Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Hannover . Neue Folge des Notiz-Blattes. Redigirt von von dem Vorstande des Vereins . Band XIV . Heft 1-4. Mit 32 Blatt Zeichnungen und vielen in den Text eingedruckten Holzschnitten. Hannover . Schmorl \& von Seefeld . 1868 . Hofbuchdruckerei der Gebr. Jäncke in Hannover Mohr , Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen. II. Bauwissenschaftliche Mittheilungen. A. Original-Beiträge. Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen; vom Professor Mohr am Polytechnicum zu Stuttgart. (Mit Zeichnungen auf den Blättern 397 bis 400.) Herr Professor Culmann hat in seiner „Graphischen Statik“ die Aufgabe sich gestellt, die einer geometrischen Be- handlung zugänglichen Aufgaben aus dem Gebiete des Inge- nieurfachs mit Hülfe der neueren Geometrie zu lösen. Die interessanten und für die Praxis brauchbaren Resultate, welche jenes Werk enthält, würden — wie wir überzeugt sind — bereits allgemeiner Eingang gefunden haben, wenn nicht der ge- lehrte Apparat der neueren Geometrie viele Ingenieure von dem Studium dieses Gegenstandes abgeschreckt hätte. Wir glauben, daß in manchen und gerade in den für die Praxis wichtigsten Fällen die Hülfsmittel der älteren Geometrie ausgereicht haben würden, und gedenken diese Ansicht bei späteren Gelegenheiten durch weitere Beispiele zu begründen. In der nachfolgenden Ausarbeitung haben wir versucht, die Theorie der elastischen Linie auf graphischem Wege zu behandeln, eine Aufgabe, deren Lösung bis jetzt selbst mit Anwendung der neueren Geometrie nicht gelungen ist. Herr Culmann bemerkt hierüber Folgendes: „Die Be- stimmung der auf einen continuirlichen Balken einwirkenden Auflagerdrücke durch die Biegung, deren Gesetze in der Theorie der elastischen Linie ihren Ausdruck finden, entgeht gänzlich der graphischen Statik; wenigstens so weit wir derselben bis heute mächtig sind. Es wird gewöhnlich von dem Grundsatz ausgegangen, daß die Krümmungshalbmesser des gebogenen Balkens in jedem Querschnitt dem Moment der außerhalb desselben wirkenden Kräfte umgekehrt proportional seien. Nun sind aber diese Biegungen so unendlich klein und die Krüm- mungshalbmesser so unendlich groß, daß jede Construction derselben unmöglich ist und unmöglich sein wird, bis uns die Geometrie einfache Verhältnisse zwischen den entsprechenden Krümmungshalbmessern projectivischer Figuren liefert, die be- züglich des unendlich fernen Punktes in der Verticallinie als Projectionscentrum und bezüglich der geraden Achse des unge- bogenen Balkens als Spurlinie perspectivisch liegen: denn dann könnten wir die Einbiegungen des Balkens so lange projectivisch verzerren, bis die Krümmungshalbmesser meßbar würden. Da wir jedoch heute noch nicht im Stande sind, dies zu thun, so müssen wir zur Rechnung greifen .“ Die hier erwähnte Schwierigkeit wird sofort beseitigt, wenn man für die graphische Lösung der Aufgabe dieselbe Vereinfachung sich erlaubt, welche für die analytische Behand- lung derselben aus ähnlichen Gründen nothwendig und daher ganz allgemein gebräuchlich ist, wenn man nämlich voraussetzt, daß anstatt des genauen Werthes des Krümmungshalbmessers der Annäherungswerth in Rechnung gebracht werden darf. — Zur Erklärung diene die folgende Betrachtung: In Fig. 1) Blatt 397 stellt A B C ein vollkommen bieg- sames Seil dar, dessen Horizontalzug gleich H sei und dessen Belastung von beliebigen, continuirlich aufeinander folgenden Verticalkräften gebildet werde; die variable Größe dieser Ver- ticalkräfte pro Längeneinheit der horizontalen Abscissenachse möge mit k bezeichnet werden. Der Anfangspunkt der Coor- dinaten ist in den tiefsten Punkt des Seils gelegt und aus demselben ein Stück B D (Fig. 2 Blatt 397) herausgeschnitten, welches von dem Anfangspunkte der Coordinaten B und von einem beliebigen Punkte D begrenzt wird. An den Schnitt- stellen B und D sind die beiden Seilspannungen H und S als Außenkräfte anzubringen, um das Gleichgewicht der auf das Seilstück B D einwirkenden Kräfte herzustellen. Bezeichnet man die horizontale Seitenkraft der Seilspannung S mit H 1 und die verticale Seitenkraft mit V , so erfordert das Gleich- gewicht, daß Mohr , Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen. 1) und 2) ist; außerdem geht aus der Fig. 2) Blatt 397 hervor, daß 3) sein muß. Durch Differentiiren folgt hieraus oder 4) Wenn man die oben bezeichnete Vereinfachung des Aus- drucks für den Krümmungshalbmesser einführt, so erhält die Grundgleichung der elastischen Linie bekanntlich folgende Form: 5) worin E den Elasticitätsmodul des Materials, M das Biegungs- moment der Außenkräfte und T das Trägheitsmoment des Trägerquerschnitts bezeichnet. Aus der Vergleichung der beiden Ausdrücke 4) und 5) geht hervor, daß die elastische Linie eine Seilcurve ist, daß der Horizontalzug dieses Seils durch die constante Größe E und die Verti- calbelastung pro Längeneinheit der Horizontal- projection durch die variable Größe dargestellt wird Anschaulicher wird diese Beziehung, wenn man beide Seiten der Gleichung 5) mit dem Quadrat der Längeneinheit, also etwa mit 1 □ Meter multiplicirt; alsdann wird E . 1 □ Meter eine wirkliche Kraft und . 1 □ Meter eine wirkliche Belastung pro Längeneinheit. . Diese einfache Beziehung gewährt nicht allein die Mög- lichkeit, fast alle hierher gehörenden Aufgaben auf geometrischem Wege zu lösen, sondern sie vereinfacht in manchen Fällen auch den Weg der Rechnung in beachtenswerther Weise. Um bei den nachfolgenden Anwendungen durch Neben- betrachtungen nicht aufgehalten zu werden, stellen wir die hauptsächlichsten Eigenschaften des mit Verticalkräften belaste- ten Seilpolygons hier zusammen und numeriren dieselben der leichteren Bezeichnung wegen fortlaufend mit den Gleichungen. Ein Seil (Fig. 3 Blatt 397), welches in einzelnen Punkten mit Verticalkräften P 1 , P 2 , P 3 ...... belastet ist, bildet ein Polygon von folgenden Eigenschaften: 6) Jede Belastung, z. B. P 3 , bildet mit den Seilspan- nungen S 3 und S 4 der zwei benachbarten Polygonseiten ein Parallelogramm der Kräfte oder, was dasselbe ist, diese drei Kräfte, nach Größe und Richtung aneinander getragen, bilden ein Dreieck. 7) Die horizontalen Seitenkräfte aller Seilspannungen S 1 , S 2 , S 3 ..... sind gleich groß (Gleichung 1). 8) Setzt man die Dreiecke (vergl. 6), welche von den Belastungen und den Seilspannungen der zwei anliegenden Polygonseiten gebildet werden, an einander, so entsteht die Figur 4), welche man als Hülfsfigur für die Construction des Seilpolygons benutzen kann. Man erhält sonach Größe und Richtung der Seilspannungen, wenn man die Belastungen P 1 , P 2 , P 3 , ..... in der Reihenfolge ihrer Abscissen auf eine Verticallinie A A (Fig. 4) trägt und die Theilpunkte mit einem Punkte C verbindet, dessen Horizontalabstand von der Verticallinie A A gleich dem Horizontalzug H des Seils ist. Die Lage des Punktes C auf der Verticallinie B B kann beliebig angenommen werden; ist jedoch die Richtung einer Seilspannung gegeben, so ist damit auch die Lage des Punktes C bestimmt. Das Seilpolygon entsteht also, indem man die Polygonseiten (Fig. 3) zu den gleich bezifferten Richtungen der Seilspannungen in der Hülfsfigur 4) parallel zieht. 9) Je zwei Polygonseiten z. B. S 1 und S 6 (Fig. 3) schneiden die Mittelkraft R der zwischen ihnen liegenden Be- lastungen P 1 , P 2 , P 3 , P 4 und P 5 in einem und demselben Punkte D , weil die drei Kräfte S 1 , R und S 6 einander das Gleichgewicht halten. 10) Construirt man (Fig. 5 und 6 Blatt 397) ein Seil- polygon aus den zwei Auflagerdrücken Q 1 und Q 2 und den Belastungen P 1 , P 2 , P 3 und P 4 eines in zwei Punkten frei unterstützten Trägers, so liegen die beiden äußersten Polygon- seiten S 1 und S 7 in einer geraden Linie. Denn da die Kräfte Q 1 , Q 2 , P 1 , P 2 , P 3 und P 4 im Gleichgewicht sich befinden, und außer diesen Kräften nur noch die beiden Spannungen S 1 und S 7 von Außen auf das Seil einwirken, so müssen auch diese zwei Kräfte einander das Gleichgewicht halten, d. h. sie müssen in derselben geraden Linie wirken, gleich groß und entgegengesetzt gerichtet sein. 11) Das Product H·y aus dem Horizontalzug H und der verticalen Ordinate y des Seilpolygons (Fig. 6 und 7 Blatt 397), bezogen auf die gerade Verbindungslinie S 1 S 7 der beiden äußersten Polygonseiten, ist gleich dem Biegungsmoment, welches auf den in Fig. 5) dargestellten Träger in dem Ver- ticalschnitt C D einwirkt, denn nach den Bezeichnungen der Fig. 5 und 7) Blatt 397 ist dieses Biegungsmoment 12) Auf das im Gleichgewicht befindliche Seilstück (Fig. 7) wirken die Verticalkräfte Q 1 , P 1 , P 2 , P 3 und die beiden Seilspannungen S 1 und S 5 von Außen ein. Die Summe 2* Mohr , Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen. der Momente dieser Kräfte, bezogen auf irgend einen Punkt, also auch auf den Punkt C , ist gleich Null und wenn man die Seilspannung S 5 in dem Punkte. D nach horizontaler und verticaler Richtung zerlegt, so ist jene Momentensumme 13) folglich 14) Aus dieser Beziehung ergiebt sich, was freilich schon aus der Form der Gleichung 4) hervorgeht, daß, wenn man zwei Seilpolygone für dieselben Verticalkräfte aber mit zwei verschiedenen Horizontalzügen H 1 und H 2 construirt, die correspondirenden Verticalordinaten dieser zwei Polygone, be- zogen auf irgend eine Polygonseite, umgekehrt zu einander sich verhalten wie die beiden Horizontalzüge. Diese Eigen- schaft ermöglicht die Anwendung der graphischen Methode auf die Theorie der elastischen Linie. Der Horizontalzug E der von der elastischen Linie gebildeten Seilcurve ist in fast allen Fällen der Praxis so außerordentlich groß im Verhältniß zu den Belastungen , daß die Ordinaten der Curve verschwin- dend klein ausfallen würden, wenn man (vergl. Fig. 4) die Belastungen und den Horizontalzug in demselben Maaß- stabe auftragen wollte. Vermöge jener Eigenschaft der Seil- polygone und Seilcurven kann man aber den Horizontalzug und die Belastungen nach zwei verschiedenen Maaßstäben auftragen und braucht alsdann nur die auf eine Tangente oder Sehne bezogenen verticalen Ordinaten der Curve in dem Ver- hältniß jener zwei Maaßstäbe zu verjüngen, um die wirklichen Ordinatenwerthe zu erhalten. Wenn es sich darum handelt, die Größen von Durchbiegungen aus der Zeichnung zu ent- nehmen, so ist es in der Regel am zweckmäßigsten, das Ver- hältniß des Maaßstabes des Horizontalzugs E zu dem Maaß- stab der Belastungen genau so groß zu wählen, wie das Verhältniß der Abscissen in der Zeichnung zu den wirklichen Abscissenlängen, wenn also z. B. die Abscissen in dem Maaß- stabe 1:300 gezeichnet werden, die Belastungen in einem dreihundert Mal größeren Maaßstab aufzutragen, als den Hori- zontalzug E . Da in Folge dessen die Ordinaten des Seil- polygons im Verhältniß zu den Abscissen dreihundertfach ver- größert erscheinen, so erhält man in der Zeichnung die Durch- biegungen in natürlicher Größe . 15) Construirt man mit demselben Horizontalzug H ein Seilpolygon (Fig. 8) für die Belastungen P 1 , P 2 , P 3 nebst den zugehörigen Auflagerdrücken Q 1 und Q 2 , ein zweites Seilpolygon (Fig. 9) unter sonst gleichen Umständen mit Hinzunahme einer vierten Belastung P 4 und ein drittes Poly- gon (Fig. 10) nur für die Belastung P 4 und bezeichnet man die Verticalordinaten dieser drei Polygone in Bezug auf die Verbindungslinien der Auflager mit y 1 , y 2 und y 3 , so ist für jede Abscisse Denn das von der Ordinate y 2 gemessene Biegungsmoment der vier Belastungen P 1 , P 2 , P 3 , P 4 ist gleich der Summe der beiden Biegungsmomente, welche von P 1 , P 2 , P 3 und von P 4 erzeugt, und durch y 1 und y 3 dargestellt werden. Hieraus folgt, daß die Zunabme der Durchbiegung eines belasteten Trägers in Folge einer neu hinzukommenden Belastung in irgend einem Punkte gleich ist derjenigen Durchbiegung, welche der gewichtslose Träger allein unter Einwirkung jener Be- lastung in dem betrachteten Punkte annehmen würde. 16) Fig. 11) Blatt 397 sei die Darstellung der Belastung eines Seils in der Art, daß die Belastung pro Längeneinheit der horizontalen Abscissenachse in jedem Punkte durch die Ordinate der Curve A 1 A 2 A 3 A 4 gemessen wird. Die Fläche A 1 A 2 A 3 A 4 , welche die Belastungsfläche genannt wird, ist durch Ordinaten A 2 A 2 , A 3 A 3 in beliebige Theile zerlegt, und in den Schwerpunkten dieser Flächentheile sind Verticalkräfte P 1 , P 2 , P 3 angebracht, deren Größen dem Inhalt der betreffenden Flächen entsprechen. Construirt man nun aus dem Horizontalzug H und jenen Einzelkräften ein Seil- polygon a 1 a 2 a 3 a 4 (Fig. 12), so berührt dieses Polygon die Seilcurve, welche der in Fig. 11) dargestellten Belastung entspricht, in den Verticalen der Theilpunkte A 1 , A 2 , A 3 und A 4 . Denn in diesen Punkten stimmen sowohl die Momenten- gleichungen, wie auch die verticalen Seitenkräfte der Seil- spannungen für das Seilpolygon und für die Seilcurve mit einander überein. Durch entsprechende Theilung der Be- lastungsfläche kann man sonach eine beliebig große Anzahl von Punkten der Seilcurve festlegen. Bezeichnet man mit Q 1 und Q 2 die Drücke der Belastungsfläche auf die beiden Auflager A 1 und A 4 und theilt man die Belastungsfläche durch die Ordinate C D so, daß und wird, so liegt die größte Ordinate c d der Seilcurve in der Verticalen der Ordinate C D , weil die Seilcurve in dem Punkte d zur Verbindungslinie a 1 a 4 der beiden Auflager parallel gerichtet ist. 17) Um die elastische Linie für einen Balken von ver- änderlichem Querschnitt zu construiren, kann man die graphi- sche Darstellung der Größe ausführen, diese Belastungs- fläche durch Ordinaten zerlegen, die Flächentheile durch Einzel- kräfte ersetzen und aus diesen ein Seilpolygon mit dem con- stanten Horizontalzug E darstellen. In den meisten Fällen gelangt man jedoch einfacher zu Ziele, wenn man in der Mohr , Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen. Hülfsfigur, welche die Neigungen der Polygonseiten gegen- einander ergiebt, die variable Größe E·T als Horizontal- zug aufträgt und die graphische Darstellung von M als Belastungsfläche der Seilcurve ansieht. Daß dieses Verfahren zu demselben Resultate führen muß, folgt unmittelbar aus Gleichung 5), der man auch folgende Form geben kann, so daß im Vergleich mit dem Ausdruck 4) die Größe E·T als Horizontalzug auftritt. Noch deutlicher geht dies aus den zum nachfolgenden Beispiel 3) gegebenen Erläuterungen hervor. 18) Das Seilpolygon kann angewandt werden, um den Werth algebraischer Ausdrücke von der Form einer Momen- tensumme auf graphischem Wege zu bestimmen. Construirt man nämlich ein Seilpolygon aus den Verticalkräften A 1 , A 2 , A 3 ..... welche in den Abscissen a 1 , a 2 , a 3 auf das Seil einwirken, so ist der Abschnitt y der letzten Polygonseite auf der Ordi- natenachse das Maaß jener Summe; denn die Momentenglei- chung des Seilpolygons Fig. 13 Blatt 397 in Bezug auf den Anfangspunkt O der Coordinaten lautet Um das Product H·y leicht bilden zu können, wird in sol- chen Fällen für den Werth von H selbstverständlich eine runde Zahl angenommen. 19) Legt man durch drei benachbarte Polygonseiten (Fig. 14 Blatt 397) eine gerade Linie A B so, daß wird, so findet die Beziehung statt 20) denn nach 18) ist daher Berechnung und graphische Bestimmung der Durchbiegungen belasteter Träger. Bei Bestimmung von Durchbiegungen kommt es in der Regel nur darauf an, die Abscisse und die Ordinate der größten Einsenkung zwischen zwei Stützpunkten zu ermitteln, während im Uebrigen die Form der Biegungscurve für den Zweck der Aufgabe nicht von Interesse ist. Die bezeichnete Aufgabe wird gelöst, indem man (vgl. 16) die Ordinate auf- sucht, welche die Belastungsfläche der elastischen Linie in zwei den Auflagerdrücken gleiche Theile zerlegt. Diese Ordinate schneidet die elastische Linie in dem Punkte der größten Durch- biegung, dessen Tangente also zur Verbindungslinie der beiden Stützpunkte parallel gerichtet ist. Drückt man nun das Gleichgewicht eines Theils der elastischen Linie links oder rechts von jenem Punkt durch die Momentengleichung für den Stützpunkt aus, so ist die gesuchte Durchbiegung in dieser Gleichung die einzige Unbekannte. Nur wenn wegen unregel- mäßiger Form der Belastungsfläche die oben angedeutete Er- mittelung der Abscisse der größten Durchbiegung zu umständ- lich wird, ist es vorzuziehen, das unter 17 beschriebene graphische Verfahren zur Anwendung zu bringen. Beispiel 1. Durchbiegung eines Balkens von constantem Quer- schnitt, welcher mit p pro Längeneinheit gleichmäßig belastet und in seinen Endpunkten frei unterstützt ist. Die von beschriebene Belastungsfläche wird durch eine Parabel A B C (Fig. 15 Blatt 397) dargestellt, deren Scheitelordinate über der Balkenmitte ist. Wegen der zur Mitte symmetrischen Form der Belastungs- fläche findet in diesem Punkte die größte Durchbiegung statt. Auf die eine Hälfte F J (Fig. 16 Blatt 397) der elastischen Linie wirken also folgende drei Kräfte: 1) in dem Punkte J die horizontal gerichtete Seilspannung E gleich dem Elasticitätsmodul, 2) in dem Stützpunkt F die Seilspannung S und 3) die Belastung gleich der Fläche Der horizontale Abstand des Schwerpunkts K dieser Fläche von dem Auflager F beträgt 5/16 l . Die Momenten- gleichung in Bezug auf den Punkt F ergiebt also: oder Beispiel 2. Durchbiegung eines Balkens von constantem Quer- schnitt, welcher in seinen Endpunkten frei unterstützt und in der Entfernung a von der Mitte mit dem Gewicht Q belastet ist. Die Belastungsfläche bildet in diesem Falle ein Dreieck A B C (Fig. 17 Blatt 397), dessen Höhe über dem belasteten Punkt D ist. Der Druck der Belastungsfläche auf den Stückpunkt A ergiebt sich aus der Momentengleichung in Bezug auf den Punkt C Mohr , Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen. Die Belastungsfläche zwischen dem Auflager A und einer Ordinate F G in der Entfernung ist Diese Fläche ist gleich dem obigen Werthe von V , wenn ist. Die Momentengleichung des Theils M J (Fig. 18 Bl. 397) der elastischen Linie in Bezug auf den Punkt M lautet demnach oder, wenn man vorstehenden Werth von b einsetzt, Ist der Balken in der Mitte seiner Länge belastet, so wird und Beispiel 3. Construction der Biegungscurve für eine Oeffnung eines continuirlichen Brückenträgers von variablem Querschnitt. Fig. 19 Blatt 397 giebt die Darstellung der als bekannt vorausgesetzten Biegungsmomente in dem Maaßstabe: für die Abscissen 1 mm = 0,4 m , für die Ordinaten 1 mm = 25 Meter-Tonnen. Die Linie J J ist die Darstellung der Trägheitsmomente. Die von der Ordinate M beschriebene Belastungsfläche ist durch Ordinaten in neun Theile so eingetheilt, daß das Träg- heitsmoment und das Vorzeichen von M auf der Erstreckung eines jeden Theils sich nicht ändert. Die Flächentheile 4, 5, 6 haben das positive, die übrigen Theile 1, 2, 3, 7, 8, 9 das negative Vorzeichen. Die eingezeichneten Schwerpunkte dieser Flächentheile wurden ermittelt, indem man nach Augenmaaß die Flächen in Dreiecke und Paralleltrapeze von annähernd gleicher Schwerpunktslage verwandelte. Die berechneten Flä- cheninhalte ergaben die Größe der in den Schwerpunkten an- zubringenden Einzelkräfte (vgl. 16 und 17). Dieselben sind in der Hülfsfigur 20 Bl. 397 auf der Verticalen E F in der Reihenfolge ihrer Ziffern an einander getragen und zwar die positiven Werthe in der Richtung von Oben nach Unten und die negativen in der entgegengesetzten Richtung. Die Richtung der Seilspannung S 1 wurde willkürlich angenommen. Die Seilspannung S 2 schneidet S 1 in dem Punkte N 1 , dessen Abscisse in Bezug auf F als Nullpunkt gleich E·T 1 ist; ebenso ist die Abscisse des Schnittpunktes N 2 der Seilspan- nungen S 2 und S 3 gleich E·T 2 u. s. f. Hiedurch ergaben sich die Richtungen der Seilspannungen, mit denen parallel die gleichbezifferten Seiten des Seilpolygons (Fig. 22 Bl. 397) aufgetragen wurden. Dieses Polygon berührt die elastische Linie in den Ordinaten zwischen den Theilen 1, 2, 3 ..... der Belastungsfläche (vergl. 16). Da die Richtung der Seil- spannung S 1 willkürlich angenommen wurde, so liegen die beiden Punkte C und D , in welchen das Seilpolygon die Auflagerordinaten schneidet, nicht auf derselben Horizontalen. Dieser Umstand hat (vergl. 11) keinen Einfluß auf die Größe der Polygonordinaten in Bezug auf die Linie C D . Will man jedoch die elastische Linie für die horizontale Stützen- lage aufzeichnen, so muß man die Figur so verschieben, daß die Polygonordinaten in Bezug auf die Verbindungslinie der Auflager dieselbe Größe erhalten wie in Figur 22. In Figur 20) sind die Werthe der Belastungsflächen in dem Maaßstabe von 1 mm = 200 Quadratmeter Tonnen und die Werthe von E·T in dem Maaßstabe von 1 mm = 80000 Quadratmeter-Tonnen, also in dem Verhältniß von 1 : 400 kleiner als die Belastungen aufgetragen. Da der Maaßstab der Abscissen 1 : 400 ist, so sind die Polygonordinaten in Fig. 22) in natürlicher Größe dargestellt. In Fig. 21) sind von einem Punkt L , dessen Horizontal- Abstand von G K gleich E ist, Parallellinien zu den Seil- spannungen in Fig. 20) gezogen. Vergleicht man die Abschnitte F 1 , F 2 , F 3 , ...... dieser Linien auf der Verticalen G K mit den Längen P 1 , P 2 , P 3 ..... in Fig. 20, so folgt aus der Aehnlichkeit der betreffenden Dreiecke, daß ............ ............ ist. Hätte man also zunächst die von dargestellte Bela- stungsfläche und daraus mit dem constanten Horizontalzug E das Seilpolygon construirt, so würde man genau zu dem in Fig. 22) dargestellten Resultat gelangt sein. Die Con- struction mit Hülfe der Fig. 20) ist jedoch offenbar einfacher. Ableitung der Hauptgleichung zur Berechnung continuirlicher Träger von constantem Querschnitt. Bezeichnungen: Die Stützpunkte und Oeffnungen werden in der Reihen- folge von links nach rechts mit den Ziffern 1, 2, 3 .... bezeichnet. Dem entsprechend bezeichnet Mohr , Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen. y n die Ordinate der n ten Stütze, l n die Weite der n ten Oeffnung, p n die Belastung pro Längeneinheit der n ten Oeffnung, M n das Moment , M n das Biegungsmoment über der n ten Stütze, V n die Belastungsfläche , U n die Belastungsfläche , W n die Belastungsfläche . Da T constant ist, so kann E·T als constanter Hori- zontalzug und die graphische Darstellung von M als Be- lastungsfläche der elastischen Linie angesehen werden. Wenn die Belastung des Trägers über die Länge jeder einzelnen Oeffnung gleichmäßig vertheilt ist, so hat die graphische Dar- stellung von M z. B. für die n te Oeffnung die in Fig. 23 Blatt 397 angedeutete bekannte Form. Die Parabelordinaten oberhalb der Abscissenachse haben das positive, diejenigen unterhalb der Achse das negative Vorzeichen und die Bela- stungen der Seilcurve haben dem entsprechend die eingezeich- neten Richtungen. Die Belastungsfläche Fig. 23) kann in die beiden Flächen Fig. 24) der positiven und Fig. 25) der negativen Belastungen zerlegt werden; für jede Abscisse ist die Ordinatensumme der Fig. 24) und 25) gleich der Ordi- nate der Fig. 23); die Mittelkraft der in Fig. 24) darge- stellten positiven Belastungen ist gleich der Parabelfläche C D E , deren Scheitelordinate und deren Flächeninhalt also 21) ist. Die Ordinate des Schwerpunkts der Parabelfläche hal- birt die Weite der Oeffnung. Die Fläche der negativen Be- lastungen G H J K Fig. 25) läßt sich in die beiden Dreiecke G K J und G H J zerlegen, deren Schwerpunktsordinaten um ⅓ l n von den Stützpunkten abstehen und deren Flächeninhalte 22) und 23) sind. Diese Zerlegung der Belastungsfläche in die Kräfte U, V und W ist zulässig, weil das aus diesen Kräften con- struirte Seilpolygon die elastische Linie in den Stützpunkten berührt (vergl. 16) und weil in der folgenden Entwickelung nur die Richtungen und Ordinaten der elastischen Linie in den Stützpunkten in Betracht kommen. Ist Fig. 26 Blatt 397 das von den Belastungen U n V n und W n gebildete Seilpolygon, so ergiebt sich mit Bezug auf die eingeschriebenen Bezeichnungen als Momentengleichung für den Punkt A : 24) Bildet man ebenso das Seilpolygon für die n + 1 ste Oeffnung (Fig. 27 Blatt 397), so lautet die Momentengleichung für den Punkt C 25) Verbindet man diese beiden Gleichungen, indem man tg α daraus entfernt, und setzt man alsdann die Werthe von U, V, W nach den Gleichungen 21) 22) 23) ein, so erhält man 26) Dieselbe Gleichung ist auf einem andern Wege im Bd. VI. Seite 328 dieser Zeitschrift abgeleitet. Allgemeine Beziehung zwischen den Belastungsflächen der elastischen Linie zweier Nachbaröffnungen eines continuirlichen Trägers von constautem oder variablem Querschnitt. Fig. 28) und 29) Blatt 397 seien die elastischen Linien für die n te und n + 1 ste Oeffnung eines beliebigen continuirlichen Trägers. E ist der constante Horizontalzug, die vari- able Belastung der Seilcurve. Die Momentengleichungen für die Punkte A und C ergeben Durch Entfernung von tg α erhält man hieraus 27) Wenn man die von gebildete Belastungsfläche in den Auflagern jeder einzelnen Oeffnung frei unterstützt, so ist Mohr , Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen. der Auflagerdruck der Belastungsfläche der n ten Oeffnung auf die n + 1 ste Stütze; ebenso ist der Auflagerdruck der Belastungsfläche der n + 1 sten Oeffnung auf die n + 1 ste Stütze; und endlich ist der Auflagerdruck des unbelasteten Seils vom Horizontalzug E auf die n + 1 ste Stütze, wenn dasselbe durch die drei Auf- lagerpunkte A, B, C geführt wird. Denn nach 18) ist jener Druck gleich (s. Fig. 30 Blatt 397) und ferner ist Als allgemeine Beziehung ergiebt sich hieraus, daß der Auflagerdruck des Seils und der Bela- stungsflächen zweier Nachbaröffnungen auf den zwischen diesen Oeffnungen liegenden Stützpunkt gleich Null ist . In einer andern Form haben wir diesen Satz bereits im Bd. VIII . S. 253 dieser Zeitschrift entwickelt. Nachdem die Beziehung zwischen der Seilcurve und der elastischen Linie der Betrachtung zu Grunde gelegt wurde, hätte es eines beson- deren Beweises kaum bedurft, denn da die elastische Linie über den Stützpunkten eine continuirliche Form hat, und da Einzelkräfte Knickpunkte im Seil erzeugen, so kann die ent- sprechende Seilcurve auf jene Punkte keine Drücke ausüben. Graphische Bestimmung der unbekannten Biegungsmomente über den Stützpunkten eines continuirlichen Trägers von constantem Querschnitt, wenn die Belastungen des Trägers und die Höhenlage der Stützpunkte gegeben sind. Wenn die Belastungen gegeben sind, so ist damit die Größe V und die Lage des Schwerpunkts der positiven Be- lastungsfläche für jede Oeffnung bekannt. In der Fig. 31 Blatt 398 ist angenommen, daß die einzelnen Oeffnungen gleich- mäßig belastet seien, und daß daher die Ordinaten der Kräfte V die Oeffnungen halbiren; die folgende Construction ändert sich jedoch durchaus nicht, wenn die Belastung der einzelnen Oeffnungen ungleichmäßig ist und etwa aus concentrirten Einzelkräften besteht; in diesem Falle würden durch besondere Zeichnungen die Inhalte und Schwerpunkte der positiven Be- lastungsflächen zu bestimmen sein. In Fig. 31) sei B 1 C 2 C 3 C 4 B 5 das Seilpolygon, wel- ches bei einer gegebenen Belastung eines continuirlichen Trä- gers über vier Oeffnungen von den vier Kräften V 1 , V 2 , V 3 , V 4 und dem constanten Horizontalzug E·T gebildet wird. B 2 , B 3 , B 4 seien die gegebenen Lagen der Mittelstützen, wobei man zu beachten hat, daß der Maaßstab der Ordinaten zum Maaßstab der Abscissen sich verhalten muß wie der Maaßstab von V zu dem von E·T . Die negativen Ordinaten des von den unbekannten Belastungen U und W gebildeten Seil- polygons müssen in Bezug auf die Stützpunkte B 2 , B 3 , B 4 genau so groß sein, wie die positiven Ordinaten des erstge- nannten Polygons, denn die Ordinatensumme beider Polygone ist in den Stützpunkten gleich Null (vergl. 15). Indem man also aufträgt, erhält man drei Punkte des unbekannten Seilpolygons. Diese Bedingung in Verbindung mit den Beziehungen genügt zur graphischen Bestimmung der sechs unbekannten Belastungen U und W . Die in Fig. 34 Blatt 398 dargestellten drei ersten Seiten des unbekannten Seilpolygons haben folgende Bedingungen zu erfüllen: 1) Die Polygonseite B 1 W 1 geht durch den festen Punkt B 1 und die Seite W 1 U 2 durch den festen Punkt D 2 . 2) Die beiden Polygonseiten B 1 W 1 und U 2 W 2 schnei- den sich auf der festen Ordinate, in welcher die Mittelkraft R der beiden Belastungen W 1 und U 2 wirkt (vgl. 9). Da ist, so ist der horizontale Abstand zwischen W 1 und R gleich ⅓ l 2 und der Abstand zwischen R und U 2 gleich ⅓ l 1 . 3) Die feste Linie B 1 D 2 schneidet die Polygonseite U 2 W 2 in dem festen Punkte E 2 . Denn wenn man in dem Punkte B 1 eine Belastung gleich + ⅓ W 1 anbringt und das Seilpolygon über B 1 hinaus fortsetzt, so geht die neue Polygonseite S 1 durch den Punkt D 2 , weil die Mittelkraft der zwei Belastungen in der Ordinate des Punktes D 2 wirkt (vergl. 9). Da nun das Verhältniß der drei Belastungen ein constantes ist, so hat die Mittelkraft Z dieser drei Be- lastungen eine feste, nur von dem Verhältniß der Oeffnungs- Mohr , Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen. weiten l 1 und l 2 abhängige Lage. Diese feste Ordinate schnei- det daher die Linie B 1 D 2 in einem festen Punkte E 2 . Man findet diesen Punkt E 2 (Fig. 34), indem man für B 1 W 1 zunächst eine beliebige Lage annimmt. Dadurch ist als- dann die Lage der beiden Linien W 1 U 2 und H 2 U 2 und sonach auch der Schnittpunkt E 2 in der Linie B 1 D 2 be- stimmt. Aus dieser einfachen statischen Betrachtung ergiebt sich sonach der Beweis für folgenden rein geometrischen Satz: Drei gerade Linien B 1 W 1 , W 1 U 2 und H 2 U 2 bewe- gen sich so, daß ihre Schnittpunkte W 1 , H 2 und U 2 drei Parallellinien beschreiben. Wenn hiebei zwei der Linien z. B. B 1 W 1 und W 1 U 2 um zwei feste Punkte B 1 und D 2 sich drehen, so dreht sich auch die dritte Linie H 2 U 2 um einen festen Punkt E 2 . Die drei festen Punkte B 1 , D 2 und E 2 liegen in einer geraden Linie. Da die Lage der Punkte B 1 und D 2 und der Kräfte W 1 und U 2 , da ferner das Verhältniß dieser beiden Kräfte zu einander beliebig gewählt werden kann, wodurch die Lage der dritten Parallellinie R nach Belieben festgelegt wird, so ist der obige statische Beweis allgemein gültig und nicht etwa von den dort vorkommenden Zahlenverhältnissen ab- hängig. Die Abscisse der Kraft Z oder des Punktes E 2 ist nur abhängig von den Abscissen der Kräfte ⅓ W 1 , W 1 und U 2 , dagegen unabhängig von den Ordinaten der Punkte B 1 und D 2 . Die Abscisse des Punktes E 2 findet man also durch die in der Hülfsfigur 32) angegebene Construction. Die Abscissen der Punkte A 1 , G 1 , A 2 , H 2 , K 2 in Fig. 32) stimmen überein mit den Abscissen der Punkte B 1 , W 1 , D 2 , H 2 , U 2 in Fig. 31) und 34); daher ergiebt der Punkt N 2 die Abscisse des Punk- tes E 2 . Von den drei Seiten U 2 W 2 , W 2 U 3 und U 3 W 3 (Fig. 31) ist nunmehr Folgendes bekannt: 1) Die Seite U 2 W 2 geht durch den festen Punkt E 2 und die Seite W 2 U 3 durch den festen Punkt D 3 . 2) Die drei Schnittpunkte der genannten drei Linien liegen in den Ordinaten der Kräfte W 2 , U 3 und der durch das Verhältniß festgelegten Mittelkraft von W 2 und U 3 . Durch diese Be- dingungen ist der feste Punkt E 3 in der Seite U 3 W 3 be- stimmt. Die Abscisse des Punktes E 3 ergiebt sich aus der Hülfsfigur 32) und die Ordinate durch die Linie E 2 D 3 in Fig. 31). In derselben Weise wird der Punkt E 4 in der Polygon- seite B 5 U 4 festgelegt, und damit ist die Aufgabe gelöst: denn durch B 5 E 4 ist der Punkt U 4 „ U 4 D 4 „ „ „ W 3 „ W 3 E 3 „ „ „ U 3 durch U 3 D 3 ist der Punkt W 2 „ W 2 E 2 „ „ „ U 2 „ U 2 D 2 „ „ „ W 1 festgelegt. Die Größen von U und W und damit die Größen der Biegungsmomente über den Mittelstützen ergeben sich aus Fig. 35), in welcher die Strahlen mit den gleich benannten Polygonseiten (Fig. 31) parallel laufen. Die Maaßstäbe für den Horizontalzug E·T und für die Belastungen W und U müssen in dieser Figur natürlich dieselben sein, wie in der Hülfsfigur, nach welcher das Seilpolygon der positiven Be- lastungen V construirt wurde. Letztere Hülfsfigur ist hier fortgelassen, weil sie für die übrigen Operationen nicht weiter benutzt wurde. In der oben beschriebenen Construction pflanzen die Zeich- nungsfehler sich fort, und es ist daher nothwendig, eine Controle für die Richtigkeit der Zeichnung sich zu verschaffen. Diese Controle gewinnt man dadurch, daß man von der Endstütze B 5 nach links fortschreitend eine zweite Reihe von Fixpunkten F 3 , F 2 , F 1 in ganz derselben Weise bestimmt, wie die Punkte E 2 , E 3 , E 4 von B 1 aus festgelegt wurden. Die zu diesem Zweck ausgeführte Hülfsfigur 33) Blatt 398 wird demnach einer weiteren Erklärung wohl nicht bedürfen. Durch die Punkte E, F sind sonach die Polygonseiten B 1 W 1 , U 2 W 2 , U 3 W 3 und U 4 B 5 festgelegt und die Controle für die Richtigkeit der Zeichnung besteht darin, daß die Punkte (Fig. 31) W 1 D 2 U 2 W 2 D 3 U 3 W 3 D 4 U 4 in geraden Linien liegen müssen. Lage der Fixpunkte N und O (Fig. 32 und 33). gegen die benachbarten Stützpunkte. Eine merkwürdige Eigenschaft der Fixpunkte N und O erkennt man, wenn man den Fall untersucht, in welchem die sämmtlichen Stützpunkte in einer Horizontalen liegen, eine Oeffnung in beliebiger Weise belastet ist, dagegen alle übrigen Oeffnungen keine Belastungen tragen. In Fig. 36 (Blatt 398) ist beispielsweise angenommen, daß nur die erste der vier Oeffnungen belastet sei. Das Seilpolygon der Kräfte V bil- det daher ein Dreieck B 1 V 1 B 5 und die Punkte D 2 , D 3 und D 4 liegen in Folge dessen in einer geraden Linie. Die Weiten der einzelnen Oeffnungen sind dieselben, wie in Fig. 31, und die Abscissen der Punkte F konnten demnach aus der letzteren entnommen werden. Aus Fig. 31) geht unmittelbar hervor, daß wenn die Punkte D 4 , D 3 , D 2 in einer geraden Linie liegen, die Punkte F 3 , F 2 , F 1 in derselben geraden Linie lie- gen müssen. Das Seilpolygon der unbekannten Kräfte U und W nimmt daher die in Fig. 36) dargestellte einfache Form an. Man erkennt aus dieser Form ohne Weiteres, 3 Mohr , Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen. daß auf jede der unbelasteten Mittelöffnungen die Beziehung Anwendung findet, welche durch Fig. 14) und Gleichung 20) ausgedrückt ist. Man findet nämlich: oder, wenn man die Werthe von U und W einsetzt, 28) d. h. die Biegungsmomente über zwei auf einander folgenden Stützpunkten des unbelasteten Trägertheils verhalten sich zu einander wie die beiden Theile, in welche der feste Punkt O die Länge der zwischenliegenden Oeffnung eintheilt. Dieses Verhältniß ist constant und ganz unabhängig von der Größe der Biegungsmomente oder der hier in Frage kommenden Belastungen. Die graphische Darstellung der Biegungsmomente für die drei unbelasteten Oeffnungen hat sonach die in Fig. 37) dargestellte Form, und man erkennt daraus, daß die Fix- punkte O die Wendepunkte der Biegungscurve der unbelasteten Oeffnungen sind, sobald nur links von der unbelasteten Trägerlänge Belastun- gen angebracht sind . Ebenso überzeugt man sich, daß die Punkte N , Fig. 32) jene Bedeutung für die unbelasteten Oeffnungen haben, wenn nur rechts von denselben Belastun- gen auf den Träger einwirken . Da diese Beziehung in manchen Fällen mit Nutzen an- gewandt werden kann, so ist es von Interesse, die Lage der Punkte N und O gegen die Nachbarstützen auch durch Rech- nung zu bestimmen. Zu dem Zweck bezeichnen wir in Fig. 38) mit a n die Länge B n N n b n die Länge O n B n+1 m n das Verhältniß r n das Verhältniß s n das Verhältniß Der Druck, welchen die Belastungsfläche der n ten Oeffnung auf die n + 1 ste Stütze ausübt, ist nach Fig. 38) Blatt 397 und der Druck der Belastungsfläche der n + 1 sten Oeffnung auf die n + 1 ste Stütze Da die Stützen in einer Horizontalen liegen, so muß die Summe jener zwei Auflagerdrücke gleich Null sein (Gl. 27), folglich oder Wirken nur rechts von der n + 2 ten Stütze Bela- stungen auf den Träger, so ist und daher 29) Wirken dagegen nur links von der n ten Stütze Belastun- gen auf den Träger, so ist und daher 30) Sind beispielsweise sämmtliche Oeffnungen gleich groß, so wird, da M 1 und folglich auch r 1 = O ist u. s. f. Der Grenzwerth r dieses Kettenbruchs ist nach Gleichung 29) oder Sind die Oeffnungsweiten zur Mitte des Trägers sym- metrisch, so sind selbstverständlich die symmetrisch belegenen Werthe von r und s gleich groß. Graphische Bestimmung der Zahlenfactoren in den Glei- chungen für die Biegungsmomente über den Stützpunkten. Die in Fig. 31—35) gelöste Aufgabe kommt verhält- nißmäßig selten vor, denn in der Regel ist nicht nur ein bestimmter Belastungsfall , sondern es sind alle mög- lichen Belastungsfälle zu berücksichtigen. Ebenso ist — wenn überhaupt verschiedene Höhen der Stützpunkte in Frage kommen — gewöhnlich nicht eine bestimmte Höhenlage gege- ben, sondern man will den Einfluß der relativen Höhe einer jeden einzelnen Stütze ermitteln. Zur Vereinfachung der Aufgabe Mohr , Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen. nimmt man in der Regel an, daß die einzelnen Oeffnungen gleichmäßig belastet seien. Bei der Auflösung der Aufgabe durch Rechnung führt man also allgemeine Werthe für die Belastungen der einzelnen Oeffnungen und für die Ordinaten der Stützpunkte ein und bestimmt mit Hülfe von Gleichungen von der Form der Gl. 26) die unbekannten Biegungsmomente über den Stützen. Diese Arbeit hat keine Schwierigkeit, jedoch werden die Zahlenrechnungen ziemlich zeitraubend, so- bald die Anzahl der Oeffnungen eine größere ist und die in Rechnung zu stellenden Maaße und Verhältnisse keine abge- rundeten Zahlenwerthe haben. In solchen Fällen führt das im Folgenden beschriebene graphische Verfahren einfacher und rascher zum Ziele. Es seien z. B. die Gleichungen für einen Träger von constantem Querschnitt über vier Oeffnungen von 52, 65, 65 und 52 Meter Weite aufzustellen. Die Fig. 39 Blatt 398, in welcher die Längen in 1/1000 der natürlichen Größe dargestellt sind, ergiebt die Lage der Fixpunkte N , und da die Stützen zur Mitte der Trägerlänge symmetrisch stehen, so ist damit auch die Lage der Fixpunkte O gegeben. In Fig. 40 Blatt 398 ist angenommen, daß nur die erste Oeffnung und zwar gleichmäßig belastet sei. Die positive Belastungsfläche der ersten Oeffnung ist also das Parabelsegment B 1 C B 2 , für dessen Scheitelhöhe das belie- bige runde Maaß A C = 20 Millimeter angenommen wurde. Für die Construction des Linienzuges B 1 F R S B 5 , welcher die negative Belastungsfläche B 1 F B 2 der ersten Oeffnung und die Belastungsflächen der drei übrigen Oeffnungen darstellt, ist nur die Länge B 2 F zu bestimmen, denn im Uebrigen wird derselbe durch die Fixpunkte O 2 und O 3 festgelegt. Die Continuität der elastischen Linie erfordert, daß der Druck auf die zweite Stütze, welcher von den Bela- stungsflächen der ersten und zweiten Oeffnung, also von ausgeübt wird, gleich Null sei. Zugleich muß nach der Be- deutung der Fixpunkte O (vergl. die Ableitung der Gleichun- gen 28) der Druck, welcher von den Belastungsflächen oder von auf die zweite Stütze ausgeübt wird, gleich Null sein. Aus der Vergleichung dieser Ausdrücke ergiebt sich, daß das Pa- rabelsegment B 1 C B 2 und das Dreieck B 1 D B 2 gleich große Drücke auf dte zweite Stütze ausüben müssen, oder daß folglich 31) sein muß. Man braucht sonach nur die Linie B 2 C und die Ordinate des Fixpunktes O 1 zu ziehen, um den Punkt E und damit den Linienzug B 1 F R S B 5 festzulegen. Nach der Fig. 40) ist folglich Fig. 41 Blatt 398 zeigt die analoge Construction für den Fall, daß nur die zweite Oeffnung belastet ist. Die Schluß- folgerung ist hier genau dieselbe, wie im ersten Falle und es ergiebt sich, daß 32) sein muß. Dadurch sind die Punkte K und L und mit diesen der Linienzug B 1 M P Q B 5 bestimmt. Nach der Zeichnung ist demnach Für die Belastung der folgenden Oeffnungen braucht die Zeichnung nicht ausgeführt zu werden, denn wegen der sym- metrischen Stützenstellung folgt aus den vorstehenden Beziehun- gen, daß und ferner sein muß. Bei gleichzeitiger Belastung sämmtlicher vier Oeff- nungen ist daher Die durch Rechnung bestimmten genaueren Zahlenwerthe sind folgende: 3* Mohr , Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen. Der mit Rücksicht auf das Format dieser Zeitschrift ge- wählte kleine Maaßstab der Zeichnungen gewährt also bereits einen für praktische Zwecke vollkommen genügenden Genauig- keitsgrad, den man übrigens durch Vergrößerung des Maaß- stabes nach Belieben erhöhen kann. Beziehungen zwischen den Größen M n , M n+1 , M n , s n und r n , wenn nur die n te Oeffnung belastet ist . Figur 41 Blatt 398 bezieht sich auf den Fall, in welchem nur die zweite Oeffnung des dort in Frage stehenden con- tinuirlichen Trägers von einer Belastung gleichmäßig bedeckt ist, während alle übrigen Oeffnungen unbelastet bleiben. Aus dieser Figur ergeben sich für jenen Fall unmittelbar folgende Bedingungen: und Gleichlautende Beziehungen gelten unter analogen Vor- aussetzungen für jede andere Oeffnung; daher ist auch hieraus folgt 33) 34) und 35) Graphische Bestimmung des Einflusses der relativen Höhen- lage der Stützpunkte. Figur 42 bis 47 Blatt 398 und 400 beziehen sich auf denselben Träger wie die vorhergehenden Figuren 39 bis 41; aus diesen ist die Lage der Fixpunkte N und O entnommen. In Fig. 42 bis 44 Blatt 398 sind die Biegungsmomente ermittelt, welche durch eine Senkung der zweiten Stütze unter das gleiche Niveau der übrigen Stützen erzeugt werden. In Fig. 42) ist angenommen, daß die Senkung der zweiten Stütze 28,0 Meter betrage; dieses Maaß ist ganz beliebig gewählt, da die Zeichnungen anfänglich zur Ermittelung von Zahlen- factoren nicht bestimmt waren. Die nachfolgenden einfachen Zahlenrechnungen wären übrigens noch um Einiges erleichtert, wenn man statt 28,0 Meter als Senkung das Maaß angenommen hätte. Daß eine so bedeutende Höhenverände- rung der Stützen in Wirklichkeit nicht ausführbar ist, beein- trächtigt, wie sich später zeigen wird, die Richtigkeit der Re- sultate nicht. — Das Seilpolygon der unbekannten Kräfte U und W wird genau in derselben Weise construirt, wie in Fig. 31. Der Linienzug B 1 B 2 E 2 B 3 E 3 B 4 E 4 ergiebt die Lage der Fixpunkte E und die in Fig. 31 mit F 2 und F 3 bezeichneten Fixpunkte fallen in Fig. 42 mit O 2 und O 3 zu- sammen, weil die Ordinaten des Seilpolygons über den Stützen B 3 , B 4 , B 5 gleich Null sind. Die Polygonseite U 2 W 2 fällt also mit der Geraden E 2 O 2 und die Seite U 3 W 3 mit der Geraden E 3 O 3 zusammen, und dadurch sind alle übrigen Polygonseiten festgelegt. Aus der Neigung der Seil- polygonseiten gegen einander findet man in bekannter Weise durch Fig. 44) die Größe der Belastungen U und W . Der Schnittpunkt H der Polygenseite U 2 W 2 mit der Geraden B 2 B 3 bewegt sich auf der festen Ordinate R 2 H , wenn die Senkung der Stütze B 2 ab- oder zunimmt d. h. wenn der Punkt B 2 auf der Ordinate B 2 G sich bewegt, denn die Linie B 1 B 2 dreht sich um den festen Punkt B 1 „ B 2 B 3 „ „ „ „ „ „ B 3 „ E 2 O 2 „ „ „ „ „ „ O 2 Da jene drei Punkte in einer Geraden liegen, und da die Schnittpunkte der Geraden B 1 B 2 mit B 3 B 2 und B 1 B 2 mit E 2 O 2 in festen Ordinaten liegen, so beschreibt auch der dritte Schnittpunkt H eine Ordinate; der Punkt R 2 ist sonach ein Fixpunkt, dessen Lage nur von dem Verhältniß der Oeff- nungsweiten abhängig ist Offenbar ist R 2 der Wendepunkt derjenigen Biegungscurve, welche erzeugt wird, wenn man den Träger in den Punkten B 1 B 3 B 4 B 5 horizontal unterstützt und in dem Punkte B 2 belastet. . Aus der Anwendung der durch Gleichung 20) ausgedrückten Beziehung auf Fig. 42) folgt, daß und ist. Die graphische Darstellung der Biegungsmomente des unbelasteten Trägers hat demnach die in Fig. 43) dargestellte Form und wegen der festen Lage der Punkte R 2 und O 3 ist das Verhältniß constant und unabhängig von der Größe der Ordinate B 2 G . Es geht ferner aus Fig. 42) hervor, daß die Ordinaten N E proportional mit B 2 G sich verändern, und weil die Belastung U 4 und daher auch das Biegungsmoment M 4 der Ordinate N 4 E 4 proportional ist, so verändern sich sämmtliche in Fig. 43) dargestellten Biegungsmomente in demselben Verhält- niß wie die Ordinate B 2 G der zweiten Stütze. Nach Fig. 44) ist E·T = 30 Millimeter Mohr , Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen. Nennt man nun y 2 die variable Ordinate der Stütze B 2 in Bezug auf die Horizontale der übrigen Auflager und beachtet man, daß obige Zahlenwerthe für eine Ordinate gelten, so ist Die Figuren 45 bis 47) Blatt 400 enthalten dieselbe Construction für den Fall, daß die dritte Stütze nicht in der Horizontalen der übrigen Auflager liegt. Die Ordinate B 3 J ist in Fig. 45) willkürlich angenommen zu und aus Fig. 47) ergiebt sich, demnach ist und der Symmetrie wegen Die übrigen Zahlenwerthe ergeben sich aus dem Gesetz der Symmetrie, so daß, wenn alle drei Mittelstützen nicht im Niveau der beiden Endstützen liegen, die Biegungsmomente folgende Werthe annehmen: Lösung der vorhergehenden Aufgabe durch Rechnung. Wenn man das unbelastete, mit E·T in horizontaler Richtung angespannte Seil durch die Stützpunkte in Fig. 42 führt, so ist der Druck auf die Stütze B 2 gleich ferner der Druck auf die Stütze B 3 gleich und derjenige auf die Stütze B 4 gleich Null. Der Auflager- druck des Seils und der in Fig. 43) dargestellten Belastungs- flächen muß nach Gleichung 27) für jede Mittelstütze gleich Null sein, daher Nachdem die Werthe von l in obige Gleichungen einge- setzt sind, ergeben dieselben Für eine Senkung der dritten Stütze unter das Niveau der übrigen Stützpunkte erhalten die Stützendrücke des Seils und der Belastungsflächen der Biegungsmomente folgende Werthe (vergl. Fig. 45 und 46) hieraus folgt: Der kleine Maaßstab der Zeichnungen gewährt also auch in diesem Falle einen vollkommen genügenden Genauigkeits- grad. Graphische Bestimmung der Biegungsmomente und abschee- renden Verticalkräfte, welche von einer concentrirten Ein- zellast erzeugt werden. Bekanntlich ergiebt die Annahme, daß die Belastung einer jeden Oeffnung eines continuirlichen Trägers über deren Länge gleichmäßig vertheilt sei, nur für einzelne Punkte die Maxima der möglichen Biegungsmomente und abscheerenden Verticalkräfte und es ist daher von Interesse, zu untersuchen, durch welche Lagen der Belastung in jedem beliebigen Punkte des Trägers jene Maxima erzeugt werden. Alle hierauf be- züglichen Fragen lassen sich beantworten, wenn man im Stande ist, die Biegungsmomente und abscheerenden Verticalkräfte graphisch darzustellen, welche hervorgerufen werden, wenn nur ein beliebiger Punkt des im Uebrigen unbelasteten Trägers belastet ist; denn aus Einzellasten läßt sich jede andere Be- lastung zusammensetzen. Wir setzen voraus, daß sämmtliche Mohr , Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen. Stützen in einer Horizontalen liegen, und daß nur der Punkt A (Fig. 48 Blatt 400) in der n ten Oeffnung, dessen Entfer- nung von der n ten Stütze gleich x ist, mit einem Gewicht P belastet sei. Die Belastungsfläche der elastischen Linie hat die Form W B n U C V B n+1 Z . Bekannt ist die Ordinate unbekannt die Lage der Geraden W Z . Diese Lage ergiebt sich durch eine ganz ähnliche Beziehung wie jene, welche an- gewandt wurde, um die in Fig. 40) dargestellte Aufgabe zu lösen. Zu dem Zweck wird vorausgesetzt, daß die Lage der Fixpunkte N n und O n durch eine Hülfsconstruction nach Art der Fig. 32) und 33) bestimmt und für die vorliegende Auf- gabe sonach gegeben sei. Entfernt man die Belastung P und bringt man dafür rechts von der Stütze B n+1 also z. B. in der n + 2 ten Oeffnung eine so große Belastung an, daß das Biegungsmoment M n dieselbe Größe erhält, wie in Fig. 48, so werden auch alle übrigen Biegungsmomente links von der Stütze B n dieselbe Größe behalten, wie in dem von Fig. 48 dargestellten Belastungsfalle. Dagegen werden die Biegungs- momente in der n ten Oeffnung durch die Flächen dargestellt, weil der Wendepunkt der Biegungscurve in dem Punkte N n liegt, wenn nur rechts von B n+1 Belastungen auf den Träger einwirken. In beiden Belastungsfällen erfordert die Continuität der mit der elastischen Linie übereinstimmenden Seilcurve, daß der Auflagerdruck der Belastungsfläche der n —1 sten und n ten Oeffnung auf die n te Stütze gleich Null sei, oder, da die Belastungsfläche der n —1 sten Oeffnung in beiden Fällen dieselbe ist, daß die Drücke auf die n te Stütze, welche von der Belastungsfläche und von der Fläche ausgeübt werden, einander gleich seien. Hieraus folgt, daß die Momente der beiden Dreiecke in Bezug auf die Achse M B n+1 gleich groß sein müssen. Der Schwerpunkt des Dreiecks B n C B n+1 ist der Punkt S und der Schwerpunkt des Dreiecks B n M B n+1 liegt in der Ordinate des Punktes E, ⅓ l n von dem Auflager B n+1 entfernt. Es ist demnach oder Der Linienzug C H K M ergiebt sonach die Lage des Punktes M , wodurch ein Punkt R der unbekannten Geraden W Z bestimmt ist. Den zweiten Punkt T erhält man durch eine analoge Construction, indem man den Druck der Bela- stungsflächen auf die Stütze B n+1 in Betracht zieht. Man findet, daß der Linienzug C G J L den Punkt L und die Gerade L B n+1 den zweiten unbekannten Punkt T ergiebt. Die abscheerende Verticalkraft ist gleich der ersten Abgeleiteten derjenigen Function, welche die Beziehung zwischen dem Bie- gungsmoment M und der horizontalen Abscisse x ausdrückt. Aus Fig. 48) ersieht man, daß der constante Werth von auf der Strecke A B n zu demjenigen auf der Strecke A B n+1 sich verhält wie Trägt man also in Fig. 49) die Belastung P des Punktes A nach irgend einem Maaßstabe gleich den Längen P = U D = C V auf, so ist B n H F A E G B n+1 die graphische Dar- stellung der abscheerenden Kräfte. Die Fig. 50 Blatt 399 enthält die Construction der Fig. 48 für sieben Punkte, welche die Länge l n der Oeffnung in sechs gleiche Theile eintheilen. Die Buchstaben haben in beiden Fi- guren gleiche Bedeutung, nur ist in Fig. 50) jedem Buchstaben die Ziffer angefügt, welche dem belasteten Punkt A entspricht. Zur Vereinfachung der Construction ist in Fig. 50) angenom- men, daß die von den Ordinaten A C gemessenen positiven Momente sämmtlich gleich groß seien. Die Wendepunkte U und V beschreiben unter dieser Annahme die punktirten Hy- perbeln und die Linie W Z dreht sich um den festen Punkt P . Nimmt man dagegen an, daß ein constantes Gewicht P über die Oeffnung sich bewegt, so ist das von der Ordinate A C gemessene positive Moment gleich wenn x die horizontale Entfernung der Belastung P von der Stütze B n bezeichnet. Der Punkt C beschreibt alsdann die in Fig. 51) punktirte Parabel. Die Abscissen der Wende- punkte U und V bleiben dieselben wie in Fig. 50) und dadurch ist die Lage der Linien W Z in Fig. 51) bestimmt. Eine bessere Uebersicht über die Biegungsmomente erhält man, wenn man nach Fig. 51) die Beziehungen, welche zwischen den Bie- gungsmomenten in den Punkten A 0 , A 1 , A 2 ...... und der Abscisse x der Belastung P stattfinden, in einer besonderen Figur (Fig. 52) graphisch darstellt. Die Ordinate der Curve B n 2 2 B n+1 ergiebt also z. B. das Biegungsmoment im Punkte A 2 , wenn die Belastung P in der das Biegungsmoment dar- stellenden Ordinate wirkt. Die Ordinaten dieser Curve in den Theilpunkten 1, 2, 3, 4, 5 müssen offenbar gleich den fünf in Fig. 51) auf der Ordinate A 2 C 2 dargestellten Bie- gungsmomenten aufgetragen werden. Mohr , Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen. Von besonderem Interesse sind die Curven B n O O·B n+1 und B n 6 6 ..... B n+1 , welche die beiden Biegungs- momente M n und M n+1 graphisch darstellen, weil diese Cur- ven ausreichen, um für jede Lage der Last P die Darstellung der Biegungsmomente auszuführen. In Fig. 48) ist Aus den letzten zwei Gleichungen folgt 36) 37) . Hieraus ergiebt sich für jene zwei Curven folgende einfache Construction. In Fig. 66) Blatt 400 ist die Ordinate der punk- tirten Parabel B n C B n+1 gleich und . Die Parabelordinaten sind in horizontaler Richtung auf die Linie E G projicirt, und durch die Fußpunkte der projiciren- den Linien sind Strahlen nach dem Punkte J gezogen. Die Schnittpunkte dieser Strahlen mit den entsprechenden Parabel- ordinaten sind Punkte der Curven für M n . In ganz ähnlicher Weise ergiebt sich nach Fig. 67) die Curve für M n+1 , indem man die Ordinaten der Parabel B n D B n+1 gleich aufträgt. Das Maximum von M n tritt ein, wenn 38) und dasjenige von M n+1 , wenn 39) ist; in diesen beiden Punkten erzeugt also eine Einzellast das größtmögliche Biegungsmoment über der n ten und n +1 sten Stütze. Jene Werthe von x lassen sich leichter auf graphi- schem Wege als durch Rechnung bestimmen. In Fig. 68) ist D und E sind, wie man sich leicht überzeugt, die beiden ge- suchten Punkte. Als eine merkwürdige Beziehung ist noch zu erwähnen, daß die in Rede stehenden beiden Curven die Biegungscurven der n ten Oeffnung für die beiden Fälle sind, in welchen nur links oder nur rechts von der n ten Oeffnung Belastungen auf den Träger einwirken. Man überzeugt sich hiervon, wenn man die zweiten Abgeleiteten der Gleichungen 36) und 37) bil- det und diese mit den Gleichungen der Biegungsmomente für jene Belastungsfälle vergleicht. Die zweite Abgeleitete der Gleichung 36) ist und die Gleichung der Biegungsmomente der unbelasteten n ten Oeffnung Wenn der Träger nur links von der n ten Oeffnung be- lastet ist, so ist und daher Bezeichnet man die Ordinate der Curve B n O O .. B n+1 mit y , so ist also d. h. jene Curve ist die Biegungscurve für den oben bezeich- neten Belastungsfall. Ebenso findet man, daß die Curve B n 6 6 B n+1 die Biegungscurve darstellt, wenn der Träger nur rechts von der n ten Oeffnung belastet ist. Aus den Fig. 50—52 ist ohne Weiteres zu ersehen: 1) die Wendepunkte U und V der von einer Einzellast erzeugten Biegungscurve liegen nie zwischen den beiden Fixpunkten N n und O n , sondern immer zwischen diesen Punkten und den Stützpunkten; 2) jede Belastung der n ten Oeffnung erzeugt daher in jedem Punkt der Strecke N n O n ein positives Biegungs- moment und die ganze Länge der Oeffnung muß von der größtmöglichen Belastung bedeckt sein, um in diesen Punkten das Maximalbiegungsmoment hervorzurufen; 3) in den Punkten der beiden Strecken B n N n und O n B n+1 kommen positive und negative Biegungsmomente vor. Man findet mit Hülfe der Curven U und V (Fig. 50) Mohr , Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen. leicht die Lage derjenigen Belastung, welche in einem beliebigen Punkte jener zwei Strecken ein Biegungsmo- ment gleich Null hervorruft. Die Lage dieser Belastung theilt die Oeffnung in zwei Strecken, deren Belastun- gen entgegengesetzte Biegungsmomente in dem betrach- teten Punkt erzeugen. Beispielsweise ist die Ordinate von C 2 die Belastungsscheide für den Punkt A 5 , denn auf der Ordinate von A 5 liegt — zufällig — der Wende- punkt V 2 , und man ersieht aus der in Fig. 52) mit der Ziffer 5 bezeichneten Curve, daß alle Belastungen links von C 2 negative und alle Belastungen rechts von diesem Punkte positive Biegungsmomente in dem Punkte A 5 erzeugen. 4) Jeder Punkt A der Linie B n B n+1 theilt die Oeffnung l n in zwei Strecken, deren Belastungen abscheerende Kräfte von entgegengesetzten Richtungen in dem Punkt A erzeugen. Die Maxima der abscheerenden Kräfte werden also hervorgerufen, wenn eine jener beiden Strecken von der größtmöglichen Last bedeckt ist. 5) Die Fig. 52) giebt das Mittel, um die Maxima der positiven und negativen Biegungsmomente, welche von einer Belastung p pro Längeneinheit erzeugt werden können, zu bestimmen, denn diese Maxima sind offen- bar proportional den Flächen, welche zwischen den Cur- ven der Fig. 52) und der Abscissenachse liegen; z. B. ist das positive Maximalmoment in dem Punkte A 1 pro- portional der positiven Fläche — oberhalb der Abscissen- achse — zwischen der Curve 1 1 … und der Achse B n B n+1 und das negative Maximalmoment jenes Punktes ist proportional der Fläche unterhalb der Achse. Jene Flächen in Fig. 52 sind mit dem Planimeter ge- messen und ihre Werthe als Ordinaten in Fig. 53) zu einer graphischen Darstellung zusammengestellt. Da die Maximalmomente zwischen N n und O n bei voller Be- lastung der ganzen Länge l n eintreten, so ist der Cur- venzweig J D 3 K eine Parabel, und zwar ein Theil der Curve E 0 D 3 E 6 , welche die Biegungsmomente bei voller Belastung der Oeffnung graphisch darstellt Macht man (Fig. 53) G H = 4/3 H D 3 , so erzeugt die Bela- stungsfläche E 0 G E 6 dieselben Auflagerdrücke, wie die Parabelfläche E 0 D 3 E 6 ; die Wendepunkte der Biegungscurve, welche der Belastungs- fläche E 0 G E 6 entsprechen, müssen in den Verticalen der Wendepunkte U 3 und V 3 in Fig. 50 und 51 liegen. Ferner folgt aus den Betrach- tungen, welche den Figuren 40 und 41 zu Grunde liegen, daß die Geraden E 0 D 3 und E 6 D 3 in Fig. 53) durch die Fixpunkte N n und O n gehen müssen. Diese Bedingungen sind als Controle für die Richtig- keit der Zeichnung benutzt. . Die Curvenzweige B n D 1 J und K D 5 B n+1 ergeben die positiven Maximalmomente für den übrigen Theil der Oeffnung. Diese Curven tangiren die Abscissenachse und die Parabel E 0 D 3 E 6 und können ohne erheblichen Fehler als Parabeln gezeichnet werden, deren verticale Achsen durch die Stützpunkte gehen. Die Ordinaten der Curve E 0 E 1 N n und O n E 5 E 6 ergeben die negativen Maximalmomente. Diese Curven tangiren ebenfalls die Abscissenachse und die Parabel E 0 D 3 E 6 und können als Parabeln gezeichnet werden, deren verticale Achsen durch die Fixpunkte N n und O n gehen. In Fig. 54) sind nach Anleitung der Fig. 49) die ab- scheerenden Kräfte construirt, welche innerhalb der n ten Oeff- nung erzeugt werden, wenn eine Einzellast von der Größe A 0 D 0 in einem der sieben Theilpunkte der n ten Oeffnung des im Uebrigen unbelasteten Trägers angebracht wird. Die Curve D 0 A 6 theilt die von den Ordinaten A D dargestellten Belastungen in die beiden Theile A F und D F , welche die ab- scheerenden Kräfte links und rechts von dem belasteten Punkte darstellen. Beachtet man, daß die Curve D 0 A 6 für einen nicht continuirlichen, an seinen Enden frei unterstützten Träger in die gerade Linie D 0 A 6 übergeht, so erkennt man aus Fig. 54) leicht den Einfluß der Continuität in Bezug auf die Bildung der abscheerenden Kräfte. Mit Hülfe dieser Figur lassen sich ferner die Maxima der von einer continuirlichen Belastung erzeugten abscheerenden Kräfte bestimmen. Diese Maxima treten ein, wenn eine der beiden Strecken zwischen dem betrachteten Punkte und den zwei Nachbarstützen von der Last bedeckt ist. Wird die Belastung pro Längeneinheit durch die Ordinate A 0 D 0 dargestellt, so sind, wenn z. B. die Maxima der ab- scheerenden Kräfte für den Punkt A 2 bestimmt werden sollen, A 0 D 0 D 2 A 2 und A 2 D 2 A 6 D 6 die in Frage kommenden Belastungsflächen, und die abscheerende Verticalkraft wird im ersten Falle von der Fläche + D 0 D 2 F 2 und im zweiten Belastungsfalle von der Fläche — A 2 F 2 A 6 dargestellt. Zwischen diesen beiden Grenzen variirt die von der beweg- lichen Belastung der n ten Oeffnung in dem Punkte A 2 er- zeugte abscheerende Verticalkraft. In Fig. 55) wird die erstere Fläche durch die Ordinate A 2 G 2 und die Fläche A 2 F 2 A 6 durch die Ordinate A 2 H 2 dargestellt. Indem auch für die übrigen Theilpunkte die entsprechenden Flächen berech- net und als Ordinaten aufgetragen wurden, entstanden die Curven A 0 G 6 und H 0 A 6 . Zur Vervollständigung der Dar- stellung wurden die beiden geraden Linien A 0 J 6 und K 0 A 6 aufgetragen, deren Ordinaten die Größen der Belastungen darstellen, von welchen jene abscheerenden Kräfte erzeugt wer- den. Wenn also der Anfangspunkt der mobilen Belastung von A 0 nach A 6 sich bewegt, so wächst die Belastung der Oeffnung wie die Ordinate der geraden Linie A 0 J 6 , und die abscheerende Verticalkraft im Anfangspunkt der Last wie die Ordinate der Curve A 0 G 6 ; die Gerade A 6 K 0 und die Curve A 6 H 0 geben dieselbe Darstellung für den Fall, daß der Anfangspunkt der Last von A 6 nach A 0 sich bewegt. In der Regel wird es genügen, die beiden abscheerenden Kräfte über den Stützen Mohr , Beitrag zur Theorie der Holz- und Eisen-Constructionen. zu bestimmen und die Curven A 0 G 6 und H 0 A 6 als Para- beln zu zeichnen, von denen sie wenig abweichen. Legt man in Fig. 53) Tangenten an die Punkte E 0 und E 6 der Para- bel E 0 D 3 E 6 , so sind die Werthe von für diese Tan- genten gleich den oben mit V n und V n+1 bezeichneten ab- scheerenden Kräften. Jene Tangenten schneiden in Fig. 53) die Ordinate H G in einem Punkte, welcher um von dem Punkte H absteht. Daher ist und oder, wenn man die Werthe von M n und M n+1 aus Glei- chung 33 und 34 einsetzt: 40) 41) . Für einen frei unterstützten Träger sind bekanntlich die Curven A 0 G 6 und H 0 A 6 Parabeln und die Werthe Die Bestimmung der größten Biegungsmomente und ab- scheerenden Verticalkräfte, welche in irgend einem Punkte der n ten Oeffnung von Belastungen der übrigen Oeffnungen erzeugt werden, hat keine Schwierigkeit, denn es geht aus dem Vorhergehenden hervor, daß es erforderlich ist, jede der ande- ren Oeffnungen entweder ganz oder gar nicht zu belasten, um in einem Punkte der n ten Oeffnung das Maximum des Bie- gungsmoments oder der abscheerenden Verticalkraft hervorzu- rufen. Nach Anleitung der folgenden Tabelle lassen sich leicht diejenigen Belastungsfälle formiren, welche in einem Punkte der n ten Oeffnung die beiden Grenzwerthe des Biegungsmo- ments und der abscheerenden Verticalkraft erzeugen. Graphische Bestimmung der Biegungsmomente für einen continuirlichen Träger von variablem Querschnitt. Für einen Träger von constantem Querschnitt ist die Lage der Kräfte U, V, W und das Verhältniß U n : V n : W n = 3 M n : 4 M n : 3 M n+1 von vornherein bekannt. Ist da- gegen der Querschnitt des Trägers nicht constant, so müssen die Lage und die relative Größe jener Kräfte bestimmt werden, bevor das Polygon der elastischen Linie construirt werden kann; alle übrigen Operationen bleiben dieselben wie für einen Träger von constantem Querschnitt. Es wird daher genügen, die auszuführenden Constructionen an einem Beispiel zu erklären. Die Figuren 56 bis 64 Blatt 400 beziehen sich auf einen Träger über zwei Oeffnungen von 64 Meter Weite. Der Längenmaaßstab ist 1 : 1000 und Fig. 56) enthält unter der Linie B 1 B 2 die Darstellung der Trägheitsmomente des Trä- gerquerschnitts für die erste Oeffnung in dem Maaßstabe: 1 Centimeter = 1 Meter 4 . In Fig. 58) ist mit Hülfe der Fig. 57) (vergl. Fig. 20 und 22) das Seilpolygon vom Hori- zontalzug E construirt, dessen Belastung von (Fi- gur 56) gebildet wird. Der Schnittpunkt E der beiden äußer- sten Polygonseiten ergiebt den Angriffspunkt der Kraft V 1 . In derselben Weise ergeben die Fig. 59 — 61) die Lage der Kraft W 1 . Da wegen der symmetrischen Form des Trägers die Kräfte W 1 und U 2 gleich groß sind und zur Mittelstütze symmetrisch liegen, so geht ihre Mittelkraft durch die Mittel- stütze. Aus Fig. 62), in welche die Lagen von W 1 und U 2 nach Fig. 61) eingetragen sind, findet man demnach die Lage des Fixpunktes N 2 . In Fig. 63 ist angenommen, daß nur die erste Oeffnung gleichmäßig belastet sei, und zwar ist das Seilpolygon B 1 C B 3 so aufgetragen, daß V 1 und daher auch M 1 dieselben Größen erhalten, wie in den Fig. 56 und 58. Da bei horizontaler Stützenlage das Seilpolygon B 1 F G B 3 der Kräfte W 1 und U 2 Den Kräften W 1 und U 2 ist zur Vereinfachung der Zeichnung die Richtung von Oben nach Unten gegeben. über der Mittelstütze eine ebenso große Ordinate B 2 D 4 Quanz , Beschreibung des eisernen Oberbaues der Chausseebrücke über die Ise zu Gifhorn etc. haben muß, wie das Seilpolygon B 1 C B 3 , so findet man mit Hülfe des Fixpunktes E 2 die Lage der Polygonseite B 3 G und darnach die beiden andern Seiten F G und B 1 F . Die Seite F G muß horizontal gerichtet sein, weil die beiden Kräfte W 1 und U 2 gleich groß sind; daher wäre in diesem Falle die Construction der Fixpunkte N 2 und E 2 gar nicht erforderlich gewesen; sie dient jedoch zur Controle der Zeich- nung. In Fig. 63) wird die Größe der Kräfte W 1 und U 2 durch die Länge H L dargestellt. Da nach Fig. 59 und 61) P L = W 1 = U 2 = 47,3 Millimeter wird, wenn B 2 J = M 2 = 25 Millimeter ist, so ist in Fig. 63) P L = 47,3 Millimeter P M = 25 „ aufgetragen. Daraus ergiebt sich die Größe von M 2 , welche der Kraft U 2 = H L entspricht: M 2 = K H = 9,6 Millimeter. In Fig. 64) sind die Biegungsmomente für den in Fig. 63) behandelten Belastungsfall dargestellt. M 1 ist, wie in Fig. 56), gleich 18,8 Millimeter; M 2 , wie in Fig. 63), gleich 9,6 Millimeter aufgetragen. Es ist demnach, wenn nur die erste Oeffnung belastet ist, Wenn dagegen beide Oeffnungen belastet sind, so ist der Symmetrie wegen Lage der Fixpunkte N und 0 für continuirliche Träger von variablem Querschnitt. Es könnte — ohne besondere Untersuchung — fraglich erscheinen, ob die Fixpunkte N und O für Träger von vari- ablem Querschnitt dieselben Eigenschaften besitzen, welche im Vorhergehenden für Träger von constantem Querschnitt nach- gewiesen sind. Man überzeugt sich jedoch leicht, daß unter den oben näher bezeichneten Umständen auch bei variablem Querschnitt die Wendepunkte der Biegungscurve mit den Fix- punkten N oder O zusammenfallen. Wenn z. B. nur links von der n ten Oeffnung Belastungen auf den Träger einwirken, so ist mit Bezug auf Fig. 65), welche das Seilpolygon der Kräfte U n und W n darstellt, daher ebenso wie für einen Träger von constantem Quer- schnitt: Beschreibung des eisernen Oberbanes der Chausseebrücke über die Ise zu Gishorn und der daselbst mit verschie- denen Steinplatten angestellten Zerdrückungs-Versuche; vom Wegbau-Conducteur Quantz zu Lüneburg. Einleitung. Die in der Lüneburg-Braunschweiger Chaussee vor dem Celler Thore der Stadt Gifhorn belegene Brücke über die Ise wurde im Jahre 1864 mit einem eisernen Oberbau ver- sehen, dessen Fahrbahn aus Steinplatten mit einer Theer- Concretdecke besteht und vielleicht in einigen Theilen etwas Neues auf dem Gebiete des Brückenbaues enthält, weshalb im Nachfolgenden eine kurze Mittheilung über die gewählte Construction gegeben werden soll. Die hierbei vorkommenden Maße und Gewichte sind, wo es nicht anders besonders bemerkt ist, die hannoverschen. Die bisherige, vor etwa 50 Jahren erbauete alte Brücke hatte zwei massive, auf Pfahlrosten gegründete Ufervorsetzungs- Mauern mit schrägen Flügeln aus Bruchsteinmauerwerk mit einer Verblendung von 6 Zoll dicken Velpker Sandsteinplatten, welche durch eben solche Binderplatten und eiserne Anker mit dem hintern Mauerwerke verbunden sind. Dieselben haben sich nach näherer Untersuchung in einem völlig befriedigenden Zustande erhalten, so daß man es für unbedenklich halten durfte, solche bei der beabsichtigten Er- neuerung des Oberbaues beizubehalten. Der alte Oberbau bestand aus starken, runden, tannenen Balken, deren Tragfähigkeit noch durch eine leichte Spreng- werks-Construction vermehrt wurde, und einem eichenen Boh- lenbelage mit Klotzplaster. Bei der Bearbeitung des neuen Projects ging man von der Ansicht aus, daß es in Rücksicht auf die große Vergäng- lichkeit des Holzes bei freistehenden Bauten und die in Folge häufiger Erneuerungen und Reparaturen der Holztheile (be- sonders der Fahrbahnbohlen bei Chausseebrücken) eintretenden Störungen des in der Nähe der Stadt Gifhorn nicht uner- heblichen öffentlichen Verkehrs zweckmäßig und wünschenswerth sei, jegliches Holzwerk in der zu wählenden Construction zu vermeiden. Die geringe Ueberhöhung der anschließenden Straßen- strecken über den höchsten Wasserstand der Ise bedingte ferner, die Fahrbahn der Brücke so tief als möglich zu legen. Aus diesen Gründen entschied man sich dafür, die Brücken- öffnung mittelst eines eisernen, aus zwei Hauptlängsträgern, kleineren auf den untern Gurtungen der Längsträger ruhenden Querträgern und zwischen diesen eingespannten, noch kleineren Zwischenlängsträgern bestehenden Oberbaues zu überspannen und die einzelnen, von diesem Trägersysteme gebildeten und verbleibenden Oeffnungen oder Fache mit Steinplatten von entsprechender Größe und Stärke zu schließen. Band XIV. Zeitschrift des Archit.-u. Jngenieur-Vereins. Blatt 397. Band XIV. Zeitschrift des Archit.-u. Jngenieur-Vereins. Hof-Steindr. d. Gebr. Jänecke. Blatt 398. Band XIV. Zeitschrift des Archit.- u. Jngenieur-Vereins. Blatt 399. Hof-Steindr. d. Gebr. Jänecke. Band XIV. Zeitschrift des Archit.-u. Jngenieur-Vereins. Hof-Steindr. d. Gebr. Jänecke. Blatt 400.