Vom Schönen der Natur, wird jeder Sinn entzückt, Doch noch mehr der Verstand, der Gott darinn erblückt. Sysang Jc. Herrn B. H. Brockes , L. weil. Rathsherrn der kaiserlichen freyen Reichsstadt Hamburg, Physikalische und moralische Gedanken uͤber die drey R eiche der N atur, Nebst seinen uͤbrigen nachgelassenen Gedichten, als des J rdischen V ergnuͤgens in GOTT Neunter und letzter Theil. Mit Koͤnigl. Poln. und Churfl. Saͤchs. allergnaͤdigster Freyheit. Hamburg, bey Georg Christian Grund , und in Leipzig bey Adam Heinrich Holle , 1748 . Vorbericht. D a wir den Beschluß aller Ge- dichte des seligen Herrn Brockes liefern; so sind wir voͤllig uͤberzeugt, daß durch das Ab- leben des Verfassers die Hochachtung noch nicht vermindert ist, welche der vernuͤnftigste Theil unserer Landesleute * 2 jeder- Vorbericht. jederzeit fuͤr die lautere Absicht seiner erbaulichen Muse gehabt hat. Seine Verdienste um die Menschheit, um die Sittenlehre, und um die Verbreitung eines vernuͤnftigen und begreiflichen Gottesdienstes, sind viel zu groß, als daß selbige bereits bey der Ablegung des Jrdischen in Vergessenheit kommen sollten. Sie haben vielmehr einen sichern Anspruch auf die Nachwelt; und unsere kuͤnftigen Buͤrger werden sie noch mit einer groͤßern Ehrerbie- tung nennen, als vielleicht viele ge- than, die Zeugen seiner wahren Groͤße gewesen, und entweder aus einem bloͤden Verstande oder einer schlaͤfri- gen Vorbericht. gen Gleichguͤltigkeit derselben nicht das gehoͤrige Opfer der Hochachtung gewidmet haben. Wenn die vielfaͤltige Anfrage nach der Ausgabe dieses neunten Theils uns gewiß schließen laͤßt; so versprechen wir demselben eben die gute Aufnahme, welche die vorhergehenden gehabt haben. Man hat hiezu um so vielmehr Hoff- nung, da der geneigte Leser allhier die- jenigen Gedichte findet, welche in des sel. Brockes Schriften hin und wieder ver- sprochen sind; er folget darinnen haupt- saͤchlich den Werken des Schoͤpfers in ihren Gaͤngen, und besinget die soge- * 3 nann- Vorbericht. nannten drey Reiche der Natur, physikalisch und moralisch. Die erste Anlage zu denselben ist bereits in der Zeit geschehen, da die Muse unsers beruͤhmten Dichters in ihrer ersten Schoͤnheit und in ihrem staͤrksten Feuer war. Es gehet den Dichtern, wie den Frauenzimmern: Wenn die Bluͤthe ihrer Schoͤnheit uns unerwar- tet und heftig ruͤhret, so verursacht die Reife derselben, daß wir ihre zuruͤckgebliebenen Zuͤge noch bewun- dern und verehren. Schon im Jahre 1723 wurde der Sonntag zu dieser Arbeit bestimmet. Jn denen Stunden, welche Vorbericht. welche gemeiniglich andere mit schnoͤden Ergetzlichkeiten oder wohl gar mit einer sogenannten Sabbathschaͤnderey, in der Stadt und auf ihren Gaͤrten verschwen- den, belehrte und vergnuͤgte der Ver- fasser sich selbst aus dem Buche der Nà- tur, wenn er sich vorher in der Ver- sammlung der Christen aus dem Bu- che der Offenbarung unterrichten lassen. Diese wuͤrdige Beschaͤfftigung wurde fortgesetzt, wenn keine zufaͤllige Um- staͤnde dieselbe unterbrachen. Allein, solche kommen sehr oft; und der Herr Brockes mußte die ruhigen Augenbli- cke, welche er fuͤr sich ausersehen hatte, * 4 man- Vorbericht. mannichmal den Besuchen und zuwei- len sehr entbehrlichen Gegenbesuchen oder andern Zerstreuungen uͤberlassen, die ein allzu gefaͤlliges Ceremoniel fuͤr Seelen, die sich selbst beschaͤfftigen koͤnnen, eingefuͤhret hat. Jndessen nahm doch das Werk nach und nach zu, daß be- reits verschiedene der wichtigsten Stuͤcke in die ersten Theile des irdischen Ver- gnuͤgens in Gott, konnten eingeruͤcket werden. Hieher gehoͤren: die Son- ne, der Regen, das Wasser, die Berge und das Feuer, im ersten Theile; und die Erde, die Luft, die fuͤnf Sinne, im zweyten Theile. Des Ver- Vorbericht. Verfassers Absicht war, diese Gedichte nur den besagten Theilen geliehen zu ha- ben, und sie bey der Ausgabe des ge- genwaͤrtigen, wieder an Ort und Stelle, einzuschalten. Nach seinem Tode hat man dieses unterlassen wol- len; theils, weil sie sich bereits in so oft wiederholten Auflagen befinden und in jedermanns Haͤnden sind; theils aber, weil dieser letzte Theil in einem andern Verlage ans Licht tritt, um dadurch von der Anklage frey zu bleiben, als wenn man einen Eingriff in des andern sein Eigenthum gethan haͤtte. Es ist zu wuͤnschen, daß diejenigen, welche et- * 5 wan Vorbericht. wan mit einem diebischen Nachdrucke die- ses Theils schwanger gehen, auf eben so billige Gedanken gerathen moͤgen, wo ihnen anders ihre niedertraͤchtige Hab- sucht, und ihr gewoͤhnliches Gewerbe, noch so viele Faͤhigkeit gelassen hat. Wenigstens werden sie uns das Ver- gnugen machen, diese beylaͤufige Erinne- rung mit nachzudrucken. Was den Jnhalt dieses Werks uͤber- haupt betrifft, so gehet der erbauliche Dichter darinnen zuerst mit seinen Gedanken in das Mineralreich. Er beschreibet uns die verschiedenen Schaͤtze, so die Erde in ihrem Schooße zum Nu- tzen Vorbericht. tzen und Vergnuͤgen der Menschen er- zeuget und enthaͤlt; und er lehret, wie nothwendig solche uns, wenn wir sie nur menschlich gebrauchen, zu einer ehr- erbietigen Erkenntlichkeit gegen den großen Schoͤpfer und guͤtigen Geber der- selben, antreiben muͤssen. Hierauf wird die Oberflaͤche der Welt sein Gegen- stand. Er zeiget, was sich sowohl im Pflanzen - als Thierreiche, unsern Sinnen darbeut, und wie es uns an eben die dankbaren Pflichten erinnert. Da das Herz des seligen Mannes voll uͤberzeugender Gedanken von der Maje- staͤt und Hoheit seines Schoͤpfers war; so Vorbericht. so ist auch hier, wie in allen seinen Schriften, die Absicht, daß die wahren Menschen mit ihm zusammen treten, und denselben erkennen und anbeten sollen. Es ist gewiß, daß dieses Werk noch viel ausfuͤhrlicher gerathen waͤre, wenn es der Vorsehung gefallen, das Ziel sei- ner Tage weiter hinaus zu setzen. Der geneigte Leser wird solches absonderlich bey den Gedanken uͤber das Thierreich bemerken. Damit aber dieser Band den vorigen gleich seyn moͤchte; so hat man aus den nachgebliebenen Hand- schriften mit einer sorgfaͤltigen Auf- merk- Vorbericht. merksamkeit solche Stuͤcke gewaͤhlet, wel- che dem Jnhalte des irdischen Vergnuͤ- gens in Gott, voͤllig gemaͤß; und zu- gleich sind in einem Anhange einige vor- gefundene Sinngedichte, und der ruͤh- rende Schwanengesang, hinzugefuͤ- get worden. Anfaͤnglich war man gesonnen, die- sen Gedichten eine Beschreibung von dem wuͤrdigen Leben und Charakter ihres verewigten Verfassers voranzuse- tzen: Allein, da solches das Buch fast bis auf die Haͤlfte vergroͤßert haͤtte; so wird man dieselbe naͤchstens in einem beson- dern Baͤndchen liefern, und sich bemuͤhen, dem Vorbericht. dem anhaltenden Verlangen der Vereh- rer des seligen Brockes ein Genuͤge zu leisten. Geschrieben, Hamburg den 24 April 1748. Z. Betrach- Betrachtungen uͤber die drey Reiche der Natur. Q uell der tiefen Ewigkeiten! Jn dir selbst verborgner Gott! Kreis und Mittelpunkt der Zeiten! Wahres All! Herr Zebaoth! Dessen all belebend Glaͤnzen Jn den unumschraͤnkten Grenzen, Denen End und Ursprung fehlt, Unbegreiflich sich verhehlt. Alles, was die Welt erfuͤllet, Jst durch dich hervorgebracht, Alles Koͤrperliche quillet Aus den Tiefen deiner Macht; Geist, der Geistern Geist und Leben, Kraͤft’ und Wesen hat gegeben; Gott, der ewig wirkt und schafft! Ewige Bewegungskraft! A Lieget Betrachtungen Lieget dein selbststaͤndigs Glaͤnzen, Das die Ewigkeit erfuͤllt, Gleich im Licht, das ohne Grenzen Undurchdringlich ist, verhuͤllt; Sieht man dennoch deine Spuren Jn der Welt der Kreaturen. Diese, da sie gar zu schoͤn, Will ich, dir zum Ruhm, besehn. Ohne die erschaffnen Werke, Die dein Allmachtswort verband, Waͤr uns Liebe, Weisheit, Staͤrke Einer Gottheit unbekannt. Sie allein, wenn sie uns ruͤhren, Koͤnnen uns zum Schoͤpfer fuͤhren; Sie sind Wege, worauf man Sich der Gottheit naͤhern kann. Der, der allen Raum erfuͤllet, Hat, bloß uns zum Nutzen nur, Sein unendlich Licht verhuͤllet Jn dem Flor der Kreatur. Sonnen, Welten, Koͤrper, Geister Offenbaren ihren Meister; Sie erklaͤren beyderley, Daß, ja gleichsam was, er sey. Herr, erleuchte mein Gemuͤthe! Zuͤnd in mir dein Feuer an, Daß ich deine Macht und Guͤte Sehn, verstehn und preisen kann, Tilge der Gewohnheit Staͤrke! Weil die groͤßten Wunderwerke Jhr verdickter Nebel deckt, Und vor unserm Blick versteckt. Koͤnig- uͤber die drey Reiche der Natur. Koͤnigreiche zu gewinnen, Jst bey weitem das nicht werth, Als wenn man Leib, Seel und Sinnen Auf des Hoͤchsten Werke kehrt. Nur nach Pracht und Geld zu gaffen, Sind wir Menschen nicht geschaffen, Weil, beym groͤßten Gut und Stat, Keine Seele Ruhe hat. Aber wenn ich aller Dinge Ordnung, Menge, Groͤß’ und Pracht Seh’, erwaͤg’, und den besinge, Der sie durch sein Wort gemacht; Deucht mich, daß mein Herz verspuͤret, Da es thut, was ihm gebuͤhret, Wie ein neues Freudenlicht Durch die Nacht der Schwermuth bricht. Darum wend ich meine Sinnen Auf die Koͤrper, die wir sehn, Nicht so sehr, was sie von innen, Und ihr Wesen zu verstehn; Nein, die Unempfindlichkeiten Der Gewohnheit auszureuten, Daß wir, wie sonst nicht geschehn, Sehen moͤgen, was wir sehn. Daß wir, unserm Gott zum Preise, Das, was er auf dieser Welt, Auf so wunderbare Weise, Uns zum Besten dargestellt, Moͤgen merken, sehn und hoͤren, Jhn in unsern Freuden ehren, Und nicht mehr, wie Thier und Stein Blind und unempfindlich seyn. A 2 Alle Betrachtungen Alle Dinge, groß und kleine, Fluͤßig, trocken, weich und hart, Thiere, Pflanzen, Holz und Steine Zeigen Gottes Gegenwart. Jn den Gruͤnden, auf den Hoͤhen Jst des Schoͤpfers Kraft zu sehen; Auch im kleinsten Koͤrnchen Sand Wird die Allmachtshand erkannt. Um in solcher Zahl vor allen Einer Ordnung nachzugehn; Laßt uns erstlich die Metallen, Sammt der Steine Reich, besehn: Dann der Pflanzen Heer betrachten: Endlich auf das Thierreich achten. Denn in Pflanzen, Thier und Stein Theilt, was koͤrperlich, sich ein. Das uͤber das Reich der Metalle. Das Reich der Metalle . A lles wird Metall genennet, Welches hart, dicht, schwer und fest, Schmilzt, und nicht im Feur verbrennet, Was sich streckt, und dehnen laͤßt Durch des schweren Hammers Schlaͤge; Was geschmeidig zum Gepraͤge, Und was aus dem finstern Schacht Wird, mit Muͤh, ans Licht gebracht. Von Gewaͤchsen und von Thieren Unterscheidet sich Metall; Denn, da jene sich formiren Bilderfoͤrmig uͤberall, Sehn wir, daß sie in der Erden Ohne Form gebildet werden, Folglich, was man sonst auch spricht, Zeuget sichs aus Samen nicht. Der Metallen Nutz und Menge Wollen wir hernach besehn. Laßt uns erstlich in die Gaͤnge Eines tiefen Bergwerks gehn, Und beschaun, wie in der Erde Ein Metall gezeuget werde! Salz und Schwefel scheint allein Jhres Ursprungs Stoff zu seyn. A 3 Wie Betrachtungen Wie die neuern Weisen sagen, Scheint die Zeugung wunderschoͤn, Etwan so sich zuzutragen, Und wie folget, zu geschehn. Duͤffte, die gezeuget werden Jn dem Mittelpunkt der Erden, Und von dannen aufwerts gehn, Machen, daß Metall’ entstehn. Solch ein Dufft trifft in den Kluͤften Allerley Partikeln an Von verschloßnen groben Luͤften, Womit er sich mischen kann. Diese werden dadurch besser, Ein metallisches Gewaͤsser, Welches, in verschiednem Grad, Kleinre Theil’, als Wasser, hat. Jn der lockern Erden Gruͤnden, Wenn sie sich mit Thon und Sand, Auch mit Salz und Schwefel binden Und, nachdem ihr Gegenstand, Sich durch krumme Wege lenken, Jn so manche Form sich senken, Werden sie gepreßt, gedruͤckt, Fest vereinigt und verstrickt. Durch die Menge krummer Ecken, Die sich auf so manche Art Jn und durch einander strecken, Werden sie so fest gepaart; Denn, da sie sich so vermischen, Bleibt kein leerer Platz dazwischen. Hievon koͤmmt es, daß ein Stein Und Metall so daurhaft seyn. Diese uͤber das Reich der Metalle. Diese feste Koͤrper alle Theilt man in fuͤnf Arten ein; Jn Metall, in halb Metalle, Und in Erde, Salz, und Stein. Die wir all’ in tiefen Gruͤnden, Als in ihren Muͤttern, finden. Lasset uns denn weiter gehn, Und sie, nach der Reih, besehn. Die Metallen anzuweisen, Sind dieselben sechserley: Gold und Silber, Kupfer, Eisen, Und, nebst diesen, Zinn und Bley. Die vorzeiten lauter Namen Von den Goͤttern uͤberkamen; Daher noch die heutge Welt Manchen Jrrthum unterhaͤlt. Das Gold. ☉ Gold hieß Sol. Will man ergruͤnden, Was davon die Ursach sey; Wird man anders keine finden, Als nur: Gelb scheint beyderley. Silber mußte Luna heißen, Bloß, weil beyde weißlicht gleißen. Daß all andre Gleichheit Tand; Jst nunmehro gnug erkannt. Man sagt, weil das Gold auf Erden (So, wie durch der Sonnen Glut Viele tausend Wunder werden) Auch viel tausend Wunder thut, Ließ es sich auch wohl vergleichen; Doch man irrt, die Wunderzeichen, Die durch Gold gewirket seyn, Zeugt ein Zufall, sind ein Schein. A 4 Da Betrachtungen Da der Sonnen Stral hingegen Wahre Wunder wirkt und zeugt, Und, mit Waͤrme, Licht und Segen, Alle Kreaturen saͤugt. Nichts koͤnnt ohne sie geschehen: Alles sonder Gold bestehen. Gold ist in der Arzeney Meistens auch Betriegerey. Stralende, verborgne Kraͤfte Sollen in dem Golde seyn: Aber Stralen, Balsam, Saͤfte Sind nur Grillen, Tand und Schein. Weil das Gold in irdschen Dingen Allen Mangel kann bezwingen; Daher koͤmmt es, daß die Welt Gold fast fuͤr allmaͤchtig haͤlt. Gold ist ein Metall, das dichte, Gelb, gezuͤge, wohl vereint, Von ausnehmendem Gewichte, Das sehr helle glaͤnzt und scheint, Welches in der Erd entsprießet, Durch die Hitze schmilzt und fließet, Und wenn mans ins Feuer legt, So Capell als Test ertraͤgt. Welches Erzt nun nicht, in allen, Diese Eigenschaften hat, Jst, im Reiche der Metallen, Jmmer im geringern Grad. Sonderlich wird nichts gefunden, Dessen Theile so verbunden; Denn die Daur im Gold allein Schaͤtzt man hoͤher, als den Schein. Eh uͤber das Reich der Metalle. Eh wir bey dem Nutzen bleiben, Lasset uns, so wie das Gold, Auch das Silber erst beschreiben, Dem die Welt nicht minder hold. Diese zwey sind ihre Goͤtter, Jhre Zuflucht und Erretter. Gold und Silber wird geacht’t, Und auf Gott wird kaum gedacht. Das Sil- ber. ☽ Silber, wenn es auserlesen Und von allem Zusatz rein, Jst ein weiß metallisch Wesen, Helle, wie des Mondes Schein. Das geziehg’ ist, und doch klinget, Hart, doch wenn’s die Glut durchdringet, Schmilzt es: doch ist es so fest, Und ertraͤgt, wie Gold, den Test. Ob nun gleich in Arzeneyen Gold und Silber wenig nuͤtzt, Und es meistens Pralereyen, Was die Meynung unterstuͤtzt; Dennoch ist es kaum zu glaͤuben, Und nicht moͤglich, zu beschreiben, Was fuͤr Gutes auf der Welt Wird gewirkt durch Gold und Geld. Koͤnnte wohl auf dieser Erden Der nie gnug geruͤhmte Fleiß Besser angespornet werden, Als durchs Geldes Werth und Preis? Nichtes koͤnnte man erdenken, Das, Verdienste zu beschenken Und zu reizen mehr und mehr, Besser und geschickter waͤr. A 5 Aller Betrachtungen Aller Menschen Werk und Wandel Waͤr in mindrer Sicherheit; Schiffahrt, Kaufmannschaft und Handel Faͤnden groͤßre Schwierigkeit; Schweiß und Witz wird keiner wollen Dem gemeinen Besten zollen: Waͤre nicht das liebe Gold Aller Muͤh erwuͤnschter Sold. Die Begierde reich zu werden Zeugt zwar manches Bubenstuͤck: Geiz verursacht auf der Erden Ungezaͤhltes Ungeluͤck: Aber koͤnnt in unserm Leben Den Gebrauch ein Misbrauch heben; Muͤßt auch Feuer, Stahl und Wein Aus der Welt verbannet seyn. Eine Prob’ hievon zu geben, Wie das Geld so noͤthig sey, Lasset uns nur einst das Leben Und die rauhe Barbarey Aller Voͤlker recht betrachten, Die kein Gold, kein Silber achten! Welch ein Leben fuͤhren sie? Gleichen sie nicht fast dem Vieh? Nur fuͤr Speis und Trank zu sorgen, Brauchen sie allein Verstand: Kuͤnste sind daselbst verborgen, Weisheit ist dort unbekannt. Es besteht all ihr Verlangen Etwan in ein Wild zu fangen, Keiner kennt dort Sicherheit, Wohlstand und Bequemlichkeit. Spraͤche uͤber das Reich der Metalle. Spraͤche man: ja, wer hienieden Wenig noͤthig hat, ist reich: Sie sind arm zwar, doch zufrieden, Und, beym Golde, fehlt dieß euch. Sag ich: solche Ruh zu waͤhlen, Die ein Grab der Kraft der Seelen, Und ihr bestes Theil ihr raubt; Jst uns Menschen nicht erlaubt. Wer auf solche Weise lebet, Jst den Thieren voͤllig gleich. An dem, der sich nicht erhebet, Und erwaͤgt, wie gnadenreich Gott in allen seinen Werken, Jst nichts Menschliches zu merken, Und zu solcher Froͤmmigkeit Fehlts dort an Gelegenheit. Jeder, ders erwaͤget, findet, Daß, auf Erden, bloß das Geld Menschliche Gesellschaft bindet, Daß sie sich zusammenhaͤlt; Geld macht, daß sich Menschen nuͤtzen, Helfen, bessern, dienen, schuͤtzen, Daß man schreibet, druckt, und lehrt, Wie man seinen Schoͤpfer ehrt. Wer will uͤbers Gold denn klagen? Und wer kann mit Recht und Fug Noch nach mehrerm Nutzen fragen? Dieser Nutz ist groß genug. Wie durchs Feur die Luft sich reget, Wird, durch Geld, die Welt beweget; Gold und Geld treibt jedermann, Wie ein Sporn, zu wirken an. Und Betrachtungen Und dieß glaub ich, daß es liege An des Goldes Seltenheit: Haͤtt’ es jeder zur Genuͤge; Schwaͤnde seine Nutzbarkeit. Wenn ich dieses recht betrachte, Und auf die Veraͤndrung achte; Pflicht’ ich auch der Meynung bey, Daß kein Gold zu machen sey. Großer Geber aller Gaben, Herr, dem alles zugehoͤrt, Gieb, wenn wir die Nothdurft haben, Die dein’ Hand, durchs Gold, beschert, Daß wir es mit Dank empfangen, Und mit Unrecht nichts verlangen, Da du jedem. den du liebst, Sein bescheiden Theil ja giebst. Das Ku- pfer. ♀ Da wir also, Gott zu Ehren, Gold und Silber angesehn; Muͤssen wir, mit unsern Lehren, Nunmehr auch zum Kupfer gehn: Welches jenen zwar nicht gleichet, Und an ihren Werth nicht reichet, Doch, wiewohl in minderm Grad, Auch viel Herrlichs in sich hat. Es ist ein Metall, das dichte, Das sich unterm Hammer beugt, Dessen Koͤrper uns im Lichte Eine falbe Roͤthe zeigt, Das, durchs Feur geschmolzen, fließet, Da man es wie Wasser gießet: Das sehr helle toͤnt und klingt; Aber das die Glut doch zwingt. Denn, uͤber das Reich der Metalle. Denn, im Kupfer, sind die Theile Nicht so rein, so reif, so fest, Darum es sich auch in Eile Von einander scheiden laͤßt. Ja selbst kalte Feuchtigkeiten Nehmen die Beschaffenheiten Seines Wesens schleunig an, Daß man es gleich schmecken kann. Der Geschmack ist sehr verdrießlich, Welchen solch ein Wasser hegt, Und dem Koͤrper nicht ersprießlich, Weil es Brechen stets erregt. Doch, da, Oeffnung zu erwecken, Große Kraͤft’ im Kupfer stecken; Weis man, daß zur Arzeney Es nicht ohne Nutzen sey. Kupfer hat, wie schwer es scheinet, Dennoch lange solch Gewicht, Weil es nicht so fest vereinet, Wie das Gold und Silber, nicht. Merklich ists, daß, wie in allen Unvollkommenen Metallen, Auch der Rost das Kupfer frißt, Wie es klar zu sehen ist. Rost, wodurchs Metall vergehet, Wenn es nicht recht fest und rein; Wird erzeuget und entstehet Aus der Feuchtigkeit allein, Wenns bald trocken und bald feuchte, Denn kein Rost verzehret leichte Etwas, so ohn Unterlaß Trocken, oder allzeit naß. Daß Betrachtungen Daß vom Rost nun, wie wir sehen, Alle nicht versehret seyn, Scheint, wie folget, zu geschehen: Der Metallen, welche rein, Theil’ und Oeffnungen sind kleiner, Als derselben, die gemeiner, Wannenhero, wie man meynt, Sich kein Naß damit vereint. Doch mit Kupfer, Erzt und Eisen Mischt sich leicht die Feuchtigkeit, Wie es ihre Koͤrper weisen, Weil die Oeffnungen so weit; Da sich denn, durch Luft und Hitze, Hie und dort manch kleine Spitze Jn der Feuchtigkeit mit hebt Und an ihren Flaͤchen klebt. Hiedurch loͤset sich allmaͤhlig Jhr sonst festes Wesen auf, Da die Theilchen fast unzaͤhlig Sich von innen oben drauf Durch die Luft bestaͤndig regen, Die sie trennt, zu legen pflegen, Da denn, was sonst lange waͤhrt, Muͤrbe wird und sich verzehrt. Kupfer kann doch, wie wir sehen, Des verzehrnden Rostes Wut Gar viel laͤnger widerstehen, Als ein lockers Eisen thut. Kupfer muß zum Dach uns nuͤtzen Und vor Wind und Regen schuͤtzen. So zum Nutzen, als zur Pracht, Wird aus Kupfer viel gemacht. Daß uͤber das Reich der Metalle. Daß das Kupfer und das Eisen Doch mehr, als man glaubt, verwandt, Kann, mit seiner Fluht, erweisen Das bergreiche Ungerland, Als woselbst ein Bach zu finden, Der nicht nur die aͤußern Rinden, Sondern, wie ichs selbst betracht, Eisen ganz zu Kupfer macht. Doch wird Eisen nicht verwandelt, Jn der That und eigentlich. Sondern, so wird es gehandelt: Jn dem Wasser finden sich Vitriol und Kupfertheile, Das verzehrt den Stahl in Eile, Der nicht widerstehen kann, Und das Kupfer legt sich an. Was fuͤr viel und praͤchtge Sachen, Die so noͤthig, als bequem, Kann man nicht aus Kupfer machen? Es nuͤtzt und ist angenehm. Seht, durch Muͤnzen und durch Saͤulen Kann es spaͤten Ruhm ertheilen: Kurz, damit es nuͤtzen kann, Nimmt es alle Formen an. Wenn wir nun den Nutzen spuͤren Und des Kupfers Schoͤnheit sehn, Will uns Menschen ja gebuͤhren, Seinen Schoͤpfer zu erhoͤhn. Jhn, durch den in unsrer Erden Solche Schaͤtz erzeuget werden. Betet den, der alles kann, Voller Furcht und Ehrfurcht an! Da Betrachtungen Da das Kupfer nun besehen, Das Zinn. ♃ Trifft nunmehr das Zinn die Reih. Dieses, wie vordem geschehen, Heißet man noch weißes Bley. Zinn ist, wie wir oͤfter lesen, Jupitern geweiht gewesen; Wie es denn noch itzo meist Bey den Alchymisten heißt. Dieß, ein weiß metallisch Wesen, Dessen Weiß doch blaͤulich bleich, Klingt, zumal wenns auserlesen, Hat viel Jrdisches, ist weich, Laͤßt sich schmelzen, und zergehet, Wenns auf kleiner Glut nur stehet. Wie sichs auch leicht hammern laͤßt, Doch ertraͤgt es keinen Test. Zinn, wie leichtlich zu erweisen, Jst ein nuͤtzliches Metall. Zu Behaͤltern unsrer Speisen Brauchet man es uͤberall: Seine Festigkeit verhindert, Daß sich kein Geschmack vermindert; Nichts veraͤndert Kraft und Art, Wenn man es in Zinn verwahrt. Schließt denn, daß, zu seinem Wesen, Ersten Urstoff und Natur, Wenig Salz nur sey erlesen, Sondern Schwefel und Merkur: Welche nicht durch Feuchtigkeiten, So wie jener, zu bestreiten, Sondern deren Festigkeit Keine Naͤß und Wasser scheut. Ferner uͤber das Reich der Metalle. Ferner ist mit Recht zu schließen, Daß es in der Arzeney, Das Gebluͤte zu versuͤßen, Auch von großer Wirkung sey. Es vertreibet Roͤth und Hitze, Und ist also denen nuͤtze, Welchen aus dem Angesicht Manch Geschwaͤr und Blatter bricht. Weiter soll es Mutterschmerzen, Und verschiedner Krankheit Pein, Auch das Fieber von dem Herzen Zu vertreiben kraͤftig seyn. Nebst dem Schweiße, treibts gelinde Unsre Blaͤhungen und Winde. Dankt dem Gott, durch dessen Macht Auch das Zinn hervorgebracht. Das Bley. ♄ Da wir nun mit Lust besehen, Daß das Zinn so nuͤtzlich sey; Wollen wir nun weiter gehen, Und, das sogenannte Bley Jn Betrachtung auch zu ziehen, Uns mit allem Ernst bemuͤhen; Denn auch dieses Eigenschaft Von recht wunderbarer Kraft. Bley kann sehr viel Aendrung leiden, Und sein Nutz ist mancherley. Es vom Zinn zu unterscheiden, Heißt man dieses schwarzes Bley. Vormals ist es, wie wir lesen, Dem Saturn geweiht gewesen; Denn es mußt ein Jrrsternschein Aller Dinge Ursprung seyn. B Doch Betrachtungen Doch der Jrrthum ist verschwunden, Und, durch der Erfahrung Licht, Hat es sich nunmehr befunden, Daß, was hier bey uns geschicht, Durch die Sonn’ und durch die Erde Bloß allein gewirket werde: Denn ein Jrrstern hat den Schein, So wie wir, von ihr allein. Wenn man also uͤberleget, Was das Bley, und was fuͤr Kraft Sein metallisch Wesen heget, Findet man die Eigenschaft: Es hat keinen Klang, ist dichte, Von besonderem Gewichte, Grau, geziehg’, ein Feind vom Test, Ob sichs gleich leicht schmelzen laͤßt. Daß sein Urstand, Stoff und Wesen Meist Merkurius allein; Kann man gnug in Buͤchern lesen, Scheinet auch fast wahr zu seyn: Denn man findet, daß, von allen, Auch der schweresten, Metallen, Keines ihm an Schwere gleicht; Gold allein ist minder leicht. Eben wie das Gold nicht klinget, Also klingt auch dieses nicht, Da kein Ton aus beyden dringet; Doch, am Klang und am Gewicht Gleichen sich nur diese beyden, Sonst kann Gold das Bley nicht leiden, Denn es wird, koͤmmt Bley darinn, Sproͤd’, als Silber durch das Zinn. Ferner uͤber das Reich der Metalle. Ferner spuͤrt man, daß viel Erde, Nebst Merkurius, im Bley Auch zugleich gefunden werde, Und damit vermenget sey. Wenn man recht damit verfaͤhret; Wird es bald in Glas verkehret. Diese Wirkung zeiget euch Erd’ und Alkali zugleich. Was besonders wird verspuͤret, Da das Bley sich in den Test Senkt und alles mit sich fuͤhret, Was sich von ihm zwingen laͤßt. Die unedelen Metallen Sieht man mit ihm niederfallen, Da denn Gold und Silber rein, Und, vom Zusatz, sauber, fein. Jedermann wird gern gestehen, Daß das Bley sonst in der That, Wie wir naͤmlich taͤglich sehen, Tausendfachen Nutzen hat: Bildersaͤulen und Gefaͤße, Von so mancher Art und Groͤße, Werden durch die Kunst gemacht Und aus Bley hervorgebracht. Da sichs unterm Hammer strecket, Wirds auf tausend Art formirt: Daͤcher sind damit bedecket, Wasser wird durch Bley gefuͤhrt; Zum Verbinden und zum Loͤten Hat man Bley gar sehr vonnoͤthen; Eisen bindet es mit Stein, Daß die Klammern daurhaft seyn. B 2 Vieles Betrachtungen Vieles muͤßte man entbehren, Wenn die Welt das Bley nicht haͤtt’, Die uns Nutz und Lust gewaͤhren: Bleyerzt, Bleyweiß, Silberglaͤtt, Mennig, Glas, Glasur und Spiegel, Bleyasch, Formen, Model, Siegel, Honig, Balsam, Oel aus Bley, Deren Nutz so mancherley. Da das Bley von solchen Kraͤften, Und da das Metall uns auch Nuͤtzt in mancherley Geschaͤfften; Dankt dem Schoͤpfer im Gebrauch! Der uns Menschen hier im Leben Die Bequemlichkeit gegeben, Daß uns auch des Bleyes Kraft Nutzen und Ergetzen schafft. Danket Gott, der, zu den Gaben, Die, aus seiner Allmachtshand, Wir fuͤr uns empfangen haben; Uns, den denkenden Verstand, Den so edlen Geist, geschenket, Der die Kreaturen lenket, Daß sich ihrer jedermann, Wie er will, bedienen kann. Das Eisen. ♂ Auf mein Herz, auch nun das Eisen, Nach mit Lust erwognem Bley, Zu betrachten und zu weisen, Wie so groß sein Nutzen sey! Dieß, da es so hart und feste, Jst zugleich das allerbeste Und das schaͤdlichste Metall: Dieß verspuͤrt man uͤberall. Wer uͤber das Reich der Metalle. Wer kann sonder Eisen bauen? Eisen reißet alles ein; Ganze Waͤlder auszuhauen Braucht man Eisen, Fels und Stein Zwingts, es machet tausend Leichen, Nuͤtzt und schadet ganzen Reichen, Die es theils bekriegt, theils schuͤtzt, Theils verheeret, theils sie stuͤtzt. Aber alle Grausamkeiten, Blutvergießen, Tyranney, Dieser und vergangner Zeiten Marter, Mord, und Barbarey, Doͤrfer, Staͤdt’ und Land verheeren, Und das Unterst oben kehren, Jst ja nicht des Stahls Natur; Unsre Bosheit macht es nur. Ach! warum wird dieser Segen So erbaͤrmlich misgebraucht, Und, anstatt das Feld zu egen, Nur in Menschenblut getaucht! Ach, daß wir durch Stahl zerrisse n Und zerfleischet werden muͤssen! Diese Kunst und ihre Macht Hat ein Hoͤllengeist erdacht. Sonder Eisen wird auf Erden Wenig auszurichten seyn. Alles wuͤrde wuͤste werden, Alle Kuͤnste giengen ein. Dornen, Diesteln, wilde Hecken Wuͤrden alle Welt bedecken, Und man wuͤrde nirgends maͤhn, Egen, oder pfluͤgen sehn. B 3 Folg- Betrachtungen Folglich wuͤrd’ uns allen fehlen Alle Feldfrucht, Korn und Brodt, Und vermuthlich wuͤrd’ uns quaͤlen Eine stete Hungersnoth. Ja es wuͤrden alle Saͤfte Und der Erden Nahrungskraͤfte, Durch das Gras, dem Vieh allein, Aber uns nichts nůtze seyn. Steine brechen, Holz zu hauen, Das, mit Eisen, jeder kann; Garten pflanzen, Haͤuser bauen, Gieng nicht, sonder Eisen, an. Ja fast alle Dinge weisen, Was ein wohlregiertes Eisen, Oder Stahl, so einerley, Fuͤr ein nuͤtzlich Werkzeug sey. Koͤnnt ein Handwerk auch bestehen, Wo kein Eisen auf der Welt? Eisen, wie wirs klaͤrlich sehen, Jst weit noͤthiger, als Geld. Und der Erden dunkle Gaͤnge Zeugens auch in groͤßrer Menge, Welches, wenn mans recht ermißt, Abermal ein Wunder ist. Sollte Gott nicht taͤglich preisen Jeder Land- und Handwerksmann, Da er durch ein hartes Eisen Seine Kost verdienen kann? Wenn sie fruͤh ihr Werkzeug fassen, Sollt’ es keiner unterlassen; Da ers, aus so tiefem Schacht, Jhm zum Nutz, hervorgebracht. Denkt, uͤber das Reich der Metalle. Denkt, wie viel ein Jndianer Fuͤr das noͤth’ge Eisen zollt. Zahlen die Americaner Nicht das allerfeinste Gold Fuͤr das Eisen, welches ihnen Zu viel tausend Sachen dienen, Ja zur Noth und Ueberfluß Vielerley verschaffen muß? Alle Vortheil’ nun entstehen Aus desselben Festigkeit. Laßt uns denn nun ferner sehen, Wie es die Natur bereit! Diese hat, zu seinem Wesen, Solche Theilchen auserlesen, Welche lang, und nach dem Schein Fest in sich verwickelt seyn. Diese harte Theilchen machen, Daß ihr Ganz so dicht, so fest: Wobey es zu vielen Sachen Doch durchs Feu’r sich zwingen laͤßt. Daß man es, so bald es gluͤhet, Zwingt, erweichet, beugt und ziehet, Jst ein Wunder, so man wohl Merken und betrachten soll. Es ist ein metallisch Wesen, Welches leicht im Feuer gluͤht; Hart, wenn man es aufzuloͤsen, Ohne Zusatz, sich bemuͤht: Es kann keinen Test ertragen; Aber, durch des Hammers Schlagen, Wird desselben Festigkeit Mannichfaltig zubereit’t. B 4 Eisen Betrachtungen Eisen sticht, durchdringet, scheidet, Glaͤttet, feilet, heftet, hau’t, Saͤget, hobelt, oͤffnet, schneidet, Stuͤrzt, erhoͤhet, bricht und bau’t, Schließt, veraͤndert, trennt, verbindet, Ja, von allem, was man findet, Trifft man wenig Sachen an, Dran nicht Eisen was gethan. Ueberdem ist zu erweisen, Wie, auch in der Medicin, Unser obbemeldtes Eisen Uns auf manche Weise dien’. Es eroͤffnet, stopft, versuͤßet, Wenn das Blut nicht richtig fließet: Hiervon findet man die Spur Bey der edlen Stahltinctur. Sollt’ uns dieß denn nicht verbinden, Zu erhoͤh’n des Hoͤchsten Kraft, Da Er, in der Erden Gruͤnden, Uns zum Nutz, das Eisen schafft? Ja, daß er, in unserm Leben, Uns so viel Vernunft gegeben, Daß man es zu brauchen weis. Jhm allein sey Lob und Preis! Die Halb- metal- len. Laßt uns nun die Halbmetallen, Wie die ganzen, auch besehn, Und mit Lust von ihnen allen, Daß auch sie sehr schoͤn, gestehn! Diese sind, wie folgt, genennet: Lebend Silber, so stets rennet, Bismuth, Antimonium, Schwefel und Arsenicum. Die uͤber das Reich der Metalle. Die denn darinn unterschieden, Daß sie, gar durch kein Bemuͤhn, Sich, wie jene, biegen, schmieden, Noch in Stangen lassen ziehn: Sondern, allzu sproͤd und fluͤchtig; Keine Glut zu dulden tuͤchtig, Aber doch von großem Werth, Wie man’s uͤberall erfaͤhrt. Queck- silber. ☿ Jst auf Erden was zu finden, Das, wie sehr mans auch ermißt, Doch beschwerlich zu ergruͤnden, Zu verstehn, zu fassen ist, Dessen Kraft, trotz Fleiß und Sorgen, Erztverstaͤndigen verborgen; So ist es Merkurius, Den man wohl bewundern muß. Seine wunderbaren Kraͤfte, Fluͤchtig- und Beweglichkeit, Seiner fluͤßig-trocknen Såfte Seltsame Beschaffenheit, Die uns in Verwundrung setzet, Da er fließet und nicht netzet, Da er fast zu leben scheint, Leicht sich theilt, und leicht vereint. Recht wie feines Silber schimmert Dieses regen Silbers Schein, Stark gedruͤckt, wird es zertruͤmmert: Doch wie klein die Theilchen seyn, Werden sie sich immer ruͤnden, Und sich wieder schnell verbinden; Es ist fließend wie die Flut, Es ist schwer, es fleucht die Glut. B 5 Seine Betrachtungen Seine Wirkung ist unglaͤublich, Die er oft bey Kranken thut: Seine Kraͤfte nicht beschreiblich, Wie er, das schon faule Blut, Von der Faͤulniß, durch das Speyen, Wunderbar weis zu befreyen. Von der sauren Feuchtigkeit Wird der Mensch durch ihn befreyt. Ja wie herrlich und wie noͤthig Jst es nicht, wenn Fleifch und Haut Grindig, kraͤtzig, unterkoͤtig, Was man nicht ohn Grauen schaut, Machet es sehr schnell genesen, Und der Krankheit giftig Wesen Wird, durch seine rege Kraft, Bald getilgt und weggeschafft. Ja auf recht besondre Weise, Die man sieht, doch nicht begreift, Tilgt es Floͤhe, Wanzen, Laͤuse: Wenn ihr wuͤster Schwarm sich haͤuft, Daß sie schwerlich zu ertragen, Wird sein Dunst sie gleich verjagen; Denn, so viel wir noch verstehn, Muß es, durch den Dunst, geschehn. Alle Koͤrper scheinen immer Zu der Still und Ruh geneigt, Da sich dieses Silbers Schimmer Allezeit in Unruh zeigt. Selbst die Flut ist nicht so rege, Es sucht selber seine Wege; Waͤr ein Theilchen noch so klein, Wird es in Bewegung seyn. Ja uͤber das Reich der Metalle. Ja recht, eben dieß Bewegen Scheint bey uns die groͤßte Kraft: Dadurch weis es zu erregen Des Gebluͤtes traͤgen Saft, Daß das Faule sich zertheilet; Mancher wird dadurch geheilet, Wenn, was sonst sich nicht ergeußt, Durch den Speichel von ihm fleußt. Es ist fluͤßig, reg’ und fluͤchtig, Da die Theilchen rund und klein. Nichts ist es zu zwingen tuͤchtig, Es durchdringet Fleisch und Bein, Es durchbohrt, bey Mensch und Thieren, Adern, Nerven, Haut und Nieren: Es durchreißet uͤberall Holz und Glas, ja selbst Metall. Fast unzaͤhlige Gestalten Nimmt es, wie ein Proteus, an, Da es bald den Leib erhalten, Bald wie Gift uns toͤdten kann. Wenn es leichtlich faͤllt und steiget, Und dadurch das Wetter zeiget, Kann man es vorher gar schoͤn Jn den Wetterglaͤsern sehn. Helle sieht man es im Dunkeln, Recht wie einen Phosphorus, Wenns die Luft nicht druͤcket, funkeln, Daß man sich verwundern muß. Die, so es zu fesseln suchen, Hoͤrt man oͤfters auf ihn fluchen, Da es sie so oft betriegt, Wenns bald ruht, bald fließt, bald fliegt. Der Betrachtungen Der geziehgen Ganzmetallen Schmelz- und biegbarer Natur Grund und Ursach ist, vor allen, Der so fluͤßige Merkur. Sonder ihn koͤnnt auf der Erden Kein Metall behammert werden: Wie sich Zink und Markasit, Weil er ihnen fehlt, nicht zieht. Wir erfahren und verspuͤren, Daß, auch in der Wundarzney, Es, zu heilen, zu curiren, Ein bewehrtes Mittel sey. Vielfach wird es praͤpariret, Wohl gereinigt, calciniret, Distillirt, coagulirt, Suͤß gemacht, und sublimirt. Welcher Mensch ist so belesen, Der, wodurch es stetig rennt; Und dieß Silbers wahres Wesen, Geist, und Kraͤfte faßt und kennt! Es hat Gott uns werden lassen, Zu bewundern, nicht zu fassen, Seiner Werke Wunderpracht, Und in ihnen seine Macht. Drum ich lieber frey gestehen, Als betriegrisch prahlen will. Dieß Geheimniß einzusehen, Stehet mein Erkenntniß still. Daß aus Schwefel, Salz und Erde Der Merkur gebildet werde Und gefuͤgt sey, kommet mir Nicht der Wahrheit aͤhnlich fuͤr. Got- uͤber das Reich der Metalle. Gottes Wunder will ich lieber, Wie in allen, so auch hier, Hoͤchst bewundern, als hieruͤber, Durch die eitle Ehrbegier Jn den Labyrinth gefuͤhret, Sagen, was sich nicht gebuͤhret. Gottes Ehre soll allein Meiner Lieder Endzweck seyn. Mag es also hierbey bleiben. Auf denn itzt, mein reger Geist! Auch das Spießglas zu beschreiben, So mit Recht ein Wunder heißt. Sonderlich in Arzeneyen Hat man seiner sich zu freuen: Es wird meistens, wie bekannt, Antimonium genannt. Spießglas wird also beschrieben, Spieß- glas. ♁ Daß es halb Metall, und fest, Welches doch leicht wird zerrieben, Und sich leichtlich schmelzen laͤßt: Blaͤulicht, voller Striche, Truͤmmern, Und voll Punkte, welche schimmern, Das aus manchem Stoff besteht, Und gar leicht im Feu’r vergeht. Dieses, so viel wir ereilen, Ursprung, Wesen und Natur Scheint, nebst Salz und Schwefeltheilen, Saturninischer Merkur. Seine mannichfaltgen Kraͤfte Reinigen der Adern Saͤfte, Staͤrken ihren regen Kreis, Fuͤhren ab, und treiben Schweiß. Man Betrachtungen Man kann keine Wirkung spuͤren, Wenn man es allein gebraucht; Aber Brechen und Purgieren Wirket es, in Saur getaucht: Wannenher es unsre Alten Stets fuͤr schaͤdlich Gift gehalten, Da, wie die Erfahrung lehrt, Es, vor sich, doch nichts versehrt. Durch die Saͤur und Waͤrm im Magen Wird sein Schwefel aufgeloͤst, Und dieß kann kein Mag ertragen, Drum er ihn bald von sich stoͤßt. Es beweget sich in Eile, Weil des Schwefels innre Theile Luftig, und daher geschwind, Durch die Waͤrm gedehnet sind. Denn so wird ein zaͤh’ Gebluͤte, Wenn es sich mit Schwefel mischt, Durch der luftgen Theile Guͤte Ausgespannet und erfrischt. Da sie sich zu dehnen wissen, Wird der zaͤhste Schleim zerrissen, Und sodann fließt unser Blut, Als wie eine rege Flut. Wenn man es nur eben schmecket, Auch wenn man es niederschlingt, Wird viel Speichel gleich erwecket, Der vielleicht daher entspringt, Weil, wenn Salz und Schwefel gaͤhren, Sie Bewegungen gebaͤhren Jn dem aufgebrachten Saft, Durch der spitzen Theilchen Kraft. Hat uͤber das Reich der Metalle. Hat man Spießglas calciniret, Wird dadurch der Schweiß erweckt. Wenn man es vitrificiret, Hat man solche Kraft entdeckt. Wein, in solch Gefaͤß gegossen, Und hernach von uns genossen, Hat der Oeffnung Eigenschaft, Und purgirt mit großer Kraft. Wenn mans mit Salpeter menget, Und bringt eine Kohle dran, Da es sich wie Pulver sprenget Und entzuͤndet, findet man Etwas, so wie Glas zerfließet, Dieß, zerrieben, und versuͤßet Durch das Kochen mit der Flut; Jst fuͤrs Weh’ der Augen gut. Von den scharf- und sauren Theilen Saͤubert Spießglas unser Blut. Kraͤtz und Raͤude bald zu heilen, Jst sein Bleyweiß trefflich gut. Die zu viele Feuchtigkeiten Abzusondern, abzuleiten, Und zu oͤffnen auf einmal, Schmelzt mans mit zerfeiltem Stahl. Gegen ein verzehrend Fieber Stecket große Kraft darinn: Fast kein Mittel geht daruͤber, Mischt man es mit feinem Zinn Und Salpeter, wohl zusammen, Durch die heiße Kraft der Flammen; Da man es, wenn es versuͤßt, Ohne Nutzen nicht genießt. Alle Betrachtungen Alle Kraͤft’ und Arzeneyen, Welche man aus Spießglas zieht, Zu erzaͤhlen in der Reyen, Jst man nur umsonst bemuͤht. Balsam, Blumen, Schwefel, Eßig, Butter, welche so gefreßig, Bleyweiß, Kalk, Merkurius, Glas, Zinnober, Tartarus. Die, wenn wir sie recht vermischen, Zu so vielen Dingen gut, Da sie reinigen, erfrischen, Und versuͤßen Saft und Blut, Zu verlaͤngern unser Leben. Haͤtte Gott nun nicht gegeben Jhm die Kraft, und uns den Witz, Waͤr es uns zu nichtes nuͤtz. Beydes sollte man ermessen, Und, wenn man es wohl bedacht, Ja des Dankens nicht vergessen. Gottes Lieb und weise Macht, Gottes Ordnungen und Gaben, Sollte man vor Augen haben: Billig sollt’ er ganz allein Aller Seelen Endzweck seyn. Bis- muth oder Mar- kasit. Wenn auch dieß betrachtet worden, Sind wir nun mit Recht bemuͤht, Aus der Halbmetallen Orden, Bismuth oder Markasit Zu betrachten, zu ergruͤnden; Da wir denn gleich anfangs finden, Daß derselbe zweyerley, Gelblicher und weißer, sey. Jenen uͤber das Reich der Metalle. Jenen heißt man darum guͤlden, Weil es nicht nur roth allein; Sondern, weil in ihm sich bilden Striche mit ganz guͤldnem Schein. Es ist Zink, von diesen beyden Fast in nichts zu unterscheiden, Außer daß er zaͤher bleibt Und so leicht sich nicht zerreibt. Wann wir ihren Stoff ergruͤnden, Koͤnnen wir gar bald die Spur, Woraus es bestehet, finden, Daß es Schwefel und Merkur: Und aus diesen kann man sehen Und die Ursach leicht verstehen, Wie mit Kupfer, Zinn und Bley Es so leicht zu mengen sey. Die es haͤrtet, faͤrbt, verbessert, Und dadurch, wenn es sich paart, Unsern Nutzen sehr vergroͤßert, Da wir auf so manche Art Aus demselben viele Sachen, Mancherley Gefaͤße machen, Die theils roͤthlich, und theils bleich, Fast dem Gold und Silber gleich. Wenn wir seine Kraft probiren, Find’t sich, daß er in der That, Unsern Koͤrper zu curiren, Einen großen Nutzen hat. Wann Chymisten sich bemuͤhen, Bluhmen aus demselben ziehen; So erstreckt ihr Nutzen sich Jnnerlich und aͤußerlich. C Es Betrachtungen Es wird sehr bewehrt befunden Gegen Schwind- und Wassersucht, Augenmaͤngel, alte Wunden, Und der geilen Venus Frucht, Grind, Geschwuͤr und Eiterbeulen Hat es eine Kraft zu heilen: Alles, was die Haut verletzt, Wird verzehrt, und sie ersetzt. Wer von diesen Kraͤften hoͤret, Und, durch die Betrachtung, nicht Gott, der Kraͤfte Quell, verehret, Handelt wider seine Pflicht; Noch vielmehr, der ihr genießet, Und doch dem, draus alles fließet, Alles dauret, und entspringt, Nicht einmal ein Danklied bringt. Arse- nicum. ❍-❍ Wenn nun auch betrachtet worden, Was der Bismuth Wirkung sey Jn der Halbmetallen Orden; Trifft Arsenicum die Reih’. Dieses, wenn wirs recht gestehen, Und es nur so roh besehen, Jst ein schaͤd- und toͤdtlich Gift, Welches manches Unheil stift. Allen Thieren ist es toͤdtlich; Nur dem einzgen Wolf allein Soll Arsenicum nicht schaͤdlich, Noch viel minder toͤdtlich, seyn. Und dennoch, purificiret, Corrigiret, praͤpariret, Und erweiset ein Chymist, Daß es oft sehr nuͤtzlich ist. Wer uͤber das Neich der Metalle. Wer es untersucht, befindet, Daß es unterschieden sey, So sich unter sich verbindet. Denn man findet dreyerley; Gelb, ist eins von dem Geschlechte, Weiß, ist eigentlich das rechte, Roth ist, was Auripigment Man gemeiniglich benennt. Weil mans findet fast in allen Bergwerksadern insgemein, Meynt man, daß es der Metallen Wahrer Urstoff muͤsse seyn; Weils dem Schwefel gleicht, auch brennet, Wirds ein maͤnnlicher genennet, Da er naͤmlich schaͤrfer frißt, Fester auch, als Schwefel, ist. Daß man von desselben Wesen Und wie weit sein Wirken geht, Nicht in Schriften mehr gelesen, Und nicht mehr davon versteht; Koͤmmt daher, weil man verspuͤret, Daß man selben nicht tractiret Ohne toͤdtliche Gefahr, Welches leider offenbar. Dennoch hat man ausgefunden, Daß es oft in mancherley Krebsgeschwuͤren, alten Wunden Ein bewehrtes Mittel sey. Zaͤhen Schleim kann es zertheilen, Schweiß erwecken, Fieber heilen, Welche gift- und hitzig seyn, Wenn es nur vom Unrath rein. C 2 Da Betrachtungen Da nun so verschiedne Curen Durch Arsenicum geschehn, Jst aus den gesehnen Spuren Dieses leichtlich zu ersehn, Daß noch mehr darinn verborgen, So vielleicht heut oder morgen Kundbar wird; drum dankt auch hier Unserm Schoͤpfer doch dafuͤr. Endlich wird des Schwefels Wesen Schwe- fel. 🜍 Auch noch zu betrachten seyn. Dieser ist theils auserlesen, Theils ist er nicht voͤllig rein. Beyde Sorten sind zu finden Jn den tiefen Bergwerksgruͤnden: Beyde werden auch gemacht, Und, durch Kunst, hervorgebracht. Jene bricht man aus der Erden, Wie man sonsten Steine bricht. Diese, dahingegen, werden Durch das Feuer zugericht’t, Und, wenn man Metallen brennet, Durch die Hitze abgetrennet, Da man ihn, wenns ausgegluͤht, Jn den Gruben liegen sieht. Lebendig wird der genennet, Den man graͤbt, der rein und weich, Der die Kraft der Glut nicht kennet, Und, an Farbe, geldlich bleich. Pferdeschwefel heißt hingegen, Wenn sich grobe Hefen legen An dem Rande, nach der Glut, Welches dieser immer thut. Was uͤber das Reich der Metalle. Was das Wesen nun angehet, Draus der Schwefel eigentlich Wie erweislich ist, bestehet, Wenn mans sucht, so findet sich, Daß mit einem scharfen Oele Sich ein saurer Geist vermaͤhle, Welcher, wenn mans recht ermißt, Etwas vitriolisch ist. Jedes von den beyden Dingen, So ich alleweil beruͤhrt, Kann man leichtlich aus ihm bringen, Wenn man Schwefel separirt. Ja noch mehr, was noch das meiste, Aus dem vitriolschen Geiste, Und aus Oel von Terpentin, Zeugt, formirt und macht man ihn. Weil denn nun des Schwefels Theile Oelig, folglich fluͤchtig, seyn; Brennt er in geschwinder Eile Durch des Feuers Macht und Schein, Welches bloß ein schnelles Regen Und ein ploͤtzliches Bewegen Fetter Theilchen, deren Trieb Unser Kiel beym Feur beschrieb. Wenn zugleich nun saure Saͤfte Mit des Schwefels Oel gemischt, Sind dadurch derselben Kraͤfte Mehr zu brennen angefrischt. Nichts ist heftiger im Brennen, Wie wirs klaͤrlich spuͤren koͤnnen, Als dann, wenn ein saurer Geist, Durch die Glut, vom Oel sich reißt. C 3 Wer Betrachtungen Wer ihn mit Salpeter menget, Und dazu noch Kohlen thut, Hat das Pulver, welches sprenget, Und mit Blitz geschwinder Glut Schmettert, stuͤrzet und erschuͤttert, Wuͤhlt, zerreißet und zersplittert. Felsen selber wirft ihr Grimm, Durch ihr schnelles Drengen, uͤm. Sehn wir nun in Arzeneyen Unsers Schwefels Eigenschaft, Haben wir uns sehr zu freuen Seiner wunderbaren Kraft. Jn gefaͤhrlichen Geschwuͤren, Unsre Lungen zu curiren, Auch die Saͤur in unserm Blut, Jst nichts so bewehrt und gut. Wider Bisse giftger Schlangen Kann man von dem Schwefel auch Linderung und Huͤlf erlangen Durch vernuͤnftigen Gebrauch. Ferner ist er trefflich nuͤtze Zu des Fiebers wilden Hitze. Durch ihn wird die Haut geheilt, Wenn sie Raͤud und Kraͤtze theilt. Dieß scheint folgends zu geschehen: Durch des Schwefeloͤles Kraft Muß ein starker Trieb entstehen Jn des Blutes traͤgem Saft. Denn des Oeles runde Theile Drehen sich in schneller Eile; Weil ihr luftger Geist sie dehnt, Der sich zu befreyen sehnt. Was uͤber das Reich der Metalle. Was nun unserm Koͤrper schadet, Wird zugleich mit ausgefuͤhrt: Da dann, wann sichs Blut entladet, Es viel besser circulirt. Durch das Spannen und das Dehnen Werden Adern, sammt den Sehnen, Von der zaͤhen Feuchtigkeit, Die das Oel zertheilt, befreyt. Wie der Schwefel viele Sachen, So erhaͤlt er auch den Wein; Um ihn dauerhaft zu machen, Thut man ihn ins Faß hinein, Laͤßt nur ein klein Stuͤckchen brennen, Da sich denn die Duͤnste trennen, Die er theilt, und theils verzehrt, Wodurch denn der Wein nicht gaͤhrt. Bleyerzt ein metallisch Wesen Wird aus Holl- und Engelland, Aus dem letzten auserlesen, Grob aus Holland, uns gesandt: Jenes ist recht schoͤn zum Reißen, Dieß macht altes Eisen gleißen; Woraus man denn in der That Mannichfachen Nutzen hat. Von der Halbmetallen Saͤften Sagte man viel mehr mit Fug: Doch dieß sey von ihren Kraͤften, Und zumal vom Schwefel, gnug. Alles kann man nicht ergruͤnden, Gnug, daß wir den Schoͤpfer finden, Der, durch Weisheit, Lieb und Macht, Sie, fuͤr uns, hervorgebracht. C 4 Ew’ger Betrachtungen Ew’ger Ursprung aller Dinge, Aller Kraͤfte Wunderquell! Wenn ich dein Geschoͤpf besinge, Zeigt mir jedes klar und hell, Daß allein dein goͤttlich Wesen Uns und sie dazu erlesen, Daß wir dich in ihnen sehn, Und in ihnen dich erhoͤhn. Laß mich doch auf dieser Erden Dieses wohl beherzigen! Laß mich nimmer muͤde werden! Sondern gieb, daß ich erkenn, Daß die Dinge, die wir sehen, Alle bloß durch dich bestehen, Daß von deinem Allmachtsschein Alle Dinge Zeugen seyn. Von uͤber die Steine. Von den Steinen . L aßt uns itzt dann Gott, zu Ehren, Weiter ins Naturreich gehn, Und uns zu den Steinen kehren, Deren Meng und Nutzen sehn. Denn, sowohl als in Metallen, Finden wir in ihnen allen, So man nimmer gnugsam schaͤtzt, Was uns nuͤtzt, und auch ergetzt. Was wir irgend Steine nennen, Das sind Koͤrper, welche fest, Wovon keiner gern sich trennen, Weniger behaͤmmern laͤßt; Koͤrper, welche, wie wir sehen, Aus verschiednem Stoff bestehen, Sie zergehn nicht in der Flut, Weichen auch nicht leicht der Glut. Wie dieselben in der Erden Der Naturgeist zeugt und macht, Kann gar wohl erwiesen werden; Wenn man es genau betracht, Wird es uns von selbst erklaͤret, Da uns die Erfahrung lehret, Daß der Stoff von einem Stein Anfangs muͤsse fluͤßig seyn. C 5 Naͤm- Betrachtungen Naͤmlich, man wird immer finden, Daß mit einer Feuchtigkeit Kleiner Kieß und Sand verbinden. Koͤmmt es nun zur Trockenheit, Da das Waͤßrichte vergehet, Und verduͤnstet, dann entstehet Ein so harter Koͤrper draus: Deutlich zeigts ein Ziegelhaus. Wo man naͤmlich uͤberzeuglich Steine durch die Kunst formirt, Da der Leim, der anfangs weichlich, Feuchte Theilchen mit sich fuͤhrt, Die fast kleinen Schlangen gleichen, Welche dem Gefuͤhle weichen, Bis sie, wie vorher gesagt, Luft und Glut herausgejagt. Da sodann die andern Theile, Als die aͤstefoͤrmig seyn, Starre werden und in Eile Zum vollkommnen harten Stein. Auf dieselbe Weise werden Jn, sowohl als auf, der Erden, Alle Steine zugericht’t, Die man in dem Bergwerk bricht. Wie so sehr uns Steine nuͤtzen, Trifft man, mit Erstaunen, an, Da uns nichts so sehr beschuͤtzen, Vom Vergehn uns retten kann: Da wir in der Erde Gruͤnden, Wenn man sie erwaͤgt, befinden, Wie der ganze Bau der Welt Durch die Felsen sich erhaͤlt. Wuͤrde uͤber die Steine. Wuͤrde dem verzehrnden Brennen Unsrer unterirdschen Glut Erde widerstehen koͤnnen? Auch der unterirdschen Flut Drengen, Pressen, Last und Drucken Wuͤrd’ uns stuͤrzen und verschlucken, Da wir itzt, durch Fels und Stein Unterstuͤtzet, sicher seyn. Eh’ wir aber weiter gehen, Lasset uns zuvor einmal Eine kleine Probe sehen, Wie so groß der Steine Zahl. Weil wir aus der Menge schließen, Und erstaunt bewundern muͤssen Jhres Schoͤpfers Wundermacht, Welcher sie hervorgebracht. Iaspis, Adamas, Achates, Lydius, Autoglyphus, Bostrychites, Aspilates, Citrinus, Ammochrysus, Galarictis, Argyritis, Alabastrum, Anachitis, Amethystus, Androas, Bezoar, Androdamas. Glossopetra, Cactonsites, Basanus, Isodomus, Aerizusa, Hephæstites, Crocias, Balassius, Aegyptilla, Belemnites, Corallina, Narcissites, Baptes, Horio, Ornicus, Eureos, Bufonius. Exa- Betrachtungen Exacolithos, Chloates, Borea, Corneolus, Astrobolus, Cerachates, Brontia, Lyncurius, Chrysolampis, Echinites, Cos, Gangitis, Epistites, Daphnia, Camaseus, Agapis, Carbunculus Der Herr Verfasser hatte noch 17 Strophen von Steinen auf diese Art gemacht, welche wir aber aus Beysorge, dem Leser beschwerlich zu seyn, weg- gelassen. . Viel ist hier, doch vieles fehlet; Jch versichre dich, die Zahl, Die ich mir und dir erzaͤhlet, Jst die Haͤlfte nicht einmal Von den Steinen, die wir sehen Jn den Tiefen, auf den Hoͤhen; Nehmt denn hier des Schoͤpfers Macht Jn der Steine Meng in Acht! Diese vorerwaͤhnten Steine Theilet man, wie billig, ein Jn gemein’ und ungemeine, Und die mittler Gattung seyn. Die gemeinen sind zu finden Jn den Bergen, Flaͤchen, Gruͤnden; Allenthalben find’t man sie, Und die meisten ohne Muͤh. Jhre uͤber die Steine. Jhre Menge zeigt in ihnen Gottes Lieb und Weisheit an, Da man ihrer sich bedienen, Und am meisten nuͤtzen kann, Giebt sie Gott in solcher Menge. Jhre Groͤße, Breite, Laͤnge, Haͤrte, Dicht- und Festigkeit Zeigt den großen Unterscheid. Laßt uns denn nun weiter eilen, Die gemeinen anzusehn, Die sich so verschiedlich theilen, Und, wie jeder muß gestehn, All’ in ihrer Art zu nutzen, Da sie Kaͤlt’ und Regen trutzen, Ja fuͤr Feinde, Feu’r und Wind Uns ein sichres Schirmdach sind. Wenn es regnet, stuͤrmet, blitzet, Denket man wohl einst daran, Daß man unter Daͤchern sitzet, Daß man sich beschuͤtzen kann? Der Soldatenstand, das Reisen Koͤnnen uns am besten weisen, Wenn uns Kaͤlt’ und Wetter schreckt, Daß der gluͤcklich, wer sich deckt. Was wir aus den Felsen hauen, Nuͤtzt uns auf so manche Art, Zu dem Grunde, wenn wir bauen. Wasser wird nie so verwahrt, Als in Felsen, weil sie dauren. Unsre starke Festungsmauren, Gassen, Pflaster, Leichenstein Werden meist aus Felsen seyn. Muß Betrachtungen Muß sich nicht der Sandstein schicken Zu so mancherley Gebrauch? Aus desselben Quaderstuͤcken Baut man Haͤuser, schmuͤckt sie auch, Da er sich so leicht laͤßt theilen. Wie viel schoͤne Bilder, Saͤulen, Stiegen, Brunnen, Thuͤrgericht, Macht man aus dem Sandstein nicht? Thuͤrme, Thore, Kirchen, Schloͤsser, Oeffentliche Haͤuser auch, Bauet man aus Sandstein besser, Als aus andern. Zum Gebrauch, Zur Bequemlichkeit der Staͤdte, Wird so manches Hausgeraͤthe, Theils zur Noth, und theils zur Pracht, Aus dem Sandstein uns gemacht. Mit dem Kalk sich wohl zu binden Jst des Sandsteins Eigenschaft. Mehr ist noch an ihm zu finden, Wann des Muͤhlsteins rege Kraft Das ernaͤhrende Getreide Klein zerreibt zum Nutz, zur Freude, Weil ja auch die Muͤhlenstein’ Arten von dem Sandstein seyn. Schiefer, die die Schweizer brechen, Decken unsre Haͤuser zu: Durch die wohlgefuͤgten Flaͤchen Wuͤnschest und verlangest du Was vergeßlich zu behalten; Laß sie nur in Tafeln spalten, Da denn, durch die weiße Schrift, Sich ein Denkmaal leichtlich stift. Zum uͤber die Steine. Zum Poliren, Ebnen, Glaͤtten Wird der Bimmsstein oft gebraucht, Welcher aus den Feuerstaͤten, Wo ein steter Schwefel raucht, Wo es immer brennt und flammet, Aus den Brandgebirgen stammet, An dem mittellaͤndschen Meer, Der ist locker, und nicht schwer. Muß, um Wasser wohl zu fassen, Sich der rauhe Toftstein nicht Nutzbarlich gebrauchen lassen? Wenn er kuͤnstlich zugericht’t, Und mit Glas und Gips vermenget, Wehrt er, daß kein Wasser drenget Durch die Tuͤnche, die sich dann Von der Wand nicht trennen kann. Welchen Nutz und Vortheil bringet Der gemeine Feuerstein, Da das Feur, so aus ihm springet, So bequem des Lichtes Schein Gleich im Augenblicke zeuget, Wanns durch Stahl aus Kiesel steiget, Den, ob er gleich Feuer hegt, Man doch sicher bey sich traͤgt. Kiesel koͤnnen uns sehr dienen, Glas wird draus hervorgebracht: Auch hat der Chymist aus ihnen Manchen schoͤnen Stein gemacht. Man hat in den Arzeneyen Sich der Kiesel auch zu freuen; Denn er trocknet, wohlbereit, Die zu viele Feuchtigkeit. Lasset Betrachtungen Lasset uns hier nicht vergessen Des beruͤhmten Bruchsteins Kraft; Sondern laßt uns doch ermessen Seine große Eigenschaft: Dieser, wenn ein Bein gebrochen, Macht in Kurzem wieder Knochen, Ja er lindert bald die Pein; Laßt mir das ein Wunder seyn! Ja, wie viele von ihm schreiben, Kann der Bruchstein gar die Pest Aus dem kranken Koͤrper treiben, Wenn man mit ihm schwitzen laͤßt. Beinbruchspulver macht die Zaͤhne Feste, glaͤnzend, weiß und schoͤne; Ja selbst in des Fiebers Hitz Jst er gleichfalls trefflich nuͤtz. Wenn wir nun noch weiter gehen, Treffen wir den Kalkstein an, Dessen Kraft man kaum verstehen, Noch den Vortheil zaͤhlen kann; Und daß wir ihn nuͤtzen koͤnnen, Muß stets gleiches Feur ihn brennen, Weil, wo Kaͤlte zu ihm dringt, Jhn hernach kein Feur mehr zwingt. Seine Wirkung scheint zu kommen, Weil er von der steten Glut Kleine Theilchen eingenommen, Die, als Feinde von der Flut, Alsbald, wenn sie Naß empfinden, Schnell sich loͤsen und entzuͤnden, Daß das Wasser schaͤumt und saust, Und gewaltig kocht und braust. Wie uͤber die Steine. Wie uns Kalk im Bauen nuͤtze, Jst ja wohl bekannt genug, Daß er alles Bauwerks Stuͤtze, Leugnet wohl kein Mensch mit Fug: Aber, daß in Medicinen Seines Wassers Kraͤft’ uns dienen, Und zumal im Krebs und Brand, Dieß ist allen nicht bekannt. Fistelschaden, Krebs und Beulen, Wanns mit Wachs und Oel gemischt, Kann es fast ohn Wundmahl heilen; Tuch entfleckt es; es erfrischt Unsrer Augen Roͤth’ und Hitze; Ja es ist zumalen nuͤtze, Wenn die Haut durchs Feu’r verletzt, Daß es kleine Blasen setzt. Weil in ihrem Stoff und Kraͤften Kalk und Gyps sehr nahe stehn, Da sie beyde leicht sich heften, Laßt uns auch den Gyps besehn. Gyps wird meist der Kalk genennet, Welchen man so stark nicht brennet. Dieser Stein, nur daß er weich, Jst dem Alabaster gleich. Groß’ und leichte Bildersaͤulen, Theils zur Model, theils zur Pracht, Da es sich so leicht laͤßt theilen, Werden aus dem Gyps gemacht. Wenn man ihn mit Steinen menget Und mit Milch und Bley; so drenget Sich des Gypses Stoff so fest, Daß es recht wie Marmor laͤßt. D Frisch Betrachtungen Frisch getuͤnchte Zimmer schmuͤcket Mahlwerk, so des Kuͤnstlers Geist Jn den Gyps mit Farben druͤcket, Welches man al fresco heißt. Zartes Laubwerk wird formiret, Und so nett aus Gyps poßiret, Daß es oft, als wenn es lebt, Unterm Boden gleichsam schwebt. Nach betrachteten gemeinen, So zu Gottes Ruhm geschehn, Laßt uns itzo von den Steinen Auch die Mittelgattung sehn, Die sich fuͤglich in drey Classen Nach der Ordnung theilen lassen, Da sie so an Form und Schein, Als am Nutzen, schaͤtzbar seyn. Die man Schoͤnheits halber schaͤtzet, Das sind: Marmor, Fraueneis, Spath, und was kein Feur verletzet, Talk, imgleichen Federweiß. Marmor ist ein festes Wesen, Rein, subtil und auserlesen Jst der Sand, draus er besteht, Der daher nicht leicht zergeht. Weil sein Stoff, draus er formiret, Gleich auf allen Seiten druͤckt, So wird er so leicht poliret, Und mit solchem Glanz geschmuͤckt; Wenn man ihn zu anfangs graͤbet Und ihn aus der Erden hebet, Jst er anfangs nicht so fest, Daß er sich leicht spalten laͤßt. Aber uͤber die Steine. Aber koͤmmt er erst am Lichte Eine Zeitlang aus der Gruft, Wird er haͤrter, fest und dichte Durch die Zeit und durch die Luft. Wer wird alle Dinge nennen, Zaͤhlen und beschreiben koͤnnen, Die man, so zur Daur als Pracht, Aus dem glatten Marmor macht? Wie viel Saͤulen, Fluren, Pflaster, Bildersaͤulen, Thuͤrgericht, Haut man aus dem Alabaster Und Porphyr und Marmor nicht? Ja es machen Menschenhaͤnde Aus denselben ganze Waͤnde: Ganze Haͤus- und Schloͤsser seyn Aufgefuͤhrt aus Marmorstein. Marmorstaub wird auch zu Pflaster, Weil es trocknet, oft gebraucht. Wann man Graus vom Alabaster, Nebst dem Kalk, in Wasser taucht, Wird der Stoff daraus formiret, Welcher unsre Zimmer zieret, Da man, zur erlaubten Pracht, Leisten, Laub und Bilder macht. Welcher schoͤnen Farben Menge Trifft man in dem Marmor an? Wer ist, der der Adern Gaͤnge Fremde Bildung zaͤhlen kann? Welcher ist, wenn er poliret, Den sein schoͤner Glanz nicht ruͤhret? Ruͤhret euch nun seine Pracht, Denkt an Gott, der ihn gemacht! D 2 Jn Betrachtungen Jn Europa hier und dorten Find’t man ihn im Ueberfluß; Welschland zeugt so viele Sorten, Daß man sich verwundern muß. Auch in Frankreich, auch in Sachsen Laͤsset Gott viel Marmor wachsen. Laßt uns, wenn wir Marmor sehn, Denken: Gott! dein Werk ist schoͤn. Jn dem Marmor sieht mein Auge, Von der aͤmsigen Natur, Und wie sie zu scherzen tauge, Eine sonderbare Spur. Sollt’ uns nun ihr Spiel nicht lenken, An den Schoͤpfer zu gedenken, Welcher stets der Erden Geist, Uns zum Nutzen, wirken heißt? Unter schoͤnen glatten Steinen Wird das Fraueneis gesetzt, Welches man, wie viele meynen, Fuͤr den Mondstein sonst geschaͤtzt, Den man Selenites nennet, Aber itzo nicht mehr kennet; Dieser Stein ist uͤberall Ganz durchsichtig, wie Crystall. Und doch laͤsset er sich trennen Ohne Muͤhe, wie denn wir Jhn in Blaͤttlein theilen koͤnnen, Die noch duͤnner, als Papier, Und dadurch sind viele Sachen Aus dem Spiegelstein zu machen; Fensterscheiben, Leuchten auch Reicht die Klarheit zum Gebrauch. Er uͤber die Steine. Er wird leicht durchs Feu’r vernichtet, Und wird Pulver draus gebracht, Das die Haut, so runzlicht, schlichtet; Auch wird Gyps daraus gemacht. Gott hat es in Morcan, Meißen, Und in Welschland wachsen heißen, Auch in Cappadocia, Cypern, und in Africa. Da nun dieß, wie ihr gelesen, Uns erfreun und nuͤtzen kann: Sehet denn sein zartes Wesen Mit vergnuͤgten Augen an! Uns zum Nutz, und Jhm zu Ehren Heißet Gott auch das sich mehren; Auch das klare Fraueneis Zeiget seines Schoͤpfers Preis. Ferner ist auch in den Gruͤnden Von den Steinen, welche glatt, Eine Sorte noch zu finden, Diesen nennt man meistens Spath. Engelland und Augspurg reichet Uns denselben, und er gleichet Dem crystallnen Gyps, den man Zu Montmastre graben kann. Weißer ist jedoch und schoͤner Dieser itzterwaͤhnte Stein, Und noch glaͤnzender, als jener, Sein so angenehmer Schein. Schuppenweise waͤchst er immer, Und sein Wesen voller Schimmer Hat, nebst mancher andern Kraft, Eine trocknend’ Eigenschaft. D 3 Wenn Betrachtungen Wenn man will Metallen gießen, Braucht man gerne diesen Stein, Als wodurch sie leichtlich fließen Und zum Guß bequemer seyn; Auch zum Formen wird’s genommen. Daß wir Spath nun auch bekommen, Uns zum Nutz, aus finsterm Schacht, Machet der, der alles macht. Unter den so schoͤnen Steinen, Welche glaͤnzen,, findet man Auch den Talk, deß weißes Scheinen Man nicht gnug bewundern kann. Dieser pflegt ein Stern der Erden Jnsgemein genennt zu werden: Er ward, weil er nicht verbrannt, Argyrodamas genannt. Man kann ihn zum Fluß nicht bringen, Weil er nimmermehr zergeht; Keine Glut kann ihn bezwingen Und besiegen. Er besteht Aus den silbergleichen Blechen, Die sehr duͤnn’, und leichtlich brechen. Als ein Dacht wird er gebraucht, Welches nicht im Feu’r verraucht. Er ist dienlich, viele Sachen, Zum Exempel, Thon und Erz, Weiß, dem Silber gleich, zu machen, Er verwehrt der Zacken Schmerz; Er soll auch den Blutfluß mindern, Und noch manche Krankheit lindern. Brauchen wir nun diesen Stein, Laßt uns Gott denn dankbar seyn! Da uͤber die Steine. Da auch Talk betrachtet worden Zu des großen Schoͤpfers Preis, Folgt zuletzt in diesem Orden Das noch haͤrtre Federweiß, So man, weil es nicht verbrennet, Vormals Amianth genennet; Es ist sein Verband so fest, Daß es sich nicht trennen laͤßt. Recht wie Gold haͤlt es zusammen, Und besiegt des Feuers Brand; Ja, es reinigen die Flammen Gar den weißen Amianth; Zaͤsricht ist sein Wesen immer, Fast wie Woll’, und seine Truͤmmer Wurden einst, itzt aber nicht, Recht wie Faͤden zugericht. Wenn ein Fuͤrst sonst uͤberlebet, Ward vordem von Amianth Jhm ein Todtenhemd gewebet, Und sein Leib darinn verbrannt: Daß sich ja von seinen Beinen Nicht die Asche moͤcht vereinen Mit der Asche von dem Feur, Hielt man diesen Stein sehr theur. Doch, weil Koͤrper zu verbrennen Jtzo nicht mehr der Gebrauch, Wird man ihn nicht nuͤtzen koͤnnen. Man kann ihn als einen Strauch Auf den Pyrenaͤ’schen Hoͤhen Mit Verwundern wachsen sehen. Oft wird noch aus ihm ein Dacht, Welcher lange brennt, gemacht. D 4 Man Betrachtungen Man hat in den Arzeneyen Auch des Amianthens Kraft Sich besonders zu erfreuen, Da desselben Eigenschaft, Die zum Trocknen sehr geneiget, Sich im Blutfluß kraͤftig zeiget. Laßt uns auch bey diesem Stein Seinem Schoͤpfer dankbar seyn! Ferner kann ich einer Classen, Wegen ihrer Nutzbarkeit, Hier nicht unerwaͤhnet lassen, Deren man sich oft erfreut. Es sind diese, die ich meyne, Schmergel, Blut- und Lasulsteine, Sammt dem leitenden Magnet, Der wohl uͤber alle geht. Aus Gallmey fließt, durch die Flammen, Mit dem Kupfer, in der Glut, Meßing wunderlich zusammen, Das zu vielen Dingen gut. Macht man nicht hieraus Gefaͤße, Von so mancher Art und Groͤße, Zum Gebrauch und auch zur Zier? Dankt dem Schoͤpfer denn dafuͤr! Schmergel ist von allen Steinen Fast der allerhaͤrtste Stein, Denn durch ihn, wer sollt es meynen? Macht man gar den Demant klein. Kiesel, Marmor, Glas zu zieren, Stahl und Eisen zu poliren, Daß ein heller Glanz sie schmuͤckt, Jst der Schmergel nur geschickt. Nuͤtzet uͤber die Steine. Nuͤtzet also, wie man siehet, Schmergel manchem Handwerksmann, Daß, wofern er sich bemuͤhet, Er durch ihn sich naͤhren kann: Sollte denn nicht sein Gemuͤthe Seines Schoͤpfers Macht und Guͤte, Wenn er Schmergel braucht, erhoͤhn, Und auf Gott in allem sehn? Auch der Blutstein ist erfuͤllet Mit recht wunderbarer Kraft, Da er das Gebluͤte stillet, Und der Adern rothen Saft Aeußerlich und innwerts hemmet, Gleichsam seinen Fluß verdaͤmmet, Und, wenns heftig von uns eilt, Uns fast augenblicklich heilt. Triefenden und bloͤden Augen Jst der Blutstein gleichfalls gut, Seine trockne Kraͤfte taugen Zu verzehren ihre Flut. Welcher nun dadurch curiret, Und vom Blutstein Huͤlfe spuͤret, Soll denn der nicht GOtt allein, Als dem Schoͤpfer, dankbar seyn? Noch bezeugen Lasulsteine, Daß mit Lust der Nutzen auch Jn denselben sich vereine, Durch vernuͤnftigen Gebrauch. Diese Steine sind es eben, Die uns viel Vergnuͤgen geben, Woraus wir Ultramarin, Die so rare Farbe, ziehn. D 5 Ferner Betrachtungen Ferner fuͤhrt er Gold. Sie schreiben, Daß er die Melancholey Oder Schwermuth zu vertreiben, Ein unfehlbar Mittel sey. Da nun Nutzen und Vergnuͤgen Jn den Lasulsteinen liegen, Laßt uns doch, wenn wir sie sehn, Den, der sie gemacht, erhoͤhn! Nunmehr koͤmmt auch deine Reihe, Unbegreiflicher Magnet! Dem ich meinen Kiel itzt weihe, Ob mein Geist gleich gern gesteht, Daß man keinen, auch von allen Steinen, Halb- und Ganzmetallen, Wie man auch dieselbe nennt, Besser nuͤtzt, und minder kennt. Aber alle Schwierigkeiten Hemmen meine Lieder nicht; Es ist, seine Seltenheiten Zu verstehn, nicht unsre Pflicht: Sondern, wenn ich Gottes Werke Jm Magnetstein nur bemerke, Und dazu den Geist erweck, So erhalt’ ich meinen Zweck. Des Magneten aͤußre Schalen Sind veraͤchtlich, gar nicht schoͤn; Es sind an ihm weder Stralen, Noch der mindste Schmuck zu sehn. Haͤßlich, rauh und unansehnlich, Einem groben Felsen aͤhnlich, Ohne Glanz und sonder Schein, Jst der so beruͤhmte Stein. Aber, uͤber die Steine. Aber, ob er gleich so haͤßlich, So veraͤchtlich von Gestalt, Jst dennoch fast unermaͤßlich Sein’ unsichtbare Gewalt, Die der Menschen Witz bemeistert. Recht beseelet, recht begeistert Scheint der Stein. Er zeigt, er lehrt, Wie man nimmer unrecht faͤhrt. Wenn, mit Schrecken, Furcht und Grausen, Sich ein Schiff, bey schwarzer Nacht, Durch der Stuͤrme graͤßlichs Brausen, Und der wilden Wellen Macht, Ohne Weg und Zweck zu wissen, Wuͤrde schlenkern lassen muͤssen, Und man schenkt ihm diesen Stein, Wuͤrd’ er ihm ein Engel seyn. Mitten auf dem wilden Meere, Wo kein Weg, kein Strand, kein Grund, (Welches sonst unmoͤglich waͤre) Macht der Stein den Weg uns kund. Jn den dicksten Finsternissen Kann, durch ihn, ein Schiffmann wissen, Wo er ist, und wie er wohl Seine Segel lenken soll. Da die Schiffahrt so gefaͤhrlich, Die doch so viel Nutzen schafft, Sieht man ja, wie unentbehrlich Des Magneten Wunderkraft. Gegen Abend, gegen Morgen Waͤr die Welt uns noch verborgen; Nordwerts waͤr auch manches Land Sonder ihn uns unbekannt. Zu Betrachtungen Zu wie vielen Wunderwerken Jn der bildenden Natur, Sie bewundernd zu bemerken, Zeigt uns dieser Stein die Spur! Silber, Gold und Edelsteine Werden diesem Stein alleine, Nebst Gewuͤrz und Arzeneyn, Meistens zuzuschreiben seyn. Scheint er nicht, beseelt, zu leben, Wenn man mit Erstaunen sieht, Wie er Eisen weis zu heben Und es so gewaltig zieht, Daß sichs ploͤtzlich zu ihm fuͤget, Wenns gleich ferne von ihm lieget? So daß, wenn man es erblickt, Jeder fast darob erschrickt. Ja was noch viel mehr, er wirket, Mit derselbigen Gewalt, Nicht nur frey, nein, auch bezirket, Und verschlossen, dergestalt, Daß, wie ich es oft gesehen, Silber ihm nicht widerstehen, Ja kein Glas ihn hemmen kann, Durch sie zieht er Eisen an. Denket doch, auf welche Weise Alles dieß gewirket sey! Wir bewundern, Gott zum Preise, Am Magnete dreyerley: Daß er uns die Angel zeiget, Daß er Ost- und Westwerts neiget, Daß er Eisen an sich zieht, Sind wir zu besehn bemuͤht. Wie uͤber die Steine. Wie hat man sich nicht geplaget, Des Magneten Eigenschaft Zu erforschen. Einer saget: Durch der Polgestirne Kraft Werde der Magnet regieret; Jener: daß ein Geist ihn fuͤhret; Einer sucht der Wahrheit Schein Jn der Sympathie allein. Der spricht: Um den Polis liegen Große Berge von Magnet, Die ihn mit gewaltgen Zuͤgen Zwingen, daß er Polwerts geht. Andre suchen zu erweisen, Daß aus dem Magnet und Eisen, Als aus welchen sie bestehn, Kleine Haͤft- und Haͤklein gehn. Andre schreiben sein Bewegen Einem eignen Willen zu; Wie er in dem Schacht gelegen, Such’ er wieder seine Ruh. Der giebt dieß von ihm zu lesen: Es vermag der Koͤrper Wesen Nimmermehr sich selbst zu drehn, Wie wir dieses klaͤrlich sehn. Denn, wie er will, ist die Erde Selber nichts, als ein Magnet: Daß nun sie gedrehet werde Um die Angel, dieß entsteht Aus des Sonnenwirbels Kraͤften, Die, mit ihren trocknen Saͤften, Sich durch Luft und Erd ergießt Und bestaͤndig um sie fließt. Nicht Betrachtungen Nicht nur um die Erd’ alleine, Spricht er, dreht der Wirbel sich; Sondern um Magnetensteine Dreht er sich absonderlich. Wie er denn, nach seinen Schluͤssen, So wie er vermeynt zu wissen, Auch fuͤr eine kleine Welt Jeglichen Magneten haͤlt. Welcher auch zween Angel fuͤhret, Nach dem ausgedachten Schluß. Durch dieselbe circuliret Der gespitzten Koͤrper Fluß, Der, wenn der beweglich stehet, Jhn nach Norden dadurch drehet; Weil der Fluß in seiner Flucht Die gewohnten Loͤchlein sucht. Der meynt: daß der Fluß von oben Gar zu weit geholet waͤr, Giebt derhalben andre Proben, Und vermeynet, daß ein Meer Jn dem Mittelpunkt der Erde Voll von Luft gefunden werde, Welches immer aufwerts steigt, Und stets den Magneten neigt. Alle Dinge, die auf Erden Fließen und nie stille stehn, Alle diese, spricht er, werden Jmmer sich im Zirkel drehn. Wie wir es am Blut von Thieren, Und an unserm Blute, spuͤren: Also dreht und zirkelt sich Diese Luftflut stetiglich. Wann uͤber die Steine. Wann wir deutlich koͤnnen spuͤren, Welches jeder muß gestehn, Daß die Koͤrper stark gefrieren, Wenn die Wind’ aus Norden wehn, Scheinet ja recht klar und eigen Diese Wirkung uns zu zeigen, Daß von Luft ein starker Fluß Aus dem Nordpol kommen muß. Wer begreift, wie es geschehe, Daß man oͤfters Kaͤlte spuͤrt, Ob die Sonn gleich in der Naͤhe; Auch oft, wenn sie fern, nicht friert? Durch den Luftfluß aus der Erden Kann es aufgeloͤset werden; Es verursacht dieß so bald, Daß es mehr und minder kalt. Dieser Luftfluß nun regieret Den Magneten, daß er sich Jmmer nach der Stelle fuͤhret, Wie er anfangs innerlich Jn der Erden ist gelegen. Daß sein’ Ausfluͤss’ so sich regen, Und aus ihm, und in ihn gehn; Kann man mit den Augen sehn. Wenn wir Loderasche legen Auf ein kleines ebnes Brett, Und man klopft mit sanften Schlaͤgen, Bis sie eben, glatt und nett, So daß keine Tief- und Hoͤhen Auf dem Taͤflein mehr zu sehen, Und man legt dann unsern Stein Jn die Asche sanft hinein; Sieht Betrachtungen Sieht man, wie ein schnell Bewegen Jn dem Augenblick entsteht; Sieht man sich die Asche regen, Recht als wenn ein Wind drinn weht, Sieht man gleich, wie schnell mit Haufen, Rechts- und linksum, Striche laufen, Die von unten aufwerts stehn, Und von oben abwerts gehn. Deutlich ist hieraus zu schließen, Wie und woher es entsteht, Daß, wenn er herausgerissen, Er die Polos ganz verdreht. Wann Magneten aus der Erden An die Luft gezogen werden, Aendern, durch des Luftstroms Strich, Alsobald die Poli sich. Was vom Stein erst Suͤdwerts lage, Und worinn der Luftfluß drang, Jn demselben, wie er pflage, Haͤlt er stets denselben Gang; Weil er in der Erden steiget, Draußen aber gleich sich neiget, Muß auch der Magnet sich drehn, Und, was Suͤdwerts, Nordwerts gehn. Wenn man vom Magneten lehret, Daß er sich zum kalten Nord Jm geraden Striche kehret, Jst jedennoch mancher Ort, Wo er etwas abwerts weichet, Und den Nordstrich nicht erreichet. Koͤmmt aus diesem innern Meer (Fragt sichs nun) auch dieses her? Dieses uͤber die Steine. Dieses Weichen zu den Seiten Haͤlt nicht stets denselben Strich, Sondern zu verschiednen Zeiten Kehrt er, und veraͤndert sich: Wie man es nunmehr erfahren, Daß daselbsten, wo vor Jahren Der Magnet sich Ostwerts dreht, Er anietzo Westwerts steht. Dieß veraͤnderliche Wesen Jst wohl durch der Luͤfte Meer Noch am besten aufzuloͤsen; Dieses gehet hin und her: Kann sichs also leichtlich fuͤgen, Daß sich seine Striche biegen, Und dadurch zuweilen ihn, Den Magneten, mit sich ziehn. Oder, wie zween andre wollen, Daß die Poli selbst nicht stehn, Und daher Magneten sollen, So wie sich die Angel drehn, Auch zugleich damit sich drehen; Welches wohl zusammenstehen, Und mit unserm Ocean Sich gar fuͤglich passen kann. Daß der Stein sich stets bemuͤhet, Und, obgleich es hart und schwer, Nur das Eisen an sich ziehet, Koͤmmt vermuthlich bloß daher; Weil die Loͤchlein in dem Eisen Sich in allem gleich erweisen Mit den Loͤchlein, die wir sehn Durch Magnet und Eisen gehn. E Des Betrachtungen Des gelehrten Halleys Lehre Jst nicht sonder Wahrheitsschein, Daß an unsrer Erdensphaͤre Nicht nur zween, vier Pole seyn, Die bestaͤndig an sich ziehen: Und dahin geht sein Bemuͤhen, Daß er zeigt, wie der Magnet Oft sich von dem Nordpol dreht. Noch ist vom Magnet zu merken, Daß er recht verwunderlich Sich durch Eisen lasse staͤrken: Ferner, daß das Eisen sich Gleichsam von ihm schwaͤngern lasse, Und von ihm die Kraͤfte fasse, Daß es selbst, wie der Magnet, Sich stets nach dem Nordpol dreht. Wie nun dieses Ziehn geschehe, Davon schreibt Cartesius Ziemlich deutlich. Jch gestehe, Daß ich mich verwundern muß, Wie so sehr vor andern allen Seine Meynungen gefallen: Doch glaub ich, die Folge wird Zeigen, daß auch er geirrt. Denn wie vieles ist gelehret Mit der groͤßten Deutlichkeit, Das doch gaͤnzlich umgekehret Durch die Gruͤnde kuͤnftger Zeit! Moͤchten wir auf dieser Erden Doch einst uͤberfuͤhret werden, Wie so ungewiß und klein Aller Menschen Schluͤsse seyn! Moͤch- uͤber die Steine. Moͤchten wir in Gottes Werken, Um sein’ Allmacht zu erhoͤhn, Mehr auf Gottes Weisheit merken, Als auf unser Wissen sehn! Besser als ein stolzes Zanken Sind bewundernde Gedanken. Die durch ihn geruͤhrte Brust Wirkt, in unsrer, seine Lust. Ach, so gieb durch deine Guͤte, Großer Gott, uns doch die Kraft, Daß mit froͤlichem Gemuͤthe Des Magneten Eigenschaft Dir zum Ruhm betrachtet werde! Daß sein Nutz an unsrer Erde, Der so groß, so mancherley, Dir nur zugeeignet sey. Nach betrachteten gemeinen, Auch, so mittler Gattung seyn, Laßt uns von den edlen Steinen Den so angenehmen Schein Besser, als wir sonsten pflegen, Auch zu Gottes Ruhm, erwaͤgen, Und, wie farbenreich, wie schoͤn Jhr polirter Schimmer, sehn. Was wir an denselben schaͤtzen, Jst so sehr nicht Nutz und Preis, Als daß sie das Aug’ ergetzen, Da nunmehr ein jeder weis, Daß ihr Nutz in Arzeneyen Meistentheils nur Pralereyen, Ja daß es Betriegerey, Und nicht selten schaͤdlich sey. E 2 Aber, Betrachtungen Aber, wenn man, wie sie stralen, Wie so schoͤn sie funkeln, sieht; Wie, in ihren glatten Schalen, Ein gefaͤrbter Schimmer gluͤht; Wie sie glaͤnzen, wie sie spielen: Kann das Herz durchs Auge fuͤhlen, Jhre Zierd’ und ihre Pracht Sey zu unsrer Lust gemacht. Denn, obgleich ihr funkelnd Prangen, Glanz, und Farben anders nichts, Als ein Gut, so sie empfangen, Als ein Wiederschlag des Lichts; Kann es keiner doch verneinen, Daß ihr Glanz und Lieblichsscheinen, So in ihnen blinkt und flammt, Nicht aus ihrem Stoff mit stammt. Wenn ein Stein die Haͤrt’ und Glaͤtte, Und zwar im gewissen Grad, Nicht in seinem Wesen haͤtte, Wie er itzo wirklich hat, Wuͤrde nie das Wiederprallen Von dem Licht’ uns so gefallen, Wuͤrd’ es nie so hell, so rein Von uns anzusehen seyn. Laßt uns also, Gott zu Ehren, Wenn sich Licht und Stein vereint Und, um unsre Lust zu mehren, So vortrefflich wiederscheint, Mit vergnuͤgtem Herzen denken, Daß nur Gott uns koͤnnen schenken Schoͤne Vorwuͤrf, das Gesicht, Und das helle Sonnenlicht. Alle uͤber die Steine. Alle Dinge, die auf Erden, Jn der klein- und großen Welt, Von uns angetroffen werden, Was uns in die Sinne faͤllt, Alle Schoͤn- und Seltenheiten Sollen uns zum Schoͤpfer leiten; Laßt denn jeden Edelstein Jetzt dazu ein Fuͤhrer seyn. Diamant, Smaragd, Granaten, Hyacinth, Sapphir, Rubin, Jris, Carniol, Agaten, Girasol, Aquamarin, Amethyst, Beryllus, Onyx, Jaspis, Chrysolith, Sardonyx, Tuͤrkis, Sarder und Opal, Jst der schoͤnsten Steine Zahl. Der Dia- mant. Aller edlen Steine Zierde Jst der helle Diamant: Mit Bewundrung und Begierde Sieht man seinen reinen Brand. Jn den nettgeschliffnen Ecken Scheinet Glut und Flut zu stecken, Wenn auf tausend Art das Licht Sich in seinen Tafeln bricht. Seine Haͤrt’ ist nicht zu zwingen, Wodurch er dem Glaser nuͤtzt, Durch das sproͤde Glas zu dringen, Das er zierlich trennt und ritzt. Wann wir beym Smaragd ihn legen, Soll man ihn doch schmelzen moͤgen; Welches, daß er so sich beugt, Homberg uns zuerst gezeigt. E 3 Wenn Betrachtungen Wenn wir Diamanten sehen, Die so hell, so weiß, so rein, Laßt uns unsern Gott erhoͤhen, Weil auch sie geschaffen seyn Uns zur Lust, und ihm zu Ehren, Welche beyde zu vermehren Uns aus Liebe Gott gebeut. O der suͤßen Schuldigkeit! Der Sma- ragd. Lasset uns nun weiter gehen, Des Smaragden gruͤne Pracht Mit Vergnuͤgen anzusehen, Dessen Schein uns recht anlacht Und mit holdem Licht anstralet; Wie das Gras der Fruͤhling mahlet, Eben mit so gruͤnem Licht Fuͤllet er uns das Gesicht. Es sind von Smaragd die besten Aus Ostindien gebracht, Doch bringt man sie aus dem Westen Auch, jedoch von mindrer Pracht. Man will von Smaragden merken, Daß sie unser Auge staͤrken, Daß beym Bauchfluß ihre Kraft, Wie beym Blutfluß, Huͤlfe schafft. Der Gra- nat. Ferner koͤmmet zu betrachten Auch der roͤthliche Granat, Der, wenn wir darauf recht achten, Farben, wie ein Feuer, hat. Seine Roͤth ist zwar verdunkelt, Dennoch scheinet sie und funkelt, Daß die sanfte Lieblichkeit Oefters Aug’ und Herz erfreut. Jhrer uͤber die Steine. Jhrer sind verschiedne Sorten. Die man uns aus Osten bringt, Sind fuͤr die aus andern Orten Koͤstlicher, jedoch entspringt Aus denselben in Arzneyen Gleicher Nutz, denn sie befreyen All’, ob sie gleich nicht so theur, Von des Salzes Schaͤrf’ und Saͤur’. Hya- cin- then. Hyacinthen sind imgleichen Schoͤn von Farben, roͤthlich weiß, Gelblich auch, jedennoch weichen Unsre hier an Farb und Preis Denen, die uns Osten giebet, Drum sind sie auch mehr beliebet, Sie sind groͤßer, glaͤnzender, Haͤrter und weit lieblicher. Dieser Stein ist gelb zuweilen Wie der Brennstein, und recht schoͤn, Er soll Muth und Freud ertheilen, Auch dem Gifte widerstehn. Aber dieses sind Gedichte. Dennoch hoͤrt, was er verrichte, Er ist gegen Saͤure gut, Stopft den Bauchfluß und das Blut. Sap- phir. Wie wird unser Aug’ ergetzet Durch den lieblichen Sapphir, Den man darum herrlich schaͤtzet, Weil wir selbst des Himmels Zier Jn dem wunderschoͤnen Blauen Mit vergnuͤgtem Herzen schauen; Moͤchtst du mir, geliebter Stein, Oft ein Himmelsspiegel seyn! E 4 Man Betrachtungen Man vermeynt von diesem Steine, Daß derselbe zweyerley, Von verschiednem Glanz und Scheine, Daß er maͤnn- und weiblich sey. Weißlich, etwas waͤßrich gleißet Der, den man uns maͤnnlich heißet; Da der, den man weiblich nennt, Kraͤftiger, und dunkler brennt. Der Rubin. Mit wie vieler Lust und Freuden Kann man nicht an dem Rubin Die vergnuͤgten Augen weiden! Recht wie Kohlen, welche gluͤhn, Voller Licht, zumal im Dunkeln, Sieht man ihn voll Feuer funkeln: Schoͤner als das schoͤnste Blut Jst die Farbe seiner Glut. Bey der schoͤnen Roͤthe spielet Auch in ihm ein blaͤulich Licht, Das sich meistens dann erzielet, Wann sichs in den Winkeln bricht. Durch den Schimmer, der ihn schmuͤcket, Wird der Geist im Blick erquicket. Der Rubin soll, wenn er klein, Auch ein Feind der Saͤure seyn. Der Car- niol. Angenehm, doch nicht so theuer, Als der funkelnde Rubin Und sein blitzend heller Feuer, Jst der rothe Cornalin. Dieser mußte bey den Alten Meist der Siegel Amt verwalten, Denn die Kunst praͤgt diesem Stein Allerley Gestalten ein. Von uͤber die Steine. Von der Fleischfarb wird er zwarten, Dennoch Sarder auch genannt, Weil man von verschiednen Arten Jn Sardinien ihn fand. Braucht man diesen, klein zerrieben, Wird die Saͤure weggetrieben, Dient er also zum Gebrauch, Nuͤtzet und vergnuͤgt uns auch. Da der Carniol besehen, Der Agat. Trifft die Reihe den Agat, Der von Baͤumen, Tief- und Hoͤhen Manche Farb’ und Bildung hat, Blumen, Kraͤuter, ganze Waͤlder, Berge, Festungen und Felder, Welche nicht zu zaͤhlen seyn, Findet man an diesem Stein. Er ist halbdurchsichtig, feste, Glatt, und meistens schoͤn geschmuͤckt, Doch ist der der allerbeste, Welchen Jndien uns schickt, Da wir sonst in Boͤheims Gruͤnden Eine große Menge finden. Er wird nach der Farben Stand Auch verschiedentlich genannt. Der Gira- sol. Unter andern Edelsteinen Trifft man noch ein Steinchen an, Das man um sein Gelblichscheinen, Girosol wohl nennen kann. Es empfaͤngt der Sonnen Glaͤnzen, Und behaͤlts in seinen Grenzen; Wenn wir ihn denn drehen sehn, Scheint die Sonne sich zu drehn. E 5 Diese Betrachtungen Diese findt man oftermalen Auch in einem andern Stein, Wo sie, nebenst den Opalen, Oftermals gefunden seyn, Welche uns, recht schoͤn geschmuͤcket, Cypern und Aegypten schicket, Ungarn und Arabien; Doch die besten, Jndien. Der Ame- thyst. Ferner sieht man lieblich stralen Den polirten Amethyst, Welcher weiß, auch oftermalen Purpurroth, auch blaͤulich ist. Er ist glaͤnzend, hart, durchsichtig, Und uns zu vergnuͤgen tuͤchtig, Seine schimmerreiche Pracht Wird aus Jndien gebracht. Wie sie von den Steinen schreiben, Soll derselben starke Kraft Bald den Rausch vom Wein vertreiben; Aber diese Eigenschaft Jst nicht wahr, ob sie den Namen Vom Entrauschen gleich bekamen; Doch, als alkalisch, bekaͤmpft Er die Saͤure, die er daͤmpft. Der Beryll. Der Beryll, der gruͤnlich scheinet, Wie die gruͤne Meeresflut, Hat auch oft in sich vereinet Eine gruͤnlichgelbe Glut, Welche man dabey erkennet, Und sie Goldberyllen nennet, Oefters sind sie gelblich bleich, Und dem Oel und Knoblauch gleich. Dieser uͤber die Steine. Dieser Stein ist in den Gruͤnden Jndiens, auf Martaban Jn Cambaya auch zu finden, Jn Pegu und auf Zeilan; Er ist glaͤnzend und durchsichtig: Klein gestoßen, ist er tuͤchtig, Zu verstopfen fließend Blut; Auch ist er im Bauchfluß gut. Der Onyx. Auch der Onyx glaͤnzt und spielet, Voller Lust und schimmerreich; Wie sein Name darauf zielet, Jst die Farbe Naͤgeln gleich. Moses schreibt von diesem Steine Und von seinem holden Scheine, Nebenst dem Bedellion, Jn dem Paradiese schon. Jn Geschwuͤren unsrer Augen Soll der Onyx sonderlich Als ein gutes Mittel taugen. Saͤure fuͤhrt er ab mit sich, Wenn wir ihn zu unserm Frommen, Klein zerrieben, eingenommen. Jst er also im Gebrauch Nicht nur lieblich, nuͤtzlich auch. Der Ja- spis. Manche Schoͤnheit wird entdecket Auch im Jaspis, dessen Schein Muß gruͤn und mit Roth geflecket, Wenn er anders echt ist, seyn; Ob man ihn gleich oͤfters findet, Daß er sich mit mehrerm bindet, Wie ihn denn, wenn er polirt, Manche schoͤne Farbe ziert. Von Betrachtungen Von dem Jaspis schicket immer Uns den besten, den man kennt, So an Kraft, als auch am Schimmer, Der so reiche Orient. Saͤure wird durch ihn vertrieben, Wenn er auf Porphyr zerrieben, Wie er denn auch das Gebluͤt Stopft, da er zusammenzieht. Der Topas. Noch wird der Topas gefunden, Den man Chrysolith auch nennt, Drinn, mit guͤldenem verbunden, Auch ein gruͤner Schimmer brennt, Und ein achtsam Aug’ ergetzet. Er wird mehrentheils geschaͤtzet, Daß er, als meist einerley, Vom Smaragd die Mutter sey. Er ist leichtlich zu poliren, Jst daher nicht gar zu theu’r. Wenn wir Bauch- und Blutfluß spuͤren, Stopft er sie, und daͤmpft die Saͤur. Der aus Boͤhmen ist zwar groͤßer, Der aus Jndien doch besser. Auch vom fernem rothen Meer Briugt man Chrysolithen her. Der Sardo- nyx. Ferner steckt ein lieblichs Glaͤnzen Jm Sardonyx, dessen Schein Fuͤgt in sich der Farben Grenzen Von dem blassen Onyxstein Und vom Cornalin zusammen; Daher denn die Namen stammen, Die er aͤhnlich in der That Jn den meisten Sprachen hat. Wenn uͤber die Steine. Wenn er schoͤn, ist er durchsichtig, Daß man ihn bewundern muß; Blut zu stillen ist er tuͤchtig, Auch des Bauchs zu starken Fluß, Wenn wir ihn gepuͤlvert nehmen. Babylon, Aegypten, Boͤhmen, Jndien und auch Papier Zeugen dieses Steines Zier. Der Türkis. Auch erblickt man mit Vergnuͤgen, Wie in dem Tuͤrkis so schoͤn Blau und Gruͤn und Weiß sich fuͤgen, Welcher zwar nicht durchzusehn, Aber doch sehr lieblich scheinet. Ob man nun von ihm gleich meynet, Daß er Huͤlf den Augen schafft, Jst doch solches zweifelhaft. Aber Saͤure zu versuͤßen, Jst der Tuͤrks, gepuͤlvert, gut, Er stopft Brechen, auch das Fließen, Das zu stark, vom Bauch und Blut. Man trifft an verschiednen Orten Von dem Tuͤrkis an zwo Sorten, Wovon viele mehr auf Gruͤn, Andre mehr aufs Blau sich ziehn. Der Opal. An den glaͤnzenden Opalen Wird das Auge noch zuletzt, Und an ihren bunten Stralen Das Gemuͤthe selbst ergetzt. Denn in diesem Steine scheinen Wunderbar sich zu vereinen Amethyst, Sapphir, Rubin, Wie auch der Smaragden Gruͤn. Dieser Betrachtungen Dieser Farben lieblichs Spielen Wechselt sich verwunderlich, Was itzt scheint auf Roth zu zielen, Wird itzt gruͤn, itzt aͤnderts sich, Und wird wieder blau, die Stelle Wird aufs neue gelb und helle. Selbst des Regenbogens Schein Zeigt uns dieser schoͤne Stein. Wenn wir nun Opalen sehen, Laßt uns doch in unsrer Lust Den bedacht seyn zu erhoͤhen, Der, durchs Auge, Herz und Brust Uns so wunderbar ergetzet, Oft uns in Vergnuͤgen setzet, Und fuͤr das, was er beschert, Nur ein froͤlichs Herz begehrt. Dieses waͤre von den Steinen Etwas, doch nicht viel, gesagt. Wann sich nun darinn vereinen, Was uns nuͤtzet und behagt; Bin ich froh, daß Gott zu Ehren Jch davon in meinen Lehren Etwas brachte zu Papier; Gott allein sey Dank dafuͤr! Die uͤber die verschiedene Erdarten. Die verschiedene Erdarten. E h’ ich aber aus dem Reiche, Das man mineralisch heißt Und bisher betrachtet, weiche, Muͤssen vor von unserm Geist Billig erst betrachtet werden Die verschiedne Sorten Erden, Und darauf so mancher Saft, Sammt der salz- und fetten Kraft. Man trifft, an verschiednen Orten, Die man auch kaum zaͤhlen kann, Noch von Erden viele Sorten Von verschiednen Kraͤften an: Die bestehn aus feinem Sande, Der nicht mit so festem Bande Sich vereinet, wie ein Stein, Und leicht zu zerreiben seyn. Diese Erden sind zuweilen Untermengt mit manchem Saft, Und bestehn aus vielen Theilen Von Metalle Art und Kraft. Darum denn auch solche Erden Jnsgemein gesiegelt werden, Zu verhindern, daß man nicht Sie verfaͤlsch’, als oft geschicht. Also Betrachtungen Also findet man dergleichen, Die man nennt die Samischen, Maltha, Chios, Lemnos reichen Sie uns, gleichfalls Schlesien, Boͤhmen, Liefland gleichermaßen, Die sich alle brauchen lassen, Nebst der Erd aus der Tuͤrkey, Uns zum Nutz, zur Arzeney. Jhre Tugenden und Kraͤfte Mehrentheils sind einerley, Anzuziehen scharfe Saͤfte; Sie genesen auch dabey Bauch- und Blutfluß, hartes Brechen: Auch sind sie geschickt, zu schwaͤchen Aeußerlich den Lauf vom Blut; Gar bey Wunden sind sie gut. Ferner trifft man neben ihnen Ungesiegelt’ Erden an, Deren uns ein’ jede dienen Und zum Nutzen kommen kann. Steinmarg dient das Feld zu duͤngen, Und die Gaar darinn zu bringen. Mondmilch ist vortrefflich nuͤtz, Sie daͤmpft unsers Blutes Hitz. Triepel dienet zum Poliren. Thon dient uns zu mancherley. Ocher, Berggruͤn, Bergblau zieren Die beliebte Mahlerey. Nunmehr laßt uns auch die Kraͤfte Und den Glanz verdichter Saͤfte, Die theils nuͤtzlich und theils schoͤn, Mit Verwunderung, besehn. Saͤfte, uͤber die verschiedene Erdarten. Saͤfte, die coaguliret, Theilt man in zwo Sorten ein, Da verschiedne, wie man spuͤret, Fett, die andern mager, seyn; Mager sind die salzen Dinge, Deren Nutzen nicht geringe, Sondern, wie man leicht ermißt, Wirklich nicht zu schaͤtzen ist. Das Salz. Daß vom Salz verschiedne Sorten Jn der Welt zu finden seyn, Spuͤrt man an verschiednen Orten. Ein Salz heißet man gemein, Eins Salpeter. Jn den Gruͤnden Jst der Borax auch zu finden, Nebst Alaun und Vitriol. Merk, o Mensch, die Kraͤfte wohl! Das gemeine wird gegraben Aus der Erde, koͤmmt auch her Aus den Brunnen, die wir haben, Ferner selber aus dem Meer, Draus man es durch Sieden bringet. Was aus Salz fuͤr Nutz entspringet, Faßt kein Mensch, beschreibt kein Kiel; Seiner Wirkung ist sehr viel. Etwas nur davon zu weisen; Denket nur, wie sehr es nuͤtzt Jn den allermeisten Speisen: Denkt, wie es vor Faͤulniß schuͤtzt! Fisch und Fleisch, ja tausend Sachen Kann das Salz uns daurhaft machen. Selber in der Arzeney Weis man, daß es nuͤtzlich sey. F Wenn Betrachtungen Wenn die Sammlung der Gewaͤsser Jn dem unbegrenzten Meer Frisch, und sie von Gott nicht besser Zugericht und salzig waͤr, Staͤnk es laͤngst, und waͤr verdorben, Aller Fische Heer gestorben; Es ertruͤge Luft und Licht So viel tausend Jahre nicht. Wenn das Meer verfaulet waͤre, Welch ein giftig fauler Duft Stiege dann nicht aus dem Meere, Und vergiftete die Luft! Dadurch wuͤrde bald auf Erden Alles angestecket werden. Solcher Plage, Quaal und Pein Wehret Gott durchs Salz allein. Wie wir es darinn entdecken, Hat das Salz stets von Natur Bey sechs Flaͤchen mit vier Ecken Eine wuͤrflichte Figur. Es ist weiß, klar und durchsichtig, Fest und lauter, nicht schwerwichtig, Am Geschmacke scharf und rein, Trocken, und an Koͤrnern klein. Unser Wesen selbst bestehet Mit aus Salz, wie offenbar, Ja, fast alles, was ihr sehet, Hat zum Grunde Salz. Sogar Selbst zu unsrer Erden Wesen Scheint zum Grunde Salz erlesen; Wie ich denn durch die Chimie Meistens Salz aus allem zieh. Stein- uͤber die verschiedene Erdarten. Steinsalz, das so viele naͤhret, Giebt die Erde sonder Muͤh. Salz, das mit der Saͤure gaͤhret, Nennet man Sal Alkali, Welches wir voll Loͤcher sehen, Die vom starken Feur entstehen, Hierinn dringt die Saͤure ein, Deren Theilchen rege seyn. Wenn man Saur mit Salze mischet, So man alkalinisch nennt, Zischt’s, wie Kalk durch Wasser zischet, Welches seine Theilchen trennt, Wenn es in die Loͤcher drenget, Und sich mit den Theilchen menget, Die daselbst, doch sonder Schein, Hitzig, reg, und feurig seyn. Dieses Salzes eigne Kraͤfte Hat es von der Glut allein, Weil vorher desselben Saͤfte Erstlich saur gewesen seyn. Denn, ob wir gleich in den Gruͤnden Alkalinisch Salz auch finden, Jst’s die unterirdsche Glut Dennoch bloß, die solches thut. Dieses Salz soll durchzudringen, Aufzuloͤsen Schleim und Stein, Auch die Saͤure zu verschlingen Und zu treiben kraͤftig seyn. Milz und Leber soll es heilen: Auch die Galle zu zertheilen, Und zu saͤubern unser Blut, Jst dieß Salz vortrefflich gut. F 2 Ferner Betrachtungen Ferner wird ihm zugeschrieben, Daß selbst die Melancholey Oefters ganz dadurch vertrieben, Wenigstens gelindert, sey. Gelbe Sucht auch zu curiren, Und das Wasser abzufuͤhren, Dienet dieses Salz, daher Brauchen es die Aerzte sehr. Der Salpe- ter. Unter andern Salzessorten Trifft man den Salpeter an, Den man an sehr vielen Orten Finden, auch bereiten kann. Dieses Saure hegen Luͤfte, Alte Mauren, Waͤnd’ und Kluͤfte; Jn die Erde, selbst in Stein, Senket sich die Saͤur’ hinein. Jn den Staͤllen, Taubenschlaͤgen, Auf dem Kirchhof’, im Urin, Selber in dem Thau und Regen, Auch in Brunnen, findt man ihn. Sein Stoff ist halb fest, halb fluͤchtig: Und man schließet von ihm richtig, Daß er, ist der Nam’ gleich neu, Ein versteintes Luftsaur sey. Von den wundervollen Kraͤften Des Salpeters ist bekannt, Daß von seinen salzen Saͤften, Die in ihm, fast jedes Land Seine Fettigkeit erlange Und die Fruchtbarkeit empfange; Weil ein Grund, der reichlich traͤgt, Jmmer viel Salpeter hegt. Man uͤber die verschiedene Erdarten. Man kann wohl mit Wahrheit sagen, Dieses Salzes Eigenschaft Pfleg’ am meisten beyzutragen Zu der Pflanzen Wachsthumskraft: Ja, daß man zugleich verspuͤre, Das Natursalz aller Thiere Sey, so viel als uns bekannt, Dem Salpeter sehr verwandt. Diese Gleichheit kann uns weisen, Wie das, was die Erde traͤgt, Unsern Koͤrpern, in den Speisen, Zur gewuͤnschten Nahrung schlaͤgt: Auch daß jeder Leib der Thiere Viel Salpeter bey sich fuͤhre, Da wir, aus der Thier Urin, Allemal Salpeter ziehn. Jn der Heilungskunst erscheinet Vom Salpeter große Kraft, Und zwar mehr, als man vermeynet. Er zertheilt den zaͤhen Saft, Daͤmpfet des Gebluͤtes Hitze, Jst, den Durst zu loͤschen, nuͤtze, Oeffnet, treibt das Wasser, wehrt, Daß die Faͤulung nichts versehrt. Er vertreibt den Stein der Nieren, Auch den zaͤhen Blasenstein. Was wir vom Salpeter spuͤren, Jst ja wohl recht ungemein; Da des Buͤchsenpulvers Knallen, Wodurch Fels und Mauren fallen, Wodurch Blut und Geist entgeht, Aus Salpeter meist besteht. F 3 Ganz Betrachtungen Ganz erschrecklich, ganz entsetzlich Jst die wuͤtende Gewalt Dieses Pulvers, da es ploͤtzlich Alles stuͤrzt und dergestalt Alles sprenget und zerschmeißet, Daß es splittert und zerreißet, Wodurch seine wilde Glut Gut’ und boͤse Wunder thut. Des Salpeters Form ist immer Langschuͤßig und sechsgeeckt; Er hat einen weißen Schimmer, Wie Crystall. Und man entdeckt, Wenn er rein, an ihm ein Brennen, So wir nicht beschreiben koͤnnen: Seine Glut brennt wunderlich, Nicht nur aufwerts; unter sich. Der Borax. Ferner, an so manchem Orte, Auch in Persien, trifft man Von dem Salz ein’ andre Sorte, Die man Borax nennet, an. Dieses Salz ist mineralisch, Weder sauer, noch alkalisch; Sondern es ist, wie man meynt, Beyder Kraft in ihm vereint. Wobey, wenn mans recht ergruͤndet, Man in seinem Wesen auch Noch ein oͤlicht Wesen findet; Dieses dienet zum Gebrauch, Daß durch selben die Metallen Leicht in Fluß zergehn, und fallen; Und deswegen nuͤtzet er Sonderlich den Guͤrtlern sehr. Aber uͤber die verschiedene Erdarten. Aber in den Arzeneyen Hat man dieses Salzes sich Gleichfalls trefflich zu erfreuen: Denn es dienet sonderlich, Oeffnung unserm Blut zu geben, Die Verstopfungen zu heben, Und es treibt von ihrem Ort Die Geburt gemaͤhlig fort. Jn der Erden tiefen Gruͤnden Alaun. Jst, wie laͤngstens schon bekannt, Noch ein anders Salz zu finden, Dieses wird Alaun genannt, Dessen Stoff, so scharf und sauer, Dient den Faͤrbern, zu der Dauer Jhrer Farben, wirkt zugleich, Daß sie rein und schimmerreich. Um das rege Blut zu stillen, Brauchet man ihn aͤußerlich; Um verdorbner Zaͤhne willen Braucht man ihn; man gurgelt sich Mit Alaun. Wenn man ihn brennet, Wird das wilde Fleisch getrennet; Wenn man ihn auf Wunden streut, Spuͤrt man seine Nutzbarkeit. Wie wir ihn im Bergwerk brechen, Giebt die bildende Natur Jhm fuͤnf sechsgeeckte Flaͤchen, Und sechs mit vier Ecken nur. Solche merkliche Gestalten Hat er nicht umsonst erhalten, Nichts von dem, was Gott gemacht, Jst umsonst hervorgebracht. F 4 Endlich Betrachtungen Endlich haben wir die Kraͤfte Vi- triol. Auch vom Vitriol zu sehn, Dessen sonderliche Saͤfte Auch aus Saur und Salz bestehn. Er wird durch Crystallisiren, Durch Verduͤnstung und Filtriren, Da man ihn aus Markasit, Den man Quis benennet, zieht. Welchen wir, aus vielen Orten, Nutzbar in Europa ziehn; Es giebt unterschiedne Sorten, Er ist weiß, blau, roth und gruͤn. Der so weiß ist, macht purgiren, Taugt auch oben abzufuͤhren, Er erfrischet unser Blut, Jst auch fuͤr die Augen gut. Gruͤnen Vitriol erzeuget Deutschland, Rom und Engelland. Daß der Deutsche sehr sich neiget Zu dem Kupfer, ist bekannt. Er ist blaͤulichtgruͤn, und ziehet Scharf zusammen, wie man siehet. Selbst des Scheidewassers Macht Wird aus ihm herausgebracht. Der, den Engelland uns traͤget, Und den wir aus Norden ziehn, Welches sehr viel Eisen heget, Zeiget uns ein braͤunlich Gruͤn. Aus demselben kann man fuͤhren, Durch ein kuͤnstlich Distilliren, Einen vitriolschen Geist, Welcher viele Kraͤfte weist. Dieser, uͤber die verschiedene Erdarten. Dieser, wie man angemerket, Aendert seine Farben nicht, Drum man ihn mit Eisen staͤrket, Da, wenn er so zugericht, Und zuletzt crystallisiret, Er die Blaͤsse dann verlieret, Daß man ein schoͤn Gruͤn so dann Mit demselben faͤrben kann. Kunst und auch Erfahrung weisen Dieses Salzes Eigenschaft, Daß es Kupfer oder Eisen, So, im mineralschen Saft, Welcher sauer ist, zergangen; Daher es die Kraft empfangen, Daß es uns besonders nuͤtzt. Es ist glatt und zugespitzt. An vier Flaͤchen mit fuͤnf Ecken, Dran ein dreyfach Dreyeck sitzt, Kann man die Gestalt entdecken, Wie der Vitriol sich spitzt. Durch dieß Salz, wie sichs eraͤuget, Wird die schwarze Farb erzeuget, Wovon mancher in der That Wundersamen Nutzen hat. Aus dem vitriolschen Wesen Wird das Pulver zugericht, Wovon wir so vieles lesen Und man so viel Gutes spricht, So man sympathetisch nennet, Dessen Kraft man nicht recht kennet; Dennoch soll meist allgemein Seine fremde Wirkung seyn. F 5 Dieses Betrachtungen Dieses waͤren nun die Kraͤfte (Jn so fern man sie erkennt) Der coagulirten Saͤfte, So man duͤrr’ und mager nennt, Deren viel in unsrer Erden, Uns zu Nutz, gefunden werden. Uebrig sind nun noch allein Die, so fett und oͤlicht seyn. Diese Saͤfte nun bestehen Aus besonders klebrigen Aus entzuͤndlichen und zaͤhen Aestigten und schweflichten Oelichten und fetten Theilen. Laßt uns auch dabey verweilen. Naphta, Steinoͤl, Judenleim, Bernstein, Ambra, Wallfischschleim. Naphta ist ein Pech der Erden, Naph- ta. Welches fluͤßig ist und weich, Und worinn gefunden werden, Weil es oͤl- und schwefelreich, Viel gewaltge Feuertheile, Dannenher es denn in Eile Brennt, und wuͤtend um sich frißt, Daß es nicht zu loͤschen ist. Dieses zeugt in großer Menge Babylon und Griechenland, Da sind unterirdsche Gaͤnge, Wo man es sonst haͤufig fand; Frankreich auch, wo sichs selbst hebet Aus der Erd, und feste klebet An den Schuhen, so daß man Fast davor nicht gehen kann. Man uͤber die verschiedene Erdarten. Man will, daß der Naphta Wesen Gleichfalls in der Medicin, Wie wir vieles von ihr lesen, Gegen manches Uebel dien. Es eroͤffnet, es zertheilet, Es verdaͤuet, staͤrkt und heilet. Lasset uns nun weiter gehn, Auch der Steinoͤl zu besehn. Steinoͤl, welcher, wie wir sehen, Stein- öl. Sich aus Felsen selbst ergießt, Welcher aus verschiednen Hoͤhen Languedocs und Welschlands fließt, Jst der Naphta fast zu gleichen; Man hat rothen, schwarzen, bleichen, Man hat braun- und gelben auch Zum verschiedenen Gebrauch. Der so weiß ist, ist der beste, Der fast recht wie Balsam reucht. Halten Blaͤhungen sich feste, Macht er, daß ihr Schwarm verfleucht. Hat man etwan Gift bekommen, Wird durch ihn die Kraft benommen. Er vertreibt der Wuͤrmer Heer, Nuͤtzet auch den Nerven sehr. Judenleim, ein harzigs Wesen, Juden- leim. Findet sich im todten Meer, Wo es treibet, wie wir lesen, Koͤmmt doch aus der Erden her, Fließend steigt es in die Hoͤhe Aus dem Grund, und wird so zaͤhe Oben durch Luft, Salz und Hitz, Daß es uns zu vielem nuͤtz. Dieses Betrachtungen Dieses wird zu vielen Sachen, Sonderlich zum Lack, gebraucht, Welches die Chinesen machen. Duͤnste, die er von sich haucht, So der Faͤulniß widerstehen, Lassen nicht leicht was vergehen. Wunden, die veraltet seyn, Werden durch ihn heil und rein. Bern- stein. Bern-, den man auch Agtstein nennet, Jst wohl auch ein Erdensaft, Dessen Ursprung man nicht kennet, Noch die eigentliche Kraft, Es ist noch verborgen blieben; Gleichwohl die davon geschrieben, Stimmen alle uͤberein, Es muͤß auch ein Bergwachs seyn. Man vermeynt, er kaͤm’ aus Rinden Fetter Tannenbaͤume her, Da wir ihn in Preußen finden, Und sehr viel im Baltschen Meer: Doch ist glaublicher, er werde, Als ein Bergwachs, in der Erde Jn sehr großer Meng’, erziehlt, Und vom Wasser weggespuͤlt. Aus ihm wird, uns zum Vergnuͤgen, Viel durch Kunst hervorgebracht. Oefters wird daraus den Fliegen Ein durchleuchtig Grab gemacht: Da wir denn mit solchen Stuͤcken Viele Cabinette schmuͤcken, Und in ihnen wunderschoͤn Der Natur ihr Wirken sehn. Auch uͤber die verschiedene Erdarten. Auch vom Ambra waͤr zu sprechen, Den man auch vor steinigt haͤlt, Da man spricht, daß er in Baͤchen Jn das Meer aus Felsen faͤllt: Doch, da man anitzt vermeynet, Daß er das nicht, was er scheinet, Und ein Werk der Bienen sey, So gehn wir ihn hier vorbey. Eben wie die Fettigkeiten, Die man Sperma Ceti nennt, Die man auch in vor’gen Zeiten Als ein Erdharz nur gekennt; Wovon wir doch glauben muͤssen, Ja es uͤberzeuglich wissen, Daß es nichts als das Gehirn Aus des Wallfischs holer Stirn. Bis hieher bin ich gekommen, Da das mineral’sche Reich, So wie ich mir vorgenommen, Gott zum Ruhm, so mir als euch Vorgelegt ist, und besehen. Laßt uns itzt zun Pflanzen gehen, Und ihr ungezaͤhltes Heer Auch betrachten Gott zur Ehr! Eh’ wir aber dazu schreiten, Dank ich dir, o großer Gott! Brunnquell aller Herrlichkeiten, Einzigs All! Herr Zebaoth! Ew’ger Schoͤpfer aller Dinge! Daß es wohl von statten gienge, Was ich von dem ersten Gang Des Naturreichs schrieb und sang. Laß Betrachtungen Laß doch, wenn es Menschen lesen, Großer Gott, zu deiner Ehr, Dein unendlichs ewigs Wesen Draus erhellen mehr und mehr! Deine Weisheit, deine Liebe, Die dich, es zu schaffen, triebe, Deine maͤcht’ge Wunderhand Werd in deinem Werk bekannt! Segne ferner mein Beginnen, Daß das Reich der Pflanzen auch Sey ein Vorwurf unsrer Sinnen! Laß den froͤhlichen Gebrauch Dieser Koͤrper uns bewegen, Dir ein Opfer vorzulegen! Jn Gewaͤchsen und im Kraut Sey dein Finger angeschaut! Das uͤber das Reich der Pflanzen. Das Pflanzenreich . L asset uns mit Freuden treten Jn das schoͤne Pflanzenreich, Um darinn den anzubeten, Der die Kreatur zugleich Sammt den Himmeln mit der Erde, Durch sein schaffend Wort: Es werde! Aus des Chaos dunkler Nacht Wunderschoͤn ans Licht gebracht. Liebster Gott! wie bunt, wie niedlich, Glaͤnzend, praͤchtig, wunderschoͤn, Wie so zart, so unterschiedlich Sind die Pflanzen anzusehn! Wie so nuͤtzlich Mensch- und Thieren! Wie so noͤthig! Wir verspuͤren, Es besteh’ aus ihrer Kraft Unser Leib und Lebenssaft. Alle Baͤume, Gras und Fruͤchte, Deren ja so mancherley, Zeigen uns im dunklen Lichte, Wie so groß ihr Schoͤpfer sey. Jedes Kraut und jede Blume Gruͤnt und bluͤhet dem zum Ruhme, Der sie wunderbar formirt, Und mit solcher Pracht geziert. Wenn Betrachtungen Wenn wir unsrer Rosen Funkeln, Blu- men über- haupt. Tulpen, Mah’ und Tausendschoͤn, Tuberosen und Ranunkeln, Sammt der Nelken Purpur sehn, Weis kein Mensch, wie in der Erden Solcher Schmuck gemischt kann werden, Wie ihr Glanz, so weiß als Schnee, Aus so schwarzem Sand entsteh. Wie das Blau der krausen Liljen, Wie der Anemonen Roth, Wie das Gelbe der Schonkiljen Stamm’ aus Leimen, Sand und Koth, Wie sich tausend Farben floͤßen Aus verworfnen Erdenkloͤßen, Wie des Fruͤhlings schoͤnster Putz Nur entspring’ aus Staub und Schmuz. Seht, wie ihre Blaͤtter scheinen! Jhre Schoͤnheit, Schmuck und Zier Gleichen fast den Edelsteinen, Ja sie uͤbergehn sie schier. Rosen glaͤnzen, wie Rubinen, Wie Sardonich die Jesminen, Beyden gleicht der Amaranth, Lilien dem Diamant. Koͤnnte man aus Edelsteinen, Aus Smaragd, Sapphir, Rubin, Jhr so buntgefaͤrbtes Scheinen, Jhre Farb in Saͤften ziehn Mit Behaltung ihrer Stralen, Und man wollte Blumen mahlen, Wuͤrd es, bey der Blumen Schein, Doch wie nichts zu rechnen seyn. Wer uͤber das Reich der Pflanzen. Wer mit Andacht eine Blume Recht mit Menschenaugen sieht, Wie sie, zu des Schoͤpfers Ruhme, Jn so schoͤnen Farben gluͤht, Wie die Glut der Granadiljen, Wie das Silber weißer Liljen So gar unbeschreiblich schoͤn, Muß in ihnen Gott erhoͤhn. Wer kann den Geruch ergruͤnden, Der in solchem Unterscheid Jn der Blumen Heer zu finden, Und, mit solcher Lieblichkeit, Unser Herz und Hirn ergetzet, Ja fast in Erstaunen setzet, Denkt man, wie das, was man spuͤrt, Aus verworfnem Koth herruͤhrt? Was der Blumen Meng’ aushauchet, Balsamiret Luft und Wind: Welch ein Ambra dampft und rauchet Aus der fruͤhen Hyacinth! Wie weis doch der Dunst der Rosen Unsrer Nasen liebzukosen! Hat nicht unsrer Nelken Kraft Des Gewuͤrzes Eigenschaft? Wie durchdringt der Aepfel Bluͤte, Tuberosen und Jesmin Nas’ und Herz, Sinn und Gemuͤthe, Deren Duft wir an uns ziehn! Wie wird durch die Bluͤt der Linden, Durch Muskat und Zimmetrinden, Die der Luftkreis zu uns schickt, Unser Herze nicht erquickt! G Wie Betrachtungen Wie viel tausend Kraͤuter gruͤnen, Wie viel tausend Blumen bluͤhn, Die nur, bloß um uns zu dienen, Jhren Saft der Erd’ entziehn? Ja, wie mancherley Gerichte Reichen uns der Baͤume Fruͤchte, Deren schoͤner Nahrungssaft Bloß der Erde Wunderkraft. Bäu- me. Hier ergetz ich mich vom neuen, Wenn mein sattes Herz erwaͤgt, Wie die Erd, uns zu erfrenen, So verschiedne Baͤume traͤgt, Drinn sie, um uns zu erfrischen, Saur’ und suͤß weis so zu mischen; Daß was ihre Kraft uns schenkt, Uns mit Anmuth naͤhrt und traͤnkt. Wie viel tausend Baͤume gruͤnen, Die, ob sie gleich unfruchtbar, Doch mit ihrem Holz uns dienen, Und vor allerley Gefahr Durch die Festigkeit uns schuͤtzen, Wenn wir frieren, uns erhitzen, Ja vor Regen, Sturm und Wind Ein gesichert Schirmdach sind! Jhr Nutz ist nicht zu ergruͤnden, Jhre Menge zaͤhlt man kaum. Buchen, Weiden, Eschen, Linden, Erlen, sammt dem Pappelnbaum, Cedern, fo zum Himmel reichen, Jpern, Tannen, Birken, Eichen, Ulm und Ficht, der Felsen Zier, Buxbaum, Tax, Cypreß Laurier. Nun uͤber das Reich der Pflanzen. Nun betrachtet und erkennet, Welch ein unsichtbare Glut Jn dem Schooß der Erde brennet, Die so große Wunder thut! Ruͤhmt mit froͤlichem Gemuͤthe Jhres Schoͤpfers Macht und Guͤte, Der der Erden, die uns traͤgt, Solche Wirkung eingepraͤgt. Ehe wir nun weiter gehen, Und davon insonderheit Stuͤckweis jede Schoͤnheit sehen, Laßt uns mit Aufmerksamkeit Erst betrachten, Gott zum Preise, Wie, auf solche milde Weise, Alle Pflanzen insgemein, Ueberhaupt gebildet seyn. Bil- dung der Pflan- zen über- haupt. Wie die Thiere Seelen haben, Die jedoch nur koͤrperlich, Ob sie gleich von groͤßern Gaben: Also zeigt in Pflanzen sich Eine Seele, die sie naͤhret, Zeugt, vergroͤßert und vermehret; Eine sehr subtile Glut Jst die Seele, die dieß thut. Wie viel weiter, als vor Zeiten, Unser Aug’ in Pflanzen geh, Wie viel Zart- und Kleinigkeiten Man in ihren Theilen seh, Wußten uns gar schoͤn zu zeigen Zween, von denen man nicht schweigen, Sondern sie bewundern muß, Grew und auch Malpighius. G 2 Die Betrachtungen Die an ganz verschiednen Orten, Und zugleich zu einer Zeit, Zeigten, fast mit selben Worten, Die verborgne Seltsamkeit, Welche in den kleinsten Dingen Die Natur hervorzubringen, Und, zu ihres Schoͤpfers Preis, Wunderbar zu bilden weis. Wie wir Thier’ anatomiren, So anatomiret man, Durch den Weg, den sie uns fuͤhren, Welchen jeder finden kann, Auch nunmehr der Pflanzen Menge, Schauet ihrer Adern Gaͤnge, Ja, ihr Eingeweide gar, Welches sonst verborgen war. Daß der Pflanzen Wurzeln ihnen, Welches recht verwunderlich, Statt des Munds und Magens dienen, Und sie naͤhren, zeiget sich, Da der Erde zarte Saͤfte, Durch uns unbekannte Kraͤfte, Von den zarten Zaͤserlein, Erstlich eingesogen seyn. Dann gekocht und zubereitet, Jn den Nahrungssaft verkehrt, Und dann oberwerts geleitet, Da er durch den Stengel faͤhrt Und gedruckt wird. Wir befinden, Daß die Wurzeln auch aus Rinden, Und aus Holz, drinn Mark, bestehn, Wie wir es an Staͤmmen sehn. Was uͤber das Reich der Pflanzen. Was nun aus den Wurzeln steiget, Find’t man, daß es auch so sey. Stamm und Halm und Stengel zeiget Ebenfalls die dreyerley. Mark, ein holzigt Wesen, Rinde, Die ich an den Staͤmmen finde, Zeigen mir und jedermann Goͤttlichgroße Wunder an. Alle Rinde, so entsprießet Um die Pflanzen aͤußerlich, Die sich um dieselbe schließet Und sie decket, theilet sich Jn zwo Haͤut’ aufs neue wieder, Die, wenn man’s erwaͤgt, ein jeder Nach gemachtem richt’gen Schluß Ehrfurchtsvoll bewundern muß. Die von diesen beyden Haͤuten Aufwerts sitzet, findet man, Daß, wie man die Seltenheiten Durch die Glaͤser sehen kann, Sie aus Blaͤschen bloß bestehe, Die beysammen in der Naͤhe Weis’ und kuͤnstlich so gefuͤgt, Daß es Aug’ und Geist vergnuͤgt. Da die andre Haut aus mehren, Und aus dreyerley besteht. Erst aus festen holen Roͤhren, Wo der Saft durch aufwerts geht; Dann aus kleinen lockern Saͤcken, Die voll solches Saftes stecken; Endlich aus viel Aederlein, So die Naͤhrgefaͤße seyn. G 3 Durch Betrachtungen Durch dieselben kleine Gaͤnge Jn der Rinde, merket man, Daß der Saft in groͤß’rer Menge, Als durchs Holz selbst, steigen kann: Wie es klaͤrlich zu ersehen An den Baͤumen, die vergehen, Die oft durch die Rind allein Sattsamlich genaͤhret seyn. Hol- zigte Sub- stanz. Was das inn’re feste Wesen Der Gewaͤchs’ und Baͤum’ angeht; Sind auch dazu auserlesen, Viele Theil’, draus es besteht, Wie wir, wenn wir es ergruͤnden, Auch im Holze selbst befinden, Daß es stets in viererley Richtig eingetheilet sey. Erstlich, kann man deutlich sehen Holzigthole Zaͤserlein, Die recht buͤschelweise stehen, Und den Netzen aͤhnlich seyn, Die sich in einander schlingen, Und sich fest zusammen dringen, Daher denn das Holz so fest, Wie sichs leichtlich folgern laͤßt. Dann bestehet es aus Saͤcken, Oder kleinen Blaͤselein, Die in jenen Zaͤsern stecken, So von uns beschrieben seyn. Drittens, aus sehr kleinen Hoͤlen, Die, wie jene, nicht zu zaͤhlen; Hierinn find’t sich allezeit Waͤsserichte Feuchtigkeit. Viertens, uͤber das Reich der Pflanzen. Viertens, finden wir in ihnen Kleine Roͤhren, die voll Luft, Und uns zum Beweisthum dienen, Daß auch sonder solchen Duft Aus dem zarten Elemente Keine Pflanze leben koͤnnte; So wie wir an Thieren sehn, Daß sie nicht ohn Luft bestehn. Mark. Endlich, ist das innre Wesen An den Pflanzen sonderlich, Denn es sind dazu erlesen Runde Kugeln, welche sich Jn dem Mark gar klaͤrlich zeigen, Darinn Nahrungssaͤfte steigen. Kuͤrzlich: in den Pflanzen seyn Adern, Fleisch, Haut, Mark und Bein. Hieraus muͤssen wir verspuͤren, Und zwar an so mancherley, Wie von Pflanzen zu den Thieren Kein so großer Abstand sey. Außer, daß sie sich nicht regen, Und auch kein’ Empfindung hegen, Haben Pflanzen, wie sie seyn, Mit den Thieren viel gemein. Solche Gleichheit ist zu finden, Theils, in beyder Nahrungssaft, Theils, wenn wir genau ergruͤnden, Wie gleich beyder Zeugungskraft, Dort in Eychen, hier im Samen; Drum man sie, mit andern Namen, Fast mit Recht zu Thieren zaͤhlt, Denen Fuͤhl- und Regung fehlt. G 4 Doch Betrachtungen Doch so, wie wir bey den Thieren Bloß nur auf gewisse Jahr Daß sie sich vergroͤßern, spuͤren; Spuͤrt man an der Pflanzen Schaar, Daß sie wachsen, weil sie waͤhren, Daß sie ihre Dicke mehren; Alle Jahr waͤchst, wie man weis, An dem Baum ein neuer Kreis. Man erzaͤhlt, daß diese Kreise Jn der Zona torrida Rund seyn, und auf gleiche Weise Sich einander gleiche nah’: Da wir anderwerts die Ruͤnden, Gegen Mittag weiter finden, Wann die, welche Polwerts stehn, Naͤher an einander gehn. Das dann denen, welche reisen, Und vielleicht im Wald verirrt, Ohn Compaß den Nordpol weisen Und sie richtig fuͤhren wird. Wird ein Gaͤrtner an den Baͤumen Dieß zu merken nicht versaͤumen, Daß er sie so wieder setzt, Wird er durch mehr Frucht ergetzt. Was wird in des Holzes Mitten Nicht fuͤr Bilderwerk gespuͤrt, Wenn es in die Queer durchschnitten, Findt man’s sonderlich geziert. Oeffters gleichet es den Wellen; Aber in den meisten Stellen Gleicht die Bildung insgemein Mannigfachem Marmelstein. Wie uͤber das Reich der Pflanzen. Wie viel Adern, Streife, Masern, Zirkelzuͤge, Wirbelstrich, Winkel, klein’ und große Fasern Sieht man, mit Verwundrung, sich Jn den Staͤmmen, in den Zweigen, Sonderlich in Wurzeln, zeigen; Ein vernuͤnftiges Gesicht Sieht dieß ohn Vergnuͤgen nicht. Man erwaͤge doch und merke, Wie das Holz so mancherley, Und an Haͤrte, Farb und Staͤrke So gar unterschieden sey. Jn den Wurzeln, Stamm und Rinden Kann man manche Schoͤnheit finden, So an Farben, als Figur, Man betrachte solches nur. Ferner sehn wir auf den Zweigen, Augen. Mit Vergnuͤgen, Augen stehn, Die so viele Wunder zeigen, Wenn wir sie genau besehn, Daß kein Mensch auf Erden lebet, Der die Weisheit gnug erhebet, Welche Gott, der alles schenkt, Jn so kleinen Raum gesenkt. Kno- spen. Diese Augen an den Baͤumen Sind, wie Kinder, anzusehn Die aus ihren Muͤttern keimen, Und im Winter stille stehn. Da sie dann in vielen Decken, Vor den Frost beschuͤtzet, stecken; Ja man siehet sie so gar Eingehuͤllt in zartem Haar. G 5 Diese Betrachtungen Diese Decken sind getheilet, Daß, wenn ihre zarte Frucht Allgemaͤhlig vorwerts eilet Und sich zu vergroͤßern sucht, Sie ihr leichtlich weichen koͤnnen, Um den Durchgang ihr zu goͤnnen. Ach, es sehe jedermann Dieß doch als ein Wunder an! Seht, wie sie geordnet sitzen: Jede oͤffnet dreyfach sich, Und formirt dadurch drey Ritzen, Welche sich gemeinschaftlich Durch drey andre Blaͤtter schließen, Die bloß desfalls da entsprießen. Wo nun die geoͤffnet stehn, Sind noch andre drey zu sehn. Man trifft oͤffters neun dergleichen Zarte Haͤut’ an Knospen an, Daß der Frost durch sie nicht streichen Und die Frucht versehren kann. Welche Weisheit, vor Gefahren Sie so kuͤnstlich zu verwahren! Atheiste, schau hieher! Koͤmmt auch dieß von ungefaͤhr? Wenn wir auf ihr Jnnres achten, Finden wir, wie zart und klein, Da wir sie genau betrachten, Sie auch anzusehen seyn; Daß es wirklich kleine Sprossen, Die daselbst noch eingeschlossen. Jede hegt verborgentlich Blaͤtter, Zweig’ und Fruͤcht’ in sich. Wie uͤber das Reich der Pflanzen. Wie wir an den Stielen sehen, Daß sie bloß ein Theil vom Ast, Und aus selbem Stoff bestehen: Also wird auch leicht gefaßt, Blät- ter. Daß die Blaͤtter, ihre Kinder, Eben auch wie sie, nicht minder, Von demselben Stoff und Zeug Seyn gewebt, wie Stamm und Zweig. Sie bestehen auch aus Roͤhren, Welche holzigt, hol und fest, Aus Gefaͤßen, die sie naͤhren, Als wodurch der Saft sich preßt, Noch aus Blaͤslein, die, gleich Netzen, Sich verschrenkt zusammen setzen. Luftgefaͤß, ein aͤußre Haut Sind auch mit daran gebaut. Von den Blaͤttern ist zu wissen, Daß sie nicht zur Zier allein, Sondern, daß sie vielfach muͤssen Bluͤt- und Fruͤchten nuͤtzlich seyn; Wenn die noch in Knospen stecken, Dient das zarte Laub zur Decken, Die sie fuͤr die Luft und Kaͤlt, Durch die Festigkeit, erhaͤlt. Wenn nun Bluͤt und Frucht sich zeiget, Siehet man recht wunderbar, Daß, nebst ihnen, vorwerts steiget Der beschirm’nden Blaͤtter Schaar, Die sind fuͤr zu starke Hitze, Jhnen dienlich, noͤthig, nuͤtze, Sonst vertrocknet’ ihren Saft Der zu starken Sonnen Kraft. Wie Betrachtungen Wie wir denn im Herbst ersehen, Daß, wenn keine Fruͤchte mehr Auf der Baͤume Wipfeln stehen, Sich dann auch der Blaͤtter Heer, Weil es nicht mehr nuͤtz, verlieret. Wenn ihr diese Ordnung spuͤret, Ach, so dankt mit frohem Muth Gott, der nichts als Wunder thut! Dieß noch klaͤrer darzulegen: Jn der Zona torrida, Die stets in der Sonnen Wegen, Deren Stral ihr immer nah, Jst das Laub, in solcher Hitze, Denen Fruͤchten immer nuͤtze; Darum, wenn ein Blatt vergeht, Stets ein anders dort entsteht. Wie die Weisen jetzt entdecken, Soll noch eine andre Kraft Jn den frischen Blaͤttern stecken, Da der Fruͤchte Nahrungssaft Jn denselben umgeleitet, Aufbehalten, zubereitet Und gekocht wird; welches man Nimmer gnug bewundern kann. Wer die Zierlichkeit der Blaͤtter, Und die Mannichfaltigkeit Jhrer Farb’, in heiterm Wetter Wohl betrachtet, wird erfreut. Der subtilen Adern Gaͤnge, Jhre Ruͤnde, Laͤng’ und Menge, Ruͤhren billig ein Gemuͤth, Daß es sie mit Ernst besieht. Wann uͤber das Reich der Pflanzen. Wann die Sommerluft entzuͤndet, Und man unter einem Baum Kuͤhlung, Lust und Schatten findet, Jm durchs Laub bedeckten Raum, Spuͤrt man, bey so schwuͤlem Wetter, Wie das dichte Dach der Blaͤtter Und ihr angenehmes Gruͤn Uns ergetze, schuͤtz’ und dien’. Laßt uns denn den Schoͤpfer preisen, Wenn man Laub und Blaͤtter sieht, Und uns dankbar dem erweisen, Dessen Weisheit, Macht und Guͤt’ Uns zum Nutzen, Schutz und Freude Und so schoͤner Augenweide Jn der Baͤume Meng’ und Pracht Das beliebte Laub gemacht. Blu- men insbe- son- dere. Da wir nun das Laub betrachtet Und es uͤberhaupt besehn; Werden nunmehr auch beachtet Bluͤt und Blumen, die so schoͤn. Wann wir deren Form erwaͤgen, Farb und Nutzen uͤberlegen; Trifft man etwas an, so man Nimmer gnug bewundern kann. Laßt uns denn zu erst besehen Das, aus welchem insgemein Blumen eigentlich bestehen, Wie sie eingetheilet seyn. Erstlich sieht man mit Vergnuͤgen Kleine Kelch um sie sich fuͤgen, Dann die Blaͤtter, Petala, Stylum und die Stamina. Jhr Betrachtungen Jhr klein Kelchlein, das sie stuͤtzet, Und, so lang die Blume klein, Sie fuͤr manchen Unfall schuͤtzet, Auch ihr sonst muß nuͤtzlich seyn, Jst ein Fortsatz von der Rinde, Wie ich es gar deutlich finde, Daß, wo sie zu Ende geht, Eben dieser Kelch entsteht. Jn der Blaͤtter Pracht hingegen, Daran uns die Farb’ ergetzt, So sie uns vor Augen legen, Wird verlaͤngt und fortgesetzt Die Substanz voll kleiner Roͤhren, Die, wie uns die Augen lehren, Voller luft’ge Blaͤselein, Drum sie auch so fluͤchtig seyn. Diese schoͤne Blumentheile, So man nennet Petala, Zeugen Spitzen, fast wie Pfeile, Diese heißt man Stamina: Und wir koͤnnen deutlich sehen, Daß die Spitzen da entstehen, Wo der zarten Blaͤtter Rest Unten an dem Stengel fest. Oben auf denselben Spitzen, Welches wunderbarlich laͤßt, Sieht man gelbe Koͤrner sitzen, Welche weder los, noch fest, Die, wenn sich die Luͤfte regen, Auf- und abwerts sich bewegen, Auch sich in die Ruͤnde drehn, Und doch fest auf ihnen stehn. Solch uͤber das Reich der Pflanzen. Solch ein Korn, so gelblich gruͤnet, Jst mit gelbem Staub bedeckt, Dessen Nutz, wozu er dienet, Jst bishero noch versteckt. Camerarius vermeynet, Wie es auch nicht unwahr scheinet, Es muͤß fuͤr die Eyerlein Ein befruchtend Saͤmlein seyn. Andre, die den Blick drauf heften, Machen davon diesen Schluß: Von den Zeug- und Nahrungssaͤften Sey er bloß der Ueberfluß, Wovon, durch so kleine Roͤhren, Sich die Pflanzen selbst entleeren, Das so, wie es ausgefuͤhrt, Allgemaͤhlig sich verliert. Was den Stylum nun belanget, Welcher, mit erhabner Zier, Mitten in der Blume pranget, Koͤmmt er mir nicht anders fuͤr, Als daß er uns ein Gehaͤuse Von dem Samen klaͤrlich weise; Er ist, wenn man’s untersucht, Schon ein Anfang von der Frucht. Ja, wenn wir die holde Bluͤte, Die so angenehm, als schoͤn, Mit erwaͤgendem Gemuͤthe, Sammt derselben Nutzen sehn; Zeigt sich klaͤrlich dem Gesichte, Daß fuͤr Samen und fuͤr Fruͤchte, Und zu deren Schutz allein, Sie darinn gezogen seyn. Durch Betrachtungen Durch der Blumen schoͤne Decken Sind sie, wie man’s klaͤrlich spuͤrt, Da sie in denselben stecken, Mehr geschuͤtzt noch, als geziert. Hierinn find’ ich Wunderwerke, Die ich mit Erstaunen merke; Die durch sie geruͤhrte Brust Spuͤret eine neue Lust. Eben, wenn mit solcher Fuͤlle Die Natur das Aug’ ergetzt, Wirkt sie etwas in der Stille, Was man noch viel hoͤher schaͤtzt, Wirket sie, durch suͤße Fruͤchte, Uns so mancherley Gerichte, Und die Huͤlsen, die so schoͤn, Laͤßt sie uns inzwischen sehn. Der Sa- me. Ja, der Same scheint zumalen Recht ihr Augenmerk zu seyn, Drum huͤllt sie in so viel Schaalen Dieß, ihr Kleinod, kluͤglich ein. Weil, wenn Bluͤt und Frucht vergehet, Doch durch ihn die Art bestehet, Jst sie also, wie man sieht, Stets fuͤrs Kuͤnftige bemuͤht. Wie wir es nunmehr entdecken, Soll in ihren Blaͤtterlein Nicht der Nahrungssaft nur stecken, Sondern auch in ihnen seyn Selbst der Anfang von dem Samen, Welchen man, nur nach dem Namen, Kennt, und dessen wahrer Stand Keinem Menschen recht bekannt. Ja, uͤber das Reich der Pflanzen. Ja, wie wir es deutlich spuͤren, Wenn man immer weiter sucht: Was die Jungen in den Thieren, Sind, in Pflanzen, Sam und Frucht. Diesen dienet ihr Gehaͤuse, Auf dieselbe Art und Weise, Haͤlt und bringt die Frucht herfuͤr, Wie die Mutter in dem Thier. Wenn man nun mit Ernst erwaͤget, Und der Pflanzen Fruchtbarkeit, Gott zu Ehren, uͤberleget, Wird man inniglich erfreut. Da sie sich so haͤufig mehren, Um das Thierreich zu ernaͤhren, Da fuͤr ein Thier nur allein So gar viele noͤthig seyn. Eines weisen Wesens Werke, Ja gar einen hellen Stral Seiner Weisheit, Lieb und Staͤrke Spuͤret man hier abermal. Weil die Ordnung klar zu sehen, Wornach alle Dinge gehen, Da es sonst ganz anders waͤr, Herrscht’ ein blindes Ungefaͤhr. Stellen die Vermehrungskraͤfte Auch in sich nicht Wunder dar Eines Samens fette Saͤfte Zeugen oͤfters eine Schaar, So, daß es fast unbeschreiblich, Unbegreiflich und unglaͤublich, Wie in einem Korn allein Hunderttausend Kinder seyn. H Ja, Betrachtungen Ja, man kann viel mehr noch sagen, Vom Tobak ist dieses wahr, Daß ein Samenkorn getragen Nur in einem einz’gen Jahr Dreymal hundert tausend. Ferner, Zehen Millionen Koͤrner Traͤgt die Hirschzung fast allein; Wer sieht dieses Wunder ein? Laßt uns nun von Pflanz- und Baͤumen Den verborgnen Samen sehn, Draus sie all entstehn und keimen! Aber wer wird dieß verstehn? Wo ist Witz genug zu finden, Dieß Geheimniß zu ergruͤnden? Saget, was gereicht wohl mehr Uns zur Demuth, Gott zur Ehr? Wird was auf der Welt gefunden, Wo beym Koͤrper sich der Geist Auf verborgne Art verbunden, Und sich gleichsam sichtlich weist: So ist es gewiß der Same. Daß nun der den Ursprung nahme Von dem Schoͤpfer selbst, ist klar, Und recht uͤberzeuglich wahr. Wenn man dieses recht bedenket, Wie doch, in so kleinem Platz, Wunderbarlich eingeschrenket Ein fast unschaͤtzbarer Schatz, Wie darinn ein Geist, ein Leben, Wie in zaͤrtlichen Geweben, Selbst die Form vom groͤßten Baum Jn dem Samen findet Raum. Wenn uͤber das Reich der Pflanzen. Wenn man, sag’ ich, dieß erwaͤget, Wird, mit Recht, von jedermann Auf den Mund die Hand geleget, Weil kein Witz begreifen kann, Wie das Große so verkleinet, Wie hier Leib und Geist vereinet, So genau verknuͤpfet seyn: Gott der Herr weis es allein! Willt du Gottes Groͤße merken, Und zugleich dein Nichts verstehn, Mensch, du darfst, von allen Werken, Nur zum Samenkoͤrnlein gehn. All’ dein Sinnen, alles Denken, Wird, verschlungen, sich versenken, Sonder Grund und Wiederkehr, Wie ein Tropfen in ein Meer. Nicht nur unsre Augen sehen Sich fast auf die Samen blind, Der Verstand muß selbst gestehen, Daß sie ihm unsichtbar sind. Solcher großen Koͤrpertheile Unbegreiflich zarte Seile Finden in der Kleinheit sich Nie verwirrt, stets ordentlich. Wenn ich der erhab’nen Eiche Dicke, Breite, Groͤß’ und Hoͤh’ Mit der Eichelfrucht vergleiche, Und sie bey einander seh’: Stutzt mein Geist, weil ich nicht finde, Wie Stamm, Blaͤtter, Wurzel, Rinde, Wie so viel und mancherley Drinn formirt gewesen sey. H 2 Daß Betrachtungen Daß die Menge solcher Dinge, Die so ordentlich, als schoͤn, Ohn Verstand aus sich entspringe, Und von ungefaͤhr entstehn, Jst ja laͤcherlich; Nicht minder, Daß die Waͤrme sie als Kinder Hab’ erzeugt und fortgebracht, Jst ohn Witz und ohn Bedacht. Da doch, wenn wir recht ergruͤnden Jhrer Kraft Beschaffenheit, Jn der Waͤrme nichts zu finden, Als nur bloß die Schnelligkeit, Sonder Geist, Verstand und Wissen. Daß wir also schließen muͤssen: Sonder Geist sey keine Hitz, Etwas zu erschaffen, nuͤtz. Billig muß man denn, geruͤhret, Durch die Weisheit und die Macht Deß, der alles dieß formiret Und so weislich ausgedacht, Seine Macht und Herrlichkeiten Eifrig suchen auszubreiten: Billig, wenn wir dieses sehn, Muß man unsern Gott erhoͤhn! Der so mancherley Gestalten Jn Gewaͤchsen ausgedacht, Sie so lange Zeit erhalten, Jn so kleinen Raum gebracht, Wunderbarlich sie verbessert, Sie entwickelt, sie vergroͤßert, Und, so wie die ganze Welt, Auch derselben Art erhaͤlt. Wer uͤber das Reich der Pflanzen. Wer in dem, was hier sich weiset, Den, der solche Wunder macht, Nicht mit froher Ehrfurcht preiset, Und dadurch zugleich veracht, Was wir bloß durch Jhn empfangen: Wie kann der mit Recht verlangen, Daß vor einem andern Thier Jhm ein Vorzugsrecht gebuͤhr. Wo koͤmmt in der Menschen Seelen Solch ein fuͤhllos Wesen her? Kann was Goͤttlichs ihr nur fehlen, Da sonst nichts von Gottheit leer? Da von Gott, obgleich verhuͤllet, Erd’ und Himmel angefuͤllet? Alles ist voll Gott und Licht, Nur solch eine Seele nicht. Fast erstaunt von suͤssem Schrecken, Heiliger Verwundrung voll Kann ein frommer Geist entdecken, Wie so herrlich, wie so wohl Gott sich hier verbirgt und zeiget. Da wir, billig tiefgebeuget, Jhn verstehn und nicht verstehn, Jhn nicht sehen, und doch sehn. Herr! wie groß sind deine Werke! Ruft hier mein erstaunter Mund; Deine Weisheit, deine Staͤrke Machet jedes Saͤmlein kund! Solche Bilder zu erdenken, Solche Groͤße zu verschrenken Jn so kleinem Platz und Ort, Wirkt bloß dein allmaͤchtig Wort. H 3 Ob Betrachtungen Ob, durch Gott, die ersten Samen Alle Bilder auf einmal Bey der Schoͤpfung uͤberkamen, Oder ob derselben Zahl Jn den Elementen liege, Und sich aus denselben fuͤge, Jst hier zu entscheiden schwer, Doch dient beydes Gott zur Ehr. Herr, wer muß in deinen Werken Nicht ein’ immer neue Spur Deiner Macht und Weisheit merken! Oft bemuͤht sich die Natur Selbst den Samen auszusaͤen, Oft muß ihn der Wind verwehen, Wenn sie, daß er leicht verfliegt, Kleine Faͤser an ihn fuͤgt. Ja, wir finden oftermalen, Daß sie mancher Pflanzen Kind, Jn so sonderbare Schalen, Die ein rechtes Springwerk sind, Leget, draus, wenn sie zerspringen, Schnell die reife Koͤrner dringen, Wodurch sie sie weit und breit Wunderwuͤrdig von sich streut. Jch bin selbst darinn vergnuͤget, Daß ich dieß nicht fassen kann. Alles, was in selben lieget, Seh’ ich als ein Wunder an. Ja mich deucht, daß in der Naͤhe Jch selbst Gottes Finger sehe. Selbst das, was mir unbekannt, Zeiget mir des Schoͤpfers Hand. Nicht uͤber das Reich der Pflanzen. Nicht allein des Samens Menge Jst fuͤr uns erstaunenswerth, Welche durch gewohnte Gaͤnge Uns ein jeder Baum beschehrt: Sondern, wo sein Stamm zerschnitten, Steiget aus desselben Mitten Manches neuen Zweigleins Strauß Fast an jedem Ort heraus. Dieß nun kann uns klar entdecken, Wer es merkt, begreift es wohl, Wie der Baum an allen Ecken Solcher kleinen Augen voll. Da, wo wir ihn auch behauen, Wir doch stets dergleichen schauen, Wir verspuͤren allezeit, Eine neue Fruchtbarkeit. Alle die so zarten Sprossen, Die kein Auge sehen kann, Weil sie nicht hervorgeschossen, Trifft man drinn so wirklich an, Als die großgeword’nen Aeste: Folglich stell’ ich dieses feste, Daß (wer sieht Gott nicht hiebey) Alles unerschoͤpflich sey. Waͤr’ ein jedes ausgeschlagen, Haͤtt’ ein jedes wiederum Eben so viel noch getragen. Vor Verwundrung wird man stumm, Wenn man denket: Millionen Samenkoͤrner sind und wohnen, Haben, bloß in einem Baum, Der vollkommen, Platz und Raum. H 4 Dann, Betrachtungen Dann, daß sich in allen Bollen, Draus ein Baum fast ganz besteht, So viel Baͤume finden sollen, Dieß besiegt und uͤbergeht Aller Menschen Witz und Wissen, Wer wird hier nicht rufen muͤssen: Himmel, Erde, Luft und Meer, Herr, sind voll von deiner Ehr! Will man hier noch weiter gehen, Und erwaͤgen, daß kein Ast Wachsen koͤnnen und entstehen, Waͤr’ im Baum nicht eingefass’t Eine Menge solcher Augen, Die allein zu zeugen taugen. Zweige, Blaͤtter, Frucht und Bluͤt Ruͤhren ein gesetzt Gemuͤth. Denn dieß ist nicht zuzuschreiben Eines Baumes Zaͤserlein, Als die bloß zum Dehnen, Treiben, Und zum Wachsen faͤhig seyn, Aber nie ein Aug’ erzeugen; Auch ist dieß dem Saft nicht eigen, Der allein die Pflanzen naͤhrt, Aber selbe nicht vermehrt. Denn dieselbe zu gestalten, Jst ganz eine andre Kraft. Nimmer kann dieß Amt verwalten Bloß das Holz, auch nicht der Saft. Nicht das kleinste Gras auf Erden, Kann durch Naß gebildet werden: Aus dem Dotter ganz allein Kann kein Huhn erzeuget seyn. Wenn uͤber das Reich der Pflanzen. Wenn wir recht mit Ernst besehen Aller Pflanzen Eigenschaft, So kann keine je entstehen Sonder eines Samens Kraft. Denn ein Same, wie es scheinet, Und man lange Zeit gemeynet, Jst kein Wesen ohn Figur, Es betriegt der Schein uns nur. Nein, im Samen liegt verschrenket Der zukuͤnft’gen Pflanze Bild, Dieses ist in ihn gesenket, Er ist ganz damit erfuͤllt. Da die Zaͤserchen, wie Sehnen, Dann sich aus einander dehnen, Wenn sie Waͤrm und Feuchtigkeit Lockt und treibt zur Fruͤhlingszeit. Denn allein aus bloßer Erden Kann, wie die Erfahrung lehrt, Nicht die kleinste Pflanze werden. Bloß den Saft, der Pflanzen naͤhrt, Hebt sie auf. Sie dient daneben, Einen Wohnplatz abzugeben, Da sie sie beherbergt, stuͤtzt, Und die Wurzeln deckt und schuͤtzt. Kleine Ran- ken. Mehr bewundernswerthe Theile Trifft man noch in Pflanzen an, Wovon ich die kleinen Seile Hier nicht uͤbergehen kann, Welche wir an vielen finden, Wodurch sie sich binden, winden, Und wie wir an ihnen sehn, Von der Erde sich erhoͤh’n. H 5 Erbsen, Betrachtungen Erbsen, Bohnen, Hopfen, Reben Haben kleine Gaͤbelein, Wodurch sie sich zu erheben Und zu halten faͤhig seyn. Da sie sonsten in der Erden Nicht so fruchtbar koͤnnten werden, Sondern blieben ganz verstrickt, Wild, verwickelt und erstickt. Zäser- chen. Noch sind viele voller Spitzen, Und mit zartem Haar versehn, Die denselben nicht nur nuͤtzen, Dadurch, daß sie sicher stehn; Nein, man spuͤret, daß sie ihnen Noch zu etwas mehrerm dienen, Da des Nasses Ueberfluß Sich durch sie zertheilen muß. Weil von den subtilen Theilen Aus der Pflanzen innerm Saft Viele stets von ihnen eilen Und verduͤnsten; muß die Kraft Wieder aus der Luft und Erden Ungesaͤumt ersetzet werden, Wie man es im Thierreich sieht, Daß es eben so geschieht. Wur- zeln. Nehmen Thiere Kost und Speise Durch den Mund und Hals zu sich; So nimmt hier, auf andre Weise, Und zwar recht verwunderlich, Aller Pflanzen große Menge, Durch der Wurzeln kleine Gaͤnge Und derselben Zaͤserlein, Jhre feuchte Nahrung ein. Diese uͤber das Reich der Pflanzen. Diese Gaͤnge nun bestehen Meist aus Blaͤslein, welche man Als Gedaͤrmer anzusehen, Ja, fuͤr Magen nehmen kann, Worinn sich der Saft bereitet, Reinigt, kocht und sich verbreitet, Da er denn, recht durchgeseigt, Bis zum hoͤchsten Gipfel steigt. Wie dieß eigentlich geschehe, Daß der Saft so wunderbar Bis zu einer solchen Hoͤhe Aufgefuͤhret werd’; ist klar: Wenn man denkt, daß er, wie Duͤnste, Durch der Aederchen Gespinnste, Vom Gewicht der Luft gedruͤckt, Leichtlich aufwerts sey geschickt. Denn die Luft mit ihrer Schwerde, Treibt und druͤckt den Nahrungssaft, Welcher in und um der Erde, Jn die Loͤchlein, und verschafft, Daß er, durch der Adern Gaͤnge, Leicht sich in die Hoͤhe draͤnge, Denn die sind, recht wie ein Schwamm, Ueberall in Zweig und Stamm. Aus- dün- stung. Werden in die kleine Roͤhren Mehre Saͤfte eingefuͤhrt, Als zum Unterhalt gehoͤren Und als noth, was er verliert Durch die Duͤnstung, zu ersetzen; Spuͤrt man, daß an allen Plaͤtzen Jeder Theil sich dehnt und dreht, Draus ihr Wachsthum dann entsteht. Daß Betrachtungen Daß an Pflanzen, wie an Thieren, Und zwar gleichfalls zweyerley, Duͤft- und Duͤnstungen zu spuͤren, Ja recht klar zu weisen sey, Dem wird niemand widersprechen. Aus verschiednen Pflanzen brechen Duͤnste, welche jedermann Fuͤhlen, sehn und schmecken kann. Daß nun solche Feuchtigkeiten, Die auf einigen zu sehn, Von dem Thau nicht herzuleiten, Sondern aus der Pflanz entstehn, Merkt man, weil sie fett und suͤße: Ferner, daß der Saft entsprieße Fruͤh’ nicht, auch im Schatten nicht, Nur im warmen Sonnenlicht. Diese Saͤfte, die den Bienen, Wie es ja ein jeder weis, Sonderlich zur Nahrung dienen Bey derselben munterm Fleiß, Lassen uns zugleich im Schmecken Jhren Ursprung leicht entdecken, Da der Honig in der That Den Geschmack von Blumen hat. Wie denn die Erfahrung zeiget, Daß das Manna solch ein Saft, Welcher aus den Blaͤttern steiget, Und daß seine Eigenschaft Nicht, wie man vorhin gemeynet, Thau sey, ob es gleich so scheinet; Sondern es wird ausgeschwitzt, Wenn die Sonne sie erhitzt. Gleich- uͤber das Reich der Pflanzen. Gleichfalls sind des Zuckers Saͤfte, Harz und Gummi eben auch, Jhrer Pflanzen Nahrungskraͤfte, Die nach sonderbarem Brauch Sich von ihren Pflanzen trennen, Draus, wie wir es sehen koͤnnen, Und man es mit Lust verspuͤrt, Sich was sonderlichs formirt. Wobey wir jedennoch finden, Daß, wenn von dergleichen Saft Gar zu viel aus ihren Rinden Sich ergießt, ein Baum die Kraft Ganz verlier’, und gleichsam sterbe: Drum ein Gaͤrtner gleich die Kerbe, Wenn er ihn im Jmpfen theilt, Mit dem Wachs verbindt und heilt. Ver- meh- rung. Wenn wir ferner Achtung geben Auf die Pflanzen, findet man, Daß derselben ganzes Leben, So viel man bemerken kann, Sey ein stetiges Gebaͤhren. Sich vergroͤßern, sich vermehren, Scheint, wenn man’s bemerkt, allein Jhr bestaͤndig Werk zu seyn. Dieß wird leicht hieraus erkennet: Wenn man irgend einem Thier’ Ein’s von seinen Gliedern trennet, Waͤchst kein ander Glied herfuͤr, Wie sich doch aus Pflanzen zeigen. Aus den abgeschnitt’nen Zweigen Waͤchst nicht nur ein neuer Strauß, Nein, es wachsen viel heraus. Die, Betrachtungen Die, so wie sichs selbst entdecket, Wenn man es wohl uͤberlegt, All’ im Stamm vorhin gestecket. Ach betrachtet! Ach erwaͤgt! Welch ein Meer von Wunderwerken Kann man doch darinn bemerken, Stellt nicht dieß aufs neue dir Sich fast als unendlich fuͤr? Da denn die Unendlichkeiten Uns zur Vollenkommenheit Von der Gottheit Groͤße leiten Jn der groͤßten Deutlichkeit. Wer in mathemat’schen Dingen Sucht ein wenig einzudringen, Dem koͤmmt dieß Unendlich’ hier Nicht gar unbegreiflich fuͤr. Keine Linien, noch Zahlen Findet man so groß, so klein, Daß nicht ungezaͤhlte malen Die noch zu vermehren seyn, Und die kleinen zu zertheilen. Diese Wahrheit kann uns heilen Von dem eitlen Unbedacht, So uns oft ein Zweifel macht. Denkst du, wie zum erstenmale Eine Eichel ward, so sprich: Wie schloß deren enge Schale Aller Eichen Meng’ in sich, Die bis an das Grab der Erden Werden fortgepflanzet werden; Jeder Mensch, hiedurch geruͤhrt, Wird zum Schoͤpfer selbst gefuͤhrt. Und uͤber das Reich der Pflanzen. Und dahin den Weg zu nehmen, Hat ein wahrer Physicus Sich ja nimmermehr zu schaͤmen, Weil er ja begreifen muß, Daß, zum Schoͤpfer hinzuleiten, Eins der groͤßten Trefflichkeiten, So uns seine Kunst entdeckt, Und in ihr verborgen steckt. Wenn wir nun noch weiter sinnen, Urstoff. Um den Urstoff zu beseh’n, Und das Wesen recht von innen, Draus die Pflanzen all besteh’n, Wird man, wenn wir sie ergruͤnden, Leichtlich diese Wahrheit finden: Daß ihr Urstoff einerley Mit dem Mineralreich sey. Jst der Stoff der Mineralen Salz, Salpeter, Vitriol; So sind die Fundamentalen Von den Pflanzen eben wohl Auch dieselben; saure Saͤfte Haben eben solche Kraͤfte Jn den Pflanzen uͤberall, Als die Saͤure im Metall. Aus dem fluͤcht’gen Salz erscheinet, Daß, von grober Erde frey, Es ein Salz mit Oel vereinet, Wie im Mineralreich sey. Theile, welche sich entzuͤnden, Die wir auch in Pflanzen finden, Sind, wie dorten ja sowohl, Vitriol und Schwefel voll. Es Betrachtungen Es war in den vor’gen Zeiten Aller Pflanzen Art und Stand, Kraͤft’ und Mannichfaltigkeiten Durch die Menge unbekannt, Da man sie itzt durch der Kenner Und verschied’ner großer Maͤnner Kunst und unverdross’nen Fleiß Ziemlich einzutheilen weis. Jn die zwey und zwanzig Arten Trifft, mit viel Verwundrung, man Auf dem Feld und in dem Garten So von Baͤum- als Pflanzen an. Laßt uns nach der Ordnung gehen, Und von Blumen erstlich sehen, Die bey einem Blatt allein Dennoch glockenfoͤrmig seyn. Diese, wenn wir sie ergruͤnden, Theilen auf das neue sich, Da sich unterschied’ne finden, Die den Glocken eigentlich Und in allen Stuͤcken gleichen; Jhrer viel’ hingegen reichen Nicht an ganzer Aehnlichkeit, Da die Roͤhren nicht so weit. And’re sind hingegen breiter, Gleichen dannenhero bald, Da sie allenthalben weiter, Einer Schuͤssel an Gestalt; Noch sind andere zu finden, Die sich in der Mitte ruͤnden, Wie man dieß an Gloͤckleinkraut, Eibisch, Kuͤrbs und Pappeln schaut. Dieser uͤber das Reich der Pflanzen. Dieser sind im Feld und Garten, Wie ein fleißig Auge findt, Auf fuͤnfhundert achtzig Arten, Die bemerkenswuͤrdig sind; Weil sie all’ an Farb und Kraͤften, An Gestalt, Figur und Saͤften Wieder unterschieden seyn: Ganz stimmt keine uͤberein. Jn der andern Classe stehen Blumen, die, in ihrem Flor, Einem Trichter aͤhnlich sehen. Oben stellen diese vor Jezuweilen kleine Raͤder, Jhre Blaͤtter und Geaͤder Sehen spitzig, etwas kraus, Und wie kleine Sternchen aus. Gehen wir nun auch zur dritten, Finden in derselben sich Blumen, welche in der Mitten, Wie es laͤßt, unordentlich Jhr auch einfach Blatt formiren, Da wir an verschied’nen spuͤren, Daß sie kleinen Kaͤppelein, Recht mit Zipfeln, aͤhnlich seyn. Andre, die hieher gehoͤren, Sehen einer Zungen gleich Born an ihren langen Roͤhren. Noch sind andre rund und weich, Welche, wie verhuͤllet, stehen, Und nicht anders anzusehen, Als wie ein vermummt Gesicht. Von noch mehrern red’ ich nicht. J Pflan- Betrachtungen Pflanzen in der vierten Classen Haben Blumen, welche recht Als wie offne Lippen lassen. Jn derselbigen Geschlecht, Wie die Blumenweisen wissen, Zaͤhlt man Rosmarin, Melissen, Muͤnz, Salbey, und viele mehr, Ja, wer zaͤhlt wohl alle her? Jn der fuͤnften Classe stehen Pflanzen, deren Blumen wir Voller kleinen Stiftchen sehen, Welcher Blaͤtter, deren vier, Stets ins Kreuz zu sitzen pflegen; Dieser Arten Blumen hegen Kal, wo man sie haͤufig schaut, Taͤschel- und das Loͤffelkraut. Pflanzen, welche Blumen tragen, So auch voller Stiftelein, Die aus ihrer Mitte ragen, Worinn sie geordnet seyn, Und um deren zarten Spitzen Rosengleiche Blaͤtter sitzen, Die an Dau’r und Farben zart, Zaͤhlt man zu der sechsten Art. Jn die siebende gehoͤren Kraͤuter, die ein Bluͤmchen ziert, Dessen Stiel an seinen Roͤhren Einen Sonnenschirm formirt, Dessen Blaͤtter gleicherweise Rosenfoͤrmig und im Kreise. Hier gehoͤrt der Kuͤmmel her, Fenchel, Till und andre mehr. Jn uͤber das Reich der Pflanzen. Jn der achten sind zu zaͤhlen Blumen, die an Blaͤttern reich, Welchen Schmuck und Reiz nicht fehlen; Die, den Gartennelken gleich, Ausgeschnitt’ne Blaͤtter tragen, Deren Spitzen auswerts ragen; Unter denen Naͤgelein Sonderlich zu rechnen seyn. Jn der neunten Classe stehen Alle Pflanzen, dran allein Solche Blumen sind zu sehen, Die den Liljen aͤhnlich seyn. Diese findet man im Garten Von verschied’nen Farb- und Arten, Drunter Tulpe, Hyacinth, Und die Kaiserkronen sind. Jn die zehnte sind zu bringen Kraͤuter, die nicht minder schoͤn, Deren Blumen Schmetterlingen, Wenn sie fliegen, aͤhnlich seh’n, Welche viele Stiftchen schmuͤcken. Bohnen, Erbsen und die Wicken Sind, doch in der Bluͤte nur, Von derselbigen Figur. Jn der eilften Gattung prangen Pflanzen, deren Blaͤtterlein, Bey viel kleinen Blumenstangen, Nicht in gleicher Ordnung seyn, Sondern deren Blatt und Spitzen Nicht auf eine Weise sitzen; Wie man dieß am Balsamkraut, Auch an den Violen, schau’t. J 2 Die Betrachtungen Die auf diese folget, heget Pflanzen, deren jede Bluͤt Manche kleine Blume traͤget, Dran man kleine Roͤhrchen sieht: Deren ausgeschnitt’ne Spitzen Nahe bey einander sitzen, Wie man’s an der Diestelbluͤt, Scabios und Kornblum sieht. Jn die folgende gehoͤren Solche Blumen, deren Blatt Nicht aus ganz-, aus halben Roͤhren Seine Form und Bildung hat. Dieser Blaͤtter hat sie viele, Jn der Ruͤnd’, um ihrem Stiele, Solche sind, nebst andern mehr, Wegwart und die Scorzoner. Ferner stehn in einem Range Die Gewaͤchs, an deren Bluͤt Man an ihres Stengels Stange Recht als kleine Stralen sieht, Die rings in der Ruͤnde schießen, Und aus einem Mittel sprießen; Wie man dieß am Jacobskraut, Gemsblum und der Geißwurz schaut. Noch ist eine eig’ne Sorte, Deren Blume gar kein Blatt, Und statt deß, am selben Orte, Kleine Haar’ und Stenglein hat, Die zuweilen fast so duͤnne, Als die Faͤden einer Spinne. Man erblickt dergleichen Flor Am Korn, Haber, Gras und Rohr. Jn uͤber das Reich der Pflanzen. Jn noch einer Classe stehen Staub- und Pflanzen, woran Saat, Aber Blumen nicht, zu sehen, Deren man verschied’ne hat. Da wir viele zaͤhlen koͤnnen, Wollen wir nur welche nennen, Als die Hirschzung, Mauerraut, Engelsuͤß und Fahrenkraut. Noch ist eine Sort, an denen Man von Fruͤchten und von Bluͤt, So wie unser Aug’ an jenen, Auch nicht das geringste sieht, Und verschieden sind von allen. Dieser Gattung sind Korallen, Meergewaͤchse, Schwaͤmm’ und Moos, Derer Anzahl ziemlich groß. Auch ist vielen Baͤumen eigen, Daß sie bluͤh’n, doch an der Bluͤt Gar von Blaͤttern nichtes zeigen, Wie man es am Buxbaum sieht, Und am Eschenbaum. Bemerke, Lieber Mensch, des Schoͤpfers Werke, Wie so viel und mancherley Der Geschoͤpfe Bildung sey. Von den Classen ist noch eine, Die besond’re Blumen hegt, Deren Bluͤt von Blaͤttern keine, Sondern rauhe Kaͤtzlein, traͤgt, Wie uns solche Buch und Eichen, Sammt dem Nußbaum, haͤufig reichen. Welche wir auf ihren Hoͤh’n Ohn’ Bewunderung nicht seh’n. J 3 Jn Betrachtungen Jn die zwanzigste gehoͤren, Deren Blume nur ein Blatt, Wie, gleich denen Heidelbeeren, Ulmbaum und Holunder hat: Auch die purpurne Cyrene, Die nicht minder schoͤn, als jene, Deren fast schneeweiße Bluͤt Man mit Freuden riecht und sieht. Noch sind Baͤum’, auf deren Zweigen Sich die Blumen Rosen gleich Jn den zarten Blaͤttern zeigen, Die so form- als farbenreich. Wie wir diese Gattung finden Auf dem Mandelbaum, und Linden; Auch sieht man dieselbigen Auf dem Pfirsch- und Kirschbaum stehn. Nun noch von der letzten Classen, Worinn Baͤum’ und Stauden seyn, Deren zarte Blumen lassen Recht wie Sommervoͤgelein: Derer wir auf Berg’ und Gruͤnden Hundert zwey und dreyßig finden, Wovon in dem Blumenreich Keine ganz der andern gleich. Also haͤtten wir die Arten Ueberhaupt nur angesehn, Die im Felde und im Garten Jhrem Gott zu Ehren stehn. Jetzo sollten wir nun zeigen Das, was einer ieden eigen: Aber, wer ist auf der Welt, Dem dieß nicht unmuͤglich faͤllt? Welche uͤber das Reich der Pflanzen. Welche große Wunderwerke Leget nicht der Blumen Schaar Von des Schoͤpfers Liebe, Staͤrke, Und von seiner Weisheit dar! Wenn wir dieses recht erwaͤgen, Und gebuͤhrend uͤberlegen; Jst wohl der kein Mensch, der nicht, Wunder, uͤber Wunder! spricht. Aber da es nun unmuͤglich, Daß man solche recht beschreibt, Glaub ich, daß man desfalls fuͤglich Bloß bey der Bewund’rung bleibt, Und was Gott darein geleget, Mehr nur uͤberhaupt erwaͤget, Als daß wir uns untersteh’n, Jn das Einzelne zu gehn. Ueberdem hab’ ich vor diesen Von den schoͤnsten allbereit Farben und Gestalt gewiesen, Und sie Gott zum Ruhm geweiht. Tulpen, Kaiserkronen, Liljen, Hyacinthen, Gras, Jonquiljen, Malva, Crocus, Matronal, Und noch eine große Zahl. Sammt der Sonnenblumen funkeln Mayenblumen, Primula, Nelken, Rittersporn, Ranunkeln, Schnee- und Kornblum, Veilchen, Mah, Rothe- Weiß- und Eßigrosen, Bluͤte von den Apricosen, Nebst der Hyacinth, Muskat, Admirabilis, Granat. J 4 Auch Betrachtungen Auch die Bluͤte von den Kirschen, Die Cyren, Vergißmeinnicht, Africanus, bluͤh’nde Pfirschen, Der Narcissen weißes Licht, Die Levcojen, das Getraide, Kuͤrbsblum, eine bluͤh’nde Heide, Nebst verschied’nen andern mehr Zu des großen Schoͤpfers Ehr. Wie verschiedlich sind die Kraͤfte, Da uns fast zu aller Zeit, Zu so mancherley Geschaͤffte, Eine Pflanze Huͤlfe beut. Dienen sie nicht uns zu naͤhren? Frost und Regen abzuwehren? Selbst zur Kleidung und zum Trank? Ja zu heilen, wenn man krank? Sonder Pflanzen kann hienieden Nicht gemaͤchlich, nicht bequem, Nicht gesund, nicht halbzufrieden, Nicht erquickt, nicht angenehm, Nicht ohn Elend und Beschwerden, Kurz, gar nicht gelebet werden. Was uns kleidet, traͤnkt und naͤhr’t, Wird uns bloß durch sie gewehr’t. Fodern denn nicht unsre Pflichten, Daß wir Herzen, Seel’ und Sinn Wenigstens auf diese richten, Die so mancherley Gewinn, Lust und Nutzen uns gewehren, Die uns traͤnken, die uns naͤhren, Die uns kleiden, deren Kraft Uns selbst die Gesundheit schafft? Hoͤchster uͤber das Reich der Pflanzen. Hoͤchster Gott, wenn man erwaͤget, Was fuͤr Kraft dein’ Allmachtshand Jns Getraid’ allein geleget, Wird dein’ Ehr’ und Lieb’ erkannt! Denket auf den Nahrungssegen, Welchen Weiz’ und Rocken hegen! Denket, was derselben Saft, Unserm Blut’ fuͤr Kraͤfte schafft! Laßt uns sonderlich betrachten Das, was unsern Koͤrper naͤhrt, Auch auf das zugleich mit achten, Wodurch Gott Gewand bescher’t! Jhn, als Geber, zu verehren, Sollen die Geschoͤpf uns lehren, Und Korn, Obst, Gras, Flachs und Wein Vorwuͤrf’ uns’rer Lieder seyn. Hoͤrt, wie dorten David singet! Er sagt unserm Schoͤpfer Dank, Daß er aus der Erde bringet Brodt zur Nahrung, Wein zum Trank. Recht zu uns’rer Koͤrper Wesen Scheinet das Getraid erlesen. Es gewehr’t uns beyderley, Nahrung und auch Arzeney. Liebste Menschen, kommt, bedenket, Korn. Haͤtte Gott nicht solche Kraft, Jn das liebe Korn gesenket, Und solch einen Nahrungssaft, Welcher unserm Fleisch und Blute Wunderbarlich koͤmmt zu Gute, Wuͤrd’ ein Elend allgemein, So wie jetzt der Segen, seyn. J 5 Wollt Betrachtungen Wollt ihr mir nicht Glauben geben, Wie wir unerkenntlich blind, Fast in unserm ganzen Leben, Leider! durch Gewohnheit, sind: So versucht’s, laßt euch bereiten Tausendfache Niedlichkeiten, Sonder Brodt! probirt dabey, Ob es lang’ ertraͤglich sey. Da das Brodt allein hingegen Nicht nur bloß den Hunger stillt, Sondern auch mit Nahrungssegen Unsern ganzen Koͤrper fuͤllt. Es ist, uns zu Gut, verdaͤulich, Dem Geschmack ist es erfreulich, Der denn, da er nicht zu scharf, Auch zu sehr nicht reizen darf. Wunderbar sind vom Getraide Alle Theilchen zugericht: Da ihr Wesen, uns zur Freude, Sich in unser Wesen flicht: Da sie, wenn wir sie verzehren, Uns erhalten, staͤrken, naͤhren, Und ihr Stoff in Fleisch sich kehrt; Jst das nicht bewundernswerth? Alles wird man uͤberdruͤßig; Brodt ist immer angenehm. Andre Kost ist uͤberfluͤßig; Brodt allein ist schon bequem, Unserm Koͤrper, unserm Leben, Daur und Unterhalt zu geben. Dieß ist warlich abermal Von des Schoͤpfers Lieb’ ein Stral. Steckt uͤber das Reich der Pflanzen. Steckt hierinnen nicht verborgen Einer weisen Vorsicht Kraft, Da, fuͤr Duͤrftige zu sorgen, Gott solch wolfeil Mittel schafft? Da sich Korn so stark vermehret, Daß, wie die Erfahrung lehret, Bloß ein Koͤrnchen, das gelingt, Mehr als tausend Kinder bringt. Noch ist Gottes Werk zu schauen, Da wir, nebst der Faͤhigkeit, Feld und Acker zu bebauen, Auch die Kunst, zu rechter Zeit Solches wirtlich anzufangen, Nebst der Zubehoͤr, erlangen. Es koͤmmt bloß von Gott allein, Daß wir so vernuͤnftig seyn. Auch in dem gezieghen Eisen, Das dazu so noͤthig ist, Jst des Schoͤpfers Huld zu preisen, Wenn man es mit Ernst ermißt, Hierzu koͤmmts uns sehr zu Gute. Drum ich mit vergnuͤgtem Muthe, Wenn ich nette Furchen seh’, Auch in ihnen Gott erhoͤh’. Daß das Erdreich so formiret Und von Gott bereitet ward, Daß es, wie man es verspuͤret, Nicht zu weich, und nicht zu hart: Auch daß, wenn die Welt getraͤnket, Sich darinn das Wasser senket; Daß die eingestreute Saat Raum, auch Saft zur Nahrung, hat. Dieses Betrachtungen Dieses ist mehr, als es scheinet, Dankens- und bewundernswerth, Weil dadurch, mehr als man meynet, Uns ein Segensquell beschert. Sollte nur ein einzigs fehlen, Wuͤrd’ uns Hungersnoth entseelen. Dankt demnach, und denkt hiebey, Wie uns Gott so gnaͤdig sey! Ferner muß man wohl bedenken, Da, benebst dem Sonnenschein, Regen, um die Frucht zu traͤnken, Auch die Winde, noͤthig seyn, Daß uns Gott so zaͤrtlich liebet, Und sie uns so reichlich giebet; Ja, zu fetter Fruchtbarkeit, Jedes recht zu seiner Zeit. Herr, wie groß sind deine Werke! Ruft hier billig jedermann. Wenn ich dieses recht bemerke, Seh’ ich mit Erstaunen an, Wie der Himmel, uns zu naͤhren, Speis’ und Trank uns zu bescheren, Seine Kraft herabwerts senkt, Und von oben Erdwerts lenkt. Weiser Schoͤpfer! Dein Regieren Wird niemals genug verehrt; Jn der Witt’rung ist zu spuͤren, Was fuͤr Gnad uns wiederfaͤhrt. Herr! Wer wollte dich nicht loben? Denn nur du schenkst uns von oben Regen, Wind und Sonnenschein, Daß die Aecker fruchtbar seyn. Ferner uͤber das Reich der Pflanzen. Ferner muß man nicht vergessen, Daß es auch ein Segen sey, Wuͤrdig, daß wir ihn ermessen, Wann das Brodt nicht einerley; Sondern, daß Gott, uns zur Speise, Brodt schafft auf verschiedne Weise. Rocken, Weizen, Gersten, Reiß Mehren billig Gottes Preis. Denn, dieß zeigt, nebst seiner Liebe, Seine Macht und Weisheit an, Da es nicht bey einem bliebe. Unser Schoͤpfer will und kann Uns auf manche Weis’ erfreuen, Er hat mancherley Gedeyen, Da, durch mehr, als eine, Kraft Er uns Lust und Nahrung schafft. Wenn ich die Gedanken hefte Auf dieß Wunder nur allein, Spuͤr’ und seh’ ich, wie die Kraͤfte Der Natur so vielfach seyn; Und dieß treibet meine Blicke Billig auf die Quell zuruͤcke: Da ich denn, o Herr, in dir Jhre Meng’ unendlich spuͤr. Jhrer sind in Gott befindlich Ein fast nicht zu zaͤhlend Heer. Unerschoͤpflich, unergruͤndlich Sind dieselben, wie ein Meer, Welches sonder Grund und Schranken; Worinn ich, sammt den Gedanken, Da ich es in Ehrfurcht seh, Fast halb selig untergeh. Gott Betrachtungen Gott hat nicht allein gesenket Jn das Korn die edle Kraft, Daß es naͤhrt, im Bier auch traͤnket; Sondern auch die Eigenschaft, So wohl werth, daß man drauf merket, Daß es auch in Krankheit staͤrket; Jn der Arzeney so gar Jst der Nutzen offenbar. Wie ist in des Fiebers Hitze, Wenn uns Durst und Ekel druͤckt, Gersten, der gekocht, nicht nuͤtze! Wird man nicht dadurch erquickt, Wird man nicht dadurch erfrischet, Wenn man ihn mit Zucker mischet, Und ihm durch Citronensaft Eine kleine Saͤure schafft? Naget uns durch Wuͤhlen, Quaͤlen, Und Vergiften unser Blut, Mit Empfindung selbst der Seelen, Schwindsucht, Podagra, Scorbut, Wird uns nichts so kraͤftig heilen Und mehr Linderung ertheilen, Wenn man an dergleichen krank, Als der sanfte Habertrank. Bruͤhe von der Habergruͤtze Rechnet man zu vielerley Koͤrperlichen Plagen nuͤtze. Man erweist, wie gut sie sey Jn Franzosen, Masern, Pocken. Wird uns nicht der Brey von Rocken Jn der Schwindsucht duͤrrem Weh’ Ein bewehrtes Recipe? Wie uͤber das Reich der Pflanzen. Wie wird ein verdorbner Magen Nicht durch Brodt im Wein gestaͤrkt! Es ist nicht genug zu sagen, Welche Wirkung man vermerkt, Wenn des Brodtes Nahrungssaͤfte, Auch der Spezereyen Kraͤfte, Jn dem unverfaͤlschten Wein Uns zum Nutz vereinet seyn. Ja, es bleibt wohl ungezaͤhlet, Wie so oft uns Brodt curirt, Wenn uns innerlich was fehlet, Wofuͤr Gott ja Dank gebuͤhrt. Jn der Rose, in Geschwuͤren, Jst auch aͤußerlich zu spuͤren, Wie man es sehr oft entdeckt, Welche Kraft im Mehle steckt. Der Wei- zen. Weizen ist von dem Getraide Fast das alleredelste, Drinn ich nicht nur unsre Weide Und die Nahrungskraͤfte seh; Sondern, worinn, wie mans findet, Lust und Nutzen sich verbindet. Wie so lieblich, weiß und schoͤn Jst ein weiß Brodt anzusehn? Auf wie viel und manche Weise Wird der Weizen zugericht! Wie so manche schoͤne Speise Macht man aus demselben nicht? Hundert Arten Kuchen, Torten Und Pasteten! Wie viel Sorten Zuckerwerks sind so zur Pracht Als zum Wohlschmack draus gemacht! Endlich Betrachtungen Endlich ist nicht nur durchs Brauen Jn so manchem Bier allein Dieses Weizens Kraft zu schauen, Sondern auch am Brandtewein, Den man haͤufig aus ihm brennet. Ferner wird der Nutz erkennet, Der durch ihn uns wiederfaͤhrt, Da sein Stroh das Vieh ernaͤhrt. Der Ro- cken. Weiter muͤssen wir mit Freude Auf des Rockens Nutzen sehn, Und in dessen Unterscheide Auch des Schoͤpfers Lieb erhoͤhn, Der die Frucht am meisten mehret, Weil sie meist die Armuth naͤhret, Daß deswegen jedermann Rocken wolfeil kaufen kann. Und dabey sind seine Kraͤfte Nahr- und huͤlfsam; er vermehrt Unsers Koͤrpers noͤth’ge Saͤfte, Der, wie die Erfahrung lehrt, Aus dem Rocken Kraͤfte ziehet, So, daß man bewundernd siehet, Daß beym Rockenbrodt allein Menschen stark und daurhaft seyn. Auch wird man nicht leugnen koͤnnen, Daß, wie noch zu mehrerley, Auch den Brandtewein zu brennen, Uns der Rocken nuͤtzlich sey. Jst, das Hornvieh zu ernaͤhren, Rockenstroh wohl zu entbehren? Nein. Jst dieses denn nicht werth, Daß man Gott deswegen ehrt? Laßt uͤber das Reich der Pflanzen. Laßt uns gleichfalls nicht vergessen, Gottes weise Lieb und Macht Ger- sten. Auch im Gersten zu ermessen! Schmeckt und sehet mit Bedacht, Wie so huͤlfsam doch die Kraͤfte Der aus ihm gezognen Saͤfte: Wie er auch dem Hunger wehrt, Und auf manche Weis’ uns naͤhrt. Welch ein Nutz ist durch ihn ferner Jn der Wirthschaft uns bestimmt, Da man alte Gerstenkoͤrner Zu der Pferde Futter nimmt. Rindern, Schweinen, und sammt ihnen, Muß er auch zur Nahrung dienen Huͤnern, Endten; ebenfalls Fuͤllt er Gaͤnsen Kropf und Hals. Es ist gleichfalls nicht zu glaͤuben, Wie das Gerstenstroh uns nuͤtzt; Und wir koͤnnen kaum beschreiben, Wie es gegen Kaͤlte schuͤtzt. Wie es naͤhret, fuͤllt, verbindet. Wer es wohl bedenkt, befindet, Daß uns stets zu vielerley Gerstenstroh sehr nuͤtzlich sey. Welch Vermoͤgen uns zu traͤnken Steckt nicht in dem Gerstensaft? Laßt uns, Gott zum Ruhm, bedenken Die Beschaffenheit, die Kraft, Die, den Durst mit Lust zu stillen, Alle Gerstenkoͤrner fuͤllen. Und es trinke niemand Bier, Ohn er danke Gott dafuͤr. K Ach, Betrachtungen Ach, wie wird das Blut erquicket, Lippe, Zung und Gaum gekuͤhlt, Wenn uns Hitz und Durst gedruͤcket, Und man denn zum Labsal fuͤhlt, Wie wir gleichsam recht genesen, Durch des Bieres loͤschend Wesen! Dir sey denn fuͤr solchen Trank, Großer Geber! Lob und Dank. Noch ist ferner zu erwaͤgen, Und dafuͤr zu danken werth, Wie der Herr noch einen Segen Der Ha- ber. Jn dem Haber uns beschert! Wenn wir dieß Gewaͤchs besehen, Muß ein jeder ja gestehen, Daß sein Nutzen mancherley, Und er uns sehr noͤthig sey. Drum wir billig ruͤhmen sollen Gott, der auch in diese Saat Solchen Segen legen wollen, Und ihn so erschaffen hat, Daß er Huͤnern, Gaͤnsen, Pferden Muß ein nuͤtzlich Futter werden, Ohne, da er in der Gruͤtz, Auch zum Trank uns selber nuͤtz. Ja, sein Nutz ist noch gemehret, Da man auch in Hungersnoth, Wie uns die Erfahrung lehret, Selber aus dem Haber, Brodt Backen kann und zubereiten. Noch viel andre Nutzbarkeiten, Und zwar mehr als man gedenkt, Sind in diese Frucht gesenkt. Wie uͤber das Reich der Pflanzen. Wie nun manches Korn uns naͤhret, So wird, zu des Schoͤpfers Preis, Andern Voͤlkern auch bescheret Reiß. Die so edle Kost, der Reiß: Der sie saͤttigt und erquicket; Ja er wird zu uns geschicket, Da man seiner Suͤßigkeit Sich auf manche Weis’ erfreut. Billig sollt’ ihn keiner essen, Ohn den Schoͤpfer zu erhoͤhn; Billig sollte man ermessen Und in froher Lust gestehn: Daß, bey so viel andern Gaben, Woran sich die Menschen laben, Auch der Reiß insonderheit Zeige Gottes Guͤtigkeit. Eh’ wir vom Getraide schweigen, Lasset uns des Schoͤpfers Macht Auch in Huͤlsenfruͤchten zeigen, Die er auch hervorgebracht Uns zur Lust, und uns zu naͤhren, Auch Veraͤndrung zu gewehren, Da wir so durch ihn formirt, Daß man Lust in Aendrung spuͤrt. Dieß ist, mehr als man vermeynet, Lobes, Ruhms und Dankens werth, Da weit mehr noch, als es scheinet, Lust dadurch uns wiederfaͤhrt. Da wir mancherley verlangen, Und auch mancherley empfangen, Wird ja sichtbarlich erkennt, Daß uns Gott viel Gutes goͤnnt. K 2 Wie Betrachtungen Wie so mancherley Gerichte Geben uns, o Herr, durch dich Die so vielen Huͤlsenfruͤchte! Hülsen- früch- te. Wie so sehr verschiedentlich Sind sie von Gestalt und Arten Auf dem Feld und in dem Garten! Jedes ist besonders werth, Daß man dich, den Geber, ehrt. Wie so manche Lust im Schmecken Koͤnnen uns die Bohnen nicht, Boh- nen. Wenn man es erwaͤgt, erwecken, Wenn sie niedlich zugericht! Billig, wie fuͤr andre Speisen, Sollte man den Schoͤpfer preisen, Wenn er, da er sie uns schenkt, Den Geschmack darinn gesenkt. Wenn wir diese Frucht nun essen, Lasset uns des Dankens nicht Fuͤr die Lieblichkeit vergessen, Wann zumal mit dem Gericht Man den Haͤring noch verbindet, Und man dopple Lust empfindet; Denn so denke man dabey, Daß es Gottes Gabe sey. Diese Frucht wird nicht zur Speise Angewendet nur allein, Sondern kann auf manche Weise Jn der Wirthschaft brauchbar seyn. Sie giebt Mehl, das, wenn man’s mischet, Auch zum Brodt, wird aufgetischet, Auch wird Hornvieh, Schwein und Pferd, Nebst der Gans, dadurch ernaͤhrt. Son- uͤber das Reich der Pflanzen. Sonderlich giebt es den Pferden Ein recht huͤlfsam Futter ab, Wenn sie wohlgeschrotet werden Und bereitet. Nimmer gab Man den Stuten, wenn sie traͤchtig, Etwas bessers, das so maͤchtig Gegen den Verwurf. Das Stroh Dient und nuͤtzet eben so. Erbfen sind auf gleiche Weise Erb- sen. Werth, daß man mit Dank und Lust Jm Genuß den Schoͤpfer preise, Und daß wir mit froher Brust Jhr Gewaͤchse wohl ermessen. Welch ein angenehmes Essen Jst, da sie vergnuͤgt und naͤhrt, Uns in dieser Frucht beschert! Nicht nur roh’ sind sie zu essen, Brauchbar, angenehm und gut, So mit Recht nicht zu vergessen, Denn sie kuͤhlen unser Blut: Sondern, durch des Feuers Hitze Sind sie uns vornehmlich nuͤtze. Ja sie dienen gar im Frost Aufgetreugt zu guter Kost. Erbsen kommen auch zuweilen Gar im Brodt uns zum Genuß, Wenn wir sie mit Rocken theilen. Hat man sie im Ueberfluß, Kann man durch sie, uns zum Besten, Auch die Schweine trefflich maͤsten; Eben so gebraucht man sie Nuͤtzlich fuͤr viel anders Vieh. K 3 Gleich- Betrachtungen Gleichfalls ist kaum auszudruͤcken, Linsen, Wi- cken. Was fuͤr Nutz uns wiederfaͤhrt Von den Linsen und von Wicken, Die der Schoͤpfer auch beschert, Wofuͤr ihm nur Dank gebuͤhret; Denn der Haus- und Landmann spuͤret Oefters, wie ihm beyderley Jn der Wirthschaft nuͤtzlich sey. Außer, was wir selbst genießen Von den Linsen, kommen sie, Nebst den Wicken, zum Ersprießen, Sonderlich auch fuͤr das Vieh; Da Lamm, Kalb, zusammt den Pferden, Durch sie wohl gefuͤttert werden. Wann man sie mit Haber mengt, Wird das Futter sehr verlaͤngt. Achtet dieß denn nicht geringe, Sondern auch des Dankens werth! Denn der Schoͤpfer aller Dinge Hat auch diese Frucht beschert. Daß sie wachse, bluͤhe, gruͤne, Und uns, und dem Thierreich diene, Schenkt er ihr besond’re Kraft, Bildungen und Eigenschaft. Ferner muß man noch ermessen, Hirse. Und die suͤße Hirse nicht Uebergehen, noch vergessen. Es erfordert unsre Pflicht, Diese gleichfalls zu betrachten, Und auf eine Kraft zu achten, Die in ihr verborgen steckt, Welche der Gebrauch entdeckt. Es uͤber das Reich der Pflanzen. Es bezeugt es die Erfahrung, Wie so viel und mancherley Nutzen, Suͤßigkeit und Nahrung Jn die Frucht gesenket sey. Sie wird auf verschiedne Weise Zubereitet uns zur Speise; Sonderlich ist ihre Gruͤtz Jn der Wirthschaft trefflich nuͤtz. Fuͤr das Vieh sind ihre Spreuer, Auch das Stroh nicht minder, gut, Wenn das letzt’re in der Scheuer, Bis zur Weihnachtszeit, geruht. Ach, erwaͤgt es doch, und denket, Daß dem, der sie euch geschenket Und fuͤr euch gesorgt, dafuͤr Doch Erkenntlichkeit gebuͤhr. Buch- weizen. Heidkorn oder Buchenweizen Muß uns billig, Gott zum Ruhm, Gleichfalls zur Betrachtung reizen. Wie so schoͤn ist seine Blum! Wie wird er, zu unsrer Speise, Auf so manche Art und Weise, Jn der Kuͤche zugericht! Man erkennt es leider! nicht. Sein Gestraͤuch und Stroh, nicht minder Spreuer, nebst der Ueberkehr Naͤhren Schweine, Roß und Rinder. Gebt dann dem dafuͤr die Ehr, Welchem sie dafuͤr gebuͤhret, Welcher die Natur regieret, Der uns so viel Guts erweist, Und so mannichfaltig speist. K 4 Da Betrachtungen Da wir also, voller Freude Gottes Wunder zu erhoͤh’n, Das uns naͤhrende Getraide Mit Verwund’rung angesehn: Laßt uns, eh’ wir dieses schließen, Und so oft wir es genießen, Seiner Wunder uns erfreu’n, Und dem Schoͤpfer dankbar seyn! Ew’ge Quelle sel’ger Triebe! Gottheit, die, was auf der Welt, Bloß aus Liebe schuf, aus Liebe Gleichfalls es allein erhaͤlt, Sey, so oft man ißt, gepriesen! Herrlich hast du dich erwiesen, Da du uns nicht nur ernaͤhrst, Sondern mancherley bescherst! Ewigreicher Speisemeister, Der du uns ernaͤhrst und traͤnkst, Gieb doch, daß auch unsre Geister Fuͤr das, so du reichlich schenkst, Dich zu ruͤhmen, dich zu lieben, Jmmer mehr noch angetrieben, Und fuͤr alles dir allein, Als dem Geber, dankbar seyn! Wunderbarer Gott, vom neuen Obst. Wird mein Herz in Lust gesetzt, Wann, durchs Obst, dein Benedeyen Uns ernaͤhrt, traͤnkt und ergetzt. Wenn ich diese Huld erwaͤge, Und die Wunder uͤberlege, Die du, Herr, ins Obst gesenkt, Wird mein Herz zu dir gelenkt. Herr, uͤber das Reich der Pflanzen. Herr, zu dir, als dessen Wille, Vaterlieb und weise Macht Alle Fruͤcht’ in solcher Fuͤlle, Uns zur Lust, hervorgebracht, Der die Urquell aller Kraͤfte, Und der saͤurlichsuͤßen Saͤfte, Ja, durch welchen bloß allein Sie uns nuͤtz- und lieblich seyn. Unbegreiflich, unbeschreiblich Jst allein der Arten Zahl, Und der Unterschied unglaͤublich. Schmeckt und seht denn abermal, Liebste Menschen, wie so ferne Sich die Macht des Herrn der Sterne, Die man uͤberall entdeckt, Jn den Fruͤchten auch erstreckt! Wenn man nur auf eine Weise, Durch ein Obst, ergetzet waͤr’, Dient’ es unserm Gott zum Preise. Preist, da so viel, ihn noch mehr! Laßt, uns dankbar zu erzeigen, Uns von seiner Macht nicht schweigen, Und, um ihn drinn zu erhoͤhn, Erst des Obstes Menge sehn! Aepfel, Birnen, Pflaumen, Kirschen, Quitten, Feigen, Pampelmuß, Maulbeer’, Apricosen, Pfirschen, Sammt der Welsch- und Hafelnuß, Cocos, Mandeln und Granaten, Pomeranzen und Muskaten, Mispeln, Knullen, Datteln, Wein, Dessen so viel Arten seyn. K 5 Ohne Betrachtungen Ohne die, so niedrig sitzen, Auf der Buͤsch’ und Stauden Heer, Hagebutten, Barberitzen, Him-, Brom- und Johannisbeer, Stachel- und Holunderbeeren, Und die, so die Voͤgel naͤhren, Nebst noch vielen, welche man Hier nicht alle zaͤhlen kann. Ferner, was mit kurzen Roͤhren Jn und an der Erde steht, Weiße Ruͤben, gelbe Moͤren, Zwiebel, Rettig, Gurken, Beet, Truͤffel, Schwaͤmme, Kohl, Pomponen, Spargel, Erdbeer und Melonen. Wer es untersuchet, findt, Daß sie unentbehrlich sind. Viele theilen sich aufs neue Jn so viele Sorten ein, Daß, woruͤber ich mich freue, Sie fast nicht zu zaͤhlen seyn. Ganz verschiedlich sind die Saͤfte, Farben, Form, Geschmack und Kraͤfte. Jedermann wird leicht gestehn, Daß wir es an Aepfeln sehn Hier hatte der Herr Verfasser, so wie bey den Steinen, die verschiedenen Arten der Aepfel in Reime gebracht, so wir aber weggelassen; welches gleichfalls in der Folge bey den Birnen, Kirschen, Pflaumen ⁊c. geschehen. Nur an ein paar Orten haben wir eine Probe davon stehen lassen. . Großer uͤber das Reich der Pflanzen. Großer Schoͤpfer, ihre Menge Zeigt aufs neu, wie reich du bist; Jhrer Farb und Form Gepraͤnge, Das so unterschiedlich ist, Die Verschiedenheit der Saͤfte Zeigt den Reichthum deiner Kraͤfte. Da ja nichts, ohn dich allein, Kann aus nichts entstanden seyn. Ebenmaͤßig wird im Garten, So an Meng’, als Unterscheid, Von fast ungezaͤhlten Arten, Form und suͤßer Saͤurlichkeit Bey den Birnen auch gefunden. Welche Lust wird nicht empfunden, Welche Lieblichkeit verspuͤrt, Wenn ihr Saft den Gaum beruͤhrt! Ferner trifft man auch bey Kirschen So verschiedne Gattung an, Wie imgleichen auch bey Pfirschen, Daß man es kaum glauben kann. Von den ersten haben viele Kurze theils, theils lange Stiele, Viele faͤrbt Natur mit Fleiß, Dunkel-, hellroth, schwarz und weiß. Auch der Kirschen Menge zeiget Deutlich das, was alles weist, Und wovon kein Wesen schweiget, Naͤmlich einen weisen Geist, Der, ohn Absicht, nichts verrichtet. Haltet euch denn doch verpflichtet, Wenn ihr Kirschen schmeckt und seht, Daß ihr seinen Ruhm erhoͤht! Von Betrachtungen Von den Pfirschen sind zu finden Gleichfalls eine gute Zahl, Die wir im Geschmack empfinden, Admirable- Rahm- Mojal Bel di Cypre- Pflaum- Montander Roth- Stein- Dattel- Gold- und Sander, Weiß- und roth Avant- Ceilan- Glattpfirschruß und Pelican. Auch verdients wohl, zu bedenken, Daß an Trauben und am Wein, Uns zu speisen und zu traͤnken, So verschiedne Sorten seyn. Nur allein bey uns im Garten Trifft man Trauben vieler Arten, Die man nicht gnug ruͤhmen kann, Mit erstaunten Freuden an. Ja, wenn wir mit Ernst erwaͤgen, Wie so viel und mancherley An Geschmack und Kraft von Segen Jn dem Wein zu finden sey, Da fast alle Laͤnder Reben, Von verschiedner Gattung, geben; Denkt man auch, daß Gott dafuͤr, Ruhm und froher Dank gebuͤhr? Herr, der du den Wein uns schenkest, Und so mannichfalt’ge Kraft Jn das Naß der Reben senkest, Daß nicht nur der reine Saft Traͤnkt; daß seine Geistigkeiten Selbst den Geist zur Freude leiten. Dir allein sey Preis und Dank Fuͤr so angenehmen Trank! Herr, uͤber das Reich der Pflanzen. Herr, was muß in deinen Schaͤtzen Fuͤr ein Schatz vorhanden seyn, Kreaturen zu ergetzen! Hiervon zeigt allein der Wein Jm Geschmack so viele Proben, Daß man dich dafuͤr zu loben, Sowohl ohn’, als im Genuß, Billig nie ermuͤden muß. Da wir nun von Obst die Gaben, Und wie jedes mancherley, Ueberhaupt erzaͤhlet haben; Deucht mich, daß es noͤthig sey, Jede Art zu uͤberlegen: Laßt uns denn zuerst erwaͤgen, Von der Aepfel Eigenschaft, Nutz, Gestalt, Geschmack und Kraft! Werden Fruͤcht’ uns vorgesetzet, Aepfel. Und uns Aepfel aufgetischt, Wie wird der Geschmack ergetzet, Und die heiße Zung erfrischt! Jhr so saͤurlichsuͤßes Wesen Scheinet recht dazu erlesen, Da er Mund und Magen fuͤllt, Daß er Durst und Hunger stillt. Wirklich wird man recht erquicket, Wenn der Zahn, die Zung’ und Gaum Aus den Aepfeln preßt und druͤcket Den gequetschten suͤßen Schaum; Da die Seele dann entdecket, Was darinn fuͤr Anmuth stecket, Und von welcher Eigenschaft Der so wohlgemischte Saft. So Betrachtungen So viel vom Geschmack zu schließen, Der in Aepfeln steckt; so scheint, Daß darinn von Saur- und Suͤßen Mehr und minder sich vereint: Welche beyd’ uns zu erfrischen, Sich so mannichfaltig mischen; Da denn gleich ein jeder Grad Auch besondern Eindruck hat. Kann man es nicht deutlich fuͤhlen, Daß die Aepfel nicht allein Zum Geschmack, nein auch zu kuͤhlen, Uns geschenkt und dienlich seyn. Zu Verminderung der Hitze Jst der Saft der Aepfel nuͤtze, Und sie stillen in dem Blut Die zu starke Hitz und Glut. Auf wie viel und manche Weise Werden ferner Aepfel nicht Durch das Feuer, uns zur Speise, Nuͤtz und niedlich zugericht. Jn Gemuͤsen, Kuchen, Tarten Schmeckt man, auf wie viele Arten, Mit Anieß, Zimmt, Zucker, Wein, Aepfel zuzurichten seyn. Aus der Aepfel Feuchtigkeiten Kann man, so zum Nutz als Lust, Auch den Cider zubereiten, Der ein Labsal unsrer Brust, Der viel tausend Menschen traͤnket. Ach, erwaͤgt denn und bedenket, Was fuͤr so viel Guͤtigkeit Jhr dem Geber schuldig seyd! Laßt uͤber das Reich der Pflanzen. Laßt uns, eh’ wir weiter gehen, Noch die Bildung und das Fleisch Eines Apfels recht besehen, Welches der gelehrte Ruisch Uns anatomirt gezeiget. Dieses Wunder uͤbersteiget Alles, alles welches man Von Gewaͤchsen denken kann. Tausend Adern, wie in Thieren, Sind in dieser Frucht zu sehn, Die, in vielerley Manieren, Zirkelnd durch einander gehn. Alle sind mit Fleisch umringet: Wenn der Saft nun durch sie dringet, Wird das Fleisch, drinn er sich senkt, Ausgedehnt, genaͤhrt, getraͤnkt. Ob die Saͤfte durchs Gedraͤnge Jn die duͤnne Kleinigkeit Der fast unsichtbaren Gaͤnge Des Geschmacks Beschaffenheit, Oder ob sie aus dem Samen Solch ein Wesen uͤberkamen, Oder durch das Sonnenlicht: Faßt der Menschen Witz noch nicht. Wer bewundert das Gehaͤuse Mitten in dem Apfel nicht, Das auf sonderbare Weise, Und recht kuͤnstlich, zugericht! Es scheint, dieß sey angeleget, Daß der Same drinn geheget Und genau gesichert sey. Welche Vorsorg herrscht hiebey! Aus- Betrachtungen Auswerts ist das Fleisch bedecket. Eine Schal als eine Haut, Die sich rings um ihn erstrecket, Wird mit Lust daran geschaut; Die oft gelb, oft roͤthlich scheinet, Mit dem Stengel sich vereinet, Und als Haut an manchem Ort Mit viel Loͤchern ist durchbohrt. Alles dieß ist an den Zweigen Durch den duͤnnen Stengel fest, Wodurch alle Saͤfte steigen. Da sich denn nicht fassen laͤßt, Auf was Art der Roͤhren Menge, Jn so großer Eng’ und Laͤnge, Von der fernen Wurzel an Bis zum Gipfel steigen kann. Wann demnach wir Aepfel essen, Ja, wenn wir sie auch nur sehn, Laßt uns Gottes nicht vergessen, Sondern dessen Preis erhoͤhn! Der auf wunderbare Weise Sie zu unsrer Lust und Speise, Durch uns unbekannte Kraft, Wachsen laͤßt, erhaͤlt und schafft. Bir- nen. Alle diese Wundergaben, Die wir an den Aepfeln hier Voller Lust betrachtet haben, Kommen auch bey Birnen fuͤr. Aber dennoch ist unglaͤublich, Unbegreiflich, unbeschreiblich, Was noch fuͤr ein Unterscheid An Geschmack und Lieblichkeit. Keiner uͤber das Reich der Pflanzen. Keiner lebt, der dieser Saͤfte Sonderlich Gemisch versteht, Noch wie im Geschmack der Kraͤfte Unsre Kraft so feste geht: Ja, wie in viel tausend Baͤumen, Die aus so viel Koͤrnern keimen, Dennoch so gar mancherley Kraft, Geschmack und Anmuth sey. Ueberhaupt wird stets gespuͤret, Daß der Birnen saurer Saft Nicht so scharf die Zungen ruͤhret, Als des Apfels strengre Kraft. Jhr Gemisch vom Saur- und Suͤßen, Wenn wir Menschen sie genießen, Jst von einem sanftern Grad, Drum es weit mehr Lieblichs hat. Nicht nur roh kann man im Schmecken Jn der Birnen frischem Saft Anmuth, Nutz und Lust entdecken; Wenn man durch des Feuers Kraft, Nebst Wein, Zucker, Zimmetrinden, Sie kocht, braͤt und doͤrr’t; empfinden Unsre Zungen abermal Lieblichkeiten sonder Zahl. Sonsten stimmen, an der Guͤldung, An Gewaͤchs, an Farb und Schein, Mit der Aepfel Form und Bildung Birnen ziemlich uͤberein; Außer, daß ich nur die Ruͤnde An den Aepfeln staͤrker finde. Birnen sind meist spitziger, Unten duͤnn’ und laͤnglichter. L Wenn Betrachtungen Wenn wir nun die Birnen essen, Laßt den Mund sie nicht allein Schmecken; laßt den Geist ermessen, Daß sie Gottes Gabe seyn! Wenn man bey der Lust gedenket, Daß der Schoͤpfer sie uns schenket, Wird so Geist als Leib genaͤhrt, Und des Schoͤpfers Macht verehrt. Pflau- men. Ferner kann von Gottes Guͤte Auch die Pflaume Zeuge seyn. Auf, betrachtendes Gemuͤthe! Da auch die so ungemein Uns erquickt, vergnuͤgt und naͤhret, Laßt uns dem, der sie bescheret, Doch zur Ehr’ auch sie besehn, Und im Danken ihn erhoͤhn! Wie so saͤurlichsuͤß und niedlich Jst der reifen Pflaumen Saft! Wie sind sie so unterschiedlich An Gestalt, Geschmack und Kraft, Groͤß’ und Farben! Wie viel Arten Zeigt uns oftermals ein Garten! Jhre Bildung, Farb und Haut Wird nicht sonder Lust geschaut. Laßt uns die Figur betrachten! Jhre Form ist nicht oval, Doch auch, wenn wir sie beachten, Spitzig oft, oft rund, oft schmal. Merkt, wie in so großer Menge, Jn der Pflaumen Ruͤnd und Laͤnge, Die Verschiedenheiten seyn! Groß sind viele, viele klein. Wann uͤber das Reich der Pflanzen. Wann sich die kaum Kirschen gleichen; Duͤrfen die, an Groͤße, kaum Kleinen Straußeneyern weichen. Wie ist doch ein Pflaumenbaum Voller reif- und großen Fruͤchte, Dem betrachtenden Gesichte, Wenn wir ihn mit Andacht sehn, So bewundernswerth, so schoͤn! Wenn bey mancherley Figuren Auch die Farben mancherley; Sehn wir abermal die Spuren, Daß es Gottes Finger sey, Der sowohl sie farbt, als bildet. Bald sind sie wie uͤberguͤldet, Da man oft an ihrer Haut Einen Glanz, wie guͤlden, schaut. Andre gluͤhen recht, und stehen Jn so gelb- als rother Glut, Noch an andern kann man sehen, Daß sie gaͤnzlich roth, wie Blut; Braun sind viele; oftermalen Gruͤn auch, wenn sie reif, die Schalen; Und ein Duft, als wie ein Thau, Faͤrbt die meisten lieblichblau? Diese Frucht erquickt und staͤrket, Wenn sie frisch ist, nicht allein; Sondern, wie man’s wohl bemerket, Auch, wenn sie getrocknet seyn. Zur Gesundheit ist sie nuͤtze, Denn sie daͤmpft zu starke Hitze. Sonderlich hat sie die Kraft, Daß sie Oeffnung uns verschafft. L 2 Auf Betrachtungen Auf wie viele Weis’ und Arten Dienen sie den Menschen nicht? Zu Gemuͤsen, Suppen, Tarten Werden Pflaumen zugericht, Sammt den Zwetschen und Brunellen. Hieraus wird nun leicht erhellen, Daß es recht, wenn fuͤr die Frucht Man auch Gott zu preisen sucht. Gott! du zeigst in allen Fruͤchten Weisheit, Lieb und Allmacht an. Wer ist, der sie einzurichten, Außer dir, vermag, noch kann? Wenn wir Pflaumen sehn und essen, Laßt uns dieses nicht vergessen: Daß man billig im Genuß Froh seyn, und dir danken muß. Kir- schen. Laßt uns ferner, voller Freuden, Und mit Dank erfuͤllter Brust, Augen und Gedanken weiden Auch an Kirschen! und mit Lust Jhre Saͤurlichkeit und Menge, Jhr Rubinen gleich Gepraͤnge, Das auf manche Weise schoͤn, Aus geruͤhrter Seele sehn! Wird man nicht, bey heiterm Wetter, Jn der glatten Kirschen Pracht, Wenn sie durch die gruͤnen Blaͤtter Funkeln, gleichsam angelacht? Sonderlich wenn sie sich schmuͤcken Mit den kleinen weißen Blicken, Da man auf der glatten Haut Kleine Sonnenbilder schaut. Es uͤber das Reich der Pflanzen. Es ist warlich nicht zu glauben, Wie ein Kirschenbaum so schoͤn, Wenn wir seine Fruͤcht’, als Trauben, An den Stengeln hangen sehn; Jn dem angenehmen Gruͤnen Gluͤhen sie recht wie Rubinen, Von so heller Faͤrben Brand Jst kein’ andre Frucht bekannt. Ja, wie sind in einem Garten Jhrer doch so vielerley, Von so sehr verschiednen Arten! Wie so groß die Anzahl sey, Jst vorhin schon angezeiget, Daß sie uͤber funfzehn steiget. Die nicht roth und schwarz allein; Nein, auch weiß und leibfarb seyn. Wie so vielerley Morellen Werden uns im Munde nicht Recht zu suͤßen Anmuthsquellen, Draus ein Saft so lieblich bricht, Daß er, wenn der Mund sich netzet, Lippen, Zung und Gaum ergetzet, Der, wenn man ihn niederschlingt, Nebst der Lust Erfrischung bringt. Wunderlieblich ist gemischet Der beliebten Kirschen Saft, Welcher Gaum und Blut erfrischet. Man vermag die Eigenschaft Durch die Zunge zwar zu schmecken, Aber nimmer zu entdecken, Wie sich in so hohem Grad Saur und Suͤß gemischet hat. L 3 Wie Betrachtungen Wie die Kirschen unterschiedlich An der Farb und an Gestalt, Sind sie am Geschmack auch niedlich, Und zwar ja so mannichfalt, Wenn wir saͤurlich’suͤße Kirschen Mit bespruͤtztem Gaum zerknirschen, Laßt, den Geber zu erhoͤhn, Es nie sonder Dank geschehn. Das, was wir aus Kirschen druͤcken, Taugt fuͤr sich nicht nur allein, Uns zu ruͤhren, zu erquicken; Wenn man zu den Kirschen Wein Und ein wenig Zucker fuͤget, Wird das Herz dadurch vergnuͤget, Der uns denn vernuͤnftig traͤnkt, Wenn man an den Geber denkt. So gedoͤrrt, als eingeleget, Sind auch Kirschen trefflich gut. Was die Kirsch an Saͤften heget, Kuͤhlet und erfrischt das Blut. Mus und Suppen, Kuchen, Tarten, Brandtwein, Wasser, mancher Arten, Was uns traͤnket, heilt und naͤhrt, Jst in Kirschen uns beschert. Wollen wir denn den nicht ehren, Der uns solche Fruͤchte schenkt? Wenn wir sie mit Lust verzehren, Und man bey der Lust nur denkt: Großer Geber sey gepriesen! Hat man schon den Dank erwiesen, Den der Gott, der sie beschert, Auf der Welt von uns begehrt. Großer uͤber das Reich der Pflanzen. Großer Schoͤpfer! ach verzeihe, Wenn wir etwan, wie das Vieh, Sie bisher genutzt. Verleihe, Daß dir kuͤnftig, wenn wir sie Mit vergnuͤgtem Geist genießen, Moͤg’ ein Dank daraus entsprießen, Der, o Vater aller Welt, Dir, aus Lieb’ allein, gefaͤllt! Quit- ten. Auch die rauhen Quitten hegen, Zum Vergnuͤgen uns’rer Brust, Wenn wir ihr Gewaͤchs erwaͤgen, Nahrung, Kuͤhlung, Nutz und Lust. Jhre Kraͤfte sind verschiedlich, Jhre Saͤfte saͤurlich, niedlich, Zur Erfrischung sehr bequem, Heilsam und auch angenehm. Diese Frucht laͤßt abermalen Uns was sonderbares sehn, Da wir sie an Form und Schalen Jn zwey Sorten, beyde schoͤn, Nutzbar eingetheilet finden, Davon einige sich ruͤnden, Andre laͤnglich sind und spitz . Beyde Sorten sind uns nuͤtz. Bey der Frucht ist zu ermessen Etwas sonderlichs, da man Solche roh durchaus nicht essen, Und gekocht nur brauchen kann. Dieß, so ihr besonders eigen, Taugt, uns abermal zu zeigen, Wie so viel und mancherley Des Naturgeists Wirkung sey. L 4 Die Betrachtungen Die Natur giebt ihren Schalen, Welche, wenn die Quitte reift, Recht wie Gold sich gelblich mahlen, Etwas, das man nicht begreift, Ob es wolligt, haarig, seiden, Worinn sie sich gleichsam kleiden. Solchen Stoff hat sonderlich Diese Frucht allein fuͤr sich. Ach, was stecket in den Saͤften Dieser Frucht fuͤr Lieblichkeit! Mit wie viel und manchen Kraͤften Wird der Mensch durch sie erfreut! Wenn man sie mit Zucker schmecket, Wird ein lieblich Sau’r entdecket; Dieses labt nicht nur den Mund, Es ist heilsam und gesund. Daß, da sie zusammenziehet, Sie den schwachen Magen staͤrkt, Hat man, da man sich bemuͤhet, Jn der Arzeney bemerkt. Jhre Kern’ hingegen kuͤhlen, Wie wir es mit Nutzen fuͤhlen, Wenn, erhitzt durch einen Fluß, Man die Kehle gurgeln muß. Wenn so Durchfall, als Erbrechen, Mit gefaͤhrlicher Gewalt Unsers Koͤrpers Kraͤfte schwaͤchen, Stillt die Quitte beydes bald. Jss’t man sie vor andern Speisen, Soll sie Kraft im Stopfen weisen. Aber nach der Speise Brauch Oeffnet sie hingegen auch. Hoͤrt, uͤber das Reich der Pflanzen. Hoͤrt, wie sie zu vielen Sachen Ferner noch zu brauchen seyn: Aufzutrocknen, einzumachen. Man verfertigt Quittenwein, Auch ein Quittenbrodt aus ihnen. Jhrer Kerne Saͤfte dienen Gegen Augenweh’. Jm Brand Jst auch ihre Kraft erkannt. Da man nun so manch Gerichte Aus den reifen Quitten macht, Will man den , der diese Fruͤchte, Uns zu Gut , hervorgebracht, Nicht mit frohem Herzen preisen! Laßt uns wenigstens erweisen, Jm Vergnuͤgen unsrer Brust, Daß ihr Ursprung uns bewußt! Laßt uns in dem Essen schmecken Den so wohlgemischten Saft! Laßt uns auch zugleich entdecken Unsrer Zungen scharfe Kraft! Laßt uns dem, der beydes giebet, Beydes macht, und alles liebet, Auch fuͤr Quitten dankbar seyn, Und uns seiner Guͤte freun! Da nun ferner auch die Feigen Feigen. Unsers Schoͤpfers holde Macht Auf besondre Weise zeigen; Nehmen wir auch die in Acht: Und erwaͤgen voll Vergnuͤgen, Wie in dieser Frucht sich fuͤgen, Und darinn verbunden seyn Nahrung, Lust und Arzeney’n. L 5 Diese Betrachtungen Diese Frucht ist zaͤrt- und niedlich, Und von Fleisch gelind und weich. Jhre Farb ist unterschiedlich, Die Figur den Birnen gleich. Klein und kurz sind ihre Stiele, Weißlichgruͤn sind ihrer viele, Wenn wir andre roͤthlich, braun, Blau und purpurfaͤrbig schaun. Wie die Erdbeer’ auswerts zeigen Kleine gelbe Koͤrnerlein: Also sieht man, daß in Feigen Kleine guͤldne Koͤrner seyn, Welche beyd’ im Rothen gluͤhen, Und die Augen auf sich ziehen; Dieß dient dem Gesicht zur Lust, So wie der Geschmack der Brust. Aus verschiednen fremden Reichen Kommen sie im Ueberfluß. Welschland, Spanien, imgleichen Frankreich schickt sie zum Genuß. Von so sehr verschiednen Orten Kommen vieler Feigen Sorten. Doch, zum lieblichen Gebrauch, Wachsen sie in Deutschland auch. Man sieht aus den bloßen Zweigen Ohne Laub, ja ohne Bluͤt Diese schoͤne Fruͤchte steigen, Das man sonst an keinen sieht; Aus des Holzes harten Rinden Drengen sie sich, wie wir finden. Von dem Reichthum der Natur Zeigt dieß eine neue Spur. Auch uͤber das Reich der Pflanzen. Auch ist sonderlich an ihnen, Daß dieselben nach und nach, Und, uns laͤnger noch zu dienen, Nicht auf einmal, allgemach Reifen, suͤß und eßbar werden. Ach! wie wird nicht auf der Erden Unsre Lust in mancher Frucht Auf so manche Art gesucht! Nicht nur Lust uns zu ertheilen, Nebst der Nahrung, sondern auch Unsern kranken Leib zu heilen, Dienen Feigen zum Gebrauch. Jn Geschwuͤren, Beulen, Druͤsen Hat sich oft die Kraft gewiesen; Wie auch in der groͤßten Pein Feigen huͤlf- und heilsam seyn. Wenn wir also Feigen essen, Ja, wenn wir sie auch nur sehn, Sollten wir mit Recht ermessen, Wie es bloß durch Gott geschehn, Daß sich in den suͤßen Feigen Schoͤnheit, Lust und Nutzen zeigen, Und daß sie durch Gott allein, Wie sie sind, geschaffen seyn. Ferner muͤssen wir erwaͤgen, Was der Schoͤpfer, uns zur Lust, Fuͤr bewundrungswerthen Segen, Zum Vergnuͤgen unsrer Brust, Maul- beer. Jn die Maulbeer wollen senken. Warlich, wenn wir es bedenken, Sollten wir uns seiner freun, Und auch dafuͤr dankbar seyn. Es Betrachtungen Es ist diese Frucht an Kraͤften, An Geschmack, Gestalt, Natur, An so wohlgemischten Saͤften, Farb und Bildungen nicht nur Von den andern unterschieden, Sondern nuͤtzt auch einem jeden, Ja es ist ihr Laub so gar Nuͤtzlich, dienlich, wunderbar. Diese Blaͤtter sind die Speise Der Geschoͤpfe, welche dir Auf so wunderbare Weise, So zum Nutzen, als zur Zier, Die beliebte Seide weben. Aller Seidenwuͤrmer Leben, Das stets vielen Vortheil gab, Haͤngt von Maulbeerblaͤttern ab. Wenn man allen Nutz entdecket, Der in dieser Blaͤtter Saft Wunderbar verborgen stecket; Wenn man, wie durch Kaufmannschaft So verschiedne Nationen Ungezaͤhlte Millionen Durch die Seid’ erworben, denkt: O, so dankt dem, der sie schenkt! Laßt uns nun auch selbst die Fruͤchte Dieses Wunderbaums besehn! Sie sind an Groͤß’ und Gewichte Nicht betraͤchtlich, oder schoͤn; Aber an Erfrischungskraͤften, Und an saͤu’rlichsuͤßen Saͤften, Sind dieselben wunderreich, Daß fast keine Frucht ihr gleich. Jhre uͤber das Reich der Pflanzen. Jhre Haut ist schwaͤrzlichdunkel, Aber ihr verschloßner Saft Gleicht dem gluͤhenden Carfunkel, Und hat diese Eigenschaft: Daß, wenn man die Frucht zerdruͤcket, Man daran ein Roth erblicket, Welches recht wie Schneckenblut Unsern Augen sanfte thut. Laßt uns auch zur Form uns kehren! Laͤnglichrund ist die Figur. Aus viel kleinen saft’gen Beeren Setzt die spielende Natur Sie recht wunderbar zusammen, Die aus einem Stengel stammen, Und ein jedes Beerchen hat Fast die Bildung vom Granat. Es ist in der Maulbeer’ Saͤften Suͤß und Sauer so gemischt, Daß es mit besondern Kraͤften Zunge, Gaum und Blut erfrischt. Ja, da sie gelinde kuͤhlen, Duͤrfen auch die Kranken fuͤhlen, Wie darinn die Arzeney Mit der Lust verbunden sey. Wie schmeckt Maulbeersaft so niedlich, Wenn man ihn zu Zucker sprengt; Und sein Nutz ist unterschiedlich, Wenn man ihn mit Eßig mengt, Wodurch Mund- und Halsbeschwerden Rein und leicht geheilet werden; Er erfrischt nicht nur das Blut, Er ist auch zur Oeffnung gut. Die Betrachtungen Die Natur, auch hier zu zeigen, Wie so mild und reich sie sey, Zeuget auf den Maulbeerzweigen Dieser Fruͤchte zweyerley. Sie schenkt mehr, als wir begehren, Es giebt schwarz’, auch weiße, Beeren, Die sind, theilt man sie genau, Roͤthlich theils, theils gelb, theils grau. Sind nun gleich der weißen Saͤfte Am Geschmack so lieblich nicht, Sind doch ihrer Blaͤtter Kraͤfte Desto besser zugericht, Daß sie mit dem zarten Gruͤnen Dem Gewuͤrm zur Nahrung dienen, Welches uns die Seide webt, Wo so mancher Mensch von lebt. Um uns lange Zeit zu dienen, Reifen sie nicht auf einmal; Dieß ist sonderlich an ihnen, Daß sie in gemeßner Zahl Mehr als in die sieben Wochen Jmmer werden abgebrochen; Sie vergehen allgemach; Sie erscheinen nach und nach. Gottheit, die du deine Liebe, Und wie sehr du uns geneigt, Nebst dem Macht- und Weisheitstriebe, Auch in dieser Frucht gezeigt, Gieb, daß, wenn ich Maulbeer’ esse, Jch dein Wunderwerk ermesse, So in ihrem holden Saft, Als in meiner Zunge Kraft. Apri- uͤber das Reich der Pflanzen. Apricosen sind nicht minder Apri- cosen. Dankens- und bewundernswerth. Gott, der uns als seine Kinder Durch dieselben labt und naͤhrt, Jst auch dafuͤr hoch zu preisen, Daß, um seine Huld zu weisen, Er auch durch die suͤße Frucht Menschen zu ergetzen sucht. Sie verdient, daß wir mit Freuden, Da sie nicht von ungefaͤhr, Aug- und Zungen an ihr weiden, Dem, der sie uns schenkt, zur Ehr’. So von außen, als von innen, Hat die Frucht fuͤr unsre Sinnen, Seh ich sie betrachtend an, Alles, was uns reizen kann. Wenn wir sie nicht recht betrachten, Scheint sie in der Fruͤchte Reich, Wo wir’s uͤberhin beachten, Mehrentheils dem Pfirsich gleich; Aber, wenn wir die Gestalten Eigentlich zusammenhalten, Jst sie, so an Form als Saft, Ganz besondrer Eigenschaft. Gelblichroth, gleich der Auroren, Ja so roth oft, wie Rubin, Den uns Jndien gebohren, Stralen sie durchs dunkle Gruͤn; Wo sie oft, wie Trauben, sitzen. Ein recht angenehmes Blitzen Faͤllt, zumal im Sonnenlicht, Von der Frucht uns ins Gesicht. Wie Betrachtungen Wie wird Zung und Gaum ergetzet, Wenn die holde Suͤßigkeit Dieser Frucht dieselbe netzet! Wenn wir die Beschaffenheit Dieser Lieblichkeit erwaͤgten, Und im Schmecken uͤberlegten, Daß, was uns reizt und erfrischt, Sich nicht von sich selber mischt: Sondern, daß ein guͤtigs Wesen, Durch des weisen Willens Macht Alles das dazu erlesen, Alles in die Frucht gebracht Und dem Samen eingepraͤget, Was uns so viel Lust erreget, Und zugleich das Blut uns kuͤhlt, Wie man es so schmeckt als fuͤhlt. Nicht nur roh, nein, auch candiret, Und in Zucker eingelegt, Wenn sie Zung und Gaum beruͤhret, Da sie Suͤß’s und Saͤuerlich’s hegt, Das sich recht harmonisch fuͤget, Schmeckt sie lieblich, und vergnuͤget Durch die Zung und Gaum den Geist, Daß er Gott mit Anmuth preist. Sollten wir, wenn wir sie essen, Gottes Macht, der sie uns schenkt, Und sein Lieben nicht ermessen? Dieß geschieht, wenn man gedenkt Jn der Zeit, wenn man sie kaͤuet, Daß das Feu’r, das uns erfreuet, Jn der Frucht von selbst nicht flammt, Sondern von dem Schoͤpfer stammt. Anders uͤber das Reich der Pflanzen. Anders will, fuͤr so viel Gaben, Die er uns so reichlich schenkt, Unser Gott nichts von uns haben, Als daß man nur sein gedenkt. Er verlangt kein Wortgepraͤnge, Keiner Kanzelreden Laͤnge Der Verfasser tadelt hier gar nicht die heiligen Reden an sich selbst, sondern nur die unnoͤthige Laͤnge derselben, welche den Hoͤrer eher zum Schla- fen, als zur Andacht bringet. , Keinen sonderbaren Ton: Freut euch sein, so dankt ihr schon. Es verdient auf gleiche Weise Pfir- sich. Auch des Pfirsichs edle Frucht, Daß man, unserm Gott zum Preise, Auch ihr Wesen untersucht. Laßt, wenn wir sie sehn und essen, Uns in ihnen auch ermessen, Wie ihr Saft und ihre Pracht Sey zu unsrer Lust gemacht. Pfirschen sind, vor andern Fruͤchten, Dankens- und bewundernswerth, Es ist uns zu viel Gerichten Jhr so saftig Fleisch beschert; Da sie saͤu’rlichsuͤß, wie Beeren, So die Reben uns gewehren: Lieblich ist ihr Saft gemischt, Daß er Gaum und Herz erfrischt. M Jhre Betrachtungen Jhre Form ist selten laͤnglicht, Sondern meistens zirkelrund: Jhre Farb’ ist oͤfters sprenglicht, Oefters allgemein, oft bunt; Naͤmlich weislich, gelblich, gruͤnlich, Roth, wozu die Sonn’ ihr dienlich, Da sichs an den Stellen mehrt, Welche sie zur Sonne kehrt. Zart’ und sanfte Rauhigkeiten Werden an der Pfirsich Haut, Auch an der gespalt’nen Seiten, Mit Verwunderung geschaut; Welche, wie es scheinet, ihnen Gegen Ungeziefer dienen, Daß dasselbe sie so leicht Nicht benaget, noch bekreucht. Diese Frucht ist sehr verschiedlich So an Form, als Farb’ und Saft, Die ist mehr, die minder niedlich, Und von andrer Eigenschaft. Unsre Zunge kann im Schmecken Unterschiedne Lust entdecken, Und man theilet insgemein Sie in maͤnn- und weiblich ein. Nicht nur roh sind diese Fruͤchte Lieblich, schmackhaft, angenehm; Sie sind, mancherley Gerichte Draus zu machen, auch bequem. Wenn sie nicht zu reif gebrochen, Lassen sie sich braten, kochen, Da mit Zucker, Zimmt und Wein Sie wohl zuzurichten seyn. Tro- uͤber das Reich der Pflanzen. Trocken sind sie gleicherweise Zu gebrauchen, und man macht Sie auf manche Art zur Speise. Wuͤrd’ es doch mit Lust bedacht! Welche holde Lieblichkeiten Kann man nicht daraus bereiten! Wie beschaͤfftigen sie nicht Den Geschmack, Geruch, Gesicht! Ja, die Kerne selbst sind nuͤtze, Da sie den zu kuͤhlen Saft Waͤrmen durch die innre Hitze. Deren feuerreichen Kraft Hat man auch in Arzeneyen Sich nicht weniger zu freuen. Wie ergetzt, zu unsrer Lust, Persico so Zung als Brust! Jst die Frucht denn nicht betrachtens- Und aufs mind’ste so viel werth, Daß, statt schluͤpfrigen Verachtens Man in ihr den Geber ehrt? Esset sie, schmeckt und erkennet, Daß der Schoͤpfer sie euch goͤnnet: Dankt ihm; so genießt ihr sie, Wie ein Mensch, nicht wie das Vieh. Ferner werden wir in Nuͤssen N sse. Unsers Schoͤpfers Lieb und Macht Ruͤhmen und bewundern muͤssen, Der auch sie hervorgebracht, Zwar zu unsrer Lust und Speise, Aber auch zu seinem Preise; Denn man findet in der Frucht, Mehr als man gedenkt und sucht. M 2 Diese Betrachtungen Diese Fruͤchte sind im Garten, Und auch selbst im Feld und Wald Von sehr unterschiednen Arten, Und von Wesen mannichfalt. Bald auf Hoͤhen, bald in Gruͤnden, Laͤßt sich, nebst der Wallnuß, finden Auch die Has- und Stachelnuß, Die man all’ bewundern muß. Auf sehr unterschiedne Weise Werden Nuͤsse zugericht; Wie so manche schoͤne Speise Wuͤrzet man mit Nuͤssen nicht! Werden nicht auf unserm Tische Davon uͤber Fleisch und Fische Saucen, Bruͤh’n und Milch gemacht? Auch wird Oel herausgebracht. Mit verschiednen andern Sachen, Zucker, Zimmt und Naͤgelein, Weis man Nuͤsse einzumachen, Welche dann sehr dienlich seyn, Unsern Magen wohl zu staͤrken. Noch ist an der Nuß zu merken, Daß ihr Oel zu vielerley Nuͤtzlich, heil- und diensam sey. Auch sind in den Cocosnuͤssen Wunder, die nicht minder schoͤn; Wie wir ja gestehen muͤssen, Wenn wir ihre Groͤße sehn, Wenn sie ihren Kern uns schenken, Wenn die kuͤhlen Saͤft’ uns traͤnken. Merket denn, daß auch in ihr Unserm Schoͤpfer Dank gebuͤhr. Dankt uͤber das Reich der Pflanzen. Dankt ihm, wie fuͤr alle Gaben, Also auch fuͤr diese Frucht, Dran sich viele Voͤlker laben, Die er zu ernaͤhren sucht: Denen Gott, auf diese Weise, Sie zum Trank macht, und zur Speise. Jst nicht der bewundernswerth, Der zugleich sie traͤnkt und naͤhrt? Es verdient ja dieß Geschenke, Da es uns vergnuͤgt und naͤhrt, Wohl, daß man an ihn gedenke, Da nur er sie uns beschert, Und so viele Eigenschaften Uns zum Nutz an Nuͤssen haften. Laßt uns beym Genuß uns freu’n, Und dafuͤr erkenntlich seyn! Noch ein neu Geschenk zu zeigen, Man- deln. Muͤssen wir von Mandeln auch Nicht an diesem Orte schweigen, Deren Kern uns im Gebrauch Unterschiednen Nutz gewehret, Und auf manche Weis’ uns naͤhret, Da sie uns sowohl allein, Als vermischet, dienlich seyn. Diese Frucht, wenn wir’s erwaͤgen, Mehret ihres Gebers Preis; Jhre harte Schalen hegen Einen Kern, der lieblich weiß. Platt und laͤnglicht ist derselbe, Jhn verschließt ein glatt Gewoͤlbe, Und er ist, so wie sein Sitz, Oben ruͤnder, unten spitz. M 3 Jhre Betrachtungen Jhre harte Schalen decket Eine fleischlichrauhe Haut, Welche gruͤn, worinn sie stecket, Wie man Welschenuͤsse schaut. Diese berstet meist an allen, Da sie dann herunterfallen, Wenn sie reifen im August, Uns zum Nutzen und zur Lust. Sie sind von verschiednen Sorten, Da sie suͤß und bitter seyn; Und man theilt sie nach den Orten, Wo sie wachsen, meistens ein. Es sind Mandeln oftermalen Sproͤde, duͤnn und hart von Schalen; Wenn hingegen eine Art Zaͤhe, feste, dick und hart. Jhr Geschmack ist unterschiedlich, Und besonders schmeckt ihr Kern Mit Rosin’n und Feigen niedlich, Fast ein jeder ißt sie gern; So allein, als auch gemischet, Wird man durch die Frucht erfrischeꝛ. Wie so mancherley Gericht Machen wir aus Mandeln nicht? Wenn wir denn auch Mandeln essen, Laßt uns mit geruͤhrter Brust, Daß sie ein Geschoͤpf, ermessen, Und mit inniglicher Lust An derselben Schoͤpfer denken, Der sie uns hat wollen schenken; Der uns eine Gnad erweist, Wenn er uns mit Mandeln speist. Bey uͤber das Reich der Pflanzen. Bey so unterschiednen Fruͤchten Dat- teln. Sind zumal auch Datteln werth, Daß wir unser Denken richten Auch auf den, der sie beschert. Wenn wir die Gestalt betrachten, Auf Geschmack und Nutzen achten, Zeiget ihre Suͤßigkeit Mancherley Verschiedenheit. Wenn wir ihre Form besehen, Sind sie fast den Eicheln gleich, Doch weit groͤßer. Sie bestehen Aus der Haut; dem Fleisch, das weich; Und dem Kern, der in der Mitten Recht mit einem Riß durchschnitten, Der in weißen Haͤutchen steckt, Da das Fleisch ein Gelbes deckt. Jhre weiße Bluͤte fuͤllet Eine Haut, so sie bedeckt, Die mit ihnen gleichsam quillet Und sich zwischen Aesten streckt. Da man denn in großer Menge, Und wie Trauben, im Gedraͤnge Wenn sie berstet, erst die Bluͤt, Und darauf die Fruͤchte sieht. Sie sind angenehm zu essen, Roh sowohl, als zugericht; Doch muß man zugleich ermessen, Was durch sie uns Guts geschicht. Jn verschiednen Arzeneyen Hat man ihrer sich zu freuen; So in Brust- als Halsbeschwer Nuͤtzen uns die Datteln sehr. M 4 Wenn Betrachtungen Wenn wir von der Blas- und Nieren, Durch zu hitzigen Urin, Schmerzen und Beschwerden spuͤren, Sagt man, daß die Dattel dien’, Solche Schmerzen zu verjagen; Wenn uns Hust und Schwindsucht plagen, Soll auch gegen solche Pein Sie ein heilsam Mittel seyn. Sollte man denn Gott nicht loben, Daß er uns auch Datteln schenkt? Billig wird sein Ruhm erhoben, Billig ist es, daß man denkt: Herr! der du sie uns ertheilest, Und durch sie uns naͤhrst und heilest, Dir sey immer mehr und mehr Lob und Dank, und Preis und Ehr! Ferner hat das große Wesen, Das uns naͤhrt, ergetzt und traͤnkt, Noch ein schoͤn Gewaͤchs erlesen, Und es uns zur Lust geschenkt; Gra- naten. Die Granaten, die uns eben Auch ein neues Merkmaal geben, Wie sein Werk so vielerley Und gar nicht zu zaͤhlen sey. Bey den angenehmen Fruͤchten Scheint die bildende Natur Jn Granaten zuzurichten Eine zierliche Figur, Die auf eine neue Weise, Uns zur Lust, und dem zum Preise, Den kein Mensch genugsam preist, Etwas Unerschoͤpflichs weist. Jn uͤber das Reich der Pflanzen. Jn der nettgekroͤnten Schalen Schoͤn- und roͤthlichbraunem Platz Sieht man, wie Rubinen, stralen Den so suͤß- als schoͤnen Schatz. Wir sehn ihren Schimmer spielen, Und es kann die Zunge fuͤhlen Jhre suͤße Saͤurlichkeit; Wie wird Zung’ und Aug’ erfreut! Der durchlaͤuchtgen Koͤrner Glaͤnzen Jst wohl recht bewundernswerth, Welches ihrer engen Graͤnzen Zierlichen Behaͤlter mehrt. Seht, wie die polirten Ecken Zierlich in einander stecken; So der Schein, als Rang und Zier Koͤmmt mir sehr betraͤchtlich fuͤr. Lieblich seh ich ihre Spitzen, Die so klar, so rein, so glatt, Jn und an einander sitzen. Jhre Seiten schließen platt Und so dicht in einer Reihen, Daß sie jedes Aug’ erfreuen, Wenn sie recht, wie ein Rubin, Jn der schoͤnsten Ordnung gluͤhn. Wie ist ihr Geschmack so niedlich, Und von aller andern Frucht Abermal so unterschiedlich! Wer sie zu vergleichen sucht, Wird, wie sehr wir es ergruͤnden, Solchen Unterschied befinden, Daß im ganzen Fruͤchtenreich Keine der Granaten gleich. M 5 Son- Betrachtungen Sonderlich wird man vergnuͤget, Wenn man Zucker mit dem Wein Zu den saͤft’gen Koͤrnern fuͤget; Kein Geschmack kann holder seyn. Wenn wir sie zusammen mischen, Hat, die Zunge zu erfrischen, Fast auf Erden sonst kein Saft Eine solche Kuͤhlungskraft. Man trifft an verschiednen Orten Dreyerley Granaten an, Deren unterschiedne Sorten Man sehr leicht bemerken kann: Suͤß’ und saure sind gefunden, Und in einer sind verbunden Suͤß und Sauer; unserm Blut Sind sie alle nuͤtz und gut. Saure kuͤhlen, und die suͤßen Nuͤtzen der verschleimten Brust, Der suͤßsaͤurlichen Genießen Fuͤll’t nicht nur den Mund mit Lust; Jeder weis, daß ihr Gemische Auch ein hitzigs Blut erfrische; Ja, in heißen Fiebern gar Brauchet man sie ohn Gefahr. Auch so gar die herben Schalen Dienen uns mit ihrem Saft; Jn dem Durchlauf ist zumalen Er von sonderlicher Kraft. Nebst verschiednen andern Sachen Kann man aus ihm Dinte machen, Die, wenn man es nur bedenkt, Uns so manchen Nutzen schenkt. Ja, uͤber das Reich der Pflanzen. Ja, wo Farben auf der Erden Praͤchtig, voll und wirklich schoͤn Jrgend angetroffen werden, Laͤßt sie ihre Bluͤte sehn. Wer wird solch ein funkelnd Brennen Sonst bey Blumen zeigen koͤnnen? Da man die Granatenbluͤt Gluͤhen mehr, als bluͤhen sieht. Wenn die Menge dieser Fruͤchte Jmmer mit vereinter Kraft, So dem Gaum, als dem Gesichte, Anmuth und Vergnuͤgen schafft, Uns verschiedne Lust ertheilet, Und sogar in Krankheit heilet; Gleicht man denn nicht einem Schwein, Wenn wir Gott nicht dankbar seyn? Wenn wir diese Frucht verzehren, Wenn man ihre Schoͤnheit sieht, Wenn uns Saft und Koͤrner naͤhren Und erfrischen das Gebluͤt; Sollte man sich billig schaͤmen, Sonder Dank, sie hinzunehmen, Ohn auf Gottes Huld zu sehn, Und sein Allmacht zu erhoͤhn. Noch ein herrliches Geschenke, Apfel- sina. Citro- nen. Pome- ran- zen. Welches uns der Schoͤpfer goͤnnt, Woran ich mit Lust gedenke, Die man Pomeranzen nennt, Wollen wir anjetzt erwaͤgen, Und in ihnen uͤberlegen Dessen weise Lieb und Macht, Welcher sie hervorgebracht. Die Betrachtungen Die Natur hat, sie zu bilden, Weder Fleiß noch Kunst gespart; Jhre Farb ist wirklich guͤlden, Sie sind von verschiedner Art; Es sind bittre, saur’ und suͤße, Drum man sie verschiedlich hieße; Weil sie so verschieden seyn, Theilet man sie billig ein. Apfel- sina. Apfelsina sind die suͤßen Eigentlich allein genannt, Als die in dem Land entsprießen; An der Saͤure sind erkannt Die, so wir Citronen heißen, Und ein wenig blasser gleißen: Pomeranzen, deren Saft Von gesund- und bittrer Kraft. Ehe wir nun weiter gehen, Und von einer jeden Art Frucht, Geschmack und Kraft besehen, Die in dieser Frucht gepaart: Laßt uns auf die Bluͤten achten Und erstaunt dabey betrachten, Daß die Baͤume stets zugleich Bluͤt- und frucht- und blaͤtterreich. Da sie unaufhoͤrlich gruͤnen, Und auch selbst im Winter schoͤn, Sieht man ihre Frucht auf ihnen Reif zugleich und unreif stehn. Jn den Pomeranzenhaͤusern Wird auf ihrer Kronen Reisern, Als wenn sie der Sommer schmuͤckt, Auch im Frost, ihr Schmuck erblickt. Die, uͤber das Reich der Pflanzen. Die, so schoͤne Bluͤt und Fruͤchte, Welche dieser Baum uns zollt, Sind dem Gaum, Geruch, Gesichte Riechend Silber, eßbar Gold. Richts kann lieblicher auf Erden Am Geruch gefunden werden, Als der Balsam, welchen man Jn der Bluͤt empfinden kann. Nett ist diese Bluͤt formiret; Außer ihrem weißen Schein Jst sie rings umher gezieret Mit fuͤnf dicken Blaͤtterlein, Die den Balsamduft verschließen, Welchen wir daraus genießen: Jener giebt den Augen Lust, Dieser staͤrkt Gehirn und Brust. Was uns Hirn und Nase ruͤhret Aus der angewuͤrzten Bluͤt, Wird durchs Feuer distilliret. Allerley Essenzen zieht Und erzwinget man aus ihnen, Die zu mancher Anmuth dienen, Und gesund und heilsam sind; Wie man es mit Lust empfindt. Jhre Schale scheint verguͤldet, Die ein weißes Fleisch verdeckt, Worinn, wunderbar gebildet, Das fast guͤldne Fleisch denn steckt, Das so saftig, und so zierlich, Jn viel Blaͤslein recht natuͤrlich Als ein Stern und Rosenbild Schoͤn formiret, eingehuͤllt. Dem Betrachtungen Dem Geschmack kann keiner gleichen, Selbst der, vom Tokayerwein, Als der beste, muß ihm weichen. Weil in ihm vereinet seyn Suͤß und Saur, in solcher Mischung, Giebt er Anmuth und Erfrischung, Beydes in so holdem Grad, Daß man nicht dergleichen hat. Viele Sorten sind entdecket, Suͤße, saure, groß und klein, Kraus von Blaͤttern, die geflecket, Zwerg- und Horn- auch Weibelein: Straus, Orangen, die Pucina Di Cedrato et di China, Di Rubert’ et Genua, Dopple Bluͤt’ et cetera. Auch in ihren bittern Schalen, Außer ihrem suͤßen Saft, Steckt, zur Arzeney zumalen, Eine mannichfache Kraft. Zu candiren, einzumachen, Und zu vielen andern Sachen, Sonderlich zum Brandtewein, Koͤnnen sie bereitet seyn. Wie der Apfelsina Gaben, Citro- nen. So sind auch Citronen werth, Daß wir uns an ihnen laben, Daß man den in ihnen ehrt, Welcher uns, in unserm Leben, Nutz und Lust darinn gegeben. Zum Geschmack, Geruch, Gesicht Jst sie lieblich zugericht. Ange- uͤber das Reich der Pflanzen. Angenehm ist sie gebildet, Und an Farbe scheint sie ganz, Recht als waͤr sie uͤberguͤldet, Durch der glatten Schalen Glanz. Jn dem guͤldenen Gehaͤuse, Steckt auf wunderbare Weise, Jn dem wirklich starken Saft, Eine rechte Balsamkraft. Kann ein Blick wohl ohn Vergnuͤgen, Wie so ordentlich und schoͤn Jhre Saͤft in Blaͤslein liegen Und in netten Faͤchern, sehn? Wuͤrd’ es doch mit Lust erkennet! Wenn man sie in Scheiben trennet, Stellen sie in klarer Zier Platte gelbe Rosen fuͤr. Scheint die aͤußre Schale guͤlden, Jst die innre weiß, wie Schnee. Jn Figur scheint sie zu bilden, Wenn ich eine Seite seh, Eine Brust von einer Frauen; Eine Haͤlfte laͤßt uns schauen Eine suͤße Ruͤnd’ erhoͤht, Worauf eine Warze steht. Ehe wir den Saft betrachten, Lasset uns die Eigenschaft Des Geruchs in ihr beachten, Der von sonderbarer Kraft! Kein Geruch wird leicht gefunden, Der so Kranken, als Gesunden, Ein vergnuͤgter Labsal giebt, Und der allgemein beliebt. Es Betrachtungen Es wird Herz und Hirn erfrischet, Da auf recht besondre Art Sich ein suͤßes Bitter mischet Und in sanftem Grade paart. Liebliche Beschaffenheiten Zeugen diese Geistigkeiten, Voller Anmuth, Staͤrk und Lust, Unserm Haupt und unsrer Brust. Der Citronen scharfe Saͤfte Sind zu vielen Dingen nuͤtz; Hegen ganz besondre Kraͤfte, Daͤmpfen die zu starke Hitz; Dienen auch, das Herz zu staͤrken; Nuͤtzlich ist in Zuckerwerken, Und zu vielen Speisen auch Jn der Kuͤche, der Gebrauch. Der Geschmack wird sehr erfrischet, Wenn man diesen Saft mit Wein, Wasser, Ey und Zucker mischet; Aber dieses nicht allein: Sondern, sehr viel andre Sachen, Sind aus dieser Frucht zu machen; So zur Lust und Schleckerey, Als auch in der Arzeney. Wenn wir so viel Lieblichs schmecken Jn dem angenehmen Saft, Laßt uns doch vergnuͤgt entdecken Dessen Weisheit, Lieb und Kraft, Der uns schon in diesem Leben So viel tausend Guts gegeben. Welches uns, daß er uns liebt, Eine klare Probe giebt. Nebst uͤber das Reich der Pflanzen. Nebst den sauren und den suͤßen, Pome- ran- zen. Die der Schoͤpfer uns beschert Zum Vergnuͤgen und Ersprießen, Sind die bittern auch noch werth, Daß wir sie zugleich besehen, Und davon zugleich gestehen, Wenn man ihre Kraft bedenkt, Daß auch die uns Gott geschenkt. Kann man doch so viele Sachen Zu so mancherley Gebrauch Aus den Pomeranzen machen, Und aus ihren Schalen auch. Sie sind gut, zu candisiren, Sie sind nuͤtz, zu distilliren, Wie ihr stark- und heißer Geist Eine Probe davon weist. Dieser staͤrket unsern Magen, Eben wie der Brandtewein. Wenn die Blaͤhungen uns plagen, Kann uns nichts so dienlich seyn. Wenn man stark Erbrechen spuͤret, Das nicht von der Galle ruͤhret, Stillt dieß Mittel alsobald Diese schaͤdliche Gewalt. Die Erfahrung laͤßt uns lernen, Daß die Frucht noch weiter dien’: Denn aus Pomeranzenkernen Kann man noch ein Wasser ziehn, Das sehr gut, den Stein zu treiben, Und denselben zu zerreiben. Bey verschiednen Speisen auch Dient der Saft uns zum Gebrauch. N Jn Betrachtungen Jn der Blumen Blatt und Hoͤle Steckt annoch, zu unsrer Lust, Nebst dem Eßig, auch ein Oele: Beyde staͤrken unsre Brust Jm Geruch und in dem Munde. Laßt uns denn von Herzensgrunde Danken; wenn man oft gedenkt Deß, der so viel Guts uns schenkt! Das uͤber das Reich der Thiere. Das Thierreich. V on einer recht- und wahren Gottheit die allerhellst’ und klarsten Spuren Zeigt unsern uͤberfuͤhrten Seelen das Reich lebend’ger Kreaturen Nicht nur ihr Koͤrper, der so kuͤnstlich, Bewegung, Sin- nen, Geist und Leben Sind Zeugen einer weisen Quell, und koͤnnen von dem Ursprungsstand (Der sonst, vor allzugroßer Groͤße, selbst unsern Seelen unbekannt) Des Schoͤpfers, der sonst unbegreiflich, die allerbesten Proben geben. Wer anders, als ein weises Wesen, koͤnnt unsern großen Erdkreis faͤllen Mit solcher kuͤnstlichen Maschinen fast nicht zu zaͤhlnder Meng’ und Zahl? Wer sie ernaͤhren und erhalten? Wer koͤnnte fuͤr sie all- zumal Mit ganz unnachahmbarer Weisheit ihr so verschiednes Futter quillen, Entstehn und fuͤr sie wachsen lassen? Wer anders, als ein Gott allein Koͤnnt’, in so wunderbarer Ordnung, derselben Wesen so formiren, Daß sie sich meistens unter sich einander huͤlf- und dien- sam seyn? Ja daß fast alle fuͤr den Menschen, der, sie zu nuͤtzen, zu regieren N 2 Er- Betrachtungen Erschaffen scheint, erschaffen scheinen. Wer sonst als ei- ne Gottheit nur, Hat, in des Menschen Wesen selber (der sich so wenig selbst gemacht, Als alle andere Geschoͤpfe) solch eine Wunderkreatur, Die, einen Gott zu ehren, faͤhig, so wunderbar hervor- gebracht? Solch eine Wunderkreatur, die Gott gewuͤrdigt zu be- schenken, Mit einem Geist, der was betrachten, vergleichen, uͤber- legen, denken, Jhn fuͤhlen und ihn finden kann, der faͤhig, in den Wun- derwerken, Des uͤberall vorhandnen Schoͤpfers vom uͤberall vorhand- nen Wesen, Die uͤberall verhandne Weisheit, und seine Lieb’ und Macht zu merken, Jhn zu bewundern, anzubeten, ihn zu verkuͤndigen, zu preisen, Und im empfindenden Genuß ihm Dank und Ehre zu erweisen? Dieß wird am fuͤglichsten geschehn, wenn wir der Seelen rege Kraft Auf die nebst uns geschaffner Wesen bewundernswerthe Eigenschaft Nach Moͤglichkeit vorher gelenkt, und, in derselben Wun- derwerken, Als wie im wahren Buch der Weisheit, ihn, als den Jn- halt, zu bemerken, Mit Ernst und Andacht uns bemuͤht, da wir zugleich auf dieser Erden Die Kleinheit unserer Vernunft, und seine Groͤß’ erken- nen werden. Es uͤber das Reich der Thiere. Es scheinet ja mit allem Recht, dieß noͤthige Geschaͤfft allein Vernuͤnft’ger Geister bester Vorwurf, und unsre groͤßte Pflicht zu seyn. Wohin ich meiner Seelen Kraͤfte und ihre Faͤhigkeiten lenke, Wie hoch ich aufwerts mich erhebe, wie tief ich mich hinabwerts senke, Was ich, nach moͤglichem Erforschen der Hoͤhen und der Tiefen denke, So scheinet meines Wesens Absicht, der Zweck, daß ich hervorgebracht, Bloß die Verherrlichung des Schoͤpfers. Des Koͤrpers Kraͤfte mit der Seelen (Um den, der alle beyde schuf, dadurch zu preisen) zu vermaͤhlen: Dieß scheint und ist unwidersprechlich der Wille des, der mich gemacht. Man halte gegen diese Handlung doch alle Handlungen auf Erden, Die wir verrichten, die noch werden, und die schon auf der Welt geschehn: So wird, wenn auch die allerbesten mit diesem Thun ver- glichen werden, Man, daß sie dieser das Gewicht nicht halten koͤnnen, gern gestehn. Wir finden in uns Geist und Koͤrper, wir finden hier in unserm Leben, Auch außer uns in allen Orten, mit Geist- und Koͤrpern uns umgeben, Die sollen billig ihrer Quell, woraus sie stammen, ganz allein Zum Ruhm und zur Verherrlichung der Vorwurf unsrer Kraͤfte seyn. N 3 Nach- Betrachtungen Nachdem wir in zwey Reichen nun (des Schoͤpfers All- macht zu erhoͤhn) Mit allem Ernst bemuͤht gewesen, die Stralen seiner Macht zu sehn, So laßt uns auch mit Ernst und Demuth dem Schoͤpfer noch ein Opfer bringen, Und, in dem dritten, in dem Thierreich, auch Gottes Wun- der zu besingen Mit Lust und Andacht uns bestreben! Herr! laß es dir zum Ruhm gelingen! Wie alle nicht beseelte Koͤrper von eines Schoͤpfers Macht nicht schweigen, Und ein’ anbetungswerthe Weisheit in ihrer Maaß und Ordnung zeigen: So zeigt das Thierreich insbesondre, dem Herrn der Kreatur zum Preise, Desselben Allmacht, Weisheit, Lieb’, auf eine so ge- wisse Weise, Der nicht zu widersprechen ist; so daß, wenn wir nicht anders wuͤßten, Und es die ganze Welt nicht zeigte, man, gegen einen Atheisten, Wohl nimmer einen staͤrkern Grund, um voͤllig ihn zu uͤberwinden, Und seinen Jrrthum ihm zu zeigen, als seinen eignen Leib wird finden. Wenn ich mit einiger Betrachtung aufs Reich der Thiere Achtung gebe, Ja wenn wir bloß an einem Thier das unbegreifliche Gewebe Von Nerven, Knorpel, Fleisch und Haut, von klein- und großen Blutgefaͤßen, Woraus uͤber das Reich der Thiere. Woraus die Thier’, auch wir gebildet, die Art der Fuͤ- gungen ermessen, Erschrickt das Auge, stutzt der Geist. Man wird fast aus sich selbst gerissen, Und muß der Allerunverschaͤmtste, auch wider Willen, hier gestehn, Dieß koͤnne nicht durch Menschenkunst, auch nicht von ungefaͤhr, geschehn. Daher wir ja zu einem weisern und hoͤhern Wesen kom- men muͤssen, Auch wenn wir noch so ungern wollten. Da dieß uns so zu Paaren treibt, Daß auch dem Allerfrevelhaftsten dennoch kein’ Aus- flucht uͤbrig bleibt. Kommt, laßt uns denn, zu diesem Endzweck, der Thiere Koͤrper, naͤher gehn, Und ihr verwunderlich Gebaͤnde, dem der sie schuf zum Ruhm, besehn. Definition. Es ist demnach ein Thier ein Wesen, das lebt, das waͤchst, das sich ernaͤhrt, Das sich beweget, das empfindet, und welches sein Ge- schlecht vermehrt. Eintheilung. Man pflegt den Unterschied der Thier’ auf diese Weise zu bestimmen, Und theilt dieselben insgemein Jn Thiere, (Menschen ausgenommen, die nur mit Zwey begabet seyn) N 4 Die Betrachtungen Die auf vier Beinen sich bewegen, in Thiere, welche fliegen, schwimmen, Und endlich in noch eine Art, in Thiere, welche blut- los, ein; Von welchen viele groß vom Koͤrper, und viele ganz un- glaublich klein. Wir wollen nun von diesen erstlich die, so vier Fuͤße haben, sehn; Weil ihre Koͤrper mehrentheils mit denen koͤrperlichen Gaben, Die wir, doch mit besonderm Vorzug, an unserm Leib empfangen haben, Die den Verstand weit uͤbersteigen, in einer Art von Gleichheit stehn. Demnach besteht das große Kunstwerk, der Leib vom Menschen und vom Thier, Das unvergleichlich, wunderbar, ja gleichsam goͤttlich ist, allein Aus lauter Theilen, welche fest, und Theilen, welche fluͤßig seyn. Die stellen, in sich selbst verbunden, ein Luft- und Was- serwerk uns fuͤr, Ja eine Werkstatt der Chymie von Kolben, Vorlag- Siebungen, Jmgleichen manches Heb- und Werkzeug von vielen uͤberkuͤnstlichen (Fast lebendigen Chorden gleich,) verschiedlich angezog’- nen Seilen. Von denen in der Thiere Leibern vorhandnen fluͤßig- feuchten Theilen, Jst nun vor andern das Gebluͤt ein so verwunderlicher Saft, Von uͤber das Reich der Thiere. Von einer solchen sonderbaren und unbegreiflich regen Kraft, Daß in der inneren Bewegung, und in des Kreislaufs Eigenschaft Das Leben zu bestehen scheint. Doch ist sein Stoff so mannichfalt, Und ist es so subtil gemischt, daß man die wirkliche Gestalt Durchaus nicht zu entdecken faͤhig, und daß, bey al- ler Muͤh und Fleiß, Man nicht sein Wesen zu begreifen, noch minder nach- zuahmen weis. Die innere Centralbewegung scheint von der Luft bloß herzuruͤhren, Und ist dieselbige so noͤthig zu der Erhaltung unsers Lebens, Daß, ohn den Athem auszulassen und ohn denselben einzuziehen, Wir sonder Aufschub sterben wuͤrden, und unsern Geist sogleich verlieren. Ohn Athem waͤre das Bemuͤhen, Das Leben laͤnger zu behalten, bey jedem Menschen ganz vergebens. Das Athmen nun, so viel wir fassen, scheint auf die Weise zu geschehn, Wenn naͤmlich unsre Ribben, Muskeln, zusammt der Lunge sich erhoͤhn, Wodurch die Brust dann hol und leer, indem das Zwerchfell unter sich, Die Ribben uͤber sich gezogen, der Bau der Lunge aus- gespannt. Wenn wir nun Athem von uns lassen, und daß die Luft wird weggesandt, N 5 Ge- Betrachtungen Geschieht dasselbe, wenn das Zwerchfell hinwieder in den vor’gen Stand, Zusammt den Ribben, sich begiebet, die Lunge sich zu- sammenzieht, So beydes ein betraͤchtlich Wunder fuͤr ein aufmerksa- mes Gemuͤth. Der Bau der Lunge selber nun besteht aus Blaͤslein, wie man sieht, Doch ist dieß nutz- und wunderbar besondre Werkzeug, wie wir lesen, Und ihre eigene Gestalt, vor kurzem noch versteckt ge- wesen. Sie scheint hauptsaͤchlich zum Zertheilen und zur Verduͤn- nung dem Gebluͤt, Zu unsers Bluts Centralbewegung, und folglich selbst zur Lebenswaͤrme Uns eigentlich geschenkt zu seyn, auch zur Bewegung der Gedaͤrme. Denn wenn Blut aus des Herzens Kammer der rechten Seite durch die Lungen, Und ihre mehr, als wie ein Haar, verkleinte Roͤhren, wird gedrungen, Wird es, durch stetes Wiederholen des Athems, den man von sich laͤßt, Und wieder einzieht, ungemein gedruckt, gedrenget und gepreßt, Jn kleine Kuͤgelchen zertheilt, die sich dadurch geschwin- der regen, Und in das Blut ein lebhaft Roth und angenehme Farbe praͤgen. Wie nun die meisten Koͤrpertheile, sowohl bey Menschen als bey Thieren, Noch uͤber das Reich der Thiere. Noch mehr als einen Nutzen haben; so ist dieß bey der Lungen auch Zu sehn und hoͤchlich zu bewundern. Sie dient, die Re- de zu formiren, Gedaͤrm und Magen zu bewegen, es dient ihr unge- hemmter Hauch Den Milchsaft, zu der Achselader, zu treiben und hin- auf zu fuͤhren, Vom Blut den Gallensaft zu scheiden, drauf Hitz und Krankheit sich verlieren, Zu der Befoͤrdrung der Geburt, auch Harn und Unrath auszutreiben: Und kurz, das Wunder und der Nutz der Lungen ist nicht zu beschreiben. Das Blut hat, außer diesem Lauf, annoch ein raͤumli- ches Bewegen, Das, weil es in die Ruͤnde rennt, Man insgemein die Kreisbewegung, und oͤfters auch den Kreislauf nennt. Da naͤmlich aus der linken Seite der Herzenskammer das Gebluͤt Mit einem recht gewaltgen Drang durch die Arterie ge- preßt, Sich in des ganzen Koͤrpers Theile, auch in die kleinsten, treiben laͤßt, Und, nach daselbst gelaßner Nahrung und Sondrung von verschiednen Theilen, Es durch die sogenannte Venas, die es aufs neu, in re- gem Eilen, Zum Herzen wieder ruͤckwerts fuͤhren, um es von neuem zu beleben, Und anderweitige Verduͤnnung ihm durch die Lung’ aufs neu zu geben. Das Betrachtungen Das Herz, das Hauptrad der Bewegung, zum Druck so noͤthig und so nuͤtze, Jst eine kuͤnstlich unbegreiflich und wunderbar formirte Spruͤtze, An welcher (nebst zwo holen Kammern, zwey Oehrlein, Fallen, die dem Zeichen Des halben Monds und Bischofskappen mit dreyen Spi- tzen, voͤllig gleichen) Sehr ordentlich gedrehte Maͤuslein in großer Menge sich verbinden. Solch uͤber Wunder kuͤnstlich Werkzeug nun zu formi- ren, zu erfinden, Jst bloß allein ein Werk der Weisheit und einer unum- schraͤnkten Macht. Denn welcher Geist hat irgend eine so kuͤnstliche Ma- schin’ erdacht? Daß wir nun selbst nicht Herren waͤren von unserm Sterben oder Leben; Hat unser Schoͤpfer unsrer Seelen daruͤber keine Macht gegeben, Wodurch zugleich derselben Schwaͤche, daß sie sich nicht kann selbst formiren, Als auch ein groͤß- und hoͤhers Wesen, das außer uns, sehr klar zu spuͤren. Des Blutes Kreisbewegung nun noch zu befoͤrdern, dient die Kraft Und Zustand der Arterien sehr viel, indem sie vom Ge- bluͤt, Gedehnt durch eigne Spannungstriebe, sich wiederum zusammenzieht, Und dadurch den in ihren Roͤhren vorhandnen rothen Le- benssaft Be- uͤber das Reich der Thiere. Bestaͤndig fort und vorwerts druckt. Jmgleichen dienen noch dazu Fast alle Theile, die in uns zum Athmen dienen, da sie sich Jn einem steten Wechsel dehnen und wieder schließen. Sonderlich Die Luft, die aller Thiere Koͤrper in einem Gleichge- wicht umringet, Und mit der Luft, die in den Adern vorhanden, sich ver- eint, sie dringet, Und in natuͤrlicher Bewegung sie in die rechten Schran- ken zwinget. Wie wir denn solches eigentlich an Thieren in der Luft- pump sehn, Daß sich an ihnen alle Theile an ihrem ganzen Leib er- hoͤhn, Sobald die aͤußre Luft hinweg, weil sich, ohn vor’gen Widerstand Der aͤußeren, die innre Luft durch eigne Triebkraft, aus- gespannt. Auch hilft der Bau der andern Adern, die Venaͤ ins- gemein genannt, Die weiter als die ersten noch, und worinn eigne kleine Thuͤren, Die recht bewundernswuͤrdig sind, zum Herzen hingekehrt zu spuͤren, Zu der bestaͤndigen Bewegung und zu des Blutes Circu- liren. Mit eben solchen nach dem Herzen, dem Mittelpunkt, gekehrten Thuͤren Sind auch die Wasseraͤderchen, die kuͤrzlich erst entdeckt, versehn, Die Betrachtungen Die bey der allgemeinen Scheidung im Koͤrper mit sich ruͤckwerts fuͤhren Viel zarte waͤsserichte Theile, die wieder nach dem Herzen gehn, Damit des Blutes Fluͤßigkeit dadurch von aller Sto- ckung frey, Und in dem so nothwend’gen Kreislauf bestaͤndig unter- halten sey. Nachdem wir nun den Zirkellauf des Bluts in etwas angesehn, So laßt uns, wie der Nahrungssaft formirt, die Schei- dungen geschehn, Jm Koͤrper ebenfalls betrachten, worinn sich neue Wun- der weisen. Sobald durch unsre vordre Zaͤhne, als wie durch Messer, unsre Speisen Zerschnitten, durch die Backenzaͤhn, als wie durch so viel Muͤhlenstein’, Zermalmet, mit des Speichels Saft befeuchtet, und ge- kaͤuet seyn, So werden sie, durch die Bewegung der Maͤuslein, von dem Schlund der Zungen Durch den Canal, die Speiseroͤhre genennet, schnell hin- abgeschlungen, Und in dem Magen recht gekocht, als wie auf einem Kuͤchenherd, Daselbst auf ganz besondre Weis’ in einen weißen Saft verkehrt, Der, unter Mischung andrer Theile, sich durch den un- tern Magenmund Hinabsenket, und allgemach in das Gedaͤrme sich er- gießet, Wo- uͤber das Reich der Thiere. Woselbst denn, da allhier die Galle zusammt dem Safte dazu fließet, Der pancreatische genannt, die Nahrungssaͤfte mehr ver- duͤnnt, Und von den groͤbern Theilen immer je mehr und mehr gesondert sind, So daß nur bloß das Fluͤßigste, und das die meiste Nah- rung heget, Von den Gedaͤrmen unaufhoͤrlich gedrengt, gepreßt, ge- druckt, beweget, Durch die subtile Oeffnungen der Milchgefaͤß’, als einen Sieb, Sich senkt, von hier sich durchs Gekroͤse und in den Milchbehalter zieht, Dann in des Ruͤckgrads innern Theil, hinauf, durch einen starken Trieb Und durch den Brustcanal hindurch zur Achselader, ins Gebluͤt, Woselbst es denn sich in ein frisches und nahrungsvolles Blut verkehrt, Und die im Blut verkochte Kraͤfte, durch steten Zufluß, wieder mehrt. Bewundernswuͤrdig ist hiebey, wie der durch so viel Gaͤng’ und Kreise Jns Blut gebrachte Milchsaft letztlich so eine rothe Far- be weise, Da doch die sogenannte Lympha durchsichtig ist, und weiß verbleibt. Vermuthlich ist, daß dieß geschieht, dadurch, daß, was nicht hergehoͤret, Sich durch so manche Sonderung, von dem Bequemen, scheidet, treibt Und Betrachtungen Und richtig abgesondert wird; wozu der Schoͤpfer wun- derbar Jn so viel unbeschreiblich kuͤnstlich geformten Theilen kleiner Druͤsen Ein unbegreiflich Meisterstuͤck von seiner weisen Macht gewiesen, Wenn unser Geist dieß uͤberleget, verliert er sich fast ganz und gar. Ein solches allgemeines Sieb wird eigentlich in unsrer Haut, Die voller unzaͤhlbarer Druͤsen, und voller Oeffnungen, geschaut, Wodurch bestaͤndig ganz subtil’ und waͤsserige Feuchtig- keiten Vom Koͤrper abgesondert werden, im Schweiß sich aus dem Koͤrper leiten, Und, von ihm ausgefuͤhrt, verduͤnsten. Die Druͤsen bey der Nas’ im Munde Die scheiden einen zaͤhern Schleim, und fuͤhren selben zu dem Schlunde, Nicht aber, wie man sonst gemeynt, und auch Gelehrte wohl geglaubt, Ob fiel dergleichen Feuchtigkeit von oben abwerts aus dem Haupt. Die gar zu viele salze Theile, wie auch den Harn, sind, in den Nieren, Die Druͤsen, die daselbst vorhanden, beschaͤfftiget stets abzufuͤhren. Die Galle wird in unsrer Leber geschieden und heraus- gebracht, Jnzwischen daß die Milz das Blut zum Cirkellaufen duͤnner macht. Was uͤber das Reich der Thiere. Was aber vom gesunden, naͤhrsam- und fetten Milch- saft abgelenket, Wird unser Fett, und in viel Blaͤslein, die hier belegen, eingesenket. Wenn alle Theile des Gebluͤts vom Ueberfluß des Un- raths rein, Und von dem ungeschickten Stoff gebuͤhrlich abgesondert seyn, Gehn die Verrichtungen von statten. Das Blut wird schnell herum geleitet, Jn den Testiculis der Same vom geisterreichen Blut bereitet, Und von demselbigen die Eylein befruchtet, wenn es an- ders nicht, Nach Leuwenhoͤck, durch kleine Thierchen, die er darinn gesehn, geschicht. Vom leichtsten und subtilsten Blut sind im Gehirn ge- trennt, bereitet Die Geister, welche sinnlich sind, die werden, durch der Nerven Gaͤnge, Jn alle Theile eines Koͤrpers, im steten Fluß und großer Menge, Derselben Wachsthum und die Nahrung stets zu besor- gen, hingeleitet, Am meisten aber die Bewegung-, Verrichtungen, Em- pfindlichkeiten Jm ganzen Koͤrper zu befoͤrdern. Hier waͤr’ es, wo man sprechen muͤßte, Von dem Gehirn, dem Sitz der Geister, wenn man nur etwas rechtes wuͤßte. Vom Kunst- und Wunderwerk der Sinnen sollt ich hier auch was deutlichs sagen, O Doch Betrachtungen Doch hab’ ich, was ich davon fasse, schon anderwertig vorgetragen, Wohin, um nichts zweymal zu sagen, ich den geneigten Leser weise S. Jrd. Vergnuͤgen Tom. II. p. 311. , Doch aber, daß man unsern Schoͤpfer fuͤr dieß Geschenk und Wunder preise, Noch einst ich dich und mich erinn’re: Wir sollten billig Gott verehren, Die wir vernuͤnftig heißen wollen. So oft wir mit den Ohren hoͤren, So oft wir mit der Zunge schmecken, so oft wir mit den Augen sehn, So oft man etwas riecht und fuͤhlt, so oft als wir zum Greifen gehn, Und andrer Handlung und Verrichtung, so Hand als Fuß durch zaͤhe Sehnen Bald biegen, und zusammenziehn, und bald sie von ein- ander dehnen. Doch laßt uns noch mit wenigem den Nutzen jedes Sinns betrachten, Um unsers Schoͤpfers weise Liebe in einem jeden hochzu- achten. Die Sinnlichkeiten, wie sie Thieren und auch dem Men- schen allgemein, Sind Eindruͤck’ koͤrperlicher Ding’ in unsrer Nerven Zaͤ- serlein. Weil diese Druͤckungen des Hirns sowohl von außen als von innen Entstehen, theilet man sie ein, in aͤuß’re und in innre Sinnen. Von uͤber das Reich der Thiere. Von aͤußern lasset uns zuerst des Fuͤhlens Nutzen uͤber- legen, Und wozu es sowohl den Thieren, als auch den Menschen dien’, erwaͤgen. Wo dieser Sinn uns fehlete, wer wuͤrde Speis und Trank begehren? Es wuͤrden, ohn ihn, weder Thiere noch Menschen ihr Geschlecht vermehren, Es wuͤrd’ in unsern Koͤrpern nichts sich fuͤgen, loͤsen, scheiden, trennen, Was uͤberfluͤßig von uns fuͤhren, noch vor Zerstoͤrung schuͤtzen koͤnnen. Sogar ist selbst der Schmerz uns dienlich, daß wir, um selben zu vermeiden, So inn- als aͤußerliche Glieder mit Vorsicht zu beschuͤtzen streben, Und kurz, wir haͤtten ohn Gefuͤhl gar kein Empfindlich- keit, kein Leben. Wie denn die andern Sinnen alle, da das Gefuͤhl so all- gemein, Recht in der That und eigentlich nur Gattungen von Fuͤh- len seyn. Wir unterscheiden und erkennen vermittelst dieser Sinn- lichkeit Der Koͤrper aͤußerliches Wesen, Figuren und Beschaf- fenheit; Jndem, was warm ist und was kalt, was naß und tro- cken, weich und fest, Was rauh und glatt ist, durchs Gefuͤhl sich ganz allein begreifen laͤßt, Und zwar vermittelst kleinern Waͤrzlein, die an der Ner- ven Enden sitzen, O 2 Zu- Betrachtungen Zumal sehr reichlich an der Hand, und an der Finger aͤußern Spitzen, Und, durch die Geisterchen, so sinnlich, was aͤuß’re Koͤrper in sie druͤcken, Jn ungemeiner Fertigkeit und Eile zum Gehirne schicken. Das Schmecken ist, nicht nur zur Lust und Anmuth, uns in unserm Leben, Zur Lebensunterhaltung selbst, ist es dem Vieh und uns gegeben, Jmmaßen sie durch diesen Sinn, was ihnen nuͤtz und gut zu essen, Von dem, was schaͤdlich, unterscheiden, und besser oft, als wir, ermessen, Was ihnen schadhaft, was ersprießlich, da sie durch kluges Unterscheiden Nur das, was ihnen heilsam, nehmen, und das, was giftig ist, vermeiden. Desselben Werkzeug ist die Zunge, die ganz mit Waͤrz- chen angefuͤllt, Die nervig, und die, durch den Speichel, der haͤufig aus den Druͤsen quillt, Der Speise Theilchen, welche schmackhaft, wenn sie sie sanft am Gaume druͤcken, Wie auch die Theilchen des Getraͤnks, ohn Anstand zum Gehirne schicken, Woselbst, auf ganz verborgne Weise, es mit der Seele sich verbindet, Weil, (so wie uns bisher begreiflich,) die Seele schme- cket und empfindet. Das Riechen ist der dritte Sinn, wodurch die Menschen nebst den Thieren (Doch uͤber das Reich der Thiere. (Doch diese kraͤftiger, als wir) in Koͤrpern Eigen- schaften spuͤren, Die allen sonst verborgen waͤren. Zu diesem Endzweck ganz allein, Daß sie sowohl, als wir, erkennten die Dinge, die uns schaͤdlich seyn, Und sie zu unterscheiden taugten durch den Geruch von andern Dingen, Die, nebst dem Nutzen, den sie hegen, im Riechen noch Vergnuͤgen bringen. Nun finden wir, daß von den Thieren sehr viel’, als: Bienen, Hunde, Raben, Jn diesem Sinn, vor allen Menschen, noch ganz be- sondern Vorzug haben, Jndem sie Theilchen von den Koͤrpern, die von denselbi- gen sich trennen, Nicht nur viel schaͤrfer noch, als wir, nein, ganz von weitem spuͤren koͤnnen. Durch eine Nerve, die sich theilet, wird alles, was man riecht und spuͤrt, Zum Sitz der Seele, zum Gehirne, in zarten Duͤnsten hingefuͤhrt. Auch ist das Ohr bewundernswerth, so Gott den Thieren schenken wollte Zu ihrem Schutz; doch uns besonders, daß man viel ler- nen koͤnnt’ und sollte, Wie denn zu allen Wissenschaften, nebst einer edlen Lehrbegier Und des Gedaͤchtniß Faͤhigkeit, das Ohr uns eine offne Thuͤr. O 3 Die Betrachtungen Die Werkzeug, wodurch so viel Toͤne uns wunderbar ins Hirn gebracht, Sind, wie wir anderwerts beschrieben, mit ungemeiner Kunst gemacht. Das Herrlichste von allen Sinnen ist das vortreffliche Gesicht, Wodurch das herrlichste Geschoͤpf, das uͤberwunder- schoͤne Licht, Den Thieren mitgetheilet wird, wodurch nicht alles nur, was schoͤn Auf dieser Welt zu sehen ist und anzutreffen, anzusehn; Wodurch die Thiere zu der Nahrung und den Geschaͤfften auf der Erden, Und wir den Schoͤpfer im Geschoͤpf zu kennen, ange- fuͤhret werden. Ach, wuͤrde doch von uns dadurch, wie herrlich diese Welt erbauet Zu Gottes Ruhm, nicht wie ein Thor, so neu, von ei- ner Kuh, beschauet! Was etwan weiter von dem Licht, und unsrer Augen Bau und Wesen, Erbaulich zu bemerken ist, ist gleichfalls anderwerts zu lesen. Die inn’re Sinnen theilet man bey den Gelehrten ins- gemein, So doch vielleicht unnoͤthig ist, in drey verschiedne Classen ein. Der allgemeine Sinn, Gedaͤchtniß, zusammt der schnel- len Phantasey, Sind sie gleich eine Seele nur, sind diese eingetheilte drey. Ob uͤber das Reich der Thiere. Ob wir nun gleich nach Moͤglichkeit verneinen, daß auch sie bey Thieren Vorhanden, sind sie doch bey jenen, nur etwas minder klar, zu spuͤren. Nun werden wir im Reich der Thiere, nebst mehr be- wundernswerthen Gaben, Vor allen andern, die Bewegung, an ihnen zu betrach- ten haben, Wodurch sie, auf so manche Weise, die fast nicht zaͤhl- bar, liegen, stehn, Den Ort veraͤndern, kriechen, springen, sich wenden, schwimmen, fliegen, gehn, Was sie verlangen, schnell verfolgen, was ihnen dien- lich, zu sich ziehn, Hingegen dem, was ihnen schaͤdlich und sie verfolget, schnell entfliehn. Doch welcher kann von allen Arten, von den Bewegun- gen im Leben, Sowohl der Menschen, als der Thiere, ein ordentlich Register geben? Wie viel unzaͤhlige Bewegung von unsrer Hand allein ge- schehn, Davon kann im Gedicht, die Hand, man eine kleine Probe sehn. Doch wollen wir, auf welche Weise dieß Wunderwerk geschieht, betrachten, Und auf die Wege der Natur im Thierreich beym Bewe- gen achten, So weit wir durch des Geistes Licht in diese Handlung dringen koͤnnen. So viel wir vom Bewegungswerk bisher begreifen und verstehn, Geschieht sie durch der Maͤuslein Huͤlf, die man sonst Muskeln pflegt zu nennen, O 4 Und Betrachtungen Und die aus ungezaͤhlten harten, subtil- und duͤnnen Zaͤ- serlein Bestehen, in, und durch einander geflochten und verbun- den seyn, Worinn aus aller Thiere Hirn sich, durch die Sehnen, Geister senken, Sie schwellen und dadurch verkuͤrzen, wodurch die wieder nach sich ziehn Die Knochen, die an ihnen hangen, und sie bald hier, bald dorthin lenken. So lange nun gedachte Geister sie zu bewegen sich be- muͤhn, So wachen wir, und alle Thiere. Weil aber diese Gei- stigkeiten Nach ihren anerschaffenen und eigenen Beschaffenheiten Sich leicht erschoͤpfen und vermindern; ist uns und je- dem Thier das Schlafen, Wodurch die Geister sich erholen, bewundernswuͤrdig an- erschaffen. Was lebet, schließt, sich zu erquicken, in der so ange- nehmen Ruh’ Mit Anmuth, auch oft wider Willen, der Augen muͤde Lie- der zu. Jm Schlafe sammeln sich aufs neu, ergaͤnzen, mehren, zeugen, staͤrken Und haͤufen sich die Geistigkeiten, so daß wir dann nebst allem Vieh’ Ein ganz veraͤndert Wesen spuͤren, und, mehrentheils des Morgens fruͤh, Vermehrte Kraͤfte, Munterkeit, und neue Faͤhigkeit ver- merken. So uͤber das Reich der Thiere. So wie wir nun von selbst entweder, wie oder auch vom Licht, vom Schall, Von Reiben, Rupfen, Stoßen, Schlagen, von Krank- heit oder auch von Pein, Von Pressung inn- und aͤuß’rer Sinnen vom Schlafe zu erwecken seyn: So macht und mehret unsern Schlaf Mah, Opium, vom Wasserfall Und Wind ein sausendes Geraͤusch, Musik, Tobak, ein sanftes Wiegen, Viel Arbeit, Fasten, Schweiß, Studieren, zusammt der Stille dunkler Nacht, Vor allen aber die Gewohnheit, so daß man nicht so leicht erwacht, Und wir dadurch theils fruͤher schlafen, theils laͤnger in der Ruhe liegen. Nun muͤssen wir mit wenigem von unserm Schlaf noch dieses sehn, Daß aller sinnlichen Bewegung Verrichtungen nicht stil- le stehn. Es hoͤrt die Daͤuung in dem Magen, des Herzens Puls- schlag auch nicht auf, Auch bleibt die Scheidung vieler Saͤfte, des regen Blu- tes Zirkellauf, Das Athemholen, kurz das Regen der Kraͤfte, die nicht eigentlich Von unserm Geist regieret werden. Ja oftermalen stel- len sich Auch Geistigkeiten, welche sinnlich, und die wir, weil wir sie nicht kennen, Gemeiniglich die thierische und Mittelgeistigkeiten nennen, Mit vormals eingenommnen Bildern, die einzeln auch ge- fuͤget seyn, O 5 Jm Betrachtungen Jm Sitz der Seelen, im Gehirn, des Nachts in unsern Traͤumen ein. Nachdem wir nun von vielen Theilen im Thierreich et- was wahrgenommen, So laßt uns auch mit unserm Denken aufs Wunder ih- rer Zeugung kommen, Und erst den Stoff, woraus die Thiere, sowohl als wie wir selbst, bestehn, Den Samen naͤmlich, uns bemuͤhen, so viel uns moͤg- lich, einzusehn. Doch ehe wir dazu gelangen, muß ich mit wenigem erst zeigen, Daß die vordem gehegte Meynung, ob koͤnnten Koͤrper, welche leben, Aus Feuchtigkeit und Waͤrm entstehn, und aus der Gaͤhr- und Faͤulung steigen, Bey allen Klugen aufgehoͤrt. Wir koͤnnen klare Proben geben, Daß dieses gegen die Natur. Der Satz ist nunmehr fest gegruͤndet, Daß man von allem, was da lebt, den Ursprung in dem Samen findet. Es hat die Vorsicht der Natur, die auf bestaͤnd’ge Dauer denket, Jndem sie der Geschoͤpfe Wesen besorgt, und zu erhalten strebt, Nebst allen Thieren, auch dem Menschen, ein geisterreiches Naß geschenket, Worinn fast ein mechanisch Wissen, so wie es scheinet, gleichsam lebt, Daß, wenn desselben Geistigkeit ein zugeschicktes Blut be- ruͤhrt, Es uͤber das Reich der Thiere. Es ploͤtzlich, wie ein Zunder, faͤngt, ein schnell Bewegen drinn erwecket, Sich, nach gewisser Maaß und Ordnung, in richt’gen Zuͤgen von sich strecket, Und in demselbigen sogleich ein Thier von seiner Art for- mirt, Von welcher Arbeit wir zwar wenig, will man es recht gestehn, verstehn, Es scheint die Handlung, nicht begreiflich, bloß durch ein Wunder, zu geschehn, Wie ich denn selbst der Meynung bin; doch wenn wir unsern Koͤrper sehn, Daß er ernaͤhrt wird und erhalten, daß er, wenn er ver- letzt, sich heilt, Und Blut und Fleisch in rechter Maaße am rechten Orte recht vertheilt, Jst dieses gleichfalls unbegreiflich. Bey diesem Gruͤblen faͤllt mir ein, Ein solches kuͤnstliches Erhalten schein ja so kuͤnstlich wohl zu seyn, Wir achten aber nicht darauf, ja meynen noch, leicht zu entdecken, Daß Haut und Fleisch und Blut und Knochen in Pfla- stern und in Salben stecken; Man urtheil’, ob es kuͤnstlicher fuͤr eine junge Seele sey, Sich auszudehnen und zu wachsen, als, wenn wir etwan uns verletzen, So Blut als Fleisch, so Haut als Saͤfte, die abgetrennet, zu ersetzen. Doch weil wir von dem Samen handeln, so bleiben wir voritzt dabey. O Wunder! solch ein schwaches Wesen ist faͤhig, solche Kraft zu hegen! Wer Betrachtungen Wer konnt’ in so geringen Stoff so wunderwuͤrd’ge Wir- kung legen? Wo wird wohl mehr der Gottheit Allmacht, und ein er- schaffender Verstand Als im Geheimnisse der Samen, der unbegreiflich ist, er- kannt? Jndem es aller Menschen Witz und Kraft zu denken uͤber- wieget, Wie, in so schlechtem Stoff und Raum, von so vortreff- lichem Geschick Ein Koͤrper, wunderbar von Form, ein himmlisch Kunst- und Meisterstuͤck, Ein Herr der Kreatur, ja gleichsam ein goͤttlich Thier verborgen lieget. Daß jedes Thier aus einem Samen erzielet werd’, ist uns bekannt, Auch daß von zweyerley Geschlechtern, wenn eine Zeu- gung soll entstehn, Auf eine sonderbare Weise muͤss’ eine Mischung erst ge- schehn, Bestaͤtiget uns die Erfahrung, doch fass’t der menschliche Verstand Den wahren Grund der Handlung nicht. Nachdem ich dieses oft erwogen, Und mehr als einmal meine Sinnen bey diesem Werk zu Rath gezogen, So sah’ ich juͤngst ein Pferd belegen, da ich denn den er- hitzten Stand Des Hengstes, und darauf die Kaͤlte nicht weniger be- traͤchtlich fand; Er sprang, er schnaubt’, er schuͤttelte so Maͤhn als Hals, er wrinscht’, er baͤumte, Durch uͤber das Reich der Thiere. Durch Brunst gespornt, sich in die Luft. Es kocht’ in seinem regen Blut Ein wildes nicht zu loͤschend Feur. Er ras’t’, es strebt die innre Glut, Nach einem Ausbruch mit Gewalt und solchem Triebe, daß er schaͤumte. Er kam an dem gesuchten Ort, der ihn so heftig an sich zog’, Und welcher seine feuchte Flammen begierig gleichsam aus ihm sog’, Es ward an seinem ganzen Koͤrper, an Adern, Nerven, Fibern, Haut, Ein heft- und aͤngstiges Bewegen, ein Klopfen, Span- nen, Zucken, Dringen, Um die erhitzte feuchte Glut aus seinen Adern wegzu- bringen, Und sich der Hitze zu entladen, recht mit Verwunderung geschaut: Kaum aber war die Quelle weg, war alles ploͤtzlich aus- gebrannt, Und die Veraͤnderung nicht glaublich, es schwand mit der erloschnen Glut Begierde, Fluͤchtigkeit und, Brunst, und, sammt den Kraͤf- ten, Wut und Muth, Die Nerven, welche diese Brunst zu sehr, zu heftig aus- gespannt, Die zogen sich im Augenblick, beraubt von ihren vor’gen Flammen, Geschwaͤcht, erkaͤltet, ganz erschoͤpft, und recht als wie gelaͤhmt, zusammen. Er stund so zahm, als wie ein Lamm. Wer die Ver- aͤndrung uͤberleget, Wird Betrachtungen Wird der Natur erhabne Ordnung gewiß mit Ehrerbie- tung sehn, Und eben dieß wird auch geschehn, Wenn man die lebensvolle Kraft, die in dem Samen liegt, erwaͤget. Der Same scheint nicht nur ein Koͤrper, mit einem zarten Feur erfuͤllt, Das in der Mutter, als im Zunder, sich faͤngt, ent- steht und sich entzuͤndet; Es scheint, es sey ein eigner Geist, in engen Schranken eingehůllt, Der, wenn er an gelegnen Ort gebracht ist, und er es empfindet, Den Koͤrper an zu dehnen faͤngt, und nach des Stoffs Beschaffenheit, Jhn allgemach zum Wachsthum bringet. Ob dieß nun was aͤtherisches, wie es verschiedne Weise nennen, (Durch welches Wort wir eigentlich doch nicht viel meh- reres erkennen, Als wie wir sonst vorher gewußt,) stell ich dahin, und muß gestehen, Daß, wenn es als ein drittes Wesen, so zwischen Koͤr- per und dem Geist Ein eigentliches Mittelding zu nennen, es nicht anzusehen, Wie etwan uns der Nervensaft und Thiergeist fast der- gleichen weist) Von einem Wesen, das aͤtherisch, ich nicht viel deutlichs weis zu fassen, Und muß hierinn, so mich als dich, in einer Ungewiß- heit lassen, Jn welcher wir vorhin gesteckt. Es uͤber das Reich der Thiere. Es waͤre denn, daß wir uns koͤnnten zu diesem Satz zu- letzt bequemen, Den Samen in verengten Graͤnzen als einen Auszug an- zunehmen Von allen Gliedern eines Koͤrpers, sammt einem Auszug von dem Geist, Der sich in allen Koͤrpern findet und welchen man die Seele heißt, Sowohl bey Menschen, als bey Thieren. Die Samen- zeugung scheint allein Von allen koͤrperlichen Dingen der Anfang und der Zweck nicht nur, Er scheinet recht das Augenmerk der alles bildenden Natur, Um unvergaͤnglich zu erhalten das, was doch stets ver- geht, zu seyn. Wo etwas ein Geheimniß ist, so scheinet wohl des Sa- mens Wesen Fuͤr unsern Geist geheim zu seyn. Doch glaub ich, daß man so viel findet, Daß sich ein Geist in jedem Samen mit koͤrperlichem Stoff verbindet, Vermuthlich um (dem großen Schoͤpfer und allerhoͤchstem Geist zum Preise) Die irdische Vergaͤnglichkeit der Koͤrper auf besondre Weise Zu lassen und zugleich zu hemmen, so ja ein solches Wunder ist, Aus welchem man ganz uͤberzeuglich, wie wunderbar, wie unbezirkt Die Macht, die Weisheit und die Liebe, deß, der dieß große Wunder wirkt, Mit Betrachtungen Mit Lust, Bewunderung und Demuth, und auch mit Lob und Dank, ermißt. Wir sehen, daß ein ird’scher Same sich zu vermehren in die Erde, Ein waͤsserichter in die Flut, und Fleisch in Fleisch ge- saͤet werde, Wo die Natur die Furche pfluͤgt. Ob dieses nun, was ihn empfaͤngt Ein Leben ploͤtzlich uͤberkoͤmmt, (als wie ein Zunder, Feuer faͤngt,) Wie oder ob sich durch die Mischung, als wie durch eine Art von Gaͤhren, Sich alles theilt und wiederfuͤgt, ist nicht so leichtlich zu erklaͤren. Ob eines Koͤrpers ganze Form schon wirklich in der Mutter Ey Befindlich, und von Samenwuͤrmchen des Mannes nur belebet sey, Wie oder ob im Samenthierchen des Maͤnnleins auch die Form bestehe, Und dieses von den Eylein bloß, (wie ichs in einer Bohne sehe, Daß sie nur bloß den Keim ernaͤhrt,) die erste Nahrung auch nur fasse, Jst ebenfalls noch ungewiß, daher ichs unentschieden lasse. Doch daß nun zweyerley Geschlechter zu diesem großen Werk formiret, Und wunderbar gebildet sind; daß man hierbey noch ferner spuͤret, Wie, mit so wunderbarer Vorsicht, bey allen Thieren auf der Welt Sich, uͤber das Reich der Thiere. Sich, in der Anzahl, eine Gleichheit von beyderley Geschlecht erhaͤlt; Daß wir zu dem Erzeugungswerk, ob wir es wunder- lich gleich finden, Und oͤfters mit Gefahr begleitet, doch solchen scharfen Reiz empfinden, Daß alles, was ein Leben hat, zu diesem Werk so sehr geneiget, Und, bis zum allerkleinsten Wurm, so starke Liebestriebe zeiget; Daß alles Fleisch vom ird’schen Samen unmitt- und mittelbar sich naͤhrt: Dieß alles ist des Ueberlegens und ernsterer Betrachtung werth. Wo etwas unbegreiflich ist, so ist es dieß, daß aus der Erde Das Gras zu Milch, die Milch zu Fleisch, und aus dem Fleisch der Same werde, Der etwas lebendes verursacht, da andre Theile sich hingegen, Die nicht so sehr subtilisirt, wenn man’s beachtet, mei- stens pflegen Dem Grase wiederum zum Wachsthum zu dienen sich in Mist zu kehren, Und so die Erde, die die Thiere zuerst genaͤhret, wieder naͤhren. Wer wundert sich mit allem Recht nicht, der dieß Wechselwerk ermißt, Wie doch in allem ein so großer verwunderlicher Zir- kel ist, Da uns ja die Erfahrung lehrt, und man fast deutlich kann erweisen, P Wie Betrachtungen Wie Gras und Kraͤuter unsre Thiere, die Thiere Gras und Kraͤuter speisen. Daß diesem Wechselzirkel nun nur bloß die groͤbern Theil’ allein, Und nicht der Thiergeist und der Geist der Nerven un- terwuͤrfig seyn, Zusammt des Samens geistig Feuer, koͤmmt, aus verschied’- nen Gruͤnden, mir Bey reifer Ueberlegung glaublich, und mehr noch, als wahrscheinlich, fuͤr. Wie wenig wir nun das Geheimniß von zweyerley Ge- schlechtern fassen, So soll man doch dieß große Wunder nicht gaͤnzlich un- eroͤrtert lassen. Denn ob wir gleich vorher begreifen, daß man es nicht begreifen kann, Sieht man es doch von der Bewundrung als einen wuͤrd’gen Vorwurf an, Und scheinen wir, wird gleich der Grund von diesem Wunder nicht gefunden, Zu einer ehrerbietigen Bewunderung dennoch verbunden. So viel uns die Erfahrung zeigt, scheint zur Vermeh- rung ganz allein, Und zwar zu einer angenehmen, ein zwiefachs Ein be- stimmt zu seyn; Denn so viel koͤnnen wir aufs mindste von dieser Absicht doch verstehen, Die so bewundernswerthe Theilung sey zu dem Endzweck bloß geschehen, Zwo Haͤlften, durch sich, zu vergnuͤgen. Wer nimmt nicht Weisheit, Guͤte, Macht, Und uͤber das Reich der Thiere. Und kurz, die Spuren einer Gottheit, in diesem Werk der Lieb’ in Acht! Ohn diese Theilung der Geschlechter waͤr’ alle Suͤßigkeit der Triebe, Das allerzaͤrtlichste Vergnuͤgen, der Luͤste Quelle, kurz, die Liebe, Die Mutter holder Regungen, voll Sanft- und Anmuth, aus der Welt Und fast die meiste Freude fort; so bleibet dieses festge- stellt, Daß Gott, bloß zum gemeinschaftlich- und allerseitigem Vergnuͤgen, Geschlechter zu dem Zweck getheilt, um selbige, mit Lust, zu fuͤgen. Daß in der wundersamen Ordnung nun ein Geheim- niß muͤsse stecken, So voller Unbegreiflichkeit, scheint selbst die Schrift uns zu entdecken, Wenn unter diesem ird’schen Gleichniß von Braut, von Braͤut’gam, von Vermaͤhlen, Sich Christus selber bilden laͤßt, als wie ein Braͤuti- gam der Seelen. Ob nun ein ehrerbietigs Schweigen sich gleich hieher am besten schickt, So wird jedoch, da es die Schrift mit Worten deutlich ausgedruͤckt, Dieß Wunder wenigstens gewuͤrdigt, daß es zum Gleich- niß solcher Hoͤhe Der heiligsten Verbindungen, den Glaͤubigen vor Augen stehe. P 2 Es Betrachtungen Es wird von allem, was da lebet, nichts als auf diese Art gezeuget, Nichts als von Zweyen fortgebracht. Ob dieß nun auch zu Geistern steiget Jn einer geistigen Vermaͤhlung; davon, weil nichts es deutlich zeiget, Schweigt billig mein gescheuchter Kiel. Zumal zeucht mein geblendter Blick Vom Vorwurf einer ew’gen Zeugung in tiefster Ehrfurcht sich zuruͤck, Und zieh ich von so hoher Fahrt mit allem Recht die Se- gel ein. Doch duͤrfte diese Frage hier vielleicht zu untersuchen seyn: Ob wir, wenn anderer Gedanken mit unserm Geiste sich verbinden, Auch in denselbigen nicht gleichsam ein geistiges Vermi- schen finden, Und ob wir selbiges dafuͤr mit allem Recht nicht achten koͤnnen, Zumal wir sie Conceptiones schon ohnedas gewohnt zu nennen? Hat unser Geist die Kraft, Jdeen zu zeugen, die ihm Gott geschenkt; So ist vielleicht dem Geist, im Samen, die Bildungs- kraft auch eingesenkt, Nach den Jdeen, die er hatte, und nach des Stoffs Beschaffenheit Jhn nach Vermoͤgen einzurichten. Ein Maler, welcher was erfinden Und Bilder figuriren will, den fuͤhret, zu der Aehn- lichkeit Die uͤber das Reich der Thiere. Die Striche richtig abzutheilen, sie zu zertheilen, zu ver- binden, Auf der ganz leeren Schilderey, allein der denkende Ver- stand Nach der entworfenen Jdee, vermittelst der geschickten Hand. Du wirfst vielleicht hierwider ein: Dieß Gleichniß schicke sich nicht hier, und koͤnn’ hier gar nicht brauchbar seyn, Jndem im Samen Haͤnde fehlten. Zwar Menschen- haͤnde, das ist wahr, Doch goͤttliches Vermoͤgen nicht! Es ist ja dieß auch offenbar, Daß der Natur, die unsre Haͤnde ja selber sonder Hand formirt, Die alles auf der Welt gebildet, und die die Welt so schoͤn geziert, Es nicht an Wegen fehlen wird, so unzaͤhlbare Trefflich- keiten, Mit uns ganz unbekanntem Werkzeug, ohn’ Hand und Finger zu bereiten. Hier hindert nicht des Raumes Kleinheit, auch nicht des Stoffs Veraͤchtlichkeit: Die Kleinheit ist fuͤr sich nicht klein, sie zeiget unsre Kleinheit nur, Als die wir nicht zu sehen faͤhig die Werk’ im Wege der Natur, Die sich darinn vor uns verbirgt, und die zu diesem End- zweck eben, Sich nicht zu zeigen, uns die Sinnen vielleicht nicht scharf genug gegeben. Des Stoffs Veraͤchtlichkeit sollt’ uns am wenigsten noch Anstoß bringeu, P 3 Da Betrachtungen Da aller Stoff von einer Art, und wir, wenn wir uns selbst besehn, Sammt unsers ganzen Koͤrpers Theilen sowohl aus keinen andern Dingen, Als woraus unsers Samens Stoff und inners Seyn be- steht, bestehn. So viel annoch nun von der Thiere lebend’gen Gei- stern sich wird fassen Und auch von den empfindlichen von uns sich wird be- greifen lassen, So scheinen lebendige Geister im Thier’ in nichts sonst zu bestehn, Als bloß in einer Art von Waͤrme, die durch den ganzen Koͤrper dringet, Und (da sie mehrentheils im Blut) ihm Nahrung und den Wachsthum bringet, Nicht minder die Vermehrungskraft. So viel wir von den andern sehn, Die wir am Thier’ empfindlich nennen, Und sie vielleicht mit Unrecht trennen, So kann sie fast nichts anders seyn, wenn wir auf ihre Wirkung achten, Und sie bey Thieren, auch bey uns, so viel uns moͤglich ist, betrachten, Als Geistigkeiten, welche sinnlich, und welche durch die Nerven gehn, Sich durch den ganzen Leib verbreiten, und oben im Ge- hirn entstehn. Wobey wir denn erinnern muͤssen, daß, wie der Weisen Hauf es meynet, Und wie es, wenn man’s recht ergruͤndet, auch in der That nicht anders scheinet, Wir uͤber das Reich der Thiere. Wir in dem Werke der Vermehrung die wahre Bildung der Gestalten Nicht bloß fuͤr Wege der Natur, fuͤr etwas Goͤttliches zu halten, Uns mit Gewalt gezwungen finden, indem die Seelen doch allein, So viel wir es begreifen koͤnnen, fuͤr sich dazu nicht faͤhig seyn. Nach dem Begriff, den Gott der Herr auf dieser Welt in unserm Leben Dem menschlichen Verstand und Geist aus Huld gewuͤr- diget zu geben, Scheints, dieser Bilderchen Formirung, so weit wir unsern Witz auch treiben, Sey bloß dem Willen eines Schoͤpfers, sonst keiner Sache, zuzuschreiben. Wir beten denn mit allem Recht, da man nicht weiter gehen kann, Jn diesem Wunderwerk, mit Demuth den Willen unsers Schoͤpfers an. Ja, ja! es ist mehr als zu wahr: wohin ich meine Blicke drehe, Was ich im Reiche der Natur auch hoͤre, rieche, schmeck’ und sehe, So weist mir alles, was vorhanden, so zeigt mir alles, was sich zeigt, Daß etwas uͤberall verborgen, so die Vernunft weit uͤbersteigt, Und daß, mit unterdruͤcktem Witz, in der Religion nicht nur Man glauben muß, was nicht zu fassen. P 4 Es Betrachtungen Es bleibt so gar in der Natur, (Da Gott uns nicht will wissen lassen, Auf welche Weis’ und Art er wirkt,) auch bey dem Glau- ben ganz allein, Und muß das Ende der Vernunft auch hier des Glau- bens Anfang seyn. Wir sind uns zu vergnuͤgen schuldig an der Geschoͤpfe Nutz und Pracht, Und den in Demuth und Bewundrung zu ehren, welcher sie gemacht. Es scheint im Geist- und Leiblichen, als ob der große Schoͤpfer wolle, Daß man, vergnuͤgt mit seiner Gnad’, ihm die Ver- nunft zum Opfer zolle. Dieß wird am fuͤglichsten geschehn, wenn wir derselben rege Kraft Auf die nebst uns geschaffner Wesen bewundernswerthe Eigenschaft Nach Moͤglichkeit vorher gelenkt, und in derselben Wun- derwerken, Als wie im wahren Buch’ der Weisheit, ihn, als den Jnhalt, zu bemerken, Mit Ernst und Andacht uns bemuͤht; da wir zugleich auf dieser Erden Die Kleinheit unserer Vernunft, und seine Groͤß’ erkennen werden. Wenn wir bey Thieren uͤberhaupt die Arten ihrer Zeu- gung sehn, So werden wir in ihnen finden und voll Verwunderung gestehn, Daß, von den Menschen anzurechnen, sie gleichsam staf- felweise gehn. Der uͤber das Reich der Thiere. Der Same zeuget nicht allein, die Mutter muß denselben hegen, Neun Monden unterm Herzen tragen, und muß es noch viel Jahre pflegen. Die Thiere, die vier Fuͤße haben, sind auch zwar lang’ in ihren Muͤttern, Doch koͤnnen sie, wenn sie gebohren, bald gehen und sich selber fuͤttern. Die Voͤgel bringen außerm Leib’, in Eyern, ihre Frucht zum Stande, Doch muͤssen sie sie lange Zeit, mit vieler Muͤh’, be- sitzen, bruͤten, Sie Tag und Nacht mit sich bedecken, erwaͤrmen, spei- sen und behuͤten. Die Fische lassen ihren Roͤgen nur auf dem Wasser oder Sande, Befassen sich mit ihm nicht ferner. Das Ungeziefer (außer dem, Das lebendige Thier’ hervorbringt, die es auf kurze Zeit ernaͤhrt) Legt ebenfalls die Eyer ab, und stets an Oertern, die bequem, Nachdem sie selbe wohl verwahrt, doch (welches recht betrachtungswerth,) Hat Gott denjenigen, die fliegen, die Eigenschaft annoch beschert, Daß Maͤnn- und Weibchen sich vermischen. Noch min- dern in geringerm Grad Jst mitgetheilt, daß einerley Geschlecht, so viel man noch gefunden, Und bey genauer Untersuchung bis diese Zeit bemerket hat, P 5 Sich Betrachtungen Sich unter sich befruchten koͤnnen, da Mann mit Maͤnn- chen sich verbunden, Wie, oder daß sie mit sich selbst, so wir Hermaphrodi- ten nennen, Jhr eigenes Vergnuͤgen haben, und sich aus sich selbst schwaͤngern koͤnnen. Jn einer noch geringern Staffel sind viele Thierchen in dem Meer, Die von sich selber Eyer haben, und aus dem Nestchen, das sie bauen, Sie, wenn sie zeitig, von sich werfen, und sie dem Was- ser anvertrauen. Noch trifft man eine Mittelgattung von Thieren und von Pflanzen an, Worinn man, wenn man sie nicht ruͤhrt, fast gar kein Leben spuͤren kann, Die doch, wenn man sie ruͤhrt, sich regen. Und end- lich koͤmmt die letzte Art Lebend’ger Wesen, in den Pflanzen, die, da sich keine jemals paart, Durch eignen Samen sich vermehren, doch darf man darum nicht vermeynen, Als ob bey der Verminderung, an einiger Vollkommenheit, Es einer Sorte fehlen sollte. Dieß koͤnnen wir mit Recht verneinen, Und wird dadurch zu gleicher Zeit des großen Schoͤpfers Herrlichkeit Und Macht und Weisheit in der Aendrung um desto vol- lenkommner scheinen. Nachdem wir also von den Thieren die Art, wie selbe sich vermehren, Zum Ruhm des Schoͤpfers, angesehn, so wollen wir nunmehr uns kehren Und uͤber das Reich der Thiere. Und untersuchen, wie sie sich auf so verschiedne Weise naͤhren, Worinn wir abermal ein Meer, das nie zu fassen, zu ergruͤnden, Von wunderbaren Wunderwerken mit Andacht zu be- wundern finden. Wobey wir wohl mit David rufen: Herr, auf wie wun- derbare Weise Gewaͤhrest du, zu ihrer Zeit, doch allen Thieren ihre Speise! Es warten auf dich aller Augen, du oͤffnest ihnen deine Hand, Und du erfuͤllest, was da lebt, mit Wohlgefallen. Du allein Willst, wie ja Christus selber spricht, ihr großer Speise- meister seyn. Seht an die Voͤgel unterm Himmel, spricht sein erleuch- teter Verstand, Sie saͤen nicht, sie erndten nicht, sie sammeln in die Scheuren nicht, Und euer Vater naͤhrt sie doch, wovon noch David fer- ner spricht: Daß Gott dem Vieh sein Futter giebt, und daß auch gar die jungen Raben, Die auch zu ihm um Speise flehn, ihr Futter von dem Schoͤpfer haben. Gereichet nun der Thiere Bildung und Zeugung unserm Gott zum Preise, So stralt nicht minder seine Weisheit und Lieb’ und All- macht aus der Weise, Wodurch er sie ernaͤhrt, hervor. Sobald ein weiblich Thier empfangen, Ver- Betrachtungen Veraͤndern sich die Nahrungsgaͤnge. Was sonst sich an- derwerts ergoß, Und fuͤr die Mutter bloß allein in ganz verschiednen Roͤh- ren floß, Davon bemuͤht sich dann ein Theil zum neuen Gaste zu gelangen, Um ihn auf eine Art zu naͤhren, die nimmermehr beque- mer seyn Und besser koͤnnt erfunden werden. Wird auch hieraus nicht ein Verstand, Der aller Kuͤnstler Witz und Einsicht unendlich uͤbertrifft, erkannt? Wenn Thiere nun gebohren worden, die sonsten Hunger sterben muͤßten, Veraͤndern sich die Saͤft’ aufs neue, und ziehn sich nach der Mutter Bruͤsten, Wornach sich denn das junge Thier aus innerlichem Trie- be lenkt, Und sich, als aus stetsvollen Kruͤgen, mit sanfter Wol- lust naͤhrt und traͤnkt. Sind dieß nicht neue Wunderwerke, und auch, wie tau- send andre, werth, Daß man des wunderbaren Schoͤpfers Macht, Lieb’ und Vorsicht dabey ehrt? Da Thierchen, die noch nichts begreifen, und doch durch Saugen leben muͤssen, Die Werkzeug zu dem Saugen haben, noch mehr, da sie zu saugen wissen! Wobey besonders noch zu merken, daß bey den Thieren allemal Die Zahl der Eyter eingerichtet nach der vorhandnen Jungen Zahl. Jmglei- uͤber das Reich der Thiere. Jmgleichen, daß die großen Thiere, absonderlich das zahme Vieh, Das wir so unentbehrlich brauchen, als Ochsen, Esel, Pferd und Kuͤh’, Sich mit so schlechter Kost und Futter, im Sommer und im Winter, naͤhren, Und uͤberdas, nach ihrer Groͤße, desselben wenig nur ver- zehren; Da wir am Seidenwurm und Raupen befunden haben, daß sie mehr Jn einem Tag an Laub verzehren, als wie der ganze Koͤrper schwer, Wie wuͤrden wir zu rechte kommen, wenn wir, nach ih- rer Groͤße, ihnen Mit einer solchen Menge Futter, an Heu und Habern muͤßten dienen? Man koͤnnte hier von vielen Arten, auf welche Weise Thiere kaͤuen, Wie sie auf so verschiedne Weise die eingenommne Kost verdaͤuen, Wie ihrer einige versehen, mit mehr als einer Art von Magen, Und noch viel wunderwuͤrd’ge Sachen, die wenige be- merken, sagen. Die Thiere theilen sich in Arten, die Fleisch, die Gras und Kraͤuter essen, Jn andre, welche Fische nur, und die, so Ungeziefer fressen. Der Mensch allein, woruͤder jeder sich nicht genug ver- wundern kann, Nimmt alles fast, was die Natur hervorgebracht, zur Nahrung an, Wo- Betrachtungen Wodurch wir vor den andern Thieren, uns auf so manche Art zu laben An tausendfachen Gegenwuͤrfen, unstreitig einen Vor- zug haben. Was kann verwunderlicher seyn, als wie ein Werk- zeug, welches sich Bestaͤndig durch sich selbst ersetzt und sich erneuret? Jhre Speise Giebt ihnen taͤglich ihre Kraͤfte, auf recht bewunderns- werthe Weise, Die sie verlieren, immer wieder. Sie fuͤgen, uns ganz unbegreiflich, Jn ihre Koͤrper fremde Wesen, die durch ein’ Art Ver- wandelung, (Woruͤber wir mit Recht erstaunen,) und seltsame Ver- aͤnderung, Zu ihrem eignen Wesen werden. Zu Anfang wird die Kost zerrieben, Darauf in einen Saft verkehrt, dann, als durch einen Sieb getrieben, Gereiniget, und abgesondert von Theilen, die zu grob und dick. Darauf wird es zum Mittelpunkt, der fast der Geister Herd zu nennen, Gefuͤhrt, wo es gemach verduͤnnt, zu Blut wird, und von da zuruͤck Durch unzaͤhlbare Roͤhren laͤuft, um, durch dieß nimmer stille Rennen, Die Glieder alle zu befeuchten. Durchs Fleisch filtrirt sichs nach und nach Und wird zu Fleisch selbst allgemach. So manche Kost, so mancher Saft, die von verschied’- nen Farben seyn, Die uͤber das Reich der Thiere. Die sind nunmehr vereiniget, und werden nun ein Fleisch allein. Die Speisen, welche nicht beseelt, erhalten einem Thier das Leben, Ja werden selbst ein wirklich Thier. Die Theile, wor- aus sie bestunden, Sind, durch ein stet-unfuͤhlbar Duͤnsten, zertheilt. Was noch vor einem Jahr Ein solches Pferd, ein solcher Hund, und eine solche Kuhe war, Jst Mist entweder oder Luft, von ihm wird anders nichts gefunden; Was damals Heu und Haber war, ist itzt der Hengst voll Feu’r und Staͤrke; Aufs wenigste kann man mit Recht, so viel als ich da- von bemerke, Es fuͤr ein ander Pferd nicht halten, fass’t, wie es ei- gentlich geschicht Durch die nicht fuͤhlbare Veraͤndrung, gleich des Ver- standes Aug’ es nicht, Wenn wir des Schoͤpfers Macht und Weisheit in Thie- ren mit Vernunft ergruͤnden, Was kann man nicht fuͤr klare Proben von ungezaͤhlten Wundern finden! Wir wollen hier nur uͤberhaupt, und erst von allen et- was sehn, Um, als in einem kurzen Abriß, des Schoͤpfers Weis- heit zu verstehn. Wir sehn an allen wilden Thieren, als Loͤwen, Tiger, Wolf und Baͤren, Daß sie an ihren Schultern, Lenden und ihren Beinen insgemein Die Betrachtungen Die staͤrksten Muskeln uͤberkommen, wodurch sie denn geschickter seyn Zur Absicht, wozu sie bestimmt, sich zu erhalten, sich zu naͤhren, Wodurch ich durch der Nerven Meng’ auch die Ge- schwindigkeit und Staͤrke, Als die sie eben noͤthig haben, nicht ohn Bewunderung bemerke. Die Knochen ihrer regen Kiefern sind ohn Erstaunen nicht zu schauen, Jm Gegenhalt mit andern Gliedern. Sie haben scharfe Zaͤhn’ und Klauen, Die sie als starke Waffen brauchen, den Raub zu haschen, zu verschlingen, Und, zu der ihnen noͤth’gen Nahrung, die andern Thier umzubringen. Die Voͤgel, die vom Raube leben, sind, ihrem Raube nachzugehn, Von der Natur mit krummen Schnaͤbeln, und scharfen Klauen auch, versehn. Die Muskeln an den Fittigen sind hart von Fleisch, sind stark und groß, Wodurch sie sich geschwind erheben, wie schwer sie gleich, und zu dem Stoß, Der Pfeil geschwind geschieht, geschickt, wodurch der Vogel sich ernaͤhrt. Mit Hoͤrnern sind verschied’ne Thiere zum Anfall und zum Schutz bewehrt; Die groͤßte Staͤrke haben viele in ihrem Nacken und im Ruͤcken, Wenn uͤber das Reich der Thiere. Wenn andre nichts als schlagen koͤnnen. Man kann ein’ eigne Art Gewehr, Zum Anfall und auch zur Beschuͤtzung, an jedem Thiere fast erblicken. Jhr Jagen laͤßt, als wenns bey ihnen ein’ Art von rech- ten Kriegen waͤr’, Die sie zu ihrer Nothdurft fuͤhren. Wenn eine Schild- kroͤt immerfort Jhr Haus auf ihrem Ruͤcken traͤgt, so baut ein anders, Voͤgeln gleich, Um ihre junge Brut zu schuͤtzen, auf einem Baum und hohem Ort, Und weis sein Nestchen da zu machen, wo es am meisten blaͤtterreich. Ein anders, wie der schlaue Biber, erbaut sein Haus in feuchtem Teiche, Und schuͤttet, daß zu vieles Wasser sein kuͤnstlich Wohn- haus nicht erreiche, Bewundernswerthe Daͤmme vor. Ein Maulwurf weis in finstern Gruͤnden Mit seiner kleinen spitzen Schnauz schon seinen Aufenthalt zu finden. Der Fuchs wird in dem tiefen Bau, aus Vorsicht, viele Thuͤren graben, Um gegen seines Feindes List doch ein gesichert Nest zu haben. Die Art von Thieren, welche kriechen, sind ganz auf andre Art formirt, Sie biegen sich auf tausend Arten, entwickeln Muskeln, Glieder, Ringe, Damit ein jedes, ihm zum Nutzen, sich fort und aus der Stelle bringe; Q Sie Betrachtungen Sie wenden, drehen, schlaͤngeln sich, und was von ih- nen wird beruͤhrt, Wird bald ergriffen und umfaßt; sie dringen sich in al- les ein, Wodurch in ungestoͤrter Ruhe sie wohl beschuͤtzt und sicher seyn. Die Werkzeug’ ihres fremden Baues, o Wunder! schei- nen in der That Nicht von einander abzuhangen, da, wenn man sie zer- schnitten hat, Sie darum doch noch leben koͤnnen. Wenn Voͤgel lange Beine haben, So wollte die Natur sie auch mit einem langen Hals be- gaben, Wodurch sie, (welches sonst nicht moͤglich,) was ihnen nuͤtzlich ist zum Leben Und auf der niedern Erde liegt, geschickt und faͤhig, aufzuheben. Dieß haben andre Thiere auch, der Elephant nur aus- genommen, Der aber, dieses zu ersetzen, den langen Ruͤßel uͤber- kommen, Den er so wunderbarlich biegen, verkuͤrzen und verlaͤn- gern kann; Man sieht denselben, und mit Recht, als eine Art von Hand fast an. Von Thieren scheinen unterschiedne bloß fuͤr den Menschen nur gemacht, Der Hund scheint um ihn liebzukosen, und ihm zum Dienst hervorgebracht. Man kann ihn wunderbar gewehnen. Es scheinet uns ein Hund allein Von uͤber das Reich der Thiere. Von der Gesellschaft, von der Freundschaft, und von der Treu ein Bild zu seyn, Er huͤtet, was man ihm vertraut: recht auf verwunder- liche Weise Erhascht er, fuͤr den Menschen nur, mit Muͤh’ im Ja- gen Wild zur Speise, Ohn etwas fuͤr sich zu verlangen. Nebst vielen andern ist das Pferd, Als wie ein goͤttliches Geschenk fuͤr Menschen, anzusehen werth; Es scheint, uns sey ein Pferd, um Lasten, die uns sonst viel zu schwer, im Leben Uns zu erleichtern, fortzubringen, und uns zu tragen, nur gegeben; Was giebt es uns, auf unsern Reisen, zum Fuhrwerk, Handlung, Pracht, im Streit Fuͤr mannichfachen Nutzen, Schutz, Befoͤrdrung und Bequemlichkeit! Der Ochs hat Sanftmuth nebst der Staͤrke, daß, durch sein schwer und muͤhsam Pfluͤgen, Wir unser Brodt aus den von ihm gezognen tiefen Furchen kriegen. Die Kuͤhe lassen suͤße Baͤche von fetter Milch fuͤr uns er- gießen, Jn welcher wir Rohm, Butter, Kaͤse, zum Trank und auch zur Kost genießen. Die Schafe, die auf gleiche Weise mit Milch und Kaͤsen uns ernaͤhren, Verjuͤngen jaͤhrlich ihre Wolle, und lassen sich fuͤr uns nur scheren. Die Ziegen schenken uns ihr Haar, das uns, nicht ihnen, Nutzen bringt, Q 2 Und Betrachtungen Und das der Mensch zu seiner Kleidung und Decken kuͤnst- lich webt und schlingt. Es bietet uns in Kaͤlte, Frost und Schnee der wilden Thiere Schaar, Uns zu bedecken und zu waͤrmen, das allerschoͤnste Pelz- werk dar; So hat der Schoͤpfer sie gekleidet, bedeckt, erwaͤrmet und beschuͤtzt, Doch fuͤhlen wir, daß uns ihr Balg, sowohl als ihnen selber, nuͤtzt. Verschiedne Thiere, die kein Haar bekommen, haben an der Stelle, Zum mannichfaltigen Gebrauch fuͤr uns, sehr stark und dicke Felle. Noch andre decken sich mit Schuppen, die sie verschren- ken und auch trennen, Die sich, wie Schindeln, kuͤnstlich passen, bald oͤffnen und bald fuͤgen koͤnnen. Wie viel sind, die ihr fluͤchtig Fleisch in weichen Federn nicht verstecken, Und die uns, wenn wir ruhig schlafen, zu Betten die- nen und zu Decken! So sieht man, daß in der Natur das Pflanzenreich nicht nur allein, Nein, sondern auch so viele Thiere, zu unserm Nutz er- schaffen seyn. Noch muß man bey den vielen Wundern in unsers Schoͤpfers Wunderwerken, Als eine Probe seiner Weisheit und seiner Liebe, dieß be- merken: Daß von den Thieren, die uns schaͤdlich, die Arten sich so stark nicht mehren, Als uͤber das Reich der Thiere. Als von denjenigen, die uns so nuͤtzlich sind und uns er- naͤhren. Man schlachtet viel mehr Schaf’ und Ochsen, als wie wir Woͤlfe, Tiger, Baͤren Jn abgelegnen Waͤldern toͤdten: doch sind mehr Schaf’ und Ochsen da, Als Woͤlfe, Baͤren oder Tiger. Wenn man bestaͤndig unter ihnen An allen, weiblichen Geschlechts, so viele Zitz- als Jun- gen sah’, So hat mir dieses allezeit was recht betraͤchtliches ge- schienen; Dieß trieget selten bey den Thieren, je mehr dieselbe Jungen zeugen, Je mehr sich Quellen Milch eroͤffnen, um ihre junge Zucht zu saͤugen. Jnzwischen nun, daß an den Schafen die Wolle waͤchst zu unserm Kleide, So spinnen uns am andern Ort die Seidenwuͤrmer zarte Seide, Und schwaͤchen sich nur bloß fuͤr uns. Noch mehr, wie suchen nicht die Bienen Aus Blumen suͤßen Saft zu saugen, um mit dem Honig uns zu dienen! Was kann verwunderlicher seyn, als wenn wir an Jn- secten spuͤren, Daß sie nicht die Figur allein, ihr ganzes Wesen fast, verlieren, Und sich mit schoͤnerer Gestalt und buntgefaͤrbten Fluͤ- geln zieren! Was kann man herrlicher erblicken, was ist so wunder- wuͤrdig schoͤn, Q 3 Als Betrachtungen Als wenn wir so viel Arten Thiere, als so viel Republi- ken, sehn, Die alle ganz besondrer Art, und alle trefflich einge- richtet, Die alle stets erhalten bleiben, wovon kein einz’ge sich vernichtet. Es zeigt uns alles, daß die Kunst und Forme, so sie uͤber- kommen, Den Stoff bey weitem uͤbersteiget, den Gott zu ihrem Bau genommen. Hier waͤr nun zwar ein weites Feld und Anlaß, von der Thiere Seelen, Mit welchen sich die Philosophen einander unbarmherzig quaͤlen, Was selbe nicht und was sie sind, das Eigentliche fest zu setzen: Allein, so lange wir noch nicht mit Recht uns in dem Stande schaͤtzen, Was unsre eigne, zu erkennen, wuͤrd’ ich nur bloß er- zaͤhlen muͤssen Den allgemeinen Widerspruch von aller Philosophen Schluͤssen: Jch wuͤrd’ auch in der That zu weit vom Zweck, den ich mir vorgenommen, Der Gottheit Werk im Sinnlichen bedachtsam zu be- wundern, kommen, Und mehr von unsrer Staͤrk’ und Schwaͤche, als wie von Gottes Allmachtschein, Der uͤberall so herrlich stralet, zu predigen gezwungen seyn. Derhalben laß ich mit Bedacht hier die Materie viel lieber Denjenigen, die, daß es so, und anders nicht sey, wissen, uͤber. Man uͤber das Reich der Thiere. Man theilt die Thiere auf dem Lande am allerfuͤglichsten fast ein Jn Thiere, der’n Huf sich spaltet, und andere, woran wir Klauen, Obgleich von unterschiedner Art, an ihrer Fuͤße Zaͤhen schauen. Wovon, so wie mans jetzo rechnet, auf hundert funf- zig Sorten seyn, Von denen noch die Wasserthiere, die naͤmlich bloß im Wasser leben, Wie man dieß leicht erkennen wird, noch eine groͤßre Anzahl geben, Von welchen allen dann die meisten, so viel wir finden, insgemein Jn einem eigenem Geschlechte von ganz verschiednen Ar- ten seyn. Laßt uns wenigstens von ihnen einige mit Fleiß be- sehen, Um, in naͤherer Betrachtung, ihren Schoͤpfer zu er- hoͤhen! Q 4 Der Betrachtungen Der Loͤwe . W elche finstre Majestaͤt herrscht in diesem ganzen Thier! Seiner Nerven, Muskeln, Knochen, riesenfoͤrmiges Ver- band Zeiget, unter andern Thieren, seinen koͤniglichen Stand. Eine Art von ernster Großmuth, nebst der Staͤrke, stellt ihn mir Recht als einen Herkules unter andern Thieren fuͤr. Sein bestaͤndiger Begleiter, ob er ihn gleich selbst nicht kennet, Jst der Schrecken, welcher sich nie von seiner Seite trennet. Welche starke Brust und Stirn, welche Muskeln, welche Maͤhne, Welche Kiefern, welche Tatzen, welche Klauen, welche Zaͤhne! Seiner festen Glieder Bau zeigt ein wahres Bild der Staͤrke Jn bewundrungswerther Gleichmaaß; wovon ich die Symmetrie Zu der Absicht eingerichtet und gewirkt, zu welcher sie Ordentlich bestimmet ist, mit erstaunter Lust bemerke. Dieß so wohlformirte Thier sehe denn doch jedermann Als ein praͤchtiges Geschoͤpf eines weisen Schoͤpfers an. Der uͤber das Reich der Thiere. Der Hirsch . W er kann einen edlen Hirsch ohn Bewundrung und Vergnuͤgen, Jn so rasch- und munterm Anstand, laufen, stehen oder liegen, Fliehen oder weiden seh’n? Seine herrliche Gestalt, Sein so leicht- als fester Tritt, zieh’n mit froͤlicher Gewalt Ein betrachtend Aug’ auf ihn. Sein erhabenes Geweih, Die benervte schlanke Schenkel, kurz, des ganzen Koͤr- pers Bau Zeiget einen weisen Urstand, leget eine Macht zur Schau, Und weist eine Lieb’ und Vorsorg’ auch zugleich fuͤr uns dabey, Da sein angenehmes Fleisch, das er uns zur Kost gewehrt, Uns, auf so verschiedne Weis’ zugericht, ergetzt und naͤhrt. Sollte denn der Mensch nicht billig, wie in allen andern Werken, Auch in diesem schoͤnen Thier’ Spuren einer Gottheit merken? Und, voll Lust und Dank, begreifen, finden, fuͤhlen, schmecken, seh’n, Daß sein’ Allmacht zu bewundern, seine Weisheit zu er- hoͤh’n? Q 5 Der Betrachtungen Der Leopard. B eschauet einen Leoparden, betrachtet seiner Glieder Pracht, Die Schoͤnheit der gefleckten Haut, den Muth, das Feu’r, die schlanke Staͤrke, Die Ebenmaaße seiner Glieder, und in den allen dessen Werke, Der unter so viel andern Thieren dieß schoͤne Thier her- vorgebracht, Der die dazu gehoͤr’ge Muskeln, das Blut, den schnellen Geist, das Leben, Die starken Kiefern, Zaͤhne, Klauen, und all’ am rech- ten Ort gegeben, Der auch fuͤr seine Nahrung sorgt, der, ob dieß Thier gleich fuͤrchterlich Und auch zuweilen schaͤdlich ist, durch die Vernunft doch solche Waffen, Sie, uns zum Nutzen, aufzureiben, und daß fuͤr ihren Muth man sich Nicht eben groß zu fuͤrchten habe, gewuͤrdiget uns zu ver- schaffen; Was wird mit ihren schoͤnen Baͤlgen fuͤr großer Handel nicht getrieben! Man sieht denn auch in ihm die Spuren von Macht, von Weisheit und vom Lieben. Der uͤber das Reich der Thiere. Der Wolf. E s scheint, der Wolf sey mehr zur Strafe, als zum Ver- gnuͤgen, auf der Welt; Denn er ist nicht nur moͤrdrisch, grausam, wild, tuͤckisch, blutbegierig, graͤßlich, Und sonderlich fatal den Schafen, er ist dazu noch scheußlich, haͤßlich, Dabey auch fuͤrchterlich zu hoͤren, wenn er im Winter heu- lend bellt; So, daß man fast bey diesem Thier’ auf die Gedanken kom- men sollte, Gott wuͤrd’ im Wolfe nicht geehrt, und wenn man ihn auch ehren wollte, Weil der zu haͤßlich und zu schaͤdlich. Allein, man muß hier wohl erwaͤgen, Daß, ob bey ihm des Schoͤpfers Wege sich nicht so klar zu Tage legen, Wir darum gleich nicht schließen muͤssen: Wenn auf der Welt kein Wolf vorhanden, So waͤr’ es besser, oder denken, vielleicht waͤr’ er von selbst entstanden. O nein! Denn daß wir es nicht wissen, wozu er eigentlich gemacht, Zeigt deutlich unsern Unverstand, umschraͤnkten Geist, und Unbedacht, Doch keinen Fehl der Schoͤpfung an. Zudem, wenn wir es wohl ergruͤnden, Sind auch in Woͤlfen viele Dinge zu unserm Nutzen noch zu finden. Wir haben nicht nur ihrer Baͤlge im scharfen Frost uns zu erfreuen; Es dienen ihrer Glieder viele zu großem Nutz in Arzeneyen. Die Betrachtungen Die Gemsen. D ieses Thier verdient besonders, seiner Art zu leben wegen, Daß wir auch ihr Daseyn froh und bedachtsam uͤber- legen. Sollte man sie nicht zugleich Buͤrger schroff- und holer Kluͤfte, Und erhabene Bewohner uͤber uns erhabner Luͤfte, Mit Erstaunen nennen muͤssen? So wie jedem Thier hie- nieden, So ist ihnen in der Hoͤhe nur ihr Aufenthalt beschieden. Damit nichts auf dieser Erde von des Schoͤpfers Wun- dern leer, Und vom Vorwurf seiner Guͤte jeder Raum erfuͤllet waͤr’, Hat er in der Gemsen Koͤrper solche Werkzeug’ fuͤgen wollen, Daß sie Sturz und Fall nicht scheuen, und da gern sind, wo sie sollen. Jhre starke Hoͤrner sind so verwunderlich gekruͤmmt, Daß sie sich an ihnen hangen und vom Fall befreyen koͤnnen. Jhre starkbenervte Schenkel sind zum Springen recht bestimmt, Eine solche Augenmaaße hat Gott ihnen wollen goͤn- nen, Daß sie nicht im Sprunge fehlen. Sie probiren einen Stein Mit vorausgesetztem Fuß, ob er los ist oder fest, Welches ja besondre Vorsicht in der Handlung blicken laͤßt. Sonst uͤber das Reich der Thiere. Sonst ist uͤberall bekannt, wie sie uns so nuͤtzlich seyn; Fuͤr die Schwindsucht ist ihr Unschlitt, fuͤrs Gesicht die Galle gut; Gemsenfleisch ist gut zu essen, und den Schwindel heilt ihr Blut; Auch die Haut dient uns nicht minder. Stralet nicht aus diesem Thier, Nebst der Weisheit und der Allmacht, auch des Schoͤ- pfers Lieb’ herfuͤr? Der Betrachtungen Der Hase. D ieses Thier scheint nicht allein uns zum Nutzen nur gemacht, Sondern auch zur Lust des Menschen uͤberall hervorge- bracht. Alle Glieder eines Hasen kommen weislich uͤberein Mit der furchtsamen Natur, die dieß Thier vor andern zeiget. Kopf und Ohren, sonderlich seine lange Hinterbein’, Welche man sonst Spruͤnge nennt, die zum Absprung recht gebeuget, Dienen ihm zum Schutz im Laufen, und verlaͤngern unsre Lust, Wenn sein spielend Ohr die Noth, wenn ihn ein Getoͤse schreckt, Um bey Zeiten sich zu retten, ihm von weitem schon entdeckt. Seine List ist sonderbar, daß von Spuͤr- und andern Hunden, Deren Nasen ihm fatal, seine Spur nicht sey gefunden; Macht er hin und wieder Spruͤnge, eh’ er sich ins Lager legt, Wohin er, ohn diese Vorsicht, nie sich zu begeben pflegt. Es ist nicht sein Fleisch allein uns zur Nahrung guter Art, Nied- und lieblich von Geschmack, angenehm, und muͤrb und zart; Auch sein Balg, das Herz, die Lunge, seine Nieren, seine Geilen Sollen in den Arzeneyen manchem Kranken Huͤlf’ ertheilen. Haare, Blut und Balg sind nuͤtzlich. Stralt denn nicht aus diesem Thier, Nebst der Weisheit und der Allmacht, auch des Schoͤpfers Lieb’ herfuͤr? Der uͤber das Reich der Thiere. Der Fuchs. A uch der Fuchs dient uns zum Nutzen, ob man gleich, so lang’ er lebet, Wenn er Gaͤns’ und Huͤner raubet, nicht viel Guts von ihm erhebet. Außer, daß er Feldmaͤus’, Heimen, Maulwuͤrf’, Froͤsch’ und Schnecken frißt, Und dadurch doch auch dem Menschen noch in etwas nuͤtz- lich ist, Muͤssen seine Baͤlg hingegen fuͤr die Kaͤlt’ uns zu be- schuͤtzen, Wozu sie besonders dienen, uns im Frost besonders nuͤtzen. Man bewundert, und mit Recht, dieses Thieres schlaue List, Womit, auf besondre Weise, die Natur es ausge- ruͤst’t, Wie den Jaͤgern wohl bekannt. Seine Hoͤlen, Bau und Roͤhren Dringt er meist den Daͤchsen ab, bald mit List, bald mit Gewalt. Wenn der Dachs ihm ja zu stark, soll er seinen Aufent- halt Mit der Losung ganz verderben, durch Gestank ihn so versehren, Daß er ihm die Wohnung laͤßt. Schlau weis sich der Fuchs zu naͤhren, Und, wenn er gejaget wird, schlau zu fliehn, auch sich zu wehren. Nebst Betrachtungen Nebst dem Balg ist auch am Fuchs seine Lunge, Fett und Blut Gegen Schwindsucht, Krampfbeschwerden, Blas’- und Nierenschmerzen gut. Wird man also abermal auch in Fuͤchsen offen- bar Einer Ordnung, Weisheit, Absicht, wenn man es er- waͤgt, gewahr! Das uͤber das Reich der Thiere. Das Pferd. D ieses scheint vor allen Thieren einen Vorzug fast zu haben, Da es meist in allen Staͤnden, selber vom Monarchen an Bis zum Bauren, dient und nuͤtzt, und man seiner vie- len Gaben, Nicht im Frieden, nicht im Kriegen, nirgend fast ent- behren kann. Dieses Thier ist, uns zu helfen, Lasten fuͤr uns aufzu- heben, Fortzubringen, uns zu tragen, uns insonderheit ge- geben. Zu der Handlung, zu den Reisen, ist es brauchbar, und das Feld Wird, zusammt der Jaͤgerey, nur durch Pferde wohl- bestellt; Zur Parade, zu den Posten. Ja, wer wird die Dienste nennen, Die wir, so zum Nutz als Schutz, durch dieß Thier, er- halten koͤnnen? Wenn man seinen Wuchs betrachtet, wenn man seinen Muth erwaͤgt, Scheint in adlicher Gestalt, auch ein Geist darinn ge- legt, Der fuͤr Pracht und Ruhm empfindlich; welches an den andern Thieren, Wenigstens in solcher Maaße, und so deutlich, nicht zu spuͤren. Wenn wir nun sowohl von außen seinen Anstand, der so schoͤn, R Als Betrachtungen Als der Glieder Symmetrie, ernstlich und bedachtsam sehn, Wenn wir, daß sein frecher Geist doch sich zaͤhmen laͤßt, betrachten, Wenn wir auf den vielen Nutzen, den dieß Thier uns bringet, achten, Sollten wir denn nicht den Schoͤpfer zu bewundern Ursach finden? Sollten wir nicht, auch bey Pferden, Denken, Lust und Dank verbinden? Sollten wir darinn nicht Weisheit, Macht, und Liebes- spuren sehn, Und die Weisheit, Macht und Liebe durch Bewundrung nicht erhoͤhn? Das uͤber das Reich der Thiere. Das Rindvieh. N un ist noͤthig, mit Erwaͤgung, auch das Rindvieh zu besehn, Welches ohne Preis und Dank unsers Schoͤpfers nicht geschehn Noch betrachtet werden sollte; weil es recht insonder- heit Uns zu dienen und zu naͤhren fast vor allem Vieh be- reit Und uns zugegeben scheinet. Nach der Ordnung theilt man sie (Außer wilden, Auren, Buͤffeln) ein in Ochsen, Kaͤl- ber, Kuͤh. Daß so groß- und starken Thieren ein so sanft- und zah- mer Geist Uns zum Besten eingefloͤßt; daß sie nicht den Menschen scheuen, Wie die Thiere, welche schaͤdlich; sondern gleichsam sein sich freuen Und gesellig bey uns bleiben: dieses offenbart und weist Mehr, als man es leider achtet, eine Vorsicht. Sie zu zaͤhmen, Wuͤrd’ uns sonst unmoͤglich fallen, da sie sich von selbst bequemen, Und uns todt und lebend dienen. Sie gebrauchen schlech- tes Futter, Das von selbst im Sommer waͤchst, sonder Arbeit, oh- ne Muͤh, N 2 Und, Betrachtungen Und, im Winter, duͤrr, sie naͤhret, da sie uns doch Milch und Butter, Kaͤs’ und Rohm in Menge geben. Man sieht Ochsen pfluͤ- gen, ziehn, Und da sie die Erde bauen, sich allein fuͤr uns be- muͤhn, Da sie uns zur Duͤngung noch auch den fetten Mist ge- wehren, Bis sie, wenn wir sie nun schlachten, selbst mit ihrem Fleisch uns naͤhren; Welches fast, von allen Speisen, am gesundsten wird geschaͤtzt, Da es, außer daß es nahrsam, im Geschmack uns so er- getzt, Daß mans taͤglich essen kann, denn es wird uns nie zu- wider; Und daß es auf viele Weise uns noch koͤnne nuͤtzlich seyn Auch dabey sehr lange waͤhren, raͤuchert man es, salzt es ein. Ja man braucht von diesen Thieren, uns zum Nutzen, alle Glieder. Aus den Hoͤrnerm macht man Kaͤmme, Pulverflaschen, Messerheften, Loͤffel, Dosen, Schreibzeug, Buͤchslein, zu so mancher- ley Geschaͤfften, Zu Toback, und andern Dingen, Knoͤpfen und Laternen- scheiben, Pfeifen, Roͤhren, daß von allen kaum die Menge zu be- schreiben. Aus den Knochen gleicherweise, woraus man noch uͤberdem Das beliebte Beinschwarz bringt, das den Mahlern so bequem. Aus uͤber das Reich der Thiere. Aus den Knorpeln und den Nerven wird der zaͤhe Leim gemacht. Was wird nicht aus ihren Haͤuten fuͤr ein Nutz heraus- gebracht? Aus dem Unschlitt macht man Lichter und auch Seifen. Ja das Haar Dienet nicht den Gerbern nur, nein, zur Duͤngung auch so gar. Nichts ist besser, als das Mark, fuͤr geschwaͤchte Nerv- und Sehnen, Sie zur Schmeidigkeit zu bringen, und sie wieder aus- zudehnen. Jst denn fuͤr so vieles Gutes, das uns Gott durch sie be- schert, Der, so sie fuͤr uns erschaffen, keines Danks und Lo- bes werth? R 3 Der Betrachtungen Der Elephant. J st gleich dieses große Thier selten nur bey uns zu sehen, Da es andern Voͤlkern dient; ist es doch besonders werth, Wegen seiner Groͤß’ und Klugheit, wodurch Wunder fast ge- schehen, Daß man, wegen seiner Schoͤpfung, dessen Schoͤpfer ruͤhmt und ehrt. Wie von seines Koͤrpers Groͤße alle andre Thier’ auf Erden, Sollen sie von seinem Geist gleichfalls, uͤbertroffen werden. Jhrer Koͤrper großer Bau, so wie man davon erzaͤhlt, Gleichet, so an Groͤß’ als Schwere, gleichsam Bergen, die beseelt. Wie so weit an ihrem Wuchs die Natur die Kraͤfte dehne, Zeigt allein die Laͤng’ und Schwere vieler Elephanten- zaͤhne, Da derselben einige zehn Schuh lang, und, wie sie wollen, Weit mehr als dreyhundert Pfund am Gewichte halten sollen. Er soll sich zum Kampf, zur Arbeit, nutzbarlich gebrauchen lassen; Er soll, wundersam gelehrig, tausend Kuͤnste leichtlich fassen, Tapferkeit und Treu’ besitzen, und fast wirklichen Ver- stand. Sein gelenker schlanker Ruͤßel dienet ihm anstatt der Hand, Diesen uͤber das Reich der Thiere. Diesen macht er lang und kurz, kann ihn mannichfaltig biegen, Und auf ungezaͤhlte Weise von sich strecken, drehen, schmie- gen, Durch ihn trinken, Essen nehmen, riechen, greifen, werfen, fuͤhlen, Mit ihm fechten, druͤcken, spruͤtzen, ja sogar den Ballen spielen. Dieses wunderbare Werkzeug, da er keinen Hals nicht hat, Und sich sonst nicht wehren koͤnnte, dient ihm an des Halses Statt. Seine Haut soll so verhaͤrtet, und so stark fast, wie ein Bein, Folglich, auch von einer Kugel nicht einmal durchdringlich seyn. Jn dem warmen Jndien, wo sie meist gefunden werden, Weiden sie in Bruͤchen, Waͤldern, auch auf Hoͤh’n, bey ganzen Heerden. Mit dem weißen Elfenbein, welches sie so schuͤtzt, als ziert, Wird ein vortheilhafter Handel in der ganzen Welt ge- fuͤhrt. Wenn wir denn von diesem Thier etwas lesen oder hoͤren, Laßt uns, unsern Pflichten nach, seinen großen Schoͤpfer ehren! R 4 Der Betrachtungen Der Baͤr . A uch der zottichte, gefraͤßig’, unersaͤttlich’, starke Baͤr Dienet dem, der ihn erschuf, auch nicht weniger zur Ehr. Seiner Glieder Ebenmaaße, Staͤrke, Fertigkeit, und Muth, Auch daß er nicht leicht den Menschen ungereizet Scha- den thut; Daß sie auch, wie andre Raubthier’, um uns weniger zu schrecken, Noch uns Schaden zuzufuͤgen, sich in Wuͤsteneyen, Hecken, Und Gebirgen gern befinden; daß sie, uns fuͤr Frost zu schuͤtzen Mit der rauchen weichen Haut, uns so diensam sind und nuͤtzen, Da man zur Bequemlichkeit, zu der Waͤrme, und zur Pracht, Lagerstaͤtte, Muͤtzen, Stiefeln, Muff’ und Pferdedecken macht. Alles dieß ist dankenswuͤrdig; doch, wo wird es recht bedacht? Es giebt unterschiedne Sorten, braune, schwarz’ und weiße Baͤren, Die sich auf verschiedne Weise, sonderlich im Winter, naͤhren, Da sie, welches kaum begreiflich, Fett aus ihren Tatzen saugen, Und damit, ohn’ andre Nahrung, doch sich zu erhalten taugen. Aus uͤber das Reich der Thiere. Aus den dickverwachs’nen Hoͤlen gehet dieses wilde Thier, Jn dem ganzen langen Winter, schlaf- und saͤugend, nicht herfuͤr. Jst dieß nicht bewundernswerth, Daß sich solch gefraͤßig Thier sonder Speise dennoch naͤhrt, Und dadurch, da er nicht raubet, sondern unaufhoͤrlich ruht, Fast die halbe Zeit des Lebens, so viel minder Schaden thut? Seine Gall’, sein Fett, und Auge brauchet man in Arze- neyen, Seine Pfoten und sein Kopf nuͤtzen uns auf Gastereyen; Auch der Jungen Fleisch ist eßbar. Dienet also auch der Baͤr, Seiner Wildheit ungeachtet, uns zum Nutzen, Gott zur Ehr. R 5 Das Betrachtungen Das Schwein. N un wird auch zu gleicher Absicht das so zahm’ als wilde Schwein, Ein dem Menschen nuͤtzlichs Thier, billig zu betrachten seyn. Es hat eine spitze Schnauze, kurzen Hals, gespaltne Klauen, Einen Ruͤßel, niedre Beine, starke Borsten, dicke Haut, Waffen, womit oft, die wilden sonderlich, gewaltig hauen. Es ist leicht zu unterhalten. Alles frißt es, Fruͤchte, Kraut, Eicheln, Buͤchen, Spuͤlicht, Bohnen, Wurzeln, Treber, ja was man Jn der Wirthschaft von dem Abfall sonst fast gar nicht brauchen kann. Es ist dieses Thier so fruchtbar, daß es oft in einem Jahr Zweymal ferkelt, und zur Zeit wohl auf achtzehn Junge bringet, Wodurch denn in unsrer Wirthschaft mannichfacher Nutz entspringet. Speck und Fleisch, der Kopf, die Ohren, Wuͤrste, Schin- ken, roh und gar, Auch der Ruͤßel, Zungen, Fuͤße liefern uns manch schoͤn Gericht; Und es fehlt in Arzeneyen auch an manchem Nutzen nicht. Haut und Borsten dienen uns. Ja was geben uns im Jagen Auch die wilden Schweine nicht fuͤr Ergetzen und Be- hagen! So gestehe denn ein jeder, voll Erkenntlichkeit, mit mir, So von wild- als zahmen Schweinen, es sey ein sehr nutz- bar Thier, Und erheb’ und ehr’ und preise den, der sie uns schenkt, dafuͤr! Das uͤber das Reich der Thiere. Das Nashorn. D ieses wunderbare Thier, das so fremd, von wel- chem man Die besondere Figur schwerlich recht beschreiben kann, Soll dennoch an Kopf und Ohren unsern Schweinen et- was gleichen, Doch an Groͤße seines Koͤrpers fast an Elephanten rei- chen. Ob wir nun gleich viel von ihm und von seiner Haut er- zaͤhlen, Daß sie wirklich panzerfoͤrmig und wir sie mit starken Schilden Recht, als einen Harnisch mahlen, und wie wahre Schuppen bilden, Dennoch wird an diesem Thier, und zumal an seiner Haut, Etwas recht Betraͤchtliches und Verwunderlichs ge- schaut, Da sie bloß durch ihre Falten, die so dick, so stark, und fest, Dergestalt das Thier beschuͤtzen, daß sichs nicht durch- dringen laͤßt, Und man schreibt, daß es nicht nur vor den Saͤbel- streichen frey, Sondern auch vor nicht zu starke Schuͤsse selber sicher sey. Seine Waffen sind ein Horn, das er auf der Nase traͤ- get, Und dadurch den Elephanten, der sein steter Feind, er- leget. Seine Zunge soll so rauch und von solcher Schaͤrfe seyn, Daß Betrachtungen Daß er der erlegten Koͤrper Haut und Fleisch bis auf das Bein Abzulecken faͤhig ist. Sonsten sollen ihn allein Scharf und harte Kraͤuter naͤhren. Sonst soll es vertraͤg- lich, guͤtig, Wo man es nicht reizet, seyn: nur, verletzet, wird es wuͤtig, Da es denn mit seinem Zorn, Grimm und Wut so weit soll gehn, Daß im Wege stehnde Baͤume seinem Grimm nicht wi- derstehn. Da der Mauren Volk sein Fleisch, wir das Horn, ge- brauchen koͤnnen, Werden wir auch dieses Thier nicht mit Recht unnuͤtzlich nennen. Aus der Glieder Ebenmaaße stralet denn bey diesem Thier, Nebst dem Nutzen, auch des Schoͤpfers Weisheit, Lieb und Macht herfuͤr. Der uͤber das Reich der Thiere. Der Hund. W o von allen andern Thieren wir mit Rechte sagen koͤnnen, Daß der Schoͤpfer uns in ihnen Lust und Nutzen wollen goͤnnen, So erfodert es der Hund, daß des Schoͤpfers Huld hie- bey Jmmer mit Vernunft betrachtet und mit Dank geprie- sen sey. Alle Vortheil von den Hunden sind so groß, so ungemein, Daß sie nie recht zu beschreiben und fast nicht zu zaͤhlen seyn. Selbst entfernte Nationen, welche nicht dergleichen ha- ben, Wenn man von den Hunden spricht und von allen ihren Gaben, Koͤnnen es unmoͤglich glauben, daß ein Thier das Haus bewacht, Andre Guͤter schuͤtzt und huͤtet, so des Tages als bey Nacht; Daß es unsere Personen gegen Dieb und Raͤuber schuͤtzt; Was verlohren, wieder sucht; uns zum Bratenwenden nuͤtzt; Daß es wilde Thiere faͤllet, Schafe huͤtet, Blinde fuͤh- ret, Jn den allerdicksten Waͤldern das versteckte Wild aufspuͤ- ret, Jn die Netze treibet, faͤnget, zu uns bringet, rettet, wehrt, Daß, wenn es erleget ist, es kein andrer Hund versehrt; Fuͤchse wuͤrget, Hasen greift, aus der Erde Daͤchse treibt; Ja mit seinem Dienst und Nutzen nicht nur auf der Er- de bleibt, Son- Betrachtungen Sondern uns Gefluͤgel jagt. Aus der Luft, auch aus der Flut, Was geschossen, holt und bringet, und so viele Dinge thut, Die nicht alle zu erzaͤhlen. Zu so viel verschiednen Sa- chen Dieses wundersame Thier uns zu Gut geschickt zu machen, Hat es die Natur fuͤr uns so verschiedentlich formiret, Wie man es an keinem Thier auf der ganzen Welt ver- spuͤret: Viele sind besonders groß, da hingegen andre klein, Viele stark und schwer von Gliedern, andre schlank, ge- lenk, gewandt, Zotticht, stroblicht, kahl und glatt: ja es scheint ein’ Art Verstand Diesem Thier fast beyzuwohnen. Daß es keck, gehor- sam, treu, Munter, freundlich, kuͤhn, verschmitzt, schmeichelnd und gelehrig sey, Daß es tausend Kuͤnste lernt, ist uns allen ja bekannt. Witz, Gedaͤchtniß, Schlauigkeit muß man ihnen zuge- stehen; Sonderlich hat die Natur sie mit einer Kraft versehen Jm Geruch, der unbegreiflich, da sie Wege finden koͤn- nen, Und die Spuren unterscheiden, Dinge die man fast nicht nennen, Zaͤhlen noch begreifen kann, tuͤcht- und faͤhig auszu- spaͤhn; Ja so gar selbst in Gemaͤhlden ihren eignen Herrn zu kennen, Wie ich solches mit Verwundrung selbst mit Augen an- gesehn. Noch uͤber das Reich der Thiere. Noch ersieht man an den Hunden, so, daß es kaum zu begreifen, Wie mehr, als bey allen Thieren, ihre Meng’ und Art sich haͤufen; Seht und zaͤhlet mit Bewundrung, wie so viel- und man- cherley, Und in einer jeden Art wieder solche Menge sey. Wenn man denn fuͤr andre Thiere unserm Gott zu danken, pflichtig; So sind es die Hunde gleichfalls, da die Dienste groß und wichtig, Welche wir von ihnen haben: Ja sie scheinen uns im Le- ben, Außer ihrem vielen Nutzen, zur Gesellschaft fast gege- ben. Der Betrachtungen Der Esel. A uch der Esel, ob man ihn sonder Ursach oft verach- tet, Jst, wenn man sein ganzes Wesen ohne Vorurtheil be- trachtet, Ein besonders nuͤtzlichs Thier. Jst sein Geist gleich dumm und traͤge, Laͤßt er sich gleich zu der Arbeit selten leiten, als durch Schlaͤge; Jst er dennoch sehr geduldig, dauerhaft, und stark da- bey, Große Lasten wegzutragen: daß auch in der Arzeney Dieses Thieres Milch besonders von dem staͤrksten Nutzen sey; Zeiget die Erfahrung taͤglich. Womit man ihn haͤlt und naͤhrt, Jst von so geringen Kosten, daß sein Futter fast nichts werth: Dorn und Diesteln, Stroh und Spreu, was so Pferd als Rindvieh liegen, Fallen lassen und zertreten, frißt der Esel mit Vergnuͤ- gen. Außer daß er Lasten traͤgt, brauchet man ihn auch zum Pfluͤgen, Karrenziehen und zum Egen. Seine Milch dient nicht allein Jn der Schwindsucht, auch zur Gicht und zum Poda- gra; sie heilet Jnnere Entzuͤndungen, sie soll gar vortrefflich seyn, Eine schoͤne Haut zu machen, sie ergaͤnzet und ertheilet Huͤlf uͤber das Reich der Thiere. Huͤlf am Zahnfleisch, staͤrkt und heilt es. Endlich wird auch seine Haut, Drauf zu schreiben, sehr genuͤtzt. Merkt denn, wie der Esel auch Uns zum Nutz formiret sey, in so mancherley Ge- brauch, Und, wenn ihr euch sein bedient, denket, wenn ihr bil- lig denket, Daß auch er euch einen Schoͤpfer zeige, der ihn euch ge- schenket. S Das Betrachtungen Das Elendthier. E in recht sonderbar Geschoͤpf, halb ein Hirsch und halb ein Pferd, Jst das Elend, das nicht minder unserer Betrachtung werth: Sein Geweih ist ganz besonders, und als sonst kein Thier es traͤget, Eines Adlers Schwingen gleich, wenn er sie herunter schlaͤget. Von der Klauen saget man, daß sie große Kraͤfte heget, Und im Krampf und Nervenschmerzen Linderung und Huͤlfe bringet. Da die Dicke seiner Haut weder Hieb noch Stich durch- dringet, Wird mit ihr, an Panzers Statt, im Gefecht, die Brust umringet. Seines Koͤrpers Schwere gleicht einer ziemlich starken Kuh, Vorn am Halse ist es zotticht, aber glatt nach hinten zu: Um sein langes Obermaul soll man es nicht vorwerts gehen, (Daß es nicht im Grafen hindre) sondern ruͤckwerts wei- den sehen. Langen Durst und schwere Arbeit ist es tuͤchtig zu er- tragen. Kann man also auch mit Recht von dem Elendthiere sagen, Daß es einen weisen Schoͤpfer uns erweis’ und noch dabey, Daß es bloß von ihm aus Liebe uns zum Nutz erschaffen sey. Die uͤber das Reich der Thiere. Die Wiesel. S cheint gleich dieses kleine Thier uns zum Schaden mehr gegeben, Als uns Nutzen zu verschaffen, da es junge Huͤner, Tau- ben Und noch ander Hausgefluͤgel pflegt zu wuͤrgen und zu rauben, Auch so vieler Voͤgel Bruten, die in Wald und Feldern leben, Frißt, und ihre Eyer saͤuft: dienen sie doch, wie die Katzen, Uns zu nicht geringem Nutzen oͤfters gegen Maͤus’ und Ratzen: Sie sind auch der Schlangen Feinde, als womit sie stetig kaͤmpfen: Jhre Baͤlge nuͤtzen uns, nicht nur Schmerz und Gift zu daͤmpfen, Und uns, fuͤr den Frost zu schuͤtzen; sondern auch in Arze- neyen Hat man dieser Thiere Glieder sich auf manche Art zu freuen. S 2 Der Betrachtungen Der Marter. D ieß ist ebenfalls ein Raubthier, so uns oͤfters Schaden thut; Aber doch ist es nicht minder auch zu vielen Sachen gut: Jhre Baͤlge, die sehr schoͤn, da sie fuͤr den Frost uns schuͤtzen, Koͤnnen dem, der sie verkauft, und auch ihrem Kaͤufer nuͤtzen. Jhrer sind verschiedne Sorten, Die man, sie zu unterscheiden, Stein- und Edelmarter nennt: Letztere bewohnen Baͤume, sonderlich die Buͤch- und Eichen; Diese wissen jungen Voͤgeln sehr behende nachzuschleichen, Ja noch groͤßere zu toͤdten, da sie gar den Auerhahn, (So weit gehet ihre Kuͤhnheit) nebst dem Birkhun und Fasan Anzufallen sich nicht scheuen, und, wenn sie gleich fertig fliegen, Jhren Raub nicht fahren lassen, ihnen auf den Ruͤcken liegen, Da sie sie denn unauf hoͤrlich und so lang im Fluge beißen, Bis sie beyd’ herunter fallen, drauf sie selbige zerreißen. Jhre Losung laͤsset uns, anders als in allen Thieren, Einen nicht unangenehmen lieblichen Geruch verspuͤren. Diese wohnen in den Waͤldern, da die andern sich hingegen Jn den Haͤusern, Scheun’n und Staͤllen meistens aufzu- halten pflegen. Hier wird auch manch Hun erwuͤrgt und viel Fluͤgel- werk zerbissen, Die sie aber mehrentheils mit der Haut bezahlen muͤssen. Der uͤber das Reich der Thiere. Der Jltiß. M it dem Marter und der Wiesel hat er einerley Natur, Jst auch meist von ihrer Groͤße und derselbigen Figur, Außer, daß sein Balg viel schlechter, und im schlechtern Preise nur Jnsgemein verkaufet wird; wodurch denn auch armen Leuten Jn dem Frost geholfen ist, allerley sich zu bereiten: Um sich vor die strenge Kaͤlte zu bedecken und zu schuͤtzen, Koͤnnen also Jltiss’ auch den verlass’nen Armen nuͤtzen. S 3 Der Betrachtungen Der Luchs. A uch der Luchs ist schoͤn und schaͤdlich. Er ist voller Raubbegier; Aber dennoch ist es uns ebenfalls ein nuͤtzlichs Thier. Zwischen Katzen und dem Tiger scheints ein Mittelthier zu seyn: Seine Haut ist gelblichfleckig, auch wohl etwas grau zu- weilen: Sie sind aus der Maaßen fertig, ihre Speise zu ereilen, Sehn so scharf, als sonst kein Thier. Zwischen Bergen, Fels und Stein Leben meist die Katzenluͤchse, wenn die Kaͤlberluͤchs’ hin- gegen Jn den dickverwachs’nen Waͤldern insgemein zu wohnen pflegen. Fuͤr die Schwerenoth und Krampf wird die Luchsklau uns verschrieben; Und mit ihren Baͤlgen werden große Handlungen ge- trieben. Das uͤber das Reich der Thiere. Das Pantherthier. N unmehr koͤmmt, in unsrer Ordnung, das ergrimmte Pantherthier, Dem zu Ehren zu betrachten, welcher es gemacht, uns fuͤr, Das in seiner Art nicht minder wohlgebildet ist und schoͤn, Da wir auf der ganzen Haut nichts als schoͤne schwarze Flecken, Mit besonder scharfem Umstrich und sehr nett geformt, entdecken, Die auf roͤthlichgelbem Grunde in der schoͤnsten Ordnung stehn. Ob nun gleich sein Grimm, die Staͤrke, die Geschwindig- keit, die Wut Oftermals den Menschen toͤdtlich, und nicht selten Schaden thut; Jst doch auch in diesem Thier’, wie in allen andern Werken, Eines maͤcht’gen Schoͤpfers Ordnung bey dem Aufenthalt zu merken, Jn der ihnen angewies’ nen Wohnung, da sie in den Wuͤsten, Von der Menschheit abgesondert, und entfernet, einsam nisten, Und nur an sehr wenig Oertern. Jhrer bunten Baͤlge Pracht Wird aus so entfernten Laͤndern auch sogar zu uns ge- bracht, Und sehr gern von uns genuͤtzet: daß wir also Vortheil spuͤren, So im Handel als Gebrauch, und uns auch bereichert sehn Durch dieß schoͤn’ und wilde Thier, sonder in Gefahr zu stehn, Leib und Leben zu verlieren. S 4 Das Betrachtungen Das Eichhorn. S chrecken uns gleich viele Thiere nebst dem Nutzen; stellet hier Ein uns nur vergnuͤgend Thierchen in dem Eichhorn uns sich fuͤr: Alle Theile seines Koͤrpers sind sowohl, als andre, zierlich; Doch derselben Handlungen sind so artig, so poßirlich, Die Bewegungen so lebhaft, hurtig, und so schnell, daß man Nicht leicht ihre Spruͤng’ und Mienen sonder Lachen sehen kann. Sie bewohnen hohe Baͤume, koͤnnen so gewaltig sprin- gen, Und von einem Baum zum andern sich so schnell und hurtig schwingen, Daß es laͤßt, als wenn sie floͤgen, da die langen Schwaͤnze ihnen, Die so lang als wie sie selbst, gleichsam als zu Fluͤgeln dienen. Meistens sind sie roth, und gleichen fast dem Fuchs an Farb’ und Haar: Dennoch findet man verschiedne von verschiedner Farb’, und zwar Ofters grau und aschenfaͤrbig, auch wohl schwaͤrzlich, aber selten, Deren kleine Baͤlge denn, weil sie rarer, mehr auch gelten. Dieses Thierchen laͤßt sich zaͤhmen, da es seltsame Fi- guren Und in allen Handlungen laͤcherliche Posituren Dem, uͤber das Reich der Thiere. Dem, der darauf achtet, zeigt, so, daß es sich fast nicht regt, Da es nicht durch seine Stellung uns zur Munterkeit be- wegt. Da es, nebst der Zierlichkeit, auch zugleich sehr gut zu essen, Jst es billig, daß wir es auch als ein Geschoͤpf er- messen Eines wunderbaren Schoͤpfers, der auch hier sein’ Allmacht zeigt, Und von dessen Lieb und Weisheit nichts, was er geschaffen, schweigt. S 5 Der Betrachtungen Der Affe. S cheinet nun von allen Thieren eins zu unsrer Lust geschaffen Und zum Vorwurf der Bewundrung, so sind es gewiß die Affen. Nicht nur in des Koͤrpers Bau, auch in Mienen und Ge- berden, Jn behenden Handlungen, Munterkeit und Schlauigkeit, Jn der seltsamen Bewegung Arten und Verschiedenheit Muͤssen sie im ersten Grad fast von uns gerechnet werden: Ja fuͤr einen Philosophen, da sein Thun so ungemein, Duͤrft ein Aff zur Ueberlegung wohl ein wuͤrd’ger Vorwurf seyn. Wenn man recht die Trieb’ erwaͤgt, die in Affen zu entdecken, Wie so fern am Leib und Geist sich die Faͤhigkeiten strecken, Wird fast unsere Vernunft uͤber diese Thiere stutzen, Und darinn von der Natur Ordnungen und Graden sehn, Wodurch gleichsam auch die Thiere sich zu uns noch mehr erhoͤhn, Als es fast der Stolz erlaubet: Also kann ein Aff auch nutzen Und zur Demuth gleichsam leiten. Billig faͤllt hiebey uns ein: Was fuͤr eine Geisterleiter muß wohl nicht vorhanden seyn, Die von uns hinab- auch aufwerts mit so manchen Staffeln fuͤhrt, Daß weil wir kein End erblicken, die Vernunft sich fast verliert. Was sie all fuͤr Handlungen kuͤnstlich nachzuahmen wissen, Auch was sie von selbsten thun, davon werd’ ich schweigen muͤssen, Weil die Vielheit gar zu groß. Dieses macht, daß ich allein Zur Betrachtung, daß auch sie uns zu Gut erschaffen seyn, Zur Bewunderung und Dank, wie ich schuldig bin, mich kehre Und so, wie in allen Werken, auch in ihm, den Schoͤpfer ehre. Das uͤber das Reich der Thiere. Das Murmelthier. D er Bewohner der Gebirge, das verschlafne Murmel- thier, Jst von einer andern Art. Dieß, wenn es im Schnee u. Frost, Seine meiste Zeit verschlaͤft, koͤmmt im Fruͤhling nur herfuͤr Und besorgt zu kuͤnft’gem Winter auf das neue Nest und Kost. Jhre Loͤcher richten sie mit besondrer Ordnung ein; Daß sie naͤmlich frey von Unrath, und bestaͤndig reinlich seyn, Graben sie ein eignes Loch. Wie sie zu den noͤth’gen Dingen, Die sie zu dem Lager brauchen, Gras und Heu zusammen bringen, Jst wohl recht verwunderlich. Eins sieht man sich nie- derstrecken, Die vier Beine uͤber sich, da die andern es bedecken, Und so viel es halten kann, Busch und Strauchwerk auf ihn tragen, Dann fass’t jedes dessen Schwanz sanfte mit den Zaͤhnen an, Und so schleppen sie gewoͤhnlich diesen lebendigen Wagen Als bey einer Deichsel fort. Dieß thut einer nach dem andern, Jeder, wenn die Reih ihn trifft, muß nach dieser Ordnung wandern, Keiner wird damit verschonet. Wenn es frißt, sitzt dieses Thier, Haͤlt die Kost in rordern Pfoten, wie ein Eichhorn, fast wie wir. Fleisch vom Murmelthier soll niedlich, wie das beste Wild- praͤt, schmecken, Und sein Schmalz ist trefflich heilsam. Kann man also auch in ihnen, Da sie uns zu mancherley Nutzen und Ergetzen dienen, Eines weisen Wesens Absicht, Weisheit, Macht und Lieb’ entdecken. Das Betrachtungen Das Kaninchen. D ieses Thier gleicht fast den Hasen; aber wohnt in Gruben meist, Wie es denn fast jeden Boden theilt, zerwuͤhlet und zer- reißt. Sie bereiten gleichfalls kuͤnstlich ihren unterirdschen Bau, Jhr Farb ist weiß entweder, oder sprenklicht, oder grau. Sie sind mehr als andre Thiere von so großer Frucht- barkeit, Daß sie zwoͤlfmal Junge hecken nur in eines Jahres Zeit, Und fast immer fuͤnf bis sechs. Es giebt ihrer zweyer- ley, Wilde naͤmlich, und auch zahme. Doch ein großer Un- terscheid Jst an ihrem Fleisch zu finden. An Geschmack und Nied- lichkeit Koͤmmet der gezaͤhmten Fleisch nie dem Fleisch der wil- den bey. Von den wilden wissen Koͤche, wenn sie sie kunstmaͤßig mischen, Uns so mancherley Gerichte, die sehr niedlich, aufzuti- schen, Und von ihrem Fell die Kuͤrschner uns im Frost verschied- ne Sachen So zur Waͤrm’ als auch zur Zierde, zur Bequemlichkeit zu machen. Daß demnach auch dieses Thier, wie auch Gott in ihm, uns liebt, Da es uns erwaͤrmt und naͤhret, eine klare Probe giebt. Der uͤber das Reich der Thiere. Der Steinbock. D ieß Thier scheint eine wilde Ziege zu seyn, doch von besondrer Art, Da es nur auf der Alpen Spitzen und nirgend sonst ge- funden ward. Am meisten gleichet es den Gemsen, doch siehet man es Hoͤrner fuͤhren So lang, daß sie ihm, wenn er stehet, gemeiniglich das Kreuz beruͤhren; So breit, daß auf die drey Maaß Wasser sich in ein ein- zigs fuͤllen lassen: Mit diesen Hoͤrnern weis er nun an Felsen sich so fest zu fassen, Daß er, indem er sich daran gemaͤhlig hin und wieder schwingt, Von einem Felsen zu dem andern bewundernswuͤrdig schnell sich bringt. Ja, wenn er auch von einer Hoͤh und unersteiglich steilen Spitzen Herunterstuͤrzt, weis er die Hoͤrner auf solche Weise vor- zukehren, Und vor den ungeheuren Fall auf solche Weise sich zu schuͤtzen, Daß auch die allerhoͤchsten Faͤlle die Glieder ihm nicht leicht versehren. Er braucht sie gegen seine Jaͤger, so daß er sie, wenn er erbost, Und einen Raum zum Anlauf hat, gar oft von hohen Felsen stoßt. Sein Fleisch ist eßbar, und sein Fell ist gegen Kaͤlte trefflich gut; Auch dienet in der Arzeney besonders dieses Thieres Blut, Den Betrachtungen Den Blasenstein uns zu zermalmen. Ein Theil mit sechs Theil Most genommen, Gekocht drey Tage nach einander, fruͤh, mittags und beym Abendmal Jm Bade nach und nach getrunken, soll denen trefflich wohl bekommen, Die durch den Blasenstein gemartert, da es den Ursprung ihrer Qual Jn Sand zermalmt von ihnen fuͤhrt. Woraus wir klaͤr- lich sehen koͤnnen, Wie viel auch Gott in diesem Thiere dem Menschen Gu- tes wollen goͤnnen. Das uͤber das Reich der Thiere. Das Kameel. E s ist dieses Thier bey uns zwar nicht sonderlich be- kannt, Sondern meist in Asia: Dennoch wird in seinem Haare, Als in einer nuͤtzlichen und sehr vortheilhaften Waare, Uns ein rechter Schatz im Handel aus der Ferne zugesandt. Dieses Haar soll es zum oͤftern, meist in einem jeden Jahre, Und zwar in sehr wenig Tagen, daß man es bequemer fassen, Sammeln und gebrauchen kann, fast auf einmal fallen lassen. Dem, der es zum ersten sieht, koͤmmt gemeiniglich dieß Thier An Gestalt fast ungeformt, plump und grob und haͤß- lich fuͤr: Dennoch hat es seine Gleichmaaß, und es sind die starken Glieder Wunderwuͤrdig eingerichtet. Sich zum Tragen gut zu schicken, Zeigt sich ein sehr starker Buckel in der Mitt’ auf seinem Ruͤcken. Wenn man es beladen will, legt es sich von selbsten nie- der, Da es denn, wenn es g’nug hat, selber in die Hoͤhe springt. Nicht beschreiblich ist der Nutzen, welchen das Kameel- thier bringt, Da es durch die duͤrren Wuͤsten, mit sehr schlechter Kost vergnuͤget, Und sehr lange sonder Trank Lasten schleppt; Auch, wenn man krieget, Gegen Betrachtungen Gegen Pferde trefflich nuͤtzt; Ueberdas durch schnelles Laufen, Wozu sichs gewehnen laͤßt, ungemeinen Vortheil schafft, Weil es durch den starken Knocher und der zaͤhen Ner- ven Kraft Fast nicht zu ermuͤden ist, welches nuͤtzlich auf der Reise. Seine suͤße Milch ist trinkbar, gleichfalls dient sein Fleisch zur Speise. Auch verspuͤrt man, daß von ihm manches Theil zur Ar- zeney, Aeußerlich und innerlich, heilsam zu gebrauchen sey. Daß denn nun fuͤr dieses, Thier auch das menschliche Geschlechte Dem, der es fuͤr ihn erschaffen, ehrerbietig danken moͤchte! Der uͤber das Reich der Thiere. Der Dachs. W ie viele Thiere steile Hoͤh’n, so lieben Dachse dunk- le Tiefen Und finstre Loͤcher in der Erde, worinn sie nicht des Tags nur schliefen, Nein, worinn sie die halbe Zeit des Lebens selbst sich fast begraben, Und ihre Lagerstatt darinn, so lang der Winter waͤhret, haben: Dann schlafen sie die ganze Zeit, dann sollen sie von sich sich naͤhren, Und bloß von ihrem eignen Koͤrper und ihrem eignen Fet- te zehren. Sonst naͤhret dieses Thier sich meist von Regenwuͤrmern, Kaͤfern, Schnecken, Von Molchen, Kroͤten, Froͤschen, Maͤusen und anderm Ungeziefer mehr. Doch lassen sie auch junge Hasen, zusammt Kaninichen, sich schmecken, Auch junge Voͤgel sonderlich. Sie sind sehr fett, es wird das Schmeer Als eine Haut herabgezogen, und nuͤtzet sehr in Arzeneyen. Des Fleisches hat man sich nicht minder, wenn es ge- salzen, zu erfreuen. Die Haͤute, welche denen Sattlern, den Taͤschnern auch, zu Gute kommen, Die werden viel zu Reisekasten, zu Pinseln wird das Haar, genommen. So daß selbst an dem faulen Dachs ein fromm- und bil- liges Gemuͤth, Wie sehr auch er den Menschen nuͤtzt, mit Dank und mit Bewundrung sieht. T Die Betrachtungen Die Katze. A uch dieß ist ein besonder Thier, wofuͤr dem Schoͤpfer Dank gebuͤhret, Wovon sowohl im Haus als Felde man wahr- und großen Nutzen spuͤret, Da es den Maͤusen und den Ratzen, und anderm Ungeziefer feind, Die uns dadurch, daß sie so sehr und monatlich fast sich vermehren, Auf eine Weise, die nicht leidlich, mehr als man fast ge- denkt, beschweren, Uns schaden und uns plagen wuͤrden. Ja gegen diesen Zufall scheint Die Katze recht mit Fleiß geschaffen. Derselben Unver- drossenheit, Gelenker Koͤrper, schnelle Glieder, Geduld, beherzte Schlauigkeit, Ein scharf Gehoͤr, nebst dem Geruch, und, uͤber alles, solche Augen, Die in der dunklen Nacht zu sehn, nicht minder als am Tage, taugen, Daß ein verborgner Zug in ihnen, wie wild sie gleich, sie zaͤhmen kann: Dieß alles zeiget Absicht, Weisheit und Lieb unwider- sprechlich an Von einem allgemeinen Schoͤpfer. Man kann auch an den Katzen sehn, Wie alle Dinge, die geschehen, nach Maaß und Ord- nungen geschehn. Die uͤber das Reich der Thiere. Die kleinen sind recht laͤcherlich, ihr Gaukeln, ihr pos- sierlichs Springen Kann oft den, dem es nicht ums Herz zu lachen, doch zum Lachen zwingen. Man findet wilde Katzen auch, die in den dicken Waͤldern wohnen Und das, was sie erbeuten koͤnnen, als sehr gefraͤßig, nicht verschonen: Doch werden ihre schoͤne Baͤlge mit großem Nutzen ab- gesetzt, Zumal man selbe gegen Fluͤsse fuͤr ein bewehrtes Mittel schaͤtzt, Jmgleichen fuͤr die Wassersucht. Daß also Katzen auch imgleichen, Nicht weniger als andre Thier, uns mannichfache Vor- thel reichen. T 2 Die Betrachtungen Die Zibethkatze. D ie Thiere werden zwar bey uns nicht leichtlich le- bendig gefunden, Doch wird was angenehm an ihnen von uns nicht weni- ger empfunden, Wenn man die Baͤlge zu uns bringt, nebst ihrem Aus- wurf, dessen Duft Mit solcher suͤßen Lieblichkeit und holden Duͤnsten in die Luft, Die sie umgiebt, bestaͤndig quillet, Daß ein empfindliches Vergnuͤgen durch den Geruch das Hirn erfuͤllet Und uns recht inniglich vergnuͤgt. Wer von uns Men- schen kann begreifen, Auf welche Weise sich die Theilchen, die den Geruch ver- gnuͤgen, haͤufen, Entstehen, und so lange dauren? Da Dinge, die bey ihnen liegen, Von ihnen gleichsam eingebiesamt, so stark uns, wie sie selbst, vergnuͤgen, Ohn etwas ihnen zu benehmen. Dieß Thier ist grau mit schwarzen Flecken. Am Bauch, in einem kleinen Beutel, soll der Zibeth be- sonders stecken, Der gegen Schmerzen der Kolik sehr heilsam und besonders gut, Und gegen die Apoplexie nicht minder große Wirkung thut. Daß freylich auch in diesem Thier, wenn man so Nutz als Lust verbindet, Man einen wundernswuͤrd’gen Vorwurf Gott uͤberzeugt zu danken findet. Das uͤber das Reich der Thiere. Das Rennthier. W elch ein rasches Thier ist dieß! Welch ein praͤchti- ges Geweih Traͤgt es, uͤberall gezackt! Wie ein Pferd ist es bemaͤhnet, Einem Kalbe gleicht sein Haupt. Einige sind wild und frey, Andere sind uns zum Dienst zahm und sonderbar ge- wehnet. Dieses Thier zu unterhalten, sind die Kosten gar nicht groß, Denn es kratzt zu seiner Nahrung ein verworfnes weißes Moos, Das in oͤden Feldern waͤchst, selber unterm Schnee herfuͤr: Und dennoch sind Fleisch und Haut, Knochen, Sehnen, Milch und Haar Allesammt dem Menschen nuͤtzlich. So wird auch in diesem Thier Seines Schoͤpfers Weisheit, Allmacht, sammt der Huld, uns offenbar. T 3 Der Betrachtungen Der Chamaͤleon. A uch ist der Chamaͤleon, mancher Ursach’ halber, werth, Daß in seinem sondern Bau man bey ihm den Schoͤpfer ehrt. Wunderbar an diesem Thier ist die wandelbare Haut, Als worinn man alle Farben, in bestaͤnd’ger Aendrung, schaut, Die dieselbe von den Koͤrpern, die ihr nahe liegen, nimmt. Seine Augen scheinen gleichfalls zur Verwunderung be- stimmt, Da die Aepfel sich nicht drehn, wie an allen andern Thieren, Wenn er sehen will, so muß er das ganze Auge ruͤhren, Und zwar beyde nicht zugleich, sondern, wenn er eines dreht, Wird man insgemein gewahr, daß das andre stille steht. Aus dem nie geschloßnen Maul schießt er eine lange Zunge Mit so großer Schnelligkeit, daß man sie kaum sieht. Die Lunge Jst an ihm besonders groß. Alle Wuͤrmer, Fliegen, Muͤcken Weis er durch die Schnelligkeit seiner Zunge zu beruͤcken. Zwar ist nicht viel Fleisch an ihnen, Doch soll den Cochinchinesern es zur suͤßen Nahrung dienen. Es wird auch in Arzeneyen von verschiedenen genommen, Jn sehr vielerley Gebrechen soll es uns zu Nutzen kommen; Jn den Fiebern, Podagra, auch in denen boͤsen Seuchen, Sollen sie, wie mans erfahren, oͤfters schnelle Huͤlf uns reichen. Der uͤber das Reich der Thiere. Der Auerochs. O b wir gleich von Ochs- und Kuͤhen etwas schon ge- meldet haben; Scheint der Auer doch besonders unserer Erwaͤhnung werth, Als worinn, obgleich er wild, mancher Nutzen uns beschert. Mit bewundrungswerther Groͤße wollt’ ihn die Natur be- gaben Und mit ungemeiner Staͤrke. Es geht fast kein ander Thier, Außer einem Elephanten, ihm an Staͤrk’ und Kraͤften fuͤr Zwischen seiner starken Hoͤrner mehr als eisenharten Spitzen Koͤnnen zwey ja gar drey Maͤnner fuͤglich bey einander sitzen. Um den festen Unterkiefern ist er fuͤrchterlich behaart. Jhm giebt ein verwildert Ansehn sein verworrner schwarzer Bart. Auf desselben rauhen Stirne wird ein Buͤschel Haar ge- funden, Welcher recht als Biesam riecht. Ob er nun gleich noch so groß, Und so stark, daß er auch Baͤume stuͤrzt mit einem einz’gen Stoß; Wird er doch von Menschenhaͤnden oft getoͤdtet, oft ge- bunden, Und sein Fleisch, das sonders niedlich, wird von uns mit Lust verzehrt. Jst demnach auch dieses Thier dankens- und bewun- dernswerth. T 4 Der Betrachtungen Der Buͤffel. D er auch ist ein’ Art von Ochsen, doch in vielem unter- schieden, So an Art als an Gestalt. Es ist seine Haut so fest Und so dicke, daß sie sich kaum durch Kugeln trennen laͤßt. Tuͤchtig ist dieß Thier zur Arbeit und nicht leichtlich zu ermuͤden. Seine ringelreiche Hoͤrner sind stets hinterwerts gekruͤmmt, Die sind als ein huͤlfreich Mittel gegen allen Krampf be- stimmt, Auch zu mancherley Gefaͤßen, Trinkgeschirren und zu Bo- gen. Es zu zaͤhmen, wird ihm stets durch die Nas’ ein Ring gezogen. Hieb- und schußfrey sind die Koͤller, womit der Soldat sich deckt Aus der Buͤffel dicken Haut. Da ihr Fleisch auch nied- lich schmeckt Und besonders nahrsam ist, wird es ebenfalls gegessen. Soll man denn nicht dessen Huld, auch bey diesem Thier, ermessen, Welcher es, fuͤr uns, formirt? uns nicht durch sein Fleisch nur naͤhrt, Uns nicht nur zur sichren Kleidung die so feste Haut beschert, Sondern auch bey unsrer Arbeit es zur Huͤlfe uns ge- wehrt? Der uͤber das Reich der Thiere. Der Zobel. D ieses ist ein kleines Thier, welches Norden uns nur zollt, Sonderlich Siberien; es ist fast den Martern gleich, Doch an einem glaͤnzenden braun- und schoͤnen Haar so reich, Daß es hoͤher noch im Preise, als das allerfeinste Gold. Nur fuͤr Rußlands Kaiserinn sind sie ein Regal allein, Und sie muͤssen von Gefangnen woͤchentlich geliefert seyn, Welche doch, wenn sie die Zahl, die sie schuldig, ein- gebracht, Und sie etwan mehr bekommen, Jhnen stets fuͤr baare Zahlung richtig werden abgenommen. Hiermit wird im Orient fast der groͤßte Staat gemacht. Daß die Felle nicht verderben, faͤnget man sie meist in Schlingen, Wo hinein man dieses Thierchen weis mit vieler List zu bringen; Auch in Fallen, auch durch Bolzen, vorn mit schwerem Bley begossen, Werden Zobel angeschossen. Ein ganz ungemeiner Handel wird mit diesem Thier ge- fuͤhrt. Da es manchen sehr bereichert, und auch manchen waͤrmt und ziert, Jst es gleichfalls anzusehn, als ein Theil von vielen Ga- ben, Welche wir, zu unsrer Lust und zum Nutz, empfangen haben. T 5 Das Betrachtungen Das Schaf. V on allen Thieren in dem Thierreich wird fast kein einziges gefunden, Jn welchem, zu des Menschen Besten, so gar viel nuͤtz- liches verbunden, Als in den sanft- und frommen Schafen. Es nuͤtzt von dem, was an ihm ist, Ein jedes Glied und alle Theile; das Fleisch, die Milch, die Haut, die Klauen, Die Wolle, die Gedaͤrme, Knochen, die Hoͤrner, ja sogar der Mist. Es speist und traͤnket uns das Schaf, es kleidet uns. Die Laͤnder bauen, Verspuͤren durch dieß holde Thier, zumal durch seine Fruchtbarkeit, Verschiednen Segen, werden reich, und auf verschiedne Art erfreut. Es zeigt die alt’ und neue Zeit, wie mancher Nutz aus Schafen sprieße, Und scheint daher das Spruͤchwort wahr: es hab’ ein Schaͤfgen guͤldne Fuͤße. Ja, wenn ich es recht uͤberlege, so scheint an diesem Thier allein Sein Koͤrperlichs nicht nur zu Nutzen, es scheint sogar des Geistes Wesen Zu einem Sinnbild holder Sanftmuth und der Geduld fuͤr uns erlesen, Und dieß Thier ein belehrend Thier, ein Bild der Froͤm- migkeit, zu seyn. Wer etwan meynt, dieß sey zu viel, der darf nur Hirten- lieder lesen; Man uͤber das Reich der Thiere. Man wird befinden, daß sogar durch Bilder von der Schaͤferey Man froh und gleichsam ruhig werde, und inniglich ge- ruͤhret sey. So laßt uns denn in diesem Thier des Schoͤpfers Huld besonders sehen, Jhm danken, und in unsrer Lust des Gebers Lieb und Macht erhoͤhen! Die Betrachtungen Die Ziegen. Z u dieser Art gehoͤren noch die auch betrachtungswer- then Ziegen. Wie mancherley Bequemlichkeit, Trank, Nahrung, Nutzen und Vergnuͤgen Verschaffet uns auch dieses Thier, durch Fleisch, Milch, Kaͤse, Fell und Haar! Das Haar wird Kuͤssen auszustopfen, zu Filzen, und ver- schiednen Zeugen, Zu Stricken gleichfalls oft genutzt, nebst andern Dingen, auch sogar Zu den Parucken mit verbraucht. Dann ist der Nutz nicht zu verschweigen, Den uns die Fell, im Corduan und Pergament, imgleichen auch Jm Handschuh, Guͤrteln, Nesteln, Saͤckeln und man- cher Art von Kleidung reichen. Die Milch dient, außer ihrer Nahrung, zu einem heil- samen Gebrauch Jn magrer Schwind- und Lungensucht, sie ist ein Mittel sonder Gleichen. Die Kaͤse sind gesund und nahrsam; auch ist die Butter, sonderlich Zu Salben und zur Heilung, gut. Nicht weniger curirt man sich Jm Scharbock durch die Ziegenmolken. Das Horn, wenns auf dem Feuer raucht, Wird, in der Pest und andern Seuchen, mit vieler Nutz- barkeit gebraucht. Wann uͤber das Reich der Thiere. Wann nun bey allem auch das Fleisch uns auf verschiedne Weise naͤhret, Und es dennoch mit wenig Kosten und schlechtem Futter zu erhalten: So wird mit Recht auch Gott gedankt, sowohl von Jun- gen als von Alten, Daß er uns in den magern Ziegen ein solches nuͤtzlichs Thier bescheret. Der Betrachtungen Der Jgel . U nmoͤglich kann man dieß Geschoͤpf ohn einige Be- wundrung sehn, Als dessen sonderlicher Koͤrper, zumalen wie er einge- kleidet, Von allen uns bekannten Thieren verwunderlich sich un- terscheidet. Man sieht auf seiner ganzen Haut, anstatt der Haare, Hoͤrner stehn, Die ihn auf eine Weise schuͤtzen und so fuͤr allen Anfall decken, Daß es nur seltene Gefahren, die ihm bedrohen und ihn schrecken. Es wird, in dieses Thierchens Bildung, ein recht ab- sichtlicher Verstand, Ein richtig uͤberlegter Endzweck, vor vielen andern noch erkannt. Der ungezaͤhlten harten, starren und sonderbaren Sta- cheln Spitzen, Die zur Erhaltung ihm so noͤthig, und die ihn rings umgeben, sitzen Jn seiner Haut so ordentlich, und so beweglich einge- senkt, Daß er dieselbe, nach Gefallen, erhebt, sie durch ein- ander schrenkt, Verbreitet, spreizt und von sich strecket, auch schnell sie wieder niederleget, Und sie, dem Schein nach sonder Ordnung, dennoch ganz ordentlich beweget. Er richtet aus sich selber gleichsam lebend’ge Palisaden auf; Er uͤber das Reich der Thiere. Er macht sich selbst zum Spanschenreuter; er pflanzet ei- nen Zaun von Dornen Jm Augenblick um sich herum; er ist von hinten und von vornen Jn seiner scharfen Schanze sicher, und er verlaͤsset sich darauf. Droht ihm von außen wo ein Feind, Thier oder Mensch, ihn anzufallen, Veraͤndert er gleich seine Form und wird zu einem runden Ballen. Das, so an ihm verletzbar ist, den Kopf, die Fuͤße, zieht er ein, Und dadurch wird er unerkannt, ja, auch erkannt doch sicher seyn. Was fast noch staͤrker zu bewundern, so braucht er diese seine Waffen, Um, ohne Haͤnde, doch zu sammeln und sich die Nah- rung zu verschaffen. Wo abgefallne Fruͤchte liegen, da welzt er sich; ein’ jede Spitz Jst dann, dieselben zu bekommen, so gut, als eine Hand, ihm nuͤtz. Der Stachel dringet in die Frucht, Die Frucht bleibt auf derselben feste, Da wandert er, mit reicher Beute beladen, bald nach sei- nem Neste. Uns wird von diesem kleinen Thier auch mancher Vor- theil noch gewehrt, Jndem es Maͤuse, Froͤsche, Kroͤten, und mancherley Ge- wuͤrm verzehrt. Sie wissen sich wohl zu verbergen, so daß man sie nicht leicht erkennet. Man Betrachtungen Man findet zahm und wilde Jgel, auch ist die Gattung zweyerley, Von welchen man die eine Saͤu- die andern Hundes-Jgel nennet. Es nuͤtzet uns dieß kleine Thier besonders in der Arzeney, Jndem die Galle, nebst der Leber, der Koth, die Milz, das Fett, das Blut, Zusammt des Magens innerm Haͤutlein oft ganz besondre Wirkung thut. Zumalen soll von einem Jgel die Asche, wenn wir ihn verbrennen, Ein kraͤftig Mittel seyn fuͤr die, so den Urin nicht halten koͤnnen. Es ist demnach auch dieses Thier, sowohl als alle andre, werth, Daß man in ihm auch einen Schoͤpfer erkennt, und sel- bigen verehrt. Das uͤber das Reich der Thiere. Das Stachelschwein. N och zeigt uns die Natur ein Thier, das einem Jgel ziemlich gleich, Und das nicht weniger als jener an spitzen Stacheln wunderreich, Ja fast annoch betraͤchtlicher, indem es mit den laͤngern Spitzen Nicht nur noch mehr geschickt und faͤhig, sich selbst zu decken und zu schuͤtzen, Nein, sich so gar von weitem wehren und seinem Gegner schaden kann. Es faͤllt mit selben seinen Feind, recht als mit spitzen Pfeilen, an, Und sucht von weitem ihm zu schaden. Die Art, wie er aus seinem Fleisch Sie so geschwinde schnellen kann, ist wunderlich. Ein stark Geraͤusch Erreget es, wenn es erzuͤrnt. Die Stacheln selbst sind glatt und schoͤn, Wie Ebenholz und Elfenbein, ja noch fast schoͤner, an- zusehn. Sie sind oft einer Ellen lang, mit schwarzen und mit weißen Flecken, Die wir in Ordnung, eins ums andre, nicht ohne Lust darauf entdecken. Man braucht sie bey den Schildern viel, zu auserlesnen Pinselstoͤcken. Man ißt ihr Fleisch, man hat auch ihrer zu heilen und in Arzeneyen Sich eben auf dieselbe Weise, als wie des Jgels, zu er- freuen. U Die Betrachtungen Die Maus. D ieses ist ein kleines, zierlichs, aber ein sehr schaͤd- lichs Thier So im Haus’ als auf dem Felde. Es verursacht dort und hier Oefters ungemeinen Schaden, so daß sie, mehr uns zu strafen, Als uns Nutzen zu verschaffen, Mehrentheils erzeuget scheinen; sonderlich, wenn sie sich mehren, Wie sie denn besonders fruchtbar, da sie leicht die Saat verheeren Und des Landmanns ganze Hoffnung oft betruͤbt genug verzehren. Doch wird eine weise Vorsicht auch hiebey mit Recht er- kannt, Da sie, welches wir nicht fassen, von sich selber aufzu- hoͤren Und als zu verschwinden scheinen, da gewiß ein ganzes Land Sonst, wenn dieses nicht geschaͤhe, nur durch Maͤuse bloß, zur Wuͤste Werden muͤßte. Denn es waͤre zu erweisen, daß, von einer Maus allein, Auf die Art, wie sie sich mehren, uͤber hundert und noch mehr Bloß in einer Jahreszeit wuͤrde ausgehecket seyn. Welche schreckliche Vermehrung! Welch ein ungezaͤhltes Heer, Wenn uͤber das Reich der Thiere. Wenn dieß immer weiter gienge! Um nun, nebst dem schnellen Sterben, Eine solche boͤse Brut auch noch ferner zu verderben, Scheinet eine große Menge Thier und Voͤgel uns zu nuͤtzen Und uns gleichsam zu beschuͤtzen, Recht mit Vorsicht zubereitet. Stoͤrche, Raben, Ha- bicht, Eulen, Fuͤchse, Daͤchse, Wiesel, Jgel, muͤssen uns hier Huͤlf ertheilen; Ja noch viele andre mehr, wie wir denn sogar von Schlangen Gegen Maͤuse Huͤlf empfangen. Aber auf besondre Weise scheinen gegen Maͤus’ und Ra- tzen, Als ein rechter Gegengift, zu der Menschen Nutz, die Katzen Ganz verwunderlich formiret. Wobey wir uns selbst zuweilen Durch verschiedene Erfindung, Gift und Fallen, Rath ertheilen. Wie von diesen schlimmen Thieren so verschiedne Sorten seyn, Zeigte mir ein Zufall juͤngst, da in einem Schloßthurm sich (Von den Eulen wohl vermuthlich hingetragen) ihrer neun, Und darunter sieben Sorten, welche alle sonderlich, Und verschiedlich von Figur, auch von Farben, hin- gelegt Und nur erst erbissen funden; woraus denn gar leicht zu schließen, U 2 Daß Betrachtungen Daß derselben mehrer’ Arten noch gefunden werden muͤssen. Werden wir von diesen Thieren nun gleich oftermals be- schwert, Sind sie doch, in ihrer Art, unserer Bewundrung werth; Auch wird, durch derselben Menge, manches andre Thier ernaͤhrt. Der uͤber das Reich der Thiere. Der Biber. W o eins von allen andern Thieren den Menschen was Betraͤchtlichs zeiget, So ist es dieß besondre Thier; indem, was man an ihm erblickt, Fast alles das, was Thierisch heißt, in seinem Bauen uͤbersteiget, Da solches nicht allein von ihm bewundernswuͤrdig zuge- schickt, Da es die groͤßten Baͤume faͤllt, das Holz in richt’ge Stuͤcke theilet, Sie auf die breite Schwaͤnze legt, mit ihnen nach der Wohnung eilet, Sie kuͤnstlich, regelmaͤßig fuͤgt; ja, daß die Flut sie nicht verschwemmet, Mit großer Vorsicht, Muͤh und Fleiß oft einen ganzen Fluß verdaͤmmet. Sie theilen ihre Wohnung selbst in unterschiedne Stock- werk ein, Damit sie in dem obersten, bey feuchten Zeiten, sicher seyn. Verwunderlich ist die Geduld, da, wenn sie sich, ge- scheucht, verstecken, Sie sich in zwey bis dreyen Tagen nicht wieder aus der Flut entdecken. Die Wilden, welche diesen Vorthel denselbigen nun ab- gemerkt, Sind durch dieß Beyspiel der Geduld, in einer Art Ge- duld gestaͤrkt, Da sie sich fuͤr geschimpfet halten, von Bibern sich be- siegt zu sehn: U 3 Da- Betrachtungen uͤber das Reich der Thiere. Daher sie gleichfalls zwey, drey Tag’ an solchen Oertern stille stehn, Des Bibers Wiederkunft erwartend, da sie ihn faͤllen und erschlagen, Und seinen nuͤtz- und kostbarn Pelz zur Beute mit nach Hause tragen. Der Reichthum ist nicht auszudruͤcken, den uns ihr Haar und Pelzwerk reicht, So daß in Canada dem Handel von Pelzwerk fast kein andrer gleicht. Wer wollte denn, da diese Thier’ uns solchen großen Vortheil schenken, Wenn man dieselben braucht und nuͤtzt, nicht auch an ihren Schoͤpfer denken? Ver- Vermischte Gedichte zum J rdischen V ergnuͤgen in GOTT. U 4 Einleitung. A uf der angestralten Welt, zeigt uns, jede schoͤ- ne Stelle, Aller Schoͤnheit Quell, die Sonne, und zu- gleich derselben Quelle, Aller Sonnen Sonne, Gott! Wie gesegnet, wie be- gluͤckt Jst, der, da Gott allenthalben, allenthalben Gott erblickt! U 5 Fruͤh- Vermischte Gedichte Fruͤhlingsgedanken 1746. W ohin ich meine Blicke kehre, Bluͤht alles itzo, dem zur Ehre, Der, uns zur Lust, die schoͤne Welt Erschuf, regieret und erhaͤlt. Der, damit wir das, was so schoͤn, Genießen moͤchten, und es sehn; Das wunderbare Sonnenlicht, Und das betraͤchtliche Gesicht, Dabey uns eine Kraft geschenket, Die, wenn sie recht gedenket, denket: Daß alles, was so schoͤn vorhanden, Nicht sey von ungefaͤhr entstanden: Nein, sie begreift, durch sichre Schluͤsse; Ein ordnungsvoll unendlich Ein, Ein weis’ und liebreich Wesen, muͤsse So vieler Wunder Urstand seyn. Auf diesen Urstand aller Dinge, Von dem, was ist, sein Seyn empfinge, Will ich die beste Kraft, das Denken, Bey meiner Lust, bestaͤndig lenken, Jhm meine frohe Seele weihn, Jhm meine Lust zum Opfer schenken, Jhn preisen, und ihm dankbar seyn. Ueber- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Ueberlegungen zur Fruͤhlingszeit. M ein Gott! der, juͤngst noch, duͤrre Baum ist ganz mit gruͤnem Laub bedecket, Es haben sich die nackten Aeste in gruͤne Blaͤtter ganz verstecket, Was todt schien, scheinet itzt zu leben, sein ganzes Wesen scheint verwandelt. Woher entstehet die Veraͤndrung? Wer hat die Baͤume so behandelt? Wie geht dieß zu? fragt die Vernunft: doch kann sie dieses nicht ergruͤnden, Nur die Erfahrung bloß allein, die große Lehrerinn, kann finden, Da es im Lenzen stets geschieht, daß es durch keine Zauberey, Wie es jedoch das Ansehn hat, gewirket und entstanden sey. So bleibt denn der Vernunft nichts uͤbrig, wenn sie es, wie sie soll, betrachtet, Als daß sie dieses fuͤr ein Wunder des wirkenden Natur- geists achtet. Allein, was ist denn der Naturgeist? wird man sie darauf billig fragen. Hierauf wird, wenn sie redlich beichtet, sie dir nichts anders koͤnnen sagen, Als: Er muß eine rege Kraft, die ordentlich verfaͤhret, seyn; (Denn alles, was sie wirkt und formt, stimmt mit ein- ander uͤberein Und Vermischte Gedichte Und zielt auf einen weisen Zweck) wodurch die Gottheit mittelbar Jn dem, was er erschaffen, wirkt. Jst dieses dir nun noch nicht klar; So werden wir, nebst der Vernunft, erkennen und be- kennen muͤssen: Daß wir, ein mehrers vom Naturgeist, nicht fassen koͤnnen und nicht wissen, So denn ja wohl nicht zu bewundern, da sie von sich selbst in der That Nichts anders, als ein schwebend Meynen und dunkele Begriffe, hat. Jn diesem Dunklen brennt jedoch ein herrlich unausloͤsch- lich Licht, Das, (da in allen Kreaturen, in den hervorgebrachten Werken, Ein’ Ordnung uͤberall zu sehn, und eine Weisheit zu be- merken, Nichts von sich selbst entstehen kann, auch nichts von un- gefaͤhr geschicht,) Den wahren Gott so deutlich zeigt, daß unsrer Sonnen Glanz und Schein Den koͤrperlichen Blick und Augen nicht hell-, nicht sicht- barer kann seyn, Als unserm Geist sein goͤttlich Wesen. Ob aber, da itzt alles gruͤnet, Die Gottheit sich noch mittler Kraͤfte, und in wie fern, dazu bedienet? Ob die Natur ein eigenes fuͤr sich bestehend Wesen sey? Was dieß ihr Wesen eigentlich, wie fern sich ihre Kraͤft’ erstrecken? Von diesen laͤßt sich nach dem Stande des Menschen- geistes nichts entdecken. Laßt zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Laßt aber dennoch die Erkenntniß der Wissensschwaͤch’ uns nicht erschrecken. Wir wissen hier, so viel wir sollen, und zwar nach un- serm Stande gnug, Und klagen darum, daß wir hier nicht mehr erkennen, nicht mit Fug. Wir scheinen hier bloß zum Bewundern von Gott in diese Welt gesetzt, Und, im Geschoͤpf, uns sein zu freuen. Wie daß man sich denn nicht ergetzt! Wobey man doch aus der Vernunft, auch aus der Bi- bel, Gruͤnde nimmt, Es hab’ uns Gott nach diesem Leben zu hoͤh’rer Wissen- schaft bestimmt. Fruͤh- Vermischte Gedichte Fruͤhlingsgedanken. M it welchem fast fuͤr Lust erstaunenden Vergnuͤgen Bemerken wir mit Recht in dieser Zeit Der itzt erscheinenden Geschoͤpfe Herrlichkeit, Die, eh’ man es bemerkt, uns vor den Augen liegen. Ein duͤnnes Gruͤn bedeckt die Felder, Ein gruͤner Duft umwoͤlkt die Waͤlder, Man siehet uͤberall aus duͤrren Flaͤchen Sich junges Gras und Kraͤuter stechen, Auch in der Luft, je mehr und mehr, Ein zart durchsichtigs Blaͤtterheer Aus aufgesprengten Knospen brechen, Die denn, so bald sie hier und dar Gebohren, wiederum gebaͤhren, Und eine junge Schattenschaar, Durch deren Dunkelheit ihr helles Gruͤn Sich noch zu mehren schien, Uns erst zur Augenlust, nachher zum Schutz gewehren. Auf Wiesen glaͤnzt, bald hier bald dort, Ein von der Sonnen Licht durchstraltes Spierchen Gras, Natuͤrlich, als ein gruͤnes Glas; Da andre, welche niedrig stehn Und noch beschattet sind, durch ihre Dunkelheit Der erstern helles Gruͤn, als eine Fulg’, erhoͤhn, Zu noch vermehrter Lieblichkeit. Den jungen Blaͤtterchen, die auf den Zweigen So durch- als angestralt sich zeigen, Bemuͤhet sich, dem so schon schoͤnen Gruͤnen Das dunkle Blau der reinen Luft, als eine Fulge, noch zu dienen, Um ihre Lieblichkeit noch besser zu erhoͤhn. Wenn zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Wenn wir den Blick nun wieder abwerts drehn, Verstummt man fast fuͤr Lust. Man sieht die sammtne Decken Der Wiesen, und ihr vor bloß gruͤnes Gruͤn, Um mehr Vergnuͤgen uns noch zu erwecken, Mit gelben Blumen uͤberziehn. Kaum sieht man es so schoͤn verguͤldet, Kaum stralt ihr guͤldner Glanz uns ins Gesicht; So ziehet unsern Blick ein silber Licht, Das sich inzwischen Jn aufgebrochner Bluͤt auf Baͤum- und Buͤschen Von Fingern der Natur gebildet, Mit neuer Lust von neuem in die Hoͤh. Mein Auge stutzt, da in so kurzer Zeit Jch unsre Welt in solcher Herrlichkeit Verguͤldet und versilbert seh, Wobey von Gras und Laub das fast schmaragdne Gruͤn Noch desto lieblicher zu glaͤnzen schien. Aria . Goͤnn, Herr, deinen Kreaturen, Daß sie deiner Weisheit Spuren Und die Proben deiner Macht, Jn derselben Schmuck und Pracht, Mit vernuͤnftgen Augen sehn; Und wenn wir an ihren Schaͤtzen Uns vergnuͤgen und ergetzen, Wir mit Lust und Dank gestehn: Daß sie, bloß durch dich, so schoͤn. Aber- Vermischte Gedichte Abermalige Fruͤhlingsgedanken. U nendliche Quelle der Quellen des Lichts, Du Sonne der Sonnen, selbstaͤndiges Leben, Der alle Geschoͤpfe dem Abgrund des Nichts Entzogen, und ihnen ihr Wesen gegeben Aus dem, was durch jene, die himmlischen Graͤnzen, Mit alles belebenden fruchtbarem Glaͤnzen, Verherrlichet, schmuͤcket, beweget, erfuͤllt, Jn nimmer verseigenden Ueberfluß quillt: Ach laß mich auf Erden dein weises Regieren Mit innigst geruͤhrtem Gemuͤthe verspuͤren, Der Liebe genießen, dein’ Allmacht verehren, Die Sinnen gebrauchen, dein Lob zu vermehren, Zumal mich an allen erfreulichen Schaͤtzen Und Wundern, des lieblichen Fruͤhlings, ergetzen! Durch der Sonnen Gegenwart Loͤst sich alles, was erstarrt: Was vorhero fast versteinet, Schmilzt, so bald sie kraͤftig scheinet. Da itzo die Gestalt der Erden Sich abermal verjuͤngt, die duͤrren Waͤlder gruͤn, Die Felder durch den milden Stral der nahen Sonne traͤchtig werden, Da Wies- und Gaͤrten sich mit Blumen uͤberziehn, Empfindet mein geruͤhrt Gemuͤthe, Jn diesen Wundern, dessen Guͤte, Der dieser Kreaturen Pracht, Uns zu belustigen, hervorgebracht, Uns zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Uns Seel’ und Sinnen schenkt, daß wir sie nutzen sollen, Wer wollte denn nicht gern Gehoͤr, Geruch, Gesicht Gebrauchen, und dem Geber nicht Jm froͤlichem Genuß ein frohes Danklied zollen! Jch will mich wenigstens bestreben, Auf das, was mir, in der so schoͤnen Welt, Vergnuͤglichs in die Augen faͤllt, Mit Lust erkenntlich Acht zu geben. Jetzt scheinen tausend Arten Kraͤuter, von einem innern Drang getrieben, Von ihrem Samengeist gepreßt, sich aus der Erd’ her- vorzuschieben. Die denn, sobald sie uͤberall den juͤngst noch duͤrren Bo- den zieren, Zugleich darauf von ihren Formen die Schattenbilder- chen formiren Die, die durch ihre zarte Koͤrper schnell aufgehaltne Sonnenstralen, Die holde Schoͤnheit zu verdoppeln, fruͤh West- und abends Ostwerts mahlen. Das junge Laub scheint sich zu wundern, da es bisher so eng verschrenkt, Da es noch gestern starr und steif, daß es schon heute, durch den West Gekitzelt, erst fuͤr Anmuth zittert, und bald, wenn sich der Stiel verlaͤngt, Sanft hin und wieder anfangs schwebt, bald staͤrker sich bewegen laͤßt. So wie sie nun in Luͤften droben, im Stral der Sonnen schwebend scherzen, Sieht man so gleich wie ihre Kinder den hellen Boden schwebend schwaͤrzen, X Den Vermischte Gedichte Den Schmuck der Welt durch Schatten mehren, und, durch den Gegensatz das Licht, Das doch fuͤr sich schon schoͤn genug, noch zu erheben, zu vermehren. Jch vermag mich, an den Wundern, großer Schoͤ- pfer! die so schoͤn, Die so lieblich, die so praͤchtig, dir zum Ruhm, nicht satt zu sehn. Keine Wollust auf der Welt, keine Lust und Freud’ auf Erden Kann, mit dieser sanften Wollust, kann, mit dieser Lust und Freude, Wenn ich, mit geruͤhrtem Denken, Augen, Seel’ und Sinnen weide Am Geschoͤpf, und Gott in ihnen finde, je verglichen werden. Was sieht man jetzt fuͤr schoͤne Farben, da Millionen Blumen bluͤhen, Wenn sie der Sonnen Glanz durchstralt, in Millionen Blumen, gluͤhen! Was brechen stuͤnd- und augenblicklich im bunt- und figurirten Flor Auf flacher Erd, auf hohen Baͤumen, fuͤr Fruͤhlings- kinderchen hervor! Da jene schimmert, diese bluͤhn, Wovon die meisten fruͤh sich oͤffnen, des Abends sich zu- sammenziehn, Wie ich es offt mit Lust bemerkt. Was liegt, im zaͤrt- lichen Geaͤder Und ihren duͤnnen Zaͤserchen, fuͤr eine Spring- und rege Feder, Die zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Die sie entschließt und wieder schließt? Zeigt dieses uns nicht offenbar, Daß sie allein fuͤr uns gemacht. Des Tages, wenn wir sehen koͤnnen, eroͤffnet sie uns ih- re Pracht Und sie versteckt sich in der Nacht. Auf Wiesen schmuͤckt der meisten Blumen Schaar Ein gelber Glanz, die Bluͤt’ ein weißer Schein. Es faͤllt hiebey mir folgends ein: Bewundert doch, zumal zur Fruͤhlingszeit, Des milden Himmels holde Guͤte, Jndem er euch fast mit Gewalt erfreut. Denn, da das menschliche Gemuͤthe Allein dem Gold und Silber hold; Faͤrbt er so Feld als Luft, in gelb- und weißer Bluͤte, Wie Silber und wie Gold. X 2 Nacht- Vermischte Gedichte Nachtvergnuͤgen. D u liebliches alles versilberndes Licht, Vergnuͤgst, in angenehmer Stille, Durch deines gemilderten Glanzes Fuͤlle, Von Schatten begleitet, der Menschen Gesicht. Durch dich bemuͤhet sich, in ruͤckwertsfallnden Stra- len, Der Ursprung deines Lichts, die Sonn’, auch in der Nacht, Die durch der schwarzen Schatten Macht Entfaͤrbte Welt, aufs neu zu schmuͤcken und zu mahlen. Es zieret dein gedaͤmpfet Licht, Die Gegenwuͤrfe zwar so hell und kraͤftig nicht; Doch blendet es auch nicht so sehr, Dein Schimmer brennt auch nicht. Vielmehr Ergetzt dein Glanz, der lieblich, sanft und kuͤhl, Nebst dem Gesicht, auch das Gefuͤhl. Wie angenehm spaziert sichs nicht Jn deinem sanft gedaͤmpften Licht! Das, da es sanft durchs Auge dringet, Und dennoch so viel Schoͤnheit weis’t; Selbst, den auch sanft geruͤhrten Geist, Zu einer suͤßen Stille, bringet. Doch dann, wenn deine weiße Glut, Von angestralter glatten Flut, Und Fensterscheiben, ruͤckwerts springet, Und solche helle, schnelle, spitze Und winkeliche reine Blitze Durch diesen Wiederschlag entstehn, Die selbst ins Hirn, durchs Auge, gehn; Wird zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Wird der sonst stille Geist, geruͤhret, Zu einer neuen Lust gefuͤhret. Er denkt, und denket anders nichts, Als an die große Quell des Lichts, Wodurch, im Raum, der unbegraͤnzet, So manches Heer von Sonnen glaͤnzet, Und das ihn, fuͤr des Lichtes Pracht, Schon hier auf Erden, sinnlich macht. Voll Hoffnung, daß ihn dort einmal, Nach abgelegtem Stoff der Erde, Ein heller Licht, ein reinrer Stral Vergnuͤgen, laben, naͤhren werde. X 3 Zum Vermischte Gedichte Zum Fruͤhling. D er laue Luftkreis, angefuͤllt mit einer fruchtbarn Lebenskraft, Senkt sein verliebtes maͤnnlichs Feuer, in eines dichten Negens Saft Jn die geliebte Schooß der Erde, die lange nichts von ihm genossen: Ob nun dieselbe noch so groß, Wird, da ihr Braͤutigam noch groͤßer, ihr ganzer Koͤrper uͤbergossen Mit Anmuth und mit Fruchtbarkeit. Woraus, in unge- zaͤhlter Menge Und fast mit sichtbarem Gedrenge Die angenehme Fruͤhlingskinder, Laub, Aehren, Gras und Blumen sprossen. Vernuͤnft’ge Menschenseel’ erwaͤge, in dieser Handlung, doch die Spur Von einer, dir allein zum Nutzen, so aͤmsig wirkenden Natur, Und in derselben dessen Weisheit, der aller Himmel Him- mel Kreise, Der alle Sonn- und Welten schuf und lenkt, auf solche weise Weise. Das zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Das rechte Leben. J ch leb’ und fuͤhle daß ich lebe. Jndem mich Gottes Werke ruͤhren, Und meine Seel’, in dem Genuß, geschickt sich selbst zu uͤberfuͤhren, Daß Gott, so sie als mich gemacht, Auch, da ich fuͤr sie sinnlich bin, daß sie fuͤr mich her- vorgebracht; Kann ich in der erwognen Lust, zugleich, sie, mich, und Gott verspuͤren. Dieß uͤberlegen, dieß empfinden und dieß bewundern, dieß ist eben, Und zwar allein, ein wahres Leben. X 4 Der Vermischte Gedichte Der Geruch. D er Blumen Balsam zu genießen, Riecht unsre Seele kraͤftiger, wenn wir im Ruch die Augen schließen. Sie schließen sich auch von sich selbst, vermuthlich daß wir unser Denken, Von Gegenwuͤrfen nicht zerstreut, mehr auf die Lust im Riechen lenken, Uns mehr daran ergetzen sollen. Jch seh dieß, als ein Wunder, an, So sonder Absicht nicht gewirkt, und danke Gott, daß ich die Gabe Bedachtsamlich zu riechen habe, Daß ich so dann die Augen schließen, und sie schnell wieder oͤffnen kann. Die zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Die Schatten. U m das, was an sich selbst schon schoͤn, Doch desto mehr noch zu erhoͤhn, So wachsen itzt auf Baͤum- und Matten Mit jungen Blaͤttern, junge Schatten, Die, um die helle Zierlichkeit Des schoͤnen Urbilds zu verbessern, Durch ihre nahe Dunkelheit, Sich jeden Augenblick vergroͤßern, Um nicht nur unsre Lust zu mehren Jn der, durch ihre holde Nacht, Annoch erhobnen Farben Pracht; Nein, auch noch Kuͤhlung zu gewehren; Und vor dem gar zu schwuͤlen Blitzen Des strengen Sonnenstrals zu schuͤtzen. Wodurch man in der That erfaͤhrt, Daß, wenn die Hitze sich vermehrt, Sich auch die Mittel, die dagegen, Fuͤr uns zugleich zu mehren pflegen. Wird dann hiedurch nicht klar verspuͤrt, Da so viel Guts fuͤr uns erlesen, Es werde, durch ein weises Wesen, Die Welt regieret und geziert; Und daß fuͤr so viel edle Gaben, Woran wir, bloß durch ihn, uns laben, Jhm Ehre, Preis und Dank gebuͤhrt? X 5 Die Vermischte Gedichte Die schoͤne Welt. M ein Gott, laß meine Seele doch, durch deiner Krea- turen Zier, Wovon so Erd’ als Himmel voll, in dir gefaͤlligem Ver- gnuͤgen, Voll heiliger Betrachtung jetzt und voll Bewundrung, sich zu dir, Mit Loben und mit Danken, fuͤgen! Jch seh den hellen Himmel an. Erquickt durch sein ent- woͤlket Licht, Das, wie aus einem hellen Born, aus der beflammten Sonne quillet, Und durch der Stralen feurig Meer des Firmamentes Tiefen fuͤllet, Bewundr’ ich nicht nur dieses Wunder; auch mein von Gott geschenkt Gesicht, Das sich am Licht, auch an den Schaͤtzen, die es uns zeigt, ergetzt und naͤhret, Und billig den, der jenes schuf und dieß mir schenket, preist und ehret. Drauf senk ich Blick und Geist herab, um, an der Erden bunten Schaͤtzen, Vom Licht gezeuget und gezeigt, mich, durch die Augen, zu ergetzen. Bevor ich nun herab gelange, durchdringt mein Blick das Reich der Luft, Jn welchem mir ein neu Vergnuͤgen, mich etwas aufzu- halten, ruft, Jn- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Jndem ich ihrer schoͤnen Buͤrger geschwinden Flug, und helle Choͤre Harmonisch modulirend singen und lieblich gurgeln, sch und hoͤre. Hieruͤber mehrt sich mein Vergnuͤgen und die geruͤhrte Seele denkt, Wie liebreich der, der mir nicht nur das Aug’, auch das Gehoͤr geschenkt. Seh ich darinn zugleich so manche gefaͤrbte Schmetter- linge fliegen, Vermehrt, an den lebendgen Blumen im Luftreich, sich noch mein Vergnuͤgen. Darauf erblick ich hoher Berge mit Laub und Kraut be- kraͤnzte Gipfel, Dann, theils durch junges Laub gebogner, theils lieblich bluͤhnder Baͤume Wipfel, Dann gruͤne Schatten niedrer Buͤsche, vom Schall der Nachtigall belebt, Die um ihr erst verfertigt Nestchen mit klingendem Ver- gnuͤgen schwebt. Dann sieht mein Blick mit neuer Lust ein gruͤnes wallend Aehrenmeer, Dann auf den bunt bebluͤmten Wiesen, von fetter Milch und Wolle schwer, Von Kuͤhen, Schafen und von Ziegen, von Laͤmmern, Ochsen und von Pferden, Die sich, um uns zu naͤhren, naͤhren, zufriedne unge- zaͤhlte Heerden. Dann seh ich, von den kuͤhlen Baͤchen, die klare nimmer stille Flut, Durch Wiesen, die sie traͤnkt, sich schlaͤngeln, worauf bald hier des Himmels Glut, Jn Vermischte Gedichte Jn einem silberweißen Glanz, und dort ein gruͤner Schat- ten, ruht, Von hohen Baͤumen, holden Buͤschen und Kraͤutern, die von nahen Huͤgeln Den Schmuck fuͤr uns noch zu verdoppeln, im schoͤnen Wiederschein sich spiegeln. Dann seh ich tief’ und breite Fluͤsse in sanft- und stren- gem Drange fließen, Bedeckt von Schiffen, voller Fische, und sich zuletzt ins Meer ergießen, Jns grund- und graͤnzenlose Meer, das eine ganze neue Welt Bekannt- und unbekannter Wunder, in seiner dunklen Schooß enthaͤlt. Zuletzt erblickt mein Auge, Gaͤrten: die von den zierlich- sten Figuren Und von den lieblich gluͤhnden Farben, erschaffner schoͤ- ner Kreaturen Der Auszug und der Jnbegriff, worinn der Schmuck der ganzen Erden, Gras, Kraͤuter, Blumen, Bluͤte, Fruͤcht’, als so viel Wunder, sichtbar werden, Sammt Baͤumen, Stauden und Alleen. Woselbst sich die Natur bemuͤht, Verbunden mit der Hand der Kunst, durch die sie sich ge- holfen sieht, Das durch die Sinne mit der Welt vereinte menschliche Gemuͤth Mit den von ihr so wunderbar auf dieser Welt formirten Schaͤtzen Auf tausend Arten zu vergnuͤgen, durch alle Sinne zu ergetzen. Warum zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Warum willt du denn, lieber Mensch, dem Gott, der die- se schoͤne Welt Nur dir zu Gut so herrlich schmuͤckt, und dem nur deine Lust gefaͤllt, Zur Ehr’ und Lust, dich nicht vergnuͤgen? Warum soll seiner Gottheit Schein, Der aus den schoͤnen Werken stralet, dir, wie dem Vieh, verborgen seyn? Er wollte Weisheit, Lieb und Macht durch deine Sinnen dir entdecken: Du willt zu seinem Ruhm nicht sehn, nicht hoͤren, fuͤh- len, riechen, schmecken. Ehrer- Vermischte Gedichte Ehrerbietige Gedanken von der Gottheit. R aum des unumschraͤnkten Raums! Quell des Lebens und des Lichts! Aller Geister, aller Koͤrper Urstand! Wesen aller Wesen! Herr und Seele der Natur! der die Kreatur aus Nichts Werden hieß, und sie zum Vorwurf seiner Vaterlieb er- lesen, Bloß um ihnen wohl zu thun! Mehr als dieß von dir zu fassen, Untersagt uns die Vernunft, die uns unterweist und lehrt, Daß man durch Bewundrung bloß, dich am wuͤrdigsten verehrt, Und daß sich, von Kreaturen, Gott nicht kann begreifen lassen. Es ist eine Gottheit anders, sie wirkt anders, und sie denkt Anders als das, was kein Gott wirken und gedenken kann. Saͤhen Menschen, einen Thiergeist, dessen Wissen einge- schraͤnkt, Wenn er denken wollt, als wir, nicht mit Recht, fuͤr thoͤricht an; Wuͤrd’, an einem Menschengeist, sich die Thorheit nicht noch haͤufen, Wenn er sich, was unbegreiflich, unterstuͤnde zu begreifen Und wie Gott denkt, denken wollte, Da ja, in weit hoͤherm Grad, als wie wir vor einem Thier, Ja im Grade der unendlich, Gott erhabener als wir? Die zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Die Erkenntniß, daß Gott anders wirken, seyn und denken muͤsse, Als wir wirken, sind und denken, sind der edlen De- muth Schluͤsse, Die, da sie uns Gott als Gott, uns, als uns, erken- nen lehrt; Jm erstaunenden Bewundern Gott am wuͤrdigsten ver- ehrt, Und zugleich uns alles Gruͤbeln, alles Zanken untersa- get, Wodurch, in Religionen, man sich, bloß aus Hochmuth, plaget, Sich verketzert, sich verfolget, sich ermordet, sich ver- jaget. Weil der anders, als der andre, von der Gottheit We- sen denkt, Haͤlt ein jeder sich befuget, daß er jenen haßt und kraͤnkt. Keine Marter ist so groß, die, der sich verfuͤhrnde Wahn Eines bessern Gotteskenners, nicht dem andern ange- than. Kann aus der so schoͤnen Quelle, wie der Gottesdienst, auf Erden Eine Quelle solcher Laster, solcher Greuelthaten wer- den? Nein, es ist die Quelle nicht: Stolz und Geiz sind schuld daran, Daß man Menschen von den Teufeln kaum nur unter- scheiden kann. Wollte man die Gottheit doch, wie sie sich will fassen lassen, Und Vermischte Gedichte Und nicht, aus verdammtem Hochmuth, seine Groͤß, als menschlich, fassen! Wahre Gottheit! staͤrke mir meinen Glauben! Laß das Licht Deiner Weisheit mich bestralen! Laß mich keinen Unter- richt Von dem Witz der Menschen borgen! Laß mich, bloß aus deinen Werken, Deine wahre Wirklichkeit, Allmacht, Lieb und Weisheit merken! Bin ich gluͤcklich, laß mich danken, und, in Widerwaͤr- tigkeit, Da ja beydes deine Schickung, schenke mir Gelassenheit! Laß mich alle Menschen lieben, doch am innigsten die Christen, Die sich nicht aus Leidenschaft, straͤflich mit einander zwisten. Laß dich, mein Begriff von dir, da er wenigstens nicht klein, Ewige selbstaͤnd’ge Wahrheit, wahr, und dir gefaͤllig seyn! Raum des unumschraͤnkten Raums! Quell des Lebens und des Lichts! Aller Geister, aller Koͤrper Urstand! Wesen aller Wesen! Herr und Seele der Natur! der die Kreatur aus Nichts Werden hieß, und sie zum Vorwurf seiner Vaterlieb erlesen, Bloß um ihnen wohl zu thun! Bloß auf deine Lieb allein Bau ich meinen Glauben, daß ich ewig werde gluͤck- lich seyn. Ver- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Vergnuͤgen auf unsrer Lagerstatt. W enn wir oft, nach sanftem Schlaf, nebst den Glie- dern, unsre Sehnen, Jn Veraͤndrung unsrer Lage, sanfte von einander deh- nen, So ist unser Geist und Koͤrper so vom Schoͤpfer zuge- richt, Daß man eine Lust verspuͤrt, merkt man es gleich leider! nicht. Dauret dieß Vergnuͤgen nun gleich nur einen Augen- blick, Jst es doch von unserm Leben ein, obgleich nur kleines, Stuͤck; Und, da wir es oft empfinden, muß ein ofters Theil, das klein, Wenn man sie zusammen nimmt, billig groß gerechnet seyn. Um denn nun ein solch Vergnuͤgen, wie vorhin, nicht zu verlieren, Laßt uns uns dazu gewehnen, mit Bedacht es zu verspuͤ- ren; So erhalten wir im Leben nicht nur ein Vergnuͤgen mehr, Sondern es gereicht zugleich dem, der es uns schenkt, zur Ehr. Y O Gott, Vermischte Gedichte O Gott, der du mich so formiret, Und mich so zugerichtet hast, Daß mich oft ein Vergnuͤgen ruͤhret, Und mein Geist eine Lust verspuͤret, Die sich, ohn andern Vorwurf, fast Unmittelbar in mir gebieret: Ach laß mich, Schoͤpfer, dir allein, Jndem ich, beym Empfinden, denke, Fuͤr dieß betraͤchtliche Geschenke, Oft, bey der Anmuth, dankbar seyn! Neue zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Neue Betrachtungen uͤber die in der Welt vorhandene Vortrefflich- keiten. W enns moͤglich waͤre, jungen Seelen, Noch ehe sie gebohren werden, Von aller Schoͤnheit unsrer Erden, Was vorzustellen, zu erzaͤhlen; Man gaͤbe selbigen Bericht Von Sternen, Mond und Sonnenlicht, Vom Wechsel zwischen Tag und Nacht, Von der bebluͤmten Gaͤrten Pracht, Von blaͤttervollen, schattenreichen, und angenehmen kuͤh- len Waͤldern Mit Singevoͤgeln angefuͤllt, von angestralten gruͤnen Feldern Durchwirkt mit tausendfaͤrbgen Blumen, von diaman- tengleichem Thau Fruͤh angefrischt, geschmuͤckt, beperlet. Durch deren kraͤuterreiche Flaͤche Sich fließende Crystallen schlaͤngeln und klare silbergleiche Baͤche Bald von der Sonnen Stral gefaͤrbt, bald durch der Luft sapphirnes Blau, Bald vom smaragdengleichem Gruͤnen bebuͤscht- und dick- begraster Huͤgel; Wuͤrd’ ihnen ferner von der Welt Die auf- und untergehnde Sonne, der Zeiten Wechsel, nebst den Fruͤchten, Y 2 Die Vermischte Gedichte Die nimmermehr gezaͤhlte Menge von so viel niedlichen Gerichten, Woran sie sich vergnuͤgen sollen, auch von den Blumen vorgestellt; Nicht minder, das so mancherley zu ihrer Lust erschaffne Vieh, Der suͤsse Wohllaut der Musik, und sonderlich die holden Triebe, Die Luͤste, die nicht auszudruͤcken, von einer zugelaßnen Liebe. Was meynt mein Leser, wuͤrden sie Nach einem solchen Aufenthalt mit vieler Sehnsucht, ohn Verweilen, Nach aller Moͤglichkeit nicht eilen? Wir aber, die wir wirklich da, und die wir alle diese Gaben Jn unserm wirklichen Besitz, zu unsrer Lust, unleugbar haben, Ja, die wir glauben, daß der Schoͤpfer sie uns zur Lust geschenkt und wolle, Daß man in seinen schoͤnen Werken, zu seinem Ruhm, sich freuen solle, Seyn, so fuͤr sie, als ihrem Geber, so unempfindlich als ein Stein: Was muß daran wohl Ursach seyn? Noth- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Nothwendigkeit Gottes Werke zu betrachten. D ie schoͤn gefaͤrbten Blumen bluͤhn, Kraut, Waͤlder, Gras, und Felder gruͤnen. Wenn sie nun, Menschen zu vergnuͤgen, und, in der Lust, zu Gott zu ziehn Durch froͤliche Bewunderung und durch Erkenntlichkeit, nicht dienen; So saget mir, ihr Menschen, doch: fuͤr wen sie bluͤhn? fuͤr wen sie gruͤnen? Y 3 Unter- Vermischte Gedichte Untersuchung unsers Wesens. W enn, aus einer sprudlenden Quelle, Wasser un- aufhoͤrlich quillt, Scheint mir selbes fast ein Bild, Wie, aus unsern sinnlichen Seelen, immer, wenn irdische Koͤrper sie ruͤhren, Unaufhoͤrlich und immer Jdeen Steigen, sich zeugen, formiren, entstehen: Welche, gefuͤget, Gedanken formiren. Diese Gedanken in Ordnung zu bringen Die hauptsaͤchlichste Kraft unsrer Vernunft beste- het wohl darinn: unsere Jdeen und Gedanken in Ordnung zu bringen, nicht aber in goͤttliche Jdeen einzudringen, und mit ihnen auf dieselbe Weise zu verfahren. , brauchet es einer vernuͤnftigen Kraft, Deren verborgenen Eigenschaft Eigentlichs Wesen, ist nicht zu erkennen, Scheint jedoch eben das, welches wir Geist in der gewoͤhnlichen Redensart nennen. Ob nun gleich durch diesen Schluß, wie ich selber muß gestehen, Jn der Kenntniß unsers Wesens wir nicht eben weiter sehen; Scheint er uns doch dieß zu zeigen: unser wahres We- sen sey Ein aus Koͤrper, Seel und Geist eigentlich vereintes Drey. Dieser zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Dieser Ausspruch meines Geistes, da er sich selbst un- tersucht, Scheint, der einzgen Wahrheit Quelle, naͤmlich der Erfahrung, Frucht; Welcher, wenn man, bloß aus Stolz, alle Wahrheit nicht will schwaͤchen, Und, aus Vorurtheil, nicht fehlen; billig nicht zu wider- sprechen. Doch noch weiter: waͤr es wohl unserm Geiste zu ver- uͤbeln, Zur Erkenntniß unsers Ganzen, sich noch tiefer zu er- gruͤbeln? Sollte die vernuͤnftge Kraft, wenn sie auf sich selbst sich lenkt, Nicht was mehr von sich entdecken, als wenn sie auf sich nicht denkt, Oder andre denken laͤßt? Wenigstens faßt dieß mein Geist, Daß er sich selbst, nicht mit Unrecht, eine Kraft die den- ket, heißt. Aber, fass’ ich auch, was Kraft? weis ich auch, was Denken sey? Welches in der That doch noͤthig zu begreifen und zu wissen? Nein: und aus der Ursach eben bleibt mein Geist mit Recht dabey, Daß wir auf der Welt erschaffen zum Bewundern, zum Genießen, Und daß wir, daß wir hier bloß meynen sollen, meynen muͤssen, Welches mich nicht fremde deucht. Hat denn Gott den Erdenkreis Y 4 Etwan Vermischte Gedichte Etwan so erschaffen muͤssen, daß das menschliche Ge- schlechte Aller Dinge Grund erkennte, wenn es sie nur uͤber- daͤchte, Und fast besser, als ein Engel, sich begreif, und alles weis? Jch erkenn den großen Vorzug, welchen wir, vor an- dern Thieren, An weit feinern Seelenkraͤften in der That in uns ver- spuͤren; Aber, daß sich diese Kraft so unendlich weit erstrecke, Daß sich uns hier alles das, was ein Engel faßt, ent- decke: Dieß waͤr ein zu großer Sprung, welchen wir, in allen Werken Der bewegenden Natur, nirgend sehen, nirgend mer- ken. Scheints demnach, daß die Vernunft, durch die regel- rechtste Schluͤsse, Dieß von ihren eignen Kraͤften billig folgern soll’ und muͤsse: Daß die strenge Wissenssucht hier auf Erden, und der Wille Alles gruͤndlich zu begreifen, bloß aus unserm Hochmuth quille. Noͤthi- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Noͤthige und nuͤtzliche Betrachtungen uͤber unsere Pflichten. E in sinnlichs, ein empfindlichs Herz gieb mir, o Gott! fuͤr deine Werke, Daß ich, so oft ich sie genieße, dein Daseyn, deine Lie- be merke! Vermehr in mir die Kraft der Seele, die sinnlich! laß mich das, was schoͤn, Empfinden, hoͤren, schmecken, sehn! Vor allen aber laß die Kraft zu uͤberlegen, zu verstehn, Daß alles bloß aus dir nur stamme, sich auch sowohl als jene mehren; Weil, durch die Kraft zu uͤberlegen, die reichen Schaͤtze dieser Erden Nur ganz allein mein eigen werden, Nur bloß durch sie mir zugehoͤren. So viel ich meine Seele kenne, fuͤhl ich, daß sie zwo Kraͤft’ enthaͤlt: Die rege Kraft, zu uͤberlegen, und das Vermoͤgen, zu empfinden. Vereinen sich nun diese Kraͤfte mit jedem Vorwurf in der Welt, So daß in ihrer Pracht und Ordnung sie ihren großen Urstand finden; Genießt man sie nach Gottes Absicht; Genießt man sie nach unsrer Pflicht. So lange sie sich aber scheiden, ist, nebst dem Werkzeug ihrer Sinnen, Selbst ihre Kraft, die sinnlich, todt; sie hat die Welt und hat sie nicht; Y 5 Der Vermischte Gedichte Der Erden Schaͤtze schwinden alle fuͤr sie; Licht ist fuͤr sie nicht Licht, Wofern sie die Empfindungskraft zugleich mit ihrer Kraft zu denken Auf der Geschoͤpfe Pracht und Ordnung und Schmuck nicht wuͤrdiget zu lenken. Durch Denken eignet sie die Welt sich zu, durch Den- ken ganz allein: Ja sie erblicket, bloß durch Denken, den sonst fuͤr sie ver- borgnen Schein Von der darinn vorhandnen Gottheit. Wer wollte sich denn nicht bemuͤhn, Die, fuͤr uns drinn gesenkte, Lust aus seiner Kreatur zu ziehn, Um, auf so anmuthvollem Wege, zugleich zur Gottheit zu gelangen, Die sich in ihnen offenbart, Auf eine Menschen Saͤtz’ und Lehren unendlich uͤberstei- gend’ Art, Und die wir, durch der Sinnen Werkzeug, aus seiner Kreatur empfangen. Jn dieser Offenbarung mischt kein Jrrthum und kein Fehl sich ein; Kein’ aus der Menschen Thorheit bloß entstandne Ketzer- machereyn; Die Schande menschlichen Geschlechts, des Hochmuths und des Geizes Brut. Die drinn vorhandne lichte Lehre koͤmmt allen Sterbli- chen zu Gut, Und, ihrem großen Ursprung gleich, ist sie, so wahr als allgemein. Jedoch zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Jedoch bey dieser großen Wahrheit wird mancher, und zwar billig, fragen, Wie koͤmmts, daß sich die meisten Menschen bey ihr so wunderlich betragen? Daß fast die meisten blind und taub am Geist sowohl, als Koͤrper, seyn? So muß ichs leider! zugestehen, Daß die Erfahrung der Bernunft fast allenthalben wi- derspricht, Und daß so viele Nationen in diesem Stuͤcke sich verge- hen; Jndem sie, im Genuß der Welt, nicht Gott in ihrer Lust erhoͤhen, Sich nicht vergnuͤgen, Gott nicht preisen, was Herrlichs in der Welt geschicht, Nicht ihres Anblicks wuͤrdig achten. Sie scheinen in dem Wahn zu stehen, Daß, durch Verachtung seiner Wunder und seiner Kreatur auf Erden, Sie Gott den Himmel abverdienen, die Seligkeit erlan- gen werden. Dieß ungluͤckselige Betragen der Sterblichen fast uͤberall Bringt die Vernunft auf die Gedanken von einem einst geschehnen Fall, Wovon sie sonst fuͤr sich nichts weis. Doch fuͤhlt sie noch ein Widerstreben, Und meynt, die große Schwierigkeit auf eine leichte Art zu heben. Vielleicht ist die Natur des Menschen nicht so erhaben, als er meynt; Er ist von Thieren unterschieden, vernuͤnft’ger, besser: doch es scheint; Da Vermischte Gedichte Da die Natur in ihren Werken auf einmal keine Spruͤnge macht, Sie hab’ ihm einen großen Vorzug, doch nicht so groß, ihm zugedacht, Als er ihn sich sucht zuzueignen. Von Eigenlieb’ und Stolz verfuͤhret, Schreibt er sich solche Weisheit zu, die kaum den Engeln selbst gebuͤhret; Da sein betruͤbt Betragen doch, sein Jrren, ja sein ganzes Leben Von seiner Schwaͤch’ und seiner Noth ihm uͤberzeuglich Proben geben Und seine Bloͤße zeigen sollte. Jnzwischen ist er groß genug; Jndem er, durch des Schoͤpfers Guͤte, in solchem Stande sich befindet, Sein Wissen immer zu vergroͤßern: Und, wenn er seines Schoͤpfers Macht und Lieb’, in sei- nem Werk, ergruͤndet, Jm froͤlichen Genuß ihm dankt, sein Wesen wirklich zu verbessern, Und in dem Glauben ihn zu staͤrken, ihm werde Gott nach diesem Leben, Wenn er auf Erden seine Pflichten, Jn der Bewundrung seines Schoͤpfers bemuͤht gewesen, zu verrichten, Zu einem seligern Vergnuͤgen noch immer mehr Erkennt- niß geben. Um nun, durch hiesiges Vergnuͤgen, zu jener kuͤnft’gen Seligkeit Um desto sichrer zu gelangen, weil wir nichts von uns selber koͤnnen; Laßt zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Laßt uns in kindlichem Vertrauen nur Gott allein die Ehre goͤnnen, Jhn bitten, daß er unsre Kraͤfte der Seele mehr’ in dieser Zeit, Und daß, zu seiner heil’gen Ehre, Er unser heißes Flehn erhoͤre: Ein sinnlichs, ein empfindlichs Herz gieb mir, o Gott! fuͤr deine Werke, Daß ich, so oft ich sie genieße, dein Daseyn, deine Liebe merke! Das Vermischte Gedichte Das groͤßte Laster. W enn man sich unsern Kreis der Welt Vor unsers Geistes Auge stellt; Wird man auf Bergen und in Gruͤnden An keinem Orte Suͤnde finden; Sogar bey wild- und zahmen Thieren, Jn Luͤften, Wasser und Gebuͤschen, Bey Ungeziefer, Voͤgeln, Fischen Sind keine Suͤnden zu verspuͤren. Luft, Erde, Feuer, Licht und Flut, Kurz: alle Kreatur ist gut. Der Mensch ist leider! ganz allein, Wo Suͤnden anzutreffen seyn. Doch halt: mich deucht, daß ich befinde, Daß, da an ihm sein Leib und Blut, Wie andre Kreaturen, gut, Auch seine Haͤlfte sonder Suͤnde. Einfolglich muß sein Geist allein Der Quell und Sitz der Suͤnden seyn. Dieß ist entsetzlich: ich erschrecke, Daß ich dieß Gift, nach dem Bericht, Jn der Vernunft, des Himmels Licht, Jm Geist, der Gottes Hauch, entdecke. Man hoͤret dieß von Jugend auf; Man achtet aber gar nicht drauf, Und laͤßt es bey dem bloßen Hoͤren; Da es doch wohl der Muͤhe werth, Und es zu unsrer Pflicht gehoͤrt, Sich hierinn besser aufzuklaͤren. Laßt zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Laßt uns zu Anfang uͤberhaupt, So weit es die Vernunft erlaubt, Der Suͤnden Wesen uͤberlegen, Dieweil wir leider! insgemein Durchs bloße Wort betrogen seyn, Und im Begriff zu irren pflegen. Es scheinet meines Geistes Blicken, Daß, in der Art, sich auszudruͤcken, Verbrechen, Uebertretung, Suͤnde, Jch einerley Bedeutung finde. Nun ist die Wahrheit allgemein, Worauf ich meine Schluͤsse gruͤnde; Soll Uebertreten und soll Suͤnde, Muß ein Gesetz vorhanden seyn. Nun muß man ein Gesetz erkennen, Wofern es uns verbinden soll. Wird man ein solch Gesetz nun wohl Aus eigner Kraft erkennen koͤnnen? O ja. Es ist in unserm Geist Unwidersprechlich eine Kraft, Die eine Richtereigenschaft Vom Guten und vom Boͤsen weist. Allein, die Kraft ist einfach nur; Und sonder alle Kuͤnsteleyen, Wodurch die Menschen sie entweihen, Jst das Gesetze der Natur, Das die Vernunft uns selbst entdecket, Und bloß in dieser Vorschrift stecket: Was du nicht willt, daß dir geschicht, Das thu auch einem andern nicht. Dieß Recht ist goͤttlich, und wir finden Ohn Widerspruch, daß eigentlich Die Vermischte Gedichte Die zehn Gebote Mosis sich Allein auf dieß Gesetze gruͤnden. Bemuͤhe dich, sie durchzusehn; So mußt du ganz gewiß gestehn, Daß, etwan eines ausgenommen, Sie all’ aus dieser Quelle kommen. Wenn man hingegen diese Zahl Der Suͤnden, die dieß Recht begreifet Und untersaget, manchesmal Mit tausend andern Suͤnden haͤufet; So stimm ich damit uͤberein, Wenn einige von dem Betragen, Mit groͤßtem Recht der Wahrheit, sagen: Daß es nur Menschensatzung seyn. Zwar hoͤret man auch von Verbrechen, Die menschliche Gesetze sprechen; Doch dieses hat hier gar nicht statt: Weil hier, was eigentliche Suͤnden, Die Gott verboten, zu ergruͤnden, Mein Dichten bloß zur Absicht hat. Mich hat es gar zu oft verdrossen, Wenn mit fast ungezaͤhlten Possen Der Mensch die Zahl der Suͤnden mehrt, Und bald mit ihn ernaͤhrnden Kuͤnsten, Auch bald mit eitlen Hirngespinsten, Nur die Gewissen mehr beschwert; Doch lassen unsre Widersacher, Die fuͤrchterlichen Lastermacher, Das groͤbste Laster aus der Acht. Dieß ist die straͤfliche Verachtung, Und unterlassene Betrachtung Der Wunder, welche Gott gemacht. Gott zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Gott zeigt sich in der Kreatur, Sein herrlich Werk zeigt seine Spur. Was er fuͤr uns hervorgebracht, Weist seine Weisheit, Lieb und Macht. Ohn dieses uns gegoͤnnte Licht, Das, durch die Sinnen, wird verstanden, Wuͤßt auch die kluͤgste Seele nicht, Ob uͤberall ein Gott vorhanden. Die Wahrheit zeigt uns die Erfahrung, Und nichts ist auf der Welt so klar; Es ist daher unstreitig wahr, Daß dieß die erste Offenbarung. Wie kann denn ein betrogner Geist, Dem Gott sich, auf die Weise, weist, Sich von so heilger Ordnung trennen, Und sich dennoch vernuͤnftig nennen? Jst auch von allen andern Suͤnden Wohl eine groͤßere zu finden, Als Gottes Ordnung zu verlassen, Und sich, mit selbsterfundnen Kuͤnsten, Mit laͤcherlichen Hirngespinsten Und eitlen Grillen zu befassen? Dieß unterlassene Betrachten Der Wunder, welche seine Macht Fuͤr uns, aus Lieb’, hervorgebracht, Heißt, im Geschoͤpf, ihn selbst verachten; Stolz, Thorheit, Undank, Heucheley, Geiz, Aberglaub’, Abgoͤtterey, Kann ein Vernuͤnftger leicht entdecken, Daß sie in diesem Laster stecken. Z Ja Vermischte Gedichte Ja dieses nicht alleine nur; Es ist ein wahrer Hoͤllensame, Und ist sein eigentlicher Name: Die Suͤnde wider die Natur. Bemerket dieß, vernuͤnftge Lehrer! Die Wahrheit muͤsset ihr entdecken, Durch euch laßt die versaͤumten Hoͤrer Nicht ferner in dem Jrrthum stecken. Man koͤmmt nicht in der Christen Orden, Wo man nicht erst ein Mensch geworden; Man wird ein Mensch, wenn uns geruͤhrt Die Kreatur zum Schoͤpfer fuͤhrt. Laßt von Artikeln in dem Glauben Den andern euch ja keiner rauben, Sprecht von der wahren Christen Pflicht! Jedoch versaͤumt den ersten nicht. Die zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Die Rose. V oller selbstgewachsnen Balsams selbstgewachsne Bal- samdose, Die vom Finger der Natur aus Rubin formiret scheint, Womit sich ein gruͤner Schmelz, dem Smaragd fast gleich, vereint, Suͤsser Duͤnste sanfte Quelle, Pracht der Gaͤrten, holde Rose! Dein gesegnet Wiederkommen, deinen Liebreiz, deinen Stral, Dein bewundernswuͤrdigs Prangen, dein den Blick be- zaubernd Glaͤnzen, Dein’ ambrirte suͤße Duͤfte, schoͤnstes Kind des schoͤnen Lenzen, Riech und seh’ ich auf der Welt itzo sechs und sechzigmal. Wie vergnuͤgt sich meine Seele, da ich dich von neuem sehe! Da mich dein Geruch erquickt, wie vergnuͤgt sich Hirn und Brust! Sonderlich da im Empfinden der durch dich erregten Lust, Jch den Ursprung aller Schoͤnheit, deine große Quell, erhoͤhe, Als wohin dein Schmuck mich leitet. Meine frohe See- le spuͤrt, Daß die Gottheit selber sie, durch die Rose, zu sich fuͤhrt. Der sie schuf und der in sie der Empfindung Kraft ge- senket, Auch die Kraft zu uͤberlegen ihr dabey zugleich geschenket, Jhr der Augen und des Riechens Werkzeug wunderbar formirt, Jst derselbe, der die Rose bloß fuͤr sie so schoͤn geziert. Z 2 Wem Vermischte Gedichte Wem zu Gut, o Mensch, als dir? Sollt aus solcher Krea- tur, Die fuͤr dich nur lieblich riecht, welche bloß fuͤr dich so schoͤn, Gegen den, der sie erschuf und sie dir geschenkt, nicht nur Ein bemerkendes Empfinden, ein’ Erkenntlichkeit, ent- stehn? Jch bewundere, Gott Lob! dieser Blume Wunderpracht, Und in der empfundnen Wollust preis’ ich den, der sie gemacht. Herr! wenn Rosen mich vergnuͤgen, seufzet die geruͤhrte Brust: Nimm, zum Raͤuchwerk, mein Bewundern, und, zum Opfer, meine Lust! Einige zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Einige Gedanken uͤber Rosen. D er schoͤnste Monat Julius, der, mit verschwende- rischer Hand, Mit Blumen ungezaͤhlter Arten Nicht unsre Gaͤrten nur, auch Wiesen, Feld und Land, Bedeckt und schmuͤckt, bebraͤmt, bemahlt und zierte, Trat seine Herrschaft froͤlich an, belebet’ alles, und re- gierte: Als ich, nach sanftgenossner Ruh, des Morgens fruͤh in meinen Garten, Von seinem Glanz durchdrungen, trat. Der Sonnen Glanz war zwar versteckt, Bey einer sanften Stille war die Luft von klarem Duft bedeckt; Es hatte kurz vorher geregnet, der Kraͤuter Heer dadurch getraͤnket, Gestaͤrket und verschoͤnert, prangt in einem kraͤftig Dun- kelgruͤnen, Worauf noch hin und wieder Tropfen, wie klare Dia- manten, schienen. Jn Blumen hatte sich zugleich des Himmels fruchtbar Naß gesenkt, Wodurch die Farben feuriger in ihren bunten Blaͤttern gluͤhten Und diese schoͤne Kreaturen noch schoͤner als vorhero bluͤhten. Die lieblichgluͤhnden rothen Lichter der Rosen rissen son- derlich Auf den Schmaragden aͤhnlichen Gebuͤschen Blick und Geist auf sich. Z 3 Allein, Vermischte Gedichte Allein, was war doch alles dieß, im Gegenhalt der bunten Glut, Die mich als wie ein Blitz durchstralte, und mein da- durch erregtes Blut Vor schneller Freude wallen machte! Von meinen Kin- dern hatten zwey, Und zwar die juͤngsten, einen Tisch, mich unvermuthet zu vergnuͤgen, Mit frischen Rosen ganz bedeckt. Mein Gott, wie viel- wie mancherley Jst dieser Blumen roͤthlichs Brennen! Hier sieht man Weiß und Noth sich fuͤgen Jn solcher lieblichen Vermischung! Wie glaͤnzet, funkelt, gluͤhet, scheint Die sonst vertheilte Pracht des Gartens hier auf so engem Platz vereint! Was ich in dieser innern Schooß, was ich in jener aͤußern Ruͤnde Fuͤr eine volle dunkle Roͤthe, fuͤr eine rothe Weiße finde, Jst unbeschreiblich, unausdruͤcklich! Um alles mehr noch zu erhoͤhn, Und daß sie durch die Nachbarschaft noch schoͤner waͤren anzusehn, So hatten sie den Tisch vorher mit dunklem Weinlaub uͤberdecket: Durch welcher schoͤnen Fulge denn ihr Glanz sich weiter noch erstrecket. Wobey ich auch noch hie und da Den gelben Brand der Ringelblume, die blaͤuliche Cam- panula, Den gluͤenden Nasturtium, nebst weißen Rosen liegen sah, Wovon zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Wovon ein’ jede, durch den Wechsel der Farben, die be- flammte Roͤthe Und die Rubinen gleiche Pracht, der vielen Rosen, noch erhoͤhte. Jch wußte nicht, was ich, vor Lust, beginnen oder sa- gen sollte, Nur fuͤhlt’ ich, daß ein reges Heer vergnuͤglicher Jdeen, mir Jn meiner frohen Phantasey, sich selber jagend, gleich- sam rollte. Ach! rief ich, unausdruͤcklich schoͤn ist der vereinten Blumen Zier! Es ist auf dieser ganzen Erden kein auserlesners Schau- gericht! Zuletzt fiel dieser Schluß mir bey: Wie weis der Schoͤ- pfer, durchs Gesicht, Durch die Vortrefflichkeit, die Schoͤnheit und Lieblich- keiten seiner Gaben Die Seele, schon auf dieser Welt, fast zu beseligen, zu laben! Was laͤßt uns die Betrachtung nicht, Von einem solchen Wesen hoffen, das, zum Genuß von Himmelsschaͤtzen Und einst zu einem ewgen Gluͤck, uns bloß aus Huld und Lieb erwaͤhlt: Dem, um uns ewig zu ergetzen, Kein Wollen, kein Vermoͤgen fehlt! Z 4 Der Vermischte Gedichte Der gelbe Mah. W ie ich juͤngst deinen Glanz und Schimmer, gelber Mah, Der in Siberien entsprossen, wieder sah; Ergetzt ich mich aufs neu an deinem Schmuck und Schein, Und fiel dabey mir die Betrachtung ein: Da du, in so entfernten Landen, Und abgelegnem Himmelsstrich Erzeugt, gewachsen und entstanden, Beweisest du uns sichtbarlich, Daß, auch in so entlegnen Fluren, So schoͤn geschmuͤckte Kreaturen, Wodurch wir Gott auch dort entdecken. Uns zeiget deine Zier und Pracht, Wie seine Weisheit, Lieb und Macht Sich uͤber aller Erden Enden in gleicher Majestaͤt er- strecken. Zufaͤlli- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Zufaͤlliger Gedanke im Sommer. H err! gieb, daß ich, in dieser Zeit, Die Wunder deiner Herrlichkeit Mit Lust und Dank oft uͤberlege! Daß ich in deiner Werke Pracht Dein Daseyn, Weisheit, Lieb und Macht Erkennen und verehren moͤge! Z 5 Der Vermischte Gedichte Der wunderbare Triangel. W ir sahen unsrer Erden Flaͤche sich von der Sonne abwerts lenken, Es schien der Sonnenkoͤrper sich allmaͤhlig in das Meer zu senken, Es streifte noch ihr niedrig Licht, das immer guͤldner ward, der Queer Auf unsre schoͤn bebluͤmte Wiesen und uͤber unsre Felder her, Es roͤtheten sich Buͤsch und Waͤlder, der guͤldnen Stra- len zarte Flut, Die alle Vorwuͤrf’ uͤberstroͤmet, und auf schmaragdnem Grunde ruht, Verguͤldet’ alle Gegenwuͤrfe und machte sie noch einst so schoͤn: Was man erblickt, schien fast verklaͤrt, in einer guͤldnen Glut zu stehn. Das blumichte Gefilde schien Mit Licht und Schimmer uͤbergossen, Der Buͤsch und aller Kraͤuter Gruͤn Schien, mit gefaͤrbtem Glanz, beflossen. Es streckten, durch den Gegensatz das Licht zu mehren, lange Schatten, Jn einer riesenfoͤrmgen Laͤnge, sich uͤber die bebluͤmten Matten: Durch deren klares Dunkelgruͤn, Das Licht der uͤberstralten Stellen, erhaben, desto hel- ler schien. So vieler schoͤner Gegenwuͤrfe Glanz, Anmuth, Lieb- lichkeit und Menge Formir- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Formirten meinem Geist, durchs Aug’, ein herrlichschim- merndes Gepraͤnge. Allein es riß, vor allen andern, den an- und fast durch- stralten Sinn, Ein Vorwurf, der sie uͤbertraf, durch seinen Schimmer auf sich hin. Dieß war ein roͤthlich guͤldner Glanz, ein feuerreicher Wiederschlag Von einem angestralten Fenster, das zwischen gruͤnen Baͤumen lag. Der gleichsam rosenfarbne Blitz, der feur- und stralen- reiche Schein Erfuͤllete mein ganzes Wesen, und ward mein Augpunkt ganz allein. Die Seele, von dem hellen Funkeln, dem mehr als guͤld- nen Stral, geruͤhret, Ward endlich zu den folgenden Betrachtungen dadurch gefuͤhret: Es dient mir dieß bestralte Fenster, nicht nur als wie der Mond, allein Die Sonne, die nicht da, zu sehen, und ihres Ur- bilds Wunderschein, Sammt ihren Stralen, mir zu zeigen, die, fuͤr sich selbst nicht sichtbar seyn; Es faͤllt dabey noch etwas anders, was recht betraͤcht- liches, mir ein: Mein Auge, das bestralte Fenster, zusammt der Son- ne, stell ich mir Nicht anders als drey Winkel fuͤr, Die, in geraden Linien, so von als an einander fließen, Und sich in ein vollkommenes, in ein ganz richtigs Dreyeck schließen. Mit Vermischte Gedichte Mit wie viel Andacht und Vergnuͤgen bewundert’ ich dieß Dreyeck nicht! Was zeigte mir sein ganzer Jnhalt fuͤr Glanz, fuͤr Herrlichkeit und Licht! Allein, die ganze Herrlichkeit verschwand, recht wie ein Traumgesicht, Als mich mein Denken weiter fuͤhrte. Und ich weit einen herrlichern Triangel mir im Geist formirte. Aus meinem Auge zog mein Geist zur Sonnen eine Linie, Von dieser, zu der Sonnen Sonne, zur Gottheit, drauf die andere, Jn den unendlich tiefen Tiefen vom hellbestirnten Him- melsmeer, Und, von derselben, dacht ich eine herunter wieder zu mir her. Mein Gott! welch fast unendlich herrlich, mehr gei- stig fast als leiblichs, Bild, Mit lauter Gottheit, Licht und Leben sowohl um- schraͤnkt, als angefuͤllt! Wer hat wohl menschliche Vernunft, und stimmet nicht der Meynung bey: Daß dieß im Himmel und auf Erden der herrlichste Triangel sey? Der zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Der Sommer. D ie Sonne zeigt sich uns nunmehr in ihrer groͤßten Kraft und Pracht; Man kann sie an des Himmels Hoͤhen, Gekroͤnt von Millionen Stralen, recht majestaͤtisch herr- schen sehen; Sie triumphirt, in langen Tagen, besieget und verkuͤrzt die Nacht. Zwar blendet uns ihr naher Glanz, und ihre Kraft macht alles schwuͤl; Doch ist es bloß zu unferm Besten, daß sie so hell und strenge blitzet, Die Saͤfte kocht, die Luft erhitzet. Sie hat in ihrer heißen Wirkung die Thier und Men- schen wohl zum Ziel. Jndem sich ihre Stralen haͤufen Und bleyrecht fallen, bringet sie so Fruͤcht’ als Korn fuͤr uns zum Reifen. Da uns nun die Erfahrung lehrt, Daß Gott in dieser schoͤnen Zeit, auf so bewunderns- werthe Weise, Den Kreaturen Trank und Speise, Durch Drehung unsrer Erdenflaͤche ins heiße Sonnen- reich beschert; Gereichen denn nicht solche Wunder dem, der sie wirkt, zum Ruhm und Preise? Sind sie nicht unserer Betrachtung, nicht unserer Erkennt- lichkeit, Nicht unserer Bewunderung, nicht unsers Danks und Lobes werth? Auf! Vermischte Gedichte Auf! laßt uns mindstens uns bestreben, in dieser schoͤ- nen Sommerzeit, Uns, an der Erden aͤußern Schaͤtzen, Zu Ehren dem, der sie fuͤr uns so schoͤn geschmuͤcket, zu ergetzen. Wie angenehm bewegt sich hier das blonde reifende Getraide! Jhr flisternd und ihr aͤmsigs Regen erregt auch unsern Blicken Freude, Und nicht der Hoffnung nur allein. Ein reges Meer voll trockner Wellen Scheint, in den nimmerstillen Aehren, ein jedes Feld uns vorzustellen. Man siehet auf ihren beweglichen Flaͤchen, Auf welchen Glanz, Formen und Farben sich brechen, Viel laufende Lichter und laufende Schatten Sich fliehn, sich vermischen, sich trennen, sich gatten. Hier fieht man die Aehren sich heben, sich neigen, Sich wirbeln, sich jagen, sich senken und steigen. Zuweilen formiren sie wirkliche Wogen Gehoͤlet und zu uns heruͤber gebogen. Des lieblichen Ungestuͤms wallend Bewegen Kann, durch ein veraͤnderlichfluͤchtiges Eilen, Uns einen verwirrenden Schwindel zuweilen, Doch einen nicht schaͤdlichen Schwindel, erregen. Jch stehe bey der Halmen Menge Und bey der Aehren Groͤß’ und Laͤnge Ob dieser segenreichen Fuͤlle, Vor Freuden halberstaunet, stille. Der zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Der gegenwaͤrt’ge Schmuck der Gabe, Wovon ich kuͤnftigen Gewinn Jn Ueberfluß zu hoffen habe, Nimmt, nicht mit seiner Zier allein, Den ganz dadurch geruͤhrten Sinn, Mit einer Leidenschaft nur ein; Jch fuͤhl auf einmal viele Triebe: Lust, Hoffnung, heiße Gegenliebe, Ein Wunsch, dem Schoͤpfer zu gefallen, Dank, Anmuth, regen sich und wallen, Fast eben wie das Aehrenmeer, Jn meiner Seele hin und her. Auch noch ein Wort, im Sommer, von der Flut, Worauf, in dieser frohen Zeit, Des Firmaments entwoͤlkte Herrlichkeit, Zusammt der Erden Pracht, sich spiegelnd, prangt und ruht. Ein glaͤnzend Feuer, welches gruͤn, Gleich einer stillen Flamme, schien Fast wider die Natur in feuchter Flut zu glimmen, Und, ohne Dampf und Kampf, vereint auf ihr zu schwimmen. Ein Blaues, das an jenem graͤnzet Und in noch mehrerm Glanze glaͤnzet, Vergnuͤgt mit himmelblauem Licht Ein darauf achtendes Gesicht. Es blinket ietzt das reine Wasser als wie ein Himmel von Crystall, Als dessen Bild, in ihm zu sehn, voll heller Sternen uͤberall Jn einigen bestralten, kleinen, sich hie und da erhoͤhnden Wellen. Wenn sich, auf andern flachen Stellen, Wo- Vermischte Gedichte Woselbst die klar’ und durchzusehnde Flut Ohn einige Bewegung ruht, Sich oͤfters kleine Jnselchen von sittiggruͤnen Wasser- linsen, Voll glatten dunkelgruͤnen Binsen, Die aus dem lichten Grunde steigen, Zur Anmuth unsern Augen zeigen. Das Wasser scheinet hier bemuͤht, zusammt der nahen Baͤume Pracht, Auf manche Weis’ uns zu vergnuͤgen; da diese, durch ihr holdes Gruͤn, Und jene durch die glatte Flaͤche, den Fischen einen Baldakin, Den Voͤgeln einen Spiegel macht. Der Flut sanft wallender Sapphir, Worinn der dunkle Wald des Ufers wiederschien, War oͤfters recht schmaragdengruͤn. Wann nun an unterschiednen Stellen Ein kleines Heer von silberweißen Wellen Recht schuppenfoͤrmig sich darauf bewegt, Ward ein so suͤß Gemisch darauf erregt, Daß aus den blau- und gruͤn- und weißgemengten Spitzen Ein blau und gruͤn und weiß bestaͤndigs lieblichs Blitzen, Jn eines suͤßen Wechsels Spiel, Uns lieblich in die Augen fiel. Die Bilder vom sonst stillen Wiederschein Sieht man, durch dieß stets kraͤuselnd Regen, Den Umstrich stets verziehn und immer sich bewegen. Des Nachts, wenn diese Flut vom Mondschein wird beschienen, Scheint sie, in ihren dunklen Ufern, und in dem unge- wissen Gruͤnen So zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. So weiß, so schimmernd und so rein, Als wie des Milchwegs stiller Fluß am dunklen Firma- ment, zu seyn, Ja glaͤnzt, als wie ein fließend Silber. Sie zeiget uns, bey Tag und Nacht, Des Himmels und der Erden Pracht. Wenn wir so viel Wunder spuͤren Auf der Welt zur Sommerzeit, Laßt sie euch die Seelen ruͤhren, Und durch ihre Herrlichkeit Doch zu ihrem Schoͤpfer fuͤhren, Der, fuͤr euch, mit so viel Schaͤtzen Erde, Raum und Himmel fuͤllt, Und aus dem, euch zu ergetzen, Aller Wunder Menge quillt. Der euch dazu Licht und Leben, Sinnen und Vernunft gegeben: Den man bloß fuͤr alle Gaben Durch Erkenntlichkeit verehrt, Der fuͤr alles, was wir haben, Nichts, als unsre Lust, begehrt. A a Viola Vermischte Gedichte Viola Mariana. N achdem ich die schon welke Staude der blaulichten Campanula, (Wofuͤr ich sie zu anfangs hielte; da doch der Blume rech- ter Name Viola Mariana heißt, den sie vor Alters uͤberkame) Mit einiger Aufmerksamkeit in meinem Garten, juͤngst besah, Die eben, durch ihr schmuzigs Ansehn, und falbes Braun- roth, meine Blicke Von andern schoͤnen gruͤnen Pflanzen, wovon sie abstach, weg, zuruͤcke Und mit Gewalt fast auf sich zog, Und ich, um sie recht zu betrachten, mich schnell nach ihr herunter bog, Erschrack ich fast, wie an derselben ich von dem Finger der Natur Ein’ außerordentlich formirt’ und nett gebogene Figur, Die fremd und seltsam, und dennoch von zierlicher Erfin- dung, sah: Die, sonder Farbe, doch gefaͤllig. Denn ihre vormals schoͤne Bluͤte, Die juͤngst in purpurfaͤrbigem und gleichsam blauem Feuer gluͤhte, War abgefallen, welk, verschrumpft und ihre Schoͤnheit nicht mehr da. Allein die Bildung ihres Fußes war so verwunderlich formiret, Daß sie fast gar nicht zu beschreiben. Von oben formt ein fuͤnffach Blatt Zwar zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Zwar die Figur von einem Stern, wovon doch jedes hinterwerts, Gemeinschaftlich mit seinem Nachbar, fast an Gestalt ein gruͤnes Herz, Das hol, und an dem Rand gekruͤmmt verwunderlich for- miret hat. Recht da wo sich die Blaͤtter biegen, Wenn man sie in der Queer durchschnitten, sieht man, wie im gevierten Platz, Jn zierlich abgetheilten Faͤchern, als einen da verborgnen Schatz, Den ungezaͤhlten Samen liegen; Der, wegen seiner Kleinheit, werth, daß man denselbigen beachtet Und, daß solch eine große Staud’ in ihm verborgen liegt, betrachtet, Nebst so viel Blaͤttern, Stengeln, Blumen, Kein mensch- licher Verstand kann fassen, Wie doch so viel und große Theile so enge sich verschraͤn- ken lassen. Man sollte, da dieß unbegreiflich, wohl gar auf die Ge- danken kommen, Es wuͤrd’, im Wachsen, aller Stoff von ihnen aus der Luft genommen, Und, auf Magneten Art, gezogen; indem dieß moͤglicher noch scheint, Daß eine Menge vieler Theile mit ihr von außen sich vereint, Als daß sie in ihr eingeschlossen, in solchem engen Raum verschraͤnket, Ganz unbegreiflich liegen sollten. Allein, wie tief man immer denket, A a 2 Wird Vermischte Gedichte Wird man der wirkenden Natur Jn ihren innern Wirkungen doch nimmer auf die wahre Spur Mit unserm Geist gerathen koͤnnen. Genug fuͤr uns, wenn wir erkennen Das Daseyn eines weisen Wesens, das stets nach Ord- nung, Maaß, Gewicht Die viele Millionen Wunder, die es erschaffen, zuge- richt, Und dessen Weisheit, Lieb und Macht, im Großen so, wie in dem Kleinen, Jn einer unleugbaren Klarheit, so herrlich uͤberall er- scheinen. Die zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Die weiße Calendula. J m Sommer, wie ich juͤngst im Garten auf viele Blumen Achtung gab; Riß meinen Blick ein blendend Blitzen von allen andern Blumen ab, Auf ihr schneeweißes Licht allein. Jch stutzt’. Jhr heller reiner Schein Zwang mich, auf einmal still zu stehen, Und ihr ausnehmend schimmernd Glaͤnzen mit ernsten Blicken anzusehen. Jch stand denn und bewunderte derselben Form und Farben Zier. Doch, weil das Wetter kalt und windig und ziemlich stuͤrmisch, riethe mir Mein Mieken, meine juͤngste Tochter, nicht lange bey ihr stehn zu bleiben, Sie wollte, wenn es mir gefaͤllig sie zu besehn und zu beschreiben, Derselben unterschiedne pfluͤcken, und sie mir in mein Zimmer bringen. Jch folgte dem gegebnen Rath, Und, wie sie das, was sie versprochen, darauf auch un- gesaͤumet that, Fing ich, mit innigem Vergnuͤgen, derselben Schoͤnheit zu besingen, Und folgends zu beschreiben, an: Wie bist du doch so schimmerreich, Fast blendend Bluͤmchen! wie so schoͤn! Dir sind an hell- und reiner Weiße kein Tlaspiß, keine Liljen gleich. A a 3 Die Vermischte Gedichte Die Weiße, die wir an dem Schnee, am Schwan, an allen Bluͤten sehn, Jst schuldig deinem Glanz zu weichen, Und kurz, was weiß ist auf der Welt, kann nicht an deiner Weiße reichen. Es scheint die bildende Natur, um dich fuͤr andre zu er- heben, Mit recht darauf gelenkter Absicht sich alles Ernstes zu be- streben, Darum hat sie, in deiner Mitten, ein dunkles Maus- fahl angebracht Jn einem aus viel finstern Zaͤsern sehr ordentlich gezognen Kreise, Damit, durch diese schnelle Schwaͤrze, dein Weißes sich noch weißer weise. Dein Licht erhebt sich in der That noch mehr, durch diese kleine Nacht. Nun ist noch mehr betraͤchtliches in dieses dunklen Kreises Ruͤnde, Jndem ich seinen Mittelpunkt mit Gelb als Gold gefuͤllet finde. Dadurch nun glaͤnzest du zugleich in silberner und guͤldner Pracht: Ja, was noch mehr, man sieht, im Gelben, aufs neu, auf kleinen dunklen Spitzen, Jm abermalgen Silberschimmer, verschiedne weiße Sternchen blitzen. Aus diesem guͤldnen Mittelpunkt und dessen dunklen Rand, verbreiten Sich ordentlich von allen Seiten Die weißen Blaͤtter, deren jedes geformt als wie ein heller Stral, Und immer funfzehn an der Zahl. Sie zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Sie stimmen all’ an Breit’ und Laͤnge und ganzer Bil- dung uͤberein, Wodurch die Blumen so an Weiße als Formen sternenfoͤrmig seyn. Calendula heißt diese Blume. Nachdem ich mm, wie sie so schoͤn, Von vornen lang’ hatt’ angesehn; Wandt’ ich sie um von ungefaͤhr, da ich bewundrungsvoll erblickte, Wie sich ein jedes Blatt von unten mit einem falben Purpur schmuͤckte, Auch wie, zu einer eignen Stuͤtze, Ein jedes Blatt in seiner Mitte, ein’ eigne nette gruͤne Spitze, Die aus dem Stiel entspringet, hat, die regelrecht um ihr sich ruͤnden, Wodurch wir zu vermehrter Zier daselbst ein gruͤnes Sternchen finden. Wenn man sie von der dunklen Seite nun eine Zeitlang angeblickt, Und sie sodann von ungefaͤhr schnell vorwerts kehrt und dreht, erschrickt Und stutzt man ob der hellen Weiße, die gleichsam uns ins Auge springet, Und durch die schleunige Veraͤndrung zur ploͤtzlichen Be- wundrung bringet. Nun laßt uns von den Millionen und unzaͤhlbaren Wunderwerken Des Schoͤpfers, auch an dieser Blum’ ein neues Wunder- werk bemerken! Wer schuf sie? Gott. Warum? Wozu? Daß, durch die Augen, ich und du A a 4 Und Vermischte Gedichte Und alle Menschen, sich an ihr Der Farben Glanz, der Blaͤtter Zier Vergnuͤgen und ergetzen koͤnnten: Ach! wuͤrden wir denn unsre Pflichten Nicht, Gott zum Ruhm, fuͤr sein Geschenk, in froher Achtsamkeit verrichten, Wenn, seine Liebe zu vergnuͤgen, wir dafuͤr unsre Lust ihm goͤnnten? Gott zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Gott in seinen Werken. M it einer fast halb selgen Lust kann man, in Gottes Kreaturen, Pracht, Zierlichkeit, Glanz, Licht und Schatten, zumalen Farben und Figuren, Die alle sich mit vieler Aendrung einander noch erhoͤhn und schmuͤcken, (Wann unsrer Seelen Auge sie, wie es sie sehen sollt’) er- blicken. Wobey, wenn uns die wesentlich’ und ordentliche Schoͤn- heit ruͤhrt, Ein jedes Theil, ein jedes Ganze uns unvermerkt zum Ursprung fuͤhrt. A a 5 Beweis Vermischte Gedichte Beweis goͤttlicher Guͤte. D aß aller Blumen bunte Pracht Fuͤr Menschen ganz allein gemacht; Davon legt die Betrachtung mir Den kraͤftigsten Beweisthum fuͤr: Wenn sich der Mensch vom Schlaf erhebet, Scheint die auch aufgewachte Schaar, Die in der Nacht geschlossen war, Aufs neu verschoͤnert und belebet. Sie scheint sich aͤmsig zu bemuͤhn, Auch ihrer Ruh sich zu entziehn, Und die verschloßne Lieblichkeiten, Jn ihren Blaͤttern, zu verbreiten. Sie legen ihre bunte Zier Zum Gegenwurf der Sonne fuͤr, Die sie, bald durch- bald angestralet, Zu unsrer Lust stets schoͤner mahlet, Um nur aus ihren innern Schaͤtzen Nach Moͤglichkeit uns zu ergetzen. Gehn wir des Abends nun zur Ruh, So schließen sich die Blumen zu, Als wenn sie gleichsam zeigen wollen: Daß sie fuͤr uns nur bluͤhen sollen, Daß, wenn der Menschen Aug’ ihr Prangen Nicht sehn, betrachten, und daran Nicht ferner sich ergetzen kann, Sie auch zu prangen nicht verlangen. Mich deucht, daß diese neue Spur Der Ordnung in der Kreatur Von neuem eine Probe giebet, Wie sehr uns unser Schoͤpfer liebet. Nutzen zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Nutzen der irdischen auch bey himmlischen Koͤrpern. J ch sah den dickbelaubten Wipfel von einem hohen Eichbaum an, Durch dessen dichtverschraͤnkte Blaͤtter, und gruͤner Schatten Dunkelheit, Wie tief er sich darinn versenkt, der schnelle Blick nicht dringen kann, Bis ich zuletzt, an ein Paar Stellen, des hellen Himmels Heiterkeit Wie helle Sterne schimmern sah, die ich um desto mehr bemerkte, Als mir der dunkle Gegensatz der gruͤnen Nacht die Au- gen staͤrkte. Es zeigt mir, dacht ich, dieß Gesicht die Wahrheit mit Vergnuͤgen an: Wie irdsche Dunkelheit den Glanz des Himmels noch verschoͤnern kann. Die Vermischte Gedichte Die Sonne der Sonnen. D as Leben der Natur, die Sonne, hat nicht allein die holde Kraft, Daß sie erleuchtet, waͤrmt, befruchtet, belebet, naͤhret und beweget, Sie hat, nebst diesen, ebenfalls, daß sie beruͤhrt, um- giebet, traͤget, Erfuͤllt, durchdringet und erhaͤlt, zum Nutz der Welt die Eigenschaft; So daß, auf eine koͤrperlich’ und gleichsam fuͤhlbar’ Art und Weise, Sie alles fast scheint zu verrichten, was wir von Gott, zu seinem Preise, Jm Geistigen zu fassen glauben. Nur mit dem Unter- scheid allein, Daß, weil an ihr die Kraͤft’ umschraͤnkt, begraͤnzt und nicht unendlich seyn, Sie, ganz begreiflich, von der Gottheit hierinn muß un- terschieden bleiben; Jmgleichen daß, so viel wir fassen und mit dem Schein der Wahrheit glaͤuben, Nicht Weisheit, Lieb und Sinnlichkeit in ihrem Wesen sich befindet. Ob wir nun nicht, bey solchem Zustand, und, wenn man ihren Schein ergruͤndet, Von unsrer Sonnen sagen muͤssen: Wie aller Kreatur das Leben Von unserm Gott verliehen ist und von dem Schoͤpfer wird gegeben; Daß sie, zu der Geschoͤpf Ersprießen und Wohlseyn, auf so mancher Erde, So zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. So wie von ihm gemacht, erhalten, auch gleichsam fast beseelet werde. Der Schluß scheint um so weniger unwuͤrdig seiner Macht zu seyn, Als Gottes Kraft, in einer nicht, in ungezaͤhlter, Son- nen Schein, Auf solche guͤtge Art sich aͤußert, daß wenigstens der Sonnen Wesen Zu Mitteln scheinet auserlesen, Wodurch der Schoͤpfer aller Dinge die koͤrperlichen Krea- turen, Den Ausfluß seiner Guͤtigkeit, und auch zugleich der Weisheit Spuren, Jn reicher Maaß empfinden laͤßt. Ob nun der mensch- liche Verstand, Bey solcher Einsicht und Erkenntniß, da solche Wunder ihm bekannt, Nicht, zur Verherrlichung des Schoͤpfers und zur Ver- mehrung seiner Ehre, Gehalten und verpflichtet waͤre Zu denken, daß es selbst dem Schoͤpfer und Gott nicht unanstaͤndig sey, Jhn als ein Wesen anzusehn, das, durch der Lieb und Allmacht Stral, Unzaͤhlbare Systemata von Sonnen, sonder Maaß und Zahl, Beleb’, erhalt’, und sie beseele, und, in den Wundern solcher Sachen Ein ihm nicht unwerth Schattenbild in unsern Seelen uns zu machen, Und solches um noch desto mehr, als dieß die unbe- graͤnzte Kraft, Und Vermischte Gedichte Und uͤberschwenglich- unergruͤndlich- anbetungswuͤrdge Eigenschaft Der Gottheit in dem Geistigen ja nicht vermoͤgend aus- zuschließen. Man wird vielmehr gestehen muͤssen, Daß ein Begriff, der diesem aͤhnlich, sey kraͤftiger was beyzutragen, Zur Ehrerbietung gegen Gott, als wenn, von einem al- ten Mann, Wir uns im Geist ein Bild formiren, davon viel schrel- ben oder sagen. Woraus man denn, mit allem Recht, die große Wahr- heit folgern kann: Daß es, da wir nach allen Kraͤften die Gottheit zu er- hoͤhen, pflichtig, Ein Theil vom Gottesdienst selbst sey, nicht nur durch Glauben und den Willen Die rechten Pflichten zu erfuͤllen, Nein, daß die Kraͤfte der Vernunft zu solchem Dienst nicht minder richtig, Und daß es unsre Schuldigkeit nicht minder, mit des Geistes Gaben, Die wir nicht weniger von Gott, als ein Talent, em- pfangen haben, Der Gottheit Groͤße zu verehren, auch mit Vernunft uns zu bemuͤhn, Den Schoͤpfer zu verherrlichen, und, aus den Werken, Gott zu Ehren, So weit nur ihre Kraͤfte gehn, Jdeen uns hervorzu- ziehn, Die seiner Groͤße wuͤrdig sind. Sprich nicht: Was Gott sey, zu erklaͤren Geht zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Geht uͤber unsere Vernunft, du wirst nichts anders fin- den koͤnnen: Als daß du ihn nun groͤßer schaͤtzest, als des Verstandes Kraͤfte gehn; Wo nicht, so wirst du deutlich finden, und uͤberzeuget zu- gestehn: Er sey ganz anders, und du muͤssest ihn gaͤnzlich unbe- greiflich nennen, Wie wirst du denn mit allem Gruͤbeln von seinem Wesen was erkennen? Nein, sag ich, sprich doch nicht also: denn an dem uns geschenkten Geist, Jn welchem sich ein wirklich Fuͤnkchen, der goͤttlich ist, recht deutlich weist, Jst wenigstens so viel zu merken, durch unumstoͤßlich helle Schluͤsse, Daß unser allerbestes Theil doch im Verstande liegen muͤsse, Und daß, da Gott ihn uns gegeben, wir billig von ihm denken sollen, Daß Gott, da er ihn uns geschenkt, er uns gewiß nicht taͤuschen wollen. Auf! laßt uns denn, was Gottes ist, uns auch bemuͤ- hen Gott zu geben, Und, mit den Kraͤften der Vernunft, des Schoͤpfers Groͤße zu erheben, Jhn uns so groß man kann, zu zeigen aus seinen Wer- ken, uns bestreben! Zumal ja dieses unserm Glauben, und der uns ange- wiesnen Pflicht, Nicht, wie man faͤlschlich glaubt, zugegen, und in der That nicht widerspricht. Mich Vermischte Gedichte Mich deucht, es schoͤpfe die Vernunft die Wahrheit aus den reinsten Quellen, Wenn wir uns als der Sonnen Sonne, die Gottheit su- chen vorzustellen. A. Du redest von Vernunft so viel, und willt al- lein nach ihr dich richten, Ja alles bloß nach ihren Kraͤften, auch selbst im Gottes- dienste, schlichten: Allein, hast du auch untersucht, was sie denn eigentlich recht sey? Ob ihre Kraft, als wie ihr Wesen, nicht etwan mehr als einerley? Ob nicht die Kraft der Phantasey sowohl als die Ge- daͤchtnißkraft, Zu ihrem Wesen mit gehoͤre? Waͤr dieß nun ihre Eigen- schaft, So wuͤrde sie ja mit Jdeen zu richtigen und wahren Schluͤssen, Die nicht von Bildern unterschieden, nothwendig sich befassen muͤssen. Es fraget sich noch uͤberdem, da unser Leib auch Gottes Gabe, Der Geist auch ohne Leib nicht wirkt, ob auch ein’ Art von Bildern nicht Selbst zum Verstande mit gehoͤre, und in ihn einen Ein- fluß habe? B. Wenn auch dieß alles richtig waͤre, wie ich nicht leugnen will noch kann, So gehet unter diesem Vorwand der falsche Schluß doch nimmer an, Daß solche Bilder und Jdeen so niedertraͤchtig und so klein, Zumal zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Zumal beym Gegenwurf der Gottheit, mit Fug und Recht zu machen seyn. Wir haben in uns Kraft genug, uns von dem Kleinen zu erhoͤhen, Und, wenn wir auf was Goͤttlichs denken, auf etwas Wuͤrdigers zu sehen, Als auf uns selbst und kleine Bilder. Von Koͤrpern leibliche Jdeen, Von Geistern geistige, von Gott die allerherrlichsten und besten, Die allerwuͤrdigsten und groͤßten, Wozu wir immer faͤhig seyn, zu hegen, ist nur unsre Pflicht. A. Dieß waͤr’ vielleicht so unrecht nicht Fuͤr einen Geist, der sonder Koͤrper, von Gott was Wuͤr- digs denken wollte; Allein die Frag’ ist: ob von uns im Koͤrper hier auf unsrer Erde Ein Gleiches auch geschehen koͤnne, ein Gleiches auch er- fodert werde, Und ob es nicht vermuthlich scheinet, Daß so lang’ in uns auf der Welt der Geist und Koͤrper noch vereinet, Daß, sonder koͤrperliche Bilder, man schwerlich richtig denken kann? Je mehr ich dieses uͤberlege, je minder geht es anders an. B. Dieß scheinet auch so unrecht nicht, doch wirst du mir auch zugestehen, Man habe, bey der Gottheit Wesen, aufs mindeste dahin zu sehen, B b Daß Vermischte Gedichte Daß die Jdeen wenigstens so groß genommen werden muͤssen, Als sie uns immer moͤglich sind; weshalben auch in mei- nen Schluͤssen, Wenn ich die Gottheit als die Sonne von den unzaͤhlbarn Sonnen nehme, Jch in der That mit deiner Meynung mich zu vereinen, mich bequeme, Jndem ich doch was Koͤrperlichs mit meines Geistes Kraft vereine, Wenn ich von Gott: Er sey die Sonne von allen andern Sonnen, meyne. Ver- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Verlaͤngerung unserer Tage. K lage nicht, daß unsre Zeit Mit so rascher Fluͤchtigkeit Fliegt, verschwindet, eilt, vergehet, Und, recht wie der Wind, verwehet! Moͤchtest du nur oft erwaͤgen, Daß du bist, und Gottes Macht, Jn der Kreaturen Pracht, Mit Vergnuͤgen uͤberlegen; Wuͤrden dadurch hier auf Erden Deine fluͤchtige Secunden Dir zu angenehmen Stunden, Die Minuten Tage werden. Jst die Zeit, vor sich, doch nichts! Deine Daur ist deine Zeit, Denkest du nun nicht auf dich; rafft dich die Vergaͤng- lichkeit Ungefuͤhlet mit sich fort, und es scheinet sich dein Ende Mit dem Anfang zu verknuͤpfen. Wie ein, durch der Uhren Schlag Gar nicht eingetheilter, Tag, Als ein stiller Fluß, behende Und recht unvermerkt verschwindet, Da am angebrochnen Morgen sich der Abend gleichsam bindet: B b 2 So Vermischte Gedichte So verfließet auch dein Leben, Wenn sich deine Seele nicht mit sich selbst so viel be- muͤht, Auf sich selber Acht zu geben, Und wenn sie auf sich so wenig, als auf Gottes Werke, sieht. Bloß durch ein vernuͤnftigs Denken Auf den Schoͤpfer und auf dich, Kannst du nicht nur eigentlich Hier dir deine Zeit verlaͤngern; fast dir selbst dein Daseyn schenken. Die zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Die Ungewißheit. A ls ich durch meine Fensterscheiben juͤngst meines Nachbarn Haus besah, Befand ich solches ordentlich und nach den Regeln auf- gefuͤhret, Mit Farben kuͤnstlich uͤberstrichen, und, nach der Sym- metrie, gezieret. Allein, ich wußte, von Verwundrung geruͤhret, kaum, wie mir geschah, Als ich es ploͤtzlich ganz verzogen, unordentlich und schief befand. Die Aenderung, der Unterscheid und schneller Wechsel nun entstand Von einer etwas eingebognen, gekruͤmmten, ungeraden Scheibe. Jch stutzte. Doch es fiel mir ein, was ich, uns hier zur Lehre, schreibe: Ein kleiner Umstand aͤndert alles. Man kann, in Din- gen dieser Erden, Nur leider gar zu leicht getaͤuscht, verwirret und ver- leitet werden. Ein Conterfait haͤlt einer aͤhnlich, ein andrer aber kennt es nicht; Vermuthlich ist in eines Auge die Haut ein wenig mehr gebogen, Es schneiden sich die Winkel anders, und hiedurch findet sein Gesicht Die Zuͤge des gemahlten Bildes, schon etwas mehr als ich, verzogen. B b 3 Wer Vermischte Gedichte Wer hat nun, von uns beyden, Recht? und welcher ist, der weichen muß? Ach hoͤre, laß uns uns besinnen! Vernuͤnftig macht man diesen Schluß: Dein Naͤchster hat von einem Dinge mit dir nicht aͤhn- liche Gedanken, Er sieht es durch ein ander Glas, du kannst mit ihm mit Recht, nicht zanken. Der zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Der Herbst. W illkommen kuͤhler, traubenreicher, mit suͤßem Obst beladner Herbst, Der du die Waͤlder uͤberguͤldest, mit rothem Glanz die Fruͤchte faͤrbst, Die Welt in bunten Flor verhuͤllst, das Feld mit feuch- tem Silber traͤnkest, Uns, das mit Lust verzehrte Wild, nebst tausend Schaaren Voͤgel schenkest Von Wachteln, Krammetsvoͤgeln, Lerchen, uns Tische, Kuͤch’ und Keller fuͤllst Mit suͤßem Wein und fettem Mastvieh, mit Lust, so Durst als Hunger stillst, Und uns, fuͤr kuͤnftgen Frost, versorgst! Wer kann die Gaben alle zaͤhlen, Die du uns recht verschwendrisch reichst, daß uns kein Mangel moͤge quaͤlen Jm strengen unfruchtbaren Winter! Wir kommen, durch dich, auf die Spur Und finden: Deine schoͤne Zeit sey recht die Absicht der Natur. Es wirkt das ganze Jahr fuͤr dich, in dir fuͤr uns. Uns zu ernaͤhren, Jm Frost, wenn unsre Mutter schlaͤft, den Unterhalt uns zu gewehren. Gebenedeyet sey die Liebe, zusammt der Weisheit und der Macht, Die, in der wunderreichen Ordnung, uns zeigt, daß sie an uns gedacht! B b 4 Die, Vermischte Gedichte Die, in dem großen Wunderzirkel, das Jahr, und dadurch, unsre Welt, Auf eine, nicht verneinliche, vernuͤnftigmaͤchtge Weis’ erhalt! Sey inniglich dafuͤr gepriesen, daß du Geschoͤpfe werden lassen, Die, daß hierinn von deinem Wesen ein Stral verbor- gen, koͤnnen fassen. Gieb, daß, mit froher Dankbarkeit, sie dich, in diesem deinen Segen, Erkennen, dich bewundernd loben, bekennen und ver- ehren moͤgen! Laß ihr, in dieser frohen Zeit durch Dank und Lust erreg- tes, Lallen, Der Ton durch dich vergnuͤgter Kinder, dir, ew’gem Vater, doch gefallen! Herbst- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Herbstgedanken. Z u Blaͤttern gewordene Saͤfte der Erden, Die ihr, uns Menschen zu vergnuͤgen, Von unten in die Hoͤh gestiegen, Jn tausend Roͤhren circulirt, Vom Finger der Natur geziert, So schoͤn geformt, gefuͤgt, gewebet, Uns Kuͤhlung, Lust und Schatten gebet! Jhr habt bisher so schoͤn gegruͤnt, Den Sommer uͤber uns gedient, Und oft uns, inniglich geruͤhret, Zu eurem allmaͤchtigen Schoͤpfer gefuͤhret. Jtzt scheinet euer lieblich Gruͤn, Das vor Smaragden aͤhnlich schien, Sich zu entfaͤrben, zu erbleichen. Ja, es bereitet sich so gar, Wie mich bedeucht, die ganze Schaar Uns zu verlassen, zu entweichen. Jch seh, im Geist, die Wipfel leer, Und abgestreiften Ruthen gleichen. Doch eh’ ihr fallt, will ich vorher An euren itzt fast guͤldnen Schaͤtzen, Mich noch, so lang’ ihr da, ergetzen. Wie lieblich wird der Sonnen Licht, Wann sichs auf euren Flaͤchen bricht, Jn einem gelben Glanz, gemildert! Vom Pinsel der Natur geschildert, Kommt ihr uns oͤfters als Drap’d’or, Jn dunkelblauen Luͤften, vor, B b 5 Die Vermischte Gedichte Die itzt von allen Duͤften rein Und dem Sapphir fast aͤhnlich seyn. Durch diesen Grund noch mehr erhaben, Jst es unglaublich fast, was wir An eurer angestralten Zier Fuͤr Augenweid’ und Anmuth haben. Es scheint, daß ihr, auch da ihr sterbet, Fuͤr uns im neuen Glanz euch faͤrbet. Wenn ich durch euch vergnuͤget werde, So dank ich, fuͤr das Sonnenlicht, Fuͤr euren Schmuck, fuͤr mein Gesicht, Dem Schoͤpfer Himmels und der Erde. Ueber- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Ueberlegung der in den fuͤnf Sinnen uns verliehenen Anmuth. Vergnuͤgen 1. des Geruchs . M ein, von dem Balsamduft der Bluͤte, Durch den Geruch, erquickt Gemuͤthe Erwaͤgt mit Lust und mit Bedacht, Die Weisheit, sammt der Lieb und Macht Des Wesens, das, uns zu vergnuͤgen, Der Koͤrper Theile so gelenkt, Daß sie sich unbegreiflich fuͤgen, Und in uns eine Kraft gesenkt, Die Suͤßigkeiten zu genießen, Die aus den Blum- und Bluͤten fließen, Auch uns des Riechens Werkzeug schenkt, Und den man preiset, wenn man nur, Jn Wundern seiner Kreatur, An ihren großen Meister denkt. 2. Des Vermischte Gedichte 2. Des Gehoͤrs. M ein, durch der hellen Voͤgel Choͤre, Jn dem empfindenden Gehoͤre, Geruͤhrtes und vergnuͤgtes Herz, Betaͤubt durch ihren suͤßen Scherz, Denkt, uͤberleget und erwaͤget Die Weisheit, welche solchen Klang, Und herzentzuͤckenden Gesang, Jn solcher Thierchen Schnaͤbel leget. Der solche schnelle Dehnungskraft, So lieblichschallend’ Eigenschaft Den duͤnnen Luͤften eingepraͤget. Der uns zu dem Genuß erkohren, Und uns das Werkzeug unsrer Ohren Dazu formiret und geschenkt, Wodurch sich, sonder alle Muͤh, Die liederreiche Harmonie Jn die geruͤhrte Seele senkt. Will man nun recht, und menschlich hoͤren; Muß man des Wohllauts Ursprung ehren. 3. Des zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. 3. Des Gesichts. W enn in die spiegelnde Crystallen Der Augen so viel Wunder fallen, Und wir von allen dem, was schoͤn, So herrliche Gestalten sehn, Die uns durch Farb und Licht vergnuͤgen, Warum will unsre Seele nicht Zu solcher Lust bey dem Gesicht Die Kraft der Ueberlegung fuͤgen, Und nicht an den, der fuͤr die Pracht Der schoͤnen Welt sie sinnlich macht, Jhr dazu Augen wollen schenken, Mit Dank, in ihrer Lust nicht denken? Warum will sie, nach ihrer Pflicht, Nicht wenigstens das Sonnenlicht, Und in ihr den, der ihre Pracht Zum Nutz der Kreatur gemacht, Nicht preisen, seiner sich nicht freuen, Ein froh Bewundern ihm nicht weihen? 4. Des Vermischte Gedichte 4. Des Geschmacks. W as koͤnnten wir vor Lust im Schmecken, Wenn man daran nur daͤcht’, entdecken! Es sind die Kraͤfte nicht zu zaͤhlen, die in den eßbarn Koͤrpern stecken; Doch waͤren sie fuͤr uns nicht da, wofern nicht eine Wunderkraft Jn unsrer Zungen Bau gesenket, und die empfindend’ Eigenschaft, So manchen Saft zu unterscheiden. Bewundert doch, wie unsre Seelen Mit so viel Wesen dieser Welt, durch dieses Werk- zeug, sich vermaͤhlen. Auf! laßt uns denn mit Freuden trinken, auf! laßt uns mit Vergnuͤgen essen, Dieß ist des Schoͤpfers Will’ und Absicht. Wenn wir dabey nun auch ermessen, Daß uns, ein liebreich weises Wesen, mit einer sol- chen Wundergabe, Der Erden Schaͤtze zu genießen, aus lauter Huld be- schenket habe, Sein Freundlich-seyn im Schmecken schmecken; so ha- ben wir mit unsern Zungen, Auch wenn wir essen, ihm gedient, und Gott, in unsrer Lust, besungen. 5. Des zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. 5. Des Gefuͤhls. O suͤßer Sinn, der allgemein, Jn welchem Riechen, Hoͤren, Sehen Und Schmecken eigentlich bestehen Und recht darinn vereinet seyn! Durch dich wird noch insonderheit Mit ganz besondrer Lieblichkeit Von Gott auf unsre Lust gezielet, Denn unser ganzer Koͤrper fuͤhlet. Doch scheinest du mit unsrer Hand Jm ganz besonderem Verband Und in der regen Finger Spitzen, Als deinem Aufenthalt, zu sitzen. Wodurch wir offenbar entdecken, Daß in der Nerven aͤußern Ecken Des Geistes Kraͤfte sich erstrecken: Wie wir, wenn linde Winde kuͤhlen, Auch wenn uns laue Waͤrme schmeichelt, Von beyden angenehm gestreichelt, An allen aͤußern Theilen fuͤhlen. Man muß in dir auch nicht vergessen, Die Lust der Liebe zu ermessen, Die, wenn man sie nur nach der Pflicht, Die vorgeschrieben ist, verricht, Mit Recht ein Wundergut zu nennen, Die, daß das menschliche Geschlechte Auf Erden fortgepflanzt seyn moͤchte, Uns Gott auf Erden wollen goͤnnen. Auf! laßt uns denn im Fuͤhlen, Schmecken, Jm Hoͤren, Riechen, Sehn, entdecken, Was sich darinn fuͤr Wunder fuͤgen; Und wie uns, auf so manche Weise, Der Schoͤpfer suche zu vergnuͤgen. Gebraucht sie denn zu seinem Preise! Ver- Vermischte Gedichte Verweis wegen unserer Unerkennt- lichkeit gegen den Schoͤpfer. S o bald wir ein Gemaͤhld’, das schoͤn, Erblicken, wird man es besehn; Man pflegt sich nah hinbey zu fuͤgen, Man wird sich sehr daran vergnuͤgen, Gleich nach des Meisters Namen fragen, Und viel zu seinem Ruhme sagen. Wenn aber wir von Berg und Thal, Bestralt vom wahren Sonnenstral, Das herrlichste Original, Von Gottes Finger selbst gezieret, So wird man kaum dadurch geruͤhret, Wobey die trefflichste Copey Nur eine schlechte Schmiererey, Viel minder, daß man ein Behagen An solchen Wundern sollte tragen. Wer wird nach dem, der diese Pracht So wunderbar hervorgebracht, Wer nach des Meisters Namen fragen? Erinne- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Erinnerung, an den Schoͤpfer zu gedenken. M an kann im Hoͤren, Fuͤhlen, Schmecken Den Schoͤpfer uͤberall entdecken. Kann ihn nun gleich der Blick nicht sehn, Kann ihn doch unser Geist verstehn. Das allerwichtigste Geschaͤffte, Wozu die Menschheit faͤhig scheint, Jst, wenn so Geists- als Sinnenkraͤfte Zu unsers Schoͤpfers Ruhm vereint, Sich, alles, was er uns gegeben Zu fuͤhlen, und in unserm Leben Dafuͤr ihn zu erhoͤhn, bestreben. C c Die Vermischte Gedichte Die Erkenntniß Gottes. D ie Thiere wissen nichts von Gott, der Mensch, von allen Kreaturen Erblickt allein, in Gottes Werken, von einem Gott ge- wisse Spuren. Doch, damit nicht vergnuͤgt, spricht er: Jch weis von Gott noch mancherley. Wir sollen, daß ein Gott sey, wissen, wir wollen wis- sen, was er sey. Da dieß doch eine Wissenschaft, die uns in unserm Stand hienieden Nicht: sondern, sollen wir sie haben, vermuthlich kuͤnftig erst beschieden. Ver- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Vernuͤnftige Geschoͤpfe. S o groß als wie du selbst, muß deine Liebe, O Wesen aller Wesen, seyn! Jndem du Wesen, die so klein, Die Wunderkraft, auf dich zu denken, Schon hier gewuͤrdiget zu schenken. Dieß Denken ist es ganz allein, Durch welches wir, vor allen Thieren, Die nichts von diesem Vorzug spuͤren, Vernuͤnftige Geschoͤpfe seyn. C c 2 Gott Vermischte Gedichte Gott so wohl im Kleinen, als im Großen, groß. G ott laͤßt, dergestalt, im Großen seiner Allmacht Stralen scheinen, Daß er kleiner nicht im Kleinen: Das, was klein, ist, nach dem Umfang und nach seinen eignen Groͤßen, Die so gar gering und winzig, eigentlich nicht abzumessen; Sondern, nach der weisen Allmacht dessen, dem es einerley, Ob ein Erdenkreis erschaffen, ob ein Staub bereitet sey. Eben der, der eine Blume bildet, formet, faͤrbt und zieret, Hat den großen Sonnenkoͤrper zugerichtet und formiret: Eben der, der einen Engel in dem Reich des Lichts gemacht, Hat auch diesen kleinen Wurm auf der Welt hervorgebracht. Es kann auch die groͤßte Groͤße Gott so wenig Ehre geben, Noch (da fuͤr ihn nichtes groß) seine wahre Groͤß’ erheben; Als, die allerkleinste Kleinheit, die er einem Stoff be- stimmt, Seiner allgemeinen Vorsicht, Lieb und Allmacht etwas nimmt. Ja, wir sind fast, durch die Kleinheit, zur Bewundrung mehr bewogen, Da die Wunderkunst im Kleinen unsern Augen fast ent- zogen, Und nur bloß ein geistger Blick, was fuͤr Groͤß im Kleinen steckt, Mit erstaunendem Bewundern, unserm Gott zum Ruhm, entdeckt. Unter- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Unterscheid zwischen einem Traͤumen- den und Wachenden. E s fragt sich, da wir schlafend traͤumen, ob wir auch, wenn wir wachen, nicht Auf gleiche Weise traͤumen wuͤrden, durch der Jdeen großes Heer, Und durch die ungezaͤhlte Vorwuͤrf, (worinn wir schwim- men wie im Meer) Sowohl als in der Nacht verwirrt? Daß aber dieses nicht geschicht, Scheint bloß hiedurch allein behindert, da unsern Seelen eine Kraft, Das, was unordentlich, zu ordnen, ist zugetheilt, ein’ Eigenschaft, Das, was zu viel ist, zu entfernen, durch diese Richter- kraft allein Kann alles, was wir denken, recht und ordentlich gewir- ket seyn. Wir scheinen denn, so lange wir in dieser Welt sind, so geschaffen, Daß, wenn wir in der Nuhe liegen, auch diese Richter- kraͤfte schlafen. C c 3 Gebeth. Vermischte Gedichte Gebeth. G ieb Herr und Schoͤpfer dieser Welt, Daß ich auf meiner Lebensreise Dir diene, dich erheb’ und preise, Und zwar auf eine solche Weise, Die dir gefaͤllt! Natur- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Naturlehre. D ieß wird von der Natur gelehrt: Der Mensch muß im Geschoͤpf den Schoͤpfer, und Gott in seinen Werken ehren, Und so, von der Vernunft erklaͤrt: Daß, unter goͤttlichen Geschoͤpfen, auch alle Menschen mit gehoͤren. Wir sehn aus dieser kurzen Lehre des großen Schoͤpfers gnaͤdigs Wollen, Daß wir, in Werken, ihn bewundern, und unsern Naͤch- sten lieben sollen. C c 4 An Vermischte Gedichte An des Verfassers sieben und sechzigsten Geburtstage, den 22 Herbstm. 1746. H eut’ ist von meinen Lebensjahren Das sechs und sechzigste nun auch vergangen und dahin gefahren. Nach sechzig, die ich uͤberlebet, faͤngt sich das siebente nun an. Gott Lob! daß ich, auch in dem letzten, das in dem Augenblick verflossen, Wie in der ganzen Lebenszeit, Von meines Schoͤpfers Guͤtigkeit So ungezaͤhltes Gut genossen: Daß ich dasselbe nimmer zaͤhlen, noch minder es ver- danken kann! Doch heischet meine Pflicht von mir, daß ich, an dem besondern Tage, Zu Ehren dem, der so viel Guts in solcher Fuͤlle mir ge- schenkt, Jndem mein Geist mit ernster Lust den Werth der Wun- der uͤberdenkt, Dem großen Geber Lob und Dank in freudenreicher Ehrfurcht sage. Jch bin im abgewichnen Jahr, Herr, durch dein vaͤterliches Lieben Am Koͤrper, Seel und Geist gesund, nebst allen Meinigen, geblieben. Das zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Das Meinige, mein Amt, mein Stand, Vermoͤgen, Wohlfahrt, Ehr und Gut Blieb unversehrt und ungeschmaͤlert in deiner vaͤter- lichen Hut. Jch habe tausend tausendmalen, wie schoͤn die Welt, wie wunderschoͤn, Zu Ehren deiner weisen Liebe, mit ungeschwaͤchten Sinnen sehn Und mich daran vergnuͤgen koͤnnen. Wie viele Stunden bracht ich zu, Von schwarzen Sorgen unbekuͤmmert, im suͤßen Schlaf, in sanfter Ruh! Jch habe, dein Geschoͤpf bewundernd, so manchen Tag, so manche Nacht, Jn einer stillen Einsamkeit, auf meinem Garten zu- gebracht. Was konnte meine Seele nicht, durch meiner Zungen Bau, im Schmecken Fuͤr tausendfache Mischungen des Stoffs in der Natur entdecken, Zur Kost des Koͤrpers, Lust des Geistes, die Witz und Kunst annoch vermehrt, Und, mit dadurch vermehrter Lust, wenn man nur dran gedenkt, uns naͤhrt! Wie hast du, Herr, in diesem Jahr, mir sonst so manches Gut bescheret! Es hat, von Coͤlln der große Churfuͤrst, mit seinem Bilde, mich beehret, Und sein Gesicht voll Majestaͤt, von eines großen Kuͤnstlers Hand, Sehr schoͤn, recht nach dem Leben, mir aus eignem Triebe zugesandt, C c 5 Woran Vermischte Gedichte Woran ich mich, als einer Probe, daß er die Schrif- ten etwas schaͤtze, Die ich zu Gottes Ehren schrieb, so oft ich es be- schau, ergetze. Auch heuer ist mein dritter Sohn, der auf der See verschiedne Proben Von Muth und Tapferkeit gezeigt, durch Hamburgs Admiralitaͤt Auf ihrem groͤßten Kriegesschiff mit Ruhm zum Com- mandeur erhoben, Mit welchem er, Gott gebe gluͤcklich! nach Africa zu kreuzen geht, Die algerinischen Barbaren, die uns so schaͤdlich, zu bekaͤmpfen, Der Unsern Schiffahrt zu beschuͤtzen, und moͤglichst, jener Trotz zu daͤmpfen. Herr! segne dieß sein kuͤhn Beginnen, stoͤr’ alles widrige Geschicke, Walt’ in Gefahren uͤber ihm, und bring’ ihn uns begluͤckt zuruͤcke! Du hast mir auch noch einen Vorzug, in diesem Jahre, wollen goͤnnen, Daß, auf dem Land in Hamm und Horn, wie wir die schoͤne Gegend nennen, Jch einen guten Prediger, ohn Nebenabsicht, setzen koͤnnen. Herr, laß bey der geschehnen Wahl mich meines Wunsches Zweck erhalten, Daß er, zu vieler Menschen Besten, sein Amt un- straͤflich mag verwalten! O Gott! zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. O Gott! der du die Welt erhaͤltst, und alles, was darinn, regierst, Der du, wenns oft auch nicht so scheinet, doch alles stets zum Besten fuͤhrst, Von dessen milden Vaterhand, in diesem Jahre, das verflossen, Jch, uͤber dem, was ich schon hatte, von neuem so viel Guts genossen, Daß ich dasselbige kaum zaͤhlen, noch weniger erzaͤhlen kann; Nimm dafuͤr die geruͤhrte Seele, und meinen Dank, zum Opfer, an! Laß mich, durch oͤfters Ueberlegen, denselben oftermals erneuen, Und, in Bewundrung deiner Guͤte, mich deiner Gaben oͤfters freuen! Laß mich, den Rest von meinem Leben, trifft es mit deinem Willen ein, Jn deinen Werken dich bewundernd, im Jrdischen vergnuͤget seyn! Vergoͤnne, daß, zu meinem Dank, ich auch noch dieß Gebethe fuͤge: Gieb, daß auch mein Geschlechte sich, am Jrdischen in dir, vergnuͤge! Zufaͤllige Vermischte Gedichte Zufaͤllige Gedanken beym Anblick eines Todtenkopfs. J n dieses Schaͤdels engen Schranken Schwaͤrmt’ ehedem ein Heer von schwuͤlstigen Ge- danken, Wuͤhlt’ ehedem ein Schwarm von Lust- und Geldbegier, Brach vormals eine Schaar phantastischer Jdeen, Von Hoffnung, Zweifelsucht, und Furcht belebt, herfuͤr. An Bildung war er dazumal, Erwaͤgt mans recht, nicht anders anzusehen, Als wie, von unsrer Seel, ein beinern Futteral. Jetzt ist er leer von Geist und Leben, Ein ekelhafter Ueberrest von dem, was an uns sichtbar war, Da unser Geist, sammt der Jdeen Schaar, Den Abschied ihm gegeben. Sein Fleisch hat ihn sowohl, als wie sein Geist, verlassen, Wir koͤnnen nicht einmal, wo jenes blieben sey, Und noch weit weniger, wo seine Seele, fassen. Jhr Philosophen kommt herbey, Die ihr, daß alles so und anders nicht sey, wisset, Sprecht: ob ihr nicht gestehen muͤsset: Hier sey des Bauren Witz, und eurer, einerley. Doch hoͤrt bey der Gelegenheit, was meine Meynung hievon sey: Mir macht der Gegenwurf kein Grauen, Der Todtenschaͤdel widerspricht Auch meiner simpeln Lehre nicht: Vielmehr wird man sie noch, durch ihn, bestaͤrket schauen. Ach haͤtte man darauf mit mehrerm Beyfall Acht! Ob zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Ob sich in unserm Geist gleich viele Kraͤfte haͤu- fen; Sind wir doch hier, nicht zum Begreifen, Bloß zum Bewundern, nur, gemacht. Bewundert denn auch hier mit mir die Kraft der bil- denden Natur, Bemerkt in ihrer Bildungsordnung ein’ unverneinlich helle Spur, Daß sie nach Maaß und Regeln formt, daß folglich ein vernuͤnftig Wesen Derselben Handlungen beseelt, das solchen Stoff fuͤr sie erlesen, Woraus sie, was zu formen, formt. Zu wenig nicht, auch nicht zu viel Gebraucht und wendet sie stets an, um zu dem vorge- steckten Ziel Und ihrer Absicht zu gelangen. Wie diese Knochen selbst entdecken, Worinn Maaß, Ordnung, Symmetrie, in richtigster Vollkommenheit, Zum Zweck, wozu sie dienen sollen, auch noch im Ueber- bleibsel stecken. Derselbe Schaͤdel war vorhin, so lang ihn die Natur belebt, Mit Nerven, Muskeln, Fleisch und Haut, so weis’ und wunderbar bewebt, Das Wunderwerkzeug unsrer Sinnen, wodurch die Seele sich vergnuͤget Und mit der Welt verbunden wird, war diesen Knochen zugefuͤget, Die sind nun zwar dahin und fort. Es ist die Spur nicht einst vorhanden; Allein, Vermischte Gedichte Allein, sie sind in ihrem Wesen, so lange sie gesollt, bestanden. Sie waren, zu bestaͤndger Dauer und ewgem Waͤhren nicht gemacht, Sie waren, aus dem Stoff der Welt, vereinet und zu Hauf gebracht: Jetzt sind sie wieder aufgeloͤst, und wieder mit dem Stoff vereinet, Aus welchem sie genommen waren, wie dieß unwider- sprechlich scheinet. Allein, wo blieb? wo ist die Seele? hoͤr ich dich unge- duldig fragen. Die meynende Philosophie soll ihre Meynung deutlich sagen. Die Seele, die, durch ihren Koͤrper, zu einem bessern Stand gelangt, Als welchen sie zuerst gehabt, da er sie mit der Welt ver- bunden, Und sie, in den erschaffnen Werken, den, welcher alles schuf, gefunden, Scheint nicht von einem solchen Wesen, Das, wie die Koͤrper, aufzuloͤsen, Wohl aber, da die Gottheit ihr, aus lauter Lieb in ihrem Leben, Von seinem wesentlichen Daseyn ein uͤberzeuglichs Licht gegeben; Glaubt man mit Recht, auf seiner Lieb allein sich gruͤn- dend, daß er wolle, Daß ein von ihm erleuchtet Wesen nicht sterben, nicht vergehen solle. Mißfaͤllt dir diese Meynung nicht, und billigst du, was ich gesprochen, Jch fodre keinen Dank von dir: verdank es diesen Todtenknochen. Glau- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Glaubensbekenntniß. V om Glauben mach ich, demuthvoll, Hier mein Bekenntniß offenbar: Jch glaub, und halte das vor wahr, Was Gott will, daß ich glauben soll. Doch giebet die Vernunft mir ein: Jch muͤsse dessen, was Gott wolle, Daß man es voͤllig glauben solle, Ganz uͤberzeugt versichert seyn. Gleich- Vermischte Gedichte Gleichheit der Menschen. H oͤrt, was die Stimme der Natur zu einem jeden Men- schen spricht: Verachte niemand, auch sogar den alleraͤrmsten Sklaven nicht, Er ist sowohl als du ein Glied an meiner Kette. Bey- der Ende Jst, so wie euer Ursprung, gleich. Jhr lebet beyde, Gottes Willen Und seine Absicht zu erfuͤllen. Der Unterthan und der Monarch, die werden endlich beyde gleich, Und die Verwesung schlinget beyde, so bald ihr in dem Todtenreich, Ohn Ansehn eines Ranges ein. Was hat ein Sterblicher vor Recht, so uͤbermuͤthig stolz zu seyn? Geistige zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Geistige Abgoͤtterey und ihre Schaͤdlichkeit. V on einer Gottheit, die unendlich, ein koͤrperliches Bild formiren, Jst untersagt, auch laͤcherlich, indem es der Unendlichkeit Nachtheilig ist und unanstaͤndig. Doch goͤttlicher Voll- kommenheit Jst es nicht minder unanstaͤndig, wenn Menschen sich so weit verlieren, Und im Gehirn ein geistig Bild von einem alten Mann erhoͤhn, An welchem sie mit ihrem Geist bekleben, und nicht wei- ter gehn. Noch mehr, man stellt sich solchen Gott, als wenn er nur aufs Boͤse siehet, Als waͤre er um unsre Laster scharf zu bestrafen nur be- muͤhet, Als einen scharfen Richter vor. Wie! streiten nicht so strenge Triebe Mit der Unendlichkeit der Weisheit, mit der Unendlich- keit der Liebe Und mit der ganzen Gottheit selbst? Allein: ist Gott denn nicht gerecht? O ja: gerecht ist seine Liebe. Sie straft zur Beßrung allezeit. Es prediget uns die Natur und die Vernunft ohn Un- terlaß, Es koͤnne die Gerechtigkeit Kein Gegensatz der Liebe seyn. Der Liebe Gegensatz ist Haß. D d Wunsch. Vermischte Gedichte Wunsch. W ie wunderschoͤn ist doch die Welt! Wie zeigt die Gottheit sich in allen! O Schoͤpfer, laß dir doch gefallen, Daß uns dein herrlich Werk gefaͤllt! Beten zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Beten und Danken. W elch eine gottheitwuͤrd’ge Liebe wird in der Ord- nung nicht gefunden, Da Gott allhier mit unsrer Lust und Anmuth seinen Ruhm verbunden; Denn dadurch, daß ihr seine Werke mit Lust und mit Vergnuͤgen seht, Wird seine Weisheit, Lieb und Macht allein geehrt, allein erhoͤht. Dieß ist der wahre Gottesdienst, da Gott so sehr, daß man ihn ehret, Nicht (weil er unsers Ruhms nicht braucht) als unsrer Seelen Lust begehret. Erkennet denn die große Wahrheit! Hierinn bestehen ihre Schranken: Durch Beten dienen wir uns selbst, der Gottheit dient man bloß durch Danken. D d 2 Zweifel. Vermischte Gedichte Zweifel. S ollt unsre Lust an Gottes Werken dem Schoͤpfer auch gefaͤllig seyn? Der Zweifel fiel mir oft vor diesem, und faͤllt mir noch zuweilen ein, Doch find ich, daß er ungegruͤndet. Wir lehren in der Christenheit, Daß Gott auf unsern Wandel achte. Waͤr es nun eine Billigkeit, Zu glauben, daß die ewge Liebe uns, bloß zu unsrer Quaal, betrachte, Und nur auf unser Suͤndigen, um uns darum zu strafen, achte, Nicht aber auch, wenn wir die Pflichten, Wozu er uns erschuf, verrichten, Und wenn wir uns, zu seinem Ruhm, uns sein zu freuen, nicht entbrechen? Dieß scheint der Eigenschaft der Liebe und Huld schnur- stracks zu widersprechen. Es scheint vielmehr, er habe selbst uns diese Wahrheit eingepraͤgt, Es sey ein solcher Gott kein Gott, der lauter Zorn und Rachgier hegt. Ver- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Vernuͤnftiger Gottesdienst. J ch bete dich, in deinen Wundern, o wunderbarer Schoͤpfer an, Weil ich, zu deinen heilgen Ehren, nichts Wuͤrdigers er- sinnen kann, Als deine Liebe, Macht und Weisheit in den durch dich gewordnen Werken Mit einem recht geruͤhrten Geist, mit Lust und Loben, zu bemerken. D d 3 Das Vermischte Gedichte Das vernuͤnftige Werkzeug. W enn ich den Menschen, nach des Koͤrpers und seines Geistes Kraft, betrachte, Und, bey demselbigen, die Absicht, deß, welcher ihn ge- macht, beachte; So faͤllt, bey den Betrachtungen, mir diese Frage billig ein: Sollt etwan nicht der Mensch von Gott auch dazu mit erschaffen seyn, Daß er der Erden Flaͤche ziere, Veraͤnderung und Ordnung mache, die Kreatur dazu re- giere, Daß auf dem aͤußern Kreis der Erde Das Schoͤne nicht allein erhalten, nein, alles noch verschoͤ- nert werde, Und daß er gleichsam der Natur zu einem Werkzeug die- nen solle, Das ihr in ihren Wirkungen und ihre Ordnung auszu- richten Behuͤlflich sey, und zugerichtet, daß er ihr helfen koͤnn’ und wolle? Doch scheint der Mensch ein solches Werkzeug, das, in Vollbringung seiner Pflichten, Ein eigenes Vergnuͤgen fuͤhlen, den Schoͤpfer kennen, ihn verehren, Jhn lieben und ihn loben kann. Ach moͤchte denn doch jedermann Die Pflicht verrichten, sich vergnuͤgen, und Gottes Herr- lichkeit vermehren! Geho- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Gehobener Zweifel. A. J ch mag, so viel ich will, mich zwingen, zu glauben, daß nach diesem Leben Den Seelen die Unsterblichkeit und eine stete Daur gege- ben; Wenn alles andre auch erwiesen, faͤllt mir der Zweifel immer bey, Ob nicht die Quelle dieses Glaubens allein die Eigenlie- be sey? Die Eigenliebe praͤgt allein, Da jeder lieber lebt als stirbet, Und lieber dauret als verdirbet, Die Hoffnung den Gedanken ein; Die Hoffnung wird zuletzt zum Glauben, Und diesen, weil er uns ersprießlich, laͤßt man sich nicht so leichtlich rauben. Du magst denn sagen, was du willt, so lang’ als man dieß wahr befindet, Daß die Unsterblichkeit der Seelen sich bloß auf Eigenlie- be gruͤndet; So bleibt mir stets ein Zweifel uͤbrig. B. Auch die- ser Zweifel ist zu heben, Und will ich, um ihn zu vertilgen, dir ein unfehlbar Mittel geben. Bemerke diese große Wahrheit, erwaͤge sie genau, und denke: Die Eigenlieb’ ist selbst nicht unser, sie ist ein goͤttliches Geschenke. D d 4 Ver- Vermischte Gedichte Versuch, die Anstoͤßigkeit vielerley Religionen zu heben. U eberall ersichtliches, und dennoch verborgnes, We- sen, Wie verwirrt sich der Verstand, wann wir mit Erstau- nen lesen, Daß so viele tausend Arten falscher Goͤtzendienst’ auf Er- den, Jhres Unsinns unerachtet, doch von dir geduldet werden! Da es aber doch geschicht; Scheinet es der Menschen Pflicht, Die Vernunft zu Rath zu ziehen, Und mit Ernst uns zu bemuͤhen, Hievon einen Grund zu finden, der uns zeig’ und uͤber- fuͤhre: Wie auch bey so vielen Secten doch die Gottheit nichts verliere. Denn uns wuͤrdige Begriffe von der Vollenkommenheit Gottes uͤberall zu machen, ist der Menschen Schuldig- keit. Daß ein falscher Gottesdienst, auch so gar Abgoͤtterey, Bloß nur ein’ Unwissenheit- keine Bosheitsuͤnde sey, Jst mit Recht wohl nicht zu leugnen. Wer der Gott- heit Groͤß’ erkennet, Wie sie uns, in ihren Werken, ein Erkenntniß von sich goͤnnet; Daß, wie diese fast unendlich, Gott noch weit unend- licher An Verstand, an Macht und Liebe, aller Sonn- und Welten Herr, Schoͤ- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Schoͤpfer und Erhalter sey: kann unmoͤglich von ihm denken, Daß er in ein irdisch Bild durch uns Wuͤrmer einzu- schraͤnken. Dieses widerspricht sich selbst. Betet man nun Bil- der an; Wie es leider! doch geschicht, so wird klaͤrlich darge- than, Daß kein wuͤrdiger Begriff koͤnn in einer solchen Seelen Von der wahren Gottheit seyn; folglich muß dieselbe fehlen, Bloß aus ihrem Unverstand. Bosheit hat hier gar nicht statt: Denn da die Natur in uns einen Trieb gepraͤget hat, Unser Wohlseyn zu befoͤrdern; wuͤrd’ auf dieser ganzen Erden Unter allen Menschenkindern nie ein Mensch gefunden werden, Der, mit Vorsatz, falsche Goͤtter ehren wollte; haͤtt’ er nur Von der wahren Gottheit Wesen eine fest’ und sichre Spur: Denn mit Fleiß sich zu verdammen, leiden die zu starke Triebe Unsrer von Natur in uns eingepraͤgten Eigenliebe, Wie erweislich, nimmermehr. Also folgt, daß in der That An dem falsch- und Goͤtzendienst bloß die Dummheit An- theil hat. Sage nicht: es giebt doch Pfaffen, die so falsche Dienst’ erfunden: D d 5 Denn Vermischte Gedichte Denn es gab auch unter ihnen, die es besser nicht ver- stunden. Haben aber etliche sie, aus Geiz und Stolz, erdacht; Haben sie vom wahren Gott das geringste nicht ge- macht, Und gar keinen Gott geglaubet: Denn kein Mensch ist so verwegen, Daß er gegen Gott, den er als Gott kennt, sich sollte legen. Da die Menschheit denn hierinn sich aus Bosheit nicht verschuldet, Sondern sie, aus Einfalt bloß, Gott so klein sich vor- gestellt; Jst vielleicht dieß eine Ursach, daß der Schoͤpfer in der Welt Vielerley Religionen leidet, und, aus Langmuth, dul- det. Ein zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Ein Atheist. E in Mensch, der auf der Welt gelebt, und sich nicht an der Welt vergnuͤget, Den Schoͤpfer nicht in ihr gefunden, und nicht in ihrer Ordnung, Pracht Und Schoͤnheit einen Stral der Weisheit, die sie so wun- derbar gefuͤget, Bemerkt, sein’ unumschraͤnkte Macht Nicht angebetet, nicht bewundert, und seiner Liebe nicht genossen, Da sich doch so viel Segensstroͤm’ in solcher Fuͤll’ auf ihn ergossen, Der, da der Schoͤpfer so viel Guts durch sein Geschoͤpf ihm hier erwiesen, Dem großen Geber nicht gedankt und seine Guͤte nicht gepriesen, Haͤtt er auch aller Welt Metall, ja, haͤtt er Koͤnigreich’ erworben, Hat, als ein Atheist, gelebt, ist, als ein Atheist, ge- storben. Die Vermischte Gedichte Die Verschiedenheit der Begriffe von Gott. S o wie fast alle Nationen Jn allerley Religionen Von Gott verschiedentlich gedenken; So scheint, von einem jeden Jch, (Da unsere Jdeen ja, von allen, unterschiedentlich,) Auch sein Gedankenbild von einer Gottheit, sich Jn eine einzige nicht einzuschraͤnken. Ein jeder denkt, zu Gottes Preise, Von Gott, auf eine andre Weise. Aus welchem ich denn so viel fasse, Daß Gott von allen menschen keinen, wenn er ihm red- lich dienet, hasse. Der zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Der Wissenssucht schaͤdliche Folgen. E s fragt sich, ob die Ungewißheit, der Zwiespalt, Jrrthum, Zank und Streit Der Philosophen auf der Welt nicht dieß allein zum Grunde habe, Daß man vergessen, erst auf sich und seines Geists Be- schaffenheit, Auf unsrer Seel umschraͤnktes Wesen, wie weit derselben Kraͤfte gehn, Mit mehrerer Aufmerksamkeit und schuld’ger Achtsamkeit zu sehn, Eh man sich unterstanden, sich mit hoͤhern Dingen zu befassen, Und eh man, in die Gottheit gar zu schauen, sich geluͤsten lassen? Anstatt von unsrer Selbsterkenntniß vor allen Dingen anzufangen, Und von ihr auf den Weg zur Demuth geleitet, durch dieselbe nur Zur ehrerbietigen Bewundrung des Schoͤpfers, in der Kreatur So froh- als ernstlicher Betrachtung, nach einer Ord- nung, zu gelangen, So hat man, aus selbsteigner Fuͤlle des Geists, von allem auf der Welt Sich selbst als einen klugen Richter, von Hochmuth aufgeblaͤht, gestellt. Hiedurch nun sind wir, durch den Stolz verfuͤhrt, aufs irrige Begreifen Wohl recht ungluͤcklich hingerathen, wodurch der Eigen- liebe zwar Mehr Vermischte Gedichte Mehr als zu viel geschmeichelt wird, doch hat die Wahr- heit ganz und gar Bey solchem Zustand sich verloren, ein unaufhoͤrlichs Zanken, Keifen Und Widerspruch sich eingefunden. Ein solch Begreifen ist mit Recht Ein wahrer Rechtgeiz wohl zu nennen, Da wir, mit Ausschluß aller andern, das stets bestrittne Recht allein Fuͤr uns allein behaupten wollen, und nichts dem Rest der Menschen goͤnnen. Ein jeder will unbillig klug, und ganz alleine weise seyn. Dieß wuͤrde nimmermehr geschehen, wenn man, von seiner Nichtigkeit Jn uͤberfuͤhrender Erkenntniß, auf goͤttliche Beschaffenheit Jm Anfang unserer Betrachtung mit Ehrfurcht sein Ge- sicht gelenket; Jndem man denn ohn allen Zweifel in tiefster Ehrer- bietigkeit Jn das anbetungswuͤrdig’ All sein ganzes Nichts hinein- gesenket, Und seine große Majestaͤt in einer andachtvollen Stille Verehrt und angebetet haͤtte; auch wuͤrde nimmermehr der Wille Mit andern Menschen sich gezanket, so aͤrgerlich sich nicht entzweyet, Vielmehr dahin vereinet haben, sich mit einander zu be- streben, Gemeinschaftlich des Hoͤchsten Wunder bewundernd froͤlich zu erheben, Und auch mit unsern Nebenmenschen zugleich in Ei- nigkeit zu leben Atheisten- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Atheistenkriege unnuͤtz und unnoͤthig. D ie Ursach, warum itzt die Lehren, Die Atheisten zu bekehren, Sich fast an allen Orten haͤufen, Kann ich nicht gar zu wohl begreifen, Da doch so viel, als wie man hoͤrt, Sich ihre Schaar nicht eben mehrt. Ja sollte letzters auch geschehen, Jst es noch ungewiß, ob selbe nicht entstehen Dadurch, daß man, was Gott, so wunderlich erklaͤrt. Es scheint, wenn wir es recht ergruͤnden, Daß, wenn dieß ohne Noth geschicht, Mehr Stolz als Nutz darinn zu finden; Wer braucht beym Sonnenstral ein Licht? Man glaubt, die Sprache der Natur Sey, gegen unsre Schluͤsse, nur Ein unverstaͤndlich dunkles Wesen, Und, sonder unsrer Schluͤsse Kraft, Das Kreaturbuch nicht zu lesen. Da in der Geister Eigenschaft Doch ganz verschiedene Gedanken, Ein aͤrgerlichs bestaͤndigs Zanken, Und nichts als Jrrungen entstehn, Wie leider! uͤberall zu sehn. Wann in den wunderbaren Werken Der Schoͤpfer uͤberall zu merken, Er selbst sich uͤberall entdeckt; So scheint, als ob in dem Betragen, Von andrer Schwachheit nichts zu sagen, Kein andrer Grund als dieser steckt: Ein Vermischte Gedichte Ein jeder scheint sich zu bemuͤhn, Mehr seinen Geist hervorzuziehn, Als Gottes Wesen zu bewehren. Ein jeder will mit seinem Geist, Was sich an allen Orten weist, Was mehr als sonnenklar, erklaͤren. Es koͤmmt ein solch Betragen mir Fast in der That nicht anders fuͤr, Als wenn ein Kind, mit klugen Lehren, Mit einer langen Schluͤsse Reih, Will aus dem A. B. C. erklaͤren, Daß es zu Mittag, Mittag sey. Ungluͤck- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Ungluͤcklicher Zustand eines Atheisten. D er Unterscheid, der zwischen uns, (die wir ein goͤttliches Regieren Jn allen Dingen feste glaͤuben,) und etwan einer Seel’ zu finden, Die eines solchen Trosts beraubt, ist ziemlich deutlich zu verspuͤren, Wenn wir den Zustand eines Menschen, der schwerer Sorgen voll, ergruͤnden, Wenn er, halb schlafend und halb wachend, mit ganz benebeltem Gemuͤth Von Kummer, Gram und Harm umgeben, fast nichts, als schwarze Larven, sieht, Nur graͤmliche Jdeen zeugt, durch deren Schatten gar kein Licht Von einiger erheiternden und trosterfuͤllten Hoffnung bricht, Wenn die ihn in bestaͤndiger Verwirrung, als im Zirkel, jagen, Das Hirn mit finstrer Schwermuth fuͤllen, uns lauter vorgeseh’ne Plagen Jm Kopf sich gleichsam mahlend waͤlzen. Dergleichen Widrigkeiten schwinden, Wenn wir uns, wenn wir aufgewacht, in einem andern Stande sehn, Und den obangefuͤhrten Trost, daß alle Dinge, die ge- schehn, Von einem Gott regieret werden, mit unsrer Sorgen Heer verbinden; E e Es Vermischte Gedichte Es wird dadurch der finstre Nebel, als wie durch einen Glanz, zerstreut; Man wird dadurch zugleich geschickt, bequemre Mittel zu ersinnen, Das Ungluͤck von uns abzuwenden; wodurch wir Linde- rung gewinnen, Zumal uns dann die holde Hoffnung, die bloß auf Gott sich fußt, erfreut. Da gegentheils ein Atheist in seinem Schwermuthschlum- mer bleibet, Und aus der dicken Finsterniß der Schwermuth, weder Tag noch Nacht, Von einer steten Last gedruckt, wenn er gleich wacht, doch nicht erwacht, Da, statt der Hoffnung, Furcht und Zweifel ihn stets im Unmuthskreise treibet. Das zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Das vergebliche Gruͤbeln. E in Geist, der ja nicht leugnen kann, und offenbar muß zugestehn, Daß er so wenig eines Geists als Koͤrpers Wesen einzusehn Die Kraft und Faͤhigkeit besitzt, der sollte sich wahrhaftig schaͤmen, Der Engel Sprache schon zu fuͤhren, und sich so viel herauszunehmen, Der Gottheit unerforschlich Wesen zu untersuchen, zu ergruͤnden, Es richtermaͤßig zu entscheiden, gebieterisch den Spruch zu thun: So sey die Gottheit, und nicht anders! Ach ließen wir den Hochmuth schwinden, Der uns allein dazu verfuͤhrt, und es bey diesem Satz beruhn: Statt das allerhoͤchste Wesen zu erforschen und zu zeigen; Ehr’ und bete man ihn an durch ein ehrerbietigs Schweigen! Jn sein unermaͤßlichs All, wie ins tiefe Meer ein Stein, Senkt, nebst unserm Geist und Wesen, alles Wesen sich hinein. Um zu wissen, wer er ist, muͤssen wir, er selber, seyn. E e 2 Der Vermischte Gedichte Der stolze Mensch. D u solltest dich wahrhaftig schaͤmen, Den Mittelplatz vom Vieh und Engeln einzu- nehmen: Dein aufgeblasner Stolz, womit du ganz erfuͤllt, Stellt dich dir selbst hier vor als deines Schoͤpfers Bild. Veraͤchtlich stolzer Staub, der zanket, zweifelt, glaͤubet, Der kriecht, der sich erhebt, der faͤllt und doch verneint, Daß er gefallen sey; Der seine Ketten zeigt, und doch spricht, ich bin frey; Deß dunkles truͤbes Aug, was man auf Erden treibet, Ja alles, was darauf, wohl einzusehn vermeynt. Die zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Die dritte Offenbarung. D a Gott in seinen Kreaturen uns sein erhabnes We- sen zeigt, Da ihrer nicht ein’ einzige von ihren großem Urstand schweigt: So wird man eine solche Nachricht, aus unumstoͤßlich- wahren Schluͤssen, Die allererste Offenbarung von einer Gottheit heißen muͤssen, Die Gott von seiner Allmacht, Weisheit und seiner ewgen Liebe Trieben, Uns von Natur durch unsre Sinnen geoffenbart, ins Herz geschrieben Roͤm. I. v. 17. . Die zeiget uns absonderlich: man soll ihn sehen, fuͤhlen, schmecken, Und scheint die Groͤße seiner Liebe uns ins besondre zu entdecken. Die andre scheint, daß Gott darinn uns habe offen- baren wollen, Wie wir, im Thun und wahren Glauben, zum Kuͤnft- gen uns bereiten sollen. Jn dieser scheinet eigentlich, da Lieb und Allmacht sich verbinden, Die Weisheit ins besondere nebst der Gerechtigkeit zu finden. Es hindere zu diesem Satz das Wort unmittelbar dich nicht, Da Gott zu uns auch mittelbar, durch der Apostel Schriften, spricht: E e 3 Es Vermischte Gedichte Es ist die Welt, es sind die Leser, betrachtet man sie recht, in sich, Jm Gegensatz des Geists nicht mehr, als Ton und Let- tern, koͤrperlich; Kann aber etwan dein Verstand dieß nicht, wie ich es fasse, fassen, So will ich dieser vor den andern auch willig einen Vorzug lassen; Und weil sie noch absonderlich in geistlichen geweihten Haͤnden, Und uns gelehrt wird und erklaͤrt, nunmehro mich zur dritten wenden. Die dritte zeiget offenbar, in den Vergroͤßrungsglaͤ- sern, sich Und in den Telescopiis, zum Ruhm des Schoͤpfers, sicht- barlich: Jndem, wenn man in der Natur verborgne Groͤß’ und Kleinheit steiget, Bey einem heiligen Erstaunen, der Schoͤpfer mehr als sonst sich zeiget. Da wir, so in den kleinsten Dingen, als in den unge- zaͤhlten Sternen, Die alle Welt- und Sonnen sind, der Gottheit Groͤß’ er- kennen lernen. Wir sehn in dieser Offenbarung, in ihrer Ordnung, Groͤß’ und Pracht, Sammt Gottes Weisheit und der Liebe, besonders seine Groͤß’ und Macht: Das Auge zeigt am Tag’ uns eine, die Glaͤser zeigen bey der Nacht, Daß Gott viel Millionen Welten und Sonnen hat her- vorgebracht. Doch zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Doch darf man nicht hiebey gedenken, es sey es bloß das Glas allein Und seine Klarheit, die ich hier ein solches Wunder heiße. Nein; Des Auges dazu eingerichtet’ und eigene Beschaffenheit, Daß es durchs Glas gestaͤrkt sich findet. Noch mehr die Staͤrke der Vernunft, die, wenn man es besonders ruͤndet, Des Glases Wirkung ausgefunden, am meisten die Vor- trefflichkeit, Die Ueberlegung unsrer Seele, da wir aus allem, was wir sehn Jn dem gestirnten Firmament, in jenen bodenlosen Hoͤ- hen, Gewisse Schluͤsse ziehen koͤnnen: wodurch in den so hellen Sternen Wir ganz erstaunt, in neuer Ehrfurcht, des Schoͤpfers Groͤße kennen lernen. E e 4 Ein Vermischte Gedichte Ein wirklicher Gottesdienst. D as Einzig- Ewig- Selge Wesen, das Raum und Ewigkeit erfuͤllet, Aus dem der Sonn- und Welten Heer, das nicht zu zaͤhlen, quoll und quillet, Der sein allgegenwaͤrtigs All in ihnen zeiget und verhuͤllet, Jst unsrer Ehrfurcht, Andacht, Lieb, auch unsers Dien- stes werth. Allein, Nun kann Er freylich angebetet, geliebet und gelobet seyn. Wie aber koͤnnen wir ihm dienen? Dieß ist nicht moͤg- lich. Gott gebraucht Armselger Menschen Dienste nicht: und dennoch hat er uns, zum Zeichen Von seiner Huld, Gelegenheit in diesem Leben wollen reichen, Wodurch wir ihm zu dienen faͤhig. Dieß ist dein Naͤch- ster: liebt man ihn, Nimmt er es, da auch der sein Werk, so, als ob man ihm selber dien’. A. Wofern uns etwas auf der Welt zur Naͤchstenliebe treiben sollte, So waͤr es ja wohl dieser Grund, so waͤr es dieß Gesetz. Wer wollte Dem Schoͤpfer im Geschoͤpf nicht dienen? Wenn dieß die Menschen doch nur wuͤßten, Daß sie, auf eine solche Weise, den Gottesdienst ver- richten muͤßten. Warum lehrt aber, wenn dieß wahr, die Bibel dieses nicht die Christen? B. Du irrest dich, die Bibel lehrt es, schau diesen hol- den Spruch nur an: Was ihr von ihnen dem Geringsten gethan habt, habt ihr mir gethan. Die zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Die verbesserte Welt. Z um Denken scheint der Mensch geschaffen. Nun hat die vordre Welt gedacht, Und, durch ihr so verschiednes Denken, viel Meynungen hervorgebracht; Wenn nun die jetzige vermerkt, wie oft die ersteren ge- irrt, So scheinet, daß doch diese Wahrheit, fuͤr uns, hier- aus entdecket wird: Daß bloß dadurch, daß so viel Fehler, die wir erkannt, vermieden werden, Wir naͤher zu der Wahrheit kommen, und daß der Zu- stand unsrer Erden Sich ganz gewiß verbessert finde. Je mehr man Jrrweg meiden lernt, Je mehr man Abweg’ erst gewahr wird, und dann von ih- nen sich entfernt, Je mehr er Nachricht von den Steigen, die abwerts lei- ten, hat empfangen; Je naͤher wird ein Reisender zum rechten Weg und Zweck gelangen. E e 5 Unter- Vermischte Gedichte Untersuchung der Unempfindlich- keit uͤber unsere Gesund- heit. W enn unsers Blutes reger Lauf in seinem richtgen Zirkel gehet, Wenn sonder aͤußerlichen Schmerz es wohl um die Gesund- heit stehet, So scheints, ob fuͤhle man daruͤber kein recht, kein wirk- liches Vergnuͤgen. Allein, dieß koͤmmt nur bloß daher, weil etwan andre Lust uns ruͤhrt, Wie oder daß sich andre Vorwuͤrf’ zu unseren Gedanken fuͤgen. Es ist gewiß, daß man im Denken: man sey gesund, Vergnuͤgen spuͤrt, Ob solche Lust gleich nicht so lebhaft, als wie die strenge Lust der Liebe, Wovon die aufgebrachten Triebe Sich einer Art von Anfall gleichen. Wann aber der Gesundheit Stand Jn einer Ebenmaaß bestehet, im sanft- und langsamen Be- wegen Der Feuchtigkeit in unserm Koͤrper; so wird man durch so sanftes Regen Jn eine Art von Zubereitung zu mancher nahen Lust gesetzt, Jn eine Art von Faͤhigkeit, daß man sich gern und leicht ergetzt. Die Seel empfindet ein Vergnuͤgen von Ruh und stillem Ueberlegen, Sowohl, zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Sowohl, daß sie sich wohl befindet, als, daß sie auch von Schmerzen frey, So sonst die Krankheit ihr verursacht, und aller Plag entnommen sey. So angenehm wird jeder Mensch die Gabe der Gesund- heit finden, Wenn wir mit dem beseßnen Gluͤck die Ueberlegung nur verbinden. Gott Vermischte Gedichte G ott eigentlich erkennen wollen, Als wie er wollte, daß wir sollen, Sind bloß des eitlen Hochmuths Duͤnste. Einfaͤltig hat Gott uns geschaffen; der Mensch sucht aber viele Kuͤnste. D as große Wesen aller Wesen, in deren Ordnung, Nutz und Pracht Es sein anbetungwuͤrdigs Daseyn geoffenbart und kund gemacht, Hat uns zugleich von seiner Weisheit und Allmacht, und von seinem Lieben Unwidersprechliche Beweise, durch jeden Sinn, ins Herz geschrieben. Dieß ist genug fuͤr Kreaturen, die so, wie wir, auf die- ser Welt, (Die sich die beste der Planeten ohn unverschaͤmten Stolz nicht nennen, Und, daß die andern alle schlechter, als sie, nicht wird verlangen koͤnnen) Mit einem eingeschraͤnkten Geist, ihn zu bewundern, hin- gestellt, Nicht, daß wir ihn begreifen sollen. Nur Stolz und Hochmuth, kein Verstand War es, der sich aus diesen Schranken zuerst zu gehen unterwand, Und der die Menschen, seines Gleichen, sich unterstunde zu belehren; Er wollt ein mehrers von der Gottheit, als was man wissen sollt’, erklaͤren. Der zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Der Satz: der Schoͤpfer haͤtte wollen, Daß Kreaturen, die so schwach, als wir, uns offenbaren sollen, Was er uns selbst nicht offenbart, scheint ebenfalls des Hochmuths Frucht, Und brauchet einer Untersuchung. Ein stark Verlangen, eine Sucht, Uns uͤber andre zu erheben; von Gott gewuͤrdiget zu scheinen Vernuͤnftiger gemacht zu seyn, veranlaßt oͤfters, daß wir meynen, Wir waͤren auserwaͤhlte Geister, Propheten, Philosophen, Lehrer. Erlangen wir nun solche Hoͤrer, Die unsrer Meynung Beyfall geben aus Schwachheit oder Unverstand; So ist des Volkes, Gottes Stimme. Allein, wenn wir den Menschen sehn, Und wie die Kraͤfte seines Geistes in solchen engen Schranken stehn; Erschrickt man billig ob dem Stolz, durch welchen wir, so kuͤhn, verlangen, Mehr Faͤhigkeiten zu besitzen, als wir auf dieser Erd’ empfangen. Ja uns dabey zu uͤberreden: die Gottheit wuͤrde, wenn sie wollte, Daß einst der Mensch von seinem Wesen mehr, als vor- hero, wissen sollte, So schlechten Werkzeugs sich bedienen, und von so einge- schraͤnkten Seelen, Zu ihrer aller Ueberfuͤhrung, aus ihrem Mittel, eine waͤhlen, Die, Vermischte Gedichte Die, wie sie alle, voller Schwachheit. Dieß hieß: um einen Weg zu finden Fuͤr Blinde, gaͤbe man denselben, zum Fuͤhrer, einen an- dern Blinden. A. Du sprichst: ich handle wie die Riesen, die große Berg’ auf Bergen haͤufen, Um zu der Sonne zu gelangen. Die Gottheit sey nicht zu begreifen. Soll ich denn meinen Geist nicht brauchen? B. Ja. Aber laß ihn nur die Pflichten, Zu welchen er erschaffen worden, vorher mit allem Ernst verrichten, Sich von der Lasterbahn entfernen Und erst sein Herz verbessern, lernen, Auch Gott zum Preise sich vergnuͤgen, und in den uns ge- schenkten Gaben, Die wir, im Vorwurf unsrer Welt, durch jeden Sinn empfangen haben, Jhn froh bewundern, und ihm danken. Wenn dieses erst vorher geschehn; Dann mag dein Geist, wo er so kuͤhn, zu Gottes Wesen sich erhoͤhn, Und untersuchen: ob es moͤglich, das, was unendlich, zu verstehn. Doch wirst du denn auch dieß befinden: der Mensch sey, gruͤndlich was zu wissen Und zu begreifen, nicht erschaffen: und daß wir alle glauben muͤssen. Betrach- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Betrachtungen uͤber die Schoͤn- heit der Blumen im Winter. M ein Gaͤrtner brachte mir, juͤngst, schon zur Weih- nachtzeit, Jn einem Blumentopf, ein’ aufgebluͤhte Menge Von Hyacinthen, Mayenblumen, bey deren schimmern- dem Gepraͤnge Auch Lilien-Convaljen glaͤnzten, in gar besondrer Lieb- lichkeit, Die, da sie mir so Geist als Auge ruͤhrten, Zu folgenden Betrachtungen mich fuͤhrten: Jch sah die Bluͤmchen ernstlich an, Und sucht’ erwaͤgend nachzuspuͤren, Auf welche Weise sie den Geist mit solcher suͤßen Anmuth ruͤhren, Und wodurch er denn eigentlich an ihnen sich ergetzen kann, Auch wie so mancherley dazu gehoͤre, Daß eine Blum’ uns eine Lust gewehre. Da ich zu anfangs denn entdecke, Daß eine Kraft in unsrer Seele stecke, Die fuͤhlend und empfindend ist. Die Kraft scheint eigentlich das Leben Der Seelen, und ein’ Eigenschaft, Die an derselben Wesen haft’t, Die ihr zu diesem Zweck gegeben, Daß sie durch Theile, die gefuͤgt, Vom koͤrperlichen Stoff der Erden, Ver- Vermischte Gedichte Verschiedentlich geruͤhrt, vergnuͤgt, Und, in der Lust, zu Gott gefuͤhret, gelabt, erquicket koͤnne werden. Ohn eine solche Faͤhigkeit, Waͤr aller Kreaturen Pracht, Glanz, Ordnung und Vollkommenheit, Der Sinnen Werkzeug selbst, fuͤr uns umson st gemacht. Nun hat zwar solche Kraft, nebst uns, ein Thiergeist auch, Doch weil demselbigen, bey dieser Kraft Gebrauch, Die edle Kraft der Ueberlegung fehlet, Die sich so wunderbar mit unserm Geist vermaͤhlet; Jst unser Vorzug darinn klar, daß wir, bey dem Genuß, auch denken Und unsre Lust dadurch verlaͤngern koͤnnen. Ja gar, daß Gott die Kraft uns wollen goͤnnen, Auf ihn, den Ursprung alles Guten, den Geist erkennt- lich hin zu lenken; Jn seinen wunderbaren Werken Nicht nur sein Daseyn zu bemerken, Jhn anzubeten, zu verehren, zu lieben, kindlich zu ver- trauen, Und unser jetz- und kuͤnftigs Wohl auf seine Vaterhuld zu bauen. Nach unsers Geists erwognen Kraft, die in uns fuͤhlbar, laßt uns wieder Zum Zweck, zur Absicht unsrer Lieder, Zum Schmuck, zur Pracht der Blumen kehren, Und einige darinn vorhandne Theil’ erklaͤren. Da findet sich zuerst die zierliche Figur Und regelrechte Form, vom Finger der Natur Erstaunenswuͤrdig schoͤn erfunden und erdacht, Ge- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Gewirket und hervorgebracht, Auf eine Weise, die dem Geist des kluͤgsten Menschen unbekannt, Die alle Kunst beschaͤmet, besieget, Und worinn auch der witzigste Verstand, Wie sie den Stoff bereitet, webet, fuͤget, Vermischt, verschraͤnkt, entwickelt und verbindet, Ein unaufloͤslichs Raͤthsel findet. Wer kann die Mannichfaltigkeit Der nimmer fehlenden Erfindung fassen? Wer muß in jeder Art bey der Vollkommenheit Es allemal nicht bloß nur beym Bewundern lassen? Naͤchst diesem stralet auch, bey schoͤner Blumen Flor, Der Farben helle Pracht und bunter Schmuck hervor, Worinn sie gleichsam eingekleidet, Und woran sich, so bald er sie erblickt, Der innre Geist durchs Auge weidet. Die Farben nun entstehn, aus der, von der Natur Den Blaͤtterchen verliehenen Strucktur, Worauf, weil sie verschiedentlich gewebet, Und jedes Blaͤschen sich darauf bald senkt, bald hebet, Das alles faͤrbende bewundrungsvolle Licht Sich immer unterschiedlich bricht, Und tausend Bindungen von Farben zeuget, Die, da sie sich bald naͤhren, bald sich schwaͤchen, Jn ungezaͤhlten Grad- und Mischungen sich brechen, Und mit so mancherley Verschiedenheit, Die alle voller Lieblichkeit, Sich, sanft zusammenfließend, fuͤgen, Und, da sie, durch die spiegelnde Crystallen Der Augen, ins Gehirn durch die zwo Nerven fallen, Durch bunte Harmonie den innern Geist vergnuͤgen. F f Zu- Vermischte Gedichte Zuweilen hab ich nachgedacht, Ob etwan, da es ausgemacht, Daß unser Sonnen Licht der Farben Vater sey, Und sie, wie uns der Regenbogen zeiget, Derselben sechserley, Roth, blau, gruͤn, gelb, und weiß, und Purpur zeuget, Die Blumen so erschaffen waͤren, Daß sie, mit uns verborgner Kraft, Und nach magnetischer, anziehnden Eigenschaft Verschiedne Farben an sich zoͤgen; Doch hab ich, dieses zu erklaͤren Und festzusetzen, mich noch nicht erdreisten moͤgen. Jch stell es aber aus zu fernerm Ueberdenken, Und will mich wiederum zum Schmuck der Blumen lenken. Ein sanfter Glanz, ein holder Schein Begleitet, nebst der Farben Pracht, die schoͤnen Blumen insgemein, Der, wenn er nebst der Farb’ uns in die Augen dringet, Dem auch dadurch geruͤhrten Geist ein noch vermehrt Vergnuͤgen bringet. Von dem erquickenden Geruch, und, da sie kuͤhl, Von dem dadurch zugleich geschmeicheltem Gefuͤhl, Enthalt ich mich, hier was zu sagen, Jndem mein’ Absicht ganz allein, Von dem, wodurch die Blumen uns, durchs Auge, so gefaͤllig seyn, Was insbesondre vorzutragen. Da dieß nun in der Form, in Farben und im Schein, Zumalen in der Sonnen Licht Besteht; so laßt uns, wenn wir sehn, Wie zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Wie diese Kreatur so schoͤn, Dem, der sie schuf, und der uns das Gesicht, Um sie zu sehn, geschenkt, zum Ruhme Vergnuͤgt und dankbar seyn, bey einer Blume! Dieß ist, was unsern Geist, wenn ihn der Schmuck der bunten Blumen ruͤhret, Auf einem angenehmen Pfad, zu sein- und ihrem Schoͤpfer fuͤhret. F f 2 Die Vermischte Gedichte Die Geizigen. W enn doch die Geizhaͤls’ eine Zeit in ihrem Leben fe- ste setzten, Jn welcher sie Das mit so vieler Sorg und Muͤh Erscharrte Geld zu brauchen daͤchten, und mit der Hoff- nung sich ergetzten, Des Schatzes einmal zu genießen; waͤr ihre Thorheit minder klein: So aber sieht man ihr Gespar Bis an die schwarze Todtenbahr Ununterbrochen sich erstrecken. Doch halt! mich deucht, in ihrer Thorheit doch etwas Gutes zu entdecken, Wenn sie nach der Vernunft verfuͤhren; so wuͤrden oͤfters ihre Erben, An ihrer statt, fuͤr Hunger sterben. Der zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Der Geizhals. M ir ist ein alter Mann bekannt, dem Ansehn nach, ein guter Christ, Der Geld von Jugend auf gesammlet, und selbst nicht weis, wie reich er ist. So bald er Beutel voll gemacht, verschließt er sie in große Schranken, Und macht, wenn dieß geschehn, von ihnen sich keine wei- tere Gedanken. Jnzwischen hat er einen Knecht, der seines Herren Weise kennt, Und der dieß ungebrauchte Geld sich lieber selbst, als nie- mand, goͤnnt; Der oͤffnet, wenn es ihm beliebt, den Schranken am ver- borgnen Ort, Und nimmt nach eigenem Gefallen die groͤßten Beutel mit sich fort, Ohn daß der Alte solches merkt. Der sammlet immer ohn Ermuͤden, Und wenn er sein Gesammletes verschlossen hat, ist er zu- frieden. Er geizet, karget, schindet, plaget die Armen, thut sich nichts zu Gut, Zuletzt stockt endlich dieses Schinders und ewgen Samm- lers altes Blut, Er stirbt, und man begraͤbet ihn. Nun sprecht, was soll man solchem Leben Und solchem alten Mammonsknecht fuͤr einen wuͤrdgen Namen geben? F f 3 Mich Vermischte Gedichte Mich deucht, er hoͤrt zwar in der Narren, doch mehr noch in der Diebe Zahl, Da er, durch sein liebloses Geizen, der ganzen Menschheit etwas stahl, Was allen, bloß nur ihm nichts, nuͤtzte. Der wahre Nutzen der Metallen Jst, daß sie immer circuliren. Wer diesen noͤthgen Kreis- lauf hemmt Und in dem eingesperrten Gelde den Fluß des irdschen Heils verdaͤmmt, Es sich und allen Menschen stielt, dem wuͤnsch ich, solchen schlauen Knecht! Doch auch dabey: daß, eh’ er stirbt, er mit Entsetzen, Zagen, Schrecken Den unersetzlichen Verlust, zu seiner Strafe, mag ent- decken! Die zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Die Feder. G eschwaͤtzige Zunge, wodurch sich die Seelen, Jn stummer Beredsamkeit, nah’ und entfernt, Einander ihr Wirken und Leiden erzaͤhlen! Betraͤchtliches Werkzeug, wodurch wir gelernt, O Wunder! die Geister mit Geistern vermaͤhlen, Gedanken verkoͤrpern, erzeugen, erhalten, Und binden, so daß wir, auch wenn wir erkalten, Noch lange der Lebenden Stellen verwalten. Du stellest den Augen, durch Schatten und Licht, Jm Dunklen der Dinte, bey weißem Papier Jn leiblich- und sichtbaren Formen uns fuͤr, Was in dem Verborgnen der Seelen geschicht. F f 4 Ernst- Vermischte Gedichte Ernsthafte Gedanken bey Gelegen- heit des Tobackrauchens. W ir meynen, es besteh die Lust und das Vergnuͤgen vom Toback Hauptsaͤchlich ja fast ganz allein auf unsrer Zung und im Geschmack. Jedoch wir irren. Das Vergnuͤgen besteht fast im Ge- sicht allein, Da die Beweglichkeit des Dampfs so mancherley Figur formirt, Die tausendfach veraͤnderlich, die bald sich zeigt, bald sich verliert: Wie solches sich gar deutlich weiset, wenn wir denselbi- gen gebrauchen, Und etwan rauchen Zur Zeit, wenn wir im Finstern seyn. Da wir (wie ganz unstreitig wahr) so dann, ob unsre Pfeifen brennen, Wie oder nicht, durch den Geschmack, nicht merken und nicht wissen koͤnnen. Mich fuͤhrte die Betrachtung weiter, und, von den Sinnen die vereinet, Auf die vereinte Seelenkraͤfte, da fiel mir nun die Frage bey: Ob ihrer Kraͤfte Dreyheit wohl so sehr getheilet, als man meynet? Man nennet sie gemeiniglich Verstand, Gedaͤchtniß, Phantasey; Man fuͤget der gedritten Zahl, die vierte noch, den Wil- len, bey. Nun zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Nun fragt es sich, ob sie so theilbar und ob wir uns viel- leicht nicht irren, Und, durch ein solches Unterscheiden, nicht uns sowohl als sie verwirren, Oft eine fuͤr die andre nehmen? da keine doch fuͤr sich allein, Wenn man ein wenig tiefer denket, kann eigentlich be- trachtet seyn. Laßt uns den Willen untersuchen! ob wir ihn von den andern trennen, Und, ohn Vernunft und Phantasey, ihn eigentlich be- trachten koͤnnen? Ob er, wenn er allein betrachtet, fuͤr sich wohl etwas anders scheine, Als eine Neigung zu der Sache, wovon ich, daß sie gut, vermeyne, Dem sie, es sey das Gute nun wahr oder falsch, gleich zu zu fallen Nicht leichtlich sich enthalten wird? und ob sie darinn unter allen Jn koͤrperlichen Dingen, nicht fast mit der Schwere zu vergleichen, Die ungesaͤumt sich abwerts lenkt, Und, ohn ein uͤberlegend Zoͤgern, sich nach der Erden Centro senkt? Der Will’ ist bloß ein Trieb zum Guten, es sey dasselbe wirklich wahr; Es sey ein Scheingut. Beydes macht des Willens Nei- gung offenbar. Es fraget sich nun weiter noch, ob es uns mit dem Wil- len, nicht Als einem, der Toback raucht, gehet, F f 5 Da Vermischte Gedichte Da man die Lust im Schmecken sucht, ob sie gleich mei- stens im Gesicht, Wie wenig es auch scheint, bestehet. Da wir im Willen nicht allein das eine fuͤr das andre nehmen, Nein, fast ein’ eigene Person von ihm zu machen, uns bequemen, Die, was die andern Kraͤfte wirken, nicht nur im- oder approbirt, Nein, sondern, als allein Monarch, allein entschließet und regiert, Da er jedoch vielleicht nur bloß als eine Folge der Er- kenntniß Vom wahren oder falschen Guten, nach unsrer Phantasey Verstaͤndniß, Wie sie sichs vorstellt, anzusehn. Hievon wird man leicht uͤberfuͤhrt. Wenn man die Woͤrter: von Verlangen, von Wol- len oder von Begehren Nach ihrem eigentlichen Sinn will untersuchen und er- klaͤren, So wird man finden, daß der Jnhalt derselben meistens einerley: Fuͤgt aber man, so wie beym Willen, bey jenen auch das Woͤrtchen frey; So wird ein frey Verlangen nicht, ein frey Begehren auch nicht klingen, Noch die Jdee, die man gewoͤhnlich vom freyen Willen hat, uns bringen. Wodurch man denn, wie die Gewalt der Woͤrter doch so groß sey, findet, Wenn man mit ihnen, durch Gewohnheit, Jdeen mit dem Ton verbindet. Es zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Es scheint, als ob, auf diese Weise, man stets in uns zween Richterstuͤle, Des Willens und Verstandes Thron, errichte, setz’ und gleichsam fuͤhle. Ob dieses nun die Zahl der Dinge nicht, wider Recht, vermehren heiße, Wird wohl zu untersuchen seyn. So viel ich mich dar- auf befleiße, Die dunkle Wahrheit zu ergruͤnden, so koͤmmt dennoch der Wille mir Von unseres Verstandes Schluß nur bloß als eine Folge fuͤr. B. So fremd mir deine Meynung klingt, so falsch sie ist, und wenig richtig, So halt ich, sie dir zu benehmen mich zu bemuͤhn, mich dennoch pflichtig. Jch hoff’, es wird dein Uebereilen aus meiner Antwort gleich erhellen. Bemuͤh dich nur, nebst mir, sie dir in ihrer Bloͤße vor- zustellen. Besaͤßen wir auch alle Kraͤfte, und alle Vorzuͤg’ unsrer Seelen, Und fehlt’ uns nur die einige, uns zu entschließen und zu waͤhlen; Wuͤrd’ alles in Verwirrung kommen. Auf Erden wuͤrde nichts geschehn, Und alles, in und außer uns, in einer faulen Ruhe stehn. Wir wuͤrden immer ungewiß, als wie im Schlaf und Schlummer, wandeln, Von lauter Zweifel umgetrieben, Wir wuͤrden schlimmer, als die Thier’, in allen unsern Thaten handeln, Und Vermischte Gedichte Und weder hassen oder lieben, Zu allen Dingen ungeschickt. Von allem, was wir wirken sollen, Wuͤrd’ einer wohl was wirken wollen? Das Spruͤchwort: daß ein Narr viel kluͤger, der sich ent- schließt, als zwanzig Weisen, Die sich zu nichts entschließen koͤnnen, wird meines Sa- tzes Wahrheit preisen. A. Die Ursach, warum deine Weisen zu keinem Entschluß sich verstehn, Kann man, wenn man es untersuchet und recht ergruͤn- det, deutlich sehn. Es ist ihr denkender Verstand nicht von dem Guten uͤberfuͤhret, Das in der Sache sich befindet, und ob es mit der Schwierigkeit Der Mittel eine Gleichheit habe; sonst wuͤrden sie ge- wiß, geruͤhret, Zu einem Entschluß gleichfalls eilen, ohn Aufschub, und zu gleicher Zeit, Fast wie ein Stein, der niederfaͤllt, als welches nimmer fehlen kann, Sieht man die Sache, die man wuͤnscht, als leicht, und etwas Gutes, an. B. Vom Jrrthum, welcher dich verblendet, wird dich vielleicht am besten heilen Ein unvergleichliches Gedicht. Voltaire soll es uns er- theilen. Gedan- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Gedanken uͤber den freyen Willen; aus Mr. Voltaire uͤbersetzt. A ch erwaͤgt, was sonder Freyheit doch der Menschen Seelen waͤren! Nur beweglich, durch ein Feur, das nicht sichtbar, um- getrieben, Wuͤrden unsre Handlungen, Wuͤnsche, Luͤste, Haß und Lieben, Kurz: von unserm ganzen Wesen wuͤrde nichts uns zuge- hoͤren. Unvermoͤgende Maschinen eines Meisters, der sie regt, Denkendes bewegtes Werkzeug, durch der Gottheit Hand bewegt, Bloß mit Jrrthum nur beschaͤfftigt, waͤren Menschen ins- gemein. Schlechte Werkzeug’ einer Gottheit, die uns taͤuscht’. Auf welche Weise Koͤnnten wir sein Ebenbild, sonder eine Freyheit, seyn? Von so ungeschliffnen Werken, was gereicht’ ihm wohl zum Preise? Man wuͤrd’ ihm nicht dienen koͤnnen, auch nicht seinen Zorn entzuͤnden. Nichts wuͤrd’ er an uns zu strafen, auch nichts zu beloh- nen, finden. Weder in des Himmels Hoͤhen, noch hienieden auf der Erden, Wuͤrde dann Gerechtigkeit koͤnnen angetroffen wer- den. Cato Vermischte Gedichte Cato waͤre voller Laster, Catilina tugendhaft, Zu den abgefeimisten Thaten zwaͤng uns selbst des Schick- sals Kraft, Und der Chaos der Natur Waͤre fuͤr die Boͤsen nur. Der blutgierigste Tyrann, und der geizigste Verraͤther, Miriveis und ein Cartouche, und die groͤßten Missethaͤter, Ja, der schlimmer noch als alle, der Verleumder, koͤnnte sprechen: Jch bin frey von Uebertretung! Er verrichtet mein Verbrechen, Jch nicht. Er nur bricht mein Wort. Er nur wirkt, durch meine Hand, Rauben, Morden, Blutvergießen, Landverwuͤstungen und Brand. Also wuͤrd’ ein Gott des Friedens und auch der Gerech- tigkeit Alles Uebels Ursach seyn, aller Unvollkommenheit. Die Vertheidiger so schlimmer, straͤflicher und boͤser Lehre Koͤnnten sie wohl anders handeln, wenn ihr Gott der Teufel waͤre? A. Dieß ist ein unvergleichlich Stuͤck. Doch wend ich dieß dagegen ein: Es scheint von dem beruͤhmten Dichter kein Unterscheid gemacht zu seyn Von unserer Vernunft zum Wollen. Jch leugne seine Schluͤsse nicht, Jndem, daß wir entschließen koͤnnen, ja die Erfahrung deutlich spricht. Nur muß wohl untersuchet werden, ob von dem Willen nur allein, Als zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Als eine ganz besondre Kraft der Seelen, solch ein Schluß geschicht, Und ob die Schluͤsse, da wir wollen, nicht meistens an- zusehen seyn Als bloße Folgen der Vernunft, da, wenn sie was, als gut, erkennet, Sie solch ein Gut verlangen kann, verlangt und es sich selber goͤnnet; Hingegen was ihr nicht gefaͤllt, Verabscheut, und zu meiden sucht, was sie ihr etwan schaͤdlich haͤlt. Wir haben wirklich eine Freyheit, zu untersuchen, zu erwaͤgen, Was uns die Phantasie gezeigt, und, ob es gut, zu uͤber- legen, Es unnuͤtz oder nuͤtz zu schaͤtzen: Allein, wenn dieses nun geschehn, Wird man den Willen sich sogleich zum Guterkannten lenken sehn, Weil er fuͤr sich nicht anders kann. Ein freyer Will’, als wovon hier die Rede ganz alleine nur, Scheint nicht ein ganz besonders Wesen, noch eine fast selbstaͤndge Kraft Von einer eigenen Natur, Auch keine von den andern Kraͤften ganz unterschiedne Eigenschaft. Wie der Verstand nicht ohn Gedaͤchtniß, auch nimmer sonder Phantasey; Die Phantasey nicht ohn Verstand noch ohn Gedaͤchtniß; eben auch Ge- Vermischte Gedichte Gedaͤchtniß ohne Phantasey auch ohn Verstand zu einem Brauch Der Seelen jemals dienen koͤnnte; so scheint ein Wille, den wir frey Und gleichsam unumschraͤnket halten, auch ebenfalls kein solches Wesen, Das sonder Phantasey, Verstand, und ohn Gedaͤchtniß koͤnn’ erlesen Und auch verwerfen vor sich selbst, was ihm misfaͤllt. Hingegen scheint Des Willens Kraft, mit andern Kraͤften der Seelen, dergestalt vereint, Daß sie viel eh’ fuͤr eine Folge von der Vernunft ist an- zusehen, Als daß man ihm fast einen Thron fuͤr sich alleine zu- gestehen, Als Koͤnig ihn verehren muͤsse. Laßt uns in unser Jnnres gehn, Und auf das uns verborgne Wesen des Geistes die Ge- danken lenken, Und gleichsam unsre Seele selbst in unsrer Seelen Tiefe senken! Wir finden, daß von unsern Sinnen die Wurzel in der Seele liegen, Da, ohne Geist, der Leib nicht sinnlich. Wie sich die- selbigen nun fuͤgen Und sich in dem Gefuͤhl vereinen; So deucht mich, daß die Seelenkraͤfte fast geist’ge Sinn- lichkeiten scheinen, Die in der Phantasie sich binden, und, nur mit ihr ver- einet, wirken, So etwan, wie in dem Gefuͤhl die andern Sinnen sich vereinen. Kann zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Kann man sie von einander trennen? den Willen so ge- nau bezirken, Daß er ohn andrer Beytrag handle? Wirkt er nun nicht fuͤr sich allein, So wird er auch von uns ja muͤssen nicht ferner angese- hen seyn, Als waͤr er fast ein’ eigne Seele, da doch, nach des Verstandes Schluͤssen, Er moͤge treffen oder fehlen, wir meistens werden wollen muͤssen. Noch ehe wir nun weiter gehen, wird noch zu unter- suchen seyn, Ob wir nicht auch wohl, ohn Verstand und Ueberlegung, wollen koͤnnen? Ob aber auch ein solches Wollen wohl etwas anders sey zu nennen, Als wie bey Thieren der Jnstinct? Ja, ob wir Men- schen dieß allein Vor Thieren nicht zum Vorzug haben, daß wir, durch des Verstandes Kraft, Den Trieb, den Willen, zaͤhmen koͤnnen: und ob wir nicht fast deutlich fassen, Daß unsers Willens Eigenschaft, Noch mehr, als in dem Wollen fast, besteh: ein Ding zu unterlassen, Und nicht zu wollen, wenn es schaͤdlich, so aber bey den Thieren nicht, Wie die Erfahrung lehrt, geschicht. Ja wenn wir unsers Geistes Zustand auf eine Weise, wie wir sollen, Und gruͤndlich untersuchen wollen; G g So Vermischte Gedichte So wird man oftermal aus Noth zu etwas sich entschlies- sen muͤssen, Eh’ wir von einem Ueberlegen, noch selbst dem Wollen, etwas wissen. Wir finden, daß wir oft so schnell zu einer Sache uns entschließen, Eh’ die geringste Ueberlegung dazu gebraucht wird. Solch ein Schluß Jst wirklich bloß ein blinder Trieb, und folglich vom Jnstinct der Thiere Nicht im geringsten unterschieden; wodurch ich dich denn uͤberfuͤhre: Daß oft, ohn Vorbedacht der Will’ in unsern Handlun- gen regiere. Wenn wir nun ferner unsre Seelen, so viel wir koͤn- nen, recht betrachten, So wird man, wie gesagt, in ihr, von Kraͤften dreyerley beachten: Verstand, Gedaͤchtniß, Phantasey. Doch zeigt sichs, daß wir sie nicht trennen, Noch eigentlich, als von einander gesondert, sie betrach- ten koͤnnen, Jn allen ihren Handlungen. Ein’ Art von Einheit scheint in ihnen, Da man sich nimmer einer Kraft allein von ihnen kann bedienen, Daß nicht von denen andern beyden auch etwas ange- wendet sey. Wofern wir sie ganz unterschieden, und wirklich als wie dreyerley Betrachten und erwaͤgen wollten, wuͤrd’ es gewiß ein Jrrthum seyn. Was zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Was waͤre doch die Phantasey, wenn sie zugleich nicht uͤberlegte, Und durch die Wirkung des Verstandes der Vorwuͤrf’ Unterscheid erwaͤgte? Sie waͤr ein bloßer todter Spiegel, und ohne sich zu- gleich dabey Jm Denken etwas vorzustellen. Einfolglich, sonder Phantasey Waͤr der Verstand auch anders nichts, als eine Hand- lung sonder Schranken: Ohn Absicht, sonder Zweck und Vorwurf, sich bloß be- wegende Gedanken, Jn einer stetigen Verwirrung ununterschieden. Zu ge- schweigen, Daß, bey verwirrter Phantasey, sich auch verwirrte Schluͤsse zeigen Und falsche Saͤtze folgen wuͤrden. So wird auch kein Gedaͤchtniß koͤnnen, Von einer Kraft, was vorzustellen, sich jemals scheiden oder trennen. Es scheint demnach in unsrer Seele, wenn wir diesel- be recht ergruͤnden, Als ob in ihren dreyen Kraͤften fast ein gedrittes Eins zu finden, Und daß sie fast mit einer Schnur, die dreyfach, zu ver- gleichen sey. Doch spuͤren wir dennoch vornehmlich, daß alle drey nicht einerley, Und daß man eine von der andern verschiedlich nehmen koͤnn’ und muͤsse; Es sind in der Religion so gar erweislich diese Schluͤsse. G g 2 Der Vermischte Gedichte Der Kraft, sich etwas vorzustellen, der Phantasey, Be- schaffenheit Jst, in der Kraft des Schoͤpfers Werke, desselben Macht und Herrlichkeit Sich wuͤrdig vorzustellen, faͤhig; wenn, durch den Glauben der Verstand, Und durchs Gewissen das Gedaͤchtniß den Schoͤpfer faͤ- hig zu erheben, Und zu der Pflicht uns anzuhalten, daß wir zu seinen Ehren leben. B. Ob aber nun zu allen diesen die Kraft des Wil- lens nicht gehoͤrt, Jst hier zu untersuchen noͤthig. Denn was waͤr alles andre werth, Wenn mans nicht wohl gebrauchen wollte? A. Was ich dir oben schon erzaͤhlet, Wird hier zu wiederholen seyn, das, was man Willen heißet, waͤhlet, Was uns die Phantasey als gut, nuͤtz- oder lieblich vor- gestellt. Es sey nun wahr, es sey ein Scheingut, der Wille waͤhlt, was uns gefaͤllt, Jndem die Eigenliebe bloß uns so zu wollen stets verbin- det, Wie man es dann, wenn man entschließt, es unserm Zustand gut befindet. Es scheint der Wille muͤsse wollen (so wie ein Stein herunter faͤhrt) Dasjenige, was unsre Einsicht und Phantasey fuͤr gut er- klaͤrt. Man wird dahero klaͤrlich sehn, wie viel der Menschheit dran gelegen, Daß zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Daß wir die Kraft der Phantasey und unsrer Einsicht mehr erwaͤgen, Als wie bisher von uns geschehn, weil solche ganz allein geschickt Dadurch, daß sie Empfindungen, gut oder boͤs’, uns eingedruͤckt, Uns unser Wollen zu erregen, Das denn, ohn weiters Ueberlegen, Zu wollen fast gezwungen wird, was wir auch sonst fuͤr Meynung hegen. Laßt uns denn den Verstand verbessern, Gedaͤchtniß, nebst der Phantasey, So wird vermuthlich unser Wille, von allen Hindernis- sen frey, Das Gute von sich selber waͤhlen. Die Eigenliebe wird nicht leiden, Daß wir das, so uns wirklich schaͤdlich, wenn wir es wissen, nicht vermeiden. B. Um selbst, nach deinen eignen Saͤtzen, der See- len Kraͤfte zu verbessern, Mußt du es ja vorhero wollen. A. O nein, ich seh es anders an, Jch muß noch, eh ich wollen kann, Die Kraft zu meynen erst vergroͤßern, Daß das, was ich will wollen, gut. Dann werden wir, so wie wir sollen, Hernach von selbsten denken wollen. Laß aber diesen meinen Satz dich ja im Gottesdienst nicht irren, Noch dich, in deiner vorgen Meynung, vom freyen Wil- len, so verwirren, Daß du nunmehro schließen wolltest: wofern wir keinen freyen Willen G g 3 Jn Vermischte Gedichte Jn unserer Natur besaͤßen, so stuͤnde nicht in unsrer Macht Zu fehlen oder nicht zu fehlen. Wir koͤnnten keine Pflicht erfuͤllen, Und alles fiele weg, was wir, vom Fall und Suͤndigen gedacht. Es wuͤrden gar, wie wir gesehn, in deinen angefuͤhrten Schluͤssen Des unvergleichlichen Voltaire Abscheulichkeiten folgen muͤssen, Die er, ohn unsre Freyheit, findet. O nein, wir muͤs- sen uns verstehn! Laßt uns nur auf den rechten Grund von unsrer Untersu- chung gehn. Jch fechte keine Freyheit an, in unserm Geist, ich sage nur, So viel ichs zu ergruͤnden faͤhig, daß, in der menschli- chen Natur, Sie in dem Willen nicht bestehe, nein, daß wir zuge- richtet scheinen, Dasjenige so gleich zu wollen, wovon wir, daß es gut sey, meynen. Auch ist dieß keine Neuerung, noch bloß ein Wortstreit, dessen wir Wohl ohne Schad’ entbehren koͤnnten. O nein, wir muͤssen anders denken Und unsre Geisteskraͤft’ und Vorsicht auf einen andern Vorwurf lenken, Uns eine Fertigkeit verschaffen in allen, gut- und boͤsen, Sachen, Von ihrem wahren Werth und Wesen Jdeen, welche wahr, zu machen, Wo- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Wodurch man gleich wird wollen lernen, was gut, was boͤs ist, nicht zu wollen, Zu thun das Gute, weil es nuͤtzlich, das nicht zu thun, was wir nicht sollen, Wenn wir von der verbotnen Sache die wahre Schaͤd- lichkeit erkannt. Ein solch Erkennen setzet uns, ohn’ allen Zweifel, in den Stand, Daß unser Wille, sonder Muͤhe, sich fuͤr das Gute wird erklaͤren, Und daß man ein erkanntes Uebel nicht, wie vorhero, wird begehren. Der Will, ohn einen mehrentheils fuͤr uns fatalen Kampf und Streit, (So lang er naͤmlich im Verbotnen noch eine Lust und Suͤßigkeit Zu finden meynet und verhofft, und doch das Gegentheil soll waͤhlen) Wird von ihm selbst, aus Eigenlieb’, und sonder Zwang, ein wahres Gut, Wenn wir es erst fuͤr gut erkannt, nur wollen. Dieses kann nicht fehlen, Weil niemand leicht, ihm selbst zum Schaden, was will, verlanget, oder thut. Sprich nicht: du irrest; denn wir wissen, daß oftermal in unsern Seelen Wir eine Sach’ als gut erkennen, und darum doch das Boͤse waͤhlen Video meliora, proboque, deteriora sequor. . Sprich, sag’ ich, dieses nicht. Denn hoͤr’! ein solcher, der was Boͤses thut, G g 4 Ver- Vermischte Gedichte Vermeynt, in dem erwaͤhlten Boͤsen, sey fuͤr ihn wirklich noch ein Gut. Zum Beyspiel: Wollust oder Rache sucht einer nimmer auszuuͤben, Zumal wo er es straͤflich haͤlt, faͤnd’ er, durch eine Suͤs- sigkeit, Die sich in beyden fuͤr ihn findet, und die ihm gut scheint, nicht getrieben, Ein gegenwaͤrtig scheinend Gut dem kuͤnftgen Guten vor- zuziehn, Er thaͤt es sonst wahrhaftig nicht, und wuͤrd’ ein kuͤnftig Uebel fliehn. Wer ist, der wohl mit kaltem Blut sucht einen Men- schen umzubringen? Wer wird mit Vorsatz, bloß zur Lust, in suͤßem Weine Gift verschlingen? Die Laster scheinen alle schoͤn, und dieses macht, daß wir sie waͤhlen, Entlarvten wir sie durch Vernunft und durch die Bil- dungskraft der Seelen, Ja stellten uns das wahre Bild, die wahre Scheußlich- keit von ihr, Sammt Strafe, Reu und Scham, als ihren Begleiterin- nen, lebhaft fuͤr, Wir wuͤrden einen Abscheu fuͤhlen, wir wuͤrden nicht so oͤfters fehlen; Man wuͤrde sie nicht waͤhlen wollen. Bey der erkannten Eigenschaft Wuͤrd’ unsers ganzen Willens Kraft Nicht einmal auf die Probe kommen. Jn wie viel groͤß- rer Sicherheit, Wuͤrd’ zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Wuͤrd’ man so dann fuͤr Laster seyn, als itzt, da in dem lieben Streit, Wenn wir noch dann und wann einst siegen, Wir dennoch mehrentheils erliegen. Was liegt noch uͤberdem an Kraͤften der Kunst uns vor- zustellen, nicht! Da uns die Phantasey ja meist, wenn uns was Widri- ges geschicht, Der Sachen Widrigkeit vergroͤßert, und sie daher noch schwerer macht, Als wie sie an sich selber sind. Wir koͤnnen also deut- lich sehen, Daß wir selbst unsers Ungluͤcks Schmiede. Die meisten Dinge, die geschehen, Sind ohne das nicht, was sie sind; sie sind das, wozu man sie macht. Und dieß geschiehet durch den Misbrauch der Phantasey fast ganz allein, Durch die doch, wenn man sie recht brauchte, man faͤhig waͤr, begluͤckt zu seyn: Jndem ein Mensch, der eine Kraft besitzt, sich etwas vorzustellen, Vermoͤgend ist, sie zu verzuckern, und ebenfalls sie zu vergaͤllen. Besitzen wir nun dieß Vermoͤgen, wie wir es in der That besitzen; Warum bemuͤhen wir uns nicht, sie zu gebrauchen, uns zu nuͤtzen, Anstatt, daß, durch dieselbe Kraft, Man, durch derselben Misbrauch bloß, sich tausend Un- vergnuͤgen schafft? G g 5 Da Vermischte Gedichte Da wir auf diesem Kreis der Erden Ja durch die Meynungen allein Begluͤcket und ungluͤcklich werden, Vergnuͤgt und unzufrieden seyn; Warum bestreben wir uns nicht, Da solche groͤßten Theils im Denken, Ja in und aus uns selbst bestehn, Mit mehrerm Ernst dahin zu sehn, Sie fuͤr, nicht gegen, uns zu lenken? Die Meynung wird an keinem Ort, als in und von uns selbst, gezeuget, Es haͤngt bloß von uns selber ab, was uns erhebt und niederbeuget: So fodert es ja die Vernunft, und es erheischen unsre Pflichten, Nach Moͤglichkeit uns zu bestreben, die Meynungen wohl einzurichten, Wofern uns soll zu helfen seyn, weil von den aͤußerlichen Dingen Die wenigsten in unsrer Macht, sie zu veraͤndern und zu zwingen. Jch kann mich, zum Exempel, nicht zum Grafen oder Fuͤrsten machen: Allein es steht bey mir, die Meynung, ob koͤnnte man nicht gluͤcklich seyn, Als in so hohem Stand allein, Als eine Thorheit zu verlachen. So denket Polidor und ist nicht unvergnuͤgt; Wenn N. hingegen stets von Harm und Gram besiegt, Weil er nicht nur kein Fuͤrst, nicht einst ein Edelmann. Wer anders, als er selbst, ist Schuld daran, Daß ihm in seinem Buͤrgerleben Kein einzig Gut Vergnuͤgen geben, Nichts zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Nichts freuen noch ergetzen kann? Er selbst ist seines Elends Meister, Er schmiedet selbst sein Ungluͤcksjoch mit Muͤh, Er zeuget selbst sein’ eigne Plagegeister, Kein andrer, als er selbst, ernaͤhret sie. Um aber nun es bey der Lehr und gutem Rath nicht bloß zu lassen, So laßt uns uns annoch bemuͤhn, mit ernstlichem Be- dacht zu fassen, Was eigentlich die Phantasey, und wie mans etwan an- zufangen, Zu einer Kraft und Fertigkeit, sie zu verbessern, zu ge- langen. Die Kraft, uns etwas vorzustellen, scheint fast der Seelen beste Kraft, Doch hat sie, wenn man sie betrachtet, die ganz be- sondre Eigenschaft, Daß sie sich mit dem Sinnlichen in ihrer Handlung meist verbindet, Und in demselben wenigstens den Anfang ihrer Wirkung findet. Durchs Sinnliche scheint sie nachher sich vollenkommener zu zeigen, Und allgemach, recht staffelweise, durch sie zum Geistigen zu steigen, Da denn, wann sie sich allgemach von dem, was koͤr- perlich, entfernt, Sie wohlgebundne Schluͤsse machen, und ohne Bilder wirken lernt. Ob solches nun, dem Spiegel gleich, durch geistigs Bilderwerk geschehe, Wie Vermischte Gedichte Wie oder, ob in unsrer Seele dieß wo auf eine Art be- stehe, Daß sie selbst mit sich gleichsam rede, und eine Faͤhigkeit besitze, Jhr selber etwas vorzutragen, Ja fast als waͤre sie getheilt, sich gleichsam selbst um Rath zu fragen, Und uͤber Dinge, die ihr schaͤdlich, auch uͤber solche, die ihr nuͤtze, Sie ihr selbst Antwort koͤnne sagen, Jst wohl so leicht nicht zu erklaͤren. Doch kann hie von was recht besonders der große Schaffts- bury uns lehren Die Unterredung mit sich selbst scheinet, nach dem Rath des Grafen von Schafftsbury, eine be- traͤchtliche und nothwendige Sache zu seyn. Niemand wird das Amt eines Raths, eines Leh- rers, eines Freundes ⁊c. besser bey uns verwalten koͤnnen, als wir selbst. Es ist wahrscheinlich, daß durch ein solches Ge- spraͤch alles dasjenige erhalten wird, was man sonst durch das Gewissen zu erhalten vermeynet. Wie gut die Lehre vom Gewissen und wie noͤthig sie ist; so scheinet doch, daß mit diesem Wort sich einige Jdeen verknuͤpfet haben, welche, da sie uns das Gewissen zu ernsthaft vorstellen, eine Art von Ab- kehr, sich von ihm beurtheilen zu lassen, in uns erregen, wodurch wir gleichsam abgehalten werden, uns demselben zu unterwerfen. Dieses wuͤrde ver- muthlich , Wenn er, zum Beyspiel, folgends schreibt. Nun zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Nun fragt sichs, ob der Mensch im Stande, Vorstel- lungen sich selbst zu machen, Ob ihm nicht Gegenwuͤrf’ und Umstaͤnd’ und Bilder von verschiednen Sachen Zu dieser Geistkraft noͤthig seyn? und ob nach deren Eigenschaft Sich unsre Phantasey nicht richte? so daß sie mehr und minder Kraft, Nachdem die Gegenwuͤrfe gut, wie oder schlecht sind, selbst erlange, Sich muthlich sich aͤndern, wenn wir, anstatt desselben, uns selbst, oder unser Jch, gleichsam theilten, und solchergestalt uns von uns selbst belehren ließen. Nutzen von dieser Lehrart vid de la Motte Fablen von Tyrannen. Man denke nicht, ob waͤre unser einzelnes Jch nicht theilbar. Denn außer, daß wir von uns so wenig, als von allen Dingen, genugsame Kundschaft haben, so theilen wir ja we- nigstens die Kraͤfte unsers Geistes ein. Wir unter- scheiden Gedaͤchtniß, Phantasie und Verstand, im- gleichen den Willen. Wir erkennen in uns ver- schiedene Leidenschaften ⁊c. Ja, wenn auch eine wirkliche Eintheilung nicht noͤthig waͤre und keine Statt haͤtte; so befinden wir doch eine Eigenschaft in uns, daß wir uns selbsten etwas vorzustellen vermoͤgend seyn. Bliebe uns nun gleich die Art un- bekannt, so ist es genug, daß wir, ein solches Ver- moͤgen zu unserm wirklichen Nutzen anzuwenden, uns je mehr und mehr bestreben, weil wir in keiner Schule mehr lernen werden, als in unserer eigenen, wofern wir nur erst die Moͤglichkeit, die Noth- wen- Vermischte Gedichte Sich Bilder deutlich zu formiren, und auch nachher, wenn der Verstand Sie nach der Richtigkeit erwogen, die Seele, was er gut erkannt, Nach ihrem eigentlichen Wesen sodann zu haben nicht verlange, Und, was er schaͤdlich haͤlt, verwerfe? Dieß wird nicht weniger geschehn Jn Dingen, wo man Wahrheit sucht. Da, wie die Phantasie wird meynen, Man, was uns wahr scheint, wird bejahen, und auch das Gegentheil verneinen. Hieraus wird jedermann nun leicht, und fast unwi- dersprechlich, sehn, Wie viel an dieser Kraft gelegen, da, so, wie wir von allen Sachen, Uns, wendigkeit und den Nutzen begriffen haͤtten. Der Einwurf, der hiegegen gemacht werden koͤnnte, wird etwan dieser seyn: Auf welche Weise wir zu gleicher Zeit Lehrer und Schuͤler seyn koͤnnen? M. Hinderte uns das Wort Lehrer und Schuͤler etwan; koͤnnte man es als eine durch zwey Freunde gehaltene naͤhere Ueberlegung ansehen, an deren Nutzen wir nicht zu zweifeln haben, da man ja oͤfters befindet, daß man durch eine Widerlegung selbst in Stand gesetzt wird, noch schaͤrfer zu denken, als man vorhin selbst geglaubet. M. Sollte ein solches innerliches Gespraͤch zu anfangs nicht von statten gehen wollen; dadurch lasse man sich nicht abschrecken, durch Gewohnheit und Exerciren muß alles gelernet werden. zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Uns, kraft der regen Phantasey, Vorstellung und Jdeen machen, Man gleich geneigt, sie zu verlangen, haͤlt man sie gut, und scheint sie wahr, Wird man ihr alsbald Beyfall geben. Es ist dahero sonnenklar, Daß, wenn wir wollen richtig wandeln, daß, wenn wir wollen gluͤcklich seyn, Daß, wenn wir wollen weise werden, wir unsre Phan- tasey allein Wohl einzurichten suchen muͤssen: denn stellt dieselbige sich ihr Die Dinge, wie sie in der That und in dem wahren Wesen, fuͤr, Die Tugenden in ihrem Glanz und ruhiger Beschaffen- heit, Die Laster in der schwarzen Tracht und ekelhaften Scheuß- lichkeit, Mit allen ihren schlimmen Folgen; Unmoͤglich koͤnnten unsre Seelen Die ersten fliehn, die letzten waͤhlen. Unmoͤglich irrte man, wie jetzt. Uns wuͤrde bloß die Tugend reizen, Uns blendete kein Laster mehr, wir wuͤrden uns dagegen spreizen. Zoͤg’ eine kluge Phantasey der Laster schoͤne Larven ab, Die sie, bishero selbst bethoͤret, denselben meistens selber gab; Der Wille wuͤrde nimmer wollen mit ihren scharfen Dolchen spielen, Er wuͤrde den geringsten Reiz zu ihrer Haͤßlichkeit nicht fuͤhlen. Sollt’ Vermischte Gedichte Sollt’ unsre Phantasey, zum Beyspiel, der Geilheit schoͤne Larve koͤnnen Von ihrem ekelhaften Koͤrper und eiterichtem Wesen trennen: Sollt’ ihr die schwere Voͤllerey, befleckt mit ausgekotzten Speisen, Die Trunkenheit voll Stank und Zank, mit Kopf- und Magenweh sich weisen: Sollt’ ihr der Geiz sein’ Angst und Sorgen, der schiele Neid sein Schlangenhaar, Der blinde Zorn den blutgen Dolch, die ihm stets dro- hende Gefahr, Die Faulheit ihren Lohn, die Armuth, ganz nackt und hungrig, sehen lassen; Wuͤrd’ jeder nicht solch scheußlich Heer verfluchen, mei- den, fliehen, hassen? Fuͤr die wir, da wir uns dieselben oft anders vorzustel- len pflegen, So viele Neigung, solchen Trieb, so bruͤnstiges Verlan- gen hegen. Zwar zeiget dann und wann in uns wohl der Verstand im Ueberlegen Derselben Schaͤdlichkeit uns an, da wir denn auch noch wohl zuweilen, Zumal wenn wir aufs Kuͤnftge denken, desselben Rath Gehoͤr ertheilen. Allein wir gleichen, in dem Stande, den kraͤnklichen Naturen fast, Die bloß von Arzeneyen leben. Sie haben zwar zuwei- len Rast, Doch bricht die Krankheit wieder durch. So auch bey uns die Leidenschaften, So zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. So lange wir die große Kraft uns etwas vorzustellen, nicht Jn uns bedachtsam ausgebessert, so daß bey uns der Wahrheit Licht Nicht durch der Falschheit Nebel bricht, Und wir die noͤthge Fertigkeit, der Dinge wirkliche Ge- stalten Wohl zu beleuchten, nicht erhalten; Wird unser Wille selten nur, so, wie wir billig wollen sollen, Um gluͤcklich und vergnuͤgt zu seyn, und recht zu leben, wollen wollen. Wann aber ersteres geschicht, wuͤrd’, allem Ansehn nach, in allen Der Will, aus wahrer Eigenliebe, bestaͤndig auf das Gute fallen. Ein junger Mensch ist zu bedauren, die Wollust ist ihm unbekannt, Er weis nicht, daß sie seinen Koͤrper erschoͤpft, die be- sten Kraͤfte stielt, Jhn schwaͤcht, und vor den Jahren alt macht, in einen kuͤmmerlichen Stand, Sowohl an Leib als Geist, ihn stuͤrzt: Ja so auf sein Verderben zielt, Daß sie mit marternden Geschwuͤren und Wuͤrmern Mark und Blut durchwuͤhlt, Jhn aller Welt zum Scheusal macht, um Ehre, Gut und Blut ihn bringet, Und eines suͤßen Ehestandes Vergnuͤgen zum Voraus ver- schlinget; Ja daß sie, damit nicht vergnuͤgt, den Gift noch in die Kinder floͤßt; Ein ganz Geschlecht auf viele Jahre von regem Lebens- saft entbloͤßt; H h Durch Vermischte Gedichte Durch sein verdorbnes Blut das Blut der Kindeskin- der noch verdirbet, Daß dieß nicht minder, wie der Vater, in Schmerzen lebt, und elend stirbet. Wenn mancher sich auf diese Art die Wollust vorzu- stellen wuͤßte, Und saͤh sie seine Phantasey mit allen schlimmen Folgen an, So weis ich nicht, ob er wohl sollte den Gift so ungluͤck- selger Luͤste, So eifrig, als anjetzt, verlangen; obwohl, wie jetzo jedermann, Da wir sie uns nicht wie sie sind, nur wie sie scheinen, vorgestellt, Sie aͤrger denn vermeiden wuͤrde, als das Gefaͤhrlichste der Welt? So geht es auch mit andern Lastern, die alle dadurch ganz allein, Daß sie in unsrer Phantasey viel anders scheinen, als sie seyn, So suͤß, so angenehm uns scheinen. Ach, daß man dieß nicht uͤberlegt: Daß jedes Laster seine Strafe wahrhaftig auf dem Ruͤ- cken traͤgt! Dem allen tritt noch dieses bey, daß uns, bey der Unwissenheit Von ihrem Greul, nach der darinn von uns geglaubten Suͤßigkeit, Fast das Verbot die Lust noch mehret, indem uns die Erfahrung lehrt, Daß wir nach dem Verbotnen streben, wovon der Grund denn leicht zu finden, Weil wir in dem, was uns verboten, das Schaͤdliche nicht leicht ergruͤnden. Das zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Das Untersagen reizt das Wollen, weil das sich vorge- stellte Gut, Uns, oft daran zu denken, reizt, und dadurch staͤrkre Wirkung thut. Man kann demnach mit großem Recht, und ohn die Wahrheit zu verletzen, Sich wohl getrauen, diesen Satz, als einen Grundsatz, fest zu setzen: Gebrauchten wir, bey der Vernunft, von unsrer Phan- tasey die Kraft Die Wahrheit uns recht vorzustellen; wer wuͤrde doch wohl lasterhaft, Wer boͤs und straͤflich werden wollen? Ach, laßt uns dieß denn wohl erwaͤgen, Wie an der Kraft uns vorzustellen, uns so unglaublich viel gelegen! B. Jch habe diese deine Schluͤsse mit Ernst und mit Geduld gehoͤrt, Und find’ ich sie so straͤflich nicht, als wie sie mir zuerst geschienen; Soll aber ich derselben sicher, als einer Wahrheit, mich bedienen, So stimm sie erstlich mit den Saͤtzen, die der beruͤhmte Hollmann S. dessen Pnevmatolog. Cap. II. §. LI. seqq. lehrt. H h 2 Das Vermischte Gedichte Das gezwungene Bekenntniß. D ieß sind die Triebe, die sich fast bey allen Menschen finden lassen: Sie suchen zu erniedrigen, was sie bewundern, und sie hassen Die, so sie nicht verachten koͤnnen; sie sind, an denen, die sie schaͤtzen, Bemuͤhet, Fehler zu entdecken, an ihnen etwas auszu- setzen. Doch zwinget sie die Macht der Tugend und der Ver- dienste zum Vertrauen Zu der in ihnen anerkannten aufrichtigen Beschaffenheit. Dieß zeigt der Tugend wahren Werth und ist nicht an- ders anzuschauen, Als ein gezwungenes Bekenutniß von ihrer Ungerech- tigkeit. Ver- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Vergnuͤgen an der Kreatur, erlaubt und noͤthig. W ir muͤssen alle Luͤste meiden. Die sinn- und koͤrperliche Freuden Die muͤssen unsre Seelen nicht mit ihrem eitlen Joch beschweren, So hoͤr ich P - und K - - lehren. J ch dachte bey mir selbst: das geht zu weit. Da wir auf unsrer Welt aus Seel u. Leib bestehen, So muß ja die Beschaffenheit, Wozu wir uns allhier durch Gott bereitet sehen, Nicht straͤflich, nicht veraͤchtlich seyn. Warum, da Seel und Koͤrper hier sich fuͤgen, Soll sich der Geist am Koͤrper nicht vergnuͤgen? Jst denn der Koͤrper Schmuck und Pracht Nicht auch ein Wunderwerk, so Gott hervorgebracht? Sind sie nicht seiner Allmacht Proben, Und kann man nicht den Schoͤpfer auch, Jn ihrem froͤlichen Gebrauch, An Jhn dabey gedenkend, loben? Sind wir nicht in der Bibel gar Auch auf die Kreatur, die koͤrperlich, gewiesen? Sagt sie nicht klar: Der Schoͤpfer wird durch das Geschoͤpf gepriesen? Mich deucht vielmehr, wo man allhier, Ohn, an der Kreaturen Zier, Sich, durch die Sinnen, zu ergetzen, Und Gott in ihnen hochzuschaͤtzen, H h 3 Sich Vermischte Gedichte Sich will, allein im Geist, vergnuͤgen; Man wolle, sonder Fluͤgel, fliegen; Und, bloß aus Hochmuth, hier der Ordnung wider- streben, Die uns in unserm Leben Von dem, der alles schuf und alles liebt, Der alles Gute wirkt und giebt, Uns in so reichem Maaß gegeben. Dieß heißt fuͤrwahr, wenn wir es recht betrachten, Sein herrlich Werk nicht nur, selbst Gott darinn, ver- achten. Der zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Der Widerspruch in den mensch- lichen Wuͤnschen. M. W ie eilt, wie laͤuft, wie fleucht die Zeit! N. Wie dauret mir die Zeit so lange! M. Wie angenehm ist die Gesellschaft! N. Wie oft macht mich ein Schwaͤtzer bange! M. Ach waͤr ich ein geheimer Rath! N. Mich reizt der guͤldne Mittelstand. M. Wie lieblich ist die edle Freyheit! N. Wie angenehm der Liebe Band! M. Wie suͤß ist doch die stille Ruhe! N. Wie gerne bin ich auf der Reise! M. Wie wuͤnsch ich einst vermaͤhlt zu seyn! N. Wie ekelt mich vor dieser Speise! M. Ach moͤchte mich die Nachwelt kennen! N. Wer unbekannt, hat wohl gelebt. M. Haͤtt’ ich des reichen Croͤsus Schaͤtze! N. Was hilft dirs, wenn man dich begraͤbt? M. Bey Hofe such ich nur mein Gluͤck. N. Jch find’ es beym Soldatenstande. M. Was bringt die Schiffahrt nicht fuͤr Lust! N. Viel sichrer ist es auf dem Lande. Auf solche Weise wuͤnscht und handelt das ganze menschliche Geschlecht. So saget M. so saget N. Wer aber hat, von bey- den, Recht? H h 4 Unbillig- Vermischte Gedichte Unbilligkeit gegen Gott. E ntweder ist der Mensch geschaffen zu seines Gottes Ehr allein, Wie oder von der Gottheit Lieb’ ein ewger Gegenwurf zu seyn, Wie oder auch zu allen beyden. Wo aber nicht, so bleibts dabey, Daß, da, von beyden, er zu keinem, er, sonder Zweck, erschaffen sey; Weil niemand es geluͤsten wird zu sagen, daß die Gottheit wollte Den Menschen schaffen, damit er in Ewigkeit verdammt seyn sollte. Nun leugnen wir (vielleicht aus Hochmuth) den ersten Satz vermuthlich nicht: Und dennoch ist, zur Ehre Gottes, der Menschen Thun nicht eingericht. Es scheint, es theile sich die Welt hieruͤber in zwo Haͤlf- ten ein, Jn einer ehrt der Mensch nicht Gott, und in der andern sich allein. Der andre Satz wird ebenfalls von wenigen geleugnet werden, Der dritte folglich auch zugleich. Und doch nimmt manchen auf der Erden, Sogar auch selbst im Christenthume, bey Christo selbst, ein Zweifel ein, Ob, auch sogar bey Reu und Glauben, die Gottheit werde gnaͤdig seyn. Dieß ist gewiß so ungerecht von Gottes ewger Huld gedacht, Daß es fast leidlicher, zu sagen: Es hat die Welt sich selbst gemacht. Die zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Die Absicht der Schoͤpfung. D as wundervolle Buch der lehrenden Natur Zeigt uns ein liebend- weis- allmaͤchtges Wunder- wesen, Und giebt es unserm Geist auf jedem Blatt zu lesen. Von seinem Daseyn zeigt sich uͤberall die Spur, Den Seelen praͤget er von seinem wahren Seyn Den deutlichsten Begriff in dem Begriff selbst ein, Daß er, durch seine Guͤt, Erbarmung, Huld und Lieben Nur ganz allein getrieben, Geschoͤpf’ hervorgebracht, um ihnen wohlzuthun. Auf Liebe kann allein der wahre Grund beruhn, Daß etwas worden ist. Die Gottheit brauchte nicht, Als aller Seligkeit selbstaͤndig’ ewge Fuͤlle, Noch seliger zu seyn. Dieß zeiget uns das Licht Der denkenden Vernunft, auch, daß des Schoͤpfers Wille Wohl nicht gewesen sey, Geschoͤpfe zu erschaffen Zu dieser Absicht bloß, die Fehler zu bestrafen, Und folglich, daß er unser Wesen Zu einem Gegenwurf von seiner Streng’ erlesen, Gerechtigkeit genannt. So viel befinden wir, Daß Gott in unsern Geist selbst den Begriff gesenket, Daß man an solchen Satz ohn Abscheu nicht gedenket. H h 5 Betrach- Vermischte Gedichte Betrachtungen uͤber den Zustand eines Armen u. eines Reichen beym Abschiede aus der Welt, aus der Vernunft. L aßt uns den Stand der Sterblichen in dieser Welt mit Ernst betrachten, Auf den so großen Unterscheid, der zwischen Arm- und Reichen, achten! Um in der Aenderung von beyden, in diesem, und nach diesem Leben, Den letzten eine treue Warnung, den ersten einen Trost, zu geben. Wenn wir, von vielen Millionen, ihr ganzes Leben uͤbersehn, Mit ihnen von der Wiegen an bis ganz zu ihrem Grabe gehn, So wird man nicht begreifen koͤnnen, zu welchem Zweck ihr Leben ihnen Gegeben worden, und wozu ihr ganzes Hieseyn sollen dienen. Alles, was hier die Natur lieblichs hat und an- genehm, Alles, was auf dieser Erden suͤß, ergetzlich und bequem, Jst denselben untersaget. Alle Pein von Frost und Winden, Alle Noth von schwuͤler Hitze muͤssen sie allein em- pfinden; Sie zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Sie ertragen, ohne Lindrung, allen Zorn der Jahres- zeiten, Sonder ihren mildern Einfluß und derselben Lieblichkeiten Je zu fuͤhlen, zu genießen. Ein bestaͤndger Lebenszwang Folget ihnen auf den Fuß, und begleitet ihren Gang, Laͤsset sie kaum Athem holen. Er entreißet sie dem Schlummer, Wenn er ihnen noch so noͤthig, und verlaͤngert ihren Kummer. Seel und Koͤrper ist denselben mehrentheils fast einerley, Kaum begreifen sie, ob die von dem unterschieden sey. Jhre Pflicht scheint sonst in nichts zu bestehn auf dieser Erden, Als unausgesetzt zu reden nur mit Eseln und mit Pferden, Der sie ihnen anvertrauet, haͤlt sie meist einander gleich, Ja er haͤlt von jenen oͤfters mehr, ihr Armen, als von euch. Jhnen ist der Freyheit Schatz, der so suͤß ist, nicht bekannt, Und noch weniger die Freyheit am Gemuͤth und am Ver- stand. Alle Faͤhigkeit zu denken ist denselbigen verborgen, Sammt dem Nutzen und Gebrauch, alles ist nur ange- wandt, Jhre Arbeit zu erdulden, und nur bloß davor zu sorgen, Daß sie Plagen, Schmerz und Pein, Nur so wenig als es moͤglich, moͤgen ausgestellet seyn. Nun trifft man, im Gegentheil von denselben, Menschen an, Wovon man, mit großem Recht, dieses wirklich sagen kann: Die Vermischte Gedichte Die Natur sey ganz fuͤr sie. Ja, dieß ist fast nicht genug, Und man sagt davon mit Fug, Daß wie reich auch die Natur, wie ihr Gut so mancherley, Sie doch ihnen, vor sich selbst, nicht einmal genugsam sey. Jene, die, dem Ansehn nach, bloß fuͤr sie erschaffen seyn, Muͤssen sich bestaͤndig plagen, unaufhoͤrlich sich bemuͤhen, Stets mit allen Kraͤften wirken, und am Joch der Ar- beit ziehen, Jhnen durch die Kunst zu schaffen etwas, welches un- gemein. Wird die Faͤhigkeit von diesen fast allein dazu verwandt, Jhren Jammer zu erdulden, oder ihre Pein zu tragen; Brauchen jene dazu bloß ihren sinnenden Verstand, Durch die Kunst aus der Natur was behaͤglichs zu er- jagen. Der, durch andrer Arbeit, ihnen stets verschaffte Muͤßig- gang Wuͤrde sie annoch beschweren, und die Zeit wuͤrd’ ihnen lang, Wenn sie diese nicht verkuͤrzten, wenn sie jenen nicht er- fuͤllten Mit dem Auserlesensten, so man nur ersinnen kann; Denn sie wenden alles an, Um nicht ihre Sinnen nur, ihren Geist auch, zu ergetzen, Weil sie auch fuͤr diesen sorgen, und ihn minder nicht geziert Als den Koͤrper, wissen wollen. Sie bereichern ihn mit Schaͤtzen Von gelehrter Wissenschaft. An verschiednen wird ge- spuͤrt, Daß sie auf die Weltweisheit eifrig ihr Bemuͤhen lenken, Daß sie uͤberlegen, denken. Wenn zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Wenn nun diese ihren Blick auf die plumpen Geister wenden, Die fast nichts vom Denken wissen, und nur bloß mit ihren Haͤnden Fuͤr der Reichen Wollust wirken; wie veraͤchtlich sehn sie sie, Mit wie vielem Hochmuth an! Welche dumme Kreatu- ren Sind doch die geringen Leute! sind in ihnen doch kaum Spuren, Kaum ein Schatten vom Verstand, es ist nichts in sie zu bringen, Und sie sind zu allen Sachen mit der Strenge bloß zu zwingen. So vollfuͤhren beyde Theile ihren Lebenslauf auf Er- den, Bis sie beyde durch den Tod aus der Welt gefuͤhret werden. Hier nun endet sich, fuͤr uns, diese Scene. Und uns fuͤhren Unsre Sinnen weiter nicht. Aber sollte unser Geist Nicht noch etwas tiefer dringen, und ein mehrers hievon spuͤren, Als der aͤußre Sinn uns weist? Leitet uns ein unausloͤschlichs und ein tiefes Denken nicht Dahin, uns nach diesem Leben, und der Dauer dieser Zeit, Eine ganz verschiedne Scene, gleichsam wie selbst im Gesicht Von denselben vorzustellen, in der fernen Ewigkeit. Denn Vermischte Gedichte Denn daß Gott, die ewge Liebe, sollte Kreaturen schaf- fen Zu dem Zweck, so lang’ sie dauren, unaufhoͤrlich sie zu strafen, Sonder sich auch ihnen einst, als ein Vater, zu erzeigen, Sonder je mit seiner Guͤte auch zu ihnen sich zu neigen, Jhnen nimmer Guts zu thun; ein solch straͤfliches Ge- richt Faͤllet ein vernuͤnftger Geist von der ewgen Liebe nicht. Laßt uns denn, wofern wir koͤnnen, alle Meynungen vergessen, Die Erziehung, Vorurtheil, uns von einer andern Welt Bis dahero vorgestellt, Und nur das zu Rathe nehmen, was wir fassen und er- messen! Was fuͤr ein veraͤndert Bild, stellt sich uns natuͤrlich fuͤr, Wenn man an die Menschen denkt, die so gar verschiedlich lebten. Setzet dieß nur, daß sie dauren, daß, von Dingen wel- che hier Mit denselben vorgegangen, noch Begriff’ an ihnen kleb- ten. Dieses ist der erste Satz, welchen wir von denen schließen, Die hier Muͤh und Noth gedruͤcket, daß nach uͤberstand- nem Leid Sie der Ruhe Suͤßigkeit Ungestoͤret nun genießen. Der so bittern Noth zu leben unertraͤglichem Beschwer Sind sie nun einmal entnommen, und sie quaͤlet sie nicht mehr. Die zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Die Entfernung solcher Marter, wovon sie nunmehro frey, Jst fuͤr sie schon ein Vergnuͤgen, welches ihnen gaͤnzlich neu. Noch ein’ andre Aenderung hegt fuͤr sie ihr neuer Stand, Dieses ist des Geistes Freyheit, die sie hatten, und nicht fuͤhlten, Wovon sie, daß selbe nicht ihnen eigen, davor hielten, Und sie fuͤr geschenkt jetzt halten, so sehr war sie unbe- kannt. Nimmer hatten sie geglaubt, daß dieß Gut mit ihrem Wesen Eigentlich verbunden war, und da sie es jetzo spuͤren, Muß nothwendig die Entdeckung sie um desto mehr noch ruͤhren, Und ihr Stand sie mehr erfreuen, dazu sie nunmehr erlesen. Wozu leitet die Entdeckung ihre rege Seele nicht! Die begrabnen Faͤhigkeiten fallen ihnen ins Gesicht, Sie erblicken einen Schatz, welchen sie vorher besessen, Aber, sonder ihn zu kennen, noch die Wuͤrde zu ermessen. Jhnen zeiget sich die Wahrheit, wovon sie nicht einst den Schatten, Keinen Eindruck, noch Begriff, in dem vorgen Leben, hatten. Die Erinnrung des Vergangnen laͤßt sie kraͤftiger noch schmecken Jhr nun gegenwaͤrtges Gut; und von ihrem neuen Leben Den nunmehr entdeckten Vortheil, um so mehr annoch, entdecken. Aber laßt uns nun auch einst auf die andern Achtung geben! Die Jdee so wir zuerst von denselben haben muͤssen, Jst, daß ihnen alle Vorwuͤrf’, die so angenehm, entrissen. Alles Vermischte Gedichte Alles Sinnliche, worinn sie so viel Vergnuͤgen funden, Jst dahin, und alle Luͤste sind, als wie ein Nauch, verschwunden. Feruer, alles das, was sie, ihrem Geist zum Schmuck, erlesen, Hoͤret auf, und alle Muͤhe, die sie, um mit ihm zu pran- gen, Sich auf dieser Welt gegeben, ist verlohrne Muͤh gewe- sen. Sinnreich scherzen, eitles Gruͤbeln, alles ist nunmehr vergangen. Bildeten sie hier sich ein, Zum Regieren bloß gebohren, und, zum Herrschen, hier zu seyn, Hatten sie hier rings um ihnen Leute die dazu gemacht, und dazu erzeuget schienen, Jhren Geiz und ihren Luͤsten, ihrem Eigensinn zu dienen; Dort verkennet sie ein jeder. Jhre Neigung, ihr Ver- langen, Und die heftigsten Begierden, deren hier so mancherley, Finden einen Widerstand, der, indem er ihnen neu, Desto unertraͤglicher; alles was er hier empfangen, Alles Gute, das der Mensch hier auf dieser Welt genos- sen, Alle Luͤste, die ihm hier aus dergleichen Gut entsprossen, Alles ist nun nicht mehr da, so daß ihn ein Durst be- schwert, Welcher ihm mit strenger Hitze fast sein Jnnerstes ver- zehrt. Da der Arme gegentheils bey dem gluͤcklichen Erblassen, Statt Bequemlichkeit und Wollust und sein Gluͤcke zu verlassen, Nichts zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Nichts verlaͤßt, als Muͤhe, Sorge, Kraͤnken, Graͤmen, Plag und Pein, Wie verschieden muß fuͤr beyde dieser große Wechsel seyn! Wie noͤthig es daher den Reichen, daß sie die Seelen mit Jdeen, Durch ein vernuͤnftiges Betragen, so lange sie allhier, versehen, Wodurch sie, was sie hier verlieren, und welches nicht so hoch zu schaͤtzen, Vermoͤgend werden zu ersetzen, Damit sie nicht dereinsten wuͤnschen, ohn alle hier be- seßne Gaben, Die Zeit auf Erden zugebracht, und lieber arm gelebt zu haben. J i Die Vermischte Gedichte Die von der Durchl. Fuͤrstinn von Schaumburg von dem Verfasser verlangte Meynung uͤber das Ahnden . D u fragst mich durch den weisen Widow umsonst, Durchlaucht’ge Celimene, (Die du, wie er dich mir beschrieben, so weis’ und voller Geist, als schoͤne,) Wie fern die Kraft der Seelen geh’? und ob wir Sterb- lichen die Gaben, Vernuͤnftig was vorher zu sehn, zu traͤumen und zu ahn- den haben? Und was dann eigentlich das Ahnden? Hier ist mein redlicher Bericht: Jch weis es nicht. Zwar koͤnnt’ ich leicht, wie viele Weisen, um dein Ver- langen zu erfuͤllen, Mein’ Einfalt dir in dunkle Woͤrter und finstre Perioden huͤllen; Jch koͤnnt ein Rieß Papier verschreiben von allem, was hervorgebracht, Was Cajus, Marcus und Elpin, hievon gedacht, und nicht gedacht, Viel Maͤhrchen, viel Geschicht erzaͤhlen, die theils geschehn, theils nicht geschehen, Was dem Athenodor geahndet, was dem getraͤumt, was der gesehen; Allein ich ehre dich zu sehr, Als daß, durch eitlen Stolz verfuͤhrt, ich dich zu taͤuschen faͤhig waͤr. Die zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Die reine Wahrheit zu gestehen, halt ich, bey dir fuͤr meine Pflicht. Es ist der Anfang meiner Lieder und auch der Schluß: Jch weis es nicht. Es traͤumet meiner eingeschraͤnkten und wankenden Phi- losophie Von einem gruͤndlichen Begreifen, und einem strengen Wissen, nie, Jhr Grundstein ist: daß wir allhie zum Wissen nicht, nur bloß zum Meynen, Worinn doch oft die Wahrheit steckt, geformet und be- schieden scheinen. Jch habe meiner Seelen Kraͤfte nach allen Kraͤften un- tersucht, Was ich dir hier entdecken will, war meiner Untersu- chung Frucht: Dieß fand ich, daß, wenn meine Seele der Sinnen Werkzeug und die Welt Zu Lehrerinnen nicht empfangen, sie von sich selbst das dummste Wesen Gewesen und geblieben waͤre. Nichts haͤtte sich ihr vor- gestellt, Sie haͤtte keine Lehren hoͤren, sie haͤtte keine Schriften lesen, Nicht Licht, nicht Farben sehen koͤnnen. Woher denn haͤtten doch Jdeen, Woher Gedanken, Ueberlegen, woher doch Schluͤss’ in ihr entstehen, Sie zur Vernunft gelangen koͤnnen? Dieß ist der Grund, warum ich meyn’: Es muͤssen Sinnen, Welt und Seelen, zum Licht der Wahrheit zu gelangen, J i 2 Nicht Vermischte Gedichte Nicht von einander abgeschieden, getheilet noch getrennet seyn. Vom Schoͤpfer haben wir dieselben vermaͤhlet und ver- eint empfangen, Sie fuͤhren uns, wenn sie vereint, zu unsrer großen Leh- rerinn, Die einzge Quelle wahrer Weisheit und Wahrheit, zur Erfahrung, hin. Macht einer etwan hier den Einwurf: ich geb es zu, daß unsre Seelen, Um zur Vollkommenheit zu kommen, mit Welt und Sin- nen sich vermaͤhlen, Doch sind sie bloß die Mittel nur, ihr eigner Adel steckt in ihr, Wenn sie den Stoff dazu bekommen, thut sie sich fuͤr sich selbst herfuͤr, Sie machet abgezogne Schluͤsse, sie formt und macht ihr selber Fluͤgel, Sie steigt und hebt sich selbst zur Gottheit, und dieß ist ihres Adels Siegel. So geb ichs zu, dieß klinget schoͤn: allein, wo kommt der Unterscheid Der abgezogenen Gedanken, wo kommt die Mannichfal- tigkeit Sich widersprechender Jdeen, bey so viel klugen Seelen, her? Wenn man dieß ernstlich uͤberlegt; so scheinen unsrer Seelen Lichter So von einander unterschieden, als wie die menschlichen Gesichter. Wie zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Wie waͤr es nun, wenn unser Stand auf Erden so geord- net waͤr, Daß wir der schoͤnen Welt genießen, und, durch vernuͤnf- tigen Genuß Derselben, uns bereiten sollten, zur uns dereinst be- stimmten Klarheit, Von einer hier annoch verborgnen, und dort erst aufge- deckten Wahrheit. Dieß sey, Durchlaucht’ge Celimene, von meinem Eingang nun der Schluß. Jtzt wend’ ich mich zu deiner Frage: was ich von Traͤum- und Ahnden meyne? Jch meyne denn, daß es bey Seelen, die so geformt, kaum billig scheine, Solch Vorrecht ihnen zuzustehn. Doch, man beruft sich auf Erfahrung, erzaͤhlt unzaͤhlige Geschichte Von wirklich eingetroffnen Traͤumen und Ahndungen, man hat Gesichte, Die nicht zu leugnen sind, gesehn. So ist es meine Meynung nicht, dieß zu verwerfen, zu verneinen, Dieß waͤre Richten, und nicht Meynen. Zu einem ernstlichen Verneinen kann ich mich nicht ent- schließen, nein, Man muͤßt auf solchen Fall verlangen, weit kluͤger, als ich bin, zu seyn. Doch laß uns etwas untersuchen! Zu anfangs wird man mir gestehn: Daß von viel tausend Ahndungen und Traͤumen, so wie von Gesichten, J i 3 Die Vermischte Gedichte Die allerwenigsten nur aͤcht, und so, wie sie erzaͤhlt, ge- schehn. Die allermehresten gehoͤren bloß zu phantastischen Ge- dichten, Die fallen also gleich hinweg. Von denen aber, wovon man So wenig an derselben Wahrheit, als an der Folge, zweiflen kann, Jst hier die Red’ allein. Wir wollen, Daß aus dergleichen Ahndungen, von tausend, hundert wahr seyn sollen, So wird man von den hundert doch, vernuͤnftig, die al- lein erlesen, Die von der Gattung bloß gewesen: Daß man ein Ungluͤck meiden koͤnnen, und daß man solches in der That, Durch solche Traͤum’ und Ahndungen belehrt, dann auch vermieden hat. Die andern, da vielleicht mein Blut gestockt gewesen und verdickt, Wodurch verschiedene Canaͤle vielleicht in meinem Hirn gedruͤckt, Beaͤngstigung erreget haben, wo bald darauf von un- gefaͤhr Ein unvermeidlicher Verlust, ein Fall, ein Ungluͤck mich betroffen, Dergleichen wird man, will ich hoffen, Zu denen Ahndungen nicht zaͤhlen, die wir hier unter- suchen wollen. Zu welcher Absicht haͤtte mir dergleichen Ahndung dienen sollen, Da zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Da doch das Ungluͤck unvermeidlich? Jch kann kein’ Absicht hier ergruͤnden, Und folglich keine Handlung hier von einem weisen Wesen finden. Waͤr’ aber durch dergleichen Ahndung und Traum ein Uebel abgekehrt; So find’ ich, daß es allerdings zu dieser Art mit Recht gehoͤrt, Die unsrer Untersuchung wuͤrdig. Nun muͤßt’ ein solches Prophezeyhn Entweder in den Seelen liegen, wie oder auch von andern Wesen, Die außer uns sind, an sie kommen, und welche dazu auserlesen, Wie oder muͤßt’ es selbst vom Schoͤpfer unmittelbar ge- wirket seyn. Das letzte scheinet mir von Gott nicht groß, nicht wuͤr- dig gnug gedacht, Denn ob man von dergleichen Traͤumen gleich vieles in der Bibel lehrt; So haben doch dergleichen Wunder, wie man uns lehret, aufgehoͤrt. Das andre lieget zwar fuͤr uns verborgen und in dunkler Nacht, Doch hielt’ ichs eben nicht unmoͤglich. Der Zweifel aber faͤllt mir ein: Wie muß die Zahl dergleichen Wesen, die uns belehren, doch so klein, Weil sie so selten lehren, seyn! So muͤßt’ es dann im dritten liegen, und muͤßten einige von Seelen Jn sich was ganz besonders haben, daß Dinge, die sich sonst verheelen, J i 4 Sich Vermischte Gedichte Sich ihnen etwan fuͤhlbar machten. Sind die Erfah- rungen nun wahr, So muͤßten irgend solche Seelen von einer feinern Gat- tung seyn, Dieß stimmete mit unsrer Koͤrper Gestalt und Formen uͤberein, Da einer schoͤner als der andre. Von meiner aber sag ich klar, Daß mir nichts anders, als was naͤrrisch, sich wider- sprechend, ungereimt, (Ein einzigsmal nur ausgenommen) so lang ich auch gelebt, getraͤumt. Doch hindert dieß nicht, daß ein’ andre geschickt’re Seele diese Gabe, Daß, wenn sie ohne Sinnen denkt, sie besser denkt, em- pfangen habe. Hieraus nun folget dieser Schluß: Daß man nicht alle Traͤume tadlen, noch Ahndungen verachten muß. Dieß waͤre meine Meynung nun von Ahndungen und von den Traͤumen. Jst nun nicht viel belehrendes und nuͤtzliches in meinen Reimen, So liegt der Fehler nicht an mir. Jch zeigte meine Meynung an, Und dieses hab ich aus Gehorsam auf gnaͤdigen Befehl gethan. Wiewohl die Arbeit sonder Muͤh und sonder Unlust nicht geschehen: Wem kann es wohl Vergnuͤgen bringen, wenn man be- staͤndig muß gestehen: Man zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Man wisse dieses nicht, nicht jenes. Es leidet unser Stolz dabey, Zu sagen, daß der Geist kein wissend, und nur ein mey- nend Wesen sey. Doch troͤst ich mich, daß meine Meynung von solchem Meynen doch die Wahrheit Nicht immer von derselben banne, und daß ich oft mit großer Klarheit, Was wahr ist, von der Wahrheit meyne. Es kann der Satz zum Beyspiel dienen, Den ich jedoch mit tiefer Ehrfurcht mich vorzubringen muß erkuͤhnen. Es trog mich meine Meynung oft, doch ist sie itzt vom Jrrthum frey: Jch meyne von der Celimenen, Daß sie, von allen klugen Damen, und daß sie von den schoͤnsten Schoͤnen Ein rechter Auszug, kurz, ein Muster durchlaucht’ger Prinzeßinnen sey Uns fehlet die hohe Erlaubniß, diesem Schreiben die Antwort beyzufuͤgen, welche der sel. Herr Brockes von dieser weisen und leutseligen Prinzeßinn in gebundener Schreibart darauf erhalten hat. Es redet darinnen nicht bloß eine gnaͤdige Fuͤrstinn, sondern auch eine Dichterinn und eine Menschen- freundinn. Es ist eine wahre Ehre fuͤr Deutsch- land, das Vaterland einer solchen Prinzeßinn zu seyn. . J i 5 Neu- Vermischte Gedichte Neujahrs-Gedicht, 1746 . G ott Lob! es naͤhert unsre Flaͤche der Erde sich zur Sonne wieder! Der kuͤrzste Tag ist schon verschwunden, wir treten in ihr Stralenreich, Das Leben, Waͤrm’ und Licht erfuͤllen. Jhr Erdenbuͤr- ger, freuet euch, Und singt dem, der so Welt als Sonne erschuf und len- ket, Lobeslieder! Da wir nun, durch die Wunderordnung des Schoͤpfers, in dem Drehn der Erden Nach unsrer Sonne Lebenslicht itzt wiederum gewendet werden, Und wir durch diesen weisen Wechsel bald ihrer Stralen Kraft verspuͤren; So lasset die betraͤchtliche, bewundernswerthe Wechsel- zeit Jn ehrerbietiger Bewundrung uns zu der Sonnen Son- ne fuͤhren, Um uns ein wuͤrdigs Bild zu machen von seiner Uner- maͤßlichkeit. Ein Bild, das statt verworfner Bilder der Gottheit nicht unwuͤrdig sey. Ein Bild, das wir verehren koͤnnen, ohn’ Jrrthum, ohn’ Abgoͤtterey! Ein Mensch, wenn er vernuͤnftig denkt, trifft, in der allgemeinen Welt, Zwey Wesen an, die Welt und Sich. Wie sehr ihm er- stere gefaͤllt, Gefaͤllt zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Gefaͤllt er sich jedoch noch mehr. Er scheint ein’ Art Selbstaͤndigkeit Jn seinem Wesen zu besitzen, er findet einen Unterscheid Jn sich, der ihn von allem trennt, was in der ganzen Welt vorhanden. Dieß findet er, doch weis er nicht, wie er und alle Ding’ entstanden. Von einer Gottheit weis er nichts, so lang’ als er sich selbst gelassen. Doch wird, durch Schluͤsse der Vernunft, er leichtlich, daß ein Gott sey, fassen. Sie lehret ihn, aus der Erfahrung, daß uͤberall, in allen Dingen, Kein einzigs Ding sich selber bilden, und nichts sich koͤnn’ in Ordnung bringen; Daß folglich, noch vor aller Ordnung, ein weises uͤber- legend Wesen, Die Quelle von der Ordnung selbst, sich einen weisen Zweck erlesen, Wornach die Koͤrper einzurichten. Hieraus nun folget sonnenklar: Daß Gott, in den geschaffnen Werken, sich unsern Seelen offenbar. Das wunderbare Weltgebaͤude, und seine Herrlichkeit allein, Zeigt uns in seiner Ordnung Gott und sein unwider- sprechlichs Seyn. Sein Wesen, als den Urstand, Ursprung, und den Re- gierer aller Dinge, Bey dem der Welten Heer nicht groß, doch auch kein Staub nicht zu geringe Und seiner Aufsicht unwerth ist, da er von ihm sein Seyn empfinge. Je Vermischte Gedichte Je wahrer, unumstoͤßlicher und gruͤndlicher nun die Betrachtung, Je wuͤrdiger sie einer Gottheit, und je natuͤrlicher sie ist; Je unbegreiflicher und schlimmer ist die nachlaͤßige Ver- achtung Der allgemeinen Offenbarung, die, wenn man sie mit Ernst ermißt, Die allererste, herrlichste und sicherste mit Recht zu nen- nen, Und dennoch sieht man, daß sich Menschen, von solcher Blindheit, finden koͤnnen, Die sie auch nicht der mindesten Betracht- und Achtung wuͤrdig schaͤtzen, Und dadurch die natuͤrliche Vernunft auf eine Art ver- letzen, Daß sie, verfuͤhrt von ihres Gleichen, nach Menschen Form, formirte Goͤtzen, Jn kleinen eingeschraͤnkten Bildern, Errichten, schnitzeln, hauen, schildern, Und diese leere Hirngespinnste fuͤr wahre Goͤtter anzu- nehmen, Sie anzubeten, zu verehren, und zu erhoͤhen sich nicht schaͤmen. Aus welchem schmaͤhlichen Betragen der Sterblichen denn nicht allein So viele meist den Menschen gleiche Figuren erst ent- standen seyn, Von Goͤtterbildern und Goͤttinnen; man trifft noch Ueber- bleibsel an, Auch selber in Religionen, die alle Goͤtzen abgethan, Und in der wahren Gottheit Wesen die Einheit offenbar erkannt. Sind zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Sind nicht so vieler Christen Seelen noch mit dem eitlen Bildertand Bedaurenswuͤrdig eingenommen? Von einem alten Mann ein Bild Hat, durch die Mahlerey verfuͤhrt, noch viele Geister so erfuͤllt, Daß, wuͤrde man aus ihrem Denken ein solch betag- tes Bildniß rauben, Man von der Gottheit eine Wuͤste Jn ihrem schwindlichen Gehirn und Geist nothwendig finden muͤßte. Es wuͤrden viele, daß man ihnen die Gottheit selbst ge- raubet, glauben. Um nun, bey dem Verlust der Bilder, in den dazu gewohnten Seelen Die Gottheit selbst nicht zu verlieren; so scheint es noͤthig, was zu waͤhlen Zu einem wuͤrdgern Gegenstand, und uns von Gott was vorzustellen, Das seiner Majestaͤt gemaͤßer, Verehrungswuͤrdiger und groͤßer, Als das, was aus den Jrrthumsquellen Der Mahler bis daher auf Erden durch manch zu nie- dertraͤchtigs Bild So vieler Menschen Seel’ erfuͤllt. Von dem uns in der Bibel selbst verbotnen Dienst uns zu entziehn, Und von dem wesentlichen Gott in allem Ernst uns zu bemuͤhn Was wuͤrdigers uns vorzustellen, so muͤssen wir in sei- nen Werken Das Vermischte Gedichte Das uns darinn gezeigte Licht der ersten Offenbarung merken, Und aus derselben Ordnung, Groͤße, Vortrefflichkeit, Natur und Pracht, Jn die Unendlichkeit des Wesens, das sie so schoͤn her- vorgebracht, Erhaͤlt, und wunderbar regiert, uns durch ein ihm ge- weihtes Denken Voll Ehrfurcht, Andacht, Unterwerfung und Liebe su- chen zu versenken. Durch ein pflichtschuldiges Betrachten der Welt und was sie in sich hegt, Worinn er seine Liebe, Macht und Weisheit deutlich dargelegt, Erblicket, schmeckt und merkt man Gott. Jn den von ihm gewirkten Werken, Worinn wir die Unendlichkeit von einer weisen Macht bemerken, Wird man zu immer feurigern Bewunderung von sei- nem Lieben, Das eigentlich sein wahres Wesen, bis ins Unendliche getrieben, Man spuͤret immer neue Proben der goͤttlichen Vollkom- menheit. Jn allen Welt- und Sonnenheeren erblickt man seine Herrlichkeit. Man sieht ihn in des Himmels Tiefen, im unzaͤhlbaren Heer der Sternen, Und wird stets zum vermehrtern Grad von Ehrfurcht zu gelangen lernen. Jn diesem ehrfurchtvollen Denken vermeyn’ und glaub ich nicht zu irren, Und zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Und von dem großen Gegenstande betaͤubt, mich doch nicht zu verwirren, Wenn wir die Gottheit, als die Seele der allgemeinen Welt, zu ehren, Und unter diesem großen Bilde ihn anzubeten, uns er- klaͤren. Es ist der menschliche Begriff, den wir von einer Seele hegen, Zusammt dem Vorzug, den wir ihr vor allem Koͤrper- lichen geben, So groß, so edel, so erhaben, daß es nicht zu geringe scheint, Wenn man, selbst von der Gottheit meynt: Daß sie die allgemeine Seele vom allgemeinen Ganzen sey. Es legt die Bibel, so zu denken, uns selber die Besug- niß bey, Da sie ein Art von Ebenbild, vom Schoͤpfer, uns scheint beyzulegen, Das, nach den Regeln der Vernunft und einem un- leugbaren Schluß, Ja mehr in unsrer Seele liegen, als an dem Koͤrper haften muß. Ein solches Denkbild von der Gottheit scheint dem auch, was wir Christen denken Von einer Gottheit, nicht zuwider; denn wenn wir die Gedanken lenken Auf eine Seele, sind in ihr, drey Kraͤfte wunderbar vereint, Die, (so uns mit der Welt verbindet,) die wunderbare Kraft zu fuͤhlen; Die Kraft Jdeen zu erzielen, Zusammt Vermischte Gedichte Zusammt der Kraft zu uͤberlegen. Ein Art von der Drey- einheit scheint Jn ihrem Wesen offenbar. Dieselbige verehren wir Auch in der allgemeinen Seele, da Allmacht, Lieb und Weisheit hier Sich auch geheimnißvoll vereinen. Denn was von der Persoͤnlichkeit Jn Gottes Wesen wird gelehrt, kann unsere Vernunft nicht fassen, Man muß demnach von dem Geheimniß die wirkliche Beschaffenheit Den Gottsgelehrten zu erklaͤren, und bloß dem Glauben, uͤberlassen. Sprich nicht: dieß ist kein Bild der Gottheit, es ist dieß eine Ketzerey. So laß es seyn, daß es kein Bild von Gottes wahrem Wesen sey, Genug ist, daß, auf diese Weise, von Gott uns etwas vorzustellen, Nach der Vernunft, weit wuͤrdiger der Gottheit, als von andern Sachen, Die koͤrperlich, die niedertraͤchtig, im Geist Jdeen uns zu machen. Der uns von Gott geschenkte Geist wird diesen Satz noch mehr erhellen. Es uͤberfuͤhrt uns die Vernunft, und zeiget uns in richt- gen Schluͤssen, Daß wir von Gott entweder nichts, wie oder so was denken muͤssen, Das mit dem Stand, in den er uns, nach seinem goͤtt- lichweisen Rath, Auf diesem Kreis der Welt gesetzt, ein’ Art von Ueber- einkunft hat, Und zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Und daß von Buͤrgern dieser Erde, Und dem in Fleisch gehuͤllten Geist, Gott anders nicht verlangen werde, Als daß wir von der unbegraͤnzten unendlichen Vollkom- menheit, Von seiner goͤttlichen Gewalt, Huld, Majestaͤt und Herr- lichkeit Das Allerwuͤrdigste gedenken, wozu wir hier gelangen koͤnnen. Nun wird ein Geist, der billig ist, uns darinn seinen Beyfall goͤnnen, Daß die Jdee von einem Geist, der die mit nicht zu zaͤhlnden Heeren Von Sonn- und Welten angefuͤllte erschaffne allgemeine Welt Beseelt, belebet und erhaͤlt, Nicht einem Gott am wuͤrdigsten, und ihn nach Moͤg- lichkeit zu ehren, Das allerbeste Denkbild sey, wozu vernuͤnftger Menschen Seelen Jm Denken hingelangen koͤnnen. Aufs wenigst’ ist, im Gegenhalt Mit koͤrperlichen Kreaturen, mit eines alten Manns Gestalt, Mit Loͤwen, Lamms- und Tauben-Bildern, in nicht an- staͤndigen Gemaͤhlen, Sie Gott und Menschen wuͤrdiger. Da jene ja nichts als die Spuren Von kleinen Wesen die begraͤnzt, von mensch- und thie- rischen Figuren Jn unsrer Phantasey formiren, die von der Unermaͤßlich- keit Des wahren Gottes, seiner Liebe, Macht, Weisheit und Vollkommenheit K k Ein Vermischte Gedichte Ein unanstaͤndigs Denkbild reißen. Wenn wir mit sol- chen Gottheitsbildern, Die wir auf eine solche Art uns straͤflich im Gemuͤthe schildern, Die sonst vernuͤnftge Seele fuͤllen; so scheinet, daß Ab- goͤtterey Von unsrer Seel in unsrer Seele getrieben und begangen sey. Da gegentheils die Seele sich dem wahren Gott zu opfern scheinet, Wenn sie, daß Gott die wahre Seele des Allgemeinen glaubt und meynet. Sprich nicht: Nach diesem deinen Satz, waͤr die Mate- rie, die Welt Der Leib, ein Koͤrper von der Gottheit. O nein, dieß Bild geht nicht so weit. Was uns von der Materie in unserm Geist wird vor- gestellt, Und die Jdee von eines Koͤrpers etwanigen Beschaffenheit, Stellt etwas, welches eingeschraͤnket, vergaͤnglich und veraͤnderlich, Jn unserem Gemuͤth uns vor. So lange der Gedanke sich Jn unserm Geist vom Koͤrper findet; enthalt ich mich von Gott zu denken, Als koͤnn’ ihn die Materie, wie unser Leib den Geist, verschraͤnken. Zu dem erwaͤhnt’ ich ja schon oben, daß wir, der Gott- heit wahres Wesen, Als welches unbegreiflich ist, hier zu begreifen, nicht erlesen. Doch sind wir, wie ich meyne, schuldig, die Wahrheit moͤglichst zu erhellen Und, eigentlich zu unserm Besten, von Gott ein Bild uns vorzustellen, Das zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Das seiner wuͤrdig, uns begreiflich. Gott ist ein Geist, das lehren wir, Die Seele gleichfalls, kommt dann dir Von einer allgemeinen Seele das Denkbild widerspre- chend fuͤr? Du wirst, wenn du es wohl erwaͤgst, unmoͤglich dich entlegen koͤnnen, Der wahren Gottheit wahres Wesen den allgemeinen Geist zu nennen. Es gruͤndet die Natur der Menschen sich eigentlich auf diese Lehre: Die alleredelst’ Eigenschaft der Menschen Seel’ ist Lieb und Ehre. Zum Gegenstande haben beyde den Werth deß, den sie ehrt und liebt, So weit in Handlungen und Wesen er ihr sich zu erken- nen giebt. Wie koͤnnen nun vernuͤnft’ge Seelen, Die hier mit Koͤrpern sich vermaͤhlen, Der wahren Gottheit Ehr’ und Liebe doch zu erweisen faͤhig seyn; Wenn solche Lieb’ und Ehre sich nicht auf ein sinnliches Empfinden Der weisen Ordnung in den Werken sowohl, als auf das Wesen gruͤnden Deß, der die Ordnungen gewirkt, und dessen Macht und Weisheitschein Aus allem unaufhoͤrlich stralt. Wenn die Vernunft sich eine Welt, Die von der Gottheit nicht beseelt und nicht belebt, vor Augen stellt; Wuͤrd’ eine solche Welt nicht todt, ja wuͤrde nicht ein goͤttlichs Wesen, K k 2 Ohn Vermischte Gedichte Ohn einen Einfluß in die Welt, ein unwirksames Wesen seyn? Wie stimmte die Unwirkbarkeit mit einer Gottheit uͤberein? Die wahre Liebe bey uns Menschen hat eine Seele, welche schoͤn, Nur bloß zu ihrem Gegenstand: Es werden die Vollkommenheiten durch ihre Handlungen bekannt, Und dann wird allererst die Achtung im allerhoͤchsten Grade stehn, Wenn sich von der so schoͤnen Seel’ ein schoͤner Leib be- lebet findet. Aus diesem, unsern Seelen hier selbst anerschaffenen, Betragen Schließt unser Geist nicht ungegruͤndet: Man koͤnn’ auch hier von einem Grunde des Gottesdiensts ein gleiches sagen, Und, aus bewundernder Betrachtung der Kreaturen Herrlichkeit, Auf deß, der sie so herrlich macht, selbstaͤndige Voll- kommenheit Gerecht’ und sichre Schluͤsse machen. Nach unserm Zustand hier auf Erden, Da wir aus Seel’ und Leib bestehn; kann ja mit allem Fug und Recht Vernuͤnftig so geschlossen werden: Es sey, selbst von der Gottheit Wesen, unwuͤrdig dieses nicht gedacht, Wenn, aus der Schoͤnheit seiner Werke, und ihrer Unermaͤßlichkeit, Man von derselben Urstandsgroͤße, Macht, Majestaͤt, Vollkommenheit Zwar keinen wirklichen Begriff, jedoch ein wuͤrdigs Vor- bild macht. Wenn zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Wenn man, von der mit Sonn- und Welten gefuͤllten allgemeinen Welt, Derselben Schoͤpfer und Erhalter, die Gottheit, fuͤr die Seele haͤlt. Jch gebe zu: das wahre Wesen des Schoͤpfers Himmels und der Erden Koͤnn’ nie von endlichen Geschoͤpfen gefasset und begriffen werden. Die Ehrfurcht laͤßt nicht anders denken, als daß sein un- durchdringlich Licht Vollkommener und anders sey, als wie erschaffne Kreaturen Von ihm zu denken faͤhig sind. Es scheint jedoch aus seinen Spuren, Den Menschenseelen, (deren Kraft und Wesen meist darinn bestehet, Sich geistge Bilder zu erzielen) erlaubt, von seiner Herrlichkeit Ein solches Bild sich vorzustellen, das seine Vollen- kommenheit Nach aller ihrer Kraft erhoͤhet, Und das, so viel sie fassen kann, der Gottheit selber in der That Nichts unanstaͤndigs in sich hat; Vielmehr ihr einen Gegenstand, ihn zu verehren, giebt, wobey Sie gleichsam selber sich erhebt, und daß sie unterschieden sey Von allen andern Thieren, findet, Ja worauf sie zugleich die Hoffnung von ihrer kuͤnftgen Dauer gruͤndet. Du sprichst vielleicht: dieß ist was neues. Wer hat die Gottheit so verehrt? Von einer allgemeinen Seele des Ganzen wird ja nichts gelehrt. So hoͤre, dieses hindert nicht! Es zeigt Vernunft und die Erfahrung, Es zeigt sogar die Offenbarung, K k 3 Und Vermischte Gedichte Und es begreift es leicht ein jeder, Der goͤttlichen Oeconomie sey es gemaͤß und nicht zuwider, Auch in der Aendrung sich zu zeigen, und alles immer zu verbessern, Und seine wunderbare Huld auch in der Aendrung zu vergroͤßern. Die Aenderung erstrecket sich auf Zeiten und Religio- nen. Es herrschten einmal in der Welt die Zeiten der Unwissenheit, Es folgeten die Typischen, darauf kam die Erfuͤllungszeit. Kann denn die Zeit der Besserung und der Erleuchtung nicht erscheinen? Mich deucht, es sey der Satz so billig, und wohl mit Recht nicht zu verneinen, Als es unwidersprechlich ist, daß, wie vortrefflich auch die Lehren Des Christenthums, dennoch das Leben der Christen nicht zu loben sey: Da leider! daß bey Heiden selbst von Lastern kaum so vielerley, Als wie bey Christen, anzutreffen, uns die Erfahrungen bewehren. Unmoͤglich ist es, aus dem Leben der meisten Christen zu er- weisen, Wie trefflich ihre Lehre sey. Wer weis, ob die Ver- besserung Der menschlichen Jdee von Gott, auch durch das Leben, ihn zu preisen, Die Sterblichen nicht bringen koͤnne. Aufs wenigste will ich es hoffen, Und wuͤnsch: es sey auch bald bey Christen die Zeit der Beßrung eingetroffen. Jch zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Jch schließe dieß mein sehnlichs Wuͤnschen mit dem er- baulichen Gesang, Der ehemals in Thomsons Schriften ganz unnachahm- lichschoͤn erklang. Lob sey dir, allgemeine Seele des Himmels und der Erden! Wesen, Das maͤchtig und allgegenwaͤrtig! Nur dir sey Ehre, Lob und Preis! Dir beug ich meine Knie. Dich hab ich zum Vorwurf mir erlesen, Wohin mein Denken einzig steigt. Nur bloß dein Meister- finger weis Dieß große Ganze zu formiren in solcher Vollenkommenheit. Durch dich ziehn alle Zweig’ und Kraͤuter, gehuͤllet in ein Blaͤtterkleid, Bedeckt von loͤcherichter Haut, die Himmelsluft, und trinken Thau. Durch dich stehn, als in Hochzeitbetten, die Pflanzen in der Erden Bau. Es sauget seine saftge Kost ein fester Klump gedrehter Roͤhren. Auf dein Befehlen muß die Sonn’, wenn wir im Fruͤh- ling zu ihr kehren, Die starrverdickten Saͤft’ erwecken, die, durch des Win- ters kalten Wind, Bis in das Unterste der Wurzel gedruͤcket und getrieben sind, Die itzo fluͤßig circuliren, die durch die sanfte Gaͤhrung steigen, Und ungezaͤhlte Form- und Farben nunmehr in allen Dingen zeigen. Naͤchst diesem will ich mich, geruͤhrt, durch aller Ga- ben große Zahl, Die du mir im verwichnen Jahr, o Herr, geschenket, abermal K k 4 Zum Vermischte Gedichte Zum Loben und zum Danken wenden. Daß deine Huld, Gesundheit, Frieden Und Segen in so reicher Maaße mir und den Meinigen beschieden, Dafuͤr verehr’ und preis’ ich dich! Daß einst in dem verschwundnen Jahr, Jn einer unvermeidlichen und recht entsetzlichen Gefahr, Dein Aufsehn meine Rettung war; Dafuͤr hab ich, aus tiefer Andacht, und durch Erkennt- lichkeit gezwungen, Zur stetigen Erinnerung, ein eignes Loblied dir gesungen. Daß auch von meinen Soͤhnen einer von dir in sondern Schutz genommen, Jndem er aus fuͤnf Seebatalljen ganz unverletzt zuruͤck- gekommen, Dafuͤr lobsing ich deiner Guͤte. Daß noch von meinen Soͤhnen zween, Von ihrer Herrschaft wohl gelitten, in großer Herren Diensten stehn, Auch dafuͤr opfre ich dir Dank, verknuͤpft mit einem heißen Flehn: Daß ferner auch von ihnen jeder von dir sich mag ge- segnet sehn! Daß noch zween andere von ihnen in reicher Herren Diensten hier Durch Treu und Fleiß sich wohl betragen, dafuͤr lobsing und dank ich dir; Jmgleichen, daß meinjuͤngstes Kind sich selbst zu allem Guten zieht, Und sie, an Leib und Geist gesund, was Guts zu lernen sich bemuͤht. Vor allen aber preis’ ich dich, fuͤr deine vaͤterliche Guͤte, Mit einem innigen Vergnuͤgen und recht erkenntlichem Gemuͤthe: Daß zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Daß meine Tochter Mariane sich so begluͤckt ver- maͤhlen koͤnnen, Daß du von so viel tausend Maͤnnern den Wuͤrdigsten ihr wollen goͤnnen, Der ihr an Geist- und Leibesgaben, auch zaͤrtlichem Ge- muͤthe, gleich, Den jeder ehrt, den jeder liebt, der witzig, aufgeweckt und reich, Der viele Sprachen auch besitzt, durch seinen Geist und muntern Fleiß, Der nicht nur wie man spricht zu leben, der auch sich zu vergnuͤgen weis. Mich ruͤhret dieses Gluͤck gedoppelt, da ich mit Recht wohl sagen kann: Den besten Mann hat meine Tochter, und ich den besten Tochtermann. Es leben die vergnuͤgten Beyde, Vereint, begluͤckt, in sanfter Freude, Vorjetzt zusammen in Paris. Woher sie mir erst juͤngst geschrieben, Daß ihr vergnuͤgter Ehestand Gott Lob! nicht unge- segnet blieben, Und daß sie schon im fuͤnften Mond sich schwanger und gesund befinde. Befreye sie von ihrer Buͤrde, o Menschenschoͤpfer! ach entbinde, Sie doch daselbst zu rechter Zeit! und gieb, o Herr! daß ich erlebe, Daß sie den dort gebohrnen Enkel gesund und froh mir uͤbergebe! Ach laß den mit so vieler Sehnsucht von mir gewuͤnsch- ten Tag erscheinen! Behuͤte sie auf ihrer Reise! gesegne sie nebst allen Meinen! K k 5 Was Vermischte Gedichte zum irdischen ⁊c. Was bin ich uͤbrigens, o Herr, nebst meiner ganzen Vaterstadt, Dir nicht fuͤr Dank und Ehre schuldig, da uͤberall der Krieg gewuͤtet, Daß deine Gnad in diesem Jahr uns hier so vaͤterlich behuͤtet, Und uns des edlen Friedens Frucht so gnaͤdiglich geschen- ket hat! Ach laß, im angefangenen, da wir die Friedenspost schon hoͤren, Sich uͤberall der Krieg in Frieden, die Schwerdter sich in Flugscharn kehren! Gieb aber uns noch dieß daneben, daß wir geruͤhrt er- kennen moͤgen: Wenn wir gesund, in sicherm Frieden, dabey genaͤhert seyn, und frey, Was dieses fuͤr ein Gluͤck und Segen, Und wie ein jeder dir dafuͤr Lob, Preis und Ehre schul- dig sey. Vor allen gieb auch dieß dabey: Daß wir dein goͤttlich Wesen oft auf eine wuͤrdge Weis’ erwaͤgen! Sinn- S innspruͤche. Lehrreiche Sinnspruͤche. Die Meynung. D ie Meynung hat, als Koͤniginn, sich auf den Thron der Welt geschwungen, Sie herrschet und tyrannisiret. Doch wird ihr Wesen nicht erkannt. Sie wird vermuthlich auch so leicht von ihrem Sitze nicht verdrungen, Seitdem sie meynt, und wir mit ihr: sie heiße und sie sey Verstand. E rwaͤgte man doch diesen Lehrsatz mit mehr Bedacht- samkeit und Fleiß! Ein Wesen, welches auf einmal so viel und auch so we- nig weis, Dem scheint sein wesentlicher Zustand nichts, als nur die- ses, zu erlauben: Jm Sinn- und Leiblichen zu meynen, im Goͤtt- und Geist- lichen zu glauben. E rwaͤgt, wie nah sich Lust und Leid, wie wenig sie sich unterscheiden Jm Ausdruck unsrer Leidenschaft: Man seufzt fuͤr Lust, man weint fuͤr Freuden. Was Vermischte Gedichte W as ist, das ist: nicht was es ist. Fuͤr uns ist alles, was es scheinet. Jch bin begluͤckt. Was hilft es mir, wenn es mein Her- ze nicht vermeynet? E s ist das Praeiudicium autoritatis in der That Dieß: einem andern nach zu meynen, was er vor- her gemeynet hat. S ehr wenig Menschen sind geschickt, ob sie sich selbst gleich nicht so scheinen, Jhr eigne Meynungen zu haben. Nein, alles andern nach zu meynen. T. hat zu einer Zeit gemeynet, da viele ihrer Mey- nung muͤde. Hierdurch ward T. von einer Seite das Haupt in Ehre, Ruh und Friede. Es waͤr’ ihm aber ganz gewiß, was er gesucht, nicht an- gegangen, Haͤtt’ er nur wenig Jahre fruͤher also zu meynen ange- fangen; Dieß giebt uns nun im rechten Ernst die große Wahr- heit zu erwaͤgen, Wie viel am Umstand, an der Zeit, in allem auf der Welt gelegen. Fast zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. F ast alles auf der Welt ist anders, als es scheinet, Und folglich wenig wahr von allem, was man mey- net. E s scheint ein’ Art von Gleichgewicht so Arm- als Reichen anerschaffen, Da jene hier ihr Ungluͤck halb, und die ihr halbes Gluͤck verschlafen. Unter- Vermischte Gedichte Unterscheid zwischen Gelehrten und Ungelehrten. D ie Ungelehrten sind Geschoͤpfe, die, ob sie gleich da- zu beschieden, Den Schoͤpfer, aus der Welt, zu kennen, dennoch, mit sich allein zufrieden, Sich mit der Absicht nicht befassen. Gelehrte sind hingegen solche, die so viel andre Dinge lernen, Wodurch sie von den wahren Pflichten sich noch um de- sto mehr entfernen: Jst es denn wohl bewundernswerth, wenn sie es voͤllig unterlassen? Unter- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Unterscheid der menschlichen Begriffe in der Jugend und im Alter. D ie Jugend meynt, es sey von ihr die Wahrheit uͤber- all gefunden; Das Alter und Erfahrung lehrt: sie sey fast uͤberall ver- schwunden. Hierinn besteht der Unterscheid, womit wir uns behelfen muͤssen: Die Alten wissen wenig mehr, als daß die Jungen we- nig wissen. L l Vorzug Vermischte Gedichte Vorzug des Geistes fuͤr die Schoͤn- heit des Koͤrpers. Aus dem Englischen uͤbersetzt. E s haben mich nicht Zuͤg’ und Farben dich zu bewun- dern angetrieben, Es ist der Reiz so fluͤcht’ger Schoͤnheit, um mich zu ruͤh- ren, viel zu matt, Es sehn an solchen Niedlichkeiten die Augen sich gar leichtlich satt: Allein, wenn man die Seele liebt, so hoͤret man nicht auf zu lieben. Der zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Der Naͤchster. D u fragst, wie jener Pharisaͤer, mit Recht: wer doch dein Naͤchster sey? Drauf fuͤg’ ich dieses der Erklaͤrung von jenem Sama- riter bey: Es sind die alle deine Naͤchsten, die auf dem Zirkel die- ser Welt Durch den allmaͤchtigen Beherrscher zu einer Zeit sind hingestellt. D ie Wahrheit scheint ein solches Wesen, von welchem wir gestehen muͤssen, Daß Ungelehrte nichts von ihr, Gelehrte nur den Na- men, wissen. Begnuͤgen sich nun große Geister mit ihrem Namen bloß allein; Wie herrlich und wie voller Liebreiz muß denn die Wahr- heit selbst nicht seyn! S o oft ich meinem eignen Wesen und meinem Daseyn nachgedacht; So schein ich mir ein Tag zu seyn, und Gott die Sonne, die ihn macht. M an wird die Kreaturen koͤnnen Mit Wahrheit nichts als Arten nennen, Durch welche Gott, zu Seinem Preise, Uns, daß Er ist, beweise. L l 2 Gewiß, Vermischte Gedichte G ewiß, es waͤr an einem Vieh die Frechheit minder zu veruͤbeln, Wenn es dein’ Absicht, deine Schluͤsse bemuͤhet waͤre zu ergruͤbeln; Als daß dein unverschaͤmter Stolz der Gottheit Uner- maͤßlichkeit Und Seiner Weisheit tiefe Tiefen sich zu ergruͤnden un- terstehet. Da ja der Abstand deines Geistes zu goͤttlicher Vollkom- menheit, Den Abstand zwischen einem Vieh und dir, unendlich uͤbergehet. W as heißet Seyn? ich fass’ es nicht. Doch giebt mir die Vernunft so viel Bericht: Daß man das Seyn allein Von Gott mit Wahrheit sagen koͤnne. Auch giebt die Schrift den Unterricht, Daß Er: Jch bin der, der Jch bin, Sich nenne. Kann eine Kreatur denn seyn? Nach meiner Meynung sag ich: Nein. Und wuͤrd’ ich denen, die mich fragen, Viel eh’, als daß wir seyn, daß wir nur werden, sagen. D as Denken scheinet eine Kraft sich Etwas bloß nur vorzustellen, Das Meynen, eigentlich von dem, was man gedenkt, ein Urthel faͤllen. Nun fragt sichs, Stolz und Zank zu daͤmpfen, ob wir da- her nicht billig schließen: Daß Thiere denken, Menschen meynen, und daß allein die Engel wissen? Aus zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. A us Sorgen fuͤr ein kuͤnftig Uebel koͤnnt’ uns sogar ein Nutz entsprießen, Gebrauchte man nur die Vernunft. Man wird von ihr mit Recht belehrt, (Da uns das Gegenwaͤrtige von unsrer Zeit nur zugehoͤrt) Bey einem noch entfernten Boͤsen das gegenwaͤrtge Gut genießen, Um so viel mehr als wir erfahren, und auch von andern oft gelesen, Daß viele Sorgen uͤberfluͤßig, unnoͤthig und umsonst gewesen. V erlanget ihr durch seltne Gaben, durch Schoͤnheit, durch Gelehrsamkeit, Durch gutes Ansehn, durch Verstand, durch Schriften, durch ein schoͤnes Kleid Der Welt Bewundrung zu erhalten; verliert ihr eure Muͤh bey allen. Die Menschen wollen nicht bewundern, sie wollen alle selbst gefallen. L l 3 Der Vermischte Gedichte Der Ehrgeiz. D er Ehrgeiz irrt in seiner Meynung aus stolzer Un- vorsichtigkeit; Er glaubet Ehr und Ruhm zu suchen, doch sucht und fin- det er nur Neid. W enn wir nicht, was wir wollen, koͤnnen; so sagt uns die Vernunft, wir sollen Sodann das, was wir koͤnnen, wollen. Die zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Die Armuth. D ie Armuth treibt aus manchem Herzen der aller- groͤßten Laster Sprossen, Worinn doch die Natur den Samen von allen Tugenden gegossen. W er nur von sich allen Verlangt geehrt zu seyn; Laͤßt noch den groͤßten Hochmuth sehn, Jndem, da er sich selber zu erhoͤhn Mit Ausschluß aller andern trachtet, Er alle andere verachtet. D ie Ferne des Zukuͤnftigen verschoͤnert es und macht es schlimmer, Als wie es in der Wahrheit ist. Wenn selbes gegenwaͤrtig wird, Und daß es eine Zeitlang waͤhrt, (weil man beym An- fang auch sich irrt) Befindet man sodann fast immer, Daß es sich dem Vergangnen gleicht. L l 4 Lisidan. Vermischte Gedichte Lisidan. J hr saget mir vom Lisidan: Er meyne, daß kein Gott nicht waͤre. Allein, ihr thut ihm zu viel Ehre; Er denket nicht einmal daran. Tir- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Tirsanders Christenthum. T irsander meynt, zum Christenthum gehoͤre dieses ganz allein: Man muͤsse schnell und tapfer glauben; recht steif in seiner Meynung seyn; Nicht auf ein Haar breit sie verlassen; Mit ihr die Ehre Gottes mischen; diejenigen von Herzen hassen, Die anders glauben, als wir selbst; nach diesem Haß die falsche Liebe Zur Gottheit messen; davor halten, der Himmel sey ihm zuerkannt; Der christlichen Religion zu Ehren opfern, nicht die Triebe Der Leidenschaften, seine Wollust, den Stolz, den Geiz; nein, den Verstand. J m Pabstthum sieht man hin und wieder die groͤßten Laster oft begehen, Um, eben durch diefelbigen, in einem Stande sich zu sehen, Sich die Vergebung zu erlaufen. Wo dieses in der That gescheh, So gliche ja das Paradies fast jenem Thurm der Danae. M an strebt fuͤr sich nicht nach der Tugend, und ist vergnuͤgt mit ihrem Schein; Vom Naͤchsten aber fodert man, er soll vollkommen red- lich seyn. L l 5 Es Vermischte Gedichte E s scheint der wilden Thiere Grimm gerechter noch, als unsre Wut, Sie spornt die Noth nur gegen andre, wir wuͤten gegen unser Blut, Aus Hunger nicht, aus Geiz und Stolz. Sie sind auch in der That noch groͤßer, Den Vorzug, eine groͤßre Macht und Kraft schenkt ihnen die Natur, Ein Reicher aber ist bey uns so wenig groͤßer als auch besser, Und dennoch ist er maͤchtiger: Man schmiegt sich vor ihm uͤberall, Um seiner eignen Groͤße nicht: ein wenig glaͤnzendes Metall, Das er besitzt, macht ihn nur groß. Verliert er die- ses, ist er klein An Ehr und Groͤß’, er wird gleich dumm, veraͤchtlich und ein Narre seyn. B eym Erndten seh ich das Betragen der Menschen mit Betruͤbniß an, Dann hat die Unerkenntlichkeit und unser Undank keine Schranken; Ja, minder, als zur Erndtezeit der Mensch dem Schoͤ- pfer danket, kann Bey seinem Korn kein Hammster danken. Jndem zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. J ndem der groͤßte Theil der Menschen am Narrenseile wird gelenkt, Und alle Thoren insgemein in ihrer Thorheit sich gefallen; Scheint der der groͤßte Narr von allen, Der mit sich selbst zufriedne Narren zu bessern, zu be- kehren denkt. D er Mensch ist eine Kreatur, die, nebst noch andrer Narrethey, Sich selber uͤberredet, schreibet, und sagt, daß sie ver- nuͤnftig sey: Da doch, von allen Kreaturen, wenn sie auf sein Betra- gen sehen, Kein’ einzig’ ihm von der Vernunft die Eigenschaft wird zugestehen. W ir werden uns umsonst bemuͤhn, Das menschliche Geschlecht zu bessern, und es der Thorheit zu entziehn, Die Augen ihnen zu eroͤffnen, zu zeigen, wie sie wan- deln sollen; Da sie die Augen immer schließen, und ihren Fehl nicht fehen wollen. Da jedermann sein liebes Jch, als unverbesserlich besieht, Was Wunder, daß er Rath verachtet, Erinnrung has- set, Lehren flieht! Ein Vermischte Gedichte E in jeder Mensch pflegt insgemein Sein eigener Bewunderer, Und zwar der einzige, zu seyn. W er will, daß alles, wie er will und wuͤnscht, soll auf der Welt geschehen, Wer will, daß es ihm uͤberall, wie ers verlanget, soll ergehen, Der will, indem er dieses will, zugleich der Erden Ze- pter fuͤhren, Es scheint, er wolle nicht, daß Gott regieren soll, er will regieren: Er denket nicht auf Gottes Ordnung, noch den Zusam- menhang der Dinge, Er denkt auf sich, und wuͤnscht, das alles um ihn, als um ein Centrum, gienge. Ueber- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Uebersetzung. D ie Poesie ist eine Kunst, das Wesen der Natur zu schildern, Jndem sie unserm Geist die Farben von Koͤrpern, Formen und von Bildern, Den Koͤrpern die Lebhaftigkeit zusammt dem Feur des Geistes, giebt. Was Wunder, daß die Menschheit stets, ja die Barba- ren, sie geliebt! Sie weis der zwo beliebtsten Kuͤnste, der Tonkunst und der Mahlerey Vortrefflichkeiten zu vereinen. Sie ahmt des Pinsels Zauberschlag Jn ihren Bildern, und dabey Jn ihrem Wohllaut der Musik beliebt- und suͤßen Toͤnen nach. Nun ist dem Menschen der Geschmack zur Mahlerey und suͤßen Choͤren Natuͤrlich, und so gut als wie die Kraft zu sehen und zu hoͤren, So daß es fast unmoͤglich ist, daß uns, mit Ohren und mit Augen, Ein Klang, ein wohlgeformtes Bild, nicht sollte zu ver- gnuͤgen taugen. Es ist demnach erlaubt zu schließen, Daß unser Geist, vom suͤßen Eindruck des Hoͤrens und des Sehns geruͤhrt, Die holde Kunst der Poesie nothwendig hab erfinden muͤssen, Da man ein’ Art von Mahlerey und von Musik in ihr verspuͤrt, Daher entsteht fuͤr alle Menschen ein allgemeiner Reiz. Ein jeder Liebt Verse, Mahlerey und Lieder. Ein Vermischte Gedichte E in Laster ist, wenn man noch nicht soll sterben, den- noch sterben wollen. Ein Laster ist es ebenfalls, nicht sterben wollen, wenn wir sollen. N ach der Beschaffenheit der Neigung und aller Koͤr- per auf der Welt, Jst nicht das, welches schoͤn ist, schoͤn: nur das ist schoͤn, was uns gefaͤllt. E s giebet von der Wahrheit Wesen mir dieß die deut- lichst’ Offenbarung, Und den verstaͤndlichsten Begriff: die Wahrheit ist nichts, als Erfahrung. J st nicht der Mensch fast laͤcherlich, der Menschen zu verbessern trachtet, Da keiner weder an den Thomson noch an die Pamela sich kehrt? Wofern man diese nicht gebrauchet, und sich, aus ih- nen, nicht belehrt; Wird, in der Pamela, die Tugend, im Thomson, die Natur verachtet. B ey einem Narren, der belesen, darf man auf keine Bessrung harren: Es sind die Narren, die gelehrt, die naͤrrischten von al- len Narren. Es zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. E s ist gewiß, daß man den Werth der Scham nie bes- ser kennen lernet, Als eben zu derselben Zeit, wenn man sich hat von ihr ent- fernet. O ! sollt in meinen Sinn einst der Gedanke kommen, Daß ich, vom Stolz verfuͤhrt, vom Hochmuth ein- genommen, Je niedertraͤchtig wuͤnscht’: auf Erden Erhoͤht zu seyn und groß zu werden; O Himmel, ach so fahre fort mir alle Seegen zu ent- ziehn, Die hier, in meinem stillen Leben, die holde Demuth mir verliehn! D as Ruͤhmen machet den nicht stolz, der wuͤrdig ist, daß wir ihn ehren: Das Loben blaͤhet den nur auf, der nicht gewohnt, sein Lob zu hoͤren. O wie ist doch das Vermoͤgen Wohl zu thun, ein wahrer Segen! Es ist goͤttlich, ja es ist eine rechte Seelenfreude, Und das einzge, warum ich Reich’ und Maͤchtige be- neide. Wem Vermischte Gedichte W em Gesundheit nicht gebricht, Der ist reich, und weis es nicht. W arum giebt, um so kurze Freuden, der Mensch sich doch so große Muͤh? Die meisten Luͤste gleichen Blumen, wenn sie gepfluͤckt sind, sterben sie. D er wilde Zorn entsteht aus Leiden, ist selbst ein Leid, gebieret Leiden, Er kann vergangne, gegenwaͤrtge, auch kuͤnftge Plagen nicht vermeiden. K ein Wunder ist es, daß die Liebe, von jeher, wenig Anmuth gab: Wenn wir verliebt, haͤngt unsre Ruhe von eines andern Willkuͤhr ab. A ch taugte doch die Ueberlegung, uns fuͤr den giftgen Neid zu schuͤtzen! Ein Unrecht sucht der Zorn zu raͤchen: die Lieb’, ein Gu- tes zu besitzen, Die Furcht, das Boͤse zu vermeiden: nur ganz allein der schiele Neid Sucht, als sein allerhoͤchstes Gut, des Naͤchsten Plag und Herzeleid. Bey zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. B ey der verderbten Phantasey, sagt man, mit Recht, von unsrer Erden: Sie sey ein Ort, wo, was man fuͤrchtet, oft, selten, was man wuͤnscht, geschicht. Wo mancher: ich war einsten gluͤcklich! Ein groß Theil: gluͤcklich werd’ ich werden! Und keiner: ich bin gluͤcklich! spricht. L iest man vom menschlichen Verstande die Nachricht aus dem Alterthum, Jhr Philosophen dieser Zeit, o so erbebt fuͤr euren Ruhm! M an hasse Laster, nicht die Menschen! Jch stimme dieser Wahrheit bey, Daß Menschen Hassen keine Tugend, wohl aber eine Krankheit sey. W as ist der Sieg? was ein Triumph? Er ist, nach richtiger Erklaͤrung, Ein froͤlichs Kind, wovon der Vater der Tod, die Mut- ter, die Verheerung. S oll ich, von allen Menschen, einen, als recht und hoͤchst begluͤckt betrachten; Muß solch ein Mensch die ganze Welt besitzen, oder sie verachten. M m Was Vermischte Gedichte W as eigentlich uns die Natur geschenket, um begluͤckt zu seyn, Und daß wir es genießen sollen, Das ist die Gegenwart allein. Wir gleichen widersinn’schen Kindern, die dieses Gut nicht kosten wollen. A lle Dinge scheinen, Alle Menschen meynen. D er Menschen eigentlicher Gott ist Gold und Geld, sie beten zwar, Jn ihrem aͤußerlichen Anstand und Kirchen einen andern an: Es meynens auch die meisten selbst, so wie es scheinet, das ist wahr, Doch untersucht mans, merkt man leider! der Meisten Ab- sicht offenbar, Sie ehren Gott, weil, da er reich, er ihnen Reichthum geben kann. W ie viele Menschen sind vergnuͤgt im Unvergnuͤgen, Schelten, Schmaͤhlen, Jm Gram und Murren! Unvergnuͤgt hingegen, wenn sie nicht befehlen, Nicht keifen und nicht klagen koͤnnen! Wer leugnet, daß nicht die dem Schwein, Das nur im Koth und Wust zufrieden, in ihrem Leben aͤhnlich seyn? Wie zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. W ie wunderlich verfaͤhrt der Mensch mit allem, was ihm hier beschieden, Mit einem Nichts ist er zuweilen, doch mehrentheils mit Nichts zufrieden. D ieß ist der Erden Wunderbau, worauf, durch ihr be- staͤndigs Drehen, Wie Morgen, Mittag, Abend, Nacht, Lenz, Sommer, Herbst und Frost entstehen. E in bloßer Mathematicus scheint einer Spinnen gleich gesinnt, Die nichts als lange Linien und runde Zirkel aus sich spinnt; Nur mit dem Unterscheid allein, wenn ihr darauf recht Achtung gebet, Daß sie ihr Werk aus ihrem Bauch, er seines aus dem Kopfe, webet. W ofern der Mensch, zu Gottes Ruhm sich zu vergnuͤ- gen, nicht erschaffen, Und haͤtt’ er, in Bewundrung, Gott zu ehren, keine Faͤ- higkeit; So waͤre zwischen einem Menschen und einem Vieh kein Unterscheid, Und folgte draus: Die Menschen waͤren nichts anders, als ein’ Art von Affen. M m 2 Der Vermischte Gedichte D er ist recht gluͤcklich auf der Welt, Der Geld verspreitet, aber auch Die Wege weis, wodurch das Geld Von andern Orten, zum Gebrauch, Jhm wieder in den Beutel faͤllt. A. N achdem ich lange nachgesonnen, ist mein Ver- langen ungemein, Jch moͤchte gerne von dir wissen, was eigentlich Ge- danken seyn? B. Wenn man, was Farben eigentlich, von einem Blin- den wollt erfragen, Haͤtt er gleich viel davon gehoͤrt, sollt er wohl was Begreiflichs sagen? So geht es mir mit meiner Antwort auf deine Fra- gen eben auch. Weil es jedoch bey den Gelehrten, dieß zu gestehen, nicht der Brauch; So dienet dieses dir zur Antwort, woruͤber du dich nicht wirst zanken: Die Erd’ ist Erde, Feuer Feur, und die Gedanken sind Gedanken. E s scheinet, denen Sterblichen zu der Erkenntniß ihrer Seelen (Wie einem Blinden das Gesicht) an einem sechsten Sinn zu fehlen. Ein zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. E in Wesen, das ihm selber nicht sein Wesen, Sin- nen, Leib und Leben, Haut, Adern, Sehnen, Knochen, Fleisch; auch nicht der Seelen Faͤhigkeit, Begriff, Gedaͤchtniß; ja um reich zu werden nicht Ge- legenheit, Und fast von allem, was er hat, auch das geringste nicht gegeben: Wie kann doch solches uͤber andre mit einem Rechte sich erheben? E in jedes Sittlichs Lehrgebaͤude, Worinn man melancholisch lehrt: Daß eine maͤßige vernuͤnftge Freude An Kreaturen, Suͤnde sey; Jst eine Schwaͤrmerey, Die die Religion und die Natur entehrt. J ch fuͤhle, daß von vielen Zweifeln die große Wahr- heit mich entlade: Es stammt die Ordnung der Natur sowohl aus Gott, als wie die Gnade. M m 3 Epi- Vermischte Gedichte Epigramma auf einen erbaulich lehrenden aber uͤbel lebenden Priester, wie selbiger starb. Z u unserm doppelten Verlust wird unser Priester uns entrissen; Sein Lehren zeigt’ uns, was wir thun, sein Leben, was wir lassen muͤssen. W as ist, das ist nicht, was es ist, es ist, fuͤr uns nur, was es scheinet. Obs Aug’, als ein Vergroͤßrungsglas, der Dinge We- sen groͤßer sieht, Ob es dieselbigen verkleint und sie in engre Grenzen zieht, Wie, oder wahre Groͤßen schauet; das ist, was man nicht weis, nur meynet. M ein Schoͤpfer, gieb mir doch die Gabe, Daß ich empfinde, was ich habe! E in Jrrthum ist es, wenn ein Mensch uns nicht gefaͤllt, der unbequem. Ein Jrrthum ist es, wenn er uns gefaͤllt, der aber ange- nehm. So- zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. S obald dein Naͤchster dir misfaͤllt, Wirst du auch ihm gar bald misfallen. Wann nun dein Naͤchster alle Welt; So bleibet dieses festgestellt: Misfaͤllt sie dir; misfaͤllst du allen. E rwaͤgte man doch diese Lehre: daß unsere Rechthabe- rey, Anstatt uns Ehr und Ruhm zu bringen, ohn Ausnahm, immer schaͤdlich sey! Der, den auch deine Klugheit selber im Zanken zwingt, dir Recht zu lassen, Wird, zur Belohnung deines Sieges, betruͤbter Lohn! gewiß dich hassen. S olche Schoͤnheit hat die Tugend, daß selbst unsre Luͤste nie Vollenkommen ohne sie. M m 4 Raͤth- Vermischte Gedichte zum irdischen ⁊c. Raͤthsel. M ein sage mir: wo ist das Land mit seinen Waͤl- dern, Bergen, Fluͤssen, Worinn die Allerkluͤgsten Nichts, die Allerdummsten Alles wissen? E in Christ trifft in den ird’schen Freuden, die er in fluͤchtgen Guͤtern findet, Den Grund an, der, vollkommnere dereinst zu hoffen, ihn verbindet. Lobge- Lobgedichte auf die Pamela. D as, was man, von der wahren Tugend, in hun- dert tausend Buͤchern lehret, Wird, durch der Pamela Betragen, auf eine solche Weis’ erklaͤret, Daß der nicht nur kein tugendhaftes, kein menschlichs Herz im Busen hegt, Den diese tugendhafte Schoͤne zur Tugendliebe nicht be- wegt. D ie Tugend war den Sterblichen, doch nur dem Na- men nach, bekannt, Bis sie, uns Menschen zu begluͤcken, beschloß, zu uns herab zu steigen, Und uns, mit allem ihren Reiz, sich in der Pamela zu zeigen. Doch leider! es war diese Muͤhe von ihr vergebens an- gewandt. Die Pamela ward sproͤd und kalt, als ein gemeines Buch, gelesen; Ein jeder, wenig ausgenommen, blieb das, so er vorher gewesen. Jhr Sittenlehrer, koͤnnt denn kuͤnftig all’ eure Lehren sicher sparen; Die Menschen werden immer seyn so gut und boͤse, wie sie waren. M m 5 Jch Vermischte Gedichte J ch wundre mich nunmehro nicht, Daß kein belehrendes Gedicht, Kein geistreich Buch die Menschen ruͤhret, Und sie zum Pfad der Tugend fuͤhret: Da, seit die Pamela geschrieben, Die Menschheit, wie sie war, geblieben, Und man noch wenig Beßrung spuͤret. Dieß nimmt dem Buch den Werth noch nicht. Nach zuverlaͤßigem Bericht, Sind viel’, auch von den Lehrern selbst, durch Vorurtheil betaͤubt gewesen, Und haben es noch nicht gelesen. W ollt ihr die Gottheit fuͤrchten lernen; Den Hochmuth meiden, Laster fliehn, Und euch von ihrer Straf’ entfernen; Wollt ihr die Kinder wohl erziehn; Wollt ihr die Aeltern ehren, lieben; Die Naͤchstenlieb’ am Duͤrftgen uͤben; Beym Reichthum reich, durch Wohlthun, seyn; Wollt ihr so Freund- als Herrschafts-Pflichten, Auch treuer Diener Amt, verrichten; Wollt ihr euch eures Lebens freun; Wollt ihr ein gut Exempel geben; Auch in der Ehe gluͤcklich leben; Kurz: will ein jeder auf der Erden Vergnuͤgt, geehrt, geliebet werden; Die Lehr’ ist, nebst dem Beyspiel, da: Man les’ und folge Pamela. Le zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. L e petit maitre parle Otér moi la Pamela! c’ est un livre dangereux. Il paroit, ma foi! par tout tellement avoir raison, Qu’ en le lisant, j’ai senti trois fois la tentation, Et que meme j’ ai risqué de devenir vertueux. A. J ch hab’ es noch von meinen Ahnen, Jch meid’ und hasse die Romanen, Drum haß ich auch die Pamela. B. Jst dieses eines Ochsen Stimme? So dacht’ ich, im gerechten Grimme, Als ich den groben Jrrthum sah. Sind Cyrus, Sethos, Cleveland Und Telemach dir nicht bekannt? Jst, was darinn fuͤr Weisheit stecket, Dir Ungluͤckselgen nicht entdecket? So bist du freylich schlecht daran, Und alles, was ich sagen kann, Jst, daß du wirklich zu beklagen. Allein, was soll ich weiter sagen? Da du die Pamela nicht kennest, Und ihr nicht deinen Beyfall goͤnnest, Vermehret sich dein Unstern noch. Es dienet dir zum Trost jedoch Und zur Entschuldigung, daß sie Bisher dir nicht bekannt gewesen. Denn, haͤttest du sie einst gelesen, So, daͤcht ich, waͤrst du auch ein Vieh, Du achtetest und ehrtest sie. Wenn Vermischte Gedichte W enn auch Wolf gleich sagen moͤchte: Wisse menschliches Geschlechte, Daß nur ich dein Lehrer bin; Spricht das menschliche Geschlechte Doch zur Pamela mit Rechte: Du bist unsre Lehrerinn! M. J ch unterhielte mich, vor nicht gar langer Zeit, Mit einem wuͤrdgem Glied aus unsrer Geistlichkeit, Und ruͤhmte Pamela so sehr, daß ich auch klagte, Daß man von dieser Schrift nichts auf dem Lehrstuhl sagte. Er lachte mit Bescheidenheit, Und sprach: waͤr auch dieß Buch noch einst so schoͤn, So koͤnnte dieses nicht geschehn, Weil von der Gnade nichts darinn. Jch bat ihn, daß ers lesen moͤchte, Damit ich nicht von ihm gedaͤchte: Sie sprechen schlecht: Es sey nicht recht, Und habens nicht gelesen. Darauf versprach ers mir. Wie er mirs wiederbracht, Sprach er: ich haͤtt’ es nicht gedacht. Jch hab, in Lesung dieser Schrift, so viel Vergnuͤglich- keit genossen; Mich deucht: es sey die Gnade selbst von diesem Buch nicht ausgeschlossen. Jch zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. J ch bin vordem ein Menschenfeind, So gut als Timon selbst, gewesen. Seit ich die Pamela gelesen, Bin ich ihr, und der Menschen, Freund. S eit ich die Pamela gelesen, Koͤmmt, nebst dem Bau der Erden, mir Die ganze Menschheit schoͤner fuͤr, Als mir dieselbe sonst gewesen. An Voll- und Unvollkommenheiten Hat jedes Ding bey uns zwo Seiten. Vorhero sah ich jedermann Von seiner schlimmen Seiten an: Jetzt wird mein Blick, von ihr belehrt, Meist auf die gute hingekehrt. Sie zeigt mir zur Vollkommenheit Nicht nur die Moͤglichkeit allein; Zugleich auch eine Leichtigkeit Begluͤckt und tugendhaft zu seyn; Auch in uns eine Faͤhigkeit Jm Guten weiter fortzugehen, Wenn wir nur gut’ Exempel sehen. Man merke doch des Beyspiels Kraft, Das von der Pamela zu nehmen: Das Laster selber lernt sich schaͤmen; Ein ganzes Land wird tugendhaft. S prich, deutscher Witz, sprich, deutsche Tugend, was ist, das dich hinfort erregt? Sieht Pamela seit dreyen Jahren sich doch kaum einmal aufgelegt! W. Der Vermischte Gedichte D er Tugend Neiz verdient zwar immer, daß jedes Herz sich ihr ergiebt; Wann aber hat man sie wohl schoͤner, als, Pamela, in dir geliebt? W. E in großer Buͤcherfreund besaß, was alle Weisen, Die Tugend einzusehn, die Tugend anzupreisen, Jn alt- und neuer Zeit mit Sorgfalt ausgedacht, Jn alt- und neuer Zeit zur Beßrung kund gemacht. Allein, war dieß gleich alles da, So blieb doch eins, ach eins! vergessen: Jhm fehlte ja so viel, als er bisher besessen; Jhm fehlte Pamela! W. W er ist, o Pamela, wer ist, der dich mit Recht Der niedern Abkunft wegen tadelt? Ein Weiser sieht auf kein Geschlecht: Begluͤckter Edelmann, den Pamela geadelt! W. Die zum irdischen Vergnuͤgen in Gott. Die besiegte Verleumdung, als der Beschluß aller Gedichte. B elisa, ist denn das, so ich vernommen, wahr? Jsts moͤglich? glaubst du mehr der schwarzen Heuchler Schaar Als deinen Augen selbst? Allein, was tadelt dann An mich der Gleißner Schwarm, der nichts als ta- deln kann? Hab ich mit meiner Lehr die Sitten je vergiftet? Hab ich in unserm Staat Verraͤtherey gestiftet? Hab ich verschmitzt, mit Schein- und andern falschen Gruͤnden Fuͤr Atheisten je gesuchet Schutz zu finden? O nein, ein solcher Gift, ein solches Jrrwischlicht Befindet sich Gottlob in meinen Schriften nicht. Zwar war mit seinem Glanz das heitre Licht der Tugend Nicht allemal der Zweck von meiner heißen Jugend, Auch mich riß, vielen gleich, das feuerreiche Blut Vom wahr- und wirklichen zum Schein- und falschem Gut. Jn diesem Stande war nunmehr von meinen Jahren Von fuͤnf und zwanzgen schon ein Theil dahin gefahren, Als mich der Tugend Glanz von neuem zu sich zog Und aller Dinge Quell zu suchen, mich bewog. Er ließ sich auch von mir auf Bergen, in den Gruͤnden, Jn einem jeden Kraut, in jeder Blume finden. Jch fuͤhlte, schmeckt’ und sah’ den Schoͤpfer uͤberall, Jch hoͤrt’ an jedem Ort der suͤssen Stimme Schall. Jch lernte dazumal ein ewiges Regieren Und eine Vorsicht sehn und ließ mich durch sie fuͤhren. Von meinem ernsilichen und aͤmsigen Studiren Ward Vermischte Gedichte zum irdischen ⁊c. Ward ich mein Vorwurf selbst, und die Vernunft allein Fing an mein Gluͤck, mein Trost, mein Heil u. Zweck zu seyn. Die Unschuld unterhielt, entfernt von Gram u. Schmerzen, Der Stille Suͤßigkeit, und Ruh in meinem Herzen, Es raubt’ aus meiner Brust der eitle Uebermuth, Des Reichthums Ueberfluß, das unschaͤtzbare Gut Der suͤssen Stille nicht. Vom Geiz nicht unterdruͤcket, Vom Neide nicht genagt, war ich in mir begluͤcket Durch meiner Tugend Schatz. Jch fuͤhlte solche Lust, Die keine bittre Reu mir zu vergaͤllen wußt’. Dieß Gluͤcke dauret noch; das Leben liebt mein Geist, Doch so, daß ihm der Tod sich auch nicht schrecklich weist. Glitt’ etwan auch mein Fuß durchs Alters schwer Gewicht, So stuͤtzt mich der Verstand und gleitet selber nicht. Den schnellen Baͤchen gleich in ihrem strengen Rennen Wird unser Alter auch nie ruͤckwerts laufen koͤnnen. Jst es denn nicht genug, einst jung gewesen seyn? Wie? wenn ich meine Freud’ und die vergangne Pein Bedachtsam uͤberdenk, sie mit einander waͤge, Und die empfundne Lust und Unlust uͤberlege, Da ich dem Hafen nah, vom Schiffbruch sicher bin, Geb’ ich mich wohl mit Recht den Wellen wieder hin? O nein! ich denk an das, so nicht mehr, ohne Reu; Ohn Ekel auf was ist; aufs Kuͤnftge, sonder Scheu. Die Schwachheit, da mein Geist schon etwas Kraft verlohr, Haͤlt ihm an jedem Tag des Todes Sense vor, Und wenn ich ihn bey mir werd’ in der Naͤh’ entdecken, So hoff ich Arm und Hand selbst nach ihm auszustrecken. Anhang Anhang einer A nleitung zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. N n Anleitung zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Beym Anfange des 1747 Jahres entworfen. Es ist nichts in unsrer Macht, als die bloße Kraft allein, Was der Schoͤpfer will, zu wollen. Jhm gefaͤllig nun zu seyn, Laßt uns ihm doch wenigstens diese Kraft im Sterben zollen! D a sich die Erd itzt von der Sonnen in ih- rem Kreislauf abwerts drehet, Und durch dieß Drehn auf unsrer Flaͤche der Lenz u. Sommer uns entstehet, Wodurch, auf eine weise Weise, sich das Gebaͤude dieser Welt Jn solcher richtgen Wunderordnung zum Nutzen der Ge- schoͤpf erhaͤlt: N n 2 Will Anleitung Will ich, bey dieser Wechselzeit, des Schoͤpfers weise Macht erheben, Und, seine Liebe zu besingen, wie ich gewohnt bin, mich be- streben; Wobey mein Vorsatz: Bey der Aendrung der Jahres- zeit, von einer Zeit, Die ferner keinen Wechsel kennet, woselbst kein Frost den Lenz vertreibt, Wo alles, was dazu beschieden, in ungestoͤrter Seligkeit, Jn nimmerunterbrochnem Frieden und ewigem Vergnuͤ- gen bleibt; Wornach vernuͤnftige Geschoͤpfe, wenn sie hier ausgelebt, sich sehnen, Absonderlich vom sanften Sterben, das dazu fuͤhrt, was zu erwaͤhnen. O Gott! du Wesen aller Wesen, Das anders denkt, als alle Welt, Der anders ist, und anders wirkt, als je ein Geist sich vorgestellt, Der Geist und Koͤrper, Welt und Sonnen, zu seines Da- seyns Prob’, erlesen! O Gott! du lebst in deinen Werken, die Seele siehet dei- ne Spur Jn allen deinen Kreaturen, und in der wirkenden Natur. Die Mittel dazu sind die Sinnen, wodurch wir, mit der Welt verbunden, Durch die gelaͤuterte Vernunft, derselben Schoͤpfer aus- gefunden. Durch Ordnung, den Zusammenhang, durch Pracht und Absicht wird der Grund, Ein weises, liebreichs, maͤchtigs Wesen, vernuͤnftigen Geschoͤpfen kund, Die, zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Die, wenn sie, Herr, von deinen Werken, von Welt und Sinnen nichtes wuͤßten, Jn ewiger Unwissenheit von deinem Daseyn bleiben muͤßten. Wie koͤnnten immermehr Begriffe, Gedanken, Bilder und Jdeen Jn einer sinnen-koͤrperlosen und leeren Menschenseel’ ent- stehen? Der kluͤgste Geist muͤßt’ ohne Kraft, ohn’ Ueberlegung und Vergnuͤgen, Ein nimmerdenkend Wesen bleiben, kein Geist seyn, ewig brache liegen. Muß eine Seele denn nicht billig den Werth, o Herr, von deinen Werken, Die deine Herrlichkeit uns zeigen, mit Andacht, Dank und Ehrfurcht merken? Dein Schaffen, Formen und Erhalten, dein unbegreifli- ches Regieren So ungeheurer Himmelskoͤrper, der Welt und aller Wesen spuͤren, Bewundern und dich anzubeten, und zwar dich ewgen Gott allein Tief unterwuͤrfig zu verehren, gereizet und verbunden seyn? Du rufst Geschoͤpfen, und sie kommen; du sprichst: ver- geht, und sie vergehen, Da andre denn, auf deinen Wink, aufs neu, an ihrer Stell’, entstehen. Wobey jedoch vernuͤnftge Wesen auf deine Liebe sich ver- lassen, Und, daß sie nicht vernichtigt werden, zu deiner Ehr’ im Glauben fassen. Sie sehen die Zerstoͤrlichkeit der Koͤrper, und ihr Aendern an Als Folgen deiner weisen Ordnung, doch die den Geist nicht treffen kann. N n 3 O großer Anleitung O großer Trost, in dem wir sterben, (da wir doch alle sterben muͤssen) Daß wir die Wahrheit, welche sich in Gottes Liebe gruͤn- det, wissen. Wer wird nicht kraͤftig aufgerichtet im Tode selbst, wenn man ermißt: Daß unser Sterben ein Veraͤndern, das Aendern ein Verbessern ist. Jch will, von unserm letzten Wechsel, bey diesem Jah- reswechsel, singen, Und mich bemuͤhen solche Gruͤnde von unserm Scheiden vorzubringen, Die in der That unwidersprechlich; und zeigen, daß fast jedermann, Nach einem irdischen Vergnuͤgen, zuletzt vergnuͤgt auch sterben kann. Die Gruͤnde, die ich aus der Kunst stets froh zu leben Siehe des gelehrten Spaniers A. A. de Sarasa Ars semper gaudendi. Tract. XV. , meist genommen, Verhoff und wuͤnsch ich, daß sie vielen zu statten und zu Nutzen kommen! M erkt, wie sich des Schoͤpfers Weisheit, in dem Tode selbst, entdeckt! Zieht ihm ab die schwarze Larve, welche nur die Thoren schreckt. Aus der Furcht des Todes bloß stammt das allgemeine Klagen. Was sind in dem Tode selbst doch fuͤr wesentliche Pla- gen? Wir zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Wir selbst scheuchen uns einander, und es reibet jeder- mann Sein gefuͤhltes aͤngstlichs Grauen insgemein dem andern an, Ja man uͤbertraͤgt sich gleichsam diese Furcht von Hand zu Hand Allemal annoch vergroͤßert, um dieselbe, wie bekannt, Jmmer mehr noch zu vergroͤßern. Wie viel Dichter, wie wir lesen, Wie viel Mahler, wie wir sehn, sind so sinnreich stets gewesen, Jhn stets schaͤndlicher zu bilden, scheußlicher stets vorzu- stellen; Mehrentheils sind ihre Werke unsers bangen Jrrthums Quellen. Laßt uns doch einmal erwaͤgen, ob der Tod denn in der That Etwas, das so fuͤrchterlich und so scheußlich, an sich hat. Ursachen, weswegen man den Tod insgemein fuͤr so schrecklich haͤlt. A. M an wird oftermals geholfen, wenn man sei- nen Gram entdecket, Sage mir, was ist am Tode, das dich so entsetzlich schrecket? B. „Selbst der Tod, den alles fuͤrchtet. Scheut selbst die Natur ihn nicht? „Muß der Allertapferste nicht bey seinem Ansehn zittern? „Wird er nicht fuͤr ihn erschrecken? und sein ganzer Leib erschuͤttern? N n 4 „Was Anleitung „Was ist auf der Welt erschrecklichs, wenn es nicht der Tod? er bricht, „Reißt und stuͤrzet alles um. Keines schont er, alle faͤllt „Sein nie zu erbittend Rasen. Weder Seufzen, Fle- hen, Zaͤhren „Koͤnnen seine Wut erweichen, noch sein Morden ihm verwehren. „Er beraubet uns des Lebens, unsers Liebsten auf der Welt, „Unsers Best- und Theuersten. Der geliebtsten Freund’ auf Erden „Blick und Ansehn raubt er uns, da wir, zwischen ih- rem Gram, „Schluchsendem Geseufz’ und Thraͤnen, leider! wegge- rissen werden, „Recht mit wuͤtrischer Gewalt. Unser Auge wird ge- schlossen, „Wodurch wir das suͤße Licht und der Sonnen Schein genossen. „Unsers Geistes und des Koͤrpers eng und angenehmes Band „Wird getrennet. Wenn das Fleisch aufgeloͤset und zer- flossen, „Wird der Leib, den wir getragen, endlich Moder, Staub und Sand, „Zum abscheulichen Spectakel. Wenn der Glieder Bau zerbricht, „Bleibt mir nichts auf dieser Welt. Weg ist alles, Le- ben, Licht, „Aller Farben holdes Prangen, aller Singevoͤgel Choͤre, „Aller zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. „Aller Umgang meiner Freunde, meiner Kinder schoͤn Gesicht, „Meiner Frauen holdes Schmeicheln, meines Fuͤrsten Gunst, die Ehre „Meiner Diener und Clienten, Lob von Buͤrgern, Vor- zug, Freude „Und Bequemlichkeit des Reichthums, erst errichteter Gebaͤude „Groͤße, Weite, Pomp und Pracht, heller tapezierter Zimmer „Guͤldner Putz und Glanz und Schimmer; „Statt so vieler Schaͤtz und Guͤter, deren wir beraubet seyn, „Bleibt uns allen gar nichts uͤber, als das dunkle Grab allein, „Wo die Wuͤrmer uns zertheilen. Sind dieß alles denn nicht Sachen, „Welche uns den Tod mit Recht graͤßlich und entsetzlich machen? „Waͤr uns nun noch auf der Welt, um zu sterben und zu leben, „Etwan eine feste Zeit zugetheilt, bestimmt, gegeben, „Haͤtte man noch einen Trost. Jeder wuͤrd’ im Stan- de seyn, „Haus und alles zu bestellen, alles richtig zu beschicken, „Ja selbst gegen unsern Tod Kraft und Muth sich einzu- druͤcken. „Aber wie es jetzo geht, kommt uns nichts davon zur Kunde, „Denn, so wie bey allen Menschen, nichts gewissers als der Tod, N n 5 „Also Anleitung „Also ist bey allen nichts ungewissers, als die Stunde; „Es befaͤllt uns unversehens, unverwarnt die Todes- noth. „Nicht der Jugend bluͤhnde Jahre, nicht der Alten noͤthger Rath, „Nicht die maͤnnlichen Geschaͤffte, werden von ihm an- gesehen. „Wenn mit vieler Muͤh und Arbeit jemand sich be- schaͤfftigt hat, „Eben, wenn uns alle Dinge recht nach Wunsch von statten gehen, „Wenn uns Gluͤck und Ehre ruft, dann wirft der fuͤr alles Flehen „Taube Tod auf uns die Faust, reißt uns voller Grau- samkeit „Mitten in Geschaͤfften fort, ja er raubt zu gleicher Zeit „Alle Hoffnungen des Lebens. Jst nicht solch ein Zu- stand graͤulich, „Leben und stets sterben koͤnnen, ja nicht einen Augen- blick „Sicher fuͤr die Bahre seyn? Welch ein trauriges Ge- schick! „Jst nicht solch ein Todtenleben recht entsetzlich, recht abscheulich? „Ja, daß noch die Art zu sterben oft ja immer schreck- lich ist! „Ueberfaͤllt der Tod uns ploͤtzlich, was ist, wenn mans recht ermißt, „Schrecklicher? im Augenblick aufzuhoͤren? froh seyn, lachen, „Ja selbst scherzen, und im Huy, wie ein Wort, ver- gehn, verschwinden! „Ster- zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. „Sterben, eh von unsern Sachen „Wir das mindeste verordnet: unser Haus in Schrecken finden, „Das nichts weniger vermuthet? Koͤmmt der Tod nun allgemaͤhlig, „O mein Gott! wie manche Krankheit, Schmerz und Plagen, die unzaͤhlig, „Wie viel Ekel, Schlaflosheit, wie im Haupt so man- che Pein, „Wie viel Martern hin und wieder, „Welche Zuͤckungen der Nerven, und Verrenkungen der Glieder „Werden zu erwarten seyn! „Endlich was den Tod am meisten fuͤrchterlich und schrecklich macht, „Jst der jammerreiche Zweifel und der Ungewißheit Nacht „Wegen eines kuͤnftgen Lebens, ob es selig oder nicht? „Von der ganzen Ewigkeit wird geredet. Ob du selig „Oder wirst geplaget werden, „Haͤngt von diesem Zeitpunct ab. Wem, der dieses uͤberlegt, „Stehn die Haare nicht zu Berge? Welchem wird sein Eingeweide „Von so unvermeidlichen Plagen, Schrecken, Gram und Leide „Nicht erschuͤttert und bewegt? „Da wir also sterben muͤssen, „Unverhofft und schnell entweder, oder auch durch Pein zerrissen, „Und dabey dennoch nicht wissen, „Ob das Ende dieser Pein „Von nie aufzuhoͤrnden Plagen nicht der Anfang werde seyn; „Dieses, Anleitung „Dieses, einzeln und vereint, wenn ich es zusammen- fasse, „Machet, daß ich vor dem Tode zittre, beb’, erstarr’, erblasse. Bist du mit deinem menschlichen Stande zufrieden, so mußt du auch sterblich seyn, und auch sterben wollen. A. U m auf diese deine Klagen, Dir und andern gnug zu thun, muß ich dich zuvoderst fragen: Red ich hier mit einem Menschen, oder einem Engel? sprich. B. „Allerdings mit einem Menschen.“ A. Hoͤre! Ferner frag ich dich: Jst dirs leid, daß du ein Mensch? bist du nicht damit zufrieden? B. „Nein, es ist mir gar nicht leid, daß mir dieser Stand beschieden, „Und ich bin es gar nicht ungern.“ A. Stimmst du damit uͤberein, Freust du dich, daß du ein Mensch, kannst du dich ja nicht beklagen, Daß du sterblich bist: dieß heißt eigentlich, ein Mensch zu seyn. Klagst du nun nicht, daß du sterblich, mußt du billig auch ertragen, Daß ein Sterblicher auch stirbt. Wenn du dich unsterb. lich hieltest, Wundert’ ich mich nicht daruͤber, daß du Angst und Schrecken fuͤhltest Bey zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Bey dem Anblick deines Todes. Da du aber diese Welt, Bloß mit dem Beding, erblickt, daß du einmal sterben solltest; Warum wunderst du dich denn, daß, was einmal fest- gestellt, Auch denn einst geschicht, und welches du ja einmal selber wolltest. Hoͤr: entweder tadelst du, daß die Menschheit sterb- lich ist, Die unsterblich werden koͤnnen; oder ich kann auch nicht fassen, Wie du mit dem Tode doch so gar unzufrieden bist, Da du dich der Sterblichen Zustand einst gefallen lassen. Denn ich glaube nicht, daß dich solche Raserey befangen, Frech und ernstlich zu verlangen, Daß der Schoͤpfer, dessen Wege du doch sonst bewundern wollen, Unser menschliches Geschlecht haͤtt’ unsterblich machen sollen. Denn (nicht einmal zu gedenken, daß dieß gegen Gottes Ehre, Seiner heilgen Macht und Ordnung ein verruchter Frevel waͤre: Als wenn der nicht recht gewollt, welcher alles wollen koͤnnen, Und der, was er wollt, erschaffen) haͤtt’ Er die Unsterb- lichkeit Hier der Menschheit wollen goͤnnen; Hat Er alles das, was Er hier erschaffen und gemacht, Nicht allein nicht wohl gewollt, sondern, was Er uͤbel wollte, Noch viel schaͤdlicher und schlimmer gar zur Wirklichkeit gebracht. Denn, Anleitung Denn, hat Gott nicht dieses Rund der von uns bewohnten Erden, Mit vorherbedachtem Rath, uns zur Wohnung lassen werden? Aber waͤr der Mensch unsterblich; wer begreift nicht mit Bedacht, Daß die Gottheit sich geirrt, da sie eine Welt gemacht, Welche solche Menge Menschen, so zu fassen, als zu naͤhren, Nimmer koͤnnte faͤhig seyn. Denn wenn aller Menschen Zahl, So von Anbeginn gelebt, (die, daß sie unsterblich waͤren, Deine blinde Schwachheit wuͤnscht) heute sollten allzumal Leben und vorhanden seyn; welch ein’ ungeheure Menge Muͤßte nicht daraus entstehn? solche, deren Zahlen Laͤnge Kein Verstand ermessen kann. Millionen Milliaren Sind auf dieser Welt gewesen in den fast sechstausend Jahren; Milliaren Millionen werden noch vermuthlich kommen, Eh’ die Erde wird vernichtigt und in Asche seyn ver- glommen. Nun erwaͤge doch dabey, Ob die Welt die Menge fasse, und zur Wohnung tuͤchtig sey? Dieses ist gewiß unmoͤglich. Gott haͤtt’ also sehr gefehlt, Wenn die Sterbliche nicht sterblich, und, dadurch, daß sie entseelt, Denen Kuͤnftigen nicht wichen. Dieser ganze Kreis der Erden Muͤßte tausendmal vergroͤßert, und ein andrer Weltkreis werden. Ferner: haͤtt’ Er haben wollen, Daß der Mensch unsterblich seyn, nie die Welt verlassen sollen; Haͤtt’ zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Haͤtt’ Er, zu desselben Bildung und zu seines Koͤrpers Wesen, Einen andern Stoff erlesen, Jedes Glied nicht so geformt, so verschiedne Feuchtig- keiten, Die, da sie so mancher Art, immer mit einander streiten, Jn den Koͤrper nicht gesenkt; da bloß durch derselben Streit Unser Koͤrper abgerieben, und zu der Vergaͤnglichkeit Jmmer zubereitet wird. Auch dieß waͤr’ ein Fehl ge- wesen, Und man haͤtte dazu muͤssen eine Kreatur erlesen Von ganz anderer Natur. Jst ein Mensch wohl so ver- wirrt, Von dem allerweisesten Gott und Schoͤpfer zu gedenken, Daß, da alles, was erschaffen, Er dem Menschen wollen schenken, Er doch in dem Menschen selbst, so unleidlich Sich geirrt? Fern sey, von vernuͤnftigen, redlichen und frommen Wesen Solche Gotteslaͤsterung zu vernehmen und zu lesen. Jch verehre demuthsvoll und mit uͤberzeugtem Sinn Darinn Gottes Lieb und Ordnung, daß ich sterblich worden bin; Da die Sterblichkeit dich druͤckt, und dich allenthalben Plagen, Hier in diesem deinem Leben, pressen, quaͤlen, foltern, nagen: Warum schmaͤlst du auf den Tod, da ja doch der Tod allein Das bewerthste Mittel ist, und das Ende deiner Pein. Warlich, Anleitung Warlich, uͤberlegt mans recht, ist die Wohlthat ungemein, Die uns Gott darinn verliehen, daß, da wir hier elend, schwaͤchlich, Wandelbar seyn und gebrechlich, Wir es jedennoch nicht immer, und es auch nicht lange seyn. Welcher Mensch, wo er vernuͤnftig, koͤnnt’ und wuͤrde wohl begehren Solch ein Leben zu verlaͤngern, solche Jahre zu ver- mehren, Die ihn mit des letzten Alters Plagen, Pein und Last be- schweren, Wo, mit aufgeloͤstem Koͤrper, er nur eine Last der Erden, Und sich selbst die schwerste Last unvermeidlich muͤßte werden. Wo du nicht vielleicht verlangst, dich des Alters zaͤhen Schlingen Ploͤtzlich wieder zu entziehn, dich von neuem zu verjuͤngen, Neu stets wieder zu veralten. Solch ein seltsames Be- gehren Wuͤrde der Natur Gesetz niederreißen und zerstoͤren, Und du muͤßtest thoͤricht wollen, Ganz was anders hier zu seyn, als was du hast werden sollen. Aber du, der du so jammerst, daß dir dein so liebes Leben Durch den Tod geraubet wird, lieber! zeige mir doch an, Ob du so behaͤglich lebest, ob es dich so reizen kann, Daß du ganz darauf erpicht, ein bestaͤndigs Widerstreben Gegen deinen Tod empfindest. Schau das Leben, das vergangen, Sieh’ das gegenwaͤrtige, das, so noch nicht angefangen, Eben- zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Ebenfalls bedachtsam an! Wenn du alles uͤberlegt, Sprich: was dieses Lebens Elend doch fuͤr Suͤßigkeiten hegt? Jst es nicht bewundernswerth? alle Menschen hoͤrt man klagen, Jn der Zeit, worinn sie leben, uͤber ihres Lebens Plagen, Und ein jeder lobt das Leben, und desselben Lieblichkeit, Wenn von einem solchen Uebel ihn der Tod dereinst be- freyt. Daß die Welt voll bittrer Wermuth, daß sie treulos, schreyt ein jeder, Ueberall sind in ihr Quellen herber Pein und Klagelieder, Seufzen wir, indem wir leben; Wird uns, durch den Tod, ein Mittel gegen alle Noth gegeben; So umarmt man die von uns stets gescholtne Welt von neuen, Und bestrebt sich, unbegreiflich ihrer dann sich zu erfreuen. Alle Kraft von unserm Zorn wendet man dann auf den Tod, Heißt ihn grausam, unerbittlich, eine Quell von aller Noth, Und das Schrecklichste von allen, was auf Erden schreck- lich ist. Sind wir denn nicht ungluͤckselig, wenn man unsern Stand ermißt? Jn sich selbst verwelkt die Welt, und sie bluͤht in unsern Herzen, Ueberall ist Leid und Trauer, uns erfuͤllen Gram und Schmerzen; Und dennoch, durch blinde Sucht unsers Fleisches, lieben wir Jhre Bitterkeiten selber, selbst die Plag’ und Pein an ihr: O o Flieht Anleitung Flieht sie; eilet man ihr nach: faͤllt sie; haͤnget man ihr an. Oefters hat die Welt durch Lust uns vom Schoͤpfer ab- gezogen, Jtzt ist sie so voller Leid, daß man von ihr sagen kann, Sie schick’ uns dem Schoͤpfer zu. Laßt uns denn, da- durch bewogen, Gehn, da wir gesendet werden! gehen, da man gehen muß! Da der Kerker sich eroͤffnet, warum faßt man nicht den Schluß, Jhn mit Freuden zu verlassen? warum lassen wir uns doch Wider Willen aus ihm reißen? weil wir, leider! unser Joch, Unsre Plag- und Ketten lieben: und, durch Meynungen verfuͤhrt, Deren Falschheit wir doch kennen, man sich mehrentheils vergnuͤget, Daß wir andere betriegen, oder daß man uns betrieget. Es wird, wie wir es erfahren, solche Lieb’ in uns ver- spuͤrt Auch zum jaͤmmerlichsten Leben, daß man vor der Ar- zeney Selbst erschrickt, und nicht verlangt, daß uns ausgeholfen sey. Moͤchte man mit Seneca sich entschließen, so zu sagen: „O wie wenig kennen die ihren Jammer, ihre Plagen, „Die den Tod, wodurch wir uns von so vielem Kummer trennen, „Als die herrlichste Erfindung der Natur, nicht aner- kennen! Dieses zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Dieses ist gewiß, wenn Menschen, daß sie sterben, sich beschweren, Jst ihr Klagen ungerecht. Sterblich hat sie Gott ge- macht, Sterblich sollt’ ein jeder werden. Von so wichtigem Be- tracht Jst auch unser Leben nicht, daß, ein laͤngers zu begehren, Man mit Recht den Tod verfluchen, und auf den, der haben wollte, Daß die Menschheit sterben sollte, Unzufrieden schmaͤlen duͤrfte. Minder nicht, als wie das Leben, Jst das Sterben der Natur beygefuͤgt und zugegeben. Jhre Pflichten sind nicht groͤßer im Entstehn, als im Ver- gehn, Und nach allen Mischungen, woraus wir allhier bestehn, Folget dieser Schluß mit Recht: Keiner koͤnne leben wollen, Welcher nicht auch sterben will. Denn den Meuschen ist das Leben, Bloß mit dem Beding des Todes, daß sie wieder sterben sollen, Hier auf dieser Welt gegeben. Folgere denn kuͤnftig nicht: daß das Sterben der Natur Widerspruͤchig und zugegen. Bloß allein vom Leben nur Jst der Tod ein Gegensatz, aber nicht von der Natur. Die Natur ertraͤgt sowohl unsern Tod, als unser Leben, Und ertruͤge sie nicht beydes; waͤre sie dieselbe nicht. Laßt uns uns demnach bemuͤhn, alles Jammern aufzuheben, Und die Schmaͤhungen, die man gegen unser Sterben spricht! Wir seyn sterblich, alle sterben, weil wir alle leben: wisset, Jhr vom menschlichen Geschlecht, Daß ihr dadurch bloß die Schuld der Natur bezahlen muͤsset; Keiner klage, daß er zahle, denn die Fordrung ist gerecht. O o 2 Wer Anleitung Wer ist, der sich wohl mit Fug zu beklagen unterwindet, Sich im Stande zu befinden, drinn sich niemand nicht be- findet? Welcher nun in solchem Stande, muß im selben sich be- quemen, Willig, oder wider Willen, alles uͤber sich zu nehmen. Handelt man denn nun nicht thoͤricht, (man gedenke doch daran) Daß man das gezwungen thut, was man doch freywillig kann? Derjenige, der zufrieden ist, daß er sterbe, muß auch mit der Zeit des Todes und der Stunde zufrieden seyn. B. „ E s ist wahr, ich bin ein Mensch, und ver- lange folglich nicht, „Daß nichts Menschlichs mir begegne: halt es auch fuͤr meine Pflicht, „Da ich sterblich bin, zu sterben, ich bemerke die Ver- bindung „Der Natur mit unserm Tode, ja ich seh’ ihn wirklich an, „Als ein Wunder der Natur, als ein’ herrliche Erfindung „Der allmaͤchtigweisen Gottheit, die, was gut, nur wollen kann. „Aber ich erschreck’ und zitt’re bloß nur fuͤr die Todeszeit, „Da die Stunde nicht gewiß. Da wir stets im Zweifel schweben, „Und nie sicher vor dem Tode, sind wir nie dazu bereit. „Da wir immer sterben koͤnnen, heißt das Leben kaum ein Leben. „Ueber- zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. „Ueberdem befaͤllt er uns meist zur Unzeit. Jn der Jugend „Raubt er dem sein kurzes Leben, der von Edelmuth und Tugend „So viel Hoffnung von sich gab; den entreißet er der Welt, „Eben da er im Begriff, daß sein Wohlfahrtsbau bestellt „Und sein Haus berathen wuͤrde. Einen andern reißt er dort „Mitten in dem Lauf der Ehren, aus der Gattin Armen, fort, „Die noch jung und voller Liebreiz, mitten aus den Kinderlein, „Mitten aus den Rechnungen, die noch unberichtigt seyn, „Aus verwirreten Processen, die er leichtlich enden koͤnnen, „Haͤtt’ ihm nur der Tod dazu wenig Jahre wollen goͤnnen. „Einen andern mordet er, der nach viel-und schweren Lasten, „Jn dem Stande sich befindet, nach der Arbeit auszurasten, „Seines Fleißes zu genießen, und nach vielerworbnen Dingen „Seines sanften Alters Rest still und ruhig zuzubringen. „Dieser wird zur andern Zeit, nie zu rechter, weggerissen; „So, daß wir wohl recht mit jenem Patriarchen sagen muͤssen, „Was wir in der Bibel lesen: „Kurz und boͤse sind die Tage meiner Lebenszeit gewesen. A. Aber du, der du so richtig deine Lebenstag’ erwaͤgest, Und, bey ihrer kurzen Dauer, sie mit Murren uͤberlegest, Sprich: was hast du doch fuͤr Recht, da du selbe boͤse nennest, Daß du uͤber ihre Kuͤrze klagst und ungeduldig flennest? Sind sie boͤs’, ist es ja besser, daß derselben wenig nur, Deine Quaal nicht zu verlaͤngern; wo du nicht von der Natur, O o 3 Daß Anleitung Daß dir groß’ und schwere Plagen, herber Schmerz und bittres Trauren Darum angenehmer sind, wenn dieselben lange dauren. Sind der Menschen Tage boͤs’; Ey so stimme damit ein, Besser ist es, daß sie kurz, um nicht lang geplagt zu seyn. Aber dieses ausgesetzt. Jch muß anders mit dir sprechen: Du gestehst, du wollest dich zwar zu sterben nicht ent- brechen; Aber es betrifft dein Streit Mit dem dir verhaßten Tode, bloß allein desselben Zeit. Schaͤmest du dich aber nicht, da du Gottes weisen Macht Alles billig uͤbergeben, dem, der dich hervorgebracht, Tod und Leben uͤberlassen, daß du mit dem Hoͤchsten Wesen, Um die Zeit, die er erlesen, Unvernuͤnftig dingen willt? Jst bey dem, der, was entstanden, Mit Gewicht und Maaße fuͤgt, so viel Weisheit nicht vorhanden, Daß Er auch die rechte Maaße deines Alters, und die Zahl Deiner Jahre nicht bestimmet und berechnet haben sollte? Er, der schon von Ewigkeit, sonder Fehl und auf einmal Deines Haupthaars Menge zaͤhlte, ihre Zahl bestimmen wollte, Hat gewiß auch deiner Jahre, deiner Tage Zahl gezaͤhlt, Und, zu deinem wahren Besten, die gerechtste Maaß erwaͤhlt. Herr! die Zahl von meinen Monden steht bey dir, wie Hiob spricht, Du hast mir ein Ziel gesetzt, dieses uͤberschreit’ ich nicht. Es ist auch unuͤberschreitbar, weil es in dem weisen Rath Der selbstaͤndigewgen Weisheit seine Grundverordnung hat. Was zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Was beschwerest du dich denn, armer Mensch, daß von dem Leben Dir kein rechtes Maaß gegeben? Weißt du auch wohl selbst, wie viel dir vom Leben zuzulegen, Oder abzunehmen sey, daß dadurch dein Stand auf Erden Koͤnne mehr begluͤcket werden? Kennest du die kuͤnftge Stund’, ob sie Ungluͤck oder Segen Deinem Hause bringen wird? Thoͤricht ist denn dein Be- tragen, Da dir voͤllig unbekannt, wie viel Sorgen, Gram und Plagen Sie dir leichtlich bringen koͤnnte, sie zu wuͤnschen und zu hoffen, Da es ja auf dieser Welt oftermalen eingetroffen, Daß durch langes Leben vielen manches Ungluͤck uͤber- kommen. Haͤtt’ in Napolis die Krankheit den Pompejus wegge- nommen, Waͤr er aus der Welt gegangen als der Roͤmer Herr und Kaiser; Durch die Zugab’ einer kleinen damals ihm verliehnen Zeit Welkten seine Lorberreiser Und er sah mit bitterm Gram seines Ruhms Verganglichkeit. Fast ein jeder wird gestehn, wer sein Aug’ auf sich erhebet, Daß er durch ein langes Leben manches Ungluͤck hat er- lebet, Welches ihm so schwer gefallen, daß er oftermals da- gegen, Daß ers nicht erlebet haͤtt’, ernstlich haͤtte wuͤnschen moͤgen. Sprich: woher weißt du gewiß, daß dich nicht weit groͤßre Plagen, Als die du bisher erduldet, wo du laͤnger lebest, nagen, O o 4 Qualen Anleitung Quaͤlen und zerfoltern werden. Es wird dir vielleicht geraubt Aller Reichthum, all dein Gut. Ja vielleicht schwebt der Verlust Deiner Ehre, deiner Wuͤrde, uͤber dein veraltert Haupt, So, daß du den andern Menschen zum Gespoͤtte werden mußt. Man wird bey verlaͤngtem Leben dich vielleicht ins Elend schicken. Die Entehrung deiner Kinder harr’t vielleicht dereinst auf dich. Es zerfoltert dich vielleicht Stein und Laͤhmung jaͤmmerlich. Und vielleicht wird dich die Last einer bittern Armuth druͤcken. B. „Nein, dieß alles will ich nicht; „Aber wie so ungewiß ist, daß dieß dereinst geschicht.“ A. Jch gesteh’ es. Aber hoͤr: Klagtest du nicht bittre Klagen: Es fiel dir ein solches Leben fast nicht moͤglich zu ertragen, Da dein Sterben ungewiß? Nun es sey. Doch ist ein Leben, Worinn wir in solchen Plagen stets in Ungewißheit schweben, Die noch aͤrger als der Tod, so vergnuͤglich? merke doch, Wie dein Wunsch so ungerecht: Du verlangst ein Leben nicht, Wo das Sterben ungewiß, und verlangest jedennoch Ein, und zwar ein langes, Leben, wo dein Gluͤck so leicht zerbricht, Seine Dauer ungewiß, und womit, zu deinem Scha- den, Du leicht koͤnntest elend seyn und mit langer Last bela- den. Daß zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Daß du denn nicht lieber dem ein so zweifelhaftes Wesen Uebertraͤgst und uͤberlaͤssest, der vor aller Zeiten Zeit Die Secunden aller Zeiten sich zum Gegenwurf erlesen, Dem es alles offenbar, was fuͤr Gluͤck und Widrigkeit Mit jedwedem Tag verbunden, und was du in deinen Tagen Von den Lasten jedes Tages wirst geschickt seyn zu ertragen? Laß doch den dein Leben enden, oder weiter noch erstrecken, Welcher dir dein Leben gab, in der Absicht bloß allein, Daß das Ende fuͤr dich gut und begluͤcket sollte seyn; Wenn du dich nur selbst nicht streubst, wie man es wird dort entdecken, Leb’ indessen sonder Ekel, trau ihm, und daß du den Tod Nicht mit gar zu großer Abkehr scheu’st und fuͤrchtest; dulde Gott. B. „Ja ich dulde Tod und Gott, und bin gar nicht un- zufrieden „Mit dem Leben, welches Er, als mein Vater, mir be- schieden. „Aber dieses quaͤlet mich, daß fast nie zu rechter Zeit „Unser Tod uns uͤberfaͤllt, auch wenn die Gelegenheit, „Etwas Gutes auszurichten, es am allerbesten leidet, „Er uns auf die Bahre reißt, und den Lebensdrat zer- schneidet. A. Diese Klag ist unvernuͤnftig. Du wilt sterben: und ein Leben Laͤnger, als es dir der Schoͤpfer einst bestimmt und dir ge- geben, Foderst und verlangst du nicht: aber daß sichs aͤndern sollte Zu der Zeit, da es jedoch der, so es bestimmet, wollte, Damit bist du nicht zufrieden. Funfzig Jahr sind dir beschieden, O o 5 Und Anleitung Und du bist damit vergnuͤgt, wuͤnschst auch mehr nicht zu erhalten; Dennoch bey derselben Schluß moͤchtest du noch nicht er- kalten. Waͤre dieses etwas anders, als daß du nicht haͤttest wollen, Daß, da du gebohren, haͤttest nicht gebohren werden sollen? Fruͤher, oder aber spaͤter haͤttest du auf dieser Erden Nach dem Schlusse, den du machst, ja gebohren muͤssen werden: Doch du muͤssest ein Jahr spaͤter hier gebohren worden seyn; Wenn du spaͤter sterben wolltest, welches, daß es laͤcherlich, Damit stimmet, wie ich hoffe, jeder billig uͤberein. Mir faͤllt zu begreifen schwer, auf was Weise daß du dich Mit dem Ursprung deines Lebens faͤhig seyn kannst zu ver- einen, Da du wegen deines Anfangs ihm bereits besprichst, im Meynen Spaͤter waͤr es gut gewesen. So ist es nicht wunderns- werth, Daß sich bey des Lebens Schluß uͤber ihm dein Geist beschwert, Da du schon den Anfang tadelst. Doch, da dir kein Tag gerecht Auch von allen, den zum Tode Gott dir einst bestimmen moͤcht, Und es dennoch festgesetzt, daß du einmal sollt erbleichen, Und aus diesem Leben weichen, Daß wir, dieser Sache wegen, Wenn der Tod dereinst erscheint, keinen Streit mehr ha- ben moͤgen: So erwaͤhl dir selbst den Tag, woran du ohn alle Klagen Aus der Welt zu scheiden denkst, und dein Sterben willt ertragen, Daß zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Daß du auch in dieser Wahl dich nicht uͤbereilen moͤgest, Bin ich wohl damit zufrieden, daß du alles uͤberlegest. Stelle dir des Menschen Alter in dem ganzen Umfang fuͤr, Waͤhl von allen Tagen einen, eine Stunde, die vor allen Dir zu sterben wird gefallen: So erkuͤhn ich mich zu sagen, und es wird gewiß nicht feh- len, Wenn du allen nachgedacht, wirst du dennoch keinen waͤhlen, Den du fuͤr den besten haͤltst, und den du nicht, zu ver- meiden, Tausend Gruͤnde finden wuͤrdest. Wenn du jung, den Tod zu leiden, Wuͤrde dir misfaͤllig seyn; denn du faͤngst erst an zu leben. Jn erwachs’nen Jahren auch; denn dein Wirken faͤngt erst an. Auch im Alter wuͤrdest du willig nicht den Geist aufgeben, Weil man denn ja seiner Arbeit erst bequem genießen kann. Und so fingst du immer an, wo sichs doch gebuͤhrt zu enden, Weil du selbst nicht enden willt. Ja, wofern du auch ge- waͤhlt, Nach so mancher Ueberlegung, manchem hin und wieder Wenden, Und es kaͤm der Tag herbey, haͤttest du dennoch gefehlt, Wenn er auch nach hundert Jahren allererst gesetzet waͤr, Wuͤrde dir sodann die Wahl dennoch ganz gewiß gereuen; Denn du wuͤrdest sonder Zweifel dich auch dann zu sterben scheuen. Sachen waͤren noch zu schlichten, Waaren schwaͤmmen auf dem Meer, Noch nicht recht berathne Kinder, tausend Dinge sind vorhanden, Die, wie du den Tag gewaͤhlt, nicht vermuthet, nicht verstanden: So Anleitung So betriegen wir uns immer, nimmer ist die rechte Zeit, Unser Leben abzulegen, weil wir nimmer sterben wollen. Hier schon zur Unsterblichkeit Zu gelangen, koͤnnen wir auf der Welt nicht, und wir sollen Hier auch nicht dazu gelangen. Sterblich will der Mensch zwar seyn, Aber sterben will er nicht. Was soll nun die Gottheit machen? Sie kann dich in diesen Sachen Selber nicht zu Rathe ziehen, denn es ist bey dir kein Rath. Laß dann also den bestimmen, es sey zeitig oder spat, Der nach seiner ew’gen Weisheit alles wohl bestimmet hat. Wenn wir sollen, laßt uns sterben, und dabey gewißlich glauben, Man soll dann nichts anders thun, so wird uns der Tod das Leben Nimmermehr zur Unzeit rauben. Hast du Kinder zu berathen; Gott wird ihr Berather seyn. Setzet sie dein Tod in Armuth und Beduͤrfniß; Gott hat wollen, Daß sie arm auf Erden seyn, daß sie Mangel haben sollen: Und vielleicht, damit sie nicht hier zu großem Reichthum kommen, Wirst du eben zu der Zeit durch den Tod hinweggenommen. Also denk von allen Dingen, welche dich am Sterben hin- dern, So wirst du vergnuͤgter sterben: und dein Gram wird sich vermindern. Der hat lange gnug gelebet, welcher seinem Gott gelebt, Und die beste Zeit zu sterben ist, wenn ihr euch dem ergebt, Dessen Wege Licht und Recht, dessen Wesen lauter Liebe, Folgt im Sterben nicht dem euren, folget seinem Vater- triebe! B. „Du zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. B. „Du hast Recht, ich kanns nicht leugnen, und bin nicht mehr drauf bedacht, „Meines Lebens Ziel zu setzen, sondern bin damit zu- frieden, „Daß es Gott bestimmen moͤge. Aber daß uns nicht beschieden, „Unser Ziel vorher zu wissen, dieß ist, was mir Kummer macht; „Da uns an der Wissenschaft doch so viel gelegen waͤr. „Warum zeigt uns Gott den Tag unsers Todes nicht vorher? „Dieses wuͤrde von den Plagen unsers Todes viel be- nehmen, „Alle Menschen wuͤrden ja sich mit allem Ernst bequemen, „Haus, Familien, Processen, Kinder, und vor allen Dingen „Jhrer Seelen Heil besorgen, und was sonst, in Ord- nung bringen. „Wuͤßten wir die Zeit; wir wuͤrden dann vergnuͤgt das Leben lassen, „Da wir ganz verwirret scheiden, weil wir unverhofft erblassen. A. Aber ist es wohl zu glauben, daß ein Mensch auf seine Sachen Ernstlich Achtung haben wuͤrde, und fuͤr seine Seele wachen, Dem es ganz gewiß bekannt, daß er noch ein Jahr zu leben? Der doch, da er itzt des Lebens nicht bis morgen einst gewiß, Sondern immer in Gefahr, heute noch es aufzugeben, Alles fahrlos liegen laͤßt, und kaum an die Seele denket? Wenn man sich nun uͤber alles in so tiefe Schlafsucht senket, Da man uͤber seiner Dauer in so dunkler Finsterniß; Was Anleitung Was wuͤrd’ einer nicht beginnen, welcher noch ein ganzes Jahr Vor dem Tode sicher waͤr? Jsts demnach und bleibet wahr, Daß mit weisem Vorbedacht uns ein ungewisses Leben Von dem Schoͤpfer hier gegeben; Daß, durch gar zu feste Nachricht, wenn dasselbe sich soll enden, Wir in harter Sicherheit unser Leben nicht verschwenden, Suͤndlicher noch sterben moͤchten. Waͤre dir dein Tod be- kannt; Fuͤhrtest du kein gutes Leben, eh als wenn du sterben solltest; Wuͤrdst auch nicht gut sterben koͤnnen, wenn du es gleich gerne wolltest, Weil du gar zu schlecht gelebt. So ist es demnach bewandt Mit dem unverstaͤndgem Meynen, daß, wenn unsre Ster- benszeit Uns nicht hier verholen waͤre, wir dann in Gelassenheit Unser Leben schließen wuͤrden. Es ist vielmehr ein Beweis Einer goͤttlichen Erfindung, da Er ihren Tod mit Fleiß Allen Sterblichen verborgen. Welch ein jammerndes Be- schweren, Welch ein Klagen wuͤrde man sonderlich von denen hoͤren, Denen kurze Lebenstage etwan zugemessen waͤren. Setze diesem noch hinzu, daß, wenn man vorhero wuͤßte Die gemeßne Zeit des Todes; was wuͤrd’ in den letzten Jahren Man fuͤr Kummer, Gram und Leid ob den nahen Tod er- fahren, Die verbitterten gewiß unsers ganzen Lebens Luͤste. Aber itzo leben wir: jeder glaubt, er werde leben, Jeder denkt: ihm sey von Jahren ein erfuͤlltes Maaß ge- geben; Und zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Und ob man sich gleich betriegt, merkt man den Betrug doch nicht, Will ihn auch nicht einst bemerken. Wodurch man des Lebens Licht Froh genießt, so lang es waͤhret. Also haben wir er- wiesen, Daß der Tod dem Menschen gut, daß es gut, daß Gott ein Ziel Jedem Menschen ausgesetzet, gut, daß es dem Herrn gefiel, Dieses Ziel ihm zu verbergen. Gott sey denn dafuͤr ge- priesen! Derjenige, der mit der Zeit und Stunde seines Todes zufrieden ist, muß auch mit der Art des Todes, und mit den Krank- heiten, welche den Tod verursachen, zu- frieden seyn; wobey erklaͤret wird, daß die Krankheiten eine bewundernswuͤrdige Erfindung des Schoͤpfers sind. O b dieß nun gleich so sonnenklar, Und ganz unwidersprechlich wahr, So legt des Menschen steifer Sinn, Bey seinem so geliebten Leben, doch noch nicht alle Ein- wuͤrf’ hin. Und da er seiner Sterbenszeit Nichts mehr zu widersetzen hat; klagt er um die Beschaf- fenheit Und Art des Todes, die Natur, und, in ihr, ihren Schoͤpfer an. Die Krankheit naͤmlich, deren Schmerzen kein Koͤrper widerstehen kann, Wirft Anleitung Wirft er dem Schoͤpfer murrend vor. B. „Wie hart, wie grausam ist es nicht, „Spricht er: mit solchen scharfen Martern, mit Poda- gra, mit Stein und Gicht „So jaͤm̃erlich, so lange Zeit, bevor der Koͤrper kann erblassen, „Sich nagen und zerfoltern lassen? „Bald in des Fiebers Flammen brennen? bald durch der Nerven scharfe Pein „Als spitzen Stacheln, scharfen Dornen, zerrissen und durchbohret seyn? „Bald, bis zur Raserey, gedrengt von Haupt- von Brust- und Magenschmerzen, „Vom moͤrderischen Seitenstechen, Angst und Beklem- mungen im Herzen, „Und dieß sind dennoch nur die Spuren von der erst kuͤnftgen Todesnoth, „Bey solchem wuͤtherischen Vorspiel, was ist denn nun erst selbst der Tod? A. So willt du, wie ich hoͤre, denn wohl gar nicht sterben? B. „Dieses nicht; „Jch wegere mich nicht zu sterben, und weis, daß die- ses meine Pflicht.“ A. Verlangst du denn, bey starken Gliedern, gewalt- sam aus der Welt zu scheiden? Willt du erdrosseln? soll das Schwerdt das Haupt dir von den Schultern schneiden? Soll dich vielleicht die Flut ersaͤufen? dein Herz vom Dolch durchstochen seyn? B. „Zu diesen allen sag ich: Nein, „Die Todesarten waͤren ja zu hart, zu grausam, schnell zu sterben, „Wenn noch die Seele ganz in uns (wie Saul sich aus- druͤckt) zu verderben, „Dieß zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. „Dieß waͤr entsetzlich.“ A. Nun wohlan, Was faͤngt man mit so fremdem Geist, als wie der dei- nige, doch an? Du willt zwar sterben, aber doch nicht schnell und auch gewaltsam nicht, Auch langsam nicht, nicht allgemach. So gieb mir selbst den Unterricht. Gesund verabscheu’st du den Tod, durch Krankheit soll er auch nicht kommen, Auf welche Weise willt du denn, daß dir das Leben sey genommen? So laß denn sehn, du, der du Pein im Tod’ und alle Krankheit hassest, Als seine Boten und Begleiter, ob du hierinn dich wohl befassest? Du haͤltst es billig, daß wir sterben. Jst dieß sonst was, als aufzuhoͤren? Des ganzen Koͤrpers festen Bau auf einmal ploͤtzlich zu zerstoͤren, Sey hart, gewaltsam, sagest du. Was fuͤr ein’ herr- liche Erfindung Jst denn dieß Mittel der Natur, und in ihr, Gottes! die Verbindung Des Menschenkoͤrpers so gefuͤgt, so wunderbar vereint zu haben, Daß, selbst durch den Gebrauch zerrieben und abgenuͤtzt, er allgemach, Und ohn ein sonderbar Empfinden und strenge Schmerzen, nach und nach Verschwind’ und aufgeloͤset werde? dieß thut die Krank- heit. Alle schaben P p Am Anleitung Am Koͤrper, ohn ihn umzustuͤrzen. Ja, wenn sich auch die letzte zeigt, Zerbricht doch diese nicht den Bau. Es war der Grund schon untergraben, Die Mauren waren ausgefressen. Daher sichs leicht zum Fallen neigt, Der Sturz ist schnell, doch kam er langsam. So geht es zu, allmaͤhlig werden Des Koͤrpers Kraͤfte selbst verzehrt in der Benutzung, es vergehn, Durch steten Wechselkampf, die Saͤfte, bey Menschen, da sie gehn und stehn. Jm Essen, Wirken und Studiren, und manchem red- lichen Geschaͤffte, Weit mehr noch durch die Lasterhafte, die schaͤdlicher, sind unsre Kraͤfte Zerrieben, sammt den Lebensgeistern, die Nerv’ und Hirn zur Nahrung braucht. Ein schlechter Blut, da von dem bessern die besten Duͤnste schon verraucht, Tritt allgemach an seine Stelle. Der Saͤfte Mischung ist verkehrt, Das Blut ist dick, auch wohl verbrannt: Auf diese Weise folglich hoͤrt Der schoͤne Bau allmaͤhlig auf, und die Maschine wird zerstoͤrt, So, wie sie erst gefuͤget worden. Kann der denn uͤber Krankheit klagen, Dem wissend ist, daß er ein Mensch? B. „Allein die Schmerzen zu ertragen, „Jst gar zu schwer und allzuhart.“ A. Bey allen sind sie es doch nicht; Doch, wenn die deinen sehr beschwerlich und heftiger sind, dieß geschicht Viel- zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Vielleicht, daß die Natur bey dir weit starker, wo du sie vielmehr Durch Schlemmen nicht noch unterdruͤcket und uͤber- trieben hast: Doch hoͤr Ein wenig noch von meiner Lehr! Bist du davon nicht uͤberfuͤhrt, dir sey von Gott ein Ziel gesetzet, Und hast du nicht schon zugestanden, daß dieß die Ord- nung nicht verletzet? Nun frag ich dich: Wenn eine Mauer sollt’ heut’ herab genommen seyn, Noch heute Platz und Grund geebnet, der Abend aber braͤch herein, Und stuͤnd’ annoch ein großer Theil; was der denn etwan, welcher wollte, Daß dieß Gebaͤude noch vor Abend und heute noch her- unter sollte, Zu seinem Endzweck zu gelangen, Vermuthlich sich entschließen wuͤrde, sodann die Arbeit anzufangen? B. „Man muß so Fleiß als Kraft vermehren; mehr Haͤnde sind noch anzustellen, „Um mit stets wiederholten Schlaͤgen der Mauer Haͤrtig- keit zu faͤllen.“ A. Gar recht. Allein erblickst du nicht, daß dieses auch mit dir geschehe, Die Todesstund ist dir gesetzt. Dein Koͤrper ist noch stark und zaͤhe, Noch keine Krankheit, die vorbey, hat deinen Koͤrper gnug verletzt, P p 2 Sie Anleitung Sie hatten alle langsam nur, und nur mit fauler Hand gewirket, Und doch soll deines Koͤrpers Bau, in etwan sieben Wochen Zeit, Wie es dein Schoͤpfer dir bezirket, Zertheilt und abgebrochen seyn. So muß mit einer groͤßern Macht Ein staͤrker Krankheitheer gefodert, gebrauchet seyn und angebracht, Den festen Koͤrper zu zertheilen. Solch’ uͤbertriebene Ge- walt Jst, ohne Schmerzen, sonder Plagen Nicht zu erdulden, und dennoch mußt du dieselbigen ertragen, Wo du zu der Zeit sterben sollt. Die Schwachen werden dergestalt, Auch Aeltere, nicht angegriffen, so wenig als verschiedner Weiber Weit schwaͤchre, nicht so feste Leiber, Jn welchen naͤmlich mindre Staͤrke und Festigkeit vor- handen war. Es brauchts demnach, sie aufzuloͤsen, von Krankheit keine solche Schaar. Jn alten schon zernagten Koͤrpern sind sie schon seit so lan- ger Zeit Damit beschaͤfftiget gewesen, das Leben ihnen zu entziehen, Die weichen Nerven, welken Muskeln, des kalten Flei- sches Schwaͤchlichkeit Gebrauchen von der letzten Krankheit kein solches unge- stuͤm Bemuͤhen. Damit sie aber dich besiegen, der du von starken Kraͤften bist, Begreift man leicht, daß mehr Gewalt und Kraft dazu vonnoͤthen ist, Ja zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Ja oͤfters mehr, als eine Krankheit, daß man mit dir eh fertig sey. Wo man nun viel Gewalt gebraucht, giebt es viel Laͤrmen und Geschrey. B. „Allein, warum verfaͤhret man mit mir denn so be- sonders strenge? „Warum gebraucht man solcher Faͤuste, wodurch man mich so heftig plagt?“ A. Hast du es denn noch nicht vernommen? ich hab’ es dir bereits gesagt, Daß du zur rechten Stunde sterbest, und sich dein Leben nicht verlaͤnge. Du haͤttest koͤnnen, ich gesteh’ es, durch leichtre Krank- heit, mindre Pein Besiegt und aufgeloͤset seyn: Allein es haͤtten diese muͤssen, um dich zu der Zeit zu besiegen, Schon vor sehr langer Zeit beginnen. Du haͤttest mehr, als vor zehn Jahren, Derselben Plagen fuͤhlen muͤssen, und ihre Heftigkeit er- fahren, Da du von zu gesundem Koͤrper, zu starken Nerven, festen Zuͤgen, Als daß du in zween Monat Zeit mit mindern Schmerzen schon erliegen, Mit minderm Leiden sterben koͤnnen, und wenigerm Ge- fuͤhl. Allein, Haͤtt’ eine lange zehrnde Schwindsucht dir wohl behaͤg- lich koͤnnen seyn? Du haͤttest elend leben muͤssen: und da du langsam stets gestorben, So haͤttest du nie wohl gelebt. Kein Gut, kein’ Ehre waͤr erworben P p 3 Mit Anleitung Mit einem ausgezehrten Koͤrper. Du haͤttest unbequem gelebt, Und waͤrst doch nicht bequem verschieden. Nun hast du aber mit Vergnuͤgen So viele Jahre zugebracht. Soll dieses dann nicht so viel tuͤgen, Daß man, mit etwas mehrerm Schmerzen, des Koͤrpers Bau dir untergraͤbt? Und ist die goͤttliche Erfindung der Krankheit nicht be- wundernswerth, Der eine daurende Gesundheit auf so viel Jahre dir be- schert, Der auch, daß du nicht laͤnger lebtest, der Krankheit Kraft bey dir verbunden, Und das mit kuͤrzern Plagen wirkt, was du so stark zwar nicht empfunden, Doch so viel laͤnger leiden muͤssen? Jch bleib hier aber noch nicht stehn, Und muß der Krankheit herrliches Erfinden ferner noch besehn. Du klagst: „dein Leib sey so gequaͤlt, es druͤckten dich von allen Seiten „Die Schmerzen, die fast unertraͤglich, ohn Aufschub und zu allen Zeiten.“ Allein begreifst du auch den Grund, warum Gott solche Plagen sende? Hier ist er: daß sich deine Seel zufriedner von dem Koͤr- per wende, Worinn man ihr so uͤbel wartet. Die wahre Tapferkeit bestcht Nur darinn, daß wir willig sterben, daß man aus seinem Koͤrper geht, Zu zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Zu der Zeit, wenn man gehen soll, nicht wollen, daß wir halb zerrissen Von ihm getrennet werden muͤssen. Damit du ihn nun willig lassest, erregt dein Leib dir sol- che Plagen, Die dir, wie sehr du ihn auch liebest, unmoͤglich fallen zu ertragen. Wer ist doch wohl so niedertraͤchtig, der gern im Hause wollte bleiben, Woraus der Wirth, mit murrschen Blicken, ihn immer droht heraus zu treiben, Und in der That ihn von sich stoͤßt? „Der Leib ist keine Wohnung nicht, „Spricht Seneca: nur eine Herberg, und zwar nur bloß auf kurze Zeit, „Man muß dieselbige verlassen, so bald der Wirth ent- weiche, spricht, „Und er durch widrige Begegnung ihn zu verlassen, uns gebeut.“ Jst etwan uns in diesem Hause so wohl, daß wir uns so bestreben, Darinn bestaͤndig zu verharren, und als Unsterbliche zu leben? Was fuͤhlt man nicht darinn fuͤr Plagen, Die, daß es nicht fuͤr uns sey, zeigen, die uns zerfoltern und zernagen! Bald muß man uͤber Haupt und Bauch, bald uͤber Brust und Nieren klagen; Hier foltern uns die zaͤhen Nerven, und dort ein Podagra die Fuͤsse; Bald plaget uns des Blutes Meng’, und bald der Man- gel, oͤfters Fluͤsse; P p 4 Bald Anleitung Bald wird man hier, bald dort geneckt und fortgestoßen, ausgetrieben. Doch was mich am meisten wundert: da wir den mor- schen Koͤrper lieben, Was wuͤrde dann von uns geschehn, wenn er, von Pein und Krankheit frey, Jn unverruͤckter Dauer stuͤnde. Man treibet uns fast fuͤr und fuͤr Aus unsrer Wohnung mit Gewalt, dem ungeachtet hangen wir Dem, der uns von sich treibet, an. Was wuͤrden wir nicht dann erst thun, Wenn wir uns wohl in ihm befaͤnden, auf Rosenbetten in ihm ruhn, Uns stets in ihm vergnuͤgen koͤnnten? wie waͤr uns unsre Sterblichkeit Sodann mit groͤßrem Rechte leid! Wie wuͤrd’ alsdann die Menschheit allen So widrig seyn, so sehr misfallen! Jtzt schwinden stuͤndlich unsre Kraͤfte, der Leib wird welk. Doch unser Sinn, Von eitler Thorheit aufgeblaͤht, haͤngt immer nach dem Koͤrper hin, Und will das willig nicht verlassen, was ihn doch unge- fragt verlaͤßt. Kann man was Thoͤrichters verrichten? Besinne dich, wo noch ein Rest Von Klugheit sich bey dir befindet. Laß ohne Gram den von dir fahren, Dem du die Flucht nicht wehren k st, und der nicht bleiben will, a em Du einen groben Wirth ja findest, da auch die Herberg’ unbequem, Und zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Und zwar mit Fleiß so eingerichtet, und selbst von Gott so zugeschickt, Damit du durch die schlechten Umstaͤnd’, aus Ekel, von Verdruß gedruͤckt, Den Koͤrper willig lassen moͤchtest, der so beschwerlich, welchen man Mit groͤßrem Recht ein dunkles Zuchthaus, als eine Woh- nung, nennen kann. Erwaͤge denn noch einst hiebey, Wie sehr so gar der herben Krankheit Erfindung zu be- wundern sey. Man setze dieses noch hinzu, daß auch die Krankheit dazu gut, Daß sie des Todes herbsten Schmerz, den Stachel der am wehsten thut, Selbst gleichsam stumpf zu machen faͤhig, so daß dessel- ben schaͤrfste Pein Und Quaalen einem Sterbenden im Sterben minder fuͤhl- bar seyn. Wer merket hier nicht eine Spur Von der bewundernswerthen Kunst der sich zerstoͤrenden Natur. Wenn man mit ganz gesundem Koͤrper und vollen Sin- nen, unsrer Sehnen Unleidlichs auseinander Dehnen, Der Eingeweide pressend Druͤcken, des Herzens Stocken, und die Quaalen, Womit wir, wenn die Seele scheidet, die Schulden der Natur bezahlen, P p 5 Ertra- Anleitung Ertragen muͤßt’; ist es gewiß, es wuͤrde dann die To- despein, Gleich einer wahren Folterbank, unleidlich, unertraͤglich seyn. Dieß zeigt der ungluͤckselge Saul: wie ihm, noch voller Kraft, sein Schwerdt Das Fleisch zerreißt, und dessen Schaͤrfe durch die noch frische Glieder faͤhrt; Konnt’ er die uͤberhaͤuften Schmerzen, die ihn versehrten, nicht ertragen, Man hoͤrt ihn sterbend also klagen: Die Marter ist nicht auszusprechen zusammt der Angst, die ich verspuͤr, Es ist die ganze Seel’ in mir. Dem Elend wußte nun bey uns der weise Schoͤpfer vor- zubeugen Durch Krankheit, die sich insgemein vorher vor unserm Tode zeigen, Wodurch sich unsre Lebensgeister erschoͤpfen, sich gemach verlieren, Als die die Quellen unsers Fuͤhlens, durch die wir ei- gentlich nur spuͤren. Das Fleisch und das Gefuͤhl wird stumpf, ja selbst die Phantasey verwirrt, (Jn welcher eigentlich der Sitz des Fuͤhlens angetroffen wird) Und oͤfters gaͤnzlich unterbrochen, so daß, von Sinnen unbewegt, Sie, aller ihrer Kraft beraubt, zu stutzen und zu stocken pflegt. Wann nun die groͤßte Kraft des Fuͤhlens den Muskeln und den Nerven fehlet, Als die die Krantheit weggenommen, so wird der Koͤrper zwar entseelet, Jn- zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Jndem durch starke Zuͤckungen sein Bau zerstoͤrt wird und verdirbt, Doch mit nicht heftigem Empfinden des Sterbenden, indem er stirbt. So schmaͤl’ auf unsers Todes Boten, die Krankheit, denn hinfuͤro nicht, Jndem sie wirklich eine Wohlthat der sich zerstoͤrenden Natur, Da selbige mit Fleiß erfunden zu diesem großen End- zweck nur, Damit du sterbest, weil du sterblich, und weil das Sterben deine Pflicht, Auch daß du zur bestimmten Zeit, nicht eh’, auch spaͤter nicht, erblassest, Nicht minder, daß du sonder Murren sodann die Seele von dir lassest, Und endlich, daß es sanft geschehe. So dulde denn der Krankheit Plagen, Da du erduldest, daß du sterblich. Die Art des Todes zu ertragen, Darum zerbrich dir nicht den Kopf. Du weißt nicht, was dir nuͤtzlich ist, Auch kennst du deine Kraͤfte nicht. Laß dem, der alles wohl ermißt, Und der fuͤr alle sorgt, dieß uͤber. Es heischet deine Schuldigkeit, Auf den, der deine Kraͤft’ und Krankheit, in unfehlba- rer Richtigkeit, Zu messen, zu vergleichen weis, bey deinem einstigen Erblassen Mit moͤglichster Gelassenheit dich unterwuͤrfig zu verlassen. Es Anleitung Es wird erwiesen, daß man nicht einmal wegen der Gefahr der kuͤnftigen Selig- keit oder Verdammniß den Tod zu fuͤrch- ten habe, noch daß deswegen die Zeit des Todes vorher zu wissen noͤthig. V on den Klagen, die die Menschen, so nicht gern die Welt verlieren, Ueberall so aͤngstlich fuͤhren, Jst wohl die hauptsaͤchlichste, „welche sie vom kuͤnft’gen Leben, „Und desselben Ungewißheit, worinn sie bestaͤndig schwe- ben, „Und die von der Todesstund abhaͤngt,“ pflegen herzu- nehmen. Zu dem Sterben wollten sie endlich sich noch wohl bequemen, „Wenn kein ander Leben waͤr.“ Aber ich hingegen sage, Es waͤr unser Tod erschrecklich, und die allerherbste Plage, Ja selbst der Natur zuwider, wenn nach unsrer Lebenszeit, Voll muͤhselger Eitelkeit, Eine beßre nicht zu hoffen. Welcher ließ es gern geschehen, Wenn man auch aus einem Zuchthaus ihn verstieß und hieße gehen, Wo er gar kein Wohnhaus finden und gar nirgends blei- ben koͤnnt’? Aber obgleich unsre Seele von dem Koͤrper wird getrennt, Achtet sie doch dieses wenig, billig faͤllt es ihr nicht schwer, Ja sie freuet sich vielmehr, Daß sie wandern soll und muß, weil sie weis, wohin sie gehet, Und ihr eine Ewigkeit kraͤftig vor den Augen stehet, Wo zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Wo sie lieblich aufgenommen und erquickt wird ewiglich, Dahin suchet sie zu fliegen, und nach dieser sehnt sie sich. Doch mich deucht, ich hoͤr und sehe dich noch seufzen, jammern, klagen, Ja fuͤr Kummer fast verzagen, „Daß dein Sterben ungewiß und die Zeit dir unbewußt, „Da doch eben von dem Zeitpunkt der entsetzliche Verlust „Deines ewgen Wohlseyns abhaͤngt. B. „Ja! Welch Elend ist es doch, „Unbesorgt und unvermuthet, augenblicklich jedennoch „Durch Erstickung, Wasser, Feuer oder sonsten von der Erden „Unverwarnt gerissen werden, „Unsre Augen ploͤtzlich schließen, um sie dort im andern Leben „Zu eroͤffnen, zu erheben, „Und den Richter schnell zu sehn, der, im schreckenden Gericht, „Zu der Hoͤllen, zu dem Himmel, uͤber uns ein Urtheil spricht. „Was ist schlimmer, schrecklicher! mitten in dem Laster sterben, „Und zur Reu und Buße nicht die geringste Zeit erwerben! „Ja wenn man auch nicht einmal von so groben Lastern wuͤßte, „Waͤr es doch wohl nicht zu leugnen, daß man herzlich wuͤnschen muͤßte, „Und es eine Wohlthat waͤre, wenn, um aus der Welt zu gehn, „Man sich wohl bereiten koͤnnte, ernstlich auf sein Leben merken, „Sich mit Fleiß in guten Werken, „Mehr Anleitung „Mehr als etwan sonst geschehn, „Und nach allen Kraͤften uͤben, mit dem Sacrament versehn, „Um dadurch zum nahen Kampf, in den letzten Augen- blicken, „Muthiger sich anzuschicken. „Alle diese Vortheil’ aber werden uns dadurch benommen, „Da man immer ungewiß, wenn die letzte Stunde kom- men „Und der Tod uns wuͤrgen werde. Da man seines Le- bens Schluß „Jn bestaͤndger Ungewißheit stets mit Angst erwarten muß, „Moͤchte man nur dieses wissen, was wuͤrd’ alsbald in den Seelen, „Die sich jetzo mit Verwirrung, Zweifel, Gram und Kummer quaͤlen, „Und vor Sorgen fast vergehn, „Nicht fuͤr eine Still entstehn!“ A. Nun du handelst recht vernuͤnftig, daß, bis dir die Augen brechen, Du was suchest aufzutreiben, deinem Gott zu wider- sprechen. Doch, bevor ich weiter gehe: so erwaͤge doch vorher, Wenn es solch ein großes Gluͤck, ein so großer Vortheil waͤr, Deinen Tod vorher zu wissen; Haͤtt’st du billig auf die Krankheit nicht so heftig schmaͤ- len muͤssen: Denn dieß ist die andre Wohlthat, die man aus der Krankheit zieht, Daß sie einen Todesboten abzugeben sich bemuͤht, Und zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Und es uns vorher fast saget, daß er vor der Thuͤre sey. Da es nun ein solches Gluͤck, wie du es dafuͤr ja schaͤ- tzest, Deinen Tod vorher zu wissen, so ist es ja einerley, Ob ein Engel ihn verkuͤndigt, oder ob er durchs Ge- schrey Deiner Krankheit offenbaret und dir angedeutet sey, Wann du die gegebne Nachricht nur nicht aus den Augen setzest. B. „Aber, muß ich hier noch sagen: diese Nach- richt ist zu spat, „Daß sie mich vergnuͤgen sollte. Eine lange Zeit vor- her „Haͤtte mir die Todesstunde, daß sie mir bestimmet waͤr, „Angezeiget werden muͤssen. Meynst du dieß nicht in der That? A. Nun, wohlan, ich fuͤge dir deines Lebens Ziel zu wissen, Hoͤr! heut eben uͤbers Jahr sollt du deine Augen schlies- sen. Diefes ist von Gott beschlossen. Also frag’ ich ferner dich, Der du uͤbers Jahr erblassest, was du nun in dieser Stunde, Die du lebst, zu thun gedenkst? thu das jetzt: und sicherlich Der du, sicher von der Stunde, wirst du nach ver- floßnem Leben, Auch nicht weniger gelassen, deine Seele von dir geben, Ob du von der letzten Stund’ etwan einigen Bericht Hast erhalten, oder nicht. Denn Anleitung Denn ich darf ja von der Stunde, wenn ich wohl in ihr gelebt, Mir so wenig Sorgen machen, ob ich morgen sterben muß, Oder ob mir um zehn Jahren allererst des Lebens Schluß Von dem Himmel vorgeschrieben, und man mich sodann begraͤbt. Wann du aber itzt was thust, welches dich gereuen kann; O! so fange heute an, Sinn und Sitten zu verbessern, dann wird nichts vorhan- den seyn, Welches dich gereuen kann, bricht dein letzter Tages- schein Auch gleich erst nach vielen Jahren und nach langer Zeit herein. Denn was kann es dir doch nuͤtzen, um noch heute fromm zu leben, Ob man dir von deinem Tode Nachricht, oder nicht, ge- geben; Da dir doch nicht unbekannt, was der große Schoͤpfer wolle, Was man heute thun, und wie man heute sich betragen solle. Denn ich glaube dieß von dir, daß kein groͤbliches Ver- gehn Dein Gewissen druͤcken werde, daß die Dinge wohl ge- schehn, Die von dir betrieben werden, daß du deines Amtes Pflichten Werdest ordentlich besorgen, und was dir gebuͤhrt, ver- richten. Laß uns nun einmal erwaͤgen: Wenn nach eines Monats Zeit Du zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Du unfehlbar sterben muͤßtest, Und du diesen Zeitpunct wuͤßtest, Glaubtest du, daß Gott sodann dir wuͤrd’ einen Unter- scheid Jn den Lebensregeln machen, andere Gesetze waͤhlen, Andre Pflichten dir befehlen, Als die, welche du verrichtest, da dein Tod dir unbe- kannt? Dieses kann ich nimmer glauben, da der goͤttliche Ver- stand Meine letzte Stunde kennt, meinen ganz gewissen Tod, Und mir dennoch kein Gebot, Meines Lebens Art zu aͤndern, offenbart und kund ge- macht, So daß, wenn ich das verrichte, und das von mir wird vollbracht, Was mein Stand von mir erfordert, weis ich, daß ich das begehe, Was der Schoͤpfer haben will, daß es itzt von mir ge- schehe. Was ist denn daran gelegen, ob mir meine Sterbens- zeit Kund entweder oder nicht. Da mir die Unwissen- heit Ja so wenig als das Wissen den geringsten Unter- scheid Jn den Handlungen verursacht, die ich hier verrichten soll, Warlich sollt ich morgen sterben, hab’ ich heute keine Pflichten, Als die Gott von mir verlangt, zu vollziehn und zu ver- richten. Q q Nun Anleitung Nun verlanget er dieselben, die er einmal mir befoh- len, Ob mein Sterben mir bekannt, oder ob es mir verho- len. B. „Wenn ich aber gleichwohl wuͤßte, „Daß ich morgen sterben muͤßte; „Wuͤrd’ ich unaufhoͤrlich beten, vor der heilgen Him- melsspeise „Wollt ich mich zur Erden werfen, und sodann auf diese Weise „Meinem Seelenbraͤutigam meine Seele uͤberge- ben.“ A. So gedenkest du, und zwar fromm genug, wie du vermeynst; Aber da Gott, welcher weis, daß du morgen schon dein Leben Mit dem Tode wechseln wirst, dir dergleichen nicht be- fiehlt, Aber dir befohlen hat, deines Amts und Lebens Pflich- ten Jn der Liebe deines Naͤchsten und der deinen zu ver- richten, Frag’ ich, welche Zubereitung, die auf unser Sterben zielt, Man wohl fuͤr die beste hielt, Das zu thun, wozu die Furcht fuͤr den Tod uns etwan treibet, Auch vielleicht das, was in uns selbst gemachte Andacht glaͤubet, Oder zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Oder das, was Gott erfodert? Daß er aber das be- gehrt, Was zu deinem Amt gehoͤrt, Jst wohl keines Zweifels werth. Es erzaͤhlen die Geschichte, Daß zuweilen manchen Frommen Von dem nicht entfernten Tode durch belehrende Ge- sichte Eine Rachricht zugekommen, Welche zwar die Brust der Andacht zu des Herren Tisch getrieben, Aber die nachher gelassen doch bey ihrer Arbeit blie- ben, Und also den Tod erwartet. B. „Ja, doch werf ich dir hier ein, „Dieses muͤssen fromme Seelen, Heilige, gewesen seyn, „Die sich keiner Schuld bewußt.“ Dieses hoff ich auch von dir, Daß dich keine Todsuͤnd’ aͤngstet. Aber, da sie heilig waren, Warum sind dieselben hier Nicht in einer heilgern Arbeit betend aus der Welt ge- fahren? Jst denn eines Sterbenden wuͤrdige Beschaͤfftigung Seine stetsgetriebne Arbeit und gewohnte Hande- lung? Ja sie ist es, und auf Erden Kann kein’ Arbeit, welche besser, jemals ausgesonnen werden, Als die, so nach Seiner Ordnung dir vom Schoͤpfer auf- gelegt, Q q 2 Thu’ Anleitung Thu’ das heute, welches Gott heute will, daß es ge- schehe: Keine beßre Vorbereitung, wenn die letzte Stunde schlaͤgt, Kann von dir erwaͤhlet werden. Ja es gehe, wie es gehe, Sollt’ auch mitten in der Arbeit heute noch dein Leben schwinden, Wird dein Tod dich nimmer besser, wuͤrdiger beschaͤfftigt finden. B. „Aber wenn er unvermuthet, und mich irgends uͤberfaͤllt, „Wo ich mit dem Sacrament mich nicht faͤhig zu ver- sehen?“ A. Hoͤre! sollte dieses mir sonder meine Schuld ge- schehen, Glaub ich, daß der Herr der Welt Dieses habe haben wollen, Daß ich sonder Sacrament von der Erde scheiden sollen. Und ich wuͤrde mich nicht mehr, noch mit groͤßerm Recht, beschweren, Als ein wohlgerathner Sohn, wenn er soll zuruͤcke keh- ren, Ueber einen frommen Vater, der ihn immer wohl ge- pfleget, Daß er ihm zu der Zuruͤckkunft nicht ein groͤßers Reise- geld Zu der Reise zugestellt. Wuͤrde zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Wuͤrde mir das heilge Mahl auch im Sterben beyge- leget; Wuͤrd’ ich fuͤr so große Gnade, tief geruͤhret, dankbar seyn. Aber wuͤrd’ es mir versagt, wuͤrde mich kein Gram er- fuͤllen, Sondern ich wuͤrd’ unterwuͤrfig meines guten Vaters Willen Ruhig zu verehren suchen. Moͤchte man beym Sterben doch, Jener heiligen Gerdrudis frommen Beyspiel nachzu- leben, Sich in Ehrerbietigkeit und Gelassenheit bestreben. Diese kam durch einen Fall in Gefahr des Todes, doch Wie sie wunderbar errettet, und darauf gefraget ward, Ob sie ohne Sacrament ihres Braͤutgams Gegenwart Zu erblicken wohl gewuͤnschet? Ob ihr dieses nicht ge- reu’t? Gab sie alsobald erroͤthend auf die Frage zum Be- scheid: Tausendmal wuͤrd’ es mir mehr leid seyn und gereuet ha- ben, Wenn ich auch im mindesten meines Gottes heilgen Wil- len Unterwuͤrfig zu erfuͤllen, Mich gewegert haben sollte. Wirst du nicht hiedurch ge- ruͤhrt? Wird von dir noch so viel Furcht gegen deinen Tod ver- spuͤrt. Q q 3 B. „Ja. Anleitung B. „Ja. Die allergroͤßte noch. Denn allein von dieser Zeit „Haͤngt die ganze Ewigkeit „Sonder allen Zweifel ab.“ A. Nun es sey. Soll denn dein Sterben Dadurch mehr verabscheut seyn, und willt du nicht eh dein Leben Lieber zu verbessern streben, Um dereinst die Seligkeit, die du wuͤnschest, zu erwer- ben? Aber hievon red’ ich nicht. Jch will etwas dir entde- cken, Welches du wohl nie erwartet, und mit allen deinen Schrecken Dir den Mund auf einmal stopfen. Zu welcher Zeit dein Tod erscheint, Du sterbest uͤbel oder wohl, du seyst entweder Gottes Feind, Wie oder stehst bey ihm in Gnaden, so wirst du keine beßre Zeit Und keine beßre Stunde finden, Als eben die, worinn du stirbst. B. „Was? wenn recht mitten in den Suͤnden „Der Tod mich uͤbereilete? Wuͤrd’ ein’ unselge Ewig- keit „Die Seele nicht sogleich verschlingen?“ A. O ja, es wuͤrde dieß geschehen. B. „Wie kann sie denn zu rechter Zeit aus diesem ihren Koͤrper gehen, „Um zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. „Um ewiglich geplagt zu seyn?“ A. Jch will hier nicht, was ich gedenke, Nein; was die groͤßten Kirchenvaͤter von einem solchen Fall gedacht, Und allen Sterblichen zum Trost in heilgem Ernst hervor- gebracht, Dir melden. Dieses ist gewiß, daß Menschen voller Tuͤck’ und Raͤnke, Die lang’ in schwarzen Lastern stecken, nur Bosheit aus- zuuͤben wissen, Und die, so lange sie auf Erden Die Suͤnden nicht vermeiden werden, Durch Gottes ganz besondre Wohlthat aus diesem Leben weggerissen Und in das Grab gestuͤrzet seyn, Damit sie durch vermehrte Schuld, und durch ihr straͤf- liches Bemuͤhen Nicht eine noch geschaͤrftre Strafe und eine groͤßre Seelenpein Sich selber auf den Hals noch ziehen. Es sagt Ambrosius mit Recht: „Dem Suͤnder ist der Tod zwar bitter, „Sein Leben doch noch bitterer. Weit schlimmer ists, der Suͤnde leben, „Als mitten in der Suͤnde sterben, und seine Seele von sich geben, „Jndem, so lang’ ein Lasterhafter hier lebt, er stets die Suͤnde mehrt; „So bald er aber stirbt, so hat sein Suͤndigen hier aufgehoͤrt, Q q 4 „Und Anleitung „Und stirbt er mindrer Strafe schuldig, als wenn er spaͤter stuͤrb’. Es ist,“ Wie man an einem andern Ort bey dem Ambrosius noch liest, „Denjenigen ihr Leben dann zu ihrem Besten wegge- rissen, „Ob sie es gleich sehr ungern lassen, und wider Willen sterben muͤssen, „Die mit der Suͤnd’ in Buͤndniß stehn, „Damit sie nicht noch mehr begehn. Sogar, daß, wie Bernhardus spricht, „solch einer un- gluͤckselgen Seele „Man billig Gluͤck zu wuͤnschen hab’, indem es gut, daß ihre Suͤnde, „Der ihr Will’ keine Maaße setzt, die Maaß in einem Zwange finde. „Es nuͤtzet dem, der hier im Leben bestaͤndig an der Seele stirbt, „Daß er um desto zeitiger dem Koͤrper nach allhier ver- dirbt. Hiemit stimmt auch Chrysostomus recht uͤberzeugend uͤber- ein: „Man muß beym Sterben eines Frommen mit Recht und billig froͤhlich seyn, „Noch mehr bey eines Boͤsen Tod. Denn jener wird nun nicht behindert, „Den Lohn der Werke zu empfangen. Doch dieser hat der Laster Zahl „Und mit derselben seine Quaal „Durch seinen fruͤhern Tod vermindert.“ Jch zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Jch weis, was du noch sagen kannst, dieß naͤmlich: „Bey noch laͤngerm Leben „Haͤtt’ er sich doch noch bessern koͤnnen.“ O ja vielleicht! dieß geb ich zu. Doch sage mir, vermeynest du, Er haͤtte solches auch gethan? Chrysostomus sagt hie- von schoͤn: „Haͤtt’ er sein Leben aͤndern wollen; so haͤtt’ es Gott vorhergesehn, „Und wuͤrd’ ihn also vor der Zeit gewiß nicht weggerissen haben.“ Und noch an einem andern Ort: „Jndem ein frecher Suͤnder faͤllt, „Sind viele Suͤnden unterdruͤckt. Denn haͤtte Gott, der Herr der Welt, „Gesehn, er wuͤrde Buße thun: wuͤrd’ er ihn, eh die Stunde kommen, „Nicht haben von der Welt genommen.“ So sey denn ruhig, wer du seyst, und unbekuͤmmert um die Stunde, Die Gott in seinen Haͤnden hat. Vielmehr bemuͤh’ dich, die Secunde Des Lebens, die in deiner Hand, so viel du kannst, wohl anzuwenden. Du wuͤnschest einen guten Tod, daß sich dein Leben wohl mag enden, Thu itzo recht, du machst ihn gut, es steht in deinen eignen Haͤnden. Q q 5 Jnzwi- Anleitung Jnzwischen folge Seneca. „Sey allezeit darauf be- dacht, „Daß du dein Sterben nimmer fuͤrchtest, und wenn dein Geist den Tod betracht, „Sieh ihn nicht an als eine Strafe, nein, als das Ende der Natur.“ Es ist dein kuͤmmerliches Aengsten und aller Gram ver- gebens nur, Ja hoͤchstens schaͤdlich, da er dir die gegenwaͤrtge Suͤs- sigkeit Und Nutzen deines Lebens raubet, und dennoch die Be- schaffenheit Von deinem Tode nicht verbessert. So laßt uns denn vernuͤnftig handeln, Und thun, was uns zu thun gebuͤhrt, so lang wir leben, redlich wandeln; Und endlich auch das Gluͤck erwerben, Daß wir, wenn unsre Stunde kommt, gelassen, ruhig, willig sterben. Wann die Todesstunde kommt, so befleißi- ge dich, daß du wohl, das ist, f r oͤhlich sterbest. Auch werden die Handlungen erklaͤret, welche ein Sterbender vorneh- men soll. W ann es nun mit dir dereinst wird zur Sterbens- stunde kommen, Dann so sey das Einzige wohl von dir in Acht genom- men, Und zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Und bestrede dich mit Ernst, daß des Lebens letzte Zeit Wohl von dir geschlossen werde, daß du, was in deinem Leben Suͤnde war durch Uebertretung, moͤgst durch die Be- schaffenheit Eines guten Todes bessern. Gut zu sterben nun, ist eben Anders nichts, als willig sterben. Denn mit Andacht sich bequemen Zum Gebeth, auch wohl zum Singen, und das Sacra- ment zu nehmen, Dieß ist eine Vorbereitung. Wohl zum Sterben sich bereiten, Jst ein anders, als wohl sterben. Jenes muß zur Lebenszeit Billig noch gerechnet werden. Aber froh mit Dank- barkeit Willig aus der Welt zu schreiten, Dieß nur heiß ich wohl gestorben. Wenn ein Reisender den Port Nach vollbrachter langen Schiffahrt nun erreichet, freut er sich, Er besiehet voll Vergnuͤgen diesen laͤngst verlangten Ort, Er laͤßt sich nicht aus dem Schiff mit Gewalt erst reißen; fort Tritt er willig selbst heraus; dankt dem Schiffer; den Gefaͤhrten Sagt er freundlich: Lebet wohl, ihr bishero mir so Werthen! Tritt Anleitung Tritt darauf mit Freudenthraͤnen auf den ihm so lieben Strand, Und von Lust fast uͤberfließend, geht er in sein Vater- land. So, ihr Freunde, muͤßt ihr handeln, da wir nicht so sehr am Ende Unsers Lebens, als am End’ einer schweren Schiffahrt kommen. Unser Schiff erreicht den Hafen und ist schon hinein ge- nommen, Warum wollt ihr jetzt erbleichen? Warum ringet ihr die Haͤnde? Sehet euer Vaterland! Steiget aus der Zeit! ihr steigt Aus dem Schiff in euren Hafen, der sich euren Augen zeigt. Und da unsre ganze Schiffahrt sich so gluͤcklich nun ge- endet, Jst es unsre Schuldigkeit, dem allweisesten Regierer Unsers Schiffes, unserm Gott, unsrer Schiffahrt guͤt’- gem Fuͤhrer, Der auf diesem Meer der Welt uns des Leibes Schiff verliehn, Der auch auf der ganzen Fahrt alles dergestalt gewendet, Daß, und zwar zu rechter Zeit, wir uns nun der Welt entziehn, Jnniglich geruͤhrt zu danken, und aus Lob erfuͤllten Trieben Fuͤr so viel genoßnes Gut auch im Sterben ihn zu lie- ben. Dann zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Dann so kehr dich in dich selbst! Sprich: was zoͤgern wir noch hier? Warum drengen wir uns nicht in das Vaterland hin- ein? Liebe Seele, sey nicht bange, da es muß geschieden seyn, Nebst des Lebens Ende bricht auch der Arbeit End’ her- fuͤr. „Geh’ nunmehro, daß du ruhest von der Arbeit, spricht der Geist.“ Da das Schauspiel aus, und du gnug gespielet hast, so heißt Man dich von dem Schauplatz gehn. Wie das Schau- spiel, so das Leben, Nicht wie lange, nur wie gut, du gespielt, wird Acht ge- geben. Wo du stirbst, ist einerley. Willig hoͤr zu leben auf, Setze nur ein gutes Ziel dem bishergen Lebenslauf. Dieses wirst du dadurch setzen, wenn man willig Ab- schied nimmt: Und wir muͤssen darum wollen, weil der Herr von un- serm Wesen Und des ganzen Schauspiels Herr diese Zeit fuͤr uns erlesen, Und die Stunde selbst bestimmt. Hat es Gott also gewollt? Hat mir Gott des Lebens Ziel Selbst bestimmt? so sey es dann, ich will, daß es also sey, Und Anleitung Und ich will dasselbe willig. Die Person im Lebens- spiel, Die der Schoͤpfer mir verliehen, ist gespielt und nun vorbey, Laßt uns die Theaterkleider denn nunmehro von uns le- gen, Mich verlanget aufgeloͤst und bey meinem Gott zu seyn. Meine Kraͤfte werden schwach, und es bricht der Tod herein. Scheide dann, geliebte Seele, traure nicht des Koͤrpers wegen, Denn er war ja nur dein Kleid. Laßt uns uns nunmehr bemuͤhn, Mit nicht wenigerm Vergnuͤgen unsern Koͤrper auszu- ziehn, Als des Abends unsre Kleider, darum weil man schla- fen soll, Werden wir nun auch entkleidet. Schwaches Fleisch, gehab dich wohl! Gute Nacht, beschwerlichs Fleisch! hast du gleich in meinem Leben Einen stetigen Begleiter und Gefaͤhrten abgegeben. Man wird dich nun in die Erde, deinen wahren Ur- sprung, bringen, Ruhe dort. Es wird nicht ewig der Vernichtigung ge- lingen, Uns zu trennen und zu scheiden. Nun, mein Koͤrper, gu- te Nacht! Gute Nacht! doch nicht auf ewig. Gott hat dich her- vorgebracht: Gott zum vergnuͤgten und gelassenen Sterben. Gott hat es also geordnet: diesem großen Gott allein Wollen wir gehorsam seyn. Euch auch, die ihr um mich stehet, ihr Gefaͤhrten mei- nes Lebens, Sag’ und wuͤnsch ich gute Nacht! Wisset, da ich itzt erblasse, Daß ich euch doch nicht verlasse, Sondern ich geh euch nur vor. Seufzet nicht nach mir vergebens, Sondern, da ich schon im Hafen, wuͤnscht mir Gluͤck, in- dem ich lande! Stellt inzwischen eure Wallfahrt ferner wohl auf Er- den an, Wo nach unsers Gottes Willen keiner immer bleiben kann, So entschlaͤgt zu rechter Zeit euer Gott auch euch der Bande. „Großer Richter unsers Lebens und des Todes! ist noch mehr, „Was du von mir forderst, uͤbrig? Schau mit Vater- augen her, „Jch will sterben, ich will leben, Herr und Schoͤpfer, wie du willt; „Wer gelebet hat, muß sterben, wenn sein Lebensziel erfuͤllt. „Also streck’ ich meines Koͤrpers welk- und abgelebten Glieder, „Schließe zu dem letzten Schlaf meine matten Augen- lieder, „Ueber- Anleitung zum vergnuͤgten und ⁊c. „Uebergeb an meinem Ende „Meinen Geist in deine Haͤnde, „Du verlangest ihn von mir, „Herr, ich uͤbergeb ihn Dir. „Nichts wird mehr von mir gefordert, und indem ich sterb’ und scheide, „Denkt noch mein sich senkend Haupt hoffnungsvoll auf jene Freude, „Die Du, ewigsel’ge Liebe, bloß aus Liebe mir be- schieden: „ Herr, ich ruh in Dir in Frieden. Ver- Verzeichniß der in diesem Theile befindlichen Gedichte und besonderer Betrachtungen. Nach dem Alphabet. Seite A bgoͤtterey, geistige, und ihre Schaͤdlichkeit 417 Die Absicht der Schoͤpfung 489 Aepfel 157 . Der Affe 282 . Der Agat 73 Ahnden, die von der Durchl. Fuͤrstinn v. Schaumburg von dem Verfasser verlangte Meynung daruͤber 498 Alaun 87 Alter. Wie die menschlichen Begriffe in der Jugend und im Alter unterschieden 529 Der Amethyst 74 Der Amianth 55 Anblick eines Todtenkopfs, zufaͤllige Gedank. dabey 412 Anleitung zu einem vergnuͤgten u. gelassenen Sterb. 563 Anmuth in den fuͤnf Sinnen uͤberlegt 395 ff. Die Anstoͤßigkeit vielerley Religionen zu heben, wird versucht 424 Antimonium 29 . Apfelsina 188 Apricosen 175 Armer. Zustand eines Armen u. eines Reichen beym Ab- schiede aus der Welt, aus der Vernunft betrachtet 490 Die Armuth 535 . Arsenicum 34 Ein Atheist 427 . dessen ungluͤcklicher Zustand 433 Atheistenkriege unnuͤtz und unnoͤthig 431 Der Auerochs 295 Der Baͤr 264 Baͤume betrachtet 98 Begriffe von Gott sind verschieden 428 Begriffe menschliche in der Jugend und im Alter, in wie- fern es unterschieden 529 R r Be- Verzeichniß Bekenntniß, das gezwungene 484 Bekenntniß des Glaubens 415 Der Bernstein 92 . Der Beryll 74 Beschluß aller Gedichte 559 Beten und Danken 419 Betrachtungen uͤber die drey Reiche der Natur 1 uͤber das Reich der Metalle 5 . uͤber die Steine 41 uͤber verschiedene Erdarten 79 . uͤber das Pflanzen- reich 95 . uͤber das Thierreich 195 . neue, uͤber die in der Welt vorhandene Vortrefflichkeiten 339 . noͤ- thige u. nuͤtzliche, uͤber die Pflichten der Menschen 345 uͤber die Schoͤnheit der Blumen im Winter 447 uͤber den Zustand eines Armen und eines Reichen beym Abschiede aus der Welt, aus der Vernunft 490 Beweis goͤttlicher Guͤte 378 Der Biber 309 Bildung der Pflanzen uͤberhaupt 99 Der Bimmsstein 47 . Birnen 160 Bismuth 32 . Das Bley 17 Blumen, deren Schoͤnheit im Winter betrachtet 447 Blumen uͤberhaupt 96 . insbesondere 109 Der Blutstein 57 . Bohnen 148 Der Borax 86 . Der Bruchstein 48 Buchweizen 151 . Der Buͤffel 296 Calendula, die weiße 373 . Der Carniol 72 Der Chamaͤleon 294 Christenthum Tirsanders 537 . Citronen 190 Der Dachs 289 . Danken und Beten 419 Datteln 183 . Der Diamant 69 Der Ehrgeiz 534 . Das Eichhorn 280 Einleitung der vermischten Gedichte 313 Das der Gedichte und Betrachtungen. Das Eisen 20 . Das Elendthier 274 Der Elephant 262 Epigtamma auf einen erbaulich lehrenden, aber uͤbel le- benden Priester, wie selbiger starb 550 Erbsen 149 Erdarten, Betrachtungen uͤber verschiedene 79 Erde, gesiegelte 79 Erinnerung, an den Schoͤpfer zu gedenken 401 Die Erkenntniß Gottes 402 . Der Esel 272 Die Feder 455 . Federweiß, ein Stein 55 Feigen 169 . Der Feuerstein 47 Fraueneis, ein Stein 52 Zum Fruͤhling 326 Fruͤhlingsgedanken 314 . abermalige 318 . 320 Fruͤhlingszeit, Ueberlegungen dabey 315 Der Fuchs 255 Gallmey 56 . Gebeth 406 Geburtstag, an des Verfassers 67sten den 22sten des Herbstmonats 1746. 408 Gedanke, zufaͤlliger, im Sommer 361 Gedanken, Fruͤhlings- 314 . 318 . 320 . Herbst- 393 ehrerbietige von der Gottheit 334 . einige uͤber die Rosen 357 . zufaͤllige, beym Anblicke eines Todten- kopfs 412 . ernsthafte, bey Gelegenheit des Toback- rauchens 456 . uͤber den freyen Willen aus Mr. Voltaire uͤbersetzt 461 Gedicht, vermischte 311 . Neujahrs- 506 . aller Be- schluß 559 Gefuͤhl, dessen Vergnuͤgen betrachtet 399 Gehoͤr, dessen Vergnuͤgen uͤberleget 396 Geist ist der Schoͤnheit des Koͤrpers vorzuziehen 530 Geistige Abgoͤtterey und ihre Schaͤdlichkeit 417 R r 2 Der Verzeichniß Der Geizhals 453 . Die Geizigen 452 Gelehrte und Ungelehrte, wie unterschieden 528 Die Gemse 252 . Gersten 145 Der Geruch 328 . dessen Vergnuͤgen 395 Geschmack, dessen Vergnuͤgen 398 Geschoͤpfe, vernuͤnftige 403 Gesicht, dessen Vergnuͤgen 397 Gesundheit, die Unempfindlichkeit uͤber dieselbe wird untersucht’ 442 Der Girasol 73 Glaubensbekenntniß 415 Gleichheit der Menschen 416 Das Gold 7 Gott, Nothwendigkeit dessen Werke zu betrachten 341 in seinen Werken 377 . Beweis von dessen Guͤte 378 dessen Erkenntniß 402 . sowohl im Kleinen, als im Großen, groß 404 . verschiedene Begriffe von dem- selben 428 . ist unbegreiflich 444 . Unbilligkeit gegen denselben 488 Gottesdienst, vernuͤnftiger 421 . ein wirklicher 440 Gottheit, ehrerbietige Gedanken von derselben 334 . ist unbegreiflich 444 Der Granat, Edelstein 70 . Granaten, Frucht 184 Gruͤbeln, das vergebliche 435 Guͤte Gottes bewiesen 378 Der Gyps 49 Der Haber 146 Halbmetalle, was darunter zu verstehen 24 Der Hase 254 Der Herbst 391 . Gedanken bey demselben 393 Der Hirsch 249 . Hirse 150 . Huͤlsenfruͤchte 148 Der Hund 269 . Der Hyacinth, ein Edelstein 71 Der der Gedichte und Betrachtungen. Der Jaspis 75 . Der Jgel 302 Der Jltiß 277 . Judenleim 91 Jugend. Wiefern die menschlichen Begriffe in der Jugend von denen im Alter unterschieden 529 Der Kalkstein 48 . Das Kameel 287 Das Kaninchen 284 . Die Katze 290 Der Kieselstein 47 . Kirschen 164 . Das Korn 137 Koͤrper. Nutzen der irdischen auch bey him̄lischen Koͤrpern 379 . dessen Schoͤnheit ist der Geist vorzuziehen 530 Kreatur, Vergnuͤgen an derselben, erlaubt u. noͤthig 485 Das Kupfer 12 Lagerstatt, Vergnuͤgen auf demselben 337 Laster, das groͤßte 350 . Lasulstein 57 Leben, das rechte 327 Der Leopard 250 . Linsen 150 . Lisidan 536 Lobgedichte auf die Pamela 553 ff. Der Loͤwe 248 Der Luchs 278 Der Magnet 58 . Mah, der gelbe 360 Mandeln 181 . Markasit 32 Der Marmorstein 50 . Der Marter 276 Maulbeer 171 . Die Maus 306 Mensch, dessen Koͤrpers Betrachtung 200 . dessen Wesens Untersuchung 342 . dessen Pflichten betrach- tet 345 . derselben Gleichheit 416 . der stolze 436 Metalle, Betrachtungen daruͤber 5 Die Meynung 525 Meynung des Verfassers uͤber das Ahnden 498 Mineralreich, Betrachtungen daruͤber 5 Mondmilch 80 . Der Mondstein 52 Das Murmelthier 283 Nachtvergnuͤgen 324 . Der Naͤchster 531 Naphta 90 . Das Nashorn 267 R r 3 Natur- Verzeichniß Naturlehre 407 . Neujahrsgedicht 506 Nothwendigkeit, Gottes Werke zu betrachten 341 Nuͤsse 179 Nutzen der irdischen auch bey him̄lischen Koͤrpern 379 Obst 152 Offenbarung, die dritte 437 Der Onyx 75 . Der Opal 77 Pamela, Lobgedichte auf dieselbe 553 ff. Das Pantherthier 279 . Das Pferd 257 Pfirsich 177 Pflanzen, deren Bildung uͤberhaupt 99 Pflanzenreich, Betrachtungen daruͤber 95 Pflaumen 162 Pflichten der Menschen, noͤthige und nuͤtzliche Betrach- tungen daruͤber 345 Poesie, Uebersetzung davon 541 Pomeranzen 193 Das Quecksilber 25 Quitten 167 Raͤthsel 552 Reiche der Natur, Betrachtungen daruͤber 1 Reicher. Betrachtungen uͤber den Zustand eines Armen und eines Reichen beym Abschiede aus der Welt, aus der Vernunft 490 Der Reiß 147 Religion. Die Anstoͤßigkeit vielerley Religionen zu heben, wird versucht 424 Das Rennthier 293 . Das Rindvieh 259 Der Rocken 144 Die Rose 355 . einige Gedanken uͤber die Rosen 357 Der Rubin 72 Der Salpeter 84 . Das Salz 81 Der Sandstein 46 . Der Sapphir 71 Der Sardonyx 76 Schaͤd- der Gedichte und Betrachtungen. Schaͤdliche Folgen der Wissensucht 429 Schaͤdlichkeit der geistigen Abgoͤtterey 417 Das Schaf 298 . Die Schatten 329 Schiefer 46 . Schmergel 56 Schoͤnheit der Blumen im Winter betrachtet 447 . des Koͤrpers ist der Geist vorzuziehen 530 Schoͤpfer, Unerkenntlichkeit gegen denselben verwie- sen 400 . Erinnerung, an denselben zu gedenken 401 Schoͤpfung, deren Absicht 489 Der Schwefel 36 . Das Schwein 266 Selenites 52 . Das Silber 9 Sinne, Ueberlegung der in den fuͤnf Sinnen uns verlie- henen Anmuth 395 Sinnspruͤche 523 ff. Der Smaragd 70 Der Sommer 365 . zufaͤlliger Gedanke in demselben 361 Die Sonne der Sonnen 380 Spath, ein Stein 53 . Sperma Ceti 93 Das Spießglas 29 . Das Stachelschwein 305 Steine, Betrachtungen daruͤber 41 ff. Steinmarg 80 . Der Steinbock 285 . Steinoͤl 91 Sterben. Anleitung zu einem vergnuͤgten und gelasse- nen Sterben 563 ff. Stolzer Mensch 436 Tag. Verlaͤngerung unserer Tage 387 Talk, ein Stein 54 Thierreich, Betrachtung daruͤber 195 Thon 80 Tirsanders Christenthum 537 Toback. Ernsthafte Gedanken bey Gelegenheit des To- backrauchens 456 Todtenkopf, zufaͤllige Gedanken bey dessen Anblicke 412 Der Toftstein 47 . Der Topas 76 Traͤumender, Unterscheid zwischen ihm und einem Wa- chenden 405 Trian- Verzeichniß der Gedichte u. Betrachtungen. Triangel, der wunderbare 362 Triepel 80 . Der Türkis 77 Ueberlegung der in den fuͤnf Sinnen uns verliehenen Anmuth 395 Ueberlegungen zur Fruͤhlingszeit 315 Uebersetzung, von der Poesie 541 Verfasser, an dessen 67sten Geburtstage 408 . dessen Mey- nung uͤber das Ahnden 498 Vergnügen, auf unsrer Lagerstatt 337 . des Geruchs 395 Gehoͤrs 396 . Gesichts 397 . Geschmacks 398 Gefuͤhls 399 . an der Kreatur, erlaubt und noͤthig 485 Verlängerung unsrer Tage 387 Verleumdung, die besiegte, als der Beschluß aller Gedichte 559 Vernünftige Geschoͤpfe 403 Vernünftiger Gottesdienst 421 Verschiedenheit der Vegriffe von Gott 428 Versuch, die Anstoͤßigkeit vielerley Religionen zu heben 424 Verwets wegen unserer Unerkenntlichk, gegen den Schoͤpfer 400 Viola Mariana 370 . Vitriol 88 Unbilligkeit gegen Gott 488 Unempfindlichkeit uͤber unsre Gesundheit untersucht 442 Unerkenntlichkeit gegen den Schoͤpfer verwiesen 400 Ungelehrte, in wiefern von Gelehrten unterschieden 528 Die Ungewißheit 389 Unterscheid zwischen einem Traͤumenden und Wachenden 405 zwischen Gelehrten und Ungelehrten 528 der menschlichen Begriffe in der Jugend und im Alter 529 Untersuchung des Menschen Wesens 342 . der Unempfind- lichkeit uͤber unsere Gesundheit 442 Vortrefflichkeiten in der Welt, neue Betrachtungen daruͤber 339 Vorzug des Geistes fuͤr die Schoͤnheit des Koͤrpers 530 Wachender, wie von einem Traͤumenden unterschieden 405 Wallfischschleim, Sperma Ceti 93 . Der Weizen 143 Welt, die schoͤne 330 . uͤber die in der Welt vorhandene Vor- trefflichkeiten neue Betrachtungen 339 . die verbesserte 441 Werke Gottes zu betrachten, nothwendig 341 . in denselben Gott 377 Werkzeug, das vernuͤnftige 422 Wesen des Menschen untersucht 342 Wicken 150 Widerspruch in den menschlichen Wuͤnschen 487 Die Wiesel 275 Wille, Gedanken uͤber den freyen Willen 461 Winter, die Schoͤnheit der Blumen im Winter betrachtet 447 Wissensucht, derselben schaͤdliche Folgen 429 Der Wolf 251 . Wunsch 418 Die Zibethkatze 292 . Die Ziegen 300 Das Zinn 16 . Der Zobel 297 Zustand, ungluͤcklicher, eines Atheisten 433 Zweifel 420 . gehobener 423