahl besteht also dieser grosse Unterschied, dass in jenem das Metall immer schlecht, in diesem aber immer vollkommen wieder hergestellt ist; aber in beiden ist das Eisen an Kohlenstoff gebunden.“ Von dieser Ansicht aus erklären die Verfasser die wichtigsten Prozesse bei der Eisen- und Stahlbereitung. Das Rohschmelzen des Eisens ist die Reduktion der Erze oder die Wiederherstellung zu Metall. Diese ist aber nur unvollkommen, weil das Roheisen zu kurz vor der Form verweilt, hier gleich schmilzt und unter die flüssige Schlackendecke sinkt, die es vor weiterer Einwirkung schützt. Die Bereitung des Stahleisens bei dem Frischprozess beruht auf zwei ganz verschiedenen Wirkungen, einer chemischen, dem Frischen, und einer mechanischen, dem Recken. Bei dem Cementieren erkennt man am deutlichsten den chemi- schen Vorgang, der in einer Aufnahme von Kohlenstoff besteht. Durch das Brennen ändert sich wirklich die chemische Natur des Eisens, durch das Härten dagegen nicht. Um den Vorgang bei der Cementa- tion nochmals ganz klar zu stellen, machten die Verfasser sorgfältige Versuche, bei welchen sie Stabeisenstäbe in reiner, ausgeglühter Holzkohle bei vollständigem Abschluss von Luft und Feuchtigkeit glühten. Sie konnten auf diese Art nachweisen, dass die Veränderung, welche das Stabeisen erleidet, wenn es zu Stahl wird, allein von der Wirkung der Kohle und von keinem luftartigen Wesen, welches die Hitze daraus treibt, kommt und dass die Gewichtszunahme nur der Aufnahme von Kohle zuzuschreiben ist. Die Gewichtszunahme schwankte bei vier Versuchen zwischen 1/170 bis 1/180 des Eisengewichtes. Diese Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. Gewichtszunahme ist nach Ansicht der Verfasser aber nicht als abso- lute Gewichtszunahme, sondern als die Differenz zwischen dem Zuwachs an Gewicht, den die Kohlenstoffaufnahme hervorbringt, und dem Ver- lust, den die gänzliche Wiederherstellung des Metalls, d. h. die Scheidung des kleinen Anteils von Lebensluft, der immer auch im geschmeidigsten Eisen ist, veranlasst. Die Verfasser haben auch Bergmans Messungen der Mengen des Wasserstoffs, welcher sich bei der Lösung von Eisen in verdünnter Schwefelsäure entwickelt, wiederholt und wollen gefunden haben: 1. dass weisses Roheisen immer weniger brennbare Luft giebt als graues, und 2. dass Stahl immer weniger giebt als Stabeisen. Sie fanden ferner, dass sich bei der Auflösung Wasserstoff mit einem Teil des Kohlen- stoffs zu Kohlenwasserstoff verbindet. Da dieser Kohlenwasserstoff ein geringeres Volumen einnimmt als reiner Wasserstoff, so erkläre sich zum Teil auch daraus die geringere Gasentwickelung bei der Auflösung von Stahl als von Roheisen. Die Differenz der Gasvolumina entspricht also nicht unmittelbar der Differenz an Kohlenstoff, sondern man muss, um diesen genau zu bestimmen, erst die Menge des Kohlenwasserstoffs ermitteln. Dass das Roheisen Kohlenstoff enthalte, gehe nicht nur daraus hervor, dass seine blanke Oberfläche wie bei Stahl, wenn man einen Tropfen Säure darauf bringt, einen schwarzen Fleck giebt, sondern auch daraus, dass Stabeisen durch flüssiges Roheisen in Stahl ver- wandelt wird. Die Verfasser machten einen Versuch im Tiegel, der dies vollständig bestätigte. Die Kohle löse sich beim Schmelzen des Eisens in diesem auf, wie sich Salz in Wasser löse. Das weisse Roh- eisen sei leichtflüssiger, weil es noch mehr Lebensluft enthielte. Die Verschiedenheit der Roheisensorten liege also einesteils in der ver- schiedenen Menge Lebensluft, andernteils in der verschiedenen Menge Kohle, welche sie enthalten. Das Hauptargument, dass das Roheisen im allgemeinen und das weisse Roheisen besonders noch Lebensluft enthalten müsse, ist das, dass letzteres weniger entzündbare Luft bei der Auflösung in Säure entwickelt, obgleich es weniger Kohlenstoff als das graue enthalte. Dass graues Roheisen durch wiederholtes Umschmelzen in ganz geschlossenen Gefässen stahlartig wird, soll beweisen, dass auch das graue Roheisen Sauerstoff in seiner Masse enthält und dass dieser sich beim Umschmelzen mit Kohlenstoff ver- bindet. Der Hauptbeweis, dass das Stabeisen noch Lebensluft enthält, ist der, dass Stabeisen beim Cementieren Blasen bildet, welche von dem Austreten der festen Luft (Kohlensäure), die sich aus der Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. Verbindung der Kohle mit der wenigen Lebensluft im Stabeisen gebildet habe, herrührten. Bei dem Hochofenprozess haben die Kohlen eine mehrfache Auf- gabe zu erfüllen: sie erzeugen die Hitze, welche zur Schmelzung nötig ist, sie reduzieren das Erz, indem sie sich mit dessen Sauerstoff ver- binden, und endlich löst sich ein Teil davon in dem geschmolzenen Eisen auf. Die Verfasser weisen selbst auf den Widerspruch hin, der darin liegt, dass gerade das Eisen, welches den meisten Kohlenstoff auf- gelöst hat, auch die meiste Lebensluft enthält, da man bei der Verwandt- schaft beider doch das Gegenteil erwarten sollte. Als Erklärung hier- für dient ihnen das rasche Schmelzen und das kurze Verweilen vor der Form. Dass sich Kohlenstoff mit dem Eisen verbindet, geben die Verfasser zu und es ändere sich die Verwandtschaft des Kohlenstoffs zum Eisen nach den verschiedenen Stufen der Hitze. Bei höherer Hitze nimmt das Eisen mehr Kohlenstoff auf, es wird damit über- sättigt und lässt ihn beim Abkühlen wieder fahren. Geschieht dies sehr langsam, so scheidet sich dieser Kohlenstoff zuweilen als Garschaum an der Oberfläche aus, meist bleibt er aber in der Masse zerstreut. Der so ausgeschiedene Kohlenstoff ist Graphit oder Reissblei. Bergman, Scheele, Hjelm und Pelletier haben bewiesen, dass die aus- geschiedenen Graphitblättchen des Eisens nichts anderes sind als Kohlenstoff mit einem gewissen Anteil Eisen verbunden. Die Ver- fasser haben Graphit mit Hülfe eines starken Brennglases in einem geschlossenen Glasgefässe verbrannt. Es hatte sich dabei Kohlensäure gebildet und auf dem zurückgebliebenen Rest von Graphit fanden sich Kügelchen von geschmolzenem Eisen — Graphit halten sie deshalb für Kohlenstoff, der mit Eisen gesättigt ist, und zwar im Verhältnis von 9/10 zu 1/10. Ihre Beobachtungen führen zu dem Schluss, dass im erkalteten Roheisen und Stahl wahrscheinlich gebundener Kohlen- stoff ist, der aber auch wieder bei dem Erkalten austritt und unge- bunden darin bleibt, aber nicht als reiner Kohlenstoff, sondern als Reissblei. Graues Roheisen und weicher Stahl sind demnach keine gleichartigen Stoffe. Die Resultate der französischen Chemiker, die mit Klarheit und Bestimmtheit vorgetragen sind, stellen einen grossen Fortschritt dar. Sie enthalten aber auch einen grossen Fehler, das ist die Annahme eines wesentlichen Sauerstoffgehaltes in Roheisen und sogar im Schmiede- eisen. Diese Annahme erklärte allerdings scheinbar vielerlei Erschei- nungen in leichter Weise, deshalb wurde sie auch ziemlich allgemein angenommen; sie war aber nur so lange haltbar, als man die Eisen- Beck , Geschichte des Eisens. 41 Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. sorten keiner genauen chemischen Analyse unterzog. Dieser schweren Aufgabe war man damals noch nicht gewachsen. Dass diese hochbedeutsame Abhandlung bei allen gebildeten Metallurgen das grösste Aufsehen erregte, ist natürlich. Die neuen Ansichten waren in so überzeugender, verständlicher Weise vor- getragen, dass sie allgemeinen Anklang fanden und zunächst kaum einen Widerspruch hervorriefen. Um ihre praktische Bedeutung zu erhöhen und noch klarer vor Augen zu führen, stellte im Jahre 1794 die königl. böhmische Gesellschaft der Wissenschaften die Preisfrage: Worin besteht der Unterschied zwischen Roheisen aus Hohenöfen und geschmeidigem Eisen aus Frischherden und nach welcher Methode lässt sich das letztere am besten und vorteilhaftesten aus dem ersteren bereiten? Für den ersteren Teil der Frage empfahl die königl. Gesellschaft die angeführte französische Abhandlung, aber mit dem Hinweis, dass die Bestimmung der besten Frischmethode der Hauptgegenstand der Aufgabe sein solle. — Als Termin war der 1. Januar 1796 bestimmt; er wurde aber bis zum 3. März 1797 verlängert. Es liefen acht Abhandlungen ein, von denen drei als die besten befunden und der ausgesetzte Preis unter denselben geteilt wurde. Ausserdem wurden aber diese drei Abhandlungen, welche von Professor Lampadius , Hofrat Hermann und K. Schindler herrührten, auf Kosten der böhmischen Gesellschaft gedruckt. Sie gehören zu den besten hütten- männischen Schriften aus jener Zeit. Während die beiden letzten Abhandlungen die praktische Lösung der Frage erstreben, ist die erste mehr theoretisch gehalten. Lampadius kommt darin im wesentlichen zu demselben Ergebnis wie Vandermonde, Berthollet und Monge . Obgleich er durchaus selbständig experimentiert, findet er doch auch den Sauerstoff als einen wesentlichen Bestandteil des Roheisens, nur nimmt er an, dass derselbe erst durch den Gebläsewind in dasselbe gelange. Lam- padius hatte seine Beobachtungen an dem Hochofen des Grafen Einsiedel zu Mückenburg gemacht. Er beschreibt die Vorgänge bei dem Schmelzprozess in einem Hochofen von 32 Fuss Höhe folgender- massen: „In dem oberen Teile des Ofens von 10 bis 12 Fuss über der Rast verflüchtigen sich die flüchtigsten Bestandteile, als das Wasser der Erze und der Kohlen, auch fängt schon am Ende die Verflüch- tigung des Schwefels, Phosphors und der Luftsäure (Kohlensäure) an; tiefer bis zur Rast dauert die Verjagung dieser Substanzen fort und Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. die Reduktion nimmt ihren Anfang, indem sich der Kohlenstoff der Kohle mit dem Sauerstoff der Erze verbindet und als Luftsäure ent- weicht. Von hier bis zur Form findet der Anfang der Schmelzung statt, die verschiedenen Erden lösen sich untereinander nebst dem Eisen und Braunsteinkalk, welche noch nicht reduciert sind (auch der Schwefel und die Phosphorsäure, wenn diese noch nicht verflüchtigt sind), auf, indem die Kohle die Reduktion vollendet und anfängt, sich mit dem Eisen zu verbinden. Durch die Verbindung der ersteren untereinander wird die Schlacke und durch die der letzteren das Roheisen erzeugt. (Ist noch unverflüchtigter Schwefel oder Phosphor in der Mischung, so geht auch dieser mit in das Roheisen.) Nun- mehr erreicht das Ganze die heftige Wirkung des Gebläses, wo der höchste Grad der Schmelzung stattfindet (wo sich auch der Braun- stein mit dem Eisen verbindet), zugleich aber auch dem reduzierten Eisen aus der immer mit Gewalt zuströmenden Luft Lebensluft mit- geteilt wird. In den oberen Teilen des Ofens konnte diese Ver- kalkung nicht stattfinden, da sich das Gemenge in einer Säule von Luftsäure und Stickluft befand. Ein Teil dieses verkalkten Eisens geht auch mit in die Schlacke über, welche sich nun vermöge ihres geringeren specifischen Gewichts absondert. Die Eisen- und Schlackentropfen passieren endlich die Form und fallen noch von neuem auf Kohlen, wo das erstere noch einen Teil Kohlenstoff auf- nimmt. Jetzt bedeckt die Schlacke das vollendete Roheisen, welches nun bei dem gehörigen Gange des Hohenofens keine Veränderung mehr erleidet. Im Fall man aber nicht zeitig genug absticht, so dringt der Wind durch die Schlacke und verbrennt noch Eisen, welches die erstere aufnimmt. Der geringe Anteil von Erden in dem Roheisen ist vorzüglich während der Schmelzung, ich möchte fast sagen, mechanisch hinein- gekommen. Demnach besteht das Roheisen hauptsächlich aus: metallischem Eisen, gekohltem Eisen, Sauerstoff und enthält zufällig Erden, Phos- phor, Schwefel und Braunstein. Die Hochofenschlacken bestehen aus verglasten Erden und ver- kalktem Eisen; sie enthalten zufällig Braunsteinkalk, Phosphorsäure, Schwefelsäure.“ Lampadius nimmt ebenfalls an, dass der Kohlenstoff nicht in der Masse des Eisens aufgelöst, sondern dass er mit einem gewissen Teil Eisen chemisch verbunden als Graphit in dem Roheisen ent- halten ist. Nach seinen Untersuchungen hinterliessen 41* Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. 100 Teile weisses Roheisen nach der Auflösung in ver- dünnter Schwefelsäure 1⅝ Proz. 100 Tle. weissgraues Roheisen 2¾ „ 100 „ graues Roheisen 3⅞ „ 100 „ schwarzgraues Roheisen 4¼ „ gekohltes Eisen. Lampadius nimmt an, dass dieser Rückstand den ganzen Kohlenstoffgehalt des Eisens enthalte. Der Frischprozess verläuft nach Lampadius in der Weise, dass: 1. Der Sauerstoff der Luft sich bei einem gewissen Temperaturgrade mit dem gekohlten Eisen in dem Roheisen verbindet und die Kohle in Luftsäure, das damit verbundene Eisen in Eisenkalk verwandelt. Erstere wird verflüchtigt, letztere geht in die Schlacke über. 2. Der in dem Roheisen enthaltene Eisenkalk (Sauerstoff und Eisen) wird abgesondert und in die Schlacke geschmolzen, da verkalktes Eisen viel leichter fliesst als reduziertes. 3. Die in dem Roheisen enthaltenen Erden lösen sich mit dem Eisenkalk chemisch auf und gehen in die Schlacke über. 4. Ein geringer Teil gekohltes Eisen geht unverändert mit in die Frischschlacke über, weil es ebenfalls leichtflüssiger ist, wie das Frischeisen, doch ist es gewissermassen nur mechanisch in demselben enthalten. 5. Weil das Eisen überhaupt eine starke Affinität gegen den Sauerstoff hat, so wird auch noch ein Teil in dem Frisch- herd verkalkt und geht mit als Bestandteil in die Frischschlacke über. Enthält das Roheisen noch Braunstein, Phosphor oder Schwefel, so werden auch diese oxydiert und verschlackt. Demnach ist die Eisen- frischarbeit ein wirklicher Oxydationsprozess. Der Gewichtsverlust, welchen das Roheisen beim Verfrischen erleidet, entsteht: 1. Durch Verkalkung des Eisens, welches mit dem Kohlenstoff verbunden war. 2. Durch die Absonderung des mit Sauerstoff schon verbundenen Eisens. 3. Durch zufällige Verkalkung von Eisen während der ganzen Arbeit. 4. Durch die Absonderung des Kohlenstoffs. 5. Durch die Absonderung der Erden, des Braunsteins, Phosphors u. s. w. Lampadius nimmt also bestimmt an, dass noch eine nicht unbeträchtliche Menge Sauerstoff im Roheisen enthalten sei, ebenso aber auch die Abscheidung desselben bei dem Frischprozess. Von Interesse ist noch folgende, von ihm mitgeteilte Analyse einer Frischschlacke. In 100 Teilen waren enthalten: 77 Eisenkalk, 10¼ Kieselerde, 3 Thonerde, Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. 3 Braunsteinkalk, 1¾ Phosphorsäure, 1½ gekohltes Eisen. In Bezug auf den zweiten Teil der Preisfrage fasst sich Lampadius sehr kurz. Er schlägt das Vorfrischen in einem grossen Flammofen, in dem man etwa 50 bis 70 Centner auf einmal verarbeiten soll, vor, indem er von dem richtigen Grundsatz ausgeht, dass ein Prozess um so ökonomischer wird, in je grösserem Massstabe man ihn betreibt. Er schiesst aber mit seinem Vorschlag, der ein ganz theoretischer war, weit über das Ziel des damals Möglichen hinaus und verrät damit, dass er von dem Wesen des Puddelprozesses keine richtige Vor- stellung hatte. Trotz aller Fortschritte im Puddelbetrieb ist man doch nicht entfernt jemals zu solchen Einsätzen gekommen, im Gegenteil haben sich grössere Einsätze, als etwa 5 Centner, nicht als vorteilhaft erwiesen. Von Interesse ist aber Lampadius ’ Bericht über Frischversuche in einem Puddelofen zu Mückenberg, welche wir an anderer Stelle besprechen werden. Hermann ist noch vollständig in den Anschauungen der Phlogiston- theorie befangen und kann sich mit den Ansichten der französischen Forscher nicht befreunden. Seine theoretischen Erörterungen haben für uns deshalb kein Interesse; wohl aber der praktische Teil seines Werkes, indem er die Verbesserungen des Hochofenwesens an den sibirischen Hütten, bei welchen er selbst thätig war, erläutert. Seine Vorschläge sind sehr richtig und gut und werden durch lehrreiche Beilagen erläutert. Als Frischverfahren empfiehlt er die bekannte Wallonschmiede und die deutsche Frischschmiede und sucht die ökonomische Verbesserung mehr in dem Umfange und der Zweck- mässigkeit der Anlage. Schindlers Arbeit ist die umfangreichste, enthält aber am wenigsten neues. Sie giebt aber eine sehr gründliche und lehrreiche Darstellung der damals bekannten Frischmethoden. In Bezug auf die Frage, ob das Roheisen Sauerstoff enthalte, spricht er sich nicht bestimmt aus, doch geben seine Versuche eher ein negatives Resultat. Im allgemeinen neigten die Eisenhüttenleute auf dem Kontinent der Ansicht, dass das Roheisen Sauerstoff als wesentlichen oder nie fehlenden Bestandteil enthalte, am Ende des 18. Jahrhunderts zu. Die Theorie der Konstitution der Eisenarten wurde hinsichtlich des Kohlenstoffgehaltes durch Versuche, welche französische Chemiker durch Zusammenschmelzen von möglichst reinem Eisen mit Diamant Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. anstellten, bestätigt. Diese Versuche wurden im Jahre 1799 von Guyton de Morveau, Clouet, Welter und Hachette ausgeführt. Die Verbrennlichkeit des Diamants war schon früher bekannt, besonders aus den Versuchen, welche der Grossherzog Cosmos III. von Toskana 1694 und 1695 durch Averami und Targioni hatte anstellen lassen, die erwiesen, dass der Diamant in dem Focus eines grossen Brennspiegels sich vollständig verflüchtigt. 1771 beob- achtete Macquer bei einem Versuche, Diamanten zu verflüchtigen, Flammenerscheinung und stellte fest, dass der Diamant wirklich ver- brennt. 1773 wiesen dann Lavoisier, Macquer und andere nach, dass das Verbrennungsprodukt des Diamanten reine Kohlensäure, der Diamant also reiner Kohlenstoff sei. 1798/9 stellte Guyton de Morveau Versuche an, Schmiedeeisen mit Diamant zusammenzuschmelzen, wobei er Stahl erhielt. Clouet hatte die Anregung zu diesem Experiment gegeben. Schon vordem hatte Malliard gefunden, dass der Diamant das Eisen in der Hitze anfresse und zu einer Art Schlacke schmelze. Lampadius vermutete 1795, dass dies eine Verbindung von Eisen und Kohlenstoff sein möge. Der Versuch Guytons wurde in der Weise ausgeführt, dass ein Diamant von 0,907 g in einen kleinen Tiegel von Schmiedeeisen, der mit einem genau passenden Stöpsel von demselben Eisen verschlossen war, in einen hessischen, mit Quarzsand ausgefütterten Tiegel ein- gesetzt und erhitzt wurde. Eisen und Diamant schmolzen zu einer abgerundeten, gut begrenzten Masse Gussstahl zusammen Siehe Annales de Chimie, T. XXXI, p. 328 und Gilberts Annalen III, S. 65. . Die grosse Wichtigkeit des Braunsteins für die Stahlbereitung kannte man längst, ehe Gahn 1777 dessen metallischen Grundstoff, das Mangan, dargestellt hatte. Seit dieser Zeit legte man aber dem Mangan eine noch grössere Wichtigkeit bei und ging darin soweit, die Stahlbildung geradezu von dem Mangan abhängig zu machen. Man nahm an, das Mangan sei es, welches die Verbindung der Kohle mit dem Eisen bewirke und in der Art, wie es dies thue, liege seine Wirksamkeit bei der Stahlbereitung. Besonders hatte der „Bürger Picot“ (de La Peyrouse) die Eigenschaft des Braunsteins, die Schmelzung des Eisens zu befördern, seine Güte zu erhöhen und die Bildung des gegossenen und natürlichen Stahls wesentlich zu fördern, erkannt (1787). Quantz sagt, „je mehr Magnesium (i. e. Mangan) in dem Roh- eisen zugegen ist, desto leichter wird man Stahl erhalten, so dass die Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. verschiedenen Mengen von Magnesium schon im voraus die ver- schiedenen Grade der Stahlartigkeit eines Roheisens anzugeben im stande sind“. Man nahm an, dass zum Stahl unbedingt drei Stoffe erforderlich seien: Eisen, Kohle und Mangan. Gazeran sagt: „In gutem natürlichen Stahl muss sich das Mangan im doppelten Ver- hältnis zum Kohlenstoff befinden. Jeder Stahl und besonders der natürliche ist eine Verbindung des Eisens mit Mangan und Kohlen- stoff.“ Diese Verbindung ist gewöhnlich im deutschen Schmelzstahl folgende: Eisen 96,84 Mangan 2,16 Kohlenstoff 1,00 100,00 Man nahm also an, dass das Mangan ein wesentlicher Bestand- teil des Stahls sei. Hiermit in Widerspruch standen aber von Vauquelin 1797 ver- öffentlichte quantitative Analysen von Cementstahl, welcher 1785 von Soller in Remmlingen fabriziert worden war. Dieselben sind zwar im wesentlichen nach Berthiers Verfahren gemacht, zeichnen sich aber dadurch aus, dass ausser der Kohle auch Kiesel (silice), d. h. Kieselsäure und Phosphor bestimmt sind. Er fand in 100 Teilen: Eisen 97,597 bis 98,551 Kohle 0,631 „ 0,789 Kieselsäure 0,252 „ 0,315 Phosphor 0,345 „ 1,520 Mangan wurde darin nicht gefunden. Auf Genauigkeit können die- selben allerdings keinen Anspruch machen. Kohle und Kieselsäure sind nach Vauquelins Ansicht mit einem Teil Eisen verbunden als „carbure de fer“ in dem Stahl enthalten. Dieses Kohleneisen soll folgende mittlere Zusammensetzung haben: Kohle 53 Eisen 26 Kiesel 21 100 Um diese Zeit begann auch Klaproth , welcher 1792 das Titan entdeckt hatte, zahlreiche Eisenerzanalysen zu veröffentlichen, auf die wir später zurückkommen werden. Im Jahre 1797 entdeckte Vauquelin das Chrom in einem sibirischen Mineral, welches nach ihm Vauquelinit genannt wurde. Luppenfeuer. Die Eisenbereitung im letzten Viertel des 18. Jahr- hunderts. Luppenfeuer 1775 bis 1800. Weitere Entwickelung der Schmiedeeisenbereitung in Luppen- und Frischfeuern. 1775 bis 1800 . Indem wir in den folgenden Kapiteln einen Überblick über den Stand und die Fortschritte der Eisenbereitung im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts geben, beginnen wir mit der direkten Gewinnung schmiedbaren Eisens aus den Erzen, die zwar an Bedeutung mehr und mehr verloren hatte, aber doch immer noch eine Rolle spielte. Dass die Luppenfeuer auf adligen Gütern in Deutschland in dieser Zeit noch gebräuchlich waren, geht aus dem Artikel in Krünitz ’ Encyklopädie (1785) und einer Abhandlung von Justi von 1771 Siehe v. Justi , Ges. chymische Schriften, III, S. 323. hervor. Nach Beschreibung der ältesten Luppenfeuer, welche an Berg- abhängen angelegt worden seien und aus einem grösseren Schmelz- loch und einem tiefer gelegenen kleineren Schlackenloch bestanden hätten, heisst es: „Von dieser leichten und einfältigen Art, das Eisen auszuschmelzen, sind vermutlich die sogenannten Luppenfeuer entstanden, die schon seit vielen Jahrhunderten in Deutschland stattfinden und deren sich die Adligen, welche auf ihren Gütern mit dem Bergwerksregal oder mit dem Eisenhüttenrechte beliehen sind, noch heutigen Tages sehr häufig bedienen . Bei diesen Luppenfeuern findet dieselbe Einrichtung statt: ein oben solches rundes und unten ovales Loch zum Einschmelzen; ein oben dergleichen, aber weniger tiefes Loch in einem Orte der Eisenhütte, welcher 5 bis 6 Fuss tiefer ist als die Erhöhung, in welcher sich das Schmelzloch befindet und in welches die Schlacken aus dem letzteren ablaufen; nur ist man bemüht gewesen, den Anstalten zum Luppenfeuer eine grössere Dauerhaftig- keit zu geben. Sowohl das Schmelz- als Schlackenloch sind mit feuerbeständigen Ziegelsteinen ausgemauert und anstatt des Zugloches der Alten hat man 4 bis 5 Zoll von dem obersten Rande des Schmelz- loches ein doppeltes Gebläse, jedoch gemeiniglich nur von Leder, Luppenfeuer. angebracht, welches durch ein Wasserrad getrieben wird. — Das durch das Luppenfeuer gewonnene Stabeisen ist gemeiniglich sehr gut, aber die ganze Anstalt taugt nichts. Sie ist eine Verschwendung sowohl der Kohlen als des Eisensteins.“ Bei dem Schmelzen wird erst das Schmelzloch und das Schlacken- loch vorgewärmt, dann lagenweise Holzkohle und gepochter Eisenstein mit dem nötigen Zuschlag aufgetragen und zu einem förmlichen Hügel „40 Fuss hoch“ steht im Text, zweifellos ein Druckfehler; es muss wohl entweder 4 Fuss oder 40 Zoll heissen. über der Öffnung aufgethürmt. Das Ganze schmilzt zu einer Luppe zusammen, von der man, wenn sie fertig ist, die Schlacke absticht, die Kohlen wegräumt und die Luppe aufbricht. Da die Verbrennung beinahe in freier Luft erfolgt, so ist die Verschwendung von Kohlen und Eisenstein eine unmässige. „Man muss sich in der That verwundern, dass diese Luppenfeuer in Deutschland noch immer beibehalten werden, da man doch heutigen Tages weit bessere und vorzüglichere Anstalten zum Eisenschmelzen hat.“ Dass dies doch geschehe, liege hauptsächlich in der Kost- spieligkeit der besseren Anlagen, denn einen Hochofen zu erbauen, koste an 3000 Thaler und eine Hochofenhütte mit allen dazu gehörigen Anlagen und Gebäuden 20000 Thaler und mehr. Koste doch ein Blauofen 1200 bis 1500 Thaler zu bauen. Zur Verbesserung dieser Luppenfeuer schlug deshalb Justi vor, sie mit einem Steinkranz zu überbauen. Dieser Vorschlag, der durchaus unpraktisch war, hatte keinen Erfolg und genügt es, ihn erwähnt zu haben. Im ganzen war die direkte Eisenbereitung in Deutschland mehr und mehr im Verschwinden begriffen. In Sachsen, wo früher die Luppenfeuer verbreitet gewesen waren, fand Stockenström auf seiner Informationsreise im Jahre 1778 keins mehr vor, in Thüringen nur ein einziges in dem meiningischen Dorfe Steinbach (s. Bd. I, S. 782). Dieses erwähnt auch der Bergamtsassessor Wille noch 1786 Vergl. Wille , Übersetzung von du Coudray , Eisenmanipulation auf der Insel Corsica. Leipzig 1786. Einleitung S. IX. . Ebenso war es am Harz, wo nur in Uslar noch in einem Luppenfeuer Frisch- schlacken zeitweilig verschmolzen wurden. Es geschah dies in einem Zerenn- oder „Centnerherd“, eigentlich Zehntnerherd. Seit alter Zeit hatte nämlich die Landesherrschaft am Harz den ihr zukommenden Erzzehnten in eigenen Zehntnerherden verschmolzen und hatten sich diese auch nach Einführung des Hochofenbetriebes an manchen Luppenfeuer. Plätzen erhalten. Ein solcher alter Zehntnerherd war bei Uslar, der von höchst primitiver Konstruktion war. Er hatte weder einen eisernen Boden, noch eiserne Seitenzacken. Die Herdgrube wurde vielmehr aus feuchter Stübbe, ähnlich wie ein Garherd, geschlagen und die Seitenwände nur zum Schutz gegen das Einwerfen der Beschickung oben mit eisernen Platten abgedeckt. Die Breite von Form- zur Windseite betrug 21 Zoll, die Tiefe bis zur Mitte des Gestübbebodens 12 Zoll. Formlage und Formmaul waren wie bei einem Frischfeuer. Die Bälge waren kleiner, wechselten aber rascher. Beim Anlassen wurden vier Mass kleine Kohlen von Zweigen und schwachen Ästen von Laubholz (Grubenkohlen) aufgegeben und dann vier Schaufeln ganz fein gepochter Frischschlacke darüber gebreitet. Hierauf gab man wieder Kohlen u. s. w., so dass man etwa 8 Ctr. Schlacke in 5½ Stunden durchsetzte. Anfangs blies man langsam, zuletzt rasch, damit in der Masse eine Scheidung erfolgte und die kleine Luppe von 1¼ bis 1¾ Ctr. Gewicht sich ansammelte. Die Luppe oder der Deul wurde unter dem „Centnerhammer“, einem Stab- hammer, fertig gemacht und ausgeschmiedet. Weil dieses Zerenneisen aber meist noch roh und undicht war, so wurde es gewöhnlich noch einmal im Frischherd geschmolzen und gab dann ein sehr gutes Eisen. Die Arbeit erforderte einen sehr rohen Gang und wurden zuletzt oft Schlacken abgelassen. Dieses Verfahren wurde auf Rinmans Empfehlung in Schweden eingeführt und dort verbessert. In Schlesien befanden sich nach Karstens Angabe im Jahre 1780 noch 17, 1790 noch 10 Luppenfeuer, davon 10 in Niederschlesien und 2 in Oberschlesien. Die letzteren gingen 1798 ein; von den ersteren waren 1814 noch 4 zu Greulich, Alt-Öls, Modlau und Nieder-Leschen im Betrieb. Es wurden Rasenerze darin verschmolzen. Eins der letzten Luppenfeuer in Oberschlesien , das des Grafen Colonna zu Tworock, hat Eversmann abgebildet, Fig. 179. Er beschreibt es als ein Ding, wie eine märkische Ambossschmiede, nur dass der Herd eine in Kohlengestübbe gemachte grössere und ungefähr 1 bis 1½ Fuss tiefe Öffnung hatte. Die Eisenerze von Tarnowitz, welche leichtflüssig sind, wurden ohne weitere Vorbereitung in einen Handkübel voll Wasser geschüttet, dass sie etwas zusammenklebten und so mit dem Wasser auf dieses Feuer geschüttet, vor dem zwei grosse Frischbälge mit ziemlich stechender Form lagen. So wie sie niedergegangen waren, wurden wieder frische aufgethan und die Kohlen angeschürt, bis eine Luppe von ungefähr 150 Pfund im Feuer Luppenfeuer. war, die dann aufgebrochen und unter dem Hammer in Stäbe geschlagen wurde. Zu einem Centner Eisen rechnete man 1½ Korb Kohlen (etwa 46 Kubikfuss). In 24 Stunden wurden drei Luppen gemacht. Zu zwei Luppenfeuern waren 4 Schmiede, 4 Luppenschmelzer und 2 Kohlenschütter erforderlich. Das Erz wurde klar gepocht und Kalk zugeschlagen. Auch in der Oberpfalz waren von den Zerennfeuern, welche die Brauneisensteine von Amberg verschmolzen, Ende des vorigen Jahr- hunderts noch einige im Betrieb. Das halbgare Zerenneisen wurde in besonderen Löschfeuern zu geschmeidigem Eisen umgearbeitet, wobei es 33 Prozent verlor. Fig. 179. In England wurden keine Luppenfeuer (bloomeries) mehr betrieben. In Schweden waren die alten Bauernöfen fast verschwunden. Dagegen war der Betrieb von Luppenschmieden noch in ausgedehnter Anwendung in den Vereinigten Staaten von Nordamerika und in den Pyrenäen. In Frankreich gab es nur in den südlichen Provinzen Luppen- feuer, die von den französischen Metallurgen nur wenig beachtet wurden, bis im Jahre 1775 der Artilleriehauptmann Tronson du Coudray durch eine Schrift, in welcher er die Eisenmanipulationen in Corsica und in der Grafschaft Foix beschrieb, die allgemeine Auf- merksamkeit darauf lenkte und eine nachhaltige Diskussion über die Vorteile der direkten Schmelzmethode anregte, die von geschicht- licher Bedeutung ist. Tronson du Coudray kam nämlich, nachdem Luppenfeuer. er das Verschmelzen der elbanischen Erze in Corsica und die kata- lonische Schmelzart in Roussillon und der Grafschaft Foix beschrieben hatte, zu dem Schluss, dass die katalonische Schmiede eine bessere Abscheidung der Unreinigkeiten der Erze, also ein besseres Eisen erzeuge, dass man in ihnen ohne weitere Unkosten sowohl Eisen als Stahl machen könne und dass drittens die Anlagekosten nur den vierten Teil, der Kohlenverbrauch nur die Hälfte betrage als bei der indirekten Methode mit Hochofen- und Frischbetrieb, wie er im übrigen Frankreich gebräuchlich sei. Diese verlockenden Aussichten erregten Aufmerksamkeit, um so mehr, als du Coudray korrespon- dierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Paris war und dieser seine Schrift zugeschickt hatte. Duhamel war damals Generalinspektor der königlichen Bergwerke. Er interessierte sich für die Sache, besuchte die Grafschaft Foix und brachte 1785 in der Akademie eine Abhandlung über die Konstruktion der dortigen Eisen- schmelzherde zur Vorlesung, welche grossen Beifall fand und deren Druck in der Sammlung der akademischen Schriften beschlossen wurde. Gleichzeitig hatte ein anderer hervorragender Metallurge Frankreichs, Baron de Diedrich , sich für die Eisenwerke der Pyrenäen interessiert und dieselben 1785 ebenfalls besucht. Er erhielt von dem Grafen von Artois, dem Bruder König Ludwigs XVI., den Auftrag, die Schmelzung anderer Erze und zwar zunächst der von Berri und der von Alevard in der Dauphiné in pyrenäischen Schmelzherden vorzunehmen. Der Graf von Artois liess auf seine Kosten 200 Ctr. Erze von Berri nach der Graf- schaft Foix fahren und der Generalkontrolleur schickte gleichzeitig 30 Ctr. spätige Erze der Dauphiné dorthin. Auch Baron de Diedrich war bei seinem ersten Besuch entzückt von der Einfachheit des Verfahrens und setzte wie Duhamel grosse Hoffnungen auf eine allgemeinere Verwendung desselben. Wenn er auch die von du Coudray ange- nommene Kohlenersparung von der Hälfte des seitherigen Verbrauchs für etwas zu hoch hielt, so glaubte er doch, durch die allgemeine Einführung dieses Prozesses auf die Ersparung des dritten Teils des Verbrauchs in Frankreich sicher rechnen zu dürfen. Er berechnete den Kohlenverbrauch in Katalonschmieden zu 3¼ Pfund Kohle auf 1 Pfd. Eisen, dagegen bei der indirekten Methode auf 5 bis 6½ Pfd. Die Ergebnisse der angestellten Versuche Siehe Baron de Diedrich , Descript. des gites de minerai des Pyrenées, p. 78. entsprachen aber den Erwartungen nicht. Die Erze von Berri gaben bei 15 Versuchen Luppenfeuer. neben grossem Abbrand ein ganz unbrauchbares Eisen. Die Versuche mit den Erzen von der Dauphiné fielen besser aus und gab v. Diedrich sein Urteil dahin ab, dass dieselben geeignet seien, um nach dem Verfahren von Foix verschmolzen zu werden, „wenn man sie richtig behandle“ — also auch nicht ohne Reserve. Den Veröffentlichungen von Baron v. Diedrich und Duhamel folgte dann 1787 die aus- führliche Abhandlung des Marquis de la Peyrouse , Traité sur les mines et les forges du Comté de Foix, welche ebenfalls die Vorzüge dieses Schmelzverfahrens anpreist. Den Misserfolg des Baron v. Died- rich mit den Erzen von Berri sucht er dadurch zu beseitigen, dass er annimmt, man habe besonders schlechte und schwefelhaltige Erze geschickt, während gewiss eher das Gegenteil der Fall war, da der Graf von Artois persönliches Interesse an dem günstigen Ausfall der Versuche hatte. Für die Dauphiné will er das Verfahren sofort ein- geführt wissen. So gross das Interesse war, welches diese rasch auf- einander folgenden gut geschriebenen Veröffentlichungen in den fachmännischen Kreisen hervorriefen, welches sich unter anderm auch darin äussert, dass das Buch von Tronson du Coudray 1786 von Chr. L. A. Wille und das des Marquis de la Peyrouse 1789 von Gust. Karsten in das Deutsche übersetzt wurden, so war der prak- tische Erfolg doch nur gering. Den Theoretikern und dem gebildeten Publikum leuchteten die Vorschläge der genannten Schriftsteller wohl ein, vielleicht um so mehr, weil sie in die Zeit Rousseaus und der Schwärmerei für die Rückkehr zum alten und einfachen fielen, aber die Männer der Praxis wollten nichts davon wissen. Auch die schwe- dischen Metallurgen Rinman und Garney , die ebenfalls von dem Blendwerk des natürlichen Schmelzverfahrens etwas angesteckt waren, beschränkten sich auf einige billige Versuche. Garney machte mit Raseneisensteinen, die im Hochofen ein Roheisen gaben, das sich nur zu einem kaum brauchbaren Schmiede- eisen verfrischen liess, Versuche im Luppenfeuer und erhielt ein gutes weiches Eisen. Ebenso gelang es ihm, aus braunsteinhaltigen Berg- erzen einen brauchbaren Rohstahl zu erhalten. Rinman zog hieraus den Schluss, dass es besser wäre, manche Erze direkt auf Schmiede- eisen, statt auf Roheisen, zu verschmelzen. „Das Ausbringen aus den Erzen und der Zeitaufwand schienen freilich sehr unvorteilhaft und mit vielen Kosten verknüpft zu sein, allein der Schmelzprozess würde sich ohne Zweifel durch eine grössere Vorrichtung und durch ein stärkeres Gebläse ungemein verbessern lassen.“ Luppenfeuer. Man übersah bei den günstigen Urteilen über den Luppenfeuer- betrieb in den Pyrenäen den grossen Schmelzverlust, die historische Entwickelung und die Abgelegenheit und Unzugänglichkeit der Hoch- gebirgsthäler, in denen dieser Betrieb in Ausübung stand, welche eine Konkurrenz kaum ermöglichten und den Jahrtausende alten Betrieb lebensfähig erhielten. Die ganze Bewegung hatte den Vorteil, dass dieser in den übrigen Industrieländern ausgestorbene oder im Verschwinden begriffene Be- trieb gründlich studiert und sorgfältig beschrieben wurde. Tronson du Coudray schilderte zunächst die Eisengewinnung aus elbanischen Erzen auf der Insel Corsica, die noch in der ursprünglichsten Weise ausgeübt wurde. Die Schmelzvorrichtungen waren noch einfacher, als wie wir sie im ersten Bande (S. 784) nach Sageys Bericht von 1828 geschildert haben. Es ist deshalb keine Wiederholung, sondern eine Ergänzung, wenn wir einen Auszug aus seiner Schilderung folgen lassen. Die Corsicanschmiede erfordert nur einen erhöhten Boden von 8 bis 10 Fuss Länge und 5 bis 6 Fuss Breite, von dessen einer Seite sich eine Mauer mit einer Öffnung für die Windform befindet. Vor dieser liegt eine halbkreisförmige Grube, welche 3 Fuss im Durch- messer hat und 6 bis 7 Zoll tief ist. Diese Grube wird mit ange- feuchteter Kohlenstübbe ausgeschlagen, so dass unter der Formmündung noch ein Abstand von 4 bis 5 Zoll bleibt. Alsdann setzt man in einem Abstand von 5 Zoll von der Form ringsum eine 4 bis 5 Zoll dicke Wand von Holzkohlenstücken, die man sorgfältig wie eine Trockenmauer zunächst 6 bis 7 Zoll hoch aufbaut. Dann legt man um diesen Kohlenzirkel eine ebensolche Erzwand 6 Zoll dick aus nussgrossen Stücken von gebranntem Erz von Elba. Diese umgiebt man von aussen mit einem zweiten Kohlenkranz von 2 Zoll Dicke. Sind die ersten Lagen so aufgeführt, so setzt man auf diese erste eine zweite von derselben Höhe und Beschaffenheit. Um aber dem ganzen Haufen bessern Halt zu geben, legt man von aussen ringsum einen Kranz von dicken Erzklumpen dagegen, welche gleichzeitig für den nächsten Tag gebrannt werden sollen. Auf die beiden unteren Lagen trägt man dann noch eine innere Lage Kohlen und eine äussere Lage von gesintertem Erz von der früheren Schmelzung in Brocken von Faust- grösse auf. Alsdann werden in den inneren Hohlraum vor die Form glühende Kohlen eingeschüttet, darauf mit frischen Kohlen bis oben hin nachgefüllt und der Wind angelassen. Dieser wird durch ein einfaches Wassertrommelgebläse, das nur eine Einfallsröhre von etwa Luppenfeuer. 25 Fuss Höhe hat, erzeugt. Sind die inneren Kohlen verzehrt, so werden sie durch neue ersetzt. Der Haufen gerät in Glut und die Erze sintern zusammen. Ist diese Röstung, welche bereits eine teil- weise Reduktion ist, genügend vorgeschritten, so rollt der Schmelzer die äusseren Erzstücke weg, dann den äusseren Kohlenmantel und bricht die Erzmauer auf, indem er die losgebrochenen Stücke nach der andern Seite der Hütte zieht. Hierauf wird die Grube gereinigt. Sodann wird ein neuer Kohlenboden gelegt und rechts und links von der Form ein etwa 2 Fuss hoher Haufen von Kohlen gesetzt, wodurch die Form selbst etwa 1½ Fuss hoch mit Kohlen bedeckt wird. Nach- dem das Feuer wieder entzündet und der Wind angelassen ist, werden der Form gegenüber die gerösteten Erzbrocken eingelegt. Die Schlacke schmilzt ab und wird von Zeit zu Zeit abgestochen. Das Eisen sam- melt sich am Boden zu einer Luppe (massello). Nach vier bis fünf Stunden ist ¼ der Tagescharge eingeschmolzen, worauf der Schmelzer, wenn die Luppe gut ist, die Schlacke abbläst, das Feuer wegräumt, den Wind abstellt und die Luppe ausbricht. Diese wird erst mit Holzhämmern abgeklopft und dann unter dem höchstens 3 Centner schweren Hammer zu einem parallelepipedischen Kolben gedichtet, der in drei Hitzen zu Stäben ausgeschmiedet wird. Während der Zeit des Schmiedens macht der Schmelzer eine neue Luppe, von der im ganzen vier in 16 bis 24 Stunden gemacht und ausgeschmiedet werden, die zusammen 3 Centner wiegen. Diese Arbeit verrichten vier, zuweilen auch nur drei Arbeiter. Gegenüber diesem höchst einfachen Löschherd war der gemauerte und mit Eisenzacken versehene Rennherd in der Grafschaft Foix , welchen Tronson du Coudray als katalonischen Herd bezeichnet, ein viel vollkommenerer Apparat. Coudrays Angaben sind nicht immer ganz genau und deshalb von Baron de Diedrich und Marquis de la Peyrouse korrigiert worden. Soweit diese Abweichung nur seine Massangaben betrifft, ist es aber auch möglich, dass die Abweichung in dem von ihm gemessenen Herde lag, da ja sämtliche Schriftsteller zugeben, dass die Dimensionen der Schmelzherde beeinflusst werden durch die Stärke der Gebläse, und grössere Wassertrommelgebläse auch grössere Herde erforderten. Hinsichtlich der Einrichtung einer pyrenäischen Luppenschmiede verweisen wir auf die S. 117 mitgeteilte Beschreibung Reaumurs . Auch haben wir bereits im ersten Bande eine ausführliche Schilderung des Schmelzprozesses in der Grafschaft Foix (nach François ) gegeben. Es genügt also hier, einige ergänzende Mitteilungen über den damaligen Luppenfeuer. Betrieb zu machen. Die Erze wurden in runden oder viereckigen Stadeln geröstet. Dieselben waren 6 bis 7 Fuss hoch und hatten 10 bis 12 Fuss Durchmesser. Der Herd oder Ofen musste an einer durchaus trockenen Stelle stehen und führte man zur Trockenlegung rings um den Herd herum eine Abzucht (aqueduct). Den Boden des Herdes stellte man aus einer einzigen Granitplatte her, die im richtigen Verhältnis zum Windstrahl gelegt werden musste. Die vier Seiten des Herdes wichen in Höhe und Weite voneinander ab. Der im Oktober 1785 neuerbaute Herd in der Hütte des M. Vergines de Bouischères , eines hervorragenden Eisenindustriellen im Thale von Vic.-Dessos, hatte die nachfolgenden Masse Siehe M. de la Peyrouse , Deutsche Ausgabe, S. 113. : Die Schlackenseite (coté du chio) hatte etwa 20 Zoll Breite Die gegenüberstehende Rückseite (cave) hatte etwa 21 „ „ Der Abstand von der Form zur Windseite betrug 25 „ „ „ von der Schlackenseite zur Windseite in der Mitte des Herdes gemessen 22½ bis 24 „ Von den vier Seiten waren die Formseite (porges) und die Schlackenseite senkrecht und hatten Eisenzacken, die beiden andern Fig. 180. waren nach aussen ge- neigt. Die Windseite (ore), die auch durch eine eiserne Platte ge- schützt war, wich 6½ Zoll von der Senkrechten ab, die Rück- oder Aschen- seite, die immer gemauert war, nur halb soviel. Die Schlackenplatte war 20 Zoll hoch, Form- und Rückseite verschieden, meist 4 und 4½ Fuss hoch. Die Höhe der Wind- seite betrug 2 Fuss 4 Zoll. Die Tiefe des Herdes, in der Mitte gemessen, war 27½ Zoll. Der Herd wurde mit Gestübbe ausgekleidet und erhielt dadurch eine elliptische Gestalt, deren Achsen am Boden 2 Fuss auf 1 Fuss 8 Zoll lang waren. Die Form lag früher 12 Zoll über dem Boden, in neuerer Zeit hatte man sie höher gelegt auf 14 bis 15 Zoll vom Boden und ihre Mündung auf 20 Linien im Durchmesser erweitert, wodurch man ein wesentlich höheres Ausbringen erzielte. Man gab der Form ein Obermaul und 35 Grad Stechen. Der Wind wurde mit Luppenfeuer. Wassertrommelgebläsen erzeugt, die meist von Holz, zuweilen aber auch gemauert waren. Fig. 180 stellt den Luppenherd der Hütte Guille zu Vic-Dessos nach der Zeichnung von dem Marquis de la Peyrouse von 1789 dar. Charakteristisch war die Art der Beschickung des Schmelzherdes mit Kohlen und Erz. Diese geschah nach dem Einsetzen einer Platte (la posté) zwischen Form- und Windseite, die von letzterer 5 Zoll abstand. Der Raum auf der Formseite (parédou) wurde mit Kohlen gefüllt, die dicht zusammen geschlagen wurden, der Raum auf der Windseite (ore) mit klein geschlagenem, geröstetem Erz. Durch Höhersetzen der Platte führte man die Erz- und die Kohlenwand bis oben hin, bedeckte dann das Ganze mit Kohlenklein (fraisil), das man festschlug und abböschte (en dos d’âne). Auf diese Weise wurde ⅔ oder ¾ der Erzcharge, welche 9 Centner (quintaux) betrug, eingesetzt. Nachdem das Feuer entzündet und der Wind angelassen war, wurden die zwei Massel (massoques), in welche die Luppe (massé) der vorhergehenden Charge geteilt worden waren, in den Vorraum (parédou) zum Aus- heizen eingesetzt und in Kölbchen (masselots) ausgeschmiedet. Die verbrannten Kohlen wurden durch neue ersetzt und diese immer gegen die Erzwand geschoben, damit dieselbe nicht umstürzte. Nach etwa drei Stunden war das Ausheizen und Schmieden beendet und die Erzmasse soweit zusammengeschmolzen, dass man jetzt allmählich den Rest des Erzes, aber nicht in Stücken, sondern als Pulver (greillade) aufgab. Dieses wurde auf die Kohlen über den ganzen Herd ausgestreut, an einem Punkte mehr, am anderen weniger, wo es die Kennzeichen, besonders die Farbe der Flamme dem Schmelzer angaben. In dem richtigen Aufgeben dieses Erzpulvers lag die Kunst des Schmelzers. Die Greillade wurde nicht allein ebenfalls reduziert und vermehrte die Luppe, sie bewirkte auch, dass sich das Eisen aus der einschmelzenden Masse abschied und zu Boden setzte, weshalb man es la principe de la massé nannte. Ob das Erz langsamer oder schneller der Form zugeschoben wurde (donner la mine), war auch ein wichtiger Punkt für den Schmelzer. Aus dem Einsatz von 9 Ctr. Erz erhielt man eine Luppe von 4 Ctr., aus welcher 14 masselots geschmiedet wurden, die 3½ Ctr. fertiges Schmiedeeisen ergaben. Bei einem Luppenfeuer waren meist acht, zuweilen auch nur sechs Arbeiter beschäftigt. Davon war der erste der foyer oder Ofen- meister, ihm am nächsten stand der Hammerschmied (maillet), dann folgten die beiden Schmelzer (escolas); Gehülfen waren zwei Erzpocher (pique-mines) und zwei Vorläufer (miallous). Beim Ausbrechen der Beck , Geschichte des Eisens. 42 Luppenfeuer. Luppe (Fig. 181) mussten alle zusammen helfen. In 24 Stunden konnten 4, in der Woche 24 Chargen geschmolzen werden, die gewöhnlich 90 Ctr. Stahl ergaben. Zu einer Charge von 6 Ctr. geröstetem Erz verbrannte man einschliesslich des Röstens 14 Sack Kohlen Ein Sack Kohlen = 5 Kubikfuss = 70 Pfund. . Dies entsprach einem Kohlenverbrauch von 280 auf 100 Eisen. Ein bemerkenswerter Umstand war es, dass mit dem weichen Eisen (fer doux) auch öfter hartes Eisen (fer fort) und Stahl (fer cedat, acier naturel) fielen. Es war dies aber durchaus vom Zufall abhängig und weder die Praktiker noch die Theoretiker fanden dafür eine aus- reichende Erklärung. Die Schmelzer hatten es nicht in der Hand, Fig. 181. absichtlich Stahl oder weiches Eisen zu machen, wenn auch manche Eskolas darin mehr Glück hatten, als andere. Swedenborg schreibt die Stahlbildung besonderen Stahlerzen zu; Reaumur dem Umstand, dass neben dem weichen Eisen auch etwas Roheisen gebildet werde. Da dieses flüssiger sei als die Hauptmasse, fliesse es nach dem Rande hin und bewirke in seiner Berührung mit dem weichen Eisen die Stahlbildung in derselben Weise, wie dies bei der alten Stahlerzeugung, welche schon Vanuccio Biringuccio beschrieben hat, der Fall war. Dadurch erklärte sich die Thatsache, dass der Stahl sich immer am Rande der Luppe fand. Du Coudray , Baron Dietrich und Marquis de la Peyrouse bestritten zwar sämtlich diese Erklärung Reaumurs , Luppenfeuer. aber ihre eigenen waren keineswegs besser. Du Coudray , der angiebt, dass von der Jahresproduktion sämtlicher Hütten der Grafschaft der fünfte Teil an hartem Eisen und der zwanzigste Teil an Stahl falle, verwirft die Ansicht Reaumurs , weil er von der irrigen Vorstellung ausgeht, dass das Eisen, das er in metallischem Zustande in den Erzen vorhanden glaubt, überhaupt gar nicht selbst schmelze, sondern dass nur die erdigen Teile in den Erzen davon abschmelzen würden. Er will die Stahlbildung durch eine bessere Reinigung der oberflächlichen Teile, durch die Einwirkung des Feuers und Aufnahme von brennbarem Wesen durch die unmittelbare Berührung mit den Kohlen erklären. Dietrich , der Coudray gegenüber hervorhebt, dass der Stahl sich nicht gleichmässig auf der Oberfläche der Luppe verteilt vorfinde, sondern meist nur an der unteren Hälfte, die nach dem Schlacken- abfluss zu liegt und am meisten am Schlackenabfluss selbst, will die Stahlbildung, der Meinung der Praktiker folgend, der Einwirkung des nachgesetzten Erzpulvers (greillade) zuschreiben, was nach unserer heutigen Anschauung etwa so zu erklären wäre, dass beim Ein- schmelzen zugleich eine Kohlung eintrete und die Greillade den Überschuss an Kohlen ausser bei den stahlartigen Randpartieen weg- nehme. Der Marquis de la Peyrouse schreibt endlich die Stahl- bildung hauptsächlich dem Mangangehalt der aufgegebenen Erze zu, der dem Arbeiter nicht bekannt war und den er ebenfalls nur unter- stellt. Der Luppenstahl der Katalonschmieden war sehr ungleich und von Eisenfäden durchsetzt. Durch Gärben liess er sich verbessern, erreichte aber nicht die Güte und Gleichmässigkeit des deutschen Stahls. In den südwestlichen Provinzen Frankreichs bediente man sich der biskayischen Luppenfeuer, welche grösser waren als die der Grafschaft Foix. Baron de Dietrich beschreibt einen solchen Herd der Schmiede von Echeaux im Thale von Baigorry in Nieder-Navarra. Man verschmolz Spateisenstein, der in Schachtöfen, ähnlich den Kalk- brennöfen, geröstet wurde. Diese waren oben 8½ Fuss, unten 5 Fuss weit und wurden die gerösteten Erze durch eine breite Öffnung unten ausgezogen. Die Erze wurden lagenweise mit Holz geschichtet und betrug eine Füllung 170 Ctr. Erz. Der Herd des Luppenfeuers war 29 Zoll hoch und zeigte sein Querschnitt ein in die Länge gezogenes Achteck. Form- und Windseite bildeten die langen Seiten. Die Länge von der Schlacken- zur Rückseite betrug 42 Zoll, von der Form- zur Windseite 36 Zoll. Die Form war 15 Zoll lang und 9 Linien geneigt, so dass der Wind 7½ Zoll über dem Boden des Herdes und etwas von der Schlackenseite abgewendet die Windseite 42* Luppenfeuer. traf. Das Formmaul war oval, 24 auf 18 Linien. Das obere Loch der Schlackenseite lag 8 Zoll unter der Essbank. Der Herd wurde aus Gestübbe geschlagen, so dass er den Boden 13 Zoll bedeckte. Man machte in 24 Stunden fünf Luppen, durchschnittlich zu 215 Pfund, wozu jedesmal 5 Ctr. Erz aufgegeben wurden. Bei gutem Gang erhielt man 35 Luppen oder 84 Ctr. Eisen in der Woche. Auf eine Luppe verbrannte man 6½ Last (charge) Kohlen. Eine Last wog 140 Pfund und kostete bis zu 40 Sols. 100 Pfund Eisen erforderten 27 Kubik- fuss Kohlen zur Schmelzung, während man in der Grafschaft Foix nur 20 Kubikfuss brauchte. Bei einem Luppenfeuer waren fünf Arbeiter beschäftigt, von denen die vier ersten 25 Sols für den Centner Eisen bekamen, der Meister 7, jeder der drei anderen 6 Sols. Der Erzfahrer (piquemine oder Miala) erhielt 30 Livres den Monat. Ausserdem gab es zwei Erzröster, welche 6 Pfennige für den Centner rohes Erz erhielten. Im ganzen stellten sich die Fabrikationskosten auf 30 Sols für den Centner. Die Erze kosteten 15 bis 16 Sols pro Centner. Das Eisen war sehr gut und fand willige Abnehmer zu 18 Livres der Centner. In Russland waren vordem die niedrigen Bauernöfen oder Blase- öfen, in welchen aus Sumpferzen unmittelbar geschmeidiges Eisen erblasen wurde, allgemein im Gebrauch. Vor der Teilung Polens (1772) gab es noch über 300 solcher Öfen in Russland. Am längsten erhielten sie sich in dem Nowgorodschen Bauernbergrevier. Dort waren alle Männer geborene Schmiede, welche jede freie Zeit, die der Landbau übrig liess, in der Schmiede zubrachten. Dabei bestand eine her- gebrachte Arbeitsteilung: Schmelzer, Stahlmacher, Zeugschmiede und Nagelschmiede waren getrennte Gewerbe. Ja, ein Nagelschmied, der grobe Nagelsorten schmiedete, machte keine feine und umgekehrt. Ein- oder zweimal im Monat trafen sich die Arbeiter mit ihren Pro- dukten auf gewissen Märkten, wo sie voneinander kauften und tauschten und wobei die Zwischenhändler von der benachbarten Stadt Ustjuschna Rhelesopolski die notwendigen Bedürfnisse herbeiführten und die Eisenfabrikate, welche meistens in Nägeln bestanden, aufkauften. Diese wurden alsdann auf der Wolga nach einem grossen Teil des russischen Reiches verfahren. Norberg Norberg , a. a. O., S. 28. giebt von einem solchen russischen Blaseofen, den er gesehen hatte, folgende Beschreibung. Er war von der Form 9 Fuss hoch, vor der Form 21 bis 22 Zoll im Gevierte weit; der Luppenfeuer. Boden wurde von Kohlenstübbe mit einer Vertiefung von 6 bis 7 Zoll und Neigung nach der Form geschlagen. Die Gichtöffnung war rund, kaum 12 Zoll im Durchmesser. Die Brust, welche beim Herausziehen des Schmelzklumpens weggenommen wurde, setzte man jedesmal aufs neue aus einigen losen Steinen und dazwischen gelegten Kohlen und angeschaufeltem Gestübbe zusammen. Der Ofen wurde mit Kohlen gefüllt und dann ein Mass von Sumpferz oder Schmiedesinter oder gepochter Frischschlacke aufgegeben; zwei einfache, 4 Fuss lange lederne Bälge wurden mit einem eigenen Handgriff durch den hinter den Bälgen sitzenden Arbeiter, welcher auch zugleich das ganze Schmelzen allein dirigierte, bewegt. Es wurde niedergeschmolzen und wieder aufgegeben, bis das Schmelzstück die verlangte Grösse hatte, die jedoch nicht über 1 Pud betrug. Dann wurden die Bälge und die Brustwand weggenommen, der Schmelzklumpen herausgezogen, auf einem Stein mit einem hölzernen Schlägel geschlagen und mit der Axt zerhauen. In 24 Stunden konnten sechs Schmelzen gemacht werden. Die Bauern- oder Blaseöfen in den schwedischen Dalorten waren fast verschwunden und damals nur noch an wenigen Plätzen in den Kirchspielen zu Lima, Särna, Orsa und anderen in Wester- dalen, die von den neueren Hüttenwerken sehr entfernt lagen, im Gange. Es wurden darin ockerige Erze, welche dort in Sümpfen, Wiesen und Brüchen nur 1 Fuss tief unter dem Rasen gefunden und unter dem Namen Yrke oder Örke aus morastigen Stellen gegraben wurden, verschmolzen. In England wurden die Versuche, schmiedbares Eisen in Flamm- öfen mit Steinkohlen zu schmelzen, fortgesetzt. Wir ergänzen Swedenborgs Mitteilung hierüber (S. 130) durch folgende Angaben. Francis Wood erhielt 1727 ein Patent, „Roheisen aus Eisenerzen in einem Flammofen abzuscheiden mit Hülfe von Steinkohlen“. Dasselbe Patent wurde 1728 erneuert mit dem Zusatz, dass das neue Verfahren eine Verbesserung des im Jahre zuvor patentierten und dass das gewonnene Eisen besser als gewöhnliches Roheisen sei, weshalb er es Rauheisen oder präpariertes Eisen (raw-iron or iron metal prepared) nennen will. Nähere Angaben fehlen. 1736 nahm Kingmill Eyre ein Patent, Rauheisen oder prä- pariertes Eisen (wie oben) aus Eisenerz in einem Flammofen mit Steinkohlen und Flussmitteln zu machen. „Nachdem das Eisenerz geröstet und die Steinkohle verkokt ist, werden sie pulverisiert und gemengt und so mit Zusatz von Kalk und Asche von Farn als Fluss- Luppenfeuer. mittel in einen Flammofen eingesetzt. Durch die Flussmittel wird die Schlacke dünnflüssig und dadurch die Abscheidung des Eisens erleichtert. Hierzu wird dann, je nach der Beschaffenheit der ein- geschmolzenen Erze, je nachdem sie rot- oder kaltbrüchig oder ent- sprechend sind, eine gewisse geringe Menge von altem verrostetem Eisen, sogenanntem Schrott (scraps) oder Abfalleisen (bushel iron or nut iron) oder Hammerschlacke (hammer slough), zugesetzt, wodurch mehr Metall aus den Erzen extrahiert wird wie sonst und ein besseres, weicheres Eisen als gewöhnlich erzeugt wird.“ — Postlewayths Patent von 1748 erinnert an das Patent von John Payne (S. 250) und lautet: Eisen zu giessen aus Eisenerz, reiner, zäher und ähnlicher dem Schmiede- eisen wie sonst, durch eine besondere Anwendung des Feuers und Zusatz von Salzen und anderen Beimischungen. Von grösserem Interesse ist das Patent von John Cockshutt vom 2. Mai 1771, und zwar schon deshalb, weil dasselbe aus einer Zeit stammt, wo das Ausschmelzen der Erze mit Koks schon sehr allgemein geworden war. Das Patent wurde erteilt für die Darstellung von Schmiedeeisen direkt aus den Erzen mit Hülfe von Steinkohlen in einem Frischfeuer (finery or bloomery); für das Frischen von Guss- eisen in Schmiedeeisen, und für ein Frischfeuer, um Eisen zu machen und zu raffinieren. 1. Ein pulverisiertes Gemenge von Eisenerz (wenn nötig geröstet) und von roher oder verkokter Kohle, oder beiden, wird nach und nach in einen vorgeheizten Frischherd eingetragen. Wenn die Kohle brennt und das Erz schmilzt, wird die überflüssige Schlacke abgelassen und mit dem Nachsetzen fortgefahren, bis der Herd voll Eisen ist, welches ganz schmiedbar und in der Form einer Luppe sein sollte. Diese wird gehämmert und in zwei Halbmasseln geteilt, welche in Stäbe u. s. w. ausgereckt werden. Besser noch geschehe die Operation in dem von ihm erfundenen Frischfeuer (Feineisenfeuer s. S. 612), wobei man eine grössere Luppe bekommt, welche von einer für diesen Zweck kon- struierten Maschine in Stücke geschnitten wird, welche gezängt und ausgereckt werden. Um Zeit und Holzkohlen zu sparen, kann das Gusseisen bis nahe seinem Schmelzpunkt mit Steinkohlen oder sonstigem billigen Brenn- material in einem Flammofen oder mit Bälgen erhitzt werden, um dann in dem Frischherd des Erfinders mit Holzkohle bis zum Gar- werden geschmolzen zu werden. Man setzt so lange Metall und Kohle nach, bis eine grosse Luppe gebildet wird. Diese Luppe wird dann mit der erwähnten Maschine zerschnitten, die Stücke gezängt und Luppenfeuer. Stabeisen erhalten. Der Frischherd Cockshutts , der sich haupt- sächlich dadurch auszeichnete, dass er mehrere Formen hatte, wird später noch beschrieben werden. Die Idee des direkten Verfahrens, um schmiedbares Eisen aus den Erzen zu gewinnen, tauchte dann in den 90 er Jahren des vorigen Jahrhunderts in England wieder auf. Am 18. April 1792 nahm Samuel Lucas ein Patent, Eisenerze und Eisenoxyd in Metall zu verwandeln, ohne sie erst zu schmelzen. Dies sollte in der Weise bewirkt werden, dass eine Tonne weiches Erz oder Eisenoxyd in zerkleinertem Zustande in die Tiegel eines Stahl- brennofens (Steel-converting furnace) oder eines entsprechenden Ofens, nach Vermischung mit 3 bis 4 Scheffel Holzkohle, Horn oder Knochen- mehl oder anderer Substanzen, welche brennbaren Stoff oder Phlogiston abgeben, eingesetzt wird. Diese Töpfe werden mit feuchtem Sand oder Lehm, um die Luft abzuschliessen, bedeckt. Die Hitze wird als- dann gesteigert und der Prozess geführt, wie wenn man Eisen in Stahl (durch Einsatzhärtung) umwandelt. Auf diese Weise wird das Erz in Metall umgewandelt, welches noch mit anderen Stoffen ver- mischt ist; ein grosser Teil dieses Metalls wird unter günstigen Umständen Stahl sein. Letzterer kann zu Gussstahl geschmolzen werden (may be run into ingots of cast-steel). Am 19. Juni 1792 nahm William Fullarton ein Patent, das darauf hinausging, Eisenerze sehr sorgfältig aufzubereiten und dann in einer Art Schachtofen auf Schmiedeeisen zu verschmelzen. Das geröstete Erz soll zu diesem Zwecke erst mittels Hämmern, Pochwerk, Mühlen oder Walzen pulverisiert und, wenn nötig, gesiebt werden. Alle fremden Stoffe werden dann durch Waschen, Zerreiben und Auf- bereiten oder durch magnetische Anziehung getrennt. Diese von allen groben Beimengungen, welche seinen Fluss beeinträchtigten, befreite Masse wird nun in einen Flamm- oder Gebläseofen eingesetzt. Der Ofen dafür kann rund, quadratisch, länglich oder sonst wie gestaltet sein, ist aber oben offen. Er wirkt wie ein Tiegel, aus welchem das Eisen aber nicht als Roheisen abgelassen wird, sondern als Regulus oder Luppe am Boden verbleibt. Sogleich nach Beendi- gung eines Schmelzens und Herausnahme der Luppe wird der Ofen von neuem beschickt. Die Luppe wird ausgeheizt, gezängt und zu Stäben ausgewalzt. Die Beschickung von Koks oder Holzkohle mit gepulvertem Erz wird dem Gebläse ausgesetzt und die Schlacke von Zeit zu Zeit abgestochen. Ganz originell und wie Zukunftsträume waren Barbers Patente, Frischfeuer 1775 bis 1800. in welchen wir die erste Idee einer Gasmaschine mit dem Gedanken der Reduktion und Schmelzung durch Wassergas kombiniert finden. John Barber nahm am 31. Oktober 1791 ein Patent, entzünd- liche Gase zu entwickeln zur Erzeugung von Kraft und zur Benutzung bei metallurgischen Operationen. Sein Apparat bestand aus einer Retorte, in welcher Kohlen, Holz, Öl oder andere Brennstoffe durch ein äusseres Feuer vergast und die Gase durch eine Röhre in ein zweites Metallgefäss „the exploder“ geleitet wurden. Hier wurden sie mit atmosphärischer Luft, welche eingepumpt wurde, gemischt, wodurch ein entzündliches Gasgemenge (Knallgas) entsteht, welches in Röhren geleitet werden kann und, bei seinem Austritt entzündet, mit lebhafter Flamme verbrennt. Der Druck in dem Exploder wird reguliert und verstärkt durch Wasser, welches durch eine Pumpe eingepumpt wird. Die Erfindung ist nach der Behauptung Barbers zu den verschiedensten Zwecken verwendbar. Eine Maschine wird von dem Dampf, der aus der Öffnung des Exploders strömt, getrieben (Gasmaschine?) und kann zum Mahlen, Walzen, Schmieden, Spinnen und jeder mechanischen Arbeit verwendet werden. Gleichfalls kann der Gasstrom (fluid stream) in Öfen geleitet werden, um Erze zu schmelzen (Gasschmelzerei) u. s. w. Derselbe John Barber nahm am 22. Dezbr. 1792 ein anderes Patent für eine Methode, Steinkohle, Eisenerze und andere metallur- gische Erze und deren Kalke durch Dampf, Luft und Feuer zu reinigen, indem er dadurch den Grundstoff mit brennlichem Wesen verbindet und so zähes Metall erzeugt. — „Man nehme eine gewisse Menge Eisenerz und Steinkohle, bringe sie in einen Ofen oder einen ent- sprechenden Apparat, bringe Feuer hinzu und leite Dampf mit atmo- sphärischer Luft darüber, wodurch das Erz gereinigt wird. Dieses gereinigte Erz wird dann mit gereinigter Steinkohle in einem Schmelz- ofen unter Zuleitung von brennbarem Gas geschmolzen.“ Frischfeuer 1775 bis 1800 . Von der Eisenbereitung aus Erzen wenden wir uns zur Eisen- bereitung aus Roheisen, und zwar zunächst zu der in Herdöfen, dem Eisenfrischen . Wir tragen hierbei zuerst das nach, was Rinman 1782 von den primitiven Frischmethoden in Schweden mitteilt, die wir als schwedische Osemundschmieden S. 187 bereits beschrieben haben. Danach wurden die in der Osemundschmiede gewonnenen kleinen Luppen in rohem Zustande, „ohne eine andere Zubereitung, Frischfeuer 1775 bis 1800. als dass die Schlacken davon geschieden waren, an einige Platt- hämmer und Schwanzschmiede im Reich verkauft“. Bei dem „unge- wählten“ Osemund liess man die kleinen Luppen geradeso, wie sie aus dem Feuer kamen, bei dem „gewählten“ wurden die grösseren Frischen mit Äxten in fünf Teile zerhauen, die noch mit den Enden zusammen- hingen. So wurde er in Fässer gepackt und verkauft. Um daraus ein besseres, dichteres Eisen zu bekommen, wurde der Osemund in Hammerschmiedessen nochmals eingeschmolzen, gereinigt und dann verarbeitet. Unter dem Osemund waren oft stahlartige Frischen, die als harter Osemund verkauft und zum Verstählen von Werkzeugen verwendet wurden. Guter Osemund sollte beim Umschmelzen nicht über 20 Prozent Verlust erleiden. Rinman spricht in seiner „Eisen- und Stahlveredlung“ den Wunsch aus, dass dieses Verfahren, welches ein besseres Eisen gäbe als die anderen Frischschmieden, eher zu- als abnähme. Von den übrigen Frischmethoden , welche Rinman in seiner Geschichte des Eisens (1782) noch aufgeführt hat, ist für uns nur die englische Stabeisenschmiede bemerkenswert, weil wir noch wenig über die in England üblichen Frischmethoden berichten konnten. Was Rinman darüber mitzuteilen weiss, ist auch nicht viel und hat seinen Wert fast mehr in dem, was er nicht sagt. Mit keiner Silbe erwähnt nämlich Rinman den später bei der englischen Frisch- arbeit gebräuchlichen Feinprozess (refining-process), das vorbereitende Schmelzen des Roheisens mit Koks in einem grossen Herdofen, durch welches das graue Roheisen gefeint oder geweisst wurde. Wir können daraus mit Sicherheit schliessen, dass diese für das spätere englische Frischen so charakteristische Vorarbeit damals noch nicht in Übung war. Diese wurde auch erst ein Bedürfnis, als die Holzkohlenöfen ein- gingen und man anfing, Koksroheisen zu verfrischen. Rinman , der das, was er über das englische Frischverfahren mitteilt, den Reise- bemerkungen eines Herrn Quist entnommen hat, schreibt: Eins der bedeutendsten Eisenwerke ist das bei Pontypool (Süd-Wales), woselbst man das Verfrischen, wie auch an anderen Orten in England, in Wallonherden vornimmt, nur mit dem Unterschiede, dass in England nicht soviel in derselben Zeit eingeschmolzen und bearbeitet wird, als wie in Schweden, weshalb man auf jenem Werke auch drei Schmelzherde gegen einen Reckherd haben soll. Auch wird die Luppe dort erst zu Kolben ausgeschmiedet, ehe man sie an den Reckherd zum Aus- recken abliefert. Das grösste Quantum, welches man mit diesen drei Schmelzherden und einem Reckherde wöchentlich produzieren kann, Frischfeuer 1775 bis 1800. beträgt 3 Tonnen. Man verschmilzt namentlich schwach halbiertes und grau gesprenkeltes Roheisen. Beim Recken müssen die Reck- schmiede aber auf den Grad des Glühens oder auf die Farbe des Eisens sehr genau Achtung geben, denn wenn das Eisen zu dunkel- rot glüht, so lässt es sich nicht recken, und wenn es zu weisswarm ist, so fällt es unter dem Hammer auseinander. Das beste Eisen soll in Lancastershire aus Blutsteinerzen (Hämatit) und aus Erzen von Forrest of Dean erzeugt werden. Auch das Eisen aus einigen Flötzerzen bei Pontypool und den umliegenden Werken soll ziemlich gut sein; an allen diesen Orten wird aber das Roheisen sowohl als auch das Stabeisen bei Holzkohlen, welche dort von vor- züglicher Güte sind, produziert. Wo man wenig Holzkohlen hat, ver- wendet man in den Reckherden Steinkohlen. In den Frischherden lässt sich die Steinkohle nicht anwenden. Percy teilt in seiner Eisenhüttenkunde auf grund von Angaben eines Herrn Rogers mit, dass das Frischverfahren im Jahre 1807 eine wesentliche Verbesserung erfahren habe, dass aber vor dieser Zeit, bis zum Jahre 1720 zurück, das Verfahren noch ein sehr einfaches gewesen sei. Man habe mit 1½ Ctr. Roheisen Einsatz Luppen in einem Frischherd mit Holzkohlen erzeugt, diese seien unter einem schweren Hammer gezängt und dann unter leichten, rasch gehenden Schwanzhämmern ausgeschmiedet worden. Das Heizfeuer oder der Reckherd hiess chaferie, von dem französischen chaufferie. — Dies sind die knappen Nachrichten über das Herdfrischen in England im vorigen Jahrhundert. In Frankreich entwickelte sich in Nivernais, wo man Qualitäts- eisen machte, eine verbesserte Bergamaskschmiede, die sich von dem alten Verfahren dadurch unterschied, dass das Hartzerennen und Frischen in zwei getrennten Herden vorgenommen wurde. Baron Dietrich hat dieses Verfahren, welches von einem Beamten aus Nivernais auch in dem Dep. des Landes, etwa in den 70 er Jahren des vorigen Jahrhunderts, eingeführt worden war, in der Weise, wie er es dort auf der Hütte von Uza bei dem Dorfe Lys kennen lernte, näher beschrieben Baron de Dietrich , Description des forges etc. des Pyrenées 1787 p. 530. : Von den zwei Hochöfen von Uza war immer nur einer, meistens 6 Monate lang, im Betrieb. Es wurde in 24 Stunden zweimal abge- stochen, jeder Abstich gab etwa 1000 kg. Eine Tonne Eisen erforderte Frischfeuer 1775 bis 1800. drei Wagen Kohlen. Nur der Mangel an Holzkohle verhinderte einen stärkeren Betrieb. Der Frischprozess (la mazerage), wie er von Nivernais eingeführt war, bestand aus drei Operationen, 1. dem Hartzerennen, 2. dem Rösten der Kuchen (Blattelbraten), und 3. dem Frischen (Raffinieren). Es geschah dies manchmal in einem, meist in zwei Herden. Der Hartzerennherd (mazerie) war 16 bis 18 Zoll im Quadrat und 16 bis 18 Zoll tief. Der Boden war nach der Schlackenseite zu geneigt, den Formen gab man mehr oder weniger Neigung, je nachdem das Eisen weicher oder härter war. Die Gans wurde von der Windseite aus eingeschoben und gleich Frischschlacke und Hammerschlag mit aufgegeben und der Wind angelassen. Bei der ersten Operation wurde keine Schlacke abgestochen. Das Einschmelzen durfte nicht zu sehr beschleunigt werden und dauerte deshalb in der Regel drei bis vier Stunden. Dann stach man die ganze geschmolzene Masse gefeintes Eisen und Schlacken zusammen in ein flaches Sandbett ab, so dass der Eisenkuchen nur etwa 1 Zoll dick wurde. Ein solcher Abstich (pissée) lieferte 500 bis 600 Pfund Hartzerenneisen. Man konnte sieben Abstiche in 24 Stunden machen. Ehe das Eisen erstarrte, durchfurchte es der Arbeiter mit einem Spiess, so dass es in Stücke von 6 Zoll auf 15 Zoll zerteilt wurde, wodurch es sich hernach leicht in einzelne Platten (lopins) zer- teilen liess. Nun folgte die zweite Operation, das Rösten oder Braten (recuit), dem man in Uza in der Regel alles Eisen unterwarf, ausser wenn die Platten ganz weiss waren oder wenn man Stahl machen wollte. Das Braten geschah im offenen Herd zwischen zwei Lagen Kohlen. Auf 1000 Pfund Eisen verbrannte man 420 Pfund Kohlen. Das Raffinieren oder Frischen erfolgte dann in einem besonderen grösseren Herd, der 24 Zoll tief, 18 Zoll Quadrat im Boden, 24 Zoll vom Schlackenloch bis zum Hinterzacken und von dem Form- zum Windzacken (contrevent oder marâtre) in der Feuerhöhe hatte. Die aus Kupfer geschmiedete Form lag 14 Zoll über dem Boden und 5½ bis 5¾ Zoll vor; ihre Mündung war 12 bis 13 Linien im Durchmesser; sie war so geneigt, dass der Wind den Windzacken 6 bis 8 Zoll unter der Kante traf. Man setzte nur 60 Pfund gebratener Platten ein und erhielt daraus eine Luppe (masset) von 40 Pfund, welche in demselben Herd ausgeschmiedet wurde. War das Eisen zu weich, so wurde die Form gehoben. Wollte man Stahl machen, was in den- selben Herden geschah, so blies man fast horizontal und setzte keine Frischfeuer 1775 bis 1800. Luppenbrocken und nur wenig Schlacken zu. — In Uza kostete dieses Frischverfahren ⅙ mehr an Kohlen und gab 1/15 weniger Abbrand als früher. Es hatte den Vorteil, dass man das hierbei erhaltene Eisen sofort zu kleinen Waren verschmieden und dass man Roheisen verarbeiten konnte, das sich sonst nur schwer frischen liess. Das Eisen von Uza wurde in Bordeaux mit 18 bis 20 Lire der Centner verkauft und konkurrierte mit dem spanischen. Die zahlreichen Versuche, welche man in England gemacht hatte, Eisen mit Steinkohlen zu verfrischen , hatten bis 1780 nur wenig Erfolg gehabt. Rinman beschreibt ein eigentümliches Verfahren, wie folgt: Die Engländer versuchten auf jedem Wege das Ziel, Stabeisen mit Steinkohle zu frischen, zu erreichen. Nachdem sie sich über- zeugt hatten, dass bei direkter Berührung des Eisens mit Steinkohle oder Koks niemals ein gutes Eisen zu erzielen sei, probierten sie es auf andere Weise. Das Frischen in Tiegeln vorzunehmen, wurde von vielen versucht, und gelangte man endlich auch zu befriedigenden Ergebnissen. Herr Quist , dessen Bericht Rinman benutzte, meldet hierüber folgendes. Das Hauptverdienst hiervon komme einem Mr. Bacon zu, welcher das erste Werk zum Tiegelfrischen zu Lowermill, vier engl. Meilen von Whitehaven, nicht weit von Egremont, angelegt habe. Er hätte dieses Werk mit allen seinen Privilegien Herrn Wood überlassen, der die Anlage erweitert und auch auf dem Eisenwerk zu Merthyr- Tydwill sechs solcher Öfen gebaut habe. Dass ein Mr. Bacon ein solches Patent erworben habe, darüber konnte ich nichts auffinden, wohl aber nahm John Wood am 5. Fe- bruar 1761 ein Patent auf einen Prozess, dessen Beschreibung annähernd mit dem von Quist beschriebenen übereinstimmt. Das Verfrischen oder die Umwandlung in geschmeidiges Eisen geschah danach statt in offenen Herden in geschlossenen Gefässen oder Tiegeln, um die schädliche Einwirkung der Steinkohlen auf das Eisen zu verhindern. Die Tiegel wurden aus feuerfestem Thon in verschiedener Grösse angefertigt. Die grössten waren 2 Fuss hoch, 1 Fuss weit und 4 Zoll stark, die kleinsten 9 bis 11 Zoll hoch, 5 Zoll weit und 3 Zoll stark. Die Frischöfen — „flourishing furnaces“ —, d. h. Flammöfen, in welche die Tiegel eingesetzt wurden, waren den Giessereiflammöfen ähnlich. Ausser diesen hatte man noch kleinere, „ball furnaces“ genannt, die nur dazu dienten, die Eisenkörner, die beim ersten Schmelzen nicht frischen wollten, noch einmal umzuschmelzen. Frischfeuer 1775 bis 1800. Das Roheisen musste erst granuliert werden und geschah dies gleich bei dem Hochofen zu Merthyr (Marthar) in Glammorganshire. Man nahm halbiertes Roheisen, welches mit Koks erzeugt war. Beim Granulieren wurde das flüssige Roheisen in eine gusseiserne Rinne geleitet, an deren unterem Ende sich ein Loch von ½ Zoll im Durch- messer befand, durch welches das Eisen, wie durch ein Sieb, 8 Fuss tief auf eine hölzerne Walze von 18 Zoll im Durchmesser fiel, welche 3 Zoll hoch mit Wasser bedeckt war und durch eine Kurbel mit der Hand umgedreht wurde. Jeder einzelne herabfallende Eisentropfen prallte gegen die Walze an und wurde dadurch in viele kleine Körner zerteilt In John Woods Patent (Nr. 759) heisst es: Cast iron may be melted in an air furnace and granulated by pouring it into water upon a revolving wheel or roller. , die durch das Härten im Wasser so spröde wurden, dass man sie nötigenfalls unter einem Stampfer oder in einem Poch- werk noch mehr zerteilen konnte. Die Granalien sammelten sich in einer hölzernen Kiste unter dem Wasser, welche von Zeit zu Zeit leer gemacht wurde. — Wenn der Schmelzprozess angehen sollte, wurden zu einer Tonne Roheisengranalien 1½ Ctr. (84 kg) feingesiebte und gewaschene Garschlacke aus dem Reckherd abgewogen und dieser Schlacke setzte man dann gewöhnlich fünf kleine Schüsseln voll fein gepulverten Kalk zu In dem Patent steht: The metal is then heated in pots or other close vessels in an air furnace by means of a strong coal fire, until the impuritics con- tained in the iron and the fluxes applied thereto are fused and run together into a cinder or slag, and the iron is brought into a tough and malleable state, where- upon it is hammered into bars or other formes. — The fluxes employed may be run-slag or cinder, scales or scoria of iron, fusible sand and lime, kelp, soapers- waste. . Das Granuliereisen, welches unter- dessen in einer Lauge von Kaliasche (Pottasche) gelegen hat und darin gewissermassen gebeizt worden ist, wird dann aus dieser Lauge genommen und mit dem Gemenge von Schlacke und Kalk auf dem Beschickungsboden gehörig durchgearbeitet. Mit dieser Beschickung werden alsdann etwa 26 von den gerösteten Tiegeln, von denen ein jeder 93 Pfund enthält, angefüllt, mit einem Deckel wohl verschlossen, verklebt und mit grossen Zangen in den Flammofen — flourishing furnace — eingesetzt. Wenn der Ofen einen guten Zug hat und ganz neu ist, kann das Eisen bei einer sehr starken Hitze in höch- stens 3½ bis 4 Stunden zu einem Klumpen zusammengeschmolzen sein, welches man bei einiger Übung an der Farbe der Tiegel in dem Ofen erkennt. Glaubt der Schmelzer, dass der rechte Zeitpunkt gekommen ist, so wird der Tiegel herausgenommen, geöffnet, zer- Frischfeuer 1775 bis 1800. schlagen und ausgeleert und man findet das Schmelzstück dann, wenn alles gut gegangen ist, als einen Klumpen, der einer gewöhnlichen Luppe gleicht, mit einer dünnflüssigen, schwarzen, obsidianähnlichen Schlacke umgeben. Das Schmelz- oder Frischstück pflegte gewöhn- lich 80 Pfund zu wiegen; es wurde sogleich zusammengeschlagen und an den Reckhammer geliefert. Missglückte, roh gebliebene Güsse kamen in den Ball-furnace. Das Eisen war von geringer Güte, kurz- sehnig und brüchig. An dieses Tiegelfrischen schliesst sich ein anderer, ebenfalls im vorigen Jahrhundert in England angewendeter Prozess, das sogenannte Brockenschmelzen in Tiegeln. Es ist dies das Zusammenschmelzen oder richtiger Zusammenschweissen von altem Schmiedeeisen (Schrott) in Tiegeln. Auch dieser Prozess war nur denkbar bei den ausser- ordentlich hohen Holzkohlenpreisen auf der einen und den billigen Steinkohlenpreisen auf der anderen Seite. Die Öfen, in denen dieser Prozess vorgenommen wurde, hiessen Scrap-furnaces, Schrottöfen; man hatte dergleichen zu Duffield bei Derby, zu Sheffield und anderen Plätzen. Die Eisenbrocken wurden von armen Leuten gesammelt und bestanden aus allen möglichen Abfällen. Mit diesen wurden etwa sechs Tiegel von 2 Fuss Höhe und 10 Zoll Weite ohne Zusatz angefüllt und die Masse möglichst zusammengedrückt. Die offenen Tiegel wurden in den Schrottöfen einem starken Steinkohlenfeuer ausgesetzt, so dass der Inhalt zusammen- schweisste. Die Tiegel wurden alsdann aus dem Ofen genommen, umgestürzt und die ausgestürzte, zusammengeschweisste Masse zusammen- geschlagen, unter einem Wasserhammer geschmiedet und nach oft wiederholtem Glühen zu Stäben, wie sie für Kleinschmiede passen, ausgereckt. Karsten giebt an, dass die Tiegel mit Inhalt nach dem Schweissen unter den Hammer gebracht wurden. Rinman sagt: „man soll“ manchmal die Erhitzung bis zum Schmelzen der Masse, die dann unter einer Decke von Glaspulver oder Hochofenschlacke flüssig würde, fortsetzen und erhielte so das reinste Eisen, welches die Engländer tincture of iron nannten. Hier ist wohl eine Guss- stahlerzeugung aus Stahlbrocken gemeint. Statt dieses Verfahrens hatte man nach Quists Bericht um 1780 bereits ein anderes Verfahren, Schrott im Feuer zu verarbeiten, indem man denselben in Flammöfen mit Steinkohlenfeuer zusammenschweisste. Man verarbeitete auf diese Weise namentlich alte Nägel und Abfälle der Nagelschmiede, aus denen man auf runden Stücken von Sand- stein kleine Kegel aufrichtete und diese im Reverberierofen (air fur- Frischfeuer 1775 bis 1800. nace) bei geschlossenen Thüren der Hitze aussetzte. Die geschweissten Klumpen wurden mit Handhämmern zusammengeschlagen und dann unter einem kleinen Wasserhammer zu Stäbchen ausgereckt, die grösstenteils zu Sheffield zum Schmieden von Messerklingen ange- wendet wurden. Der Vollständigkeit wegen wollen wir hier noch einige ältere Vorschläge und Versuche, Roheisen mit Mineralkohlen zu frischen, auf- führen. 1724 erhielt Roger Wodehouse ein Patent, Roh- und Gusseisen mit Hülfe roher Steinkohle schmiedbar zu machen. 1727 nahm Fallowfield ein Patent, Eisen mit Torfkohlen aus feinen Erzen zu schmelzen und in Schmiedeeisen zu verwandeln. 1728 bekam John Payne ein Patent, welches wir schon wiederholt angeführt haben, weil in demselben auch die Anwendung kannelierter Walzen zum erstenmal patentiert wurde. Der erste Teil desselben bezieht sich auf die Herstellung von Schmiedeeisen durch gewisse Zusätze und lautet: Roheisen schmiedbar zu machen, um es unter dem Hammer zu strecken u. s. w. „Asche von Holz oder anderen Vegetabilien, alle Arten von Glas und Sand, gewöhnliches Salz und Steinsalz, Kali, Pottasche, Eisenschlacken von Schmelzöfen und Frischfeuern werden in entsprechenden Mengen mit Roheisen oder sonstigem spröden Eisen in einem Frisch- oder Schmiedeherd zusammen- geschmolzen, wodurch dieselbe Umwandlung bewirkt wird, wie durch Holzkohle, so dass es schmiedbar wird und in Stäbe oder andere Formen geschmiedet werden kann.“ Dieses Patent verdient deshalb Beachtung, weil darin die Idee des Martinverfahrens zum erstenmal entfernt angedeutet ist. Das englische Tiegelfrischen, wofür Francis Wood 1761 ein Patent erhielt und welches wir oben beschrieben haben, ist damit verwandt. 1771 erhielt James Goodyer ein Patent, Stahl aus Roheisen zu machen. Das beschriebene Verfahren entspricht dem deutschen Stahlfrischverfahren und muss man daraus schliessen, dass das Stahl- frischen in England nicht bekannt war. „Man setze Roh- oder Gusseisen in ein Frischfeuer, gerade wie wenn man Stabeisen machen wollte; aber das angewandte Gebläse muss schwächer sein. Sobald einiges von dem Eisen im Herd nieder- gegangen ist, muss man vom Boden aus es durcharbeiten, wie beim Eisenmachen; mit dem Einschmelzen fährt man dabei aber anfangs fort. Wenn es genug ist, um eine Luppe zu machen, lässt man das ganze auf den Boden niedergehen, bringt die Luppe sofort zu dem Frischfeuer 1775 bis 1800. Hammer, um sie zu zängen und zu recken wie Eisen. Man hält den Herd so frei von Schlacke wie nur möglich. Ein Zusatz von Salz oder salzigen Substanzen, thierischen Abfällen oder Holzkohlenstaub verbessert den Stahl. Um feinen Stahl zu machen, nimmt man den so bereiteten und cementiert ihn in derselben Weise, wie gewöhnlicher Stahl aus Stabeisen gemacht wird.“ Richard Jesson nahm mehrere Patente für die Stabeisen- bereitung mit Steinkohle. Das erste vom 30. Oktober 1773 erhielt Jesson zusammen mit John Wright für die Darstellung von weichem Eisen aus Roheisen (pig or sow metal) oder Gusseisen und aus Schaleneisen (scull and cinder iron) oder anderem Gusswerk mit roher Kohle oder Koks und einem Gebläse. Die erhaltenen Luppen werden heiss unter einem Stempel oder Hammer in Platten aus- geschlagen, welche, wenn sie kalt geworden sind, in kleine Stücke zerbrochen werden, um den Staub und die schweflige Masse, welche das Metall aus den Kohlen aufgenommen haben können, abzuscheiden. Hierauf werden diese Stücke noch völlig von Unreinigkeiten gereinigt, entweder mit der Hand oder in Scheuertonnen. Alsdann erhitzten die Erfinder die gereinigten Stücke in einem Flammofen, in Tiegeln oder sonstwie und schmiedeten sie dann von einem Reckherd (chafery) in der gewöhnlichen Weise wie bei der Schmiedeeisen- bereitung aus. Wenn das Eisen aber rot oder kaltbrüchig ist, so wird es unter Zusatz von Schrotteisen (scrap iron or nutt iron) in Thontiegeln in einem Flammofen erhitzt und dann erst, wie zuvor erwähnt, ausgereckt. Am 14. November 1783 erhielt Richard Jesson ein neues Patent für denselben Zweck und folgendes Verfahren: Guss- oder Schaleneisen wird in einem Frischherd erhitzt mit Gebläse, aber ohne Flüsse oder Aufgüsse (infusions). Die erhaltenen Metallklumpen werden heiss in Platten oder sonstige Formen ausgeschmiedet. Diese werden in Haufen (Garben — piles) oder sonstwie, aber ohne Tiegel oder Gefässe, in einem kleinen, für diesen Zweck erbauten Ofen erhitzt und darauf in Stücke von Schmiedeeisen in einer oder mehreren Hitzen mit oder ohne Reckherd ausgeschmiedet. — Kleine Brocken des Metalls, welche bei dem Hämmern abfallen, können in Tiegeln oder Gefässen oder ohne diese in einem Flamm- ofen, wenn rot oder kaltbrüchig unter Zusatz von Schrott erhitzt und dadurch in gutes Schmiedeeisen verwandelt werden. Dieses Ver- fahren finden wir zum Teil bei der Südwalesschen Frischschmiede in Anwendung. Frischfeuer 1775 bis 1800. Frischen am Harz und in Österreich zu Ende des Jahrhunderts . Über das Eisenfrischen am Schlusse des 17. Jahrhunderts liegen ausführlichere Nachrichten vor, aus denen wir auszugsweise das Nach- folgende mitteilen. Das Kaltfrischen oder die Kaltbläserarbeit, welche am Rhein gebräuchlich war und deshalb auch rheinisches Frischen genannt wurde, war diejenige Abänderung der deutschen Frischarbeit, bei welcher das zu frischende Eisen, um es schneller aufbrechen zu können, abgeschreckt wurde. Das Kaltfrischen unterschied sich von dem Warmfrischen (dem eigentlichen deutschen Frischen) dadurch, dass man das Eisen, sobald es im Frischherde eingeschmolzen war, bis zur völligen Erstarrung kalt werden liess, zu welchem Zwecke man die Schlacke von dem auf dem Boden befindlichen flüssigen Eisen mit der Handschaufel wegscharrte und die Erstarrung des Eisens durch Aufgiessen von Wasser beförderte. Wenn die Arbeit so etwa eine halbe Stunde unterbrochen worden war, wurde der erstarrte Eisenklumpen auf- gebrochen, umgewendet, Kohlen darunter gebracht und noch einmal langsam eingeschmolzen. Das Eisen wurde hierbei dem Winde des Gebläses von neuem ausgesetzt, frischte dadurch gleichmässig und schnell und pflegte nach dieser zweiten Schmelzung schmiedbar zu sein. Wurde die Hitze im Anfange bis zum Kochen des Roheisens fort- gesetzt und dann erst abgekühlt, so nannte man dies Rohfrischen. Das Kaltfrischen wurde um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Schmal- kalden eingeführt und werden wir bei der Landesgeschichte darüber noch nähere Angaben machen. Am Harz war das deutsche Frischverfahren in Gebrauch und zwar diejenige Abänderung, welche man das Klumpfrischen nannte. Man verschmolz dabei graues oder halbiertes Roheisen Siehe W. A. Tiemann , Bemerkungen und Versuche über das Eisen 1799. . Der Herd war aus vier eisernen Zacken einschliesslich der Bodenplatte zusammengesetzt. Letztere war 2 Fuss 1 bis 2 Zoll im Quadrat, 2½ Zoll dick und wurde von unten durch Wasser gekühlt. Der Formzacken war 2 Fuss 2 Zoll lang und 1 Fuss 2 bis 3 Zoll hoch, der Gichtzacken war 2 Fuss 6 bis 12 Zoll lang und 1 Fuss 3 Zoll hoch, der Hinter- zacken 2 Fuss 2 Zoll lang und 1 Fuss 4 Zoll hoch; alle waren 2 Zoll dick. Die Vorderseite hatte keinen Zacken, sondern wurde mit Gestübbe zu- gemacht, dagegen befand sich hier die eiserne Schlackenrinne oder Lachtsohle, 1 Fuss 6 Zoll lang, 6 bis 8 Zoll weit und 4 bis 5 Zoll hoch. Sie war an beiden Seiten des Mauerwerks befestigt und mit einer starken Eisenplatte, dem Schlacken- Beck , Geschichte des Eisens. 43 Frischfeuer 1775 bis 1800. blech, bedeckt, das 3½ Fuss lang und 1 Fuss breit war. Sie diente beim Arbeiten mit dem Spiess (Spalt) als Unterlage. In diesen Kasten wurde der Herd von Gestübbe geschlagen. Die Tiefe des Herdes war vom Formmaul bis auf den Boden 11½ Zoll, vom Formmaul bis zum Hinterzacken 7½ Zoll, seine Länge vom Formmaul bis zum Gichtzacken 2 Fuss 4 Zoll; die Form ragte 3½ Zoll in den Herd. Der Hinterzacken hing 1½ Zoll rückwärts, der Gichtzacken um 1 Zoll ein- wärts. Der Formzacken stand senkrecht und war einige Zoll niedriger als die anderen, weil auf ihm die Form ruhte. Der Frischboden war einige Grade nach der Ecke, welche Form und Hinterzacken bildeten, geneigt. Die Lacht- sohle lag 4 Zoll über dem Frischboden. Die Lage des Frischbodens zur Form war besonders wichtig. Bei grauem Eisen legte man den Boden höher, um das Frischen zu beschleunigen, bei weissem (grellem) Eisen legte man ihn tiefer, um das Frischen zu verlangsamen, weil dieses Eisen leichter frischte. Die Frischer nannten das grelle, leicht frischende Roheisen garschmelzig, das graue roh- schmelzig. Die Form liess man soviel stechen, dass der Wind entweder den Gichtzacken 1 bis 2 Zoll vom Boden berührte, oder dass er auf den Boden selbst, 2 bis 3 Zoll von der Mitte desselben, nach dem Gichtzacken zu fiel; ersteres bei halbiertem, letzteres bei grauem Roheisen. Das Formmaul war halbkreisförmig oder länglich viereckig, im ersteren Falle 1⅜ Zoll breit und 1⅛ Zoll hoch, im zweiten Falle 1½ Zoll breit und 1⅛ Zoll hoch. Die Neigung der Form wurde mit einem halben Gradbogen, der Formwage, bestimmt. Die Balgdeuten oder Düsen hatten 1⅛ Zoll weite Mündungen und lagen 3½ Zoll in der Form zurück. Die Bälge waren 10 Fuss 8 Zoll im ganzen lang und fassten etwa 80 Kubikfuss. Die Holz- kohle, der man sich am Harz bediente, war Fichtenkohle ( Pinus picea . Lin.). Der Frischprocess zerfiel in folgende Operationen: 1. das Roheinschmelzen; 2. das Garmachen; 3. das Rohaufbrechen oder erste Aufbrechen; 4. das Klump- frischen; 5. das Garaufbrechen; 6. das Luppenschmelzen. Das Frischen begann damit, dass man den Herd halb mit Kohlen füllte, hierauf grob zerschlagene Schurre, d. h. den Abfall von der vorigen Luppe nebst einigen Eisenstückchen von ⅛ Ctr. Gewicht auftrug. Dann setzte man die Roheisenstücke, welche 2 Ctr. wogen, zu vier bis fünf Stücken nebeneinander auf den Gichtzacken, mit ihrer Längenachse der Form zugerichtet, ein. Das grösste untere Roheisenstück ragte etwas vor, etwa 6½ Zoll in den Herd hinein. Man gab den Roheisenstücken hinten eine Unterlage, damit sie sich vorn in den Herd neigten. Alsdann stürzte man den Herd mit grober Kohle voll, warf glühende Kohlen vor die Form und liess den Wind an. Damit begann das Roheinschmelzen . Das Roheisen tropfte langsam vor der Form nieder und vereinigte sich mit der Masse am Boden, welche gleichzeitig einschmolz. Zur Schlackenbildung warf man einige Schaufeln Frischschlacken ein. Die Bälge wechselten sieben- bis achtmal bei halbiertem Roheisen, bei grauem etwas rascher. Da das Einschmelzen keine Arbeit erfor- derte, so benutzte man das Feuer zum Wärmen und Ausschmieden der Luppen- stücke von dem vorhergehenden Frischen. Hierüber ist nichts weiter zu bemer- ken. Das Roheinschmelzen dauerte 1½ Stunden. Der Frischer untersuchte mit dem Spatt, ob viel Lacht in dem Herde ist, welcher dann zum erstenmale abge- stochen wurde. Der Lacht war bei grauem Eisen hochrot und dünnflüssig, bei grellem Eisen weiss und steif. An dem Lacht erkannte man, ob das Schmelzen zu gar oder zu roh war, in ersterem Falle setzte man Frischschlacke, im zweiten Garschlacke oder Hammerschlag zu. Das nach beendetem Roheinschmelzen im Herde befindliche Eisen bildete keineswegs eine flüssige Masse, sondern war äusserlich erhärtet, innen aber breiartig. Man brach mit dem Spatt auf und zerteilte sie in mehrere grössere und kleinere Klumpen. Bei grellem Roheisen setzte man mehreremal Frischschlacke zu. Je behutsamer das Einschmelzen geschah, um so besser verlief das Frischen. Frischfeuer 1775 bis 1800. Das dem Winde am nächsten gelegene Eisen wurde nur leicht aufgebrochen und in einigen Klumpen vor die Form gebracht, dies nannte man das Gar- machen , welches beendet war, sobald der Klumpen vor dem Winde eine weisse Farbe bekam und sich an den Spatt anhing. Nun beginnt die dritte Operation, das Rohaufbrechen . Man bringt dabei sämtliches Eisen vom Boden über die Form und lässt es aufs neue so einschmelzen, dass der Wind auf jedes Teil- chen gehörig wirkt. Der Frischer nimmt den grossen Spatt von 7 bis 8 Fuss Länge und fährt damit beim Gichtzacken auf den Boden nieder und sucht nun die fest aufsitzende Masse durch Wuchten des Spatts, indem er sich mit Gewalt auf denselben legt, loszumachen und in die Höhe vor den Wind zu bringen. Sie bricht dabei gewöhnlich in mehrere Stücke. Diese werden in die Höhe gebracht und in umgekehrter Lage, so dass die untere Seite mit der anhängenden Schurre nach oben zu liegen kommt, über dem Winde aufgesetzt. Der Frischer reinigt nun den Boden und beginnt alsdann mit dem Unterspatten. Hierbei fährt der Frischer mit dem grossen Spatt vom Schlackenblech vor der Form bis auf den Boden durch und giebt ihm dann eine diagonale Richtung nach der Ecke zu, wo Gicht und Hinterzacken zusammenstossen; dann fährt er in der Mitte des Herdes durch, dann wieder nach der anderen Ecke und so kreuzweise fort. Hierdurch überzeugt er sich, ob der Boden gehörig rein sei. Hat sich etwas angesetzt, so wird es mit Gewalt weggestossen. Dies geschieht aber vorzüglich nur beim Rohgang, wenn graues Roheisen verfrischt wird, bei halbiertem und grellem ist es selten oder nie der Fall. Die unter der Form sich frischende Masse wird nun aufgebrochen und in die Höhe gebracht. Man fasst daher mit dem Spatt dicht auf den Boden, drückt hinten scharf nieder, bricht den grössten Klumpen auf und wirft ihn vor den Gichtzacken, dann werden die übrigen kleine- ren ebenfalls dahin gebracht und nun alles vor den Wind geführt. Einige beim vorherigen Aufbrechen auf die Seite geworfene Schurre werden ebenfalls darauf geworfen. Nachdem nun vom Gichtzacken alles weg und vor die Form gebracht, diese selbst gereinigt und der Herd gelüftet ist, werden frische Kohlen in den Herd gestürzt und man lässt das Gebläse, welches während der ganzen Operation etwas langsamer ging, wieder geschwinder gehen. Die Zeit des Rohaufbrechens dauert etwa ¼ Stunde. Die Schurre, die hauptsächlich aus oxydirtem Eisen bestehen, werden ebenso wie der Hammerschlag als garende Mittel zugesetzt. Wenn nun das Eisen nach und nach anfängt sich zu senken und niedergeht, so kommt es in einem bereits halbgefrischten Zustande auf den Boden, wird zäh und vereinigt sich schon weit lieber zu einem Ganzen als vorhin. Es bildet auf dem Frischboden ein zusammenhängendes Ganzes, den sogenannten Klump, wes- halb diese Arbeit das Klumpfrischen genannt wird. Der Frischer scharrt die einzelnen Stücke vom Gichtzacken nach der Form, indem er darauf achtet, dass das Einschmelzen nach und nach geschieht, und dass der Wind die Masse be- ständig gehörig durchstreiche und alle Teile derselben hinlänglich berühre. Mit dem Spatt muss daher immer so gearbeitet werden, dass der Wind den Gichtzacken erreichen und folglich den ganzen Herd durchstreichen kann. Um den Eisenverbrand zu vermindern, hält man die Masse vor der Form etwas dicht und schlägt sie etwas zusammen. Nach 10 Minuten werden die Kohlen im Feuer mit den Haken zur Seite gebracht, die niedergehende Masse mit dem Spatt gelüftet, die Form rein gehalten und an der Gicht etwas aufgebrochen, alles dem Winde zugeführt, damit nichts rohes eingehe, am Hinterzacken Wasser gegossen und nun das Ganze etwas in Ruhe gelassen. Nach halbstündiger Arbeit hat sich der Klumpen auf dem Herdboden gebildet. Es folgt nun das Garaufbrechen oder Luppenaufbrechen, welches etwa 10 Minuten erfordert. Der Frischer fährt zu dem Ende mit dem grossen Spatt beim Formzacken nieder und hebt hier den Klump etwas in die Höhe, alsdann fasst er beim Gichtzacken unter den Klump und hebt ihn nach und nach immer mehr, bis er fast eine senkrechte Stellung bekommen hat. Nun macht er die Form 43* Frischfeuer 1775 bis 1800. rein, stürzt Kohlen in den freien Raum und wuchtet alsdann den Klump so herum, dass die Seite desselben, welche vorhin an der Gicht lag, nun vor die Form und also die untere oder Bodenseite oben zu liegen kommt. Der ganze Klump liegt daher jetzt über der Form. Nachdem er abermals mit Kohlen bedeckt ist, bleibt er nun eine kurze Zeit sich selbst überlassen. Hierauf folgt das Luppenschmelzen , die letzte Operation, welche als der dritte Verfrischungsgrad zu betrachten ist. Das zu frischende Eisen wird dabei zum drittenmale vor der Form niedergeschmolzen. Den aufgebrochenen Klump darf der Frischer aber nur sehr behutsam und vorsichtig eingehen lassen, damit keine ungefrischte Stelle darin bleibt. Der über der Form befindliche Klump wird deshalb so lange als möglich schwebend erhalten, damit der Wind nur auf den unteren Teil desselben wirken und diesen nach und nach wegschmelzen kann. Das Feuer hält der Frischer dabei immer dicht und giesst dann und wann etwas Wasser darüber. — Ist der Klump soweit niedergegangen, dass die sich auf dem Boden bildende Luppe beinahe fertig ist, so entblösst man ihren oberen Teil und drückt etwaige lose Brocken daran fest. Da jetzt der Wind unmittelbar auf das Eisen bläst, so verbrennt ein geringer Teil desselben und sprüht mit strahlenden Funken in der Esse umher; um nicht zuviel zu ver- brennen, lässt man das Gebläse etwas langsamer gehen. Wegen der zunehmenden Schwerflüssigkeit des Eisens dauert dieses Luppenschmelzen etwa ½ Stunde. — Ist alles zusammengeschmolzen, so wird nochmals Wasser darüber gegossen und endlich die nun fertige Luppe , indem sie der Frischer mit dem Spatt vor der Gicht aufhebt und zwei andere Arbeiter mit dem Luppenhaken zu Hülfe kommen, aus dem Herde heraus auf die Hüttensohle gewälzt und nach dem Hammer gebracht. Sie hat jetzt eine eiförmige, etwas gedrückte Gestalt. Dieses Verfahren gilt für graues Roheisen; garschmelziges, leicht fri- schendes Eisen wird immer unter dem Winde gehalten. Zwei Arbeiter schaffen mittels des Luppenhakens die Luppe zum Hammer. Sie wird nun mit der Luppenzange unter den Hammer geschoben und zwar so, dass sie auf der hohen Kante liegt. Bei den ersten Hammerschlägen fliesst die noch bei der Luppe befindliche Schlacke ab. Ist jene oben und unten etwas gedichtet, so wird sie gedreht und mit der flachen Seite auf den Amboss gelegt. Nachdem sie durch Hin- und Herschieben geebnet und zu gleicher Stärke aus- gebreitet ist, wird sie zerhauen oder mittels des Setzeisens in vier bis fünf Stücke zersetzt; das erstere ist das Gichtstück, dann folgen die Mittelstücke, zuletzt das Formstück. Jedes Stück wird mit einer Zange gefasst und zum Auswärmen in den Herd geschoben. Sie werden dann gezängt oder gezaggelt und zu Stäben ausgeschmiedet. Zu einer Frischhütte gehörte ein Meister, drei Knechte und ein Lehr- bursche. Der Meister hielt den Feuerbau und den Hammer in Ordnung und half beim Zersetzen und Ausschmieden der Luppe. Die Knechte machten die Luppen und schmiedeten sie aus. Man rechnete auf den braunschweigischen Hütten auf einen Centner (zu 114 Pfund) Stabeisen 3 Mass Kohlen = 240 Pfund. 3 Centner Roheisen gaben 2 Centner Stabeisen. Überschuss wurde vergütet, doch litt durch das Überschussmachen oft die Qualität. Wöchentlich wurden 50 bis 60 Centner Stabeisen geschmiedet. Dieses Klumpfrischen hatte einen grossen Abbrand, gab aber ein gutes zuverlässiges Eisen, deshalb wurde es für Drahtseil- und Gewehrplatineneisen auf der Königshütte auch im 19. Jahrhundert noch lange beibehalten. In den österreichischen Alpenländern war das Löschfrischen in allgemeiner und fast ausschliesslicher Anwendung, bis in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts ein Gewerke namens Dietrich Frischfeuer 1775 bis 1800. in Hollenstein ein verbessertes Frischverfahren einführte, welches Eingang fand und sich allmählich auf die österreichischen und stei- rischen Nachbarwerke ausdehnte, bis es endlich auch auf allen haupt- gewerkschaftlichen Hütten eingeführt wurde. Dieses Verfahren ist bekannt als österreichische Schwallarbeit . Der Herd war dabei mit Zacken oder Abbrändern ausgesetzt und hatte die folgenden Masse Siehe Tunner , Der wohlunterrichtete Hammermeister, Bd. II, S. 54. : Länge der Herdgrube oben 27 Zoll, unten 22 Zoll, Breite der Formwand oben 18 Zoll, am Boden 13 Zoll, die Windseite war um 2 Zoll breiter. Höhe vom Rande des Sinterbleches bis zum Schwallboden 14 Zoll, vom Formabbrande bis dahin 11 Zoll, von der Formmündung 8 bis 9 Zoll. Der Formabbrand stand senkrecht oder war 1 Zoll in die Grube geneigt, das Sinterblech auf der Arbeits- seite 3½ Zoll und der Wolfabbrand auf der Hinterseite 1½ Zoll aus der Grube geneigt. Die Form oder das Esseisen lag 4 Zoll über, die Düsen 4½ Zoll zurück; das Stechen der Form 24 bis 26 Grad. Das Formmaul war halbrund und \frac{5}{4} Zoll breit und hoch. Das Charakteristische dieser Frischmethode war die Herstellung des Herd- bodens aus Schlacken (Schwall). Zu diesem Zwecke wurde die Herdgrube erst bis auf 13 bis 14 Zoll vom Rande des Formabbrandes entfernt mit zerkleinerter Frischschlacke gefüllt, die geebnet die Unterlage des Schwallbodens bildete. Diese Unterlage war 3 bis 5 Zoll dick. Hierauf wurde aus grossen Stücken garer Schlacke oder Schwall der Herdboden hergestellt, ähnlich wie ein Steinpflaster. Die Oberfläche musste ganz eben sein, die Zwischenräume wurden mit kleinen Stücken und zuletzt mit fein gepochter Schlacke sorgfältig hergestellt. War dieser Schwallboden gut gemacht, so war es nicht nötig, ihn vor dem Frischen fest- zuschmelzen, indem dies dann bei der ersten Charge von selbst geschah. Ein gut hergestellter Schwallboden konnte Monate lang halten, indem man ihn bei der Arbeit selbst immer nach Wunsch regulieren, ihn erhöhen oder erniedrigen konnte. Die Decke des Schwallbodens betrug 6 bis 7 Zoll. Der Frischer musste fortwährend auf den ordnungsmässigen Zustand des Schwallbodens acht geben. Bei normalem Gange sollte er sich bei der Arbeit 1 bis 2 Zoll tief erweichen. Die gare Schlacke des Schwallbodens wirkte zum Frischen mit. Bei zu grosser Hitze im Herde, oder zu starker Neigung der Form war aber immer die Gefahr vorhanden, dass der Schwallboden an einer Stelle durchschmolz oder sich ganz auflöste. Dies nannte man das weiche Durchzerennen. Es passierte nur uner- fahrenen oder unaufmerksamen Frischern. Grösser war die Gefahr, dass das Roheisen zu rasch niederschmolz und das hitzige Eisen und die rohe Schlacke auflösend auf den Schwallboden wirkten, was man das rohe Durchzerennen nannte. Hiergegen musste der Arbeiter fortwährend auf der Hut sein. Er half sich durch Einstellen der Arbeit, Ausräumen des Herdes, Einbetten frischer Schwallstücke und Aufgiessen von kaltem Wasser. Das geeignetste Roheisen für die Schwallarbeit war der grossluckige Floss. Bei grellerem Eisen musste man das Einschmelzen verlangsamen, bei weicherem Eisen es beschleunigen, dagegen die darauf folgenden Processe verzögern. Das Roheisen wurde in unregelmässigen Stücken, den Flossenbrocken, eingesetzt. Die Arbeit zerfiel in fünf Abteilungen: 1. die Vorbereitung des Herdes; 2. das Ausheizen; 3. die Bildung des Zerenn- oder Frischbodens; 4. das eigentliche Zerennen oder Frischen, und 5. das Zu- oder Nachzerennen. Frischfeuer 1775 bis 1800. Beim Beginn der Arbeit wird der Herd bis auf den Schwallboden aus- geräumt und gereinigt, sodann ringsum an den Rändern feuchte Lösche oder Stübbe festgeschlagen und auf den freien Schwallboden in der Mitte eine Schaufel Weich (Schlacke) aufgeworfen. Die Herdgrube wird mit Kohlen gefüllt, über der Essbank (Formseite) 4 bis 6 Zoll hoher Wall aus nasser Lösche errichtet und rings um den Herd ein Löschkranz aufgeführt. Anders ist die Vorbereitung, wenn man nach ausgebrochenem Dachel den heissen Herd für die folgende Charge vorrichten will. Dann kühlt man erst durch Aufgiessen von Wasser ab, reinigt den Herd, ebnet die entstandenen Vertiefungen durch Einschlagen von Lösche ein, füllt dann mit Kohlen und bildet den Löschkranz, wie zuvor beschrieben. Da der Dachel (die Luppe) bei der Schwallarbeit in acht Masseln zerteilt wird und jede Massel wenigstens zwei Hitzen bekommt, so hat man mindestens 16 Hitzen auszuheizen. Der Ausheizprozess ist für den Frischer die angestrengteste Periode, um so mehr, weil er während derselben schon einen Teil des Frischprozesses voll- enden muss. Von den acht Masseln werden nur drei mit den Masselzangen eingelegt, die übrigen vorläufig in einem einfachen Feuer warm gehalten. Gleichzeitig mit den ersten drei Masseln wird auch schon von der Windseite die erste Flossengarbe mit 50 bis 60 Pfund Roheisen eingehalten. Die Flossen- garbe liegt einige Zoll höher als die Masselzangen. Alle liegen möglichst dicht zusammen, um die Hitze gehörig auszunutzen. Bei den Masseln unterscheidet man die Kernstücke und die Ranftmasseln. Letztere sind unreiner, bedürfen stärkerer Hitze, und da mehr weggeheizt wird, tragen sie mehr zur Bildung des Frischbodens bei als die Kernmasseln, weshalb man sie zuerst ausheizt. Man unterscheidet ferner bei jeder Massel die Haarseite und die Reinseite. Erstere ist die unreine Seite und muss mehr geheizt werden, wonach man sich bei dem Einlegen richtet. Ist alles in Ordnung, so giebt man Kohle auf und zwar türmt man gewöhnlich einen Haufen Kohlen auf, den man durch Aufgiessen von Lehm- wasser von aussen vor dem Verbrennen schützt. War der Herd kalt, so muss man langsam anblasen und da der Herdboden noch keinen Saft giebt, Weich über die eingehaltene Massel werfen, welcher dieselbe überzieht und vor dem Verbrennen schützt. War der Boden und die Massel heiss, so kann man gleich stärker blasen und das Ausheizen dadurch beschleunigen. Mit dem Aufgeben des Weich muss man sich besonders auch nach der Beschaffenheit des Herdbodens richten. Die Masselzangen werden anfangs horizontal gehalten, so dass sie 2 bis 3 Zoll über dem Formrand liegen. Die noch höher liegende Flossenzange wird, damit sie nicht nachsinkt, durch Gewichte an ihren Schäften in der Höhe gehal- ten. Die mittlere Massel, die der Form am nächsten liegt, wird zuerst nieder- gelassen, so dass sie in das Bereich der flüssigen Schlacke kommt, doch darf sie nicht bis zum Schwallboden sinken. Die Massel wird mehreremal gewendet. Hierbei wird sie vorn etwas tiefer eingetaucht, in der Schlacke umgedreht und dann wieder gehoben. Man muss danach streben, eine möglichst saftige Schweisshitze zu geben; eine sengende Hitze ist sorgfältig zu vermeiden. Wird die erste Massel unter dem Hammer zu einem Kolben ausgeschmiedet, so rückt man die zweite über der Form liegende an die Stelle der ersten und schiebt den Kolben mit der Kolbenzange an die frei gewordene Stelle der zweiten Massel ein. Wird ein Platz frei, so folgt das Einsetzen der dritten, vierten u. s. w. Massel und wenn es dann gegen Ende des Ausheizens Platz im Herde giebt, werden weitere Flossengarben nachgetragen. Die Dauer des Ausheizprozesses, wenn ein Ham- mer zwei Feuer zu bedienen hat, wie das die gewöhnliche Einteilung ist, beträgt 1½ höchstens 2 Stunden. Während des Ausheizens bildet sich hauptsächlich aus den von den Masseln abschmelzenden Teilen der Schweissboden, auf dem nachher das Zerennen des Frischfeuer 1775 bis 1800. Roheisens vor sich geht und den man deshalb auch Zerenn- oder Frisch- boden nennt. Das Einschmelzen des Roheisens darf erst beginnen, wenn der Schweissboden eine gewisse Dicke erlangt hat, damit es nicht zu tief niedersinkt und infolge dessen roh bleibt. Diese genügende Stärke und Ausbreitung, um ihn als Frischboden zu benutzen, erlangt er erst nach einem dreiviertelstündigen Verlaufe des Ausheizprozesses. Er muss dann 4 bis 5 Zoll unter der Form sich befinden und sich eben, fest und klebrig, nicht rauh und hart anfühlen. Bildet sich eine Vertiefung, was besonders vor der Form leicht geschieht, so bringt man gare Zuschläge, am besten Stockweich, an die Stelle, sticht etwa vorhandene flüssige Schlacke ab und schwächt den Wind. Nach der dritten Hitze soll sich der Schweissboden bis zur rechten Höhe angesetzt haben, wenn nicht, muss man mit garen Zuschlägen und Schwächung des Windes nachhelfen. Der Frischer muss also fortwährend den Schweissboden mit dem Räumeisen durch die Form untersuchen. Sobald der Schweissboden die richtige Höhe erreicht hat, verstärkt man den Wind und der Frischer schiebt die Masselgarbe so nahe zu der Form, dass sie abzuschmelzen beginnt. Geschieht dies früher, so erhält man einen rohen und zu tiefen Frischboden. Zu langes Warten ist ein direkter Kohlenverlust. Man nimmt zur ersten Flossengarbe die weicheren Flossen. Nachdem etwa die Hälfte der Masseln ausgeheizt ist, wird die zweite Flossen- garbe von abermals 50 Pfund Roheisen auf der Windseite eingelegt. Sind nur noch zwei Masseln im Feuer, so lässt man die Flossengarbe neben der mittleren Massel tiefer in das Feuer, wodurch sie rasch einschmilzt. Sofort wird die dritte Garbe von 50 Pfund an die Stelle der zweiten eingelegt. Diese wird in den Schmelzraum gerückt, sobald die letzte Massel herausgenommen ist. Nach beendetem Ausschmieden wird die vierte Flossengarbe an der Gichtseite auf- gelegt. Inzwischen ist die erste Garbe nahezu eingeschmolzen. Die Zange wird durch Niederdrücken an den Schäften aufgehoben und der Rest glühendes Eisen, der etwa noch darin hängt, oben auf die Kohlen geschafft. Die zuletzt ein- gelegte vierte Garbe kommt nun an die Stelle der ersten, worauf noch die fünfte und letzte mit etwa 30 Pfund aufgelegt wird, so dass der ganze Einsatz 230 Pfund beträgt. Diese Teilung in fünf kleinere Garben ist viel vorteilhafter als das Einlegen von zwei höchstens drei grossen; die Arbeit ist dabei allerdings etwas anstrengender, weil das Aufgeben von Kohlen und Schlacken immer nur in klei- nen Mengen erfolgen kann. Der Frischprozess selbst muss in einem entsprechenden garen Gange weiter geführt werden, was hauptsächlich durch die richtige Schnelligkeit des Einschmelzens erreicht wird, ferner durch die Menge und Art der Zuschläge, durch das Abstechen des Sinters und durch die Verschiedenheiten in der Stärke des Windes. Die Beschaffenheit des Frischbodens, die Menge und Art der Schlacken und das Aussehen der Flamme, „des Lauches“, geben dem Frischer die nötigen Kennzeichen. Der Boden wächst näher zur Form und das nieder- träufelnde Eisen gart unter gelindem Aufkochen. Man hält das Eisen absicht- lich längere Zeit bei starker Hitze flüssig. Dies ist das „Dünneisen“. Seine Bildung ist erwünscht und seine Bildung wird befördert, je garer der Gang ist. Gegen Ende des Zerennens, wenn der Boden der Form schon sehr nahe kommt und eine Pfanne vor derselben bildet, findet es sich oft in Menge ein. Richtiges Dünneisen legt sich schnell um das kalte Räumeisen und erscheint nach dem Herausziehen als schweisswarmes Eisen mit glatter Oberfläche und blendend heller Farbe; es lässt sich hämmern und ist schwer von dem Spiess abzubringen, wäh- rend rohes oder wildes Dünneisen bricht und abfällt. Noch schärfer tritt dieser Unterschied hervor nach dem Ablöschen in Wasser. Wildes Dünneisen ist immer ein Fehler. Das Dünneisen begleitet das Frischen, dessen Schluss das Verkochen des letzten Dünneisens bildet. Sobald Dünneisen gebildet ist, schiebt man die Flossen- garben vor und verstärkt den Wind. Ein Fehler, der besonders vermieden werden Frischfeuer 1775 bis 1800. muss, ist das Herausfallen von Roheisenbrocken aus der Zange, weil diese rohen Durchschuss der Luppe geben, den Boden verderben und die Dünneisenbildung verhindern. Auch zu viel Schlacke verhindert die Dünneisenbildung, weil dann die genügende Hitze nicht erreicht wird. Zu viel Dünneisenbildung ist aber auch schädlich, weil es vom Winde herumgeworfen wird oder zu heftig kocht und leicht die Form angreift. Die Schlacke lässt man gewöhnlich 3 bis 4 Zoll hoch im Herde stehen. Die gare Schlacke erscheint am Räumeisen licht und gleichmässig verteilt, erkaltet langsam und gleichmässig und fällt erst nach mehreren Schlägen ab. Gare Schlacke wird nur dann abgestochen, wenn ihre Menge so gross ist, dass sie die Form verlegt. Gewöhnlich geschieht dies ein- bis dreimal. Rohe Schlacke sticht man sofort ab. Vor dem Schlusse des Zerennens wird die Schlacke möglichst vollkommen abgelassen. Die Stärke des Windes pflegt etwa 24 Zoll Wassersäule zu betragen. Sind alle Garben aus dem Feuer, so folgt das Nachzerennen . Diese Arbeit dauert 10 bis 20 Minuten und da bei deren Schluss alle Kohlen verzehrt sein sollen, so muss man sich mit dem Kohlenauf- geben danach richten. Der Zweck dieser Arbeit ist, das Dünneisen zu verkochen, alle noch im Feuer befindlichen losen Brocken, welche von den letzten Flossen- resten und den Zusätzen stammen, die Ränder und Ansätze vom Dachel abzu- stossen und wieder einzuschmelzen und endlich die Schlacke zu entfernen und die Reinseite (Oberfläche) zu kühlen. In dem Masse, als die Kohlenmenge ab- nimmt, wird der Wind geschwächt und der Löschkranz weggeräumt. Ist alles Dünneisen verkocht, so wird die Schlacke abgestochen. Alsdann wird zum Aus- brechen des Dachels geschritten. Dies geschieht mit der grossen Brech- oder Dachelstange von der Ecke zwischen Sinterblech und Windseite aus und wird dabei der Dachel gewendet, so dass er mit der Reinseite auf die Essbank zu liegen kommt, von wo er mittels der Zugstange, oder, wo keine vorhanden ist, mit einem Karren zum Hammer gebracht wird. Bei dem Aufbrechen helfen dem Frischer noch zwei Arbeiter mit Haken. Nach dem Aussehen des Dachels kann der Frischer auf seine Beschaffen- heit schliessen. Seine Oberfläche muss voll, eben und glatt sein. Noch deut- licher zeigt sich die Güte des Dachels unter dem Hammer. Bei einem guten Dachel fällt beim Drücken oder Zängen beinahe nichts ab. Wenn der Hammer von Anfang an hart auffällt, so ist der Dachel zu roh, fällt er auch nach fort- gesetztem Schlagen immer weich auf, so ist er schwammig und übergar. Der Dachel wird mit der Reinseite nach unten etwas ausgebreitet und dann mit der Schrothacke in zwei Hälften gehauen, welche in acht gleiche oder in sieben ungleiche Masseln geteilt werden. Dies Schroten und Drücken geht bei ununterbrochenem Gange des Hammers fort, so dass es in 7 bis 8 Minuten beendet ist, wobei der Hammermeister, der Hammerknecht und der Wassergeber zusammen arbeiten. Ein roher Dachel, der sich unter dem Hammer „stösst“, d. h. Risse bekommt, muss bei geringerer Hitze und langsamen Schlägen bearbeitet werden. Beim Ausschmieden jeder Massel muss man dieselbe zum Ganzmachen erst parallel mit der Ambossbahn halten und dann erst zum Ausrecken rechtwinkelig dazu. Das beste Eisen der Mittelstücke wurde zu Drahteisen ausgereckt, das nächst gute zu Nageleisen, das übrige zu Zaggeleisen. Andere Sorten wurden bei der öster- reichischen Schwallarbeit, welche nur auf Weicheisen arbeitete, nicht gemacht. Wenn ein „Schlag“, d. h. ein Hammer, zwei Frischfeuer bediente, wie dies die Regel war, so wog er 500 Pfund, hatte 18 bis 20 Zoll Hub und machte 120 Schläge in der Minute. Bei einem Feuer, bei dem 4 Dachel den Tag (12 bis 16 Stunden) gemacht wurden, waren gewöhnlich drei bis vier Mann, bei doppelter Besetzung, wenn nachts durchgearbeitet wurde und 8 Dachel er- zeugt wurden, sechs Mann erforderlich; bei zwei Feuern zu einem Schlag, wo 10 Dachel in der Schicht gemacht wurden, waren sechs Mann, bei doppelter Besetzung, wo 14 Dachel in 24 Stunden gemacht wurden, noch zwei bis drei Mann mehr erforderlich. Die Bezahlung geschah nach Gewicht und wurde für Frischfeuer 1775 bis 1800. Draht- und Nageleisen etwas mehr vergütet. Das Kilo betrug 14 bis 15 Proz., der Kohlenverbrauch 23 bis 25 Kubikfuss Fichtenkohle auf 100 Pfund fertiges Eisen. Der Kohlenaufwand zur Erzeugung von Schmiedeeisen in Herden war je nach der Natur der Eisenerze und des Eisens, sowie auch der Holzkohlen selbst, ein sehr verschiedener und haben die angegebenen Gewichte nur ganz entfernt einen Massstab zur Vergleichung der Ökonomie der betreffenden Methoden. Nach Hassenfratz Siehe Hassenfratz , Das Wichtigste aus der Eisenhüttenkunde, Bd. I, S. 45. und Hasse betrug Ende des Jahrhunderts der Aufwand an Holzkohlen für die Darstellung von 100 Pfund Schmiedeeisen aus den Erzen bei den Katalonschmieden 400 Pfd. „ dem indirekten Verfahren in Frankreich 500 bis 800 „ im Depart. Lot 1000 bis 1400 „ in Lauchhammer 629 „ „ Malapane 645 „ „ Peitz 672 „ „ Burghammer in der Lausitz 712 „ „ Schmiedeberg bei Dresden 770 „ zu Turrach 573 „ „ Horzowitz in Böhmen (angeblich) 353½ „ in Sibirien 493 „ Diese schwankenden Zahlen können kaum zu einer Vergleichung dienen. Je nach der Natur der Erze fanden schon beim Ausschmelzen im Hochofen die grössten Verschiedenheiten in Bezug auf den Kohlen- verbrauch statt. Aus einer Zusammenstellung Marchers über die Resultate ver- schiedener Verfrischungsmethoden ergiebt sich an Produktion in 24 Stunden und Kohlenverbrauch auf 10 Ctr. geschmiedetes Eisen: Ausbringen Kohlenverbrauch auf 10 Ctr. Für die Steierische Wallonschmiede 642 Pfd. 457 Kbfss. „ schmalkaldisches Löschfeuer 1015 „ 677 „ „ die deutsche Frischschmiede 800 „ 360 „ „ „ märkische Osemundschmiede 560 „ 430 „ „ „ Kochschmiede in Altwied — „ 350½ „ „ das Kaltfrischfeuer 500 „ 463⅘ „ „ die Kärntner Schmiede: Plattlheben, Braten und Einschmelzen 908 „ 369 „ „ die Luppenfeuer in Corsica 255 „ 217½ „ Puddelprozess. Puddelprozess. Feineisenfeuer. Das Ausschmelzen der Eisenerze mit Koks im Hochofen war um die Mitte des Jahrhunderts in England zur vollendeten Thatsache geworden. Obgleich eine ungeheure Ersparung an Holzkohlen damit gegeben war, so konnte sich dennoch die Produktion solange nicht wesentlich vermehren, als man noch nicht im stande war, die Umwand- lung des Eisens in Schmiedeeisen und Stahl ebenfalls mit Steinkohlen zu bewirken. Dies war aber nicht der Fall. Zum Frischprozess war die Holzkohle noch unentbehrlich. Alle Versuche, Steinkohlen oder Koks im Frischherd anzuwenden, waren gescheitert. Keine Steinkohle war frei von Schwefel, welcher meist in der Form von Doppelt- Schwefeleisen, Schwefelkies darin enthalten war. Bei der Verkokung wurde zwar die Hälfte des Schwefels, welche weniger fest mit dem Eisen verbunden war, durch die Hitze ausgetrieben. Es war dies der Teil des Schwefels, welcher für den Geruchssinn wahrnehmbar war und da dieser durch das Verkoken entfernt wurde, so nannte man dieses Verfahren auch „das Entschwefeln“; aber mit Unrecht, denn nur die Hälfte des Schwefels wurde dadurch verflüchtigt, die andere Hälfte blieb als Einfach-Schwefeleisen in den Koks zurück. Dieses löste sich leicht in flüssigem Eisen auf. Wenn also das Roheisen in unmittelbarer Berührung mit Koks oder mit Steinkohle bei dem Frischprozess niedergeschmolzen wurde, so löste sich das vorhandene Schwefeleisen in dem niederschmelzenden Eisen auf, aus welchem es durch den darauf folgenden Frischprozess nur in geringem Masse entfernt wurde, so dass der grösste Teil des Schwefels in das Schmiede- eisen überging und dasselbe verdarb. Ein Frischen des Eisens in unmittelbarer Berührung mit Koks oder Steinkohlen gab deshalb, wie auch die Erfahrung lehrte, stets schlechtes, in höchstem Grade rot- brüchiges, unbrauchbares Eisen. Auf diesem Wege war nichts zu hoffen. Solange aber alles Schmiedeeisen mit Hülfe von Holzkohlen gemacht werden musste, war die Produktion der Hochöfen an Frisch- eisen beschränkt durch den Mangel an Holz für den Frischprozess. Unbeschränkt blieb dagegen die Erzeugung von Roheisen für Giesserei- eisen, welches man in Flammöfen mit Steinkohlen umschmolz und zu Gusswaren vergoss. Dieses Verfahren gewann deshalb auch in England immer mehr Verbreitung, weil es verschiedene Vorzüge gegenüber dem Giessen unmittelbar aus dem Hochofen bot. Man hatte dabei die Qualität Puddelprozess. des Eisens und den Hitzegrad besser in der Hand und konnte grössere Güsse auf einmal machen. Bei diesem Flammofenbetrieb machte man nebenher mancherlei Erfahrungen, die zu dem späteren Puddel- prozess hinleiteten. Wenn man die Thüren des Flammofens beim Einschmelzen des Roheisens nicht sorgfältig verschloss, so veränderte sich dasselbe durch den Zutritt der Luft. Bei aller Vorsicht gelang es nicht, die Einwirkung der Luft teils durch die Ritzen, teils durch den Rost ganz abzuhalten, so dass zuletzt immer sogenannte Schalen (sculls) übrig blieben, welche fast schmiedbares Eisen waren. Bei der Flammofengiesserei suchte man dieser Schalenbildung möglichst entgegenzuarbeiten. Sie gab aber bereits einen Finger- zeig, dass auf diese Art schmiedbares Eisen erzeugt werden könne. Ehe aber dieser Weg eingeschlagen wurde, versuchte man Schmiede- eisen mit Steinkohlenfeuer in Tiegeln zu erzeugen. Dieses Ver- fahren, bei welchem das Roheisen erst mit Hülfe eines Rades unter Wasser granuliert wurde, war von John Wood (siehe S. 668) zu einer gewissen Vollkommenheit gebracht worden und wurde im grossen angewendet. Durch den starken Verschleiss am Schmelz- tiegel blieb es aber unvorteilhaft. Dass das Schaleneisen der Giesse- reien damals schon eine gewisse Rolle spielte, lernen wir aus dem Patent von John und Charles Wood von 1763 kennen, welches zum Teil auf die Verwendung dieses Schaleneisens, welches für sich oder zusammen mit Roheisen dem Tiegelfrischen unterworfen wurde, begründet war. Es heisst in der Patentbeschreibung: Schaleneisen ist das Metall, welches ungeschmolzen im Flammofen zurückbleibt, wenn Gusseisen zum zweitenmal in demselben umgeschmolzen wird. (Scull or cinder iron i. e. the metal which remains unmelted, when cast iron is a second time run or fused in an air furnace.) Der unermüdliche Dr. Roebuck machte, wie viele andere, Ver- suche, Eisen mit Steinkohlen im Herd zu frischen und nahm am 25. Oktober 1762 hierauf ein Patent (Nr. 780). Er beschreibt sein Verfahren folgendermassen: Roh- oder Gusseisen wird in einem Herd, geheizt durch Stein- kohlen, mit Hülfe von Blasebälgen („in a hearth heated with pitt coal by the blast of bellows“) niedergeschmolzen und das Metall durch- gearbeitet, bis es gar ist („until reduced to nature“), alsdann aus dem Feuer genommen und in Stücke zerteilt. Das Metall wird hier- auf der Wirkung eines Glühofenfeuers (of a hollow pit-coal fire) mit Windzuführung ausgesetzt, bis es in eine Luppe verwandelt ist, welche zu Stabeisen ausgeschmiedet wird. Puddelprozess. Nach dieser Beschreibung müsste man vermuten, dass das Frischen im Herd in Berührung mit Steinkohle geschehen sollte, obgleich der Ausdruck a hearth heated with pit coal vieldeutig ist. Wie dem auch sei, Roebucks Verfahren hat eine nennenswerte Bedeutung nicht erlangt, wenn auch Smiles behauptet, es sei einige Zeit mit Erfolg zu Carron betrieben worden Smiles , Industrial biographies, p. 136. . Viel wichtiger war ein Patent (Engl. Pat. Nr. 851), welches Thomas und George Cranage am 17. Juni 1766 nahmen, indem darin zum erstenmal der richtige Weg des Frischverfahrens mit Stein- kohlen gezeigt wurde. Die beiden Cranage (oder Cranege) waren Meister zu Coalbrookdale unter Richard Reynolds , dem Schwieger- sohn von Abraham Darby dem Jüngeren. Reynolds veranlasste die Cranages , das Patent zu nehmen und war ihnen dabei behülflich. In einem Brief an Thomas Goldney vom 25. April 1766 schreibt er Smiles , a. a. O., p. 87. : „.... Jetzt komme ich zu einer Sache von sehr grosser Bedeutung. Es ist einige Zeit her, dass Thomas Cranage , der auf dem Bridgenorth- hammer arbeitet, und sein Bruder George vom Thal mich ansprachen wegen einem Verfahren, das ihnen bekannt sei, Stabeisen ohne Ver- wendung von Holzkohlen zu machen. Ich sagte ihnen, dass nach meiner Kenntnis, wie nach der aller anderer, die sich damit beschäftigt hatten, ich dies für unmöglich hielte, weil die vegetabilischen Salze in den Holzkohlen, welche alkalisch seien, als ein Absorptionsmittel des Schwefels im Eisen, welcher den Rotbruch des Eisens erzeugt, wirkten, während Steinkohle, welche eine Menge Schwefel enthält, diesen vermehren würde. Diese begründete Antwort, welche wohl den meisten endgültig erschienen wäre, wie mir selbst, war es nicht für sie. Sie antworteten, dass nach ihren Beobachtungen und wieder- holten Beratungen sie beide der festen Meinung wären, dass die Umwandlung von Roheisen in Schmiedeeisen nur durch Hitze bewirkt werde und dass sie mir dies, wenn ich es erlaubte, gelegentlich durch einen Versuch beweisen wollten. Ich stimmte zu, aber ich gestehe, ohne grosse Erwartung ihres Erfolges; die Sache blieb einige Wochen ruhen, bis es sich traf, dass mehrere Reparaturen in Bridgenorth nötig wurden. Thomas kam ins Thal und machte mit seinem Bruder einen Versuch in Thomas Tillys Flammofen mit solchem Erfolg, dass ich es für gerechtfertigt hielt, einen kleinen Flammofen bei dem Hammer zu erbauen, um den Wert der Erfindung näher zu prüfen. Puddelprozess. Dies geschah und in dieser Woche wurde ein Versuch gemacht, der die grössten Hoffnungen übertraf. Das Eisen, was wir einsetzten, waren alte Zapfenlager, die, wie Du weisst, immer aus hartem Eisen gemacht werden und das daraus erhaltene Eisen ist das zäheste, was ich je gesehen habe. Ein Stab von 1¼ Zoll Quadrat zeigte beim Bruch kaum eine Spur Kaltbruch. Ich betrachte es als eine der wichtigsten Erfindungen, die je gemacht worden sind und bin so frei, Dich zu ersuchen und dringend zu bitten, sofort ein Patent darauf zu nehmen.... Die Beschreibung des Patentes lässt sich in wenige Worte fassen, indem nur ausgedrückt werden muss, dass ein Flamm- ofen von entsprechender Konstruktion erbaut werden muss, in welchem das Roh- oder Gusseisen eingesetzt und ohne Hülfe von irgend etwas anderem als roher Steinkohle in gutes, schmiedbares Eisen verwandelt wird, welches man rotglühend aus dem Flammofen zum Hammer bringt, wo es in Stäbe von verschiedener Gestalt und Stärke, nach dem Belieben des Arbeiters, ausgeschmiedet wird.“ Das bald darauf den Brüdern Cranage erteilte Patent hat fast genau den Wortlaut des Briefes, dessen unmittelbarer Zusammenhang mit jenem dadurch erwiesen ist. Es wurde nach diesem Verfahren, welches dem Puddelprozess schon sehr ähnlich war, zu Coalbrookdale gearbeitet, und nach mündlicher Überlieferung soll das durch dieses Verfahren hergestellte Eisen sehr gut, zäh und langsehnig gewesen sein, viel mehr als das später nach Corts Prozess erzeugte Smiles , a. a. O., p. 88. . Es gelang aber den Gebrüdern Cranage nicht, ihrer Erfindung Verbreitung und Anerkennung und sich selbst daraus Nutzen zu schaffen. So lagen die Dinge, als Henry Cort dieser wichtigen Frage näher trat. Henry Cort war 1740 zu Lancaster geboren. Über seine Jugend ist nichts bekannt. 1765 betrieb er ein Geschäft als Schiffsagent (navy agent) in Surrey Street, Strand, in London, wobei er grossen Gewinn erzielt haben soll. In seinem Geschäft hatte er Gelegenheit, die geringe Qualität des englischen Eisens im Vergleich mit dem ausländischen kennen zu lernen. Das englische Stabeisen war damals so schlecht, dass es von allen Staatslieferungen ausgeschlossen war und auch der Guss war so spröde, dass er für viele Zwecke unbrauch- bar war. Russland setzte damals (1770) seinen Eisenpreis ganz will- kürlich um mehr als 10 Prozent in die Höhe, in der Überzeugung, dass England ganz ausser stande sei, gutes Eisen selbst zu fabrizieren. Puddelprozess. Corts Aufmerksamkeit wurde besonders durch Lieferungen für die Marine, welche er übernommen hatte, darauf gerichtet und er begann Versuche über die Verbesserung des englischen Eisens anzustellen. Diese Versuche, über welche weiter nichts bekannt ist, müssen ihn zu günstigen Ergebnissen geführt haben, denn 1775 gab er sein blühendes Geschäft als Schiffsagent auf und pachtete Grundstücke zu Fontley bei Farcham, im nordwestlichen Winkel des Hafens von Portsmouth, wo er ein Hammer- und Walzwerk errichtete. Um sein Unternehmen noch grossartiger betreiben zu können, verband er sich einige Zeit darauf mit Samuel Jellicoe , dem Sohn des Zahl- meisters bei der Marine (Deputy-Paymaster of Seamens’ Wages) Adam Jellicoe , welche Verbindung nachmals schweres Unglück über ihn brachte. Am 17. Januar 1783 erhielt Cort sein erstes Patent Eng. Pat. Nr. 1357. Siehe Abridgments of the specific. rel. t. the manufact. of Iron and Steel, p. 17. „für Herstellung, Schweissen und Verarbeiten von Eisen; es für den Gebrauch mittels Maschinen fertig zu machen; sowie für einen Ofen und Apparat hierfür“ (Preparing, welding and working iron; reducing the same into uses by machinery; and a furnace and apparatus therefor). In diesem ersten Patent ist von dem eigentlichen Puddel- prozess noch nicht die Rede, sondern fast nur von dem Schweissofen, von dem Paketieren und Schweissen grosser Pakete in einem Flamm- ofen, was also später den zweiten Teil des ganzen Puddelprozesses bildete. Neu erscheint hierbei nur die Anwendung grosser Flamm- öfen für diesen Zweck. Folgendes ist der Hauptinhalt der sehr aus- führlichen Patentbeschreibung: Man mache Pakete aus viereckigen Eisenstäben, mit Flachstäben an den beiden Enden und an jeder Seite, so dass das Ganze ein viereckiges Paket bildet, das durch Ringe (collars) zusammengehalten wird. Für kegelförmige oder pyramidale Pakete nehme man Flach- stäbe, die zulaufend geschmiedet sind. Alle Reifen und ähnliches Eisen wird geschnitten, gefaltet auf der gewöhnlichen Paketierbank (bundling bench) oder durch Eintreiben in Ringe in Pakete geformt, wobei die oberen Reihen die Fugen der unteren Lagen bedecken sollten. Man kann auch alte gewalzte Platten benutzen, aus denen man Kisten (coffins) macht, welche man mit Abfalleisen füllt und so Pakete herstellt. Mehrere solcher Pakete können gleichzeitig in einem Flamm- Puddelprozess. ofen, Schweissofen („balling furnace“) genannt, zur Schweisshitze gebracht werden, welcher besser für ein durchgreifendes Heizen des Metalls, ohne dasselbe zu verbrennen, geeignet ist, als irgend eine Feuerung mit künstlichem Wind. Ausser der vorderen Arbeitsthür kann auch eine Thür in der Rückwand angebracht werden, um den mittleren Teil sehr langer Pakete, deren beiden Enden aus den Thüren herausragen können, zu erhitzen. — Nach dem Ausheizen können die Pakete einzeln ausgeschmiedet oder zwei oder mehrere zusammengeschweisst werden unter einem Stabhammer von 8 bis 9 Centner und einer Bahn von 18 bis 20 Zoll Länge auf 10 Zoll Breite, ausser an den Enden, die man zulaufen lässt, um das Eisen zu strecken. Der Hammer muss einen raschen Gang haben und jede Seite des Pakets schlagen. Um runde Sachen zu schmieden, müssen Hammer und Amboss halbrunde Aushöhlungen haben. Um schwere Pakete zu bewegen, kann man sich eines Kranes bedienen: man kann die Pakete auf grosse Länge ausrecken. Schrott kann in dem Ofen in Haufen aufgeschichtet werden, und Luppen und grosse Blöcke kann man mit Hülfe von Anlaufstangen, die man anschweisst, unter dem Hammer bearbeiten. Ehe man es zusammenbindet, kann man gröberes Eisen mit dem Schrott erst in einem Scheuergefäss von Rost u. s. w. reinigen. Solches ist aber nicht nötig, wenn man die erhitzten Pakete, welche man an einem Ende zulaufen lässt, um die Operation zu erleichtern, durch Walzen eines gewöhnlichen Walz- oder Schneidewerks durchpassieren lässt, wodurch die Schlacke ausgepresst und das Metall in einen sehnigen, zähen Zustand übergeführt wird, wobei das Schmieden unter dem Hammer fortfällt. Platten, Stäbe, Bolzen, Flacheisen, Reif- eisen u. s. w. können mittels flachen oder gefurchten (with grooves and collars) Walzen nach Bedürfnis oder durch Spalten, wenn erforderlich, hergestellt werden. Ein weiterer Prozess bezieht sich auf die Behandlung von Schalen- und Gusseisen. Schaleneisen häuft man auf alten Blechplatten auf und zängt und streckt sie aus dem Schweissofen unter dem Stab- hammer, worauf man sie wieder erhitzt und auswalzt, wodurch man gutes Eisen ohne Frischen mit Holzkohle und Koks erhält. — Guss- eisen schmilzt man in dem Frischherd (finery) zu Luppen, die man zu der richtigen Grösse zängt und dann auswalzt. Oder beide Arten von Eisen können nach sonst gebräuchlichen Methoden für den Schweiss- ofen vorbereitet, und dann in einer Hitze durch Auswalzen gezängt und geschweisst werden. Puddelprozess. Diesem ersten Patent Corts folgte ein Jahr später am 13. Febr. 1784 sein zweites, bekannteres Patent, in welchem der Puddelprozess, um dessen Erfindung und Einführung Cort das grösste Verdienst hat, genau beschrieben ist. Aber bereits vorher, nämlich am 7. Mai 1783, hatte Peter Onions von Merthyr Tydwill ebenfalls auf einen ganz ähnlichen Prozess ein Patent Engl. Pat. Nr. 1370, s. Abridgments, p. 18. erhalten. Das Patent lautet „für Verarbeiten und Frischen von Gusseisen und Umwandlung desselben in flüssigem Zustande in Schmiede- oder Stabeisen“. „Geschmolzenes Eisen wird von einem Schmelzofen in den Raffinierofen (refining furnace) gebracht. Letzterer wird aus Bruch- und Backsteinen erbaut und mit Eisen gebunden; er hat einen Feuerungsrost, unter dem ein Windstrom eintritt und über dem Schmelzraum oder Bett befindet sich ein gewölbtes Dach. Man kann auch zwei Roste, einen auf jeder Seite, anbringen. Nachdem das geschmolzene Metall eingegossen ist, wird die Thür des Ofens geschlossen; das Feuer wird durch den Windstrom angefacht, bis das Metall weniger flüssig wird und sich zu einer Art Teig verdickt, welchen der Arbeiter mit einer eisernen Stange wendet und umrührt; er schliesst sodann die Thür und verstärkt das Feuer, bis eine Gärung (ferment) in dem Metall beginnt, und wenn diese Gärung nicht eintritt, so lässt er einen Windstrom durch eine im Gewölbe angebrachte Öffnung darauf blasen, um sie hervorzurufen. Während der Arbeiter das Metall rührt und wendet, scheiden sich Eisenteile von der sie begleitenden Schlacke ab und sammeln sich zu einer Masse, welche, nachdem sie bis zur Weissglut erhitzt ist, aus dem Ofen unter den Hammer gebracht wird. Durch Aushämmern wird die darin verbliebene Schlacke ausgepresst und die Masse zu einer Luppe geformt, welche, von neuem erhitzt, in Stäbe u. s. w. ausgeschmiedet werden kann. Das Guss- eisen kann auch in dem Raffinierofen eingeschmolzen werden, anstatt vorher.“ Fig. 182 ist die Zeichnung des Ofens, welche Onions seiner Patentbeschreibung beigefügt hat und welche aus der Beschreibung genügend verständlich sein wird. In Onions Patent war das Wesentliche des Puddelprozesses: das Rühren, Verkochen und Luppenmachen, schon enthalten. — Es ist aber nicht darin gesagt, dass die Feuerung mit Steinkohlen unter- halten wurde. — Jedenfalls hatte Cort denselben Prozess im Jahre 1783 bereits angewendet und erhielt darauf sein berühmtes Patent Puddelprozess. (Nr. 1420) am 13. Februar 1784 Siehe Abridgments, p. 21; Percy , Iron and Steel, p. 627; Wedding , Eisenhüttenkunde, Bd. III, S. 114. . Es hat fast dieselbe allgemein gehaltene Bezeichnung wie sein erstes Patent, nämlich für „Zängen, Schweissen und Bereiten von Eisen- und Stahlstangen, Platten, Nuten u. s. w. durch Anwendung von Feuer und Maschinen“. „Das Rohmaterial kann Roh- und Gusseisen aller Art sein (Erz, Schaleneisen, Abschnitzel eingeschlossen). Der Ofen ist ein Flamm- ofen von entsprechender Grösse, dessen Boden schüsselförmig aus- gehöhlt ist (is dished out), um das geschmolzene Metall aufzunehmen. Mein Ofen wird erst mit roher Steinkohle oder anderem Brennmaterial auf den entsprechenden Hitzegrad gebracht und dann das flüssige Metall mit Hülfe von Löffeln oder auf andere Art in den Ofen gebracht. Wird der Ofen mit (festem) Roheisen oder sonstigem Guss- Fig. 182. eisen besetzt, so verschliesst man die Thür oder die Thüren des Ofens, bis das Metall hinreichend flüssig eingeschmolzen ist, und wenn der Arbeiter (durch ein Loch, das er zeitweilig öffnet) bemerkt, dass die Hitze genügend auf das Metall eingewirkt hat, öffnet er die kleine Öffnung oder Öffnungen, welche man zweckmässig am Boden der Thür angebracht hat (die aber ebenso wie die Thür selbst, während dem Einschmelzen der kalten Eisencharge dicht verschlossen bleiben), worauf die ganze Masse mit eisernen Stangen oder anderen Instru- menten durch diese Öffnungen durchgearbeitet und herumbewegt wird, und diese Operation wird in entsprechender Weise bis zum Schluss des Prozesses fortgesetzt. — Hat sich das Metall einige Zeit in flüssigem Zustande befunden, so tritt ein Kochen, Aufschäumen oder eine ähnliche innerliche Bewegung ein, während welcher blaue Beck , Geschichte des Eisens. 44 Puddelprozess. Flammen entweichen. In dem weiteren Verlauf des Prozesses wird mit dem Umkrahlen, Trennen, Rühren und Ausbreiten im ganzen Ofen herum fortgefahren, bis die Masse ihre Flüssigkeit verliert und gefrischt wird oder gart (flourishes or is brought into nature). Diese Arbeiten bleiben sich gleich, ob das Eisen im Ofen eingeschmolzen oder in flüssigem Zustande eingetragen wurde. Sobald das Eisen hinreichend gar ist, wird es in Klumpen von zweckentsprechender Grösse geballt, welche man Luppen nennt, die man zugleich mit den kleinen Brocken, die etwa zurückgeblieben sind, aus der Thür oder den Thüren herauszieht. Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, dass man die erwähnten kleinen Brocken, ebenso wie Schalen- und Abfall- eisen, nachdem sie in kleine Stücke zerbrochen, ebenso Blechschnitzel und anderes dünnes Eisen und andere Schmiedeeisenabfälle, gewöhn- lich Kleinschrott genannt, während des Prozesses von Zeit zu Zeit in entsprechenden Mengen einwirft und dadurch das Garwerden beschleunigt, und sie durch das Rühren und Durchkrahlen mit in das garende Eisen und die Luppe hineingearbeitet werden. Der ganze vorbeschriebene Prozess der Eisenbereitung, welcher das Frischverfahren ersetzen soll, ist meine Erfindung und ist vordem nie von jemandem in der Praxis ausgeführt und angewendet worden Es scheint fast, als ob diese ausdrückliche Erklärung gegen Onions gerichtet ist. .“ „Das so erzeugte Eisen kann später in Platten geschlagen oder in Haufen in Schweissöfen verarbeitet werden, hier in Tiegeln oder nach irgend einer der bekannten Arten ohne Tiegel: Das Verfahren, welches ich erfunden und ausgebildet habe, besteht darin, die Luppen entweder in demselben Ofen oder in einem besonderen Flammofen zur Weiss- oder Schweissglut zu erhitzen und sie unter einem Stab- hammer oder sonstiger Maschinerie in Kolben, Brammen oder andere Formen zu bringen, welche dann in einem Heizfeuer nach dem alten Verfahren erhitzt werden können. Meine neue Erfindung besteht aber darin, dass ich sie entweder in dieselben Öfen, aus denen die Luppen genommen, oder in andere Flammöfen bringe und sie dann unter einem Stabhammer, wie zuvor erwähnt, in Kolben, Stangen, Flachstäbe, Zaineisen für Draht u. s. w. ausrecke; und wenn die Schirbel (slabs) bis zu der Gestalt der Öffnungen der Walzen, welche ich benutzen will, vorgeschmiedet sind, in derselben Weise durch die gefurchten Walzen durchgewalzt werden, wie ich dies mit den zur Weissglut erhitzten Schmiedeeisenpaketen mache. Dieses Verfahren, Puddelprozess. alles Eisen in der Schweisshitze durch gefurchte Walzen (groved rollers) zu walzen, ist ausschliesslich meine Erfindung. Werden Eisen und Stahl in dieser Weise hergestellt und ver- arbeitet unter Anwendung so wirkungsvoller Hitze und Maschinen- kraft, so werden sie von den Unreinigkeiten und Beimengungen gereinigt, welche bei dem gewöhnlichen Herstellungsverfahren darin verbleiben. Der Stahl ist von vorzüglicher Güte und man wird finden, dass das Eisen gut und zäh ist, sowohl in Stangen als verarbeitet, lang oder kurz und in jeder Form von Handelseisen, einerlei ob das Eisen ursprünglich rotbrüchiger oder kaltbrüchiger Natur war. Cementstahl, einerlei ob er aus Eisen, welches nach obigem Verfahren oder aus paketiertem und geschweisstem Eisen, welches in Weissglut durch kannelierte Walzen ausgewalzt, nach dem von mir erfundenen Ver- fahren hergestellt und in einem gewöhnlichen Schneidewerk geschnitten wurde, ist dem aus gefrischtem Hammereisen an Güte gleich. Das Wesen dieser Erfindung und Vervollkommnung besteht in einer wirkungsvolleren Verwendung von Hitze und Maschinenkraft , wie ich es beschrieben habe und wie sie vordem nicht angewendet wurde und im Widerspruch mit den allge- meinen Ansichten der Eisenhüttenleute stand. Mein Verfahren kann durchgeführt werden ohne Anwendung von Frischherden, Holzkohlen, Koks, Heizfeuer (chaffery), Haubenfeuer (hollow-fire), ohne Anwendung von Wind, von Bälgen oder Cylindern oder von Flussmitteln. Die ganze Operation kann in einem oder in mehreren Öfen ausgeführt werden, je nach der Menge, die man fertig machen will.“ Dies war die glänzende Erfindung, welche Cort in wenig Jahren nicht nur erdacht, sondern auch mit glänzendem Erfolge praktisch ausgeführt hatte. Sie entschied mit einem Male den Konkurrenz- kampf Englands mit den übrigen Eisenindustriestaaten zu seinen Gunsten. Durch Corts Erfindung wurde es erst unabhängig von der Holzkohle und konnte seinen nationalen Reichtum an Eisen und Steinkohlen unbeschränkt ausbeuten. Wie sein Reichtum an diesen Stoffen fast unermesslich war, so öffnete sich auch der Eisenindustrie ein unermessliches Feld. Dazu kam Watts herrliche Erfindung der Dampfmaschine, welche tausend Menschenkräfte auf einen Punkt zu vereinigen vermochte, welche ungemessene Kräfte erschloss und ihnen Freizügigkeit gab. Denn die Dampfmaschine war nicht, wie das Wasserrad, an eine Örtlichkeit gebunden, überall konnte sie stehen, überall ihre Riesenkraft entfalten. Aber auch hier war die Stein- 44* Puddelprozess. kohle die Quelle der Kraft. Die Steinkohle erzeugte die Kraft, welche Eisenerz und Brennmaterial aus der Tiefe schaffte, die Stein- kohle war das Mittel, welches das Metall aus den Erzen schied und schmolz, mit Steinkohle konnte man das Roheisen in geschmeidiges Eisen und in Stahl verwandeln. Steinkohle wurde wieder die Kraft- quelle, die grosse Walzwerke in Bewegung setzte, ohne welche Corts Erfindung seine Bedeutung nicht erlangt hätte. So wurde die Stein- kohle die wichtigste Quelle von Kraft, Reichtum und Macht. Eng- land, reich gesegnet mit diesem Brennstoff, begriff den grossen Nutzen, den ihm Corts Erfindung darbot und beeilte sich, sie auszubeuten. Bereits im Jahre 1786 erkannte Lord Sheffield die grosse nationale Bedeutung von Corts Erfindung in folgenden Worten an: „Wenn Corts geistreiche und verdienstliche Verbesserungen in der Kunst der Eisenbereitung, die Dampfmaschine von Boulton und Watt und Lord Dundonalds Erfindung, Koks zur Hälfte der seitherigen Kosten herzustellen, sich bewähren, so ist es nicht übertrieben, zu behaupten, dass der Erfolg England von grösserem Nutzen sein wird als die 13 Kolonieen (von Nordamerika): denn es wird unserem Vaterland die vollständige Herrschaft über den Eisenhandel in die Hände geben, zu seinen Vorteilen in Bezug auf die Schiffahrt.“ Diese prophetischen Worte haben sich glänzend bewährt, denn weit über das kühnste Hoffen hinaus haben Corts und Watts Erfindungen England reich und mächtig gemacht. Aber obgleich England Cort unendlich viel verdankte, obgleich kurze Zeit nach Corts Erfindungen ungeahnte Reichtümer den Gross- industriellen, welche sich des neuen Verfahrens bedienten, zuflossen, so erntete Cort selbst doch keinen Dank, sondern er litt Verfolgung, Elend und Schmach ohne eigene Schuld. Es ist ein dunkles Blatt in Eng- lands Geschichte. Auch über die Vorgänge selbst schwebt manches Dunkel. Es scheint, dass Cort von Anfang an, wie er an die Öffent- lichkeit trat und sein Verfahren bekannt wurde, mit dem Neid und der Missgunst der grossen Eisenindustriellen, welche danach strebten, ihn der Früchte seiner Erfindung zu berauben und sie selbst aus- zubeuten, zu kämpfen hatte. Dies geht aus einem interessanten Briefe Watts an Dr. Black hervor, welchen dieser bereits am 6. Juni 1784 schrieb. Der Brief, den wir ganz mitteilen, obgleich er sich nur teilweise auf Cort bezieht, weil er zeigt, wie eingehend sich Watt auch mit dem Eisen und dessen Eigenschaften beschäftigte, lautet: „Ich hatte schon vor Empfang Ihres Briefes von Corts Ver- fahren gehört und auch schon viel von seinem Eisen gesehen; obgleich Puddelprozess. ich nicht ganz mit ihm wegen der Güte des Verfahrens übereinstimmen kann, so ist doch viel Geist in der Idee, die Stäbe so zu formen, was der einzige Teil des Verfahrens ist, der Anspruch auf Neuheit hat. Die Sorte Eisen, die Sie beschreiben, ist eine Art von Kaltbruch, den man hier bezeichnend rotten-tough (verdorben — zäh) nennt. Es war mir längst bekannt, dass man jede Art Kaltbrucheisen in diesen Zustand bringen kann, wenn man es sehr heiss auswalzt, oder wenn man es quer zur Ambossbahn zängt, um die Krystalle in Sehnen zusammenzuspinnen. Man kann auch durch gewisse mechanische Prozesse das Eisen kaltbrüchig machen. Aber in keinem dieser Fälle wird die Qualität des Eisens selbst verändert; das Eisen bleibt fest und der Kaltbruch ist sehr schwach. Ich betrachte Corts Eisen als Kaltbruch, welcher durch Walzen Sehne bekommen hat (is spun out) und das noch mit einer grossen Menge halbmetallischer Erde versetzt ist. Es ist zart für die Feile, weich für den Hammer und rostet sehr leicht. Es sollte nie angewendet werden, wo es sich um starken Zug, wie bei Maschinen u. s. w., handelt. Aber es ist gut für Nägel, obgleich die Nagelschmiede sich über den starken Abgang beschweren, weil es von seiner Schlacke nicht ordentlich befreit ist. Ich rede hier nur von solchem Eisen, das aus kaltbrüchigem nach seinem Verfahren gemacht ist. Gutes Eisen ist hart unter dem Hammer, schwer zu feilen und zu meisseln, bricht weiss, nicht körnig, das allerbeste ist faserig und weiss wie Silber. .... Cort ist höchst unwürdig von der Handelswelt behandelt worden , es sind unwissende Esel! Aber er setzte sich dem aus, dadurch, dass er ihnen seinen Prozess preisgab, ehe er voll- kommen war: und da sie sahen, dass er in den gewöhnlichen Opera- tionen des Eisengewerbes unwissend war, lachten sie ihn aus und ver- achteten ihn; dennoch werden sie durch eine schmutzige Umgehung sein Verfahren oder solche Teile davon, als ihnen gut scheint, aus- nutzen, ohne ihm dafür erkenntlich zu sein. Ich werde mich freuen, wenn es mir möglich sein sollte, irgend etwas für ihn zu thun.“ Die düsteren Voraussagen Watts gingen in Erfüllung, und zwar in noch viel traurigerer Weise. Was den Brief betrifft, so scheint Watt nur das erste Patent Corts gekannt und im Auge gehabt zu haben. Das zweite Patent war viel vollständiger und schützte ihn dadurch mehr vor dem, was Watt befürchtete, dass andere es umgehen würden. Die Interessenten suchten auf andere Weise das Verfahren in ihre Hände zu bekommen und dazu bot sich leider nur zu bald Gelegenheit. Puddelprozess. Cort suchte hauptsächlich für die Marine, den grössten Abnehmer in England, zu arbeiten. 1787 hatte er den Triumph, dass von der Prüfungskommission sein Schweisseisen für das beste und für besser als das schwedische Oregrundeisen erklärt wurde. Sogleich wurde befohlen, von dem schwedischen Eisen in Zukunft abzusehen und Anker und alles Eisenwerk für die Marine aus Corts Eisen anfertigen zu lassen. Für die grossen Aufträge, welche Cort nun erhielt und erwarten musste, waren seine Anlagen zu klein. Aber er hatte bereits sein ganzes Privatvermögen — über 20000 £ — in seine Versuche und seine Unternehmungen gesteckt. Er war also gezwungen, weiteres Kapital zu suchen. Dieses fand er bei Abraham Jellicoe , dem Oberzahlmeister der Marine, welcher 27000 £ einschoss gegen eine Verschreibung des Patents und dass ihm die Hälfte des Gewinns der Fabrik zufliessen und sein Sohn Samuel als Partner an seiner statt in das Geschäft eintreten sollte. Der alte Jellicoe galt für reich und stand auch bei der Marine- behörde in bestem Ansehen, was aus dem grossen Vertrauen, das man ihm in Geldsachen einräumte, hervorging. Dass die Behörde die Geschäftsverbindung kannte, geht daraus hervor, dass sie der Firma „ Cort und Jellicoe “ nicht nur grosse Aufträge erteilte, sondern auch am 16. April 1789 öffentlich bekannt machte, dass sie nur Offerten auf solches Eisen annehmen würde, welches nachweislich gemäss nach Cort und Jellicoes Patent hergestellt sei. So schien alles für Cort auf das Günstigste zu stehen, als ihn ein ganz unerwarteter Schlag traf. Der alte Jellicoe starb plötzlich im August 1789 und alsbald stellte es sich heraus, dass die Summen, die er Cort geliehen hatte, von unterschlagenen Staatsgeldern her- rührten. Cort hatte keine Ahnung davon gehabt, trotzdem traf ihn allein das ganze Unglück. So nachsichtig die Behörde zu Jellicoes Lebzeiten gewesen war, so strenge verfuhr sie jetzt. Nicht nur das ganze Vermögen der Firma Cort und Jellicoe wurde für die For- derung des Staates mit Beschlag belegt, sondern auch, was für Cort am härtesten war, sein Patent auf grund der Verschreibung an Jellicoe . — Nach der Abschätzung einer Jury war das Vermögen an 17000 £ wert. Die Unterschlagungen beliefen sich auf 39676 £. Hätte der Staat auch mit aller Strenge handeln wollen, so hätte es genügt, das Vermögen der Firma zu veräussern und sich aus dem Patent in der Weise bezahlt zu machen, dass er sich aus den Licenz- gebühren, welche das Patent abwarf, nach und nach bezahlt machte. Dies hätte wahrscheinlich, da das Patent damals schon sehr hohe Puddelprozess. Beträge abwarf, in wenig Jahren geschehen können. Statt dessen setzte der Staat unbegreiflicher Weise den jungen Jellicoe in den Besitz der Firma ein und konfiszierte das Patent, das als eine wert- lose Sache auf nur 100 £ geschätzt wurde. Und solches konnte geschehen, obgleich nach der Ansicht Sachverständiger, wenn die fälligen Licenzgebühren richtig eingezogen worden wären, Kapital und Zinsen sechsfach hätten bezahlt werden können Nach Webster betrugen dieselben 1789 schon 15000 £, 1791 aber bereits. 25000 £, siehe Memoir of Henry Cort in Mechanic’s Magazine, 15. Juli 1859. ! Freilich war das Verfahren des Staates sehr im Interesse der Eisenindustriellen, die keine Gebühren mehr bezahlten und ohne weiteres Corts Patent benutzten, und die Grossindustriellen wirkten aus Eigennutz auf die Regierung ein, in ihrem Unrecht zu beharren. Cort machte im Mai 1790 eine Vorstellung an den Zahlmeister der Marine, in der er darauf hinwies, wie sehr das Puddeln und Walzen nach seinem Verfahren im Lande zunähme und seine persönlichen Dienste anbot, das Patent für den Staat nutzbar zu machen, d. h. die Licenzgebühren beizutreiben. Er erhielt aber nicht einmal eine Antwort. Im folgenden Jahre wandte er sich deshalb mit einem ähnlichen Gesuch an die Marinekommission, indem er anführte, dass jetzt bereits 50000 Tonnen Puddel- und Walzeisen im Jahre gemacht würden. Darauf erhielt er folgende schnöde Antwort: „Ihre Erfindung erscheint von solcher Nützlichkeit, dass sie uns ver- anlasst, der britischen Eisenindustrie durch die von Ihnen ausgeführten Methoden Aufmunterung zu gewähren.“ Der Staat beraubte also Cort ohne weiteres seines Patentrechts, ohne ihm irgend welche Entschädigung dafür zu gewähren. Der Staat, die Eisenindustriellen und verschiedene hohe Beamte im Marineministerium bereicherten sich auf diese Weise auf Corts Kosten Siehe Percy , a. a. O., S. 631. . Endlich gewährte man 1794 Cort , um ihn und seine Familie vor Hunger zu schützen, eine jährliche Pension von 160 £. Im Jahre 1800 starb der beklagenswerte Mann, so arm, dass seine Witwe von neuem ein Unterstützungsgesuch einreichen musste, worauf das reiche England grossmütig 100 £ jährlich gewährte. Und das alles geschah, während bereits Millionen durch Corts Erfindung verdient wurden und man wusste und allseitig anerkannte, dass man dies einzig und allein Cort zu verdanken habe. Es ist und bleibt diese Behandlung des armen Erfinders, dem die grossen Wohlthaten, die er seinem Puddelprozess. Vaterland erwies, nur zum Fluch wurden, ein dunkler Fleck auf Englands Ehrenschild. Die reichen Hüttenbesitzer bemühten sich später durch Verkleinerung von Corts Verdienst als Erfinder, ihre eigene Mitschuld an Corts Behandlung zu beschönigen. Es ist richtig, dass die einzelnen Faktoren, aus welchen sich Corts Prozess zusammensetzt, mehr oder weniger bekannt waren; sein Verdienst besteht aber, abgesehen von den Ver- besserungen im einzelnen, darin, dass er diese einzelnen Faktoren zu einem vollendeten Ganzen zusammenfasste. Betrachten wir aber diese einzelnen Faktoren, so war damals noch keiner so ausgebildet, wie es Corts Prozess verlangte. Man hat angegeben, Payne habe schon 1728 ein Patent für kannelierte Walzen erhalten. Das ist wohl richtig, aber was waren das für Walzen? Payne wollte sie mit einem Windflügelrad betreiben, das an der Wand des Gebäudes angebracht wurde! Wenn dies überhaupt ausgeführt wurde, was nicht wahrscheinlich ist, so müssen die Walzen Zwerge gewesen sein gegen die Walzwerke, wie sie Cort anwendete. Auch Purnells Walzen von 1766 waren nicht grösser gedacht, als die Walzen eines gewöhnlichen Schneidewerkes und sollten mit denselben nur rotglühende, vorgeschmiedete Stäbe gestreckt werden. Cort walzte schwere, einfach überschmiedete Luppen in der Weissglut. Er selbst legt auf dieses letzte Moment in seiner Patentbeschreibung besonderen Nachdruck und nennt es eine neue, nie zuvor angewendete Erfindung. In einem Protokoll vom Jahre 1812 erklärte Samuel Homfray , der sonst Corts Erfindung in jeder Weise zu verkleinern suchte, dass man vor Cort zwar schon weiss- glühendes Eisen zu Platten ausgewalzt habe, aber nicht zu Schienen. Die zweite Erfindung Corts war der im ersten Patent beschriebene Schweiss- prozess, welchen Watts wichtiges Zeugnis für eine Neuheit erklärt. Freilich war ja auch das Paketieren schon früher bekannt und ebenso waren Flammöfen bekannt, aber diese besondere Kombination, wie sie Cort in seinem ersten Patent beschrieben hat und wie sie fast genau in derselben Weise noch heute in unseren Schweissöfen betrieben wird, war neu, wie auch die Verbindung mit dem Walzwerk neu war. Der Flammofen selbst wird von Cort nicht für etwas Neues ausgegeben, wohl aber das eigentliche Verpuddeln. Die Cranages hatten 1766 einen Prozess patentiert bekommen, der insofern ähnlich war, als die Operation in einem Flammofen mit Steinkohlenfeuer ausgeführt wurde. Von einem Verkochen und Durch- rühren (puddling) der Masse in der von Cort angegebenen Weise, wovon der Prozess seinen Namen erhalten hat, war nicht die Rede. Puddelprozess. Onions’ Patent fällt mit dem Corts in der Zeit derart zusammen, dass es fast den Anschein hat, als ob es nur genommen worden wäre, um Cort seiner Erfindung zu berauben (siehe oben Watts Brief) und Cort erklärt ausdrücklich, dass diese Art der Eisen- bereitung seine Erfindung sei. Auch hat Onions später nie Anspruch auf die Priorität der Erfindung seinerseits erhoben. So sehr die herzlosen Grossindustriellen, darunter der oben erwähnte Homfray von Pennydarran, welche durch Corts Verfahren reich geworden waren, sich bemühten, Cort zu verkleinern, die öffentliche Meinung, die Stimme des Volkes hat immer und von Anfang an Cort laut als den Erfinder des Puddelprozesses erklärt. Auch in Deutschland wurde dies schon früh anerkannt. In Crells Chemischen Annalen vom Jahre 1785 findet sich bereits die Mitteilung: „Herr Cort von Gasport hat die Kunst erfunden, aus rotbrüchigem wie aus kaltbrüchigem Gusseisen gutes Stangeneisen durch gewöhnliche Steinkohlen und ohne Blase- balg zu machen. Hauptmittel dazu soll die Anwendung von Walzen sein.“ Späterhin wird zuweilen Purnell zusammen mit Cort als der Erfinder des neuen Verfahrens genannt. Allerdings erhielt, wie bereits erwähnt, William Purnell auf eine Mitteilung von John Purnell hin am 5. Juni 1787 ein Patent, das dem von Cort sehr ähnlich sah. Es war ebenfalls erteilt für Herstellen, Zängen und Schweissen von Eisen mit Steinkohle aus Erz, Roh- oder Gusseisen, mit Hülfe einer Maschine. „In einem Flammofen, ähnlich wie man sie in Eisengiessereien hat, wird das Metall eingeschmolzen, wobei man es in der Hitze hin und her bewegt: sobald es ganz geschmolzen ist, muss man die Hitze langsam sinken lassen (wobei man mit dem Rühren und Scheiden noch fortfahren muss), so dass es langsam abkühlt und dann in Klumpen von etwa 14 Pfund Gewicht herausgenommen wird. Die Klumpen werden nacheinander unter dem Stabhammer in keilförmige Stücke geschmiedet, welche man, solange sie noch heiss sind, durch ein nahe gelegenes Walzenpaar durchwalzt und sie in ein Gefäss mit Wasser fallen lässt. Um das Metall zu walzen, werden die Stücke nacheinander auf eine eiserne Platte, welche vor den Walzen befestigt ist, gebracht und von da durch die letzteren gedrückt, mit dem dünnen Ende nach vorn: oder man legt die Walzen nebeneinander und lässt die Stücke zwischen ihnen durchfallen. Schaufeln, Hacken und Brechstangen können angewendet werden, um das Eisen von dem Ofen zu den Walzen zu bringen. Das Walzen presst die Schlacken aus und bereitet das Eisen für den Schweissofen vor, anstatt einen Wasserhammer anzuwenden.“ Puddelprozess. Es ist schwer erfindlich, in was eigentlich gegenüber dem von Cort eingeführten Verfahren die Neuheit zu finden ist, welche es patent- fähig machte. Das einzige dürfte das sein, dass ausdrücklich gesagt ist, dass die Luppen in derselben Hitze gezängt und gewalzt werden. Die ganze Aufeinanderfolge der Manipulationen entspricht Corts Verfahren. Eine neue Entdeckung ist nicht darin enthalten und hat Purnell wohl nur seiner früheren Verdienste um die Einführung kannelierter Walzen wegen dieses Patent erhalten. Aus dem oben angeführten raschen Anwachsen der Licenzgebühren, welche Cort zu fordern gehabt hätte, wenn die Regierung ihn nicht seines Patentes beraubt hätte, können wir schon ermessen, welchen Aufschwung die Stabeisenbereitung mit Steinkohlen im Flammofen in kurzer Zeit nahm. — Sobald der Erfolg, welchen Cort mit seinem neuen Verfahren erzielt hatte, ruchbar geworden war, bemühten sich alle grösseren und intelligenten Eisenindustriellen Englands, das Ver- fahren kennen zu lernen und einzuführen; unter diesen war William Reynolds von Coalbrookdale, der das Verfahren der Gebrüder Cranage genau kannte, aber niemals behauptete, dass Corts Ver- fahren mit diesem übereinstimme oder nur ähnlich sei. Reynolds lud vielmehr Cort persönlich ein, um in Ketley einen Versuch mit seinem Verfahren zu machen. Ein anderer war Samuel Homfray von Pennydarran, den wir ebenfalls schon kennen gelernt haben. Er verschaffte sich nicht nur von Cort die Zeichnungen für die Puddel- öfen und Muster der Walzen, sondern lieh sogar Arbeiter von Cort , um die seinigen in dem neuen Verfahren zu unterrichten, das dem von Onions weit überlegen war und nach welchem er alsbald seinen ganzen Betrieb einrichtete. Pennydarran wurde dadurch ein bedeutendes Werk und Homfray ein reicher Mann; wie undankbar er aber gegen Cort handelte, kann man in Percys Iron and Steel näher nachlesen. Den gewaltigsten Erfolg hatte aber Richard Crawshay von Cyfartha durch Corts Erfindung. Dieser machte im Jahre 1787 wöchentlich nur zehn Tonnen Schmiedeeisen unter dem Hammer. Als er die Überlegenheit des Puddelprozesses kennen gelernt hatte, schloss er mit Cort einen Vertrag, um nach seinem Patent, gegen eine Licenz- gebühr von 10 Schilling die Tonne, zu arbeiten. Crawshay ver- leugnete auch nie, wie Homfray , dass er das Verfahren, das er in so grossartigem Massstabe betrieb, Cort verdankte. In einem Briefe an den Sekretär von Lord Sheffield , welcher 1812 im Parlamente verlesen wurde, schrieb er: „Ich nahm es von Herrn Cort , welcher eine kleine Walzmühle zu Fontley in Hampshire hatte. Ich habe Sie Puddelprozess und Feineisenfeuer. jetzt mit dem Verfahren bekannt gemacht, nach dem ich jetzt jährlich über 10000 Tonnen Stabeisen mache.“ — Die ganze grossartige Eisen- industrie von Südwales entwickelte sich erst durch den Puddelprozess. Obgleich die Kunde von dem neuen Verfahren sich rasch ver- breitete, so dauerte es doch lange, bis man Versuche machte, dasselbe auch auf dem Kontinent einzuführen. In Deutschland war es der rührige, unternehmende Graf Einsiedel , der zuerst im Jahre 1795 auf seinem Eisenwerke Lauchhammer bei Mückenburg den Puddelprozess einzuführen versuchte. Als Brennmaterial wurde Holz benutzt. Pro- fessor Lampadius von Freiberg leitete diese Versuche Siehe Lampadius , Allgemeine Hüttenkunde, II. Teil, Bd. IV, S. 98. . Brauch- bares Schmiedeeisen erhielt er aber nicht, das Produkt war ein weisses, grobkörniges Eisen, welches zäher war als das eingesetzte fein- körnige, graue Roheisen, sich aber nicht schmieden liess. Dagegen ging es sehr gut im Frischfeuer. Es war also eigentlich nur gefeintes Eisen. Bei Anwendung von Wasserdämpfen und mit künstlichem Wind fielen die Versuche noch ungünstiger aus. Das Produkt nennt Lampadius überfrischt, es war aber wohl nur ein schlechtes weisses Eisen, wie es bei starkem Rohgang fällt. Nach Lampadius irriger Theorie enthielt es zuviel Sauerstoff. Von der Einführung des Puddel- prozesses musste abgesehen werden, weil er auch viel zu teuer war. Man wird dies begreifen, wenn man sich der mangelhaften Öfen und der niedrigen Essen jener Zeit erinnert. Dieselben konnten mit Holz die erforderliche Hitze nicht liefern. Ebenso machte in Kärnten Maximilian Graf v. Egger um diese Zeit zu Lippitzbach einen Versuch, mit Holz zu puddeln; der Rever- berierofen verfiel aber nach dem Tode des Grafen (um 1800). Im ganzen waren also die Unternehmen, das englische Flammofen- frischen in Deutschland einzuführen, misslungen. Der Puddelprozess brachte in seiner weiteren Entwickelung eine Erfindung zu Ehren, die schon geraume Zeit vor Cort gemacht worden war, wenn auch zu anderem Zwecke. Es war dies das Feineisen- feuer oder Weissfeuer, welches man auf dem Kontinente später immer als das englische Feineisenfeuer bezeichnete. Es diente zu einem vorbereitenden Einschmelzen oder Verfrischen des grauen Roheisens. In seiner ursprünglichen Gestalt war es ein einfacher Hartzerennherd; Puddelprozess und Feineisenfeuer. in demselben wurde das graue Koksroheisen zur Reinigung einge- schmolzen und in ein hellweisses Eisen, gefeintes oder Feineisen (fine- metal) übergeführt, welches rascher im Frischherd ging und ein besseres Stabeisen gab. Die Erfindung wird gewöhnlich auf John Cockshutt zurückgeführt, welcher am 2. Mai 1771 ein ziemlich weitläufiges Patent auf ver- schiedene Dinge erhielt: 1. Schmiedeeisen direkt aus den Erzen mit Steinkohlen in einem Frischfeuer zu machen; 2. Gusseisen mit Holz- kohle zu verfrischen; 3. erstreckte sich das Patent auf ein Frisch- oder Raffinierfeuer (finery or bloomery), um Eisen darzustellen und zu frischen. Den ersten Teil des Patentes übergehen wir hier, der zweite wird in folgender Weise erläutert: „Um Zeit und Holzkohle zu sparen, erhitze man Gusseisen bis nahe zu seinem Schmelzpunkte mit Stein- kohle oder anderem billigen Brennmaterial in einem Flammofen oder mit Blasebälgen; dieses schmilzt man dann mit Holzkohle in dem Frischherde (finery or bloomery) des Erfinders ein, bis es gar wird. Man fügt noch mehr Metall und Holzkohle hinzu, bis man eine grosse Luppe fertig hat. Diese Luppe wird sodann durch die erwähnte Maschine zerschnitten, die Stücke gezängt und zu Stabeisen ver- schmiedet.“ Der dritte Teil bezieht sich auf den Schmelzherd selbst. Der Frischherd des Erfinders ist beinahe quadratisch und aus Gussplatten in einem Herdbau (ähnlich dem Herde eines Ankerschmiedes) kon- struiert, so dass er an zwei oder mehr Seiten offen ist, wo Leute daran arbeiten können. „In den Ecken sind Öffnungen, durch die Brechstangen (furgens) eingeführt werden können, um das Eisen auf- zubrechen. Statt einer Form (tuiron) hat man mehrere, die so ver- teilt sind, dass sie das Eisen an jeder Stelle des Frischherdes treffen. Die Formen befinden sich in Platten, so dass ohne Schwierigkeit eine entfernt werden kann. Die Grösse des Frischherdes muss im Verhält- nis stehen zu der Stärke der Bälge. Ein Windkessel mit Ventilen (air vessel with valves) kann zum Regulieren des Windes dienen, oder eine jede Form kann ihre eigenen Bälge haben.“ Aus dieser Beschreibung ersehen wir, dass Cockshutts Herd ursprünglich nichts war als ein grosser Frischherd mit mehreren Formen, und dass dieser durchaus nicht für den Zweck erfunden war, für den er später verwendet wurde. Dennoch hat er zu dem Fein- eisenfeuer geführt, nachdem dieses Bedürfnis geworden war. Das graue mit Steinkohlen erblasene Roheisen von Südwales war unrein und puddelte sich langsam und beschwerlich. Ein oxydierendes Schmelzen, Puddelprozess und Feineisenfeuer. wodurch das graue Roheisen in weisses Eisen von geringem Kohlen- stoffgehalte verwandelt wurde, entsprechend dem Hartzerennen bei der steierischen Frischmethode, war entschieden vorteilhaft und der Gedanke lag nahe. Er wurde, wie es scheint, gegen Ende des Jahr- hunderts zuerst in Südwales praktisch durchgeführt und zwar geschah das Einschmelzen mit Kokes in Cockshutts Herden. Diese Erfindung wurde Siehe Percy , a. a. O., S. 625. Samuel Homfray von Pennydarran zugeschrieben und war zu Anfang des 19. Jahrhunderts in Südwales bereits allgemein angewendet. In dem oben erwähnten Protokoll des Herrn Homfray von Pennydarran vom Jahre 1812, worin er Cort so verkleinerte, wird dieser Erfindung eine übertriebene Bedeutung beigelegt Siehe Percy , a. a. O., S. 633. , um sein eigenes Verdienst um so grösser erscheinen zu lassen. Die ersten Feineisenfeuer waren ganz von gebrannten Steinen erbaut, erst später führte man eiserne Wasserkästen als Seitenwände ein. Die Eigentümlichkeit des Verfahrens bestand hauptsächlich darin, dass man den Wind möglichst gleichmässig über die ganze Fläche des eingeschmolzenen Metalls verteilte. Deshalb wendete man mehrere, entsprechend verteilte Formen an, denen man nur geringe Neigung von etwa 5 Grad gab. Da die Formen dem Abbrennen sehr ausgesetzt waren, so nahm man gewöhnlich eiserne Formen, welche später mit einem hohlen gegossenen Mantel umgeben wurden, in welchem beständig kaltes Wasser cirkulierte Siehe Karstens Eisenhüttenkunde, Aufl. von 1816, S. 989. . Die älteren Feineisenfeuer hatten meist nur zwei Windformen. Die Feuer waren grösser und tiefer als die gewöhn- lichen Frischherde. Man konnte in der Woche in einem Feuer 250 bis 300 Ctr. Roheisen mit einem Abgange von 5 bis 10 Proz. und einem Koksaufwand von 4 bis 5 Kubikfuss auf den Centner ein- schmelzen. Das flüssige Eisen wurde in eiserne Gussformen von 4 bis 5 Zoll Breite und 2 bis 3 Zoll Höhe abgestochen. Im Augenblicke des Erstarrens wurde es mit kaltem Wasser übergossen. Das Eisen war ganz weiss und in der Regel strahlig. Viel, aber schwacher Wind war notwendig. Der Puddelprozess wurde ziemlich geheim gehalten. Es findet sich keine nähere Beschreibung desselben in deutschen Schriften des vorigen Jahrhunderts. In England erstattete Dr. Beddoes am 24. März 1791 einen Bericht über das Puddeln von grauem Roheisen nach eigener Anschauung an die Royal Society. Die Charge betrug damals 2½ Ctr. Der Ofen hatte zwei Kamine, einen am Ende wie Puddelprozess und Feineisenfeuer. noch jetzt und einen über der Feuerung (Fig. 183). Beide hatten Klappen, so dass die Luft nach Belieben über den Herd oder direkt in die vordere Esse geleitet werden konnte. In Frankreich veröffent- lichte zuerst Charles Coquebert eine kurze Darstellung des Puddel- prozesses Siehe Annales des Mines, Nr. 5. im Jahre III der Republik (1795), welche auf einem Briefe von David Hartley von 1786 In Annales d’Agriculture d’Arthur Young, Nr. 70. basierte. Aus diesem erfahren wir, dass Lord Sheffield, Playfair und andere sich sehr für die Anwen- dung von Corts Prozess bemühten, und dass derselbe damals auf dem Eisenhüttenwerk von Folliot, Scott \& Comp . bei London einge- führt war. Die erste Abbildung eines Puddelofens findet sich in den Annales des Arts et Manufactures vom Jahre VIII L. c., Tome I, p. 5. (1800). Fig. 183. Den ersten klaren und gründlichen Be- richt über den eng- lischen Puddelpro- zess lieferte A. H. v. Bonnard , welcher 1802 England bereist und das Steinkohlen- frischen besonders in Südwales und Coal- brookdale studiert hatte Siehe Journal des mines, Nivose an XIII, Nr. 100, Dez. 1804, Jan. 1805, Paris, p. 245. (Abhandlung über die englische Ver- fahrungsart bei der Eisenfabrikation vermittelst der Steinkohle). Er be- richtet, wie folgt. Das mit Koks erblasene Roheisen war bei forciertem Betriebe in Südwales weiss, sonst aber meistens grau. Dieses Koksroheisen war nie gereinigt genug, um direkt im Reverberier- oder Puddelofen verarbeitet werden zu können und musste hierfür erst in einem Fein- eisenfeuer umgeschmolzen werden. Das Feinen hatte Ähnlichkeit mit dem Hartzerennen, nur geschah es in grösserem Massstabe, in grösseren Herden und kontinuierlich. Das teilweise entkohlte Eisen wurde alle zwei Stunden in dünnen Flossen, die mit Wasser begossen wurden, abgestochen. In sechs Stunden schmolz man ungefähr 750 kg, der Puddelprozess und Feineisenfeuer. Abbrand betrug etwas über 10 Proz. Das Feineisen war glänzend weiss, wenig muschelig im Bruch, dichter und gleichartiger als das Roheisen. Dieses gefeinte Eisen kam nun in Flammöfen, welche man Pudd- ling Furnaces (Rühröfen) nannte Nach einem älteren Berichte von Thomas P. Smith aus Philadelphia, der sonst nicht hervorragend ist, wurde das gefeinte Eisen in kleinen Stücken auf- gegeben, eingeschmolzen und zu Granalien zerrührt, weshalb er den Puddelofen Granalienofen (fourneau à grenailler) nennt. Siehe Annales des mines Nr. 73, p. 57. (Fig. 184). Der Herd war 6½ Fuss lang, 3 Fuss 10 Zoll breit und etwas vertieft. Der Herdboden war, wie der ganze Ofen, aus Ziegeln hergestellt und mit Sand bedeckt. Der Rost war an 2 Fuss breit, die Öffnung für die Flamme (Feuer- brücke) 2½ Fuss breit, der Ausgang in den Schlotkanal 2 Fuss im Geviert, also unverhältnismässig gross. Der Schlotkanal (Fig. 184 a) konnte mittels eines Registers nach Belieben geschlossen oder geöffnet werden; unter dem Ausgange war ein kleiner Sumpf (bassin) zur Fig. 184. Aufnahme der Schlacken angebracht. Die älteren Öfen hatten noch eine besondere Esse über dem Feuerraume (Fig. 184 b), durch welche man die Flamme, wenn man den Herd kühlen wollte, abziehen konnte, indem man den Zug nach der Hauptesse schloss und diesen Schorn- stein öffnete. Bonnard bemerkt aber, dass er nirgends mehr solche Öfen gefunden habe. In Glammorgan hatten die Feuerungen zwei Thüren, eine vorn, die andere seitlich, während in Staffordshire nur eine vordere Thür angebracht war. Die vordere Öffnung des Ofens, durch welche das Feineisen eingetragen und die Luppen ausgezogen wurden, war mittels einer gusseisernen Thür von 20 bis 24 Zoll im Geviert geschlossen; Puddelprozess und Feineisenfeuer. dieselbe hing am Ende eines wagerechten Hebels, um sie nach Belieben aufziehen oder herablassen zu können. Sie hatte in ihrer Mitte eine 7 bis 8 Zoll breite Öffnung, um die zur Arbeit im Innern nötigen Werkzeuge einbringen zu können, welche wieder mit einer mit einem runden Spähloche von 8 bis 10 Linien Durchmesser zum Hineinsehen in den Ofen versehenen kleinen Thür verschlossen werden konnte. Diesen Ofen heizte man mit Steinkohlen von geringerer Güte („da man die besseren zur Bereitung der Koks anwendete“). War der Boden mit Sand bedeckt, so chargierte man, indem man 300 Pfund Feineisen in grösseren oder kleineren Stücken in die Nähe der Feuer- brücke brachte; alsdann wurden die Thüren geschlossen, alle Fugen mit feuerfestem Thon verstrichen und auch das kleine Spähloch ver- stopft. Man warf Steinkohle auf den Rost und heizte, indem man die Feuerungsthür geöffnet liess und das Schlotregister zur Hälfte schloss. Nach etwa einer halben Stunde, wenn das Roheisen weiss- glühend geworden, verstärkte man das Feuer; man verschloss nun auch die Feuerungsthür hermetisch und öffnete das Schlotregister vollends. Das Eisen begann sich zu erweichen und zu schmelzen. Man beob- achtete hierbei, wie die eingeschmolzenen Teile einige Augenblicke lang aufkochen (bouillonnent). Nach Verlauf von weniger als ¼ Stunde war das Roheisen fast vollständig geschmolzen. Der Arbeiter öffnete nun die kleine Thür und brachte durch dieselbe einen eisernen Rengel (ringard) ein, mit dem er die noch vorhandenen Klumpen zerteilte und dem Feuer näher brachte. Nach einigen Minuten war meistens alles im Fluss. Nun arbeitete der Arbeiter mit dem Rengel und der Krücke abwechselnd fleissig in dem Metallbade, rührte heftig um, um fortwährend neue Teile mit der Flamme in Berührung zu bringen, welche nach und nach die metallischen Moleküle desoxydiert(!) und sie dadurch austrocknet. Indem sie dieses fremde Princip verlieren, verliert das Eisen gleichzeitig seine Schmelzbarkeit und die gefrischten Teile werden fest, und nach halbstündigem Rühren erscheint die ganze Masse als halflüssiger Teig, der viele kleine Körner enthält. Der Arbeiter hat während der Arbeit von Zeit zu Zeit etwas Sand auf die Schmelzmasse, die er umrührte, geworfen, um die Absonderung der Schlacken zu erleichtern, die nun auf ihrer Oberfläche schwimmen und in den oben erwähnten Sumpf fliessen, wo man sie mittels brennender Steinkohlen flüssig erhält und zeitweilig durch ein eigenes Loch ablässt. In Staffordshire begoss man gewöhnlich die Schmelz- masse während des Umrührens öfters mit Wasser. Die Thür oder Thüren der Feuerung und der Schlotregister dienten dazu, die Wir- Puddelprozess und Feineisenfeuer. kung der Flamme nach Bedürfnis zu erhöhen oder zu mässigen. Zu- weilen wurden alle Öffnungen geschlossen, um heftigeres Feuer zu geben, aber nur für Augenblicke, und das Umrühren wurde ohne Unterbrechung fortgesetzt, um immer von neuem die metallischen Teilchen der Wirkung der Flamme auszusetzen, wodurch sie immer teigartiger wurden. Die Körner ballten sich zusammen und bildeten Klumpen, welche der Arbeiter zu vereinigen suchte, indem er sie mit dem Rengel andrückte, oder sie mit einer schweren Eisenstange schlug. Auf diese Art bildete er eine Anzahl kleiner Luppen, deren Zahl von drei bis sieben wechselte, je nach dem Zwecke ihrer Bestim- mung; die gewöhnlichste Zahl war fünf. Diese ordnete er rings um den Herd, schloss die Ofenthüre, öffnete jene der Feuerung, und liess die Luppen von der Flamme umspülen, bis er sie zum Schmieden auszog. Diese ganze Arbeit vom Einsetzen des Feineisens bis zum eben erwähnten Schliessen des Ofens nach dem Luppenmachen, dauerte in Glamorgan ungefähr 7/4 Stunden; in Staffordshire, wo das Umrühren mehr Anstrengung erforderte, 1½ Stunden: doch erschienen hier die Luppen loser und weniger gut zusammengekittet. Die Behandlung der Luppen war sehr verschieden; am gewöhn- lichsten brachte man sie sogleich unter einen Hammer, der mit dem Helm aus einem Stück gegossen war, mit einem Kopfe von 15 bis 18 Zoll Quadrat an seiner Grundfläche und etwa 1200 Pfd. schwer. Am Vorderteile der Bahn waren zwei viereckige Einschnitte, die den Masseln die gewünschte Form zu geben halfen. Vor dem Kopfe be- fand sich eine Art Zapfen, welche von den Kämmen der von einer Dampfmaschine bewegten Welle gefasst wurden (Stirnhammer). Der Arbeiter zog mit seiner Krücke eine Luppe aus dem Ofen, liess sie auf den Boden der Hütte fallen, wälzte sie sogleich zum Hammer, legte sie auf den Amboss und übergab sie dem Hammermeister. Diesem brachte gleichzeitig ein Junge eine viereckige, 8 bis 9 Linien dicke Eisenstange, deren eines Ende während der vorigen Raffinier- arbeit auf dem Roste des Ofens bis zur Weissglut erhitzt wurde. Der Schmied legte dies Ende auf die Luppe und verband es mit ihr durch einen Hammerstreich: die Stange diente nur zum Stiele, um die Luppe leicht wenden und an allen Seiten hämmern zu können. Die Luppe, die kaum fest war, gab bei der hohen Hitze leicht ihre Schlacke ab und war in Zeit von 1½ Minuten in eine cylin- drische Form von 18 bis 20 Zoll Länge und 3 bis 4 Zoll Durchmesser gebracht. In diesem Zustande hiess sie lump (Deul, Kolben). Man nahm eine Luppe nach der anderen vor, so dass die Arbeit ununter- Beck , Geschichte des Eisens. 45 Puddelprozess und Feineisenfeuer. brochen fortging, bis meist in Zeit von einer halben Viertelstunde die fünf Luppen zu Kolben gezängt waren. Die Eisenstange, welche zum Stiel gedient hatte, wurde nach beendigtem Hämmern durch Hin- und Herbiegen losgerissen, so dass immer ein Stück derselben damit ver- bunden blieb. Jeder Kolben wurde gewöhnlich zu einer Eisenstange verarbeitet: sollte er mehrere geben, so wurde er sogleich vom Hammer weg, während er noch glühte, unter eine Schere gebracht und nach Erfordernis in zwei bis drei Teile geschnitten. Ein Hammer konnte zwölf Puddelöfen versehen. Die Arbeit wurde dabei so eingerichtet, dass der zweite Arbeiter am zweiten Ofen einige Augenblicke früher fertig war, als die Luppen des ersten gezängt waren, und dass sich die Arbeiten überhaupt ungefähr ½ Viertelstunde hintereinander folgten. Jeder Puddelofen lieferte gewöhnlich fünf Luppen; und die 60 Stück aus den zwölf Öfen waren stets fertig gezängt, bis der Arbeiter am ersten Herde, der sogleich nach Vollendung seiner Lumps die Arbeit wieder von vorn begann, mit dieser zweiten Operation fertig geworden war. Inzwischen ruhte der Hammer nebst der ihn bewegenden Dampf- maschine und wurde durch Besprengen mit Wasser abgekühlt. Die Hammerschmiede hatten gewöhnlich ein Leder mit einer Glasscheibe in der Mitte am Hute befestigt, das sie, um nicht von den heftig sprühenden Schlacken beschädigt zu werden, vor das Gesicht fallen liessen. Da ein Rührofen 250 Pfd. Kolben lieferte, so ergab sich ⅙ Calo; er verbrauchte 6/7 Pfd. Steinkohlen auf 1 Pfd. erhaltenes Eisen, oder 5/7 Pfd. auf 1 Pfd. verbrauchtes Feineisen. In vielen Hütten kamen die Luppen anstatt unter den Hammer unter gefurchte Walzen, Fig. 185 a, die man Vorwalzen (ébaucheurs) nannte und die durch eine Dampfmaschine in Bewegung gesetzt wurden. Ein grosses Schwungrad gab der Bewegung Gleichförmig- keit. Die Luppen passierten nacheinander die Furchen a , a' , a'' , a''' , wodurch die Schlacken ausgepresst wurden und die Luppen cylin- drische verlängerte Gestalt, ähnlich den gezängten Luppen, erhielten. Diese gewalzten Kolben wurden nun entweder gleich weiter aus- gewalzt, wie wir es nachher beschreiben werden, was aber nur anging, wenn die Luppen noch sehr warm waren, auch kein so sehniges und gut geschweisstes Eisen gaben, oder sie wurden bei Seite gelegt und später gerade so wie die geschmiedeten weiter behandelt, oder man liess sie, wenn man die Qualität des Eisens verbessern wollte, sogleich nach dem Zuge durch a''' der Vorwalzen durch Glattwalzen gehen, wodurch man sehr breite und dicke Stangen voller Risse mit allen Merkmalen eines noch sehr unvollkommenen Eisens erhielt. Diese Puddelprozess und Feineisenfeuer. Stangen wurden nun in Stücke von 18 Zoll Länge zerteilt, vier der- selben übereinandergelegt und daraus in Pakete geformt. In einigen Hütten brachte man die Luppen, wie sie aus dem Ofen kamen, in diese Glattwalzen, wodurch sie zu dicken Platten gewalzt wurden, diese brachte man in andere Walzen, welche einige scharfe Rippen hatten, wodurch Einschnitte in die Platten gemacht wurden, welche ihr Zerbrechen in gleichförmige Stücke nach dem Erkalten erleich- Fig. 185. terten. Auch von diesen wurden Pakete gemacht, welche in Flamm- öfen, die den Puddelöfen ähnlich waren, erhitzt wurden. Waren sie weissglühend, so kamen sie unter den Hammer, um Kolben, wie bei der vorigen Arbeit, aus ihnen zu verfer- tigen. Dies Verfahren war mit grösserem Abbrand und Kohlen- aufwand verknüpft, gab aber reine- res, gesunderes, besser geschweisstes Eisen. In der Hütte von Bradley in Staffordshire brachte man die Lup- pen, sowie sie aus dem Puddelofen kamen, unmittelbar in gefurchte Wal- zen von ungefähr 4 Fuss Durchmesser, welche keine vollständigen Umdre- hungen machten, sondern hin und her gingen. Es war dies eine Erfin- dung John Wilkinsons , welche wir bereits S. 591 erwähnt haben. Bonnard hat die Schmelzung des Roheisens im Hochofen als ersten Prozess, das Feinen als zweiten, das Puddeln als dritten Prozess beschrieben und schildert nun die Behandlung im Schweissofen und das Aus- recken als vierten Prozess. Die Manipulation war in allen Hütten dieselbe. Man brachte die Kolben (lumps) oder Luppen (blooms) in einen Schweissofen (blowing- furnace, soll aber wohl blooming-furnace heissen), der den Puddelofen in allen Dimensionen übertraf, gab ihnen Weissglut und brachte sie in einer Zange nach dem Walzwerk. 45* Puddelprozess und Feineisenfeuer. Die Walzen, durch die sie nun gingen, sind die in Fig. 185 b dar- gestellten Vorbereitungs- oder Grobwalzen (preparateurs) und Fig. 185 c Streck- oder Fertigwalzen (étireurs). Sie waren viel sorgfältiger als die Vorwalzen gearbeitet, und hatten kleinere Öffnungen, in der Grösse des kleinsten Kalibers der Vorwalze beginnend bis zu dem Querschnitt des fertigen Stabeisens, wie man es in den Handel brachte. Diese Arbeit war mit unbedeutendem Koks- und Kohlenaufwand verbunden, denn das Eisen ging schon sehr rein in dieselbe. Die Kolben brauchten nur geglüht zu werden und der Ofen war beständig ein Feuer. Wäre diese Arbeit nicht soviel schneller als das Puddeln gegangen, so würde man die Kolben vom Hammer oder den Vorwalzen weg unmittelbar und noch glühend in den Schweissofen bringen können, wo sie nach wenig Augenblicken die richtige Hitze zum Auswalzen erlangt haben würden. Kolben von 50 Pfd. Gewicht und 18 bis 20 Zoll Länge brauchten nur siebenmal durch die verschiedenen Furchen des Walzwerks zu gehen, um zu Stangen von 11 bis 12 Fuss Länge gestreckt zu werden; alles geschah in etwa 40 Sekunden. Sobald die Massel aus der ersten Walze gekommen war, wurde mit einer neuen fortgefahren, so dass in jeder Minute zwei Stangen fertig wurden. Zwei Walzwerke, die vier Stunden ruhten und 300 Tage jährlich umgingen, sollten 18000 Tonnen Eisen geben. Mehrere Hütten brach- ten es fast auf die Hälfte dieser Produktion. Gerade Stangen wurden gleich noch heiss gestempelt und an beiden Enden mit der Schrot- schere abgeschnitten. Oft aber waren sie verzogen und mussten erst unter dem Hammer gerichtet und dann zum Abschneiden an den Enden nochmals erhitzt werden. Um Roheisen zu erzeugen, waren 5 Pfd. Steinkohlen oder 3 Pfd. Koks auf 1 Pfd. Eisen erforderlich; durch die drei folgenden Arbeiten stieg der Brennstoffbedarf in allem auf 10 Pfd. Steinkohlen auf 1 Pfd. fertiges Eisen. — Der Eisenabgang betrug bei den drei Arbeiten zusammen nicht viel über ¼ des Roheisengewichts, während in Frank- reich das Frischen allein ⅓ Abgang erforderte. In der Teilung der Manipulationen lag eine Ersparnis. Das auf diese Weise erzeugte Eisen war zu grober Ware gut verwendbar, zu feiner dagegen nicht, da es etwas rot- und kaltbrüchig war; für letztere verwendete man in England schwedisches und russisches Eisen. Bonnards Theorie des Puddelprozesses war eine durchaus un- richtige. Er behauptete, der Kohlenstoff des Roheisens werde schon Puddelprozess und Feineisenfeuer. beim Feinen fast vollständig entfernt und das Wesen des Puddel- prozesses bestände nicht in der Entkohlung, sondern in der Desoxy- dation des Roheisens, indem er der Flamme des Steinkohlenfeuers mehr eine desoxydierende als eine oxydierende Wirkung zuschrieb. Zu diesem Berichte Bonnards hat O’Reilly , welcher um die- selbe Zeit England bereiste, erläuternde und ergänzende Bemerkungen gemacht Annales des arts et manufactures 1805, Nr. 2. Molls Ephemeriden der Berg- u. Hüttenkunde, Bd. III, S. 505. , aus denen ebenfalls hervorgeht, dass die älteren Puddel- öfen Corts zwei Schornsteine hatten, dass man aber den kleineren über der Feuerung, der sich als nicht haltbar erwies, später abwarf; statt dessen brachte man Schieber oder Register (dampers) an. Die Regu- lierung der Hitze im Puddelofen war eine besonders wichtige Sache. Zu diesem Zwecke bediente man sich in Wales und Staffordshire ver- schiedener Mittel. In Wales hatte man zwei Thüren, die zu dem Schmelzherde führten, von denen die eine an der Rückseite nur zur Regulierung der Hitze diente, d. h. sie wurde aufgezogen, um den Ofen abzukühlen, wobei man gleichzeitig den Zugschieber schloss. Dies geschah besonders während des Rührens, um das Frischen des Eisens zu verzögern. In Staffordshire, wo man ausser der Feuerthüre nur eine Thüre am Ofen hatte, wurde dies durch Aufgiessen von Wasser erreicht. Dies Verfahren war namentlich auf Wilkinsons Puddel- werken gebräuchlich, und Wilkinsons Direktor Allen erklärte es für wirksamer und vorteilhafter als das Öffnen der Thüre. In Staf- fordshire befanden sich die Register oben auf den Essen und wurden von unten auf- oder nieder gezogen. Die Puddelöfen besassen keine ständigen Herde, weil der Boden jede Woche frisch bereitet werden musste. Man warf nämlich jeden Samstag die trocken gemauerten Ziegelpfeiler, auf welchen die den Boden oder Herd tragenden Guss- platten ruhten, um und richtete den Boden über Sonntag neu zu. Man räumte erst die Reste des alten Bodens weg, führte die Trag- pfeiler von Ziegeln frisch auf, legte die Gussplatten darauf und be- deckte diese 6 Zoll hoch mit Asche (Lösche), schlug sie fest und trug etwa 3 Zoll feuchten Sand darüber. Da man bei jedem Ein- satz frischen Sand nachtrug, so wurde der Herd gegen Ende der Woche so hoch, dass die Arbeit dadurch behindert und ein neuer Herd notwendig wurde. Der Sand war schmelzbar, und man brachte den Eisensatz erst ein, nachdem die Hitze so gestiegen war, dass der Sand anfing zu schmelzen, was sich durch den Glanz der Oberfläche Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. verriet. Zu Bradley in Staffordshire pflegte man zu dem einschmel- zenden Roheisen Abfälle von der Blechfabrikation aufzuwerfen. Dann schloss man fünf Minuten lang die Thüren, öffnete den Zug ganz und erzeugte eine starke Hitze. Das Eisen fing an zu gerinnen oder „zu faulen“ (comes in a rotten state), wie die Engländer sagten und nun begann das Umrühren. Die Luppen, die nach der Feuerbrücke geschafft wurden, wo sie wie Schneeballen aussahen, bekamen bei geschlossenem Register noch eine Hitze. Die gesamten Werkzeuge zu einem Puddelofen bestanden in zwei Rührhaken, von denen der eine wolfszahnartig zugeschärft, der andere vorn im Winkel gebogen war, einem Schaufelchen, um die Luppen zu glätten, einem Hammer, um die beim Rühren sich anhängenden Schlacken abzuschlagen, einer Zange zum Vorsetzen des Thürchens vor dem Spähloch und einem Wassertrog zum Ablöschen der Rührhaken. Hochofenbetrieb Ende des 18. Jahrhunderts. Indem wir uns zu den Fortschritten der Roheisenerzeugung in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts wenden, müssen wir zunächst einiger Verbesserungen der Steinkohlen- und Torfverkohlung Erwähnung thun. Graf Dundonald führte in England geschlossene Verkokungs- öfen mit gleichzeitiger Gewinnung der Nebenprodukte ein. Das Patent, welches Graf Archibald Dundonald am 30. April 1781 nahm, war erteilt für Herstellung von Teer, Pech, ätherischen (essential) Ölen, flüchtigem Alkali, mineralischen Säuren, Salzen und Koks (cinders) aus Steinkohlen. Die Erfindung bestand nach der Beschreibung darin, „dass man durch Gefässe oder Bauwerke, in welchen man die Steinkohlen, aus denen man die oben erwähnten Substanzen destillieren will, einsetzt, die äussere Luft durch einen oder mehrere Zugänge zulässt, einerlei ob die Kohlen allein oder mit Kalkstein, Kiesel, Eisenerz, Backsteinen oder anderen Substanzen so gebrannt werden, dass sie durch ihre eigene Hitze, ohne zu flammen, und ohne Hülfe eines anderen Feuers durch Destillation oder Ver- dampfung ihre Teere, Öle, Alkalien, Säuren und Salze in Vorlagen oder Kondensationsgefässe abgeben“. — Diese Methode, Teer, Öl u. s. w. aus Steinkohlen zu gewinnen, war verschieden von dem gebräuchlichen Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. Verfahren der Destillation der Kohlen in geschlossenen Gefässen. Die Kondensation der flüchtigeren Gase wurde befördert durch Ver- mischung mit Wasserdampf und darauf folgende Anwendung von kaltem Wasser. Durch die Zuleitung der Luft und die Durchleitung der Dämpfe durch verschiedene Kondensationsgefässe wurden verschiedene Öle entsprechend ihrer Kondensationsfähigkeit gewonnen. Die Koksöfen des Grafen Dundonald fanden zwar hauptsächlich der mit denselben verbundenen Teergewinnung wegen Verbreitung, doch lieferten sie auch einen sehr brauchbaren Schmelzkoks, weswegen sie auch auf vielen Eisenhütten eingeführt wurden; so fand Sveden- stjerna auf dem Eisenwerk Calcutt bei Brosley 20 Dundonaldöfen im Betrieb. Die Versuche, Torf und Torfkohle in der Eisenindustrie zu verwenden, hatten auch in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahr- hunderts nur mässigen Erfolg. Der grosse Aschengehalt des Torfes machte seine Anwendung zu jedem Schmelzprozess nahezu unmöglich. Ebenso war die Asche durch ihre schädlichen Bestandteile da von Nachteil, wo es sich um Prozesse handelte, bei welchen das Brenn- material mit dem Metall in unmittelbare Berührung kam. In Kärnten hatte man wiederholt vergeblich versucht, Eisenerze im Hochofen mit Torf oder Torfkohlen zu schmelzen, so 1772 zu Gmünd nur mit Torf. 1799 machte v. Marcher Versuche in der Heft mit Zusatz von ⅓ Torfkohlen zu Holzkohlen, die angeblich gut ausgefallen waren, aber doch nicht fortgesetzt wurden. Versuche, mit Torf zu frischen, wollten natürlich noch weniger gelingen. Solche Versuche wurden beispielsweise anfangs der 70 er Jahre in Oberschlesien gemacht Geschichte eines Versuches, Torfkohlen beim Eisenhammerwerk zu gebrauchen. — In den ökonomischen Nachrichten der patriotischen Gesellschaft in Schlesien für 1773, Nr. 332. . Graf Preysing machte 1789 ähn- liche Versuche mit verkohltem Torf von Wildenwart auf dem Hammer- werk zu Hohenaschau in Oberbayern. 1793 wurden auf Veranlassung der bayerischen Regierung Schmelz- versuche mit rohem, trockenem Torf in dem Hochofen der Eisenhütte zu Bergen angestellt, worüber Fr. M. Wagner ausführlich berichtet hat Siehe Molls Jahrbücher für Berg- und Hüttenkunde, Bd. IV, 2. Teil, S. 281. . Man begann mit Torf von Einsiedlermoos im Inngebiet und setzte dann 1794 die Versuche mit Torf von Wildenwart fort, die dann auch 1796 und 1798 noch weiter geführt wurden. Das Ergebnis war, Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. dass ein Zusatz von ⅕ zu der Holzkohle den Betrieb nicht beeinträchtigte, dass aber schon beim Zusatz von ¼ Torf üble Folgen eintraten. 1792 hatte man ähnliche Versuche in Oberschlesien auf den Eisenhütten zu Malapane und Kreuzburger Hütte unternommen. Aus diesen ergab sich, dass der Torf die Holzkohle nicht ersetzen konnte, dass guter Torf bis zu ⅓ dem Volumen nach zugesetzt werden durfte, wobei etwa ⅕ an Holzkohle erspart wurde; dass aber die meisten Torf- aschen die Schlacken zähflüssig machten und einen strengen Ofengang herbeiführten, so dass der Zusatz von Torf von Zeit zu Zeit ausgesetzt werden musste. Ausserdem verminderte der Torfzusatz die Produktion. Ein Vorteil wurde also durch den Torfzusatz nicht erzielt. Mit diesen Ergebnissen standen diejenigen, welche Lampadius bei einem Ver- suchsschmelzen auf einer Hütte des Grafen Sternberg mit einem Gemenge von 1 Tl. trockenem Torf und 4 Tln. Holzkohlen erlangt haben wollte, in Widerspruch. Wagner , welcher die Frage der Torfverwendung sehr eingehend geprüft hat, sprach aber diesen Ver- suchen jeden Wert ab. Nach Wagners Erfahrungen konnte bei ⅙ Zusatz von Torf durch 3 Tle. Torf nur 1 Tl. Holzkohle gespart werden und das Roh- eisen hatte einen grösseren Abgang bei seiner Verarbeitung, als ohne Torfzusatz. Beim Frischen erzeugte ein Torfzusatz fast immer Rotbruch. Dagegen wendete man in den Gegenden, wo der Torf billig war, den- selben mit Vorteil zu Glühfeuern an. Guter Torf erwies sich bei richtiger Luftzuführung auch als ein geeignetes Material für Flammen- feuerung, und Versuche auf der Kreuzburger Hütte in Oberschlesien vom Jahre 1797 ergaben, dass Torfkohle in der Esse des Zainschmiedes fast dieselben Dienste leistete, als ein ebenso grosses Volumen von Holzkohlen Siehe Karsten , Handbuch der Eisenhüttenkunde von 1816, Bd. I, S. 420. . Im Hochofenbau und -Betrieb gab sich seit der Mitte des Jahrhunderts ein eifriges Streben nach Verbesserungen kund; am meisten war dies in England und Schweden der Fall. In England war es veranlasst durch den Übergang zum Koksofenbetrieb und die Einführung stärkerer Gebläsemaschinen, in Schweden wurde es herbei- geführt durch ein sachgemässes Zusammenwirken von Regierung, Hüttenbesitzern und Technikern. Der Hochofenbetrieb war nach Schweden aus dem Auslande gekommen; im 16. Jahrhundert hatten deutsche Hüttenleute Hoch- Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. öfen angelegt, im 17., mehr wie hundert Jahre später, kamen Franzosen (Wallonen) in das Land, welche solche nach ihrer Weise bauten. Lange Zeit hielten sich diese Methoden ganz getrennt. Bau und Betrieb wurden nach Überlieferung und Zunftregeln aus- geführt. Die Meister, welche den Hochofenbau besorgten, waren streng geschieden von den Schmelzmeistern, welche den Betrieb leiteten; die ersteren hiessen Stegresare, die letzteren Masmästare. Da diese Trennung auch in Deutschland bestand, so scheint sie von dorther übertragen worden zu sein. Jeder der Meister betrieb seine „Kunst“. Die Masmästare hiessen in Deutschland Massen- oder Maschenbläser von dem Hochofen, der Massenofen (schwed. Massugn) hiess. Zweifellos ist aus der deutschen Bezeichnung das schwedische Wort entstanden. Anders war es mit dem ebenfalls sehr eigentüm- lichen Wort Stegresare. Dieses war schwedischen Ursprungs, aus steges upresande, was „Aufrichten der Leiter“ heisst, gebildet, indem von alters her der Ofenbaumeister sich einer Art Leiter, der Hochofen- leiter (Masugns-stege) bediente, um das Profil des Ofeninnern zu bestimmen und den Ofen danach zu erbauen. Wir fanden dies bereits bei Swedenborg dargestellt (s. S. 139). Diese Ofenbaumeister wurden früher in den einzelnen Bergrevieren von den Bergmeistern und Berg- richtern angestellt. Sie waren aus den Hochofenarbeitern hervor- gegangen, hatten ausser ihrer Erfahrung weiter keine Ausbildung und hingen fest an dem Herkommen. Als man nun gegen Mitte des 17. Jahrhunderts Verbesserungen im Hochofenbau anstrebte, leisteten sie entweder Widerstand oder machten die Sache verkehrt; ganz ähnlich, wie in Deutschland. Die Hüttenbesitzer, meist verständige Grundbesitzer, die zusammenhielten und unter sich eine Gesellschaft — Brucks-Societät — zur Förderung des Eisenhüttenwesens gegründet hatten, sahen ein, dass der alte Schlendrian nicht so fort gehen konnte und beriefen theoretisch und praktisch gebildete Hüttenleute, welchen sie die Förderung des Hüttenwesens, die Aufsicht über Neubauten, Anlagen und Einrichtungen und den Betrieb übertrugen. Dies waren die Oberhochofenmeister . Der erste war der berühmte Sven Rinman , dem am 4. März 1751 dieses Amt übertragen wurde. Der Nutzen dieser Einrichtung zeigte sich alsbald. Da die Arbeit für einen Mann aber zu viel war, so stellte man noch einen zweiten, dritten und zuletzt noch einen vierten Oberhochofenmeister an. Einer von diesen war Garney , der in seinem berühmten Werke über die Hochöfen in Schweden die Ergebnisse der Thätigkeit dieser Beamten und der erzielten Fortschritte im schwedischen Hochofenwesen in der Zeit Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. von 1750 bis 1790 ausführlich geschildert hat. Danach gab es, wie schon erwähnt, um die Mitte des Jahrhunderts zwei Arten von Hoch- öfen, die deutschen und die französischen, die wesentlich voneinander verschieden waren. Beide Arten von Öfen waren nach der neuen Hüttenordnung von 1766 gestattet. Die deutschen Hochöfen waren in der Regel am Abhang eines Hügels erbaut und in denselben eingegraben. Die Eckpfeiler der Abstichseite und die Balgseite wurden aus Balken gezimmert und der Raum innerhalb dieses Zimmerwerks bis zum Ofenfutter mit Steinen und Thonmörtel ausgefüllt. Ebenso wurde der Rauhschacht durch ein Zimmerwerk von Holz mit ähnlicher Füllung, dem sogenannten Erd- gezimmer (Mulltimmer) ersetzt. Innerhalb dieser Wände wurde dann der eigentliche Ofenschacht aus feuerfesten Steinen eingemauert. Die Höhe der Öfen überstieg nie 12 Ellen (6,92 m). Die Rast begann 45 cm unter der halben Ofenhöhe. Die Gestalt war meist achteckig und wurde nach einer von Riegeln und Latten in Form einer Leiter zusammen- geschlagenen Schablone aufgeführt. Die Fundamentierung war oft mangelhaft, aber für Luftcirkulation unter dem Gestell wurde immer gesorgt. Man beförderte diese womöglich durch fliessendes Wasser, weshalb man den Ofen gern über einer Quelle erbaute. Die Zustellung war breiter, kürzer und niedriger unter der Form als bei den Öfen der Wallonen, auch machte man Form, Tümpel und Damm von Guss- eisen. Letzteren hatte man nach und nach durch einen Wallstein, meist aus Kalkstein, mit einem Stichloch und einem Lacht- oder Schlackenloch auf der gegenüberliegenden Seite ersetzt. Der eigent- liche Abstich lag nach der Formseite zu. Die hölzernen Bälge waren nur 6 Ellen (3,46 m) lang. Einen wesentlichen Unterschied im Betriebe machte es, dass die Schlacke nicht frei abfloss, sondern förmlich abgezapft oder abgezogen werden musste. Man arbeitete auf hellgraues bis halbiertes („mässig hartgrelles“) Roheisen, welches für die deutsche Frischschmiede am geeignetsten war. Der wallonische oder französische Hochofen unterschied sich zunächst dadurch, dass er ganz in Stein aufgeführt wurde. Dies erforderte ein stärkeres Fundament. Man stellte den Ofen nicht an den Berg, sondern frei. Schon aus diesem Grunde musste man das Fundament mehr heraus bauen, um für die Abzüchte das nötige Gefäll zu bekommen. Der Schacht war geräumig und kreisförmig. Die Ofenhöhe betrug 14 bis 15 Ellen (8 bis 8,65 m). Der Kohlensack lag auch hier 42 cm unter der mittleren Ofenhöhe. Die Ofenbrust wurde auf eisernen Tragbalken (Trachten) aufgeführt und so geräumig, Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. dass die grösseren Bälge von 8 bis 9 Ellen (4,6 bis 5,2 m) genügenden Platz hatten. Das Gestell war länger, schmäler und tiefer unter der Form und mit steiler aufgezogener Rast als bei den deutschen Öfen. Die Form bestand nur in einem quadratischen Loch von 6 Zoll Seiten- länge in der Gestellwand für die Balgdüsen, welches während des Blasens, so weit es nötig schien, mit Thon zugeschmiert wurde. Tümpel und Damm waren von Stein. In letzterem war kein Abstichloch ange- bracht, sondern dieses wurde in dem freibleibenden Schlitz zwischen Wallstein und Windbacken (blåsväggen), der mit Thon ausgefüllt wurde, ausgespart. Man erblies bei hohem Erzsatz weisses Eisen, wie es für Fig. 186. die Wallonschmiede verlangt wurde. Die Schlacken flos- sen beständig frei ab. Die Verbesserungen, wel- che in dem schwedischen Hochofenbetrieb eingeführt wurden, bestanden nicht in grossen Reformen oder neuen Erfindungen, sondern in der wissenschaftlichen Grundlage, welche dem Hochofenbau und -betrieb, welche bis dahin von der krassesten Empirie geleitet worden waren, gegeben wurde. Es war sogar das eifrige Bestreben der Ober- hochofenmeister, die über- lieferten Einrichtungen mög- lichst zu schonen und zu entwickeln. Die schwedischen Verhältnisse verlangten das. Die Hochofenbesitzer waren teils reiche Adlige, teils arme Bauern. Diese konnten nicht mit demselben Mass gemessen werden. Die deutsche Art des Hochofenbaues war bei dem ausserordentlich niedrigen Holz- wert viel billiger und wurde deshalb von den Bauern vorgezogen. Die Reichen konnten sich eher massive Öfen aus Stein bauen. Allmählich verbanden sich aber benachbarte Bauern, um statt mehrerer kleiner Öfen mit Holzumkleidung einen grösseren steinernen Ofen zu errichten, und so verschwand nach und nach die erstere Art von Hochöfen. Die genauen Vorschriften über die Fundamentierung, den Bau des Rauh- Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. mauerwerks, der Ofenbrust oder Rast, des Schachtes und der Gicht, welche in Garneys Werk mitgeteilt werden, hatten nur für Schweden Fig. 187. Bedeutung. Wir heben deshalb nur einige histo- risch wichtige Einzel- heiten daraus hervor. In Bezug auf die Wahl des Standortes der Hochöfen ging man von dem alten nationalen Grundsatz — denn auch die alten Bauernöfen waren so gebaut ge- wesen —, dem Anbau an einem Bergabhang, ab und stellte die Öfen mög- lichst frei (Fig. 186, a. v. S.). Man führte das Rauhmauerwerk aus Steinen auf. Für einen so schweren Mauerblock, dessen Gewicht sich auf 9000 bis 10000 Schiffs- Fig. 188. pfund (etwa 1600 Tonnen) berechnete, gehörte ein festes, dauerhaftes Funda- ment. Am besten war eine Unterlage von festem Felsen; war diese nicht zu haben, so wählte man einen guten Kiesgrund, wobei man aber erst die Grundfläche ebnen und, wo der Unter- grund nicht sicher genug schien, durch künstliche Mittel nachhelfen musste. Hierfür diente in dem holzreichen Schweden ein starker Holzrost. Der- selbe bestand aus doppelten, kreuzweise gelegten, horizontalen Balken- Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. lagen. Die Balken waren aus fettem, harzreichem Tannenholz, 9 Zoll dick, auf zwei Seiten behauen, welche, damit sie nicht ausweichen konnten, mit starken Holzpflöcken verbunden waren. Fig. 186, 187 und 188 a a zeigen die Anordnung eines solchen Balkenrostes. Der Rost musste so tief liegen, dass er unter dem Niveau des Grundwassers lag. Die Balken mussten so lang sein, dass sie 1½ Ellen über das Fundament hinausragten. Zum Wassergraben stellte man den Hoch- ofen so, dass jener mit dem Wasserrad hinter der Rückwand des Ofens lag. In der Regel lag der Brustpfeiler, welcher das Blase- gewölbe von dem Arbeitsgewölbe trennte, rechts. In Schweden baute man aber nicht selten zwei Hochöfen nebeneinander in ein gemein- schaftliches Rauhgemäuer ein (Fig. 189). Dies geschah namentlich auf den Hütten, wo Kanonen gegossen wurden, die oft so gross waren, dass aus zwei Öfen zugleich abgestochen werden musste. In diesem Fig. 189. Falle war der Brustpfeiler des einen Ofens links, der des anderen rechts, wie auch die Blasegewölbe sich gegenüber lagen. Die beiden Ablassgewölbe waren durch den gemeinschaftlichen Pfeiler M getrennt. Das Material für das Mauerwerk in Schweden war grauer Granit, sogenannter Graustein (Gråsten). Das Fundament des Hochofen- schachtes wurde in dem Fundament des Rauhgemäuers, dem Ofenstock, besonders eingebaut. Das Grundmauerwerk der beiden Gewölbe wurde nur mit gewöhnlichen Füllsteinen aufgeführt. Das Einbauen des Gestelles war nicht Sache des Ofenbaumeisters, sondern des Schmelzmeisters. Dies bleibt deshalb vorläufig ausser Betracht; der Ofenbaumeister hatte nur Platz für dasselbe zu lassen. Was die alten Meister, welche die steinernen Öfen nach wallo- nischer Art gebaut hatten, nicht verstanden hatten, war die richtige Abführung der Feuchtigkeit aus dem nassen Mauerwerk und die Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. Verankerung. Infolgedessen war es sehr gewöhnlich gewesen, dass diese Öfen grosse Risse und Sprünge bekamen, was sehr nachteilig auf den Betrieb einwirkte. Daher lässt es sich erklären, dass sich in Schweden ein Vorurteil gegen die steinernen Öfen ausbildete und man die Öfen mit Erdzimmerung vielfach vorzog. Zu den wichtigsten Ver- besserungen, welche in diesem Zeitraum von den Oberhochofenmeistern eingeführt wurden, gehörte die richtige Ventilation und Verankerung des Rauhmauerwerks, welches ihm die nötige Festigkeit gab, um der Ausdehnung der Hitze von innen während des Betriebes und der Zusammenziehung durch die Abkühlung nach dem Ausblasen Wider- stand leisten zu können. Zu dem doppelten Rauhmauerwerk nahm Fig. 190. man gute, lagerhafte Grausteine, namentlich zu der inneren Mauer. Aber das beste Material und die sorgfältigste Maurerarbeit würde keine Dauerhaftigkeit gewährt haben, wenn man dasselbe nicht durch eiserne Anker befestigt und verbunden hätte. Früher hatte man sich mit einer Verklammerung von Holzbalken von aussen begnügt. Die wenigen eisernen Anker, die man allenfalls angewendet hatte, waren ziemlich willkürlich eingelegt. Jetzt legte man ein ganzes Netzwerk von eisernen Ankern in regelmässigen Lagen ein, wie es Fig. 190 zeigt. Die Anker in den unteren Lagen waren 2½ Zoll breit und ½ Zoll dick; die in den oberen, von der fünften Lage an, 2 Zoll auf ½ Zoll. Wo die Stangen nicht lang genug waren, verband man sie durch Augen ( A A ). Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. An den Aussenwänden befestigte man die Anker mit Schliessen und Scheren (siehe Fig. 186, 188). Die unterste Lage lag im Fundament. Den oberen Teil des äusseren Rauhmauerwerkes führte man zuweilen statt in Bruchsteinen in Erdzimmerung aus, wie aus Fig. 186 ersichtlich ist. Die äussere Zimmerung wurde dabei aber sorgfältiger und mit beschlagenem Holz ausgeführt, während man früher diese Bekleidung sehr roh aus unbeschlagenen Stämmen, deren Enden man übereinander gehen und vorstehen liess, gemacht hatte. Durch das Blasegewölbe und das Arbeitsgewölbe gelangte man zu dem inneren Schmelzofen. Die Decke dieser Zugänge war ent- weder wirklich gewölbt oder sie war auf starken eisernen Trage- balken (Trachten) treppenförmig aufgemauert. Früher hatte man Steinplatten eingemauert, welche auf hölzernen Balken auflagen. Die eisernen Tragebalken auf beiden Seiten im Rauhmauerwerk waren meistens aus Gusseisen, wo aber Gusseisen mangelte, aus Schmiede- eisen. Es war die Aufgabe des Hochofenbaumeisters, die Decke hoch genug zu machen, um den Bälgen und den Arbeitern bequem Zugang zu verschaffen, ohne das Mauerwerk so zu schwächen, dass die Wirkung der Hitze in der Rast, welche zum Teil auf der Decke aufruhte, unangenehm wurde. Diese sorgfältigere Herstellung der Ofenbrüste, wie sie Garney nennt, gehörte zu den neueren Ver- besserungen. Die gewölbte Hochofenbrust hatte Rinman zuerst in Schweden eingeführt. Sie war vordem nur in England angewendet worden. Über den Bau derselben berichtet Garney ausführlich. Von grossem Interesse sind die Betrachtungen über die richtige Gestalt des Ofeninneren. Der Verfasser geht dabei sowohl von theo- retischen als auch von praktischen Erwägungen aus. Nach der Theorie muss die richtigste Form aus den Bedingungen der Verbrennung und der Schmelzung sich ergeben. Die Verbrennung muss, um zur Wirkung zu kommen, in dem eingeengten Raum des Gestelles geschehen. Sie findet aber nicht momentan, sondern allmählich statt. Der auf- steigende Gasstrom vermehrt sich und erfordert einen grösseren Raum, bis zu einem gewissen Maximalpunkt. Von da an nimmt die Erzeu- gung und Spannung der Gase in ihrer fortgesetzten Bewegung nach oben ab. Umgekehrt werden die Erze und Kohlen oben eingestürzt, bedürfen einer gewissen allmählichen Erwärmung, bis sie den Hitze- grad erreicht haben, dass die Schmelzung der Schlacken und die Reduktion beginnt. Dafür ist eine gewisse Auflockerung und Aus- breitung zweckmässig. Wenn der Beginn der Schmelzung mit dem Moment der grössten Ausdehnung des Gasstromes zusammenfällt, so Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. sind die Bedingungen am besten erfüllt. Diese theoretische Betrach- tung giebt schon das eine wichtige Resultat, welches die schwedischen Baumeister auch festhielten, dass, da der Übergang dieser Expansion und Kontraktion der Hochofengase ein allmählicher, kein sprung- weiser ist, auch die Übergänge im Querschnitt des Hochofens, die Erweiterung und Verengerung nicht durch Winkel, sondern durch Kurven ihren Ausdruck finden müssen. Die richtige Kurve in jedem Falle theoretisch zu ermitteln, war schwer, da die wirkenden Faktoren zu wenig bekannt waren. Da trat dann eine praktische Erwägung helfend ein. Man beobachtete die Form ausgeblasener Hochöfen, die in gutem Gange gestanden hatten. Alle Öfen verändern während der fort- gesetzten Schmelzung ihre Gestalt und gehen erst am besten, wenn diese Veränderung einen gewissen Punkt erreicht hat. Diese Form könnte man nur dann finden, wenn man den Ofen in dem Augenblick des besten Ganges ausbliese. Da dies nicht möglich war, so musste man sich damit begnügen, die Formen ausgeblasener Öfen, wie sie vorkamen, zu vergleichen. Diese Untersuchung führte aber doch zu gewissen Ergebnissen, deren wichtigste Garney, wie folgt, angiebt: Der grösste Nutzen der Schmelzung wird erhalten, wenn der Schmelzraum in einem Hochofenschacht soviel Hitze bekommt, als bewirkt werden kann und wenn der Vorbereitungs- oder Röstraum so geräumig wie möglich ist. Man muss also den Schmelzraum zusammenziehen, was durch Verminderung des Inhalts oder Verrückung des Schmelzpunktes nach innen und unten geschehen kann. Die andere Regel ist die, dass, obgleich nicht alle Eisensteine von gleicher Beschaffenheit sind, sie doch darin übereinstimmen, dass sie einen gleich tiefen Schmelzraum erfordern. Was aber sowohl die ver- schiedenen Durchmesser des Schmelzraumes auf ungleichen Höhen, als die Tiefe und verschiedenen Durchmesser des Vorbereitungsraumes anbetrifft, so muss solches nach der Art und dem Verhalten jedes Erzes im Feuer eingerichtet werden. Nach dem Verhalten der schwedischen Erze konstruierte Garney drei Normalprofile , deren Hauptunterschied in der Schachthöhe, welche für leichtschmelzige Erze geringer sein kann als für streng- flüssige, bestand. Zur richtigen Herstellung des Profils dient die Leiterschablone, deren Kernstock in Zapfen läuft (Fig. 191), die genau in der Ver- längerung der Mittellinie des Ofeninneren befestigt werden. Die Sprossen, welche das Längenprofil bilden, stehen nur 15 cm von- Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. einander ab, so dass sie wirklich als Leiter von den Arbeitern benutzt werden konnten. Als Baumaterial für den Hochofenschacht dienten in Schweden feuerfeste Natursteine, Glimmerschiefer, Sand- stein und Schiefer, namentlich ein Talk-Glimmergestein aus Nora- Bergrevier, von dem ein Schacht bei Nors 80 Kampagnen aus- gehalten hatte. In einigen Gegenden, wie in Dannemora und Lindes- Bergrevier, machte man künstliche Schachtsteine aus Schlacken, dieselben waren aber von sehr ungleicher Güte; für die Hütten war dieses Material das billigste. Als Mörtel diente nur feiner, feuerfester Lehm. Die Schachtmauerung begann in den Gewölben über den Schachttrageisen, im übrigen Ofen etwas unterhalb auf dem Fig. 191. Schachtfundament. Bis zur Höhe des Gestelles (Fig. 188 u. 191 c c ) wurden die Wände senkrecht aufgeführt und sprangen etwas zurück. Von da an begann der eigentliche Ofenschacht. — Vom obersten Schachtring, dem Kranz ab gab man dem Kranzboden oder der Gicht nach allen Seiten hin etwas Fall. Wo man Schlackenziegel anwendete, mauerte man den Schacht in zwei gleichförmigen Schichten auf, zwischen denen man eine Sandfüllung von 2 bis 3 Zoll anbrachte. Zwischen Schacht- und Rauhmauerwerk blieb immer eine stärkere Isolierschicht (Fig. 188 T T ) von 6 Zoll, welche mit reinem Sand ausgefüllt wurde. Da die Gichtmündung viel zu leiden hatte, so schützte man sie innen durch eiserne Ringe; obenauf legte man die 12 bis 18 Zoll breiten Beck , Geschichte des Eisens. 46 Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. gusseisernen Kranzplatten. Manchmal erhöhte man auch den Schacht über dem Gichtboden, indem man einen Schachtkranz aufmauerte, was da, wo man mit Körben aufgab, ganz zweckmässig war. — Ausser- dem war der Gichtboden selbst von einer Schutzwand, dem Gicht- oder Hochofenkranz, eingeschlossen, welcher entweder aus Brettern oder aus Mauerwerk hergestellt war. Das Holzwerk wurde, um es vor dem Anbrennen zu schützen, mit roter Erdfarbe und mit Vitriol- lauge bestrichen. Für gemauerte Gichtkränze waren Schlackenziegel sehr geeignet. Der Umbau um die Gicht (s. Fig. 186) war in dem rauhen, nordischen Klima unentbehrlich und geschah mit grösserer Sorgfalt als in den südlicheren Ländern. Das Einbauen und die Zurichtung des Ofengestelles war, wie schon erwähnt, Sache des Hochofen- oder Schmelzmeisters (Masmästare) und die schwedische Hochofenordnung von 1766 erkannte keinen als Meister an, der ausser der Betriebsleitung nicht auch die Zustellung (Ställa) verstand; man nannte dies die Gestellmeisterkunst. Für jede neue Kampagne wurde ein neues Gestell eingebaut, während der Ofen- schacht möglichst viele Reisen aushalten musste. Die Grösse des Gestelles richtete sich hauptsächlich nach der Stärke der Blase- bälge. — Das Gestell zerfiel in das Untergestell, das Obergestell und die Rast. Die Bodenplatte bedurfte eines gewissen Grades der Abkühlung, um nicht wegzuschmelzen. Diese wurde erreicht durch eine entsprechende Luftkühlung unter derselben. Sie wurde befördert durch Cirkulation von kaltem Wasser in den Abzüchten, wobei die gebildeten Dämpfe durch Dunströhren abgeleitet werden mussten. Hatte man kein Wasser am Boden selbst, so leitete man solches aus dem Wassergraben, dem Gefluder, zu. Hatte man viel Grundwasser, so musste man die Abzüchte sehr hoch bauen und für starken Luftzug sorgen. Der mittlere hohle Raum unter dem Bodenstein wurde zunächst mit einer dicken Eisenplatte, der Grundplatte, bedeckt, zwischen der und der Oberfläche des Bodensteins ein Abstand von wenigstens 4 Zoll verbleiben musste. Man legte von dem Hohlraum unter dem Ofen eine Abzucht von 9 bis 12 Zoll Breite und 6 bis 8 Zoll Höhe nach der Ablassseite zu zur Einführung des Wassers und nach der Balgseite eine Abzucht von 12 Zoll im Quadrat zur Abführung des Wassers an. In beide wurden eiserne Dammröhren eingesetzt. Auf die eiserne Grund- platte goss man eine Schicht Mörtel aus Lehm und Sand und darüber weiter 2 Zoll Sand, worauf der Bodenstein gelegt wurde. Man gab auch in Schweden damals noch dem Gestell eine rechtwinklige Gestalt; Versuche, dasselbe nach hinten abzurunden, hatten keinen Erfolg gehabt. Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. Fig. 192 soll die Anordnung des Untergestelles, Herdes oder Eisenkastens zeigen. Nachdem der Bodenstein gelegt war, setzte man zuerst den Hinterknobben (Rückenstück, la rustine). Diesem gab man zuweilen eine kleine Drehung gegen das Gebläse, so dass die der Form gegenüberliegende Ecke etwas mehr als einen rechten Winkel betrug. Man nannte das im Winkel zustellen (ställa i vrå). Alsdann setzte man die Seitensteine (Form- und Windstück), und zwar den Formstein zuerst. Auf die kleinen Abweichungen bei der Zustellung, wie die Winkelstellung, der Abstand der Form vom Hinterknobben, legte man einen ausserordentlichen Wert Siehe Garney , a. a. O., S. 289 u. s. w. . Die Tiefe des Gestelles Fig. 192. unter der Form betrug 14 bis 18 Zoll, doch vergrösserte man dies Mass in Schweden zum Giessen grosser Kanonen, wozu viel Roheisen, folglich ein sehr grosses Gestell nebst grossen und starken Bälgen erforderlich waren, bis zu 24 Zoll. Das Vordergestell war der Raum vom Wallstein bis unter den Tümpel. Der Tümpel war mit der wichtigste Teil der Zustellung. Er hatte auch am meisten durch die Hitze zu leiden. Man machte ihn aus einer Platte von Stein, Schmiede- eisen oder Gusseisen. Das letztere war das Gewöhnliche und machte man ihn alsdann 2 Zoll dick und 7 bis 8 Zoll breit. Ein Stein- tümpel war dann vorzuziehen, wenn das Gusseisen mit Kellen aus- geschöpft wurde, weil dann das Eisen zu rasch verbrannte. Man 46* Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. legte den Tümpel 2 Zoll über die Höhe des Formsteins. Über den Tümpel legte man das Tümpelblech, eine breite Platte, auf welcher die ganze Tümpelbrust aufgemauert wurde. Den Wallstein machte man so hoch, dass er mit der darauf liegenden Platte 2½ Zoll tiefer als die Form lag. Auf manchen Hütten liess man die Schlacke über den Wallstein laufen, in anderen stach man sie durch ein besonderes Schlacken- oder Lachtloch, welches dem Stichloch gegen- über 4 Zoll unter dem Schlackenblech angebracht war, ab. Der Abstand des Walls von der Mittellinie des Ofens durfte nicht über 48 Zoll betragen. Die Form war entweder nur ein Loch in der Gestellwand, in dem die Formöffnung mit Thon hergestellt wurde, oder sie war von Eisen. Das Loch im Stein machte man 3 bis 3½ Zoll breit und 2½ bis 3 Zoll hoch an der Mündung, während es nach dem Balg zu 12 auf 9 Zoll hatte. Die Mündung der eisernen Form war auch rechtwinklig, 3 bis 3½ Zoll auf 2 bis 2½ Zoll. Der beste Gestellstein war ein Sandstein von Rosslagen, doch hielt er höchstens Kampagnen von einem Jahre aus. Gegossene Schlackenziegel wurden zu Dannemora und in Norbergs- und Lindes-Bergrevier auch für die Rast, Hinter- und Seitenmauern des Gestelles gebraucht. Vordem spielte auch bei der Ofenzustellung der Aberglauben eine grosse Rolle, namentlich richteten sich die alten Meister in Schweden nach dem zu- und abnehmenden Mond, indem sie glaubten, dass keine Schmelzung glücklich ablaufen könne, wozu nicht das Gestell bei zunehmendem Mondlicht eingesetzt war. Garney giebt genaue Masse für 14 verschiedene Zustellungen für mehr oder weniger leicht- und schwerschmelzige Erze, sowie für den Guss von Kanonen von 8- bis 24-Pfündern an. In dem, was Garney über den Betrieb der Hochöfen sagt, sind neue Gesichtspunkte nicht enthalten und haben seine ausführlichen Angaben hauptsächlich nur für schwedische Erze und Verhältnisse Interesse. Bemerkenswert sind seine Beschreibungen der besonderen Arbeiten beim Hochofen, dem Dämpfen, bei Versetzungen, wenn der Abstich zugeht, das Gestell sich ausbläst, Bühnen sich ansetzen, die Gichten hängen und stürzen, das Eisen vor der Form kocht u. s. w. Man bediente sich damals noch allgemein der hölzernen Blase- bälge, nur bei dem Hochofen von Nyhytte in Norbergs-Bergrevier war in den 80 er Jahren ein englisches Cylindergebläse aufgestellt worden, welches sich sehr gut bewährte. Die Fabrikation der Schlackensteine war damals ein ganz einträgliches Nebengeschäft bei den schwedischen Hütten. Der Preis Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. für das Hundert betrug 16 Schillinge, welche den Hochofenarbeitern zu gute kamen. Die Schlacken wurden in eiserne Formen gegossen und giebt Garney eine genaue Beschreibung des ganzen Verfahrens. In Deutschland wendete man ebenfalls dem Hochofenbau in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts grössere Aufmerksamkeit zu und bildeten sich auch hier gewisse Regeln aus. In einigen Punkten wich die deutsche Bauart von der schwedischen ab. Die Abzüge für die Feuchtigkeit im Fundament, welche zugleich zur Kühlung des Bodensteins dienten, fehlten nie und meist legte man sie in Kreuz- form in der Weise an, dass zwei Kanäle in den Diagonalen des Grund- mauerwerks ausgespart wurden, welche sich unter dem Ofenmittel kreuzten, man nannte sie deshalb die Kreuzabzüge oder auch Andreas- Fig. 193. kreuz. Sie wurden ganz mit Stein- oder Eisenplatten bedeckt und mün- deten ausserhalb des Fundamentes im Freien. Bei trockenem Terrain konnte man sie ausserhalb des Ofenmauerwerks unter die Hüttensohle und hier in die Höhe führen, wo man sie leicht be- deckte. Das äussere Ofenmauerwerk baute man entweder so auf, dass man den unteren Teil bis zur Höhe des Kohlen- sacks senkrecht aufführte, so dass es die Gestalt eines Würfels bekam, auf dem man dann den oberen Teil in Gestalt einer abgestutzten, vierseitigen Pyramide verjüngt zulaufen liess, oder man führte den Ofen in mehreren Absätzen in Gestalt aufeinandergesetzter vierseitiger Prismen auf, wie bei dem Harzer Hochofen (Fig. 193). An den Absätzen pflegte man öfters von aussen Schlingen von Holz oder von Eisen um den Ofen zu legen. Man verstärkte das Mauerwerk ferner durch eiserne Anker, die man parallel den Aussenwänden in das Mauerwerk legte. Die Blas- und Arbeitsöffnungen waren meist gewölbt und hiessen deshalb auch Blas- und Arbeitsgewölbe. Eine wichtige Eigentümlich- keit der deutschen Bauart bestand darin, dass man mindestens von der Höhe der Gewölbe an in den vier Ecken des Rauhmauerwerks Luftzüge anlegte, welche man untereinander durch schwach auf- steigende Röhren verband (Fig. 194, a. f. S.) und denen man von Zeit Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. zu Zeit einen Ausgang in das Freie gab. Dieses System von Luftkanälen diente zur Austrocknung des Rauhmauerwerks. Die Verankerung begann erst in der halben Höhe der Gewölbe. Über diese legte man die Anker so, dass einer rechts und einer links an den Luft- schächten vorbeiging, so dass acht Anker in einer Ebene lagen. Sie wurden ausserhalb des Mauerwerks „versplettet“ oder mit Riegeln Fig. 194. versehen. Dazu nahm man oft lange Stäbe, welche die oberen und die unteren Anker zugleich verspletteten. Wo sie übereinander lagen, gab man ihnen einen Falz. Man mauerte sie nicht fest ein, sondern liess ihnen etwas Spielraum, damit sie sich frei ausdehnen konnten und das Mauer- werk nicht auseinander trieben. Den Rauhschacht machte man etwa 0,75 m dick. Oben liess man zwi- schen Rauhgemäuer und Rauh- schacht einen freien Raum von einem Fuss, in welchen die auf- steigenden und die horizontalen Zug- röhren von Back- steinen eingebaut wurden; der Zwi- schenraum wurde mit Sand, Pferde- mist und Schlacken, der sogen. Füllung, ausgefüllt. Diese Füllung verbreiterte sich nach oben, weil das Rauhmauerwerk inwendig senkrecht aufstieg, der Rauhschacht aber enger wurde. In den Gewölben ruhte der Rauhschacht auf starken Trachteisen. Das Ofeninnere legte man durch Ziehen von Schnüren fest, nicht, wie in Schweden, durch eine Schablone. Da das Mauerwerk des Kern- schachtes nach oben zu schwächer wurde, so bildete sich auch hier wieder zwischen Kern- und Rauhschacht ein Hohlraum, der eben- falls mit Steinen und Lehm ausgefüllt wurde. Der Kernschacht Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. ruhte in den Gewölben auf Trachteisen, sonst auf dem senkrecht aufgeführten Kernschachtfutter. Machte man den Schacht rund, so brach man erst die Ecken und mauerte auf eingelegten eisernen Stäben die erste Schicht als ein Achteck auf, die zweite Schicht als ein Sechzehneck, bis man in der fünften Schicht etwa die runde Form erreicht hatte. Die untere Rundung war oval und ging erst gegen die Gicht zu in die Kreisform über. Auch der Raum zwischen Kreuzkanal und Bodenstein wurde mit grösserer Sorgfalt, namentlich in Bezug auf die Abführung der Feuchtigkeit, ausgefüllt als in Schweden. Man brachte erst an dem unteren Teil des Kernschachtfutters ringsum Röhren von Backsteinen an, welche mit Öffnungen versehen waren, um die Feuchtigkeit aufzunehmen, die sie zu einer senkrechten Röhre, meist von Blech, leiteten, durch welche sie nach aussen abge- führt wurde. Zwischen diese Röhren wurde dann eine doppelte Back- steinplättung gelegt, auf welche eine eiserne Platte folgte. Dieses nannte man den unteren verlorenen Boden. Hierauf folgte eine zweite doppelte Plättung, wobei man zwischen den Backsteinen offene Fugen liess, zur Abführung der Dämpfe, und bedeckte diese wieder mit einer schliessenden eisernen Platte. Dies war der obere verlorene Boden. Auf diesen wurde 1 Fuss Lehm aufgestampft und dann der Bodenstein gelegt. In dem Eisenmagazin von Tölle und Gärtner findet sich ein ausführlicher, wichtiger Aufsatz „von der ganz alten Art bis zu der jetzt gewöhnlichen Schmelzfeuer zum Eisensteinschmelzen, der Hoch- öfen“, in welchen die Entwickelung des Hochofenbaues, namentlich am Harz , geschildert wird. Daraus erfahren wir, dass die alten Harzer Öfen an dem Fehler zu enger Gestelle gelitten hatten. Die alten Öfen hatten Gestelle, welche nur 5 Kubikfuss Raum umschlossen, so dass nur etwa 3 Kubikfuss Kohle der unmittelbaren Einwirkung des Gebläses ausgesetzt waren. Das Gestell ging sehr unvermittelt in den Schacht über, indem die Rast sehr niedrig und flach war, während der Schacht im Verhältnis zum Schmelzraum zu geräumig war. Da- durch mussten sich auch die Gase rasch abkühlen und so kam es, dass sich leichte Ansätze oder Bühnen über dem Gestell bildeten oder sich gar die ganze Beschickung festhing. Hans Sien hatte schon im 16. Jahrhundert die Öfen dadurch zu verbessern gesucht, dass er sie beträchtlich erhöhte, von 16 auf 24 Fuss (6,84 m); da er aber das enge Gestell beibehielt, war nicht viel damit erreicht. Im Jahre 1706 baute man in Tanne einen Ofen nach abgeänderten Massen, der lange als Muster galt. Man machte das Ofenfutter stärker, indem man ihm Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. 7 Fuss (2 m) Seitenlänge gab. Der Ofen war 25 Fuss (6,20 m) hoch, die Gicht 2 Fuss 9 Zoll (0,855 m) weit, dem entsprechend erweiterte man auch das Gestell etwas. Diese Art der Zustellung blieb mit geringen Abweichungen längere Zeit massgebend. In dem Aufsatz sind die genauen Masse für einen solchen Ofen mitgeteilt Siehe Tölle und Gärtner , Eisenhüttenmagazin, S. 94. — Wir nehmen bei unserer Umrechnung in Meter den Fuss nach braunschweigischem Mass zu 0,285 m an. , woraus wir folgende Hauptmasse entnehmen: Höhe vom Bodenstein bis zur Gicht 21 Fuss — Zoll (5,987 m) Höhe des Gestelles 3 „ 4 „ (0,95 m) Weite des Gestelles oben 1 „ 6 „ (0,428 m) „ „ „ unten 1 „ 1 „ (0,31 m) Länge „ „ 4 „ 6 „ (1,283 m) Die Rast hatte „8 Zoll Fall“, d. h. sie war nur 8 Zoll hoch und ging in dieser geringen Höhe in den Schacht über. Die Form lag 1 Fuss über dem Bodenstein, war 2¼ Zoll breit und 2 Zoll hoch und hatte 2 Zoll Steigen. Fig. 195 a u. b stellen die senkrechten Schnitte durch ein Harzgestell mit der charakteristischen flachen Rast dar. Fig. 195. Bald danach erfreuten sich die „ Schwabenöfen “ eines beson- deren Rufes. Deshalb schickte die Fürstlich Walkenriedsche Hütten- administration im Jahre 1725 einen gewissen Michel Teichmann nach dem Württembergischen, um Erkundigungen über deren Betrieb einzuziehen. Teichmann und namentlich aber einige im Jahre 1729 aus Schwaben berufene Hüttenverständige führten verschiedene Ver- besserungen am Harz ein. „Die Hochöfen erbauten sie auf einem festen und sicheren Grund, richteten auf diesem doppelte Abzüchte vor, führten hierauf ein überaus grosses und starkes Rauhgemäuer beinahe ins Gevierte und lotrecht in die Höhe, welches sie vielfältig mit mächtigen Ankern und Bolzen so versahen, dass man hätte glauben Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. können, ein solches Werk würde selbst der Zeit trotzen können; aber sie gaben dem Rauhgemäuer zu wenig Röhren, sie sprangen und von diesen Öfen ist seit 60 Jahren der einzige Rübeländer hohe Ofen ein Muster der schwäbischen Bauart geblieben.“ Die Masse dieser Öfen waren: Höhe vom Boden bis zur Gicht 25 Fuss — Zoll (7,125 m) Höhe des Gestelles 5 „ 4 „ (1,521 m) Weite des Gestelles oben 1 „ 9 „ (0,501 m) „ „ „ unten 1 „ 5 „ (0,405 m) Länge des Gestelles 5 „ — „ (1,425 m) Die Rast hatte auch hier nur 8 Zoll (0,192 m) Fall oder Höhe. Die schwäbische Zustellung war dadurch charakteristisch, dass man das Gestell aus vielen, aber kleineren Steinen wie sonst zusammen- fügte: so bestand der Hinterknobben, der sonst aus einem Stein her- gestellt wurde, aus fünf Steinen. Ferner war der Wallstein niedriger, um bei dem Betriebe die Schlacke fortwährend ablaufen zu lassen. Von den Schwabengestellen unterschied man die Harzgestelle Tiemann , Eisenhüttenkunde, §. 226. , welche etwas andere Grössenverhältnisse aufwiesen. Sie hatten zwei Bodensteine, einen stärkeren Tümpel, der aus zwei Steinen gebildet war; die Form hatte eine halbrunde Öffnung, der Wallstein war etwas höher. Gärtner giebt folgende Masse für ein Schwabengestell und ein Harzgestell, welche gleiche Schachte haben: Schwabengestell Harzgestell Höhe des Gestelles 5 Fuss — Zoll (1,425 m) 4 Fuss 3 Zoll (1,212 m) Weite des Gestelles oben 1 „ 10 „ (0,525 m) 1 „ 10 „ (0,525 m) „ „ „ unten 1 „ 4 „ (0,381 m) 1 „ 3 „ (0,357 m) Länge des Gestelles 4 „ 10 „ (1,380 m) 4 „ 10 „ (1,380 m) Rasthöhe — „ 9 „ (0,216 m) — „ 8 „ (0,192 m) Die Abweichungen sind demnach keine grosse. Sie sind geringer als die der Zustellungen, welche Tiemann für verschiedene Erzarten angegeben hat Die Weite im Kohlensack ist weder in diesen noch in den vorigen Angaben mitgeteilt. . Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. A für kieselhaltige Beschickung, B für thonhaltige Beschickung, C für kalkhaltige Beschickung, D für magnetischen Eisenstein (in Schweden?), E für strengflüssige Beschickungen überhaupt, F für leichtflüssige Beschickungen überhaupt. Alle Schächte waren rund, ausser für B, indem man bei thonhaltiger Beschickung noch an der viereckigen Zustellung festhielt. Die Ofenhöhe war bei allen 26 bis 30 Fuss. Man hielt trotz aller Theorie noch fest an dem Hergebrachten und wich nur wenig von den überlieferten Normen ab. Der Tümpel lag in der Regel 16 Zoll (0,381 m) über dem Bodenstein. Die Form war von Kupfer. Auf dem Wallstein ruhte das Ende eines etwa 5½ Fuss (1,567 m) langen gegossenen Eisens, welches auf der Hüttensohle befestigt wurde, so dass es geneigt lag. Es diente für den Schlackenabfluss und hiess die Jungfrau . Neben der Jungfrau lag in gleicher Neigung das Schlackenblech , worüber die Schlacke aus dem Gestelle abfloss oder von den Arbeitern her- untergezogen wurde. Die Jungfrau war nur bei den Schwabenöfen gebräuchlich, bei den übrigen Hochöfen hatte man nur das Schlacken- blech. Die Neigung der Form wurde nach Graden durch die Form- wage bestimmt. Besonders charakteristisch für die Ofenzustellung am Harz war die sehr flache Rast. Mit welch eigentümlichen Gründen man die hergebrachte flache Rast verteidigte, lesen wir bei Tiemann (§. 230). Nach ihm soll die Rast bloss zur Unterstützung der Be- schickungssäule dienen, die Gichten sollten sich darauf ausbreiten und die mussig gewordene Masse von hier aus nun dem strengsten Feuergrade langsam näher treten. — „Es kommt sehr auf die Lage der Rast an, die man ihr giebt, ob man sie viel oder wenig steigen lässt, d. h. ob man sie hoch, niedrig oder horizontal macht. Zuviel Steigen der Rast ist ihr mehr schädlich als nützlich, indem dadurch erstlich die Gattierungsmasse zu schnell und mithin zu roh in das Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. Gestell kommen würde, und zweitens, indem dadurch das vorhandene Verhältnis der Form und Gestellshöhe, worauf viel ankommt, auf- gehoben wird. Eine niedrige Rast wird viel andauernder als eine hohe sein, indem die auf ihr liegenden Kohlen bald mit einer Schlacken- haut überzogen werden und diese alsdann gegen das zu frühe Weg- schmelzen derselben schützt. Bei einer horizontalen Rast würde vorzüglich der Vorteil sein, dass die Gestellhöhe immer dieselbe blei- ben und also das vorhin erwähnte Verhältnis nie aufgehoben würde.“ Tiemann hält also danach eine ganz horizontale Rast für am besten. Tiemann war selbst ein Harzer und ganz in den Harzer Vorurteilen befangen. Es ist von selbst einleuchtend, wie fehlerhaft und schäd- lich ein so plötzlicher Übergang aus dem engen Gestell in den weiten Schacht und die dadurch bedingte rasche Abkühlung der Feuergase sein muss. Nur wenige aber wagten es, sich von dem überlieferten Vorurteil frei zu machen. Ein solcher war gegen Ende des Jahrhunderts der sächsische Kabinetsminister Graf Detlev von Einsiedel , der auf seinem berühmten Hüttenwerke Lauchhammer bei Mückenberg die wichtigsten Neuerungen und Verbesserungen vornahm. Im Jahre 1791 liess er einen neuen Hochofen nach ganz neuen Massverhältnissen erbauen, dessen Inneres er statt aus Steinen aus Masse aufführte. Massen- gestelle hatte man bis dahin in Deutschland noch nicht angewendet. Der Hüttenverwalter Lohrisch hatte es 1790 zuerst unternommen, ein Gestell aus Masse auszuführen, wobei er sich eines ganz eigentüm- lichen Verfahrens bediente. Er stampfte nämlich die Masse nicht zwischen Holzschablonen ein, sondern in eiserne Kasten, die er dann wie Steine benutzte und daraus das Gestell aufbaute. Die Blechkasten liess er darin. Der gute Erfolg, den man mit diesem Gestelle erzielte, veranlasste den Grafen, auch Rast und Schacht des neuen Ofens aus Masse herstellen zu lassen; nur der oberste Teil des Schachtes wurde aus Steinen gemauert. Gestell und Rast machte man rund. Der Ofen selbst, der in Fig. 196 (a. f. S.) in der Ansicht und Fig. 197 (a. f. S.) im senkrechten Durchschnitt dargestellt ist, erhielt folgende Dimen- sionen: Ganze Höhe des Ofens 32 Fuss (9,06 m), Schachthöhe 22 Fuss 10 Zoll (6,21 m), Durchmesser der Gicht 4 Fuss (1,132 m), der Rast 8 Fuss 4 Zoll (2,357 m), Rastneigung 50 Grad, senkrechte Höhe der Rast 4 Fuss 4 Zoll (1,225 m), Höhe des Gestelles 4 Fuss (1,132 m), Durch- messer des Gestelles 1 Fuss 4 Zoll (0,377 m) vor der Form. Das Rauh- gemäuer bestand aus einem starken Sockel, auf den der Rauhschacht, mit eisernen Reifen und Stäben gebunden, kegelförmig aufgesetzt war. Der Gichtmantel war als Esse in die Höhe geführt. Diese Konstruktion Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. stellt einen grossen Fortschritt dar und entspricht bereits ganz der Ofenzustellung des 19. Jahrhunderts. In Sibirien , wo bei den vortrefflichsten Erzen noch ein unbe- grenzter Holzreichtum zur Verfügung stand, hatte man die Holzkohlen- öfen von Anfang an geräumig gebaut und sie im Laufe des Jahr- hunderts immer mehr vergrössert. So entstanden in Russland die grössten Holzkohlenöfen des Kontinents, auf deren nähere Beschreibung Fig. 196. Fig. 197. wir später noch zurückkommen werden. Auch die sibirischen Öfen hatten eine ziemlich flache Rast, doch wurde die Steilheit der Rastwände dadurch grösser, dass die Gestelle vom Boden bis zur Rast sich erweiterten. Steile Rasten wurden bei den Hochöfen mit offener Brust zuerst in England bei den Kokshochöfen gebräuchlich. Dagegen hatte man bei den Flossöfen in Steiermark und Kärnten meist gar keine getrennte Rasten, oder, wie bei den Öfen zu Turrach und zu Treybach, sehr steile. Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. Wie verschieden die Produktion der Hochöfen war, zeigt folgende Zusammenstellung des wöchentlichen Ausbringens Becher, a. a. O., S. 575. : Johann-Georgenstadt, Sachsen 103 Ctr. Heinrichsgrün, Böhmen 125 bis 130 „ Königshütte, Harz 185 „ Königsbronn, Württemberg 305 „ Söderfors in Roslagen 348 bis 360 „ Torgelow, Pommern 405 „ Siegen 462 bis 484 „ Russland, Sibirien 666 „ Die späteren grossen Öfen in Russland von 35 bis 42 Fuss Höhe schmolzen sogar 1200, 1300 bis 1700 Ctr. die Woche. Wie vorteilhaft sich der Betrieb der grossen sibirischen Öfen hinsichtlich des Kohlenverbrauchs stellte, geht aus folgender Zusammen- stellung Hermanns hervor: Nischnetagilsk 1 1/15 Kohle auf 1 Eisen Polowskoi 1 5/96 „ „ „ Kaslinsk 1 12/25 „ „ „ Newiansk 1⅔ „ „ „ Siegen 1⅗ „ „ „ Steiermark (Eisenerz u. Vordernberg) 2 4/7 bis 2¾ „ „ „ Turrach 4 1/12 „ „ „ Tschuber 4⅙ „ „ „ Kammenegoriza (Krain) 4 1/13 „ „ „ Alivard 2 44/100 „ „ „ Articol 2 88/100 „ „ „ In Frankreich bediente man sich noch um 1775 ziemlich allgemein der niedrigen Öfen von 17 bis 18 Fuss Höhe, welche sogar theoretisch von Bouchu als die besten für die Erze von Burgund und der Champagne verteidigt worden waren. Grignon suchte eine Reform herbeizuführen, indem er Öfen von 24 Fuss (7,80 m) Höhe mit elliptischem Querschnitt, bei welchem Gicht und Rast ineinander übergingen, vorschlug Siehe Grignon, Mémoires de Physique, p. 95. . Er eiferte besonders gegen das in Frank- reich allgemein übliche Einziehen der Formseite bis in die Mittel- linie des Ofens, indem er mit Recht darauf hinwies, dass nicht die Form, sondern der Focus der Verbrennung in der Mitte des Gestelles liegen müsse, was viel richtiger erreicht würde, wenn die Mittellinie Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. des Gestelles mit der Mittellinie des Schachtes zusammenfiele. Auch das starke Wegschmelzen der Windseite, welches man bei den aus- geblasenen Hochöfen beobachten könnte, bewiesen dies. Mehr als Grignons theoretische Erörterungen wirkte aber das Beispiel der Engländer. Man fing an, deren Fortschritte zu beachten. Es entstand sogar ein grosses, ganz nach englischem Muster ein- gerichtetes Werk bei Creuzot, welches Ende der 70 er Jahre unter der Leitung eines Engländers Wilkinson erbaut wurde. In England hatte man die Holzkohlenöfen, nach Einführung der stärkeren Gebläse, vergrössert, in der Hoffnung, dadurch mit den Koksöfen konkurrieren zu können. Im allgemeinen überschritt man aber bei den Holzkohlenhochöfen eine Höhe von 30 Fuss (9 m) nicht. Das grösste Interesse bietet aber die Entwickelung der englischen Kokshochöfen dar, deren Zahl in der zweiten Hälfte des 18. Jahr- hunderts rasch zunahm. Coalbrookdale war die klassische Heimat des Kokshochofenbetriebes. Von da aus verbreitete sich derselbe von der Mitte des Jahrhunderts an mit zunehmender Geschwindigkeit. Um das Jahr 1740 war Englands Roheisenproduktion auf den tiefsten Punkt gesunken. Von ungefähr 300 Hochöfen waren nur 59 in Betrieb, die 17350 Tons produzierten. 1750 betrug die Produktion auch nicht mehr als 22000 Tons und scheint Coalbrookdale immer noch die einzige Kokshochofenhütte gewesen zu sein Man darf nicht vergessen, dass die Produktion eines Kokshochofens zu jener Zeit kaum grösser war als die eines Holzkohlenhochofens. . 1760 wurde die Eisen- hütte zu Carron mit Koksbetrieb errichtet; die Produktion Englands betrug damals 27000 Tons, 1770 32000 Tons und 1780 40000 Tons, dagegen betrug die Einfuhr von Schweden und Russland 1781 50000 Tons. Von da an stieg die Eisenproduktion Englands gewaltig, besonders seit Einführung des Flammofenfrischens im Jahre 1785. 1788 betrug die englische Produktion schon 68300 Tons. In diesem Jahre gab es in England nur noch 24, in Schottland nur noch 2 Holzkohlenöfen, dagegen in England 53 und in Schottland 6 Koks- hochöfen. Die Holzkohlenöfen produzierten 14500 Tons, die Koksöfen 53800 Tons. 1790 betrug die Produktion von Grossbritannien bereits 80000 Tons und 1796 125079 Tons. Um diese Zeit waren die Holzkohlenhochöfen schon fast ausgestorben. Am Schluss des Jahr- hunderts, im Jahre 1800, bezifferte sich die Produktion auf 156000 Tons, sie war also in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts um mehr als das Siebenfache gestiegen. Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. Man baute die Kokshochöfen ursprünglich nicht höher wie auch die Holzkohlenöfen. Die Öfen zu Carron waren nach Jars’ Bericht 1765 nur 30 Fuss hoch und 8 Fuss weit. Man hatte aber bald herausgefunden, dass die Kokshochöfen um so besser gingen, je stärkere Gebläse man anwendete. Die Holzbälge, welche noch all- gemein im Gebrauch waren, nahmen riesige Dimensionen an und gaben doch nur ungenügenden Wind. 1768 baute Smeaton im Auftrage von Dr. Roebuck ein neues, sehr gutes Gebläse, welches durch ein Wasserrad getrieben wurde. Vielleicht war dieses das erste Cylindergebläse. Um diese Zeit wendete man auch bereits Feuermaschinen auf den Eisenhütten an, aber sie bewegten die Bälge nicht direkt, sondern sie pumpten nur Wasser auf ein Wasserrad, welches durch die Kammen an seiner Welle die Bälge nieder- drückte. Obgleich gewöhnlich das Jahr 1775 als das Jahr der Er- findung des englischen Cylindergebläses angegeben wird, so sprechen viele Gründe für eine frühere Verwendung desselben, und dass es zuerst in Carron mit Erfolg benutzt wurde, beweist auch der Umstand, dass man den Hochofenbetrieb mit Cylindergebläsen als Carronsche Schmelzmethode bezeichnete. Seine Erfindung fiele danach in die- selbe Zeit wie die der Dampfmaschine von Watt . Die englischen Hüttenwerke nahmen nach deren Einführung bald gewaltige Dimen- sionen an. 1784 waren (nach Smiles ) um Coalbrookdale 8 Hochöfen, 16 Feuermaschinen, d. h. Dampfmaschinen, 9 Hämmer, ohne die Flamm- öfen, Walzwerke und die Giesserei. Nach einer anderen Angabe (in Köhlers Bergmännischem Journal) hatte Herr Reynolds zu Coal- brookdale 5 Hochöfen, davon machte einer zu Ketley 120 Tons wöchentlich; ferner 24 Feuermaschinen, die die Bälge und Hämmer in Bewegung setzten und wöchentlich 720 Tons Steinkohlen brauchten. Zum Schmieden von 5400 Centner wöchentlich wurden 1200 Tons gebraucht und für die Giesserei 460 Tons. Die Hütte zu Carron umfasste um 1792 Siehe Sir John Sinclair, Statistical account of Scotland 1792. 5 Hochöfen, 16 Flamm- öfen, eine Thonmühle, welche nur für den eigenen Gebrauch arbeitete, eine Pumpmaschine, die bei jedem Hub 4½ Tons Wasser hob und durchschnittlich 7 Hübe in der Minute machte. Diese Maschine ging in Zeiten der Trockenheit und verbrauchte 16 Tons Steinkohlen in 24 Stunden. Ausserdem wurden auf dem Werke und von den Arbeitern täglich 120 Tons Kohlen verbrannt. Ausser den Flammöfen hatte Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. man drei Kupolöfen mit künstlicher Windzuführung. Die Maschinen- werkstätten waren sehr ausgedehnt. In dem Zeitraum 1770 bis 1792 entstanden zwei weitere grosse Hochofenwerke in Schottland Siehe St. John v. Day, The iron and steel industries of Scotland, p. 34. . Von diesen war die Devon-Hütte (the Devon ironworks) besonders bemerkenswert durch ihre eigentüm- liche Anlage. Der Hochofen war dort in den Felsen eingebaut. Das natürliche Gestein bildete das Rauhgemäuer und das Gestell war durch in den Felsen gehauene Gewölbe zugänglich. Es standen zwei Hochöfen nebeneinander, welche 40 Fuss (12 m) hoch waren und 14 Fuss (4,20 m) Durchmesser hatten. Auch das Dach der Giesshalle, welche 70 Fuss (21 m) lang und 50 Fuss (16 m) breit war, hatte seine Auflagerung auf den Wänden des Steinbruchs. Ebenso war das Maschinenhaus gebaut, und die Maschine, welche die beiden Öfen mit Wind versehen sollte, drückte mittels eines grossen Cylinders mit jedem Hub die Luft in ein langes, in den Felsen eingehauenes Gewölbe, das als Regulator diente. Diese grosse Windkammer fasste über 10000 Kubik- fuss Wind, war sorgfältig luftdicht verschlossen und hatte nur zwei Öffnungen, eine für den Eintritt, die andere für den Austritt des Windes Sir John Sinclair, a. a. O., und John Roebuck, Transact. of the R. Soc. of Edinburgh, Vol. 5, Pt. Nr. 2, und Gilberts Annalen der Physik, Bd. IX, S. 45. . Das Werk war in Betrieb bis in die Mitte der 50 er Jahre in diesem Jahrhundert und machte sehr gutes Eisen. Das Eisenwerk von Crammond war ursprünglich eine Cement- stahlfabrik, welche ihr Eisen hauptsächlich von Russland und Schweden bezog, und zwar über 1000 Tonnen jährlich. Der grosse Preis- aufschlag des russischen Eisens in den 80 er Jahren veranlasste die Besitzer, Hochöfen am Clyde, nahe bei Glasgow, zu erbauen, in der Hoffnung, ein passendes Eisen für ihre Fabrikation selbst her- stellen zu können. In der Zeit von 1788 bis 1796 wurden weitere Hochöfen in Schottland erbaut zu Glenbuck, Muirkirk, Wilsontown oder Cleugh, Calder, Clyde und Omoa in Lanarkshire, so dass 1796 bereits 17 Kokshochöfen in Schottland in Betrieb standen, welche 18000 Tonnen Eisen im Jahre machten. Die berühmte Clyde-Hütte (Clyde Ironworks) wurde 1786 begonnen; 1792 waren zwei Hochöfen daselbst im Betrieb, 1798/99 erbaute man den dritten; alles Eisen wurde damals zu Kanonen und Munition vergossen. Welchen Aufschwung die Eisenwerke in Südwales seit Ein- führung des Puddelprozesses nach 1785 nahmen, haben wir schon Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. erwähnt. Ein gewisser Bacon hatte dort 1765 zuerst bei Merthyr Tydwil eine Eisenhütte erbaut und gute Geschäfte gemacht. Als er 1782 sich zurückzog, teilte er seinen Gruben- und Hüttenbesitz in vier Distrikte, die er einzeln verpachtete, Dowlais, Pennydarran, Cyfartha und Plymouth Works, nördlich, östlich, westlich und südlich von Merthyr Tydwil. Die Werke nahmen alsbald einen grossartigen Aufschwung, namentlich Cyfartha, welches in die Hände des rührigen, geschäftsgewandten Richard Crawshay kam. Man schmolz in Süd- wales mit roher Steinkohle, welche den Charakter einer Anthracit- kohle hatte, sich nicht verkohlen liess, im Hochofen aber nicht backte. Da man aber noch kein anderes Mittel kannte, das Roheisen in Schmiede- eisen umzuwandeln, als mit der teuren Holzkohle, so waren Produktion und Bedarf klein und betrug die Wochenerzeugung von Schmiedeeisen von recht geringer Güte bis in das Jahr 1787 nur 10 Tonnen. Nach Einführung von Corts Puddelprozess erhöhte sich die Produktion der Eisenwerke von Südwales rasch und sie erfuhr eine noch grössere Steigerung durch den Bau des Kanals, welchen Crawshay mit Homfray von Pennydarran nach dem nächsten Seehafen führten und der 1795 eröffnet wurde. 1706 waren nach der officiellen Statistik 24 Kokshochöfen in Südwales im Betrieb, und das Eisenwerk zu Cyfartha hatte bei weitem die grösste Produktion in ganz Gross- britannien. Die Anwendung der Dampfmaschine als Motor für Hochofen- gebläse ist das Verdienst von John Wilkinson , der dies zuerst auf der Hütte von Bersham ausführte. Die Eisenindustrie von Staffordshire war vor der Einführung des Koksbetriebes höchst unbedeutend gewesen. Jars beschreibt die Steinkohlengruben von Staffordshire, erwähnt aber keine Silbe von einer Eisenhütte. Nach einer Schilderung aus dem Jahre 1780 war die ganze Gegend um Wednesbury herum damals noch eine mit Wald und Haide bedeckte Öde. Nach der Statistik von 1796 waren in diesem Jahre bereits 14 Kokshochöfen in Staffordshire im Betrieb. Auch in England hielt man lange Zeit an der alten Überlieferung fest, dass jeder Hochofen mit nur einer Form blies. Es scheint aber, dass man Ende der 80 er Jahre anfing, Öfen mit mehreren Formen zu erbauen. Es fehlen hierüber, wie über so manches andere aus jener wichtigen Zeit, nähere Angaben; es lässt sich dies aber aus einem Aufsatz in Tölle und Gärtners Eisenmagazin von 1791 schliessen. Sicher ist, dass man Ausgangs des Jahrhunderts mehrformige Öfen in Beck , Geschichte des Eisens. 47 Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. England hatte. Svedenstjerna sah 1802 auf dem Eisenwerk Leven in Schottland einen Hochofen mit drei Formen; zwei davon lagen auf einer Seite und die dritte auf der gegenüber stehenden Seite so, dass ihr Windstrom gerade in die Mitte der beiden ersten Windströme traf. Der Ofen hatte 38 Fuss Höhe und lieferte wöchentlich über 30 Tonnen Roheisen. Die englischen Hochöfen schwankten sehr in ihrer Höhe, nach John Wilkinsons Angabe zwischen 30 und 70 Fuss (9 bis 21 m). Svedenstjerna sah 1802/3 in Südwales bei Neath einen Hochofen von 62 Fuss (18,60 m) Höhe, der aber trotzdem nur 15 bis 16 Tonnen Roheisen in einer Woche produzierte. Bonnard Siehe Journal des Mines, an XIII, p. 245. Moll , Ephemeriden der Berg- und Hüttenkunde 1805, Bd. I, S. 383. macht folgende nähere Angaben über die Hochöfen bei Merthyr Tydwil in Glamorganshire und Coalbrookdale in Shropshire und in Staffordshire. Die Hochöfen waren am Schluss des 18. Jahrhunderts von 40 bis 60 Fuss (12 bis 18 m) Höhe, in Glamor- gan sogar 65 Fuss (19,50 m). Der grösste Durchmesser des Schachtes war gewöhnlich 12 Fuss (3,60 m) bei den Öfen von 45 Fuss (13,50 m) und 14 Fuss (4,20 m) bei jenen von 60 Fuss (18 m) Höhe und befand sich meistens ungefähr im Dritteil der ganzen Höhe bei dem Zusammen- stossen des Schachtes mit der Rast. Das Gestell war bald ein gleichseitiges, bald ein längliches Viereck und hatte bis zum Anfang der Rast 6 bis 7 Fuss (1,80 bis 2,10 m) Höhe. Gestell und Rast machte man zuweilen aus gutem Sandstein, in der Regel wurde aber der ganze innere Ofen aus gebrannten Ziegeln erbaut, wobei er acht bis elf Jahre aushalten konnte. Hinter dem Kernschacht befand sich oft eine zweite Ziegel- wand (Rauhschacht), dazwischen ein freier Raum von etwa 3 Zoll (0,075 m) Breite, der mit einem Gemenge von Kohlenstaub und Thon ausgeschlagen wurde. In Bergländern wie Glamorgan und Shropshire waren oft mehrere Hochöfen aneinander gereiht und an Felswände gelehnt, deren Höhe ungefähr mit der Gicht gleich war. Die Öfen hatten die Gestalt abgestumpfter Pyramiden, wobei die Seiten der Grundfläche mehr als ein Drittel der Höhe betrugen. In Staffordshire standen die Öfen isoliert in der Ebene, waren nicht so dick und hatten einen Überbau oder Schornstein von 6 bis 10 Fuss (1,80 bis 3 m) über der Gicht. Die Gebläse bestanden aus gegossenen eisernen Cylindern von 6 bis 9 Fuss (1,80 bis 2,70 m) Durchmesser und Höhe mit Regulatoren. Höchöfen Ende des 18. Jahrhunderts. Windmesser mit Quecksilber gefüllt zeigten den Druck an. Die Gebläse wurden von Dampfmaschinen oder grossen Wasserrädern bewegt. Ein Cylindergebläse von 42 Zoll (1,05 m) Durchmesser und 13 bis 14 Hub in der Minute, das zwei Hochöfen und drei Frischfeuer versah, kostete 2500 £, nämlich 1500 £ für die Dampfmaschine und 1000 £ für das Gebläse. Beim Anheizen bekleidete man die Wände zum Schutz mit auf- rechtstehenden Ziegeln. Das Anheizen dauerte ½ bis 1 Monat. Die Zahl der Sätze, die Beschickung, das tägliche Ausbringen waren nach der Güte des Koks, der Art der Eisensteine und den sonstigen Eigentümlichkeiten auf den verschiedenen Hütten ungleich. In Glamor- gan setzte man bei den 50 bis 65 Fuss hohen Öfen und bei etwas aufsteigender Form 80- bis 90mal in 24 Stunden jedesmal ungefähr 4 Ctr. Koks, ebensoviel Eisenstein und 1 Ctr. Fluss; man stach zwei- mal ab und erhielt jedesmal 3 bis 3½ Tonnen Roheisen, somit auf einen Ofen wöchentlich 42 bis 49 Tonnen oder 2000 bis 2500 Tonnen im Jahre. In Shropshire und Staffordshire, wo die Steinkohlen von geringerer Güte und die Öfen niedriger waren, setzte man weniger Gichten und bei jeder mehr Koks als Eisenstein, z. B. 3½ Ctr. Koks, 3 Ctr. Eisenstein und 1 Ctr. Fluss. Man brachte täglich 5 bis 6½, wöchentlich 35 bis 45, jährlich 1800 bis 2200 Tonnen aus. Das Roheisen war in Glamorgan bei hoher Produktion weiss, sonst war es grau. In Coalbrookdale erzeugte man fast nur graues Giesserei- eisen. Die grössten Erfolge erzielten die Engländer durch ihre guten Cylindergebläse. Mushet berichtet 1798: alle englischen Hochöfen, mit Ausnahme einiger weniger Holzkohlenhochöfen, sind mit Cylinder- gebläsen versehen. Die grossartigen Fortschritte des Hochofenwesens in England übte ihre Rückwirkung auf den Kontinent. Man stellte Vergleichungen an und fand, dass man gegen England sehr zurückgeblieben war. Dies kam besonders in Deutschland zum Ausdruck. In Crells Annalen wurde 1790 ein vorzüglicher Aufsatz ver- öffentlicht: „Über einige Hauptmängel verschiedener Eisenhütten in Deutschland“, worin der anonyme Verfasser (Graf August Ferdinand v. Veltheim , früher Oberberghauptmann zu Klausthal), der mit den englischen Verhältnissen wohl vertraut war, einen Vergleich zwischen englischem und deutschem Hüttenwesen zieht, welcher sehr zum Nach- teil Deutschlands ausfällt. Deshalb macht der Verfasser eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen für unsere Industrie, welche am besten 47* Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. über den Stand derselben aufklären. Wir lassen die wichtigsten derselben hier folgen. „1. Die deutschen Hochöfen sind noch viel zu niedrig und sollten 34 bis 36 Fuss (10 bis 11 m) hoch sein. Diese Höhe haben jetzt die mit Holzkohlen in England und Schottland betriebenen Hochöfen, deren gewiss über 20 sind. 2. Die Rast ist oberhalb viel zu flach und müsste weit abschüssiger gebildet sein, damit der Satz oder die Gichten in den abschüssigen Trichter beständig und gleichförmiger fortrücken, auch nirgends einen Aufenthalt finden können. 3. Das Gestell müsste aus gleicher Ursache oberhalb verhältnis- mässig noch um etwas weniges weiter und mehr trichterförmig sein. Dieses wird jetzt auch in Schweden mit viel Vorteil befolgt. 4. Der Schacht kann bleiben, dagegen muss das Gestell im Ver- hältnis weiter gemacht werden, als dies in Deutschland üblich ist. Nicht nur in Schweden, sondern besonders in England befolgt man dieses auf allen gut eingerichteten Hütten. 5. Das Gebläse ist viel zu schwach und müsste sowohl bei der vorhin bemerkten Erweiterung des Gestelles, als auch ausserdem schon um ein Beträchtliches verstärkt werden. Wo hinreichende und beträchtliche Wasserfälle sind, verschaffen die englischen Cylinder- gebläse hierin einen ganz ausserordentlichen Vorteil. 6. Aus diesen und noch mehreren Gründen wäre ein Hochofen am besten mit zwei oder mit vier Formen, wobei dann das Gestell eine ovale Gestalt erhielte, zu versehen. Hierfür müsste man einen Windregulator und Windleitungen anlegen.“ Die übrigen Vorschläge des Verfassers sind teils ökonomischer Natur, teils sind sie selbstverständlich, nur ist noch das eine zu bemerken, dass er das hergebrachte Aufgeben nach Mass in Körben, Kistchen, Trögen u. s. w. auf das Entschiedenste verwirft und verlangt, dass die Beschickung und das Brennmaterial gewogen wird. Er ver- wirft ferner das häufige Abstechen, alle sechs bis acht Stunden, und will in 24 Stunden nur zweimal abgestochen haben. Die Folge aller der vielen Mängel sei, dass man in Eeutschland gewöhnlich nur 160 bis 200 Centner in der Woche produziere, während doch 400 bis 500 Centner fallen müssten. Letzteres erfolge jetzt regelmässig in England, und zwar nicht etwa bei Kokshochöfen, die wöchentlich 700 Centner erzeugten, sondern bei Holzkohlen- hochöfen. Diese Vorschläge bildeten das Programm, nach welchem sich die Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. Fortschritte bei den Hochöfen in Deutschland in den folgenden Jahr- zehnten, freilich nur langsam, vollzogen. Mit viel grösserer Energie hatte man die Reform des Hütten- wesens in Russland angefasst. Dort standen den reichen Besitzern der grossartig angelegten sibirischen Werke fast unbeschränkte Mittel zur Verfügung und da sie weder durch staatliche Bevormundung noch durch die Fesseln der Überlieferung und Gewohnheit eingeengt waren, bauten sie ihre Hochöfen zum Teil mit Hülfe englischer Ingenieure nach den neuesten Grundsätzen und Erfahrungen um. Dieses geschah in so grossartiger und zugleich so zweckmässiger Weise, dass die sibirischen Hochöfen die grössten und besten Holzkohlenöfen Fig. 198. wurden, die bis dahin gebaut worden waren, und alle, auch die eng- lischen, an Produktion weit übertrafen. Sie wurden mit starken Cylindergebläsen mit Wasserbetrieb ausgestattet und die sibirischen Hüttenanlagen, mit denen namentlich der russische Hofrat Hermann die deutschen Hüttenleute durch Schriften und Zeichnungen bekannt machte, wurden mustergiltig. Die sibirischen Hochöfen hatten 35 bis 45 Fuss (10,50 bis 12,96 m) Höhe, 12 bis 13 Fuss (3,6 bis 3,9 m) Durchmesser im Kohlensack, waren mit sechs Cylindergebläsen versehen und produ- zierten 2000 bis 3000 Centner die Woche, welche Leistung selbst von den grössten englischen Koksöfen damals nicht erreicht wurde. Dieser Erfolg war hauptsächlich durch die zweckmässige Verwendung der englischen Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. Cylindergebläse erreicht, deren Überlegenheit seitdem auch unbedingt anerkannt wurde. Einen der grössten Hochöfen hatte die Eisenhütte in Newjansk (Fig. 198), derselbe war 18 Arschin, 10 Werschock oder 43 engl. Fuss (= 13,20 m) hoch. Die Weite im Kohlensack betrug 5 Arschin (3,55 m). Umstehende Skizze zeigt das Profil des Hochofens und die Anordnung des Gebläses, welches aus vier Cylindern von Guss- eisen, 1,42 m hoch und ebenso weit, bestand. Das Wasserrad war 3,20 m hoch und 2,13 m breit. Eigentümlich war die gabelförmige Düse von Gusseisen, deren Windströme parallel einströmten und welche angeb- lich die Ofenwände weniger angreifen sollte als eine weitere Düse. Die Zustellung war die althergebrachte, die Formseite befand sich zur Rechten der Abstichseite. Von geschichtlicher Bedeutung ist ferner die Einführung des Kokshochofenbetriebes in Preussen . Dieselbe erfolgte durch die Staatsregierung auf den königlichen Hütten in Oberschlesien . Es geschah auf die unmittelbare Veranlassung des hochverdienten Mini- sters v. Reden , welcher dadurch der Schöpfer der grossartigen Eisen- industrie Oberschlesiens geworden ist. Die Steinkohlenlager jener Provinz bildeten die Grundlage dieser neuen Gewerbsthätigkeit und Oberschlesien bietet das erste und glänzendste Beispiel von dem Er- blühen einer grossartigen, auf die Verwendung der Steinkohlen be- gründeten Eisenindustrie auf dem Kontinent. In ähnlicher Weise war die Eisenindustrie Schottlands mit Anlage der Hütte zu Carron und zu Südwales mit den Eisenwerken bei Merthyr Tydwil entstanden. In Schlesien war es Gleiwitz und die Königshütte , welche den Anfang der modernen Eisenindustrie machten. Erst war es v. Reden , damals Berghauptmann von Schlesien, gelungen, den König Friedrich den Grossen zu veranlassen, eine Dampfmaschine in England für die wiedereröffneten Blei- und Silberwerke bei Tarnowitz zu beschaffen und reiste v. Reden mit dem später als Staatsminister berühmten v. Stein , der damals Oberbergrat in Westfalen war, im Herbst 1786 deshalb nach England, wo er auch Soho besuchte und Watts Bekanntschaft machte. Im Jahre 1790 wurde das erste Cylinder- gebläse mit drei eisernen Blasecylindern für Preussen von Graf Reden in England gekauft und 1791 nebst einem grossen Wind- regulator auf der Eisenhütte zu Malapane aufgestellt. Anfang der 90 er Jahre wurde die Königsgrube eröffnet und hier ebenfalls eine Dampfmaschine aufgestellt, und im September 1796 wurde endlich der erste Kokshochofen in Deutschland auf der königlichen Hütte zu Gleiwitz, deren Gründung Reden im Jahre 1790 veranlasst hatte, Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. angeblasen. 1798 wurde die Königshütte gegründet; 1801 konnte Gleiwitz bereits die ersten dort aus Koksroheisen gegossenen und gebohrten Dampfcylinder abliefern. Die Einzelheiten über diese wichtigen Ereignisse werden wir noch genauer in der preussischen Eisenindustriegeschichte mitteilen. Der Kokshochofen zu Gleiwitz ist nach Lampadius’ Zeichnung Lampadius, Handbuch der allgemeinen Hüttenkunde. Zweiter Teil, Bd. IV, Tab. H, Fig. 2. in Fig. 199 dargestellt. Er war 40 rhein. Fuss (12,19 m) hoch (ge- Fig. 199. nauere Massangaben folgen auf S. 745). Das Gebläse bestand im Jahre 1822 Desgl. Zweiter Supplementband, S. 277. aus vier gusseisernen Cylindern, welche durch ein Kropf- rad bewegt wurden; nur bei Wassermangel bediente man sich einer Dampfmaschine. Das Gebläse lieferte 1991 Kubikfuss Wind in der Minute; da der Kubikinhalt des Ofens 2330 Kubik- fuss betrug, so war das Verhältnis der Wind- menge pro Minute zum Ofeninhalt wie 0,8 : 1. In 24 Stunden wurden aus 45 Gichten 50 Ctr. Roheisen erzeugt. Die Windpressung betrug in der ersten Zeit 1½ Pfund auf den Quadrat- zoll, später bei vollem Gange 2¼ Pfund. In Frankreich hatte der Engländer Wilkinson in den 70er Jahren einen Hoch- ofen für Koksbetrieb zu Creuzot erbaut. Der- selbe war 39 Fuss hoch und hatte eine 8 Fuss weite Gicht. Welche Mannigfaltigkeit in Form und Grösse die Hochöfen im Laufe des 18. Jahrhunderts hatten, zeigt folgende Zusammenstellung bekannter Ofenformen nach ihrem Grössenverhältnis (nach Hassenfratz ). Fig. 200 bis 207 (a. f. S.) sind Holzkohlenöfen. Fig. 208 und 209 (S. 745) Koksöfen. Fig. 200. Steierischer Flossofen mit elliptischem Querschnitt. Fig. 201. Steier. Flossofen mit viereckigem Querschnitt (Neuberg). Fig. 202. Steierischer Flossofen mit zwei Blaseformen (Vordernberg). Fig. 203. Hochofen von Schmalkalden. Fig. 204. Französischer Hochofen von Grossouvre mit achteckigem Querschnitt. Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. Fig. 200. Fig. 201. Fig. 202. Fig. 203. Fig. 204. Fig. 205. Fig. 206. Fig. 207. Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. Fig. 205. Sächsischer Hochofen mit konischem Schacht (Johann- Georgenstadt). Fig. 206. Schwedischer Hochofen mit cylindrischem Schacht (Laurwig). Fig. 207. Grosser Ofen zu New- iansk mit zwei Formen. Fig. 208. Kokshochofen zu Creu- zot mit einer Form. Fig. 209. 60 Fuss hoher Ofen zu Glamorgan mit zwei Formen und rundem Rauhmauerwerk. Fig. 208. Fig. 209. Von Interesse ist nachstehende Zusammenstellung der Masse der zwei ältesten Kokshochöfen auf dem Kontinent, des zu Creuzot und zu Gleiwitz: Creuzot Gleiwitz Höhe des Gestelles 1,62 m 1,83 m Höhe der Rast 4,22 „ 2,74 „ Höhe des Schachtes 6,17 „ 7,62 „ Ganze Höhe 12,01 m 12,19 m Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. Creuzot Gleiwitz Durchmesser des Kohlensacks 3,24 m 3,36 m Durchmesser der Gicht 1,19 „ 1,22 „ Breite des Gestelles am Boden 0,70 „ 0,44 „ Länge des Gestelles von der Rückseite bis zum Tümpel 0,89 „ 0,71 „ Länge des Gestelles von der Rückseite bis zum Wallstein 1,62 „ 0,93 „ Abstand der Form von der Rückseite 0,38 „ 0,31 „ Höhe der Form über dem Boden 0,56 „ 0,53 „ Die Verbesserungen im Hochofenwesen, welche wir im Vorher- gehenden geschildert haben, bezogen sich fast auschliesslich auf den Bau und die Konstruktion der Hochöfen und die Verbesserung der Betriebswerkzeuge. Der Betrieb selbst wurde empirisch meist nach überkommenen Regeln geführt. Die Chemie war noch nicht so weit vorgeschritten, die metallurgischen Vorgänge richtig erklären zu können und der Praxis eine brauchbare theoretische Grundlage zu geben. Das Wesen der Schlackenbildung war noch ganz in Dunkel gehüllt; man wusste nur erfahrungsmässig, dass für gewisse Erze gewisse Zuschläge vorteilhaft seien. Einige Aufklärung, nicht für die chemische Erkenntnis, sondern für die hüttenmännische Praxis gewährte eine Untersuchung Duhamels im Jahre 1786 über die Ver- schmelzung reicher Erze in Hochöfen Siehe Mem. de l’Acad. des Sciences à Paris pour 1786, p. 456. . Es war eine öfter und schon früher beobachtete Thatsache, dass die reichsten besten Erze für sich oder nur mit dem zur Verschlackung ihrer Gangart nötigen Zuschlag verschmolzen, schlechten Ofengang und schlechtes Eisen gaben. Duhamel untersuchte die Sache und kam zu dem Schluss, dass die Ursache in einem Mangel an Schlacke liege. Gehen reiche Erze für sich durch den Ofen, so tritt ihre Reduktion leicht ein, aber das reduzierte Eisen, welches im Übermass vorhanden ist, umhüllt die Gangart und hindert deren Vereinigung und Verschlackung. Die entstehende zähe, mussige Schlacke ist nicht im stande, das Eisen einzuhüllen und vor der unmittelbaren Einwirkung des Windes vor der Form zu schützen, infolgedessen verbrennt ein Teil des Eisens und es entsteht schlechtes Eisen und schlechte Schlacke. Es ist also für einen guten Verlauf des Schmelzprozesses eine gewisse Menge von Schlacke notwendig , welche dem Volum nach die Menge des Eisens bedeutend übertreffen muss. Bei einem gewöhnlichen Erz von Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. 30 Pfd. Eisen im Centner und 30 Pfd. Kalkzuschlag und einer Pro- duktion von 3600 Pfd. Eisen pro Tag würden nahezu 12000 Pfd. Schlacke gebildet werden. Das Gewicht der Schlacke zu dem des Eisens ver- hielte sich wie 10 zu 3. Dem Volum nach würde aber die Schlacken- menge das sechs- bis siebenfache von dem Volum des Eisens betragen. Duhamel hatte aus vielen Beobachtungen den Schluss gezogen, dass mindestens die vier- bis fünffache Menge Schlacke dem Volum nach erforderlich sei, um eine gute Schmelzung im Hochofen zu bewirken. Man müsse also bei sehr reichen Erzen nicht nur die der Gangart entsprechende Menge Fluss zusetzen, sondern noch soviel Kalk und Thonerde, als zu der erforderlichen Schlackenmenge noch fehle. Solche Erze liessen sich allerdings nach Duhamels Meinung mit grösserem Vorteil in Katalonschmieden verschmelzen, indem hierbei der Kohlen- verbrauch nur ½ bis ⅔ beträgt. Der Gedanke, das Roheisen in Hochöfen mit Koksbetrieb durch Einblasen von Dampf zu verbessern, welcher späterhin öfter wieder aufgetaucht ist, erscheint in England zuerst in einem Patent von John Barber vom 21. April 1773. Seine „Maschine“ zur Reinigung der Steinkohlen im Schmelzofen besteht ausser einer Art von Wasser- säulmaschine, welche ein Cylindergebläse bewegt, darin, dass über einem niedrigen Schachtofen ein Dampfkessel angebracht wird, welcher mit Urin oder mit einer Lösung von flüchtigem Alkali (Ammoniak?), oder einer sonstigen reinigenden Substanz gefüllt ist. Der Dampf aus dem Kessel wird in den Ofen geleitet, unmittelbar über den Wind. Hierdurch soll die Reinigung während der Schmelzung vor sich gehen. Der Patentbeschreibung (Nr. 1041) ist eine etwas phanta- stische Zeichnung beigegeben. Das Roheisen beim Verfrischen durch Zusatz von Chemikalien zu reinigen, wurde beim Tiegelfrischen ausgeführt. Ker, Chapman und Ireland nahmen 1776 ein gemeinschaftliches Patent für die chemische Reinigung des Eisens, wodurch es so hart wie Brennstahl würde, ohne seine Zähigkeit zu verlieren. Sie bedienten sich dazu eines Cementierofens und ihre Zusätze bestanden in Holzkohle, vege- tabilischen Salzen und Ölen. Eisengiesserei Ende des 18. Jahrhunderts. Eisengiesserei und schmiedbarer Guss Ende des 18. Jahrhunderts. Die Eisengiesserei hat in der zweiten Hälfte des 18. Jahr- hunderts wichtige Fortschritte gemacht. Namentlich war dies in England der Fall. Hier zuerst machte man diesen Industriezweig durch Einführung der Flammöfen (air furnaces, öfter auch englische Cupolöfen genannt) von den Hochöfen unabhängig. Vordem hatte man alle Gusswaren unmittelbar aus dem Hochofen gegossen; durch das Umschmelzen des Roheisens in Flammöfen war dies nicht mehr nötig. Dieses Umschmelzverfahren oder die Herstellung von Guss- waren zweiter Schmelzung war besonders geeignet für grosse Stücke, indem man in mehreren geräumigen Flammöfen grössere Mengen von Roheisen einschmelzen konnte, als der Herd eines Hoch- ofens damals zu fassen vermochte. Allerdings taugte das Flammofen- schmelzen nicht für alle Arten von Gusswaren, weil das Eisen durch die Einwirkung des Sauerstoffs der Luft einen Teil seines Kohlenstoffs verlor, also ein schwaches Frischen erfuhr, welches das Eisen weniger dünnflüssig machte; dagegen war es gerade für Gussstücke, von denen man Härte und Festigkeit verlangte, besonders geeignet. Dies war der Fall bei den Walzen und bei den Kanonen. Der Geschützguss hat mit am meisten zur Förderung der Technik der Eisengiesserei bei- getragen; er gab auch die Veranlassung zur Einführung des Flamm- ofenschmelzens. Die Kanonen - oder Stückgiesserei war einer der wichtigsten Zweige der Eisengiesserei. In mehreren Ländern, namentlich in Frankreich und Deutschland, waren die Stückgiessereien Staatsanstalten; in England aber, wo dieser Zweig der Technik am meisten vervoll- kommnet wurde, waren es Privatwerke. Die eisernen Kanonen wurden hauptsächlich als Schiffskanonen angewendet, deshalb hatte England für seine grosse Kriegs- und Handelsflotte den grössten Bedarf. Schweden war berühmt durch die Güte seiner eisernen Kanonen und hatte darin einen grossen Export. Hier goss man die Kanonen nur aus dem Hochofen. Um grosse Geschütze giessen zu können, musste man zwei nebeneinander liegende Hochöfen zu gleicher Zeit abstechen und das Eisen zusammenleiten. Dies gab Veranlassung zur Kon- struktion der doppelten Hochöfen, wobei zwei Hochöfen nebeneinander in ein gemeinschaftliches Rauhgemäuer eingebaut waren. Eisengiesserei Ende des 18. Jahrhunderts. Garney Siehe Garney, Vom Bau und Betrieb der Hochöfen u. s. w., Bd. II, S. 346. giebt genau die Masse der schwedischen Hochofen- gestelle für 8-, 12-, 18- und 24 pfündige Kanonen an. Die Eisenmasse, die zu dem Guss einer solchen Kanone einschliesslich des verlorenen Kopfes nötig war, betrug für einen 6-Pfünder 1250 kg, für einen 8-Pfünder 1600, für einen 12-Pfünder 2700 kg, für einen 24-Pfünder 3250 kg und für einen 36-Pfünder 4500 kg. Zum Giessen schwerer Geschütze musste man, wie erwähnt, zwei Öfen benutzen. Das Giessen eines Gussstücks aus zwei verschiedenen Fig. 210. Hochöfen war aber eine sehr missliche Sache, denn es setzte ganz gleichartiges Eisen vor- aus, sowohl in der Zu- sammensetzung als in der Temperatur. War dies nicht der Fall, so musste das Guss- stück ungleich aus- fallen. Eine solche Gleichartigkeit war in Schweden, wo man genau dieselben Erze und Holzkohlen auf- gab, möglich; wo man es sonst versuchte, hatte man schlechten Erfolg. Namentlich war dies in Frank- reich der Fall. Des- halb verwarf Grignon dieses Verfahren und schlug, da ein einziger Hochofen kein genügendes Eisen, weder nach Quantität noch nach Qualität, gab, grosse Umschmelzöfen (Fig. 210) vor, welche in ihrer Gestalt Ähnlichkeit mit Hochöfen hatten, nur niedriger und weiter waren. Er wollte mit diesen Öfen nicht nur ein Schmelzen grosser Eisenmassen, sondern auch eine Reinigung (mazéage) derselben erreichen. Deshalb nannte er sie Feinöfen Eisengiesserei Ende des 18. Jahrhunderts. (fourneau de maceration). Ein gewöhnlicher französischer Hochofen hielt höchstens 25 Ctr. Eisen, und dieses war unrein und zum Guss guter Kanonen ungeeignet. Grignons Ofen bestand aus Gestell, Rast und Schacht. Der Schacht war 5 Fuss hoch, elliptisch an der Basis, 4 Fuss auf 5 Fuss weit; dieselbe Weite hatte die Rast, die 3 Fuss hoch war und sich im Gestell auf 24 Zoll auf 25 Zoll zusammenzog. Das Gestell war 2 Fuss hoch; die Länge des Herdes vom Wall bis zur Hinterwand betrug 4½ Fuss, der Eisenkasten also beträchtlich grösser als bei den gebräuchlichen Hochöfen. Für eine Kanone von 4000 Pfund Gewicht schmolz man 5600 Pfund Roheisen, Wascheisen und Eisenabfälle ein. Grignon empfahl zur weiteren Reinigung in das flüssige Eisenbad mittels einer hohlen Stange von Gusseisen Salpeter einzurühren. Es ist nichts darüber bekannt, ob diese Umschmelzöfen Grignons in Frankreich in Anwendung gekommen sind. Der Vorschlag hat aber ein geschicht- liches Interesse, sowohl wegen dem Ansehen Grignons , als wegen der späteren Einführung unserer Kupolöfen. In Österreich geschah etwas ähnliches. Dort schmolz man Frischereiroheisen in Hochöfen um, um Giessereieisen zu erhalten. v. Marcher , der darüber berichtet, sieht in dem Vorgang eine höhere Kohlung des Frischrohgutes. Er führte selbst dieses Verfahren auf dem kaiserlichen Gusswerk bei Mariazell im Jahre 1789 aus, indem er für die Hammerarbeit erzeugte Flossen von Gollrath zu Gusseisen umschmolz Marcher , Beiträge zur Eisenhüttenkunde, I. Tl., Bd. XII, S. 113. . Das Schmelzgut bestand aus 36/78 zerkleinerten Goll- rather Flossen, 11/78 Gollrather Waschwerk und 30/78 von der bei den Gussöfen gewöhnlichen Erzmöllerung. Das Gusseisen wurde haupt- sächlich zu Munition vergossen. Auf 10 Ctr. Gusseisen wurden 22 19/28 Fass Holzkohlen verbraucht gegen 62⅖ Fass im Hochofen. Man konnte in vier Stunden vier Abgüsse von 50 bis 60 Centner machen, während man sonst nur zwei von 28 bis 32 Centner erhalten hatte. Das Gusseisen war von vorzüglicher Qualität. Bei dem 1790 von Mai bis Juli fortgesetzten Probeschmelzen stellte sich der so erzeugte Guss um 30¾ Kreuzer billiger, als wenn man ihn nur aus Eisensteinen geschmolzen hätte. Auf der Eisenhütte zu Peitz in Brandenburg benutzte man eben- falls den Hochofen, um grössere Mengen Brucheisen umzuschmelzen. Man goss die Geschütze in der zweiten Hälfte des 18. Jahr- hunderts massiv und bohrte sie aus dem Vollen aus, indem man die Eisengiesserei Ende des 18. Jahrhunderts. ältere Methode, die Kanonen über einen Kern zu giessen, aufgab. Das Formen geschah in der schon von Biringuccio beschriebenen Weise, die noch dadurch, dass der Kern wegfiel, vereinfacht wurde, in Lehm. Die Kanone wurde mittels des Drehbrettes oder der Schablone, welche an der Spindel befestigt war, in Lehm auf der Formbank aufgedreht. Auf diese Weise wurde die äussere Gestalt der Kanone, einschliesslich des verlorenen Kopfes, hergestellt. Dieses Lehmmodell war über einer Holzspindel, welche mit Stroh umwickelt war, aufgedreht. Nach dem Trocknen wurde der Boden und die Fig. 211. Fig. 212. Hölzer für die Schildzapfen besonders angesetzt. Alsdann wurde der Man- tel, der die eigentliche Form gab, in verschiedenen Lagen aus gut durchgearbeitetem Lehm aufge- tragen. Die Hölzer für die Schild- zapfen blieben so lange darin stecken, bis der Mantel die nötige Dicke erreicht hatte, worauf man sie aus- zog, so dass der hohle Raum für dieselben blieb. Der Mantel, der mindestens 4 Zoll dick war, wurde nun, um ihm genügende Festigkeit für den Transport zu verleihen, mit einem Gitterwerk von eisernen Stä- ben umgeben (s. Fig. 211 u. 212) Nach Monge , Description etc. a. a. O., Pl. VII, Fig. 1, 2, 3. . Alsdann wurde das glatte Rundholz in der Mitte ausgeschlagen, das Strohseil ausgezogen und der Lehm, welcher das Modell bildete, herausgenommen. Die fertige Form wurde dann zum Giessen in eine Dammgrube (s. Fig. 210) senkrecht ein- gegraben und mit Sand ringsum fest eingestampft. In England ging man zuerst davon ab, die Geschütze in der beschriebenen Weise in Lehm zu formen, weil dies sehr zeitraubend war. Man formte sie in Sand nach einem Modell , welchem ausser dem Schwindmass auch für das Abdrehen etwas an Stärke zugegeben war. Das Einformen war sehr einfach, es erforderte nur starke, gut gearbeitete Formkasten. Dieser wichtige Fortschritt war eine Erfindung von Isaak Eisengiesserei Ende des 18. Jahrhunderts. Wilkinson (dem Vater von John Wilkinson ), welcher am 21. April 1758 darauf ein Patent erhielt. Danach bezog sich seine Erfindung auf die Herstellung der Formen und Kerne für röhrenförmige und Fig. 213. Fig. 214. Fig. 215. andere Gussstücke. „Die Aussenseite oder der Mantel, in welcher man Kanonen, Feuermaschinencylinder, Röh- ren und Zuckerwalzen (zum Auspressen des Zuckerrohres) oder ähnliche Stücke giessen will, muss man aus Sand machen, dem ein klein wenig trockener Pferde- oder Kuh- dung oder etwas anderes, ihn porös zu machen, beigemischt ist. Dieser Sand wird ange- feuchtet und eingestampft um das Modell, welches in eiserne Kasten (boxes), und zwar in 2, 3, 4, 5 oder soviel für den Zweck erforderlich sind, ein- gelegt ist. Alsdann werden die Kasten auseinander genom- men und das Modell aus- gehoben. Hierauf werden die Kasten in einem Ofen ge- trocknet und dann mit Holz- kohlenstaub, Graphit oder einer anderen Mischung, welche ver- hindert, dass das Metall an der Formwand anbrennt, bestrichen. Die Kerne zu den erwähnten Stücken werden um eiserne Stangen gemacht, die entweder hohl und mit vielen Öffnungen versehen oder massiv und ge- kehlt sind. Ist der Hohlraum aber sehr gross, so kann man ihn mit Backsteinen ausmauern; in beiden Fällen umwickelt man den inneren Kern mit Strohseilen, welche eine luftdurchlassende Schicht bilden und die aussen in der richtigen Stärke mit dem erwähnten Sand überzogen und dann getrocknet und geschwärzt werden, ehe man sie einsetzt. Hierauf wird die ganze Form Eisengiesserei Ende des 18. Jahrhunderts. zusammengesetzt, die Stücke gegossen und dann ausgebohrt und abgedreht, wie es verlangt wird.“ Die äussere Form dieser Formkasten entsprach ungefähr dem früheren Gerippe aus Eisenstäben. Sie waren der Länge nach und quer geteilt und hiessen Flaschen (flasks) oder Kapseln (boxes). Fig. 213 zeigt den zusammengeschraubten Kasten von aussen (nach Monge ), Fig. 214 den Querschnitt mit dem Modell. Letzteres war ebenfalls geteilt. Fig. 215 stellt die Flasche für die Schildzapfen dar. Der Zwischenraum zwischen Modell und Kasten wurde mit fettem Formsand ausgestampft und die Formkasten einzeln getrocknet und dann zusammengeschraubt. Sie wurden senkrecht aufgestellt und ohne Eindämmen gegossen. Es ging dies so viel rascher, dass man an einem Tage ebensoviel Kanonen giessen konnte, als in Lehm in einem Monat. Die Formen mussten so tief stehen, dass das geschmolzene Eisen in Rinnen denselben zugeführt werden konnte. In England erwarb sich das Eisenwerk zu Carron besonderen Ruf durch seinen Geschützguss. Wie grossartig die Giesserei schon zu Jars’ Zeit dort angelegt war, haben wir bereits beschrieben. Im Jahre 1779 erfand General Robert Melville Andere Nachrichten nennen einen Miller von Dalwinton als den Erfinder. eine neue Art schwerer Schiffskanonen, die Zerschmetterer (Smashers) genannt. Sie schossen Kugeln von 68 Pfund mit geringer Pulverladung, wodurch eine grössere zertrümmernde oder zerschmetternde Wirkung ausgeübt wurde. Das erste Stück dieser Art wurde auf der Eisenhütte zu Carron 1779 gegossen. Gascoigne führte den Guss derselben dort ein. In dem Besitz der Familie Melville befindet sich noch das kleine Modell einer Kanone mit folgender Aufschrift: „Geschenk der Carron-Gesellschaft an Generalleutnant Melville , Erfinder der Zer- schmetterer und der kleineren Carronaden für einfachen Schiffs-, Granat- und Brandkugel-Schuss u. s. w., welche zuerst 1779 gegen die französischen Schiffe verwendet wurden Nach einer anderen Nachricht soll Melville dieselben 1752 im Hafen von Cork erfunden haben (?). .“ Diese gefährlichen Geschütze für den Nahekampf zur See, welche damals in grosser Zahl gegossen wurden, erhielten ganz allgemein den Namen Carronaden, weil sie von der Hütte zu Carron geliefert wurden. Ein nicht minder wichtiger und weit schwierigerer Artikel, welcher in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts auf den englischen Eisenhütten gegossen wurde, waren die grossen Cylinder erst für die Beck , Geschichte des Eisens. 48 Eisengiesserei Ende des 18. Jahrhunderts. atmosphärischen, dann für die Dampf- und Gebläsemaschinen. Dass solche ebenfalls bereits 1765 zu Carron gegossen wurden, berichtet Jars . Das grösste Renommee darin hatte aber Coalbrookdale, welches den Guss dieser Cylinder als Specialität betrieb. Später erwarb sich John Wilkinson besonderen Ruf darin, namentlich wegen der vor- trefflichen Bohrung seiner Cylinder. Sie wurden in Lehm gegossen. Wilkinson , der um die Fortschritte des Giessereiwesens die grössten Verdienste hat, erfand auch die Kunst, die Cylinderwandung doppelt zu giessen, so dass Cylinderwand und Mantel aus einem Stück bestanden. Dass er ferner der Erfinder der Umschmelzöfen für Giessereieisen, welche unter dem Namen der Kupolöfen in allgemeinen Gebrauch gekommen sind, gewesen ist, werden wir an einer anderen Stelle noch näher ausführen. Diese niedrigen Schachtöfen zum Umschmelzen des Roheisens kamen Ende der 80 er Jahre in Gebrauch. Reaumur hatte bereits kleine Schmelzöfen der Art angewendet und sie ver- bessert. Diejenigen, welche gegen Ende des vorigen Jahrhunderts in England in Aufnahme kamen, waren anfangs ganz niedrig. Sveden- stjerna fand auf seiner Reise 1802 zu Coalbrookdale auf der Giesserei bei den Dale-works zwei Hochöfen und einige Giessöfen Siehe Svedenstjerna, a. a. O., S. 69. . Man machte hier eine Menge feinerer Gusswaren, als Roste, Gewichte, Plätt- eisen, Wärmöfchen, Schrauben zu Apfelweinpressen und dergleichen, welche Sachen meist aus Reverberier- oder aus sogenannten Kupolo- öfen, worin man Kleineisen und alle Sorten von kleinen Eisenbrocken mit gewöhnlichem Gebläse einschmolz, gegossen wurden. „Diese Kupoloöfen sind nur einige Fuss hoch und viereckig, auswendig von Roheisenplatten und inwendig mit feuerfesten Ziegeln bekleidet. Die Form ist sehr klein und hat nicht über einen Zoll im Durchmesser. Das Gebläse zu einem solchen Ofen wird entweder aus einem der Reservoire (Regulatoren) der grösseren Blaswerke geleitet oder der Ofen selbst ist mit einem besonderen kleinen Cylindergebläse versehen, welches durch Pferde bewegt wird. Man sieht dergleichen Öfen selbst in London und beinahe auf allen Giessereien im Lande.“ Die Eng- länder bauten diese Kupoloöfen öfter in alte unbrauchbare eiserne Cylinder oder zwischen vier eisernen Platten, welche mit Ankern zusammengehalten wurden. Die Höhe derselben betrug 5 bis 8 Fuss. Der Herd wurde von feuerfestem Thon geschlagen und der Wind durch zwei oder drei Düsen an ebenso vielen Seiten zugeführt. Sie dienten hauptsächlich zum Zugutemachen von Brucheisen. Schmolz Eisengiesserei Ende des 18. Jahrhunderts. man Roheisen um, so bezweckte man zugleich auch eine Reinigung, besonders von den dem Eisen beigemischten Erdarten. Zu diesem Zwecke wurde auch auf der Sollinger Hütte am Harz 1797 ein kleiner Kupoloofen von 6 Fuss Höhe angelegt. Er sollte nur zur Reinigung des zu verfrischenden Roheisens dienen. Der Zweck wurde erreicht, indem das Eisen durch das Umschmelzen viel besser wurde. Dabei betrug der Schmelzverlust nur 1/24. — Nebenstehende Zeichnung Fig. 216. (Fig. 216) stellt einen Kupoloofen in Schlesien vom Ende des Jahrhunderts dar. Die Verwendung des Gusseisens breitete sich immer mehr aus. In der Industrie wurde es zu vielen Zwecken gebraucht. Die Eisenindustrie selbst lie- ferte dafür zahlreiche Verwendungen. Die Frischfeuer wurden, statt wie früher ge- mauert, jetzt allgemein aus eisernen Platten (Zacken) zusammengesetzt. Guss- eiserne Tragebalken trugen die Brust des Hochofens und bildeten den Tümpel. Im Maschinenbau fand das Gusseisen immer allgemeinere Verwendung. Smeaton ge- bührt hierfür das grösste Verdienst, was er aus einem Schreiben aus dem Jahre 1782 auch für sich in Anspruch nimmt. „Als ich vor 27 Jahren (also 1755)“, schreibt er, „zum erstenmal Gusseisen für gewisse Zwecke verwendete, da riet Alles, wie kann sprödes Gusseisen halten, wenn das stärkste Zimmerholz nicht widersteht? Die betreffenden Gussstücke arbeiten heute noch und ihr Gebrauch, der zuerst in Nordengland gemacht wurde, ist seit der Zeit ganz allgemein geworden und ich habe nie von einem Bruch gehört.“ Die gusseisernen Rohre und Cylinder haben wir wiederholt erwähnt, man goss Hämmer und Ambosse, Rostbalken, Walzen und die Gerüste der Walzen und der Hämmer; sogar die Wasserräder wurden ganz aus Eisenguss her- gestellt. Zu Bauzwecken fand es schon mannigfaltige Anwendung. Besonderes Verdienst um die Erfindung neuer Verwendungen des Gusseisens haben sich die berühmte englische Eisenhütte zu Coal- 48* Eisengiesserei Ende des 18. Jahrhunderts. brookdale und deren Leiter erworben. Dort wurden die ersten eisernen Schienenbahnen und die erste gusseiserne Brücke gebaut. Die Eisenbahnen hatten für die Kohlen- und Eisenindustrie in England eine grosse Bedeutung erlangt, ehe man an Lokomotiven dachte. Bei den zahlreichen Steinkohlenbergwerken bei Newcastle machte sich zuerst das Bedürfnis geltend, gute und billige Abfuhr- wege für die Kohlen nach den Verladungsplätzen am Wasser zu schaffen. Förmliche Strassen hierfür zu bauen, wäre zu kostspielig gewesen und war fast unmöglich, weil der Grunderwerb in England sehr erschwert war. Dazu kam, dass eine solche Strasse nur so lange Bedürfnis war, als aus dem betreffenden Schacht gefördert wurde. Dies war aber bei dem oberflächlichen Abbau, wie man ihn damals noch trieb, nie sehr lange der Fall. Der Schacht wurde auflässig und die Strasse hätte keinen Zweck mehr gehabt; an einem neuen Schacht hätte man eine neue Strasse anlegen müssen. Da kam man dann auf den zweckmässigen Gedanken, Holzwege, welche auf Böcken standen, quer über die Felder zu bauen. Hierzu war kein Grunderwerb nötig, indem der fremde Besitzer den Übergang gegen eine jährliche Abgabe meist gern gestattete. War der Weg nicht mehr notwendig, so brach man ihn ab und konnte ihn an einer anderen Stelle wieder aufstellen. Diese Holzstrassen hatten vielerlei Vorzüge; man konnte den kürzesten Weg wählen, konnte ihnen ein gleichmässiges Gefälle geben u. s. w. Bald fand man, dass man den Wagentransport sehr erleichtern konnte, wenn man zugerichtete Holzschienen aufnagelte, welche der Wagen- spur genau entsprachen. Dadurch wurde die Reibung so vermindert, dass ein Pferd statt eines einzigen Wagens eine ganze Anzahl anein- ander gekuppelter Wagen fortbewegen konnte. Diese Schienenwege (tram roads) fanden bald in allen Bergwerks- und Hüttenbezirken Verbreitung und boten dem Fremden einen ganz überraschenden Anblick, wie dies Jars bereits beschreibt. Sie wurden noch dadurch verbessert, dass man den hölzernen Spurweg mit Flacheisenschienen belegte. Richard Reynolds von Coalbrookdale ersetzte zuerst die Holzschienen durch gusseiserne Schienen. Die Holzschienen waren da, wo sie stark in Anspruch genommen wurden, starkem Verschleiss ausgesetzt, wodurch fortwährende Störungen eintraten und Repara- turen notwendig wurden. Diese Übelstände machten sich auf der Werksbahn zu Coalbrookdale sehr unangenehm fühlbar. Schon früher waren Versuche gemacht worden, gusseiserne Schienen zu verwenden, aber ohne Erfolg, so 1738 zu Whitehaven und etwas später zu Coal- brookdale von Wilkinson sen. Als nun im Jahre 1767 der Absatz der Verwendung des Gusseisens — Eisenbahnen. Giesserei der Coalbrookdale-Eisenwerke infolge ungünstiger Konjunktur stockte, liess Reynolds gusseiserne Schienen giessen und dieselben auf die am meisten befahrenen Strecken der Hüttenbahn aufnageln (Fig. 217). Der Erfolg war ein so überraschend günstiger, dass Reynolds noch im Jahre 1767 alle Schienenwege der Bergwerke und Hütten von Coalbrookdale in dieser Weise umbaute. Der Nutzen der neuen Eisenbahnen war so augenfällig, dass sie bald in ganz Fig. 217. Fig. 218. England eingeführt wurden und zunächst der Giesserei von Coal- brookdale, später vielen Giessereien des Landes reichlich Beschäftigung gaben. Die Form der gusseisernen Schienen wurde 1776 durch Benjamin Curt verbessert, der auf den Spurbahnen der Kohlenwerke von Sheffield Schienen mit gegossenen Spurrändern (Fig. 218) einführte Siehe Haarmann , Das Eisenbahn-Geleise, 1891, S. 17. . Jessop führte dann 1789 die Stegschienen mit kopfartiger Verdickung Fig. 219. (Fig. 219) ein. In Deutschland führte der Maschinendirektor Friedrichs zu Klausthal zuerst eiserne Schienen für den Erztrans- port von der Grube Dorothea zum Pochwerk in den 70 er Jahren des 18. Jahrhunderts ein und erfand einen dazu gehörigen Transportwagen. Um die Wende des Jahr- hunderts wurde die erste Schienenbahn für Kohlentransport in Deutsch- land bei Hattingen an der Ruhr erbaut. Gebührt Reynolds das Verdienst, die Eisenbahnen eingeführt zu haben, so hat sein Nachfolger in Coalbrookdale, Abraham Darby , der dritte dieses Namens seit Gründung des Eisenwerks, den Ruhm, die erste eiserne Brücke , und zwar ebenfalls aus Gusseisen , erbaut zu haben. Das Projekt, eiserne Brücken zu bauen, war nicht neu, Verwendung des Gusseisens — Brücken. die eiserne Brücke bei Coalbrookdale war aber die erste gelungene Ausführung einer eisernen Brücke, welche wirklich dem Verkehr diente und die Idee, Gusseisen dazu zu verwenden, war die durchaus originelle Idee Darbys . Brücken, die an Seilen und Ketten aufgehängt waren, hatte man bereits in Indien und China und mag wohl Kunde davon nach Europa gedrungen sein. Der erste, der sich ernstlich mit dem Projekt der Erbauung eiserner Brücken beschäftigte und Pläne dafür entwarf, war der hervorragende venetianische Ingenieur Faustus Verantius aus Dalmatien (um 1600). Fig. 220 zeigt eine von ihm Fig. 220. entworfene Hängebrücke. Er schreibt dazu: „Eine eiserne Brücke. Diese Brücke nennen wir deshalb eine eiserne (pons ferreus), weil sie an zwei Thürmen, welche an beiden Seiten des Wassers aufgebaut sind, mit vielen eisernen Ketten aufgehängt ist. Die Thürme werden aber ihre Thore haben, damit man den Reisenden einlassen oder aus- sperren kann.“ Noch interessanter, namentlich in Bezug auf die Fig. 221. gusseiserne Brücke Darbys , ist eine Tafel des Verantius mit dem (Fig. 221) skizzierten me- tallenen Brückenbogen. Der Text dazu lautet: „33. Eine Brücke von Glockenspeise. Diese Brücke soll aus lauter Glockenspeise (Erz) gemacht sein, sie sei nun gerade oder im Bogen gewölbt. Es möchte aber wohl einer sagen, man werde viel Glockenspeise dazu haben müssen und deshalb würden grosse Unkosten darauf gehen. Darauf antworte ich, dass viel weniger Kosten darauf gehen werden, als wenn sie aus Stein gemacht wird. Weiter wird einer fragen: Wie kann ein so mächtiges Werk gemacht und gegossen Verwendung des Gusseisens — Brücken. werden? Dieses solltest Du von den Geschützgiessern erforschen. Wenn sie es Dir nicht zu sagen wissen, so komme wieder zu mir. Auf dieselbe Weise kann man auch mit viel geringeren Kosten die Dächer und Decken der grossen Gebäude und Kirchen machen.“ Ob- gleich Verantius an die Ausführung einer metallenen Bogenbrücke noch nicht denkt, hält er selbst die kostspielige Ausführung in Bronze- guss für billiger und vorteilhafter als Steinbau! Ob eins der beiden Projekte des Verantius zur Ausführung gekommen ist, darüber fehlen alle Nachrichten. Es lässt sich deshalb vermuten, dass es nicht geschah. Fast hundert Jahre später, 1719, entwarf Garin den Plan, eine eiserne Brücke bei Lyon zu bauen und Desaguiliers brachte eine ebensolche Brücke über die Themse in Vorschlag. 1755 wollten Goiffon und de Montpetit eine eiserne Brücke über die Rhone bauen, ihr Versuch schlug aber fehl. 1777 und 1778 erschienen zwei neue Projekte von Calippe und de Montpetit , welche de Morveau von der Akademie von Dijon begutachtete. Diese Projekte kamen sämtlich nicht zur Ausführung. Alle diese Brücken sollten aus Schmiedeeisen, dessen Zugfestigkeit dabei in Anspruch genommen werden sollte, erbaut werden. Es waren Hängebrücken. Inzwischen war bereits im Jahre 1741 in England wirklich ein eiserner Steg über den Teesfluss bei Winch in der Grafschaft Durham erbaut worden Hutchinsons antiquities of Durham. . Derselbe hing an einer eisernen Kette, die von Fels zu Fels über einer Spalte von 60 Fuss Tiefe aufgehängt war. Sie diente zum Übergang von Fusswanderern und Bergleuten. Sie war 70 Fuss lang, 2 Fuss breit, mit einem Geländer auf einer Seite. Der Reisende spürte jede Bewegung der Kette; in der That war der Übergang über die Brücke ein so beängstigender, dass nur wenige Fremde ihn wagten. Dies war ein schmiedeeiserner Steg. Ganz anders verhielt es sich mit der Brücke Darbys aus Gusseisen. Auf beiden Seiten des Severn war die Bevölkerung in der Umgebung immer mehr angewachsen. Coalbrookdale, Madeley und Broseley waren grosse Fabrikorte geworden und doch hatten sie keine Verbindung über den Fluss, als durch die alte, langsame Fähre Smiles , Industrial biography, p. 90. . Das Bedürfnis einer Brücke hatte sich längst fühlbar gemacht und schon Abraham Darby der Zweite trug sich mit der Absicht eines solchen Baues. Sein früher Tod verhinderte die Ausführung. 1776 wurde der junge Darby Herr Verwendung des Gusseisens — Brücken. der Herrschaft (manor) von Madeley und damit zugleich Besitzer der Hälfte der Fähre. Da er fand, dass die Besitzer der anderen Hälfte auf der Broseleyseite ebenso sehr wie er selbst eine feste Brücke statt der Fähre wünschten, so nahm er das Projekt in die Hand. Er erlangte vom Parlament die Konzession, eine Brücke aus Gusseisen, Steinen, Ziegeln oder Holz zu bauen. Eine Gesellschaft wurde gegründet, deren Anteilscheine von den benachbarten Besitzern über- nommen wurden. Abraham Darby war der Hauptbeteiligte. Zu den Gesellschaftern gehörte auch John Wilkinson , der einen hervor- ragenden Anteil an der Ausführung des Projektes nahm. Man ent- schloss sich für eine eiserne Brücke, doch fehlten für eine solche alle Erfahrungen. Man übertrug zuerst einem Architekten Pritchard von Shrewsbury die Entwerfung eines Planes. Aber obgleich eine Fig. 222. eiserne Brücke vorgeschrieben war, konnte er sich von den über- lieferten Anschauungen nicht losmachen und konstruierte eine Bogen- brücke von 120 Fuss Spannweite aus Stein, bei welcher nur der Gewölbeschluss auf einige Fuss aus Gusseisen hergestellt werden sollte. Der Plan wurde nach eingehender Beratung verworfen und ein anderer, nach welchem die ganzen Bogen aus Gusseisen konstruiert waren, unter Abraham Darbys Leitung von Thomas Gregory , seinem ersten Modelleur, ausgearbeitet. Dieser Entwurf wurde angenommen und 1777 bis 1778 die Widerlager gebaut, während gleichzeitig die Eisen- teile für die Brücke gegossen wurden. Diese wurden 1778 innerhalb drei Monaten aufgestellt. Im Jahre 1779 wurde die Brücke dem Verkehr übergeben und erwies sich als ein sehr zweckmässiges Bau- werk. Sie bestand, wie Fig. 222 zeigt, aus einem Bogen von 100 Fuss Spannweite, die Höhe desselben über dem Fluss betrug 40 Fuss, so Verwendung des Gusseisens — Brücken. dass Schiffe bequem darunter wegsegeln konnten. Die Brückenbahn war 24 Fuss breit, mit Thon und Eisenschlacken gepflastert; ihr Gewicht betrug 378½ Tons (nach der Handlungszeitung von 1790 11000 Centner). 1788 belohnte die Gesellschaft der Künste (Society of Arts) Darbys Verdienst als Entwerfer und Erbauer der Brücke mit der goldenen Medaille und das Modell der Brücke befindet sich noch in der Sammlung dieser Gesellschaft. Stephenson und Telford haben sich viele Jahre später sehr anerkennend über die Konstruktion und die Ausführung dieser Brücke ausgesprochen. Sie wird noch heutiges- tags in unverändertem Zustande benutzt, nur die Widerlager hat man reparieren müssen. Die Brücke war eine grosse Wohlthat für die ganze Gegend. Ihre Stellung war so gut gewählt und ihr Nutzen so gross, Fig. 223. dass eine blühende Stadt, „Eisenbrücke“ (Iron-bridge) genannt, um sie herum entstanden ist, wo vormals nur wüstes Land war, ein Teil der Öde von Madeley. Im 19. Jahrhundert erst ist das Eisen das wichtigste und unentbehrliche Material für den Brückenbau geworden, aber schon im vorigen Jahrhundert regte das vortreffliche Werk zur Nacheiferung an. In den 90 er Jahren wurde eine prachtvolle Brücke aus Guss- eisen bei Sunderland über den Fluss Wear gebaut. 1790 hatte Rowland Burdon den Plan für diese Wearmouth-Brücke (Fig. 223) entworfen und zwei Jahre später durch Parlamentsbeschluss die Berechtigung zur Ausführung erhalten. Seine Idee war, die Form und in gewisser Art auch die Verbindung wie bei den Steinbogen- brücken beizubehalten. Es waren gusseiserne Klötze, 5 Fuss breit Verwendung des Gusseisens — Brücken. und 4 Fuss dick, die durch Stäbe und Klammern von Schmiedeeisen verbunden wurden, so dass leicht jedes einzelne Stück ausgewechselt werden konnte. So bildete er sechs Rippen, deren jede aus 105 solcher Gussstücke zusammengesetzt war. Die Rippen standen in einem Abstand von 6 Fuss voneinander ab und waren unter sich durch Röhren und Gurten von Gusseisen verbunden. Der Grundstein wurde am 23. September 1793 gelegt und die Brücke am 9. August 1796 Fig. 224. eröffnet. Der Bogen war ein Kreissegment von 236 Fuss Sehne, die Höhe der Brücke über dem Fluss betrug 100 Fuss, die Bogenhöhe 33 Fuss. Das prächtige Bauwerk wurde von Walker in Rotherham innerhalb dreier Jahre gegossen und vollendet. Thomas Wilson von Fig. 225. Bishop-Warmouth war der ausführende Architekt. Die Brücke erregte allgemeine Bewunderung; es war die grösste bis dahin erreichte Bogen- spannung. Ihr Gewicht betrug nur 250 Tons und die Kosten beliefen sich auf 26000 £. — 1795 hatte auch Telford seine erste gusseiserne Brücke (Fig. 224) bei Buildwas über den Severn gebaut. Ebenso hatte er den Oberbau des grossen Aquädukts von Pont Cystillton ganz aus Gusseisen gebaut, wie es die Fig. 225 zeigt. Durch diese Erfolge wurde die Konstruktion schmiedeeiserner Eisengiesserei Ende des 18. Jahrhunderts. Brücken in England ganz zurückgedrängt. In Amerika war dagegen die erste eiserne Brücke eine Kettenbrücke, die Finley 1790 über den Jacobs-Creek baute. Die erste eiserne Brücke in Deutschland war ebenfalls aus Guss- eisen. Sie wurde im Jahre 1796 in Schlesien auf Kosten des Grafen v. Burghaus zu Lassan, sechs Meilen von Breslau, im Striegauer Kreise erbaut. Das Gewicht derselben betrug 946 Ctr. 18½ Pfd. Eisen und die ganzen Kosten dafür betrugen 6711 Thaler. Der Bogen war 40 Fuss weit, 9 Fuss hoch und die Brücke selbst 18 Fuss breit. Die Eisenteile wurden auf der Eisenhütte zu Malapane durch Herrn Boildon gegossen. Zum Andenken an diesen Brückenbau wurde eine Denkmünze geschlagen. Inzwischen hatte man auch begonnen, schmiedeeiserne Brücken zu bauen, doch wollen wir hiervon an einer anderen Stelle berichten. Auch viele kleine Artikel suchte man aus Eisenguss herzustellen, welche man früher aus Schmiedeeisen gemacht hatte. Roste, Gitter, Geländer u. s. w., die man früher geschmiedet hatte, wurden gegossen. In England goss man Ketten, Nägel, Fensterrahmen, Räder, Garten- walzen und viele andere Gegenstände. Die Ketten wurden auf zweierlei Weise verfertigt, einmal in einzelnen Gliedern, welche durch Stifte verbunden wurden, das andre Mal aber so, dass man lange und auf gewöhnliche Art gegliederte Ketten in eins goss, so dass sie unmittelbar nach dem Guss fertig, sogar ohne Gusszapfen waren. Diese Ketten dienten besonders zu Einfassungen und Verzierungen, wozu sie öfter verzinnt und mit Goldfirnis überzogen wurden (siehe Tölle u. Gärtner , S. 11). Über die Fabrikation gegossener Nägel in England haben wir schon gesprochen (S. 447). Auf dem Eisen- werk zu Vietz in der Mark goss man eiserne Glocken, welche wegen ihrer Billigkeit beliebt waren. Zwei Glocken dieser Art waren in Zang- hausen aufgehängt Siehe Handelszeitung 1785. . In verziertem Guss zeichneten sich die Harzer Hütten, namentlich die Ilsenburger- und die Königshütte, aus. Im Kunstguss leistete Lauchhammer Hervorragendes. Der Graf v. Einsiedel that dort viel für den Bildguss. 1780 begann er eine Sammlung der besten Antiken, Basreliefs, Köpfen, Büsten, Statuen und Gruppen, die er mit grossen Kosten in Italien u. s. w. abformen liess, anzulegen. 1781 engagierte er den Bildhauer Wiskotjil , um Formen zum Kunstguss in Eisen anzufertigen. 1784 ward zu Lauchhammer die von den Bild- hauern Wiskotjil und Mällensberger nach der Antike in Wachs Eisengiesserei Ende des 18. Jahrhunderts. ausgegossene und poussierte Statue einer Bachantin in Lehm geformt und in Eisen abgegossen. Das Stück geriet und so kam die Erfindung des Kunstgusses in Eisen zu stande und es wurden, was bisher in keiner Eisengiesserei gelungen war, selbst die grössten Statuen und Gruppen aus dem Ganzen gegossen und kamen rein aus der Form. Vorzüglichen Guss lieferte die nach englischem Muster ein- gerichtete königl. Eisengiesserei zu Gleiwitz in Schlesien. Hier wurden neben Kunstguss Dampfcylinder und sonstige Maschinenteile gegossen, ferner Kriegsmaterial, namentlich Kanonen und Bomben. Durch die Einführung der Kupolöfen zum Umschmelzen war es möglich, überall Giessereien anzulegen und geschah dies dann auch an begünstigten Absatzorten, vornehmlich in grossen Städten. In London gab es gegen Ende des Jahrhunderts bereits eine grosse Anzahl Eisengiessereien, welche besonders altes Gusseisen umschmolzen. Die Gusswaren wurden eingeteilt in ganz Lehm- oder Leimguss-, halb Lehmguss- und Sandgussware. Ganz Lehmguss waren (nach Hofmann 1791) Seifensieder-, Färber- und Wasserkessel, Ofenblasen und Töpfe, Mörser, Kasserolle, Tiegel, Pfannen, Kochtöpfe u. s. w. Diese wurden in Sachsen der Centner, à 110 Pfund, zu 4 Thlr. 20 Gr. bis 5 Thlr. 8 Gr. verkauft. Halb Lehmgusswaren , als Mühlzapfen, Schmiedeformen, Feuer- böcke, Gewichte, Dreifüsse, Bratböcke, Ofenfüsse, Feuerroste u. s. w. waren etwas wohlfeiler. Sandgusswaren , als Ofenplatten, Öfen, Bratröhren, Herd- und Kasserollplatten u. s. w. wurden zu 2 Thlr. 18 bis 21 Gr. verkauft. Die Eisengiessereien gaben in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts bereits Warenverzeichnisse und Preislisten heraus. Aus nachfolgendem Warenverzeichnis der Königshütte im Harz kann man die dort gebräuchliche Einteilung ersehen. A. Offener Herdguss (Gusswerk erster Gattung), als Platten- öfen, grosse und kleine Werners che und andere Arten von Sparöfen, Koch- und Bratöfen, Herdplatten und Ringe, Ambosse für Schmiede, Fusskratzeisen u. s. w. B. Verdeckter Herdguss, offener Herdguss mit Kernen und massiver Lehmguss (oder Gusswerk zweiter Gattung), als Schmiedeformen, Dreifüsse, Geländer, Futterkrippen, Kaminöfen oder sogenannte Franklins. C. Halb-Lehm-, Laden- und bedeckter Herdguss mit Kernen (Gusswerk dritter Gattung), als Zapfen, Krummzapfen, Plätt- Eisengiesserei Ende des 18. Jahrhunderts. und Bügeleisen, Kochtöpfe u. s. w. Grosse massive Walzen für Eisen-, Kupfer- und Messinghütten, Zahnräder. D. Lehm- und hohler Sandguss (Gusswerk vierter Ordnung), als Röhren, runde Stein- und Braunkohlenöfen, Gartenwalzen, Press- schrauben, Mörser, Schalen, Pferderaufen, Maschinenguss (nach Stünkel). Viel ausführlicher noch war der Preiscourant von Gusswaren des königl. Bergwerks-Produkten-Kontors zu Breslau, sowie der königl. Fig. 226. Eisenhüttenwerke Ma- lapane, Kreutzberg und Gleiwitz von 1798 (4°, 2 Bogen) Siehe auch Hildts Handlungszeitung 1798, S. 260. Beckmanns Phys. ökonom. Bibliothek, Bd. XX, S. 233. Blumhof , Encyklopädie, Bd. I, S. 501. . Die Anwendung von Sturzöfen bei der Eisengiesserei hat Reaumur zuerst be- kannt gemacht. Seine Öfen waren indes sehr klein. Von einer Verwendung derselben in der Praxis verlautet nichts. Erst im letzten Viertel des 18. Jahr- hunderts wurde auch diese Idee in England wieder aufgegriffen und Öfen benutzt, die, wie es scheint, dem von Reaumur beschriebe- nen genau nachgebil- det waren, nur hatten sie grössere Dimensio- nen und der Wind wurde durch zwei For- men mittels Bälgen, welche von anderen als Menschenkräften betrieben wurden, ein- geblasen. Norberg erwähnt einen solchen englischen Sturzofen, den er bei Baird in St. Petersburg gesehen hatte, dessen Bälge durch eine Eisengiesserei Ende des 18. Jahrhunderts. Dampfmaschine bewegt wurden und der ein über eine Rolle gehendes Gegengewicht hatte. Dem Russen André Rhodiwonowitsch Bataschef gebührt das Verdienst, die Sturzöfen (Fig. 226, a. v. S.) sehr verbessert und für Holzkohlenbetrieb eingerichtet zu haben Siehe Norberg , a. a. O., S. 44. . Es geschah dies auf dem von ihm 1750 gegründeten grossen Eisenwerk zu Sintul, wo 1794 ein besonderes Giesshaus mit zwei Sturzöfen erbaut wurde. Die Verbesserung bestand zunächst in der Art der Aufhängung (Fig. 227). Die englischen Öfen hatten, wie die Reaumurschen , Zapfen am Boden, wie an einem Mörser, womit sie in recht beschwer- licher Weise gestürzt wurden. Bataschef verlegte die Zapfen höher Fig. 227. hinauf, nahe dem Schwer- punkt, wodurch das Stür- zen mittels eines Hebels durch einen Arbeiter leicht verrichtet werden konnte. In Ermangelung an feuerfestem Thon mauerte er den Ofen mit gewöhnlichen Ziegeln aus, machte aber den Ofen im Bauch so weit, dass ein Arbeiter bequem darin hantieren und die täg- lichen Reparaturen aus- führen konnte. Die Hauptschwierig- keit bildete die Wind- einführung. Wegen des Stürzens konnten die Düsen nicht in die Formen treten, man kon- struierte sie also in der Weise, dass sie möglichst genau aussen an die Formen anschlossen. Da der Ofen viel Wind brauchte und die Schmelzung möglichst rasch bewerkstelligt werden musste, so nahm Bataschef doppelte lederne Bälge von etwa 9 Fuss Länge und 3½ Fuss hintere Breite, welche so rasch bewegt wurden, dass sie 30 Hube in der Minute machten. Dadurch konnten in einer Stunde acht bis zehn Gichten geschmolzen werden. Eine Gicht bestand aus 2½ Kubikfuss Kohlen und 2/4 bis 1 Pud Roheisenbrocken. Auf der Eisengiesserei Ende des 18. Jahrhunderts. Hütte zu Sintul, wo zwei solche Sturzöfen im Betriebe waren, wurden täglich zwei Güsse von 20 bis 30 Pud gemacht. Bataschef hatte damit dreipfündige Kanonen gegossen. Der Ofen wurde ganz umge- stülpt und war nach acht bis zehn Stunden so gekühlt, dass ein daran gewöhnter Schmelzer die nötigen Reparaturen ausführen konnte. Diese Sturzöfen hatten namentlich den Vorteil, dass darin allerhand Eisen, welches sonst nicht gut verwendet werden konnte, zu Guss- waren veredelt wurde. Deshalb führte Norberg dieselben auch in Schweden ein, und zwar erbaute er einen Sturzofen zu Atwidaberg und zwei zu Nevequarn. Der Mantel dieser Öfen war ganz von Eisen, die Ausmauerung geschah in Schweden mit guten feuerfesten Ziegeln. Es genügt, obige Abbildungen mitzuteilen und auf die grosse Ähnlich- keit mit den Bessemer-Birnen hinzuweisen Ein ausführlicher Bericht über den Sturzofen von Atwidaberg von dem berühmten Garney findet sich bei Norberg , a. a. O., S. 47 Anmerkung. . Eine grössere Bedeutung haben die Sturzöfen bei der Eisengiesserei nicht erlangt. Die Ver- besserung der Kupolöfen hat dies verhindert. Erst in unserer Zeit sind dieselben bei der Flussstahlbereitung zur Geltung gekommen. Reaumurs Vorschläge zur Eisenverbesserung, welche längere Zeit hindurch als unpraktisch verschrieen wurden, kamen nach und nach alle zur praktischen Verwendung, zuerst die Cementstahlfabrikation, dann die Anwendung der Umschmelzöfen in der Giesserei, zuletzt auch die Herstellung des schmiedbaren Gusses . Für letzteres wurden im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts verschiedene Patente genommen. Bereits am 27. Novbr. 1769 nahm Jos. Ashton ein Patent auf gegossene Sargnägel, welche nach dem Guss zwölf Stunden lang in einem Feuer von Koks oder Steinkohlen erhitzt und dadurch weich und brauchbar wurden. Hierauf wurden sie mit einer Mineralsäure gebeizt und dann verzinnt. 1781 erhielt James Reaves ein Patent (1279) für die Her- stellung von Geräten (implements) aus Gusseisen, welches durch ver- schiedene Mittel zuvor hart gemacht und nachträglich gestempelt wurde. Ebenso nahm George Matthews 1783 ein Patent, Guss- eisen schmiedbar zu machen, um es für Gegenstände zum Mühlen- bau u. s. w. zu verwenden. Die betreffenden Artikel wurden gegossen und dann in geschlossenen Öfen mit Holzkohle geglüht. Die Öfen brannten 24 Stunden und man liess die Gussstücke im Ofen erkalten. Einem anderen wichtigen metallurgischen Prozess, dem Schmelzen mit Gas , begegnen wir ebenfalls bereits im vorigen Jahrhundert in Stahl Ende des 18. Jahrhunderts. England. Dieses Projekt verfolgte namentlich John Barber . 1791 nahm er ein Patent (Nr. 1833) für den Gebrauch von brennbarer Luft zur Hervorbringung von Bewegung (Gasmaschine) und zur Erleichterung metallurgischer Operationen. In der Beschreibung sagt er: Brennluft (inflammable air or vapour), welche durch Erhitzung brennbarer Substanzen in Retorten erzeugt wird, wird in ein Gefäss, „Exploder“ genannt, geleitet, in welchem sie mit gewöhnlicher Luft gemischt wird; wenn nun an die Mündung desselben ein Licht gebracht wird, so strömt ein ununterbrochener Strom Feuer aus derselben, welcher in Öfen geleitet werden kann, um Erze damit zu schmelzen. Man kann auch Wasser in den Exploder leiten, wodurch der Gas- strom noch verstärkt wird. Barber kombinierte dann seine beiden Erfindungen, die der Reinigung durch Dampf und der Schmelzung mit Gas in einem weiteren Patent von 1792. Steinkohle, Eisen- und andere Erze sollen geschmolzen und gereinigt werden durch Dampf, Luft und Feuer, und die erhaltene Masse dann mit Brennluft behandelt werden. Zu diesem Zwecke werden Steinkohlen und Erz in einen Ofen gebracht und mit einem Strom von Wasserdampf, Luft und zuweilen Ammoniak oder anderer Reinigungsmittel behandelt. Man erhält ein gereinigtes Oxyd (calx), manchmal schon geschmolzen. Man kann das Oxyd zu seiner weiteren Reinigung heiss in Wasser werfen. Das gereinigte Oxyd und Kohle werden dann in einen Schmelzofen aufgegeben, in welchen man Brennluft aus einer Retorte leitet, entweder allein oder mit Gebläse- luft zusammen. Auf diese Weise sollte ein geschmeidiges Metall erhalten werden. Ökonomisch war dieses Verfahren nicht, aber es ist von histo- rischem Interesse als Vorläufer von Gasgeneratoren und Gasschmelzöfen. Stahl Ende des 18. Jahrhunderts. In der Stahlfabrikation hatte England durch die Erfindung des Gussstahls einen ausserordentlichen Vorsprung erlangt. England lieferte den besten Werkzeugstahl. Es hielt diese Fabrikation so geheim, dass fast nichts davon in die Öffentlichkeit drang, deshalb lässt sich auch nicht beurteilen, ob seit der Erfindung Huntsmans Verbesserungen in dieser Fabrikation im Laufe des vorigen Jahr- hunderts eingeführt worden sind. Stahl Ende des 18. Jahrhunderts. Die Stahlcementieröfen zu Sheffield, wie sie Jos. Collier 1796 beschrieben und abgebildet hat Siehe Jos. Collier , Observ. on iron and steel, 18. Nov. 1796. Manchester Memoirs, Vol. V, P. I, p. 109. — Annales des Arts et manufactures, T. I, p. 34. , zeigen allerdings im Vergleich mit den von Jars beschriebenen eine sorgfältigere Konstruktion. Sie standen, wie die Glasöfen, in einer konischen Esse. Der Schwede Broling bereiste England in den Jahren 1797, 1798 und 1799. Aus seinem Reisebericht Broling , Anteckningar under en Resa i England, årn 1797, 1798, och 1799 med snedare Tilläggningar. Stockholm 1817. , der erst 1817 erschien, entnehmen wir nebenstehende Zeichnung eines englischen Gussstahl- Fig. 228. ofens (Fig. 228). Eine Anzahl solcher Wind- öfen (gewöhnlich 12) lagen an einem gemein- schaftlichen Zugkanal, welcher in eine hohe Esse mündete. Man legte die Öfen in der Regel an einem Abhang an, um dadurch den Zug noch zu verstärken. Der obere Kranz des Schmelzofens lag im Niveau der Hütten- sohle, um die Tiegel besser ausheben zu können. Die Tiegel, welche 13 Zoll hoch, oben 8 Zoll, unten 6 Zoll äusseren Durch- messer hatten, wurden aus dem vorzüglich feuerfesten Stourbridge-Thon, den man allein dafür geeignet hielt, hergestellt. Die Tiegelmasse wurde aus 20 Teilen gebranntem und 9 Teilen unge- branntem Thon gemischt und dann in eine gusseiserne Form ge- schlagen, wie es Fig. 229 zeigt. a ist die eiserne Form, b die Kern- form oder der Stempel von hartem Holz und c der Tiegel. Das Fig. 229. Besetzen der Tiegel geschah teils mit einer Zange, teils mit einem Trichter. In letzteren, dessen unteres Ende mit einem Papierpfropfen verschlossen war, wurden die kleinen Stahlbröckchen ein- gefüllt. Wenn man denselben in den glühenden Tiegel hielt, verbrannte das Papier und die Füllung rutschte in denselben. Als Brennmaterial dienten Koks. Der Zuschlag eines Flussmittels geschah nur zum Schutz des geschmolzenen Metalls, war aber durchaus nicht nötig. Huntsman verwendete in seinem berühmten Gussstahlwerk zu Attercliffe nur Beck , Geschichte des Eisens. 49 Stahl Ende des 18. Jahrhunderts. schwedisches Dannemora-Eisen, und zwar nur von den mit beifolgenden Stempeln versehenen Marken (Fig. 230). Die Tiegel wurden vorgewärmt, dann mit 10 bis 12 Pfund chargiert, worauf noch 1 bis 1½ Stunden der Rest der Beschickung eingetragen wurde. Nach 3½ Stunden konnte man zum Guss schreiten. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts versuchte man auch in den übrigen Ländern Europas die Gussstahlfabrikation einzuführen, jedoch ohne besonderen Erfolg. Am bemerkenswertesten sind in dieser Beziehung die Anstrengungen, welche in Frankreich, namentlich zur Zeit der französischen Republik, gemacht wurden. Clouet und Chalut Fig. 230. stellten im Jahre 1788 Versuche an, welche Aufsehen erregten. Sie wurden dabei geleitet von der neuen Theorie, welche Vandermonde, Berthollet und Monge aufgestellt hatten, und durch den sensationellen Nachweis Guyton de Morveaus , welcher Stahl durch Zusammenschmelzen von reinem Eisen und Diamant dargestellt hatte Annales de Chimie, T. XXXI, p. 378, Procès-verbal de la conversion du fer doux en acier fondu par le diamand, par Guyton ; deutsch in Crells Chem. Annalen 1800, Bd. I, S. 433. , wonach also Stahl reines Schmiedeeisen mit höherem Kohlenstoff- gehalt sei. Ihre Absicht war, dem Schmiedeeisen Kohlenstoff direkt im Schmelztiegel zuzusetzen und dadurch den langwierigen Cementations- prozess zu vermeiden. Sie setzten 1 Pfund Schmiedeeisen von Berry mit einer abgewogenen Menge von 1/64 des Gewichtes des Eisens Kohlen- stoff und mit einer bestimmten Menge Glas als Flussmittel und Schlacke in einen Schmelztiegel ein und schmolzen in starker Hitze. Das Produkt war nach ihrer Angabe Stahl, der sich anfangs schwierig bearbeiten liess, nach einigem Schmieden aber weich wurde und sich zu feinem Stahldraht ausziehen liess. Clouet setzte später diese Versuche allein fort, legte deren Ergebnisse dem Nationalinstitut vor und veröffentlichte sie Journal de Physique, II, p. 46, Clouets und Chaluts erste Versuche 1788; Journal des Mines, an VII (1799), Nr. 43, p. 3, Resultats et experiences sur les différents états de fer par Clouet enthält die weiteren Versuche; Annal. de Chimie, T. XXVIII, p. 19 — 39, Rapport sur les resultats des expériences du Cit. Clouet , sur les différents états du fer, et pour la conversion du fer en acier fondu fait par Guyton , le 16 Messidor an VI (1798); deutsch in Crells Chem. Annal. 1800, Bd. II, S. 55. . Er erhielt angeblich Stahl 1. aus Schmiede- eisen mit 1/32 seines Gewichtes an Kohle, 2. aus Eisen, Glas und Kohle (1/20 bis 1/30), 3. aus 1 Tl. Eisenoxydul (d. h. Oxyduloxyd) und 1½ Stahl Ende des 18. Jahrhunderts. bis 2 Tln. Kohlenstaub nach dem Volumen, 4. aus 1 Tl. Eisenoxydul und 4 Tln. grauem Roheisen, 5. aus 3 Tln. Stabeisen, 1 Tl. kohlensaurem Kalk und 1 Tl. gebranntem Thon, besonders solchen von alten Schmelz- tiegeln. Er führte ausserdem Stahl in den Zustand des Eisens zurück, indem er 1 Tl. Oxydul und 6 Tle. Stahl zusammenschmolz. Der Stahl wird nach Clouet schon durch blosses Glühen von Stahl- plättchen in Eisenoxydul wieder zu Eisen. Von diesen Versuchen erregte der unter 5. angeführte, wonach Gussstahl durch Zusammenschmelzen von weichem Eisen mit kohlen- saurem Kalk und Thon, ohne Zusatz von Kohlen, entstehen sollte, die grösste Aufmerksamkeit. Clouet selbst und das Institut legten den grössten Wert auf den- selben und man wiederholte die Versuche in der Probieresse des Conseil des mines, im Laboratorium der polytechnischen Schule und in dem Windofen der Pariser Münze, indem man 3 bis 4 kg kleiner eiserner Nägel mit den Zusätzen der Hitze aussetzte. Man erhielt in allen Fällen bei einer Temperatur von 150° Wedgwood eine flüssige Masse, welche man in eine Giessform laufen liess und welche vollkommen dem Gussstahl ähnlich war. Der Pariser Messerschmied Petitvalle probierte dieselbe und erklärte sie von gleicher Güte wie echter Huntsman- und Marshall-Stahl. Die zur Stahlwerdung nötige Menge Kohlenstoff sollte hierbei nach Clouet durch Zerlegung der Kohlensäure des Kalks erzeugt werden. Diese Säure werde durch das Schmelzen mit Thon von dem Kalk entbunden. Das Eisen übe aber auf die Kohlensäure eine dop- pelte Wirkung, es bilde mit dem Sauerstoff derselben Oxydul, welches sich in der Schlacke auflöse, und das übrige Eisen verbinde sich mit dem Kohlenstoff zu Stahl. Theoretisch schien diese Erklärung nach dem damaligen Stande der Wissenschaft durchaus begründet und so acceptierte man sie in Frankreich und legte Clouets Erfindung grosse Wichtigkeit bei. Mushet in England wies aber nach, dass man das gleiche Resultat erhalte, wenn man statt rohem Kalk gebrannten Kalk nehme, dass also die Kohlung nicht durch die Kohlensäure, son- dern durch Kohlengase, die aus dem Brennmaterial sich entwickelten und in den Tiegel eindrangen, bewirkt wurde. Dadurch wurde sogar der Fundamentalversuch Guytons und Clouets mit dem Diaman- ten zweifelhaft. Clouets hochgepriesene Erfindungen hatten nicht den Erfolg, den man erwartete, sie sind aber von geschichtlicher Bedeutung, weil sie viele Erörterungen und Untersuchungen veranlass- ten, welche zur Aufklärung über den Gussstahlprozess führten und 49* Stahl Ende des 18. Jahrhunderts. weil sie den Ausgangspunkt für Mushets wichtigere Entdeckungen bildeten. Clouets Versuche trugen auch wesentlich zur Bekräftigung der neuen Theorie, dass die Eisensorten nur verschiedengradige Kohlen- stoffverbindungen seien, bei. Er wollte durch direkte Synthese gefunden haben, dass Stahl entstehe, wenn man Schmiedeeisen mit 1/32 seines Gewichtes Kohle zusammenschmelze, dass es mit ⅙ Kohle eine Art Stahl gäbe, die kaum mehr schmiedbar sei und dass weiterer Kohlenzusatz das Eisen in Roheisen verwandle. Die schönen Ergeb- nisse seiner Versuche verdarb aber Clouet wieder durch seine falschen Theorieen. Ausser der oben erwähnten, von der kohlenden Wirkung der Kohlensäure, behauptete er nämlich ferner, dass sich das Glas mit dem Eisen verbinde oder legiere und den grössten Einfluss auf seine Eigenschaften ausübe. Das Glas vereinige sich allerdings nur in sehr geringer Menge mit dem Eisen. Solches glashaltige Eisen liesse sich noch ganz gut von der Feile angreifen, zerfliege aber schon bei Kirschrotglut unter dem Hammer. Nach dem Ausgiessen in die Form ziehe es sich stark zusammen, und dünn ausgeschlagen zeige es nach dem Ablöschen das Korn des Stahls und werde spröde, ohne härter zu werden. Nicht nur das metallische Eisen, sondern auch die Oxyde des Eisens liessen sich nach Clouet durch Vermischen mit bestimmter Menge Kohle in Schmiedeeisen, Stahl oder Stabeisen verwandeln. Das schwarze Eisenoxyd (Magneteisen) werde Eisen, wenn man es mit einer gleichen Raummenge Kohlen im Tiegel behandele; mit der doppelten Menge Kohle werde es Stahl und mit noch grösseren Mengen Kohle erhielte man weisses und graues Roheisen. Eben dieselben Übergänge beob- achtete Clouet bei der Behandlung von verschiedenen Mengen von Roheisen und Eisenoxyd, von Roheisen und geschmeidigem Eisen, von Eisenoxyd und Eisen und Eisenoxyd und Stahl. Nach Clouet wäre ⅕ Roheisen hinreichend, um Eisen in Stahl zu verwandeln. Umge- kehrt bringe ⅙ Eisenoxyd gewöhnlichen Stahl in den Zustand des Eisens zurück, wenn man beide im Schmiedefeuer oder durch Cemen- tation behandele. Weitere Versuche Clouets beziehen sich auf die Herstellung des damascierten Stahls . Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts hatte der indische Wootzstahl in England und der orientalische Damascener- stahl in Frankreich und den übrigen Staaten des Kontinents die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Das Interesse für denselben wurde noch dadurch erhöht, dass die Türkei die Ausfuhr des echten Damascenerstahls bei Todesstrafe verboten hatte. Damascenerklingen Stahl Ende des 18. Jahrhunderts. nachzumachen wurde namentlich in Frankreich als eine bedeutsame Aufgabe der Stahlindustrie angesehen, welcher sogar eine volkswirt- schaftliche Bedeutung beigelegt wurde. Perret hatte schon 1779 in seiner Mémoire sur l’acier die Herstellung der Damastklingen genau beschrieben und bereits ganz richtig zwischen künstlichem und eigent- lichem Damast, der aus Persien komme und eine Art Gussstahl sei, unterschieden. Clouet hatte versucht, seinen Gussstahl zu Säbelklingen zu ver- arbeiten und es gelang ihm im weiteren Verfolg dieser Versuche, schöne damascierte Klingen herzustellen. Die Klingen erregten allge- meine Bewunderung und Clouet wurde vom Wohlfahrtsausschuss auf- gefordert, seine Kunst, damascierte Klingen zu machen, öffentlich zum Druck zu geben. Dieses Werk erschien aber erst nach seinem 1801 auf einer wissenschaftlichen Reise nach Cayenne eingetretenen Tode. Wir entnehmen der ausführlichen Abhandlung Journal des mines, Tome 15 (Nr. 90), p. 421, Clouet , Sur l’art de fabri- quer les lames figurées, dites lames de Damas; deutsch im Journal für Fabrik. etc. XXXIII, S. 308. folgendes. Die Kunst, gemusterte Klingen zu verfertigen, besteht darin, dass man Stäbe von verschiedener Gestalt, von Eisen und Stahl oder bei feinen Klingen nur von verschiedenen Stahlsorten zusammenschweisst. Je feiner das Material, je mehr behält es seine Eigenschaften, je schärfer treten die Zeichnungen später hervor. Die Kombinationen sind zahl- los. Der Stahl soll immer raffiniert sein. Die einzelnen Streifen, aus denen man die Pakete bildet, sollen höchstens 2 mm dick sein und etwa 25 mm breit. Man muss wenigstens 30 Streifen zusammen- schweissen, was aber auch erreicht wird, wenn man ein Bündel von zwölf Streifen schweisst und ausschmiedet, die Stange in drei Stücke zerschneidet, diese aufeinanderlegt und von neuem schweisst und reckt. Damit jede Stahlsorte ihre Natur behalte, ist sehr vorsichtiges Erhitzen beim Schweissen nötig und muss Schweissen und Schmieden bei mög- lichst geringer Hitze geschehen. Die Schweissung erfolgt am besten in der Richtung der Sehne, deshalb legt man die Stäbe der Länge nach zusammen und bringt die Windungen durch Drehen und Wickeln hervor. Die gedrehten ausgeschmiedeten, aus Bündeln zusammen- gesetzten Stäbe kann man in der Mitte spalten. Zu dem Zweck pflegt man den gewundenen Stab glatt auszuschmieden, so dass er doppelt so breit als dick ist, und ihn dann zu spalten. Diese gespaltenen Stäbe kann man umkehren und wieder zusammenschweissen. Es lassen sich aber auch bei parallelen Blättern ohne Drehung Zeichnungen her- Stahl Ende des 18. Jahrhunderts. stellen, wenn man einzelne Zwischenlagen nach Mustern ausschneidet und einschweisst oder wenn man die Zeichnungen mit dem Grabstichel eingräbt, die dann beim Schweissen teilweise ausgefüllt werden. Ein drittes Verfahren ist, sie nach Mosaikart zusammenzusetzen. Hierzu legt man die Stäbe, welche das Dessin bilden sollen, nebeneinander, schweisst dieselben zusammen, sägt sie dann rechtwinklig zur Achse durch und schweisst die so erhaltenen flachen Plättchen auf die Klinge auf. Dies Verfahren wendet man nur dann an, wenn eine gewisse Zahl gleicher Figuren in regelmässigem Abstande sich wiederholen sollen. In diesem Mosaikdamast hat Clouet besonders schöne Arbeiten hergestellt. In ähnlicher Weise hat auch Hermann Versuche zur Nachahmung orientalischer Klingen mit gutem Erfolg angestellt Siehe Nova Acta Acad. Imp. Petrop., Vol. XII, 1801, p. 352 und daraus in Crells Chem. Annalen 1802, S. 13. Versuche über den Damascener Stahl von H. R. Hermann; vergl. Chem. Annalen 1792, Bd. II, S. 99 und Hildts Handlungs- Zeitung 1793, S. 115. . Um diese Zeit, Anfang der 90 er Jahre, wurde der Wootzstahl der Indier zuerst in Europa bekannt. Durch seine grosse Härte und Festigkeit zog er die Aufmerksamkeit auf sich. George Pearson war es, der den indischen Wootzstahl zuerst untersuchte und das Ergebnis seiner Untersuchungen 1795 der Royal Society in London mitteilte Siehe Transactions of the Royal Soc. 1795, p. 322. . Seine Prüfung war sehr genau, aber mehr eine physi- kalische als eine chemische. Er fand, dass es ein sehr harter Gussstahl sei, der dem weissen Roheisen schon nahe komme. Er liess sich noch härten, aber nur wenig, und verhielt sich auch nach dem Glühen noch hart gegen die Feile, nahm ausgezeichnete Politur an und war schwerer schmelzbar als Roheisen. Salpetersäure hinterliess auf der polierten Oberfläche einen schwarzen Fleck; in verdünnter Schwefelsäure gelöst, hinterliess er soviel Kohlenstoff wie Stahl. Pearson , der über die Herstellung des Wootz keine Nachrichten hatte, stand nicht an, aus seinem Verhalten zu schliessen, dass er unmittelbar aus den Erzen geschmolzen worden sei und sich niemals im Zustande des Schmiede- eisens befunden habe, denn die Stahlkuchen stellten offenbar einen geschmolzenen Metallkönig dar und das Bruchansehen deutete eben- falls auf die erfolgte Schmelzung der Masse. Feine Stahlwaren von vorzüglicher Politur lieferte England am besten. Die berühmteste Fabrik der Art war die zu Soho bei Birmingham von Boulton, Watt und Fothergill , welche besonders durch ihre vorzüglichen Maschineneinrichtungen hervor- Stahl Ende des 18. Jahrhunderts. ragte, indem die Arbeiten mit Schmiede-, Press-, Stampf-, Dreh-, Schleif- und Poliermaschinen, welche selbst wieder durch Dampf- maschinen in Bewegung gesetzt wurden, ausgeführt wurden. Stahlknöpfe und stählerne Uhrketten gehörten zu den wichtigsten Artikeln. Ausser Birmingham lieferten Wolverhampton und Woodstock vortreffliche Waren dieser Art. Indessen wurden die Knöpfe nicht aus Stahl, sondern aus schwedischem Eisen hergestellt und erhielten erst, nach- dem sie façonniert waren, eine Einfalzhärtung, worauf sie geschliffen und poliert wurden. Um zu erkennen, ob eine Ware aus Stahl oder aus Eisen gefertigt sei, was besonders bei Waffenlieferungen von Wichtigkeit war, bediente man sich gewisser Proben . Der Wohlfahrtsausschuss der franzö- sischen Republik hatte folgende Stahlprobe öffentlich bekannt gemacht: Wenn man einen Tropfen Salpetersäure auf eine Klinge von poliertem Eisen fallen lässt und nach einigen Minuten Wasser darauf giesst, so nimmt dieses die Säure und alles Aufgelöste weg und es bleibt nur ein weisser, eisenfarbiger Fleck zurück. Wird aber dieser Versuch auf einer Klinge von poliertem Stahl gemacht, so greift die Säure zwar auch die Eisenteile an, sie wirkt aber nicht auf die Kohle des Stahls und diese setzt sich während der Auflösung ab, so dass ein schwarzer Fleck zurückbleibt, den das Wasser nicht wegnimmt und der sehr dauerhaft ist, weil er fest mit dem Stahl zusammenhängt. Hartley in London nahm am 9. Juni 1789 ein Patent, die Stahlhärtung unter Anwendung eines Pyrometers und Quecksilber- thermometers auszuführen. Er hatte die besten Temperaturen zur Härtung zwischen 400 bis 600° Fahrenheit gefunden und stellte folgende Skala der Anlauffarben für die Stahlhärtung auf: Fahrenheit Celsius 430° = 221°. Sehr blassgelb, für Lancetten geeignet. 450° = 232°. Strohgelb, für chirurgische Instrumente und Rasier- messer. 470° = 243°. Glänzend gelb, für Federmesser. 490° = 254°. Braun, für Meissel und Werkzeuge zum Eisen- schneiden. 510° = 265°. Braun mit Purpurflecken, für Achsen und Hobel- eisen. 530° = 277°. Purpur, für Tafelmesser und grosse Meissel. 550° = 288°. Hellblau, für Schwerter und Uhrfedern. 560° = 293°. Tiefblau, für feine Sägen, Dolchklingen u. s. w. 600° = 315°. Fast schwarzblau, für Handsägen. Stahl Ende des 18. Jahrhunderts. Stodart Siehe Philos. Transactions 1795, p. 326. fand 450° F. als die richtigste Temperatur für das Härten von Federmessern. Die Schwierigkeit, welche das Zusammenschweissen von Gussstahl und Eisen darbot, wollte Thomas Frankland durch ein von ihm erfundenes Verfahren überwinden Siehe On welding cast steel by Sir Thomas Frankland, Philos. Transact. 1795, P. II. Deutsch von Buschendorf in Journal für Fabrik. etc., Bd. XVII, Juli 1799, S. 49. . Es bestand dies darin, Eisen und Stahl, welche zusammengeschweisst werden sollten, in getrennten Feuern zu erhitzen und dabei dem Stahl eine schwächere Hitze zu geben als dem Eisen. Stahl erhitzt sich rascher im Feuer wie Eisen und schweisst bei niedrigerer Temperatur. Wollte man beiden zusammen die Schweisshitze geben, wie dies meist geschah, so würde Stahl ver- brennen, ehe das Eisen seine richtige Schweisshitze erlangt hat. Dies ist der Grund für obiges Verfahren. Bei feinen und kurzen Sachen gab man erst dem Eisen und Stahl Gestalt und Umfang, wie es das fertige Stück erforderte. Bei langen Gegenständen, wie Sensen u. dergl., bei denen nur eine Stahlschneide verlangt wurde, schmiedete man dagegen zwei entsprechend lange Streifen aus, schweisste sie zusammen und schmiedete erst dann die Form aus. Glatte Stahlwalzen beschleunigten und beförderten dieses Verfahren, indem man die Stäbe, Bleche u. s. w. erst auf Länge, Breite und Dicke ausschmiedete und hierauf für sich durch die an- gewärmten Cylinder laufen liess; dann beide Streifen schweisswarm aufeinanderlegte und zusammen die Walzen passieren liess, wobei die Schweissung leicht und vollständig erfolgte, wenn die Hitze die richtige war. Auf ähnliche Art konnte man auch schon fertigen Instrumenten ein Stahlblatt auf das schnellste auflegen. Da dies bei grossen Stücken, z. B. bei Walzen, nicht anging, so schlug Frankland vor, erst den inneren Teil derselben, d. h. die ganze Form abzüglich der Stahl- stärke, aus Gusseisen zu giessen, diesen Kern dann in eine Lehm- form einzusetzen, zu erhitzen und dann den Stahl darum zu giessen. Sollte die Walze eine sehr starke Achse haben, stärker als sie aus Gusseisen hergestellt werden kann, so fertigte man dieselbe vorher aus Schmiedeeisen und goss erst mit Gusseisen den inneren Walzen- körper darum und hierauf dann den Stahl (compound metal!). — Die Verstählung durch Verschmelzung sollte sich auch bei vielen kleinen Gegenständen mit Vorteil anwenden lassen. Stahl Ende des 18. Jahrhunderts. Verarbeitung von Eisen und Stahl. Es würde zu weit führen, die Geschichte der zahlreichen Eisen- verarbeitungen im einzelnen schildern zu wollen. Wir müssen uns auf kurze Notizen über einige derselben beschränken. Die Ver- wendung von Schmiedeeisen zu Baukonstruktionen war im vorigen Jahrhundert noch sehr gering. Öfter wendete man hierfür schon Gusseisen an, namentlich in England. Die erste bekannte selbständige Deckenkonstruktion von Schmiedeeisen rührte von dem französischen Baugeschworenen Ango her, der 1785 in einem Hause zu Boulogne Decken mit Hülfe eines Eisengerippes, bestehend aus mehreren durch Querstäbe miteinander verbundenen gesprengten Flacheisenträgern, hergestellt hatte. Diese wurden von einer besonderen Kommission der Pariser Akademie geprüft und vortrefflich befunden. Die Kon- struktion fand Nachahmung. Ango war auch der erste, der in Frankreich schmiedeeiserne Dachstühle konstruierte, worin ihm Labarre nachfolgte. Über die Verwendung von Guss- und Schmiedeeisen zum Brücken- bau haben wir bereits berichtet, ebenso über die Verwendung von Schmiedeeisen zu Grubenseilen. Kettentaue statt der Hanfseile für Schiffe zu verwenden, hatte Philipp White in England 1634 zuerst vorgeschlagen, desgleichen Collin Mackenzie 1791. W. Hancock zu Birmingham stellte 1790 die Kettenglieder aus Draht dar. Sonst waren in England gegossene Ketten um diese Zeit vielfach in Gebrauch. Schlosser beschäftigten sich vielfach mit der Herstellung eiserner Geländer, Balkone u. s. w. Dieselben wurden zuweilen aus Blech aus- gehauen (balcons à tole ciselée). Die Schlösser selbst erfuhren eine wichtige Verbesserung durch Regniers Mahlschloss (cadenat à rou- leaux). Derselbe erfand auch die Schlüssellochdeckel (cache-entrée). In Deutschland hatte Freytag zu Gera schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die dreimal schliessenden runden Schlösser, welche in der Folge fälschlich französische Schlösser genannt wurden, angefertigt. Künstliche Kombinationsschlösser erfanden 1778 Boissier und der Prinz von Beaufond in Frankreich und Robert Barron in England. 1784 trat Bramah mit seinem berühmten Sicherheitsschloss auf. Weitere Angaben werden bei den einzelnen Ländern folgen. Die gewerblichen Verhältnisse. Die gewerblichen Verhältnisse. Die gewerblichen Verhältnisse standen im 18. Jahrhundert im allgemeinen noch unter dem Zunftzwang, wenn dieser sich auch in den verschiedenen Ländern verschieden entwickelt hatte. Die Stellung der Zünfte hatte sich seit dem 30 jährigen Kriege wesent- lich dadurch verändert, dass die landesherrliche Bevormundung eine viel stärkere geworden war. Während die Zünfte ihren Ursprung in dem freiwilligen Zusammenschluss der gleichartigen Gewerbetreibenden zum Schutz und gegenseitiger Unterstützung und Förderung hatten, ging diese Unabhängigkeit bei dem fortschreitenden Verfall der Zünfte mehr und mehr verloren. Sie suchten Schutz und materielle Unter- stützung bei der Obrigkeit, so dass sich allmählich die Vorstellung ausbildete, dass auch ihre Rechte nur von der Obrigkeit oder der Landesherrschaft verliehen seien. Diese Auffassung begünstigten die Regierungen, so dass sie sich allmählich zu einer festen Lehre gestaltete. Auch gaben die Zünfte durch ihr Benehmen, welches immer exklusiver wurde, der Regierung oft genug Grund zum Ein- schreiten, zur Prüfung und schliesslich auch zur Abänderung ihrer Satzungen. Der sittliche Wert der Zünfte war schon seit langer Zeit im Schwinden und war im 30 jährigen Kriege ganz verloren gegangen. Kastengeist, Gewinnsucht, Eitelkeit, Wichtigthuerei, engherzige Exklu- sivität, Konkurrenzfurcht, Brotneid und Engherzigkeit waren an die Stelle der alten Bürgertugenden, welche das Handwerk im Mittel- alter ausgezeichnet hatten, getreten. Die alten Zunfteinrichtungen dienten nur noch dazu, einer kleinen Zahl privilegierter Familien in einzelnen Städten eine sichere Existenz zu schaffen Siehe Dr. G. Schönberg , Handbuch der politischen Ökonomie, S. 846. . Der Zunft- zwang diente nur noch als ein Mittel, Unzünftige auszuschliessen. Das Meisterrecht wurde zu einem Gegenstand des Verkaufs gemacht. Die Geschlossenheit der Zunft, d. h. die Beschränkung auf eine bestimmte Zahl von Meistern, womöglich die gänzliche Sperrung wurden als Privilegium erstrebt. Der Arbeitsfleiss verschwand und mit ihr die Geschicklichkeit und Kunstfertigkeit, welche vordem der Ruhm der deutschen Meister gewesen war. Solche Zustände mussten natür- lich Gegenstand fortwährender Klagen werden. Die Handwerks- missbräuche abzustellen, war eine unaufhörliche Sorge der Regierungen. Die gewerblichen Verhältnisse. Wo dieselbe stark genug war, dem Widerstande der Zünfte erfolgreich gegenüber zu treten, bildete sich immer bestimmter die Vorstellung aus, dass die Zunftrechte vom Staat verliehene Privilegien seien. Sowohl einzelne Fürsten als der Reichsschluss von 1731 erwogen ernstlich die Aufhebung der Zünfte. Auch privilegierte der Staat unzünftige Handwerker als Freimeister und die Zunft musste sich diese unzünftigen Meister gefallen lassen. Durch eingehende, weit- läufige Gesetze wurden die Zünfte reglementiert und einer ständigen Überwachung unterstellt. Von Obrigkeits wegen wurden jetzt die Bedingungen für die Aufnahme in die Zunft festgesetzt und das Lehrlingswesen geordnet; in gleicher Weise wurde das Gesellenwesen gesetzlich geregelt und die Meisterprüfungen wurden unter Kontrolle der Staatsbehörde abgehalten. Neben dem zünftigen Handwerk entwickelten sich immer neue nicht zünftige Gewerbe, welche namentlich die industriellen Arbeiter, die Fabriken umfassten. Die merkantilistischen Grundsätze, nach welchen die Regierungen das Gewerbewesen leiteten, bezweckten die Industrie des eigenen Landes von der des Auslandes unabhängig zu machen, ihr den inländischen Markt zu sichern und die Ausfuhr der einheimischen Erzeugnisse zu befördern. Um ersteres zu erreichen, gründeten die Fürsten Staatsfabriken und zogen fremde Künstler in das Land. Die Einfuhr fremder Produkte wurde durch Zölle erschwert. Diese Bevormundung führte aber besonders bei der Zersplitterung Deutschlands und der Kleinstaaterei zu einer Unterdrückung der Bewegungsfreiheit und zur Hemmnis des gewerblichen Fortschritts, namentlich der Grossindustrie, und so fand dann der Ruf nach Gewerbefreiheit , welchen Adam Smith in England laut und mit überzeugender Begründung erhoben hatte, in allen industriellen Staaten Anklang. In Österreich suchten Maria Theresia und Joseph II. den Gewerbefleiss und das aufkeimende Fabrikwesen durch zahlreiche Specialbestimmungen von den Fesseln der Zunft zu befreien. Viele unzünftige Gewerbe wurden zugelassen. Die Hof-Verordnung von Nieder-Österreich zählt bereits 37 Gewerbe auf, welche für unbedingt frei erklärt worden waren. Ganz allgemein wurden aber die Fabriken von dem Zunftzwange befreit. In Frankreich ging man noch entschiedener vor. Dort hatte im 17. Jahrhundert der grosse Minister Colbert zugleich mit der Volkswirtschaft das ganze Gewerbewesen reformiert. Als er die Leitung der Regierung übernahm (1661), war die französische Industrie Die gewerblichen Verhältnisse. hinter der anderer europäischer Staaten zurück. Er wollte durch eine neue Gewerbepolitik die Gewerbe heben, Frankreich von seiner Abhängigkeit auf industriellem Gebiet befreien und es zu einem exportierenden Staat machen. Er glaubte dies nur erreichen zu können durch unmittelbares Eingreifen, durch eine strenge staatliche Bevormundung der Industrie und durch weitgehende Staatsunter- stützung. Er begann seine Reform der Industrie 1665 durch die obrigkeitliche Regelung des Textilgewerbes, welcher die Reform der übrigen Industriezweige folgte. Die Reglementierung erstreckte sich auf Anlagen der Fabriken, Betrieb, Erzeugnisse, kurz auf alle Einzel- heiten und sollten vor allem die Herstellung guter Ware sichern. Zur Durchführung seiner Vorschriften schuf Colbert eine grosse Organisation von Fabrikinspektoren. Viele neue Industriezweige wurden eingeführt. Auch die Metallindustrie suchte er zu heben. Haupt- sächlich förderte er aber das Kunstgewerbe, für welches seit jener Zeit Paris der Vorort wurde. Das Handwerk organisierte er zünftig. Die Zünfte sollten aber ganz von der Obrigkeit abhängig, selbst obrigkeitliche Organe, staatliche Polizeianstalten sein. Colberts Erfolg war gross. Seine Regierungszeit (1661 bis 1683) bildet eine Glanzperiode des französischen Gewerbewesens. Aber sie dauerte nicht länger als er lebte. Die Aufhebung des Edikts von Nantes unmittel- bar nach seinem Tode, welche Hunderttausende der geschicktesten Arbeiter und Künstler aus dem Lande trieb, bereitete ihr ein jähes Ende. Dazu kamen schwere Kriege und die Verschwendung des Hofes. Colberts Bevormundungssystem wirkte in den ungeschickten Händen seiner Nachfolger nur schädlich. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts kamen die Anschauungen der Physiokraten, welche absolute Gewerbe- und Handelsfreiheit als die wahre Staatsweisheit verkündigten, zur Geltung. Zur Herrschaft gelangte diese Richtung, als Turgot 1774 Minister wurde. Im Februar 1776 erlies er, im Widerspruch mit dem Parlament, sein berühmtes Edikt, welches die Zünfte aufhob und die Gewerbe- freiheit einführte. Während man bis dahin das Recht auf Erwerb aus gewerblicher Arbeit als ein vom Staat oder von der Krone ver- liehenes Recht angesehen hatte, stellte er dasselbe als ein natürliches Recht jedes Menschen hin. Es ist nicht Zufall, dass in demselben Jahre Adam Smiths epochemachendes Werk über den Reichtum der Nationen (Inquiry into the nature and causes of the Wealth of Nations. London 1776) erschien. Adam Smith hatte sich vordem in Frank- reich aufgehalten und Turgot war ein begeisterter Anhänger seiner Die gewerblichen Verhältnisse. radikalen Ideen. Das Recht auf Arbeit erklärte Turgot für den heiligsten Besitz Wilhelm Roscher , System der Volkswirtschaft, Bd. III, S. 657. . Jedes Gesetz, welches dawider streite, sei als Verletzung des Naturrechtes ipso facto nichtig; die Zünfte grotesk und tyrannisch, ein Ergebnis der Selbstsucht, Habgier und Gewalt. Natürlich jubelten die Arbeiter über das neue Gesetz. Mit solch revolutionären Grundsätzen liess sich aber nicht lange in einem monarchischen Staate regieren, schon nach sechs Monaten erfolgte Turgots Sturz und die geschlossenen Zünfte thaten sich wieder auf. Allerdings verschwanden von den 110 aufgehobenen Zünften 21 dauernd, die übrigen schlossen sich zu 44 Verbänden zusammen. Auch dieser Zustand dauerte nicht lange; die französische Revolution brach aus und am 17. Juni 1791 schaffte die konstituierende National- versammlung die Zünfte von neuem ab. Nach diesem Vorgehen Frankreichs strebten auch in den anderen Kontinentalstaaten die freisinnigen Geister nach Gewerbefreiheit. In England bestand diese in der Praxis schon lange. Das Zunft- wesen hatte dort nie die starre Form angenommen wie auf dem Kontinent. Der Grund lag zum grossen Teil darin, dass die Gewerbe lange zurückgeblieben und die Könige gezwungen waren, fremde Arbeiter und Künstler in das Land zu ziehen. Erst seit der Herr- schaft der Tudors , seit Heinrich VII. (1485 bis 1509) und Heinrich VIII. (1509 bis 1547) trat das Bestreben hervor, die nationale Arbeit zu schützen, die heimische Produktion zu heben. Eine Menge einzelner Monopole und Privilegien wurden erteilt. Eine eigentliche Gewerbe- ordnung erliess aber erst Königin Elisabeth durch die sogenannte „Lehrlingsakte“ 1562. Die Hauptbestimmungen derselben waren, dass keiner ein Gewerbe, welches technische Geschicklichkeiten erforderte, betreiben durfte, der nicht sieben Jahre in der Lehre gewesen war. Wer in die Lehre treten wollte, durfte noch nicht 21 Jahre alt sein und seine Eltern mussten einiges Vermögen besitzen. Die Zahl der Lehrlinge gegenüber den Gesellen war bestimmt. Niemand durfte einen Gesellen auf weniger als ein Jahr dingen mit gegenseitiger vierteljähriger Kündigung. Die Arbeitszeit war festgesetzt auf zwölf Stunden im Sommer und auf die Zeit von Tagesanbruch bis Sonnen- untergang im Winter. Der Lohn sollte jährlich von Friedensrichtern und Stadtmagistraten auf einer allgemeinen Sitzung nach Ostern fest- gesetzt werden. Dieselben Behörden sollten auch Streitigkeiten zwischen Meistern und Lehrlingen schlichten und die letzteren beschützen. Die gewerblichen Verhältnisse. Obgleich diese Bestimmungen viel liberaler waren als die Zunft- vorschriften in Deutschland, so wurden sie doch als lästiger Zwang empfunden. Deshalb legte man sie später dahin aus, dass sie nur Gültigkeit für diejenigen Städte und Flecken mit Korporationsrechten, welche vor 1562 bestanden hätten, beanspruchen könnten. Im Laufe des 16. Jahrhunderts waren viele Privilegien und Monopole an ein- zelne verliehen worden, gegen den Willen des Volkes. Diese Ver- leihungen waren einträglich für die Krone. Als nun Jakob I. eben- falls viele derartige Vorrechte gegen Abgaben an ihn selbst erteilte, erhob sich das Parlament gegen diesen Missbrauch und setzte das wichtige Statut von 1623 durch, welches alle bisher erlassenen oder künftig zu erlassenden Bewilligungen, Charters und Patentbriefe für Alleinverkauf oder Vorkauf, Verfertigung von Gewerbserzeugnissen, Arbeit oder Gebrauch irgend eines Gegenstandes mit Monopolrecht (ausser einigen ausdrücklich genannten Erfindungspatenten) für null und nichtig erklärte und jede neue Monopolverleihung von der Bewilligung des Parlaments abhängig machte. Seit jener Zeit entwickelte sich erst das geordnete englische Patentwesen , welches für die Industrie von so grosser Bedeutung wurde. Weniger durch Gesetz als durch die Praxis wuchs von da ab immer mehr in England die Gewerbefreiheit. In dem Kampf zwischen Handwerk und Industrie, zwischen Klein- und Grossbetrieb, zwischen den Vertretern einer über die bestehenden Gesetze hin- ausgehenden Gewerbefreiheit und den Verteidigern des diese ein- schränkenden bestehenden Rechts verhielt sich die Staatsgewalt in der Regel passiv und beförderte mit dieser Politik des laisser faire die Entwickelung der englischen Grossindustrie. Die gewerbliche Bedeutung der Zünfte verschwand fast völlig. Nur die Messerschmiede von Sheffield hielten an ihrer Zunftverfassung fest. Sie bildeten eine Innung unter dem Namen the company of cutlers of Hallamshire. Ihr Reglement von 1625 wurde noch 1791 erneuert und verbessert. Es durfte keiner eine Fabrik haben, auch keine Waren fabrizieren lassen, der nicht sieben Jahre in der Lehre gestanden und sein Meisterstück zur Schau ausgestellt hatte. In Birmingham kannte man diese Beschränkungen damals nicht mehr. Wesentlich trugen zu der freisinnigen Entwickelung die Lehren von Adam Smith (1723 bis 1790), des Gründers des Industriesystems in der Volkswirtschaft, bei. Dieser erklärte die Arbeit für die Quelle des Vermögens und den Staat für verpflichtet, alle Hindernisse, welche der Entwick- lung des Gewerbefleisses im Wege ständen, zu beseitigen. Die gewerblichen Verhältnisse. Diese freisinnigen Anschauungen kamen hauptsächlich der Industrie zu gute, welche sich frei und ungestört in England entfalten konnte und schon dadurch einen grossen Vorsprung vor der bevormundeten, polizeilich beaufsichtigten und eingeschränkten Industrie der Konti- nentalstaaten gewann. In der Eisenindustrie war die Einteilung der Arbeit , die Zahl der Arbeiter und ihre Pflichten, so lange man nur die alten Holzkohlen- hütten und den Frischbetrieb kannte, in allen Ländern ziemlich gleich. Bei einer Hochofenhütte bestanden die Arbeiter aus dem Hoch- ofenmeister und seinem Gesellen oder Knecht, der ihn ablöste, und zwei bis drei Hülfsarbeitern. Der Meister hatte die Zustellung des Ofens zu besorgen, bestimmte meistens auch den Satz, besorgte das Abstechen der Schlacken und des Eisens, das Reinigen des Gestelles und der Form, den Gang der Blasebälge u. s. w. Die Aufgeber besorgten das Einschütten der Kohlen und des Eisensteins oben in die Gicht des Ofens; der Pocher besorgte das Pochen des Eisensteins und der Schlacken zur Gewinnung des Wascheisens, auch hatte er meistens das Rösten der Erze noch unter sich. Der Kohlenmesser bediente da, wo Hämmer mit dem Hüttenwerk verbunden waren, gewöhnlich diese mit. Der Eisenmesser hatte die von den Gruben angefahrenen Erze und ebenso die Zuschläge in Empfang zu nehmen und zu vermessen. Wo die Hütte ihre eigene Waldung hatte, liess sie ihre Kohlen durch eigene Köhler brennen. Die Pflichten der Hütten- und Hammerbediensteten waren in den Hütten- und Hammer- ordnungen genau bestimmt. Die Hüttenarbeiter dienten auf Gedinge und wurden in der Regel auf ein Jahr gedungen. In Preussen begann das Jahr mit dem ersten Mai, im Wernigerodischen mit dem ersten Januar. Während dieser Zeit durften sie nicht aus der Arbeit gehen und anderen Dienst nehmen. Deshalb durfte kein Hüttenarbeiter, der auf inländischen Hütten gearbeitet hatte, angenommen werden, wenn er nicht ein Attest von der Faktorei hatte, dass er ordnungsmässig gekündigt und nicht von neuem Gedinggeld erhalten hatte. Die Löhnung geschah teils in barem Gelde, teils in Naturalien, an einigen Orten auch mit Eisen oder Viktualien. Dieses Trucksystem war sehr allgemein, obgleich es anerkannt schlecht war und zum Nachteil des Arbeiters, der zu häufig dabei übervorteilt wurde. Am schlimmsten war die Löhnung mit Eisen, weil sie den Arbeiter zum Unterschleif herausforderte. Aus diesen Ursachen war in manchen Ländern, wie in Sachsen, die Aus- lohnung mit Eisen und Viktualien verboten. Auf den preussischen Die gewerblichen Verhältnisse. Hütten durften die Arbeiter nicht wider ihren Willen angehalten werden, Lebensmittel oder Waren statt baren Geldes zu nehmen. Bei dem Eisenwerk zu Baruth betrug um 1760 der Wochenlohn: Für den Hochofenmeister mit seinen beiden Hochofenarbeitern 6 Thlr. — Gr. Ein Aufgeber 1 „ 12 „ Der Kohlenmesser 1 „ 6 „ Ein Tagelöhner 1 „ — „ 1785 verdiente (nach v. Hofmann ) ein Meister in Sachsen 3 Thlr., ein Hochöfner 2 Thlr., zwei Aufgeber 3 Thlr. 12 Gr., ein Pochknecht 1 Thlr. 8 Gr., ein Kohlenmesser 1 Thlr. die Woche. In Böhmen hatte ein Meister 2 bis 3 Gulden die Woche und 1 Gulden 30 Kreuzer Wartegeld. Ein Hochofenarbeiter 2 Gulden 15 bis 30 Kreuzer, jeder Aufgeber 1 Gulden 45 bis 54 Kreuzer, ein Pocher 1 Gulden 30 Kreuzer, sein Gehülfe 1 Gulden 15 Kreuzer. Die Arbeiter bei den Hammerwerken bestanden aus dem Hammer- meister und den Hammerschmieden, welche nach der Art ihrer Arbeit und des Hammers in Vorschmiede, Frischer, Aufgiesser, Gleicher, Urweller, Ziehner (Verzinner) u. s. w. zerfielen Siehe Krünitz , Encyklopädie, Bd. X, S. 625. . Die meisten dieser Leute waren ein wanderndes, grösstenteils sehr rüdes Volk, welches keinen bestimmten Wohnsitz hatte. Sie wurden, sowie die Hüttenleute, in der Regel alljährlich und um die nämliche Zeit gedungen. Sie bekamen ein hohes Dingegeld und arbeiteten eben so lange und in derselben gesetzten Zeit, wie die Hüttenleute. Zur Verhütung von Betrug, Diebstahl, Kohlenverschwendung, Feuersgefahr, Trunkenheit und anderen daraus entstehenden Folgen konnte ein Aufseher nicht sorgsam genug bei diesen Leuten sein. Die meist liderliche Lebens- art machte sie bei dem besten Verdienste zu beständigen halben Bettlern. Deshalb suchten die Hammerherren bemittelte Hammer- schmiede zu bekommen, die eine Kaution stellen konnten und die ausserdem in Eidespflicht genommen wurden, um sie desto besser in den nötigen Schranken zu halten. Die Hammerherren konnten aber ihrerseits auch zur Ordnung beitragen, wenn sie Veranstaltungen trafen, dass ihre Schmiede billig leben konnten, dass sie sie regel- mässig und in gutem Gelde ausbezahlten, ihnen keine grossen Vorschüsse bewilligten, dagegen ausser der freien Wohnung ihnen ein Stückchen Land zu Gemüse und Kartoffeln, ingleichen einen Grasplatz, um eine Kuh zu halten, ferner freies Leseholz u. s. w. einräumten und ver- Die gewerblichen Verhältnisse. statteten. Wo aber die Faktorei diesen Leuten selbst Wein, Brannt- wein, Kaffee, Zucker u. s. w. borgten und es ihnen hernach von ihrem Lohn wieder abzogen, da mussten diese in kurzer Zeit zu Grunde gehen. Von den Hammerschmieden, welche auf den Stabhämmern arbeiteten, gab es zweierlei Art: Tagelöhner und Akkordarbeiter. Erstere waren fast stets liderliche Gesellen; die besseren Arbeiter waren darauf aus, einen ordentlichen Akkord mit dem Hammerherrn zu errichten. Diesen wurde Roheisen und Kohle zugewogen, wofür sie eine gewisse Menge Stabeisen abliefern mussten. Dafür erhielten sie einen bestimmten Akkordlohn; was sie mehr ausschmiedeten oder an Kohlen sparten, war ihr Nutzen. Die Löhne waren in verschiedenen Gegenden verschieden. In Baruth waren bei einem Frischhammer 1 Meister, 1 Vorschmied, 1 Aufgiesser und 1 Junge, welche wöchent- lich 32 bis 48 Ctr. Roheisen verschmiedeten. Der Hammerschmied bekam vom Centner geschmiedeten Eisens 8 Groschen. Auf dem einseitigen Harz waren bei einem Frischfeuer 1 Meister und 3 Knechte, welche die Woche 60 bis 66 Centner verschmiedeten. Der Meister bekam für den Centner geschmiedetes Eisen 7 Mariengroschen, von den Luppenstücken für die Blechschmiede aber nur 5 Mariengroschen. Bei den württembergischen Eisenhämmern in dem Christophsthal waren bei jedem Feuer drei Mann, welche in einer Woche 40 bis 50 Centner geschmiedetes Eisen lieferten, folglich, da sie von 125 Pfd. Roheisen 104 Pfd. geschmiedetes Eisen liefern mussten, wöchentlich 5000 bis 6250 Pfd. Roheisen verfrischten. Die Hammerschmiede zu Heidenheim und Königsbronn bekamen 24 Kreuzer vom Centner Schmiedeeisen. Die Zain- oder Zähnschmiede wurden ebenso gedingt wie die Frischschmiede. Sie arbeiteten ebenfalls in Akkord. Das Zaineisen wurde ihnen geliefert und auf jede Sorte „passierte“ ein gewisser Abgang. Meist war ihnen auch der Kohlenaufwand vor- geschrieben. Aus 125 Pfd. Zainbengel mussten sie 120 Pfd. Zaineisen schmieden. Auf der Königshütte am Harz passierten für Seil-, Draht- und Modelleisen und für Platinen 6 Pfund, für Krauseisen 3 bis 4 Pfd. Abgang. Der Schmiedelohn auf Königshütte betrug für den Centner Krauseisen 5 Mgr., rundes Drahteisen 5 Mgr., Modelleisen 3 Mgr., Platinen 9 Mgr. Um einen Vergleich zu haben, fügen wir noch einige Angaben über Löhne und Lebensmittelpreise aus Sachsen hinzu Siehe Biedermann , Geschichte des 18. Jahrhunderts, Bd. I, S. 388 u. s. w. . Der Tage- lohn gewöhnlicher Handarbeiter betrug in der zweiten Hälfte des Beck , Geschichte des Eisens. 50 Die gewerb ichen Verhältnisse. vorigen Jahrhunderts 2½, 4, 5, höchstens 5½ Neugroschen; in Leipzig war er durch die Taxordnung von 1763 auf 5 Neugroschen festgesetzt. Die Maurer und Zimmerleute erhielten nach 1740 7½ Ngr. 3 Pfg. „Cofentgeld“, ein Tischlergeselle 10 Ngr., ein Meister 12 Ngr. Nach der Leipziger Taxordnung von 1766 betrug der Sommerlohn der Maurer und Zimmerleute 10 Ngr., der Winterlohn 8¾ Ngr. — In der Industrie waren die Löhne sehr ungleich. Ein Fabrikarbeiter der Textilbranche verdiente 5 Thlr. die Woche, während ein Leinweber in einer mittleren Stadt nur 1 bis 1½ Thlr. die Woche verdiente. Nach der Leipziger Markttaxe kostete 1766 1 Kanne Butter 7½ bis 8 7/10 Ngr., 1 Schock Eier 10 Ngr., 1 Pfd. Rindfleisch 2½ Ngr., 1 Pfd. Kalbfleisch 1⅕ bis 1½ Ngr., 1 Pfd. Schweinefleisch 2½ Ngr., 1 Pfd. Schöpsenfleisch 2½ Ngr., 1 Klafter hartes Holz 4½ bis 8 Thlr., 1 Klftr. weiches Holz 3½ Thlr., 1 Scheffel Korn 2 bis 2¼ Thlr., 1 Pfd. Roggen- brot 4 Pfennige. Ein Leipziger Arbeiter mit 5 Ngr. Tagelohn konnte also kaufen: ⅔ Kanne Butter oder ½ Schock Eier, 2 Pfd. Rind- oder Schöpsen- fleisch, 3½ bis 4 Pfd. Kalbfleisch, 3¼ bis 4 Pfd. Schweinefleisch, 10 5/12 Pfd. Kornbrot u. s. w. Die Löhne waren aber trotz der billigen Marktpreise niedriger als heutzutage. Das Rechnungswesen auf den Eisenhütten und Hämmern, namentlich den landesherrlichen, war sehr weitläufig und umständlich. Wir verweisen diejenigen Leser, welche sich hierfür interessieren, auf den Artikel „Eisen“ in der ökonomischen Encyklopädie von Krünitz (Bd. X, S. 629), wo auch auf weitere Litteratur Bezug genommen ist. Der Handel in Deutschland war sehr erschwert durch die Klein- staaterei und die vielen Zölle. Als ein Hauptgrundsatz galt, das Eisen in möglichst veredeltem Zustande auf den Markt zu bringen. Die Preise wurden bei den landesherrlichen Eisenhämmern von den Kammern festgesetzt. Um diese bekannt zu machen, wurden Preis- courantzettel ausgegeben Siehe Krünitz , a. a. O., S. 674, wo ein „Avertissement wegen der Verkaufs- preise der Eisen- und Blechwaren in der Mark Brandenburg vom 12. Oktbr. 1768“ abgedruckt ist. . Als ein Hauptbeförderungsmittel des Eisenhandels galt die Anlage von möglichst vielen Eisenniederlagen in einem Lande. Die Hämmer durften nur an die Niederlagen liefern und bei diesen allein durfte gekauft werden. Die Ausfuhr wurde durch Befreiung des auszuführenden Eisens von Zöllen und Abgaben unter- stützt. Dem inländischen Handel half man durch Accisebefreiungen, während die Einfuhr von ausländischem Eisen entweder ganz ver- Die gewerblichen Verhältnisse. boten oder mit Zöllen und Acciseabgaben belastet war. Man verbot sogar die Eiseneinfuhr aus einer eisenerzeugenden Provinz in eine andere desselben Landes. Die Eisenhändler waren entweder Grosshändler, „ordentliche Kauf- leute“ in den Seestädten, welche Eisen in Schiffsladungen verfrachteten, aber auch mit anderen überseeischen Artikeln handelten, oder es waren „Verleger“ von grösseren Eisenwerken, welche auch mit Schiffsankern, Kanonen, Mörsern, Kugeln, Öfen, Draht u. s. w. handelten und grössere Lieferungsgeschäfte darin, z. B. mit den Landesmagazinen, abschlossen, oder es waren „Eisenhändler“ (Eisenzeughändler), die in den Städten ganze Gewölbe voll von Eisenwaren, die sie teils von den Hütten und Hämmern, teils von Plattnern, Klein- und Grobschmieden gekauft hatten, feilhielten; oder es waren Eisenkrämer (Quincaillers), die nament- lich kleine Waren führten, daneben aber auch noch mit anderen Waren handelten; dann gab es noch Alteisenhändler, die man auch öfters als Eisenkrämer bezeichnete. In Württemberg hiessen die priviligierten Eisenhändler „Chalanten“. Grossartig war der Eisenhandel Englands, das zu Ende des vorigen Jahrhunderts bereits den Weltmarkt beherrschte. Seine zahl- reiche Handelsflotte besorgte den Transport, seine wohlhabenden Kolonieen waren seine Abnehmer. Obgleich die englische Produktion von Roheisen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts bedeutend zu- nahm, so genügte sie doch nicht für die gesamte Fabrikation. Ein wichtiger Teil der englischen Eisenindustrie basierte auf der Ver- edlung von eingeführtem Roh- und Stabeisen. Die Zahl der Erfindungen erfuhr besonders seit Watts grossem Erfolge mit der Dampfmaschine eine ausserordentliche Steigerung. Der Nutzen, welchen Patente dem Erfinder wie dem Staat gewährten, führte auch in vielen Staaten des Kontinents zur Einführung von Patentgesetzen und Patentämtern. Frankreich gab durch sein Patent- gesetz vom 7. Januar 1790 hierzu das Vorbild. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika wurde am 10. April 1790 das erste Patent (Nr. 1) ausgegeben. Bayern erliess 1791 ein Patentgesetz. Durch die Patent- gesetzgebung wurden die Erfindungen gefördert und England war hauptsächlich deshalb schon im vorigen Jahrhundert das Land, in dem die meisten neuen Erfindungen gemacht und auf den Markt gebracht wurden. 50* BESONDERER TEIL. DIE GESCHICHTE DER EISENINDUSTRIE IN DEN EINZELNEN LÄNDERN . Deutschland . Deutschland hatte durch den dreissigjährigen Krieg furchtbar gelitten, auch seine Eisenindustrie hatte einen gewaltigen Stoss be- kommen. Dem ungeachtet war das Deutsche Reich zu Anfang des 18. Jahrhunderts noch immer der erste eisenerzeugende Staat in Europa. Diese Stellung verdankte es seiner überkommenen Eisen- gewinnung, die auf vielverbreitete Eisenerzvorkommen, besonders aber auf seinen Waldreichtum begründet war. Um jene Zeit gab es noch keine andere Art des Hochofenbetriebes und der Eisen- bereitung als mit Holzkohle. Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahr- hunderts trat die Steinkohle mit dieser in Wettbewerb und ver- schaffte England die Führerrolle in dem Eisengewerbe. Es ist deshalb vollständig gerechtfertigt, wenn wir die Geschichte des Eisens in den einzelnen Ländern auch im 18. Jahrhundert mit Deutschland beginnen. Österreich stand aber nicht nur in politischer, sondern auch in in- dustrieller Beziehung an der Spitze Deutschlands, und die vortreff- lichen Erze der österreichischen Alpenländer lieferten Eisen und Stahl von unübertroffener Güte, das in der ganzen civilisierten Welt gesucht und gehandelt wurde. Auch waren die österreichischen Lande, Böhmen und Schlesien ausgenommen, viel weniger unmittelbar von den Drangsalen des dreissigjährigen Krieges heimgesucht worden als das übrige Deutschland. Ihr Wohlstand hatte weniger gelitten und ihre Eisenhütten und Bergwerke waren nicht mit Feuer und Schwert zerstört worden. Die österreichische Eisenindustrie nahm deshalb die erste Stelle ein und verdient zuerst unsere Beachtung. Österreich. Österreich . Die Eisenindustrie der österreichischen Alpenländer behauptete im 18. Jahrhundert ihren alten Ruhm. Steiermark und Kärnten galten unbedingt für die klassische Heimat der Eisenbereitung in Mitteleuropa. Ihr Stahl wurde überall hin verführt und war aner- kannt als der beste Schmelzstahl. Auf technischem Gebiete vollzog sich in diesen Ländern im 18. Jahrhundert eine durchgreifende Reform, indem man den Stück- ofenbetrieb aufgab und zum Hochofen- oder Flossofenbetrieb über- ging. In Kärnten hatte man schon im 16. Jahrhundert damit einen Anfang gemacht. In Steiermark wurde um 1650 der erste Flossofen zu Turrach erbaut, mit dem man aber anfangs nicht viel Glück hatte. Er stand um 1719 im Betrieb, wie aus Reaumurs Mitteilungen hervorgeht. Am Erzberg selbst dagegen hatte man mit Zähigkeit an dem alten Stückofenbetriebe festgehalten und jede Neuerung im fortschritt- lichen Sinne abgewiesen. Radmeister und Plahmeister waren sich darin einig, indem sie der festen Überzeugung waren, die Güte des stei- rischen Eisens müsste unter verändertem Betriebe notleiden. Zu diesem Festhalten an dem Alten und Widerstreben gegen Neuerungen trug die schwerfällige Leitung der Innerberger Hauptgewerkschaft durch das Oberkammergrafenamt in Wien viel bei. Auch bestand die „Widmung“ (s. Bd. II, S. 636) fort, welche jedem Ofen sein Produk- tionsquantum vorschrieb und jeden selbständigen Fortschritt hin- derte. Die Unzufriedenheit der Gewerke mit der ihnen aufge- zwungenen staatlichen Verwaltung, welche nur im fiskalischen Interesse geführt wurde, war eine andauernde, fand aber erst unter Joseph II., der seine freisinnigen Reformbestrebungen auf alle Zweige der Staatsverwaltung ausdehnte, Beachtung. 1781 hob Joseph II. die Widmung, nachdem sie 211 Jahre bestanden hatte, auf und im fol- genden Jahr, auf eine Vorstellung der Gewerke hin, auch die kost- spielige Administration des Obergrafenamtes, und gab 1783 der Haupt- gewerkschaft das Recht der eigenen Verwaltung S. v. Pantz und Atzl , Versuch einer Beschreibung der vorz. Berg- und Hüttenwerke des Herzogtums Steiermark. Wied 1814. S. 9. — Tunners Jahr- buch, III. bis VI. Jahrgang, S. 217. . Um dieser weisen Entschliessung in der Ausführung noch mehr Nachdruck zu verleihen, Österreich. trat der Hof seine Aktien an die Gewerkschaft ab. Statt dass aber nun die Interessenten hätten bedacht sein sollen, durch einen zweck- mässigen Gesellschaftsvertrag und wohlgeordnete Statuten sich eine Verfassung zu geben, wodurch die Leitung des ganzen Werkes in die Hände kenntnisreicher, gebildeter Männer gekommen wäre, wurde die Verwaltung ziemlich planlos unkundigen Gewerken überlassen. Man bestätigte die alte dreigliedrige Einrichtung der Verleger zu Steyr, der Hammermeister zu Weyer und der Radmeister zu Eisen- erz. Jedes Glied erhielt 13 stimmenführende Gewerke, Votanten genannt, wobei aber das Schlimmste war, dass man die anordnende Gewalt, welche die Principalität hiess, gerade dem unkundigsten Gliede, den Verlegern, übertrug. Jedes Glied hatte zwei Deputierte zu wählen, welche an den nach Erfordernis abzuhaltenden „Kon- gressen“, die in der Stadt Steyr, wo sich die Direktion, bestehend aus dem Kanzleidirektor und dem Referenten, befand, abgehalten wurden, teilnahmen. Die Direktion legte die zu beschliessenden Vor- tragsgegenstände, worüber von den Votanten schriftlich abgestimmt wurde, vor. Dass hierbei viele Parteilichkeiten unterliefen und ein äusserst schleppender Geschäftsgang die Folge dieser Verfassung war, leuchtet ein. Dazu fehlte es an jeder Kontrolle. Die Auswahl der Beamten geschah ohne Umsicht. Es ist deshalb wohl begreiflich, dass diese Verwaltung nicht die beste war. Wenn trotzdem die Gewerkschaft Gewinn erzielte, so geschah dies nur infolge der unverwüstlichen Güte des Besitzes. Diese Selbstverwaltung der Hauptgewerkschaft dauerte denn auch nicht lange; bereits im Jahre 1798 wusste die kurz vorher entstandene Wiener Kanal- und Bergbaugesellschaft wichtige Einlagen der Gewerkschaft, namentlich den ganzen Anteil der Stadt Steyr an sich zu bringen und die Oberleitung in ihre Hände zu bekommen, welche sie alsbald nach Wien verlegte. Von der Regierung wurde wieder eine „Hofkommission“ unter dem Vorsitz des sachkundigen Grafen von Wrbna ernannt, welche sich die Ver- besserung der Werke der Innerberger Hauptgewerkschaft angelegen sein liess. Nach Aufhebung des Oberkammergrafenamts 1783 war ein Berggericht in Eisenerz errichtet worden, welches aber schon zwei Jahre später nach Vordernberg verlegt wurde. 1785 war die Frohne für Eisenerz auf 31¼ Kreuzer und für Vordernberg auf 24¾ Kreuzer für jeden erzeugten Centner Roheisen herabgesetzt worden. Während die Innerberger Gewerke ihr Eisen nordwärts nach Österreich verführen mussten, ging das Eisen der Vordernberger Gewerke , welche am südlichen Teil des Erzberges sassen, süd- Österreich. wärts, besonders nach Italien. Am Vordernberg hatten die Gewerke ihre Selbständigkeit bewahrt. Hier stand der Stückofenbetrieb in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts in hoher Blüte, wie Reaumur und Swedenborg bezeugen. Der Herzog von Orleans schickte 1719 einen Sachverständigen nach Vordernberg, um den Stückofenbetrieb an Ort und Stelle zu studieren. Es gab damals in Vordernberg (nach Swedenborg ) 16 Stücköfen, während man um die Mitte des Jahrhunderts nur 14 Hüttenwerke zählte, welche folgenden Besitzern zugehörten: 1. Grasberger, 2. Georg von Pebal, 3. Hochkofler, 4. Stegmüller, 5. Gressl, 6. die Kommunität, 7. die Stadt Leoben (der Oberrobegger Flossofen), 8. Schragl, 9. die Stadt Leoben (der Unterrobegger Ofen), 10. Brandstätter, 11. Fürst Schwarzenberg, 12. von Ebenthal, 13. von Eggenwald, 14. Baron von Egger. Soviel Radgewerke es gab, soviel Grubenmasse bebauten dieselben in dem oberen Teile des Erzberges, welcher ca. ⅖ der ganzen Höhe ausmachte. Um die Mitte des Jahr- hunderts entschloss man sich endlich, die Stücköfen abzuschaffen und Flossöfen nach kärntner Art einzuführen. Dazu wurde man haupt- sächlich veranlasst durch den grossen Verbrauch an Holzkohlen, welche um so mehr im Preise stiegen, je mehr die Gegend um den Erzberg entwaldet wurde. Die Zahl der Stücköfen betrug damals in Eisenerz 12, in Vordernberg 14. Ein Teil derselben wurde 1750 und die übrigen 1762 abgeschafft. Reaumur und Swedenborg haben den Betrieb der Stücköfen in Steiermark beschrieben. Wir haben zu dem bereits Mitgeteilten nur weniges nachzutragen. Die Erze des Erzberges hatten einen durch- schnittlichen Gehalt von 37 bis 38 Prozent; man teilte sie ein in Pflinz, Brauneisenstein und Ocker. Der Pflinz, das ursprüngliche Erz, war Spateisenstein, aus welchem die braunen Erze durch Ver- witterung gebildet waren. Da der Brauneisenstein am leichtflüssigsten war, so wurde er am meisten gesucht und in alter Zeit ausschliesslich verhüttet. Die Pflinze konnte man ungeröstet früher gar nicht ver- schmelzen. Sie erforderten stärkeren Wind und mehr Kohlen. Beim Stückofenbetrieb wurden sie überhaupt nicht verwendet. Auch wurde alles Erz in gemauerten Rostfeldern (Stadeln) geröstet. Die Höhe der Stücköfen zu Eisenerz überstieg nicht 10 Fuss Die Höhe der Stücköfen zu Vordernberg betrug nach Swedenborgs An- gabe 14 Fuss. , weil die Erfahrung lehrte, dass durch grössere Höhe die Güte des Pro- duktes beeinträchtigt wurde. Die Weite des oft runden, oft viereckigen Österreich. Schachtes betrug 5 Fuss, wohl auch darüber. Gegen die Gicht ver- engte er sich, und im Gestelle wurde dasselbe durch Ausschlagen mit Gestübbe erreicht. Die ganze Füllung bestand in 17 bis 18 Fass oder 175 Kubikfuss Holzkohlen. Eine Schmelzung, welche 16 bis 20 Stunden dauerte, gab eine Luppe (Mass), welche mit Graglach und Waschwerk 24 Centner wog. Im besten Falle konnten die 12 Stücköfen zu Eisenerz im Jahre 96768 Centner Eisen liefern bei einem Aufwand von 282240 Fass Holzkohlen und 227484 Ctr. Erz. 1751 erzeugten die 11 im Betrieb be- findlichen Stücköfen 60261 Ctr. Rauheisen, 21672 Ctr. Graglach und 8117 Waschwerk, zusammen 90050 Ctr. Eine Tabelle der Produktion der Innerberger Hauptgewerkschaft von 1751 bis 1767 findet sich „Schauplatz der Künste und Handwerke XI“ auf S. 58. . Die in Halbmasse zerteilten Luppen wurden in einem niedrigen, flach gehenden Löschfeuer, dem „Halmas“- oder eigentlich Halbmassfeuer, nur „im Saft“ ausgeheizt. Was in der Zange zurückblieb, wurde zu Stahl bestimmt, der unter dem Hammer in bestimmte Form gestreckt wurde; was abschmolz, die rauhe Oberfläche und das mehr gekohlte zugeschlagene Graglach, setzte sich am Boden zu einer Luppe an, aus der man weiches Eisen schmiedete. War das Ausschmieden der Halbmassen schon früher in anderen waldreichen Gebieten, namentlich zu St. Gallen geschehen, so wurde diese Trennung des Ausschmelzens und des Frischens noch schärfer durchgeführt, nach- dem man zu dem Flossofenbetrieb übergegangen war. Um die Ein- führung der hohen Öfen machte sich der Kammergraf der steirischen Bergwerke, Edler von Koffler, besonders verdient, dem zum Dank von der Hauptgewerkschaft in der Pfarrkirche zu Eisenerz dafür ein Denkmal errichtet worden ist. Die Flossöfen zu Eisenerz hatten zuerst nur eine Höhe von 14 bis 16 Fuss, nur einer war 22 Fuss hoch und enger zu- gestellt. Diesen nannte man einen Hohenofen. Er stand auf dem Platze, wo später der Ruprechts che Hochofen sich befand. Zur Einführung des Flossofenbetriebes wurden Schmelzleute aus Kärnten geholt. Diese schmolzen ganz nach ihrer heimischen Weise mit kupfernen Formen und stachen ihre „Kärntner Strietzel“ ab, ohne die Erze zu kennen und deren Natur Rechnung zu tragen. Die Folge war, dass sie meist sehr gekohlte, graue oder spiegliche Flossen erzeugten, mit denen die Frischschmiede nichts anfangen konnten. Am meisten richteten sich die Klagen gegen das Eisen von dem Hochofen, so dass man beschloss, denselben wieder abzutragen und nur in den Flossöfen zu schmelzen. Diese wichen in ihren Massen in der Höhe um 2 Fuss, in der Weite nur um 6 Zoll ab. 1752 betrieb Österreich. man noch 10 Stücköfen und 2 Flossöfen, 1756 4 Stück- und 6 Floss- öfen, 1760 5 Rundöfen, 4 Flossöfen und 2 Hochöfen; seit 1762 keine Stücköfen mehr, 7 Flossöfen und 2 Hochöfen; hiervon lieferten die ersteren 89869, die letzteren 25171, zusammen 115040 Ctr.; 1767 gab es 9 Flossöfen und keinen Hochofen, die Produktion betrug 104118 Ctr. Im Durchschnitt wurden damals in einem Flossofen jährlich, d. h. in 48 Wochen, 27888 Fass Kohlen und 37919 Ctr. gerösteter Eisenstein verschmolzen und 13776 Ctr. Roheisen erzeugt. Der Unterschied der Hoch- und Flossöfen bestand nur darin, dass jene höher, enger und im Herde kleiner (nach Kärntner Art), diese aber weiter und im Herd grösser waren; ferner dass jene aus einem glimmerigen, feuer- festen Stein, diese aus gebrannten Steinen erbaut wurden. Der 1777 neu zugestellte Wendensteiner Flossofen hatte fol- gende Masse: Vom Bodenstein bis zum Kohlensack 7 Fuss Von diesem bis zur Gicht 7 „ 6 Zoll Daher die gesamte Höhe 14 Fuss 6 Zoll Weite der Gicht von der Form zur Windseite 2 „ — „ „ von der Brust zur Hinterseite 3 „ — „ „ im Kohlensack 5 „ 3 „ „ am Bodenstein von der Form zur Wind- seite 3 „ 6 „ „ von der Brust zur Rückseite 3 „ — „ Der Schacht war rund und hintersässig. Wenn man von der Mitte der Gichtöffnung einen Senkel bis auf den Bodenstein herabliess, so musste er gerade die Wind- oder Schussseite noch berühren. Das Gestell wich also 21 Zoll von der Mittellinie ab gegen die Formseite hin und zwar aus dem Grunde, damit die Lehmform nicht an den niedergehenden Gichten abgedrückt würde. Man verwarf nämlich die kärntnischen Kupferformen und kehrte zu den alten Lehmformen zurück. Der von der Gichtöffnung weitergeführte Kranz war 5 Fuss hoch. Man bediente sich meistens der Spitzbälge. Der Wendensteiner Flossofen hatte ein Kastengebläse; die zwei Kasten waren 4 Fuss weit und 6 Fuss hoch, blieben aber auf 2½ Fuss unausgedrückt. Das täglich in einem Flossofen erzeugte Roheisen belief sich damals auf 54 Centner. Die jährliche Erzeugung in Eisenerz bestand im Jahre 1777 in 110000 Centner Roh- und Wascheisen, wozu man 192500 Fass Kohlen verbrannte und 300000 Centner Eisenstein ver- schmolz. Die 5 Flossöfen lieferten also mehr Eisen als früher die Österreich. 12 Stücköfen. Der Kohlenverbrauch auf den Centner betrug 16,93 Kubikfuss. Ein Centner Eisenstein gab 36,66 Pfund Roheisen. Die Wasserräder folgender Hütten der Innerberger Hauptgewerkschaft wurden in Eisenerz von dem vereinigten Erz- und Lasitzenbach be- trieben: 1. der Altweissenberger, 2. der Rupprechtsche, 3. der von Wrbnasche, 4. der Jungweissenberger, und 5. der Wendensteiner Ofen. Die Produktion in Vordernberg und Eisenerz zusammen giebt Kling- hammer 1774 auf jährlich 280000 Centner Roheisen. In Vordern- berg waren damals 12 bis 14 Flossöfen im Betrieb, welche 160000 Centner Roheisen lieferten. Die dortigen Öfen waren viereckig und ganz mit Steinzustellung, während die Eisenerzer einen weiteren elliptischen Quer- schnitt hatten und mit Thon ausgestampft waren. Erstere nannte man Steinöfen, letztere Blauöfen; letztere hatten die grössere Produktion. Das Roheisen galt 1774 nur 1 Thlr. 6 Gr. 8 Pfg. der Centner. Der „Frohn“ wurde sowohl vom Roheisen, wie vom geschlagenen Eisen erhoben. Es entfielen auf die Flossen ⅔, auf das Graglach ⅓. Er betrug für Flossen pro Centner 49 Kreuzer, für Graglach und Waschwerk 43 Kreuzer. Die Innerberger Kammer vereinnahmte 80000 Gulden im Jahre. Der Verschleiss hatte teils an die Hämmer der Hauptgewerkschaft, teils an die drei „Proviantmärkte“ in Österreich zu Scheibs, Purgstall und Gresten, an die Stadt Weidhofen und an privilegierte „Extraparteien“ statt. Waren die Innerberger und Vordernberger Eisenhütten weitaus die wichtigsten in Steiermark, so waren es doch durchaus nicht die ein- zigen, vielmehr gab es in den obersteirischen Bergen noch eine Anzahl mehr oder weniger bedeutende Werke. Von diesen verdient das in der Radmär , 3½ Stunden von Eisenerz gelegene, seiner Bedeutung und seines eigenartigen Schmelzofens wegen unsere Beachtung. Das reiche Erzvorkommen von Spat- und Brauneisensteinen im Buchek- oder Erzberg in der hinteren Radmär wurde 1711 von einem Berg- knappen Hans Adam Stangerer, der bei dem Kupferwerk Radmär in Dienst stand, entdeckt und von dem Verweser dieses Werkes, Johann Kappenberger, in seiner Bedeutung erkannt S. v. Pantz und Atzl , Beschreibung der Berg- und Hüttenwerke von Steiermark 1814, S. 328. . Letzterer baute alsbald in der vorderen Radmär einen 16 Schuh hohen Blauofen, welchen er auf den beiden Seiten mit je zwei Spitzbälgen versah, von denen der Wind durch Lehmformen wirkte. „Die Formgewölbe waren zum Öffnen eingerichtet, und dieser zu jener Zeit geschickte Eisenhütten- Österreich. mann erzeugte nun in einem Gange Flossen und Massen (d. h. Guss- und Schmiedeeisen). Hatte nämlich der Ofen zu viel Kohle, ging er also gar, oder befand sich ein mehr gekohltes flüssiges Roheisen im Eisenkasten, so liess er dasselbe, wie es heutzutage gewöhnlich ist, abstechen, und es erschienen Flossen. Hatte er aber zu wenig Kohlen, befand sich der Ofen in grellem Gange, und wurde das im Gestelle reduzierte Eisen vor der Oxydation nicht hinlänglich geschützt, so setzte sich dasselbe — wie es auch jetzt noch oft geschieht — auf dem Herde und verlor seine Flüssigkeit, weil es, wenig gekohlt, sich dem metallischen Zustande näherte. Dann liess er im Formgewölbe wie bei den Stücköfen öffnen, hob die Masse heraus und schrotete sie in zwei Teile, während der Ofen wieder zugestellt und ins Feuer gesetzt wurde.“ Hier haben wir ein sehr charakteristisches Beispiel von dem früher beschriebenen Doppelbetrieb der Blauöfen. Ferner dürfte dieser Ofen das älteste bekannte Beispiel eines Eisenschmelzofens mit doppelten Formseiten und vier Blasebälgen sein. Die Darstellung von Roheisen in Flossöfen hatte die Einführung des Frischens , welches in Steiermark als Weich- und Hartzerennen für Schmiedeeisen und Stahl unterschieden wurde, und das wir in dem allgemeinen Teil geschildert haben, zur Folge Die Litteratur über das steirische Hütten- und Hammerwesen im vorigen Jahrhundert ist verhältnismässig reich. Ausser den betreffenden Abhandlungen in Swedenborgius , de ferro, De Courtivron et Bouchu in den Descriptions des arts et métiers erwähnen wir Schreber , Schauplatz der Künste und Handwerke 1772, Bd. XI, S. 57. — J. J. Ferber , Abhandlungen über die Gebirge und Berg- werke in Ungarn nebst Beschreibung des Steirischen Eisenschmelzens und Stahl- machens von einem Ungenannten 1780. — Schweighöfers Abhandlung von dem Kommerz der österreich. Staaten, 1785. — Klinghammer , Von Eisenwerken und Stahlfabriken in Steiermark, 1788. — F. B. J. Hermann , Beschreibung der Manipulationen, durch welche in Steiermark, Kärnten und Krain der Bres- cianer Stahl verfertigt wird, 1781. Desgl. Reisen durch Österreich, Steiermark, Kärnten etc. 1786. — Beschreibung der Eisenberg- und Hüttenwerke zu Eisen- erz etc. Wien 1788. — Hacquet’s mineralogisch-botanische Reise zu dem Glockner 1779 und 1781. Viele Angaben aus dem vorigen Jahrhundert finden sich ferner in von Marchers Beiträgen und in dessen Notizen über den Betrieb der Hochöfen und Rennwerke. . Weyer und Leimbach bei St. Gallen waren die Hauptsitze der hauptgewerkschaft- lichen Hammermanipulation. Zu Eisenerz befand sich nur ein Hammer für den eigenen Bedarf, die übrigen lagen in den Seitenthälern der Enns. Zu Reifling, 3 Meilen von Eisenerz, war die Niederlage für das Roheisen, welches von den Kohlenfuhrleuten dahin gefahren wurde. Zu St. Gallen, 2 Meilen unter Reifling, war die erste Hammer- Österreich. verwaltung, welcher 33 Hämmer unterstellt waren. Dicht bei St. Gallen befanden sich 11 Hämmer am Fluss und 2 Sensenhämmer an einem kleinen Nebenfluss. Man unterschied die Hammerwerke in Zerennfeuer und Hämmer. Erstere waren Frischhämmer, letztere schmiedeten Kaufmannsware. Hartzerennen und Weichzerennen geschah zu St. Gallen in demselben Feuer und mit demselben Hammer. Über den Betrieb des kaiserlichen Eisenwerks zu Neuberg in Obersteier im Jahre 1788 hat Marcher einen ausführlichen Bericht des Oberverwesers Neumann veröffentlicht v. Marcher , Notizen u. s. w. §. 123. . In ganz Steiermark rechnete man um 1777 sämtliche Erzeug- nisse von Eisen auf 400000 Centner; die Eisenindustrie gab 65000 Menschen Beschäftigung. 7000 Hüttenleute arbeiteten 1780 in den Eisenhämmern, deren Ertrag nach dem Bericht des Ritters von Born jährlich 18 Millionen Gulden einbrachte S. Schweighofer , Abhandlung von dem Kommerz der österreich. Staaten. Wien 1785. . Die alten Eisenwerke in Oberösterreich am Nordabhang der Alpen im Erlaf-, Ips- und Schwarzathal standen mit der steirischen Eisen- industrie in enger Beziehung. Die des Erlaf- und Ipsthals verführten ihre Produkte auf der uralten Eisenstrasse, die des Schwarzathals auf der Semmeringstrasse. Die Werke des Traisthals wurden dagegen erst im 18. Jahrhundert gegründet. Besonderes Verdienst erwarb sich dafür ein einfacher Büchsenschmied aus Schmalkalden, Jakob Fischer , welcher der Gründer der berühmten Fischers schen Eisenwerke zu St. Egyd am Neuwald wurde. Er hatte sich zur Zeit der Kaiserin Maria Theresia auf der Wanderschaft anwerben lassen und war als Büchsenmacher der Militärmonturkommission zugeteilt worden. Durch seine Kenntnisse, Geschicklichkeit und Energie errang er sich bald eine angesehene Stellung und erhielt die Begünstigung, neben seinem Berufe Säbelklingen und Monturstücke anfertigen zu dürfen, welche ihm die Militärverwaltung abkaufte. Er führte wichtige Ver- besserungen bei der Fabrikation der Säbelklingen ein, so dass seine Klingen rasch in Ruf kamen. Ende der siebziger Jahre errichtete er den ersten Hammer zur Erzeugung von Stahl für Messer, Feilen und Säbelklingen zu Rehberg bei Krems. Die „Fischerklingen“ wurden mehr und mehr beliebt und gesucht in der österreichischen Armee. Als zu Anfang der neunziger Jahre die grossen Rüstungen für den Krieg gegen Frankreich begannen, wurde sein Hammer zu Österreich. klein für die massenhaft einlaufenden Bestellungen, und er errichtete 1794 die Stahlfabrik zu St. Egyd am Neuwald, welche sich immer mehr ausdehnte und eins der berühmtesten Werke Österreichs ge- worden ist. Ebenso war die alte und ausgedehnte Kleineisenindustrie des gewerbereichen Bezirks Steyr von dem steirischen Eisenhandel ab- hängig, weil ein Hochofenbetrieb im Erzherzogtum Österreich nicht existierte und alles Roheisen von Steiermark bezogen wurde. Dagegen gab es dort zahlreiche Eisen- nnd Stahlraffinierhämmer, deren Pro- dukte von den zahllosen Kleineisenschmieden verarbeitet wurden. Von diesen erwähnen wir die Messerschmiede zu Trattenbach bei Ternberg, welche schon im 15. Jahrhundert hier ansässig waren, und die Sensenschmiede zu Michelsdorf. 1775 verlieh Kaiser Joseph II. der Michelsdorfer Sensengewerksgenossenschaft besonderen Markenschutz. In Kärnten vollzog sich die Entwickelung der Eisen- industrie im grossen und ganzen ähnlich wie in Steiermark, auch hier verschwand in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts der Stück- ofenbetrieb vor dem Hochofenbetrieb. Im einzelnen geschah dies aber bei den abweichenden, eigenartigen Verhältnissen in Kärnten doch in anderer Weise. Die kärntnerische Eisenindustrie hatte eine gewerkschaftliche Organisation. Auch in diesem Jahrhundert spielten die Knappen- unruhen eine grosse und unheilvolle Rolle. Wir haben berichtet, dass gegen den Schluss des vorigen Jahrhunderts von 1686 an fried- lichere Zustände am Hüttenberger Erzberg geherrscht hatten. Die Knappen schienen sich endlich beruhigt zu haben, und dieser Zustand der Ruhe dauerte an bis 1712. Da erwachte von neuem der störrige Geist der Bergknappen, teils aus sachlichen Gründen, namentlich wegen zu grosser Lohnabzüge für gelieferte Naturalien, teils aus per- sönlichem Hass gegen den damaligen Bergrichter Franz Ferdinand Rauscher , der gleichzeitig ein Hauptgewerke war S. Münichsdorfer, Geschichte des Hüttenberger Erzberges, S. 97. . Auch hatte man zur Zeit der ersten Anwendung des Sprengpulvers am Hütten- berger Erzberge, 1708 bis 1710, tiroler Knappen, welche des Schiessens kundig waren, kommen lassen. Gegen diese richtete sich der Zorn der kärntnischen Knappen, und sie verlangten deren Abschaffung zugleich mit der Absetzung des verhassten Bergrichters. Im Mai 1712 brach deshalb ein allgemeiner Ausstand aus. Die Regierung war nachgiebig und suspendierte am 25. Juni den Bergrichter. Das ge- Österreich. nügte den trotzigen Knappen noch nicht, und sie setzten den Aus- stand bis in den September hinein, volle vier Monate, fort, bis er am 14. September durch einen Vergleich beigelegt wurde. 1720 kamen die Knappen mit neuen Forderungen und verlangten Wiedereinführung der abgeschafften Kindtage (s. Bd. II, S. 1044). Diesmal aber wurden sie von der Regierung in Graz und durch direkten Erlass des Kaisers Karl so scharf abgewiesen, dass sie für längere Zeit Ruhe hielten. Diese Zeiten der Ruhe waren dem Gedeihen des Berg- und Hüttenwesens am Erzberg sehr förderlich. 1755 begann aber die Gärung von neuem und zwar aus ganz frevelhaftem Anlass. Die Knappen hielten es mit den Schmugglern, die besonders Tabak schwärzten. Ein Knappe, Kreig , der einen grossen Posten geschmug- gelten Tabak gekauft hatte, wurde gefänglich eingezogen. Es fiel der Verdacht auf einen anderen Knappen Grillitsch , den Kreig verraten zu haben. Obgleich Grillitsch unschuldig war, verlangten die Knappen dessen Entfernung. Aus diesem Anlass entsprang eine ganze Kette von Aufständen und Tumulten, so dass endlich im No- vember 1758 Militär einschreiten musste. Dies half jedoch nur vor- übergehend. 1759 standen die Knappen von neuem auf. Ein grosser Teil wurde gefangen, auf öffentlichem Markt zu Klagenfurt mit Stock- streichen abgestraft und dann die Tauglichen als Soldaten unter das Militär, die Untauglichen in das Zuchthaus gesteckt. Dies geschah im April. Trotzdem versuchten bereits im Juli die „abgeschafften“ Knappen diejenigen, welche gehorsam geblieben waren, mit Gewalt von der Arbeit zu vertreiben, worauf wieder Militär intervenierte, scharfe Strafen erfolgten, gleichzeitig aber auch fremde Knappen an den Erzberg herangezogen wurden, welche die Gewerke aufnehmen mussten. Ende 1759 war die Belegschaft wieder vollständig und der Trotz der Knappen gebrochen. Freilich dauerten blutige Raufhändel zwischen den einheimischen und den fremden Knappen noch jahre- lang fort. Unter diesen Umständen ist es nicht verwunderlich, dass die Fortschritte der Eisenindustrie Kärntens bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts nur sehr gering waren. Die Kaiserin Maria Theresia wendete dem Berg- und Hütten- wesen Österreichs und besonders auch dem des Hüttenberger Erz- bergs grosse Aufmerksamkeit zu und suchte durch angemessene Ord- nungen und Gesetze dasselbe zu fördern. Sie bestätigte auch 1742 von neuem die alten Freiheiten und Privilegien der Hüttenberger Bergknappen nach dem Wortlaut der Bestätigung ihres Vaters, Kaiser Karls VI., von Jahre 1714. Zu diesen gehörten auch die festlichen Österreich. Knappenaufzüge am heiligen Dreifaltigkeitssonntage, das Laubhütten- fest genannt, und am Frohnleichnamstag, welche damals noch be- sonders festlich mit Aufzügen („Radschlagen“), Musik, Fahnen, Tanz und Gesang begangen wurden Vgl. die ausführliche Schilderung bei Münichsdörfer , a. a. O., S. 115. . Die alte Bergordnung von 1567, so gut sie für ihre Zeit ge- wesen war, reichte nicht mehr aus, und jeder Teil legte sich den Inhalt nach seinem Vorteil aus. Sie wurde dadurch ein Hemmschuh für die fortschrittliche Entwickelung. Dies trat besonders zu Tage, als sich alle Eisengewerke gegen die beantragte Anlage eines weiteren Flossofens verbanden. Wie bekannt, hatten die Flossöfen zuerst in Kärnten Eingang gefunden. Trotz ihrer Vorzüge waren aber bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts nur vier Flossofenhütten ent- standen. Die Eifersucht der Gewerke liess keinen neuen aufkommen. Deshalb erhoben sie auch 1755 gegen den von den Gebrüdern Josef, Wolfgang und Bartlmä Rauscher erbauten Flossofen Protest. Zur Untersuchung der Angelegenheit wurde der kaiserliche Rat Josef Edler von Kofler als Kommissär von Wien nach Kärnten geschickt und ihm drei kärntnerische Räte beigegeben. Auf den ausführlichen Bericht dieser Kommission, welche die vielen ein- gerissenen Missstände scharf hervorhob, beschloss man, zunächst die Konzessionen für Flossenöfen ohne Verzug zu erteilen. Infolgedessen entstanden ausser dem Ofen der Gebrüder Rauscher in Mosinz noch weitere vier Flossöfen in den fünfziger Jahren. Ausserdem beschloss man in Wien eine neue Bergordnung ausarbeiten zu lassen, und wurde hierzu eine vielgliedrige Kommission unter dem Vorsitz des Edlen von Kofler ernannt. Am 24. April 1759 wurden die wich- tigen neuen Berggesetze im Namen der Kaiserin Maria Theresia publiziert und machten besonders die Berg-Deutschhammer- und Radwerksordnung für Hüttenberg und die Rauheisen-Magazin- Verlagsordnung dem rechtlosen Zustande am Erzberg ein Ende. Die Berg-Deutschhammer- und Radwerksordnung Abgedruckt in Wagners Corpus juris metallici. enthält 79 Artikel — 43 für den Bergbau und 36 für die Hämmer und Radwerke. In letzteren wird es den Radmeistern zur Pflicht gemacht, junge Leute zu Plahhausarbeitern auszubilden. Ein „un- abgerichteter“ Plahhausarbeiter hatte durch zwei Jahre ununter- brochen bei seinem Herrn zu verbleiben, im Übertretungsfalle war ein solcher Arbeiter mit Eisen und Banden in den Berggerichtskeichen Österreich. zu stecken, und der Radmeister, welcher einen solchen Arbeiter auf- nahm, mit 5 Speciesthalern zu strafen. „Teufelspossen“ und geheime Künste waren streng verboten und Schuldige dem peinlichen Gericht zu überliefern. Zur Kontrolle der Qualität sollte jeder Gewerke sein Eisenwahr- zeichen auf sein Eisen schlagen, und hatten die Gewerke der Eisen- wurze folgende Zeichen: Graf Karl Theodor Christallnig das Zeichen W. C. Graf Gaisruck zu Silberegg „ „ G. G. Propstei Wieting „ „ B. W. F. von Eggers che Erben zu Treibach „ „ T. Maria von Greifenstein „ „ M. Maria Ulbing „ „ L. Kammerstadt St. Veit „ „ S. V. Sus. Felicitas von Mayerhofers che Erben zu Lölling „ „  Martin Benedict von Secherau „ „  Mart. Ben. von Secherau mit den Mayer- hofers chen Erben „ „  Jos. Steinkeller , Edler von Kellerstein in Heft und Hüttenberg „ „ I. S. Josef, Bartlmä und Wolfgang Rauscher in Mosinz „ „ R. Josef, Bartlmä und Wolfgang Rauscher in der Plaggowitz- und Fuchshütte „ „ W. Josef Riegler in Hüttenberg „ „ I. R. Die Deutschhämmer durften nicht mehr als vier Stangen in den Centner schmieden; ihre Ware wurde als Halbrauhe gerechnet und wurde erst auf Streckhämmern zu Kaufmannsware gebracht. Die Flossengewerke verpflichtete man bei 10 Thlr. Strafe, soviele Blatteln zu erzeugen, als die Hammergewerke bedurften; diese brauchten bei der Arbeit mit Blatteln weniger Kohlen als mit Flossen. Hatte ein Hammergewerke wegen Mangel an Blatteln Flossen einrennen müssen, so musste der Radmeister dem Hammergewerke an jedem Meiler eingerennter Flossen 3 Gulden ersetzen. Graglach- wascheisen galt nur von Schlacken gereinigt als Kaufmannsware. Verleihkauf und Gedinge sollten zu Michaeli ihren Anfang nehmen. Die Löhnung für die Hüttenarbeiter war folgende: Bei Floss- hütten für den Plaher 4 Gulden Leihkauf, alle 4 Wochen 7 Gulden an Lohn, wenn die Hütte im Gang war, 5 Gulden ausser dem Betrieb Österreich. der Hütte; Fleisch- und Faschingsgeld jährlich 3 Gulden. Ein Ofen- knecht erhielt entsprechend 1 Gulden Leihkauf, 6 resp. 4 Gulden Lohn und 2 Gulden Fleisch- und Faschingsgeld. Diese Lohnsätze waren schon in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts eingeführt worden. Bei den Stückhütten erhielt der Plaher an Leihkauf 12 Gulden, pro Meiler (500 kg) Stuck oder Graglach 24 Kreuzer, vom Meiler Klaub- oder Bachgraglach 20 Kreuzer, für Ofen und Brustmachen jährlich 3 Gulden. Ein Gragler entsprechend 8 Gulden 20 Kreuzer und 1 Gulden 30 Kreuzer. Bei den Deutschhämmern erhielt der Vorplaher 18 Gulden Leihkauf, vom Meiler geschlagenem oder Breiteisen 17 Kreuzer, für Ofen und Brustmachen des Jahres 1 Gulden 30 Kreuzer, Fleisch- und Faschingsgeld 1 Gulden 30 Kreuzer, Gragler, Vorhammerschmied und Nachhammerschmied erhielten ent- sprechend weniger. Die Holzkohlen mussten mit geaichtem Mass vermessen gekauft werden. Der Preis der Kohle wurde für das Hüttenberger Schaff (soviel pflegte ein Pferd auf dem Rücken auf den Saumwegen zu tragen, daher der Name Samkohle) auf 15 Kreuzer festgesetzt. In dem früheren Stapelplatz St. Veit wurde ein Roheisenmagazin errichtet und alles Rauheisen von den Stück- und Flossöfen und das Hammereisen, ausser was die Gewerken, Bergarbeiter und Bauern für ihren eigenen Bedarf brauchten, musste in das Verlagsmagazin eingeliefert werden. Von da bezogen die Rad- und Hammermeister ihr Eisen, und es war Aufgabe des Bergrichters, dafür zu sorgen, dass diese nicht bedrückt wurden. Die Gewerken durften die von dem Magazin erhaltenen Verlagsgelder nur für Betrieb und Bau ihrer Werke verwenden. Zweimal im Jahr, an bestimmten Tagen, fanden Gewerkenversammlungen im Berggerichtshause zu Hüttenberg statt. — In Klagesachen sass der Bergrichter mit zwei Geschworenen und drei bis vier Sachverständigen zu Gericht. Die wichtige „ Rauheisen-Magazin-Verlagsordnung “ brachte 1759 endlich in die hundertjährigen Wirren des Eisenverschleisses Ordnung. Sie bestimmt im § 1, wie oben schon erwähnt: „Alles Hütten- berger, Mosinzer, Löllinger Rauheisen, als Stuck, Floss und Blattl, Graglach und Waschwerk muss in guten und schlechten Zeiten in das St. Veiter Verlagsmagazin abgeführt werden. Der Radmeister erhält dafür seinen Wiegeschein und auf Grund dessen nach Ablauf der „Respirozeit“ den Betrag in gangbarer Münze ausgezahlt.“ Für einen Meiler = 1000 Wiener Pfund Gewicht, Stuck, Floss und Blattl war 25 Gulden zu zahlen, das erste Jahr mit acht, die Beck , Geschichte des Eisens. 51 Österreich. folgenden mit drei Monaten Respiro. — Das Magazin stand unter landesfürstlichem Schutz. Die Verlagssumme war auf 40000 Gulden festgesetzt, wovon die Hälfte der bürgerlichen Innung, die andere Hälfte den Rad- und Hammermeistern, nach Verhältnis des einzuliefernden Gutes, einzulegen erlaubt wurde. An die Hammergewerken musste ein Meiler Floss, Stuck oder Blattl um 26 Gulden gegen halbjährigen Respiro gegeben werden, ein Meiler Graglach um 21 Gulden. Der gesetzlich für jeden Ge- werken bestimmte Eisensatz durfte bei 50 Dukaten Strafe und Verlust des Radwerkes nicht überschritten werden. Die Stadt St. Veit hatte für das Magazin einzustehen und wählte einen Direktor, Kassierer und Magazinsspediteur. Die Waldeisengewerke durften bei 100 bis 1000 Gulden Strafe kein Roheisen verkaufen und nur soviel erzeugen, als sie auf den eigenen Hämmern verarbeiten konnten, mit Ausnahme von Gmünd und der Ignaz von Marburgs chen zwei Flossöfen zu Jadersdorf. Auch die Erzeugung der Haupteisengewerken wurde beschränkt und nur folgende Produktionen bewilligt: Theodor Graf Christallnig auf seinem Flossofen in Eberstein 500 Meiler Herrschaft Silberegg auf ihrem Stückofen zu Silberegg 162 „ Mayerhofers che Erben auf ihrer Schwarzstückhütte zu Lölling 207 „ Mayerhofers che Erben mit Martin Secherau ½ Zecherhütte zu Lölling 89 „ Stadt St. Veit auf ihrer Flosshütte zu Urtl 1167 „ Stadt St. Veit auf ihrer Stuckhütte Hüttenberg 194 „ F. v. Eggers che Erben auf ihrer Flosshütte zu Treibach 1280 „ Jos. von Kellerstein auf seiner Flosshütte zu Heft 1022 „ Martin von Secherau auf seiner halben Stuckhütte zu Lölling 207 „ Theodor Graf Christallnig auf seinen zwei Stuck- hütten zu Lölling 360 „ Jos., Wolfgang und Bartlmä Rauscher auf ihrer Flosshütte zu Mosinz 1260 „ Jos., Wolgang und Bartlmä Rauscher auf ihrer Stuckhütte zu Mosinz 774 „ Jos. Riegler auf seiner Stuckhütte zu Hüttenberg 149 „ Auf den Deutschhämmern wurde bewilligt: Graf Theodor Christallnig zu Eberstein 180 „ Österreich. Herrschaft Silberegg zu Wieting 67 Meiler Propstei Wieting zu Wieting 67 „ Mayerhofers che Erben mit Secherau in Lölling 72 „ F. von Eggers che Erben mit Maria Ulbing und Johanna Greifenstein 46 „ Maria Ulbing zu Hüttenberg 54 „ Joseph Kellerstein zu Hüttenberg 99 „ Martin Secherau zu Lölling 90 „ Hierzu kam noch die Herrschaft Gmünd mit 800 Meilern und Josef von Marburg mit zwei Flosshütten zu Dellach und Jadersdorf mit „soviel, als die Erzrechte zulassen“. In der Hammerordnung sind für die beiden Kreise Kärntens folgende Konzessionen aufgeführt: Gross-Wallisch-Hämmer mit 16 Feuern und 8 Schlägen Wallas- „ „ 28 „ „ 16 „ Brescian- „ „ 39 „ „ 39 „ Stahl- „ „ 63 „ „ 63 „ Blech- „ „ 4 „ „ 2 „ Zinn- „ „ 29 „ „ 29 „ Nagelschmiede- „ „ 42 „ 210 Stöcken Drahtzangen- „ „ 114 „ — Folgende Preise wurden beim Verkauf im grossen gegen Kontant- zahlung festgestellt: Für 1 Meiler (500 Kil) Hakeneisen 50 fl. „ „ „ feinen Wallas 60 „ „ „ „ Nägel oder gröberen Wallas 54 „ „ „ „ Blechflammen 56 „ „ „ „ Streck- oder Brescianeisen 60 „ Bis zum Jahre 1759 waren die Hüttenberger Gewerken von der kaiserlichen Frohne befreit gewesen, indem das Mauth- und Abwage- geld als solche galt. Maria Theresia führte statt dessen eine Frohne ein, und zwar von jedem Centner Flossen 15 Kreuzer, vom Centner Stuck und Graglach 10 Kreuzer, vom Centner Deutschhammer- eisen 13 Kreuzer; dieselbe wurde seit 1772 nach dem St. Veiter Magazinsbuch erhoben; 1771 betrug sie 23000 Gulden. Daneben bestanden noch die alten Mauth- und Abwaggefälle an die salz- burgische Herrschaft Althofen. Seitdem die Gebrüder Rauscher 1754 den neuen Flossofen zu Mosinz gegen Auflassung dreier ihrer Stuckhütten erbaut hatten, kam 51* Österreich. es den Gewerken mehr und mehr zum Bewusstsein, wieviel vorteil- hafter der Flossofenbetrieb gegenüber dem Stuckofenbetrieb war; denn abgesehen von der viel grösseren Produktion der Flossöfen waren die Erzeugungskosten viel geringer. Während man beim Flosshüttenbe- triebe zur Erzeugung eines Meilers Flosseisens 5½ Fuder Erze und 25 Schaff Kohlen verwendete, die Erzeugungskosten pro Meiler sich auf 16 Gulden 51 Kreuzer, der Verkaufspreis sich auf 25 Gulden belief, waren, bei einem Verkaufspreis von 25 Gulden 30 Kreuzer pro Meiler Stuckeisen, 6½ Fuder Erze, 38 Schaff Kohlen zur Erzeugung er- forderlich, und die Erzeugungskosten betrugen 21 Gulden 19 Kreuzer. Bei einem Meiler Flosseisen resultierten also 8 Gulden 9 Kreuzer, bei einem Meiler Stuckeisen nur 4 Gulden 11 Kreuzer Gewinn. Durch die theresianischen Gesetzgebungen waren die Schwierig- keiten, welche vordem der Errichtung neuer Flosshütten im Wege gestanden hatten, beseitigt, und so folgten die übrigen Gewerken bald dem Beispiel der Gebrüder Rauscher nach. 1762 bauten die Mayerhofer-Secheraus chen Gewerken in Lölling einen Flossofen, wofür sie zwei Stucköfen eingehen liessen. 1768 erhielten die Gebrüder Rauscher eine weitere Konzession für einen zweiten Flossofen (Fuchshütte) gegen Auflassung von drei Stuckhütten. In demselben Jahre entstand für die Stuckhütten in Heft und Hüttenberg eine Flosshütte, die Kompaniehütte, an welcher Pfeilheim , die Stadt St. Veit und der Gewerke Riegler beteiligt waren. 1775 erbaute Graf Christallnig in Lölling für seine Löllinger Kaiser- und Neuluck- Stuckhütten-Gerechtigkeit einen Flossofen. Dies waren die zwei letzten im Betriebe gestandenen Stuckhütten; mit dem Jahre 1775 war somit der Stuckhüttenbetrieb auch in Kärnten gänzlich erloschen. Wie sehr sich die kaiserliche Regierung die Verbesserung des Hüttenwesens um jene Zeit angelegen sein liess, beweisen auch die verschiedenen ausgesetzten Prämien. 1766 bestimmte die Regierung ein Gnadengeschenk von 50 Gulden dem, der Steinkohlen durch einen besonderen Kunstgriff zur Fabrikation des Eisens, wenigstens zum Gebrauch der Raffinierung, tauglich machte; ferner 24 Dukaten dem, der Torfgruben entdeckte, und 100 Dukaten dem, der mit Torf- kohle die Schmelzung der Erze bewirke. 1768 wurde ein Prämium von 1000 Dukaten für ein gedrucktes Avertissement für bessere Eisenschmelzung in Manipulation der Schmelzung ausgesetzt. Nach den Einschränkungen der theresianischen Verlagsordnung durften auf sämtlichen Flosshütten nur 52290 Centner, auf sämt- lichen Stuckhütten 21420 Centner und auf den Deutschhämmern Österreich. 6750 Centner Rauheisen erzeugt werden. Jedem Werk waren ära- rische Privatwalddistrikte, die nur der Roheisenerzeugung gewidmet waren, zugewiesen S. Münichsdorfer , a. a. O., S. 114. . Für alle Materialien waren die Preise bestimmt. So gut dieser Zwang gemeint war und so sehr er zur Herbeiführung geordneter Zustände geholfen hat, so wenig liess er sich auf die Dauer durchführen. Der Aufschwung, den die Eisenindustrie infolge der besseren Zustände nahm, führte bald zur Überschreitung der gesteckten Grenzen. Schon 1759 belief sich der Eisen- und Stahl- bedarf auf 80000 Centner und der Geldwert der ausgeführten Eisen- waren: von Schmiedeeisen (nach Italien) auf 181000 Gulden, von Pfann- und Hackeisen (grösstenteils in die Türkei) auf 200000 Gulden, von Stahl (nach Italien, Türkei, England) auf 140000 Gulden, von Nägeln (nach Italien, Türkei) auf 73600 Gulden, von Draht (Ardea-, Bella-, Schlingendraht nach Italien, Türkei) auf 72208 Gulden, von Blech (nach Italien, Türkei) auf 7400 Gulden, von Sensen und Sicheln (nach Italien) auf 6700 Gulden. Vom Jahre 1769 trat trotz der Errichtung neuer Flosshütten solcher Eisenmangel ein, dass das St. Veiter Magazin immer geleert blieb. Aus diesem Grunde wurde nach und nach allen Gewerken grössere, ja zum Teil unbeschränkte Produktion, soweit der Kohlen- bezug dies erlaubte, gestattet. Durch die freisinnigen Reformen Josephs II. und durch die Patente vom 29. Dezember 1781 und 8. November 1782 wurde endlich dem Zwangssystem, der Verschleisssatzung und der Roheisenwidmung ein Ende gemacht. Jeder Gewerke ohne Unterschied, ob Haupt- oder Waldeisen- gewerke, konnte von nun an jede beliebige Menge Roheisen erzeugen, zu beliebigen Preisen verkaufen, war nicht mehr an das Verlagsmagazin zur Ablieferung und die Hammergewerke nicht mehr zum Bezug gebunden. Den Gewerken wurde gestattet, ihre Waldungen selbst zu beaufsichtigen. Der Grundbesitzer durfte sein Holz frei benutzen und zu beliebigem Preise verkaufen. Diese Befreiungen hatten eine bedeutende Steigerung der Eisenproduktion zur Folge; sie stieg von 1770:90000 Centner, 1783 über 150000 und 1794 über 194000 Centner. Andererseits wurde die Mautfreiheit der Gewerken und Knappen aufgehoben. 1793 hielten die Knappen ihren letzten fest- lichen Aufzug ohne Bewilligung. Von da ab wurden sie verboten, später nur gegen schriftliches Gesuch nach Ermessen gestattet. Die alten Vorrechte, wonach nicht nur alle Berg- und Hüttenarbeiter, Österreich. sondern auch alle bei Gewerken dienenden Knechte, Köhler, Kohl- und Erzführer u. s. w. militärfrei waren, und die Knappen nur bei Kriegsgefahr drei Tage auf eigne Rechnung ins Feld zu ziehen hatten, erhielten jetzt mancherlei Beschränkungen. 1783 wurde das Berg- gericht in Hüttenberg aufgehoben und mit dem Berggericht in Klagen- furth vereinigt. In der Zeit von 1783 bis 1793 gingen auch die noch übrig gebliebenen Deutschhämmer ein. Die meisten wurden in „Wälischhämmer“ umgewandelt. Am 10. April 1793 kam an die Hüttenberger Gewerke die Aufforderung, wegen der Holznot alle in der Nähe der Schmelzöfen liegenden Hämmer aufzulassen oder zu versetzen. 1791 wurden Gedinge am Erzberg eingeführt unter grossem Widerstand der störrigen Knappen. Kaiser Joseph II. legte durch seine aufgeklärten, freien Verordnungen den Grundstein zur raschen Entwickelung der Eisenindustrie an der Eisenwurze. Erst seitdem entstand ein mehr ordnungsmässiger Betrieb, welcher die Gewerken in die Lage setzte, Reichtümer zu sammeln und ihre Werke allmählich zu vergrössern. Charakteristisch für die Zeitgeschichte sind noch folgende Ver- ordnungen: 1782: Es soll bei allen Dienstverrichtungen nicht mehr auf das Reli- gionsbekenntnis Rücksicht genommen werden. 1790: Zur Errichtung eines Pionierbataillons wird unter dem Berg- volke von Hüttenberg, Vordernberg, Eisenerz und Aussen eine Werbung veranlasst. 1791: Warnung an die Gewerken vor den französischen Anwerbungen kärntnerischer Eisen-, Stahl- und Sensenschmiedarbeiter. 1793: Die Rauschers che Radwerks-Kompanie leistet einen frei- willigen Kriegsbeitrag von 300 Gulden. Folgende Eisenwerke wurden vom Hüttenberger Erzberge mit Erz und Eisen versehen: 1. Die Petzenstuckhütte, auch Plaggowitzhütte genannt; seit 1587 aktenmässig bekannt, 1750 von den Gebrüdern Rauscher aufgegeben. 2. Die Pucherstuckhütte, auch Puchbauerhütte; seit 1605, 1750 eben- falls von den Gebrüdern Rauscher an die Mosinzer Flosshütte gegeben. 3. Der Plaggowitz Deutschhammer; seit 1572. 1638 verkaufte Georg Purkstaller den halben Hammer für 86 Gulden, ein Tuch im Werte von 5 Gulden, 5/4 wälischen Wein und 2/4 Marwein. 4. Die Mösslstuckhütte, auch Vellnerhütte, im 18. Jahrhundert auch Gasserhütte genannt; seit 1572, kommt 1750 von den Gebrüdern Rauscher an die Mosinzer Kompanie. Österreich. 5. Die Perwitzhütte; seit 1572, wird 1630 zum letztenmal er- wähnt. 6. Die Pfannerhütte; seit 1638; 1750 von Josef Rauscher an die Kompanie gegeben. 7. Der Peckenhammer (Deutschhammer); seit 1590. 1631 entstand an seiner Stelle 8. die Fuchsstuckhütte, kam an die Gebrüder Rauscher , welche sie 1750 an die Kompanie gaben. 1746 suchten die Gebrüder Rauscher , welche um die Mitte des 18. Jahrhunderts alle Stuckhütten von Mosinz und Plaggowitz an sich gebracht hatten, um die Konzession nach, einen Flossofen gegen Auflassung der Pfanner-, Patzen- und Puchbauerstuckhütte erbauen zu dürfen. Nach langem Kampf und unendlichen Schreibereien er- hielten sie 1754 die Konzession und erbauten 9. den Mosinzer Flossofen, ursprünglich Pfanner Flosshütte genannt. 1755 setzten sie denselben in Betrieb. — 1768 erbaute die Kompanie Rauscher den zweiten grossen Flossofen, 10. den Fuchsflossofen gegen Auflassung der Gasser- und Fuchs- stuckhütte. Um diese Zeit (1766) betrug die tägliche Erzeugung des Mo- sinzer Flossofens 3,1 Meiler (1550 Kil), der Kohlenaufwand 21 Schaff für den Meiler. Bei dem Stuckofen betrug der Kohlenverbrauch da- gegen 37 Schaff und die Herstellungskosten von einem Meiler 25 Gulden 44 Kreuzer, nämlich: Für Erzverbrauch 8 fl. 3 kzr. „ Kohlenaufwand 12 „ — „ „ Schmelzungskosten — „ 40 „ „ Speditions- und Niederlagszinsen — „ 32 „ „ Roheisenfracht ins Magazin 1 „ 39 „ „ Gebäudereparaturen 1 „ — „ „ Wegreparaturen — „ 10 „ „ Frohne 1 „ 40 „ Summa 25 fl. 44 kzr. 1775 betrug die Erzeugung der Pfannerflosshütte 11308 Ctr. Roheisen, „ „ „ „ „ Fuchshütte 4103 „ „ Summa 15411 Ctr. Roheisen. Die Kompanie Rauscher konnte 1780 20000 Gulden Rein- gewinn verteilen. Die Flossöfen hatten damals noch durchgehends die Höhe von 15 Fuss. Der Ofen der Fuchshütte war 15 Fuss hoch, Österreich. 18″ Quadrat von der Gicht, einige Fuss unter der Gicht ging er in einen kreisförmigen Querschnitt über, der Kohlensack war 3 Fuss weit, die Form lag 18 Zoll über dem Boden. 1790/91 wurde erst der Mosinzer Ofen umgebaut und von 15 Fuss auf 24 Fuss erhöht. Dadurch wurde die Erzeugung so erhöht, dass man 1792 die Fuchshütte ganz eingehen liess. 11. Die Schmied- oder auch Maierstuckhütte in der Heft, seit 1572. 1623 erhielten die Besitzer, die Brüder Platzer , die Konzession zur Erbauung eines Flossofens, und erbauten in dem- selben Jahr 12. Die Hefter Flosshütte . Bis 1764 hatte er die übliche Höhe von 15 Fuss; in diesem Jahre wurde er auf 18 Fuss 4 Zoll erhöht mit 3 Fuss 8 Zoll Weite im Kohlensack. Seit der Zeit lieferte er durchschnittlich 5 Meiler (2500 Kil) in 24 Stunden. 1797 wurde er auf 24½ Fuss erhöht und von dem berühmten Gebläsekonstrukteur Pfeffer ein Kastengebläse von 4 Fuss Quadrat und 6 Fuss Höhe erbaut. Dadurch stieg die Jahreserzeugung von 16000 auf 24000 Ctr. Trotz der Höhe von 24½ Fuss war die Gicht nur 17 Zoll Quadrat, der runde Kohlensack 3′ 10″ im Durchmesser. 13. Der Hefter Deutschhammer hatte drei Plahöfen, jeder seinen Balg und jeder Balg sein Wasserrad; seit 1587; wurde 1745 aufgelassen. 14. Die Hautzensteinerhütte unter Jaschitze schon 1558 be- kannt, kam 1656 ausser Betrieb und in Verfall. 15. Die Rauzen- oder Reauzenhütte, nur 1574 bis 1588 erwähnt. In der Nähe von Hüttenberg und dem Hüttenberger Graben lagen folgende Hütten: 16. Der Kirchen-Deutschhammer war schon im 15. Jahrhundert im Betrieb, ging nach 1662 ein. 17. Die Markthütte, Stuckhütte; seit 1601, gehörte 1768 Josef Riegler , der in diesem Jahre mit seiner Konzession der Kompanie- hütte beitrat. 18. Die Hindterbergstuckhütte; seit 1636, 1768 im Besitz von St. Veit, das damit dem Kompaniehütten-Flossofen beitrat. 19. Der Silberberg-Deutschhammer; seit 1572, 1679 aufgelassen. 20. Der Steinbrugg-Deutschhammer; seit 1563, wurde 1768 in einen Zeughammer verwandelt. 21. Der Pairisch-Deutschhammer bestand schon 1534, kam 1767 ausser Betrieb. Der letzte Besitzer, Pfeilheim , erbaute einen Stuck- ofen und trat mit diesem in Kompanie mit Josef Riegler und der Stadt St. Veit, welche gegen Auflassung von drei Stuckhütten 1767 Österreich. 22. Die Kompaniehütte oder den Kompanie-Flossofen er- bauten. Im Löllinger Graben lagen: 23. Die Neidluckenstuckhütte, auch die Neuhütte genannt, war 1601 im Verfall, wurde 1603 neu aufgebaut und 1774 von Graf Leo- pold Maria von Christallnig in die Union mit Secherau und Mayerhofers Erben gegeben. 24. Die Kaiserhütte, ebenfalls anfangs des 17. Jahrhunderts im Verfall, 1612 wieder aufgebaut, 1774 ebenfalls von Graf Christallnig in die Union gegeben. 25. Die Dürr- oder Steinerhütte, seit 1589, wurde 1774 von Leo- pold Grafen von Christallnig in die Löllinger Union gegeben. 26. Die Knichtehütte wird Ende des 16. Jahrhunderts eine uralte Hütte genannt; die Erben von Seher von Secherau geben sie 1770 in die mit den Mayerhofers chen Erben gegründete Union. 27. Die Zechnerstuckhütte gehörte 1529 dem Simon Lattacher ; 1760 von Martin Benedikt von Secherau in die Union gegeben, blieb aber bis 1769 im Betrieb und wurde dann aufgelassen. 28. Die Meixnerstuckhütte gehörte 1572 zum Teil dem Lattacher . Die Konzession kam 1760 von den Mayerhofers chen Erben in die Mayerhofer-Secheraus che Union. 29. Der Löllinger- oder Zechner-Deutschhammer gehörte 1572 dem Georg Lattacher , kam 1760 in die vorgenannte Union und wurde von dieser bis 1784 im Betrieb erhalten. 30. Die Lattacher-Stuckhütte wurde in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts konzessioniert, gehörte 1760 Ludwig von Mayer- hofer, der sie in die Union gab. 31. Die Schwarzhof-Stuckhütte, Anfang des 18. Jahrhunderts an Stelle der abgetragenen Meixnerstuckhütte erbaut, kam durch die Mayerhofers chen Erben 1760 zur Union. An Stelle der Meixner- und Schwarzhofstuckhütte erbaute die Mayerhofer-Secheraus che Masse 1764 den ersten Hochofen für Blattelerzeugung im Löllinger Graben. Da sie aber keine landes- fürstliche Konzession erworben hatte, erfuhr sie manche Schwierig- keiten. 1774 trat auch Leopold Maria Graf von Christallnig der Mayerhofer-Secheraus chen Masse bei, die nun den Namen „Löllinger Union“ annahm. Diese erhielt 1776 die Konzession für einen zweiten Hochofen: 32. Die Voitschstuckhütte, seit 1592 bekannt, wurde 1774 von Leopold Graf von Christallnig zur Löllinger Union gegeben. Österreich. Im Görschitzthal lagen 33. der Wietinger Deutschhammer; seit 1591, kam 1783 ausser Betrieb. 34. Der St. Pauli Deutschhammer; seit 1574, kam später an die Grafen v. Christallnig , die ihn eingehen liessen, die Konzession aber mit in die Löllinger Union brachten. 35. Die Greissenegger Stuckhütte, auch Welzerhütte zu Eberstein, 1565 dem Herrn von Greissenegg zugehörig, kam später in Christallnigs chen Besitz und wurde Ende des 18. Jahrhunderts in einen Wällischhammer umgewandelt. 36. Die Umfahrer-, auch Gillizsteinerhütte; seit 1570. 1605 kaufte David Christallnig , Handelsherr in St. Veit, den Gillizsteiner Besitz samt den Berg- und Schmelzwerken um den Betrag von 7000 Gulden. Sein Enkel Georg David kaufte die Herrschaften Eberstein und Hornburg und die Greisseneggerhütte. Die Familie Christallnig gehörte dadurch zu den grössten Besitzern am Hütten- berg. In einer Prozessschrift von 1674 konnte Georg Sigmund Christallnig durch Originalurkunden nachweisen, dass die Eber- steins chen Schmelzwerke bereits über 400 Jahre bestehen. Wegen hervorragender Verdienste im Eisenwesen wurde Georg Balthasar Christallnig 1709 in den Freiherrn- und 1721 in den Grafenstand erhoben. Bei Guttaring lag die älteste Flosshütte: 37. Der Urtler Flossofen. Schon in der ersten Hälfte des 16. Jahr- hunderts bestand eine Stuckhütte im Urtlgraben. Der Urtler Floss- ofen wurde zwischen 1567 und 1580 von der Kammerstadt St. Veit erbaut. 1625 betrug die Produktion in zwei Kampagnen von 9 und 13 Wochen und 2 Tagen 5346 Ctr. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts schwankte sie zwischen 5000 bis 6500 Ctr., 1700 bis 1712 von 6490 bis 9800 Ctr., 1712 bis 1724 von 10000 bis 11500 Ctr., in welchen Grenzen sie im 18. Jahrhundert blieb, nur 1780 erreichte sie 13600 Ctr. Der Kohlenverbrauch schwankte von 20 bis 25 Schaff, das Ausbringen erreichte meist nur 40 Proz. 38. Die Silberegger Stuckhütte, im Krapfeld gelegen, wurde 1600 ge- gründet und gehörte im 18. Jahrhundert erst dem Grafen Gaissruck , dann Josef Edler von Pfeilheim , der die Hütte und Nagelschmiede 1763 an Max Thaddäus Freiherrn von Egger für 9000 Gulden verkaufte. Dieser liess sofort den Silberegger Stuckofen auf. 39. Die Treibacher Stuck- und Flosshütte. Erstere kam 1572 durch Erbschaft an Frau Anna Vellner. Karl Vellner erbaute 1606 ohne Österreich. Konzession eine Flosshütte, die zweite in Kärnten. Man machte ihm des- halb Schwierigkeiten, bis ihm 1609 der Betrieb gestattet wurde. 1698 erwarb Paul von Egger , Ratsherr und Eisengewerke zu Leoben, die Treibacher Flosshütte für 20000 Gulden und 10 Dukaten Leihkauf. Dessen Enkel, Max Thaddäus von Egger , ein Mann von grossem Reichtum und Wissen, that viel zur Beförderung des Eisenhüttenwesens. Er liess bereits 1766 den Hochofen zu Treibach mit zwei Formen zustellen und versah jede Form mit zwei prismatischen Blasebälgen, wodurch sehr günstige Resultate erzielt wurden. 1760 erhob ihn Maria Theresia in den Freiherrn- und 1785 Kaiser Joseph II. in den Grafenstand „ob der Verdienste, welche er sich bei Förderung der Eisenindustrie erworben“, wie es in dem Diplom heisst. 1793 setzte er sich mit zwei Engländern, Ligstowler und Sheffield , in Verbindung und stellte in Lippitzbach ein Blechwalz- und Schneide- werk, sowie englische Cement- und Gussstahlöfen auf. 1798 pachtete er die ärarischen Werke St. Leonhard und St. Gertraud. Der Preis von Stuckeisen auf den Hütten am Erzberg betrug pro Meiler 1572 bis 1597 9 Gulden, stieg bis 1608 auf 15 Gulden. Das geschlagene Hammereisen galt 6 bis 8 Gulden höher als Stuckeisen. Flosseisen hatte im 17. bis Mitte des 18. Jahrhunderts denselben Preis wie Stuckeisen; in der zweiten Hälfte bezahlte man Flosseisen 2½ Gulden höher. Der Preis von Flosseisen schwankte 1650 bis 1700 von 17 bis 20 Gulden, 1700 bis 1708 von 18 bis 23 Gulden, 1710 26 Gulden, 1710 bis 1716 23 Gulden, 1727 28 Gulden, 1728 bis 1734 26 bis 27 Gulden, 1735 bis 1750 25 bis 27 Gulden, 1750 bis 1789 konstant 26 Gulden, stieg 1790 bis 1793 auf 33 Gulden und von 1790 bis 1800 sogar auf 39 Gulden pro Meiler, nämlich Charakteristisch sind für die kärntnischen Hochöfen im 18. Jahr- hundert die enge Zustellung und die Blattlerzeugung seit Mitte des Jahrhunderts. Die der Latrans chen Familie zugehörigen Hochöfen bei Kremsbrücken waren 21 Fuss hoch und unten und oben 1½ Fuss weit Hacquet , Lustreise vom Terglou zum Grossglockner, S. 27. . Die Eisenproduktion von Kärnten wird 1777 auf 120000 Ctr. an- gegeben und waren nahezu 10000 Arbeiter in der Eisenindustrie be- schäftigt. Nach einem Brief von Baron J. v. Zois an Sal. v. Stocken- ström in Stockholm betrug im Jahre 1780 die Ausfuhr aus Kärnten Österreich. von Schmiedeeisen und verarbeitetem Eisen 6200000 W. Pfd. „ Stahl und Stangen u. s. w. ..... 3800000 „ „ In dem Herzogtum Krain giebt es keine so grossartigen Eisen- erzvorkommen, wie der Erzberg bei Eisenerz in Steiermark und der Hüttenberger Erzberg in Kärnten; die reichlich vorhandenen Rot- und Brauneisensteine in Spalten und Schluchten des Kalkgebirges sind über das ganze Land verbreitet. Sie wurden vielfach durch Tage- bauten gewonnen und in zahlreichen kleinen Hüttenwerken ver- schmolzen. Infolge dieser Verhältnisse und da es an einem natür- lichen Mittelpunkt der Eisenindustrie fehlte, war der Verband der über das ganze Land zerstreuten Gewerke ein viel loserer und die staatliche Bevormundung durch Aufsicht und Mitverwaltung eine ge- ringere als in den vorerwähnten Alpenländern. Deshalb war die Ordnung des Berg- und Hüttenwesens schlechter und die Willkür der Berg- und Hüttenleute, „des Bergvolks“, wie sie im Gegensatz zum Landvolk hiessen, noch grösser. Hierzu trug auch das Völker- und Sprachengemisch von Deutschen, Slawen und Italienern bei. Wenn auch keine so ausgedehnte Ausstände und Aufstände vor- kommen konnten wie am Hüttenberger Erzberg in Kärnten, so sind im vorigen Jahrhundert die Klagen über Unordnungen, Faulheit, Trunkenheit und Widersetzlichkeit der Knappen und Eisenarbeiter, die von der Militärpflicht befreit waren und von der Regierung geschützt wurden, um so häufiger. Der Korporationsgeist des Berg- volks artete sehr oft in Anmassung und Zügellosigkeit aus. Charak- teristisch hierfür sind die Berichte des Unterbergrichters Anton Deitler an das Bergobergericht Aus dem Archiv des K. K. Revier-Bergamts zu Laibach, abgedruckt in den interessanten Aufsätzen „Das Eisen in Krain“ von A. Müllner in der Zeit- schrift Argo 1895 — speciell Nr. 3, S. 38. von 1775 über das Treiben des Bergvolks in Sava, Jauerburg und Pleyofen. Nachtschwärmerei, Rauf- händel und Verspottung der Obrigkeit hatten damals so überhand genommen, dass ein Militärkommando requiriert werden musste, um nur einigermassen wieder Ordnung herzustellen. Nicht minder schlimm war es bei den Nagelschmieden, die keine besondere gesetzliche Ord- nung hatten, und in einzelnen Gegenden sehr zahlreich waren. So gab es am Schluss des Jahrhunderts in Eisnern, Krop und Stein- büchel über 1000 Nagelschmiede, von denen ein Bericht vom 27. Mai 1805 A. a. O., S. 40. sagt, „sie behaupten unstreitig die Mehrheit über alle anderen Bewohner; wegen dieser Mehrheit und ihrem Einverständnisse darf Österreich. ihnen kein Gewerk, nicht einmal die substituierte Ortsobrigkeit, etwas sagen, weil sie sogleich gemeine Sache machen. Sie arbeiten nur, wann sie wollen; sie machen sich nach Belieben Feiertage zum grössten Nachteil und empfindlichen Schaden der Gewerke, des Landes und des Ärares, und bis zur Stunde verspotten sie die allerhöchsten diesfalls wiederholt ergangenen Verordnungen und Strafgesetze vom 1. Februar 1787. Die Leute klagen über unzulänglichen Verdienst, aber sie spielen, saufen und lärmen ganze Nächte und verfeiern ausser den Kirchenfeiertagen über 100 Tage im Jahre. Sie bestehlen ihre Gewerke von allen Seiten und verkaufen das Eisen und die Nägel. Gehorsam oder doch wenigstens schuldige Achtung gegen ihre Ge- werke ist gar nicht zu erwarten, ja selbst die Geistlichkeit vermag mit diesem zügellosen Volke nichts auszurichten.“ Da aber das Bergvolk und die Nagelschmiede grösstenteils den Gewerken verschuldet waren, so befanden sie sich doch in gänzlicher Abhängigkeit von diesen und waren ausser Stande, ihre Arbeitsstelle zu verlassen. Versuchten die Arbeiter, sich ihren Verpflichtungen durch die Flucht zu entziehen, so wurde mit aller Strenge gegen sie verfahren. Dasselbe geschah seitens der Regierung, wenn die Knappen und Eisenarbeiter sich verlocken liessen, ausser Landes zu gehen. Mit der Befreiung vom Militärdienst war die Verpflichtung des Bergvolks, im Lande zu bleiben, auf das engste verknüpft. Maria Theresia schärfte dies durch ein Verbot vom 4. September 1762 noch besonders ein, indem sie den Eisen- und Stahlarbeitern streng untersagte, in benachbarte Länder, wo Eisen- und Stahlmanufakturen errichtet werden, zu entweichen und befiehlt, sowohl die Emigranten als ihre Verführer zu bestrafen. Die Eisengewinnung war ein Privilegium der Gewerke, worüber diese eifersüchtig wachten und gelegentliche Versuche der Grund- besitzer oder Schmiede, Eisenerze zu graben und in Rennherden zu verschmelzen, eifrig verfolgten. So wandte sich am 11. März 1775 Johann Bapta Schigann S. Argo 1895, Nr. 1, S. 10. , „Inhaber und respective Hammers- Gewerkh an der Feistriz hinter Stein mit der wehmüthigen Beschwörde“ an das Oberberggericht, „dass seit einiger Zeit an verschiedenen Orthen mehrere sogenannte Einren- oder Schmelzfeyer-Schmiden sich befinden und hervorgethan, welche aus Arzt in kleinen offen das Eiisen schmelzen und sodann zum höchsten Nachtheill derer Berg- werkhe verschlüssen“ … Er verlangt, dass drei, die er namhaft Österreich. macht, auf Grund „massgebigster Anordnungen — andern zum Bey- spill zur empfindlichen Strafe gezogen und ihnen die aufgerichten Ren- oder Schmelzfeyer abgeworfen werden“. Die Beschwerde ist von technischem Interesse, da auch hier die Rennfeuer als die ältere Art der Eisenschmelzen, die nach alter deutscher Sitte von den Gutsbesitzern zuweilen noch betrieben wurden, erscheinen. Die herrschende Form des Schmelzbetriebes in Krain war bekanntlich der Stuckofenbetrieb, und es ist bei den oben geschilderten Verhältnissen nicht verwunderlich, dass man hier Vgl. Oryctographia Carniolica, 1778. noch länger am Stuckofen- oder Wolfsofentrieb festhielt, als in Steiermark und Kärnten; 1778 bildete derselbe noch die Regel. Der Ofenstock war meist 8 Fuss im Quadrat, die ganze Ofenhöhe vom Wolfsbett bis Einsturz 11 Fuss; obere Weite 1 Fuss, am Wolfs- bett 2 Fuss, erweiterte sich in der Mitte. Das inwendige Futter wurde mit einem feuerfesten, glimmerartigen Sandstein und schwarzem Thon gemacht. Erst im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden zu Sava und Jauer- burg zur Ausschmelzung der „Stahlerze“ (Spateisensteine) Floss- oder Blauöfen erbaut. Doch scheint allerdings eine alte gusseiserne Glocke mit der Jahreszahl 1668 auf einen älteren Hochofen für Gusseisen, den man in dem benachbarten verfallenen Werke zu Mesnontz ver- mutet, hinzudeuten. Wenden wir uns nun zu den wichtigeren Eisenwerken Krains, über welche Nachrichten aus dem 18. Jahrhundert vorliegen. In der Wochein lagen zwei alte Eisenwerke, der Althammer im oberen und Pozableno bei Feistritz im unteren Thal. Über den Stuckofenbetrieb in der Wochein ist folgendes zu be- merken: Der Stuckofen bei Feistritz war 12 Fuss 9 Zoll hoch und hatte einen trichterförmigen Aufsatz von 1½ Fuss; der Durchmesser des Gichtzirkels war 1 Fuss 3 Zoll, der des Herdzirkels 2 Fuss 5 Zoll S. v. Marcher , Notizen über den Betrieb der Hochöfen und Rennwerke, 3. Heft, § 97, wo sich vergleichende Tabellen über den Stuck- und Flossofen- betrieb zu Feistritz finden. , das halbmondförmige Gewölbe, welches die Brust des Ofens bildete, wurde nur mit Thon zugemacht. Zu Anfang der Schmelzung legte man die Blaseöffnung tief. Nach einiger Zeit kamen aus diesem Essloche Funken und kleine Schlackenkerne heraus. Sobald dies geschah, machte man auf den Seiten in dem Brustgewölbe kleine Öffnungen, um den Schlacken Abfluss zu geben. Fing nun der Wolf Österreich. an zu wachsen, so wurde ein anderes Essloch zwei Zoll höher ge- brochen. Mit dem Essloch machte man auch die Schlackenlöcher höher und fuhr damit bis unter den Gewölbbogen fort. Der Wolf war inzwischen bis zu dieser Höhe angewachsen. Man brach nun die Brust auf und sah den Wolf „stocken“. Eine Schmelzung dauerte 18 bis 20 Stunden, der Erzeinsatz betrug 40 bis 50 Centner. Der Wolf wurde alsdann in einem sogenannten Pfähfeuer eingerannt und zwar die Kotlizhe (Masse) einmal, die Pogazhe (Wascheisen) zweimal. Aus beiden wurden die Massellen oder Tajolen gemacht. Aus jeder Tajol zwei Kolben und aus jedem Kolben vier Stangen Walascheisen zu 50 Pfund Gewicht geschmiedet. Die Zerennfeuer waren nicht überwölbt, sondern nur mit Eisen- blech überhangen, weil das Mauerwerk durch die Erschütterung des an 13 Centner schweren Walaschhammers einstürzen würde. Man machte in einem Feuer wöchentlich 45 bis 50 Centner Walascheisen und brauchte dazu 55 bis 60 Krippen (zu 3½ Wiener Metzen) Fichten- kohlen. Der Abbrand betrug nur 3 bis 5 Proz. Ein krainisches Hammerwerk bestand in der Regel aus einem Stuckofen, einem grossen Wolfshammer, einem Zerennfeuer und Zain- hammer, meist auch einem Nagelschmiedfeuer und Drahtzieherei. Feistritz hatte eine Drahtzange für grobe Sorten, welche mit dem Stuckofen unter einem Dache stand. Nicht weit davon lag eine be- sondere Drahtzieherei mit drei durch Wasser betriebenen Zangen und einer Handzange für feinere Sorten. Ausserdem waren zu Feistritz unter einem Dache 10 Schmiedeherde, wo beständig 25 Paar Nagel- schmiede arbeiteten, die so wie die zu Althammer alle möglichen Gattungen von Nägeln verfertigten, die nach Italien verkauft wurden. Die Nägelschmiede bekamen ihr Eisen zugewogen und mussten ein gewisses Quantum Nägel dafür abliefern; was sie mehr erzielten, war ihnen. Diese Art Geding gab zu vielen Unterschleifen Veranlassung. 1777 machte Althammer 924 Ctr. Nägel, 234 Ctr. Zain- und Schien- eisen und 385 Ctr. Draht; Feistritz 472 Ctr. Nägel, 482 Ctr. Zain- und Schieneisen und 461 Ctr. Draht. 1708 waren beide Werke für 70000 Gulden verkauft worden. In den 70er Jahren schaffte Sigismund Freiherr von Zois , ein hervorragender Hüttenmann, seine Stucköfen zu Feistritz im Wocheinerthal ab und legte einen Hochofen (Flossofen) an. Derselbe war (1797) 22 Fuss hoch, von kreisförmigem Querschnitt und vier- eckigem Gestell, am Bodenstein 1 Fuss 10 Zoll Quadrat, im Kohlen- sack, der 11 Fuss hoch, also in der Mitte des Ofens lag, 4 Fuss Österreich. 6 Zoll und an der Gicht 1 Fuss 6 Zoll Durchmesser S. v. Marcher , Notizen über den Betrieb der Hochöfen und Rennwerke, 3. Heft. . Einen zweiten Ofen von ähnlichen Massen erbaute Baron Zois zu Jauerburg; bei beiden führte er an Stelle der Spitzbälge Wassertrommelgebläse ein. Zu Sava hatte der Gewerke von Ruard ebenfalls einen Flossofen von 19½ Fuss Höhe erbaut. Über die Wolfsöfen zu Kropp, Steinbichel und Eisnern giebt von Marcher nähere Nachrichten A. a. O., §. 99 etc. . Das Eisenwerk zu Zhuber (Tschuber) gehörte früher den Grafen Zriny , fiel aber, als diese sich mit dem Grafen Frangipani gegen den Kaiser empörten, 1671 an die Krone und wurde Kammergut. Es hatte gegen Ende des 18. Jahrhunderts einen Hoch- und einen Wolfsofen. Letzterer, der meistens gebraucht wurde, war kleiner als der in der Wochein. Man schmolz darin in 24 Stunden 20 Ctr. Erz zu einem Stuck. Die Schlacke lief dabei fortwährend aus einem besonderen Loch ab. Die Masse oder der Wolf wog 6 bis 7 Centner. Das Erz, welches Bohn- oder Wassererz genannt wurde, war Roteisenstein und gab 30 Proz. an Eisen. Aus dem Wolf schmiedete man verschiedene Eisensorten: Presan- und Boloseisen und Spiaggia. Die grossartige Nagelfabrikation haben wir früher (S. 443) schon erwähnt. Fiume war der wichtigste Versandhafen für dieselbe. 1 Fass Nägel zu 100 Pfund kostete 13 Gulden 13¼ Kreuzer. Das Eisen wie die Nägel wurden den neapolitanischen Kapitänen, welche das Barletta- salz lieferten, als bares Geld gegeben und mussten dieselben, wenn sie auch nicht wollten, für ⅓ ihrer Ladung davon nehmen. Sowohl das Eisen nach Fiume als die Erze zu den Schmelzöfen wurden „gesäumt“, d. h. durch Saumpferde getragen, welche trotz ihres elenden Aussehens mit grösster Sicherheit die Lasten über die Klippen trugen. In der Regel herrschte Erzmangel, so dass der Flossofen nicht betrieben werden konnte; hatte man aber einmal etwa 3000 Centner Erz ge- sammelt, so wurde der Flossofen angelassen und dasselbe in 11, höchstens 12 Wochen verschmolzen. Die Verkohlung des Holzes geschah in stehenden Meilern. In 14 Monaten wurden (1777/78) in Tschuber 2924 Ctr. Erz angeliefert, welches nach dem Rösten 2824½ Ctr. wog. Dieses wurde mit 2824½ Ctr. Hammerschlacke verschmolzen. Es erfolgte daraus 882 Ctr. Roheisen und 35 Stück mit 244¾ Ctr., zusammen also 1126¾ Ctr. Hierzu wurden 3926 Säume Kohlen zu 3 bis 4 Wiener Metzen Österreich. verbraucht. Der Centner Spiaggiaeisen wurde mit 8 Gulden 10 Kzr., Presaneisen mit 8 Gulden 41 Kzr., das Massarina mit 11 Gulden 40 bis 13 Gulden 20 Kzr. verkauft. Die Nägelpreise für Fremde waren: Canali 16 Gulden 30 Kzr., Ceseni 15 Gulden, Mantuani 14 Gulden 10 Kzr., Ottantini 13 Gulden 20 Kzr. In den Seehäfen Recco und Fiume wurden für 3500 fl. Eisen, meist Nägel, verkauft, bei dem Werk Tschuber selbst für 500 bis 600 fl. Die Stahlhämmer zu Weissenfels verarbeiteten importiertes Rauheisen und Stahl von Kärnten. Der Stahl wurde in daumendicke Stäbe von 2½ Fuss Länge ausgeschmiedet und nach Italien verkauft. Produktion 1771: 2221 Ctr. Stahl und 400 Ctr. Nägel. Auf dem Hammerwerk Kamelk verschmolz man roten Blutstein von Bresky in Unterkrain, Sumpferze von Weichselburg, Bohnerze von Duchain und braunen Glaskopf von Saposie unter Zusatz von eisenhaltigen Schlacken, „Schlunder“ genannt, und Wascheisen (Rena) in einem schlechten Stuckofen. Derselbe hatte die Form eines um- gestülpten Kessels, war 14 Fuss hoch, an der Gicht 1½ Fuss, am Boden 3 Fuss weit. In Sätzen von 50 Pfund wurden in 24 Stunden 50 bis 60 Centner Erz aufgegeben. Der erhaltene Wolf wurde in sechs bis sieben Teicheln zerteilt, jedes Teichel (Tajol) wog 250 Pfund. Wurden diese unter dem Hammer viereckig geschmiedet, so nannte man sie Massel. Aus den Masseln wurden Stangen gereckt. Meist war das Eisen nach dem Zerennen noch zu spröde, um zu Zain- eisen und für Nägel verschmiedet werden zu können. Es wurde des- halb ein zweites Mal eingerannt, was man das „Überheben“ nannte. Das meiste Eisen wurde zu Nägeln, die über Triest nach Italien gingen, verarbeitet. Über die Jahresproduktion von Krain fehlen uns nähere An- gaben. In dem S. 811 erwähnten Brief des Baron v. Zois von 1780 giebt er die Ausfuhr aus Krain von Schmiede- und verarbeitetem Eisen zu 1800000 W. Pfd. „ Stahl „ 1200000 „ „ an. In Tirol gab es viele Eisenhämmer, doch hatte es lange keine so bedeutende Eisenindustrie wie Steiermark und Kärnten. Die besten Eisenbergwerke waren zu Pillersee an den Grenzen vom Pinzgau, woselbst sich „das k. k. Eisenberg-, Blau- und Hammerwerk samt dem Drahtzug im Pillersee “ Siehe Molls Jahrbücher der Berg- und Hüttenkunde, woselbst sich eine genaue Beschreibung des Werkes von 1774 befindet. befand. Die Hütte umfasste 1774 Beck , Geschichte des Eisens. 52 Österreich. eine Schmelzhütte (Blauhaus), ein Hammerwerk, zwei Draht- und Nagelzain-Schmieden und eine Drahtfabrik. Der Blauofen (Flossofen) war 20 Fuss hoch und lag die Form 1½ Fuss, der Kohlensack 12 Fuss 4 Zoll über dem Boden. Gestell und Gicht waren viereckig, Rast und der untere Schacht kreisförmig; am Bodenstein hatte der innere Ofenraum 1½ Fuss Quadrat, die Gicht 2 Fuss 10 Zoll auf 2 Fuss 5 Zoll, der Kohlensack hatte 3 Fuss 4 Zoll Weite; die Zustellung war also ähnlich den kärntner Flossöfen. Die Form war 2⅝ Zoll weit. Es wurde jede fünfte Gicht, in der Regel alle 2⅗ Stunden, abgestochen, in 24 Stunden an 30 Centner in zehn Flossen zu 300 Pfund. Die Erze waren ziemlich schwerschmelzige thonige Brauneisen- steine; man verschmolz sie mit Zuschlag von Sand und Kalk und gab dem Boden der Form 12° Ansteigen. Wascheisen setzte man zeit- weise zu, um das Gestell zu reinigen. Je weiter der Ofen sich aus- brannte, je mehr fuhr man mit der Form zurück. Dies hatte seine Grenze, wenn das Gebläse nicht mehr imstande war, die Anbauungen wegzuschmelzen und der Ofen anfing, zusammenzuwachsen. Halfen dann auch leichtflüchtige Beschickung und Wascheisen nicht mehr, so musste man ausblasen. Guter, „lauterer“ Floss musste leichtflüssig, von heller weisser Farbe im Fliessen sein. Sein Bruch war weiss und feinkörnig, die Schlacke ein dunkelgrünes Glas. Wollte man graues Eisen erzielen, so setzte man leichtere Gichten. Das Hammer- werk bestand aus einem Durchlass- oder Hartzerrennfeuer, drei Frisch- feuern und einem 9 Centner schweren Hammer. Alles Roheisen wurde erst durchgelassen (hartzerrennt) und in Platten abgehoben, sodann meist auf Stabeisen und nur etwas weniges auf Stahl verarbeitet. Man schmolz meist weisse und graue Flossen gemischt ein. Die Hart- zerrennstücke wurden ungeröstet dem Frischfeuer übergeben. Man verarbeitete in 14 Stunden in einem Feuer 9½ Ctr. Hartzerrennstücke und erhielt daraus drei Luppen (Teile — Deule) von 750 Pfd. Gewicht; der Abgang betrug 25 Prozent. Das Frischverfahren entsprach der steierischen Löscharbeit. Zu Drahteisen nahm man den inneren Teil der Luppe, das „Kerneisen“, welches zu Drahtstäben ausgeschmiedet wurde. Diese wurden dann zu ¼ Zoll dicken Stäben ausgereckt; nur die ganzen wurden als Drahtzaine behalten, die unganzen zu Nagelzainen bestimmt. Von 250 Pfund in die Reckschmiede geliefertem Drahteisen kamen selten über 50 Pfund gute Drahtzaine zur Drahtfabrik. In dieser wurden 7 Centner solcher Drahtzaine in rund zusammen- gewundenem Zustande in den S. 622 beschriebenen Glühofen gebracht, Österreich. in Zeit von ¾ Stunden hellrotglühend gemacht, sodann heraus- genommen, zum Abkühlen eine Zeitlang liegen gelassen, hierauf durch eine Reckwalze (Zainwalze) rund gebogen und dem Drahtzug übergeben. Das Ziehen erfolgte in 32 Nummern auf sieben Zug- stätten. Die gröbsten Nummern, 32 bis 24, wurden auf der Grob- bank, einem Zangenzug gezogen, dann folgten vier Walzenzüge zu je drei Nummern und hierauf der fünfte Walzenzug mit zwei Nummern, welche zusammen die Nummern 24 bis 9 zogen, die feinen Nummern 8 bis 1 wurden auf dem Scheibenzug durch elf Zieheisen gezogen. Im Jahre 1774 erzeugte man auf diesem Eisenwerke 6408 Ctr. Roheisen und 364 Ctr. Wascheisen. Es wurden 1800 Same (gleich 225 Tonnen) Schmiedeeisen, 56 Same (7 Tonnen) Stahl und 16 Same (2 Tonnen) Rohstahl oder Mock hergestellt. Folgende Verkaufspreise wurden erzielt: Für eine Tonne Schmiedeeisen 144 Gulden „ „ „ Stahl 180 „ „ „ „ Rohstahl 154 „ Für ein Pfund Sandguss 3½ Kreuzer „ „ „ Lehmguss 5 „ „ „ „ Roheisen 3½ „ „ „ „ Draht Nr. 1 bis 22 27 bis 9 „ An Löhnen wurden gezahlt: dem Blauofen- oder Schmelzmeister wöchentlich, solange geblasen wurde, 2 fl. 13 kr., ausser dieser Zeit 1 fl. 45 kr., dem Ablassknecht 2 fl. 5 kr. und 1 fl. 45 kr. und dem Aufgeber 1 fl. 36 kr. Für das Hartzerrennen wurden 3 Kreuzer pro Centner für Eisenhartzerrennstücke und 5½ Kreuzer für Stahl- hartzerrennstücke bezahlt. Die Hammerleute erhielten, wenn zwei Frischer und ein Hammer- schmied zusammen arbeiteten, 9 Kreuzer für den Centner Eisen und 18 Kreuzer für Stahl Siehe die weiteren Lohnsätze in Moll , a. a. O., Bd. I, S. 62. . Ein altes bedeutendes Hüttenwerk in Tirol war „das k. k. gemein- same Eisen-, Blau- und Hammerwesen Kleinboden “ unweit Fügen im Zillerthale Siehe Jars , a. a. O., Bd. I, Abt. 4 und Molls Jahrbuch, Bd. I, S. 10. . Es verschmolz Eisenspat und Braunerz (Brauneisen- stein), welches erst in ½ Kubikzoll grosse Stückchen durch ein Trocken- pochwerk gepocht wurde. Der Blauofen („Blaaofen“ = Flossofen) war 22 Fuss hoch, am Bodenstein 21½ Zoll, an der Gicht 2 Fuss 6½ Zoll auf 2 Fuss 13 Zoll und in der Mitte 3 Fuss 8 Zoll weit. 52* Österreich. Er hatte kupferne Form und Holzbälge. Die Erzgicht bestand aus 300 Pfd. Eisenstein, wozu 100 Pfd. Kalkstein gesetzt wurden. In 24 Stunden erhielt man durchschnittlich in neun Abstichen 30 Centner. Auf 1 Centner Roheisen brauchte man 1⅘ Säcke Kohlen. Das Aus- bringen betrug 22 Prozent. Wenn sich starke Anbauungen oder Versetzungen über dem Gestell bildeten, welche sich nicht wegschmelzen liessen, so pflegte man diese in folgender Weise aus dem Ofen zu schaffen. Man hing schwere Gewichte an eiserne Ketten, warf diese auf die hinein- hängenden Anbauungen mit Gewalt herunter und machte sie hier- durch stückweise los, dann wurde eine Person hinuntergelassen; diese hing die losgetrennten Stücke an eine Kette, setzte sich auf die Bürde und wurde mittels eines Aufzuges zur Gicht heraufgezogen; so räumte man den ganzen Ansatz weg. Die vier Öfner (Blääleute) samt dem Meister wurden nach dem Centner der Produktion gelohnt und erhielten für jeden Centner zusammen 11 Pfennige. Man goss Pochsohlen, Hammer- und Amboss- stöcke. Damit die Bahn der Hammerstöcke eben und glatt (und zugleich hart) wurde, legte man in die Form eine gegossene Bahn- lehre ein, die man vor dem Einsetzen etwas erwärmte und mit Graphit überstrich. Auch pflegte man aus den Schlacken mancherlei Waren zu giessen , z. B. Herd- und Salzdörrplatten, Pfeiler zu Stützen unter die Salzpfannen, Mauer- und Ofenstücke. Hierzu wurde die letzte Schlacke vor dem Abstechen, die sehr warm war, verwendet. Die Eisengusswaren wurden für 6 Kreuzer das Pfund Lehmguss und für 3½ Kreuzer der Sandguss verkauft. Auch hier wurde alles Eisen, das verfrischt wurde, erst in einem Hartzerrennfeuer geschmolzen und in Scheiben gerissen. Das Ver- frischen geschah wie zu Pillersee. Man erzeugte einschliesslich des Stahls jährlich 2500 Ctr. Eisen. Das tirolische Eisenwerk Kiefersfelden lag ½ Stunde unter- halb Kufstein auf bayerischem Grund und Boden. Die Eisensteine kamen auf dem Inn von Buech und Schwatz. Erze und Schmelzofen waren ähnlich wie zu Pillersee. Man hatte auch hier viel mit Ansätzen und Ausbrennen zu kämpfen. War das Durchbrechen des Eisens von der Brustseite zu befürchten, so zog man den hinteren Balg zurück und richtete den vorderen etwas mehr nach der Rückwand. Bei Versetzungen am Abstich verfuhr man mit den Bälgen umgekehrt. War überhaupt ein zu starkes Ausbrennen im Gestell zu bemerken, so zog man beide Bälge von dem Formrüssel etwas rückwärts. Wurde der Österreich. Ofen durch Anbauungen unter der Form zu eng, so unterlegte man die Düsen, im umgekehrten Falle richtete man sie niedriger, dadurch stiess sich der Wind am Formrüssel und wurde mehr oder weniger zu Boden oder davon abgetrieben. Im übrigen war der Betrieb wie auf den zuvor erwähnten Hütten. Man erzeugte in vier Frischfeuern täglich etwa 34 Centner. Hammermeister, Frischer und Aufgeber erhielten für den Centner Eisen 3, 3 und 2¼ Kreuzer, für den Centner Stahl 6, 6 und 2½ Kreuzer. Die Eisenhütten in Südtirol an der italienischen Grenze bedienten sich der Wassertrommelgebläse . Sterzingen war ein bedeutender Platz für Messer- und Degen- klingen, desgleichen Trient , wo eine besondere Art feiner Taschen- messer gemacht wurde. Im Stubaithal wurden kleine Eisen- waren gemacht, womit die Stubaier durch halb Europa hausierten. Die Hausindustrie auf Eisenwaren im Stubaithal, welche besonders in und um Vulpmes betrieben wurde, reicht urkundlich bis in das 14. Jahrhundert zurück. Im 18. Jahrhundert herrschte bereits empfindlicher Holzmangel im Thal und mussten Kohlen und Eisen von weit her geholt werden. Das Eisen kam aus dem Inn- und dem Zillerthal. Das Erzherzogtum Österreich bezog, wie oben erwähnt, sein Eisen grossenteils aus Steiermark. Die alten Mauthstädte Steyr und Enns hatten das Privilegium für den steierischen Eisenhandel. Ausser- dem waren Waidhofen und St. Ägyd wichtige Eisenmanufakturplätze. Die Aufhebung der Kohlenordnung 1784 und des Widmungszwanges überhaupt durch Kaiser Joseph II. übte auch auf Österreich seine günstige Wirkung. Ein wichtiger Fortschritt war ferner die Einführung der öster- reichischen Schwallarbeit durch Dietrich zu Hollenstein um 1780 (siehe S. 676). Die Waffenindustrie blühte besonders in Steyr; die Klingenschmiede hatten eine Innung in Klein-Raming (1778); in Trattenbach und Steinbach waren Messerer-Genossenschaften; in Losenstein Nagel-, Sensen- und Sichelschmiede. In Neusohl wurden (1784) damascierte Säbelklingen gemacht, mit denen man Eisen zer- hauen konnte. Zu Piesting war eine Fabrik von eisernem und blechernem Küchengeschirr, namentlich Eisenkochgeschirr und anderen fein lackierten Eisenwaren Preiscourant in Schweighofers Abhandlung von dem Kommerz der österreichischen Staaten. Wien 1785. . Österreich. Böhmens altes Eisengewerbe erfreute sich wechselnder Blüte im 18. Jahrhundert. Jars giebt Nachrichten darüber, die er bei seiner Reise 1757 gesammelt hatte. Damals wurde besonders das grosse Eisenbergwerk Hülfegottes Irrgang bei Johann-Georgenstadt an der sächsischen Grenze schwunghaft betrieben. Die Grube lieferte an die 13 Hütten der Umgegend alle Quartal 200 bis 600 Fuder Erze. Der Hochofen bei Johann-Georgenstadt war 21 bis 22 Fuss hoch und erzeugte 18 bis 19 Ctr. Roheisen den Tag. Dies wurde verfrischt nach dem böhmischen Anlaufverfahren (S. 394). Das Frischeisen wurde zum grossen Teil zu Blech verschmiedet. Da Böhmen selbst Zinnbergwerke zu Graupen, Schlackenwald und Neudeck besass, so spielte die Weissblechfabrikation eine wichtige Rolle. Auf 120 Pfd. Roheisen sollte der Stabschmied 92 Pfd. geschmie- detes Eisen liefern und bekam dazu ein bestimmtes Quantum (2½ Kübel) Kohlen. Er erhielt von 100 Pfd. 26⅔ Kreuzer Schmiedelohn. An manchen Orten in Böhmen schmiedete man aus 100 Pfd. Roheisen nur 75 Pfd. Stabeisen. Die Schmiede mussten das Pfund eingeschmie- detes mit 4 Kreuzer bezahlen, während sie für das Pfund aus- geschmiedetes 3 Kreuzer erhielten. In einer Stabhütte wurden wöchentlich 30 bis 40 Ctr. zu 40 Pfd. geschmiedet. Zu Neudeck wurden aus 120 Pfd. Roheisen 98 Pfd. Frischeisen und hieraus ein Doppelt-Schock Kreuzbleche, beschnitten zu 58 Pfd., oder 60 Pfd. Sturzbleche erzeugt, wozu der Blechschmied 3½ Kübel Kohlen erhielt und 43 Kreuzer Lohn bekam. Der Zinner erhielt auf 300 Blatt 19 Prager Pfund 24 Lot Zinn, 1⅔ Pfund Inselt, 3 Metzen Korn und 8 Seidel Kleien, ½ Kübel Kohlen, 1½ Centner Holz und 42 Kreuzer Arbeitslohn. 1770 lagen die berühmten Eisenbergwerke und Schmelzhütten des Berauner Kreises bei Horzowitz und Kommorau bis auf einige Eisenhämmer still Siehe Ferber , Beiträge zu der Mineralgeschichte von Böhmen, S. 15. . Bedeutende Ausdehnung erfuhr das Eisenwerk Horzowitz , nach- dem es gegen Ende des Jahrhunderts in den Besitz des sachkundigen Grafen Rudolf v. Wrbna gekommen war. Derselbe führte den Sandguss ein und brachte die Giesserei auf eine so hohe Stufe, dass Horzowitz ein Musterwerk wurde. Man datiert von dieser Zeit eine neue Ära der Eisengiesserei in Österreich. Graf Wrbna , der ein ebenso kenntnisreicher als begeisterter Eisenhüttenmann war und oft Österreich. selbst mit Hand anlegte und in seinen eigenen Werkstätten arbeitete, führte noch viele andere Verbesserungen ein. Er baute höhere Hoch- öfen, bessere Gebläse und sorgte für Holzkohlenersparung. 1770 betrieb Graf Kolowrath zu Meyerhöfen im Pilsener Kreise einen Hochofen und Hammer. Die Erze des grossen Eisenbergwerks zu Orpes wurden damals teils auf dem kaiserlichen Eisenhüttenwerk bei Presnitz zu gute gemacht, teils nach Sachsen verkauft. Ausserdem sind zu nennen die Eisenhütten zu Zbirow, Pürglitz, Neusistritz, Dobrzisch, Grossmayerhöfen, Reichenau, Presnitz, Brennt- pordischeu, Rokitzen u. s. w. v. Hofmann erwähnt noch das Nisch- burger Werk, dem Fürsten Fürstenberg gehörig, Schmiedberg, Cloesterle und Kallig. Kallig und Delzsch (Gabrielahütte) gehörten dem Grafen v. Rothenhahn , der sich ebenfalls die Verbesserungen seiner Werke eifrig angelegen sein liess. Er erhöhte die Hochöfen von 30 bis auf 40 Fuss, liess das Gestell statt aus Sandstein aus Masse stampfen. Im Jahre 1800 machte der Kontrolleur Balling in Delzsch erfolgreiche Versuche, die Holzkohlen zum Teil durch kurz- geschnittenes Tannen- und Fichtenscheitholz zu ersetzen. Die Braunkohlengewinnung bei Teplitz begann um die Mitte des Jahrhunderts. Die ersten Versuche hatte Fürst Adam Franz zu Schwarzenberg schon zu Anfang des Jahrhunderts gemacht. In der Handlungszeitung vom 28. Mai 1785 ist folgende Statistik des böhmischen Eisengewerbes veröffentlicht: Meister Gesellen Büchsenmacher 46 36 Eisendrahtzieher 37 186 Hauptort Presnitz Eisenhütten und Hämmer (39 Hütten, 147 Häm- mer) 178 835 „ Horzowitz Feilenhauer 1 1 Gewehrfabriken 34 35 „ Presnitz-Weyperter Messerschmiede 44 20 Nadler 70 43 „ Pardubitz-Carlsbad Nagelschmiede 159 200 Schwertfeger 21 12 Schnallenmacher 125 821 „ Prag Stahlperlenfabrik 1 4 „ Klösterl Ueber die Eisenindustrie Ungarns , dessen Stahl Weltruf hatte, wissen wir aus alter Zeit nur sehr wenig. Niedrige Stucköfen waren Österreich. früher allgemein im Gebrauch. Solche waren beispielsweise im Thale von Moravitza im Betrieb, wo die Eisengewinnung bis in die Zeit der Römerherrschaft zurückgeht. Nach dem Abschluss des Friedens von Passarowitz 1718, durch welchen Ungarn von dem türkischen Joche befreit wurde, war die Eisengewinnung in dieser Gegend bedeutend genug, um den Bau zweier Hochöfen in Deutsch-Bogsán und später den zweier anderer in Reschitza zu rechtfertigen. Rennwerksbetrieb bestand zu Reschitza schon in alter Zeit. 1770 wurden die ersten Hochöfen erbaut und 1771 angeblasen und begann man in demselben Jahre das erblasene Roheisen auf Frischherden in den alten Hammerhütten zu verschmel- zen. Der Italiener Griselini , der 1775 diese Gegend besuchte, berichtet in seiner Geschichte des Temeser Banates, dass man in den Hochöfen von Reschitza die Eisenerze von Moravitza verschmelze und Stückkugeln, Bomben, Haubitzen, Granaten, Stubenöfen, Kessel u. s. w. giesse und auch Stahl erzeuge. Reschitza zählte bei der Gründung der Hochofenhütte etwa 300 Einwohner. Im Jahre 1780 wurde das Eisenwerk mit den zum Werksbetrieb nötigen Forsten und Ländereien dotiert, welche man zu diesem Behufe aus dem sogenannten Kameralterritorium eigens lastenfrei ausschied und ausschliesslich dem Hüttenwerke zuwies. Um den fortwährend steigenden Holzkohlenbedarf zu decken, wurde 1790 die Holztriftung auf dem Berzavaflusse eingeleitet, die bis zum Jahre 1806 in Benutzung stand. Im Jahre 1793 lieferten die Hochöfen von Reschitza und dem benachbarten Bogsán 20000 Stück 24- bis 36 pfündige Kanonenkugeln nach Neapel Siehe Berg- u. hüttenmänn. Zeitung, S. 357. . Zu Rhonitz war 1785 ein Blauofen, ein Flossenofen und ein Hochofen im Betrieb. Der Hochofen oder richtiger der hohe Flossen- ofen zu Rhonitz hatte 23 Schemnitzer Fuss (= 27 Fuss 7½ Zoll Wiener Mass) Höhe und war im Kohlensack, der 10 Fuss über dem Bodensteine lag, 5½ Fuss weit. Vor der Form war die Zustellung 1 Fuss auf 1 Fuss 3 Zoll, an der Gicht 2 Fuss 4 Zoll auf 2 Fuss 8 Zoll. Der Ofen ging auf Gusswaren und lieferte im Monat 394 Ctr. 20 Pfd. oder in 24 Stunden 1314 Pfd. Der kleine Flossenofen war 13½ Fuss hoch und im Kohlensack 4 Fuss weit; er erzeugte 280 Ctr. Flosseneisen im Monat. Der Stück- oder Blauofen war 7 Fuss hoch, vor der Form 1 Fuss, in der Höhe von 3 Fuss 2 Fuss 3 Zoll weit und lieferte im Monat 66½ Ctr. Österreich. „Rauchmasse“. Das Vorfrischen des Roheisens geschah in Anlauf- schmieden Siehe Marcher , Notizen etc., 5. Heft, S. 5 etc. Ältere Nachrichten von 1747 siehe Lempes Magazin für Bergbaukunde, Bd. X, S. 231. . In den zwanziger Jahren war zu Neusohl eine neue „Eisenfabrik“ angelegt worden Siehe Francisci , Umständliche Beschreibung der zu Neusohl in Ungarn neu angelegten Eisenfabrik, Breslauer Sammlung 1726, 38. Versuch. . In Siebenbürgen war ein königlicher Flossenofen zu Töplitza bei Vaida-Hunyad, welcher (1798) zwei gegenüberliegende Formen hatte; dieselben lagen aber eigentümlicher Weise nicht in gleicher Höhe, son- dern die eine lag 16 Zoll, die andere 28 Zoll über dem Bodenstein. Die Produktion war hierbei ziemlich gross, das Flosseisen aber sehr verschieden, bald halbiert, bald grau. 1799 legte man die obere Form um 3 Zoll niedriger. Das Ausbringen blieb noch ziemlich gross, das Flosseisen fiel gleichmässiger. 1801 legte man die obere Form um 6 Zoll tiefer, so dass sie nur noch 3 Zoll höher als die Gegenform lag. Hierdurch erhielt man gleichmässigere weisse und weiche Flossen Siehe Marcher, Notizen etc. 5. Heft, §. 169. . Das Frischen geschah nach steierischer Manier. Sonst wurde das Eisen in Siebenbürgen meist in Stücköfen und Luppenfeuern gewonnen. Unter diesen zum Teil sehr alten Werken nennen wir das Hatzaselter Eisenwerk in der Gemeinde Demsus, Bezirk Hátzeg. Die dabei liegen- den uralten Pingen von Goura Ferulin reichen bis in die Römerzeit zurück. 1770 wurde dort die Eisengewinnung durch den Baron Naláczy wieder aufgenommen. Delius schätzte den Wert der gesamten Eisenproduktion Öster- reichs anfangs der siebziger Jahre auf über 4 Millionen Gulden Siehe Delius , Anleitung zu der Bergbaukunst. Wien 1773. . Gegen Ende des Jahrhunderts waren sowohl die Produktion als die Eisen- preise beträchtlich gestiegen. Nach Hassels Statistik von Ungarn 1798 gab es damals in Steiermark 129 Eisenhammerwerke mit 300 Frischfeuern für Eisen und Stahl und 27 Sensenhämmer; in Kärnten 20 Hochöfen (Flossenöfen), 267 Hammerwerke und 149 Drahtzüge. Die Eisenerzproduktion Kärn- tens betrug 1795 396640 Ctr. In Österreich zählte man 12 grosse und 37 kleine Eisenwerke, welche allein in der Umgegend der Stadt Steyr 12000 Arbeiter beschäftigten. In Böhmen waren 179 Eisenhütten, welche 2517 Eisengiesser und Schmiede beschäftigten; in Mähren 22 Hütten; in Ungarn allein in dem Gomörer Komitat 22 Eisen- Bayern, Württemberg, Baden. hämmer; in Siebenbürgen 11 grössere Hüttenwerke und viele kleine; in Galizien 42 Eisenhütten. Bayern, Württemberg, Baden . Über das Eisenhüttenwesen in Bayern im 18. Jahrhundert ist wenig zu berichten. Im Nordgau (Sulzbach, Amberg) hielt man an den alten Zerrennfeuern fest und machte sogar meist nur „Schien- eisen“ unmittelbar aus den im „Wellfeuer“ erhitzten Zerrennstücken. Die grösseren herrschaftlichen Eisenwerke zu Aschau, Bodenwöhr, sowie der Bergbau am Erzberg bei Amberg wurde fortbetrieben, aber das bessere Eisen aus Steiermark und Böhmen machte dem einhei- mischen Eisen empfindliche Konkurrenz. Fortschritte sind kaum nachzuweisen. 1760 wurde eine neue kurfürstliche Eisenhütte im Max Josephs-Thal erbaut und mit der Kloster Scheyerischen Hofmarch wegen des Holzschlages zum Kohlenbezug ein Vertrag ab- geschlossen Siehe Lori , Sammlung des bayerischen Bergrechts CCCXIX. . Die Eisenwerke in der Markgrafschaft Bayreuth erfreuten sich einer verhältnismässigen Blüte. v. Hofmann nennt 1785 das Mark- grafentum ein Muster der Eisenindustrie Freiherr v. Hofmann , Abhandlung über die Eisenhütten 1785, S. 45. und rühmt die werkthätige Unterstützung der Landesherren. Für die Eisenausfuhr wurden Prä- mien erteilt, während die Einfuhr fremden Eisens durch Eingangs- zölle erschwert war. Die Fabrikanten erhielten unverzinsliche Vor- schüsse ohne Hypothek oder Bürgschaft. Hofmann führt folgende Eisenwerke auf: a) Im Goldkronacher Bergamtsrevier: 1. Der Röhrenhofer Hammer mit einem Frischfeuer. 2. Der neue Hammer oberhalb Röhrenhof, ein Hochofen mit einem Stabhammer; Besitzer Kaufmann Haas , der auch unweit davon ein Drahtwerk besitzt. 3. Der Fröbershammer bei Bischofsgrün bestand aus einem Hochofen bei Bischofsgrün, welchen dieser mit dem Leupolds- dorfer Hammer gemeinschaftlich besass, einem Stabhammer und zwei Zainhämmern. Er gehörte dem Kommerzienrat Müller , dem grössten Eisenindustriellen Bayreuths. 4. Der Knopfhammer mit einem Frischfeuer. b) Im Wunsiedler Bergamtsrevier: Bayern, Württemberg, Baden. 1. Der neue Hammer bei Weissenbrod bestand aus einem Hochofen, einem Stab- und Zainfeuer. 2. Der Frankenhammer unter Weissstadt war ein Stabhammer. 3. Der Leupoldsdorfer Hammer hatte den oben erwähnten ge- meinschaftlichen Hochofen, einen Stab-, Blech- und Zain- hammer und ein Zinnhaus; gehörte ebenfalls dem Kommer- zienrat Müller . 4. Der Tröstauer Hammer oberhalb Wunsiedel war ein Stab- hammer. 5. Der Wölsauer Hammer unweit Arzberg, ein Hochofen und ein Stabhammer. 6. Der Wendenhammer bei dem Jagdschloss Kaiserhammer an der Eger bestand in einem Hochofen und einem Stab- hammer. 7. Desgleichen der Schwarze Hammer unter Kaiserhammer. 8. Das Wellerthaler Hammerwerk bei Sell hatte gleichfalls einen Hochofen und Stabhammer. 9. Das Niederlauswitzer Hammerwerk bei Kirchenlauswitz hatte ein Blaufeuer (Zerrennfeuer) und ein Frischfeuer. c) In dem Bergamtsrevier Naila: 1. Der Dorschenhammer oder das obere Schauensteiner Hammer- werk an der Selbitz war ein Stabfeuer, das sein Roheisen von dem Hochofen zu Thiemitz, an dem es zur Hälfte be- teiligt war, erhielt. 2. Der Kleinschmiedhammer oder untere Schauensteinerhammer an der Selbitz erhielt sein Roheisen von dem Klingsporner Werk. 3. Der Oberklingsporner Stabhammer samt Hochofen an der Selbitz, welcher am 16. August 1783 die neunte Woche über ein Jahr ging. 4. Das Unterklingsporner Hammerwerk an der Selbitz war ein Stabfeuer. 5. Der Marxgrüner Hochofen an der Selbitz nebst Zain- hammer. 6. Der Dürrenweider Stabhammer. 7. Der Thierbacherhammer. 1 bis 3 gehörten verschiedenen Gewerken namens Dittmar , und 4 bis 7 dem Kommerzienrat Löwel zu Klingensporn. 8. Das Kleinschmider Hammerwerk bestand in einem Stab- feuer, zu dem der Hochofen in der Thiemitz gehörte. Bayern, Württemberg, Baden. 9. Das Blechschmieden-Hammerwerk unter Lichtenberg, Stab- hammer mit Hochofen. 10. Das Obergeroldsgrüner Hammerwerk und 11. Das Untergeroldsgrüner Hammerwerk, „welche beyde Staab- hämmer einen kleinen zweidrittels Hohofen haben“. d) In dem Lauensteiner Revier: 1. Das Ober-Hammerwerk zu Neuhüttendorf an der Lockwitz, nahm sein Roheisen vom unteren Werk. 2. Das Unterhammerwerk zu Neuhüttendorf. 3. Das Hammerwerk zu Falkenstein unter Lauenstein an der Lockwitz, bestand in einem Blaufeuer und zwei Hämmern. Die Lauensteiner Eisenwerke verschmolzen den Camsdorfer und Gräfenthaler Eisenstein aus Sachsen. Alle bayreuthischen Bergämter standen unter dem Berghaupt- mann v. Bothmar ; sämtliche Hochöfen des Markgrafentums wurden von zwei Hochofenmeistern Nesmann und Koch besorgt. Die Gestellsteine bezog man von Kaltensteinach im Meiningischen. Der Hochofenmeister erhielt 6 Gulden rheinisch für das Zustellen und 1 Gulden 15 Kreuzer wöchentlich, jeder Arbeiter 2 Gulden fränkisch und jeder Aufgeber 2 Gulden rheinisch Wochenlohn. Die Hammerschmiede gaben für 100 Pfd. 24 Kreuzer Schmiedelohn und zahlten für 100 Pfd. ausgeschmiedetes Eisen 2 Gulden und den Schmiedelohn. Die Nailaer Werke schmolzen Nailaer Steine, während die Goldkronacher und Wunsiedler Werke Arzberger Steine setzten. Der Absatz war, ausser dem inländischen Bedarf, besonders nach Nürnberg, Bamberg, Würzburg u. s. w. Im Nailaer und Wunsiedler Revier waren damals 30000 Seidel Eisenstein verkauft worden, welche ebensoviel Centner Stabeisen gaben. In der Nähe befand sich noch der freiherrlich Gutenberische Hammer, aus Hochofen, Stab- und Zainhammer bestehend, der Eisen- berger und Reichenbacher Eisenstein aus dem Bambergischen ver- schmolz und gutes Drahteisen lieferte. Überhaupt blühte die Draht- fabrikation im Bayreuthischen. Der Draht wurde aus gutem Anlauf- eisen gezaint und gezogen. In der Umgegend von Goldkronach befan- den sich sieben Drahtziehereien. Jedes dieser Werke war mit sechs Personen belegt und verarbeitete wöchentlich 3 Ctr. Zaineisen, woraus man im Durchschnitt zog: 85 Pfd. Mauschel, 30 Pfd. groben Draht, 30 Pfd. Heftedraht und 75 Pfd. verschiedenen Blei- und Kratzendraht. Die Preise waren teurer als im Märkischen. Bayern, Württemberg, Baden. 1773 wurde zu Frankenthal in der Rheinpfalz von einem Adam Schoofs eine Steck- und Haarnadelfabrik gegründet. Die Nähnadel- fabrikation blühte ausser in Aachen und Karlsbad besonders in Bayern. Der deutschen Handelszeitung vom 21. Mai 1787 entnehmen wir fol- genden „Beitrag zur Kenntnis deutscher Nähnadelfabriken“: Die ältesten und beträchtlichsten sind die zu Karlsbad, Schwabach, Nürn- berg, Klein Amberg (Abmberg) im Eichstädtischen, Weissenberg zur freien Stadt Linda gehörig, zu Pappenheim und Gierwangen in Schwa- ben. Diese Nähnadelfabriken beziehen ihren Draht meist aus dem Gothaischen und besonders machen die Schmalkalder zu Steinbach eine Sorte, welche unter den Nummern 23-, 24-, 25-Nadeldraht bekannt ist und wovon der Centner 18½ Thaler kostet. Eine Nadel geht durch 75 Hände. Der Draht wird zuerst in die Länge von zwei Nadeln geschnitten und an beiden Enden auf einem Schleifsteine gespitzt, dann zerschnitten, gelocht und gescheuert, und zwar geschieht dies mit feinem, klarem Sande und Butter, wovon 8 Pfund auf 90000 Nadeln gehen. Die Nadeln werden alsdann in viereckige Töpfe mit Hornspänen eingelegt, mit Lehm verwahrt in einem Ofen erhitzt. Wenn sie in der gehörigen Glut sind, werden die Töpfe her- ausgenommen und der Inhalt in kaltes Wasser geschüttet und so die Nadeln gehärtet. Württemberg genoss durch den Betrieb und die Zustellung sei- ner Hochöfen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts einen weit verbreiteten Ruf. Die braunschweigischen Fürsten liessen Hochofen- meister aus Württemberg kommen, um die sogenannten Schwaben- gestelle am Harz einzuführen und die Hochöfen nach schwäbischer Art zuzustellen. Die Eisenwerke zu Königsbronn und Wasseralfingen werden öfter erwähnt. Beide waren Gründungen geistlicher Stifte. Königsbronn , das ältere von beiden, war von den Mönchen des Cisterzienserklosters daselbst, denen 1366 Kaiser Karl IV. das aus- schliessliche Recht „Eisenerz zu graben und Eisenwerk zu machen“ in ihrem und dem Nachbargebiet verliehen hatte, erbaut worden. 1448 war Königsbronn mit der Herrschaft Heidenheim an Württemberg gefallen. Wasseralfingen Siehe Julius Schall , Geschichte des Königl. Württemb. Hüttenwerkes Wasseralfingen. Diese neu erschienene, vortreffliche Monographie gelangte erst während der Drucklegung dieses Bogens, durch die Güte des Herrn Bergrat Wepfer , in die Hände des Verfassers. war eine Gründung der Pröpste von Ell- wangen . Nachdem im 30jährigen Kriege die zur Herrschaft Ellwangen Bayern, Württemberg, Baden. gehörigen älteren Eisenhütten zu Ober- und Unterkochen grossen- teils zerstört worden waren, erbaute das Stift 1668 bis 1671 einen neuen Hochofen zu Wasseralfingen, der anfänglich mit schafledernen Bälgen, seit 1675 mit „hölzenen Blasbälgen nach der oberpfälzischen Manier“ betrieben wurde. 1675 wurde bereits ein zweiter Hochofen mit einem Kostenaufwande von 795 Gulden 39 Kreuzer erbaut. Bis 1720 wurde fast nur Masseleisen erblasen. Die Jahresproduktion von 1700 bis 1720 betrug im Durchschnitt 8000 Ctr., das Erz- ausbringen 30 Proz. Das Masseleisen ging grösstenteils an die Hammerwerke bei Unterkochen und Abtsgemünd. Seit 1720 begann eine regelmässige Gusswarenerzeugung, die bis 1802, in welchem Jahre das Hochstift Ellwangen an Württemberg fiel, immer grössere Bedeutung erlangte. Hierzu wurden erfahrene Eisengiesser vom Rhein berufen, so 1726 Meister Johann Simon von Koblenz und 1750 der Formmeister Johann Walter Tombo . 1770 wurden zu Wasseralfingen nicht nur Mörser, Böller und Munition sowie Öfen und Platten, sondern auch Gewichte, Kessel, Häfen nnd Rundöfen gegossen. Um diese Zeit begann man erst mit einem kunstgerechten Bergbau. 1780 wurde ein neuer Hochofen erbaut, den man den clemen- tinischen nannte, von dem damaligen Propst Clemens v. Ellwangen , der zugleich Kurfürst von Trier und als solcher Besitzer der Sayner Hütte bei Koblenz war. Deshalb beziehen sich verschiedene seiner Verordnungen auf die beiden Hüttenwerke Wasseralfingen und Sayn zugleich. Auch kamen der Schmelzmeister Ducke und der Sand- giesser Stiewing vom Rhein hierher, wahrscheinlich um die Sand- formerei einzuführen. In den Jahren 1787 und 1788 hatte sich denn auch die Produktion verdoppelt. Der sehr tüchtige Schmelzverwalter von 1773 bis 1802 hiess Johann Gottfried Ho̊gg . Die Zunahme der Erzeugung von Masseleisen und Gusswaren erhellt aus nachstehenden Zahlen: Im Jahre 1787/88 wurde ein Reingewinn von 20547 Gulden erzielt. Bayern, Württemberg, Baden. Der Verkauf der Gusswaren erfolgte durch sogenannte Chalanten, d. h. Vertreter, die für einen gewissen Bezirk den Alleinverkauf der Eisenwaren des Werkes hatten und besondere Vorteile, z. B. Befreiung vom Wegegeld, genossen. Ueber die Geschichte der württembergischen Schmelzhütten und Hammerwerke im Brenzthal ist bis jetzt nichts veröffentlicht worden. Erwähnt wird schon 1689 Munitionsguss aus der Eisenschmelze zu Ahrhausen in der Herrschaft Oettingen. In Baden werden besonders die Eisenwerke zu Hausen in Baden, die seit 1680 an die Gebrüder Merian in Basel verpachtet waren, das Hammerwerk zu Holtenau bei Waldkirch im Elzthal, das nach dem 30jährigen Kriege neu aufgebaut worden war und durch den „Admodiator“ Litschki von Krotzingen seit 1740 sehr in Schwung kam, erwähnt. 1775 bis 1780 wurde für 164784 Gulden Eisen ver- kauft und dabei 24778 Gulden Gewinn erzielt. Die Eisenschmelze zu Eberfingen an der Wutach ging 1761 wegen Holzmangel ein. Dagegen blühte seit 1740 die Kleineisenindustrie im Triburgischen und die Löffelschmiede im Fürstenbergischen. 1684 war das zum Rheinfelden’schen „Eisenbund“ gehörige Schmelz- und Hammerwerk Wehr Siehe A. Münch , die Erzgruben und Hammerwerke im Frickthal, S. 22. durch Kauf an den Landschreiber M. Joh. Belz in Rheinfelden übergegangen und von diesem zu einem Hochofenwerk erweitert worden. Obgleich das Werk als Bundesmit- glied verpflichtet war, seinen Erzbedarf aus dem Frickthal zu beziehen, so that es dies nicht, sondern kaufte leichtschmelzigere Bohrerze im Bayerischen und der Grafschaft Baden. Hiergegen legte 1736 der Eisen- bund bei der vorderösterreichischen Regierung Beschwerde ein, worauf die Pächter Samuel Burckhardt und J. J. Brenner \& Co. in Basel ausführten, „dass für einen hohen Schmelzofen das Stufferz (vom Frickthal) nicht zu gebrauchen sei, weil durch die grosse Hitze, welche Nassau und das Siegerland. dessen erste Schmelze erfordere — was beim Bohrerz nicht der Fall sei — der Ofen ruiniert werden könnte, wogegen das Stufferz sich besser für die Blauöfen eigne u. s. w.“ Die uralte Eisenindustrie zu Laufenburg war besonders durch die Konkurrenz der Hochofenwerke zu Wehr und Albrugg sehr zurück- gegangen. 1736 standen zu Laufenberg und Murz nur noch 4 Hämmer im Betrieb. 1748 wird der geringe Betrag des eingegangenen „Massel- geldes“ (Zollgebühr) dem Grubvogt als Entschädigung für die Inspek- tion überlassen, „weillen die Hammerschmieden zu Murkh und Seggingen abgangen und nur noch eine zu Laufenburg befindlich und wenig importiert“. Das von dem Stift St. Blasien im Jahre 1778 für 90000 Gulden gekaufte Eisenwerk Albrugg, aus Hochofen, Hammerwerk, Pfannenblech- und Drahtzugfabrik bestehend, beschäftigte 200 Personen. Es konnte bei vollem Betriebe 6000 Ctr. im Jahre machen. Die Erze bezog es aus dem Bernischen und Schwarzenbergischen. Eisenblech wurde auf der Blechschmiede zu Gütterau, ¾ Stunden über St. Blasien, gemacht. Die Eisenschmelzhütten bei Pforzheim wurden, seitdem sie aus herrschaftlichen in Privathände gekommen waren, lebhafter betrieben. Dieselben bezogen ihre Erze aus dem Württembergischen. Im Badischen lagen fünf grosse und zwei kleine Hämmer, welche Guss-, Stab- und Zaineisen in grosser Menge und von bester Güte lieferten. Ein Engländer Helly machte alle Arten von Werkzeug, Feilen, Grab- stichel, sowie auch grosse Walzen. Nassau und das Siegerland . In den alten nassauischen Grafschaften nahm das Hüttenwesen in diesem Jahrhundert keinen solchen Aufschwung, wie in Nassau-Saar- brücken; Ursache hierfür waren die hohen Holzpreise. Die berühmte Gewerkenfamilie Mariot , welche soviel für die Entwickelung des Eisenhüttenwesens am Rhein und an der Lahn, im Nassauischen, Trierischen und Katzenellenbogenschen gethan hatte, und wegen ihrer Verdienste als Freiherren v. Langenau in den Adelstand erhoben worden war, kam im Laufe des 18. Jahrhunderts in Verfall und schliesslich in Konkurs. 1738 beginnen die Beschwerden der Herren v. Langenau Siehe Akten der Mariot v. Langenau — nassauisches Landesarchiv zu Wiesbaden. über Beeinträchtigungen ihrer Eisenwerke zu Katzenellenbogen bei dem Nassau und das Siegerland. Landgrafen von Hessen-Darmstadt. Am 18. Juli 1726 war Jean François Mariot gestorben. Dieser hatte sehr grossartig gelebt und wohl über seine Kräfte Güter gekauft. 1720 hatte er das Amt Mos- bach von den Grafen v. Manderscheid erworben. Man pries ihn als „den glücklichen Fundgrübner und Hüttenherrn“. Sein ältester Sohn Johann Franz übernahm nach dem Teilungsvertrage die Hütte zu Weinähr zu der Anschlagsumme von 20000 Gulden. Sein anderer Sohn, Anton v. Mariot , erhielt die Werke bei Katzenellenbogen zu der Herrschaft Langenau. Im September 1726 bittet dieser nach den Akten des nassauischen Archivs um Erneuerung der Belehnungen, die auch erteilt wurde. Im Jahre 1735 wurde aber die Streitfrage aufgewor- fen, ob die Mariots durch den Verkauf von Katzenellenbogenschen Erzen in das Ausland entgegen der Bestimmung der Verleihung ihr Lehensrecht nicht verwirkt hätten? Die Mariots hatten nämlich „gegen das Interesse der Herrschaft, auch gegen das Interesse der Haarmühler Hütte nebst den Eisengruben in der Fuchsenhöhl und Allendorfer Feld“ Erze und Eisen an einen holländischen Eisen- händler namens Hartkopf verkauft; auch wie es scheint, ihr Werk ohne Genehmigung der Herrschaft auf 12 Jahre verpachtet und für etwa 4000 Thlr. Erz aus der Fuchsenhöhl in das Ausland verführt. — Der Landgraf dekretiert, dass das Lehen nicht eingezogen, die Mariots aber strenger kontrolliert werden sollten. Von da an spinnen sich die Streitigkeiten fort. Am 8. Februar 1737 wird einmal auf Eisenstein und auf alles Mariots che Fuhrwerk Arrest gelegt. Es scheint, dass die Mariots öfter ihren Verbindlichkeiten nicht nachkamen. Seit 1740 suchen sie zu verkaufen und bitten um desfallsigen Konsens des Landgrafen. 1742 gelingt es ihnen, ihre Eisenberg- und Hüttenwerke bei Katzenellenbogen an Peter Franz und Georg Wilhelm Grandjean zu Montabaur im Trierischen zu verpachten und schliessen sie einen „Temporal-Pacht und respektive Societäts- Kontrakt“ ab. Mariot nennt darin die Eisenwerke „seine Allodial- Schmelzhütten benebst denen hin und wieder gelegenen Eisenhäm- mern“. — Dieser Pachtvertrag wird von den hessischen Beamten bei dem Landgrafen befürwortet, weil die Pächter „Leute von gutem Ver- lag“ seien, wodurch das Werk zu grösserem Nutzen betrieben werden würde, als von dem Mariot , „dem es an dem dazu erforderlichen Verlag fehlet“. 1759 wollen die Mariots die Werke von neuem ver- kaufen und klagen, dass sie den Zehentstein nicht los werden können. Hofrat Schmidt zu Weyer hatte damals die Hütte eine Zeitlang betrieben. Später wird Johann Christoph Pauli als Erbbeständer Beck , Geschichte des Eisens. 53 Nassau und das Siegerland. des ( Mariotischen ) Katzenellenbogener Berg- und Hüttenwerks ge- nannt. Gegen diesen „Hüttenadministrator“ Pauli klagt aber 1762 bis 1766 der Erbleihträger der Mariotis chen Eisenwerke, Bankier von der Nülle zu Köln, weil derselbe zu seinem Nachteil Eisenstein ausser Landes verkaufe; von der Nülle war also rechtmässiger Besitzer geworden. 1761 schreibt Joseph Anton v. Mariot , dass die Werke mit vielen darauf haftenden Schulden durch Erbschaft von seinem Vetter Anthon v. Mariot auf ihn übergegangen seien. Die Verschuldung der Familie muss gross gewesen sein, der Konkurs brach aus und der ganze Besitz wurde in einen grossartigen Prozess verstrickt, an dem die ganze niederrheinische Reichsritterschaft beteiligt war. Nach des Hochfreiherrlich v. Mariotis chen Erbteilungs-Recess de dato Nassau den 27. November 1756 sollten die Werke gerichtlich taxiert und ver- steigert werden. Dies geschah 1762 und bei der Subhastation kaufte der Bankier von der Nülle die obengenannten Werke. 1794 suppli- zieren die von der Nülles chen Kinder um Erneuerung des Erbleihens. Diese erfolgte am 19. November 1802. Der letzte Mariot starb 1847. Die Besitzungen fielen an die Gräfin v. Giech . Über die Haarmühler Eisenschmelze, wie die Hütte bei Katzen- ellenbogen damals hiess, liegt noch ein Bericht vom 31. Oktober 1760 vor. Danach hatte sie im Winter zwar nur 27½ Wochen geblasen, „hätte aber wegen des starken Vorrats an Kohlen, so sich an 400 Fuder beläuffet, wohl bis Pfingsten fortgetrieben werden können. Dermassen aber wegen der vielen Fourage — Mehl — und anderen Kriegsfährten die Unterthanen keinen Eisenstein beyfahren können, hat man solche vor der Zeit ausgeblasen“. Wir teilen noch folgende archivalische Nachrichten über nas- sauische Eisenwerke im 18. Jahrhundert mit. Graf Johann Ernst von Nassau-Weilburg , welcher von 1703 bis 1713 den Schlossbau zu Weil- burg ausführte, legte dafür eine grosse Wasserleitung aus Thon- und Eisenrohren an. Die gusseisernen Rohre bezog er grösstenteils von dem Hüttenwerk Audenschmiede, nämlich 442 Stück, welche 141¼ Ctr. wogen. Ein Centner kostete 9 Gulden. 1718 suchen die Besitzer resp. Erbbeständer der Rheinböller Hütte im Oberamt Simmern in der Pfalz bei dem Erzbischof und Kurfürsten von Mainz um die Erlaubnis zur Erbauung eines Eisenhammers bei Lorch a. d. Wisper nach, das Gesuch wird aber abgeschlagen, weil das Land Rheingau keinen Überfluss an Holz habe und die Waldwege dadurch ruiniert würden. Nassau und das Siegerland. 1749 wird die Eisenschmelze zu Hahn zum Verkauf ausgeboten und im Jahre 1751 an einen gewissen Johann Friedrich Stritter aus Mosbach (Biebrich) verkauft. 1750 stand die Michelbacher Hütte anscheinend schon längere Zeit in Betrieb, und sollte damals dieselbe wegen Baufälligkeit ab- gebrochen und die Hahner Eisenschmelze nach Michelbach gebracht und aufgestellt werden. 1750/60 wurden der Michelbacher, Burgschwalbacher, Bleidenstadter und Niedernhäuser Hammer betrieben. 1761 wird ein an den Erzbischof zu Mainz gerichtetes Gesuch des Besitzers der von Mariotis chen an dem Lahnfluss bei Aal gelegenen Eisenhütte, namens Jean Godfried von der Nüll , um Erlaubnis zur Anlage von zwei Eisenhämmern an der Wisper in der Lorcher Terminey präsentiert. Dasselbe wurde abgeschlagen. 1786 wurde ein anonym eingereichtes Promemoria wegen Anlage von zwei Eisenhämmern bei Lorch von verschiedener Seite befür- wortet, aber die Akten enthalten nichts über den weiteren Ver- lauf der Sache. 1783 schreibt Simon Schwan von Hofheim an die kurfürstliche Regierung, er besitze einen herrschaftlichen Erbbestands-Eisen- hammer zu Hofheim. 1784 Die Gemeinde Hofheim sträubt sich gegen die Bewilligung der Konzession und schreibt: Schon vor 100 Jahren habe eine Eisenschmelze hier gestanden. Hätte die kurfürstliche Hof- kammer Nutzen davon empfunden, so wäre solche gewiss nicht abgegangen und in Papiermühlen umgewandelt worden. In Büschings Geographie heisst es von Nassau-Usingen: „Es sind hier viele Eisenhütten und Schmelzwerke befindlich, wo verschiedene Eisenarbeiten verfertigt werden“, und Habel schreibt am 4. Juli 1779: Im Usingischen werden zwei Hochöfen, sechs bis sieben Eisenhämmer, drei bis vier Zainhämmer, ein Drahtzug und Nagelschmiederei, alles auf herrschaftliche Kosten geführt. Die Haupthütte zu Michelbach ging selten über 30 Wochen, obgleich es die Gestellsteine länger vertragen hätten; es war altes Herkommen. 1777 wurden in 29 Wochen 455880 Pfund Roh- eisen in Gössen und 268 Waag Wascheisen gemacht, ferner Sand- gusswaren 10386½ Pfund, Lehmguss: runde Öfen 268 Waag 33 Pfund, Kessel und Ofentöpfe 18172 Pfund oder 151 Waag 52½ Pfund, Kroppen 56 Waag 52 Pfund; dazu waren verbraucht worden: 420 Fuder 10 Mass 53* Nassau und das Siegerland. Eisenstein, 444 Fuder 10 Mass Holzkohlen und 32 Fuder 13 Mass Kalkstein. Für die Waag Lehmguss wurde 1 Gulden den Formern gegeben, für Kroppen und Bräter 1 Gulden 5 Alb. Ausser dem Hochofen waren zu Michelbach zwei Stahlhämmer und ein Drahtzug. Ferner verarbeiteten zwei Hämmer zu Burg-Schwalbach Michelbacher Eisen. Die Hütte zu Hahn bezog ihren Eisenstein zum Teil von der Platte. Oben auf der Platte „ist eine Zeit lang ein glaskopfartiger Eisenstein aus einem ordentlichen Gang, der durch die Thonwerke setzt, gewonnen worden, woraus noch eine Menge von den Mainzischen vor dem Zeughause befindlichen Bombenkugeln sollen gegossen worden sein. Da diese Eisensteine, wie leicht zu ermessen, ohne gehörige Mischung ein sprödes Eisen geliefert, so ist die Eisenschmelze, welche auf dem Dorfe Hahn in dem Amte Wehen lag, eingegangen“ Vgl. Habel , Beiträge zur Naturgeschichte und Ökonomie der Nassauischen Länder, Dessau 1779. . Alte Hütten im Weilburgischen wurden genannt zu Emmers- hausen (Emmerichshausen), zu Rod a. d. Weil, Langeheck, Auden- schmiede, Weilmünster, Löhnberg, Michelbach und Runkel. In Lahn- stein (Landstein) wurde Anfang des 18. Jahrhunderts ein Pfann- hammer betrieben. Die Hütte bei Löhnberg, welche Fürst Wilhelm Friedrich von Nassau-Dietz 1650 hatte erbauen lassen, blieb bei dem Tausche im Jahre 1773 oranien-nassauisch. Später gelangte sie in den Besitz der Familie Buderus . Das Audenschmieder Hüttenwerk (ein Hochofen und ein Stabhammer) kaufte der Bergrat Buderus am 1. April 1799. Über die Emmershäuser Schmelze und die Hattsteiner Schmiede befinden sich Akten von 1761 bis 1765 im nassauischen Archiv. Zu Emmershausen waren ausser dem Hochofen zwei Hämmer am Weilbach. Im ganzen lagen am Weilbach im Usingischen zehn Hämmer ( Eversmann ). Im Bergrevier Wetzlar Riemann , Beschreibung des Bergreviers Wetzlar, 1878. befanden sich die Oberndorfer Hütte, die Hütten zu Asslar und Kraft-Solms und der Brückenhammer bei Leun. Vom Jahre 1706 sind Vorschläge über Verbesserungen des Drahtzuges zu Asslar vorhanden. Aus dem Jahre 1710 liegen Rechnungen über die Hüttenwerke bei Oberndorf und Biskirchen vor; dasselbe wird 1723 auf sechs Jahre an Theobald Treib ver- pachtet. Der Pächter erhält jährlich 4000 Klafter Holz unent- geltlich und muss jährlich 4500 Gulden Pacht zahlen. 1715 wird berichtet, dass das Hammergerüst und der Balgenstuhl des Bis- kirchener Hammers schadhaft sei. 1731 war die Ehringshäuser Nassau und das Siegerland. Schmelze im Betrieb, es wurden täglich circa 1000 Pfund Eisen ge- schmolzen. Im ganzen wurden in diesem Jahre produziert: 913 Waag 54 Pfund (1 Waag = 120 Pfund). Auch zu Werdorf bestand 1731 ein Hammer, welcher in diesem Jahre 1191 Waag 80 Pfund Stabeisen fabriziert hat. Diese Hütten gerieten Mitte des vorigen Jahrhunderts in Verfall. In Akten von 1772 werden die ehedem vorhandenen Eisenwerke zu Asslar, Werdorf, Ehringshausen, Biskirchen und Nieder- Oberndorf erwähnt. 1774 wurde die Oberndorfer Hütte wieder auf- gebaut. 1775 wurde dieselbe mit den übrigen verfallenen Werken an den Hüttenverwalter von E. Doepp von Biedenkopf für jährlich 600 Gulden verpachtet. Die fürstlich Braunfelssche Herr- schaft verpflichtet sich, jährlich 1000 Klafter Holz, zu 5 Gulden das Klafter, zu liefern. Die Werke hatten sich unter Doepp so gehoben, dass sie nach Ablauf der Pachtzeit für 3475 Gulden Pacht bei einem Holzpreise von 6½ Gulden verpachtet werden. Auf der Asslarer und Oberndorfer Hütte produzierte Doepp 1788 814950 Kilo Roheisen und Gusswaren für 48120 Gulden. Den Pacht der Hütten über- nahmen 1783 die Fürsten von Braunfels selbst und stellten den Doepp als Hüttenverwalter mit 1200 Gulden Jahresgehalt an. 1791 betrug der Reingewinn von Asslarer Hütte, Oberndorfer Hütte, Asslarer Hammer, Oberndorfer Hammer und Brückenhammer 9672 Gulden 36 Kreuzer, woran die Asslarer Hütte mit 6192 Gulden 46 Kreuzer beteiligt war. Im Dillenburgischen machte man Versuche, die Stockhäuser Braunkohle im Hochofen beim Eisenschmelzen zu verwenden Becher , Mineral. Beschreibung der oranien-nassauischen Lande, S. 122. . Sie wurden verkohlt teils unvermischt, teils mit Holzkohlen versetzt, teils auch unverkohlt, jedoch mit gewöhnlichen Kohlen versetzt, ver- blasen. Die Probe fiel aber nicht vorteilhaft aus; denn das Roheisen soll nicht haben fliessen wollen, sondern zähe, das daraus geschmiedete Stabeisen aber sehr brüchig gewesen sein. — Auch im Preise lag kein Vorteil, denn ein Zain Braunkohlenkoks stellte sich auf 2 Gulden 36 Kreuzer, der Wagen also auf 26 Gulden, wofür man zwei Wagen guter Buchenkohle kaufen konnte Genauere Angaben über diese Versuche s. Becher , a. a. O., S. 123. . Auf den drei herrschaftlichen Hütten zu Haiger, Eibelshausen und Ebersbach wurden in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts gegen 3000 Wagen Eisenstein verblasen, aus denen zwischen 800 bis 900 Wagen Roheisen erfolgte. Zu Haiger setzte man 1784 in Nassau und das Siegerland. 24 Stunden 9098 Pfund trockenen Eisenstein und Flussstein in 19 Gichten durch den Ofen und erhielt 19 5/8 Halben oder 3140 Pfund Eisen. Der Centner Eisenstein im Möller hielt 37 Pfund Roheisen. Auf der Hütte zu Eibelshausen wog jeder Satz Eisenstein auf die Gicht 4 Centner 62 Pfund und der Gehalt des Centner Eisensteins in Möller 41 Pfund. Aus zwei Möllern von 10880 Pfund erhielt man in 24 Stunden 4420 Pfund Eisen. Von 1765 bis 1784 waren auf den vier Hütten zu Löhnberg, Haiger, Eibelshausen und Ebersbach 433873⅓ Centner (= 24630 Tonn.) Roheisen erzeugt worden, wobei zu bemerken ist, dass die Hütte zu Eibelshausen 1769, und die zu Ebersbach 1779 und 1781 nicht be- trieben wurde. Im Vergleich mit dem Betriebe von 1605 wurde die doppelte Menge Stein durchgesetzt. Der Wagen Roheisen = 16 Stalln = 2320 Pfund galt 1788 57 Gulden. Im unteren Lahngebiet nennen wir noch Auf Grund einer Karte des Fürstentums Wied von 1772. die Eisenhütten bei Dorf Ems nahe bei der Sporkenburg, zu Nievern, Hohenrhein auf der rechten und Miellen auf der linken Lahnseite. Bei Maxsain, nicht weit von Selters, lag die Maxsainer Hütte, und ebenso befand sich bei Alsbach eine Hütte; ob diese Eisenhütten waren, ist zweifelhaft. Im Siegerland hielt man an den alten Sitten, Einrichtungen und Rechten fest und das Eisengewerke blühte dabei. Die alten Rechte der Massenbläser und Hammerschmiede wurden durch die er- neuerten und konfirmierten Kurbriefe von 1684, 1705 und 1728 bestätigt S. Wagner , Corpus juris metallici, S. 794 etc. Erneuerter Kurbrief der Massenbläser und Hammerschmiede, den 1. Januar 1728 — ist eine Konfirmation der Rechte und Pflichten der Hammerschmiede des Fürsten Wilhelm Moritz vom 16. September 1684 und dessen Sohn Friedrich Wilhelm Adolf vom 1. November 1705. In dem Archiv des Kgl. Oberbergamts zu Bonn befinden sich folgende Kurbriefe: Der löbl. u. uhralten Massenbläser- und Hammerschmiedszunft Chur- und Artikul-Brieff, beneben der Bergordnung von 1516. — Kurbrief für die Freuden- berger Stahlschmiede d. a. 1684. — Massenbläser und Hammerschmiede erneuerter Churbrief d. a. 1705. — Kurbrief der Massenbläser u. Hammerschmiede der refor- mierten Linie d. a. 1728. — Erneuerter Kurbrief der Stahlhändler und Stahlschmiede des evangel. Landes-Amts Crombach, Ferndorf und Hilgenbach d. a. 1731. — Erneuerter Kurbrief für die Massenbläser der Stahlhütten des Müsener Stahlbergs d. a. 1732. . Diese Erneuerungen geschahen gegen Erlegung von Geld- beträgen durch die Zunftmitglieder. Der Kurbrief bestätigte die Zunft mit ihren „Begnadigungen, Freyheiten und Gerechtigkeiten“ und ordnete eine jährliche Zusammen- Nassau und das Siegerland. kunft der Mitglieder zu Buschgotthardshütten an, und zwar auf den 1. Mai resp. den darauffolgenden Tag, wenn dieser auf einen Sonntag fiel. Auf dieser Generalversammlung wurde zuerst der Kurbrief ver- lesen, dann konnte ein jeder Bruder Klage vorbringen gegen Zunft- genossen. Der anwesende Richter unter Assistenz des Bergmeisters, der Schöppen und etlicher alter Meister erkannten dann Recht und bestimmten die Strafe. Ferner wurde aus den Massenbläsern und den Hammerschmieden je ein neuer Meister gewählt. Den Zunft- vorstehern ist bei ergangenem Befehl Folge zu leisten bei Strafe von einer „Brüder-Kur“, die auf 6 Gulden siegensche Räderwährung fest- gesetzt wird. Zum Eintritt in die Zunft ist jeder Meistersohn be- rechtigt, wenn er zwei Hammertage oder sechs Blashüttentage eigen- tümlich erworben hat und die Taxe von 3 Reichsthalern an den Fürsten und ebensoviel an die Zunft bezahlt und den gewöhnlichen Eid ablegt. Wer aber kein Meistersohn war, jedoch zwei eigene Hammertage oder sechs Blashüttentage besass, hatte für die Auf- nahme 6 Reichsthaler an den Fürsten und 4 Thaler für die Zunft zu zahlen. Wer Stellmeister werden wollte, um selbständig eine Massenhütte zu stellen, musste, nachdem er vorher „seine Pflichtmuss abgeleget“ hatte, dem Fürsten und der Zunft je 2 Reichsthaler zahlen. „Der Knecht oder Knabe aber, so empfänglich die Brüderschaft der Massenbläser und Hammerschmiede Zunft zu empfangen und das Handwerk mit der Faust zu lernen sich angeben wird, derselbe soll nicht zugelassen werden, er seyn denn inländisch und ehrlichen Bruder-Manns eheliches Kind, und schwöre dann uns und dem Hand- werk einen leiblichen Eyd zu Gott dem allmächtigen, Innhalt dessen er dieses Handwerk nicht ausserhalb unsrer Lande arbeiten, treiben oder gebrauchen und weniger, dass solches ausser Landes getrieben und gearbeitet oder gebraucht werden könne, solle oder möge, Rat und That geben oder auch beförderlich sein wolle, höchst beteuern solle; und wie wir durchaus nicht gestatten wollen, dass die Massen- bläser einen Fremden oder Ausländischen das Handwerk lernen, also sollen droben ersten Falls die Lehrknaben und zwar des Meisters Sohn 4 Gulden, der andere aber, so nicht eines Meisters Sohn ist, 8 Gulden Uns und dem Handwerk zu gleichen Theilen zahlen.“ Die Strafe für den Bruch dieses Eides behält sich der Fürst vor. Die Massenhütten durften nur 48 Tage im Jahr blasen und zwar von Michaelis Tag ab, so dass sie nach Ablauf dieses Tages ihre Bälge anbliesen. Nassau und das Siegerland. Der An- und Abblasetag musste bei Strafe von 10 Reichsthalern dem Bergmeister schriftlich durch einen „Zeddel“ angemeldet werden und war jedes längere Blasen bei Strafe verboten. Verunglückte aber eine Hüttenreise durch irgend einen besonderen Grund, so konnten die versäumten Tage vor Ostern nachgeholt werden, danach aber nicht mehr. In Bezug auf Mass und Gewicht wird grösste Gewissenhaftigkeit eingeschärft und bestimmt, dass jeder Hammer 7½ Stalln (zu 170 Pfund) mit „Unserem hierzu gemachten Zeichen gestempelten Gewichts samt einer untadelhaften Waage und nebst solchen, gleich jeden Massen- hütten, vier richtige und gebrannte Kohlenzeynen zu ihrem stätigen Beruf haben und unterhalten sollen“. Jeder Mangel an der Wage soll vom Bergmeister mit einer Bruder-Kur, an den Zainen aber mit 1 Reichsthaler bestraft werden; dem Bergmeister aber von jeder Aiche und Stempelung 15 Albus für seine Mühe gegeben werden. Die Massenhütten dürfen nicht die Hammerhütten, noch diese jene während der ihnen zugeordneten Zeiten durch Entziehung des Wassers oder sonstwie behindern. „Desgleichen sollen die Hammerschmiede die ihnen von alters her zugeordnete müssige Zeit nicht überschreiten, sondern vom heil. Christtag an bis zu Lichtmess in einem und von St. Jakobi an bis auf Mariä Geburt in dem anderen Termin, und zwar jedesmal nach Verfluss solcher Tage sich still halten und vom Schmieden abstehen …“ Ebenso ist verboten, des Nachts, d. h. nach 8 Uhr abends und vor 4 Uhr morgens, zu schmieden. Alles bei Vermeidung festgesetzter Geldstrafen. Nach altem Herkommen und Gebrauch muss der Hammerschmied für einen ihm gelieferten Stalln Eisen eine Wage geschmiedetes Eisen zurückliefern. Ebenso wird nach alter Satzung den Hammerschmieden eingeschärft und befohlen, „dass sie das ihnen von ihren Raidtmeistern um Lohn zu schmieden zugesandte, über- wogene und überlieferte Eisen treulich zusammenhalten und ohne ihrer Raidtmeister Konsens und Vorwissen dessen nichts vermengen, vertauschen oder verkaufen, sondern dasselbige für jeden über- kommenden Stalln rohen, eine Wage geschmiedeten Eisens zurück- liefern oder andernfalls gewärtigen“ u. s. w. — So ist auch keinem, der nicht der Bruderschaft angehört, rohes Eisen zu kaufen oder zu verkaufen gestattet, und ebenso wird der Verkäufer oder Pfandnehmer nicht nur mit Konfiskation des Eisens, sondern noch mit weiterer Strafe bedroht. Nassau und das Siegerland. Desgleichen ist der Verkauf rohen Eisens, wie der Kohlen seitens der Raidtmeister, Massenbläser oder Hammerschmiede streng verboten. Auch soll kein Massenbläser oder Hammerschmied mehr Kohlen kaufen, als er mit seinem eigenen Feuer verbläst und verschmiedet. Ebenso werden die Köhler gestraft, die nicht richtiges Mass liefern. Die Hammerschmiede dürfen nicht gestatten, dass ihre Knechte über ihren Lohn noch für sich Eisen schmieden, bei hoher Bestrafung beider Teile. Wie aber einerseits keinem Massenbläser gestattet sein soll, Eisen ausser Landes zu verkaufen, so soll ihm von den Raidt- meistern und Hammerschmieden auch stets der entsprechende Preis für sein Eisen in barem Gelde gezahlt werden. Keiner darf im Lande Hütten- oder Hammerzeit gebrauchen, als sein eigen Gut, der nicht der Zunft und Bruderschaft angehört. Zum Schluss heisst es: „Und wie des ganzen Landes Wohlfahrt fürnehmlich auf dem Eisenhandel beruht und hoch daran gelegen ist, dass derselbe im guten Esse möge erhalten werden, also wollen und gebieten wir“ … die Befolgung dieser Ordnung. Graf Friedrich Wilhelm Adolf zu Nassau-Siegen erliess ferner am 23. März 1707 ein Edikt, das Schmieden an Bettagen während des Gottesdienstes betreffend, in welchem den Eisenschmieden streng verboten wird, an den monatlichen und vierteljährlichen Bettagen zu arbeiten. Der Verkauf und die Ausfuhr von Kohlen wurde noch 1716 durch eine besondere Kanzleiverordnung verboten. Diese setzte für die Ge- meinden 100 Reichsthaler Strafe, Konfiskation der Kohlen, Pferde und Geschirr im Betretungsfall fest. Eine vorzügliche Grundlage des ganzen siegenschen Eisenhütten- wesens bildete die streng geordnete Haubergswirtschaft und Holz- verkohlung Wir verweisen auf die gediegene Abhandlung von Schenk , Nachricht von den Haubergen im Fürstentum Nassau-Siegen in Schlettweins Archiv, Bd. III, S. 420. , welche Jahrhunderte alt war, aber durch eine Forst- verordnung von 1700 noch besser geregelt wurde. Ausserdem be- zogen die siegenschen Werke Kohlen aus dem Wittgensteinschen. Die Anteile an den Eisenhütten und Hämmern wurden nicht in Kuxen, sondern in Hütten - oder Hammertagen ausgedrückt und berechnet. Über den Bau der Hochöfen vgl. Bd. II, S. 197. Der siegensche Hüttenmann sah auf die Reinigung des Eisen- steins mit aller Strenge; auch wurden alle Erze vorher leicht ge- röstet. Dies geschah 1777 noch meist in pyramidalen Haufen von Nassau und das Siegerland. 6 Fuss Quadrat Grundfläche und 6 Fuss Höhe. Die Hochöfen waren meist an Abhänge gebaut. Sie waren viereckig zugestellt mit einer schiefen Ecke. Jung giebt die Hochöfen 1777 zu 20 Fuss Höhe, die Gicht 3 Fuss zu 2½ Fuss, im Kohlensack zu 10 Fuss auf 8 Fuss weit an; letzterer lag 12 Fuss unter der Gichtöffnung. Charakteristisch waren die ledernen Blasebälge, welche man im Siegerland beibehalten hatte. Sie waren mit der Röhre 16 Fuss lang, hinten 4 Fuss, vorn 2 Fuss breit und fassten etwa 42 Kubikfuss Luft. Infolge der reichen und gutschmelzigen Erze hatte man trotz der kleinen Öfen und der ledernen Bälge eine hohe Produktion von etwa 6000 bis 7500 Pfund Roheisen den Tag. Man unterschied Stahlhütten und Eisenhütten, doch waren dieselben im Bau nicht verschieden, und konnte man in denselben Hochöfen Roheisen und Stahleisen oder Spiegeleisen er- blasen. Stahleisen fiel etwa 5000 Pfund in 24 Stunden. Auch stach man das Stahleisen nur alle 8 Stunden ab, während man Roheisen alle 6 Stunden abstach. Das Stahleisen wurde hauptsächlich aus den Erzen des Müsener Stahlberges, aus sogen. „reinem Müsener Grund“ erblasen. Der Müsener Stahlberg versah sechs Hochöfen mit Erzen. Dass auch gute Gusswaren im Siegerland hergestellt wurden, haben wir früher schon erwähnt. Für feuerbeständigen Guss war es so berühmt, dass man z. B. die eisernen Retorten für die Quecksilber- destillation im Zweibrückischen im Siegerland giessen liess. — Die siegenschen Hochöfen wurden in der Grösse der Erzeugung nur von den russischen Öfen am Ural übertroffen, im Verhältnisse zu ihrem Fassungsraum nehmen sie die erste Stelle ein. Die Hammerschmiedsherde oder Frischherde waren aus fünf eisernen Platten zusammengesetzt und 2 Fuss 4 Zoll lang und 2 Fuss breit. Über das Frischverfahren s. Bd. II, S. 229. Die Hammerbälge sollten nach einer Verordnung nicht über 8 Fuss lang sein. Die Form war von Kupfer, an der Mündung 1 Zoll hoch und 1½ Zoll breit. Die Stahlschmiedsherde wurden aus Steinen aufgeführt. Die Form war von Eisen. Der Herd war 2 Fuss 4 Zoll lang, 2 Fuss 2 Zoll breit und 6 Zoll tief. Die Form lag 5 bis 6 Zoll höher wie der Herdstein (Boden) und war so gelegt, dass der Wind auf ⅓ des Herdes blies. Die Lederbälge hielten 5 bis 7 Jahre. Ein Paar Stahlhämmer- bälge kosteten etwa 80 Reichsthaler. Das Roheisen wurde über, das Rohstahleisen unter dem Wind eingeschmolzen. Ein Stahlhammer wog 400 bis 500 Pfund. Die Reckeisenschmiederei hatte sich seit dem Ende des 17. Jahrhunderts Nassau und das Siegerland. im Siegerland eingebürgert. Man schmiedete in den Frischhämmern schweres Reckeisen, welches in den Reckhämmern der Mark und im Bergischen weiter verarbeitet wurde. 1735 betrug der Verkauf von geschmiedetem Eisen 1526 Wag 4 Pfund, darunter waren 966 Wag 80 Pfund Reckeisen. Ende der 80er Jahre lieferte ein siegener Hammer- schmied bei einem Feuer drei Karren (ca. 3000 Pfund) Reckeisen. Der Raidtmeister verlangte, dass der Hammerschmied aus einem Wagen Roheisen mit einem Wagen Kohlen 16 Wag Reckeisen ab- liefere. Das Übergewicht erhielt der Schmied, der meist 18 Wag ausbrachte, für den Schmiedlohn. — Bei der Kleineisenschmiederei, die Pflugscharen, Rad- und Achsenschienen, Nagel- und Huf- eisenstäbe u. s. w. lieferte, galten dieselben Sätze, nur bekam der Schmied für 16 Wag Kleineisen noch 10 Rthlr. Schmiedlohn ver- gütet. — Die siegenschen Hammerschmiede machten bei den Reck- eisenschmieden sieben bis neun Luppen zu 300 bis 400 Pfund in 24 Stunden. Da die Luppenstücke 150 bis 170 Pfund wogen, so musste der Schmied zum Fortbewegen derselben sich eines Krahns — Esel genannt — bedienen. Jedes Luppenstück wurde zu einer Reckstange ausgeschmiedet, die 3½ Zoll breit und ebenso dick war. Jedes Stück erhielt drei Hitzen, mit der letzten „Heisse“ schmiedete der Schmied die Stange „an die Wand“. Diese grobe Arbeit war anstrengend und erforderte Kraft. Die Eisenhämmer wogen 700 Pfund. Seit 1776 hatte man auch im Siegerland gegossene eiserne Heberinge an der Hammerwelle, wie sie Rinmann in den 50er Jahren in Schweden eingeführt hatte, angewendet. Die Hebedaumen, „Frösche“ genannt, wurden mit hölzernen Keilen befestigt. Die Ambossschmiederei wurde ebenfalls im Siegerland stark be- trieben, namentlich wurden viel Reckhämmerambosse für ausser Land geschmiedet. Die Hammerschmiede wollten deshalb das Ambossgiessen als gesetzwidrig nicht gelten lassen und erwirkten 1766 ein Verbot desselben. Auch die Hämmer waren alle geschmiedet, während man in der Eifel solche goss. Die schwere Arbeit des Reckeisenschmiedens war in Siegen haupt- sächlich des geringen Kohlenverbrauchs wegen beliebt, denn Kohlen- ersparung war das Hauptbestreben. Der Vorteil, dass man soviel Reckeisen in so kurzer Zeit schmieden konnte, lag mit in dem Zusatz von Kruschen (viereckige harte Gussplatten vom Hochofen) und Wascheisen, welche mit den „Gossen“ eingeschmolzen wurden. Über- haupt liebte der Hammerschmied leichtschmelziges, etwas rohes Eisen. Nassau und das Siegerland. Auch die Stahlschmiede im Siegerland waren sehr geschickt in ihrer Arbeit. Ein Schmied lieferte bei zwei Hammerfeuern in 20 bis 21 Stunden 2 Karrn (ca. 1100 Pfund) Stahl; hierzu waren 8 Stalln (1360 Pfund) Roheisen und 9½ Zain Kohlen erforderlich. Der Preis des Rohstahleisens betrug 1782 bis 1789 18 bis 22 Rthlr. für den Karrn. Der ausgeschmiedete Stahl hiess Edelstahl und Mittelkühr; ersterer kostete 48 bis 57 Rthlr., Mittelkühr immer 3½ Rthlr. weniger. Der Mittelkühr sass in der Mitte des Schreis, der harte Edelstahl am Rande. Der Schrei, den der Stahlschmied nach sieben „Heissen“ bekam, wog ca. 300 Pfund. — Der Käufer erhielt zwei Teile Edelstahl und einen Teil Mittelkühr. 1703 bis 1730 kostete der Wagen Roheisen (2400 Pfund) 22¾ Rthlr., der Kohlenpreis verhielt sich dazu wie 1 : 5, 1730 bis 1740 1 : 3 7/8, 1740 bis 1750 1 : 4⅓. 1747 bis 1759 kostete das Roheisen 32 bis 33 Rthlr. und stieg 1759 auf 34 Rthlr. In dem Kriege 1760/61 ging das Roheisen noch mehr in die Höhe, bis 52 bis 54 Rthlr. Der Kohlenpreis verhielt sich wie 1 : 6. 1763 fiel das Roheisen von 46 auf 34 Rthlr. 1764 bis 1780 kostete das Roheisen 36 bis 39 Rthlr. Der höchste Preis der Kohlen aus dem Wittgensteinischen betrug 10 Rthlr. für den Wagen. 1787 kostete eine Tonne Roheisen 33⅓ Rthlr., eine Tonne Roh- stahleisen 36⅔ Rthlr., eine Tonne Edelstahl 120 Rthlr. Die Holz- kohlen wurden mit 12 bis 20 Rthlrn. der Wagen bezahlt. Im Dillen- burgischen war die Kohle wesentlich billiger, und zwar war das Verhältnis 1 : 3½, während es in Siegen 1 : 2⅓ betrug. Der Preis der Kohlen war seit dem vorhergehenden Jahrhundert enorm ge- stiegen. Die Tagesproduktion der Hochöfen hatte sich 1789 seit der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts verdreifacht. Der Stahl war gegen früher viel billiger, im 16. Jahrhundert hatte er trotz des höheren Geldwertes den doppelten Preis. Man hatte damals beim Stahlmachen den grössten Teil des Roheisens verschlackt und an Kohle soviel Fuder gebraucht, wie zu Bechers Zeiten Zaine. Die Produktion war dabei eine sehr geringe. Noch vor 50 Jahren (1738) hätten die Stahlschmiede den Stahl, den sie des Tags geschmiedet, gemächlich abends aus dem Hammer tragen können. 1788 wurden 600 Karrn (ca. 280 Tonnen) Stahl aus einem Stahlfeuer im Jahre geschmiedet. Dass die Siegerländer Eisenindustrie blühte, geht auch aus den hohen Preisen hervor, welche für Hütten- und Hammertage gezahlt Nassau und das Siegerland. wurden. Ende des 16. Jahrhunderts hatte man sich über die Ver- teuerung der Hammertage beklagt, dass man einen Hammertag mit 100 bis 120 Gulden bezahlen müsse, der vordem nur 25 bis 30 Gulden gekostet hätte. Um 1788 galt aber ein Hammertag 1200 bis 1400 Rthlr., ein Stahlhüttentag nur 900 bis 1000 Rthlr., ein Eisenhüttentag 200 bis 280 Rthlr. Ein Stahlhammertag des Aher Hammers war mit 1000 Rthlrn. bezahlt worden. Die siegenschen Eisenarbeiter waren in drei Zünfte geteilt. Die Eisenmassenbläser und Hammerschmiede bildeten eine Zunft, welche die grösste und wichtigste war; die Stahlmassenbläser bildeten die zweite und die Stahlschmiede die dritte Zunft. Ausserdem hatte sich seit 1689 die Zunft der Eisenmassenbläser und Hammerschmiede nach den Konfessionen in eine katholische und eine reformierte geteilt. Die Mitglieder der Zünfte waren zweierlei, die, welche das Handwerk mit der Faust gelernt hatten, die Meister und Knechte, und die, welche den Handel mit Eisen und Stahl betrieben, die Raidtmeister. Die ersteren arbeiteten für die letzteren, erhielten dagegen von diesen die Materialien und den Schmelz- und Schmiedelohn. Während im 17. Jahrhundert die Hämmer meist im Besitz der Raidt- meister, welche in der Stadt Siegen wohnten, gewesen waren, gehörten dieselben gegen Ende des 18. Jahrhunderts meistens den auf dem Lande wohnenden Hammerschmieden. Der „Pflichttag“ der Massen- bläser und Hammerschmiede, an dem sich die Zunft versammelte und mit dem das Hüttenjahr begann, war der 1. Mai. Auf diesen Tag wurden die Hüttenrechnungen beschlossen und begonnen. Jede Hütte war ursprünglich auf eine Reise von 48 Tagen berechtigt, um 1788 wurden aber die Reisen auf 60 Tage bestimmt und waren manche Eisenhütten auf 1½, 2 und 3 Reisen privilegiert. Die 60 Hütten- tage bestanden aus dem Anhebetag, dem Ablasstag, 1 Armentag, 1 Hüttenschuldeisentag, 8 Sammttagen und 48 gemeinen Tagen, welch letztere unter den Gewerken verteilt waren und für die jeder die nötigen Materialien, Kohlen und Erze, selbst beschaffen musste. Die übrigen Tage waren gemeinschaftlich. Die Sammttage waren die ersten acht Betriebstage. Die 48 Hüttentage waren nu- meriert und wechselten ihre Besitzer nach der Nummer, doch so, dass immer eine andere Nummer den Anfang machte. War ein Tag unter mehrere Besitzer geteilt, so mussten sich dieselben verständigen, da jeden Tag nur von einem gehüttet werden durfte. Zu jedem Stahlhüttentag gehörte der Regel nach ein Mass Stein auf dem Müsener Stahlberg. Dieser war, wie der Hüttentag, in 24 Teile Nassau und das Siegerland. geteilt. Deshalb pflegte man zu sagen, es besitze einer soviel Stunden Stahlstein auf dem Stahlberg Weitere Angaben findet man bei Becher , a. a. O., S. 584 etc. . War eine Reise nicht zu Ende geführt worden, so wurden die „liegengebliebenen Tage“ bei der nächsten Reise nachgehüttet. Die Besitzanteile an den Hütten und Hämmern waren oft sehr verwickelt, indem die Tage wieder in Viertel oder Drittel geteilt waren. In dem Fürstentum Siegen befanden sich 1789: A. Stahlhütten , d. h. Hochofenhütten, welche Spiegeleisen aus Müsener Stahlerz erzeugten: 1. Auf der Allenbach, 2. zum Dahlbruch, 3. oberste und 4. unterste Stahlhütte zu Müsen, 5. zu Burgholdinghausen, 6. zu Lohe. B. Eisenhütten : 1. Zu Marienborn (auf zwei Hüttenreisen pri- vilegiert), 2. Unterm Hain (1½ Reisen), 3. zu Eisern (3 Reisen), 4. zu Eiserfeld (2 Reisen), 5. vor der Tiefenbach, 6. vor der Haard, 7. auf der Sieghütte (2 Reisen), 8. zu Gosenbach (1½ Reisen), 9. auf der Birlenbach (1½ Reisen), 10. zu Niederscheld. Die Reise der Eisen- und Stahlhämmer bestand aus vier Wochen oder 24 Werktagen. Jeder Gewerke wusste, welcher Tag ihm zukam und welcher Herd, ob der nach der Hof- oder der Wasserseite ge- legene. Fielen Festtage in die Zeit, oder Bautage, an denen wegen nötiger Bauungen nicht geschmiedet werden konnte, so wurden diese zwar mitgezählt, durften aber in der müssigen Zeit nachgeschmiedet werden. Es gab zweimal müssige Zeit im Jahre, im Winter von Weih- nachten bis 20. Januar, und im Sommer bei den Stahlhämmern vom 15. Juli bis 1. September, bei den Eisenhämmern vom 25. Juli bis 8. September. Die gewöhnlichen Bauarbeiten zum Betrieb, „der kleine Bau“, ging bei den Gewerken der Reihe nach um, so dass immer einer dafür verpflichtet war, den man den „Baumann“ nannte. — Alle Eisenhämmer waren auf zwei Feuer oder Herde berechtigt, von den Stahlhämmern nur einige. Der Kurbrief gestattete den Eisen- hämmern, nur 16 Stunden mit beiden Herden zu schmieden, und verbot das Nachtschmieden. Es war aber allgemeiner Gebrauch ge- worden, mit einem Herde 24 Stunden zu schmieden und jeden Tag mit dem Herde zu wechseln. Ausserdem wurde den Hämmern öfter Überhüttungszeit (80 bis 100 Tage) gestattet, so den vier gewerk- schaftlichen Stahlhütten 1787 80 Tage. Wurden diese „Konzessions- tage“ nicht benutzt, so durften sie nachgehüttet werden. 1787 hatten die sämtlichen Eisenhütten z. B. 1292 Konzessionstage zu gut, oder vorrätig. Nassau und das Siegerland. An Roheisen wurde damals im Siegenschen 4080 Tonnen Roh- eisen und 1080 Tonnen Rohstahleisen geblasen. Das Rohstahl- und Roheisen wurde alle auf den inländischen Hämmern verschmiedet, und durfte nach den Kurbriefen nichts davon ausser Land verkauft werden. Es befanden sich 1789 im Siegenschen A. Eisenhämmer : 1. Zu Allenbach, 2. zu Hillenhütten, 3. zu Lohe (herrschaftlich), 4. zu Ferndorf, 5. zu Buschhütten, 6. zu Dillen- hütten, 7. zu Geissweid, 8. zu Buschgotthardshütten, 9. zu Schneppen- kauten, 10. vor der Haard, 11. zu Münkershütten, 12. zu Müseners- hütten, 13. vor der Meinhard, 14. zu Tiefenbach, 15. zu Fickenhütten, 16. zu Sieghütte, 17. zu Hammerhütte, 18. Unterm Hain. B. Stahlhämmer : 1. Zu Haarhausen mit einem Feuer, 2. der oberste herrschaftliche Stahlhammer zu Lohe, 3. der unterste Stahl- hammer daselbst, jeder mit zwei Feuern, 4. zu Ahe, 5. zu Eichen, beide mit zwei Feuern. Zu Freudenberg war ferner: 6. der Schollenhammer, 7. der Grünehammer, 8. der Berghammer, 9. der Kulberger-Hammer, 10. der Heckenhammer, 11. der Heidenhammer, 12. der Kocheshammer, 13. der Asdorfer Hammer (6. bis 12. auf einen Herd, 13. auf zwei Herde be- rechtigt). C. Reckhämmer : 1. Zu Litfeld, 2. zu Haarhausen, 3. zum Dahl- bruch, 4. zu Birlenbach, 5. auf der Alche, 6. zu Truppach, 7. auf der Asdorf, 8. zu Niederndorf, 9. zu Hillenhütten, 10. zu Dreisbach, 11. zu Tiefenbach, 12. zu Eiserfeld. — Die Reckhämmer waren nicht auf bestimmte Reisen eingeschränkt und wurden nach Bedarf betrieben. Mit Band- und Reifeisen hatten dieselben einen guten Absatz nach Mainz, dem Rheingau, Frankfurt a. M. und der Pfalz. Mit dem inländischen Roheisen reichten die Eisenhämmer nicht aus, sie mussten noch einige tausend Wagen meistens von den Eisen- hütten im Grund, Seel- und Burbach dazu kaufen. Die Produktion der 18 Eisenhämmer giebt Becher auf jährlich 7800 Tonnen Schmiedeeisen und die der 18 Stahlfeuer auf 1200 bis 1800 Tonnen an. An Holzkohlen konsumierte das Siegerland jährlich 12000 Wagen. Das Eisen war die Grundlage des gediegenen Wohlstandes des Siegerlandes, dessen fleissige, tüchtige Bewohner Becher mit Recht glücklich preist. Die Herrschaft Altenkirchen , welche jetzt mit dem Siegerland ganz verwachsen ist und auch geognostisch und durch seine Erwerbs- verhältnisse mit ihm zusammengehört, war früher politisch davon Nassau und das Siegerland. getrennt. Dadurch entwickelten sich die Verhältnisse der Eisen- industrie, die auch hier die wesentliche Grundlage der gewerblichen Thätigkeit bildete, durchaus verschieden. Während im Siegenschen die Ausfuhr des Roheisens verboten war, bildete in der Herrschaft Altenkirchen die Ausfuhr des Roheisens den wichtigsten Teil des Eisenhandels; die eigene Verarbeitung trat dagegen zurück. Es gab Ende des vorigen Jahrhunderts in der Herrschaft Altenkirchen elf Eisenhütten, zwei Stab- und drei Raffinierhämmer. Von den Eisen- hütten lagen neun im Amte Freusberg und zwei im Amte Freien- wald. 1742 hatte die Herrschaft ihre sämtlichen Eisenwerke an Private verkauft. Auch hier waren die Hütten alle auf eine gewisse Anzahl Tage konzessioniert, doch wurden immer auf Antrag sogen. Nachreisen gewährt. Letztere dauerten meist ebenso lange wie die privilegierte Zeit oder die „ordinäre Reise“. Die Landesherrschaft bekam von jedem Tag der letzteren 18¾ Kreuzer, von jedem Tag der Nachreise aber 1 Gulden 41¼ Kreuzer und vom Stahleisen 2 Gulden Wasserzins für den Tag. Im Amte Freusberg lagen folgende neun Hütten: Die Alsdorfer (mit 60 privilegierten Tagen), Altgrünebacher (48 T.), Neuhütte (48 T.), Herdorfer (48 T.), Seelenberger (96 T.), Brachbacher (48 T.), Mudersbacher (48 T.), Fischbacher (96 T.) und die Niederschelter, welche halb auf Stahleisen ging (52 T.). Im Amte Freienwald lagen die Biersdorfer (60 T.) und die Niedern- dreisbacherhütte (48 T.). Ein Wagen Eisenstein von 4000 Pfund Gewicht kostete 5 bis 10 Gulden, ein Wagen Holzkohlen zu 3500 Pfund 36 bis 40 Gulden und ein Wagen Roheisen zu 2700 Pfund 96 Gulden. Die Preise wurden vom Bergamt festgesetzt und von der Herr- schaft bestätigt. — Die Hochöfen hatten alle die beliebte „lange Ecke“, welche dadurch entstand, dass Rückseite und Windseite grösser waren als die beiden anderen. Die Blasebälge waren von Leder. Den Hauptabsatz hatte das Roheisen (Goeseisen) an die Osmund- schmieden in der Grafschaft Mark, welche es selbst auf den Hütten abholten. Ein geringer Teil wurde an die Blechhämmer im Sauerland und nach Nassau-Siegen verkauft. Ausserdem machte man aus Stahl- stein (Spat) Stahleisen (Spiegeleisen), das an die märkischen Raffinier- hämmer ging. Die Hüttentage waren in Viertel geteilt, und kam es früher öfter vor, dass ein Gewerke nur einige Stunden hüttete; später durfte nur tageweise gewechselt werden. Die zwei Hämmer waren erst gegen Hessen und Thüringen. Ende des 18. Jahrhunderts errichtet worden, ganz in der Weise, wie die Hammerwerke im Siegenschen; der eine lag bei Leutzbach und Allmersbach an der Wied, nicht weit von Altenkirchen, der andere bei Schurzbach im Amte Daaden. Es wurde darin Reckeisen ge- schmiedet, welches an die Reck- oder Raffinierhämmer auf der En- neper Strasse verkauft wurde. Ein kleiner Raffinierhammer im Lande selbst, dem Hammerschmied Martin Schreiber gehörig und um 1750 erbaut, lag unmittelbar bei der Fischbacher Hütte. Die Reste älterer Hämmer, welche aber schon 1750 und noch früher eingegangen waren, bestanden bei Daaden, auf der Schneisebach zwischen Daaden und Biersdorf, bei Kirchen, bei Elben, Kirchspiel Gebertshan, bei Fisch- bach und dem sogen. Oberamtmanns-Stahlhammer, dessen ehemaliger Standort unbekannt war. Eng verbunden mit dem Siegerland einerseits, mit Sayn-Alten- kirchen andererseits war der Freie Grund (Heller- und Burbacher Grund), der auch politisch mit beiden Herrschaften vereinigt war: er war zweiherrig. Hier grub man dieselben vortrefflichen Eisenerze wie in den Nachbarländern, auf welche sechs Hütten betrieben wurden: die Wildener Hütte, die Salgendorfer Hütte, ebenfalls am Wildener Bach, die Wiedersteiner- und Zeppenfelder Hütte an der Heller, die Alte-Hütte und Neue-Hütte, ebenfalls im Heller-Grund. Besitz- und Betriebsverhältnisse waren wie im Saynischen. Die Hütten hatten 52 gewerkschaftliche Tage, einschliesslich zweier Amts- tage, einem Armentag und einem Hüttenschultheissentag. Die Erze wurden geröstet und gaben etwa 40 Proz. Ausbringen. Man machte Goeseisen und Stahleisen. Ersteres ging meist nach dem Siegerland und der Grafschaft Mark, letzteres in die Mark und nach Westfalen. Hessen und Thüringen. Von hessen-darmstädtischen Hütten nennen wir nur die Hütte bei Biedenkopf, welche gegen Ende des Jahrhunderts an den Herrn von Breitenstein verpachtet war. Sie erhielt ihr Erz (Roteisen- stein) von dem Bergwerk bei Königsberg und versorgte den Breiten- steiner. Biedenkopfer, Hatzfelder und Battenberger Hammer mit Roh- eisen. Um 1800 kam sie wieder in landesherrliche Verwaltung und legte Klipstein ein Baaders ches Gebläse dort an. In dem Fürstentume Solms-Braunfels lagen die schon erwähnten Eisenhütten zu Asslar und Oberndorf. Die Asslarer Hütte hatte zwei Hoch- Beck , Geschichte des Eisens. 54 Hessen und Thüringen. öfen und lieferte hauptsächlich aus Königsberger Eisenstein 1796 bis 1799 Roheisen an die Osemundhämmer in der Grafschaft Mark. Sonst war das Eisen meist nach Süddeutschland gegangen. In der Grafschaft Solms-Laubach lag die Friedrichshütte bei Laubach, welche gute Gusswaren machte. 1701 hatte Graf Friedrich Ernst von Solms- Laubach dieselbe einem Hüttemann namens Neuburger verpachtet, der bald darauf den Joh. Wilh. Buderus zum Teilhaber an dieser und an einigen anderen Pachtungen ähnlicher Art aufnahm. 1730 übernahm Buderus die Friedrichshütte allein. In Hessen-Kassel war von den Hütten des Klosters Haina (siehe Bd. II, S. 744, 1073) nur die Rommershäuser Hütte im 18. Jahrhundert im Betrieb. Sie ging zumeist auf den Roteisenstein von der Haingrube, ausserdem verschmolz sie Bohnerze. Die Erze wurden geröstet. Der Hochofen war 22 Fuss, das Gestell 4 Fuss hoch; letzteres 2 Fuss lang, unten 17, oben 19 Zoll weit. Die Form hing ungefähr 3 Zoll in den Herd. Die Rast war über der Form etwas höher, um die Gichten nach der Windseite zu werfen. Die Form des Schachtes war rund. In 24 Stunden fielen 28 bis 30 Centner Eisen in zwei Abstichen. Es wurde zur Hälfte Frischroheisen, zur Hälfte Gusswaren gemacht. Jenes wurde auf die benachbarten herrschaftlichen Hämmer geliefert und denselben mit 2 Reichsthalern der Centner angerechnet; Sand- guss kostete 5 Thaler. Die Neubauer Eisenhütte im Waldeckschen war von der hes- sischen Regierung gepachtet und stand mit der Rommershäuser Hütte unter einer Direktion. Ihr Betrieb war derselben auch ganz gleich. Ebenso war die Bericher Hütte in Waldeck von Hessen gepachtet. Sie hatte noch einen viereckigen Schacht mit langer Ecke. Sie bezog ihr Erz vom Martensberg, dessen uralte Gruben sechs Hüt- ten versorgten. Ihr Eisen wurde verfrischt. Unter derselben Direk- tion standen drei Hämmer bei Neubau an der Urfft und zwei Häm- mer nahe bei Kleinern, welche letzteren dem Kammerrat Fulda in Kassel gehörten, und der Vornhager Hammer an der Eder. Alle diese Hämmer lagen im Waldeckischen und gingen nach Kaltbläserart. Sie schmiedeten im Geding und mussten aus 12 Ctr. Roheisen 8 Ctr. Stabeisen liefern. Auch die Kohlen wurden ihnen zugemessen und zwar auf 8 Waag Eisen 18 Mass zu 12 Kubikfuss. Sie bekamen für die Waag 36 Kreuzer (1 Mark) Schmiedelohn und machten auf ein Feuer 16 bis 18 Waag Eisen. Der Preis des Stabeisens betrug 5 Rthlr. 30 Alb. pro Centner. Der Konzessionspreis, wofür es die konzessio- nierten Juden und andere Eisenhändler erhielten, betrug 10½ Gulden Hessen und Thüringen. per Waag, wogegen sie nicht mehr als 1 Heller Nutzen auf das Pfund nehmen durften. Das Eisen war sehr zähe. Zur Bericher Hütte gehörte noch ein Hammer zu Niedern-Werbe mit zwei Feuern und zur Rommershäuser Hütte zwei Hämmer mit drei Feuern in der Nähe. Die Holzhäuser Hütte bei Homberg wurde ebenfalls von der Landesherrschaft betrieben, machte Roheisen, welches auf einem dabei liegenden Hammer mit zwei Feuern verfrischt wurde, und Gusswaren. Sie verschmolz Bohnerze. Die Veckerhagener Hütte lag sechs Stunden südöstlich von Cassel, war auch eine Herrschaftshütte, die zumeist Gusswaren machte. Ihr Wasserrad war 16 Fuss hoch und 3 Fuss breit. Die Erze wurden geröstet. Der Hochofen war (1767) 18 Fuss hoch, die Form lag nur 14 Zoll über dem Boden. Es wurde in 24 Stunden zweimal ab- gestochen und 25 bis 30 Ctr. Eisen erzeugt. Die Hütte ging 40 bis 42 Wochen Cancrinus, Bergwerke in Hessen 1767, S. 50. . Die Gusswaren gingen meist die Weser abwärts nach Bremen. Der Centner Roheisen kostete 1 Thlr., die Waag (= 120 Pfd.) Plattenöfen 2½ Thlr. ausser Land. — Der Lippoldsberger Hammer an der Schwülms erhielt sein Roheisen von der Veckerhagener und Homberger Hütte. Er hatte drei Frischfeuer, die nach Harzer Art zugestellt und betrieben wurden, und einen Blechschmiedeherd. Die Hämmer wogen 3, 4 und 7 Ctr. In fünf Stunden wurde eine Luppe von 2 bis 3 Ctr. gefrischt und ausgeschmiedet. Von 1200 Pfund Roh- eisen musste der Schmied 960 Pfund Stabeisen abliefern. Die Blech- schmiede mussten aus 120 Pfund oder 1 Waag Stabeisen 100 Pfund rein beschnittenes Blech liefern. Eine Waag Stabeisen wurde mit 3 bis 3¾ Thlr. bezahlt. 1000 Waag wurden im Lande verbraucht, 3000 Waag gingen nach Bremen, Hamburg und Amsterdam. Eine Zeitlang war auch Weissblech auf dem Lippoldsberger Eisenwerk gemacht worden. Schmalkalden erholte sich nur teilweise von den schweren Bedrängnissen des 30jährigen Krieges. Dazu kam, dass das wichtigste Eisensteinlager, der Stahlberg, zum grossen Teil abgebaut war, so dass die Landesregierung durch eine Verordnung vom 14. Nov. 1726 die Förderung beschränken musste. Dagegen bemühten sich Gewerke und Regierung gemeinschaftlich, durch technische Verbesserungen die Eisenindustrie zu heben. Wie die natürlichen Verhältnisse, die Art der Erze und ihr Vorkommen grosse Ähnlichkeit mit denen in Steier- mark hatten, so hatte sich auch der Betrieb in ähnlicher Weise ent- 54* Hessen und Thüringen. wickelt. Man schmolz im Anfang des Jahrhunderts die Erze in Schmalkalden wie dort in Stücköfen, die man hier Blauöfen nannte, und reinigte das Stückeisen (die Güsse) in Löschherden. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts ging man in Schmalkalden wie in Steiermark zum Flossofenbetrieb über, nur nannte man die Flossöfen ebenfalls Blauöfen, die man zur Unterscheidung von den alten niedrigen Blauöfen (Stücköfen) hohe Blauöfen nannte. Die Einführung der hohen Blauöfen geschah zuerst in den Jahren 1743/44 durch den in preussischen Diensten verstorbenen Geheimrat Waitz von Eschen Quantz , Eisen- und Stahlmanupulation der Herrschaft Schmalkalden 1799, Einleitung, V. . In den fünfziger Jahren erfolgte dann die allgemeine Einführung der hohen Blauöfen. Dadurch verschwand der alte Stück- ofenbetrieb zum grossen Teil, an seine Stelle trat Roheisenproduktion und Frischverfahren. Lange vor der allgemeinen Einführung der hohen Blauöfen hatte man aber schon das Rohstahleisen in Blauöfen geschmolzen. Die Brauneisensteine und Spate des Stahlberges waren sehr manganreich. Eine ältere Analyse der Schmalkalder Braunerze von Buchholtz giebt folgende Zusammensetzung: Eisenoxyd 73,75 Manganoxyd 10,50 Wasser 13,00 Kohlensaurer Kalk 2,75 100,00 Die Erze der Mommel waren ärmer und von geringerer Güte. Die Erzförderung auf dem Stahlberg war durch Gesetz auf 1200 Tonnen (zu 4 1/7 Kubikfuss) oder 2000 Fuder jährlich bestimmt. 600 Tonnen erhielten davon die Stahlwerke und 300 Tonnen jeder Eisenhammer, das übrige ging an die benachbarten sächsischen Eisenhütten, welche dagegen an Schmalkalden Kohlen, Stabeisen und Blech überliessen. Auswärtige wie Einheimische bezahlten 3 fl. (à 16 Ggr.) für das Fuder. Die Förderung von dem nächstwichtigen Eisenbergwerk, der Mommel, betrug etwa 6000 Tonnen, 1791 : 8000 Tonnen. Die Erze wurden meistens geröstet. Wir haben das Ausschmelzen der Erze sowohl in den kleinen wie in den grossen Blauöfen früher schon geschildert, ebenso die Reinigung des Stückeisens, wie das Frischen des Roh- stahleisens und des Roheisens und genügt es, hierauf zu verweisen. 1792 standen 7 hohe Blauöfen, 3 niedrige Blauöfen oder Stücköfen und 2 Blauöfen zum Schmelzen von Rohstahleisen im Betrieb. Ein Hessen und Thüringen. kleiner Blauofen lieferte 66 bis 70 Ctr. „Guss-“ oder Stückeisen in der Woche, welches mit Scheibeneisen vom hohen Blauofen im Lösch- herd eingeschmolzen und gefrischt wurde. Bei einem Stückofen waren 3 Schmelzer, die sich in achtstündigen Schichten, als die Zeit eines Gusses, ablösten und von jedem Guss 1 Mark erhielten. Ein hoher Blauofen lieferte 256 bis 260 Ctr. Roheisen in der Woche. Er wurde von 3 bis 4 Schmelzern bedient, welche in vier- stündigen Schichten wechselten und täglich zusammen 4 Mark erhielten. Ausser dem Scheibeneisen, welches, wie erwähnt, im Löschherd mit Stückeisen zusammen verarbeitet wurde, frischte man das übrige Roheisen, welches in Gänzen abgestochen wurde, in Kaltfrischfeuern. Im Löschfeuer erzeugte man einen Deul von 1½ bis 2 Ctr. in 3 bis 4 Stunden. Die Wochenproduktion eines Löschherdes war 50 bis 60 Ctr. Stabeisen. Der Abbrand betrug 25 Proz., der Kohlenverbrauch auf 1 Ctr. Roheisen 3 Stützen Kohlen. Bei einem Löschfeuer waren 4 Arbeiter, die 2 und 2 unter sich in 24stündigen Schichten wech- selten. Sie erhielten vom Centner geschmiedeten Eisens 0,54 Mark. Die 8 Kaltfrischfeuer, welche in der Herrschaft Schmalkalden betrieben wurden, konnten jährlich gegen 8000 Ctr. Schmiedeeisen erzeugen. Ein Feuer hatte 2 Schmelzer und einen Lehrjungen. Die Schmelzer wechselten sich von Luppe zu Luppe (alle 5 bis 6 Stunden) ab. Der Centner ordinäres Stabeisen kostete damals M. 22,80. Der Eisenpreis wurde vom Bergamt nach dem Erzeugungspreise festgesetzt. Die Ausfuhr des Stabeisens war gänzlich verboten, dennoch ging durch den Schleichhandel viel Eisen ins Ausland, was nicht selten Mangel bei dem inländischen Handwerk verursachte. Um dem ab- zuhelfen, wurde gegen Ende des Jahrhunderts ein gewerkschaftliches Magazin errichtet, in das alles Eisen abgeliefert werden musste und welches allein den Eisenverkauf hatte. Das meiste in den Kaltfrischfeuern erzeugte Schmiedeeisen war hart, dicht, von kleinkörnigem Bruch und hoher Politurfähigkeit. Es näherte sich zuweilen dem Stahl und wurde für Ackergeräte und von den Nagel-, Ketten- und Bohrschmieden gesucht. Von weicherem Eisen wurde in den Kaltschmieden nur wenig erzeugt, dieses wurde, wie das in den Löschfeuern erzeugte weiche Eisen besonders von den Drahtziehereien und Rohrschmieden verwendet. Ehe das Stabeisen von den Hand- werkern verarbeitet wurde, kam es in die Zainhämmer, von denen 12 in der Herrschaft Schmalkalden betrieben wurden. Der Abgang beim Schmieden des harten Eisens betrug 3, der des weichen Eisens 5 Proz. Jeder Zainhammer hatte jährlich 18 Mark Hammergebühr zu zahlen. Hessen und Thüringen. Die Öfen, in welchen das Rohstahleisen erblasen wurde und die nur Erz vom Stahlberg verschmolzen, gehörten den Stahlgewerkschaften. Die Schmelzgerechtigkeit über der Stadt Schmalkalden gehörte der alten Stahlgewerkschaft , welche auf jede halbe Zahl Stahl- hammer (ein ganzer Stahlhammer hiess eine Zahl) 175 Ctr. Rohstahl- eisen zu schmelzen berechtigt war. Mit den Unreinigkeiten rechnete man aber 385 Ctr. auf eine Zahl. Für diese Schmelzgerechtigkeit bezahlte der Gewerke von jedem zehnten Centner Rohstahleisen 2 Ggr. zur Bergzehntkasse. Die zweite Stahlgewerkschaft, welche viel jünger als die vorige war, hiess die Steitzische Gewerkschaft , welche 3 Ggr. für den zehnten Centner zahlen musste. Sie hatte ihren eigenen Schmelzofen und zwei Stahlhämmer mit vier Feuern bei dem Dorfe Asbach, eine halbe Stunde von der Stadt. Sie gehörte vielen Be- sitzern, und waren deren Rechte und Pflichten ähnlich wie bei den siegenschen Gewerken. Erst gab es ein gemeinschaftliches Schmelzen, dann schmolz jeder Gewerke seine Zeit mit seinen eigenen Materialien. Die Reihenfolge wurde durch das Los bestimmt. Dass ein solcher Betrieb viele Mängel hatte, ist klar. — Das regierungsseitig ge- nehmigte Quantum Eisen betrug bei den Rohstahleisenöfen 6200 Ctr. im Jahr, bei den hohen Blauöfen 7000 bis 8000 Ctr. für das Jahr. Das Verfahren bei dem Stahlfrischen haben wir S. 421 be- schrieben. Der gehärtete Stahl wurde auf einem Sandstein abgerieben oder gescheuert. So wurde er an Zainhämmer, an Ort- und Ahlen- schmiede, Feilenhauer, Messerschmiede, Zweckenschmiede u. s. w. ver- kauft. Die jährliche Ausfuhr betrug 1792 und 1793 3200 Ctr. zu etwa 5 Thlr. Der Stahl wurde als Stangenstahl, oder in Stücken verpackt als Fassstahl ausgeführt. Der beste davon war der Kernstahl, der 6 Thlr. 4 Gr. pro Centner kostete. In 24 Stunden wurden 2½ bis 3 Ctr. Stahl verfertigt und wurde davon 10½ Groschen Lohn gezahlt. Der Abgang betrug 30 Proz. Die wöchentliche Erzeugung auf einem Hammer betrug 14 bis 15 Ctr., bei 9 bis 10 Fuder Kohlenaufwand. Es wurden nur Buchenkohlen verwendet, welche aus den sachsen-eisenach- schen Waldungen bezogen wurden. Ende des 18. Jahrhunderts gab es zwölf gangbare Stahlhämmer in Schmalkalden, von denen zehn zur alten, zwei der Steitzschen Gewerkschaft gehörten. Die Stahlhämmer waren entweder Eigentum oder wurden auf Erbzins betrieben. Letzterer betrug 8 Thlr. für einen ganzen Hammer. Ein Stahlhammer kostete 2000 bis 4000 Thlr. Die Lehrzeit des Stahlschmieds dauerte drei bis fünf Jahre, je nach seiner Fähigkeit; dann wurde er Unterknecht, Hessen und Thüringen. und wenn er den Schmelzprozess verstand, Oberknecht oder Meister. Der Lehrjunge musste 10 Meissenische Gulden Aufdinggeld geben, eine Kaution von 50 bis 150 Thlr. stellen und den Eid der Ver- schwiegenheit leisten; die Stahlschmiede wurden jedes Jahr auf Jakobi von neuem gedungen. — Der Schmalkaldische Stahl wurde durch öfteres Bearbeiten besser und konnte 10 bis 13 Hitzen aushalten. In der Nähe der Stadt Schmalkalden befanden sich sechs Draht- hämmer; ferner war in der Stadt eine Messerfabrik, welche jährlich 30000 Messerklingen liefern konnte. Überhaupt war das Eisengewerbe in Schmalkalden sehr mannigfaltig. 1788 Siehe Handlungszeitung 1788, S. 193. gab es daselbst 110 Ahlen- schmiede, 56 Feilenhauer, 86 Schlosser, 12 Scherenschmiede, 22 Bohr- und Zangenschmiede, 10 Striegelmacher, 84 Messerschmiede, 23 Klingen- schmiede, 6 Schneid- und Hackmesserschmiede, 51 Zweckenschmiede, 50 Kellenschmiede und 60 Ring- und Schnallenschmiede, welche meist in den Nachbardörfern ansässig waren. Ausserdem gab es etwa 100 Huf- und Nagelschmiede. Die Professionisten verarbeiteten jähr- lich gegen 3000 Ctr. Stahl und 4000 bis 5000 Ctr. Eisen. Jedes dieser Gewerbe bildete unter sich eine Innung. Lichtputzenmacher gab es besonders viele in Steinbach. Ein Haus Gebr. Sanner hatte 20000 Dutzend in einem Jahre verschickt. Es gab im Schmalkal- dischen 17 Zainhämmer und 22 Schleifkotten, um Ahlen, Schneidmesser, Äxte u. s. w. zu schleifen. — Ein Blechhammer war eingegangen. Die Gewehrfabrik von W. M. Pistor beschäftigte in 15 Häusern 50 Rohr- schmiede, Schlosser und Schäfter. Vor kurzem hatte sie 20000 Stück Ge- wehre an das hessische Militär geliefert. Sie arbeitete nur für die Landesherrschaft und war deshalb unregelmässig beschäftigt. Um 1800 arbeiteten 327 Arbeiter bei der Gewehrfabrikation für die hes- sischen Truppen. Salomon Merkel war der Hauptstahlfabrikant, er besass drei Stahlhämmer und hatte ein Kontor in Hamburg. Ordinärer Stahl kostete damals 5 Thlr. 10 Gr. (16 Mark) und raffinierter 8 Thlr. 3 Gr. (24,30 Mark) der Centner. Suhl hatte ebenfalls furchtbar unter den Stürmen des 30jäh- rigen Krieges gelitten und seine berühmte Gewehrfabrik war dadurch sehr in Rückgang gekommen. Dazu kam der weitere Um- stand, dass alle grösseren Staaten nach dem 30jährigen Kriege eigene Gewehrfabriken errichteten, wodurch Suhl einen grossen Teil seines Absatzes verlor. Dennoch erhielt sich die Gewehrfabrikation und blieb auch im 18. Jahrhundert ein angesehenes Gewerbe. Aber Hessen und Thüringen. gleich zu Anfang dieses Jahrhunderts hatte Suhl von neuem durch Kriegsnot zu leiden. 1706 wurde es von dem schwedischen Oberst Görz eingenommen. Alle vorhandenen Gewehre wurden konfis- ziert und nur gegen hohes Lösegeld blieb es vor Plünderung und Brand bewahrt. Dies geschah in dem Kriege Karls XII. gegen König August von Sachsen und Polen und unter dem Vorwand, dass vier Jahre zuvor König August schwedische Gewehre weggenommen habe. Die Schweden nahmen 1790 Flinten, 214 Karabiner und 516 Paar Pistolen, die nach der Aufstellung der Gewehrhändler 6304 Rthlr. kosteten. 1753 litt Suhl durch einen grossen Brand, doch erholte sich die Stadt dank der thatkräftigen Unterstützung der Regierung rasch wieder. Auch im siebenjährigen Kriege hatte Suhl viel zu leiden. Feind und Freund schleppten die vorhandenen Gewehre fort. Vor dieser Zeit wurden noch viele Rohre ungeschäftet ausgeführt. Es waren 22 halbe Rohrschmieden beschäftigt, die jährlich etwa 600000 Rohre lieferten. In der zweiten Hälfte ging aber die Rohrschmiederei, infolge der immer wachsenden Konkurrenz, mehr und mehr zurück, so dass gegen Ende des Jahrhunderts nur noch ⅓ der obigen Anzahl Rohrschmieden im Gange war. Die Gewehrfabrikation in Suhl beruhte auf der Geschicklichkeit der Schmiede, dem vortrefflichen Eisen und dem Stahl von Hein- richs und den billigen Arbeitslöhnen. Das für die Gewehrfabrik erforderliche Eisen lieferten (1795) sechs in dem Suhler Bezirk gelegene Eisenhämmer, deren Eisen sich durch Zähigkeit auszeichnete. Jeder Hammer sollte 18000 Ctr. im Jahre liefern. Diese Hämmer schmie- deten auch sehr gute Bleche. Im 17. Jahrhundert hatte man das Eisen noch ausschliesslich in Rennfeuern hergestellt. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde angeblich durch einen schwedischen Arbeiter der erste Blauofen errichtet. Ein Blauofen brauchte zu seinem Eisen- und Blechbetrieb bis zu 1000 Klafter Holz im Jahre. Später wurde ein hoher Ofen erbaut und auf herrschaftliche Kosten betrieben, da er aber zu viel Kohlen verschlang, liess man ihn 1790 eingehen Siehe H. Anschütz , die Gewehrfabrik in Suhl 1811, S. 26. . Quantz berichtet, dass das Eisen für das Suhler Salzpfannenblech teils aus Schmalkaldener Eisenstein, teils von Braun- und Spateisenstein, den man von Gross- kammsdorf, Könitz und von Saalfeld bezog, erblasen wurde. Heinrichs versah die Suhler Fabriken mit seinem vorzüglichen Stahl. Zu demselben bedurfte man der manganreichen spatigen Erze von Schmalkalden. Da die von Heinrichs aber mit ihrem guten Hessen und Thüringen. Stahl den Schmalkaldern Konkurrenz machten, und denselben sogar, wie die Schmalkalder behaupteten, unter deren Zeichen zu Hamburg und Lübeck verkauften, so waren diese sehr erbittert und weigerten ihnen die Abgabe von Erz. Aber vermittelst der Bleche erhielt der Fabrikant doch den Stein von ihnen durch die dritte Hand, als wenn er zu den Blechhämmern gehörte Siehe v. Hofmann, a. a. O. 1785, S. 62. . Der grösste Stahlfabrikant zu Heinrichs war 1776 Joh. Friedr. Ripperger, ein geschickter Mann, der auch damals eine Stahlspiegel- fabrik von Spiegeln bis zu 1¼ Ellen Höhe und ¾ Ellen Breite anlegen wollte. Heinrichs hatte schon 1702 Marktrecht mit drei Märkten im Jahr erhalten. Es befanden sich dort ein Eisen- und zwei Stahl- schmelzöfen und zwei Stahlhämmer. Es wurden jährlich an 2800 Ctr. Stahl-, Blech- und Eisenwaren in das Ausland verschickt. Der Stahl von Heinrichs war nicht so hart wie der Schmalkaldische, aber für Federn besser zu gebrauchen. Zu Mäbendorf wurde ein weniger guter Stahl gemacht, und die Cementstahlfabrik daselbst hat nicht fort- kommen können. Nach von Hofmann gab es 1776 zu Suhl 11 ganze und 22 halbe Rohrschmieden. Diese konnten bei vollem Betriebe jährlich 60000 Rohre liefern. Es wurden aber höchstens 20000 geschmiedet, so dass nur 4 ganze und 8 halbe Rohrschmieden voll beschäftigt waren, und ausserdem allenfalls noch eine auf die Rohre, die ungeschäftet an die Büchsenmacher nach der Schweiz, in die Reichsstädte und auf die Messen gingen. Infolge dieses ungenügenden Absatzes lagen bei- nahe ⅔ der Rohrschmieden wüst und waren baufällig geworden. Ein Rohr kostete nur 2⅓ Pfennig Schmiedelohn. Die Ladestock- fabrik wurde 1776 von drei Gebrüdern Job betrieben. Die Ladestock- macher waren mit den gewöhnlichen Schlossern, „so Fromberger genennet werden“, zünftig. Die eisernen Ladestöcke wurden gegen 1720 von einem Solinger Bürger in Suhl eingeführt. Auch die Bajo- nettmacher, welche eigentlich Waffenschmiede und nicht zünftig waren, sind von Solingen nach Suhl gekommen. Ehrhard de Kummer war 1776 noch der einzige dieser Art; er machte auch Klingen. Das Polieren geschah noch meistens von Weibern und Kindern mit der Hand. Das Meisterrecht eines Büchsenmachers zu erwerben kostete 180 Gulden. Dies war für die Verhältnisse zu viel und deshalb ständiger Mangel an Meistern, namentlich an Schlossmachern. Hessen und Thüringen. Büchsenschäfter gab es dagegen zu viele. Die Graveure waren sehr geschickt und rühmten sich, mit ihren Arbeiten die Engländer und Franzosen zu übertreffen. Sie arbeiteten besonders für die beiden Haupthandlungen Spangenberg und Horniffer . Ersterer lieferte 1775 und 1776 2650 Stück Gewehre ins Ausland, meist dänische Seeflinten. Letzterer handelte hauptsächlich mit Galanteriegewehren, namentlich nach den Ostseeprovinzen. Den Messhandel betrieben hauptsächlich Lorenz Sauer und Söhne . Es gab elf Graveure für erhabene und eingelegte Arbeit, besonders mit in Stahl einge- legtem und erhaben gearbeitetem Golde à quatre couleurs. Berühmt war der Hofgraveur Döll und 1776 Karges . — Der ganze Handel in Gewehren soll sich nach von Hofmann 1776 nur auf 3000 Stück (?) belaufen haben. Die Suhler Fabrikanten machten nicht nur alle Arten von Feuer- gewehren, sondern auch Kürasse, Espadons, Klingen und verschiedene Kunstsachen von Stahl und Eisen. Alle Feuerrohre wurden von verpflichteten Personen öffentlich mit ein bis zwei, dem Kaliber und den Vorschriften entsprechenden Probeschüssen besonders pro- biert. — Im ganzen gab es neun Gewehrhandlungen in Suhl, welche vermöge eines 1669 errichteten Gewehrhandlungsrecesses alle ge- fertigten Gewehre um einen bestimmten Preis an sich zu kaufen und in das Ausland abzusetzen berechtigt waren. 1794 waren 300 Hand- werksleute bei der Gewehrfabrikation beschäftigt: ad 1, an Schlossern und Büchsenmachern 101 Meister, worunter auch die Platten- und Garniturmacher und die Rohrverschrauber gehörten, 64 Gesellen, 11 Graveurs und 8 Schmirgler und Polierer, welche zusammen eine Zunft ausmachten; — ad 2, beim Rohrschmiedehandwerk 8 Meister, 9 Schweisser, 9 Bohrer, 9 Schleifer und 27 Schmiede- knechte, — ad 3, von Büchsenschäftern 44 Meister und 105 Ge- sellen. — Die Gewehrfabrik in Suhl hat im Jahre 1795 in das Aus- land geliefert: 3579 Karabiner, 15515 Musketen, 105 Jagdflinten, 661 Büchsen, 1158 Pistolen, ohne die einzelnen Flinten-, Pistolen- und Büchsenläufe, Schlösser und Bajonette. In der Wolfgang Kum- mers chen Stahlraffinerie und Feilenwerk waren 4883 Bajonette, 11083 Ladestöcke, 1193 Karabinerstangen und 153 Dutzend Feilen verfertigt worden. Das neue Ehrhard de Kummers che Klingen-, Schleif- und Polierwerk hatte 4450 Bajonette und 2970 Stück Klingen geliefert. Hessen und Thüringen. Ein kaiserliches Kommissgewehr kostete: 1. Dem Rohrschmied für das rauhe Rohr 1 Gulden 33 Kzr. 2. Dasselbe zu verfertigen — „ 18 „ 3. Ein Schloss mit zwei Batterieen — „ 44 „ 4. Dem Zeugschmied für die Garnitur — „ 42 „ 5. Das Bajonett und der Wischer — „ 32 „ 6. Der Ladestock — „ 21 „ 7. Der Schaft — „ 29 „ 8. Das Zusammenrichten und Bajonettaufpassen — „ 10 „ 9. Die Bajonettscheide — „ 7 „ Summa 5 Gulden 56 Kzr. Der Verkaufspreis in Suhl für ein Infanteriegewehr betrug 7 Rthlr. bis 7 Rthlr. 8 Gr. 1795 befanden sich in dem kursächsischen Anteil von Henneberg 18 Eisen- und Blechhämmer, 2 Stahl-, 1 Sensen- und 1 Draht- hammer, die jährlich etwa 9000 Tonnen, grösstenteils auswärtigen Eisenstein verarbeiteten und dazu 27000 Klftr. Holz konsumierten. Im ganzen wurden 10780 Ctr. Blech und 22827 Ctr. Eisen hergestellt und dadurch 63000 Laubthaler in das Land gebracht. In der Umgegend von Suhl lagen noch verschiedene Eisenwerke im Thüringischen. Zelle und Mehlis waren nur eine Stunde ent- fernt. Hier befanden sich Gothaische Gewehrfabriken, welche als eine Anlage angesehen werden konnten. Jede hatte einen Eisen- hammer (Rennwerk), wo sie das Eisen aus denselben Erzen wie zu Suhl machten. Die übrigen Hämmer hatte man eingehen lassen müssen, weil der Herzog von Sachsen-Gotha auf seinem eigenen Hochofen und Hammer alles Eisen und Blech für sein Land machen liess und deshalb 1776 auf jeden Centner Kursächsich-Hennebergisches Eisen und Blech 1 Thlr. Eingangszoll gelegt hatte Siehe v. Hofmann, a. a. O., S. 74. . In Zelle befand sich noch ein Rohrhammer und eine Rohrschmiede im Gange, die an- deren waren eingegangen. Es wurde nur geringe Ware hier gemacht und hausierten die Schlosser von Zelle und Mehlis vielfach mit dem Ausschuss der Suhler Fabrikanten. Es gab 30 Schlosser zu Mehlis und noch mehr in Zelle. Diese machten grobe Garniturarbeiten für Suhl; hauptsächlich arbeiteten sie aber grobe Eisenwaren für Schmalkalden. Steinbach, drei Stunden von Suhl, war wieder hessisch. Hier Hessen und Thüringen. war ebenfalls ein Zerrennfeuer im Gange, welches sich bis zum Schluss des 18. Jahrhunderts erhalten hat. Hier wurden ebenfalls grobe Gewehrstücke und zeitweilig Garniturstücke für die Gewehrlieferanten in Suhl gemacht. Ausserdem arbeitete man grobe Galanterie- und Eisenwaren nach Schmalkalden. Eine halbe Stunde von Steinbach lag Schönau . Daselbst war eine Rohrschmiede und vier Schlossmacher, welche ihre Arbeit an die Gewehrfabrik in Schmalkalden absetzten. 1½ Meilen von Suhl lag Schleusingen mit Weissblech- und Sensenhammer. Die Katzhütte im Hennebergischen war eine der wichtigsten Weissblechfabriken im Kurfürstentum Sachsen Siehe Herwig, Beschreibung der Herrschaft Schmalkalden 1780, S. 33, wo sich eine genaue Beschreibung der Schwarz- und Weissblechfabrikation auf der Katzhütte findet. . Die Blechschmiede mussten von 100 Pfund Frischeisen 75 Pfund oder 1½ Hüttenschock rein beschnittene Bleche liefern. Ein Hüttenschock war gleich 120 Blatt oder Tafeln. Hiervon erhielt der Blechschmied 1 Rthlr. 15 Gr. Schmiedelohn, musste aber dafür alle Materialien ausser dem Eisen stellen und das Baugeld tragen. Er hatte ausser- dem mit seinen Knechten 40 Rthlr. jährliches Geding. Zu Albrechts oder Malmers waren Eisenbergwerke und 41 Nagel- schmiede. Auch sonst gab es im Thüringer Wald viele Eisenhütten und Hämmer, die aber meist klein waren. In Sachsen-Meiningen hatte das Oberland und Saalfeld starke Eisenindustrie in den Werken Neuhaus, Hüttensteinach und Gabe Gottes. — In der Grafschaft Rudolstadt wurde Stahl gemacht, der an Güte dem steierischen gleich sein sollte. — Im Schwarz- burgischen wurde viel Eisen geschmolzen und Stahl daraus gemacht, der zur Fabrikation von Messern, Sicheln und Sensen diente. In Ruhla lebten 1761, nach von Justi, 1500 Familien von dem Messerschmiedegewerbe, obgleich in diesem Jahrhundert 500 Familien auf einmal in das Preussische ausgewandert waren. Es wurden um die Mitte des 18. Jahrhunderts jährlich für 120000 Thlr. Messer ver- fertigt, welche meist nach Polen, Preussen und Schlesien vertrieben wurden. Ferner machte man Ringe, Schnallen, Feilen, Vorhänge- schlösser u. s. w. Friedrich der Grosse hatte bei der Gründung der preussischen Eisenfabrik zu Neustadt-Eberswalde 200 Ruhlaer Meister angeworben, und da er gleichzeitig die Einfuhr Ruhlaer Der Harz. Waren nach Preussen verbot, dem dortigen Handel sehr geschadet. 1780 wurden nur für 34000 Thlr. Messer gemacht. Die Ruhlaer mussten sich auch auf andere Waren legen und trieben ausserdem mit Eisenwaren von Schmalkalden, Zelle (Zeller Gewehre), Solingen, Steiermark u. s. w. Hausierhandel. 1788 gab es noch 200 Messer- schmiede und 7 Feilenhauer; ferner 1 Eisenhammer und 6 Schleif- mühlen. Zu Ilmenau hatte 1785 Gottfried Leffler einen eigenen Eisen- hammer und handelte mit Schmiede- und Zaineisen. — Ein zweiter Zainhammer bei Ilmenau hiess der Grenzhammer. Man rechnete die ganze Produktion an Eisen auf 2700 Ctr. jährlich. Der Harz . Als das wichtigste Eisenindustriegebiet von Norddeutschland darf man wohl den Harz im vorigen Jahrhundert bezeichnen. Das Harzer Eisengewerbe war aufs beste geordnet und zeichnete sich aus durch intelligente Leitung und ernstes Streben nach Verbesserungen. Den beteiligten Landesherrschaften gebührt dabei der Hauptteil des Ruhmes. Die Harzer Hütten gehörten zu verschiedenen Landes-Herr- schaften; den Hauptbesitz hatte von jeher Braunschweig-Lüneburg. Trotz der Teilung in verschiedene Linien blieb die Verwaltung der Bergwerke gemeinschaftlich. Dieses Verhältnis wurde nach dem Aussterben der älteren Wolfenbütteler Linie 1634 durch den Erb- vertrag vom 15. Dezember 1635 zwischen den Linien Hannover und Braunschweig geregelt und zwar „hat man sich freundvetterlich ver- einiget, dass die Fürstlichen Oberharzischen und Unterharzischen Bergwerke der Orts gefunden und ungefunden, wie auch die Hohheit über die Bergwerk und Bergstädte, nämlich Zellerfeld, Wildemann, Grund und Lautenthal, ingleichen die beiden Rammelsbergischen und Zellerfelder Forsten, das Salzwerk zu Juliushalle, auch Eisenfaktorei und Hüttenwerk zu Gittelde (jedoch den Flecken Gittelde, welcher zu der Hoheit des Hauses und Amtes Stauffenberg gehört, ausbe- schieden) noch zur Zeit bis zu fernerer gütlicher Vergleichung un- zerteilt zu gleichem Nutz und Vorteil zwischen den dreien Linien pro quotis gemein bleiben soll, dergestalt, dass das Berg- Der Harz. amt und Alles was darin gehört nomine communis administriert wird … J. G. Stünkel, Beschreibung der Eisenbergwerke und Eisenhütten am Harze. Göttingen 1803. v. Hofmann, a. a. O., S. 58. “ 4/7 betrug der Ideal-Anteil des Kurhauses, 3/7 des fürstlichen Hauses. Dieser Zustand blieb vollständig aufrecht erhalten bis zum Recess vom 4. Oktober 1788. Durch diesen wurden wichtige Teile, besonders Zellerfeld, Wildemann und Lautenthal, aus der Kommunion aus- geschieden, dagegen änderte sich das Verhältnis der Eisenhütten zu Gittelde und der dazu bestimmten Eisensteingruben nicht. Auch verblieb es mit den Holz- und Kohlenlieferungen beim Alten. Die Gruben auf Eisenstein waren ausdrücklich der Kommunionhütte zu- gewiesen, unbeschadet anderer Mineralien. Von Iberg, Gegenthal und Schweinsrücken mussten alle Erze nach Gittelde geliefert werden Siehe Dr. H. Achenbach, Die Verfassung des Kommunion-Harzes. Zeit- schrift für Bergrecht, Bd. VIII, S. 66. . Die ganze Verwaltung des Kommunion- und einseitigen Harzes zerfiel in Bergämter, Forstämter und Ratskollegia. Die Bergämter waren zugleich Vormünder der Gewerken. Die Forstämter (Goslar und Klausthal) waren für die Herrschaft allein. Sie hatten Jurisdiktion über alles, was die Forsten anging, auch über Grenz- sachen. Die Ratskollegien hatten die Entscheidung in Civil-, Krimi- nal- und Justizsachen. Sie hatten auch die wichtige Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Preise der Nahrungsmittel nicht zu teuer gemacht wurden, weshalb sie Taxen festsetzten. Über alle diese dreierlei Ämter befahl der Berg- und Viceberghauptmann nomine regis. Dabei wechselte der Vorsitz zwischen Hannover und Wolfenbüttel Jahr um Jahr; Hannover hatte in den geraden, Wolfenbüttel in den ungeraden Jahren das Präsidium Chr. Böse, Generalhaushaltungs-Principia und vom Harz, 1753, S. 83. . Swedenborg nennt 1734 die Eisenhütten Zorge, Wieda, Tanne, Gittel, Stollberg, Rübeland, Bos (?) und Voigt- felde. Was er über die Harzer Hochöfen im allgemeinen sagt, ist S. 156 erwähnt. Es gab gegen Ende des 18. Jahrhunderts folgende Eisenwerke im Harz: 1. Die Königl. Kurfürstl. Braunschweig-Lüneburgischen Eisen- hütten, oder wie sie kurzweg genannt wurden, die Hannöverischen Hütten, waren: die Lerbacher Hütte, Altenauer Hütte, Königshütte, Steinrenner Hütte, Rotehütte, Mandelhölzer- und Elender Hütte. Der Harz. 2. Die Königl. Kurfürstl. und Herzogl. Braunschweig-Lüneburgische Kommunion-Eisenhütte zu Gittelde. 3. Die Herzogl. Braunschweig-Lüneburgischen Eisenhütten um- fassten die Hütten im Stifte Walkenried zu Wieda, Zorge und Ilefeld und die Hütten im Fürstentum Blankenburg zu Altenbrak, Neuwerk, Rübeland, Tanne und Braunlage. 4. Die Gräflich Stolberg-Wernigerodischen Eisenhütten zu Schierke und Ilsenburg. 5. Die Fürstl. Anhalt-Bernburgische Eisenhütte zu Mägdesprung. 6. Die Königl. Preussischen Eisenhütten zu Sorge und Thale. An diese schliessen sich mehrere in der Nachbarschaft des Harzes gelegene Hütten, welche als niedersächsische oder Weserhütten be- zeichnet wurden: Sollingen, Uslar, Holzminden, Karlshütte, Wilhelms- hütte und Delligsen. Gittelde bezog seinen braunsteinhaltigen Eisenstein vom Iberge und erblies ein Roheisen, welches für Stahl und Qualitätseisen ge- eignet war. Die hannöverischen Hütten hatten ihre Gruben auf dem Elbinge- roder Felde und zu St. Andreasberg. Die Walkenrieder Hütten hatten eigene Gruben in ihrer Nähe. Die Blankenburgischen Hütten er- hielten ihren Stein grösstenteils von den Hüttenroder Gruben bei Neuwerk und Rübeland. Die Weserhütten hatten meist Eisengruben in der Nachbarschaft. Im allgemeinen waren die Harzer Erze (von denen bei Gittelde abgesehen) ziemlich schwerschmelzig, und wurde meist graues Roh- eisen erblasen, welches sich vorzüglich für Gusswaren eignete, aber auch ein sehr festes Frischeisen gab. Das Frischverfahren am Harze war das deutsche Warmfrischen meist in der Modifikation des Klump- frischens. Gegen Ende des Jahrhunderts führte man eine Art Durchbrechschmiede auf mehreren Hütten ein, wie wir es S. 673 beschrieben haben. Die tüchtigen Beamten der Harzer Werke zeichneten sich meist auch durch wissenschaftliche Bildung aus, und haben sich viele von ihnen als Schriftsteller auf metallurgischem Gebiet hervorgethan, wie Brückmann (Bergbaukunde), Schlüter (Hüttenkunde), Calvör (Maschinenkunde) und später Tölle und Gärtner, Tiemann, Quantz, Stünkel u. s. w. Hervorragende Männer standen an der Spitze des Harzer Berg- und Hüttenwesens, wie Berghauptmann von Busch zu Anfang des Jahrhunderts, welcher den berühmten Pol- hem von Schweden berief, und in der zweiten Hälfte des Jahr- Der Harz. hunderts die Berghauptmänner von Reden und von Trebra . Wir haben das für das Eisenhüttenwesen im allgemeinen Wichtige aus den Schriften der oben Genannten und anderer Fachschriftsteller bereits mitgeteilt. Aber nicht nur durch technische Verbesserungen, sondern auch durch wirtschaftliche Massregeln suchten die Landesfürsten die schwer kämpfende Eisenindustrie des Harzes zu heben. Hierzu gehört das Monopol vom 3. Februar 1740, durch welches die Einfuhr fremden Eisens beschränkt und der Verkauf im Inlande befördert wurde. Da dies aber keinen grossen Erfolg hatte, und die Pächter die not- wendigen Verbesserungen nicht ausführen konnten, weil es ihnen an Mitteln dazu fehlte, so schritt die braunschweigische Regierung zur Verstaatlichung der Werke, welche um 1764 ihren Abschluss fand. Erst von diesem Zeitpunkt an war es möglich, die Einrichtungen und den Betrieb der Eisenwerke durchgreifend zu verbessern, und die Administration der Harzer Eisenwerke wurde von da an eine so vor- zügliche, dass sie als mustergültig anerkannt wurde und viele Aus- länder, selbst Engländer, die Werke zu ihrer Information besuchten. Man hatte überall eigentliche Hochöfen mit offener Brust. Blauöfen gab es nur für manganreiche Eisenerze zu Mägdesprung, Neuwerk und Steinrenner Hütte. Die Hüttenreisen wurden nach und nach verlängert. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts betrugen sie meist 15 bis 20 Wochen, während sie 1750 bis 1776 auf 24 bis 36, 1776 bis 1781 auf 46 bis 52, 1781 bis 1791 auf 48 bis 102 Wochen und danach oft auf mehrere Jahre verlängert wurden. Von sonstigen Gesetzen und Erlassen erwähnen wir ein „Edikt, die Bestrafung der Eisen-Diebereien am Harz betreffend“ vom 15. August 1735; darin heisst es: „Das Eisenwerk und sonderlich das Treib-Seyl in den Vorhäusern und Göpeln wird oftmals bei Centnern ausgehauen und weggeschleppt …“ Eisendiebe werden, wenn der Diebstahl über einen Reichsthaler Wert, mit dem Tode oder lebens- länglicher Zwangsarbeit bestraft, wenn unter einem Reichsthaler, mit Halseisen und Sackpfeifen Siehe Wagner, Corp. jur. met., p. 1103. . Auch die am 20. Mai 1751 erlassene Walkenrieder Eisenberg- werksordnung enthält strenge Bestimmungen, z. B. (XVIII): Wer Stein oder Fluss auf fremden Hütten verkauft, der ist seiner Grube verlustig und fällt solche dem Bergamte anheim. (XXXVII): Würde jemand der Eisenhüttenleute auf den Walkenriedischen Eisenhütten Der Harz. durch Freundschaft, Feindschaft, Geschenke oder andere unerlaubte Mittel sich verleiten lassen, guten Eisenstein zu verachten, untaug- lichen aber als gut und blaswürdig auszugeben, insbesondere aber, wenn sich bei einem Eisensteins-Trummen ein Kupfer- oder anderes Ertzt-Trummen spüren lässt, sofort ohne Grund solchen Eisenstein verwerflich zu machen oder gar, um sein Vorgeben zu bestärken, durch Übergebung des Ofens, Verfälschung des Eisensteins oder an- dere dem Hütten- oder Bergwerk höchst nachteilige Griffe, eine Unart in den Ofen bringen: So soll ein solcher mit der Sackpfeife und Ausschliessung von aller herrschaftlichen Arbeit, auch befindlich schärfer, als ein Betrüger und Bösewicht bestraft werden. Am 28. April 1737 war auch eine Stollberg-Wernigeroder Eisen- hütten-Ordnung erlassen worden. Bezüglich der schon oben erwähnten Berufung Polhems fügen wir hier den Bericht Calvörs Siehe Calvör, a. a. O., S. 111. bei: So ist Anno 1707 der schon damals berühmte Mechanikus Christoph Polhammer, nachher Herr von Polhem, aus Schweden hergeladen worden, um das Maschinenwesen auf dem Harz zu unter- suchen … In seinem Bericht schrieb er an den Berghauptmann von Busch, dass die Künste sehr gut gebaut, obgleich alt, wenig daran zu verbessern wäre, macht aber dann doch eine Reihe prak- tischer Verbesserungsvorschläge, die Calvör anführt. Als einen Hauptgrundsatz stellt er dabei auf: Man mache lieber ein grosses starkes Rad und leite die Kraft von diesem durch Gestänge zur Arbeitsstätte, als dass man viele kleine Räder anlegt, die viel mehr Kraftverlust bewirken. Er verwarf die Lederliederung bei den Bergwerkspumpen, wegen der sauren Wasser, und empfahl Wind- künste. Polhems Vorschläge blieben nicht ohne Folgen. Einen wirk- lichen Nutzen verschaffte er aber dem Harzer Maschinenwesen da- durch, dass er zwei geeignete Personen mit nach Schweden nahm und sie im Maschinenwesen unterrichtete. Beide waren ursprünglich einfache Zimmerhauer. Der eine, Bernhard Ripking, wurde nach- mals Maschinendirektor, der andere hiess Christian Schwartzkopf ; beiden verdankt der Harzer Bergbau viele Verbesserungen. Polhem führte auch eine von ihm erfundene Syphonmaschine zum Heben des Grubenwassers am Harz ein, welche bei Calvör be- schrieben und abgebildet ist (S. 136 und Tab. XIV). Beck , Geschichte des Eisens. 55 Der Harz. Wie sehr die Landesregierung bestrebt war, auch das Hütten- wesen zu heben, geht aus den Schritten hervor, welche sie für die Verbesserung des Hochofenbaues in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts unternahm. Nachdem man versuchsweise 1706 einen Hochofen zu Tanne anders zugestellt hatte, schickte die Walken- riedsche Administration 1725 einen gewissen Michel Teichmann in das Württembergische, um die dortige Ofenkonstruktion kennen zu lernen und liess dann 1729 Hüttenverständige aus Schwaben kommen, welche die schwäbische Zustellung einführten. Es waren dies Berg- rat Bökel und die Hüttenbediensteten Meyer und Braun aus Württem- berg. Bökel kehrte nach Schwaben zurück, Meyer und Braun wurden Hüttenschreiber zu Altenbrak und Neuwerk. Meyer starb 1754 als Bergrat. Die ausführlichsten Nachrichten besitzen wir wieder über die Eisenwerke zu Gittelde . Swedenborg giebt 1734 bereits über den Hochofenbetrieb zu „Gittel“ Nachrichten. Danach wäre das Erz damals nicht geröstet, sondern nur in Stücke zerklopft aufgegeben worden. Als Zuschlag diente gebrannter Kalk, der vorher mit dem Erz vermischt wurde. Wenn der Ofen gehörig vorgewärmt war, so verbrauchte man in der Woche 50 Karren Kohlen und erzeugte damit 130 bis 150 Ctr. Roheisen. Jeder Satz enthielt ¼ Fuder Erz. Jeder Abstich gab eine Gans von 11 bis 12 Ctr. (der Centner zu 114 Pfund). Ein Fuder Erz war die Last, die ein Pferd zog und wurde in zehn Mass eingeteilt. — Die Schlacke wurde, um das eingeschlossene Eisen zu gewinnen, mit Hämmern zerschlagen und auf Siebblechen (lamina cribi instar) ver- waschen. Das Wascheisen wurde mit dem Erz wieder aufgegeben. Die Windform lag 3 Fuss über dem Bodenstein. Das Gestell wurde aus quadratischen Steinblöcken von 1½ Ellen Länge und ¾ Ellen Dicke zusammengesetzt. — Die Länge des Eisenherdes betrug 3½ Fuss. Aus jedem Fuder Erz von 16 Ctr. Gewicht erhielt man 3 Ctr. 38 Pfd., oder aus 480 Ctr. Erz 100 Ctr. Roheisen und 11 bis 12 Fuder Schlacken. Das aus diesem Roheisen gefrischte Schmiede- eisen galt als das beste am Harz. Noch genauere Nachrichten erhalten wir aus den Akten des Oberbergamts zu Klausthal. — Die Verwaltung und der Betrieb waren gegen das vorige Jahrhundert unverändert geblieben, denn die Gittelder Eisenwerke und die dazu gehörigen Bergwerke wurden von der Teilung der braunschweig-lüneburgischen Besitzungen, welche im Jahre 1789 statt hatte, ausgeschlossen und wurde nach wie vor als Kommunionbesitz verwaltet. Der hannöverische Anteil betrug 4/7, der Der Harz. braunschweigische 3/7. Eine Drahthütte, welche bei Gittelde bestan- den hatte, liess man aber damals eingehen. Nach Stünkels Stünkel, Beschreibung der Eisenbergwerke und Eisenhütten am Harz 1803, S. 89. Angabe war der Gittelsche Hochofen gegen Ende des Jahrhunderts rund, 24 Fuss hoch, an der Gicht 3½, über der Rast 7 Fuss weit und mit drei hölzernen Bälgen, deren jeder 64 Kubikfuss Luft fasste, versehen. Die Bälge bliesen zusammen in ein kleines Reservoir, und wurde der Wind durch eine Deupe (Düse) von da dem Ofen zugeführt. Diese Anordnung des Gebläses war eine Neuerung. Das manganreiche Roheisen wurde in deutschen Warmfrischherden verfrischt ( Stünkel ), doch hatte das Verfahren Ähnlichkeit mit der rheinischen Kaltfrischmethode. Quantz Quantz, a. a. O., Einleitung XI. giebt an, dass das Frisch- verfahren zu Gittelde fast ganz mit dem Schmalkaldischen überein- stimme, nur darin abweiche, dass man 1. den Frischklumpen nicht kalt werden liesse, sondern gleich aufbreche, und 2., dass man während des Einschmelzens keine Schlacke absteche. Der Gittelsche Frisch- prozess nehme sonach an beiden, am Kalt- und Warmfrischen, zugleich Anteil. Da die Gittelder Frischhütte bei Badenhausen aber nicht mehr als 1800 Ctr. verfrischen konnte, der Hochofen gegen Ende des Jahrhunderts aber an 7000 Ctr. erzeugte, so wurde das ver- bleibende Roheisen zu 4/7 und 3/7 unter beide Herrschaften in natura verteilt. Das auf den hannöverischen Anteil entfallende wurde nach Königshütte und Sollingerhütte gebracht, in letzterer auf Stabeisen, in ersterer auf Stahl verfrischt; der braunschweigische Anteil zu Holz- minden auf Stahl und auf der Wilhelmshütte auf Eisen verarbeitet. Manche Hütten kauften Gittelder Roheisen, um ihr Eisen, nament- lich kaltbrüchiges, zu verbessern. Vor der Teilung im Jahre 1789 wurde das meiste Granuliereisen für die harzer Silberhütten zu Gittelde gemacht. Nach den Rechnungen arbeitete das Gittelder Eisenwerk bis 1762 mit Vorteil, dann begann ein Schadenbetrieb, der auch nicht wesent- lich verbessert wurde, als man 1780 fremde Hammerschmiede herbei- zog. 1729 waren am Iberge noch 60 Gruben im Betriebe, 1783 nur drei. Wir lassen einen Auszug aus den Hüttenrechnungen des 18. Jahr- hunderts folgen. Der Betrieb der Gittelder Hütten im 18. Jahrhundert zeigte lange nicht die Gleichförmigkeit wie in den vorhergegangenen; häufig ar- 55* Der Harz. beiteten die Werke mit Verlust. Der Absatz war schwankend, was einerseits daher rührte, dass der Betrieb der Bergwerke ein ungleicher war, andererseits aber sich die Konkurrenz der im Harz neuentstandenen Hütten fühlbar machte. Eine andere wichtige Ursache der schlechten Ergebnisse waren der Holzkohlenmangel, welcher häufig zum Ankauf teurer Kohlen aus entfernten Waldgebieten zwang, und die hohen Bau- und Reparaturkosten. In den ersten fünf Jahren arbeiteten die Hütten mit entsprechendem Nutzen, in den darauffolgenden Jahren verminderte sich dieser, und der Betrieb war schwächer, immerhin konnten 1706/7 637 Thlr. 5 Gr. 11 Pfg. aus dem Geschäftsgewinn zur Erhöhung der Verlagsgelder genommen werden. Der Hochofen warf um so mehr Nutzen ab, je mehr Pucheisen an die Bergwerke abgesetzt wurde, deshalb war 1708/9 der Gewinn geringer, „weil in diesem wie im vorhergehenden Jahre kein Pucheisen und Unterlagen abgesetzt wurden“; demnach stockte der Bergbau. In den folgenden Jahren wird öfter über Mangel an Absatz geklagt. Zum Jahre 1712/13, in dem nur 26 Thlr. 13 Gr. 9 Pfg. übrig blieben, bemerkte der Rechnungssteller, „dass so wenig Überschuss, weil der beste Stein sich abgeschnitten und nur Gattungsstein, so wenig Eisen giebt, verblasen werden musste; dass die meisten Kohlen von auswärts gegen schweren Fuhrlohn und hohen Forstzins bezogen werden mussten und dass mehr als 300 Thlr. Bau- und Kommissionskosten passiret sind“. 1714 trat eine grössere Stockung im Absatz ein. Der Verlust „rührte daher, indem beinahe für 2000 Thlr. Eisenwaren übrig blieben, indem der Bedarf der Faktoreien, wie der Verkauf ins Land gering war“. In den folgenden Jahren stieg der Bedarf und das Jahr 1718/19 schloss glänzend ab, „weil nicht allein wenige Ausgaben bei den Hütten vorgefallen, sondern auch, dass die theuren Kaufkosten ces- siret haben“. Bald aber liess der Absatz wieder nach, und 1720 wird geklagt, „dass der Abgang an Eisen und Blech sehr schlecht ge- wesen“ sei. Infolgedessen wurde der Betrieb eingeschränkt, und im Jahre 1721/22 ging der Hochofen nur 19½ Wochen. Die folgenden Jahre waren wechselnd. Es muss indes hier bemerkt werden, dass die angegebenen Gewinnziffern nicht immer der richtige Ausdruck der Jahresergebnisse sind, denn erstens wurde der Verlust eines Quartals oder eines Jahres immer auf das folgende übertragen, zog dieses also in Mitleidenschaft, zweitens erscheinen aus den schon früher (Bd. II, S. 1159) angeführten Gründen die Quartale oder Jahre günstiger, in welchen der Hochofen nicht oder schwach betrieben wurde. Deshalb wird der hohe Gewinn 1727/28 erklärt, „weil der Hochofen nur Der Harz. 9½ Wochen gegangen, weshalb wenig Ausgaben“, der geringere Gewinn des folgenden Jahres aber, „weil der Hochofen in diesem Jahre 22 Wochen gegangen“. Mit dem Jahre 1729 beginnt eine sehr klägliche Periode der Hüttenwirtschaft, welche bis 1748, nahezu 20 Jahre, andauerte. Das Verlagsgeld, das bis dahin 2000 Thlr. betragen hatte, musste Anfang 1730 auf 3300 Thlr. und schon im zweiten Quartal auf 5000 Thlr. erhöht werden, um den Betrieb überhaupt nur fortführen zu können. Besondere Gründe für diesen schlechten Geschäftsgang werden nicht mitgeteilt, obgleich die ungünstigen Resultate zahlreiche Monita der fürstlichen Kammer veranlassen. 1732 wird das Verlaggeld um wei- tere 1000 Thlr. erhöht und erreicht 1734 den Betrag von 7000 Thlr. 1735 bis 1737 werden Rückzahlungen geleistet, so dass 1738 das Verlagsgeld nur 3000 Thlr. beträgt, wächst aber bis 1746 wieder auf 5000 Thlr. an. Vom Jahre 1748 an gingen die Geschäfte wieder besser, doch blieben die Erträgnisse schwankend. Der Kohlenbezug hatte darauf grossen Einfluss. Konnte man den Kohlenbedarf in der Nachbarschaft decken, wo man 1746 10 Gr. Köhlerlohn und 12 Gr., 1756 sogar nur 10 Gr. Fuhrlohn bezahlte, wo also die Kohlen einschliesslich 2 Gr. Forstzins für 22 bis 24 Gr. pro Centner zu haben waren, so ar- beiteten die Hütten mit Nutzen; musste man aber die Kohlen von fremden Forsten kaufen, wo man hohe Fuhrlöhne und schweren Forstzins zu zahlen hatte, so dass sich die Kohlen auf 1 Thlr. 16 Gr. bis 1 Thlr. 23 Gr. pro Karren stellten, so blieb nichts übrig. Von technisch-historischem Interesse ist es, dass seit Mitte der 40 er Jahre die Eisengiesserei, welche bis dahin auf der alten pri- mitiven Einfachheit stehen geblieben war, sorgfältiger und kunst- mässiger betrieben wurde. Es werden verschiedene Gattungen von Gusswaren unterschieden und für dieselben viel bessere Preise erzielt als für die plumpen Pucheisen und Unterlagen vordem. In der Rechnung Crucis 1746 wird Braupfanneneisen und Guss im Sand erwähnt, und in der Rechnung Trinitatis 1756 werden als „Gosswerk dritter Gattung: 42 Einfall-Röhren und 12 Stück allerhand kleine Wahr zu den Wasser-Maschinen“ aufgeführt, wofür 24 Gr. pro Centner Formlohn bezahlt wurde. Auch wurden zugleich mit besserem Formerlehm 73 Laufkarren Pferdemist, der auf den Angern gesammelt war, verwendet. — In diesem Jahre liess man zum Zustellen des Hochofens einen besonderen Zusteller, Christoph Heisen, von der Der Harz. Königshütte kommen, der 3 Thlr. für das Stellen und 1 Thlr. 18 Gr. Dinggeld und Reisevergütung erhielt. Ende der 50 er Jahre wuchsen die Eisenvorräte auf den Hütten und in der Faktorei sehr an; so waren 1758 für 13706 Thlr. 3 Gr. 7 Pfg. und 1759 für 14865 Thlr. 27 Gr. 5 Pfg. Eisenvorräte vorhanden. 1781 wurden 1439 Ctr. Granaten gegossen und dabei 4 Gr. pro Centner Formerlohn bezahlt. Im Jahre 1801 war der als Berg- und Hüttenschriftsteller des Harzes hochverdiente Stünkel als Hütten- raiter zu Gittelde und bezog einen vierteljährlichen Gehalt von 25 Thlr.; der Faktor Volkmann hatte 75 Thlr. und der Aufseher Blum auf dem Iberg 18 Thlr. 2 Gr. Quartalsgehalt. Die nachfolgenden drei Tabellen umfassen 1. den Betrieb des Hochofens, 2. den Betrieb der Clus- und Neuenhütte, und 3. die Zusammenstellung des Jahresgewinnes von 1700 bis 1800. Die beiden ersten Tabellen sind zwar leider sehr lückenhaft, geben aber doch einigermassen ein Bild des Betriebes im 18. Jahrhundert. (Zu Tabelle I.) Die Produktion beträgt in der Periode 1706 bis 1716 1082 kg pro Tag, 1801: 1224 kg; die Tagesproduktion hat demnach zuge- nommen. Die Herstellungskosten für eine Tonne Eisen berechnen sich: 1701 bis 1721 auf: Eisenstein 5,8 Tonnen Mk. 24,10 Kohlen 6,1 „ „ 20,90 Löhne „ 2,90 Verschiedenes „ 2,24 Mk. 50,14. 1801 auf: Eisenstein 7,1 Fuder Mk. 26,67 Kohlen 8,0 „ „ 29,27 Hierbei ist der gleiche Kohlenpreis wie 1786 angenommen. Löhne „ 2,81 Verschiedenes „ 8,63 Mk. 67,38. Der grosse Unterschied rührt hauptsächlich von dem höheren Kohlenpreise und den grösseren Nebenausgaben her. Letztere sind während des Jahrhunderts, wohl in Verbindung mit den Lebensmittel- preisen, allmählich gestiegen, erstere sind schwankend, so betrugen Der Harz. I. Hochofen der Teichhütte 1700 bis 1800 . Der Harz. II. Die Gittelder Frischhütten von 1710 bis 1790 . Der Harz. III. Übersicht des Gewinnes von 1700 bis 1800 . Der Harz. sie z. B. im vierteljährigen Durchschnitt 1771: Mk. 5,34, 1776: Mk. 2,50 pro Karren. (Zu Tabelle II.) Die Oberhütte war bei Beginn dieser Periode bereits baufällig und wurde nur noch ganz schwach betrieben, 1726 ruhte der Betrieb vollständig, und in der Rechnung von 1741 wird sie überhaupt nicht mehr aufgeführt. Ebenso hörte der Betrieb der Clushütte, oder, wie sie in den letzten Jahrzehnten bezeichnet wurde, der Glüsshütte auf, so dass von da an nur noch eine Frischhütte, die Neue Hütte, be- trieben wurde. Für eine Tonne Schmiedeeisen war der Aufgang bei der Clushütte 1721/31 Roheisen 1532 kg, à 50 Mk. pro Tonne = Mk. 76,60 Kohlen 11,30 Karren „ 15,40 Löhne „ 14,90 Verschiedenes „ 8,30 Zusammen Mk. 115,20 bei der Neuhütte Roheisen 1515 kg, à 50 Mk. pro Tonne = Mk. 75,75 Kohlen 10,20 Karren „ 24,50 Löhne „ 14,60 Verschiedenes „ 22,— Zusammen Mk. 136,85 bei der Clushütte 1776/77 Roheisen 1225 kg, à 67 Mk. pro Tonne = Mk. 102,31 Kohlen 14,61 Karren „ 33,50 Löhne „ 17,40 Verschiedenes „ 20,44 Zusammen Mk. 173,65 bei der Neuhütte Roheisen 1451 kg, à 67 Mk. pro Tonne = Mk. 97,22 Kohlen 14,43 Karren „ 33,30 Löhne „ 17,12 Verschiedenes „ 9,58 Zusammen Mk. 157,22 Vergleicht man diese Preise mit denen des vorhergegangenen Jahrhunderts, so sieht man, wie sehr die Selbstkosten gestiegen waren, vornehmlich durch die höheren Kohlenpreise und die Reparaturkosten. Der Harz. Die Inventarien der einzelnen Hütten hatten sich gegen früher beträchtlich vermehrt, und zwar schon in dem ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts. Beispielsweise werden bei der Clushütte 1701 statt der im Inventar von 1681 verzeichneten 3 Feuerzangen deren 14 auf- geführt: 1 Luppen-, 2 Krumm-, 2 Waren-, 2 Stück-, 3 Schmiede-, 1 Timpen-, 2 Spitz- und 1 Hülsenzange. Ferner erscheinen in diesem Jahr in den Gebäuden überall eiserne Öfen, und zwar solche von Blech in den Hütten und gegossene in den Hüttenhäusern und Hüttenstuben. Das Inventar des hohen Ofens von 1721 lautet: 1 Blaswelle mit 12 Bändern; 1 Paar hölzerne Bälge mit Zubehör; 3 grosse eiserne Tragestangen im Hochofen über der Form; 1 eiserne Wage wie früher; 8 ganze, 2 halbe, 2 viertel, 2 achtel Centner-Gewichte; ein vierkantiges Eisen mit einem Rinken aus Federblech; Puchwelle mit Zubehör wie früher; 3 Puchstempel mit 3 Pucheisen und 6 Bändern so abgenutzet; 2 grosse gegossene und ein geschmiedetes Eisen über dem Timpen, worauf das Mauerwerk ruht; 9 alte eiserne Hebearme, sowie ein altes Unterlager im Sohlblock; 3 Steinmasse mit Eisen be- schlagen, Puch- und Unterlagsformen (Modelle) von Holz und Eisen. Werkzeuge : Grosse und kleine Brechstange, 2 Stopfhaken, 2 grosse Schlackenhaken, 2 Formstecher, 3 Stachel, 1 Wenne- (Wende-)haken, 5 Kratzen, 2 Löffel, 2 Steinharken mit eisernen Kralen, 3 Keilhauen, 3 Kohlenharken, 2 Bicken, 1 Timpenzange, 1 Lehmenhake, 6 Schaufeln, 9 Tröge, 1 Fuchtel, 1 Brechstange, 5 Bockehammer, 1 hölzernes Kohlenmass, 1 gezäuntes Kohlenmass, 1 Fichtkarren (?), 9 Laufkarren, 13 Füllfässer, 4 Räder und 1 Räder- bock mit Eisen beschlagen, 2 Füllestuntzen (?), 1 Lehmtubben, 1 Stachel beim Puchwerk, 9 Bockeeisen, 1 Feuerhaken, 1 eiserne Krücke, 1 Leuchte, 1 eiserner Ofen in der Hüttenstube, 8 hölzerne Raffeln (?), 2 Kellen, 3 Stübbesiebe, 1 Eimer, 2 geschmiedete Eiserne geschütze 1 gross und 1 klein, 1 Tragbahre, 14 ge- brochene Steine zum Gestell (!), 1 Wasser- oder Feuerstrentze, 1 Fahrt von 3 Lachtern. An Gebäuden : a) der Hoheofen nebst dem Gebäude, worin oben eine Stube und zwei Kammern, in welchen 10 alte Fenster, 4 Thüren mit hölzernen Anwürfen ohne Schlösser, 1 Tisch, siehe Stube, unten die Radstube nebst Zubehör. — b) das Puchhaus . — c) der Kohlenschuppen, von 6 Spann in der Mitte abgespahret (geteilt) für die Quandelkohlen. — d) das Bockehaus am Kohl- schuppen, fast so lang, aber nur halb so breit. — e) das Hütten- Der Harz. haus nebst dem Stall ist 9 Spann lang mit 1 Stube und 1 Kammer, in der Stube ein Eisen offen. — Hinter solchem ist ein Garten gelegen. Das Hochofen-Hütteninventar vom Jahre 1750 führt nur eine grössere Zahl von Modellen auf, ferner einen Plattenbelag auf der Gicht. Bei der Radstube wird der gewölbte Wassergraben erwähnt. Das Puchwerk ruhte auf vier Ständern und war durch ein Schindel- dach geschützt. Der bemerkenswerteste Zugang besteht in einem be- sonderen Formhaus, 36 Fuss auf 26 Fuss und 10 Fuss in den Ständern hoch. Oben befindet sich eine Kammer. Der Boden des Formhauses ist „von Gyps gegossen“, der Boden oben aus Lehm ge- schlagen. — 1781 hat das Puchwerk vier Stempel. Inventar der Clusingshütte von 1721: 1 Blaswelle mit 6 Bändern, 2 gegossene Blaszapfen und Bolten, 1 Paar hölzerne Bälge mit allem Zubehör, wie auf dem Hohen Ofen (1750: 7 kupferne Formen, wovon 6 verbraucht), 2 Ambosse im Stock, 2 Zeichenhämmer, 1 Vorherdblech, 6 eiserne Haken, worin die Mauer vom Herd hanget, 11 Bänder ums Hammergerüst, wovon ¼ Ctr. geschmiedet Eisen, 1 hölzerne Wasserstrentze, 1 Wage mit Gewichten, 2 grosse eiserne Schmiedehämmer, 7 Hallenschlösser, 1 Eisen- kasten u. s. w. Werkzeuge : 1 Luppen-, 1 Krumme-, 2 Stück-, 2 Waren-, 1 Timpen-, 2 Spitz-, 1 Hülsen- und 3 Schmiedezangen, 1 Meissel, 1 grosse Ambossstange, 3 Löchers, 2 Bieters, 4 Vorhämmer, 2 Schröter, 1 Handhammer, 1 Setzhammer, 2 grosse Pötte, 5 Spannhaken, 1 Luppenhaken, 1 Giesslöffel von Holz, 1 Füllestuntze mit 2 eisern Bändern, 1 Schaufel, 2 Kohlenharken, 1 Kohlenmass, 6 Füllfässer, 3 Tröge, 1 Eimer, 1 eisern Ofenblatt im Hüttenhaus, 1 Schieb- karren, 1 Hammer, womit das Eisen probiert wird. 1 eisern Ofen in der Hüttenstube, 1 eisern Ofen im Hüttenhaus, woran ein eisern Blatt gesprungen, 1 Kratzen, 4 Fahrten von 90 Sprossen, 1 Fahrt von 3 Lachtern, 1 eichene Hammerwelle, 1 Wasserstrentze. An Gebäuden : 1 Hammerhütte mit Zubehör, 1 Kohlenschuppen mit 6 Spanne, 1 Hüttenhaus und Stall, auch ein kleiner Garten, das Haus und Stall sind 8 Spannen und ist nicht übersetzet, darin eine Stube und Kammer befindlich. Ähnlich ist das Inventar der Neuen Hütte. Die Aufstellung von 1750 zeigt nur wenige Abweichungen. Das Faktoreigebäude, welches wohl neu erbaut war, ist darin sehr weit- Der Harz. läufig beschrieben. Es hatte Keller mit vergitterten Kellerfenstern, im Parterre „einen doppelten eisern Bogenofen mit grotesquem Bilder- werk“, woraus eine Röhre von Eisenblech durch die Brandmauer ging. Der Ofenfuss war von gehauenen Steinen. In einer anderen Stube befand sich „ein doppelter eiserner Ofen“. Am unteren Ofen das englische Wappen, an der Seite ein Ross; an dem Hallen-Ofen waren die Buchstaben  mit der Grafenkrone. In der Küche war ein mit eiserner Platte bedeckter, mit zwei Kasserollöchern versehener Feuerherd. In dem Saal des zweiten Stockes, zu dem eine Treppe von 24 Stufen führte, war ein grosser eiserner Ofen mit irdenem Aufsatz; die Eisenplatten waren mit dem englischen Wappen verziert. Auch ein Feuerteich und ein besonderes Spritzenhaus werden erwähnt. 1780 erscheint im Inventar eine Drahthütte. Sie bestand noch 1801 mit 3 Zieheisen, 2 Drahtzangen, 2 Gerüsten und 2 Drahtbänken; 1806 aber war sie bereits wieder eingegangen. Der Bergbau auf dem Iberg verursachte im ganzen 18. Jahrhundert wenig Baukosten und scheint nur schwach betrieben worden zu sein, obgleich die Zahl der Gruben eine grosse war. Nach Gmelin waren 1729 60 im Betrieb Siehe Gmelin , Geschichte des deutschen Bergbaues, S. 189. . Die Eisensteinpreise blieben unverändert, wie überhaupt die Preise sich ziemlich unverändert hielten. Preise zu Gittelde im 18. Jahrhundert: Materialien: Eisenstein für ein Fuder od. Karren zu brechen 30 Gr. Fuhrlohn 18 „ 1 Thlr. 12 Gr. seit 1731 nur 16 „ Waschstein „ „ — „ 33 „ Bockestein „ „ 1 „ 13 „ 1721 werden 16 verschiedene Sorten Eisenstein, meistens vom Iberge, aufgeführt. Kohlen : Köhlerlohn (1701) Fuhrlohn Zusammen für einen Karren (Fuder) 14 Gr. 13 bis 22 Gr. 27 Gr. bis 1 Thlr. dazu noch 2 Gr. Forstzins 14 „ 9 Gr. 23 „ 1706 an Heinr. Rispe dageg. an die Abtei Gan- dersheim einschl. 24 Gr. Forstzins — — 1 Thlr. 16 Gr. Der Harz. Kohlen : Köhlerlohn Fuhrlohn Zusammen 1716 a. d. Oldesheim. Forst — — 1 Thlr. 27 Gr. 1716 aus dem Papenberg 14 Gr. 12 Gr. 26 „ „ aus dem Gandersh. Forst 14 „ 26 „ und 19 Gr. Forstzins — — 1 „ 23 „ 1721 aus dem Papenberg 14 „ 11 „ 25 „ 1746 10 „ 12 „ 22 „ 1751 13½„ 12 „ bis 25½ Gr. bis 1 Thlr. 1 Thlr. 6 Gr. 19½ „ 1756 10 „ 10 Gr. 20 „ dagegen aus dem Lutter am Bah- renbergischen und vom Rollen- berg aus den Karpisch. Forsten — 1 Thlr. 28 Gr. 1761 Köhlerlohn 15½ bis 17 Gr., Fuhrlohn 10 bis 20 Gr., Forst- zins 25½ bis 1 Thlr. 1 Gr. Alle Kohlen aus den fürstlichen Waldungen hatten nur 2 Gr. pro Fuder Forstzins zu entrichten, während für fremde Kohlen 19 Gr. 24 Gr. und mehr bezahlt werden mussten. Eisen : Roheisen: Gans-, Kurz- u. grobes Gusseisen 1701: 1 Thlr. pr. Ctr. „Uns wird allhier der Centner Eisen und Blech zu 110 Pfd. ausgewogen.“ 1743: 1 „ 7 Gr. „ 1801: 1 „ 30 „ „ Wascheisen 1701: 27 Gr., 1743: 32 Gr. 3 Pfg., 1801: 1 „ „ Alteisen 1 Thlr. 4 Gr. 1743: 1 Thlr. 7 Gr. 1746: 1 „ 4 „ „ 1801: 1 „ 12 „ „ Pucheisen pr. Stck. und Ctr.: 1 Thlr. 29 Gr. (früher 1 „ 32 „) Unterlagen pr. Stck. 1701: 4 Thlr. 18½ Gr., 1706: 5 „ 15 „ Gosswerk erster Gattung pr. Ctr. (zu 114 Pfd.) 1 „ 21 „ „ zweiter „ 1 „ 33 „ „ dritter „ 2 „ 33 „ „ besondere Ware 3 „ 15 „ Stabeisen nach d. Harz ins Bergwerk, d. h. in d. Faktoreien zu Zellerfeld und Goslar 1701 pr. Ctr. 2 Thlr. 35 Gr., 1743: 3 Thlr. 12 Gr. 6 Pf. 1746: 3 Thl. bis 3 Thl. 13 Gr. nach Goslar zum Rammelsberg pr. Ctr. 3 Thlr. — Gr. (1731) 3 „ 9 „ (1736) 3 „ 13 „ 9 Pf. 1801 nach d. Oberharz 3 Thlr. 12 Gr. 9 Pf., n. Goslar 3 „ 12 „ 9 „ Der Harz. an Chur- und Fürstl. Hofstadt oder sonst hohe Bedienten 1701 pr. Ctr. 3 Thlr. — Gr. — Pf. einzeln ins Land, so zum Bergwerk nicht düchtig ist „ 3 „ 9 „ — „ nach der Messinghütte „ 3 „ 22 „ 9 „ Modelleisen (grosse Sägeblätter nach dem Harze) 1701 pr. Ctr. 4 Thlr. 21 Gr., 1736: 4 „ 34 „ 9 „ auf d. Messinghütte „ 6 „ 4 „ 1736: 6 „ 17 „ 9 „ Blech n. d. Hartzeburg „ 6 „ — „ 1731: 7 „ 23 „ — „ nach dem Harz „ 6 „ 32 „ 1751: 7 „ 9 „ 9 „ ins Land „ 7 „ 23 „ Formsand pro Karre 15 Gr. Sand „ „ 12 „ Lehm-Leimen zu der Formerei „ „ 2 „ 1756 (von Gittelde angefahren 3 Gr.) „ „ 6 „ Pferdemist pro Laufkarren 6 „ Öl pro Pfund 2 Gr. 6 Pfg., 1721: 3 „ Unselt pro Pfund 4 „ Mehl pro Metze 6 „ Leim pro Pfund 6 „ Nägel „ „ 5 „ Leinwand pro Elle 2 „ Löhne u. s. w. Dem Massenbläser (1706) pro Woche 1 Thlr. 14 Gr., 1801: 2 Thlr. Dem Meisterknecht „ 1 „ 21 „ „ 1 „ 27 Gr. Den beiden Aufgebern „ je 1 „ 18 „ „ 1 „ 18 „ Dem Hüttenvogt „ — „ 20 „ „ — „ 30 „ extra f. gut. Aufs. währ. d. Betr. „ — „ 16 „ „ — „ 16 „ Liebnuss (wie früher) pro Quartal 3 „ — „ „ — „ — „ Formerlohn: Pucheisen u. Unterl. zu form. u. zu giessen pro Stck. 4 „ Herdboden „ „ „ 5 „ Zacken „ „ „ 2 „ Ambosse „ „ „ 6 „ Gusswerk 1. Gattung „ „ (1746) pro Ctr. 2 „ (1756) „ 3 „ Granaten „ „ „ 4 „ Bälge zu schmieren 24 „ Ganseisen abzuwiegen pro Woche 12 „ Der Harz. Wascheisen aus den Hochofenschlacken zu pochen pro Ctr. (1711) 6 Gr. später 9 „ Frischschlacke zu bocken 4 Pfg., auf die Hütte zu fahren 4 Pfg., zusammen pro Ctr. 8 „ Eisenstein zu pochen pro Karren 4 Gr. Der gewöhnliche Tagelohn betrug 6 „ Stabeisen zu schmieden pro Ctr. 8 Gr. Frischstücke „ „ 7 „ Blech „ „ 18 „ Der Blechschmied der Oberhütte erhält, wenn der Blechhammer stillsteht, Wartegeld pro Woche 9 Gr. = 3 Thlr. 9 Gr. pro Quartal. Ferner erhielten zwei Personen je 9 Gr. pro Woche Gnadengeld, von denen der eine durch Alter invalid war, der andere sein Gesicht bei der Hüttenarbeit verloren hatte. „ Dienerbesoldung “ 1701: 99 Thlr. 31 Gr. 6 Pfg., und zwar dem Faktor 44 Thlr. Gehalt und 6 Thlr. Deputat, dem Bergvogt 21 Thlr. 21 Gr., dem Schulmeister in Gittel 13 Wochen zu 20 Gr. = 7 Thlr. 8 Gr. pro Quartal, dem Anläuter im Grunde 19 Gr. 6 Pfg., dem alten Hammerschmied Andreas Kippenberg , weil der Zerrennherd ein- gestellt, bemachtes Gnadengehalt 13 Wochen zu 20 Gr. = 7 Thlr. 8 Gr. pro Quartal. Dem Priester im Grund vor die Bergpredigt 1 Thlr., dem Rektor daselbst vor das Musizieren 18 Gr. Die Dienerbesoldung betrug 1711: 118 Thlr. 34 Gr. 6 Pfg., 1716: 172 Thlr. 22 Gr. 6 Pfg. (einschliesslich 75 Wohnungsentschädigung für den Faktor von 2½ Jahren). Bau- und Reparaturkosten, Werkzeuge u. s. w. (1706) Ein neues Gestell zu brechen 6 Thlr. — Gr. Das alte auszubrechen — „ 18 „ Das neue einzubauen 1 „ 18 „ Dazu 2 Gehülfen 5 Tage zu 6 Gr. 1 „ 24 „ 10 Karren Lehm zu 2 Gr. — „ 20 „ Summa 10 Thlr. 18 Gr. 1743: Vor ein neu Willenser Hohen Ofen-Gestell zu brechen 7 Thlr. 9 Gr. 1721: Ein neues Gestell zu brechen und einzubauen: 14 Thlr. 6 Gr. 1756: 14 Thlr. 18 Gr. 1776: Mit allen Nebenkosten 39 Thlr. 26 Gr. 9 Pfg. Der Harz. Zu einem neuen Timpel ¼ Ctr. Eisen 27 Gr., zu machen 4 Gr., zusammen 31 Gr. 15 Stück Timpelsteine zu brechen 1 Thlr. 8 Gr. 6 Pfg. Bälgeflicken 1 Thlr., dazu 9 Gr. Botenlohn. 1 Frischform für die neue Hütte 11 Pfd. zu 13 Gr. mit 1 Gr. Trink- geld 4 Thlr. 6 Pfg., für die Formen aufzunieten 6 Gr. 1731: 4 Thlr. 16 Gr. 9 Pfg. 1756. 2 Hochofenformen 14 Thlr. 34 Gr. 6 Pfg. 1 neuer Hammer der Oberhütte, 5 Ctr. Eisen à 3 Thlr. 15 Thlr. — Gr. Arbeitslohn 2 „ 28 „ Stahl 1 „ 18 „ Summa 19 Thlr. 10 Gr. 1 neue Hammerwelle (Oberhütte 1721) kostete inkl. Einziehen 45 Thlr. 25 Gr. 10 Pfg. Im einzelnen: Das Hauen im Wald, 13 Arbeitstage zu 8 und 9 Gr.: 3 Thlr. 1 Gr., das Fahren aus dem Wald 11 Thlr., Lochen und Schlitzen 4 Thlr. 16 Gr., das Binden 5 Thlr., die Zapfen, 4 Ctr. 6 Pfd., à 3 Thlr. = 12 Thlr. 5 Gr. 10 Pfg., dazu 15 Gr. Fuhrlohn. Die Welle war mit 33 statt wie sonst mit 28 eisernen Bändern gebunden. 1 Schubkarren 24 Gr. 1 Füllfass 3 Ggr. 1 Eisenmass beschlagen 20 Gr. 1 Löffel, 3½ Pfd. Eisen 4 „ zu machen 1 Schaufel, 13 „ „ 3 „ „ „ 1 Streichbrett, 3½ „ Eisen 4 „ „ „ 1 Feuerstrentze 24 „ Im ganzen 18. Jahrhundert sind Fortschritte im Hüttenbetrieb nicht nachzuweisen, man arbeitete mit denselben Blasebälgen, den- selben Herden und Öfen u. s. w. wie früher. Dies war einerseits bedingt durch den gewohnheitsmässigen Schlendrian, andererseits durch die Schranken, welche der begrenzte Kohlenbezug gewaltsam zog. Die fürstlichen Waldungen konnten nur ein gewisses Kohlenquantum für den Hüttenbetrieb liefern, damit musste dieser auskommen, weil die Kaufkohlen von entfernten Waldungen zu teuer wurden. Beck , Geschichte des Eisens. 56 Der Harz. Zur besseren Übersicht geben wir noch folgende Vergleichende Zusammenstellung der Herstellungs- kosten einer Tonne (1000 kg) Eisen in den verschiedenen Perioden von 1573 bis 1801 . I. Masseleisen . II. Frischeisen . III. Zerrenneisen . IV. Frischeisen (im Durchschnitt auf Eisenstein berechnet zum Vergleich). Der Harz. Die Hütte zu Lerbach wurde 1789 (nach Stünkel , 1784 nach Wedding ) durch Berghauptmann von Reden angelegt, zur Ver- schmelzung der dortigen Eisensteine, welche vordem auf die sechs Meilen entfernte Sollinger Hütte bei Uslar gefahren worden waren. Die Erze waren teils kalk-, teils kieselhaltige Roteisensteine, von durchschnittlich 24 Proz. Eisengehalt. Da sie Schwefelkies enthielten, mussten sie geröstet werden. Das Schmelzen ging ohne Zuschlag von Flussmitteln gut von statten und schmolz man um 160 Ctr. graues Roheisen die Woche. War das Roheisen grell, so war es zum Verfrischen unbrauchbar, halbiertes Roheisen gab schlechtes rotbrüchiges Stabeisen, dagegen lieferte dunkelgraues Roheisen ein gutes, brauchbares Stabeisen; am besten eignete es sich für Guss- waren und wurde mehr als die Hälfte davon vergossen. Die Ler- bacher Gusswaren wurden an die Faktorei nach Bodenfeld geliefert und von da meist Weser abwärts verkauft. Seit 1794 hatte man mit gutem Erfolg ein Kastengebläse bei dem Hochofen eingeführt. Dasselbe bestand aus zwei grossen hölzernen parallelepipedischen Kasten. Der Hochofen war 28 Fuss hoch, 3⅙ Fuss an der Gicht 7 Fuss im Kohlensack weit. Bei der Lerbacher Hütte befand sich eine der Klausthaler Berg- baukasse gehörige Blankschmiede, in welcher Beile, Sägen u. s. w. verfertigt wurden. Die Kohlen kamen aus den königlichen Tannen- waldungen. Der Hochofen zu Altenau wurde erst im Jahre 1794 angelegt, sowohl zur Ausnutzung des durch den Borkenkäfer heimgesuchten Holzes, als der in der Nähe befindlichen Erze. Alles erblasene Roheisen wurde für die Oberharzer Silberhütten granuliert. Zu diesem Zweck liess man es durch Siebbleche in Wasser laufen. Der Bedarf dieser Hütten an Eisengranalien belief sich auf etwa 30000 Ctr. das Jahr und waren dieselben vordem hauptsächlich zu Rothehütte und Elend hergestellt worden. Der Altenauer Hochofen lieferte durchschnittlich 220 Ctr. die Woche. Da es auf die Qualität des Roheisens nicht ankam, so produzierte man weisses und halbiertes Eisen bei etwas übersetztem Gang. Die Erze waren hart und mussten deshalb gepocht werden. Die Sandsteine für Kernschacht und Gestell kamen, wie für die meisten Harzer Hütten, aus dem Blankenburgischen. Da diese Gestelle aber teuer waren, so machte man sie später aus zerstossenem, mit Thonwasser angefeuchtetem Quarz, aus dem sie gestampft wurden Die nähere Beschreibung davon s. Stünkel , a. a. O., S. 125. . — Das heisse, eisenhaltige Wasser, welches beim Granu- 56* Der Harz. lieren erzeugt wurde, diente zu Bädern für Kranke und waren diese Eisenhütten zugleich förmliche Badeanstalten. Der Hochofen war 30 Fuss hoch, in der Gicht 3½, im Kohlen- sack 7 Fuss weit. Das Gestell war 4½ Fuss hoch, die Rast sehr flach, 9 bis 11 Zoll hoch, stieg mit einem Winkel von 16½ bis 20 Grad. Unten war das Gestell 15, oben 24 Zoll weit. Die Form lag 13½ bis 14 Zoll über dem Boden und war 2¾ auf 1¾ Zoll weit. Das Hochofengebläse bestand aus drei kubischen Kasten, deren jeder 4 Fuss 2 Zoll weit war. Die Kolben hatten 4 Fuss 2 Zoll Hub. Der Wind der drei Kasten blies in einen Sammelbehälter, aus dem er durch eine Düse in den Hochofen strömte. Die Bewegung der Kolben geschah durch 12 Fuss lange Wagebalken. Das oberschlächtige Blas- rad war 13 Fuss hoch. Die Königshütte bei Lauterberg am südwestlichen Fuss des Harzes war neben der Rothenhütte die grösste der Harzer Eisen- hütten. Sie wurde 1733 an Stelle des Königshofs angelegt, 1765 wurde daselbst ein Blauofen erbaut und 1773 wurde sie mit Granu- liervorrichtung versehen. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts umfasste die Königshütte 2 Hochöfen, 5 Frischfeuer, 2 Zain- und Platinen- hämmer, 1 Blechhammer, 1 Drahtwerk mit 7 Zügen, 1 Roh- und 1 Raffinierstahlhammer, 1 Zerrennfeuer zur Gewinnung des Eisens aus den Frischschlacken, und 1 grosse Giesserei. 1736 hatte man auch einen Rohrhammer angelegt. Die Erze kamen von Andreasberg, Elbingerode und vom Knollen. — Die Königshütte sollte die Städte Duderstadt, Nordhausen und Heiligenstadt, welche vorher ihr Eisen von der St. Johannishütte im Stift Walkenried bezogen hatten, mit Eisen versorgen. Das Werk wurde durch 23 Wasserräder nicht unter 10 Fuss Durchmesser von der Oder betrieben. Von den beiden Hoch- öfen war gewöhnlich nur einer im Betrieb, namentlich seit der Er- bauung der Steinernen Hütte 1788/89. Er war 24 Fuss hoch, 3 Fuss an der Gicht, 7 Fuss im Kohlensack weit; der eine der Öfen hatte vier- eckigen, der andere runden Schacht. Es wurde zu der Beschickung etwas Kalk zugeschlagen der Andreasberger Erze wegen, die sehr kieselhaltig waren. Geröstet wurde der Elbingeroder Eisenstein, namentlich der vom Knollen, und der Andreasberger nicht. Die Beschickung hatte 24 bis 27 Proz. Eisengehalt; das wöchentliche Ausbringen betrug 180 bis 220 Ctr. Roheisen, wozu 70 bis 90 Karren Holzkohlen, wovon ⅓ Buchen-, ⅔ Fichtenkohlen, verbraucht wurden. In 24 Stunden wurde 24- bis 30 mal aufgegeben. Gute Hochofenschlacke war himmelblau und vollkommen glas- Der Harz. artig. Man liess den Ofen gar gehen, weil immer Gusswaren gemacht wurden. Von 9000 bis 12000 Ctr. Roheisen, welche der Hochofen lieferte, wurden 4000 bis 5000 Ctr. vergossen Ein Verzeichnis der Gusswaren der Königshütte giebt Stünkel , a. a. O., S. 168. , 5000 bis 7000 Ctr. zu Stab- eisen verfrischt. Eigentümlich war das Zugutemachen der Frischschlacken in einem Zerrennfeuer auf der Königshütte . Der Herd war wie bei einem Frischfeuer. Man füllte den 10 Zoll tiefen Herd gehäuft mit Kohlen (geringer Quandelkohle) und streute Frischschlacken auf. Sobald die Masse etwas niedergegangen war, gab man wieder Kohlen und Frischschlacken, und fuhr so fort, bis sich 1 bis 1½ Ctr. Eisen im Herd gesammelt hatten. Die erhaltene sehr ungleichartige Luppe wurde in 3 bis 4 Stücke zerschroten und diese dann gewöhnlich dem Roheisen im gewöhnlichen Frischherd zugesetzt und mit diesem ver- frischt. Während der Arbeit wurde langsam geblasen und von Zeit zu Zeit Schlacke abgelassen. In diesem Zerrennfeuer wurden jährlich 6000 Ctr. Zerrennluppen erhalten. Von den fünf Frischfeuern gingen vier auf Stabeisen, das fünfte auf Seil- und Platineneisen. Sie liefer- ten im Jahre 13520 Ctr. Schmiedeeisen und waren dazu 18600 Ctr. Roheisen erforderlich, es mussten also noch 12600 Ctr. Eisen an- gekauft werden. Das meiste davon, etwa 10000 Ctr., kam von der Steinernen Hütte, welche ihre ganze Produktion an die Königs- hütte abgab. Man hatte hier die alte Einrichtung, wonach jedem Hammerschmied sein vorgeschriebenes Quantum Eisen und Kohle zugewogen wurde und die Ersparnisse daran ihm zu Nutz kamen, nicht beibehalten, sondern die Hammerschmiede erhielten 7 Marien- groschen Arbeitslohn für den Centner und Kohlen und Eisen nach Bedarf. Man hoffte dadurch bessere Qualität zu erzielen. Für die 11644 Ctr. Stabeisen wurden 3493 Karren und für die 1872 Ctr. Seileisen 900 Karren Kohlen verbrannt. Von dem Stabeisen wurden 3300 zu Kraus-, Seil-, Band- und Gittereisen, zu Platinen- und Modelleisen für die Gewehrfabrik in Herzberg, welche eine Meile von der Königshütte entfernt lag, verarbeitet. Von den 1800 Ctr. Krauseisen wurden 430 zu Draht gezogen, das übrige verkauft. — Das Seileisen, welches in einem besonderen Feuer aus gutem Stein- renner Roheisen mit besonderer Sorgfalt gefrischt wurde, bestand aus ½ bis ¾ Zoll starken, an den Kanten abgerundeten Stäben von 10 Fuss Länge. 400 Ctr. Drahtseileisen wurden jährlich den Metall- Der Harz. gewerkschaften überlassen, 400 Ctr. zu Gewehrläufen, Ladestock- und anderem Modelleisen in der Gewehrfabrik verbraucht. Von Bandeisen zum Beschlagen der Bergtonnen wurden jährlich 350 Ctr. verlangt. Das Drahtwerk hatte 5 Zangen und 2 Rollen (Leyre). Der starke Grubenseildraht war 3 bis 5 Linien dick. Vormals zog man 27, gegen Ende der Periode 35 Drahtsorten. Für das Rohstahlfeuer bezog man das Roheisen von Gittelde. Das Frischverfahren war wie in der Mark. Das Rohstahlfeuer war mit drei, das Raffinierfeuer mit zwei Mann belegt. In ersterem wurden wöchent- lich im Durchschnitt 15 Ctr. Stahl verfertigt, der teils raffiniert, teils als Rohstahl verkauft wurde. Der Boden des Rohstahlfeuers bestand aus einem 2½ Zoll dicken, 24 Zoll breiten, 30 Zoll langen Sandstein, deren jährlich 30 bis 50 erforderlich waren. Das gesamte Personal der Königshütte belief sich auf 71 Mann; es waren etwa 60 Pferde beschäftigt, welche Privatfuhrleuten gehörten. Die Steinrenner Hütte an der Sieber, ¼ Stunde von Andreas- berg, bezog ihre Erze aus den nahegelegenen Gruben Königs- und Eisensteinsberg. 1741 war hier die rheinische Schmelzarbeit ein- geführt, 1765 ein Blauofen angelegt, 1773 Granuliereisen erzeugt worden, 1788 wurde sie von dem Berghauptmann von Reden ganz neu auf- gebaut. Sie bestand nur aus einem Hochofen, welcher der Fracht- ersparnis wegen mitten in dem Erz- und Kohlengebiet errichtet worden war. Während die Erze nahe lagen, machte aber die Beschaffung des Kalks, der als Zuschlag nicht zu entbehren war, Schwierigkeiten. Man wendete abwechselnd Flussspat, Braunspat und Kalkspat aus den Erzgängen und kalkhaltige Erze aus dem Lerbacher Revier an; auch setzte man Frischschlacken von der Königshütte mit durch. Die zugesetzten Elbingeroder und Lerbacher Eisenerze wurden geröstet und gepocht. Der Hochofen war 30 Fuss hoch mit viereckigem Schacht. Das Gebläse bestand aus drei starken Bälgen und einem Wasserregulator, der aus zwei ineinandergehenden Fässern bestand. Die Hochofenform war von Kupfer mit 2¾ auf 1⅞ Zoll Mündung. Man verwendete hauptsächlich Fichtenkohlen und erblies ein sehr gares graues Roheisen, welches für feinere Gusswaren zu dickflüssig war. Es wurde deshalb auf der Königshütte verfrischt. Die Formen versetzten sich leicht mit zähflüssiger Schlacke und mussten des- halb häufig gereinigt werden, was die Arbeit am Ofen beschwer- lich machte. Man produzierte 200 bis 230 Ctr. die Woche. Ein Blasewerk (Campagne) dauerte nicht länger als 2 bis 3 Jahre; doch geschah das Ausblasen aus ökonomischen Gründen und würde der Der Harz. Ofen noch längeren Betrieb ausgehalten haben. Auf der Steinrenner Hütte wurden die sämtlichen Erze des Andreasberger Reviers in einem besonderen Windofen probiert Siehe Stünkel , a. a. O., S. 213. . Die Steinrenner Hütte wurde von der Königshütte aus administriert. Die Rothehütte an der Bode am Fusse des Brockens, ½ Meile von Elbingerode, arbeitete ursprünglich mit der nahe gelegenen Eisen- hütte zu Lüdershof zusammen. 1786 waren zu Rothehütte 1 und zu Lüdershof 2 Hochöfen. Ende des Jahrhunderts wurde aber der ganze Betrieb nach Rothehütte verlegt und im Jahre 1800 waren hier 3 Hochöfen, 4 Frischfeuer, 1 Zainhammer, Bohrwerk, Blank- schmiede und Giesserei. Es war das Hauptwerk zur Verarbeitung der Elbingeroder Erze, Roteisensteine von kieseliger, kalkiger oder thoniger Beimengung. Die kieseligen Erze herrschten vor, dann kamen der Menge nach die kalkigen, zuletzt die thonigen Erze. Man gattierte die verschiedenen Sorten im Möller. Ein beliebtes Zuschlag- erz war der am Bastkopfe brechende Koriem (Kuhriem), ein gelblicher, thoniger Kalkschiefer mit 5 bis 6 Proz. Eisengehalt, der zwar arm war, aber die Schmelzung und die Qualität beförderte. Seine Zusammensetzung war: 5½ Tle. Eisen, 2½ „ Kieselsäure, 87½ „ kohlensaurer Kalk, 4½ „ Thonerde, 100. Die Elbingeroder Eisensteinlager waren ausgedehnt und mächtig. Sie versahen die 5 Hochöfen zu Rothehütte und Elend und lieferten noch 2000 Fuder jährlich an die Königs- und Steinrenner Hütte. Die gesamte Förderung betrug an 18000 Fuder im Jahre. Vor 1791 wurden die drei Hochöfen, die damals kleiner waren, meist zusammen betrieben, seitdem sie mit stärkeren Gebläsen versehen worden waren, gingen immer nur zwei Öfen gleichzeitig. Zwei der Hochöfen waren 30, der dritte 28 Fuss hoch, sie hatten sämtlich viereckige Schächte, oben 4, unten 6½ Fuss weit. Die Erze wurden in Haufen geröstet. Die richtige Gattierung der verschiedenen Erzsorten war von grosser Wichtigkeit. Man machte hier Blaswerke von 7 und 8½ Jahren, eins z. B. von 1791 bis 1800 Über die Ursachen der langen Ofencampagnen s. Stünkel , a. a. O. S. 256 etc. . Das erblasene Roheisen war dunkelgrau, glänzend, grobkörnig. — Auf Rothehütte war eine voll- ständige Anstalt zum Abdrehen grosser gegossener Walzen und zum Der Harz. Schleifen und Polieren cylinderförmiger Stubenöfen (sogenannter Kanonenöfen). Das Dach der Giesshalle war ganz von Gusseisen konstruiert. Hier wurde auch die sämtliche für die hannöversche Artillerie erforderliche Munition gegossen. Das übliche Frisch- verfahren war auch hier das Klumpfrischen. Man machte 50 bis 60 Ctr. Stabeisen wöchentlich in einem Herd. Zu jeder Luppe wurden 2¼ Ctr. Roheisen eingeschmolzen. Von dem auf Rothehütte produ- zierten Eisen wurden etwa 4000 Ctr. als Gusswaren verkauft und 13500 Ctr. verfrischt. Hieraus wurden 9800 Ctr. als Stabeisen erhalten, von welchem etwa 7000 Ctr. als solches verkauft wurden. Das übrige wurde zu Zaineisen verschmiedet. Ausserdem erhielt man von den Schlackenpochwerken etwa 900 Ctr. Wascheisen. 1780 hatte man auch ein Granulierwerk angelegt, weches bis 1793 benutzt wurde. Es wurden in den drei Hochöfen etwa 9300 Fuder Erz und auf der Rothenhütte im ganzen über 19000 Karren Holzkohlen verbraucht. Ausserdem wurden zur Röstung der Erze noch 1200 Malter Holz verbrannt. Die Arbeiterzahl belief sich auf 81 Mann, welche in Elbingerode wohnten. Die Mandelhölzer Hütte , ebenfalls an der Bode, war nur eine Frischhütte. Früher hatte allerdings ein Blau- oder Hochofen daselbst bestanden, derselbe war aber schon vor 1736 abgebrochen worden. 1767 und 1796 war das Werk umgebaut worden und enthielt am Ende des Jahrhunderts zwei Frischfeuer und einen Schwarzblechhammer. Man hatte dazu 12 füssige Wasserräder erbaut, entgegen dem überlieferten Vorurteil, dass Hammerräder nur 8, höchstens 10 Fuss hoch sein dürften. Es wurden hier etwa 7500 Ctr. Roheisen von der Rothen- hütte verfrischt, von den 5450 Ctr. daraus erhaltenem Stabeisen wurden 2000 Ctr. unter dem Blechhammer zu Schwarzblech ver- arbeitet, das übrige an das Eisenmagazin zu Rothehütte geliefert. Das Roheisen für die Blechflammen wurde von auserwählten Eisen- steinsorten mit besonderem Fleiss und sehr gar auf der Rothenhütte erblasen. Auch bei dem Frischen wurde besondere Sorgfalt auf die Herstellung des Blecheisens verwendet Vergl. Stünkel , a. a. O., S. 281. . Der Blechhammer wurde früher nach der in Suhl gebräuchlichen Weise betrieben. Je zwei und zwei Arbeiter lösten sich alle 12 Stunden ab. Das Wärmen des Eisens und der Bleche geschah in einem mit zwei Blasebälgen versehenen Herd mit Holzkohlenfeuer. Wöchentlich wurden 20 bis 24 Ctr. grösstenteils dünne Bleche verfertigt. Der Harz. Die Elender Hütte, eine Stunde über der Rothen- und ½ Stunde über der Mandelholzer Hütte an der Bode, war 1778 bis 1782 erbaut worden. 1783 wurde daselbst ein Hochofen (22 Fuss hoch) errichtet 1789 erbaute man einen zweiten, hauptsächlich für Granuliereisen. Einige Jahre später, nachdem auch zu Altenau ein Hochofen erbaut worden war, liess man den älteren Hochofen eingehen. Mit dem neueren Hochofen, welcher zweckmässiger gebaut war, wurde ab- wechselnd Frischereiroheisen und Granuliereisen gemacht. Auch goss man ausser den gewöhnlichen groben Gusswaren Ambosse für die preussischen Blechhütten und für Suhl, wozu das Eisen seiner Härte wegen besonders geeignet war. Die Erze kamen von Elbingerode, der Betrieb war wie auf Rothehütte. Der zu Elend zuletzt angelegte und später allein betriebene Hochofen erhielt 1794 ein zweites Gebläse und wurde mit zwei gegenüberliegenden Formen eingerichtet. Das neue Gebläse war ein Kastengebläse, 4½ Fuss weit und mit 48 Zoll Hub; die beiden Blasekasten bliesen in einen Sammelkasten, aus dem der Wind durch eine Deupe in den Ofen trat. Das andere Gebläse wurde durch einen dritten Holzbalg verstärkt Siehe Lampadius , Handbuch der allgemeinen Hüttenkunde, II. Theil, Bd. IV, S. 156. 1810. . Mit der Verdoppelung des Gebläses wurde der Hochofen von 24 auf 30 Fuss erhöht. Seitdem gab der Ofen bis zu 300 Ctr. Roheisen die Woche. Es wurde an Stab- eisen jährlich gefrischt zu Rothehütte 9800 Ctr. „ Mandelholz 5450 „ „ Elend 2550 „ Summa 17800 Ctr. Die herzoglich braunschweig-lüneburgischen Eisenhütten im früheren Fürstentum Blankenburg waren ebenfalls auf die Ver- schmelzung der Elbingeroder und Hüttenroder Eisensteine begründet. Die vier Eisenwerke Tanne, Rübeland, Neuwerk und Altenbrak lagen sämtlich an der Bode und zwar Tanne nahe bei Rothehütte in einem Seitenthal, unterhalb Rothehütte erst Rübeland, dann Neu- werk und zuletzt Altenbrak. Tanne hatte 1 Hochofen, 2 Frischfeuer und 1 Zainhammer; Rübeland 1 Hochofen, 2 Frischfeuer und 1 Zain- hammer; Neuwerk hatte einen Hochofen und seit 1792 einen Blauofen, der aber nicht lange betrieben wurde, und 2 Frisch- feuer; Altenbrak und Ludwigshütte 1 Hochofen und 2 Frischfeuer. Altenbrak war 1648 wieder aufgebaut worden, 1721 war es ab- gebrannt, 1728 hatte Herzog Ludwig Rudolf dort die Ludwigshütte Der Harz. mit schwäbischen Bauleuten angelegt; diese hatten ein sehr kunst- volles Wehr errichtet, welches aber 1740 gänzlich zerstört wurde. 1733 wurde bei der Ludwigshütte eine Gewehrfabrik eingerichtet. Herzog Ludwig Rudolf von Braunschweig-Lüneburg nahm grosses Interesse an der Eisenindustrie. Er war der hochherzige Freund und Gönner Swedenborgs , der diesem die sämtlichen Kosten seiner zum Studium des Hüttenwesens Europas in den Jahren 1721 und 1722 unternommenen 15 monatlichen Reise bezahlte. Um dieselbe Zeit, 1722, korrespondierte er mit dem württembergischen Oberfaktor Hepplin zu Königsbronn wegen Verbesserung seiner Harzer Eisen- werke Siehe Acta der Untersuchungen deren in dem Fürstentum Blankenburg befindlichen Eisenhüttenwerken zu Braunlage, Rübeland, Altenbrack und Neuen- werk betr. etc. 1724 und 1725. Stahl und Eisen 1891, S. 222. und beschloss, einen Eisenhochofen nach württembergischer Art zu errichten. Er bat den Herzog Eberhardt Ludwig von Württem- berg deshalb um seine Unterstützung, dass Hepplins Schwiegersohn, der Oberfaktor Böcklen zu Prenzthal, nach Blankenburg geschickt werde, um das Unternehmen auszuführen und zugleich eine Revision der blankenburgischen Hütten, auf denen ein grosser Schlendrian ein- gerissen war, vorzunehmen. Dies geschah, und auf den erstatteten Bericht hin entwarf der Geheimrat v. Münchhausen einen strengen Pachtvertrag, zu dessen Begründung er schreibt: Sie (die Pächter) wissen nichts von Misswachs, von Honigtau, von Hagel, von Hitze oder Dürre, von Würmern, Schnecken, Mäusen, noch von anderem Unglück, welches dem Landmann widerfährt. Ihre Ware ist keinem Verderb unterworffen und so angenehm, dass sie mehrenteils ent- boten wird und sie noch gute Worte dazu bekommen; gebrauchten sie nicht nur noch eine Art von Praecaution, so dass sie nur ein wenig Acht zu geben haben, wem sie creditiren, so hätten sie den ersten Grad der Glückseligkeit des Lebens, welches in einigen Büchern von Utopia beschrieben wird. Denn wenn sie einen guten Hütten- schreiber und Maschenbläser haben, so können sie ihre Zeit mit ziemlicher Kommodität passieren. Solchen glückseligen Leuten aber wird man einen allzu geringen Gewinst wohl nicht dürfen anmuten. … Die Erze waren Roteisensteine, die meist bis Hüttenrode und am Stahlberg gewonnen wurden. Die übliche Beschickung hielt 35 bis 40 Proz. Eisen. Als Zuschlag verwendete man marmorartigen Kalk- stein, hauptsächlich aber „Koriem“, der bei Hüttenrode und an anderen Plätzen gewonnen wurde. Er kam gelb, braun und dunkelgrau vor; der gelblich-weisse war am beliebtesten. Viel Zu- Der Harz. schlag war bei richtiger Gattierung der Erze überhaupt nicht nötig. Das Erz wurde fast stets in Stadeln oder Haufen geröstet; auch der Koriem wurde hier geröstet und zwar stärker als der Eisenstein. Die Röststätten waren rund, 12 bis 20 Fuss weit, von einer 7 Fuss hohen Mauer eingeschlossen mit einem Eingang an einer Seite. Das Erz wurde lagenweise mit Holzkohlen geschichtet. — Die Hochöfen waren 24 bis 28 Fuss hoch, inwendig rund und nach schwäbischer Art zugestellt Vergl. v. Hofmann , a. a. O., S. 61. . Zu Tanne und Rübeland wurden Gusswaren, nament- lich Stubenöfen, hergestellt, in Neuwerk und Altenbrak Frischerei- roheisen. Das Frischeisen war sehr schweiss- und dehnbar, aber oft kaltbrüchig; das Roheisen frischte leicht. Ein Feuer lieferte 45 bis 62 Ctr. Stabeisen; auf jeden Centner wurden 3 Mass Kohlen gebraucht. Für Minderverbrauch erhielten die Hammerschmiede für je 9 Mass oder einen Karren 12 Groschen Vergütung. Tanne verkaufte sein Eisen aus der Hand, die übrigen drei Werke lieferten ihre Produktion in die Faktorei nach Blankenburg. Der Blauofen, den man 1792 bei Neuwerk erbaut hatte, war 18 Fuss hoch. Er sollte besseres Eisen als die Hochöfen liefern, was aber nicht erreicht wurde. Es zeigt sich, dass der Harzer Eisenstein für diesen Betrieb zu strengflüssig war. 1724 wurden folgende Preise auf den blankenburgischen Hütten gezahlt: Gusswerk im Land pro Centner (zu 112 Pfd.) 2 Thlr., ausser Land 2⅙ Thlr., Gusswerk in Lehm 4 Thlr. 16 Ggr., Stabeisen 3 Thlr., Kraus- eisen 3 Thlr., Alteisen 16 Ggr. Von den Walkenrieder Eisenwerken hatte gegen Ende des 18. Jahrhunderts Wieda 1 Hochofen, 2 Frisch- und 1 Zainfeuer. Zorge 2 Hochöfen, 4 Frisch-, 1 Zain-, 1 Blechhammer und 1 Draht- zieherei. Ilefeld 1 Frisch- und 1 Zainhammer. Wieda, welches 1790 erbaut war, erhielt wie auch Zorge seinen Eisenstein aus dem Kahlen- thal. Es war ein roter Glaskopf. Der Kalkspat, der als Zuschlag diente, kam in Gängen in der Nähe vor. Die Hochöfen von Wieda und Zorge waren nach schwäbischer Art zugestellt Tölle und Gärtner , Eisenhüttenmagazin S. 117 und 186. . Bei gutem Ofengang floss die zähe, glasige Schlacke von selbst über den niedri- geren Wallstein ab. Die Hochöfen waren 27 bis 29 Fuss hoch. Die Beschickung hatte durchschnittlich nur 23 bis 25 Proz. Eisen, die Wochenproduktion betrug etwa 200 Ctr. Die sieben Frischfeuer der Walkenrieder Hütten lieferten nur 10500 Ctr. im Jahre, weil öfter Der Harz. Wassermangel eintrat. Das Eisen war zähe und weich genug, um gutes Blech daraus zu machen, aber es wurde oft kantenrissig, infolgedessen der Blechhammer etwa ⅓ Abschnitzel machte. Diese wurden in einem Frischfeuer, das nur für den Blechhammer arbeitete, dem Roh- eisen zugesetzt. — Für Draht wurde auch auf besondere Qualität gearbeitet und war das Drahtwerk ähnlich dem der Königshütte. Es wurden 28 Sorten gezogen. Das fabrizierte Eisen wurde teils aus der Hand verkauft, teils an die Faktorei zu Braunschweig abgeliefert. Die St. Johannishütte bei Ilefeld war eigentlich kurbraun- schweigisch, seit alter Zeit war aber eine Familie Balke damit beliehen und für diese betrieb sie die herzogliche Landesherrschaft. Der Hochofen, welcher 1728 erbaut war, stand seit 1778 still und bezog die Frisch- hütte ihr Roheisen von Wieda und Zorge. Die preussischen Hütten am Harz waren Sorge und Thale . Die Eisenhütte zu Sorge lag ebenfalls an der Bode im Amt Benneken- stein und bestand aus 1 Hochofen, 1 Frisch-, 1 Schwarz- und 1 Weiss- blechhammer. Sie wurde 1771 bis 1781 vom preussischen Fiskus administriert und 1782 angekauft. Der rote Eisenstein kam vom Büchenberge und aus dem Elbingeroder und Hüttenroder Gruben- revier. Als Fluss diente Marmorkalk von Elbingerode. Wegen Erz- und Kohlenmangel konnte der Hochofen nicht das ganze Jahr gehen. Infolgedessen mussten die Frischhütten einen Teil ihres Roheisens aus Schlesien beziehen. Die Erze waren reich und lieferte der Hoch- ofen bei gutem Gang 300 Ctr. Roheisen die Woche. Das Eisen war grau und das daraus gefrischte Stabeisen sehr gut. Das meiste wurde zu Blech verarbeitet. Doch mussten auch die Blechhämmer einen Teil ihres Bedarfs aus Schlesien decken. Das verfertigte Schwarz- und Weissblech ging an die königlichen Magazine zu Berlin und Magdeburg. Thale am Ostrande des Harzes an der Bode hatte einen Schwarz- und einen Weissblechhammer, ein Frischfeuer und eine Verzinnungs- anstalt. In dem Frischfeuer wurden die Blechabschnitzel für sich eingeschmolzen und zu einer Luppe gefrischt oder geschweisst, welche ein besonders gutes Eisen gab. Dagegen war der Abbrand bedeutend. Auf diese Weise konnte aber nur ein kleiner Teil des Eisenbedarfs der Blechhütten gedeckt werden; das Fehlende erhielt man aus Schlesien, von Malapene, Creutzburg u. s. w. Das Eisen kam bis Magdeburg zu Wasser, nämlich durch die Oder, Spree und Elbe. Über die Blechfabrikation und die Verzinnung ist nichts Besonderes zu bemerken. Das Blech ging ebenfalls nach Berlin und Magdeburg. Der Harz. Die fürstlich anhalt-bernburgische Eisenhütte Mägde- sprung an der Selke bestand aus 1 Hoch- und 1 Blauofen, 4 Frisch- feuern, 2 Stahlfeuern, 1 Schwarzblechhammer, 1 Drahtzieherei, 1 Blank- schmiede und 1 Eisenschneidmühle, die aber 1785 schon stillstand. Die Erze kamen teils aus der Nähe, teils aus dem Gemeindewald bei Rotleberode. Letztere wurden für Giessereieisen benutzt, während man die Flinze (Eisenspate) von Neudorf auf Frischereiroheisen ver- blies. Zuschläge bedurfte man nicht. Die Erze wurden in Haufen geröstet. In dem 24 Fuss hohen Hochofen erzeugte man aus den Rotleberoder Erzen graues Roheisen, welches etwas heller war als das der zuvor beschriebenen Harzer Hütten, sich aber gut ver- giessen liess. In dem Blauofen verschmolz man die Stahlerze. Derselbe war 19 Fuss hoch, rund, ausgenommen unten im Herd, der von der Wind- zur Formseite 2 Fuss, in der Länge 2½ Fuss war. Er hatte keine Rast, sondern, wie alle Blauöfen, die Gestalt von zwei mit der Basis aufeinander gestellten abgestumpften Kegeln. Der Kohlensack lag 7½ Fuss über dem Bodenstein, die Gicht war 2 Fuss weit, hatte aber noch einen 3 Fuss hohen, trichterförmigen Aufsatz. Die Holzbälge waren 11 Fuss lang. — Die spatigen Erze waren meistens braun und verwittert. Man gab sehr kleine Gichten auf und schmolz 150 bis 180 Ctr. weissstrahliges Roheisen die Woche. Das Frischen geschah nach dem am Harze üblichen Verfahren. Man schmolz 2¼ Ctr. Roheisen ein und erhielt 1¾ Ctr. Stabeisen. Dabei nahm man ⅔ Roheisen vom Hochofen und ⅓ vom Blauofen. Das Stab- eisen war von ausgezeichneter Festigkeit. Jedes Frischfeuer lieferte 40 bis 45 Ctr. die Woche. Da das Roheisen nicht leicht frischte, musste es öfter aufgebrochen werden. Der Hammerschmied erhielt 6 Groschen Schmiedelohn für den Centner. Die Stahlherde waren wie in Schmalkalden. Ein Stahlfeuer lieferte 16 bis 18 Ctr. Stahl in der Woche. Man brauchte dafür wöchentlich 2 Bodensteine. So- wohl die Steine für das Stahlfeuer als auch für den Hochofen wurden in der Nähe gebrochen. Form- und Gichtseite waren mit eisernen Zacken eingefasst; auch auf der Schlackenseite befand sich eine eiserne Platte mit einem 6 Zoll weiten Schlackenloch. Der Mägdesprunger Stahl wurde nicht raffiniert, sondern aus dem Feuer zu Stäben aus- geschmiedet; er war oft etwas weich. — Das Drahtwerk hatte 6 Zangen und 2 Leiern. Das Eisen eignete sich sehr zur Drahtfabrikation und wurde der Draht bis zu Nr. 36 ausgezogen. Das Glühen des Drahtes geschah in einem besonderen, runden, gewölbten Glühofen, der mit Der Harz. Holz gefeuert wurde. Das Hüttenwerk zu Mägdesprung hatte immer an Holzkohlenmangel zu leiden. Die gräflich stollberg-wernigerodischen Eisenhütten befanden sich zu Schierke und Ilsenburg . Schierke war die oberste Hütte an der Bode, unmittelbar am Fusse des Brockens. Sie hatte 1 Hochofen, 1 Frisch- und 1 Zain- hammer. Die Erze kamen vom Büchenberg und Hartenberg. Der Schierker Hochofen war 24 Fuss hoch und gab wöchentlich 180 bis 200 Ctr. graues Roheisen, das teils auf der Hütte selbst, teils zu Ilsenburg verfrischt wurde. Die Bode trieb Ende des vorigen Jahr- hunderts von Schierke bis Thale 63 Wasserräder für eisengewerbliche Zwecke. Bei Ilsenburg befand sich 1 Hochofen (ein zweiter lag kalt), 2 Frischfeuer, 1 Zainhammer und 1 Drahtzieherei. Die Erze kamen ebenfalls vom Büchen- und Hartenberg. Die Drahtzieherei war sehr bedeutend und hatte 30 Zangen und 6 Leiern. Es wurden 28 Sorten Draht gemacht, darunter die feinsten Sorten. Für das Drahteisen wurde der Hochofen besonders auf ein weiches, zähes Eisen beschickt. Dieses Roheisen wurde in einem besonderen Herd mit grosser Sorg- falt gefrischt, alsdann unter dem Zainhammer zu Krauseisen ver- arbeitet und von da in die Drahtzieherei geliefert. Das Glühen des Drahtes geschah hier in einem Flammofen. Der Hochofen lieferte 180 bis 200 Ctr. Roheisen, einschliesslich der Gusswaren, die beiden Frischfeuer 45 bis 55 Ctr. Stabeisen die Woche. — Bei dem Schlackenpoch- werk waren auch die Säulen, Holmen, Laden u. s. w. aus Eisen gegossen. Im Laufe des 18. Jahrhunderts waren folgende ältere Harzer Eisenwerke eingegangen: Die Hütten bei Trautenstein und Kahlen- berg, die nach dem 30jährigen Kriege wieder aufgebaut worden waren, 1714, Hütte von Osterode 1731, Stiefensbeck 1714 bis 1716, Oderfeld 1742, Sieber 1745, Lonau teils 1752, teils 1766, Lüdershoff, die erst 1772 neu erbaut war, gegen Ende des Jahrhunderts, das Frisch- feuer zu Glusshütte (die alte Clusingshütte) bei Gittelde 1780, Braun- lage, wo 1725 der Hochofen, 1767 die Schmiede (Blechhammer) ein- ging. Die Hammerhütte von Lonau, wo noch 1731 eine Geschützrohr- fabrik angelegt worden war, wurde 1766 an eine Stahlsocietät abgegeben. Die 1691 erbaute Hütte zu Sieber wurde 1756 bis 1766 ganz ver- äussert und abgetragen, nachdem sie seit 1740 den Gewerken ab- genommen und fiskalisch administriert worden war Siehe Wedding , a. a. O., S. 28. . Der Harz. Wedding schätzt die Produktion der Harzer Eisenhütten in den verschiedenen Jahrhunderten folgendermassen: Im Jahre 1500 produzierten 32 Eisenhütten mit 4 Rennfeuern 800 Tonnen Schmiedeeisen, im Jahre 1600 produzierten 33 Eisenhütten mit 6 Hochöfen und circa 40 Renn- und Frischfeuern 1500 Tonnen Schmiedeeisen und 150 Tonnen Gusswerk, im Jahre 1700 produzierten 18 Eisenhütten mit 14 Hochöfen und 23 Frischfeuern 3000 Tonnen Schmiedeeisen und 780 Tonnen Gusswerk, im Jahre 1800 produzierten 20 Eisenhütten mit 22 Hochöfen und 35 Frischfeuern 4300 Tonnen Schmiedeeisen und 1600 Tonnen Gusswerk. An die Harzer Hütten reihen sich die in der Nachbarschaft des Harzes gelegenen niedersächsischen oder Weser -Hütten. 1. Die Sollinger - oder Uslarerh ütte an der Aale. Sie lag am Sollinger Wald, war hannöverisch und stand unter dem Berg- amt zu Klausthal. Sie bestand aus 1 Hochofen, 4 Frischfeuern, 1 Zainhammer und 1 Zerrennfeuer. — Die Holzkohlen, meist Buchen- kohlen, kamen aus der Nähe, die Erze zum Teil aus der Nähe, meist aber von Kalefeld. Es waren Roteisensteine von 20 bis 25 Proz. Eisengehalt, welche mit Kalkstein und etwas Frischschlacken ver- schmolzen wurden. Der Hochofen war 26 Fuss hoch. Bei dem geringhaltigen Möller wurden wöchentlich nur 110 bis 140 Ctr. Eisen erblasen, darunter 50 bis 80 Ctr. Gusswaren. Verfrischt gab das Eisen ein sehr zähes Stabeisen. Ein Frischfeuer lieferte 50 Ctr. Stab- eisen die Woche, der Abbrand betrug 25 Proz. — Das Frischverfahren wich insofern ab, als man das Eisen nicht zu einem Klumpen ein- schmolz, sondern es bis zur Gare unaufhörlich durchbrach und die einzelnen Partieen erst zum Schluss zu einer Luppe vereinigte. Bemerkenswert war auch, dass man 1797 einen Kupolofen (Schacht- ofen) von 6 Fuss Höhe erbaute, um darin eine Partie von 5000 Ctr. unreinem Roheisen von der Lerbacher Hütte umzuschmelzen und da- durch zu reinigen. Nachdem er diese Aufgabe erfüllt hatte, wurde er 1799 wieder abgerissen und das Zerrennfeuer wieder eingerichtet. Man machte mit diesem Kupolofen vielerlei Versuche, namentlich auch das Roheisen so dünnflüssig zu erhalten, um es für Gusswaren verwenden zu können. Damit hatte man aber keine guten Erfolge und schliesst Stünkel daraus, dass dieses englische Verfahren bei Holz und Holzkohlen nicht möglich sei. Das Zerrennfeuer diente wie auf Königshütte zum Verschmelzen von Frischschlacken. Das meiste Eisen der Sollinger Hütte ging in das Magazin nach Bodenfeld. Der Harz. Die Eisenhütte bei Holzminden war herzoglich braunschweigisch. Hier waren 2 Frischfeuer, 1 Zainhammer, 1 Stahlfeuer, 1 Walz- und Schneidwerk und 1 Blankschmiede. Letztere, welche Äxte, Beile u. s. w. lieferte, war verpachtet. Der Hochofen war seit Anfang der 70er Jahre wegen Mangel an Erzen ausser Betrieb. Das Roh- eisen kam teils aus dem Waldeckischen, teils von den braun- schweigischen Hütten Wilhelms- und Karlshütte. — Die Stabeisen- produktion belief sich auf 1700 Ctr. im Jahre. Das Walz- und Schneidwerk lieferte Nageleisen, aber nur 600 bis 900 Ctr., da nicht mehr abgesetzt wurde. Dieses Quantum liess sich in wenigen Wochen schneiden. — Das Stahlfeuer erhielt sein Roheisen von der Gittelder Eisenhütte. Man setzte beim Stahlfrischen altes Schmiedeeisen zu. Die herzoglich braunschweigische Karlshütte bei Delligsen bestand aus 1 Hochofen, 1 kleinem Blauofen, 2 Frischhämmern und 1 Zainhammer. — Der Blauofen, den man nur wegen des Mangels an Wasser statt eines grösseren Ofens beibehielt, ging nur zeitweise. Das Erz war Roteisenstein von Fuhregge mit 30 bis 38 Proz. Eisengehalt. Es bedurfte viel Zuschlag. Man produzierte 140 bis 170 Ctr. Roheisen und 50 Ctr. Stabeisen die Woche. Das gewonnene Wasch- eisen wurde, wie auch zu Sollingen, mit verfrischt. Die Wilhelmshütte bei Bockenem lag 2 Meilen von Gittelde und hatte 1 Hochofen, 1 Frischfeuer und 1 Zainhammer. Die Erze kamen teils von der Fuhregge, teils vom westlichen Harz, die Kohlen von den herzoglichen Forsten bei Seesen. Der Hochofen gab wöchent- lich 140 bis 170 Ctr. Roheisen, welches meist vergossen wurde. Un- gefähr 1400 Ctr. Roheisen wurden jährlich von Gittelde bezogen, woraus ein sehr hartes Stabeisen gefrischt wurde. Die Einrichtung der Gebläse war gegen Ende des 18. Jahr- hunderts bei den meisten Harzer Hütten dahin abgeändert worden, dass man sie dadurch verstärkt hatte, dass man drei Bälge anwendete, welche in einen Sammelkasten bliesen, aus dem der Wind durch eine Düse in den Ofen geleitet wurde. Unter 10 Hochöfen im Oberharz hatten 5 diese Einrichtung; bei 3 Öfen hatte man Kastengebläse eingeführt. Durch die besseren Gebläse gaben die Hochöfen 250 bis 300 Ctr. Roheisen wöchentlich, gegen 150 bis 200 Ctr. vordem; dabei zeichneten sich die Harzer Hochöfen durch sehr lange Campagnen aus. Sachsen. Sachsen . Im Kurfürstentum Sachsen war die Pirnaische Eisenkammer, welche früher eine so grosse Bedeutung hatte, von Johann Georg III. 1686 aufgehoben worden, weil sie keinen genügenden Absatz mehr hatte. Der Eisenhandel wurde freigegeben. Dagegen wurde auf fremdes Eisen, schwedisches, harzer, schlesisches, böhmisches und anderes, das in das Land ging, durch Verordnung vom 8. Mai 1705 ein Grenzzoll von 6 Gr. und 4 Gr. „Licent“ von jeder Wage 2½ Wage = 1 Centner, 1 Wage = 40 Pfund Nürnberger Gewicht. gelegt. Nur das Graf Herzanis che Eisen (später gräflich Rothenhahns ches zu Kallich) war vom Licent befreit. Auch das inländische Eisen musste die Licentgebühr von 4 Gr. bezahlen, bis dieselbe 1778 auf 2 Gr. von der Wage ermässigt wurde. 1 Centner eiserne Öfen zahlte an Licent und Grenzzoll 5 Gr., Nägel vom Thaler des Wertes 3 Gr. 4 Pfg., Draht, geringer, 6 Gr., mittlerer 8 Gr., guter 10 bis 12 Gr., das alles unbeschadet der Landaccise von 3 Pfg. vom Thaler des Wertes und des Wasserzolles v. Hofmann , a. a. O., S. 57. . Swedenborg erwähnt 1734 Rennwerke bei Sangerhausen, einen Hochofen bei Rothenthal und den Eisenhammer bei Johann-Georgen- stadt. Folgende Eisenwerke, die alle Privaten gehörten, waren in Kur-Sachsen, ausser den schon erwähnten Hennebergischen, um 1780 im Betriebe v. Hofmann , a. a. O. : Der Auerhammer an der Mulde, im Besitz der Gebrüder Rein- hold , bestand aus 1 Hochofen, 2 Frisch- und Stabfeuern, 1 Zain- hammer und 1 Schaufelfeuer. Der Biedermanns che Hammer , Herrn von Elterlein gehörig, hatte 1 Hochofen und 1 Stabfeuer. Der Breitenhofer Hammer an dem Schwarzwasser, ebenfalls Eigentum des Herrn von Elterlein , 1 Hochofen, 3 Frisch- und Stabfeuer. Der Karlsfelder Hammer an der Wilzsch, Besitzer Herr Hen- nig , hatte 1 Hochofen, 2 Frisch- und Stabfeuer, 2 Blechfeuer und 1 Zinnhaus und war eins der besten Hammerwerke im Erzgebirge. Der Erlaer oder Kugelhammer an der Schwarza, den Gebrüdern Reinhold gehörig, bestand aus 1 Hochofen, 2 Frisch- und Stab- feuern und 1 Zainhammer. Beck , Geschichte des Eisens. 57 Sachsen. Der Giesshübler oder Zwietzler Hammer gehörte einer Gesell- schaft. Er war 1775 von dem berühmten Metallurgen Cramer mit grossem Kostenaufwande angelegt worden und verschmiedete alte Munition, aber ohne sonderlichen Nutzen. Der Grosspöhler Hammer an der Böhla, Hans Heinrich von Elterlein gehörig, hatte 1 Hochofen, 1 Frisch- und Stabfeuer und 1 Zainhammer. Der Kühnheydner oder Niederschmiedeberger Hammer , Eigentum des Grafen zu Solms , bestand aus 1 Hochofen, 1 Stab- feuer, 1 Blechfeuer und 1 Zinnhaus. Der Löwenthals che Hammer zu Mückenberg , Besitzer Graf von Einsiedel , hatte 1 Hochofen, 1 Frisch- und Stabfeuer, 2 Stahl-, 1 Zain- und 1 Blechhammer, war ein vorzügliches, einträgliches Werk. Der Markersbacher Hammer , der Kammerhof genannt, gehörte den Grafen von Redern und hatte 1 Hochofen, 2 Stahlhämmer „und vortreffliche andere Privilegia“. Der Muldenhammer an der Mulde, Herrn Weichsel gehörig, bestand aus 1 Hochofen, 2 Frisch- und Stabfeuern, 1 Zinnhaus. Der Neidhardsthal- oder Schwefelhüttenhammer an der Mulde gehörte einem Herrn Hennig und hatte 1 Hochofen, 2 Frisch- und Stabfeuer, 2 Blechfeuer und 1 Zinnhaus. Der Obermitweydaer Hammer an der Mitweyda, den Gebrü- dern Niezsche gehörig, umfasste 1 Hochofen, 2 Frisch- und Stab- feuer, 1 Blechfeuer und 1 Zinnhaus. Der Pfeilhammer am Pöhlwasser, im Besitz des Herrn von Elterlein , hatte 1 Hochofen, 2 Frisch- und Stabfeuer. Der Rittersgrüner Hammer , den Herren von Elterlein und Baumann gehörig, hatte 1 Hochofen, 2 Blechfeuer und 1 Zinnhaus. Der Nitzische- oder Schlosserhammer bei Wiesenthal gehörte dem Johann August Hänel und bestand aus 1 Hochofen, 2 Stab- und Frischfeuern. Der rote oder Schmiedeberger Hammer im Unterweisenthal, im Besitz des Herrn Irmisch , hatte 1 Hochofen, 1 Frisch- und Stabfeuer. Der Schönheyder Hammer an der Mulde, Besitzer Johann David Gau , enthielt 1 Hochofen, 1 Frisch- und Stabfeuer, Blech- hammer und Zinnhaus. Das Solmsis che Hammerwerk zu Baruth , Besitzer Graf zu Solms und Tecklenburg , hatte 1 Hochofen, 1 Frisch- und Sachsen. Stabfeuer, 2 Stab- und 1 Zainhammer, 1 Blechhammer, 1 Zinnhaus, 1 Eisendrahtmühle. Tannenbergsthal , Herrn von Mangold zuständig, hatte 1 Hochofen, 2 Frisch- und Stabfeuer, 1 Zainhammer. Der Thalheimer Hammer des Herrn von Elterlein , 1 Frisch- und Stabfeuer und 1 Zainhammer. Unterblauenthal an der Mulde, Herrn Hennig gehörig, hatte 1 Hochofen, 2 Stab- und Frischfeuer, 2 Blechfeuer. Der Wolfgruner Hammer an der Mulde, Besitzer David Rauhe , vormals Gossler , 1 Hochofen, 1 Frisch- und Stabfeuer, 1 Blech- hammer, 1 Zinnhaus. Der Wittigsthaler Hammer am Breitenbach, Herrn Hunger gehörig, hatte 1 Hochofen, 1 Frisch- und Stabfeuer, 1 Blechhammer und 1 Zinnhaus. Der Wildenthaler Hammer an der Bucke, Besitzer Amtmann Gottschalk , bestand aus 1 Hochofen, 1 Frisch- und Stabfeuer, 2 Blechhämmern und 1 Zinnhaus. Der Zwetenthaler Hammer des Herrn von der Planitz hatte 1 Hochofen, 1 Frisch- und Stabfeuer, 1 Blechfeuer und 1 Zinnhaus. Überhaupt gab es damals 40 Hammerwerke in Sachsen; vordem war deren Zahl noch grösser gewesen, und viele alte Werke standen öde. Auf dem Erlah ammer wurde Stahl gemacht. Bereits 1709 heisst es in einer Resolution Friedrich Augusts , „der in unserem Lande nunmehro gefertigte Stahl sei gegen den fremden Steiermärkischen und Tyrolischen um ein ziemliches wohlfeiler zu haben“. Das kur- fürstliche Landes-Ökonomie-Kollegium hatte 1765 Prämien auf den besten inländischen Stahl ausgesetzt. Dem Hammerwerksbesitzer Reinhold zu Erla wurde „wegen des aus inländischem Eisen ge- fertigten Stahls, welcher unter denen von verschiedenen Personen eingereichten Proben vor den besten erkannt worden, der ausgesetzte Preis von 150 Thalern gereicht“. Es war dies, wie es scheint, Cement- stahl. In dem Leipziger Intelligenzblatt werden aus sächsischem Eisen hergestellte Sensen, Sicheln und Futterklingen, dem besten ausländischen an Güte gleich, angepriesen Siehe v. Hofmann , a. a. O., II., S. 21. . Von besonderem historischem Interesse waren die Eisenwerke zu Baruth und Mückenberg . Von ersterem hat der Besitzer, Graf Johann Christian zu Solms , eine interessante Beschreibung ge- liefert (s. S. 350). Das Werk war 1749 seiner Mutter konzessioniert 57* Sachsen. worden gegen nachbenannte kurfürstliche Gefälle: Recessgeld, viertel- jährlich 8 Thlr., Erbzins jährlich 21 Thlr., Pocherzins 4 Thlr. 9 Gr., von jedem Fuder Eisenstein à 5 Tonnen 1 Gr. Ladegeld, zum Zehnten jedesmal das zehnte Fuder, und dieses alles zum Bergamte Glas- hütten; ferner dem Bergmeister 1 Thlr. Quartal Fahrgeld und dem Bergschreiber 6 Gr. Zur Ermunterung der Baulust wurden aber die Eisenstein-Zehnten und Ladegelder auf 3 Jahre erlassen. Die Hütte bei Mückenberg war das spätere berühmte Eisen- werk Lauchhammer . Freifrau von Löwenthal erhielt dafür am 17. Juli 1725 die Konzession: 1. einen Hochofen, 2 Stabhämmer, 1 Zerrennfeuer, 1 Zain- und Blechhammer, und zwar diesen letzten zu Stabeisen als auch zu Blechen zu gebrauchen, 1 Frischfeuer, 1 Zinnhaus, 1 Eisen- drahtmühle, 1 Stahlfabrik und 1 Eisengusswerk, letzteres beides aber nur bis auf Widerruf und in dem Masse, wie solches den Hämmern im Pirnaischen Revier, nach Anweisung des unterm 28. Juli 1670 diesfalls publizierten Mandats konzediert, zu er- richten. 2. Bei diesem Werke das Branntweinbrennen, Schlachten, den Handel mit Materialien, Viktualien, das Mahlen in einer zu erbauenden Mühle, samt schwarz und weiss Backen, auch Mälzen und Brauen, gegen Erlegung der ordentlichen Steuern, jedoch nur für die Hammerbedienten, Arbeiter und Fuhrleute, und ohne die Arbeiter mit Ess- und anderen Waren gesetz- widrig auszulohnen, zu betreiben. 3. Den Gerichts- und Hammerzwang, jedoch dergestalt, dass die der Bergfreiheit unterworfenen Gruben und Stollengebäude hierunter keineswegs zu verstehen, ungehindert zu exerzieren; und endlich 4. den Stahl und alle andere gefertigte Waren, jedoch gegen Ab- stattung des gebräuchlichen Aufgeldes, Geleit und Accise, frei zu verhandeln, doch so, dass sie 1. durch die verstattete Drahtmühle und deren Umtrieb die kur- fürstliche, zu dem Vorwerk Lohmen gehörige, wie auch die Rosenthaler Drahtmühle, welche vornehmlich aufs Gebirge ge- wissermassen privilegiert wäre, nicht benachteilige. 2. Die Trank- und Fleischsteuer von der Konsumtion auf dem Werke ins Amt Hayn, den Zehnten von den gewonnenen und geförderten Eisensteinen aber, nebst dem Ladegroschen, auch Sachsen. Quartember- und Recessgeldern von Eisensteingebäuden, ins Bergamt Glashütten entrichte, und endlich 3. sich der Hammerordnung gemäss bezeige. „Zur Ermunterung der Baulust“ wurde übrigens von Zeit des Eisenstein-Vermessens an auf sechs Jahre der Eisensteinzehnte, die Au- und Ladegelder, samt anderen bei Hammerwerken üblichen Gebühren, die gebräuchlichen Wagegelder aber so lange, als sie ihre eigenen Hölzer auf ihrem Hammerwerk verbrauchen, gänzlich erlassen. Das Rittergut Mückenberg Siehe Geschichte und Feier des 1. Jahrhunderts des Eisenwerkes Lauch- hammer am 25. August 1825; gedruckt zu Dresden. , welches seit der Mitte des 15. Jahr- hunderts bis zum Jahre 1716 der Familie von Schleinitz gehört hatte, kam in diesem Jahre durch Kauf für 65000 Mariengulden und Übernahme von 16480 Mariengulden Lehnsschulden an den Freiherrn von Löwenthal , von dessen Familie es 1776 durch Erbschaft an den Grafen von Einsiedel fiel. Auf diesem Gute lag die ehemalige Laug- oder Lauchmühle, von dem wendischen Lug, Sumpf, denn 1725 herrschte hier noch die wendische Sprache. Hier wurde das Eisen- werk angelegt, welches von der alten Lauchmühle den Namen Lauch- hammer bekam. Die Gräfin Löwenthal, Benedikta Margarete , geborene von Rantzau , hatte das Gut Mückenberg von ihrem Manne erblich erkauft. Um den bedeutenden Mückenberger Waldungen Absatz und ihren Unterthanen Verdienst zu verschaffen, und da man Raseneisenstein in der Nähe fand, erbaute sie eine Eisenhütte, zu welcher sie die oben angeführte kurfürstliche Konzession erhalten hatte und welche zu einer Quelle des Reichtums für die ganze Gegend geworden ist. Am 25. August 1725 wurde der neuerbaute Hochofen angeblasen. Die erste Campagne dauerte vom 25. August 1725 bis in den Januar 1726, 20 Wochen. Verschmolzen wurden 3050 Dresdener Scheffel Eisenstein, 4164 Kübel Kohlen, 315 Ctr. Kalkstein und hieraus 2771½ Ctr. 4 Pfd. Roheisen erzeugt. Die Kosten beliefen sich in allem auf 1925 Rthlr. 4 Gr. 8 Pfg. einschliess- lich des Hochofengestelles u. s. w., so dass der Centner Roheisen auf 16 Gr. 8 Pfg. zu stehen kam. Zum Giessen wurde Georg Öser angenommen und schon in der ersten Campagne Bedürfnisse für den Ober- und Mittelhammerbau gegossen. Bei der zweiten Campagne, die vom 14. September 1726 bis 22. Februar 1727, also 23 Wochen dauerte und wobei 1816 Ctr. 10 Pfd. Eisen produziert wurden, fertigte gedachter Öser schon Sachsen. 173 Stück Ofentöpfe, 7 Kessel, 16 Kolbenröhren, 40 Knieröhren, 1 Krummzapfen, 6 Mörser, 3 Laugentöpfe, alles in Lehm; 6 Mörser in Schalen; 2 Hammerzapfen, 104 Plattenöfen, 77 Kaminplatten in Sand. In Dresden fanden bald — 1729 — Mückenberger holzsparende, leicht heizende Öfen Eingang. Dagegen stiess man beim Verfrischen des Roheisens in den ersten sieben Jahren auf Schwierigkeiten. 1733 wurden aber bereits auf vier Hämmern 2238¼ Ctr. Stab-, Zeug- und Zaineisen geschmiedet. Aus 8 Ctr. Roheisen erhielt man 5 Ctr. Stabeisen. — In den ersten 51 Jahren wurden durchschnittlich in der Schmelzwoche 184¾ Ctr. Eisen produziert. 10 Dresdener Scheffel Eisenstein gaben 11⅛ Ctr. Eisen und brauchten 1 9/10 Ctr. Kalk exkl. Frischschlacke und 13 2/9 Kübel Kohlen. Zu 10 Ctr. Eisen brauchte man also 11 9/10 Kübel Kohlen. Die Gesamtproduktion in dieser ersten — Löwenthals chen — Periode hatte betragen 209011 Ctr. Gusseisen und 92718½ Ctr. Schmiedeeisen bei einem Aufwand von 122325 Klafter Scheitholz. Hatte sich das Eisenwerk zu Mückenberg unter der freiherrlich Löwenthals chen Verwaltung bereits einer befriedigenden Rentabilität zu erfreuen gehabt, so entwickelte es sich unter gräflich Einsiedels cher Verwaltung zu hoher Blüte. Der thätige sächsische Konferenzminister, Detlev Karl Graf zu Einsiedel , gelangte 1776 in den Besitz von Lauchhammer. Sein hoher Geist und sein staats- und geschäfts- männischer Blick hatten ihn zu der Überzeugung geführt, dass dem durch den siebenjährigen Krieg zerrütteten Sachsen nur durch Be- lebung der Industrie zu helfen sei. Graf Einsiedel suchte deshalb auf jede Weise diese zu fördern. Unter anderem liess er die erste Dampfmaschine in Sachsen erbauen, bemühte sich um die Anwendung der Steinkohle u. s. w. Er suchte das Eisenwerk Lauchhammer in jeder Weise, besonders auch in wissenschaftlicher Richtung, zu heben. Zu diesem Zweck berief er den erfahrenen kurfürstlich sächsischen Berg- meister Gläser , der die Erzgebirgischen, Voigtländischen, Suhler und Saal-Hämmer kannte, liess durch diesen die Erze zuerst genau auf ihren Eisengehalt probieren, liess Schmelzversuche anstellen, sowie Versuche mit dem Verwaschen der Erze, der Verkohlung, der Zustellung des Ofens u. s. w. machen. Die Dünnflüssigkeit des Mückenberger Eisens, welche solches zu schwächerem als bisher üblichem Gusse, zum Abdruck auch von scharfen und feinen Formen fähig machte, die Liebe für den Eisenguss, dessen Beförderer er war, der Wunsch, die vergessene Kunst der alten Meister der Giesskunst wieder aufleben zu lassen, leitete den Grafen Sachsen. zu Versuchen, sowohl leichte Kochgefässe und andere nützliche Gerät- schaften modellieren, formen und giessen zu lassen, als auch mit Hülfe geschickter Künstler Formen nach klassischen Bildwerken des Altertums herzustellen und deren Abguss in Eisen aus dem Ganzen zu unternehmen, weil dergleichen Kunstwerke aus Guss nicht so der Zerstörung unterworfen sind, wie solche aus Gyps oder Stein. Das Gelingen dieser Bestrebungen trotz aller Kosten und Schwierigkeiten ist sein Verdienst. Er errang damit die grösste Anerkennung. Die Eisengiesserei zu Lauchhammer wurde rasch überall bekannt und wurde zum Muster für alle Kunstgiessereien. Der Minister, Graf Einsiedel , that auch viel für Fortbildungsschulen und für die Heranziehung tüchtiger Arbeiter und Meister. Er war ebenso sehr bestrebt, die Anwendung des Gusseisens auf immer mehr Artikel auszudehnen, als er sich für den Absatz derselben bemühte. Einer der wichtigsten dieser Artikel waren leichte gusseiserne Wasserröhren, wie sie in England gebräuchlich waren, die aber in Deutschland erst durch die Mückenberger Giesserei eingeführt wurden. Graf Einsiedel führte viele Bauten und Verbesserungen zu Lauch- hammer aus. 1780 begann er mit der Anlegung einer Kunstsammlung der besten Antiken, Basreliefs, Köpfe, Büsten, Statuen und Gruppen, die er mit grossen Kosten in Italien u. s. w. abformen liess. 1781 nahm er den Bildhauer Wiskotjil in seine Dienste, der die ersten Versuche machte, Formen für den Kunstguss in Eisen herzustellen. 1782 wurde ein chemisches Laboratorium zum Probieren der Eisen- steine erbaut. Die Versuche, grosse Figuren in Formen von Gyps zu giessen, misslangen. Nach fortgesetzten Versuchen gelang es endlich 1784, nach einer von den Bildhauern Wiskotjil und Mättensberger nach der Antike in Wachs ausgegossenen und poussierten Statue einer Bachantin von den Giessern Klausch und Gottfried Gäthling eine Form in Lehm und einen wohlgelungenen Abguss davon herstellen zu lassen. So kam die Erfindung des Kunstgusses in Eisen zu stande. Es wurden, was bisher noch keiner Eisengiesserei gelungen war, selbst die grössten Statuen und Gruppen aus dem Ganzen gegossen, und kamen rein aus der Form. 1785 wurden nach der Anfertigung mehrerer Modelle die ersten Ofentöpfe, Mörser, Wasserröhren und schwache Kasserole in Kasten gegossen und zu der jetzt so bedeutenden Kastengiesserei der Grund gelegt. Auch wurden schon die ersten Versuche mit dem Emaillieren eiserner Geschirre gemacht. 1786 wurde die Kastenformerei erweitert und Statuen von Apollo und Venus in Kunstguss hergestellt. Sachsen. 1789 wurden die ersten Kochtöpfe in Sand gegossen und email- liert. In diesem Jahre erbaute man den neuen 30 Fuss hohen Hochofen. 1790 machte der Hüttenverwalter Versuche, Gestell und Rast des Hochofens aus einer aus gepochten Kieselsteinen und Thon her- gestellten Masse zu stampfen und 1791 wurde der ganze Hochofen mit dem neu erfundenen Massengestell zugestellt. 1795 wurde ein Wasser-Cylindergebläse erbaut. 1795 liess Graf Einsiedel den ersten Puddelofen in Deutsch- land erbauen und unter Mitwirkung von Professor Lampadius Ver- suche, mit Holz und Kohlen zu puddeln, anstellen. Letztgenannter hat dieselben beschrieben. Gegen Ende des Jahrhunderts machte man auch Schlackenziegel aus Hochofenschlacke. 1801 wurden die ersten Schrotmühlwalzen nach englischem Muster zum Verkauf fertig gemacht. 1802 wurde Oberbergrat Bückling eine Dampfmaschine in Auftrag gegeben. Die Produktion war von 3382 Ctr. im Jahre 1778 auf 10729 Ctr. im Jahre 1804 gestiegen. Lampadius hat in seinem Handbuch der allgemeinen Hütten- kunde, Teil II, Band 4, S. 296 eine ausführliche Beschreibung des Hüttenwerkes zu Lauchhammer mitgeteilt, auf welche wir verweisen. Die Erze, welche verschmolzen wurden, waren ausschliesslich Raseneisensteine von 34 bis 44 Proz. Roheisengehalt. Zu 60 Karren Eisenstein setzte man 5 bis 7 Karren Kalkstein. Der gewöhnliche Satz war 14 bis 15 Kästchen Beschickung zu 40 Pfund Eisenstein auf 2 Kübel (= 41 Kubikfuss oder etwa 3 Ctr.) Kohlen. Bei gutem Gang gingen 15 bis 18 Gichten in 24 Stunden nieder. In dieser Zeit wurden 3 Hauptschöpfen gemacht und ausserdem bei dem Schlackenabziehen kleine Portionen für kleine Gusswaren entnommen. Das Frischroheisen liess man in Platten laufen. Die Erzeugung betrug etwas über 200 Ctr. wöchentlich. Eine Hüttenreise dauerte 30 bis 50 Wochen. Das Frischen hatte Schwierigkeiten und wendete man das Anlaufverfahren an. Der Frischherd war 2 Fuss 9 Zoll lang, 3 Fuss breit und 9½ Zoll tief. Die Form lag 9 Zoll vom Hinter- zacken und hatte 5 Grad Fall. Bei dem Frischen musste man beachten a) einen langsamen Gebläsewechsel während des ersten Ein- schmelzens; b) eine gleichförmig fortdauernde Abkühlung des Frisch- bodens mittels darunter geleiteten Wassers; c) einen mässigen Zu- schlag von Kalk während des Garmachens, aber nicht während des Anlaufens; man rechnete 5 bis 8 Pfund Kalk auf den Centner Eisen; d) ein sorgfältiges und oft zu wiederholendes Aufbrechen. — Man Preussen. schmolz langsam ein und liess das Gebläse so lange auf das geschmolzene Eisen wirken, bis das Ausschmieden der Teile vom vorigen Frischen beendet war, was etwa eine Stunde dauerte. Dann wurde das Ge- bläse abgeschützt, die Kohlen weggeräumt und das flüssige Eisen dadurch zum Erstarren gebracht, die Schlacken abgehoben und einige Hammerbrocken und Garschlacken auf den Eisenklumpen geworfen. Hierauf wurde der Herd wieder mit frischen Kohlen gefüllt und das Gebläse stark angelassen. Das Eisen kam in Fluss, blieb aber mussiger als zuvor. Nach ¾ Stunden konnte man das Eisen mit der Brechstange etwas drehen und wenden. Nach 2½ Stunden erfolgte das erste Aufbrechen, dabei wurde der Eisenklumpen mög- lichst zerkleinert und die Stücke dem Gebläse gegenüber aufgehäuft. Nach ¾ Stunden folgte das zweite Aufbrechen unter Zusatz von Kalk. Dann kam das Garaufbrechen bei stärkerem Winde und Kalk- zusatz. Hierbei legte der Frischer den Anlaufstab ein und schmiedete das Eisen in Kolben aus. Die zurückbleibende Luppe (Teil) wurde ausgebrochen und unter dem Hammer in zwei Hälften geschroten. Die ganze Arbeit dauerte 9 bis 10 Stunden. Das wöchentliche Aus- bringen betrug 75 bis 100 Wag (1500 bis 2000 kg). Über die historisch wichtigen Puddelversuche zu Lauchhammer Vgl. Lampadius a. a. O. II, 4, S. 99. haben wir bereits das Wichtigste mitgeteilt (s. S. 699). Zum Schluss erwähnen wir noch einer Hausindustrie, welche anfangs des Jahr- hunderts im sächsischen Erzgebirge aufkam. 1710 vereinigten sich zwei Arbeiter zu Bayersfeld zur Anfertigung von Löffeln aus Schwarzblech, die sie einfach aus Blech ausschnitten und mit dem Hammer aus- trieben, was so grossen Beifall fand, dass sich daraus der umfassende Gewerbszweig der Löffelschmiede in Sachsen entwickelte. Preussen . Die preussischen Könige suchten stets die Eisenindustrie in ihren Staaten zu fördern; sie unterstützten die Gründung neuer Eisenwerke, die sie durch Einfuhrverbote fremden Eisens zu schützen suchten. Seit Anfang des Jahrhunderts waren die Provinzen Pommern, Neumark und Kurmark mit schwedischem, Magdeburg und Halberstadt mit Harzer Eisen überschwemmt zum Nachteil der inländischen Werke. Preussen. Friedrich I. erliess ein „Edikt wegen verbotenen fremden Eisens“ am 12. Mai 1703, nachdem er bereits am 5. Juli 1699 die Ausfuhr von Bruch- und altem Eisen verboten hatte mit dem Zusatz: „Soll unserem Blechhammer zu Hegermühle , welchen Moyse Aureihlion gepachtet hat, zu gut kommen.“ Aureihlion war schon vorher wegen Anlage einer Eisenspalterei bei Neustadt-Eberswalde vorstellig geworden und hatte 1698 die Konzession erhalten. 1700 kam die Eisenspalterei und 1702 der Drahtzug zu stande. Aureihlion gab die Kosten der Anlage auf 1200 Thlr. an. 1719 trat er sie an den Staat ab, der sie wieder verpachtete, unter anderem an Spittgerber und Daun von 1731 bis 1749. Ebenfalls in Brandenburg und zwar im Kreise Neu-Ruppin lag die Eisenhütte zu Neustadt an der Dosse , welche Landgraf Friedrich von Hessen-Homburg gemeinschaftlich mit dem Grossen Kurfürsten besessen hatte. Seit 1698 gehörte sie dem Kur- fürsten allein. Es wurden dort 1700 viele Gusswaren angefertigt, näm- lich ausser Munition, Mörsern u. s. w. Öfen, Blumentöpfe, Schleusenrollen, Glocken, Hutmacherkessel, Pottaschenpfannen, Töpfe, Mörser u. s. w. in Lehm geformt; sodann von Sandguss: Gewichte, Kapellen, Platten, Ofenbalken, Pochsohlen, Pochstempel, Ofenfüsse, Rosteisen, Ofen- blätter, Kaminplatten, Ambosse, Hammerbüchsen, Schmiedeformen, Presseisen, Wellen u. s. w. Siehe Cramer , Brandenburg VIII, S. 40. . 1770 ging das Hüttenwerk an die Magdeburger Gewerkschaft für Erz- und Steinkohlenbergbau in Erb- pacht über. Das derselben jährlich aus den königl. Forsten zu lie- fernde Holz wurde auf 1000 Klafter limitiert. Was sie mehr bezog, sollte sie mit 4 Gr. für den Klafter vergüten. 1778 übernahm der Staat die Hütte. Am 20. Juli 1717 erteilte der König dem General Derfflinger und Herrn v. Krummenau die Konzession zur Anlage eines Eisen- hammers bei Freienwalde. An der Grenze des Kreises Sorau, besonders an der Tschima, waren viele Luppenfeuer. Es wurde nur der leichtschmelzige Rasen- eisenstein (Lindstein) abgebaut, während der schwerschmelzige rauhe Stein (Raudenstein) zurückblieb. Sobald der Lindstein abgebaut war, gingen die Luppenfeuer ein. Doch blieben solche sowohl hier wie im Sprottauischen das ganze 18. Jahrhundert hindurch im Betriebe. 1721 wird zuerst ein Hochofen bei Crebra erwähnt. Das Eisen- Preussen. werk zu Schnellfortel wurde im dritten Jahrzehnt angelegt, um das Holz der Stadt Görlitz besser zu verwerten. Das Eisenwerk bei Tschirndorf gehörte der Familie Kulhasse . Es hatte auch nur Luppenfeuer, bis 1764 der erste Hochofen erbaut wurde. Der Teuplitzer und der Neiss-Hammer, ebenfalls im Sorauer Kreise, wurden 1748 von Graf Brühl vereinigt, der dort einen Hochofen anlegte. Es war dies wohl der Hochofen von Pförthen , für welchen der Kurfürst von Sachsen seinem Premierminister durch die Kon- zession vom 29. August 1749 so ausserordentliche Vergünstigungen einräumte Siehe v. Hofmann , a. a. O., S. 81. . Er sollte angesehen werden, wie wenn er im Kur- fürstentum Sachsen selbst läge, cum jure praehibendi, dass binnen 20 Jahren kein anderer Hochofen im Markgrafentum erbaut werden solle. Das Eisen sollte frei eingehen und nicht nur von Grenzzöllen, sondern auch von allen Licenten und Landaccisen auf 20 Jahre befreit sein. Das Werk hatte Frischfeuer, Stab-, Zain- und Blech- hammer, und Graf Brühl rühmte sich, „die Ehre zu haben, die ein- zige Eisenfabrique im Markgrafthum Niederlausitz zu pflegen“, welche bis zu dem Einfuhrverbot von 1764 selbst die Niederlagen von Berlin und Potsdam versorgte. In der Oberlausitz wurden dagegen mehrere Eisenwerke betrieben, darunter Werau, durch den Vater des berühmten Mineralogen Werner , und Burghammer, welches dem Grafen Einsiedel gehörte. Im Kreise Lübben bestand der uralte Eisenhammer zu Schlep- zig noch im Jahre 1757. Von hervorragender Wichtigkeit war das Eisenwerk zu Peitz im Kreise Cottbus, welches Ende des 17. Jahrhunderts verpachtet worden war. Das Werk wurde von 1752 an auf Befehl Friedrichs II. in Regie übernommen, um Kugeln und Bomben „zu eben dem Preis wie in Zehdenick“ zu giessen. 1753 wurde statt des Hochofens ein Blauofen angelegt von dem Schwarzburgischen Blauofenmeister Pfeifer ; der- selbe hatte aber schlechte Resultate. 1755 wurde die Hütte wieder verpachtet. 1774 lieferte Peitz an 2000 Centner Munition und an 4000 Centner Stabeisen. Am 14. Juni 1778 übernahm die königl. Bergwerks- und Hütten-Administration in Berlin das Werk für eigene Rechnung. 1785 beschloss man, den Hochofenbetrieb durch An- schaffung eines englischen Cylindergebläses nach Angaben des Berg- kommissarius Eversmann zu verbessern, doch war es nicht möglich, im Inlande einen sorgfältig abgedrehten Cylinder zu beschaffen und Preussen. von dem kostspieligen Ankauf in England sollte abgesehen werden. Dafür wurde nach Angabe des Freiherrn von Heinitz ein dritter Balg angelegt und die Bälge mit einem Wasserregulator verbunden. Die Anlage kam 1788 in Gang. Auch blies man eine zeitlang mit 2 Formen, kehrte aber dann wieder zu einer Form zurück. Wie energisch Friedrich der Grosse die Vermehrung der Eisenindustrie in Brandenburg betrieb, ersieht man auch daraus, dass er am 24. September 1742 durch Kabinetsordre die Anlage von 2 Hochöfen bei Alten-Schadow verfügte. Die Ausführung ging aber nicht so rasch, denn erst 1753 wurde der erste Ofen, der auf fiskalische Rechnung betrieben wurde, angeblasen. von Justi hat bei dieser Gründung mitgewirkt Siehe „Die Manufakturen und Fabriken Deutschlands“. 1780. II. S. 55. . 1755 wurde das Werk verpachtet; 1765 der Hochofenbetrieb eingestellt und die Hütte zu einer Schneide- mühle eingerichtet. 1775 und 1778 wurde das Werk subhastiert, fand aber keinen Käufer. Der Staat, der es übernehmen musste, machte Wohnungen daraus. Den Eisenhammer zu Kutzdorf , Kreis Königsberg, hatte Ge- heimrat Zinnow zugleich mit dem Werke zu Vietz im Auftrage des Königs angelegt, hauptsächlich um Eisen für den Kriegsbedarf zu beschaffen. Er bestand aus 4 Stabhämmern und einem Zainhammer und war ursprünglich verpachtet. 1766 übernahm der Staat das Werk in eigene Regie; 1770 ging es an die Haupt-Bergwerks- und Hüttenkasse über. 1774 lieferte Kutzdorf jährlich an 4000 Ctr. Stabeisen. Das wichtige Hüttenwerk zu Zehdenik an der Havel im Kreise Templin Siehe Cramer , Beiträge zur Geschichte des Bergbaues in der Provinz Brandenburg, VIII, 16. wurde 1700 an Jaques Julien verpachtet, der aber 1704 starb; 1704 bis 1708 wurde es vom Staat betrieben. 1704 hatte das Werk die Lieferung der eisernen Röhren für die Wasserkunst in Oranienburg übernommen; von 1708 bis 1718 war es wieder ver- pachtet. Nach dem Vertrage vom 1. Oktober 1718 erhielt der Pächter 1000 Thaler Herstellungskosten für das sehr schadhafte Werk. Er erhielt die Befugnis, nach seinem Gefallen allerlei Gusswerk, als Kugeln, Bomben, Granaten, Platten, Grapen, Glocken, Röhren u. s. w. giessen, verfertigen und in wie ausserhalb des Landes ohne Entrich- tung von Abgaben verkaufen und verschiffen zu dürfen. Für den Hochofen erhielt er 1200 Fuder oder Kasten Eisenstein zugewiesen; ein Kasten melierter Eisenstein wog 10 Ctr. 50 Pfd., und wurden Preussen. daraus 2 Ctr. 45 Pfd. Eisen bei einem Kohlenverbrauch von 27 bis 28 Scheffel gewonnen. Der Eisenstein sollte ihm aller Orten, wo immer derselbe zu entnehmen, frei verabfolgt werden. An Bau- holz wurden ihm ein- für allemal dargereicht: 30 Bäume zu Säge- blöcken und 12 Stück starkes Bauholz ohne Bezahlung, ausserdem 400 Klafter Kienholz, das Klafter zu 3 Gr.; Erlen- und Birkenholz, das Klafter zu 6 Gr., und als Stammgeld 3 Gr. auf den Thaler zur Köhlerei. An Hüttenaccidentien hatte er wöchentlich 16 Gr., für die Nutzung des Hochofens 1400 Thaler jährlichen Pacht zu entrichten. Die Generalkriegskasse für die königl. Artillerie zahlte ihm in Monats- raten jährlich 2000 Thaler Vorschussgelder, zu deren Erstattung er jährlich an die königl. Artillerie die entsprechende Menge Ammunition nach einer festgesetzten Taxe frei bis zur Havel in Zehdenik, wo die Verladung zu Wasser erfolgte, zu liefern hatte. Die Taxe betrug für 1 Ctr. Handgranaten 2 Thlr. 16 Gr., Bomben 1 Thlr. 18 Gr., Kartätschenkugeln 1 Thlr. 18 Gr., Stückkugeln 1 Thlr. 8 Gr. Mit diesem Vertrage machte der Pächter schlechte Geschäfte, und musste die Hütte am 7. September 1713 anderweit verpachtet und der Pachtzins heruntergesetzt werden. Auch hier waren Arbeiter- wohnhäuser, sogen. „Schwedenhäuser“, erbaut und an die Arbeiter verpachtet worden. 1762 wurde der Pacht für dieselben auf 300 Thlr. ermässigt. 1751 bestand das Hüttenwerk zu Zehdenik aus dem Giess- und Schmelzwerk und dem Eisenhammer. Der Munitionsguss erfuhr grosse Verbesserungen durch den General Holzendorff , der in Frankreich das Giessen von Kugeln nach Messingmodellen in Sand an stelle der langsamen Lehmformerei kennen gelernt hatte. 1774 lieferte es jährlich etwa 3500 Ctr. Munition. In diesem Jahre wurde die Hütte in fiskalische Bewirtschaftung übernommen. 1800 wurde hier ein Kupolofen angelegt und zwar von dem Hütteninspektor Brauns , der 1789 mit Graf von Reden in England zur Information wegen Einführung von Wind- und Kupolofenbetrieb in der königl. Eisen- giesserei zu Berlin gewesen war. Der Pleiskehammer im Kreise Crossen gehörte 1772 einem Herrn von Rothenburg , denn in diesem Jahre richtete derselbe ein Gesuch an den König, hier an stelle der alten Luppenfeuer einen Blauofen erbauen und das fabrizierte Eisen nach Polen und Sachsen verkaufen zu dürfen. Das Gesuch wurde am 5. August gewährt, doch kam es nicht zum Bau. 1778 übernahm der Staat das Werk. Preussen. Vietz in der Neumark hatte 1774 zwei Hochöfen, welche ihren Eisenstein von Schadow mit 2 Thlr. 18 Gr. Transportkosten für das Fuder bezogen. Von dieser Hütte erhielten die Hammer- werke Zanshausen, Zansthal und Kutzdorf in der Neumark das Roh- eisen. 1765 fand der König, dass für Blech und Stahl zu viel Geld ausser Land ging. Es sollten deshalb grosse Werke hierfür an der Zanze angelegt werden, wofür der König 180000 Thlr. bewilligte. Mit der Ausführung wurde der fast blinde v. Justi betraut, der aber der Aufgabe nicht gewachsen war und hier ein trauriges Ende nahm. Die beiden Hammerwerke Zanshausen und Zansthal , bei welchen Blechwerke waren, lieferten 1774 an 2500 Ctr. Stabeisen. Die Werke waren königlich, rentierten aber schlecht. Das Hüttenwerk Gottow , 1752 gegründet, bestand 1776 aus einem Hochofen und 2 Hämmern. Die Hütte zu Crossen erhielt ihren Eisenstein aus Schlesien hinter Breslau her; das Fuder kostete 4 Thlr. 12 Gr., der Centner Roheisen 1 Thlr. 22 Gr. Siehe v. Hofmann , a. a. O., S. 43. . Die Drahtzieherei zu Hohenfinow bei Oderberg lieferte einen ziemlich geschmeidigen Draht, doch machte man nicht alle Sorten. Stricknadeldraht wurde viel abgesetzt. Der Centner kostete 11 bis 18 Thlr. und wurde in Ringen von 5 bis 10 Pfd. gebunden. Ferner zog man Draht für Horden und Malzdarren. Feinere Sorten kosteten 6 bis 12 Gr. das Pfund. Über die königliche Gewehrfabrik zu Spandau und Pots- dam berichten wir noch, dass zu Spandau die Läufe zu den Schiess- gewehren für die ganze preussische Infanterie und Kavallerie ge- schmiedet, gebohrt und aus dem Groben geschliffen wurden; nachdem wurden sie zu Potsdam poliert, geschäftet, garniert, mit Schlössern versehen und völlig fertig gemacht. Jede Woche konnte sie so viel Flinten liefern, als für ein ganzes Bataillon erforderlich waren. Ebenso war eine Klingen- und Bajonettschmiede zu Spandau; 1750 wurde daselbst auch noch eine besondere Kürassschmiede angelegt. In Pommern erlangte das Hütten- und Hammerwerk zu Tor- gelow besondere Bedeutung, welches 1758 neu angelegt worden war. Es war auf die Sumpferze der Umgebung des Haffs begründet. Der Hochofen war 30 Fuss hoch, nach schwedischer Art gebaut. Durch Schutzzölle und durch Verordnungen suchte die preussische Regierung die Eisenindustrie des Landes zu fördern. 1735 wurden Preussen. die General-Privilegia und Güldenbriefe vieler Eisengewerke neu publi- ziert Siehe „Nov. corp. Const. Brandenb.“ V. Teil. Anfang der II. Abteilung, Kap. X, 1735. , so die der Schlosser, Sporer, Büchsen-, Uhr- und Windenmacher, der Nadler, der Eisenhändler, der Feilenhauer, der Nagelschmiede, Schwertfeger und Messerschmiede. Friedrich der Grosse wendete von Anfang an der Eisen- industrie seines Landes das grösste Interesse zu, wozu seine kriege- rischen Unternehmungen die erste Veranlassung gaben. Neustadt- Eberswalde lag ihm besonders am Herzen, hier wollte er einen Haupteisenindustrieplatz schaffen. Zu diesem Zwecke gründete er 1743 die Ruhlaer Kolonie oder die Stahlfabrik, indem er 200 Messer- und Scherenschmiede von Ruhla in seine Dienste nahm, sie mit ihren Familien zur Auswanderung bewog und in Neustadt-Eberswalde unter günstigen Bedingungen ansiedelte. Nach von Justis Angaben sollen im ganzen 500 Personen zur Auswanderung von Ruhla bewogen worden sein. Anfangs wurden nur Messer und Scheren, später allerhand Waren, Feilen, Bohrer, Lichtputzen, Vorhängeschlösser u. s. w. in Neustadt gemacht. Wesentlich zum Schutz dieser Industrie wurde 1751 ein Edikt erlassen, welches alle fremden Eisen- und Stahlwaren im Lande verbot. Es entsprach dies den handelspolitischen Grund- sätzen jener Zeit, wonach man die Einfuhr von Waren, die im eigenen Lande erzeugt wurden, verbot, hohe Eingangszölle auf solche legte, die nicht im Lande erzeugt wurden, aber eingeführt werden mussten, und die Ausfuhr von Rohstoffen, welche die einheimischen Gewerbe verwendeten, ebenfalls verbot. 1753 wurde die Eisenhütte an Splittgerber-Daun verpachtet 1754 bis 1755 wurde ein Blau- und Stahlofen für königl. Rechnung dort angelegt. Das Eisenwerk stand in engster Beziehung zu der Gewehrfabrik bei Spandau und Potsdam. Diese Fabrik war 1722 von dem Bankier Daun und zwar teils auf dem Plan zu Spandau unter den Kanonen der Festung, teils zu Potsdam angelegt worden. Die ersten Arbeiter kamen meistenteils aus Lüttich. Friedrich der Grosse liess aber auch Gewehrmacher aus Sachsen kommen. Zu dem Neustadt-Eberswalder Eisenhammer gehörte 1 Platinen- hammer, nämlich 1 Schwanzhammer, um aus schwedischem Scha- bloneneisen Platinen für die Gewehrfabrik in Potsdam zu schmieden Siehe Sprengels „Handwerke und Künste“, V. Sammlung. ; 1 Zainhammer, ½ Ctr. schwer, der nur darin abweichend war, dass auf seiner Bahn ein langes, schmales Stück vorstand; er diente Preussen. für die Messerfabrik, um Krauseisen für Messer, Scheren u. s. w. zu schmieden. Der Blauofen war 16 Fuss hoch. Er war angelegt, um die Bohrspäne der Gewehrfabrik zu Potsdam wieder zu gute zu machen. Man schmolz darin die Späne zu einer Luppe ein, die man direkt unter den dabeistehenden Prellhammer brachte. In der grossen Werkstätte befand sich die Frischesse und ein Prellhammer, d. h. ein Aufwerfhammer, der 2 Ctr. wog und wie der Platinen- hammer eine cylindrische Bahn hatte. Der längliche, viereckige Amboss sass in einer eisernen Chabotte, welche ein starker Amboss- stock umgab. Aus den Luppen des Blauofens schmiedete man, nachdem man sie zerteilt hatte, Stäbe, ferner Platten zu Kürassen, und zwar machte man die Luppen so gross, dass eine 4 Kürasse gab. Endlich schmie- dete man auch grosse Ambosse und Hämmer aus den Luppen. Die Hammerschmiede dieses Handwerks hatte man ursprünglich aus dem Herzogtum Gotha und Eisenach kommen lassen. 1756 wurde der Drahtzug zu Sophienhaus gebaut; 1763 wurde die Stahlschmiede Karlswerk errichtet, aus der nachher eine Draht- hütte entstand. Am 27. April 1751 wurde ein „ausführliches Avertissement und Taxe der Stahl-, Eisen- und Messingwaren, so zu Neustadt-Ebers- walde verfertigt werden, nebst Verbot, dergleichen fremde Waren zu verkaufen“, veröffentlicht. Diesem folgte am 5. Juli desselben Jahres ein Mandat, dass ausser den Neustadt-Eberswalder Stahl-, Eisen- und Messingwaren keine dergleichen schlechte fremde Messer und Scheren in die königl. Lande weiter vorgelassen werden sollten. Am 29. Juni 1755 gelangte ein Reskript an die Kurmärkische, Königsbergische, Gumbinnische, Pommern-Neumärkische Kammer, das Verbot der ausländischen eisernen Gusswaren betreffend. Am 2. Fe- bruar 1756 folgte ein „General-Avertissement, dass in der Kurmark der- gleichen Stahl- und fremde Eisenwaren, als in der königlichen Fabrique zu Neustadt-Eberswalde nach der angefügten Specifikation gefertigt werden, verboten sein und nicht umhergetragen und zum Kauf gestellt werden sollen.“ Die angefügte Spezifikation enthielt 31 Nummern. Am 5. Februar 1760 wurde eine Ordre vom 5. März 1753 wieder- holt, wonach keine Hirschgeweihe ausser Land geführt werden, sondern an die Eberswaldische Stahl- und Eisenwarenfabrik zur Anfertigung der Messerhefte abgeliefert werden sollten. Über die weitere Ge- schichte der Eisenwerke zu Neustadt-Eberswalde werden wir später noch berichten. Preussen. Waren die erwähnten Verordnungen nur Schutzmassregeln, um die bestehende Industrie in den schweren Kriegszeiten zu schützen und zu erhalten, waren die Bauten zu Vietz, Kutzdorf, Torgelow, Schadow und Gottow nach dem Schlesischen Kriege mehr durch die Not bedingt worden, so kam erst nach glücklicher Beendigung des Siebenjährigen Krieges ein frischer Hauch in die industrielle Ent- wickelung des Landes, besonders in die des preussischen Berg- und Hüttenwesens. Erst nach Friedensschluss kam der König in die Lage, seine landesväterliche Fürsorge auch dem in schwerem Kampfe errungenen Schlesien zuzuwenden. Wie sehr König Friedrich es verstanden hat, in kurzer Zeit nicht nur die Wunden des Krieges zu heilen, sondern die Hülfs- quellen seines Landes zu segensreicher, ungeahnter Thätigkeit zu entwickeln, ist zu bekannt, um weiterer Nachweise zu bedürfen. In dem Berg- und Hüttenwesen erkannte er die wichtigste Industrie seines Landes und wendete ihr die grösste Sorgfalt zu. Ein neuer Geist war auf dem Gebiete des Eisenhüttenwesens erwacht. Die Konkurrenz beschränkte sich nicht mehr auf die nächsten Nachbar- länder. Die gesteigerte Eisenproduktion Schwedens und seine grossartige Ausfuhr, die grossen Umwälzungen in England, namentlich auf dem Gebiete der Eisenbereitung und des Maschinenwesens, be- rührten die preussische Industrie bereits unmittelbar. Der alte klein- liche Betrieb war nicht mehr konkurrenzfähig; alles drängte nach Vergrösserung und Verbesserung. Aber den Besitzern und den Pächtern fehlte es in den meisten Fällen an den Mitteln dazu. Nur der Staat war im stande hier helfend einzugreifen, und das that er, indem er die Werke in eigene Regie übernahm. Es ging durch ganz Deutschland ein Zug der Verstaatlichung der Eisenindustrie. Wir haben gesehen, dass auch Preussen um 1778 die meisten wichtigeren Werke selbst übernahm. Dies gereichte damals der In- dustrie zum Segen, indem hierdurch die Verbesserungen und Er- weiterungen, welche notwendig waren, zur Ausführung kamen. Indes blieb Friedrich seinen haushälterischen Grundsätzen treu und ging nur mit Vorsicht auf diesem Gebiete voran. An Projekten fehlte es nicht. von Hofmann teilt uns ein Beispiel mit, bei dem er selbst beteiligt war. Er nennt hierbei den König, obgleich die Sache nicht nach seinem Wunsch verlief, wegen der Art der Behandlung der Sache das „Muster für Souverains, die sich eine allgemeine Kennt- nis zuschreiben“. „Als Anno 1777 auf Anraten des damaligen königl. preussischen Gesandten, Herrn von Alvensleben , ich den mit dem Beck , Geschichte des Eisens. 58 Preussen. Kammerrat Kramer ausgearbeiteten Plan in Rücksicht des damalen denen preussischen Staaten fehlenden Eisens, welches ehemals bereits zu Zeiten des Etatsministers von Hagen in Bewegung gekommen war und der zugleich mit eine Pachtung deren gesamten braun- schweigischen Hütten zum Gegenstand hatte, dem König zu- sandte, erhielt ich folgendes Antwortschreiben vom König: Vester, lieber getreuer. Unmittelbar kann ich Euren mir vorgelegten Plan des herzogl. braunschweigischen Kammerrats Kramer zur Versorgung meiner Länder mit eigenem guten Eisen nicht beurteilen. Ich habe dazu nicht hinlänglich bergmännische Kenntnisse und habe daher solchen meinem Etatsminister, Freiherrn von Heinitz , als Chef meines Berg- und Hüttendepartements, zur Untersuchung zugefertigt und setze bis zum Eingang dessen Berichts Meine Entschliessung darauf aus. — Indessen bin ich Euer gnädiger König Friedrich . Potsdam, den 11. Dezember 1777.“ — Auf Heinitz’ Bericht hin wurde aus der Sache nichts. Dass aber der König nicht immer blindlings dem Minister von Heinitz folgte, und dass er im Grunde kein Freund der Verstaat- lichung der Eisenwerke war, geht aus folgendem interessanten Schreiben vom 4. August 1780 hervor. „Mein lieber Etatsminister, Freiherr von Heinitz ! Es ist mir zwar Euer anderweiter Bericht vom 3. dieses Monats, den Ankauf der Itzigs chen Eisen- hütte und Blechwerk (Sorge und Voigtsfelde) betreffend, zuge- kommen: Allein, Ihr möget Mir das nicht übel nehmen, den Kontrakt konnte Ich nicht konfirmieren. Ich sehe gar nicht ab, wozu ich alle Eisenwerke an Mich kaufen soll, das bin ich keines- wegs gesonnen zu thun, sondern man muss dem publico auch etwas lassen. . . .“ Dennoch wurden zwei Jahre später auch diese Werke fiskalisch. Alsbald nach Einsetzung des Berg- und Hüttendepartements wurde am 27. April 1769 die wichtige Hütten- und Hammer- ordnung für sämtliche in königl. preussischen Landen befindlichen Königl. Eisen-, Blech-, Kupfer- und andere Hütten-, auch Hammerwerke erlassen. Dieselbe war zum Teil der stollberg-wernigerodischen Eisenhüttenordnung vom 28. April 1737 nachgebildet, zeichnete sich aber durch Klarheit und Gründlichkeit aus. In der That gewinnt man aus dieser Hüttenordnung, in welcher die Pflichten eines jeden auf den Hütten und Hämmern Beschäftigten, vom Direktor bis zum geringsten Arbeiter, auseinandergesetzt sind, einen lebendigen Einblick in das Leben und Treiben auf den Eisen- Preussen. werken. Wir müssen uns aber darauf beschränken, eine ganz kurze Übersicht des Gesetzes mitzuteilen Die preussische Hütten- und Hammerordnung von 1769 findet sich abge- druckt in Wagners Corpus jur. metal. S. 1156. . Kap. I beschäftigt sich mit den allgemeinen Pflichten der Hütten- Offizianten. Kap. II mit deren besonderen Pflichten, worin namentlich genaue Vor- schriften über die Verwaltung und das Rechnungswesen gegeben werden. Ausgaben über 5 Rthlr. durften nur im Einverständ- nis des Bergwerks- und Hütten-Departements gemacht werden. Ausführliche Vorschriften werden über die An- und Abnahme der Materialien und Waren und deren Kontrolle erlassen. Kap. III handelt von den Gedingen der Hütten- und Hammerleute; diese erfolgten auf ein Jahr vom 1. Juni oder von Trinitatis an. Es durfte keiner, der auf inländischen Werken gearbeitet hatte, ohne ordnungsmässigen Entlassungsschein angenommen werden. Die Gedinge selbst wurden um Fastnacht oder in der Mitte des Februar abgeschlossen; Kündigungen mussten 3 bis 4 Wochen vor dieser Zeit erfolgen. Jeder angenommene Arbeiter erhielt seinen Dinge-Zettel, in dem genau zu verzeichnen war, was er an Lohn zu erwarten hatte. Der Lohn musste alle 14 Tage richtig, prompt und unverkürzt ausgezahlt werden. Kap. IV lautet: „Von hohen Öfen und Guss-Werken.“ Alle Hochofen- arbeiter, Knechte, Pocher und Former wurden vereidigt. Der Hochofenmeister durfte an der Beschickung ohne Einwilligung des Faktors oder Kontrolleurs nichts ändern, dagegen durfte er je nach dem Gange des Ofens am Stein abbrechen oder zu- setzen. „Bey dem Ammunitionsguss und zwar bei Kugeln, Feld- Stücken und Trauben-Kugeln ist der Ofen auf lauteres und grelles Eisen, hingegen bei Bomben nicht auf grelles oder gares, sondern halbiertes Eisen zu beschicken, indem die Bomben von ganz grellem Eisen zu spröde sind und leicht bersten.“ Bei dem Munitionsguss soll das Eisen nicht geschöpft, sondern regel- mässig abgestochen werden. Der Former durfte kein Gusswerk weder in Lehm noch in Sand machen, wenn er dazu das Eisen im Ofen nicht tüchtig fand. Dem Frisch-Roheisen soll kein Sand anhängen und muss deshalb der Masselgraben mit feinem Kohlengestübbe ausgeschlagen werden. Kap. V. „Von Frisch-Feuern und Stab-Hämmern.“ Alte und unbrauch- 58* Preussen. bare Ammunition durfte nicht verfrischt, sondern musste auf dem Hochofen aufgegeben werden und zwar in Stücken zer- schlagen und nicht mehr als ⅓ oder ¼ Centner auf die Gicht. (2) „Und wie Unser ernster Wille und Befehl ist, dass bei der guten Qualität der Schmelz-Materialien auf Unsern Hüttenwerken alle Sorten von Stab-, Schienen-, Pflug-, Flach-, Modell-, Zähn- und Reck-Eisen von vollkommenster und dem besten aus- ländischen Eisen gleichkommender Güte angefertigt und im Publico verkauft werden sollen; so müssen die Frisch- und Stab-Schmiede durch fleissige und redliche Arbeit bey dem Frischen und Ausschmieden, teils durch öfteres und gehöriges Aufbrechen, teils aber mit einem der Natur des Roh-Eisens angemessenen Feuer-Bau dem Eisen alle mögliche Bonität, deren es nur fähig ist, geben, und so wenig wie möglich Kalk bei dem Frischen gebrauchen“ . . . . „Bey dem zeither angenommenen Abgang von ⅜ vom Stab- und 2/7 beym Frisch-Eisen soll es vorder- hand sein Bewenden behalten.“ Dem Zainschmied wird 8 Pfund Ab- gang auf den Centner gestattet. Es sollen überall die kleinen und geschlossenen Frisch-Feuer eingeführt werden, wodurch nicht allein grosse Kohlenersparung bewirkt, sondern auch das Eisen selbst um ein merkliches verbessert wird. Sämtliches Stabeisen muss, ehe es in das Magazin kommt, aufs schärfste durch Biegen und Werfen probiert werden. (13) „Auf sämt- lichen Hammerwerken sollen die Hammerschmiede Sonntags abends um 10 Uhr zu arbeiten anfangen und die ganze Woche hindurch bis des Sonnabends gegen Mittag unablässig konti- nuieren, alsdann bei der Schicht das in der Woche gefertigte Eisen abgewogen, probiert und in das Magazin geschafft werden muss. (11) Sollten die Frischer und Hammerschmiede diesem nicht pünktlich nachleben und zur gesetzten Zeit zu arbeiten nicht anfangen, sondern sich bey den eingerissenen Missbräuchen nach 10 Uhr oder gar später in den Bierhäusern betreten lassen und dem schändlichen Trunk nachgehen, welcher sie nicht allein zur Arbeit, sondern auch zum Gehorsam unfähig macht, soll der Hammerschmied zum erstenmal in 1 Thaler und der Schenk- wirt in eben so viel Strafe verfallen seyn, welche zur Hütten- Armenkasse eingezogen werden soll. Dafern aber diesem Un- wesen dadurch nicht abgeholfen und einer und der andere von den Hammerschmieden ein Handwerk von dergleichem wider- natürlichem Vollsaufen machen würden, soll derselbe als ein Preussen. inkorrigibler und unnützer Mensch von dem Hüttenwerk gejagt werden.“ Muss der Hammer wegen Eisen- und Kohlenmangel feiern, so erhält der Hammerschmied mit seinen Leuten, voraus- gesetzt, dass der Hammer noch keine 40 Wochen im Jahre ge- arbeitet hat, 5 Thaler Wartegeld für die Woche. Kap. V. „Von den schwarzen und weissen Blechhämmern“: enthält genaue Vorschriften über die Qualität des zu verwendenden Eisens. Die Sturzbleche müssen durchweg eben und gleich ge- schmiedet werden, auch weder rissig noch schiefrig, sondern sowohl in der Mitte, als an den Enden von egaler Stärke sein. Die schwarzen Sturzbleche müssen sich kalt lochen, biegen und falzen lassen. Den Blechschmieden wird 18 Pfund Abgang pas- sieret. Von den Sturzblechen sollen 18 bis 28 Tafeln auf den Centner gehen. Es folgen genaue Vorschriften über das Schmieden der Pfannenbleche und der Dünn-Eisen, d. h. der Blechtafeln, welche verzinnt werden zu Weissblech. Ein Doppel- schock Dünn-Eisen, nach dem gewöhnlichen Hüttenmasse be- schnitten, soll 52 bis 54 Pfund wiegen. Kap. VII. „Von der Verzinnung, auch dem Packen und Zeichnen der Bleche.“ Hierbei wird festgesetzt, dass auf ein Fass ordinär Kreuz- und Foder-Blech zu 450 Blatt höchstens 30 Pfund Zinn passieren darf. Eine Garnitur Bleche, ⅓ Kreuz- und ⅔ Foderbleche, soll nicht mehr als 6 Centner, ein Fass Kreuzbleche zu 450 Blatt 1¾ Centner, ein Fass weisser Ausschuss, worin Kreuz-, Foder- und Senklerblech durcheinander gepackt, 2 Centner wiegen, wohingegen die Senkler nach auswärtigem Hüttenbrauch in Fässer zu 600 Blatt zu packen sind. Kap. VIII handelt von der Köhlerei und dem Holz-Schlage, welche Vor- schriften später noch durch eine besondere Verordnung vom 15. Januar 1779 erläutert worden sind. Kap. IX lautet: Von den bei den Hütten befindlichen Handwerken. Als Beilagen sind dem Gesetz angefügt: A. das Privilegium für die Hüttenbedienten und Arbeiter; B. der Eid eines Hüttenoffizianten; C. der Eid eines Hüttenarbeiters. Es war das Bestreben des Königs und seiner Regierung, die Eisenhütten und -Hämmer des Landes auf eine solche Stufe zu bringen, dass das inländische Eisen das ausländische, besonders das schwedische Eisen, ersetzen und verdrängen sollte. Mit den Harzer Werken konnten die preussischen Hütten bereits erfolgreich kon- kurrieren, und es wurde nur noch wenig Eisen von dort eingeführt; Preussen. dagegen beherrschte das schwedische Eisen noch immer den Markt und schien für viele Zwecke unentbehrlich. Man bezahlte aber für schwedisches Eisen 7 Thaler für den Centner, während inländisches nur 4 Thaler 20 Groschen galt. Die Hauptsorten von schwedischem waren Stabeisen, 2 Zoll breit und ¾ Zoll dick, mit dem Zeichen S. F., und Schlossereisen, 1½ Zoll breit und ¼ Zoll dick, mit den Zeichen H. H. und H. S. Von Stahlsorten war der Kölnische Stahl am meisten beliebt. Das Pfund kostete 4 Groschen 6 Pfennig, während englischer Stahl mit 8 Groschen bezahlt wurde. Die Versuche, Stahl auf den branden- burgischen Hammerwerken zu machen, hatten keinen Erfolg. Zum Schutze des inländischen Eisens wurde von fremdem Eisen ein Eingangszoll von 6 Gr. für den Centner erhoben. Die Einfuhr fremder Bleche wurde ganz verboten, ausser in Schlesien und Ostpreussen, welche aber ein gewisses Quantum von den königlichen Werken nehmen mussten. In den Städten wurden Niederlagen von inländischem Eisen und Blech errichtet, in den kleineren Orten einzelne „Distributionen“, wovon der Verkäufer nur gewisse Prozente bezog. 1770 starb Kriegs- rat Jäckel , der ein Hauptverdienst an der Förderung der Eisen- industrie hatte, und machte sich der Mangel eines tüchtigen Nach- folgers in den nächsten Jahren sehr fühlbar. Erst nach einiger Zeit brachte man es durch Betriebsverbesserungen, schärfere Kontrolle und durch Übernahme des Eisenwerkes von Zehdenik, welches bis dahin Konkurrenz gemacht hatte, dahin, wieder gute Waren zu liefern und Überschuss zu machen. Als ein glückliches Ereignis muss der Eintritt des Staatsministers von Heinitz in den königlichen Dienst be- zeichnet werden. Heinitz , der in Berg- und Hüttensachen Fachmann war, griff überall thätig ein. Es wurde für Vorräte in den königlichen Nieder- lagen gesorgt, Prämien für gute Waren ausgesetzt, die Holzersparung durch Erlass der neuen Holz- und Kohlenordnung gefördert. Das Eisenwerk zu Peitz wurde in eigene Regie übernommen, und so konnte man schon 1779 die Eisenpreise heruntersetzen und die Ein- fuhr des schwedischen Eisens verbieten. Die preussischen Provinzen hatten bis dahin jährlich ungefähr 44000 Ctr. schwedisches Eisen bezogen, das den Kaufleuten in Stettin selbst auf mindestens 4 Thlr. zu stehen kam. 1776 wurde zu Neustadt-Eberswalde auch eine besondere Fabrik zur Verfertigung von Kämmen und Messerscheiden aus Elfenbein an- gelegt, welche jährlich 50 Ctr. Elfenbein verarbeitete. Damals be- Preussen. fanden sich 119 fremde Familien mit 444 Köpfen daselbst, darunter 52 Messerschmiede, 8 Schlössermacher, 3 Scherenschmiede, 4 Bohr- und Zeugschmiede, 2 Ring- und Schnallenschmiede, 2 Feilenhauer, 2 Ortschmiede, 1 Lichtputzenmacher, 3 Hammerschmiede, 12 Vor- schläger. Für dieselben waren Arbeiterhäuser für je zwei Familien errichtet. Die Materialien wurden von dem Besitzer im grossen einge- kauft. Die Arbeitskosten beliefen sich auf 36000 Thlr. im Jahre. Die Arbeiten wurden von Schaumeistern geprüft. Die Arbeiter bildeten ein Gewerbe (Fabrik) und hatten ihre Kranken-, Sterbe- und Witwen- kasse. 1778 hatte eine Bereisung der Werke am Finowkanal durch den Minister von Heinitz stattgefunden, welcher fand, dass die Pächter vor 8 bis 9 Jahren Walzen und ein komplettes Gerüst zur Blechfabrikation aus England hatten kommen lassen; dasselbe war aber liegen geblieben, weil kein Baukapital vorhanden war. Auf den Bericht des Ministers hin wurde das Werk durch Kabinetsbefehl vom 5. Dezember 1779 der fiskalischen Verwaltung unterstellt. Sein Hauptaugenmerk wendete aber Minister von Heinitz auf die Provinz Schlesien , wo die Eisenindustrie zurückgeblieben war. Im Jahre 1721 war dort der erste Hochofen erbaut worden. Vordem hatte man nur Luppenfeuer in Schlesien, die auch noch nach dieser Zeit hauptsächlich benutzt wurden. Das Eisenhüttenwesen war um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ein unbedeutendes Gewerbe in Schlesien, welches nur zur Benutzung des sonst ganz wertlosen Holzes von den Grundbesitzern ausgeübt wurde und sich grösstenteils noch auf die Darstellung eines Stabeisens sehr geringer Qualität, welches un- mittelbar aus den Erzen gewonnen wurde, beschränkte A. Serlo , Beitrag zur Geschichte des schlesischen Bergbaues in den letzten 100 Jahren. 1859. S. 101. . Die Einführung der Roheisengewinnung hatte zwar bereits um das Jahr 1720 mit Erbauung eines Hochofens zu Halemba im Beuthener Kreise statt- gefunden, dieselbe scheint jedoch nur geringe Fortschritte gemacht zu haben. Obgleich man um das Jahr 1750 in der Provinz bereits 14 Holzkohlenhochöfen und 40 Frischfeuer neben 21 Luppenfeuern zählte, so betrug die ganze Roheisenproduktion doch nicht über 25000 Ctr. jährlich. An Stabeisen wurden 32000 Ctr. erzeugt. Die Verwendung des Roheisens zu Gusswaren war fast noch unbekannt. In diesem Zustande wurde durch die preussische Verwaltung ein bedeutender Umschwung herbeigeführt. Allerdings lag die Eisen- industrie innerhalb des dritten Viertels des Jahrhunderts noch so Preussen. sehr in der Kindheit, dass die Einfuhr oberschlesischen Eisens in andere Provinzen des Staates wegen seiner schlechten Beschaffenheit verboten war; bald jedoch traf Friedrich der Grosse die geeig- neten Massnahmen zur Hebung der Kulturverhältnisse. Im Jahre 1754 und 1755 hatte er durch den Oberforstmeister Rhedanz die beiden Hochofen- und Frischfeueranlagen Malapane und Kreuzburger Hütte gegründet, zu welchen aus entfernten Gegenden geschickte Arbeiter herangezogen wurden. Damals war Oberschlesien noch mit fast undurchdringlichem Urwald bedeckt. Die Lage von Malapane wurde des günstigen Wassergefälles wegen gewählt, und hat auch die Hütte ihren Namen von dem gleichnamigen Flusse. Der Hauptzweck der An- lagen war die Beschaffung der Munition für die schlesischen Festungen. Menschen gab es in jener Gegend nur wenige. Die Arbeiter mussten mit grossen Kosten aus anderen Provinzen und Ländern, aus Brandenburg, Sachsen und dem Harz herangezogen werden. Es entstand hier in dem sonst ganz katholischen und slawischen Lande eine protestantische, deutsche Kolonie, die sich lange erhalten hat. Zur Förderung des Werkes wurden die Beamten und Arbeiter der Hütte durch einen Erlass des Königs vom 20. März 1755 mit be- sonderen, weitgehenden Hüttenfreiheiten begnadigt Der Erlass ist abgedruckt in L. Wachler , Geschichte des ersten Jahr- hunderts der kgl. Eisenhüttenwerke zu Malapane von 1753 bis 1854. Glogau 1856. S. 4. . Um ihnen Wohnungen zu verschaffen, wurde 1769 die Kolonie Hüttendorf erbaut und 1781 die zweite Kolonie, Antonie, zwischen Malapane und Jed- litze. Sie gehörten zu der Hütte, und übte das Hüttenamt Domänial- rechte und Ortspolizei aus. Bis 1768 hatte Malapane nur ein Frischfeuer. In diesem Jahre, 14 Jahre nach der Gründung des Werkes, machte sich erst das Bedürfnis nach Vergrösserung bemerkbar, und wurden ¼ Meile oberhalb Mala- pane zwei weitere Frischfeuer bei dem Dorfe Krascheow angelegt. Bald hatte Malapane so bedeutende Überschüsse gebracht, dass man 1775 eine halbe Meile unterhalb, ohne sonstige Beihülfe, das Jedlitzer Werk erbauen konnte. Es bestand aus 1 Drahtzuge, 1 Frischfeuer und 1 Zeug- und Zainhammer. Der Drahtzug lieferte jährlich 120 Ctr. verschiedene Drahtsorten. 1777 wurde von Heinitz Minister. In diesem Jahre betrug die gesamte Erzförderung Schlesiens 125679 preuss. Tonnen (1 Scheffel = ⅖ Tonne), das Eisen war aber so schlecht, dass seine Ausfuhr in die übrigen preussischen Provinzen immer noch verboten war. Preussen. 1779 erliess Friedrich der Grosse ein Einfuhrverbot für fremdes Eisen. Diese Massregel wirkte sehr günstig auf die Entwicke- lung der schlesischen Eisenindustrie. Viel wichtiger aber war noch ein anderes Ereignis. 1779 wurde ein besonderes Oberbergamt für Schlesien gegründet, und Friedrich Wilhelm Freiherr von Reden die Leitung desselben übertragen. Reden , der Neffe des vortreff- lichen Berghauptmanns des Oberharzes Graf Reden , der in braun- schweig-hannöverischen Diensten stand, war am 23. März 1752 zu Hameln geboren. Durch seinen Oheim wurde das Interesse am Berg- und Hüttenwesen in ihm geweckt. Er studierte in Göttingen und lernte dann durch grosse Reisen das Berg- und Hüttenwesen in Deutschland, England und Schottland kennen. Hier sah er nament- lich die Verwendung der Steinkohlen, welche die Grundlage der modernen Eisenindustrie Englands geworden war. Minister von Heinitz gebührt das Verdienst, den geistes- verwandten, viel versprechenden Jüngling an sich gefesselt und nach Preussen gezogen zu haben. 1778 ernannte Friedrich der Grosse den 26jährigen zum Oberbergrat im Ministerium des Innern und zum Kammerherrn, und ein Jahr später stellte er ihn bereits an die Spitze des Oberbergamtes in Breslau. Graf Reden wurde der Schöpfer der oberschlesischen Montanindustrie. Er leistete Erstaunliches. Vor- trefflich verstand er es, den König für seine Pläne zu erwärmen und von dem sparsamen Monarchen die Bewilligung der Mittel zu deren Ausführung zu erlangen. Reden war unermüdlich den Steinkohlen Oberschlesiens , in deren Ausbeutung er mit richtigem Blick die Zukunft der schlesischen Industrie sah, Anwendung zu Feuerungszwecken in der Industrie zu verschaffen. Er bewirkte, dass der Staat die Kosten der Umänderung der Feuerungsanlagen übernahm und den Interessenten Zeichnungen und Anleitungen umsonst zur Verfügung stellte und Prämien gewährte. Bis zu der Zeit war der ganze Bergbau Oberschlesiens so un- bedeutend gewesen, dass es nicht einmal eine eigene Bergdeputation hatte. Die beiden Eisenwerke Malapaner- und Kreuzburger Hütte ressortierten direkt unter der Domänenverwaltung. Reden erkannte den Reichtum Oberschlesiens und übernahm die beiden Werke auf sein Oberbergamt (1780). Sofort nach dem Antritt seines neuen Amtes, noch im Jahre 1779, hatte er eine besondere Bergdeputation (Revieramt) in Tarnowitz gegründet, welche schon nach einigen Jahren zu einem Bergamt erweitert werden musste. Zunächst setzte Graf Reden die verwahrlosten Blei- und Silberwerke zu Tarnowitz Preussen. wieder in Gang. Dadurch wusste er in besonderem Masse das Interesse des Königs, der es immer beklagt hatte, dass er das Blei für seine Munition ausser Landes kaufen musste, zu erwecken. Er fand sich mit dem Grafen Henkel als Besitzer der Standes- herrschaft Beuthen-Tarnowitz durch Vertrag ab, berief Arbeiter von Mansfeld und konnte 1784 die Friedrichsgrube bei Tarnowitz eröffnen. Inzwischen war er ebenso eifrig für die Entwickelung des Kohlen- bergbaues bemüht. Vor allem baute er Fahrwege, die vordem kaum bestanden hatten. Schlesiens Eisenindustrie war verhältnismässig noch unbedeutend. Nach einem ungefähren Überschlage waren im Jahre 1780 etwa 36 Hochöfen im Betrieb gewesen, welche aber höchstens 100000 Ctr. Roheisen lieferten. Aus diesem und unter Zurechnung der Produktion von etwa 20 Luppenfeuern wurden ca. 75000 Ctr. Stabeisen im Werte von 3½ Thlr. der Centner hergestellt, also mit einem Gesamtwerte von ca. 250000 Thlr. An Arbeitern waren ein- schliesslich der Eisengräbereien etwa 600 beschäftigt Siehe v. Carnall , Das Denkmal des Ministers Grafen von Reden zu Königshütte. Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preussischen Staate I. S. 204. . Schon 1781 erklärte Reden dem Minister von Heinitz , er ge- traue sich zu behaupten, dass die Berge Ober-Schlesiens sämtliche preussische Werke auf unabsehbare Zeit mit Brennmaterial versehen könnten. Reden fand nachhaltige Unterstützung bei dem vortrefflichen Minister von Heinitz und bei dem grossen König. Dieser hatte schon 1768 unter dem Minister Hagen das Berg- und Hüttenwesen von der allgemeinen Verwaltung abgezweigt und einem selbständigen „Bergwerks- und Hütten-Departement“ unterstellt. Für die einzelnen Provinzen hatte er entsprechende Bergwerks- und Hütten-Ordnungen ausarbeiten lassen und den neuernannten Minister von Heinitz in den Jahren 1778 bis 1781 seine Staaten zur Förderung des Berg- und Hüttenwesens bereisen lassen, um, wie es in dem königlichen Reskript vom 15. Oktober 1781 heisst, „den Nahrungszustand Unsrer getreuen Unterthanen zu verbessern, die Cirkulation des Geldes in den Provinzen zu vermehren und Handel und Wandel blühender zu machen“. Am 6. November 1781 erliess der König ein Reskript Siehe Dr. Max Sering , Geschichte der preussisch-deutschen Eisenzölle. 1882. S. 266. an den Oberbergrat Wehling in Berlin, wodurch derselbe zu Vorschlägen Preussen. über die Vervollkommnung des inländischen Eisenhandels aufgefordert wird. Dieses für den König und die damalige Lage des Eisengewerbes in Preussen charakteristische Schreiben lautet, wie folgt: „ Friedrich , König p. Unserm p. Unter den verschiedenen Gegenständen, deren besondere Bearbeitung Wir Unserm Bergwerks- und Hütten-Departement aufgetragen haben, ist der Verbrauch und Absatz des in Unsern Staaten, theils auf Unsern eigenen, theils auf Privathütten fabri- cirten Eisens und Bleches einer derjenigen, auf welchen Wir von jeher Unsere vorzügliche Aufmerksamkeit gerichtet haben. Es ist Euch bekannt, zu welchen Mitteln Wir anfänglich haben greifen müssen, um Unsere Hüttenfabricate an Unsere Unter- thanen zu debitiren, sie solchergestalt mit denselben nach und nach besser bekannt zu machen, ihnen ihre vielfältigen Vorurtheile dagegen zu benehmen und zugleich Unsrer Hauptbergwerks- und Hütten-Casse dadurch in etwas aufzuhelfen. Ihr wisst aber auch, wie sehr Wir’s Uns haben angelegen seyn lassen, die Qualität dieser Hüttenprodukte zu verbessern, die Fabrication derselben nach und nach zu vermehren, und auf diese Weise für das Interesse Unsrer Unterthanen, sowie für Unser eigenes zu sorgen. Es ist Euch ferner nicht unbe- kannt, dass, seitdem Wir Unsere, mit vorzüglich gutem Eisen- erze und mit dem benöthigten Holze reichlich gesegnete Provinz Oberschlesien durch Unsern Etats-Minister, Frhrn. v. Heinitz , bereisen lassen und Uns überzeugt haben, dass mit dem daselbst sowohl, als auf Unsern in hiesigen Provinzen angelegten, der- gleichen auf den Harzer, Blankenburgischen und Wernigerode- schen Hütten verfertigten Eisen und Blech, Unsere sämmtlichen Staaten diesseits der Weser, der Menge und Güte nach ver- sorget werden können, der ganze Eisenhandel eine andre Gestalt gewonnen, jene Zwangsmittel zum debit mit den deshalb an- gelegten Distributionen, aufgehoben, die Einfuhren des schwe- dischen Eisens verboten, mit Blankenburg, Wernigerode und den oberschlesischen Privathüttenbesitzern Lieferungs-Contracte geschlossen, für die Hauptbergwerks- und Hüttenkasse ein Conto di tempo von 100/M. Rthlr. bei Unserer hiesigen Haupt- banque eröffnet, verschiedene Magazine in den Provinzen etablirt, zur Bearbeitung der bei diesem erweiterten Handel vorkommenden Preussen. Geschäfte ein besonderes Haupt-Eisen-Comptoir errichtet und Euch die Direction desselben anvertraut worden. So sehr wir nun an dem bisherigen Fortgange Unserer des- fallsigen hauptsächlich auf Unsrer Unterthanen mehreres Wohl abzielenden Verordnungen ein gnädiges Wohlgefallen haben, ebenso sehr ist Uns daran gelegen, diesen Eisenhandel zur mög- lichsten Vollkommenheit und zu einer solchen dauerhaften con- sistenz zu bringen, dass derselbe theils mit Unsrem übrigen Staatshaushalte stets verbunden bleibe, theils auch mit dem- jenigen allgemeinen Plan von dem durch Unser Bergwerks- und Hütten-Departement künftig vorzüglich zu bearbeitenden Gegen- stande, über dessen Durchführung sich Unsere höchste Person demnächst entschliessen wird, genau zusammenpasse und also ein vollständiges Ganze entstehe; und Wir erfordern daher hier- durch von Euch Eure gründlichen und pflichtmässigen Vor- schläge, welche dienlichen Mittel zur Erreichung dieses End- zweckes anzuwenden seyn möchten?“ etc. Auf Grund dieses Schreibens wurden sämtliche preussische Berg- behörden zum Bericht aufgefordert und auf diese Berichte hin ein Generalplan ausgearbeitet, aus dem wir folgende Vorschläge für die Hebung der Eisenindustrie ausziehen. Für Oberschlesien wurden 12474 Rthlr. zur Anlage eines Frisch- feuers, eines schwarzen Blechhammers und einer Kanonengiesserei in Aussicht genommen; in Thale und Halberstadt für die Anlage von weissen Blechhämmern 4408 Rthlr. „Durch diese Anlagen soll der Schiffbau-Eisenbedarf für Pommern und das Consumo für West- preussen gemeinschaftlich mit den Danziger Hämmern beschafft, auch die für Ostpreussen und Elbingen annoch erforderlichen weissen und schwarzen Bleche verfertigt werden; wodurch denn abermal jährlich 69000 Rthlr. im Lande erhalten werden, so dass mit den bereits er- sparten 187942 Rthlr. durch die diesseits der Weser befindlichen Eisenhütten mindestens 256942 Rthlr., welche ehemals nach Schweden gegangen, nunmehr den königlichen Staaten zu gute kommen.“ „Von verschiedenen Eisenfabriquen, welche mit Steinkohlen ar- beiten“, wird beabsichtigt: 1. die Anlegung einer solchen Fabrique bei Striegau in Schlesien und Unterstützung der Fabrikanten in Steinseifen (5992 Rthlr.), 2. die Verbesserung der Wege zu diesen und den märkischen Fabriquen, um Steinkohlen für selbige herbei- zuführen (3600 Rthlr.), 3. die Hereinziehung von 50 Eisenfabricanten aus dem Bergischen, welche allerhand Sorten Bandeisen und dergl. Preussen. verfertigen, à 120 Rthlr. pro Mann (6000 Rthlr.), 4. die Etablirung einer Stahlnähnadelfabrique zu Altena im Märkischen (3000 Rthlr.). Für das gesamte Reformprojekt wurden 267500 Rthlr. verlangt und berechnet, dass man gar bald eine halbe Million dem Lande an jährlicher Ausgabe für eingeführte Montanprodukte ersparen, und dass das angewandte Geld sich binnen 5 Jahren zu 4 Proz. verzinsen werde. Der Bericht fährt dann fort: „Ausser diesen wesentlichen Vor- theilen erhalten Ew. Majestät noch diese: 1. Dass es alsdann an den für höchstdero Armeen erforderlichen Kriegsbedürfnissen an Eisen, Kupfer, Blei, Zinn, Schwefel und Salpeter nie im Lande fehlen kann; 2. dass der Manufacturstand, der seit Ew. Majestät weisen Re- gierung so glücklich zugenommen hat, an diesen benöthigten Berg- und Hüttenproducten keinen Mangel haben wird; 3. dass die National-Industrie auch in dieser Art von Beschäfti- gung gleich anderen Branchen mehr zunehmen muss, und 4. dass durch die Ansetzung von 434 fremden Familien, Offi- cianten, Berg- und Hüttenleuten, die Population in Ew. Maje- stät Landen vermehrt wird.“ Der sparsame König billigte zwar die gemachten Vorschläge, be- willigte aber die geforderte Summe vorläufig nicht. Dies geschah erst nach Ablauf von 1½ Jahren im Juni 1783, nachdem Minister von Heinitz in seinem Bericht Siehe M. Sering , a. a. O., S. 270. vom 4. Januar 1783 zahlenmässig den Aufschwung der preussischen Eisenindustrie nachgewiesen hatte. Hierzu hatte das Aufblühen des schlesischen Eisenhüttenwesens wesentlich beigetragen. Von Reden hatte 1782 die drei zusammenliegenden Eisenwerke Malapane, Jedlitze und Krascheow unter ein gemeinschaftliches Hütten- amt in Malapane vereinigt. Die Betriebsvorrichtungen bestanden bei der Übergabe aus 2 Hochöfen mit einem durchschnittlichen Aus- bringen von je 150 Ctr. pro Woche, 4 Frischfeuern, deren höchste wöchentliche Produktion 120 Ctr. betrug, 1 Drahtzug, 1 Zeughammer und 1 Zainhammer, die hauptsächlich für den Drahtzug arbeiteten Freiherr von Reden machte die Hütte zu Malapane zur Pflanz- schule des Eisenhüttenwesens für die ganze Provinz. Da sich der Drahtzug nicht rentierte, so liess er ihn mit dem Zeughammer ein- gehen und baute ihn in zwei Frischfeuer um, so dass das Jedlitzer. Preussen. Werk aus 3 Frischfeuern und 1 Zainhammer bestand. Auch baute er zu Malapane selbst noch eine zweite Frischhütte. Das Malapaner Stabeisen fand in Schlesien und Brandenburg, ja selbst im Auslande einen solch starken Begehr und Absatz, dass selbst der schwung- hafteste Betrieb der bereits vorhandenen 7 Frischfeuer nicht ausreichend war, den Bedarf zu decken. Es hatte dies die Anlage eines vierten Werkes zur Folge, indem die Behörde 1784 bei dem zwischen Mala- pane und Oppeln gelegenen Dorfe Dembiohammer eine Frischhütte mit 2 Feuern, wovon das eine zum Schwarzblech-Schmieden vorge- richtet war, erbaute. Dem Werke wurden 36000 Klafter Kohlholz aus den königlichen Tiergarten-Forsten zum Preise von 12 Ggr. für Kiefernholz und 8 Ggr. für den Klafter Fichtenholz bewilligt. Den Eisenstein für Malapane bezog man damals von Tarnowitz. von Redens ganzes Streben ging dahin, Dampfmaschinen- betrieb einzuführen, und er setzte wirklich gelegentlich eines Be- suches der Friedrichsgrube bei Tarnowitz mit Hülfe des Ministers von Heinitz die Anschaffung einer englischen Dampfmaschine durch, indem er darlegte, dass die Wasserhaltung der Grube mit Rosskräften jährlich 14000 Thlr., mit Dampfkraft aber nur 3700 Thlr. kosten würde. Die Einführung der Watts chen Dampfmaschine auf preussischen Bergwerken war die letzte Grossthat Friedrich II. Fast gleichzeitig wurde der Bau einer Dampfmaschine für die mansfeldischen Bergwerke durch den Assessor Bückling , und der Ankauf einer englischen Maschine für Oberschlesien beschlossen. Zu diesem Zwecke wurde ein anderer noch junger Beamter, den das scharfe Auge des grossen Königs aus vielen auserlesen hatte und der zu den Gründern des modernen Preussens gehörte, der Freiherr vom Stein , nach England geschickt. Auch Stein war besonders durch Heinitz angezogen worden. Am 2. Fe- bruar 1780 hatte Friedrich II. den 23 jährigen zum Kämmerer er- nannt und ihn auf seinen Wunsch dem Departement des Ministers von Heinitz als Referendar zugeteilt. Schon im folgenden Jahre, am 28. März 1781, wurde er bei der Bergwerks- und Hütten-Ver- waltung mit Sitz und Stimme angestellt und erhielt die Hüttenwerke Sorge, Thale und Guttow zu seinem Departement Siehe Pertz , Das Leben des Freiherrn vom Stein I. S. 20. . Drei Monate darauf ward er auch zu Arbeiten bei dem Haupt-Eisen-Kontor beauf- tragt, begleitete den Minister von Heinitz auf einer grösseren Dienstreise nach West- und Ostpreussen, von wo aus er nebst dem Preussen. späteren Minister des Bergwesens, Grafen von Reden , den Rück- weg über Warschau, Wielitzka, Krakau durch Schlesien nach Berlin nahm. Hier traten also Stein und Reden zum erstenmal in nähere Berührung. Stein wurde im folgenden Jahre auf Heinitz ’ Vorschlag zum Oberbergrat ernannt. Der König zögerte bekanntlich anfangs, es schien ihm etwas stark, den noch nicht 25 Jahre alten Mann gleich zum Oberbergrat zu machen. Aber der Minister von Heinitz trat mit solchem Eifer für die hervorragenden Tugenden Steins bei dem König ein, dass dieser seine Zustimmung gab. Heinitz hob bei seinem Lobe Steins auch besonders hervor, dass er sich auf Reisen nach Ungarn, Steiermark und anderen deutschen Provinzen, bei ein- sichtiger Untersuchung der Berg- und Hüttenwerke, besonders der Stahl- und Eisen-Fabriken so gute Kenntnisse erworben, dass er schon damals, als der Minister ihm vorgeschlagen, sich des Königs Diensten zu widmen, einer Oberbergrats-Stelle hätte vorstehen können. Um diese Zeit begannen die grossen Fortschritte des englischen Eisen- hüttenwesens auf dem Kontinent Aufsehen zu erregen. Minister von Heinitz schickte 1784 den Bergkommissar Eversmann nach England, um dort während 18 Monaten die neuesten Fortschritte und ihre Ver- wertbarkeit für Preussen zu studieren. Ferner wurde 1786 beschlossen, den Oberbergrat vom Stein , den der König am 16. Februar 1784 mit der Leitung der west- fälischen Bergämter und der Mindenschen Bergwerkskommission betraut hatte, wegen der Dampfmaschinenangelegenheit und überhaupt zum Studium des englischen Berg- und Hüttenwesens womöglich mit von Reden nach England zu schicken. Da beendete Friedrich der Grosse am 17. August 1786 sein thatenreiches Leben. Sein Nachfolger, Friedrich Wilhelm II., schenkte dem Minister von Heinitz und dessen begabten Räten, den Freiherren von Reden und vom Stein , dasselbe Vertrauen wie sein erhabener Vorgänger. Alsbald nach seiner Thronbesteigung erhob er Reden in den Grafen- stand und ernannte Stein am 31. Oktober 1786 zum Geheimen Ober- Bergrat. Im November traten die beiden vortrefflichen Männer ihre Reise nach England an. Wie sie dort von Watt und Boulton zu Soho freundlich aufgenommen wurden, haben wir früher schon erwähnt. Reden bestellte in England eine Dampfmaschine, welche noch im Spätherbst 1786 abgeschickt wurde. Nach schwierigem Wasser- transport durch die Oder gelangte sie nach Oppeln, von wo sie per Preussen. Axe nach Tarnowitz verbracht wurde. Die Maschine, die 32 Zoll Cylinderweite hatte, wurde aufgestellt und ging. Es war dies die zweite Dampfmaschine, welche auf den königlichen Werken in Thätig- keit kam Die erste war die zu Burggerner im Mansfeldischen (S. 541). Diesen folgten bald mehrere andere, die im eignen Lande, erst zu Malapane, dann zu Gleiwitz hergestellt wurden. Die Cylinder liess man anfänglich aus England kommen. Den Genannten folgte 1791 eine 40 zöllige, 1793 eine 48 zöllige, 1796 eine 40 zöllige, 1798 eine 24 zöllige. . Das früher ganz unbekannte und vernachlässigte Oberschlesien wurde nun ein Reiseziel von Fürsten und Gelehrten. 1778 besuchte der König Tarnowitz, 1790 Herzog Karl August mit Goethe , welche Reden mit nach Wielitzka nahmen. Goethe rühmt Reden als vor- trefflichen Reisebegleiter. Von Tarnowitz schrieb er damals das Distichon: Fern von gebildeten Menschen, am Ende des Reiches, wer hilft euch Schätze finden und sie glücklich zu bringen ans Licht? Das grossartige Projekt des Ministers von Heinitz und des Grafen von Reden , in Oberschlesien eine Industrie zu schaffen, wie in Eng- land, stiessen auf viele Schwierigkeiten. Oberschlesien war noch fast im Urzustande, es gab keine Karten, keine Wege, keine Wirtshäuser, keine Arbeiter, wenigstens war mit der ungebildeten polnischen Be- völkerung damals noch nichts anzufangen. Über alle diese Hinder- nisse siegte Redens grossartige Energie. Zunächst war es ihm ge- lungen, vorzügliche Eisensteine (Sphärosiderite) in dem Kreuzburger Kreise auf dem Territorium der Dörfer Wilmsdorf, Lofkaritz, Babkowski und Ludwigsdorf aufzuschliessen und von 1780 an zu fördern. Diese Erze gaben für sich verschmolzen das vorzüglichste Roheisen, das, zur Stabeisen-Fabrikation verwandt, den allgemein anerkannten Ruf des Malapaner und Kreuzburger Eisens begründete. 1783 wurde der Bau einer Kanonengiesserei beschlossen. Über die Hoffnungen des Ministers von Heinitz bezüglich der Eisenindustrie giebt ein interessanter Brief Ich verdanke die Mitteilung dieses Briefes der Güte der Herren de Diet- rich u. Co . zu Niederbronn. desselben in französischer Sprache an Baron Phil. Friedr. de Dietrich vom 17. Juni 1785 einen Einblick. Er schreibt darin: „Ich habe den Bergkommissar Eversmann nach England geschickt, um dort 18 Monate lang Unter- suchungen und Beobachtungen bei den dortigen Bergwerken und Hütten anzustellen, und ich bin jetzt damit beschäftigt, zu prüfen, was man davon nützlich machen könne für neue Unternehmungen Preussen. und zur Verbesserung der alten. Meine Aufmerksamkeit wird sich in diesem Jahre besonders auf folgende Gegenstände richten: 1. Auf eine Giesserei eiserner Kanonen nach englischer Methode. Das Etablissement, welches im vorigen Jahre begonnen wurde, wird in diesem vollendet. Es befindet sich auf der königlichen Hütte zu Malapane. 2. Auf die Anlage einer Stahlfrischhütte und einiger Stahlraffinier- hämmer, da man in Oberschlesien ein Erz von erdiger Be- schaffenheit für Weisseisen, sehr geeignet für Stahl, gefunden hat. 3. Gussstahl zu machen unter Verwendung von Cementstahl als Rohmaterial. 4. Lasse ich einen Hochofen bauen, bei dem der Wind von drei Seiten eintritt. Wenn dieser Versuch, wie ich hoffe, gelingt, so wird die Menge der Roheisenerzeugung sehr gesteigert werden und auch die Qualität wird besser wie bei den ge- wöhnlichen Hochöfen sein. 5. Werden die Steinkohlen, welche wir in grosser Menge besitzen, entschwefelt, und ich werde die Koks mit Vorteil in den Hammer- und Gusshütten verwenden. 6. Soll die Feuerpumpe, welche in Mansfeld nach den neuen Grundsätzen von Boulton aufgestellt wurde und sich zur Trockenhaltung eines wichtigen Kupferschieferflötzes bewährt hat, bald nachgeahmt werden.“ Nach der Rückkehr Redens von seiner ersten englischen Reise 1787 machte er Versuche mit einem kleinen Kupolofen (Schachtofen) von 3 Fuss Höhe und 15 Zoll Weite mit Holzkohlen, und 1790 wieder- holte er diesen Versuch mit einem Öfchen von 4 Fuss Höhe und 12 Zoll Weite, beide Male ohne Erfolg. Es waren dies die kleinen Wilkinson -Öfen, welche mit Koks und genügendem Gebläse ganz gut funktionierten, für Holzkohlen aber nichts taugten. Graf Reden hatte John Wilkinson in England kennen gelernt und wahrscheinlich die Dampfmaschine für Tarnowitz von ihm be- zogen. 1789 wurde Wilkinson auf Redens Veranlassung von dem königlichen Bergwerks- und Hütten-Departement nach Schlesien be- rufen Siehe Bergmännisches Journal von Köhler , 5. Jahrgang. Bd. I. S. 148 und 3. Jahrgang. Bd. I. S. 319 (1790). , um Reden bei seinen Versuchen, mit Koks zu schmelzen, durch seine Erfahrung zu unterstützen. Reden hatte 1788 mit Ver- Beck , Geschichte des Eisens. 59 Preussen. suchen, die schlesische Steinkohle zu verkoken, begonnen. Die ersten Proben waren ungünstig ausgefallen. Während Wilkinsons An- wesenheit (1789) wurden die ersten erfolgreichen Versuche, Bleierze mit Koks zu schmelzen, auf der Friedrichshütte gemacht. Die beab- sichtigten Versuche, Eisenerze mit Koks zu schmelzen, verhinderte damals der starke Frost. Von Interesse ist, dass schon 10 Jahre früher, 1778, ein Eisen- hüttenpächter Koulhaass , angeregt durch Jars ’ „Metallurgische Reise“, Versuche mit Verkokung von Steinkohlen gemacht hatte. Er nahm sie nun ebenfalls wieder auf, und da ihm die Mittel fehlten, dieselben im Hochofen zu versuchen, probierte er sie in einem Luppenfeuer zu Mokrus; nach einigen Schwierigkeiten angeblich mit gutem Erfolg(?) Schlesisches Provinzialblatt 1790, St. 2, S. 141. . Um die Mitte des Jahres 1789 wurde die erste Schmelzung mit Koks in dem Hochofen zu Malapane gemacht. Man brach, als der Ofen im guten Gange war, an dem Holzkohlensatz ab, indem man 60 Pfund Koks für 50 Pfund Holzkohlen setzte und damit fortfuhr, bis man nur Koks aufgab, wovon man am 19. November 1789 das erste Roheisen erhielt. Nach einigem Misslingen war man im stande, den Ofen 436 Stunden lang nur mit Koks zu treiben, und erhielt dabei besonders zuletzt vorzügliches Eisen für feine Gusswaren und für zähes Stabeisen. „Es muss für jeden Schlesier erfreulich sein“, heisst es in dem Bericht, „dass Malapane das erste und einzige Werk in den ge- samten königlichen Staaten gewesen ist, woselbst man bei blossen abgeschwefelten Steinkohlen gutes Roheisen erzeugt hat, wo weder Offizianten noch Arbeiter jemals Koks gesehen oder verarbeitet hatten.“ Diese Versuche sollten zunächst nur die Thunlichkeit des Schmelzens von Eisen mit schlesischen Koks beweisen. Für einen dauernden Betrieb war weder der Hochofen noch das Gebläse genügend. Graf Reden reiste mit Wilkinson nach England. Er hatte für diese Instruktionsreise einen einjährigen Urlaub erhalten. Vor seiner Abreise hatte er noch einen mit Zuziehung Wilkinsons ent- worfenen Plan zur Erbauung von zwei englischen Hochöfen in Schle- sien dem König eingereicht. Graf Reden liess zunächst den einen Hochofen (Nr. 2) von Malapane in der Weise umbauen, dass derselbe statt des viereckigen einen runden Kernschacht erhielt und von 24 auf 29 Fuss erhöht wurde. Ferner kaufte er ein dreicylindriges Gebläse nebst Regulator in England, welches durch ein 22 Fuss hohes Wasserrad bewegt wurde. Preussen. Dasselbe kam 1791 an und wurde von dem ebenfalls nach England entsendeten Hüttenbau-Inspektor Wedding für den Hochofen (Nr. 2) in Malapane hergerichtet. Im September 1791 kam der Hochofen, nachdem man ihn mit Holzkohlen abgewärmt hatte, in Betrieb. Man ging nun sofort zu Koks über und machte in Gegenwart des Ministers von Heinitz in der ersten Woche bereits 75 Ctr. Roheisen den Tag, gegen sonst 52 Ctr. mit Holzkohlen. Die Produktion sollte bis 337 Ctr. gesteigert werden. Einem Briefe Alexander von Humboldts ent- nehmen wir noch, dass das Cylindergebläse 800 Kubikfuss Wind pro Minute gab. Die ersten Versuche seien misslungen, dann aber im Winter vom 25. Januar 1792 an sei der Betrieb so glücklich von statten gegangen, dass an dem vollständigen Erfolg des Unternehmens kein Zweifel mehr bestehe. Der junge A. von Humboldt soll damals zuerst auf die Not- wendigkeit stärkerer Gebläse beim Steinkohlenbetrieb hingewiesen haben. Eine bemerkenswerte Verbesserung war auch die Art des Auf- gebens mittels eines grossen Gichtwagens, der 32 Kubikfuss Kohlen fasste, auf welche die gattierte Erzgicht gleich oben aufgesetzt wurde. Der Wagen wurde auf Schienen über die Ofengicht gefahren und dort durch unterwärts sich öffnende Bodenklappen auf einmal entleert. Hochöfen mit mehreren Formen wurden zuerst auf oberschlesischen Privathütten eingeführt. Der Hochofen des Oberhütteninspektors Voss zu Borek hatte drei Formen, zwei auf der Formseite und eine gegenüber auf der Windseite. Der Hochofen des Grafen von Co- lonna zu Kotten, der 38 Fuss hoch war, hatte zwei Formen auf der Windseite. Die beiden genannten Hochöfen wurden mit Fichtenkohlen betrieben. Graf von Reden verbesserte nach seiner Rückkehr aus Eng- land die Eisengiesserei zu Malapane wesentlich. Denn während früher nur Munition, Kessel, Ofentöpfe und grobe Gusswaren geformt worden waren, liess er jetzt Cylinder, Dampfmaschinenteile, Brücken, Räder, Ketten, Trillinge, Laternenständer, verzierte Öfen, Gitter, Säulen, Thore, englische Kamine und viele andere Gegenstände, selbst feinen Kunstguss, anfertigen, und die Kessel, Töpfe, Öfen u. s. w., die man früher mühsam in Lehm geformt hatte, wurden jetzt nach Modellen in Kasten im Sand auf viel leichtere und wohlfeilere Art hergestellt, was der Giesserei einen grossen Aufschwung gab. Die Verbesserung der Giesserei betrieb Graf Reden persönlich 59* Preussen. und hielt sich zu diesem Zweck längere Zeit in Malapane auf. Er führte Gedinge bei den Formern ein, setzte eine strenge Trennung der Lehm- und Sandformerei durch und erliess genaue Vorschriften über die Abnahme der Gusswaren. Infolge der vorzüglichen Waren erzielte die Malapaner Giesserei sehr gute Preise. 1793 kostete der Centner feiner Lehmguss 5 Thlr., ordinärer Lehmguss 4 Thlr. 12 Gr., feiner Kastenguss 5 Thlr., mittlerer Kastenguss 4 Thlr. 12 Gr., ordi- närer Kastenguss 3 Thlr. 12 Gr., Sand- und Herdguss 2 Thlr. 12 Gr., fleissig gebohrte Sachen, Cylinder, Walzen u. s. w. 8 Thlr. 8 Gr. Ge- schliffene, abgedrehte und weniger fein gebohrte Sachen 7 Thlr. 4 Gr. Die Stabeisenfabrikation hatte Graf von Reden bereits 1788 dadurch verbessert, dass er zwei Frischer vom Harz engagierte. welche das dort übliche Warmfrischen (deutsche Frischschmiede) sowohl in Malapane als auf der Kreuzburger Hütte einführten. Eine weitere Verbesserung war die 1793 getroffene Einrichtung, dass der Meister von da ab abwechselnd mit dem Frischer einen Deul frischen und ausschmieden musste. Dadurch wurde grössere Produktion und ein regelmässigerer Betrieb erzielt. Schon seit 1782 waren Prämien für Mehrproduktion über den Mittelsatz eingeführt worden. Ferner liess Reden 1791 einen grossen Stirnhammer aus Eng- land kommen und auf dem Krascheower Werk aufstellen, um damit Kolben zu schmieden. Mit der Stahlfabrikation hatte man weniger Glück in Malapane. 1784 liess Graf von Reden den Stapeldirektor Voss nebst zwei Stahlschmieden aus der Grafschaft Mark kommen, die in Jedlitze Versuche, Rohstahl zu frischen, anstellten, welche günstig ausfielen, besonders mit Roheisen aus Wilmsdorfer und Loffkowitzer Stein. Infolgedessen wurden 1785 die beiden Kascheower Frischfeuer in 3 Rohstahl- und 3 Raffinierfeuer umgebaut und 1786 in Betrieb gesetzt. Dieser wurde aber schon nach 3 Jahren, 1789, wieder ein- gestellt, obgleich der Stahl gut war, weil die Breslauer Kaufmann- schaft Einsprache dagegen erhob, auf Grund eines ausschliesslichen Privilegiums, welches ihr in früherer Zeit erteilt worden war und das sie jetzt auszunutzen suchte, indem sie eine grossartige Stahlhütte zu Königshuld anlegte Vgl. Gründungsgeschichte der Eisen- und Stahlwarenfabrik Königshuld in Oberschlesien von H. Fechner . Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinen- wesen in Preussen. 20. 1891. S. 279. , die 1790 in Betrieb kam. Die preussische Staatsregierung unterstützte dieses Privatunternehmen durch eine Beihülfe von 70000 Thlr. Preussen. Da sich die Nachfrage nach Weissblech steigerte, indem der ein- zige Weissblechhammer in Schlawentzitz nicht genügte, so wurde 1784 das Blechwerk zu Dembiohammer errichtet, das aber später nach Malapane, wo man eine grosse Verzinnerei einrichtete, die 1799 in Gang kam, verlegt wurde. Im Jahre 1780 waren in Schlesien 36 Hochöfen im Betrieb, welche aber höchstens 100000 Ctr. Roheisen lieferten. Der Wert der gesamten Eisenproduktion wurde auf 250000 Thlr. angegeben; 1790 betrug der Wert der schlesischen Eisenproduktion schon 592318 Thr.; 1800 gab es 45 Hochöfen (6 mit Koks), über 150 Frischfeuer, welche 200000 bis 300000 Ctr. Roheisen und 160000 bis 180000 Ctr. Schmiedeeisen lieferten. Zwar hatten die Erfolge zu Malapane zur Genüge bewiesen, dass man mit schlesischem Koks Eisenerze verhütten konnte, aber die Ein- richtungen in Malapane waren nicht ausreichend, um damit einen befriedigenden Betrieb wie in England zu erzielen. Deshalb erstrebte Graf von Reden die Anlage eines ganz neuen Hüttenwerks, welches eigens für diesen Zweck und mit allen verbesserten Einrichtungen versehen sein sollte. Nach längeren Verhandlungen erhielt er endlich die Zustimmung des Ministeriums und des Königs und erbaute das Eisenhüttenwerk bei Gleiwitz, wo eine ausreichende Wasserkraft zur Verfügung stand. Mit den Entwürfen und der Bauausführung wurden Assessor Bogatsch und Bauinspektor Wedding betraut. Ausserdem bediente sich die preussische Regierung der Dienste eines englischen Ingenieurs M. Baildon , der früher Beamter der Carron- Eisenwerke in Schottland gewesen war. Der Bau begann 1794 und wurde 1796 vollendet. Am 21. September 1796 wurde der erste wirkliche Kokshochofen in Deutschland angeblasen, denn alle Hoch- öfen, in denen man vor diesem mit Koks geschmolzen hatte (Sulz- bach, Malapane), waren Holzkohlenöfen gewesen. Der Hochofen, welcher Fig. 199 abgebildet ist Nach Lampadius , Hüttenkunde. II. Bd. 4. Tab. H, Fig. 2. Siehe ferner die Beschreibung von Daubuisson im Journal des mines. 1863. Nr. 84, p. 455. , war 40 Fuss rhein. (12,89 m) hoch, 10 Fuss 3 Zoll (3,45 m) im Kohlensack, 4 Fuss 7 Zoll (1,25 m) in der Gicht weit, Rastneigung 67°, Höhe der Rast 9 Fuss, Höhe des Gestells 6 Fuss, obere Weite 27 Zoll, Fassungsraum des Ofens 40,31 cbm. Das Gestell wurde ursprünglich aus Steinen, später (1815) aber aus Masse hergerichtet. Der Schacht hatte zwei Futter, welche durch eine Füllung getrennt waren. Das Gebläse hatte man aus Preussen. Schottland bezogen. Es war einfach wirkend mit 3 Cylindern von 1,752 m Weite und 0,967 m Hub und sollte bei 7 Wechseln in der Minute 46,3 cbm Wind durch eine 0,071 m weite Düse mit einer Pressung von 0,080 m Quecksilber liefern. Die Bewegung geschah durch Wasserkraft. Den Betrieb leitete Baildon und der Hütten- gehilfe Schulze . Der erste Versuch misslang. Es gelang nicht, den Ofen in hin- reichende Hitze zu bringen und musste derselbe wegen gänzlichen Ein- frierens, ohne dass nur einmal abgestochen wurde, ausgekratzt werden Wiebmer , Hochofenanlage und Hochofenbetrieb auf der königl. Eisen- giesserei bei Gleiwitz. Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preuss. Staate. 1874. S. 253. . Am 10. November desselben Jahres wurde er wieder angeblasen und legte eine Hüttenreise von 24 Wochen, bei welcher 150 Ctr. Roh- eisen in der Woche produziert wurden, zurück. Die zweite Hütten- reise brachte es auf 26 Wochen, die dritte auf 38 Wochen mit 311 Ctr. Wochenproduktion, die vierte im Jahre 1799 bis Mai 1800 auf 30 Wochen mit 339 Ctr. die Woche. Der Koksverbrauch schwankte von 260 bis 340 Pfd. auf 100 Pfd. Roheisen. Gleiwitz erwarb sich bald grossen Ruf durch seine vortrefflichen Gusswaren und wurde eine Musteranstalt für ganz Deutschland. Der Absatz des schlesischen Eisens nahm immer grösseren Um- fang an. In Brandenburg verdrängte es das schwedische fast voll- ständig. Da die Gleiwitzer Hütte hauptsächlich Gusswaren machte, so fehlte es an Roheisen für die Frischhütten. Graf von Reden beschloss die Anlage eines noch grösseren Werkes und zwar unmittel- bar in dem Kohlenrevier. Der Kohlenbergbau hatte inzwischen, namentlich im Gebiet von Zabrze, grossartige Dimensionen angenommen und war durch Aufstellung einer Dampfmaschine sehr gefördert worden. Diese zweite Dampfmaschine, welche Reden in Oberschlesien aufstellen liess, war auf einer Kohlengrube bei Zabrze errichtet worden. Für das neuprojektierte Eisenwerk suchte er den günstigsten Platz aus, der Verhältnisse wie in Schottland bot, indem Steinkohlen und Erze in unmittelbarer Nähe gewonnen werden konnten. So entstand das grosse Werk Königshütte unmittelbar bei der Königsgrube. Der Bau wurde 1798 unter der Leitung des Bauinspektors Wed- ding und des englischen Ingenieurs Baildon begonnen; 1800 bis 1802 wurden zwei grosse Hochöfen erbaut, von denen der erste, nachmals dem Gründer des Werkes zu Ehren „Redenofen“ genannt, am 25. September 1802, der zweite, „Heinitzofen“, am 25. Dezember Preussen. 1802 angeblasen wurde. 1805 wurde mit dem Bau eines dritten Ofens angefangen. Der „Redenofen“ war der grösste Hochofen, der bis dahin auf dem Kontinent erbaut worden war, er hatte folgende Hauptmasse: Ganze Höhe 43 Fuss 2 Zoll, Gestellhöhe 6 Fuss 6 Zoll, Rasthöhe 9 Fuss 3 Zoll, Formhöhe 2 Fuss, Durchmesser der Gicht 4 Fuss 9 Zoll, des Kohlensacks 12 Fuss 6 Zoll, Weite des Gestells am Boden 1 Fuss 7 Zoll, am Anfang der Rast 2 Fuss 7 Zoll. Redens grosse Verdienste wurden anerkannt. Als 1802 Minister von Heinitz gestorben war, wurde er zunächst als Oberberghaupt- mann zur Leitung der sämtlichen fiskalischen Berg- und Hüttenwerke und der Porzellanmanufaktur nach Berlin berufen. 1804 wurde er dann zum wirklichen Staatsminister ernannt. Die Katastrophe von 1806 erschütterte ihn auf das tiefste. Er weigerte Napoleon den Eid trotz der Vorstellungen seiner Kollegen und trat 1807 aus dem Staatsdienst, nicht aber aus dem Kreise der Patrioten. Bei Reden fand Minister vom Stein , nachdem er 1809 von Napoleon geächtet und ein Preis auf seinen Kopf gesetzt war, auf dem Schlosse Buchwald die erste Zuflucht, und nachdem er über die böhmische Grenze fliehen musste, blieb er doch mit Reden in dauernder Verbindung. Graf von Reden vermittelte die wichtige Unterredung zwischen Stein und Harden- berg am 16. September 1810 in Hermsdorf unter dem Kynast. Der edle deutsche Mann erlebte noch die Befreiung des Vaterlandes vom französischen Joch; aber am 3. Juli 1815 starb er. Unsterblichen Ruhm hat er sich für das Berg- und Hüttenwesen, für die Eisen- industrie, besonders aber für Oberschlesien erworben, das er aus einer Wildnis zu einem der grossartigsten Industriegebiete der Welt umge- schaffen hat. Mit dem Schlusse des 18. Jahrhunderts war das letzte Luppen- feuer in Oberschlesien erloschen. Eine neue Zeit hatte begonnen. Nach einer Statistik des Jahres 1800 Mitgeteilt in Jordan und Hasse , Magazin der Eisenberg- und Hütten- kunde. 1808. S. 187. gab es am Schlusse des Jahrhunderts in Niederschlesien 16 Eisenwerke mit 8 Hochöfen, 20 Frischfeuern und 5 Luppenfeuern, welche 31340 Ctr. Roheisen, 13398 Ctr. Stabeisen und 5393 Ctr. Luppeneisen machten. 1787 hatte Niederschlesien nur 5 Hochöfen und 10 Frischfeuer gehabt, dagegen 8 Luppenfeuer, welche zusammen 17200 Ctr. Roheisen, 8640 Ctr. Stabeisen und 8200 Ctr. Luppeneisen gemacht hatten. Oberschlesien hatte 1800 dagegen 139 Eisenwerke, wovon 37 im Beuthener Kreise lagen, mit 46 Hochöfen und 150 Frischfeuern, in Westfalen und die Rheinlande. denen 315018½ Ctr. Roheisen und 192930 Ctr. Stabeisen dargestellt wurden. 1787 hatte Oberschlesien nur 42 Hochöfen gehabt, welche 178200 Ctr. Gusseisen, und 145 Frischhütten, welche 116600 Ctr. Stabeisen erzeugt hatten. Die Statistik über die Eisenerzeugung des preussischen Staates im vorigen Jahrhundert ist sehr unvollkommen. Eine Zusammenstellung für das Jahr 1784 ist in dem oben er- wähnten Briefe des Ministers von Heinitz an Baron von Dietrich vom 17. Juni 1785 enthalten. Hiernach erzeugte Preussen 1784: Guss- und Roheisen 31256 Ctr. Schmiedeeisen 151249 „ Gusswaren 9894 „ Schwarz- und Weissblech 5659 „ Draht 18864 „ Roh-, Guss- und Cementstahl 29558 „ Stahldraht 3244 „ Zusammen 249724 Ctr. Nach Krug betrug die Roheisenproduktion Preussens im Jahre 1798 302491 Ctr. Westfalen und die Rheinlande. In Westfalen und den Rheinlanden, wo die Eisenindustrie seit den ältesten Zeiten heimisch war, vollzog sich der Übergang aus der alten in die neue Zeit nur langsam und allmählich. Die politische Zer- stückelung des Gebietes verhinderte eine einheitliche Entwickelung. Jedes Ländchen bewahrte auch seine industrielle Eigentümlichkeit. Das Siegerland lieferte der westfälischen Mark und dem ber- gischen Land seinen Rohstahl und sein Reckeisen, welches auf zahl- reichen Hämmern verarbeitet wurde. Die Herrschaft Altenkirchen lieferte den Osmundschmieden in der Mark und im Sauerland und den Stahlhütten in Westfalen das vorzügliche Rohstahleisen. Die Grafschaften Berlenburg und Wittgenstein waren ge- segnet durch ihren Holzreichtum. Sie lieferten ihren Überfluss in Form von Holzkohlen nach dem Siegerland und nach Dillenburg. Westfalen und die Rheinlande. 1794 wurde auf fürstliche Rechnung die Berlenburger Eisen- hütte 1 Stunde westlich der Stadt erbaut, sie war aber nur ein Jahr im Betrieb. Dagegen waren um Berlenburg mehrere Hammer- werke in Umgang. Dieselben bezogen ihr Roheisen aus dem Dillen- burgischen und Wittgensteinischen und arbeiteten nach Kaltbläser Art (rheinisches Frischen). Im Wittgensteinischen wurde die Sass- mannshauser Hütte bei Lasphe von der Herrschaft betrieben. Diese Hütte erhielt ihren Eisenstein durch Tausch gegen Kohlen aus dem Dillenburgischen. Um Lasphe herum lagen mehrere Frischhütten. An der unteren Lahn lagen die Eisenhütten zu Nievern , früher der Familie von Albini gehörig, zu Aal und zu Hohenrhein . Die beiden letzteren Werke waren Mariots che und hatten, wie alle von den Mariots angelegten Werke, Wallon-Schmiederei, wobei 2 Frisch- feuer einem Reckfeuer zuarbeiteten. Eine solche Schmiede konnte 6000 kg Stabeisen die Woche machen Siehe Eversmann , Eisen- und Stahlerzeugung zwischen Lahn und Lippe. 1804. S. 88. . Zu 1000 kg Eisen brauchte man 1333 kg Roheisen und 2148 kg Kohlen. Die Nievernerhütte gehörte Ende des Jahrhunderts der Familie von der Nülle , die Aaler der Familie Requilet . Sie erhielten ihren Eisenstein aus der Gegend von Dietz und Runkel. Der Ofen zu Nievern war 23, der zu Aal 18 Fuss hoch. Hohenrhein hatte auch eine Eisenspalterei, die in der Woche 20000 kg schneiden konnte. Bei dem geringen Bedarf ging sie nur zeitweise. In der kurtrierischen Herrschaft Vallendar wurde 1770 die Eisenhütte bei Sayn als kurfürstliches Kammeralwerk erbaut. Es bestand aus 2 Hochöfen, 3 Hämmern und einem Reckhammer. Zu seiner Administration gehörte noch ein ¼ Stunde oberhalb der Hütte am Saynbach gelegener Hammer, Nr. 4 genannt. Das Werk stand zu Ende des Jahrhunderts unter der Leitung des Hütten-Faktors Lossen . Die Erze kamen von den Gruben bei Horhausen; es waren Brauneisensteine, Glaskopf und strengflüssiger Eisenspat. Jeder Ofen produzierte etwa 1750 kg täglich. Das Roheisen war auch für Stahl verwendbar. Auf den Hammerschmieden wurden auf 4 Feuern mit 2 Geschlägen wöchentlich nach Kaltbläserart etwa 3000 kg Stabeisen gemacht. Ein dritter Hammer war auf Einmalschmelzerei gestellt und verarbeitete nur Bruch- und Wascheisen mit garen Hammer- schlacken zu sogen. Barroeisen, Kolben, die unter dem Reckhammer auf Mass geschmiedet wurden. Das Feuer machte wöchentlich 2000 kg. Auf 1000 kg brauchte man im Hochofen 2206 kg Erze und 1471 kg Westfalen und die Rheinlande. Kohlen, bei den deutschen Hämmern 1, 2 und 4 zu 1000 kg Stab- eisen 1400 kg Roheisen und 2156 kg Kohlen, bei der Einmalschmel- zerei 1075 kg Roheisen und 2541 kg Kohlen. Das Stabeisen ging meistens nach Holland. Ferner lag ein Privathammer bei Vallendar, ein anderer bei Bendorf, der „ Steizerhammer “ genannt. Die Burscheder oder alte Hütte mit 1 Hochofen im Amte Herschbach gehörte Freuden- berg in Neuwied. — Die Eisenindustrie im Amte Bendorf verdankte ihre Blüte einem gewissen Remy , Sohn eines Pfeifenbäckers zu Mehren im Amte Altenkirchen. Die am Mittelrhein berühmte und verzweigte Industriellenfamilie Remy Nachstehende Mitteilungen über die Familie Remy , die Bendorfer Hütte und das bekannte Eisenwerk Rasselstein bei Neuwied verdanke ich der gütigen Mitteilung des Herrn Främbs , Direktor der Rasselsteiner Eisenwerks-Gesellschaft. leitet ihren Ursprung von dem 1568 zu Jvoy in Lothringen geborenen Jacob Remy ab, der 1586 aus seiner Heimat auswanderte und sich in Grenzhausen niederliess, wo er sich der dort schon da- mals lebhaft betriebenen Thonwarenindustrie, besonders der Pfeifen- bäckerei zuwandte. Dem Eisengewerbe widmete sich zuerst Wilhelm Remy , der 1728 das Bendorfer Eisenhüttengeschäft gründete und sich dadurch ein grosses Verdienst um die gewerbliche Entwickelung der Gegend erwarb. Nach seinem 1761 erfolgten Tode — er starb als markgräflich brandenburg-ansbachischer Kommerzienrat und Hüttenmeister — setzten sein Vetter Johannes Remy und dessen Sohn den Betrieb der Bendorfer Hütte fort. Der Hochofen lag unter- halb Bendorf nahe am Rhein. Er lieferte aus Braun- und Spateisen- steinen ein vorzügliches Eisen. Ein Peter Remy wird von 1742 an als Pächter des Nettehammers genannt. 1760 ging Pacht und Betrieb des gräflich wied-neuwiedischen Eisenwerks Rasselstein, das schon 1655 urkundlich genannt wird und 1760 aus Hochofen und Eisen- hammer bestand, an Heinrich Wilhelm Remy , einen unter- nehmenden und hervorragenden Geschäftsmann, über. Er war es, der 1769 mit vielen Kosten und Schwierigkeiten ein Blech- walzwerk einrichtete, welches die erste derartige Anlage in Deutschland gewesen ist. Dieselbe wurde mit gutem Erfolge be- trieben und konnte nach und nach vergrössert werden. Heinrich Wilhelm Remy starb 1779. Sein Nachfolger Karl Wilhelm Remy war schon 1771 Teilhaber des Geschäfts geworden, das damit die Firma Heinr. Wilh. Remy \& Consorten , welche bis 1873 unver- ändert geblieben ist, erhielt. Westfalen und die Rheinlande. Karl Wilhelm Remy kaufte von den Grafen, später Fürsten von Wied 1784 Rasselstein und den Blechhammer zu Niederbieber für 40000 Gulden, 1797 den Nettehammer und 1799 die Honnefelder Hütte und Hammer. Das Eisenwerk Rasselstein bestand gegen Ende des Jahrhunderts (nach Eversmann ) aus 1 Hochofen, 5 Grobfeuern, auf deutsche Schmiederei eingerichtet, 1 Reckfeuer und 1 Blechwalz- werk. Die spatigen Erze kamen von Honnefeld. Es wurden 800 bis 900 kg. Roheisen pro Tag geschmolzen bei einem Ausbringen von 28 Proz. Auf dem Reckhammer wurden Steinkohlen von der Saar, die sich auf 30 Kreuzer pro Centner stellten, gebraucht. Alle Hämmer und Ambosse waren von gegossenem Eisen, die auch hier fabriziert wurden. Man verwendete hier einen Schwanzhammer als Grobhammer. Die Wasserräder waren 8 Fuss hoch, mit eisernen Kränzen versehen und ohne Speichen, indem der Raum zwischen Kranz und Achse mit Holz ausgekeilt und mit gegossenen eisernen Scheiben geschlossen war. Die Konstruktion war von den Gebrüdern Stumm auf dem Hunsrücken eingeführt worden und soll den Gang des Rades sehr erleichtert haben. Das Stab- und Reckeisen vom Rasselstein ging nach Rotterdam an Hoffmann u. Comp. , eine der grössten Eisen- und Stahl-Handlungen in Europa. Oberhalb Rasselstein lag ein Hammerwerk am Aulenbach zwischen Ober- und Nieder-Bieber, ebenfalls Karl W. Remy gehörig, es hiess der Blech-Hammer. Zwischen Rasselstein und Neuwied lag der Bastard-Hammer, eine Wallonschmiederei, einem Mäurer zu Ehrenbreitstein gehörig, mit einem Eisenschneidwerk. Es bezog sein Eisen von der Sayner Hütte und von der Langenhecke. Die Eisenspalterei ging unterschlächtig mit hohen Rädern. Das Schneideisen ging meist nach Köln und Holland. Die Honnefelder Hütte an der Aulbach mit 1 Hochofen und 2 Schmelzfeuern gehörte ebenfalls Karl Remy . Der Hochofen machte gegen Ende des Jahrhunderts wöchentlich 15000 bis 16000 kg Roheisen und ging wegen der Spaterze, die das Gestell angriffen, nicht über 20 Wochen. Das Roheisen, das hier nicht verschmiedet wurde, ging nach dem ebenfalls Remy gehörigen Eisenwerk an der Nette auf der anderen Rheinseite. Es wurden hier viele Hämmer, Hammerhülsen und Chabotten gegossen, wie denn in dortiger Gegend gegossene Hämmer allgemein üblich waren. Eine zweite Hütte im Neuwiedischen lag zu Maxsain an dem Saynbach und hatte einen Hochofen und einen Stabhammer mit 2 Feuern. Sie gehörte Bergrat Freudenberg zu Hachenburg. Der Westfalen und die Rheinlande. gewöhnliche Gang der Hütte war 17 bis 18 Wochen, wovon ungefähr 3 Wochen auf Gusswaren gingen. Es wurden fast nur Plattenöfen für die Landbevölkerung gegossen, die noch ganz das Ansehen der Gussplatten aus dem 16. Jahrhundert hatten, auch mussten sie noch mit den bekannten Bildern aus der biblischen Geschichte versehen sein, sonst nahmen sie die Westerwälder Bauern nicht Siehe Eversmann , a. a. O., S. 124. . Im Amte Bendorf lag noch der der Familie Freudenberg ge- hörige Steinebrücker Hammer. In der Grafschaft Alt-Wied lag die Clemenshütte an dem Wiedbach, 3 Stunden nördlich von Neuwied. Sie gehörte vormals einem Saler, ging aber 1794 in Eigentum der Herrnhuter Gemeinde über. Das Werk bestand aus 1 Hochofen, 2 Hämmern mit 4 Grobfeuern und einem Reckhammer. Der 24 Fuss hohe Ofen gab 2500 bis 3000 kg Roheisen in 24 Stunden. Das Stabeisen ging nach Köln und Holland. Eine andere Hütte, die Max-Friedrich-Hütte , lag bei Linz am Rhein. 1786 erbaute der hannöverische Berghauptmann von Reden die Eisenhütte bei Wissen in der Hatzfeldischen Grafschaft Wildenburg. Sie machte gutes Stahleisen, das meist in die Grafschaft Mark und nach Westfalen ging. Der erste Pächter war Freudenberg von Maxsain, der zweite Glaser von Siegen. In der Grafschaft Wied-Runkel lag die Raubacher Hütte , ¾ Stunden von Dierdorf an dem Holzbach; sie hatte 1 Hochofen und 2 Frischfeuer und war vom Kammerrat Freudenberg gepachtet. Eine Stunde davon lag der dazu gehörige Reichensteiner Hammer. Die Christians-Hütte , oberhalb Schupbach an dem Kerkerbach, wurde 1784 durch den Kaufmann Häntjens von Köln in Betrieb gesetzt. 1786 wurde die Giesserei angelegt. In der Herrschaft Westerburg lag bei Gemünden ein Hammer, der auf Kleinfrisch-Arbeit ging und zwei Drahtzüge, die nur grobe Sorten machten. In der Grafschaft Sayn-Hachenburg gab es eine Eisenhütte, Hämchen oder Hohegreite , bei Ham an der Seelbach unweit deren Ausflusses in die Sieg. Sie verschmolz Spat- und Brauneisen- steine zu Stahleisen und produzierte 2000 kg den Tag. Das Eisen ging nach dem Herzogtum Westfalen und der Grafschaft Mark. An der Wiedbach unterhalb Hörtebach lag der 1795 von Hofrat Freuden- berg in Hachenburg erbaute Hamwärther Stabhammer, der sein Eisen Westfalen und die Rheinlande. zum Teil an die Freudenbergische Zain- und Drahthütte an der Niester lieferte. An das Siegerland, dessen Geschichte wir bereits mitgeteilt haben, grenzte im Norden und Westen das rauhe Bergland des westfäli- schen Sauerlandes , deren Gefälle, durchflossen von der Lenne und Ruhr, seit vielen Jahrhunderten das Eisen schmieden halfen. Die Eisengruben und -Hütten zogen sich meist entlang den Kalkstein- ablagerungen zwischen Brilon und Iserlohn. An der Diemel im Kreise Brilon , nahe der waldeckischen Grenze, war eine alte Eisenindustrie heimisch. Die Briloner Hütte unterm Schellhorn lag an der Hopke, einem Nebenfluss der Diemel Siehe Eversmann , a. a. O., S. 407. . Eben- daselbst lag der Hopker Hammer. Nicht weit davon waren der Mes- singhauser Ober- und Unterhammer und die Beringhauser Eisen- hütte . Am Itterbach, einem Arm der oberen Diemel, lagen im Waldeckischen die Strickhütte und ein Reckhammer, der Willinger Stabhammer, der Herrenwieser Hammer, die Adorfer Eisenhütte , und unterhalb des Herrenwieser Stabhammers die Buntekerker Eisenhütte, hart auf der Grenze. An der vereinigten Diemel und Itterbach lag im Westfälischen die Stadtberger Eisenhütte . Unterhalb der Vereinigung der Hopke mit der Diemel lagen der Grünner und der Kellensteiner Hammer mit je 2 Frischfeuern, dann folgte die zum Kloster Bredelar gehörige Klosterhütte . Im Seitenthal der Urbe lagen wieder im waldeckischen Gebiet der Illdorfer Hammer mit 2 Feuern, die Neu- ebisser Eisenhütte , die Rotzhütte , ein Stabhammer mit 2 Feuern, die Neuehütte , der Bürener Hammer, die Missgunst und der Urber Hammer mit je 2 Feuern. Bei Vrecken lag, ebenfalls noch auf wal- deckischer Seite, der Herrenhäuser Hammer. Ausser den genannten befanden sich noch mehrere Hütten und Hämmer im Waldeckischen an der Twiste, sowie an der Urf, Wese und Eider. Nördlich davon im Fürstentum Paderborn lag Ulrichs Eisen- hütte zu Alten-Beickum (Altenbecken) und Natorfs Eisenhütte , ¼ Stunde oberhalb Altenbecken. Beide Hütten schmolzen den in der Nähe vorkommenden Roteisenstein und hatten je einen Stabhammer. Im südlichen Westfalen, 2 Stunden oberhalb Olpe, lag an der Bigge die Wendner Eisenhütte , welche 1728 erbaut war. Sie ging aber wieder ein und kam in Verfall, bis sie in den 70er Jahren von den Herren Remy, Hoffmann und Bayer wieder aufgebaut wurde; Westfalen und die Rheinlande. gleichzeitig wurde ein Reckstahlhammer daselbst errichtet. Die Hütte bezog vortrefflichen Eisenstein von der goldenen Haard im Amte Freudenberg. Aus dem guten Stahleisen wurde ein geschätzter Stahl gemacht. Der Hochofen war 20 Fuss hoch, mit ledernem Gebläse. Es wurde durch den Stein geblasen. Die Elber Eisenhütte lag ¾ Stunden oberhalb Olpe. Sie machte ebenfalls aus Spateisen Stahleisen, das nach den Hämmern an der Lenne ging. Eine dritte Hütte an der Bigge lag nahe bei Wenden . Sie war 1780 erbaut worden und gehörte dem Kloster zu Drolshagen . Das Erz kam aus der Nachbarschaft von Valbert. Die Olper Eisenhütte , auch im Dohm genannt, gehörte dem Grafen von Brabeck und der Familie Weber in Olpe. Es wurden Spateisensteine mit Glaskopf auf Stahleisen verschmolzen, und lieferte der 20 Fuss hohe Ofen mit viereckigem Schacht und stark geneigter Rast 15000 bis 16000 kg Eisen die Woche. An der Stelle, wo später der Meggener Hammer stand, war früher die Keller Eisenhütte . In den 80er Jahren wurde eine Eisenhütte in der Rüspe bei Albaum an der berlenburgischen Grenze erbaut. Sie gehörte dem Richter Höing und Konsorten zu Valbach. An der Wenne, nicht weit von Arnsberg, lag die Eisenhütte zu Alt-Hellfeld , deren Hochofen hintersässig war und die „lange Ecke“ hatte Siehe Eversmann , a. a. O., S. 343. . Man verschmolz daselbst Magneteisenstein mit mulmigem Brauneisenstein. An demselben Flüsschen lag die Hütte zu Berge . 100 kg Gusswaren kosteten hier um 1800 10 Thlr., 100 kg Roheisen 5 Thlr. Zu Entrop an der Ruhr lag eine Eisenhütte und eine andere zu Langenholthausen an der Sorpe. ¼ Stunde von Balve lag die Hütte zu Wocklum , dem Herrn von Landsberg gehörig; zu Gar- beck an der Hünne lag eine Hütte, eine andere zu Warstein , welche Roteisenstein verschmolz und in 24 Stunden 1200 kg geringes Eisen schmolz, das nach Bielefeld und Lippstadt ging. Zu Lenn- hausen legte 1792 Graf Plettenberg mit mehreren Gewerken eine Eisenhütte an, die aber nur wenige Jahre betrieben wurde. Recht bedeutend war die Rohstahlfabrikation im Lenne- thal, wo Ende des Jahrhunderts über 50 Feuer im Betriebe waren, welche ihr Rohstahleisen teils von den Hütten bei Olpe, meist aber aus dem Saynischen und dem Freien Grund, sowie auch von der Hütte bei Hamm bezogen. Das Frischen geschah wie in der Graf- schaft Mark. Der meiste Stahl ging als Rohstahl nach der Mark Westfalen und die Rheinlande. und ins Bergische. Letzterer folgte der alten Eisenstrasse über Val- bert, Meinerzhagen und dem Tollen Anschlag bei Halver. Der Preis stand um 1800 auf 100 Thlr. die 1000 Pfd. Eversmann schätzte die jährliche Produktion um 1800 auf 3180 Karren im Werte von 178080 Thlr. In diesem Gebiet gingen 36 Stabeisenfeuer auf Kaltbläserart; an der Lenne waren einige Einmalschmelzereien. Diese Hämmer an der Lenne bezogen ihr Eisen meist aus dem Freien Grund und dem Dillenburgischen. Das inländische Roheisen wurde auf den eigenen Frischhütten verschmiedet. Eversmann schätzte die jährliche Stab- eisenproduktion auf 2520 Karren zu 50 Thlr. = 126000 Thlr. Das meiste wurde zu Soest, besonders auf dem Allerheiligen-Markt, ver- handelt und ging nach Münster und Osnabrück. Die Stabschmiede waren der Meinung, dass das westfälische Eisen nur nach Kaltbläser Art verfrischt werden könnte. Olpe war der Hauptsitz der Blechfabrikation Siehe Eversmann , a. a. O., S. 364. . Die Blech- Reidemeister daselbst hatten ein besonderes landesherrliches Privi- legium. Auch wohnten viele Blechschläger daselbst. Die zur „Olpschen Blechfabrik“ gehörigen Stückhämmer (Renn- oder Frischwerke), deren es 10 mit 13 Feuern gab, durften nicht vermehrt, selbst nicht einmal ein Werk von einem schlechteren auf ein besseres Gefälle verlegt werden. Ebenso verhielt es sich mit den 14 Platten- oder Blech- hämmern. Die Blechfabrik bezog ihr bestes Eisen von den Dillen- burger Hütten, ausserdem von Friedwald, aus dem Freien Grund, von Weiershagen und Aslar. An den Stückhämmern arbeiteten 2 Leute, die täglich 5 Stäbe zu 120 Pfd. mit 5 Zain (Tain) Kohlen machten. Von 1350 Pfd. Roheisen erhielt man in der Regel 960 Pfd. Blechstäbe. An den Blechhämmern arbeiteten 3 bis 4 Mann, die um 1760 nur 20 Wag zu 120 Pfd., um 1800 aber 40 Wag Blech machten, von doppeltem Sturz- oder Salzpfannenblech sogar 50 Wag. Hierbei wurden auf 1000 Pfd. Blech 10 Tain oder 160 Kubikfuss Kohlen gebraucht. Auch bei den Olper Blechhämmern war die Einrichtung der Hammertage wie im Siegerland, so dass öfter jede 24 Stunden ein anderer Gewerke ans Schmieden kam. Zumeist wurden Sturz- bleche und Ofenröhren (Ofenpiepen) gemacht. Viel Blech ging auch auf die Altenaische Drahtfabrik für Glühkessel und auf die Fingerhut- fabriken in der Mark und in Holland. Die 14 Blechhämmer, welche zum „Schmiedeamt“, d. h. zu der Westfalen und die Rheinlande. privilegierten Zunft gehörten, lieferten im Jahre 1800 an 1520 Karren im Werte von 167300 Thlrn. Zu Menden an der Hönne war eine Nähnadelfabrik , die cementierte eiserne Nadeln von geringer Art machte. Die Gebrüder Thöring waren die Haupt-Reidemeister, die etwa 100 Fabrikanten, d. h. hausgewerbliche Arbeiter, beschäftigten. Sie machten be- sonders Clevesche Rundaugen, Langaugen und Schwabacher Nadeln. Die Grafschaft Mark war eins der industriellsten Gebiete Deutschlands, und die märkische Eisenindustrie war sehr bedeutend. Einen ausserordentlichen Aufschwung nahm dieselbe, als durch Minister von Heinitz gute Land- und Wasserstrassen, an denen es vorher gefehlt hatte, angelegt wurden. Danach erst verschafften sich mär- kische Eisenwaren selbständig Namen und Ansehen auf dem Weltmarkt, während sie bis dahin meist als Kölner oder Solinger Waren gehandelt worden waren. Dazu kam, dass die zunehmende Verwendung der Stein- kohlen auch die Bedeutung der märkischen Eisenindustrie vermehrte. Der Hochofenbetrieb in der Grafschaft Mark war gering. Es gab Ende des 18. Jahrhunderts nur zwei Schmelzhütten, eine zu Sund- wig und eine zu Rödinghausen . Der Hochofen zu Sundwig wurde 1736 erbaut und war gewerkschaftlich den Gebrüdern von der Becke , dem Herrn von Landsberg zu Wocklum und dem Kauf- mann Schrimpf zu Iserlohn zuständig. Die Brauneisensteine, welche verschmolzen wurden, kamen aus der Nachbarschaft, aus der Hölle bei Sundwig. Im Jahre 1800 bildete sich eine Gesellschaft, um die Sauer- ländischen Eisenerze auf Hochöfen nach englisch-schlesischer Art mit Steinkohlen zu schmelzen, doch erzielte dieselbe damit keinen Erfolg. In der Grafschaft Mark wurde Stabeisen und Rohstahl auf den- selben Hämmern, nur bei etwas verschiedener Zustellung des Feuers, gemacht. Solcher Rohfeuer, wie sie Eversmann nennt, gab es 69 auf 45 Hämmern. Die märkische Stabschmiederei war die deutsche Zweimal- schmelzer-Arbeit. In einem und demselben Feuer wurde eingeschmolzen und ausgereckt. Man hatte 25 Proz. Abgang und brauchte 20 Tain frische Buchenkohlen zu 5 Wagen (1000 Pfd.) Stabeisen. Im Jahre 1798 wurden in 17 Stabeisenfeuern von 54 Arbeitern 6182 Ctr. weiches Eisen gefrischt, welches auf Reckhämmern weiter verarbeitet wurde. Die Stabschmiederei wurde mehr und mehr eingeschränkt durch die wichtigere und vorteilhaftere Rohstahl-Fabrikation . Bei dieser gab es zwei Verfahren, die Freudenberger und die Schraat (Schwahl-) schmiederei (s. S. 426). Westfalen und die Rheinlande. Die bedeutendsten Rohstahlfabrikanten um 1800 waren: Karl Bertram u. Komp. zu Gevelsberg , welche unter an- derem das grosse, aus 5 Hämmern bestehende Werk in der Milspe bei Schwelm besassen. Ihr Stammvater, Clemens Bertram aus Remscheid , war einer der ersten dener, die im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts die Rohstahlfabrik aus dem Bergischen in das Land gebracht hatten. Moritz Heilenbeck zu Heilenbeck , dessen Vorfahren schon im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts Stahlreidung betrieben hatten. Ihr Stahl war durch seine Güte besonders berühmt. Kaspar Heilenbeck zur Milspe, Joh. Arn. Brand zu Möllen- kotten, Peter und Daniel Göbel zu Vörde, Gebrüder Elbers zu Hagen, Brüninghaus u. Komp. zu Brüninghausen im Kirchspiel Lüdenscheid, Joh. Kaspar Söding bei Hagen, Gebrüder Harkort zu Harkort bei Hagen, Witwe Hoppe u. Söhne zu Breckerfeld, Gebrüder Voormann daselbst, Gebrüder Bülbering und van Eicken zu Vörde, Gebrüder Höfinghoff daselbst. Alle diese be- sassen Reckhämmer, auf denen der Rohstahl raffiniert wurde. Im ganzen gab es 55 Stahlfeuer, welche 2750 Karren Stahl zum mitt- leren Werte von 85 Thlr. pro Karren produzierten. 1798 waren in 51 Werken von 158 Arbeitern für 221000 Thlr. Rohstahl erzeugt worden, der sämtlich im Inlande weiter verarbeitet wurde. 1788 hatte Bürgermeister Rumpe zu Altena eine Cementstahl- fabrik angelegt, worin er guten Brennstahl machte. Dennoch musste er sie wieder aufgeben, weil der Schweissstahl wohlfeiler und nament- lich zu Schmiedewaren besser war. Die eigenartigste und wichtigste Eisenfabrikation in der Mark war die Osemundschmiederei , welche auf 79 Hämmern mit 88 Feuern betrieben wurde. Sie hatte ihren Hauptsitz im Kreise Altena. Die Osemundfabrik bezog ihr Roheisen hauptsächlich von den 8 Hütten in Sayn-Altenkirchen, sodann von der Weyershagener, Kaldenbacher und Ründerother Hütte. Die Osemundfeuer waren tief mit sehr stechendem Wind. Am liebsten verwendete man ein dichtes, weisses, grelles, stahlartiges Roheisen mit einem schwarzen Band. Die Arbeit war eine Anlaufschmiede (siehe Bd. II, S. 487). Ein Hauptvorzug der Osemundschmiederei bestand in dem Gärben des Eisens unter leichten, schnellgehenden, gutfedernden Schwanz- hämmern. Das Osemundeisen diente hauptsächlich für die Draht- fabrikation (Drahtosemund). Der nicht zum Drahtzug bestimmte Osemund hiess Land- oder Knüppelosemund und wurde meist zu Beck , Geschichte des Eisens. 60 Westfalen und die Rheinlande. Breitwaren und Kleineisenzeug gebraucht. Nach altem Satz gehörten zu einer Karre = 1352 Pfd. Osemund, 1813⅓ Pfd. (10⅔ Stallen) Roheisen und 5 Fuder oder 25 Tain (ca. 1000 kg) Holzkohlen. Der Schmiedelohn betrug 4 Rthlr. 55 Stüber auf eine Karre Drahtosemund. Die Osemundfabrikation war gesetzlich beschränkt; es durfte nur 8 Mo- nate geschmiedet werden. Als Maximum in der Reidung waren im ganzen 4018 Karren bestimmt, doch wurden nicht über 3200 Karren = 4326400 Pfd. geschmiedet; davon erhielt die Drahtfabrik zu Lüden- scheid 153, Altena 1250, Dahle 270 Karren, und von den verbleibenden 1527 Karren gingen ungefähr ¾ auf die Breithämmer und Kleineisen- fabriken der Grafschaft Mark, ¼ in die Kirchspiele Remscheid und nach Burg, Essen und Kölenburg auf die Gewehrfabriken. Der Preis des Drahtosemund wurde auf einer jährlichen Versamm- lung Ende November zwischen den Osemund- und Drahtfabrikanten festgesetzt und stand um 1800 zu 80 Rthlr. die Karre. Die Osemund- fabrik wurde schon von König Friedrich Wilhelm I. mit der Be- freiung von der Militär-Konskription begnadigt. Jeder, der ¼ Feuer besass, nahm daran Teil. Dieses hatte den Preis der Osemundhämmer weit über ihren eigentlichen Wert erhöht und den Besitz zersplittert. 1798 gab es in der Grafschaft Mark und zwar in den Ämtern Pletten- berg, Neuenrade, Altena und Iserlohn 84 Osemundhämmer, hiervon standen 76 in Betrieb, welche mit 300 Arbeitern 15967 Ctr. Draht- osemund und 19090 Ctr. Knüppelosemund im Werte von 107028 und 141750 Thlrn. erzeugten. Von dem Knüppelosemund wurde für 13833 Thlr. in das Bergische verkauft, das übrige im Lande meist zu Eisen-, Stahl- und Kratzendraht verarbeitet. Der Eisen- und Stahldraht ging nach ganz Westeuropa und nach Amerika; der Kratzendraht nach Spanien und dem Mittelmeer; die geflochtenen Drahtwaren nach Holland, Frankreich und Spanien. Die wichtigsten Osemund-Reidemeister um 1800 waren Siehe Eversmann , a. a. O., S. 227. : Joh. Peter und Joh. Diederich Brüninghaus zu Brüninghausen, Her- mann Heinr. Winkhaus zu Karthausen, Joh. Wilh. Wöste und Komp. zu Winkhausen, Gebr. Rentrop zu Harlingsen, Scheffen Nölle zu Othlingsen, Joh. Pet. Wöste daselbst, Joh. Geck zu Baucke- loh, Joh. Kaspar Hücking zu Hückingsen, Petr. Henr. Spannagel zu Nieden-Hunscheid, Joh. Heinr. Wöste zu Bollwerk, Witwe Vosswinkel zu Kierspe, J. P. W. Geck zu Bauckeloh, Arn. Bernh. Overbeck zu Altena, Pet. Joh. Vollmann zu Vollme u. a. m. Westfalen und die Rheinlande. Die Reckhämmer in der Grafschaft Mark besorgten das Raf- finieren des Stahles, das Ausschmieden des Stabeisens und des Stahles in übliche Handelsformen. Die Hammerwerke machten den grössten und wichtigsten Industriezweig des Landes aus, der auf die zahl- reichen Wassergefälle und die einheimischen guten und billigen Stein- kohlen begründet war. Es gab zu Ende des Jahrhunderts über 160 Hämmer in der Grafschaft. Die Reckeisenschmiede verwandelten teils inländisches, teils fremdes Eisen, namentlich Siegensches Reckeisen und Stabeisen in kleingerecktes Eisen, als Bügel-, Schnallen-, Nageleisen u. s. w., oder in Breit- und in Bandeisen. Die Bandeisenschmiederei war erst in den 70er Jahren aus dem Gimborn-Neustädtischen eingeführt worden. 1798 lieferten 4 Band- eisenhämmer für 20000 Thlr. Ware. Die Breitschmiede arbeiteten auf ihren „Bredde-hämmern“ den Schloss-, Schippen-, Sägen-, Pfannen- und Flintenlaufschmieden das Eisen im Rauhen vor. Dazu benutzten sie Osemund-Knüppeleisen, welches ein unübertreffliches Material dafür abgab. Diese Fabrikation, die früher im Bergischen heimisch war, wurde erst in den 60er Jahren in der Grafschaft Mark aufgenommen und mit solchem Erfolg, dass die Breithämmer im Bergischen nach und nach alle eingingen. 1798 wurden 8182 Ctr. gebreitetes Eisen und Stahl zur Hälfte in den Fabriken der Grafschaft Mark zu Schaufeln, Sägeblättern, Spaten, Flinten u. s. w. weiter verarbeitet, zur anderen Hälfte in das Essensche, Bergische etc. abgesetzt. Die Ambossschmiede , die ausser Ambossen noch vielerlei schwere Schmiedestücke, wie Wellen- und Krummzapfen, Mühlen- eisen u. s. w. machten, waren ein blühendes Gewerbe, das hauptsächlich für die Industrie selbst wieder arbeitete. Am bedeutendsten war aber die Reckstahl-Fabrikation . Sie zerfiel in Bördenstahl-Hämmer , die den Bördenstahl (von Börde, Gebund von 118 Pfd. Gewicht), welcher das Material für die Stahl- drahtfabrik in Altena lieferte, schmiedeten; — Stahlhämmer für den auswärtigen Handel , deren es die meisten gab, und Stahl- hämmer für den inländischen Bedarf , die Sensen-, Sägen-, Beil-, Feilen-, Messer-, Federstahl u. s. w. machten. Die Bördenstahlfabri- kation hatte ihren Sitz in Altena. Das Stahlraffinieren war erst in dem letzten Viertel des 17. Jahrhunderts aus dem Bergischen nach der Mark gebracht worden, und zwar von Ibach und Clemens Bertram. Ibach hatte sich bei 60* Westfalen und die Rheinlande. Sprockhövel, Bertram in der Milspe auf der Ennepe niedergelassen. Im Laufe des 18. Jahrhunderts, besonders aber seitdem Minister von Heinitz die Staatsgeschäfte leitete, hatte die Stahlfabrikation, d. h. das Stahlraffinieren, sehr zugenommen und die Konkurrenz im Bergischen überflügelt. Das Ministerium hatte eine Prämie von 200 Thlr. auf den Bau jedes neuen Reckhammers ausgesetzt. Den Rohstahl bezogen die Stahlhämmer teils von den Stahlfeuern im Lande, teils aus dem Herzogtum Westfalen und aus Siegen. Letz- terer war wegen des „Müsener Grundes“ unentbehrlich, und der Loher Edelkühr bildete die Blume des märkischen Stahles. Zum Beistählen, d. h. als äussere Schienen für die Pakete, ver- wendete man nassauer einmalgeschmolzenes Eisen; Dillenburger und Kölnisches (aus dem kölnischen Sauerland) mit inländischem Eisen zum Feinrecken und Osemund zum Breiten. Dillenburger Eisen schweisste gut mit Stahl zusammen. Sämtliche Reckhämmer wurden mit Steinkohlen betrieben. Durch die Reckschmieden fand zuerst eine ausgedehnte industrielle Ver- wendung der Steinkohlen des Ruhrgebietes statt, und begann sich die Eisenindustrie in diesem zu konzentrieren. Man verwendete möglichst schwefelfreie und fette Kohlen, weil die Zange in einem Gewölbe von zusammengebackene Koks schweissen musste. Der rohe Stahl und das Eisen wurden zu Schienen von 2 Zoll Breite und 1/8 bis ¼ Zoll Stärke ausgereckt, und dann die Eisen- schienen in Stücke von 2 Fuss Länge abgehauen, die Stahlschienen auf dieselbe Länge gebrochen. Diese Stücke wurden nach be- stimmten Regeln übereinander geschichtet und dann in eine grosse Zange gepackt, deshalb nannte man ein solches Bund oder Paket „eine Zange“. 1798 schmiedeten 178 Arbeiter 44289 Ctr. Stahl- und Reckeisen im Werte von 511136 Thlr., welches zum Teil in Altena zu Stahldraht gezogen, teils auf Hämmern zu Sensen, Klingen, Messern, Sägen, Feilen u. s. w. verarbeitet wurde. Das Übrige ging nach Frankreich, Spanien, Dänemark, Amerika u. s. w. Um 1800 wurden verarbeitet: 2533 Tonnen Reckstahl, 1617 Tonnen Eisen, 490 Tonnen Osemund, 100 Tonnen Luppeneisen mit 9909 Tonnen Steinkohlen Über Materialaufwand, Kosten u. s. w. siehe Eversmann , a. a. O., S. 336 u. s. w. . Nach der Qualität unterschied man märkisches Osemundeisen als gutes, kölnisches als mittleres und nassauer Eisen als schlechtes Reckeisen. Der Pacht eines Reckhammers, z. B. auf der Ennepe, betrug 160 bis 180 Thlr. das Jahr. Westfalen und die Rheinlande. Im Stahlhandel gab es eine Menge von Zeichen. Grössere Fabri- kanten schlugen manchmal ihren vollen Namen auf den Stahl und dazu das Zeichen, das in der Gegend, wohin der Stahl geschickt werden sollte, besonders beliebt war. Die berühmtesten dieser Zeichen waren Herz und Kleeblatt („Härt und Club“) auf Stab- und Fassstahl, dessen ältester Besitz unter mehreren Häusern streitig war, Speere, 3 Sporen, Tannenbaum oder Eichenlaub, 2 lateinische S mit + dar- über und — darunter, welche auf den vierkantigen Stahl, der unter dem Namen ungarischer Stahl (acier d’Hongrie) nach Brabant und Frankreich ging, geschlagen wurde. Die gewöhnlichsten Zeichen für Frankreich waren Hirschkopf und Einhorn. Ausserdem gab es noch eine Menge von Stahlmarken Siehe Eversmann , a. a. O., S. 244. , als Stern, Siebenstern, Anker, Brillen, doppelte Schlüssel, doppelte Adler, Seepferd, best german steel, Hahn, Löwe mit dem Schwert, Schere, Sonne, wilder Mann, Pokal, Weinfass, Weintraube, Krahn, Weltkugel, Vogel u. s. w. Fassstahl wurde mit 13½ Rthlr. die 100 Pfd. bezahlt. Der märkische Stahl ging nach fast allen Ländern der Welt. Ein beträchtlicher Teil des fabrizierten Stahles wurde auf den märkischen Fabriken weiter verarbeitet, z. B. zu Sensen, wovon 1798 159 Arbeiter für 124610 Thlr. herstellten, die teils in die baltischen Länder, teils nach Holland, Frankreich und Spanien gingen; ferner, wie bereits erwähnt, zu Stahldraht, der teilweise weiter zu Nähnadeln verarbeitet wurde. Damit waren 1798 475 Arbeiter beschäftigt, die 107 Millionen Stück im Werte von 62500 Thlr. lieferten. Eine aus- gedehnte Verwendung fand der Reckstahl für ordinäre Sackhauer- und sogenannte „Solinger“ Messer. Endlich verarbeiteten die Klein- eisenfabrikanten einen nicht geringen Teil zu Feilen, Sägen, Feuerstäben, Kaffeemühlen, Wagebalken, Bohrern, Schlössern u. s. w., sodann zu Kurz- und Galanteriewaren, Maultrommeln, Ketten u. s. w. Viel ging auch nach Solingen auf die Schwertfabriken. Das Reckeisen wurde ebenfalls meist im Inlande zu Draht und in Kleineisenfabriken verarbeitet. Das Bandeisen ging über Holland, Bremen und Hamburg nach Frankreich, Spanien, Portugal und dem Mittelländischen Meere. Die Breitware wurde teils auf inländischen Fabriken als Pfannen, Schaufeln u. s. w. fertig gemacht, teils roh ins Bergische verführt. Die Platinen zu Flintenläufen gingen nach Burg an der Wupper, Essen und Kölenburg auf die Gewehrfabriken. Eversmann schätzte Westfalen und die Rheinlande. den Wert der Produktion der 98 Stahlhämmer auf 728000 Rthlr., der 41 Eisenreckhämmer auf 149240 Rthlr. und der 24 Breithämmer auf 184500, zusammen 1061740 Rthlr. Auf Schwarzblech gingen Ende des Jahrhunderts nur zwei Hämmer, „Platen“ genannt, der zu Eilverlingsen (Everingsen) an der Lenne, oberhalb Altena, dem Landrichter Göcke , und der am Hünengraben bei Altena, dem Bürgermeister Rumpe gehörig. Ein Blechwalzwerk des Erstgenannten auf der Rhamke (s. S. 592) war nur kurze Zeit im Betrieb gewesen. Die märkische Blechschmiederei zu Eilverlingsen stammte aus Suhl und war das Verfahren dasselbe wie dort. Eilverlingsen schmiedete sich seine Blechstäbe selbst. Das Sundwiger Eisen war für Bleche sehr gut. 1792 kosteten Ofenrohr- bleche zu Elberfeld 86 Rthlr. die 1000 Pfd. Die Bleche gingen an die Salzwerke zu Königsborn, Rehme bei Minden und Nauheim in Hessen, auf die inländischen Fingerhutfabriken und an die Blech- schmiede für Ofenröhren, Draht-Glühkessel u. s. w. Die jährliche Produktion betrug an 70000 kg im Werte von 16500 Rthlr. Die Versuche, die Weissblechf abrikation in der Mark einzuführen, hatten keinen Erfolg gehabt. Die Fabriken zu Alhausen an der Ennepe und auf der Gemark waren bald wieder eingegangen. Zwei Walzen-Schmied- und Drehwerke waren auf der Rahlen- beck bei Schwelm und auf dem Eilperbach bei Hagen. Sie drehten gegossene und geschmiedete Walzen, Cylinder, Schrauben und Muttern zu Kalander und Pressen; die gegossenen kamen aus dem Siegerland. Da die Fabriken die einzigen in Westdeutschland waren, erzielten sie sehr hohe Preise. Sehr beträchtlich war die Sensenfabrikation geworden Siehe Eversmann , a. a. O., S. 254. . Sie beschäftigte Ende des Jahrhunderts 43 Hämmer mit 103 Feuern, jeder Hammer hatte sein Schleifwerk. Die Schleifsteine waren neu 7 Fuss hoch. Man unterschied die weisse Sensenfabrik der Enneper Strasse, die blaue Sensenfabrik und die Plettenberger Sensenfabrik. Die weisse Sensenfabrik der Enneper Strasse beschäftigte um 1800 34 Hämmer mit 85 Feuern. Vor jedem Feuer arbeitete ein Meister mit einem Meisterknecht und einem Lehrjungen entweder auf eigene Rechnung oder im Lohn. In letzterem Falle hiess er Bundschmied, weil er nach Bunden von 12 oder 13 Stück bezahlt wurde. Das ganze Personal einschliesslich der Schleifer machte seit 1790 eine vereinigte Gesellschaft aus, die unter einer obrigkeitlich Westfalen und die Rheinlande. bestätigten Ordnung stand und wenigstens einmal im Jahre sich in einer Tagessatzung versammelte, die den Namen Pflichttag führte, wobei man sich über gemeinschaftliche Angelegenheiten beriet und unter anderem auch gewisse niedrigste Verkaufspreise bestimmt wurden, unter welchen kein Mitglied der Gesellschaft verkaufen durfte. Das Material zu den weissen Sensen war teils inländisches, teils Dillenburger und Kölnisches Eisen. Die Eisenstangen wurden in ent- sprechende Stücke gehauen, diese auf der hohen Kante gespalten und Stahl eingelegt, alsdann unter einem Hammer vorgeschmiedet und unter einem zweiten an derselben Welle gebreitet, hierauf mit der Hand fertig gemacht, bei Koksfeuer gewärmt und gehärtet, in Unschlitt gelöscht und abgelassen, nachher, soweit der Stahl in der Schneide lag, gegen den Stein geschliffen. Nach dem Richten wurden sie in Dutzenden oder Bunden in Stroh gewickelt und verschickt. Das Schmieden geschah mit Steinkohlen. Das mittlere Fabrikations- quantum eines Feuers betrug 300 Bund, doch gab es Meister, die 500 Bund machten. Ein grosser Teil der Sensen wurde von den Winterberger Handelsleuten durch Hausierhandel vertrieben. Die Fabrik der Enneper Strasse machte im Jahre 1800 an Sensen, Sicheln und Strohmessern etwa 26000 Bund im Werte von 130000 Thlr. In der Plettenbergischen Sensenfabrik wurde meist bei Holz- kohlen geschmiedet und nicht gegen, sondern mit dem Stein ge- schliffen. Auch härtete man die Ware im Wasser. Das Eisen dazu kam aus dem Herzogtum Westfalen. In den 80er Jahren hatten die Plettenberger Sensenfabrikanten einen Stapel und verkauften ihre Ware gemeinschaftlich. Die blaue Sensenfabrik unterschied sich dadurch, dass ihre Produkte ganz von Stahl waren und nicht geschliffen, sondern bloss geplattet, gekratzt und geblaut wurden. Sie war eine Nachahmung der steierischen Sensenfabrik und wurde von einem Baron Wilhelm von Haack , der eigentlich aus Eisen Stahl machen wollte, was misslang, im Jahre 1763 eingeführt. Das Blauen oder Blauanlassen geschah auf einer Eisenplatte, welche unten mit Steinkohlen erhitzt wurde, in Sand, das Platten mittels ein- bis anderthalbpfündiger Hämmer, die mit so schneller Bewegung gingen, dass man die Schläge nicht nachzählen konnte, und statt in Hülsen in widersinnig gewundenen Stricken lagen. Die stärkste Fabrikation blauer Sensen betrieben die Gebrüder Elbers auf ihrem Öyer Werke bei Hagen. Die zweite Westfalen und die Rheinlande. hatte J. C. Fischer auf seinem Bergerhammer an der Ennepe. Die Elberss che Fabrik verfertigte im Jahre 1800 30000 Stück steierische Sensen. Die weissen wie die blauen Sensen führten viele besondere Fabrik- zeichen Siehe Eversmann , a. a. O., S. 261. . Im ganzen lieferten die Sensenfabriken in der Grafschaft Mark im Jahre 1800 für 154972 Thlr. Waren. Die märkischen Sensen gingen weit umher, nach ganz Norddeutschland, Schlesien, Polen, Russland, Dänemark, Schweden, Holland, Frankreich und sehr stark nach Amerika. Eine grosse Rolle spielten bei der märkischen Eisenwarenindustrie die Schleifwerke oder Schleifkotten . Es gab deren 40, ohne die Schleifwerke der Sensen- und der Nadelfabriken; von diesen hatten die grösseren drei, die kleineren einen Stein; ausserdem enthielten sie noch Hohlsteine, Polier- und Pliesterscheiben. Es wurden haupt- sächlich Messer, Gabeln, Dullhauer (Matrosensäbel), Sackhauer (säbel- artige Messer, die zum Abhauen des Zuckerrohres gebraucht wurden), Schippen, Spaten, Sägen, Werkzeuge aller Art, Schlittschuhe u. dergl. mehr geschliffen. Die Waffenfabrikation zu Eilpe an der Volme, welche im 17. Jahrhundert von Solinger Klingenschmieden gegründet worden war, befand sich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in hoher Blüte und hatte Absatz in ganz Europa. Eilper Schmiede waren es, welche die russische Klingenfabrik in Tula gründeten Siehe Jacobi , das Berg-, Hütten- und Gewerbewesen des Regierungs- bezirks Arnsberg. 1857, S. 335. . 1732 wurden, nach den Akten der Klingen- und Messerzunft, „von Sr. Majestät dem hochseligen König Friedrich Wilhelm einige Meister mit Gewalt gegriffen und nach Russland geschickt, um allda auch die Klingen- fabriken zu etablieren; dafür wurden dem hochseligen König einige grosse Menschen von der russischen Kaiserin verehrt, welche so gross gewesen, dass ein Mann von 4 Zoll (1,674 m) solchen mit einer langen Pfeife nur bis an den Bart habe reichen können. Wie nun die Fabrikanten allda die Fabriken völlig zu stande gebracht, wollten sie in ihr Vaterland wieder zurückziehen, zogen über Berlin und verlangten für sich und ihre zurückgelassenen Brüder wieder Bestellungen, allein es gefiel Sr. Majestät, die Fabrikanten da zu halten, und liess die jetzt so stark florierende Fabrik zu Spandau anlegen. Dadurch kam die heimische Industrie in eine drückende Lage“. In der That ging die Westfalen und die Rheinlande. Klingenschmiederei der Mark in der zweiten Hälfte des 18. Jahr- hunderts sehr zurück. Die wichtigste Fabrikation der Mark war aber von alters her die Drahtzieherei , in welche sich die drei Städte Lüdenscheid, Altena und Iserlohn teilten. Wir haben über Entstehung und Ent- wickelung der Drahtfabrik in der Grafschaft Mark das Wichtigste bereits mitgeteilt und beschränken uns auf die Veränderungen im 18. Jahrhundert. Gegen Ende des Jahrhunderts hatte Lüdenscheid, welches den groben Draht machte, 32 Drahtrollen, von denen aber nur 20 im Betrieb waren, indem namentlich die Fabrikation des groben Drahtes in an- deren Gegenden sehr zugenommen und den Absatz beschränkt hatte. Altena hatte 1780 104 Drahtrollen vor Wasser mit 99 Bankzöger-, 124 Kleinzöger-Bänken und 178 Winnenscheiben, woran 401 Draht- zieher mit 300 Knechten und Lehrjungen arbeiteten; dazu kamen 100 Drahtschmiede. Es wurden 180000 Stück Draht gemacht. — In Iserlohn waren 1780 33 Rollen mit 139 Scheiben. Vom ersten Holl ab wurde der Draht auf Handscheiben gezogen, deren gab es inner- und ausserhalb der Stadt 75. Iserlohn hatte im Jahre 1720 55 Rollen mit 221 Scheiben gehabt; 1734 ging aber die Fabrikation durch schlechte Ware zurück. Der grobe Draht wurde auf Bankzögerbänken, der mittlere auf Kleinzögerbänken, der feine auf Winnenscheiben gezogen. Nach einer anderen Angabe hatte Altena 99 Bankzögerbänke, 123 Kleinzöger- bänke und 191 Winnenscheiben; Iserlohn 140 Scheiben. Jede Bank konnte für sich erworben und verkauft werden und hatte ihr be- sonderes Folio im Hypothekenbuch. Das Material, welches die Grundlage der ganzen Fabrikation bil- dete, war das Osemundeisen. Die Drahtordnung von Altena, Dahle und Evinghausen vom Jahre 1732 rechnete bei einem Stück Osemund von 14 Pfd. dem Schmied 2½ Pfd., dem Bankzöger ½ Pfd., dem Kleinzöger ¾ Pfd., dem Winner ¼ Pfd. Abgang zu gut, so dass dieser letztere ein Stück Draht von 10 Pfd. als Ergebnis aus 14 Pfd. Osemund abzuliefern hatte Siehe Jacobi , Berg- und Hüttenwesen des Regierungsbezirks Arnsberg, S. 409. . Von den Reckhämmern kamen die vorgereckten Ruten, das Reck- eisen oder Reckedraht. Dieses Vorrecken des Drahteisens auf Wasser- hämmern wurde erst seit 1789 allgemein eingeführt; vordem war der Westfalen und die Rheinlande. Osemund unter der Hand auf sogen. Drahtschmieden oder Isen der Länge der Stange nach zu sogen. Schmiededraht durchgesetzt worden. Die Herstellung des Reckdrahtes war also eine Neuerung, die in Lüdenscheid Hand in Hand ging mit der Umwandlung der Draht- schmieden in Werkstätten, worin Bügel und Schnallen gemacht wurden, und in der Verminderung des Absatzes von grobem Draht, wodurch Wasserkraft zum Schmieden in den Drahtkotten verfügbar wurde. In Altena behielt man das Drahtschmieden mit der Hand dagegen bei. Iserlohn bezog, besonders seit der Konvention, welche es in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit Altena geschlossen hatte, nur gezogenen Mitteldraht von Altena als Material für seinen Feindraht, wogegen Altena sich verpflichtet hatte, nur bestes Material zu liefern. Den groben Draht, solange er noch keine völlige Rundung hatte, glühte man auf offenem Feuer, gerundeten Draht in verluttierten Kesseln von Schwarzblech im offenen Feuer. Das Glühen der feinen Sorten durch den Winner geschah in verluttierten gegossenen eisernen Kesseln bei Steinkohlenfeuer. Als 1702 durch das Drahtglühen ein grosser Brand in Altena entstanden war, wurde das Glühen des Drahtes in Kesseln statt im offenen Feuer streng verboten. Obgleich schwere Strafen angedroht waren, hatte dies Verbot keinen Erfolg. Der Holzverbrauch zum Drahtglühen war sehr beträchtlich und betrug für Altena, einschliesslich des Stahldrahts, 30848 Karren im Jahr. Der Verbrauch von Osemundeisen betrug nach Eversmann 2253108 Pfd. Aller Draht wurde von einer Gesellschaft angekauft und kam auf den Stapel . Die Stapel-Gesellschaft war landesherrlich octroyiert, um die kleinen, selbstarbeitenden Reidemeister vor der Ausbeutung durch die Kaufleute zu schützen, und hatte das aus- schliessliche Recht zum Drahteinkauf. Der Stapel bestand in Iser- lohn seit 1722, in Altena seit 1745 Im Jahre 1745 ist zwischen der Altenaischen Draht-Stapel-Kompanie und den dasigen Drahtreidemeistern und Fabrikanten ein Kontrakt errichtet und von Sr. Majestät dem König von Preussen am 22. Junius bestätigt worden. ununterbrochen. Er war der grosse Regulator der Fabrikation und des Handels. Bei schlechtem Absatz konnte den Fabrikanten das Drahtziehen ganz untersagt werden, und empfingen sie dann aus der Stapelkasse ein kleines Wartegeld. Zur Stapelgesellschaft gehörten 1. die Stapelinteressenten. d. h. die Aktionäre, welche allein Draht verkaufen durften und allen Draht zu festgesetzten Preisen übernehmen mussten; 2. die Reide- meister, d. h. die Fabrikunternehmer; und 3. die Zöger, d. h. die Fabrik- Westfalen und die Rheinlande. arbeiter. Die drei Fabriken beschäftigten 800 Drahtzieher. Zur besseren Versorgung der Drahtfabrik in Altena wurde 1797 ein Eisenmagazin eingerichtet, an welches aller Osemund abgeliefert werden musste. Der Osemund wurde dabei mit Strenge auf seine Güte beschaut. Ebenso wurde der Draht, der zum Stapel kam, von Beschaumeistern, die „Klinker“ hiessen, genau auf Stärke, Gleichheit des Zuges, Gewicht und sonstige Eigenschaften geprüft. Alles war gesetzlich geregelt: der Pacht der Rollen, das Draht- quantum, welches darauf gearbeitet werden durfte, der Lohn der Zöger, der Preis des Drahtes u. s. w. Ausserdem herrschten strenge Zunftregeln. Wie eifersüchtig die märkischen Drahtfabrikanten darüber wachten, dass ihr Handwerk nicht in fremdes Land vertragen wurde, wird leb- haft illustriert durch den tragi-komischen Einfall der Altenaer in das kölnische Sauerland im Jahre 1721. Geheimrat von Dücker zu Rödinghausen war eifrig bemüht, diesem Orte eine Drahtfabrik zu gewinnen. Nach vielen Bemühungen gelang es ihm endlich, einen geschickten Zöger namens Nüter zu veranlassen, von Altena heimlich zu entweichen und entgegen seinem Verbleibungseid in Rödinghausen einen Drahtzug einzurichten. Als die Altenaer dies erfuhren, rüsteten sich unter dem Drosten von Pungelscheidt alle Reidemeister, Zöger und auch mehrere von der Metzgerzunft und zogen nachts 1 Uhr in aller Stille über die Grenze, überfielen die Rollen, schleppten Nüter als Gefangenen fort und zerstörten das ganze Werk. Als die Bürger von Menden von dem kecken Überfall Kenntnis erhielten, läuteten sie die Sturmglocke und zogen bewaffnet nach Rödinghausen. Aber die Altenaer waren längst über die Berge, nur einen vorwitzigen Altenaer Bürger namens Vogel erwischten sie und nahmen ihn als Gefangenen mit. Den unglücklichen Nüter steckten die Altenaer in einen Kerker in der Burg, wo er nach zwei Jahren elend starb. Der Vogel aber entwischte; angeblich hatten ihm die schlauen Altenaer Feilen und Dietriche in einen Laib Brot gebacken und denselben ihm zugeschickt. Die Stahldrahtfabrik in Altena hatte keine besonderen Werke, sondern wurde auf den Drahtrollen mit betrieben. Das Material dafür war Bördenstahl. Dieser wurde von den Stahldrahtschmieden unter der Hand in achteckige dünne Ruten geschmiedet und in dieser Gestalt in den Zug genommen. Die Verwendung des Stahldrahtes war hauptsächlich für Nähnadeln und Strickstöcke. Er musste also von bester Qualität und von vollkommener Rundung sein. Westfalen und die Rheinlande. Das Recht, Stahldraht zu fabrizieren, hatte nur die Stadt Altena und wurde von deren Magistrat verliehen. Aller fertige Stahldraht wurde an eine Gesellschaft, die Stahldraht-Association in Altena, abgeliefert. Im Jahre 1786 soll für 200000 Thlr. Stahldraht fabriziert worden sein. Die Produktion der sämtlichen Drahtfabrikanten war im Jahre 1800 folgende: Verkaufspreis Lüdenscheid 14503 Stck. zu 9¾ Pfd. 15172 Thlr. Altena, Eisendraht 148349 „ „ 9¾ „ 275786 „ Altena, Stahldraht 305048 Pfd. 121403 „ Iserlohner Kratzendraht 21632 Stck. zu 10 Pfd. 54871 „ Summe des Wertes: 467232 Thlr. Der grobe Draht hatte ein beschränkteres Absatzgebiet, doch ging ziemlich viel nach Holland und Portugal. Altena versendete seinen Draht nach Spanien, Portugal, Amerika, der Levante, Frankreich und ostwärts. In England, Böhmen und Sachsen war er verboten. Iser- lohn sendete seinen Kratzendraht überall hin, wo Tuchfabriken waren. Auch machte Iserlohn guten Saitendraht. Die Eigentümlichkeit des Iserlohner Drahtes war seine Elasticität, weswegen er für Kratzen- draht immer den Vorzug erhielt. Hauptdrahtindustrielle waren Schrimpf, Rupe sel. Wittwe und Wöste in Iserlohn, Figge und Rumpe in Altena, Sandhövel zu Lüdenscheid. Die Hauptsorten waren: Schleppendraht, Mitteldraht, Kleindraht und Middeldromme. Die einzelnen Nummern hatten folgende Be- nennung: Name Zeichen Stärke Grober Draht . Ketten- K. 3,700 Linien Schleppen- S. 3,181 „ Groben Rinken G. R. 2,873 „ Feinen „ F. R. 2,565 „ Malgen M. 2,258 „ Groben Memel G. M. 1,951 „ Feinen „ F. 1,644 „ Klink „ K. 1,486 „ Nattel N. 1,329 „ Mitteldraht M. 1,172 „ Westfalen und die Rheinlande. Name Zeichen Stärke Banddraht . 3 Schilling 3 1,062 Linien 4 „ 4 0,952 „ 2 Band 2 B. 0,843 „ Ordinären 12Riggen- oder 1 Band 1 B. 0,734 „ Kleinen 12Riggen- oder 3 Band 3 B. 0,674 „ Ordinären feinen 4 Band 4 B. 0,614 „ Kleinen feinen 5 Band 5 B. 0,554 „ Ordinären Stalen 6 Banddraht 6 B. 0,494 „ Kratzendraht . Feinen Stalen- gemeinen oder 5 Band G. 0,435 „ Ordinär Münster M. 0,399 „ Feinen „ F. 0,363 „ Kleine Garinge K. 0,327 „ 1 Holl 1 0,292 „ 2 „ 2 0,257 „ 3 „ 3 0,222 „ 4 „ 4 0,197 „ 5 „ 5 0,173 „ 6 „ 6 0,149 „ 7 „ 7 0,125 „ 8 „ 8 0,101 „ 9 „ 9 0,095 „ 10 „ 10 0,090 „ Zwischen diesen Nummern gab es noch Zwischenstufen. In Iser- lohn zog man noch bis zu 20 Holl, doch war 17 Holl schon so fein wie ein Menschenhaar. Die Fingerhutfabrikation war Ende des 17. Jahrhunderts durch einen Fabrikanten, Konrad von der Becke aus Utrecht, mit Hülfe des Iserlohner Kaufmanns Löbbecke in der Grafschaft Mark eingeführt worden. Sie hat sich im Laufe des vorigen Jahr- hunderts sehr ausgebreitet, so dass am Schluss desselben 11 Werke dafür bestanden. Diese lagen alle im Gericht Hemer an der Sundwiger Bach. Man machte die Fingerhüte aus Messing, Eisen und Stahl. Das Schwarzblech kam teils von inländischen Blechhütten, meist aber von Olpe. Die Arbeit wurde durch Maschinen, welche durch Wasser- kraft bewegt wurden, verrichtet. Die schönste und sehenswerteste Fabrik war die noch heute bestehende von von der Becke zu Sundwig . Aus Eisen gegossene Fingerhüte hatten sich nicht bewährt. Westfalen und die Rheinlande. Die Nähnadelfabrikation brachte der Iserlohner Kaufmann Konrad Pütter ins Land und etablierte sie im ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts in Iserlohn . Sie machte nur ordinäre Ware aus Eisendraht nach Art der Schwabacher Nadeln und hatte kein rechtes Fortkommen. 1780 wurde aber zu Altena eine Stahl- Nadelfabrik nach Art der Aachener angelegt. Da die Aachener ihren Stahldraht von Altena bezogen, so hoffte man am Erzeugungsplatz selbst günstiger fabrizieren zu können. Landrichter Göke und Bürgermeister Rumpe standen an der Spitze des Unternehmens. Aber die Schwierigkeiten im einzelnen erwiesen sich so gross, dass das Unternehmen zu Grunde gegangen wäre, wenn Minister von Heinitz es nicht durch königliche Unterstützung gehalten hätte. Hierdurch und durch den Fleiss und den Unternehmungsgeist des Bürgermeisters Rumpe kam sie doch nach und nach zur Blüte. Johann Kaspar Rumpe gründete um 1789 das Werk am Hünen- graben, eine Anlage, welche wegen ihrer damals ausserordentlich erscheinenden Ausdehnung auf Hammerwerke, Drahtzüge, Nadel- schauermühlen und Schleifwerke, mehr noch durch ihre Wasserleitung mittels des in die Felsen gesprengten unterirdischen Kanals von 1200 Fuss Länge, 8 Fuss Höhe und 10 Fuss Weite für ein Wunder der Welt galt. 1800 wurde eine zweite Nadelfabrik zu Iserlohn an- gelegt von Müllensiefen und Altgeld . Die Rumpes che Fabrik fertigte um 1800 an 100 Millionen Nähnadeln. Auch in Plettenberg entstand eine Nähnadelfabrik, die 1791 70 Arbeiter beschäftigte. 1725 begann Joh. Hermann Quittmann die Fabrikation von Fischangeln , die ebenfalls ein dauernder Handelsartikel für Iser- lohn und Altena geworden sind. Wenn auch die Verwendung der Steinkohle im Laufe des 18. Jahrhunderts nach und nach zunahm, so war doch die Aus- beutung der reichen Schätze des Ruhrbeckens noch eine sehr be- schränkte. Im Jahre 1787 waren im ganzen 1023 Bergleute bei dem Steinkohlenbau beschäftigt, und wurden 1769000 Scheffel ge- fördert. Die Militärpflichtigkeit spielte im vorigen Jahrhundert eine grosse Rolle und wirkte namentlich in Preussen, das viele Soldaten brauchte, vielfach störend auf die Entwickelung der Eisenindustrie ein. Seit Friedrich Wilhelm I. ein strenges Werbesystem einge- führt hatte und auch die Eisenarbeiter zum Militärdienst aushob, entwichen viele wegen der Kriegspflicht ins Bergische, wo sie Freiheit und Nahrung fanden und durch ihren Fleiss das Land in Flor Westfalen und die Rheinlande. brachten. In vorhandenen alten Akten von 1770, betreffend die Be- schreibung der Eisen- und Drahtfabriken, wird lebhaft geklagt Siehe Jacobi , a. a. O., S. 336. , dass der Osemund, soweit er nicht zu Draht gezogen würde, ferner das Stabeisen und der gare Stahl ausser Landes, namentlich ins Bergische wanderten, wo man aus märkischen Metallen und mit märkischen Steinkohlen die Waren fertige, welche nach allen vier Teilen der Welt gingen. In den gewerbereichsten Orten des Bergischen bestehe über die Hälfte der Bevölkerung aus märkischen Unterthanen. Wer nur eben „gross gefüttert“ sei und merke, dass er „zu dienen ka- pabel“, entweiche ins Ausland. „Werbefreiheit“ sei das Zauberwort, welches die Mark in ein gewerbreiches Land verwandeln könne. Der General Wolff von Wolffersdorf (in Hamm) und seine Offiziere möchten sich dafür umsomehr an den Hellweg halten, woselbst, indem man dort nur allein mit dem Ackerbau zu schaffen habe, keine Privilegierung des Landes zu hoffen. Nur die Drahtosemund- und Drahtfabrikation waren durch Kan- tonfreiheit geschützt, und Friedrich der Grosse hielt strenge darauf, was genannter General Wolff erfahren musste, der einen unglücklichen Versuch, die Altenaer Cyklopen unter die Spiessruten zu bringen, beinahe, wie der König droht, mit Spandau gebüsst, „die mauvaise Geschichte in Erwägung der sonstigen Meriten für diesmal pardonnirend“. Sonst war der König auf die Markaner, wegen ihrer Abneigung gegen den Soldatendienst, schlecht zu sprechen und betrachtete sie als widerspenstige Unterthanen. „ Friedrich der Einzige “, sagt J. Fr. Möller , „kannte unter allen Provinzen seines Reiches am allerwenigsten seine westfälische Mark, er hat sie niemals bereist, der Strom seiner königlichen Wohlthaten reichte nicht zu uns.“ Erst in den 80er Jahren wurde der Nachteil und die Ursache der Auswanderung lebhafter erkannt. Es war dies ein grosses Ver- dienst des um die Mark soviel verdienten, bürgerfreundlichen, ge- werbskundigen und von unseren Vorfahren in jeder Beziehung hoch- gefeierten Ministers von Heinitz . Auf seine Vorstellung hin wurde die ganze Fabrikgegend für kantonfrei erklärt, die Werbungen auf einen mässigen Fuss gesetzt und den Ausgetretenen Generalpardon bewilligt. „Am späten Abend seines Lebens sah der königliche Greis auf die Mark mit seiner Huld herab.“ Daraufhin kehrten die Aus- wanderer in Scharen zurück, brachten gleichsam als Sühngeld die im Bergischen erworbene Kunstfertigkeit mit und zogen eine Menge Fremder hinter sich her. Westfalen und die Rheinlande. Schnell wuchs die Kleinschmiederei in den Thälern der Volme, Haspe, Ennepe empor. Während bis 1780 in Halver sich der Gewerbebetrieb auf 2 Osemund- und 1 Rohstahlfeuer mit 12 Arbeitern beschränkt hatte, zählte man dort 1791 schon 74 Arbeiter in Klein- eisenwaren, und was noch merkwürdiger war, im nächsten Jahre, 1792, schon 250 Arbeiter in Eisen, Stahl und anderen Metallen. Es waren 6 Reck- und Breithämmer hinzugekommen, und zur Anfertigung von Schlössern, Bohrern, Feilen, Beiteln, Zangen, Sägen, Schippen, Fitzen, Kaffeemühlen rührten sich fleissig die Hände der Schmiede. Beson- deres Verdienst darum erwarben sich die Kaufleute Hermann, Heinrich und Johann Dietrich Winkhaus . Ähnlich war es in Vörde , wo die sogen. „kleine Fabrik“ vor 1780 gar nichts war, während 1800 schon 56 Schmiedewerkstätten für Fabrikwaren im Betrieb waren. Die Freiheit Volmarstein hatte 1791 bereits 38 Arbeiter für Schlösser, Nägel und Kaffeemühlen. Wir haben früher schon erwähnt, dass Friedrich II . und sein Minister von Heinitz durch Anlagen von Land- und Wasserstrassen die Industrie des Landes hoben. Am 16. Februar 1784 wurde dem Oberbergrat vom Stein , dem späteren berühmten Minister, die Lei- tung der westfälischen Bergämter und die Aufsicht über die Fabriken in der Grafschaft Mark mit dem Amtssitz in Wetter übertragen. In dieser Stellung leistete er viel für Hebung des Steinkohlenbergbaues und der Fabrikindustrie. Das schönste Denkmal setzte er sich aber durch die Schiffbarmachung der Ruhr, um dadurch die Kohlenbergwerke mit dem Clevischen, dem Rhein und Holland in Verbindung zu setzen und eine Erweiterung des Kohlen- und Salzabsatzes herbeizuführen Siehe Pertz , a. a. O., S. 75. . Für den Steinkohlenbergbau der Ruhr war dies die grösste Wohlthat. Unter Stein wurde auch der erste Versuch mit einer Kohlen- bahn in Deutschland gemacht. Es geschah dies auf Betreiben des Bergrats Eversmann , der einen „englischen Kohlenweg“ von den Kohlengruben im Rauchendahler Gebirg (bei Dahlhausen) nach der Ruhr bauen wollte. Der Bericht darüber wurde am 28. Februar 1786 vom Oberbergrat vom Stein an das königl. Generaldirektorium nach Berlin geschickt. Weitere Nachrichten fehlen. Eversmann und Post legten 1794 zwei Gussflammöfen (Zug- öfen) an, um mit Steinkohle alte Kanonen und altes Gusseisen um- zuschmelzen und zu Munition zu vergiessen, erzielten aber, wie Eversmann schreibt, damit keinen anderen Gewinn, als dass sie Westfalen und die Rheinlande. ihre Erfahrung bereicherten Siehe Eversmann , a. a. O., S. 289, wo er seine gemachten Erfahrungen mitteilt. . Sie erhielten durch die oxydierende Wirkung der Flamme zu viel gefrischtes Eisen, skull-iron, wie es die Engländer nannten. In dem Hochstift Essen , wo jetzt die grossartigste Stahl- industrie der Welt ihren Sitz hat, begann im vorigen Jahrhundert die Eisenindustrie mit bescheidenen Anfängen. Die Eisenhütte Neu- essen am linken Ufer der Emscher wurde 1740 erbaut und hatte gegen Ende des Jahrhunderts ausser dem Hochofen auch einen Windofen (Flammofen). Man verschmolz Raseneisenstein aus der Nachbarschaft. Es wurden hauptsächlich Gusswaren gemacht. Nach Versuchen des Reidemeisters Spennemann zu Vormholte in der Mark gab das Roheisen im rheinischen Frischfeuer ein kaltbrüchiges, dagegen im Stahlherd ein weiches biegsames Eisen Siehe Eversmann , S. 295 Anmerk. . 1743 erhielt der Domkapitular Freiherr von Wenge zum Dieck vom Kurfürsten von Köln Beleihung auf Eisenstein zwischen Oster- feld und Buer im Vest Recklinghausen . 1753 wurde die Beleh- nung bestätigt, ohne dass bis dahin eine Eisenhütte zu stande ge- kommen war Siehe Grevel , Die Gute Hoffnungs-Hütte. 1881, S. 4. . Er erhielt aber die Erlaubnis zur Anlage und zum Betrieb einer Eisenschmelzhütte und Hammerwerk im Vest Reckling- hausen. Zur Erwerbung der Grundstücke und zum Bau wurden ihm alle möglichen Erleichterungen gewährt. Die Hütte wurde denn auch an der „Bocksmühle auf dem Furellenbach“ vom Meister Luiker Walen 1757 erbaut und kam noch in den 50er Jahren in Betrieb. Es war dies die St. Antony-Hütte , aus welcher zum Teil das grosse Hüttenwerk Gute Hoffnungs-Hütte bei Sterkerade-Oberhausen hervorgegangen ist. Schon in den 70er Jahren war man gezwungen, Erze aus dem Clevischen zu beziehen. Die Behörde verbot aber Anfang der 80er Jahre die Ausfuhr von Eisenstein nach dem Kölnischen. 1780 wurde die Hütte verpachtet, und die Pächter erschlossen bei Carnap im Essenschen Raseneisenstein. Die technische Leitung hatte seit den 70er Jahren ein geschickter Meister, Pfandhöfer Clemens Pfandhöfer war von Hause aus Weber; mit gesundem Menschenverstand, Beharrlichkeit und Zuversicht ausgerüstet, hatte er sich im Siegenschen zum Hüttenmeister emporgearbeitet. . 1795 brachte die Fürstin Maria Kunigunde von Essen das Werk an sich. Die preussische Regierung sah mit einiger Eifersucht das Wachs- tum dieser Hütte so nahe ihrer Grenze und unterstützte die Be- Beck , Geschichte des Eisens. 61 Westfalen und die Rheinlande. strebungen, ein Konkurrenzwerk nahe dabei auf preussischem Gebiete anzulegen. Die Idee der Anlage einer solchen Hütte bei Sterkerade wurde schon 1773 angeregt. 1780 legte der Hüttenmeister Pfandhöfer Mutung ein mit dem Recht zur Errichtung einer Eisenhütte und nannte sie „ Gute Hoffnung “. 1781 wurde von der Regierung der Platz für die Hütte am Sterkerader Bach oberhalb des Klosters be- stimmt. Die preussische Kommission besuchte bei dieser Gelegenheit auch die St. Antony-Hütte und berichtete, dass dort allerlei Gusswaren, Öfen, Pötte u. s. w. verfertigt würden und dass dort auch Kanonen an 2000 Pfd. schwer gegossen werden könnten. Pfandhöfer hatte damals eine Lieferung von 900000 Pfd. Kugeln nach Holland über- nommen. Am 10. September 1781 erfolgte die Belehnung des Pfand- höfer . Es wurde ihm Zollfreiheit für 6 Jahre gewährt und statt des Zehnten ein jährliches Fixum von 20 Thlr. auferlegt, dagegen sollte er auch „die Versuche zum Gebrauch der Steinkohlen in dieser Hütte fortsetzen“. Pfandhöfer legte auf Anraten Eversmanns den ersten erfolgreichen Gussflammofen in dieser Gegend Preussens an, ebenso auch einen Temperofen und eine Plattenschleifmühle. 1790 wurden die ersten Versuche mit „abgeschwefelten Steinkohlen“ von Evers- mann daselbst vorgenommen, die aber wegen des zu schwachen Ge- bläses missrieten. Ein Kokszusatz von ⅙ zu den Holzkohlen wirkte noch vorteilhaft. Die Gute Hoffnungs-Hütte beschäftigte nur 15 Ar- beiter, ging aber im Anfang gut und hatte einen ziemlich beträcht- lichen Absatz ins Ausland. Pfandhöfer geriet aber in Schulden, und dadurch kam auch die Hütte in Rückgang, um so mehr, als Pfandhöfer wieder die technische Leitung der Antony-Hütte über- nahm Eberhard Pfandhöfer hatte alles, was er erworben hatte, wieder ver- loren und kehrte zum Webstuhle zurück. Nicht lange danach bot sich ihm neue Gelegenheit, seine hüttenmännischen Kenntnisse zu bethätigen, indem ihm der Bau einer Eisenhütte in Oberyssel übertragen wurde. . 1799 wurde der Konkurs erklärt, und am 12. April 1800 liess der preussische Fiskus das Werk subhastieren. Käuferin war die Witwe Krupp (geb. Ascherfeld ) in Essen, welche die Eisen- hütte „Gute Hoffnung“ mit sämtlichen Pertinenzien und Gerechtig- keiten und insbesondere mit dem dazu gehörigen Wohnhause für 12000 Rthlr. kaufte. Auf der Antony-Hütte war Hütteninspektor Gottlob Jacobi der Nachfolger Pfandhöfers und legte 1797 ein hölzernes Cylinder- gebläse an stelle der ledernen Bälge an, mit dem er 15 bis 20 Prozent Kohlen ersparte. Auch hatte er einen eisernen, durch Wasser be- Westfalen und die Rheinlande. wegten Schauercylinder für die Kugeln und einen Polierhammer, unter dem die in einem besonders dazu vorgerichteten Ofen geglühten Kugeln spiegelglatt poliert und vollkommen kalibermässig gerundet wurden, errichtet. Während des französischen Krieges hatte die Hütte grosse Quantitäten Munition für Rechnung Rotterdamer Häuser ge- macht. Johann Heinrich Jacobi , der Vater des oben genannten Gottlob Jacobi , war als ein erprobter Hüttenmann und als Erbauer der Sayner Hütte bekannt. Er war 1725 zu Eisleben geboren, widmete sich schon 1740 im Mansfeldischen dem praktischen Bergbau, wurde 1751 Schichtmeister und dann Verwalter einer Grube in Elpe bei Ramsbeck in Westfalen, später zu Langenhecke im Trierischen (jetzt Nassauischen), kam 1765 als kurfürstlicher Berginspektor nach Koblenz, wurde 1766 „auf Requisition Ihro Gnaden von Saarbrücken in dero Land die Kohlenbergwerke in bessere Verfassung zu bringen“ auf 10 Wochen nach Saarbrücken berufen. 1769 übertrug ihm die Re- gierung den Bau der Sayner Hütte, welche er ohne fremde Beihülfe, allein nach seinen Erfahrungen anlegte. Er siedelte dann mit seiner Familie nach Sayn über, wo er 1796 nach einem sehr thätigen Leben verstarb. Er stand in hohem Ansehen und wurde oft von fremden Regierungen zu Begutachtungen berufen. Er hatte 15 Kinder. Der 1770 geborene Gottlob Julius spielte bei der Begründung des Essener Hüttenwesens eine wichtige Rolle. Im Jahre 1790 war eine neue Gesellschaft zur Gründung eines Eisenwerkes im Hochstifte Essen zusammengetreten. Es waren dies J. Th. Werner, H. F. Langen , Kanzleidirektor Schneitz und Regierungsrat Rademacher und die Fürstin Maria Kunigunde von Essen selbst. Bereits in diesem Jahre wurde Gottlob Jacobi Bau und Leitung der neuen Hütte übertragen. 1794 brachte die Fürstin das ganze Werk an sich, in demselben Jahre erwarb sie auch die Antony-Hütte. Die Werke wurden vereinigt, und der Schwerpunkt der Verwaltung nach der St. Antony-Hütte verlegt. — Auf der Antony- Hütte waren neben dem Hochofen ein Wind- und ein Kupolofen, einer der ersten in Deutschland, vorhanden. Der Hochofen war 22 Fuss hoch, das Gestell 4½ Fuss, die Rast 3½ Fuss hoch, die Form lag 16 Zoll über dem Bodenstein, Gestell von Form bis Windseite 16 Zoll, von Tümpel bis Rückseite 17 Zoll, Gichtplatte 22 Zoll Quadrat, Rast 7 Fuss Quadrat. Das Gebläse war ein cylindrisches Kastengebläse nach Jacobis Konstruktion, welches mit dem Baaderschen Gebläse Ähnlichkeit hatte. Es wurden nur Gusswaren gemacht, und zwar 61* Westfalen und die Rheinlande. etwa 1300 kg den Tag. Der Preis der Gusswaren betrug im Durch- schnitt 24 Mk. für 100 kg. Die Gusswaren hatten ein weites Absatz- gebiet und gingen bis nach Russland. Der Kupolofen hatte eine Blaseform und wurde mit Holzkohlen betrieben. Bei abgeschwefelten Steinkohlen hatte er ein unruhiges Eisen gegeben, das kaltbrüchig war, doch konnte man eine Stange von ½ Zoll Dicke damit giessen. 50 Pfd. Koks trugen 65 Pfd. Brucheisen, das gleiche Gewicht Holz- kohlen aber nur 42 Pfd. In der kleinen Herrschaft Gimborn-Neustadt war eine alte Eisenindustrie heimisch. Die Eisenerze wurden im Kirchspiel Rün- deroth gewonnen. Es gab gegen Ende des vorigen Jahrhunderts noch 3 Eisenhütten daselbst, die Ründerother , die Ösinghauser und die Kaltenbacher Hütte ; früher gab es noch starken Eisen- hüttenbetrieb im Kirchspiel Müllenbach, welcher seine Erze von einem bedeutenden Bergwerk, dem Lollberg, bezog. Die Ründerother Hütte wurde gewerkschaftlich betrieben, ganz in der Weise der siegenschen und saynischen Hütten. Sie blies teils aus heimischen, teils aus fremden Erzen, besonders aus den hom- burgischen, ein sehr gutes Eisen, das zum Osemundschmieden ver- wendbar war und dem saynischen an Güte gleichkam. Der Schwerpunkt des Neustadt-Gimborner Eisengewerbes lag in den Hammerwerken, auf welchen teils inländisches, teils fremdes Roheisen von den bergischen, homburgischen, saynischen und wittgen- steinischen Hütten zu Stabeisen und Rohstahl verfrischt, teils Band- eisen geschmiedet wurde. Die Hammerwerke waren aber im Laufe des Jahrhunderts wegen zunehmenden Kohlenmangels zurückgegangen. 1790 waren noch 4 Rohstahlfeuer und 9 Stahlhämmer im Betrieb. Das Frischen geschah nach der deutschen Warmfrischmethode, nur ein Hammer ging nach der siegenschen Einmalschmelzerei, dieser arbeitete für die Bandhämmer. Die ersteren machten vorzugsweise sogen. Mass-Eisen, d. h. Eisen, welches nach vorgeschriebener Form unter dem Stabhammer geschmiedet wurde und meist nach Remscheid ging. Bandeisenhämmer gab es eine grosse Zahl; viele derselben verdankten dem amerikanischen Kriege ihre Entstehung; im Amte Neustadt lagen 46, im Gimbornschen 11. Die Bandeisenhämmer bezogen ihr Material, einmal geschmolzenes Eisen oder Reckeisen, aus dem Siegerland. Die Steinkohlen kamen aus der Mark. Die Bandeisenschmiederei war sehr von Konjunkturen abhängig. Seekriege und gute Weinernten in Spanien wirkten günstig auf sie ein. Westfalen und die Rheinlande. Die kleine Herrschaft Homburg vor der Mark, welche durch die Acher von der Herrschaft Gimborn-Neustadt getrennt war, war reich an guten Eisenerzen. Es befanden sich daselbst zwei Eisenhütten zu Weiershagen und zu Nümbrecht . Letztere ging um 1780 bereits ein. Die strengflüssigen Brauneisensteine wurden mit einem geringhaltigen, leichtflüssigen Stein von Ründeroth gattiert. Das Ausbringen betrug etwa 1750 kg den Tag und ging meistens nach der Mark, wo es dem saynischen gleichgeschätzt wurde. Unterhalb Nümbrecht befand sich der Altemühler Hammer , die einzige Frischhütte im Homburgischen. Ausserdem gab es 17 Band- und Reckeisenhämmer daselbst. Mitten in der Grafschaft Mark lag die kleine Grafschaft Hohen- Limburg , in der das Eisengewerbe, wie in der Mark, das Haupt- gewerbe ausmachte. Es gab hier einen Osemundhammer und drei Stabfeuer auf zwei Hämmern. Sie bezogen ihr Roheisen von der Oberkaltenbacher Hütte im Bergischen. Ein Hochofen im Ländchen selbst musste wegen der Schwerschmelzbarkeit der Erze und zinkischer Ofenbrüche eingehen. Die sämtlichen Hämmer arbeiteten für die Limburger Drahtfabrik. Diese war bedeutend und wurde auf 20 Grob- und Kleinzögerbänken und 61 Winnenscheiben betrieben, welche meist auf der Nahmer lagen und in 18 Werken verteilt waren. Die Fabri- kation war vorzüglich auf Kratzendraht gerichtet. Diese Fabrik war früher mit der Iserlohnschen vereinigt gewesen und hatte sich anfangs des 18. Jahrhunderts durch Uneinigkeit mit den Interessenten des Iserlohner Stapels getrennt. Ein Unterschied der Fabrikation lag darin, dass hier der Draht meist aus Stabeisen statt aus Osemund gezogen wurde. Der Draht war weicher als der aus Osemund, und zum Biegen besser, dagegen nicht so elastisch. Er war sehr gesucht. — Das Eisen wurde aus groben Stangen erst auf dem Reckhammer in Ruten von 1 Zoll Breite und ¼ Zoll Dicke ausgereckt. Diese wurden von dem Drahtschmied der Länge nach „durchgeklöbt“ und zum Zuge verschmiedet. Auf einer Limburger Grobbank wurden jähr- lich 700 bis 900 Stück Draht gezogen zu etwa 50000 Thlr. Wert; es wurde 120 Rthlr. Pacht jährlich für eine Bank bezahlt. Mit der Eisenindustrie der Mark stand das uralte Eisengewerbe des Herzogtums Berg in lebhaftem Wettbewerb. Die bergische Industrie gründete sich hauptsächlich auf den Fleiss der Einwohner, die Natur hatte nur wenig für sie gethan Siehe Eversmann , a. a. O., S. 371. . Westfalen und die Rheinlande. Das bergische Land hatte längst seine Holzvorräte erschöpft, so dass für Hochöfen keine Stätte mehr war. Nur zu Oberkaltenbach im Amte Steinbach, wo sich das reiche Kauerts-Bergwerk befand, war auch noch Hüttenbetrieb. Die Oberkaltenbacher Hütte lag ½ Stunde von Ründeroth. Sie gehörte ursprünglich der Familie Kauert . Die Erze waren Brauneisensteine, welche zum Teil mangan- haltig waren. Man blies neben Roheisen aus diesen letzteren auch „Stahlkuchen“, welche auf den märkischen Hütten „Schwerteisen“ genannt wurden, weil sie einen weichen, zähen Stahl gaben, der zu den Schwertmassen gebraucht wurde. Die Nieder-Kaltenbacher Hütte lag dicht an der Gimborn- Neustädtischen Grenze und gehörte dem Grafen von Wallmoden . 1798 wurde ihr Betrieb eingestellt. Die Eisenhütte zu Engelskirchen lag am Ausfluss der Leppe in die Acher. Sie gehörte der Gemeinde Engelskirchen (Kirchspiels- Hütte). Die Kirche und Schule zu Engelskirchen wurden daraus er- halten und zwar in der Art, dass der Hüttenzins und der Ertrag des Wascheisens nach Abzug der Reparaturkosten der Gemeinde zuflossen. Nicht weit davon lag, ebenfalls an der Acher, die Looper Hütte , welche dem Grafen Nesselrode gehörte. Die Bröler oder Wald- bröler Hütte im Amte Windeck war Eigentum der Witwe Coing zu Hachenburg. Die Stab- und Rohstahl-Fabrikation, welche vordem von grosser Bedeutung war, hatte sich teilweise nach der Mark verzogen, haupt- sächlich wegen der Steinkohlen daselbst. Die Eisenhämmer zu Herren- stein und Ehreshoven waren Nesselrodisch, ihr Eisen ging nach Rem- scheid. Mehrere Hämmer lagen bei Engelskirchen. Der Hammer zu Dorp an der Nave verarbeitete Roheisen von der Sayner, Bendorfer und Clemens-Hütte und machte etwa 65000 kg Stabeisen und davon 50000 kg Reckeisen für Holland. Das Schlebuscher Werk, 1½ Stunden von Mühlheim am Rhein, bezog ebenfalls sein Roheisen von der Sayner Hütte. Es hatte zwei Frischfeuer, einen Blech- und einen Reckhammer. Die Boeckerhämmer an der Evecke waren ein Rohstahlhammer mit zwei Feuern und zwei Stahlraffinierhämmer. Rohstahlfeuer waren ferner auf den Busch- hämmern an der Wupper und auf der Borbeck in Rade vorm Wald. In Remscheid hatte J. H. Funke den ersten Stangenstahl geschmiedet. Die Eisen- und Stahlschmiederei auf Reckhämmern war eine sehr beträchtliche Industrie im Bergischen. Bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts diente die feine Stahlfabrikation im Lande nur der Westfalen und die Rheinlande. Schwert- und Messerfabrik in Solingen. Erst nach dieser Zeit kam zuerst der Stahlhandel nach Holland in Aufnahme und waren die Hasenclever die ersten, die dies versuchten Siehe Eversmann , a. a. O., S. 387. . In der Folge war der Rohstahl von Johann Caspar Halbach zu Remscheid in Amerika besonders gesucht. Er schlug seinen vollen Namen als Zeichen auf seinen Stahl. Ein gewisser Böcker fing zu Anfang des 18. Jahrhunderts an, Schlichteisen unter Wasserhämmern zu schmieden und damit Handel zu treiben. Dadurch kam diese Industrie in Aufnahme. Die Stahl- und Eisen-Reckhämmer vermehrten sich besonders in den letzten Jahren des siebenjährigen Krieges. — Der Hauptsitz der Stahlfabri- kation war in den Kirchspielen Remscheid, Kronenberg und Lüttring- hausen; der des Schlichteisens an der Wupper oberhalb Gemark. Wie sich die Hasenclever und Halbach im Stahlhandel auszeichneten, so that dies die aus dem Nassauischen stammende Familie Flender im Band- und Schlichteisenhandel. Der eigentliche Gründer dieser Industrie war ein Siegerländer namens Clarenbach gewesen, der in Holland den dortigen Eisenhandel und den grossen Bedarf für den Schiffsbau kennen gelernt und hierauf bei der Krähwinkler Brücke an der Wupper mehrere Hämmer anlegte, in denen er siegerländer Stabeisen zu Bandeisen verschmiedete und dieses nach Holland ver- kaufte. Johann Flender , ein Siegener Gewerkensohn, heiratete Clarenbachs Tochter und übernahm das blühende Geschäft, welches er fortführte und erweiterte zum Nutzen des Bergischen und des Siegerlandes Siehe Jung , Eisen- und Stahlgewerbe in dem Herzogtum Berg. Bemer- kungen der kurpfälz. ökonom. Gesellschaft von 1780. S. 98. . 45 Eisenhämmer entstanden bis 1780 im Kreise von 5 Stunden. Als sich die märkische Eisenwaren-Industrie hob und Eingangs- zölle auf die Steinkohlen gelegt wurden, zog sich namentlich die Stahlfabrikation mehr nach der Mark. Die Steinkohlen kaufte man von den Kohlentreibern, welche dieselben auf Pferden in Ladungen von etwa 300 Pfd. herbeiführten. Das Rohstahleisen kam meist aus dem Siegenschen, Rohstahl aus dem Siegerland, aus dem kölnischen Sauerland und aus West- falen. Zum Beistählen verwendete man nassauisches Eisen. Der ber- gische Stahl- und Stahlwarenhandel war sehr bedeutend und aus- gebreitet; er ging durch die ganze handelnde Welt. Der bergische Kaufmann, besonders der Remscheider, hielt viel vom Reisen, und Westfalen und die Rheinlande. fand man Remscheider Stahlreisende gegen Ende des Jahrhunderts von Moskau bis Lissabon und in Amerika. Aller Stahl, der in den Handel kam, war mit Marken oder Zeichen versehen (s. S. 441). Der Hauptsitz der bergischen Band- und Reck- , oder Hol- ländisch-Eisen -Fabrikation war die Wupper und ihre Nebenflüsse. Auch hierfür kam das Eisen aus dem Siegerland. Das Tiefenbacher Eisen galt als das beste für Bandeisen, weil es weich und nicht stahl- artig war. Wir wissen, dass die bergische Sensenfabrikation von ehr- würdigem Alter war, aber die Fabrikation der weissen Sensen zog sich im Laufe des vorigen Jahrhunderts mehr und mehr nach der Mark. Der Handel mit den weissen geschliffenen Sensen litt aber überhaupt sehr durch die Konkurrenz der nur geschmiedeten blauen Sensen aus Steiermark. Ein unternehmender Remscheider Kaufmann vereinigte sich deshalb 1770 mit 42 Kaufleuten in Remscheid zur Einführung der steierischen Sensenfabrikation. Ein Versuch, steierische Arbeiter aus ihrer Heimat wegzulocken, misslang, und wäre ein Kauf- mann Halbach dabei fast verunglückt; doch gelang es ihm und einem sächsischen Bergmann namens Schildach , wenigstens zum Teil hinter das Geheimnis der steierischen Sensenfabrikation zu kommen. Zu gedeihlicher Entwickelung gelangte indes das Unter- nehmen erst durch einen gewissen Karl Röndgen , der schon in der Mark das Sensenschmieden, das er von einem österreichischen Soldaten erlernte, versucht hatte. Dieser legte den Grund zu der bergischen blauen Sensenfabrik. Aber nur sehr allmählich und mit grossen Anstrengungen und Opfern gelangte man zum Ziel. Erst 1772 erbaute der Kaufmann J. A. Halbach zu Müngsten die erste zu- sammenhängende Sensenfabrik. Um 1800 gab es schon vier Sensen- fabriken, ausser der genannten die Gründer Hämmer der Gebr. Busch zu Remscheid, die Buschhämmer an der Wupper und die Hämmer von Hasenclever und Söhnen zu Ehringshausen. Ihr Absatz betrug an 200000 Stück, etwa das dreifache der märkischen Fabrik. Die Zahl der Schleifwerke überstieg 150. Sie arbeiteten teils für die Solinger Schwert- und Messerfabrik, teils für die Remscheider Kleineisenfabrik. Die Solinger Schwert- und Messerfabrik erhielt sich ihren alten Ruhm trotz vieler Schwierigkeiten und Kämpfe. Ein grosser, für die Solinger Industrie nachteiliger Umschwung wurde dadurch herbeigeführt, dass nach dem 30jährigen Kriege die alte Sitte, dass jeder Bürger eine Waffe trug oder wenigstens besass, verschwand, Westfalen und die Rheinlande. und dass an stelle der Landwehr stehende Heere traten. Dadurch wurde der frühere Markthandel mit Waffen sehr beschränkt; die Be- stellungen kamen jetzt von den Landesregierungen immer in grossen Posten. Damit hörte aber die Gleichmässigkeit der Fabrikation auf. Lagen Waffenbestellungen vor, so waren sie umfangreich und mussten rasch erledigt werden, nahmen also viele Kräfte in Anspruch; lagen keine vor, so mussten die Arbeiter feiern. Dazu kam, dass viele Staaten selbst Waffenfabriken anlegten. Solche entstanden im Laufe des 18. Jahrhunderts zu Spandau, Neustadt-Eberswalde, Potsdam, Klingenthal im Elsass, Kopenhagen, Elkistuna u. s. w. Ferner machte die Klingenfabrikation in der Mark, welche unter günstigeren Bedingungen und überhaupt auf billige Ware arbeitete, empfindliche Konkurrenz. Hiergegen kämpften die Kaufleute mit Erfolg dadurch an, dass den Zunftgenossen verboten wurde, Klingen an unprivilegierte Händler zu liefern. Dies waren in erster Linie Remscheider Kaufleute, welche mit schlechten märkischen Klingen handelten, sie unter die Solinger mischten und einen grossartigen Schleichhandel trieben. Die Vereinbarung vom 12. September 1788 bestimmte, dass die privilegierten Kauf- und Handelsleute keinem ber- gischen Unterthan weder direkt noch indirekt verkaufen durften. Die Arbeiter benutzten die für sie günstige Zeit bei Ausbruch des siebenjährigen Krieges, eine erneute Satzordnung vom 23. No- vember 1757 für sich durchzusetzen, in der Löhne und Preise nach Klassen der österreichischen, spanischen, preussischen, sächsischen u. s. w. Klingen festgesetzt wurden und in der bestimmt war, dass ihnen der Lohn nur in barem gutem Gelde ausbezahlt werden musste. Die napoleonischen Kriege warfen die ganze alte Ordnung über den Haufen. Die Zunftverfassung wurde aufgehoben, das Koalitionsrecht ge- nommen, ein Zustand der Rechtlosigkeit trat ein. Das einzige, was der Schwertfabrik in dieser Not half, war der vermehrte Bedarf in der kriegerischen Zeit. Die Messerfabrik war zwar weniger von den oben angeführten veränderten Zuständen abhängig, sie war aber zu sehr mit der Schwert- fabrik verwachsen, um nicht mit darunter zu leiden. Gerade bei der Messerindustrie hatte das Trucksystem einen ver- derblichen Umfang gewonnen; die Arbeiter wurden mit Kaffee, Thee, Tabak, Kleidungsstücken u. s. w. abgelohnt, welche sie nur mit Ver- lust bei Juden wieder absetzen konnten und wodurch sie sich an kostspielige Bedürfnisse gewöhnten. Nachdem die Schwertbrüder ihre Satzordnung durchgesetzt hatten, machten sich auch die Messer- Westfalen und die Rheinlande. schmiede 1757 eine bessere Lohnordnung, aber ohne Mitwirkung der Kaufleute. Nach Beendigung des Krieges traten auch für die Messer- schmiede günstigere Zeiten ein. Den Schleifern und den Gabel- machern gelang es 1770, einen besseren Lohnsatz zu erringen; aber die Kaufleute wollten nicht darauf eingehen, und so kam es 1776 zu Zusammenrottungen und Arbeitsverweigerungen. Dagegen schlossen die Kaufleute ein Bündnis und sperrten nicht nur die Schleifer, sondern auch die Messerschmiede und Reider aus. Ein regelmässiger Strike brach aus. Die Regierung musste intervenieren und verbot den Ausstand bei 25 Thlr. Strafe. Am 16. April 1776 kam eine Verein- barung zu stande, durch welche die Hungerlöhne um 25 Proz. und mehr erhöht wurden Siehe Thun , die Industrie am Niederrhein, II, S. 34. . Bestätigt wurde dieselbe durch die Lohn- satzung vom 14. März 1777, welche gleichzeitig die unprivilegierten Kaufleute und die Fertigmacher fast ganz vom Handel ausschloss. Die Vereinbarung wurde aber nicht gehalten; in dem Wechsel der Geschäftslage suchte jeder Teil von neuem Vorteile zu erringen. Der Krieg zwischen Arbeiter und Arbeitgeber wurde permanent. Es ent- stand der sogen. 10jährige Solinger Messer-Satzordnungs-Prozess, welcher 24000 Thlr. kostete und schliesslich dahin führte, dass 1786 die Ordnung gänzlich aufgehoben und freier Handel und freie Lohn- vereinbarung ausbedungen wurden. So ging die alte Zunftordnung, die jahrhundertelang eine Wohlthat gewesen war, durch die ver- änderten Verhältnisse von selbst zu grunde. Daran konnte auch der letzte Versuch, die Lohnsatzordnung vom 8. Oktober 1789, nichts mehr ändern. — Nur den Scherenmachern gelang es noch, vor dem Zusammenbruch aller Brüderschaften 1794 sich zu einer besonderen Zunft zusammenzuschliessen. Die Fabrikzeichen erlangten grössere Bedeutung nicht mehr in dem ursprünglichen Sinne als Beschauzeichen, sondern als Zeichen der grösseren Fertigmacher und Kaufleute. Nicht der Schmied führte das Zeichen, sondern der Händler, und das Zeichen wurde zu einem wertvollen Vermögensrecht, das in der Familie auch auf Frauen und Kinder sich vererbte und öfter ein Gegenstand des Kaufes (vgl. Bd. II, S. 397) wurde. Die grösste Rolle spielte jetzt das Zeichenwesen bei der Messerschmiederei. Hier führten die Schmiede, welche meistens zu Hause arbeiteten, nur die Zeichenstempel ihrer Arbeitgeber. Jedes Fabrikzeichen musste in den doppelt geführten Zeichenrollen einge- tragen und jedes neue Zeichen beim vollen Handwerksgericht aus- Westfalen und die Rheinlande. gerufen werden. Nach den Reskripten von 1772 und 1775 mussten neue Zeichen auch in den benachbarten Orten Kronenberg, Hamm und Lüttringhausen dreimal vom Obervogtsboten ausgerufen, ebenso oft von dem vollen Messermacher-Gericht verkündet werden. Dass man aber das Zeichen an stelle der wirksamen Kontrolle setzte, führte zur Verschlechterung der Ware. Die Solinger Industrie beschäftigte 1792 etwa 4000 Arbeiter, wovon die Messermacher etwa ⅓, die Schwertschmiede ¼, die Schleifer ⅕ und die Scherenmacher 1/10 ausmachten. ⅓ der gesamten Zahl waren unprivilegierte Arbeiter. Die Privilegierten bildeten die Aristo- kratie des Standes, welche auf ihre Lohnarbeiter mit Stolz herab- blickten. — Der Wert des jährlichen Exportes betrug 1792 Siehe Wiebeking , Beiträge zur kurpfälzischen Staatengeschichte. 1792. an 600000 Thlr.; es waren 1600000 Pfd. Eisen und Stahl verarbeitet und 700 bis 800 Karren Steinkohlen und 300 bis 400 Karren Holz- kohlen verbraucht worden. Die Technik schritt bei der Zunftverfassung nur langsam vor- wärts, namentlich waren die Einrichtungen der 93 Schleifkotten auf den 7 Bächen und der Wupper recht mangelhaft. Sie mussten oft bei ungünstigem Wasserstand monatelang feiern, was dann auch bei den übrigen Handwerken Stockungen veranlasste. Auch die Kunst der Reider und Schwertfeger war gegen andere Länder zurück- geblieben. Die technische Vorbildung, welche der Sohn vom Vater erhielt, reichte nicht mehr aus. Durch die grossen Kriege 1789 bis 1795, welche Solingen von seinen gewohnten Absatzgebieten absperrten, kam die Industrie in grosse Not. Wie gering die regelmässige Be- schäftigung war, geht daraus hervor, dass, als 1790 plötzlich eine Bestellung auf 5400 Ctr. oder 600000 Stück, das Doppelte der regel- mässigen Jahresproduktion, eintraf, dieselbe bequem ausgeführt werden konnte. Die Auswanderung der Arbeiter riss trotz des Verbleibungs- eides immer mehr ein und erlangte durch die Einführung der Frei- zügigkeit 1804 gesetzliche Sanktion. Trotzdem erhielt sich die Solinger Schwert- und Messerfabrik in dieser schweren Zeit durch die überlegene Geschicklichkeit der Arbeiter, die Arbeitsteilung und das überlieferte einmütige Zusammenwirken. Die Kleinschmiederei hatte ihren Hauptsitz in Remscheid auf- geschlagen. Hier wurden eine grosse Anzahl verschiedener Eisen- und Stahlwaren angefertigt, welche sich nach und nach unter der Bezeichnung „Remscheider Waren“ den Weltmarkt eroberten. Die Westfalen und die Rheinlande. Einwanderung verjagter betriebsamer Protestanten aus Frankreich und den Niederlanden hatte zur Hebung des Gewerbes viel beige- tragen. Bereits im 16. Jahrhundert hatten Gewerbetreibende, darunter geschickte Eisenarbeiter aus den Niederlanden, welche vor den reli- giösen Verfolgungen unter Herzog Alba geflohen waren, gastliche Aufnahme von der Regierung und den Bewohnern des bergischen Landes gefunden. Eine noch grössere Anzahl erfahrener Eisenarbeiter wanderten gleichfalls infolge religiöser Verfolgungen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, besonders nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes im Jahre 1685, aus Nordfrankreich ein. Nament- lich waren es geschickte Schleifer aus der Pikardie, welche sich im Bergischen ansiedelten und in und um Remscheid die Fabrikation geschliffener Eisen- und Stahlwaren zur Blüte brachten. Die Ein- wanderung dieser zum Teil wohlhabenden Gewerbetreibenden übte auch auf den Remscheider Handel seine segensreiche Wirkung aus, indem die französischen Einwanderer mit ihrem Mutterlande in Be- ziehung blieben, Handelsverbindungen anknüpften und den Absatz der Remscheider Waren nach Frankreich beförderten. Frankreich hatte seine besten Arbeiter in diesen Artikeln aus dem Lande ge- trieben und war nun gezwungen, seinen Bedarf aus dem Auslande zu be- ziehen. Dadurch wurde Frankreich der wichtigste Markt für die Rem- scheider Industrie und blieb es bis zur Zeit der Herrschaft Napoleons und der Kontinentalsperre. Indessen gebührte doch diesen fremden Einwanderern nur der kleinere Teil des Verdienstes an der gedeih- lichen Entwickelung der Remscheider Industrie. Fleiss, Thatkraft und Unternehmungsgeist zeichnete die einheimischen Industriellen und Kaufleute Remscheids in hervorragendem Masse aus. Das glänzendste Beispiel hierfür lieferte Peter Hasenclever Siehe: Der Kreis Lennep von J. Vossnack und O. von Czarnowsky , 1854, S. 72 und Peter Hasenclever , Landshut, 1794. , der sich durch diese Eigenschaften weit über die Grenzen Deutschlands hinaus hohen Ruhm erwarb. Er wurde am 24. November 1716 als Sohn des wohlhabenden Kaufmanns Luther Hasenclever , der in der Eisen- und Stahlindustrie thätig war, ge- boren. Nachdem er in Lennep und Solingen die Schulen besucht hatte, musste er seine Lehrzeit in einem Stahlhammer durchmachen und arbeiten wie die stärksten Knechte. Dann schickte ihn sein Vater nach Lüttich, um die fran- zösische Sprache zu erlernen, und bereits in seinem 19. Jahre machte er für seinen Vater die erste Geschäftsreise nach Paris, im folgenden Jahre bis Bayonne und durch Brabant zurück — 400 Meilen hin und her — zu Fuss. Westfalen und die Rheinlande. Für einen Vetter, der in Burtscheid bei Aachen eine Tuch- und Nähnadel- fabrik besass, reiste er nach Schlesien, Polen und Russland und dann nach Spanien und Portugal, wo er sich ein halbes Jahr in Lissabon bei Verwandten aufhielt und sich mit der Tochter eines englischen Schiffskapitäns verlobte. 1745 siedelte er ganz nach Lissabon über und gründete mit den Söhnen seines verstorbenen Vetters, Anton Hasenclever , die Firma Lang und Hasenclever und 1750 in Cadix die Firma Hasenclever und Timmemann , in welche ein Jahr später noch ein Engländer, B. Bericke , eintrat. Peter Hasenclever bereiste für sein Geschäft alle Länder Europas. Sein Ruhm als erfahrener Geschäftsmann war bereits so gross, dass Fried- rich der Grosse ihn sich vorstellen liess und ihn mit einem Brief an den schlesischen Minister von Massow schickte, um mit diesem zu erwägen, wie sich Leinwandhandel und -Fabrikation in Schlesien erweitern und verbessern liesse. Der Scharfblick des grossen Königs hatte die vortrefflichen Eigenschaften Hasenclevers wohl erkannt, der nicht nur ein unternehmender Fabrikant und Kaufmann im grossen Stil, sondern auch ein guter deutscher Patriot war. 1755 trat dieser aus dem Geschäft in Cadix aus und gründete mit den Herren Weerkamp und Böhle ein neues Unternehmen in Hamburg und London, an welch letzterem Platze er seinen Wohnsitz nahm. 1762 wendete er, nachdem er bis dahin haupt- sächlich in Geweben, namentlich in Leinwand, gehandelt hatte, sein Interesse dem Eisenhandel zu, der für England durch die Erfindung der Gussstahlfabri- kation eine rasch wachsende Bedeutung erhielt, und besuchte die Eisenwerke in Schweden, welche das Rohmaterial für die englische Stahlfabrikation vorzugs- weise lieferten. Hasenclever erkannte mit sicherem Blick, dass Englands grosse Kolo- nieen in Nordamerika alle Vorteile boten, um eine Eisenindustrie zu begründen, die England von Schweden unabhängig machen könnte. Zu diesem Zwecke ver- band er sich mit englischen Kaufleuten und gründete 1763 die Firma Hasenclever, Seton \& Crofts in London. Im Juni 1764 traf er in New-York ein, kaufte Wälder und Eisenminen, liess durch seinen Vetter A. Hasenclever deutsche Bergleute, Schmiede, Köhler, Zimmerleute u. s. w., zusammen 535 Personen, mit Frau und Kind anwerben und nach Amerika befördern, wo er sie sofort in Arbeit stellte. Er gründete 3 grosse Werke in New-Jersey und 2 in der Provinz New- York, erwarb 52000 Morgen Land, schaffte 122 Pferde, 214 Züge Ochsen, 51 Kühe nebst allen Geräten und Werkzeugen an, erschürfte 53 Eisenminen und errichtete vom 1. Mai 1765 bis November 1766 über 200 Gebäude aller Art: Wohnhäuser, Schuppen, Magazine, Schmelzöfen, Schmieden, Säge-, Stampf- und andere Mühlen u. s. w. und baute Wege und Brücken. Schon Anfang 1765 schickte er das erste Stangeneisen nach London. Das Unternehmen versprach eine glänzende Zukunft. Da erfuhr er, dass sein Associé Seton in London in leichtfertigster, verschwenderischster Weise wirtschaf- tete und sah sich gezwungen, nach London zurückzukehren, um seine Angelegen- heiten zu ordnen. Während er hiermit beschäftigt war, handelten die Direktoren, die er in Amerika zurückgelassen hatte, ebenso gewissenlos gegen ihn, indem sie sich nur selbst zu bereichern suchten. Es waren hochgestellte und einfluss- reiche Männer, die so treulos sich benahmen, und mit Schmerz musste Hasen- clever erfahren, wie kostspielig und schwerfällig die Rechtspflege in England ist, und wie schwer es einem Fremden wurde, sein Recht zu verteidigen. Jahrelang musste er um sein Vermögen, dessen Verwaltung ihm aus den Händen gerissen worden war, prozessieren. 1773 verliess Hasenclever England, fast aller Mittel, aber nicht seines Mutes und seines ehrlichen Namens beraubt. Er kehrte nach Deutschland zurück, wo er, so zu sagen, wieder von vorn beginnen musste, und etablierte in Landshut eine Leinwandhandlung, die er in kurzer Zeit zu grossem Ansehen brachte. Der Kaiser von Österreich und der König Westfalen und die Rheinlande. von Dänemark bemühten sich, durch glänzende Anerbieten Hasenclever in ihre Länder zu ziehen. Er lehnte dieselben ab und widmete seine Dienste seinem Vaterlande, dem er nicht nur durch Beförderung des Handels und durch technische Verbesserungen, sondern auch durch Wort und Schrift seine Kräfte widmete. Er starb 1793 in Landshut, 76½ Jahre alt. Erst ½ Jahr nach seinem Tode wurde sein Prozess in London zu seinen Gunsten entschieden und seine Gegner verurteilt, 158400 £ herauszuzahlen. Hasenclevers grösster Schmerz war aber, dass es ihm unmöglich gemacht worden war, sein Ziel, eine grosse Stahlindustrie in Amerika zu gründen, zu Ende zu führen. Alle seine Hütten- werke und Anlagen wurden in dem Unabhängigkeitskriege zerstört. Dennoch war seine Thätigkeit sowohl für Nordamerika als auch für den deutschen Eisenhandel und insbesondere für den Remscheids von grosser Bedeutung. Sein kaufmännisches Genie bahnte und ebnete die Wege für den Remscheider Eisenwarenhandel. Das Schmiedegewerbe in Remscheid erfuhr in der ersten Hälfte des Jahrhunderts aus den preussischen Nachbarprovinzen, insbesondere aus der Mark, Zuzug dadurch, dass Eisenarbeiter sich dem strengen Militärdienst unter Friedrich Wilhelm I. durch Auswanderung in das unter kurpfälzischer Herrschaft stehende bergische Land zu entziehen suchten. Dies änderte sich erst, als Friedrich Wilhelm II . bei seinem Regierungsantritt dem märkischen Fabrikdistrikt die völ- lige Werbefreiheit zusicherte. Das Gewerbe der Kleinschmiede in Remscheid und Umgegend wurde so zahlreich, dass es in der Mitte des 18. Jahrhunderts um ein Privilegium nachsuchte, welches am 31. März 1759 erteilt wurde. In demselben wurden die Arbeiter unter dem Namen des 16 Kleinschmieds-Handwerks zusammengefasst Siehe Thun , a. a. O., S. 111. . Die Bestimmungen entsprachen zum Teil der alten Zunftordnung, waren aber in vielem liberaler. So durfte z. B. jeder Meister meh- rere Gewerbe erlernen und ausüben, selbst Handel im Auslande treiben, musste jedoch dann des Handwerks sich auf ein Jahr begeben und vor Antritt jeder Reise mindestens 20 Thlr., davon ⅓ an die Armen, ⅔ an das Handwerksgericht, entrichten. Die Warenpreise wurden vom Vogt und Rat mit Zuziehung zweier Kaufleute, also nicht einseitig, wie damals noch in Solingen, festgesetzt. Der Vogt wurde auf vier Jahre vom kurfürstlichen Obervogt aus der Zahl der Rem- scheider Meister ernannt. Zum Rat wählten jetzt die Remscheider vier, die Kronenberger zwei, die Lüttringhauser Meister einen Rats- mann. Die Kleinschmiede versuchten in den Jahren 1760 und 1765 einen Tarif für die Warenpreise aufzustellen und die märkische Kon- kurrenz durch einen Verbleibungseid und Nichtannahme fremder Gesellen auszuschliessen; aber die Kaufleute wirkten diesen Be- Westfalen und die Rheinlande. strebungen entgegen, indem sie möglichst freie Entfaltung des Hand- werks erstrebten, denn Freiheit sei das beste Mittel, um den Kauf- leuten zu ermöglichen, den Arbeitern gute Bedingungen zu stellen. Ein feindseliges Verhältnis herrschte auch zwischen den Schmieden und den Schleifern. Die Schleifkotten gehörten fast ausschliesslich der Familie Pickard . Diese hatte es also in der Hand, die Schleiflöhne zu bestimmen und hielt sie hoch. Das passte den Schmieden nicht, und sie behaupteten, berechtigt zu sein, ihre Kleineisenwaren schleifen zu lassen, wo sie wollten; das Privilegium der Schleifer beziehe sich nur auf die weissen Sensen, auf welche Fabrikation die Zunft ur- sprünglich begründet gewesen war. Diese Fabrikation hatte aber fast gänzlich aufgehört, indem sie teils nach der Mark verzogen, teils durch die blauen Sensen verdrängt war. Gegen diese Auslegung der Schmiede riefen die Schleifer den Rechtsschutz an, und die Gerichte entschieden in zahlreichen Prozessen zu ihren Gunsten. Die Schleifer behaupteten durch das ganze 18. Jahrhundert ihr Monopol und ihre hohen Löhne, wodurch aber die Konkurrenz mit der Mark immer schwieriger wurde. Die Zahl der Eisenwarenfabriken nahm von Jahr zu Jahr zu, die der Schleifkotten aber nicht. Da traf die Remscheider Industrie ein schwerer Schlag durch die Einführung hoher Schutz- zölle auf Eisen- und Stahlwaren in Frankreich. Der Eingangszoll auf grobe Stahlwaren betrug 10 Proz., auf Sensen, Sägen u. s. w. 20 Proz., auf feinere Stahl- und Messingwaren 37½ Proz. Dadurch wurde die Einfuhr nach Frankreich unmöglich gemacht, Remscheid verlor seinen besten Markt. Frankreich strebte danach, diese Indu- strie im eigenen Lande wieder anzusiedeln und veranlasste die ber- gischen Schmiede durch glänzende Versprechungen zur Auswanderung. Ein Kaufmann Brink erliess beispielsweise von Lothringen aus einen Aufruf, in welchem er freie Wohnung, 5000 Pfd. Steinkohlen jährlich frei, 20 Proz. Lohnerhöhung gegen Remscheid und volle Beschäftigung. versprach. Bis zum Jahre 1797 waren aus Kronenberg 127, aus Remscheid etwa 200 Personen ausgewandert; die Hungerjahre 1794 bis 1796, verbunden mit einer vollständigen Stockung der Geschäfte, hatten hierzu am meisten beigetragen. 300 Eisenarbeiter wanderten in diesen Jahren nach Nordamerika aus, doch fanden dort damals nur wenige ihr Glück. Eine grosse Zahl wanderte 1796 in die Gegend von Danzig aus, wo sie am sogen. Silberhammer, einer der 1772 ge- gründeten Seehandlung gehörigen Stahl- und Eisenwarenfabrik, Be- schäftigung fanden. Die Kaufleute kauften ihre Ware in der Mark billiger ein, in- Westfalen und die Rheinlande. folgedessen waren in Remscheid viele Arbeiter müssig. Die Ein- wohnerzahl von Remscheid sank von 1792 bis 1807 von 6653 auf 5509. Nochmals begann 1797 ein allgemeiner Sturmlauf gegen das Privilegium der Schleifer, und endlich wurde am 9. April 1798 die For- derung der Schmiede und Kaufleute, die in dem Privilegium nicht benannten Waren schleifen lassen zu dürfen, wo sie wollten, be- willigt. 1803 wurde das Privilegium mit allen übrigen ganz aufge- hoben. Die Aufhebung der Zünfte wurde hier deshalb mit Freuden begrüsst. Erwähnenswert ist auch, dass ausländische Regierungen wiederholt Agenten schickten, um bergische und märkische Eisenarbeiter heim- lich anzuwerben und zu entführen. Dies gelang namentlich dem von König Gustav III. von Schweden entsendeten Direktor Wadström , obgleich derselbe zweimal, 1772 und 1774, als Verführer einge- schworener Unterthanen ertappt wurde. Der Aufschwung der bergischen Kleineisenindustrie im 18. Jahr- hundert war ein bedeutender. 1763 zählte man schon 300, 1803 600 verschiedene Sorten von fabrizierten Stahl- und Eisenwaren. Ihr Wert betrug 2 bis 3 Millionen Thaler bergisch. 1762 gab es 96 Schleifer und 1500 bis 2000 Kleinschmiede, 1803: 190 bis 230 Schleifer, 2700 bis 3000 Kleinschmiede und 300 Hammerschmiede. Das Kirchspiel Remscheid wuchs von 1689 bis 1789 von 1400 bis 8072 Einwohner. Das Hauptverdienst an diesem Aufschwung gebührte den Kaufleuten. Diese Kaufleute, deren es im Anfang des vorigen Jahrhunderts nur 3 oder 4 gegeben hatte, betrieben ursprünglich alle selbst das Schmiedehandwerk, wie dies Peter Hasenclever anschau- lich geschildert hat. Ganz besonders verdankt Remscheid seinen Absatz und seinen Aufschwung diesen Kaufleuten durch ihre Art zu reisen. Sie besuchten mit kleinen Mustervorlagen alle Länder der Welt, dehnten dadurch ihr Absatzgebiet überallhin aus und grün- deten, wo dies möglich und vorteilhaft war, Zweigniederlassungen. Sie reisten dabei nicht für das eigene Geschäft allein, sondern ge- wissermassen für ganz Remscheid, indem sie in ihre Preiscourante alle Artikel mit aufnahmen, die am Platze gemacht wurden. Ein wichtiger Industriezweig Remscheids wurde im vorigen Jahr- hundert die Feilenfabrikation. Gegen Ende des Jahrhunderts traten 65 Feilenhauer von Remscheid und Wermelskirchen zusammen und trafen, „um allen Brotneid unter sich abzuschaffen“, am 23. Februar 1797 die Vereinbarung, dass, wer Feilen von einem Schmied oder Kaufmann nach Hause bekäme, dafür den Lohn von 5 Thlr. für Westfalen und die Rheinlande. 100 Sackfeilen erhalten müsste. Doch wurde diese Vereinbarung auf die Klage der Kaufleute hin von der kurfürstlichen Regierung für nichtig erklärt. Im Herzogtum Cleve westwärts der Lippe, wurde 1794 die Eisenhütte bei Ysselburg an der Altenyssel angelegt, auf Grund aus- gedehnter Raseneisensteinvorkommen in unmittelbarer Nähe. Auch war der Kohlenbezug günstig und die Abfuhr zu Wasser nach dem Rhein leicht. Man hatte hier Versuche gemacht, rohe Steinkohlen in geringer Menge dem Möller zuzusetzen, und sollen dieselben gut ausgefallen sein Siehe Eversmann , a. a. O., S. 420. . Schon auf holländischem Gebiete lag die Eisengiesserei zu Deutchen , die nur deshalb Erwähnung verdient, weil man dort in einem Flammofen altes Gusseisen mit Holz oder mit Steinkohlen aus der Mark schmolz; 1804 lag sie bereits still. Eine Stunde davon lag bei Ülft an der Ah ein doppelter Hochofen, der auf Raseneisenstein ging. Das Werk hiess die Kepplerhütte . Wenden wir uns nun zu der linksrheinischen Eisenindustrie. Zwischen Aachen und Montjoie lag eine Eisenhütte, der Schmidt- hoff , welche Gusswaren machte, die zwar schön und dünn, aber zer- brechlich waren. ¼ Stunde unterhalb der Hütte hatte eine Aachener Gewerkschaft 1792 einen neuen Hammer gebaut, zu dem das Wasser in eisernen Röhren geleitet wurde und dessen Flutkasten auch von Eisen war. 2 Cylindergebläse bedienten die 2 Feuer. Oberhalb an dem nämlichen Wasser lag die Maria-Theresiahütte . Nach Stollberg zu befand sich eine Eisenhütte an der Vicht . Zwischen Eschweiler und Montjoie lag die Schevenhütte . Die Familie Cramer besass 1½ Stunden oberhalb Düren eine Eisenspalterei an der Roer. Weiter abwärts an demselben Fluss stand noch eine Eisenspalterei zu Schneidhausen , um 1800 Eberhard Hösch gehörig. Unterhalb Düren bei Berkersdorf war ein drittes derartiges Werk. Diese Schneidwerke, sowie das unterhalb Gemünden, erhielten ihr Eisen von den Eifeler Reidwerken in 60 Pfd. schweren, 2½ bis 3 Zoll breiten, ½ bis ¾ Zoll dicken Stangen. Das beste davon wurde für Draht ausgesucht und kam auf die Dürener Draht- fabrik, das übrige wurde zu Nageleisen verarbeitet. Das Wärmen der zugeschnittenen Eisenstangen, wovon 1000 bis 1100 kg auf einmal in den Glühofen eingesetzt wurden, geschah mit Steinkohlen in der Weise, dass man die Kohlen auf den Rost warf, Beck , Geschichte des Eisens. 62 Westfalen und die Rheinlande. sie gut durchbrennen liess, zusammenschlug und dann das Eisen darauflegte. Die Kohlen kamen von Eschweiler, wo die Jülicher Fabriken ein Vorzugsrecht für Kohlenbezug und Preis hatten. Das Eisen blieb 4 Stunden im Wärmofen. An jeder Schneidemühle waren 5 Arbeiter beschäftigt. Die Walzen des Werkes waren auf der Eifel gegossen und im Lager abgedreht. In Düren war starke Nagelschmiederei. Das Reidwerk zu Lendersdorf hatte sehr gute Erze im Bley- busch. Dieselben wurden gewaschen, aber nicht gebrannt. Der Ofen war 21 Fuss hoch, viereckig, mit ledernem Gebläse. Der Lenders- dorfer Stabhammer hatte 2 Feuer, die auf Zweimalschmelzerei ar- beiteten. Jedes Feuer war mit 3 Leuten besetzt, die Tag und Nacht durcharbeiteten, so dass jeder umschichtig während einer Luppe 4 Stunden ruhte. Die Feuer waren sehr weit und tief. Die Luppen wogen 150 bis 200 Pfd. Man reckte in dem nämlichen Feuer aus. Der 700 Pfd. schwere Hammer war auf der Hütte gegossen. Der Hammer machte wöchentlich an 5000 kg schönes Stabeisen. 5/4 Stunden unterhalb lag ein Eisendrahtzug Deutchen , später Schöller gehörig. Man verwendete nur ausgesuchtes, einmal ge- schmolzenes Eifeler Eisen. Das geschnittene Eisen wurde, so wie es von der Schneidemühle kam, in den Zug genommen. Die äussere Fläche des Drahtes war deshalb recht unscheinbar. Das Glühen geschah in einem grossen, gegossenen eisernen Kessel von 3 Fuss Höhe und oben 2½, unten 2 Fuss Weite. In denselben wurden 700 kg Draht eingelegt und ein Deckel darübergestülpt, worauf der ganze Ofen mit einem Deckel von Eisenblech verschlossen wurde, der in der Mitte, dem Durchmesser des Kessels entsprechend, ausgeschnitten war. — Das geschnittene Eisen kostete 58 Rthlr. pro 1000 Pfd. Zu Weilerbach legte der Abt von Echternach, Emanuel Limper , 1777 bis 1779 eine Eisenhütte an. Das Werk wurde 1797 von der französischen Republik als Staatsdomäne an einen M. Legier verkauft. Der Netterhammer , vormals dem Kloster St. Thomas gehörig, kam in ähnlicher Weise an Remy in Neuwied. In der Eifel lagen am Schleider Wasser oberhalb Schleiden die Reidwerke Hellerthal, Kirschseiffen, Blumenthal, Müllers- hütte und Oberhausen , unterhalb Schleiden das Jauckforther- werk , die Ölhütte und 2 Bandhämmer. Das Kallerthal, durch die Urfft gebildet, enthielt das Steinfelder- und das Dahlbänder Werk, letzteres mit einem Hammer, die Hütten bei Sötnich und Kalle , die Reidwerke Eisenau und Gemünder- hütte , letzteres mit Eisenspalterei. Westfalen und die Rheinlande. Im Thale der Erft lagen oberhalb und unterhalb Eiserfey drei Hütten. In den Schleidener Reid- oder Riedwerken lagen ein Hochofen und ein Hammerwerk unter einem Dach. Letzteres frischte alles, was jener lieferte. Dies geschah in 2 Feuern, dem Schmiedefeuer und dem Hammerfeuer (s. Bd. II, S. 242). Die Werke gehörten ent- weder einzelnen Reidemeistern oder Gewerken mit Hüttentagen. Die Hochöfen waren viereckig, 15 bis 20 Fuss hoch, mit länglich-schmaler Gichtöffnung, 10 Zoll × 3 Fuss, die Erze wurden auf der Schmalseite aufgegeben, über der Rast war der Schacht quadratisch. Die Erze wurden weder gewaschen noch geröstet. 24 Hüttentage hiessen eine Hütten- reise, die Gewerke „trieben sich nicht mit Stunden, sondern mit dem Stiche des Gusses aus“. Über das „Destillieren“ des Eisens haben wir früher berichtet (Bd. II, S. 204), ebenso über die Art des Schmiedens. Die Reckhämmer wogen gewöhnlich 650 Pfd., waren gegossen und machten etwa 50 Schläge in der Minute. Jede Luppe von 50 bis 70 Pfd. gab einen Stab. Es wurden meist Schmiedestangen für die Spaltereien gemacht, welche zu Nageleisen zerschnitten wurden. Sie kosteten auf dem Hammer 47 Thlr. pro 1000 Pfd. Zu Dalbänden im Kaller Thal, 2 Stunden oberhalb Gemünd, besass die Familie Cramer 2 Hütten und 2 Hämmer. Das beste Dalbänder Eisen wurde zu Platinen nach Lüttich für 55 Thlr. verkauft. 1731 hatten sich die Verhältnisse der Eifeler Eisenindustrie so gebessert, dass der Graf von der Mark die alten Pachtverhältnisse aufhob. Als die Grafschaft Schleiden 1774 an Aremberg kam, wurde der Pacht für jedes Hüttenwerk um 13 Thlr. weiter erhöht, wogegen aber die Reidemeister Beschwerde erhoben. Im Moselgebiet lag das Eisenwerk Quint in der Nähe von Trier. Es war wegen seines sehr haltbaren Gusseisens, besonders zu Stuben- öfen, berühmt. Der Hochofen war nur 16 Fuss hoch und machte gegen Ende des Jahrhunderts 8000 bis 9000 kg, wovon ¾ Guss- und ¼ Masseleisen war. Die älteste Ofenplatte mit Jahreszahl von der Quint stammt aus dem Jahre 1702, doch geht die Herstellung von Gusswaren vermutlich in frühere Zeit zurück. Das Erz wurde in der Nähe gewonnen. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts brachte Franz Pidoll , ein französischer Offizier, die Quint durch Heirat an sich und wurde von Kaiser Karl VI. unter Beilegung des Namens von Quintenbach in den Adelstand erhoben Bärsch , Eiflia illustrata III, 2, p. 480. . 62* Westfalen und die Rheinlande. Die Eichelhütte an der Lieser, 2 Stunden oberhalb Wittlich, gehörte ebenfalls den Gebrüdern von Pidoll . Die 8 Frischfeuer der Hütte waren an die Gebrüder de Wendel verpachtet, welche eine eigenartige Massenschmiederei eingeführt hatten. An jedem Feuer arbeiteten 5 bis 6 Mann Tag und Nacht ununterbrochen fort. Ihre Luppen, zu welchen 130 bis 140 Pfd. Roheisen von der Sayner Hütte eingeschmolzen wurden, teilte man nicht in Schirbel, sondern schmiedete sie zu groben Stangen von 90 bis 100 Pfd. Gewicht aus. Auf diese Art machte ein Feuer wöchentlich 9000 Pfd. Stabeisen. Alle Arbeiter waren Franzosen. Die Schmiederei ging sehr gut. In der Grafschaft Aremberg lagen die Ahrhütte und die Stahl- hütte , ¾ Stunden von einander entfernt, an der Ahr. Im Hunsrück nennen wir zuerst die Rheinböller Hütte mit bedeutender Giesserei, welche der Familie Utsch gehörte. Von dieser kam sie an die Familie Puricelli , die sie noch heute besitzt. Im Volksmunde wird sie aber meist noch die Utscherhütte genannt. — Ebenfalls am Seibersbach, der unterhalb Kreuznach in die Nahe fliesst, lag die alte Stromberger Hütte , gegen Ende des Jahrhunderts der Familie Sahler gehörig, daher auch öfter Sahlershütte genannt. Heute ist sie im Besitz der Gebrüder Wandersleben . Auch hier wurden hauptsächlich Gusswaren gemacht, doch besass das Werk auch eine Stahlhütte, wo nach deutscher Art gefrischt wurde. Die beiden Hütten machten um 1800 etwa 10000 kg Gusswaren wöchentlich, welche ihren Absatz nach Mainz, Koblenz u. s. w. hatten. 1 Pfd. Guss kostete 4½ Kzr., 1 Pfd. Stabeisen 6 Kzr., also pro 100 kg 26 Mk. und 34 Mk. — Beide Werke lagen in dem ehemaligen Fürstentum Pfalz-Simmern. In der Grafschaft Sponheim lag die Asbacher Hütte . Sie bestand aus 1 Hochofen, 3 Grobhämmern, 1 Reck- und 1 Schippen- hammer, der wöchentlich 250 Stück Spaten und Schippen bereitete. Man schmolz Thon- und Raseneisenstein. Im französischen Kriege wurden hier Kanonen gegossen, welche in Mannheim gebohrt wurden. Die Frischfeuer gingen nach rheinischer Art (Kaltbläser). Die As- bacher Hütte gehörte, wie die Gräfenbacher und Weilersbacher Hütte, zu Ende des Jahrhunderts den Gebrüdern Stumm . Denselben gehörte auch die Abentheuer Hütte an der Thran. einem Seitenflüsschen der Mosel. Sie hatte 1 Hochofen, 2 Stab- hämmer mit 4 Feuern und 1 Schneidwerk (Spalterei). Man schmolz aus Wiesenerz wöchentlich an 10000 kg Roheisen und Gusswaren. Im Revolutionskriege lieferte die Hütte Munition. Die Kugeln wurden Westfalen und die Rheinlande. geglüht und unter einem Tiefhammer geglättet. Die Frischfeuer gingen nach der Harzer Kleinfrischmethode. Hier wurde auch noch ein Zerennfeuer, in dem Wascheisen gefrischt wurde, betrieben. Die Familie Stumm , die für die Geschichte der Eisenindustrie im Hunsrück und Saargebiet eine so grosse Bedeutung erlangt hat, erscheint zuerst im Besitz des Birkenfelder Hammers bei Kempfeld, wo sich Johann Nikolaus Stumm das noch jetzt stehende Wohn- haus erbaute. Dieser erwarb 1730 Anteil an der Asbacher Hütte und kaufte 1737 den Sensweiler Hammer im Soonwald. 1743 ging die Asbacher Hütte an die Brüder Joh. Nik. Stumm aus Enkirch an der Mosel und Josef Heinrich Stumm vom Birkenfelder Hammer käuflich bezw. in Erbbestand über W. Dunker , Bergrevier Koblenz II, S. 63 bis 65. . Zwei Jahre zuvor (1741) waren die Gebrüder Stumm als Teilhaber bei der Gräfen- bacher Hütte, welche 1712 als einem J. G. Koch in Erbbestand zum Teil gehörig genannt wird, eingetreten. Der Sohn von Joh. Nik. Stumm, Johann Heinrich Stumm , welcher badischer Kommerzien- rat wurde, erwarb bezw. erbaute die Abentheuerhütte und den Wei- prather Hammer. Ausser den genannten fünf Werken betrieb er noch den Katzenlocher Hammer. Nach seinem 1781 erfolgten Tode führten seine drei Söhne gemeinschaftlich den Betrieb der Eisenwerke fort und erwarben im 18. Jahrhundert noch 1793 den Weilersbacher Hammer. Ihre weiteren Erwerbungen fallen in das 19. Jahrhundert. Von ganz besonderem Interesse ist die Geschichte der Eisen- industrie des Saargebietes , von der wir durch die vortrefflichen Untersuchungen des Geheimen Bergrats A. Hasslacher A. Hasslacher , Das Industriegebiet an der Saar und seine hauptsäch- lichsten Industriezweige, Saarbrücken 1879, und von demselben, Beiträge zur älteren Geschichte des Eisenhüttenwesens im Saargebiete, Berlin 1896. genauere Kenntnis haben. Der 30jährige Krieg hatte die Eisenindustrie jener Gegend voll- ständig vernichtet, und es dauerte Jahrzehnte, bis das Eisenhütten- gewerbe langsam wieder aufzuleben begann. Zu Anfang des 18. Jahr- hunderts waren nur zwei namhafte Werke im Betrieb: Neun- kirchen und Dillingen , von denen letzteres zu Lothringen gehörte. „Das Eysenberg- und Hammerwerk zu Neunkirchen “, in der nassauischen Herrschaft Ottweiler gelegen, wurde am 6. Februar 1700 von dem Grafen Friedrich Ludwig durch „Admodiations-Kontrakt“ dem Hans Georg Koch von Zweibrücken zunächst auf 6 Jahre „in Bestand gegeben“, d. h. verpachtet. Das Werk umfasste 1 Schmelz- Westfalen und die Rheinlande. ofen und 1 Hammerschmiede nebst Zubehör, beide von geringer Leistungsfähigkeit, denn der Graf erhielt nur 450 fl. und 12 Ctr. Eisen Jahrespacht, wofür noch dem Pächter sein ganzer Bedarf an Kohlholz aus den herrschaftlichen Wäldern kostenlos angewiesen wurde. Unter Kochs Leitung gedieh das Werk so, dass der Pachtvertrag wiederholt unter Erhöhung des Hüttenzinses erneuert wurde. Nach einem im Jahre 1728 an die Fürstin Charlotte Amalie von Nassau- Usingen über die „Hütten- und Bergwerks-Sachen in den über- rheinischen Landen“ erstatteten Berichte war um diese Zeit das Neunkirchener Eisenwerk das „considerabelste von allen Hüttenwerken in den diesseits Rheinischen Landen“. Der Zins war damals auf 1000 Gulden normiert, wogegen freilich die kostenfreie Holzabgabe 5000 Klafter und mehr betrug. Seit der Wiedervereinigung der nassauischen Herrschaften Ott- weiler, Saarbrücken und Usingen im Jahre 1728 nahm die Eisen- industrie einen merklichen Aufschwung und entstanden mehrere neue Eisenhütten. 1728 wurde die Fischbacher Schmelze auf herrschaft- liche Kosten erbaut und bis 1742 betrieben; von da ab wurde sie verpachtet. Das Werk bestand aus einem Hochofen, der Masseleisen und Gusswaren lieferte. Die Produktion schwankte zwischen 7 bis 16 Ctr. den Tag und wurde 1738 zu durchschnittlich 14 Ctr. im Werte von 2 Gld. der Centner angegeben. Die Masseln wurden zu- meist auf dem 1½ Stunden entfernten Scheidter Hammer ver- arbeitet. Doch klagt der Hüttenschreiber Gottfried Röchling 1734 in einem Bericht, dass derselbe unter der Konkurrenz der neuen Hütte zu St. Ingbert zu leiden habe. Das im 30jährigen Kriege zerstörte alte Eisenwerk zu Geis- lautern wurde bald nach 1730 von der Herrschaft neu aufgebaut und betrieben. 1736 wurde die Jahresproduktion des Werkes an Gusswaren und geschmiedetem Eisen auf 6 Jahre an den Kaufmann Olry ver- kauft und zwar die 1000 Pfd. Stangeneisen und „Krugssen“ (Töpfe etc. in Lehmguss) zu 114 Liv. = 44 Gld. 10 Albus, Stabeisen zu 108 Liv. und Sandguss zu 54 Liv. Vom 1. Januar 1742 an übernahm genannter J. Olry , Ratsherr von Metz und Beständer von Villerupt, die Eisen- hütten von Geislautern, Fischbach nebst Scheidt zu einem Gesamt- pacht von 8000 Liv., wovon 5000 auf Geislautern entfielen, auf 9 Jahre. Das Werk bestand damals aus „1 doppelten Ofen“ mit 2 Paar von Wasser- rädern getriebenen Blasebälgen, ferner 1 grossen Hammer mit 3 Feuern, 1 Rennfeuer und 1 kleinen Hammer; dem Pächter wurde erlaubt, dazu noch ein Eisenschneidwerk (fenderie) und eine Nagelschmiede anzulegen. Westfalen und die Rheinlande. Die Landesherrschaft hielt darauf, dass einheimische, sesshafte Leute bei ihren Hütten beschäftigt wurden und nicht die herum- ziehenden Sauerländer, wie dies bei den rheinischen Hütten meist gebräuchlich war. Ein Protokoll der fürstl. Rentkammer, die Fisch- bacher Hütte betreffend, sagt hierüber: „Sonsten gar wohl bekannt ist, dass über Rhein bey einer an- gehenden Campagne auff einem Werck die Sauerländer sich pflegen ohne Weib und Kinder einzufinden und auch so wieder zu End einer Campagne mit ihrem Gewinn nacher Hauss zu reisen, so aber bei hiesigen Werkern nicht ist und seyn kann, sondern es sind be- ständig sesshafte Leuthe von Arbeitern, so auch ihren Verdienst im Lande wieder verzehren.“ Bei Sulzbach hatte Graf Friedrich Ludwig bereits 1719 als Ersatz einer „alten Schmelze“ im Sulzbachthal, über deren Geschichte aber nichts weiter bekannt ist, die „neue Eisenhütte an der Sulzbach“ anlegen lassen. Dieselbe war bis 1725 an den Erbbeständer Vigand verpachtet, lag darauf 3 Jahre still und wurde 1728 von der Herr- schaft wieder in Betrieb genommen, nicht lange danach aber wieder kalt gestellt. Später wurden hier die berühmten Versuche, Roheisen mit Steinkohlen zu erblasen, vorgenommen, worauf wir noch zurück- kommen werden. 1734 kam das neuerbaute St. Ingberter Eisenwerk am Scheidter Bach unterhalb St. Ingbert, in der von der Leyens chen Herr- schaft Blieskastel gelegen, in Betrieb. Es wurde von der Herr- schaft betrieben und lieferte Gusswaren und Schmiedeeisen. 1750 wurde es an einen Unternehmer Loth (Lott) aus Blieskastel ver- pachtet, dessen Witwe, Katharina Lottin , 1758 und 1759 mehrfach auch als Pächterin der benachbarten nassau-saarbrückenschen Eisen- hütten auftritt. Grossen Aufschwung nahm die Eisenindustrie im Saargebiete unter dem Fürsten Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken (1740 bis 1768), der nicht nur die vorhandenen Eisenhütten um eine Reihe neuer Werke vermehrte, sondern namentlich auch die Weiterver- arbeitung des Roheisens nach allen Richtungen hin förderte. So wurde auf dem Neunkirchener Werke 1744 ein zweiter Hammer und 1752 eine neue zweite Schmelze errichtet, 1745 bei Jägersfreude ein Platinen- und Blechhammer, 1753 der Stahlhammer Goffontaine , 1756 die Hal- berger Hütte erbaut mit einem Schmelzofen und mehreren Hämmern; 1759 das Hammerwerk bei Rentrisch , 1766 das Sensenwerk, 1768 der Drahtzug daselbst gegründet. Die neuen Werke sowohl, wie auch Westfalen und die Rheinlande. die bereits bestehenden älteren zu Neunkirchen, Geislautern, Sulzbach, Fischbach und Scheid waren zwar meist verpachtet, erfreuten sich aber mannigfacher Unterstützung seitens des Fürsten. Die Eisenerze für alle diese Werke wurden sämtlich in der un- mittelbaren Nähe der Schmelzen gewonnen und zwar früher aus- schliesslich durch regellosen Tagebau, „Verlochung“ genannt. Der Thoneisenstein wurde geröstet, die Roteisensteine wurden roh ver- wendet; beide ergaben, mit Kalksteinzuschlag geschmolzen, ein Aus- bringen von 30 bis 35 Proz. Die Tagesproduktion betrug nicht über 1000 kg, die teils vergossen, teils verfrischt wurden. Die Saarbrücker Hütten galten schon seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts als die bedeutendsten auf der linken Rheinseite. Mit dem Wachsen der Eisenindustrie wuchs der Holzverbrauch und damit die Befürchtung einer allmählichen Erschöpfung der Wälder. Der Holzverbrauch der Hütten in Nassau-Saarbrücken betrug 1734 bereits 24000 Klafter und in den 50er Jahren 26000. Dies veranlasste den einsichtsvollen Fürsten, die Frage der Verwendung der Steinkohle als Ersatz für Holzkohle mit aller Energie in die Hand zu nehmen. Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken kann der Begründer der Steinkohlenindustrie im Saargebiet genannt werden. Als Oranier stand er mit den Niederlanden in enger Beziehung, was er zum Vorteil seines Landes benutzte, einen schwunghaften direkten Handel mit Holland zu begründen, wobei besonders Kolonialwaren gegen Schiffsbauholz, Steinkohlen, Eisen, Glas- und Porzellanwaren ausgetauscht wurden. Fürst Wilhelm Heinrich führte an Stelle des früheren Raubbaues und der regellosen Kohlengräbereien zuerst kunstgerechten Bergbau auf den Steinkohlenflötzen ein. Die grosse Bedeutung der Steinkohlen wusste er voll zu würdigen, weshalb er sich entschloss, den ganzen Kohlenbergbau selbst in die Hand zu nehmen. Er betrieb Steinkohlenbergwerke zu Sulzbach, Dudweiler, Gers- weiler, Klarenthal, Geislautern, Willesweiler und im Kohlwald bei Neunkirchen. Am 12. Dezember 1754 bestimmte er, „dass in Zukunft niemand eine Steinkohlengrube eröffnen, noch weniger daraus Stein- kohlen bei 100 Rthlr. Strafe verkaufen darf“. Dadurch wurde er der Gründer des grossen fiskalischen Steinkohlenbergbaues, den jetzt Preussen besitzt. Im Saargebiet wurde auch schon 1773 die erste Bergwerks-Dampfmaschine (pompe à feu) in den heutigen Grenzen Deutschlands auf der damals lothringischen Grube Griesborn aufgestellt. Westfalen und die Rheinlande. Von besonderem Interesse für uns ist aber die von ihm zuerst auf dem Kontinent mit Erfolg durchgeführte Verwendung von Koks im Hochofen. Wir haben hierüber im Hauptteil nach der Schilderung des Franzosen De Genssane berichtet. Es dürfte aber angezeigt sein, dieselben hier nach Hasslachers Darstellung aus den nassau- saarbrücker Akten zu ergänzen. Hofkammerrat Heuss war es, der ein eigenes System der „Aus- laugung“ der Steinkohlen erfunden hatte und vom Fürsten Wilhelm die Erlaubnis erhielt, auf dem Sulzbacher Harzwerke Versuche zu machen. In einem Vertrage vom 2. Juni 1758 zwischen dem Fürsten und Heuss über die Anlegung von Russ- und anderen Kohlen- destillations-Fabriken, war bereits für den Fall, dass die „aus- gezogenen Kohlen“ (Koks) auch zum Eisenschmelzen gebraucht werden könnten, ein bestimmter Preis für dieselben vorgesehen worden Hasslacher , Geschichtliche Entwickelung des Steinkohlenbergbaues im Saargebiet. Zeitschr. für Bergbau, Hütten- und Salinenwesen im preuss. Staate. Bd. XXXII B. S. 461. . Doch hatten die ersten Versuche mit den nach diesem Verfahren hergestellten „ausgelaugten Kohlen“, die am 24. März 1761 auf der Sulzbacher Eisenschmelze unter Aufsicht des fürstl. Kammer- meisters Joh. Gottfried Röchling vorgenommen wurden, schlechten Erfolg. Heuss liess sich hierdurch nicht abschrecken. Im Frühjahr 1764 erbot er sich, die Sulzbacher Eisenschmelze mit Steinkohlen zu betreiben und die dazu erforderlichen Einrichtungen zu treffen: dieses kann ein Werk abgeben, „so in keinem Lande noch erfunden worden ist“. Nachdem die vergleichende Kostenberechnung Siehe Hasslacher , Beiträge zur älteren Geschichte im Saargebiete. S. 16. , die der Herzog von der Rentkammer hatte aufstellen lassen, günstig für den Stein- kohlenbetrieb ausgefallen war, ordnete der Fürst am 7. Februar 1765 die Ausführung der Versuche unter der Leitung von Heuss auf herrschaftliche Kosten an. Die auf S. 309 und 310 beschriebenen und abgebildeten „Öfen zum Präparieren der Steinkohlen“ wurden in der Nähe der Schmelze erbaut, und die Verkokung in denselben kam vom 10. Juli 1765 ab in regelmässigen Gang. Gegen Ende des Jahres wurde mit dem Probeschmelzen im Hochofen begonnen. Nach man- cherlei Schwierigkeiten und Unterbrechung führte dasselbe im Laufe des Jahres 1766 zu befriedigenden Ergebnissen, und wurde der Hoch- ofen im Jahre 1767 mit Erfolg mit Koks betrieben. Bis zum 6. Juni 1767 waren auf demselben bereits 538 Ctr. Masseleisen, 152 Ctr. Westfalen und die Rheinlande. Brucheisen und 330 Ctr. Gusswaren mit Koks geschmolzen worden. Fürst Wilhelm Heinrich war sehr befriedigt. In einer eigen- händigen Ordre an die Rentkammer vom 4. Juni 1767 schreibt er: „Die Massel, so heute gelaufen, ist in solcher Güte, als wie sie nur zu Verlangen ist .... Das werck gehet würklich gut. Und da soviel schon darin gewandt ist, so wird jeder rechtdenkende Mann keine andere Denkungsart hegen als solche, die Mir und meinen Nach- kommen Nutzen schaffen kann, ohne der Ehre zu gedenken, die der gute fortgang einer solchen Unternehmung der Welt kund thun soll …“ Wenn aber auch der Hochofengang durchaus befriedigte, so war dies mit der Qualität des erblasenen Eisens nicht der Fall. Das auf dem Scheidter Hammer aus „Steinkohlen-Eisen“ dargestellte Schmiedeeisen liess recht viel zu wünschen übrig, was auch durch Berufung eines neuen Hammerschmieds nicht anders wurde. Auch war das Steinkohlen-Eisen „zum Guss zeithero noch nicht hinlänglich zu gebrauchen gewesen“, weshalb am 19. Juni 1767 der Fürst „wegen seiner besonderen Wissenschaft im Schmelzwesen“ den Meister Wil- helm Sauer von Schönau auf Lebenszeit in Dienst nahm. Eine Änderung wurde aber auch hierdurch nicht herbeigeführt, und endlich wurden dem Fürsten, der bis zum 8. August 1766 schon 20000 Gulden für die Probeschmelzungen verausgabt hatte, die Kosten doch zu gross, und so verpachtete er Ende 1767 die Sulzbacher Hütte, ohne indessen die Hoffnung auf den dauernden Erfolg des Steinkohlen- schmelzens aufzugeben, was daraus erhellt, dass der am 14. Juni 1768 über die anderweitige Verpachtung der Sulzbacher Schmelze und des Halberger Eisenwerkes mit den Gebr. Beer abgeschlossene Vertrag ausdrücklich bestimmt, dass die Halberger Schmelze nicht mit Holz- kohlen betrieben werden dürfe, dagegen die dazu erforderlichen Steinkohlen aus den beim Sulzbacher Harzwerk belegenen Gruben entnommen werden sollen. Der am 24. Juli 1768 erfolgte plötzliche Tod des Fürsten Wilhelm Heinrich machte aber diesen Plänen ein Ende. Erst 1780 machte man auf der Halberger Hütte ein Probeschmelzen mit Zusatz von ⅓ Meilerkoks von Duttweiler, das aber keinen Erfolg hatte, weil das aus dem so erblasenen Roheisen dargestellte Stabeisen rotbrüchig war. Man sah deshalb, nach dem Bericht des Bergmeisters Utsch J. Ph. Becher , Mineral. Beschr. d. oranien-nassau. Lande, 1789. , um den guten Ruf des Saar- brücker Eisens nicht zu schädigen, von weiteren Versuchen ab. Westfalen und die Rheinlande. Über das Schicksal der Eisenwerke des Saargebietes in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist noch folgendes zu berichten. Das Neunkirchener Eisenwerk war 1748 an Thomas von Stockum und Söhne in Frankfurt a. M. unter für den Fürsten günstigeren Bedingungen wie früher verpachtet worden. Sie hatten 5000 Klafter Holz zum Preise von 4000 Gulden zu beziehen, einen „Kanon“ von jährlich 3500 Gulden zu entrichten und ausserdem der Herrschaft, „was zur Hoffstatt und Bauwesen erforderlich, an Stab-, Zain- und Klein-Eisen, wie auch die Potterie Waare um 5 Gld., die Sandguss-Waare umb 3 Gld.“ den Centner zu verabfolgen. Das Werk bestand damals aus 1 Hochofen, 1 grossen Hammerwerk mit 2 Läuteröfen, 1 Rennfeuer, 1 kleinen Hammer, 1 Stahlhammer, 1 Formhaus u. s. w. Den Pächtern wurde 1749 erlaubt, noch eine zweite Schmelze „am Hasselbächer Weyher“ zu erbauen. Diese neue Schmelze, später die „Schmeltz an der Sinnerbach“ genannt, um- fasste 1 Hochofen, Sandgiesserei, Formhaus, Erzwäsche etc. Die von Stockum behielten die Neunkirchener Werke in Pacht bis zum 20. August 1782, worauf sie an die „Ferm Societät“ Le Clerc, Joly et Comp ., welche bereits seit mehreren Jahren fast sämtliche übrigen Eisenhütten des Fürsten von Nassau-Saarbrücken gepachtet hatten, übergingen. Die Eisenhütte zu Geislautern war 1750 an ein jüdisches Kon- sortium auf 19 Jahre in Pacht gegeben worden. Sie umfasste 1751 ausser den früheren Anlagen einen zweiten Schmelzofen, ein Schneide- werk und einen Stahlhammer. 1766 wurde sie mit der Fischbacher Hütte an Gebr. Beer et Comp . und am 10. Oktober 1776 an die Ferm Societät Le Clerc, Joly et Comp . verpachtet. Seit den 70er Jahren wurde hier Weissblech gemacht und zwar zwei Sorten: dunkles mit 1/10 Bleizusatz für Dachrinnen und helles für Koch- geschirre. Die Sulzbacher Hütte ging 1776 ein und wurde in herrschaftliche Beamtenwohnungen umgebaut. Die Halberger Hütte, die 1756 durch Umbau der Oberbrebacher Mühle entstanden war, wurde anfangs von der Herrschaft betrieben, aber bereits nach 2 Jahren sah sich der Fürst aus Geldverlegenheit gezwungen, auch dieses neue Werk an jüdische Unternehmer zu ver- pachten. 1767 legten die Pächter einen Kupferhammer an. 1768 wurde die Hütte zugleich mit der Sulzbacher Schmelze und einem neu zu erbauenden Drahtzug unter der Bedingung, sie mit Steinkohlen Westfalen und die Rheinlande. zu betreiben, den Gebrüdern Beer in Pacht gegeben. Das Halberger Werk bestand damals aus 1 Hochofen, 1 grossen Hammer mit 3 Feuern, 2 kleinen Hämmern mit 2 Feuern und 1 Kupferhammer, an dessen Stelle 1768 aber ein Grosshammer trat. Am 1. Oktober ging auch dieses Werk an Le Clerc, Joly et Comp . über. Unter Fürst Wilhelm Heinrich war 1768 auch ein Drahtzug am Styringer Weiher bei der alten Walkmühle angelegt worden; doch wurde derselbe bereits 1781 verauktioniert. Später unter fran- zösischer Herrschaft wurde hier ein Blechhammer sowohl für Schwarz- blech als für Weissblech für Geislautern betrieben. 1776 wurde von 2 Niederländern, Laudemann und Liedorf , auf Grund und Boden der Ordenskommende Saarbrücken ein Sensen- werk errichtet und zu dem Zwecke der sogen. Sensenwerker Weiher angelegt. Schon 1778 wurden hier Sensen geschmiedet. In der fran- zösischen Revolution kam das Werk in Rückgang. 1779 wurde auch die alte Eisenhütte von Müllnborn am Oosbach wieder in Betrieb gesetzt. Der Hochofen, der 22 Fuss (6,83 m) hoch war, gehörte den 3 Gewerken Cramer, Latz und Schruff , die abwechselnd schmolzen, was für den Betrieb um so nachteiliger war, als Latz und Cramer meist Gusswaren machten, Cramer aber Masseleisen zum Verfrischen schmolz. Man stach alle 16 Stunden ca. 16 Ctr. ab und erzielte bei 29 bis 30 Proz. Ausbringen ein gutes graues Eisen. Das Roheisen wurde in einem Frischfeuer mit 2 schlechten Handbälgen verfrischt. Das Produkt ging meist nach Lüttich, wo es für Blech, Schneid- und Nageleisen verwendet wurde. Das Eisenwerk St. Ingbert wurde von dem Grafen von der Leyen 1781 an H. Stahelin und P. F. Bouchot verpachtet, zu denen einige Zeit danach noch Philipp Heinrich Krämer , Kauf- mann zu Saarbrücken, als dritter Beständer hinzutrat, von dem es 1791 in alleinigen Pacht und von seiner Witwe, Sophie Krämer , 1804 in Eigentum übernommen wurde. Das Werk ist noch heute im Besitz der Familie Krämer . Das Dillinger Eisenwerk, welches zu Lothringen gehörte, war im Besitz des Marquis von Lenoncourt . Dieser erhielt 1720 von Her- zog Leopold von Lothringen das Privilegium, Weissblech und Sensen machen zu dürfen, doch scheint derselbe damals keinen Ge- brauch davon gemacht zu haben. Als König Stanislaus 1750 dieses Privilegium erneuert hatte, beschränkte man sich darauf, Sensen, Schippen und Sägen, die sich auch bald guten Rufes und Absatzes erfreuten, zu fabrizieren. Westfalen und die Rheinlande. Sämtliche Eisenwerke des Saargebietes gingen durch die fran- zösische Occupation im Jahre 1793 in Besitz der französischen Repu- blik über, die indes zunächst die abgeschlossenen Pachtverträge bestehen liess, so dass sich an den Verhältnissen anfänglich nichts änderte. Zur Zeit der französischen Herrschaft (1793 bis 1814) standen die Eisenhütten des Saargebietes fast anhaltend in lebhaftem Be- triebe, indem einerseits die Beschaffung des Kriegsmaterials für die französischen Armeen ihnen zeitweise reichliche Beschäftigung gab, anderenteils durch den engeren Anschluss an Frankreich sich der Absatz ihrer Produkte wesentlich erweitert und verbessert hatte. Die landesherrlichen Hütten des Fürstentums Nassau-Saarbrücken und der Grafschaft Blieskastel wurden zunächst den bisherigen Pächtern belassen, dann aber 1797 der Gesellschaft Equer in Paris, welche 1797 die Steinkohlengruben in Pacht genommen hatte, für 13500 Fr. jährlich in Zeitpacht gegeben. Später aber wurden die einzelnen Werke nach und nach veräussert. Die Fabrikation von Sensen, Sicheln, Sägen und Kleineisenzeug auf der Dillinger Hütte nahm einen grossen Umfang an; 1799 liess man 20 Arbeiter aus dem Ber- gischen dafür kommen. Über den Stand der Saarbrücker und der benachbarten Eisen- werke zur Zeit der französischen Herrschaft um 1800 ergiebt sich aus Eversmanns Siehe Eversmann , Eisen- und Stahlerzeugung zwischen Lahn und Lippe. 1804. S. 412. Mitteilungen folgendes: Die Eisenhütte zu Neunkirchen an der Brims im ehemals Trierischen Amte Sarburg hatte 2 Hochöfen, 2 Stabhämmer mit 4 Feuern und 1 Reckhammer. Das Werk gehörte der französischen Regierung und war an Equer \& Comp . verpachtet. Wöchentlich wurden 9000 bis 10000 kg Masseleisen und Gusswaren erblasen. Die Frischfeuer gingen nach der Kleinfrischmethode. — Die Halberger Hütte, 1 Stunde von Saarbrücken, hatte 4 Frischfeuer, 1 Schneide- werk und 1 Reckhammer. Letzterer lieferte wöchentlich an 4000 kg schön geschmiedetes Eisen. Das Roheisen kam von der Fischbacher Hütte, welche Thoneisensteine verschmolz. — Das Geislauterer Werk war ebenfalls, wie das vorige, von der Regierung an Equer in Paris verpachtet. Es bestand aus 1 Hochofen, 3 Frischfeuern, 1 Weissblechhammer, 1 Verzinnerei und 1 Sturzhammer. Aus thonigem Eisenstein, der geröstet wurde, blies man wöchentlich 10000 kg Belgien. Masseleisen. Dasselbe wurde auf den Stabhämmern mit Zusatz von Bendorfer Eisen nach der Kleinfrischmethode verarbeitet. 100 Pfd. Masseleisen gaben 64 bis 65 Pfd. Stabeisen; zu 100 Pfd. Stab- eisen war 1 Mass = 150 Pfd. Kohlen erforderlich. Die Weissblech- fabrik hatte 4 Hämmer, den Sturz-, Gleich-, Breit- und Plötz-Hammer; letzterer gab den Blechen eine schöne Fläche. In der Verzinnerei machte man dunkle Bleche für Dachrinnen und helle Bleche für Küchengeschirr. Die verzinnten Bleche wurden in halben Kisten zu 150 Blatt verpackt. Sie gingen nach Paris und Metz in die Maga- zine. — Dillingen, das einer Gesellschaft gehörte, war sehr erweitert worden. Es wurden hier alle möglichen Schneidwaren: Sensen, Stroh- messer, Hobeleisen, Äxte, Sägen, ferner rundes und eckiges Zaineisen, Ambosse, Winden, Schraubstöcke und dergl. gemacht. Ausser einem Stabhammer enthielt das Werk eine grosse Giesserei, in der 6 Flamm- öfen standen. Das Roheisen kam von den Nachbarhütten und von Bendorf. — Der Gaffontainer Stahlhammer am Scheiderbach, Govy gehörig, hatte 4 Rohstahlfeuer und 5 Raffinierfeuer und bezog sein Roheisen meist von Bendorf. Es wurde mit altem Eisen (Schraat) verfrischt, indem man zu 100 Pfd. Roheisen 80 Pfd. Schraat setzte und daraus 135 bis 140 Pfd. Rohstahl erhielt. Der Stahl ging ebenfalls nach Paris und Metz. Belgien . Die Eisenindustrie in Belgien entwickelte sich im 18. Jahr- hundert auf der gegebenen Grundlage stetig weiter. Grosse Neue- rungen sind nicht zu erwähnen. In Lüttich , dem wichtigsten Platz für das Eisengewerbe, hielten die zünftigen Schmiede (Corps des Ferons) an ihren alten Privi- legien und ihren alten Vorurteilen fest. Die Gewehrfabrikation und die Nagelfabrikation waren die wichtigsten Zweige der Lütticher In- dustrie. Erstere dehnte sich immer mehr aus, für letztere wurde die Zahl der Schneidwerke vermehrt. Swedenborg meldet, dass es in der Provinz Lüttich „vor einigen Jahren“, also etwa um 1730, 8 Hoch- öfen gegeben habe. Andere seien bei Huy und Namur, wo auch vier Frischfeuer und Eisenhämmer betrieben würden. Ferner gäbe es solche bei Limburg, Metz und Luxemburg, und werde das Eisen auf Belgien. den Flüssen Vesdre und Ourthe nach Lüttich und von da weiter nach Amsterdam gebracht. Swedenborg beschreibt die Lütticher Hoch- öfen, bei denen man an der hergebrachten viereckigen Form festhielt, und die Eisenschneidewerke Lüttichs, die er für die ältesten und für die Muster der in Deutschland und England eingeführten hält. Jars bereiste Belgien im Jahre 1767. Damals gab es in Namur, welches von allen niederländischen Provinzen die stärkste Eisen- produktion hatte, 13 Hochöfen, im Hochstift Lüttich 10, welche Hammerherren der Grafschaft Namur gehörten, die das aus diesen erzeugte Roheisen auf ihren Hammerwerken in dem Gebiete von Namur verfrischten. Von diesen 23 Hochöfen ging auch einer auf Gusswaren, zu den übrigen 22 gehörten 48 Frischfeuer, welche jährlich ungefähr 110000 Ctr. Stabeisen machten. Ein Teil davon wurde als Stabeisen in Flandern und Brabant verbraucht, aus dem übrigen wurden Nägel und andere Waren angefertigt, welche meistens nach Frankreich abgesetzt wurden. Nicht nur die Schmiede, sondern auch die in den Eisengruben beschäftigten Bergleute gehörten in Lüttich und Namur zu der Zunft der Eisenarbeiter — Corps des Ferons —, welche ihr eigenes Gericht — la Cour des Ferons — hatte und an deren Spitze der Mayeur des Ferons stand, durch welchen alle Arbeiter vereidigt wurden. Die Bergleute wurden von den Hammerherren, welchen die Bergwerke gehörten, nach dem Mass des geförderten Eisensteins bezahlt. Die Eisenerze der Grafschaft Namur gaben ein weiches, aber kaltbrüchiges Eisen (fer tendre), das zur Nagelfabrikation sehr geeig- net war und wovon ein grosser Teil in dem Gebiete von Lüttich ver- arbeitet wurde. Die Lütticher Erze lieferten ein hartes, festes Eisen (fer fort). Die Hochöfen waren etwa 20 Fuss hoch, von länglich viereckigem Querschnitt und enger Gicht. Zu den Gestellen benutzte man die Puddingsteine von Marchin bei Huy, welche beim Anheizen vorsichtig behandelt werden mussten, weil sie leicht absprangen, dann aber sehr lange aushielten, so dass die Öfen 3 bis 4 Jahre ununterbrochen im Gange blieben, was damals in anderen Gegenden noch nicht er- reicht wurde. Alle 13 bis 14 Stunden wurde abgestochen, jeder Ab- stich lieferte ungefähr 20 bis 21 Ctr. Erze und Kalksteine wurden roh aufgegeben. Das Verfrischen geschah nach der wallonischen Methode. Es ging dabei viel Eisen in die Schlacken. Die Hämmer wogen etwa 5 Ctr. Die Blasebälge sowohl der hohen Öfen als der Frischfeuer waren von Leder. Diese behielt man bei bis gegen Ende Belgien. des Jahrhunderts, wo man zuerst bei Namur ein eisernes Cylinder- gebläse aufstellte, welches Baillot 1796 beschrieben hat Siehe Journal des Mines. Ann. IV. . Zu Anfang des Jahrhunderts hatte die Regierung von Lüttich den Bau neuer Hochöfen für 25 Jahre verboten. 1734 wurde ein Ofen für Geschirrguss (fabrication de la poterie de fer) bei dem Flecken Chauxhe in der Gemeinde Spirmont erbaut. Der Hochofen von Spaa lieferte ein gutes Roheisen, welches für die Blechwarenfabrikation verarbeitet und auf dem Hammerwerk la Bouxherie bei Theux verfrischt wurde. Aus diesem Blech wurde Küchengeschirr gemacht, welches vielfach ins Ausland ging. Die Nagelfabrikation beschäftigte im lütticher Land die meisten Hände, und zwar arbeiteten die Arbeiter meist zu Haus für Meister, welche ihre Ware den Kaufleuten ablieferten. Gegen die Erpressungen der Meister gegenüber den Arbeitern ist eine Verordnung vom 8. April 1743 gerichtet. Nach einer Tabelle von Franquoy J. Franquoy , Des progrès de la fabrication des fer dans le pays de Liège 1861, p. 76. wären im 18. Jahrhundert im Departement de l’Ourthe noch folgende Eisenwerke entstanden: 1705 1 Eisenspalterei, 1 Blechhammer, 1 Rohrhammer (usine à canon) in der Gemeinde Vaux-s.-Chèvrem, 1721 1 Rohrhammer bei Chaud- fontaine, und 1 Reckhammer zu Colonster, 1773 1 Blechhammer zu Chaudfontaine. Im ganzen führt er 19 Rohrhämmer und 4 Eisen- spaltereien auf. Für die Gewehrfabrikation bezog Lüttich das Eisen aus der Eifel, der Stahl kam aus der Graftschaft Mark. Zur Zeit der Vereinigung Belgiens mit Frankreich (1794) waren in der Grafschaft Namur 45 Hochöfen mit einer täglichen Produktion von etwa 42000 kg, oder einer Jahresproduktion von 14 Millionen Kilogramm Roheisen, welches verfrischt wurde. In Lüttich gab es damals 18 Hochöfen, welche ungefähr im Jahre 150000 kg Gusswaren und 2433000 kg Frischereiroheisen lieferten. Lüttich hatte im vorigen Jahrhundert bedeutende Ausfuhr in Poterieguss. So kamen beispielsweise die sogen. Stahltöpfe oder Stahl- groppen, sehr dünne, leichte, harte und spröde Töpfe von Gusseisen, welche bis nach Schweden gingen, von Lüttich. Die Blechfabrikation des lütticher Landes erfreute sich grossen Rufes, besonders um 1790 die Blechhämmer der Herren Grisard von Chaudfontaine, von Donnéa zu Embourg und von Gossuin zu Grevignée. Steinkohle verwendete man nur in den Ausheizfeuern und zum Lothringen bis 1766. Glühen der Bleche. Die Verwendung von Koks in den Hochöfen be- schränkte sich auf einzelne Versuche. So hatte sich Abbé Needhan (Nidgem) , der Direktor der Brüsseler Akademie, in den letzten Jahren seines Lebens mit dieser Frage beschäftigt. 1769 wurde zu Juslenville bei Spaa ein Versuch gemacht. Aber erst im Jahre 1800 erzeugte Armand die ersten 12 Tonnen Roheisen nur mit Koks. Die französische Revolution und der daraus entsprungene Krieg war ein furchtbarer Schlag für die belgische Eisenindustrie, die zwei Jahre vollständig brach lag. Nach der Annexion bemühte sich die französische Regierung, die Hütten in dem annektierten Lande wieder in Gang zu bringen, es dauerte aber eine Reihe von Jahren, ehe sich die belgische Eisenindustrie erholte. Das Herzogtum Lothringen (bis 1766). Lothringen stand zu Anfang des Jahrhunderts noch unter eigenen Herzögen, und die Verwaltung der Bergwerke und Hütten verblieb der Landesherrschaft bis zum Tode des letzten regierenden Herzogs Stanislaus Leszynski , Königs von Polen, am 22. Fe- bruar 1766. Seitdem wurde Lothringen ganz mit Frankreich ver- einigt. Herzog Leopold I., der von 1679 bis 1729 regierte, suchte den zerrütteten Metallbergbau und die Eisenindustrie wieder zu be- leben. Er verlieh deshalb den Hüttenbesitzern, ähnlich wie in Frank- reich, Vorrechte zur Gewinnung der Eisenerze auf den benachbarten Grundstücken, legte denselben aber gleichzeitig unter dem Namen droit de marque des fers eine neue Steuer auf Siehe Koch , Bergrechtliche Zustände im Herzogtum Lothringen, Zeitschr. für Bergrecht. Bd. XIII, S. 470. ; die frühere Berg- freiheit wurde durch Privilegien und Monopole verdrängt. 1699 hatte er Cäsar Franz von Hoffelize zu seinem Bergwerksintendanten ernannt und ein Edikt vom Bergbau und den Gebühren der Eisen- werke erlassen H. Lepage , Recherches sur l’Industrie en Lorraine. Mém. de la Soc. des Sciences de Nancy 1850, p. 413. . Darin wurde bestimmt: 1. Der Bergbau ist ein Hoheitsrecht, das sich zur Bestreitung der grossen Kosten und Lasten des Staates besser ausnutzen lässt. Alle Hüttenbesitzer, sowohl ein- Beck , Geschichte des Eisens. 63 Lothringen bis 1766. heimische wie fremde, sollen das Recht haben, Erze zu gewinnen, zu verarbeiten, einzuführen und zu verkaufen gegen Zahlung der Gebühr für die marque des fers. 2. (Art. IX.) Alle, welche Eisenerze in ihrem Grund und Boden haben, sollen bei der ersten Aufforderung, welche ihnen von den Eigentümern der benachbarten Hüttenwerke gemacht würde, gehalten sein, daselbst Öfen aufzustellen, um die Erze in Eisen zu verwandeln; wenn sie dies nicht thun, so gestatten wir den Eigentümern des nächsten Ofens, und bei deren Weigerung immer den nächsten Eigentümern und denen, welche sie verwerten wollen, die Erde aufzugraben und Erz daraus zu gewinnen, indem sie den Grundeigentümern als volle Entschädigung 1 Sol für jede 5 Ctr. wiegende Tonne Erz zu entrichten haben. Artikel XIV bestimmte: Die Eisenerze, welche aus Unseren Staaten in das Ausland ausgeführt werden, sind „unserer Gebühr der Eisenmarke“ unterworfen, indem den Kauf- und Fuhrleuten ver- boten wird, an der nächsten Zollstelle (bureau) ihrer Strasse vorüber- zuziehen, ohne eine Erklärung darüber abzugeben und ohne Unsere Steuern dafür zu entrichten, bei Strafe der Beschlagnahme und 500 Livr. Geldbusse. 1702 wurden alle staatlichen Bergwerke von Lothringen auf 5 Jahre einem gewissen Erenny d’Erenny , der durch Reisen grosse Erfahrungen in Bergwerkssachen erlangt hatte, übertragen. Vom Eisen sollte er 10 Pfd. von je 100 Pfd. abliefern. „Das Eisen soll er in Unserem Gebiet durch Hand- und Fabrikarbeiter weiter ver- arbeiten lassen, und hat er freien Verkauf.“ Die Hütten durfte er an die besten Plätze legen, das Holz aus den benachbarten Forsten gegen Zahlung entnehmen. Durch Deklaration vom 1. Januar 1703 setzte Herzog Leopold die jährliche Steuer oder das Jahrgeld, das die Hütten- und Hochöfenbesitzer seiner Staaten für die Eisenmarke zu zahlen hatten, fest. Es wird dabei eingeschärft, dass die Hütten- besitzer überall Erz gewinnen dürfen und nur die Grundeigentümer zu entschädigen haben, und dass das in seinen Staaten erzeugte Eisen frei durch die 3 Bistümer Metz, Toul und Verdun geführt werde ohne Eingangs-, Ausgangs- und Verkaufsgebühr. Da sich die Grundbesitzer gegen diese Auflage renitent ver- hielten, so wurden die Vorschriften, besonders wegen Benutzung der Zufuhrwege u. s. w., im Jahre 1715 noch verschärft, und in einem „Edikt der Erhebung der Steuer der Eisenwerke vom 21. Juni 1720“ noch bestimmter formuliert. Zu den wichtigsten Eisenwerken im jetzigen Deutsch-Lothringen Lothringen bis 1766. gehörten die von Hayingen (Hayange) Das Folgende nach gefälligen Mitteilungen der Herren de Wendel zu Hayingen. , welche gegen Ende des 17. Jahrhunderts Isabella von Lenoncourt , die zum zweitenmal geheiratet hatte, besass. Nach ihrem Tode entstanden Erbstreitig- keiten. Die Eisenwerke wurden der Tochter aus erster Ehe, welche sich mit einem Baron de Vienne vermählt hatte, zugesprochen, was durch einen Vergleich 1703 bestätigt wurde. — Neben diesen alten Werken hatte Rudolf Hullin in den Jahren 1665 bis 1677 neuere Eisenwerke angelegt, welche nach seinem Tode in den Besitz seiner Töchter und Schwiegersöhne, der Herren le Comte und de Ridonet übergingen. Diese gerieten in Geldverlegenheit und ver- kauften am 26. März 1704 die Eisenwerke für 3208 L. T. und ein Geschenk von 15 Livr. Gold „für die Damen“ an Jean Martin Wendel . Jean Martin , der eigentliche Gründer des Eisenadels de Wendel , war ein hochbegabter Mann, gewandt in Geschäften und ein erfahrener Eisenhüttenmann. Im Jahre 1710 erscheint er schon als „Seigneur de Hayange“. Er kaufte am 19. Februar dieses Jahres verschiedene alte Eisenwerke unterhalb Hayange, die noch von dem Marquis von Marolles herrührten (maiures de vieilles forges, four- neaux et dépendances appellés Marolles) Nach einer anderen Nachricht erwarb er den Hammer La Marolle im September 1715 von Philippe du Conne , einem Erben des Marquis de Ma- rolles . , und am 22. ein Eisenwerk eines Herrn von Bienassises für 780 Livr. Er baute die Werke um und führte viele Verbesserungen ein. Sein geschäftlicher Erfolg war so gross, dass er bei seinem Tode ein Vermögen von 700000 Livr. hinterliess. 1719 erhielt Pierre Aubry , Bürger zu Rambervilliers, die Kon- zession, im Bezirk von Gennanvoy einen Hochofen zu errichten. Dieser Hochofen stand 1850 noch im Betrieb. Im August 1720 hatte sich eine grosse Bergbau- und Hütten- gesellschaft für Lothringen gebildet Lepage , a. a. O., p. 419. . Dieselbe erhielt von Herzog Leopold für 10 Jahre die Erlaubnis, überall Fabriken zu errichten, Holz gegen Zahlung aus den fürstlichen Waldungen zu beziehen, Be- freiung von Abgaben und Kriegsdienst u. s. w. Von der Herrschaft sollten besondere Richter eingesetzt werden, die in allen Streitfällen bis zu 50 Frcs. erkennen sollten. Diese Gesellschaft hatte aber keinen 63* Lothringen bis 1766. Erfolg. Schon 1722 wurden verschiedene wichtige Bergwerke auf 30 Jahre an einen Herrn Saur verpachtet. — 1720 hatte Herzog Leopold einem Marquis von Lenoncourt das Privilegium erteilt, auf der Dillinger Hütte Weissblech und Sensen zu machen. Doch scheint auch bei diesem Unternehmen nichts herausgekommen zu sein. 1725 erteilte Herzog Leopold die erste Steinkohlenkonzession dem Nagelschmied Paul Kieffer aus Drogny für 20 Jahre, indem dieser das Privileg erhielt, in der Gemarkung Drogny und Niedingen auf Steinkohlen zu arbeiten. Das Monopolsystem wurde später noch verschärft, indem aus- drücklich durch Erlasse jeder Bergbau, ausser durch die konzessio- nierten Personen, verboten wurde. 1728 wurde bei Bain am Flüsschen Cosné eine Weissblechfabrik durch Patent des Herzogs Leopold zu Gunsten von George Puton von den Brüdern Coster und Villiers errichtet. 1744/45 hatten Charles Godbille und Conrad Lihren . Hüttenmeister zu Nunskirch und Minichwiller, in dem Forstamt Schaumburg mit dem Domänenpächter ein Abkommen getroffen, gegen bedeutende Entschädigung auf Eisenstein schürfen zu dürfen. Sie fanden solchen bei Geilhoff im Gebiet von Bettingen. Der König von Polen verbot aber 1746 den Betrieb, weil sie nicht zuvor seine Erlaubnis eingeholt hatten. Nach Jean Martin de Wendels Tode führte sein Sohn Char- les de Wendel die Hüttengeschäfte in Hayange in noch grossartigerem Stil fort, wobei er aber auch fürstlich lebte. Er baute das Schloss zu Hayange. Ferner gründete er die Eisenhütte (forges) von Hom- bourg, zu welcher er die von Creutzwald hinzufügte; ferner die von St. Louis und St. Fontaine, die er 1749 von Friedrich Quien erworben hatte, welche Erwerbungen 1759 von König Stanislaus bestätigt wurden. 1755 wurde unter Stanislaus Leszynski ein strenges Verbot der Erzausfuhr erlassen, von dem aber die Ausfuhr nach Frankreich ausgeschlossen sein sollte. Im nordwestlichen Lothringen, wo die grossartige Ablagerung von Minetteerzen sich befand, erwirkten am 23. Juli 1756 die Grund- herren (sieurs) Mauclerc , Hüttenherr von Lopigneux, und Sivry , Hüttenherr von Longuyon, dass ihnen das alleinige Bezugsrecht auf die Erze von Saint-Pancré, wie dieses ganze Gebiet bezeichnet wurde, für ihre Hütten auf Grund ihres Anspruchs (requête) zuerkannt und Frankreich. dem Hüttenherrn von Chauvency, dessen Hütte auf französischem Gebiete lag, der Erzbezug verboten wurde. Dieses Vorrecht genossen die beiden Hütten Longuyon und Lopigneux aber nur 12 Jahre lang. Bereits am 15. April 1759 erhielten die Klosterbrüder von Orval eben- falls das Recht, Erze von Saint-Pancré für ihre Hochöfen bei Villancy zu beziehen. Obgleich nun 1766 die Herrschaft ganz an Frankreich kam und französischer Geist Gesetzgebung und Verwaltung leitete, so erhielten sich bei den Berg- und Hüttenleuten doch deutsche Sitten, Gewohn- heiten und die deutsche Bergmannstracht bis zu der alles nivel- lierenden Revolution 1789. Frankreich. In Frankreich liess sich die Regierung die Entwickelung des Eisenhüttenwesens im 18. Jahrhundert besonders angelegen sein. Hervor- ragende Naturforscher und Gelehrte beschäftigten sich mit diesem Zweige der Metallurgie. Wir haben schon erwähnt, dass die moderne Eisen- hüttenkunde wesentlich auf den vortrefflichen Arbeiten Reaumurs aufgebaut ist. Auf dem Wege theoretischer Behandlung suchte man die Eisenindustrie des Landes zu fördern. Diese Untersuchungen sind von grossem Wert gewesen und kamen der ganzen Welt zu gut. Aber die einseitig entwickelte Theorie eilte vielfach der Praxis vor- aus, und die praktische Bethätigung der durch die Theorie gewonnenen Resultate entsprach in vielen Fällen nicht den Erwartungen. So geschah es beispielsweise mit den vorzüglichsten Arbeiten Reaumurs über die Cementstahlfabrikation und den schmiedbaren Guss; in beiden Richtungen führten die praktischen Ausführungen nur zu Misserfolgen, Enttäuschungen und Geldverlusten. Hieran war ausser der Uner- fahrenheit und Ungeschicklichkeit der Praktiker noch der Umstand schuld, dass man aus einem falschen Patriotismus nur einheimische Eisensorten, die meistens wenig dafür geeignet waren, verwenden wollte. Dieser patriotische Dogmatismus, der den Franzosen eigen ist, hat die Entwickelung ihrer Eisenindustrie im 18. Jahrhundert wesent- lich beeinflusst; er hat viel Gutes hervorgebracht, aber auch viel Gutes verhindert. Wie er die Entwickelung der Stahlindustrie nach- teilig beeinflusst hat, werden wir noch näher kennen lernen. Er Frankreich. stellte sich auch der fortschrittlichen Entwickelung insofern in den Weg, als die Feindschaft gegen England die Franzosen abhielt, die Überlegenheit der Engländer auf dem Gebiete des Eisenhüttenwesens unbefangen anzuerkennen, so dass die grossen Fortschritte, nament- lich in der Verwendung der Steinkohlen, hier noch langsamer Eingang fanden wie in Deutschland. Dagegen war das Nationalgefühl auf der anderen Seite eine mächtige Triebfeder der Industrie, besonders zur Zeit der französischen Republik. Die französische Eisenindustrie hatte schon unter Ludwig XIV. eine grosse Ausdehnung erfahren. 1680 war bereits ein Oberinten- dant der Bergwerke ernannt und eine neue Abgabenordnung für die Eisenhütten (ordonance du roi de 1680 de la marque des fers) er- lassen worden. Die grossen Kriege, welche der König führte, erfor- derten, ebenso wie die vielen Bauwerke, welche er errichten liess, eine grosse Menge von Eisen. Es war natürlich, dass man danach strebte, dieses im eigenen Lande herzustellen. Frankreich war vielfach von fremder Einfuhr abhängig; aus Spanien, Italien, Deutschland, den Niederlanden, Schweden und England bezog es Eisen. Der bessere Stahl kam alle aus dem Auslande, aus Spanien, Italien und besonders aus Deutschland. Da Frankreich an Eisenerzen aber keinen Mangel hatte, so lag es nahe, danach zu streben, die eigene Produktion zu vermehren. Es gab 3 Arten der Schmelzung. In Südfrankreich, in dem Gebiete der Pyrenäen, bediente man sich der Rennfeuer oder Catalanschmieden, worin man das Erz in Herdöfen direkt als schmiedbares Eisen ausschmolz; in dem Gebiete der Alpen be- diente man sich der Blauöfen, wie in Italien; in dem übrigen Frank- reich, namentlich in den westlichen Provinzen, die an die Schweiz, Deutschland und Belgien angrenzen, war der Hochofenbetrieb ein- geführt. In den Pyrenäen und den Alpen hatten die Wassertrommel- gebläse Eingang gefunden, während im übrigen Frankreich Blasebälge angewendet wurden, und zwar hatte man angefangen, die alten Leder- bälge durch die deutschen Holzblasebälge zu ersetzen. Das Eisenschmelzen in Herden im südlichen Frankreich bewegte sich Jahrhunderte lang in demselben Geleise. Auch lässt sich nicht verkennen, dass diese einfache Schmelzweise bei den gutartigen, leicht- schmelzigen Erzen zweckentsprechend und vorteilhaft war; freilich war das Produkt fast nur von der Beschaffenheit der Erze bedingt. Ein Vergleich des Kohlenverbrauchs bei diesem Verfahren und dem indirekten Verfahren in Hochöfen und Frischfeuern, wie man ihn in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts anstellte, fiel zu Gunsten des Frankreich. ersteren aus, so dass gewichtige Stimmen sich für die Rückkehr zu diesem ursprünglichen Verfahren aussprachen. Diese Stimmen fanden um so mehr Anklang, als sie in die Zeit der Rousseau schen Schwär- merei fielen, wo man in allen Dingen die Rückkehr zu dem Einfachen und Ursprünglichen erstrebte. Tronson de Courdray führt fol- gende Vorzüge auf: Eine Catalanschmiede kostete 10000 Frcs., 1 Hoch- ofen mit 2 Frischfeuern 80000 bis 100000 Frcs. In 2 Catalanfeuern, welche ebensoviel Eisen wie 2 Frischfeuer erzeugen, würden ¾ an Kohlen gespart. Er rechnet den Kohlenaufwand im Hochofen und Frischherd doppelt so hoch als bei der Catalanschmiede. Dazu kommt die Einfachheit der Arbeit, welche überdies gestattet nach Belieben Schmiedeeisen oder Stahl zu erzeugen, und die Güte des Produktes. Die Praxis lehrte bald die Unausführbarkeit einer allgemeinen Ein- führung des direkten Verfahrens. Die Eisengewinnung in Luppenfeuern stand in der Grafschaft Foix und den benachbarten Gebieten von Couserans und Mirepoix in grosser Blüte. Derselbe Betrieb war aber nicht nur in den angren- zenden Provinzen Languedoc und Aude, wie in Comminges, Alet und Narbonne, sondern auch in dem östlich davon gelegenen Roussillon und den westlichen Provinzen Bigorre, Bearn, la Soule und Navarra in Ausübung. Die Werke der Grafschaft Foix, des Gebietes von Couserans und von Mirepoix, überhaupt alle Eisenhütten des späteren Departements Ariège, bezogen ihre Erze aus dem Gebirge Rancié und zwar fast alle aus dem Thale von Vic Dessos von dem grossen Berg- werke Sem. Die an der Ausmündung des Thales von Vic Dessos ge- legene Stadt Tarascon war gewissermassen die Hauptstadt dieses Eisenindustrie-Gebietes. Da der tausendjährige Betrieb in der Graf- schaft Foix auf einem verhältnismässig kleinen Gebiete zusammen- gedrängt war, so machte sich hier schon früh Mangel an Holz für die zur Schmelzung notwendigen Holzkohlen fühlbar. Das Bedürfnis der Nachbarländer nach den Erzen von Vic Dessos gab aber den Gewerken in der Grafschaft Foix Gelegenheit zum Kohlenbezug, indem die Erze nur im Austausch gegen Kohlen abgegeben wurden. Die Grafschaft Foix hatte schon 1347 mit der waldreichen Land- schaft von Couserans einen Vertrag in diesem Sinne abgeschlossen, der auch unangefochten blieb bis zum Jahre 1720, als in Couserans selbst Holzmangel sich fühlbar zu machen begann. Die Weigerung der Kohlenanfuhr zu den alten Bedingungen führte zu einem Prozess, der aber zu Gunsten der Grafschaft Foix und seiner Gewerken ent- schieden wurde. Obgleich im Laufe des 18. Jahrhunderts infolge Frankreich. Holzmangels mehrere der alten Hütten eingingen, so zählte man doch nach den Angaben des Barons de Dietrich im Jahre 1785 noch 23 Luppenschmieden in der Grafschaft Foix und 8 in Couserans. Ein Luppenfeuer schmolz bei gutem Gang 12 bis 14 Ctr. in 24 Stunden, doch gingen die wenigsten Hütten die ganze Woche, noch weniger das ganze Jahr. Die Hütten der Grafschaft Foix allein lieferten aber damals 55500 Ctr. Eisen, welche 770000 Frcs. einbrachten. Die nachfolgende Tabelle giebt eine Übersicht der Produktion der Hütten von Foix und den Nachbargebieten Baron de Dietrich, Description des gîtes de minerai des Pyrénées. Tableau des forges des généralités de Pau et d’Auch, wo man auch die Namen der Hütten und ihrer Besitzer verzeichnet findet. , sowie des Verbrauchs an Erz und Kohlen. Bei einer Vergleichung des Kohlenverbrauches bei den Luppen- schmieden mit den Hochöfen und Frischfeuern berechnete Dietrich, dass man bei ersteren auf 1 Pfd. Eisen 3¼ Pfd. Kohlen, bei dem indirekten Verfahren dagegen 6½ Pfd. Kohlen verbrauche. Es liess sich also eine enorme Ersparnis erwarten, wenn es möglich sein würde, wie man hoffte, alle Eisenerze Frankreichs nach diesem Ver- fahren zu verhütten. Diese Hoffnung erfüllte sich aber nicht. Dennoch riefen die glänzenden Berichte der genannten Schrift- steller auch bei den Praktikern grosse Hoffnungen und eine tiefe Er- regung hervor, infolge deren eine Anzahl Hammerherren der Dauphiné dem Generalintendanten der Bergwerke eine Bittschrift überreichten, des Inhalts, dass das Verfahren, wie es in der Grafschaft Foix in Anwendung sei, von Staats wegen öffentlich in ganz Frankreich be- kannt gemacht werde, weil man bei den in der Dauphiné und Bur- gund angestellten Versuchen, dem Gerüchte nach, bereits unschätz- Frankreich. bare Erfolge erzielt habe. Dieses Gerücht war durch die Versuche, welche Baron de Dietrich auf Veranlassung des Grafen von Artois, des Bruders des Königs, angestellt hatte, hervorgerufen worden. Wie wenig aber das Ergebnis dieser Versuche den hochgespannten Er- wartungen entsprochen hatte, haben wir an anderer Stelle bereits erwähnt. Man hatte bei den übertriebenen Anpreisungen der Catalan- schmieden den wichtigsten Faktor, die Natur der Erze, nicht berück- sichtigt, und die Versuche lehrten, dass man mit anderen Erzen mit dieser Methode nur schlechtes und teures Eisen erhielt. Trotzdem erregten die Untersuchungen von du Courdray, Duhamel, Baron de Dietrich und de la Peirouse über die Eisenschmelzen in der Grafschaft Foix auch über die Grenzen Frankreichs hinaus Aufsehen und veranlassten Versuche über die Anwendbarkeit dieser ältesten Art der Eisengewinnung, worüber wir das Notwendigste im allge- meinen Teil mitgeteilt haben. Über das Schmelzverfahren in Blauöfen, wie es in Savoyen um jene Zeit gebräuchlich war, haben Swedenborg Swedenborgius, de ferro, p. 142. Wir folgen genau der Schreibweise des Verfassers, obgleich viele Namen zweifelhaft erscheinen. und Reau- mur einige Mitteilungen gemacht, die wir bereits angeführt haben (s. S. 127). Von Hochöfen in Frankreich führt Swedenborg (1734) die folgenden auf: in Nivernois: die Öfen von Sauvage, von Chante Merle, von Bizy, von la Fanoderie, von Corbolin, Pot, Chaudaux, Guichy, Cramin, Raveau, la Blouse, Première, Moulin-Bilouse, Montigny, Ci- gogne, Azy-Valotte, Sardole und Charbonnerie; in Berry: Melian, Grossouvre, Soutet, Torteran, Feuillardes, Pressy, Courbanson, la Cail- loderie, Bonnau, Creuson, Ardante oder Clavière, Morcuit, la Forge neuve, Bigny, Ivoye-le-Prez; in Turaine: Prévilly; in Poitou: le Meil- leuret, Charnuil etc. Ausser diesen viele in Lothringen, in der Cham- pagne bei Barserobe (Bar-sur-Aube) und Trois (Troyes), in den Ar- dennen bei Dagny und Gironne, ebenso in der Normandie, Bretagne und anderen Gegenden. Die meisten dieser Hütten verschmolzen Raseneisensteine oder Thoneisensteine, die durch Tagebau gewonnen wurden; sie waren lehmig und wurden gewaschen. Die guten Erze in Foix und Perigord kamen in Gängen in festem Gestein vor. Das weichste Eisen erhielt man nach Swedenborg in Burgund, Nièvre und an einigen Plätzen der Champagne, welches fer de roche genannt Frankreich. wurde; das der Normandie, der Bretagne und von Perigord sei spröde. Die Schmelzöfen in der Champagne, Lothringen, Bretagne und Normandie seien ganz wie die Öfen von Lüttich, auch wären vor 20 und 30 Jahren (1703 bis 1713) noch lederne Bälge in Gebrauch gewesen. Die Produktion der Hochöfen betrüge 2000 bis 2500 Pfd. Roheisen den Tag, welches man in Gänzen von 1200 bis 1500 Pfd. Gewicht laufen liesse. Man verwende meist Kohlen von harten Hölzern. Ein neuer grosser Ofen von 25 Pariser (27 schwedischen) Fuss Höhe war zu Grossouvre, nicht weit von Allier, erbaut worden (s. S. 153). Die Bälge, welche nach Reaumur 8 Wechsel die Minute machten, lie- ferten 6552 Kubikzoll (? Cubulos) Luft in der Minute; zu 1000 Pfd. Eisen wurden 2 Tonnen Kohlen gebraucht; in 6 Tagen erhielt man 10 grosse Gänze (gueuzes). Swedenborg berichtet, dass der Herzog von Nevers vor meh- reren (also wohl in den 20 er) Jahren, um den Guss eiserner Kanonen einzuführen, Arbeiter aus Schweden berufen habe. Als dieser erste Versuch misslungen sei, habe er englische Arbeiter kommen lassen und die Anlagen sehr erweitert. Swedenborg selbst habe 11 oder mehr Öfen gesehen, von denen einige Doppelöfen gewesen seien, welche man für die schwersten Geschütze gleichzeitig abstechen konnte. Es gäbe auch Öfen für Geschützguss in Angoulème, deren Geschütze nach Rochefort kämen, ferner in Burgund und an anderen Plätzen. Auch im äussersten Südwesten, im französischen Navarra, wo der Rennwerksbetrieb sonst vorherrschend war, befand sich bei Baigorry ein Hochofen für Kanonen- und Munitionsgiesserei, der aber vor 1785 wegen Mangel an Holzkohlen einging. Die Erze für die Öfen des Herzogs von Nevers hatte man nach Swedenborg meist von Nortrow (?), Essidueil, Marveil und la Cha- pelle Poumier, welche aus einem flachen Lager durch Abbau an der Oberfläche leicht gewonnen wurden, bezogen. Die Öfen waren 24 bis 26 Fuss hoch, aus Sandsteinquadern auf- geführt. Sie hatten runden Querschnitt und in der Gicht 2 Ellen Durchmesser, vor der Form 1½ auf 3 Fuss im Lichten. Anfangs, als man bloss den Eisenstein von Marveil verwendet habe, seien die Ge- schütze zersprungen; durch Gattierung mit anderen Erzen habe man sie aber verbessert. — Das Frischverfahren war das wallonische (modus Gallicus), wie es Reaumur beschrieben hat. Eine Hauptsache dabei war, dass das eingeschmolzene Eisen fortwährend mit dem Rengel durchgearbeitet wurde, so dass alle Teile des Eisens dem Feuer und der Flamme, d. h. der Wirkung des Windes, ausgesetzt wurden. Die Frankreich. Luppen hatten ein Gewicht von 80 bis 90 Pfd. und wurden unter wiederholtem Erhitzen ausgeschmiedet. Die Hämmer hatten nach Reaumurs Angabe ein Gewicht von 1000 bis 1500 Pfd. Siehe Reaumur, L’art de convertir le fer forgé en acier. p. 245. . Der grosse Holzverbrauch der Eisenhütten und die fortschreitende Entwaldung schufen auch in Frankreich der Regierung schwere Sorgen, da sie ihrem Bestreben, die Eisenindustrie zu heben, hindernd im Wege standen. Man erliess schon zu Anfang des 18. Jahrhunderts Verordnungen gegen den übermässigen Holzverbrauch. Eine Verord- nung vom 9. August 1723 verbot die Neuanlage und Vermehrung der Eisenhütten; doch hatte dieselbe keinen Erfolg. Es gab eine grosse Anzahl kleiner Eisenwerke in Frankreich; dennoch konnte es die fremde Einfuhr nicht entbehren. Gegen die Einfuhr über Marseille machten die Hüttenbesitzer von Champagne und Burgund 1740 Vor- stellungen bei der Regierung. Der Marquis von Courtivron wies 1747 auf die französischen Besitzungen in Canada hin, von dort könne man viel Eisen beziehen. Es war den französischen Eisen- arbeitern ausdrücklich gestattet worden, dort ihr Gewerbe frei zu be- treiben. Zu Beaucaire war ein wichtiger Eisenmarkt, wo besonders das Schmiedeeisen von St. Etienne und St. Chaumont en Forez verhandelt wurde, von dem angeblich auch viel in das Ausland ging. Die Hütten von Burgund, sowie einige von Champagne, Lothringen und Franche Comté brachten das Stabeisen nach Lyon, das die Kaufleute kauften, um es in Forez zu Nageleisen verarbeiten zu lassen. Ein Lyoner Kaufmann, M. Charrin, hatte hierfür zwei Eisenschneidwerke zu St. Chaumont angelegt. Dieser Handel geschah auf 2 grossen Messen zu Chalons-sur-Saône, wo jährlich über 80000 Ctr. Grobeisen abge- setzt wurden. Paris hatte das allergrösste Interesse an der Beschränkung der Eisenindustrie, denn die Eisenhütten verteuerten ihm das Brennholz. Courtivron war der Ansicht, dass durch Verbesserungen im Betrieb viel Kohlen gespart werden könnten. Um 1750 gab es 28 Hochöfen in Burgund; dieselben verarbeiteten zwei Arten von Erzen, erdige Erze (mines en terre), die an der Ober- fläche gegraben, und Bergerze (mines de roche), die aus festem Ge- stein gewonnen wurden. Früher warf man die Erze ohne alle Vor- bereitung in den Ofen. Es war schon ein grosser Fortschritt, dass Frankreich. man sie pochte. Ferner bedurften sie Zuschläge; dem erdigen Erz setzte man Kalk zu, den Bergerzen einen Lehm — terre herbue. Die erdigen Erze gaben durchschnittlich ⅓ weniger als die Bergerze; erstere verschwanden nach und nach. Damals gingen schon 5 Hochöfen an der Seine nur auf Bergerze und auch bei den übrigen war dies nur eine Frage der Zeit. Das Pochen der Bergerze geschah nass, und wurde dadurch viel Taubes fortgespült. Die Erze waren kalkig, des- halb bedurften sie eines lehmigen Zuschlages. Courtivron weiss weiter keine Verbesserungsvorschläge zu machen, als dass man die Erze in Haufen lange der Einwirkung der Atmosphärilien aussetzen sollte, wie es in Steiermark geschah; sodann empfiehlt er ein Gattieren der erdigen und der steinigen Erze; durch beides würde das Ausbringen gesteigert werden. Über den Bau der Hochöfen geben Courtivron und Bouchu (1760) in ihrer bekannten Abhandlung nähere Nachricht, welche wir S. 322 im Auszug mit- geteilt haben. Die Öfen in Berry und Nivernais waren länglich und hatten achteckigen Querschnitt in dem Kohlensack. Die Rast wurde meistens gestampft, was billiger war als die Herstellung aus zuge- richteten Steinen. Auch der Hochofen von St. Gervais in der Dau- phiné hatte achteckigen Querschnitt, der der Franche-Comté dagegen ovalen. In Frankreich war man nicht an bestimmte Blasezeiten gebunden, sondern man schmolz, wenn man Erze und Kohlen genug hatte, so lange, als das Gestell es aushielt, meist aber nur ½ Jahr. Reisen von 11 Monaten waren seltene Ausnahmen. Die Öfen in der Champagne und in Burgund waren viereckig, 18 bis 26 Fuss hoch. Viele waren mit Kalksteinen zugestellt. Ferber beschreibt noch 1788 den Ofen zu Pontarlier in der Franche-Comté (Departement Doubs) wie folgt: Der Hochofen hatte einen viereckigen Schacht und war 20 Fuss hoch. Er war nach schwäbischer Art mit geneigtem Vorherd aus Kalksteinen zugestellt, nur die wichtigsten Stücke des Gestelles am Boden waren aus Sandsteinen gehauen. Die Kalksteine nahmen durch das Feuer eine Glasur an, welche sie erhielt. Man blies direkt durch den Stein. Courtivron und Bouchu hatten sich bekanntlich bemüht, einen Normalofen zu konstruieren. Derselbe sollte nur 18½ Fuss hoch sein. Diese durchaus verkehrte Theorie hat viel zur Beibehaltung der nie- drigen Hochöfen in Frankreich beigetragen zum Nachteil des Fort- schrittes der französischen Eisenindustrie. Hiergegen sprach sich Frankreich. zuerst Grignon 1775 mit Entschiedenheit aus. Er verlangte, dass die Öfen, welche damals meist nur 17 bis 18 Fuss hoch waren, auf 24 Fuss erhöht würden, dass man die Form 18 Zoll über den Bodenstein lege, dass man den Querschnitt nicht eckig, sondern oval mache und das beliebte Einrücken der Formseite in den Ofen aufgäbe, weil das Centrum der Hitze in der Mitte des Ofens liegen müsse. Auch befürwortete Grignon weite Ofengestelle Siehe Grignon, Mémoires de physique etc. p. 109 und Tab. V und VII, wo der Hochofen von Urville, dessen sich Grignon bediente, abgebildet ist. . Ebenso hielt man lange Zeit an der niedrigen Rast, welche Courtivron und Bouchu auf 3 Fuss angegeben hatten, fest. 1780 hatten noch alle Hochöfen zu Couche, Bonneville, Ferrière, Lire im unteren Seine-Departement, welche 48 Zoll im Kohlensack weit waren, nur 30 Zoll Rasthöhe. M. Dobson (ein Engländer) erhöhte dieselbe auf 66 Zoll, indem er gleichzeitig den Schacht um einige Fuss höher machte Siehe Annales des Arts et Manufactures. Tab. I, p. 225. . Dadurch stieg die Produktion bei gleichem Aufwand von Kohlen, Erzen und Zuschlag im Verhältnis von 160 zu 200. Seit der Zeit begann man die Schächte zu erhöhen, wofür besonders auch der Engländer Wilkinson und Ignace de Wendel eintraten, die nach von Dietrich durch Versuche bewiesen hatten, dass man durch Erhöhung der Hochöfen um ⅓ die Produktion be- trächtlich steigern könne. Hassenfratz teilt mit, dass der Direktor M. Ramus zu Creusot empirisch die zweckmässige Erhöhung dadurch ermittelt habe, dass er bei einem Hochofen daselbst den Schacht bei gleicher Zustellung so lange erhöht habe, bis die Erhöhung anfing, nachteilig auf den Ofengang einzuwirken. Über die Eisenhütten Frankreichs seit 1750 haben wir noch folgende Mitteilungen zu machen. Courtivron und Bouchu er- wähnen des Hochofens von Chateau Morigny in Berry und der von Conches in der Normandie; letztere wegen der meergrünen Farbe ihrer Schlacken. Limonges Die nachfolgenden Notizen sind aus Les anciens mineralogistes du Royaume de France. 1779. besass Eisensteinbergwerke, deren Erze in mehreren Distrikten in Hochöfen zu Gusswaren verschmolzen wurden. Die Erze von St. Robert, Perepeza und Temple wurden mit Erzen von Exeydeuil in Perigord gemischt. In Angoumois wurden Erze von Montberon und Marthon in Hochöfen zu Kanonenguss verwendet. Die bedeutendsten derselben waren zu Planchesminier und Ruffec. Frankreich. In Burgund lieferten die Orte Charbonières, Blancy und Creusot im Bezirk von Montcénis seit undenklicher Zeit Steinkohlen, die auch für die Eisenwerke verwendbar waren. M. de Morveau hat diese Kohlen zuerst verkokt und Erze damit verschmolzen, ohne Zusatz von Holzkohlen. — Die burgundischen Erze wurden unterschieden 1. in Mine de chasse rouge, feinkörnige Raseneisensteine, die ver- waschen wurden; sie waren sehr verbreitet, aber arm; auf 1 Pfd. Roheisen verarbeitete man 10 bis 11 Pfd. Eisenerde, aus der man 4½ Pfd. Erz auswusch; 2. Mine de fer gris, eine Art Bohnerz in erbsengrossen Körnern, und 3. Bergerz. Im Charolais gab es Eisenhütten und Hämmer zu Perrecy, Guerion, le Verderat, wo man fast nur Zain- oder Nageleisen (fer fenderie) für die Nagelschmiede von Forez machte. Handelseisen (fer marchant) schmiedete man auf dem Hütten- und Hammerwerk von la Motte-sur-Dehune, welches um 1765 gegründet worden war zur besseren Verwertung der Waldungen. Es gab ferner eine Hütte zu Mervin und einen Eisenhammer la Motte bei Autun. Zu Pellerie und Bouilland, nicht weit von Nuys, sowie zu la Canche wurde nur Sandguss (de la sablerie) gegossen und zwar Töpfe, Marmiten, Mörser, Kamin- platten und Öfen. Der Hammer zu Veuvey-sur-Ouche verarbeitete früher das Roheisen von Canche zu Nageleisen für die Fabriken in Forez, jetzt nur zu Handelseisen. Herr von Buffon, gleich ausge- zeichnet in den Künsten wie in den Wissenschaften, hatte auf seinen Gütern in Burgund ein Eisenwerk, bestehend aus Hochofen und Hammer, erbaut, das als ein Musterwerk galt und alle Sorten Eisen 1. Qualität machte. Die nahe gelegene Hütte von Aisy-sous-Rouge- mont lieferte dagegen viel geringere Ware. In der Gegend von Châtillon-sur-Seine lag eine grosse Zahl Eisen- hämmer, wie z. B. bei Vauvey, Villote, Clameçon, Rochefort, Ampilly, Volaines, Eparoy, Vuxolles, Lignerolles, Gurgy, Cour l’Eveque, Saint- Colombe etc., deren Eisen meist hart war. Nur das von Clameçon und Rochefort war gut und weich, während das von Gurgy und Vil- lote besonders hart und spröde war. Sehr gutes Eisen lieferten die Eisenhämmer von Villars und be- sonders Marcy. Auch die Hämmer von Abeyement, Moloy, Courtivron, Compasseur, Ville-Comte und Diénay gaben gutes Eisen. Pellerey bei St. Seine hatte mit ungünstigeren Verhältnissen zu kämpfen. Geschätzt war das Eisen der Schmieden von Beze, Montigny, Saint Seine-sur-Vingeanne, Drambon und Berguotte, doch lagen sie weniger günstig für den Holzbezug. Gutes Handels- und Nageleisen machte Frankreich. man zu Trichateau, das, obgleich es in der Champagne lag, doch zu der königl. Bergwerksdirektion zu Dijon gehörte. Das Werk konnte 400000 Pfd. Eisen machen, ohne das verschmiedete. Ebenso leistungs- fähig waren Marcy, Moloy, Ville-Comte, Compasseur und Buffon. Alle anderen machten nur halb so viel, ausser denen in Charolais, wovon jedes 300000 Pfd. machen konnte. Die Hochöfen zu Fontaine-Française und la Marche machten nur Masseleisen (fonte en gueuse) für die Frischhämmer. Dasselbe war sehr gut und trug viel zur Qualität des burgundischen Frischeisens bei. Es gab auch Drahtzüge. Der Handel ausserhalb der Provinz beschränkte sich auf Lyonnais, Forez und Languedoc und nach dem Auslande auf den Seehandel über Marseille. Letzterer war aber durch Zölle (droits) so erschwert, dass er nicht mit dem schwedischen und englischen Eisen konkurrieren konnte, obgleich das inländische angeblich an Güte nicht nachstand. Es wurde als ein grosses Unrecht gegen den heimischen Handel empfunden, dass das fremde Eisen abgabefrei in die Häfen eingeführt werden durfte, während die zahl- reichen Abgaben zwischen Dijon und Marseille so enorm waren, dass burgundisches Eisen nicht nach Languedoc kommen konnte. Dazu kamen noch die Octroiabgaben der Städte, die von durchgehenden Waren erhoben wurden. In der oberen Champagne wurden die Gebiete von Valage, Bassigni und Aubois von den Flüssen Marne, Aube und Blaise durch- flossen, in welchen zahlreiche Bäche mit gutem Gefälle, nämlich Chi- villon, Tenance, Rougeant, Rognon, Chatouroupt, Orne zahlreiche Eisen- hütten und Hämmer trieben. Von diesen war der Hammer von Bayard, welcher zur Kommandantur von Ruetz gehörte, wohl der älteste an der Marne. Ein alter Hochofen war zu Ragecourt. In der Gegend von St. Dizier lag Hochofen und Hammer von Chamouillé bei Vitri-le-Française. — Im Gebiet von Saint-Menehould in den Ar- dennen befanden sich mehrere Hütten, in denen Kanonen, Bomben und Kugeln gegossen wurden. Ferner waren Hämmer und Öfen zu Cirey in der Landschaft Messin. Zu Valenciennes stand eine Feuermaschine zur Wasserhaltung eines Kohlenbergwerkes, welche schon 1736 von Engländern aufge- stellt worden war, ebenso zu Fresne bei Condé. In Flandern befanden sich im Walde St. Michel, im Gebiete von Guise, Hämmer und Hochöfen, wo man Artilleriemunition machte. Zu demselben Zwecke dienten in der Bretagne die Eisenhütten von Salles und Noué, über welche Duhamel Nachrichten veröffentlicht Frankreich. hat. Die Hütte zu Salles bestand aus 1 Hochofen, 2 Frischhütten und 1 Schweissherd (chaufferie). Der Hochofen, der 22 Fuss hoch war und mit Blasebälgen betrieben wurde, erzeugte monatlich 1100 bis 1300 Ctr. halbiertes Roheisen. Die Frischhütte wurde nach der Methode von Berry betrieben. Die Hütte zu Noué, die mit grossen Werkstätten zum Kanonenbohren versehen war, besass 2 Hochöfen, die abwechselnd schmolzen und 1½ Millionen Kilo Eisen im Jahre erzeugten. Hiervon wurden 300000 Pfd. zu Bomben und Kugeln für Brest vergossen, während 1200000 Pfd. zu ungefähr 800000 Pfd. Schmiedeeisen, welches mit 17 bis 18 Frcs. der Centner bezahlt wurde, verfrischt wurden. Die Munition goss man teilweise in Coquillen. Zum Kanonenguss eignete sich das Eisen unmittelbar nicht, weil es zu hart war und sich nicht bohren liess. Es wurde, in kleine Stücke zerschlagen, im Flammofen umgeschmolzen. Im Bistum Nantes lagen die Eisengruben und die Hütte de la Provotière. Zu Milleroy, Péan und la Portevinière waren Eisenhämmer. Eisenbergwerke und ein Hammer befanden sich zu Pompont in dem Sprengel St. Malo. Rennwerke nach spanischer Art lagen bei St. Nazaire und bei Ville St. Martin. Lothringen wurde 1766 einverleibt und eine französische Pro- vinz. Seine Eisenindustrie, die damals sehr bedeutend war, haben wir zum Teil bereits geschildert. In den Vogesen befanden sich zu Fransont bei Grandfontaine, zu Rothau, zu Rosbach (Raurupt), zu Waldersbach und zu Wisch alte Eisenbergwerke. Bei Bellefontaine im Kreise Remiremont war eine Stahlfabrik. Die Eisenwerke von Sexey, welche schon im 15. Jahr- hundert bekannt waren, wurden 1777 von M. Marmod von Luneville betrieben, gingen aber bald darauf ein. Im Gebiete von Badonviller wurden Brauneisensteine gewonnen, die auf der Hütte von Cirey verschmolzen wurden, desgleichen die Eisenerze von Fremonville. Auch bezog Cirey Erze aus dem Canton de Saint-Saveur und von Domêvre-sur-Vezouse, von Reillon und Gen- drexange. Cirey und die Eisenhütte von Mutherhausen schmolzen ferner Eisenerze aus dem Gebiete von Lixhein. Im Moseldepartement waren bedeutende Eisengruben bei dem Dorfe Warsberg, nördlich von St. Avold, die jährlich 6000 Ctr. Erze für den Hochofen in Creutzwald lieferten. Nahe bei dieser Hütte lagen die Eisengruben von la Houve (Creutzwald-la-Houve). Es waren arme Brauneisensteine, die nur 12 Proz. Eisen, aber von guter Qua- lität, gaben. Sie wurden auf Rechnung der „Madame d’Hayange“ Frankreich. abgebaut, die sie auf ihren Hütten zu Sainte-Fontaine und Creutz- wald verschmolz. Zu Oberdorff bei Rezonville wurden Bohnerze, die etwa 18 Proz. gutes Eisen gaben, für die Hütte von Creutzwald ge- wonnen, ebenso zu Brettnach. Die reichen Eisenerzgruben von Castel im Schomburgischen lie- ferten ihre Erze meist an eine Eisenhütte der Grafen von Hohn- stein im Trierischen. Dagegen wurden die Erze von Limperg und von Gresaubach in dem Hochofen von Bettingen verschmolzen; die aus dem Walde von Merten, welche nur 10 bis 12 Proz. Eisen gaben, in dem Ofen von Sainte-Fontaine. Die Erze von Steinbach und Sau- bach, die 19 bis 19½ Proz. Eisen lieferten, wurden in den Hoch- öfen von Dillingen und Bettingen verhüttet. Auf der Hütte von Moyeuvre wurden die Erze von Barbet, Rosse- lange, Prevant und Devant-le-Port verschmolzen. Dieser Erzzug war nur durch die Höhen, die sich zwischen der Orne und der Fentsch erheben, von Hayange getrennt. Es war Minette von 35 bis 40 Proz. Gehalt, der roh verschmolzen wurde. Die wichtigsten Gruben im nördlichen Lothringen lagen bei Villers-la-Montagne. Unter der Be- zeichnung Erze von Saint-Pancré wurde die ausgedehnte Erzablagerung im nordwestlichen Lothringen, die zu Orimont, Vaux, Gorcy, Cussigny, Houdlemont, Buré, Saint-Pancré, Tellencourt, Cosne und Lamalmaison, zusammengefasst und wurden deren Erze als „mines en truffe“, Trüffel- erz, bezeichnet, weil runde Hämatitknollen in der Masse eingebettet waren. Sie wurden einfach mit Schächtchen abgebaut, bis es das Wasser nicht mehr gestattete. Die Besitzer von Longuyon und Lopigneux hatten früher das alleinige Bezugsrecht nicht zum Vorteil des Berg- baues. In den 60 er Jahren gruben die Besitzer des Hochofens von Berchievé bis zu 50 und 60 Fuss Tiefe. Die Herren von Tellancourt beanspruchten das Recht der Erzgewinnung in Tellancourt und Frenoy. Gorcy und Cussigny gehörten ebenfalls dem Gutsherrn (le seigneur). Der unermessliche Eisenreichtum dieses Gebietes, wovon ¼ schmelzwürdig war, hatte nach der Einverleibung Lothringens als- bald die Aufmerksamkeit der französischen Metallurgen auf sich ge- zogen. Duhamel untersuchte die Ablagerung und stellte eine Be- rechnung darüber an. — Die Vorrechte der Grundherren, namentlich die der Hütten von Longuyon und Lopigneux, wurden aufgehoben. Am 15. Dezember 1767 erhielt die Waffenfabrik von Charleville durch einen Staatsbeschluss das Recht, jährlich 1800 Wagen Eisenerz aus den Gruben von Saint-Pancré zu beziehen. Ebenso erhielt der Prinz von Condé das Bezugsrecht für seine Hochöfen bei Villancy. Beck , Geschichte des Eisens. 64 Frankreich. Es gab in dem Kreise Villers-la-Montagne noch zwei weitere Eisenbergwerke, das von Audun-la-Tiche und das von Ottange. Die Erze des ersteren, erdige Brauneisensteine, die gewaschen werden mussten, wurden von den Hütten zu Ottange und Villerupt ver- schmolzen, ebenso die aus braunen Körnern bestehenden Erze von Ottange. Hier gewann man auch einen kalkigen Tuff, der als Zu- schlag verwendet wurde. Im Gebiete von Thionville befanden sich die alten Gruben und Hütten von Sierck, Mutherhausen, Florange und Hayange. Im Maasd epartement waren im Bezirk von Saint-Mihiel 4 Eisen- steingruben, deren Erze (Minette), mit anderen Erzen gemischt, im Hochofen von Sampigny auf Gusswaren verschmolzen wurden. — Im Bezirk von Bar versahen die Gruben von Brillon die Hütten von Pont-sur-Saux und Iland’heurs mit Erz; ferner die von Haironville und Cousances zu Vadonville, Kreis Commercy. Über den Stand des Eisenhüttenwesens in Lothringen im Jahre 1785 besitzen wir einen umfassenden Bericht in dem vortreff- lichen Werke des Barons von Dietrich, Description des Gîtes de Minerai, Forges etc. de la Lorraine Méridionale (Paris, an VIII), die den 3. Band der Beschreibungen der Bergwerke und Schmelzhütten von Frankreich, mit denen der ausgezeichnete Naturforscher und Hüttenmann, Philipp Friedrich von Dietrich, welcher der be- kannten elsässischen Eisenindustriellenfamilie entstammte, von der französischen Regierung beauftragt worden war, bildet. Leider sind von diesem Werke nur drei Bände, die Pyrenäen, das Elsass und Mittel- Lothringen umfassend, erschienen, weil der Verfasser, wie Lavoisier und andere hervorragende Geister ihres Landes, als ein Opfer der französischen Revolution allzu früh für sein Vaterland und für die gebildete Welt sein Leben auf der Guillotine enden musste. Das Vertrauen seiner Mitbürger hatte ihm 1790 die wichtige Stelle eines Oberbürgermeisters (ancien maire) der Stadt Strassburg übertragen. In dieser hervorragenden Stellung bewährte er sich in den schwierigen Jahren 1790, 1791 und 1792, aber seine gemässigte Ge- sinnung machte ihn nach dem Sturze der Girondisten den Jakobinern, besonders dem blutdürstigen Robespierre verdächtig, und so wurde er nach kurzem Prozess auf Grund einer ungerechten, schmählichen Anklage am 29. Dezember 1792 enthauptet Näheres über sein Leben siehe Fréderic de Dietrich, premier maire de Strassbourg, par Louis Spach, 1857. . Frankreich. Der dritte Band des genannten Werkes enthält nur die Beschrei- bung der Bergwerke und Hütten in den alten herzoglich lothringischen Gebieten, während die der 3 Bistümer Metz, Toul und Verdun im nächsten Bande folgen sollten. Wir ersehen aber aus dem Mitgeteilten, dass die Eisenindustrie dieses Gebietes sehr bedeutend war, begründet auf den grossen Reichtum an Wäldern und Erzen. Das Waldgebiet umfasste 1570000 Morgen. In einer tabellarischen Zusammenstellung führt der Verfasser 27 Hochofenhütten mit einer Jahresproduktion von 204750 Ctr. Roh- eisen, und 50 Frischhütten mit einer Jahresproduktion von 145150 Ctr. Schmiedeeisen auf. An 40000 Ctr. Roheisen wurden dazu noch aus der Freigrafschaft bezogen. Der Holzverbrauch betrug 180080 Klftr. 1 Klafter = 112 lothringischer Kubikfuss, oder 98 Kubikfuss 864 Kubik- zoll französisches Mass. . Der Verkauf der Eisenhütten belief sich auf 3054040 Liv., der Eisen- zoll (marque des fers) auf 149943 Liv. Die Zahl der Eisenarbeiter wird auf 985 angegeben. Eisensteinbergwerke gab es 59, wovon die zu St. Pancreiz die reichsten waren; sie galten für unerschöpflich. Die meisten der Eisenhütten in den Vogesen, sowohl in Loth- ringen wie im Elsass, waren ursprünglich zur Verwertung des reichen Holzbestandes angelegt worden. Gegen geringe Abgabe waren diesen Waldbezirke (de bois affectés aux fourneaux) überwiesen worden; diese Überweisungen waren für bestimmte Zeiträume, gewöhnlich von 25, 30 oder 40 Jahren. In einzelnen Fällen waren diese Zuweisungen (affectations) von Wald grösser als der Bedarf; in den meisten Fällen aber waren sie geringer, so dass die Hütten gezwungen waren, noch Holz zu kaufen. Mit der Zunahme der Eisenproduktion steigerte sich der Holzverbrauch, was in einzelnen Gebieten bereits zu Holz- mangel geführt hatte, und Dietrich schliesst seinen Bericht über Lothringen mit einem trüben Ausblick auf die Verwüstung der Wälder durch die Eisenindustrie. Aus dem reichen Inhalt des Buches teilen wir folgenden kurzen Auszug über die lothringischen Eisenhütten mit. Im Amtsbezirk (Baillage) Luneville waren 1785 bereits die Frischhütte von Azerailles und der Reckhammer von St. Maurice wegen Holzmangel zum Erliegen gekommen; die Eisenhütte von Gennevoy, die Jaquotschmiede genannt, welche aus einem Frisch- feuer und Reckhammer (martinet) bestand, lag ebenfalls kalt, doch sollte sie in einen Drahtzug, der nur wenig Holz benötigte, umge- 64* Frankreich. wandelt werden. M. Colombier, dem dieses Werk gehörte, war auch Besitzer der Frischhütte von Rambervillier, die aus 2 Frischfeuern mit Stabhammer und 1 Reckhammer, welche 4500 Ctr. (Quintaux) Grobeisen und 1200 Ctr. ausschmiedeten, bestand. Die Hütte war 1719 von Herzog Leopold konzessioniert worden. Sie bezog ihren Bedarf an Roheisen, etwa 6000 Ctr., von den Hochöfen der Franche Comté, wofür ein Zoll von 8 Liv. 2 Sous 6 ₰ für 10 Ctr. (1 millier) bezahlt werden musste. Die Grenzzölle zwischen den einzelnen Pro- vinzen und historischen Gebieten bestanden nämlich auch nach der vollständigen Einverleibung Lothringens unverändert fort. Die Hütte verbrauchte für Holzkohlen 2100 Klftr. Holz und hatte im ganzen 18 Arbeiter. Die Frischschmiede erhielten 8 Liv., die Reckschmiede 5 Liv. vom Tausend Schmiedeeisen. In dem Amtsbezirk Darnay befanden sich die zwei Stahlhütten La Hutte und St. Marie, die nach steierischer Art Stahl frischten. La Hutte gehörte den Herren Valette von Villiers und Meyer von Koblenz. Sie war Mitte der 40 er Jahre von Valette Vater, der sich Stahlschmiede aus Tirol kommen liess, aus einem Eisenhammer in einen Stahlhammer umgewandelt worden. 1749 erhielt dieser von dem König von Polen, Stanislaus Leszinsky, die Konzession, welche den Stahlarbeitern Militärfreiheit gewährte. Man machte erst Fein- eisen durch Einschmelzen im Frischherd und Blattelreissen, indem man Wasser über das geschmolzene Metall goss. Die Blatteln wurden dann in demselben Herd unter Zusatz von Hammerschlag, Schlacke und Schrott in Stahl verwandelt, wobei man die Masse gut mit Kohlen bedeckt hielt und nicht darin arbeitete, wie beim Eisen- frischen. Die Produktion war gering, weil die Arbeit langsam ging. Zu einer Luppe von 150 bis 160 Pfd. waren 3 bis 4 Stunden er- forderlich, manchmal noch mehr. Der Rohstahl wurde in grobe Stücke (carrés) von über 2 Zoll Dicke geschmiedet. Diese Stücke wurden dann zu Stäben ausgereckt, die in gewisse Längen geschnitten und in Bunden als „Logel“-Stahl, oder in Fässern als Fassstahl (acier en barrique) verkauft wurden. Um Gärbstahl zu machen, schmiedete man diese Stäbe zu dünnen Ruten aus, die man zu Garben zusammen- band, schweisste und reckte. Ein Fass Stahl von 140 Pfd. kostete 40 bis 42 Liv., 1 Ctr. Gärbstahl ebensoviel. Aus 3500 Ctr. Roheisen aus der Freigrafschaft erhielt man an 2000 Ctr. Stahl, der für 60000 Liv. verkauft wurde. Die Hütte von St. Marie hatte eine Waldnutzung (canton d’assu- rance) von 1000 Morgen zu 40jährigem Umtrieb, gemäss eines Rats- Frankreich. beschlusses vom 6. April 1731, und La Hutte eine Waldnutzung von 500 Morgen zu 35jährigem Umtrieb, wofür 20 Liv. für den Morgen zu zahlen waren. Ausserdem war diesen beiden Hütten das Fallholz im Forste von Darnay zugewiesen. Man rechnete 1½ Wagen (bannes) Holzkohlen auf 10 Ctr. Stahl. Der Wagen Holzkohle kostete 25 Liv. Beide Werke zusammen beschäftigten 18 Arbeiter. Die Stahlfrischer bekamen 18 Liv. für die 1000 Pfd. Stahl, die Reckschmiede 45 Sous für das Fass von 140 Pfd. Die Stahlhütten litten unter den über- mässigen Abgaben, die sich auf 50 Liv. für 1000 Pfd. berechneten. Der Stahl war gut und stand nach von Dietrich dem steierischen nicht nach. Dennoch mussten die Besitzer steierische Marken auf- schlagen lassen, um ihn mit Erfolg abzusetzen. Mit der Frischhütte von Tunimont war eine Drahtzieherei mit 16 Zangen verbunden. Das Werk, welches nach seinen Einrichtungen 7000 Ctr. Eisen erzeugen konnte, lieferte nur 3600 Ctr., davon 700 bis 800 Ctr. Draht von Nr. 1 bis 22, wofür 80000 Liv. erlöst wurden. Die 4500 Ctr. Roheisen, welche verarbeitet wurden, kamen von Gray in Franche-Comté zum Preise von 82 bis 84 Liv. für 1000 Pfd. Auch hier waren die Zölle und Abgaben sehr hoch, so dass sie an 25 Prozent des Wertes betrugen. Die Einfuhr nach Frankreich war dem Draht durch einen Eingangszoll von 21 bis 22 Proz. erschwert. Die Hammerhütte von Usemain, die 2 Frisch- und 1 Reckfeuer hatte, erzeugte nur 2500 Ctr. Schmiedeeisen. Sie bezog 2500 Ctr. Roheisen von dem Hochofen von Villouxel bei Neuf-Chateau, an dem der Besitzer beteiligt war; weitere 1000 Ctr. aus der Freigrafschaft. Der Erlös betrug 40000 Liv., und zwar wurde erzielt für Grobeisen 145 bis 150 Liv., für Reckeisen 180 Liv. und für Krauseisen 200 Liv. für die 1000 Pfd. In dem Amtsbezirk Neuf-Chateau hatte der Hammer Le Châ- telet an der Var, welcher schon im 17. Jahrhundert betrieben wurde, 2 Frischfeuer, von denen aber nur eins ging, und 1 Reckhammer, auf dem gutes Radreifeneisen (für 135 Liv. pro mille) geschmiedet wurde. Das Roheisen kam vom Hochofen von Attigneville. Etwa 1500 Ctr. gingen nach Frankreich, wofür 17 Liv. pro 1000 Pfd. Eingangszoll erhoben wurden. Der Hochofen von Attigneville ging nur 7 bis 8 Monate im Jahr wegen ungenügender Wasserkraft und erzeugte 4500 Ctr. mit 2300 Klftr. Holz. Er verschmolz Wascherze aus der Nähe. Die nahen Erze aus der Champagne konnten dagegen wegen des Eingangszolles nicht verhüttet werden. Frankreich. Der Eisenhammer von L’Hôte-du-Bois, der im Bezirk von Saint-Diez lag, machte 1500 Ctr. Schmiedeeisen für 21000 Liv. meist aus Schrott. Auch die im Amtsbezirk Epinal gelegenen beiden Hütten von Bremoncourt und St. Gorgon waren nicht bedeutend. Wichtiger war der im Bezirk von Bruyères gelegene Eisenhammer von Mor- tagne bei Brouvelieure, welcher auch Herrn Colombier gehörte. Er war 1634 auf Grund einer Konzession des Herzogs von Lothringen errichtet worden, umfasste 2 Frischfeuer, 1 Heiz- und 1 Blechfeuer mit ihren Hämmern. Sie machten 4500 bis 5000 Ctr. geschmiedetes Eisen, darunter 1000 Ctr. Bleche und 2000 Ctr. Zaineisen. Die Preise für 1000 Pfd. lco. Hütte waren für Bleche 250 bis 300 Liv., für Stab- eisen 155 bis 160 Liv., für Zaineisen 180 bis 185 Liv. Die Bleche, die 1 bis 6 Fuss lang und 15 bis 30 Zoll breit geschmiedet wurden, waren sehr geschätzt und gingen nach Paris und Lyon. Die 6500 Ctr. Roheisen kamen aus der Freigrafschaft für 80 Liv. die 1000 Pfd. Der jährliche Erlös des Werkes betrug 90000 Liv., der Holzverbrauch 2375 Klftr. Es wurden 18 Hüttenarbeiter beschäftigt, hiervon erhielt der Frischschmied 8 Liv., der Reckschmied 5 Liv. und der Blech- schmied 20 Liv. für die 1000 Pfd. Die Bleche erzielten 250 Liv. pro 1000 Pfd. Hierauf ruhten über 20 Proz. Abgaben, wie die nachstehende Zusammenstellung ergiebt: Eingangszoll für Roheisen (8 Liv. 2 s. 6 ₰ pro Mille) auf 1000 Pfd. Blech 13 Liv. 15 s. 10 ₰ Eingangszoll für Blech nach Frankreich 21 „ — „ — „ Eisenzoll (Droit de marque des fers) 15 „ — „ — „ Wegzoll — „ 7 „ — „ 50 Liv. 2 s. 10 ₰ Umfangreicher noch war die Eisenindustrie in dem Amtsbezirk von Remiremont, obgleich es auch hier nur Hammerhütten, aber keine Hochöfen gab. Der Stahlhammer Quénot bei Charmois gehörte gleichfalls Herrn Colombier von Rambervillier. Diese Hütte, die 1634 konzessioniert worden war, machte Schweissstahl, besonders für Ackergeräte. Die Erzeugung betrug 1000 Ctr., welche für 25000 Liv. verkauft wurden, der Kohlenverbrauch 1½ Wagen zu 25 Liv. für 1000, oder im ganzen 150 Wagen, entsprechend 475 Klftr. Das wichtigste und schönste Werk Lothringens und Frankreichs war aber die königliche Weissblechfabrik von Bain. Sie war gegründet 1733 von Puthon, Coster und Villiez auf Grund einer Konzession des Herzogs Franz von Lothringen, die 1745 von König Frankreich. Stanislaus bestätigt wurde. Nach der Annexion 1766 erhielt sie Zollfreiheit für die Einfuhr nach Frankreich, ebenso wie die Blech- fabrik von Massevaux in Nivernois. 1777 wurde sie für 1120575 Liv. von Claude Falatieu von Lyon erworben. Die grossartige An- lage umfasste ausser den Werkstätten ein Schloss, Kapelle, Park und Marstall. 16 Wasserräder trieben 3 Frischfeuer mit 2 Aufwerf- hämmern, 3 Schwanzhämmer mit den dazu gehörigen Reckfeuern, ebenso 3 Breithämmer (marteaux à élargir) und 3 Platthämmer, welche sich alle in einer grossen Halle befanden, die noch 2 Flammglühöfen für die Reck- und Breithämmer enthielt. Unterhalb dieser Haupthalle lag eine grosse Schmiede. In dem Hammerwerk la Pipée mit Frisch- feuer und Hammer und 1 Reckhammer, La Papeterie genannt, wurde nur Eisen für Bleche gemacht. Unterhalb dem Hauptwerk lag eine vierte Hütte mit ebenfalls 1 Frischfeuer, Hammer und 1 Reck- hammer; eine fünfte, Moulin-aux-bois, am Flüsschen Cosné, ent- hielt 1 Frischfeuer mit Hammer. Hierzu kamen zahlreiche Arbeiter- wohnhäuser, Magazine, Beiz- und Zainhäuser u. s. w. Die 12000 Ctr. Guss, die verarbeitet wurden, kamen früher von den Hochöfen von Vreux und Monthereux, jetzt aber von Gray, Chalonges, Dampierre, Bleye, Velson und Beaujeu in Franche-Comté, wo sie für 60 Livres die 1000 Pfd. (mille d’achat) gekauft wurden, hierzu kamen 3 Liv. Ausgangszoll aus der Comté und 8 Liv. Fuhrlohn, so dass sich das Roheisen lco. Hütte auf 71 Liv. pro Mille stellte. Der Verbrauch an Holzkohlen betrug 1500 Wagen (bannes) à 30 Liv., auf jeden kamen 6 Klftr., also 9000 Klftr., ausserdem wurden 3000 Klftr. für Flammöfen, Heizung u. s. w. konsumiert. Falatieu hatte eine Holznutzung von 8600 Morgen mit 40jährigem Umtrieb in dem grossen Walde von Darnay erworben, wofür er 140 Liv. (lothringisch) für den Morgen zahlte. Man verwendete 1785 aber auch bereits Steinkohlen von Ron- champ zur Heizung der Flammöfen zum Preise von 25 s. der Centner lco. Hütte mit Erfolg. Zum Verzinnen der Bleche wurden jährlich 1000 Ctr. Zinn von Malacca gebraucht, das zollfrei aus Holland kam und pro Centner 100 Liv. kostete. Ferner wurden konsumiert 700 Malter Roggen für Beize, 16,2 Ctr. Talg. Die Fabrik beschäftigte 5 Angestellte und 125 Hüttenarbeiter. Es wurden jährlich 5000 Fässer (barriques) Weissblech für 540000 Liv. abgesetzt. Das Produkt stand im Ansehen dem englischen nach, übertraf es aber an Haltbarkeit. Das Fabri- kationsverfahren war wie in Deutschland. Die Hütte erzeugte mehr als das Doppelte aller übrigen Weissblechfabriken Frankreichs. Frankreich. Der Eisenhammer von Alangy machte mit 2 Frischfeuern und 1 Zainhammer jährlich 3000 Ctr. diverses Schmiedeeisen und erzielte für Stabeisen 145, für Drahteisen 190, für Nageleisen 180 Liv. pro 1000 Pfd. Das Roheisen aus der Freigrafschaft kostete 78 Liv. pro 1000 Pfd. lco. Hütte, ausserdem wurde viel Schrott und Gussbruch, wovon ersterer mit 75 Liv., letzterer mit 60 Liv. pro Mille bezahlt wurde, verwendet. Der Holzverbrauch betrug 1400 Klftr., der Eisen- zoll 3280 Liv., der Erlös 50000 Liv. Der Eisenhammer von Ruaux oder la Fargeotte war mit einer Drahtzieherei mit 14 Zangen und 4 Rollen verbunden und erzeugte 1200 Ctr.; ferner der von Sémouse 2400 Ctr. Schmiedeeisen, „ „ Blancmeurgé 2400 „ „ „ „ Plombières 620 „ Draht. Alle diese Hütten, die auf den Bezug von Roheisen aus der Frei- grafschaft angewiesen waren, hatten in grösserer Blüte gestanden, so- lange Lothringen noch ein Herzogtum bildete, weil seit der Ver- einigung die Zölle und Abgaben erhöht worden waren. Für 150 Liv. Eisen, das nach Frankreich ging, mussten im ganzen 32 Liv. 2 s. 3. ₰ an Abgaben bezahlt werden, für Stahl und Blech noch mehr, wes- halb diese nur in Lothringen ihren Markt suchen konnten. Dies war um so drückender, weil die Werke im Elsass grossenteils nicht die droit de marque des fers zu bezahlen hatten und die in den gräflich Salmschen Gebieten gelegenen Eisenhütten von allen fran- zösischen Abgaben frei waren. Draht der Franche-Comté hatte 16 Liv. 3 s. 4 ₰, lothringischer dagegen 76 Liv. pro 1000 Pfd. zu bezahlen. Schwarzer Draht ging dagegen zollfrei nach Frankreich. Im Amtsbezirk Bitsch lag der Blechhammer von Bellerstein und das grosse Hüttenwerk Mutherhausen (Moderhausen, Mutter- hausen). Auf ersterem wurden in 2 Feuern 1350 Ctr. Blechflammen geschmiedet, die in dem benachbarten, auf deutschem Gebiet gelegenen Bärenthal zu Blech geschlagen wurden. Die Eisenwerke von Mutherhausen haben eine ältere Geschichte. Sie bestanden schon 1626, gingen aber in den Kriegen des 17. Jahr- hunderts, welche die Grafschaft Bitsch in eine Wüste verwandelten, zu Grunde. 1720 erhielt Frédéric Dithmard die Konzession, hier eine Eisenhütte zu erbauen. 1723 associierte er sich mit Mader, dem Pächter der Eisenwerke von Zinsweiler. Herzog Leopold be- willigte ansehnliche Waldnutzung und erteilte Dithmard 1730 auch Frankreich. die Konzession zur Anlage einer Weissblechhütte, die aber nicht aus- geführt wurde. Bedeutenden Aufschwung nahm das Werk, nachdem es in den Besitz des M. Préaudeau de Chemilly gelangt war, der eine Holznutzung in den Forsten von Bitsch von 2400 Morgen auf 50 Jahre, gegen Abgabe von 12 Sous für den Klafter, erwarb. Die Hochöfen von Mutherhausen bezogen den grössten Teil ihres Erzbedarfs, ca. 75000 Ctr. für 60000 Liv., aus der Grosspräfektur Hagenau im Elsass. Die Erze gaben 25 Proz. oder 18700 Ctr. Eisen, davon 3000 bis 4000 Gusswaren zu 12 Liv. der Centner. Das übrige wurde verfrischt und gab etwa 9000 Ctr. Schmiedeeisen zu 150 bis 160 Liv. die 1000 Pfd., so dass der ganze Verkauf an 190000 Liv. betrug. Das Werk umfasste, ausser dem Direktionsgebäude mit Gärten und Teichen, 2 Hochöfen, 6 Frischfeuer, 3 Frischhämmer, die Tag und Nacht gingen, 1 Hammerwerk mit 3 Zainhämmern, die 3000 Ctr. Kraus- und Zaineisen machten, 1 Eisenspaltwerk, das 3000 Ctr. Nagel- und Bandeisen liefern konnte, 1 Blechhammer für 500 bis 600 Ctr. Blech. M. de Chemilly führte auch mit Erfolg die Cementstahl- fabrikation ein. Das Werk hatte seinen eigenen Geistlichen, seinen Schullehrer, Arzt, Chirurgen u. s. w. Die marque des fers betrug jährlich 11000 Liv. Im ganzen beliefen sich die gesetzlichen Abgaben auf 26000 bis 28000 Liv. Der Hochofen von Creutzwald (Amtsbezirk Boulay-St. Avold) wurde 1749 von König Stanislaus von Polen den Gebr. Quien konzessioniert, durch königl. Arrêt Vollständig abgedruckt a. a. O. III, S. 356. vom 13. Januar 1759 aber auf Charles de Wendel , Herrn von Hayange, übertragen. Damit waren grosse Waldnutzungen in dem Forstamte von St. Avold und dem Walde von La Houve bei Merten verknüpft. Der Hochofen von Creutzwald bildete 1785 mit den Eisenhämmern von Sainte-Fontaine, dem Blech- hammer von St. Louis und dem Hammerwerke von Homburg, die von ihm versorgt wurden, das bedeutendste Hüttenwerk der Md m̲e̲ . de Wendel von Hayange. Zu Creutzwald befanden sich ausser den beiden Hochöfen ein Pochwerk und eine Sandmühle zum Mahlen des Formsandes, indem das Gusseisen, welches nicht verfrischt wurde, zu Töpfen, Öfen u. s. w. vergossen wurde. Die beiden Hochöfen erzeugten jährlich 14000 Ctr., wofür 8600 Liv. an marque des fers zu entrichten waren. In Kriegs- zeiten wurden hier Kugeln, Bomben und Mörsergestelle gegossen. Der Frankreich. Holzkohlenverbrauch betrug 1400 Wagen. Die Waldnutzung (affec- tation) der genannten Werke betrug 12080 lothringische Morgen zu 30jährigem Umtrieb, so dass jährlich 345 Morgen geschlagen wurden, die ca. 5000 Klftr. ergaben, etwas über die Hälfte des Bedarfes. Die Erze kamen von verschiedenen Gruben, die von La Houve gaben einen guten Brauneisenstein. Auf der Hütte waren 21 Arbeiter beschäftigt. Das de Wendels che Hammerwerk Sainte-Fontaine lag auf homburgischem Gebiet an der Merte, 1½ Stunden von Creutzwald. Der Hochofen lag kalt. Das Hammerwerk umfasste 2 Frischfeuer mit Hammer, 1 Reckhammer, 2 Pochwerke und wurde durch 6 Wasser- räder getrieben. Es erzeugte aus 4500 Ctr. Roheisen von Creutzwald 3000 Ctr. Schmiedeeisen. Der Blechhammer von St. Louis lag ¼ Stunde davon an dem- selben Bach bei l’Hôpital. Ein Wärmfeuer wurde mit Holzkohlen, ein Flammofen mit Steinkohlen und einem Gebläse betrieben. 1 Auf- werfhammer und 3 Schwanzhämmer wurden von 2 Wasserrädern bewegt. Man schmiedete aus Eisen von Sainte-Fontaine Pfannen- bleche und Sturzbleche und zwar 1700 Ctr. mit 790 Klftr. Holz und 1000 Ctr. Steinkohlen von Geislautern. Der Warenverkauf dieser beiden Hütten erzielte 50000 Liv. Die ebenfalls der Madame d’Hayange gehörigen Hämmer zu Homburg , welche 1681 von dem Marquis von Lenoncourt-Blain- ville errichtet worden waren, bestanden aus 3 Frischfeuern mit 2 Stabhämmern, 1 Blechhammer und 2 Reckhämmern, 1 Spalterei, 1 Pochwerk und 9 Wasserrädern. Erzeugt wurden aus 4500 Ctr. Gusseisen von Creutzwald 3000 Ctr. Schmiedeeisen mit 300 Wagen Holzkohle und 1500 bis 2000 Ctr. Steinkohlen. Der Verkauf be- zifferte sich auf 50000 Liv. Das Eisen der genannten de Wendel - schen Hütten war von solcher Güte, dass es mit Vorliebe in den königlichen Arsenalen verwendet wurde. Die folgenden Werke Dillingen und Bettingen , welche den Herren Soller und Gouvy gehörten, lagen ganz im deutschen Saar- gebiet. Dillingen , an dem Zusammenfluss der Brems und Saar, hatte 1 Hochofen, 4 Frischfeuer mit 2 grossen Hämmern, 1 Blech- oder Zainhammer an der Welle des Haupthammers und 1 doppelten Blechhammer mit besonderem Rad, der Tag und Nacht ging; ferner 1 Schneidwerk mit Zubehör, 1 Pochwerk, grosse Kohlenschuppen, Magazine, Arbeiterwohnungen, Stallungen u. s. w. Der Hochofen von Bettingen lag im Schaumburgischen bei Tholey an der Brems. Die beiden Hochöfen zusammen machten etwa 1000 Ctr. Gusseisen, wozu Frankreich. 52000 Ctr. Erz erforderlich waren, da dieses nur 19 bis 19½ Proz. Eisen enthielt. Aus diesem Roheisen machten die Hämmer ca. 6000 Ctr. Schmiedeeisen aller Art zum Preise von 140 bis 200 Liv. die 1000 Pfd. Der Absatz, der 120000 Liv. einbrachte, war bequem durch die Saar, welche das Eisen sowohl nach Frankreich als nach Holland brachte. Das Dillinger Eisen war weich, sehnig und sehr geeignet zur Umwand- lung in Stahl. Die 10000 Ctr. Eisen erbrachten 6000 Liv. für marque des fers und weitere 3000 bis 4000 Liv. Zoll bei der Einfuhr nach Frankreich. Gewöhnliches Stabeisen erzielte 140 Liv. für 1000 Pfd., ebensoviel der Poterieguss, der Sandguss dagegen nur 90 Liv. Die Hütten hatten eine beträchtliche Holzzuweisung in dem grossen Walde von la Houve-Merten, doch mussten sie noch viel Holz kaufen. Die Stahlfabrik von Remmelsdorf im Amtsbezirk Bouzonville war von Soller jun ., dem Sohne des Besitzers von Dillingen, ge- gründet und bezog ihr Eisen von Dillingen. Sie besass 2 Frischfeuer mit Hammer, 4 Schweissfeuer mit 2 Schwanzhämmern und 1 Stahlcemen- tierofen. Die Stahlfabrikation wurde aber infolge eines Prozesses ein- gestellt und nach Bisten verlegt. Es wurden etwa 2000 Ctr. Eisen für 30000 Liv. fabriziert. Zu Castel in der Herrschaft Schaumburg lagen Eisenwerke, die 1785 Herrn de Bourson gehörten. Sie enthielten 1 Hochofen, 6 Frischfeuer, 2 Plattenhämmer, 1 Giesserei, Pochwerk, Scheren u. s. w. In einer Reise von 9 Monaten wurden 6500 Ctr. Roheisen meist aus Erzen der Nachbarschaft erblasen. Die Hämmer konnten 4000 Ctr. Schmiede- eisen machen. 1785 lag das Werk kalt. Das Eisen wurde grösstentheils nach Trier und Zweibrücken verkauft. Grobeisen erzielte 120, Reck- eisen 130 bis 132 Liv. für 1000 Pfd. Ein bedeutendes Werk war das der königl. Domäne gehörige Eisenwerk von Moyeuvre an der Orne. Es war mit grossen Wald- nutzungen ausgestattet und umfasste 2 zusammengebaute Hochöfen und 7 verschiedene Feuer unter demselben Dach. Es waren 2 deutsche, 2 wallonische Frischfeuer und 3 Schweiss- und Reckfeuer. Ausserdem besass die Hütte 1 Eisenschneidwerk mit 2 Glühöfen. 1 Hochofen, 2 Frisch- und 1 Reckfeuer lagen kalt, das Schneidwerk arbeitete nur 6 Monate. In den Hochöfen schmolz man aus 45000 Ctr. Erz, das meist in der Nähe gewonnen wurde, 15000 Ctr. Roheisen. Der Holz- verbrauch betrug 7500 Klftr., also 5 Klftr. auf 1000 Pfd. Erz. Alles Roheisen wurde verfrischt und daraus 10000 Ctr. Schmiedeeisen er- zeugt. 5000 Klftr. Holz wurden zum Frischen und Ausschmieden, 400 Klftr. zum Heizen der Wärmöfen gebraucht, so dass der gesamte Frankreich. Holzverbrauch ca. 13000 Klftr. betrug. Der Erlös für die 10000 Ctr. Schmiedeeisen betrug rund 140000 Liv. Die Eisensteuer (marque des fers) betrug 7500 Liv.; ausserdem zahlte das Werk, wie alle lothrin- gischen Eisenhämmer, einen Eingangszoll von 10 Liv. 2 s. 6 ₰ bei der Einfuhr in die Bistümer. Da ¾ der Produktion dort abgesetzt wurde, so ergab dies eine weitere Steuer für den König von 7600 Liv. Auf dem Werk waren 51 Hüttenarbeiter, mit Bergleuten, Köhlern, Fuhr- leuten etc. 250 Arbeiter beschäftigt. Im Amtsbezirk Longuyon lag die Gewehrfabrik von Longuyon, welche 1710 von François Aubert auf Grund einer Konzession des Herzogs Leopold gegründet worden war. 1785 war sie an einen Herrn Guillaume verpachtet. Ihr Eisenverbrauch betrug 30 Ctr., als Brennmaterial wurden nur Steinkohlen verwendet, der Erlös be- trug 8000 Liv. Die Eisenhämmer von Longuyon und von Lopigneux , beide an der Crune, gehörten einer Frau Hardy . Das letztgenannte Werk war 1705 von den Eltern der Frau Hardy umgebaut worden und umfasste 1 Hochofen, 2 Frischfeuer, 1 Schweissfeuer, 1 Blechhammer und 1 Luppen- bezw. Schrottfeuer (renardière). Der Hochofen von Longuyon erzeugte aus gewaschenen Erzen von St. Pancraz (Saint-Pancreix) etwa 9000 Ctr. Roheisen mit 600 Wagen Holzkohlen, entsprechend 4500 Klftr. Holz. Alles Roheisen wurde in den Frischhütten von Longuyon und Lopigneux in Schmiede- eisen umgewandelt und dann auf dem dazu gehörigen Schneid- und Streckwerk Vezin zu Schneideisen verarbeitet. Der gesamte Holz- verbrauch der 3 Werke belief sich auf 18000 Klftr., die meistens aus den Wäldern von Etain, Montmedy und Longwy gekauft werden mussten. Vezin lag schon in dem Gebiet der 3 Bistümer, weil Mo- yeuvre gegen die Anlage des Schneidwerks in Lothringen Einsprache erhoben hatte. Die Schmiedeeisenerzeugung betrug im ganzen 12000 Ctr., wovon die Hälfte Schneideisen war. Das Eisen war sehr gut und zähe. Der Verkauf bezifferte sich auf 160000 Liv. Die marque de fer betrug 5 Liv. von 1000 Pfd., dazu kam aber noch die Abgabe bei der Einfuhr in die Bistümer, so dass Steuer und Zoll zusammen 10000 Liv. ausmachten. In demselben Bezirk lag noch der Hochofen von Orlon oder Villancy in dem Walde des Klosters von Orval in Luxemburg. Der Hochofen bestand seit dem Ende des 17. Jahrhunderts, doch hatten die Mönche von Orval schon im 15. Jahrhundert Eisenwerke in der Gegend. Die Wasserkraft bestand nur in einer starken Quelle, weshalb der Hoch- Frankreich. ofen auch nur 7 Monate im Jahre gehen konnte. Das Wasserrad hatte 20 Fuss Durchmesser. Die erblasenen 6000 Ctr. Gusseisen gingen nach dem Hammer von Orval in Luxemburg. Die Erze kamen von Concy und St. Pancraz, die 400 Wagen Holzkohlen meistens aus dem Klosterwalde. In dem Amtsbezirk Villers-la-Montagne lagen die reichen Eisensteinbergwerke von St. Pancraz , welche das sogen. „Trüffel- erz“, Geoden von Brauneisenstein im Thon, lieferten. Die Erzlager erstreckten sich in das luxemburgische Gebiet. Der Abbau war höchst primitiv und unvollkommen. Hauptgewerke war Madame Hardy , sodann M. Petit und M. Wendel de Longlaville . Von den Eisenhütten des Bezirks von Villerupt und Ottange gehörte die sehr alte von Villerupt dem Marquis von Gerbweiler . Sie bestand aus 1 Hochofen, 1 grossen Hammer mit 2 Frischfeuern, 1 kleinen Hammer mit 1 Frischfeuer, 1 Reckfeuer mit Schwanzhammer, doch war das Werk seit lange schlecht im Gange. Es konnte 10000 Ctr. Roheisen und 7000 Ctr. Schmiedeeisen machen. Holz bezog es aus den Wäldern des Grafen von Gerbweiler . Die Hütte von Ottange an der Grenze von Luxemburg war ebenfalls alt; sie gehörte den Grafen von Hunolstein . Vor 150 Jahren, also um 1635, wurde ein Eisenhammer zu Remmelingen zu Gunsten der älteren Rechte von Ottange unterdrückt. Das Werk war an Herrn Pierron verpachtet, der jährlich 3500 Liv. für das Wasserrecht und ausserdem 4 Liv. für das Klafter Holz zahlte. Es bestand aus 1 Hochofen, 1 Hammer mit 2 Frischfeuern, 1 Schweiss- feuer und 1 Blechhammer. Ein zweiter Hammer, la basse forge, um- fasste 2 Frisch- und 1 Schweissfeuer. Der Hochofen lieferte 10000 Ctr. Guss aus 25920 Ctr. Erz und 3240 Ctr. Minette, so dass das Aus- bringen an Eisen 35 Proz. betrug. Die Hälfte der Erze wurde ge- röstet. Der Holzkohlenverbrauch betrug 840 Wagen, entsprechend 5040 Klftr. Aus dem Roheisen frischte man 7000 Ctr. Schmiede- eisen mit 585 Wagen Holzkohlen, entsprechend 3500 Klftr. Holz. Der gesamte Holzverbrauch, mit dem für Röstung und Heizung, betrug 8750 Klftr., der durch Ankauf im Luxemburgischen gedeckt wurde. Der Eisenverkauf erbrachte 100000 Liv. In dem früheren Herzogtume Bar war eine alte und eigen- artige Eisenindustrie heimisch. Der Betrieb war dem der öster- reichischen Alpenländer ähnlich, indem man durch Hartzerrennen erst ein weisses Feineisen — fer mazé — herstellte und dieses dann zu Qualitätseisen, Zaineisen (carillon) oder Stahl verfrischte. Frankreich. Nicht weit von Bar lag die Hütte von Pont-sur-Saux , be- stehend aus 1 Hochofen mit Pochwerk und 3 Frischfeuern, wovon eins auf Hartzerrenneisen, 2 auf Stahl gingen. Der Hochofen konnte wegen Wassermangels nur 6 Monate in zwei Reisen im Jahre gehen. Er erzeugte 6000 Ctr. Die Erze kamen aus der Nähe und kosteten 7 Liv. die 1000 Pfd. Man rechnete 1½ Wagen Holzkohlen auf 1000 Pfd. Gusseisen, und kostete 1 Wagen 26 Liv. Der Eisen- abbrand war bei dem oben beschriebenen Verfahren, um fer carilloné zu machen, so, dass man aus 4500 Ctr. Roheisen nur 2500 Ctr. caril- lons erhielt, aus dem übrigen Eisen wurden Gusswaren hergestellt. Bei der Fabrikation des Zaineisens gingen 4 Wagen auf die 1000 Pfd., man verbrauchte also 1000 Wagen für das Zaineisen und weitere 300 Wagen für den Guss, zusammen 1300 Wagen, die aber nur 4500 Klftr. Holz entsprachen. Das fer carilloné war sehr gesucht und ging nach Paris, Meaux, Orleans, Rouen und Beauvais. Es kostete 202 Liv. die 1000 Pfd., während Gusseisen mit 110 Liv. die 1000 Pfd. bezahlt wurden. Der Verkauf erbrachte 68500 Liv., davon mussten 6000 Liv. an Abgaben entrichtet werden. Die Hütte von Vieux-Jean-Deurre enthielt 1 Hochofen und 1 Hammerwerk mit 4 Feuern. Der Ofen ging 6 Monate und lieferte 6000 Ctr. Gusseisen unter fast denselben Bedingungen, wie der vorher- gehende. Der Hammer lieferte 3000 Ctr. nach deutscher Art ge- frischtes Eisen, wofür 44400 Liv. (148 Liv. pro mille) erlöst wurden. Ein Teil des Roheisens wurde verkauft; der Gesamterlös betrug 65000 Liv., wovon die Abgaben 6000 Liv. betrugen. Die Zahl der Hüttenarbeiter betrug 16. Ein weiteres Eisenhammerwerk zu Jean-Deurre , welches der Abtei gleichen Namens gehörte, besass keinen Hochofen mehr, son- dern nur 2 Frischfeuer, nämlich 1 deutsches und 1 Stahlfeuer. Es bezog sein Roheisen von Morley und Dannemarie, kaufte aber auch fer mazé, wodurch sich sein Holzkohlenverbrauch niedriger stellte, indem für 1000 Pfd. nur 1½ Wagen Holzkohlen verbrannt wurden. Die Produktion betrug wegen ungenügender Wasserkraft nur 3000 Ctr., der Erlös 64600 Liv. Diese beiden Eisenwerke und die Hütte von Haironville , die auch schon seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts bestand, hatte 1785 ein Herr Louis in Pacht. Haironville umfasste 1 Hochofen mit Pochwerk und 1 Frischhütte mit 3 Feuern, wovon 2 auf fer mazé arbeiteten, ausserdem noch 2 Raffinierherde, um Stangenstahl zu machen. Man erblies 5000 Ctr. Gusseisen, woraus Feineisen und Zain- Frankreich. stäbe (carillons) und zwar 2500 Ctr. gemacht wurden; doch wurde auch noch Roheisen von dem Hochofen von Morley dazu gekauft. Der Erlös betrug 60000 Liv., die Eisensteuer 5000 Liv., die Arbeiterzahl 17. Der alte Hochofen von Cousance , der dem Grafen von Cou- sance gehörte, ging auf Gusswaren. In 8 bis 9 Monaten machte man an 6000 Ctr. Sandguss (sablerie). Die Erze wurden in der Nähe gegraben, die Holzkohlen wurden gekauft, der Wagen zu 25 Liv. 10 s. Man rechnete 1½ Wagen auf 1000 Pfd. Sandguss. Der Verkauf er- brachte 66000 Liv. Für marque des fers musste 10 s. 10 ₰ für 1000 Pfd. Guss bezahlt werden. Das Werk beschäftigte 32 Arbeiter. Ein Sandformer erhielt 72 Liv. den Monat. Auch der Herrn Varnesson gehörige Hochofen von Danne- marie war an Herrn Louis für 3000 Liv. jährlich verpachtet. Die folgenden westlothringischen Werke in den Amtsbezirken Bar-le-Duc, Saint-Mihiel, Commercy und La Marche fassen wir in nachfolgender Übersicht zusammen. Frankreich. Die Eisenindustrie des Elsass im Jahre 1785 ist mit derselben Gründlichkeit und Zuverlässigkeit wie die von Lothringen in dem zweiten Bande des Werkes des Barons von Dietrich Description des Gîtes de Minerai, forges etc. de l’Alsace. statistisch und technisch geschildert. Wenn sie auch an Zahl der Werke und Erzeugung die lothringische nicht erreichte, so war sie doch sehr be- deutend. Sie umfasste 39 Eisensteinbergwerke im Ober-Elsass und 66 im Unter-Elsass. In 7 Hochofenhütten wurden 92000 Ctr. Guss- eisen und in 9 Frischhütten 62720 Ctr. Schmiedeeisen erzeugt. Die Eisenhütten lagen meist in dem Waldgebiet der Vogesen. Beginnen wir mit dem südlichen Ende derselben, so begegnen wir zuerst dem alten Eisenhammer von Sepois-le-bas , der sein Roheisen von dem Hochofen du Travaux in der Franche-Comté bezog. Es stellte sich auf 83 Liv. für die 1000 Pfd. Die Erzeugung betrug nur 1800 Ctr. Stab- und Krauseisen, das einerseits über Konstanz nach Tirol, anderseits nach Köln ging. Das Eisenwerk von Grandvillars war eine Frischhütte mit 2 Feuern, 1 Zainhammer und 1 Drahtzug von 25 Zangen. Sie ge- hörte dem Marquis von Peseux , war aber für jährlich 1280 Liv., 2 Ctr. Eisen und 50 Pfd. Nägel verpachtet. Ihr Roheisen bezog sie aus der Freigrafschaft für 60 Liv. die 1000 Pfd., worauf bis zu der Hütte noch 20 Liv. Fracht kamen. Die Hütte lag im Prozess und erzeugte 1785 nur 700 Ctr. Draht für 33300 Liv. Viel bedeutender war das Drahtwerk des Herrn Nollat zu Mor- villars , ebenfalls an der Alain. Es war gegründet auf eine Kon- zession (arrêt) von 1732. Es hatte 22 Rollen (tournans) und konnte 4000 Ctr. Draht machen, lieferte aber 1785 nur die Hälfte, nämlich mit 50 Zangen 2000 Ctr. (20000 bottes) im Werte von 92000 Liv. Ausserdem hatte das Werk Nagel- und Kettenhämmer und 1 Cement- stahlofen. Es bezog 56000 Ctr. Roheisen aus der Franche-Comté, wofür Ausgangs- und Eingangszoll erhoben wurde. Der Kohlen- verbrauch betrug 400 Wagen, entsprechend 1600 Klftr. Holz. Der Erlös war 102000 Liv., die Arbeiterzahl 120. In der Drahthütte waren viele Verbesserungen des Herrn Fleur eingeführt worden und hatte man nach diesem Muster 7 Drahthütten in Burgund angelegt. Bei Chatenois und Belfort befanden sich eine Anzahl Eisenwerke, welche dem Herzog von Valentinois gehörten. Es war dies ein Hochofen bei Chatenois , der 9500 Ctr. Roheisen mit 1200 Wagen Holzkohlen erzeugte. Sodann die Hochofen- und Hammerhütte von Frankreich. Belfort , welche der Herzog auf Grund einer grossen königlichen Schenkung an den Kardinal Mazarin im Jahre 1659 besass. 1668 hatte die Hütte zu Belfort noch verschiedene Privilegien erhalten, namentlich hatte sie zollfreien Bezug von Kohlen und Eisen aus der Freigrafschaft. Der Hochofen erzeugte, wie der von Chatenois, 9500 Ctr. Gusseisen im Jahre. Der Eisenhammer von Belfort lag nahe dabei und umfasste 4 Feuer und 2 Hämmer. Die Frischschmiede enthielt 2 Frischfeuer und 1 Heizfeuer, die von dem grossen Hammer bedient wurden, und erzeugte 10000 Ctr. Schmiedeeisen im Jahre. Ein Rennfeuer (pique- rie), welches altes Guss- und Schmiedeeisen verschmolz, machte 3200 Ctr. Schmiedeeisen im Jahre. Ferner gehörten hierzu noch zwei Reckhämmer bei Offemont und Després, von denen jeder an 1800 Ctr. Reckeisen machte. Die sämtlichen Eisenwerke des Herzogs von Valentinois erzeugten demnach 1785 19000 Ctr. Roheisen, 13000 Ctr. Schmiedeeisen und 3600 Ctr. Reckeisen, wozu 9091 Klftr. Holz verbraucht wurden. Der Erlös betrug 240000 Liv., die Zahl der Eisenarbeiter 55. Eine Anzahl zum Teil alter Hütten und Hämmer lag in dem Thale von Massevaux (Masmünster). Der Hochofen von Massevaux gehörte der Frau Marquise von Rosen . Schon 1578 bestand hier eine Hütte, die aber im 30jährigen Kriege zu Grunde ging. 1686 erhielten die Grafen von Rothen- burg eine neue Konzession, worauf die neue Hütte mit Pochwerk, Erzwäsche u. s. w. erbaut wurde. Ihre Bedeutung erhellt daraus, dass sie 1785 für 18000 Liv. an Herrn Laurent verpachtet war. Er litt aber an Kohlenmangel, so dass er nur 6 Monate im Jahre blasen konnte, in welcher Zeit er 6000 Ctr. Gusseisen aus 4000 Kübel Erz mit 750 Wagen Kohlen, entsprechend 1666 Klftr. Der Klafter zu 168 Kubikfuss berechnet. Holz erzeugte. Das Roheisen wurde von den Frischhütten im Thale verarbeitet. Die Zeugschmiede (taillanderie) von Langenfeld, welche Schippen, Hacken u. s. w. schmiedete, ohne Konzession erbaut, verarbeitete Eisen von dem Rennwerk Oberbrück. Der Eisenhammer von Kirchberg , der Oberbrücker Hammer genannt, gehörte zu der Herrschaft Massevaux, also auch der Marquise von Rosen . Er bestand aus 1 Frischhütte mit 3 Feuern, 2 Reck- hämmern, 1 Hufschmiede, 1 Pochwerk u. s. w. und verarbeitete ausser 4500 Ctr. Roheisen noch ca. 1000 Ctr. Abfälle der Blechhütte von Beck , Geschichte des Eisens. 65 Frankreich. Wegscheid. Er erzeugte mit 1222 Klftr. Holz 4500 Ctr. Schmiede- eisen, das zum Teil wieder nach Wegscheid ging. Man rechnete 1450 Pfd. Roheisen auf 1100 Pfd. Schmiedeeisen. Die Zahl der Hütten- arbeiter betrug 15. In der Nähe lag das oben erwähnte Rennwerk des Herrn von Anthes , 1721 aus einer Zeugschmiede entstanden, aber ohne Kon- zession. Es umfasste 1 Frischfeuer und 1 Aufwerfhammer, verarbeitete ca. 2000 Ctr. Roheisen aus der Freigrafschaft und erzeugte 1520 Ctr. mit 411 Klftr. Holz, die 27000 Liv. erzielten. Das Eisen der herrschaftlichen Hütte von Oberbrück wurde grossenteils in der Weissblechhütte von Wegscheid verarbeitet. Diese war 1718 als die erste Weissblechhütte in Frankreich erbaut worden und gehörte ebenfalls der Marquise von Rosen . Sie war seit 1720 mit besonderen Privilegien, namentlich zollfreier Ein- und Ausfuhr von Eisen und dem Rechte, sich königliche Fabrik zu nennen, ausgestattet worden. Sie machte 1785 1300 Fass (barriques) Weiss- blech für 135000 Liv. Ein Fass kam auf 135 Liv. und konnte nur nach Frankreich verkauft werden, weil im Elsass deutsches Weissblech billiger war. In Frankreich wurde es dem deutschen vorgezogen. Das Zinn kam von Holland, der Centner kostete 120 Liv., und man rechnete 18 Pfd. auf ein Fass. Die angeführten von Rosens chen Eisenwerke konnten ⅓ mehr produzieren, wenn sie nicht an Holz- mangel litten. Im Thale von St. Amarin lag die Giesserei von Steingraben in Trümmern. Die Zeugschmiede von Willers machte etwa 300 Ctr. Kleineisenzeug. Am Ausgang des Thales lag der Hochofen von Bitsch- weiler oder Rudensthal, welcher 1739 von dem Kapitel von Mur- bach errichtet, jetzt aber von M. Laurent gepachtet war. Ausser dem Hochofen war eine Hufschmiede und ein Rennfeuer (renardière) vor- handen. Der Hochofen erzeugte 11000 Ctr. Roheisen aus 9000 bis 10000 Küb. Erz, wovon ein Kübel 400 Pfd. wog und 30 s. kostete. Der Eisenhammer von Saint-Weiler gehörte, wie der vor- erwähnte Hochofen, 1785 dem Herrn von Gebweiler und war an M. Laurent verpachtet. Er hatte 2 Frischfeuer und 1 Reckhammer und fabrizierte 6000 Ctr. Grobeisen und 2000 Ctr. Zaineisen im Werte von 138000 Liv. In der Nähe lag noch der alte Hammer von Thann , der schon vor 1723 betrieben wurde. Er verarbeitete 1500 Ctr. Roh- eisen von Massevaux und Schrott, erzeugte etwa 1200 Ctr. zu 21000 Liv. Im Thal von Münster lag der Pfannen- und Zeughammer von Münster ; ähnliche waren bei Colmar und Kaisersberg, die sämtlich Frankreich. Schrott verarbeiteten und durch die zollfreie Einfuhr deutscher Pfannen schwer zu leiden hatten. Im unteren Elsass erwähnen wir zuerst den Stahlhammer von Dambach Beschreibung von M. Barin , Traité sur l’acier d’Alsace, ou l’art de con- vertir le fer de fonte en acier. Strassburg 1737. , der vom Baron von Mackau zu Hürtigheim angelegt war. In der Alsatia illustrata werden bereits fodina chalybis circa Dambacum genannt. 1737 erwarb von Mackau das Recht der alleinigen Ausnutzung der Stahlerzgruben. Aber der Stahlhammer rentierte nicht und ist verschwunden; ebenso der Eisenhammer von Villé, den ein Herr von Zurlauben 1683 angelegt hatte. Dagegen war die Eisenindustrie in der Grafschaft Steinthal (Ban de la Roche) durch Baron von Dietrich in Blüte gebracht worden. Die bedeutenden Eisenerzgruben bei Rothau hatten im 16. Jahr- hundert dem Herrn von Rathsamhausen gehört, vermutlich auch die alte Eisenhütte daselbst. Diese ging infolge des 30jährigen Krieges und der schlechten Verwaltung der Pfalzgrafen, welche die Lehnsherren waren, zu Grunde. 1720 kam das Lehen an Herrn von Angervilliers , der 1724 eine Konzession zur Gründung einer Eisen- hütte erhielt. Der unternehmende Eisenindustrielle Johann von Dietrich , Besitzer der Eisenhütte Jägerthal, den der deutsche Kaiser Franz I. schon 1762 wegen seiner Verdienste um die Industrie zum Reichsfreiherrn erhoben hatte, erwarb 1771 von König Ludwig XV. von Frankreich das Lehen der Grafschaft Steinthal und damit der Eisenbergwerke und Hütten von Rothau, die er zu grosser Blüte brachte. Hierfür ernannte ihn 1783 König Ludwig XVI. zum Grafen von Ban-de-la-Roche . Der Hochofen von Rothau produzierte 1785 an 12000 Ctr. Roh- eisen in Gänzen von 15 Ctr. Hierzu wurden verbraucht 5200 Kübel Erz, der Kübel zu 760 Pfd. und zum Preise von 7 Liv., sowie 870 Wagen Holzkohlen, der Wagen zu 170 Kubikfuss, 4 bis 5 Klftr. Holz ent- sprechend. Das Hammerwerk von Rothau umfasste 1 grösseren und 1 klei- neren Frischhammer und 1 Reckhammer. Diese erzeugten 7700 Ctr. vorzügliches Schmiedeeisen, welches besonders von der Gewehrfabrik Klingenthal gesucht wurde. Der Kohlenverbrauch entsprach 2083 Klftr. Holz, der Verkauf erbrachte 150000 Liv., die Zahl der Hüttenarbeiter betrug 35. Auf dem Hammer von Barr versuchte ein Herr Diebold Stahl 65* Frankreich. zu machen und Sensen und sonstige Waren nach steierischer Art zu schmieden, aber das Unternehmen ging zu Grunde. Die berühmte königliche Waffenfabrik zu Klingenthal war 1730 von Herrn von Anthes gegründet worden. Sie stand in flottem Betriebe, bis sie im 7jährigen Kriege durch Lieferung schlechter Waffen in Misskredit kam. Der Herzog von Choiseul suchte sie wieder in Blüte zu bringen, was aber dem Direktor Gau erst nach 20jähriger Mühe gelang. Um 1785 konnten die Klingenthaler Waffen sich sehr wohl mit den Solinger messen. Das Werk lieferte alle Arten von Waffen für die Armee und brachte noch grosse Mengen von blanken Waffen in den Handel. Die königliche Regierung liess fortwährend die Fabrikation durch Offiziere kontrollieren. Das Eisen wurde in 9 Nummern von Rothau bezogen, der Rohstahl kam von Siegen und wurde zu Klingenthal raffiniert. Für die Glühöfen wurden besonders Steinkohlen von Saarbrücken verwendet. Die zahlreichen und ausgedehnten Werkstätten erstreckten sich ½ Wegstunde lang. Der Erlös des Werkes, das dem Kriegsministerium unterstellt war, betrug 160000 Liv., davon 120000 bis 140000 Liv. für Rechnung des Königs und 20000 bis 30000 für Rechnung von Privaten. Die Zahl der Arbeiter betrug 200. Im Thal von Schirmeck lag das alte Rennwerk von Grendel- bruch , das in einem Frisch- und einem Reckfeuer Schrott und alten Guss verarbeitete und daraus Stäbe, Radschienen u. s. w. schmiedete. Schrott kostete 6 Liv., alter Guss 4 bis 5 Liv. der Centner. Es ver- brauchte 100 Wagen Holzkohlen zu 50 Liv. der Centner und erzeugte 1000 Ctr. Die Hämmer bei Aberschweiler und Neudorf im Soldatenthal waren unbedeutend: der alte Drahtzug zu Gantzau bei Strassburg war eingegangen. Die Reckhämmer bei Weissenburg und Landau waren ohne Bedeutung. Dagegen war die Hochofen- und Hammerhütte zu Jägerthal eine der wichtigsten für die Eisenindustrie des Elsass. Dieses Eisen- werk war 1602 von dem gräflich hanauischen Bergrichter Adam Jäger auf hanauischem Gebiete begründet und nach ihm benannt worden. Es liegt nicht weit von Niederbronn am Bache Winstein und zahlte 50 Liv. jährlich an die Herren von Dürkheim für das Wasserrecht. 1612 ging Jägerthal an die Herren Schwarzerden in Weissenburg über, die so weiches Eisen machten, dass es alle Kon- kurrenz schlug. Im 30jährigen Kriege wurde es zerstört. 1672 gab es der Graf von Hanau einem gewissen Ensinger , von diesem Frankreich. erwarb es ein Herr von Dietrich , der 1690 vom Grafen von Hanau eine neue Verleihung auf Erbpacht gegen jährlich 1000 Liv. Silber und 12 Ctr. Eisen erhielt. Auch durfte der Pächter alles Bau- und Kohlholz aus den hanauischen Waldungen beziehen, und zwar das nötige Bauholz umsonst, das Holz zur Meilerverkohlung zu 2 Sous 8 Pfg. das Klafter. Die gräfliche Familie von Leiningen (Linange) war Mitbesitzerin der Herrschaften Niederbronn und Jägerthal, und die Erben führten deshalb Prozesse. Es gelang Baron Johann von Dietrich , das alleinige Besitzrecht von Niederbronn und die Hälfte von Jägerthal zu erwerben. Auf der Hütte zu Jäger- thal hatte er freie Hand und allein zu bestimmen, weil er gleichzeitig Erbpächter und Besitzer der Hälfte war und die Gräfin Löwen- haupt , welcher der Besitz der anderen Hälfte zustand, diesen nicht ausüben konnte, weil sie das auf sie entfallende Anteil der Kosten der Verbesserungen des Hüttenwerkes nicht bezahlte. Die Anlage bestand aus verschiedenen Hammerwerken. Das älteste, das 2 Reckhämmer enthielt, lag am Flüsschen Winstein, unterhalb des Schlosses gleichen Namens. Es arbeitete 1785 mit Steinkohlen. Weiter unterhalb befand sich ein grosser Hüttenteich, unter diesem das Hauptwerk mit 8 Feuern und 2 schweren Hämmern, die fortwährend in Thätigkeit waren und das enge, malerische Win- steiner Thal mit ihren Schlägen erfüllten. Weiter abwärts erweiterte sich das Thal und hier lag der Hochofen mit dem Direktionsgebäude, Pochwerk, Kalkhammer u. s. w. Der Hochofen von Jägerthal erzeugte jährlich an 11000 Ctr. Roheisen in Gänzen (en gueuses), wozu 16000 Mass Eisenerz und 1000 Wagen Holzkohlen verbraucht wurden. Ein Wagen fasste 159 Kubikfuss; 1 Kübel Erz wog 260 Pfd. und kostete 27 Sous und gab 72 Pfd. Guss, entsprechend 27 Proz. Erz und Holz kamen aus den benachbarten Gebieten der Hanauer und Niederbronner Herrschaft. Der Jägerthaler Hammer machte etwa 7500 Ctr. Schmiedeeisen mit 800 Wagen Nach der Tabelle 7000 Ctr. Eisen mit 1888 Klftr. Holz. Holzkohlen, wozu er das Holz aus dem Reichsforst von Hagenau kaufen musste. Das Eisen war von besonderer Güte und wurde von der französischen Artillerieverwaltung bevorzugt. 1767 gründete der unternehmende Johann von Dietrich die Hütte von Reichshofen . Er that dies, um die Anlage der von dem Kloster Stürtzelbrunn projektierten und 1764 bereits begonnenen Hütte am Teiche von Graffenweyer in Lothringen, dicht an der elsässischen Frankreich. Grenze, welche dem Jägerthal das Wasser entziehen konnte, zu ver- hindern. Da die Abtei von Stürtzelbrunn dadurch nur eine bessere Verwertung ihrer Wälder beabsichtigte, so liess sie das Projekt gern fallen, nachdem Baron von Dietrich sich vertragsmässig verpflichtet hatte, jährlich 4200 Klftr. Holz gegen eine ewige Rente von 15000 Liv. zu beziehen. Er erwarb zu dieser Holznutzung aus 10000 Morgen Klosterwald eine weitere von 3000 Morgen der königlichen Waldungen. Infolge dieser Vereinbarungen wurden die angefangenen Bauten zu Graffenweyer wieder abgetragen und mit grossem Kostenaufwand die Hochofenhütte von Reichshofen erbaut, die damals als die schönste Frankreichs galt. Sie lag an der Strasse von Hagenau nach Bitsch und umfasste zwei zusammengebaute Hochöfen mit einer gemein- schaftlichen Giesshalle. Die Gicht jedes Ofens war durch eine Rampe leicht zugänglich gemacht. Ferner gehörten dazu zwei grosse Kohlen- schuppen, Arbeiterwohnhäuser u. s. w. Sie erzeugte 22000 Ctr. Guss- eisen mit 2000 Wagen Kohlen. Der Zuschlagskalk kam aus der Nachbarschaft. Nach Jägerthal zu erbaute Baron von Dietrich in demselben Jahre das Hammerwerk Rauschendwasser , welches bis 1890 im Betriebe stand. Es enthielt 1 Zainhammer (fenderie) und 1 Blech- walzwerk nach dem Muster des zu Neuwied am Rhein betriebenen (un atelier où la tôle est laminée au cylindre, à l’imitation de ce pratiqué aux fabriques de Neuwied). Es war dies noch 1787 das einzige in Frankreich, und Baron J. von Dietrich gebührt der Ruhm, diese wichtige Industrie dort eingeführt zu haben. Bei dieser Fabrikation wurden nur Steinkohlen verwendet. Zu Rauschendwasser in dem engen Felsenthale des Winsteinflusses wurde dann auch noch eine Frischhütte mit Grob- und Reckhammer angelegt. Das andere bedeutende Hammerwerk, welches zu den Hochöfen von Reichshofen gehörte und welches Baron Johann von Dietrich 1769 errichten liess, weil Rauschendwasser nur einen Teil des erzeug- ten Roheisens verarbeiten konnte, war bei Niederbronn . Es wurde später das wichtigste der von Dietrichs chen Werke und ist noch heute der Sitz der Firma de Dietrich \& Co . Wir tragen hier kurz noch einige biographische Notizen der freiherrlichen Familie von Dietrich nach. Dieselbe stammt ursprünglich aus Lothringen, von wo der protestantische Stammvater in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. in Strass- burg einwanderte, wahrscheinlich infolge der religiösen Verfolgungen. Er heiratete die Tochter des Bürgermeisters Heller . Ein Enkel beider war der aus der Geschichte und das grösste Eisenwerk (Giesserei) im Elsass. Frankreich. Die Anlage zu Niederbronn bestand aus verschiedenen einzelnen Hammerwerken, die in dem Thale von Bitsch malerisch zerstreut lagen. Zuerst traf man auf 2 Reckhämmer, die mit Steinkohlen be- trieben wurden und die ihr Aufschlagwasser durch einen Kanal vom Niederbronner Bache aus erhielten. Gleich unterhalb des Hütten- teiches lagen parallel 2 Frischhütten, jede mit 2 Frischfeuern und 1 Aufwerfhammer. Bei jeder derselben war ein Kohlenschuppen und Arbeiterkasernen. In der Nähe befand sich auch das Direktions- gebäude. Niederbronn und Rauschendwasser sind für die gleiche Erzeugung wie Jägerthal, nämlich zusammen für 14000 Ctr. Schmiede- eisen, eingerichtet, wozu 1600 Wagen Holzkohlen erforderlich waren. Die drei Werke zusammen konnten 21000 Ctr. Eisen im Werte von 400000 Livres liefern, was nur durch ein grosses Betriebskapital und die ausgedehnten Holznutzungen möglich war. Die letzte Eisenhütte, welche Baron Johann von Dietrich mit der Herrschaft Oberbronn im Jahre 1766 zum Teil und einige Jahre später ganz erworben hatte, war der Hochofen und Eisenhammer von Zinsweiler an der Zinsel bei Oberbronn. Dieses Werk bestand schon im Anfange des 17. Jahrhunderts und gehörte den Grafen von Leiningen (Linange) . Die Hütte war gut gebaut und schön angelegt. Der Hochofen lag gleich neben der Frischhütte am Abhang, so dass die Gicht leicht zugänglich war. Der grösste Teil der Produktion bestand in Gusswaren. Die Frischhütte enthielt 4 Feuer und 2 Auf- werfhämmer (gros marteaux à drôme), dabei war das Direktions- gebäude; ½ Stunde unterhalb lag ein Reckhammer. Die Produktion an Gusswaren (fonte ouvragée) betrug 7000 bis 8000 Ctr. Es waren dies besonders Platten, Kamine, runde und vier- eckige Öfen, Töpfe, Gewichte u. s. w. Zinsweiler war damals die einzige Hütte im Elsass, welche diese Waren machte. Der Überschuss des Gusseisens und der Gussbruch wurden in den Frischfeuern zu Schmiedeeisen verarbeitet, wovon 2000 bis 3000 Ctr. jährlich gemacht bekannte Dominik Dietrich (geb. 1620), welcher am 30. Sept. 1681 als regie- render Bürgermeister den Kapitulationsvertrag mit Frankreich abschloss. Ein Enkel dieses war der grosse Eisenindustrielle, dem das elsässische Eisenhütten- wesen so viel verdankt, Baron Johann von Dietrich (geb. 1719). Er er- reichte ein hohes Alter und überlebte seinen unglücklichen gelehrten Neffen, der als Bürgermeister von Strassburg 1793 auf dem Schaffot endete. Der Reichs- freiherr von Dietrich , Herr von Reichshofen, von Oberbronn und Niederbronn, Graf von Ban-de-la-Roche, Herr von Angeot u. s. w., starb 1795 in bitterer Sorge, das stolze Werk seines Lebens durch die Stürme der Revolution der Vernichtung nahe zu sehen. Sein Erbe war sein Neffe, Jean Albert Fréderic de Dietrich , Sohn des hingerichteten Bürgermeisters von Strassburg. Frankreich. wurde. Der Erlös des Werkes belief sich auf 130000 Livres. Der Verbrauch an Holzkohlen betrug an 1300 Wagen. Nachstehende Zusammenstellung giebt die Erzeugung, Kohlen- verbrauch, Erlös und Arbeiterzahl sämtlicher Eisenhütten des Barons Johann von Dietrich im Jahre 1785. Es sind nur die eigentlichen zünftigen Eisenarbeiter gezählt; mit den Tagelöhnern, Fuhrleuten u. s. w. betrug die Zahl der Arbeiter auf den Hütten 618, dazu kamen 300 Bergleute, zusammen 918 Arbeiter. Nach dieser mehr statistischen Aufzählung der wichtigsten fran- zösischen Eisenwerke wenden wir uns zu der Geschichte der Ver- wendung der Steinkohlen bei dem Eisenhüttenwesen in Frankreich. Ältere Versuche hatten nach von Courtivron und Bouchu nur schlechte Erfolge gehabt, wie Bouchu meint, hauptsächlich deshalb, weil man den Kohlen nicht die Zubereitung gegeben habe wie in England, wo man durch eine Art Röstung den Schwefel austreibe. 1769 gelang es dem Bruder von Gabriel Jars , in einem Kupfer- schmelzofen auf der Hütte zu Sainbel mit Erfolg Koks zu verwenden. Eisen mit Koks zu schmelzen vermochte dagegen erst später M. de Morveau auf der Hütte zu le Creusot bei Montcénis (Depart. Saône et Loire). Die Eisenwerke von Le Creusot (Creuzot) spielen in der neueren Geschichte der französischen Eisenindustrie eine ganz beson- ders wichtige Rolle. Dort befand sich eine Geschützgiesserei, welche man 1776/78 sehr zu vergrössern begann, wobei man gleichzeitig die Verwendung der in der Nähe befindlichen Steinkohlen ins Auge fasste. Zu diesem Zwecke hatte man (nach Ferber ) Ferber , Mineral. und metallurg. Bemerkungen in Neuchatel, Franche- Comté und Bourgogne im Jahre 1788. S. 49. den Engländer Frankreich. William Wilkinson , einen Bruder von John Wilkinson , den berühmten Eisenwerksbesitzer in Bedfordshire, berufen, welcher „vor 10 oder 12 Jahren“, also um die oben angegebene Zeit, ein Eisen- werk nach englischer Art, welches durch Feuermaschinen und mit Steinkohlen betrieben wurde , anlegte Vandermonde, Monge und Berthollet schreiben in ihrem berühmten Aufsatze über die Konstitution des Eisens 1786, „auf der Schmelzhütte zu Creusot hat man kürzlich Öfen nach englischer Art angelegt und dabei Steinkohlen und Dampfmaschinen angewendet“. Hier ist die Zeit der Inbetriebsetzung des voll- endeten Werkes 1785 gemeint, während Ferbers Zeitangabe sich auf den ersten Anfang des Baues oder die Konstituierung der Gesellschaft bezieht. , wobei der König mit ⅔, die Gewerken mit ⅓ beteiligt gewesen wären. Die Beteiligung des Königs geschah nach Baron de Dietrich in der patriotischen Absicht, die Benutzung der Steinkohlen zu för- dern, um die Wälder Frankreichs, die besonders durch die Eisen- industrie immer mehr gelichtet wurden, zu erhalten. Die Anlage soll gegen 8 Millionen Livres gekostet haben. Man muss aber auch bekennen, schreibt Ferber weiter, dass die Maschinen, wozu die Cylinder und anderes Gusswerk aus England gekommen sind, von vorzüglicher Schönheit sind. Herr Wilkinson hat selbst das Werk eingerichtet und demselben drei Jahre lang vorgestanden. 1788 stand es unter der Leitung des vortrefflichen Mitbegründers Ignatz de Wendel aus Lothringen, früher Artillerie- offizier, desselben, der im Auftrage der französischen Regierung mit Dangenaux 1769 Steiermark und Kärnten bereist hatte und der älteste Sohn von Charles de Wendel und der Madame d’Hayange war. Die Werke von Creusot hatten die Steinkohlen in unmittelbarer Nähe; dies war die Veranlassung zu ihrer Gründung, wie zu ihrer späteren Bedeutung. Die Eisenerze, welche man ebenfalls dort gewann, hätten für sich allein die grossartige Anlage nicht gerecht- fertigt, denn sie waren von geringer Qualität. Ferber hält die Gründe, welche zu der Anlage des Werkes führten, für verkehrt, die geschichtliche Entwickelung hat ihm aber, wenigstens für die neuere Zeit, Unrecht gegeben. Er war der irrigen Ansicht: weil das Erz von Montcénis leichtflüssig sei, müsse, bei der grossen Hitze in den Koks- hochöfen, alles Eisen in die Schlacken gehen. Das Erz war ein roter, kalkhaltiger Eisenstein, der bei Chalan- cés in Burgund, einige Stunden von Creusot, gewonnen wurde und nach der Untersuchung Bayens aus 50 Tln. Kalk, 13 Tln. Thon Frankreich. und 37 Tln. Eisenoxyd bestand. Zu dem Werke gehörten 4 Hoch- öfen, 2 einfache und 1 doppelter, 5 Flammöfen zum Umschmelzen des Roheisens, eine grosse Giesserei und Kanonenbohranstalt. In Verbindung mit dem Kohlenbergwerke hatte man überall englische Schienenwege mit gusseisernen Schienen auf hölzernen Schwellen an- gelegt Siehe Ferber , a. a. O., Fig. 5 und 6. . Weil diese von Wilkinson erbaute Eisenbahn die erste auf dem Kontinente war, hat man ihm irrtümlicherweise auch die Erfindung derselben zugeschrieben. Die Räder der Hunde waren ebenfalls von Gusseisen und drehten sich mit der Axe unter den Wagen. Die Abschwefelung der Kohlen geschah in langen Haufen, welche in der Mitte angesteckt wurden. Die Stellen des Meilers, die gar waren, wurden mit Lösche oder Erde fest zugedeckt. Um aber auch den Kohlengries verkoken zu können, hatte man vier Bienenkorb- Fig. 231. Öfen gebaut (Fig. 231) mit einer Öffnung in der Mitte des Ge- wölbes, welche durch eine Klappe geschlossen werden konnte. Un- ten befanden sich verschiedene Öffnungen, welche geschlossen wurden, sobald die Koks gar waren, um das Feuer zu ersticken. Alle vier Hochöfen hatten fol- gende Masse: Ganze Höhe 12,01 m, Höhe des Gestelles 1,62 m, der Rast 4,22 m, des Schachtes 6,17 m; Durchmesser des Gestelles über der Form 0,89 m, der Rast 3,24 m, des Gestelles 1,19 m Journal des Mines, An IV, Nivose, p. 18. . Sie waren also weit grösser als die in Frank- reich sonst üblichen Öfen; drei derselben waren 8 Fuss in der Gicht weit, während einer nur 3 bis 4 Fuss Gichtweite hatte. Dieser engere Ofen soll sich besser bewährt haben. Die Zustellung war aus feuerfesten Sandsteinen. Der Herd war stark ablaufend (nach schwäbischer Art, wie Ferber sagt), die Rast steil, die Gichtöffnung war durch einen Gusskranz umschlossen, der in der Ebene des Gichtbodens lag, also nicht übermauert; der Kernschacht war aus feuerfesten Ziegeln aufgeführt. Der Thon dazu wurde ebenfalls in der Nähe von Creusot gegraben. Das englische Cylindergebläse haben wir bereits früher beschrieben. Ein Gestell pflegte 30 bis 48 Wochen zu halten. Frankreich. Die Schlacken waren rein und glasig, aber das Eisen war unrein, was sowohl an den Erzen als an dem Koks lag. Es war nicht so flüssig, dass es direkt vergossen werden konnte, sondern es musste häufig wie Eisensauen aus dem Herde herausgezogen werden. Zum Vergiessen musste es zuvor in Reverberieröfen umgeschmolzen werden. Baron de Dietrich schrieb 1786: vier Hochöfen von 39 Fuss Höhe schmelzen bei Montcénis Eisenerze mit Koks. Fünf Feuer- maschinen sind jetzt bereits zu Creusot in Thätigkeit, die teils die Kohlen aus der Erde fördern, teils den Wind in die Öfen blasen, Fig. 232. teils die schweren Hämmer der Schmiede bewegen. Die starken Dampfgebläse verstärken die Pro- duktion der Hochöfen so sehr, dass die vier Hochöfen bei Montcénis 10 bis 11 Millionen Pfund Roheisen im Jahre liefern werden, was zehn der früheren Hochöfen kaum zu leisten ver- möchten. Die grössten Blase- bälge unserer alten Hütten (for- ges) geben 500 Kubikfuss Wind in der Minute. Acht solcher Ge- bläse für die vier Hochöfen wür- den also 2000 Kubikfuss geben, während die drei durch englische Feuermaschinen getriebenen Ge- bläse 9000 Kubikfuss Wind lie- fern. Die vier Giessereiflamm- öfen können 12000 Pfd. Eisen in einem Gusse giessen. In Fig. 232 ist der Gussflamm- ofen nach Ferbers mangelhafter Skizze abgebildet. Zum Giessen brauchte man grosse eiserne, mit Lehm ausgeschmierte Kessel, welche an einem Krahn hingen und von zwei Hebearmen regiert wurden. Das im Flammofen umgeschmolzene Eisen war zwar reiner und besser als das Eisen aus dem Hochofen, für feine Lehmgusswaren taugte es aber nicht, und auch die Kanonen hielten meist die doppelte Ladung nicht aus. Der Formsand wurde auf einem Kollergange gemahlen. Der Lehmmantel der Kanonenformen wurde noch durch einen vielfach verschraubten eisernen Mantel gehalten. Frankreich. Kanonen wurden in solchen eisernen Mantelformen massiv ge- gossen und dann ausgebohrt. Die Bohrmaschinen wurden durch ein oberschlächtiges Wasserrad, dessen Aufschlagwasser aber nach eng- lischer Manier durch eine Feuermaschine erst hoch gepumpt wurde, bewegt. In derselben Weise wurden die Drehbänke in Le Creusot betrieben. Bereits im Jahre 1770 hatte der Engländer Wilkinson in der Kanonengiesserei zu Indre (Depart. Loire inferieure) Flammöfen nach englischem Muster und die Sandformerei eingeführt. Auch zu diesem Unternehmen hatte der König bedeutende Vorschüsse geleistet. Das Frischverfahren zu Creusot war ebenfalls ganz nach eng- lischer Art eingerichtet und von dem sonst in Frankreich gebräuch- lichen durchaus abweichend. Man bediente sich dabei nur (?) der Steinkohlen. — Das Frischen wurde nach zwei verschiedenen Methoden ausgeführt. In drei Frischfeuern, welche nach deutscher Art gebaut waren, schmolz man Roheisen ein und machte daraus unausgeschmiedete Frischeisenluppen, von denen daher viele des Tags gemacht werden konnten. In zwei anderen Frischfeuern machte man raffiniertes Frisch- eisen nach englischer Art in folgender Weise: man schmolz das Roh- eisen im Herde ein, liess es aber nicht zu einer Luppe sich sammeln, sondern nahm es in Brocken, wenn das Eisen eben zu garen anfing, heraus. Dabei lüftete man oft, damit sich die Schlacke am Boden ansetzen konnte. Diese rohen Brocken wurden mit einer Hand- schaufel unter einen langsam gehenden Hammer gebracht und zu kleinen Kuchen ausgeschmiedet. Um den vielen Abfall, der hierbei entstand, aufzufangen, war der Amboss mit einer runden Eisenscheibe, ähnlich einem Teller, versehen. War nun eine gewisse Anzahl von diesen Kuchen geschmiedet, so wurden sie in thönerne Kapseln oder Tiegel von 1 Fuss Höhe und 8 Zoll Weite dicht aufeinander gepackt und alsdann in einen Reverberierofen eingesetzt. Dieser Reverberier- oder Flammofen hatte einen horizontalen Herdboden, in welchem nur zwei halbkugelförmige Vertiefungen angebracht waren, um die Schlacken darin zu sammeln und von da abstechen zu können. Ent- sprechend hatte der Flammofen zwei Einsetzthüren auf der langen Seite, während sich die Feuerungsthür auf der schmalen Seite befand. Die Feuerung geschah mit Steinkohlen, und wurde die Feuerthür mög- lichst dicht verschlossen gehalten. Für den Betrieb der oben erwähnten fünf Frischherde waren zwei Reverberieröfen vorhanden, welche immer abwechselnd betrieben wurden. Durch eine jede Thür der Längsseite wurden jedesmal 20 Kapseln Frankreich. oder 20 Luppen um einen der ausgeschlagenen halbkugelförmigen Kessel oder Vertiefungen gesetzt, und kamen also auf jede Schicht 40 Luppen oder ungefähr 40 Ctr. Frischeisen in den Reverberierofen. Die Thüren wurden alsdann fest verschmiert. Nach einer Stunde wurde aus den kesselförmigen Vertiefungen die Schlacke abgestochen, was bei sehr saftigem Eisen noch einmal wiederholt werden musste. Nach Verlauf von 2 bis 3 Stunden waren sämtliche eingesetzte Eisendeule gar geworden. Die Thüren wurden geöffnet, ein Deul nach dem anderen herausgenommen und unter einem schweren, gegossenen Hammer zu Schirbel gezängt. Nach jedem Herausnehmen wurde die Thür wieder geschlossen. Das Kapseleisen war in den Kapseln zusammengebacken und wurden die Kapseln zerschlagen. Die vorgeschmiedeten Schirbel wurden in drei Feueressen, welche nur Löschherde hatten, ausgeheizt und zu Stäben ausgereckt. — Sowohl in den Frischherden als in den Schmiedeherden wurden kleine Koks als Brennmaterial verwendet. Wie sich denken lässt, war das so erhaltene Schmiedeeisen sehr schlecht; es hatte einen weissen, grobkörnigen, spröden Bruch, schmiedete sich unganz und liess sich nur schwer schweissen. Das Kapseleisen war besser als das Luppeneisen und sollte nach Ferbers Angabe in der Folge nur noch Kapseleisen gemacht werden. Dieses Kapselfrischen entsprach dem von Rinmann beschriebenen englischen Tiegelfrischen (vgl. S. 668). Die ganze Schilderung Ferbers von dem Frischverfahren zu Creusot ist von grossem historischem Interesse, weil sie uns die Me- thoden des Verfrischens mit Steinkohlen vor der Erfindung des Puddelprozesses von Cort genauer kennen lehrt. Aus den grossen Mängeln dieser Methoden kann man erst den grossen Fortschritt, welchen die Erfindung Corts brachte, richtig würdigen. Ferber spricht sich natürlich von seinem Standpunkte als Holzkohlenhütten- mann sehr abfällig über das ganze Verfahren aus. Wir bemerken noch, dass der Wind der Frischfeuer ebenfalls durch eine Feuer- maschine und Cylindergebläse erzeugt wurde und dass das Zängen und Schmieden von zwei Aufwerf- und zwei Schwanzhämmern besorgt wurde. Zu dem Werke gehörte noch eine Anzahl von Gebäuden, in welchen sich die Modellierwerkstätten, die Bohr- und Drehbänke für die Metallbearbeitung, eine Messinggiesserei für die Lager, Kolben u. s. w. befanden. Auch in dieser befand sich zum Schmelzen ein englischer Flammofen. In der That scheint man allerdings die Fabrikation von Schmiede- eisen nach dieser Methode in Creusot bald aufgegeben zu haben, da- Frankreich. gegen wurde die Kanonengiesserei namentlich während der Kriegszeit um so stärker betrieben. Monge erwähnt, dass 1794 drei Hochöfen von 40 Fuss Höhe in Creusot Roheisen mit Koks für die Kanonen- giesserei schmölzen. Dass das Eisen brauchbar war, geht aus den Zerreissungsproben hervor, welche man in Creusot damit anstellte. Ein Ingot von 3 Zoll Quadrat und 15 bis 18 Zoll Länge wurde mit dem einen Ende in einer eisernen Büchse befestigt und dann mit einem belasteten Hebel auf Bruch- oder Abscherungsfestigkeit pro- biert. Eine Belastung von 1500 Pfd. galt als hinreichend. Der Guss eiserner Kanonen gehörte überhaupt zu den Zweigen der Eisenindustrie, welche sich die französische Regierung besonders angelegen sein liess. Swedenborg hatte schon der Kanonengiesserei des Herzogs von Nevers um 1730 und St. Remy 1745 der Hoch- öfen zum Kanonenguss in Perigord erwähnt. — Um die Mitte des Jahrhunderts fing man an, Verbesserungen einzuführen. Besonderes Verdienst erwarb sich der Marquis von Montalembert . Er war es auch, der die Kanonengiessereien in Perigord und Angoumois nach 1741 errichtet hatte, um die französische Flotte mit eisernen Geschützen und Geschossen zu versehen; er war es, der zuerst die Erfindung des Schweizers Maritz , die Kanonen aus dem Vollen zu bohren, auf die eisernen Kanonen übertrug. Hierzu erfand er be- sondere dreieckige Bohrer. 1755 wurde Maritz selbst nach Frank- reich berufen als Generalinspektor der königlichen Geschützgiessereien. Über seine Thätigkeit haben wir bereits S. 603 berichtet. Grignon beschäftigte sich ebenfalls eifrig mit dem Gusse eiser- ner Geschütze und machte verschiedene Vorschläge zur Verbesserung desselben. Unter diesen ist der bemerkenswerteste sein Projekt, das Roheisen für grosse Geschütze, statt im Flammofen, in einem 10 Fuss hohen Schachtofen umzuschmelzen. Derselbe sollte die Gestalt eines Hochofens, aber eine viel weitere Zustellung im unteren Teile haben. Gestell und Rast sollten dabei nicht voneinander getrennt sein. Dieser Schmelzofen (s. S. 749) erinnert an die grossen Kupoloöfen, wie sie heutzutage beim Bessemerbetriebe verwendet werden. Zur Reinigung des Eisens und um dasselbe durch eine teilweise Entkohlung fester zu machen, empfahl er die Eintragung eines Gemenges von Salz und Salpeter vor dem Abstich in die Giessgrube. Er nannte das so teil- weise gefrischte Eisen — Eisenregulus, regule de fer. Obgleich die Vorschläge Grignons sehr beachtenswert waren und auf 25jährigen Erfahrungen und Versuchen basierten, so fanden sie in der Praxis doch keine Anwendung. Frankreich. Grignon hatte auch Versuche gemacht, Kanonen aus Schmiede- eisen herzustellen, und dieses Problem kam damals wieder eine Zeit- lang auf die Tagesordnung. Auf einem Hammerwerk zu Guerigny im Depart. de la Nièvre wurden Kanonen geschmiedet, die auch gut, aber, ebenso wie die auf dem Eisenhammer zu Calvodo in Neu Casti- lien geschmiedeten, zu teuer waren. Als Kuriosum tragen wir bei dieser Gelegenheit nur nach, dass schon 1745 St. Remy den Vor- schlag gemacht hatte, schmiedeeiserne Kanonen durch Zusammen- schrauben aus einzelnen Stücken herzustellen. Einen grossartigen Impuls erhielten gewisse Zweige der Eisen- industrie durch die französische Revolution . Die neugeschaffene Republik musste ihre Existenz gegen das alte Europa verteidigen, und da sie isoliert und von den früheren Bezugsquellen Frankreichs abgeschnitten war, sah sie sich gezwungen, das kriegerische Rüstzeug sich selbst und aus einheimischem Material zu beschaffen. In erster Linie waren es die Waffenfabrikation und der Geschützguss, welche dadurch einen grossartigen Aufschwung nahmen. Die besten Männer stellten sich an die Spitze der nationalen Verteidigung, und besonders war es der berühmte Mathematiker und Naturforscher Monge , der den Geschützguss leitete. Er schrieb ein vortreffliches Werk über diesen Gegenstand, welches den Stempel seiner revolutionären Ent- stehung auch darin zeigt, dass in demselben besonders empfohlen wird, Kirchen in Geschützgiessereien und Bohrwerkstätten umzuwandeln, und auf verschiedenen Tafeln genaue Entwürfe und Zeichnungen mitgeteilt sind, wie dies am praktischsten auszuführen sei. Damals wurden die Dampfmaschinen eingeführt und die Kanonenbohranstalten sehr ver- bessert. Chaillot bei Paris war die erste Kanonengiesserei, deren Werkstätte mit einer Watts chen Dampfmaschine betrieben wurde. Die Einführung der Dampfmaschine in Frankreich war ein wichtiges Ereignis. Genssane erwähnt, dass es 1743 in Frankreich drei Dampfmaschinen, d. h. atmosphärische Maschinen gab, welche für Bergwerkszwecke dienten. Von diesen befanden sich aber zwei im jetzigen Belgien. Eine war zu Fresne bei Condé, eine zu Sars bei Charleroy, wo sie zur Wasserhaltung eines Kohlenbergwerkes verwendet wurde, und eine bei Namur auf einer Bleigrube; alle drei waren in England fabriziert. Die erste Watts che Dampfmaschine kam (nach Prony ) 1780 durch Perrier nach Frankreich und wurde von diesem zu Chaillot zum Betriebe eines Pumpwerkes verwendet. Es war dies noch eine einfach wirkende Maschine. Nach demselben Modell baute Perrier Frankreich. eine zweite Maschine zu Chaillot und eine zu Gros-Caillou. 1788 studierte von Bettancourt die Watts che verbesserte Dampf- maschine in England, fertigte dann ein Modell einer doppeltwirkenden Maschine, nach welcher Perrier 1790 eine Maschine erbaute. In Creusot arbeiteten 1785 fünf englische Dampfmaschinen. Ausser der Waffenfabrikation wendete die französische Republik der Stahlfabrikation ihre ganz besondere Aufmerksamkeit zu. Frankreich war arm an guten Stahlerzen und deshalb gezwungen, seinen besseren Stahl ganz aus dem Auslande zu beziehen. Gerade deshalb bemühten sich aber sowohl die Regierung wie die Techniker, guten Stahl in Frankreich zu erzeugen. Reaumurs Untersuchungen und Bestrebungen gingen von diesem Punkte aus, und er hatte auch in seinem berühmten Werke über die Stahlbereitung aus Schmiedeeisen den Weg gezeigt. Aber die französische Industrie war der Aufgabe nicht gewachsen. — Den besseren Stahl bezog Frankreich namentlich aus Deutschland. Er ging unter dem Namen ungarischer Stahl — acier de Hongrie, kam aber meist aus Kärnten und Steiermark; im 18. Jahrhundert kam aber auch viel acier de Hongrie aus der Grafschaft Mark. Den gewöhnlichen Stahl machte man in Frankreich selbst und zwar in verschiedenen Provinzen und Städten, besonders zu Vienne und zu Rive in der Dauphiné, zu Cla- mecy in der Auvergne, zu Saint-Dizier in der Champagne, zu Nevers, la Charité-sur-Loire, in der Umgegend von Dijon und von Besançon und zu Veson in Burgund. Über die Stahlfabrikation im Departement d’Isère, verglichen mit der in Nièvre und in Kärnten, haben Baillet und Rambourg 1795 ausführliche Nachrichten veröffentlicht Journal des Mines, Ann. III, Nr. IV, p. 3. . Früher ging der französische Stahl unter den Namen Loret, Clamecy und Limousin. Ludwig XIV. hatte versucht, die einheimische Stahl- industrie dadurch zu heben, dass er hohen Eingangszoll auf den aus- ländischen Stahl legte. Unter dem Schutze dieses Zolles waren aller- dings zwei Stahlfabriken in den Ostpyrenäen entstanden Siehe Le Play , Mem. sur la fabrication et le commerce des fers à acier dans le Nord d’Europe, Annales des mines, 4. Serie. T. IX, p. 209. ; aber einen wirklichen Erfolg hatte die Massregel nicht, sondern schädigte nur die Stahlwarenindustrie, namentlich die Messerfabrikation. Man setzte deshalb den Zoll 1702 von 12,41 Frcs. pro 100 kg auf die Hälfte herab und kehrte 1704 wieder zu dem alten Zoll von 1664 von 2,41 Frcs. pro 100 kg zurück. Eine andere Massregel zum Schutze der inländischen Stahlindustrie war die, auf dem Verordnungswege Frankreich. die Anwendung französischer Stahlsorten vorzuschreiben. So war 1743 in einem Reglement den Messerschmieden von Thiers vorgeschrieben, dass sich dieselben des Stahles von Rives bedienen mussten Siehe Gay , Glossaire archéol. acier, p. 6. . Der Stahl von Rives wurde auch in der Gewehrfabrik von St. Etienne verwendet. Reaumurs Arbeiten über den Stahl, welche er 1715 begann und 1720 und 1722 veröffentlichte, machten grossen Eindruck und übten bedeutenden Einfluss aus. Die Cementstahlfabrikation bestand damals bereits in Piemont und in England, sie wurde aber als ein Geheimnis behandelt. Reaumur entdeckte dieses Geheimnis und be- schrieb das Verfahren genau und ausführlich. Aber so vorzüglich seine Vorschriften waren, so richtig er sogar das Wesen des Cementations- prozesses erkannt hatte, so enthielt doch seine vortreffliche Schrift einen Irrtum, der verhängnisvoll wurde, nämlich den, dass das fran- zösische Eisen für die Fabrikation gut und geeignet sei. Reaumur wusste, dass die Engländer schwedisches Eisen verwendeten, er machte selbst Versuche mit schwedischem Eisen und beobachtete, dass das- selbe ganz vorzüglich zur Cementstahlfabrikation geschickt war, aber er stellte auch guten Stahl aus französischen Eisensorten dar, und der Patriotismus veranlasste ihn zu der Annahme, dass es in Frank- reich Eisensorten gäbe, aus denen sich ebenso guter Cementstahl her- stellen liesse, als aus schwedischem. An diese Behauptung klammerte sich die öffentliche Meinung, die Regierung und die französische Industrie. Die Folge war, dass die französische Cementstahlfabri- kation zurückblieb, mit der englischen nicht konkurrieren konnte und zu Grunde ging. Reaumur wies zwar selbst auf das schwedische Eisen hin und bemerkte, dass dasselbe sogar zeitweise in Paris billiger sei als ein- heimisches, aber auf der anderen Seite versichert er, dass es ihm gelungen sei, mit französischen Eisensorten den besten Cement- stahl zu machen: „Ich habe schon früher erwähnt, dass, wenn man unbedingt schwedisches Eisen verwenden müsste, dies kein Übelstand wäre, indem dasselbe in unseren Häfen nicht teurer ist als das ein- heimische. Aber wir sind weit entfernt von einer solchen Notwendig- keit. Ich habe Eisen von Berry von verschiedenen Hammerwerken mit bestem Erfolge versucht. Ich habe gute Versuche mit Eisen von Nivernais gemacht. Man hat mir Eisen von Hämmern bei Maubeuge geschickt, die sich in guten Stahl umwandeln liessen; man kann sich Beck , Geschichte des Eisens. 66 Frankreich. keinen besseren wünschen als den, den ich von den Eisensorten, die mir von Vienne in der Dauphiné zugeschickt wurden, und die aus burgundischem Roheisen hergestellt waren, gemacht habe; aus der Dauphiné kommt auch das Eisen von Allevard, das sich vollkommen bewährt. Es giebt in der Bretagne einen Hammer bei Painpont, dessen Eisen sich in guten Stahl verwandeln liess. Das von dem Eisenwerke von Roc, in Perigord, hat sich als gut erwiesen. Ich kenne gar kein Eisen, das besser für Stahl wäre, als das von den Erzen von Biriaton in der Landschaft Labour, nahe bei Bayonne. Und so könnte ich diese Auf- zählung noch lange fortsetzen, aber es genügt zu sehen, dass man in den meisten Provinzen des Königreichs guten Stahl machen kann.“ Diese bestimmten Erklärungen erweckten in Frankreich um so mehr den Glauben, dass man mit einheimischem Eisen mindestens ebenso gut Stahl machen könne als mit schwedischem, als sie zugleich der nationalen Eitelkeit schmeichelten. Auch die Regierung stellte sich auf diesen Standpunkt und schrieb nur Preise für Stahl aus französischem Eisen aus. Nach dem Erscheinen von Reaumurs Abhandlung wartete das Publikum mit Ungeduld auf die Erfüllung der in Aussicht gestellten neuen Ära. Erst nach einiger Zeit bildete sich unter hoher Protektion die Gesellschaft „Le manufacture royal d’Orleans, pour convertir le fer en acier et pour faire des ouvrages de fer et d’acier“. Die Haupthütte wurde zu Cosne erbaut, das Bureau war in Orleans, die Hauptniederlage in Paris, rue St. Thomas-du-Louvre. Man glaubte am Ziele zu sein und erliess pomphafte Anpreisungen des „Nouvel Acier de France“, der so gut sei wie der beste aus- ländische und nur 10 Sols das Pfund koste. Wer nicht beste Qualität erhalte, solle ihn zurückgeben gegen Rückzahlung des Kauf- geldes. Aber der Erfolg blieb aus. Die Gesellschaft verlor ihr Ver- mögen, löste sich auf und 15 Jahre nach der Veröffentlichung von Reaumurs Abhandlung wurden die Stahlwerke zu Cosne nieder- gerissen. Zwei kleinere Fabriken an der Schweizer Grenze, welche Eisen der Franche-Comté verarbeiteten, hielten sich länger, aber auch sie gingen nicht lange danach ein. Inzwischen war in England die Gussstahlfabrikation erfunden worden, und die Cementstahlfabrikation kam dort in immer grössere Blüte. Die französische Regierung schickte Gabriel Jars nach England. Sein Reisebericht hat am meisten Licht über die fremde Fabrikation verbreitet. Er hob hervor, dass das einzige und alleinige Eisen, welches man in England für die Cementstahlfabrikation für Frankreich. geeignet gefunden habe, das schwedische sei. Man machte nun auch in Frankreich Versuche mit schwedischem Eisen, die aber nicht günstig ausfielen, teils weil man die richtigen Sorten nicht wählte, teils weil man zuviel Wert auf die von Reaumur angegebenen Beimengungen des Cementpulvers, Öl und Seesalz, legte, welche die Sache durchaus nicht verbesserten. Jars wurde nun auch nach Schweden geschickt, wo er sich überzeugte, dass die Engländer „nur die stählende Kraft des Eisens in dem schwedischen Eisen so hoch bezahlten“. Man ging nun auch in Frankreich ernstlich zu der Verwendung von schwe- dischem Eisen über, und der Erfolg blieb nicht aus. Neronville war 1778 das einzige Werk in Frankreich, das feinen Stahl im grossen lieferte. Die Öfen waren ganz nach englischer Manier für einen Einsatz von 40000 kg gebaut und verarbeiteten nur schwedisches Eisen. Die alten Anschauungen waren aber dadurch nicht ausgetilgt; im Gegenteil verletzte es das französische Nationalgefühl, dass man trotz Reaumur den Engländern nachbeten musste. Grignon , der grosse Autorität besass, griff die Direktion von Neronville an und wurde unterstützt durch die Ideeen Buffons , der die Ansicht vertrat, auf die Natur der Erze komme es gar nicht an, sondern nur auf ihren Eisengehalt und die Arbeit, indem man durch entsprechende Behand- lung aus jedem Erze jede Eisensorte herstellen könne. Infolgedessen erhielt Grignon den Auftrag, vergleichende Versuche mit französi- schem, schwedischem, sibirischem und spanischem Erz anzustellen, und wählte man dazu die Hütten des Herrn von Buffon und Neron- ville. Grignons Resultate bestätigten angeblich seine Ansichten. Die seitherige Praxis wurde verurteilt und die Industrie beugte sich dem Urteilsspruche Grignons . Seit der Zeit ging das Stahlwerk von Neronville immer mehr zurück, bis es gegen 1792 ganz einging. Grignon war kein unparteiischer Sachverständiger, denn er hatte seine Ansichten über die vorzügliche Stahlnatur des französischen Eisens in der Einleitung zu seinen Abhandlungen schon früher bestimmt ausgesprochen. Bei den Versuchen wählte er nur das beste französische Eisen aus, während er beliebiges schwedisches und rus- sisches Eisen nahm, dessen Ursprung er, wie er selbst sagte, nicht kannte und das augenscheinlich geringer Qualität war. Der Zweck der Versuche war auch keine objektive Vergleichung, sondern die Bestätigung einer herrschenden vorgefassten Meinung. Jede Provinz wollte jetzt mit einem Male das beste Stahleisen besitzen. Es ent- stand eine förmliche Aufregung. Ein Dr. Nicolas , Mediziner und Professor der Chemie, trat für die Güte des lothringischen Eisens 66* Frankreich. ein. Er stellte die Wahrheit geradezu auf den Kopf, indem er behauptete, die Verwendung des schwedischen Eisens habe nur ihren Grund in dem krassen Vorurteile der Fabrikanten. Er wolle mit einheimischem Eisen den Stahl ein Dritteil billiger herstellen. Diderots Meinung, die er in der Encyklopädie aussprach, dass es wohl an dem Stoffe des französischen Eisens liegen müsse, dass man daraus keinen feinen Stahl machen könnte, galt als überwundener Standpunkt. Duhamel liess sich im patriotischen Eifer sogar zu der unsinnigen Behauptung hinreissen, man könne aus französischem Eisen zweiter Sorte besseren Stahl machen als den englischen und den deutschen. Er ziehe das pyrenäische Eisen dem schwedischen vor, und die mitt- leren Eisensorten von Perigord, Berry und Angoumois gäben den besten Stahl, wenn man die Luppen noch einmal umschmelze. Das grösste Stahlwerk Frankreichs im vorigen Jahrhundert, das von Amboise , wurde 1782 gegründet, als Ruffec einging und Neron- ville in falsche Bahnen einlenkte. Sanche , ein Edelsteinhändler, der feinen Stahl brauchte und aus England bezogen hatte, gründete mit dem Kapitalisten Patry die Fabrik zu Amboise. Bis Mai 1783 hatten sie nur schwedisches Eisen verarbeitet und gute Resultate erzielt. Sobald sie aber den Betrieb im grossen begannen, mussten sie einheimisches Eisen verwenden, weil der Staat nur in diesem Falle Unterstützung versprochen hatte. Vier Jahre lang suchten sie nun mit Fleiss und Kosten nach einer brauchbaren Sorte, aber ohne Erfolg. Inzwischen führten sie unter der Hand ihren Betrieb mit schwedischem Eisen weiter. An die Regierung berichteten sie, aus gewissen Eisensorten von Berry liesse sich bei besonderer Sorgfalt ein Stahl erhalten, der so gut sei wie der aus schwedischem Eisen. Sie entschuldigten sich, dass sie dennoch mit schwedischem weiter arbeiteten. Zunächst genüge es, den Nachweis geführt zu haben. Um die Sache auszubreiten, müssten sie die richtigen Eisensorten selbst darstellen, dazu besässen sie aber die Mittel nicht. Auf günstige Berichte von Sage, Vandermonde, Monge, Berthollet und Baron Dietrich bewilligte die Regierung alle geforderten Privilegien. Daraufhin wurde die Stahlfabrik zu Amboise unter dem Titel Manu- facture royal d’acier fin et fondu gegründet und zwar mit einem grossen Kapital. Es wurden alsbald 12 grosse Cementieröfen, 40 Häm- mer und 80 Stahlherde zur Verarbeitung des Stahls gebaut, und Amboise wurde in seiner Anlage das grösste Stahlwerk in Europa. Aber nun begann man zu experimentieren und verlor rasch das Renommé, welches Sanche ihm verschafft hatte. Unter der Republik Frankreich. erwuchs ihm überdies grosse Konkurrenz durch die neu errichteten Stahlwerke an der unteren Loire zu Angers und Nantes. Im Jahre 1785 erzielte ein Herr Soller auf dem Rammelsdorfer Hammer bei Gross-Rammelsdorf Erfolge mit der Cementstahlfabri- kation. Er hatte einen Brennofen für 60 Ctr. Einsatz erbaut und aus selbstgefrischtem Eisen aus Dillinger und Bettinger Roheisen einen guten Stahl erzielt. Baron Dietrich besuchte das Werk 1785 und er- stattete günstigen Bericht Journal de Mines, Nr. XXV an V (1797), p. 3. . Von weiteren Erfolgen ist nichts bekannt. Der Revolutionskrieg, der alle Handelsverbindungen aufhob, gab Veranlassung zu einem grossen Stahlmangel. Die republikanische Regierung warf sich mit der ihr eigenen Energie darauf, wieder Stahl aus inländischem Eisen zu machen. Es wurde für die Landesbewaff- nung eine besondere Kommission „Agence des armes portatives“ er- nannt, und später die Commission des armes, poudres et l’exploitation des mines. Diese Kommission war direkt dem Comité de salut publique, in dem alle Staatsmächte vertreten waren, unterstellt und korrespondierte mit den agents nationaux in jedem Distrikt. Das Comité de salut public liess nun durch die befähigtsten Männer eine Instruktion über die Bearbeitung des Stahles ausarbeiten: „Avis aux ouvriers en fer sur la fabrication de l’acier, publié par ordre du Comité du salut public. Imp. du dep. de la guerre.“ Sie war von Monge 1794 auf Grundlage der gemeinschaftlichen Arbeit mit Vandermonde und Berthollet verfasst. Darin war alles zusammen- getragen, was man über die Bereitung von Schweiss- und Cementstahl wusste. Bezüglich der Wahl der Eisensorten waren die Ergebnisse der Versuche zu Amboise 1786 als massgebend zu Grunde gelegt. Charakteristisch sind die einleitenden Worte: „Während unsere Brüder ihr Blut gegen die Feinde der Freiheit vergiessen, während wir erst in zweiter Linie hinter ihnen stehen, muss, o Freunde, unsere ganze Energie darauf gerichtet sein, die Hülfs- mittel, deren wir bedürfen, aus unserem heimischen Boden zu ziehen, um Europa zu zeigen, dass Frankreich in seinem Schosse alles birgt, was es für seinen Mut verlangt. Der Stahl fehlt uns, der Stahl, der uns dienen soll, die Waffen zu fertigen, deren jeder Bürger bedarf, um den Kampf der Freiheit gegen die Sklaverei zu Ende zu führen. Bis jetzt hatten die freundlichen Beziehungen zu unseren Nachbarn, vor allem aber die Fesseln, in denen unsere Industrie schmachtete, uns die Fabrikation des Stahls vernachlässigen lassen. England und Frankreich. Deutschland lieferten uns den grössten Teil unseres Bedarfes; aber die Despoten Englands und Deutschlands haben allen Handel mit uns zerrissen. Wohlan! machen wir unseren Stahl selbst!“ Es wird betont, dass gutes Eisen die Grundbedingung für guten Cementstahl sei. Die Engländer hätten aber die Produktion von Ros- lagen gänzlich mit Beschlag belegt. In Frankreich fänden sich auch gute Eisensorten. Das von Berry gäbe schon an und für sich einen leidlich guten Stahl, gegärbt und gereinigt würde es einen vorzüg- lichen geben. Die Güte des schwedischen Eisens liege nicht an den besonderen Eigenschaften der Erze, sondern an der Sorgfalt, mit der es ausgeschieden werde. Am 3. Floreal des Jahres II erfolgte dann eine Instruktion an alle agents nationaux, auf die Gründung von Stahlgesellschaften zu wirken, sowie ein Aufruf an alle Bürger, Stahl zu fabrizieren. — Daraufhin entstanden viele neue Cementstahlwerke. Der National- agent von Toulouse bezeugte seinen Eifer und schrieb an die Regie- rung: nur die Intriguen der Tyrannen und die niederträchtige Politik des Hofes habe seither die Fabrikation des Stahls verhindert, was ein Verbrechen und ein Schandfleck für Frankreich sei. — Die neuen Stahlwerke erhielten ihre Arbeiter „par requisition“, weil es durch den Krieg an Arbeitskräften fehlte, ebenso mussten sie sich ihre Rohmaterialien durch Requisition verschaffen. Die meisten waren ohne Kapital, viele auf öffentlichem Grund und Boden errichtet. Es entstanden Stahlwerke zu Paris au Feuillants in der Vorstadt St. Antoine, zu Thionville (Mosel), Havre, Chaumont (Eure), Lorient (Morbihan), zwei zu Nantes, zu Angers, Amboise, Souppes, Neronville, Brienne (Aube), zwei zu St. Dié, zu la Hutte und zu Droiteval (Vogesen), Mont-sur-Tille (Côte d’Or), Nevèrs, Bizy (Nièvre), Outrefurens (Loire), Chautemerle (Hochalpen), im Arsenal zu Toulon, bei Marseille, Alais, Nogaro (Gers), Eucausse (Unter-Pyrenäen), Agen (Lot et Garonne), Toulouse und Sinoges (?). Zu Nantes und Angers verarbeitete man schwedisches Eisen, in- folgedessen man besseren Erfolg hatte, als die übrigen Werke. Auch zu Toulon wurden neun Sorten schwedisches Eisen verwendet, doch waren es nur solche, welche die Engländer für diesen Zweck nicht anwen- deten; später nahm man Eisen von Franche-Comté. — Alle die neuen Fabriken konnten die Schwierigkeiten, welche ihnen die Qua- lität des einheimischen Eisens bereitete, nicht überwinden und sahen sich gezwungen, durch Agenten im geheimen guten Stahl im Aus- lande kaufen zu lassen. Sobald der Friede wieder hergestellt, und Frankreich. mehr noch, als Frankreich in den Besitz der Stahlwerke am Rhein gelangt war, gingen fast alle neugegründeten Stahlwerke wieder ein. Am 15. März 1791 und 2. August waren die Zollsätze auf 6,12 Frcs. für den Centner Stahl und auf 23,15 bis 79,25 Frcs. für Stahlwerkzeuge erhöht worden. In den folgenden Jahren wurden sie wieder herunter- gesetzt, aber fast jährlich wurden die Zollsätze verändert, bis sie im Jahre VII. auf 6,56 Frcs. für Stahl und 22,44 bis 84,15 Frcs. für Stahl- werkzeuge bestimmt wurden. Etwas besser fuhr man zur Zeit der Republik mit der Herstellung von Schweissstahl, wofür man eher das Material im eigenen Lande finden konnte. Zur Förderung und Verbesserung der Stahlfrisch- hämmer wurden Stahlinspektoren mit 6000 Frcs. Jahresgehalt ange- stellt. Allein in Nivernais gab es deren drei. Dennoch wurden die Hoffnungen nicht erfüllt, und man schaffte bald die teuren Beamten wieder ab. Gar nichts erreichte man mit der Gussstahlbereitung , welche damals noch in den Schleier des Geheimnisses gehüllt war. Man suchte immer nach dem richtigen „Fluss“, von dem man glaubte, dass er das Wesen des Geheimnisses ausmache. Dem geistvollen Gründer der Stahlwerke von Amboise scheint es gelungen zu sein, aus Cementstahl, welcher aus schwedischem Eisen bereitet war, brauchbaren Gussstahl herzustellen, aber er wurde durch die Mass- regeln der Regierung an der Fortsetzung seiner Versuche gehindert. Clouets Arbeiten, zur Zeit der Republik, gingen mehr darauf hinaus, damascierten Stahl zu bereiten. An diesem nahmen die Franzosen im vorigen Jahrhundert ein ganz besonderes Interesse. Schon der Regent, Herzog von Orleans , der sich grosse Verdienste um das französische Eisenhüttenwesen erwarb und namentlich ein Gönner Reaumurs war, wollte die Fabrikation orientalischer Klingen in Frankreich einführen und schickte deshalb um 1720 Schmiede nach Cairo, um das Verfahren zu studieren, doch blieb dieser Versuch erfolglos. Das Interesse an der Sache verminderte sich aber nicht, und es gelang auch allmählich, einen brauchbaren damascierten Stahl für Klingen herzustellen. Das Verfahren in Frankreich war folgendes: man schmiedete acht Blechstreifen von Stahl von 1 Fuss Länge, 1 Zoll Breite und 1 Linie Dicke und dazwischen fünf Streifen von weichem und vier von hartem Eisen von derselben Grösse. Den Anfang machte ein Streifen von weichem Eisen, darüber kam einer von Stahl, dann einer von sprödem Eisen u. s. w., bis zum Frankreich. 17. Blech, welches wieder weiches Eisen war. Diesen Bund brachte man mit einer krummen Zange ins Feuer, schweisste ihn zusammen, streckte ihn viereckig aus, machte ihn weissglühend und drehte ihn, indem man ihn mit dem einen Ende in einen Schraubstock steckte, mit starken Zangen schraubenförmig um seine lange Achse. Hierauf wurde er glatt 8 Linien breit und 4 Linien dick ausgeschmiedet und zum Umschlagen in zwei gleiche Hälften zerschnitten. Zwischen beide Hälften legte man einen ebenso breiten Streifen von gutem steierischen Stahl, brachte das Packet in die Hitze und streckte es zu der Form und Dicke des verlangten Gewehres aus. Die harten Stahladern wurden schwarzblau, die aus zähem Eisen hellgrau und die von kaltbrüchigem Eisen weiss Siehe Perret , Mémoire sur l’acier, p. 15. Mémoires de la Société établie a Genève etc. Tome I, p. 7 à Genève 1780. . Clouets Untersuchungen über den damascierten Stahl sind von geschichtlicher Bedeutung. Er wies durch Versuche verschiedene Darstellungsweisen des Damascenerstahls nach, und war namentlich sein Mosaikdamast, obgleich für die Waffenfabrikation ohne grosse Bedeutung, neu und von Interesse. In den französischen Waffen- fabriken hatte man die Fabrikation von damascierten Klingen ver- sucht, so zu Klingenthal bei Strassburg; sie wurden aber zu teuer. Mit Chalut machte Clouet ferner 1788 Versuche, Gussstahl herzustellen und zwar direkt aus Schmiedeeisen mit entsprechenden Zuschlägen ohne vorhergehende Cementation. Er behauptete, auf diesem Wege durch Zusammenschmelzen von Schmiedeeisen mit Kohle und Glas im Tiegel guten Gussstahl bereiten zu können und legte das Ergebnis seiner Versuche dem Nationalinstitute vor. Am meisten Aufsehen erregte seine Methode, durch Zusammenschmelzen von 3 Tln. Eisen, 1 Tle. kohlensaurem Kalk und 1 Tle. gebranntem Thon guten Gussstahl zu bereiten (s. S. 771). Einen praktischen Erfolg hatten diese mit grosser Emphase ver- kündigten Versuche Clouets aber auch nicht. Der Erfolg der Ver- suche im kleinen blieb bei den Versuchen im grossen aus. Der Staat wollte selbst erst mehrere Tonnen von Clouets Stahl herstellen, ehe er sich für den Ankauf der Erfindung entschied, aber dies geriet nicht. Die Erfindung wurde infolgedessen ganz frei gegeben, kam aber nirgends in Anwendung. Die Stabeisenbereitung in Frischherden mit Holzkohlen fand in Frankreich auf verschiedene Weise statt, welche man nach den Frankreich. Landschaften, worin sie ihre ursprünglichen Sitze hatte, in Franche- Comté-, Wallon-, Bergamask- und Nivernais-Schmiede einteilte. Die Franche-Comté-Schmiede (affinage Comtois), welche der deut- schen Frischschmiede am ähnlichsten war, bestand darin, dass das Frischen und das Ausschmieden während des Einschmelzens in dem- selben Herde vorgenommen wurde. Bei der Wallonschmiede (affinage Wallon) benutzte man zwei Herde, indem die kleinen Luppen, die man im Frischfeuer erhielt, in einem zweiten Ausheizfeuer (feu de chaufferie) ausgeschmiedet wurden. Die Bergamaskschmiede (affinage Bergamasque) kam mehr auf die steierische Frischschmiede, mit der sie das Hartzerennen gemein hatte, heraus. Der Frischprozess zerfiel in zwei Operationen, die in demselben Herde ausgeführt wurden, dem vorbereitenden Schmelzen oder Hartzerennen (mazéage) und dem eigentlichen Frischen; mit letzterem war das Heizen und Ausschmieden der Kolben verbunden. Die Schmiede von Nivernais (affinage Nivernais) war eine ver- besserte Bergamaskschmiede, in der das Hartzerennen und Frischen in getrennten Herden vorgenommen wurde. Das Verfahren, welches ein gutes Eisen lieferte, das sich sofort zu kleinen Gegenständen verarbeiten liess, hatte um 1775 auch in den Landes Eingang gefunden. Näher bei Bordeaux lag die Hütte von Pontins mit 1 Hochofen, 2 Frischfeuern und 1 Reckhammer. Hier wurde ein Teil des Roh- eisens vergossen, von dem übrigen wurde nur Grobeisen gefrischt. Besonders gutes Eisen lieferten nach Tronson de Courdray die Eisenwerke von Permes in Hochburgund, von Cone in Berry, von Gudanes in Foix und von Portes in Roussillon. Über die Weissblechfabrikation in Frankreich haben wir schon früher einiges mitgeteilt (s. S. 261). Minister Colbert hatte im 17. Jahrhundert schon Weissblecharbeiter kommen lassen, von denen sich einige zu Chenefey in der Franche-Comté, andere zu Beaumont-la-Ferrière in Nivernais niederliessen. Nach Colberts Abgang fanden sie aber keine Unterstützung mehr und zogen wieder fort. Reaumur bemühte sich um die Weissblechfabrikation. Zu Ende der Regentschaft (1723) war eine Weissblechfabrik in Strass- burg entstanden. 1780 gab es folgende Weissblechfabriken in Frank- reich: 1. zu Massevaux im Elsass (seit 1733); 2. zu Bains in Loth- ringen, gegründet durch Patent Franz III. 1733, bestätigt 1745 von Stanislaus von Polen ; 3. zu Morambert (Chaudauve) in der Franche-Comté, in den 70er Jahren gegründet; und 4. zu Nevers, kurz vor 1780 errichtet. Hierzu kam später noch eine zu Balan bei Sedan. Frankreich. Die Ankerfabrikation blühte in den französischen Seehäfen, besonders zu Brest und Rochefort. 1733 wurde unter dem Minister Grafen Maurepas eine Ankerfabrik zu Cosne von M. de Chaussade angelegt. Unter dem Minister de Pontchatrin wurde die Anker- fabrik zu Imphy in Nivernais von Tresaguet verbessert. Das Eisen von Berry war wegen seiner sehnigen Beschaffenheit bei den Anker- schmieden besonders beliebt. Die Versuche, schmiedbaren Guss nach Reaumurs Vorschrift zu erzeugen, hatten keinen Erfolg (s. S. 236), dagegen blühte die Eisengiesserei in Frankreich. Bedeutende Röhrengiessereien waren 1760 zu Dampierre und Senonge in der Perge, 5 bis 6 Meilen von Dreux. Nach Depar- cieux goss man dort Krümmer und Verbindungsstücke mit geraden und schiefen Flanschen. Auch goss man hier alle Teile für die Feuermaschine zu Creci. 1785 hatten Eisenhändler zu Autun eine Eisengiesserei errichtet, deren Bälge mit Pferden getrieben wurden. Die Eisendrahtfabrikation entwickelte sich in Frankreich spät und langsam. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es keine nennenswerte Drahtfabrikation in Frankreich. Die ersten Versuche wurden im Elsass gemacht; was Fleur hierüber und über die Erfin- dung eines Drahtwalzwerkes zu Essonne bei Corbeil veröffentlicht hat, wurde bereits mitgeteilt (S. 502). Zu erwähnen ist, dass Duhamel einem Schlosser Chopidal zu Paris die Ausführung dieses interessanten Walzwerkes zuschreibt. Um die Nadelfabrikation in Frankreich hatte sich ebenfalls Reaumur bemüht. Dieselbe nahm im Laufe des Jahrhunderts einen grossen Aufschwung. Der wichtigste Fabrikationsplatz war Laigle. Hier wurde 1760 die vierfache Menge wie 30 Jahre zuvor gemacht, nämlich für 1½ Millionen Francs. Laigle hatte die übrigen fran- zösischen Fabriken weit überflügelt und machte mit Erfolg den hol- ländischen Konkurrenz; es hatte bedeutenden Absatz nach Spanien und Portugal. Den Aufschwung verdankte die Stadt und Umgegend der Geschicklichkeit der Fabrikanten und Kaufleute. Diese hatten früher ihren Draht aus den Magazinen in Rouen und Paris gekauft; jetzt bezogen sie ihn direkt aus Schweden. Sie erlangten dabei besondere Vorteile, weil sie den Fabrikanten schon ein Aufgeld vorausbezahlten; hierdurch sicherten sie sich den Bezug und erlangten billigere Preise. Ferner hatten sie früher ihre Waren nach Paris und Rouen an die Magazine und nach Caen und Guibray auf die Jahrmärkte ge- schickt; jetzt aber handelten sie direkt mit Italien, Spanien, Por- Frankreich. tugal u. s. w. Viele Fabrikanten waren reich geworden und 6000 Personen lebten von dieser Industrie. Die Fabriken in Paris waren infolgedessen zurückgegangen. Um die Stahlwarenfabrikation in Frankreich zu befördern, legte die französische Republik enorme Eingangszölle auf die deutschen, namentliche die märkischen und bergischen Stahlwaren und unter- stützte die Einwanderung fremder Stahlarbeiter. Hierdurch gelang es allerdings, die alten Fabriken, z. B. zu Toulouse, zu heben, und neue, z. B. zu Zabern im Elsass und in Nordfrankreich, zu begründen. Diese letzteren bezogen damals sogar ihren Stahl aus Deutschland von Siegen und Sayn-Altenkirchen. In Nogent wurde die Scherenfabrikation , welche Ende des 17. Jahrhunderts von Langres hierher verzogen war, 1795 durch einen Engländer Fey verbessert. Nach Hassenfratz’ Angabe gab es nach einem officiellen Register im Jahre 1792 600 Hochöfen und 1500 Hammerwerke in Frankreich; doch sind diese Angaben jedenfalls zu hoch und die Grenzen Frankreichs sehr weit gezogen. Nach einer Zusammenstellung von Costaz und Villefosse gab es 1789 in Frankreich 230 Hochöfen und 712 Frischfeuer; in denselben wurden erzeugt 61549,5 Tonnen Roheisen, 7579,2 Tonnen Gusseisen; aus dem Roheisen wurden 46805,9 Tonnen Schmiedeeisen erzeugt. Die statistischen Nachrichten aus der Zeit vor der Revolution sind meist unzuverlässig und mangelhaft; nur über einzelne Provinzen liegen genauere Nachrichten vor. Im Jahre 1787 gab es nach Baron Diet- rich im Elsass 8 Hochöfen und 11 Hammerwerke, welche 92000 Ctr. Gusseisen und 62720 Ctr. Schmiedeeisen lieferten Nähere Angaben über diese Eisenwerke macht Baron von Dietrich in Description des gîtes de minérai, forges etc. de la haute et basse Alsace. 1789. . In den Trois-Évèchés (Metz, Toul und Verdun) gab es 12 Hammerwerke mit 500 Ctr. Guss- und 44380 Ctr. Schmiedeeisen; in Franche-Comté 12 Hämmer mit 43860 Ctr.; in der Champagne 17 Hämmer mit 62700 Ctr. Eisen; in Berry 14 Hüttenwerke mit 151750 Ctr. Gusseisen und 94937 Ctr. Schmiedeeisen; in den Bezirken von Pau und Auch 41 Hämmer mit 57800 Ctr. Schmiedeeisen und Stahl; in Roussillon 18 Eisenhämmer mit 47000 Ctr. Stahl und Eisen; in Lothringen 260000 Ctr. Guss- und 145000 Ctr. Schmiedeeisen Siehe Journal des Mines, Nr. I, p. 65. . Frankreich führte damals noch für 11 bis 12 Millionen Francs Eisen und Stahl ein. Dass die französische Revolution auch viele alte Industrieplätze Frankreich. schädigte, geht aus der Geschichte der Eisenwerke von Hayange her- vor. Diese standen beim Tode Charles de Wendels am 15. Sep- tember 1784 in hoher Blüte. Seine vortreffliche Witwe, als Madame d’Hayange in ganz Lothringen bekannt und verehrt, leitete mit Umsicht und Klugheit die zahlreichen bedeutenden Eisenwerke der Familie, unterstützt von ihren drei Söhnen, von denen der älteste, Ignatz , früher Artillerieoffizier, ein hervorragender Eisenhüttenmann war, der Wilkinsons Nachfolger in der Direktion der grossen Eisen- werke von Creusot wurde. Da brach die Revolution herein. Die Familie de Wendel hielt es mit dem Könige. Infolgedessen musste Madame d’Hayange mit ihren drei Söhnen als Emigranten das Land verlassen. Ihre Eisenhütten und alle ihre Güter wurden konfisziert. Die republikanische Regierung verpachtete die Eisenwerke von Hayange an einen Herrn Grauthil (?), der aber so wenig von der Fabrikation und dem Geschäfte verstand, dass er in kurzer Zeit bankerott wurde. Madame d’Hayange starb am 25. Januar 1802 in der Verbannung. Ignatz de Wendel hatte sich nach Ilmenau in Thüringen gewendet, wo er mit Goethe , der ihn wegen seiner hervorragenden Kenntnisse in Mathematik, Chemie und Physik hochschätzte, in freundschaft- lichen Verkehr trat. Er starb daselbst 2. Mai 1795. So war die Familie de Wendel am Schlusse des 18. Jahrhunderts gänzlich verarmt. Wie sehr die Eisenindustrie mit ihrem enormen Verbrauch an Holz- kohlen zur Ausrottung der Wälder Frankreichs beitrug, ergiebt sich aus einem bemerkenswerten Berichte, den der Bürger Alexander Besson im Jahre IV. der Republik dem Fünfhunderter-Ausschuss erstattete. In diesem Berichte (Rapport sur le produit et le con- sommation des Bois en France avant la revolution) wird der jährliche Holzverbrauch Frankreichs vor der Revolution auf 10350000 Klftr. (cordes) geschätzt, wovon 4350000 Klftr. zu Heizzwecken, 6000000 Klftr. aber für die Hochöfen und Hammerwerke verwendet worden waren. Die jährliche Gesamtproduktion an Holz betrug aber nur 8333320 Klftr., demnach wurden jährlich 2016680 Klftr. vom Waldbestande genommen. Die völlige Entwaldung wäre demnach unvermeidlich, mahnt Besson , wenn Frankreich nicht seine Steinkohlen- und Torflager besser aus- nutze. Erwähnung verdient es noch zum Schlusse, dass die Republik Frankreich im Jahre 1798 in Paris die erste Industrieausstellung veranstaltete. Italien. Italien . In Italien blieb die Eisenindustrie zurück infolge der zunehmen- den Entwaldung und dem daraus entspringenden Kohlenmangel. Wo noch Waldungen waren, wurde auch Eisen geschmolzen, besonders in den kleinen Thälern der südlichen Alpen, in Piemont, auf Korsika und Sardinien, ferner auch an der Küste des Tyrrhenischen Meeres in Luppenfeuern aus elbanischen Erzen. Reaumur schreibt 1719: In den venetianischen Staaten, die an Deutschland grenzen, sind die Schmelzöfen ähnlich wie die Flossöfen von Turrach und Gemund, nur dass sie nur ein Gewölbe haben, wie die Stücköfen, der Abstich also unter den Bälgen sich befindet. Diese nimmt man aber nicht, wie in Steiermark, bei jedem Abstiche fort, sondern man stellt sie hoch, manchmal so hoch wie die Gicht und führt den Wind durch ein gekrümmtes Rohr in den Ofen. Die Erze waren meist Spateisensteine. Das Erz z. B. bei Bragolino, 15 Meilen von Brescia, war weiss; man brannte es in Öfen, ähnlich den Kalk- öfen, mit Holz, nicht mit Kohlen und begoss es nach dem Ausziehen mit Wasser. Man schmolz die Erze ohne Zuschlag eines Fluss- mittels v. Justi , Schauplatz etc. III, S. 47. . Bacconi A. a. O. III, S. 35. giebt an, dass man in den Eisenhütten bei Rom, die er besucht hat, das Eisen in denselben hohen Öfen zweimal schmelze. Man gäbe oben Erz auf und steche alle sechs Stunden ab. Diese erste Schmelzung gäbe Massen von 200 bis 300 Pfd. Das Geschmol- zene gleiche hellem Schwefelkies. Man zerbreche es nach dem Erkalten in kleine Stücke, mache den Ofen leer und schmölze dann das Ganze noch einmal durch. Nach sechs Stunden werde abge- stochen. Das Eisen habe jetzt nicht mehr die Schwefelkiesfarbe, sondern bilde einen höckerigen, luckigen Floss, war also wohl schon etwas gefrischt. Bei Brescia im Venetianischen wurden Floss- oder Blauöfen betrieben, und hier hatte die Eisenverarbeitung ihren Hauptsitz. Über das Verfahren berichtet Swedenborgius (de ferro p. 149). Die schwefelfreien Erze wurden ohne weitere Vorbereitung ver- schmolzen, die schwefelhaltigen geröstet und zwar lagenweise in pyra- midalen Haufen. Die gerösteten Erze wurden auf einem gepflasterten Italien. Boden ausgebreitet und mit Wasser ausgewaschen, wobei das Erz umgewendet wurde. Alsdann wurde es getrocknet. Die Schmelzöfen haben wir S. 128 schon erwähnt. Sie waren 24 Fuss hoch (ein- schliesslich der Esse), ihre obere Öffnung hatte 3 Fuss im Quadrat, während die Weite am Boden 1½ Fuss betrug. Zum Ofenbau benutzte man Schiefer, als Mörtel ein Gemisch von Thon, Sand und Kohlen- pulver. Unter dem Bodensteine war ein Abzugskanal. Den Boden- stein bedeckte man mit einer handdicken Schicht von der erwähnten Mischung. Das Stichloch wurde mit denselben Steinen, die mit dieser Mischung verbunden waren, geschützt. Auf der einen Seite befand sich das Blasegewölbe. Man blies mit Lederbälgen, an einigen Plätzen auch mit Wassertrommelgebläsen. Der Ofen wurde zuerst mit Kohlen, die man durch das Formloch anzündete, gefüllt. Waren sie nahe bis zum Boden niedergebrannt, so beschickte man ihn von neuem mit Kohlen, liess die Bälge an und gab in einem Trog (zerletto) etwa ½ Ctr. Erz, dem man ¼ des Gewichtes gelben Sand, der als Fluss diente, zusetzte, auf. Man liess nun Gicht auf Gicht folgen, bis die Woche zu Ende war, oder bis einer der vielen Feiertage das Schmelzen unterbrach. Sobald der Schmelzer durch das Blaseloch bemerkte, dass das Eisen gut geschmolzen und von Schlacke bedeckt war, stiess er mit seinem Spiesse das Stichloch auf und liess Eisen und Schlacke zusammen ausfliessen. Alsdann ver- wahrte er wieder das Stichloch mit der Mischung. War das Eisen flüssig, rein und gut abgeschäumt, so wurden Geschosse, Bomben und Granaten genannt, daraus gegossen; sonst erhielt man Luppen von Rauh- eisen, die unter dem Hammer gezängt und gereckt wurden. Sollte dieses ausgeschmiedet werden, so wurde es zuvor etwas abgeschreckt und dann mit einem Hammer in kleine Stücke zerteilt. Hatte man Erz und Kohle genug, so blies man bis zum Sonntage oder dem nächsten Feiertage durch. Dann unterbrach man die Schmelzung, füllte den Ofen ganz mit Kohlen an und begann erst am Montage wieder zu blasen. An manchen Orten blies man nur zwei bis drei Tage. In einer Woche konnte man 60 bis 70 Ctr. Eisen schmelzen. Die Schilderung Swedenborgs lässt es im Zweifel, ob hier ein Blauofenbetrieb, bei dem man abwechselnd einmal Gusseisen, ein andermal schmiedbares Eisen erhielt, gemeint ist, oder ein Flossofen- betrieb, wie in den österreichischen Alpenländern. Letzteres erscheint wahrscheinlich wegen einer Bemerkung Reaumurs bei der Schilderung der Flossöfen in Kärnten, worin er sagt, die Öfen im venetianischen Gebiete auf der anderen Seite der Alpen seien derselben Art. Italien. Auch die darauf folgende Beschreibung der Löschherde zum Ver- schmieden des Eisens in Brescia scheint dies zu bestätigen. Der Herd war 1 Elle hoch, durch einen darunter liegenden Abzugskanal vor Feuchtigkeit geschützt. Über dem Kanale lag eine Kalkplatte von ½ Fuss Dicke, hierüber wurde der Herd aus Kohlenstübbe ge- schlagen. Die Formseite ward durch eine Mauer gebildet, die Schlackenseite wurde durch ein vielfach durchlöchertes Eisen, „la lattarvola“, geschlossen. Die Form lag in der Mitte der Formseite, ragte 4 Zoll in den Herd und 6 Zoll über den Boden. Der geschla- gene Löschherd wurde mit Kohlen gefüllt und der Wind angelassen. Waren diese verzehrt, so wurden neue nachgefüllt und die Eisen- brocken aufgegeben, einer nach dem anderen unter beständigem Nach- füllen von Kohlen, bis sie niedergeschmolzen waren, wobei die ge- bildeten Schlacken wiederholt abgestochen wurden. Schien das Eisen genügend gereinigt, so nahm der Frischer eine 10 Fuss lange Eisen- stange, erhitzte sie am Ende zur Weissglut und stiess sie dann in die fest gewordene Eisenluppe, mit der sie zusammenschweisste. Mit dieser Stange zog er die Luppe aus dem Herde und hob sie auf den Amboss, wo sie unter dem Hammer in Stäbe ausgereckt wurde. Währenddem reinigte der Gehülfe den Herd. Das Eisen, welches zu jener Zeit in der Romagna verarbeitet wurde, kam von Ancona. Sowohl hier wie an anderen Orten an den Küsten gab es Eisenhütten, welche Eisenerze von Elba verschmolzen. Dies geschah teils in Öfen, teils in Herden. Schmelzöfen gab es bei Concka, 40 Meilen (milliaria) von der Stadt Rom, und bei Nottona, Cisterna, Montevana, Canizio und anderen Orten im Neapolitanischen. Die Schmelzung wurde zuweilen zwei bis drei Monate fortgesetzt, wie namentlich zu Piombino und Cervetto und wich nur wenig von dem oben beschriebenen Verfahren ab. In einigen Eisenschmelzen bei Rom (ferraria genannt), von denen sich eine dicht bei der Porta St. Giovanni befand, wurde das Eisen in zwei Feuern geschmolzen. In dem einen Herde wurde altes Eisen, Eisenbrocken von den Hütten und Eisenerz, vena di ferro, das von Piombino kam, verschmolzen. In dem anderen wurden die Luppen ausgeheizt und dann verschmiedet. Der Wind für diese Feuer wurde durch Wassertrommelgebläse erzeugt. In dem Rennherde wurde auf die Kohlen erst das alte Eisen aufgegeben, dann wieder eine Lage Kohlen und hierauf das Erz. Hatte sich eine Luppe im Herde gesammelt, so wurde sie mit der Anlaufstange herausgenommen. Spanien. Das Eisen wurde in Stäbe von 4 Ellen Länge und 2 Zoll Breite ausgeschmiedet. Täglich wurden 4 bis 6 Ctr. gemacht. Die Holz- kohlen waren von Kastanien und Buchen. Zwischen Rom und Florenz lagen grössere Eisenwerke, wo eben- falls Erze von Piombino in Zerennfeuern geschmolzen wurden. Dem Erz wurde altes Eisen oder auch Roheisen zugesetzt, und konnte ein Feuer 40 Ctr. Schmiedeeisen in der Woche liefern. Zu 1 Ctr. Eisen brauchte man 2 bis 3 Ctr. Erz. An jedem Feuer waren vier Arbeiter beschäftigt. Der Wind wurde ebenfalls durch Wassertrommelgebläse erzeugt. Die kleinen Hüttenwerke an der Küste, welche elbanisches Erz verschmolzen, waren ebenso wie auf Korsika und Sardinien Rennfeuer. Über das Schmelzverfahren auf Korsika hat Courdray 1775 eine ausführliche Beschreibung veröffentlicht (s. Bd. I, S. 784). Spanien . Die Nachrichten über die spanische Eisenindustrie des 18. Jahr- hunderts sind nicht sehr reichlich. Im allgemeinen bemühten sich die bourbonischen Könige, die gänzlich darniederliegende Industrie wieder zu heben, namentlich erwarben sich König Karl III. und seine Minister Verdienste in dieser Richtung. Karl III. baute zugleich Strassen, legte ein naturwissenschaftliches Museum, bota- nischen Garten und chemisches Laboratorium in Madrid an. Unter diesem Könige wurde auch die Waffenfabrik in Toledo neu organisiert und zu frischer Blüte gebracht. Reaumur, Courtivron und Bouchu haben Nachrichten über das Eisenschmelzverfahren in Bis- caya und Guipuzcoa mitgeteilt, welche wir schon erwähnt haben. In dem Berichte über den Handel Spaniens, welchen der Staats- sekretär für Indien, Don Jeronimo Ustariz , auf Befehl Philipps V. 1724 abfasste, erwähnt er, dass die drei Stunden vom Meer in Gui- puzcoa gelegenen Eisenhütten von Placencia allein im stande wären, alle Anker und alles Eisengerät für die spanische Flotte zu liefern. Brückmann schreibt in seinen Magnalia Dei 1727: „Biscaya, früher Cantabria, hat eine unsägliche Menge Eisenstein, daher die Geographen dieses Land des Königs Schutz-Wehr und Vulkani-Werk- stadt item Martio Rüstkammer genennet haben. Man sagt für gewiss, Spanien. dass jährlich mehr als für 100000 Thlr. Nägel zu Schiffen, Riegeln und anderem Eisenwerk nach anderen europäischen Ländern von hier gebracht und wenigstens mehr als 300000 Ctr. Eisen verschmiedet würden. Man bedient sich in den Hütten gewisser Wassermaschinen, welche die Blasebälge treiben, und grosser Hämmer, so auf die Ambosse schlagen. Das in dieser Landschaft zugut gemachte Eisen wird für das beste in ganz Europa gehalten.“ Besonders für die Waffenfabrikation war das kantabrische Eisen berühmt. Der Marquis de la Ensenada sagt in einem Berichte über die Artillerie, den er 1748 an König Ferdinand VI . erstattete: Da das Eisen von Cantabria das beste ist, das es giebt, so folgt daraus, dass auch die aus demselben gefertigten Waffen, wie nament- lich Musketen, Pistolen, Karabiner u. s. w. von besonderer Güte sind. Es ist deshalb von Wichtigkeit, die Eisenwerke von Guipuzcoa, welche speciell diese Artikel herstellen, zur Bewaffnung Spaniens und Ame- rikas heranzuziehen Dillon , Travels through Spain 1780. Dillon, Joh. Talbot , Reise durch Spanien. Aus d. Engl. 2. Tl. 1782. . Der Export von spanischem Eisen nach Eng- land war bedeutend. Er betrug in den Jahren von 1711 bis 1718 durchschnittlich 1560 Tonnen im Jahre, von 1729 bis 1735 durch- schnittlich 1770 Tonnen im Jahre. In der zweiten Hälfte des Jahr- hunderts ging er zurück. Die durchschnittliche Ausfuhr von 1750 bis 1755 betrug 970 Ton- nen. Gegen Ende des Jahrhunderts war sie so sehr gesunken, dass sie in den Jahren 1786 bis 1794 meist unter 100 Tonnen im Jahre blieb. Wir wissen aus Reaumurs Mitteilungen, dass man sich in Bis- caya ebenfalls der Wassertrommeln bediente, worauf auch Brück- mann anspielt. Karl III. zog fremde Industrielle und Sachverständige in das Land, um die einheimische Industrie zu heben. Zu diesen gehörte der Engländer William Bowles , der sich um den Bergbau in Spanien grosse Verdienste erworben hat. Er wurde be- rufen, um die Quecksilberbergwerke bei Almaden, welche durch eine Feuersbrunst zum Erliegen gekommen waren, wieder herzustellen. Nach Erledigung dieses Auftrages erhielt er die Oberaufsicht über die gesamten Bergwerke Spaniens. In dieser Stellung bereiste er das Land. Seinem Aufenthalte in Biscaya verdanken wir einen vor- Beck , Geschichte des Eisens. 67 Spanien. trefflichen Bericht über die Eisenschätze von Sommorostro, welcher in einem Werke über die Naturgeschichte Spaniens, das von ihm in spanischer Sprache abgefasst und 1776 von dem Vicomte de Flavigny in das Französische übersetzt wurde Introduction à l’histoire naturelle et à la géographie physique de l’Espagne. Traduite de l’original Espagnole de Guillaume Bowles par le Vicomte de Fla- vigny , Paris 1776. , enthalten ist. Wir entnehmen daraus, dass der Abbau der Eisenerze und der Handel damit ganz frei waren. Das Erz war von derselben Güte wie zur Zeit der Römer und es gab kein Eisenerz in Europa, das sich so leicht schmelzen liess und so geschmeidiges Eisen gab, wie das von Sommorostro. Es wurden davon zur See ungeheure Mengen nach den benachbarten Provinzen geschickt, wo man es entweder allein verschmolz, oder mit geeigneten heimischen Erzen, welche aber in der Regel ein härteres Eisen gaben, mischte. Geringere Mengen gingen mit Wagen zu den Schmieden im Inneren des Landes. Die Erze wurden in Haufen mit Holz geröstet. Man schmolz sie in Rennfeuern zu Luppen von 100 bis 125 Pfd., welche unter Hämmern von 700 bis 1000 Pfd. Gewicht ausgeschmiedet wurden; Zuschläge waren nicht erforderlich, das Aus- bringen betrug 30 bis 35 Proz. Eine gute Schmiede warf jährlich an 500 Dukaten ab. Der Handel mit Eisen und Eisenerzen brachte jährlich Millionen Realen in das Land. Die Biscayer hielten an den kleinen Öfen der Kohlenersparnis wegen fest. Es gab noch an vielen anderen Plätzen Biscayas Eisenerze, dasjenige aus der Gegend von Bilboa galt als schwefelhaltig. 1724 waren Armut und Elend in Spanien noch so gross, dass sich (nach Ustariz ) damals eine Menge Menschen freiwillig zu den Arbeiten auf den Galeeren anboten J. A. F. Randel , Neuere Staatenkunde von Spanien, 1797. . Unter Philipp V. begann wieder ein wirtschaftlicher Aufschwung, welcher unter Ferdinand VI. andauerte und sich unter Karl III. zur Blüte entwickelte. Campo- manes schrieb 1774/76 seinen vortrefflichen Codex über Volksindu- strie und -Erziehung, der grossen Erfolg hatte. Er weist darin darauf hin, dass man in Asturien, Montana, Biscaya und Guipuzcoa die Klein-Eisenwaren-Industrie in Aufnahme bringen solle. Ausser den Kenntnissen seien alle Bedingungen dazu vorhanden, denn man besitze das vortrefflichste Eisen, Holz und Steinkohlen in Asturien, Überfluss an Wasserkraft und die Nachbarschaft des Meeres. 1775 entstand zu Madrid die erste der ökonomischen, patriotischen Gesell- schaften, welche die Hebung der Gewerbe und der Industrie zu ihrer Spanien. besonderen Aufgabe machten und sehr wohlthätig wirkten. Im Jahre 1784 gab es bereits 36 solcher Gesellschaften wie die in Madrid. Cavanilles schrieb 1784 Observations de Mr. l’abbé Cavanilles -Paris. , Asturien bearbeite mit grossem Erfolge seine reichen Bergwerke von Stahl, Magneteisen, Mangan, Silber, Kupfer, Graphit und Steinkohlen. Keine Provinz des König- reiches habe so viele Bergwerke und beschäftige so viele Menschen dabei, als Biscaya. Das vortreffliche Eisen sei hier in solchem Über- flusse, dass es nicht allein die Zeughäuser in Spanien versorge, sondern auch in grosser Menge nach Amerika ausgeführt werde. Catalonien ausgenommen sei der Handel nirgends eifriger wie hier. In Arra- gonien und Navarra sei das Eisen das wichtigste Bergwerksprodukt und betrage die Erzeugung nur in der Gegend von Albaracia jährlich für 300000 Frcs. an Wert. Bekannt seien die vortrefflichen Stahl- und Gewehrfabriken in den Provinzen. Wie gross aber der Kohlenmangel und wie schlecht die Waldkultur war, geht aus folgender Angabe Randels hervor: Wo Brennholz mangelt, da verbrennen die Einwohner Weinstöcke, Stroh, Mist und aromatische Kräuter, oder sie verkohlen das in ganzen Provinzen befindliche Haidekraut, dessen Wurzeln die schönsten feurigen Kohlen geben. Die meisten Eichen sind hohl, weil man sie der Kohlen wegen zu köpfen pflegt (!). Nur in Biscaya und Guipuzcoa sind Baumschulen angelegt worden, wo freilich die vielen Schmelzhütten das meiste Holz wegnahmen. Die Eisenminen zu Mondragon und Sommorostro sind die vor- nehmsten des Reiches Siehe Randel , a. a. O., S. 144. . Erstere, welche eine Meile von der Stadt Guipuzcoa entfernt liegt, liefert natürliches Stahl- oder das weisse Eisenerz mit Kalk verbunden, aus dem sonst das Eisen für die berühmten Toledoklingen verfertigt wurde John Talbot Dillon erzählt in seiner „Reise durch Spanien“, 1780, I, S. 161: Es ginge noch die Sage, dass dieses Erz zu den berühmten Schwertern gebraucht worden sei, mit denen Katharina von Arragonien ihrem Gemahl, Heinrich VIII. von England , ein Geschenk machte; von denen man noch einige bei den Hochländern in Schottland antrifft, wo man sie unter dem Namen Andreas Ferrara , als des Meisters, der auf der Klinge steht, sehr in Ehren hält. . Das Erz gab 40 Proz. Metall. Das Eisenerz des letzteren Werkes übertrifft an Weichheit jedes andere in Europa. Der Centner enthält 35 Pfd. Eisen. Wegen seiner Geschmeidigkeit lässt sich das Eisen zu dünnem Draht ziehen. An Güte folgt das Eisenwerk von Bielsa und Albaracia in Ara- 67* Spanien. gon. Von dem Eisen bei Molina d’Aragon behauptet man, dass es sich wegen seiner ausserordentlichen Weichheit leicht bearbeiten lasse. Sonst stehen auch zwischen Aragon und Castilien viele Eisen- und Kupfererze zu Tage an. Raynal bemerkt, dass im Jahre 1733 etwa 60000 Ctr. Eisen, im Jahre 1776 aber nur die Hälfte nach Amerika ging, nur 8000 Ctr. davon war verarbeitet. Frankreich, Holland und England bezogen viel rohes Eisen aus Spanien, wogegen diese Staaten wieder Stangeneisen, Anker und Kriegsmunition mit 2 Mk. bis 6 Mk. Zoll für den Centner einführten. 1720 bezahlten die fremden Nationen nur 4 Piaster für das Eisen, welches ver- arbeitet mit 16 Piastern bezahlt worden wäre. Wenn also Spanien jährlich für 300000 Piaster rohes Eisen ausführte, so hätte es dem- selben durch Verarbeitung einen Wert von 1200000 Piaster geben können. Von spanischen Eisenwaren waren besonders von alters her die Waffen berühmt. Ausser Toledo lieferte Saragossa berühmte Klingen, del Perrillo genannt, die ebenfalls aus dem Stahleisen von Madragon gemacht wurden. Die spanischen Klingen waren breit und von grosser Länge, um zu Pferde getragen zu werden. Als der Herzog von Anjou den Thron bestieg, wurden die französischen Klingen Mode, was der toledonischen Klingenindustrie grossen Abbruch that. Sehr gesuchte Feuergewehre und vortreffliche chirurgische Instrumente lieferte Barcelona. Die besten spanischen Flinten hatten eiserne Nagelläufe, das Zündloch mit Pistongold verschraubt. Die Ausfuhr von Flinten war verboten, und mussten die Spanier noch öfters von den Nieder- ländern Gewehre kaufen. Zu Ustariz’ Zeit (1720) wurden in Bis- caya und Catalonien jährlich 18000 bis 20000 Flinten verfertigt, und diese reichten hin, die Armee und viele Arsenale in Europa, auf der afrikanischen Küste und in Indien zu versorgen. Besonders gute Läufe wurden in Barcelona aus den alten Hufeisen der Maulesel ge- macht. Ihr gewöhnlicher Preis war 90 Mk., künstlichere wurden aber bis 360 Mk. bezahlt. Zu S. Idelfonso hatte ein Irländer, Dowling , eine englische Stahlwarenfabrik für Scheren, feine Instrumente und Degenklingen gegründet. Die einst so berühmte Schwertfabrik in Toledo, die fast ganz eingegangen war, hatte der König auf seine Rechnung wieder eingerichtet, aber der alte Ruf war nicht wieder herzustellen. Die Kanonengiesserei hatte ihre Hauptsitze in Barcelona und Sevilla, erstere Stadt konnte jährlich 200, letztere 300 Kanonen liefern. An beiden Plätzen hatte der Schweizer Maritz Kanonen- Spanien. bohrmaschinen aufgestellt, um die Kanonen aus dem Vollen zu bohren. Diese Kanonen waren viel haltbarer wie vordem und sollten 1200 Schüsse aushalten können. In Biscaya, dem Hauptsitze der Eisengewinnung, gab es auch viele Eisen- und Stahlfabriken für gewöhnliche Waren. Ihre Zahl belief sich an 300. In regnerischen Jahren, denn nur in solchen hatten die Flüsse genügendes Wasser, um die Hämmer zu treiben, wurden 80000 Ctr. (zu 155 Pfd. kastilisches Gewicht) verarbeitet. Nach genauerer Angabe zählte man im Distrikte Bilbao zur Zeit der grössten Blüte im 18. Jahrhundert 245 Ferrerieras (Rennfeuer, Katalanschmiede). 1780 betrug aber ihre Zahl nur 154 mit einer Produktion von 7300 Tonnen Eisen. 1785 gab es in Guipuzcoa 18 Ankerschmieden, welche nicht nur für den Bedarf Spaniens ausreichten, sondern auch noch nach Frankreich und England exportierten. Rinman giebt in seinem Bergwerkslexikon 1794 die Ausfuhr an Eisen der drei Provinzen Biscaya, Guipuzcoa und Navarra zu 92000 Schiffspfund = 14720 Tonnen an. Es ging viel unverarbeitetes Eisen ins Ausland, besonders nach Amerika. — Eine Weissblechfabrik war bei der Sierra de Gaucin in Granada errichtet worden und eine sehr vorteilhaft eingerichtete Drahtzieherei für Eisen- und Kupfer- draht hatte Miguel Bayot erbaut. Im allgemeinen wurden aber viel feinere Eisensorten und Eisenwaren importiert. Alten Ruhm hatten die spanischen Metallarbeiter im Vergolden. Zu Anfang des Jahrhunderts beherrschten noch die Holländer den spanischen Handel, mussten ihn aber mehr und mehr an die Engländer abtreten. Diese lieferten namentlich Eisen- und Stahlwaren, als Messer, Scheren, Rasiermesser, Gabeln, Schlösser, Knöpfe, Leuchter u. s. w. Doch kamen auch viele Waren aus Frankreich und Deutschland. Nürnberg lieferte 1780 Steck- und Packnadeln, Blechbüchsen, Vorhängeschlösser, Hirschfänger, Fingerhüte, Lichtputzen, schwarze Degen, Hämmer für Hufschmiede, Schermesser u. s. w. Bandeisen lieferte Schweden, Deutsch- land und Holland; Stahl besonders die österreichischen Alpenländer und die westfälische Mark; Stahlwaren Solingen und Remscheid. Eisen im rohen Zustande spielte eine wichtige Rolle bei der Aus- fuhr Spaniens. Unter den besten Sorten von Bilbao wurden aufge- führt Fer Tiradera und Fer Zearrola, die nach Quintal-Macho zu 155 Pfd. verkauft wurden. — Gebr. Laurangin \& Co . waren damals die grössten Eisenkommissionäre in Bilbao. Versuche, den Hochofenbetrieb an Stelle der Katalanschmieden einzuführen, hatten nur schlechten Erfolg. Spanien. Nachdem in dem Revolutionskriege 1794 die Franzosen die nörd- lichen Provinzen Spaniens erobert hatten, schickte die Kommission der Waffen den Bergingenieur Muthuon nach den baskischen Pro- vinzen, um das dortige Eisenhüttenwesen zu studieren. Er fand alle Eisenschmieden verlassen und keine einzige im Betriebe. Dennoch erstattete er einen bemerkenswerten Bericht Siehe Annales des mines, an 3 (1795), No. XI, p. 1. . Danach röstete man in der Gegend von Tolosa und Aspeytia die Erze in Haufen, in Navarra und bei Yrun (Irun) und Oyarsun in Schachtöfen, welche bis zu 16 Fuss hoch waren. Das Schmelzen der Erze geschah aus- schliesslich in Katalanschmieden. Die Schmelzöfen waren teils vier- eckig, teils achteckig, teils rund. Letztere waren mit eisernen Reifen gebunden, in welchem Gerüst das Mauerwerk eingebaut war. In der Schmiede von Urdanabia bei Yron benutzte man sogar einen kupfernen Kessel als Schutzbekleidung. Die spatigen Erze kamen von verschie- denen Bergwerken, zumeist aber von Sommorostro. Die meisten Katalan- schmieden lagen an Bächen. Man schätzte die Jahresproduktion von Guipuzcoa auf 98100 Ctr. Es gab aber 76 Katalanschmieden in der Provinz, welche nach mässiger Berechnung 147744 Ctr. liefern konnten, wenn sie betrieben wurden. Muthuon fügte seinem Berichte eine Ta- belle bei, in welcher 45 Hüttenwerke mit Katalanfeuern, nach den Ge- meinden geteilt, aufgeführt sind, ausserdem 2 Eisenschneidwerke, 3 Blech- hämmer, 1 Stahlhammer, 4 Nagelschmieden und 7 Ankerschmieden; endlich noch 1 eingegangene Klingen- und Bajonettschmiede bei Tolosa. Eiserne Geschütze wurden in Cabada gegossen, doch fiel der Guss sehr weich aus, und die meisten über dem Kern gegossenen zer- sprangen (1772). 1783 wurde das französische Kaliber eingeführt. Franzosen hatten in den Jahren 1740 bis 1742 mehrere Hoch- öfen zum Kanonenguss in Portugal angelegt. Einer zu Machuca, unweit Figuiero dos Vinhos in Estremadura, war 24 Fuss hoch, von viereckiger Zustellung, vor der Form 2 Fuss auf 2 Fuss 6 Zoll, in dem Kohlensack 5 Fuss auf 5 Fuss 6 Zoll, das Gestell war 3 Fuss 7 Zoll, die Rast war 2 Fuss hoch, die Form lag 1 Fuss 10 Zoll über dem Boden. Zwei Hochöfen von 25 und 26 Fuss Höhe befanden sich zwei Stunden davon bei Foz d’Alge am Ausflusse des Alge in den Cesare. Man verschmolz Roteisenstein mit Kohlen von Korkeichen, Kastanien und den Wurzeln der Cepa (Crica arborea), einem starken Haidekraut Siehe Jordan und Hasse , Magazin für Eisenberg- und Hüttenkunde, 1808, S. 59. . England. Zwei alte Eisenhütten in der Provinz Estremadura und zwar in den Bezirken von Thomar und von Figuiero dos Vinhos erwähnt auch Heron de Villefosse H. de Villefosse , De la richesse minérale, T. I, p. 265. Siehe auch Memorias economicas da Academia real des Sciencias de Lisboa. T. I, No. 10. (Lisb. 1770.) Jore Martins da Cunha Pescoa über die Eisenwerke von Figuiero. . Sie waren schon lange eingegangen, als König Johann IV. sie um die Mitte des 17. Jahrhunderts wieder in Betrieb setzen liess. Sie erhielten sich bis 1759 und lieferten viel und gutes Eisen an die Regierung. Der berühmte portugiesische Minister Pombal war so darauf aus, die Eisenindustrie zu fördern, dass er 1768 in Angola (West- afrika) am Zusammenflusse des Luinha und Lucalla eine massiv aus Steinen konstruierte Eisenhütte mit Hochofen und Giesserei nach europäischem Muster erbauen liess. Acht spanische und schwedische Eisenhüttenleute sollten mit Hülfe der Eingeborenen das Werk be- treiben. Wie leicht erklärlich, war das Unternehmen nicht lebens- fähig. Die Arbeiter gingen rasch an Krankheit und Ausschweifungen zu Grunde, die Gebäude stürzten ein. Livingstone fand in den 50er Jahren noch die Trümmer. England . Der Fortschritt der Eisenfabrikation im 18. Jahrhundert vollzog sich in grossartigster Weise in England . Es ist ein überraschender Gegensatz zwischen der Eisenindustrie Englands zu Anfang des Jahr- hunderts und am Ende desselben. Während in der Periode 1700 bis 1750 die englische Eisenindustrie um ihre Existenz ringen muss, ent- faltet sie sich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts in bewunderungs- würdiger Weise. Das letzte Viertel des Jahrhunderts ist ein Sieges- zug der englischen Eisenindustrie, indem sie, von einer Erfindung und einer Verbesserung zur anderen vorschreitend, die Bewunderung der Welt erregt und sich die unbedingte Führerschaft auf diesem Gebiete erkämpft. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts litt England schwer unter dem Holzmangel. Es war weitaus nicht im stande, den immer wach- senden Bedürfnissen des Landes an Eisen, namentlich für die Aus- rüstung seiner Seeschiffe, zu erzeugen, und es war gezwungen, den grössten Teil seines Eisenbedarfs aus dem Auslande zu beziehen. England. Trotzdem machte 1719 die Eisenindustrie ⅓ der ganzen englischen Industrie aus und beschäftigte 200000 Personen. Mr. William Wood , ein grosser Eisenindustrieller, veröffent- lichte 1720 folgenden Bericht über den Zustand des englischen Eisen- handels: „Das Eisen ist nach der Wolle der grösste Industrieartikel Englands. England verbraucht etwa 30000 Tonnen im Jahre, wovon wir wegen Mangel an Kohlholz etwa 20000 Tonnen von unseren Nachbaren für bares Geld kaufen müssen, was, zu 10 £ die Tonne, 200000 £ pro Jahr giebt. Wir haben aber Erz genug im Lande, um den ganzen Bedarf zu decken, wäre nur Holz für Kohlen da. Es dürfte sich rentieren, billiges Land aufzukaufen und dies mit Holz anzupflanzen.“ Dieser Wood besass damals alle Bergwerke der Krone in Pacht. Seine Hütten waren reichlich mit Steinkohlen versehen, er hatte Frisch- und Reckhämmer, sowie ein Schneid- und Walzwerk, zum Walzen, Schneiden und Vorbereiten des Eisens für Fabrikzwecke. Er besass Hochöfen, um Roheisen, Töpfe, Schienen, Geländer, Herd- und Kaminplatten und alle anderen Sorten von Gusswaren mit Holz- kohlen und mit Steinkohlen zu giessen Siehe Anderson , An history of the great commercial interrest of the British empire III, S. 124. . „Unglaublich ist bereits die Verwüstung der Wälder, besonders in Warwick, Stafford, Worcester, Herford, Monmouth, Gloucester und Salop durch die Eisenwerke“, heisst es in einer Eingabe an die Re- gierung aus jener Zeit, „und wenn nicht gesorgt wird, das Bauholz vor diesen gefrässigen Öfen zu schützen, so behalten wir nicht Holz genug, unsere Schiffe zu bauen.“ Trotzdem war 1724 Eisenbereitung noch die Hauptindustrie von Sussex. Über die Hochöfen in Sussex hat Swedenborg genaue Mittei- lungen gemacht (s. S. 154). Seine Nachrichten über die englische Eisenindustrie vor 1734 sind von grossem Interesse. Die Eisenerze wurden nach seiner Angabe in England meistens durch Bohrarbeit (terebratione) erschürft. Man fand sie zuweilen 10 bis 20 Fuss tief unter der sandigen und thonigen Decke, in grösserer Tiefe waren sie von einem fetten bläulichen Thon bedeckt. Dabei lag häufig unmittelbar über dem Erz Kalkstein, der als Flussstein diente und von dem 25 Proz. im Hochofen zugesetzt wurde Una cum ¼ parte calcarii lapidis. (Erz und Zuschlag wurden also aus dem- selben Schachte gefördert). Das Erz wurde geröstet. Vielfach fand England. man auch Lager von Raseneisenerz von 1 Fuss Dicke und mehr. Dieses gattierte man mit Eisenstein, weil es für sich allein den Ofen verstopfen würde. Frisch gegraben war es gelblich, nach längerem Liegen an der Luft zerfiel es zu schwärzlichem Pulver. Pin-mine hiess ein Erz von grauer Farbe, das getrocknetem Thon glich und sich leicht in Stücke zerschlagen liess. Im Forrest of Dean gäbe es ein bläuliches Erz, welches helle, glänzende, glimmerähnliche Einsprengungen enthalte, die das Eisen spröde machten, wenn man ihm nicht alte Schlacken oder Steinkohlenasche (Koks?) beimenge Nisi cum scoriis vetustis vel cineribus carbonum fossilium commiscentur. . In Staffordshire fände sich Eisenerz der Steinkohle eingemengt. Das Ausschmelzen des Eisens und die Verarbeitung desselben in Hammerwerken stehe in England in hoher Blüte, und habe in den letzten Jahren sowohl die Zahl der Hütten als die Kunst des Schmel- zens zugenommen. Es gebe viele Hochöfen und Hämmer in der Provinz Lancashire, desgleichen in Lichtonbeck, Cunsey und Back- barrow Die englischen Ortsbezeichnungen sind bei Swedenborg meist unrichtig gedruckt; wo die richtigen Namen nicht zu erkennen waren, haben wir die Schreibweise des Originals beibehalten. . Eisenerzgruben seien in der Nähe der Stadt Ulverstone, die ein fettiges Erz von roter Farbe liefern. Noch reicher war aber das, welches bei Whitehaven gewonnen wurde, denn es gab drei Tonnen Eisen aus fünf Tonnen Erz, also 60 Proz. Damit das Erz aber besser schmölze, setzte man ihm alte Schlacken oder eisenreiche Abfälle zu Recrementa vetusta, sive quae prius ex fornacum focis emissa sunt, et ferro foeta et praegnantia. . „In den Hochöfen von Lancashire verwendet man Holzkohlen, wenn aber daran Mangel ist, hilft man sich auch mit Torf (humus com- bustibilis sive terra pinguis). Aber man hat die Erfahrung gemacht, dass dieser das Eisen schwefelhaltig, brüchig und schwer zu ver- arbeiten macht, indem es in der Hitze in Stücke fährt und die daraus geschmiedeten Stäbe voller Risse und Sprünge sind, so dass man es nur brauchen kann, wenn man es mit besseren Eisensorten zusammen verarbeitet. Am meisten blüht die Verhüttung des Eisens um Stourbridge (Staffordshire). Die Schmelzöfen sind dort sehr hoch, nämlich vom Bodenstein bis zur Gicht 26 schwedische Fuss. Sie sind verschieden von den schwedischen; auch weichen sie im Äusseren wie im Inneren von den Öfen anderer Gegenden ab. Die äussere Gestalt ist vier- eckig, von 12 Ellen Seitenlänge am Boden. Die Wände sind bis ⅓ der Höhe parallel aufgeführt, von da sind sie bis zur Gicht zusammen- England. gezogen. Die Gicht selbst ist 20 bis 22 Zoll quadratisch. Das Gestell ist oben 18 Zoll breit und 2 Fuss 4 Zoll lang, unten am Bodenstein 17 Zoll zu 2 Fuss. Das Gestell bis zur Rast ist 5 Fuss hoch. Das Innere wird aus Ziegelsteinen oder anderen feuerfesten Steinen, das Äussere aus Bruchsteinen hergestellt. Das Gestell besteht aus vier grossen Steinen, von denen jeder 1 bis 1½ Tonnen wiegt. Der grösste derselben bildet den Bodenstein, die drei übrigen die drei Seiten. Ein fünfter wird über dem Abstich angebracht. Es kommt vor, dass die Steinwände soweit wegschmelzen, dass der ursprünglich 17 Zoll weite Herd sich bis auf 3 Fuss erweitert. Die Blaseöffnung ist von Stein; ihre untere Fläche wird durch eine Eisenplatte geschützt, auf welcher die Düsen der Blasebälge aufliegen. Die Bälge sind zum Teil von Holz, an einigen Orten aber auch noch von Leder. Die Lederbälge sind 18 Fuss lang, 4 Fuss 2 Zoll breit. Die Düsen haben 1 Fuss 4 Zoll Länge. Die Holzbälge sind ebenfalls 18 Fuss lang, 4 Fuss und mehr breit. Die Saugklappe ist 17 auf 16 Zoll. Die Düsen haben eine Länge von 4½ Fuss und ragen 3½ Fuss aus dem Balghaupt. Sie sind 2 Zoll weit an der Mündung. Die Bälge sind bis 7 Fuss von den Düsen mit Zinn ausgeschlagen; man glaubt, dass dadurch der Wind besser ausströme und die Bälge sich nicht so leicht durch ein- gesaugte Funken oder Schlacke entzünden.“ Das Wasserrad hatte 22 Fuss Durchmesser, seine Welle war 2 Fuss 9 Zoll dick und 24 Fuss lang. — Die Röstung der Erze geschah in offenen Haufen, indem man Kohlen und Erz lagenweise aufschichtete. Dann wurden sie von unten angezündet und brannte eine Woche oder länger. Man gattierte dann die zwei Erzsorten, eine ärmere (Iron-stone) und eine reichere (Iron-ore). Zum Schmelzen verwendete man mittelgrosse Eichenkohlen, indem man die grossen für die Frischfeuer zurückbehielt. Auf 1 Schiffspfund Eisen wurde nur ½ Last Kohlen verbraucht. In Lancashire mischte man der Holzkohle Torf bei, was aber ein durch Schwefel brüchiges Eisen gab. An mehreren Orten versuchte man es mit Steinkohlen, die zu Koks (cinders) gebrannt waren; aber man erhielt damit weniger Eisen als mit den Holzkohlen. Mit unge- mischter Holzkohle schmolz man in einer Woche 15 bis 16 Tonnen Eisen, bei Zusatz von Koks dagegen nur 5 bis 6 Tonnen, ganz abgesehen davon, dass das Eisen rotbrüchig und so schlecht wurde, dass es kaum zu irgend welchen Geräten verwendet werden konnte. „Der Ofen wird zuerst mit Kohlen gefüllt; sind diese um 5 Fuss niedergegangen, so werden wieder drei Körbe Kohlen und auf diese England. zehn Tröge Erz aufgegeben; sind diese wieder um 5 Fuss gesunken, so gichtet man von neuem drei Körbe Kohlen und zehn Tröge Erz auf. In 12 Stunden werden sechs Chargen gesetzt. Das Eisen wird zweimal, zuweilen auch nur einmal in 24 Stunden abgestochen; in der Regel erhält man bei jedem Abstich 7½ Schiffspfund Eisen, welche man in 23 Massel zu verteilen pflegt. Die Schlacken sind teilweise grün und glasartig und diese werden auch auf die Glashütten gefahren. Das daraus erhaltene Glas ist aber brüchig. Man sucht dies dadurch zu vermeiden, dass man nur eisenfreie Schlacken aussucht. An manchen Plätzen setzt man vier bis fünf Körbe Kohlen, darauf das Erz und ⅛ oder ¼ Bushel Flussstein. Bei den grossen Öfen lässt man das Eisen direkt in das zugerichtete Flossenbett laufen, bei kleinen Öfen dagegen in ein Gefäss, aus dem man es in gewünsch- ten Mengen ausgiesst. In der Regel sticht man zweimal in 24 Stunden und zwar jedesmal 1200 bis 1300 Pfd. ab. Will man aber grössere Ge- schütze giessen, so hält man oft das Eisen zwei Tage lang im Ofen.“ In Kent und Sussex waren viele Öfen für Kanonenguss, deren Be- schreibung wir schon früher mitgeteilt haben. Bei Turnbridge soll man aus einem Hochofen jede 16 Stunden zwei Geschütze von je 1500 Pfd. Gewicht gegossen haben. Die Formen wurden aus Lehm, dem Haare und Mist beigemengt waren, hergestellt, und eine neben der anderen in aufrechter Stellung in den Boden eingegraben. Prinz Ruppert machte viele Versuche, die Erze mit Steinkohlen zu schmelzen und soll dies auch einige Wochen durch mit Erfolg fortgesetzt haben, aber das Gestell setzte sich voll Schlacken und wurde durch eine zähe, schwammartige Masse verstopft, ausserdem war das Eisen sehr schwefelhaltig. Die Verwendung der Steinkohle an Stelle der Holzkohle bei der Eisenbereitung wurde aber ein immer dringenderes Bedürfnis, ja geradezu eine Existenzfrage für die englische Eisenindustrie. Sie war der Nerv aller Verbesserungsbestrebungen im 18. Jahrhundert und ein Glied nach dem anderen setzte sich mit jeder neuen Erfindung an, bis der kräftige Körper der englischen Steinkohlen-Eisenindustrie am Ende des Jahrhunderts ausgebildet war. In die ersten Jahrzehnte des Jahrhunderts fallen bereits die Versuche des älteren Abraham Darby zu Coalbrookdale um 1713, die Erze im Hochofen mit Koks statt mit Holzkohlen zu schmelzen. Obgleich dieselben nicht ohne Erfolg waren, führten sie doch noch nicht zu der eigentlichen Einführung des Koks- Hochofenbetriebes. Dieser wurde erst um 1735 erfolgreich zu Coal- brookdale von Abraham Darby , dem Sohne des oben genannten, England. durchgeführt und gelangte erst 1747 durch Professor Marons Brief, der in der königlichen Gesellschaft verlesen und dann veröffentlicht wurde, zur allgemeinen Kenntnis. Dem älteren Abraham Darby gebührt das weitere Verdienst, die Eisengiesserei in England verbessert und die Sandformerei 1708 eingeführt zu haben. In die erste Hälfte des Jahrhunderts fällt ein anderer wichtiger Fortschritt der Eisengiesserei, die Einführung der Flammöfen zum Um- schmelzen des Roheisens, besonders zur Erzeugung grosser Gussstücke. Als Brennmaterial diente hierbei ebenfalls Steinkohle. Damit war diese auch in diesen Zweig der Eisenindustrie erfolgreich eingeführt. Den 1729 bei Whitehaven angestellten Versuch, Eisenerze mit Stein- kohlen im Flammofen zu schmelzen, haben wir S. 130 beschrieben. Im Jahre 1720 nahm Hanbury die Weissblechfabrikation, die nach Yarrantons Tode in Verfall geraten war, mit Erfolg auf. Der- selbe errichtete 1728 das erste Blechwalzwerk in England. 1750 zählte man bereits vier Weissblechhütten, die alle in Wales lagen. Durch das Walzverfahren hatten die englischen Bleche schöneren Glanz als die importierten. Sie wurden deshalb rasch beliebt, und da der Bedarf an Weissblech in Grossbritannien und Irland ein bedeutender war, so wurde die heimische Weissblechfabrikation für das Land ein grosser Segen. Schon vor oder zu Anfang des Jahrhunderts kannte man in Eng- land die Cementstahlfabrikation. Dieselbe spielte wenigstens schon zu der Zeit, als Reaumur seine berühmte Schrift über dieselbe ver- öffentlichte (1722), eine bedeutende Rolle daselbst. Wie Reaumur berichtet, verwendeten die Engländer schon damals ausschliesslich schwe- disches Eisen für die Bereitung ihres Brennstahls. Die Cementieröfen wurden ebenfalls mit Steinkohlen gefeuert, nur zum Cementierpulver selbst war Holzkohlenpulver erforderlich. Hier finden wir also die erste erfolgreiche Verwendung der Steinkohlen auch bei der Stahlfabrikation. Noch wichtiger wurde dieselbe, als Huntsman 1740 den Tiegel- gussstahl erfand. Die Tiegel wurden mit Koks geheizt. Die Ver- kokung der Steinkohlen war selbstverständlich ebenfalls eine Erfin- dung der Engländer, und reicht dieselbe schon in das vorhergehende Jahrhundert zurück. Alle diese Operationen und Erfindungen haben wir in dem all- gemeinen Teile bereits beschrieben, ebenso auch die zahlreichen Ver- suche, die schwierigste Aufgabe, Schmiedeeisen mit Steinkohlen zu frischen, zu lösen. England. Seit der Erfindung des Gussstahls, der erst um die Mitte des Jahrhunderts anfing ein Handelsartikel zu werden, begann eine nach- weisbarere Vermehrung der englischen Eisenproduktion. Die Erfindung der Newcomens chen atmosphärischen Dampf- maschine wirkte in doppelter Weise auf die Eisenindustrie: ihre Her- stellung gab der englischen Eisengiesserei einen wichtigen Impuls, und ihre Anwendung griff unmittelbar in den Bergbau und Hütten- betrieb ein. Diese einzelnen Momente der fortschreitenden Ent- wickelung der englischen Eisenindustrie haben wir bereits ausführlich in dem allgemeinen Teile geschildert. Aber alle diese Fortschritte konnten in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts den durch den Holzmangel veranlassten Rück- gang des englischen Eisengewerbes nicht verhindern. Im Jahre 1740 stand die Eisenproduktion Englands auf einer sehr niedrigen Stufe. Sie hatte sich infolge der fortschreitenden Ent- waldung seit der Zeit Dudleys fort und fort vermindert und statt der 300 Schmelzöfen zu jener Zeit waren in diesem Jahre nur noch 59 im Betriebe, welche nicht mehr als 17350 Tons im Jahre produzierten. Scrivener teilt nachfolgendes Verzeichnis dieser Öfen und deren Produktion mit H. Scrivener , History of the Iron Trade, p. 57. : Brecon mit 2 Öfen produzierte 600 Tons Glamorganshire „ 2 „ „ 400 „ Carmathenshire „ 1 „ „ 100 „ Cheshire „ 3 „ „ 1700 „ Denbighshire „ 2 „ „ 550 „ Derbyshire „ 4 „ „ 800 „ Gloucestershire „ 6 „ „ 2850 „ Herefordshire „ 3 „ „ 1350 „ Hampshire „ 1 „ „ 200 „ Kent „ 4 „ „ 400 „ Monmouthshire „ 2 „ „ 900 „ Nottinghamshire „ 1 „ „ 200 „ Salop „ 6 „ „ 2100 „ Staffordshire „ 2 „ „ 1000 „ Worcestershire „ 2 „ „ 700 „ Sussex „ 10 „ „ 1400 „ Warwickshire „ 2 „ „ 700 „ Yorkshire „ 6 „ „ 1400 „ Zusammen 59 17350 Tons. England. Alle diese Öfen wurden mit Holzkohlen betrieben. Obgleich in der Periode mindestens zwei Hochöfen mit Koksbetrieb in Coalbrookdale im Gange waren, stieg die Jahresproduktion bis zum Jahre 1750 doch nur auf 22000 Tons Nach Karsten I, S. 64. Smiles giebt sogar nur 18000 Tons an. , was sich leicht daraus erklärt, dass die Kokshochöfen, solange man sie mit den alten Blasebälgen betrieb, keine höhere Tagesproduktion hatten als die Holzkohlenhochöfen, etwa 1 Tonne den Tag. — England musste damals ⅘ seines Eisenbedarfs aus dem Auslande beziehen. Der Bedarf an Eisen und die Fabrikation von Eisen- und Stahlwaren war sehr gestiegen, aber nur selten wurde einmal ein neues Hochofenwerk gegründet, wie beispielsweise das 1735 von Cookson erbaute bei Chester-le-Street. Dieser erste Hoch- ofen der eisenreichen Grafschaft Durham war 10,50 m hoch und lieferte 25 Tonnen Roheisen wöchentlich, eine für jene Zeit sehr beträchtliche Produktion. 1740 wurde ein Hochofen für Koksbetrieb zu Pontypool in Monmouthshire errichtet. Birmingham verarbeitete hauptsächlich das Eisen von Staffordshire und den Stahl, welchen Sheffield und Newcastle lieferten. 1727 geschieht des grossen Wachstums der Stadt Birmingham, oder richtiger des Dorfes Birmingham, denn wie Manchester blieb es noch ein solches, trotz seiner Bevölkerungszunahme, Erwähnung. Wie Anderson sagt, verdankte Birmingham sein ungeheures Wachs- tum durchaus der Eisen- und Metallwarenfabrikation, wodurch es 50000 Menschen beschäftigte resp. ernährte. Ein Hauptnahrungszweig war die Gewehrfabrikation geworden, welche unter Wilhelm III. hier entstanden war. Die Regierung und das Parlament suchten die Eisenindustrie nach Möglichkeit zu fördern. 1722 wurde unter dem Ministerium Walpole eine Parlamentsakte erlassen, welche der Ausfuhr der englischen Manu- fakturwarenindustrie grosse Handelserleichterungen durch Aufhebung von Zoll und Accise und Gewährung von Prämien und Zollrückvergütungen gewährte. Durch die Notwendigkeit, alles Qualitätseisen im Auslande kaufen zu müssen, wurden dem Lande grosse Summen Geldes entzogen. Hiergegen wurden mancherlei Vorschläge gemacht. 1737 wurde in Broschüren und Zeitungen agitiert, dass England seinen Bedarf an Eisen und Hanf, den zwei wichtigsten Artikeln für das Land und die Flotte, aus seinen Kolonieen in Nordamerika beziehen sollte. Infolgedessen kam eine Petition der Kaufleute an das Parlament zu stande, in wel- cher vorgebracht wurde, dass England 1. jährlich über 20000 Tons England. tremdes Eisen importierte, wovon 15000 Tons aus Schweden kämen, welche ca. 150000 £ kosteten und meist bar bezahlt werden müssten, der grösste Teil der übrigen 500 Tons käme aus Russland, während Englands Export an Schmiedeeisen nur 3000 bis 3500 Tons im Jahre betrage. 2. Dass das Eisen von den britischen Kolonieen (Nord- amerika) so gut sei, wie irgend ein fremdes Eisen und mit gehöriger Unterstützung in ausreichender Menge dargestellt werden könnte, um alles fremde Eisen zu ersetzen; England sei jetzt aber von Ländern abhängig, die nicht genug Waren dagegen bezögen, während man das Eisen der Kolonieen ganz mit Wollen- und anderen Artikeln bezahlen könnte, deren Fabrikation dadurch auch einen neuen Auf- schwung erfahren würde; im ganzen könnten sicher dem Lande 180000 £ gespart werden. Es wurde in jener Eingabe ferner behauptet, dass England im eigenen Lande ca. 18000 Tons Stabeisen mache, welche Menge nur wegen Mangel an Holz, da die Waldungen zu sehr erschöpft seien, nicht gesteigert wer- den könne: während wenn England mehr Roheisen aus Amerika bezöge und weniger davon im Lande selbst machte, man in Eng- land selbst viel mehr Stabeisen fabrizieren könnte. 3. Dass nichts so sehr die Amerikaner davon abhalten würde, geschmiedetes Eisen und Eisenwaren selbst zu fabrizieren, als wenn man ihnen das Rohmaterial, Roheisen und Rohschienen abkaufe. Deshalb müsse 4. auf alles von Europa eingeführte Eisen ein Zoll gelegt werden. Entschiedene Gegner dieser Petiton waren die englischen Hammer- werksbesitzer und Eisenwarenfabrikanten, die fremdes Eisen bezogen. Es wurde vorgeschlagen, dass ein Zuschlagszoll auf alles fremde, ausser dem von Amerika eingeführten Eisen, gelegt werden sollte. Aber die englischen Eisenwerksbesitzer wussten auch das zu hinter- treiben. Die in der oben angeführten Petition der englischen Kaufleute ausgesprochenen Grundsätze in Bezug auf die britischen Kolonieen in Nordamerika wurden aber die Richtschnur für die englische Politik diesen gegenüber, führten jedoch in ihrer Ausführung zu einer tyran- nischen Unterdrückung der Selbständigkeit der amerikanischen Eisen- industrie, welche in ihren Folgen für England verhängnisvoll wurde, weil sie zum grossen Teil den Hass gegen das Mutterland hervorrief, welcher die Losreissung der Kolonieen veranlasste. 1750, im 23. Jahre der Regierung Georg II., wurde eine Parla- mentsakte erlassen, „um die Einfuhr von Roheisen und Rohschienen von Britisch-Amerika zu befördern, gleichzeitig aber zu verhindern, England. dass irgend welches Hammerwerk oder Maschinen zum Eisenschneiden oder Eisenwalzen oder irgend eine Blechschmiede mit Hammerbetrieb oder ein Ofen, um Stahl zu machen, in besagten Kolonieen errichtet werden durften“. — Dieser Titel der Akte beweist schon, wie eifer- süchtig England darüber wachte, keine Industrie in seinen Kolonieen aufkommen zu lassen, welche mit der Industrie Englands in Konkur- renz treten konnte. England besass bereits seit dem Jahre 1710 eine Handelsstatistik (Parlamentary Tables of Imports and Exports), aus welcher die Ein- und Ausfuhr von Eisen zu ersehen war. Die Zölle hatten die Ver- anlassung dazu gegeben. Nach diesen Aufstellungen H. Scrivener , History of the Iron Trade. Appendix, p. 325. betrug die Einfuhr an Eisen von Weihnachten 1710 bis zum gleichen Tage 1711 14584 Tonnen, 1713/14, in welchem Jahre sie in dem Zeitraume 1710 bis 1718 am höchsten war, 21899 Tonnen, 1716/17 dagegen nur 7540 Tonnen. An Einfuhrzoll wurden 1713/14 45337 £ erhoben; derselbe betrug per ton 2 £ 1 sh. 11 ₰ — von Irland dagegen nicht ganz 1 £. Die Einfuhr von Stahl schwankte in den Jahren 1718 bis 1735 von 2000 bis 4156 Ctr.; er kam fast ausschliesslich von Holland, war also deutscher Stahl, der 9 Schilling 5 3/20 Pence pro Centner Zoll zahlte. Die Einfuhr von den Kolonieen betrug 1734/35 an Stabeisen etwas über 55 Tonnen, an Roheisen 2570 Tonnen; letzteres bezahlte 3 Schilling 9 9/20 Pence, ersteres 2 £ 1 sh. 6 3/10 ₰ pro Tonne an Zoll. In demselben Jahre betrug die Einfuhr von den europäischen Ländern bereits über 26000 Tonnen, wovon Schweden über 20000 Tonnen lieferte; 1750 stieg sie auf über 35000 Tonnen, wovon aber Russland schon an 15000 Tonnen lieferte. Die Einfuhr nach Schottland betrug 1750/51 1570 Tonnen. Die Ausfuhr Englands nach seinen Kolonieen betrug 1710 17300 Ctr. an Stab- und Schmiedeeisen, 1715 31700 Ctr., nach anderen Ländern 1711 10900 Ctr., 1715 16400 Ctr. Die Stahlausfuhr schwankte 1719 bis 1735 zwischen 1000 Ctr. und 3500 Ctr. Die Zahlen sind abgerundet. Wegen der genauen Angaben siehe Scrivener , l. c., wo auch die Ausfuhrländer aufgeführt sind. . 1735 betrug die Eisenausfuhr nach den Kolonieen über 42000 Ctr. In den 50 er Jahren wuchsen die Städte Sheffield, Birmingham, Manchester und Glasgow ungeheuer durch die Eisenindustrie und den Eisenhandel. Ebenso wurde Workington ein wichtiger Platz durch seine Eisenwerke. Bei der Stadt stand eine Eisenhütte und ein Giess- England. haus. Den Betrieb vermittelte ein schönes Wasserrad, dessen Ge- stänge sich auf eine Meile weit erstreckte Siehe Thomas Pennant , Reise durch Schottland, 1769. Deutsch 1779. S. 186. . Die Stahlfabrikation, sowohl von Guss- als Cementstahl, entwickelte sich von Jahr zu Jahr mehr. Es wurden viele neue Reckhämmer oder Stahlraffinierhämmer, um geschmiedeten Cementstahl und Gärb- stahl (shear steel) zu machen, errichtet. Die Roheisenproduktion nahm zwar nicht in demselben Verhältnis zu, doch stieg sie 1750 bis 1760 von 22000 auf 27000 Tons. Die schottische Eisenindustrie fing erst um 1730 an sich zu ent- wickeln. Um diese Zeit bestand ein Hochofen zu Invergarry, der von einer Liverpooler Gesellschaft errichtet worden war. Ein anderer Hochofen wurde im Jahre 1730 von einer irländischen Gesellschaft bei Bunawe in Argylshire erbaut St. John V. Day , The iron and steel industries of Scotland, p. 30. . Diese Hütte stand bis 1866 unter dem Namen Lorne-Ofen im Betrieb. Eine weitere, 1730 in Strathspey bei Abernethy errichtete Eisenhütte umfasste einen Hochofen und vier Frischherde. Die Erze wurden auf den Rücken von Ponys 20 englische Meilen weit von Tomintoul in Banffshire geholt. 1754 wurde zu Goatfield am Loch Fyne in Argylshire ein Hochofen, Cra- leckan genannt, erbaut. Die Unternehmer stammten aus Lancashire, von wo sie auch ihre Erze bezogen. Die Holzkohlen wurden aus den benachbarten Wäldern auf den Rücken von Ponys, die Züge von 30 bis 40 Stück bildeten, gebracht. Auch hier war mit dem Hochofen eine Frischhütte verbunden. Das Werk kam 1813 zum Erliegen. Im Jahre 1760 legte Dr. Roebuck von Birmingham den Grund zu der modernen schottischen Eisenindustrie dadurch, dass er das Kokshochofenwerk zu Carron erbaute (s. S. 364). Dieses grossartig nach Smeatons Plänen angelegte Werk wuchs durch den Unternehmungsgeist seines Gründers zu solchem Umfang, dass es um 1772 mit den dazu gehörigen Anstalten, welche einen Bezirk von etlichen Meilen einnahmen, über 2000 Arbeiter beschäftigte. Damals waren die grossen Cylindergebläse, welche Smeaton erbaut hatte, schon in Thätigkeit. Thomas Pennant , der zu jener Zeit das Werk besuchte, schrieb: „Es sind beständig zwei grosse Schmelzöfen im Gange, bei denen ungeheure cylinderförmige Blasebälge angebracht sind, die vom Wasser getrieben werden, wozu ein eigenes Reservoir erfordert wird. In Zeiten der Trockenheit wird das wegfliessende Wasser vermittelst einer Feuermaschine in den Behälter zurückgebracht. Beck , Geschichte des Eisens. 68 England. Es wird hier eine ungeheure Menge von eisernen Töpfen, Zucker- kesseln, Walzen zu Kohlenwerken, Kanonen und anderes Eisengerät verfertigt. Die Kanonen werden alle gebohrt und sind seit einiger Zeit in grosser Menge auswärts, vorzüglich nach Spanien verschickt worden.“ — Es waren dies die von General Melville 1752 erfundenen Carronaden. Der grosse Kanal, der Carron mit dem Clyde verband, war 1786 von Smeaton begonnen und in den darauffolgenden Jahren ausgeführt worden. Zu Carron wurde auch eine der ersten Dampfmaschinen Watts aufgestellt, welche aber nicht die Arbeitsmaschinen direkt bewegte, sondern nur das Abfallwasser der Wasserräder wieder in die Sammelteiche zurückpumpte, weil die vorhandene Wassermenge nicht mehr ausreichte, den Betrieb zu bewältigen. Die ausserordentlichen Fortschritte der Eisenindustrie Englands zogen die Blicke der übrigen europäischen Industriestaaten auf sich. Die französische Regierung schickte 1765 Gabriel Jars nach Eng- land und Schottland, um die Eisenindustrie, namentlich die Stahl- fabrikation und die Verwendung der Steinkohlen, zu studieren. Den ersten Kokshochofen in Nordengland hatte L. Cookson zu Whitehill, nahe bei Chester-le-Street, erbaut. Er war 35 Fuss hoch, hatte 12 Fuss im Kohlensack und produzierte 25 Tons die Woche. Die Bälge wurden durch ein Wasserrad getrieben, und Wassermangel machte dem Unternehmen ein Ende. Englands Eisenindustrie hatte die der übrigen Staaten bereits damals in vielen Beziehungen überflügelt. Ganz besonders war dies der Fall in Bezug auf die mechanischen Hülfsmittel. Man wendete Newcomens Feuermaschine als Kraftmaschine in der Weise an, dass man sie Wasser heben liess und dieses als Aufschlagwasser auf grosse Wasserräder benutzte. Erscheint uns dies auch nur als ein unvoll- kommenes Auskunftsmittel gegenüber der späteren Verwendung der Dampfmaschine als Motor, so war es trotzdem ein grosser Fortschritt. Dadurch fingen die Eisenwerke an, von den natürlichen Wassergefällen unabhängig zu werden. Das zweite wichtige mechanische Hülfsmittel waren die Walz- werke, welche zuerst 1728 zum Walzen der dünnen Bleche für die Weissblechfabrikation, später aber auch für die Herstellung von Stab- eisen, namentlich für Rundeisen und Formeisen, angewendet wurden. Swedenborg berichtete schon, dass man in England das Eisen zu Blechen auswalze, welche dann verzinnt würden. Auch meldete er, dass es in England viele Schneidwerke gäbe, auf denen man Ruten England. und Reifeisen schneide. Coleridges Erzählung Siehe Scrivener , a. a. O., p. 120. Anmerkung. , dass ein Fiedel- spieler, Namens Foley , diese Maschinen den Schweden abgesehen und mit Hülfe eines Mr. Knight in England eingeführt habe, ist deshalb unwahrscheinlich, weil aus Swedenborgs Darstellung hervor- zugehen scheint, dass diese Maschinen in England früher bekannt waren als in Schweden. Allerdings hatte Polhem sie verbessert, und waren es vielleicht diese Verbesserungen, die der pfiffige Musikant den Schweden absah. Als dritten wichtigen Fortschritt heben wir die Einführung der Cylindergebläse hervor, um welche sich Smeaton und namentlich Wilkinson grosse Verdienste erworben haben. Die Erfindung der- selben fällt nach unserer Untersuchung (vgl. S. 561) in den Ausgang der 60 er Jahre und nicht in das Jahr 1760, das Jahr der ersten Anlage der Carron-Eisenwerke, wie Scrivener vermutet. Dieser giebt ferner an, dass das Gebläse daselbst aus vier grossen gusseisernen Cylindern von 4 Fuss 6 Zoll Durchmesser, deren Kolben durch vier mit der Welle des grossen Wasserrades verbundenen Kurbeln bewegt wurden, bestanden hätte. Die Produktion eines Ofens stieg von 12 auf 40 Tonnen die Woche. Durch die Cylindergebläse kamen erst die Kokshochöfen zu erhöhter Leistung, indem durch den stärkeren Wind die Produktion derselben gesteigert wurde und die der Holz- kohlenhochöfen hinter sich liess. Zur vollen Geltung kam diese Wir- kung aber erst durch die Erfindung und Anwendung der Watts chen Dampfmaschine. Die Durchschnittsproduktion der Holzkohlenhochöfen stieg durch die verbesserten Gebläse zwischen den Jahren 1740 und 1788 von 294 auf 546 Tonnen. Als Jars im Jahre 1765 England besuchte, konnte er bereits den Hochofenbetrieb mit Koks, die Giesserei aus Flammöfen, welche mit Steinkohlen gefeuert wurden, die Cementstahl- und die Gussstahl- fabrikation studieren, alles metallurgische Operationen, die auf dem Kontinent noch unbekannt waren. Trotz alledem nahm auch in dem Jahrzehnt von 1760 bis 1770 die Produktion der englischen Hochöfen nur um etwa 5000 Tonnen zu, indem sie 1770 auf 32000 Tonnen geschätzt wurde. Die Gussstahlfabrikation bei New-Castle und Sheffield erlangte immer grössere Wichtigkeit. Die Verarbeitung des Gussstahls kon- zentrierte sich in Sheffield und Birmingham. In Sheffield wurden hauptsächlich die englischen Stahlfeilen, die bereits Weltruf genossen, 68* England. fabriziert. Die meisten und die besten Feilen wurden aus freier Hand gehauen, doch verwendete man anfangs der 70 er Jahre auch bereits Maschinen zum Feilenhauen. Ein wichtiger Artikel für Birmingham, Bilston und Wolverhampton war damals die Fabrikation von Schnallen- herzen. Man verwendete dafür in Birmingham russisches Eisen, seiner Weichheit wegen. Die geschmiedeten Schnallenherzen wurden durch Einsatzhärtung verstählt. Die Einfuhr von Eisen und Stahl, hauptsächlich aus Schweden, Steiermark, Kärnten und Krain wurde 1773 auf 25000 Tonnen geschätzt. Das schwedische Eisen kostete in London 16 bis 19 Schil- ling der Centner (120 Pfd.). Ausserdem bezogen die Engländer viele grob gearbeitete Eisenwaren aus Deutschland, die sie verfeinerten und vervollkommneten und wieder als englische Waren nach Deutschland zurückschickten, so z. B. rohe Schnallenherzen von Peterswalde in Böhmen, die ausgearbeitet und poliert wurden. Die grosse Fabrikstadt Birmingham hatte damals, wie auch Sheffield, Leeds und Manchester, noch keine Stadtrechte und durfte kein Mitglied in das Parlament entsenden, während dieses Recht vielen verarmten und verfallenen Burgflecken zustand. Die Gewehr- fabrikation war einer der reichsten Industriezweige dieser Stadt. Nach einem Bericht von 1774 Siehe F. W. Taube , Schilderung der engländischen Manufakturen u. s. w. Wien 1774. gingen jährlich viele tausend Partieen (Stands) Gewehre nach der Küste von Guinea, gegen welche schwarze Sklaven eingetauscht und nach Amerika geführt wurden. „Man trägt aber Sorge, diese Schiessgewehre so schlecht zu machen, dass die Schwarzen in Guinea damit den Engländern nicht viel Schaden zu- fügen können, wenn sie auch wollten. Eine solche Flinte pflegt zu springen, wenn sie zum sechsten oder siebenten Mal losgefeuert wird. Das Schiessgewehr, welches von Birmingham in die Türkei und Ber- berei geht, wird auch nicht vorläufig probiert, sondern der Käufer, welcher dasselbe zum ersten Male abfeuert, muss seine Gefahr stehen.“ „Die Stadt Sheffield in der Grafschaft York ist der Ort, wo die meisten Feilen, Messer, Gabeln, Scheren, Klingen und alles, was zum Schneiden, Hauen und Stechen dient, von vorzüglicher Güte geschmie- det wird. Die Verfertigung der Stahl- und Eisenwaren allein beschäftigt hier 40000 Fabrikanten (Arbeiter), die unter 600 Meistern arbeiten. Ihre Zunft heisst the Cutlers of Hallamshire und geniesst grosse Pri- England. vilegien. Die Mannigfaltigkeit aller hier gemachten Waren ist eben- so gross als die der Arbeiter, die sie verfertigen. Das geringste Feder- messer geht durch die Hände sechs unterschiedlicher Fabrikanten, ehe die Klinge fertig und zur Vollkommenheit gebracht ist, ungeachtet man hier, wie zu Birmingham, eine Menge künstlicher, sehr sinn- reicher und ausserhalb England unbekannter Maschinen antrifft, durch welche die Arbeit ungemein verkürzt und viel Zeit gewonnen wird. Besonders war eine durch Wasser getriebene Maschine merkwürdig, auf welcher ein einziger Mann täglich soviele Feilen machte, als 50 Feilen- hauer auf die gewöhnliche Art verfertigen können. Allein der Erfinder und Eigentümer dieser Maschine, namens Thomas Lightowller , zerstörte und zerbrach sie aus Eigensinn. — Überhaupt ist zu merken, dass in England der Flor aller Manufakturen nicht nur durch man- cherlei künstliche Maschinen, sondern auch durch vortreffliches Hand- werkszeug und viele sinnreiche Erfindungen und künstliche Instru- mente unglaublich gefördert wird.“ Immer eifriger wurde das Streben, die mechanischen Hülfsmittel zu verbessern, und waren es besonders zwei Männer, die hierin für die Eisenindustrie Grosses geleistet haben, Smeaton und Wilkinson . Der Name Wilkinson ist mit den Fortschritten der englischen Eisen- industrie in ähnlicher Weise verknüpft, wie der Name Darby . Es war nicht nur ein einzelner dieses Namens, der sich auszeichnete, sondern die ganze Familie, welche Eisenwerke betrieb, nahm an den Fortschritten des Eisenhüttenwesens teil. Der berühmteste und ver- dienstvollste derselben war allerdings John Wilkinson , der, wie kaum ein anderer, das Eisenhüttenwesen durch zahlreiche eigene Erfindungen und durch die praktische Anwendung fremder Erfindungen gefördert hat. Er besass Eisenwerke mit bedeutender Giesserei zu Broseley, welche er auf solche Höhe brachte, dass er die besten Dampf- cylinder und sonstigen Maschinenteile goss; später besass er auch Werke zu Bradley. 1788 bestellte die Stadt Paris bei Wilkinson gusseiserne Wasserleitungsröhren für ihr Wasserwerk von 40 engl. Meilen Länge. Er war Nachbar und Konkurrent von Coalbrookdale und in dieser Schule des Eisenhüttenwesens, welche von Abraham Darby gegründet war, hat er wohl seine Studien gemacht und die Grundlage seiner technischen Ausbildung gelegt. Trotz der Konkurrenz stand er zu der Familie Darby in enger, freundschaftlicher Beziehung und arbeitete mit Abraham Darby (III), dem Enkel, den Plan für die erste guss- eiserne Brücke, welche bei Coalbrookdale über den Severn gebaut wurde, aus. Er hat grosse Verdienste um die Einführung der England. eisernen Cylindergebläse und hat sie zuerst in unmittelbare Ver- bindung mit der neuerfundenen Watts chen Dampfmaschine gebracht. Mit der Erfindung Watts war Wilkinson auch dadurch eng ver- bunden, dass er die ersten brauchbaren Dampfcylinder goss und eine verbesserte Bohrmaschine erfand, wodurch dieselben genauer, wie dies vordem möglich war, ausgebohrt werden konnten; ferner dadurch, dass er der Erste war, der die Watts che Dampfmaschine in der Eisen- industrie anwendete und sie zur Bewegung von Walzwerken, Hämmern und Gebläsemaschinen verwendete. Für seine Erfindung, die Walz- werke unmittelbar durch die Dampfmaschinen zu betreiben, erhielt er 1792 ein Patent. Er war ferner der Erfinder der modernen Kupolo- öfen, welche er auch zum Ausschmelzen der Erze anwendete (s. S. 614). John Wilkinsons Wirksamkeit beschränkte sich nicht auf England, sondern er führte die neuen Erfindungen auch auf dem Kontinent ein und wurde der Prophet und der Begründer des modernen Eisenhüttenwesens in Frankreich und in Deutschland. In Frankreich baute sein Bruder, wie wir gesehen haben, im Auftrage der französischen Regierung die neue, grossartige Kokshochofenhütte zu Creusot 1782 und in Deutschland stand er dem Graf Reden bei der Anlage der ersten Kokshochofenhütte zu Gleiwitz mit Rat und That bei. Er war unbe- dingt im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts die erste Autorität im Eisenhüttenwesen in Europa. Boulton , der ihn besser wie irgend einer beurteilen konnte, schreibt über ihn gelegentlich an Watt : Ich muss gestehen, ich kann John Wilkinson nur bewundern wegen seines entschiedenen, klaren und bestimmten Charakters, der nach meiner Meinung der vorzüglichste seiner Art ist I can’t say, but that I admire John Wilkinson for his decisive, clear and distinct character, which is, I think, a first-rate one of its kind. . Smeaton gebührt das Verdienst, das eiserne Cylindergebläse erfunden und auf den Carron-Works in Schottland zuerst eingeführt zu haben. Wichtiger noch als alle genannten Erfindungen war die der (eigentlichen) Dampfmaschine durch James Watt . Sie übte den unmittelbarsten und grössten Einfluss auf die Eisenindustrie aus, wovon wir eben schon bei Wilkinsons Verbesserungen Beispiele gesehen haben. In engster Beziehung damit stand die allgemeine Ein- führung der Cylindergebläse bei den Hochöfen, welche die Verstärkung der Produktion, die Vergrösserung der Hochöfen und was damit zusammenhing, zur Folge hatte. England. Obgleich Watts Erfindung der Dampfmaschine schon in das Jahr 1765 fällt, so vergingen doch zehn Jahre, bis die erste Maschine von Boulton und Watt verkauft wurde. Der Käufer war John Wilkinson , der sie auf seiner Eisenhütte zu Broseley aufstellte, um sein Gebläse zu treiben, das er im Anfang des Jahres 1776 in Betrieb setzte. Von dieser erfolgreichen Einführung der Dampfmaschine als Motor an datiert die neue Zeit der englischen Eisenindustrie, die jetzt in dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts mit Riesenschritten voranschritt. Wir haben ausführlich die Versuche und Bemühungen, auch das Frischen des Eisens mit Steinkohle zu verrichten, welche endlich zu der wichtigen Erfindung des Puddelprozesses durch Henry Cort im Jahre 1785 führten, geschildert. Durch diesen letzten Sieg machte sich England gänzlich von den Holzkohlen unabhängig und konnte bald durch die Verwendung der Steinkohlen und Benutzung der Dampfkraft alle anderen Eisen erzeugenden Länder überflügeln. In dem Jahrzehnt von 1770 bis 1780, in welches die erste An- wendung der Dampfmaschine im Hüttenbetriebe fällt, stieg die eng- lische Produktion bereits um 8000 Tons, von 32000 auf 40000 Tons. Dies war aber gering im Vergleich zu der Steigerung, welche nach der Einführung von Corts Prozess eintrat, wie aus folgenden Ziffern zu ersehen ist: Die Roheisenproduktion Grossbritanniens betrug 1770 32000 Tons 1780 40000 „ 1788 68300 „ 1790 80000 „ 1796 125000 „ 1800 156000 „ Während im Jahre 1740 noch keine Kokshochöfen, dagegen 59 Holzkohlenhochöfen (davon zehn im Forrest of Dean) aufgeführt werden, waren 1788 in Grossbritannien nur noch 26 Holz- kohlenhochöfen, dagegen 59 Kokshochöfen im Betrieb. Die 26 Holz- kohlenhochöfen schmolzen 14500 Tons, die 59 Kokshochöfen 53800 Tons; die ersteren erzeugten also durchschnittlich 557, die letzteren 915 Tonnen im Jahre. In Sussex, welches in den voraus- gehenden Jahrhunderten die wichtigste eisenerzeugende Provinz Eng- lands gewesen war, zählte man 1788 noch zwei und 1796 nur noch einen Holzkohlenhochofen. Nach einer Notiz von W. Wilkinson vom 25. Dezember 1791, welche in dem Geschäftsjournal von Wm . England. Reynolds von Coalbrookdale eingetragen war, gab es damals in England 73, in Schottland 12 Kokshochöfen, welche 67548 und 12480 Tons produzierten, und in England 20 und in Schottland 2 Holzkohlenöfen mit einer Produktion von 8500 und 1000 Tons. 85 Kokshochöfen produzierten demnach 80028 Tons und 22 Holz- kohlenhochöfen 9500 Tons; danach hätte von ersteren ein Ofen 941½, von letzteren ein Ofen 432 Tons im Jahre erzeugt. 1796 war der Betrieb mit Holzkohlen fast aufgegeben. 121 Hoch- öfen produzierten nach der von Pitt veranlassten Aufnahme 124879 Tonnen, so dass sich das jährliche Produktionsquantum eines Ofens auf 1032 Tons erhöht hatte Nach Scrivener , S. 95, 1048 Tonnen bei den englischen und 948 Tonnen bei den schottischen Hochöfen. Dort findet man eine genaue Tabelle aller Hoch- ofenwerke in Grossbritannien mit Produktionsangaben vom Jahre 1796. . Die Männer, die an der erfolgreichen Durchführung des Kokshoch- ofenbetriebs im 18. Jahrhundert die grössten Verdienste hatten, waren Abraham Darby Vater (1713), Sohn (1735) und Enkel (1776), Richard Ford (1747), Schwiegersohn von Abraham Darby I, und John Rey- nolds (1763), Schwiegersohn von Abraham Darby II, und endlich John Wilkinson ; diejenigen, welche sich besonders um die Erfindung des Puddelprozesses verdient gemacht haben, waren John Reynolds und die Gebrüder Cranage zu Coalbrookdale (1766), John Cockshutt (1771), Henry Cort (1783 und 1784), Peter Onions (1783), William Purnell (1787), Samuel Homfray und Richard Crawshay , deren Anteil an den genannten Erfindungen wir im allgemeinen Teil schon erwähnt haben. Dass man schon vor Corts Erfindung Eisen mit Steinkohlen zu frischen versuchte, haben wir mehrfach nachgewiesen. Wallis erwähnt in seiner 1769 veröffentlichten Geschichte von Northumber- land eines Eisenwerks, welches einige Jahre zuvor zu Lee Hall bei Bellingham existierte und von einem Mr. Wood verwaltet wurde, welcher daselbst viel Stabeisen machte; weil aber die Holzkohlen selten wurden, ist er nach Lancashire übergesiedelt, wo er erfolglos Eisen mit Steinkohlen zu machen versuchte. John Reynolds gebührt ferner das Verdienst der Einführung der Eisenbahnen, d. h. der gusseisernen Schienenwege, welche den englischen Bergbau wesentlich förderten und den Eisengiessereien grossen Absatz gewährten. Die niedrigen Eisenpreise vom Jahre 1767 hatten die Veranlassung dazu gegeben. Reynolds liess plattenförmige Schienen mit Nagellöchern giessen und sie auf den hölzernen Spur- England. wegen zu Coalbrookdale befestigen. Diese Neuerung bewährte sich so vorzüglich, dass sie bald Nachahmung fand. Benjamin Curr führte im Jahre 1776 die gusseisernen Schienen auf der Bahn der Sheffield-Kohlenwerke ein. Während Reynolds Schienen flache Schienen mit wenig konkaver Oberfläche waren, welche die Karren leicht verlassen konnten, führte Curr Schienen mit angegossenem Rand an, welche die Räder auf der Bahn festhielten. Reynolds und Currs Eisenbahnschienen lagen auf Langhölzern. 1793 führte Ch. Outram eine weitere Verbesserung der Eisenbahn- schienen dadurch ein, dass er die etwa 1 m langen Schienenstücke nach unten zu mit einer Rippe versah, so dass er dieselben an ihren Enden auf einzelnen Steinblöcken auflegen und darauf mit eisernen Nägeln in Holzdübeln befestigen konnte. Abraham Darby III. und John Wilkinson erbauten die erste gusseiserne Brücke (1779). John Wilkinson , der die Cylinderbohr- maschine verbesserte, baute auch das erste eiserne Schiff. Rennie war der Erste, der ganz eiserne Wasserräder, und zwar zu Albion- Mill anwendete. Coalbrookdale, das von Abraham Darby im Anfang des Jahr- hunderts gegründete Eisenwerk, welches im Besitz der Familie Darby blieb und sich ausserordentlich vergrösserte, war der Ausgangspunkt vieler Erfindungen und Verbesserungen und das Musterwerk und die hohe Schule für Eisentechniker im vorigen Jahrhundert. 1784 waren daselbst 16 Dampfmaschinen, 8 Hochöfen, 9 grosse Hämmer, zahlreiche Flammöfen, Walzen und eine grosse Giesserei. Das Werk hatte über 20 Meilen eiserne Schienenbahnen im Betrieb. Richard Reynolds bekämpfte damals die von dem Ministerium Pitt in Aussicht genom- mene Steuer auf Steinkohlen und stellte der Regierung vor, wie schwer die aufblühende Eisenindustrie durch eine solche Massregel betroffen werden würde. In seinem Schreiben sagt er Siehe Smiles , Industrial Biographies, p. 93. : Die Fort- schritte des Eisenhüttenwesens in den letzten Jahren waren riesig. Man dachte, und mit Recht, dass die Darstellung des Roheisens mit Steinkohle ein grosser Gewinn für dieses Land sein würde, wegen der Ersparung an Holz und dem Ersatz desselben durch ein anderes Material für Fabriken, deren Produktion infolge der Vernützung alles Holzes im Lande hinter dem Bedarf zurückgeblieben war. So wäre die Nagelschmiederei, vielleicht das umfangreichste Gewerbe, für das Land verloren gewesen, wäre man nicht darauf verfallen, Nägel aus England. Steinkohleneisen zu machen. Jetzt gilt es, einen anderen Prozess zu versuchen, nämlich das Stabeisen mit Steinkohlen zu erzeugen, und zu diesem Zwecke haben wir Umbauten zu Donnington, Wood, Ketley und an anderen Plätzen begonnen, die wir in diesem Jahre zu voll- enden hoffen, für nicht weniger als 20000 £, die uns in Verlust und niemand zum Gewinn kommen, wenn die Steuer auf die Steinkohlen gelegt wird. Er verlange keine Protektion des inländischen Eisens, trotz der niedrigen Preise des ausländischen, denn „von seinem unvoll- kommensten Zustand als Roheisen bis zu seinem vollkommensten Zu- stand als Uhrfedern haben wir nichts zu fürchten, wenn nur die Einfuhr überall frei wäre“. So siegesbewusst konnte schon damals ein Eisenindustrieller über die englische Eisenindustrie sprechen. War die Heimat der modernen Eisen-Grossindustrie in England Coalbrookdale und Darby ihr Begründer, so war der Ausgangspunkt derselben in Schottland Carron, welches der unternehmende und ver- dienstvolle Dr. Roebuck im Jahre 1760 erbaut hatte, und in Süd- Wales Merthyr-Tydvill, das von Antony Bacon gegründet war, das aber erst, nachdem Bacon 1782 sein grosses Gebiet in vier Bezirke, in die Dowlais-, Pennydarran-, Cyfartha- und Plymouth- Eisenwerke geteilt und auf diesen den Puddelprozess Corts in grossem Massstabe eingeführt hatte, einen grossartigen Aufschwung nahm. Dieser wurde besonders durch Richard Crawshay und Thomas Homfray , die dabei ungeheuren Reichtum erwarben, namentlich Crawshay , der deshalb den Beinamen der Eisenkönig bekam, herbeigeführt. Den Genannten gebührt besonders das Verdienst, die Feineisenfeuer mit dem Puddelprozess kombiniert zu haben, welches den letzteren wesentlich erleichterte und förderte und es möglich machte, auch geringe Roheisensorten mit Vorteil und zu brauchbarem Eisen zu verpuddeln. Die genannten Grossindustriellen waren aber nicht die einzigen, die durch Corts Erfindung Reichtümer erwarben. Diese Erfindung, die dem Erfinder selbst nur Kummer und Ent- täuschungen brachte, hat den Reichtum Englands um hunderte von Millionen vermehrt und Hunderttausenden lohnenden Verdienst ver- schafft. 1785 wurden die Bowling-Eisenwerke bei Bradford errichtet. 1791 wurde der erste Hochofen in Lowmoor angeblasen. Die Eisengiesserei, welche im Anfang des Jahrhunderts noch auf sehr niedriger Stufe stand, verdankt die ersten grossen Fortschritte dem älteren Abraham Darby , welcher mit Hülfe niederländischer England. Arbeiter den Sandguss in England einführte. Der zweite grosse Fort- schritt war das Umschmelzen des Roheisens zum Vergiessen in Flamm- öfen, und zwar unter Anwendung von Steinkohlen als Brennmaterial. Diese Erfindung, welche schon in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts fällt, wurde von grösster Wichtigkeit nach Einführung des Kokshoch- ofenprozesses, weil das Koksroheisen nicht flüssig und rein genug war, um aus dem Hochofen direkt vergossen werden zu können, wie das Holzkohlenroheisen, im Flammofen umgeschmolzen, aber ein sehr gutes Gusseisen gab. Ganz besonders eignete sich dasselbe für den Guss von Kanonen, weil das Roheisen im Flammofen immer eine gewisse Frischung erfuhr, welche seine Zähigkeit und Festigkeit erhöhte. Die grössten Kanonengiessereien waren die Carron-Hütte in Schottland und Walkers Eisenwerk zu Masbrough bei Rotherham. Die eng- lische Kriegsflotte zählte 1720 bereits 182 Schiffe mit 9940 Kanonen. Um 1795 betrug der jährliche Bedarf für Artillerie-Eisenguss 11000 Tons für Grossbritannien, 5000 bis 6000 Tons für Indien und 10000 Tons für fremde Länder, zusammen ca. 26000 Tons Lardner , Cabinet Cyclopaedia. Vol. I, Cap. IV. . Ein weiterer Fortschritt für die Eisengiesserei war die Einführung und Verbesserung der Schachtöfen, der sogenannten Kupoloöfen, welche das Umschmelzen des Giessereiroheisens rascher und billiger als die Flammöfen und in beliebigen Mengen gestattete. Wie wir (S. 615) mitgeteilt haben, gebührt das Verdienst der Verbesserung derselben durch die Anbringung mehrerer Formen wahrscheinlich ebenfalls John Wilkinson . Die Kupoloöfen dienten ursprünglich hauptsächlich zum Umschmelzen von Brucheisen und waren deshalb namentlich in den Eisengiessereien der grossen Städte, wie besonders in London, in Gebrauch. Die Öfen selbst hatte Reaumur bereits beschrieben. Die englische Eisengiesserei wurde ferner durch Gesetze über Modell- und Musterschutz gefördert. Solche wurden im 38. und im 54. Jahre Georgs III. erlassen. Die Stahlfabrikation hatte schon Ende des 17. Jahrhunderts einen Aufschwung erfahren durch die Unternehmungen von Sir Ambrose Crowley in Sunderland und Winlatton. Die Gussstahlfabrikation, welche England als Geheimnis zu bewahren verstand, trotz der vielen Versuche der Nachahmung in anderen Ländern, gaben ihm auch im Stahlhandel eine entschiedene Überlegenheit. Die Cementstahlfabrikation hing sowohl mit der Gussstahl- als England. mit der Reckstahl (shear steel)-Fabrikation auf das engste zusammen. In Hunters Hallamshire wird erwähnt, man habe um 1750 15 Reck- hämmer (tilt-hämmer) oder Stahlraffinierhämmer zu Sheffield errich- tet, um nach deutscher Art Eisen in kleinere Dimensionen umzu- wandeln. Benj. Huntsman , der Erfinder des Gussstahls, hat bekanntlich niemals ein Patent genommen; dagegen erhielt James Goodjer 1771 ein Patent auf ein Verfahren, Stahl aus Roheisen zu erzeugen, welches aber nichts anderes war, als das in Deutschland allgemein gebräuch- liche Stahlfrischen. Die Eisenschneidwerke in England hatten (1785) das Eigentüm- liche, dass das Eisen, welches noch rotglühend aus den Walzen kam, direkt zwischen den dicht dahinterstehenden Schneidrollen geschnitten wurde, während man in Schweden den gewalzten Schienen erst noch- mals eine Hitze gab. Um 1785 gab es in Birmingham bereits Nagelgiessereien (siehe S. 447). 1796 erfand Guppy seine Maschinen zum Schmieden und Anköpfen der Nägel. In Schottland wuchs die Eisenindustrie seit 1770. In den 70er Jahren entstanden die Devonshire-Iron-Works, eine Hochofenanlage, und die Crammond-Works, welche schwedisches Stangeneisen zu Stahl verarbeiteten. 1779 gründeten zwei schwedische Kaufleute die Wilson- town-Works. 1786 wurden das Clyde-Eisenwerk und 1791 die Bal- gonie-Werke von Losh und Wilson gegründet. Am Ende des Jahrhunderts entstanden die Calder-Eisenwerke; ausserdem noch Hoch- öfen zu Glenbuck, Muirkirk und Omoa in Lanarkshire. 1796 waren in Schottland bereits 17 Hochöfen im Betriebe, welche 18000 Tonnen Roheisen produzierten. Trotz der immer wachsenden Eisenerzeugung Gross-Britanniens im Lande selbst blieb die Einfuhr fremden Eisens andauernd hoch. Der Hauptbezug war aus Schweden und Russland, welche nach wie vor das Rohmaterial für die Cement- und Gusstahlfabrikation lieferten. 1737 betrug diese Einfuhr an 20000 Tons, wovon Schweden 15000 Tons lieferte. 1781 hatte die Einfuhr aus diesen Ländern die ausserordent- liche Höhe von 50000 Tonnen erreicht, indem namentlich der Bezug aus Russland bedeutend zugenommen hatte. Derselbe hatte den aus Schweden überflügelt, nach Anderson in den letzten 12 Jahren des Jahrhunderts im Verhältnis von 26000 Tons zu 16000 Tons. England. 1787 wurden von St. Petersburg nach England 1586088 Pud = 25176 Tonnen Eisen verschifft. Die Eiseneinfuhr in England betrug im vorigen Jahrhundert nach Le Play : Genauere Angaben von 1786 bis 1799 finden sich in Scriveners Geschichte des Eisenhandels (S. 358). 1785 wurde ein Gesetz gegen die Ausfuhr von Werkzeugen und Utensilien für Eisen- und Stahlfabriken, sowie gegen die Verführung von Arbeitern erlassen. Es war dies hauptsächlich gegen Frankreich gerichtet. Auf die Ausfuhr von Werkzeugen, Maschinen oder Modellen durch solche wurde ausser der Konfiskation 200 £ Strafe und ein Jahr Gefängnis gesetzt. Mit derselben Strafe wurden belegt Schiffskapitäne, Seeoffiziere und Steuerbeamte, die solche Ausfuhr zuliessen. Jeder, der einen englischen Eisen- oder Stahlarbeiter verführte, in das Aus- land zu gehen, wurde ebenfalls mit einem Jahr Gefängnis und 500 £ Busse bestraft. Irland war allein ausgenommen. Im folgenden Jahr wurde dieses Gesetz (25, Georg III., C. 67) dahin amendiert, dass die Ausfuhr von Werkzeugen und Geräten für die Eisen- und Stahl- fabrikation nach britisch West-Indien ebenfalls gestattet wurde mit Ausnahme von Walzen, glatt oder kannelliert, von Gusseisen, Schmiede- eisen oder Stahl, sowie Walzenstühlen, Lagern, Pilaren, Schrauben, Gerüsten, kurz allem, was zu einem Walzwerk gehört; desgleichen von Teilen für Schneidwerke (slitting mills) und Pressen aller Art, deren Schrauben über 1½ Zoll Durchmesser hatten; sowie von Modellen solcher Maschinen und Werkzeugen; desgleichen auch für Kanonen- England. bohrmaschinen (bestätigt 30, Georg III., C. 18, s. 12 und für alle Zeit erlassen — made perpetual — 35, Georg III., C. 38, s. 4). 1796 betrug die Einfuhr von Bilboa, besonders von Biscaya-Eisen, 80000 Ctr. 1798 war der Mittelpreis von nordischem Eisen 18 £ für die Tonne. Am teuersten und gesuchtesten war bestes Dannemora- Eisen mit der Marke O. O. Irlands einstmals blühende Eisenindustrie hatte im 18. Jahr- hundert fast aufgehört, und war das Land ganz von der Einfuhr aus Grossbritannien abhängig. 1782/83 betrug dieselbe: für 21773 £ Hartwaren, 164187 Ctr. Eisen, 579833 Messer, 9797 Kochtöpfe, 748 Kessel, 14865 Rasiermesser, 757 Gross 9 Dutzend Scheren, 4089 Dutzend Sensen, für 24473 £ Kleineisenwaren und 323 Tonnen Eisenerze. — Ausserdem bezog Irland Eisen von Schweden und Russ- land. Aus St. Petersburg wurden 1784 2514 Tons Eisen nach Irland verladen. Der Stahlhof in London war immer noch der Hauptstapel für fremdes Eisen. Pennant sagt 1790 in seinem Bericht über London (Account of London), der Stahlhof ist gegenwärtig ein grosses Lager von importiertem Eisen, das unsere Hauptstadt mit diesem notwen- digen Material versieht. Die Menge von Eisenstäben, welche in den Höfen und Warenhäusern dieses Quartiers lagern, erfüllen die Augen des gleichgültigsten Beschauers mit Erstaunen. Eine offizielle Statistik der englischen Eisenindustrie begann erst gegen Ende des vorigen Jahrhunderts, seitdem die Produktion besteuert wurde. Einen anderen Nutzen hat diese Besteuerung nicht gebracht, vielmehr war sie in hohem Grade lästig und nachteilig, weshalb sie auch 1806 wieder abgeschafft wurde. Die äussere Politik Englands hat die Eisenindustrie besonders insofern beeinflusst, als durch die wachsende Kolonialmacht sich das Absatzgebiet erweiterte und mit der immer wachsenden Schiffahrt der Eisenbedarf wuchs. Von entschiedener Bedeutung war in dieser Beziehung der glorreiche Pariser Friede von 1763, durch welchen Englands Hegemonie zur See anerkannt und seine Kolonialmacht in den drei aussereuropäischen Weltteilen bedeutend vergrössert wurde. Ungünstig dagegen wirkte die durch eine kurzsichtige, egoistische Politik herbeigeführte Losreissung der nordamerikanischen Kolonieen. Welchen bedeutenden Anteil hieran gerade die Vergewaltigung der amerikanischen Eisenindustrie und der Eigennutz der englischen Eisen- industrieellen gehabt hat, werden wir bei der Geschichte Amerikas schildern. Hier sei nur erwähnt, dass England seinen amerikanischen England. Kolonieen nur die Erzeugung von Roheisen und Rohstäben gestattete, alle weitere Verarbeitung aber verbot. Ein selbständiger Handel der amerikanischen Kolonieen wurde kaum geduldet und seit 1764 mit ungeheuren Zöllen belastet. Dazu kam noch eine drückende Stempel- steuer. Alle diese harten und ungerechten Auflagen wirkten zusammen, um die nordamerikanischen Kolonisten zur Verzweiflung zu treiben und 1776 die Losreissung und Unabhängigkeitserklärung der 12 Staaten: Massachusetts, Connecticut, Rhode-Island, Hampshire, Pennsylvania, New-York, New-Yersey, Maryland, Virginia, Nord- und Süd-Carolina und Georgia herbeizuführen. Von grossem Einfluss wurde dann gegen Ende des Jahrhunderts der Krieg mit Frankreich, welcher nach Napoleons Thronbesteigung die Kontinentalsperre zur Folge hatte. Doch fällt dieses Ereignis in das 19. Jahrhundert. Folgende statistische Angaben von 1783 Siehe Hilds , Handlungszeitung von 1785. sind von Interesse: England umfasste 39 Millionen Morgen Land Die Bevölkerung betrug 5545000 Seelen Die der Stadt London 600000 „ Alle Ländereien warfen im Jahr ab 10 Millionen £ Die geschorene Wolle 2 „ „ Der Fleischkonsum betrug an Wert 33 „ „ Der Getreideverbrauch 6 „ „ Der Wert der Wollwaren, die in England konsumiert wurden 8 „ „ Der Export davon 2 „ „ Die Einkünfte an Steuern 43 „ „ (In Frankreich um dieselbe Zeit 81 Millionen Pfund) Die gesamte Industrie produzierte für 51310000 £ Waren und beschäftigte 5250000 Menschen. An Eisen und Eisenwaren wurden produziert für 8700000 £ Nach einer anderen Angabe in Hilds Handlungszeitung, S. 346, verar- beitete man um 1784 in England an Stahl- und Eisenwaren für 4 Millionen Pfd. Das Kapital, welches dazu verwendet wurde, betrug 10 Millionen Pfd.; die Zahl der dabei beschäftigten Arbeiter 200000. Das Quantum Eisen, welches sie verar- beiteten, betrug an 250000 Tons, wovon 55000 Tons eingeführt wurden. . Die Abgabe auf Stahl, der in England um 1785 eingeführt wurde, betrug pro Tonne 2 £ 16 sh. 1½ ₰, wäh- rend die Irländer nur 9 sh. 7½ ₰ bezahlten. England. Die Eisenpreise betrugen um 1620 für die Tonne Holzkohlen- roheisen 6 £, Koksroheisen nach Dudleys Erfindung 4 £, Holzkohlen- schmiedeeisen 15 £, Koksschmiedeeisen 12 £. 1792. Giessereiroheisen 5 £ 10 sh., Koksroheisen 8 £ 10 sh., Holzkohlenschmiedeeisen 23 £, Koksschmiedeeisen 18 £; 1798: Koks- roheisen 10 £, Giessereieisen 7 £ 10 sh., Holzkohlenschmiedeeisen 27 bis 28 £, Koksschmiedeeisen 22 £. Das beste Bild von der englischen Eisenindustrie am Ende des 18. Jahrhunderts erhält man aus Svedenstjernas Reisebeschreibung. Die Reise fiel zwar in die Jahre 1802 und 1803, doch dürfen wir annehmen, dass die industrieellen Zustände im Jahre 1800 schon die- selben waren, ausser bei den Anlagen, die der schwedische Reisende selbst als ganz neue bezeichnet. Svedenstjerna , der in Gesellschaft des Franzosen Bonnard reiste, machte seine Tour von Süden nach Norden, indem er zuerst die Eisenwerke in Süd-Wales besuchte. Zunächst fielen ihm die Kanäle und die zahlreichen Eisenbahnen, die zwischen den Hütten, Bergwerken und Kanälen in grosser Zahl kreuz und quer liefen, auf. Man unterschied dabei Railways und Tramways. Die ersteren bestanden aus 2 bis 3 Zoll breiten eisernen Stegen, welche auf der inneren und oberen Kante vollkommen glatt waren. Die Wagenräder hatten an der inneren Kante des Rades einen Falz, wodurch sie in der Bahn gehalten wurden. Bei den Tramways hatte die Bahn auf der äusseren Seite eine aufgeschlagene Kante und die Räder waren glatt, wie gewöhnliche Schiebkarrenräder. Zwei Pferde konnten auf einem guten Tramway 19 Wagen mit je 15 Ctr. Ladung ziehen. Von Pennydarran führte gerade Cyfartha gegenüber eine grosse Bahn 7 schwedische Viertelmeilen dem Cardiff-Kanal entlang. Auf dieser wurden zwei zusammengehängte und mit 10 Tonnen beladene Wagen bequem von einem Pferde gezogen. Die Bahn ren- tierte sich trotz des Kanals durch Ersparung der Schleusenabgabe und durch Zeitgewinn. — Den Verkehr mit den im Gebirge gelegenen Erz- und Kohlengruben vermittelten Maulesel, welche mit Körben über Packsättel beladen waren und gewöhnlich 3 Ctr. trugen. Noch mehr erstaunten ihn die vielen Dampfmaschinen, welche in England zahl- reicher seien, als in Schweden die Wasser- und Windmühlen. Die grossartigen Eisenwerke um Merthyr-Tydwill lagen in einer Strecke, kaum eine halbe schwedische Meile lang und eine halbe Viertelmeile breit, dicht beisammen. Auf diesem kleinen Raume befanden sich 13 Hochöfen, die jährlich über 24000 Tons Eisen pro- duzierten, welche zu etwa 20000 Tons Stab-, Band-, Bolzeneisen und England. Blech verarbeitet wurden. Die Hochöfen zu Cyfartha und Pennydarran waren so zweckmässig angelegt, dass Eisenstein und Kohle direkt auf die Gicht des Hochofens angefahren und die Kohlen von da durch eine schiefe Ebene zu den Stabeisenwerken gebracht wurden. In diesen wurde der Puddelprozess in ausgedehntem Masse betrieben. Das Verdienst der Vervollkommnung derselben schreibt Sveden- stjerna Herrn Crawshay von Cyfartha zu. Die Eisenhütte von Cyfartha war schon 1765 gegründet worden, ihr Aufschwung und ihre Vergrösserung datiert aber erst seit 1783, in welchem Jahre sie in den Besitz von R. Crawshay gelangte. Zuerst wurde das Eisen in Feineisenfeuern umgeschmolzen und gereinigt, wobei der Einsatz 10 bis 15 Ctr. betrug, welches nach zwei bis drei Stunden abgestochen wurde. Von diesem „fine metal“ setzte man 3 bis 4 Ctr. in einen Puddelofen ein, aus denen man fünf bis sieben Luppen (Luneps) machte, die unter einem grossen Stabhammer zu Kolben gezängt wurden, welche in den Schweissofen (Bloom- oder Ball-furnau) kamen und, nachdem sie Schweisshitze erlangt, zu Luppen- stäben von 12 bis zu 63 Fuss Länge, 2½ Zoll Breite und ⅜ Zoll Dicke ausgewalzt wurden. Um die Stäbe schön glatt zu machen, erhitzte man sie nochmals und überschmiedete sie unter einem Hammer. Auf dem Werke von Pennydarran befanden sich allein 3 Hoch- öfen, 3 Feineisenfeuer, 25 Puddel- und 8 Schweissöfen mit den nötigen Hämmern und Walzwerken, sowie 9 oder 10 Dampfmaschinen, von denen einige mit einer Kraft von 70 bis 80 Pferdekräften arbeiteten. Die Werke verbrauchten auch eine ausserordentliche Menge von Guss- eisen, denn abgesehen von den Eisenbahnen, Wagenrädern, Walzen u. s. w. war hier fast alles von Eisen, der Fussboden, die Dachbalken, die Gerüste u. s. w., und man versicherte, dass tannene Balken von gewisser Stärke teurer seien als entsprechende gusseiserne Träger. Es waren 4000 Arbeiter auf den Eisenwerken bei Merthyr-Tydwill beschäftigt. Über die Hochöfen macht der Verfasser keine Angaben. Baader erwähnt aber, dass er auf seiner Reise nach England 1789 dort einen Hochofen von 60 Fuss Höhe angetroffen habe. Grossartig war die Stärke und Grösse der Maschinen, welche die Blasebälge, Hämmer und Walzwerke bewegten. Ein englischer Stab- hammer wog wenigstens 60 bis 70 Schiffspfund oder über 10 Tons. Es gab eiserne Wellen von 16 bis 24 Tons und Schwungräder von 9 Tons, von denen mache in einem Stück gegossen waren. Bei Cyfartha war ein oberschlächtiges Wasserrad von 52 Fuss Durchmesser und 7 Fuss breiten Schaufeln ganz von Gusseisen, die Zapfen hatten Beck , Geschichte des Eisens. 69 England. über 12 Zoll Durchmesser. Einzelne Gussteile wogen 9 bis 10 Tons und das Ganze über 100 Tons. Mit diesem Rade hatte man durch ein Vorgelege eine Dampfmaschine verbunden, so dass beide Maschinen gemeinschaftlich zur Bewegung der Gebläse für zwei Hochöfen und mehrere Feineisenfeuer (refineries) wirkten. Bei starkem Wasserzufluss konnte man dadurch viel Brennmaterial unter den Dampfkesseln sparen, während umgekehrt bei Wassermangel durch stärkere Feuerung unter dem Dampfkessel die Maschinerie im Gange erhalten wurde. Die Originalität dieser von Crawshay konstruierten Maschine wurde anerkannt, aber der praktische Nutzen dieser Kombination von vielen bezweifelt. Doch hatte man auch zu Pennydarran eine ähnliche Maschine, mit der man sehr zufrieden war. 1½ schwedische Meilen von Merthyr Tydwill lag das Eisenwerk Sirhowy, in dessen Nähe später (1802) das Eisenwerk Tredegar erbaut wurde. Sirhowy hatte zwei Hochöfen und ein Feinfeuer. Es schickte seine Produkte hinunter nach den Eisenwerken bei Merthyr. Bei Pontypool befanden sich grosse Blechhütten und eine Fabrik lackierter, sogenannter japanischer Blechwaren. In Shropshire kennzeichnete sich die Eisenindustriegegend von Brosley und Coalbrookdale schon aus der Ferne durch eine Unzahl von Pferdegöpeln und Schornsteinen; Steinkohlen-, Eisensteingruben und Kalkbrüche lagen hier auf beiden Seiten des Severn in grosser Zahl beisammen. Die drei Orte Broseley, Ironbridge und Coalbrook- dale bildeten eine zusammenhängende Masse von Häusern und Eisen- werken. Dicht bei Broseley lag das Eisenwerk Calcutt, welches drei Hochöfen, mehrere Gussflammöfen, eine Kanonenbohrmaschine und Eisendreherei hatte. Die Hochöfen waren hier kleiner als in Süd- Wales und gaben selten mehr als 30 Tonnen Roheisen in der Woche, während die von Süd-Wales 50 und mehr schmolzen. Dagegen war das Roheisen besser und zu feinen und starken Gusswaren sehr geeignet. Die hier gegossenen Kanonen sollten sogar an Festigkeit die früher in Cumberland und Lancashire aus Holzkohlenroheisen hergestellten übertreffen. Auf gegossene Stangen dieses Eisens von 2 Zoll Breite, ½ Zoll Dicke und 8 Fuss Länge, deren eines Ende festgekeilt war, konnte man sich auf das andere Ende stellen, ohne dass sie brachen. Solche Stäbe wurden für gewisse Zwecke an Stelle von Schmiede- eisenstäben gebraucht. Hier wie überall in England wurde nur in Sand gegossen und zwar Gussstücke von 1 Quentchen bis zu 9 Tonnen Gewicht. Das Bohren der Kanonen geschah mittels einer Dampfmaschine, England. welche unmittelbar auf einen im Mittelpunkte einer Welle befestigten Krummzapfen wirkte, von dem aus elf horizontale Bohrer durch Vor- gelege bewegt wurden. Dadurch konnten viele Kanonen — und es liefen zeitweilig Bestellungen von 5000 Tonnen Gewicht ein — in kurzer Zeit fertig gebohrt werden. Bei diesem Werke hatte man auch 20 Verkokungsöfen zur Theergewinnung nach Lord Dundonalds Erfindung angelegt. Die Daleworks, welche dicht am Eingange von Coalbrookdale ihren Anfang nahmen, zogen sich das Thal hinauf bis zu der neuen Hütte von Orsay, welche ebenfalls noch der Dale-Company gehörte. Orsay hatte zwei Hochöfen, einige Refineries, Puddlingsöfen und Walzwerke. Auf den unterhalb liegenden Werken waren weitere zwei Hochöfen, mehrere Giessöfen, Schleiferei und Drahtbänke. Hier wurden namentlich feinere Gusswaren aus Kupoloöfen geschmolzen. Alle Hochöfen und Walzwerke bei den Daleworks wurden mit Dampf- maschinen, nur die Dreh- und Schleifmaschinen durch das Wasser eines kleinen Baches, welcher sich durch das Thal schlängelt, be- trieben. Ebenso wurde eine Cylinderbohrmaschine zum Ausbohren von Gebläsen bei Ironbridge und ein Stabhammer daselbst durch Wasser bewegt. Mit letzterem war eine Tiegelfrischerei (siehe S. 668) verbunden. Broseley gerade gegenüber, unterhalb der eisernen Brücke, lagen zwei Hochöfen und ein Giessofen, welche Herrn Reynolds gehörten. Ein Cylindergebläse von 7 Fuss Durchmesser, mit einem cylindrischen Wasserregulator verbunden, lieferte den Wind für die Hochöfen. Weiter abwärts auf derselben Seite des Severn war eine schiefe Ebene mit Schienen, auf welcher beladene Böte vom Flusse auf und nieder zu einem oberhalb gelegenen Kanal gezogen wurden. Dieser Art des Transportes begegnete man dort an vielen Plätzen Siehe Näheres darüber Svedenstjerna , a. a. O., S. 78. . Die ganze Gegend war von Eisenbahnen durchzogen. Eine Stunde von Ironbridge, auf dem Wege nach Shiffnal, lag das Eisenwerk Lightmoore, welches drei Hochöfen und eine Anzahl Fein- eisenfeuer, Puddel- und Schweissöfen umfasste. Hier liess man alles Roheisen in Gänze laufen, um es nachher im Feineisenfeuer umzu- schmelzen. Nur ein kleiner Teil wurde teils direkt aus dem Hochofen, teils aus einem Flammofen vergossen. Man arbeitete in Lightmoore auf gute Qualität, und wurde das Stabeisen so hoch bezahlt wie die schwedischen Mittelsorten. Es wurde mit 23 bis 26 £ die Tonne ver- 69* England. kauft, während das Eisen von Merthyr-Tydwill nur 17 bis 18 £ er- zielte. Boulton in Soho verwendete dasselbe vielfach an Stelle von schwedischem. Die drei Hochöfen und einige Feineisenfeuer wurden von einer einzigen Dampfmaschine, welche über 90 Pferdekräfte hatte, bedient. Das Cylindergebläse hatte 7 Fuss 4 Zoll lichte Weite und 5 Fuss Hub. Es war mit zwei gleich grossen Regulatoren mit beweg- lichen Deckeln, von denen aus der Wind verteilt wurde, verbunden. Jeder Deckel war mit 10 Tonnen Eisen beschwert, und das Sausen des Windes vor der Form war so stark, dass man kein Wort hören konnte. Die Dampfmaschine war nach dem Patent von Boulton und Watt gebaut und ging so ruhig und leicht, dass ein schlecht gemachtes Spinnrad oft mehr Geräusch verursachte. Auf dem Wege nach Shiffnal lag auch die Hütte von Ketteley, welche ebenfalls Herrn Reynolds gehörte. Die Eisenwerke um Wolverhampton waren in kleinerem Massstabe gebaut als die seither beschriebenen. Auch war der Betrieb mehr geteilt, so dass ein Hüttenbesitzer nur Hochöfen, andere Giesserei, wieder andere nur Puddlings- und Walzwerke betrieben. Die Hoch- öfen waren alle aus Ziegeln gebaut. Auf dem Eisenwerk Bilston New-Mills von Pearson \& Co . sah Svedenstjerna ein Puddlingsverfahren, welches von dem in Süd- Wales üblichen abwich. Man machte hier eine Sorte grobes Material- eisen, welches durch ein gewöhnliches Schneidwerk von acht Scheiben zu Nagelzainen von 5/16 Zoll Quadrat geschnitten wurde. Zuweilen wurden diese aus Stäben geschnitten, welche unmittelbar aus den Luppen (lumps) mit derselben Hitze gewalzt waren, zuweilen auch aus Stäben, die eine zweite Hitze erhalten hatten. Die ganze Gegend zwischen Wolverhampton, Wednesbury, Birming- ham und Dudley flammte am Abend von den zahllosen Feuern der Eisenwerke, deren man 40 zählte. Unter diesen war Browley eines der grössten und lieferte an Gusswerk, Stabeisen, Blechen und geschnittenem Eisen gegen 6000 Tonnen im Jahr. Die Gewinnung von Eisenerzen, Steinkohlen und Kalkstein war ähnlich wie um Coalbrookdale. Der Transport geschah meistens auf Kanälen, welche das Land nach allen Richtungen durchschnitten und in Birmingham zusammenliefen. Der Birminghamkanal brachte allein jährlich 50000 £ für Kohlentransporte ein. Bei Wednesbury lag das John Wilkinson gehörige Eisenwerk Bradley, das grösste der Gegend, welches zwei oder drei Hochöfen, verschiedene Gussflammöfen, Puddel- und Schweissöfen, Walzwerke England. für Stabeisen und Bleche, Schneidwerke und grosse mechanische Werk- stätten umfasste. Bei vollem Betriebe wurden 200 Tonnen Blech-, Band-, Stabeisen und Nagelzaine in einer Woche gemacht. Letztere wurden am Orte verkauft und von Nagelschmieden mit der Hand zu Nägeln verarbeitet. Das Walzen geschah hier auf die eigene, von Wilkinson erfun- dene Weise. Das durch eine Dampfmaschine getriebene Walzwerk bestand aus zwei 5 Fuss starken und 6 Fuss langen Walzen, wovon jede 8 bis 10 Tonnen Gewicht hatte. Auf einem Ende dieses Walz- werks waren, wie gewöhnlich, vertiefte Rinnen, auf dem anderen eine glatte Bahn. In dem Mittelpunkt der oberen Walze war ein 3 Fuss langer Krummzapfen, welcher durch den Balancier einer Dampfmaschine hin und her bewegt wurde. Die Kurbel drehte sich nicht um, sondern lief in einem Winkel von 90° oder etwas mehr vor- und rückwärts, ebenso auch die Walzen, die also nur mit ¼ ihrer Peripherie wirkten, statt wie sonst ganz umzulaufen. Von der oberen Walze, welche bloss mit ihrer Schwere wirkte, ging kein Vorgelege nach der unteren, sondern diese wurde nur durch die Reibung bewegt. Wenn das zuerst unter- gesteckte Eisen vier- bis fünfmal vor- und rückwärts gegangen war, so brachte man es unter die glatte Bahn, und in der Zwischenzeit wurde ein frisches unter das andere Ende des Walzenpaares gebracht, so dass zwei Schmelzstücke jederzeit auf einmal gereckt wurden. Wilkinson hatte hierdurch viel an Zeit zu sparen geglaubt, weil seine Walzen nie leer, sondern immer doppelt besetzt liefen; auch konnte er wirklich für dieses Walzenpaar mehr Puddelöfen benutzen, als für ein gewöhnliches; aber die hohen Anlagekosten, der Kraft- aufwand und andere Anforderungen waren Veranlassung, dass diese eigenartigen Walzen auf anderen Werken keine Anwendung fanden. Die hier gewalzten Stäbe waren rauh, ungleich und im ganzen schlecht gearbeitet. Um sie zu Blech- und Stabeisen zu verwenden, mussten sie noch einem Prozess unterworfen werden. Das Blechwerk bestand aus zwei bis drei Blechglühöfen und zwei Paar Walzen. Diese hatten 10 bis 12 Zoll Durchmesser, 3 bis 4 Fuss Länge und waren abgedreht und poliert. Nachdem das Blech- eisen durch die Walzen eine gewisse Dünne erhalten hatte, wurden zwei und zwei und zuletzt vier und mehrere Tafeln zusammengelegt. Man walzte hier manchmal ungewöhnlich grosse Platten. Wilkinson hatte seine Pramen (Lastschiffe für die Kanäle) von 20 Tonnen ganz von Eisenplatten gebaut. Sie waren leichter und besser zu bewegen als gleich grosse hölzerne, kosteten aber drei- bis England. viermal soviel. Wilkinson hatte auch ein grösseres Fahrzeug auf dem Severn ganz aus Eisenplatten gebaut. In Wednesbury wurden auch viele Gewehre gemacht; in Wolver- hampton hauptsächlich schwere Kurzwaren (hardware), wie Beile, Mauerkellen, Plätteisen, Roste und namentlich Schlösser. Redditch war berühmt durch seine Näh- und Stricknadeln. Über Birmingham giebt Svedenstjerna nur ganz kurze Nach- richt; wir ergänzen dieselbe deshalb aus dem Reisebericht eines Deutschen, namens Nemnich , welcher 1799 England besucht hatte Beschreibung einer im Sommer 1799 von Hamburg nach und durch Eng- land geschehenen Reise von P. A. Nemnich . Tübingen 1800. . 1676 war Birmingham kaum ein Marktflecken. Gerbereien und Eisenschmieden gab es aber daselbst schon Jahrhunderte früher. Nach der Revolution entstanden hier Gewehrfabriken und bald darauf begann die Fabrikation von Knöpfen und Schnallen, kurz all der Kurzwaren (toys and hardware), die als Birminghamer Waren bekannt wurden. Aber erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts fing die Be- völkerung der Stadt an bedeutend zu wachsen. 1690 mag die Ein- wohnerzahl 4000 gewesen sein, zu Anfang des 18. Jahrhunderts war sie vielleicht doppelt so gross; 1741 zählte man 24660 Einwohner, 1778 etwa das Doppelte. Die glänzendste Periode für Birmingham waren die Jahre 1790 bis 1792, in welcher die Einwohnerzahl sich 80000 näherte, am Ende des Jahrhunderts ging sie infolge der Han- delsstockung, welche der französische Krieg veranlasst hatte, wieder um etwa 20000 Seelen zurück. Die Metallknopffabrikation war so bedeutend, dass sie etwa 20000 Menschen Unterhalt gewährte. Diese Fabrikation wie die der Schnallen schlug die französische voll- ständig aus dem Felde. Burke nannte Birmingham the toy-shop of Europe. Die japanischen Blecharbeiten, welche Baskerville erfunden hatte, wurden ebenfalls ein wichtiger Industriezweig Birminghams; am berühmtesten waren die plattierten Waren und Stahlwaren. Das grösste Verdienst um das Aufblühen der Stadt erwarb sich aber Boulton (s. S. 517). Ein besonders segensreiches Unternehmen war die Erbauung des grossen Kanals, 22 Meilen lang, welcher, im An- schluss an den Kanal von Staffordshire, Birmingham mit Bristol, Liverpool und Hull in Verbindung brachte. Dieser Kanal wurde 1767 begonnen und kostete 70000 £. Sheffield war in der ganzen Welt berühmt durch seinen Guss- stahl, seine polierten Stahlarbeiten und Schneidwerkzeuge. Auch England. diese Stadt verdankte ihr rasches Wachstum der Eisenindustrie. 1615 zählte es 2207 Seelen, 1736 an 9700, 1755 über 12000, 1788 aber schon über 25000, 1790 über 29000, 1799 über 30000. Mitten durch die Stadt läuft der Fluss Don, der zahlreiche Walz-, Schneide- und Schleifwerke trieb. Mitten in der Stadt ebenfalls am Flusse lag ein grosses Eisenwerk mit Herden, Glühöfen, Walz- und Schneidewerken, Hämmern u. s. w., einige davon wurden mit Wasserrädern, andere mit Dampfmaschinen betrieben. Hauptsächlich beschäftigte man sich hier mit Schmieden für andere Werke, von gewissen groben Maschinenteilen, von Material zu Werkzeugen und dergleichen Sachen; man machte Eisenbleche von allen Dimensionen und verschiedener Beschaffenheit auf Bestellung. Svedenstjerna sah hier Blechtafeln von 5 Fuss Länge und 2 Fuss Breite. Ferner wurde Gussstahl gereckt und gewalzt; er sah solchen zu Blechtafeln 2 Fuss lang, 10 bis 12 Zoll breit und 1/16 Zoll dick auswalzen, welche hernach diagonal zu Sägeblättern zerschnitten wurden. Auch sah er Gussstahlschienen von der Dicke 1 Linie und einigen Zoll Breite, mit der gewöhnlichen Schneidscheibe in ⅜ Zoll breite Zaine schneiden, woraus nachher die Klingen der Federmesser geschmiedet wurden. Die Bleche wurden in einem gewöhnlichen Blechglühofen sehr mässig ausgeglüht, und so oft solche heraus- genommen wurden, schlug man sie mit einem gewissen Handgriff gegen die Fläche eines in dem Boden der Schmiede eingegrabenen Ambosses von Roheisen. Nachher wurden sie mehrmals durch die Walzen vor- und rückwärts gezogen. Die Walzen hatten 9 Zoll im Durchmesser, waren etwas über 2 Fuss lang, wohl poliert und wurden jedesmal, wenn eine Blechtafel durchging, ein wenig zusammen- geschraubt. Wenn die Blechtafel zum letztenmal aus den Walzen kam, war sie ganz schwarz, aber glatter und von Glühspan freier als gewöhnliche Bleche. Sowohl bei diesem als bei dem anderen Walzwerke hatte das Vorgelege zwischen beiden Walzen doppelte Reihen Zähne, so dass immer zwei Zähne auf einmal arbeiteten. — Bei der Dampfmaschine, welche das Walzwerk trieb, war der Watt - sche Regulator angebracht. Zu allen Arten von Werkzeugen und polierten Waren wurde schon damals in England fast ausschliesslich Gussstahl verwendet. Neben dieser reellen Fabrikation bestand allerdings gerade in Sheffield eine Fabrikation ganz geringwertiger Schneidwaren, welche in Formen gegossen und dann geschliffen und poliert wurden. Sie hatten nur das Aussehen guter Waren, waren aber sehr zerbrechlich. Sie wurden zum Zweck der Fälschung für den überseeischen Handel England. angefertigt. Ein wichtiger Fabrikationszweig Sheffields waren auch plattierte Waren, namentlich Leuchter, Kaffee-, Thee- und Bierkannen, welchen Joseph Hancock 1758 eingeführt hatte Siehe Nemnich , Reise durch England 1799, S. 199. . Einige Meilen von Sheffield, auf dem Wege nach York, lag die kleine, betriebsame Stadt Rotherham am Don, welcher von hier an schiffbar war und das schwedische Eisen für die Cementstahlfabriken von Hull den Humber aufwärts hierher brachte. Hier wurde zuerst Cementstahl gemacht. Bei der Stadt lagen zwei Hochöfen und die grosse Giesserei von Walker , in der Stadt war ein Puddel- und Walzwerk mit Feineisenfeuern, Puddel- und Schweissöfen, Walzwerk und einem Stabhammer nach schwedischer Art. Das Eisen, welches hier fabriziert wurde, zeichnete sich durch seine Güte aus, namentlich die Spatenbleche. Zu diesem Werke gehörten auch zehn Cementstahl- öfen, worin jährlich etwa 1000 Tonnen schwedisches Oregrundeisen und 200 Tonnen russisches Old-Sabel-Eisen (d. h. alter Zobel) in Cementstahl verwandelt wurden. Die meisten Öfen waren sogenannte doppelte mit zwei Brennkisten, welche 8 bis 9 Tonnen fassten. Gewöhnlich gehörten acht Tage zur Ausbesserung des Ofens und Einlegen des Eisens, acht Tage zum Brennen und ebensoviel zum Abkühlen. Ein Ofen machte also 140 Tonnen im Jahre. Der Cementsatz bestand aus Laubholz- kohlen mit wenig Asche. Der Bezug des schwedischen und russischen Stangeneisens, auf das bekanntlich die ganze Cement- und Gussstahlfabrikation Sheffields begründet war, geschah ausschliesslich durch das Importgeschäft von Joseph Sykes \& Co . zu Hull, welches diesen Handel allein in Hän- den hatte. Die Marken Hoop L., G. L., Double Bullet galten als die besten, die Marken W. Krone, G. F., Hoop S., J. B. Krone, Stenbock, S. u. a. als geringere Sorten. In Schottland sah Svedenstjerna zuerst einige englische Meilen von Edinburg ein Eisenwerk. Es bestand aus einer Anzahl einzelner Hämmer und Walzwerke, einem grossen Bach entlang, in denen nur Schrott, altes Bruch- und Materialeisen verarbeitet und zu Blechen, Spaten, Schaufeln u. s. w. verschmiedet wurde. Hier waren Hämmer, bei welchen Gerüst, Helm und Hammer aus Gusseisen waren und zwar bestand dabei Helm und Hammer aus einem Stück. Ebenso waren die Wasserräder aus Gusseisen, mit schmiedeeisernen Stangen verschraubt. — Das alte Eisen kam meist aus Holland, wurde in England. Haufen (Piles) von 11 bis 12 Zoll zusammengelegt und in Schweiss- öfen oder Herden geschweisst Näheres, namentlich über das Ausschmieden der Spatenblätter, siehe a. a. O., S. 144. . Carron hatte fünf Hochöfen, der Zutritt zu dem Werk war aber jedermann strengstens verboten, doch war es durchaus nicht mehr das grösste oder wichtigste Werk in Grossbritannien. Wilsontown, ein grosses Eisenwerk zwei bis drei schwedische Meilen von Edinburg, war ein ganz neues Werk, welches Ende des Jahrhunderts für 100000 £ erbaut worden war und nach schwedischer Art arbeiten sollte, was sich aber nicht rentierte, weshalb dann ein grosses Puddelwerk angelegt wurde. Das Eisenwerk Clyde war nach Carron das grösste Werk in Schottland. Es hatte drei Hochöfen und verschiedene Gussflamm- und Kupoloöfen; man machte hier kein Stabeisen, sondern nur gute Kanonen und alle Sorten von feinen und groben Gusswaren. Das Gebläse für die drei Hochöfen wurde von einer Dampfmaschine von 55 Pferdekräften getrieben. Hierbei war nur der Regulator bemerkens- wert, welcher aus drei grossen Cylindern bestand, die in einem einige Fuss hohen Bassin mit Wasser standen. Der zuletzt gebaute Hoch- ofen war 38 Fuss hoch, in der Gicht 3 Fuss, im Bauch 11 Fuss 9 Zoll und am Schluss des Gestelles, welches 8 Fuss hoch war, 2 Fuss 6 Zoll weit. Der Kernschacht war aus feuerfesten Ziegeln erbaut und durch eine Luftschicht vom Rauhgemäuer getrennt. Letzteres hatte am Boden einen Sockel von 30 Fuss im Quadrat, war aber höher hinauf rund und hatte an der Gicht 12 Fuss Durchmesser. Das Äussere, sowie das Gestell selbst waren ganz von gehauenen Steinen aufgeführt. Wenn man bestes graues Roheisen für Kanonen machte, betrug die wöchentliche Produktion nur 25 Tonnen. Die Kanonenbohr- und Drehvorrichtung wurde durch eine kleine Dampfmaschine getrieben; vier Kanonen konnten auf einmal gebohrt werden. Das Abdrehen besorgte ein Knabe mit der Hand. Das Roheisen war ungewöhnlich fein und dicht, dabei so weich, dass man es wie Schmiedeeisen feilen konnte Siehe weitere Nachrichten über das Kanonenbohren auf der Clydehütte, a. a. O., S. 161. . Zum Schluss teilen wir (a. S. 1100) noch einige Bemerkungen aus Bonnards , des Reisegefährten Svedenstjernas , Bericht über den englischen Puddelprozess mit, die sich hauptsächlich auf den Stein- kohlen-Hüttenbetrieb zu Merthyr-Tydwill und Coalbrookdale beziehen. England. Berechnung der Ein- und Ausfuhr von England nach allen vom Jahre Aus „Handlungszeitung“ 1785, S. 3 England. den, nach dem mittleren Durchschnitt in Pfund Sterling 00 bis 1780 . Stück vom 19. November 1785) und 378. England. Die Verkokung in Süd-Wales erfolgte in langen Haufen, bei Wolverhampton in Meilern, zu Coalbrookdale in Öfen. — Die Erze waren an beiden Orten graue, braune und gelbe Thoneisensteine aus der Steinkohlenformation. Der Gehalt in der Beschickung wurde auf 33 Proz. gebracht. Aller Eisenstein wurde geröstet und zwar in Süd- Wales in Schachtöfen, ähnlich den Kalkbrennöfen, in Shropshire in pyramidalen Haufen. Bei letzterem Verfahren erhielt man gleich- zeitig Koks. Die Hochöfen waren von 40 bis 60 Fuss, in Glamorgan sogar 65 Fuss hoch. Bei Koks aus sehr guter Steinkohle zog man die von 50 Fuss, bei geringeren die von 45 Fuss vor. Das Roh- eisen wurde, ehe es in die Puddelöfen kam, in Feineisenfeuern um- geschmolzen. Den Puddelprozess selbst haben wir bereits beschrieben (s. S. 702). Im Jahre 1788 arbeiteten in England und Wales folgende Werke Mischler , Das deutsche Eisenhüttengewerbe, II, S. 118. Genauere Angaben aus dem Jahre 1790 mit Angaben der einzelnen Werke und deren Besitzer befinden sich bei Scrivenor (S. 359). : Hierzu lieferte Schottland noch 7000 Tonnen. Schweden. Mushet macht 1798 folgende statistische Angaben über die Fortschritte der Eisenindustrie in England Philosophical Magazine, Vol. II, p. 850. : 1620 betrug die Jahresproduktion eines Kokshochofens 600 Tonnen im Werte von 3600 £ 1798 beträgt dieselbe 2060 Tonnen im Werte von 13520 „ Die Verkaufspreise betrugen 1620, 1792 und 1798 für Holzkohlenroheisen 6 £, 8 £ 10 sh. und 10 £ pro Tonne „ Koksroheisen 4 £, 5 £ 10 sh. und 7 £ 10 sh. „ „ „ Holzkohlen-Schmiedeeisen 15 £, 23 £, 27 bis 28 £ „ „ „ Steinkohlen-Schmiedeeisen 12 £, 18 £ und 22 £ „ „ (Siehe Tabelle auf S. 1098 und 1099.) Schweden . In keinem Lande wirkten Regierung und Gewerke zur Verbesserung und Hebung der Eisenindustrie so einträchtig zusammen, wie in Schweden. Die Grundlage dazu gab die vortreffliche Bergwerks- verfassung, welche König Gustav Adolf im Jahre 1630 erlassen hatte. Das Bergkollegium war eine der angesehensten Behörden und durch die besten Kräfte besetzt. Dies war ganz besonders in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts der Fall, wo die beiden berühmten Eisenhüttenmänner Swedenborg und Polhem als Asses- soren des Bergkollegiums nebeneinander wirkten. Beide leisteten Ausserordentliches nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis. Namentlich hat Polhems mechanisches Genie in hohem Grade das Eisenhüttengewerbe Schwedens gefördert. Er selbst hatte im Anfang des Jahrhunderts (1704?) zu Stjernsund ein Eisen- und Metallwerk angelegt, in dem er zuerst verzinnte Eisenwaren machte. Hieran reihte sich bald die Darstellung anderer Eisenwaren, und da Polhem überall Maschinenarbeit statt Handarbeit einführte, so wurde Stjernsund eine Fabrik, die einzig in ihrer Art war und von grossem Einfluss auf die Entwickelung der Eisenbearbeitung geworden ist. Die Grundlage bildete die Blechfabrikation. Hierfür erfand er seine berühmte Schere mit Wasserbetrieb, seinen Glühflammofen zum Schweden. Erhitzen der Bleche, eine Plattpresse zum Pressen von Dachblechen und viele andere Vorrichtungen. Ihm gebührt, wie es scheint, das grosse Verdienst, zuerst kalibrierte Walzen angewendet zu haben. Hierüber und über seine weitere Anwendung der Walzen siehe oben S. 580. Er machte Weissblech, welches er zu allerhand Artikeln verar- beitete. Manche Geräte fertigte er aus Schwarzblech und verzinnte sie dann erst. Zur Blechbearbeitung hatte er Tiefhämmer, Präg- werke, Pressen und Walzen konstruiert, mittels deren er namentlich Küchengeschirr aus Blech anfertigte, insbesondere Teller, Schüsseln, Becher u. s. w. Es gab viele Fabrikgeheimnisse auf dem Werke, von denen leider die meisten durch einen grossen Brand nach Polhems Tode verloren gegangen sind. Er erfand eine Nagelmaschine und für die königlichen Gewehrfabriken ein Ziehwerk für Flintenläufe. Ebenso wie um die Blechfabrikation erwarb er sich um die Stahlbereitung und Verarbeitung grosse Verdienste. Seine vortreffliche Anleitung zum Guss eiserner Walzen und viele andere Anregungen, die er der Eisen- industrie Schwedens gab, haben wir bereits erwähnt. Neben Polhem und Swedenborg wirkten noch andere tüchtige Männer, wenn auch nicht von der Bedeutung der vorgenannten, wie Triewald, Lauräus, Lindfort, Tilesius, Schepper . Von grossem Einfluss war der geistige Aufschwung Schwedens in jener Zeit, der in der Gründung der wissenschaftlichen Gesellschaft von Upsala und später der königlichen Societät der Wissenschaften in Stockholm seinen Ausdruck fand und welcher zum grossen Teil durch die obengenannten Männer in eine wesentlich praktische Richtung geleitet wurde. Eine wichtige Veränderung erfuhr die Organisation des Bergkollegiums im Jahre 1713 dadurch, dass die Landhauptleute, d. h. die Revierbeamten, die bis dahin, ein jeder für seinen Bergslag, wenn sie in Stockholm waren, Sitz und Stimme darin hatten, dieses Recht verloren und dafür ständige sachverständige Beisitzer, von denen zwei zu Bergräten ernannt wurden, deren Anzahl in der Folge bis auf sechs vermehrt wurde, traten. Neben dem Bergkollegium war eine andere segensreiche Körper- schaft, die Hütten-Gesellschaft (Bruks-Societät), eine Vereinigung der Hütten- und Hammerherren mit der ausgesprochenen Absicht, neben Wahrung ihrer eignen Interessen das Eisenhüttengewerbe in Schweden zu fördern. Dieser Verband hat sehr segensreich gewirkt und ist seiner Aufgabe in hervorragender Weise gerecht geworden. War das richtige Zusammenwirken im Inneren ein Faktor, der Schweden. die Eisenindustrie Schwedens förderte, so waren die Verhältnisse nach aussen, der Handel und die zunehmende Ausfuhr ein weiterer Faktor hierfür. Der Bedarf Englands nahm von Jahr zu Jahr zu. Im Jahre 1700 musste England schon 395000 Ctr. fremdes Eisen ein- führen, von denen der grösste Teil von Schweden kam. Obgleich mit der Regierung des genialen Abenteurers, Karls XII., schwere Zeiten für die Industrie über Schweden hereinbrachen, so hatte doch die Eisenindustrie am wenigsten darunter zu leiden. Freilich trat grosser Arbeitermangel ein, denn alles, was Waffen tragen konnte, musste ins Feld, nur Alte und Krüppel blieben zurück. Auch waren die Preise unsicher und grossen Schwankungen unterworfen. Von 1703 bis 1711, wo man allein von Gothenburg aus jährlich 149000 Ctr. verschifft hatte, war der Preis 4½ Thlr. Silber pro Centner gewesen. 1718 fiel er bei geringer Ausfuhr auf 3 Thlr., dann stieg er 1725 auf 6 Thlr., 1737 stand er wieder auf 4¾ Thlr. Um bei den schwanken- den Exportmengen die Hüttenbesitzer vor Verlegenheiten zu schützen und einen Vorrat zum Ausgleich zu schaffen, wurde es erlaubt, gegen Pfandscheine auf hinterlegtes Eisen Anleihen bei der Bank zu machen (Warrants). Diese Begünstigung, die sich erhielt, gab zu vielen Miss- bräuchen Veranlassung. Die Besitzungen fingen selbst an, Gegen- stand des Tauschhandels zu werden und kamen mit den Hütten in schlechte Hände; der Eisenhandel wurde fast nur durch Agenten fremder Häuser betrieben, die den Preis unter sich nach Belieben feststellten. Die schädlichen Wirkungen zeigten sich Anfang der 40 er Jahre so deutlich, dass alle Patrioten (darunter auch Polhem ) auf Mittel zur Abwehr sannen. Ein solches wurde von der Hütten- Gesellschaft (Bruks-Societät) in Verbindung mit der Regierung gefunden. Vom Reichstag wurde nämlich 1745 der Beschluss gefasst, die Hütten- besitzer zu veranlassen, unter sich Summen zusammenzuschiessen und, auf diese gestützt, sich gegenseitig einen gewissen niedrigsten Verkaufspreis zu garantieren (Syndikat, Ring). Zur Verwaltung der Fonds und Ausführung der Massnahmen, welche zur Erhaltung und Durchführung dieses Abkommens nötig waren, wurde ein Ausschuss mit dem bleibenden Sitze in Stockholm erwählt. Das ganze Institut erhielt den Namen Eisen-Kontor (Jernkontor) Siehe Dr. M. Meyer, Eisenhüttenwesen in Schweden, 1829, S. 21. . Die Abgabe zur Bildung des Fonds wurde auf 1 Kupferthaler (10 Pfge.) von jedem Schiffspfund, das zur Wage gebracht wurde, festgesetzt; nach einem späteren Abkommen musste der Käufer diese Abgaben erlegen. Mit Schweden. diesen Summen sollten auf den grossen Eisenmärkten Einkäufe gemacht werden, wenn der Preis unter die bestimmte Grenze zu fallen drohte. Auch sollten die Hüttenbesitzer, wenn sie nicht an ihren Preis kamen, ihr Eisen deponieren und Summen zu 4 Proz. Zinsen darauf aufnehmen. Die vier Bevollmächtigten wurden jährlich in einer Versammlung der Bruk-Societät gewählt. Gleich beim ersten Markte zu Gothenburg trat das neue Institut mit grossem Erfolg in Aktion. Es gingen im ersten Jahre über 300000 Kupferthaler ein. Der ursprüngliche Plan wurde später 1766 dahin abgeändert, dass man den Einkauf auf den Märkten fallen liess, dagegen Hütten- besitzer, die aus Mangel an Betriebsfonds zu niedrigen Preisen verkaufen mussten, durch Vorschüsse unterstützte, was sich um so besser durchführen liess, als das Eisenkontor nach und nach ein grosses Vermögen gesammelt und ihm von den Reichsständen über- dies ein Kredit von 900000 Mk. zu geringem Zins bei der Haupt- bank eröffnet worden war. Das vortrefflich geleitete Institut wirkte aber noch besonders segens- reich und verdiente sich den Dank aller Länder dadurch, dass es sich die Ausbildung der Hüttenkunde zu seiner ganz besonderen Auf- gabe gemacht hat. Es hat dieselbe in bewunderungswürdiger Weise erreicht, teils durch Besoldung tüchtiger Aufsichtsbeamten und Fach- lehrer, teils durch kräftige Unterstützung aller Forschungen und Ver- suche, wenn sie auch nur entfernte Aussicht auf tieferes Eindringen in die mannigfachen Dunkelheiten der Eisenproduktion verhiessen, ferner durch Aufmunterungen aller Art, die auch den geringsten Hüttenknecht mit einbegriffen, und endlich durch Verbreitung der Fortschritte des Auslandes bis in die fernsten Hütten im rauhen Lappland. Das vortreffliche Institut, welches patriotischer Gemeinsinn geschaffen, hat sich bis heute erhalten. Den Betrieb und die Fortschritte des Eisenhüttenwesens in Schweden in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts haben wir bereits im allgemeinen Teil behandelt, wo wir einen ziemlich ausführlichen Auszug aus Swedenborgs Schilderung der schwedischen Eisen- bereitung gegeben haben. Ebenso haben wir das wichtigste aus Pol- hems patriotischem Testament mitgeteilt. Es bleibt uns nur noch weniges hinzuzufügen. Welchen Aufschwung die schwedische Eisenindustrie seit etwa 1720 genommen hat, geht daraus hervor, dass, während in den 100 Jahren von 1620 bis 1720 nur 60 Stab-, 4 Stahl- und 8 Blechhämmer privi- legiert wurden, in den folgenden 40 Jahren von 1720 bis 1760 dagegen Schweden. 177 Stab- und Nagelhämmer, 16 Stahlwerke und 34 Plattwerke Siehe Rinman, Eisen- und Stahlveredlung, S. 9. . Swedenborg giebt in seinem Werk de ferro 1739 ein ziemlich voll- ständiges Verzeichnis der sämtlichen Hütten- und Hammerwerke in Schweden Swedenborgius, l. c., p. 62. . Er führt die wichtigsten namentlich auf und zwar: In Kopparbergland (Pro- vincia Cuprimontana) 79 Hochofenhütten und 47 Hammerhütten „ Westmanland (Wess- mannia) 78 „ „ — „ „ Örebro 177 „ „ 165 „ „ Upland und Roslagen 24 „ „ 18 „ „ Gästrick- u. Helsingland (Gestricia et Hellsingia) 6 „ „ 54 „ „ Södermanland 2 „ „ 23 „ „ Ostgotland 17 „ „ 24 „ Zusammen 383 Hochofenhütten und 331 Hammerhütten. Von den angeführten Werken hatten manche drei, vier, sechs bis zehn Feuer. Ausserdem gab es noch eine grosse Anzahl Eisenwerke in Jönköping, Kalmar, Kronoberg, Småland, Bothnien, Lappland und Finnland von geringerer Bedeutung. Hervorragende Werke waren in Kopparbergland die Hochofen- hütten Wikmanshytta, Forshytta, Westansioe, Starbo und die Hammer- hütten Graengshammar, Langfors und Stiernsund; in Örebro: Dalkarls- hytta, Garphyttan, Stiernfors, Elfdala, Wedewang, Brefwen, Munkfors, Bofors, Langbahn und Lillefors; in Upland und Roslagen: Södersfors, Österby, Loefstad (mit Doppelöfen) und Forsmark; in Gestricia und Hellsingia: Edke, Hammarby, Hoegbo, Forsbacka, Wiksioe, Iggesund; in Södermanland: Eskelstuna; in Ostgotland: Österby, Finspong und Isunda. Bauernöfen und Luppenschmieden, welche Sumpferze direkt zu schmiedbarem Eisen verschmolzen, gab es noch in Angermanland (Graninge), Dalekarlien, Jemptland und West-Bothnien. In gleicher Weise wurden Seeerze ausser in Angermanland und Dalekarlien auch in Småland und Ostgotland verschmolzen. Nur in Småland ver- schmolz man auch Seeerze im Hochofen. Die meisten Frischfeuer waren deutsche Aufbrechschmieden, nur das für die Cementstahl- fabrikation besonders gesuchte Eisen, das sogenannte Öregrundeisen von Dannemora und Roslagen, wurde in Wallonschmieden gefrischt. Beck , Geschichte des Eisens. 70 Schweden. Die Hochöfen dieser Provinzen waren ebenfalls anders zugestellt. Storgrufwen war das grösste Eisenbergwerk in Dannemora. Die bedeutendsten Hochofenhütten waren zu Österby in Roslagen, Tobo und Elfkarleby. Hier schmolz man ein graues Roheisen aus einer Mischung von Erzen von Dalekarlien und Uthoens. Die Stahlfabrikation spielte in Schweden in früherer Zeit nur eine untergeordnete Rolle. Allerdings hatte Gustav Adolf schon das Stahlfrischen eingeführt, und wurde damals eine Stahlfrischhütte zu Quarnbacka errichtet, welche auch 1734 noch im Betrieb stand. Eine neuere, wohl erst im Anfang des 18. Jahrhunderts erbaute Stahlfrischhütte war zu Hedemohra bei Frollbo in Dalekarlien. Das vorzügliche Roheisen, welches diese verarbeitete, war zu Wikmans- hytta aus besten Bisberget-Erzen erblasen. Im Jahre 1748 zählte man 496 Hochofenhütten, 539 Stabhämmer und 971 kleine Hämmer in Schweden. Bereits 1725 scheint zu Barkinge eine Cementstahlfabrik bestanden zu haben. Das giebt Schepper an E. Schepperus, de ferri confectione, 1725. , der noch folgende Werke 1725 erwähnt: eine Eisenfabrik zu Wellnorin, Schmelzhütten zu Bennebo und Esbo, zwei Eisenhämmer zu Skebo; eine Hochofenhütte (officinia massaria) zu Forsbo und Frösåker, viele Eisenfabriken um Harria und zu Gimo; der Schafthammer in Öland; das berühmte alte Eisen- werk bei Österby; Viggelsbohütte und Forsmark, die bekannten Werke bei Lofstad; Eisenwerke zu Tobo, Strömberg, Elfkarlebyoen, Soeder- fors, „wo die grössten Anker geschmiedet werden“. Derselbe erwähnt, dass die gerösteten Erze mit Hämmern zer- kleinert würden, dass die Schmelzöfen ähnliche Gestelle hätten wie die Kalköfen. Sie waren 12 Ellen hoch und über dem Boden 3 Ellen weit, von da bis zum Kohlensack noch 3⅝ und von da bis zur Gicht 5⅜ Ellen. An der Gicht betrug die Ofenweite 2½ Elle, vor den Formen ¾ Ellen. Schepper giebt (1725) ferner folgende Preise an: Für Öregrund-Stabeisen 36 Thlr. (Daler Kopparwerk) das Schiffspfd. Gutes Bergslag-Eisen 32 „ . . . . . . . . „ Voyage-Eisen 36 „ (10 bis 12 Stangen) „ Schamplun-Eisen 32 „ do. „ Gutes Bauerneisen 28 „ do. „ Mittleres do. 27 „ do. „ Schweden. Grobes Bauerneisen 26 Thlr. (10 bis 12 Stangen) das Schiffspfd. Knippeisen (Zaineisen) 42 „ do. „ Bandeisen 48 „ do. „ Blech 82 „ do. „ Anker 75 „ do. „ Der Hochofenbetrieb war hauptsächlich auf die Bergerze begrün- det, nur in den südlichen Provinzen verschmolz man See- und Morast- erze. Die schwedischen Erze waren Eisenoxyde mit mehr oder weniger Oxydul; sie bewegten sich in den Grenzen zwischen Magneteisen- stein und Blutstein, man unterschied sie auch nach dem Strich in zwei Gruppen, schwarze und rote Erze, oder Magneterze und Blut- steine (Magnetiska Malmer und blodsten). In der Praxis aber unter- schied man Dürrsteine und Quicksteine, erstere waren die schwer- schmelzbaren, letztere die leichtschmelzbaren Erze. Zu den ersteren gehörten besonders die Blutsteine, als Roteisensteine, roter Glaskopf, und Eisenglanz, aber auch Magneteisensteine, welche mit Quarz, Horn- stein, Feldspat, Asbest oder Jaspis vorkamen. Man schmolz am vorteilhaftesten Dürrsteine und Quicksteine zusammen. Die reichen Dürrsteine, die Rinmann als hellgraue, blutsteinartige Erze bezeich- net, gaben vortreffliches weiches Eisen, aber keinen guten, harten Stahl. Besonders berühmt waren die dalekarlischen Dürrsteine von Norberge, Grängsberg, Ormberg, Lomberg und Kelfberg, sodann die von den Långsbanhyttan-Gruben in Wärmeland und den ähnlichen in Linde und Nora-Bergrevier. Die südlichste Bergerzablagerung ist die des Taberg, ein wahrer Magnetberg, welcher 1032 Fuss über Meeres- höhe emporragt. Er liegt in Jönköpings Län. Nyköpings Län hat die vorzüglichen Erze von Förola und Scott- wång, von denen hauptsächlich Geschützeisen bereitet wurde, sodann rechnete man die Insel Utö mit ihren Erzschätzen hierher, deren Gruben aber 1719 von den Russen verstürzt wurden. Nach Beendi- gung des Krieges wurden sie mit ungeheuren Kosten wieder aufge- wältigt. Das gesegnetste Bergrevier war Nora-Bergslag. In Wärme- land liegen die reichen Erzlager von Långsbanshytta, Nordmark und Persberg. Die ältesten Gruben hatte Norbergs Bergslag. Upland ist vor allen Gegenden Schwedens gesegnet durch die berühmten Danne- mora-Gruben. Von diesen hat Hausmann eine vortreffliche Schil- derung geliefert Siehe Hausmann, Reise durch Skandinavien, 1806 und 1807, IV, S. 70 bis 103. . Durch die Schenkung an Louis de Gheer kamen 70* Schweden. sie ganz in Privatbesitz. 1727 bis 1734 hatte man dort eine Feuer- maschine aufstellen wollen, kam aber nicht damit zum Ziel. Alles Eisen teilte man früher in „rotbrüchiges und kaltbrüchiges“, oder „schwefelhaltiges und schwefelfreies“ ein Siehe Swedenborgius, loc. cit., p. 1. und dementsprechend unterschied man auch schon die Erze. Das Roheisen unterschieden die Hammerschmiede in langsamgeblasenes oder gares Roheisen (nöd- satt Tackjärn), in mässig geblasenes oder halbiertes (lagomsatt), welches wieder unterschieden wurde in graugesprengeltes oder hagel- buntes (hagelsatt) und in weissrandiges Eisen (Is- und Askrandjärn) und in rasch geblasenes (satt oder hårdsatt), von welchem man dichtes, körniges oder Kälberkäseeisen (Kalfostjärn) und luckiges oder Wespen- eisen (Getinge-järn) unterschied. Über den Hochofen- und Frischfeuerbetrieb in diesem Zeitab- schnitt haben wir dem früher Gesagten nichts hinzuzufügen. Für die Eisenveredlung bemühte sich damals Polhem am meisten. Sein sogenanntes Testament soll hauptsächlich eine Mahnung hierfür sein. „Es ist zu verwundern,“ schreibt er, „dass so wenig auf die Ver- edlung unserer Rohstoffe gehalten wird, gleich als ob der unzählige Verkehr durch allerlei Arbeiten in Eisen, Stahl, Kupfer und Messing nicht mehr als vieles andere würdig wäre, zu den Manufakturen gezählt zu werden. — Die Haushaltung anderer Länder kann uns darin zum Muster dienen . . . . Nirgends findet man ausser Landes Eisenhütten, wo man nicht auch das beste und meiste Eisen zu Manu- fakturen verarbeitet. Dadurch erhält das Land auf jede Stiege Kohle 50 bis 100 Thlr. Kupfermünze Gewinn, wir aber bringen es für jede Stiege auf kaum 7 Thlr. Kupfermünze, solange die Fremden das Schiffspfund Eisen nicht höher als 7 Platten oder 24 Thlr. bezahlen, massen auf 1 Schiffspfd. 6 Stiegen zu Gruben- und Rostfeuer verwendet werden . . . . Nach den sichersten Berechnungen verheeren wir unsere Gruben und Wälder, welches die Nachwelt empfinden und unsere Nachkommen mit Betrübnis beseufzen werden.“ „Ist es nicht ein unbeschreiblicher Missbrauch, wenn die Haus- haltung des Reiches auf dem Fusse steht, dass die Ausländer (Eng- länder) die Freiheit haben, die Arten des Eisens, die sie selbst belieben, zu kommandieren, eben als wenn die Eisenwerke ihnen gehörten.“ „Wir haben für allen vergossenen Schweiss unseren Kindern fast nichts hinterlassen als erschöpfte Gruben und ausgehauene Wälder.“ Schweden. Mit Recht verweist er auf England und dessen grosse Königin Elisabeth. Hätte sie so gehandelt, wie jetzt die Schweden, so wäre Eng- land heute noch so arm wie vor 200 Jahren. „Gewissermassen ist das damalige Schicksal Englands jetzo das unserige; denn so wie jenes damals seine Wolle unverarbeitet ausführte, so machen wir es nun mit unserem Eisen. — Dabei haben wir einen Vorteil, den jene nicht besassen. Wir können mit unserer Eisenbereitung und -Veredelung so verfahren, dass weder In- noch Ausländer Schaden dabei leiden, wenn wir uns nur auf Champlun- (Façon-)eisen, auf für verschiedene Arbeiten bequem vorgeschmiedetes Eisen und auf Materialeisen für allerlei Manufaktureisen verlegen wollen, was die Engländer mit ihrer Wolle nicht konnten. Die ausländischen Arbeiter würden mit Ver- gnügen dieses vorgearbeitete Eisen kaufen, schon des geringeren Auf- wandes an Holzkohlen wegen, die in den meisten Ländern 12mal so teuer sind als bei uns.“ „Würde der Ausländer uns die ganzen Kosten der Veredlung nach seinen teuren Lohnsätzen bezahlen, so hätte er immer noch einen Nutzen durch die Differenz der Kohlenpreise und durch die geringere Fracht. Schweden besitze aber Überfluss an Wasserkraft, welche noch viel zu wenig ausgenutzt sei.“ Wenn wir diese Mahnrufe Polhems lesen und erwägen, dass die- selben im Jahre 1746 niedergeschrieben wurden und dass um dieselbe Zeit das Eisenkontor gegründet wurde, so dürfen wir wohl schliessen, dass Polhem selbst hierzu wesentlich mitgewirkt hat, wozu er auch durch das hohe Ansehen, das er genoss, am meisten in der Lage war. Und hier knüpft sich denn auch gleich die Geschichte der schwe- dischen Eisenindustrie der zweiten Hälfte des Jahrhunderts an, welche ihren Hauptvertreter in Sven Rinman hat. Wir haben schon oben erwähnt, dass sich das Eisenkontor die Hebung der schwedischen Eisenindustrie als Hauptaufgabe gestellt hatte Vergl. auch Hausmanns Reise durch Skandinavien in den Jahren 1806 und 1807, Bd. III, S. 452. . Dies bethätigte sich zuerst in der Anstellung eigener Beamten neben den schon von der Regierung mit der Aufsicht über die Hütten betrauten. Wenn die Regierungsbeamten mehr über die Rechtsordnung zu wachen hatten, wenn sie für die Durchführung der Vorschriften, die Qualität des Eisens, Stempel und Wage, Abgaben und Anlage neuer Werke zu sorgen hatten, so sollten die Beamten des Eisen- Schweden. kontors belehrend wirken; sie sollten sich bemühen, dass die Hütten nicht bloss nicht gesetzwidriges, sondern möglichst gutes und dabei möglichst wohlfeiles Eisen produzieren möchten; es sollte, da die in Schweden vorkommenden Erze sich so sehr verschieden im Schmelzen verhielten, jeder Hütte gezeigt werden, wie sie die sich ihr darbietenden am vorteilhaftesten behandle, wie schlechten Hochofen- gängen am besten vorzubeugen sei u. s. w. Siehe Meyer, a. a. O., S. 25. . Es hatte sich, was die Einwanderer an Kenntnis mitgebracht, durch Tradition in der Hochöfnerzunft erhalten und durch die zum Gesellen- und Meisterwesen nötigen Prüfungen hatte man sich zwar immer ver- sichert, dass die angestellten Arbeiter wenigstens nicht ganz ohne alle Kenntnis seien, allein sehr vermehrt konnte sich bei diesem bloss hand- werksmässigen Vererben des praktischen Verfahrens vom Meister auf den Lehrling, der kleine Fond, den die Einwanderer in jener früheren Zeit mitgebracht, nicht haben; es hatten sich im Gegenteil die allgemeinen Erfahrungen in den verschiedenen Gegenden sehr vereinzelt und auf bestimmte Fälle gerichtet und dadurch sowohl, als auch durch das mit Unwissenheit gewöhnlich verschwisterte Vorurteil und Hängen an dem Hergebrachten, hatte sich eine Menge von Unbedeutendheiten in der öffentlichen Meinung als wichtige Dinge festgesetzt; dies beweist z. B. das Beibehalten der verschiedenen Ofenkonstruktionen, welche die Einwanderer der zwei oder drei Nationen aus ihrem Vaterlande mitgebracht, bis weit über die Mitte des vorigen Jahrhunderts. Be- seitigung dieser Vorurteile und Einführung allgemein richtiger Grund- sätze war der eine Hauptzweck; Forschungen und Versuche, um das von Vorurteilen befreite Gewerbe nun auch auf systematischem und gewissermassen schon wissenschaftlichem Wege rüstiger als bisher einer höheren Vollkommenheit zuschreiten zu lassen, der andere. Insbesondere wollte man die Roheisenindustrie, die verhältnismässig am meisten zurückgeblieben war, fördern. Bei der allgemeinen Ver- sammlung der Brucksocietät im Eisenkontor zu Stockholm im Jahre 1751 wurde beschlossen, einen praktisch und wissenschaftlich gebil- deten Eisenhüttenmann vorläufig für drei Jahre zur Anstellung von Probeschmelzen im Hochofen auf Kosten der Gesellschaft anzustellen. Hierzu wurde als erster Rinman , ohne dass er sich darum beworben hatte, durch Patent vom 4. März 1751 ernannt und ihm der Titel Oberhochofenmeister (Öfvermasmästare) beigelegt. Der Nutzen dieser Massregel zeigte sich bald in solchem Masse, dass man bereits 1753 Schweden. einen zweiten und 1755 einen dritten erst interimistisch und von 1757 an dauernd anstellte. Es wurden also drei solche Oberhochofenmeister, unter welchen sich Rinman befand, von dem Eisenkontor besoldet. 1760 wurde noch ein vierter angestellt und Schweden dem entsprechend in vier Bezirke geteilt. Die Massregel, die sich für die Hochöfen so gut bewährt hatte, wurde auch auf die Frischhütten ausgedehnt, und wieder wurde Rinman 1760 als erster Direktor der Schwarzschmiede berufen. Wie das Eisenkontor durch diese Massregel für die praktische Belehrung und Förderung gesorgt hatte, so sorgte es auch für die theoretische, indem es die Herausgabe guter Fachschriften auf seine Kosten übernahm. Es stattete diese Werke in freigebigster Weise, namentlich auch mit Zeichnungen, aus, und die Eisenindustrie ver- dankt die vortrefflichen Werke von Rinman , wie noch viele andere, dieser Thätigkeit des Eisenkontors. Die Bücher wurden an die schwe- dischen Hütten- und Hammerwerke verteilt und dadurch verbreitet und gemeinnützig gemacht. So entstanden im vorigen Jahrhundert Rinmans Werke über Eisen- und Stahlveredlung, sein Versuch einer Geschichte des Eisens und sein Bergwerkslexikon, sodann Nordwalls und Rinmans Maschinenlehre und Garneys Abhandlung vom Bau und Betrieb der Hochöfen, welche alle, abgesehen von ihrem höheren allgemeinen Interesse, zur Förderung der schwedischen Eisenindustrie beitrugen. Ganz besonders hat Garneys vortreffliches Werk bei den Praktikern Anklang gefunden, „auf jedem Hochofenkranz und bei jeder Tümpelflamme wurde es gelesen“ und hat am meisten dazu beigetragen, mit vererbten Vorurteilen und dem alten Schlendrian zu brechen. Das Eisenkontor beförderte ferner das Eisenhüttengewerbe durch Reisestipendien und Prämieen. Schon 1767 waren Summen zu folgen- den Zwecken ausgeworfen worden: 1. Verstärkung der Fonds für die gröbere Eisenmanufaktur, 2. Besoldung der Oberhochofenmeister u. s. w., 3. Prämieen zur Aufmunterung der Frischerei, 4. der Köhlerei, 5. des Schürfens (Malmletare), 6. Nachrichten und Sammlungen von aus- ländischen Hüttenbetrieben. Ausserdem unterstützte das Eisenkontor verunglückte Hütten und grössere Unternehmungen, darunter nament- lich die Manufakturen in Eskilstuna; über wichtige Fragen schrieb es Preisaufgaben aus. Die Gründung des Eisenkontors hatte unmittelbar auf Betrieb und Absatz den allergünstigsten Einfluss. Schon Ende der 40er Jahre hatte sich die Ausfuhr sehr vermehrt, trotz der wachsenden russischen Schweden. Konkurrenz. Aus schwedischen Häfen waren 1750 831900 Ctr. Stab- eisen, 52000 Ctr. Manufaktureisen und 13000 Ctr. Gusswaren aus- geführt worden. Die Gusswaren bestanden hauptsächlich aus Kanonen. Von diesen bezog namentlich Holland für seine Kauffahrer grosse Mengen. Dieselben waren alle über den Kern gegossen, und wurden, wenn sie nur die Probeschüsse ausgehalten hatten, nicht weiter unter- sucht. Finspång allein führte um diese Zeit jährlich mehrere Tausend Geschütze aus. Die Eisenausfuhr Schwedens erhielt sich auf ihrer Höhe, dagegen war der Handel im Innern durch den wechseln- den Geldkurs grossen Schwankungen unterworfen, welche die Pro- duktionskosten oft sehr ungünstig beeinflussten. 1767 erfolgte ein Sturz aller Kurse und damit ein Fallen der Eisenpreise, wodurch die ganze schwedische Eisenindustrie schwer zu leiden hatte. Infolge- dessen wurden 1768 30000 bis 40000 Schiffspfund weniger Eisen geschmolzen, als dem Mittel der vorhergegangenen zehn Jahre ent- sprach, woraus eine grosse Teuerung in den Bergdistrikten entstand, so dass die Regierung durch Ausnahmsmassregeln helfen musste. Kanonen und Munition lieferten die Giessereien zu Akersbruck, Helleforss, Ehrendahl, Staffio und Ullaberg in Södermanland, Finspång in Ostgotland und Ofwerrum in Kalmar Län. Hiervon waren Staffio und Finspång die bedeutendsten. Letzteres lieferte 1768 1400 Schiffs- pfund und Staffio sogar 1800 Schiffspfund Büsching, Magazin für die neue Historie und Geographie, IV, S. 344, wo noch weitere Statistik über die schwedischen Eisenwerke aus diesen Jahren zu finden ist. . Gewalztes Bandeisen wurde besonders bei Iggesund in Helsingland und Helleforss und Garphyttan in Nerike verfertigt. Es war ebenso schön und gut wie das englische und wurden jährlich ca. 1300 Ctr. davon ausgeführt. Um 1770 hatte sich der Betrieb von einem durch die genannten Kursschwankungen schlechten Jahrzehnt kaum erholen können, da die Getreidepreise gestiegen waren, was für die Hüttenbesitzer, die ihren Arbeitern einen Teil des Lohnes in Getreide zu einem festgesetzten niedrigen Preise entrichten mussten, einen grossen Schaden herbei- führte. Der Krieg mit Amerika aber belebte den Handel, der Getreide- preis sank wieder und der Wohlstand hob sich aufs neue. Viele glückliche Umstände trugen dazu bei, die Zeit von 1780 bis 1800 zu der blühendsten für Schwedens Eisenbetrieb zu machen. Die Getreidepreise fielen, die französische Revolution führte Rüstungen herbei, welche die Manufakturen in Belgien und am Rhein störten; es wurden Verbesserungen im Betriebe gemacht u. s. w. Der Durch- Schweden. schnitt der jährlichen Ausfuhr von 1792 bis 1800 betrug 890000 Ctr. Stabeisen, 92000 Ctr. Manufaktureisen und kleinere Gegenstände. Man glaubte, dass diese Produktion, die, wenn man die Konsumtion im Inlande mitrechnete, bis nahe an 1300000 Ctr. stieg, die grösste sei, die Schweden überhaupt bei nicht übermässigem Angreifen des Materials, besonders des Holzes, hervorbringen könnte. Gegen Ende des Jahr- hunderts führte der Engländer Lewis auch eiserne Cylindergebläse ein. Die Manufakturschmieden (Schwarzschmieden) hoben sich seit 1760 bedeutend, sie exportierten an Waren (Äxte, Sensen, Achsen u. s. w.): 1760 bis 1770 im Durchschnitt jährlich 37981 Ctr. 1771 „ 1780 „ „ „ 53419 „ 1781 „ 1790 „ „ „ 101029 „ 1791 „ 1800 „ „ „ 95025 „ Der Export Schwedens verteilte sich 1788 in folgender Weise: Nach den Ostseeküsten 148040 Ctr. „ England 512589 „ „ Holland 36610 „ „ Frankreich, Spanien und dem Mittelmeer 318314 „ „ Westindien 6106 „ 1021659 Ctr. Unter dem nach England ausgeführten Stabeisen befanden sich etwa 62000 Ctr. Öregrund-Eisen, d. h. solches, das auf den Roslags- Werken aus Dannemora-Erz bereitet und in Öregrund verschifft wurde. Es diente ausschliesslich der Cementstahlbereitung und wurde, weil es für den guten Gussstahl unentbehrlich war, sehr viel höher (Anfang dieses Jahrhunderts doppelt so hoch) als andere Sorten bezahlt. Fast das ganze Quantum wurde von einem Haus in Hull, Syks \& Co ., bezogen. Öregrund war nur für das Dannemora- oder Roslagen-Eisen Verschiffungsort, das übrige schwedische Eisen wurde meist in den Häfen von Stockholm und Gothenburg verladen. Im Jahre 1780 betrug die Produktion rund 1300000 Ctr., wovon 1 Million Centner verschifft wurden; hiervon gingen etwa zwei Dritteile nach England und Holland. Die Verschiffung in Stockholm betrug 640000 Ctr., aus Gothen- burg 200000 bis 220000 Ctr. Als verarbeitetes Eisen wurden verschickt 50000 bis 60000 Ctr. Nägel, 16000 bis 18000 Ctr. geschmiedete Anker und 32000 Ctr. Kanonen. Schwarz- und Weissblech in Fässern von 450 Blatt zu 4 Ctr. ging besonders nach Frankreich. Gegen Ende des Jahrhunderts ging die Weissblechfabrikation Schwedens infolge der eng- lischen und deutschen Konkurrenz zurück und die darauf betriebenen Schweden. Walzwerke zu Fagerwyk in Nyland, bei Stieskateberg in Westman- land und bei Johannisforss in Upland gingen ein. Die Stahlfabrikation Schwedens war nicht bedeutend. Es wurde mehr Roh- als Cementstahl gemacht. Der erstere ging als steierischer Stahl mit Eichenblättern als Marke. Den besten lieferte Forssmark, von wo jährlich 700 Bund zu 169 schwed. Pfund nach Rouen ver- schickt wurden. Der Cementstahl von Österby wurde als venetianischer Stahl nach Spanien, Portugal und Livorno verschifft. Die gesamte Cementstahlfabrikation betrug etwa 30000 Ctr., wovon 3000 Ctr. nach Russland gingen. Die Zahl der in den Eisenhütten und -Gruben beschäftigten Ar- beiter belief sich auf 25000. Die Krone bezog von der Ausfuhr der Metalle 1769968 Frs. an Zoll im Jahre. 1785 betrug die Produktion 372077 Schiffspfund (à 160 kg) Stabeisen und 31657 Schiffspfund Knip-, Band- und Bolteneisen. Ausgeführt wurden 1788: Stabeisen 236929 Schiffspfund, Materialeisen 15666 Schiffspfund, Öfen 1069 Schiffs- pfund, Stahl 3580 Schiffspfund. Die Staatsregierung Schwedens suchte fortgesetzt auch auf dem Wege der Gesetzgebung die Eisenindustrie zu heben. Schon 1671 war eine Eisenarbeiterordnung (Järnwräkare-Förordning) erlassen worden; dieser folgte am 27. Dezember 1703 die Hammerschmiede- und Hüttenordnung (Förordning om Hammar smedar och Bruks- volk). Am 19. April 1740 wurde eine Verordnung für neuangelegte Stabhämmer erlassen (Förordning angaende Stang-Järns-Smidet, och deras Hushallning mal vid Järnwerken); am wichtigsten war aber die erneuerte Hüttenordnung vom 11. Dezember 1766 (Kön. Maj. förnyade Järnwräkare Ordning), welche für lange Zeit die Grundlage des Hütten- haushaltes bildete Alle diese Verordnungen finden sich abgedruckt in Utdrag uteer publ. Handl. I bis XI. . In dieser erneuten Ordnung wurden namentlich die alten Bestimmungen über die Hochöfner- und Frischerzunft neu umgearbeitet. Diese waren nach altem Herkommen zuerst von der Königin Christine (1638 und 1649) gesetzlich geregelt worden. Zur Hochöfnerzunft (Masmästare Embetet) gehörten Siehe Meyer , a. a. O., S. 83. : der Hochofenmeister (Masmästare), Schachtaufsetzer (Stegresare), die Hüttenknechte, Gichtsetzer oder Aufgeber, Erzpocher und Rostbrenner. Alle diese Arbeitsklassen waren in jedem Bergrevier zu einer Zunft vereinigt. An der Spitze derselben stand der aus der Zahl der Meister gewählte Altmeister (Åldermann). Alljährlich wurde, wenn die Blase- Schweden. zeit vorüber war, die Zunft versammelt (Möte). In dieser Versamm- lung, die der Bergmeister oder der Oberhochofenmeister abhielt, er- statteten der Altmeister und die Meister Bericht über den Verlauf der letzten Kampagne, über den Zustand der Hütten, Gebläse u. s. w., der Zustellung, Gattierung und alles, was einer Prüfung bedurfte; der Oberhochöfner ordnete bei dieser Gelegenheit Veränderungen im Betriebe sowie in der Gattierung an und belehrte die Arbeiter im all- gemeinen. Von allen zünftigen Hüttenarbeitern führte der Oberhoch- ofenmeister ein Verzeichnis, das bei der Versammlung vorgelesen wurde, damit man von geschehenen Veränderungen oder Beförderungen Kenntnis erhielt, von den Strafgeldern u. s. w. wurde eine Innungskasse gebildet, aus der bei den Versammlungen kranke und alte Hütten- arbeiter und ihre Witwen Unterstützungen erhielten; auch wurden die Überschüsse zur Belebung des Geschäftes und zur Aufmunterung fleissiger und geschickter Lehrlinge verwandt. Der Altmeister, der von dem Bergmeister vereidigt wurde, musste jeden Herbst alle Hütten revidieren, nachsehen, ob die Anordnungen des Oberhochofenmeisters ausgeführt waren, belehren, Reparaturen anordnen, unter Umständen selbst ausführen. Wurde er besonders berufen, so wurde er auch besonders bezahlt. Er war dem Oberhoch- ofenmeister verantwortlich und musste diesen auf Verlangen auf seinen Reisen begleiten. Er bezog keinen Gehalt, sondern bestimmte Gefälle. Die Meister mussten erfahrene und zuverlässige Leute sein, die ebenso die Zustellung wie den Betrieb des Hochofens verstanden. Sie mussten sich einer Prüfung durch den Oberhochofenmeister in der Innungsversammlung unterziehen, welche sich sowohl auf allgemeine als auf örtliche hüttenmännische Kenntnisse erstreckte. Nach wohl- bestandener Prüfung erhielt der Geprüfte seinen vom Oberhochofen- und dem Altmeister unterschriebenen Meisterbrief und wurde vereidigt. Der Inhalt des Schwurs war: treue Pflichterfüllung als Meister, ins- besondere sorgfältiges Aussuchen eines guten Gestellsteins, Aufsicht über das Rösten und Pochen, Bestimmung der Erzgicht, Ökonomie der Kohlen, Belehrung seiner Untergebenen und genaue Angabe der Tage, die der Ofen überhaupt im Gang gewesen, um danach die Besteuerung zu regeln. — Besonders wichtig war die Stellung des Meisters bei den Gewerkshütten, wo er namentlich auch darauf zu sehen hatte, dass alles zum Hüttenbetrieb Nötige gut und rechtzeitig beschafft wurde. Neue oder unbekannte Erze durfte er nur mit Erlaubnis des Oberhochofenmeisters verhütten. Ferner sollte der Hochöfner kein neues Gestell in einen schlechten Schacht einbauen; Schweden. er sollte nicht mit zu kleinen oder undichten Bälgen blasen und dieselben nicht eher anbringen, bis der Hochofen vollkommen durch- gewärmt sei. Er hatte darüber zu wachen, dass die Arbeiter sich gegenseitig nicht Schaden thuen und dass der Aufgeber nicht zu Gunsten des einen oder anderen an dessen Blasetage mehr Erz auf- gebe, als die Kohlen gehörig tragen konnten und dadurch dem in der Tour folgenden schade. Er hatte dafür zu sorgen, dass die Hütten- marke richtig auf das Eisenstück aufgedrückt wurde und dass die Stücke nicht über 13 bis 15 Schiffspfund Gewicht erhielten, weil sie sonst zu schwer frischten. Für Anfertigung von Schlackenziegeln wurde er extra bezahlt. — Liess ein Meister diese Vorschriften ausser Acht, stellte er schlecht zu, übersetzte er den Ofen, stellte er den Wind falsch u. s. w., so musste er den Schaden bezahlen, und wenn er dies nicht konnte, als Arbeiter unter einem anderen Meister arbeiten, um den Schaden durch Arbeit zu ersetzen. Diejenigen Meister, welche den Bau des Hochofens so gut ver- standen, dass sie ihn allein durchführen konnten, hiessen Stegresare. Deren gab es in jedem Bergrevier einen oder zwei, die aus den Meistern gewählt wurden. Sie mussten sich einer besonderen Prüfung Siehe hierüber Meyer, a. a. O., S. 87 und Garney, Bau und Betrieb der Hochöfen, I, 33. unterziehen, besonders über ihre Kenntnis der vorzüglichsten Erze und Steinarten des Reviers, der Art, wie bei der Fundamentierung je nach dem Boden zu verfahren ist, wie die Rauhmauer in Granit untadelhaft aufgeführt wird und wie der Schacht gut und dauerhaft aufzumauern sei. Der Hüttenarbeiter (Schmelzer) arbeitete mit dem Meister vor der Ofenbrust und vertrat diesen. Er erhielt einen Lehrbrief und wurde vereidigt. Gewisse Kenntnisse musste er bereits besitzen. Der Aufgeber wurde in derselben Weise angenommen. Seine Kenntnisse und Pflichten erstreckten sich auf Möllerung und Auf- geben. Bei den Versammlungen (der Möte) wurden die Arbeiter vom Oberhochofenmeister geprüft, und, die am besten bestanden hatten, erhielten Prämieen. Die Frischer (Hammarsmed)-Zunft bestand aus dem Altmeister, den Meistern, Gesellen (Mästersvän) und Lehrjungen. Zum Altmeister wählte das Berggericht einen geschickten, zuverlässigen Meister, der als Beisitzer des Berggerichts vereidigt wurde. Er revidierte jährlich Schweden. alle Frischfeuer, prüfte die Arbeit, überzeugte sich, dass alle Arbeiter zur Zunft gehörten und kontrollierte auf Verlangen das Kohlenmass. Sein Lohn und Distrikt wurde ihm vom Berggericht angewiesen. Er durfte ein Frischfeuer übernehmen, musste aber auf Befehl sich sofort an den bestimmten Platz begeben. Zu jedem Hammer gehörte ein Meister, zu jedem Feuer ein Meister, ein Geselle und ein Lehrjunge, oder für zwei Herde ein Meister und drei Gesellen. Die Lehrlinge nahm der Meister mit Bewilligung des Besitzers an, unterhielt sie und liess sie ein- schreiben. Hatte der Lehrling ein Jahr gedient, so erhielt er 6 Thlr. aus der Zunftlade und diente dann in derselben Hütte noch zwei Jahre. Wollte er Geselle werden, so meldete er sich beim Alt- meister und wurde im Beisein des Besitzers geprüft, ob er das Frischen und Strecken mit gehöriger Kohlenersparung verstand, und machte dann die Gesellenprobe, die gewöhnlich in einem einwöchent- lichen Frischen bestand, wobei er die Stelle des Meisters einnahm. Er erhielt darauf einen Lehrbrief und wurde beim nächsten Bergsting eingeschrieben. Wollte er Meister werden, so wurde er auf ähnliche Art geprüft: über Stellung des Feuers, besondere Verschiedenheiten des Gusseisens, wie man Herd und Geräte in Ordnung hält und ein fehlerfreies Eisen nach gegebenem Muster ausschmiedet, darauf machte er sein Meisterstück, das darin bestand, ohne alle weitere Unter- suchung einen fehlerfreien Stabeisenhammer zu machen, sich selbst das Feuer zu stellen und bei diesem eine Woche zu schmieden. Der Frischer durfte kein schlechtes Gusseisen verfrischen und musste dafür einstehen, dass das Eisen keine grossen Risse und Kantenbrüche hatte, nicht roh oder hart und gleichförmig in den Dimensionen nach dem Muster geschmiedet war. Das ganze Bergwerksbereich Schwedens wurde in folgende elf Bezirke geteilt: 1. Fahlun Bergslag, 2. Stora Kopparberg Bergslag, 3. Nya Koppar- berg Bergslag, 4. Öster och Wester Bergslag, 5. Nora och Lindes Bergslag, 6. Wermelands Bergslag, 7. Södermanland och Ostergotland Bergslag, 8. Upland och Roslagen Bergmästaredöme, 9. Skåne och Kronobergs Bergmästaredöme, 10. Wester Norrland Bergslag, 11. Wester och Norbotten. Bergslag im engeren Sinne hiessen gewisse Distrikte in der Nähe grosser Erzgruben, für die der Bergbau und das Verschmelzen der gewonnenen Erze eine Pflicht war. Die oben angegebenen als Bergslag bezeichneten grösseren Bezirke umfassten oft eine ganze Anzahl dieser Bergslage im engeren Sinne. Die bedeutendsten Eisenbergslage Schweden. waren Hjulsjö, Ramsberg, Nora, Lindes och Ramsberg, Lerbäck, Grythytte, Taberg, Philippstadt, Carlskroga, Lekeberg, Nya Koppar- berg, Gransgjärde und Norberg. Die Hauptvorrechte der Bergslager waren, dass sie ihre Steuern in Eisen entrichten, eigene Märkte, auf denen sie mit Eisen bezahlen durften, hatten und von Militärdienst und Militärlasten frei waren. Über die Bergslager war ein genaues Grundbuch aufgenommen, welches auch 1760 erneuert wurde. Die Hochöfen gehörten entweder einzelnen Besitzern (Bruks- patronen) oder Gewerken (Bolag) oder Patronen und Gewerken zu- sammen. Nach den verschiedenen Besitzern richtete sich die gesetz- liche Feststellung des Betriebes. Die Brukspatrone bestimmten selbst über ihren Betrieb, was um so eher geschehen konnte, weil sie für ihre eigenen Frischfeuer bliesen. Die Gewerkshütten wurden dagegen genau kontrolliert, denn sie bliesen für den Verkauf und waren im Betrieb meistens zurück, schon wegen der verschiedenartigen Erze, welche die einzelnen Teilnehmer verschmolzen; es entstanden oft Besitzstreitigkeiten zwischen denselben, einzelne arbeiteten selbst mit, ohne genügend vorgebildet zu sein, überhaupt waren es meist unge- bildete, vorurteilsvolle Leute. Diesen gegenüber hatten die Beamten einen schweren Stand und konnten nur langsam und mit Mühe den Betrieb auf den Stand bringen, wie ihn die Brukspatrone führten. Alle Versuche, die Bauern dazu zu bringen, ihre Erzfelder zusammenzu- legen und einen einheitlichen Betrieb zu führen, wobei sie doch unbe- dingt mehr erzielen mussten, scheiterten an ihrem Vorurteil, Misstrauen und Eigensinn. Jeder schmolz nach wie vor sein eigenes Erz an seinen bestimmten Tagen, und nur mit Mühe konnte es durchgesetzt werden, dass wenigstens das Anblasen bis zum vollen Gange gemeinschaftlich geschah. Diese Zeit hatte der Bergmeister zu bestimmen, sie dauerte gewöhnlich 20 Tage. Nachher aber schmolz jeder Bergmann einmal oder mehrere Mal 24 Stunden, ja mancher nur drei bis vier Gich- ten mit seinem Erz und seinen Kohlen, bis die letzte Gicht auf- gegeben wurde. Der letzte Tag des Ausblasens war dann wieder gemein- schaftlich. Dass diese Art des Betriebes eine unversiegliche Quelle von Streitigkeiten war, ist einleuchtend, denn jeder wollte in seiner Blasezeit möglichst viel herausbekommen, ohne Rücksicht auf die übrigen. Jeder suchte für sich mehr aufzugeben, als gestattet war, und da nach Schaufeln aufgegeben wurde, so waren Überschreitungen leicht möglich. Allerdings konnte dies nur durch den Aufgeber geschehen, der vereidigt war, aber der Schnaps war ein grosses Ver- lockungsmittel, die Schaufeln stärker zu häufen. Deshalb war es dem Schweden. Aufgeber verboten, Speise und Trank anzunehmen. An das Abwiegen der Gichten dachte man damals noch nicht. Die Bergmannshütten bliesen noch jedes Jahr, wenn man auch nur für Wochen, statt für Monate, Erz zusammen hatte, was ebenfalls ein grosser Übelstand war. Hieraus erklärt sich auch die grosse Zahl von Hochöfen im Verhältnis zur Produktion. Die Bemühungen der Regierungen, grössere Vereinigungen von Gewerken herbeizuführen, waren erfolglos. Jede Gewerkschaft wählte für jeden Betrieb einen Hüttenvogt, der also Repräsentant und Vorgesetzter war. Er wurde vom Ober- hochofenmeister bestätigt. Er übernahm bei seinem Antritt das Inven- tar, sorgte für die Kost der Arbeiter, machte Anzeige von den vor- handenen Erzen und vom Beginn des Blasens. Er liess die Bergleute beim Anblasen um die Reihenfolge ihrer Blasetage losen. Er war den Gewerken für die richtige Ordnung beim Betrieb verantwortlich. Bei fortdauernd schlechtem Betrieb rief er den Altmeister zu Hülfe. Er führte die Rechnungen. Wenn das Blasen von der Gewerkschaft beschlossen wurde, musste jeder Einzelne, auch wenn er nicht blies, seinen Teil zu den Kosten der Zustellung und Erz und Kohle zum Anblasen und zur Zeit des gemeinschaftlichen Betriebes geben. Das Eisen des gemeinschaftlichen Betriebes hielt der Vogt bis zur Rech- nungsablegung unter Verschluss, zog davon die Gesamtkosten des Betriebes, darunter auch seine Besoldung, ab und verteilte den Rest nach der Grösse der Anteile unter den Gewerken. Wollte ein Berg- mann seinen Anteil aufgeben, so wurde dieser von den anderen nach Massgabe ihrer Beteiligung übernommen. Schwedens Waldreichtum war die Ursache, dass rücksichtslos darauflosgehaust wurde. Grosse Verwüstungen richteten die Wald- brände an, die durch das „Schweden“ veranlasst wurden. Man brannte nämlich den Niederwald, nachdem man ihn zusammengeschlagen hatte, streckenweise ab, nur um dann auf seiner Asche zu säen. Diese Methode nannte man Svedja. Wo dieselbe etwas rationeller betrieben wurde, teilte man den Wald in Schläge ein, ähnlich wie bei den Hau- bergen im Siegerland. Die Eisenindustrie, die Holzverschwendung im Lande und die Ausfuhr lichteten bereits im 18. Jahrhundert die riesigen Waldungen Schwedens in bedenklicher Weise, wie wir aus Polhems Mahnruf erfahren. Zu einer eigentlichen Waldbewirtschaftung konnte man sich aber noch nicht aufschwingen, obgleich im Jahre 1734 eine vor- zügliche Waldordnung erlassen worden war. Schweden. Dagegen hatte der Staat gewisse Waldungen kostenlos den Eisen- hütten zugeteilt. Diese Bergslagsallmänningar waren nur für die Eisenerzeugung bestimmt. Die einzige Beschränkung war die, dass das Holz nicht verkauft, sondern nur zum Hochofenbetrieb verwendet wer- den durfte. In diesen Wäldern durfte nicht geschwedet, keine Ziegen gehalten und keine neuen Gebäude aufgeführt werden, alles Bauholz musste angewiesen, zum Theerbrennen nur Wurzeln verwendet wer- den. Ausserdem gab es „Rekognitionswälder“, aus welchen der Staat den Hütten Holzkohlen oder Kohlholz gegen billige Sätze abgab. Die Roheisenproduktion war frei und auf keine bestimmte Quan- tität beschränkt, wohl aber die Stabeisenproduktion, was natürlich auf die Hochöfen zurückwirkte, denn es konnte dadurch nur soviel Roheisen erzeugt werden, als die Privilegien aller Frischereien be- trugen. Ein Teil der letzteren besass eigene Hochöfen, und diese durften entweder gar kein Roheisen verkaufen oder nur ein beschränk- tes, durch ihr Privileg vorgeschriebenes Quantum. Die übrigen Hoch- öfen verkauften ihr Roheisen frei und unbeschränkt, und waren die Frischhütten fast die alleinigen Abnehmer, da kein Roheisen aus- geführt werden durfte. Die Gesetze der Frischereizunft bestimmten, dass jeder Meister Roheisen und Kohle vom Besitzer auf Rechnung nahm, und wurde nach altem Brauch 1 Schiffspfund Roheisen nach Roheisengewicht, für 1 Schiffspfund Stabeisen nach Berggewicht, also mit 23 Proz. weniger, entsprechend dem Abbrand und 24 Tonnen Kohlen geliefert. Das mehr gewonnene Eisen und die ersparten Kohlen mussten dem Frischer vergütet werden. Diese Bezahlung des Überschusses erzeugte ein für die Güte des Eisens verderbliches Jagen nach Kohlenersparung und grösserer Eisenproduktion. Auf der anderen Seite lag in diesem System ein so nützlicher Zwang zur Sparsamkeit, dass Sven Rinman in seiner „Eisen- und Stahlvered- lung“ dieses System auch auf die weitere Verarbeitung auszudehnen suchte und jeder der von ihm beschriebenen Arten der Eisenveredlung eine Lohnberechnung beifügte, in welcher der Abbrand und Kohlen- verbrauch bestimmt war, wobei er den allgemeinen Grundsatz befolgte, dass der Abbrand und Kohlenverbrauch lieber höher als zu niedrig angesetzt würde, damit die Ersparung daran einem sparsamen Arbeiter zum Verdienst gereichte Siehe Rinman , a. a. O., S. 84. . — Eine strenge Kontrolle bei der Abnahme des Eisens war allerdings dabei vorausgesetzt. Schweden. Der Frischer hatte ferner für die Unterhaltung des Gezähes zu sorgen und erhielt dafür als Vergütung auf 100 Schiffspfund Stab- eisen 10 Lispfund (100 kg) Gusseisen und 14 Tonnen Kohlen. Alles Stab- und Manufaktureisen musste auf einer „Metallwage“ gewogen werden. Die Wagen befanden sich in den Städten, jede war mit einem Lagerhaus verbunden. Bei den privilegierten Wagen waren Eisenbeschauer (Jernvräkare) angestellt, welche schlechtes Eisen aus- stiessen. Zeigte das Stabeisen grössere Schiefer, Kantenbrüche, tiefe Hammereindrücke, verbrannte Stellen, hielt es an einer Seite in der Breite ¼ Zoll, in der Dicke ⅛ Zoll mehr oder weniger als an anderen, so durfte es nicht ausgeführt werden, und der Besitzer bezahlte Strafe nach dem Grade der Fehlerhaftigkeit, bis zu ⅕ des Wertes; es konnte aber im Inlande verkauft werden. Es gab noch eine ganze Reihe von Kontrollvorschriften. Ungestempeltes Eisen wurde konfisziert. Blech, Stahl und Draht in Kisten mussten, wenn sie wegen Fehler für den inländischen Absatz bestimmt waren, mit den Buchstaben U. Sk. als Ausschuss (Utskott) bezeichnet sein. Jedes Eisenwerk war privilegiert, und war die Anlage neuer Werke im vorigen Jahrhundert sehr erschwert. Die Entdeckung des reichen Erzberges von Gellivara im hohen Norden Schwedens gab der Unternehmungslust gegen Ende des Jahrhunderts neue Anregung. Es entstanden zur Ausbeutung desselben in rascher Folge die Hoch- ofenwerke Avafors, Gyljen, Rasfors, Selet und Tornefors und die Eisenwerke bei Alters, Degenfors, Hoitåfors, Kengis, Melderstein und Thirefors. Über den technischen Zustand des Eisenhüttenwesens in Schwe- den verweisen wir auf das im allgemeinen Teil Vorgetragene und die Werke von Rinman und Garney . Die statistischen Angaben über die Erzeugung und die Ausfuhr sind höchst lückenhaft, doch ist aus denselben eine ausserordentliche Zunahme vom Beginn bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts zu erkennen. Die Angaben über die Ausfuhr sind genauer als die über die Erzeu- gung, welche vielfach auf Schätzung beruhen. Von der Mitte des Jahrhunderts an wurden etwa ⅔ der Erzeugung ausgeführt. Der Export aus Gothenburg, dem Haupthafen für die Eisenverschiffung, betrug von 1703 bis 1711 im Jahresdurchschnitt nur 7450 Tonnen, während er 1750 schon 44845 Tonnen betrug. In der nachfolgenden Tabelle sind einige genauere Angaben über Produktion und Export zusammengestellt. Beck , Geschichte des Eisens. 71 Russland. Russland . Peter der Grosse ist der Schöpfer der russischen Grossindustrie und besonders auch des modernen russischen Eisenhüttenwesens geworden. Sein Genie hat es verstanden, die ungeheuren Schätze seines Reiches zu erschliessen und nutzbar zu machen. Mit ziel- bewusstem Streben und eiserner Energie gelang es ihm, in wenigen Jahrzehnten die Eisenindustrie Russlands, die vordem keinen Namen hatte und den eigenen Bedarf nur in unvollkommener Weise deckte, auf eine Höhe zu heben, dass sie im Laufe des Jahrhunderts nicht nur dem Bedarf des vergrösserten Zarenreiches genügte, sondern noch exportieren konnte. Die vorbereitenden Schritte dazu, welche in das 17. Jahrhundert fallen, haben wir schon betrachtet. Nach der Rück- kehr von seiner grossen europäischen Reise war die Gründung der uralisch-sibirischen Eisenindustrie eine der ersten Thaten des genialen Herrschers. Peter der Grosse erkannte mit klarem Blick, dass, um in dem unwirtlichen Sibirien die reichen Schätze von Kupfer, Silber und Gold heben zu können, erst eine Eisenindustrie geschaffen werden müsse, und da an der Newa gute Eisenerze gefunden worden waren, befahl er 1699 die Gründung der Eisenhütte und Giesserei zu Newiansk und stellte an die Spitze des Unternehmens den geschickten und er- Russland. fahrenen Gewehrschmied von Tula, Nikita Demidoff , den er zum Direktor ernannte. Es gelang diesem, nach kurzer Zeit Kugeln und Bomben zu 13 Kopeken pro Pud zu liefern, welche bis dahin mit 80 Kopeken bezahlt worden waren. Im Jahre 1700 wurde die Eisenhütte Kamensk an der Kamenka, 90 Werst von Katharinenburg, erbaut. Für die neuen Anlagen und zur Einrichtung der Betriebe bediente sich Zar Peter meistens deutscher Chemiker, Techniker und Meister. Schon 1695 war ein Deutscher, namens Poppe , mit sibirischen Blei- und Silbererzstufen nach Deutschland geschickt worden, um sie genauer untersuchen zu lassen und um gleichzeitig deutsche Arbeiter anzuwerben. Bei seinem Aufenthalt in Sachsen im Jahre 1698 bat der Zar den Kurfürsten von Sachsen, ihm einige Bergleute zu überlassen, und im folgenden Jahre gingen zwölf derselben nebst einem Bergmeister und dem Erz- probierer Blüher nach Russland. Um die Metallgewinnung zu beför- dern, wurde 1700 die Bergbaufreiheit für Gold, Silber und Kupfer eingeführt. Nicht nur Berg- und Hüttenleute, sondern technische Arbeiter aller Art, sowohl aus Deutschland, wie aus Holland, Schweden, Dänemark u. s. w. engagierte der Kaiser, dem es auf seiner Reise gelang, 640 Industrielle zu gewinnen. 1702 liess er ein Manifest im Auslande verbreiten, wodurch er Künstler, Fabrikanten und Hand- werker einlud und denjenigen, welche sich zur Übersiedelung nach Russland geneigt zeigten, ausser anderen Begünstigungen die freie Ausübung der Religion zusicherte Matthaei , die Industrie Russlands, 1877, I, S. 18. . Unter den eingewanderten deut- schen Meistern befanden sich auch viele Eisenarbeiter. Im Herbst 1703 wurde ein Büchsenschmied Emeis aus Olbernhau, ein Draht- zieher Nitzel aus Freiberg und ein Messerschmied Joh. Friedr. Wagner aus Dresden engagiert; letzterer wurde nachher Probierer und Bergmeister. Später wurden die geschickten Hüttenleute Deich- mann, Ramfeld und Katschka in Dienst genommen. Ersterer war 1724 in Kamensk, wo er vortreffliche Kanonen goss Siehe Ben. Joh. Friedr. Hermann , Versuch einer mineralogischen Beschreibung des Uralischen Erzgebirges, 1789, Bd. I, S. 14. . Newiansk wurde das Vorbild für die übrigen sibirischen Eisen- hütten, und Peter I. war so zufrieden mit der Direktion Demidoffs , dass er ihm die Hütte mit allen dazugehörigen Ländereien zum Geschenk machte und ihm keine andere Abgabe auferlegte, als jährlich 3000 Pud Eisen an die Krone zu liefern Siehe Swedenborgius , de ferro, p. 164. . Dies war die Grundlage 71* Russland. des späteren grossen Reichtums der berühmten Familie Demidoff. Nikita Demidoff hatte sich aber noch anderweitige Verdienste um die russische Eisenindustrie erworben. Peter der Grosse hatte in Tula eine kaiserliche Waffenfabrik gegründet und dieselbe an Narischkin verpachtet unter der Bedingung, jährlich eine bestimmte Quantität Waffen an die Artillerie zu liefern. Narischkin war säumig in seinen Lieferungen und teurer, und Nikita Demidoff , der 1701 selbst eine Waffenfabrik in Tula gegründet hatte, lieferte besser und billiger: dafür belohnte ihn der Kaiser mit zahlreichen Krongütern. Nikita war der Sohn eines Schmieds, Demid Demiditsch oder Demidoff . Zar Peter war besonders bestrebt, die Waffen für seine Truppen, welche vordem aus dem Auslande, namentlich von den Hanseaten und Holländern bezogen werden mussten, im eigenen Lande zu machen. Zu diesem Zweck übernahm er die grosse Kanonen- und Munitions- giesserei zu Petrosawodsk, welche an einen gewissen Rosenbusch verpachtet gewesen war, wieder in staatliche Verwaltung. Ferner wurden Eisengiessereien und Waffenfabriken in Werchotur und Tobolsk angelegt, um Kanonen, Flinten und Granaten anzufertigen. Die uralischen Hütten wurden 1700 der sibirischen Gouvernements- regierung zu Tobolsk unterstellt. Bald wurde es aber nötig, ein beson- deres sibirisches Oberbergamt zu gründen mit dem Sitz in Katha- rinenburg (1711 bis 1781). Da es den neugegründeten Hüttenwerken an Arbeitern mangelte, so wurden die verbannten Raskolniken (Sek- tierer) denselben zugeteilt. Der erste Chef des sibirischen Oberbergamtes war ein Herr von Hennin oder Henning , der später General wurde. Wilhelm von Hennin , von Geburt ein Deutscher, war Artillerieoffizier und einer der Reisebegleiter des Zaren gewesen und hatte sich so viele mine- ralogische und hüttenmännische Kenntnisse erworben, dass er mit grossem Erfolge sein Amt verwaltete und die sibirische Montanindustrie wesentlich förderte. Er hat die später Jekatharinenburg genannte Stadt erbaut und in derselben 1723 fast alle Arten von Eisenfabriken angelegt, zu welchem Zweck er auf seinen Reisen (1719) verschiedene deutsche Meister angeworben hatte. Die grossen Erfolge des uralischen Bergbaues erweckten die Bergbaulust in ganz Russland. — Diese wurde befördert durch eine in Jekatharinenburg errichtete Bergschule. Henning gründete nach seiner Rückkehr aus Deutschland die Eisenwerke von Olonetz, wurde dann Gouverneur aller Bergwerke im Ural, erbaute das Wech-Istetsky-Werk an der Uktusk und führte zu Kamensk Verbesserungen ein. 1726/27 lieferte dieses Werk 140000 Russland. bis 150000 Pud Eisen. Er war der Gründer der Bergschule zu Katharinenburg. 1734 wurde Tatascheff sein Nachfolger. Eins der ältesten Werke im Innern Russlands war das Katschinsky- Werk, Gouvernement Tula, das schon 1693 erbaut worden war. Die Waffenfabriken in Tula genügten dem rasch wachsenden Bedürfnisse nicht, weshalb Peter I. noch verschiedene andere Gewehrfabriken errichten liess. So entstanden schon 1703 die Fabriken zu Olonetz und später die zu Sestrabek in der Nähe von Petersburg. Letz- terer, welche besonders für die neu entstehende Flotte arbeitete, wendete der Kaiser sein besonderes Interesse zu und berief viele aus- ländische Meister, die er hier anstellte. Er liess sich an der Mün- dung der Sestra ein Haus erbauen, in welchem er selbst oft mehrere Tage verbrachte, um die Fabrikation zu überwachen. In Olonetz war Oberstlieutenant Henning , ehe er nach Sibirien ging, Direktor und hatte dort mit Hülfe fremder Meister, die er auf seiner Reise 1719 angeworben hatte, ausser der Gewehrfabrik viele Drahtziehereien, Eisenhämmer, Stahl-, Blech- und Reckhämmer, Stahl- öfen, Ankerschmieden und andere Werke angelegt. Durch einen Ukas von 1712 waren alle tulaischen Fabriken unter die Leitung des Fürsten Wolkowsky gestellt worden, und es war ihnen zur Pflicht gemacht, jährlich 15000 Büchsen mit Bajonetten zum Preise von 1 Rubel 73 Kopeken das Stück an den Staat zu liefern Siehe von Ordega , Die Gewerbepolitik Russlands, 1885, S. 40. . 1719 wurde das Berg- und Hüttenwesen durch den Erlass eines Berggesetzes geregelt. Die Ordnung, welche dadurch geschaffen wurde, wirkte sehr segensreich, so dass von dieser Zeit eine neue Periode des russischen Bergwesens begann. Den Bergwerksbesitzern wurden grosse Begünstigungen eingeräumt. Durch Ukas von 1720 wurden die Privilegien auch auf alle Ausländer übertragen und den Bergwerksbesitzern das Recht eingeräumt, für ihre Bergwerke Dörfer zu kaufen. Nach Schnitzler hatte Russland im Jahre 1720 1 Silber-, 5 Kupfer- und 26 Eisenbergwerke, ausserdem viele Eisengiessereien, von denen 36 auf das Gouvernement Kasan und 39 auf das von Moskau kamen Siehe Schnitzler , l’empire des Tsars, IV, S. 367. . Peter der Grosse verlegte den Seehandel Russlands von Archangel, das vom Mittelpunkt des Reiches zu weit ablag, an das Baltische Meer, besonders nach dem von ihm erbauten St. Petersburg, Russland. was für die Eisenindustrie ebenfalls von grosser Bedeutung war. Er führte eine freiere Handelspolitik ein und schaffte die lästige Be- schränkung der „Kronwaren“ nach und nach fast ganz ab. 1718 gründete er das Kommerz-Kollegium, welches den russischen Handel wesentlich förderte. Für dasselbe hatte Peter der Grosse eigen- händig das Statut aufgesetzt. Gleichzeitig stiftete er das Manufaktur- Kollegium, welches besonders das Gewerbswesen leiten und fördern sollte. Ausserdem, dass der Zar fortwährend geschickte Mechaniker und erfahrene Meister in das Land zog — seit 1714 auch be- sonders viele Franzosen —, schickte er viele seiner eigenen Unter- thanen in das Ausland, um daselbst neue Betriebe kennen zu lernen. Schon 1700 befahl er den Moskauer Bürgern, ihre Söhne auf Staatskosten nach Amsterdam, London, Toulon und anderen grossen Städten zu schicken, indem er selbst bestimmte, in welcher Branche sich ein jeder von ihnen ausbilden sollte. So sandte er z. B. um 1719 auch einen nach England, um dort das Kanonen- giessen zu lernen. Alle Fabriken des Reiches gehörten entweder dem Staate oder standen unter Staatsaufsicht; Peter I. verkaufte und verschenkte aber viele Staatsfabriken an Private und suchte den Fabrikbetrieb durch solche möglichst zu fördern. Von dem Eisenhüttenbetrieb jener Zeit wissen wir nicht viel; die Hochöfen waren klein, mit viereckigen Schächten in einem sehr dicken Rauhmauerwerk aus Ziegelsteinen und lieferten nicht über 200 Pud (3276 kg) Roheisen in 24 Stunden Siehe Norberg , Über die Produktion des Roheisens in Russland, deutsch von Blumhof , 1805, S. 4. . Das den Fabriken eingeräumte Recht, Bauerndörfer zu kaufen, war für diese zur Sicherung der Arbeitskräfte von grösster Wichtig- keit. 1723 wurde diese Erlaubnis dahin modifiziert, dass das Manu- faktur-Kollegium in jedem einzelnen Falle die Erlaubnis zum Kauf von Dörfern zu erteilen habe, dass die Dörfer aber mit den Fabriken unzertrennlich verbunden bleiben sollten und ohne die Fabriken weder veräussert noch verpfändet werden durften. Eine humane Vor- schrift war es, dass Leibeigene nicht einzeln, sondern nur mit ihrer Familie oder mit dem ganzen Dorf verkauft werden durften. Als der grosse Zar im Jahre 1725 starb, hatte er dem gewaltigen Reiche eine so dauerhafte und feste Grundlage gegeben, dass sich auf derselben das Riesenreich des heutigen Russlands aufbauen Russland. konnte. An Fabriken und Hütten (Sawoden) zählte damals Russland bereits 213, wovon sich 38 in Petersburg, 39 in Moskau und 70 in den Städten an der Wolga und Okka befanden. Einige derselben beschäftigten über 3000 Arbeiter . Die russische Eisenindustrie war bereits exportfähig geworden. 1716 kam das erste russische Eisen nach England. 1725 baute Demidoff das grosse Eisenwerk zu Nisch- netagilsk. Aus der Regierungszeit Katharina I. ist zu bemerken, dass die- selbe 1727 das Manufaktur-Kollegium aufhob und mit dem Kommerz- Kollegium vereinigte. Einen grossen Aufschwung erfuhr die russische Eisenindustrie in der Regierungszeit der Kaiserin Anna Iwanowna (1730 bis 1740), aus deren Anfang der interessante Bericht Sweden- borgs , welchen derselbe mit einer grossen Karte des sibirischen Eisengebietes (Gouvernement Perm) in seinem Werke de ferro 1734 veröffentlicht hat, stammt. Wir lassen denselben in ausführlichem Auszug folgen. „Die russischen Eisenwerke bestehen, wie bekannt, noch nicht lange; trotzdem sind sie in Zahl und Umfang so gewachsen, dass ihre jährliche Erzeugung nicht nur für den Bedarf des russischen Reiches ausreicht, sondern auch noch ein Teil derselben ausgeführt wird. In Sibirien liegen die Eisenhütten in den Erzgebieten, aber ausserordent- lich weit vom Meere ab, wohin der Transport schwierig und kost- spielig ist. Bei der Stadt Kungur gab es schon vor vielen Jahren Eisen- schmelzen, die eine braune und rötliche Erde (Sumpferz) verschmol- zen, weshalb das Eisen schlecht war. Das berühmteste Eisenwerk wurde von Demidoff angelegt und besteht aus einer Anzahl von Frischhütten und Hochöfen. Das bekannteste Eisenwerk Russlands heisst Sekoffka Koffka wohl gleich Kowka. Auf der Karte kommen bei Jernbruck im Newianskoi Sawod die beiden Ortsnamen Faedkowka und Faedkowska vor. Newi- anskoi Sawod = Newiansk Hütte. Die alten Ortsnamen, die Swedenborg an- giebt, sind, abgesehen davon, dass sie vielfach falsch geschrieben sind, schwer zu identifizieren. (Newiansk), welches anfänglich aus drei Eisen- hämmern und einem Hochofen bestand. Demidoff war ein im Eisen- gewerbe geschickter und erfahrener Mann, erhielt nicht nur diese Hütte, sondern noch andere bei Koffka gelegene vom Zaren Peter zum Geschenk, dazu noch etwa 7 Quadratmeilen Grundbesitz, mit dem Recht, allen Verbrechern Asyl zu gewähren, die dann aber Leibeigene der Hütten und Bergwerke wurden. Er verpflichtete ihn, Eisenhütten Russland. zu erbauen, und damit er dies freudig thäte, sollte er jährlich 3000 Pud Stabeisen an den Zaren gegen Vergütung von 30 Kopeken für das Pud abliefern. Demidoff soll daraufhin 10 Frischhämmer, 8 Reckhämmer und 4 Hochöfen bei Lekoffka erbaut haben. Bei Benge (auf der Karte Bungy), ebenfalls im Gebiete Newianskoi- Sawod, ist ein Eisenwerk mit 12 Frischhämmern und 8 Reck- hämmern; bei Siovoli (Skuralinska der Karte?) sind 2 Frischhammer- werke, bei Togilla (Tagilsk) 2 Hochöfen, 8 Frisch- und 4 Zain- hämmer. Bei den Demidoffs chen Hochöfen betrug der tägliche Ein- satz 242 Pud (zu 36 bis 37 schwedischen Pfunden) Erz und 50 Körbe oder Mass (1 Mass = 6 schwedische Tonnen) Kohlen. Es wurde zweimal Eisen abgestochen und zwar jedesmal 80 bis 90 Pud je nach den Erzen; also 2600 bis 3000 kg in 24 Stunden. Beim Ver- frischen dieses Roheisens erhielt man aus 100 Pud 60 Pud Stabeisen, und wurden zum Frischen und Schmieden von 60 Pud 25 Mass oder 200 schwedische Tonnen Holzkohlen verbrannt. Wenn ein Frisch- hammer das ganze Jahr hindurch ging, so konnten 5000 Pud oder 82000 kg Eisen ausgeschmiedet werden. Dem Kaiser gehörte das in Sibirien gelegene Eisenwerk Alapaika mit zwei Hochöfen, die früher ihre Erze aus dem Krongut Alapaika (Alapajewsk) bezogen. 1717 wurden reiche Erze dicht bei der Hütte entdeckt, so dass man jetzt 180 bis 200 Pud (ca. 3000 kg) Roheisen schmilzt, während man früher nur die Hälfte erhielt. In den Eisen- hämmern sollen jetzt jährlich 11000 Pud (ca. 180 Tonnen), das Doppelte von früher, ausgeschmiedet werden. Dabei gingen die Hämmer nicht das ganze Jahr hindurch. Nicht weit von Alapaika, bei der Stadt Dolmaziowa (auf der Karte Tolmatschewa), ist an einem kleinen Fluss ein Blechhammerwerk angelegt, welches die Bleche für die Kessel und Pfannen der Salzsiedereien von Solikamsky liefert. Bei Octus (Uktusk) sind zwei Hammerwerke mit acht Feuern und eine Hütte mit einem doppelten Hochofen, wobei zwei Öfen in einem gemeinschaftlichen Rauhgemäuer eingebaut sind. Dieses Werk ist sehr bedeutend und schön gebaut (admodum insigne et elegans), doch erhält man aus 200 Pud Roheisen nur 101 Pud Schmiedeeisen. Die ganze Anlage soll aber von Octus nach dem Flusse Iset verlegt worden sein und heisst jetzt Katharinaburg. Alles Schmiedeeisen wird von hier nach der Stadt Susawa an der Ukta, 40 bis 50 Werst über Land, gebracht, von wo es zu Wasser bis nach Petersburg ge- langt. Der Fluss Ukta ist ziemlich bedeutend, doch wird er nur im Frühjahr für die Lastschiffe, die Columenckor heissen, schiffbar. Diese Russland. Boote kehren nicht zurück, sondern werden am Bestimmungsort als Holz verkauft. Die Demidoffs chen Werke liegen 100 Werst von diesem Orte entfernt. Aus der Ukta führt der Weg durch die Flüsse Kama, Wolga, Twerza über den Ladogasee nach Petersburg. Noch leichter wird der Transport werden, wenn der Kanal zwischen den Flüssen Twer und Ems vollendet sein wird. Weiter östlich in Sibirien giebt es noch viele Eisenwerke. Die Hütte von Kaminsky (Kamensk) liegt 50 Werst von Octus entfernt, hat zwei auf das beste gebaute Hochöfen, die aber nicht so hoch sind wie sonst. Das rote Bergerz findet sich 4 Werst von der Hütte entfernt und erstreckt sich sein Lager über 1 Meile lang, so dass man überall beliebige Mengen graben kann; es liegt nicht tiefer als 6 Ellen. An den Schächtchen, aus denen es gewonnen wird, wird es auch geröstet und kommt so zur Hütte, wo es mit Hämmern oder Pochstempeln zerkleinert wird. Es werden 18, 20 bis 24 Körbe Erz, mit 3 bis 4 Körben Kalkstein gemischt, aufgegeben. Hieraus erhält man ein Roheisen, das weicher ist wie gewöhnlich. 1723 hat man aus diesem Eisen Kanonen, Kugeln, Kessel, Töpfe u. s. w. ge- gossen. Bei Kaminsky sind ausserdem zwei Frischhämmer und vier Stahlherde. 3 Werst davon an dem Flusse liegen zwei Hämmer mit vier Herden, die mit den vorigen zusammen etwa 20000 Pud Eisen und 800 Pud Stahl liefern. Hier giebt es mehr Arbeiter Im Gegensatz zu Leibeigenen. und Beamte. Die Holzkohlen werden aus Birken gebrannt und sind härter wie sonst. Das Eisen scheint rotbrüchig zu sein, doch lässt es sich in grosse Bleche ausbreiten. Es giebt auch im übrigen Russland noch viele Eisenwerke, im Petersburgischen Distrikt, beziehungsweise in Carelien und in der Herrschaft Olonetz, welches Gebiet sich im Norden mit Lappland und dem Weissen Meer, im Osten mit dem Onegasee und dem Flusse Swer (Twer) verbindet. Einige Hütten dieses Gebietes verdanken ihren Ursprung einem Dänen Battnart , später Rosenbusch genannt. Ein Werk heisst Petrofskoi Sawod am nördlichen Ufer des Onegasees; Olonetz liegt dagegen am südlichen, 130 Werst entfernt und hat vier Hochöfen und vier Hammerwerke. In jedem Hammerwerk werden täglich 20 bis 24 Pud Eisen gefrischt, welches zu Schwertern, Degen, Büchsen und Hausgerät verarbeitet wird. 60 Werst von Petrowsky liegt das Eisenwerk Ustrika Sawod an einem Flüsschen, das von hier in den Onegasee fliesst, mit zwei Hammerwerken. Ein anderes Werk, Russland. Powenitz, liegt 96 Werst nördlich von Petrowsky. Hier werden, wie in Petrowsk, Geschütze gegossen. Die Werke Tillekin und Alexei liegen abseits (derelicta). Alle Eisenhütten Careliens beziehen ihre Erze aus den Sümpfen von Kon- sosero; es ist ein sandiges Sumpferz von gelblicher Farbe. Es giebt noch zwei andere Woiwodschaften, die von Carelien getrennt sind, Beschecony und Astjusina, wo die Eisenindustrie so in Blüte steht, dass in jedem Dorfe und in jedem Hofgute sich Eisen- hütten befinden, die Eisen aus Sumpferzen schmelzen. Es geschieht dies in Luppenfeuern oder Bauernöfen (in ustrinas aut fornaculis), deren Blasebälge mit Hand betrieben werden. Das in den Renn- werken erzeugte Roheisen wird in kleinen Herden ausgeheizt und mit Hand- oder Wasserhämmern (marculis aut malleis ferreis) verschmiedet. Ein fleissiger Schmied kann in einer Woche 80 Pud Eisen schmieden. Bei der Stadt Galetz machen die Bauern ebenfalls viel Eisen aus Sumpferz (terra paludinosa). Tula ist eine sehr grosse Stadt, deren Bewohner aber fast alle vom Schmiedewerk leben. Sie schmelzen das Eisen in Rennfeuern mit Handblasebälgen. Das Eisen wird aus einer roten Erde oder aus thonigen Knollen, die gleichsam versteinert sind, bereitet. Diese tho- nigen Knollen finden sich in verschiedener Grösse auf den Feldern rings um die Stadt; sie werden gesammelt, in die Stadt gebracht und auf dem öffentlichen Markte verkauft. Ausserdem befindet sich noch ein Eisenwerk in der Nähe der Stadt, welches ebenfalls Demidoff gehört. Zwischen Tula und Moskau liegt ein Eisenwerk, das fünf Frisch- hämmer und mehrere Hochöfen umfasst und welches zwei Brüdern Moellers gehört. Hier werden jährlich 20000 Pud (328 Tonnen) Eisen erzeugt und nach Archangel transportiert. Hier hat Peter der Grosse , wie berichtet wird, mit eigener Hand zwei oder drei Stangen Eisen ausgeschmiedet. Nicht weit von der Stadt Serpentow befindet sich ebenfalls ein kaiserliches Eisenwerk mit fünf Frischhütten und mehreren Hochöfen. Zwischen Tula und Woronesch liegen die folgenden Werke: Lipsky liegt 107 Werst von Tula und 445 Werst von der Hauptstadt Mos- kau und hat vier Eisenhämmer und vier Hochöfen, die auch Kriegs- gerät liefern. 20 Meilen weiter am Fluss liegt das Eisenwerk Kos- minsky mit zwei Frischhütten und einer Ankerschmiede. Nicht weit davon ist Borna mit zwei Hammerhütten und zwei Hochöfen. Erz wird rings um Tula gewonnen, aus dem ein rotbrüchiges Eisen Russland. bereitet wird. In der Nähe der Stadt Paulawa (Pultawa?) wohnen viele Schmiede, welche Schwerter und Damascenerklingen (gladios Damascenos) machen. Im allgemeinen werden die Eisenerze in Russland und Sibirien selten aus festem Gestein gewonnen, sondern meistens aus der Erde gegra- ben. Sie liegen in losen Stücken nur wenige Ellen unter dem Boden überall in den Feldern zerstreut, andere kommen in einem Thon- schiefer vor, an anderen Orten wird das Eisen aus Sumpferzen und aus ockeriger Erde ausgeschmolzen (exsudatur). Nur von zwei Plätzen muss das Eisen auf grössere Entfernung zu dem oben beschriebenen Wasserwege über Land transportiert werden, diese liegen bei Illinsk und bei Jeniseisk. Sehr viele Eisenwerke in Russland und Sibirien verdanken ihre Entstehung den Herren Narischkin und Moellers . In Sibirien soll es 5 kaiserliche und 27 private Eisenwerke geben. Die bekannte- sten in Sibirien sind Newiansk, Alapaisk, Kamensk und Uktusk und in Russland die beiden zu Petrowsk und Olonetz. Das beste unter den genannten Werken soll das Tetkowskis che sein, welches dem Nikita Demidoff gehört, und wird auch das daselbst bereitete Eisen sehr gelobt.“ Die Gründung der Klingenfabrik in Tula erfolgte durch Schmiede von Eilpe in Westfalen. Die Darstellung des Vorgangs in den alten Akten der Klingen- und Messerschmiedezunft ist höchst charakte- ristisch für die damaligen Zustände in Preussen wie in Russland. „Im Jahre 1732 wurden von Sr. Majestät, dem hochseligen König Friedrich Wilhelm , einige Meister mit Gewalt gegriffen und nach Russland geschickt, um allda die Klingenfabriken zu etablieren; da- für wurden dem hochseligen König einige grosse Menschen von der russischen Kaiserin verehrt, welche so gross waren, dass ein Mann von 4 Zoll (1,68 m) solchen mit einer langen Pfeife nur bis an den Bart habe reichen können. Wie nun die Fabrikanten allda die Fabriken richtig zu stande gebracht, wollten sie in ihr Vaterland wieder zurückziehen, zogen über Berlin und verlangten für sich und ihre zurückgelassenen Brüder Bestellungen, allein es gefiel Sr. Königl. Majestät, die Fabri- kanten dazuhalten, und liess die jetzt so stark florierende Fabrik zu Spandau anlegen; dadurch sind wir in eine drückende Lage ge- kommen.“ Der Aufschwung der Eisenindustrie unter der Kaiserin Anna (1730 bis 1740) findet seinen deutlichsten Ausdruck in den Ziffern der russischen Ausfuhr. Die Eisenausfuhr nach England betrug 1730 Russland. 3640 m-Ctr., 1731 13270 und 1732 bereits 32830 m-Ctr. Die Eng- länder bezogen das Eisen von Russland teils in Form von Stäben, wie das schwedische, besonders zur Cementstahlfabrikation, teils in Form von Platten (slabs) zur Blechfabrikation. Das grösste Verdienst um die Hebung des Berg- und Hüttenwesens hatte ein Deutscher, Herr von Schönberg aus Sachsen, der unter der Kaiserin Anna General-Bergdirektor war. Er erbaute auch die beiden Hütten zu Kuschwinsk an der Kuschwa und zu Werchne-Turinsk an der Tura, welche ihr Erz von den 1735 zuerst förmlich angelegten Bergwerken des berühmten Eisenberges Goroblagodat (d. h. die gute Gabe) bezogen. Dieser grossartige Erzberg war im Jahre 1730 den russischen Ansiedlern von Stephan Cumpin , einem einheimischen Bewohner des Urals, zuerst gezeigt worden, und wurde derselbe wegen dieses Verrats von den heidnischen Priestern den Göttern geopfert. Ferner trug Akinfi Nikitisch Demidoff , der Sohn des alten Nikita , viel zur Ausdehnung bestehender und zur Anlage neuer Bergwerke bei. Ihm verdankt Russland die Aufnahme der altaischen Gold- und Silberbergwerke. Er erbaute ferner viele Fabriken, namentlich auch für feinere Artikel, wozu er Arbeiter aus Deutsch- land in seine Dienste zog. Sein Sohn Procopi Akinfinwitsch Demidoff versuchte es zuerst, um eine grössere Produktion zu erzielen, und um dadurch die hohe Abgabe an die Krone nach Verhältnis des Mehrausbringens zu ver- mindern, zu Newiansk einen grösseren Hochofen zu erbauen, den er mit zwei Paar Bälgen versah, deren Formen auf einer Seite des Gestelles angebracht waren. Damit beschritt Procop Demidoff den Weg der Verbesserung der sibirischen Hochöfen, welcher schliess- lich zu Öfen von 40 Fuss Höhe, den grössten bekannten Holzkohlen- hochöfen, führte. Der genannte Ofen wurde wohl erst allmählich bis auf die damals ausserordentliche Höhe von 44 Fuss 11 Zoll erhöht, wobei er bei forciertem Gang und guten Erzen zuletzt 800 bis 900 Pud (13100 bis 14740 kg) in 24 Stunden blies Hermann berichtet von einem Probeschmelzen in Newiansk, wobei ein Ofen in 8½ Monaten über 70000 Ctr. Roheisen lieferte, also etwa 14 Tonnen in 24 Stunden. . Die doppelte Form verursachte aber viele Schwierigkeiten beim Betriebe, weshalb man einen zweiten Ofen zu Newiansk kleiner baute und nur mit einer Form betrieb, aber doch 600 bis 700 Pud (10000 bis 11500 kg) damit erzeugte. Dieser kleinere Ofen diente bei Neu- anlagen im Ural vielfach als Vorbild. Russland. Die Hauptmasse bei den beiden Hochöfen waren folgende: bei dem grossen bei dem kleineren Ofen Ganze Höhe 44 Fuss 11 Zoll 30 Fuss 4 Zoll Höhe bis Kohlensack 12 „ 10 „ 8 „ 9 „ Höhe bis Obergestellkante 8 „ 2 „ 7 „ 7 „ Weite der Gicht 7 „ 7 „ 6 „ 5 „ Weite des Kohlensacks 9 „ 11 „ 8 „ 2 „ Länge des Gestells oben 5 „ 10 „ 4 „ 1 „ Breite „ „ „ 4 „ 8 „ 4 „ 1 „ Vom Rücken bis Wallstein 8 „ 9 „ 7 „ — „ Breite am Boden 2 „ 11 „ 2 „ 4 „ Die beiden Formen des grossen Ofens lagen 1 Fuss 9 Zoll von- einander ab. Im allgemeinen baute man die sibirischen Öfen in drei Grössen von 28, 35 und 42 Fuss Weitere Angaben findet man bei Norberg , a. a. O., Beilage I. . Während der Regierungszeit der Kaiserin Elisabeth (1741 bis 1762) machte die Eisenindustrie Russlands weitere grosse Fortschritte. Im ganzen wurden in dieser Periode 335 neue Fabriken gegründet, so dass es deren bei dem Tode der Kaiserin 502 gab, welche aller- dings für nur 2800000 Rubel Waren lieferten. Der Export von Eisen nach England hob sich von 1754 bis 1755 von 62720 m-Ctr. auf 101802 m-Ctr. — Den grossartigsten Aufschwung erfuhr aber das russische Eisenhüttenwesen unter der segensreichen Regierung der Kaiserin Katharina II . (1762 bis 1796). In freierem Geiste als ihre Vorfahren suchte sie Handel und Industrie zu beleben. Dieses Stre- ben fand den wichtigsten Ausdruck in dem neuen Zolltarif vom Jahre 1766, der den Handel von vielen Beschränkungen befreite, der Industrie die notwendigen Hülfsstoffe möglichst billig zur Verfügung stellte und die Ausfuhr russischer Handelswaren begünstigte. Fremden Industriellen wurden wieder dieselben Rechte eingeräumt, die sie unter Peter dem Grossen genossen hatten, viele drückende Mono- pole wurden abgeschafft, kurz auf alle Weise suchte sie die Industrie zu heben und die nationale Arbeit zu fördern. Der Erfolg war ein grosser; die Zahl der Fabriken betrug in den letzten Regierungsjahren Katharinas 2270 mit über 100000 Arbeitern Siehe Matthäi , a. a. O., I, S. 20. . Welchen Aufschwung die Eisenindustrie und der Eisenhandel nahmen, zeigt sich wieder am Russland. deutlichsten an der Ausfuhr nach England. Dieselbe stieg 1786 auf 289640 m-Ctr. und 1793 sogar auf 366620 m-Ctr. Der russische Eisenhandel überflügelte den schwedischen, und die Ausfuhr nach England übertraf die schwedische im Jahre 1793 um 166600 m-Ctr. 1779 waren im uralischen Erzgebirge 70 Hochöfen und 532 grosse Hämmer im Gange. Für das ganze Reich nimmt Hermann im Jahre 1789 die Zahl der Hochöfen auf 100 und die der Stabhämmer auf 800 an. Die Produktion betrug in diesem Jahre 5 Millionen Pud (82000 Tons) geschmiedetes Eisen, wozu 7½ bis 8 Millionen Pud Roheisen und wenigstens 15 Millionen Pud Eisenerze nötig waren. Über die uralischen Hüttenwerke jener Zeit hat Pallas in seinem Reisewerke und nach diesem besonders der deutsche Hofrat Hermann , der in kaiserlichen Diensten die Eisenwerke daselbst längere Zeit leitete, in seinem zweibändigen Werke: Versuch einer mineralogischen Beschreibung des uralischen Erzgebirges, 1789, sehr ausführliche Nachrichten mitgeteilt. Danach gab es dort 1779 82 Eisenhütten- und Hammerwerke und zwar in der katharinenburgischen Berghaupt- mannschaft 53, wovon 10 der Krone, die übrigen Privaten gehörten. In der permischen Berghauptmannschaft führt Hermann 14, in der kasanischen 5 und in der orenburger Berghauptmannschaft 10 Eisen- werke auf. Die Hochöfen produzierten zusammen 5366652 Pud Roheisen, die Hammerwerke 3678006 Pud Stabeisen, worin 619266 Pud Schmiede- waren enthalten sind. Es würde zu weit führen, alle Werke aufzu- zählen und zu beschreiben, wir verweisen deshalb auf das angeführte Buch und beschränken uns darauf, einige der wichtigsten kurz zu berühren. Die bedeutendsten Eisenwerke der Krone waren die sieben Hütten, welche unter dem Namen der Goroblagodatskischen Hütten bekannt waren, fünf derselben, die Blagodat-Kuschwinskischen, lagen an der Kuschwa, zwei, die Blagodat-Kamskischen, an den Kamabächen. Alle diese Hütten bezogen ihre Erze aus dem mächtigen Eisen- berg Goroblagodat, welcher, den Eingeborenen zwar schon lange bekannt, erst 1735 von dem General-Bergdirektor von Schön- berg durch regelmässigen Bergbau erschlossen wurde. Das Erz war magnetisch und wurde in ungeheuren Haufen von 300000 bis 350000 Pud geröstet. Gleichzeitig wurde die grosse Eisen- und Kupferhütte zu Kusch- winsk angelegt, welche vier Hochöfen von 10 und 10½ Arschinen Russland. (russische Elle = 0,71 m) umfasste; jeder Eisenhochofen hatte zwei hölzerne Bälge, die 16 engl. Fuss lang und hinten 6½ Fuss breit waren. Ihre Produktion betrug 230 bis 270 Pud (3800 bis 4400 kg), wenn Roheisen, und 150 bis 170 Pud, wenn Munitionsguss gemacht wurde. Die Erze gaben 50 bis 56 Proz. Roheisen. 1789 lieferte ein Ofen von 16 Arschinen (11,36 m) Höhe 800 bis 900 Pud (13100 bis 14700 kg) den Tag. 1766 lieferte das Werk 6800000 Tonnen Roheisen, dar- unter 800 Tonnen Bomben. Noch ausgedehnter war das Hüttenwerk Werschneturinsk, welches gleichzeitig mit dem vorigen erbaut worden war. Es hatte 3 Hoch- öfen und 4 Hämmer mit 6 Herden. 1779 erzeugte es 257954 Pud Roheisen und 21611 Pud Stabeisen. — Die dritte grosse Hochofen- hütte war Barantschinsk mit 2 Hochöfen, welche in demselben Jahre 119447 Pud Roheisen lieferten. Das Werk war 1743 angelegt worden. Ein bedeutendes Hammerwerk war dagegen das 1766 erbaute Nisch- neturinsk. Es hatte 10 Hämmer im Betriebe, 3 Walz- und Schneid- werke und 20 Herde, ferner eine Ankerschmiede. 1779 machte es 105977 Pud Stabeisen. Die Schienen wurden in derselben Hitze gewalzt und geschnitten. Die grossen Hammerwerke Wotkinsk und Ischeschsk, welche 1759 erbaut wurden, frischten ebenfalls ihr Eisen aus blagodatskischem Roheisen. Ersteres hatte 17 Reckhämmer, 1 Hammer zum Ankerschmieden und 4 Blechhämmer. Letzteres war etwa von derselben Grösse. 1779 machte jedes von beiden 136900 Pud Schmiedeeisen. Das Hüttenwerk Pyschminsk, welches 1763 an der Pyschma er- baut worden war, ist deshalb von Wichtigkeit, weil dort 1784 Her- mann auf Befehl der Kaiserin eine Stahlfabrik anlegte, in welcher Brescianstahl nach kärntnischer Art gefrischt wurde. Das Roheisen dazu kam von der Hütte zu Kamensk. Es wurde erst in einem Zerennherd zu Böden oder doppelt Roheisen eingeschmolzen. Dieses wurde dann in einem zweiten Herde zu Krizen oder Luppen gefrischt, wobei „Brokwerk und Kot“, d. h. gare Abfälle und Garschlacke von der vorigen Arbeit zugesetzt wurde. Eine Krize wog 2 bis 3 Pud und konnte ein fleissiger Stahlschmied in 12 Stunden 3 bis 4 Krizen machen Genaueres hierüber vergl. Hermann , a. a. O., I., 279. . Dieselben wurden unter Aufwerfen von Quarzsand wieder- holt ausgeheizt und zu kurzen Stangen ausgeschmiedet. Dieser Roh- stahl (Uklad) wurde alsdann in Stücke gebrochen und von diesen 1½ bis 2 Pud in einer Zange zu einer Garbe (Sklatka) zusammen- Russland. gefasst und gegärbt. Die ausgeschmiedeten Stäbe wurden gestempelt und zwar mit dem permischen Gouvernementswappen (ein Bär mit einem Evangelienbuch) und der Aufschrift Sibirskaia Stal (sibirischer Stahl). Er galt dem berühmten steierischen Scharsachstahl an Güte gleich. Vor dieser Zeit hatte man in den uralischen Provinzen nur einen ganz ordinären Rohstahl aus altem Eisen gemacht. Die oben erwähnte Hütte zu Kamensk war ein Staatswerk und eine der ältesten Hütten in Sibirien. 1789 bestand sie aus 2 Hoch- öfen, 3 Stabhämmern mit 6 Herden und 1 Kanonenbohrerei. Die Hochöfen hatten, wie überall in Sibirien, ein länglich viereckiges Gestell und einen runden, tonnenförmigen Schacht, ähnlich einer Probiertute; sie waren 12 Arschinen (8½ m) hoch. Es wurde hier Roheisen in Gänzen, Kanonen und Munition und Stahlroheisen in Blatteln erzeugt. Für letzteres war der Satz 19 Pud Erz, 2½ Pud gebrannter Kalkstein und ⅘ Korb oder 16 Pud Holz- kohlen. Ein Hochofen konnte im Jahre 90000 Pud erzeugen, worunter 12000 bis 18000 Pud Stahlroheisen, 12000 bis 15000 Pud Guss für Hüttengerätschaften und 7000 bis 10000 Pud Guss für die Artillerie waren. Die grösste sibirische Hütte war das der Familie Demidoff (1789 dem Nikita Akinfiwitsch Demidoff ) gehörige Eisenwerk Nischnetagilsk. Es war 1725 am Tagilfluss erbaut und umfasste 1788 4 Hochöfen, die paarweise gebaut und mit Erzaufzügen versehen waren; eine Hütte mit 2 Stab- und 2 Reckhämmern und 4 Herden; ein Walz- und Schneidewerk mit 1 Platthammer und den dazu ge- hörigen Herden, ingleichen 1 grossen Stabhammer mit 2 Herden; eine Drahtzieherei mit 2 Hämmern, 2 Herden und 8 Zangen; eine Hütte, welche wieder 2 Stabhämmer mit ihren Herden und 1 Ukladhammer, dessen Herde Handgebläse hatten, enthielt; ferner einen Glühofen zum Ausglühen des fertigen Stangeneisens, eine Ankerschmiede mit 2 Hämmern und 2 Herden, eine Giesshütte, drei Balgenmachereien, eine Nagelschmiede mit zwei Essen, drei Schmieden mit 30 Essen, wo auch blecherne Kessel und Pfannen gemacht wurden, eine Blech- hütte mit 2 Stab- und 2 Blechhämmern, eine Hütte mit 3 Reck- hämmern, eine Sensenschmiede, ein Zinnhaus u. s. w. Es waren hier 3282 Meisterleute männlichen Geschlechts, welche in über 1000 Häusern wohnten, ihrer Religion nach teils Altgläubige, teils Raskolniken. Die Stadt hatte Kirchen, Spital, Findelhaus u. s. w. Das Erz kam von dem berühmten Magnetberg (Wissogorokoi Magnitnoi-Rudnik), der schon 1702 von den einheimischen Wolugen Russland. entdeckt, aber erst 1721 mit Bergbau belegt wurde Siehe Hermann , a. a. O., S. 305. . Derselbe ver- sorgt nicht nur die tagilskischen, sondern auch die rewidinskischen, utkinskischen und newianskischen Hütten mit Eisenstein. Die Kuppe besteht aus Magneteisenstein, dann folgt ein derber, blauer, schwerer Eisenstein von angeblich 50 bis 80 Proz. Roheisengehalt, am Fusse des Berges findet sich das Erz meist als ein brauner, lederfarbener Eisenstein brockenweise im Letten; um 1793 wurden jährlich beinahe 3½ Millionen Pud Eisenstein hier gebrochen. Das beste Erz wurde mit 5 Proz. Kalk verschmolzen und gab den Grundstoff für das be- rühmte alte Zobeleisen, welches an Güte nur dem Dannemoraeisen nachstand. Es hatte seinen Namen von dem sibirischen Wappen, welches einen Zobel führt. Alles Erz wurde geröstet und zwar in Haufen bis zu 400000 Pud. Die nischnetagilskischen Hochöfen waren sämtlich 13 Arschinen hoch und hatten Formen von Thon. 1782 wurden 522830 Pud Roh- und über 71 Sorteneisen (d. h. verschiedene Sorten Schmiedeeisen) erzeugt. Die Demidoffs chen Hammerwerke Wuiek, Laisk und Tschor- noistotschinsk waren in den Jahren 1725 und 1726 erbaut worden; das Hochofenwerk Werschnesaldinsk 1760. Im ganzen hatte Nikita Demidoff 1779 in der katharinenburger Berghauptmannschaft elf grosse Werke. Eine noch grössere Anzahl besass Sawa Jakoblef , darunter die berühmte Hütte zu Newiansk, welche er um 1780 von den Demidoffs gekauft hatte. Newiansk war, wie wir oben erwähnt haben, das älteste Eisenhüttenwerk im Ural, nach dessen Muster die vielen jüngeren Werke gebaut wurden. Es hiess allgemein Staroi Sawod, die alte Hütte. Es hatte zwei grosse Hochöfen, viele Hämmer, Schwarz- und Weissblechhütte, Drahtzieherei u. s. w. 1779 lieferte es 193452 Pud Roheisen und 121991 Pud Sorteneisen. Eine ähnliche Anlage war zu Werschneissetsk, welche 1726 auf Kosten der Krone erbaut, dann von dieser an Graf Woronzoff ver- kauft worden war, von dem es Jakoblef erworben hatte. Ihre Pro- duktion betrug 1779 129920 Pud Roheisen und 57973 Pud Sorteneisen. Schuvalinsk war schon 1716, Byngofsk 1718, Schaitansk 1727, Utkinsk 1729, Sylwinsk 1730, Nischnesinätschichinsk 1736 und Nischnesusansk 1737 erbaut worden. Das grosse Werk Werschnetagilsk war 1716 erbaut worden. Es hatte nur einen Hochofen von 16 Arschinen Höhe, der mit eisernem Dach und Schornstein versehen war. Es lieferte 1779 an 114000 Pud Roheisen und 41500 Pud Stabeisen. Beck , Geschichte des Eisens. 72 Russland. Die grossen Werke Reschefsk und Irbitsk waren erst 1775 und 1776 von Sawa Jakoblef erbaut worden. Ersteres schmolz 1779 mit einem Hochofen 155440 Pud Roheisen. Die oben erwähnte Hammer- hütte Byngofsk lieferte in demselben Jahre über 140000 Pud Stab- eisen. Die bedeutende Eisen- und Kupferhütte Alaganfsk war dagegen schon 1704 erbaut worden. 1782 lieferte sie 118760 Pud Roheisen und 37742 Pud Sorteneisen. Von den übrigen Privathütten im Katha- rinenburger Bergbezirk nennen wir noch Sisersk, welches 1733 unter dem Namen Imperatuzi Anni Sawod von General von Hennin ange- legt und eins der ergiebigsten Werke der Krone war. 1759 gelangte es durch Verkauf in den Besitz von Alexei Turtschaninof . Es hatte zwei Hochöfen und neun Hämmer und beschäftigte 1000 Meister- leute. 1779 produzierte es 98310 Pud Roheisen und 57562 Pud Sorteneisen. Ein grosses Hüttenwerk war Rewdinsk, 40 Werst von Katharinen- burg, 1734 von Akimfi Demidoff erbaut. Es hatte zwei Hochöfen und fünf Stabhämmer, ausserdem Blechhammer, Stahlwerk, Anker- schmiede u. s. w. 1779 erzeugte es 229365 Pud Roheisen und 46260 Pud Sorteneisen. Es gehörte damals, ebenso wie das ähnliche Werk Utkinsk an der Utka, welches Akimfi Demidoff bereits 1729 erbaut hatte, Enkeln desselben. Dem reichen Edelmann Nikita Demidoff gehörten noch die grossen Eisenwerke Kaslinsk, Werschne- und Nischnekytschimsk. Kaslinsk war 1746 von einem gewissen Tuljan Korobkof erbaut, von Nikita Demidoff aber ganz umgebaut worden. Es hatte 1 Hochofen und 11 Stabhämmer. Der Hochofen hatte 21 Arschinen (14,91 m) Höhe, übertraf also noch den grossen Ofen von Newiansk von 20½ Arschinen; seine Bälge waren 10 Arschinen (7,10 m) lang und er schmolz 500 bis 550 Pud den Tag. 1782 wurden hier 143000 Pud Roheisen und 141200 Pud Sorteneisen erzeugt. Werschnei- und Nischnekytschimsk wurden von Nikita Nikitisch Demidoff , dem Vater des zuvor genannten Nikita , 1757 erbaut. Es waren hier 2 Hochöfen und 19 Stabhämmer. Das Werk hatte 1000 Leibeigene und 8000 zugeschriebene Bauern. 1782 lieferte es 470000 Pud Roheisen und 162000 Pud Stabeisen. Nischneserginsk, welches 1779 dem Edelmann Johann Demidoff gehörte, war 1743 erbaut worden und bestand aus 2 Hochöfen und 11 Stabhämmern. Es produzierte 1779 205695 Pud Roheisen und 88744 Pud Stabeisen. Ein bedeutendes Hüttenwerk war das zu Bilimbaesk, welches 1733 erbaut war und dem Grafen Stroganof Russland. gehörte. Es erzeugte 1779 in zwei Hochöfen 254688 Pud Roh- eisen. Die Werke bei Schaitansk gehörten dem Hüttenherrn Sergei Schiraef . Die Eisenhütten in der permschen Berghauptmannschaft waren nicht so gross wie die katharinenburger. Die meisten derselben waren in den 50er Jahren von Grossgrundbesitzern errichtet worden. Die bedeutendsten waren Poschefsk mit 1 Hochofen und 12 Stab- hämmern, welche 1779 94295 Pud Roheisen und 58052 Pud Stab- eisen machten, und Nitwinsk, welches dem Fürsten Gallizin gehörte. Sie war 1758 von einem Grafen Stroganof erbaut worden. Künofsk war ebenfalls ein Stroganofs ches Werk mit 1 Hochofen und 7 Hämmern. Auch das grosse Eisenwerk Tschermask war 1761 von Graf Stroganof erbaut und ging dann mit 7200 dazu gehörigen Bauern und Salz- siedereien für die Summe von 488000 Rubel an Iwan von Lasaref über. Es hatte 2 Hochöfen und 12 Stabhämmer und produzierte 1778 116446 Pud Roheisen und 37707 Pud Sorteneisen. Die kasanschen Werke, welche den Hüttenherren Ossokin und Massalof gehörten, waren nicht so gross; dagegen waren in der orenburgischen Berghauptmannschaft wieder sehr bedeutende Hütten- werke. Von diesen nennen wir besonders Slatantofsk, dem Hütten- herrn Lavian Luginin gehörig, mit 2 Hochöfen und 20 Stab- hämmern. Es war 1760 erbaut worden und umfasste ausserdem 4 Walz- und Schneidwerke mit 8 Öfen, 1 Blechhütte mit 6 Hämmern und 12 Herden, 2 Ukladschmieden, 1 Schmiede mit 12 Essen, Balgmacherei u. s. w. 1779 erzeugte es an 212000 Pud Roheisen und 110000 Pud Sorteneisen. — Assessor Miäsnikof und Direktor Tschwerdischef besassen die bedeutenden Hütten Kataui- wanofsk, Ustkatausk, Simsk, Bielorczk mit 8 Hochöfen und 36 Stab- hämmern; der Edelmann Ewdakim Demidoff besass 4 Hütten- werke mit 2 Hochöfen und 14 Hämmern. Alle die letztgenannten Werke waren seit 1755 erbaut worden. Verwaltung, Bau und Betrieb der uralischen Eisenhütten hatte vieles Eigentümliche. Wir haben schon erwähnt, dass die Berg- und Hüttenwerke ursprünglich dem Gouvernement Tobolsk unmittelbar unter- stellt waren. Dann erbaute man mitten in dem reichsten Erzrevier 1718 die Stadt Katharinenburg und errichtete dort ein besonderes Ober- bergamt, dem dann die Oberbergämter in Perm, Kasan und Orenburg folgten. Diese Einrichtung blieb bis 1781, in welchem Jahre die permische, wiätskische, kasansche und ufimskische Statthalterei er- richtet und die Berg- und Hüttenverwaltung den Finanzdepartements 72* Russland. derselben zugewiesen wurde. Der grösste Teil der uralischen Hütten kam zu der permischen Statthalterschaft. Die Kronwerke hatten Direktoren, die Staatsbeamte waren, die Privatwerke hatten meist einen „verschmitzten Leibeigenen“ (wie Professor Georgi sich ausdrückt), der lesen und schreiben konnte, als Prikaschtschik oder Inspektor, und wählte man dazu Raskolniken, weil sie weniger tranken und die Fehler der Rechtgläubigen mit Argusaugen beobachteten. Ein solcher Mann stand für 40 bis 100 Rubel Jahresgehalt und einigen ökonomischen Vorteilen oft grossen Berg- und Hüttenwerken mit einigen Tausenden von Leib- eigenen und freien Arbeitern vor. Dies war nur möglich, weil bei den reichen, gutschmelzigen Erzen und dem Überfluss an Holz der Betrieb leicht und einfach war, und die Arbeiter willig und gutmütig waren. Die den Hütten zugeschriebenen Kronbauern hatten das ganze Fuhr- wesen, das Fällen des Holzes, das Aufbrechen der Meiler, das Herbei- schaffen des Sandes u. s. w. zu besorgen, dagegen durften sie für eigentliche Berg- und Hüttenarbeiten nicht verwendet werden, ausser wenn dies ihr freier Wille war. Für ihre Arbeiten bezogen sie festgesetzte Löhne. Das Recht zu schürfen und Bergwerke anzulegen, besass ausser der Krone nur der Grundbesitzer, d. h. der Adel, nur unter gewissen Beschränkungen durften auch Kaufleute Bergwerke besitzen. Um den Berg- und Hüttenwerken Arbeitskräfte zuzuweisen, verordnete die Regierung, dass die Kronbauern in der Umgebung der Werke ihr Kopfgeld auf denselben abverdienen mussten. Aus diesen wurden diejenigen, welche sonst als Rekruten eintreten mussten, ausgewählt und als Meisterleute den Werken für immer zugeschrieben. Dies waren dann die Knappen, Hütten- und Hammerleute. Wo der Adel aber Werke auf seinen eigenen Gütern hatte, mussten seine eigenen Bauern die Arbeiten verrichten. Ausserdem gab es bei dem Magnet- berge am Tagil gewisse Klassen von Bauern, die den Hüttenwerken auf ewig zugeteilt waren, aber weder den Werksbesitzern eigentüm- lich gehörten, noch Kronbauern waren. Sie konnten nur mit der Hütte selbst verkauft werden. Endlich gab es freiwillige Arbeiter, doch war dies der kleinste Teil. Von der Möglichkeit, Arbeiter zu be- kommen, hing die Möglichkeit der Anlage eines neuen Werkes in erster Linie ab. Die Wälder gehörten in Russland entweder der Krone oder Pri- vaten. Bei dem Überfluss an Holz im vorigen Jahrhundert war die Waldwirtschaft eine sehr unvollkommene. Über die Zeit des Holz- Russland. fällens und Kohlenbrennens bestimmte eine kaiserliche Verordnung vom 21. Mai 1779 Siehe Hermann , a. a. O., II., S. 229. . Die drei Hauptbedingungen für vorteilhaften Hüttenbetrieb, Erz, Holz und Wasserkraft fanden sich am Ural meistens vereinigt; alle drei waren reichlich vorhanden Siehe Hermann , a. a. O., I., S. 412. . Es war sehr gewöhnlich, zwei Hochöfen nebeneinander in ein gemeinschaftliches Rauhgemäuer — in einen Korpus, wie man sich ausdrückte — zu bauen. Dieser Korpus war erst auf einem Pfahl- werk von eingerammten Pfosten errichtet. Die Hauptabzucht war ein hoher und breiter viereckiger Kanal von 3 Arschinen Höhe, der über dem Fundament der Länge nach durchlief, über demselben bil- deten gegossene, eiserne Röhren die Kreuzabzüchte. Der Herd war aus genau zusammengefügten Gestellsteinen hergestellt und erweiterte sich nach oben im Verhältnis von 4 zu 6. Er war viereckig, während die Rast und der Schacht rund waren. Die zwei Öfen von Nischne- serginsk, welche Hermann näher beschrieben hat, waren 22 Arschinen hoch und hatten im Kohlensack 5, an der Gicht 2½ Arschinen Durchmesser Ausführlichere Nachrichten über die Zustellung russischer Hochöfen vergl. Norberg , a. a. O., Beilage Nr. 1. . Von der Kante der Herdstellung bis ungefähr 5 Arschinen über dem Sack war der Schacht aus feuerfesten Ofensteinen, höher hinauf aber nur mit Ziegeln ausgefüttert. Zwischen dem ¾ Arschinen starken Ofenfutter und dem äusseren Mauerwerk des Ofenstocks war ein ¼ bis ½ Arschine breiter Raum, der mit Schlacken, Thon, Sand u. s. w. ausgefüllt wurde. Das Rauhgemäuer bestand ganz aus Ziegeln. Die Gicht war mit einem eisernen Dach überbaut, in dem sich über jeder der beiden Ofengichten ein trichterförmiger Hut befand, der bis 1½ Arschinen über die Ofenmündung herab- ragte und als Schornstein diente. Die Form und die Balgdüsen waren von Gusseisen. Trotz der Grösse hatten diese Hochöfen nur eine Form. Die Holzbälge waren 8 Arschinen lang. Die Wasserräder der Bälge waren 7 Arschinen hoch. Die Höhe der sibirischen Hochöfen schwankt von 10 bis 22 Ar- schinen (7,10 bis 15,62 m), doch waren die ältesten Hochöfen alle niedrig, meist 10 bis 12 Arschinen. Die später gebauten waren meist höher, von 15 bis 18 Arschinen. Die Erze wurden weder gewaschen noch zerklopft, sondern wie Russland. sie aus der Grube kamen, auf die grossen Rösthaufen gestürzt, die bei den Bergerzen zuweilen über 300000 Pud fassten. Rasenerze röstete man in Haufen von 30000 bis 50000 Pud. Man fand in den Haufen nach dem Rösten meist eine Menge totgeröstetes, d. h. in Renn- stöcke zusammengeschmolzenes Erz, welches, da es die Schmelzung verdarb, ausgehalten werden musste. Das geröstete Erz wurde gewöhn- lich erst auf der Hütte mit Handhämmern zerkleinert. Ein Gattieren der Erze fand in der Regel nicht statt; als Zuschlag war gebrannter, zu Mehl zerfallener Kalk am gebräuchlichsten, von dem gewöhn- lich 6 bis 8 Proz. zugeschlagen wurden. Die Aufgabe oder Schicht bestand aus 1 bis 1¼ Korb Kohlen, 20 bis 30, an einigen Orten bis 40 Pud Erz und 3 bis 4 Pud Fluss. Bei gutem Gang wurden davon 20 bis 30 durchgesetzt. Man rechnete, dass das Erz 10 bis 15 Stunden Zeit gebrauchte, bis es von der Gicht (Schür) bis vor die Form kam. Bei jedem Hochofen, bei dem nur Roheisen erblasen wurde, waren 12 Mann, die sich Tag und Nacht abwechselten. — Die Schlacken wurden abgezogen und mit Wasser begossen. Das Eisen wurde drei- bis viermal am Tage abgestochen, und je nach der Grösse lieferte ein Ofen 200 bis 700 Pud, also bis 11½ Tonnen Roheisen. Die grossen russischen Öfen hatten bei weitem die grösste Produktion, welche bei Holzkohlenöfen damals erreicht wurde. Den Ofengang beurteilte man nur nach der Beschaffenheit des Eisens. Das Roheisen war meist körnig-grau und musste rein und flüssig im Herde stehen. Ein Hoch- ofen ging, wenn nicht Mangel an Wasser oder Materialien eintrat, 8 bis 12 Monate, ausnahmsweise 1½ bis 2 Jahre. Im Durchschnitt betrug die Produktion eines mittleren sibirischen Hochofens 100000 Pud im Jahre. Der Kohlenverbrauch betrug zu Nischne-Tagilsk 1 5/7 Pfd. Kohlen auf 1 Pfd. Roheisen; unter sehr günstigen Bedingungen sank er bis 12/15, dagegen betrug er in dem 37 Fuss hohen Ofen von Kuschinsk 25/9. Wie man mit Vorliebe zwei Hochöfen zusammenbaute, so baute man auch meistens zwei Frischherde unter einem Schornstein oder Esskobel zusammen. Der Herd hatte einen Sandstein als Bodenstein. Statt des Sinterblechs waren zwei etwa 4½ cm voneinander ab- stehende Gusseisenblöcke eingesetzt. Der Herd war viereckig, die eiserne oder kupferne Form mit rundem Rüssel. Die Bälge bei den Frischherden waren von Holz, mit dem Kopf 5 Arschinen (3,55 m) lang; die der Reck- und Schmiedefeuer waren von Leder. Die Luppen- oder Krizhämmer waren 18 bis 24 Pud (300 bis 400 kg) Russland. schwer und fast bei allen Hütten von Gusseisen und waren Aufwerf- oder „Stutzhämmer“. Die Reck- oder Streckhämmer von 3 bis 10 Pud Gewicht (50 bis 160 kg) waren dagegen Schwanz- oder „Spitzhämmer“. Das Ausheizen und Frischen geschah in demselben Herd. Zu einer Krize oder Luppe wurden meist 10 bis 12 Pud Roheisen eingesetzt, 1 bis 1¼ Korb Kohlen verbraucht und 7 bis 8 Pud Stangeneisen erzeugt. Bei jedem Herd waren sechs Arbeiter, welche sich Tag und Nacht abwechselten. Manche Hämmer machten bis 10000 Pud im Jahre. Die durchschnittliche Produktion der sibirischen Herde betrug aber nur 5000 Pud. Das Frischen selbst geschah in einfacher Weise nach Art der deutschen Aufbrechschmiede. Der Abbrand beim Frischen belief sich im allgemeinen auf ein Dritteil Später, 1796, gab Hermann den Abbrand auf 30 Proz., den Kohlen- verbrauch auf 3½ Pfd. für 1 Pfd. Roheisen an. . — Das Stabeisen wurde auf seine Güte probiert durch Aufschlagen auf den Amboss, durch Durchstecken und Biegen um einen Pfahl. — Da das Stabeisen meist wiederholt mit Wasser oder Eis abgelöscht wurde, so musste es auch öfter wieder durchgeglüht werden, was auf Glühböcken im Freien oder in einem Glühofen geschah. Letzterer war ein länglich-viereckiger Flammofen, der 3000 bis 14000 Pud Stangeneisen fasste. Die Stäbe ruhten auf gusseisernen Böcken. Der Rohstahl (Uklad) wurde aus altem Eisen, Blechabschnitzeln und Abfällen hergestellt. Diese wurden erst in einem Herd vor der Form bei scharfem Wind zu einer Art Hartzerrenneisen eingerennt und abgestochen. Von diesem Roheisen (Dwoinoi-Tschugun) wurden 3 Pud eingesetzt und daraus 1 Pud 20 bis 25 Pfd. Uklad erzeugt, wobei 1 Korb Kohlen verbrannt wurde. So geschah es in den Waffenfabriken von Sisterbeck und Tula und in Sibirien. Auf einigen Hütten wurde nur die Hälfte von dem aus zerrenntem altem Eisen verfertigten Roh- eisen genommen, während man die andere Hälfte in rohem Zustande, als Abschnitzel u. s. w., nach dem Einschmelzen zusetzte. Der Uklad wurde dann auf kleinen Reckhämmern ausgeschmiedet. Der Kalo be- trug mehr als ein Viertel; ein Meister machte im Monat 28 bis 30 Pud. — Dieser Uklad diente hauptsächlich zur Verstählung des Gezähes in den Bergwerken und zum eigenen Gebrauch. Eine andere Art Stahl, Susch genannt, waren die ausgehaltenen harten Stangen, welche zufällig beim Stabeisen fielen. Er diente zum Verstählen gemeiner Werkzeuge. Ein eigentliches Stahlfrischen aus Roheisen war am Ural vor Hermanns Einführung der Brescianschmiede nicht bekannt gewesen. Russland. So war die Lage der russischen Eisenindustrie bis zu dem Jahre 1788, in welchem die Kaiserin Katharina II. den Direktor der Carronhütte in Schottland, Gascoigne , der als der Erfinder der Car- ronaden galt, berief, um die russischen Kanonengiessereien und das Eisenhüttenwesen im allgemeinen zu verbessern Siehe Norberg , a. a. O., S. 6. . Er erhielt einen jährlichen Gehalt von 2500 £, ausserdem freien Unterhalt für zwölf von England mitgenommene Personen, sowie die Hälfte von dem, was die Gusswaren weniger als 2 Rubel pro Pud kosten würden. Der erste Kontrakt wurde auf drei Jahre geschlossen und dann auf wei- tere vier Jahre verlängert. Die obgedachten Accidenzien betrugen 1792 allein 147000 Rubel Gascoigne blieb in Russland, behielt die Leitung der kaiserlichen Giesse- reien und starb 1805 als Staatsrat. . Dieser führte auf dem Staatswerk Petro- sadowsk am Onega-See, im russischen Karelien, sogleich englische Cylindergebläse ein. Schon im folgenden Jahre wurde mit dem Bau einer neuen Eisenhütte in Sibirien zu Petrokamensk mit englischen Gebläsen begonnen. Diese Hütte erbaute der reiche Hüttenherr Peter Sawitsch Sabakin , der Sohn des Sawa Jakoblef Sabakin . Sein Baumeister aber war sein Leibeigener, Iwan Gegorof Sikin , den der Vater mit den Hüttenwerken von Procopi Akinfinwitsch Demidoff gekauft hatte. Ausser den neuen Gebläsen führte Sikin , der ein vorzüglicher Hüttenmann war, noch viele andere Verbesse- rungen auf dem neuen Werke ein. Er schaffte die alten Doppelherde mit einem Hammer ab, indem er nur einen Herd für einen Hammer baute. Dadurch erzielte er eine Erhöhung der Produktion im Ver- hältnis von 16 bis 17 zu 13. Er machte bei den Stabhämmern ausser der Dramsäule die Mittel- und Hintersäule aus Roheisen und legte den Dram zum Teil ausserhalb der Hütte. Ferner verbesserte er die Gebläseeinrichtungen an dem Frischherde, kuppelte mehrere zu- sammen und liess nur mit einer Düse blasen. Die beiden neuen Hochöfen wurden zwar nicht grösser als der grosse Ofen von Newi- ansk erbaut, machten aber infolge der starken Gebläse 750 Pud (12285 kg) Roheisen den Tag. Ausserdem besass das neue Werk 23 Stabhämmer mit 23 Frischherden und 2 Suluöfen. Der Nutzen dieser Werke war enorm: 1 Pud Roheisen kostete 16 Kopeken Pro- duktionskosten, wovon der Arbeitslohn 5 bis 8 Kopeken ausmachte; der Kohlenverbrauch betrug 12 Kubikfuss, und 80 Kubikfuss kosteten 50 Kopeken. Der Transport nach Petersburg kostete 30 Kopeken, der Verkaufspreis dort 1 Rubel 65 Kopeken. Zu den Kosten kam Russland. allerdings noch der Kronzehnten mit 4 Kopeken pro Pud und 100 Rubel für jeden Hochofen. Infolge der günstigen Ergebnisse mit den Cylindergebläsen führte man solche auch auf den alten Hütten, besonders bei dem kleineren Ofen zu Newiansk ein, der infolgedessen ebensoviel produzierte wie der grosse Ofen. Alsdann versah man auch den grossen Ofen mit einem solchen Gebläse, infolgedessen derselbe 1000 Pud (16380 kg) in 24 Stunden schmolz; man konnte die Produktion aber mit reichen Erzen bis auf 1500 Pud (24570 kg) treiben. Die vier Cylinder des newianskischen Ofens waren 2 Arschinen hoch und weit und machten fünf bis sechs Touren in der Minute (s. oben S. 741). Aber nicht nur Sawitsch Sabakin führte die neuen englischen Gebläse ein, sondern über alle Hüttenbesitzer kam eine Art Fieber, und sie beeilten sich, die neuen Verbesserungen einzuführen, und wo man keine gegossenen Cylinder haben konnte, machte man solche aus Holz. Man gab diesen meistens kubische Gestalt. Ein Gebläse derart mit drei kubischen, an beiden Enden verschlossenen Bälgen, welche miteinander verbunden waren, wurde zu Nischnetagilsk gebaut. Schon früher waren ähnliche Bälge bei den Frischfeuern in Anwen- dung gekommen. Auf den Hütten zu Salinski, Kossatur und Solotoust hatte man damit guten Effekt erzielt. Durch ein englisches Cylinder- gebläse steigerte sich die Produktion eines Hochofens zu Nischne- tagilsk auf über 13000 kg pro Tag; eines anderen zu Kamensk auf 11700 kg. Hermann erwähnt in seinen Bemerkungen über den Hüttenhaushalt eine Eisenhütte Polewskoi, welche 1787 täglich 9100 kg produzierte. Die grossen Öfen hatten einen wesentlich geringeren Kohlenverbrauch. Über die altaischen und sonstigen asiatisch-russischen Eisenhütten liegen weniger ausführliche Nachrichten vor. Jeniseysk, welches Pallas (1770) als die hohe Schule der Eisenschmiede bezeichnet, schmolz hier schon seit den 20er Jahren aus einem schneeweissen, in Flötzen brechenden Eisenstein ein vortreffliches Eisen. Das Schmelzen geschah in Bauernöfen. Zu Rybenskoi waren gleichfalls bedeutende Eisenschmelzen von einem jenisseiskischen Schmied angelegt worden. Das dortige Erz war höchst eigenartig, es bestand aus in Eisenstein verwandeltem Holz; ganze Stämme waren vererzt. Auch zu Krasno- jarsk wurde das Erz in niedrigen Stucköfen verschmolzen, wobei man bald härteres, bald weicheres Eisen bekam. Pallas beschreibt das Verfahren näher. Der Hochofen zu Tomsk war 21 engl. Fuss hoch und hatte in Russland. 46 Wochen 650675 kg Roheisen, also durchschnittlich 2021 kg in 24 Stunden produziert. Das Ausbringen betrug 34 Proz., der Kohlen- verbrauch 3 5/7 : 1. Ferner gab es Hochöfen zu Slatoust. Auch über die Eisenhütten im europäischen Russland liegen keine so genauen Nachrichten vor, wie über die uralischen Werke. Um Tula und Kaluga und in dem kasanschen und wladomir- schen Gouvernement gab es Hochöfen, welche auf der Verschmelzung weisser Thoneisensteine von etwa 40 Proz. Gehalt begründet waren. Grossartige Anlagen machten im wladimirschen Gouvernement die beiden Brüder André Rhodiwonitsch (Bataschef) und Iwan Rhodiwonitsch . Ihr Vater hatte ihnen ein Eigentum von zusammen 600 bis 700 Bauern hinterlassen. Um 1780 teilten die Brüder ihr Vermögen, welches sich damals schon auf 6000 Bauern belief; gegen Ende des Jahrhunderts hatte Iwan allein so viel, während André sein Vermögen bis auf 13000 vermehrt hatte. Iwan machte auf seinen Hütten jährlich 300000 bis 400000 Pud, André aber machte fast das Doppelte. Die beiden Brüder hatten grosse und öde Land- strecken fruchtbar gemacht und Tausenden lohnenden Unterhalt ver- schafft. Norberg vergleicht Bataschef in Russland mit Wilkinson in England; ihm gebührt auch der Ruhm der Erfindung der grossen Sturz- öfen. Das grossartigste Eisenwerk, welches André Rhodiwonitsch Bataschef anlegte, war Gussef. Er sah sich dazu 1750 durch den kaiserlichen Befehl, dass auf 200 Werst von Moskau keine holzfressende Anlage erbaut sein sollte, gezwungen. Er musste infolgedessen seinen Wohnsitz aufgeben und erhielt dafür das öde Gebiet angewiesen, auf welchem er das umfangreiche Werk errichtete. Es umfasste ausser einem Hochofen acht Walzwerke für Dachplatten. Ein Gebäude, welches 21 Reck- und Planierhämmer, von denen je 3 für ein Walzwerk das bereitete Material annahmen und zuletzt streckten, wobei es den den russischen Platten eigenen Glanz erhielt. Ein anderes Gebäude enthielt 24 Stabeisenhämmer, welche das Materialeisen für die Plattenwalzwerke verfertigten. Ferner war bei Gussef ein Gebäude mit 96 Nagelhämmern, die durch 24 Wasserräder getrieben wurden, und eine Schmiede für Hand- und Grobschmiede mit 200 Essen; end- lich Werkstätten für Verzinner, Plattenschläger, Grossuhrmacher u. s. w. Obgleich hochbetagt, legte Bataschef 1794 ein Giesshaus mit zwei Sturzöfen an und legte den Grund zu einem riesigen Sensenwerk, welches ½ Million Sensen jährlich liefern sollte. Bataschefs Hämmer und Hütten produzierten jährlich 600000 bis 700000 Pud. Zu den Hochofenwerken Bataschefs gehörten Umschenskoi und Sintul. Russland. Ersteres war mit einem Gebläse von vier gusseisernen Cylindern ver- sehen und sollte 500 bis 600 Pud den Tag machen. Sintul wurde 1793 noch mit gewöhnlichen Bälgen betrieben. Der Hochofen zu Sintul war 37 Fuss 4 Zoll hoch, hatte in der Gicht 7 Fuss, im Kohlen- sack 12 Fuss 3 Zoll Durchmesser. Die Höhe vom Bodenstein bis zur Rast war 12 Fuss 3 Zoll, die des Gestelles 7 Fuss, bis zur Form 1 Fuss 10 Zoll Vergl. Norberg , a. a. O., Beilage I. . Man verschmolz in Sintul mit den Erzen zugleich die Frisch- schlacken von Gussef und zwar im Verhältnis von ⅓ und ⅔. Der Schlackenzusatz erhöhte das Ausbringen von 40 auf 46 Proz. Die Eisenhütten in den Gouvernements Wologda und Wjätka führten ihr Eisen auf der Düna nach Archangel. Eines der wichtigsten und merkwürdigsten Eisenwerke war durch die von Gascoigne eingeführten Neuerungen das grosse Staatswerk Petrosawodsk (oder Alexandrofsk) geworden. Die vier dort befind- lichen Hochöfen nennt Norberg eine Mittelsorte zwischen russischen und englischen hinsichtlich ihrer Konstruktion Nach Hermann (Bemerkungen über den Eisenhüttenhaushalt, S. 16) wurden anfangs nur zwei Hochöfen von auffallenden Dimensionen angelegt. Sie waren nur 17½ Fuss hoch, 8 Fuss im Kohlensack, dagegen im Gestell nur 1¼ und in der Gicht 1½ Fuss weit; die Form lag 1½ Fuss über dem Boden. Beide Öfen wurden mit einem Cylindergebläse mit vier Cylindern von 4 Fuss 3 Zoll (engl.) Weite und 4 Fuss 6 Zoll Höhe betrieben, deren Kolben von Holz mit Lederliderung waren. Der Wind aus den vier Cylindern trat in einen liegenden Cylinder, der als Reservoir diente. Als Motor diente ein Wasserrad von 24 Fuss Höhe. Beide Öfen produzierten pro Woche nur 3400 Pud, ein Ofen demnach 3978 kg pro Tag. . Sie waren enger als die sibirischen, namentlich in der Gicht. Hauptdimensionen waren: Höhe 35 Fuss 8 Zoll, Höhe bis zum Kohlensack 12 Fuss; Durchmesser des Kohlensacks 9 Fuss 9 Zoll; Durchmesser der Gicht 2 Fuss 6 Zoll und zwar mit parallelen Wänden bis 5 Fuss tief; Formhöhe 16 Zoll; das Ge- stell war 5,6 Zoll hoch, 20 Zoll am Boden, 24 Zoll oberhalb breit, die russischen Gestelle waren meistens sehr hoch und nach vorn etwas erweitert. — Man machte die Gichten nicht so gross wie in Sibirien (24 Kubikfuss gegen 80 zu Newiansk), gab davon aber 60 bis 70 in 24 Stunden auf. Die Erze gaben 35 bis 36 Proz. Die Schlacken waren strengflüssig und wurden abgezogen. Das meiste Roheisen wurde in Flammöfen mit Steinkohlen nach englischer Manier zu Kanonen umgegossen. Ebenso hatte man auf den kaiserlichen Kanonengiessereien zu Sisterbeck, Komosersk und Kronstadt Flammöfen angelegt, von denen Russland. während des Krieges zwei Öfen zu Kronstadt monatlich 8000 Pud Gusswaren, meist Kugeln und Bomben aus cassierten Kanonen, lieferten. Das Formen der Kanonen geschah nach englischer Weise in Kapseln (Muscheln) von Roheisen, wobei der Formsand nur 1½ bis 2 Zoll dick eingestampft wurde. Ebenso wurden Kugeln in Roh- eisenmuscheln gegossen. Von einem Wasserrad konnten zu Petro- sadowsk fünf Kanonen auf einmal abgeschnitten werden, von einem anderen wurden zehn auf einmal unter Aufsicht von nur zwei Mann gebohrt. Ferner war hier eine Schraubenschneidmaschine, die von selbst umkehrte, wenn das Messer bis an das Ende des Gewindes gelangt war. In der Stabschmiede war ein 17½ Pud schwerer Ham- mer, der 100 Schläge in der Minute machte. Zu Sisterbeck waren die Arbeitsmaschinen sehr bemerkenswert. Man hatte dort durch Wasserkraft bewegte Feilenhau- und Eisen- hobelmaschinen; auch eine vorzügliche Schmiede, in der eiserne Tiegel für die Münze in Petersburg, die 100 Pud auf einmal fassen konnten, geschmiedet wurden. Bei Kaluga hatte man Erzröstöfen erbaut, bei denen die Flamme durch gusseiserne Kanäle unter dem Röstgut herstrich. Bemerkenswert ist noch, dass der schwedische Bergrat Norberg , welcher 3½ Jahre bei sibirischen Eisenwerken angestellt war, auf der Hütte bei Petropaulofsk 1790 einen Hochofen in der Weise umbaute, dass er den Wind durch drei verschiedene Formen in den Ofen führte. Im Jahre 1796 wurde im südlichen Russland das Eisenwerk zu Lugansk zur Ausrüstung der Flotte des Schwarzen Meeres und zur Anfertigung von Waffen und Munition für die Festungen im südlichen Russland gegründet. Dieses Eisenwerk wurde die Veranlassung zur Eröffnung der ältesten Steinkohlengrube des Donetzbeckens zu Lis- sitschansk. Die Ankerschmieden und Blechhämmer waren in Russland mit den grossen Hüttenwerken verbunden, wie wir aus unserer Aufzählung schon gesehen haben. Draht zogen die Bauern an der Wolga, doch war die Drahtfabrikation ungenügend und wurde viel Draht eingeführt. Die Nagelfabrikation bildete ein ausgedehntes Gewerbe der Bauern- schmiede an der Wolga, die dazu geschnittenes Eisen aus Sibirien kauften. Zu Narwa war eine Nagelfabrik angelegt worden. Eine Nadelfabrik wurde schon 1719 mit 79018 Rubel Kapital von einem Peter Chlebnikow gegründet; auch in Reval war ein Nadel- macher. Die Produktion stand aber in keinem Verhältnis zum Bedarf. Woran es Russland besonders mangelte, das war guter Stahl. Die Russland. ersten Versuche, Cementstahl zu bereiten, wurden 1764 zu Nischninow- gorod gemacht. Eine Gesellschaft Franzosen hatte in den 80er Jahren den Versuch gemacht, Cementstahl aus sibirischem Stangeneisen zu machen. Ihre Fabriken gerieten aber wieder ins Stocken. 1785 gründete Hermann auf kaiserlichen Befehl eine Brescianstahlhütte bei Katha- rinenburg; doch war das dafür verwendete Eisen nicht sehr geeignet. Die Folge des Mangels an gutem Schweissstahl war, dass es in Russland auch keine Sensenhämmer gab und dass der ungeheure Bedarf des Landes durch das Ausland gedeckt werden musste. Die Einfuhr betrug jährlich über 1 Million Stück. Gewehrfabriken gab es (1789) vier im Reiche, davon war Tula die älteste und grösste. 1717 wurde sie als Staatswerk neu ein- gerichtet, und schon unter Peter dem Grossen wurden dort 20000 Gewehre und 10000 Pistolen im Jahre gemacht. Er hatte zur Gründung der Waffenfabrik zwölf geschickte Arbeiter aus Spandau von König Friedrich Wilhelm I. von Preussen erhalten, dem er dafür 100 grosse Rekruten lieferte. 1789 hatte Tula 4000 Arbeiter. Die zweite war Petrosadowsk, die, von Peter I. gegründet, schon zu seiner Zeit 12000 Flinten und 6000 Pistolen im Jahre liefern konnte. Die dritte zu Sisterbeck hatte 1784 über 400 Meisterleute. Die vierte wurde Ende der 80er Jahre zu Orel angelegt. 1782 wurde die Gewehrfabrik zu Tula mit einem Aufwand von 388000 Rubel neu gebaut. Sie sollte jährlich 15000 Gewehre für die Armee liefern; ausserdem machte sie noch viele für den Handel. Eine Flinte für die Infanterie kostete 4 Rubel. Die Fabrikanten erhielten zu ihren Gewehrarbeiten 25000 Pud Kronseisen. In Tula wurden ferner allerhand hübsche Stahlwaffen, Degen, Hirschfänger u. s. w. verfertigt und zu mässigen Preisen verkauft. Die Schlossermeister in den grossen Städten machten auch eine Menge eiserner Gerätschaften; die meisten Stahlwaren, wie Scheren, Feilen u. s. w., mussten aber eingeführt werden. Die Eisenausfuhr Russlands nahm im letzten Drittel des 18. Jahr- hunderts ausserordentlich zu. Sie betrug 1768 1793 an Eisen für 1443000 für 5159000 Rubel Kleineisenwaren für 20000 „ 40000 „ 1798 wurden in britischen Schiffen von St. Petersburg ausgeführt: Eisen 2352217 Pud Altes Eisen 24860 „ Reifeisen 2120 „ Russland. Russland, in dem Glauben, dass England sein Eisen nicht ent- behren könne, erhöhte im Jahre 1770 seinen Preis von 70 bis 80 Ko- peken für das Pud auf 200 bis 220 Kopeken für „neuen Zobel“ (sable) und 250 Kopeken für besten alten Zobel. 1794 gewährte die Regierung den Eisenwerksbesitzern Darlehen auf ihr Eisen, um sie in den Stand zu setzen, die Engländer zu beliebig hohen Preisen zu zwingen. Dieses übertriebene Vorgehen fiel aber zum Nachteil von Russland aus. Die Ausfuhr von Archangel betrug: nach England im ganzen 1795 64422 106885 Pud 1796 104349 152553 „ 1797 125386 175542 „ 1798 97026 157127 „ 1799 37791 68463 „ Von St. Petersburg: nach England im ganzen 1795 2023241 ? 1796 1837593 2329766 Pud 1797 1579658 1857710 „ 1798 2345287 2689842 „ 1799 1584920 2019379 „ 1786 betrug die Eisenerzeugung Russlands nach Rinman Bergwerkslexikon, Art. Eisen, II, S. 492. 530000 Schiffspfund oder 84800 Tonnen, wovon etwa die Hälfte ex- portiert wurde. Die Ausfuhr nach England, Holland und Deutschland betrug in diesem Jahre 40960 Tonnen. Dagegen nahm die russische Eisenausfuhr nach Nordamerika von 1789 an rasch zu. Sie betrug 1789 an Stabeisen 24981 Pud, 1799: 239885 Pud. Werfen wir zum Schluss noch einen kurzen Blick auf das Ge- werbewesen in Russland, namentlich in Bezug auf das Handwerk Siehe Schönberg , Handbuch der politischen Ökonomie, 1882, S. 887. . Vor Peter dem Grossen war die Eigengewinnung noch die herrschende Produktionsweise in Russland. Jeder Bauernhof erzeugte seinen Bedarf an Nahrungsmitteln, Bekleidungsstücken und in der Hauptsache auch an sonstigen Gebrauchsgegenständen, selbst. Die Technik der Produktion war dabei eine einfache und rohe. Der Ge- werbebetrieb war frei. Russland. Peter der Grosse suchte das Gewerbewesen zu reformieren. Er wollte ein selbständiges Gewerbe und eine Grossindustrie schaffen. Aber Erfolge erzielte er nur in letzterer Hinsicht. Zur Förderung des Handwerks verordnete er 1721 für die Städte die Einrichtung von Magistraten und Zünften. Diesen letzteren sollten alle Gewerbe- treibenden in den Städten beitreten, nur Zunftmitglieder durften Lehrlinge und Arbeiter halten; ihre Waren mussten den Ältermännern zur Prüfung vorgelegt werden. Aber für die bäuerliche Bevölkerung auf dem Lande blieb die alte Gewerbefreiheit bestehen, und da, wie es nach der Darstellung von Thun A. Thun , Landwirtschaft und Gewerbe in Mittelrussland, 1880. erscheint, diese wie bis- her ihre Waren in den Städten absetzten und als Wanderarbeiter beschäftigt werden konnten, so übte jene Verordnung auf den Zustand ihres Gewerbebetriebs keinen Einfluss. Aber auch Zünfte entstanden nur da, wo viele ausländische Meister waren und in den beiden Haupt- städten. Ihre Wirksamkeit für das gewerbliche Leben war eine ver- schwindend geringe. Das Zunftwesen hat für Russland „so gut wie gar keine Bedeutung gehabt“. Um eine Grossindustrie ins Leben zu rufen, wurden merkanti- listische Massregeln ergriffen. Da den Privaten das Kapital fehlte, wurden Staatsfabriken gegründet und Privatkompanieen zum Betriebe übergeben, auch Privaten vom Staate zur Errichtung von Fabriken Geld gegeben. Beschränkungen in der Ausfuhr von Rohstoffen, sowie in der Einfuhr ausländischer Fabrikate und Monopolrechte erleich- terten den Betrieb, sicherten den Absatz. Ausländer wurden in der Gründung von Fabriken durch Befreiung von allen städtischen Abgaben und andere Privilegien unterstützt. Dem Arbeitermangel half man dadurch ab, dass durch die Verordnungen vom 18. Januar 1721 und 3. Dezember 1723 den Unternehmern gestattet wurde, leibeigene Arbeiter für ihre gewerblichen Anstalten zu kaufen. Das Gros der Fabrikarbeiter bestand seitdem aus Leibeigenen. Auch Gutsbesitzer errichteten neue Fabriken mit Leibeigenen. Das Monopolsystem wurde stärker ausgebildet, hatte aber in Russland kürzeren Bestand wie in anderen Ländern. Schon im Jahre 1775 erfolgte der Bruch mit demselben, die Monopole und Privilegien wurden aufgehoben und die Gewerbefreiheit eingeführt. Amerika. Amerika . Die Eisenindustrie Nordamerikas, die heute die erste Stelle einnimmt und sich zu bewunderungswürdiger Grossartigkeit entwickelt hat, begann erst spät und mit sehr bescheidenen Anfängen. Obgleich schon die Expedition, welche Sir Walter Raleigh 1585 nach Nord- Karolina ausgerüstet hatte, reiche Eisenerze fand und auch in anderen Gegenden der Reichtum Nordamerikas an Eisenerzen bald offenbar wurde, so dauerte es doch lange, bis sich eine Eisenindustrie entfaltete. Die Kolonisten bezogen ihre Bedürfnisse aus dem Mutterlande, und dieses hatte kein Interesse daran, eine Industrie zu befördern, die ihrer eigenen Konkurrenz machte und ihren Handel beeinträchtigte. Die ersten Versuche dazu wurden in Virginien gemacht. Nachdem 1607 die erste ständige englische Kolonie zu Jamestown gegründet worden war, brachte im folgenden Jahre das Schiff der Virginia- Kompanie unter der Führung des Kapitäns Newport ausser anderen Artikeln Eisenerze nach England, aus denen 17 Tonnen Eisen ge- schmolzen und für 4 £ die Tonne an die Ostindische Kompanie verkauft wurde. Dies war das erste Eisen aus amerikanischen Erzen (1608). 1610 lenkte Sir Thomas Gates die Aufmerksamkeit des englischen Publikums auf die guten Eisenerze in Virginien. Aber erst 1619 schickte die Virginia-Kompanie erfahrene englische Eisen- arbeiter dorthin, welche die ersten drei Eisenrennwerke in Amerika am Falling Creek, 7 engl. Meilen unterhalb Richmond und 66 engl. Meilen oberhalb Jamestown, gründeten. 1620 konnte Sir Edwin Sandys in einer in London gehaltenen Rede diese Gründung als ein blühendes Unternehmen bezeichnen, bei dem 150 Kolonisten mit Gewinnung der Erze und dem Bau der Schmelzwerke beschäftigt seien. 1621 entsandte man John und Maurice Berkeley mit 20 tüchtigen Arbeitern von England aus, um diese Industrie noch mehr zu fördern, aber sie fanden ein rasches Ende. 1622 überfielen Indianer die Kolonie und vernichteten sie gänzlich. Versuchsweise scheint Eisen geschmolzen worden zu sein, zum Versand war aber noch keins gekommen Vergl. Swank , The Manufacture of Iron in all Ages, 1892, p. 105. . Im 17. Jahrhundert wurde kein weiterer Versuch der Eisenbereitung in Virginien gemacht. Besseren Erfolg hatten die Versuche, welche von 1632 an im Amerika. Staate Massachusetts begonnen wurden. 1637 erhielt ein gewisser Abraham Shaw den halben Gewinn von allen Kohlen und Eisen- erzen, die er in dem Gebiete finden würde, zugesprochen. Schon vorher waren gute Rasenerze am Saugusfluss bei Lynn entdeckt worden, von denen Robert Bridges 1642 Proben mit nach England nahm, in der Absicht, eine Gesellschaft zur Ausbeutung zu gründen. Er wurde darin unterstützt von John Whinthrop jr ., dem Sohn des Gou- verneurs, der zu demselben Zwecke nach London gekommen war. Dieser wurde erreicht und die aus elf Teilhabern bestehende „Com- pany of undertakers for the Iron Works“ mit 1000 £ Kapital gegrün- det. John Whinthrop jr . brachte Eisenarbeiter von England mit und legte eine Eisenschmelze (foundry) am westlichen Ufer des Saugus- flusses, nicht weit von Lynn , an. Das Dorf, das bei der Hütte entstand, hiess Hammersmith . Die Regierung unterstützte das Unternehmen, indem 1644 der general-court demselben Land zuwies und Privilegien erteilte. Der Hochofen kam 1645 in Betrieb. Das erste Gussstück, ein eiserner Topf mit Füssen, wird noch in Lynn von den Nach- kommen (Lewes) des Gutsherrn ( Th. Hudson ), auf dessen Grund und Boden der Hochofen erbaut war, als geschichtliche Reliquie aufbewahrt. Es sollte aber auch Stabeisen gemacht und hierfür ein Hammerwerk (forge) und eine Frischhütte (finery) erbaut wer- den. Da das Kapital hierfür nicht ausreichte, wurden die Bürger von der Regierung zur Beteiligung ermuntert. Im Mai 1645 lagen bereits mehrere Tonnen Roheisen (sowe iron) bereit zum Verfrischen. Im Oktober bestimmte die Regierung unter Gewährung weiterer Pri- vilegien, dass die Bewohner des Gebietes ihren Bedarf an Stabeisen von der Hütte erhalten sollten, die Tonne nicht teurer als 20 Pfd. (not exceeding twentye pounds per tunn) und dass die weitere Land- bewilligung für die Errichtung von sechs Hütten- und Hammerwerken, nicht bloss Rennwerken (for the building and seting up of six forges or furnaces, and not bloomeries onely) erteilt sein sollte. Der Gesell- schaft wurde die freie Verwendung aller Materialien, welche zur Herstellung von Kanonen, Töpfen und anderen Gusswaren erforderlich seien, zugesprochen. Im August 1648 schrieb Gouverneur Winthrop von Boston an seinen Sohn, der nach Pequod, Connecticut, verzogen war, „das Eisenwerk geht jetzt hoffnungsvoller. Es liefert etwa 7 Tonnen die Woche“; und am 30. September schrieb er, „der Hoch- ofen giebt 8 Tonnen wöchentlich und das Stabeisen ist so gut wie spanisches“. Wie sich aus einem Rechnungsbuche von Lynn von 1651 ergiebt, Beck , Geschichte des Eisens. 73 Amerika. stand James Leonard (Leonhard, Leonnarde) der Frischhütte vor. 1654 war ein Eisenhammer (iron mill) in regelmässigem Betriebe. Während mehrerer Jahre wurde das Eisenwerk energisch betrieben und lieferte den grössten Teil des Eisens für die Kolonie. Von 1651 an herrschte aber Uneinigkeit unter den Besitzern, die zu kostspieligen Prozessen führte, worunter das Unternehmen schwer zu leiden hatte. Von 1671 wurde es nur noch unregelmässig betrieben und scheint im Jahre 1688 ganz aufgegeben worden zu sein. Auf diesem für die Geschichte des Eisens in Nordamerika hochbedeutenden Werke wurden Gusswaren (castings), Roheisen (sowe iron) und gefrischtes Eisen (barr iron) gemacht. Der Maschinist der Lynn-Werke war Joseph Jenks von Hammer- smith in England, der zugleich auch die Modelle und die Formen für die Gusswaren machte. Joseph Jenks , ein sehr begabter Mechaniker, erwarb im Januar 1647 das Privileg, eine Sensen- und Werkzeugschmiede für seine Rechnung bei dem Lynn-Eisenwerke zu erbauen. Hier fertigte er 1652 die Stempel, mit denen die ersten Silbermünzen für Neu-England in Boston geprägt wurden, ebenso machte er 1654 für Boston die erste in Amerika hergestellte Feuer- spritze. Im Jahre 1655 erhielt er vom General-court ein Patent auf eine verbesserte Sense. Er änderte die schwerfällige englische Sense in der Weise ab, dass er das Blatt sehr dünn machte und ihm eine Verstärkungsrippe gab. Diese Form der Sense ist seitdem die all- gemein gebräuchliche in Nordamerika geworden. Durch die Gründung des Lynn-Eisenwerks waren ausser Joseph Jenks noch andere geschickte Eisenarbeiter in das Land gekommen, welche für die Eisenindustrie Nordamerikas wichtiges geleistet haben. Es waren dies namentlich die Brüder Henry und James Leonard , die ihr Gewerbe in Pontypool in Monmouthshire gelernt haben sollen und die Stammväter einer Familie von Eisenindustriellen wurden, die mit der Eisenindustrie Neu-Englands so verwachsen war, dass es ein Sprichwort wurde: „Wo ein Eisenwerk ist, ist auch ein Leonard .“ Die zweite Gründung in Neu-England war der Hochofen und das Hammerwerk zu Blaintree in Norfolk county, etwa 10 engl. Meilen südlich von Boston. Es wurde von derselben Gesellschaft wie das bei Lynn gegründet. 1646 wurde der Hochofen erbaut, der 1647 in Betrieb war und Töpfe, Mörser, Öfen, Kochkessel und andere Guss- waren lieferte. Henry Leonard soll den Bau der Hütte geleitet haben und James Leonard führte wahrscheinlich den Betrieb, da Amerika. er 1653, als das Werk wegen Mangel an Erz still gestellt werden musste, in Blaintree wohnte und von da nach Taunton verzog. Das dritte Eisenwerk in Neu-England wurde zu Taunton in Bristol county von einer Gesellschaft von Bürgern dieser Stadt er- richtet. Diese Gesellschaft war im Jahre 1652 zusammengetreten und hatte Heinrich und Jakob Leonard und Ralph Russel zur Erbauung eines Rennwerks (bloomary) engagiert. Jakob Leonard blieb in Verbindung mit dem Werke, das sich sehr gut entwickelte, und später leitete sein Sohn, Kapitän Thomas Leonard , den Betrieb von 1683 bis 1713. Das Werk erhielt sich bis in die neueste Zeit und wurde erst um das Jahr 1890 niedergerissen. Es war das älteste erfolgreiche Eisenwerk Nordamerikas und über 200 Jahre in Thätigkeit. 1668 gründete Henry Leonard ein Eisenwerk bei Rowley, das aber nicht lange bestand. James Leonard errichtete ein Rennwerk bei Whittington am Mill river, welches er mit seinen drei Söhnen betrieb. James Leonard sen . starb im Jahre 1691. In den Jahren 1696 und 1697 wurde das Eisenrennwerk Chartley von zwei Söhnen von Henry Leonard nicht weit von Taunton erbaut. Es entstanden noch mehrere Eisenrennwerke, welche alle Rasen- eisensteine verschmolzen, in Massachusetts, welches der Hauptsitz der Eisenindustrie Neu-Englands war, so zu Topsfield 1677, zu Boxford 1680. Aber auch in den Nachbarstaaten wurden Eisenwerke ins Leben gerufen. John Winthrop jr . war im Jahre 1645 von Lynn nach Pequod (später Neu-London) in Connecticut ausgewandert und hatte die Erlaubnis zur Anlage von Eisenwerken daselbst erhalten. Die Regie- rung suchte die Gründung eines Eisenwerkes dadurch zu fördern, dass sie demselben Steuerfreiheit gewährte. 1658 verband sich Win- throp mit Kapitän Thomas Clarke zur Errichtung eines Eisen- werks bei New-Haven. Der Bau eines Hochofens und einer Frisch- hütte wurde begonnen, aber erst im Frühjahre 1663 wurde das erste Roheisen abgestochen. In Rhode-Island hatte Joseph Jenks jr ., der Sohn des berühmten Maschinisten von Lynn, einen Luppenhammer errichtet, der aber mit anderen neu angelegten Eisenwerken 1675 im Wempa- noag-Kriege von den Indianern zerstört wurde. Heinrich Leonard hatte 1674 Rowley in Massachusetts verlassen und war nach New- Jersey ausgewandert, wo er ein Eisenwerk erbaute. Es war dies die Eisenhütte an dem Tintonfalle bei Shrewsbury, welche er wahr- 73* Amerika. scheinlich für Colonel Lewis Morris von Barbadoes, der schon 1676 als der Besitzer des Werkes erscheint, erbaute. Sie bestand aus einem Hochofen, der Rasenerz (bog-ore) verschmolz, und einer Frischhütte. Es ist bemerkenswert, dass nicht nur in den Rennfeuern, sondern auch in den Hochöfen ausschliesslich Raseneisensteine verschmolzen wurden und die reichen Bergerze ganz unbenutzt blieben. So bestanden bereits Ende des 17. Jahrhunderts die Anfänge einer Eisenindustrie in Nordamerika, die sich allerdings auf wenige unbedeutende Werke in den genannten Neu-Englandstaaten be- schränkte. Die Eisenindustrie Nordamerikas würde damals und in der folgenden Periode sich rascher entwickelt haben, wenn sie nicht von England zurückgehalten und unterdrückt worden wäre. Eng- land wachte mit Eifersucht darüber, dass sich in seinen Kolonieen keine Industrie entwickelte, die der des Mutterlandes Konkurrenz machen könnte; obgleich es schon damals an Holzmangel litt und Eisen importieren musste, so sah es doch die Gründung von Eisen- hütten in Neu-England mit scheelen Augen an. Zunächst erliess es schon im 17. Jahrhundert Gesetze, welche jeden Handel der Kolonieen mit anderen Ländern verboten. Das sogenannte Navigationsgesetz von 1651 gestattete nur den Handel mit dem Mutterlande. 1662 wurde die Ausfuhr von Eisenerzen verboten und mit einer Strafe von 10 Pfd. Tabak für jedes Pfund Eisenerz belegt. England bean- spruchte ein Monopol der Vorsorgung seiner Kolonieen mit seinen Industrieprodukten. Diese egoistische Politik verschärfte sich mit der zunehmenden Ausbreitung der Eisenindustrie in den nordamerikanischen Staaten im 18. Jahrhundert. Sie führte zu einer Reihe von vexatorischen Be- stimmungen zur Unterdrückung einer selbständigen Eisenindustrie in den Kolonieen, welche wichtige Glieder jener Kette von Ver- gewaltigungen bildeten, die die freie Entwickelung der nordameri- kanischen Staaten einzwängte und diese endlich zwang, das Band mit dem Mutterlande gewaltsam zu zerreissen. Als im Jahre 1719 die Nachricht nach England gelangt war, dass die Eisenindustrie in Nordamerika sich mehr und mehr ausbreite und dass in Neu-England bereits 6 Hochöfen und 19 Hämmer im Betriebe seien, erzeugte dies einen förmlichen Schrecken unter den Eisen- produzenten Englands, die sofortige Abhülfe von der Regierung ver- langten. Das Parlament verbot, „in Anbetracht, dass die Errichtung von Fabriken die Abhängigkeit vom Mutterlande vermindere, dass irgend Jemand in den Ansiedelungen (plantations) Eisenwaren irgend Amerika. welcher Art aus Roh- oder Schmiedeeisen erzeuge“. Das Oberhaus machte noch den Zusatz: „dass kein Hammerwerk (forge) mit Wasser- betrieb oder irgend eine andere Anlage zur Erzeugung, Verarbeitung oder Verwandlung von Roh-, Massel- oder Gusseisen (sows, pigs or cast-iron) in Stab- oder Zaineisen errichtet werden dürfe“. Dagegen erhoben die nördlichen Kolonieen Einsprache und liessen sich in ihrer Fabrikation nicht beirren. Massachusetts stand, wie erwähnt, bei Beginn des 18. Jahr- hunderts an der Spitze der Eisen erzeugenden Staaten Neu-Englands. 1702 erbaute der Eisengiesser Lambert Despard mit der Familie Barker zusammen einen Giessereihochofen zu Pembroke in der Grafschaft Plymouth. 1703 errichteten zwei Brüder Lincoln Luppen- feuer bei Hingham. In derselben Grafschaft entstanden 1710 die Drink- water-Eisenwerke bei Abington. 1713 kamen die Chartley-Eisenwerke am Stonybrook in den alleinigen Besitz von George Leonard , der dieselben sehr erweiterte. Dieses Eisenwerk gab die Veranlassung zur Gründung der Stadt Norton, weshalb dieselben später die Norton- Eisenwerke genannt wurden. 1722 wurde zu Bridgewater ein Renn- werk errichtet, das 1750 noch im Betriebe war. Es gab die Anregung zur Gründung der ersten Gewehrfabrik durch Hugh Orr , einen Schotten, im Jahre 1738. Der erste Hochofen für Potterieguss (hollow ware) wurde 1724/25 zu Taunton von John King gegründet. Er stand über 100 Jahre im Betrieb. In diesem wie in dem vorher genannten Hüttenwerke wurden einheimische Sumpferze verschmolzen. 1730 wurde eine Eisenhütte bei Plympton, jetzt Carver, errichtet, jedenfalls mit einem Hochofen, da hier zwischen 1760 und 1765 der erste eiserne Theekessel gegossen wurde. 1731 werden in einem officiellen Berichte im Staate Massachusetts ausser Rennwerken und Hochöfen ein Eisenschneidwerk (slitting mill) und eine Nagelfabrik aufgeführt. Die Eisenschneidmühle soll schon 1710 bei Milton für Herstellung von Nageleisen errichtet worden sein. 1750 gab es bereits vier Walz- und Schneidwerke, zwei in Middlesborough, eins zu Han- nover und eins zu Milton. 1731 waren in Neu-England überhaupt 6 Hochöfen für Gusswaren und 19 Luppenfeuer im Betriebe. Dagegen gab es damals noch keine Hochöfen, die Frischeisen erzeugten, und keine Frischhütten. Diese Werke exportierten einen Teil ihrer Produktion nach England, und zwar betrug die englische Eiseneinfuhr von Amerika im Jahre 1728 1170 Tonnen, 1734 2610 Tonnen. Infolge des grossen Holzmangels in England hatte man sich mit Amerika. dem Gedanken der Einfuhr von Roheisen und Renneisen aus Nord- amerika mehr ausgesöhnt, suchte aber jede Art der Eisenverarbeitung zu unterdrücken. In einem englischen Berichte aus dem Jahre 1719 heisst es: „Amerika würden wir für Eisen und Holz unsere Waren liefern. Eisen giebt es überall von Karolina bis zum nördlichsten Ende von Neu-England. Die Schweden haben einen Ausfuhrzoll von 25 Proz. auf ihr Eisen gelegt und die Störung des Handels mit der Ostsee hat unsere Fabriken schwer geschädigt. Eisen wird überall gesucht wie Gold und Silber. Jetzt versorgen die Deutschen (Dutch) Portugal, die Mittelmeerländer und die Türkei mit grossen Massen von Eisen: Hätten wir genügende Anlieferung von unseren Kolonieen, die wir als Ballast in den Schiffen fortführen könnten, so würden wir Massen davon nach allen diesen Ländern, selbst nach Afrika und Indien ausführen können.“ Ebenso wurde den amerikanischen Kolonisten die Wichtigkeit der Eisenindustrie für ihre Länder immer mehr bewusst. Auch die übrigen Neu-Englandstaaten ausser Massa- chusetts suchten diese Industrie nach Kräften zu fördern. Rhode-Island gewährte 1721 dem Schmied Samuel Bissel ein zinsfreies Darlehen von 200 £ zur Beförderung der Nagelfabrikation. — Maryland bewilligte 1719 100 Acker Land für irgendwen, der Eisen- hütten oder -Hämmer anlegen würde. 1721 wurden noch weitere Vergünstigungen beschlossen. Das erste Rennwerk war dort 1716 am Nordostflusse angelegt worden. 1722 begann ein Engländer, Joseph Farmer , mit einigen Unternehmern unter der Firma Jos. Farmer \& Co . einen Hochofen zu Talbots manor, nahe der Mündung des Principio creek in die Chesapeake-Bai in der Grafschaft Cecil zu erbauen. Nachdem er aber kaum den Bau begonnen, kehrte er nach England zurück, indem er die Weiterführung einem gewissen Stephen Onion überliess, der aber die Gesellschaft durch glän- zende Berichte zu täuschen suchte. Als die Teilhaber dahinterkamen, beriefen sie durch Vermittelung Farmers einen tüchtigen Eisen- arbeiter John England von Tamworth in England, der die Leitung des Unternehmens unter schwierigen Verhältnissen im Jahre 1723 übernahm, den Ofen fertig baute und 1723 oder 1724 in Betrieb setzte. Das Werk erhielt den Namen Principio-Hütte und die Gesell- schaft nannte sich Principio-Company, als solche wurde sie die be- rühmteste Eisengewerkschaft Amerikas bis zum Befreiungskriege. Im Jahre 1725 entdeckte John England auf dem Gute von Kapitän Washington , dem Vater des berühmten Präsidenten George Washington , welches an der Nordseite des Rappahannock-Flusses in Amerika. Virginia gelegen war, reiche Eisenerzlager und bewog 1725 die Teil- haber der Principio-Gesellschaft, hier einen zweiten Ofen, den Acco- keekhochofen, gewöhnlich Englandshütte genannt, zu erbauen. Der Ofen kam 1726 in Betrieb. Mit diesen beiden grossen, gut gebauten und gut betriebenen Hütten trat die Principio-Gesellschaft an die Spitze der amerikanischen Eisenproduzenten und machte den Ruf ihres Eisens auch in England bekannt. Swedenborg erwähnt in seinem Werke de ferro ebenfalls die Principio-Hütte. Ihr Gründer, John England , einer der fähigsten und erfolgreichsten Eisenhütten- männer, starb 1734. Im Jahre 1744 baute die Principio-Gesell- schaft ihre dritte Hochofenhütte, den Kingsbury-Ofen am Herringrun in der Grafschaft Baltimore in Maryland. 1751 erwarb sie einen vierten Hochofen, den Lancashire-Ofen, der in der Nähe des Kingsbury- Ofens erbaut worden war. Die Gesellschaft besass nun 4 Hochöfen und 2 Rennwerke, alle, mit Ausnahme des Accokeek-Ofens, in Maryland gelegen. Die Hälfte des vor der Revolution von Amerika nach England ausgeführten Eisens soll von dieser Gesellschaft erzeugt worden sein. Sie war aber nicht die einzige im Staate Maryland. Die Baltimore- Gesellschaft baute zwischen 1723 und 1730 einen Hochofen am Fusse der Gwynnsfälle und eine Luppenschmiede „Mount Royal“ an den Jonesfällen. Dieser Hochofen war der zweite in Maryland. Stephen Onion baute, nachdem er sein Verhältnis zur Principio-Gesellschaft gelöst hatte, auf eigene Rechnung einen Hochofen und zwei Eisen- hämmer am Gunpowderfluss, bei der Stadt Joppa. In Delaware erbaute Sir William Keith zwischen 1722 und 1724 Rennwerke bei New-Castle, die aber im dritten Jahre wieder eingingen, weil die Erze zu schwerschmelzig waren. Es war dies wohl dasselbe Werk, das Swedenborg als am Christianiafluss von Keith erbaute erwähnt. Eine zweite Anlage in Delaware war der 1726 oder 1727 erbaute Abbington-Hochofen, zu dem 1734 ein Eisen- hammer hinzukam. An diesem Unternehmen waren u. a. auch Tho- mas und John Rutter beteiligt. Swedenborg erwähnt noch ein Rennwerk bei St. James-Kirche am Hustleer-Flusse (White Clay creek), das dem Grobschmied John Ball gehörte. Der vorerwähnte Thomas Rutter , ein englischer Quäker und Freund Penns , war der erste, der in Pennsylvanien mit Erfolg Eisen schmolz. 1714 oder 1715 schenkte ihm William Penn 300 Acker Land am Monatawny Creek, und 1716 machte Rutter , der in Germantown am Schuylkill wohnte, das erste Eisen, wenn Amerika. wir von dem Versuche eines gewissen Frame absehen, dem es bereits 1692 gelungen war, 40 Pfd. Eisen auszuschmelzen. Rutters erste Hütte hiess Pool forge und lag in Berks county, 3 engl. Meilen ober- halb Pottstown. Das zweite Eisenwerk in Pennsylvanien wurde eben- falls von einem englischen Quäker, Samuel Nutt , der sich 1717 am French Creek niederliess, errichtet. Es war dies Coventry oder Nutts forge am French Creek in Chester County. Dickinson schrieb 1718: „Unsere Erwartungen von den Eisenwerken 40 Meilen aufwärts am Schuylkill sind sehr gross“, und 1719: „Unser Eisen entspricht den Erwartungen; das, was nach England geschickt worden war, wurde für sehr gut befunden. Unsere Schmiede verarbeiten, so viel sie bekommen können; es ist so gut wie das schwedische.“ Nutts forge kam 1756 ausser Betrieb. Das dritte Unternehmen war die Erbauung eines Hochofens Co- ventry furnace im Jahre 1720 von einer Gesellschaft, bei der Thomas Rutter Hauptbeteiligter war. Die Hütte lag 8 Meilen nördlich von Pottstown und versah Pool forge, Pine forge und andere Eisenhämmer mit Frischroheisen. Später wurde Thomas Potts der Gründer einer hervorragenden Familie und der nach ihm benannten Stadt. Potts , der der grösste Eisenindustrielle des Landes wurde, starb 1752. Der Hochofen zu Coventry wurde 1733 von Potts niedergerissen und neu und grösser wieder aufgebaut. Man verschmolz bereits die reichen Magneteisenerze, welche in nächster Nähe gewonnen wurden. Der zweite Hochofen Pennsylvaniens war Durham furnace , ebenfalls am Delaware-Flusse, der 1727 von einer Gesellschaft, zu der William Allen, Jos. Turner, James Logan, Penns Privat- sekretär und andere gehörten, erbaut. Er war nach damaligen Be- griffen sehr gross, nämlich an der Basis 35 bis 40 Fuss im Quadrat und 30 Fuss hoch. Dieser Ofen machte von Anfang an Frischroh- eisen, womit er drei Frischhütten versah. Die Arbeiter waren zum grossen Teil Negersklaven, und war dies noch nach dem Befreiungs- kriege im Jahre 1781 der Fall. Das Eisen wurde in eigenartigen Booten, ähnlich den Kanoes der Indianer, nach Philadelphia gefahren, wo sie unter dem Namen Durham boats bald in allgemeinen Gebrauch kamen. So wurde in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts in so- lider Weise das Fundament zu der später so riesengrossen Eisen- industrie Pennsylvaniens gelegt. 1728 waren bereits vier Hochöfen im Betriebe. 1728/29 wurde das erste Eisen, 274 Tonnen, nach dem Mutterlande ausgeführt. Nachdem Rutter den Weg gezeigt, folgten Amerika. bald zahlreiche neue Gründungen, so McCalls forge (später Glasgow forge) am Manatawny-Flusse unterhalb Pool forge bei Pottstown 1725, Spring forge an demselben Flusse, westlich vom Coalbrookdale-Hoch- ofen, 1729. Letzterer versah beide mit Roheisen. Auch hier wurden meist Negersklaven als Arbeiter verwendet. 1738 wurde von Thomas Potts jr . der Mount Pleasent-Hochofen, 13 Meilen oberhalb Pottstown, erbaut, ebenso Princes forge am Manatawny, 1740. Samuel Nutt erbaute bald nach Errichtung des Coventry-Hammers den Reading-Hochofen am French creek. 1736 errichtete er mit William Branson zusammen noch einen zweiten Hochofen daselbst, starb aber im folgenden Jahre. Sein Schwiegersohn, Robert Grace , baute darauf 1738 den Warwick-Hochofen . Er war mit Benjamin Franklin befreundet und dieser übergab ihm das Modell seines 1742 erfundenen verbesserten Zimmerofens, welcher auf der Warwick-Hütte zuerst gegossen wurde. Während des Befreiungskrieges wurden grosse Mengen von Munition hergestellt. Der Ofen ging sehr vorteilhaft und stand bis 1767 im Betriebe. William Branson , ein eingewanderter englischer Kaufmann, der in den Besitz des Reading-Ofens gelangt war, erbaute ferner 1742 die aus zwei Hammerwerken bestehende Windsor-Schmiede. In Ver- bindung mit anderen errichtete er auch um 1750 das Vincent-Stahlwerk, worin Cementstahl gemacht wurde. Die damit verbundene Vincent- Schmiede hatte vier Feuer und zwei Hämmer. In den 40er Jahren ent- standen noch mehrere Hammerhütten im Schuylkillthale. Erwähnens- wert sind namentlich die Sarumworks, ein von John Taylor 1742 erbautes Hammerwerk, dem 1746 eine Eisenschneidmühle für Nagel- eisen hinzugefügt wurde. Hierdurch war das Werk im stande, Nägel billiger als die Liverpooler Händler zu liefern und gab infolge dessen, wesentlich zu dem 1750 vom englischen Parlamente erlassenen ver- hassten Verbote der Errichtung von Eisenschneidmühlen Veranlassung. Ein anderer um die Entwickelung der Eisenindustrie verdienter Eisengewerke war Peter Grubb , dessen Vater aus Cornwall ein- gewandert war. Er erbaute 1742 den Cornwall-Hochofen am Furnace creek in Lebanon county. Die Erze kamen aus nächster Nähe. Der Ofen hatte die für die damalige Zeit hohe Wochenproduktion von 24 Tonnen Roheisen, welche in sechs Frischfeuern zu Stabeisen ver- arbeitet wurden. Peter Grubb starb 1754. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts hatte die Eisenindustrie Penn- sylvaniens die von Massachusetts bereits eingeholt. In Massachusetts , welches, wie schon früher erwähnt, im Jahre Amerika. 1750 bereits vier Eisenschneidwerke hatte, war der Hauptsitz der Nagelfabrikation, welche für Amerika von besonderer Wichtigkeit war. Sie wurde noch ausschliesslich als Hausindustrie betrieben. Die Bauern richteten sich neben dem Kamin kleine Schmieden ein, woran sie im Winter und an freien Abenden Nägel schmiedeten. Weiber und Kinder nahmen an der Arbeit teil. Der Kaufmann lieferte das Eisen und nahm die geschmiedeten Nägel in Empfang. Das Sumpferz , welches in Massachusetts hauptsächlich ver- schmolzen wurde, schöpfte man, ähnlich wie das Seeerz in Schweden, aus dem Wasser. Um das Jahr 1747, heisst es in einem Briefe eines Geistlichen von Middleborough von 1794 Siehe Swank, a. a. O., S. 124. , wurde Eisenerz auf dem Boden des grossen Teiches (pond) von Assowamset entdeckt und nach wenigen Jahren wurde dies das hauptsächliche Erz sowohl für die Hochöfen als die Luppenfeuer und viel davon wurde an benachbarte Orte ver- führt. „Männer ziehen aus mit Booten und fördern mit Instrumenten, ähnlich denen, die man beim Austernfange gebraucht; ein Mann zog vordem etwa 2 Tonnen den Tag herauf; jetzt ist er aber schon so erschöpft, dass man nur noch ½ Tonne auf eine gute Tagesarbeit rechnen kann. Doch ist noch viel in den benachbarten Teichen. Das aus diesen Erzen geschmolzene Eisen ist vielfach besser als das aus Raseneisenstein und fast so gut wie Frischeisen. Die Menge des von dem Boden des klaren Teiches geschöpften Schatzes soll oft an 500 Tonnen im Jahre betragen haben.“ Douglass giebt im Jahre 1750 folgende Beschreibung der Eisen- industrie Neu-Englands: „Eisen bildet einen wichtigen Teil unserer Fabrikation, welche sich in nachfolgende Zweige teilt: 1. Hochöfen zum Ausschmelzen der Erze in Masseln (pigs), wofür Holzkohle genug da ist und Anzeigen von Bergerzen (rock ore). In Attleborough wurden drei Hochöfen mit grossen Kosten erbaut, da es sich aber erwies, dass das Erz spärlich und schlecht war, so verunglückte dieses Unternehmen in Bezug auf Masseleisen. Dagegen bewährte es sich für den Guss kleiner Schiffskanonen, Kugeln und Granaten für die Belagerung von Louisville. 2. Frischherde (refineries), welche Masseln von New-York, Pennsylvanien und Maryland zu Stabeisen verarbeiten. 3. Luppenfeuer (Rennherde = bloomaries), welche aus Sumpf- oder Morasterz (bog- or swamp ore) ohne Hochofen nur im Herde halb- geflossene Luppen machen, die in Stangen ausgeschmiedet werden, Amerika. die aber viel geringer als die aus Masseln gefrischten sind. 4. Sumpf- erz-Schmelzöfen (swamp ore furnaces), mit denen man Gusswaren (hollow ware) billiger herstellen kann, als wir sie von England oder Holland beziehen. Sumpf- oder Morasterz bildet Ablagerungen von ½ oder 2 Fuss Dicke. In etwa 20 Jahren nach dem Ausgraben wächst oder sammelt es sich wieder, so dass es ein erneutes Ausgraben lohnt; wenn es länger liegt, wird es rostig und giebt schlechte Ware. 3 Tonnen Sumpferz geben ungefähr 1 Tonne Gussware. 120 Buschel Holzkohle genügen, um aus Bergerzen 1 Tonne Masseleisen zu schmelzen. Zu einem Hochofen gehören acht bis neun Mann, ohne die Holzhauer, Köhler, Fuhrleute und andere Handlanger. Wir haben jetzt in Neu-England zwei Eisenschneidmühlen für Nageleisen: eine in Milton, 8 Meilen von Boston, und eine andere in Middleborough, 30 Meilen von Boston, die den Bedarf vollauf decken. Unsere Nagler können Spiker und grosse Nägel billiger von England beziehen, kleine Nägel aber nicht so billig. Es wird in Neu-England nicht genügend Eisen für den Bedarf in Renn- und Frischherden gemacht; man muss noch von England, New-York, New-Jersey, Pennsylvanien und Maryland einführen.“ In Connecticut , wo man aus den trefflichen Eisenerzen der Grafschaft Litchfield, aus denen später das berühmte Salisbury-Eisen erblasen wurde, in Luppenfeuern ein sehr gutes Stabeisen machte, entstand die erste Stahlfabrikation in Nordamerika. Dort war es im Jahre 1728 Samuel Higley von Limsbury nach vielen Ver- suchen in Gemeinschaft mit Josef Dewey gelungen, den ersten Cementstahl zu machen „To converte, change or transmute common iron into good steel.“ . Für diese Fabrikation erhielt er ein Monopol auf 10 Jahre. Higley machte Stahl, das bewiesen die von ihm vorgelegten Proben, aber sein Unternehmen rentierte sich nicht. Im Oktober 1740 gewährte die Legislatur von Connecticut den Herren Fitch, Walker und Willis ein ausschliessliches Privileg, Stahl zu machen unter der Bedingung, dass sie innerhalb 2 Jahren ½ Tonne Stahl darstellten. Dies scheint nicht geschehen zu sein, denn die Frist wurde um 2 Jahre verlängert. Erst nach vielen kost- spieligen Versuchen gelang es ihnen 1744, in dem dafür zu Symsbury erbauten Ofen Stahl zu erzeugen. Rentabel wurde aber auch dieses Unternehmen nicht. Um 1750 besass Aaron Eliot bei Killingworth einen Stahlbrennofen. 1761 machte er aus dem von ihm aus Magnet- Amerika. eisensand erblasenen Renneisen guten Stahl, wofür er von der Society of Arts in London die goldene Medaille erhielt. Dennoch hatte auch er mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen, weshalb ihm die Regierung 1772 auf sein Gesuch hin ein zinsloses Anlehen von 500 £ auf 2 Jahre bewilligte, welcher Termin dann auf weitere 2 Jahre verlängert wurde. Das Wachstum der amerikanischen Eisenindustrie erregte in Eng- land grosses Missbehagen. Man konnte sich dort nicht zu dem Gedanken aufschwingen, den amerikanischen Kolonieen eine wirt- schaftliche Selbständigkeit zuzuerkennen. Eine selbständige Eisen- industrie in Nordamerika hielt man für eine Anmassung und suchte dieselbe mit Gewalt zu unterdrücken. Josua Gee erklärte 1750 in England: man müsse ein allzeit waches Auge auf die Kolonieen haben, um sie vor der Errichtung jeder Art von Fabriken, welche in Eng- land beständen, abzuhalten, und jeder Versuch müsste in der Wurzel vernichtet werden, denn wenn man sie erst heranwachsen liesse, würde es schwer fallen, sie zu unterdrücken. Dies war der Ausdruck der öffentlichen Meinung, die selbst einen so aufgeklärten Minister, wie Lord Chatham , zu dem denkwürdigen Ausspruch verleitete: er würde nicht dulden, dass die Kolonisten auch nur einen Hufnagel für sich selbst machten! Obgleich England am grössten Holzmangel litt, infolgedessen seine Eisenproduktion bis zur Mitte des Jahrhunderts mehr und mehr zurückging und es gezwungen war, Eisen zu impor- tieren, so hatte es doch auf das Roheisen der Kolonieen einen hohen Eingangszoll gelegt. 1750 wurde die Angelegenheit vor das Parlament gebracht. Dieses beschloss, den Zoll auf Roheisen und Luppenstäbe aufzuheben, dagegen wurde die Errichtung von Eisen-, Walz- und Schneidwerken in den amerikanischen Kolonieen vom 24. Juni ab verboten, ebenso von Blechhämmern und Stahlöfen bei Strafe von 200 £ und sofortiger Niederlegung des Werkes. Die amerikanischen Kolonieen sollten also Roh- und Luppeneisen für die englischen Eisen- gewerken liefern, dagegen war ihnen verboten, irgendwelche Eisen- artikel fabrikmässig aus ihrem eigenen Eisen zu machen, sie sollten vielmehr gezwungen sein, solche von den englischen Eisengewerken zu hohen Preisen zu kaufen. Ähnliche tyrannische Bestimmungen wurden für die Wollenmanufaktur erlassen. Dass solche kurzsichtige und boshafte Gesetzesbestimmungen den Zorn und den Widerstand der Kolonisten hervorrufen mussten, ist einleuchtend. Von da ab trieben die Verhältnisse in den englischen Kolonieen der Revolution zu, deren Ausbruch durch die Grenville-Akte 1764 und die Stempelakte 1765 Amerika. noch beschleunigt wurde. Am 19. April 1775 kam es zum ersten Kampfe bei Lexington. Betrachten wir kurz die weiteren Fortschritte der Eisenindustrie der übrigen nordamerikanischen Kolonieen bis zum Befreiungskriege. Im östlichen Massachusetts wurde 1758 der Charlotte-Ofen bei Middelborough für Eisenguss erbaut. Er lieferte im Befreiungskriege viel Munition. In Massachusetts wurde 1765 ein 28 Fuss hoher Hochofen für Frischroheisen zu Lenox in Berkshire errichtet, der bis 1888 im Betriebe gestanden hat. Vor 1773 wurde ein weiterer Hochofen bei Furnace village in Worcester county erbaut. In Connecticut wurde 1762 ein Hochofen bei Lakeville in der Grafschaft Litchfield angeblasen, der 2½ Tonnen Eisen in 24 Stunden machte, mit einem Holzkohlenaufwand von 250 Buschel auf die Tonne Roheisen. Auch dieser Ofen lieferte im Befreiungskriege Geschütze und Geschosse für das amerikanische Heer und goss auch noch nach dem Kriege Kanonen für die Flotte, daneben grosse Pottaschekessel von ½ Tonne Gewicht, zugleich lieferte es Frischroheisen für die Hammerwerke. In Rhode-Island betrieb 1741 Jabez Green eine Frischhütte und sein Enkel, General Green , ein Rennwerk bei Coventry. Seit 1755 hatte man begonnen, die Erze des Cumberländer Eisenberges zu verschmelzen. In New-Hampshire wurden 1750 einige Luppenfeuer am Lamper-Eelflusse betrieben, die aber wieder eingingen. Dagegen wurden in New-Jersey von 1740 bis zur Revolution viele neue Eisen- hütten errichtet. Mount Burlington fournace wurde bereits 1730 erbaut. 1742 errichtete Jonathan Robeson den Oxfordofen, der anfänglich mit einem Wassertrommelgebläse betrieben wurde. Während des Krieges lieferte er Munition. Er stand 1880 noch im Betriebe und wurde erst 1882 kaltgelegt. Jakob Ford sen . erbaute 1750 zu Mount Pleasant, 3 Meilen von Rockaway, zwei Frischherde. In Andover wurde um 1760 ein Hochofen und eine Frischhütte errichtet. Da die Besitzer Royalisten waren, so gingen die Werke bei Ausbruch des Krieges ein. Die Ogden waren eine bedeutende Eisengewerkenfamilie in New- Jersey. Sie erbauten zwischen 1750 und 1756 einen Hochofen bei Ringwood. Um dieselbe Zeit entstanden die Union-Eisenwerke bei Clinton in der Grafschaft Hunterton. Sie umfassten 2 Hochöfen und 2 Hammerwerke, jedes mit 2 Herden, daneben noch Zain- und Blechhämmer. Der Hauptbesitzer war W. Allen , Oberrichter Amerika. von Pennsylvanien. Da derselbe königstreu blieb, so wurden die Werke 1778 aufgelassen. Hier wurden zuerst reiche Magneterze geschmolzen. Nach Allens Angabe lieferte ein Hochofen 20 bis 25 Tonnen die Woche, und brauchte man zu 1 Tonne Roheisen nur 1½ Tonnen Erz. 1764 war Peter Hasenclever , in Amerika gewöhnlich Baron Hasenclever genannt, der an der Spitze einer Londoner Gesellschaft stand, nach New-Jersey gekommen und hatte das Eigentum der Ringwood-Gesellschaft, die schon 1 Hochofen und 2 Luppenschmieden betrieb, gekauft. Er erwarb ferner ausgedehnten Grundbesitz von Lord Stirling und erbaute 3 Hochöfen und 6 Frisch- hütten zu Charlottenburg, Ringwood und Long Pond. Der Hochofen zu Charlottenburg lieferte 20 bis 25 Tonnen Roheisen die Woche. Ausserdem machte er gutes Eisen und Stahl direkt aus den Erzen. Leider kam Hasenclever 1768 in finanzielle Schwierigkeiten und seine Gesellschaft machte 1770 bankerott. Faesch , ein Schweizer aus Basel, der mit Hasenclever gekommen war, aber mehr für seinen als seines Herrn Vorteil gearbeitet hatte, übernahm die Leitung der Eisenwerke, die aber meistens durch den Befreiungskrieg ausser Betrieb kamen. 1765 wurde die Abenteuerhütte (Adventure fournace) bei Hiber- nia von einer Gesellschaft erbaut, an der Lord Stirling, Benjamin Cooper und Samuel Ford beteiligt waren. 1771 wurde Lord Stir- ling alleiniger Eigentümer. 1772 wurde der Mount-Hope-Ofen, 4 engl. Meilen von Rockaway, von J. Jakob Faesch erbaut. Dieser Hochofen, der bis 1825 betrieben wurde, goss während des Krieges viel Munition. Faesch war damals einer der angesehensten Eisen- gewerke in Amerika. Washington stattete ihm mit seinem Stabe auf Mount Hope seinen Besuch ab. Faesch starb 1799. Neben den Hochöfen waren auch zahlreiche Rennwerke während dieser Zeit errichtet worden. — Ein anderer sehr bedeutender Eisengewerke vor der Revolution war Charles Read . Er erbaute 1766 den Batsto- Hochofen in Bourlington county, dabei eine Frischhütte, welche bis 1846 betrieben wurde. Er errichtete ferner in derselben Grafschaft den Atsion- und den Taunton-Hochofen. Diese, sowie der ältere Mount Holly-Ofen, verhütteten Sumpferze. Letzterer goss im Befreiungs- kriege Munition, auch war 1775 daselbst ein Blechhammer erbaut worden. In dem Staate New-York entwickelte sich die Eisenindustrie erst spät. Die ursprünglichen Ansiedler waren Holländer, die dafür kein Interesse hatten. Die erste Eisenhütte war ein Luppenfeuer, welches Amerika. Ph. Livingstone im Jahre 1740 am Ancram Creek in der Graf- schaft Columbia erbaute. Das Werk wurde vergrössert und besass 1750 1 Hochofen und 1 Frischhütte. Die Erze kamen von Salisbury in Connecticut. 1750 wird auch bereits ein Blechhammer erwähnt, den ein Schmied, L. Scrawley , errichtet hatte. In diesem Jahre wurden Magneteisenerzlager in Orange county entdeckt. 1751 erbauten Ward und Colton einen Hochofen am Ausflusse des Sterling pond. Die Holzkohlen wurden mehrere Meilen weit südwärts von Saum- pferden herbeigeschleppt. Bei dieser Hütte errichtete Abel Nobel 1752 eine Ankerschmiede. Beide Werke kamen in die Hände des thätigen Gewerken Peter Townsend , und sie erhielten den Namen die Sterling-Eisenwerke, wahrscheinlich von dem Grundbesitzer Lord Stirling , der selbst vor der Revolution Eisenhütten in New-Jersey betrieb. Townsend machte 1773 auf der Sterlinghütte die Anker für die ersten amerikanischen Kriegsschiffe und 1776 den ersten Stahl im Staate New-Jersey, anfänglich „nach deutscher Art“, d. h. im Frischherde, später Cementstahl im Brennofen. 1777 baute Townsend seinen zweiten Hochofen, 6 Meilen von den Sterling- gruben, der noch steht. Ausserdem hatte er damals 2 Hammerwerke mit 8 Feuern im Betriebe. Auch der schon 1756 5 engl. Meilen westlich vom Fort Montgomery erbaute Forest of Dean-Ofen kam zugleich mit den Forest of Dean-Gruben an Townsend . 1778 machte Peter Townsend auf dem Sterlingwerke auch die grosse eiserne Kette, mit der damals der Hudson gesperrt wurde, um den Engländern die Einfahrt in den Fluss unmöglich zu machen. Sie wog 180 Tonnen, war an beiden Ufern befestigt und wurde durch Bojen getragen, die gut verankert waren. Die einzelnen Glieder waren 2 Fuss lang und 2½ Zoll breit. — 1765 waren Eisenhütten in Dutchess County im Betriebe, die ihre Erze wenigstens teilweise von Salisbury in Connecticut bezogen. Während des Befreiungskrieges wurde ein Hoch- ofen und Giesserei zu Amenia betrieben, und lieferte das Werk Guss- waren und Stahl für die Armee. In Pennsylvanien wurden nach 1750 ausser dem von William Branson gegründeten Vincent-Stahlwerk am French creek, welches 1 Cementierofen, 4 Feuer und 2 Hämmer umfasste, auch in Phila- delphia 2 Stahlbrennöfen betrieben. William Bird war ebenfalls ein unternehmender Engländer, der Eisenwerke gründete. 1740/41 erbaute er ein Hammerwerk nahe der Ausmündung des Hay creek in den Schuylkill. Er soll ferner 1759 den Hopewell-Hochofen am French creek, der bis 1883 betrieben wurde, erbaut haben. Sicher Amerika. ist, dass er 1760 den Roxborough- (später Berkshire-)Ofen bei Heidel- berg errichtete. 1762 starb er. Der Berkshire-Ofen goss während der Revolution Munition für die Armee, und um diese Zeit baute Mark Bird , des oben Genannten Sohn, ein Walz- und Schneidwerk und eine Nagelfabrik bei Birdsboro. Mark Birk machte auch Draht in New-Jersey; 1788 aber wurde er insolvent. — Ein Deutscher, Michel Miller , und der Schmied J. G. Nickoll erbauten 1749 den „Tulpehoken Eisenhammer“, der später Charming forge genannt wurde und 1763 H. W. Stiegel gehörte. Von diesem kaufte ihn George Ege , ein Holländer, im Jahre 1774. Dieser Ege , der nahezu 50 Jahre lang einer der bedeutendsten amerikanischen Eisengewerke war, kaufte 1777 vom Kongress 34 gefangene Hessen als Arbeiter, um einen Kanal für sein Eisenschneidwerk zu sprengen. 1765 erbaute Dietrich Welker , dem Namen nach ein Deutscher, den Oley-Hoch- ofen bei Reading. Bereits 1750 hatte John Huber , ebenfalls ein Deutscher, den Elisabeth-Ofen bei Bickersville (Lancaster County) erbaut und damit die Eisenindustrie am Susquehanna eröffnet. An diesem Hochofen war die Inschrift angebracht: „ Johann Huber , der erste deutsche Mann, der das Eisenwerk vollführen kann.“ Der Ofen war aber zu klein und ging nicht gut. Huber verkaufte ihn des- halb an seinen Landsmann Heinrich Wilhelm von Stiegel , der einen grösseren Hochofen an seiner Stelle errichtete und Öfen goss, die die Inschrift trugen: „Baron Stiegel ist der Mann, der die Öfen machen kann.“ Dieser war 1750 von Deutschland eingewandert. Der Elisabeth-Ofen kam später in den Besitz von R. Coleman , der im Befreiungskriege Munition damit goss. Auch er kaufte sich von der Regierung erst 42, dann weitere 28 deutsche Gefangene (Hessen), die für ihn einen Kanal bauen mussten. Er bezahlte 30 £ für den Mann, was dem damaligen Preise eines Negersklaven entsprach. Der Elisa- beth-Ofen wurde bis zum Jahre 1856 betrieben. Robert Coleman machte ferner auf dem Salfordhammer die Kettenstäbe für die Kette, mit der im Kriege der Delaware abgesperrt wurde, um Philadelphia vor der Annäherung der britischen Flotte zu schützen. — Ein sehr unternehmender Eisengewerke in Pennsylvanien war auch James Old , aus Wales gebürtig, der verschiedene Eisenhämmer errichtete. — 1755 wurde Martic forge bei Colemanville in Lancaster county erbaut. Dieses Eisenwerk wurde von Anfang an mit schwarzen Sklaven be- trieben, und es ist bemerkenswert, dass noch im Jahre 1883 die grösste Zahl der Arbeiter Neger war. Peter Grubb , der Erbauer des Cornwall-Ofens, errichtete ebenfalls Hammerwerke, Hopewell forge, Amerika. um 1743, Speedwell forge 1750. Der erste Hochofen, jenseits des Susquehanna, war der Mary-Ann-Hochofen, der 1763 von Georg Ross bei West-Mannheim erbaut wurde. In Delaware erbaute Colonel J. Vaughan 1763 den Hochofen Deep creek und die Frischhütte Nanticoke forge. In Maryland ent- standen um 1760 der Bush-Hochofen in Hartford county und der Northampton-Ofen in Baltimore county, 1762 Unicorn-furnace bei Narby in Queen-Ann-county, Etna furnace am Antietam creek um 1770, wo in der Revolution die erste Kanone von Maryland gegossen wurde; ausserdem noch eine Anzahl Hochöfen und Hammerwerke. Während des Befreiungskrieges waren 17 oder 18 Eisenhämmer im Betriebe. In Virginien legte Oberst Alex. Spottswood , der von 1710 bis 1713 Gouverneur war, eine feste Grundlage der Eisenindustrie, indem er deutsche Arbeiter ansiedelte. Es waren meist ausgewanderte Protestanten aus der Pfalz unter Führung eines Barons von Grafen- reuth . Sie waren von der Königin Anna nach Amerika geschickt worden, um Weinberge anzulegen und die Eisenindustrie zu unter- stützen. 1716 kam der erste Hochofen in Gang; ein zweiter Ofen war 1732 bei Frederiksburg in Betrieb. Die Eisenerze wurden in der Nähe durch Bergbau gewonnen, der Zuschlagskalk kam von Bristol in England als Ballast. Der erste Hochofen lag bei der von den deutschen Einwanderern gegründeten Stadt Germanna und ge- hörte dem Oberst Spottswood . Er war von Bruchsteinen erbaut und soll „der erste Ofen dieser Art im Lande“ gewesen sein. Das Roheisen wurde mit Saumpferden nach Massaponex am Rappahannock gebracht, wo Spottswood eine Eisengiesserei mit zwei Flammöfen (air furnaces) errichtet hatte, um alle Arten von Gusswaren zu machen. Diese waren sehr geschätzt und galten für besser als die englischen, die direkt aus dem Hochofen gegossen waren. Ein anderer Hochofen „Englands furnace“ war von England und Washington , dem Vater des berühmten George Washington , der Eisengruben am Nordufer des Rappahannockflusses betrieb, an einem Nebenflusse des Potomac erbaut worden. Aus Nord-Carolina war bereits, wie Swedenborg mitteilt, im Jahre 1728/29 Roheisen nach England eingeführt worden. Wo dies geschmolzen worden war, ist unbekannt. Dagegen wurden bei Ausbruch der Revolution mehrere Eisenhütten genannt, so am Deep run, John Wilcox gehörig, in Guilford county, wo Geschütze und Munition gegossen wurden, und am Buffalo creek. Beck , Geschichte des Eisens. 74 Amerika. In Süd-Carolina wurde das erste Eisenwerk 1773 zu Buffington errichtet, aber in der Revolution von den Tories wieder zerstört. In den übrigen Gebieten der jetzigen Vereinigten Staaten von Nordamerika gab es damals noch keine Eisenhütten. Über die Aus- fuhr von Roh- und Schmiedeeisen von den amerikanischen Kolonieen von 1728 bis 1775 hat Scrivenor eine statistische Zusammenstellung mitgeteilt. Danach schwankte die Ausfuhr des Roheisens von 1132 bis 5303 Tonnen und betrug im Mittel etwa 2750 Tonnen. Die Ausfuhr des Stabeisens war bis 1752 nur unbedeutend, von da nahm sie zu, so dass sie in den Jahren 1764 bis 1771 am stärksten war und von 1060 auf 2222 Tonnen stieg. Von da nahm sie wieder ab und sank 1775 von 916 auf 28 Tonnen im Jahre 1776. Die Revolution und der Befreiungskrieg hatten grossen Einfluss auf die Entwickelung der Eisenindustrie in Nordamerika. Manche Werke gingen zu Grunde, andere wurden erweitert und mit doppelter Energie betrieben, um Kriegsmaterial zu beschaffen, andere wurden neu gegründet. Als nach dem Befreiungskriege die Amerikaner freie Herren in ihrem eigenen Hause wurden, übte dies seine Wirkung auf die Eisenindustrie aus, indem sich jetzt erst die Verarbeitung von Eisen und Stahl, die bisher gewaltsam unterdrückt war, frei entfalten konnte. Das Eisengewerbe entwickelte sich in günstiger Weise und diese Entwickelung würde nach der Ansicht von James M. Swank J. M. Swank , The manufacture of iron in all ages, p. 494. , dem vorzüglichen Geschichtsschreiber der amerikanischen Eisen- industrie, noch weit günstiger gewesen sein, wenn die Vereinigten Staaten sofort einen ausreichenden Schutzzoll eingeführt hätten. Die von Roh- und Stabeisen erhobene Abgabe von 5 bis 19½ Proz. des Wertes kann nur als ein fiskalischer Zoll angesehen werden, der die englische Einfuhr um so weniger abhielt, als durch die Erfindung des Puddelprozesses und die Verwendung mineralischen Brennstoffes in den Hochöfen das englische Eisen sehr im Preise sank und viel billiger angeliefert wurde. England suchte auch nach dem Befreiungs- kriege die amerikanische Eisenindustrie nicht nur durch die Kon- kurrenz, sondern auch durch die Gesetzgebung zu schädigen. Die Regierung unter Georg III. erliess eine Reihe von Verordnungen gegen die Auswanderung gewerblicher Arbeiter, gegen die Ausfuhr von Maschinen und Werkzeugen aller Art. Ein besonderes Verbot für die Auswanderung von Eisen- und Stahlarbeitern und die Aus- fuhr von Werkzeugen jeder Art für die Eisen- und Stahlindustrie Amerika. wurde im Jahre 1785 (25. Georg III. e. 67) erlassen und 1795 er- neuert und für ewige Zeit gültig erklärt Siehe Swank , a. a. O. . Es waren darin besonders hervorgehoben Pressen, Stanzen, Walzen von Gusseisen, Schmiede- eisen oder Stahl, Walzenständer, Formkasten, Drehbänke, Ambosse und Hammerköpfe für Eisenhämmer, Walzen, Messer, Gestelle für Eisenschneidwerke u. s. w. So drückend diese Bestimmungen für die Eisenindustrie damals waren, so hatten sie doch das Gute, dass sie die Amerikaner zwangen, sich selbständig ihre Maschinen zu bauen, selbst zu erfinden. Auf die Verwendung von Maschinenkräften waren aber die Amerikaner schon damals durch die hohen Löhne und durch den Mangel an geschulten und erfahrenen gewerblichen Arbeitern an- gewiesen. Hierdurch entwickelte sich in Nordamerika eine selbständige Maschinenindustrie, die schon früh ausserordentliches leistete und die nach und nach in mancher Beziehung die Maschinenfabrikation der europäischen Staaten überflügelte und deren Lehrmeisterin wurde. Ein kurzer Überblick der Entwickelung der nordamerikanischen Eisenindustrie nach dem Befreiungskriege wird manche Illustration hierzu geben. Holzkohlen waren damals noch das einzige Brenn- material. Luppen- oder Rennfeuer, in denen mit Vorliebe Rasen- und Sumpferze zu Schmiedeeisen verschmolzen wurden, waren sehr ver- breitet, und zwar war das einfache deutsche Luppenfeuer (bloomery) im allgemeinen Gebrauch. Die Hochöfen waren meist nach englischer Art zugestellt und aus Backsteinen (bricks) gebaut. Ihre grösste Höhe betrug 28 bis 32 Fuss, die grösste Weite im Kohlensack 12 Fuss, doch wurde 9 Fuss Weite auch bei den grossen Öfen vorgezogen. Rappahannock furnace, dessen Trümmer noch stehen, war aus sorgfältig behauenen Bruchsteinen aufgeführt. Als Erze dienten meist Sumpf- und Raseneisensteine. Seit 1750 wendete man in Massa- chusetts die reichen Brauneisensteine in grösserem Umfange an. Auch reiche Magneteisensteine wurden schon im Hochofen verschmolzen. Als Gebläse dienten Wassertrommelgebläse, Leder- oder Holzblase- bälge; erstere bei den kleineren Giessereihochöfen. Das Frischen geschah, wie in England, nach Art der Wallonschmiede in zwei Her- den, einem Frisch- und einem Ausheizfeuer (chafery). In Pennsyl- vanien hatte man häufig drei Herde zu einem Hammer. Auch hierbei wurden die einfachen Wassertrommelgebläse, die bei vorhandenem Gefälle am leichtesten herzustellen waren, vielfach angewendet. Die Stahlbereitung geschah nur selten in Frischherden „nach 74* Amerika. deutscher Manier“, sondern meist in Brenn- oder Cementieröfen. Da der Bedarf an Nägeln in den Kolonieen sehr gross war, so spielte die Nagelfabrikation eine hervorragende Rolle, und dies war die Veran- lassung der Errichtung vieler Eisenwalz- und Schneidwerke. Die Nagelfabrikation selbst bildete in vielen Gegenden eine Hausindustrie, ebenso die Fabrikation der Drahtstifte. Auf einem kleinen Amboss wurde der Draht oder die Rute in die gewünschte Form geschmiedet und zugespitzt; ein mit dem Fusse getriebener Amboss (die Wippe) fasste das Eisen auf gewisse, durch ein Mass bestimmte Länge, so dass ein kleines Endchen überstand, das dann plattgeschlagen den Kopf bildete. Ein fleissiger Arbeiter konnte 2000 Stifte den Tag machen. Der Ersatz der mühsamen Handarbeit durch Maschinenkraft bei der Nagelfabri- kation geschah zuerst in Nordamerika. Jeremias Wilkinson zu Cumberland in Rhode-Island erfand 1777 die Fabrikation der geschnittenen Nägel . Er schnitt die Nägel anfänglich mit einer Schere, die er sich aus einem alten Kistenschlosse gemacht hatte, und spitzte sie dann in einem Schmiede- schraubstock. Als Material dienten alte spanische Reifen. Die kalt- geschnittenen Nägel köpfte er in einer Kluppe an. In ganz ähnlicher Weise machte er während des Befreiungskrieges Steck- und Näh- nadeln aus Draht, den er sich selbst gezogen hatte. Im Jahre 1786 erfand Hesekiel Read von Bridgewater in Massachusetts eine Maschine, um Nägel aus Blech zu schneiden, und 1798 erhielt er ein Patent für ein Verfahren, das Schneiden und Anköpfen in einer Operation auszuführen. Ähnliche Maschinen konstruierten um die- selbe Zeit Benjamin Cochran und Josias Pierson . Die beste Nagelschneidemaschine erfand aber Jakob Perkins in Massachu- setts 1790. Sie wurde 1795 patentiert und konnte bis 200000 Nägel im Tage schneiden. Allerdings war sie auch kostspielig und er- forderte häufige Reparaturen. Überblicken wir die Fortschritte der Eisenindustrie in den ein- zelnen Staaten. 1784 zählte man in Massachusetts 76 Eisenwerke, darunter waren allerdings viele kleine. Im östlichen Teile des Staates nahm die Eisenindustrie damals einen bedeutenden Auf- schwung. Um 1790 wurde zu Amesbury in der Grafschaft Essex ein Hochofen und zu Boxborough in Middelsex ein Rennwerk erbaut. Der Federal-Hochofen, der 1794 in der Grafschaft Bristol errichtet wurde, war aus Steinen erbaut, wie auch die übrigen Öfen der Grafschaft. Er war 20 Fuss hoch, 24 Fuss im Quadrat an der Basis und 10 Fuss weit im Kohlensack. Das Innere war ausgekleidet mit Amerika. einem feuerbeständigen weichen Schiefer. Über der Gicht war eine aus Backstein gemauerte Esse angebracht. „An dem Boden des vor- deren Gewölbes ist eine Öffnung zum Ablassen der Schlacken und zum Schöpfen des Eisens. In einem anderen Gewölbe an der einen Seite ist ein kleines Loch zum Einlegen der Düsen der 22 Fuss lan- gen und 4 Fuss breiten Bälge, die durch ein Wasserrad von 25 Fuss Durchmesser in fortwährender Bewegung erhalten werden und dadurch einen starken Windstrom erzeugen.“ Als Flussmittel dienten die Schalen von Seemuscheln. Die wichtigsten Gussartikel waren, ausser Potterie, Seymours Patentwalzen für Eisenschneidmühlen von be- sonderer Güte, die in eisernen Cylindern gegossen wurden (Hartguss), Pottaschekessel, Öfen, Kaminplatten und -stützen, sonstige Platten, Rollen, Ambosse, grosse Hämmer, Kanonenkugeln jeder Art und die verschiedensten Teile für Mühlwerke u. s. w. Die Erze, die im öst- lichen Massachusetts verschmolzen wurden, waren meist Sumpf- und Raseneisensteine. In den Grafschaften Plymouth, Norfolk und Bristol gab es 1795 11 Eisenschneidmühlen, die in diesem Jahre 1732 Tonnen Reif- und Nageleisen schnitten. Im Jahre 1798 waren (nach Bishop ) in den beiden Grafschaften Plymouth und Bristol allein 14 Hochöfen, 6 Flamm- öfen (ais furnaces), 20 Hammerwerke und 7 Eisenschneidmühlen. Dazu kamen eine grosse Zahl Zainhämmer (trip-hammers), Nagel- und andere Schmieden. Es wurden grosse Mengen von geschnittenen und geschmiedeten Nägeln, Schippen und Spaten, Kratzen, Sägen, Sensen, Metallknöpfe, Kanonenkugeln, Glocken, Feuerwaffen, Fein- bleche für verzinnte Waren, Draht u. s. w. gemacht. Die Stahlfabrikation hatte ebenfalls eine wachsende Bedeutung erlangt. Das erste Stahlwerk in Massachusetts, über das bestimmte Nachrichten vorliegen, war das von Eliphalet Leonard bei Easton in Bristol county 1775 oder 1776 errichtete. Damals war Stahl sehr rar geworden und sehr gesucht, besonders für Feuerwaffen. Jona- than Leonard , der Sohn des oben Genannten, vergrösserte 1787 das Stahlwerk, indem er einen Brennofen baute, in den Chargen von 3 Tonnen eingesetzt wurden. Der erzeugte Stahl war billiger als der eingeführte englische, aber auch weniger gut, namentlich für Messer und Schneidwaren. 1794 wurde die staatliche Waffenfabrik zu Springfield in Hampdon county gegründet. In Rhode-Island entwickelte sich die Eisenindustrie sehr günstig, so dass sie gegen Ende des Jahrhunderts die erste Industrie des Landes war. In Litchfield county waren zahlreiche Luppenfeuer und Amerika. drei Eisenspaltereien, die das Eisen für die schwunghaft betriebene Nagelfabrikation lieferten, deren Produktion nur von der der Graf- schaften Plymouth und Bristol in Massachusetts übertroffen wurde. Der Lakeville-Hochofen, der die vortrefflichen Hämatiterze der Graf- schaft verschmolz, machte hauptsächlich Schiffskanonen, Pottaschekessel und Roheisen für die Frischhütten. Geschirrguss lieferten zwei neu- errichtete Hochöfen bei Stafford. Während der Revolution wurde zu Cumberland von einem Deutschen Frischstahl gemacht. In New-Hampshire wurden zuerst 1795 die Magneteisenerze von Winchester bei Furnace-village verschmolzen. In Vermont begann man 1775 Eisen zu machen, nachdem man im Südwesten grosse Erzlager entdeckt hatte. 1794 zählte man in Rutland county 14, in den übrigen Grafschaften 7 Rennwerke. Im Jahre 1800 wurde das erste Eisenschneidwerk errichtet. Im Staate New-York standen die Sterling-Eisenwerke unter Peter Townsend P. Townsend I. starb 1783, er war der Vater eines Geschlechtes von Eisenhüttenleuten. Ein Sohn und ein Enkel führten den Vornamen Peter . in besonderer Blüte. Dieser hatte auch im Jahre 1776 den ersten Stahl, und zwar anfangs nach deutscher Art gemacht. Der Hochofen, der mit zwei grossen Holzblasebälgen betrieben wurde, erzeugte gegen Ende des Jahrhunderts 2000 bis 2400 Tonnen im Jahre, wovon ¾ verfrischt, das Übrige hauptsächlich zu Geschützen und Geschossen vergossen wurde. Beim Frischen war das Ausbringen 60 auf 100. Das Werk besass eine grosse Schmiede mit 6 Wasser- hämmern, in der Anker und sonstige Schiffsgeräte geschmiedet wurden. Das Stahlwerk enthielt mehrere Cementieröfen, die einen Stahl lie- ferten, der dem schwedischen nahekam. Die Nagelfabrikation hatte in Albany ihren Hauptsitz. Geschnittene Nägel hatte Josiah G. Pierson schon 1787 oder 1788 mit einer unvollkommenen Maschine in Whitehall-street in der Stadt New-York gemacht. Er erfand eine verbesserte Nagelschneidmaschine, für die er am 23. März 1795 ein Patent erhielt, worauf er eine grosse Nagelfabrik unter der Firma J. G. Pierson \& Brothers zu Ramapo in Rockland county errichtete Vgl. Swank , a. a. O., p. 144. . New-Jersey zählte im Jahre 1784 8 Hochöfen und 79 Hammer- werke, wovon allerdings die Mehrzahl Luppenschmieden waren. 1795 schätzte man die Produktion auf 1200 Tonnen Schmiedeeisen, 1200 Tonnen Roh- und Gusseisen (ausschliesslich der Gusswaren), 80 Tonnen Nägel. 1797 war zu Burlington eine bedeutende Nagelfabrik im Betriebe. Amerika. In Pennsylvanien nahm die Eisenindustrie einen immer grösseren Umfang an. Auch in technischer Beziehung zeigte sie die grössten Fortschritte. Hier traten die Rennwerke gegen die Frischhütten sehr zurück. Die Hochöfen waren höher und besser gebaut. Die Corn- wall- und Warwicköfen waren 32 Fuss hoch und lieferten, wie auch der Ofen zu Reading, 25 bis 30 Tonnen die Woche, der Warwickofen 1783 sogar 40 Tonnen die Woche. Dagegen behielten diese Hoch- öfen die ledernen Blasebälge bei, die zu Cornwall waren 20 Fuss 7 Zoll lang. Eine Frischhütte mit drei Herden und einem Hammer gab 2 Tonnen Schmiedeeisen die Woche. Der Betrieb ruhte in der heissen Zeit oft 4 Monate lang. In Berks county waren 1789 6 Hoch- öfen und 6 Frischhütten im Betrieb. Berkshire furnace, der im Be- freiungskriege viel Munition für die Armee geliefert hatte, kam 1789 an George Ege , der ihn 1792 kaltlegte und dafür den Reading-Ofen am Spring creek bei Heidelberg erbaute. Das gleiche Schicksal wie der Berkshire-Hochofen hatte der Durham-Ofen, der 1791 kaltgestellt wurde. Neue Hochöfen wurden gebaut 1782 zu Mount Pleasant in Frank- lin county von den Brüdern Chambers , zu Mount Hope, 10 Meilen von Lebanon in Lancaster county von Peter Grubb . 1786 waren in einem Umkreise von 39 engl. Meilen von Lan- caster 17 Hochofen-, Hammer- und Schneidwerke. 1790 wurde die London-Hütte mit Hochofen und Hammerwerk von J. Chambers erbaut. Der Colebrook-Ofen in Lebanon county, der bis 1860 im Betriebe stand, wurde 1791 von R. Coleman erbaut. Neben zahlreichen Walz- und Schneidwerken entstanden in dieser Zeit auch die ersten Walzwerke. 1790 wurde am Takony creek in der Graf- schaft Montgomery das Cheltenham-Walzwerk erbaut. Die in dem- selben Jahre erbaute Eisenschneidmühle bei Phönixville in Chester county wurde der Anfang der berühmten Phönix-Eisenwerke. Clemens Rentgen wanderte 1781 aus Zweibrücken in der Pfalz nach Kimber- ton am French creek in der Grafschaft Chester ein, kaufte daselbst zwei Eisenhämmer und versuchte Stahl zu machen. Er baute dann ein kleines Walzwerk. Die ganze Anlage wurde Pikeland-works genannt. Am 17. November 1796 erhielt Rentgen ein Patent für ein von ihm erfundenes verbessertes Verfahren, Achsen, Bolzen und Rundstäbe zu schmieden Vergl. Swank , a. a. O., p. 193. . 1795 wurde eine Eisenschneidmühle, die Federal-Slitting mill, zu Amerika. East Fallowfield am Buck run in Chester county erbaut, aus der später das Blechwalzwerk Rokeby rolling mill hervorging. In dieser Periode entstand auch die wichtige Eisenindustrie im Juniatathal. Der erste Hochofen war Bedford furnace bei Orbisonia in Huntingdon county, der 1788 von einer Gesellschaft erbaut worden war. Er machte anfangs nur Eisenguss, 1791 wurde aber die Bedford- Frischhütte dazugebaut. Der Hochofen war klein und teilweise aus Holz gebaut. Er lieferte nur 8 bis 10 Tonnen Frischroheisen die Woche, Gusswaren natürlich noch viel weniger. Die Gusswaren wie das Schmiedeeisen wurden von Pferden auf Saumpfaden nach Pitts- burg geschleppt. Um das Schmiedeeisen besser transportieren zu können, wurden die Stangen in Form eines U gebogen und so über den Rücken der Pferde gehängt. Der zweite Hochofen im Juniata- thale war der 1791 erbaute Centre furnace am Spring creek in Centre county. Rock forge, der erste Eisenhammer, wurde 1793 erbaut und bald darauf ein Eisenschneidwerk damit verbunden. Barree forge am Juniata, eine Frischhütte, welche Roheisen vom Centre-Ofen verarbeitete, entstand 1794, und 1796 erbaute Georg Anschütz den Huntingdon-Hochofen bei der Stadt Franklin. In Mifflin county wurde der erste Eisenhammer 1795 bei Logan, der erste Hochofen 1798 am Brightfields run errichtet. Westlich des Alleghany-Gebirges wurde der erste Hochofen 1789 bei Jacobs creek erbaut und 1790 angeblasen. Der Union-Ofen bei Connelsville kam 1791 in Betrieb. Springhill furnace in Fayette county wurde 1794 und Fairfield furnace am Georgs creek 1797 von J. Hayden gegrün- det. Die erste Nagelfabrik westlich der Alleghanys wurde 1795 zu Brownsville von Jac. Bowman erbaut. In Westmoreland county erbaute J. Probst 1792 den West- moreland-Hochofen im Ligonierthale, dessen erster Betriebsleiter Georg Anschütz wurde. Dieser, ein Elsässer, war am 28. November 1753 bei Strassburg geboren und 1789 nach Shady Side, einer Vor- stadt von Pittsburgh, ausgewandert. Hier hatte er einen kleinen Hochofen am Two-mile run erbaut, der 1792 in Betrieb kam, den er aber 1794 wegen Mangel an Erzen eingehen liess. Er übernahm dann die Leitung von Probsts Westmoreland-Ofen. Nach einem Jahre verband er sich mit zwei Amerikanern und baute den Huntingdon- Hochofen in Huntingdon county. Anschütz , der die grössten Ver- dienste um die Gründung der Eisenindustrie in Pittsburg hatte, starb daselbst am 28. Februar 1837. Im Staate Maryland entstanden 1778 bei Baltimore ein Eisen- Amerika. schneidwerk, Zainhämmer und Nagelfabriken. Eins der bedeutendsten älteren Walzwerke war auf der Avalonhütte 1795 von den Dorseys erbaut worden. In Virginia suchte die Regierung die Eisenindustrie möglichst zu befördern. 1777 schenkte sie dem Eisengewerken John Hunter , der Eisenschneidwerke, Blechhämmer und Drahtmühlen besass, die eingegangene Hochofenhütte Accokeek furnace mit 200 Acker Land, damit er den Ofen wieder in Betrieb nähme, doch scheint dies nicht geschehen zu sein. Dagegen war 1775 ein Hochofen bei Mossy creek erbaut worden. Zu Ende des Jahrhunderts entstanden eine ganze Anzahl Hochöfen und Frischhütten in Virginia. Zu Westham, 6 Meilen oberhalb Richmond, wurde im Befreiungskriege eine Eisengiesserei mit einem Flammofen, der mit Steinkohlen von den Gruben in Chesterfield county betrieben worden sein soll, erbaut. Er goss Munition, wurde aber 1781 zerstört. Um 1790 nahm die Eisenindustrie Virginias einen grösseren Aufschwung, wozu die Unterstützung der Regierung viel beitrug. 1798 wurde die staatliche Waffenfabrik zu Harpers Ferry gegründet. Auch in Süd-Carolina suchte die Regierung nach dem Kriege die Eisenindustrie durch Prämien zu fördern, und wurden auch mehrere Hochöfen und Hammerwerke errichtet. Ebenso entwickelte sich in Kentucky und Tennessee die Eisen- industrie. In Kentucky wurde 1791 der erste Hochofen, Bourbon furnace, am Slate creek Genauere Angaben hierüber siehe Swank , a. a. O., p. 282. erbaut. Es war dies der erste Hochofen ausserhalb der alten 13 Staaten. 1792 machte er seine erste Kam- pagne. Jakob Meier (Myers) , der eigentliche Gründer von Bour- bon furnace, war ein Deutscher. 1798 erbauten die Besitzer auch die Frischhütte Slate forge am Slate creek. Im östlichen Tennessee entstand 1790 ein Rennwerk bei Embre- ville in Washington county; diesem folgten in den 90er Jahren noch mehrere. 1795 wurde ein grosser Hochofen von David Ross am Holstonflusse, Sullivan county, erbaut, dessen Gusswaren bis nach New-Orleans gingen. In West-Tennessee wurde 1792 der erste Hoch- ofen, Cumberland furnace, in Dickson county von James Robinson gegründet. Er wurde mit einem Wassertrommelgebläse betrieben. Ganz ausserordentlich waren die Transportschwierigkeiten für jene in halbwilden Ländern, fern vom Meer und schiffbaren Strömen gelegenen Eisenhütten, und der Mut und die Ausdauer jener Pioniere der amerikanischen Eisenindustrie verdienen unsere Bewunderung. Amerika. Schotten, Nordirländer und Deutsche waren hauptsächlich daran be- teiligt. Die Gesamtzahl der in den Vereinigten Staaten im Jahre 1794 im Betriebe befindlichen Hochöfen wird auf 80 geschätzt. Die Fabrikation von Roh-, Cement- und Gärbstahl hatte ebenfalls Fortschritte gemacht, Gussstahl kam ausschliesslich aus England. Die meisten Kolonieen hatten die Stahlfabrikation beim Ausbruch der Revolution durch Prämien zu unterstützen gesucht. In Philadelphia machte Whitehead Humphreys , der Besitzer von Stahlöfen in Seventh-Street, Stahl aus Andovereisen für das Heer. Aus einem offiziellen Berichte von 1791 geht hervor, dass damals etwa die Hälfte des Bedarfes durch die einheimische Fabrikation gedeckt wurde. Durch den Ausbruch der Revolution hatte der Eisenhandel schwer zu leiden gehabt, indem den nordamerikanischen Staaten ihr wich- tigstes Absatzgebiet England dadurch verschlossen wurde. Die Aus- fuhr nach England hatte 1771 ihren Höhepunkt erreicht, indem 5303 Tonnen Roheisen und 2222 Tonnen Stabeisen dorthin exportiert worden waren. Dieser Ausfall an ausgeführtem Eisen wurde aber reichlich ausgeglichen durch den inländischen Bedarf, der jetzt auf das heimische Eisen angewiesen war. Nach Wiederherstellung des Friedens nahm auch die Ausfuhr, die jetzt nicht mehr auf England beschränkt war, wieder zu, so dass im Jahre 1791 bereits 4179 Ton- nen Roheisen, 350 Tonnen Stabeisen, für 1598 Dollar Nägel und für 3500 Dollar Eisenwaren ausgeführt wurden. Preise und Selbst- kosten wurden ausserordentlich durch die politischen Verhältnisse beeinflusst. 1731 kostete die Tonne Roheisen zu Colebrook in Penn- sylvanien 5 £ 10 s. Landesgeld oder 15 Dollar, während der Preis in England 30 Dollar betrug. Da die Fracht nach London 10 bis 12½ Dollar kostete, so konnte amerikanisches Eisen mit Vorteil nach England ausgeführt werden. Ganz anders gestalteten sich die Ver- hältnisse durch die Revolution. 1778 und 1779 stiegen die Selbst- kosten auf 200 £ entwertetes Landesgeld. 1781 trat der Staatsbankerott ein und damit eine noch grössere Geldentwertung. Als am 3. September 1783 durch den Frieden von Versailles die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten endgültig anerkannt und der Staatenbund siegreich aus dem Kampfe hervorgegangen war, befanden sich Handel und Industrie nach dem vorausgegangenen siebenjährigen Kampfe in sehr schwieriger Lage. Die Staaten, die vordem in grösster Abhängigkeit von England gestanden hatten, waren plötzlich ganz auf sich selbst und ihre eigene Kraft angewiesen. Um die Kräfte des Landes entwickeln zu können, fehlte es aber an Amerika. der richtigen Organisation und Leitung. Die alte Bundesverfassung hatte hierüber keine Bestimmungen getroffen und der Kongress war den Einzelstaaten gegenüber rechtlos. Dies führte zu Unordnung und Rechtsunsicherheit. Die Staaten sahen ein, dass dieser Zustand unhaltbar und verderblich sei und beschlossen deshalb am 17. Sep- tember 1787 eine neue Verfassung, in welcher dem Generalgouver- nement die Macht eingeräumt wurde, den Handel zu regeln und Steuern und Zölle zu erheben. Am 4. März 1789 trat der erste auf Grund dieser neuen Konstitution gewählte Kongress unter der Präsident- schaft von George Washington zusammen. Von diesem Augen- blicke an begannen Handel und Industrie in Nordamerika aufzuleben. Die Schulden konnten reduziert werden. Eine Nationalbank mit einem Grundkapital von 10 Millionen Dollar wurde gegründet. Der Reich- tum der Vereinigten Staaten wuchs in erstaunlicher Weise. 1789 traten wieder normale Handelszustände ein. Roheisen kostete jetzt 30 Dollar und Schmiedeeisen 70 bis 80 Dollar die Tonne. Neben der Nagelfabrikation war es besonders der Maschinenbau, der sich in Nordamerika in selbständiger und grossartiger Weise ent- wickelte. Schon im 17. Jahrhundert besass Nordamerika zahlreiche Sägemühlen, die 1633 von den Holländern eingeführt worden waren und hier bei dem grossen Holzreichtum rasch zu viel grösserer Be- deutung gelangten als in Europa. Ebenso fand die Dampfmaschine früh Anwendung in Amerika. 1756 wurden zuerst zwei englische Feuermaschinen am Passaic aufgestellt. 1772 hielt Christoph Colles bereits Vorträge über die Dampfmaschine und 1775 liess Colles den ersten Dampfcylinder in Amerika in der Giesserei von Sharp \& Curtenius in New-York für das New-Yorker Wasserwerk giessen. Oliver Evans , der als der eigentliche Begründer des ame- rikanischen Maschinenbaues angesehen werden muss und der 1786 das amerikanische Mühlenwesen so erfolgreich reformierte, hatte sich schon 1785 mit der Konstruktion einer Hochdruckdampfmaschine be- schäftigt. 1786 bewarb er sich bei der Legislatur Pennsylvaniens um ein Patent auf einen Dampfwagen, dessen Maschine er mit Dampf von 10 Atmosphären Überdruck treiben wollte. Sein Projekt wurde damals für eine Chimäre gehalten und das Patent nicht erteilt Siehe Dingler , Polytechn. Journ. 1824, Bd. 13, p. 134. . Er verfolgte aber seine Hochdruckmaschine und baute 1800 die erste brauchbare Maschine dieser Art. Sie diente zum Betriebe einer Amerika. Getreidemühle Ann. de l’industrie nationale, T. XVI, p. 36 und Pl. 189. Rühlmann , Allgemeine Maschinenlehre, S. 423. . John Fitch und Henry Voight hatten 1786 die erste wirklich gangbare Dampfmaschine zu Philadelphia gemacht. An diese Maschine und verschiedene andere, welche diese beiden später bauten, knüpft die Geschichte der Dampfmaschine in Amerika an. Fitch benutzte 1791 Dampfmotoren zum Bewegen von Booten, und Starr erhielt 1797 ein Patent auf ein Dampfboot. 1791 erhielt Macomb von Princetown (New-Jersey) ein Patent auf ein horizon- tales Wasserrad, welches schnelleren Eingang in Amerika fand, als die Turbinen in Europa. Zachariah Cox erhielt 1794 ein Patent auf eine Kreissäge und David Wilkinson liess sich 1798 eine Schraubenschneidmaschine patentieren. Mulliken erhielt 1791 ein Patent auf eine Dreschmaschine, dem bald eine ganze Anzahl weiterer Patente nachfolgten. Statistische Angaben über die Eisenproduktion der Vereinigten Staaten Nordamerikas im vorigen Jahrhundert fehlen fast ganz. Rinman giebt 1794 die Erzeugung zu 12000 Tonnen Schmiedeeisen und 2400 Tonnen Gusswaren an. Dagegen können wir folgende Preise für die Tonne mitteilen: Roheisen Schmiedeeisen Dollar Dollar 1731 15 50 1765 17 50 bis 60 1790 30 70 bis 80 1794 — 77,50 1795 — 82,50 1796 — 106,50 1797 — 101,50 1798 — 97,50 1799 36,25 98,50 1800 35,75 100,50 In den Frischhütten machte man verschiedene Sorten Schmiede- eisen. Die gebräuchlichsten waren Handelseisen und Stabeisen (mer- chand-bar and mille-bar). Ersteres schmiedete man wie solches, was gewöhnlich importiert wurde, ungefähr 1½ bis 2 Zoll breit und ⅓ Zoll dick mit verschiedenen Querschnitten. Das andere, welches für die Schneid- und Walzwerke (slitting and rowling mills) bestimmt war, machte man doppelt so stark. Die Schneid- und Walzwerke Amerika. wurden durch Wasserräder getrieben und hatten den Zweck, das Stangeneisen in schmale Ruten oder dünne Bleche (plates) zu ver- wandeln, um an Kosten für Holzkohlen und Arbeit zu sparen. In Canada hatte Ludwig XV. eine königl. Licenz ertheilt, um die Erze von St. Maurice zu gewinnen und schoss dafür 10000 Liv. vor. 1715 erhielt die Gesellschaft 100000 Frcs. Unterstützung, baute 1737 Hochöfen, welche aber 1743 der Krone zufielen, auf deren Kosten sie weiter betrieben wurden; sie schickte tüchtige Eisenarbeiter, welche bei den Hochöfen Frischherde erbauten; diese stehen zum Teil noch. Es war lange das einzige Eisenwerk im Lande. 1749 waren zwei Hämmer mit Holzbälgen zu St. Maurice, und die Hoch- öfen lieferten an Gusswaren: Geschütze, Geschosse, Öfen, Kessel. St. Maurice forges kam 1760 in den Besitz der englischen Regierung war 1815 noch im Betriebe und beschäftigte 250 bis 300 Arbeiter Es blieb im Besitz des Staates bis 1846 und wurde dann an Henry Stuart verkauft. 1879 war es noch im Gang. 1883 wurde es wegen Mangel an Brennstoff kaltgestellt, damit zugleich der älteste in Amerika betriebene Hochofen. Druckfehlerverzeichnis . Seite 93, Zeile 3 von unten lies Calley statt Cradley. „ 227, „ 19 „ „ „ adouci statt adoucis. „ 248, „ 6 „ oben „ Die Walzen für statt Die Bleche für „ 289, „ 17 „ „ „ Le Play statt La Play. „ 350, „ 21 „ „ „ Schwingen statt Schwiegen. „ 426, „ 7, 10, 13, 15 von oben lies Schraat statt Schwal „ 568, „ 5 von unten lies Lightmoore statt Lightmore. „ 607, „ 5 „ oben „ Petrosawodsk statt Petrowsadowsk. „ 624, „ 4 „ unten „ Sternberg statt Stenberg. „ 647, „ 19 „ oben „ Bergmans statt Berthiers. „ 652, „ 19 „ „ „ de Dietrich statt de Diedrich. „ 740, „ 7 „ unten „ Deutschland statt Eeutschland. „ 745, „ 10 „ oben „ Glammorgan statt Glamorgan. „ 757, „ 18 „ unten „ Curr statt Curt. „ 763, „ 11 „ oben „ Baildon statt Boildon. „ 763, „ 1 „ unten „ Mättensberger statt Mällensberger. „ 777, „ 9 „ „ „ Reignier statt Regrier. „ 832, „ 1 „ „ „ Bohnerz statt Bohrerz. „ 832, „ 6 „ „ „ Murg statt Murz. „ 832, „ 1 „ unten „ Katzenellnbogen statt Katzenellenbogen. „ 847, „ 11 „ „ „ Grund Seel- und statt Grund, Seel- und „ 909, „ 10 „ „ „ Rheden statt Reden. „ 1040, „ 11 „ „ „ Soret statt Loret. „ 1044, „ 9 „ „ „ Sanche statt Sage. „ 1045, „ 3 „ oben „ Remmelsdorfer statt Rammelsdorfer „ 1050, „ 4 „ „ „ Pontechatrain statt Pontchatrin „ 1058, „ 15 „ unten „ Bilbao statt Bilboa. „ 1069, „ 21 „ „ „ Serivenor statt Serivener. „ 1072, „ 2 u. 3 von unten lies Serivenor statt Serivener. „ 1086, „ 3 von oben lies Bilbao statt Bilboa. „ 1092, „ 11 „ unten „ Bradley statt Browley. „ 1113, „ 13 „ „ „ Sykes statt Syks. „ 1138, „ 16 u. 20 von oben lies Akinfi statt Akimfi. „ 1157, „ 21 von oben lies Poterieguss statt Potterieguss.