Heinrich von Kleists Amphitryon , ein Lustspiel nach Moliere . Herausgegeben von Adam H. Muͤller . Dresden , in der Arnoldischen Buchhandlung. Vorrede des Herausgebers . E ine leichte Betrachtung des vorliegenden Lust- spiels wird zeigen, daß die gegenwaͤrtige Abwe- senheit des Verfassers von Deutschland und keine andre Veranlassung den Beystand einer fremden Hand bey der Bekanntmachung des Werks noͤthig machte. Es bedarf nemlich so wenig einer Em- * pfehlung, daß diesmal, ganz der gewoͤhnlichen Ordnung entgegen, der Herausgeber viel mehr durch den Amphitryon, als die eigenthuͤmliche, auf ihre eigne Hand lebende Dichtung durch den Herausgeber empfohlen werden kann. Eigenthuͤmlich und im edelsten Sinne des Werks original ist diese Bearbeitung des Moliere; denn ob die Natur unmittelbar, oder das Werk irgend eines vorangegangenen Meisters den Dich- ter aufregte, verschlaͤgt wohl nichts: die Poesie gedeiht am herrlichsten, wenn sie nur eine Hand kennt, die ihr das Werkzeug und das Material darreicht; wenn sie vom Moliere eben so unbe- fangen, rein und eigenthuͤmlich zu empfangen weiß, als von der Natur oder der eignen Phan- tasie. Die Einbildung irgend einer gluͤcklichen Stunde ist noch nicht das Gedicht, vielmehr das, was entsteht durch die Beruͤhrung, durch das Ge- spraͤch und den Umgang eines solchen Bildes mit dem Kunstgeiste, der in uns lebt, das ist Poesie. — Daher sind die bleibenden Gestalten des herrlich- sten Gedichts so wenig bedeutend fuͤr den, der den Rythmus und die Bewegung, in denen vornem- lich sich der Kunstgeist offenbart, nicht wahr- nimmt. Zu wissen, wo die Stoffe eines aͤchten Dich- ters hergenommen, gewaͤhrt einen besondern Ge- nuß, der nicht auf der Vergleichung des todten Mechanismus beruht, sondern darum erfreut, weil der poetische Sinn des Lesers durch Betrach- * 2 tung des Stoffs und des Werks hingerissen wird, aus beiden etwas eigenthuͤmliches und hoͤheres zu bilden. So ward Kleist angetrieben, als er aus der Betrachtung des Moliere und seines Stoffs — der alten Mythe vom Amphituyon — sein Lust- spiel bildete. Moͤge der Leser, wenn er in Be- trachtung dieses Jupiters und dieser Alkmene sich der Seitenblicke auf den Moliere, oder den Plau- tus, oder die alte Fabel selbst, durchaus nicht er- wehren kann — den Woͤrterbuͤchern, den Kunstleh- ren, und den Alterthumsforschern, die ihm da- bei an die Hand gehen moͤchten, nicht zu viel trauen: das alterthuͤmliche Costuͤm giebt die An- tike noch nicht; ein tuͤchtiger, strenger metrischer Leisten giebt noch nicht den poetischen Rythmus; und das Geheimniß der Classicitaͤt liegt nicht in der bloßen Vermeidung von Nachlaͤssigkeiten, die leise verletzen, aber nicht aͤrgern, nicht verunstal- ten, oder verdunkeln koͤnnen das Urspruͤngliche und Hohe, das aus dem Werke herausstrahlt. Mir scheint dieser Amphitryon weder in Antiker noch Moderner Manier gearbeitet: der Autor verlangt auch keine mechanische Verbindung von beiden, sondern strebt nach einer gewissen poetischen Gegenwart , in der sich das Antike und Mo- derne — wie sehr sie auch ihr untergeordnet seyn moͤchten, dereinst wenn gethan seyn wird, was Goͤthe entworfen hat — dennoch wohlgefallen werden. Erwaͤgt man die Bedeutung des deutschen und die Frivolitaͤt des Moliereschen Amphitryon, er- waͤgt man die einzelnen von Kleist hinzugefuͤgten komischen Zuͤge, so muß man die Gutmuͤthigkeit bewundern, mit der die komischen Scenen dem Moliere nachgebildet sind: der deutsche Leser hat von dieser mehrmaligen, Ruͤckkehr zu dem franzoͤsi- schen Vorbilde den Gewinn kraͤftig an das Ver- haͤltniß des poetischen Vermoͤgens der beiden Na- tionen erinnert zu werden. Einen Wunsch kann der Herausgeber nicht un- terdruͤcken, nemlich den, daß im letzten Acte das thebanische Volk an den Unterschied des goͤttlichen und irrdischen Amphitryon gemant werden moͤchte, wie Alkmene im zweiten Act. Gewollt hat es der Autor, daß die irrdische Liebe des Volks zu ih- rem Fuͤhrer ebensowohl zu Schanden werde, als die Liebe der Alkmene zu ihrem Gemahl — aber nicht ausgedruͤckt . Adam H. Muͤller . Personen . Jupiter , in der Gestalt des Amphitryon. Merkur , in der Gestalt des Sosias. Amphitryon , Feldherr der Thebaner. Sosias , sein Diener. Alkmene , Gemahlin des Amphitryon. Charis , Gemahlin des Sosias. Feldherren . (Die Scene ist in Theben vor dem Schlosse des Amphitryon.) A Erster Act . Es ist Nacht . Erste Scene . (tritt mit einer Laterne auf.) H eda! Wer schleicht da? Holla! — Wenn der Tag Anbraͤche, waͤr mir’s lieb; die Nacht ist — Was? Gut Freund, ihr Herrn! Wir gehen eine Straße — Ihr habt den ehrlichsten Gesell’n getroffen, Bei meiner Treu, auf den die Sonne scheint — A 2 Vielmehr der Mond jetzt, wollt ich sagen — Spitzbuben sind’s entweder, feige Schufte, Die nicht das Herz, mich anzugreifen, haben: Oder der Wind hat durch das Laub gerasselt. Jedweder Schall hier heult in dem Gebirge. — Vorsichtig! Langsam! — Aber wenn ich jetzt Nicht bald mit meinem Huth an Theben stoße So will ich in den finstern Orkus fahren. Ei, hohl’s der Henker! ob ich muthig bin, Ein Mann von Herz; das haͤtte mein Gebieter Auf anderm Wege auch erproben koͤnnen. Ruhm kroͤnt ihn, spricht die ganze Welt, und Ehre, Doch in der Mitternacht mich fortzuschicken, Ist nicht viel besser, als ein schlechter Streich. Ein wenig Ruͤcksicht waͤr’, und Naͤchstenliebe, So lieb mir, als der Keil von Tugenden, Mit welchem er des Feindes Reihen sprengt. Sosias, sprach er, ruͤste dich mein Diener, Du sollst in Theben meinen Sieg verkuͤnden Und meine zaͤrtliche Gebieterinn Von meiner nahen Ankunft unterrichten. Doch haͤtte das nicht Zeit gehabt bis morgen, Will ich ein Pferd sein, ein gesatteltes! Doch sieh! Da zeigt sich, denk ich, unser Haus! Triumph, du bist nunmehr am Ziel, Sosias, Und allen Feinden soll vergeben sein. Jetzt, Freund, mußt du an deinen Auftrag denken; Man wird dich feierlich zur Fuͤrstin fuͤhren, Alkmen’, und den Bericht bist du ihr dann, Vollstaͤndig und mit Rednerkunst gesetzt Des Treffens schuldig, das Amphitryon Siegreich fuͤr’s Vaterland geschlagen hat. — Doch wie zum Teufel mach ich das, da ich Dabei nicht war? Verwuͤnscht. Ich wollt: ich haͤtte Zuweilen aus dem Zelt geguckt, Als beide Heer’ im Handgemenge waren. Ei was! Vom Hauen sprech’ ich dreist und Schie- ßen, Und werde schlechter nicht bestehn, als Andre, Die auch den Pfeil noch pfeifen nicht gehoͤrt. — Doch waͤr’ es gut, wenn du die Rolle uͤbtest? Gut! Gut bemerkt, Sosias! Pruͤfe dich. Hier soll der Audienzsaal sein, und diese Latern’ Alkmene, die mich auf dem Thron erwartet. (er setzt die Laterne auf den Boden.) Durchlauchtigste! mich schickt Amphitryon, Mein hoher Herr und euer edler Gatte, Von seinem Siege uͤber die Athener Die frohe Zeitung euch zu uͤberbringen. — Ein guter Anfang! — „Ach, wahrhaftig, liebster Sosias, meine Freude maͤßg’ ich nicht, Da ich dich wiedersehe.“ — Diese Guͤte, Vortreffliche, beschaͤmt mich, wenn sie stolz gleich Gewiß jedweden andern machen wuͤrde. — Sieh! das ist auch nicht uͤbel! — „Und dem theuren Geliebten meiner Seel’ Amphitryon, Wie geht’s ihm?“ — Gnaͤd’ge Frau, das faß ich kurz: Wie einem Mann von Herzen auf dem Feld’ des Ruhms. — Ein Blitzkerl! Seht die Suade! — „Wann denn kommt er?“ Gewiß nicht spaͤter, als sein Amt verstattet, Wenn gleich vielleicht so fruͤh nicht, als er wuͤnscht. — Potz, alle Welt! — „Und hat er sonst dir nichts Fuͤr mich gesagt, Sosias?“ — Er sagt wenig, Thut viel, und es erbebt die Welt vor seinem Nahmen. — Daß mich die Pest! Wo koͤmmt der Witz mir her? „Sie weichen also, sagst du, die Athener?“ — Sie weichen, todt ist Labdakus, ihr Fuͤhrer, Erstuͤrmt Pharissa, und wo Berge sind, Da hallen sie von unserm Siegsgeschrei. — „O theuerster Sosias! Sieh, das mußt du Umstaͤndlich mir, auf jeden Zug, erzaͤhlen.“ — Ich bin zu euern Diensten, gnaͤdge Frau. Denn in der That kann ich von diesem Siege Vollstaͤnd’ge Auskunft, schmeichl’ ich mir, er- theilen: Stellt euch, wenn ihr die Guͤte haben wollt, Auf dieser Seite hier — (er bezeichnet die Oerter auf seiner Hand.) Pharissa vor — Was eine Stadt ist, wie ihr wissen werdet, So groß im Umfang, praeter propter, Um nicht zu uͤbertreiben, wenn nicht groͤßer, Als Theben. Hier geht der Fluß. Die Unsrigen In Schlachtordnung auf einem Huͤgel hier; Und dort im Thale haufenweis der Feind. Nachdem er ein Geluͤbd’ zum Himmel jetzt ge- sendet, Daß euch der Wolkenkreis erzitterte, Stuͤrzt, die Befehle treffend rings gegeben, Er gleich den Stroͤmen brausend auf uns ein. Wir aber, minder tapfer nicht, wir zeigten Den Ruͤckweg ihm, — und ihr sollt gleich sehn, wie? Zuerst begegnet’ er dem Vortrab hier, Der wich. Dann stieß er auf die Bogenschuͤtzen dort; Die zogen sich zuruͤck. Jetzt dreist gemacht, ruͤckt er Den Schleud’rern auf den Leib; die raͤumten ihm das Feld Und als verwegen jetzt dem Hauptkorps er sich nahte, Stuͤrzt dies — halt! Mit dem Hauptkorps ist’s nicht richtig. Ich hoͤre ein Geraͤusch dort, wie mir daͤucht. Zweite Scene . Merkur (tritt in der Gestalt des Sosias aus Amphitryons Haus.) Sosias . (für sich.) Wenn ich den ungeruf’nen Schlingel dort Bei Zeiten nicht von diesem Haus entferne, So steht, beim Styx, das Gluͤck mir auf dem Spiel, Das in Alkmenens Armen zu genießen, Heut in der Truggestalt Amphitryons Zevs der Olympische, zur Erde stieg. (ohne den Merkur zu sehn.) Es ist zwar nichts und meine Furcht verschwindet, Doch um den Abentheuern auszuweichen, Will ich mich vollends jetzt zu Hause machen, Und meines Auftrags mich entledigen. (für sich.) Du uͤberwindest den Merkur, Freund, oder Dich werd ich davon abzuhalten wissen. Doch diese Nacht ist von endloser Laͤnge. Wenn ich fuͤnf Stunden unterwegs nicht bin, Fuͤnf Stunden nach der Sonnenuhr von Theben, Will ich stuͤckweise sie vom Thurme schießen. Entweder hat in Trunkenheit des Siegs Mein Herr den Abend fuͤr den Morgen angesehn, Oder der lockre Phoͤbus schlummert noch, Weil er zu tief ins Flaͤschgen gestern guckte. Mit welcher Unehrbietigkeit der Schuft Dort von den Goͤttern spricht. Geduld ein wenig; Hier dieser Arm bald wird Respeckt ihm lehren. (erblickt den Merkur.) Ach bei den Goͤttern der Nacht! Ich bin verloh- ren. Da schleicht ein Strauchdieb um das Haus, den ich Fruͤh oder spaͤt am Galgen sehen werde. — Dreist muß ich thun, und keck und zuversichtlich. (er pfeift.) (laut.) Wer denn ist jener Toͤlpel dort, der sich Die Freiheit nimmt, als waͤr er hier zu Hause, Mit Pfeifen mir die Ohren vollzuleyern? Soll hier mein Stock vielleicht ihm dazu tanzen? — Ein Freund nicht scheint er der Musik zu sein. Seit der vergangnen Woche fand ich keinen, Dem ich die Knochen haͤtte brechen koͤnnen. Mein Arm wird steif, empfind’ ich, in der Ruhe, Und einen Buckel von des deinen Breite Ihn such’ ich just, mich wieder einzuuͤben. Wer, Teufel hat den Kerl mir dort gebohren? Von Todesschrecken fuͤhl’ ich mich ergriffen, Die mir den Athem stocken machen. Haͤtt’ ihn die Hoͤlle ausgeworfen, Es koͤnnt’ entgeisternder mir nicht sein Anblick sein. — Jedoch vielleicht geht’s dem Hanswurst wie mir, Und er versucht den Eisenfresser bloß, Um mich ins Bockshorn schuͤchternd einzujagen. Halt, Kauz, das kann ich auch. Und uͤberdies, Ich bin allein, er auch; zwei Faͤuste hab’ ich, Doch er nicht mehr; und will das Gluͤck nicht wohl mir, Bleibt mir ein sichrer Ruͤckzug dort — Marsch also! (vertritt ihm den Weg.) Halt dort! Wer geht dort? Ich. Was fuͤr ein Ich? Meins mit Verlaub. Und meines, denk’ ich, geht Hier unverzollt gleich Andern. Muth Sosias! Halt! mit so leichter Zech’ entkommst du nicht. Von welchem Stand bist du? Von welchem Stande? Von einem auf zwei Fuͤßen, wie ihr seht. Ob Herr du bist, ob Diener, will ich wissen? Nachdem ihr so mich, oder so betrachtet, Bin ich ein Herr, bin ich ein Dienersmann. Gut. Du misfaͤllst mir. Ei das thut mir leid. Mit einem Wort, Verraͤther, will ich wissen, Nichtswuͤrd’ger Gassentreter, Eckenwaͤchter, Wer du magst sein, woher du gehst, wohin, Und was du hier herum zu zaudern hast? Darauf kann ich euch nichts zur Antwort geben Als dies: ich bin ein Mensch, dort komm ich her, Da geh ich hin, und habe jetzt was vor, Das anfaͤngt, Langeweile mir zu machen. Ich seh’ dich witzig, und du bist im Zuge, Mich kurzhin abzufertigen. Mir aber kommt Die Lust an, die Bekanntschaft fortzusetzen, Und die Verwicklung einzuleiten, werd’ ich Mit dieser Hand hier hinter’s Ohr dir schlagen. Mir? Dir, und hier bist dessen du gewiß. Was wirst du nun darauf beschließen. Wetter! Ihr schlagt mir eine gute Faust, Gevatter. Ein Hieb von mittlern Schrot. Zuweilen treff’ ich Noch besser. Waͤr’ ich auch so aufgelegt, Wir wuͤrden schoͤn uns in die Haare kommen. Das waͤr’ mir recht. Ich liebe solchen Umgang. Ich muß, jedoch, Geschaͤfts halb’, mich em- pfehlen. (er will gehn.) (tritt ihm in den Weg.) Wohin? Was geht’s dich an, zum Teufel? Ich will wissen, Sag’ ich dir, wo du hingehst? Jene Pforte Will ich mir oͤffnen lassen. Laß mich gehn. Wenn du die Unverschaͤmtheit hast, dich jener Schloßpforte dort zu naͤhern, sieh, so rasselt Ein Ungewitter auf dich ein von Schlaͤgen. Was? soll ich nicht nach Hause gehen duͤrfen? Nach Hause? sag’ das noch einmal. Nun ja. Nach Haus. Du sagst von diesem Hause dich? Warum nicht? Ist es nicht Amphitryons Haus? Ob dies Amphitryons Haus ist? Allerdings, Halunk, ist dies das Haus Amphitryons, Das Schloß des ersten Feldherrn der Thebaner. Doch welch ein Schluß erfolgt? — Was fuͤr ein Schluß? Daß ich hinein gehn werd’. Ich bin sein Diener. Sein Die —? Sein Diener. Du? Ich, ja. Amphitryons Diener? Amphitryons Diener, des Thebanerfeldherrn. — Dein Name ist? B Sosias. So —? Sosias . Hoͤr’, dir zerschlag’ ich alle Knochen. Bist du Bei Sinnen? Wer giebt das Recht dir, Unverschaͤmter, Den Namen des Sosias anzunehmen? Gegeben wird er mir, ich nehm’ ihn nicht. Mag es mein Vater dir verantworten. Hat man von solcher Frechheit je gehoͤrt? Du wagst mir schamlos ins Gesicht zu sagen, Daß du Sosias bist? Ja, allerdings. Und das aus dem gerechten Grunde, weil es Die großen Goͤtter wollen; weil es nicht In meiner Macht steht, gegen sie zu kaͤmpfen, Ein And’rer sein zu wollen als ich bin; Weil ich muß Ich, Amphitryons Diener sein, Wenn ich auch zehenmal Amphitryon, Sein Vetter lieber, oder Schwager waͤre. Nun, wart’! Ich will dich zu verwandeln suchen. Ihr Buͤrger! Ihr Thebaner! Moͤrder! Diebe! Wie du Nichtswuͤrdiger, du schreist noch? Was? Ihr schlagt mich, und nicht schreien soll ich duͤrfen? B 2 Weißt du nicht, daß es Nacht ist, Schlafenszeit Und daß in diesem Schloß Alkmene hier, Amphitryons Gemahlin, schlaͤft? Hohl euch der Henker! Ich muß den Kuͤrzern ziehen, weil ihr seht, Daß mir zur Hand kein Pruͤgel ist, wie euch. Doch Schlaͤg’ ertheilen, ohne zu bekommen, Das ist kein Heldenstuͤck. Das sag’ ich euch: Schlecht ist es, wenn man Muth zeigt gegen Leute, Die das Geschick zwingt, ihren zu verbergen. Zur Sach’ also. Wer bist du? (für sich.) Wenn ich dem Entkomme, will ich eine Flasche Wein Zur Haͤlfte opfernd auf die Erde schuͤtten. Bist du Sosias noch? Ach laß mich gehn. Dein Stock kann machen, daß ich nicht mehr bin. Doch nicht, daß ich nicht Ich bin, weil ich bin. Der einz’ge Unterschied ist, daß ich mich Sosias jetzo der geschlagne, fuͤhle. Hund, sieh, so mach’ ich kalt dich. (er droht.) Laß! Laß! Hoͤr auf, mir zuzusetzen. Eher nicht, Als bis du aufhoͤrst — Gut ich hoͤre auf. Kein Wort entgegn’ ich mehr, Recht sollst du haben, Und Allem, was du aufstellst, sag’ ich ja. Bist du Sosias noch, Verraͤther? Ach! Ich bin jetzt, was du willst. Befiehl, was ich Soll sein, dein Stock macht dich zum Herren meines Lebens. Du sprachst, du haͤttest dich Sosias sonst genannt? Wahr ist’s, daß ich bis diesen Augenblick ge- waͤhnt, Die Sache haͤtte ihre Richtigkeit. Doch das Gewicht hat deiner Gruͤnde mich Belehrt: ich sehe jetzt, daß ich mich irrte. Ich bin’s, der sich Sosias nennt. Sosias —? Du —? Ja Sosias. Und wer Glossen macht, Hat sich vor diesen Stock in Acht zu nehmen. (für sich.) Ihr ew’gen Goͤtter dort! So muß ich auf Mich selbst Verzicht jetzt leisten, mir von einem Betruͤger meinen Namen stehlen lassen? Du murmelst in die Zaͤhne, wie ich hoͤre? Nichts, was dir in der That zu nahe traͤte, Doch bey den Goͤttern allen Griechenlands Beschwoͤr’ ich dich, die dich und mich regieren, Vergoͤnne mir, auf einen Augenblick, Daß ich dir offenherz’ge Sprache fuͤhre. Sprich. Doch dein Stock wird stumme Rolle spielen? Nicht von der Unterhaltung sein? Versprich mir, Wir schließen Waffenstillstand. Gut, es sei. Den Punkt bewill’g’ ich. Nun so sage mir, Wie kommt der unerhoͤrte Einfall dir, Mir meinen Namen schamlos wegzugaunern? Waͤr’ es mein Mantel, waͤr’s mein Abendessen; Jedoch ein Nam’! Kannst du dich darin kleiden? Ihn essen? trinken? oder ihn versetzen? Was also nuͤtzet dieser Diebstahl dir? Wie? Du — du unterstehst dich? Halt! halt! sag ich. Wir schlossen Waffenstillstand. Unverschaͤmter! Nichtswuͤrdiger! Dawider hab ich nichts. Schimpfwoͤrter mag ich leiden, dabei kann ein Gespraͤch bestehen. Du nennst dich Sosias? Ja, ich gesteh’s, ein unverbuͤrgtes Geruͤcht hat mir — Genug. Den Waffenstillstand Brech’ ich, und dieses Wort hier nehm’ ich wieder. Fahr’ in die Hoͤll’! Ich kann mich nicht ver- nichten, Verwandeln nicht, aus meiner Haut nicht fahren, Und meine Haut dir um die Schultern haͤngen. Ward, seit die Welt steht, so etwas erlebt? Traͤum’ ich etwa? Hab ich zur Morgenstaͤrkung Heut mehr, als ich gewoͤhnlich pfleg’, genossen? Bin ich mich meiner voͤllig nicht bewußt? Hat nicht Amphitryon mich hergeschickt, Der Fuͤrstin seine Ruͤckkehr anzumelden? Soll ich ihr nicht den Sieg, den er erfochten, Und wie Pharissa uͤberging, beschreiben? Bin ich so eben nicht hier angelangt? Halt’ ich nicht die Laterne? Fand ich dich Vor dieses Hauses Thuͤr herum nicht lungern, Und als ich mich der Pforte naͤhern wollte, Nahmst du den Stock zur Hand nicht, und zer- blaͤutest Auf das unmenschlichste den Ruͤcken mir, Mir ins Gesicht behauptend, daß nicht ich, Wohl aber du Amphitryons Diener seist. Das Alles, fuͤhl ich, leider, ist zu wahr nur; Gefiel’s den Goͤttern doch, daß ich besessen waͤre. Hallunke, sieh, mein Zorn wird augenblicklich, Wie Hagel wieder auf dich niederregnen! Was du gesagt hast, Alles, Zug vor Zug, Es gilt von mir: die Pruͤgel ausgenommen. Von dir? — Hier die Laterne, bei den Goͤttern, Ist Zeuge mir — Du luͤgst, sag’ ich, Verraͤther. Mich hat Amphitryon hieher geschickt. Mir gab der Feldherr der Thebaner gestern, Da er vom Staub der Mordschlacht noch bedeckt, Dem Temp’l enttrat, wo er dem Mars geopfert, Gemeßnen Auftrag, seinen Sieg in Theben, Und daß der Feinde Fuͤhrer Labdakus Von seiner Hand gefallen, anzukuͤnd’gen; Denn ich bin, sag’ ich dir, Sosias, Sein Diener, Sohn des Davus, wackern Schaͤfers Aus dieser Gegend, Bruder Harpagons, Der in der Fremde starb, Gemahl der Charis, Die mich mit ihren Launen wuͤthend macht; Sosias, der im Thuͤrmchen saß, und dem man Noch kuͤrzlich funfzig auf den Hintern zaͤhlte, Weil er zu weit die Redlichkeit getrieben. (für sich.) Da hat er Recht! Und ohne daß man selbst Sosias ist, kann man von dem, was er Zu wissen scheint, nicht unterrichtet sein. Man muß, mein Seel, ein Bischen an ihn glauben. Zu dem, da ich ihn jetzt ins Auge fasse, Hat er Gestalt von mir und Wuchs und Wesen Und die spitzbuͤbsche Miene, die mir eigen. — Ich muß ihm ein Paar Fragen thun, die mich Aufs Reine bringen. (laut.) Von der Beute, Die in des Feindes Lager ward gefunden, Sagst du mir wohl, wie sich Amphitryon Dabei bedacht, und was sein Antheil war? Das Diadem ward ihm des Labdakus, Das man im Zelt desselben aufgefunden. Was nahm mit diesem Diadem man vor? Man grub den Namenszug Amphitryons Auf seine goldne Stirne leuchtend ein. Vermuthlich traͤgt er’s selber jetzt —? Alkmenen Ist es bestimmt. Sie wird zum Angedenken Des Siegs den Schmuck um ihren Busen tragen. Und zugefertigt aus dem Lager wird Ihr das Geschenk —? In einem goldnen Kaͤstchen, Auf das Amphitryon sein Wappen druͤckte. (für sich.) Er weiß um Alles. — Alle Teufel jetzt! Ich fang im Ernst an mir zu zweifeln an. Durch seine Unverschaͤmtheit ward er schon Und seinen Stock, Sosias, und jetzt wird er, Das fehlte nur, es auch aus Gruͤnden noch. Zwar wenn ich mich betaste, wollt’ ich schwoͤren, Daß dieser Leib Sosias ist — Wie find ich nun aus diesem Labyrinth? — Was ich gethan, da ich ganz einsam war, Was Niemand hat gesehn, kann Niemand wissen, Falls er nicht wirklich Ich ist, so wie ich. — Gut, diese Frage wird mir Licht verschaffen. Was gilt’s? Dies faͤngt ihn — nun wir wer- den sehn. (laut.) Als beide Heer’ im Handgemenge waren, Was machtest du, sag’ an, in den Gezelten, Wo du gewußt, geschickt dich hinzudruͤcken? Von einem Schinken — (für sich.) Hat den Kerl der Teufel —? Den ich im Winkel des Gezeltes fand, Schnitt ich ein Kernstuͤck mir, ein saftiges, Und oͤffnete geschickt ein Flaschenfutter, Um fuͤr die Schlacht, die draußen ward gefochten, Ein wenig Munterkeit mir zu verschaffen. (für sich.) Nun ist es gut. Nun waͤr’s gleich viel, wenn mich Die Erde gleich von diesem Platz verschlaͤnge, Denn aus dem Flaschenfutter trinkt man nicht, Wenn man, wie ich, zufaͤllig nicht im Sacke Den Schluͤssel, der gepaßt, gefunden haͤtte. (laut.) Ich sehe, alter Freund, nunmehr, daß du Die ganze Portion Sosias bist, Die man auf dieser Erde brauchen kann. Ein Mehreres scheint uͤberfluͤssig mir. Fern sei mir, den Zudringlichen zu spielen, Und gern tret’ ich vor dir zuruͤck. Nur habe die Gefaͤlligkeit fuͤr mich, und sage mir, Da ich Sosias nicht bin, wer ich bin? Denn etwas , giebst du zu, muß ich doch sein. Wenn ich nicht mehr Sosias werde sein, Sei du’s, es ist mir recht, ich will’ge drein. Jedoch so lang’ ich’s bin, wagst du den Hals, Wenn dir der unverschaͤmte Einfall kommt. Gut, gut. Mir faͤngt der Kopf zu schwirren an, Ich sehe jetzt, mein Seel’, wie sichs verhaͤlt, Wenn ich’s auch gleich noch voͤllig nicht begreife. Jedoch — die Sache muß ein Ende nehmen; Und das Gescheideste, zum Schluß zu kommen, Ist, daß ich meiner Wege geh’. — Leb wohl. (er geht dem Hause zu.) (stößt ihn zurück.) Wie, Galgenstrick! So muß ich alle Knochen Dir laͤhmen? (er schlägt ihn.) Ihr gerechten Goͤtter! Wo bleibt mir euer Schutz? Mein Ruͤcken heilt In Wochen nicht, wenn auch Amphitryon Den Stock nicht ruͤhrt. Wohlan! Ich meide denn Den Teufelskerl, und geh’ zuruͤck ins Lager, So finster diese Hoͤllennacht auch glotzt. — Das war mir eine ruͤhmliche Gesandtschaft! Wie wird dein Herr, Sosias, dich empfangen? (ab.) Dritte Scene . Nun, endlich! Warum trolltest du nicht fruͤher? Du haͤtt’st dir boͤse Risse sparen koͤnnen. — Denn daß ihn eines Gottes Arm getroffen, Die Ehre kuͤmmert den Hallunken nicht: Ich traf ihn wie der beste Buͤttel auch. Nun, mag es sein. Gesuͤndigt hat er g’nug, Verdient, wenn auch nicht eben heut, die Pruͤgel; Er mag auf Abschlag sie empfangen haben. — Wenn mir der Schuft mit seinem Zeterschrei, Als ob man ihn zum Braten spießen wollte, Nur nicht die Liebenden geweckt! — So wahr ich lebe, Zevs bricht schon auf. Er kommt, der Goͤtter- vater, Und zaͤrtlich giebt Alkmen’, als waͤr’s ihr Theurer Gemahl Amphitryon, ihm das Geleit. Vierte Scene . Jupiter (in der Gestalt Amphitryons) Alkmene; Charis; Merkur ; (Fackeln.) Laß, meine theuerste Alkmene, dort C Die Fackeln sich entfernen. Zwar sie leuchten Dem schoͤnsten Reiz, der auf der Erde bluͤht, Und keiner der Olympier sah ihn schoͤner; Jedoch — wie sag ich? Sie verrathen den, Den dieser Reiz hieher gelockt, Geliebte, Und besser wird es ein Geheimniß bleiben, Daß dein Amphitryon in Theben war, Sie sind dem Krieg geraubt, die Augenblicke, Die ich der Liebe opfernd dargebracht; Die Welt koͤnnt ihn mißdeuten, diesen Raub; Und gern entbehrt’ ich andre Zeugen seiner, Als nur die Eine, die ihn mir verdankt. Amphitryon! So willst du gehn? Ach, wie So laͤstig ist so vieler Ruhm, Geliebter! Wie gern gaͤb ich das Diadem, das du Erkaͤmpft, fuͤr einen Strauß von Veilchen hin, Um eine niedre Huͤtte eingesammelt. Was brauchen wir, als nur uns selbst? Warum Wird so viel Fremdes noch dir aufgedrungen, Dir eine Krone und der Feldherrnstab? Zwar wenn das Volk dir jauchzt, und sein Entzuͤcken In jedem großen Namen sich verschwendet, Ist der Gedanke suͤß, daß du mir angehoͤrst; Doch dieser fluͤcht’ge Reiz, kann er vergelten, Was ich empfinde, wenn im wilden Treffen Der Pfeil auf diesen theuern Busen zielt. Wie oͤd’ ist, ohne dich, dies Haus! Wie traͤge, Bist du mir fern, der muntre Reih’n der Stunden, Wenn sie den Tag herauf mir fuͤhren sollen! Ach was das Vaterland mir alles raubt, Das fuͤhl’ ich, mein Amphitryon, erst seit heute, Da ich zwei kurze Stunden dich besaß. Geliebte! Wie du mich entzuͤckst! Doch eine Besorgniß auch erregst du mir, die ich, So scherzhaft sie auch klingt, dir nennen muß. Du weißt, daß ein Gesetz der Ehe ist, Und eine Pflicht und daß, wer Liebe nicht er- wirbt, Noch Liebe vor dem Richter fordern kann. C 2 Sieh dies Gesetz, es stoͤrt mein schoͤnstes Gluͤck. Dir moͤcht ich, deinem Herzen, Theuerste, Jedwede Gunst verdanken, moͤchte gern Nicht, daß du einer Foͤrmlichkeit dich fuͤgtest, Zu der du dich vielleicht verbunden waͤhnst. Wie leicht verscheuchst du diese kleinen Zweifel? So oͤffne mir dein Inn’res denn, und sprich, Ob den Gemahl du heut, dem du verlobt bist, Ob den Geliebten du empfangen hast? Geliebter und Gemahl! Was sprichst du da? Ist es dies heilige Verhaͤltniß nicht, Das mich allein, dich zu empfahn, berechtigt? Wie kann dich ein Gesetz der Welt nur quaͤlen, Das weit entfernt, beschraͤnkend hier zu sein, Vielmehr den kuͤhnsten Wuͤnschen, die sich regen, Jedwede Schranke gluͤcklich niederreißt? Was ich dir fuͤhle, theuerste Alkmene, Das uͤberfluͤgelt, sieh, um Sonnenferne, Was ein Gemahl dir schuldig ist. Entwoͤhne, Geliebte von dem Gatten dich, Und unterscheide zwischen mir und ihm. Sie schmerzt mich, diese schmoͤlige Verwechslung, Und der Gedanke ist mir unertraͤglich, Daß du den Laffen bloß empfangen hast, Der kalt ein Recht auf dich zu haben waͤhnt. Ich moͤchte dir, mein suͤßes Licht, Dies Wesen eigner Art erschienen sein, Besieger dein, weil uͤber dich zu siegen, Die Kunst, die großen Goͤtter mich gelehrt. Wozu den eitlen Feldherrn der Thebaner Einmischen hier, der fuͤr ein großes Haus Juͤngst eine reiche Fuͤrstentochter freite? Was sagst du? Sieh’, ich moͤchte deine Tugend Ihm, jenem oͤffentlichen Gecken, lassen, Und mir, mir deine Liebe vorbehalten. Amphitryon! Du scherzest. Wenn das Volk hier Auf den Amphitryon dich schmaͤhen hoͤrte, Es muͤßte doch dich einen Andern waͤhnen, Ich weiß nicht wen? Nicht, daß es mir ent- schluͤpft In dieser heitern Nacht, wie, vor dem Gatten, Oft der Geliebte aus sich zeichnen kann; Doch da die Goͤtter Eines und das And’re In dir mir einigten, verzeih ich diesem Von Herzen gern, was der vielleicht verbrach. Versprich mir denn, daß dieses heitre Fest, Das wir jetzt frohem Wiedersehn gefeiert, Dir nicht aus dem Gedaͤchtniß weichen soll; Daß du den Goͤttertag, den wir durchlebt, Geliebteste, mit deiner weitern Ehe Gemeinen Tag’-lauf nicht verwechseln willst. Versprich, sag’ ich, daß du an mich willst denken, Wenn einst Amphitryon zuruͤckekehrt —? Nun ja. Was soll man dazu sagen? Dank dir! Es hat mehr Sinn und Deutung, als du glaubst. Leb’ wohl, mich ruft die Pflicht. So willst du fort? Nicht diese kurze Nacht bei mir, Geliebter, Die mit Zehntausend Schweigen fleucht, vollen- den? Schien diese Nacht dir kuͤrzer als die andern? Ach! Suͤßes Kind! Es konnte doch Aurora Fuͤr unser Gluͤck nicht mehr thun, als sie that. Leb’ wohl. Ich sorge, daß die anderen Nicht laͤnger dauern, als die Erde braucht. Er ist berauscht, glaub’ ich. Ich bin es auch. (ab.) Fuͤnfte Scene . Merkur. Charis . (für sich.) Das nenn’ ich Zaͤrtlichkeit mir! Das mir Treue! Das mir ein artig Fest, wenn Eheleute Nach langer Trennung jetzt sich wiedersehn! Doch jener Bauer dort, der mir verbunden, Ein Klotz ist just so jaͤrtlich auch, wie er. (für sich.) Jetzt muß ich eilen und die Nacht erinnern, Daß uns der Weltkreis nicht aus aller Ordnung kommt. Die gute Goͤttin Kupplerin verweilte Uns siebzehn Stunden uͤber Theben heut; Jetzt mag sie weiter ziehn, und ihren Schleier Auch uͤber and’re Abentheuer werfen. (laut.) Jetzt seht den Unempfindlichen! da geht er. Nun soll ich dem Amphitryon nicht folgen? Ich werde doch, wenn er ins Lager geht, Nicht auf die Baͤrenhaut mich legen sollen? Man sagt doch was. Ei was! Dazu ist Zeit. — Was du gefragt, das weißt du, damit Basta. In diesem Stuͤcke bin ich ein Lakoner. Ein Toͤlpel bist du. Gutes Weib, sagt man, Behalt’ mich lieb, und troͤst’ dich, und was weiß ich? Was, Teufel, kommt dir in den Sinn? Soll ich Mit dir zum Zeitvertreib hier Fratzen schneiden? Eilf Eh’standsjahr’ erschoͤpfen das Gespraͤch, Und schon seit Olims Zeit sagt’ ich dir Alles. Verraͤther, sieh Amphitryon, wie er, Den schlecht’sten Leuten gleich, sich zaͤrtlich zeigt, Und schaͤme dich, daß in Ergebenheit Zu seiner Frau, und ehelicher Liebe Ein Herr der großen Welt dich uͤbertrifft. Er ist noch in den Flitterwochen, Kind. Es giebt ein Alter, wo sich Alles schickt. Was diesem jungen Paare steht, das moͤgt’ ich Von Weitem sehn, wenn wir’s veruͤben wollten. Es wuͤrd’ uns lassen, wenn wir alten Esel Mit suͤßen Brocken um uns werfen wollten. Der Grobian! Was das fuͤr Reden sind. Bin ich nicht mehr im Stand? — Das sag’ ich nicht, Dein offner Schaden laͤßt sich uͤbersehen, Wenn’s finster ist, so bist du grau; doch hier Auf offnem Markt wuͤrd’s einen Auflauf geben, Wenn mich der Teufel plagte, zu scharwenzeln. Ging ich nicht gleich, so wie du kamst, Verraͤther, Zur Plumpe? Kaͤmmt’ ich dieses Haar mir nicht? Legt’ ich dies reingewaschne Kleid nicht an? Und das, um ausgehunzt von dir zu werden. Ei was ein reines Kleid! Wenn du das Kleid Ausziehen koͤnntest, das dir von Natur ward, Ließ ich die schmutz’ge Schuͤrze mir gefallen. Als du mich freitest, da gefiel dir’s doch. Da haͤtt’ es Noth gethan, es in der Kuͤche Beim Waschen und beim Heuen anzuthun. Kann ich dafuͤr, wenn es die Zeit genutzt? Nein, liebstes Weib. Doch ich kann’s auch nicht flicken. Hallunke, du verdienst es nicht, daß eine Frau dir von Ehr und Reputation geworden. Waͤrst du ein wenig minder Frau von Ehre. Und rissest mir dafuͤr die Ohren nicht Mit deinen ew’gen Zaͤnkereien ab. Was? so mißfaͤllt’s dir wohl, daß ich in Ehren Mich stets erhielt, mir guten Ruf erwarb? Behuͤt’ der Himmel mich. Pfleg’ deiner Tugend, Nur fuͤhre sie nicht, wie ein Schlittenpferd, Stets durch die Straße laͤutend, und den Markt. Dir waͤr’ ein Weib gut, wie man sie in Theben Verschmitzt und voller Raͤnke finden kann, Ein Weib, das dich in suͤße Wort’ ertraͤnkte, Damit du ihr den Hahnrei niederschluckst. Was das betrifft, mein Seel’, da sag’ ich dir: Gedankenuͤbel quaͤlen nur die Narren, Den Mann vielmehr beneid’ ich, dem ein Freund Den Sold der Ehe vorschießt; alt wird er, Und lebt das Leben aller seiner Kinder. Du waͤrst so schamlos, mich zu reizen? Waͤrst So frech, mich foͤrmlich aufzufordern, dir Den freundlichen Thebaner, welcher Abends Mir auf der Faͤhrte schleicht, zu adjungiren? Hohl mich der Teufel, ja. Wenn du mir nur Ersparst, Bericht daruͤber anzuhoͤren. Bequeme Suͤnd’ ist, find ich, so viel werth, Als laͤst’ge Tugend; und mein Wahlspruch ist, Nicht so viel Ehr’ in Theben, und mehr Ruhe — Fahr’ wohl jetzt, Charis, Schatzkind! Fort muß ich. Amphitryon wird schon im Lager sein. (ab.) Warum, um diesen Niedertraͤchtigen Mit einer offenbaren That zu strafen, Fehlt’s an Entschlossenheit mir? O ihr Goͤtter! Wie ich es jetzt bereue, daß die Welt Fuͤr eine ordentliche Frau mich haͤlt! Zweyter Act . Es ist Tag . Erste Scene . Amphitryon. Sosias . S teh, Gaudieb, sag’ ich, mir, vermaledeiter Hallunke! Weißt du, Taugenichts, daß dein Geschwaͤtz dich an den Galgen bringen wird? Und daß, mit dir nach Wuͤrden zu verfahren, Nur meinem Zorn ein tuͤcht’ges Rohr gebricht? Wenn ihr’s aus diesem Ton nehmt, sag ich nichts. Befehlt, so traͤum’ ich, oder bin betrunken. Mir solche Maͤhrchen schamlos aufzubuͤrden! Erzaͤhlungen, wie unsre Ammen sie Den Kindern Abends in die Ohren lullen. — Meinst du, ich werde dir die Possen glauben? Behuͤt’! Ihr seid der Herr und ich der Diener, Ihr werdet thun und lassen, was ihr wollt. Es sei. Ich unterdruͤcke meinen Zorn, Gewinne die Geduld mir ab, noch einmal Vom Ei den ganzen Hergang anzuhoͤren. — Ich muß dies Teufelsraͤthsel mir entwirren, Und nicht den Fuß ehr setz’ ich dort ins Haus. — Nimm alle deine Sinne wohl zusammen, Und steh mir Rede, puͤnctlich, Wort fuͤr Wort. Doch, Herr, aus Furcht vergebt mir, anzustoßen, Ersuch’ ich euch, eh’ wir zur Sache schreiten, Den Ton mir der Verhandlung anzugeben. Soll ich nach meiner Ueberzeugung reden, Ein ehrlicher Kerl, versteht mich, oder so, Wie es bei Hofe uͤblich, mit euch sprechen? Sag ich euch dreist die Wahrheit, oder soll ich Mich wie ein wohlgezog’ner Mensch betragen? Nichts von den Fratzen. Ich verpflichte dich, Bericht mir unverhohlen abzustatten. Gut. Laßt mich machen jetzt. Ihr sollt be- dient sein. Ihr habt bloß mir die Fragen auszuwerfen. Auf den Befehl, den ich dir gab —? Ging ich Durch eine Hoͤllenfinsterniß, als waͤre Der Tag zehntausend Klaftern tief versunken, Euch allen Teufeln, und den Auftrag gebend, Den Weg nach Theben, und die Koͤnigsburg. Was, Schurke, sagst du? Herr, es ist die Wahrheit. Gut. Weiter. Waͤhrend du den Weg ver- folgtest —? Setzt ich den Fuß stets einen vor den andern, Und ließ die Spuren hinter mir zuruͤck. Was! Ob dir was begegnet, will ich wissen! Nichts, Herr, als daß ich salva venia Die Seele voll von Furcht und Schrecken hatte. D’rauf eingetroffen hier —? Uebt ich ein wenig Mich auf den Vortrag, den ich halten sollte, D Und stellte witzig die Laterne mir, Als eure Gattin, die Prinzessin, vor. Dies abgemacht —? Ward ich gestoͤrt. Jetzt koͤmmts. Gestoͤrt? Wodurch? Wer stoͤrte dich? Sosias. Wie soll ich das verstehn? Wie ihr’s verstehn sollt? Mein Seel! Da fragt ihr mich zu viel. Sosias stoͤrte mich, da ich mich uͤbte. Sosias! Welch’ ein Sosias! Was fuͤr Ein Galgenstrick, Hallunke, von Sosias, Der außer dir den Nahmen fuͤhrt in Theben, Hat dich gestoͤrt, da du dich eingeuͤbt? Sosias! Der bei euch in Diensten steht, Den ihr vom Lager gestern abgeschickt, Im Schlosse eure Ankunft anzumelden. Du? Was? Ich, ja. Ein Ich, das Wissenschaft Von allen unsern Heimlichkeiten hat, Das Kaͤstchen und die Diamanten kennt, Dem Ich vollkommen gleich, das mit euch spricht. Was fuͤr Erzaͤhlungen? Wahrhaftige. Ich will nicht leben, Herr, beluͤg ich euch. Dies Ich war fruͤher angelangt, als ich, D 2 Und ich war hier, in diesem Fall, mein Seel, Noch eh’ ich angekommen war. Woher entspringt dies Irrgeschwaͤtz? Der Wisch- wasch? Ist’s Traͤumerei? Ist es Betrunkenheit? Gehirnverruͤckung? Oder soll’s ein Scherz sein? Es ist mein voͤll’ger Ernst, Herr, und ihr werdet, Auf Ehrenwort, mir euren Glauben schenken, Wenn ihr so gut sein wollt. Ich schwoͤr’s euch zu, Daß ich, der einfach aus dem Lager ging, Ein Doppelter in Theben eingetroffen; Daß ich mir glotzend hier begegnet bin; Das hier dies eine Ich, das vor euch steht, Vor Muͤdigkeit und Hunger ganz erschoͤpft, Das Andere, das aus dem Hause trat, Frisch, einen Teufelskerl, gefunden hat; Daß diese beiden Schufte eifersuͤchtig Jedweder, euern Auftrag auszurichten, Sofort in Streit geriethen, und daß ich Mich wieder ab ins Lager trollen mußte, Weil ich ein unvernuͤnft’ger Schlingel war. Man muß von meiner Sanftmuth sein, von meiner Friedfertigkeit, von meiner Selbstverlaͤugnung, Um einem Diener solche Sprache zu gestatten. Herr, wenn ihr euch ereifert, schweig ich still. Wir wollen von was Andern sprechen. Gut. Weiter denn. Du siehst, ich maͤß’ge mich. Ich will geduldig bis an’s End’ dich hoͤren. Doch sage mir auf dein Gewissen jetzt, Ob das, was du fuͤr wahr mir geben willst, Wahrscheinlich auch nur auf den Schatten ist. Kann man’s begreifen? reimen? Kann man’s fassen? Behuͤte! Wer verlangt denn das von euch? In’s Tollhaus weis’ ich den, der sagen kann, Daß er von dieser Sache was begreift. Es ist gehauen nicht und nicht gestochen, Ein Vorfall, koboltartig, wie ein Maͤhrchen, Und dennoch ist es, wie das Sonnenlicht. Falls man demnach fuͤnf Sinne hat, wie glaubt man’s. Mein Seel’! Es kostete die groͤßte Pein mir, So gut, wie euch, eh’ ich es glauben lernte. Ich hielt mich fuͤr besessen, als ich mich Hier aufgepflanzt fand laͤrmend auf dem Platze, Und einen Gauner schalt ich lange mich. Jedoch zuletzt erkannt’ ich, mußt’ ich mich, Ein Ich, so wie das Andre, anerkennen. Hier stand’s, als waͤr’ die Luft ein Spiegel vor mir, Ein Wesen voͤllig wie das meinige, Von diesem Anstand, seht, und diesem Wuchse, Zwei Tropfen Wasser sind nicht aͤhnlicher. Ja, waͤr’ es nur geselliger gewesen, Kein solcher muͤrr’scher Grobian, ich koͤnnte, Auf Ehre, sehr damit zufrieden sein. Zu welcher Ueberwindung ich verdammt bin! — Doch endlich, bist du nicht in’s Haus ge- gangen? In’s Haus! Was! Ihr seid gut! Auf welche Weise? Litt ich’s? Hoͤrt ich Vernunft an? Untersagt’ ich Nicht eigensinnig stets die Pforte mir? Wie? Was? Zum Teufel! Wie? Mit einem Stocke, Von dem mein Ruͤcken noch die Spuren traͤgt. So schlug man dich? Und tuͤchtig. Wer — wer schlug dich? Wer unterstand sich das? Ich. Du? Dich schlagen? Mein Seel’, ja, ich! Nicht dieses Ich von hier, Doch das vermaledeite Ich vom Hause, Das wie fuͤnf Ruderknechte schlaͤgt. Ungluͤck verfolge dich, mit mir also zu reden! Ich kann’s euch darthun, Herr, wenn ihr’s be- gehrt. Mein Zeuge, mein glaubwuͤrdiger, ist der Gefaͤhrte meines Mißgeschicks, mein Ruͤcken. — Das Ich, das mich von hier verjagte, stand Im Vortheil gegen mich; es hatte Muth Und zwei geuͤbte Arme, wie ein Fechter. Zum Schlusse. Hast du meine Frau gesprochen? Nein. Nicht! Warum nicht? Ei! Aus guten Gruͤnden. Und wer hat dich, Verraͤther, deine Pflicht Verfehlen lassen? Hund, Nichtswuͤrdiger! Muß ich es zehn und zehnmal wiederholen? Ich, hab’ ich euch gesagt, dies Teufels ich, Das sich der Thuͤre dort bemaͤchtigt hatte; Das Ich, das das allein’ge Ich will sein; Das Ich vom Hause dort, das Ich vom Stocke, Das Ich, das mich halb todt gepruͤgelt hat. Es muß die Bestie getrunken haben, Sich vollends um das Bischen Hirn gebracht. Ich will des Teufels sein, wenn ich heut mehr Als meine Portion getrunken habe. Auf meinen Schwur, mein Seel’, koͤnnt ihr mir glauben. — So hast du dich unmaͤß’gem Schlaf vielleicht Ergeben? — Vielleicht daß dir ein boͤser Traum Den aberwitzgen Vorfall vorgespiegelt. Den du mir hier fuͤr Wirklichkeit erzaͤhlst —? Nichts, nichts von dem. Ich schlief seit gestern nicht Und hatt’ im Wald’ auch gar nicht Lust zu schlafen, Ich war erwacht vollkommen, als ich eintraf, Und sehr erwacht und munter war der and’re Sosias, als er mich so tuͤchtig walkte. Schweig. Was ermuͤd’ ich mein Gehirn? Ich bin Verruͤckt selbst, solchen Wischwasch anzuhoͤren. Unnuͤtzes, marklos-albernes Gewaͤsch, In dem kein Menschensinn ist, und Verstand. Folg’ mir. (für sich.) So ist’s. Weil es aus meinem Munde kommt, Ist’s albern Zeug, nicht werth, daß man es hoͤre. Doch haͤtte sich ein Großer selbst zerwalkt, So wuͤrde man Mirakel schrei’n. Laß mir die Pforte oͤffnen. — Doch was seh ich? Alkmene kommt. Es wird sie uͤberraschen, Denn freilich jetzt erwartet sie mich nicht. Zweite Scene . Alkmene. Charis. Die Vorigen . Komm, meine Charis. Laß den Goͤttern uns Ein Opfer dankbar auf den Altar legen. Laß ihren großen, heil’gen Schutz noch ferner Mich auf den besten Gatten niederflehn. (da sie den Amphitryon erblickt.) O Gott! Amphitryon! Der Himmel gebe, Daß meine Gattin nicht vor mir erschrickt, Nicht fuͤrcht’ ich, daß nach dieser fluͤcht’gen Tren- nung Alkmene minder zaͤrtlich mich empfaͤngt. Als ihr Amphitryon zuruͤckgekehrt. So fruͤh zuruͤck —? Was! dieser Ausruf, Fuͤrwahr, scheint ein zweideutig Zeichen mir, Ob auch die Goͤtter jenen Wunsch erhoͤrt. Dies: „Schon so fruͤh zuruͤck!“ ist der Empfang, Beim Himmel, nein! der heißen Liebe nicht. Ich Thoͤrigter! Ich stand im Wahn, daß mich Der Krieg zu lange schon von hier entfernt; Zu spaͤt, war meine Rechnung, kehrt ich wieder. Doch du belehrst mich, daß ich mich geirrt, Und mit Befremden nehm’ ich wahr, daß ich Ein Ueberlaͤst’ger aus den Wolken falle. Ich weiß nicht — Nein, Alkmene, Verzeih. Mit diesem Worte hast du Wasser Zu meiner Liebe Flammen hingetragen. Du hast, seit ich dir fern, die Sonnenuhr Nicht eines fluͤcht’gen Blicks gewuͤrdigt. Hier ward kein Fluͤgelschlag der Zeit vernommen, Und unter rauschenden Vergnuͤgen sind In diesem Schloß fuͤnf abgezaͤhlte Monden Wie so viel Augenblicke hingeflohn. Ich habe Muͤh’, mein theurer Freund, zu fassen, Worauf du diesen Vorwurf gruͤnden magst. Beklagst du uͤber meine Kaͤlte dich, So siehst du mich verlegen, wie ich dich Befried’gen soll. Ich denke gestern, als Du um die Abenddaͤmmrung mir erschienst, Trug ich die Schuld, an welche du mich mahnst, Aus meinem warmen Busen reichlich ab. Kannst du noch mehr dir wuͤnschen, mehr begeh- ren, So muß ich meine Duͤrftigkeit gestehn: Ich gab dir wirklich Alles, was ich hatte. Wie? Und du fragst noch! Flog ich gestern nicht, Als du mich heimlich auf den Nacken kuͤßtest, Ich spann, in’s Zimmer warst du eingeschlichen, Wie aus der Welt entruͤckt, dir an die Brust? Kann man sich inn’ger des Geliebten freun? Was sagst du mir? Was das fuͤr Fragen sind! Du selber warst unmaͤß’ger Freude voll, Dich so geliebt zu sehn; und als ich lachte, Inzwischen mir die Thraͤne floß, schwurst du Mit seltsam schauerlichen Schwur mir zu, Daß nie die Here so den Jupiter begluͤckt. Ihr ew’gen Goͤtter! D’rauf als der Tag ergluͤhte, Hielt laͤnger dich kein Flehn bei mir zuruͤck. Auch nicht die Sonne wolltest du erwarten. Du gehst, ich werfe mich auf’s Lager nieder, Heiß ist der Morgen, schlummern kann ich nicht, Ich bin bewegt, den Goͤttern will ich opfern, Und auf des Hauses Vorplatz treff ich dich! Ich denke, Auskunft, traun, bist du mir schuldig, Wenn deine Wiederkehr mich uͤberrascht, Bestuͤrzt auch, wenn du willst; nicht aber ist Ein Grund hier, mich zu schelten, mir zu zuͤrnen. Hat mich etwan ein Traum bei dir verkuͤndet, Alkmene? Hast du mich vielleicht im Schlaf Empfangen, daß du waͤhnst, du habest mir Die Forderung der Liebe schon entrichtet? Hat dir ein boͤser Daͤmon das Gedaͤchtniß Geraubt, Amphitryon? hat dir vielleicht Ein Gott den heitern Sinn verwirrt, daß du Die keusche Liebe deiner Gattin, hoͤhnend, Von allem Sittlichen entkleiden willst? Was? Mir wagst du zu sagen, daß ich gestern Hier um die Daͤmm’rung eingeschlichen bin? Das ich dir scherzend auf den Nacken — Teufel! Was? Mir wagst du zu leugnen, daß du gestern Hier um die Daͤmm’rung eingeschlichen bist? Daß du dir jede Freiheit hast erlaubt, Die dem Gemahl mag zustehn uͤber mich? — Du scherzest. Laß zum Ernst uns wieder- kehren, Denn nicht an seinem Platz ist dieser Scherz. Du scherzest. Laß zum Ernst uns wiederkehren, Denn roh ist und empfindlich dieser Scherz. — Ich haͤtte jede Freiheit mir erlaubt, Die dem Gemahl mag zustehn uͤber dich? — War’s nicht so? — Geh, Unedelmuͤthiger! O Himmel! Welch’ ein Schlag trifft mich! So- sias! Mein Freund! E Sie braucht fuͤnf Grane Niesewurz; In ihrem Oberstuͤbchen ist’s nicht richtig. Alkmene! Bei den Goͤttern! du bedenkst nicht, Was dies Gespraͤch fuͤr Folgen haben kann. Besinne dich. Versammle deine Geister. Fortan werd’ ich dir glauben, was du sagst. Was auch daraus erfolgt, Amphitryon, Ich will’s, daß du mir glaubst, du sollst mich nicht So unanstaͤnd’gen Scherzes faͤhig waͤhnen. Sehr ruhig siehst du um den Ausgang mich. Kannst du im Ernst ins Angesicht mir laͤugnen, Daß du im Schlosse gestern dich gezeigt, Falls nicht die Goͤtter fuͤrchterlich dich straften, Gilt jeder andre schnoͤde Grund mir gleich. Den innern Frieden kannst du mir nicht stoͤren, Und auch die Meinung, hoff’ ich, nicht der Welt: Den Riß bloß werd’ ich in der Brust empfinden, Daß mich der Liebste grausam kraͤnken will. Ungluͤckliche! Welch eine Sprach’! — Und auch Schon die Beweise hast du dir gefunden? Ist es erhoͤrt? die ganze Dienerschaft Ist, dieses Schlosses, Zeuge mir; es wuͤrden Die Steine mir, die du betrat’st, die Baͤume, Die Hunde, die deine Knie umwedelten, Von dir mir Zeugniß reden, wenn sie koͤnnten. Die ganze Dienerschaft? Es ist nicht moͤglich! Soll ich, du Unbegreiflicher, dir den Beweis jetzt geben, den entscheidenden? Von wem empfing ich diesen Guͤrtel hier? Was einen Guͤrtel? du? Bereits? Von mir? Das Diadem, sprachst du, des Labdakus, Den du gefaͤllt hast in der letzten Schlacht. E 2 Verraͤther dort! Was soll ich davon denken? Laßt mich gewaͤhren. Das sind schlechte Kniffe, Das Diadem halt’ ich mit meinen Haͤnden. Wo? Hier. (er zieht ein Kästchen aus der Tasche.) Das Siegel ist noch unverletzt! (er betrachtet den Gürtel an Alkmenes Brust.) Und gleichwohl — truͤgen mich nicht alle Sinne — (zu Sosias.) Schnell oͤffne mir das Schloß. Mein Seel, der Platz ist leer. Der Teufel hat es wegstipitzt, es ist Kein Diadem des Labdakus zu finden. O ihr allmaͤcht’gen Goͤtter, die die Welt Regieren! Was habt ihr uͤber mich verhaͤngt? Was uͤber euch verhaͤngt ist? Ihr seid doppelt, Amphitryon vom Stock ist hier gewesen, Und gluͤcklich schaͤtz’ ich euch, bei Gott — Schweig Schlingel! (zu Charis.) Was kann in aller Welt ihn so bewegen? Warum ergreift Bestuͤrzung ihn, Entgeisterung, Bei dieses Steines Anblick, den er kennt? Ich habe sonst von Wundern schon gehoͤrt, Von unnatuͤrlichen Erscheinungen, die sich Aus einer andern Welt hieher verliehren; Doch heute knuͤpft der Faden sich von jenseits An meine Ehre und erdrosselt sie. (zu Amphitryon.) Nach diesem Zeugniß, sonderbarer Freund, Wirst du noch laͤugnen, daß du mir erschienst Und daß ich meine Schuld schon abgetragen? Nein; doch du wirst den Hergang mir erzaͤhlen. Amphitryon! Du hoͤrst, ich zweifle nicht. Man kann dem Diadem nicht widersprechen. Gewisse Gruͤnde lassen bloß mich wuͤnschen, Daß du umstaͤndlich die Geschichte mir Von meinem Aufenthalt im Schloß erzaͤhlst. Mein Freund, du bist doch krank nicht? Krank — krank nicht. Vielleicht daß eine Sorge dir des Krieges Den Kopf beschwert, dir, die zudringliche, Des Geistes heitre Thaͤtigkeit befangen? — Wahr ist’s. Ich fuͤhle mir den Kopf benommen. Komm, ruhe dich ein wenig aus. Laß mich. Es draͤngt nicht. Wie gesagt, es ist mein Wunsch, Eh’ ich das Haus betrete, den Bericht Von dieser Ankunft gestern — anzuhoͤren. Die Sach’ ist kurz. Der Abend daͤmmerte, Ich saß in meiner Klaus’ und spann, und traͤumte Bei dem Geraͤusch der Spindel mich ins Feld, Mich unter Krieger, Waffen hin, als ich Ein Jauchzen an der fernen Pforte hoͤrte. Wer jauchzte? Unsre Leute. Nun? Es fiel Mir wieder aus dem Sinn, auch nicht im Traume Gedacht’ ich noch, welch’ eine Freude mir Die guten Goͤtter aufgespart, und eben Nahm ich den Faden wieder auf, als es Jetzt zuckend mir durch alle Glieder fuhr. Ich weiß. Du weißt es schon. Darauf? Darauf Ward viel geplaudert, viel gescherzt, und stets Verfolgten sich und kreuzten sich die Fragen. Wir setzten uns — und jetzt erzaͤhltest du Mit kriegerischer Rede mir, was bei Pharissa juͤngst geschehn, mir von dem Labdakus, Und wie er in die ew’ge Nacht gesunken — und jeden blut’gen Auftritt des Gefechts. Drauf — ward das praͤcht’ge Diadem mir zum Geschenk, das einen Kuß mich kostete; Viel bei dem Schein der Kerze ward’s betrachtet — Und einem Guͤrtel gleich verband ich es, Den deine Hand mir um den Busen schlang. (für sich.) Kann man, frag’ ich, den Dolch lebhafter fuͤhlen? Jetzt ward das Abendessen aufgetragen, Doch weder du noch ich beschaͤftigten Uns mit dem Ortolan, der vor uns stand, Noch mit der Flasche viel, du sagtest scherzend, Daß du von meiner Liebe Nektar lebtest, Du seist ein Gott, und was die Lust dir sonst, Die ausgelass’ne, in den Mund dir legte. — Die ausgelass’ne in den Mund mir legte! — Ja, in den Mund dir legte. Nun — hier- auf — Warum so finster, Freund? Hierauf jetzt —? Standen Wir von der Tafel auf; und nun — Und nun? Nachdem wir von der Tafel aufgestanden — Nachdem ihr von der Tafel aufgestanden — So gingen — Ginget — Gingen wir — — — nun ja! Warum steigt solche Roͤth’ in’s Antlitz dir? O dieser Dolch, er trifft das Leben mir! Nein, Nein, Verraͤtherin, ich war es nicht! Und wer sich gestern um die Daͤmmerung Hier eingeschlichen als Amphitryon, War der nichtswuͤrdigste der Lotterbuben! Abscheulicher! Treulose! Undankbare! — Fahr hin jetzt Maͤßigung, und du, die mir Bisher der Ehre Fordrung laͤhmtest, Liebe, Erinnerung fahrt, und Gluͤck und Hoffnung hin, Fortan in Wuth und Rache will ich schwelgen. Fahr hin auch du, unedelmuͤth’ger Gatte, Es reißt das Herz sich blutend von dir los. Abscheulich ist der Kunstgriff, er empoͤrt mich. Wenn du dich einer Andern zugewendet, Bezwungen durch der Liebe Pfeil, es haͤtte Dein Wunsch, mir wuͤrdig selbst vertraut, so schnell dich Als diese feige List zum Ziel gefuͤhrt. Du siehst entschlossen mich das Band zu loͤsen, Das deine wankelmuͤth’ge Seele druͤckt; Und ehe noch der Abend sich verkuͤndet, Bist du befreit von Allem, was dich bindet. Schmachvoll, wie die Beleid’gung ist, die sich Mir zugefuͤgt, ist dies das Mindeste, Was meine Ehre blutend fordern kann. Daß ein Betrug vorhanden ist, ist klar, Wenn meine Sinn’ auch das fluchwuͤrdige Gewebe noch nicht fassen. Zeugen doch Jetzt ruf’ ich, die es mir zerreißen sollen. Ich rufe deinen Bruder mir, die Feldherrn, Das ganze Heer mir der Thebaner auf, Aus deren Mitt’ ich eher nicht gewichen, Als mit des heut’gen Morgens Daͤmmerstrahl. Dann werd’ ich auf des Raͤthsels Grund gelangen, Und Wehe! ruf’ ich, wer mich hintergangen! Herr, soll ich etwa —? Schweig, ich will nichts wissen. Du bleibst, und harrst auf diesem Platze mein. (ab.) Befehlt ihr Fuͤrstin? Schweig, ich will nichts wissen, Verfolg mich nicht, ich will ganz einsam sein. (ab.) Dritte Scene . Charis. Sosias . Was das mir fuͤr ein Auftritt war! Er ist Verruͤckt, wenn er behaupten kann, daß er Im Lager die verfloß’ne Nacht geschlafen. — Nun wenn der Bruder kommt, so wird sich’s zeigen. Dies ist ein harter Schlag fuͤr meinen Herrn. — Ob mir wohl etwas Aehnliches beschert ist? Ich muß ein wenig auf den Strauch ihr klopfen. (für sich.) Was giebt’s? Er hat die Unverschaͤmtheit dort, Mir maulend noch den Ruͤcken zuzukehren. Es laͤuft, mein Seel, mir uͤbern Ruͤcken, da ich Den Punkt, den kitzlichen, beruͤhren soll. Ich moͤchte fast den Vorwitz bleiben lassen, Zuletzt ist’s doch so lang wie breit, Wenn man’s nur mit dem Licht nicht unter- sucht. — Frisch auf, der Wurf soll gelten, wissen muß ich’s! — Helf dir der Himmel Charis! Was? du nahst mir noch, Verraͤther? Was? du hast die Unverschaͤmtheit, Da ich dir zuͤrne, keck mich anzureden? Nun, ihr gerechten Goͤtter, sag, was hast denn du? Man gruͤßt sich doch, wenn man sich wieder sieht. Wie du gleich uͤber nichts die Fletten straͤubst. Was nennst du uͤber nichts? Was nennst du nichts? Was nennst du uͤber nichts? Unwuͤrd’ger! Was? Ich nenne nichts, die Wahrheit dir zu sagen, Was nichts in Prosa wie in Versen heißt, Und nichts, du weißt, ist ohngefaͤhr so viel, Wie nichts, versteh mich, oder nur sehr wenig. — Wenn ich nur wuͤßte, was die Haͤnde mir Gebunden haͤlt. Es kribbelt mir, daß ich’s Kaum maͤß’ge, dir die Augen auszukratzen, Und was ein wuͤthend Weib ist, dir zu zeigen. Ei, so bewahr’ der Himmel mich, was fuͤr ein Anfall! Nichts also nennst du, nichts mir das Verfahren, Das du dir schamlos gegen mich erlaubt? Was denn erlaubt ich mir? Was ist geschehn? Was mir geschehn? Ei seht! Den Unbefan- genen! Er wird mir jetzo, wie sein Herr, behaupten, Daß er noch gar in Theben nicht gewesen. Was das betrifft, mein Seel! Da sag’ ich dir, Daß ich nicht den Geheimnißvollen spiele. Wir haben einen Teufelswein getrunken, Der die Gedanken rein uns weggespuͤlt. Meinst du, mit diesem Pfiff mir zu entkommen? Nein Charis. Auf mein Wort. Ich will ein Schuft sein, Wenn ich nicht gestern schon hier angekommen. Doch weiß ich nichts von allem, was geschehn, Die ganze Welt war mir ein Dudelsack. Du wuͤßtest nicht mehr, wie du mich behandelt, Da gestern Abend du ins Haus getreten? Der Henker hol’ es! Nicht viel mehr, als nichts. Erzaͤhl’s, ich bin ein gutes Haus, du weißt, F Ich werd’ mich selbst verdammen, wenn ich fehlte. Unwuͤrdiger! Es war schon Mitternacht, Und laͤngst das junge Fuͤrstenpaar zur Ruhe, Als du noch immer in Amphitryons Gemaͤchern weiltest, deine Wohnung noch Mit keinem Blick gesehn. Es muß zuletzt Dein Weib sich selber auf die Struͤmpfe machen, Dich aufzusuchen, und was find’ ich jetzt? Wo find’ ich jetzt dich, Pflichtvergessener? Hin auf ein Kissen find’ ich dich gestreckt. Als ob du, wie zu Haus’, hier hingehoͤrtest. Auf meine zartbekuͤmmerte Beschwerde, Hat dies dein Herr, Amphitryon, befohlen, Du sollst die Reisestunde nicht verschlafen, Er denke fruͤh von Theben aufzubrechen, Und was dergleichen faule Fische mehr. Kein Wort, kein freundliches, von deinen Lippen. Und da ich jetzt mich niederbeuge, liebend, Zu einem Kusse, wendest du, Hallunke, Der Wand dich zu, ich soll dich schlafen lassen. Brav, alter, ehrlicher Sosias! Was? Ich glaube gar du lobst dich noch? Du lobst dich? Mein Seel, du mußt es mir zu Gute halten. Ich hatte Meerrettig gegessen, Charis, Und hatte Recht, den Athem abzuwenden. Ei was! Ich haͤtte nichts davon gespuͤrt, Wir hatten auch zu Mittag Meerrettig. Mein Seel. Das wußt’ ich nicht. Man merkt’s dann nicht. Du koͤmmst mit diesen Schlichen mir nicht durch. Fruͤh oder spaͤt wird die Verachtung sich, Mit der ich mich behandelt sehe, raͤchen. F 2 Es wurmt mich, ich verwind’ es nicht, was ich Beim Anbruch hier des Tages hoͤren mußte, Und ich benutze dir die Freiheit noch, Die du mir gabst, so wahr ich ehrlich hin. Welch’ eine Freiheit hab’ ich dir gegeben? Du sagtest mir und warst sehr wohl bei Sinnen, Daß dich ein Hoͤrnerschmuck nicht kuͤmmern wuͤrde, Ja daß du sehr zufrieden waͤrst, wenn ich Mit dem Thebaner mir die Zeit vertriebe, Der hier, du weißt’s, mir auf der Faͤhrte schleicht. Wohlan, mein Freund, dein Wille soll geschehn. Das hat ein Esel dir gesagt, nicht ich. Spaß hier bei Seit. Davon sag ich mich los. Du wirst in diesem Stuͤck vernuͤnftig seyn. Kann ich es gleichwohl uͤber mich gewinnen? Still jetzt, Alkmene kommt, die Fuͤrstin. Vierte Scene . Alkmene. Die Vorigen . Charis! Was ist mir, Ungluͤcksel’gen, widerfahren? Was ist geschehn mir, sprich? Sieh dieses Kleinod. Was ist dies fuͤr ein Kleinod, meine Fuͤrstin? Das Diadem ist es, des Labdakus, Das theure Prachtgeschenk Amphitryons, Worauf sein Namenszug gegraben ist. Dies? Dies das Diadem des Labdakus? Hier ist kein Namenszug Amphitryons. Unseelige, so bist du sinnberaubt? Hier stuͤnde nicht, daß man’s mit Fingern laͤse, Mit großem, goldgegrabnen Zug ein A? Gewiß nicht, beste Fuͤrstin. Welch ein Wahn? Hier steht ein andres fremdes Anfangszeichen. Hier steht ein J. Ein J? Ein J. Man irrt nicht. Weh mir sodann! Weh mir! Ich bin verloren. Was ist’s, erklaͤrt mir, das euch so bewegt? Wie soll ich Worte finden, meine Charis, Das Unerklaͤrliche dir zu erklaͤren? Da ich bestuͤrzt mein Zimmer wieder finde, Nicht wissend, ob ich wache, ob ich traͤume, Wenn sich die rasende Behauptung wagt, Daß mir ein Anderer erschienen sei; Da ich gleichwohl den heißen Schmerz erwaͤg’ Amphitryons, und dies sein letztes Wort, Er geh’ den eig’nen Bruder, denke dir! Den Bruder wider mich zum Zeugniß aufzuru- fen; Da ich jetzt frage, hast du wohl geirrt? Denn Einen aͤfft der Irrthum doch von beiden, Nicht ich, nicht er, sind einer Tuͤcke faͤhig; Und jener doppelsinn’ge Scherz mir jetzt Durch das Gedaͤchtniß zuckt, da der Geliebte, Amphitryon, ich weiß nicht, ob du’s hoͤrtest, Mir auf Amphitryon den Gatten schmaͤhte, Wie Schaudern jetzt, Entsetzen mich ergreift Und alle Sinne treulos von mir weichen, — Fass’ ich, o du Geliebte, diesen Stein, Das einzig, unschaͤtzbare, theure Pfand, Das ganz untruͤglich mir zum Zeugniß dient. Jetzt fass’ ich’s, will den werthen Namenszug, Des lieben Luͤgners eignen Widersacher, Bewegt an die entzuͤckten Lippen druͤcken: Und einen andern fremden Zug erblick’ ich, Und wie vom Blitz steh’ ich geruͤhrt — ein J! Entsetzlich? solltet ihr getaͤuscht euch haben? Ich mich getaͤuscht! Hier in dem Zuge, mein ich. Ja in dem Zug meinst du — so scheint es fast. Und also —? Was und also —? Beruhigt euch. Es wird noch Alles sich zum Guten wenden. O Charis! — Eh will ich irren in mir selbst! Eh’ will ich dieses innerste Gefuͤhl, Das ich am Mutterbusen eingesogen, Und das mir sagt, daß ich Alkmene bin, Fuͤr einen Parther oder Perser halten. Ist diese Hand mein? Diese Brust hier mein? Gehoͤrt das Bild mir, das der Spiegel strahlt? Er waͤre fremder mir, als ich! Nimm mir Das Aug’, so hoͤr’ ich ihn; das Ohr, ich fuͤhl ihn; Mir das Gefuͤhl hinweg, ich athm’ ihn noch; Nimm Aug’ und Ohr, Gefuͤhl mir und Ge- ruch, Mir alle Sinn’ und goͤnne mir das Herz: So laͤßt du mir die Glocke, die ich brauche, Aus einer Welt noch find’ ich ihn heraus. Gewiß! Wie konnt’ ich auch nur zweifeln, Fuͤrstin? Wie koͤnnt’ ein Weib in solchem Falle irren? Man nimmt ein falsches Kleid, ein Hausge- raͤth, Doch einen Mann greift man im Finstern. Zudem, ist er uns Allen nicht erschienen? Empfing ihn freudig an der Pforte nicht Das ganze Hofgesind’, als er erschien? Tag war es noch, hier muͤßten tausend Au- gen Mit Mitternacht bedeckt gewesen sein. Und gleichwohl dieser wunderliche Zug! Warum fiel solch’ ein fremdes Zeichen mir, Das kein verletzter Sinn verwechseln kann, Warum nicht auf den ersten Blick mir auf? Wenn ich zwei solche Namen, liebste Charis, Nicht unterscheiden kann, sprich, koͤnnen sie Zwei Fuͤhrern, ist es moͤglich, eigen sein, Die leichter nicht zu unterscheiden waͤren? Ihr seid doch sicher, hoff’ ich, beste Fuͤr- stin? — Wie meiner reinen Seele! Meiner Unschuld! Du muͤßtest denn die Regung mir misdeuten, Daß ich ihn schoͤner niemals fand, als heut. Ich haͤtte fuͤr sein Bild ihn halten koͤnnen, Fuͤr sein Gemaͤhlde, sieh, von Kuͤnstlershand, Dem Leben treu, in’s Goͤttliche verzeichnet. Er stand, ich weiß nicht, vor mir, wie im Traum, Und ein unsaͤgliches Gefuͤhl ergriff Mich meines Gluͤcks, wie ich es nie empfunden, Als er mir strahlend, wie in Glorie, gestern Der hohe Sieger von Pharissa nahte. Er war’s, Amphitryon, der Goͤttersohn! Nur schien er selber Einer schon mir der Verherrlichten, ich haͤtt’ ihn fragen moͤgen, Ob er mir aus den Sternen niederstiege. Einbildung, Fuͤrstin, das Gesicht der Liebe. Ach, und der doppeldeut’ge Scherz, o Charis Der immer wiederkehrend zwischen ihm Und dem Amphitryon mir unterschied. War er’s, dem ich zu eigen mich gegeben, Warum stets den Geliebten nennt’ er sich, Den Dieb nur, welcher bei mir nascht? Fluch mir, Die ich leichtsinnig diesem Scherz gelaͤchelt, Kam er mir aus des Gatten Munde nicht. Quaͤlt euch mit uͤbereiltem Zweifel nicht. Hat nicht Amphitryon den Zug selbst anerkannt? Als ihr ihm heut das Diadem gezeigt? Gewiß, hier ist ein Irrthum, beste Fuͤrstin. Wenn dieses fremde Zeichen ihn nicht irrte, So folgt, daß es dem Steine eigen ist, Und Wahn hat gestern uns getaͤuscht, geblen- det; Doch heut ist Alles, wie es soll. Und wenn er’s fluͤchtig nur betrachtet haͤtte, Und jetzt mit allen Feldherr’n wiederkehrte, Und die Behauptung rasend wiederholte, Daß er die Schwelle noch des Hauses nicht be- trat! Nicht nur entbloͤßt bin ich von jedem Zeugniß, Ein Zeugniß wider mich ist dieser Stein. Was kann ich, ich Verwirrte, dem entgegnen? Wohin rett’ ich vor Schmerz mich, vor Vernich- tung, Wenn der Verdacht der Maͤnner ihn gepruͤft? Muß ich nicht eingestehn, daß dieser Zug Der Namenszug nicht des Amphitryon? Nicht eingestehn, daß ein Geschenk mir nicht Mit fremden Zeichen von ihm kommen kann? Ja, schwoͤr’ ich auf den Altar gleich, daß er Mir das Gestein selbst gestern uͤberreicht, Bin ich wohl sicher, sprich, daß ich auch gestern Das Zeichen , das hier steht, von ihm empfing? Faßt euch. Hier ist er selbst. Jetzt wird sich’s loͤsen. Fuͤnfte Scene . Jupiter. Die Vorigen . Mein Herr und mein Gemahl! Vergoͤnne mir, Daß ich dir knieend dieses Kleinod reiche. Ich lege treu mein Leben dir zu Fuͤßen, Hast du mir diesen Stein, betracht’ ihn wohl, Mit eines fremden Nahmens Zug gegeben, So kuͤß’ ich ihn vor Lust und wein’ auf ihn; Gabst du ihn nicht, und laͤugnest du ihn mir, Verlaͤugnest ihn, so sei der Tod mein Loos Und ew’ge Nacht begrabe meine Schmach. Mein schoͤnes Weib! Werd’ ich den Stein ergrei- fen, Da solch ein Werth vor mir im Staube liegt. Erhebe dich. Was willst du? Fasse dich. Mein zuversichtlich Wort hat dich beleidigt, Ich fuͤhlte damals schuldlos mich und stark. Doch seit ich diesen fremden Zug erblickt, Will ich dem innersten Gefuͤhl mistrauen: Ich glaub’s — daß mir — ein Anderer — er- schienen, Wenn es dein Mund mir noch versichern kann. Mein großes Weib! Wie sehr beschaͤmst du mich. Welch’ eine Luͤg’ ist deiner Lipp’ entflohen? Wie koͤnnte dir ein Anderer erscheinen? Wer nahet dir, o du, vor deren Seele Nur stets des Ein — und Ein’gen Zuͤge stehn? Du bist, du Heilige, vor jedem Zutritt Mit diamantnem Guͤrtel angethan. Auch selbst der Gluͤckliche, den du empfaͤngst Entlaͤßt dich schuldlos noch und rein, und Alles, Was sich dir nahet, ist Amphitryon. O mein Gemahl! Kannst du mir guͤtig sagen, Warst du’s, warst du es nicht? O sprich! du warst’s! Ich war’s. Sei’s wer es wolle. Sei — sei ruhig, Was du gesehn, gefuͤhlt, gedacht, empfunden, War ich: wer waͤre außer mir, Geliebte? Wer deine Schwelle auch betreten hat, Mich immer hast du, theuerste, empfangen, Und fuͤr jedwede Gunst, die du ihm schenktest, Bin ich dein Schuldner, und ich danke dir. Nein, mein Amphitryon, hier irrst du dich. Jetzt lebe wohl auf ewig, du Geliebter, Auf diesen Fall war ich gefaßt. Alkmene! Leb’ wohl! Leb’ wohl! Was denkst du? Fort, fort, fort — Mein Augenstern! Geh, sag’ ich. Hoͤre mich. Ich will nichts hoͤren, leben will ich nicht, Wenn nicht mein Busen mehr unstraͤflich ist. Mein angebetet Weib, was sprichst du da? Was koͤnntest du, du Heilige, verbrechen? Und waͤr ein Teufel gestern dir erschienen, Und haͤtt’ er Schlamm der Suͤnd, durchgeiferten, Aus Hoͤllentiefen uͤber dich geworfen, Den Glanz von meines Weibes Busen nicht Mit einem Mackel fleckt er! Welch ein Wahn! Ich Schaͤndlich-hintergangene! G Er war Der Hintergangene, mein Abgott! Ihn Hat seine boͤse Kunst, nicht dich getaͤuscht, Nicht dein unfehlbares Gefuͤhl! Wenn er In seinem Arm dich waͤhnte, lagst du an Amphitryons geliebter Brust, wenn er Von Kuͤssen traͤumte, druͤcktest du die Lippe Auf des Amphitryon geliebten Mund. O einen Stachel traͤgt er, glaub’ es mir, Den aus dem liebegluͤh’nden Busen ihm Die ganze Goͤtterkunst nicht reißen kann. Daß ihn Zevs mir zu Fuͤßen niederstuͤrzte! O Gott! Wir muͤssen uns auf ewig trennen. Mich fester hat der Kuß, den du ihm schenktest, Als alle Lieb’ an dich, die je fuͤr mich Aus deinem Busen loderte, geknuͤpft. Und koͤnnt’ ich aus der Tage flieh’ndem Reigen Den gestrigen, sieh, liebste Frau, so leicht Wie eine Dohl’ aus Luͤften niederstuͤrzen, Nicht um olympsche Seligkeit wollt’ ich, Um Zevs unsterblich Leben, es nicht thun. Und ich, zehn Toden reicht’ ich meine Brust. Geh’! Nicht in deinem Haus’ siehst du mich wieder. Du zeigst mich keiner Frau in Hellas mehr. Dem ganzen Kreise der Olympischen, Alkmene! — Welch ein Wort? Dich in die Schaar Glanzwerfend aller Goͤtter fuͤhr ich ein. Und waͤr’ ich Zevs, wenn du dem Reigen nahtest, Die ew’ge Here muͤßte vor dir aufstehn, Und Artemis, die strenge, dich begruͤßen. Geh, deine Guͤt’ erdruͤckt mich. Laß mich fliehn. Alkmene! G 2 Laß mich. Meiner Seelen Weib! Amphitryon, du hoͤrst’s! Ich will jetzt fort. Meinst du, dich diesem Arme zu entwinden? Amphitryon, ich will’s, du sollst mich lassen. Und floͤh’st du uͤber ferne Laͤnder hin, Dem scheußlichen Geschlecht der Wuͤste zu, Bis an den Strand des Meeres folgt’ ich dir, Ereilte dich, und kuͤßte dich, und weinte, Und hoͤbe dich in Armen auf, und truͤge Dich im Triumph zu meinem Bett zuruͤck. Nun dann, weil du’s so willst, so schwoͤr’ ich dir, Und rufe mir der Goͤtter ganze Schaar, Des Meineids fuͤrchterliche Raͤcher auf: Eh’ will ich meiner Gruft, als diesen Busen, So lang’ er athmet, deinem Bette nahn. Den Eid, kraft angebohrner Macht, zerbrech’ ich Und seine Stuͤcken werf’ ich in die Luͤfte. Es war kein Sterblicher, der dir erschienen, Zevs selbst, der Donnergott, hat dich besucht. Wer? Jupiter. Wer, Rasender, sagst du? Er, Jupiter, sag’ ich. Er Jupiter? Du wagst, Elender —? Jupiter sagt’ ich, Und wiederhol’s. Kein anderer, als er, Ist in verflossner Nacht erschienen dir. Du zeih’st, du wagst es, die Olympischen Des Frevels, Gottvergess’ner, der veruͤbt ward? Ich zeihe Frevels die Olympischen? Laß solch’ ein Wort nicht, Unbesonnene, Aus deinem Mund mich wieder hoͤren. Ich solch’ ein Wort nicht mehr —? Nicht Fre- vel waͤr’s —? Schweig, sag ich, ich befehl’s. Verlohrner Mensch! Wenn du empfindlich fuͤr den Ruhm nicht bist, Zu den Unsterblichen die Staffel zu ersteigen, Bin ich’s: und du vergoͤnnst mir, es zu sein. Wenn du Kallisto nicht, die herrliche, Europa auch und Leda nicht beneidest, Wohlan, ich sag’s, ich neide Tyndarus, Und wuͤnsche Soͤhne mir, wie Tyndariden. Ob ich Kallisto auch beneid’? Europa? Die Frauen, die verherrlichten, in Hellas? Die hohen Auserwaͤhlten Jupiters? Bewohnerinnen ew’gen Aetherreichs? Gewiß! Was solltest du sie auch beneiden? Du, die gesaͤttigt voͤllig von dem Ruhm, Den einen Sterblichen zu Fuͤßen dir zu sehn. Was das fuͤr unerhoͤrte Reden sind! Darf ich auch den Gedanken nur mir goͤnnen? Wuͤrd’ ich vor solchem Glanze nicht versinken? Wuͤrd’ ich, waͤr’ er’s gewesen, noch das Leben In diesem warmen Busen freudig fuͤhlen? Ich, solcher Gnad’ Unwuͤrd’g’? Ich, Suͤn- derin? Ob du der Gnade werth, ob nicht, koͤmmt nicht Zu pruͤfen dir zu. Du wirst uͤber dich, Wie er dich wuͤrdiget, ergehen lassen. Du unternimmst, Kurzsicht’ge, ihn zu meistern, Ihn, der der Menschen Herzen kennt? Gut, gut, Amphitryon. Ich verstehe dich, Und deine Großmuth ruͤhrt mich bis zu Thraͤnen, Du hast dies Wort, ich weiß es, hingeworfen, Mich zu zerstreun — doch meine Seele kehrt Zu ihrem Schmerzgedanken wiederum zuruͤck. Geh du, mein lieber Liebling, geh’, mein Alles, Und find’ ein andres Weib dir, und sei gluͤcklich, Und laß des Lebens Tage mich durchweinen, Daß ich dich nicht begluͤcken darf. Mein theures Weib! Wie ruͤhrst du mich? Sieh doch den Stein, den du in Haͤnden haͤltst. Ihr Himmlischen, schuͤtzt mich vor Wahn! Ist’s nicht sein Nam. Und war’s nicht gestern meiner? Ist hier nicht Wunder Alles, was sich zeigt? Hielt ich nicht heut dies Diadem noch in Versiegeltem Behaͤltniß eingeschlossen? Und da ich’s oͤffne, dir den Schmuck zu reichen, Find’ ich die leere Spur nicht in der Wolle? Seh’ ich’s nicht glaͤnzend an der Brust dir schon? So soll’s die Seele denken? Jupiter? Der Goͤtter ew’ger, und der Menschen, Vater? Wer koͤnnte dir die augenblickliche Goldwaage der Empfindung so betruͤgen? Wer so die Seele dir, die weibliche, Die so vielgliedrig fuͤhlend um sich greift, So wie das Glockenspiel der Brust umgehn, Das von dem Athem lispelnd schon erklingt? Er selber! Er! Nur die Allmaͤcht’gen moͤgen So dreist, wie dieser Fremdling, dich besuchen, Und solcher Nebenbuhler triumphir’ ich! Gern mag ich sehn, wenn die Allwissenden Den Weg’ zu deinem Herzen finden, gern. Wenn die Allgegenwaͤrtigen dir nahn: Und muͤssen nicht sie selber noch, Geliebte, Amphitryon sein, und seine Zuͤge stehlen, Wenn deine Seele sie empfangen soll? Nun ja. (sie küßt ihn) Du himmlische! Wie gluͤcklich bin ich! Und o wie gern, wie gern noch bin ich gluͤcklich! Wie gern will ich den Schmerz empfunden haben, Den Jupiter mir zugefuͤgt, Bleibt mir nur Alles freundlich wie es war. Soll ich dir sagen, was ich denke? Nun? Und was, wenn Offenbarung uns nicht wird, So gar geneigt zu glauben ich mich fuͤhle? Nun? Und? du machst mir bang — Wie, wenn du seinen Unwillen — Du erschrickst dich nicht, gereizt? Ihn? Ich? gereizt? Ist er dir wohl vorhanden? Nimmst du die Welt, sein großes Werk, wohl wahr? Siehst du ihn in der Abendroͤthe Schimmer, Wenn sie durch schweigende Gebuͤsche faͤllt? Hoͤrst du ihn beim Gesaͤusel der Gewaͤsser, Und bei dem Schlag der uͤpp’gen Nachtigall? Verkuͤndet nicht umsonst der Berg ihn dir Gethuͤrmt gen Himmel, nicht umsonst ihn dir, Der felszerstiebten Katarakten Fall? Wenn hoch die Sonn’ in seinen Tempel strahlt Und von der Freude Pulsschlag eingelaͤutet, Ihn alle Gattungen Erschaff’ner preisen, Steigst du nicht in des Herzens Schacht hinab Und betest deinen Goͤtzen an? Entsetzlicher! Was sprichst du da? Kann man Ihn froͤmmer auch, und kindlicher, verehren? Vergluͤht ein Tag, daß ich an seinem Altar Nicht fuͤr mein Leben dankend, und dies Herz, Fuͤr dich auch du Geliebter, niedersaͤnke? Warf ich nicht juͤngst noch in gestirnter Nacht Das Antlitz tief, inbruͤnstig, vor ihm nieder, Anbetung, gluͤh’nd, wie Opferdampf, gen Himmel Aus dem Gebrodel des Gefuͤhls entsendend? Weshalb warfst du auf’s Antlitz dich? — War’s nicht, Weil in des Blitzes zuckender Verzeichnung Du einen wohlbekannten Zug erkannt? Mensch! Schauerlicher! Woher weißt du das? Wer ist’s, dem du an seinem Altar betest? Ist er’s dir wohl, der uͤber Wolken ist? Kann dein befangner Sinn ihn wohl erfassen? Kann dein Gefuͤhl, an seinem Nest gewoͤhnt, Zu solchem Fluge wohl die Schwingen wagen. Ist’s nicht Amphitryon, der Geliebte stets, Vor welchem du im Staube liegst? Ach, ich Unseel’ge, wie verwirrst du mich. Kann man auch Unwillkuͤhrliches verschulden? Soll ich zur weißen Wand des Marmors beten? Ich brauche Zuͤge nun, um ihn zu denken. Sieh’st du? Sagt’ ich es nicht? Und meinst du nicht, daß solche Abgoͤtterei ihn kraͤnkt? Wird er wohl gern Dein schoͤnes Herz entbehren? Nicht auch gern Von dir sich innig angebetet fuͤhlen? Ach, freilich wird er das. Wo ist der Suͤnder, Dess’ Huld’gung nicht den Goͤttern angenehm. Gewiß! Er kam, wenn er dir niederstieg, Dir nur, um dich zu zwingen ihn zu denken, Um sich an dir, Vergessenen, zu raͤchen . Entsetzlich! Fuͤrchte nichts. Er straft nicht mehr dich, Als du verdient. Doch kuͤnftig wirst du immer Nur ihn, versteh’, der dir zu Nacht erschien, An seinem Altar denken, und nicht mich. Wohlan! Ich schwoͤr’s dir heilig zu! Ich weiß Auf jede Miene, wie er ausgesehn, Und werd’ ihn nicht mit dir verwechseln. Das thu’. Sonst wagst du, daß er wiederkoͤmmt. So oft du seinen Namenszug erblickst, Dem Diadem verzeichnet, wirst du seiner Erscheinung auf das Innigste gedenken; Dich der Begebenheit auf jeden Zug erinnern; Erinnern, wie vor dem Unsterblichen Der Schreck am Rocken dich durchzuckt; wie du Das Kleinod von ihm eingetauscht; wer dir Beim Guͤrten huͤlfreich war, und was Beim Ortolan geschehn. Und stoͤrt dein Gatte dich, So bittest du ihn freundlich, daß er dich Auf eine Stunde selbst dir uͤberlasse. Gut, gut, du sollst mit mir zufrieden sein. Es soll in jeder ersten Morgenstunde. Auch kein Gedanke fuͤrder an dich denken: Jedoch nachher vergess’ ich Jupiter. Wenn also jetzt in seinem vollen Glanze, Geruͤhrt durch so viel Besserung, Der ew’g’ Erschuͤtterer der Wolken sich dir zeigte. Geliebte! sprich, wie wuͤrdest du dich fassen? Ach, der furchtbare Augenblick! haͤtt’ ich Doch immer ihn gedacht nur beim Altar, Da er so wenig von dir unterschieden. Du sahst noch sein unsterblich Antlitz nicht, Alkmene. Ach, es wird das Herz vor ihm In tausendfacher Seeligkeit dir aufgehn. Was du ihm fuͤhlen wirst, wird Glut dir duͤnken, Und Eis, was du Amphitryon empfindest. Ja, wenn er deine Seele jetzt beruͤhrte, Und zum Olymp nun scheidend wiederkehrt, So wirst du das Unglaubliche erfahren, Und weinen, daß du ihm nicht folgen darfst. Nein, nein, das glaube nicht, Amphitryon. Und koͤnnt’ ich einen Tag zuruͤcke leben, Und mich vor allen Goͤttern und Heroen In meine Klause riegelfest verschließen, So willigt’ ich — Wahrhaftig? thaͤtst du das? So willigt’ ich von ganzem Herzen ein. (für sich.) Verflucht der Wahn, der mich hieher gelockt! Was ist dir? zuͤrn’st du? Kraͤnkt’ ich dich, Ge- liebter? Du wolltest ihm, mein frommes Kind, Sein ungeheures Dasein nicht versuͤßen? Ihm deine Brust verweigern, wenn sein Haupt, Das weltenordnende, sie sucht, H Auf seinen Flaumen auszuruhen? Ach Alkmene! Auch der Olymp ist oͤde ohne Liebe. Was giebt der Erdenvoͤlker Anbetung Gestuͤrzt in Staub, der Brust, der lechzenden? Er will geliebt sein, nicht ihr Wahn von ihm. In ew’ge Schleier eingehuͤllt, Moͤcht’ er sich selbst in einer Seele spiegeln, Sich aus der Thraͤne des Entzuͤckens wieder- strahlen. Geliebte, sieh! So viele Freude schuͤttet Er zwischen Erd’ und Himmel endlos aus; Waͤr’st du vom Schicksal nun bestimmt So vieler Millionen Wesen Dank, Ihm seine ganze Fordrung an die Schoͤpfung In einem einz’gen Laͤcheln auszuzahlen, Wuͤrd’st du dich ihm wohl — ach! ich kann’s nicht denken Laß mich’s nicht denken — laß — Fern sei von mir, Der Goͤtter großem Rathschluß mich zu straͤuben. Ward ich so heil’gem Amte auserkohren. Er, der mich schuf, er walte uͤber mich Doch — Nun? — Laͤßt man die Wahl mir — Laͤßt man dir —? Die Wahl, so bliebe meine Ehrfurcht ihm, Und meine Liebe dir, Amphitryon. Wenn ich nun dieser Gott dir waͤr’ —? Wenn du — Wie ist mir denn? Wenn du mir dieser Gott waͤrst — — Ich weiß nicht, soll ich vor dir nieder- fallen, H 2 Soll ich es nicht? Bist du’s mir? Bist du’s mir? Entscheide du. Amphitryon bin ich. Amphitryon — Amphitryon, dir ja. Doch wenn ich, frag’ ich, dieser Gott dir waͤre, Dir liebend vom Olymp herabgestiegen, Wie wuͤrdest du dich dann zu fassen wissen? Wenn du mir, Liebster, dieser Gott waͤrst — ja, So wuͤßt’ ich nicht, wo mir Amphitryon waͤre, So wuͤrd’ ich folgen dir, wohin du gehst, Und waͤr’s auch, wie Euridike, zum Orkus. Wenn du nicht wuͤßtest, wo Amphitryon waͤre. Doch wie, wenn sich Amphitryon jetzt zeigte? Wenn sich Amphitryon mir — ach, du quaͤlst mich. Wie kann sich auch Amphitryon mir zeigen, Da ich Amphitryon in Armen halte? Und dennoch koͤnnt’st du leicht den Gott in Armen halten, Im Wahn, es sei Amphitryon. Warum soll dein Gefuͤhl dich uͤberraschen? Wenn ich, der Gott, dich hier umschlungen hielte, Und jetzo dein Amphitryon sich zeigte, Wie wuͤrd’ dein Herz sich wohl erklaͤren? Wenn du, der Gott, mich hier umschlungen hieltest Und jetzo sich Amphitryon mir zeigte, Ja — dann so traurig wuͤrd’ ich sein, und wuͤnschen, Daß er der Gott mir waͤre, und daß du Amphitryon mir bliebst, wie du es bist. Mein suͤßes, angebetetes Geschoͤpf! In dem so seelig ich mich, seelig preise! So urgemaͤß, dem goͤttlichen Gedanken, In Form und Maaß, und Sait’ und Klang, Wie’s meiner Hand Aeonen nicht entschluͤpfte! Amphitryon! Sei ruhig, ruhig, ruhig! Es wird sich Alles dir zum Siege loͤsen. Es draͤngt den Gott Begier, sich dir zu zeigen, Und ehe noch des Sternenheeres Reigen Herauf durch’s stille Nachtgefilde zieht, Weiß deine Brust auch schon, wem sie ergluͤht — Sosias! Herr! Auf jetzt, mein treuer Diener, Auf daß sich dieser Tag verherrliche! Alkmene hat sich liebend mir versoͤhnt: Und du, du gehst, und rufst zu einem Feste Im Lager mir, wo du sie triffst, die Gaͤste. (beide ab.) Sechste Scene . Charis. Sosias . (für sich.) Was hast du da gehoͤrt, Unseelige? Olympsche Goͤtter waͤren es gewesen? Und der sich fuͤr Sosias hier mir giebt, Der waͤre einer der Unsterblichen, Apollon, Hermes, oder Ganymed? (für sich.) Der Blitzgott! Zevs soll es gewesen sein. (für sich.) Pfui, schaͤme dich, wie du dich aufgefuͤhrt. (für sich.) Mein Seel’, er war nicht schlecht bedient. Ein Kerl, der seinen Mann stund, und sich Fuͤr seinen Herrn schlug, wie ein Panterthier. (für sich.) Wer weiß auch, irr’ ich nicht. Ich muß ihn pruͤfen. (laut.) Komm, lass’ uns Frieden machen auch, Sosias. Ein Andermal. Jetzt ist nicht Zeit dazu. Wo gehst du hin? Ich soll die Feldherrn rufen. Vergoͤnne mir ein Wort vorher, mein Gatte. Dein Gatte —? O, recht gern. Hast du gehoͤrt, Daß in der Daͤmmerung zu meiner Fuͤrstin gestern, Und ihrer treuen Dienerin, Zwei große Goͤtter vom Olymp gestiegen, Daß Zevs, der Gott der Wolken, hier gewesen, Und Phoͤbus ihn, der herrliche, begleitet? Ja wenn’s noch wahr ist. Leider hoͤrt’ ich’s, Charis. Dergleichen Heirath war mir stets zuwider. Zuwider? Warum das? Ich wuͤßte nicht — Hm! Wenn ich dir die Wahrheit sagen soll, Es ist wie Pferd und Esel. Pferd und Esel! Ein Gott und eine Fuͤrstin! (für sich.) Der auch koͤmmt Wohl vom Olymp nicht. (laut.) Du beliebst Mit deiner schlechten Dienerin zu scherzen. Solch ein Triumph, wie uͤber uns gekommen, Ward noch in Theben nicht erhoͤrt. Mir fuͤr mein Theil, schlecht ist er mir bekommen. Und ein gemess’nes Maaß von Schande waͤr’ mir So lieb, als die verteufelten Trophaͤen, Die mir auf beiden Schultern prangen. — Doch ich muß eilen. Ja, was ich sagen wollte — Wer traͤumte, solche Gaͤste zu empfangen? Wer glaubte in der schlechten Menschen Leiber Zwei der Unsterblichen auch eingehuͤllt. Gewiß, wir haͤtten manche gute Seite, Die unachtsam zu Innerst blieb, mehr hin Nach außen wenden koͤnnen, als geschehn ist. Mein Seel’, das haͤtt’ ich brauchen koͤnnen, Charis. Denn du bist zaͤrtlich gegen mich gewesen, Wie eine wilde Katze. Bessre dich. Ich wuͤßte nicht, daß ich dich just beleidigt? Dir mehr gethan als sich — Mich nicht beleidigt? Ich will ein Schuft sein, wenn du heute Morgen Nicht Pruͤgel, so gesalzene verdient, Als je herab sind auf ein Weib geregnet. Nun was — Was ist geschehen denn? Was geschehn ist, Maulaffe? Hast du nicht gesagt, du wuͤrdest Dir den Thebaner holen, den ich juͤngst Schon, den Hallunken, aus dem Hause warf? Nicht mir ein Hoͤrnerpaar versprochen? Nicht Mich einen Hahnrei schamlos titulirt? Ei, Scherz! Gewiß! Ja, Scherz! Koͤmmst du Mit diesem Scherz mir wieder, prell’ ich dir, Hol mich der Teufel, Eins —! O Himmel! Wie geschieht mir? Der Saupelz! Blicke nicht so grimmig her! Das Herz in Stuͤcken fuͤhl’ ich mir zerspalten! Pfui, schaͤme dich, du Gotteslaͤsterliche! So deiner heil’gen Ehepflicht zu spotten! Geh’ mach dich solcher Suͤnd’ nicht mehr theil- haftig, Das rath’ ich dir — und wenn ich wieder komme, Will ich gebratne Wurst mit Kohlkoͤpf’ essen. Was du begehrst: Was saͤum’ ich auch noch laͤnger? Was zaudr’ ich noch? Ist er’s nicht? Ist er’s nicht? Ob ich es bin? Sieh mich in Staub. Was fehlt dir? Sieh mich zerknirscht vor dir im Staube liegen. Bist du von Sinnen. Ach du bist’s! du bist’s! Wer bin ich? Ach was laͤugnest du dich mir. Ist heute Alles rasend toll. Sah’ ich Aus deines Auges Flammenzorne nicht Den fernhintreffenden Apollon strahlen? Apollon, ich? bist du des Teufels? — Der Eine Macht mich zum Hund, der Andre mich zum Gott? — Ich bin der alte, wohlbekannte Esel Sosias! (ab.) Sosias? Was? Der alte, Mir wohlbekannte Esel du, Sosias? Hallunke, gut, daß ich das weiß, So wird die Bratwurst heute dir nicht heiß. (ab.) Dritter Act . Erste Scene . W ie widerlich mir die Gesichter sind Von diesen Feldherr’n. Jeder hat mir Gluͤck- wunsch Fuͤr das erfochtne Treffen abzustatten, Und in die Arme schließen muß ich jeden, Und in die Hoͤlle jeden fluch’ ich hin. Nicht Einer, dem ein Herz geworden waͤre, Das meine, volle, darin auszuschuͤtten. Daß man ein Kleinod aus versiegeltem Behaͤltniß wegstiehlt ohne Siegelloͤsung, Sei’s; Taschenspieler koͤnnen uns von fern Hinweg, was wir in Haͤnden halten, gaunern. Doch daß man einem Mann Gestalt und Art Entwendet, und bei seiner Frau fuͤr voll bezahlt, Das ist ein leid’ges Hoͤllenstuͤck des Satans. In Zimmern, die vom Kerzenlicht erhellt, Hat man bis heut mit fuͤnf gesunden Sinnen In seinen Freunden nicht geirret; Augen, Aus ihren Hoͤhlen auf den Tisch gelegt, Von Leib getrennte Glieder, Ohren, Finger, Gepackt in Schachteln, haͤtten hingereicht, Um einen Gatten zu erkennen. Jetzo wird man Die Ehemaͤnner brennen, Glocken ihnen, Gleich Haͤmmeln um die Haͤlse haͤngen muͤssen. Zu argen Trug ist sie so faͤhig just, Wie ihre Turteltaub; eh’ will ich an Die Redlichkeit dem Strick entlaufner Schelme, Als an die Tuͤcke dieses Weibes glauben. — Verruͤckt ist sie, und morgen, wenn der Tag graut, Werd’ ich gewiß nach Aerzten schicken muͤssen. — Faͤnd’ nur Gelegenheit sich, anzuknuͤpfen. Zweite Scene . Merkur . (auf dem Altan.) Amphitryon . (für sich.) Auf dies verliebte Erdenabentheuer Dir, alter Vater Jupiter, zu folgen, Es ist ein wahres Freundschaftsstuͤck Merkur’s. Beim Styx! Mir machts von Herzen Langeweile. Denn jener Zofe Charis taͤuschender Als es vonnoͤthen, den Gemahl zu spielen, So groß in dieser Sach’ ist nicht mein Eifer. — Ich will mir hier ein Abentheuer suchen, Und toll den eifersuͤcht’gen Kauz dort machen. Warum verriegelt man am Tage denn dies Haus? Holla! Geduld! Wer klopfet? Ich. Wer? Ich! J Ah! Oeffne! Oeffne! Toͤlpel! Wer denn bist du, Der solchen Laͤrm verfuͤhrt, und so mir spricht? Ich glaub’ du kennst mich nicht? O ja; Ich kenne jeden der die Klinke druͤckt. — Ob ich ihn kenne! Hat ganz Theben heut Tollwurz gefressen, den Verstand verloren? — Sosias! he! Sosias! Ja, Sosias! So heiß ich. Schreit der Schuft nicht meinen Namen, Als ob er sorgt’, ich moͤcht’ ihn sonst vergessen. Gerechte Goͤtter! Mensch! Siehst du mich nicht? Vollkommen. Was giebts? Hallunke! Was es giebt? Was giebt’s denn nicht, Zum Teufel? Sprich, soll man dir Rede stehn. Du Hundsfott wart’! Mit einem Stock da oben Lehr’ ich dich, solche Sprache mit mir fuͤhren. Ho, ho! Da unten ist ein ungeschliffner Riegel. Nimm’s nicht fuͤr ungut. Teufel! Fasse dich. J 2 Heda! Ist niemand hier zu Hause? Philippus! Charmion! Wo steckt ihr denn! Der Niedertraͤchtige! Man muß dich doch bedienen. Doch harrst du in Geduld nicht, bis sie kommen, Und ruͤhrst mir noch ein einzig’s Mal Den Kloͤpfel an, so schick ich von hier oben Dir eine sausende Gesandtschaft zu. Der Freche! Der Schamlose, der! Ein Kerl, Den ich mit Fuͤßen oft getreten; ich, Wenn mir die Lust kommt, kreuz’gen lassen koͤnn- te. — Nun? bist du fertig? Hast du mich besehen? Hast du mit deinen stieren Augen bald Mich ausgemessen? Wie er auf sie reißt! Wenn man mit Blicken um sich beissen koͤnnte, Er haͤtte mich bereits zerrissen hier. Ich zittre selbst, Sosias, wenn ich denke, Was du mit diesen Reden dir bereitest. Wie viele Schlaͤg’ entsetzlich warten dein! — Komm, steig’ herab, und oͤffne mir. Nun endlich! Laß mich nicht laͤnger warten, ich bin dringend. Erfaͤhrt man doch, was dein Begehren ist. Ich soll die Pforte unten oͤffnen? Ja. Nun gut. Das kann man auch mit Gutem sagen. Wen suchst du? Wen ich suche? Wen du suchst, Zum Teufel! bist du taub? Wen willst du spre- chen? Wen ich will sprechen? Hund! ich trete alle Knochen Dir ein, wenn sich das Haus mir oͤffnet. Freund, weißt du was? Ich rath’ dir, daß du gehst. Du reizest mir die Galle. Geh, geh, sag’ ich. Du sollst, du Niedertraͤchtiger, erfahren, Wie man mit einem Knecht verfaͤhrt, Der seines Herren spottet. Seines Herrn? Ich spotte meines Herrn? Du waͤrst mein Herr? — Jetzt hoͤr’ ich noch, daß er’s mir laͤugnet. Ich kenne Nur Einen, und das ist Amphitryon. Und wer ist außer mir Amphitryon, Triefaͤug’ger Schuft, der Tag und Nacht ver- wechselt? Amphitryon? Amphitryon, sag’ ich. Ha, ha! O ihr Thebaner, kommt doch her. Daß mich die Erd’ entrafft’! Solch eine Schmach! Hoͤr’, guter Freund dort! Nenn’ mir doch die Kneipe Wo du so seelig dich gezecht? O Himmel! War’s junger oder alter Wein? Ihr Goͤtter! Warum nicht noch ein Glaͤschen mehr? Du haͤttest Zum Koͤnig von Egypten dich getrunken! Jetzt ist es aus mit mir. Geh’, lieber Junge, Du thust mir leid. Geh’, lege dich aufs Ohr. Hier wohnt Amphitryon, Thebanerfeldherr, Geh’, stoͤre seine Ruhe nicht. Was? dort im Hause waͤr’ Amphitryon? Hier in dem Hause ja, er und Alkmene. Geh’, sag’ ich noch einmal, und huͤte dich Das Gluͤck der beiden Liebenden zu stoͤren, Willst du nicht, daß er selber dir erscheine, Und deine Unverschaͤmtheit strafen soll. (ab.) Dritte Scene . Was fuͤr ein Schlag faͤllt dir, Ungluͤcklicher! Vernichtend ist er, es ist aus mit mir. Begraben bin ich schon, und meine Wittwe Schon einem andern Ehgemahl verbunden. Welch’ ein Entschluß ist jetzo zu ergreifen? Soll ich die Schande, die mein Haus getroffen, Der Welt erklaͤren, soll ich sie verschweigen? Was! Hier ist nichts zu schonen. Hier ist nichts In dieser Rathsversammlung laut, als die Empfindung nur, die gluͤhende, der Rache, Und meine einz’ge zarte Sorgfalt sei, Daß der Verraͤther lebend nicht entkomme. Vierte Scene . Sosias. Feldherren. Amphitryon . Hier seht ihr alles Herr, was ich an Gaͤsten In solcher Eil’ zusammenbringen konnte. Mein Seel, speis’ ich auch nicht an eurer Tafel, Das Essen hab’ ich doch verdient. Ah sieh’! da bist du. Nun? Hund! Jetzo stirbst du. Ich? Sterben? Jetzt erfaͤhrst du, wer ich bin. Zum Henker, weiß ich’s nicht? Du wußtest es, Verraͤther? (er legt die Hand an den Degen.) Ihr Herren, nehmt euch meiner an, ich bitt’ euch. Verzeiht! (er fällt ihm in den Arm.) Laßt mich. Sagt nur, was ich verbrochen? Das fragst du noch? — Fort, sag’ ich euch, laßt meiner Gerechten Rache ein Genuͤge thun. Wenn man wen haͤngt, so sagt man ihm, warum? Seid so gefaͤllig. Sagt, worin er fehlte. Halt’t euch, ihr Herrn, wenn ihr so gut sein wollt. Was: Dieser weggeworfne Knecht so eben Hielt vor dem Antlitz mir die Thuͤre zu. Schamlose Red’ in Stroͤmen auf mich sendend, Jedwede werth, daß man ans Kreuz ihn nag’le. Stirb, Hund! Ich bin schon todt. (er sinkt in die Knie.) Beruhigt euch. Ihr Feldherrn! Ah! Was giebts? Sticht er nach mir? Fort sag’ ich euch, und wieder! Ihm muß Lohn Dort, vollgezaͤhlter, werden fuͤr die Schmach, Die er zur Stunde jetzt mir zugefuͤgt. Was kann ich aber jetzt verschuldet haben, Da ich die letzten neun gemess’nen Stunden Auf eueren Befehl im Lager war? Wahr ist’s. Er lud zu eurer Tafel uns. Zwei Stunden sind’s, daß er im Lager war, Und nicht aus unsern Augen kam. Wer gab dir den Befehl? Wer? Ihr! Ihr selbst! Wann? Ich! Nachdem ihr mit Alkmenen euch versoͤhnt. Ihr war’t voll Freud’ und ordnetet sogleich Ein Fest im ganzen Schlosse an. O Himmel! Jede Stunde, jeder Schritt Fuͤhrt tiefer mich ins Labyrinth hinein. Was soll ich, meine Freunde, davon denken? Habt ihr gehoͤrt, was hier sich zugetragen? Was hier uns dieser sagte, ist so wenig Fuͤr das Begreifen noch gemacht, daß eure Sorge Fuͤr jetzt nur sein muß, dreisten Schrittes Des Raͤthsels ganzes Trugnetz zu zerreißen. Wohlan, es sei! Und eure Huͤlfe brauch ich. Euch hat mein guter Stern mir zugefuͤhrt. Mein Gluͤck will ich, mein Lebensgluͤck, ver- suchen. O! hier im Busen brennt’s, mich aufzuklaͤren, Und ach! ich fuͤrcht’ es, wie den Tod. (er klopft.) Fuͤnfte Scene . Jupiter. Die Vorigen . Welch ein Geraͤusch zwingt mich, herabzusteigen? Wer klopft ans Haus? Seid ihr es, meine Feldherrn? Wer bist du? Ihr allmaͤcht’gen Goͤtter! Was seh ich? Himmel! Zwei Amphitryonen. Starr ist vor Schrecken meine ganze Seele! Weh’ mir! Das Raͤthsel ist nunmehr geloͤst. Wer von euch beiden ist Amphitryon? Fuͤrwahr! Zwei so einander nachgeformte Wesen, Kein menschlich Auge unterscheidet sie. Ihr Herrn, hier ist Amphitryon, der Andre, Ein Schubiak ist’s, der Zuͤchtigung verdient. (er stellt sich auf Jupiters Seite.) (auf Amphitryon deutend.) Unglaublich? Dieser ein Verfaͤlscher hier? G’nug der unwuͤrdigen Bezauberung! Ich schließe das Geheimniß auf. (er legt die Hand an den Degen.) Halt! Laßt mich! Was beginnet ihr? Strafen will ich Den niedertraͤchtigsten Betrug! Fort, sag’ ich. Fassung dort. Hier bedarf es nicht des Eifers, Wer so besorgt um seinen Namen ist, Wird schlechte Gruͤnde haben, ihn zu fuͤhren. Das sag’ ich auch. Er hat den Bauch Sich ausgestopft, und das Gesicht bemahlt, Der Gauner, um dem Hausherrn gleich zu sehn. Verraͤther! Dein empoͤrendes Geschwaͤtz, K Dreihundert Peitschenhiebe strafen es, Dir von drei Armen wechselnd zugetheilt. Ho, ho! Mein Herr ist Mann von Herz, Der wird dich lehren seine Leute schlagen. Wehrt mir nicht laͤnger, sag’ ich, meine Schmach In des Verraͤthers Herzblut abzuwaschen. Verzeiht uns, Herr! Wir dulden diesen Kampf nicht, Amphitryons mit dem Amphitryon. Was? Ihr — Ihr duldet nicht —? Ihr muͤßt euch fassen. Ist das mir eure Freundschaft auch, ihr Feld- herrn? Das mir der Beistand, den ihr angelobt? Statt meiner Ehre Rache selbst zu nehmen, Ergreift ihr des Betruͤgers schnoͤde Sache, Und hemmt des Racheschwerdls gerechten Fall? Waͤr’ euer Urtheil frei, wie es nicht ist, Ihr wuͤrdet unsre Schritte billigen. Wer von euch beiden ist Amphitryon? Ihr seid es, gut; doch jener ist es auch. Wo ist des Gottes Finger, der uns zeigte, In welchem Busen, einer wie der andre, Sich laurend das Verraͤtherherz verbirgt? Ist es erkannt, so haben wir, nicht zweifelt, Das Ziel auch unsrer Rache aufgefunden. Jedoch so lang des Schwerdtes Schneide hier In blinder Wahl nur um sich wuͤthen koͤnnte, Bleibt es gewiß noch besser in der Scheide. Laßt uns in Ruh die Sache untersuchen, Und fuͤhlt ihr wirklich euch Amphitryon, Wie wir in diesem sonderbaren Falle Zwar hoffen, aber auch bezweifeln muͤssen, So wird es schwerer euch, als ihm, nicht werden, Uns diesen Umstand guͤltig zu beweisen. K 2 Ich euch den Umstand? — Und mit trifft’gen Gruͤnden. Eh wird in dieser Sache nichts geschehn. Recht hast du, Photidas; und diese Gleichheit, Die zwischen uns sich angeordnet findet, Entschuldigt dich, wenn mir dein Urtheil wankt. Ich zuͤrne nicht, wenn zwischen mir und ihm Hier die Vergleichung an sich stellen soll. Nichts von des Schwerdts feigherziger Entschei- dung. Ganz Theben denk’ ich selber zu berufen, Und in des Volks gedraͤngtester Versammlung, Aus wessen Blut ich stamme, darzuthun. Er selber dort soll meines Hauses Adel, Und daß ich Herr in Theben, anerkennen. Vor mir in Staub, das Antlitz soll er senken. Mein soll er Thebens reiche Felder alle, Mein alle Heerden, die die Triften decken, Mein auch dies Haus, mein die Gebieterin, Die still in seinen Raͤumen waltet, nennen. Es soll der ganze Weltenkreis erfahren, Daß keine Schmach Amphitryon getroffen. Und den Verdacht, den jener Thor erregt, Hier steht, wer ihn zu Schanden machen kann. — Bald wird sich Theben hier zusammenfinden. Indessen kommt und ehrt die Tafel guͤtigst, Zu welcher euch Sosias eingeladen. Mein Seel’, ich wußt’ es wohl. — Dies Wort, ihr Herrn, Streut allen weitern Zweifel in die Luͤfte. Der ist der wirkliche Amphitryon, Bei dem zu Mittag jetzt gegessen wird. Ihr ew’gen und gerechten Goͤtter! Kann auch so tief ein Mensch erniedrigt werden? Von dem verruchtesten Betruͤger mir Weib, Ehre, Herrschaft, Namen stehlen lassen! Und Freunde binden mir die Haͤnde? Ihr muͤßt, wer ihr auch seid, euch noch gedulden. In wenig Stunden wissen wir’s. Alsdann Wird ungesaͤumt die Rache sich vollstrecken, Und Wehe! ruf’ ich, wen sie trifft. Geht, ihr Schwachherz’gen! Huldigt dem Verraͤther! Mir bleiben noch der Freunde mehr, als ihr. Es werden Maͤnner noch in Theben mir begegnen, Die meinen Schmerz im Busen mitempfinden, Und nicht den Arm mir weigern, ihn zu raͤchen. Wohlan! Du rufst sie. Ich erwarte sie. Marktschreierischer Schelm! Du wirst inzwischen Dich durch die Hinterthuͤr zu Felde machen. Doch meiner Rach’ entfliehst du nicht! Du gehst, und rufst, und bringst mir deine Freunde, Nachher sag’ ich zwei Worte, jetzo nichts. Beim Zevs, da sagst du wahr, dem Gott der Wolken! Denn ist es mir bestimmt, dich aufzufinden, Mehr als zwei Worte, Mordhund, sagst du nicht, Und bis ans Heft fuͤllt dir das Schwerdt den Rachen. Du rufst mir deine Freund’; ich sag auch nichts, Ich sprech’ auch blos mit Blicken, wenn du willst. Fort, jetzo, schleunig, eh’ er mir entwischt! Die Lust, ihr Goͤtter, muͤßt ihr mir gewaͤhren, Ihn eurem Orkus heut noch zuzusenden! Mit einer Schaar von Freunden kehr’ ich wieder, Gewaffneter, die mir dies Haus umnetzen, Und, einer Wespe gleich, druͤck’ ich den Stachel Ihm in die Brust, aussaugend, daß der Wind Mit seinem trocknen Bein mir spielen soll. (ab.) Sechste Scene . Jupiter. Sosias. Die Feldherrn . Auf denn, ihr Herrn, gefaͤllt’s euch! Ehrt dies Haus Mit eurem Eintritt. Nun, bei meinem Eid! Dies Abentheu’r macht meinen Witz zu Schanden. Jetzt schließt mit dem Erstaunen Waffenstillstand, Und geht, und tischt, und pokulirt bis morgen. ( Jupiter und die Feldherrn ab.) Siebente Scene . Wie ich mich jetzt auch auf den Stuhl will setzen! Und wie ich tapfer, Wenn man vom Kriege spricht, erzaͤhlen will. Ich brenne, zu berichten, wie man bei Pharissa eingehauen; und mein Lebtag Hatt’ ich noch so wolfmaͤß’gen Hunger nicht. Achte Scene . Merkur. Sosias . Wohin? Ich glaub’, du steckst die Nase auch hierher? Durchschnuͤffler, Unverschaͤmter, du, der Kuͤchen? Nein! — Mit Erlaubniß! Fort! Hinweg dort, sag’ ich! Soll ich die Haube dir zurechte setzen? Wie? Was? Großmuͤthiges und edles Ich, Fass’ dich! Verschon’ ein wenig den Sosias, Sosias! Wer wollte immer bitterlich Erpicht sein, auf sich selber loszuschlagen? Du faͤllst in deine alten Tuͤcken wieder? Du nimmst, Nichtswuͤrdiger, den Namen mir? Den Namen des Sosias mir? Ei, was! Behuͤt’ mich Gott, mein wackres Selbst, Werd’ ich so karg dir, so mißguͤnstig sein? Nimm ihn, zur Haͤlfte, diesen Namen hin, Nimm ihn, den Plunder, willst du’s, nimm ihn ganz. Und waͤr’s der Name Kastor oder Pollux, Was theilt’ ich gern nicht mit dir, Bruderherz? Ich dulde dich in meines Herren Hause, Duld’ auch du mich in bruͤderlicher Liebe, Und waͤhrend jene beiden eifersuͤcht’gen Amphitryonen sich die Haͤlse brechen, Laß die Sosias einverstaͤndig beide Zu Tische sitzen, und die Becher heiter Zusammenstoßen, daß sie leben sollen! Nichts, nichts! — Der aberwitz’ge Vorschlag der! Soll ich inzwischen Hungerpfoten saugen? Es ist fuͤr Einen nur gedeckt. Gleichviel! Ein muͤtterlicher Schooß hat uns Gebohren, Eine Huͤtte uns beschirmt, In Einem Bette haben wir geschlafen, Ein Kleid ward bruͤderlich, Ein Loos uns beiden, So laß uns auch aus Einer Schuͤssel essen. Von der Gemeinschaft weiß ich nichts. Ich bin Von Jugend mutterseel’ allein gewesen, Und weder Bette hab’ ich je, noch Kleid, Noch einen Bissen Brod getheilt. Besinne dich. Wir sind zwei Zwillingsbruͤder. Du bist der aͤltre, ich bescheide mich. Du wirst in jedem Stuͤck voran mir gehen. Den ersten nimmst du, und die ungeraden, Den zweiten Loͤffel, und die graden, ich. Nichts. Meine volle Portion gebrauch’ ich, Und was mir uͤbrig bleibt, das heb’ ich auf. Den wollt ich lehren, bei den großen Goͤttern, Der mit der Hand mir auf den Teller kaͤme. So dulde mich als deinen Schatten mindstens, Der hintern Stuhl entlang faͤllt, wo du ißt. Auch nicht als meine Spur im Sande! Fort! O du barbarisch Herz! Du Mensch von Erz, Auf einem Amboß keilend ausgepraͤgt! Was denkst du, soll ich wie ein wandernder Geselle vor dem Thor ins Gras mich legen, Und von der blauen Luft des Himmels leben? Ein reichlich zugemeßnes Mahl hat heut Bei Gott! kein Pferd so gut verdient, als ich. Kam ich zu Nacht nicht aus dem Lager an? Mußt ich zuruͤck nicht wieder mit dem Morgen, Um Gaͤste fuͤr die Tafel aufzutreiben? Hab’ ich auf diesen Teufelsreisen mir Nicht die geschaͤft’gen alten Beine fast Bis auf die Huͤften tretend abgelaufen? Wurst giebt es heut, und aufgewaͤrmten Kohl. Und die just brauch’ ich, um mich herzustellen. Da hast du Recht. Und uͤber die verfluchten Kienwurzeln, die den ganzen Weg durchflechten, Bricht man die Beine fast sich, und den Hals. Nun also! — Ich Verlaßner von den Goͤttern! Wurst also hat die Charis —? Frische, ja. Doch nicht fuͤr dich. Man hat ein Schwein ge- schlachtet. Und Charis hab’ ich wieder gut gemacht. Gut, gut. Ich lege mich ins Grab. Und Kohl? Kohl, aufgewaͤrmten, ja. Und wem das Wasser Im Mund etwa zusammenlaͤuft, der hat Vor mir und Charis sich in Acht zu nehmen. Vor mir freßt euren Kohl, daß ihr dran stickt. Was brauch’ ich eure Wuͤrste? Wer den Voͤgeln Im Himmel Speisung reicht, wird auch, so denk’ ich, Den alten ehrlichen Sosias speisen. Du giebst, Verraͤther, dir den Namen noch? Du wagst, Hund, niedertraͤcht’ger —! Ei was! Ich sprach von mir nicht. Ich sprach von einem alten Anverwandten Sosias, der hier sonst in Diensten stand — Und der die andern Diener sonst zerblaͤute, Bis eines Tags ein Kerl, der wie aus Wolken fiel, Ihn aus dem Haus warf, just zur Essenszeit. Nimm dich in Acht, sag’ ich, und weiter Nichts. Nimm dich in Acht, rath’ ich dir, willst du laͤnger Zur Zahl noch der Lebendigen dich zaͤhlen. (für sich.) Wie ich dich schmeißen wuͤrde, haͤtt’ ich Herz, Du von der Bank gefallner Gauner, du, Von zuviel Hochmuth aufgeblaͤht. Was sagst du? Was? Mir schien, du sagtest etwas —? Ich? Du. Ich muks’te nicht. Ich hoͤrte doch von schmeißen, irr’ ich nicht — Und von der Bank gefallnem Gauner reden? So wirds ein Papagei gewesen sein. Wenn’s Wetter gut ist, schwatzen sie. Es sei. Du lebst jetzt wohl. Doch juckt der Ruͤcken dir, In diesem Haus’ hier kannst du mich erfra- gen. (ab.) Neunte Scene . Hochmuͤth’ger Satan! Moͤgtest du am Schwein Den Tod dir holen, das man schlachtete! — „Den lehrt’ er, der ihm auf den Teller kaͤ- me!“ — Ich moͤgte eh’r mit einem Schaͤferhund Halbpart, als ihm, aus einer Schuͤssel essen. Sein Vater koͤnnte Hungers vor ihm sterben, Daß er ihm auch so viel nicht goͤnnt, als ihm In hohlen Zaͤhnen kauend stecken bleibt. — Geh! dir geschieht ganz recht, Abtruͤnniger. Und haͤtt’ ich Wuͤrst’ in jeder Hand hier Eine, Ich wollte sie in meinen Mund nicht stecken. So seinen armen, wackern Herrn verlassen, Den Uebermacht aus seinem Hause stieß. — Dort naht er sich mit ruͤst’gen Freunden schon. — — Und auch von hier stroͤmt Volk herbei! Was giebts? Zehnte Scene . Amphitryon mit Obersten , (von der einen Seite.) Volk , (von der andern.) Seid mir gegruͤßt! Wer rief euch meine Freunde? L Herolde riefen durch die ganze Stadt, Wir sollten uns vor eurem Schloß versammeln. Herolde! Und zu welchem Zweck? Wir sollten Zeugen sein, so sagte man, Wie ein entscheidend Wort aus eurem Munde Das Raͤthsel loͤsen wird, das in Bestuͤrzung Die ganze Stadt gesetzt. (zu den Obersten.) Der Uebermuͤth’ge! Kann man die Unverschaͤmtheit weiter treiben? Zuletzt erscheint er noch. Was gilt’s? Er thut’s. Sorgt nicht. Hier steht Argathiphontidas. Hab’ ich nur erst ins Auge ihn gefaßt, So tanzt sein Leben auch auf dieses Schwerdtes Spitze. (zum Volk.) Ihr Buͤrger Thebens, hoͤrt mich an! Ich bin es nicht, der euch hieher gerufen, Wenn eure stroͤmende Versammlung gleich Von Herzen mir willkommen ist. Er war’s, Der luͤgnerische Hoͤllengeist, der mich Aus Theben will, aus meiner Frauen Herzen, Aus dem Gedaͤchtniß mich der Welt, ja koͤnnt’ er’s Aus des Bewußtseins eigner Feste draͤngen. Drum sammelt eure Sinne jetzt, und waͤr’t Ihr tausendaͤugig auch, ein Argus jeder, Geschickt, zur Zeit der Mitternacht, ein Heimchen Aus seiner Spur im Sande zu erkennen, So reißet, laßt die Muͤh’ euch nicht verdrießen, Jetzt eure Augen auf, wie Maulwuͤrfe, Wenn sie zur Mittagszeit die Sonne suchen; All’ diese Blicke werft in einen Spiegel, Und kehrt den ganzen vollen Stral auf mich, L 2 Von Kopf zu Fuß ihn auf und niederfuͤhrend, Und sagt mir an, und sprecht, und steht mir Rede: Wer bin ich? Wer du bist? Amphitryon! Wohlan. Amphitryon. Es gilt. Wenn nun- mehr Dort jener Sohn der Finsterniß erscheint, Der ungeheure Mensch, auf dessen Haupte Jedwedes Haar sich, wie auf meinem, kruͤmmt; Wenn euren trugverwirrten Sinnen jetzt Nicht so viel Merkmal wird, als Muͤtter brauchen, Um ihre juͤngsten Kinder zu erkennen; Wenn ihr jetzt zwischen mir und ihm, wie zwischen Zwei Wassertropfen, euch entscheiden muͤßt, Der Eine suͤß und rein und aͤcht und silbern, Gift, Trug, und List, und Mord, und Tod der Andre: Alsdann erinnert euch, daß ich Amphitryon, Ihr Buͤrger Thebens, bin, Der dieses Helmes Feder eingeknickt. Oh! Oh! Was machst du? laß die Feder ganz, So lang’ du bluͤhend uns vor Augen stehst. Meint ihr, wir wuͤrden auch? — Laßt mich, ihr Freunde. Bei Sinnen fuͤhl’ ich mich, weiß, was ich thue. Thut, was ihr wollt. Inzwischen werd’ ich hoffen, Daß ihr die Possen nicht fuͤr mich gemacht. Wenn eure Feldherrn hier gezaudert haben, Als jener Aff’ erschien, so folgt ein Gleiches Noch nicht fuͤr den Argathiphontidas. Braucht uns ein Freund in einer Ehrensache, So soll ins Auge man den Helm sich druͤcken, Und auf den Leib dem Widersacher gehn. Den Gegner lange schwadroniren hoͤren, Steht alten Weibern gut; ich, fuͤr mein Theil, Bin fuͤr die kuͤrzesten Prozesse stets; In solchen Faͤllen faͤngt man damit an, Dem Widersacher, ohne Federlesens, Den Degen queerhin durch den Leib zu jagen. Argatiphontidas, mit einem Worte, Wird heute Haare auf den Zaͤhnen zeigen, Und nicht von einer andern Hand, beim Ares, Beißt dieser Schelm ins Gras, ihr seht’s, als meiner. Auf denn! Hier leg’ ich mich zu euren Fuͤßen, Mein aͤchter, edler und verfolgter Herr. Gekommen bin ich voͤllig zur Erkenntniß, Und warte jetzt auf meines Frevels Lohn. Schlagt, ohrfeigt, pruͤgelt, stoßt mich, tretet mich, Gebt mir den Tod, mein Seel ich muckse nicht. Steh’ auf. Was ist geschehen? Vom aufgetragnen Essen Nicht den Geruch auch hat man mir gegoͤnnt. Das andre Ich, das andre Ihr Bedienter, Vom Teufel wieder voͤllig war’s besessen, Und kurz ich bin entsosiatisirt, Wie man euch entamphitryonisirt. Ihr hoͤrt’s, ihr Buͤrger. Ja, ihr Buͤrger Thebens! Hier ist der wirkliche Amphitryon; Und jener, der bei Tische sitzt, Ist werth, daß ihn die Raben selber fressen. Auf! Stuͤrmt das Haus jetzt, wenn ihr wollt so gut sein, So finden wir den Kohl noch warm. Folgt mir. Doch seht! Da kommt er selbst schon. Er und sie. Eilfte Scene . Jupiter. Alkmene. Merkur. Charis. Feldherren. Die Vorigen . Entsetzlicher! Ein Sterblicher sagst du, Und schmachvoll willst du seinem Blick mich zeigen? Ihr ew’gen Goͤtter! Was erblicken wir! Die ganze Welt, Geliebte, muß erfahren, Daß Niemand deiner Seele nahte, Als nur dein Gatte, als Amphitryon. Herr, meines Lebens! Die Ungluͤckliche! Niemand! Kannst ein gefallnes Loos du aͤndern? All’ ihr Olympischen! Amphitryon dort. Du bist dir’s, Theuerste, du bist mir’s schuldig, Du mußt , du wirst, mein Leben, dich bezwin- gen; Komm, sammle dich, dein wartet ein Triumph! Blitz, Hoͤll’ und Teufel! Solch ein Auftritt mir? Seid mir willkommen, Buͤrger dieser Stadt. Mordhund! Sie kamen dir den Tod zu geben. Auf jetzt. (er zieht.) (tritt ihm in den Weg.) Halt dort! Auf, ruf’ ich, ihr Thebaner! (auf Amphitryon deutend.) Thebaner, greift ihn, ruf’ ich, den Verraͤther! Argatiphontidas! Bin ich behext? Kann sich ein menschlich Auge hier entscheiden? Tod! Teufel! Wuth und keine Rache! Vernichtung! (er fällt dem Sosias in die Arme.) Thor, der du bist, laß dir zwei Worte sagen. Mein Seel! Er wird schlecht hoͤren. Er ist todt. Was hilft der eingeknickte Federbusch? — „Reißt eure Augen auf, wie Maulwuͤrfe!“ Der ist’s, den seine eigne Frau erkennt. Hier steht, ihr Obersten, Amphitryon. (erwachend.) Wen kennt die eigne Frau hier? Ihn erkennt sie, Ihn an, mit dem sie aus dem Hause trat. Um welchen, wie das Weinlaub, wuͤrd’ sie ranken, Wenn es ihr Stamm nicht ist, Amphitryon? Daß mir so viele Kraft noch waͤr’, die Zung’ In Staub zu treten, die das sagt! Sie anerkennt ihn nicht! (er erhebt sich wieder.) Das luͤgst du dort! Meinst du des Volkes Urtheil zu verwirren, Wo es mit eignen Augen sieht? Sie anerkennt ihn nicht, ich wiederhol’s! — Wenn sie als Gatten ihn erkennen kann, So frag’ ich nichts danach mehr, wer ich bin : So will ich ihn Amphitryon begruͤßen. Es gilt. Sprecht jetzt. Erklaͤrt euch jetzo, Fuͤrstin. Alkmene! Meine Braut! Erklaͤre dich: Schenk’ mir noch einmal deiner Augen Licht! Sag’, daß du jenen anerkennst, als Gatten, Und so urschnell, als der Gedanke zuckt, Befreit dies Schwerdt von meinem Anblick dich. Wohlan! Das Urtheil wird sogleich gefaͤllt sein. Kennt ihr ihn dort? Kennt ihr den Fremdling dort? Dir waͤre dieser Busen unbekannt, Von dem so oft dein Ohr dir lauschend sagte, Wie viele Schlaͤge liebend er dir klopft? Du solltest diese Toͤne nicht erkennen, Die du so oft, noch eh’ sie laut geworden, Mit Blicken schon mir von der Lippe stahlst? Daß ich zu ew’ger Nacht versinken koͤnnte! Ich wußt’ es wohl. Ihr seht’s, ihr Buͤrger Thebens, Eh’ wird der rasche Peneus ruͤckwaͤrts fließen, Eh’ sich der Bosphorus auf Ida betten, Eh’ wird das Dromedar den Ozean durchwandeln, Als sie dort jenen Fremdling anerkennen. Waͤr’s moͤglich? Er, Amphitryon? Sie zaudert. Sprecht! Redet! Sagt uns! — Fuͤrstin, sprecht ein Wort! — Wir sind verlohren, wenn sie laͤnger schweigt. Gieb, gieb der Wahrheit deine Stimme, Kind. Hier dieser ist Amphitryon, ihr Freunde. Er dort Amphitryon! Allmaͤcht’ge Goͤtter! Wohlan. Es fiel dein Loos. Entferne dich. Alkmene! Fort Verraͤther: Willst du nicht, Daß wir das Urtheil dir vollstrecken sollen. Geliebte! Nichtswuͤrd’ger! Schaͤndlicher! Mit diesem Namen wagst du mich zu nennen? Nicht vor des Gatten scheugebietendem Antlitz bin ich vor deiner Wuth gesichert? Du Ungeheuer! Mir scheußlicher, Als es geschwollen in Moraͤsten nistet! Was that ich dir, daß du mir nahen mußtest, Von einer Hoͤllennacht bedeckt. Dein Gift mir auf den Fittig hinzugeifern? Was mehr, als daß ich, o du Boͤser, dir Still, wie ein Maienwurm, ins Auge glaͤnzte? Jetzt erst, was fuͤr ein Wahn mich taͤuscht’, erblick’ ich. Der Sonne heller Lichtglanz war mir noͤthig, Solch’ einen feilen Bau gemeiner Knechte, Vom Prachtwuchs dieser koͤniglichen Glieder, Den Farren von dem Hirsch zu unterscheiden? Verflucht die Sinne, die so groͤblichem Betrug erliegen. O verflucht der Busen, Der solche falschen Toͤne giebt! Verflucht die Seele, die nicht so viel taugt, Um ihren eigenen Geliebten sich zu merken! Auf der Gebirge Gipfel will ich fliehen, In todte Wildniß hin, wo auch die Eule Mich nicht besucht, wenn mir kein Waͤchter ist, Der in Unstraͤflichkeit den Busen mir bewahrt. — Geh! deine schnoͤde List ist dir gegluͤckt, Und meiner Seele Frieden eingeknickt. Du Ungluͤckseelige! Bin ich es denn, Der dir in der verfloßnen Nacht erschienen? Genug fortan! Entlaß’ mich, mein Gemahl. Du wirst die bitterste der Lebensstunden Jetzt guͤtig mir ein wenig kuͤrzen. Laß diesen tausend Blicken mich entfliehn, Die mich wie Keulen, kreuzend niederschlagen. Du Goͤttliche! Glanzvoller als die Sonne! Dein wartet ein Triumph, wie er in Theben Noch keiner Fuͤrstentochter ist geworden. Und einen Augenblick verweilst du noch. (zu Amphitryon.) Glaubst du nunmehr, daß ich Amphitryon? Ob ich nunmehr Amphitryon dich glaube? Du Mensch, — entsetzlicher, Als mir der Athem reicht, es auszusprechen! — Verraͤther! Was? du weigerst dich? Du laͤugnest? M Wirst du jetzt etwa zu beweisen suchen, Daß uns die Fuͤrstin hintergieng? O ihrer Worte jedes ist wahrhaftig, Zehnfach gelaͤutert Gold ist nicht so wahr. Laͤs’ ich, mit Blitzen in Nacht, Geschriebnes, Und riefe Stimme mir des Donners zu, Nicht dem Orakel wuͤrd’ ich so vertraun, Als was ihr unverfaͤlschter Mund gesagt. Jetzt einen Eid selbst auf den Altar schwoͤr’ ich, Und sterbe siebenfachen Todes gleich, Des unerschuͤtterlich erfaßten Glaubens, Daß er Amphitryon ihr ist. Wohlan! Du bist Amphitryon. Ich bin’s! — Und wer bist du, furchtbarer Geist? Amphitryon. Ich glaubte, daß du’s wuͤßtest. Amphitryon! Das faßt kein Sterblicher. Sei uns verstaͤndlich. Welche Reden das? Amphitryon! Du Thor! Du zweifelst noch? Argatiphontidas und Photidas, Die Kadmusburg und Griechenland, Das Licht, der Aether, und das Fluͤßige, Das was da war, was ist, und was sein wird. Hier, meine Freunde, sammelt euch um mich, Und laßt uns sehn, wie sich dies Raͤthsel loͤs’t. Entsetzlich! Was von diesem Auftritt denkt man? (zu Alkmenen.) Meinst du, dir sei Amphitryon erschienen? M 2 Laß ewig in dem Irrthum mich, soll mir Dein Licht die Seele ewig nicht umnachten. O Fluch der Seeligkeit, die du mir schenktest, Muͤßt’ ich dir ewig nicht vorhanden sein. Heraus jetzt mit der Sprache dort: Wer bist du? (Blitz und Donnerschlag. Die Scene verhüllt sich mit Wolken. Es schwebt ein Adler mit dem Donner- keil aus den Wolken nieder.) Du willst es wissen? (er ergreift den Donnerkeil; der Adler entflieht.) Goͤtter! Wer bin ich? Der Schreckliche! Er selbst ist’s! Jupiter! Schuͤtzt mich ihr Himmlischen! (sie fällt in Amphitryons Arme.) Anbetung dir In Staub. Du bist der große Donnerer! Und dein ist Alles, was ich habe. Er ist’s! In Staub! In Staub das Antlitz hin! (Alles wirft sich zur Erde ausser Amphitryon.) Zevs hat in deinem Hause sich gefallen, Amphitryon, und seiner goͤttlichen Zufriedenheit soll dir ein Zeichen werden. Laß deinen schwarzen Kummer jetzt entfliehen, Und oͤffne dem Triumph dein Herz. Was du, in mir, dir selbst gethan, wird dir Bei mir, dem, was ich ewig bin, nicht schaden. Willst du in meiner Schuld den Lohn dir finden, Wohlan, so gruͤß’ ich freundlich dich, und scheide. Es wird dein Ruhm fortan, wie meine Welt. In den Gestirnen seine Graͤnze haben. Bist du mit deinem Dank zufrieden nicht, Auch gut: Dein liebster Wunsch soll sich erfuͤllen, Und eine Zunge geb’ ich ihm vor mir. Nein, Vater Zevs, zufrieden bin ich nicht! Und meines Herzens Wunsche waͤchs’t die Zunge. Was du dem Tyndarus gethan, thust du Auch dem Amphitryon: Schenk’ einen Sohn Groß, wie die Tyndariden, ihm. Es sei. Dir wird ein Sohn gebohren werden, Dess’ Name Herkules: es wird an Ruhm Kein Heros sich, der Vorwelt, mit ihm messen, Auch meine ew’gen Dioskuren nicht. Zwoͤlf ungeheure Werke, waͤlzt er thuͤrmend Ein unvergaͤnglich Denkmal sich zusammen. Und wenn die Pyramide jetzt, vollendet, Den Scheitel bis zum Wolkensaum erhebt, Steigt er auf ihren Stufen himmelan Und im Olymp empfang’ ich dann, den Gott. Dank dir! — Und diese hier, nicht raubst du mir? Sie athmet nicht. Sieh her. Sie wird dir bleiben; Doch laß sie ruhn, wenn sie dir bleiben soll! — Hermes! (Er verliert sich in den Wolken, welche sich mittlerweile in der Höhe geöffnet haben, und den Gipfel des Olymps zeigen, auf welchem die Olympischen ge- lagert sind.) Amphitryon! Gleich folg’ ich dir, du Goͤttlicher! — Wenn ich erst jenem Kauze dort gesagt, Daß ich sein haͤßliches Gesicht zu tragen, Nun muͤde bin, daß ich’s mir mit Ambrosia jetzt Von den olymp’schen Wangen waschen werde; Daß er besingenswuͤrd’ge Schlaͤg’ empfangen, Und daß ich mehr und minder nicht, als Hermes, Der Fußgefluͤgelte der Goͤtter bin! (ab.) Daß du fuͤr immer unbesungen mich Gelassen haͤtt’st! Mein Lebtag sah’ ich noch Solch’ einen Teufelskerl, mit Pruͤgeln, nicht. Fuͤrwahr! Solch’ ein Triumph — So vieler Ruhm — Du siehst durchdrungen uns — Alkmene! Ach! Gedruckt bey Carl Gottlob Gaͤrtner.