Unpolitische Lieder. Bei Hoffmann und Campe ist erschienen: Buchner , Fr., Friedrich Stapß. Geschichtliche Er¬ zählungen aus den Zeiten Napoleons. In fünf Gesängen. 8. — 12 Ggr. Bürger , J., Helgoland. Lieder aus der Nordsee. 2te Aufl. — " 8 " Crusius , G. P. E., der Besuch in Hainthal. Ein Idyll, mit 6 Stahlstichen, nach Zeichnungen von Geisler 1 " — " Gelbcke , F. A., Octavianus Magnus . Ein satyri¬ sches Gedicht in vier Gesängen. Allen wahren Freunden der Tonkunst gewidmet — " 12 " Heine , H., Buch der Lieder. 4te Aufl. 1 " 12 " Hoffmann v . Fallersleben , Unpolitische Lieder. 1r Theil. 2te Aufl. 1 " — " — — Breslauer Schillerfest. 1840. gr. 8. — " 4 " Immermann , K., Tulifäntchen. Ein Heldengedicht in drei Gesängen. 8. — " 20 " Lieder eines Cosmopolitischen Nachtwächters 8. 1841. 1 " — " Maltitz , G. A. von, Polonia. 8. — " 6 " Moore , T., das Paradies und die Peri und die Feueranbeter, nach dem Englischen von Minna Witte, 8. — " 16 " Ortlepp , Frankreich, Deutschland und Polen, oder Stimmen der Gegenwart. Ein Kranz politischer Gedichte — " 8 " Polenlieder. Ein Todtenopfer. 8. — " 6 " Sang des fremden Sängers. Eine Phantasie. gr. 8. — " 6 " Sloman , E., Dichtungen 1 " — " Spaziergänge eines Wiener Poeten — " 20 " Tscherkessenlieder. 8. — " 16 " Bärmann , G. N., dat grote Höög- un Häwel-Book. Dat sinnd Dichtels, Rymels un Burenspillen in hamborger plattdütscher Mundart, 8. 1 " 12 " Unpolitische Lieder von Hoffmann von Fallersleben. Zweiter Theil. Wir können es ja nicht lassen, daß wir nicht reden sollten, was wir gesehen und gehöret haben. Apostelgeschichte 4, 20. Hamburg. Bei Hoffmann und Campe . 1841. Zum Glück der Wahrheit und unsers Vaterlands fehlt es aber nicht an einer bis auf unsre Zeiten reichenden Zeugenwolke, die mit Muth, Kraft, Weisheit und Einsicht sich der guten Sache deutscher Menschheit angenommen, die Regenten mit Nachdruck ihrer Pflicht erinnert, durch Lehre und Beispiel den Lügen- und Verführungskräften des Despotismus entgegen gestanden und gearbeitet, und diesen ihren Glauben und Ueberzeugung mit wil¬ liger Aufopferung ihres zeitlichen sogenannten Glücks versiegelt haben. Friedr. Karl Freih. von Moser, Politische Wahrheiten 1796. I , 126. Inhalt. Sonntag. Seite An die die deutschen Frauen 1 Eins und — Alles 3 Frühlingslied 1840 4 Zu fernerem Bedenken 5 Altfränkisch 6 Das Wort 7 Wir wollen es nicht haben 8 Vetter Michel 9 Entwickelung auf historischem Wege 10 Bauernglaube 12 Rococo's Glaubensbekenntniß 13 Eliaswagen 15 Titelkram und Ordenbettel 16 Siegeslied nach endlichem Sturze der Mandarinen 17 Wie ist doch die Zeitung interessant! 19 Café national 20 Fleckseife 21 Der König weiß es nicht 22 Vaterländischer Rosenkranz 23 Ständisches 24 Leoninischer Vertrag 24 Numquam retrorsum 25 Montag. Seite Die Interessen 26 Wegebesserung 27 Vier Elemente 27 Polizei, Geld und Wetter 28 Eine Frage an ein Hochgeb. Publikum 29 Al pari 30 Unterschied des Bedingten und Unbedingten 31 Guter Rath 32 Hannoversches Zwangbier 33 Verwöhnung 34 Salvator-Bier 36 Wasser und Wein 37 Die Wassersucht 38 Die Wasserfrage 39 Officielle Volkssouveränität 40 Der Hausorden 41 Mißheirath 43 Allerhöchste Cultur 44 Partus monstrosus vulgaris Lin. 45 Porc à la mode 46 Unmenschliche Liebhaberei 47 Seehandlung 48 Dinstag . Seite An die Gegenwartvergötterer 50 Die historische Schule 51 Das Glück der Vergeßlichkeit 52 Ehrlich 53 Die Wahrheitsbill 54 Vieh- und Virilstimmen 55 Unfruchtbar 55 Heraldisches 56 Was ist denn zollfrei? 57 Bienenloos 57 Kuhschnappelsche Thorsperre 58 Kuhschnappelsche Volksrepräsentation 58 Schnaderhüpfel 59 Langweilig und schlecht 60 Landtagsabschied 61 Stiftungslied der adel. Ressource ꝛc. 62 Auch ein Mädchen aus der Fremde 63 Krebsgang 64 Petitionsrecht 65 Serenate unter den Fenstergittern ꝛc. 66 Die sieben Sachen 67 Besserwerden 68 Mittwoch. Seite Wächterlied 69 Auch ich bin in Arkadien geboren! 70 Höfische Poesie 72 Criminalistischer Bilderdienst 73 Anastasius Grün 74 Dichtung und Wahrheit 75 Der neue Stern 76 Autoren-Litanei 77 Creationstheorien 79 Unter des durchl. deutschen Bundes schütz. Privil. 80 Die freien Künste 81 Singfreiheit 82 Der Dichter ein Seher 82 Phantasien eines kunstl. Klosterbruders 83 Classisches Stilleben 84 Eine himmlische Etymologie 85 Hundertjähriger Kalender 86 Philister über dir, Simson! 87 Aria 88 Declamierübung 89 Schacher 92 Der gute Wille 93 Donnerstag Seite Die alte Leier 94 Abendlied eines lahmen Invaliden von 1813. 96 Das neue Jerusalem 97 Merinos 99 Fromme Fürsorge 100 Wiegenlied 101 Guter Rath 102 Fastenmährlein 103 Türkische Liturgie 104 Neueste Beschreibung des Wiener Congresses 105 Häutiges 106 Militärisch 107 Tragische Geschichte 108 Ideen zur europ. Völkergeschichte 109 Anzügliches 110 Die trauernden Esel nach Morillo 111 Chinesisches Loblied 113 Vice versa 114 Jüngster Tag 115 Die Sonne im Zeichen des Krebses 116 Frühling alten Stils 117 Untersuchung und Gnade ohne Ende 118 Freitag. Seite Die Bauern in der Schenke 119 Bundscheckig 120 Auf der Bierbank 121 Rheinlied und Rheinleid 123 Eine Singstimme 124 Die Julirevolution 125 Die befestigte Freiheit 127 Aria eines deutschen Aristokraten 128 Napoleons Asche 129 Die deutschen Fahnen zu Paris 130 Napoleon 131 Notre Dame 132 „Fort mit Schaden!“ 133 Löwenpomade 134 Der Augenblick 135 Patriotismus 136 Rinderzucht 137 Nos frontières du Rhin 138 Jacob Grimm 139 Die deutsche Presse 140 Reime 141 Armenrecht 142 Samstag. Seite Stille Messe 143 Herbstlied eines Chinesen 144 St. Bonifacius 145 Freie Nacht 146 Salziges 147 Großhandel 148 Nadowessische Klage 149 Soldaten 150 Kriegslied 151 Pfaffen 153 Die Gründonnerstags-Messe 154 Emancipation 155 Von Gottes Gnaden 156 Syracusaise 157 Das allgemeine Beste 159 Brackschafe 160 Aus Ovids Metamorphosen 161 Suum cnique 163 Deutscher Nationalreichthum 165 Geheime Fonds 168 Natur und Kunst 169 Die Illuminanten 170 Anhang. Stimmen aus der Vergangenheit. Seite Deutschlands Ehre von Walther von der Vogelweide 172 An die Fürsten, von demselben 176 Gefährdetes Geleite, von demselben 178 Nahen des jüngsten Tages, von demselben 182 Der 46. Psalm von Martin Luther 184 Ein Kinderlied, von demselben 186 An Deutschland von G. R. Weckherlin 187 Wie die Soldaten man vor Zeiten ꝛc., von dems. 188 An Deutschland von Martin Opitz 190 Aus Schlesien, zur Zeit des 30j. Krieges von v. Logau 193 Aus Germaniens Klagelied von Joh. Rist 196 Trostlied von Andreas Gryphius 197 Vergänglichkeit des Erdenlebens 198 Eisenhütel von H. Aßmann v. Abschatz 201 Sonntag. An die deutschen Frauen. Seid mir gegrüßt, ihr deutschen Frauen, Der schönern Zukunft Morgenroth! Wem soll vertrau'n, auf wen soll bauen Das Vaterland in seiner Noth? Ihr kennt noch frohe deutsche Weise, Noch deutsche Zucht und Sittsamkeit; Euch blieb in eurem stillen Kreise Noch Frohsinn und Zufriedenheit. Ihr tragt noch nicht die bunten Bänder, Die man dem Staatsverdienste weiht; Euch sind noch eure Hausgewänder Mehr werth als ein Beamtenkleid. Ihr seid noch nicht verlocket worden Durch Titel oder andern Tand; Euch kann noch sein der schönste Orden: Die Liebe für das Vaterland. 1 Wohlan! ihr sollt im Kind' erwecken Den Sinn für Vaterland und Recht, Ihr sollt erziehn zum Feindesschrecken Ein freies biederes Geschlecht. Euch muß vertrau'n, auf euch muß bauen Das Vaterland in seiner Noth! Seid mir gegrüßt, ihr deutschen Frauen, Der schönern Zukunft Morgenroth! Eins und Alles. O Deutschland erwache, gedenke deiner selbst, erstehe von diesem tödtlichen Kampfe! Das Reich kann nur durch das Reich, Deutschland durch Deutschland wiedergeboren werden, und durch die Sonne der göttlichen Gnade wie ein Phönix aus der Asche seines eigenen Leibes hervor¬ gehn. Nicht Katholiken oder Unkatholiken, nicht Römi¬ sche oder Lutherische (Namen, den arglistigen Feinden will¬ kommen) sollen uns davon abhalten, sondern als Glieder eines Leibes, eines Staats, als Brüder müssen sich alle Deutsche in Liebe umfassen, und mit allen Kräften und Tugenden heldenmüthig jenem großen Ziele nachstreben. Das Vaterland schützen, vertheidigen, erhalten, dazu ist Jeder, dazu sind alle verbunden. Paranesis ad Germanos 1647. Deutschland erst in sich vereint! Auf! wir wollen uns verbinden, Und wir können jeden Feind Treuverbunden überwinden. Deutschland erst in sich vereint! Lasset Alles, Alles schwinden Was ihr wünschet, hofft und meint! Alles andre wird sich finden. Deutschland erst in sich vereint! Danach strebet, danach ringet! Daß der schöne Tag erscheint, Der uns Einheit wiederbringet. 1 * Deutschland erst in sich vereint! Wenn uns das einmal gelinget, Hat die Welt noch einen Feind, Der uns wiederum bezwinget? Frühlingslied 1840. O des Maies schöne Tage! Wann die Erd' ist wieder grün, Wann im Felde, Wald und Hage Alle Bäum' und Blumen blühn — O des Maies schöne Tage! Wann der Hoffnung volle Blüthe Dann aus jeder Knospe bricht — Deutschland, daß dich Gott behüte! Deine Hoffnung blüht noch nicht. Steht die Welt im Hoffnungskleide Doch schon fünfundzwanzigmal, Hoffnung springet auf der Heide, Wandelt über Berg und Thal — O die Welt im Hoffnungskleide! Wird die Knospe nie erscheinen, Draus auch deine Hoffnung bricht? Laßt mich schweigen, laßt mich weinen! Deine Hoffnung blüht noch nicht. Zu fernerem Bedenken. „Zu fernerem Bedenken!“ Du altes Reichstagswort! Der Reichstag ist vergangen, Der Bund hat angefangen, Du aber lebst noch fort. Im ferneren Bedenken Schlief ein das deutsche Reich: Und weil so süß sein Schlummer, Ganz ohne Sorg' und Kummer, So thut's der Bund ihm gleich. Von fernerem Bedenken Erwach', o deutscher Bund! Gieb etwas von Erhebniß, Ein freudiges Ergebniß Den armen Deutschen kund! Altfränkisch. Singt, daß die Bächlein wieder fließen, Singt, daß die Kräuter wieder sprießen, Singt, daß die Blumen sich entschließen Und des Lebens auch genießen. Singt, daß die Vögel immer singen, Singt, daß die Heerdenglocken klingen, Singt, daß die Schaf' und Lämmer springen, Jung und Alt im Tanz sich schwingen. Singt, daß die Lüfte wehn und weben, Singt, daß erblühn die Bäum' und Reben, Singt, daß die Schmetterlinge schweben, Daß auch sie in Freuden leben. Singt, daß die Vögel Nester bauen, Singt, daß die Mädchen, daß die Frauen Wieder wie Blümlein auf den Auen Freundlich aus den Fenstern schauen. Singet des Frühlings neue Wunder! Singet den Freud- und Liebeszunder! Singet — und euer alter Plunder, Sagt doch, paßt er noch jetzunder? Euer Singen, euer Sagen, Euer Girren, euer Klagen Passet nicht zu unsern Tagen, Wo die Männer schier verzagen. Das Wort. Im Anfang war das Wort. Evang. Joh. 1, 1. Uns blieb nur Eine Waffe noch: Frisch auf! sie ist uns gut genug! Mit ihr zerhau'n wir jedes Joch, Und jeden Lug und jeden Trug. Das Wort ist unser Schild und Helm, Das Wort ist unser Schwert und Speer. Trotz jedem Schurken, jedem Schelm! Dem Satan Trotz und seinem Heer! Uns blieb nur eine Waffe noch: Frisch auf! sie ist uns gut genug! Mit ihr zerhau'n wir jedes Joch, Und jeden Lug und jeden Trug. Und wenn die Welt voll Teufel wär', Wir ziehn hinaus und kämpfen doch: Das Kämpfen fällt uns nicht so schwer, Uns blieb ja Eine Waffe noch. Wir wollen es nicht haben. Wir sollen hübsch im Paradiese bleiben Und uns wie's Adam that die Zeit vertreiben, Und keine Bücher lesen, keine schreiben — Wir sollen hübsch im Paradiese bleiben. Wir sollen vom Erkenntnißbaum nicht essen, Uns freu'n an Allem was uns zugemessen, Und des Gebotes nimmermehr vergessen: Wir sollen vom Erkenntnißbaum nicht essen. Das Paradies hat uns nur stets verdrossen, Wie gerne sind wir davon ausgeschlossen! Drum haben wir von diesem Baum genossen — Das Paradies hat uns nur stets verdrossen. Du Paradies der Diener und Soldaten, Lebwohl, du Jagdrevier der Potentaten, Wir wollen dein auf ewig nun entrathen, Du Paradies der Diener und Soldaten! Vetter Michel. Verspottet nur den Vetter Michel! Er pflügt und sät: Einst sprießt die Saat, die keine Sichel Der löblichen Censur ihm mäht. Sie leben noch die etwas wollen Mit Herz und Hand, Die Gut und Blut noch freudig zollen Für Gott und für das Vaterland. Entwickelung auf historischem Wege. Mel. Wer wollte sich mit Grillen plagen. O lasset doch den Geist der Zeiten! Ihn hemmt kein Wehr, kein Damm, kein Band; Er wird tagtäglich vorwärts schreiten Frei wie der Fluß durch's ganze Land. Er strömet nicht aus Einer Quelle, Aus Einer Lebensader nur; Ihn nährt und speist an jeder Stelle Die ganze lebende Natur. Ihr seht nur Eine Quelle springen, Und diese stopft ihr zu im Nu Und denkt, es wird uns jetzt gelingen, Wir stopften ja die Quelle zu. Ihr hohen Herrn und Herrendiener! So wollt ihr schützen Kirch' und Staat? Ihr macht's ja grade wie der Wiener, Der auf die Donauquelle trat. Er sprach mit stillem Wohlbehagen: Die Quelle hab' ich nun bekleibt! Was werden wohl die Wiener sagen, Wenn jetzt die Donau außen bleibt? — Drum lasset doch den Geist der Zeiten! Ihn hemmt kein Wehr, kein Damm, kein Band; Er wird tagtäglich vorwärts schreiten Frei wie der Fluß durch's ganze Land. Bauernglaube. Mel. Hans war des alten Hansen Sohn. Ihr gönnt uns wohl das Himmelsheil, Gönnt jedem daran gleichen Theil: Das Heil der Erde ward Regal, Uns blieb allein der Erde Qual. Was baut ihr neue Kirchen doch! Wir finden unsern Herrgott noch. O baut ein einzig Haus einmal, Drin wir vergessen unsre Qual. Rococo's Glaubensbekenntniß. Swer lobt des snecken springen, unt des ohsen singen, der quam nie dâ der lebarte spranc unt dâ diu nahtegrale sane. Vrîdanc. Mel. Ich war erst sechszehn Sommer alt, Unschuldig und nichts weiter. Ich stimme für die Monarchie, Da giebt's noch Räng' und Stände; Mit Republik geht Poesie Und alles Glück zu Ende. Ich stimme für die Monarchie; Wenn wir darin nicht wären, Wie könnten wir doch ohne sie So viele Leut' ernähren. Ich stimme für die Monarchie, Für Würden, Titel, Orden; In Republiken sind noch nie Verdienste was geworden. Ich stimme für die Monarchie, Wo die Censur noch waltet, Wo nicht der Presse Despotie Nach Herzenslüsten schaltet. Ich stimme für die Monarchie, Wo weise wird regieret, Weil Grundbesitz mit Hab' und Vieh Nur ist repräsentieret. Ich stimme für die Monarchie, Die giebt noch gute Rente; Es gab die Republik doch nie Vier oder fünf Procente. Drum laß ich mir die Monarchie Auch nun und nimmer rauben: Wir haben Eine Liturgie, Und Einen Gott und Glauben. Eliaswagen. Denn gewisse Dinge lassen Sich nicht sagen als durch Denken. Calderon, „Das Leben ein Traum.“ Mel. In des Waldes düstern Gründen. Soll es erst die Nachwelt sagen, Was die Mitwelt hat gedacht? Soll kein Herz zu sagen wagen Was ihm Leid und Freude macht? Nein, ihr wagt nicht mal zu sagen Und ihr habt's doch oft gedacht: Daß das fünfte Rad am Wagen Ist Europas fünfte Macht. Fünftes Rad, fürwahr, du solltest Ein Eliaswagen sein! Fünfte Macht, wenn du es wolltest — Und Europa wäre dein! Was ich weiter könnte sagen, Darauf laß ich mich nicht ein; Läßt man doch in unsern Tagen Nur zu gern fünf grade sein. Titelkram und Ordenbettel. Etizm capillus unus habet umbram suam Publius Syrus. Ein kurzer Titel und ein dünnes Band Genüget für ein lang und schwer Verdienst: Wie lernte sonst dein gutes Vaterland, Daß du was bist was du ihm niemals schienst? Du gehst, und jeder sieht dein Bändchen an, Und ist von deiner Ehre hoch entzückt: Geziemend grüßt dich jetzo jedermann, Und ist von deinem Titel mitbeglückt. Fürwahr, es ist nur purer blasser Neid, Wenn man dir weder Band noch Titel gönnt. Drum sag' ich auch zu allen jederzeit: Seid still! er that gewiß was ihr nicht könnt. Siegeslied. nach endlichem Sturze der Mandarinen mit der Pfaufeder vom wirklichen geheimen Obercensur- Collegium im 20. Jahre Tao-Kuangs und im 37. des 75. Cyklus unsers himmlischen Reiches. Mel. Süße liebliche Vertraute, Meines Kummers Trösterin. Fürchtet nicht die Bajonnette, Nicht den Uniformentand, Hof und Adel, Etiquette, Titel, Orden, Rang und Stand! Tsching tsching. Ein Jubelspottwort der Chinesen, wobei sie mit dem Daumen und Zeige¬ finger die Nase fassen, mit den übrigen Fingern eine zitternde Bewegung machen und zugleich die Zunge ausrecken. Der von Schellmuffsky . He, juchhe! sie sind gefallen, Und zertrümmert ist ihr Sitz! Endlich ist erlaubt uns allen Wieder doch einmal ein Witz. Tsching tsching. Welche Zukunft! o ihr Lieben, Ihr Beamten, singt und lacht! Denn ihr habt gar viel geschrieben, Doch nie einen Witz gemacht. Tsching tsching. 2 Die Conduitenlisten geben Nun anjetzt Bericht sogar, Wenn in seinem magern Leben Ein Beamter witzig war. Tsching tsching. Laßt uns feiern in den Schenken Jährlich ein Erinnrungsfest, Denn wir dürfen wieder denken Alles was sich drucken läßt. Tsching tsching. Wie ist doch die Zeitung interessant! Man kann unstreitig zu unsern Tagen Vieles sagen, was man noch zu den Zeiten unsrer Väter kaum leise denken durfte. Viel¬ leicht kommt noch in dem folgenden Jahrhundert die Zeit, wo man Alles , was man denkt und glaubt, laut sagen darf. Fridr. Karl Freih. v. Moser, „Politische Wahrheiten“ I . 1796. S. XV . Wie ist doch die Zeitung interessant Für unser liebes Vaterland! Was haben wir heute nicht Alles vernommen! Die Fürstin ist gestern niedergekommen, Und morgen wird der Herzog kommen, Hier ist der König heimgekommen, Dort ist der Kaiser durchgekommen, Bald werden sie alle zusammenkommen — Wie interessant! wie interessant! Gott segne das liebe Vaterland! Wie ist doch die Zeitung interessant Für unser liebes Vaterland! Was ist uns nicht Alles berichtet worden! Ein Portep é efähnrich ist Leutnant geworden, Ein Oberhofprediger erhielt einen Orden, Die Lakaien erhielten silberne Borden, Die höchsten Herrschaften gehen nach Norden Und zeitig ist es Frühling geworden — Wie interessant, wie interessant! Gott segne das liebe Vaterland! 2 * Café national. Mel . Wilhelm, komm an meine Seite. Welch ein Flüstern, welch ein Summen! Welch ein stiller Lesefleiß! Nur Marqueure schrei'n und brummen: Tasse schwarz! und Tasse weiß! Und die Zeitungsblätter rauschen, Und man liest und liest sich satt, Um Ideen einzutauschen, Weil man selbst gar wenig hat. Und sie plaudern, blättern, suchen, Endlich kommt ein Resultat: Noch ein Stückchen Aepfelkuchen! Zwar der Cours steht desolat. Und sie sitzen, grübeln, denken, Und sie werden heiß und stumm, Und mit kühlenden Getränken Stärken sie sich wiederum. So vertreibt man sich die Zeiten Nach des Tages Hitz' und Last, Bis erfüllt mit Neuigkeiten Geht nach Haus der letzte Gast. Doch am Morgen sieht sich wieder Hier der alte Lesekreis, Und man läßt sich häuslich nieder: Tasse schwarz! und Tasse weiß! Fleckseife. Mel . Kommt ein schlanker Bursch gegangen. Ja, die Welt gelangt zur Reife, Immer klarer wird ihr Zweck: Jetzt erfand man eine Seife, Die vertilget jeden Fleck. Alt' und neuer Unrath schwindet Vor der Seife wie ein Traum, Daß ihr niemals wiederfindet Eines Fleckes Spur noch Saum. Kauft die Seife, Diplomaten, Wascht uns die Geschichte rein, Denn sie ist von euren Thaten Schwärzer als von Höllenstein. Der König weiß es nicht. Wir warten aber eines neuen Himmels und einer neuen Erde, nach seiner Verheißung, in welchen Gerechtigkeit wohnet. Petri Episel 2, 3, 13. Mel. Helft, Leutchen, mir vom Wagen doch. Wie ist des Elends in der Welt So viel und mancherlei! Und dennoch giebt man soviel Geld, Das; jeder glücklich sei. Ach! wer das Elend einmal sah, Ich weiß, das Herz ihm bricht. Was hilft's? ihr saget immer: ja, Der König weiß es nicht. Wie geht das Unrecht allezeit So sicher doch umher! Wie ist doch die Gerechtigkeit So theuer und so schwer! Warum giebt's soviel Unrecht noch? So manchen Bösewicht? Ich weiß, ihr wißt es alle, doch Der König weiß es nicht. Wie das Verdienst so wenig gilt Und doch Geburt so viel! Ist das nach Christi Ebenbild? Das unsrer Liebe Ziel? Ist Adel denn ein Vorzug noch? So gebt mir doch Bericht! Ich weiß, ihr wißt es alle, doch Der König weiß es nicht. Vaterländischer Rosenkranz. Malo mori quam foedari Hymnus S. Augustini. Lieber todt als ein Verräther! Lieber todt als schlechtgesinnt! Stehet fest, ihr Volksvertreter, Weil der Tag des Kampfs beginnt! Schaar der Guten, auf! erwache! Stelle dich in unsre Reih'n! Denn des Volkes gute Sache Muß der Guten Sache sein. Stehet fest, ihr Volksvertreter, Daß der Tag des Lohns beginnt! Lieber todt als ein Verräther! Lieber todt als schlechtgesinnt! Ständisches. „Ein jeder bleib' in seinem Stande, Ein jeder denke nur an sich; Das ist ein Segen unserm Lande, Das paßt sich gut für dich und mich.“ O weh, o weh, du schnöde Schande! Du teuflische Simplicitas! Bleibt jeder nur bei seinem Stande, So kommt zu Stande niemals was. Leoninischer Vertrag. Mel . Es steht ein Baum im Odenwald. Weh dir! weh dir, mein Vaterland! Der Bund, dein eigner Saul, Hat dir gebunden jede Hand, Geknebelt dir das Maul. Den Knebel weg, den Strick entzwei! Frei sollst und mußt du sein! Und machst du dich nicht endlich frei, So schlag der Teufel drein! Nunquam retrorsum. Mel. Nur fröhliche Leute Laßt, Freunde, mir heute. Nicht betteln, nicht bitten! Nur muthig gestritten! Nie kämpft es sich schlecht Für Freiheit und Recht. Und nimmer verzaget! Von Neuem gewaget! Und muthig voran! So zeigt sich der Mann. Wir wollen belachen Die Feigen und Schwachen: Wer steht wie ein Held, Dem bleibet das Feld. Einst wird es sich wenden, Einst muß es sich enden Zu unserem Glück: Drum nimmer zurück! Montag. Die Interessen. Mit jedem neuen Anlehn mehret Der Staat nun seine Schulden zwar, Doch wird er immer mehr geehret Und mehr geliebt von Jahr zu Jahr. Das lassen wir uns gern gefallen — Der Staat ist ja ein gutes Haus, So lang' er immerfort uns allen Die Zinsen zahlet richtig aus. Doch sollte sich dies Haus nicht halten Und macht es auch einmal Bankrott, Dann wird die Liebe schnell erkalten, Ade, o Staat, dir gnade Gott! Versprich das Weltall in Decreten, Du fängst kein Unterthanenherz; Hast du nicht Taschen voll Moneten, So dreht dir jeder zu den Sterz. Wegebesserung. Laßt uns Gottes Güte preisen, Die uns gab den Fürstenstand: Nur wenn unsre Fürsten reisen, Bessert sich der Weg durch's Land. Sind auch solche Reisen theuer, Sind sie uns doch lieb und werth; Gern bezahlt man jede Steuer, Wenn man noch erträglich fährt. Vier Elemente. Wollt ihr uns repräsentieren, Haltet fest an diesen vieren: Geist und Arbeit, Gut und Geld Sind die Stände dieser Welt. Gönnet jedem auszusprechen Seine Leiden und Gebrechen! Lernt, daß zu vertreten ist Mehr als Adel nur und Mist. Polizei, Geld und Wetter. Freier Mensch mit göttlichen Entwürfen, Voll von hohen himmlischen Ideen, Aus dem Born der Schöpfung kannst du schlürfen, Und ins Angesicht der Gottheit sehn. Aber ohne Paß, da bist du kaum ein Thier, Freier Mensch, es tauscht kein Hund mit dir. Freier Mensch voll hoher Gottesgaben, Kannst du alles hören, alles sehn, Kannst genießen alles, alles haben, Darfst nicht unbefriedigt weiter gehn. Aber ohne Geld, du giebst es selber zu, Freier Mensch, ein Schaf ist mehr als du. Freier Mensch, setz auf die Pudelmütze, Daß dich Kopfweh nicht und Zahnschmerz plagt; Nimm den Schirm, er ist dir heute nütze, Weil das Wetter doch nach dir nicht fragt; Denn das Wetter ist wie Geld und Polizei, Freier Mensch, leb wohl! und werd' erst — frei! Eine Frage an ein Hoch-, Hochwohl- und Wohlgebornes Publicum . Denn des Menschen größte Sünde Ist, daß er geboren ward. Calderon, „Das Leben ein Traum.“ Wir sind geboren, hochgeboren, Hochwohl- und wohlgeboren wir: Das ist der Weisen und der Thoren, Des Bürgers und des Adels Zier. Geboren sein ist Titel, Ehr' und Ruhm, Ein altes treu bewahrtes Heiligthum. Und wirst du nie, mein Volk, auf Erden Von den Geburtswehn dich befrei'n? Und wirst du niemals etwas werden , Und niemals hoch und wohler sein ? Bist du ein Volk das nur geboren ist Und alles Sein und Werden ganz vergißt? Al pari. Mel. Sie ging zum Sonntagstanze. Auf Eisenbahnen fahren Zwar gern die großen Herrn, Doch daß auch wir es können, Das haben sie nicht gern. Sie können auch nicht schneller Bei allem Gut und Geld, Nicht schneller als wir andern Fortkommen durch die Welt. Und nebenbei verdrießt es Die großen Herrn gar sehr: Da ist ja von Vorfahren Die Rede gar nicht mehr. Unterschied des Bedingten und Unbedingten. Göthe präsentierte mich dem gnädigsten Herrn, zu dem ich mich auf den Sopha, — ich glaube sogar, ich saß ihm zur Rechten, — setzte. Hegel's Werke 17, 621. Mel. So hab' ich wirklich dich verloren. Das Absolute zu ergründen, Hatt' er sich selbst der Welt entrückt; Das Absolute zu verkünden, Hat ihn nur auf der Welt beglückt. Und wenn er saß auf dem Katheder Und sprach vom absoluten Sein — Fürwahr, da glaubt' und dachte Jeder: Hier spricht nur Gott durch sich allein. Und dennoch konnt' er's nicht vergessen, Daß er bei einem Herzog saß, Er der doch höher nie gesessen Als wenn er sein Collegium las. Guter Rath. Mel . Das Grab ist tief und stille. Die Frösche mit den Unken, Wie sie so schrecklich schrei'n! Ich kann vor den Hallunken Nicht ruhig schlafen ein. Sollt' ihnen Freiheit fehlen? Ach nein, das kann nicht sein: Wer wird darum sich quälen? Danach so schrecklich schrei'n? Macht's doch, ihr Frösch' und Unken, Wie wir, und trinket Wein! Denn habt ihr erst getrunken, So laßt ihr auch das Schrei'n. Ihr werdet Lieder singen Vom freien deutschen Rhein, Und dann vor allen Dingen Auch ruhig schlafen ein. Hannoversches Zwangbier. Ferners auch unter andern Beschwer-Articuln nicht der we¬ nigst ist, daß Ew. Liebden auf Deroselben Amthäusern zu feilem Kauf Bier brauen läßt. Kaiser Rudolf II . de dato Prag 4. Aug. 1579. an Herzog Julius zu Braunschweig. Ihr müßt Jahr aus Jahr ein das Bier Vom Landesvater kaufen, Doch leider! mehr noch müsset ihr, Ihr müßt das Bier auch saufen. Glück zu! trinkt aus, schenkt wacker ein! Ich halt' es mit dem Weine: Ernst Rex mag euer König sein, Scherz Rex das ist der meine. 3 Verwöhnung. Die Fallersleber waren früher nicht so verwöhnt. Noch in der Fehde Herzogs Heinrich d. ä, mit Braunschweig sang man von ihnen: De von Fallersleben repen: wolan! Wi willen de Grepen laten stan Und willen Bronswik delgen; So kriege wi der sulvren Schauer veel, Dar wille wi Mummen ut swelgen. Den Teufel sah man eines Tags Mit einer Seel' entschweben, Das war ein ungerathner Sohn Vom Flecken Fallersleben. Die Sonne brannte fürchterlich, Schwül war es aller Orten, Als wären plötzlich aufgethan Die weiten Höllenpforten. Da schrie das arme Unglückskind: „Ach, hätt' ich Trank und Speise!“ Doch schneller, immer schneller ging Dahin die luft'ge Reise. Bei jedem Wirthshaus das es sah, Da fleht' es um Erbarmen: „O gönne doch ein Tröpfchen Bier, Ein Tröpfchen nur mir Armen!“ Vorüber ging es pfeilgeschwind An Dörfern und an Krügen: Dem Teufel machte nun einmal Einkehren kein Vergnügen. Vorüber ging es pfeilgeschwind An Quellen und an Teichen: Es ließ sich nicht das harte Herz Des Teufels mehr erweichen. „O gnäd'ger Herr von Satanas, O hab' mit mir Erbarmen, Und gieb doch, ich verschmachte schier, Ein Tröpfchen Thau mir Armen.“ Da ließ der Teufel endlich sich Zum Mitleid noch bewegen, Und flog zu einer Pfütz' herab Voll Jauche, Schlamm und Regen. Er tauchte seinen Schwanz hinein, Und ließ ihn dann geschwinde Hingleiten durch das trockne Maul Dem armen Menschenkinde. „Ha!“ rief es himmelhoch entzückt Zum Teufel augenblicklich, „Wie schmeckt das Fallersleber Bier So wunderbar erquicklich!“ 3 * Salvator-Bier. Mel . Laßt die Politiker nur sprechen. Was kümmert uns die zweite Kammer? Und was die Constitution? Nie lindert sich der Steuerjammer, Nie steigert sich der Arbeitslohn. Wir kommen niemals doch in Flor, Und müssen zahlen nach wie vor. Was kümmern uns die Dankadressen? Wer schaut in unsern Topf hinein? Wer fragt, ob wir uns satt noch essen? Wie wir uns plagen und kastei'n? Sie sind für unsre Leiden stumm Und scheren sich den Teufel drum. Doch davon wollen wir nicht sprechen! Zwei Kreuzer kostet nur der Krug. So lange wir noch billig zechen, Ist auch die Zeit noch gut genug. Wir sind noch immer wohlgemuth, Das Bier ist gut und bleibet gut. Gott segn' uns unsre Berg' und Saaten! Das bitten wir, das beten wir. Ist Gerst' und Hopfen gut gerathen, Bleibt gut und billig auch das Bier. Gott segne stets das Baierland, Drin man das beste Bier erfand! Wasser und Wein. Wer schuf das Wasser? wer den Wein? Wasser her! schenket ein! Das Wasser schuf nur Gott allein, Das Wasser ist göttlich, und menschlich der Wein. Mehr ist das Wasser als der Wein, Wasser her! schenket ein! Ich aber will bescheiden sein: Ich lobe das Wasser und — trinke den Wein. Die Wassersucht. Ja, ich bin bei allem schüchtern, Was da irgend Wasser heißt, Denn es macht doch gar zu nüchtern Jedes Menschen Herz und Geist. Kann Philistern auch nicht schaden Eine gute Wasserkur, Immer wird sich drin verbaden Die poetische Natur. Freilich, wer die Dichtkunst setzet Nur ins Versmaaß und den Reim, Nun, der kommt wohl unverletzet Auch aus jedem Wasser heim. Die Wasserfrage. Nun kommt auch noch die Wasserkur Zu unsern vielen Tagesfragen, Als könnten uns die Aerzte nicht Genug auf andre Weise plagen. Wär' eine Schwimmhaut mir beschert Und hätt' ich einen Haifischmagen, Da würde mir die Wasserkur Vielleicht tagtäglich auch behagen. Doch mißlich ist's auch sonst damit, Wie mit den diplomat'schen Fragen: Von ihrem Anfang kann man wohl, Von ihrem Ende niemals sagen. Officielle Volkssouveränität. Er denkt zu viel: die Leute sind gefährlich. Shakspeare im Jul. Cäsar. Polizeilich ist erlaubt, Alles zu verschnapsen; Keinem wehrt man überhaupt, Durch die Welt zu tapsen. Lieber hat man doch, daß sie Wie das Vieh verdummen, Denn es kann das liebe Vieh Höchstens etwas brummen. Legten Ochs und Esel sich Auf das Räsonnieren, Ließe man gelegentlich Sie auch arretieren. Der Hausorden. Ach, gar zu bescheiden Sind doch ihre Freuden Und kaum von Leiden Zu unterscheiden. Tieck im Zerbino. Mel. Kleine Blumen, kleine Blätter. Dem Verdienste seine Kronen! Also denket mancher Mann, Und er will sich selbst belohnen, Denn kein andrer denkt daran. Und wie große Potentaten Heckt er einen Orden aus Zur Belohnung seiner Thaten Nur für sich und für sein Haus. Und er theilet dann in Klassen Diesen Orden seiner Wahl, Und er will damit umfassen Der Verdienste große Zahl. Ehekreuz das ist die erste, Hauskreuz muß die zweite sein, Und dann kommt die schönst' und hehrste, Todtenkreuz noch hinterdrein. Seit die Orden sind geworden Jedem Stand' ein Liebespfand, Nun, so hascht man auch nach Orden In dem heil'gen Ehestand. Wenn dich drum der Staat nicht ehret, Werde gleich ein Ehemann, Und dir wird ein Kreuz bescheret, Daß du denkst zeitlebens dran. Mißheirath. Le bourgeois, par une varité ridieule, font de leurs filles un fumier pour les gens de qualité. Chanfort, Pensées. Haltet rein das edle Blut! Hat mein Vater oft gesagt. Ach! was nun mein Enkel thut! Ach! dem Himmel sei's geklagt! Eine Bürgerliche frei'n! Nein, das ist fürwahr zu arg! Ach! das wird ein Nagel sein Ganz gewiß zu meinem Sarg! Also sprach der Großpapa, Und die Ahnen an der Wand Nickten gleichsam alle: ja! Als ob's jeder mitempfand. Und der gute Junker nahm Doch zur Frau das Bürgerblut, Und der arme Junker kam So zu großem Geld und Gut. Und erfüllt von Lieb' und Dank Fand der Alte sich darein; Er der sonst nur Wasser trank, Trank anjetzo nur noch Wein. Eine Bürgerliche frei'n, Fand er jetzt nicht mehr so arg, Doch der gute Bürgerwein Ward ein Nagel ihm zum Sarg. Allerhöchste Cultur. Mel. So hab' ich nun die Stadt verlassen. Zwar immer tragen wir noch Kleider Und gehn in Stiefeln und in Schuh'n, Wo aber sind anjetzt die Schneider? Wo aber sind die Schuster nun? Ein Schuster einst von Gottes Gnaden Heißt jetzt ein Stiefelfabrikant, Und eines Schneiders Höll' und Laden Wird jetzt ein Magazin genannt. So werden wir denn noch erleben Ein Kleideranpassungs-Bureau Und ganz gewiß auch noch daneben Ein Fußbedeckungsstück-Depot. Partus monstrosus vulgaris Lin. Geburten ohne menschliche Form und Bildung haben auf Familien- und bürgerliche Rechte keinen Anspruch. Preuß. Landrecht 1. Th. Tit. 1, §. 17. Mel. Auf Brüder, laßt uns lustig leben. Es giebt im menschlichen Geschlechte Für Mißgeburten keine Rechte, Und dennoch hat der Frack ein Recht: Wer wäre nicht des Frackes Knecht? Wie könnt ihr je von Freiheit träumen, Wollt ihr dem Frack ein Recht einräumen! Erfahrt's, wenn ihr's noch nicht erfuhrt: Der Frack ist eine Mißgeburt. Porc à la mode. Mel. Auf grünen Bergen ward geboten. Ihr geht nach neuestem Geschmacke, Fürwahr, es steht euch alles gut: Wie prunkt der Leib im engen Fracke, Wie zierlich sitzt der runde Hut! Die Weste schillert, die moderne, Das Vorhemd ist so hell und klar, Die Knöpfe blitzen wie die Sterne, Und glatt gestrählt ist Bart und Haar. Wohl sauber sind die lieben Blümchen Die drüben auf der Heide stehn, Doch ist an euch kein Fleck, kein Krümchen, Kein Staub, kein Federchen zu sehn. Man kann euch in den Glasschrank stellen, So hübsch seid ihr, so nett und rein! Und ach! ihr sauberen Gesellen, Ihr sprecht das Deutsche wie ein Schwein. Unmenschliche Liebhaberei. Hängt nicht an Hund' und Katzen eure Herzen, An Blumen, Pferd' und Pagagei'n — O lernt doch erst der Menschheit Freud' und Schmerzen Und unter Menschen Mensch zu sein! Ist euch der Mensch nicht mehr als Hund' und Kätzchen, Als Blumen, Pferd' und Papagei'n, So hol' der Teufel jedes eurer Schätzchen, Und euch, euch hol' er hinterdrein! Seehandlung. Nocere posse et nolle, laus amplissima est. Publius Syrus. Seht, wir wechseln, leihen, borgen; Seht, wir schaffen, mühn und sorgen, Daß des Volkes Kraft erwache, Kunst und Fleiß sich geltend mache, Daß die Armuth werde kleiner Und die Wohlfahrt allgemeiner. Juchhe! juchhe! So treiben wir Handlung auf der See. Seht, wir trachten nur und dichten, Musterwerke zu errichten, Zu beseelen alle Hände Zum Gedeihen aller Stände, Kunst und Industrie zu heben Und den Marktplatz zu beleben. Juchhe! juchhe! So treiben wir Handlung auf der See. Nicht wie sich im Haus die Schnecke Haben wir uns nur zum Zwecke: Ei, wie könnten wir euch hindern! Wir, die wir den Nothstand lindern, Und bereit sind alle Zeiten Euch nur Wohlstand zu bereiten? Juchhe! juchhe! So treiben wir Handlung auf der See. Laßt das Kleinliche verderben! Ward nicht Freiheit den Gewerben? Kann nicht jeder seine Sachen, Fleiß und Waare geltend machen? Sä't wie wir die Saat der Mühe, Daß auch euch das Heil erblühe! Juchhe! juchhe! So treibet auch Handlung auf der See! Alles könnt auch ihr beginnen: Malen, weben, hecheln, spinnen. Weg mit Flotten, weg mit Schiffen! Wer die Zeiten hat begriffen, Bringet auch auf trocknem Sande Eine Seefahrt noch zu Stande. Juchhe! juchhe! Hoch lebe die Handlung auf der See! 4 Dinstag. An die Gegenwartvergötterer. Ach, wir sind zu sehr befangen In der eignen Schlechtigkeit, Daß wir immer noch verlangen Immer nach der bessern Zeit. Doch wir wollen uns bestreben, Wollen thun wie ihr es thut, Und so ganz dem Guten leben Ohne allen Zweifelsmuth. Und wir wollen nicht mehr streiten, Wollen sehn wie ihr es seht: O wie gut sind unsre Zeiten, Und wie gut doch Alles geht! Gut ist Alles was bestehet, Und wie gut daß ihr noch bleibt, Und für uns noch hört und sehet, Und für uns noch denkt und schreibt! Die historische Schule. Niemals kann ereignen sich das Wunder, Das auf's Neu, was abgelebt, zu sehn. König Ludwig, Ged. 3, 80. Ihr stützt euch auf Geschichte, Und sucht nicht was ihr suchen sollt, Und findet was ihr finden wollt — Das nennet ihr Geschichte! Und das Alte gehet doch zu Nichte. O leset die Geschichte! Und sehet wie der ew'ge Geist Zum Neubau Altes niederreißt — O lest — nie die Geschichte! Und das Alte gehet doch zu Nichte. 4* Das Glück der Vergeßlichkeit. Ein Dompfaff in dem Bauer saß Und seinen Busch und Wald vergaß, Hub fröhlich an zu springen, Zu pfeifen und zu singen Gar hübsch und fein nach Kunstmanier: „Ein freies Leben führen wir.“ Ihr Menschen seid doch ebenso, Ihr thut so frei, so frisch und froh — Ihr müßt im Käfich springen Und hebt doch an zu singen Wie dieses unvernünft'ge Thier: „Ein freies Leben führen wir.“ Ehrlich. Ja, Herr, ehrlich sein, heißt, wie es in dieser Welt hergeht, Ein Auserwählter unter Zehntausenden sein. Hamlet. Mel. Gestern, Brüder, könnt ihr's glauben? Lernet beten, lesen, schreiben, Lernet alle Künste treiben, Lernet was der Welt gefällt, Lernt euch schicken in die Welt; Lernet aller Weisheit Sätze, Lernet alles Wissens Schätze, Lernet Griechisch und Latein — Ehrlich braucht ihr nicht zu sein. Die Wahrheitsbill. Es geschah in alten Tagen, Daß der liebe Gott befahl: „Wer nicht will die Wahrheit sagen, Wird ein Stottrer allzumal.“ Wie bei Greisen, Männern, Buben Da die Stotterei begann! Auch die Officianten huben Alle gleich zu stottern an. Als nun Gott der Herr gesehen, Daß der Mensch zur Wahrheit will Schlechterdings sich nicht verstehen, Hob er auf die strenge Bill. Und so stottern auch noch lange Unsre Officianten nicht, Doch weil ihnen davor bange, Geben schriftlich sie Bericht. Vieh- und Virilstimmen. In solcher Zeit wie diese ziemt es nicht, Daß jeder kleine Fehl bekrittelt werde. Shakspeare, Jul. Cäsar. Der Ochse brüllet, es grunzt das Schwein, Die Schafe bläken, die Frösche schrei'n — Ob schön das lautet? wird wohl keiner fragen; Was läßt sich auch von Bestiensprache sagen? Doch brüllt kein Ochs' und es grunzt kein Schwein, Noch Schafe bläken und Frösche schrei'n So unterthänigst, jämmerlichst wehmüthigst Als deutsche Unterthanen tiefst demüthigst. Unfruchtbar. Du möchtest Allen Alles sein, Conservativ und liberal, Aristokratisch, radical, Und demagogisch auch einmal. Du möchtest Allen Alles sein! Wärst du ein Esel oder Pferd, So wärst du überall begehrt — Maulesel sind zur Zucht nichts werth. Heraldisches. Die Fürsten voller Güt' und Milde, Was führen sie in ihrem Schilde? Gemeiniglich ein wildes Thier, Ein Thier voll Raub- und Mordbegier, Wovon gottlob nichts weiß die Welt, Als daß man es im Käfich hält. Doch diese Thiere könnten leben, Lebendig jeden Thron umgeben — Uns brächte weniger Gefahr Bär, Geier, Löwe, Greif und Aar, Als jenes saubre Hofgeschmeiß, Wovon die Welt zu viel nur weiß. Was ist denn zollfrei? Besteuert ist die ganze Welt Und alles drum und dran: Gewerbe, Handel, Gut und Geld, Weg, Wasser, Weib und Mann. Wem wäre nicht das Leben theuer, Wofür man zahlt so manche Steuer? Besteuert ist der Bissen Brot, Den man im Schweiß gewinnt! Besteuert ist sogar der Tod, Weil wir am Ziele sind. Nur zu erzeugen unsers Gleichen Ist frei den Armen und den Reichen. Bienenloos. Wir geben und der König nimmt, Wird sind zum Geben nur bestimmt, Wir sind nichts weiter als die Bienen, Arbeiten müssen wir und dienen. Und statt des Stachels gab Natur Uns eine stumpfe Zunge nur, Die dürfen wir nie unsertwegen Und nur im Dienst des Königs regen. Kuhschnappelsche Thorsperre. Einen Leibzoll zu entrichten Für das Vieh, mag menschlich sein: Ochsen dürfen doch mit Nichten Ungestraft zur Stadt hinein! Doch daß man den Ochsen gleich gilt, Ochsig zahlen muß und soll, Wenn man kommt zu spät ins Weichbild — Bestialisch ist der Zoll. Kuhschnappelsche Volksrepräsentation. Ei, was soll noch Kunst und Witz? Hier gilt nur der Grundbesitz. Für den Landbau, für's Gewerbe Schweigt kein Volksrepräsentant; Doch des Geistes Gut und Erbe Legen sie in Gottes Hand. Wie verlassen und verwaist, Armer, armer Menschengeist! Wie der Vogel auf dem Dache Hast auch du kein Vaterland, Und der Menschheit heil'ge Sache Gab dir Gott in deine Hand. Schnaderhüpfel. Mel . Mein Schatz ist a Reiter, a Reiter muß sein. Der Fürst und der Adel stehn immer im Bund, Der Fürst ist der Jäger, der Adel der Hund. Der Fürst ist der Jäger, das Volk ist das Wild, Weil mehr das Regal als das Menschenrecht gilt. Und gehet der Jäger auf die Hasenjagd, Hat noch immer der Hund den Vermittler gemacht. Und wenn es sich handelt um Constitution, Vermittelt der Adel zwischen Fürst und Nation. Bläst Jäger und Hund und Has' in Ein Horn, Sind wir alle vergnügt von hinten und vorn. Langweilig und schlecht. Mel. Mein Lebenslauf ist Lieb' und Lust. Wie ist die Willkür und Gewalt Doch in der Welt gemein! Die Welt ist schon so klug und alt Und muß noch dienstbar sein! Wann bricht der Freiheit goldner Strahl In unsre Nacht hinein? Wann endet unser Joch einmal, Wann unsre Noth und Pein? O weh! o weh! Wann unsre Noth und Pein? Geduld ist unsre Fröhlichkeit, Gehorsam unser Glück, Und niemals kommt Zufriedenheit In unsre Welt zurück. Wohl anders wird es jeden Tag, Doch besser wird es nie. Wer das ein Glück noch nennen mag, Ist dumm wie's liebe Vieh, O weh! o weh! Ist dumm wie's liebe Vieh. Landtagsabschied. Mel . Jetzt schwingen wir den Hut. Jetzt gehen wir nach Haus, Der Landtag ist nun aus. Wir waren einig allezeit, Und thaten unsre Schuldigkeit, Sogar bei jedem Schmause, ja Schmause. Wir haben Tag und Nacht Gesessen und gedacht, Und sahen fest und unverwandt Auf unser theures Vaterland, Sogar bei jedem Schmause, ja Schmause. Die Zeitung giebt Bericht: Wir thaten unsre Pflicht; Wir hielten nicht umsonst Diät, (Das weiß auch Seine Majestät,) Sogar bei jedem Schmause, ja Schmause. Stiftungslied der adelichen Ressource zu Kuhschnappel. Mel. Es kann ja nicht immer so bleiben. Nie soll es doch ihnen gelingen, Wir halten vom Ziele sie fern: Sie bleiben das Lumpengesindel, Wir bleiben die gnädigen Herrn. Und haben wir Manches verloren, So kehret auch Manches zurück; Stets gehet die Zeit noch im Kreise, Sie bringet zurück uns das Glück. Hervor mit den alten Gesetzen, Und weg mit der Constitution! Da kommen die besseren Zeiten Von selber für uns und den Thron. Drum lasset uns hoffen und harren, Weil Adel und Tugend nicht stirbt, Daß endlich der Adel Europas Sein Recht auch noch wieder erwirbt. Auch ein Mädchen aus der Fremde. Mel. Das ganze Dorf versammelt sich Zu Kirmestanz und Reihen. Ein Mädchen aus der Fremde kam Und wollte sich vermählen, Doch wollte sie den Bräutigam Sich selber nur erwählen. Willkommen, junge fremde Fee Voll Anmuth, Mild' und Güte, So rein wie frisch gefallner Schnee, So schön wie Maienblüthe! Wohin sie kam, da schien sogleich Sich Alles froh zu regen, Und wo sie weilte, stand das Reich In Kraft und Macht und Segen. Willkommen! schollen hell und laut Des Volkes frohe Lieder: O ließe sich die holde Braut Bei uns doch heimisch nieder! Sie aber bot ihr Händelein Nur einem Königssohne: Ich will mit ihm vermählet sein, Mit ihm und seinem Throne! Er nähme sie auch gern zur Eh', Wenn's ginge morganatisch, Das aber war der lieben Fee Doch gar zu problematisch. Sogleich war ohne alle Spur Die Fee wie weggetrieben, Uns aber ist ihr Name nur: Constitution , geblieben. Krebsgang. Mel . Seht ihr drei Rosse vor dem Wogen. Russ. Volksl. Ihr passet recht zu unsern Zeiten, Und wisset was uns nützt und frommt! Ihr werdet immer rückwärts schreiten, Bis ihr zur Schlacht von Jena kommt. Doch, lieben Leute, laßt euch sagen: Erreicht ihr wieder euren Zweck, Ihr werdet wiederum geschlagen, Und Staat und Kirche liegt im Dreck. Petitionsrecht. Das Beten und das Bitten ist erlaubt, Ja, und erlaubt ist Alles überhaupt, Was niemals nützt den armen Unterthanen. Wenn wie an ein Versprechen etwa mahnen, Gesetzlich bitten, was wir fordern können, Da will man uns das Bitten auch nicht gönnen, Man weist uns ab mit kaltem Hohn zuletzt: Ihr habt die Form verletzt. Der Herr der Welten höret unser Flehn, Er naht und ist bereit uns beizustehn, Er fordert was wir bitten kaum noch wollten, Erfüllt was wir nach Recht verlangen sollten. Zu jenen, die ihr heiligstes Versprechen Gebrochen haben und noch heute brechen, Spricht er ein allerhöchstes Wort zuletzt: Ihr habt das Recht verletzt. 5 Serenate unter den Fenstergittern des Kuhschnappelschen Landtags. Aber ich begreife, wie alles impertinent gelehrt, und doch so dumm ist, daß man Mauern und Thore damit einrennen könnte. Arndt, Geist der Zeit l , 43. Mel . So mancher steigt herum. Aus dem Bauer als Millionär. So mancher macht sich breit, Will Sprech- und Preßfreiheit, Und thut dann auf einmal Entsetzlich liberal. Gebt ihm ein Bändelein Und Titel obendrein, Da ist der Kerl gleich stumm Und ganz entsetzlich dumm — O Stockfisch! o Stockfisch! So mancher denkt und spricht: Wir brauchen sie ja nicht Die Constitution, Wir sind ja glücklich schon. Er denkt an sich allein, Uns fällt dabei nur ein: Freund, sieh dich besser um! Du bist entsetzlich dumm — O Stockfisch! o Stockfisch! Die sieben Sachen. Wie heißen doch die sieben Sachen, Die einen Mann von Stande machen? Nichts lernen früh von Kindesbeinen Und Alles doch zu wissen meinen, Die ganze Nacht beim Spiel durchwachen, Den ganzen Tag brav Schulden machen, Das Deutsch so schlecht als möglich sprechen, Französisch trefflich radebrechen, Champagner trinken obendrein Und überall hoffähig sein. Das sind, das sind die sieben Sachen, Die einen Mann von Stande machen. Wie heißen doch die sieben Sachen, Die keinen Mann von Stande machen? Nicht sich allein auf Erden leben, Für Andre still zu wirken streben, Sich nie um Schulden mahnen lassen Und nie auf Andrer Kosten prassen, Der Knechtschaft Sprache radebrechen, Gut Deutsch für Recht und Freiheit sprechen, Und lieber leiden Noth und Pein Als irgendwo hoffähig sein. Das sind, das sind die sieben Sachen, Die keinen Mann von Stande machen. 5 * Besserwerden. Wir haben schöne Institute Für jedes Alter, jeden Stand; Wir haben Fessel, Peitsch' und Ruthe, Wir haben Kett' und Ordensband. Das Laster findet seine Wohnung Zu jeder Zeit, an jedem Ort, Und für die Tugend sprießt Belohnung Aus Gut und Geld, aus Schrift und Wort. Ein Schul- und Zuchthaus ward das Leben Voll Religion und Unterricht; Auf's Bessre geht des Staates Streben, Doch bessert er sich selber nicht. Mittwoch. Wächterlied. Die Hähne krähten durch das Land: Und wer in Schlafes Banden ruht, Sei munter jetzt und wohlgemuth! Der Tag beginnt, die Nacht verschwand. Der Wächter auf der Zinne stand Und rief: ihr sollet munter sein, Ich sehe schon des Tages Schein; Wacht auf! wacht auf! die Nacht verschwand. Da stand man auf wohl hie und dort, Die Hähne that man in den Topf, Dem Wächter hieb man ab den Kopf, Dann aber schlief man weiter fort. Wer will noch Hahn und Wächter sein? Wer wecket uns aus Schlafes Noth Bald zu der Freiheit Morgenroth? Wir schlafen in den Tag hinein. Auch ich bin in Arkadien geboren! Mel . Brüder lagert euch im Kreise. Nur Europa hat Geschichte, Hat noch Sagen und Gedichte. Sprecht, in welchem Erdenwinkel Giebt es soviel Poesie? Von Geschlechte zu Geschlechte Erben fort die Völkerrechte, Und die Völker und die Rechte, Alles ist nur Poesie! Alle Föderationen, Friedensschlüss' und Conventionen — Fragt die ganze Weltgeschichte, Ist nicht Alles Poesie? Und die herrlichsten Congresse Nur aus reinem Volksinteresse — Ward nicht diese nackte Prosa Längst zur schmucken Poesie? Und die Proclamationen Und die Constitutionen — War nicht Alles von dem Anfang Bis zum Ende Poesie? Und die fürstlichen Versprechen, Abzuthun die Staatsgebrechen — Kannten je die alten Heiden Eine solche Poesie? Unser Adel ohne Ende, Unsre Räng' und unsre Stände — Hatten wohl die Patriarchen Kindlichere Poesie? Unser ganzes Sein und Leben, Unser Hoffen, unser Streben — Ward nicht Alles, ist nicht Alles, Alles, Alles Poesie? Höfische Poesie. Ich waere ungerne dâ pfærit, dâ man daz beste vuoter den ohsen und eseln gît. Reinmar von Zweter. Wenn man euren Glanz will schauen, Wirft man euch ein Körnlein vor, Und man lockt euch wie die Pfauen Draußen vor des Schloßhofs Thor. Türksche Enten, Hähn' und Hennen Sind hoffähig nur allein, Dürfen nicht nach Futter rennen, Dürfen nicht nach Futter schrei'n. Merkt es euch, ihr Königsdichter! Wenn ihr schlagt das schönste Rad, Frißt sich andres Hofgelichter Ganz bequem im Schloßhof satt. Criminalistischer Bilderdienst. Nicht an Hellas dürft ihr denken, Sucht ihr, Künstler, Ruhm und Preis: Auch bei uns in Flachsenfingen Sprießt der Kunst ein Lorbeerreis. Seht! vor eurem schlechtsten Machwerk Müssen Ehrenmänner knie'n — Hat wohl Hellas einem Künstler Soviel Ehre je verliehn? Anastasius Grün. Es stand ein Baum in Oesterreich, Der grünt' und blühte manches Jahr Fürwahr so schön und wunderbar. Manch Vogel saß darin und sang, Daß weithin Berg und Thal erklang. Es hatte jeder deutsche Mann Recht seine Lust und Freude dran. Ein Doppeladler flog einmal Zu diesem Wunderbaum' hinan, Band einen güldnen Schlüssel dran: Da wurden seine Blüthen taub Und falbe ward sein grünes Laub; Die Schaar der lieben Vöglein schied, Für immer schwieg ihr Sang und Lied. Dichtung und Wahrheit. Mel. Saß einst in einem Lehnstuhl still Ein gar gelehrter Mann. Ihr sangt der Welt von Freiheit vor Manch herrliches Gedicht; Die Freiheit drang der Welt ins Ohr, Die Welt verstand es nicht. Die Freiheit war nur ein Gedicht, Was ist sie jetzt zur Frist? Jetzt sänget ihr von Freiheit nicht, Weil Freiheit Wahrheit ist. Der neue Stern. Es war ein neuer Stern erschienen, Der wies uns wieder auf den Herrn, Auf ihn, dem alle Völker dienen, Wies uns der neue Morgenstern. Das Wort des Herren schien verloren Durch Lug und Trug in finstre Nacht — Es ward zum zweitenmal geboren Durch das was Guttenberg erdacht. Des Geistes letzte Fesseln schwanden: Heil ihm, Heil ihm, der das erfand! Und Jubel ward in allen Landen: Gesegnet sei sein Vaterland! Herodesherzen, Diplomaten, Ihr scheut noch heute diesen Stern, Und unsers Volkes schönsten Thaten Steht ihr mit Leib und Seele fern! Autoren-Litanei. Mathematische Figuren, Wahre sympathetische Curen, Logarithmen, Rechenknechte, Ueber Infanterie-Gefechte, Anatomische Tabellen, Die entdeckten Oderquellen, Pater Cochems Fegefeuer, Nützlichkeit der Hundesteuer. O du himmlischer Vater, erbarme dich der Autoren Vor den Rötheln, Stiften und Federn der Censoren, Daß nicht unsre große Müh' und Arbeit gehe verloren! Kyrie eleison! Die entlarvte Wasserhose, Sammlung aller Lebermose, Ueber Palm- und andre Seifen, Ein Versuch von Meerschaumpfeifen, Neue Kunst mit Glück zu freien, Ueber Branntweinbrennereien, Bibliographie der Fibeln, Lehrgedicht: die Tulpenzwiebeln. O du himmlischer Vater, erbarme dich der Autoren Vor den Rötheln, Stiften und Federn der Censoren, Daß nicht unsre große Müh' und Arbeit gehe verloren! Kyrie eleison! Räthsel- und Charadenbüchlein, Hannchen mitsamt ihren Küchlein, Abbildung der meisten Orden, Wie die neuste Zeit geworden, Die Anatomie der Stinte, Echte sympathet'sche Dinte, Andacht eines frommen Herzen, Stearin- und Wallrathkerzen. O du himmlischer Vater, erbarme dich der Autoren Vor den Rötheln, Stiften und Federn der Censoren, Daß nicht unsre große Müh' und Arbeit gehe verloren! Kyrie eleison! Beste Art von Dampfmaschinen, Die Entstehung der Lawinen, Von dem Pascha von Janina, Erster Druck der Carolina, Neuerfundne Taucherglocken, Einführung der Artischocken, Von der Construction des Kantschu, Kleines Wörterbuch des Mandschu. O du himmlischer Vater, erbarme dich der Autoren Vor den Rötheln, Stiften und Federn der Censoren, Daß nicht unsre große Müh' und Arbeit gehe verloren! Kyrie eleison! Creationstheorien. 1. Der Teufel schuf die Preßfreiheit, Ein Engel die Censur: Gottlob, es ist doch noch zur Zeit Von jener wenig Spur. Denn wer ein bös Gewissen hat, Dem stehn die Engel bei; Auch hindert es noch Kirch und Staat, Da man des Teufels sei. 2. Ein Engel schuf die Preßfreiheit, Ein Teufel die Censur: Und leider ist drum auch zur Zeit Von jener wenig Spur. Denn wer ein bös Gewissen hat, Dem steht der Teufel bei; Der Teufel will in Kirch' und Staat, Daß man des Teufels sei. Unter des durchl. deutschen Bundes schützenden Privilegien. Siehe: 33. Sitz. von 1838., 6. und 23. von 1840. und 3. von 1841. Wo kann der Dichter froher sein Und singen so von allerhand, Von Tugend, Freundschaft, Lieb' und Wein, Von König, Gott und Vaterland, Als uns das Glück vergönnet, Als ich und ihr es könnet Unter des deutschen Bundes schützenden Privilegien? Wo ist ein Land doch weit und breit, Das so den Dichter liebt und ehrt, Das so aus tiefer Dankbarkeit Ihm Hab' und Gut und Ruhm vermehrt, Als wir es sehn, o Wunder! Als wir es sehn jetzunder Unter des deutschen Bundes schützenden Privilegien? In Luft und Wasser, Wald und Feld Ist nirgend freier doch ein Thier, Auch singt kein Vogel in der Welt Doch jemals freier noch als wir! Wie bin ich guter Dinge! Ich trinke, spring' und singe Unter des deutschen Bundes schützenden Privilegien. Die freien Künste. Unsere Maler malen Vieles und mancherlei, Aber zu tausendmalen Sind die Maler nicht frei. Immer wird zur Schablone Ihnen die Fürstengunst, Immer in alter Frohne Regt sich die freie Kunst. Immer Traditionen, Bibel und Mythologie, Fremdes aus allen Zonen, Selbstempfundenes nie. Ist es da denn ein Wunder, Wenn sich erhebt ein Geschrei: Laßt doch den alten Plunder, Maler, und werdet doch frei! 6 Singfreiheit. Siehe: Verordnung der kön. preuß. Regierung für Pom¬ mern vom 11. Febr. 1813. und zu Arensberg vom 16. April 1821. Der Vogel hat das Singen frei, Kann singen wie's um's Herz ihm ist, Ihn schützt sogar die Polizei Vor böser Buben Tück' und List. Und singst du wie's um's Herz dir ist, Von Vaterlandes Leid und Last, Und ob du wohl kein Vogel bist, Beim Flügel wirst du doch gefaßt. Der Dichter ein Seher Mel . Es war ein König in Thule. Der Dichter ist ein Seher, Er sieht gar gut und weit; Wer sieht so gut und eher Das große Spiel der Zeit? Doch will man nur den Seher Der nach dem Munde spricht; Zum andern sagt man: geh' er! Zu uns hier paßt er nicht. Phantasien. eines kunstliebenden Klosterbruders. Mel . Ach, Gott und Herr, wie groß und schwer Sind mein' begangne Sünden. Die freie Kunst, sie ist nicht frei: Wo Freiheit nicht vorhanden, Da ist es mit der Kunst vorbei In allen, allen Landen. Und buhlt sie auch um Fürstengunst, Das kann ihr wenig frommen! Durch Fürsten ist herab die Kunst, Doch nie emporgekommen. Wer nicht in Freiheit wirkt und schafft, Kann Fürsten wohl genügen, Doch wird er stets um Geist und Kraft Sich und die Welt betrügen. Nur aus dem Volk, ins Volk zurück Muß stets der Künstler steigen, Dann wird im Volke Ruhm und Glück Dem Künstler auch zu eigen. 6 * Classisches Stillleben. Mel. Singend, und vom Saft der Reben Glühend und vom Mädchenkuß. Stört doch nicht die alten Jungen! Denn sie lesen eben jetzt Was Homeros hat gesungen Und wie's Voß hat übersetzt. Besser läßt es sich doch sitzen Oben in dem Götterrath, Als dereinst die Zeit verschwitzen Actenmatt im Magistrat. Besser klingen doch die Sagen Von der Götter Haß und Groll, Als der Bürger ew'ge Klagen Ueber Steuern, Mauth und Zoll. Besser klingt das Schiffregister Und so mancher Schlachtbericht, Als wenn uns ein Stockphilister Von dem letzten Budget spricht. Besser, wenn Thersites grimmig Ueber seinen König schreit, Als wenn unser Land einstimmig Schweiget von der Preßfreiheit. Besser klinget Priams Jammer, Daß sein Sohn im Kampf erlag, Als wenn unsre zweite Kammer Schreibet an den Bundestag. Besser klingt's, wenn nun im Feuer Endlich Trojas Feste steht, Als wenn unser Landtag heuer Ruhig auseinander geht. Eine himmlische Etymologie. Mel. Ich bin der Doctor Eisenbart. „Ein großer Teufel ist schon Gog, Ma-Gog ist ein viel größrer noch. Was aber ist der De-Ma-Gog, Das ist der allergrößte doch.“ So sprach dereinst der Engel Mund, Und das vernahm der deutsche Bund, Der machte schnell den Engelsfund Uns armen, armen Teufeln kund. Hundertjähriger Kalender. Willst du was werden, Mußt du schweigen, Mußt dich zur Erden Tief verneigen. Daß Du ein Knecht bist, Hat man gerne. Allem was recht ist, Halt dich ferne! Lerne den Willen Unsrer Lenker! Und auch im Stillen Sei kein Denker! Philister über dir, Simson! Ich missevalle manegem man, der mir ouch niht wol gefallen kan. Vridanc 124, 7. Mel. Wer wollte sich mit Grillen plagen. Die einst mich froh willkommen hießen, Die sehn mich ernst und schweigend an: Was mag sie wohl an mir verdrießen? Bin ich nicht mehr derselbe Mann? Bin ich im Hassen und im Lieben, Bin ich dem Vaterlande nicht, Bin ich nicht Allem treu geblieben, Was nur für Recht und Freiheit spricht? Still, still! ich kenne mein Verbrechen: Hätt' ich behalten nur für mich Was ich gewagt frei auszusprechen — Sie grüßten auch noch heute mich. Aria. Am Ende werden wir es Ihnen doch wohl gnädigst be¬ fehlen müssen, daß sie frei sein sollen — dann geht's. Georg Forster, 8 Dec. 1792. Nimmt man den Pferden und Ochsen Auch ab ihr Joch, So denken sie doch immer, Sie haben es noch. Und läßt man sie auch laufen Frei überall, So kehren sie doch immer Zurück in den Stall. Ach! ging' es unsern Pferden Und Ochsen nur so, So wär' ich als ein Deutscher Noch mal so froh! Declamierübung. In einem schönen Land' ein Völkchen war, Das lebt' in tiefem Frieden manches Jahr. An einem König hatten sie genug, Gemein war allen was der Boden trug, Nur daß sich jeder zweimal scheren ließ, Sonst war's ein Leben wie im Paradies. Ihr König hieß Leithammel nur schlecht weg, Er kannt' im Lande jeden Weg und Steg, War stets auf seines Volkes Heil bedacht Und führte sie gar gut bei Tag und Nacht. Nie hörte man von Unzufriedenheit, Umtrieben, Meuterei und Zwist und Streit. Doch schlichen eines Tags sich Böck' herein. Wo Böcke sind, wird immer Zwietracht sein. Die Böck' erhoben bald ein groß Geschrei: Ihr Schafe, wißt nur nicht — ihr seid nicht frei. Das wahre Glück liegt in der Freiheit nur, Und schuf uns nicht zur Freiheit die Natur? Da ward es erst den armen Schafen klar, Daß frei doch eigentlich kein einzig war. Ihr Böcke, sprachen sie, ihr habt ganz Recht! Nicht frei ist, scheint es, unser brav Geschlecht: Thut Alles was ihr wollt, euch sei's vergönnt, Wenn ihr nur Freiheit uns gewinnen könnt. Doch war es schon vor Anbeginn der Nacht Dem edlen König Alles hinterbracht. Er sprach darauf: wohlan, ich danke ab, Ich lege heut schon nieder meinen Stab; Sobald ihr über das nur einig seid Was dann geschehen soll, bin ich's bereit. Da fing im Volke Streit und Hader an, Daß eiligst jeder nach dem Stalle rann. So war die Revolution vollbracht Und keiner hat an Freiheit mehr gedacht. Leithammel thut auch allen Schafen noth, Drum blieb er König bis an seinen Tod. Am andern Morgen las man überall: Schafhausen hatte gestern auch Cravall; Dank unsrer umsichtsvollen Polizei, Es blieb beim Alten, Alles ist vorbei. Die Meutrer gingen zeitig heim nach Haus Und ruhen noch auf ihren Lorbeern aus. Als Alles längst nun schon vergessen war, Da ging nach einem vollen halben Jahr Die Allgemeine Zeitung in das Land Und legte dann den ganzen Thatbestand So recht loyal und kurz und bündig aus, Für alle Schöpf' ein wahrer Ohrenschmaus. Von Hand in Hand ging da das Zeitungsblatt, Und Jubel war darob in Land und Stadt Bei Schöpsen, Schafen, Lämmern überall In jeder Pferch' und Hürde, jedem Stall: Wir sehn es ein, es ist uns allen lieb Daß Alles doch so recht beim Alten blieb. Es ward dies Blatt sogar ein Freudenkeim Für's alte Hammelburg und Bockenheim. Schafhausen aber war ganz freudenvoll, Man sang und sprang, man tanzt' und schrie wie toll, Und Dankadressen sandte man zum Lohn Der Allgemeinen Zeitungsredaction. Doch aus den Böcken, nun, was ward denn draus? Sie flohen alle wohl zum Land hinaus, Und kämpften anderswo mit That und Wort Den Kampf für Freiheit muthig weiter fort? — Ach nein, sie wollten nur noch Hammel sein Und ließen sich beschneiden insgemein. Schacher. Jeder solcher Lumpenhunde Wird vom zweiten abgethan. Sei nur brav zu jeder Stunde, Niemand hat dir etwas an. Göthe. Man sieht, ihr wollt nur Honorare, Man sieht's aus allem was ihr schreibt; Die Freiheit ist euch eine Waare, Womit ihr nur Geschäfte treibt. Ihr laßt um euer lumpig Ichlein Die Welt sich drehn bei Tag und Nacht; Für Freiheit macht ihr nicht ein Strichlein, Wenn ihr's zugleich für euch nicht macht. Und liegt die Freiheit auf der Bahre, Dann lebet ihr noch fort und schreibt, Dann habt ihr eine andre Waare, Womit ihr noch Geschäfte treibt. Der gute Wille. Mel. Genießt den Reiz des Lebens, Man lebt ja nur einmal. Gern will ich sein ein Rather, Verlangt nur keine That — Ich bin Familienvater Und auch Geheimerrath. Ja freilich, beides bin ich, Das macht mir viele Pein — Ich bin gewiß freisinnig, Wie's einer nur kann sein. Hätt' ich nicht Frau und Kinder, Da wär's mir einerlei, Vorsichtig wär' ich minder, Spräch auch noch mal so frei. Doch ein Familienvater — Der Punkt ist delicat, Und noch viel delicater Ist ein Geheimerrath. Donnerstag. Die alte Leier. So tröstet euch nun mit diesen Worten unter einander. 1. Thessalon. 4, 18. Der Edelmann, er schenkt sich fleißig ein: Ich kenne nur noch diesen Gänsewein. Mein Vater weiland zahlte keine Steuer; Das Korn ist wohlfeil jetzt, das Leben theuer. Doch liegt ein Trost in einer alten Sage, Die hat sich fortgepflanzt in unsre Tage Bei allen Armen, Müden, Altersschwachen: Der König wird uns glücklich machen. Der Spielmann hängt die Zitter an die Wand: Wie glücklich könnte sein der Musikant! Ich nahm doch nächten hübsches Geldchen ein, Und 's langt mir noch nicht zum Gewerbeschein. Doch liegt ein Trost in einer alten Sage, Die hat sich fortgepflanzt in unsre Tage Bei allen Armen, Müden, Altersschwachen: Der König wird uns glücklich machen. Der Bauer stürzt spät Abends seinen Pflug: So hab' ich heute mich gequält genug! Froh wär' ich, wüßt' ich nur, wovon ich heuer Bezahlte meine Grund- und Classensteuer. Doch liegt ein Trost in einer alten Sage, Die hat sich fortgepflanzt in unsre Tage Bei allen Armen, Müden, Altersschwachen: Der König wird uns glücklich machen. Der Dorfschulmeister macht die Schulthür zu: Heut sind es funfzig Jahr, gern hätt' ich Ruh — Wie aber wenn ich nun entlassen werde? Dann fängt erst an die Sorg' und die Beschwerde. Doch liegt ein Trost in einer alten Sage, Die hat sich fortgepflanzt in unsre Tage Bei allen Armen, Müden, Altersschwachen: Der König wird uns glücklich machen. So tröstet euch nun mit diesen Worten unter einander. I . Thessalon. 4, 18. Abendlied eines lahmen Invaliden vom J. 1813. Mel. So mancher steigt herum. Aus dem Bauer als Millionär. Wie viel man auch verspricht, O traut den Worten nicht! Ein Wort ist Schall und Wind — Seid doch nicht taub und blind! O seht euch vor und um, Seid doch nicht gar zu dumm! Ist's immer noch nicht Zeit, Zu werden mal gescheit? O Deutschland! o Deutschland! Wann kommt denn wohl die Zeit? Wann wird die Welt gescheit? Viel Gutes wird gedacht, Mehr Schlechtes wird gemacht. Doch fällt mir gar nicht ein, Ein Schuft und Lump zu sein. Wie oft sie auch erliegt, Die gute Sache siegt — Hoch Deutschland! hoch Deutschland! Das neue Jerusalem. Welch ein kindlich frommes Streben! Welch ein inniger Verein! An dem Theetisch — Welch ein heilig reines Leben! Welch ein Gottversunkensein! An dem Theetisch. Wenn sie ein Tractätchen lesen, Nimmt die Seele höhern Schwung, An dem Theetisch — Und es schwelgt ihr ganzes Wesen In der Gottvereinigung An dem Theetisch. Ihres Glaubens süße Blüthe Duftet wie die Rosenflur An dem Theetisch — Lauter Milde, Lieb' und Güte Träuft von ihren Lippen nur An dem Theetisch. Wie sie ihren Bräut'gam preisen, O die Gottesbräutlein fein! An dem Theetisch — Ihn und sich mit Andacht speisen Und mit heil'gen Melodei'n! An dem Theetisch. 7 Alles was den Körper nähret Und erquicket, wird verschmäht An dem Theetisch — Ihre Augen sind verkläret, Jeder Blick ist ein Gebet An dem Theetisch. Ach, kein Mund vermag zu sprechen Was entzückt die Seele schaut An dem Theetisch — Und das Herzlein möchte brechen Jeder frommen Gottesbraut An dem Theetisch. O daß meine Seele wüßte, Wie sie würd' auch ihnen gleich An dem Theetisch — Aus dem Sodom ihrer Lüste Käm' ins liebe Himmelreich An dem Theetisch! Merinos. Mel. Das Jahr ist gut, Braunbier ist gerathen. Und führt' ich von Lieb' und von Demuth ein Fuder, Und wollt' ich nicht sein so ein Lämmelbruder, Ei so taugt' ich nicht halb mal so viel doch wie sie, Und ich wär nichts nütz' in der Monarchie. Und hätt' ich auch Alles den Armen gegeben Und müßt' ich nun selber von Almosen leben, Und wollt' ich kein Lämmelbruder nicht sein, So hielten sie Alles für Trug und für Schein. Und sollt' ich auch gar mit den englischen Schaaren Leibhaftig vor ihnen gen Himmel auffahren, So glaubten sie alle, sie alle daran nie, Wenn ich wäre kein Lämmelbruder wie sie. 7* Fromme Fürsorge. Dem Lämmlein hängt man niedliche Glöcklein an, Auf daß es lieblich läuten kann: So behängt man mit Titeln und Orden Wer ein Lämmelbruder geworden. Das Lämmlein schickt man ins beste Gras hinein, Auf daß es möge gut gedeihn: So schickt man auch in die besten Stellen Den Lämmelbruder mit seinen Gesellen. Wiegenlied. Vaterland, Fürsten, Verfassung u. dgl, scheinen nicht die Hebel zu sein, das deutsche Volk emporzubringen; es ist die Frage, was erfolgte, wenn die Religion berührt würde. Hegel, Werke 17, 628. Mel. Ringe recht, wenn Gottes Gnade Dich nun ziehet und bekehrt. Schlafe, schlafe, schlafe, schlafe! Wozu willst du wach noch sein? Denn die Welt ist voller Schafe, Böcke, Schöps' und Lämmelein. Schlafe, schlafe! bleib doch länger Noch in deiner Ruh' und Rast! Schafe sind die besten Sänger In der Hütt' und im Palast. Wenn die frommen Schafe singen Ihre süßen Melodein, O so hüpfen, tanzen, springen Alle lieben Lämmelein. Schlafe! denn du kannst nicht werden So ein gutes frommes Vieh; Schlafe! denn es gilt auf Erden Nur die Lämmelpoesie. Guter Rath. Mel. Schön ist's unter freiem Himmel. Willst du frei sein von Beschwerden, Arme Seele, hier auf Erden, Auf! nach München mußt du ziehn: Dort steht jede Kunst in Blüthe, Dort wird jeglichem Gemüthe Irgend noch ein Heil verliehn. Bei des Herrn demüth'gen Dienern, Bei den frommen Capuzinern, Arme Seele, nimm Quartier! Ihnen kann man ganz vertrauen, Denn die heil'gen Väter brauen Doch das allerbeste Bier. Fastenmährlein. Der Sabbath ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbaths willen. Evangel. Marci 2, 27 Ein Herr am grünen Donnerstag Aß Fleisch, denn Fisch bekam ihm schlecht: Das ist ein Essen, wie ich's mag! Sprach er: nun iß auch du, mein guter Knecht! Da sprach zum Herrn der gute Knecht: O Herr, fürwahr, das thu' ich nicht! O Herr, es ist fürwahr nicht recht, Daß man die strenge Fasten also bricht. Iß! sprach der Herr, that's Christus nicht? Und was er that, das ist doch recht. Ja, Herr, er that's, doch wißt ihr nicht — Es ging ihm auch des andern Tags recht schlecht. Türkische Liturgie. Mel. Wenn Tage, Wochen, Jahre schwinden, Wir kein Glück im Wechsel finden. Wir müssen beten für den Einen, Und nur für Ihn und für die Seinen. Wir thaten's gern und thun es gern Und siehn für Ihn zu Gott dem Herrn. Es steht ja in der Schrift geschrieben: Wir sollen unsre Feinde lieben. Drum laßt uns beten das Gebet Für unsers Sultans Majestät! Neueste Beschreibung des Wiener Congresses. Was sie jeden Tag vollbrachten, Ob sie scherzten, ob sie lachten, Wird genau erzählt; Wie sie standen, wie sie saßen, Daß sie tranken, daß sie aßen, Wird auch nicht verhehlt. Wann sie hin zu Balle gingen, Wann sie an zu tanzen fingen, Wird genau erzählt; Ob das Schauspiel sie zerstreute, Ob sie das Ballett erfreute, Wird auch nicht verhehlt. Wie sie glänzend bankettierten, Wie sie ritterlich turnierten, Wird genau erzählt; Ob sie große Heerschau hielten, Oder Schach und Dame spielten, Wird auch nicht verhehlt. Ob sie ritten, ob sie fuhren, Ob im Frack, ob in Monturen, Wird genau erzählt; Wie sie sich der Menge zeigten, Wie sie gnädigst sich verneigten, Wird auch nicht verhehlt. Doch ihr sonstig Thun und Rathen — Was sie für die Völker thaten, Wird genau verhehlt; Ob sie sonst was Gutes dachten, Ueberhaupt was Gutes machten, Wird auch nie erzählt. Häutiges. Ihr habt gehoffet und vertraut: Im Wechsel sprießt ein Heil empor! Ihr habt den Wechsel nun geschaut, Sagt an, was sproß daraus hervor? Personen wechseln Jahr für Jahr, Wie ihr's in jedem Staate seht; Er selber bleibt unwandelbar, So lange sein Prinzip besteht. Wer auf das Drum und Dran nur baut, Der ist fürwahr ein rechter Thor: Die Schlange wechselt ihre Haut Und bleibet Schlange nach wie vor. Militärisch. „Ha! was eilt die Straß entlang? Wie's da blitzt im Sonnenglanz! Trommelwirbel, Pfeifenklang! Lustig, heißa! wie zum Tanz.“ Sind Soldaten, ziehn herein, Kommen vom Begräbniß her, Müssen jetzo lustig sein, Als wenn nichts passieret wär. Sind Soldaten, liebes Kind, Die nicht Tod und Teufel scheu'n, Auf Commando traurig sind Und sich auf Commando freu'n. Tragische Geschichte. Mel. Nun sich der Tag geendet hat Und keine Sonn' mehr scheint. Jüngst ist ein General erwacht, Ein tapfrer General, Dem hat ein Traum um Mitternacht Gemacht viel Angst und Qual. Er war im Leben noch erschreckt Durch keinerlei Gefahr, Doch hat ein Traum ihn aufgeweckt, Ein Traum gar wunderbar. Was träumte denn dem General In später Mitternacht? Was hat ihm denn so große Qual Und soviel Angst gemacht? Ihn der gebebt in keiner Schlacht, Den nichts noch hatt' erschreckt, Was hat ihn denn um Mitternacht Aus seinem Schlaf geweckt? War's Krieg und Pest, war's Hungersnoth? War's Hülf- und Feuerschrei? War's Hochverrath, und Mord und Tod? War's blut'ge Meuterei? Ihm träumte — nun, es war enorm! — Daß durch das ganze Heer Erhielte jede Uniform Hinfort zwei Knöpfe mehr. Ideen zur europäischen Völkergeschichte. Sind nur darum Europas Staaten, Daß die Soldaten grünen und blühn? Müssen für drei Millionen Soldaten Unsre zweihundert Millionen sich mühn? Freilich, das ist das Glück das moderne! Das uns gelehrt hat Soldaten erziehn: Ganz Europa ist eine Kaserne, Alles Dressur und Disciplin. Anzügliches. Mel . Es war einmal ein König, Der hatt' einen großen Floh. Se. Excellenz der wirkl. Geh. Rath. v. Göthe. Einst machte mir mein Schneider Ein neues Hosenpaar: Gut, rief ich, ist's, doch leider! Es ist zu eng fürwahr. „Sie wünschen fortzuschreiten Doch mit dem Geist der Zeit — Das ist zu diesen Zeiten Die Mode weit und breit.“ Ihr Schneider unsrer Zeiten, Wie ihr so pfiffig seid! Damit wir vorwärts schreiten, Macht ihr zu eng das Kleid. Die trauernden Esel nach Morillo. Nach glaubwürdigen Reiseberichten giebt es noch bis auf den heutigen Tag in einem Dorfe der Pyrenäen eine Familie Esel, die in gerader Linie von dem Esel abstammen, auf welchem der Heiland seinen Einzug in Jerusalem hielt. Mel . Es waren zwei Königeskinder. Deutsches Volksl. Die Esel gingen im Leide, Drob staunte die ganze Welt, Weil grün noch war die Heide, Und Disteln noch trug das Feld. Sie gingen tief gebücket Und ließen hangen das Ohr, Und hatten den Schwanz geschmücket Mit einem langen Flor. Was hat sich denn zugetragen? Wir staunen und schweigen still, Und niemand weiß zu sagen, Was diese Trauer will. Wer meldet uns jetzunder, Was diese Trauer soll? Wer deutet uns das Wunder? Hört zu, ich weiß es wol. Es starb im spanischen Lande, Noch eh' ein Jahr verfloß, Vom Heilandseselstande Schon wieder ein echter Sproß. Drum gehn die Esel im Leide, Als ob verdorben das Feld, Als ob versenget die Heide Und gestorben wäre die Welt. Chinesisches Loblied. Stehende Heere müssen wir haben, Stehende Heer' im himmlischen Reich. Wär' es nicht wahrlich Jammer und Schade, Wenn wir nicht hätten manchmal Parade, Wenn wir nicht hörten den Zapfenstreich? Stehende Heere müssen wir haben, Stehende Heer' im himmlischen Reich. Stehende Heere müssen wir haben, Weil sie in Umlauf bringen das Geld: Wo die Soldaten zechen und zehren Muß sich der Handel und Wandel vermehren, Und es verdienet dann alle Welt. Stehende Heere müssen wir haben, Weil sie in Umlauf bringen das Geld. Stehende Heere müssen wir haben; Wo sie bestehen, bestehen auch wir. Wenn wir die stehenden Heere nicht wollten, Wüßten die Junker nicht was sie sollten, Ach! und die meisten verschmachteten schier. Stehende Heere müssen wir haben; Wo sie bestehen, bestehen auch wir. 8 Vice versa. Mel. An einem Fluß, der rauschend schoß, Ein armes Mädchen saß. Hochedel nennt der Adel nun Die Widder insgemein; Warum soll's nicht der Adel thun? Soll er nicht dankbar sein? Der Adel will nur dankbar sein Und niemals mehr als jetzt: Die Schafe halten ja allein Den Adel noch zuletzt, Jüngster Tag. Mel. Hebe, sieh in sanfter Feier. Monde sind die Nationen, Und die Fürsten sind das Licht. Finster wird's bei Millionen, Wenn's an diesem Licht gebricht. Froh laßt uns der Tage genießen, Der Tage des himmlischen Lichts! Wer weiß denn, wie bald sie verfließen, Wie bald in ein trauriges Nichts! Denn wenn einst die Fürsten sterben, Und sie sterben doch gewiß, Ach! dann müssen wir verderben All' in Nacht und Finsterniß. Die Sterne sie sind ja erblichen, Die Schimmer und Glanz uns verliehn; Die Sonne sie ist ja gewichen, Die gnädig die Völker beschien. 8 * Die Sonne im Zeichen des Krebses. Auf Europa schien voll Wonne Einst der Freiheit lichte Sonne. Ein Planet ward manches Land, Aber, ach! die Sonne schwand. Als sie schwand, da schwand für immer Der Planeten lichter Schimmer, Großbritanien allein Blieb der Freiheit Widerschein. Denn an ihren sprühenden Funken Hatt' es sich so satt getrunken, Daß es jetzt noch hell und hehr Leuchtet übers ferne Meer. Freiheitssonne, kehre wieder! Blick auf alle Lande nieder! Bringst du Frühling nicht herab, Wird Europa bald ein Grab. Frühling alten Stils. Mel . Hast du nicht Liebe zugemessen Dem Leben jeder Creatur? Wen könnte nicht der Frühling freuen? Wem wird das alte Herz nicht jung? Wer wollte sich nicht gern erneuen In Freuden der Erinnerung? Und dennoch stimmt es mich so eigen — Der ganzen Welt ward Frühlingsglück: Den Polen will kein Lenz sich zeigen, Der weiße Zar hält ihn zurück. Untersuchung und Gnade ohne Ende. Mel . Im Felde schleich' ich still und wild, Lausch' mit dem Feuerrohr. Die Demagogenfängerei Sei wieder allgemein! Man denkt und spricht doch gar zu frei: Das soll und darf nicht sein! Laßt dem Gesetze freien Lauf! Ihr habt genug verziehn. Macht eure Kerker wieder auf Für künft'ge Amnestien! Es ist die höchste Poesie, Es ist ein wahres Fest, Wenn sich der Gnadenborn doch nie Und nie erschöpfen läßt. Freitag. Die Bauern in der Schenke. Die Bauern in der Schenke, Sie stritten sich, sie zankten sich, Sie schrie'n und lärmten fürchterlich, Und endlich ward die Zänkerei Zur mörderlichsten Prügelei. Die Bauern in der Schenke, Sie hörten plötzlich einen Krach, Es schlug der Blitz ins Kirchendach, Und Zänkerei und Prügelei War da mit Einem Mal vorbei. Die Bauern in der Schenke, Sie wurden schnell Ein Herz, Ein Sinn Und liefen zu dem Feuer hin. Doch als das Feuer war vorbei, Ging's wiederum zur Prügelei. Die Bauern in der Schenke — So ging und geht es allezeit Mit unsrer deutschen Einigkeit: Kaum ist der Feind zum Land hinaus, Beginnt im Lande Streit und Strauß. Bundscheckig. Mel. Und so finden wir uns wieder In dem heitern bunten Reih'n. Wenn auch unsre Blüthen starben, Blieben uns die Farben doch, Und es spielt in schönen Farben Unser Deutschland immer noch. Aber, ach! wir sind betrogen Um ein Zeichen schönrer Zeit, Denn es wird kein Regenbogen Aus dem bunten Bundeskleid. Auf der Bierbank. Welch ein Leben! welch ein Streiten Für die Wahrheit und das Recht! Auf der Bierbank — Unsre Sitten, unsre Zeiten, Nein, sie sind fürwahr nicht schlecht! Auf der Bierbank. Weg mit Gilde, Zunft und Innung, Weg mit allem Rang und Stand! Auf der Bierbank — Hier gilt nur allein Gesinnung, Hier gilt nur das Vaterland! Auf der Bierbank. Alle Lauheit geht zu Nichte, Und der Freisinn wird gestählt Auf der Bierbank — Und dem Gang der Weltgeschichte Fühlen wir uns mitvermählt Auf der Bierbank. O wie sind wir treu verbunden, Gutes Muths und gleichgesinnt! Auf der Bierbank — O die süßen lieben Stunden, Warum fliehn sie so geschwind! Auf der Bierbank. Deutschland ist noch nicht verloren! Deutschland strotzt von Kraft und Geist Auf der Bierbank — Allem sei der Tod geschworen, Was nur welsch und undeutsch heißt, Auf der Bierbank. Rheinlied und Rheinleid. Mel . Seht ihr drei Rosse vor dem Wagen. Russ. Volksl. In jedem Haus' ein Klimperkasten In jedem Hause Stimm' und Hand, In jedem Haus' Enthusiasten Für's liebe deutsche Vaterland. Und die Begeistrung nimmt kein Ende Und macht sich Luft bei Tag und Nacht, Sie dringt durch Thüren, Schränk' und Wände, Daß man noch aus dem Schlaf erwacht. Du stehest auf, du legst dich nieder, Du hörst vom freien deutschen Rhein, Du wachest auf und hörest wieder Vom freien deutschen Rheine schrei'n. Du magst nun ruhen, gehen, traben, Du hörst in tausend Melodein: „Sie sollen, sollen ihn nicht haben!“ Von Tilsit bis nach Wesel schrei'n. Ganz Deutschland singt — und unterdessen, Der liebe freie deutsche Rhein! Da schmeißen unsre blinden Hessen Ihm Quaderstein' ins Bett' hinein. Eine Singstimme. „Ich bin ein Preuße,“ singt nur einer, Die andern aber brummen drein. Das klingt wahrhaftig, als ob keiner So recht ein Preuße wollte sein. O fände doch das Brummen Anhang Und ließ' uns solch ein Singsang kühl, Das wäre schon ein guter Anfang Von deutscher Einheit Vorgefühl. Die Julirevolution. La charte est une vérité. Louis Philippe. Unsre lieben Hühnerchen Verloren ihren Hahn, Hatten ihm zu Leide Zwar auch mal was gethan. Wie trauerten die Hühnerchen, Daß sie ihn nicht mehr sahn, Den lieben guten Hahn! Unsre lieben Hühnerchen Sahn einen andern Hahn, Der da ging spatzieren Auf einem grünen Plan. Wie freuten sich die Hühnerchen: Komm, laß dich froh empfahn Und sei du unser Hahn! „Meine lieben Hühnerchen, Gern bin ich euer Hahn: Wahrheit wird die Charte! Ihr könnt mich froh empfahn —“ Wie jubelten die Hühnerchen: Wir sind dir unterthan, Du bist der beste Hahn! Unsre lieben Hühnerchen Die führten ihren Hahn Voller Freud und Jubel Hoch auf den Schloßaltan. Wie war'n entzückt die Hühnerchen, Als da zu krähn begann Der neue Hahnemann! Die befestigte Freiheit. Wie euch die Freiheit doch belästigt! Geduld! bald geht's damit vorbei, Denn ist Paris nur erst befestigt, Befestigt ist die Tyrannei. Der König wird es anders deuten, Er spricht: mein Volk bleibt ewig frei! Ich aber sag's euch freien Leuten: Befestigt ist die Tyrannei. Der König lehrt euch von den Schanzen Schön nach Kanonenmelodei Zu eurer Marseillaise tanzen — Befestigt ist die Tyrannei. Aria eines deutschen aus Frankreich heimkehrenden Aristokaten . Aber was hilft mir alle Freiheit, wenn ich keinen Tabak habe? Ich bin überzeugt, daß wenn mir noch sechs Monate der Tabak fehlte, ich ein vollkommener Aristokrat würde. Börne, Schriften 9, 162. Wohl mir, daß ich da für nicht stritt! Freiheit und Gleichheit — weg damit! Ich weiß, was ich in Frankreich litt. Soviel Regie und Polizei! O laßt uns unsre Sklaverei Und dünkt euch glücklich, groß und frei! Die Freiheit ist nur dummer Schnack, So lang man raucht mit Hack und Pack Nur Einen schlechten Rauchtabak. Napoleons Asche. Ihr lieben Leute, seid doch willig Und bringt ein größres Opfer dar! Ihr hattet ihn doch nie so billig, Als er noch euer Kaiser war. Was sind zwei Millionen Franken? Wer lebt sei dankbar allezeit: Dem Todten habet ihr zu danken, Daß ihr noch all' am Leben seid. 9 Die deutschen Fahnen zu Paris. Ihr braucht nicht Fahnen und Standarten, Ihr habt Erinnerung genug, Genug, genug an Bonaparten, Wie er die Welt in Fesseln schlug. Nicht durch sein Siegen, Plündern, Morden Ward er dereinst der Mann der Zeit; Er ist was Großes nur geworden Durch seiner Zeit Erbärmlichkeit. Dies Große wißt ihr schlecht zu schätzen, Ihr wollt kein Bild vom Zeitenlauf, Sonst hingt ihr für die Fahnenfetzen Euch einen deutschen Schlafrock auf. Napoleon. Ruhen soll in tiefem Frieden Er der große Mann des Kriegs Im Hotel der Invaliden Bei den Zeichen seines Siegs. Mögt dann Staub zum Staube legen, Wo der Staub im Staube ruht: Legt auf's Grab ihm seinen Degen, Seinen Stern und seinen Hut. Nun, er ruh' in Gottes Namen, Und du Frankreich freue dich! Und wir alle jauchzten: Amen! Wär's der letzte — Wütherich ! 9 * Notre Dame. Die Bühne ward zum Schaugerüste Des Lasters und der Häßlichkeit, Ein Tummelplatz, gemeiner Lüste, Ein Spittel voller Qual und Leid. Ihr wißt uns weiter nichts zu geben Als Mord und Todschlag, Lug und Trug; Ihr macht noch schrecklicher das Leben, Und schrecklich ist es doch genug. Soll das uns diese Welt verschönen? Erhöhn des Daseyns kurze Lust? Und mit dem Leben uns versöhnen? Und Frieden bringen unsrer Brust? Gott gab die Kunst dem Menschenleben, Gott sei auch durch die Kunst geehrt; Ihr aber habt, was Gott gegeben, In schnöden Teufelsspuk verkehrt. „Fort mit Schaden!“ Berliner Zeitungen. Wir lieben die uns hassen — Sonst ließe sich's nicht fassen, Daß man eine französische Schauspielerbande Fürstlich besoldet in einem deutschen Lande. Doch ist es eine Blamage — Von dieser Schauspielergage Könnten alle Berliner aus der Grammaire Lernen wo mir und wo mich zu setzen wäre. Löwenpomade. Schnauz- und Backenbärte sprießen Eh vier Wochen kaum verfließen! O wie groß ist Gottes Gnade! Auf! wir wollen allenthalben Uns am Leib und Herzen salben Mit der deutschen Löwenpomade! Wagt's, Franzosen, wagt es nimmer, Denn es ging' euch heute schlimmer Als dereinst im Katzbachbade: Unser Kriegsheer ist gar mächtig, Muth und Barthaar wuchs ihm prächtig Von der deutschen Löwenpomade. Der Augenblick. Und der mächtigste von allen Herrschern ist der Augenblick. Schiller. Die Zukunft und Vergangenheit Gilt uns, und nicht das Heute; Zukünftig sind wir allezeit Und sind vergangne Leute. Doch Frankreich hofft und harret nicht, Es zählt nicht die Sekunden, Bis ihm der helle Tag anbricht Zum Heilen und Gesunden. Es sieht nicht ängstlich mehr zurück In längst vergangne Zeiten; Die Gegenwart soll ihm das Glück Und alles Heil bereiten. So laßt auch uns nicht immerfort Nach allen Seiten schweifen, Laßt uns des Lebens treusten Hort: Den Augenblick , ergreifen! Patriotismus. Mel. In des Waldes düstern Gründen. O das Rühmen, o das Preisen, Daß wir gute Deutsche sind! Laßt uns durch die That beweisen, Daß wir deutsche Männer sind! Laßt uns auch vor Königsthronen Ruhig sagen was wir sind, Daß nicht Flinten und Kanonen Unsre Herrn und Meister sind! Kinderzucht. Die Feinde kannst du tödten, Wie meine Mutter spricht; Doch hör' ich sie auch sagen Gar ernst an manchen Tagen: Maikäfer tödte nicht! Dann frag' ich meine Mutter: Wer denn die Feinde sind? Dann sagt sie mir geschwind sie, Die deutschen Feinde sind die — Franzosen, liebes Kind. Hast Recht wohl, liebe Mutter, Gut daß ich's endlich weiß: Französische Vocabeln Und Lafontaine's Fabeln, Die kosten mir viel Schweiß. Nos frontières du Rhin. — oder schaffen's lieber Thee ? — Halten zu Gnad'n, sprechen's das Wort nit aus. Mailänder Cafehaus. Wir tränken freilich lieber Thee Als andere Getränke — Habt Dank für eure Soir é e Und euere Geschenke! Ihr wollt uns euer bischen Trank Zu theuer stets verkaufen, Ihr wollt dafür den Rhein — habt Dank! Da mag der Teufel saufen! Jacob Grimm. Wenn es unsre Fürsten wüßten, Was Er that für's Vaterland, Legionen Orden müßten Längst schon schmücken sein Gewand. Und was ward im Vaterlande Ihm doch für ein Ehrenlohn? Nur zu Deutschlands Spott und Schande Frankreichs Ehrenlegion. Die deutsche Presse unter des durchlauchtigsten deutschen Bundes schützenden Privilegien. Mel. Wann, o Schicksal, wird doch endlich Meiner Seele Wunsch gewährt? Büßen mußt du, deutsche Presse, Mit Gefängniß und mit Geld, Bringst du etwas von Interesse Was den Fremden nicht gefällt. Frankreich pfuscht in deine Sachen, Frankreich hält bei uns Gericht, Frankreich kann es heute machen, Daß kein Deutscher deutsch mehr spricht. Rußland, dieser Geisterzwinger, Rußland steht von fern und droht, Rußland hebt den kleinen Finger: Deutsche Press', es ist dein Tod. China wird nun auch erwachen, Sehn was man in Deutschland schreibt, Und bei Allem Einspruch machen Was dir jetzt noch übrig bleibt. Deutsche Presse, arme Presse, Kauf dich bald in Gotha ein, Daß zu deiner Todtenmesse Uns noch wird ein Prämienschein! Reime. Mel. Warum bist du denn so traurig? Bin ich aller Freuden voll. Manches ist nicht sympathetisch, Wenns auch reimt wie Eis und heiß ; Doch die Sprache reimt prophetisch, Was kein Geist zu reimen weiß. Reußen, Preußen sind verbunden Oeffentlich und insgeheim — O wer hat den Reim erfunden, Diesen bösen deutschen Reim! Slaven, Sklaven reimt noch schlimmer, Doch das trifft nur sie allein: Slaven waren Sklaven immer, Wollen immer Sklaven sein. Ohne Reim steht noch der Deutsche Rein wie eine Jungfrau da, Aber seht es kommt die Peitsche Leider ihm schon ziemlich nah. Armenrecht. Wem klag' ich jetzo meine Noth? Auch du, des Kaisers Vogt, bist todt, Und du der Kirche Vogt desgleichen, Du Vogt der Armen und der Reichen! Todt ist der Vogt! ein schwacher Schein, Der Name blieb uns nur allein. Was haben wir, wir Bettelleute, Was haben wir für Vögte heute? Samstag. Stille Messe. Denn sie suchen alle das Ihre, nicht das Christi Jesu ist. Paulus an die Philipper 2, 21. Ein Pfaffe bin ich nie gewesen, Ihr aber sollt mich doch verstehn: Ich will euch heute Messe lesen, Für euch zu Gott dem Herren flehn. Und steh' ich hier aus steilem Pfade, So steh' ich doch in Gottes Hand: Mein Meßgewand ist Gottes Gnade Und die Monstranz mein Vaterland. Wir sind der Leib des Herren heute, Wir leiden seine Qual und Pein, Wir sind der frechen Willkür Beute — O Herr vom Himmel sie darein! Verwandl' uns, Herr, uns deine Knechte Durch dieses heil'ge Sacrament! Gieb du uns deines Sohnes Rechte, Der uns ja deine Kinder nennt! Mach den Bedrückern die Bedrückten, Mach all' an Recht und Freiheit gleich! Gieb den Bedrängten und Gebückten Hienieden schon dein Himmelreich! Herbstlied eines Chinesen. Wir sind nicht reif! Das ist das Lied, das sie gesungen haben Jahrhunderte lang uns armen Waisenknaben, Womit sie uns noch immer beschwichten, Des Volkes Hoffen immer vernichten, Den Sinn der Bessern immer bethören Und unsre Zukunft immer zerstören. Wir sind nicht reif? Reif sind wir immer, reif zum Glück auf Erden, Wir sollen glücklicher und besser werden. Reif sind wir, unsre Leiden zu klagen, Reif sind wir, unsre Wünsche zu sagen, Reif sind wir, euch nicht mehr zu ertragen, Reif, für die Freiheit Alles zu wagen. St. Bonifacius. Sprach der heilige Bonifacius: Eines, Eines erst vor allen! Eure Götzen müssen fallen, Fallen muß des Teufels Spott! — Unter seines Beiles Streiche Sank des Volkes heil'ge Eiche, Stieg empor der Glaub' an Gott. So der heilige Bonifacius: Eines, Eins auch uns vor allen! Unsre Götzen müssen fallen, Fallen muß ihr Priesterchor! Unter welches Beiles Streiche Fällt der Knechtschaft heil'ge Leiche, Steigt der Freiheit Geist empor? 10 Freie Nacht. Brüder, heut' ist freie Nacht! Heißa, wie das Herz mir lacht! Laßt es euch nur nicht verdrießen: Was man hat, soll man genießen. Ihr Gesellen insgemein, Kommt mit mir ins Wirthshaus 'nein! Denn es wird ja doch auf Erden Freier Tag so bald nicht werden. Darum sei der freien Nacht Auch ein Vivathoch gebracht! Laßt uns tanzen, laßt uns trinken! Laßt die freie Nacht nicht sinken! Salziges. Wäre des Salz durchaus eine Waare des freien Handels, so würde die Tonne gewiß nicht mehr als 4 — 5 — 6 Thlr. kosten; was nun jetzt an den Staat mehr dafür bezahlt werden muß, ist demnach als Steuer anzusehen, der sich Niemand entziehen kann, da das Salz unentbehrlich ist. Friedr. Bened. Weber, Handb. der staatswirthsch. Statistik der pr. Mon. S. 670. Das Salz ist theuer, billig sind die Zähren! O wenn doch unsre Zähren Salz nur wären! Dann hätten wir in unsrer Noth Auch Salz auf unser bischen Brot. Warum doch machen sie das Salz so theuer? O ging' es ihnen allen doch noch heuer, Wie Loth's Gemahlin dazumal! Dann brauchten wir kein Salzregal. 10 * Großhandel. Mel. Fuchs, du hast die Gans gestohlen, Gieb sie wieder her. Sklavenhandel! weh, ich zittre Bei dem Worte schon; Alles Grauenvoll' und Bittre Liegt in diesem Ton. Nun, den Frevel hat gerochen Endlich unsre Zeit, Endlich ward der Stab gebrochen Dieser Grausamkeit. Aber ach! es schwand im Kleinen Nur der Menschenkauf, Denn im Großen, will es scheinen, Hört er niemals auf. Hat man doch auf den Congressen Seelen gnug verkauft, Hat zur Wohlthat die Finessen Gnädigst umgetauft. Und man wird noch wiederholen Diese Wohlthat oft, Denn es giebt noch manches Polen, Wo man Theilung hofft. Nadowessische Klage. Mel. Wie i bi verwicha. Ach, wir armen Narren Hoffen stets und harren, Daß der Freiheit Morgenroth beginnt; Dürfen doch kaum klagen, Leise, leise sagen, Daß wir alle arg betrogen sind. Kommt denn gar kein Tag, Der uns trösten mag? Ist denn Alles, Alles nun vorbei? Ist denn gar kein Weg, Ist denn gar kein Steg, Der uns führt aus dieser Sklaverei? All ihr hoch Geloben Ist wie Staub zerstoben, Und die Täuschung ward nur unser Theil. Doch im blut'gen Kampfe, Und im Pulverdampfe Sprachen sie von unserm künft'gen Heil. Kommt denn gar kein Tag, Der uns trösten mag? Ist denn Alles, Alles nun vorbei? Ist denn gar kein Weg, Ist denn gar kein Steg, Der uns führt aus dieser Sklaverei? Soldaten. Wie schrecklich sind die Meinungskriege! Weh ihm wer dafür kämpft und ficht! Zwar Niederlagen oder Siege Entehren ihren Kämpfer nicht. Doch seine Haut zu Markte tragen Für eine Handvoll Lohn und Sold — Das kann ein Lumpenhund nur wagen, Und hätt' es selber Gott gewollt. Kriegslied. Alle . Hört wie die Trommel schlägt! Seht wie das Volk sich regt! Die Fahne voran! Wir folgen Mann für Mann. Hinaus, hinaus Von Hof und Haus! Ihr Weiber und Kinder, gute Nacht! Wir ziehen hinaus, hinaus in die Schlacht Mit Gott für König und Vaterland. Ein Nachtwächter von 1813. O Gott! wofür? wofür? Für Fürsten-Willkür, Ruhm und Macht Zur Schlacht? Für Hofgeschmeiß und Junker hinaus Zum Strauß? Für unsers Volks Unmündigkeit Zum Streit? Für Most-, Schlacht-, Mahl- und Klassensteuer Ins Feuer? Und für Regal und für Censur Nur Ganz unterthänigst zum Gefechte? Ich dächte, dächte — Alle. Hört wie die Trommel schlägt! Seht wie das Volk sich regt! Die Fahne voran! Wir folgen Mann für Mann. Im Kampf und Streit Ist keine Zeit Zu fragen warum? warum? warum? Die Trommel die ruft wiederum pum pum pum pum Mit Gott für König und Vaterland. Pfaffen. Ihr seid nicht Christen, seid nur Pfaffen, Seid nicht des Heilands Ebenbild; Ihr führet nicht der Liebe Waffen, Und traget nicht der Demuth Schild. Der Heiland hat der Welt den Frieden, Und nur der Sünde Krieg gebracht: Ihr aber habt zum Krieg hienieden Die ganze Menschheit angefacht. Ihr kreuzigt täglich noch den Heiland, Erschien' er wie er einst erschien, Ihr riefet wie die Juden weiland Und lauter nur: ha, kreuzigt ihn! Die Gründonnerstags-Messe. Nos igitur vetustum et solemnem hunc morem se¬ quentes, Excommunicamus et anathematizamus ex parte Dei Omnipotentis Patris et Filii et Spiritus Sancti, auctoritate quoque Beatorum Apostolorum Petri et Pauli ac nostra, omnes haereticos, necnon per Leonem P P. praedecessorem nostrum superio¬ rihus annis damnatam, impiam et abominabilem Martini Lutheri haeresin sequentes. Bulla in Coena Domini 1536 v. Magnum Bullarium Roman. T. I. (Luxemb. 1727) p. 718. Ihr Fürsten, die von Ketzern stammen, Ihr wollt nicht hören, wollt nicht sehn — Ihr laßt euch von dem Mann verdammen, Mit dem ihr wollt in Freundschaft stehn? Und kennt ihr die verfluchten Worte Vom grünen Donnerstage nicht, So stellt euch an St. Peters Pforte, Hört, was der heil'ge Vater spricht! „Wir thun nach altem Kirchenamte In Bann die Ketzer aller Welt, Und Luthers Lehre die verdammte, Und Alles was sich zu ihr hält.“ So bannt euch an St. Peters Pforte Der Papst in seiner Heiligkeit, Ihr aber gebt ihm gute Worte, Daß er gemischte Eh'n verzeiht. Emancipation. Wollte mein Volk mir gehorsam sein, und Israel auf meinem Wege gehen, so wollte ich ihre Feinde bald dämpfen, und meine Hand über ihre Widerwär¬ tigen wenden. Psalm 81, 14. 15. Du raubest unter unsern Füßen Uns unser deutsches Vaterland: Ist das dein Leiden? das dein Büßen? Das deines offnen Grabes Rand? O Israel, von Gott gekehret, Hast du dich selbst zum Gott gemacht, Und bist, durch diesen Gott belehret, Auf Wucher, Lug und Trug bedacht. Willst du von diesem Gott nicht lassen, Nie öffne Deutschland dir sein Ohr! Willst du nicht deine Knechtschaft hassen, Nie ziehst du durch der Freiheit Thor. Von Gottes Gnaden. Si du père eternel ils ont leur diadème, le père éternel les pent solder lui-même. Sie haben sich von Gottes Gnaden Zu Herren dieser Welt gemacht — Das könnt' uns weiter gar nicht schaden, Wär's wahr, was sie sich ausgedacht. Denn wären sie die Gottesholden, So sorgte Gott für sie allein, Gar herrlich würd' er sie besolden, Uns aber würde wohler sein. Wir würden dann die Erde haben, Den Himmel aber hätten sie; Wir können uns hienieden laben Doch an dem Himmelreiche nie. Syracusaise. — et, quid ita hoc, aut quo suo merito faceret, interrogavit. Tum illa, certa est, inquit, ratio propositi mei. puella enim; cum gravem tyrannum haberemus, carere eo cupiebam. quo interfecto aliquanto tetrior arcem occupavit. eius quoque tiniri dominationem magni aestimabam. tertium te superiori¬ bus importuniorem habere coepimus rectorem. Itaque ne, si tu fueris absumtus, deterior in locum tnum succedat, caput meum pro tua salute devoveo. Valerius Maximus 6, 2. In ihrer eigenen Melodie. Gott erhalte den Tyrannen, Den Tyrannen Dionys! Wenn er uns des Heils auch wenig, Und des Unheils viel erwies, Wünsch' ich doch, er lebe lange, Flehe brünstig überdies: Gott erhalte den Tyrannen, Den Tyrannen Dionys! Eine Alte sprach im Tempel Eines Tages dies Gebet. Der Tyrann kam just vorüber, Wüßte gerne, was sie thät': „Sag mir doch, du liebe Alte, Sag was war denn dein Gebet? Ach, ich habe nur gebetet, Nur für Euer Majestät. Als ich war ein junges Mädchen, Fleht' ich oftmals himmelan: Lieber Gott, gieb einen bessern! Und ein schlechtrer kam heran; Und so kam ein zweiter, dritter Immer schlechterer Tyrann; Darum fleh' ich heute nur noch: Gott erhalt' uns dich fortan! Das allgemeine Beste. Ihr Völker, laßt doch euer Klagen! Laßt euer Zweifeln, euer Zagen! Daß sich für euch die Fürsten plagen, Das soll euch allen wohlbehagen. Die Fürsten sind bei Tag und Nacht Auf euer Bestes nur bedacht. Ihr sollt nicht schmähen, sollt nicht schmollen, Ihr sollt nicht euren Fürsten grollen! Sollt ihnen Dank und Ehrfurcht zollen, Weil sie nur euer Bestes wollen! Zwar ist das Beste von der Welt Vorläufig immer noch das Geld. Brackschafe. O zeig's nicht erst durch's Band im Knopfloch, Die ganze Welt weiß was du bist: Warum denn zeigst du armer Tropf noch, Wie billig deine Seele ist? Doch gut! so zeichnet man was Brack ist In allen großen Heerden aus; So lernen wir was Schranzenpack ist Und reif zum großen Völkerschmaus. Aus Ovids Metamorphosen. Veut-on avoir la prenve de la parfaite inutilité de tous les livres de Morale, de Sermons etc., il n'y a qu'a jetter les yeux sur le préjuge de la Noblesse héreditaire. Y a-t-il un travers contre lequel les Philosophes, les Oratenrs les Poétes ayent lancé plus de traits satyriques qul ait plus exercé les esprits de toute espéce? qui ait fait naître plus de sar¬ casmes? Chamfort, Pensées (Paris 1803 ) p. 171. Es flickt ein Schneider ein Gewand Für eine Majestät, Und wie er's hält in seiner Hand Und in den Falten späht: O Wunder, Wunder! was schaut heraus? Eine Laus, eine Laus, eine königliche Laus. Der Schneider hüpft vor Freud' empor, Sieht sie mit Wollust an, Und holt sein Messer flugs hervor, Und ach! was macht er dann? O Wunder, Wunder! er spaltet sie, Spaltet sie, spaltet sie, dieses königliche Vieh. „Die eine Hälfte bleibet mir Von dieser Königslaus, Es stecket soviel Blut in ihr, Ein Fürst wohl wird noch draus.“ O Wunder, Wunder! er speist sie geschwind, Und er wird, und er wird, wird ein fürnehm Fürstenkind. 11 Da fragen die Gesellen ihn: „Was aber kriegen wir?“ „Die andre Hälft' ist euch verliehn, Das ist genug für vier. O Wunder, Wunder! aus der halben Laus Kommen noch, kommen noch fünfthalb Grafen wohl heraus.“ Der Lehrjung sah sich Alles an: „Herr Meister, sagt mir jetzt, Hier seh' ich kriegt ja jedermann, Was krieg ich denn zuletzt?“ „O lecke, lecke das Messer rein, Und du wirst, und du wirst 'n schlechter Edelmann noch sein!“ Suum cuique. Wir haben's wahrlich trefflich weit gebracht: Zur Strafe ward der Bürgerstand gemacht. Verwirkt sein Adelthum ein Edelmann, So wird und ist er bürgerlich fortan. Wie kommt zu solchem Eingriff doch der Staat? Der Adel soll behalten was er hat; Und wie er seine Tugend trägt allein, Soll er auch seines Lasters Träger sein. Hat man den Pranger nur für uns erdacht? Das Zuchthaus nur für unser eins gemacht? I nun, Herr Graf kann auch am Pranger steh'n, Und Herr Baron kann auch in's Zuchthaus geh'n. Wir sind doch in Sibirien noch nicht, Wo der Verbrecher eine Nummer kriegt! Das Individuell' ist noch zur Zeit Die schönste deutsche Eigenthümlichkeit. 11 * Es klingt auch hübsch, historisch obendrein, Wenn man im Zuchthaus aufruft Groß und Klein: Mandube! Schinderhans! Lips Tullian! Baron von Habenix! Graf Tummerjan! Deutscher Nationalreichthum. Hallelujah! Hallelujah! Wir wandern nach Amerika. Was nehmen wir mit ins neue Vaterland? Wohl allerlei, wohl allerhand: Viele Bundestages-Protokolle, Manch Budget und manche Steuerrolle, Eine ganze Ladung von Schablonen Zu Regierungsproclamationen — Weil es in der neuen Welt Sonst dem Deutschen nicht gefällt. Hallelujah! Hallelujah! Wir wandern nach Amerika. Was nehmen wir mit ins neue Vaterland? Wohl allerlei, wohl allerhand: Corporal- und andre schöne Stöcke, Hunderttausend Schock Bedientenröcke, Nationalcocarden, bunte Kappen, Zehnmalhunderttausend Knöpfe mit Wappen — Weil es in der neuen Welt Sonst dem Deutschen nicht gefällt. Hallelujah! Hallelujah! Wir wandern nach Amerika. Was nehmen wir mit ins neue Vaterland? Wohl allerlei, wohl allerhand: Kammerherrenschlüssel viele Säckel, Stamm- und Vollblutbäume dicke Päckel, Hund- und Degenkoppeln tausend Lasten, Ordensbänder hunderttausend Kasten — Weil es in der neuen Welt Sonst dem Deutschen nicht gefällt. Hallelujah! Hallelujah! Wir wandern nach Amerika. Was nehmen wir mit ins neue Vaterland? Wohl allerlei, wohl allerhand! Schlendrian, Bocksbeutel und Perrücken, Privilegien, Sorgenstühl' und Krücken, Hofrathstitel und Conduitenlisten Neunundneunzighunderttausend Kisten — Weil es in der neuen Welt Sonst dem Deutschen nicht gefällt. Hallelujah! Hallelujah! Wir wandern nach Amerika. Was nehmen wir mit ins neue Vaterland? Wohl allerlei, wohl allerhand: Steuer-, Zoll-, Tauf-, Trau- und Todtenscheine, Päss' und Wanderbücher groß' und kleine, Viele hundert Censorinstructionen, Polizeimandate drei Millionen — Weil es in der neuen Welt Sonst dem Deutschen nicht gefällt. Geheime Fonds. Mel . Laßt die verdammten Manichäer klopfen. Wozu dienen die geheimen Summen? Für die Maul- und Herzensperr' allein: Schweigen soll das Volk, es soll verstummen, Niemals denken, nur gehorsam sein. Schweigt dann das Volk, so sagt man gleich warum: Alles wahre Erdenglück ist immer stumm. Millionen gute brave Christen Schweigen, weil es Einem so gefällt, Ihm allein und seinen Polizisten, Die er nur um seinetwillen hält. Millionen, wagt's und sprechet frei! Ihr verdienet Millionen noch dabei. Natur und Kunst. O große herrliche Natur! Du kommst mit Donner und Blitz und Sturmesgebrause, Erfüllst mit Bangen Wald und Flur, Mit Schrecken und Angst Palast und Klause. O große herrliche Natur! Dein Wort demüthigt die Welt und alles Leben: Es schweiget jede Creatur, Es staunet Tiger und Leu, und Könige beben. O große herrliche Natur! Du bringst zum Schweigen die Welt mit Donnergetose, Und — mehr vermag noch die Censur, Die thut's gelassen mit einer Federpose. Die Illuminanten. Spät kommt ihr, doch — ihr kommt. Wallenstein. Erfindungsreichste Zeit von allen Zeiten! Wir schreiten fort um weiter fortzuschreiten. Benutzt wird alles was uns Gott verliehn, Der ganze Mensch, sein Koth und sein Urin, Sogar sein Leichnam — Lichter draus zu ziehn. Freut euch, ihr dummen finstern Schafsgesichter! Nach eurem Tode werdet ihr noch Lichter, Und jenen Schatten, den ihr habt gemacht, Bezahlt ihr einst mit Lichtes Glanz und Pracht — Ihr Schafsgesichter, habt ihr das gedacht? Anhang. Stimmen aus der Vergangenheit. Die Asche will nicht lassen ab, Sie stäubt in allen Landen. Hie hilft kein Bach, Loch, Grub noch Grab, Sie macht den Feind zu Schanden. Die er im Leben durch den Mord Zu schweigen hat gedrungen, Die muß er todt an allem Ort Mit aller Stimm und Zungen Gar fröhlich lassen singen. Dr . Martin Luther. Deutschlands Ehre. Um's Jahr 1200. Ir sult sprechen willekomen! der iu mære bringet, daz bin ich. allez daz ir habt vernomen. daz ist gar ein wint: nû vrâget mich. ich wil aber miete: wirt mîn lôn iht guot, ich sage iu vil lîhte daz iu sanfte tuot. seht waz man mir êren biete. Ich wil tiutschen vrouwen sagen solhiu mære, daz si deste baz al der werlte suln behagen: âne grôze miete tuon ich daz. waz wold ich ze lône? si sint mir ze hêr: sô bin ich gevüege und bite si nihtes mêr, wan daz si mich grüezen schône. Deutschlands Ehre. K. Simrock's Uebersetzung. Heißt mich froh willkommen sein, Der euch Neues bringet, das bin ich; Eitle Worte sind's allein, Die ihr noch vernahmt: jetzt fraget mich. Wenn ihr Lohn gewähret Und den Sold nicht scheut, Will ich Manches sagen, was die Herzen freut: Seht, wie ihr mich würdig ehret. Ich verkünde deutschen Frau'n Solche Dinge, das sie alle Welt Noch begier'ger wird zu schau'n: Dafür nehm' ich weder Gut noch Geld. Was wollt' ich von den Süßen? Sie sind mir zu hehr: Drum bescheid' ich mich und bitte sie nichts mehr, Als daß sie mich freundlich grüßen. Ich hân lande vil gesehen unde nam der besten gerne war: übel müeze mir geschehen, künde ich ie mîn herze bringen dar, daz im wol gevallen wolde vremeder site. nû waz hulfe mich, ob ich unrehte strite? tiutschiu zuht gât vor in allen. Von der Elbe unz an den Rîn und her wider unz an Ungerlant sô mugen wol die besten sîn, die ich in der werlte hân erkant. kan ich rehte schouwen guot gelâz unt lîp, sem mir got, sô swüere ich wol daz hie diu wîp bezzer sint danne ander vrouwen. Tiutsche man sint wol gezogen, rehte als eugel sint diu wîp getân. swer si schildet, derst betrogen: ich enkan sîn anders niht verstân. tugent und reine minne, swer die suochen wil, der sol komen in unser lant: da ist wünne vil. lange müeze ich leben dar inne! Walther von der Vogelweide , † um 1228. Lande hab' ich viel gesehen, Nach den Besten blickt' ich allerwärts: Uebel möge mir geschehn, Wenn sich je bereden ließ mein Herz, Daß ihm wohlgefalle Fremder Lande Brauch: Wenn ich lügen wollte, lohnte mir es auch? Deutsche Zucht geht über Alle. Von der Elbe bis zum Rhein Und zurück bis an der Ungern Land, Da mögen wohl die Besten sein, Die ich irgend auf der Erden fand. Weiß ich recht zu schauen Schönheit, Huld und Zier, Hilf mir Gott, so schwör' ich, sie sind besser hier Als der andern Länder Frauen. Züchtig ist der deutsche Mann, Deutsche Frau'n sind engelschön und rein; Thöricht, wer sie schelten kann, Anders wahrlich mag es nimmer sein: Zucht und reine Minne, Wer die sucht und liebt, Komm in unser Land, wo es noch beide giebt; Lebt' ich lange nur darinne! An die Fürsten. Ir vürsten, tugent iwer sinne mit reiner güete, sît gegen vriunden senf t e, tragt gein vînden hôhgemüete, sterket reht und danket gote der grôzen êren, daz manic mensch sîn lîp sîn guot muoz iu ze dienste kêren; sît milte, vridebære, lât in wirde iuch schouwen, sô lobent iuch die reinen süezen vrouwen. schame, triuwe, erbermde, zuht, die sult ir gerne tragen, minnet got, und rihtet swaz die armen klagen, gloubt niht daz iu die lugenære sagen, und volget guotem râte: so mugt ir in himelrîche bouwen. Walther von der Vogelweide. An die Fürsten. K. Simrock's Uebersetzung. Ihr Fürsten, adelt euer Herz durch reine Güte, Seid gegen Freunde sanft, vor Feinden traget Hochgemüthe, Stärkt das Recht und danket Gott der großen Ehren, Daß Gut und Blut so Mancher muß zu euren Diensten kehren; Seid mild, friedfertig, laßt euch stets in Würde schauen, So loben euch die reinen, süßen Frauen; Scham, Treue, Milde, Zucht sollt ihr mit Freuden tragen, Minnet Gott und schaffet Recht, wenn Arme klagen, Glaubt nicht was euch die Lügenbolde sagen, Folgt gutem Rath, so dürft ihr auf das Himmelreich vertrauen. 12 Gefährdetes Geleite. In den J. 1215–20. Ich saz ûf einem steine: dô dahte ich bein mit beine, dar ûf sazt ich den ellenbogen; ich hete in mîne Hant gesmogen daz kinne und ein mîn wange. dô dâhte ich mir vil ange, wie man zer welte solte leben; déheinen rât konde ich gegeben, wie man driu dinc erwurbe, der keines niht verdurbe. diu zwei sint êre und varnde guot, daz dicke ein ander schaden tuot, daz dritte ist gotes hulde, der zweier übergulde: die wolte ich gerne in einen schrîn. jâ leider desn mac niht gesîn, daz guot und weltlich êre Gefährdetes Geleite. K. Simrock's Uebersetzung. Ich saß auf einem Steine: Da deckt' ich Bein mit Beine, Darauf der Ellenbogen stand; Es schmiegte sich in meine Hand Das Kinn und eine Wange. Da dacht' ich sorglich lange Dem Weltlauf nach und irdschem Heil; Doch wurde mir kein Rath zu Theil, Wie man drei Ding' erwürbe, Daß ihrer keins verdürbe. Die zwei sind Ehr' und weltlich Gut, Das oft einander Schaden thut, Das dritte Gottes Segen, An dem ist mehr gelegen: Die hätt' ich gern in einen Schrein. Ja leider mag es nimmer sein, Daß Gottes Gnade kehre 12* und gotes hulde mêre zesamene in ein herze komen. stîg unde wege sint in benomen, untriuwe ist in der sâze, gewalt vert ûf der straze, vride unde reht sint sêre wunt: diu driu enhabent geleites niht, diu zwei enwer¬ den ê gesunt. Walther von der Vogelweide. Mit Reichthum und mit Ehre Je wieder in dasselbe Herz; Sie finden Hemmung allerwärts: Untreu hält Hof und Leute, Gewalt fährt aus auf Beute; So Fried' als Recht sind todeswund: Die dreie haben kein Geleit, die zwei denn werden erst gesund. Nahen des jüngsten Tages. Um's J. 1225. Nû wachet! uns gêt zuo der tac, gein dem wol angest haben mac ein ieglich kristen, juden unde heiden. wir hân der zeichen vil gesehen, dar an wir sîne kunft wol spehen, als uns diu schrift mit wârheit hât bescheiden. diu sunne hât ir schîn verkêret, untriuwe ir sâmen ûz gerêret allenthalben zuo den wegen, der vater bî dem kinde untriuwe vindet, der bruoder sînem bruoder liuget, geistlich orden in kappen triuget, die uns ze himel solten stegen: gewalt gêt ûf, reht vor gerihte swindet. wol ûf! hie ist ze vil gelegen. Walther von der Vogelweide. Nahen des jüngsten Tages. K. Simrock's Uebersetzung. Nun wachet All'! Es naht der Tag, Vor dem die Welt erzittern mag, Die Christenheit, die Juden und die Heiden. Viel Zeichen wurden ausgesandt, Daran wir seine Näh' erkannt, Wie uns die Schrift untrüglich kann bescheiden. Die Sonne hat den Schein verkehret, Untreu' den Samen ausgeleeret Allwärts über Feld und Rain. Der Vater bei dem Kind Untreue findet, Der Bruder seinem Bruder lüget, Die Geistlichkeit in Kutten trüget, Statt Gott der Menschen Herz zu weihn. Gewalt siegt ob, des Rechtes Ansehn schwindet: Wohlauf! hier frommt nicht müssig sein. Der XLVI . Psalm. Vom J. 1530. Ein feste Burg ist unser Gott, Ein gute Wehr und Waffen. Er hilft uns frei aus aller Noth, Die uns itzt hat betroffen. Der alt böse Feind, Mit Ernst er's itzt meint. Groß Macht und viel List Sein grausam Rüstung ist, Auf Erd' ist nicht seins Gleichen. Mit unser Macht ist nichts gethan: Wir sind gar bald verloren, Es streit für uns der rechte Mann, Den Gott hat selbs erkoren. Fragst du, wer der ist? Er heißt Jesus Christ, Der Herr Zebaoth, Und ist kein ander Gott: Das Feld muß er behalten. Und wenn die Welt voll Teufel wär Und wollt uns gar verschlingen, So fürchten wir uns nicht so sehr, Es soll uns doch gelingen. Der Fürst dieser Welt, Wie saur er sich stellt, Thut er uns doch nicht. Das macht, er ist gericht; Ein Wörtlein kann ihn fällen. Das Wort sie sollen lassen stahn Und kein Dank dazu haben. Er ist bei uns wohl auf dem Plan Mit seinem Geist und Gaben. Nehmen sie den Leib, Gut, Ehr, Kind und Weib: Laß fahren dahin! Sie habens kein Gewinn: Das Reich muß uns doch bleiben. Dr. Martin Luther. Ein Kinderlied, zu singen wider die zween Erzfeinde Christi und seiner heiligen Kirchen, den Papst und Türken. Vom J. 1541. Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort Und steur des Papsts und Türken Mord, Die Jesum Christum deinen Sohn Wollen stürzen von deinem Thron. Beweis dein Macht, Herr Jesu Christ, Daß du Herr aller Herren bist! Beschirm dein arme Christenheit, Daß sie dich lob in Ewigkeit! Gott heilger Geist, du Tröster werth, Gieb deim Volk einrlei Sinn auf Erd! Steh bei uns in der letzten Noth, G'leit uns ins Leben aus dem Tod! Dr. Martin Luther. An Deutschland. Zerbrich das schwere Joch, darunter du gebunden! O Deutschland, wach doch auf, faß wieder einen Muth! Gebrauch dein altes Herz und widersteh der Wuth, Die dich und die Freiheit durch dich selbst überwunden! Straf nu die Tyrannei, die dich schier gar geschunden, Und lösch doch endlich aus die dich verzehrend Glut! Nicht mit deim eignen Schweiß, sondern dem bösen Blut Fließend aus deiner Feind und falschen Brüder Wunden. Verlassend dich auf Gott, folg denen Fürsten nach, Die sein gerechte Hand will, so du willst, bewahren Zu der Getreuen Trost, zu der Treulosen Rach. So laß nu alle Furcht und nicht die Zeit hinfahren, Und Gott wird aller Welt, daß nichts dann Schand und Schmach Des Feinds Meineid und Stolz gezeuget, offenbaren. Georg Rudolf Weckherlin, † wahrsch. 1651. Wie die Soldaten man vor Zeiten Laut mit dem Mund: So sie jetzund Ermahnet der Poet zu streiten. Frisch auf, ihr tapfere Soldaten! Ihr, die ihr noch mit deutschem Blut, Ihr die ihr noch mit frischem Muth Belebet, suchet große Thaten! Ihr Landsleut, ihr Landsknecht, frisch auf! Das Land, die Freiheit sich verlieret, Wann ihr nicht muthig schlaget drauf Und überwindend triumphieret. Der ist ein Deutscher wohlgeboren, Der, von Betrug und Falschheit frei, Hat weder Redlichkeit noch Treu Noch Glauben noch Freiheit verloren; Der ist ein Deutscher ehrenwerth, Der wacker, herzhaft, unverzaget Für die Freiheit mit seinem Schwert In einige Gefahr sich waget. Wohlan derhalb, ihr wahre Deutschen, Mit deutscher Faust, mit deutschem Muth Dämpfet nu der Tyrannen Wuth! Zerbrechet ihr Joch, Band und Beutschen! Unüberwindlich rühmet sie Ihr Titul, Thorheit und Stolzieren; Aber ihr Heer mit schlechter Müh Mag (überwindlich) bald verlieren. Ha! fallet in sie! ihre Fahnen Zittern aus Furcht: sie trennen sich, Ihr böse Sach hält nicht den Stich, Drum zu der Flucht sie sich schon mahnen; Groß ist ihr Heer, klein ist ihr Glaub; Gut ist ihr Zeug, bös ihr Gewissen; Frisch auf! sie zittern wie das Laub Und wären schon gern ausgerissen. Ha! schlaget auf sie, liebe Brüder! Ist die Müh groß, so ist nicht schlecht Der Sieg und Beut; und wohl und recht Zu thun seind sie, dann ihr, viel müder. So straf, o deutsches Herz und Hand, Nu die Tyrannen und die Bösen: Die Freiheit und das Vaterland Mußt du auf diese Weis erlösen. Georg Rudolf Weckherlin. An Deutschland. Wahrscheinlich vom J. 1636 Ward 1637 für die Oeffentlichkeit bestimmt, erschien aber erst nach des Dichters Tode 1644. . Auf, auf, wer deutsche Freiheit liebet, Wer Lust für Gott zu fechten hat! Der Schein, den Mancher von sich giebet, Verbringet keine Ritterthat. Wann Fug und Ursach ist, zu brechen, Wann Feind nicht Freund mehr bleiben kann, Da muß man nur vom Sehen sprechen, Da zeigt das Herze seinen Mann. Laß die von ihren Kräften sagen, Die schwach und bloß von Tugend sind: Mit Trotzen wird man Bienen jagen, Ein Sinn von Ehren der gewinnt. Wie groß und stark der Feind sich mache, Wie hoch er schwinge Muth und Schwert, So glaube doch, die gute Sache Ist hundert tausend Köpfe werth. Der muß nicht eben allzeit siegen, Bei dem der Köpfe Menge steht; Der pfleget mehr den Preis zu kriegen, Dem Billigkeit zu Herzen geht, Und der mit redlichem Gewissen Für Gott und für das Vaterland, Für Gott, der ihn es läßt genießen, Zu fechten geht mit strenger Hand. So vieler Städte schwache Sinnen, So vieler Herzen Wankelmuth Die List, der Abfall, das Beginnen Sind freilich wohl nicht allzugut. Doch Obst, so bald von Bäumen gehet, Das taug gemeiniglich nicht viel; Ich denke was im Liede stehet, Laß fahren was nicht bleiben will! Was kann der stolze Feind dir rauben? Dein Hab' und Gut bleibt doch allhier; Geh aber du ihm auf die Hauben Und brich ihm seinen Hals darfür! Auf, auf, ihr Brüder! in Quartieren Bekriegt man mehrmals nur den Wein: Des Feindes Blut im Siege führen, Dies wird die beste Beute sein. Martin Opitz von Boberfelde, † 1639. Aus Schlesien, zur Zeit des dreißigjährigen Krieges. Aus der Vollständigen Kirchen- und Haus-Music, 7. Aufl. Breßl. S. 650. Im Ton: Geliebten Freund, was thut ihr so verzagen. Gott, der du bist ein Freund der Menschenkinder, Und ein Erbarmer der zerschlagnen Sünder, Schau uns doch an, wie wir gedrucket werden Durch viel Beschwerden. Wir haben bisher bei viel langen Jahren Auf unserm Rücken deine Streich' erfahren, Und deine Hand war uns zur harten Plage Bei Nacht und Tage. Krieg hat dies schöne Land ganz umgekehret, Und unser Fleisch und Mark rein ausgezehret; Pest hat auch unsre Brüder weggenommen Mit großen Summen. In Hungersnoth sind ihrer viel vergangen; Wir, die wir übrig, sind zurings umfangen Mit Nattern, die uns ohne Maß und Zählen Martern und quälen. 13 O Herr, wie hast du dich uns doch verwandelt In einen, der sehr streng and grausam handelt? Ach, wo ist doch dein väterlich Gemüthe Und milde Güte? Wir müssen zwar für unsrer Noth erblassen, Daß wir so schändlich dein Gebot verlassen; Aber wir kehren um und sind beflissen Herzlich zu büßen. So kehr auch du zu uns nun mit Genaden, Wend' unsern Jammer und heil' unsern Schaden! Sei unser Gott, wie du vor bist gewesen, Daß wir genesen! Die hier auf Erden deine Stelle halten, Die wollen höher, als sie sollen, walten; Die Seele, die dir Gott nur will gebüren, Woll'n sie regieren. Drum nimm dich dessen an, das dir gehöret! Erhalt' uns das, was dein Mund uns gelehret! Laß uns von dir durch Zwang, Gewalt und Leiden Keinmal abscheiden! Sondern tritt freundlich uns zu unser Seiten, Hilf wider dein' und unsre Feinde streiten, Die sich zusammenrotten und stark kämpfen, Dein Wort zu dämpfen. Wir wollen hier nach deinem Willen dulden, Was du uns zuerkennst für unsre Schulden, Nur daß uns der Kampf, der uns zu dir bringet, Selig gelinget. Friedrich von Logau, † 1655. 13 * Aus Germaniens Klagelied. Was soll ich armes Reich, was soll ich endlich machen, Nun mir genommen ist mein Freuen, Lust und Lachen? Kaum bin ich mehr bei Sinnen In dieser langen Noth. Was soll ich doch beginnen? Nur wünsch' ich mir den Tod. Die Kinder so ich selbst erzeuget sind die Schlangen, Die ihre Mutter, mich, zu würgen unterfangen; Die haben mich zerbissen, Daß fast mein ganzer Leib In Stücklein ist zerrissen: O weh, ich armes Weib! Ach, Lieb' und Treu ist hin, die Gottesfurcht erkaltet; Der Glaub' ist abgethan, Beständigkeit veraltet. Das deutsche Blut bedünget So manches schöne Land; Mein eignes Volk bezwinget Sich selbst mit eigner Hand . Johann Rist, † 1667. Trostlied. Bedrängtes Deutschland, schöpfe Muth! Der Himmel wird nicht immer wittern Und dieser Länder Grund erschüttern; Er schlägt dich jetzt zwar bis aufs Blut, Doch schöpfe du nur wieder Muth. Es wird nicht immer dunkel sein, Die Wolken werden bald verschwinden, Die Sonne wird sich wiederfinden Und Finsterniß und Nacht zerstreu'n; Es wird nicht immer dunkel sein. Bedrängtes Deutschland, nur Geduld! Wirf, wenn es sonst an Tröstern fehlet, Die Sorge, die dich kränkt und quälet, Auf Gottes Lieb' und Vaterhuld! Betrübtes Deutschland, nur Geduld! Andreas Gryphius, † 1664. Vergänglichkeit des Erdenlebens. Aus der Christlichen Andachts-Flamme. Nürnb. 1680. S. 308. Mensch, sag' an, was ist dein Leben? Eine Blum' und dürres Laub, Das am Zweige kaum mag kleben Und verkreucht sich in den Staub. Dies bedenk', o Menschenkind, Weil wir alle sterblich sind. Was ist Adel, hoch Geschlechte? Was ist hochgeboren sein? Muß der Herr doch mit dem Knechte Leiden bittre Todespein; Kaiser, König, Edelmann, Alle müssen sie daran. Was ist Weisheit? was sind Gaben? Was ist hochgelahrte Kunst? Was hilft Ehr' und Ansehn haben? Und bei Herren große Gunst? Dringt sich doch der Tod herein, Nichts hilft klug und weise sein. Was ist Reichthum? was sind Schätze? Nur ein glänzend gelber Koth, Mensch, darauf dein Herz nicht setze! Sieh die Zeit an und den Tod! Dieser nimmt das Leben hin, Jene frißt Gut und Gewinn. Was ist Jugend, frische Jahre, In der besten Blüthe stehn? Junger Muth und graue Haare Müssen mit dem Tode gehn; Ist doch hie kein Unterscheid Unter jung' und alte Leut'. Menschentöchter, Menschensöhne, Laßt euch dies gesaget sein! Seid ihr hoch, weis', reich und schöne, Ihr seid doch nur Todtenbein; Hier ein wohlgeschmückter Bau, Nach dem Tod der Würmer Au. Staub und Asch, was willt du prangen Mit dem Wissen und Verstand, Mit der Röthe deiner Wangen, Mit dem Gold an deiner Hand? Kann es doch nicht helfen dir, Wenn der Tod klopft an die Thür. Menschenkind, nimm dies zu Herzen! Hier ist Leben, hier ist Tod; Hier ist Freude, hier sind Schmerzen. Willt du meiden ewig Noth, Denke daß du sterben mußt; So erstirbt der Sünden Lust. Leg ab Mißgunst, Neid und Hassen! Demuth lieb', laß Hoffarth sein! Alles mußt du Andern lassen, Nackt zur Gruben kriechen ein. Heute bist du Herr im Haus; Morgen trägt man dich hinaus. Ach Herr Jesu, wollst uns lehren, Wie, woher, wann kommt der Tod, Daß wir uns bei Zeit bekehren Und entgehn der Seelennoth, Weislich und mit klugem Sinn Denken an das Ende hin. Eisenhütel. Nun ist es Zeit zu wachen, Eh' Deutschlands Freiheit stirbt Und in dem weiten Rachen Des Krokodils verdirbt. Herbei, daß man die Kröten Die unsern Rhein betreten Mit aller Macht zurücke Zur Son' und Seine schicke! Der Feind braucht Stahl und Eisen, Wendt Stahl und Silber an, Der deutschen Welt zu weisen Was List und Hochmuth kann. Laßt euch das Gold in Händen Die Augen nicht verblenden, Damit euch hinterm Rücken Die Fessel nicht bestricken. Laßt Lerch' und Falken fliegen, Setzt alle Kräfte bei, Mit ihnen zu besiegen Des Hahnes Prahlerei! Er prangt mit euren Federn: Drum müßt ihr ihn entädern, Und Jeder sich bemühen Das Seine wegzuziehen. Wollt ihr euch unterwinden Zu thun was sich gebührt, Ein Hermann wird sich finden, Der euch an Reihen führt. Laßt euch verstellten Frieden Zum Schlafe nicht ermüden: Mit Wachen und mit Wagen Muß man die Ruh erjagen. Hans Aßmann Freih. von Abschatz, † 1699. H. G. Voigt's Buchdruckerei in Wandsbeck.