Der M essias. Vierter Band. Mit Koͤnigl. Preußischen und Churf. Saͤchsischen allergnaͤdigsten und gnaͤdigsten Privilegien. Halle, im Magdeburgischen. Verlegt von Carl Hermann Hemmerde, 1773 . Vom gleichen Verse. Aus einer Abhandlung vom Sylbenmaaße. Wir unterhielten uns zuletzt von den lyrischen Versarten der Alten, und einigen Nachah- mungen derselben; ich will Jhnen jetzt neue vorlesen, die mir zur Untersuchung sind mitgetheilt worden. Von andern schon bekannten neuen wollen wir zuletzt reden. Die Sylbenmaasse des aͤhnlichen Verses nahmen ihren Hauptton aus Einer Klasse der Fuͤsse; die Sylbenmaasse des gleichen Verses thun dieß nur selten; und wenn es geschieht, so verbinden sie mehr Fuͤsse der angefuͤhrten Art. Es ist der Strophe wesentlicher, daß sie jetzt steige, jetzt sinke, nun A 2 ab- Vom gleichen Verse. abwechsle, dann schwebe, oder auch uͤbergehe. Jch muß mich erklaͤren. Langsamkeit und Schnelligkeit haben Grade. Wenn die Langsamkeit oder die Schnelligkeit zu- nimmt, so steigt die Strophe; und sinkt, wenn eine von beyden abnimmt. Wenn diese oder jene bald abnimmt, und bald zunimmt; so wechselt die Strophe ab. Bleiben sich die eine oder die andre von ungefaͤhr gleich, so schwebt sie; und gehet endlich von der Langsamkeit zur Schnelligkeit, oder von dieser zu jener, uͤber. Vielleicht giebt es noch mehr Ar- ten Strophen; allein ich zweifle, daß hier Mehrheit und Schoͤnheit vereinigt werden koͤnnen. Wir sprachen neulich von einer Schoͤnheit des Rhythmus, die keine Beziehung auf Langsamkeit oder Schnelligkeit hatte, und die in gewissen verhaͤltnißmaͤßigen, und dadurch gefallen- den Sylbenstellungen bestand. Diese kommt bey meiner Ein- theilung nicht in Betrachtung; aber dadurch sage ich gar nicht, daß sie den lyrischen Versarten nicht vorzuͤglich angehoͤre. Etwas muͤssen Sie uns doch auch hier da- von sagen. Wenn z. E. die Bewegung zunimmt, und diese Schoͤnheit des Rhythmus sich vermindert? Jch ziehe die Strophen vor, in denen beyde zugleich zunehmen. Und wenn nun, bey dem Sinken der Strophe, der schoͤne Rhythmus stiege? So wuͤrde die Strophe dadurch gewinnen. Denn diese Schoͤnheit des Rhythmus darf nur selten, etwa einiges Kontrastes wegen, vermindert werden; aber das Nach- lassen Aus einer Abhandl. vom Sylbenmaaße. lassen der Bewegung ist zum Ausdrucke gewisser Leidenschaften nothwendig. Meynen Sie, daß die Strophe vom Langsa- men zum Schnellen, oder umgekehrt, auf Einmal uͤbergehe: Dieß waͤre kein Uebergang mehr; sondern ein Sprung; und den duͤrfen nur Dithyramben thun. Wie steigt die Strophe am besten? Eine der guten Arten des Steigens ist, wenn sie in den beyden ersten Versen zu schweben scheint; in dem dritten etwas, aber in dem vierten noch merklicher, als von dem zweyten zum dritten, zunimmt. Welche Art der Strophen ziehen Sie vor? Das wuͤrde uns sehr weit fuͤhren, wenn wir in diese Untersuchung hineingehn wollten. Vielleicht werden Sie selbst, wenn ich gelesen haben werde, nicht sagen koͤnnen, welche Art Sie vorziehn. Nun so werden Sie mir doch wenigstens sagen, welche Art der Abwechslung Sie vorziehn? Jch kann mich nun einmal auf das Vorziehn nicht einlassen; aber eine gute Abwechslung ist es, wenn sich der zweyte Vers leise, der dritte merklicher senket, und der vierte nicht zu stark wieder steigt; oder wenn der zweyte und dritte Vers eben so steigen, und der vierte auf gleiche Weise sinkt. Die schwebende Strophe (ich stelle mir ihre Verse dabey von groͤsserm Umfange vor, als lyrische Verse A 3 gewoͤhn- Vom gleichen Verse. gewoͤhnlich haben) scheint mir eines sehr vollen Ausdrucks faͤ- hig zu seyn. Eines vollen Ausdrucks; aber nur von einfa- chen Gegenstaͤnden. Sobald diese zu ihrem Jnhalte gewaͤhlt werden; so ist die Strophe vortreflich. Doch es kann ja uͤber- haupt keine Versart ihre Kraft recht zeigen, wenn sie dem Jnhalte nicht angemessen ist. Wenn in der schwebenden Strophe jeder Vers durch genug Veraͤnderung der rhythmischen Schoͤnheit (wir sprachen ja erst davon) von dem andern unterschieden ist; so denk’ ich, muß ich ihr einen kleinen Vorzug geben. Jch glaube, die musikalische Declamation wuͤrde mich, wenn ich irrte, allein’ zurechtweisen koͤnnen. Die musikalischen Rhythmen zu solchen Strophen, wie uns Selmer vorlesen wird, (ich kenne schon einige davon) sehlen uns noch. Die Rhythmusstellung unsrer Musik gleicht den Verhaͤltnissen der Baukunst noch zu sehr; und es ist vielleicht noch lange hin, eh’ sie ein grosser Kompo- nist den Gruppen der Malerey aͤhnlich maͤcht. Wir kaͤmen zu weit ab, wenn wir uns auf die singende Declamation einließen. Jch werde mich bemuͤhn, Jhnen die Bewegung der Strophen, die ich habe, durch die redende auszudruͤcken. Unterbrechen Sie mich nicht ourch Anmerkungen. Sie koͤnnen mir sie hernach machen. Wenn ich in Einem fortlese; so uͤbersehen Sie die Mannichfaltigkeit des lyrischen Zeitausdrucks, welcher in diesen Strophen ist, desto leichter. Sie erinnern sich doch noch, Minna: Alles, was Aus einer Abhandl. vom Sylbenmaaße. was die Sprache sagen kann, sagt sie, durch den Wortsinn, in so fern naͤmlich die Woͤrter, als zu Zeichen gewaͤhlte Toͤne, einen gewissen Jnhalt haben, ohne noch dabey auf den Klang, und die Bewegung dieser Toͤne zu sehen; durch den Zeitaus- druck, in so fern die Bewegung, und durch den Ton- ausdruck, in so fern der Wohlklang ausdruͤcken hilft. Ob ich mich erinnre? Jch soll keine Anmerkun- gen machen. Aber ein Paar Fragen werd ich doch wohl thun duͤrfen. Kurze denn wenigstens; wenns nicht anders seyn kann. Lassen Sie mich mit einsehn. Damit Sie die uͤbergeschriebnen Sylbenmaasse recht beurtheilen, muß ich Jhnen sagen, daß die Komma die Verse in ihre Rhythmen abtheilen. Theilt man anders ab; so macht man, ob gleich eben die Reihe Laͤngen und Kuͤrzen bleibt, eine ganz andre Strophe. Die Bildung derjenigen, welche der Erfinder im Sinn hatte, wird zerstoͤrt. Doch duͤr- fen, der Mannichfaltigkeit wegen, bisweilen einige Veraͤn- drungen des Rhythmus gemacht werden. Es ist genug, wenn die Strophe, bey der Wiederholung, ihren Hauptcha- rakter nur nicht verliert. Die untergesetzten veraͤnderten Laͤn- gen oder Kuͤrzen zeigen an, daß der Dichter sie manchmal brauchen duͤrfe; doch unter der Bedingung, daß der Fuß beynah derselbe bleibt; und dieß geschieht, wenn er Wort- fuß ist. A 4 Schnelle, Vom gleichen Verse. Schnelle, steigende Strophen. 1. Da der Gottmensch: Werde Welt! rufte, da ward, Wie der Thau traͤuft, zahllos ihr Heer, die er schuf, Daß ihr Heil stets sich erhoͤbe. Allen rief Er vom Kreuz hoͤheres Heil, ewiges herab! 2. Er betet, da stuͤrzt hoch herab Ein Gebot vom Thron her, Flammen herab! Das Opfer versank schnell in der Glut, Und die Wasser am Altar brannten in die Hoͤh. 3. Dann heiß’ ichs kommen! Staͤdte von Mauern hoch Und Huͤgeln, fallen oͤde’ zur Truͤmmer hin! Schaam, und des Todes Furcht Senkt zur Erde des Streitenden Arm! 4. Aus einer Abhandl. vom Sylbenmaaße. 4. Ertoͤnet sein Lob, Erden, toͤnt’s, Sonnen, Gestirn! Jhr Gestirn’ hier in der Strasse des Lichts, hallt’s seyrend Des Erloͤsenden Lob, siehe des Herrlichen! Unerreichten von dem Danklied der Natur! 5. Aussaat, o wie reif schimmerst du her! Laut ruft im Gefild Die Heerschaar zu der Erndte! Selige, die, Glanz zu Glanz, Der Vollender sammelt, wie nimmt Des neuen Aeoons Herrlichkeit euch auf! Schnelle, abwechselnde Strophen. 1. Zema, du kamst! toͤne das Lied zu dem Psalter, Zema, du kamst! so ergiesse, durch des Festes Lauben, sich der Gesang des Bundes, Zema, du starbst! und erstandst! A 5 2. Vom gleichen Verse. 2. Labyrinth war, Erben, der Weg an dunkeln Felsen empor; Grabnacht huͤllt’ ihn euch ein: Das Blut der Entsuͤndigung rann; Und Gericht haͤlt, wer erloͤst ward! Jn welchen Versen wechselten diese beyden Stro- phen ab? Jede in dem dritten. Die erste ließ in diesem Verse ein wenig an Schnelligkeit nach; die andre nahm auf gleiche Weise zu. 3. Gott sey und dem Lamm sey, das erwuͤrgt ward, Anbetung! Jubelpreis dem erhabnen Sohn! Du entriefst der Nacht Der Verwerfung, die der Tod traf! o wir sind Entflohn dem Abgrund des Verderbens! 4. Aus einer Abhandl. vom Sylbenmaaße. 4. Ach zu dem Triumph schweben wir empor, Engel, und ihr, Erben des Lichts, kommen zu des Sohns Himmelsgang! Du o Tod, du Flug zu dem Genuß! Graͤber, und ihr Graun, Wonne seyd ihr, Himmel und sein Heil! 5. Wie die Freude, wie die Wonne, wie des Triumphs Jnniges, jauchzendes, heiliges Lied Nachhallen? wie den Preis Der Vollendeten am Thron? 6. Schwinge dich empor, Seele, die der Sohn zu des Lichts Erbe sich erschuf! selige, die versoͤhnt Jesus hat! Sing ins Chor der Vollendeten am Thron! Stammelten sie nicht auch Laute, wie du, bebenden Gesang? Der Vom gleichen Verse. Der Schluß des zweyten und der Anfang des dritten Verses machen in dieser Strophe die Abwechslung aus. Wenn der zweyte mit einem Daktylus schloͤsse, und der dritte in Einem fortliefe, so naͤmlich: , so wuͤrde die verminderte Schnelligkeit unmerklich seyn, und die alsdann zu schnelle Strophe zu den steigenden gehoͤren. 7. Donnr’ es, o Gesang, in der Nacht Schrecken hinab, zu Gehenna’s Empoͤrer hin: Die am Staub’ einst Elend, und der Tod traf, Sie erwachen zu dem Schaun! 8. O Aufgang aus der Hoͤh, o des Herrn Sohn! du o Licht Von dem Licht, der erloͤst hat, doch dereinst auch auf den Thron Des Gerichts mit der Wagschaal steigt, und es waͤgt Was gethan hat, wem umsonst floß Golgatha’s Blut. Lang- Aus einer Abhandl. vom Sylbenmaaße. Langsame, steigende Strophe. O der Angst Stimme, die herrufend vom Abgrunde Dumpf toͤnet’, aus Staubwolken zu Licht aufklagte! Und nunmehr sterbend noch graunvoller schwieg, furchtbarer, Verstummt, schrecket’, als hinsinkend sie Wehklag’ ausrief! Langsame, sinkende Strophe. Meer, du standst! Gott gebot’s! Tagwolke, Nachtwolke schwebt’ hinten nach dem Heer Des Gesezvolks. Gott erschrekt’, und traf Pharao’s Roß und Mann von der Wolke. Langsame, abwechselnde Strophen. 1. Posaunrufen der Heerlager, die ernstanbetend Fortzogen, umscholl wehdrohend der Palmstadt Thuͤrme: Der Todstag kam dunkel, und des Herrn Heer zog Und es sank fuͤrchterlich aufdonnernd Jericho! 2. Vom gleichen Verse. 2. Seldstaͤndiger! Hochheiliger! Allseliger! tief wirft, Gott! Von dem Thron fern, wo erhoͤht Du der Gestirn’ Heer schufst, Sich ein Staub dankend hin, und erstaunt uͤber sein Heil, Daß ihn Gott hoͤrt in des Gebeinthals Nacht. 3. Geh unter, Stadt Gottes, geh unter! Jn Kriegsschrein! in Rauchdampf! und Glutstrom! Versink, ach! die des Herrn Arm von sich wegstieß, Sey Truͤmmer, Stadt Gottes! 4. Die Gott raͤcht, in Gestirnglanz, Gluͤkselige, Jn des Heils Kleid, ausduldende Maͤrtyrer, Zu dem Erb’ in dem Lichtreich, kommt freudig ihr, Die Gott raͤcht, von dem Nachtthal her! 5. Aus einer Abhandl. vom Sylbenmaaße. 5. Sie find’s, ach! die wehdroh’nd der Aufruf schreckt, Sie stehn auch von dem Tod’ auf! O verschloͤß Nacht stets Und das Graunthal der Verwesung Die des Throns Ausspruch in den Abgrund stuͤrzt! Schnelle, schwebende Strophe. Liebe des Sohns, himmlisches Heil, dem Verstande Goͤttliches Licht! vom Altar Glut dem Gefuͤhle! Tag, der erwacht, in das Meer nicht unterzugehn. Der Erloͤsten ewiger Tag, Liebe des Sohns! Die Bemerkung des Ohrs muß oft sehr fein seyn, die den Unterschied, zwischen der abwechselnden Strophe, und der Strophe des Uebergangs macht. Jch wuͤrde, wenn ich nicht in Gesellschaft so genauer Untersucher waͤre, einige der letzten Art abwechselnd nennen. Die Strophen des Ueber- gangs Vom gleichen Verse. gangs sind sich darinn unaͤhnlich, daß der Uebergang, bald durch einen oder zwey Verse, bald auch nur durch Einen Rhythmus; bald aber in jedem Verse durch veraͤnderte lang- samere oder schnellere Rhythmen, gemacht wird. Jch ver- lange eben nicht, daß Sie, indem ich vorlese, an dieses alles denken sollen; es ist mir genug, wenn Sie nur auf den Ein- druck Acht haben, den die Bewegung der Strophen auf Sie macht. Gleichwohl will ich die, welche in jedem Verse uͤbergehn, zuletzt lesen. Diese Strophen sind, in einer ge- wissen Betrachtung, schwebend. Bey den eigentlichen schwebenden Strophen bleibt sich entweder die Schnelligkeit oder die Langsamkeit gleich; und bey jenen das Uebergehen- de. Doch sparen Sie diese, und alle andre Anmerkungen, fuͤr die zweyte Lesung auf; und hoͤren jetzt. Uebergehende Strophen. 1. Fanget bebend an, athmet kaum Leisen Laut; denn es ist Christus Lob, Was zu singen ihr wagt. Die Ewigkeit Durchstroͤmt’s, toͤnt von Aevon fort zu Aeoon! 2. Aus einer Abhandl. vom Sylbenmaaße. 2. Gott sey, ja dem Sohn sey, der zu Gott geht, Anbetung! Werft die Krone, werft, Engel, auch ihr Jn Triumphgange die Palme, Daß der Herr sie euch gab, nieder am Thron! 3. Sie versinkt, sie versinkt Babel! Der Taͤuscherin Gefuͤllt ist mit Gifttrunk, schnelltoͤdend schaͤumt Jhr Kelch auf! O es fuͤllt dir, Babel, dafuͤr Des Gerichts Kelch vollmessend, der wiedervergilt! 4. Wo erhoͤht Er in dem Lichtreich, im Glanz thront, dort Stieg er herab, und den Gerichtsruf donnerte sein Heer! Und die Grabnacht gab, die sie wegnahm, her, Da des Gerichts Ruf toͤnt’, und das Gebirg einsank. IV Band. B 5. Vom gleichen Verse. 5. Todt’, erwacht! Todt’, erwacht! Der Gerichtstag hallt’s, Der Aufruf der Erndter, das Gefild Ertoͤnt froh; der Staub hoͤrt’s da, wo er sanft Schlummert, hinschallen; Schutzengel rufen ins Gericht! 6. Jhr lieft nicht die Laufbahn des Erdulders, Des Pilgers, da hinab nicht, wo der Tod war; Jhr Unsterblichen, sahet das Grab Nicht eroͤfnet, und gefuͤllt mit Gebein! 7. Gerichtsdonner, ach zu furchtbar toͤnest du Jn die Grabmale! Laͤngrer, ewiger Schlaf Jst ihr Flehn; aber sie kommen aus der Nacht Und wehklagen: O falle, Gebirg, deck’ uns! 8. Aus einer Abhandl. vom Sylbenmaaße. 8. Da ihr Gang Flug, und ihr Ausruf Gesang ward der Entzuͤckung, Da vom Gefild’ her sich ihr Triumphzug zum Gerichtsthron Emporschwang, nahm zu dem Erb’ auf Er, den am Kreuz Gott sah’, Jn das Lichtreich auf, die des Altars Blutruf vom Gericht lossprach! 9. Wehklagen, und bang Senfzen vom Graunthale des Abgrunds her, Sturmheulen, und Strombruͤllen, und Felskrachen, das laut niederstuͤrzt’, Und Wutschreyn, und Rachausrufen erschell dumpf auf! Wie der Strahl eilt, schwebten wir schnell, und in Wehmut fort. 10. Am Thron rollt die Heerschaar, als goͤß sie ein Meer weit aus, Des Gerichts Buͤcher voll Ernst auf; und die Glanzschrift er- schreckt fernher! Eilet empor, Erstlinge, schwebt den Triumphflug, kommt, Richtet mit dem, welchem sich die Hoͤh, und das Gebeinthal buͤckt! B 2 11. Vom gleichen Verse. 11. Begleit’ Jhn zum Thron auf, o Lichtheer, Mit der Harf’ Jhn, der Posaun’hall, und dem Chorpsalm, Jesus, Gottes Sohn! Menschlich ist Er! Gnaͤdig! das rufest du laut, blutiger Altar! 12. Goldpalast, und bemoost Dach stuͤrzen ein! Jm Erdgrab’, und Weltmeer, wer entschlummert Schon lang lag, der erwacht; wer lebet, hoͤrt Graunvolles Erdbeben, stirbt! und erwacht! 13. O sie kommen herauf! Muͤhsam wandelten sie Jn des Tods bangem Nachtpfad; gluͤckliche, befreyt, Entfloͤhn sind sie weit weg vom Elend! und Entzuͤckung Jst ihr Weinen da herauf, Wehmut himlischer Ruh! 14. Aus einer Abhandl. vom Sylbenmaaße. 14. Ernst ist er des Gerichts dunkler Tag; Todesgang und des Sturms Flug eilt des Herrn Gerichtstag! Prophezeihung gegen sie, Bewoͤlkt einst, Prophezeihung, wie erfuͤllt Gott dich! 15. Das Gewand weiß, bluthell hob zum Thron Sie sich empor, stand ernst, anschaunselig da, Schimmerte die Braut! Sanften Ton, festliche Melodien, Freudigeres Gefuͤhl, stroͤmtet ihr, Donnerer in dem Gericht! Von der jonischen Versart. Sie kennen den schoͤnen Rhythmus des Joni- kus. Jch habe eine mir mitgetheilte Versart nach ihm ge- nannt. Ein großer Dichter koͤnnte ihr, durch ein Gedicht von vielem Jnhalte, seinen Namen geben; und so wuͤrde ich gar nichts dawider haben, wenn sie ihre griechische Benen- nung verloͤre. Jhr Schema ist: B 3 Der Vom gleichen Verse. Der Jonikus ist der herrschende Fuß; nach ihm kommen der Anapaͤst und der Baccheus von ungefaͤhr gleich oft vor. Da die beyden ersten schon so viel Bedeutung haben, so durfte ein Dritter, nur unter der Bedingung einer großen Aehnlich- keit mit dem herrschenden, hinzukommen. Aber warum wurde, eben dieser Aehnlich- keit wegen, der Baccheus nicht zum zweyten nach dem herr- schenden gemacht, und der Anapaͤst merklich seltner gebraucht? Weil die Versart auf diese Weise Eintoͤnig ge- worden waͤre. Der Jonikus ist nicht in der ersten Abtheilung; weil er sonst zu oft vorkommen, und also zu stark wuͤrde ge- hoͤret werden. Der vierte ist ohne den Anapaͤst, weil der Schluß des Verses den Hauptton der Versart haben soll. Der Baccheus darf nur selten fuͤr den Jonikus in der vierten Abtheilung ge- setzt werden; es muß aber auch nicht zu selten geschehn, damit der Schluß des Verses zwar merklich, aber auch nicht Eintoͤ- nig sey. So oft nach der Regel, und nach der Erlaubniß, aͤhnliche Fuͤsse mit einander abwechseln zu lassen, der Didy- maͤus fuͤr den Jonikus steht (in der vierten Abtheilung steht er niemals) so ist er allezeit ein Wortfuß, damit er dem Verse seinen Hauptton nicht nehme. Ueberhaupt sind die Fuͤsse in dieser Versart oft Wortfuͤsse. Jhr schnellster Vers ist: O entfleuch zum Gebein, ins Gefild, wo die Schlacht schweigt, Erobrer! der langsamste: Und ruf dort dir selbst, Wuͤrger, Weh zu, daß des Herrn Zorn nicht donnernd und Aus einer Abhandl. vom Sylbenmaaße. und vielleicht der schoͤnste: Dir aufsteh, du den Wehruf des Gerichts von dem Thron her nicht todt hoͤrst. Zu dem Schlusse eines Verses scheinen mir sieben Sylben, davon noch dazu viere lang sind, zu viel zu seyn. Man hoͤret nur den letzten Fuß als Schluß. Es kommt nur darauf an, daß der Jonikus vor dem letzten Fusse gewoͤhnlich wieder gehoͤrt werde. Ob Sie diese beyden letzten Fuͤsse den Schluß, oder die letztere kleinere Haͤlfte des Verses nennen, entscheidet in Absicht auf seinen Rhythmus nichts. Der jonische Vers scheint mir ein wenig zu lang zu seyn. Jch vermuthe, daß Sie den Hexameter zum laͤngsten Verse annehmen, der gemacht werden darf. Wenn dieß der Entscheidungsgrund seyn soll, so ist der jon sche Vers zu lang. Der Herameter hat, wie Sie wissen, bestaͤndig vier und zwanzig Zeiten; der jonische wechselt von acht und zwan- zig bis zu zwey und zwanzig ab. Wenn er Jnhalt hat, und nicht bloß wegen seines starktoͤnenden herrschenden Fusses eine gewisse Fuͤlle der Declamation erfordert; so scheint er mir nicht zu lang zu seyn. Man koͤnnte, deucht mich, auch das an ihm tadeln, daß er nicht bestaͤndig eben dieselben Zeiten hat. Tadeln Sie es an Sophokles Verse, daß seine Abwechslungen von ein und zwanzig bis zu achtzehn zuruͤck gehn? oder an den andern Sylbenmaaßen der Griechen, die wir mit ein- ander untersucht haben, daß die Zahl ihrer Zeiten ungleich ist? Wenigstens ist es ein Vorurtheil gegen die jonische Versart, daß die schoͤnste Versart der Griechen, ihre epische, in jedem Verse gleiche Zeiten hat. B 4 Selmer. Vom gleichen Verse. Jch glaube nicht, daß der Erfinder des Hexa- meters an die Gleichzeitigkeit seiner Fuͤsse gedacht hat. Sie wird nur von denen, und zwar nur einigermaßen gehoͤrt, welche die Anmerkung, daß sie da ist, gemacht haben. Was sagen Sie, Minna? scheinen Jhnen diese beyden Verse, die im Homer aufeinander folgen, gleichzeitig zu seyn: Tlaͤton gar moirai thuͤmon thesan anthroopoisin. Avtar hog’ Hektora dion epei philon aͤtor apaͤura! Mir scheint der erste viel laͤnger zu dauern, als der zweyte. Aber bey Versen, die nicht so sehr contrasti- ren, als diese, ist die Gleichzeitigkeit merklicher. Jch habe Jhnen schon zugestanden, daß diejeni- gen, welche die Anmerkung gemacht haben, die gleichen Zeiten einigermaßen hoͤren koͤnnen. Aber ich frage Sie: denken Sie daran, wenn Sie den Homer declamiren? Das thu ich freylich nicht. Ueberhaupt seh ich die Gleichzeitigkeit des Hexa- meters nur als eine Mannichfaltigkeit weniger an. Jch wuͤrde sie ein zu kuͤnstliches Ebenmaaß nennen, wenn sie merklicher waͤre. Nicht jede Mannichfaltigkeit ist eine Schoͤnheit. Aber diejenige, nach welcher die Verse ungleiche Zeiten haben, ist es deßwegen, weil sie etwas dazu beytraͤgt, daß der poetische Periode nicht immer in gleiche Absaͤtze ge- theilt wird. Die Regel, daß der Kuͤnstler die Kunst verber- gen muͤsse, fodert hier die Verbindung der Aehnlichkeit mit der Gleichheit. Sonst muß ich von dieser Versart noch an- merken, daß sie durch ihren starken Rhythmus nahe ans Lyri- sche graͤnzt. Der Der M essias. Sechzehnter Gesang. B 5 Jnhalt des sechzehnten Gesanges. D er Messias hat die Auferstandnen und Engel auf Tabor versam- melt. Er offenbart sich ihnen, als den Richter, und als den Beherrscher der Welt. Er haͤlt uͤber die Seelen derer, die vor kur- zem gestorben sind, das erste Gericht. Bald werden ganze Schaa- ren und bald einzelne Todte gerichtet. Jndem dieß Gericht gehalten wird, kommt der Schutzengel eines Sterns, der verwandelt werden soll, und bittet, daß er die Verwandlung beschleunigen duͤrfe. Nach- dem das Gericht wieder einige Zeit gedauert hat, wird ein Juͤngling von dem Geschlechte der unschuldigen Menschen, der aber gesuͤndigt hatte, vor den Messias gebracht. Das Gericht waͤhrt fort. Der Mes- sias steigt zur Hoͤlle hinunter, und bestraft die gefallnen Geister. Der Messias. Sechzehnter Gesang. D er miskennet den ewigen Sohn, den Herrlichen Gottes, Der es nicht weis, daß durch Jhn, und fuͤr Jhn, der Vater die Schoͤpfung Schuf, und daß Er der Schaarenheere, die zaͤhlbar nur Jhm sind, Jener, die gluͤckseligkeitfaͤhig Verstand und Wahl macht, Herrscher ist, so lange bis einst, aus aller Welten Labyrinthen, die Wege des Ewigen alle, zu Einem Großen Ziele, der Seligkeit Aller, heruͤberkommen. Haͤtt’ am Kreuze nicht Er gerufen: Es ist vollendet! O so koͤnnte das Heer ohne Zahl der Erschaffenen, ganz dann Selig, dereinst durch die Himmel: Es ist vollendet! nicht rufen. Aber, als er zu schaffen beschloß, beschloß er zu sterben. Jesus Der Messias. Jesus Christus, der goͤttliche Sohn des ewigen Vaters, Und der Mensch, stieg wieder hinauf zu der Hoͤhe des Berges, Welcher, bis er sich zur Rechte des Vaters erhuͤbe, sein Thron war, Sieh, ein Thron auf Erden; und doch des Herrschers der Welten! Unter ihm bebt’, und leuchtete Tabor. Die Auferwekten Standen um ihn, und ferner, als sie, die Cherubim Gottes. Offen waren die hoͤhren Kreise gegen des Himmels Allerheiligstes. Christus stand in der Mitten, und lehnte Sich an einen bemoosten Felsen, der neben ihm ruhte, Nicht der Leidende mehr! Vor ihm, verloschen der Vaͤter Und der Engel Schimmer, in werdende Daͤmmrung; Eloa’s Lichtausgiessende Morgenroͤthen, in Sommermondnacht, Aber so oft sein Auge voll Gottheit blickte, so saßte Suͤsses Gefuͤhl der Endlichkeit Alle! so standen sie Alle Gern auf ihren Stufen, auf die, in der Reihe der Wesen, Er sie gestellt! so fuͤhlten, durch ihn, sie Alle sich selig! Siehe, der Cherub verstand den Wink in gewendetem Antliz Christus, und schwebte dahin. Bald kam er mit Seelenschaaren Wieder, ihr Fuͤhrer, der Todten, die, seit des goͤttlichen Sohnes Auferstehung, waren gestorben, und deren Leichen Graͤber izt Weinende gruben, oder dem Staube die Urnen Mit der Cypreß’ umwanden. Die Blume bluͤhet, mit welcher Einiger Graͤber Geliebte nun bald bestreuen, und dennoch Jst schon reif das Gericht des Todten im blumigen Grabe. Christus Gesendeter fuͤhrte die Seelen nach Tabor hinuͤber. Wie der Gewitterregen, im Sonnenstral hier heller, Truͤber dort, wo es mehr sich woͤlkt, von dem Himmel herabfaͤllt; Oder Sechzehnter Gesang. Oder wie, wenn in einer erhabneren feurigen Seele Leidenschaft kaͤmpft, und Vernunft, sie Gedanken zu Schaaren um- schweben, Wahre Gedanken, und falsche, doch diese mit Mienen der Wahrheit Taͤuscher, darein von der Leidenschaft Zauberstabe verwandelt. Nahe waren dem ersten Gericht die Seelen gekommen. Und sie schwebten vor Christus, und riefen ihr schnelles Erstannen Freudig aus, und bang, als sie, den Gott in der Mitte, Und die Goͤtter um ihn erblickten. Der Herrscher der Welten Sprach: Wer seyd ihr Seelen? und dumpfes vermischtes Geschrey rief. Wer sie waͤren; bescheidenes Urtheil uͤber sich selber, Stolzes mehr: allein in dem Antliz des stralenvollsten Unter den Goͤttern, sahen sie bald, daß Jhm sie vergebens Sich verbuͤrgen. Und einige Goͤtter sonderten Seelen Aus dem Haufen, und brachten sie naͤher dem obersten Gotte. Und der Richter richtete. Schnelle Worte geboten, Schnellere Winke den Engeln. Die Engel zeugten, enthuͤllten Flammenschrift; bald rollten sie wieder die Buͤcher zusammen; Streuten nur wenig umher des furchtbaren Glanzes. Die Seelen Redeten, schwebten verstummt. Kurz war das Urtheil des Richters! Traf gleich Blitzen! umglaͤnzte mit Wonne, wie Stralen des Tages Den, der blind war, oder sein Wink gebot auch den Engeln Nur den Weg, den hinauf die Seelen, oder hinunter Wandeln solten. Es fuͤhren der Wege viele zum Abgrund, Viele gen Himmel, einige waͤhren Aeonen, und Stunden Einige. Dort entdecken es ihnen der Welten Bewohner, Lassen es hier die Seelen selbst erforschen, warum sie Sich Der Messias. Sich hinauf zu dem Throne Gottes schwingen, warum sie Ach! hinab in den Abgrund sinken. Der naͤheren Seelen Viele riefen, und stuͤrzten in Tabors Staub sich nieder. Riefen: Jupiter, Gott des Donners! erbarme dich unser! Brama! Tien! Allvater! wir fehlten, suͤndigten, irrten, Zevs Kronion! Goͤtterbeherrscher, erbarme dich unser! Aber dem wartenden Cherubim gab der Erloͤser Befehle: Der vom Euphrates steigt, von des Libanons aͤusserstem Sterne, Bis zu der siebenden Ceder des Haines hinauf. Gesuͤndigt Hat er viel; allein stark war die Reizung, und heftig Seine Seele. Wenn er des Phiala Stralen sich naͤhert, Soll der Bewohner des Sterns des Versoͤhners Namen ihn nennen. Dieses vom Ganges Seele war truͤb’, und zu weich, er hatte Keine Gewißheit. Er steigt hinauf bey dem Hermon. Den Richter Nennt ihr ihm nie, und fruͤher als jenem den Suͤndenversoͤhner, Bey dem Schimmer Engeddi … Was neigst du so tief in den Staub dich? Bis zur Unmenschlichkeit stolz war dieser. Fuͤhrt ihn zur Hoͤlle, Eh’ ich des Oelbergs Gipfel betrete … Jupiter, hoͤre! Zuͤrne nicht so! Er sank in schneller Betaͤubung nieder. Haͤttest du deinen Freund nicht verrathen; so fuͤhrte der Engel Dich nicht hinab. Zween Winke noch lehrten den fuͤhrenden Engel. Gebt dem redlichen Manne die Palme fruͤher, so bald er Neben der Quelle Bethlehems schwebt. Du glaubtest, Allvater Lohne. Groͤsser ist Gott, als du ihn, Redlicher, dachtest. Wacht’ er zu Schlachten nicht auf? und legt er zu Traͤumen von Schlachten Sich nicht nieder?.. Schnell war der Blick des Gebieters, und schnell war, Der Sechzehnter Gesang. Der den Blutigen fuͤhrte … Dem stillen Verlaͤumder, daß diesem Jeder schlangenzuͤngige Laͤstrer der Hoͤll’ entgegen Zische! Stuͤrzet ihn, Engel, hinab in die unterste Hoͤlle! Eilend kam ein Cherub herab aus der Ruhstat Gottes; Und wie die wehenden Locken ihm flogen, die Wangen ihm gluͤhten, Sank er, vor Jesus Christus, dem Weltbeheirscher, zur Erde. Mitler, der Stern, dessen Huͤter ich bin, erhebt zu dem Ziele Seiner Wandlung sich bald. Des hohen Sternes Bewohner Haben schon Vorempfindung von ihrem Schwunge zum Urlicht; Aber sie halten den Durst, aus seinen Stroͤmen zu schoͤpfen, Kaum noch aus. Zwar ist ihr Gefuͤhl der Seligen Gottes; Dennoch ist es Begnadung, wenn du sie fruͤher hinauffuͤhrst! Darf ich Gethsemane ruͤhren und seine Palmen; so zittern Wankender meine Pole, so sinken die Pfeiler der Tiefen Eh, und mit ihnen hinab die Paradiese des Sternes. Ruͤhre Gethsemane, Ch’rub und seine Palmen. Der Engel Eilte dahin, das Gestirn, daß es fruher ende, zu ruͤhren. Kermath kam sein Engel entgegen, und laͤchelt’ ihm Liebe, Sagte: Du warst fuͤr die Menschen, mit denen du lebtest, zu edel, Guter Kermath. Das wars, daß sie dich verkannten, und haßten. Trockne sie nun die Zaͤhren, die du, mit innigem Schmerze, Wegen dieser Verkennung in deiner Einsamkeit weintest. Komm, den Lohn zu empfahn, den diese Guͤte des Herzens, Diese Geduld dir erwarb. Blick auf! (er wies nach dem Sterne) Dort wirst du auf der ersten Stufe der Seligkeit stehen! Aber du steigst, die Ewigkeit durch, von Stufe zu Stufe, Jmmer von Helle zu Licht, von Freude zu Wonne!.. Sie schwebten Mit Der Messias. Mit einander empor zu der ersten Stufe des Frommen. Einer von Jndiens Koͤnigen war gestorben. Die Seele Wallte, noch ganz nicht wach von dem letzten Schlummer des Todes, Saͤumete, daͤucht’s ihr, in langen unabsehlichen Gaͤngen. Jezo erwachte der Todte vom Schlummer, von seiner Groͤße Wahne noch nicht, von ihrem Taumel noch immer ergriffen. Aber wo sind denn die Seelen der Sklaven, deren Gebeine Aus der Asche der duftenden Staude die Lebenden lasen, Weineten, daß man ihre Gebeine nicht laͤse? wo sind sie, Daß sie den |todten Satrapen, ihr Herrscher komme! verkuͤnden? Einsam wallt’ er hervor aus der daͤmmernden Gaͤnge Gewoͤlben Jn die Freye des Himmels, und sahe gegen sich uͤber Einen Unsterblichen stehn, deß Recht’ ihm winkte zu weilen. Auf den verwunderten sahe der himmlische Juͤngling, mit Laͤcheln, Doch mit beginnendem nur, herunter. Folge von Ferne (Sagte zum Herrscher der Engel) dem Schimmer, welchen du sehn wirst Hinter mir sich verbreiten. Er mußte folgen, und bald stand Er in der Seelen dichtestem Drang’, und wurde gerichtet! Ach hier find’ ich gewiß, hier find’ ich Rettung! denn Goͤtter Seh ich hier; und ihr seyd gerecht, ihr ewigen Goͤtter! Menschen sind das nicht! sind Hasser, Verfolger der Unschuld, Blinde! verkennen, wer redlicher ist, wer besser als sie ist! Rief ein abgeschiedener Geist, und wurde belohnet. Gelimar lag auf dem Sterbelager, ein feuriger Juͤngling, Recht in der vollen Morgenroͤthe des Lebens. Sein Freund stand Neben ihm, reicht’ ihm Kuͤhle des Quells in brennendem Durste. Gelimar sprach: Auf ewig! was waͤhnest du anders? auf ewig Jst Sechzehnter Gesang. Jst es, daß wir uns trennen! So sind die Loose gefallen Jenes Baumes, und jener Blume, des sterbenden Juͤnglings Hier, den du liebest, und deins, und aller, die Sterblichkeit athmen! Alles ist aus, voruͤber, wenn wir verwelken, verdorren, Sterben! alles vergangen, als waͤr’ es niemals gewesen! Juͤngling! was soll der weinende Blick voll Trostes? Du wilst doch Mich nicht etwa troͤsten? Was soll mir Troͤstung? ich sterbe! Troͤste dich, daß du leben moͤgest! Jch fuͤrchtet’ es lange, Aber ich dacht’ es nicht oft, in der Freude der bluͤhenden Jahre; Ach nun ist es gekommen, und ich muß wallen, hinunter Etwa ins Grab? ich walle nirgend hin! Denn ich bin dann Aufg’loͤset, ein Nichts! Du wirst dem verwesenden Leichnam Doch den Namen des Freundes wohl nicht, der dich liebete, geben? Ehmals schonet’ ich deiner Thraͤnen; itzt kenn’ ich kein Schonen, Selber deiner Thraͤnen nicht mehr! Mit eisernem Arme Fasset der Tod! und eisern wird des Sterbenden Seele! Ha, er ist entsetzlich der schwarze Gewittergedanke, Daß ich sterben muß! hinstuͤrzen muß, und verwesen! Hoͤre, vernimm, bewahre des Scheidenden Wort, du Geliebter, Wie ein Krieger, den Schild: Ach, daß ich sterbe, vergehe! Klag’ ich die Goͤtter nicht an. Wir Armen sind zu geringe Zu der Unsterblichkeit! Eile nun hin, und schoͤpfe der Quelle Ganzen Strudel mir aus, damit ich noch Einmal mich labe, Oder, wird es mir Tod, gleich sterbe. Sein Freund gebietet, Und sie bringen ihm dar die volle Schaale des Todes. Bleicher ward er, und schwindelt’, und zittert’, und starb. Die getrennte Seele schlummerte fliehenden Schlaf von der letzten Erschuͤttrung. IV Band. C Ach Der Messias. Ach sie schwung sich empor! Schon stroͤmte des lauten Erstaunens Donnerruf! schon floß der freudigen suͤßen Verwundrung Silberstimme. Jhr Goͤtter, unsterbliche Goͤtter! ists moͤglich? Goͤtter der Sonn’ und des Mondes, ists moͤglich? ich lebe? der todt war, Lebet? ihr Goͤtter der Erd’, und des Himmels, und aller Sterne! Ach ich bin! kein letzter Traum des sierbenden Leibes Jst es! ich bin! und dieser kein Leib, der wie Blumen verwelket. Heilige, heilige Goͤtter! der Sonne Goͤtter, des Mondes, Und der Sterne, die dort mir immer herrlicher strahlen! Ach wo seyd ihr? wo such’ ich euch auf? wo stuͤrz’ ich mich nieder? Weine Dank, daß ich bin! und nun auf immer, ihr großen, Ewigen Goͤtter? Wo klaget mein Freund? Zu weit von der Erde Schweb’ ich! Wo jammert des Leidenden Herz, er werde vergehen, Wie, den er liebte, vergieng? Vergehen, du Treuer, du Guter? Warum starb er nicht auch? Vergehen, meinst du, du Treuer? O die erhabenen, heiligen Goͤtter, die Schoͤpfer des Todes Und des Lebens, die ewigen Goͤtter meynen es anders! Darf ich hinunter steigen, den Hain besuchen, in dem er Mir mein Grab aufgraͤbt? mit Einer Labung zum Tod’ ihn Letzen? und ihn mit mir herauf zur Unsterblichkeit fuͤhren? Jezo erblicket’ er Wesen, welch’ ihm glichen; sie schwebten Nieder nach Tabor: auch andre sah er, welch’ ihm nicht glichen; Und die daͤuchten ihm Goͤtter zu seyn. Er eilet zu diesen, Sinkt anbetend nieder, und rufet: Jch bin! ach ich dank’ euch, Preis’ euch, lieb’ euch, bet’ euch an, ihr ewigen Goͤtter, Daß ich bin!.. Wir sind Erschafne … Gestorben, wie ich? lebt Nach dem Tode, wie ich? .. Gott ist nur Einer. Er schuf uns, Aber Sechzehnter Gesang. Aber unsterblich. Folg uns jezt. Bald giebt dir Erkenntniß Er, der Sonnen und Cherubim schuf, und Seelen der Menschen. Und er kam zum Versoͤnenden, ruft’ ihm die ersten Jubel, Folgte dem Fuͤhrer, den Pfad hinauf, den Gott fuͤr ihn auskohr. Sonnen giengen auf, und Sonnen unter, und immer Waͤhrte Christus Gericht. Wie wechselnde Regenschauer, Kamen die Seelen, izt dicht aus der Wolke stuͤrzend, izt traͤufelnd; Trokneten weg in duͤrren Gefilden, oder entflossen, Silberquellen, blumigen Huͤgeln. Der Himlischen Wehmut, Oder Wonne begleitete stets die Seelen, nachdem sie Aufstieg, oder sank die schiksalentscheidende Wagschaal. Eines Koͤniges Burg war eingesunken. Die Todten Kamen. Luͤstlinge waren sie oder Tyrannen gewesen. Einer nur hatt’ ein Herz. Der Schwarm umringt’ ihn, verbarg ihn; Und er ließ sie’s: nicht lang’, und er stand vor den Engeln allein da. Wie ein redlicher Mann, den Verleumder umwoͤlken, verachtet Sich zu vertheidigen, schweigt; denn bald verzieht das Gewoͤlk sich. Ach noch rauchet sein Blut, noch rollt er das Auge, noch starrt es Ganz nicht hin, noch zukt sein Gebein. Nun strekt er dem Grabe Voͤllig sich aus, und entschlaͤft. Er hatt’, in der Wut der Verzweiflung, Gegen sein Herz den wankenden Dolch gerichtet, zur Erd’ ihn Niedergeschmettert, ihn wieder ergriffen, mit furchtbarer Lache, Blinken gesehn den Verderber; hatt’ Ahndung gehabt von Blute, Schwarzem, eigenem Blute, mit Kaͤlte den Dolch auf den Herzschlag Angesetzet, ihn langsam zuruͤckgezogen, mit hohem Arme gezielt, und gestossen, daß dumpf die eherne Brust ihm War erschollen, unter des fallenden Last erschollen, C 2 War Der Messias. War die Erde! Sein Geist stand jezt vor dem Richter, besann sich Kaum noch, was jene Wolken, von vollem Monde beleuchtet, Waͤren, was jenes Gestirn, das die Wolken beleuchtete, waͤre. Ach, und diese Goͤtter! Das wekt’ ihn. Die Himlischen alle Schauerten, zweifelten. Aber der Richter laͤchelt’ ihm Gnade! Allmacht war sein Laͤcheln, schuf um zu Wonne das Elend! Manches Gesez, weil es leicht ihm ward, und in seiner Seele Keine Neigungen waren, die sich dawider empoͤrten, Hatte Zadech erfuͤllt, und stolz war dieser Getaͤuschte Auf den kuͤmmerlichen Besiz, den er hatte, geworden, Auf den Brosam gruͤnliches Brodt, den hoͤlzernen Becher Aus der stehenden Lache gefuͤllt, die Huͤtte von Leimen, Welche sank, und den kupfernen Scherf. Wer den Armen verachtet, Weh dem! aber auch Weh dem Manne des Elends, der stolz ist Auf ein wenig leichtere That! und selber dem Reichen An weit schwererer, wenn er dabey mit stolzer Erwartung Sich einschlaͤfert, und Kronen des Lohns, am Ziele des Laufes, Ohne Demut, sich traͤumt. Den duͤrftigen Zadech versenkten Seine Genossen ins Grab; die Seele stand vor dem Richter. Steig hinunter mit ihm … Der Cherub begann ihn zu fuͤhren, Aber er straͤubte sich, wandte sich, wollt’ entfliehen, vermochte Nicht zu entfliehn, rief, redete, schwieg. Mich? der so vielen, Allen Gesetzen gehorchte! der ich Belohnung erwarte! Mich? Wer bist du, o der mit den blutigen Stralen, der diesen Schreklichen Pfad mich fuͤhret? Verstandest du den Befehl auch, Der dir ward? Ha wuͤte nicht so! ich fuͤhle die Wendung Deines Schwunges! fuͤhle das Drohn der toͤdtenden Augen. Unge- Sechzehnter Gesang. Ungerechter! du zwingst mich. O moͤchten dich Naͤchte verschlingen! Flammen dich uͤberstroͤmen, und deine Strahlen vertilgen! Ha, wer bist du? weiche von mir! riefs, trieb nach dem Cherub Dunkles Gewoͤlk! Schnell, leuchtender Nebel, und schneller noch Duft, schwand Vor des Cherubs Glanz das Gewoͤlk. Der Fuͤhrende schwebet Vorwaͤrts; die Seele fuͤhlet die Kraft des Unsterblichen, straͤubt sich Gleichwohl, empoͤret sich nach. Es gelang ihr, in eine der Kluͤfte Drey Berghoͤhen hinab sich zu stuͤrzen. Nun schonte der Cherub Laͤnger nicht mehr. Sein Ruf war Donner geworden. Die Seele Kam aus dem Abgrund bebend herauf, und folgte dem Fuͤhrer. Heere schlugen. Die Fuͤhrer der Heere, Eroberer beyde, Sanken. Umher in verstummtem Gefilde lagen die Leichen, Lagen die Wundenvollen gestreckt. Wie Wolkenbruͤche, Stroͤmten die Geister der Todten herzu, mit ihnen der Fuͤhrer Geister. Der Richter der Welt erhub die Rechte, da stuͤrzten, Schmetterten Donner herab auf die beyden grossen Verbrecher! Lange hallt’ es den Hochverraͤthern der Menschlichkeit nach, dumpf, Weit hallt’s nach, voll Entsetzens nach in die Kluͤfte Gehenna’s! Melodieen, der suͤßesten Wonne Gespielinnen, stiegen Jezt mit dem Lispel empor der Engelharfen. Denn erdlos Kamen vom Ganges, vom Rheine, vom Niagara, und Nilus, An den Cedern einher auf Tabor, Seelen der Kinder. Wie von vielen und großen Heerden gesondert, an Einem Langen Huͤgel hinab, genaͤhrt vom Fruͤhlinge, Laͤmmer Weiden, so kamen einher an Tabors Haine die Seelen. C 3 Und Der Messias. Und der Richter richtere nicht. Sie wurden der Wege Viele gefuͤhrt, von Sterne gefuͤhrt zu Sterne, bevor sie Himmlische Juͤnglinge nun erhabnere Pfade betraten. Freuderufend erhob sich die Seele Geltors, und schwebte Mit dem fuͤhrenden Engel. Als sie der wallenden Monde Rauschen nicht mehr vernahmen, nicht mehr der beschweiften Kometen Fliegendes Donnergetoͤs, und die stille Heitre des Himmels Naͤher den unbegleiteten Sonnen, erschwebten; Gestalten Stiegen da auf, um Geltor, nicht sie des sinnenden Geistes Bildern, nicht Traumerscheinungen gleich; er sah, er sahe, Was er Gutes im Leben, das nun gelebt war, und Frommes Hatte gethan. Er lebt’ es wieder, doch ohne den Anblick Seiner Fehler, und voll von dem Himmelsgefuͤhle, daß Gott es Jhm belohne. Mit hochgefalteten Haͤnden des Preises, Sieht er um sich die Duͤrftigen, welch’ er labte, die Waisen, Die er zu taugenden Maͤnnern erzog, die Braͤute, die Freunde, Schaaren der Freyen, fuͤr die in der Schlacht, sie zu retten, sein Blut floß; Und er wallt’ in der Heerschaar fort, mit freudigem Rufen, Und noch froherem Dank des suͤßen Laͤchelns, gesegnet. Sonnen giengen auf, und Sonnen unter, und immer Waͤhrte Christus Gericht. Wie wechselnde Regenschauer, Kamen die Seelen, jezt dicht aus der Wolke stuͤrzend, jezt traͤufelnd; Trockneten weg in duͤrren Gefilden, oder entflossen, Silberquellen, blumigen Huͤgeln. Der Himmlischen Wehmuth, Oder Wonne begleitete stets die Seelen, nachdem sie Aufstieg, oder sank die schicksalentscheidende Wagschaal. Hagid Sechzehnter Gesang. Hagid und Syrmion zuckten ihr Schwerdt auͤf einander, und beyde Taumelten hin in ihr Blut, und hauchten mit Zorne den Geist aus. Jhnen klirrten aus sichtbarer Nacht diamantene Ketten Fuͤrchterlich, dumpf, fernher, sie mußten sich nahen, entgegen. Einem Geiste der Hoͤlle gebots ein Cherub; der fiel sie Wuthvoll an, und kettete sie an einander. Des Abgrunds Kluft, in welche sie stuͤrzten, erscholl von der Rufenden Falle. Thoa, ein Juͤngling auf jener Erd’ in der Ruhstat Gottes, Wo die Suͤnde nicht ist, der Tod nicht, schaute dem Engel, Der ihn traurend verließ, mit Erstaunen nach. Doch bald ward Sein Erstaunen zu Schrecken. Er hatte wider den Schoͤpfer, Und den Mittler Klage geklagt, mit Klage begonnen, Mit Empoͤrung geendet, daß denen Leiden des Todes Bliebe, die doch aus dem Grabe zur seligen Ewigkeit kaͤmen! Und er schaute bestuͤrzt umher, er erblickt’ in dem Thale Choͤre Feyrender, welche, mit junger Bluͤthe gekraͤnzet, Jn den maͤchtigen Stroͤmen der himmlischen Harmonieen Fortgerissen, von lieblichen Reihen der Wonne befluͤgelt, Gottes Pfad in dem Labyrinth der Beseligung sangen. Und er wallet’ hinab, von seinen Thraͤnen zu reden! Aber er stand bald still. Jhm winket’ ein anderer Engel; Und er mußte folgen. Verwundernd fuͤhlt’ er sich schweben. Ach nicht lange, so sah er in weiter Fern’ sein Geburtsland Hinter sich leuchten; er sah’s, wie andre Sterne der Schoͤpfung; Sah es, ach wie erstaunt’ er! bey einer Sonne verschwinden! C 4 Engel Der Messias. Engel des Herrn, wo fuͤhrst du mich’ hin?.. Der Engel des Herrn schwieg. Engel des Herrn, was hab ich beweint?.. Der Engel des Herrn schwieg. Und des Unsterblichen Feuer verlosch auf der bluͤhenden Wange. Engel Gottes, ach hilf mir!.. Jch kann nicht helfen … Sie flogen Wie auf Fluͤgeln des Sturms; und lange verstummten beyde. Wer gebot dir, mich wegzufuͤhren?.. Der Richter … Sie sahen Jezo die Erde, zwar ferne, doch schon auch ihre Graͤber. Ach das sind die Huͤgel der Todten!.. Das sind der Aussaat Staͤten … Und jener viel hoͤhere dort mit den blutigen Kreuzen Bey den Huͤtten?.. Jst Golgatha!.. Golgatha? Seraph, ich sehe Sterbliche dort, allein wo ist, der den Sterblichen Leben Gab?.. Du stehest es glaͤnzen. Du kennst uns... Ach ich erblicke Jn der Cherubim Mitte den Hocherhab’nen des Himmels! Ja du siehest den Richter der Welt!.. Und, wehe mir, meinen! Fuͤhrst du zu ihm mich?.. Eile!.. Sie kamen herab zu der Erde, Schwebten nach Tabor hin. Mit Seelenschaaren erreichte Thoa den Berg des Gerichts, der zweyten Verkiaͤrung des Mittlers. Also kommt, wenn ein Sturmwind braust, mit welken, und frischen Bluͤthen, auch eine der schon gebildeten Fruͤchte geflogen. Als er unter den Seelen sich sah, und mit ihnen heruͤber Kam zu dem schreckenden Berge, da waͤr’ er gerne geflohen; Aber ihm hielt verborgne Gewalt! Er stand vor dem Richter! Cherubim traten herzu. So schweigt der benachtete Himmel, Ehe der Donnersturm sich erhebt, so war die Versammlung; Kurzer, geschleuderter Schlag schlaͤgt hochherunter, so klagten Jhn die Cherubim an. Nun hatten die Klaͤger gesprochen; Und Sechzehnter Gefang. Und die Strahlen Eloa’s, der Christus schaute, verloschen Schnell in Schimmer. Es bebten die Auferstandnen, die Engel, Thoa, die Seelen bebten: Auf Einmal ergoß sich die Blaͤsse, Kam die Gebehrde des Todes; und, unter des einsten Erstaunens Lautem Ruf, sank Thoa, und starb! Der Arm der Allmacht Wandelte bald die Verwesung in Staub, gab bald den getrennten Staub den verwehenden Winden; und ach der Seele des Todten Wurde kein Leib aus der Heitre geschaffen. Sie war allein, war Ganz von allen Wesen verlassen! war nicht in der Schoͤpfung! Nicht auf der Erde der Sterblichen, nicht auf ihrer! Sie sahe Keines Unsterblichen Antlitz! vernahm in der bitteren Wehmuth Keines Himmlischen Stimme! Sie dachte, wie ehmals; auch konnte Sie sich bewegen, doch blieb, auch bewegt, sie stets in der Orde! Ach vor ihr war jeder Schauplatz neuer Erkenutniß Weggesunken! Sie hatte nur Voriges, und sich selbst, war Freundelos, ohn’ Einen Laut Antwort auf die bange Frage: Wenn sein Gericht der Richter endigen werde? Nur, daß ihr aus den alten bisweilen Gedanken entstanden, Welche (doch dieses wußte sie nicht,) die ihren nicht waren. Endlich hatt’ Elisama sein graues Haupt in die Grube Niedergelegt, ein duͤrftiger Greis, der wankend am Stabe Vor der Thuͤre der Reichen sein Brodt erflehte, sein Wasser Schoͤpft’ aus den Quellen. Er war empfindliches Herzens gewesen, Aber geduldig. Ein Held, wie wenige, hatt’ er des Lebens Groͤßte Truͤbsal nicht nur ertragen, er hatte, den Schoͤpfer Aller Dinge, den Geber der Freud’ und des Schmerzes, gepriesen. Koͤnige haͤtt’ er ehren koͤnnen; und ward von den letzten C 5 Unter Der Messias. Unter dem Volke verachtet. Er lag schon auf dem Lager Todt, und noch kam keiner, der ihn begruͤbe; da leckt’ ihm Einmal sein Hund noch die kalte Hand, und starb. Elisama Stand vor dem Richter. Jhn bracht’ ein freudestrahlender Cherub Eine Krone vom Richter. Jm weiten Kreise der Engel Und der Erstandnen, walleten leisere Lispel, der Freude Stimmen umher, da der Cherub die Krone dem Duldenden brachte. Zu der Todten Seelen ward itzt der stolzesten Eine Unter den Menschen gefuͤhrt. Der aufgeschwollne Verbrecher, Hatte seinem Volke, die heiligen Rechte der Freiheit, Sie, mit Schlangenentwuͤrsen und Klauen des Loͤwen entrissen. Da verraucht war das Blut der Unterjochung, und ganz nun Ueber die Fesselbeladnen, ihr Haupt die Herrschsucht aufhub, Schwelgt’ er, und zischete Spott den Verstummten; kaum waren sie Menschen: Er ein Gott! Jezt kroch der Wurm zu der Leiche des Gottes. Als dem Richter schon nah, ihr Fuͤhrer, ein himmlischer Juͤngling, Folge, noch einmal der Seele gebot, und sie von des Todes Schrecken nun ganz sich ermannte, da hielt sie im Schweben: Der Seraph Sahs, und ein wenig Feuer, wie uns der Sirius funkelt, Schimmert ihm von der Wange. Noch saͤumte der Todte. Da wandte Sich der Juͤngling, und mit der leisen Bewegung der Urkraft, Wie in dem Himmel sie Gott anschuf, beruͤhrte des Engels Wehen, indem er sich wandte, den Todten. Da folgt’ er, als rissen Stuͤrme dahin, als wirbelten ihn Orkane wie Meerschaum. Und er war, zu beginnen ein Hohngelaͤchter, in Arbeit; Aber es wurde Geheul. So stuͤrzte der fuͤhrende Seraph Jhn Sechzehnter Gesang. Jhn vor des Richtenden Fuß in den Staub. Der goͤttliche sagte: Seele, wer bist du?.. Der Todte hub sich: Bist du der Goͤtter Einer des Himmels; so wisse, daß ich der Erdegoͤtter Einer bin! und daß kein Gott dem Gotte gehorchet! Christus sah umher in der Schaar, die um ihn herumstand; Samed wars, den der Wink des Mittlers erkohr. So gebot er: Richt’ ihn, Samed. Da gieng in Sameds Angesicht Freude, Wie ein Morgen des Fruͤhlinges, auf. Schon wußte des Knabens Seele, wie kuͤhn der bitten duͤrfte, den, uͤber die Todten Auszusprechen Entscheidung, der Gottversoͤhner erwaͤhlte. Und er sank, und betet’ und ward erhoͤret. Da wandt’ er Sich zu dem Todten, und sprach: Des Abgrunds niedrigsten Sklaven Sollst du dienen, Empoͤrer! die tief an die untersten Stufen Deines Thrones sich stuͤrzten, von dort wegschlichen, und traten Auf den Nacken der Unterjochten, der leidenden Guten, Diesen! Jhr zweifelnder Wink schon soll den Fuß dir befluͤgeln! Dich anklagen der Saͤumniß, die wahnsinntrunkene Fodrung! … Und der Gerichtete fuͤhlt’ auf Einmal sich schwerer, und sank, so Ueberlastet, hinab, wo der Sklaven Winke sein harrten. Zoar hatte, vereint in langer daurender Freundschaft Bunde, mit Seba gelebt. Und jezt ward ihnen, was selten Freunden ward. Sie starben zugleich. Mit sichrer Erwartung Jener Herrlichkeit, Seba: mit Reu, und Befuͤrchtung, und Demuth, Zoar. Anders sinket und steigt die Wage des Richters, Als des Menschen. Da sie zum Gericht der Unsterbliche fuͤhrte, Sprachen sie unter einander: O Loos des himmlischen Lebens! Ach wie ist uns so lieblich das Loos des himmlischen Lebens, Zoar, Der Messias. Zoar, gefallen! .. Auch hier vereint uns beyde die Freundschaft, Ewig ist nun, o Seba, ihr Bund! Der Unsterbliche hoͤrt’ es, Schwieg. Sie standen vor Tabors Gericht. Dem Unsterblichen sagten’s Winke des Richters. Er fuͤhrte. Nicht lange, so kam aus den Fernen Einer Oeb’ ein Todesengel. Er wandelte langsam, Aber gerad’ auf sie zu. Des schrecklichen Unbekannten Richtung und Gang schien, wuͤnschte man ihm zu entfliehn, unentfliehbar. Noch war zwischen den Dreyen, und zwischen dem Engel des Todes Weite, wie Meere. Doch Zoar, als er die Eile des Seraphs Sah, des Geleiters, der sie aus jener ernsten Versammlung Hatte gefuͤhret, weg sie gefuͤhrt von dem Antlitz des Einen, Welcher vor allen ihm schien ein Hocherhabener, Zoar Als er des Todesengels Heruͤberschauen erblickte, Ueberstroͤmt’ es, wie Schrecken. Er saͤumte. Der Todesengel Stand vor ihnen, und hielt die hohe Flamme gen Himmel: Du bist angenommen! .. und du verworfen! Er wandte Sich mit dem Donnerworte zu Seba. Als dieser zu hoͤren Wieder vermocht’, erscholl das zweyte Wort des Verderbers: Scheidet! .. O Himmel, und Erd’, und alles, was heilig ist, Menschen, Engel, und all’ ihr Wesen der ewigen Dauer! verworfen? Scheiden! Verworfen! hast du, hast, Donnerer, scheidet! gerufen; Macht der Maͤchte, wer bist du? .. Ach Seba, Seba! Geliebter! Auserkohrner! vor allen mir auserkohren, so lange Theuer mir, so lange mein Freund! .. Mein Zoar! Auf ewig, Donnerer eines Gerichts, das meiner Erkenntniß zu hoch ist? Ob auf ewig? fragest du mich. (Jndeß war des Fuͤhrers Schim- Sechzehnter Gesang. Schimmer in Daͤmrung verloschen.) O frage mich nicht! den Seraph, Der euch fuͤhrte, den frag’, er kommt von dem Richter des Himmels Und der Erde! .. War der, der also vor allen Engeln Stralte, der Richter der Welt, und hat er diese Verwerfung, Diese Scheidung geboten? Ach Engel, welcher uns fuͤhrte, Meinen Zoar, und mich, du Engel Gottes, auf ewig? Jn noch truͤbere Daͤmrung gehuͤllt, antwortet der Fuͤhrer: Er hat alles geboten. Gehorch, und scheide! .. Geboten Er, der auf mich nicht niederschaute? Der Anderer Schiksal Zwar entschied, doch auf mich, mit keinem Blicke nicht schaute? Zoar sprach: Er bilkt’ auf dich; mich daucht es, mit Ernste, Blikt’ er, auf dich … Du zeugest wider mich, du Geliebter? Und in dieser Stunde des Grauns, an diesem Abgrund? Ach ich zeuge wider dich nicht! du weist ja, ich konnte Nie die Wahrheit verheelen. Umarme deinen Getreuen! Seba, ich zeuge wider dich nicht! .. Der Engel des Todes Hatte sich weggewendet, und niedergesenkt zur Erde Seine Flamme, gemildert ihr Drohn. Denn Zoar umarmte Seba; denn Zoar und Seba weinten blutige Thraͤnen. Aber die Stunde der Sondrung war da, die schrekliche, bittre, Stumme Stunde, war da; der Verderber mußte die Flamme Wieder erheben, sie wieder mit ihren Schrecken bewafnen. Und er flammt’, und schaut’ herunter, und rief, und Entsetzen War die eiserne Stimme des Rufenden. Scheidet! Sie schieden. Schaaren wurden herzugefuͤhrt; in dem dichten Gewimmel Rief es: Gott des rollenden Donners, der weit den Olympus Aus den schwarzen Wolken erschuͤttert, wir brachten dir Farren, Sie Der Messias. Sie mit Blumen der Thale geschmuͤkt! wir brachten dir Widder, Sie mit Laube! Was thaten wir Sterbliche? Zuͤrne nicht, Vater Aller Goͤtter! ihr Goͤtter um ihn, ach zuͤrnet auch ihr nicht! Du mit der furchtbaren Urne! du hast sie versenkt, verborgen Jrgendwo dort in der Nacht, laß, Minos, nicht fallen, nicht fallen Deine wuͤtenden Loose! verbirg auf ewig die Urne! Brama! wir haben uns ja .. Laß, Minos, die Loose nicht fallen! .. Brama, gefesselt, verwundet, gedorrt an der Sonne! verschmachtet Sind wir, Brama, vor dir! .. Ha Gott der Haine, du zuͤrnest, Wodan, doch nicht? Allvater, doch nicht? Dir floß ja, dir floß ja, Krieger! der Juͤnglinge Blut in der Schlacht … Gefesselt, verwundet, Brama, gedorrt! .. Wir sind nicht den Tod der Feigen gestorben! Sind in der Schlacht … Verbirg, o Minos, die Urne, zerschmettre Sie! laß wehen hinab ins Chaos die wuͤtenden Loose! Sind in der Schlacht an tiefen, an brennenden Wunden gestorben! Sind … Mit kraͤnzenden Blumen geschmuͤkt, die Widder mit Laube! Hebe die Rechte nicht, sammle nicht, Zevs, die erschuͤtternden Wolken! Zevs Kronion, erbarme dich unser! laß schlummern die Donner! Sind fuͤr Freye, fuͤr Freund und Braut in Blute gestorben! Riefen die Seelenschaaren, und wurden mit Gnade gerichtet. Jesus wandte sich, sprach: Komm, Engel der Erde. Eloa Folgte. Schon that vor ihnen der Schoͤpfung Weite sich auf, laut Scholl’s in dem Unermeßlichen. Lichtglanz stroͤmten die Sterne Aus den Meeren, und von den Gebirgen. Die Pole der Himmel Schauerten sanft. Nur leise beruͤhrete sie in dem schnellen Gang der Allmaͤchtige. Weit, da er kommen hoͤrete, sahe Jesus, da schwebt’ in der Wonn’ hinaus in die Schoͤpfung, eilte Abdiel Sechzehnter Gesang. Abdiel wieder zur Pforte der Hoͤlle, ruft’ es dem andern Huͤter, eroͤfnete, wankendes Ungestuͤms, daß die Riegel Klangen hinab, und die Angeln ins ewige Grab. Die Verworfnen Sahn, wie in Flammen den Seraph, und hoͤrtens noch immer, als rollte, Schmettert’ ein Donnerwagen auf tausend Raͤdern herunter. Jesus trat in die offene Pforte der Hoͤlle. Die Huͤter Waren nieder vor ihm auf ihre Stufen gesunken; Und sie erhuben sich, sahn anbetend dem Richter der Welt nach, Sahen, wie er hinunter stieg in die Tiefe der Tiefen; Und wie die Satane weit umher zu Felsen erstarrten! Stuͤrmendes Fluges, ihm stroͤmte zuruͤk sein Schimmer, des Schwerdtes Flamme zuruͤk, ereilte den Mitler der Todesengel Erster. Jhn hatte zur Hoͤlle der Vater gesendet. Er solte Jenes Gericht, das er sehen wuͤrde, den Himmeln erzaͤhlen. Jesus ging nach dem Throne des Abgrunds zu, der erhoͤhter Auf den steigenden Tempel des Hassers Gottes und Satans Schrekliche Schatten warf. Jn des kommenden Mitlers Gebehrde War, in dem Antliz des Ueberwinders, mit goͤttlicher Ruhe Ueberstrahlt, (Urkraͤfte begannen durch sie!) war Allmacht. Unter des wandelnden Fuß ward Eden, hinter ihm wurde Eden wieder zur Hoͤlle. Schon stand auf des todten Meeres Hohem Gestade der Furchtbare. Fliehen wollten sie, fliehn war Jhnen versagt! ha sterben! kein Tod erbarmte sich ihrer! Neben dem Mitler stand, mit weitumschauendem Auge, Voll der ernsten Erwartung, Eloa. Gedanken der Engel Denken nicht schneller. So stuͤrzt’ auf Einmal der Thron des Abgrunds Truͤm- Der Messias. Truͤmmer hin, Dampf, Flammen entstiegen der liegenden Truͤmmer, Schossen, wallten empor, und weit umher in Gehenna Krachten tausendmal tausend Wiederhalle. Der Tempel Stuͤrzet’, und keine Truͤmmer war des gewesenen Zeugin! Jezo wurd’ Eloa gewahr in dem Antliz des Mitlers Ein Hinschaun, daß er nieder bey ihm mit vollem Gefuͤhl sank Seiner Endlichkeit. Dumpf bruͤllt’ auf der Satane Rufen, Dumpf scholl’s her mit der Woge des Meers zu dem hohen Gestade: Ha! was bin ich geworden? was du geworden? und dennoch Leb’ ich! Weh mir, ich lebe! lebest du auch? .. Was saͤumet Denn sein Donner noch? .. Wird laͤnger nicht saͤumen! nicht saͤumen! .. Niedergeschleudert, daß mit die Hoͤlle vergeht, daß die Lasten Jhrer Gebirge, wird bald … Ha rufet, bruͤllt es mir zu: Wer, O wer seyd ihr geworden? Jch lieg’, hier lieg’ ich (Satan Zittert’ es, stammelt’ es) lieg’ an dieser Verwuͤstung, und starre Weit hinunter gestrekt! .. Wo der Tempel der goldenen Tafel Hatte gestanden, auf dieser geebneten Oede Gefilden Lag Adramelech, und rief, daß der Andern Stimmengetoͤse Niedersank: Hier lieg’ ich, du Weh des Wehes! Gericht du, Dem sie selber verstummen die Donner Gottes! hier starr’ ich, Last’ ich die Hoͤll’, ein Todtengeripp! .. Da der Engel der Erde Jezt die furchtbare Taͤuschung vernahm, mit der sie sich taͤuschten, Bebt’ er zuruͤk. Die verworfenen Seelen, mit ihnen die Seelen Philo’s, Jschariots Seele mit ihnen, waren, wie Wolken Aus den Fernen heruͤber zum todten Meere gezogen. Jezo sahn sie den Richter nicht mehr; sahn uͤber dem ofnen Schreckengefild weit ausgebreitet Todtengerippe, Engel- Sechzehnter Gesang. Engelgebein! und unter ihnen in seiner Gestalt stehn Abbadona! allein auch er erblikte Gerippe! Taͤuschung hatte sich uͤber die ganze Hoͤlle verbreitet; Nur der eignen Verwandlung entsezliche hatte der Seelen Und des Engels geschont. Der feurige leuchtende Klumpen Stand in der Mittagsglut jezt uͤber dem Meere des Todes, Erst entstellter, als sonst, von schwarzen Beulen des Urstofs Aufgeschwollen; allein die oͤfneten sich, und ergossen Lichteren Brand, aus jedem der furchtbaren Schluͤnd’ ein Glutmeer. Weisser wurde das Schreckengefild bis hin, wo kein Auge Mehr von einander vermochte die Grabgestalten zu sondern. Aber auch da, wo die Seelen sich unterschieden, erkannten Sie doch keinen, als nur an seiner Stimme Gebruͤlle. Denn wie sonst die Stimmen herauf mit dem Meere brausten, Wie von dem Felsen herab sie schmetterten, schollen sie jezt auch; Jezt nur dumpfer vor Quaal, vor Wut; vor Entsetzen gebrochner! Satan richtete sich zuerst ganz auf, und allein stand, Hoch stand Satan unter den Todten, schlug, daß es furchtbar Wiederhallt’ aus den Truͤmmern des Throns, mit der Hand an den Schaͤdel, Rief! der Klippe, die lang’ aus den Wolken schwindelnd heruͤber Hieng, das Entsetzen des fliehenden Wanderers, und dem Damme Gleich, der im wiedertoͤnenden Walde den Strom noch zuruͤkzwang, Doch die auf Einmal izt stuͤrzen, so brach sein wuͤtender Schmerz aus. Ha! ich weiß, was es ist, daß diese Gestalt euch belastet! Daß ihr Jhn getoͤdtet habet! das ists! ihr Verruchten! Das, ihr Geripp! ihr Greuel, wovon die Verwesung, des Nagens Muͤd’, aufstand! ihr Ungeheuer, welche der Donner Gottes zerstreu’! und wieder vereine das Beben des Abgrunds! Wieder zusammen werfe der Sturm, und das Meer in Empoͤrung Gegen den fliegenden Sturm, wenn es seine Stroͤme dahergeußt! IV Band. D Also Der Messias. Sechzehnter Gesang. Also erscholl sein Wutausruf. Wehklagend ergoß sich Belielels Schmerz in der Jammeroͤde. So rief er: Habt ihr die Blumen gesehn, die vor ihm (ach, Eden des Himmels, Dich erblikt’ ich!) vor ihm aufsproßten, hinter ihm schleunig Welkten, dorrten, vergingen? Wir dorren auf ewig, vergehn nicht! Ach vergehn nicht! Er riefs, und wuͤnschte, daß unter ihm neue Tiefen sich oͤfneten, ihn in ihren Graͤbern zu bergen. Endlich rafte sich auch Adramelech auf, ein Entsetzen Aller Stolzen. Denn schnell entsank ihm die Kraft, und er stuͤrzte Nieder, daß laut das Gebein ihm hallt’, und dunkel die Asche, Dikgewoͤlkt von dem Fallenden stieg! Doch muͤhte sich Moloch Aufzustehen. Er saß auf seine Rechte gestuͤzet, Sprach zu Magog: Mir schwanken vom Wirbelwind die Gerippe! Und mir heult der Orkan in dem Schaͤdel! aber ich will es! Aufstehn will ich! Es lieg’ Adramelech! Er that’s, stand, faßte Magog, und riß ihn auf! Sie standen. Sie giengen und Magog Rief: Den schreklichen Leib, wenn es anders ein Leib ist, wir wollen Jhn uns, einer dem andern, zerstoͤren! Zermalm’ mein Gebein mir! Jch zermalme dir deins! Das uͤbrige, wenn wir nun sinken, Werden die Donnerstuͤrme zerstreun! .. Sie faßten einander; Wollten zermalmen! allein, wie in Felsen Orions gebrochen, War ihr Gebein! Sie stuͤrzten von thuͤrmenden Bergen sich nieder! Aber, als waͤrs in den Kluͤften der sieben Sterne gehaͤrtet, War der hingestuͤrzten Gebein! Sie mußten im Abgrund Liegen bleiben, wie sie von der Hoͤh sich hatten gestuͤrzet, Liegen, gestrekt, unbeweglich, und stumm! .. So fuͤhlte, wer der sey, Der auf Golgatha starb, die unterste Hoͤlle. So warnte Neues Gericht sie mit schreklicher Warnung, nicht aufzuhaͤufen, Auf Empfoͤrung, Empoͤrung dem lezten Gerichte des Mitlers. Der Der M essias. Siebzehnter Gesang. D 2 Jnhalt des siebzehnten Gesanges. D er Messias erscheint Thomas. Er steigt mit Gabriel hinunter zu den Geistern derer, die in der Suͤndfluth umgekommen wa- ren, und entscheidet ihr Schicksal. Viele Auferstandne erscheinen, bey dem Grabe des Erloͤsers, vielen Frommen auf Einmal. Laza- rus ladet Freunde, und Pilger, die zum Feste gekommen waren, zu einem Mahl in seinen Garten ein. Unter den Pilgern sind Aufer- standne. Einige davon erscheinen. Erscheinungen sehn: Zwey, die nicht genennt werden; und Sebida, ein Zweifler. Lazarus redet von den Leiden des Versoͤhners, und geht hierauf zu dem Grabe Ma- ria’s, deren Seele dort ist. Erscheinungen sehen ferner: Cneus; Bethoron, der reiche Juͤngling, der Christus nicht nachfolgen wollte; und Bersebon, der dankbare Aussaͤtzige. Der Messias. Siebzehnter Gesang. D idymus hatte sich lange von seinen Bruͤdern gesondert, Jezo kehrt’ er zuruͤck, und kam zu der Huͤtt’ an dem Tempel. Aber er saͤumet’, und gieng nicht hinein, und wandelt’ am Eingang Unter den Palmen. Er gieng jezt, lehnte sich jezt an der Palmen Eine. Bald hoͤrt’ er sie singen. Da kam er, und blieb an der Pforte Stehen. Sie sangen ein Lied der Auserstehung, der neuen Lieder eins, wie am Throne die Seelen der Maͤrtyrer singen. Jesus Christus erstand! Er wird die Seinen erwecken! Seine Kindlein werden nicht ewig im Schooße der Erde Liegen, entstellt von der Hand der Verwesung. Die Stimme des Segens Wird ertoͤnen, vor ihr verstummen des Fluches letzter Laut! Erzengel werden sich freun, und leuchtender strahlen D 3 Von Der Messias. Von den suͤßen Entzuͤckungen uͤber die Todten, die leben! Ach daß jezo nicht mehr das Grab ist, nicht mehr die Verwesung Herrscht, noch in Gruͤften zerstoͤrt der hohen Seele Genoß liegt! Wehet, Winde, von Morgen, und bringt den Staub der Zerstoͤrung! Bringt der Zerstoͤrung Staub, ihr wehenden Winde, von Abend! Brause, Sturm der Mitternacht, und bringe die Truͤmmern! Jesus Christus erstand! Er wird die Seinen erwecken! Seine Kindlein werden nicht ewig im Schoosse der Erde Liegen, entstellt von der Hand der Verwesung. Wie Traͤumenden wird es Dann uns seyn, wenn ins Leben der Engel wir wiederkehren. Wehet, Winde, von Morgen, daß wir in das Leben der Engel Wiederkehren! O saͤus’le die Todten Gottes heruͤber, Mittagswind, zu dem neugeschaffenen Paradiese. Sieh, an der Pforte des ewigen Edens schrecket des Cherubs Schweigen nie, droht nie die hohe Flamme des Schwerdtes! Denn wir halten das Mahl mit dem Sohn, in der Lebensbaͤume Kuͤhle, das Mahl, in dem Saͤuseln um uns der Gegenwart Gottes! Denn erstanden ist er, der bis zu dem Tode die Seinen Liebte, bis zu dem Tod’ am Kreuz! .. So hatte sie Thomas Preisen gehoͤrt, und war auf die Schwelle gesunken. Er deckte Mit der Huͤlle sein Antlitz! ihm floß die Thraͤne, wie Blut dem Fließt, der am Leben verzweifelnd im Kampfgefilde gestreckt liegt, Und, ihr Gefaͤhrt, den Siegsruf hoͤrt der Streiter fuͤr Freyheit. Noch vermocht er nicht aufzustehn. Jn sein muͤdes Gebein drang Stroͤmender Duft der Mitternacht. Er fuͤhlt’ ihn nicht, weinte, Weinte laut, mit Wehmuthschauer auf Wehmuthschauer, Daß ihm die ganze Seele zerfloß. Er riß sich mit Eil’ auf, Gieng Siebzehnter Gesang. Ging zu den Bruͤdern hinein. Nun sahen sie endlich wieder Thomas, ihren Bruder, und kamen mit ihrer Wonne Lebenswort ihm entgegen. Er hoͤrt’ es, und lange verstummt’ er. Aber es kehrete jezt in die Seel’ ihm wieder des Leidens Furchtbare Kaͤlte, senket’ auf ihn den lastenden, starken, Eisernen Arm; er rufte: Seh ich in seinen Haͤnden Nicht die Maale der Naͤgel, und leg’ ich in diese Maale Meine Finger nicht, und nicht in seine Seite Meine Hand; so glaub’ ich es nicht! Der Hoͤrenden Wange Gluͤhete, wurde bleich. Schon rauschten der Cherubim Fluͤgel Unter den Palmen der Huͤtte, schon traͤufelt’ ihr Auge von Wonne! Schon erbarmete sich des Gottversoͤhners Erbarmung! Und der Goͤttliche stand vor seinen Juͤngern. So schoͤpfen Christen, welche dem Graun des Todes erlagen, entschlafen Nun, aus den Stroͤmen des Lichts, so stuͤrzte vor Jesus Christus Thomas sich nieder. Der Goͤttliche sprach zu den Zeugen mit seiner Liebe: Friede sey mit euch! Dann sagt’ er zu Thomas: Lege deine Finger hierher! Sieh meine Haͤnde! Leg’ in meine Seite die Hand! und sey unglaͤubig Nicht! sey glaͤubig! Der neue Zeuge des Auferstandnen Rufte: Mein Herr! und mein Gott! Da sprach der ewige Mitler: Siehe du sahst mich, und glaubetest. Selig sind, die nicht sehn, Aber dennoch glauben! .. Und jezt war seiner Gemeinen Herr und Gott vor dem Auge der ersten Zeugen verschwunden. Thomas betet’ ihm nach, stand auf, und ging zu den Juͤngern, Und den andern Bruͤdern umher, und bat um Erlassung Seiner Schuld. Die Liebenden hatten ihm lange vergeben. D 4 Und Der Messias. Und der Selige sprach von dem Maͤrtyrertode! dem Kleinod An der Laufbahn Ziele! Sie sprachen mit ihm von des Blutes Zeugniß! der Krone der Ueberwinder am Ziele der Laufbahn! Aber izt ward ihr Himmelsgespraͤch, wie von selber, zum Liede. Seyd in der Zukunft Ferne gegruͤßt, Gemeinen des Mitlers! Seyd, o Bruͤder, gesegnet mit seines Todes, mit seiner Auferstehung Segen, o ihr, die im Leben der Pruͤfung Jhn nicht sehn, erst jenseits der Graͤber den Goͤttlichen sehen, Aber dennoch glauben! O wandelt ihn des Himmels Wandel hin, und legt hier Eine zum Tod’ euch nieder, Und zum Schaun; legt Eine dort euch nieder zum Tode, Und zum Schaun. Es werden euer einige wandeln, Ach in schreklichen Zeiten, den Wandel zum Tod’, und zum Schauen! Kaͤmpft, er kraͤftiget euch, kaͤmpft daurenden Kampf! Uns, Bruͤder, Hoͤhnten, und toͤdteten sie! Euch hoͤhnen sie nur. Und dennoch Kuͤrzt der eure Zeiten, wie er die unsrigen kuͤrzte, Der fuͤr uns, und fuͤr euch, von Anbeginne geopfert, Bis an das Ende der Welt, bey denen wird seyn, die er liebet! Engel waren, seit Christus Geburt, hinab zu den Geistern Jn dem Gefaͤngniß gestiegen, und Seelen derer, die damals, Da der Wasser Gericht der Erde nahte, nicht glaubten; Waren gekommen, und hatten den Geistern viel von des Mitlers Heile verkuͤndet; geweissagt hatte Gabriel: Hoͤret, Geister, Bewoner vordem der juͤngeren Erde, des Menschen Sohn wird selber zu euch, eh er zu dem Himmel zuruͤkkehrt, Nieder in euer Gefaͤngniß, in seiner Herlichkeit, steigen. Wenn, Siebzehnter Gesang. Wenn, in der weiten Ferne des Himmels, Gethsemane bebet, Seine Palmen wanken, alsdann wird der Goͤttliche kommen! Unter den Geisterschaaren der untergehenden Erde Hatte, seit Christus Geburt, der Unsterblichen Bothschaft, Gedanken Tausendfacher Gestalt hervorgebracht, und vernichtet, Wandlung auf Wandlung, bis sie zuletzt Gewißheit erblickten, Einige nur; denn Unzaͤhlige wallten umher in der Jrre, Aber ohne des Heiles Verlust; verfuͤhrte das Herz nicht. Neuer Anblick des Kuͤnftigen; Licht voll Daͤmm’rung; geglaubtes Licht, und dennoch Nacht; Verlangen, heiß, wie getrennte Seelen allein es zu haben vermoͤgen; Wuͤnsche, gen Himmel Jezt auf Fluͤgeln erhoben, itzt niedergestuͤrzet vom Himmel; Hofnung, ach Hofnung! Zweifel, nicht nur, ob einst Genuß sie Endigen werde? Zweifel auch, an der rechten Erkenntniß Deß, was die Engel von dem verkuͤndeten, welcher ein Mensch sey, Und ein Versoͤhner Gottes; Empoͤrung von neuem sich straͤubend Wider das Schicksal, oder die Vorsicht; Wehmuth, daß selber Diese Rettung sie nicht erretten wuͤrde! truͤbe Bittere Wehmuth; Stolz, vor den Wiedergerufnen, der Ersten Pfad zu betreten, vor ihnen die hell’ste Palme zu tragen! Wuth, kein Erbe zu haben im Reiche der Freyen, kein Erbe Dort, wo Nacht nicht mehr und Ungewißheit umwoͤlkte; Dieß, dieß alles umgab, durchdrang die Langebestraften, Langegepruͤften Geister der untergehenden Erde. Und sie hatten, empor aus ihren Tiefen, zu Schaaren, Spaͤher gesandt, die hinuͤberschaun nach Gethsemane sollten, Und den Palmen umher, und kommen dann, und verkuͤnden: D 5 Siehe Der Messias. Siehe Gethsemane bebt! es wanken des Sternes Gesaͤhrten! Einige Todte ruften von Kluͤften zu Kluͤften: Die Zeit naht! Und: Die Zeit naht! schollen die Wiederhalle der Tiefe. Haufen sonderten sich, und schoͤpften voll, aus dem truͤben Feuerstrome, die Schalen, und hielten sie hoch, und suchten Pfad sich, und fehlten, und fanden den Ausgang; kehrten zuruͤcke, Riefen, noch bebe der Stern nicht! Die andern Haufen entdeckten Nun den Ausgang auch, und kamen nicht wieder. Da stroͤmt’ es, Hoch die Flamme, den Haufen in Schaaren nach. So empoͤrt sich, Heben sich Stuͤrme, das Meer; erst rauschen Wellen, wie Huͤgel, Aber nicht lange, so brausen Wogen, wie Berg’, ans Gestade. Etliche kehrten zuruͤck. Denn immer wallten die Sterne Jhres Weges noch fort. Doch weit hinunter am Strome Standen, die Flamme zu schoͤpfen bereit, unzaͤhlbare Todte, Daß sie eilten, und schauten, wenn nun der Verheißne des Engels Kaͤme, wenn nun die Erscheinung des lebenden Todten erschiene! Jesus sprach zu Gabriel: Eile voran. Und der Seraph Schwebte nicht lange, so trat er, wie sie noch niemals ihn sahen, Ganz mit Herrlichkeit uͤberkleidet, mit Strahlen des Urlichts, Jn des Gefaͤngnisses Thor. Jezt wurde Gethsemane staͤrker, Nun noch staͤrker erschuͤttert, so sehr, daß die wartenden Haufen Endlich sahn, wie der Stern mit wankendem Pol aus der Bahn wich. Und sie eilten hinab, zu verkuͤndigen, sahen den Seraph Kaum, der vor ihnen in seiner Herrlichkeit stand. Der Versoͤhner Kam, und Tag gieng auf vor dem Goͤttlichen, leuchtet’ hinunter Jn des Gefaͤngnisses tiefes Gekluͤft, auf die Felsenhaͤnge Voller truͤben Quellen, hinab in die fernsten Gewoͤlbe Unter Siebzehnter Gesang. Unter den Felsenhaͤngen, wo etliche Todte mit dumpfen Jezo schnellem Geklirr diamantne Ketten bewegten. Erst erschuͤttert’ Erstaunen, alsdann entflammtes Verlangen, Endlich enthuͤllt ihr Schicksal zu sehn! die Versammlung der Todten. Nur enthuͤllt! so duͤrsteten einige, welches neue Schicksal auch hinter der Nacht, die sie jezt umgaͤbe, sich haͤtte Aus den Tiefen erhoben des unerforschlichen Richters. Gabriel blies die Posaune: Wir haben von seiner Geburt an, Euch den Versoͤhner verkuͤndigt. Er forschet Alles, er weiß es, Wie ihr, seitdem bis jezo, von Gott, und von Jhm, gedacht habt! Nicht, wie ihr nun, da ihr Jhn in seiner Herrlichkeit sehet; Aber wie ihr, zu der Zeit der Verkuͤndigung, dachtet und wuͤnschtet, Wird euch der Allgerechte, und Allbarmherzige richten. Jezo kamen die Engel, die einst des Versoͤhnenden Boten An die Geister waren, herab, und standen vor Christus. Heller vom Tage, der war vor dem Goͤttlichen aufgegangen, Standen die Cherubim da, das Entsetzen Vieler, und Vieler Wonnanblick. Jn furchtbarer Schoͤne begannen die Engel Aufzusteigen, zu schweben, so weit der Tiefe Gefilde Sich ausbreiteten unter den Todten, und nieder zu schauen. Nahe war die Entscheidung herzu gekommen; und Graben Vor dem erschuͤtternden Donnerschlage befiel die Versammlung. Stiller wurde die Stille; bald aber erscholl’s, in den weiten Trauergefilden, hier aus Einem Gedraͤng, aus Einem Dort, von Rufen, von schnellem, gebrochnem, flehendem Rufen, Um Erloͤsung! .. Der Allbarmherzige, Allgerechte Hoͤrte, mit diesem Rufen, was sonst kein Unsterblicher |hoͤrte, Selbst Der Messias. Selbst der Seelen leises Gebet, die mit Demuth von Ferne Standen. Die Engel der Botschaft schwebten hinunter, und giengen Unter den Schaaren umher, und sonderten! … Stunde der Jubel, Und der Thraͤnen, (mehr waren der Jubel!) wo toͤnet die Harfe, Welche von dir zu singen vermag? O ruͤhrt’ ich die Harfe; Saͤnge sie auch von den Thraͤnen: und, waͤr ich gelehrt durch den Engel, Der mir haͤtte die Harfe gebracht; von dem kuͤnftigen Heil auch Derer, die weinten, vielmehr, als weinten: belastet von Elend, Wider die Vorsicht murr’ten, und, erblos im Reiche des Lichtes, Wie sie waͤhnten, auf ewig nun, und von der Verzweiflung Strom ergriffen, und Strudel gedreht und Sturm, sich empoͤrten! Jezo war die Sond’rung vollendet. Die Schaaren der Freyen Stiegen verklaͤrt aus der Tief’ empor, und folgten den Engeln, Die sie fuͤhrten. Die Fuͤhrenden waren zur weiten Wallfahrt Durch die Welten umher, mit hellen Guͤrteln, als haͤtte Sie die Morgenroͤthe gewebt, beguͤrtet, und trugen Goldene Staͤbe, mit denen sie oft, wie sehr auch der Reise Durch die Welten die Pilger sich sreuten, gen Himmel wiesen. Als die letzte Schaar der Freyen die Tiefe verließ, kam Schnelle Daͤmmerung, gieng noch schneller unter der erste Jhrer Tage. Gehuͤllt in daurende Nacht, wie vormals, Blieb, drey Erdewendungen lang, die Versammlung der Geister Sprachlos stehn; an der vierten, erhoben sich etliche, giengen Hin zu dem Feuersirom, und schoͤpften mit wankender Schale, Wenig Schimmers, umher in den Kluͤften ihrer Genossen Staͤte zu suchen. Sie fanden der Staͤten viele verlassen, Wen- Siebzehnter Gesang. Wendeten aus der Oede sich weg, und klagten voll Jammers Jhren Genossen, der Bruder dem Bruder, dem Freunde der Freund nach. Auf der Erde schon sind Freuden, in denen des Grabes Erbe die kuͤnftige Wonne voraus empfindet; ach fruͤhe Bluͤthen, welken sie schnell: doch bluͤhete so des Lebens Baum in Eden. Nephthoa befiel, nach einem der frohsten Seiner Gebete, suͤßer Schlummer. So traͤuft auf des Lenzes Erstlingsblume der Thau. Bald hoͤrt’ er im Traume die Stimme: Schlummerst du noch, und gehest nicht hin, zu erzaͤhlen den Frommen, Daß dir ein Bote Christus erschien? in Strahlengewande Einer, den Gott dir sandte, der Heimath einer des Himmels? Und er eilte nach Golgatha’s Grabe. Die Seinen, so dacht’ er, Weilen gewiß dort oft. Sie wallen von Salem zum Grabe, Sehen’s, und sich, und wandeln zuruͤck, bald wieder zu kehren. Auf dem Wege des Grabes, und in dem Garten, wo Christus Todesstaͤte war, da, neben dem Felsen versammelt, Find’ ich seine Treuen. Der junge, noch sterbliche, frohe Himmelsbote verließ mit dem werdenden Tage die Thore Salems, und schon betrat er den Weg, der nach Golgatha fuͤhrte. Jhm begegneten Juͤnger des Mittlers, die jezo vom Grabe Kamen. Verließet ihr Juͤnger im Garten der Auferstehung? Kehrt denn wieder zu uns, und bringt der seligen Zeugen Mehr in der Palme Beschattung. Jch habe der himmlischen Botschaft Viel fuͤr euch, und fuͤr sie … An dem nahen Gehege des Gartens Spielten Knaben. Er sonderte neun der freudigen Knaben; Fuͤnfe hatte mit ihm einst unter dem Volke gesegnet Jesus, Der Messias. Jesus, unser Erbarmer, der Saͤuglinge Gott und der Kinder. Jezo erkohr die andern Nephthoa. Jhn leitete Christus Weisheit. So leitet Engel, indem sie des Himmels Erben, Sie zu schuͤtzen, sich waͤhlen, die Weisheit Christus. Die Knaben Kamen zum offenen Grabe, beschauten die furchtbare Tiefe, Und die Felsenlast, die weggewaͤlzt vor ihr dalag. Freudig schauerten sie, doch auch mit Schrecken, indem sie Ueber sich der alternden Baͤume Wipfel erblickten. Und sie irrten umher in dem Schatten des dichteren Laubes, Und des helleren, welches der weiße Lenz mit dem Brautschmuck Seiner Bluͤthen durchwebte. Sie fanden, gegen des Grabes Eingang uͤber, im Schimmer des lieblichen Morgens, auf weichem Jungen Grase, bestroͤmt vom Dufte der Bluͤthengeruͤche, Heilige Gottes, und sie in sanfte, heitere Ruhe Ausgegossen, und sie mit der Freudenthraͤn’ in dem Blicke, Eine selige Schaar, der Auferstehung des Mittlers Einst Verkuͤndiger, Feyerer jezt. Sie sahe Nephthoa Ehrfurchtsvoll; doch auch er war einer der goͤttlichen Boten, Und an sie. Viel Heilige kannten den Knaben Nephthoa, Kannten seine Gespielen. Noch saͤumt’ er zu reden; doch alle Sahen’s an ihm, daß Stimmen des Heils auf den Lippen ihm schwebten. Aber er saͤumte nicht lange; denn schon begann zu dem Grabe Jener begegnende Haufen mit neuen Haufen zu kommen. Da erscholl, von Benoni’s Erscheinung! die Stimme Nephthoa’s, Wie er ihn lockte sein goldenes Haar, wie Benoni von Christus Sprach, der Auferweckte vom auferstandnen Vollender! Und Siebzehnter Gesang. Und die neuen Freuden ergriffen die Hoͤrenden, brachten Sie noch naͤher dem Himmel. Jn dieser suͤßen Begeistrung, Dieser Vorempfindung der ewigen Wonn’ an dem Throne, Stroͤmte das Herz der Heiligen aus, und sie sangen dem Sieger, Der zertrat! Jhm blutete nun nicht mehr von der Schlange Rache die Ferse. So wie der Gesang in Stroͤmen dahinfloß, Tanzten die Knaben den heiligen Reihn zu dem Siegesgesange. Siehe, der Himmelsbogen erhob, nach dem furchtbaren Wetter, Sich in der Wolke! Der Bund ist ewig, der Auferstehung Bund ist ewig! So wie der Gesang in Stroͤmen dahinfloß, Tanzten die Knaben den heiligen Reihn zu dem Siegesgesange. Und die Muͤtter bekraͤnzten mit Fruͤhlingslaube die Knaben. Siehe, die Thraͤnen alle, sie wurden alle getrocknet, Da das geopferte Lamm versoͤhnet hatte, nicht Tod mehr War der Tod! So wie der Gesang in Stroͤmen dahinfloß, Wandten die Knaben in heiligem Reihn sich nach Golgatha’s Huͤgel. Und die Muͤtter brachten den Knaben Sprosse der Palme. Ach der Lebende sprach mit seiner Stimme: Maria! Und sie lag zu den Fuͤssen des Gottversoͤhners, und rufte, Rufte: Rabbuni! So wie der Gesang in Stroͤmen dahinfloß, Tanzten die Knaben den heiligen Reihn zu dem Siegesgesange. Rief: Mein Herr! und mein Gott! Er hatte die Maale gesehen Seiner Wunden! hatte die Hand in des Auferstandnen Seite gelegt! So wie der Gesang in Stroͤmen dahinfloß, Tanzten die Knaben den heiligen Reihn zu dem Siegesgesange. Ach auch wir erwachen dereinst von dem Tod’, es erwachen Alle, bis hin zu dem Ende der Erde, die liegen und schlafen Todte Der Messias. Todte Gottes! So wie der Gesang in Stroͤmen dahinfloß, Tanzten die Knaben den heiligen Reihn um eines der Graͤber, Warfen die Kraͤnze darauf, und tanzten zum Siegesgesange. Schnell entsinken ihnen die Palmen. Denn, auf des Felsen Hoͤhe, des Grabes, das leer jezt war, erschienen Erstandne; Und der Siegesgesang verstummet. Drey der Erwachten Standen in ihrer Herrlichkeit da. Es schwebte wie Wolken Bey den Erscheinenden. Jezo trat aus dem Silbergewoͤlke Asnath langsam hervor, und ward zu Glanze. Debora Hub ihr Antlitz, und hub die gefalteten Haͤnde gen Himmel Aus der Wolke, bis endlich auch sie ganz Schimmer dastand. Und Jedidath schwebte daher, als kaͤm er aus jener Ferne, wo nieder des Himmels Gewoͤlbe sich senkt; doch auf Einmal Stand er neben Debora. Und Jsak begleiteten Engel, Und bewunderten ihn, den schoͤnsten der Auferstanduen. Rahel wehte die goldene Locke, da sie aus dem weißen Dufte Joseph fuͤhrte, mit einer Liebe, daß alle Muͤtter die Mutter erkannten. Da kam in der Sterblichen Seele Sanftere Freude, da fiengen sie an, dem bangen Erstaunen, Sich zu entreissen. Nicht lange, so traf sie neues Erstaunen. Denn nun stand Jesaias, und Abraham da, und Hiob, Strahlengestalten! Die Sterblichen bebten. Nun kamen des Mittlers Taͤufer, und Seth, und Abel; nun kam mit Gabriel Adam, Blitze Gottes! Die Sterblichen sanken. Der Fels wankt’ ihnen, Und das Gefild’ umher. Jezt wurde der Sterblichen Seele Wieder entlastet. Denn Eva kam mit milderer Schoͤne, Trat einher, und fuͤhrte, wie sie der erfrischenden Mondnacht Schim- Siebzehnter Gesang. Schimmer umgab, und die Blaͤue des Himmels, den Juͤngling Benoni. Da erhuben die Zeugen sich wieder, und sahen des Himmels Erben mit Seelenerquickung, mit unaussprechlicher Wonne, Fuͤhlten es ganz, wie selig sie waren. Schnelles Entschlusses, Naͤherte sich Nephthoa dem Felsen. Er hatte die Palme Wieder genommen. Er hielt sie gegen Benoni, und sagte: Ach dich kenn’ ich, allein die hohen Stralengestalten, Deine Gefaͤhrten, die kenn’ ich nicht. Gesendete Gottes! Siehe, der euch mit diesem Glanz, der Herlichkeit Lichte, Segnete, segnet’ auch mich. Zwar bin ich noch Erd’, und es muß noch Dieser Leib mir verwesen; allein ich bete, wie ihr, den, Der versoͤnet hat, an! Auch wart ihr vormals, wie ich bin, Sterblich, und truget die Last des gefuͤrchteten Todes, bis nieder Euch des kommenden stuͤrzte. Vergoͤnnt, vollendete Fromme, Mir, den Christus segnete, daß ich dem furchtbaren Felsen Naͤher trete, noch naͤher schaue der Himlischen Antliz! Eva wendete sich zu Adam: Der suͤßen Ahndung, Adam! nicht lange, so bricht die Blume der Tod!.. und sie stand schon Bey dem Knaben, und fuͤhret’ ihn hin zu Benoni. Doch jezo, Da er mitten im Kreise der Himlischen war, und ihr Laͤcheln Seinem erhobenen Blicke begegnete, zitterten Schauer Durch des kuͤhnen Knaben Gebein. Jhm huͤllte Debora Sich in Daͤmrung, und sprach mit ihm: Du hoͤrtest die Zeugen Christus singen; sing uns ihr Lied … Da begann er mit leiser Stimme das Lied der Zeugen; der Seligen Harfen beseelten’s: Siehe des Himmelsbogen erhob, nach dem furchtbaren Wetter, Sich in der Wolke. Der Bund ist ewig, der Auferstehung IV Band. E Bund Der Messias. Bund ist ewig! So wie sein Gesang, von den Harfen beseelet, Hinfloß, schwang er den Palmenzweig, und wies auf des Herrn Grab. Siehe die Thraͤnen alle, sie wurden alle getroknet, Da das geopferte Lamm versoͤnet hatte, nicht Tod mehr War der Tod!.. Was saͤumet ihr, sprach mit sanfterem Lichte Asnath, dem Knaben der Psalme den Kranz vom Grabe zu bringen? Magdale Mirjam kam, und bekraͤnzte den Knaben der Psalme. Ach der Lebende sprach mit seiner Stimme: Maria! Und sie lag zu den Fuͤssen des Gottversoͤners, und rufte, Rufte: Rabbuni! So wie sein Gesang, von den Harfen beseelet, Toͤnte, traͤufelten ihm aus dem hellen Auge die Thraͤnen. Rief: Mein Herr! und mein Gott! Er hatte die Maale gesehen Seiner Wunden! hatte die Hand in des Auferstandnen Seite gelegt!.. Da jezt sein Gesang, von den Harfen beseelet, Stroͤmte, hielt sich nicht mehr die wonnevolle Versammlung Neben dem Felsen; sie stiegen hinauf zu den Seligen Gottes! Und sie traten hinein in den stralenden Kreis, und sangen: Ach auch wir erwachen dereinst von dem Tod’! es erwachen Alle, bis hin zu dem Ende der Erde, die liegen, und schlafen Todte Gottes! So wie ihr Gesang den Flug des Triumphs flog, Huben die Harfen den Schwung wie am Throne zum Wonnegesange. Jezo ward Ein Chor die Versammlung der sterblichen Christen, Und der vollendeten; Alle sangen dem Sohne; mit Stimmen Lautes Jauchzens, die Himlischen; leises Stammelns, die Menschen: Preis und Ehre dem Ueberwinder! dem Loͤwen aus Judah! Und dem Lamm auf Sion! der hohen Aehre von Jesse Aber am Golgatha lag sie gesenkt; hub schnell an des Blutes Huͤgel Siebzehnter Gesang. Huͤgel wieder sich auf, die erste der Erndte! Den Voͤlkern Allen schattet sie einst, und das Labsal des goͤttlichen Schattens Wird in Ewigkeit laben! Da ruften die Schnitter nicht, sanken Aus der Cherubim Hand die Posaunen, da Jesus Christus, Preis und Ehre dem Ueberwinder! da Jesus Christus Auferstand!.. Die Stimme der Seligen Gottes verlor sich Jn der Entzuͤckung; ihr Glanz erlosch. Die Todten verschwanden. Lazarus Huͤtten und Martha’s lagen in schattigen Gaͤrten, Die ein luftiger Bach durchfloß, und mit einem der Gaͤnge Leise zum Grabe Mirjams kam. Aus eben dem Grabe Hatte den Bruder herauf der Todtenerwecker gerufen; Aber die himmlische Schwester schlief den eisernen Schlaf fort, Jezo ohne Klage der Nachgelaßnen, denn Jesus War erstanden! zu ihm die himmlische gluͤckliche Mirjam Hingegangen. Aufs Grab der Hingegangenen streute Martha, mit jeder kommenden Sonne, des naͤhrenden Baches Hellste Blumen, wie sie, von der Zaͤhre der suͤßen Hofnung, Troffen, der Hofnung des Wiedersehens, wenn sie bey der Schwester Bald nun laͤg’ und schliefe den eisernen Schlaf in der Erde, Blind den Blumen, und taub dem sanften Falle des Baches; Aber die Seele bey Mirjams Seele. Sie kam von dem Grabe Jezo zuruͤck, als Lazarus ihr begegnet’, und sagte: Martha, ich sendet’ und lud der Bruͤder ein, der Versoͤhnten, Auch der Pilger vom siebenarmigen Strom, und den Jnseln Griechenlandes, zum Mahl in Schatten und Weste, zum Liede Unserer lieben Saͤnger im Busch, und der Harfe Gesange. Martha eilet’, und war, das Mahl zu bereiten geschaͤftig. E 2 Lazarus Der Messias. Lazarus gieng und streuete Blumen, und thaut’ in der Lauben Kies, aus dem kuͤhlenden Quell, und bog die Zweige, des Schattens Mehr zu geben, und mehr dem Sonnenstrahle zu wehren. Und ob er wohl, bey dem frohen Geschaͤft, die Lauben zu schmuͤcken Und zu kuͤhlen, am Grabe der himmlischen Schwester vorbeykam, Troff ihm die Thraͤne doch nicht der Todeserinn’rung. Jch sehe Bald sie wieder!.. und brach der Blumen selbst auf dem Grabe. An dem Bache hatten sich schon, mit der Harf’ und der Gidith, Seiner Jugend Gespielen um eine Palme gelagert, Mit der Asoor, der Cymbale, dem Horn, und jener Posaune, Die den Donner nicht hallt, von hellem Tone nur zittert. Und sie fuͤhlten voraus der Lieder Freude, die, kaͤme Nun der Abendstern, und der silberne Mond mit dem Sterne, Von der Palme sich sollten umher in die Lauben ergießen. Jezo war nach und nach der Geladnen Versammlung gekommen, Und sie saßen umher in den luftigen Lauben, und fuͤhlten Freude, die nun nicht mehr voll Ungestuͤmes die Seele Ueberwaͤltigte, die, gleich sanften Baͤchen, das Jnnre Jhres Lebens durchwallte. Was hatten sie nicht von des Mittlers Zeugen gehoͤrt; was selber gesehn; was durften zu hoͤren Sie nicht noch und zu sehen erwarten, die Soͤhne des Bundes Ach des neuen, der uͤber ihnen mit Herrlichkeit strahlte, Der, gestiftet durch Tod, durch Auferstehung gestiftet, Jhnen zum froͤhlichen Tage das Leben, zum heiteren Abend Machte (wenige nur sahn, truͤbe den Blick, in die Zukunft) Machte zum suͤßen Schlummer den Tod! kein Zweifel bewoͤlkte Jhre Seelen, nicht jene Belastung der Ungewißheit, Die, Siebzehnter Gesang. Die, in der Truͤbsal Stunde, sogar auf Fromme sich stuͤrzet, Druͤckte sie nieder; sie waren beynah schon uͤber dem Grabe, Neideswerth, wenn ein Christ dem Bruder es koͤnnte beneiden, Daß von dem Allbarmherzigen ihm der Begnadigung mehr ward. Silberfarben wallte der Mond, der Stern, sein Gefaͤhrt, stand, Funkelt’ am weißlichen Himmel. Die frohe Versammlung zerstreute Sich aus den Lauben umher, und genoß des kuͤhlenden Abends. Von Gespraͤch zu Gespraͤch kam Dimnot, ein Pilger aus Samos, Endlich dahin, daß er sagte zu dem, mit dem er, der neuen Freundschaft erstes Gefuͤhl, die Lust der edleren, theilte: Ach du meynst noch, der Tod vernichte! Muß denn das Saatkorn Nicht aufschwellen, bevor es zum lebenden Keime sich hebet? Muß die Wolke zur Nacht nicht werden, eh sie in den schnellen, Zuͤckenden Blitz, in den Rufer Gottes, den Donner, sich wandelt? Soll die hohe Seele den stets im sterblichen Leibe Wohnen, des Daseyns erste Bahn auf immer betreten? Dieß nur sagt’ er, und handelte schnell. Mit Strahlen umgeben, Stand er vor seinem Freund auf Einmal da, und erweckt’ ihn, Maͤchtig erschuͤtternd, vom aͤngstlichen Traum der geglaubten Vernichtung. Von Gespraͤch zu Gespraͤch kam Kerdith, ein Pilger vom Nilus, Endlich dahin, daß er sagte, zu dem, mit dem er, der neuen Freundschaft erstes Gefuͤhl, die Lust der edleren, theilte: Gluͤcklicher! der es nicht weiß, wie sehr er es ist, dich ergreift noch Stets der Gedanken, es sey auf dieser Erde des Elends Mehr, wie der Freude! Bald wird sich der Schmerz des truͤben Gedankens Lindern, vielmehr als lindern, wird dich auf immer verlassen, E 3 Gluͤck- Der Messias. Gluͤcklicher, der es nicht weiß, wie sehr er es ist, und wie sehr sich Das ihm nahet, was ihm schon in dem Leben am Grabe Ueber das Grab wird erhoͤhn, des Todes furchtbaren Abruf Jhm in Himmelsgesang, das Bild der nahen Verwesung Jhm wird wandeln in trunknes Gefuͤhl, in Ahndung verklaͤrter Zukunft voll, es entkeime dereinst dem gesunknen Gebeine Auferstehung!.. Mir ist, mein Bruder, durch den, der alle Schuf, und alle versoͤhnte, schon Auferstehung geworden! Ach er riefs, mit dem Tone der innigsten Wonne, dem Freunde, Stammelt’s ihm zu, und strahlte die Morgenroͤthe des Urlichts Auf den erstaunenden, saͤumt’, und saͤumte, sein leuchtendes Antlitz Wegzuwenden; blieb lange vor ihm in der Schoͤnheit der Engel Stehen, that dem bebenden, that dem verstummenden froher, Eilender Fragen viel; wich seitwaͤrts wie Daͤmm’rung, da dieser Hinzusinken begann in die Blumen um ihn; doch enthuͤllt’ er Wieder sein Licht, und kam zu dem Hingesunkenen wieder. Endlich sahe den unverschwundnen, vom Schrecken der Freude Uebernachtet, sein Freund nicht mehr. Sie fanden mit bleicher Wang’ ihn liegen, und huben ihn auf, und reichten ihm Labsal. Finster und scharf war Sebida’s Blick. Er saß auf dem Moosstein, Und ihm gluͤhte von Denken die Stirn: Jch, der der Gewißheit Lang’ in Dingen des kuͤnftigen Schicksals entsagt hat, dem Zweifel, Wie er das Herz auch belaste, sich lange schon unterworfen, Jch soll glauben, der Pilger etliche, die ich vor kurzem Hier noch sahe, Sterbliche sahe, die seyn Erstandne? Die erscheinen? und soll nicht glauben, der sehenden Seele Werd’, indem sie Gedanken von Auferstehung entflammen, Durch Siebzehnter Gesang. Durch Vorstellung getaͤuscht, der Wirklichkeit mangelt? Erscheint denn, Todte, dem forschenden Untersucher, der, Wesen vom Bilde, Sondert, erscheinet, lebende Todte! denn Wirklichkeit kenn’ ich, Leben auch! Jch schau um mich her, und flehe vergebens! Japhet, ein Pilger aus Tenedos, kam heran zu dem Zweifler, Stand, von der Helle des unbewoͤlkten Mondes umgeben, Nahe vor ihm, und redte mit ihm, von der doppelten Taͤuschung Bald der gewaͤhnten Gewißheit, und bald des ergruͤbelten Zweifels, Alles, nachdem die Seele zur Ueberzeugung sich neige, Oder wider dieselbe sich straͤube. Der Weisere koͤhre Dinge sich aus, und Beschaffenheiten der Dinge, die sichtbar Vor ihm laͤgen, und die er zu uͤbersehen vermoͤchte; Boͤten aber sich ihm, aus weiteren Kreisen der Kenntniß, Andere dar; so erforschet’ er sie, wie die aus den engern, Saͤhe, wie sonst, verdrehte, bey Ueberschauung des Hoͤhern, Nicht den Blick, und taͤuschte sich nicht durch ergruͤbelte Zweifel. Ernstvoll sagt’ es der Pilger, und kalt; und auf Einmal verschwand er. Jst verschwunden, verschwunden! und nicht erschienen! allein er Jst ja erschienen, nur nicht in seiner Herrlichkeit … Sehen Soll ich, wie sonst. Jch sehe wie sonst. Er ist mir verschwunden; Jst mir also erschienen. Wer sendet’ ihn? Kam er von selber? Oder sendet’ ihn Gott? Jst er auch von selber gekommen; O so ist er immer doch einer, dem es bekannt war, Daß ich Belehrung bedurft’, und der mich maͤchtig belehrt hat. Waͤr er nun gar ein Bote von Gott!.. So bin ich dem Meer denn Dieser Zweifel, worinn ich versank, entronnen! Entronnen Bin ich! ich bin durch einen Sturm ans Gestade gerettet, E 4 Steh, Der Messias. Steh, und schaue freudig hinab, und hoͤre die Woge Tod herrauschen, und fuͤrchte nicht mehr die wuͤtende Woge! Aber ihm ward der Gnade noch mehr. Der verschwundene Todte Kam in seiner Herrlichkeit wieder. Es sah in den Schatten Einer Palme den Strahlenden Sebida kommen, darauf ihn Naͤher schweben, zuletzt in Glanze gemilderten Lichtes Gegen ihn uͤber, als wollt’ er daselbst der Ruhe geniessen, Nieder auf einen Felsen sich setzen. Frey, wie der Heitre Luͤfte, geloͤst von allen Banden der Zweifel, von allen Jhren Buͤrden entlastet, befragte jezt die Erscheinung Sebida, hoͤrte von ihr die suͤße Stimme der Antwort Ueber vieles von diesem, und jenem Leben, und beyder Nahem Verhalt, und wie Gott es Alles mit Herrlichkeit ende! Endlich rief er: Wer aber bist du, Erscheinung vom Himmel? Ja, Erscheinung vom hohen Himmel, doch auch aus dem Grabe! Jch bin Joseph. Dir lebt dein alter Vater noch. Eile Und erzaͤhl’s ihm, damit der redliche Greis, auf des Sohnes Wange, fuͤhle die Freudenthraͤne des Sohns, und ihn segne! Unterdeß stand der Versoͤhner auf Tabors Hoͤhen, und sahe, Welche Seligkeit denen ward, die bey Lazarus weilten. Lazarus redte mit Ernst, und unwiderstehlicher Anmuth, Von den Lehren des Mittlers, wie er jezt tiefere Weisheit, Nahrung sie, und Leben des Menschen, enthuͤllet mit Einfalt, Jezt von fern nur gezeigt dem Auge des Sterblichen haͤtte. Sind, so sagt er, die kenntnißbegierigen Wandrer hinuͤber Ueber das Grab gegangen; so wird die Ferne zur Naͤhe, Und sie lernen zugleich, warum dieß nicht fruͤher geschahe. Viele Siebzehnter Gesang. Viele Fragende standen um Lazarus her, und Antwort Hatt’ er schon vielen gegeben. Jtzt sagt’ er zu einem der Pilger, Der ein Unsterblicher war, kein Pilger mehr auf der Erde: Unsers Mittlers Erniedrigung?.. Jst fuͤr den schaͤrfsten der Blicke Abgrund, wo am unmerklichsten sich die groͤßten der Thaten Zeigen. Dann dort, wo sie sind, sinket am tiefsten die Tiefe. Lasset uns menschlich reden von goͤttlichen Dingen; denn anders Koͤnnen wir nicht. Ein Mensch, der edler ist, handelt; verkennet Wird er, ist voller Gefuͤhl, empfindet es, daß er verkannt wird, Leidet! Was ist er? Ein schwacher, sterblicher Mensch, der ein wenig Besser ist, als die andern; und dennoch weinet er, haͤlt er Bittere Thraͤnen zuruͤck, die gerecht ihm scheinen. Und Christus Unser Mittler? Wir stehn an der Tiefe! Vergleichet; vergleichet Aber auch nicht: sonst muß ich schweigen. Der Mittler ist Gottes Sohn! ist Gott! Hier schwindet zu nichts das Bild vor dem Urbild. Und er handelt. Auch hier wird es Schatten. Berkennet? Jn Allem Ganz verkennet! Und jene Thraͤnen, die Christus zuruͤck hielt? Waͤren gerechtere jemals geweinet worden?.. Doch alles, Was der Mensch durch sich selbst sich erklaͤrt, ist fern von dem Leiden, Das der Heilige litt! ist fern vom Gefuͤhle, mit welchem Er es litt! Verkennt nur in Allem ganz? Voll staͤrkern Tiefern Gefuͤhls, als ein Mensch empfunden, empfunden ein Engel, Wurd’ er, mit Hohne der Hoͤlle, gehoͤhnet! unter lautem Schlangengezisch in Purpur gehuͤllt! ein Rohr ihm gegeben Jn die Rechte zum Zepter! aus Dornen um seine Schlaͤfe Eine Krone gewunden! So wurd’ er gefuͤhrt zu der Schaͤdel E 5 Huͤgel, Der Messias. Huͤgel, geheftet ans Kreuz! nach Labsal rief er, mit Galle Wurd’ er gelabt! am Kreuze mit langsamen Tode getoͤdtet! Lazarus endete so, und gieng aus der Laube. Zuletzt war Er allein zu dem Grabe der frommen Maria gekommen. Und er setzete sich auf die Ruhestaͤte der Todten, Senkt’ in frohen und wehmuthsvollen Gedanken sein Haupt: Da, Ach da reift sie der Auferstehung! Vom todten Messias Hoͤrtest du nur, da du starbest, und nicht vom erstandnen; allein du Weißt es alles, und bist, mich taͤuschten ja Engel, waͤrs anders, Bist bey ihm! Noch segn’ ich dir nach, du Schlummernde Gottes! Doch die Unsterbliche war bey ihrem Grabe: Was haͤtt’ ich Jhm zu erzaͤhlen; koͤnnt’ ich mich, wie die Erstandnen des Mittlers Sich den Zeugen entdecken, ihm auch entdecken! Allein er Wird ja vielleicht, wie es schon sein Semida wurde, wie’s Cidli Wurde, verklaͤrt!.. O Abend, den Gott mich erleben in diesem Zweyten Leben laͤßt, gluͤckseliger Abend, wie machen Dich mir festlich die Pilger des Herrn! wie wuͤrde Maria, Lebte sie, deiner sich freun! wie forschen, wer wirklich ein Pilger? Wer ein Unsterblicher sey, schon einer der Heimath des Himmels? Koͤnnt’ ich dir nur erscheinen; ich wollte, du Theurer, sie alle Dir entdecken, wer noch im Staube wallet, und wer nur Erdebewohner euch scheint. Die Unsterblichen, Lazarus, haben Eine Hoheit, die sie nicht stets zu verbergen vermoͤgen; Schauen bisweilen, wie Engel, auf euch! Wer Acht hat, und sehn kann, Sieht es. Jch rede ja da, als waͤr’s mit dem Bach und dem Grabe. Lazarus hoͤret mich nicht; mich hoͤren der Bach und das Grab nicht. Doch will ich mich, mein Bruder, der suͤssen Taͤuschung, als koͤnnt’ ich Mit Siebzehnter Gesang. Mit dir reden, noch uͤberlassen! Der Greis mit dem schoͤnen Bluͤthenhaar, und dem roͤthlichen Wanderstab’ an der Ulme Jst Husai. Der Juͤngling, der dort an der Kruͤmme des Baches Ernst das Auge gen Himmel erhebt, ist Jethro, der Schaͤfer Midians. Siehe, sie ist, in einen Schleyer dem Duft gleich, Eingehuͤllt, und mit Golde geguͤrtet die sanfte Megiddo, Jephtha’s Tochter … Es war der itzt schweigenden Blick auf des Mittlers Auferweckte noch immer gerichtet. Noch immer voll neuer, Suͤßer Verwunderung uͤber die Welt, in welcher sie jezt war, Spaͤhte sie alles darinn, bis auf die kleinste Veraͤndrung, Mit des waͤrmsten Gefuͤhls Theilnehmung. Jezo bemerkt sie, Wie, mit leiser Senkung, die vielbesaitete Harfe Korah an einen Oelbaum lehnt; jezt, wie sein Jedithun Jhm an die Harfe den Blumenkranz voll frischeres Dufts haͤngt; Nun, wie weiter hinauf an der Ulme Rahel den Epheu Windet; und nun, wie Rahel sich Hapuch naͤhert, als wollte Sie ihr helfen, und doch auf Erscheinungen sinnt. Da bey Bethlem Einst der Hirt Zalmona das Lied der Unsterblichen hoͤrte, Das sie sangen von dem, der geboren war an der Krippe! Starb er vor Freude. Der war erstanden. Jhn sahe Maria Neben Bethlehems aͤlterem Hirten, dem Sohn Jsai’s. Beyde trugen Staͤbe der Weide, waren vom Felde Beyde gekommen, und forschten der Auferweckung der Frommen, Jhren Erscheinungen nach, und liessen sichs alles erzaͤhlen. Jezo wandte zu Lazarus sich Maria von neuem: Sieh, er machet sich auf, und will dem Juͤngling erscheinen, Den Der Messias. Den bey Hermon die Mutter gebahr; an dem glaͤnzenden Auge Seh ich’s, Eliphas will dem gluͤcklichen Juͤngling erscheinen! Ach wie nahe (wende die Blicke nach ihm!), wie nahe Kommt er zu uns; er setzt auf das Grab sich neben dir nieder! Aber nun sieht ihn das Auge nicht mehr. Wie schnell war die Wandlung, Als er der Menschen Gestalt ablegte! Er will sich nach Tabor Wieder erheben. Verweil’, o Heman, bey uns, und erscheine Meinem Lazarus hier! O laß mich sein frohes Erstaunen Ueber |des Himmlischen Anblick, laß seine Thraͤne mich sehen! Jhm erscheint der Versoͤhner! und, wenn der Versoͤhner zu Gott geht; Wird dein Bruder verklaͤrt!.. Jhr Unsterblichen Gottes! verklaͤrt wird Lazarus? wallet mit uns hinauf zu den ewigen Huͤtten? Ach zu dem Erbe des Lichts? den tausendmaltausend, der Schoͤpfung Erstgebornen? zu alle den Schaaren der Mitanbeter? Aber du gehest von mir, mein Bruder. Lazarus wandte Sich von dem Grabe Maria’s, und kehrte zuruͤck zu den Lauben. Cneus saß allein auf kuͤhlendem Moose; so dacht er: O ihr Gluͤcklichen, die das alles sahen, erscheinen Auferstandene sahn, selbst Worte der Ueberzeugung Von der kuͤnftigen Welt durch die Boten Gottes vernahmen! Aber gluͤcklich auch ich, dem sie dieß alles erzaͤhlten! Thorheit waͤr es, noch jezt zu zweifeln, taͤuschende, blinde Thorheit! Allein was soll ich thun? Dem Eroberer ferner Dienen? Dem Gott des Olympus, dem Donnerer opfern? Bey Adlern Schwoͤren, das Blut unschuldiger Unterjochter, gerechtrer Menschen, Blut zu vergiessen? und ist es vergossen, des Feldherrn Stolzen Triumph begleiten, und mit den Siegern in Rom dann Schwel- Siebzehnter Gesang. Schwelgen? das? da mir ganz andre Gedanken des Menschen Schiksal in dieser und jener Welt ganz anders erklaͤren! O gehabet euch allzumal wohl, ihr Triumph’, und Erobrer! Und ihr Goͤtter! Jch weihe mich dem, deß Wahrheit mich lehret, Hohe, himlische Wahrheit, die Schiksal der Menschen dem Menschen Aufschleußt, Kuͤnftiges uns, und Entwiklung im Kuͤnftigen, zeiget. Gott der Goͤtter, sey du mit mir, und leite mich ferner. Wunderbar wurd’ er erhoͤrt. Und sah Elihu’s Erscheinung Vor sich stehen, und hoͤrte von Gottes Heile sie reden. Und Erstaunen befiel den frommen Cneus, daß Gott sich Seiner sogar mit dieser so großen Erbarmung erbarmte. Lange, sie war schon verschwunden, schon wieder hinuͤber gegangen Jn der Geister Welt die Erscheinung, doch blikt’ er noch lange Nach der Staͤte, wo sie vor ihm stand, und hoͤrte noch immer, Was die Erscheinung sprach, noch immer Worte des Lebens. Jnnig geruͤhret, geruͤhret in seiner ganzen Seele War Bethoron. Er hatt’ erfahren, ihn liebte der Mitler Dennoch, obwohl er vordem sich weigerte, Juͤnger zu werden; Juͤnger dessen, der nun war auferstanden, Erstandne Sendete seinen Geliebten, die sie mit Freuden des Himmels Ueberschuͤtteten! .. Jch noch jezo geliebt? Das koͤnnt’ ich Das, das waͤhnen? So blutet sein Herz. Jn der einsamen Laube Sahe den trostbeduͤrftigen Lazarus, konnt’ ihn nicht troͤsten. Und Bethoron verließ die Laube, und ging, in des Gartens Gaͤngen, mit Pilgern umher, in des Waͤldchens Gaͤngen, mit diesen Unbekannten, die Sterbliche seyn, Unsterbliche konnten Seyn, und erschienen, erscheinen wollen, den uͤbrigen Allen; Aber Der Messias. Aber ihm nicht! Er sprach jezt mit Einigen, kehrte sich wieder Weinend weg, und hoͤrte nur an, was mit Andern sie sprachen. Jezo ging er mit Gerson aus Paros, der war Elihu, Hiobs Freund. Bethoron erzaͤhlte, so wollt’ es Elihu, Von den Thaten des Herrn, da er noch im Leben die Lehren Gottes lehrte; bestaͤtigte noch durch Wunder die Lehren Gottes. Und einmal rief Elihu: O Selige, die er Sich zu Zeugen erkohr. Bethoron durchdrang es die Seele, Und er glaubt’ an Gerson zu sehen, er waͤre kein Pilger! Gerson wendete sich zu seinen Gefaͤhrten. Die Blicke! Dachte Bethoron bey sich, und diese Stimme, bisweilen Voller Laute, wie sonst ich keine Laute nicht kenne! Diese Worte der Kraft! der Wahrheit!.. Aber was sinn’ ich Ueber ihn nach, und quaͤle mein Herz? O sey nur, du Fremdling, Sey ein Sterblicher! sey ach kein Unsterblicher! .. Gerson, Kehre wieder! Er kehret nicht wieder. Er will mir Verlaßnen Nicht erscheinen! Bethoron war unvermerkt an dem Bache, Welcher das Grab Maria’s umfloß, hinuntergegangen. Und dem Einsamen kam ein andrer Fremdling entgegen, Nahm ihm die Hand, und wurde sein Freund. Da ergoß sich Bethorons Traurende Seele! da sprach er von Christus Berufe, von seiner Weigerung, sprach von allem, was ihm sein Jnnres durchdraͤnge! Ob der Mitler ihn wohl noch liebte? das nicht! ihm vergaͤbe? Und, wenn er ihm vergaͤbe … Wer bist du, o Fremdling? Wofern du Einer der Himlischen bist, der Seligen Gottes einer, Die den Zeugen des Mitlers erscheinen; so … laß dich erflehen, Wende nicht weg dieß Auge voll Liebe! so habe du Mitleid Mit Siebzehnter Gesang. Mit mir Armen! ich flehe dich nicht um himmlischen Lohn an; Aber um Mitleid fleh ich dich an, so erbarme dich meiner, Bote Gottes, erhabener Juͤngling! mein Freund, du sagtest Mir ja selber, du waͤrest mein Freund! kaum wag’ ich, es endlich Auszusprechen, warum ich dich fleh, … so erscheine mir, Bote Dessen, der auferstand! und der mich Armen zum Juͤnger Auserkohr, und dem ich nicht folgte … Jedidoth vermochte Laͤnger sich nicht zu halten, und fiel um den Hals ihm, und weinte Lange mit ihm, bis endlich Bethoron mitten in Strahlen Niedersank, und Himmel und Erd’ um den Gluͤcklichen schwanden. Unterdeß stand der Versoͤhner auf Tabors Hoͤhen, und sahe, Welche Seligkeit denen ward, die bey Lazarus weilten. Bersebon, einer der Zehne, die Jesus vom Aussatz heilte, Aber der dankbar allein | zuruͤckkam, hoͤrte jezt, naͤher Jener umlagerten Palme, die Stimme der Gidith, und Harfe, Und der vereinten Asoor. Mit trunknem Ohre, mit suͤßer Ueberwallung der Freude, vernahm er der innigen Toͤne Gang und Verhalt; und schnelle, gefluͤgelte Bilder umschwebten Jhm die Seele: bald aber erblickt’ er, sehendes Auges, Bey der Palme, doch sie, wie in helle Nebel gehuͤllet, Leuchtende Menschengestalten, und immer, da er sie sahe, Wurde das Harfengetoͤn ihm lieblicher, himmlischer immer. Schrecken der Freude befiel ihn, als eine der edlen Gestalten Jhm sich naͤhert’, und ihm die Hand ergriff, und ihn fuͤhrte Jn das helle Gewoͤlk. Da er in dem Gewoͤlk ist, eroͤfnet Jhm sich weitres Gefild, und Licht, wie er niemals noch sahe, Schwebt auf dem frohen Gefild. Ein Unsterblicher redet’, und sagte: Brich Der Messias. Siebzehnter Gesang. Brich uns jener Palmen … Er gieng, und zittert’, und brachte Jedem einen wehenden Zweig. Der Unsterblichen Einer Gab ihm den seinigen. Jezo verließ das Schrecken der Freude Bersebon, und er redet’: Jhr seyd vom Himmel gekommen? Sind aus Graͤbern gekommen! Wir sind erstandene Todte. Hat euch der aus dem Grabe geweckt, der mich von dem nahen Tode zuruͤckrief? .. Christus hat uns, da er starb, aus der Erde Zu dem unsterblichen Leben gerufen! .. Verweilt ihr noch lange Auf der Erde? .. Nicht laͤnger, als der, der vom Tod’ uns erweckte! Geht ihr mit Christus gen Himmel? .. Wir gehn mit |Christus gen Himmel … Wird der Versoͤhner Gottes nun bald die Erde verlassen? Bald sich gen Himmel erheben? .. Wir wissen es nicht … O verzeiht mir, Himmlische, daß ich noch immer mich unterwinde zu fragen! Sterb’ ich bald? .. Wir wissen es nicht … Wie war, da vom Tode Jhr erwachtet, wie war es euch da? .. Wie es Adam die Stunde Seiner Schoͤpfung war. Einst rufet auch dich die Posaune! Mit den Worten verschwand die Todtenerscheinung, und sprachlos Blieb er lange noch stehn, und sahe noch immer sich weit um Nach den Todten, und sah die Palme nicht wehn, wo die Harfe Scholl, und die Gidith, vernahm der goldnen Saite Gesang nicht. Also feyerten sie in Lazarus Garten der Freundschaft Fest; Unsterbliche feyrten’s also mit ihnen. Sie dachten Sich zu erheitern; und da ward ihnen Freude des Himmels! Wenn wir sterben, empfahen wir so. Wir hoffen vom Elend Auszuruhen; und uns wird Wonne Gottes gegeben! Der Der M essias . Achtzehnter Gesang. IV Band. F Jnhalt des achtzehnten Gesanges . E in Gebet Adams an den Messias, daß er ihm einige Folgen sei- ner Versoͤhnung zeigen wolle, wird dadurch erhoͤrt, daß er in einem Gesicht etwas von dem Weltgerichte sieht. Selbst von diesem wenigen kann der Dichter nur etwas sagen. Adam erzaͤhlt den Auf- erstandnen und Engeln, daß er Gericht halten sah: Ueber die christ- lichen Verfolger; die Veraͤchter der Religion; die Unterdruͤcker der Rechtschaffnen; die Stifter des Goͤtzendienstes, und uͤber die boͤsen Koͤnige. Der Messias. Achtzehnter Gesang . A dam sank zu den Fuͤßen des Mittlers nieder, und fleht’ ihm: Hab’ ich Gnade vor dir gefunden; so laß, o Messias, Einige Blicke mich thun in die Folgen deiner Versoͤhnung. Adam, im Weltgerichte vollend’ ich es Alles. Entferne Dich in jene Schatten der Cedern. Du sollst von der Tage Letztem dort der milderen Schimmer einige sehen. Adam gieng in die Schatten der Cedern, und Schlummer, wie ehmals Jn dem ruhigen Schooße des Paradieses, befiel ihn, Und er sah ein Gesicht. Er kam, von Erstaunen belastet, Langsamen Schrittes, zuruͤck zu den Auferstandnen, und Engeln. Sie umschwebten den Vater der Menschen, mit sanftem Verlangen, F 2 Von Der Messias. Von dem milderem Schimmer des letzten Tages zu hoͤren. Adam setzte sich nieder auf einer der Hoͤhen; sie setzten Sich an dem Fusse des Huͤgels vor Christus Begnadigtem nieder. Einst am Tage des Herrn, als, auf der kommenden Daͤmm’rung Fluͤgel, vor mir die einsamen freudigen Stunden vorbeyflohn, Und ich forschete; kam die heilige Sionitin Gegen mich her. So war mir noch nie die Prophetin erschienen, So viel Ewigkeit hatte noch niemals ihr Antlitz getragen! Und sie sang mir Adams Gesicht. Sie selber verstummte Oft, da sie sang. Die Wange gluͤht’ ihr, es drang zusehends Jn ihr gluͤhendes Angesicht schnelle Blaͤße. Die Lippe Rufte stammelnde Donner, und ernst her blickt’ ihr das Auge. Fast entsank die Harfe der starrenden Hand, und die Krone Bebt’ um ihr fliegendes Haar. Dann erhub | sie sich wieder, dann kam ihr Jedes Laͤcheln der ewigen Ruh in ihr Antlitz herunter. Dann mit hundert Fluͤgeln gefluͤgelt, mit Schwingen des Sturmes, Stiegen die Erstgebohrnen der Seele, die wahrsten Gedanken Auf zu Gott. So sah sie mein Aug’, und starrt’ in die Nacht hin. Mit der Linken beruͤhrt’ ich die Erde, mein Grab; und die Rechte Hub ich gegen den Himmel empor. Der Erde Bewohner, Oder des Grabes, was ich vermag, das will ich euch singen. Tausend Gedanken erflog mein Geist nicht; zu tausenden fehlt mir Stimm’ und Gesang; und tausendmal tausend verbarg sie dem Hoͤrer. Adam begann. So stroͤmten die Lippen des Erstgeschaffnen: Schnell, der Cherub denket so schnell, so wurd’ ich gefuͤhret Unter die Schaarenheere der auferstandenen Todten. Grenz- Achtzehnter Gesang. Grenzlos war das Gefild der Auferstehung. Sie warens Alle meine Kinder! O ewiger Vater der Wesen! Welch ein Anschaun war es! und welches das Anschaun dessen, Der auf dem Throne saß, die Kinder Adams zu richten! Vaͤter des Mittlers, und ihr, o Engel! wie maͤchtig empfand ich, Was die Unsterblichkeit sey! Das Alles erblickt’ ich, und lebte! Siehe, der Tag wird kommen, dann werdet ihr alle das Heer sehn, Das ich sah! und dann wird die Ewigkeit kommen, und keiner Unter euch allen wird dann das auszusprechen vermoͤgen, Was er sah. Ach er sah dann auch auf dem Throne den Richter! Adam senkte zum Wonnegebete sich nieder zur Erde: Jesus Christus, du haft mich erhoͤrt, und ich habe gesehen Deines entscheidenden Tages der Strahlen einige leuchten, Einige Donner deines Gerichts, Sohn Gottes, vernommen! Und der Vater der Menschen erhub sich wieder, und sagte: Lange, so daͤucht es mich, dauerte schon die Zeit der Entscheidung; Viele waren schon, als ich mich nahte, gerichtet, Sieh, es war kein Tag der Sonne; sie war erloschen, Oder verhuͤllet. Der Glanz des Thrones uͤberstrahlte Schoͤn, und schrecklich das weite Gefilde der Auferstehung. Christen wurden, die Christen verfolgten, und wegen der Lehre Von dem getoͤdteten Menschenfreunde, von herzlicher Liebe Zu den Bruͤdern, die Bruͤder erwuͤrgten, (Mein Jnnerstes zittert Und mein starrender Blick sieht wieder am Opferaltare Abel in seinem Blute, den Guten vom Boͤsen getoͤdtet!) Diese wurden gerufen, vor Gott zu kommen. Der Cherub, Welcher sie rief, stieg nieder vom Thron zu dem offnen Gerichtsplatz, F 3 Stand Der Messias. Stand auf seinen Hoͤhen, und goß zwo stroͤmende Schalen Auf die Erde, die eine voll Thraͤnen, die andre von Blut voll. Da das Blut in die Thraͤnen herabfloß; wandt’ er sein Antlitz Um zu dem Thron, und rufte: Du hast sie alle’ gezaͤhlet! Ruh der blutenden Unschuld, die diese Thraͤnen geweint hat! Schauer ergriff die Engel, und alle Seelen der Frommen Schauer, als auch der Richter sich wandte, mit Blicken der Liebe Auf die Getoͤdteten sah, mit Blicken, welche nicht Psalme, Nicht der Jubel Gebet ganz auszusprechen vermoͤgen. Aber die Schaar der Getoͤdteten schwieg, noch immer voll Mitleids, Wie sie starben. Allein Mitleid nicht, nun kein Erbarmen War in dem Blicke des Heiligen, der sich erhub, der Erwuͤrgten Asche zu raͤchen, und, eh es dem Todesschlafe sich zuschloß, Jhr gen Himmel gerichtetes Auge, das brechend um Gnade Fuͤr die Moͤrder noch bat, dann still entschlummerte. Heil sey, Rufte der Menschenfreund, Anschauen der Ewigkeit allen, Die an des goͤttlichen Opfers Altar auch Opfer sich legten, Nun nach kurzer Jahrhunderte Rast ins Leben erwacht sind! Aber Entsetzen, und Quaal, und aller unnennbare Jammer Jedem Laͤsterer Gottes, der uͤber den Opfern des Mordes Schwerdt erhub, und Tod auf die Zeugen des Ewigen zuckte, Oder ihr sinkend Gebein zu heiligem Staube verbrannte! Warum die hohe Fahne des Kreuzes, die Zeugin der Liebe, Warum wehte sie da, wo ihr die Bruͤder erwuͤrgtet? Und ihr wagtet, den festlichen Namen, vor welchem die Hoͤhe, Und die Tiefe sich buͤckt, deß Namen, der fuͤr die Menschen, Seine Bruͤder, Erbarmung vergoß, den da noch zu nennen, Wo Achtzehnter Gesang. Wo mit lautem Rufe der Donner euch niedergeschmettert, Oder, euch tief zu begraben, geoͤffnet die Erde sich haͤtte; Waͤr euch, auf diese Stunde der Angst, nicht Rache gesammelt! Schaut nun wieder zuruͤck, zuruͤck durch die Thaͤler des Todes, Hinter dem Ruͤcken ins Leben, als ihr noch traͤumtet in Unsinn, Sichrer mit Haͤnden voll Bluts nach des Himmels Krone zu greifen! Sieh, ihr Antlitz, welches ihr saht mit dem Tode sich faͤrben, Und das Beben der starken Natur durch der Christen Gebeine Hingegossen; (nicht durch den Geist, der mit herrschender Ruhe Von dem sinkenden Staube sich wand, und willig den Winden Seine Truͤmmer vertraute, doch einst sie wieder zu fodern!) Dann in den Flammen ihr Lied, bis ihnen die Wut der Flammen Gottes Preise verbot, das Alles, welchem ihr zusaht Mit unmenschlicher Ruh, was ist es jezo geworden? Dank, Anbetung, und Feyer, und laute Wonne dem Herrscher Aller Himmel Himmel, und seiner Maͤrtyrer Bruder, Daß der Tod nicht mehr ist! statt seiner drohenden Schauer, Suͤße maͤchtige Schauer die Auferstehenden faßten, Da die Winde den Staub, die Verwesungen aller der Todten Brachten, und durch die Natur die neue Schoͤpfung einhergieng! Da das stammelnde Lied, nun Halleluja, heraufstieg! Statt des Gebets um Erbarmung, ihr Heilig! Heilig! ertoͤnte, Und in Jubelgesange den Unaussprechlichen nannte! Also klagte der maͤchtige Klaͤger. Ein anderer folgt’ ihm, Trat gefuͤrchtet hervor, und sprach: Getoͤdtete stehn dort, Sind, wie ihre Moͤrder, verworfen! Jhr Leben, der Endzweck, Der sie entflammte, die Hoͤh’n der Religion zu ersteigen, F 4 Hat Der Messias. Hat sie gerichtet. Zwar senkten sie tief den Gedanken des Stolzes Jn ihr Herz; sie waren Graͤber mit Marmor geschmuͤcket! Dieses sahe der Seher von seinem Himmel; doch ihr nicht! Aber auch wenn ihr es saht; so durftet ihr die doch nicht toͤdten, Die unedel nur waren, wenn ihr unmenschlich sie wuͤrgtet. Lernet von mir, was ihr thatet! Jm Heiligthume war keiner Außer dem, der ewig ist, Richter. Wenn Christen die Hoheit Jhres Glaubens entweihten; wenn Suͤnder in der Gemeine, Ohne tiefes Gebet, zu sehr dem Sohne sich nahten, Und voll Wahns, in dem dunkeln Wort von Antlitz zu Antlitz Jhn schon anzuschaun, ganz ihres Staubes vergassen; Dann zuruͤckgeblendet nur noch in Traͤumen ihn sahen, Und sich taͤuschten, er sey’s! ein Bild seit gestern geboren Jn zu heissem Gehirn, das Opfer der Schaͤdelstaͤte: So war er, der fuͤr uns zu dem Allerheiligsten eingieng, Seinem Heiligthume zu nah, die Suͤnder zu richten, Als daß der Augenblicke Besitzer vom Rande der Graͤber Kommen durften, als Helfer ihm seine Donner zu tragen! Das erkuͤhntet ihr euch! Anstatt mit Zittern zu ringen, Selber selig zu werden, erhubst du die eiserne Stirne Unter den Wuͤrmen, kamst, stahlst ihre Quaalen der Hoͤlle, Deine Bruͤder zu quaͤlen, und kaltes finsteres Grimms voll Blutgerichte zu halten. Wer kann ihn nun nennen den Jammer, Wer den Zorn der Quaalen, die eure Haͤupter itzt treffen? Mache dich auf! und rufe mit lautanklagender Stimme, Nenne du sie, vergossenes Blut! Er sitzt auf dem Throne, Deine Achtzehnter Gesang. Deine Stimme zu hoͤren, und jede Wunde zu raͤchen, Welcher du entflessest, mit dir der Unschuldigen Leben! Als er geendiget hatte, da trat aus dem leuchtenden Kreise, Welcher nahe den Thron umgab, der Aeltesten Einer Tiefnachdenkend hervor. Jhr habt den menschlichen Juͤnger Unter den Juͤngern gesehn. Sein Namen, eh er zu Gott gieng, Hieß Lebbaͤus; sein Name, der neue wird Elim genennet, Nach dem Namen des Engels, der auf der Erd’ ihn beschuͤtzte. Also sprach er: Jch wende mich weg von des Lebens Anblick, Das ihr lebtet. Es trieft von Blut. Viel Tode der Unschuld Zeichnen seinen entsetzlichen Pfad. O Stunden der Schoͤpfung, Die ihr dem Daseyn Seelen dieses Gefuͤhles herverrieft, Truͤbe, dunkle, zu schreckliche Stunden, wie soll ich euch neunen? War’t ihr Zeuginnen schon des Gerichts gewesen, als Eden Gottes Fluch vernahm, der erste Tod dann, das erste Laute Geschrey der Natur den Fluch vollfuͤhrten? und kehrtet Jhr nur wieder zuruͤck zu der fluchbelasteten Erde, Ach Verkuͤndigerinnen des letzten Tages zu werden? Jhr, die Seelen von Menschlichkeit leer der Ewigkeit brachtet, Diese Seelen! Doch nicht die Schoͤpfung verschuf sich; sie selber Schufen sich also! Sagt’s nicht am Throne, verschweigt’s in den Huͤtten, Wo die Gluͤcklichen wohnen, daß sie so elend sich schufen! Und bewein’ ich sie noch? Sie nicht! die Hoheit des Menschen, Die sie zu weit, ach zu weit vom Zwecke der Schoͤpfung entf ruten, Diese bewein’ ich! Kein Mitleid? und ach ihr saht doch den Jammer Jhrer Seele, vernahmt das tiefe Roͤckeln des Todes! F 5 Selbst Der Messias. Selbst ihr letztes’ Jammergeschrey vermochte die zarte Zitternde Nerve bey euch nicht zu ruͤhren, die andern, beym Anblick Einer bittenden Thraͤne, die ganze Seele bewegte? Zwar ich fodre von euch nicht, durch suͤßen heiligen Schauer, Bey der Erblickung der leidenden Unschuld, erschuͤttert zu werden; (Litte die Unschuld noch; so waͤr der diesen Gerechten Eine Seligkeit mehr!) doch fordr’ ich Spuren der Menschheit, Schwache Daͤmmerung doch von einer unsterblichen Seele! Ach kein Mitleid! Jhr konntet den Wurm auf der Erde nicht anschaun, Ohne den Schoͤpfer voll Huld in des Wurmes Freude zu sehen! Euer Auge konntet ihr nie gen Himmel erheben, Ohne den großen Erbarmer zu sehn! Jhr habt es gen Himmel Niemals erhoben! Nie habt ihr geweint! Jhr habet euch niemals Eines Menschen erbarmet! So hoͤrt denn die Rache, die saͤumte; Und nun eilet: Der Richter der Welt erbarmet sich auch nicht! Elim sprach noch, als sich auf dem Throne der Richtende wandte: Sieh, er wandt’ auf Einmal sein schreckentragendes Auge Gegen einen der Todesengel. Wie kann ich sein Umschaun, Wie aussprechen den Zorn, der ihm vom Angesicht ausgieng, Und die Stimme, mit der er rief! So gebot er dem Seraph: Steig herunter, und ruͤhre sie an; geuß traͤumende Schrecken Ueber sie aus, daß vor ihrem erschuͤtterten Geiste vorbeygeh’ Jhrer nahenden Quaal Anschaun, und Vergeltung beginne! Also sprach der Richter Entsetzen. Gleich dem Gedanken Eilte der Todesengel; goß aus vor der Schaar der Verfolger Eine Mitternacht; naht’ ihnen; sein donnernder Ruf war: Folgt, und seht! gieng eilend voran; sah nach den Verfolgern Drohend Achtzehnter Gesang. Drohend sich um; trat hin in die Nacht. Die furchtbare Tiefe That vor dem Seraph sich auf. Mir wurden die Augen geoͤffnet, Daß ich sah, was sie sahn. Sie wollten ihr Angesicht wenden; Aber sie hielt des Sohns Allmacht wie starrende Felsen. Und sie standen, und schauten. Da lagen Todtengebeine! Und ein Sturmwind braust’ in dem langen Jammergefilde! Der ergriff die Gebein’, und sie bebten! und jedes Gebein sprach Seine Stimme; die Stimme war Fluch! Da hub ich mein Auge Von dem Gefild’ empor, und betete zu dem Erbarmer Derer, die sich erbarmten. Als ich noch betete, kamen Aus der Schaar der Getoͤdteten hundert in weissem Gewande, Hundert Juͤnglinge, jeder ein Fruͤhling in Eden geboren, Jeder ein Morgen der Auferstehung. Jhr freudiger Flug klang, Da sie kamen, melodisch einher. Wie suͤß war ihr Anblick, Da sie kamen die Bruͤder Abels. Sie legten die Kronen Nieder am Thron, und sangen. Sie sangen dem, der Gericht hielt: Wer ist der, der vom Kidron herauf in blutigem Schweiß kommt? Hosianna! auf Salems Gebirgen mit Wunden bedeckt wird, Schoͤn mit Wunden?. Jch bin’s, der fuͤr die Menschen erwuͤrgt ist!. Warum sinkt dein Gebein von diesem Tode belastet? Warum trieft dir die Stirne von Blut, wie der Streitenden Stirne? Warum rufst du so laut?. Jch hab’ allein gestritten! Und es ist keiner mit mir von den Soͤhnen der Erde gewesen! Amen! Amen! du bist der Vollender, der Erst’ und der Letzte! Hosianna! Du hubst mit Eile den Fuß aus dem Grabe; Stiegst auf den Thron! Nun sitzest du, Herrscher, und richtest die Todten, Die Der Messias. Die aus der Erde du riefest. Ja die Todten hast du gewecket, Streiter, der von dem Kidron herauf in blutigem Schweiß kam, Und auf Salems Gebirgen mit schoͤnen Wunden bedeckt ward! Wunden gabst du auch uns, daß wir deine Maͤrtyrer wuͤrden! Denn auch wider uns stritt Gottes Hasser. Da starke, Eiserne Fesseln, in der Gefaͤngnisse Tiefen uns hielten; Da der Tod mit der Flamme daher, der Tod mit der Schaͤrfe Jhrer Schwerdter, der Tod aus der Droher wuͤtendem Blick fuhr; (Fluchet den Moͤrdern! so sprach, wer Menschlichkeit hatte, und ruh du, Ruhe, stilles Gebein!) da wir den Geist der Propheten, Und den Muth zu sterben empfiengen; da, jauchzt dem Vollender! Da wir starben! da war durchlaufen auch unsere Laufbahn! Kamen wir hin zu dem himmlischen Ziel! da trugen wir Kronen! Da war hinter uns, wie Staub vor dem Winde, das Leben, Wie ein kurzes Gespraͤch, des Lebens Muͤhe verschwunden! Kurzes Leben! du Blick in die Schoͤpfung, doch also belohnet Von dem Tage der Tage! doch dieser Kronen gewuͤrdigt, Dieser Ewigkeiten Genoß! Schall ewig, o Lob, schall Ewig fort! Erhebe den Schwung, fleuch Fluͤge, Begeistrung, Und verkuͤnde, verkuͤnd’ es! Frohlocken werde die Stimme, Werde Jauchzen, und schwebe dahin in die Choͤre des Thrones! Lob, Anbetung, und Preis, und Ehre dir, du Beherrscher Aller Himmel Himmel! und aller Leidenden Troͤster! Da der Staub noch nicht war, noch nicht, den Staub zu beleben, Diese Seele, da warest du schon, und dachtest Versoͤhnung! Hosianna Bethlehems Kinde! dem Dulder! dem Todten! Der erniedert, in einer Krippe, den ersten Schlaf schlief, Und Achtzehnter Gesang. Und den letzten, am Krevz! dem Wunderbaren! dem Hohen! Den nicht Namen, den Thraͤnen nicht nennen; dem großen Erwerber Dieses jauchzenden ewigen Lebens! der Sterblichen Sohne, Und Jehova’s! dem Allerheiligsten Hosianna! Jezo trat der erste der Todesengel, als waͤr er Heerschaar, tausend Schritte naͤher zum Thron. Die Posaune Klang, da er stand; und sie schwieg, und der Seraph redte. So sprach er: Daß die Spoͤtter des Todten, der lebt, dem Throne sich nahen! Auf den Gekreuzigten schaun, und, wer sie gewesen sind, lernen! Sie erschienen; vermochten die menschenfeindliche Seele Unter des Laͤchelns Truge nicht mehr zu decken. Jhr Herz war Jn ihr Antlitz hinauf mit jeder Bosheit gezeichnet. Und sie standen gesehn von den Richtern. Es schauten die Richter Unter einander, die Reihn der goldnen Wolken hinunter, Forschend sich an: Wer aufstehn sollte, die Feinde zu richten? Tief in den Schaaren der Ueberwinder, mit schimmernder Wange, Und mit morgenroͤthlicher Freude des Lebens gekraͤnzet, Stand ein Juͤngling. Die Todesblaͤße der sprossenden Jahre, Und die Geduld, in der Bluͤthe sich langsam sterben zu sehen, War mit anderer Schoͤne belohnt, als jene, die vormals Den noch Sterblichen schmuͤckte, mit Schoͤne der Engel, so maͤchtig, Durch lautredende Zuͤge die ganze Seele zu bilden. Und der Erstling der Maͤrtyrer kam von dem Throne des Richters, Stephanus, dem in der Bluͤthe der Tod auch laͤchelnd den Blick schloß, Zu dem Juͤngling herab. Die Botschaft enthuͤllte die Demuth Seines sinkenden Blicks; er zitterte sanft, und erhub sich Strah- Der Messias. Strahlenhell, und stand mit jedem Frieden der Unschulb Und mit allen Reizen des ewigen Lebens umgeben. Saitengetoͤn erklang von des Juͤnglings Lippe: Die Wehmuth Soll, wie vordem, mein Leben nicht mehr mit Trauren bewoͤlken! Ja, ich nenn’ euch, und bebe nicht mehr! o Namen! mein Vater, Ach mein Vater, mein Bruder ist auch in jenem Gedraͤnge! Vater bist du nicht mehr! Du Bruder nicht mehr! Was that euch? Rede, was that dir dein Sohn, zwar sanft, doch unuͤberwindlich? Was der schweigende Mund dir, und jene verbluͤhende Wange Deines Bruders, daß ihr durch Schluͤße, wie Schlangen, ge- wunden Grausam strebtet, des Sterbenden einzige Ruh mir zu rauben? Meiner Unsterblichkeit Heil, die letzte, nicht taͤuschende Hoffnung, Den am Kreuz? Zwar blutet’ er, aber er blutete Gnade! Jenes Erwachen des grossen Morgens? der ringenden Seele Maͤchtigsten Trost, da sie sinken die Erde ließ, das auch euch nun Weckte, doch nicht mit Jauchzen, mit keines Lebens Empfindung, Und zu dem Erstling vom Tode mit keinem Jubelgesange. O sie war euch zu maͤchtig des Juͤnglings betende Seele! Sie empfand sich zu sehr, sich von der Unsterblichkeit Hassern Jhre Krone rauben zu lassen. Mit freudiger Hoffnung Gab zu Staube sie Staub, und wußte, daß sie nicht Staub sey, Daß sie mehr sey, als Himmel und Erde. Schaut nun die Blicke, Und den Sieg der Unsterblichen an. Jhr sahet sie vormals Brechen im brechenden Aug’, und mit dem Athem verroͤcheln; Schaut sie nur an, wenn euch ihr Triumph nicht ewiger Tod ist! Also Achtzehnter Gesang. Also sprach er, und sichtbar erhub sich der Schimmer des Juͤnglings Zu der Schoͤnheit der ersten der Engel. Jhn nannten mit neuen Namen die Sieger, als er in seiner Herrlichkeit dastand. Aber ein Weiser, der aus der Natur labyrinthischen Tiefen Bis zu dem Throne des Sohns sich erhub; auf steigenden Fluͤgeln Trugen ihn Orionen empor! noch maͤchtiger hub ihn Tiefe Kentniß vom Thun des Menschen, zuletzt das Gewissen, Das stets ringt, zu entkommen der Erde stammelnden Urtheil, Gerne zum Licht empor, zu der Wage des Richters der Welt steigt. Dieser Weise kam. Wie ein Quell vom Hange sich hingießt, Bald ein Strom wird, so redt’ er. Er sprach mit richtendem Blicke: Langsam in tausend Kruͤmmen, doch war ich ein redlicher Forscher! Gieng zu dem Sohne mein Weg. Gluͤckseliger waret ihr weitern, Hoͤheren Seelen, die ihr, da Licht ihr saht, zu dem Lichte Sprachet: Du bist Licht! und zu des geopferten Blute: Du bist heiliges Blut: und als sein Haupt in die Nacht hieng: Du bist ewig! Zu lange verweilt’ ich im Schatten der Schoͤpfung, Gott zu suchen; doch war er mir Schatten voll heiligen Grauens! Wenn mir etwas, wie Wahrheit begegnete, schaut’ ich ihm richtend, Und langforschend ins Antlitz, und spaͤt erst wagt’ ich zu sagen: Das ist Wahrheit! Und wenn ich in jener Jrre des Wissens Spuren, wo Gott einst wandelte, sah; so betet’ ich laut an: Das ist heiliges Land! Hier ist die Pforte des Himmels! Lange naht’ ich mich nur des Himmels Pforte; doch endlich That sie sich einst, da ich betete, mir mit goͤttlichem Glanz auf, Und ich sahe den Sohn in seiner Schoͤnheit! Da gieng ich Meinen gewandelten Weg zuruͤck. Nun sah ich der Schoͤpfung Schatten Der Messias. Schatten heller, im Bild’ enthuͤlltere Zuͤge des Urbilds; Fand ihn wieder am Kreuz, den ich im Himmel zuvor sah, Sah ihn gern so, und wußte, daß, der sein Haupt jezt neigte, Da er entschlief, dem Grabe gebot, ihm Todte zu senden! Habt ihr also geforscht? seyd ihr diese Wege gewandelt, Als ihr, die Tochter Gottes, die freye Wahrheit zu suchen, Stolz vorgabt? O nennet den Namen, ihr seyd es nicht wuͤrdig, Jhren festlichen Namen nicht mehr, damit sie nicht eilend Wecke den h mmlischen Zorn, und mit Allmachtsblick euch vertilge! Helden wuͤrgten das Menschengeschlecht; und Priester der Christen Christen bey Altaͤren: allein am Altar, auf dem Schlachtfeld, Floß aus den Wunden nur Blut! Jhr habt unsterbliche Seelen Durch geheimes Wuͤrgen vertilgt! Da floß aus den Wunden Zwar der Tod nicht, welcher zum Leben die Menschen ins Grab warf; Aber ewiger Tod! Jhr habt die schaͤumenden Becher Eurer Gifte, die Wollust kraͤnzt’ und Lache des Hohnes, Unter die Leute getragen, noch oͤfter in die Palaͤste, Daß von dem Zaubertrunke der goldne Tyrann hintaumelnd Tod, und Menschlichkeit leichter vergaß, und uͤber den Graͤbern Jenes Gericht, das nun sein tausendaͤugiges Antlitz Gegen alle Thraͤnen gewandt, die hangenden Wolken Alle gen Himmel empor gehoben, und Jesus enthuͤllt hat! Jezt ward Still’ in den Himmeln; bald aber traten die Vaͤter Von dem erwaͤhlten Geschlecht in glaͤnzende Kreise zusammen, Auch viel Zeugen aus denen, die noch von diesem Geschlechte Vor dem Abend des Weltgerichts zu dem Sohne sich wandten. Und wie Wolkenheere die Flamm’ in dem Schooße, so wallten Furchtbar Achtzehnter Gesang. Furchtbar zu schaun die Zeugen hervor; und einer erhub sich, Alle begleiteten seine Gebehrde mit Beyfall, sprachen All’ Ein Todesurtheil mit ihm. Der Gesendete sagte: Als er das Leben der Menschen noch lebte, da rief er zu Zeugen Seiner Gottheit Todte herauf! da beschlossen der Spoͤtter Erstgebohrne die Zeugen zu toͤdten! Nun ward, daß es zeugte, Abrahams unaussterbliches Volk von neuem erkohren, An dem schrecklichen Tage des Grimms, da es selber des Sohns Blut Ueber sich rief, und vor des Gerichts umnachteten Altar, Als ein feyrliches Opfer, sich stellte, dort ewig zu bluten. Also geheiliget, wurden wir unter die Voͤlker der Erde Schaarenweise versandt, von des Richters Blute zu zeugen. Schaut, hier stehn wir! und dort stehn unsre gerichteten Bruͤder! Alle wir lebten einmal. Kann mit allen Sonnen der Himmel Lauter reden von dem, der ihn schuf, und konnt’ es die Erde Mit des tausendfarbigen Fruͤhlings unzaͤhlbaren Kindern, Als dieß Volk ohne Zahl von Gottes Mittler geredt hat? Waͤren Todte gekommen, ihr haͤttet die Todten verworfen; Da euch diese Zeugen nicht zeugten! So tief herunter Habt ihr des Menschen Vernunft, die Gottes Bild war, entweihet! So viel trautet ihr euch; so wenig trautet ihr Gott zu! Daß die verworfenen Goͤtzensklaven ihr Angesicht wenden Von dem Angesicht dieser Christen! Das ernste Gewissen Aus dem Staube, wohin sie es traten, zur Ewigkeit aufsteh, Und nun anders zeuge von dem, von welchem wir zeugten! IV Band. G Jezt, Der Messias. Jezt, wie soll ich ihn nennen? ihr saht ihn, der die Gemeinen Erst verfolgte, darauf ein goldner Pfeiler des Tempels, Der ganz Allerheiligstes ist, gen Himmel hinaufstieg! O wie soll ich ihn nennen? es ist sein Name, der neue, Der ihn nennt, unaussprechlich! Auch du, du stammest von mir ab, Heiliger Mann! Noch segn’ ich den Staub, aus dem ich ge- macht ward! Also sprach er: Ach ewig, ja ewig richtet mein Auge Nach dem Leiden sich hin, die ich jenen Schaaren zu zeigen, Laut vom Himmel durch den, den auch ich verfolgte, geweckt ward. Engel, ihr Nam’ ist: Heil! und Hosianna die Stimme Derer, die uͤberwanden! Jch schweig’ und huͤlle die Feste Unsrer Ewigkeit ein vor jenen Verworfnen. Jhr Nam’ ist: Tod! da jezo mein Blut, auf Maͤrtyrer, stroͤmte, da weint’ ich Ueber die Feinde des Kreuzes nicht mehr; da wurd’ ich ihr Richter! Sah ihr Ende! das ist nun, es ist ihr Ende gekommen! Wie erniedert, wie klein, wie von Schattenweisheit umnachtet, Wie von Stolze gepeinigt, wie elend waren die Seelen, Die in dem Antlitz des Sohns die Klarheit des Vaters nicht sahen! Hoch verachtet euch meine Seele! Kaum seyd ihr wuͤrdig, Vor der Versammlung des Menschengeschlechts gerichtet zu werden! Wie erhaben, und schoͤn, und welcher Aussicht an Aussicht Jmmer ins Ewige, welch ein steigender Tempel, wo Gott war! Ueber die Sonnen hinauf zum Throne gebaut; doch ruht’ er Auf der Natur: sein Opfer war Blut fuͤr alle Gefallnen; Laute Wonne sein Lied; sein Heil der unsterblichen Seele Ganz, wie sie denkt und empfindet, die Fuͤlle des ganzen Verlangens! Dieses Achtzehnter Gesang. Dieses war die Religion, die ihr Thoren verkanntet, Ach, nicht kennen wolltet, mit bitterm Spotte verwarfet! Jhr, die fuͤhllos Sein letztes Rufen am Kreuze vernahmen: Schon sind viel Aeonen vorbey, daß sein Auge sich aufschloß, Und der verstummende Mund Entscheidung des Richters der Welt sprach! Meldet’s im Thore des Todes, sagt’s an in den Pforten der Hoͤlle: O wie sind sie gefallen die Hoͤhn, die gen Himmel drohten! Bald wird jeder gerichtete Droher dort in dem Abgrund Jammern, sein Antlitz erheben, und gegen den andern sich wenden: Weine mit mir um unsre Geburt, um die Stunde der Schoͤpfung, Die uns dieser Ewigkeit schuf! So werden sie sagen. Denn der Getoͤdtete sitzt auf dem Throne, die Frevler zu richten! Dieses sagt’ er. Jtzt sprach mit stiller Hoheit der Richter: Nach den Stunden der Erde bestimmt, ist am Abend die Stunde, Welche richtet, gekommen. Jhr hieltet Wahn sie; sie aber Jst gekommen. So waͤhnte der Wurm, seit gestern Bewohner Eines Staubs, daß sich droben im Himmel der Donner nicht ruͤste. Also kruͤmmtet ihr euch in eurer Enge. Die Stunde Jst gekommen, und hat die Hasser der ernsteren Tugend Alle gewogen, und sie zu leicht auf der Wage gefunden. Du, der schlagendes Leben fuͤr Seele, sie Erbin des Grabs hielt, Suͤnder, sie |starb nicht; und der dir am Kreuze zu blutig ver- stummte, Er ist ewig. Das war er, eh du, dazu nicht geschaffen, Dich erhubst, den versoͤhnenden Todten zu schmaͤhen. Jehova, Gnaͤdig, und geduldig, der sich des Menschen erbarmte, G 2 Noch, Der Messias. Noch, wenn er rang mit dem Tod’, und wer er gewesen war, fuͤhlte, Tilg, o Vater, aus deinem Bache der Laͤsterer Namen. Sie sind meine Bruͤder nicht mehr. Sie haben den Mittler Deines Bundes, sein Blut, die Todesangst, die gebrochnen Starren Augen am Kreuz, die Auferstehung, und Auffahrt, Jede Wonne des Sohns, und jede Thraͤn’ entheiligt. Ja um meiner Leiden, um meiner Menschlichkeit willen, Meines verstummenden Todes, der Auferstehung vom Tode, Meiner Erhebung zum Thron, um meiner Herrlichkeit willen, Geht von meinem Antlitz, und seyd’s, wozu ihr euch selbst schuft! Also sprach er ihr Todesurtheil; das drang in die Tiefe Jhrer Seelen, und wafnete gegen sie mit Flammen Jhr Gewissen. Sie wollten zu ihm aufsehen; vermochten’s Nicht, und sanken dahin. Denn aus den Wunden des Sohns rann Blut nicht mehr; der donnernde Thron war nicht Golgatha’s Huͤgel, Und die Stimme vom Thron nicht Rufen um Gnade! Doch Einer Riß sich vom Staub’ empor, und wagt’s, auf den Richter zu schauen, Warf die Arm’ aus einander, und rufte, daß die Gefild’ es Rings umher, und die Himmel vernahmen: Weil denn die Erbarmung Also begraͤnzt ist; so sey’s nicht die Allmacht! Nimm, o du Raͤcher! Deinen Donner, und toͤdte mich ganz, wenn dein Donner auch Seelen Zu vernichten vermag, daß ich flamm’, und Staub sey, und sterbe! Noch mit sinkender Hand noch Asche der offenen Wunde Wuͤtend nehme, gen Himmel sie streue! daß meine Seele Jn Achtzehnter Gesang. Jn verwehende Truͤmmern gebrochner Gedanken versinke, Dann entflieh in die unergruͤndbaren Raͤume des Undings. Also rief er gen Himmel. Wir huben gefaltete Haͤnde Jn die Wolken empor. Denn wir sahn die Gerichtsposaune Aus den Haͤnden der Todesengel sinken; Eloa Schnell sich verhuͤllen; wir sahn den Richter sich wenden. Er streckte Seinen Arm aus, warf, warf einen flammenden Donner, Daß die Hoͤhn und die Tiefen bis in die Gewoͤlbe der Hoͤlle Laut ertoͤnten! von seinem Haupte der hohe Gerichtsplatz Hundert Huͤgel stuͤrzte. Der Schutt erzitterte, dampfte, Krachte, wie im Gebirg’ Erdbeben dumpfes Getoͤs’ waͤlzt, Noch, da er lag, von der Donnerflamme. Mit fliegendem Blicke Sucht’ ich den Laͤsterer in der Zerruͤttung. Jch sah ihn heraufgehn, Und er zuckte. Der raͤchende Donner hatt’ ihm das Leben Zu geschaͤrfterm Gefuͤhl entzuͤndet, des Herzens Empfindung Schwerdter gegeben, und tieferes Gruͤbeln dem schnellen Gedanken! Und wir hoͤrten herauf von dem Schreckengefilde die Stimme Seiner Verzweiflung erschallen: Laß ab, du Bote, du Raͤcher, Donner des Richters, laß ab! Dich hoͤr’ ich ewig! ach ewig Stuͤrzen die dampfenden Huͤgel auf mich! O waͤrt ihr zu Graͤbern, Lastende Felsen, geworden, damit ich tiefer ihn hoͤrte Seinen unsterblichen Rufer! Verflucht sey der Mund, der sich aufthat, Seinem Gerichte zu flehn, daß es noch entsetzlicher wuͤrde! Fluch dem Tod’ und dem Leben, und allen, die jemals, dem Schooße Einer Mutter, dem Schooße des Grabes, ins Leben, entflohn sind! G 3 Jezo Der Messias. Jezo ward mein Gesicht zu dunkeln Gestalten, die sliehend Kamen, und fliehend verschwanden. Nun hoͤrt’ ich Donner, nun Harfen Jezt die Stimme der Rufer am Thron; doch der Stimme Gedanken Konnt’ ich nicht fassen: denn einzelne Halle nur hoͤrt’ ich ver- nehmlich, Und die andern versanken in rauschendem Strome der Donner. Klagestimmen versinken also, wenn bebend die Erde Staͤdt’ einstuͤrzt, und der Staub der gestuͤrzten gen Himmel em- porsteigt. Jmmer noch neue Gestalten, nie ganz enthuͤllet, Entstehung Stets noch, und Untergang! Mir entflog bald schnelleres Fluges, Bald entschlich mir saͤumend die Zeit. Es daͤuchten mir Jahre, Was mir also verschwand. Ein Auftritt ward mir enthuͤllet. Kain sah ich in Riesengestalt; in Riesengestalten Helden; die hatte Kain mit lastendem Eisen gefesselt: Und der Fesseln dumpfes Geklirr verstummte die Donner! Endlich waren vor mir die bewoͤlkten Erscheinungen alle Weggesunken, und sieh, ich sahe wieder Gesichte. Weit umher verstummten die Todten. Jtzt kam Eloa, Freute sich laut, da er gieng, den großen Befehl zu vollfuͤhren. Koͤnnt’ ein Engel vom Tod erwachen, so wuͤrd’ er erwachen! So in Entzuͤckung verloren, mit diesem Gange der Wonne, Dieser Gebehrde des hohen Triumphs! Er gieng, aus den Schaaren Heilige zu dem Throne des Gottversoͤhners zu fuͤhren. ich die Kommenden sah, da waren’s die Besten der Menschen, Ehren meines Geschlechts! Jch stand vor ihrem Verdienst auf, Da Achtzehnter Gesang. Da sie kamen; und, trunken vor voller wallender Freude, Rief ich, von ihrer Herlichkeit trunken: O dort will ich Palmen Streun, wo ihr wandelt, ja Palmen, daß ihr so starbt, so lebtet, Werth des Lebens und Todes! Jch rief’s; sie aber, bewundert Selbst von den Seraphim, standen in ihrer Hoheit am Throne. Nun erklang die Posaune: Erscheinet, Schande der Menschheit! Ob ihr moosige Huͤtten, ob Goldpalaͤste bewohntet, All’ ihr niedrigen Menschen, erscheint, die das stumme Verdienst, ihr, Welche die Besten eures Geschlechts unedel entehrten! Auf den gebietenden Ruf erschien Gewimmel. Sie stiegen, Schwer mit sich selber belastet, herauf, und wurden gerichtet. Heman richtete sie. So sprach der Heilige Gottes: Zwar es wurde verdunkelt in uns das Bild der Gottheit, Und des Schaffenden Spur in der Erde Bewonern unkennbar; Gleichwohl sendete Gott noch jedem Jahrhunderte Menschen, Deren hoͤhere Seel’ es empfand, wozu sie gemacht sey, Gute Menschen, heilige Truͤmmern des Paradieses, Euch an euch selbst zu erinnern, mit lauter maͤchtiger Stimme, An die Hoheit der Seele! den Tag der Schoͤpfung in Eden! An den Menschen, der Gott nicht zu klein war, ihn ewig zu machen! Euch an Gottes Gericht, die uͤber Graͤber nicht dachten. Diese Gesendeten Gottes verwarft ihr; sie aber zu standhaft, Sich von denen, die sie verkannten, erschuͤttern zu lassen, Thaten ihr Wunder! Jhr Wunder war: Von dem ersten der Wesen, Groß zu denken! Bescheidenheit, sich mit dem Maaße zu messen, Welches Sterbliche maß! Anbetung! keine Verdienste Vor dem Gotte der Goͤtter! nicht halbe Menschlichkeit, volle G 4 Han- Der Messias. Handelnde Menschlichkeit! Ruh, wenn Er, wenn Gott sie nur saͤhe! Stille geheimere Tugend! Enthaltung, da noch zu schweigen, Wenn sie auch selbst das Urtheil des Tugendhaften verkennte! Flammende Freuden, auch unter den sanftesten Ruhen des Lebens Auf das hoͤhre zu schaun, und bald dem Tode zu laͤcheln! Die verwarft ihr! Anstatt vor ihrem Werth euch zu neigen, Und von ihnen zu lernen, warum die Freuden der Erde Viel zu gering fuͤr Unsterbliche waͤren: warum in der Stunde, Wenn die ganze Seele sich fuͤhlte, die bebende Seele Tugend anderer Unschuld, und bessere Ruhe verlangte: Statt euch ihnen zu nahn; so wurdet ihr ihre Verfolger! Haßtet die Besten der Menschen, bewarft ihr Thun mit dem Staube Eurer schleichenden dunkeln Verleumdung, und laͤstertet Engel! Heilig ist der, der richtet! Bey seinem Namen, er schaut’ auch Auf die Frevler herab, die seine Geliebteren quaͤlten, Aber mit anderen Blicken, mit diesen, die jezo euch treffen, Mit allmaͤchtigem Feuer in jene Tiefen euch heften, Daß ihr niedrig auf ewig dort seyd! Er schwieg, und ein Juͤngling Von den Juͤnglingen, die vor dem Tage der Reife verbluͤhten, Selbst der Tugend kuͤnftige Maͤrtyrer, waͤren die Menschen Anderer Maͤrtyrer wuͤrdig gewesen; er sprach: Da die Tugend Litt, und mit unbewunderten Thraͤnen ins Einsame flohe, Da errieth mein Gewissen das kommende Todesurtheil Ueber die Draͤnger! Jch wandte von ihren Thaten mein Antliz, Fluchte dem Flucher! entriß mich, vom Feuer der Jugend ergriffen, Jedem Arme! stampft’ auf den Boden, wo Laͤsterer wohnten, Legte mich nieder, und starb, ihr Todesurtheil zu wissen! Und Achtzehnter Gesang. Und nun weis ichs! So lautet’s: Der seyn wird, laͤchelte segnend, Da die Unuͤberwindlichen litten! der starb, und lebt, sah Jhren Weg voll Palmen, und Elend! Er wird sie belohnen! Schnell entschied der Richter das Schicksal der Unterdruͤcker; Flammenwort der Entscheidung erscholl, und sie flohn vom Ge- richtsplatz! Noch entflohn sie; da kam ein Cherub mit eilendem Schritte Durch die Wolten. Die wehten vor ihm, da er gieng mit dem Schrecken Seines Zornes der Cherub. Von jedem maͤchtigen Fußtritt Rauschet’ ein Sturm; nun stand er, und hub den drohenden Arm auf, Schwieg, hielt eine Schale voll Flammen die Himmel herunter, Daß die Schatten des drohenden Arms die Todten zu Schaaren Ueberschatteten! wendete schnell die toͤnende Schal’ um, Goß die Flammen vom Himmel. Noch klang die Schale, noch stroͤmte Auf dem Gerichtsplatz Glut herab; da schwur der Verderber Laut durch die Himmel: Bey seinem Namen, er heisset Jehova! Raͤcher heisset er auch, und Liebe jenen Gerechten! Er erschuf die Religion, und gab sie den Menschen! Er nur wußte, wer Gott sey! Erscheint zu stolze Betruͤger, Goͤtterschoͤpfer, erscheint, die den Hocherhabnen des Himmels, Die den Liebenswuͤrdigen also den Menschen entstellten, Oder Gehuͤlfen ihm gaben, daß Goͤtter sie neben ihm wuͤrden! Sie erschienen. Es richtete sie der goͤttliche Stifter Jener Religion, die des Sohnes große Prophetin Und noch Zeugin von ihm bis zum Abend des Weltgerichts war; G 5 Er Der Messias. Er als ein sterblicher Mann schon gewohnt, an der Rechte des Donners, Dicht am Hall der Posaune zu stehen, er sprach: Jch sehe Alle Gefilde der dampfenden Erde, die seh ich mit Bildern Wunderbarer Erfindung bedeckt! Die waren euch Goͤtter? Diese sollten ein Bild seyn deß, den die Himmel nicht bilden? Kaum sind diese sein Schatten! Jhr fuͤhltet’s, so bliebt ihr geschaffen, Wenn ihr von euren Hoͤhen euch auch am tiefsten herabwarft, Daß der Wurm auf dem Felde der hohen Wolke nicht rufe! Noch das Thier in der Flut die Thraͤne des Leidenden trockne! Daß die steigende Sonne nicht Herzen menschlicher mache, Und nicht heilig den duͤrstenden Geist nach Ruh, und nach Unschuld; Wenn auch auf dem Altar Raͤuchwerk, und festliches Feuer Ewig gluͤh’, und stroͤme der Lobgesang zum Altare. Ja, ihr fuͤhltet’s! allein ihr waret zu voll von euch selber, Vor dem Erhabenen euch zu neigen, vor welchem ihr Staub war’t; Machtet euch elend genug, darinn noch Groͤße zu finden, Stifter des neuen Wahnes zu seyn, und Fuͤhrer der Menschen: Solltet ihr auch Unsterbliche lehren, das Thier zu vergoͤttern, Welches kaum Tage kroch! So wißt denn, er hat es vernommen Eurer Opfer Gepraͤng’, und ihre Getoͤse der Hoͤrer Ueber den Himmeln, wenn euch das umtoͤnte Bildniß im Haiñe, Oder Orion zu taub war, und seine Rosse nicht anhielt. Jhr, die zum tiefsten Elend herab die Menschen betrogen, Und mit Goͤttern sie taͤuschten, er hat ihr Elend vernommen, Hat die Luͤste des schwelgenden Tempels, in welch’ ihr sie stuͤrztet, Hat vernommen das jammernde Roͤcheln der Knaben im Arme Eurer Achtzehnter Gesang. Eurer gluͤhenden Goͤtzen, den jauchzenden Schall der Drommete, Der das geheime Geschrey des Gefuͤhls vergebens betaͤubte! Siehe dem Hoͤrenden wurd’ es lauter, je mehr es die Muͤtter Bleich im brechenden Herzen erstickten, unmenschlich gezwungen, Ohne die Gnade des deckenden Schleyers in Blute zu stehen, Und dem Tode der Knaben zu laͤcheln! Nun fodert ers wieder Jhr hinstroͤmendes Blut, nun werden die Suͤnden gerochen, Welch’ ihr mit euren Goͤttern erfandet, und jeder verlorne, Bessere That, die sie haͤtten gethan, wenn ihr sie zum Unsinn Nicht verfuͤhret, und unter sich selbst erniedriget haͤttet! Als er redete, ward zusehends sein Angesicht heller; Und es sahn’s die Todten in seiner Herrlichkeit stralen, Ohne Huͤlle. Nach ihm erhub sich Henoch, und siehe Eine Morgenroͤthe mit ihm. Der Goͤttliche sagte: Als ich das kleine Leben noch lebte, da noch die Stunde Meiner neuen Herrlichkeit saͤumte, da saß ich oft einsam Unter der Ceder im Haine; dann rauschten wallende Luͤfte Jn der Ceder ihr Leben; es fuͤhlten sich alle Naturen Um mich herum, ich aber empfand die unsterbliche Seele! Damals, o da schon ergriff mich in Stunden, welch’ ich noch segne, Oft mit so unaussprechlicher Neuheit und Wonne der beste Aller Gedanken, der große Gedanke, vom Ersten der Wesen, Daß die Seele zur tiefsten Bewundrung vor seinem Anschaun Schauernd hinunter sank; so neu, so niemals empfunden War sein Gefuͤhl mir; ich rief, der zitternde Mund nicht, der starrte! Jede Stimme war todt! kaum hauchte der Athem! das Leben Stuzt’, hielt inne! die Zeit stand still! doch laut aus der Tiefe, Laut Der Messias. Laut mit allen Empfindungen rief die betende Seele: O wer bist du? wer bist du? du Wesen der Wesen, wer bist du? Gott! Unendlich! der Erste! da war es einsam! du Schoͤnster! Wesen ohn’ Ursprung! Ewig war es nicht einsam; du Liebe! Ach (nun kam mir die Stimme zuruͤck, nun flossen die Thraͤnen) Ach mein Schoͤpfer! mein Gott! ich vergeh in den maͤchtigen Freuden! Dicht, denn dicht um mich her stroͤmt deiner Allgegenwart Fuͤlle! Einst (o sey du mir, Tag, mit lautem Jubel genennet) Gieng ich zu ihm, der mich schuf, doch nicht durch des Todes Gefilde, Hoch bey dem Grabe voruͤber, zu Gott! Er sendet mich heute, Euch zu richten, ihr Weisen voll Wahns, die trotzig aufs Gruͤbeln, Auf die kleine Seele zu stolz (ihr liesset sie Gott nicht, Sie zu erhoͤhn) unsterblich sich glaubten, und hoch von sich hielten, Wenn sie, das Wesen der Wesen, nach ihrer Weisheit, enthuͤllten; Und ins furchtbare Dunkel hinauf, von Traͤumen gefluͤgelt, Drangen, und den, der ewig ist, ganz, wie er Gott war, entdeckten, Seine Vollkommenheit theilten; sie maßen mit Maaße des Menschen; Gott von Ewigkeit wußten! Jhr haͤttet besser in Staube Seinen Engel, den Tod, euch ins Dunkle zu fuͤhren, erwartet; Besser mit frommer Bewunderung angebetet, der, hoͤher Als nur schwindelnder Geist, sich ganz in dem Schatten verkannte, Den ihr von seinem Wesen erschuft, und edlere Seelen Um der Tugend Uebung betrogt, und die große Belohnung! Also redte der Mann, der goͤttlich lebte. Noch sah ich Einen in weißem Gewand hervor aus den Wolken am Thron gehn. Aber itzt ward mein Gesicht zu dunklen Gestalten, die fliehend Kamen Achtzehnter Gesang. Kamen, und fliehend verschwanden. Nun hoͤrt’ ich Donner, nun Harfen, Nun die Stimme der Rufer am Thron; doch der Stimme Gedanken Kont’ ich nicht fassen: denn einzelne Halle nur hoͤrt’ ich vernehmlich, Und die andern versanken im rauschenden Strome der Donner. Jmmer noch neue Gestalten, nie ganz enthuͤllet, Entstehung Stets noch, und Untergang! Mir entflog bald schnelleres Fluges, Bald entschlich mir saͤumend die Zeit. Es dauchte mir Jahre, Was mir also verschwand. Ein Auftritt ward mir enthuͤllet: Leidende sah ich belohnt! der großen, unschuldigen, edlen Leidenden waren’s, die Last auf Last das Elend ertrugen, Ganze Leben durch erduldeten, goͤttliche Maͤnner! Kronen aus Urlicht kroͤneten sie, sie geleiteten Engel. Endlich waren vor mir die bewoͤlkten Erscheinungen alle Weggesunken, und sieh, ich sahe wieder Gesichte. Ach auf Einmal erhub sich vor mir des ewigen Todes Fuͤrchterlichste Gestalt. So hat kein Gedanke den Umkreis Eines unsterblichen Geistes, und jede geheimere Tiefe Seiner Empfindung erschuͤttert, als dieses Grauen mein Herz traf! Denn die entehrtesten aller Gefallnen, der kriechenden Menschheit Erste Schande, die tiefsten des Staubs (Gott schwur ihm in Zorne, Daß er Staub sey!) die boͤsen Koͤnige kamen, das Urtheil Jhres Todes zu hoͤren. Sie riefen nicht Donner vom Throne Jn das Gericht, nicht Hall der Posaune! Roͤchelndes Jammern, Wie von dem Schlachtfeld her, noch sterbendes Seufzen der Suͤnder, Die sie, ins Elend hinunter gestuͤrzt, zu suͤndigen zwangen! Rief sie mit tausendmaltausend Stimmen, vor Gott zu erscheinen! Und Der Messias. Und sie kamen. So woͤlkt sich die Nacht. Ein Mann, der im Leben Elend durch ihrer Einen ward, und dennoch gerecht blieb, Stand von seinem Stuhl auf, schwur zu dem Richter: Jch lebte Jn drey Soͤhne verbreitet, entfloß mir mein niedriges Leben Dennoch heiter, bis jener unmenschliche, laͤchelnde Mann kam, Jn sein Gold sich setzte, die Guten im Elend verkannte, Daß sie wurden wie er! Da starb ich. Du hast sie gerichtet! Richter, verwirf ihn von deinem Antlitz. Er raubte mein Blut mir, Schuf es nach seinem Bild’, und entriß es dem Arme der Unschuld! Richt’ ihn, richt’ ihn, du Mann der ersten Unschuld. Es komme Ueber ihn aller Verworfnen Quaal, die er elend gemacht hat! Aber aus ihrer Herrlichkeit standen mit schreckenden Wunden Sieben Maͤrtyrer auf: Wir helßen hundertmal hundert! Eurem wuͤtenden Auge wars Lust, uns sterben zu sehen; Und wir suͤndigten nichts. Der sichre Vogel im Walde Sang dem Schoͤpfer sein Lied; wir aber durften’s nicht singen. Jn der Gebirge veroͤdete Kluft, zu den Graͤbern der Todten, Wo mit bethraͤnten Blumen der Bruͤder Gebeine begraben Lagen, und reiften dem Tage der Tage, verfolgten die Boten Eurer Wut uns, und ließen nicht ab, mit dem Blute der Christen Jhre Schwerdter zu traͤnken, bis ringsumher der Erschlagnen Stumme Lippe, des Todes entsetzliche Stille, noch Blicke Sanfter gebrochener Augen zuletzt die Unmenschlichen schreckten, Daß sie flohen, und ihnen die leisen Luͤfte der Waͤlder Stuͤrme wurden, und Mitternacht der schwebende Schatten! Aber ihr zittertet damals noch nicht auf dem blumigen Lager Eures Achtzehnter Gesang. Eures Schwelgens, und dicht vom unmenschlichen Schmeichler um- raͤuchert. Schaut nun empor, und seht, die alle habt ihr getoͤdtet! Schaut auch gegen ihn auf, den Erstgebohrnen vom Tode, Wenn ihr vermoͤgt, der Gottheit allmaͤchtiges Schrecken zu schauen. Jesus heißet sein Namen! Jhr hoͤrtet vormals den Namen Auf der Erde; da toͤnt’ es noch nicht mit Stimmen der Donner, Wenn ihr hoͤrtet den Namen, den alle Himmel itzt nennen! Also sprachen die Zeugen voll schoͤner Wunden. Nach ihnen Hub ein gerechter Koͤnig sein selig laͤchelndes Aug’ auf, Blickt’ auf die Frommen umher: Wie kann ich mit Namen sie nennen Diese Ruhe, die jezo mein Herz mit Seligkeit fuͤllet? Wie aussprechen den festlichen Lohn, nur, daß ich ein Mensch blieb? Nie, von dem Glanze der Groͤße geblendet, vergaß, daß ich Staub war? Auch dem Tode bestimmt, wie jene, welch’ ich beherrschte? Seyd mir gesegnet, ihr sanften, und suͤßen, ihr seligen Stunden, Da mein Herz bey der Angst Anblick, die Verlassene fuͤhlten, Gerne menschlich zerfloß, und dann dem Ende des Kummers Eilend rufte. Schon war es Belohnung, ihr dankeudes Auge Voll von der Menschlichkeit heiligem Schauer vor mir zu sehen, War schon Kronen genug, das anzublicken! doch giebt mir Siehe der Herrschende, welcher unendlich belohnt, wie er selbst ist, Seiner Freuden noch mehr, und Ewigkeit zu den Freuden! Nun erhub der Verworfenen Einer sein Antlitz vom Staube, Wo er gerichtet stand, und streckte die zeugende Rechte Nach den Koͤnigen aus; so sprach der Verworfne: Mein Leben Jst Der Messias. Jst mit Schande bedeckt! ich bin ein gerichteter Suͤnder! Kenne sie nicht die Hoheit der Seele, die jene Gerechten Ueber den Staub der Erd’ erhub; und dennoch empfind’ ich’s, Daß der Menschheit Erniedrung, vor allen Gebohrnen der Erde, Jhr die Unheiligsten seyd, so lange die Suͤnde geherrscht hat, Und sein Gericht das Gewissen nur noch in Stillem gehalten, Welches an diesem Tage der Rache nicht mehr betaͤubt wird! Dieses sagt’ er. Es hatte sich lange mit toͤdtendem Schrecken Seraph Eloa geruͤstet. Die Rache gluͤht’ in dem Aug’ ihm! Sein geoͤfnetes Buch hieng durch die Himmel herunter, Und er rollt’s aus einander; da rauscht’ es Rauschen des Sturmes! Also sprach er: Es ist mit keinem Maaße gemessen Euer Elend! nicht Zahlen zaͤhlen’s! ihm fehlen die Namen! Weh euch, ihr seyd geschaffen! Weh, und Verderben ohn’ Ende Euren Seelen! Jhr habt der Menschheit heiligste Wuͤrde Tief herunter entweiht. Sie haͤtten Engel mit Jauchzen, Und mit weinendem Dank, von der Koͤnige Koͤnig empfangen! O, ihr standet erhaben! um eure Throne versammelt, Stand das Menschengeschlecht! Weit war der Schauplatz, der Lohn groß, Menschlich und edel zu seyn! die Himmel sahn euch. Es wandten Alle Himmel ihr Angesicht weg, wenn sie sahn, was ihr thatet! Wenn sie sahen den mordenden Krieg; (des Menschengeschlechtes Brandmaal alle Jahrhunderte durch! der untersten Hoͤlle Lautestes, schrecklichstes Hohngelaͤchter!) den ewigen Schlummer Eurer Augen, daß neben euch druͤckte der kriechende Liebling! Keine Tugend belohnt, und keine Thraͤne getrocknet! Geh Achtzehnter Gesang. Geh nun, du fuͤlltest dein Ohr mit suͤßer Unsterblichkeit Schalle! Geh, du hast sie erlangt; doch die nicht, welche du traͤumtest! Ewig ist euer Name, vom letzten Poͤbel der Seelen Mit den wildesten Fluͤchen der Hoͤlle genennet zu werden! Eure Thaten sind, in des Abgrunds eherne Berge, Dort, in langen unendlichen Reihen, mit Feuer gegraben, Alle zu kennen, an ihrer eignen unsterblichen Schande! Da, da ist kein Tempel der Ehre, da sprosset kein Lorbeer, Eures Hauptes Krone zu werden, da toͤnt kein Triumphlied, Euch, mit Ehrevergeudung, mit hohes Preises Ergusse, Jedem Zauber des Stolzes, durch Siegesbogen zu singen: Aber Jammergeschrey, und schreckliche Stimmen des Blutes, Das ihr vergoßt, und Wuthausruf, und Verwuͤnschung zu neuer Groͤsserer Quaal erschallen vom Ueberhange der Berg’ euch, Euch aus der ewigen Nacht herdrohenden Felsengewoͤlben! Daß die Wolk’ am Throne mit ihrem Donner sich waffne! Und mit eisernem Gange die Todesengel herabgehn! Daß die Gerichteten alle die starren Augen erheben, Nach dem Thron schaun! Denn die Entscheidung fasset die Wage; Bald, bald schwebt in die Himmel hinauf die steigende Schale! Also rief er. Allgegenwaͤrtige schauernde Stille Hatte sich uͤber die Himmel, und uͤber die Erde gebreitet. Heilig, und hehr, und schrecklich war des Richtenden Ansehn; Allmacht strahlt’ er, und Zorn. Er blickt’ auf die Koͤnige nieder, Wandte sein Angesicht, schwieg. Als er sein Angesicht wandte, Schauert’, es unter der Koͤnige Fuß in den weiten Gefilden; Kam ein Sturm von dem Thron, und in den Naͤchten des Sturmes IV Band. H Alle Der Messias. Achtzehnter Gesang. Alle Todesengel herab. Die Koͤnige flohen! Kein Erdbeben erbarmte sich ihrer, sie, vor dem Anschaun, Und dem kommenden Schweben der Todesengel, zu decken. Ein Gedanke; so sahen wir die Staͤte verlassen Jhres Gerichts: noch Einer; so hoͤrten wir donnern die Hoͤlle, Die sich oͤffnete! schloß! Schon kamen, am aͤußersten Himmel Um den Gerichtsplatz her, die Todesengel. Sie hielten Schwarze Wetter empor, und sangen Jubelgesaͤnge! Der Der M essias . Neunzehnter Gesang. H 2 Jnhalt des Neunzehnten Gesanges . A dam schweigt von Einem Anblicke des Gerichts. Die geistlichstol- zen Halbchristen. Abbadona’s Schicksal wird entschieden. Die Seligen erheben sich gen Himmel. Die Aeußersten der Heerschaar sind die, welche in der Suͤndflut umgekommen waren. Die Erde wird verwandelt. Das Gesicht hoͤrt auf. Jesus erscheint einigen Juͤngern am See Tiberias; mehr als Fuͤnfhunderten auf Tabor; Jakobus allein am Tabor; und den Zwoͤlfen und Siebzigen in einem Palmenwaͤldchen. Johannes hat eine Offenbarung von der Ausgies- sung des heiligen Geistes. Die Zeit der Himmelfahrt ist gekommen. Lebbaͤus Wehmuth uͤber den nahen Abschied von Jesus. Thomas fuͤhrt die Juͤnger nach Gethsemane. Jesus kommt zu ihnen, und geht mit ihnen auf den Oelberg. Auf demselben sind die Triumphbegleiter, Seelen, Auferstandne, und Engel unsichtbar gegenwaͤrtig. Jndem Jesus die Juͤnger anredet, verklaͤrt er Lazarus. Dieser wird von sei- nem Engel auf den Oelberg gefuͤhret. Jesus segnet die Juͤnger und faͤhrt gen Himmel. Eloa, der als Schutzengel der Erde zuruͤck geblie- ben war, und Salem reden mit den Juͤngern. Diese kehren nach Je- rusalem um, und erwarten die Ausgießung des heiligen Geistes. Der Messias . Neunzehnter Gesang. E inen Anblick des ernsten Gerichts verhuͤllte der Menschen Vater durch Schweigen. Er sah, in der Mitte des großen, gedraͤngten, Unabsehlichen Heers der auferstandenen Todten, Eva auf einem Huͤgel stehn, und mit fliegenden Haaren, Ausgebreiteten Armen, mit gluͤhender Wange, mit vollen Jnnigen Toͤnen der Mutterstimme, wie nie noch ein Mensch sie, Oder ein Engel vernahm, um Gnade! sie laͤchelte |weinend, Flehen fuͤr ihre Kinder, um Gnade! zum Richter, um Gnade! Aber auf Einmal verschwand ihm der Schaueranblick; er hoͤrte Einigemale nur noch sanft Lispeln der himmlischen Harfen. Mitleid daͤucht es ihm bald, bald daͤucht es ihm Freude, doch jez H 3 Hatt Der Messias. Hatt’ auch dieß sich verloren. Er sahe wieder Gesichte. Als erwach’ er aus tiefen Gedanken, beginnt er von neuem: Jezo sah ich die Schnitter der Erndte die Schaaren hinauf gehn, Und hinunter. Sie giengen mit scharfer Forschung Gebehrden Langsam voruͤber, und schauten voll Ernst in die Schaaren und riefen: Komm!.. Dann fuͤhreten sie die Gerufnen, wie truͤbe Gedanken Stumm sie alle, wie Bilder an Graͤbern, als Graͤber noch waren, Auf den Gerichtsplatz hin. Da ward ein Seraph gesendet; Der trat langsam hervor, und brachte den hohen Befehl mit: Fallt auf das Angesicht nieder, und hoͤrt euer Urtheil, das vormals Jn dem Leben der Stunden, allein fuͤr sich nur der Fromme Ueber euch sprach; und zitternd sich lehrte, selbst| selig zu werden! Und ich sah sie erblassen, und niederfallen zur Erde! Und sie lagen, und hielten zertruͤmmerte Felsen. Der Seraph Trat stillschweigend zuruͤck. Jm Glanze der reineren Tugend, Mit der Hoheit der Religion, die er druͤben am Grabe Schon in ihrer Goͤttlichkeit sah, erhub sich der beste, Und der liebenswuͤrdigste Juͤnger, der fromme Johannes. Und die Aeltesten standen um ihn. Er erhub sich, die Stolzen, Welche zur Erde niedergesunken auf dem Gerichtsplatz Lagen, die zu enthuͤllen; ihr Thun dem Tage zu zeigen! Gleich dem Wetter des Maͤchtigen, traf er nicht jede der Tiefen, Jede Hoͤh nicht; beruͤhrete nur hier Gipfel, dort Abgrund; Ließ dann schweigen die schreckende Wolke. So sprach er: Jhr schuft euch Eigne Tugend, und stelltet dem Abgott uͤber den Thron hin, Wo des Richters Gesetz stand, und, neben dem ernsten Gesetze, Euer Neunzehnter Gesang. Euer Gewissen. Der Heilige, der das zarte Gefuͤh! selbst Nach des Ewigen Richtschnur maß; und doch um Erbarmung Weinend flehte, war sich nicht rein, und wußte, wer Gott sey: Aber ihr waret euch rein! kaum, daß ihr die große Versoͤhnung Auch annahmet. Und dennoch habt ihr die edle Begierde, Welche zur Ehr’ euch rief, zum Stolz herunter erniedert! Habt es gewagt, wer besser als ihr war, mit Strenge zu richten, Wer einfaͤltiger, weiser; und tiefer drang in die Jrre Schwerer Pflichten, in sich geschaͤrfter Gefuͤhl des Guten Weckte, dieß Feuer naͤhrte; mit Streng’ und Wahne zu richten! Euch unheilig erkuͤhnt, die Tugend in Staube dem Schalle Jhres Namens, dem Schimmer von ihr in der Koͤnige Huͤtten, Oder auf anderer Hoͤh der Schattengroͤße des Menschen, Gleich zu halten! Jhr bautet euch selbst Gluͤckseligkeiten, Tempel eurer Erfindung, auf schmeichelnder Ruhe gegruͤndet, Aber nicht auf der heiligen Pflicht. Den Namen der Vorsicht Nanntet ihr zwar; doch trautet ihr mehr dem Wege des Menschen; Eurem Wege! Die hoͤhere Seele, die euch die Natur gab, Habt ihr weit von dem Zwecke verleitet, zu dem ihr gemacht war’t! Habt der herzlichen, edlen, der frommen Menschlichkeit sanfte Liedestoͤne so oft mit rauhem Klange vermischet! So schien zwar nicht die That, des Gedankens Misbild; so war Aber das Herz in Verborgnem. Dort war es euch dunkel, der Friede Kam nicht in euer Herz, dem Feinde ganz zu verzeihen, Jhn in Stillem zu segnen!. O durft’ auf die Krone denn hoffen, Wer nicht rein war vor Gott? so gar vor dem eignen Gefuͤhl nicht Rein in der Stunde der Angst; traf’s maͤchtiger ihn, daß er Mensch sey? H 4 Wer Der Messias. Wer sich selber nicht mehr entrann; und dennoch um Gnade Zu dem erhabnen Versoͤhner nicht rief? und dennoch zum Stolze Wiederkehrte, zur eigenen Groͤße? sich selber versoͤhnte? Arme Ruhige! Suͤnder von Suͤndern! der letzte der Tage Konnte nur er euch, an euch, mit seinem Schrecken, erinnern? Und es konnt’ euch doch jede der Stunden des fliehenden Lebens Maͤchtig lehren, daß uͤber den Graͤbern ein Anderer richte, Als ihr selber! Erhebt euch, und seht die Ruhigern alle! Schaut nun, welches Ziel ihr verfehltet! Ein anderer Weg gieng Nach dem Ziele. Demuth, mehr Menschlichkeit, heißre Gebete Haben bis hin zu der Krone den Schritt der Sieger geleitet! Jhr habt niemals, wie sie, in Stunden wacherer Naͤchte, Weinend gerungen in tiefem Gebet! Jhr habet euch niemals Ganz des Elends erbarmt! Jhr habt die hoͤchste der Freuden Unter den Freuden der Menschen und Engel niemals empfunden, Jene Freude, den Seher des Himmels allein zum Zeugen Unsrer Thaten zu haben, nur Jhn! uns froͤmmer zu achten, Seliger, wenn den Menschen die That, die wir thaten, verhuͤllt war! Niemals habt ihr genug des Hocherhabnen, des Ersten, Gottes Groͤße gekannt! Das ist es, daß ihr von Ruhe Laͤchelnd traͤumtet; allein bis zu jenem Frieden nicht kamet, Der in der Thraͤne des Buͤssenden rann, die um Gnade nur flehte, Nur um Gnade, durch Thraͤnen und Blut des Mittlers erworben! Also sprach er... Die Wag’ erklang. Die leichtere Schale Stieg nicht voͤllig empor. Der Gerichteten Schicksal ward Daͤmm’rung; Nacht nicht. Vielleicht, daß dereinst auch sruͤher der Tag fuͤr sie aufgeht. Graun- Neunzehnter Gesang. Graunvoll stand das Heer zu des Richters Linke. Vom Throne Schwebten die Todesengel herab, Verworfne zu fuͤhren Jn die Wohnung der ewigen Nacht. Sie trugen die Schrecken Deß auf dem Thron im richtenden Blick. Zu Tausenden waͤlzten, Da sie schwebten, die Donnerwolken des hohen Gerichtstuhls Jhrem eilenden Fluge sich nach. Jn einsamer Stille, Und mit sterbendem Blick starr in die Tiefe gesenkt stand Abbadona. Jhm kam der Engel Einer des Todes Jmmer naͤher, und naͤher. Er sah den Cherub, und kannt’ ihn, Und erhub sich zu sterben. Er schaute mit truͤberem Auge Auf den Richter, und rief aus allen Tiefen der Seele. Gegen ihn wandte das ganze Geschlecht der Menschen sein Antlitz, Und der Richter vom Thron. So sprach anbetend der Seraph: Weil nun alles geschehn ist, und auf den letzten der Tage Diese Nacht der Ewigkeit folgt: so laß nur noch Einmal, Du, der sitzt auf dem Throne, mit diesen Thraͤnen dich anschaun, Die, seit der Erde Geburt, mein brechendes Auge geweint hat. Schau vom Thron, wo du ruhst, du hast ja selber gelitten! Schau ins Elend herunter, wo wir Gerichteten stehen, Auf den verlassensten aller Erschaffnen! Jch bitte nicht Gnade; Aber laß um den Tod, Gottmensch Erbarmer, dich bitten. Siehe diesen Felsen umfaß ich! hier will ich mich halten, Wenn die Todesengel von Gott die Gerichteten fuͤhren. Tausend Donner sind um dich her, nimm einen der tausend, Waffn’ ihn mit Allmacht, toͤdte mich, Sohn, um deiner Liebe, Deiner Erbarmungen willen, mit denen du heute begnadigst! Ach ich ward ja von dir auch mit den Gerechten erschaffen; H 5 Laß Der Messias. Laß mich sterben! Vertilg aus deiner Schoͤpfung den Anblick Meines Jammers; und Abbadona sey ewig vergessen! Meine Schoͤpfung sey aus, und leer die Staͤdte des baͤngsten, Und des verlassensten aller Erschaffnen… Dein Donner saͤumet, Und du hoͤrest mich nicht. Ach muß ich leben; so laß mich, Von den Verworfnen gesondert, auf diesem dunklen Gerichtsplatz Einsam bleiben, daß mirs in meinen Quaalen ein Trost sey, Tief nachdenkend mich umzuschaun: Dort saß auf dem Throne Mit hellglaͤnzenden Wunden der Sohn! da huben die Frommen Sich auf schimmernden Wolken empor! hier wurd ich gerichtet! Abbadona sank an den Felsen. Jn eilendem Fluge Standen die Todesengel, und wandten ihr Antlitz zum Richter. Feyerlich schwieg das Menschengeschlecht. Die Donner verstummten, Die unaufhoͤrlich vorher vom Throne des Richters erschollen. Abbadona erwacht’, und fuͤhlte die Ewigkeit wieder; Gegen ihn kam durch die wartenden Himmel die Stimme des Richters: Abbadona, ich schuf dich! ich kenne meine Geschoͤpfe; Sehe den Wurm, eh er kriecht, den Seraph, eh er empfindet; Kenn’ in allen Tiefen des Herzens alle Gedanken: Aber du hast mich verlassen! und jene Gerichteten zeugen Wider dich auch! du verfuͤhrtest sie mit! Sie sind unsterblich! Abbadona erhub sich, und rang die Haͤnde gen Himmel Also sagt’ er: Ach wenn du mich kennst, und wenn du den baͤngsten Aller Engel gewuͤrdiget hast, sein Elend zu sehen; Wenn dein goͤttliches Auge die Ewigkeiten durchschaut hat, Die ich leide: so wuͤrdige mich, daß dein Donner mich fasse, Und Neunzehnter Gesang. Und dein Arm sich meiner erbarm, vor dir mich zu toͤdten! Mittler! ich sinke betaͤubt in des Abgrunds furchtbarste Tiefe; Und mein bebender Geist entflieht der Ewigkeit Schauplatz, Stuͤrzt sich hinab, und rufet dem Tode, so oft ich es denke, Daß du mich schufst! und ich es nicht werth war, geschaffen zu werden! Schau, wo du richtest, herab, und sieh, du Erbarmer, mein Elend! Laß mich Einmal nur noch den großen Gedanken denken, Daß du mich schufst! daß auch ich von dem besten der Wesen gemacht ward! Und dann tilg’ auf ewig mich weg vom Antlitz der Schoͤpfung! Sey mir, Gedanke, gegruͤßt, vor dem nahen Abschied von allen Die Gott schuf, und dem Unerschafnen der letzte Gedanke! Da der vollendete Himmel in seinen Kreisen heraufkam, Und der erste Jubelgesang die Unendlichkeit fuͤllte; Da mit Einer großen Empfindung, die von dem Schoͤpfer All’ auf Einmal ergriff, die werdenden Engel sich fuͤhlten; Da der Einsame sich vor tausendmal tausend enthuͤllte, Wie er von Ewigkeit war; und zuerst der hoͤchste Gedanke Nicht allein von Gott mehr gedacht ward: da schuf mich mein Richter! Damals kannt’ ich kein Elend, kein Schmerz entweihte die Hoheit Meines Geistes. Vor allen die ich, sie zu lieben, mir auskohr; War mir der Liebenswuͤrdigste Gott! Mit schattendem Fluͤgel Deckte mich ewiges Heil! Jn jeder Aussicht sah ich Seligkeiten um mich! Mir jauchzt’ ich in meiner Entzuͤckung, Daß ich geschaffen war, zu. Jch war, geliebet zu werden Von dem besten der Wesen! Jch maß mein daurendes Leben Nach der Ewigkeit ab, und zaͤhlte die seligen Tage Nach der Zahl der Erbarmungen Gottes!.. Nun muß ich vergehen! Nicht Der Messias. Nicht mehr seyn! nie wieder mit tiefer Bewunderung Gott schaun! Und am Throne des Sohns kein Halleluja mehr singen! Werde denn, ewiger Geist, werd’ aufgeloͤset! Vollendet Jst der Zweck, zu dem du geschaffen wurdest! Hier steh ich, Bete zum letztenmale dich an, o der auf des Schicksals Naͤchtlichste furchtbarste Hoͤhe mich stellte, mich dort zum Zeugen Erst der Huld; der Rache, der unerbittlichen, dann mich Auserkohr, daß Aeonen es saͤhn, und ihr Antlitz verhuͤllten! Also sagt er, und sinkt vor dem Richter aufs Angesicht nieder, Und erwartet den Tod. Und tiefe, sey’rliche Stille Breitet noch uͤber den Himmel sich aus, und uͤber die Erde. Damals erhub ich mein Aug’, und sah die Himmel herunter, Und ich sah auf den goldenen Stuͤhlen die Heiligen beben, Vor Erwarten der Dinge, die kommen sollten! Jch sah auch, Vor dem Heer der Verworfnen, um Abbadona, erwartend, Gluͤhender Stirn; es lagen um sie die naͤchtlichen Wolken Unbeweglich; so sah ich die Todesengel! sie wandten Starr ihr Antlitz von Abbadona zum Throne des Richters. Hier verstummte der Vater der Menschen. Die Heiligen sahn ihn, Als wenn er unter ihnen noch Einmal vom Tod’ erwachte, Da er wieder begann: Zuletzt, wie die Stimme des Vaters Zu dem Sohn, wie der Jubel Nachhall, scholl von dem Throne Diese Stimme: Komm Abbadona zu deinem Erbarmer! Adam verstummte von neuem. Da ihm die Sprache zuruͤckkam, Da er mit feuriggefluͤgelten Worten zu reden vermochte, Sagt er: Schnell wie Gedanken der himmelsteigenden Andacht, Wie Neunzehnter Gesang. Wie auf Fluͤgeln des Sturms, in dem der Ewige mandelt, Schwung sich Abbadona empor, und eilte zum Throne! Als er daher durch die Himmel ging, erwachte die Schoͤnheit Seiner heiligen Jugend im betenden Auge, das Gott sah; Und die Ruh der Unsterblichen kam in des Seraphs Gebehrde! So hat keiner von uns an der Auferstehungen Tage Ueber dem Staube gestanden, wie Abbadona daherging, Abdiel konnte nicht mehr des Kommenden Anblik ertragen, Schwung sich durch die Gerechten hervor; mit verbreiteten Armen Jauchzt’ er laut durch die Himmel. Die Wange gluͤht’ ihm; die Krone Klang um sein Haupt; er zittert’ auf Abbadona herunter, Und umarmt’ ihn! Der Liebende riß sich aus seiner Umarmung, Und sank jezt zu den Fuͤssen des Richters aufs Angesicht nieder. Nun erhub sich in allen Himmeln des lauten Weinens Stimme; die Stimme der sanfteren Wonne; der leiseren Harfen Jubel entglitt den Stuͤlen der vier und zwanzig Gerechten, Kam zu dem Stule des Sohns, und sang von dem Todten, der lebte! Wie kann ich reden die Worte, die Abbadona gesagt hat, Da er am Thron’ aufstand, und zu dem auf dem Throne sich wandte. Also sagt’ er, und laͤchelte Wonne des ewigen Lebens: O mit welchen festlichen Namen, mit welchen Gebeten, Soll ich zuerst dich nennen, der also sich meiner erbarmt hat? Kinder des Lichts, die ich liebte, zu euch bin ich wiedergekommen! Erstgeborne der Schoͤpfung, und ihr durch die Wunden des Sohnes Erben des ewigen Lebens, wohin bin ich wiedergekommen? Sagt mir, o sagt mir, wer rief mich? weß war die Stimme vom Throne, Die beym Namen mich nennte? Du bist die Quelle des Lebens! Fuͤlle Der Messias. Fuͤlle der Herlichkeit! ewige Quelle des ewigen Lebens! Heil ist dein Name! du bist der Eingeborne des Vaters! Licht vom Lichte! des Bundes Mitler! das Lamm, das erwuͤrgt ward! Koͤnig heißest du auch! ich will die Liebe dich nennen! Gott hat am Abend des Weltgerichts noch Einmal erschaffen; Denn ich war Einer der Ewigtodten. Den letzten der Tage Schuf er mich um, und rief mich, aus meines Todes Umschattung, Wieder zum ewigen Heil, das unaussprechlich wie Gott ist! Halleluja! feyrendes Halleluja, o Erster! Sey dir von mir auf ewig gesungen! Du sprachest zum Elend: Sey nicht mehr! zu den Thraͤnen: Jch hab’ euch alle gezaͤhlet! Freudenthraͤnen, und Dank und Anbetung sey dem auf dem Throne! Jezo ward mein Gesicht zu dunkeln Gestalten, die fliehend Kamen, und schwebten, und fliehend am fernen Himmel verschwanden. Endlich waren vor mir die dunkeln Erscheinungen alle Weggesunken; Gesicht war wieder, was ich erblickte. Aber Jahre, so daͤucht’ es von neuem mich, waren vergangen Zwischen dem letzten Anblick, und diesem, der jezt vor mir aufgieng. Schoͤner leuchtet’ herunter, und schrecklich nicht mehr des Thrones Glanz, und uͤberstralte der Auferstehung Gefilde! Weit, wie niemals mein Auge noch sah, in unendlicher Ferne, Sah ich die Schaarenheere der Ueberwinder gen Himmel Wallen; die Aeußersten nur erkannt’ ich. Es waren der ersten Erde Kinder, die einst zum Meere wurde, da Gottes Wagschal auch erklang, und gewogen ward, wer von Adam Sterblichkeit erbt’, und die Seelen der Todten hinuntersanken Jn Neunzehnter Gesang. Jn ein furchtbar Gefaͤngniß. Die waren jetzt von der Fessel Alle befreyt, und wallten hinauf mit den Siegern gen Himmel. Segnend schaut’ ich den Seligen nach. Auf Einmal erhub sich Hinter mir Donnergeraͤusch, und ich sah verwandelt die Erde Werden! ihr Engel des Allerheiligsten! und ihr Gebornen! Sahe weit um mich her die fluchbeladne zum Eden Werden! Also erstand ich aus Staube; so wurd’ die Erde Eden aus Truͤmmer. Die Schoͤpfung erscholl umher, und die Sterne Leuchteten heller. Noch hoͤrt’ ich die Donner der Schoͤpfung, noch stralt’ es Mir vom Himmel, als ich zu euch nach meinem Gesicht kam. Jesus war von dem Tabor herabgekommen, und stand itzt An dem Gestade des Sees Tiberias, neben ihm Engel Nur gesehen von ihm. Sie brachten Botschaft aus Welten; Hoͤrten schnelle Befehle, die Weltenschicksal entschieden. Andre traten herzu, und andre wandten sich, eilten Mit Befehlen belastet, daruͤber sie staunten, daruͤber Einst auch wir, wenn gesunken uns ist die Huͤlle des ersten Lebens, der Geist der schlummernden Todten die Heitre durchwallet, Staunen werden. Herauf war die Morgendaͤmm’rung gestiegen; Und die Stralen des werdenden Tages milderte lichter Nebel, ein Schleyer aus Glanz und weissem Dufte gewebet. Ruh war auf die Gefild’ umher, sanftathmende Stille Ausgegossen. Langsam sichtbar entgiltt ein Nachen Voll von Freunden dem lieblichen Dufte des werdenden Tages. Nackt bey dem uͤberhangenden Netz stand vorn in dem Nachen Kephas. Es sassen umher, mit silberharigem Haupte Bartholomaͤus; Lebbaͤus gelehnt auf ein Ruder; mit vollem, Freude- Der Messias. Freudeglaͤnzenden Blicke der Zwilling; mit heitrer Gebehrde Selbst Nathanael; sassen die Zebedaͤiden, Jakobus Mit den Gedanken im Himmel; Johannes an Christus auf Erden. Da sie naͤher heran zu dem Ufer kommen, erblicken Sie den Mittler, allein sie erkennen ihn nicht; doch verehren Sie den ernsten Fremdling, der dort des Morgens, in heitre Ruhe versenkt, und seiner Gedanken sich freut. Von den Pilgern Allen, die Griechenlandes Goͤtzen, oder die Bilder Jenes Stromes der sieben Muͤndungen liessen, des Passah Feyer mit uns zu begehn, und des Tempels Psalme zu hoͤren, Sah ich keinen so voll von Hoheit der Seele! Jakobus Sagt’ es, und Didymus sprach: O waͤr, den wir sehen, der Pilger Einer der Auferstehung, und jezt mit dem Morgen gekommen, Strahlender uns zu erscheinen, als leuchten Tage der Erde Koͤnnen, Sonnen es koͤnnen!.. Mit scharfem Blicke, Lebbaͤus, Siehst du ihn an, mit unabwendbarem Auge des Forschers. Ach die Gebehrde des Sterblichen, der ein Himmlischer ist, die Die betracht’ ich, o Thomas, erwarte den Flug, den die Wandlung Nehmen wird, so eilend vielleicht, daß mein Aug’ ihn nicht siehet. Aber der Fremdling redet mit ihnen: Habet ihr Speise, Meine Kinder? Sie hatten die Nacht vergebens gefischet, Hatten keine Speise. Da sagte der Unbekannte: Werfet das Netz zur Rechte des Schiffs; so werdet ihr finden. Und sie warfen es aus, und konnten’s nicht ziehn vor der Fische Menge. Mit mehr Erwartungen, richtete jezo Lebbaͤus, Richtete Thomas den forschenden Blick auf den Unbekannten. Aber Neunzehnter Gesang. Aber der Zug, der das Netz, da, wo der Fremdling es sagte, Und so schnell belastete, zeigte Johannes den Mittler! Freudig rief er: Es ist der Herr! Da Kephas hoͤrte, Daß es der Herr sey, eilt’ er, und guͤrtete sich mit dem Hemde, Warf sich ins Meer! schwamm schnell heran zum Gestade, voll Unruh Christus naͤher zu sehen. Er sah ihn, erkannt’ ihn! Die Andern Eilten im Nachen, zogen das Netz mit den Fischen heruͤber, Traten aus Land, und erkannten, verstummt vor Wonne, den Mittler! Brodt, und Kohlen, und Fisch’ auf den Kohlen lagen vor ihnen An dem Ufer. Der Mittler sprach: Bringt auch von den Fischen, Die ihr fienget. Und schnell sprang Kephas wieder ins Wasser; Zog das schwere Netz voll großer Fische, das dennoch Nicht zerriß, auf das Land: und Leben wimmelt’ im Netze! Kommt, und haltet das Mahl. Sie hielten’s. Vertraulich, mit Liebe Saß er unter den Wonnevollen am Ufer, und reichte Jhnen Speise. Jezt war das zweyte der frohen Mahle, Nach dem traurigen Mahl vor seinem Tode, geendet. Und sie wandelten hin am Gestade. Der Goͤttliche sagte: Simon Johanna, hast du mich lieber, als diese mich haben? Schnell tritt Petrus naͤher zu ihm, antwortet: Du weißt, Herr, Daß ich dich liebe!.. Mit inniger Huld sprach Jesus: So weide Meine Laͤmmer! und schwieg nicht lang’, und fragte noch einmal: Simon Johanna, hast du mich lieb? Jm innersten Herzen Fuͤhlt es Kephas; noch trauert er nicht, antwortet: Du weißt, Herr, Daß ich dich liebe!.. Mit inniger Huld spricht Jesus: So weide Meine Schafe! und steht, und fragt den Geruͤhrten noch einmal: IV Band. J Simon Der Messias. Simon Johanna, liebest du mich? Da kam in des Juͤngers Seele Traurigkeit, daß ihn der Herr zum drittenmal fragte. Und mit der Stimme der Wehmuth erwiederte Petrus: Du weißt, Herr, Alle Dinge, du weißt, daß ich dich liebe! So weide, Sagt’ ihm der Goͤttliche, meine Schaafe! Du warest ein Juͤngling, Kephas, und guͤrtetest dich, und wandeltest hin, wo du wolltest. Wenn das Alter dir koͤmmt, wirst du die Haͤnd’ ausstrecken, Andre werden dich guͤrten, dich andre fuͤhren, dich fuͤhren, Wo du nicht hin willst: Folge mir nach! Der Juͤnger verstand es, Welche Fuͤhrung dieß sey, und mit welchem Tod’ er ein Zeuge Deß, der erstand, Gott preisen wuͤrde. Jezt wendete Kephas Sich, und sahe den Juͤnger auch folgen, den Jesus liebte, Der an der Brust ihm lag bey dem traurigen Mahle der Scheidung. Kephas sprach: Was aber soll dieser? Der Mittler erwiedert: Wenn ich will, daß er, bis ich komme, bleibe, was geht dieß Dich an? Folge du mir nach… Jezt sahe der Juͤnger Auge den Auferstandnen nicht mehr. So erhebet das Meer sich; Und so senkt es die Woge nieder, und wird zur Ebne, Wie vom Erschienenen unter einander die Einsamen sprachen. Ja, ich folg’ ihm nach, rief Simon, ich sterbe, wie er starb! Guͤrtet, und fuͤhrt, ich sterbe, wie er! Du aber, Johannes, Stirbst nicht, wie er! Du bist unsterblich… Du bist unsterblich! Rufte Jakobus, und hub sein Auge gen Himmel vor Wonne Trunken… Jch unsterblich? das sagt’ er ja nicht… Bis er komme Bleiben! was sagt’ er denn anders? Du bist, o Juͤnger der Liebe, Bist unsterblich! Erkohren hat Er fuͤr deine Treue Diesen Lohn, die Krone! Du bist unsterblich, Johannes! Freudig Neunzehnter Gesang. Freudig sagt’ es Lebbaͤus, fuhr fort: Das wurde noch keinem! Heil dir, Seliger Gottes, zu deiner großen Belohnung! Eins nur ist mir Zweifel. Wir sterben, und gehen zum Mittler; Und du bliebest zuruͤck? Doch er ist ja bey den Seinen Bis an das Ende der Tage! bey ihnen im Himmel, bey ihnen Auf der Erde. Du stirbst nicht, Johannes! Sie giengen, Voll der kuͤnftigen Welt, zuruͤck zu des Lebens Geschaͤfte, Ruderten hin und wieder, und theilten aus, in der Freude Jhres Herzens, das volle Netz, wo etwa ein Nachen Lag, der auch bis zur Fruͤhe, wie ihrer, vergebens umherglitt. Sonnen giengen auf, und giengen unter, und immer Waͤhrte das erste Gericht des Versoͤhners. Schnelle Worte, Schnellere Winke geboten den Engeln; die zeugten, enthuͤllten Flammenschrift; bald rollten sie wieder die Buͤcher zusammen; Streuten nur wenig umher des furchtbaren Glanzes. Die Seelen Redeten, schwebten verstummt. Kurz war das Urtheil des Richters! Traf, gleich Blitzen! umglaͤnzte, wie Stralen des Tages, mit Wonne! Lange hatte sich schon, und weit der Ruf von des Mittlers Auferstehung verbreitet, und, daß die Juͤnger ihn saͤhen! Und daß himmlische Zeugen aus jenen Huͤtten des Friedens Zu den Sterblichen kaͤmen! und er, von welchem die Todten Zeugten, sey wieder hinab nach Galilaͤa gegangen, Sich von neuem zu offenbaren. Gesendete Freunde Eilten umher, und verkuͤndeten freudig: Auf dem Gebirge Tabor sammeln sie sich, die der neuen Offenbarung Herrlichkeit harren. Sie stehn im Schatten der Ceder, und laben J 2 Nicht Der Messias. Nicht am Quell sich, und brechen kein Brodt!. So riefen die Boten, Und verließen mit Eile die Huͤtte des Einen, zu kommen Nach des Anderen Huͤtte: Der Goͤttliche wird sich noch einmal Offenbaren. Er hat auch diese Gnade verheißen. Auch ward dieß dankweinenden Frommen von vielen der Todten, Die erstanden, verkuͤndet. O eilt nach Tabor, wenn’s anders Theuer euch ist, schon hier euch, wie Engel Gottes, zu freuen. Lazarus stand auf Tabor in Cederschatten, und sagte: Vielen will er Seligkeit geben; er wuͤrde so lange Sonst nicht saͤumen. Wir sind nur erst zweyhundert versammelt; Und mehr sollen es seyn, die er mit dem ersten Genusse Seines Erbes erquicken, auf die er von Ferne den Schimmer Jenes Glanzes am Thron, die Morgenstralen der Tage Seiner Ewigkeit, ausstreun will! So harrt denn, ihr Bruͤder, Dieses reicheren Maaßes der himmelvollen Erbarmung; Harret sein, wie sie droben am Thron des Goͤttlichen harren. Preiset seinen Namen, und singt ihm, Psalme des Tempels Nun nicht mehr, singt Psalme der Erben dem goͤttlichen Sohne! Wen das Feuer des Himmels entflammt, der singe dem Sohne, Daß uns preisend finde, wer kommt, sein Antlitz zu sehen, Daß den Erscheinenden Jubel der neuen Lieder empfangen. Und die Mutter des Todten, der lebte, begann: Jch lernte, Wenn nicht Eva zu sehr der Sterblichen nahte, des Thrones Jubeltoͤne! doch auch mit des Menschen Stimme, dem Laute Seiner Bruͤder auf Erden, will ich dem Erhabenen singen. Komm, und singe mit mir, die in Magdale’s Thale zum Leben Gott Neunzehnter Gesang. Gott schuf… Jch, mit der Mutter des Hocherhabnen, ihm Lieder Singen, die Ungeweihte von Gottes Flamme? dem Sohne Preis ich stammeln? Wohlan, ich folge von ferne der Mutter; Denn ich lieb’ ihn! Du hast der Engel Gottes Triumphlied Ueber der Krippe, du hast, mit Eva’s Harfe, des Thrones Jubeltoͤne gehoͤrt, und bist des Goͤttlichen Mutter; Aber ich lieb’ ihn auch! Beginn, o Mutter des Todten. Mirjam ergriff den Psalter, und hub ihr Auge gen Himmel; Schon entstroͤmmte Begeistrung der sanfterschuͤtterten Saite. Da die Engel des Throns um die Huͤtte Bethlehems sangen, Weint’ er! aber das Halleluja der Preisenden wurde Fey’rlicher, als sie rinnen die Thraͤne des Goͤttlichen sahen! Jch, die Suͤnderinn sank zu seinen Fuͤssen mit stiller Reu, und er erbarmte sich mein, dem in Bethlem der Thraͤnen Mitleid floß, der mit Gnade den Preis der Himmlischen hoͤrte. Jn Gethsemane flossen dem Gottversoͤhner nicht Thraͤnen; Schweiß und Blut floß! Laut hat auch dieses um Gnade gerufen! Als er Jerusalem sah, da weint’ er uͤber ihr Elend! Sammeln wollt’ er die Armen, wie eine Henne die Kuͤchlein Unter ihre Fluͤgel; allein sie wollten nicht kommen! Wollten des Liebenden nicht, und ruften in Gabbatha’s Hallen: Ueber uns komme sein Blut, und uͤber unsere Kinder! Ach es floß, und auch fuͤr sie, auf dem hohen Altare Golgatha! Wandte nicht da von ihm das Gericht sein geschrecktes Antlitz weg, und floh? scholl da die Hoͤlle nicht dumpf auf, J 3 Voll Der Messias. Voll des Entsetzens vor ihm? ward da sein Eid nicht erfuͤllet, Den er dem Ewigen schwur: Jch will die Menschen erloͤsen! Hat den Vollender nicht Gott mit Preis und Ehre gekroͤnet, Seit er am Kreuze sein Haupt in die Nacht des Todes geneigt hat? Ach zu seiner Herrlichkeit schaut mit Wonne mein Blick auf; Aber dennoch wend’ ich ihn oft zu dem blutigen Altar Wieder hin, und klag’ um ihn, deß Haupt in die Nacht sich Neigte, gekroͤnt mit der Krone der Schmach auf der Schaͤdelstaͤte! Komm, wir harren dein, uns lasten der suͤßen Erwartung Freud’ und Unruh, komm, du, den nicht mehr auf dem Huͤgel Kroͤnet die Krone der Schmach! nicht mehr der Felsen des Grabmals Huͤllt in dunklere Nacht, als uͤber Golgatha schwebte. Komm, du Toderweckter, du Maͤchtiger, komm, der das Leben Wiederbrachte, gesegnet mit allen Segen des Vaters, Komm, wir schauen nach dir hinab in die Thale, gen Himmel, Auf die Gebirg’ umher, mit innigen Blicken der frommen Suͤssen Erwartung, o komm zu deiner ersten Gemeine! Siehe, so wartet, die Freud’ in dem Blick, und geschmuͤckt mit der Unschuld Schmucke, die Braut des Braͤutigams, wie der Gemeinen erste Deiner wartet, der auferstand, die Todten zu wecken! Wallet, Gemeinen der Enkel, mit frohem Tritt zu der ersten Grabe, sie wird, euch wird der Herr des Lebens wecken! Wallet herzu, die Blume der Erndt’ in der Hand, und die Lippe Seines Preises voll, zu eurer Vaͤter Gebeinen. Magdale unterbrach den Gesang durch Rufe der Freude: Ach sein Haͤuflein, die erste Gemeine, mehret sich immer! Seht Neunzehnter Gesang. Seht ihr, o Zeugen, kommen die neuen Zeugen auf jedem Wege, der aus dem Thale, nach Tabors heiliger Hoͤh steigt? Ach wie auf allen Pfaden zur Wonne schneller des Pilgers Stab sich bewegt, und dunkler der Staub der Fuͤsse sich woͤlket! Ach es eilen der Gluͤklichen viele, viel der Erkohrnen Christus herauf, ihn wieder von Gott verklaͤret zu sehen! Aber Mirjam ließ den Gesang, und die Saiten ertoͤnen: Ja verklaͤr’ ihn, auch mit dieser Klarheit, o Vater, Daß das Antliz des Sohnes Gottes die erste Gemeine Sehe mit Himmelswonne, sie seines Lichtes Stroͤme Trinke, dadurch auf immer gelabt, und nach Troste nicht duͤrste, Dann nach Erquickung nicht lechze, wenn nun das Schwert der Tyrannen Ueber sie kommt, und sie, ihr leztes Zeugniß zu zeugen Von dem Sohne Gottes, heran zu dem blutigen Tode Gehen! Laß dann nicht saͤumende Quaal die Nahen am Ziele Ueberlasten, und bald ihr Blut, o Erbarmender, reden! Bin auch ich erkohren, das große Zeugniß zu zeugen, Jch gewuͤrdigt zu gehen den blutigen Weg zu dem Grabe, Sohn des Vaters; so wende, wenn langsam ich sterbe, nicht ganz dich Weg von der sinkenden. Mir genuͤgt Ein Brosam des Trostes! Dir genuͤget, nicht ihm, der dein so sehr sich erbarmt hat, Brosame nur zu geben. Wenn er zur Zeugin dich rufet; Siehe, so ist dir keine der Quaalen alle so sehr Quaal, Daß du nicht wieder hoͤrtest die Himmelstimme: Maria! Und nicht wieder saͤnkest zu seinen Fuͤssen. Am Grabe Weilet er dann nicht mehr; er sizt auf der Herlichkeit Throne, Herscht zu des Vaters Rechte, zu dessen Fuͤssen du dann sinkst! J 4 O du, Der Messias. O du, der uns geliebt von dem Anbegiune der Welt hat, Meine Seele verlanget nach dir! Gieb Fuͤlle der Gnade Dann, und jezt, o erscheine, Versoͤner, und staͤrke die Zeugen Zu dem blutigen Gange nach jenem Ziele, wo Palmen Wehen, und Kronen des Lohns den Ueberwindenden stralen. Also sangen Maria und Magdale. Viele der Engel Und der Erstandenen waren herauf zu den Zeugen gekommen, Und mit ihnen auch andere Zeugen. Eloa lehnte Sich auf die goldene Harfe, und hoͤrte die Mutter des Mitlers Singen; David schwebete naͤher, und hoͤrte der Mutter Freudeweinendes Lied. Da die nahenden Frommen vernahmen, Daß mit dieser Wonne sie sang, da eilten sie schneller. Also sprachen sie unter einander: Jhr hoͤret, wie freudig Sie den Goͤttlichen preist. Vielleicht erblikt ihn ihr Auge Schon auf einem der Huͤgel Tabors? Vielleicht erhebt er Dort bey einer der Cedern den Fuß, zu der Mutter zu gehen? Aber sie sahen ihn nicht. Noch folgten Andre, der Siebzig Viele, mit ihnen sie alle, die einst ihn verließen, und weinend Diese, noch viele der Lahmen, und Blinden, und Tauben, die Christus Hatte geheilt, und Todte, die er in das Leben gerufen; Beor, und Dilean auch, mit Joel Samma, Elkanan, Cherubim auch, unsichtbar sie, und die Maͤrtyrerkrone, Bersebon, und Bethoron, und Engel mit Maͤrtyrerkronen, Tabitha, Stephanus, Joses, und Portia. Neben ihr spielte, Streute Blumen ihr in den Weg der Knabe Nephthoa, Junge Blumen, und Sprosse mit halbgebildetem Laube. Vielmal sah er sie an, und laͤchelte vielmal ihr Unschuld. Portia, Neunzehnter Gesang. Portia, so ist der Weg zu dem Himmel, und ich bin der Engel, Der dich fuͤhret!.. Jhr stuͤrzet’ oft die Zaͤhre der Freude Ueber die Wange. Sie war nicht Mutter; aber ein Knabe Nach den ewigen Huͤtten, geleitete sie zu Christus. Knabe, der Weg zu dem Himmel ist schoͤn, und ich liebe den Engel, Der mich fuͤhret… Jch liebe dich auch; doch lieb’ ich noch mehr einst Da dich, wo an dem Ende des Blumenweges uns andre Cedern schatten, und Palmen, der Fruͤhling ewig uns schimmert. Nikodemus, und Joseph erreichten die Beyden, und hoͤrten Erst ihr Gespraͤch; dann gruͤßten sie sich mit dem Grusse des Friedens, Christus Grusse, so oft er den Seinen sich offenbarte. Und sie traten zu Magdale hin, und der Mutter des Mittlers. Mirjam sahe die Heidinn, und Freude befiel, und Verwundrung Sie, daß Christus schon itzt gen Himmel Portia rufe. Und sie ruͤhrte die Harfe der neuen Jerusalem wieder. Sohn des Vaters, noch mehrest du stets der Erben des Lebens Deiner Seligen Schaar! Viel hast du heut dir versammelt, Daß sie dein Antlitz sehn, den Gott vom Tode geweckt hat! Fest wird sie auf den heiligen Bergen gegruͤndet, gegruͤndet Hoch auf dem Gipfel, der uͤber die Sterne raget, des neuen Bundes Salem! Ja, eile nur vor, und verlier in die Zukunft Dich, mein Blick. Wonn’ ist es, zu sehen den Auferstandnen; Aber Wonn’ ists auch, hinunter zu schauen die Reihen Jener Zeiten, in welchen die kleine Quelle, das Haͤuflein, Heerschaar stroͤmt! Du Herrlicher! wie begannest du: Einer Schwachen Sterblichen, die um dich weint’, erschienst du zuerst! dann J 5 Deinen Der Messias. Deinen hohen Aposteln, auf welche Geissel und Bande Warten, und Thron’ im Gericht, und mehr als einmal, daß stark sie Wuͤrden, eh sie hinaus aus dem Lager giengen, zu tragen Deine Schmach mit dir! dann dieser kleinen Gemeine! Und wie fuhrest du fort! Der Baum des Erkenntnisses Gottes Wuchs, und breitet’ uͤber die Voͤlkerheere der Erde Lebenschattend sich aus! und wie vollendest du jezt es, Sohn des Vaters, geopfert von Anbeginne, der Soͤhnung Lange zuvor geweiht, eh das Haͤuflein war, und die Heerschaar. Engel Gottes, ach sie zerreißet, die Huͤlle zerreißet Vor des Himmels Allerheiligsten! Werfet die Kronen Nieder vor ihm, dem Thaͤter der Gottesthaten, die Palmen Nieder vor Jesus Christus, dem großen Vollender, und singet, Singet das Halleluja der tausendmal tausend Schaaren! Und sie ließ, in Erstaunen verloren, die Harfe sinken. Lazarus, da er sie jezt mehr als fuͤnf hundert gelagert Sah vor der Mutter Christus, und sich, und wußte, sie waͤren Erben des Heils, und Erstlinge Gottes, die naͤher am Thron einst Kronen truͤgen, und wallten, im Labyrinthe der Vorsicht, Wie den gebahnten Weg in der Morgensonne der Wandrer; Freut’ er sich innig, und ward, von seiner Wonne Gedanker, Wie auf Fluͤgeln getragen. Er stieg den Huͤgel, an dem er Ruhet’, hinauf, und uͤbersahe noch einmal der Erben Betende Schaar, und blickte mit stillem Danke gen Himmel; Aber nun trat er vorwaͤrts, erhub die Hand, und begann so: Christus hat uns versammelt die Lahmen, die Blinden, die Tauben, Und die Todten! versammelt die Armen in Geiste, die Gottes Huͤlfe Neunzehnter Gesang. Huͤlfe nur kennen, und keines Menschen Huͤlfe nicht kennen! Jhr, zukuͤnftige Zeugen des Auferstandenen, wißt es, Daß er euch auf den Berg der Verklaͤrung sandte, damit ihr Seine Herrlichkeit saͤht, und einst, von der Herrlichkeit zeugtet! Siehe des Eingebornen des Vaters voll Wahrheit und Gnade, Christus, welchem von Ewigkeit sey zu Ewigkeit Ehre Und Anbetung! Jch hebe mein Haupt mit Freude des Himmels Ueber euch auf, und flehe vom liebevollen Erbarmer Jezo keinen Seegen fuͤr euch: euch hat der Versoͤhner Schon gesegnet! euch Christus des Bundes Mittler gesegnet Mit der Verheissung, sich euch auf Tabor zu offenbaren! Euch dadurch gesegnet (ihr blicket, wie ich, in der Zukunft Fernen hinaus) mit Schmach um seines Namens willen, Unter Verfolgern, mit Arbeit und Schweiß in der muͤhsamen Laufbahn, Und mit Maͤrtyrerblute! Denn droben lohnet die Arbeit, Lohnet die Schmach, und das Blut die Krone des Lebens den Duldern! Sehr bin ich begnadiget worden, habe der Heile Gottes viel empfangen, und danke mit Thraͤnen dem Geber; Aber mein Blut fließt nicht, von Jesus Christus zu zeugen! Denn ich gehe fruͤher hinauf, zu umpflanzen der Streiter Huͤtte mit Kuͤhlung. Gepriesen sey, der voran mich fuͤhret, Euch nachsendet, hinauf zu dem ewigen Lohn, durch die enge Pforte, den schmalen blutigen Weg! gepriesen des Mittlers Heiliger Namen! ach hochgelobet in Ewigkeit Christus Herrlicher Namen! O duldet die Schmach, und den bitteren Hohn gern Derer, die Christus Herrlichkeit leugnen, nicht kennen des Himmels Herrn, und der Erde! Denn sie, die euer Zeugniß| zu Gott bringt, Aber Der Messias. Aber deren Auge den Auferstandnen nicht sahe, Werden auch die Schmach und den Hohn der Christusleugner Dulden, den Dolch, der von Blute nicht rauchet, und dennoch toͤdtet! Werden glauben, und schauen! Gott gehet unter den Menschen Seinen verborgenen Weg mit stillem Wandeln; doch endlich, Wenn er dem Ziele sich naht, mit dem Donnergang der Entscheidung! Also sagt’ er, und blickt’ umher, und sah, in dem Schatten Eines Huͤgels, Gefaͤsse mit Speis’ und Tranke, des Halmes Frucht und der Rebe stehn. Schon redete Lazarus wieder: Sondert Brodt und Wein des Brudermahles, und setzet Vor den Zeugen es nieder, damit es geheiliget werde. Jhr, die seiner Erscheinung harren, lasset sein Mahl uns Halten, das heilige Mahl zu seines Todes Gedaͤchtniß. Und sie hoͤrten es freudig ihn sagen, und sendeten sieben Juͤnglinge, Brodt zu sondern, und Wein, und lagerten naͤher Sich an einander, und schon begannen viele zu knieen, Viele die Haͤnde gen Himmel zu falten mit Thraͤnen im Blicke. Und die Juͤnglinge brachten das Brodt, und den Wein, und setzten Vor der Versammlung es nieder. Als Lazarus aber hinzutrat, Stand, und mit denkendem Blicke die festgefalteten Haͤnde Hoch gen Himmel erhub, und zu reden jezo beginnen Wollte; da drangen von allen Seiten, mit Schauer der Wonne, Und mit ihren Thraͤnen, die Auferstandnen und Engel Zu der Gemeine Christus herzu, und Lazarus sagte Feyerlichernst, und als fleht’ er zugleich dem Geopferten Gottes: Jesus Christus unser Versoͤhner, in seiner Leiden Schrecklichen Nacht, da er verrathen wurde zum Tode, Nahm Neunzehnter Gesang. Nahm er Brodt, und danket’, und brach’s, und gab es den Juͤngern: Nehmet, und esset. Das ist mein Leib, den ich fuͤr euch gebe. Dieses thut, so oft ihr es thut, zu meinem Gedaͤchtniß. Jesus Christus unser Versoͤhner, in seiner Leiden Schrecklichen Nacht, da sein Schweiß, und sein Blut in Gethsemane traͤufte, Nahm er den Kelch, und danket’, und gab ihn den Juͤngern und sagte: Trinket All’ aus dem Kelche des neuen Bundes, gestift et Durch mein Blut, das ich fuͤr eure Suͤnde vergieße. Dieses thut, so oft ihr ihn trinkt, zu meinem Gedaͤchtniß. Sie empfingen das Mahl des Versoͤhners mit inniger Demuth, Und mit festem Entschluß, treu bis an das Ende zu bleiben. Und, indem sie sich naͤherten, oder wieder sich wandten, Staͤrkten sie sich, und riefen sich zu: Stets weiter im Wege, Welcher zu Gott uns leitet!.. Am Ziele der hohen Laufbahn Jst das Kleinod erst!.. Schmach hat er selber geduldet, Hat gelitten, wie keinem von uns zu leiden gesetzt ist!.. Hochgelobet im Himmel, und hochgelobet auf Erden Sey der Mittler Gottes!.. Er hat die Versohnung vollendet, Sieh, es ist eingegangen ins Allerheiligste Christus, Jesus Christus, der ewige Hohepriester!.. Des Bundes Kelch erquicke dich noch, wenn das Herz dir durstet, die Seele Lechzt in der Maͤrtyrerstunde!.. Wie dich der Engel, o Mutter, Gruͤßte, so gruͤsse du mich, die Gesegnete Gottes! Zu seinem Erbe bin ich, ich bin zu dem Sohne, dem Mittler, gekommen! Was ist alle Groͤße der Erde mir nun? Und es wartet Hoͤhere Wonne noch mein! Den goͤttlichen Unbekannten Soll Der Messias. Soll ich sehen, den Unerforschten, den Wunderbaren!.. Ach zu dem Mahle des Heiles bin ich, und jezo gekommen, Jch, der so elend war, ich selber! Wenn ich hinuͤber Nach den Huͤtten der Ewigkeit gehe; so ist es ein zweytes Leben der Seligkeit, das ich alsdann beginne!.. Die Rebe Letzet uns wieder mit ihm in des Vaters Reich! Dann trinken Wir die Stroͤme des Lebens umsonst!.. Wenn seh ich, wenn seh ich Offen den Himmel, und Jesus stehn zu der Rechte des Vaters? Ach wenn wandl’ ich den Weg des siebenden Juͤnglings? Auch jenen Kelch des Todes trink ich zu seines Todes Gedaͤchtniß!.. Hochgelobet im Himmel, und hochgelobet auf Erden Sey der Versoͤhner!.. Je schwerer uͤber euch kommen die Leiden Dieser Welt, je lauter gen Himmel sie rufen; je mehr sey Euer Leben verborgen mit Christus in Gott!.. Nach der Liebe Mahle, gieng der Versoͤhner hinaus in Gethsemane. Blut trof Da von des Dulders gesenktem Antlitz herab, mit des Dulders Todesschweiß, nach dem himmlischen Mahle!.. Erbarme dich meiner, Mittler Gottes, den ich verließ, erbarme dich meiner! Laß getreu bis ans Ende mich seyn! Jch saͤe mit Thraͤnen, Laß mit Freuden mich erndten, Versoͤhner!.. Mir ward es geordnet, Zweymal zu sterben. Ach pfleget der Schlummer der lieblichen Daͤmm’rung Nicht dem Schlafe der Nacht, nach kurzem Wachen, zu folgen? Dann, dann letzet die Rebe mit ihm mich im Reiche des Vaters!.. Seines Todes Gedaͤchtniß! O die er mir sandte, Benoni, Und ihr anderen Engel, wo seyd ihr, mit mir euch zu freuen? Hochgelobet im Himmel, und hochgelobet auf Erden Sey, der verrathen wurde zum Tod am Kreuze! dem Blut schon Jn Neunzehnter Gesang. Jn Gethsemane trof, eh auf dem Huͤgel sein Haupt sank!.. Moͤcht ich Stephanus Weg, und den Weg des siebenden Juͤnglings Wallen zu Christus hinauf, zu Benoni hinauf, und zu Samma, Und zu Simeon du, und Jesus Christus!.. Die Nacht nimmt Er dem Auge dann, und trocknet die Thraͤnen dir alle! Bald sank mir die Nacht, dem Lebenden, bald wird, Elkanan, Froͤmmerer Dulder, auch dir die Nacht, dem Sterbenden, sinken!.. Aber Maria rief mit lauter Stimme gen Himmel: Hoherpriester! des Ewigen Sohn, ich gebahr, ich gebahr dich! Deinen Tod will ich, bis du mir rufest, verkuͤnden! Hochgelobet im Himmel, und hochgelobet auf Erden Sey der Versoͤhner Gottes!.. Da so sie sich staͤrkten, und jezt schon, Wie an den Schwellen der ewigen Huͤtten, Worte des Lebens Sich zuriefen, sahen sie Jesus an einer der Hoͤhen Niederkommen, und gegen sich her den Goͤttlichen wandeln. Ach schon stand er nahe vor ihnen. Auf einmal umschwebte Aller Augen Entzuͤckung. Wie Fruͤhlingssaͤuseln im Walde Sanft herrauscht, so ertoͤnte der Redenden leiser Zurnf Und der Weinenden, als die Ueberzeugung vom Himmel Jhnen ward, und verwandelt wurd’ ihr Glauben in Schauen! Wie der Waller im Sonnenstrale, der duͤrstet’, und trank, noch Duͤrstet, und trinkt; so sahn sie mit Himmelsbegierde den Herrn an! Aber er hielt sich nicht mehr, und begann, und sagte zu ihnen: Kindlein, Heil sey und Friede mit euch. Jn dem Hause des Vaters Sind der Wohnungen viel. Jch geh, und bereite darinn euch Staͤten, und kehre zu jedem in Tode wieder, und nehm’ ihn Auf Der Messias. Auf zu mir, daß er sey, wo ich bin! Wenn ihr mich liebet; Haltet ihr, was ich gebot. Jch flehe dem Vater, er sendet Euch den Troͤster, den Geist der Wahrheit, welchen die Suͤnder Nicht zu empfahn vermoͤgen. Sie kennen ihn nicht; ihr aber Werdet ihn kennen, wenn er mit euch sich vereinigt, mit ihm ihr Euch vereiniget. Sieh, ich verlaß’ euch nicht, wie im Tode Jhre Waisen die Mutter verlaͤßt. Jch kehre wieder Euer Fuͤhrer, der euch hinauf zum Erkenntniß des Himmels Bringt, und zum ewigen Leben! Denn hier schon werdet ihr lernen, Daß mit dem Vater vereint ich bin, und mit mir vereint ihr Seyd, und ich mit euch. Wer, was ich habe geboten, Weis, und haͤlt, der liebet mich! und den wird der Vater Lieben! und ich ihn lieben, und ihm mich offenbaren! Jezo sah auf Einmal Elkanan den Goͤttlichen stehen Unter den weinenden Zeugen, und rufend sank er zur Erde; Richtete wie vom Tode sich auf! Noch sagte der Mittler: Ja, wir werden ihn lieben der Vater, und ich, und kommen Und bey ihm wohnen. Jch bin der Weinstock, und Weingaͤrtner Jst der Vater, ihr seyd die Reben, jede der Reben, Die nicht Frucht traͤgt, schneidet er ab, und jede, die Frucht traͤgt, Reiniget er, daß der Fruͤchte noch mehr die herrliche trage. Jhr erkohrt mich nicht; ich aber hab’ euch erkohren, Euch Gedeyen gegeben, daß Frucht ihr truͤget, und wuͤchset Jn die Ewigkeit! Hoͤrt mein großes Gebot, und ein Labsal Sey es euch; denn die Welt wird, wie mich sie gehaßt hat, euch hassen: Liebet euch unter einander! Jch laß euch meinen Frieden, Meinen Neunzehnter Gesang. Meinen Frieden geb ich euch. Jhm gleichet der Erde Friede nicht. Mit Ruh, und Unerschrockenheit staͤrk’ er Eure Seelen. Jhr werdet euch freun, wenn ihr mich liebet! Also hoͤrten sie ihn die lezten Worte der Weihung Zu dem nahenden Kampf, und zu dem ewigen Leben Sagen, und sahn ihn nicht mehr. Als jezt aus ihrer Entzuͤckung Freud’ und Heiterkeit war, und Ruhe der Seele geworden, Sahen sie nicht ferne von da, wo Christus sich wandte, Und verschwand, den Knaben Nephthoa, als schlummert’ er, liegen; Und sie wolten ihn wecken, allein der gluͤkliche Knabe War gestorben. Und Lazarus rief: Auf, gehet, und sammelt Blumen, ich mach’ ihm das Grab. Sie gingen, und sammelten Blumen. Schon erhub sich neben Nephthoa, ihn bald nun zu decken, Jener kleine Huͤgel, zu welchem wir All’ einst kommen Muͤssen, zu Staube Staub. Sie nahmen den laͤchelnden Knaben, Senkten ihn nieder ins Grab, und dekten ihn leise mit Erde Und mit Blumen, die sie aus voller Hand auf die Staͤte Seiner Aussaat streuten. Sie wendeten sich, und verliessen Tabor. Viele sahen noch oft sich um nach dem frischen Blumenhuͤgel; doch truͤbete deren Auge nicht Wehmut, Denen Sterben Gewinn, und Leben war der Erstandne. Die von den Siebzigen waren auf Tabor gewesen, verliessen Jezo den Berg der Verklaͤrung, und stiegen herunter, und kamen, Seitwaͤrts von Stegen gefuͤhrt, in ein Palmenwaͤldchen des Thales. Und sie fanden daselbst die heiligen Zwoͤlfe versammelt; Fanden, wer nicht von ihnen mit war auf Tabor gewesen. IV Band. K Und Der Messias. Und sie verkuͤndeten alle das Heil, das so Vielen vom Herrn ward, Kurz, mit Flammenworten. Wie konten sie reden; sie weinten! Tiefes Schweigen, und Vorempfindung des Himmels, ach Wonne Daͤmrung sie von dem Erbe des Lichts, war in der Versamlung. Aber Jakobus entriß sich der Mitgenossen Umarmung. Juͤnger des Herrn, wo eilest du hin? der Herr wird, der Herr wird Seinen Kindlein erscheinen!.. Jch geh ihm entgegen! nach Tabor Geh ich zu ihm… Wie wuͤrdest du trauren, wenn er nun erschiene, Und du waͤrest nicht hier!.. Er siehet Alles, und weis es, Wie ich duͤrst’ ihn zu sehn, und warum ich entgegen ihm gehe. Laßt mich, ich werde nicht trauren. Er ging. Bald kam er in hoher Felsen Schatten, und stand, und hob die Haͤnde gen Himmel: Herr, Herr, Gott! noch erhebe dich nicht zu deinem Vater, Ach erhoͤre mein Flehn! Wir hoffen zwar alle, du werdest Uns noch erscheinen; allein wie wissen wir’s denn? Ach verlaß uns, Mitler Gottes, noch nicht! Jch habe vor dir, du Erbarmer, Gnade gefunden! Jch will mich hier in der Hoͤle verbergen, Niederknieen, dein Heil erwarten. Geh du voruͤber; Siehe, so will ich von fern, Herr, deiner Herlichkeit nachsehn. Jesus Christus ergrif ihm die Hand, da er lag, und flehte, Richtet’ ihn auf, und segnet’ ihn ein zu der himlischen Sendung. Und der Juͤnger folgte mit Freudausrufen und Beben Christus, den Weg nach dem Palmenwaͤldchen des Thales hinunter. Schon an dem fernen Fusse des Berges erblikten die Juͤnger Christus, und neben dem Herrn den gluͤklichen Zebedaͤiden; Sahn Neunzehnter Gesang. Sahn heller ihn leuchten, als sie, seitdem er vom Tode Auferstand, ihn gesehn, mehr uͤber die Engel erhaben! Und sie wolten entgegen ihm eilen; aber ein Engel Winket’ ihnen: Sie solten den Herrn bey den Palmen erwarten. Denkst du daran, dieß war ihr Gespraͤch, wie wir ihn am Oelberg Von den Moͤrdern umringt, die Haͤnde gefesselt, erblikten? Wie mit weissem Gewand Herodes ihn hoͤhnte? Pilatus Jhm mit Dornen die Schlaͤfe bewand, und zucken die Geisse Auf die Schulter des Stralenden ließ?.. Ach wird er gen Himmel Schon sich erheben? und ist dieß Wiedersehen das lezte?.... Scheidung von ihm, o du vor allen, die je von einander Blutende Herzen trenten, die baͤngste, bitterste, truͤbste, Stummste, jammervollste! du bist schon heute gekommen? Scheidung von Jesus Christus?.. Mir huͤpfen die Berg’, und die Huͤgel! Mir frohlocket der Wald! mir schmuͤcket mit reinerem Golde Sich der Tag, mit lichterem Purpur und sanfterer Blaͤue Mir der Himmel, so ist von Freude das Herz mir durchdrungen; Und du weinest?.. Denkt ihr daran, wie sein Kreuz er hinauftrug Nach der Schaͤdelstaͤte? wie dann er am Kreuze… wie Joseph Jhn in das Sterbegewand einhuͤllte?.. So sprachen die Zeugen Unter einander, und fielen auf ihre Kniee, da Christus Naͤher kam; und breiteten aus die Arme nach Christus, Nach dem Versoͤner Gottes, der ihnen nun voͤllig sich nahte. Und er gruͤssete sie mit seinem himlischen Grusse: Friede sey mit euch! und stand vor ihnen, und sagte: Wie ein verstummendes Lamm zum Opferaltare gefuͤhrt wird, K 2 Ging Der Messias. Ging er geduldig einher, und schwieg… Jch werd’, ihr Geliebten, Bald nicht mehr mit euch des Wiedersehens geniessen Auf der Erde; mit euch von Honigseime nicht essen; Noch was ihr, in der Fruͤhe des Tags, am Gestade bereitet; Nicht im Schatten mehr ruhn: allein in den Huͤtten des Friedens, Wo viel Wonungen sind, dort werdet ihr euren Messias Wiedersehen, und, nebst den versammelten Vaͤtern des Bundes, Freuden der Freundschaft empfahn, die Abschiednehmen nicht trennet! Und er sank vor den Zeugen in seiner Herlichkeit nieder, Betete mit erhabener Stimme: Die Zeit war gekommen, Deinen Eingebornen in seiner Schoͤnheit zu zeigen, Siehe, du hast ihn gezeigt, und bist verherlichet worden, Vater, durch ihn! Jhm hast du gegeben die Sterblichen alle, Daß er sie auferwecke vom Tod’, und ewiges Leben Jhnen gebe. Das aber ist ewiges Leben, dich, Vater, Der du der Ewige bist, und den du sandtest, erkennen, Jesus, den Sohn und Koͤnig! Jch seh in Geiste die Fuͤlle Meiner ganzen, der lezten Vollendung! Jch hab’ auf der Erde Dich verherlicht! ich habe vollfuͤhret der Gottheit Rathschluß! Nun erwarten mich Kronen zu deiner Rechte! Du wirst mir Wieder die Herlichkeit geben, die mein war, eh wir erschufen. Deinen gefuͤrchteten Namen hab’ ich den Erwaͤhlten verkuͤndigt Aus den Suͤndern. Du gabest sie mir. Sie haben die Weisheit, Die ich sie lehrte, selbst ich bin ihr Zeuge! mit Treue gehalten! Vater, ich bitte fuͤr sie! Denn auch durch sie bin ich herlich! Jch verlasse die Erde nun bald, und kehre gen Himmel, Vater, Neunzehnter Gesang. Vater, zu dir zuruͤk: sie aber bleiben auf Erden; Sehen noch lange die Muͤhe der Suͤnder, und fuͤhlen ihr Elend! Laß sie, heiliger Vater, der hohen Erkentniß getreu seyn, Die sie haben werden von dem, der jezo versoͤnt ist. Laß sie eins seyn, wie wir; ein Haus voll Bruͤder! Jch sorgte Selber fuͤr sie, da ich noch gleich ihnen ein Mensch war. Jch wachte Ueber ihrem unsterblichen Geist. Hier sind sie, mein Vater! Keinen hab’ ich verloren! Nur hat der Sohn des Verderbens Mich verlassen, und ist den Propheten ein Zeuge geworden! Jezo komm’ ich zu dir! Das sag’ ich, da ich bey ihnen Noch auf der Welt bin, daß sie an meine Herlichkeit denken, Und sich freuen, wie ich mich freue. Sie haben die Worte Deines Lebens gehoͤrt. Der Suͤnder hat sie gehasset, Wie er mich haßte. Nicht bitt’ ich, daß du der Erde sie nehmest; Schuͤze sie nur vor ihrem Verfolger, dem Geist des Verderbens!.. Heilige sie in deiner Wahrheit. Dein Wort ist die Wahrheit! Vater, ich ließ mein Leben fuͤr sie, damit sie, gereinigt Von der Suͤnde, vor dir erscheinen! Doch bitt’ ich, o Vater, Nicht fuͤr die Juͤnger allein. Der neuen Schoͤpfungen Kinder Werden einst, wie aus dem Morgen der Thau, durch ihr Wort mir geboren; Auch fuͤr diese bitt’ ich, mein Vater, daß alle sie eins seyn, Wie wir eins sind! und daß die ganze Erd’ es erkenne, Daß du mich, Vater, sandtst! Jch habe das ewige Leben, Meine Herlichkeit, denen gegeben, die du mir geschenkt hast, Daß, wie wir, sie eins seyn; Einem goͤttlichen Endzwek Alle vollendet! und daß es die Suͤnder der Erde vernehmen: K 3 Jesus Der Messias. Jesus sey vom Himmel gesandt! Gott liebe die Kinder Selner Versoͤnung, wie er den Erstling der Soͤhne geliebt hat. Vater, es solle meine Versoͤnten zu mir sich versammeln, Daß sie seyn, wo ich bin, und meine Herlichkeit sehen! Jene, die du mir, Liebender, gabst, eh Himmel entstanden! Dich verkennet die Welt, gerechter Vater; ich aber Kenne dich! Den Erwaͤhlten enthuͤllt’ ich das ganze Geheimniß Meiner Sendung, und deiner Gottheit; und will’s noch enthuͤllen, Daß die Liebe, mit der du mich liebtest, ihr Herz ergreife, Und den unsterblichen Geist nur sein Versoͤner erfuͤlle. Also betet der Mitler, in Stralen niedergesunken, Und er richtet sich auf, und entweicht der Sterblichen Auge. Wenn erhabner Tempelgesang, von der Auferstehung, Oder vom ewigen Licht; Erfindung der Toͤne dem Liede Gleich, und Stimme des Menschen, und Hauch, und Saite zu Einem Grossen Zwecke vereint, mit Schoͤnheit beginnt; jezt steigend, Sinkend jezt fortfaͤhrt mit Schoͤnheit; nun steigender immer, Jnniger, sanfter, erschuͤtternder mit Urschoͤnheit endet; Wie es dann den Hoͤrenden ist, so war es (Jch rede Menschlich von himlischen Dingen,) den Juͤngern, als sie den Herrn sahn, Als sie stralen ihn sahn, und beten den Goͤttlichen hoͤrten. Und sie machen endlich sich auf, verlassen die Palmen Galilaͤa’s, und kehren zuruͤck mit Wonne gen Salem. Engel wallen mit ihnen hinauf, und vertieft in Gedanken, Ueber den grossen Beginn des Reiches Gottes, (sie waren Jezo nicht zu erscheinen gekommen) vergessen die Engel, Daß Neunzehnter Gesang. Daß die Juͤnger sie sehn; und kaum bemerken die Juͤnger, Daß es Unsterbliche sind, die sie geleiten, so sehr ist Jhre Seele versenkt in die Gnade der lezten Erscheinung. Selber von denen, mit welchen er sich der Erloͤsung freute, Sonderte jezt sich Johannes. Er wolt’ alleine mit Gott seyn! Und gesunken in tiefe Stille der Seele, gesunken Ueber des ewigen Heils Fortgang in ernste Betrachtung, Wallt’ er einher in der Zukunft Jrre. Voll inniger Demut Wagt er, mit Tritte des Menschen, die Wege Gottes; und fehlt sie. Doch mit Entzuͤckung umschwebt ihn der gruͤbelnde Wahn, und giebt ihm Ach der Freuden des Jrthums viele! nach jenem Rathe Gottes von unserem Gluͤk, das auf tausendmal tausend Stufen Steiget; dem Rath fuͤr die denkenden Wesen alle, deß Umfang Nie ein Endlicher maß, und der fuͤr die Ewigkeit zureicht. Aber so licht der Schein auch war, der des Gluͤklichen Tiefsinn Taͤuschte; so fuͤhlt’ er doch oft, daß ein Leiter vom Himmel ihm fehlte. Voll des suͤssesten Mitleids stand bey den Betenden Salem; Und der Unsterbliche sah, daß ein Schlummer von Gott auf den Juͤnger Fiel. Bald hellte des Eingeschlafenen Antliz der Engel Laͤcheln. So fand den Erwachenden seine Genossin am Kreuze, Und am Throne dereinst vor des Bundes grossem Vollender! Und er rief ihr entgegen des Mitlers Mutter, und seiner, Freudelaut entgegen: O Mutter Christus, ich lernte Weisheit, und kuͤnftiges Heil in diesem Schlummer voll Wonne. Ach es war ein Gesicht! Viel anders war, was ich sahe, Als ich mir, in dem Wahne von Gottes Enthuͤllung, es dachte. K 4 Denn Der Messias. Denn ich hatte gewagt hinauszugehn in die Fernen Unsers Kuͤnftigen; hatte, was Gott thun wuͤrde, zu forschen Mich, der ein Suͤnder noch ist, und ein Sterblicher, unterwunden! Ach mich unterwunden, an jener Tiefe zu weilen, Wo hinunter zu schaun umsonst selbst Engel es luͤstet. Siehe, wir waren mit herzlicher Einmut in unserer Huͤtte Neben dem Tempel versammelt. Der kleinen Gemeine Gespraͤch war Frey, und keines Meinung beherschte des Anderen Meinung. Mutter des Herrn! wenn nur nicht die kuͤnftigen grossen Gemeinen Diesen Pfad der Liebe verlassen, und rauhe der harten, Bittern Herschsucht waͤhlen!.. Wir sahen wohl Licht; doch dammert’s Auch im Lichte. Wir waren zu sterben entschlossen; doch fehlt’ es Uns an Mute zum spaͤteren Tode. Wir waren der eignen Seligkeit viel zu begierig, um mit Verleugnung zu sorgen Fuͤr die Seligkeit Andrer. Wir wolten auf Erden nicht saͤumen, Ach nicht saͤumen! ergriffen den Stab des Wanderers, hoften, Duͤrsteten, bald bey Christus zu seyn!.. Auf Einmal erhub sich Um die Huͤtt’ ein Brausen, als eines gewaltigen Windes! Siehe vom Himmel kam das erschuͤtternde Brausen, und fuͤllte Ganz die Huͤtte, worinn wir sassen. Wir sahen uns an, sahn Flammen wehen auf unseren Zungen. Noch maͤchtiger ward uns Ausgegossen ins Herz Gefuͤhl, wie wir niemals empfanden! Flammen, wie lernten wir ihn da lieben! durchstroͤmten die Seele! Und die Daͤmmerung sonderte sich von unsrer Erkenntniß Lichte! Wir waren entschlossen zum spaͤteren Tod’, entschlossen Graues Haar in Maͤrtyrerblut zu senken! Wir liebten Eigne Neunzehnter Gesang. Eigne Seligkeit, aber sie mit Verleugnung, mit heisser, Jnniger Sorge fuͤr’s Heil der gottgewaͤhlten Gemeinen! Duͤrsteten zwar, bey Christus zu seyn; doch gerne, geboͤt’ es Also der Wille des Herrn, nach vieler langsamer Jahre Saͤumen erst, erst dann, wenn vor uns hinuͤber in Schaaren Bruͤder waͤren gegangen, die wir erwecket, gelehret Haͤtten, gestaͤrkt, mit Labsal gelabt im Leben, und Tode! Fertige Wandrer hinauf zu gehn zur Heimath im Himmel Waren wir jezo nicht mehr; wir standen geguͤrtet, erhoben War der Wanderer Stab, umher auf der Erde zu wallen; Dort mit Arbeit, und Schweiß, und vielen Thraͤnen, zu wachen Ueber der Seligkeit derer, die unsre Sendung erkenten: Aber uns auch, wo sie des ewigen Lebens sich unwerth Hielten, zu wenden, und weichend den Staub von den Fuͤssen zu schuͤtteln! Also sagte Johannes, und fuͤllte, durch die Erzaͤhlung Seines Gesichts, der Mutter des Herrn mit Wonne die Seele. Jezo wandte die Leyer mit ihren lichtesten Sternen Gegen die lichtesten sich des Altars. Dieß that’s in den Himmeln Kund, daß der Mitler sich nun zu der Rechte Gottes erhuͤbe! Dunkles Gefuͤhl, und was er, bey seiner lezten Erscheinung, Nicht verbarg, weissagten schon lange den Juͤngern, es werde Jesus nun bald sie verlassen! er hin zur Herlichkeit gehen; Sie zur Fessel und Schmach, die aber zur Herlichkeit fuͤhrten. Dennoch weineten sie. Lebbaͤus erwehrte sich lange Seiner Klagen; es woͤlkte sich lang’ in des Leidenden Seele, Eh es herunterstroͤmte. Ja, bitter ist doch vom Geliebten K 5 Jam- Der Messias. Jammervoll ist die Scheidung, der keine Stunde gesezt ward Ach zum Wiedersehen, ist seelenerschuͤtternd, durchdringet Bis zu dem innersten Mark und Gebein des bleibenden Leben, Senket es, stuͤrzet es nieder; zu welcher Wonne der Freund auch Komme: Denn ach weit weg in der Fern’ ist des Wiedersehens Stunde, gehuͤllt, verborgen in Nacht! Kein Engel erbarmt sich, Und verraͤth nur mit Einem leisen Laut, wenn mit ihrer Freude Schrecken sie kommen werde! Kein Todter erbarmt sich, Und verraͤth, von fern nur in Daͤmrung erscheinend, mit Einem Laute, wenn kommen werde die theure, die heilige Stunde, Wie kein Morgen sie brachte, kein Tag bestralte, kein Abend Sie mit Schatten oder umgab mit Schimmer des Mondes. Und ihr waret doch unsere Bruͤder, ihr Todten Gottes, Kantet das Schiksal der Menschen, und weintet unsere Thraͤnen! Thomas hatte die Zwoͤlfe, und hatte die Siebzig versammelt, Nach Gethsemane sie zu fuͤhren, und dort zu besuchen Jene Staͤte, wo Christus am Abend der ersten Scheidung Niedergesunken zu tiefem Gebet vor dem Richter der Welt lag. Thomas Gedanke war’s nicht; es war die Leitung des Mitlers, Die ihn nach Gethsemane brachte. Auf Einmal wandelt Jesus unter ihnen. Er fuͤhrt die Zeugen; sie folgen; Gehen langsam voruͤber am Grabe der Bethanaitin, Segnen die Schlummernde Gottes. Jzt wurden die Pfade des Oelbergs Steiler, Salem fernte sich, und die Gipfel des Berges Ragten groͤsser empor. Noch schweigt der Mitler; sie aber Reden mit Wehmut unter einander. Sie glauben an Jesus Was Neunzehnter Gesang. Was zu sehen, das ihnen die nahe Scheidung verkuͤnde. Schweres Herzens standen sie oft, und sahen sich oft um Nach dem Todeshuͤgel, und nach dem geoͤfneten Grabe; Laͤnger nach diesem. Der Liebende war von dort zu den Seinen Wiedergekommen! Mit diesem Labsal erquikten die Juͤnger Jhre Seelen. Die Gipfel des Oelbergs dekt’ ungesehen Voll Erwartung die selige Schaar, die sich zu Begleitern Seiner Auffahrt Christus erkohr, erstandne Gerechte, Seelen auch, die Seraphim alle, die ihm auf der Erde Dienten, von jener Nacht in Bethlehem an, bis zu dieser Lezten Verklaͤrung. Wie eine der aͤltesten Cedern den Wipfel Hebt auf Libanons Hoͤh, stand Gabriel unter der Heerschaar: Und sie blikten hinab, und sahen den Goͤttlichen wandeln, Sahen die Juͤnger mit halbgeheitertem Kummer ihm folgen. Leuchtender stralet’ Eloa, als sonst. Er war zu der Erde Erstem Huͤter erkohren, der fluchentlasteten Erde Erstem Huͤter. Sie hatte Worte des Segens vernommen! Stumm war auf ihr die Stimme des Fluches geworden, die Stimme Angekuͤndet in Sturm, in Donner gesprochen! Sie hatte Jesus von Golgatha rufen gehoͤret: Es ist vollendet! Und mit Himmel umgab den gottgewaͤhlten Eloa Dieser grosse Gedanke. Noch andre senkten ihn vorwaͤrts Von Aeoon zu Aeoon in der Erde Schiksal, bis endlich Jhm ein himlischer Juͤngling der Auferstehungsposaunen Eine braͤchte, daß er zum Gericht von den Cherubim wekte. Jesus war hinauf zu der lezten Hoͤhe des Oelbergs Mit den Juͤngern gekommen. Gelindere Luͤfte des stillen Wer- Der Messias. Werdenden Tages umsaͤuselten sanft, und kuͤhlten die armen Gluͤcklichen, welche so schwer an der Sterblichkeit Buͤrde noch trugen. Unter ihnen stand der Eingeborne des Vaters, Schoͤn, und schrecklich zu schaun! so hatten noch niemals den Mitler Seine Zeugen gesehen, noch nie auf der Erde die Engel! Stand in einer Hoheit, die keine Saite, keine Stimm’ ausdruͤkt des Menschen, kein himmelnaher Gedanke. Wo, von den aͤussersten Sternen herab, der Erschaffenen Auge Reichte, so weit aus allen Welten der Schoͤpfung, von allen Polen des schon unermeßlichen Kreises umher, am fernsten Aus den Flammenstroͤmen der Sonnen, waren die Geister Alle, die Duft, die Feuer, die Heitre, die Staub, wie unsrer, Umkleidet’, auf den, der vollendet hatte, gerichtet. Gottes Erwaͤhlter, Eloa erblikte sie alle, die Christus Sahn, den unendlichen Kreis umher, und sank auf sein Antliz Vor dem Mitler Gottes, und warf die Krone der Stralen Feyrend zur Erde nieder vor dem, der vollendet hatte! Christus stand auf der Hoͤhe des Berges; um ihn die Zeugen; Ungesehen um ihn die Auferstandnen und Engel. Und er breitete gegen die Juͤnger mit Liebe die Arm’ aus: Weicht von Jerusalem nicht! Harrt dort der Verheissung des Vaters, Die ihr, als ich erstand, von mir vernahmet. Johannes Hat mit Wasser getaufet; ihr aber sollet getaufet Werden mit dem heiligen Geiste. Nur wenige Tage; Und die Verheissung wird kommen!.. Der Juͤnger etliche fragten: Richtest Neunzehnter Gesang. Richtest du wieder auf, o Messias, in diesen Tagen Jsraels Reich?.. Die Stunde, die seiner Macht der Vater Vorbehalten, gebuͤhrt, ihr Sterblichen, euch nicht zu wissen! Bey den Worten, er hielt nicht inne, blikt der Versoͤner Nach Bethania nieder. Verklaͤrt wird Lazarus, eilend Fuͤhrt ihn sein Engel herauf, daß er mit zur Herlichkeit gehe. Aber ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfahen, Der vom Himmel auf euch herab wird kommen, und werdet Meine Zeugen seyn in Jerusalem, werdet’s in Juda, Und in Sama ja seyn, und bis an das Ende der Erde! Christus nahte sich mehr, erhub die Haͤnd’, und schaute Auf die Zeugen mit inniger Huld: Gott segn’, und behuͤt’ euch! Gott erleuchte sein Angesicht uͤber euch! sey euch gnaͤdig Gott erhebe sein Antliz auf euch, und geb’ euch Friede! Also segnete sie der Versoͤner. Himmel! und Erde! Und ihr all’, ihr Erloͤsten Gottes! nun hatt’ es der Mitler Alles, alles auf Erden vollendet!.. Eine Wolke Kam herunter, und hob ihn empor gen Himmel. Die Zeugen Sahen lang dem Gekreuzigten nach, dem Erstandnen vom Tode! Lange mit freudeweinendem Blick, mit erschuͤtterter Seele, Ach mit jenem Gefuͤhl, wie es uns wird werden, wenn Christus Wiederkehret als Richter der Welt in den Wolken des Himmels! Und sie sahn ihn nicht mehr… Zween Maͤnner in weissem Gewande Standen auf Einmal bey ihnen. Die waren Eloa, und Salem. Und der Eine mit lichterem Haar, und dem goldenen Stabe Jn Der Messias. Neunzehnter Gesang. Jn der Rechten, sagte zu ihnen, die kaum in der suͤssen Wonne Betaͤubung ihn hoͤrten: Jhr Maͤnner von Galilaͤa, Warum steht ihr, und schauet gen Himmel? Dieser Jesus, Welcher von euch hinauf gen Himmel stieg, wird kommen, Wie ihr ihn sahet hinauf gen Himmel steigen. Sie sagten’s, Wendeten sich, und wurden nicht mehr von den Juͤngern gesehen. Aber die Juͤnger verliessen mit Dank, und Preise den Oelberg, Eilten, und kamen hinab nach Jerusalem; waren beysammen Jn dem Tempel, zu beten; zu beten, in ihrer Huͤtte An dem Tempel beysammen: und harrten, also geweihet, Auf die Verheissung des Vaters, daß Kraft aus der Hoͤhe, zum Zeugniß Von dem Versoͤner, uͤber sie kaͤme! daß uͤber sie wuͤrde Ausgegossen die Feuertaufe des heiligen Geistes! Der Der M essias . Zwanzigster Gesang. Jnhalt des zwanzigsten Gesanges . D er Messias erhebt sich gen Himmel. Die Engel, die Aufer- standnen, und die Seelen, welche ihn begleiten, preisen ihn in einem Triumphgesange, daß er sich von Ewigkeit dem Versoͤ- nungstode bestimt; daß er sich, als Versoͤner, den Vaͤtern schon |offen- bart habe; daß durch ihn die Welt sey geschaffen worden; daß durch ihn, selbst die Seligkeit der Ungefallnen, erhoͤht werde; daß er die Won- ne, und der Trost der Erloͤsten sey;.. Seelen vor kurzem verstorbner Frommen, mischen sich, von Engeln gefuͤhrt, unter das Triumphheer… daß er nach der Auferstehung der Todten unzaͤhlige Schaaren zu dem An- schaun Gottes erheben werde; daß er von Abraham an, sein Volk wun- derbar geschuͤzt, und geraͤcht habe; daß er ein schrekliches Gericht uͤber Jerusalem werde ergehen lassen; daß er der Beseliger Aller sey;.. Ein naher Stern wird verwandelt… daß die Liebe zu ihm, der gestorben sey, und alle Welten behersche, unaussprechlich gluͤklich mache… Bewoner eines Sterns mischen sich unter das Triumph- heer. Dieß schwebt nahe bey der Erde der unschuldigen Menschen voruͤber. Zuruf derselben. Loblied zweyer kuͤnftigen Christen… Unterdeß fahren die Triumphbegleiter mit dem Preise des Messias fort, daß Babel durch ihn untergehn; daß er die Maͤrtyrer belohnen; daß er auf Patmus ein erstes Gericht uͤber sieben Gemeinen offenba- ren werde; und daß er die Todten, sie zu belohnen, oder zu bestrafen, auferwecken werde… Seelen vor kurzem Verstorbner kommen zu dem Triumphheere, und bleiben auf einem Sterne zuruͤk… Der Thron Gottes zeigt sich von ferne. Die lezten Preise deß, der Welt- beherscher, und Vollender sey, und den nun bald das Anschaun des Vaters beseligen werde. Der Messias erreicht den Himmel, und sezt sich zur Rechte Gottes. Der Messias. Zwanzigster Gesang . W eit schon uͤber den Wolken, erhub sich der Gottversoͤner, Mit den Schaaren um ihn, auf dem lichten Pfade zum Throne. Gabriel stralte schwebend voran; die fliegenden Locken Saͤuselten ihm, und er sang in die Lispel der goldenen Harfe: Fanget bebend an, athmet kaum Leisen Laut, denn es ist Christus Lob Was zu singen ihr wagt! die Ewigkeit Durchstroͤmt’s! toͤnt von Aeoon fort zu Aeoon! Jezt erhub ein Chor Erstandner der zitternden Wonne Stimme. Die Harfen rauschten mit sanftem Getoͤn, und wie fernher IV Band. L Rufte Der Messias. Rufte der Donnerhall der Posaune. So rauscht, am Gebirge Weit herunter, von Luͤften der Hain und von Silberbaͤchen, Wenn, in Gekluͤft einher, der wasseraͤrmere Waldstrom Langsam koͤmmt. Das Chor der Erstandnen schaute zum Mitler Weinend hinauf. So sang es dem Ueberwinder des Todes: Ewig her, vom Beginn an, als die Welt Nicht war, Sohn! eh Tag, Nacht, und Gestirn ward, Eh herstralten in Sternglanz Cherubim, Gott Mitler! Sohn Gottes! wardst du erwuͤrgt! Dulder! Sohn! des Altares Golgatha Geopfert, erwuͤrgt Lamm! der Gefallnen Versoͤnung, o Erbarmer! wardst du da! Heißblutend, todt sahst du, Heiliger, dich Ewig her, vom Beginn an, als noch Strom, Und Meer nicht, nicht Thal war, und Gebirge, Noch Staub nicht zu des Lichtreichs Herlichkeit Gott schuf! der Erdkreis kein Grab noch nicht war! Einer der Engel des Weltgerichts ließ jezt die Posaune Hin mit der Rechte sinken, da saͤumend ein anderes Chor sang: Blutend lag’s! Das Gebein brach der ihm nicht, Vor den hin das Lamm sank an dem Passah. Mit Ysop, der vom Blut traͤuft, zeichnet schnell Judah den Eingang der Huͤtten umher. Weh euch! Weh! die des Lamms Blut dann nicht schuͤzt, Wenn Nacht nun den Erdkreis in ihr Graun huͤllt! Die Zwanzigster Gesang. Die Nacht kam! Der Verderber schwebt’ herab, Stillschweigend, ernst schwebt’ er nieder zum Strom. Dumpfer Laut der Gesunknen klagt’ umher, Und Ausruf der Wehmut in Aegyptus! Denn todt lag bey dem Thron die Erstgeburt! Todt sah sie, todt sah sie Mutter, und Mann Bis hinab ins Gefaͤngniß! Selbst dem Thier Entstuͤrzt schnell der Saͤugling. Nur in Ramses Erschallt Preis, und des Weinens sanfter Dank! Jhr hattet, blutvolle Huͤtten, geschuͤzt! Toͤnender schon, mit hellerer Saite, lauterem Donner Jhrer Posaunen, stroͤmt’ ein Chor in diesen Gesang aus, Cherubim warens, die flammten, und freudig ihr Antliz verklaͤrten. Der Entwurf des ewigen Reichs der Schoͤpfung Ward, zu Gestalt Urstof! Heer’ ohne Zahl Bewoner, und Welten entflohn Vor Erstaunen, daß sie waren! Dem Erschaffungsrufe des Sohns. Lautdonnernd Scholl er, gebot Kreislauf! Langsam, und schnell, Umschwebte den Stral sein Gefaͤhrt; Mit Entzuͤckung, der Bewoner! Des Erloͤsers ewiges Reich war! Tiefsinn, Herlichkeit stralt’ aus der Schoͤpfung Entwurf! Gluͤkseligkeit Aller! Es fuͤhrt Da hinauf auch von dem Elend L 2 Ein Der Messias. Ein bethraͤnter Pfad! O besingt, Graberben! Erben des Lichts! Bruͤder dessen, der starb! Den Pfad von den Leiden herauf Zum Gerichtstul! Denn ihr richtet! Labyrinth war, Erben! der Weg an dunkeln Felsen empor! Grabnacht huͤllt’ ihn euch ein. Das Blut der Entsuͤndigung rann; Und Gericht haͤlt, wer erloͤst ward! Jeddo’s Sproͤßling vordem, da er war von Sterblichen sterblich, Aber jezo ein Sohn der Auferstehung, entschwebte Seinem Chor, und nahte mit innigfreudiger Demut Sich dem Verkuͤndeten, hieß die Harf’ ihm toͤnen, und feyrte Jenen festlichen Tag, da er Zema von fern erblikte. Trat nicht hinein Josua dort, wo der Vorhang Niedergesenkt das Geheimniß uns verhuͤllte? Dennoch war er nicht rein, und Satan Rief vor dem Engel es aus. Reines Gewand gab ihm der Herr, und entlud ihn, Suͤnde, von dir! denn es solt’ einst sein Erkohrner Kommen! Zema! so toͤnt’s, es hoͤrten Zema! die Engel umher. Siehe, du kamst, Mitler, du kamst! und der Vorhang Senkt sich nicht mehr! und enthuͤllt ist das Geheimniß! Denn ins Heilige ging er Einmal, Rein durch sich selber, der Sohn! Ladet Zwanzigster Gesang. Ladet euch ein, seliges Volk, in der Rebe Schatten, euch ein, o Versoͤnte, zu dem kuͤhlen Feigenbaume! des Opferbundes Psalter beseele das Fest! Zema, du kamst! toͤne das Lied zu dem Psalter, Zema, du kamst! so ergiesse durch des Festes Lauben sich der Gesang des Bundes; Zema, du starbst! und erstandst! O wie rauschten die Harfen, wie wehten die Palmen, wie stralte Jener Seraphim Antliz, die jezo den Herlichen priesen! Da Vollendung Jesus rief, weinten wir laut, Die des Heils Strom tranken, da nahm Gott den Staub Zu dem Licht auch und zum Heil auf! Jesus rief Jhm vom Kreuz himlisches Heil, ewiges herab! Da der Gottmensch: Werde Welt! rufte, da ward, Wie der Thau traͤuft, zahllos ihr Heer, welch’ er schuf, Daß ihr Heil stets sich erhuͤbe! Allen rief Er vom Kreuz hoͤheres Heil, ewiges herab. O du Heerschaar! weit erscholl, segnend das Wort Der Vollendung! Harfengesang toͤnt’ es nach Mit dem Ausruf der Entzuͤckung! Zahllos wart Jhr, die Jhm beugten ihr Knie, seliger durch Jhn! Also hatten sie kaum den Psalm der Wonne vollendet, Als ein schimmerndes Chor Erstandner, von sanfter Begeistrung Ueberstroͤmt, des Triumphes Palmen schwung, und mit Wehmut, Jener himlischen, welche beseligt, dem Sohne des Herrn sang: L 3 Gott Der Messias. Gott sey, und dem Lamm sey, das erwuͤrgt ward, Anbetung! Hoch hinauf zu dem Sion eilt’s, zu des Himmels Glanz! O wie trof Golgatha’s Altar von dem Blut! Preis sey des Herrn Sohn, der erwuͤrgt ward! Preis sey dem Erretter der gefallnen Toderben! Dank, und Preis dem erhabnen Sohn! Du entriefst der Nacht Der Gestirn’ Heer! ihr entfloß Licht, wie ein Strom, Und schnell gewandt trat’s in den Kreislauf! Gott sey, und dem Lamm sey, das erwuͤrgt ward, Anbetung! Jubelpreis dem erhabnen Sohn! Du entriefst der Nacht Der Verwerfung, die der Tod traf! O sie sind Entflohn dem Abgrund des Verderbens! Aber ein anderes Chor Erstandner sah mit des Mitleids Frommen, innigem Blik zu der liegenden Erd’ herunter. Ach! dort waren sie auch in Huͤtten und Graͤbern gewesen! Dort erstanden! Sie sangen dem Retter der sterblichen Menschen: Gott sey, und dem Sohn sey, der zu Gott geht, Anbetung! Werft die Krone, werft, Engel, auch ihr, Jn Triumphgange die Palme, Daß der Herr sie euch gab, nieder am Thron! Pilgrim! die erniedert in das Elend herwallen, Grosser Truͤbsal voll, weinet ihr noch? Und ihr werft doch, wie die Engel, Euch am Throne dereinst hin in Triumph! Also! und mit dem Dank, und mit dem Preis lohnt Jesus Fuͤhrung, Dulder, euch! Diesen Triumph Trium- Zwanzigster Gesang. Triumphirt der, der das Elend, Bis ans Ende getreu, folgsamer trug. Schweig denn, du o Thraͤne, die in Wehmut Trost weinet, Mach ihr Herz nicht weich, troͤste nicht mehr! Jst am Ziel denn nicht Vollendung? Nicht im Thale des Tods Wonnegesang? Als sie es sangen, erblikten sie fern bey der glaͤnzenden Aehre Seelen, und Cherubim, welche die Seelen herauf zum Versoͤner Fuͤhrten. Die Cherubim flogen den Flug der Wonne; die Seelen Schwebten mit zitternder Freude daher. Es ist vollendet! Hatte gerufen am Kreuz ihr Versoͤner. Froͤmmere Todte, Die in Graͤbern und Flammen vor kurzem die Sterblichkeit liessen, Seelen aus allen Voͤlkern, aus allen Winden der Erde Warens. Sie wurden seit seiner Vollendung, also gebot er, Bis zu der Zeit des Triumphs, in den Hainen der Aehre versammelt. Und die bebende Schaar schwebt’ immer hoͤher. Sie riefen, Weinten, riefen den Ruf der Erstaunung uͤber die Gottheit, Ach den ersten! Ein Chor Erstandner empfing mit Jubel Jhre begnadigten Bruͤder. So sang es ihnen entgegen: O sie kommen herauf! muͤhsam wandelten sie Jn des Tods bangem Nachtpfad. Gluͤkliche, befreyt, Entflohn sind sie weit weg vom Elend! und Entzuͤckung Jst ihr Weinen da herauf, Wehmut himlischer Ruh. O des Wonnegeschreys! Erbe deß, der Gefaͤhrt Jn des Tods bangem Pfad war! dessen, der Gefaͤhrt L 4 Auch Der Messias. Auch hier ist, wo Gott lohnt, am Ziel lohnt, mit Vollendung! Du o seliges Gefuͤhl, wer spricht voͤllig dich aus? Wo ertoͤnte so sanft? ach, wo lispelte sie, Die es je ganz aussprach die Harfe? wo erklang Sie himlisch? Krystallstrom, wo hoͤrtest du es herwehn? Und, o Palme bey dem Strom, Sions Hoͤrerin, wo? Und die Seelen ergrif des neuen Lebens Entzuͤckung, Und sie stroͤmten ins Heer des Siegers herein, und sangen. Ach, zu dem Triumph schweben wir empor, Engel! und ihr, Erben des Lichts! kommen zu des Sohns Himmelsgang! Du o Tod, du Flug zu dem Genuß! Graͤber, und ihr Graun, Wonne seyd ihr, Himmel und sein Heil! Goͤttlicher! o dich nennet des Gesangs, Dich des Gefuͤhls Wonne nicht aus! Goͤttlicher! der Welt Koͤnig! Koͤnig der Welt! nur schwach, und in der Fern, Rufet der Triumph, hallet dir nach Jubel sein Getoͤn! Siehe, von der Schaar derer, die dein Tod, Mitler, versoͤnt, derer, die du, Herlicher! erhoͤhst, Sind auch wir! und gesaͤt ins wartende Gefild, Wo, in dem Gericht, Herlicher, du erndtest, und verklaͤrst. Himlische Juͤnglinge, Seraphim, die an dem Fuße der Cedern, Gabriels und Eloa’s, wie Blumen bluͤhten, vermochten Jhrer Freude Gefuͤhl bey diesem festlichen Anblik Nun nicht mehr zu halten. Mit Eile rauschten die Saiten: Wie Zwanzigster Gesang. Wie die Freude, wie die Wonne, wie des Triumphs Jnniges, jauchzendes, heiliges Lied Nachhallen? wie den Preis Der Vollendeten am Thron? Wenn ihr alle nun, ihr Schaaren, zu dem Genuß Alle zur Herlichkeit euch von des Grabs Nachtpfade zu dem Schaun Des Allseligen erhebt! Jesus Christus beherschte sein Volk von Abrahams Ruf an, Bis zu dem Tage, da er in der Huͤtte Bethlehems weinte. Und die Wunder des Goͤttlichen unter dem Volke der Gnade Und des Gerichts besangen die Choͤre des frohen Triumphheers. Feuriger schwung sich ihr Psalm. Mit der schnellen Wahl der Entzuͤckung Eilten von Wunder zu Wunder sie fort. Wie ein schimmerndes Chor flog, Unter dem Silbergetoͤne der Saiten, so sangs zu dem andern Hellen Chore, das kaum der Begeistrung Jubel zuruͤkhielt. Todesengel erhuben die ernste Stimme, sie sangen: Meer! du standst, Gott gebots! Tagwolke, Nachtwolke schwebt’ hinten nach dem Heer Des Gesezvolks. Gott erschrekt’ und traf Pharao’s Roß und Mann von der Wolke! Schwiegen, allein noch erscholl die Posaune. Mirjam vernahm sie. Vor dem Reihntanz trat ich einher Amrama’s Tochter, und pries: Meer ward, Wuͤter, euch Grab! Jn maͤchtiger Woge versank, Jn dem Schilfmeer, wie das Bley sinkt, L 5 Der Der Messias. Der geharnschte Reuter, das Roß, Kriegswagen, Pharao selbst! Gott sah zornig herab Aus Wolken in Flammen, da flohn Jn des Meers Strom die Geschrekten! Mich ergreift ihr Wonnegesang, mich Mirjams Harfengetoͤn! doch, o Harfen, verstummt! Erschalle, Posaune des Chors, Wie der Kison und Kedumim, Wie der Kison rauschte, da ich Debora, Sissera! todt, todt Abinoams Sohn Dich sahn, und das dumpfe Getoͤs’ Um die Kriegsachs’ und den Harnisch Nun entflohn war! Sela! Triumph! Debora Sang’s, und das Heer Judah’s! Sela! Triumph! Ertoͤnte der blutige Bach Der Kedumim und der Kison! Engel eilten mit weggewendeten Blicken Abirams Eilten Kora’s Verwerfung, und Dathans voruͤber; sie sangen: O der Angst Stimme, die, herrufend vom Abgrunde, Dumpf toͤnet’, aus Staubwolken zum Licht auf umsonst klagte! Und nunmehr sterbend noch graunvoller schwieg, furchtbarer, Verstummt, schrecket’, als hinsinkend sie Wehklag’ ausrief! Einen Blik nur senkten die Preisenden auf die Truͤmmern Jericho, einmal rauscht’ es nur die Harfen herunter. Posaun- Zwanzigster Gesang. Posaunrufen der Heerlager, die ernstanbetend Fortzogen, umscholl wehdrohend der Palmstadt Thuͤrme! Der Todstag kam dunkel! und des Herrn Heer zog! Und es sank fuͤrchterlich aufdonnernd Jericho! Harfen erklangen jezt, zu den Harfen Stimmen der Engel: O wie fiel dir, Judah, dein Loos! Bethlehemens Braͤunlicher Sohn spielt’ hin, leicht wie ein Reh! Da sank ihm der Stab, und er traf Den Gathaͤer, der ihm Hohn sprach! So erhoͤht’, o Judah, dein Gott den Juͤngling, Gab ihm ums Haupt Gold, und goldnen Gesang, Verwerfer des Benjaminits, Daß sein Blut trof am Gilboa. Und es sahe David den Sohn, den Mitler Ferne, da flog Psalmflug! Jubel erscholl Jm hoͤheren Chore, das Lob Des Erschaffers, und Erbarmers! Andre Harfen erklangen, und andre Stimmen der Engel: Er betet, da stuͤrzt hoch herab Ein Gebot vom Thron her Flammen herab! Das Opfer versank schnell in der Glut! Und die Wasser am Altar brannten in die Hoͤh! Sieben Cherubim schwebten aus ihrem Chore zum Seher, Dem Erhabenheit, dem viel ferues Kuͤnftiges Gott gab. Und Der Messias. Und du schweigst, der Cherubim sah vor Gott stehn Ernst, unenthuͤllt, Fluͤgel huͤllten uns ein! Der Tempel erbebte vom Psalm Der Erhobnen zu des Herrn Thron! Jch verstumte, da ich euch sah vor Gott stehn Ernst, unenthuͤllt, Fluͤgel huͤllten euch ein! Der Tempel erbebte vom Psalm Der Erhobnen zu des Herrn Thron! Und ihr riefet: Heilig ist Er! ach, heilig, Heilig ist Er! Zahllos sind, die den Herrn Anbeten! Es schallet sein Ruhm An des Throns Hoͤh, und im Staube! Jezo schwieg er, vertieft in Gedanken vom Weltbeherscher. Aber nicht lange, so winkt’ er Posaunen. Die toͤnten zum Liede: Die hohe Jungfrau Sion verachtet dich, Und spottet dein! Die Tochter Jerusalem Schuͤttelt ihr Haupt dir nach! Wen, wen hoͤhntest, und laͤstertest du? O wider wen kam, Stolzer, dein Laut empor? Dein Aug’ erhubst du wider den Heiligen Jsraels! hast du nicht Gott Jehovah gehoͤhnt, und gesagt: Jch bin gestiegen uͤber die Berg’ herauf Mit meiner Wagen Menge! des Libanon Seiten, des Libanon Cedern haut’ ich und Tannen herab! Gekom- Zwanzigster Gesang. Gekommen bin ich bis zu dem aͤussersten Herberge Carmels, bis in den hohen Wald! Grub ich, und trank ich nicht Eure Wasser? und troknet’ ich nicht, Mit meinem Fußtritt, Jsraels Seeen aus? Vernahmst du niemals, daß ich, was izt geschieht, Oftmals vordem auch that? Weit von ferne bereit’ ich es zu, Dann heiss’ ichs kommen! Staͤdte, von Mauren hoch Und Hugeln, fallen oͤde zur Truͤmmer hin! Schaam, und des Todes Furcht Senkt zur Erde des Streitenden Arm! Wie Gras des Feldes werden sie! dorren hin Wie Kraut auf Daͤchern! Heu vor der Reif’, und welk! Weis ich es, Stolzer, nicht Wo du ziehest? und ziehest? und wohnst? Und kenn’ ich wider mich dieß dein Toben nicht? Weil wider mich du also denn tobst, dein Stolz Weil er zu mir herauf Stieg, und ich es im Himmel vernahm: So leg’ ich einen Ring an die Nase dir, Leg’ ich Gebiß dir, Tobender, dir ins Maul, Daß du denselben Weg Wiederkehrest, auf welchem du kamst! Feurig sang ers. Von neuem begannen die sieben Begleiter: O ent- Der Messias. O entfleuch denn, Sanherib, eil zu Nisrochs Opfer! Noch scholl Sions Huͤgel herab Das Drohn des Prophetengesangs, Da erhub schon die Vollendung Zum Gericht den donnernden Fuß! Der Tag stieg Roͤthlich herauf, stumm lag, leichnamevoll Das Feld der Assyrer! Entflohn War ihr Koͤnig mit Entsezen! Und der Seher der Herlichkeit Gottes am Chebar entschwung sich, Nebst zwoͤlf Juͤnglingen, Engeln und Menschen, des feyrenden Heerzugs Lichten Choͤren. Jhr Flug schon erklang, da die Harfen noch schwiegen. Und sie schwebten dem goͤttlichen Sohn anbetend voruͤber. Furchtbar schoͤn war ihr stralender Schwung, und der Himlischen Anschaun, Und in dem Blicke die Flamme. Sie sangen dem Herscher in Judah: Raͤcher! wie oft hast du geraͤcht dein erkohrnes, Leidendes Volk! wie zerschmettert die Zerstoͤrer! Hast sie bluten gemacht! Die Blutgier Lechzten, entrannen dir nie! Glich nicht des Nils schreckendes Thier dem Assyrer? Libanons Pracht, wie sie aufsteigt zu beschatten, Hatte dieser! Er stand von Laube Dick, und sein Wipfel empor! Wasser um ihn machten ihn groß! und an Strudeln Hub er den Wuchs! um den Stamm her des erhobnen, Rausch- Zwanzigster Gesang. Rauschten Stroͤme! den andern Baͤumen Sendet’ er Baͤch’ ins Gefild! Darum erhub hoͤher er sich, wie die andern Baͤum’ im Gefild! und es ward ihm, zu der Aeste Vollem Spross’ und der Zweige, Wassers, Sie zu verbreiten, genung! Nisteten nicht Voͤgel auf ihm, und das Staubthier Lag’s nicht um ihn, wie unzaͤhlbar? Jn des hohen, Quellentrunkenen Baumes Schatten Wohneten Voͤlker umher! Ceder des Herrn, warst du wie er? und o Tanne, Du wie sein Ast? und du Ahorn, wie sein langer Schoͤner Zweig? Vor der Baͤume Schaaren Prangt’ er im Haine des Herrn! Hatt’ ihn nicht Gott also geschmuͤkt, und mit dichtem Aesten erhoͤht, daß die Baͤum’ ihn in dem Garten Gottes neideten? Weil sein Wipfel Also gen Himmel erwuchs, Hob sich sein Herz schwellend empor, daß so hoch er Stuͤnde! Du gabst ihn dem Staͤrksten der Tyrannen, Raͤcher nun, in die Hand, daß ers ihm, Wie er verdiente, vergalt! Fremder Gewalt rottet’ ihn aus, und zerstreut’ ihn! Auf dem Gebirg’, in den Thalen, an den Baͤchen, Lagen niedergestuͤrzt, zerschmettert, Aest’ ihm, und Zweig’ ihm umher! Schatten Der Messias. Schatten war Er Voͤlkern nicht mehr, und zu Schaaren Zogen sie fort! Auf dem Stamme des Gesunknen Wohnten jezo der Luft, auf seinen Aesten die Heere der Flur! Niedergeschrekt, hebet kein Baum an den Wassern So sich mit Stolz! und es ragt so bey den Stroͤmen Keines Wipfel nicht mehr aus dichten Zweigen der Kuͤhlung empor! Denn in das Grab muͤssen auch sie, zu der Todten Gruften, vor die sich der Erdkreis in den Staub wirft! Als der Assur die Tief’ hinabkam, Klagte sie weit um ihn her! Huͤllte sich ein Strudel und Strom! und die Wasser Flossen nicht fort! und verdunkelt, wie in Trauer, Stand ihr Libanon! auch des Thales Baͤume verdorten um ihn! Als mit Getoͤs’ nieder er stuͤrzt’, in die Hoͤlle Nieder mit Sturm, da entsezten sich die Voͤlker! Du, edenischer Hain im Abgrund, Du, o sein Libanonwald Dort in der Nacht, troͤstetet ihn! Ja die Herscher Alle, sein Arm, die mit Schatten er bedekte, Waren nieder mit ihm gesunken Zu der Getoͤdteten Schaar! Und Zwanzigster Gesang. Und sie schwiegen. So saͤumt mit kurzem Weilen, der Erde Furchtbares Beben, nun bald gen Himmel wieder zu senden Staub aus Truͤmmern, und Sterbender Jammergeschrey! Sie sangen: Wie den Assur stuͤrzetest du Aegyptus Koͤnig, o Sohn! Meerdrach sprang er im Strom; Es truͤbte die Wasser sein Fuß, Und der Schlamm woͤlkt’ in der Flut sich! Da er ausrief: Mein ist der Strom! ich habe Mir ihn gemacht! warf Gott uͤber ihn aus Sein Netz, und es jagte sein Heer Jn sein Garn auf den Empoͤrer! Wie die Fisch’ ihm schwer, und in Drang die Schuppen Hingen herab, zog Gott ihn aus dem Strom, Und warf ins Gefild ihn, und rief Zu dem Aase, was in Hoͤhn fleugt, Was in Staube kriechet, und raubt. Das Aas lag An dem Gebirg weit hinunter ins Thal, Und fuͤllte das Thal! und es stieg Zum Gestad’ auf, wo er sonst schwamm, Des Verworfnen Blut! ja hinan die Berge Drang’s, und des Stroms Baͤche wurden umher Vom Blute getruͤbt! Denn hinab Jn die Gruft ward er gestossen! Jn der Tief’ empfingen ihn die, die einst auch, Helden wie er, wuͤrgten! Alle sie sind IV Band. M Hinun- Der Messias. Hinuntergestuͤrzt vor dem Schwert! Und sie ruhn jezt bey Erschlagnen! Wo sie ruhn, liegt Assur, umher begraben Alle sein Volk. Schwert, du warfst sie hinab! Tief ist in den Kluͤften ihr Grab, Die den Erdkreis einst erschrekten! Wo sie ruhn, liegt Elam, bey ihm begraben Alle sein Heer! Schwert, du warfst sie hinab, Hinab in die Graͤber voll Schmach, Die den Erdkreis einst erschrekten! Jm Gefild liegt Mesech! es liegt dort Thubal Er, und sein Heer! schmachvoll, waffenberaubt, Nicht unter dem Haupte das Schwert, Das Gefild ist vom Gebein weiß Der Verworfnen, welche die Erd’ einst schrekten! Pharo, auf dir stand des Siegenden Fuß! Nun schlummerst du mitten im Heer Der Erschlagnen, die das Schwert traf! Die Beherscher Edoms, der Krieger Fuͤhrer, Liegen umher tief in Naͤchten der Gruft! Sie taumelten hin vor dem Schwert, Zu der Heerschaar der Erschlagnen! Mit hinunter sanken die Voͤlker Sidons. Roͤthere Schaam dekt der Fuͤrsten Gesicht, Daß kuͤhn die ereilende Schlacht Sie hinabwarf in die Tiefe! Die Zwanzigster Gesang. Die Erschlagnen all’ um sich her versammelt Sah in des Abgrunds Nacht Pharao! ihn Erblikte sein Volk, und es war Jhm Erquickung dieß Entsezen! Denn hinab hast Pharao du zur Hoͤlle Jhn, und sein Heer, Gott Verderber, gestuͤrzt! Geschrecket, geschrecket auch du, O der Welt Richter, den Erdkreis! Sichtbar nur der Unsterblichen Aug’, in des Himmels Abgrund, Lag auf der wandelnden Erde Jerusalem. Todesengel Schauten hinunter, und wandten von ihr zum Thale Gehenna Jhre Blicke. So sangen mit ernstem Trauren des Todes Engel, indem, wie ferne Donner, ihrer Posaunen Ausruf scholl, dumpf scholl, wie Meer’ an Felsengestade. Geh unter! geh unter, Stadt Gottes! Jn Kriegsschrein! in Rauchdampf! und Glutstrom! Versink, ach! die des Herrn Arm von sich wegstieß! Sey Truͤmmer, Stadt Gottes! Todsworte sprach Jesus! Rom thut sie! Zum Aas’ eilt mit Gierblik der Adler! Den Feldherrn, die ihr Gott ruft zu verderben, Flammt’s ernst vom Rachauge! Pflugtreiber streun schreckend Salzsaaten! Dir zog Gott| die Meßschnur, o Schauthal! Er, er bot zum Triumph auf! Die Drommet’ hallt Siegswut, wo Gott ausmaß! M 2 Blut- Der Messias. Blutfodernd riefst, Judah, den Fluch du Vom Thron her! Dein Mund schrie: Des Sohns Blut! Die That schrie’s noch mit mehr Grimm. Dich erhoͤrt Roms Heerfuͤhrer. Geh unter! Wie der freudige Fromme, der izt die Graͤber nicht denket, Oder, denket er sie, mit dem Troste der Auferstehung, Jhre Naͤchte durchstralt, wie der, wenn der Morgen im Fruͤhling Jhm erwacht, mit Wonn’ in dem Aug’ in die schoͤnen Gefilde Weit umher blikt, laut sein Gebet dem Schoͤpfer des Fruͤhlings Hinstroͤmt, also schauten umher, ertoͤnten vom Jubel Choͤre Seraphim, da in der Strasse des Lichts des Triumphes Heerschaar schwebt’, und mit stralenden Meeren der hellere Himmel Sie umgab, und die Stern’ in Gedraͤng zu tausenden wallten. Dieser Jubel der Seraphim scholl umher in den Sternen: Ertoͤnet sein Lob, Erden, toͤnt’s, Sonnen! Gestirn! Jhr Gestirn’ hier in der Strasse des Lichts, hallt’s feyrend Des Erloͤsenden Lob! siehe, des Herlichen, Unerreichten von dem Danklied der Natur! Lobfing, o Natur, dennoch dem, welcher dich schuf! Dein Gesang stroͤm’ in den Himmeln einher! hochpreisend, Von erbebender Hoͤh, rufe des Strals Gesaͤhrt Jn Kidrona, und dem Palmthal, ihn herab! Jhr Wasser der Mond’, Erdemeer, rauschet darein! Wie das sanftlispelnde Harfengetoͤn, zum Chorpsalm Der Posaunen empor, Luͤfte der Palme wehn, So erhebt euch zu der Sternheere Gesang! Wie Zwanzigster Gesang. Wie wandelt ihr her, welche Gott zahllos erschuf! O du Heerzug der Gestirne! wie stralt, wie laut ruft Des Erloͤsenden Preis ihr zu der Hoͤh hinauf, Zu der Glanzschaar um den Thron Gottes empor! Du bist es, o Sohn, dem der Welt Jubel ertoͤnt! Du ein Quell aller Beseligung! Herr, Heilgeber! Unerschoͤpflicher Quell dessen, was gluͤklich macht! Jst ein Weg wo? ist ein Flug auch zu dem Licht, Zum Heile, den er uns nicht fuͤhrt? Alle nicht fuͤhrt? Labyrinth alle des grossen, des unnennbaren, Des belohnenden Heils! Selige fuͤhrt durch dich, Von Aeoon her zu Aeoon fort, Labyrinth! Da stets weiter empor in der Strasse des Lichts der Triumph stieg, Ward nicht ferne von ihnen ein Stern, der Sonnenbegleiter Einer, verwandelt. Erschuͤtterung ging von Wende zu Wende Durch die Mitte des Sterns. Er zerspaltet’ in Lande. Gebirge Krachten, flamten; und brausender dampften Meere gen Himmel. Fuͤrchterlich war’s selbst Engeln zu sehn, wie in Jrr’ Urkraͤste Wankten, es bildeten; Saat aufschwoll der neuen Erschaffung! Aber aus eines Sirius naͤherm Stralen erhuben Auferstandne Gerechte die Stimme der Wonne zum Mitler: Liebe des Sohns, himlisches Heil! dem Verstande Goͤttliches Licht! vom Altar Glut dem Gefuͤhle! Tag, der erwacht, in das Meer nicht unterzugehn, Der Erloͤsten ewiger Tag, Liebe des Sohns! M 3 Fluͤgel Der Messias. Fluͤgel hinauf, Fluͤgel zum Thren, o Triumph, nahmst Du! und auch uns, den Gewaͤhlten des Erhobnen, Wehest du vor mit der Palme, Christus Trlumph, Zu dem Thron des Vaters empor, Christus Triumph! Engel, der dort stralend einher durch die Himmel Schwebet, wer ists? dem das Sternheer in der Laufbahn Steht, dem es laut auf den Pfaden Gottes ertoͤnt, Dem die Tiefe sinket, wer ists, Engel des Throns? Er, der am Kreuz duͤrstet’, und starb! der uns liebte Bis in den Tod, o der Schmach Tod, des Altares Golgatha Tod! und verlassen rufte von Gott Jn der Nacht! der ist es, ja der, Engel des Throns! Stroͤmet sie her, Stroͤme des Lichts, und o Luͤfte, Saͤuselt ihr sanft dem Triumphheer sie heruͤber, Welche sich dort, noch unhoͤrbar, tief in der Fern Uns enthuͤllen, kommen, des Sohns Antliz zu sehn. Engel, der Tag seines Triumphs die Erhebung Christus zum Thron sie erscholl weit in die Welten Alle! Wer wohnt in des Lebens Huͤtten, wem Gott Es vergoͤnnt, der eilet, des Sohns Antliz zu sehn! Herscher ist Er! Herscher der Sohn! Ach es fleht ihm Aller Gebet! Jn den Weltkreis, in die Tiefe, Fern in die Hoͤh, bis zur lezten, sendet hinauf Die Erhoͤrung Er, der allein Seligkeit hat! Freuden Zwanzigster Gesang. Freuden euch! Licht stroͤmet’ euch her, und Geluͤfte Saͤuselte sanft dem Triumphheer euch heruͤber Weit aus der Fern, ihr Bewoner jenes Gestirns, Das auf Erden uͤber des Bliks Graͤnze sich hob. Herscher ist Er! Herscher der Sohn! Ah es fleht’ ihm Euer Gebet! Jn die Tiesen, in die Hoͤhen, Sendet der Sohn; bis zur lezten, sandte der Sohn Die Erhoͤrung Er, der allein Seligkeit hat! Der Entzuͤckungen! ach! Seht, dort stralet der Sohn Jn dem Chor hoher Thronen! herlich in dem Chor Des Grabvolks, die Blut ihm versoͤnt hat, die erwachten, Vor dem Tage des Gerichts, umgeschaffen durch ihn! O du Erster des Seyns! welchen himlischen Weg Hat gefuͤhrt deinen Sohn des Todes Labyrinth! Vom Grab’ auf erhebt Er den Siegsgang! aus der Nacht her, Die den Sterbenden umgab, komt des Ewigen Sohn! Jn der Schoͤpfungen Meer, wo der Woge Gebirg Zum Gestab’ hinwallt, wohnet, Herlicher, dein Volk, Dem Heil auch von dir wird, Messias! ob es Blut gleich, Unentheiligt von der Schuld, nicht zur Soͤhnung bedarf. Aber es ist unsere Schuld vor der Zeugen Auge vertilgt, und verstummt ist nun der Suͤnde Stimm’ an dem Thron, in der Engel Hallen, dem Ohr Des Gerichts der Klaͤgerin Ruf ewig verstummt! M 4 Fuͤrch- Der Messias. Fuͤrchterlich laut rief sie binauf, und es war doch Leise das Ohr des Gerichts; aber: Vollendet Jst es! erscholl von der Hoͤh die Psalmmelodie, Und die Suͤnde hoͤrte des Sohns Donner, und schwieg. An des Ewigen Thron, Christen, preisen auch wir! Wo es euch, Erben, schattet, schattet es auch uns! Wo euch quillt des Heils Quell, das Labsal der Gerechten, Da versammeln wir auch uns, quillt uns Leben auch zu! Bebtet ihr je, Soͤhne der Fern, der Verwerfung Schrecken? O trof, in der Wehmut, im Entsezen Vor dem Gericht, im Entfliehn vom Horeb, euch je Die entflamte Thraͤne den Blik blutig herab? An dem schwindelndem Hang, den Verderben begraͤnzt, An des Abgrunds Nacht, staunten, schauerten wir nicht! Wo Wagschaal’ ertoͤnt, nicht! wo Zornkelch sich ergiesset; Und Geretteter Gefuͤhl ward uns, Gluͤkliche, nie! Christus Triumph erreichte den Stern der unschuldigen Menschen, Und der unsterblichen. Ueber den hohen Gefilden des Sternes Schwebt’ er einher. Die Unsterblichen sahn den stralenden Heerzug, Sahn den Versoͤner, und ach die Auserstandnen vom Tode! Haufen schauten; allein bald wurden die Haufen zu Schaaren, Bald die Schaaren zu Heeren, Die Haͤupter gen Himmel erhoben, Standen sie, unter ihnen der Erstgeschafne. Vollender! Rief er, und sank auf sein Knie, um ihn die Unsterblichen |alle. Haine riefen Hainen, und Bergen Berge: Vollender! Unter Zwanzigster Gesang. Unter sie hin war Thoa getreten. Jhn hatte der Richter Wieder hinauf in das Leben gefuͤhrt. Der frohste der frohen War er, war ganz Dank, war ganz mit Empfindungen seiner Neuen Unsterblichkeit uͤberstroͤmet. Jn dieser Entzuͤckung Rief er laut mit den Heeren der heiligen Menschen: Vollender! Jezt da in seinem Triumphe der Sohn des Ewigen Psalme Seiner Erhoͤhung vernahm, und mit Wonne der Preisenden Freude Ueberschwenglich belohnt’, entstieg der Graͤber Gefilden Zweener Sterblichen Lied. Sie hatten Erstandne gesehen, Hatten gelernt. Es wurd’ ihr Lied von dem Ausgesoͤnten, Und dem Versoͤner gehoͤrt. Jndem der Schatten des Baumes, Jhnen Huͤtte jezt, und Kuͤhlung sanfterer Luͤfte Weht’, und der Bach mitscholl, erhub sie die Stimme der Andacht Sie, die den Herrn, und ihres Lebens Gefaͤhrten liebte. Schwinge dich empor, Seele, die der Sohn zu des Lichts Erbe sich erschuf! selige, die versoͤnt Jesus hat! Sing ins Chor der Vollendeten am Thron! Stammelten sie nicht auch Laute, wie du, bebenden Gesang? Als der Schatten des Baums, und Kuͤhlung sanfterer Luͤfte Weht’, und der Bach mitscholl, erhub er die Stimme der Andacht Er, der den Herrn, und seines Lebens Gefaͤhrtin liebte. Selbstaͤndiger! Hochheiliger! Allseliger, tief wirft, Gott! Von dem Thron fern, wo erhoͤht du der Gestirn’ Heer schufft, Sich ein Staub dankend hin, und erstaunt uͤber sein Heil, Daß ihn Gott hoͤrt in des Gebeinthals Nacht! M 5 Durch Der Messias. Durch feyrende, lautpreisende Psalmchoͤre des Sternheers bebt Mein Gebet auf zu dem Thron deß, der im Lichtreich herscht! Vom Beginn selig macht! Labyrinthweg’ uns empor Zu dem Thron fuͤhrt, wo unerforscht Er herscht! Hochheiliger! Allseliger! Unendlicher! Herr! Herr! Gott! O erhoͤr du mein entzuͤkt Flehn von dem Grabthal her! Von der Nacht stammelts auf zu des Chors Halleluja; O erhoͤr’s, Gott! und mein verstummt Flehn auch! Gott! mache den Toderbenden gluͤkseliger! Gott! trokn’ ihm Die Betruͤbniß von der Wang’ ab! doch ist Elendslast Jn der Nacht hier sein Theil, so begnad’ ihn mit Geduld! Und o leit’ ihn, daß er am Thron anschau! Also sang er, und schwieg; bald aber erhub sich von neuem Seine Seele, brante von neuem vor inniger Andacht. Siehe des kuͤnftigen Christen Gesang entschwebte der Erde Kaum; allein ihn vernahm der Hoͤrer der ewigen Choͤre. Also rauschet ein Blatt, wenn die Wiederhalle der Felskluft Donner rufen, Donner der Waldstrom nieder ins Thal stuͤrzt. Erwach, Harfengetoͤn, und erhebe dich dem Psalm nach zum Throne! Dein Flug sey des Unendlichen Lob, des Herrn Preis dein Festlied! O ihm, dem mit Entzuͤckung Harmonie des Gestirnheers emporsteigt, Und Erzengel entflammendes Lob in dem Anschaun ertoͤnen, O lispl’ auch, mein Gesang, sein Lob dem! Von dem Grab’ auch vernehme Sein Lob Gott! Wie beginn’ ichs? wie vollend’ ichs? O Vorschmak des Himmels, Des Zwanzigster Gesang. Des Herrn Preis, wer singt dich, und erliegt nicht? Was ihn sonst hob, versinkt jezt, Sein beseelteres Bild, wie der Schimmer von dem Aufgang Gemaͤld’ ihm Voll Goldglanz, wird ihm Daͤmrung! Wie ich kann, mit der Nacht Schein im Bilde, Mit Nachhall und Laut nur, wenn der Chorpsalm zu dem Thron auf sich donnernd Erhebt, sing’ ich dem Herrn! Wer gleicht dir? Wer, o Gott, ist wie du bist? Des Seyns tiefen Entwurf entwarfst du, eh Gefuͤhl war, Gedanken, Und Zwek war in der Endlichen Heer! O der Aussaat, die, Gott, du Gesaͤt hast! und Aeoon auf Aeoon, daß sie reift’, aufgehaͤufet. O Rathschluß: Die Aeonen wenn sie all’ einst vorbey sind, wird Erndte Ohn’ Aufhoͤren am Thron seyn! Die Erschaffung zu des Sohns Heil hast dann du Vollendet!.. O dann fuͤhrt das Gluͤk uns, und das Elend ins Lichtreich! Was einst uns, dem Begluͤkten und dem Dulder, Labyrinthweg und Nacht war, Das fuͤhrt uns zu dem ewigen Heil hin! Jndeß welkt auf Erden Der unsterbliche Mensch weg, und empfindet Herannahn des Todes, Herannahn der Verwesung! und verweint, in Wehklag’ ergossen, Den Beginn des Daseyns; und weis doch, daß es Gott einst mit Wonne Vollbringt! Er, der ihn auch zu dem Heil schuf! Ja! so, Gott, vollbringst du’s! Ach truͤb’ ist, und Nacht ist der Gedanke, daß ins Loblied der Himmel Der Angst Stimme sich mischt, und mit Thraͤnen sich die Wehmut von Graͤbern Empor- Der Messias. Emporhebt ins Getoͤn, wo Entzuͤckung der Chorpsalm zum Thron ruft, Und sanft Lispeln den Harfen entlokt, wenn in Dank weint die Wonne! Cherubim und Erstandene toͤnten vom Untergange Babylons. Also sang der Erstandenen Chor dem Vollender: Ernst ist er des Gerichts dunkler Tag! Todesgang und des Sturms Flug eilt des Herrn Gerichtstag! Prophezeihung gegen sie, Bewoͤlkt einst, Prophezeihung, wie erfuͤllt Gott dich! Ach! sie stuͤrzt! Es vernahm Erd’ und Meer Babels Fall, der Erfuͤllung Donnerschlag! Nun thut’s Gott vom Throne! Jezo droht Am Meerstrand die Verkuͤndung des Posaunrufs nicht! Babel stuͤrzt! O begann Gottes Tag Jener schon der Entscheidung grosser Tag? Wie liegt, Weh! sie zerstoͤrt da! Weh ihr! Weh! Welch Graun jezt, die so stolz war, in dem Abgrund da! Cherubim und Erstandene toͤnten vom Untergange Babylons. Also sang der Cherubim Chor dem Vollender: Sie versinkt! sie versinkt, Babel! Der Taͤuscherin Gefuͤllt ist mit Gifttrunk, schnelltoͤdtend, schaͤumt Jhr Kelch auf! O es fuͤllt dir, Babel, dafuͤr, Des Gerichts Kelch vollmessend, der wieder vergilt! Du Zwanzigster Gesang. Du Gestuͤrzte! wie lang schaͤumte dein Taumelkeich Dem Erdkreis Verfuͤhrung, Wahn, Wut und Tod! Erwacht ist des Vergelters Rache! dich hat Von des Zorns Kelch Gott trunken zum Tode gemacht! Ach! die seligen Tage der ersten Auferstehung Warens, die ihr, schon jezt vollendete Maͤrtyrer, feyrtet. Die Gott raͤcht, in Gestirnglanz, Gluͤkselige! Jn des Heils Kleid, ausduldende Maͤrtyrer! Zu dem Erb’ in dem Lichtreich kommt freudig ihr, Die Gott raͤcht, von dem Nachtthal her! Die Herschaft des Vollenders, Mitblutende! Die Gewalt deß, den Kreuziger toͤdteten, O empfangt die Belohnung, Heilerbende! Erstaunt, bang, und vor Angst stumm, hoͤrts Der Erdkrels! Die verkannt einst schnell bluteten, Wenn sie Satan Raͤuchwerke nicht zuͤndeten, Sie beherschen die Welt jezt! sind Koͤnige! Vom Thron schmuͤkt mit Gewalt Gott euch! Unbemerkter, nicht eine der Kontginnen des Weltmeers Ruhte zwischen Wogengebirgen die einsame Patmos. Aber es solte dereinst wie Posaunen an ihrem Gestade Dem erschallen, den sich der Offenbarer zum Seher Auserkohr, und in ihrer Haine Schatten der Gottmensch Jhm erscheinen, umringt von sieben Leuchtern, gekleidet Jn Der Messias. Jn ein lichtes Gewand, mit Golde beguͤrtet, das Haupthaar Weiß wie Schnee, und Flamme sein Blik, wie die Sonne sein Antliz! Gluͤhend Erz war sein Fuß, vom Munde ging ihm ein scharfes, Schneidendes Schwert, und er hielt in der Rechte sieben Sterne; Eine Stralengestalt, vor welcher, wie todt, der Seher Hinsank! Richter der Welt war der, vor welchem er hinsank. Aber jezo richtet’ er noch sein grosses Gericht nicht; Sprach nur uͤber sieben Gemeinen ihr erstes Urtheil; Mit dem Ernste des Richterspruches ertoͤnte noch Gnade! Und es hatten, von diesem Gericht, die Ersten der Engel, Und die Vaͤter sie hatten, von dieser Gnade, wie fern her Himlische Stimmen vernommen. Sie sangen dem schonenden Richter, Daß ihm in den Gemeinen, wie Thau aus der Morgenroͤthe, Seine Kinder wuͤrden zum ewigen Leben geboren, Durch die neue Geburt! und daß er ihrer wie Muͤtter Sich erbarmt’, auch da, wo selber die Herzen der Muͤtter Fuͤhllos wuͤrden, auch da sich Jesus Christus erbarmte! Ephesus, ach, Ephesus! komm zu der ersten Liebe zuruͤk! O wie tief sankst du, Gemeine! Kehre wieder! es stuͤrzt dein Leuchter Sonst dir dahin, und verloͤscht. Preis dir! du giebst ewigen Lohn, wer sich wieder, Mitler, erhebt! am Krystallstrom, der vom Throne Fliesset, schatten des Lebens Baͤume! Tragen dem Siegenden Frucht! Und Zwanzigster Gesang. Und ein hoͤheres Chor begann, von Wonne begeistert, Durch die goldenen Harfen herunter zu rauschen; sie sangen: O der Aussaat, welche du, ewiger Sohn! Dir in Smyrna saͤtest! o sie halten aus Jm Gefaͤngniß, und geschmaͤht! Sie duldens gern, Sind getreu bis an den Tod, Kronen zu empfahn! Wehmutsstimmen erschollen. So sangen Choͤre der Menschen: Pergamon, du hieltest an Jhm in den Tagen Jenes Triumphs, da Antipas in sein Blut sank! Zeugend sank er! O ruft Antipas Namen, Unsterbliche, laut! Aber du hast, Pergamon, auch, die wie Balak Aergern. Es labt, wer gesiegt hat, das verborgne Manna diesen allein! nur er hoͤrt Zeugen die Himmel von sich! Wehmutsstimmen erschollen. So sangen Choͤre der Engel: Siehe, du glaubst, duldest, und liebst, Thyatira! Aber du hast, Thyatira, die Prophetin, Hast die Taͤuscherin auch! Dein Richter Forschet hinab in das Herz! Welchen er rein sahe der Sohn, den erhebt er, Sezet ihn hoch, daß den Weltkreis er behersche! Giebt den eisernen Stab der Macht, giebt Stralen der Stern’ ihm ums Haupt. Stille Der Messias. Stille ward in der Schaar des Triumphes, und keins der Choͤre Sang, und alle Harfen, und alle Posaunen verstumten, Bis zu dem Goͤttlichen wenige Stimmen sich endlich erhuben. Ach Sardis! ach Sardis! Weltrichter, Erbarm dich! des Herrn Sohn, verschone! Sie liegt todt, und ihr Wahn waͤhnt, daß sie lebe! Gott Mitler! schon’ ihrer! Ach hoͤre! wach, Sardis! wach, Todte! Vom Schlaf auf! Es schrekt schon von fern her, Mit Eil droht, mit Vollendung das Gericht dir! Hoͤr, hoͤr sein Drohn, Todte! Weisses Gewand stralet um den, der gesiegt hat! Hell in dem Buch, das vom Heil einst im Gericht toͤnt, Steht sein Namen! ihn nennt, vor Gott selbst, Und vor den Engeln, der Herr! Aber ein hoͤheres Chor begann, von Wonne begeistert, Durch die goldenen Harfen herunter zu rauschen; sie sangen: Wie selig ist sie! Wenig Kraft gab ihr der Herr; Und es blieb dennoch im Bunde, bekante dennoch Philadelphia stets! Satans Verfuͤhrter soll Sich ihr bang nahn! in den Staub sinken vor ihr! Wie selig ist sie! Wenig Kraft gab ihr der Herr; Und es blieb dennoch im Bunde, bekante dennoch Philadelphia stets! Stunde des Jammers, trif Du den Erdkreis, und vor ihr eile vorbey! Wie Zwanzigster Gesang. Wie herlich ist sie! Treue Schaar, halt, was du hast, Und o laß keinen die Krone des Heils dir nehmen! Der Vollendete steht glaͤnzend ein Pfeiler einst Jn dem Tempel, wo der Sohn ewig belohnt! Wehmutsvoll, mit jener Empfindung, die unter den Menschen Thraͤnen wird, kam mitten aus einem Chore die Stimme: O vernaͤhme den Ruf Laodicea noch! Er ruft ihr vom Tod’ auf! wehklaget sanft! Wie blind ach! und wie elend taͤuschet sie sich! Du des Herrn sonst, auf, eile dem Rufenden zu! Der Gezuͤchtigte geht auch zu dem Abendmahl Des Sohns ein! Wer fest steht, aushaͤlt, und siegt, Belohnt wird, und gekroͤnt der! steiget empor Zu des Throns Hoͤh, Gottmensch, wo in Lichte du wohnst! Da des Triumphs Heerschaar stets weiter hinauf zu des Himmels Stralenkreise stieg, begannen Choͤre der Seher Und Erzengel dem Auferwecker und Richter zu singen. Also sangen sie gegen einander. Die Harfen der Seher Toͤnten feyrlichen Ernst, und flossen von grossen Gedanken Feuriger uͤber. Jzt stroͤmte der Psalm in der Saite Begeistrung: Wo erhoͤht er in dem Lichtreich, im Glanz thront, dort Stieg er herab, und den Gerichtsruf donnerte sein Heer! Und die Grabnacht gab, die sie wegnahm, her, Da des Gerichts Ruf toͤnt’, und das Gebirg’ einsank! IV Band. N Und Der Messias. Und die Heerschaar, die vom Tod’ Er durch Blut lossprach, Hub sich empor, und ihr Gewand goß Stralen um sie her! Jhr Triumphlied scholl, wie das Weltmeer braust! Und sein Getoͤn stieg hoch mit dem Gerichtsruf auf! Und sie erlagen dem Wonnegedanken. Die Saiten nur toͤnten. Aber nicht lange, so scholl ihr Gesang von neuem zur Harfe: Aussaat, die gesaͤt ruhte, bis Gott ihr rief, das Gefild Mit Goldglanz zu bedecken! Selige, die Staub zu Staub Jn sich einschloß saͤumende Nacht, Bis floh der Aeoon Sterblicher dahin! Aussaat, o wie reif schimmerst du her! Laut ruft im Gefild Die Heerschaar zu der Erndte! Selige, die Glanz zu Glanz Der Vollender sammelt, wie nimmt Des neuen Aeoons Herlichkeit euch auf! Jezo sangen mit himlischem Laͤcheln die Ersten der Engel. Toͤnender stroͤmte der Strom der Harfen zum Wonnegesange: Todt’, erwacht! Todt’, erwacht! Der Gerichtstag hallts! Der Aufruf der Erndter des Gefilds Ertoͤnt froh! Der Staub hoͤrt’s da, wo er sanft Schlummert, hinschallen! Schuzengel rufen ins Gericht! Eilet, schaut auf zum Thron, die mit Huld Gott rief! Erwacht! eilt! steht auf! stralt von dem Grab Empor ihr, die Jesus frey des Gerichts Macht! o Miterben, komt, nehmt die Palmen in Triumph! Schwebt Zwanzigster Gesang. Schwebt herauf, sezet euch, mit dem Sohn Richter, Jm Goldstral auf Throne bey dem Herrn! Erhebt euch, die Blut dekt! weisses Gewand Dekt! o Weltrichter, komt, nehmt die Kronen in Triumph! Ach! sie gehn uͤberstralt zu dem Thron furchtbar Herauf, ernst zur Wagschaal des Gerichts! Verstroͤmt Blut des Altars Golgatha dekt Hell die Palmtraͤger! Siegskronen glaͤnzen um ihr Haupt! Und es erhuben im Chore der Seher Debora und Mirjam Jhre Stimme. Den Harfen entscholl bald himlische Wehmut, Bald der Ton des Triumphs. Sie sangen gegen die Engel. So, wenn im Walde der Donnersturm still schweigt, und die Baͤume Nicht gebogen mehr stehn, bebt leise von Luͤften der Sproͤßling. O du einst uns Elend, wie entzuͤkst du Den Geist, Tod! Wer im Nachtthal des Entsezens Nicht verwesete, strebet umsonst Zu erreichen des Erwachten Gefuͤhl! Jhr lieft nicht die Lanfbahn des Erdulders Des Pilgers da hinab nicht, wo der Tod war! Jhr Unsterblichen! sahet das Grab Nicht eroͤfnet, und gefuͤllt mit Gebein! Jhr saht nicht, daß furchtbar die Entschlafnen Es hinnahm, die Geliebtern zur Verwesung! N 2 Der Der Messias. Der begrabenden Schaufel Getoͤs, Die mit Erde die Entflohnen bewarf, Erscholl euch nie dumpf auf von den Gruͤften, Und rief euch nie Erinnrung, daß ihr einst auch, Mit entstuͤrzender Erde bedekt, Bey der Truͤmmer des Verwesenden laͤgt! Aber wie unter Wolken herab von Felsen sich Stroͤme Stuͤrzen, so sang, als riefs zum Gericht, das Chor der Propheten: Todt’, erwacht! die Posaun’ hallt! Todt’, erwacht! Der Nacht Schooß, des Meers Grund, und der Erdkreis Bebt dumpf auf! Das Gebein hoͤrt Herscherton Herrufen! Erzengel rufen ihn laut! Goldpalast, und bemoost Dach stuͤrzen ein! Jm Erdgrab’ und Weltmeer wer entschlummert Schon lang lag, der erwacht! Wet lebet, hoͤrt Graunvolles Erdbeben! stirbt! und erwacht! Nacht noch wars. Das Entsezen trat einher Jm Dunkel. Gefild, Hain, des Gebirgs Haupt Versank! warf sich ins Meer hin! Harfe, schweig! Bang ruft, es ruft nun Gebaͤhrerinnangst! Donner ruft von des Throns Hoͤhn! Harfe, schweig! Lautdroh’nd toͤnt Gerichtsruf der Posaunen Darein! Fuͤrchterlich fliegt, rauscht Donnersturm! Wehklagend ruft drein Gebaͤhrerinnangst! Zween Zwanzigster Gesang. Zween Erzengel schwebten voran, da sang der Eine: Sie sinds ach! die wehdroh’nd der Aufruf schrekt! Sie stehn auch von dem Tod’ auf! O verschloͤß Nacht stets Jn dem Graunthal der Verwesung, Die des Throns Ausspruch in den Abgrund stuͤrzt! Zween Erzengel schwebten voran, da sang der Andre: Gerichtsdonner, ach, zu furchtbar toͤnest du Jn die Grabmale! Laͤngrer, ewiger Schlaf Jst ihr Flehn; aber sie kommen aus der Nacht, Und wehklagen: O falle, Gebirg, dek uns! Stille war izt in den Choͤren der Siegsbegleiter. Da flogen Leicht, wie Bluͤthen die Luft fortathmet, Benoni, und Mirjam, Lazarus Schwester, hervor. Wie des Sommers sanftere Mondnacht Und wie der roͤthliche Fruͤhlingsmorgen schwebten sie vorwaͤrts. Und sie wuͤrdigten Satan, dem liegenden Ueberwundnen Hoͤren zu lassen, wie groß der Triumph der Todten des Herrn sey: Donnr’ es, o Gesang, in der Nacht Schrecken hinab, zu Gehenna’s Empoͤrer hin: Die am Staub einst Elend und der Tod traf Sie erwachen zu dem Schaun! Moͤrder! zu dem Schaun! vom Beginn Moͤrder! sie alle, die jemals des Todes Angst, Der Verwesung Graun traf, sie entschwingen Sich dem Grabe dahinauf, N 3 Wo, Der Messias. Wo, zu dem Gericht, du Genoß Jedes Entsezens, in schreckender Herlichkeit, Sich gesezt hat Jesus, der Vollender! Hosianna! er entschwung Sieger des Empoͤrenden sich Auch dem umschattenden Thale, der Todesruh! Und verwarf dich, Satan! du Verklaͤger, Der sie Tage, vor dem Thron, Naͤchte, vor dem Thron sie mit Grimm Schuldigte! Suͤnden nicht nur, des Gebrechs, du Feind! Und der Fehle Staub nahmst, und umgabst du Vor dem Raͤcher mit Gewoͤlk! Zischender Verklaͤger, dich stuͤrzt Jesus, der Herscher, hinab in die tiefe Nacht, Wo die Qual ist, Wehklag’, und der Tod ist! Kein Erwachen zu dem Schaun! Einer der Todesengel erhub die furchtbare Stimme, Also sang er, indem mit der Hand die Posaun ihm hinsunk: Wehklagen, und bang Seufzen vom Graunthale des Abgrunds her, Sturmheulen, und Strombruͤllen, und Felskrachen, das laut niederstuͤrzt’, Und Wutschrein, und Rachausrufen, erscholl dumpf auf! Wie der Stral eilt, schwebten wir schnell und in Wehmut fort. Gabriel weinet’, und fuͤhlte sie gern die himlische Thraͤne; Also floß mit der Thraͤne die Stimme des Schauers der Zukunft: Das Zwanzigster Gesang. Das Gewand weiß, bluthell hub zum Thron Sie sich empor, stand ernst, anschaunselig da, Schimmerte die Braut! Sanften Ton, festliche Melodien, Freudigeres Gefuͤhl stroͤmtet ihr, Donnerer in dem Gericht! Und der Gottmensch sah rein neben sich Sie an dem Thron voll Unschuld stehn, sah sich ihm Heiligen die Braut! Neu erscholl, seligeren Gefuͤhls Stroͤmet’ ins Paradies euer Psalm, Donnerer in dem Gericht! Hingerissen von dieser Begeistrung des Schauers der Zukunft, Schwebt’ in lichterem Meere der Himmelsheitre die Heerschaar, Schwebte mit schnellerer Eile dahin; und keine der Harfen Schwieg in den Choͤren, und aller Posaunen erschuͤtternde Stimmen Redeten ihre Donner, und alle Himlifchen sangen: Da ihr Gang Flug, und ihr Ausruf Gesang ward der Entzuͤckung; Da vom Gefild’ her sich der Triumphzug zum Gerichtsthron Emporschwang: nahm zu dem Erb’ auf Er, den am Kreuz Gott sah, Jn das Lichtreich auf, die des Altars Blutruf vom Gericht lossprach! Aber das Chor Erzengel begann von neuem die Wonne Seiner Gesaͤnge gegen die Seher hinuͤber zu stroͤmen: O die auch im Erdgrab’ und Weltmeer verwest einschloß Der Gerichtspruch, den in Eden, da es kuͤhl ward, der Herr aussprach! Erstlinge, schwebt stralend empor, in Triumphflug, eilt, Richtet mit dem, welchem sich die Hoͤh und das Gebeinthal buͤkt! N 4 Die Der Messias. Die Hand kam hervor einst, und Schrift stand: Dich wog Jova! Und es fand dich, der den Weltkreis, wie er will, herscht, zu leicht, Koͤnig! Daß des Gerichts Tag es vernaͤhme, wie leicht der sey, Welcher an Jhm suͤndigte! gebot es von des Throns Hoͤh Gott Gebot so: Es zeug einst, was lebend des Staubs Sohn that Des Gerichts Buch! Und mit Schrift hell, wie der Blizstral durch Nacht herfleugt, Schrieb in das Buch, Naͤcher, dein Heer, was der Mensch that! grubs Thraͤnenvoll ein, schweigend, was nunmehr in dem Gericht laut toͤnt! Am Thron rollt die Heerschaar, als goͤß sie ein Meer weit aus, Des Gerichts Buͤcher voll Ernst auf! Und die Glanzschrift erschrekt fern her! Eilet empor, Erstlinge, schwebt den Triumphflug, kommt, Richtet mit dem, welchem sich die Hoͤh und das Gebeinthal buͤkt! Jhn sah Gott herannahn! kein Tag war wie der Tag ist, Der dem Rath deß, der geherscht hat vom Beginn an, die Huͤll’ aufdekt! Jauchzet, und schaut tiefer hinab, denn der Lichttag kam! Wandelt umher froh im Labyrinthe, die hindurch Gott fuͤhrt! Noch waͤhrt er, noch waͤhrt er der Grauntag! Ein Jahr floh schon, Und es saͤumt noch der Gerichtstag! Noch erschrekt den des Aus- spruchs Ernst, Welchen der Sohn Gottes verwirft! Es entfliehn qualvoll Koͤnige noch! rufen dem Gebirge: O Gebirg, dek uns! Allein Zwanzigster Gesang. Allein dekt Gebirg euch? Noch saͤumt stets des Urtheils Tag! Noch entsezt sich wer, o Lamm, dir, das erwuͤrgt ward, wer Hohn dir sprach! Stuͤrzet, ihr Berg’ uͤber uns her, denn die Allmacht zuͤrnt! Der an dem Kreuz blutete! gebeut, von dem Gerichtsthron, Tod! Noch stralt er der Heiltag! Noch theilt Gott des Lichts Erb’ aus! Noch verklaͤrt sich Labyrinthweg! Noch enthuͤllt Gott der Vorsicht Pfad! Stets noch empfaͤht weisses Gewand, von des Sohns Blut hell, Kronen empfaͤht, Palmen, wer dem Sohn, bis in den Tod, treu war! Thraͤne des Himmels im Blicke der Erstlinge Gottes, wie glaͤnztest Du dem Geber des Erbes im Licht an dem festlichen Tage Seiner Entscheidung! Sie wagten es kaum, voll inniger Demut, Nach dem Vergelter hinauf, der ihnen stralte, zu schauen. Saͤumend begann ihr Harfengetoͤn, als aber der Geber Jmmer belohnender stralte, da flog’s, und schnell war es Jubel: O Aufgang aus der Hoͤh! o des Herrn Sohn! du o Licht Von dem Licht, der erloͤst hat, doch dereinst auch, auf den Thren Des Gerichts, mit der Wagschaal steigt, und es waͤgt, Was gethan hat, wem umsonst floß Golgatha’s Blut! O Preis dir, und Gesang, du des Herrn| Sohn! du o Licht Von dem Licht! der erloͤst hat, die dereinst ach! an dem Thron Des Gerichts, bey der Wagschaal stehn, und sein Weh Mit verkuͤnden, wem umsonst floß Golgatha’s Blut! O Urquell! es ergeußt, o des Heils Quell! wie ein Strom, We ein Meer, so gebeutst du! von dem Lichtthron sich herab N 5 Der Der Messias. Der Erschaffenen Gluͤk! Erzengel, merkt auf, Wie das Heilmeer durch den Weltkreis weit sich ergeußt! Jhr, ihr sahts von Beginn, da die Nacht uns noch umgab! Es der Tod noch verbarg! ach! da noch Gott wir, o der Staub! Aus der Nacht, von dem Grab’ her, richteten! Gott Mit Erbarmung es vernahm! schwieg! Blize nicht warf! Unterdessen da Jesus den Weg durch die Heitre zum Throne Gottes ging, entschied er von ferne das Schiksal der Seelen, Welche das Leben der Sterblichkeit jezo verliessen. Sie musten Sinken, oder steigen, nachdem in ihnen der Richter Trieb’ erschuf, sich empor zu der Wonne Gefilden zu heben, Oder hinab sich zu senken, hinab, wo die ewige Nacht herscht. Jezt rief einer der hohen Triumphbegleiter: Es steigen, Sieh, aus allen Landen, aus allen Voͤlkern der Erde, Steigen Seelen herauf! Ein Anderer rief im Frohlocken Seines Herzens den Auferstandenen zu: Der Entschlafnen Seelen machen sich auf, und werden Licht! Denn ihr Licht stralt Jhnen entgegen, und uͤber ihnen geht des Versoͤners Herlichkeit auf! Der Unsterbliche schwieg. Noch war es den Seelen Unbekant, wer der in der Mitte dieses Triumphs sey, Wer die Schaaren um ihn; bald aber erkanten sie Menschen Unter den Schaaren, und suͤsses Gefuͤhl, daß sie Menschen erblikten, Ueberstroͤmete sie. Doch da sie von Antliz zu Antliz Jhre Bruͤder sahen, erstaunten sie, zweifelten sanftes Schauers voll. Denn die Auferstandnen, nun Himlischen waren Furcht- Zwanzigster Gesang. Furchtbar und schoͤn, voll Hoheit, wie keine Hoheit sie kanten; Waren vielleicht auch Goͤtter! Allein der Goͤtter einer Sprach zu ihnen, und lieblich erscholl des Redenden Stimme: Menschen waren wir einst, wie ihr vor kurzem noch waret; Aber Er hat uns zu dieser Vollendung erhoben, Welchen ihr hier bey den Sternen wandeln seht, mit des Urlichts Glanze bedekt, und mit Wundenmaalen! Lernet! ihr koͤnnt hier Vieles lernen. Erwaͤhlet ihn euch zum Helfer; erwaͤhlet Jhn auch nicht. So frey, wie jezt, seyd ihr nie noch gewesen! Dreymal die Zeit, die ein Engel, bevor er von Einem Entschlusse Uebergehet zum Andern, die dann der Unsterbliche zweifelt, Folgten die Seelen jezo nur nach, und blieben auf einem Sterne zuruͤk, und warteten dort auf Lehrer, die Jesus Jhnen, so sagte Gabriel, senden wuͤrde vom Himmel! Weit in der Ferne sah des Ewigen Thron die Triumphschaar, Und des Allerheiligsten Nacht an des Ewigen Throne. Schon verhuͤllten ihr Antliz mit ihren Fluͤgeln der Engel Viele. Das Antliz deß, der geopfert auf Golgathas Altar Blutete, ward lichtheller. Ein Chor Erstandener bebte Freudig, und erst nach langem Verstummen begann es von neuem Seine Psalme, beganns hinauf nach Sion zu singen: Begleit ihn zum Thron auf, o Lichtheer! Mit der Harf ihn, der Posaun’ Hall, und dem Chorpsalm, Jesus, Gottes Sohn! Menschlich ist Er! Gnaͤdig! Das rufest du laut, blutiger Altar! Es Der Messias. Es preis’ Jhn der Toderb’, und Seraph! Es erheb’ Jhn die Versammlung der Gerechten Jesus! Hehr ist Er! heilig! Es gab Siehe dem Herlichen! Jehova das Gericht! Es sing Jhm der Heilerb’, und Cherub! O ihr Choͤr’ all’ in dem Lichtheer Hosianna! Jesus! Sohn, du bist Koͤnig der Welt! Ewiger Koͤnig der Stadt Gottes in der Hoͤh! Wie wirst du am Thron den empfangen, Der es ganz litt! der es ganz that! den Vollender! Vater! du den Sohn! Donner des Throns, Gebt der Unsterblichen Chor Fluͤgel und Triumph! Und sie schwiegen. Es schwebet’ an einer Sonne Gefilden Langsamer fort ein anderes Chor Erstandne. Sie sangen Jhm, der stets lichtheller des Vaters Rechte sich nahte: O Vollender! wie wird Er, der ewig ist, dich Jn des Throns Hoͤhn empfangen! Ewiger! wie wirst Du hingehn! des Herrn Sohn den Herrn schaun! der erhabne, Der unendliche Genoß deß, der seyn wird, und war! Du o Licht von dem Licht! Gottmensch! groß durch den Tod An dem Kreuz! Hehr Suͤhnopfer! Herlicherer dem, Der abfiel, und umkehrt! der Staub schlief, und darauf erst Ein unsterblicher, wie sie, Glanz der Engel empfaͤht. Der Zwanzigster Gesang. Der erloͤsende Sohn, Allerheiligstes! ging Jn die Nacht deines Grauns ein! Aber wie hat Jhn Erhoͤht Gott! Jhr Knie sinkt dem Aufgang aus der Hoͤhe, Dem Erniedrigten und Herrn, aller Endlichen Knie! Und wie schallet empor, hoch im Himmel empor, Und im Staub, ihres Zurufs Wonnemelodie! Erhoͤht wird des Herrn Sohn! der Gottmensch! der Gesalbte! Dem Unendlichen zum Preis, Gott dem Vater zum Preis! Auch sie schwiegen, und immer wurden der feyrenden Choͤre Weniger. Sieben Erstandne, die ersten unter den Menschen, Schwungen sich freudig zitternd hervor, und sangen dem Sohne: Mißt nicht mit Maaß Endlichkeit uns? Wir erheben, Selig dadurch, die Vollendung des Erstandnen! Ach! der Wonne Gefuͤhl soll ewig Toͤnen im Strom des Gesangs! Aber was ist, gegen den Preis der Erschafnen, Vater, dein Blik! du Erhoͤher zu des Throns Glanz, Dein Anschauen! Verstummt, Strom, stuͤndst du, Winkte nicht Eile dir Gott! Danke dem Herrn! Preise, daß er uns vergoͤnnt hat Endlichen, Jhn, mit dem Stammeln des Triumphlieds, Jhn mit feyrendem Psalm zu singen, Mit der Erstaunungen Ruf! Herlich Der Messias. Herlich ist Er! selig ist Er! und des Donners Seiner Gewalt, wenn er handelt! und beseligt! Nachhall unser Gesang. Stroͤmt, Jubel! Jauchzet den Thaten des Herrn! Mitler! zu Dem steigst du hinauf! Es erhebt dich Der zu der Hoͤh, o Messias! zu der Hoͤhn Hoͤh, Seiner Rechte! Begleit’ Jhn, Siegslied, Bis zu dem Fusse des Throns! Aber hundert Cherubim schwebten hervor, und enthuͤllten Wieder ihr Antliz, und wiesen hoch mit der Palme gen Himmel: Begleit ihn zum Thron auf, Triumphheer! Mit der Harf’ ihn, der Posaun’ Hall, und dem Chorpsalm, Jesus, Gottes Sohn! Herscher ist Er! Herscher! das rufet ihr laut, Donner um den Thron! Es ruf Jhm der Heilerb’ und Cherub, O ihr Choͤr’ all’ in dem Lichtheer, Hosianna! Jesus! Gottes Sohn! Dulder! du steigst, Todter! zur Rechte des Herrn, Ewiger! empor! Jezo kam der Triumph dem Himmel so nah, daß Gottes Thron sie stralen in seiner ganzen Herlichkeit sahen. Da den Triumph, den Triumph die naͤhesten Engel erblikten, Standen sie alle zuerst erstaunt; bald aber erhub sich Wonnausruf voll frohen Erschreckens. Die Stunde, da Christus Wieder wuͤrde, der Ueberwinder den Himmel betreten, War Zwanzigster Gesang. War der Himlischen keinem bekannt, war’s selber der Thronen Ersten nicht. Sie hatten nur fern durch der Welten Getoͤne Jubel gehoͤrt. Von Gebirge rief zu Gebirge, der Cherub Rief: Der Messias! dem Cherub, aus Hainen riefen in Haine Seelen, und Seraphim sich: Der Messias! von Strale zu Strale, Bis hinauf zu den Opferaltaͤren, hinauf zu den hohen Wolken des Allerheiligsten scholl: Der Messias! hinaufscholl Zu dem Thron: Der Messias! daß welt um sie her der Waͤlder, Daß der Stroͤme Geraͤusch unhoͤrbar ward, des Krystallmeers Woge selbst, vor der Stimme der Rufenden! Aber da Jesus, Da der grosse Vollender nunmehr mit einem der lezten Sonnenschimmer den Himmel betrat, da sanken der Engel Kronen, da streuten mit sanfterer Freude die Himlischen alle Palmen auf den erhabenen Weg, der zum Throne des Herrn fuͤhrt. Auch die Triumphbegleiter, die Auferstandnen und Engel, Streuten Palmen, und gingen einher mit froher Demut. Aber die Seelen, belastet von neuem Himmelsgefuͤhle, Waͤren in einem der Haine des Weges geblieben; haͤtt’ ihnen Gabriel nicht mit der goldnen Posaune zu folgen gerufen. Jesus nahte dem Thron. Und stiller wurde die Stille: Und die Posaune rief den Seelen nicht mehr; die Vaͤter Standen; noch folgten die Engel, nicht lange, so blieben auch sie stehn, Sanken nieder anzubeten. Gabriel hatte, Keiner der Endlichen sonst, des Thrones unterste Stufe Mit dem Messias betreten. Dort kniet’ er, beynah unsichtbar Durch den herunterstroͤmenden Glanz, und schaute zu Gott auf. Siehe Der Messias. Zwanzigster Gesang. Siehe der Hocherhabene war, der Unendliche war, Er, Den noch Alle kennen, dem Alle danken noch werden, Aller Freudenthraͤnen noch weinen, Gott, und der Vater Unsers Mitlers, der Allbarmherzige war in voller Gottesliebe verklaͤrt!.. Der Sohn des Vaters, des Bundes Stifter, Er, der erwuͤrgt vom Anbeginne der Welt ist, Den noch Alle kennen, dem Alle danken noch werden, Aller Freudenthraͤnen noch weinen, siehe das Opfer Fuͤr die Suͤnde der Welt, der Getoͤdtete war, der Erstandne; Jesus, der Mitler, der Allbarmherzige war in voller Gottesliebe verklaͤrt!.. So sahen den Vater die Himmel Aller Himmel! So sahen den Sohn des Vaters aller Himmel Himmel! Jndem betrat die Hoͤhe des Thrones Jesus Christus, und sezete sich zu der Rechte des Vaters. ENDE . An An den Erloͤser . J ch hofft’ es zu dir! und ich habe gesungen, Versoͤner Gottes, von dir das heilige Lied! Durchlaufen bin ich die furchtbare Laufbahn; Und du hast mir mein Straucheln verziehn! Beginn den ersten Harfenlaut, Heisser, gefluͤgelter, ewiger Dank! Beginn, beginn, mir stroͤmet das Herz! Und ich weine vor Wonne! IV Band. O Jch Jch fleh’ um keinen Lohn; ich bin schon belohnt, Durch Engelfreuden, wenn ich dich sang! Der ganzen Seele Bewegung Bis hin in die Tiefen ihrer ersten Kraft, Erschuͤttrung des Jnnersten, daß Himmel Und Erde mir schwanden! Und flogen die Fluͤge nicht mehr des Sturms; durch sanftes Gefuͤhl, Das, wie des Lenztags Fruͤhe, Leben saͤuselte. Der kennt nicht meinen ganzen Dank, Dem es da noch daͤmmert, Daß, wenn in ihrer vollen Empfindung Die Seele sich ergeußt, nur stammeln die Sprache kann. Belohnt bin ich, belohnt! Jch habe gesehen Die Thraͤne des Christen rinnen: Und darf hinaus in die Zukunft Nach der himlischen Thraͤne blicken! Durch Menschenfreuden auch. Umsonst verbuͤrg’ ich vor dir Mein Herz der Ehrbegierde voll. Dem Juͤnglinge schlug es laut empor; dem Manne Hat es stets, gehaltner nur, geschlagen. Jst Jst etwa ein Lob, ist etwa eine Tugend, Dem trachtet nach!.. Die Flamm’ erkohr ich zur Leiterin mir! Hoch weht die heilige Flamme voran, und weiset Dem Ehrbegierigen besseren Pfad! Sie war es, sie that’s, daß die Menschenfreuden Mit ihrem Zauber mich nicht einschlaͤferten; Sie wekte mich oft der Wiederkehr Zu den Engelfreuden! Sie wekten mich auch, mit lautem, durchdringenden Silberton, Mit trunkner Erinnrung an die Stunden der Weihe, Sie selber, sie selber die Engelfreuden, Mit Harf’, und Posaune, mit Donnerruf! Jch bin an dem Ziel, an dem Ziel! und fuͤhle, wo ich bin, Es in der ganzen Seele beben! So wird es, (ich rede Menschlich von goͤttlichen Dingen) uns einst, ihr Bruͤder deß, Der starb! und erstand! bey der Ankunft im Himmel seyn! Zu diesem Ziel hinauf hast du, Mein Herr! und mein Gott! Bey mehr als Einem Grabe mich, Mit maͤchtigem Arme, voruͤbergefuͤhrt! O 2 Gene- Genesung gabst du mir! gabst Mut und Entschluß Jn Gefahren des nahen Todes! Und sah ich sie etwa die schreklichen unbekannten, Die weichen mußten, weil du der Schirmende warst? Sie flohen davon! und ich habe gesungen, Versoͤner Gottes, von dir das heilige Lied! Durchlaufen bin ich die furchtbare Laufbahn! Jch hofft’ es zu dir! Verbesserungen. Seite 10. Zeile 8. von unten statt lies . S. 11. Z. 2. von oben lies . S. 17. Z. 5. in, und 10. lies . S. 22, und 24. muß oben stehen: Von der jonischen Versart. S. 28. Z. 7. v. o. hoͤhren l. hehren. S. 30. Z. 7. v. o. dem l. den, Z. 12. ihn l. ihm. S. 31. Z. 7. v. o. dessen l. deß. S. 37. Z. 7. v. o. nach l. noch. S. 39. Z. 11. v. u. er l. und. S. 40. Z. 5. v. u. ihm l. ihn. S. 42. Z. 4. v. o. ihn l. ihm. S. 43. Z. 8. v. o. Knabens l. Knaben. S. 44. Z. 6. v. u. Scheiden? S. 48. Z. 5. v. u. Seelen l. Seele. S. 57. Z. 5. v. u. Langebestraften l. langebestraften. S. 62. Z. 10. v. u. Feyerer l. Feyrer Z. 2. v. u. ihn l. ihm. S. 64. Z. 12. v. o. Jedidath l. Jedidoth. S. 68. Z. 2. v. u. kein l. Kein. S. 69. am Ende der letzten Zeile ein Punkt. S. 70. Z. 2. v. o. ihm l. ihn Z. 7. Mir l. mir. S. 83. Z. 2. v. u. Langsamen l. Langsames. S. 87. Z. 9. v. u. aller l. alle. S. 92. Z. 1. v. o. riefest l. riefst. S. 94. Z. 1. v. u. nur l. nun. S. 95. Z. 8. v. o. stammelnden l. stammelndem. S. 98. Z. 8. v. o. dem l. den Z. 13. da l. Da. S. 107. Z. 8. v. o. jeder l. jede. S. 108. Z. 6. v. u. nur l. eur. S. 110. Z. 3. v. o. lebte l. lebte; S. 118. Z. 10. v. o. euer l. eur Z. 2. v. u. dem l. den. S. 122. Z. 3. v. o. Staͤdte l. Staͤte. S. 123. Z. 1. v. o. erbarm l. erbarme. S. 127. Z. 7. v. o. wurd’ l. wurde. S. 137. Z. 4. v. o. Nach l. Nah. S. 140. Z. 4. v. o. schauen l. schaun. S. 145. Z. 3. v. o. freun l. freuen. S. 147. Z. 1. v. o. Sahn l. Sahen Z. 8. Geisse l. Geissel. S. 149. Z. 4. v. u. sandtst l. sandtest. S. 155. Z. 3. v. u. von l. vor. S. 156. Z. 13. v. u. Umkleidet, l. Ueber- kleidet’, S. 171. Z. 6. v. o. Bethlehemens l. Bethlemens. S. 173. Z. 1. v. o. dem l. der Z. 4. v. u. Gebiß dir l. Gebisse. S. 176. Z. 10. v. o. Gruften l. Gruͤften. S. 181. Z. 12. v. o. naͤhern l. naͤheren. S. 205. Z. 4. v. u. nach hat ein Comma.