Homers Oduͤßee uͤbersezt von Johann Heinrich Voß . Hamburg, auf Kosten des Verfassers. 1781. An Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg . 1780. S tolberg, uͤber der Stadt am schiffbaren Busen der Ostsee, Wo du, mich einst zur Seite der Braut im Schatten des Fruͤhlings Gruͤßend, des Liebenden Gluͤck durch Freundschaft gluͤcklicher machtest: Kraͤnzt den Bord, der vor Alters die hoͤheren Fluten zuruͤckzwang, Hoch und verwachsen, ein Wald voll Kuͤhlung und ahndender Schauer. Alda ruht' ich vom sinnenden Gang', am beschatteten Bergquell, Horchend der lockenden Wachtel im gruͤnlichen Rauche der Aehren, Und dem Wogengeraͤusch, und dem fernhersaͤuselnden Suͤdwind. Ueber mir wehten mit aͤnderndem Gruͤn die verschlungenen Buchen; Und es stralte verstohlen ein fluͤchtiger Schimmer der Sonne Jezt auf den finstern Quell, und jezt auf die blinkende Stechpalm, Jezo mir blendend aufs Lied des grauen ionischen Saͤngers. Aber mit Einmal, siehe! da leuchtet' es: Hain und Gefilde Schwanden in Licht; es erscholl, wie von tausend Nachtigallchoͤren; Und ein Geduͤft, wie der Rosen, doch duftender, athmete ringsum. Und nun trat aus dem Licht ein Unsterblicher: seine Gestalt war Morgenglanz, sein Gewand ein feurigwallender Nordschein. Zitternd verhuͤllt' ich mein Antliz; allein der Unsterbliche nahm mich Sanft bei der Hand, und Wonne durchschauerte meine Gebeine. Und er begann zu reden, und sprach mit melodischer Stimme: Fuͤrchte nicht, o Juͤngling, den Maioniden Homaͤros, Welchen du Einsamer oft mit herzlicher lauter Entzuͤckung Nanntest! Ich komme zu dir, nicht aus dem stuͤgischen Abgrund; Denn kein Aïdaͤs herscht, kein Minos richtet die Todten Drunten in ewiger Nacht: ich komm' aus dem lichten Gefilde, Wo auch mein Gesang zum Vater aller emporsteigt. Als mit himmlischer Harfe der isaïdische Seher Gott den Unsichtbaren im Allerheiligsten feirte, Sang ich mit irdischer Harfe den schwacherleuchteten Voͤlkern Stammelnd den sichtbaren Gott im Heiligthume der Schoͤpfung; Und, gleich Davids, lohnte der Vater mein kindliches Stammeln. Sorgsam pfluͤckte mein Lied die Blume jeglicher Tugend, Wie sie am schwaͤcheren Strale der goͤttlichen Wahrheit entbluͤhte: Unschuld, goldene Treu und Einfalt; dankende Ehrfurcht Vor der Natur und der Kunst wohlthaͤtigen Kraͤften, der Urkraft Genien! flammende Liebe des Vaterlandes, der Eltern, Und des Gemahls und des Herrn; und menschenerhaltende Kuͤhnheit. Diese schimmernden Blumen, erfrischt vom Thaue des Himmels, Gab ich, in Kraͤnze geflochten, der jungen ionischen Sprache. Und zur Priesterin weiht' ich die keusche heilige Jungfrau Im Orakel der hohen Natur: daß sie taͤglich, mit Nektar Sprengend die sternenhellen und toͤneduftenden Kraͤnze, Aus dem Getoͤn weißagte; und Voͤlker von Morgen und Abend Beteten an die Natur, des Unendlichen sichtbare Gottheit. Aber nun stuͤrmte der Schwarm des barbarischen Wahns und der Dummheit Wuͤtend daher, und zerschlug den Altar, und vertilgte der Kraͤnze Viele; die Priesterin floh mit den uͤbrigen kaum in des Felsens Kluft, und starb. Und siehe! die Kraͤnze meines Gesanges, Unerfrischt vom Nektar der Jungfrau, dufteten welkend Leiseren Laut, gleich fernverhallenden Harfentoͤnen. Oft zwar stieg in die Kluft ein Beschwoͤrer, vom Geiste der Jungfrau Nektar zu heischen; allein sie erschien, ein teuschendes Unbild, Und antwortete nicht dem ungeheiligten Schwaͤzer. Auch stieg manche hinab der lebenden Sprachen, der todten Priesterin Kraͤnze zu rauben; doch schnell verschwanden die Kraͤnze Unter der Buhlerin Hand: dann pfluͤckte sie heimische Blumen, Aehnlich jenen, und flocht weißagende Kraͤnze; mit Opfern Stroͤmte das Volk in den Tempel, und horchte der Afterprofetin. Sohn der edleren Sprache Teutonia, die mit der juͤngern Schwester Ionia einst auf thrazischen Bergen um Orfeus Spielte, von einerlei Kost der Nektartraube genaͤhret; Dann im Bardenhain, mit dem keuschen Volke der Freiheit, Frei und keusch, die Gespielen verachtete, welche des Auslands Klirrende Fessel trugen, von jedem Sieger geschaͤndet: Deine goͤttliche Mutter Teutonia, welche mein Klopstock, Von Siona gefuͤhrt, mit Engelpalmen und Blumen Vom edenischen Strome bekraͤnzt' und zur Seherin Gottes Weihete: sie nur verdient der Natur weißagende Kraͤnze. Auf! und heilige dich, daß du, ihr wuͤrdiger Herold, Einen der Kraͤnze, besprengt mit erfrischendem Nektar, herauf bringst. Fleuch der Ehre vergoldeten Saal, des schlauen Gewinstes Laͤrmenden Markt, und die Gaͤrten der Ueppigkeit, wo sie in bunter Muschelgrotte ruht, und an der geschnittenen Laubwand. Suche den einsamen Nachtigallhain, den rosenumbluͤhten Murmelnden Bach, und den See, mit Abendroͤthe bepurpert, Und im reifenden Korne den haselbeschatteten Rasen; Oder den glatten Kristall des Winterstroms, die Gebuͤsche, Bluͤhend von duftigem Reif, und in hellfrierenden Naͤchten Funkelnde Schneegefilde, von Mond und Sternen erleuchtet. Siehe da wird mein Geist dich umschweben mit lispelnder Ahndung, Dich die stille Pracht der Natur und ihre Geseze Lehren, und meiner Sprache Geheimnisse: daß in der Felskluft Freundlich erscheinend dir die Jungfrau reiche den Nektar. Furchtbar ist, o Juͤngling, die Laufbahn, welche du wandelst; Aber zittere nicht: denn siehe! dich leitet Homaͤros! Wie von der Sonne gefuͤhrt am goldenen Bande, die Erde Tanzet den wirbelnden Tanz; im Schmuck der Blumen und Fruͤchte Laͤchelt sie jezt, und singt mit tausend Stimmen; doch jezo Huͤllt sie ihr Antliz in Wolken, umheult von Orkanen, des Weltmeers Steigender Flut, und dem Feuer, das hinstroͤmt; aber sie wandelt Ruhig fort, und segnet mit Licht und Waͤrme die Voͤlker: Also wandle auch du, vom Kusse der Braut erheitert, Und dem Lallen des Sohns am Busen des laͤchelnden Weibes; Oder gehuͤllt in Schmerz, wann dir dein redlicher Vater Starb, und die einzige Schwester, die frischaufbluͤhende Rose! Dreißig Monden daure die heilige Weihe; dann steige Kuͤhn und demutsvol in die schaudrichte Hoͤhle des Felsens. Unerschreckt vom Gekraͤchze der Raben, die dich umflattern, Flehe der Priesterin Geist, empfang' in goldener Schale Ihren sprudelnden Nektar, und sprenge den Kranz, der Oduͤßeus Tugenden toͤnt; den andern gebuͤhrt ein anderer Herold. Diesen trag' in der hohen Teutonia Tempel. Der Welt nicht, Aber der Nachwelt Dank sei dir Lohn, und uͤber den Sternen Unter Palmen ein Siz zur Seite deines Homaͤros. Also sprach er. Da ward mir, als ob mein Leben in Schlummer Sanft hinfloͤße. Ein Meer von Morgenroth umrauschte Wiegend meinen Geist mit toͤnenden Harmonien. Als ich endlich gestaͤrkt der sanftumwallenden Kuͤhlung Schaudernd entstieg; da erwacht' ich; und siehe! Hain und Gefilde Gruͤnten wie vor; allein die niedergesunkene Sonne Schien mir unter den Zweigen mit roͤthlichem Schimmer ins Antliz. Freudig und ernstvoll ging ich durch thauende Rockengefilde Heim, und erreichte bald die kleine Pforte der Mauer, Wo mir Ernestine mit ausgebreiteten Armen Laͤchelnd entgegen sprang, und zuͤrnete, daß sie so lange Mir umsonst in der Laube die suͤßen Kirschen gesparet. “Aber du siehst ja so bleich, mein Lieber! Sage, was fehlt dir?„ Sprach sie, und sah mich an. Allein ich wandte des Tages Brennende Hize vor, und sagte nicht, was geschehn war. Oduͤßee. Erster Gesang . S age mir, Muse, die Thaten des vielgewanderten Mannes, vielgewanderten. Die Gruͤnde, warum ich hier und anderswo von den angenommenen Erklaͤrungen abweiche, werde ich den Kennern der griechischen Sprache an einem schicklichern Orte vorlegen. Welcher so weit geirrt, nach der heiligen Troja Zerstoͤrung, Vieler Menschen Staͤdte gesehn, und Sitte gelernt hat, Und auf dem Meere so viel' unnennbare Leiden erduldet, Seine Seele zu retten, und seiner Freunde Zuruͤckkunft. 5 Aber die Freunde rettet' er nicht, wie eifrig er strebte; Denn sie bereiteten selbst durch Missethat ihr Verderben: Thoren! welche die Kinder des hohen Sonnenbeherschers Der Sonnengott hieß bei den alten Griechen Haͤlios, und nicht Foͤbos. Schlachteten; siehe, der Gott nahm ihnen den Tag der Zuruͤckkunft. Sage hievon auch uns ein weniges, Tochter Kronions. Kronion hieß Zeus, ein Sohn des Kronos oder Saturnus. 10 Alle die andern, so viel dem verderbenden Schicksal entflohen, Waren jezo daheim, dem Krieg' entflohn und dem Meere: Ihn allein, der so herzlich zur Heimat und Gattin sich sehnte, Hielt die unsterbliche Nuͤmfe, die hehre Goͤttin Kaluͤpso, In der gewoͤlbeten Grotte, und wuͤnschte sich ihn zum Gemahle. 15 Selbst da das Jahr nun kam im kreisenden Laufe der Zeiten, Oduͤßee. Da ihm die Goͤtter bestimmt, gen Ithaka wiederzukehren; Ithaka, eine kleine Insel an der Westseite von Griechenland, wo Oduͤßeus wohnte. Die Roͤmer nennen ihn Ulyßes und Ulyxes. Hatte der Held noch nicht vollendet die muͤdende Laufbahn, Auch bei den Seinigen nicht. Es jammerte seiner die Goͤtter; Nur Poseidon zuͤrnte dem goͤttergleichen Oduͤßeus Poseidon oder Poseidaon, der Gott des Meers, bei den Roͤmern Neptunus. 20 Unablaͤßig, bevor er sein Vaterland wieder erreichte. Aithiopen, die aͤußersten Voͤlker in Asien und Afrika, wovon die Grie- chen damals nur die naͤchsten Kuͤsten, ungefaͤhr von Kolchis bis Sizilien, kannten. Dieser war jezo fern zu den Aithiopen gegangen: Aithiopen, die zwiefach getheilt sind, die aͤußersten Menschen, Gegen den Untergang der Sonnen, und gegen den Aufgang: Welche die Hekatombe der Stier' und Widder ihm brachten. 25 Alda saß er, des Mahls sich freuend. Die uͤbrigen Goͤtter Waren alle in Zeus des Oluͤmpiers Hause versammelt. Oluͤmpos, ein Berg zwischen Theßalien und Mazedonien, der Goͤt- ter Wohnsiz. Unter ihnen begann der Vater der Menschen und Goͤtter; Denn er gedachte bei sich des tadellosen Aigisthos, Aigisthos, ein Brudersohn Agamemnons, des Heerfuͤhrers vor Troja. Den Agamemnons Sohn, der beruͤhmte Orestaͤs, getoͤdtet; 30 Dessen gedacht' er jezo, und sprach zu der Goͤtter Versammlung: Welche Klagen erheben die Sterblichen wider die Goͤtter! Nur von uns, wie sie schrein, kommt alles Uebel; und dennoch Schaffen die Thoren sich selbst, dem Schicksal entgegen, ihr Elend. So nahm jezo Aigisthos, dem Schicksal entgegen, die Gattin 35 Agamemnons zum Weib', und erschlug den kehrenden Sieger, Erster Gesang. Kundig des schweren Gerichts! Wir hatten ihn lange gewarnet, Da wir ihm Hermaͤs sandten, den wachsamen Argosbesieger, Hermaͤs oder Hermeias war, einige Geschaͤfte abgerechnet, der Roͤ- mer Merkur. Seine Geschichte mit dem hundertaͤugichten Argos ist bekannt. Weder jenen zu toͤdten, noch um die Gattin zu werben. Denn von Orestaͤs wird einst das Blut Agamemnons gerochen, 40 Wann er, ein Juͤngling nun, des Vaters Erbe verlanget. So weißagte Hermeias; doch folgte dem heilsamen Rathe Nicht Aigisthos, und jezt hat er alles auf Einmal gebuͤßet. Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: Pallas Athaͤnaͤ, Minerva. Unser Vater Kronion, der herschenden Koͤnige Herscher, 45 Seiner verschuldeten Strafe ist jener Verraͤther gefallen. Moͤchte doch jeder so fallen, wer solche Thaten beginnet! Aber mich kraͤnkt in der Seele des weisen Helden Oduͤßeus Elend, welcher so lang', entfernt von den Seinen, sich abhaͤrmt, Auf der umfloßenen Insel, der Mitte des wogenden Meeres. Kaluͤpsos Insel Oguͤgia dachte man sich in dem unbekannten Meere unter Sizilien. 50 Eine Goͤttin bewohnt das waldumschattete Eiland, Atlas Tochter, des Allerforschenden, welcher des Meeres Dunkle Tiefen kennt, und selbst die ragenden Seulen Aufhebt, welche die Erde vom hohen Himmel sondern. Dessen Tochter haͤlt den aͤngstlich harrenden Dulder, 55 Immer schmeichelt sie ihm mit sanft liebkosenden Worten, Daß er des Vaterlandes vergeße. Aber Oduͤßeus Sehnt sich, auch nur den Rauch von Ithaka's heimischen Huͤgeln Steigen zu sehn, und dann zu sterben! Ist denn bei dir auch Oduͤßee. Kein Erbarmen fuͤr ihn, Oluͤmpier? Brachte Oduͤßeus 60 Nicht bey den Schiffen der Griechen in Troja's weitem Gefilde Suͤhnender Opfer genung? Warum denn zuͤrnest du so, Zeus? Ihr antwortete drauf der Wolkenversammler Kronion: Welche Rede, mein Kind, ist deinen Lippen entflohen? O wie koͤnnte doch ich des edlen Oduͤßeus vergessen? 65 Sein, des weisesten Mannes, und der die reichlichsten Opfer Uns Unsterblichen brachte, des weiten Himmels Bewohnern? Poseidaon verfolgt ihn, der Erdumguͤrter, mit heißer Unaufhoͤrlicher Rache; weil er den Kuͤklopen geblendet, Poluͤfaͤmos, den Riesen, der unter allen Kuͤklopen, 70 Stark wie ein Gott, sich erhebt. Ihn gebar die Nuͤmfe Thoosa, Forkuͤns Tochter, des Herschers im wuͤsten Reiche der Wasser, Forkuͤn, einer von den Untergoͤttern des Meers Welche Poseidon einst in daͤmmernder Grotte bezwungen. Darum trachtet den Helden der Erderschuͤttrer Poseidon, Nicht zu toͤdten, allein von der Heimat irre zu treiben. 75 Aber wir wollen uns alle zum Rath vereinen, die Heimkehr Dieses Verfolgten zu foͤrdern; und Poseidaon entsage Seinem Zorn: denn nichts vermag er doch wider uns alle, Uns unsterblichen Goͤttern allein entgegen zu kaͤmpfen! Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: 80 Unser Vater Kronion, der herschenden Koͤnige Herscher, Ist denn dieses im Rathe der seligen Goͤtter beschlossen, Daß in sein Vaterland heimkehre der weise Oduͤßeus; Auf! so laßt uns Hermeias, den ruͤstigen Argosbesieger, Senden hinab zu der Insel Oguͤgia: daß er der Nuͤmfe 85 Mit schoͤnwallenden Locken verkuͤnde den heiligen Rathschluß, Erster Gesang. Von der Wiederkehr des leidengeuͤbten Oduͤßeus. Aber ich will gen Ithaka gehn, den Sohn des Verfolgten Mehr zu entflammen, und Mut in des Juͤnglings Seele zu gießen: Daß er zu Rath berufe die hauptumlockten Achaier, Achaier, die alten Beherscher Griechenlands. 90 Und den Freiern verbiete, die stets mit uͤppiger Frechheit Seine Schafe schlachten, und sein schwerwandelndes Hornvieh; Will ihn dann senden gen Sparta, und zu der sandigen Puͤlos: Sparta, Menelaos Reich, lag an der oͤstlichen, und Puͤlos, wo Nestor herschte, an der westlichen Seite Morea's. Daß er nach Kundschaft forsche von seines Vaters Zuruͤckkunft, Und ein edler Ruf ihn unter den Sterblichen preise. 95 Also sprach sie, und band sich unter die Fuͤße die schoͤnen Goldnen ambrosischen Solen, womit sie uͤber die Wasser Und das unendliche Land im Hauche des Windes einherschwebt; Faßte die maͤchtige Lanze mit scharfer eherner Spize, Schwer und groß und stark, womit sie die Schaaren der Helden 100 Stuͤrzt, wenn im Zorn sich erhebt die Tochter des schrecklichen Vaters. Eilend fuhr sie hinab von den Gipfeln des hohen Oluͤmpos, Stand nun in Ithaka's Stadt, am Thore des Helden Oduͤßeus, Vor der Schwelle des Hofs, und hielt die eherne Lanze, Gleich dem Freunde des Hauses, dem Fuͤrsten der Tafier Mentaͤs. Tafos, eine Insel nahe bei den echinadischen, die am Ausfluß des Acheloos lagen, und jezt mit dem festen Lande verbunden sind. 105 Aber die mutigen Freier erblickte sie an des Palastes Pforte, wo sie ihr Herz mit Steineschieben ergoͤzten, Hin auf Haͤuten der Rinder gestreckt, die sie selber geschlachtet. Herold' eilten umher und fleißige Diener im Hause: Oduͤßee. Jene mischten fuͤr sie den Wein in den Kelchen mit Wasser; 110 Diese saͤuberten wieder mit lockern Schwaͤmmen die Tische, Stellten in Reihen sie hin, und theilten die Menge des Fleisches. Pallas erblickte zuerst Taͤlemachos, aͤhnlich den Goͤttern. Unter den Freiern saß er mit traurigem Herzen; denn immer Schwebte vor seinem Geiste das Bild des treflichen Vaters: 115 Ob er nicht endlich kaͤme, die Freier im Hause zerstreute, Und, mit Ehre gekroͤnt, sein Eigenthum wieder beherschte. Dem nachdenkend, saß er bei jenen, erblickte die Goͤttin, Und ging schnell nach der Pforte des Hofs, unwillig im Herzen, Daß ein Fremder so lang' an der Thuͤre harrte; empfing sie, 120 Druͤckt' ihr die rechte Hand, und nahm die eherne Lanze, Redete freundlich sie an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Freue dich, fremder Mann! Sei uns willkommen; und hast du Freue dich! war der gewoͤhnliche Gruß. Dich mit Speise gestaͤrkt, dann sage, was du begehrest. Also sprach er, und ging; ihm folgete Pallas Athaͤnaͤ. 125 Als sie jezt in den Saal des hohen Palastes gekommen; Trug er die Lanz' in das schoͤngetaͤfelte Speerbehaͤltniß, An die hohe Seule sie lehnend, an welcher noch viele Andere Lanzen stunden des leidengeuͤbten Oduͤßeus. Pallas fuͤhrt' er zum Thron, und breitet' ein Polster ihr unter, 130 Schoͤn und kuͤnstlichgewirkt; ein Schemel stuͤzte die Fuͤße. Neben ihr sezt' er sich selbst auf einen praͤchtigen Seßel, Von den Freiern entfernt: daß nicht dem Gaste die Mahlzeit Durch das wuͤste Getuͤmmel der Trozigen wuͤrde verleidet; Und er um Kundschaft ihn von seinem Vater befragte. 135 Erster Gesang. Eine Dienerin trug in der schoͤnen goldenen Kanne, Ueber dem silbernen Becken, das Wasser, bestroͤmte zum Waschen Ihnen die Haͤnd', und stellte vor sie die geglaͤttete Tafel. Und die ehrbare Schaffnerin kam, und tischte das Brot auf, Und der Gerichte viel aus ihrem gesammelten Vorrat. 140 Hierauf kam der Zerleger, und bracht' in erhobenen Schuͤßeln Allerlei Fleisch, und sezte vor sie die goldenen Becher. Und ein geschaͤftiger Herold versorgte sie reichlich mit Weine. Jezo kamen auch die mutigen Freier, und saßen All' in langen Reihen auf praͤchtigen Thronen und Seßeln. 145 Herolde goßen ihnen das Wasser uͤber die Haͤnde. Aber die Maͤgde sezten gehaͤufte Koͤrbe mit Brod auf. Juͤnglinge fuͤllten die Kelche bis oben mit dem Getraͤnke, Und sie erhoben die Haͤnde zum leckerbereiteten Mahle. Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, 150 Dachten die uͤppigen Freier auf neue Reize der Seelen, Auf Gesang und Tanz, des Mahles liebliche Zierden. Und ein Herold reichte die schoͤngebildete Harfe Faͤmios hin, der an Kunst des Gesangs vor allen beruͤhmt war, Faͤmios, der bei den Freiern gezwungen wurde zu singen. 155 Pruͤfend durchrauscht' er die Saiten, und hub den schoͤnen Gesang an. Aber Taͤlemachos neigte das Haupt zu Pallas Athaͤnaͤ, Und sprach leise zu ihr, damit es die andern nicht hoͤrten: Lieber Gastfreund, wirst du mir auch die Rede verargen? Diese koͤnnen sich wohl bei Saitenspiel' und Gesange 160 Freun, da sie ungestraft des Mannes Habe verschwelgen, Deßen weißes Gebein vielleicht schon an fernem Gestade Modert im Regen, vielleicht von den Meereswogen gewaͤlzt wird. Oduͤßee. Saͤhen sie jenen einmal zuruͤck in Ithaka kommen; Alle wuͤnschten gewiß sich lieber noch schnellere Fuͤße, 165 Als noch groͤßere Last an Gold' und praͤchtigen Kleidern. Aber es war sein Verhaͤngniß, so hinzusterben; und keine Hoffnung erfreuet uns mehr, wenn auch zuweilen ein Fremdling Sagt, er komme zuruͤck. Der Tag ist auf immer verloren! Aber verkuͤndige mir, und sage die lautere Wahrheit. 170 Wer, wes Volkes bist du? und wo ist deine Geburtstadt? Und in welcherlei Schiff kamst du? wie brachten die Schiffer Dich nach Ithaka her? was ruͤhmen sich jene vor Leute? Denn unmoͤglich bist du doch hier zu Fuße gekommen! Dann erzaͤhle mir auch aufrichtig, damit ich es wiße: 175 Bist du in Ithaka noch ein Neuling, oder ein Gastfreund Meines Vaters? Denn unser Haus besuchten von jeher Viele Maͤnner, und er mocht' auch mit Leuten wohl umgehn. Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: Dieses will ich dir alles, und nach der Wahrheit, erzaͤhlen. 180 Mentaͤs, Anchialos Sohn, des kriegserfahrenen Helden, Ruͤhm' ich mich, und behersche die ruderliebende Tafos. Jezo schifft' ich hier an; denn ich steure mit meinen Genoßen Ueber das dunkle Meer zu unverstaͤndlichen Voͤlkern, Mir in Temesa Kupfer fuͤr blinkendes Eisen zu tauschen. Temesa, eine Stadt in Unteritalien. 185 Und mein Schiff liegt ausser der Stadt am freien Gestade, In der reithrischen Bucht, an des waldichten Naͤion Fuße. Lange preisen wir, schon von den Zeiten unserer Vaͤter, Uns Gastfreunde. Du darfst nur zum alten Helden Laertaͤs Laertaͤs, Oduͤßeus Vater. Erster Gesang. Gehn und fragen; der jezt, wie man sagt, nicht mehr in die Stadt kommt, 190 Sondern in Einsamkeit auf dem Lande sein Leben vertrauret, Bloß von der Alten bedient, die ihm sein Eßen und Trinken Vorsezt, wann er einmal vom fruchtbaren Rebengefilde, Wo er den Tag hinschleicht, mit muͤden Gliedern zuruͤckwankt. Aber ich kam, weil es hieß, dein Vater waͤre nun endlich 195 Heimgekehrt; doch ihm wehren vielleicht die Goͤtter die Heimkehr. Denn noch starb er nicht auf Erden der edle Oduͤßeus; Sondern er lebt noch wo in einem umfloßenen Eiland Auf dem Meere der Welt; ihn halten grausame Maͤnner, Wilde Barbaren, die dort mit Gewalt zu bleiben ihn zwingen. 200 Aber ich will dir anizt weißagen, wie es die Goͤtter Mir in die Seele gelegt, und wie's wahrscheinlich geschehn wird; Denn kein Seher bin ich, noch Fluͤge zu deuten erleuchtet. Nicht mehr lange bleibt er von seiner heimischen Insel Ferne, nicht lange mehr, und hielten ihn eiserne Bande; 205 Sinnen wird er auf Flucht, und reich ist sein Geist an Erfindung. Aber verkuͤndige mir, und sage die lautere Wahrheit. Bist du mit dieser Gestalt ein leiblicher Sohn von Oduͤßeus? Wundergleich bist du ihm, an Haupt und Glanze der Augen! Denn oft haben wir so uns zu einander gesellet, 210 Eh er gen Troja fuhr mit den uͤbrigen Helden Achaia's. Seitdem hab' ich Oduͤßeus, und jener mich nicht gesehen. Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Dieses will ich dir, Freund, und nach der Wahrheit, erzaͤhlen. Meine Mutter die sagt es, er sei mein Vater; ich selber 215 Weiß es nicht: denn von selbst weiß niemand, wer ihn gezeuget. B Oduͤßee. Waͤr' ich doch lieber der Sohn von einem gluͤcklichen Manne, Den bei seiner Habe das ruhige Alter beschliche! Aber der Ungluͤckseligste aller sterblichen Menschen Ist, wie man sagt, mein Vater; weil du mich darum befragest. 220 Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: Nun so werden die Goͤtter doch nicht den Namen des Hauses Tilgen, da solchen Sohn ihm Paͤnelopeia geboren. Paͤnelopeia, Oduͤßeus Gemahlin. Aber verkuͤndige mir, und sage die lautere Wahrheit. Was vor ein Schmaus ist hier, und Gesellschaft? Giebst du ein Gastmahl, 225 Oder ein Hochzeitfest? Denn keinem Gelag' ist es aͤhnlich! Dafuͤr scheinen die Gaͤste mit zu unbaͤndiger Frechheit Mir in dem Saale zu schwaͤrmen. Ereifern muͤßte die Seele Jedes vernuͤnftigen Manns, der solche Graͤuel mit ansaͤh! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: 230 Fremdling, weil du mich fragst, und so genau dich erkundest; Ehmals konnte dies Haus vielleicht beguͤtert und glaͤnzend Heißen, da jener noch im Vaterlande verweilte: Aber nun haben es anders die grausamen Goͤtter entschieden, Welche den herlichen Mann vor allen Menschen verdunkelt! 235 Ach! ich trauerte selbst um den Tod des Vaters nicht so sehr, Waͤr' er mit seinen Genoßen im Lande der Troer gefallen, Oder den Freunden im Arme, nachdem er den Krieg vollendet. Denn ein Denkmal haͤtt' ihm das Volk der Achaier errichtet, Und so waͤre zugleich sein Sohn bei den Enkeln verherlicht. 240 Aber er ward unruͤhmlich ein Raub der wilden Harpuͤen; Harpuͤen hießen die Stuͤrme, die man sich als gefluͤgelte raͤubrische Goͤttinnen vorstellte. Erster Gesang. Weder gesehn, noch gehoͤrt, verschwand er, und ließ mir zum Erbtheil Jammer und Weh! Doch jezo bewein' ich nicht jenen allein mehr; Ach! es bereiteten mir die Goͤtter noch andere Leiden. Alle Fuͤrsten, so viel in diesen Inseln gebieten, 245 In Dulichion, Samaͤ, der waldbewachsnen Zakuͤnthos, Samaͤ, jezt Cefalogna; Zakuͤnthos, Zante; Ithaka, Theaki. Diese Inseln gehoͤrten nebst der Halbinsel Naͤrikos, oder der jezigen Insel St. Maura, zu Oduͤßeus Reiche. Dulichion hatte mit den uͤbrigen echinadischen Inseln einen besondern Koͤnig. Und so viele hier in der felsichten Ithaka herschen: Alle werben um meine Mutter, und zehren das Gut auf. Aber die Mutter kann die aufgedrungne Vermaͤhlung Nicht ausschlagen, und nicht vollziehn. Nun verpraßen die Schwelger 250 All mein Gut, und werden in kurzem mich selber zerreißen! Und mit zuͤrnendem Schmerz antwortete Pallas Athaͤnaͤ: Goͤtter, wie sehr bedarfst du des langabwesenden Vaters, Daß sein furchtbarer Arm die schamlosen Freier bestrafe! Wenn er doch jezo kaͤm', und vorn in der Pforte des Saales 255 Stuͤnde, mit Helm und Schild und zwoen Lanzen bewaffnet; So an Gestalt, wie ich ihn zum erstenmale gesehen, Da er aus Efuͤra kehrend von Ilos, Mermeros Sohne, Efuͤra, hier das korinthische. Sich in unserer Burg beim gastlichen Becher erquickte! Denn dorthin war Oduͤßeus im schnellen Schiffe gesegelt, 260 Menschentoͤdtende Saͤfte zu holen, damit er die Spize Seiner gefiederten Pfeile vergiftete. Aber sie gab ihm Ilos nicht, denn er scheute den Zorn der unsterblichen Goͤtter; Aber mein Vater gab ihm das Gift, weil er herzlich ihn liebte: Oduͤßee. Wenn doch in jener Gestalt Oduͤßeus den Freiern erschiene! 265 Bald waͤr' ihr Leben gekuͤrzt, und ihnen die Heirat verbittert! Aber dieses ruhet im Schooße der seligen Goͤtter, Ob er zur Heimat kehrt, und einst in diesem Palaste Rache vergilt, oder nicht. Dir aber gebiet' ich, zu trachten, Daß du der Freier Schaar aus deinem Hause vertreibest. 270 Lieber, wohlan! merk auf, und nim die Rede zu Herzen. Fodere morgen zu Rath die Edelsten aller Achaier, Rede vor der Versammlung, und rufe die Goͤtter zu Zeugen. Allen Freiern gebeut, zu dem Ihrigen sich zu zerstreuen; Und der Mutter: verlangt ihr Herz die zwote Vermaͤhlung, 275 Kehre sie heim in das Haus des wohlbeguͤterten Vaters. Paͤnelopeiens Vater Ikarios war Fuͤrst eines Theils von Akarnanien. Dort bereite man ihr die Hochzeit, und state sie reichlich Ihrem Braͤutigam aus, wie lieben Toͤchtern gebuͤhret. Fuͤr dich selbst ist dieses mein Rath, wofern du gehorchest. Ruͤste das treflichste Schiff mit zwanzig Gefaͤhrten, und eile, 280 Kundschaft dir zu erforschen vom langabwesenden Vater; Ob dirs einer verkuͤnde der Sterblichen, oder du Oßa, Oßa, ungefaͤhr die Fama der Lateiner. Zeus Gesandte, vernehmest, die viele Geruͤchte verbreitet. Erstlich fahre gen Puͤlos, und frage den goͤttlichen Nestor, Dann gen Sparta, zur Burg Menelaos des braͤunlichgelockten, 285 Welcher zulezt heim kam von den erzgepanzerten Griechen. Hoͤrst du, er lebe noch, dein Vater, und kehre zur Heimat; Dann, wie bedraͤngt du auch seist, erduld' es noch ein Jahr lang. Hoͤrst du, er sei gestorben, und nicht mehr unter den Menschen; Erster Gesang. Siehe dann kehre wieder zur lieben heimischen Insel, 290 Haͤufe dem Vater ein Mal, und opfere Todtengeschenke Reichlich, wie sichs gebuͤhrt, und gieb einem Manne die Mutter. Aber hast du dieses gethan und alles vollendet, Siehe dann denk' umher, und uͤberlege mit Klugheit, Wie du die uͤppige Schaar der Freier in deinem Palaste 295 Toͤdtest, mit heimlicher List, oder oͤffentlich! Fuͤrder geziemen Kinderwerke dir nicht, du bist dem Getaͤndel entwachsen. Hast du nimmer gehoͤrt, welch ein Ruhm den edlen Orestaͤs Unter den Sterblichen preist, seitdem er den Meuchler Aigistos Umgebracht, der ihm den herlichen Vater ermordet? 300 Auch du, Lieber, denn groß und statlich bist du von Ansehn, Halte dich wohl, daß einst die spaͤtesten Enkel dich loben! Ich will jezo wieder zum schnellen Schiffe hinabgehn, Und den Gefaͤhrten, die mich, vielleicht unwillig, erwarten. Sorge nun selber fuͤr dich, und nim die Rede zu Herzen. 305 Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Freund, du redest gewiß mit voller herzlicher Liebe, Wie ein Vater zum Sohn, und nimmer werd' ichs vergeßen. Aber verweile bei uns noch ein wenig, wie sehr du auch eilest; Lieber, bade zuvor, und gieb dem Herzen Erfrischung: 310 Daß du mit froherem Mut heimkehrest, und zu dem Schiffe Bringest ein Ehrengeschenk, ein schoͤnes koͤstliches Kleinod Zum Andenken von mir, wie Freunde Freunden verehren. Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: Halte nicht laͤnger mich auf; denn dringend sind meine Geschaͤfte. 315 Dein Geschenk, das du mir im Herzen bestimmest, das gieb mir, Oduͤßee. Wann ich wiederkomme, damit ich zur Heimat es bringe; Und empfange dagegen von mir ein wuͤrdiges Kleinod. Also redete Zeus blauaͤugichte Tochter, und eilend Flog wie ein Vogel sie durch den Kamien. Dem Juͤnglinge goß sie 320 Kraft und Mut in die Brust, und fachte des Vaters Gedaͤchtniß Heller noch an, wie zuvor. Er empfand es im innersten Herzen, Und erstaunte darob; ihm ahndete, daß es ein Gott war. Jezo ging er zuruͤck zu den Freiern, der goͤttliche Juͤngling. Vor den Freiern sang der beruͤhmte Saͤnger; und schweigend 325 Saßen sie all', und horchten. Er sang die traurige Heimfahrt, Welche Pallas Athaͤnaͤ den Griechen von Troja beschieden. Und im oberen Stock vernahm die himmlischen Toͤne Auch Ikarios Tochter, die kluge Paͤnelopeia. Eilend stieg sie hinab die hohen Stufen der Wohnung, 330 Nicht allein; sie wurde von zwo Jungfrauen begleitet. Als das goͤttliche Weib die Freier jezo erreichte, Stand sie still an der Schwelle des schoͤnen gewoͤlbeten Saales; Ihre Wangen umwallte der feine Schleier des Hauptes, Und an jeglichem Arm stand eine der statlichen Jungfraun. 335 Thraͤnend wandte sie sich zum goͤttlichen Saͤnger, und sagte: Faͤmios, du weißt ja noch sonst viel reizende Lieder, Thaten der Menschen und Goͤtter, die unter den Saͤngern beruͤhmt sind; Singe denn davon eins vor diesen Maͤnnern, und schweigend Trinke jeder den Wein. Allein mit jenem Gesange 340 Quaͤle mich nicht, der stets mein armes Herz mir durchboret. Denn mich traf ja vor allen der unaussprechlichste Jammer! Ach den beßten Gemahl bewein' ich, und denke bestaͤndig Erster Gesang. Jenes Mannes, der weit durch Hellas und Argos beruͤhmt ist! Hellas, eine Stadt in Theßalien, hier das ganze noͤrdliche Grie- chenland; Argos, eine Stadt im Peloponnes, hier die ganze Halbinsel. Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: 345 Meine Mutter, warum verargst du dem lieblichen Saͤnger, Daß er mit Liedern uns reizt, wie sie dem Herzen entstroͤmen? Nicht die Saͤnger sind des zu beschuldigen, sondern allein Zeus, Welcher die Meister der Kunst nach seinem Gefallen begeistert. Zuͤrne denn nicht, weil dieser die Leiden der Danaer singet; 350 Denn der neuste Gesang erhaͤlt vor allen Gesaͤngen Immer das lauteste Lob der aufmerksamen Versammlung: Sondern staͤrke vielmehr auch deine Seele, zu hoͤren. Nicht Oduͤßeus allein verlor den Tag der Zuruͤckkunft Unter den Troern; es sanken mit ihm viel andere Maͤnner. 355 Aber gehe nun heim, besorge deine Geschaͤfte, Spindel und Webestuhl, und treib an beschiedener Arbeit Deine Maͤgde zum Fleiß! Die Rede gebuͤhret den Maͤnnern, Und vor allen mir; denn mein ist die Herschaft im Hause! Staunend kehrte die Mutter zuruͤck in ihre Gemaͤcher, 360 Und erwog im Herzen die kluge Rede des Sohnes. Als sie nun oben kam mit den Jungfraun, weinte sie wieder Ihren trauten Gemahl Oduͤßeus; bis ihr Athaͤnaͤ Sanft mit suͤßem Schlummer die Augenlieder bethaute. Aber nun laͤrmten die Freier umher in dem schattichten Saale, 365 Denn sie wuͤnschten sich alle, mit ihr das Bette zu theilen. Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sprach zur Versammlung: Freier meiner Mutter, voll uͤbermuͤtiges Trozes, Oduͤßee. Freut euch jezo des Mahls, und erhebt kein wuͤstes Getuͤmmel! Denn es fuͤllt ja mit Wonne das Herz, dem Gesange zu horchen, 370 Wann ein Saͤnger, wie dieser, die Toͤne der Himmlischen nachahmt! Morgen wollen wir uns zu den Sizen des Marktes versammeln; Daß ich euch allen dort freimuͤtig und oͤffentlich rathe, Mir aus dem Hause zu gehn! Sucht kuͤnftig andere Maͤhler; Zehret von euren Guͤtern, und laßt die Bewirtungen umgehn. 375 Aber wenn ihr es so bequemer und lieblicher findet, Eines Mannes Hab', ohn alle Vergeltung, zu freßen; Schlingt sie hinab! Ich werde die ewigen Goͤtter anflehn, Ob euch nicht endlich einmal Zeus eure Thaten bezahle, Daß ihr in unserm Haus' auch ohne Vergeltung dahinstuͤrzt! 380 Also sprach er; da bißen sie ringsumher sich die Lippen, Ueber den Juͤngling erstaunt, der so entschloßen geredet. Aber Eupeithaͤs Sohn Antinoos gab ihm zur Antwort: Ei! dich lehren gewiß, Taͤlemachos, selber die Goͤtter, Vor der Versammlung so hoch und so entschloßen zu reden! 385 Daß Kronion dir ja die Herschaft unseres Eilands Nicht vertraue, die dir von deinem Vater gebuͤhret! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: O Antinoos, wirst du mir auch die Rede verargen? Gerne naͤhm' ich sie an, wenn Zeus sie schenkte, die Herschaft! 390 Oder meinst du, es sei das Schlechteste unter den Menschen? Wahrlich, es ist nichts Schlechtes, zu herschen; des Koͤniges Haus wird Schnell mit Schaͤzen erfuͤllt, er selber hoͤher geachtet! Aber es wohnen ja sonst genung achaiische Fuͤrsten In dem umfluteten Reiche von Ithaka, Juͤngling' und Greise; 395 Nehm' es einer von diesen, wofern Oduͤßeus gestorben! Erster Gesang. Doch behalt' ich fuͤr mich die Herschaft unseres Hauses, Und der Knechte, die mir der edle Oduͤßeus erbeutet! Aber Poluͤbos Sohn Euruͤmachos sagte dagegen: Dies, Taͤlemachos, ruht im Schooße der seligen Goͤtter, 400 Wer das umflutete Reich von Ithaka kuͤnftig beherschet; Aber die Herschaft im Haus' und dein Eigenthum bleiben dir sicher! Komme nur keiner, und raube dir je mit gewaltsamen Haͤnden Deine Habe, so lange noch Maͤnner in Ithaka wohnen! Aber ich moͤchte dich wohl um den Gast befragen, mein Beßter. 405 Sage, woher ist der Mann? und welches Landes Bewohner Ruͤhmt er sich? Wo ist sein Geschlecht und vaͤterlich Erbe? Bracht' er dir etwa Botschaft von deines Vaters Zuruͤckkunft? Oder kam er hieher in seinen eignen Geschaͤften? Warum eilt' er so ploͤzlich hinweg, und scheute so sichtbar 410 Unsre Bekanntschaft? Gewiß, unedel war seine Gestalt nicht! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Hin, Euruͤmachos, ist auf immer des Vaters Zuruͤckkunft! Darum trau' ich nicht mehr Botschaften, woher sie auch kommen, Kuͤmmre mich nie um Deutungen mehr, wen auch immer die Mutter 415 Zu sich ins Haus berufe, um unser Verhaͤngniß zu forschen! Dies war ein tasischer Mann, mein angeborener Gastfreund. Mentaͤs, Anchialos Sohn, des kriegserfahrenen Helden, Ruͤhmt er sich, und beherscht die ruderliebende Tafos. Also sprach er; im Herzen erkannt' er die heilige Goͤttin. 420 Und sie wandten sich wieder zum Tanz und frohen Gesange, Und belustigten sich, bis ihnen der Abend herabsank. Als den Lustigen nun der dunkle Abend herabsank; Gingen sie alle heim, der suͤßen Ruhe zu pflegen. Oduͤßee. Erster Gesang. Aber Taͤlemachos ging zu seinem hohen Gemache, 425 Auf dem praͤchtigen Hof', in weitumschauender Gegend: Dorthin ging er zur Ruh mit tiefbekuͤmmerter Seele. Vor ihm ging mit brennenden Fackeln die tuͤchtige Alte Euruͤkleia, die Tochter Ops, des Sohnes Peisaͤnors, Welche vordem Laertaͤs mit seinem Gute gekaufet, 430 In jungfraͤulicher Bluͤte, fuͤr zwanzig Rinder: er ehrte Sie im hohen Palast, gleich seiner edlen Gemahlin, Aber beruͤhrte sie nie, aus Furcht vor dem Zorne der Gattin. Diese begleitete ihn mit brennenden Fackeln; sie hatt' ihn Unter den Maͤgden am liebsten, und pflegt' ihn, als er ein Kind war. 435 Und er oͤffnete jezt die Thuͤre des schoͤnen Gemaches, Sezte sich auf sein Lager, und zog das weiche Gewand aus, Warf es dann in die Haͤnde der wohlbedaͤchtigen Alten. Diese fuͤgte den Rock geschickt in Falten, und haͤngt' ihn An den hoͤlzernen Nagel zur Seite des zierlichen Bettes, 440 Ging aus der Kammer, und zog mit dem silbernen Ringe die Thuͤre Hinter sich an, und schob den Riegel vor mit dem Riemen. Also lag er die Nacht, mit seiner Wolle bedecket, Und umdachte die Reise, die ihm Athaͤnaͤ gerathen. Oduͤßee . Zweiter Gesang . A ls die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Sprang er vom Lager empor der geliebte Sohn von Oduͤßeus, Legte die Kleider an, und haͤngte das Schwert um die Schulter, Band die schoͤnen Solen sich unter die zierlichen Fuͤße, Trat aus der Kammer hervor, geschmuͤckt mit goͤttlicher Hoheit, 5 Und gebot den Herolden, schnell mit toͤnender Stimme Zur Versammlung zu rufen die hauptumlockten Achaier. Toͤnend riefen sie aus, und flugs war alles versammelt. Als die Versammelten jezt in geschloßener Reihe sich draͤngten, Ging er unter das Volk, in der Hand die eherne Lanze, 10 Nicht allein, ihn begleiteten zween schnellfuͤßige Hunde. Siehe mit himmlischer Anmut umstralt' ihn Pallas Athaͤnaͤ, Daß die Voͤlker alle dem kommenden Juͤnglinge staunten. Und er saß auf des Vaters Stuhl, ihm wichen die Greise. Jetzo begann der Held Aiguͤptios vor der Versammlung, 15 Dieser gebuͤckte Greis voll tausendfacher Erfahrung. Deßen geliebter Sohn war samt dem edlen Oduͤßeus Gegen die Reisigen Troja's im hohlen Schiffe gesegelt, Antifos, tapfer und kuͤhn; den hatte der arge Kuͤklope In der Hoͤhle zerfleischt, und zum lezten Schmause bereitet. 20 Oduͤßee. Noch drei andere hatt' er: der eine, Euruͤnomos, lebte Unter den Freiern, und zween besorgten des Vaters Geschaͤfte; Dennoch bejammert' er stets des verlorenen Sohnes Gedaͤchtniß. Thraͤnend begann der Greis, und redete vor der Versammlung: Hoͤret mich jezt, ihr Maͤnner von Ithaka, was ich euch sage! 25 Keine Versammlung ward und keine Sizung gehalten, Seit der edle Oduͤßeus die Schiffe gen Troja gefuͤhrt hat. Wer hat uns denn heute versammelt? Welcher der Alten Oder der Juͤnglinge hier? Und welche Sache bewog ihn? Hoͤret' er etwa Botschaft von einem nahenden Kriegsheer, 30 Daß er uns allen verkuͤnde, was er am ersten vernommen? Oder weiß er ein Andres zum Wohl des Landes zu rathen? Bieder scheinet er mir und segenswuͤrdig! Ihm laße Zeus das Gute gedeihn, so er im Herzen gedenket! Sprachs'; und Taͤlemachos, froh der heilweißagenden Worte, 35 Saß nicht laͤnger; er trat, mit heißer Begierde zu reden, In die Mitte des Volks. Den Zepter reichte Peisaͤnor Ihm in die Hand, der Herold, mit weisem Rathe begabet. Und er wandte zuerst sich gegen den Alten, und sagte: Edler Greis, nicht fern ist der Mann, gleich sollst du ihn kennen: 40 Ich versammelte euch; mich druͤckt am meisten der Kummer! Keine Botschaft hoͤrt' ich von einem nahenden Kriegsheer, Daß ich euch allen verkuͤnde, was ich am ersten vernommen; Auch nichts anderes weiß ich zum Wohl des Landes zu rathen: Sondern ich rede von mir, von meines eigenen Hauses 45 Zwiefacher Noth. Zuerst verlor ich den guten Vater, Euren Koͤnig, der euch mit Vaterliebe beherschte. Und nun leid' ich noch mehr: mein ganzes Haus ist vielleicht bald Zweiter Gesang. Tief ins Verderben gestuͤrzt, und all mein Vermoͤgen zertruͤmmert! Meine Mutter umdraͤngen mit ungestuͤmer Bewerbung 50 Freier, geliebte Soͤhne der Edelsten unseres Volkes. Diese scheuen sich nun, zu Ikarios Hause zu wandeln, Ihres Vaters, daß Er mit reichem Schaze die Tochter Gaͤbe, welchem er wollte, und wer ihm vor allen gefiele; Sondern sie schalten von Tage zu Tag' in unserm Palaste, 55 Schlachten unsere Rinder und Schaf' und gemaͤsteten Ziegen Fuͤr den uͤppigen Schmaus, und schwelgen im funkelnden Weine Ohne Scheu; und alles wird leer; denn es fehlt uns ein solcher Mann, wie Oduͤßeus war, die Plage vom Hause zu wenden! Wir vermoͤgen sie nicht zu wenden, und ach auf immer 60 Werden wir huͤlflos sein, und niemals Tapferkeit uͤben! Wahrlich ich wendete sie, wenn ich nur Staͤrke besaͤße! Ganz unertraͤglich begegnet man mir, ganz wider die Ordnung Wird mir mein Haus zerruͤttet! Erkennt doch selber das Unrecht, Oder scheuet euch doch vor andern benachbarten Voͤlkern, 65 Welche rings uns umwohnen, und bebt vor der Rache der Goͤtter, Daß sie euch nicht im Zorne die Uebelthaten vergelten! Freunde, ich fleh euch bei Zeus, dem Gott des Oluͤmpos, und Themis, Themis, die Goͤttin der Gerechtigkeit, waltete anfangs uͤber alle oͤf- fentlichen Geschaͤfte. Welche die Menschen zum Rath versammelt, und wieder zerstreuet: Haltet ein, und begnuͤgt euch, daß mich der traurigste Kummer 70 Quaͤlt! Hat etwa je mein guter Vater Oduͤßeus Euch vorsaͤzlich beleidigt, ihr schoͤngeharnischten Griecheu, Daß ihr mich zum Vergelt vorsezlich wieder beleidigt; Oduͤßee. Warum reizet ihr diese? Mir waͤre besser gerathen, Wenn ihr selber mein Gut und meine Heerden hinabschlaͤngt! 75 Thaͤtet ihrs, so waͤre noch einst Erstatung zu hoffen! Denn wir wuͤrden so lange die Stadt durchwandern, so flehend Wiederfodern das Unsre, bis alles waͤre verguͤtet! Aber nun haͤuft ihr mir unheilbaren Schmerz auf die Seele! Also sprach er im Zorn, und warf den Zepter zur Erde, 80 Thraͤnenvergießend, und ruͤhrte die ganze Versammlung zum Mitleid. Schweigend saßen sie all' umher, und keiner im Volke Wagte Taͤlemachos Rede mit Drohn entgegen zu wuͤten. Aber Eupeithàs Sohn Antinoos gab ihm zur Antwort: Juͤngling von troziger Red' und verwegenem Mute, was sprachst du 85 Da vor Laͤsterung aus? Du machtest uns gerne zum Abscheu! Aber es haben die Freier an dir des keines verschuldet; Deine Mutter ist schuld, die Listigste unter den Weibern! Denn drei Jahre sind schon verflossen, und bald auch das vierte, Seit sie mit eitlem Wahne die edlen Achaier verspottet! 90 Allen verheißt sie Gunst, und sendet jedem besonders Schmeichelnde Botschaft; allein im Herzen denket sie anders! Unter anderen Listen ersann sie endlich auch diese: Truͤglich zettelte sie in ihrer Kammer ein feines Uebergroßes Geweb', und sprach zu unsrer Versammlung: 95 Juͤnglinge, die ihr mich liebt, nach dem Tode des edlen Oduͤßeus, Dringt auf meine Vermaͤhlung nicht eher, bis ich den Mantel Fertig gewirkt, (damit nicht umsonst das Garn mir verderbe!) Welcher dem Helden Laertaͤs zum Leichengewande bestimmt ist, Wann ihn die finstre Stunde mit Todesschlummer umschattet: 100 Daß nicht irgend im Lande mich eine Achaierin tadle, Zweiter Gesang. Laͤg' er uneingekleidet, der einst so vieles beherschte! Also sprach sie mit List, und bewegte die Herzen der Edlen, Und nun webete sie des Tages am großen Gewebe; Aber des Nachs, dann trennte sies auf, beim Scheine der Fackeln. 105 Also teuschte sie uns drei Jahr, und betrog die Achaier. Als nun das vierte Jahr im Geleite der Horen herankam Horen, die Goͤttinnen der Jahrszeiten. Und mit dem wechselnden Mond viel Tage waren verschwunden; Da verkuͤndet' uns eine der Weiber das schlaue Geheimniß, Und wir fanden sie selbst bey der Trennung des schoͤnen Gewebes. 110 Also mußte sies nun, auch wider Willen, vollenden. Siehe nun deuten die Freier dir an, damit du es selber Wißest in deinem Herzen, und alle Achaier es wissen! Sende die Mutter hinweg, und gebeut ihr, daß sie zum Manne Nehme, wer ihr gefaͤllt, und wen der Vater ihr waͤhlet. 115 Aber denkt sie noch lange zu hoͤhnen die edlen Achaier, Und sich der Gaben zu freun, die ihr Athaͤnaͤ verliehn hat, Wundervolle Gewande mit klugem Geiste zu wirken, Und der erfindsamen List, die selbst in Jahren der Vorwelt Keine von Griechenlands schoͤnlockigen Toͤchtern gekannt hat, 120 Tuͤro nicht, noch Alkmaͤnaͤ, und nicht die schoͤne Muͤkaͤnaͤ; (Keine von allen war der erfindsamen Paͤnelopeia Gleich an Verstand!) so soll ihr doch diese Erfindung nicht gluͤcken! Denn wir schmausen so lange von deinen Heerden und Guͤtern, Als sie in diesem Sinne beharrt, den jezo die Goͤtter 125 Ihr in die Seele gegeben! Sich selber bringet sie freilich Großen Ruhm, dir aber Verlust an großem Vermoͤgen! Oduͤßee. Eher weichen wir nicht zu den Unsrigen oder zu andern, Ehe sie aus den Achaiern sich einen Braͤutigam waͤhlet! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: 130 Ganz unmoͤglich ist mirs, Antinoos, die zu verstoßen, Die mich gebahr und erzog; mein Vater leb' in der Fremde, Oder sei todt! Schwer wuͤrde mir auch des Gutes Erstatung An Ikarios sein, verstieß' ich selber die Mutter. Denn hart wuͤrde gewiß ihr Vater mich druͤcken, und haͤrter 135 Noch die goͤttliche Rache, wenn von uns scheidend die Mutter Mich den grausen Erinnen verfluchte! dann waͤr' ich ein Abscheu Erinnen, Furien. Aller Menschen! — O nein! ich kann ihr das nicht gebieten! Haltet ihr euch dadurch in eurem Herzen beleidigt, Nun so geht aus dem Haus', und sucht euch andere Maͤhler! 140 Zehret von eurem Gut, und laßt die Bewirtungen umgehn! Aber wenn ihr es so bequemer und lieblicher findet, Eines Mannes Hab' ohn alle Vergeltung zu freßen; Schlingt sie hinab! Ich werde die ewigen Goͤtter anflehn, Ob euch nicht endlich einmal Zeus eure Thaten bezahle, 145 Daß ihr in unserm Haus' auch ohne Vergeltung dahinstuͤrzt! Also sprach er, da sandte der Gott weithallender Donner Ihm zween Adler herab vom hohen Gipfel des Berges. Anfangs schwebten sie sanft einher im Hauche des Windes, Einer nahe dem andern, mit ausgebreiteten Schwingen; 150 Jezo uͤber der Mitte der stimmenvollen Versammlung, Flogen sie wirbelnd herum, und schlugen stark mit den Schwingen, Schauten auf aller Scheitel herab, und drohten Verderben, Und zerkrazten sich selbst mit den Klauen die Wangen und Haͤlse, Zweiter Gesang. Und sie wandten sich rechts, und stuͤrmten uͤber die Stadt hin. 155 Alle staunten dem Zeichen, das ihre Augen gesehen, Und erwogen im Herzen das vorbedeutete Schicksal. Unter ihnen begann der graue Held Halithersaͤs, Mastors Sohn, beruͤhmt vor allen Genoßen des Alters, Voͤgelfluͤge zu deuten, und kuͤnftige Dinge zu reden; 160 Dieser erhub im Volk die Stimme der Weisheit, und sagte: Hoͤret mich jezt, ihr Maͤnner von Ithaka, was ich euch sage! Aber vor allen gilt die Freier meine Verkuͤndung! Ihre Haͤupter umschwebt ein schreckenvolles Verhaͤngniß! Denn nicht lange mehr weilet Oduͤßeus fern von den Seinen; 165 Sondern er nahet sich schon, und bereitet Tod und Verderben Diesen allen; auch droht noch vielen andern das Ungluͤck, Uns Bewohnern der Huͤgel von Ithaka! Laßt uns denn jezo Ueberlegen, wie wir sie maͤßigen; oder sie selber Maͤßigen sich, und gleich! zu ihrer eigenen Wohlfahrt! 170 Euch weißaget kein Neuling, ich red' aus alter Erfahrung! Wahrlich das alles geht in Erfuͤllung, was ich ihm damals Deutete, als die Argeier in hohlen Schiffen gen Troja Argeier hießen die Griechen, von Argos, einem maͤchtigem Reiche im Peloponnes. Fuhren, mit ihnen zugleich der erfindungsreiche Oduͤßeus: Nach unendlicher Truͤbsal, entbloͤßt von allen Gefaͤhrten, 175 Allen Seinigen fremd, wuͤrd' er im zwanzigsten Jahre Wieder zur Heimat kehren. Das wird nun alles erfuͤllet! Aber Poluͤbos Sohn Euruͤmachos sagte dagegen: Hurtig zu Hause mit dir, o Greis, und deute das Schicksal C Oduͤßee. Deinen Soͤhnen daheim, daß ihnen kein Uebel begegne! 180 Dieses versteh ich selber, und beßer als du, zu deuten! Freilich schweben der Voͤgel genung in den Stralen der Sonne, Aber nicht alle verkuͤnden ein Schicksal! Wahrlich Oduͤßeus Starb in der Fern'! O waͤrest auch du mit ihm ins Verderben Hingefahren! Dann schwaztest du hier nicht so viel von der Zukunft, 185 Suchtest nicht Taͤlemachos Groll noch mehr zu erbittern, Harrend, ob er vielleicht dein Haus mit Geschenken bereichre! Aber ich sage dir an, und das wird wahrlich erfuͤllet! Wo du den Juͤngling dort, kraft deiner alten Erfahrung, Durch dein schlaues Geschwaͤz aufwiegelst, sich wild zu gebehrden; 190 Dann wird er selber zuerst noch tiefer sinken in Drangsal, Und im geringsten nichts vor diesen Maͤnnern vermoͤgen. Und du sollst es, o Greis, mit schwerer kraͤnkender Buße Uns entgelten, damit du es tief in der Seele bereuest! Aber Taͤlemachos hoͤre statt aller nun meinen Rath an: 195 Zwing' er die Mutter zum Hause des Vaters wiederzukehren! Dort bereite man ihr die Hochzeit, und state sie reichlich Ihrem Braͤutigam aus, wie lieben Toͤchtern gebuͤhret! Eher werden gewiß der Achaier Soͤhne nicht abstehn, Paͤnelopeia zu draͤngen; denn siehe! wir zittern vor Niemand, 200 Selbst vor Taͤlemachos nicht, und waͤr' er auch noch so gespraͤchig! Achten auch der Deutungen nicht, die du eben, o Alter, So in den Wind hinschwaztest! Du wirst uns nur immer verhaßter! Unser schwelgende Schmaus soll wieder beginnen, und niemals Ordnung im Hause bestehn, bis jene sich den Achaiern 205 Wegen der Hochzeit erklaͤrt; wir wollen in steter Erwartung, Kuͤnftig wie vor, um den Preis wetteifern, und nimmer zu andern Zweiter Gesang. Weibern gehn, um die jedwedem zu werben erlaubt ist! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Hoͤr, Euruͤmachos, hoͤrt ihr andern glaͤnzenden Freier! 210 Hierum werd ich vor euch nicht weiter flehen noch reden; Denn das wißen ja schon die Goͤtter und alle Achaier. Aber gebt mir ein ruͤstiges Schiff und zwanzig Gefaͤhrten, Welche mit mir die Pfade des weiten Meeres durchsegeln. Denn ich gehe gen Sparta und zu der sandigen Puͤlos, 215 Um nach Kunde zu forschen vom langabwesenden Vater; Ob mirs einer verkuͤnde der Sterblichen, oder ich Oßa, Zeus Gesandte, vernehme, die viele Geruͤchte verbreitet. Hoͤr' ich, er lebe noch, mein Vater, und kehre zur Heimat; Dann, wie bedraͤngt ich auch sei, erduld' ichs noch ein Jahr lang. 220 Hoͤr' ich, er sei gestorben, und nicht mehr unter den Menschen; Siehe, dann kehr' ich wieder zur lieben heimischen Insel, Haͤufe dem Vater ein Mal, und opfere Todtengeschenke Reichlich, wie sichs gebuͤhrt, und geb' einem Manne die Mutter. Also sprach der Juͤngling, und sezte sich. Jezo erhub sich 225 Mentor, ein alter Freund des tadellosen Oduͤßeus, Dem er, von Ithaka schiffend, des Hauses Sorge vertrauet, Daß er dem Greise gehorcht', und alles in Ordnung erhielte. Dem Greise, Laertaͤs. Dieser erhub im Volk die Stimme der Weisheit, und sagte: Hoͤret mich jezt, ihr Maͤnner von Ithaka, was ich euch sage! 230 Kuͤnftig befleiße sich keiner der zepterfuͤhrenden Herscher, Huldreich, mild und gnaͤdig zu sein, und die Rechte zu schuͤzen; Sondern er wuͤte nur stets, und frevle mit grausamer Seele! Oduͤßee. Niemand erinnert sich ja des goͤttergleichen Oduͤßeus Von den Voͤlkern, die er mit Vaterliebe beherschte! 235 Aber ich eifere jezt nicht gegen die trozigen Freier, Die so gewaltsame Thaten mit tuͤckischer Seele beginnen; Denn sie weihen ihr Haupt dem Verderben, da sie Oduͤßeus Habe wie Raͤuber verprassen, und waͤhnen, er kehre nicht wieder. Jezo schelt' ich das uͤbrige Volk, daß ihr alle so gaͤnzlich 240 Stumm dasizt, und auch nicht mit Einem strafenden Worte Diese Freier, die wenigen, zaͤhmt, da euer so viel sind! Aber Euaͤnors Sohn Leiokritos sagte dagegen: Mentor, du Schadenstifter von thoͤrichtem Herzen, was sprachst du Da vor Laͤsterung aus, und befahlst, uns Freier zu zaͤhmen? 245 Schwer, auch mehreren, ist der Kampf mit schmausenden Maͤnnern! Wenn auch selbst Oduͤßeus, der Held von Ithaka, kaͤme, Und die glaͤnzenden Freier, die seine Guͤter verschmausen, Aus dem Palaste zu treiben gedaͤchte; so wuͤrde sich dennoch Seine Gemahlin nicht, wie sehr sie auch schmachtet, der Ankunft 250 Freun! Ihn traͤfe gewiß auf der Stelle das Schreckenverhaͤngniß, Wenn er mit mehreren kaͤmpfte! Du hast nicht kluͤglich geredet! Aber wohlan! ihr Maͤnner, zerstreut euch zu euren Geschaͤften! Diesem beschleunigen wohl Halithersaͤs und Mentor die Reise, Welche von Alters her Oduͤßeus Freunde gewesen! 255 Aber ich hoffe, er sizt noch lang', und spaͤhet sich Botschaft Hier in Ithaka aus; die Reise vollendet er niemals! Also sprach der Freier, und trennte schnell die Versammlung. Alle zerstreueten sich, ein jeder zu seinen Geschaͤften; Aber die Freier gingen zum Hause des edlen Oduͤßeus. 260 Und Taͤlemachos ging beiseit ans Ufer des Meeres, Zweiter Gesang. Wusch in der grauen Flut die Haͤnd', und flehte Athaͤnen: Hoͤre mich, Gott, der du gestern in unserm Hause erschienest, Und mir befahlst, im Schiffe das dunkle Meer zu durchfahren, Und nach Kunde zu forschen vom langabwesenden Vater: 265 Himmlischer, siehe! das alles verhindern nun die Achaier, Aber am meisten die Freier voll uͤbermuͤtiger Bosheit! Also sprach er flehend. Ihm nahte sich Pallas Athaͤnaͤ, Mentorn gleich in allem, sowohl an Gestalt wie an Stimme. Und sie redet' ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: 270 Juͤngling, du mußt dich hinfort nicht feige betragen noch thoͤricht! Hast du von deinem Vater die hohe Seele geerbet, Bist du, wie jener einst, gewaltig in Thaten und Worten; Dann wird keiner die Reise dir hindern oder vereiteln. Aber bist du nicht sein Samen und Paͤnelopeiens; 275 Dann verzweifl' ich, du wirst niemals dein Beginnen vollenden. Wenige Kinder nur sind gleich den Vaͤtern an Tugend, Schlechter als sie die meisten, und nur sehr wenige beßer. Wirst du dich aber hinfort nicht feige betragen noch thoͤricht, Und verließ dich nicht voͤllig der Geist des großen Oduͤßeus; 280 Dann ist Hoffnung genug, du wirst das Werk noch vollenden. Darum kuͤmmre dich nicht das Sinnen und Trachten der Freier: Thoren sind sie, und kennen Gerechtigkeit weder noch Weisheit, Ahnden auch nicht einmal den Tod und das schwarze Verhaͤngniß, Welches schon naht, um sie alle an Einem Tage zu wuͤrgen. 285 Aber dich soll nichts mehr an deiner Reise verhindern. Ich, der aͤlteste Freund von deinem Vater Oduͤßeus, Will dir ruͤsten ein hurtiges Schiff, und dich selber begleiten. Gehe nun wieder zu Haus', und bleib in der Freier Gesellschaft; Oduͤßee. Dann bereite dir Zehrung, und hebe sie auf in Gefaͤßen: 290 Wein in irdenen Kruͤgen, und Mehl, das Mark der Maͤnner, In dichtnaͤthigen Schlaͤuchen. Ich will jezt unter dem Volke Dir Freiwillige sammlen zu Ruderern. Viel sind der Schiffe An der umfluteten Kuͤste von Ithaka, neue bei alten; Hiervon will ich fuͤr dich der treflichsten eines erlesen. 295 Hurtig ruͤsten wir dieses, und steuren ins offene Weltmeer. Also sprach Athaͤnaia, Kronions Tochter: und laͤnger Saͤumte Taͤlemachos nicht; er gehorchte der Stimme der Goͤttin, Und ging wieder zu Hause mit tiefbekuͤmmertem Herzen. Alda fand er die Schaar der stolzen Freier: im Hofe 300 Streiften sie Ziegen ab, und sengten gemaͤstete Schweine. Und Antinoos kam ihm lachend entgegen gewandelt, Faßte Taͤlemachos Hand, und sprach mit freundlicher Stimme: Juͤngling von troziger Red' und verwegenem Mute, sei ruhig, Und bekuͤmmre dich nicht um boͤse Thaten und Worte! 305 Laß uns, kuͤnftig wie vor, in Wollust eßen und trinken: Dieses alles besorgen dir schon die Achaier, ein schnelles Schiff und erlesne Gefaͤhrten; damit du die goͤttliche Puͤlos Bald erreichst, und Kunde vom treflichen Vater erforschest! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: 310 O wie ziemte mir das, Antinoos, unter euch Stolzen Schweigend am Mahle zu sizen, und ruhig im Taumel der Freude? Ist es euch nicht genung, ihr Freier, daß ihr so lange Meine koͤstlichen Guͤter verschwelgt habt, da ich ein Kind war? Jezt da ich groͤßer bin, und tuͤchtig, Anderer Reden 315 Nachzuforschen, und hoͤher der Mut im Busen mir steiget, Werd' ich streben, auf euch des Todes Rache zu bringen, Zweyter Gesang. Ob ich gen Puͤlos geh, oder hier in Ithaka bleibe! Reisen will ich, und nichts soll meinen Entschluß mir vereiteln, Im gedungenen Schiffe! Denn weder Schiffe noch Rudrer 320 Hab' ich in meiner Gewalt: so schien es euch freilich am beßten! Also sprach er, und zog die Hand aus der Hand des Verraͤthers Leicht. Die Freier im Saale bereiteten aͤmsig die Mahlzeit. Und sie spotteten seiner, und redeten hoͤhnende Worte. Unter dem Schwarme begann ein uͤbermuͤtiger Juͤngling: 325 Wahrlich, Taͤlemachos sinnt recht ernstlich auf unsre Ermordung! Gebt nur Acht: er holet sich Huͤlf' aus der sandigen Puͤlos, Oder sogar aus Sparta! Er treibts mit gewaltigem Eifer! Oder er lenkt auch jezo nach Efuͤra's fruchtbarem Lande Seine Fahrt, und kauft sich toͤdtende Gifte; die mischt er 330 Heimlich in unseren Wein, dann sind wir alle verloren. Und von neuem begann ein uͤbermuͤtiger Juͤngling: Aber wer weiß, ob dieser nicht auch mit dem Leben die Schiffahrt, Fern von den Seinen, bezahlt, umhergestuͤrmt wie Oduͤßeus? Denkt, dann macht' er uns hier noch sorgenvollere Arbeit! 335 Theilen muͤßten wir ja das ganze Vermoͤgen, und raͤumen Seiner Mutter das Haus, und ihrem jungen Gemahle! Aber Taͤlemachos stieg ins hohe weite Gewoͤlbe Seines Vaters hinab, wo Gold und Kupfer gehaͤuft lag, Praͤchtige Kleider in Kasten, und Faͤßer voll duftendes Oeles. 340 Alda standen auch Tonnen mit altem balsamischen Weine, Welche das lautre Getraͤnk, das suͤße, das goͤttliche, faßten, Nach der Reihe gelehnt an die Mauer, wenn jemals Oduͤßeus Wieder zur Heimat kehrte, nach seiner unendlichen Truͤbsal. Fest verschloß das Gewoͤlbe die wohleinfugende Thuͤre, 345 Oduͤßee. Mit zween Riegeln verwahrt. Die Schaffnerin schaltete drinnen Tag und Nacht, und bewachte die Guͤter mit sorgsamer Klugheit, Euruͤkleia, die Tochter Ops, des Sohnes Peisaͤnors. Und Taͤlemachos rief sie hinein ins Gewoͤlb', und sagte: Muͤtterchen, eil und schoͤpfe mir Wein in irdene Kruͤge, 350 Mild und edel, den beßten nach jenem, welchen du schonest Fuͤr den duldenden Koͤnig, den goͤttergleichen Oduͤßeus, Wenn er einmal heimkehret, dem Todesschicksal entronnen. Hiermit fuͤlle mir zwoͤlf, und spuͤnde sie alle mit Deckeln. Ferner schuͤtte mir Mehl in dichtgenaͤhete Schlaͤuche; 355 Zwanzig Maaße gieb mir des feingemalenen Mehles. Aber thu es geheim, und lege mir alles zusammen. Denn am Abende komm' ich und hol' es, wenn sich die Mutter In ihr oberes Zimmer entfernt, und der Ruhe gedenket. Denn ich gehe gen Sparta und zu der sandigen Puͤlos, 360 Um nach Kunde zu forschen von meines Vaters Zuruͤckkunft. Also sprach er. Da schluchzte die Pflegerin Euruͤkleia; Lautwehklagend begann sie, und sprach die gefluͤgelten Worte: Liebes Soͤhnchen, wie kann in dein Herz ein solcher Gedanke Kommen? Wo denkst du denn hin in die weite Welt zu gehen, 365 Einziger liebster Sohn? Ach ferne vom Vaterlande Starb der edle Oduͤßeus bei unbekannten Barbaren! Und sie werden dir gleich, wenn du gehst, nachstellen, die Meuchler! Daß sie dich toͤdten mit List, und alles unter sich theilen! Bleibe denn hier, und siz auf dem Deinigen! Lieber, was zwingt dich, 370 Auf der wuͤtenden See in Noth und Kummer zu irren? Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Muͤtterchen, sei getrost! ich handle nicht ohne die Goͤtter. Zweiter Gesang. Aber schwoͤre mir jezo, es nicht der Mutter zu sagen, Ehe der elfte Tag vorbei ist oder der zwoͤlfte, 375 Oder mich jene vermißt, und hoͤrt von meiner Entfernung: Daß sie nicht durch Thraͤnen ihr schoͤnes Antliz entstelle. Also sprach er; da schwur sie bei allen unsterblichen Goͤttern. Als sie es jezo gelobt, und vollendet den heiligen Eidschwur; Schoͤpfte sie ihm alsbald des Weines in irdene Kruͤge, 380 Schuͤttete ferner das Mehl in dichtgenaͤhete Schlaͤuche. Und Taͤlemachos ging in den Saal zu der Freier Gesellschaft. Aber ein Neues ersann die heilige Pallas Athaͤnaͤ: In Taͤlemachos Bildung erscheinend, eilte sie ringsum Durch die Stadt, und sprach mit jedem begegnenden Manne, 385 Und befahl, sich am Abend beim ruͤstigen Schiffe zu sammeln. Hierauf bat sie Fronios Sohn, den edlen Noaͤmon, Um ein ruͤstiges Schiff; und dieser versprach es ihr willig. Und die Sonne sank, und Dunkel umhuͤllte die Pfade. Siehe nun zog die Goͤttin das Schiff in die Wellen, und brachte 390 Alle Geraͤthe hinein, die Ruͤstung segelnder Schiffe; Stellt' es darauf am Ende der Bucht. Die tapfern Gefaͤhrten Standen versammelt umher, und jeden ermahnte die Goͤttin. Und ein Neues ersann die heilige Pallas Athaͤnaͤ: Eilend ging sie zum Hause des goͤttergleichen Oduͤßeus, 395 Ueberthauete sanft mit suͤßem Schlafe die Freier, Machte die Saͤufer berauscht, und den Haͤnden entsanken die Becher. Muͤde wankten sie heim durch die Stadt, und konnten nicht laͤnger Sizen, da ihnen der Schlaf die Augenlieder bedeckte. Aber Taͤlemachos rief die heilige Pallas Athaͤnaͤ 400 Aus dem Saale hervor des schoͤngebauten Palastes, Oduͤßee. Mentorn gleich in allem, sowohl an Gestalt wie an Stimme: Jezo, Taͤlemachos, sizen die schoͤngeharnischten Freunde Alle am Ruder bereit, und harren nur deiner zur Abfahrt. Laß uns zu Schiffe gehn, und die Reise nicht laͤnger verschieben! 405 Als sie die Worte geredet, da wandelte Pallas Athaͤnaͤ Eilend voran; und er folgte den Schritten der wandelnden Goͤttin. Und da sie jezo das Schiff und des Meeres Ufer erreichten, Fanden sie an dem Gestade die hauptumlockten Genoßen. Unter ihnen begann Taͤlemachos heilige Staͤrke: 410 Kommt, Geliebte, mit mir, die Zehrung zu holen. Sie liegt schon Alle beisammen im Haus'; und nichts argwoͤhnet die Mutter, Noch die uͤbrigen Maͤgde; nur Eine weiß das Geheimniß. Also sprach er, und eilte voran; sie folgten dem Fuͤhrer, Brachten alles, und legtens im schoͤngebordeten Schiffe 415 Nieder, wie ihnen befahl der geliebte Sohn von Oduͤßeus. Und Taͤlemachos trat in das Schiff, gefuͤhrt von Athaͤnen. Diese sezte sich hinten am Steuer; nahe der Goͤttin Sezte Taͤlemachos sich. Die andern loͤsten die Seile, Traten dann selber ins Schiff, und sezten sich hin auf die Baͤnke. 420 Einen guͤnstigen Wind sandt' ihnen Pallas Athaͤnaͤ, Leise streifte der West das rauschende dunkle Gewaͤsser. Aber Taͤlemachos trieb und ermahnte die lieben Gefaͤhrten, Schnell die Geraͤthe zu ordnen. Sie folgeten seinem Befehle: Stellten den fichtenen Mast in die mittlere Hoͤhle des Bodens, 425 Richteten hoch ihn empor, und banden ihn fest mit den Seilen; Spannten die weißen Segel mit starkgeflochtenen Riemen. Hochauf woͤlbte der Wind das volle Segel, und donnernd Zweiter Gesang. Wogte die purpurne Flut um den Kiel des gleitenden Schiffes; Purpurn heißt bei den Alten dunkelbraun. Schnell durchlief es die Wogen in unaufhaltsamer Eile. 430 Als sie nun die Geraͤthe des schwarzen Schiffes befestigt, Stellten sie Kelche hin, bis oben mit Weine gefuͤllet. Und sie goßen des Weins fuͤr alle unsterblichen Goͤtter, Aber am meisten fuͤr Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ, Welche die ganze Nacht und den Morgen die Wasser beschiffte. 435 Oduͤßee. Dritter Gesang . J ezo erhub sich die Sonn' aus ihrem stralenden Teiche Auf zum ehernen Himmel, zu leuchten den ewigen Goͤttern Und den sterblichen Menschen auf lebenschenkender Erde. Und die Schiffenden kamen zur wohlgebaueten Puͤlos, Naͤleus Stadt. Dort brachten am Meergestade die Maͤnner Naͤleus, Nestors Vater, war der Erbauer von Puͤlos. 5 Schwarze Stiere zum Opfer dem blaͤulichgelockten Poseidon. Neun war der Baͤnke Zahl, fuͤnfhundert saßen auf jeder; Jede von diesen gab neun Stiere. Sie kosteten jezo Alle der Eingeweide, und brannten dem Gotte die Lenden. Jene steurten ans Land, und zogen die Segel herunter, 10 Banden das gleichgezimmerte Schiff, und stiegen ans Ufer. Auch Taͤlemachos stieg aus dem Schiffe, gefuͤhrt von der Goͤttin. Ihn erinnerte Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: Jezo, Taͤlemachos, brauchst du dich keinesweges zu scheuen! Darum bist du die Wogen durchschifft, nach dem Vater zu forschen, 15 Wo ihn die Erde verbirgt, und welches Schicksal ihn hinnahm. Auf denn! und gehe gerade zum Roßebaͤndiger Nestor; Daß wir sehen, was etwa sein Herz vor Rath dir bewahre. Dritter Gesang. Aber du mußt ihm flehn, daß er die Wahrheit verkuͤnde. Luͤgen wird er nicht reden; denn er ist viel zu verstaͤndig! 20 Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Mentor, wie geh ich doch, und wie begruͤß' ich den Koͤnig? Unerfahren bin ich in wohlgeordneten Worten; Und ich scheue mich auch, als Juͤngling den Greis zu befragen! Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: 25 Einiges wird dein Herz dir selber sagen, o Juͤngling; Anderes wird dir ein Gott eingeben. Ich denke, du bist nicht Ohne waltende Goͤtter geboren oder erzogen. Als sie die Worte geredet, da wandelte Pallas Athaͤnaͤ Eilend voran; und er folgte den Schritten der wandelnden Goͤttin. 30 Und sie ereichten die Size der puͤlischen Maͤnner, wo Nestor Saß mit seinen Soͤhnen, und rings die Freunde zur Mahlzeit Eilten das Fleisch zu braten, und andres an Spieße zu stecken. Als sie die Fremdlinge sahn, da kamen sie alle bei Haufen, Reichten gruͤßend die Haͤnd', und noͤthigten beide zum Size. 35 Nestors Sohn vor allen, Peisistratos, nahte sich ihnen, Nahm sie beid' an der Hand, und hieß sie sizen am Mahle, Auf dickwollichten Fellen, im Kieselsande des Meeres, Seinem Vater zur Seit' und Thrasuͤmaͤdaͤs dem Bruder; Legte vor jeden ein Theil der Eingeweide, und schenkte 40 Wein in den goldenen Becher, und reicht' ihn mit herzlichem Handschlag Pallas Athaͤnen, der Tochter des wetterleuchtenden Gottes: Bete jezt, o Fremdling, zum Meerbeherscher Poseidon, Denn ihr findet uns hier an seinem heiligen Mahle. Hast du, der Sitte gemaͤß, dein Opfer gebracht und gebetet, 45 Dann gieb diesem den Becher mit herzerfreuendem Weine Oduͤßee. Zum Trankopfer. Er wird doch auch die Unsterblichen gerne Anflehn; denn es beduͤrfen ja alle Menschen der Goͤtter. Aber er ist der Juͤngste, mit mir von einerlei Alter; Darum bring' ich dir zuerst den goldenen Becher. 50 Also sprach er, und reicht' ihr den Becher voll duftendes Weines. Und Athaͤnaͤ ward froh des gerechten verstaͤndigen Mannes, Weil er ihr zuerst den goldenen Becher gereichet; Und sie betete viel zum Meerbeherscher Poseidon: Hoͤre mich, Poseidaon, du Erdumguͤrter! Verwirf nicht 55 Unser frommes Gebet; erfuͤlle, was wir begehren! Nestorn kroͤne vor allen und Nestors Soͤhne mit Ehre; Und erfreue dann auch andern Maͤnner von Puͤlos Fuͤr ihr herliches Opfer mit reicher Wiedervergeltung! Mich und Taͤlemachos laß heimkehren als frohe Vollender 60 Deßen, warum wir hieher im schnellen Schiffe gekommen! Also betete sie, und erfuͤllte selber die Bitte, Reichte Taͤlemachos drauf den schoͤnen doppelten Becher. Eben so betete jezt der geliebte Sohn von Oduͤßeus. Als sie das Fleisch nun gebraten, und von den Spießen gezogen, 65 Theilten sies allen umher, und feirten das praͤchtige Gastmahl. Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war; Sprach der geraͤnische Greis, der Roßebaͤndiger Nestor: Geraͤnia war eine Stadt im Peloponnes, wo Nestor war erzog en worden. Jezo ziemt es sich besser, die fremden Gaͤste zu fragen, Wer sie sein, nachdem sie ihr Herz mit Speise gesaͤttigt. 70 Fremdlinge, sagt, wer seid ihr? Von wannen traͤgt euch die Woge? Dritter Gesang. Habt ihr wo ein Gewerb', oder schweift ihr ohne Bestimmung Hin und her auf der See: wie kuͤstenumirrende Raͤuber, Die ihr Leben verachten, um fremden Voͤlkern zu schaden? Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen, 75 Ohne Furcht; denn ihm goß Athaͤnaͤ Mut in die Seele, Daß er nach Kundschaft forschte vom langabwesenden Vater, Und sich selber ein gutes Geruͤcht bei den Menschen erwuͤrbe: Nestor, Naͤleus Sohn, du großer Ruhm der Achaier Fragst, von wannen wir sein; ich will dir alles erzaͤhlen. 80 Siehe von Ithaka her am Naͤion sind wir gekommen, Nicht in Geschaͤften des Volks, im eigenen; dieses vernim jezt. Meines edlen Vaters verbreiteten Ruhm zu erforschen, Reis' ich umher, Oduͤßeus des leidengeuͤbten, der ehmals, Sagt man, streitend mit dir, die Stadt der Troer zerstoͤrt hat 85 Von den uͤbrigen allen, die einst vor Ilion kaͤmpften, Hoͤrten wir doch, wie jeder dem grausamen Tode dahinsank; Aber von jenem verbarg sogar das Ende Kronion. Niemand weiß uns den Ort zu nennen, wo er gestorben: Ob er auf festem Lande von feindlichen Maͤnnern vertilgt sei, 90 Oder im stuͤrmenden Meere von Amsitritens Gewaͤßern. Amsitritaͤ, die Gemahlin Poseidons. Darum fleh ich dir jezo, die Knie' umfaßend, du wollest Seinen traurigen Tod mir verkuͤndigen; ob du ihn selber Ansahst, oder vielleicht von einem irrenden Wandrer Ihn erfuhrst: denn ach! zum Leiden gebar ihn die Mutter! 95 Aber schmeichle mir nicht, aus Schonung oder aus Mitleid; Sondern erzaͤhle mir treulich, was deine Augen gesehen. Oduͤßee. Flehend beschwoͤr' ich dich, hat je mein Vater Oduͤßeus Einen Wunsch dir gewaͤhrt mit Worten oder mit Thaten, In dem troischen Lande, wo Noth euch Achaier umdraͤngte: 100 Daß du, deßen gedenkend, mir jezo Wahrheit verkuͤndest! Ihm antwortete drauf der Roßebaͤndiger Nestor: Lieber weil du mich doch an jene Truͤbsal erinnerst, Die wir tapfern Achaier im troischen Lande geduldet; Wann wir jezt mit den Schiffen im dunkelwogenden Meere 105 Irrten nach Beute umher, wohin Achilleus uns fuͤhrte; Jezt um die große Stadt des herschenden Priamos kaͤmpften: Dort verloren ihr Leben die tapfersten aller Achaier! Dort liegt Aias, ein Held gleich Araͤs; dort auch Achilleus; Araͤs, Mars. Dort sein Freund Patroklos, an Rath den Unsterblichen aͤhnlich; 110 Dort mein geliebter Sohn Antilochos, tapfer und edel, Ruͤstig vor allen Achaiern im Lauf, und ruͤstig im Streite! Und wir haben auch sonst noch viele Leiden erduldet! Welcher sterbliche Mensch vermoͤchte sie alle zu nennen? Bliebest du auch fuͤnf Jahr' und sechs nacheinander, und forschtest 115 Alle Leiden von mir der edlen Achaier; du wuͤrdest Ueberdruͤßig vorher in deine Heimat zuruͤckgehn. Denn neun Jahre hindurch erschoͤpften wir, ihnen zu schaden, Alle Listen des Kriegs; und kaum vollbracht' es Kronion! Da war keiner im Heere, der sich mit jenem an Klugheit 120 Maß; alluͤbersehend erfand der edle Oduͤßeus Alle Listen des Kriegs, dein Vater; woferne du wuͤrklich Seines Geschlechtes bist. — Mit Staunen erfuͤllt mich der Anblick! Dritter Gesang. Auch dein Reden gleichet ihm ganz; man sollte nicht glauben, Daß ein juͤngerer Mann so gut zu reden verstuͤnde! 125 Damals sprachen wir nie, ich und der edle Oduͤßeus, Weder im Rath verschieden, noch in des Volkes Versammlung; Sondern Eines Sinns rathschlagten wir beide mit Klugheit Und mit Bedacht, wie am beßten das Wohl der Achaier gediehe. Als wir die hohe Stadt des Priamos endlich zerstoͤret, 130 Gingen wir wieder zu Schiff; allein Gott trennte die Griechen. Damals beschloß Kronion im Herzen die traurigste Heimfahrt Fuͤr das argeiische Heer; denn sie waren nicht alle verstaͤndig, Der Lokrer Aias hatte bei der Eroberung von Troja Priamos Toch- ter Kaßandra in Athaͤnens Tempel geschaͤndet. Noch gerecht; drum traf so viele das Schreckenverhaͤngniß. Siehe des maͤchtigen Zeus blauaͤugichte Tochter entzweite, 135 Zuͤrnender Rache voll, die beiden Soͤhne von Atreus. Diese beriefen das Heer zur allgemeinen Versammlung; Aber verkehrt, nicht der Ordnung gemaͤß, da die Sonne sich neigte; Und es kamen, vom Weine berauscht, die Soͤhne der Griechen. Jezo trugen sie vor, warum die Voͤlker versammelt. 140 Menelaos ermahnte das ganze Heer der Achaier, Ueber den weiten Ruͤcken des Meers nach Hause zu schiffen. Aber sein Rath misfiel Agamemnon gaͤnzlich: er wuͤnschte, Dort das Volk zu behalten, Hekatomben zu opfern, Daß er den schrecklichen Zorn der beleidigten Goͤttin versoͤhnte. 145 Thor! er wußte nicht, daß sein Beginnen umsonst war! Denn nicht schnell ist der Zorn der ewigen Goͤtter zu wandeln. D Oduͤßee. Also standen sie beid', und wechselten heftige Worte; Und es erhuben sich die schoͤngeharnischten Griechen Mit unendlichem Lerm, getheilt durch zwiefache Meinung. 150 Beide ruhten die Nacht, voll schadenbruͤtendes Grolles; Denn es bereitete Zeus den Achaiern die Strafe des Unfugs. Fruͤhe zogen wir Haͤlfte die Schiff' in die heilige Meersflut, Brachten die Guͤter hinein, und die schoͤngeguͤrteten Weiber. Aber die andere Haͤlfte der Heerschaar blieb am Gestade 155 Dort, bei Altreus Sohn Agamemnon, dem Hirten der Voͤlker. Wir indeß in den Schiffen entruderten eilig von dannen, Und ein himmlicher baͤhnte das ungeheure Gewaͤßer. Als wir gen Tenedos kamen, da opferten alle den Goͤttern, Heimverlangend; allein noch hinderte Zeus die Heimfahrt; 160 Denn der Zuͤrnende sandte von neuem verderbliche Zwietracht. Einige lenkten zuruͤck die gleichberuderten Schiffe, Angefuͤhrt von dem tapfern erfindungsreichen Oduͤßeus, Daß sie sich Altreus Sohn' Agamemnon gefaͤllig erwiesen. Aber ich flohe voraus mit dem Schiffsheer, welches mir folgte; 165 Denn es ahndete mir, daß ein Himmlischer Boͤses verhaͤngte. Tuͤdeus kriegrischer Sohn floh auch, und trieb die Gefaͤhrten. Endlich kam auch zu uns Menelaos der braͤunlichgelockte, Als wir in Lesbos noch rathschlagten wegen der Laufbahn: Lesbos, jezt Metellino; Chios; Scio; Mimas, ein Vorgebirge in Asien. Ob wir oberhalb der bergichten Chios die Heimfahrt 170 Lenkten auf Psuͤria zu, und jene zur Linken behielten; Oder unter Chios, am Fuße des stuͤrmischen Mimas. Dritter Gesang. Und wir baten den Gott, uns ein Zeichen zu geben; und dieser Deutete uns, und befahl, gerade durchs Meer nach Euboͤa Euboͤa, jezt Negroponte. Geraistos, eine Stadt darin. hinzusteuren, damit wir nur schnell dem Verderben entfloͤhen. 175 Jezo blies ein saͤuselnder Wind in die Segel der Schiffe; Und sie durchliefen in Eile die Pfade der Fische, und kamen Nachts vor Geraistos an. Hier brannten wir Poseidaon Viele Lenden der Stiere zum Dank fuͤr die gluͤckliche Meerfahrt. Jezt war der vierte Tag, als in Argos mit seinen Genoßen 180 Landete Tuͤdeus Sohn, Diomaͤdaͤs der Roßebezaͤhmer. Aber ich sezte den Lauf nach Puͤlos fort, und der Fahrwind Hoͤrte nicht auf zu wehn, den uns der Himmlische sandte. Also kam ich, mein Sohn, ohn alle Kundschaft, und weiß nicht, Welche von den Achaiern gestorben sind, oder noch leben. 185 Aber so viel ich hier im Hause sizend erkundet, Will ich, wie sichs gebuͤhrt, anzeigen, und nichts dir verhehlen. Gluͤcklich kamen, wies heißt, die streitbaren Muͤrmidonen, Angefuͤhrt von dem treflichen Sohne des großen Achilleus; Gluͤcklich auch Filoktaͤtaͤs, der glaͤnzende Sohn des Poͤas. 190 Auch Idomeneus brachte gen Kraͤta alle Genoßen, Welche dem Krieg' entflohn, und keinen raubte das Meer ihm Endlich von des Atreiden Zuruͤckkunft habt ihr Entfernten Selber gehoͤrt, wie Aigisthos den traurigsten Tod ihm bereitet. Aber wahrlich er hat ihn mit schrecklicher Rache gebuͤßet! 195 O wie schoͤn, wenn ein Sohn von einem erschlagenen Manne Nachbleibt! Also hat jener am Meuchelmoͤrder Aigisthos Rache geuͤbt, der ihm den herlichen Vater ermordet! Oduͤßee. Auch du, Lieber, denn groß und statlich bist du von Ansehn, Halte dich wohl, daß einst die spaͤtesten Enkel dich preisen! 200 Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Nestor, Naͤleus Sohn, du großer Ruhm der Achaier, Schreckliche Rache hat jener geuͤbt, und weit in Achaia Wird erschallen sein Ruhm, ein Gesang der spaͤtesten Enkel. O beschieden auch mir so viele Staͤrke die Goͤtter, 205 Daß ich den Uebermut der rasenden Freier bestrafte, Welche mir immer zum Troz die schaͤndlichsten Graͤuel ersinnen! Aber versagt ward mir ein solches Gluͤck von den Goͤttern, Meinem Vater und mir! Nun gilt nichts weiter, als dulden! Ihm antwortete drauf der Roßebaͤndiger Nestor: 210 Lieber, weil du mich doch an jenes erinnerst; man sagt ja, Daß um deine Mutter ein großer Haufe von Freiern, Dir zum Troz, im Palaste so viel Unarten beginne. Sprich, ertraͤgst du das Joch freiwillig, oder verabscheun Dich die Voͤlker des Landes, gewarnt durch goͤttlichen Ausspruch? 215 Aber wer weiß, ob jener nicht einst, ein Raͤcher des Aufruhrs, Kommt, er selber allein, oder auch mit allen Achaiern. Liebte sie dich so herzlich, die heilige Pallas Athaͤnaͤ, Wie sie einst fuͤr Oduͤßeus den hochberuͤhmten besorgt war, In dem troischen Lande, wo Noth uns Achaier umdraͤngte; 220 (Niemals sah ich so klar die Zeichen goͤttlicher Obhut, Als sich Pallas Athaͤnaͤ fuͤr ihren Geliebten erklaͤrte!) Liebte sie dich so herzlich, und waltete deiner so sorgsam: Mancher von jenen vergaͤße der hochzeitlichen Gedanken! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: 225 Edler Greis, dies Wort wird schwerlich jemals vollendet; Dritter Gesang. Denn du sagtest zu viel! Erstaunen muß ich! O nimmer Wuͤrde die Hoffnung erfuͤllt, wenn auch die Goͤtter es wollten! Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: Welche Rede, o Juͤngling, ist deinen Lippen entflohen? 230 Leicht bringt Gott, wenn er will, auch Fernverirrte zur Ruhe! Und ich moͤchte doch lieber nach vielem Jammer und Elend Spaͤt zur Heimat kehren und schaun den Tag der Zuruͤckkunft, Als heimkehrend sterben am eigenen Heerde, wie jener Durch Aigisthos Verrath und seines Weibes dahinsank. 235 Nur das gemeine Loos des Todes koͤnnen die Goͤtter Selbst nicht wenden, auch nicht von ihrem Geliebten, wenn jezo Ihn die finstere Stunde mit Todesschlummer umschattet. Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Mentor, rede nicht weiter davon, wie sehr wir auch trauren! 240 Jener wird nimmermehr heimkehren; sondern es weihten Ihn die Unsterblichen laͤngst dem schwarzen Todesverhaͤngniß. Jezo will ich Nestorn um etwas anderes fragen, Ihn, der vor allen Menschen Gerechtigkeit kennet und Weisheit. Denn man saget, er hat drei Menschenalter beherschet; 245 Darum scheinet er mir ein Bild der unsterblichen Goͤtter. Nestor, Naͤteus Sohn, verkuͤnde mir lautere Wahrheit! Wie starb Atreus Sohn, der große Held Agamemnon? Wo war denn Menelaos? Und welchen listigen Anschlag Fand der Meuchler Aigisthos, den staͤrkeren Mann zu ermorden? 250 War er etwa noch nicht im achaiischen Argos, und irrte Unter den Menschen umher, daß der sich des Mordes erkuͤhnte? Ihm antwortete drauf der Roßebaͤndiger Nestor: Gerne will ich, mein Sohn, dir lautere Wahrheit verkuͤnden. Oduͤßee. Siehe, du kannst es dir leicht vorstellen, wie es geschehn ist. 255 Haͤtt' er Aigisthos noch lebendig im Hause gefunden, Als er von Ilion kehrte, der Held Menelaos Atreidaͤs: Niemand haͤtte den Todten mit lockerer Erde beschuͤttet; Sondern ihn haͤtten die Hund' und die Voͤgel des Himmels gefressen, Liegend fern von der Stadt auf wuͤstem Gefild', und es haͤtte 260 Keine Achaierin ihn, den Hochverraͤther! beweinet. Waͤhrend wir andern dort viel blutige Schlachten bestanden, Saß er ruhig im Winkel der roßenaͤhrenden Argos, Und liebkoste dem Weib' Agamemnons mit suͤßem Geschwaͤze. Anfangs hoͤrte sie zwar den argen Verfuͤhrer mit Abscheu, 265 Kluͤtaimnaͤstra die edle; denn sie war gut und verstaͤndig. Auch war ein Saͤnger bei ihr, dem Agamemnon besonders, Als er gen Ilion fuhr, sein Weib zu bewahren vertraute. Aber da sie die Goͤtter in ihr Verderben bestrickten, Fuͤhrt' Aigisthos den Saͤnger auf eine verwilderte Insel, 270 Wo er ihn zur Beute dem Raubgevoͤgel zuruͤckließ; Fuͤhrte dann liebend das liebende Weib zu seinem Palaste; Opferte Rinder und Schaf' auf der Goͤtter geweihten Altaͤren, Und behaͤngte die Tempel mit Gold' und feinem Gewebe, Weil er das große Werk, das unverhoffte, vollendet. 275 Jezo segelten wir zugleich von Ilions Kuͤste, Menelaos und ich, vereint durch innige Freundschaft. Aber am attischen Ufer, bei Sunions heiliger Spize, Sunion, ein Vorgebirge von Attika. Siehe da ward der Pilot des menelaïschen Schiffes Von den sanften Geschossen Apollons ploͤzlich getoͤdtet, 280 Dritter Gesang . Haltend in seinen Haͤnden das Steuer des laufenden Schiffes: Frontis, Onaͤtors Sohn, der vor allen Erdebewohnern Durch der Orkane Tumult ein Schiff zu lenken beruͤhmt war. Also ward Menelaos, wie sehr er auch eilte, verzoͤgert, Um den Freund zu begraben, und Todtengeschenke zu opfern. 285 Aber da nun auch jener, die dunkeln Wogen durchsegelnd, Seine geruͤsteten Schiffe zum hohen Gebirge Maleia Maleia, ein Vorgebirge im lakonischen Gebiete, war immer wegen seines stuͤrmischen Meers beruͤchtigt. Hatte gefuͤhrt; da verhaͤngte der Gott weithallender Donner Ihm die traurigste Fahrt, sandt' ihm lautbrausende Stuͤrme, Und hoch wogten, wie Berge, die ungeheuren Gewaͤsser. 290 Ploͤzlich zerstreut' er die Schiffe; die meisten verschlug er gen Kraͤta, Wo der Kuͤdonen Volk des Jardanos Ufer umwohnet. An der gortuͤnischen Grenz', im dunkelwogenden Meere, Thuͤrmt sich ein glatter Fels den draͤngenden Fluten entgegen, Die der gewaltige Suͤd an das linke Gebirge vor Faistos 295 Stuͤrmt; und der kleine Fels hemmt große brandende Fluten. Dorthin kamen die meisten; und kaum entflohn dem Verderben Noch die Maͤnner, die Schiffe zerschlug an den Klippen die Brandung. Aber die uͤbrigen fuͤnfe der blaugeschnaͤbelten Schiffe Wurden von Sturm und Woge zum Strom Aiguͤptos getrieben. Aiguͤptos hieß damals der Nilstrom. 300 Alda fuhr Menelaos bei unverstaͤndlichen Voͤlkern Mit den Schiffen umher, viel Gold und Schaͤze gewinnend. Unterdeßen veruͤbte zu Haus' Aigisthos die Schandthat, Bracht' Agamemnon um, und zwang das Volk zum Gehorsam. Sieben Jahre beherscht' er die schaͤzereiche Muͤkaͤnaͤ. 305 Oduͤßee . Aber im achten kam zum Verderben der edle Orestaͤs Von Athaͤnai zuruͤck, und nahm von dem Meuchler Aigisthos Blutige Rache, der ihm den herlichen Vater ermordet; Brachte dann mit dem Volk ein Opfer bei der Begraͤbniß Seiner abscheulichen Mutter und ihres feigen Aigisthos. 310 Eben den Tag kam auch der Rufer im Streit Menelaos, Mit unendlichen Schaͤzen, so viel die Schiffe nur trugen. Auch du, Lieber, irre nicht lange fern von der Heimat, Da du alle dein Gut und so unbaͤndige Maͤnner In dem Palaste verließest: damit sie nicht alles verschlingen, 315 Deine Guͤter sich theilend, und fruchtlos ende die Reise! Aber ich rathe dir doch, zu Atreus Sohn Menelaos Hinzugehen, der neulich aus fernen Landen zuruͤckkam, Von entlegenen Voͤlkern, woher kein Sterblicher jemals Hoffen duͤrfte zu kommen, den Sturm und Woge so weithin 320 Ueber das Meer verschlugen, woher auch selbst nicht die Voͤgel Fliegen koͤnnen im Jahre: so furchtbar und weit ist die Reise! Eil und gehe sogleich im Schiffe mit deinen Gefaͤhrten! Oder willst du zu Lande, so fodere Wagen und Roße, Meine Soͤhne dazu: sie werden dich sicher gen Sparta 325 Fuͤhren, der praͤchtigen Stadt Menelaos des braͤunlichgelockten. Aber du mußt ihm flehn, daß er die Wahrheit verkuͤnde. Luͤgen wird er nicht reden; denn er ist viel zu verstaͤndig! Also sprach er. Da sank die Sonn', und Dunkel erhob sich. Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: 330 Wahrlich, o Greis, du hast mit vieler Weisheit geredet. Aber schneidet jezo die Zungen, und mischet des Weines, Daß wir Poseidaon und allen unsterblichen Goͤttern Dritter Gesang . Opfern, und schlafen gehn; die Stunde gebeut uns zu ruhen; Denn schon sinket das Licht in Daͤmmerung. Laͤnger geziemt sichs 335 Nicht, am Mahle der Goͤtter zu sizen, sondern zu gehen. Also die Tochter Zeus, und jene gehorchten der Rede. Herolde goßen ihnen das Waßer uͤber die Haͤnde; Juͤnglinge fuͤllten die Kelche bis oben mit dem Getraͤnke, Theilten dann rechts herum die vollgegoßenen Becher. 340 Und sie verbrannten die Zungen, und opferten stehend des Weines. Als sie ihr Opfer vollbracht, und nach Verlangen getrunken, Machte Athaͤnaͤ sich auf und Taͤlemachos, goͤttlich von Bildung, Wieder von dannen zu gehn zu ihrem geraͤumigen Schiffe. Aber Nestor verbot es mit diesen strafenden Worten: 345 Zeus verhuͤte doch dieses und alle unsterblichen Goͤtter, Daß ihr jezo von mir zum schnellen Schiffe hinabgeht, Gleich als waͤr' ich ein Mann in Lumpen, oder ein Bettler, Der nicht viele Maͤntel und weiche Decken besaͤße, Fuͤr sich selber zum Lager, und fuͤr besuchende Freunde! 350 Aber ich habe genug der Maͤntel und praͤchtigen Decken! Wahrlich nimmer gestat' ich des großen Mannes Oduͤßeus Sohne, auf dem Verdeck des Schiffes zu ruhen, so lang' ich Lebe! Und dann auch werden noch Kinder bleiben im Hause, Einen Gast zu bewirten, der meine Wohnung besuchet! 355 Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: Edler Greis, du hast sehr wohl geredet, und gerne Wird Taͤlemachos dir gehorchen, denn es gebuͤhrt sich! Dieser gehe denn jezo mit dir zu deinem Pallaste, Dort zu ruhn. Allein ich muß zum schwaͤrzlichen Schiffe 360 Gehen, unsere Freunde zu staͤrken, und alles zu ordnen. Oduͤßee . Denn von allen im Schiffe bin ich der einzige Alte; Juͤnglinge sind die andern, die uns aus Liebe begleiten, Allesamt von des edlen Taͤlemachos bluͤhendem Alter. Alda will ich die Nacht am schwarzen gebogenen Schiffe 365 Ruhn, und morgen fruͤh zu den großgesinnten Kaukonen Diese Kaukonen wohnten nicht weit von Puͤlos, in Arkadien. Gehen, daß ich die Schuld, die weder neu noch gering' ist, Mir einfodre. Doch diesen, den Gastfreund deines Palastes, Send' im Wagen gen Sparta, vom Sohne begleitet, und gieb ihm Zum Gespanne die schnellsten und unermuͤdlichsten Roße. 370 Also redete Zeus blauaͤugichte Tochter, und schwebte, Ploͤzlich ein Adler, empor; da erstaunte die ganze Versammlung. Wundernd stand auch der Greis, da seine Augen es sahen, Faßte Taͤlemachos Hand, und sprach mit freundlicher Stimme: Lieber, ich hoffe, du wirst nicht feige werden noch kraftlos; 375 Denn es begleiten dich schon als Juͤngling waltende Goͤtter! Siehe kein anderer wars der himmelbewohnenden Goͤtter, Als des allmaͤchtigen Zeus siegprangende Tochter Athaͤnaͤ, Die auch deinen Vater vor allen Achaiern geehrt hat! Herscherin, sei uns gnaͤdig, und kroͤn' uns mit glaͤnzendem Ruhme, 380 Mich und meine Kinder und meine theure Genoßin! Dir will ich opfern ein jaͤhriges Rind, breitstirnig und fehllos, Unbezwungen vom Stier, und nie zum Joche gebaͤndigt: Dieses will ich dir opfern, mit Gold die Hoͤrner umzogen! Also sprach er flehend; ihn hoͤrete Pallas Athaͤnaͤ. 385 Und der geraͤnische Greis, der Roßebaͤndiger Nestor, Fuͤhrte die Eidam' und Soͤhne zu seinem schoͤnen Palaste. Dritter Gesang . Als sie den hohen Palast des Koͤnigs jezo erreichten, Sezten sich alle in Reihn auf praͤchtige Thronen und Seßel. Und den Kommenden mischte der Greis von neuem im Kelche 390 Suͤßen balsamischen Wein; im elften Jahre des Alters Waͤhlte die Schaffnerin ihn, und loͤste den spuͤndenden Deckel. Diesen mischte der Greis und flehete, opfernd des Trankes, Viel zu der Tochter des Gottes mit wetterleuchtenden Schilde. Als sie ihr Opfer vollbracht, und nach Verlangen getrunken, 395 Gingen sie alle heim, der suͤßen Ruhe zu pflegen. Aber Taͤlemachos hieß der Roßebaͤndiger Nestor Dort im Palaste ruhn, den Sohn des edlen Oduͤßeus, Unter der toͤnenden Hall', im schoͤngebildeten Bette. Neben ihm ruhte der Held Peisistratos, welcher allein noch 400 Unvermaͤhlt von den Soͤhnen in Nestors Hause zuruͤckblieb. Aber er selber schlief im Innern des hohen Palastes, Und die Koͤnigin schmuͤckte das Ehbett ihres Gemahles. Als nun die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Da erhub sich vom Lager der Roßebaͤndiger Nestor, 405 Ging hinaus, und sezte sich auf gehauene Steine, Vor der hohen Pforte des schoͤngebauten Palastes, Weiß und glaͤnzend wie Oel. Auf diesen pflegte vor Alters Naͤleus sich hinzusezen, an Rath den Unsterblichen aͤhnlich. Aber er war schon todt und in der Schatten Behausung. 410 Nun saß Nestor darauf, der geraͤnische Huͤter der Griechen, Seinen Stab in der Hand. Da sammelten sich um den Vater Eilend aus den Gemaͤchern, Echefron, Stratios, Perseus, Und Araͤtos der Held, und der goͤttliche Thrasuͤmaͤdaͤs. Auch der sechste der Bruͤder Peisistratos eilte zu Nestor. 415 Oduͤßee . Und sie sezten den schoͤnen Taͤlemachos neben dem Vater. Unter ihnen begann der Roßebaͤndiger Nestor: Hurtig, geliebteste Kinder, erfuͤllt mir dieses Verlangen, Daß ich vor allen Goͤttern Athaͤnens Gnade gewinne, Welche mir sichtbar erschien am festlichen Mahle Poseidons! 420 Gehe denn einer aufs Feld, damit in Eile zum Opfer Komme die Kuh, gefuͤhrt vom Hirten der weidenden Rinder. Einer gehe hinab zu des edlen Taͤlemachos Schiffe, Seine Gefaͤhrten zu rufen, und laße nur zween zur Bewahrung. Einer heiße hieher den Meister in Golde Laerkaͤs 425 Kommen, daß er mit Gold des Rindes Hoͤrner umziehe. Aber ihr uͤbrigen bleibt hier allesamt, und gebietet Drinnen im hohen Palaste den Maͤgden, ein Mahl zu bereiten, Und uns Seßel und Holz und frisches Wasser zu bringen. Also sprach er, und aͤmsig enteilten sie alle. Die Kuh kam 430 Aus dem Gefild'; es kamen vom gleichgezimmerten Schiffe Auch Taͤlemachos Freunde: es kam der Meister in Golde, Alle Schmiedegeraͤthe, der Kunst Vollender, in Haͤnden, Seinen Hammer und Ambos und seine gebogene Zange, Auszubilden das Gold. Es kam auch Pallas Athaͤnaͤ 435 Zu der heiligen Feier. Der Roßebaͤndiger Nestor Gab ihm Gold; und der Meister umzog die Hoͤrner des Rindes Kuͤnstlich, daß sich die Goͤttin am prangenden Opfer erfreute. Stratios fuͤhrte die Kuh am Horn und der edle Echefron. Aber Araͤtos trug im blumigen Becken das Wasser 440 Aus der Kammer hervor, ein Koͤrbchen voll heiliger Gerste In der Linken. Es stand der kriegrische Thrasuͤmaͤdaͤs, Eine geschliffene Axt in der Hand, die Kuh zu erschlagen. Dritter Gesang . Perseus hielt ein Gefaͤß, das Blut zu empfangen. Der Vater Wusch zuerst sich die Haͤnd', und streute die heilige Gerste, 445 Flehte dann viel zu Athaͤnen, und warf in die Flamme das Stirnhaar. Als sie jezo gefleht und die heilige Gerste gestreuet, Trat der mutige Held Thrasuͤmaͤdaͤs naͤher, und haute Zu; es zerschnitt die Axt die Sehnen des Nackens, und kraftlos Stuͤrzte die Kuh in den Sand. Und jammernd beteten jezo 450 Alle Toͤchter und Schnuͤr' und die ehrenvolle Gemahlin Nestors, Euruͤdikaͤ, die erste von Kluͤmenos Toͤchtern. Aber die Maͤnner beugten das Haupt der Kuh von der Erde Auf; da schlachtete sie Peisistratos, Fuͤhrer der Menschen. Schwarz entstroͤmte das Blut, und der Geist verließ die Gebeine. 455 Jene zerhauten das Opfer, und schnitten, nach dem Gebrauche, Eilig die Lenden aus, umwickelten diese mit Fette, Und bedeckten sie drauf mit blutigen Stuͤcken der Glieder. Und sie verbrannte der Greis auf dem Scheitholz, sprengte daruͤber Dunkeln Wein; und die Juͤngling' umstanden ihn mit dem Fuͤnfzack. 460 Als sie die Lenden verbrannt, und die Eingeweide gekostet, Schnitten sie auch das Uebrige klein, und stecktens an Spieße, Drehten die spizigen Spieß' in der Hand, und brietens mit Vorsicht. Aber den bluͤhenden Juͤngling Taͤlemachos badet' indeßen Poluͤkastaͤ die schoͤne, die juͤngste Tochter des Nestor. 465 Als sie ihn jezo gebadet, und drauf mit Oele gesalbet, Da umhuͤllte sie ihm den praͤchtigen Mantel und Leibrock. Und er stieg aus dem Bad', an Gestalt den Unsterblichen aͤhnlich, Ging und sezte sich hin bei Nestor, dem Hirten der Voͤlker. Als sie das Fleisch nun gebraten, und von den Spießen gezogen, 470 Sezten sie sich zum Mahle. Die edlen Juͤnglinge schoͤpften Oduͤßee . Dritter Gesang . Aus dem Kelche den Wein, und vertheilten die goldenen Becher. Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, Sprach der geraͤnische Greis, der Roßebaͤndiger Nestor: Eilt, geliebteste Kinder, und bringt schoͤnmaͤhnichte Roße; 475 Spannt sie schnell vor den Wagen, Taͤlemachos Reise zu foͤrdern! Also sprach er; ihn hoͤrten die Soͤhne mit Fleiß, und gehorchten. Eilend spannten sie vor den Wagen die hurtigen Roße. Aber die Schaffnerinn legt' in den Wagen die koͤstliche Zehrung, Brot und feurigen Wein und goͤttlicher Koͤnige Speisen. 480 Und Taͤlemachos stieg auf den kuͤnstlichgebildeten Wagen. Nestors mutiger Sohn Peisistratos, Fuͤhrer der Menschen, Sezte sich neben ihn, und hielt in den Haͤnden die Zuͤgel; Treibend schwang er die Geißel, und willig enteilten die Roße In das Gefild', und verließen die hochgebauete Puͤlos. 485 Also schuͤttelten sie bis zum Abend das Joch an den Nacken. Und die Sonne sank, und Dunkel umhuͤllte die Pfade. Und sie kamen gen Faͤrai, zur Burg des edlen Dioklaͤs, Faͤrai lag in Meßaͤnien. Welchen Alfeios Sohn Orsilochos hatte gezeuget, Ruhten bei ihm die Nacht, und wurden freundlich bewirtet. 490 Als die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Ruͤsteten sie ihr Gespann, und bestiegen den praͤchtigen Wagen, Lenkten darauf aus dem Thore des Hofs und der toͤnenden Halle. Treibend schwang er die Geißel, und willig enteilten die Roße, Und durchliefen behende die Weizenfelder, und jezo 495 War die Reise vollbracht: so flogen die hurtigen Roße. Und die Sonne sank, und Dunkel umhuͤllte die Pfade. Oduͤßee. Vierter Gesang . U nd sie erreichten im Thale die große Stadt Lakedaimon, Lenkten darauf zur Burg Menelaos des ehregekroͤnten. Und Menelaos feirte mit vielen Freunden die Hochzeit Seines Sohnes im Hause, und seiner lieblichen Tochter. Diese sandt' er dem Sohne des Schaarentrenners Achilleus. 5 Denn er gelobte sie ihm vordem im troischen Lande; Und die himmlischen Goͤtter vollendeten ihre Vermaͤhlung. Jezo sandt' er sie hin, mit Roßen und Wagen begleitet, Zu der beruͤhmten Stadt des Muͤrmidonenbeherschers. Aber dem Sohne gab er aus Sparta die Tochter Alektors, 10 Megapenthaͤs dem starken, den ihm in spaͤterem Alter Eine Sklavin gebar. Denn Helenen schenkten die Goͤtter Keine Frucht, nachdem sie die liebliche Tochter geboren, Hermione, ein Bild der goldenen Afroditaͤ. Afroditaͤ, Venus. Also feierten dort im hochgewoͤlbten Saale 15 Alle Nachbarn und Freunde des herlichen Menelaos Froͤhlich am Mahle das Fest. Es sang ein goͤttlicher Saͤnger In die Harfe sein Lied. Und zween nachahmende Taͤnzer Oduͤßee . Stimmten an den Gesang, und dreheten sich in der Mitte. Aber die Roße hielten am Thore des hohen Palastes, 20 Und Taͤlemachos harrte mit Nestors glaͤnzendem Sohne. Siehe da kam Eteoneus hervor, und sahe die Fremden, Dieser geschaͤftige Diener des herlichen Menelaos. Schnell durchlief er die Wohnung, und brachte dem Koͤnige Botschaft, Stellte sich nahe vor ihn, und sprach die gefluͤgelten Worte: 25 Fremde Maͤnner sind draußen, o goͤttlicher Held Menelaos, Zween an der Zahl, von Gestalt wie Soͤhne des großen Kronions! Sage mir, sollen wir gleich abspannen die hurtigen Roße; Oder sie weiter senden, damit sie ein andrer bewirte? Voll Unwillens begann Menelaos der braͤunlichgelockte: 30 Ehmals warst du kein Thor, Boaͤthos Sohn Eteoneus; Aber du plauderst jezt, wie ein Knabe, so thoͤrichte Worte! Wahrlich wir haben ja beid' in Haͤusern anderer Menschen So viel Gutes genoßen, bis wir heimkehrten! Uns wolle Zeus auch kuͤnftig vor Noth bewahren! Drum spanne die Roße 35 Hurtig ab, und fuͤhre die Maͤnner zu unserem Gastmahl! Also sprach er; und schnell durcheilete jener die Wohnung, Rief die geschaͤftigen Diener zusammen, daß sie ihm folgten. Und nun spanneten sie vom Joche die schaͤumenden Roße, Fuͤhrten sie dann in den Stall, und banden sie fest an die Krippen, 40 Schuͤtteten Haber hinein, mit gelblicher Gerste gemenget, Stellten darauf den Wagen an eine der schimmernden Waͤnde, Fuͤhrten endlich die Maͤnner hinein in die goͤttliche Wohnung. Staunend sahn sie die Burg des goͤttergesegneten Koͤnigs. Gleich dem Strale der Sonn', und gleich dem Schimmer des Mondes, 45 Blinkte die hohe Burg Menelaos des ehregekroͤnten. Vierter Gesang . Und nachdem sie ihr Herz mit bewunderndem Blicke gesaͤttigt, Stiegen sie beide zum Bad' in schoͤngeglaͤttete Wannen. Als sie die Maͤgde gebadet, und drauf mit Oele gesalbet, Und mit wollichtem Mantel und Leibrock hatten bekleidet; 50 Sezten sie sich auf Throne bei Atreus Sohn Menelaos. Eine Dienerin trug in der schoͤnen goldenen Kanne Ueber dem silbernen Becken das Waßer, bestroͤmte zum Waschen Ihnen die Haͤnd', und stellte vor sie die geglaͤttete Tafel. Und die ehrbare Schaffnerin kam, und tischte das Brot auf, 55 Und der Gerichte viel aus ihrem gesammelten Vorrat. Hierauf kam der Zerleger, und bracht' in erhobenen Schuͤßeln Allerlei Fleisch, und sezte vor sie die goldenen Becher. Beiden reichte die Haͤnde der Held Menelaos, und sagte: Langt nun zu, und eßt mit Wohlgefallen, ihr Freunde! 60 Habt ihr euch dann mit Speise gestaͤrkt, dann wollen wir fragen, Wer ihr seid. Denn wahrlich aus keinem versunknen Geschlechte Stammt ihr, sondern ihr stammt von edlen zeptergeschmuͤckten Koͤnigen her; denn gewiß Unedle zeugen nicht solche! Also sprach er, und reichte den fetten gebratenen Ruͤckgrat 65 Von dem Rinde den Gaͤsten, der ihm zur Ehre bestimmt war. Und sie erhoben die Haͤnde zum leckerbereiteten Mahle. Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, Neigte Taͤlemachos sein Haupt zum Sohne des Nestor, Und sprach leise zu ihm, damit es die andern nicht hoͤrten: 70 Schaue doch, Nestoride, du meines Herzens Geliebter, Schaue den Glanz des Erzes umher in der hallenden Wohnung, E Oduͤßee . Und des Goldes und Ambra's und Elfenbeines und Silbers! Ambra, Bernstein. Also glaͤnzt wohl von innen der Hof des oluͤmpischen Gottes! Welch ein unendlicher Schaz! Mit Staunen erfuͤllt mich der Anblick! 75 Seine Rede vernahm Menelaos der braͤunlichgelockte, Wandte sich gegen die Fremden, und sprach die gefluͤgelten Worte: Liebe Soͤhne, mit Zeus wetteifre der Sterblichen keiner; Ewig besteht des Unendlichen Burg und alles, was sein ist! Doch von den Menschen mag einer mit mir sich meßen an Reichthum, 80 Oder auch nicht! Denn traun! nach vielen Leiden und Irren Bracht' ich ihn in den Schiffen am achten Jahre zur Heimat; Ward nach Kuͤpros vorher, nach Foͤnikaͤ gestuͤrmt und Aiguͤptos, Kuͤpros, Cypern. Foͤnikaͤ, Phoͤnicien; Sidon war ein eigener Staat darin. Erember, wahrscheinlich die noͤrdlichen Araber. Libuͤa, die Kuͤste von Afrika, die an Aiguͤptos grenzte. Sahe die Aithiopen, Sidonier dann und Erember, Libuͤa selbst, wo schon den Laͤmmern Hoͤrner entkeimen. 85 Denn es gebaͤren dreimal im Laufe des Jahres die Schafe. Nimmer gebricht es dort dem Eigner, und nimmer dem Hirten, Weder an Kaͤse noch Fleisch noch suͤßer Milch von der Heerde, Welche das ganze Jahr mit vollen Eutern einhergeht. Also durchirrt' ich die Laͤnder, und sammelte großes Vermoͤgen. 90 Aber indessen erschlug mir meinen Bruder ein Andrer Heimlich, mit Meuchelmord, durch die List des heillosen Weibes: Daß ich gewiß nicht froh dies große Vermoͤgen behersche! Doch dies habt ihr ja wohl von euren Vaͤtern gehoͤret, Wer sie auch sein. Denn viel, sehr vieles hab' ich erlitten, 95 Vierter Gesang . Und mein praͤchtiges Haus voll koͤstlicher Guͤter zerruͤttet! Koͤnnt' ich nur jezo darin mit dem dritten Theile der Guͤter Wohnen, und lebten die Maͤnner, die im Gefilde vor Troja Hingesunken sind, fern von der roßenaͤhrenden Argos! Aber dennoch, wie sehr ich sie alle klag' und beweine; 100 (Oftmal hab' ich hier so in meinem Hause geseßen, Und mir jezo mit Thraͤnen das Herz erleichtert, und jezo Wieder geruht; denn bald ermuͤdet der starrende Kummer!) Dennoch, wie sehr ich traure, bewein' ich alle nicht so sehr, Als den Einen, der mir den Schlaf und die Speise verleidet, 105 Denk' ich seiner! Denn das hat kein Achaier erduldet, Was Oduͤßeus erduldet' und trug! Ihm selber war Ungluͤck Von dem Schicksal bestimmt, und mir unendlicher Jammer, Seinethalben des lang abwesenden, weil wir nicht wißen, Ob er leb' oder todt sei. Vielleicht beweinen ihn jezo 110 Schon Laertaͤs der Greis, und die keusche Paͤnelopeia, Und Taͤlemachos, den er als Kind im Hause zuruͤckließ! Also sprach er, und ruͤhrte Taͤlemachos herzlich zu weinen. Seinen Wimpern entstuͤrzte die Thraͤne, als er vom Vater Hoͤrte; da huͤllt' er sich schnell vor die Augen den purpurnen Mantel, 115 Faßend mit beiden Haͤnden; und Menelaos erkannt' ihn. Dieser dachte darauf umher in zweifelnder Seele: Ob er ihn ruhig ließe an seinen Vater gedenken; Oder ob er zuerst ihn fragt', und alles erforschte. Als er solche Gedanken in zweifelnder Seele bewegte; 120 Wallte Helena her aus der hohen duftenden Kammer, Oduͤßee . Artemis gleich an Gestalt, der Goͤttin mit goldener Spindel. Artemis, Diana. Dieser sezte sofort Adrastaͤ den zierlichen Seßel; Und Alkippaͤ brachte den weichen wollichten Teppich. Fuͤlo brachte den silbernen Korb, den ehmals Alkandraͤ 125 Ihr verehrte, die Gattin des Poluͤbos, welcher in Thaͤbai Wohnte, Aiguͤptos Stadt voll schaͤzereicher Palaͤste. Dieser gab Menelaos zwo Badewannen von Silber, Zween dreifuͤßige Keßel, und zehn Talente des Goldes. Aber Helenen gab Alkandraͤ schoͤne Geschenke, 130 Eine goldene Spindel im laͤnglichgeruͤndeten Korbe, Der, aus Silber gebildet, mit goldenem Rande geschmuͤckt war. Diesen sezte vor sie die fleißige Dienerin Fuͤlo, Angefuͤllt mit geknaͤueltem Garn, und uͤber dem Garne Lag die goldene Spindel mit violettener Wolle. 135 Helena saß auf dem Seßel; ein Schemel stuͤzte die Fuͤße. Und sie fragte sogleich den Gemahl nach allem, und sagte: Wissen wir schon, Menelaos du goͤttlicher, welches Geschlechtes Diese Maͤnner sich ruͤhmen, die unsere Wohnung besuchen? Irr' ich, oder ahndet mir wahr? Ich kann es nicht bergen! 140 Niemals erschien mir ein Mensch mit solcher aͤhnlichen Bildung, Weder Mann, noch Weib; (mit Staunen erfuͤllt mich der Anblick!) Als der Juͤngling dort des edelgesinnten Oduͤßeus Sohne Taͤlemachos gleicht, den er als Saͤugling daheimließ, Jener Held, da ihr Griechen, mich Ehrvergeßne zu raͤchen, 145 Hin gen Ilion schifftet, mit Tod und Verderben geruͤstet! Vierter Gesang . Ihr antwortete drauf Menelaos der braͤunlichgelockte: Eben so denke auch ich, o Frau, wie du jezo vermutest. Denn so waren die Haͤnd', und so die Fuͤße des Helden, So die Blicke der Augen, das Haupt und die lockigten Haare. 150 Auch gedacht' ich jezo des edelgesinnten Oduͤßeus, Und erzaͤhlte, wie jener fuͤr mich so mancherlei Elend Duldete; siehe da drang aus seinen Augen die Thraͤne, Und er verhuͤllete schnell mit dem Purpurmantel sein Antliz. Und der Nestoride Peisistratos sagte dagegen: 155 Atreus Sohn, Menelaos, du goͤttlicher Fuͤhrer des Volkes, Dieser ist wuͤrklich der Sohn Oduͤßeus, wie du vermutest. Aber er ist bescheiden, und haͤlt es fuͤr unanstaͤndig, Gleich, nachdem er gekommen, so dreist entgegen zu schwazen Deiner Rede, die uns, wie eines Gottes, erfreuet. 160 Und mich sandte mein Vater, der Roßebaͤndiger Nestor, Diesen hieher zu geleiten, der dich zu sehen begehrte, Daß du ihm Rath ertheiltest zu Worten oder zu Thaten. Denn viel leidet ein Sohn des langabwesenden Vaters, Wenn er, im Hause verlaßen, von keinem Freunde beschuͤzt wird: 165 Wie Taͤlemachos jezt! Sein Vater ist ferne, und Niemand Regt sich im ganzen Volke, von ihm die Plage zu wenden! Ihm antwortete drauf Menelaos der braͤunlichgelockte: Goͤtter, so ist ja mein Gast der Sohn des geliebtesten Freundes. Welcher um meinetwillen so viele Gefahren erduldet! 170 Und ich hoffte, dem kommenden einst vor allen Argeiern Wohlzuthun, haͤtt' uns der Oluͤmpier Zeus Kronion Gluͤckliche Wiederkehr in den schnellen Schiffen gewaͤhret! Eine Stadt und ein Haus in Argos wollt' ich ihm schenken, Oduͤßee . Und ihn aus Ithaka fuͤhren mit seinem ganzen Vermoͤgen, 175 Seinem Sohn und dem Volk, und raͤumen eine der Staͤdte, Welche Sparta umgrenzen, und meinem Befehle gehorchen. Oft besuchten wir dann als Nachbarn einer den andern, Und nichts trennt' uns beid' in unserer seligen Eintracht, Bis uns die schwarze Wolke des Todes endlich umhuͤllte! 180 Aber ein solches Gluͤck misgoͤnnte mir einer der Goͤtter, Welcher jenem allein, dem Armen, raubte die Heimkehr! Also sprach er, und ruͤhrte sie alle zu herzlichen Thraͤnen. Argos Helena weinte, die Tochter des großen Kronions, Und Taͤlemachos weinte, und Atreus Sohn Menelaos. 185 Auch Peisistratos konnte sich nicht der Thraͤnen enthalten; Denn ihm trat vor die Seele des edlen Antilochos Bildniß, Welchen der glaͤnzende Sohn der Morgenroͤthe getoͤdtet. Memnon, der Koͤnig der oͤstlichen Aithiopen, war ein Sohn von Tithonos und der Morgenroͤthe. Deßen gedacht' er jezo, und sprach die gefluͤgelten Worte: Atreus Sohn Menelaos, vor allen Menschen verstaͤndig 190 Ruͤhmte dich Nestor der Greis, so oft wir deiner gedachten In des Vaters Palast, und uns mit einander besprachen. Darum, ist es dir moͤglich, gehorche mir jezo. Ich finde Kein Vergnuͤgen an Thraͤnen beim Abendeßen; auch morgen Daͤmmert ein Tag fuͤr uns. Ich tadele freilich mitnichten, 195 Daß man den Todten beweine, der sein Verhaͤngniß erfuͤllt hat. Ist doch dieses allein der armen Sterblichen Ehre, Daß man scheere sein Haar, und die Wange mit Thraͤnen beneze. Auch mein Bruder verlor sein Leben, nicht der geringste Vierter Gesang . Im argeiischen Heer! Du wirst ihn kennen; ich selber 200 Hab' ihn nimmer gesehn: doch ruͤhmen Antilochos alle, Daß er an Schnelle des Laufs und an Kriegsmut andre besieget. Ihm antwortete drauf Menelaos der braͤunlichgelockte: Lieber, du redest so, wie ein Mann von reifem Verstande Reden und handeln muß, und waͤr' er auch hoͤheres Alters. 205 Denn du redest als Sohn von einem verstaͤndigen Vater. Leicht erkennt man den Samen des Mannes, welchen Kronion Schmuͤckte mit himmlischem Segen bei seiner Geburt und Vermaͤhlung. Also kroͤnet er nun auch Nestors Tage mit Wohlfahrt; Denn er freut sich im Hause des stillen behaglichen Alters, 210 Und verstaͤndiger Soͤhne, geuͤbt die Lanze zu schwingen. Laßt uns also des Grams und unserer Thraͤnen vergeßen, Und von neuem das Mahl beginnen! Wohlauf, man begieße Unsere Haͤnde mit Waßer! Auch morgen wird Zeit zu Gespraͤchen Mit Taͤlemachos sein, uns beiden das Herz zu erleichtern! 215 Sprachs, und eilend begoß Asfalion ihnen die Haͤnde, Dieser geschaͤftige Diener des herlichen Menelaos. Und sie erhoben die Haͤnde zum leckerbereitetem Mahle. Aber ein Neues ersann die liebliche Tochter Kronions: Helena war eine Tochter von Zeus und Leda. Siehe sie warf in den Wein, wovon sie tranken, ein Mittel 220 Gegen Kummer und Groll und aller Leiden Gedaͤchtniß. Kostet einer des Weins, mit dieser Wuͤrze gemischet; Dann benezet den Tag ihm keine Thraͤne die Wangen, Waͤr' ihm auch sein Vater und seine Mutter gestorben, Wuͤrde vor ihm sein Bruder, und sein geliebtester Sohn auch 225 Oduͤßee . Mit dem Schwerte getoͤdtet, daß seine Augen es saͤhen. Siehe so heilsam war die kuͤnstlichbereitete Wuͤrze, Welche Helenen einst die Gemahlin Thons Poluͤdamna In Aiguͤptos geschenkt. Dort bringt die fruchtbare Erde Mancherlei Saͤfte hervor, zu guter und schaͤdlicher Mischung; 230 Dort ist jeder ein Arzt, und uͤbertrifft an Erfahrung Alle Menschen; denn wahrlich sie sind vom Geschlechte Paiaͤons. Paiaͤon oder Paion hieß der Goͤtter Arzt. Die neuere Fabellehre verwechselt ihn mit Apollon. Als sie die Wuͤrze vermischt, und einzuschenken befohlen; Da begann sie von neuem, und sprach mit freundlicher Stimme: Atreus goͤttlicher Sohn Menelaos, und ihr geliebten 235 Soͤhne tapferer Maͤnner; es sendet im ewigen Wechsel Zeus bald Gutes bald Boͤses herab, denn er herschet mit Allmacht. Auf, genießet denn jezo in unserem Hause des Mahles, Euch mit Gespraͤchen erfreuend! Ich will euch was frohes erzaͤhlen. Alles kann ich euch zwar nicht nennen oder beschreiben, 240 Alle mutigen Thaten des leidengeuͤbten Oduͤßeus; Sondern nur eine Gefahr, die der tapfere Krieger bestanden In dem troischen Lande, wo Noth euch Achaier umdraͤngte. Seht, er hatte sich selbst unwuͤrdige Striemen gegeißelt, Und nachdem er die Schultern mit schlechten Lumpen umhuͤllet, 245 Ging er in Sklavengestalt zur Stadt der feinlichen Maͤnner. Ganz ein anderer Mann, ein Bettler schien er von Ansehn, So wie er wahrlich nicht im achaiischen Lager einherging. Also kam er zur Stadt der Troer; und sie verkannten Alle den Helden; nur ich entdeckt' ihn unter der Huͤlle, 250 Vierter Gesang . Und befragt' ihn: doch er fand immer listige Ausflucht. Aber als ich ihn jezo gebadet, mit Oele gesalbet, Und mit Kleidern geschmuͤckt, und drauf bei den Goͤttern geschworen, Daß ich Oduͤßeus den Troern nicht eher wollte verrathen, Bis er die schnellen Schiff' und Zelte wieder erreichet; 255 Da verkuͤndet' er mir den ganzen Entwurf der Achaier. Als er nun viele der Troer mit langem Erze getoͤdtet, Kehrt' er zu den Argeiern, mit großer Kunde bereichert. Laut wehklageten jezo die andern Weiber in Troja; Aber mein Herz frohlockte: denn herzlich wuͤnscht' ich die Heimkehr, 260 Und beweinte den Jammer, den Afroditaͤ gestiftet, Als sie mich dorthin, fern vom Vaterlande gefuͤhret, Und von der Tochter getrennt, dem Ehbett, und dem Gemahle, Dem kein Adel gebricht des Geistes oder der Bildung! Ihr antwortete drauf Menelaos der braͤunlichgelockte: 265 Dieses alles ist wahr, o Helena, was du erzaͤhltest. Denn ich habe schon Mancher Gesinnung und Tugend gelernet, Hochberuͤhmter Helden, und bin viel Laͤnder durchwandert; Aber ein solcher Mann kam mir noch nimmer vor Augen, Gleich an erhabener Seele dem leidengeuͤbten Oduͤßeus! 270 Also bestand er auch jene Gefahr, mit Kuͤhnheit und Gleichmut, In dem gezimmerten Roße, worin wir Fuͤrsten der Griechen Alle saßen, und Tod und Verderben gen Ilion brachten. Dorthin kamest auch du, gewiß von einem der Goͤtter Hingefuͤhrt, der etwa die Troer zu ehren gedachte; 275 Und der goͤttergleiche Daͤifobos war dein Begleiter. Dreimal umwandeltest du das feindliche Maͤnnergehaͤuse, Rings betastend, und riefst der tapfersten Helden Achaia's Oduͤßee . Namen, indem du die Stimme von aller Gemahlinnen annahmst. Aber ich und Tuͤdeus Sohn und der edle Oduͤßeus 280 Saßen dort in der Mitte, und hoͤreten, wie du uns riefest. Ploͤzlich fuhren wir auf, wir beiden andern, entschloßen, Auszusteigen, oder von innen uns hoͤren zu laßen. Aber Oduͤßeus hielt uns zuruͤck von dem raschen Entschluße. Jezo saßen wir still, und alle Soͤhne der Griechen. 285 Nur Antiklos wollte dir Antwort geben; doch eilend Sprang Oduͤßeus hinzu, und druͤckte mit nervichten Haͤnden Fest den Mund ihm zusammen, und rettete alle Achaier; Eher ließ er ihn nicht, bis Athaͤnaͤ von dannen dich fuͤhrte. Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: 290 Atreus Sohn Menelaos, du goͤttlicher Fuͤhrer des Volkes, Desto betruͤbter! Denn alles entriß ihn dem traurigen Tode Nicht, und haͤtt' er im Busen ein Herz von Eisen getragen! Aber laßet uns nun zu Bette gehen, damit uns Jezo auch die Ruhe des suͤßen Schlafes erquicke. 295 Als er dieses gesagt, rief Helena eilend den Maͤgden, Unter die Halle ein Bette zu sezen, unten von Purpur Praͤchtige Polster zu legen, und Teppiche druͤber zu breiten, Hierauf wollige Maͤntel zur Oberdecke zu legen. Und sie enteilten dem Saal, in den Haͤnden die leuchtende Fackel, 300 Und bereiteten schnell das Lager. Aber ein Herold Fuͤhrte Taͤlemachos hin, samt Nestors glaͤnzendem Sohne. Also ruhten sie dort in der Halle vor dem Palaste. Und der Atreide schlief im Innern des hohen Palastes; Helena ruhte bei ihm, die schoͤnste unter den Weibern. 305 Als die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Vierter Gesang. Sprang er vom Lager empor, der Rufer im Streit Menelaos, Legte die Kleider an, und hing das Schwert um die Schulter, Band die schoͤnen Solen sich unter die zierlichen Fuͤße, Trat aus der Kammer hervor, geschmuͤckt mit goͤttlicher Hoheit, 310 Ging und sezte sich neben Taͤlemachos nieder, und sagte: Welches Geschaͤft, o edler Taͤlemachos, fuͤhrte dich hieher, Ueber das weite Meer, zur goͤttlichen Stadt Lakedaimon? Deines, oder des Volks? Verkuͤnde mir lautere Wahrheit! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: 315 Atreus Sohn Menelaos, du goͤttlicher Fuͤhrer des Volkes, Darum kam ich zu dir, um Kunde vom Vater zu hoͤren. Ausgezehrt wird mein Haus, und Hof und Aecker verwuͤstet; Denn feindselige Maͤnner erfuͤllen die Wohnung, und schlachten Meine Ziegen und Schaf' und mein schwerwandelndes Hornvieh, 320 Freier meiner Mutter, voll uͤbermuͤtiges Trozes. Darum fleh ich dir jezo, die Knie' umfaßend, du wollest Seinen traurigen Tod mir verkuͤndigen; ob du ihn selber Ansahst, oder vielleicht von einem irrenden Wandrer Ihn erfuhrst: denn ach! zum Leiden gebar ihn die Mutter! 325 Aber schmeichle mir nicht, aus Schonung oder aus Mitleid; Sondern erzaͤhle mir treulich, was deine Augen gesehen. Flehend beschwoͤr' ich dich, hat je mein Vater Oduͤßeus Einen Wunsch dir gewaͤhrt mit Worten oder mit Thaten, In dem troischen Lande, wo Noth euch Achaier umdraͤngte: 330 Daß du, deßen gedenkend, mir jezo Wahrheit verkuͤndest! Voll Unwillens begann Menelaos der braͤunlichgelockte: O ihr Goͤtter, ins Lager des uͤbergewaltigen Mannes Wollten jene sich legen, die feigen verworfenen Menschen! Oduͤßee. Aber wie wenn in den Dickicht des starken Loͤwen die Hirschkuh 33 5 Ihre saugenden Jungen, die neugeborenen, hinlegt, Dann auf den Bergen umher und kraͤuterbewachsenen Thaͤlern Weide sucht; und jener darauf in sein Lager zuruͤckkehrt, Und den Zwillingen beiden ein schreckliches Ende bereitet: So wird jenen Oduͤßeus ein schreckliches Ende bereiten! 34 0 Wenn er, o Vater Zeus, Arhaͤnaͤ und Foͤbos Apollon! Doch in jener Gestalt, wie er einst in der fruchtbaren Lesbos Sich mit Filomaͤleidaͤs zum Wetteringen emporhub, Filomaͤleidaͤs, Koͤnig in Lesbos, dem heutigen Matelino. Und auf den Boden ihn warf, daß alle Achaier sich freuten; Wenn doch in jener Gestalt Oduͤßeus den Freiern erschiene! 34 5 Bald waͤr' ihr Leben gekuͤrzt, und ihnen die Heirat verbittert! Aber warum du mich fragst und bittest, das will ich geradaus Ohn Umschweife dir sagen, und nicht durch Luͤgen dich teuschen; Sondern was mir der wahrhafte Greis des Meeres geweißagt, Davon will ich kein Wort dir bergen oder verhehlen. 35 0 Noch in Aiguͤptos hielten, wie sehr ich nach Hause verlangte, Mich die Unsterblichen auf, denn ich versaͤumte die Opfer; Und wir sollen nimmer der Goͤtter Gebote vergeßen. Eine der Inseln liegt im wogenstuͤrmenden Meere Vor des Aiguͤptos Strome; die Menschen nennen sie Faros: 35 5 Von dem Strome so weit, als wohlgeruͤstete Schiffe Tages fahren, wenn rauschend der Wind die Segel erfuͤllet. Diese Entfernung gilt nicht von dem naͤchsten Ufer, sondern von de m damaligen Ausfluße des Aiguͤptos oder Nils unter Memfis. Dort ist ein sicherer Hafen, alwo die Schiffer gewoͤhnlich Frisches Waßer sich schoͤpfen, und weiter die Wogen durchsegeln. Vierter Gesang. Alda hielten die Goͤtter mich zwanzig Tage; denn niemals 360 Wehten guͤnstige Wind' in die See hinuͤber, die Schiffe Ueber den breiten Ruͤcken des Meeres hinzugeleiten. Und bald waͤre die Speis' und der Mut der Maͤnner geschwunden, Haͤtte mich nicht erbarmend der Himmlischen eine gerettet. Aber Eidothea, des grauen Wogenbeherschers 365 Proteus Tochter bemerkt' es, und fuͤhlte herzliches Mitleid. Diese begegnete mir, da ich fern von den Freunden umherging; Denn sie streiften bestaͤndig, vom nagenden Hunger gefoltert, Durch die Insel, um Fische mit krummer Angel zu fangen. Und sie nahte sich mir, und sprach mit freundlicher Stimme: 370 Fremdling, bist du so gar einfaͤltig, oder so traͤge? Oder zauderst du gern, und findest Vergnuͤgen am Elend: Daß du so lang auf der Insel verweilst? Ist nirgends ein Ausweg Aus dem Jammer zu sehn, da das Herz den Genoßen entschwindet? Also sprach sie; und ich antwortete wieder, und sagte: 375 Ich verkuͤndige dir, o Goͤttin, wie du auch heißest, Daß ich mitnichten gerne verweile; sondern gesuͤndigt Hab' ich vielleicht an den Goͤttern, des weiten Himmels Bewohnern. Aber sage mir doch, die Goͤtter wißen ja alles! Wer der Unsterblichen haͤlt mich hier auf, und hindert die Reise? 380 Und wie gelang' ich heim auf dem fischdurchwimmelten Meere? Also sprach ich; mir gab die hohe Goͤttin zur Antwort: Gerne will ich, o Fremdling, dir lautere Wahrheit verkuͤnden. Hier am Gestade schaltet ein grauer Bewohner des Meeres, Proteus, der wahrhafte Gott aus Aiguͤptos, welcher des Meeres 385 Dunkle Tiefen kennt, ein treuer Diener Poseidons. Dieser ist, wie man sagt, mein Vater, der mich gezeuget. Oduͤßee. Wuͤßtest du diesen nur durch heimliche List zu erhaschen; Er weißagte dir wohl den Weg und die Mittel der Reise, Und wie du heimgelangst auf dem fischdurchwimmelten Meere. 390 Auch verkuͤndigt' er dir, Zeus Liebling, wenn du es wolltest, Was dir Boͤses und Gutes in deinem Hause geschehn sei, Weil du ferne warst auf der weiten gefaͤhrlichen Reise. Also sprach sie; und ich antwortete wieder, und sagte: Nun verkuͤnde mir selber, wie fang' ich den goͤttlichen Meergreis, 395 Daß er mir nicht entfliehe, mich sehend oder auch ahndend? Wahrlich schwer wird ein Gott vom sterblichen Manne bezwungen! Also sprach ich; mir gab die hohe Goͤttin zur Antwort: Gerne will ich, o Fremdling, dir lautere Wahrheit verkuͤnden. Wann die Mittagssonne den hohen Himmel besteiget, 400 Siehe dann kommt aus der Flut der graue untruͤgliche Meergott, Unter dem Wehn des Westes, umhuͤllt vom schwarzen Gekraͤusel, Legt sich hin zum Schlummer in uͤberhangende Grotten, Und floßfluͤßige Robben der lieblichen Halosuͤdnaͤ Halosuͤdnaͤ, eine Meergoͤttin, Naͤreus Tochter. Ruhn in Schaaren um ihn, dem grauen Gewaͤßer entstiegen, 405 Und verbreiten umher des Meeres herbe Geruͤche. Dorthin will ich dich fuͤhren, sobald der Morgen sich roͤthet, Und in die Reihe dich legen. Du aber waͤhle mit Vorsicht Drei von den kuͤhnsten Genoßen der schoͤngebordeten Schiffe. Alle furchtbaren Kuͤnste des Greises will ich dir nennen. 410 Erstlich geht er umher, und zaͤhlt die liegenden Robben; Und nachdem er sie alle bei Fuͤnfen gezaͤhlt und betrachtet, Legt er sich mitten hinein, wie ein Schaͤfer zwischen die Heerde. Vierter Gesang. Aber sobald ihr seht, daß er zum Schlummer sich hinlegt; Dann erhebet euch mutig, und uͤbet Gewalt und Staͤrke, 415 Haltet den streubenden fest, wie sehr er auch ringt zu entfliehen! Denn der Zauberer wird sich in alle Dinge verwandeln, Was auf der Erde lebt, in Waßer und loderndes Feuer. Aber greift unerschrocken ihn an, und haltet noch fester! Wenn er nun endlich selbst euch anzureden beginnet, 420 In der Gestalt, worin ihr ihn saht zum Schlummer sich legen; Dann laß ab von deiner Gewalt, und loͤse den Meergreis, Edler Held, und frag' ihn, wer unter den Goͤttern dir zuͤrne, Und wie du heimgelangst auf dem fischdurchwimmelten Meere. Also sprach sie, und sprang in die hochaufwallende Woge. 425 Aber ich ging zu den Schiffen, wo sie im Sande des Ufers Standen; und viele Gedanken bewegten des Gehenden Seele. Als ich jezo mein Schiff und des Meeres Ufer erreichte, Da bereiteten wir das Mahl. Die ambrosische Nacht kam; Und wir lagerten uns am rauschenden Ufer des Meeres. 430 Als die heilige Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Ging ich laͤngst dem Gestade des weithinflutenden Meeres Fort, und betete viel zu den Himmlischen. Von den Genoßen Folgten mir drei, bewaͤhrt vor allen an Kuͤhnheit und Staͤrke. Aber indeßen fuhr Eidothea tief in des Meeres 435 Weiten Busen, und trug vier Robbenfelle von dannen, Welche sie frisch abzog; und entwarf die Teuschung des Vaters. Jedem hoͤhlete sie ein Lager im Sande des Meeres, Saß und erwartete uns. Sobald wir die Goͤttin erreichten, Legte sie uns nach der Reih, und huͤllte jedem ein Fell um. 440 Wahrlich die Lauer bekam uns fuͤrchterlich! Bis zum Ersticken Oduͤßee. Quaͤlt' uns der thranichte Dunst der meergemaͤsteten Robben! Denn wer ruhte wohl gerne bei Ungeheuern des Meeres? Aber die Goͤttin ersann zu unserer Rettung ein Labsal: Denn sie strich uns allen Ambrosia unter die Nasen, 445 Deßen lieblicher Duft des Thranes Geruͤche vertilgte. Also lauerten wir den ganzen Morgen geduldig. Schaarweis kamen die Robben nun aus dem Waßer, und legten Nach der Reihe sich hin am rauschenden Ufer des Meeres. Aber am Mittag kam der goͤttliche Greis aus dem Waßer, 45 0 Ging bei den feisten Robben umher, und zaͤhlte sie alle. Also zaͤhlt er auch uns fuͤr Ungeheuer, und dachte Gar an keinen Betrug; dann legt' er sich selber zu ihnen. Ploͤzlich fuhren wir auf mit Geschrei, und schlangen die Haͤnde Schnell um den Greis; doch dieser vergaß der betrieglichen Kunst nicht. 45 5 Erstlich ward er ein Leu mit fuͤrchterlichwallender Maͤhne, Drauf ein Pardel, ein blaͤulicher Drach', und ein zuͤrnender Eber, Floß dann als Waßer dahin, und rauscht' als Baum in den Wolken. Aber wir hielten ihn fest mit unerschrockener Seele. Als nun der zaubernde Greis ermuͤdete sich zu verwandeln, 46 0 Da begann er selber mich anzureden, und fragte: Welcher unter den Goͤttern, Atreide, gab dir den Anschlag, Daß du mit Hinterlist mich fliehenden faͤngst? Was bedarfst du? Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte: Alter, du weißt es, (warum verstellst du dich, dieses zu fragen?) 46 5 Daß ich so lang' auf der Insel verweil', und nirgends ein Ausweg Aus dem Jammer sich zeigt, da das Herz den Genoßen entschwindet! Drum verkuͤndige mir, die Goͤtter wißen ja alles! Wer der Unsterblichen haͤlt mich hier auf, und hindert die Reise? Vierter Gesang. Und wie gelang ich heim auf dem fischdurchwimmelten Meere? 470 Also sprach ich; der Greis antwortete wieder, und sagte: Aber du solltest auch Zeus und den andern unsterblichen Goͤttern Opfern, als du die Schiffe bestiegst, damit du geschwinder Deine Heimat erreichtest, die dunkle Woge durchsteurend! Denn dir verbeut das Schicksal, die Deinigen wieder zu sehen 475 Und dein praͤchtiges Haus und deiner Vaͤter Gefilde, Bis du wieder zuruͤck zu des himmelernaͤhrten Aiguͤptos Waßern segelst, und dort mit heiligen Hekatomben Suͤhnst der Unsterblichen Zorn, die den weiten Himmel bewohnen: Dann verleihn dir die Goͤtter die Heimfahrt, welche du wuͤnschest. 480 Also sagte der Greis. Mir brach das Herz vor Betruͤbniß, Weil er mir wieder befahl, auf dem dunkelwogenden Meere Nach dem Aiguͤptos zu schiffen, die weite gefaͤhrliche Reise. Aber ich faßte mich doch, und gab ihm dieses zur Antwort: Goͤttlicher Greis, ich will ausrichten, was du befiehlest. 485 Aber verkuͤndige mir, und sage die lautere Wahrheit: Sind die Danaer all' unbeschaͤdigt wiedergekehret, Welche Nestor und ich beim Scheideu in Troja verließen? Oder ward einer im Schiffe vom bittern Verderben ereilet, Oder den Freunden im Arme, nachdem er den Krieg vollendet? 490 Also sprach ich; und drauf antwortete jener, und sagte: Warum fragst du mich das, Sohn Atreus? Du mußt nicht alles Wissen, noch meine Gedanken erforschen! Du moͤchtest nicht lange Dich der Thraͤnen enthalten, wenn du das alles erfuͤhrest! Siehe, gefallen sind viele davon, und viele noch uͤbrig; 495 Aber nur zween Heerfuͤhrer der erzgepanzerten Griechen F Oduͤßee. Raffte die Heimfahrt hin; in der Feldschlacht warest du selber. Einer der Lebenden wird im weiten Meere gehalten. Aias versank in die See mit den langberuderten Schiffen. Anfangs rettete zwar den Scheiternden Poseidaon 500 Aus den Fluten des Meers an die großen guͤraischen Felsen. Dort waͤr' Athaͤnens Feind dem verderbenden Schicksal entronnen, Haͤtte der Laͤsterer nicht voll Uebermutes gepralet, Daß er den Goͤttern zum Troz den stuͤrmenden Wogen entfloͤhe. Aber Poseidon vernahm die stolzen Worte des Pralers, 505 Und ergriff mit der nervichten Faust den gewaltigen Dreizack, Schlug den guͤraiischen Fels; und er spaltete schnell von einander. Eine der Truͤmmern blieb; die andre stuͤrzt' in die Fluten, Wo der Achaier saß, und die Gotteslaͤsterung ausstieß; Und er versank ins unendliche hochaufwogende Weltmeer. 510 So fand Aias den Tod, ersaͤuft von der salzigen Welle. Zwar dein Bruder entfloh der schrecklichen Rache der Goͤttin Samt den gebogenen Schiffen; ihn schuͤzte die maͤchtige Haͤraͤ. Haͤraͤ, Juno. Aber als er sich jezo dem Vorgebirge Maleia Naͤherte, rafft' ihn der wirbelnde Sturm, und schleuderte ploͤzlich 515 Ihn, den Jammernden, weit in das fischdurchwimmelte Weltmeer, An die aͤußerste Kuͤste, alwo vor Zeiten Thuͤestaͤs Hatte gewohnt, und jezo Thuͤestaͤs Sohn Aigisthos. Aber ihm schien auch hier die Heimfahrt gluͤcklich zu enden; Denn die Goͤtter wandten den Sturm, und trieben ihn heimwaͤrts. 520 Freudig sprang er vom Schiff ans vaterlaͤndische Ufer, Kuͤßt' und umarmte sein Land, und heiße Thraͤnen entstuͤrzten Vierter Gesang. Seiner Wange, vor Freude, die Heimat wieder zu sehen. Ihn erblickte der Waͤchter auf einer erhabenen Warte, Von Aigisthos bestellt, der zwei Talente des Goldes 525 Ihm zum Lohne versprach. Ein Jahr lang hielt er schon Wache, Daß er nicht heimlich kaͤm', und stuͤrmende Tapferkeit uͤbte. Eilend lief er zur Burg, und brachte dem Koͤnige Botschaft; Und Aigisthos gedachte sogleich des schlauen Betruges. Zwanzig tapfere Maͤnner erlas er im Volk, und verbarg sie; 530 Auf der anderen Seite gebot er, ein Mahl zu bereiten. Jezo ging er, und lud Agamennon, den Hirten der Voͤlker, Prangend mit Roßen und Wagen, sein Herz voll arger Entwuͤrfe; Fuͤhrte den nichts argwoͤhnenden Mann ins Haus, und erschlug ihn Unter den Freuden des Mahls: so erschlaͤgt man den Stier an der Krippe! 535 Keiner entrann dem Tode vom ganzen Gefolg' Agamennons, Und von Aigisthos keiner; sie stuͤrzten im blutigen Saale. Also sagte der Greis. Mir brach das Herz vor Betruͤbniß: Weinend saß ich im Sande des Meers, und wuͤnschte nicht laͤnger Unter den Lebenden hier das Licht der Sonne zu schauen. 540 Aber als ich mein Herz durch Weinen und Waͤlzen erleichtert, Da erhub er die Stimme, der graue untruͤgliche Meergott: Weine nicht immerdar, Sohn Atreus, hemme die Thraͤnen; Denn wir koͤnnen damit nichts beßern! Aber versuche Jezt, aufs eiligste wieder dein Vaterland zu erreichen. 545 Jenen findest du noch lebendig, oder Orestaͤs Toͤdtet ihn schon vor dir: dann kommst du vielleicht zum Begraͤbniß. Also sprach er, und staͤrkte mein edles Herz in dem Busen, So bekuͤmmert ich war, durch seine frohe Verheißung. Und ich redet' ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: 550 Oduͤßee. Dieser Schicksal weiß ich nunmehr. Doch nenne den dritten, Welchen man noch lebendig im weiten Meere zuruͤckhaͤlt, Oder auch todt. Verschweige mir nicht die traurige Botschaft! Also sprach ich; und drauf antwortete jener, und sagte: Das ist der Sohn Laertaͤs, der Ithaka's Fluren bewohnet. 55 5 Ihn sah ich auf der Insel die bittersten Thraͤnen vergießen, In dem Hause der Nuͤmfe Kaluͤpso, die mit Gewalt ihn Haͤlt; und er sehnt sich umsonst nach seiner heimischen Insel: Denn es gebricht ihm dort an Ruderschiffen und Maͤnnern, Ueber den weiten Ruͤcken des Meeres ihn zu geleiten. 56 0 Aber dir bestimmt, o Geliebter von Zeus, Menelaos, Nicht das Schicksal den Tod in der roßenaͤhrenden Argos; Sondern die Goͤtter fuͤhren dich einst an die Enden der Erde, In die elisische Flur, wo der braͤunliche Held Radamanthus Elisium dachte man sich damals in der Gegend der kanarischen Inseln Wohnt, und ruhiges Leben die Menschen immer beseligt: 56 5 (Dort ist kein Schnee, kein Winterorkan, kein gießender Regen; Ewig wehn die Gesaͤusel des leiseathmenden Westes, Welche der Ozean sendet, die Menschen sanft zu kuͤhlen:) Weil du Helena hast, und Zeus als Eidam dich ehret. Also sprach er, und sprang in des Meeres hochwallende Woge. 5 70 Aber ich ging zu den Schiffen mit meinen tapfern Genossen, Schweigend, und viele Gedanken bewegten des Gehenden Seele. Als wir jezo das Schiff und des Meeres Ufer erreichten, Da bereiteten wir das Mahl. Die ambrosische Nacht kam; Und wir lagerten uns am rauschenden Ufer des Meeres. 5 75 Als die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Vierter Gesang. Zogen wir erst die Schiffe hinab in die heilige Meersflut, Stellten die Masten empor, und spannten die schwellenden Segel, Traten dann selber ins Schiff, und sezten uns hin auf die Baͤnke, Saßen in Reihn, und schlugen die graue Woge mit Rudern. 580 Und ich fuhr zum Strome des himmelgenaͤhrten Aiguͤptos, Landete dort, und brachte den Goͤttern heilige Opfer. Und nachdem ich den Zorn der unsterblichen Goͤtter gesuͤhnet, Haͤuft' ich ein Grabmal auf, Agamemnon zum ewigen Nachruhm. Als ich dieses vollbracht, entschifften wir. Guͤnstige Winde 585 Sandten mir jezo die Goͤtter, und fuͤhrten mich schnell zu der Heimat. Aber ich bitte dich, Lieber, verweil in meinem Palaste, Bis der elfte der Tage vorbei ist, oder der zwoͤlfte. Alsdann send' ich dich heim, und schenke dir koͤstliche Gaben: Drei der mutigsten Roße, und einen praͤchtigen Wagen; 590 Auch ein schoͤnes Gefaͤß, damit du den ewigen Goͤttern Opfer gießest, und dich bestaͤndig meiner erinnerst, Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Atreus Sohn, berede mich nicht, hier laͤnger zu bleiben. Denn ich saͤße mit Freuden bei dir ein ganzes Jahr lang, 595 Ohne mich jemals heim nach meinen Eltern zu sehnen: Siehe mit solchem Entzuͤcken erfuͤllt mich deine Erzaͤhlung Und dein Gespraͤch! Allein unwillig harren die Freunde In der goͤttlichen Puͤlos; und du verweilst mich noch laͤnger. Hast du mir ein Geschenk bestimmt, so sei es ein Kleinod. 600 Roße nuͤzen mir nicht in Ithaka; darum behalte Selber diese zur Pracht: du beherschest flache Gefilde, Ueberwachsen mit Klee und wuͤrzeduftendem Galgan, Und mit Weizen und Spelt und weißer fruchtbarer Gerste. Oduͤßee. Aber in Ithaka fehlt es an weiten Ebnen und Wiesen; 605 Ziegen naͤhrt sie: doch lieb' ich sie mehr, als irgend ein Roßland. Keine der Inseln im Meer' ist mutigen Roßen zur Laufbahn Oder zur Weide bequem, und Ithaka minder als alle. Laͤchelnd hoͤrte den Juͤngling der Rufer im Streit Menelaos, Faßte Taͤlemachos Hand, und sprach mit freundlicher Stimme: 610 Edles Gebluͤtes bist du, mein Sohn; das zeuget die Rede! Gerne will ich dir denn die Geschenke veraͤndern; ich kanns ja! Von den Schaͤzen, soviel ich in meinem Hause bewahre, Geb' ich dir zum Geschenk das schoͤnste und koͤstlichste Kleinod: Gebe dir einen Kelch von kuͤnstlicherhobener Arbeit, 615 Aus gelaͤutertem Silber, gefaßt mit goldenem Rande; Und ein Werk von Haͤfaistos! Ihn gab der Sidonier Koͤnig Haͤfaistos, Vulkanus. Faidimos mir, der Held, der einst in seinem Palaste Mich heimkehrenden pflegte. Den will ich jezo dir schenken. Also besprachen diese sich jezo unter einander. 620 Aber die Koͤche gingen ins Haus des goͤttlichen Koͤnigs, Fuͤhreten Ziegen und Schaf', und trugen staͤrkende Weine. Ihre Weiber, geschmuͤckt mit Schleiern, brachten Gebacknes. Also bereiteten sie im hohen Saale die Mahlzeit. Aber vor dem Palast Oduͤßeus schwaͤrmten die Freier, 625 Und belustigten sich, die Scheib' und die Lanze zu werfen, Auf dem geebneten Plaz, wo sie sonst Muthwillen veruͤbten. Nur Antinoos saß und Euruͤmachos, goͤttlich von Ansehn, Beide Haͤupter der Freier, und ihre tapfersten Helden. Aber Fronios Sohn Noaͤmon nahte sich ihnen, 630 Vierter Gesang. Redet' Antinoos an, den Sohn Eupeithaͤs, und fragte: Ist es uns etwa bekannt, Antinoos, oder verborgen, Ob Taͤlemachos bald aus der sandigen Puͤlos zuruͤckkehrt? Mir gehoͤret das Schiff; und jezo brauch' ich es selber, Nach den Anen von Aelis hinuͤber zu fahren. Es weiden 635 Dort zwoͤlf Stuten fuͤr mich, mit jungen lastbaren Maͤulern: Davon moͤcht' ich mir eins abholen, und zaͤhmen zur Arbeit. Sprachs; da erstaunten die Freier, daß er die Reise vollendet Zur naͤlaͤischen Puͤlos: sie glaubten, er waͤr' auf dem Lande, Wo ihn die weidende Heerd' erfreute, oder der Sauhirt. 640 Und Eupeithaͤs Sohn Antinoos gab ihm zur Antwort: Sage mir ohne Falsch: Wann reist' er? Welche Genoßen Folgten aus Ithaka ihm; Freiwillige, oder Gedungne, Und leibeigene Knechte? Wie konnt' er doch dieses vollenden! Dann erzaͤhle mir auch aufrichtig, damit ich es wisse: 645 Brauchte der Juͤngling Gewalt, dir das schwarze Schiff zu entreißen; Oder gabst du es ihm gutwillig, als er dich ansprach? Aber Fronios Sohn Noaͤmon sagte dagegen: Selber gab ich es ihm! Wie wuͤrd' ein Anderer handeln, Wenn ihn ein solcher Mann, mit so bekuͤmmertem Herzen, 650 Baͤte? Es waͤre ja schwer, ihm seine Bitte zu weigern! Aber die Juͤnglinge waren die Tapfersten unseres Volkes, Die ihm folgten; es ging mit diesen, als Fuͤhrer des Schiffes, Mentor, oder ein Gott, der jenen gleich an Gestalt war. Aber das wundert mich: ich sah den treflichen Mentor 655 Gestern Morgen noch hier, und damals fuhr er gen Puͤlos! Also sprach Noaͤmon, und ging zum Hause des Vaters. Aber den beiden wuͤhlte der Schmerz in der stolzen Seele. Oduͤßee. Und die Freier verließen ihr Spiel, und sezten sich nieder. Aber Eupeithaͤs Sohn Antinoos sprach zur Versammlung, 660 Gluͤhend vor Zorn; ihm schwoll von schwarzer stroͤmender Galle Hoch die Brust, und den Augen entfunkelte stralendes Feuer: Wahrlich ein großes Werk hat Taͤlemachos kuͤhnlich vollendet! Diese Reise! Wir dachten, er wuͤrde sie nimmer vollenden; Und troz allen entwischt er, der junge Knabe, wie spielend, 665 Ruͤstet ein Schiff, und waͤhlt sich die tapfersten Maͤnner im Volke! Der verspricht uns hinfort erst Unheil! Aber ihm tilge Zeus die mutige Kraft, bevor er uns Schaden bereitet! Auf! und gebt mir ein ruͤstiges Schiff und zwanzig Gefaͤhrten, Daß ich dem Reisenden selbst auflaure, wann er zuruͤckkehrt, 670 In dem Sunde, der Ithaka trennt und die bergichte Samos; Daß die Fahrt nach dem Vater ein jaͤmmerlich Ende gewinne! Also sprach er; sie lobten ihn all', und reizten ihn staͤrker, Standen dann auf, und gingen ins Haus des edlen Oduͤßeus. Paͤnelopeia blieb nicht lang' unkundig des Rathes, 675 Welchen die Freier jezt in tuͤckischer Seele beschloßen. Denn ihr verkuͤndete Medon, der Herold, welcher den Rathschluß Außer dem Hause belauscht, als jene sich drinnen besprachen. Schnell durcheilt' er die Burg, und brachte der Koͤnigin Botschaft. Als er die Schwelle betrat, da fragt' ihn Paͤnelopeia: 680 Herold, sage, warum dich die stolzen Freier gesendet! Etwa daß du den Maͤgden des hohen Oduͤßeus befehlest, Von der Arbeit zu ruhn, und ihnen das Mahl zu bereiten? Moͤchten die trozigen Freier sich niemals wieder versammeln, Sondern ihr leztes Mahl, ihr leztes! heute genießen! 685 Die ihr hier taͤglich in Schaaren das große Vermoͤgen hinabschlingt, Vierter Gesang. Alle Guͤter des klugen Taͤlemachos! Habt ihr denn niemals, Als ihr noch Kinder wart, von euren Vaͤtern gehoͤret, Wie sich gegen sein Volk Oduͤßeus immer betragen, Wie er keinem sein Recht durch Thaten oder durch Worte 690 Jemals gekraͤnkt? da sonst der maͤchtigen Koͤnige Brauch ist, Daß sie einige Menschen verfolgen, und andre hervorziehn? Aber nie hat Oduͤßeus nach blindem Duͤnkel gerichtet; Und ihr zeiget euch ganz in eurer boͤsen Gesinnung, Da ihr mit Undank nun so viel Wohlthaten vergeltet! 695 Ihr antwortete drauf der gute verstaͤndige Medon: Koͤnigin, waͤre doch dieses von allen das aͤußerste Uebel! Aber ein groͤßeres noch und weit furchtbareres Ungluͤck Hegen die Freier im Sinne, das Zeus Kronion verhuͤte! Deinen Taͤlemachos trachten sie jezt mit dem Schwerte zu toͤdten, 700 Wenn er zur Heimat kehrt. Er forscht nach Kunde vom Vater In der heiligen Puͤlos, und Lakedaimon der großen. Sprachs; und Paͤnelopeien erzitterten Herz und Kniee. Lange vermochte sie nicht, Ein Wort zu reden; die Augen Wurden mit Thraͤnen erfuͤllt, und athmend stockte die Stimme. 705 Endlich erholte sie sich, und gab ihm dieses zur Antwort: Sage mir, Herold, warum mein Sohn denn reiset! Was zwingt ihn, Sich auf die hurtigen Schiffe zu sezen, auf welchen die Maͤnner, Wie mit Roßen des Meers, das große Waßer durcheilen? Will er, daß auch sein Name vertilgt sei unter den Menschen? 710 Ihr antwortete drauf der gute verstaͤndige Medon: Fuͤrstin, ich weiß es nicht, ob ihn ein Himmlischer antrieb, Oder sein eigenes Herz, nach Puͤlos zu schiffen, um Kundschaft Von dem Vater zu suchen, der Heimkehr oder des Todes. Oduͤßee. Als er dieses gesagt, durcheilt' er die Wohnung Oduͤßeus. 715 Seelenangst umstroͤmte die Koͤnigin: ach! sie vermochte Nicht auf den Stuͤhlen zu ruhn, so viel in der Kammer auch waren; Sondern sank auf die Schwelle des schimmerreichen Gemaches Lautwehklagend dahin; und um sie jammerten alle Maͤgde, jung und alt, so viel im Hause nur waren. 720 Und mit heftigem Schluchzen begann izt Paͤnelopeia: O Geliebte, mich waͤhlten vor allen Weibern der Erde, Welche mit mir erwuchsen, die Goͤtter zum Ziele des Jammers! Erst verlor ich deu tapfern Gemahl, den loͤwenbeherzten, Der mit jeglicher Tugend vor allen Achaiern geschmuͤckt war, 725 Tapfer und weitberuͤhmt von Hellas bis mitten in Argos! Und nun raubten mir meinen geliebten Sohn die Orkane Unberuͤhmt aus dem Haus', und ich hoͤrte nichts von der Abfahrt! Ungluͤckselige Maͤdchen, wie konntet ihr alle so hart sein, Daß ihr nicht aus dem Bette mich wecktet, da ihr es wußtet, 730 Als er von hinnen fuhr im schwarzen gebogenen Schiffe! Haͤtt' ich es nur gemerkt, daß er die Reise beschloßen; Wahrlich er waͤre geblieben, wie sehr auch sein Herz ihn dahintrieb, Oder er haͤtte mich todt in diesem Hause verlaßen! Aber man rufe geschwinde mir meinen Diener, den alten 735 Dolios, welchen mein Vater mir mitgab, als ich hieherzog, Und der jezo die Baͤume des Gartens huͤtet; damit er, Hin zu Laertaͤs eilend, ihm dieses alles verkuͤnde! Jener moͤchte vielleicht sich eines Rathes besinnen, Und wehklagend zum Volke hinausgehn, welches nun trachtet, 740 Sein und des goͤttlichen Helden Oduͤßeus Geschlecht zu vertilgen! Ihr antwortete drauf die Pflegerin Euruͤkleia: Vierter Gesang. Liebe Tochter, toͤdte mich gleich mit dem grausamen Erze, Oder laß mich im Haus'; ich kann es nicht laͤnger verschweigen! Alles hab' ich gewußt! Ich gab ihm, was er verlangte, 745 Speise und suͤßen Wein. Doch mußt' ich ihm heilig geloben, Dir nichts eher zu sagen, bevor zwoͤlf Tage vergangen, Oder du ihn vermißtest, und hoͤrtest von seiner Entfernung: Daß du nicht durch Thraͤnen dein schoͤnes Antliz entstelltest. Aber bade dich jezo, und leg' ein reines Gewand an, 750 Geh hinauf in den Soͤller mit deinen Maͤgden, und flehe Pallas Athaͤnen, der Tochter des wetterleuchtenden Gottes. Diese wird ihn gewiß, auch selbst aus dem Tode, erretten! Aber den Greis, den betruͤbten, betruͤbe nicht mehr! Unmoͤglich Ist den seligen Goͤttern der Same des Arkeisiaden Laertaͤs Vater war Arkeisios, ein Sohn von Zeus. 755 Ganz verhaßt; ihm bleibt noch jemand, welcher behersche Diesen hohen Palast und rings die fetten Gefilde! Also sprach sie, und stillte der Koͤnigin weinenden Jammer. Und sie badete sich, und legt' ein reines Gewand an, Ging hinauf in den Soͤller, von ihren Maͤgden begleitet, 760 Trug die heilige Gerst' im Korb', und flehte Athaͤnen: Unbezwungene Tochter des wetterleuchtenden Gottes, Hoͤre mein Flehn: wo dir im Palaste der weise Oduͤßeus Je von Rindern und Schafen die fetten Lenden verbrannt hat, Daß du, deßen gedenkend, den lieben Sohn mir errettest, 765 Und zerstreuest die Freier voll uͤbermuͤtiger Bosheit! Also flehte sie jammernd; ihr Flehn erhoͤrte die Goͤttin. Aber nun laͤrmten die Freier umher in dem schattichten Saale. Oduͤßee. Unter dem Schwarme begann ein uͤbermuͤtiger Juͤngling: Sicher bereitet sich jezo die schoͤne Fuͤrstin zur Hochzeit, 770 Und denkt nicht an den Tod, der ihrem Sohne bevorsteht! Also sprachen die Freier, und wußten nicht, was geschehn war. Aber Eupeithaͤs Sohn Antinoos sprach zur Versammlung: Ungluͤckselige, meidet die uͤbermuͤtigen Reden Allzumal, damit uns im Hause keiner verrathe! 775 Laßt uns jezo vielmehr so still aufstehen, den Rathschluß Auszufuͤhren, den eben die ganze Versammlung gebilligt! Also sprach er, und waͤhlte sich zwanzig tapfere Maͤnner. Und sie eilten zum ruͤstigen Schiff am Strande des Meeres: Zogen zuerst das Schiff hinab ins tiefe Gewaͤßer, 780 Trugen den Mast hinein und die Segel des schwaͤrzlichen Schiffes; Haͤngten darauf die Ruder in ihre ledernen Wirbel, Alles wie sichs gebuͤhrt, und spannten die schimmernden Segel. Ihre Ruͤstungen brachten die uͤbermuͤtigen Diener. Und sie stellten das Schiff im hohen Waßer des Hafens, 785 Stiegen hinein, und nahmen das Mahl, und harrten der Daͤmmrung. Aber Paͤnelopeia im oberen Soͤller des Hauses Legte sich hin, nicht Trank noch Speise kostend, bekuͤmmert: Ob ihr treflicher Sohn entfloͤhe dem Todesverhaͤngniß, Oder ob ihn die Schaar der trozigen Freier besiegte. 790 Wie im Getuͤmmel der Maͤnner die zweifelnde Loͤwin umherblickt, Voller Furcht, denn rings umgeben sie laurende Jaͤger: Also sann sie voll Angst. Doch sanft umfing sie der Schlummer, Und sie entschlief hinsinkend, es loͤsten sich alle Gelenke. Aber ein Neues ersann die heilige Pallas Athaͤnaͤ: 795 Siehe, ein Luftgebild erschuf sie in weiblicher Schoͤnheit, Vierter Gesang. Gleich Isthimen, des großgesinnten Ikarios Tochter, Deren Gemahl Eumaͤlos die Flur um Ferai beherschte. Diese sandte die Goͤttin zum Hause des edlen Oduͤßeus, Daß sie Paͤnelopeia, die jammernde, herzlichbetruͤbte, 800 Ruhen ließe vom Weinen, und ihrer zagenden Schwermut. Und sie schwebt' in die Kammer hinein beim Riemen des Schloßes, Neigte sich uͤber das Haupt der ruhenden Fuͤrstin, und sagte: Schlaͤfst du, Paͤnelopeia, du arme herzlichbetruͤbte? Wahrlich sie wollen es nicht, die seligen Goͤtter des Himmels, 805 Daß du weinst und traurest! Denn wiederkehren zur Heimat Soll dein Sohn; er hat sich mit nichts an den Goͤttern versuͤndigt. Ihr antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia, Aus der suͤßen Betaͤubung im stillen Thore der Traͤume: Warum kamst du hieher, o Schwester? Du hast mich ja nimmer 810 Sonst besucht; denn fern ist deine Wohnung von hinnen! Jezo ermahnst du mich, zu ruhn von meiner Betruͤbniß, Und von der schrecklichen Angst, die meine Seele belastet: Mich, die den tapfern Gemahl verlor, den loͤwenbeherzten, Der mit jeglicher Tugend vor allen Achaiern geschmuͤckt war, 815 Tapfer und weitberuͤhmt von Hellas bis mitten in Argos! Und nun ging mein Sohn, mein geliebter, im Schiffe von hinnen, Noch unmuͤndig, und ungeuͤbt in Thaten und Worten! Diesen bejammre ich jezo noch mehr, als meinen Oduͤßeus! Diesem erzittert mein Herz, und fuͤrchtet, daß ihn ein Unfall 820 Treffe, unter dem Volk, wo er hinfaͤhrt, oder im Meere! Denn es lauren auf ihn viel boͤse Menschen, und trachten Ihn zu ermorden, bevor er in seine Heimat zuruͤckkehrt! Und die dunkle Gestalt der Schwester gab ihr zur Antwort: Oduͤßee. Vierter Gesang. Sei getrost, und entreiße dein Herz der bangen Verzweiflung! 825 Eine solche Gefaͤhrtin begleitet ihn, deren Gesellschaft Andere Maͤnner gewiß gern wuͤnschten, die maͤchtige Goͤttin Pallas Athaͤnaͤ, die sich, o Traurende, deiner erbarmet! Diese sendet mich jezo, damit ich dir solches verkuͤnde. Ihr antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: 830 Bist du der Goͤttinnen eine, und hoͤrtest die Stimme der Goͤttin; O so erzaͤhle mir auch das Schicksal jenes Verfolgten! Lebt er noch irgendwo, das Licht der Sonne noch schauend? Oder ist er schon todt, und in der Schatten Behausung? Und die dunkle Gestalt der Schwester gab ihr zur Antwort: 835 Dieses kann ich dir nicht genau verkuͤnden, ob jener Todt sei, oder noch lebe; und Eitles schwazen ist unrecht. Also sprach die Gestalt, und verschwand beim Schloße der Pforte In sanftwehende Luft. Da fuhr Ikarios Tochter Schnell aus dem Schlummer empor, und freute sich tief in der Seele, 840 Daß ihr ein deutender Traum in der Morgendaͤmmrung erschienen. Aber die Freier im Schiffe befuhren die fluͤßigen Pfade, Um den grausamen Mord Taͤlemachos auszufuͤhren. Mitten im Meere liegt ein kleines felsichtes Eiland, In dem Sunde, der Ithaka trennt und die bergichte Samos, 845 Asteris wird es genannt, wo ein sicherer Hafen die Schiffe Mit zween Armen empfaͤngt. Hier laurten auf ihn die Achaier. Oduͤßee. Fuͤnfter Gesang . U nd die rosige Fruͤhe entstieg des edlen Tithonos Lager, und brachte das Licht den Goͤttern und sterblichen Menschen. Aber die Goͤtter saßen zum Rathe versammelt; mit ihnen Saß der Donnerer Zeus, der alle Dinge beherschet. Und Athaͤnaͤ gedachte der vielen Leiden Oduͤßeus, 5 Welchen Kaluͤpso hielt, und sprach zu der Goͤtter Versammlung: Vater Zeus, und ihr andern, unsterbliche selige Goͤtter, Kuͤnftig befleiße sich keiner der zepterfuͤhrenden Herscher, Huldreich, mild und gnaͤdig zu sein, und die Rechte zu schuͤzen; Sondern er wuͤte nur stets, und frevle mit grausamer Seele! 10 Niemand erinnert sich ja des goͤttergleichen Oduͤßeus Von den Voͤlkern, die er mit Vaterliebe beherschte! Sondern er liegt in der Insel, mit großem Kummer belastet, In dem Hause der Nuͤmfe Kaluͤpso, die mit Gewalt ihn Haͤlt; und wuͤnschet umsonst, die Heimat wiederzusehen: 15 Denn es gebricht ihm dort an Ruderschiffen und Maͤnnern, Ueber den breiten Ruͤcken des Meeres ihn zu geleiten. Jezo beschloßen sie gar des einzigen Sohnes Ermordung, Wann er zur Heimat kehrt; er forscht nach Kunde vom Vater In der goͤttlichen Puͤlos und Lakedaimon der großen. 20 Oduͤßee. Ihr antwortete drauf der Wolkenversammler Kronion: Welche Rede, mein Kind, ist deinen Lippen entflohen? Hast du nicht selber den Rath in deinem Herzen ersonnen, Daß heimkehrend jenen Oduͤßeus Rache vergelte? Aber Taͤlemachos fuͤhre mit Sorgfalt, denn du vermagst es: 25 Daß er ohne Gefahr sein heimisches Ufer erreiche, Und die Freier im Schiffe vergebens wieder zuruͤckziehn. Sprachs, und redete drauf zu seinem Sohne Hermeias: Hermaͤs, meiner Gebote Verkuͤndiger, melde der Nuͤmfe Mit schoͤnwallenden Locken der Goͤtter heiligen Rathschluß 30 Ueber den leidengeuͤbten Oduͤßeus! Er kehre von dannen Ohne der Goͤtter Geleit, und ohne der sterblichen Menschen! Einsam, im vielgebundenen Floß, von Schrecken umstuͤrmet, Komm' er am zwanzigsten Tage zu Scheria's fruchtbaren Auen, Scheria ist der alte Name von Corcyra oder Korsu. In das gluͤckliche Land der goͤtternahen Faiaken! 35 Diese werden ihn hoch, wie einen Unsterblichen, ehren, Und ihn senden im Schiffe zur lieben heimischen Insel, Reichlich mit Erz und Golde beschenkt und praͤchtigen Kleidern, Mehr als jemals der Held von Ilion haͤtte gefuͤhret, Waͤr' er auch ohne Schaden mit seiner Beute gekommen! 40 Also gebeut ihm das Schicksal, die Freunde wiederzuschauen, Und den hohen Palast und seiner Vaͤter Gefilde! Also sprach Kronion. Der ruͤstige Argosbesieger Eilte sofort, und band sich unter die Fuͤße die schoͤnen Goldnen ambrosischen Solen, womit er uͤber die Waßer 45 Und das unendliche Land im Hauche des Windes einherschwebt. Fuͤnfter Gesang. Hierauf nahm er den Stab, womit er die Augen der Menschen Zuschließt, welcher er will, und wieder vom Schlummer erwecket. Diesen hielt er und flog, der tapfere Argosbesieger, Stand auf Pieria still, und senkte sich schnell aus dem Aether Pieria, ein Berg in Mazedonien. 50 Nieder aufs Meer, und schwebte dann uͤber die Flut, wie die Mewe, Die um furchtbare Busen des ungebaͤndigten Meeres Fische faͤngt, und sich oft die fluͤchtigen Fittige nezet: Also beschwebte Hermeias die weithinwallende Flaͤche. Als er die ferne Insel Oguͤgia jezo erreichte, 55 Stieg er aus dem Gewaͤßer des dunkeln Meeres ans Ufer, Wandelte fort, bis er kam zur weiten Grotte der Nuͤmfe Mit schoͤnwallenden Locken, und fand die Nuͤmfe zu Hause. Vor ihr brannt' auf dem Heerd' ein großes Feuer, und fernhin Wallte der liebliche Duft vom brennenden Holze der Zeder 60 Und des Zitronenbaums. Sie sang mit melodischer Stimme, Aemsig ein schoͤnes Gewebe mit goldener Spule zu wirken. Rings um die Grotte wuchs ein Hain voll gruͤnender Baͤume, Pappelweiden und Erlen und duͤftereicher Zipreßen. Unter dem Laube wohnten die breitgefiederten Voͤgel, 65 Eulen und Habichte und breitzuͤngichte Waßerkraͤhen, Welche die Kuͤste des Meers mit gierigem Blicke bestreifen. Um die gewoͤlbete Grotte des Felsens breitet' ein Weinstock Seine schattenden Ranken, behaͤngt mit purpurnen Trauben. Und vier Quellen ergoßen ihr silberblinkendes Waßer, 70 Eine nahe der andern, und schlaͤngelten hierhin und dorthin. Wiesen gruͤnten umher, mit Klee bewachsen und Eppich. G Oduͤßee. Selbst ein unsterblicher Gott verweilete, wann er vorbeiging, Voll Verwunderung dort, und freute sich herzlich des Anblicks. Voll Verwunderung stand der ruͤstige Argosbesieger; 75 Und nachdem er alles in seinem Herzen bewundert, Ging er eilend hinein in die schoͤngewoͤlbete Grotte. Ihn erkannte sogleich die hehre Goͤttin Kaluͤpso: Denn die unsterblichen Goͤtter verkennen nimmer das Antliz Eines anderen Gottes, und wohnt' er auch ferne von dannen. 80 Aber nicht Oduͤßeus den herlichen fand er zu Hause; Weinend saß er am Ufer des Meers. Dort saß er gewoͤhnlich, Und zerquaͤlte sein Herz mit Weinen und Seufzen und Jammern, Und durchschaute mit Thraͤnen die große Wuͤste des Meeres. Aber dem Kommenden sezte die hehre Goͤttin Kaluͤpso 85 Einen praͤchtigen Thron von stralender Arbeit, und fragte: Warum kamst du zu mir, du Gott mit goldenem Stabe, Hermaͤs, geehrter, geliebter? Denn sonst besuchst du mich niemals. Sage, was du verlangst; ich will es gerne gewaͤhren, Steht es in meiner Macht, und sind es moͤgliche Dinge. 90 Aber komm doch naͤher, daß ich dich gastlich bewirte. Also sprach Kaluͤpso, und sezte dem Gotte die Tafel Voll Ambrosia vor, und mischte roͤthlichen Nektar. Und nun aß er und trank, der ruͤstige Argosbesieger. Und nachdem er gegeßen, und seine Seele gelabet; 95 Da begann er und sprach zur hehren Goͤttin Kaluͤpso: Fragst du, warum ich komme, du Goͤttin den Gott? Ich will dir Dieses alles genau verkuͤndigen, wie du befiehlest. Zeus gebot mir hieher, ohn' meinen Willen, zu wandern! Denn wer ginge wohl gern durch dieses salzigen Meeres 100 Fuͤnfter Gesang. Unermeßliche Flut? Ringsum ist keine der Staͤdte, Wo man die Goͤtter mit Opfern und Hekatomben begruͤßet! Aber kein Himmlischer mag dem wetterleuchtenden Gotte Zeus entgegen sich stellen, noch seinen Willen vereiteln. Dieser sagt, es weile der Ungluͤckseligste aller 105 Maͤnner bei dir, die Priamos Stadt neun Jahre bekaͤmpften, Und am zehnten darauf mit Ilions Beute zur Heimat Kehreten, aber Athaͤnaͤ durch Mißethaten erzuͤrnten, Daß sie die Goͤttin mit Sturm und hohen Fluten verfolgte. Alle tapfern Gefaͤhrten versanken ihm dort in den Abgrund; 110 Aber er selbst kam hier, von Sturm und Woge geschleudert. Jezo gebeut dir der Gott, daß du ihn eilig entlaßest. Denn ihm ward nicht bestimmt, hier fern von den Seinen zu sterben; Sondern sein Schicksal ist, die Freunde wiederzuschauen, Und sein praͤchtiges Haus, und seiner Vaͤter Gefilde. 115 Als er es sprach, da erschrak die hehre Goͤttin Kaluͤpso. Und sie redet' ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Grausam seid ihr vor allen und neidisches Herzens, o Goͤtter! Jeglicher Goͤttin verargt ihr die oͤffentliche Vermaͤhlung Mit dem sterblichen Manne, den sie zum Gatten erkohren. 120 Als den schoͤnen Orion die rosenarmige Aeos Raubte, da zuͤrnetet ihr so lang', ihr seligen Goͤtter, Bis in Ortuͤgia ihn die goldenthronende Jungfrau Artemis ploͤzlich erlegte mit ihrem sanften Geschoße. Als in Jasions Arm die schoͤngelockte Daͤmaͤtaͤr, Daͤmaͤtaͤr, Ceres 125 Ihrem Herzen gehorchend, auf dreimalgeackertem Saatfeld Oduͤßee. Seliger Liebe genoß; wie bald erfuhr die Umarmung Zeus, und erschlug ihn im Zorne mit seinem flammenden Donner! Also verargt ihr auch mir des sterblichen Mannes Gemeinschaft, Den ich vom Tode gewann, als er auf zertruͤmmertem Kiele 130 Einsam trieb; denn ihm hatte der Gott hochrollender Donner Mitten im Meere sein Schiff mit dem dampfenden Strale zerschmettert. Alle tapfern Gefaͤhrten versanken ihm dort in den Abgrund; Aber er selbst kam hier von Sturm und Woge geschleudert. Freundlich nahm ich ihn auf, und reicht' ihm Nahrung, und sagte 135 Ihm Unsterblichkeit zu und nimmerverbluͤhende Jugend. Aber kein Himmlischer mag dem wetterleuchtenden Gotte Zeus entgegen sich stellen, noch seinen Willen vereiteln. Moͤg' er denn gehn, wo ihn des Herschers Wille hinwegtreibt, Ueber das wilde Meer! Doch senden werd' ich ihn nimmer; 140 Denn mir gebricht es hier an Ruderschiffen und Maͤnnern, Ueber den weiten Ruͤcken des Meeres ihn zu geleiten. Aber ich will ihm mit Rath beistehn, und nichts ihm verhehlen; Daß er ohne Gefahr die Heimat wieder erreiche. Ihr antwortete drauf der ruͤstige Argosbesieger: 145 Send' ihn also von hinnen, und scheue den großen Kronion, Daß dich der Zuͤrnende nicht mit schrecklicher Rache verfolge! Also sprach er und ging, der tapfere Argosbesieger. Aber Kaluͤpso eilte zum großgesinnten Oduͤßeus, Als die heilige Nuͤmfe Kronions Willen vernommen. 150 Dieser saß am Gestade des Meers, und weinte bestaͤndig. Ach! in Thraͤnen verrann sein suͤßes Leben, voll Sehnsucht Heimzukehren: denn lange nicht mehr gefiel ihm die Nuͤmfe; Sondern er ruhte des Nachts in ihrer gewoͤlbeten Grotte Fuͤnfter Gesang. Ohne Liebe bei ihr, ihn zwang die liebende Goͤttin; 155 Aber des Tages saß er auf Felsen und sandigen Huͤgeln, Und zerquaͤlte sein Herz mit Weinen und Seufzen und Jammern Und durchschaute mit Thraͤnen die große Wuͤste des Meeres. Jezo nahte sich ihm und sprach die herliche Goͤttin: Armer, sei mir nicht immer so traurig, und haͤrme dein Leben 160 Hier nicht ab; ich bin ja bereit, dich von mir zu laßen. Haue zum breiten Floß dir hohe Baͤume, verbinde Dann die Balken mit Erz, und oben befestige Bretter; Daß er uͤber die Wogen des dunkeln Meeres dich trage. Siehe dann will ich dir Brot und Waßer reichen, und rothen 165 Herzerfreuenden Wein, damit dich der Hunger nicht toͤdte; Dich mit Kleidern umhuͤllen, und guͤnstige Winde dir senden: Daß du ohne Gefahr die Heimat wieder erreichest, Wenn es die Goͤtter gestaten, des weiten Himmels Bewohner, Welche hoͤher als ich an Weisheit sind und an Staͤrke. 170 Als sie es sprach, da erschrak der herliche Dulder Oduͤßeus. Und er redte sie an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Wahrlich du denkst ein andres, als mich zu senden', o Goͤttin, Die du mich heißest, im Floße des unermeßlichen Meeres Furchtbare Flut zu durchfahren, die selbst kein kuͤnstlichgebautes 175 Ruͤstiges Schiff durchfaͤhrt, vom Winde Gottes erfreuet! Nimmer besteig' ich den Floß ohn deinen Willen, o Goͤttin, Du willfahrest mir denn, mit hohem Schwur zu geloben, Daß du bei dir nichts andres zu meinem Verderben beschließest! Sprachs; und laͤchelnd vernahm es die hehre Goͤttin Kaluͤpso, 180 Streichelte ihn mit der Hand, und sprach die freundlichen Worte: Wahrlich du bist doch ein Schalk, und unermuͤdet an Vorsicht: Oduͤßee. So bedachtsam und schlau ist alles, was du geredet! Nun mir zeuge die Erde, der weite Himmel dort oben, Und die stuͤgischen Waßer der Tiefe; welches der groͤßte 185 Furchtbarste Eidschwur ist fuͤr alle unsterblichen Goͤtter: Daß ich bei mir nichts anders zu deinem Verderben beschließe! Sondern ich denke so und rede, wie ich mir selber Suchen wuͤrde zu rathen, waͤr' ich in gleicher Bedraͤngniß! Denn ich denke gewiß nicht ganz unbillig, und trage 190 Nicht im Busen ein Herz von Eisen, sondern voll Mitleid! Also sprach sie, und ging, die hehre Goͤttin Kaluͤpso, Eilend voran, und er folgte den Schritten der wandelnden Goͤttin. Und sie kamen zur Grotte, die Goͤttin und ihr Geliebter. Alda sezte der Held auf den Thron sich nieder, auf welchem 195 Hermaͤs hatte geseßen. Ihm reichte die heilige Nuͤmfe Allerlei Speis' und Trank, was sterbliche Maͤnner genießen; Sezte sich dann entgegen dem goͤttergleichen Oduͤßeus, Und Ambrosia reichten ihr Dienerinnen und Nektar. Und sie erhoben die Haͤnde zum leckerbereiteten Mahle. 200 Als sie jezo ihr Herz mit Trank und Speise gesaͤttigt; Da begann das Gespraͤch die hehre Goͤttin Kaluͤpso: Edler Laertiad', erfindungsreicher Oduͤßeus, Also willst du mich nun so bald verlaßen, und wieder In dein geliebtes Vaterland gehn? Nun Gluͤck auf die Reise! 205 Aber wuͤßte dein Herz, wie viele Leiden das Schicksal Dir zu dulden bestimmt, bevor du zur Heimat gelangest; Gerne wuͤrdest du bleiben, mit mir die Grotte bewohnen, Und ein Unsterblicher sein: wie sehr du auch wuͤnschest, die Gattin Wiederzusehn, nach welcher du stets so herzlich dich sehnest! 210 Fuͤnfter Gesang. Glauben darf ich doch wohl, daß ich nicht schlechter als sie bin, Weder an Wuchs noch Bildung! Wie koͤnnten sterbliche Weiber Mit unsterblichen sich an Gestalt und Schoͤnheit vergleichen? Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Zuͤrne mir darum nicht, ehrwuͤrdige Goͤttin! Ich weiß es 215 Selber zu gut, wie sehr der klugen Paͤnelopeia Reiz vor deiner Gestalt und erhabenen Groͤße verschwindet; Denn sie ist nur sterblich, und dich schmuͤckt ewige Jugend. Aber ich wuͤnsche dennoch und sehne mich taͤglich von Herzen, Wieder nach Hause zu gehn, und zu schaun den Tag der Zuruͤckkunft. 220 Und verfolgt mich ein Gott im dunkeln Meere, so will ichs Dulden; mein Herz im Busen ist laͤngst zum Leiden gehaͤrtet! Denn ich habe schon vieles erlebt, schon vieles erduldet, Schrecken des Meers und des Kriegs: so mag auch dieses geschehen! Also sprach er; da sank die Sonne, und Dunkel erhob sich. 225 Beide gingen zur Kammer der schoͤngewoͤlbeten Grotte, Und genoßen der Lieb', und ruheten neben einander. Als die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Da bekleidete sich Oduͤßeus mit Mantel und Leibrock. Aber die Nuͤmfe zog ihr silberfarbnes Gewand an, 230 Fein und zierlichgewebt; und schlang um die Huͤfte den Guͤrtel, Schoͤn mit Golde gestickt; und schmuͤckte das Haupt mit dem Schleier. Eilend besorgte sie jezo die Reise des edlen Oduͤßeus: Gab ihm die maͤchtige Axt, von gehaͤrteten Erze geschmiedet, Unten und oben geschaͤrft, und sicheres Schwunges, und drinnen 235 War ein zierlicher Stiel von Olivenholze befestigt; Gab ihm auch ein geschliffenes Beil, und fuͤhret' ihn jezo An der Insel Gestade voll hoher schattender Baͤume, Oduͤßee. Pappelweiden und Erlen und wolkenberuͤhrender Tannen. Viele waren von Alter verdorrt, und leichter zur Schiffahrt. 240 Als sie den Ort ihm gezeigt, voll hoher schattender Baͤume; Kehrte sie heim zur Grotte, die hehre Goͤttin Kaluͤpso. Und er faͤllte die Baͤum', und vollendete hurtig die Arbeit. Zwanzig stuͤrzt' er in allem, umhaute mit eherner Axt sie, Schlichtete sie mit dem Beil, und nach dem Maaße der Richtschnur. 245 Jezo brachte sie Bohrer, die hehre Goͤttin Kaluͤpso. Und er bohrte die Balken, und fuͤgte sie wohl an einander, Und verband nun den Floß mit ehernen Naͤgeln und Klammern. Von der Groͤße, wie etwa ein kluger Meister im Schiffbau Zimmern wuͤrde den Boden des breiten geraͤumigen Lastschiffs, 250 Baute den breiten Floß der erfindungsreiche Oduͤßeus. Nun umstellt' er ihn dicht mit Pfaͤlen, heftete Bohlen Ringsherum, und schloß das Verdeck mit langen Brettern. Drinnen erhob er den Mast, von der Segelstange durchkreuzet. Endlich zimmert' er sich ein Steuer, die Fahrt zu lenken. 255 Beide Seiten des Floßes beschirmt' er mit weidenen Flechten Gegen die rollende Flut; und fuͤllte den Boden mit Ballast. Jezo brachte sie Tuͤcher, die hehre Goͤttin Kaluͤpso, Segel davon zu schneiden; auch diese bereitet' er kuͤnstlich; Band die Taue des Mastes und segelwendenden Seile; 260 Waͤlzte darauf mit Hebeln den Floß in die heilige Meersflut. Jezt war der vierte Tag, an dem ward alles vollendet. Und am fuͤnften entließ ihn die hehre Goͤttin Kaluͤpso, Frischgebadet, und angethan mit duftenden Kleidern. Und sie legt' in den Floß zween Schlaͤuche, voll schwaͤrzliches Weines 265 Einen, und einen großen voll Waßer; und gab ihm zur Zehrung Fuͤnfter Gesang. Einen geflochtenen Korb voll herzerfreuender Speisen; Ließ dann leise vor ihm ein laues Luͤftchen einherwehn. Freudig spannte der Held im Winde die schwellenden Segel. Und nun sezt' er sich hin ans Ruder, und steuerte kuͤnstlich 270 Ueber die Flut. Ihm schloß kein Schlummer die wachsamen Augen, Auf die Pleiaden gerichtet, und auf Bootaͤs, der langsam Untergeht, und den Baͤren, den andre den Wagen benennen, Welcher im Kreise sich dreht, den Blick nach Orion gewendet, Und allein von allen sich nimmer im Ozean badet. 275 Denn beim Scheiden befahl ihm die hehre Goͤttin Kaluͤpso, Daß er auf seiner Fahrt ihn immer zur Linken behielte. Siebzehn Tage befuhr er die ungeheuren Gewaͤßer. Am achzehnten erschienen die fernen schattigen Berge Von dem faiakischen Lande, denn dieses lag ihm am naͤchsten; 280 Dunkel erschienen sie ihm, wie ein Schild, im Nebel des Meeres. Jezo kam aus dem Lande der Aithiopen Poseidon, Und erblickte fern von der Soluͤmer Bergen Oduͤßeus, Die Soluͤmer waren die alten Bewohner Pisidiens in Kleinasien. Welcher die Wogen befuhr. Da ergrimmt' er noch staͤrker im Geiste, Schuͤttelte zuͤrnend sein Haupt, und sprach in der Tiefe des Herzens: 285 Himmel, es haben gewiß die Goͤtter sich uͤber Oduͤßeus Anders entschloßen, da ich die Aithiopen besuchte! Siehe da naht er sich schon dem faiakischen Lande, dem großen Heiligen Ziele der Leiden, die ihm das Schicksal bestimmt hat! Aber ich meine, er soll mir noch Jammer die Fuͤlle bestehen! 290 Also sprach er, versammelte Wolken, und regte das Meer auf, Mit dem erhobenen Dreizack; rief izt allen Orkanen Aller Enden zu toben, verhuͤllt' in dicke Gewoͤlke Oduͤßee. Meer und Erde zugleich; und dem duͤstern Himmel entsank Nacht. Unter sich stuͤrmten der Ost und der Suͤd und der sausende Westwind, 295 Auch der hellfrierende Nord, und waͤlzte gewaltige Wogen. Und dem edlen Oduͤßeus erzitterten Herz und Kniee; Tiefaufseufzend sprach er zu seiner erhabenen Seele: Weh mir, ich elender Mann! Was werd' ich noch endlich erleben! Ach ich fuͤrchte, die Goͤttin hat lauter Wahrheit geweißagt, 300 Die mir im wilden Meere, bevor ich zur Heimat gelangte, Leiden die Fuͤlle verhieß! Das wird nun alles erfuͤllet! Ha! wie fuͤrchterlich Zeus den ganzen Himmel in Wolken Huͤllt, und das Meer aufregt! Wie sausen die wuͤtenden Stuͤrme Aller Enden daher! Nun ist mein Verderben entschieden! 305 Dreimal selige Griechen und viermal, die ihr in Troja's Weitem Gefilde sankt, der Atreiden Ehre verfechtend! Waͤr' ich doch auch gestorben, und haͤtte die traurige Laufbahn An dem Tage vollendet, als mich, im Getuͤmmel der Troer, Eherne Lanzen umflogen, um unsern erschlagnen Achilleus! 310 Dann waͤr' ich ruͤhmlich bestatet, dann saͤngen mein Lob die Achaier! Aber nun ist mein Loos, des schmaͤhlichen Todes zu sterben! Also sprach er; da schlug die entsezliche Woge von oben Hochherdrohend herab, daß im Wirbel der Floß sich herumriß: Weithin warf ihn der Schwung des erschuͤtterten Floßes, und raubte 315 Ihm aus den Haͤnden das Steur; und mit Einmal stuͤrzte der Mastbaum Krachend hinab vor der Wut der fuͤrchterlich sausenden Windsbraut. Weithin flog in die Wogen die Stang' und das flatternde Segel. Lange blieb er untergetaucht, und strebte vergebens, Unter der ungestuͤm rollenden Flut sich empor zu schwingen; 320 Denn ihn beschwerten die Kleider, die ihm Kaluͤpso geschenket. Fuͤnfter Gesang. Endlich strebt' er empor, und spie aus dem Munde das bittre Waßer des Meers, das stroͤmend von seiner Scheitel herabtroff. Dennoch vergaß er des Floßes auch selbst in der schrecklichen Angst nicht, Sondern schwung sich ihm nach durch reißende Fluten, ergriff ihn, 325 Sezte sich wieder hinein, und entfloh dem Todesverhaͤngniß. Hiehin und dorthin trieben den Floß die Stroͤme des Meeres. Also treibt im Herbste der Nord die verdorreten Diesteln Durch die Gefilde dahin; sie entfliehn in einander geklettet: Also trieben durchs Meer ihn die Winde bald hiehin bald dorthin. 330 Jezo stuͤrmte der Suͤd ihn dem Nordsturm hin zum Verfolgen; Jezo sandte der Ost ihn dem brausenden Weste zum Spiele. Aber Leukothea sah ihn, die schoͤne Tochter des Kadmos, Ino, einst ein Maͤdchen mit heller melodischer Stimme, Ino, die Tochter Kadmos, hieß als Meergoͤttin Leukothea. S. Ramlers Kantate. Nun in den Fluten des Meers der goͤttlichen Ehre genießend. 335 Und sie erbarmete sich des umhergeschleuderten Mannes, Kam wie ein Wasserhuhn empor aus der Tiefe geflogen, Sezte sich ihm auf den Floß, und sprach mit menschlicher Stimme: Armer, beleidigtest du den Erderschuͤttrer Poseidon, Daß er so schrecklich zuͤrnend dir Jammer auf Jammer bereitet? 340 Doch verderben soll er dich nicht, wie sehr er auch eifre! Thu nur, was ich dir sage; du scheinst mir nicht unverstaͤndig. Ziehe die Kleider aus, und laße den Floß in dem Sturme Treiben; spring in die Flut, und schwimme mit strebenden Haͤnden An der Faiaken Land, alwo dir Rettung bestimmt ist. 345 Da, umhuͤlle die Brust mit diesem heiligen Schleier, Und verachte getrost die drohenden Schrecken des Todes. Oduͤßee. Aber sobald du das Ufer mit deinen Haͤnden beruͤhrest, Loͤse den Schleier ab, und wirf ihn ferne vom Ufer In das finstere Meer, mit abgewendetem Antliz. 350 Also sprach die Goͤttin, und gab ihm den heiligen Schleier; Fuhr dann wieder hinab in die hochaufwallende Woge, Aehnlich dem Waßerhuhn, und die schwarze Woge verschlang sie. Und nun sann er umher, der herrliche Dulder Oduͤßeus; Tiefaufseufzend sprach er zu seiner erhabenen Seele: 355 Weh mir! ich fuͤrchte, mich will der Unsterblichen einer von neuem Hintergehn, der mir vom Floße zu steigen gebietet! Aber noch will ich ihm nicht gehorchen; denn eben erblickt' ich Ferne von hinnen das Land, wo jene mir Rettung gelobte. Also will ich es machen, denn dieses scheint mir das Beßte! 360 Weil die Balken noch fest in ihren Banden sich halten, Bleib' ich hier, und erwarte mit duldender Seele mein Schicksal. Aber wann mir den Floß die Gewalt des Meeres zertruͤmmert, Dann will ich schwimmen; ich weiß mir ja doch nicht beßer zu rathen! Als er solche Gedanken im zweifelnden Herzen bewegte, 365 Siehe da sandte Poseidon, der Erdumstuͤrmer, ein hohes Steiles schreckliches Waßergebirg'; und es stuͤrzt' auf ihn nieder. Und wie der stuͤrmende Wind in die trockene Spreu auf der Tenne Ungestuͤm faͤhrt, und im Wirbel sie hiehin und dorthin zerstreuet; Also zerstreute die Flut ihm die Balken. Aber Oduͤßeus 370 Schwung sich auf einen, und saß, wie auf dem Roße der Reuter; Warf die Kleider hinweg, die ihm Kaluͤpso geschenket, Und umhuͤllte die Brust mit Ino's heiligem Schleier. Vorwaͤrts sprang er hinab in das Meer, die Haͤnde verbreitet, Und schwamm eilend dahin. Da sah ihn der starke Poseidon, 375 Fuͤnfter Gesang. Schuͤttelte zuͤrnend sein Haupt, und sprach in der Tiefe des Herzens: So, durchirre mir jezo, mit Jammer behaͤuft, die Gewaͤßer, Bis du die Menschen erreichst, die Zeus vor allen beseligt! Aber ich hoffe, du sollst mir dein Leiden nimmer vergessen! Also sprach er, und trieb die Roße mit fliegender Maͤhne, 380 Bis er gen Aigai kam, zu seiner glaͤnzenden Wohnung. Aigai, wo Poseidon verehrt wurde, lag an der Kuͤste von Euͤb oͤ a. Aber ein neues ersann Athaͤnaͤ, die Tochter Kronions. Eilend feßelte sie den Lauf der uͤbrigen Winde, Daß sie alle verstummten, und hin zur Ruhe sich legten; Und ließ stuͤrmen den Nord, und brach vor ihm die Gewaͤßer: 385 Bis er zu den Faiaken, den ruderliebenden Maͤnnern, Kaͤme, der edle Oduͤßeus, entflohn dem Todesverhaͤngniß. Schon zween Tage trieb er und zwo entsezliche Naͤchte In dem Getuͤmmel der Wogen, und ahndete stets sein Verderben. Als nun die Morgenroͤthe des dritten Tages emporstieg, 390 Siehe da ruhte der Wind; von heiterer Blaͤue des Himmels Glaͤnzte die stille See. Und nahe sah er das Ufer, Als er mit forschendem Blick von der steigenden Welle dahinsah. So erfreulich den Kindern des lieben Vaters Genesung Kommt, der lange schon an brennenden Schmerzen der Krankheit 395 Niederlag und verging, vom feindlichen Daͤmon gemartert; Aber ihn heilen nun zu ihrer Freude die Goͤtter: So erfreulich war ihm der Anblick des Landes und Waldes. Und er strebte mit Haͤnden und Fuͤßen, das Land zu erreichen. Aber so weit entfernt, wie die Stimme des Rufenden schallet, 400 Hoͤrt' er ein dumpfes Getoͤse des Meers, das die Felsen bestuͤrmte. Oduͤßee. Graunvoll donnerte dort an dem schroffen Gestade die hohe Fuͤrchterlich strudelnde Brandung, und weithin sprizte der Meerschaum. Keine Buchten empfingen, noch schirmende Reeden, die Schiffe; Sondern trozende Felsen und Klippen umstarrten das Ufer. 405 Und dem edlen Oduͤßeus erzitterten Herz und Kniee; Tiefaufseufzend sprach er zu seiner erhabenen Seele: Weh mir! nachdem mich Zeus dies Land ohn alles Vermuten Sehen ließ, und ich jezo die stuͤrmenden Waßer durchkaͤmpfet; Oeffnet sich nirgends ein Weg aus dem dunkelwogenden Meere! 410 Zackichte Klippen thuͤrmen sich hier, umtobt von der Brandung Brausenden Strudeln, und dort das glatte Felsengestade! Und das Meer darunter ist tief; man kann es unmoͤglich Mit den Fuͤßen ergruͤnden, um watend ans Land sich zu retten! Wagt' ich durchhin zu gehn, unwiderstehliches Schwunges 415 Schmetterte mich die rollende Flut an die zackichte Klippe! Schwimm' ich aber noch weiter herum, abhaͤngiges Ufer Irgendwo auszuspaͤhn und sichere Busen des Meeres; Ach dann fuͤrcht' ich, ergreift der Orkan mich von neuem, und schleudert Mich schwerseufzenden weit in das fischdurchwimmelte Weltmeer! 420 Oder ein Himmlischer reizt auch ein Ungeheuer des Abgrunds Wider mich auf, aus den Schaaren der furchtbaren Amfitritaͤ! Denn ich weiß es, mir zuͤrnt der gewaltige Kuͤstenerschuͤttrer! Als er solche Gedanken im zweifelnden Herzen bewegte, Warf ihn mit Einmal die rollende Wog' an das schroffe Gestade. 425 Jezo waͤr' ihm geschunden die Haut, die Gebeine zermalmet, Haͤtte nicht Pallas Athaͤnaͤ zu seiner Seele geredet. Eilend umfaßte der Held mit beiden Haͤnden die Klippe, Schmiegte sich keuchend an, bis die rollende Woge vorbei war. Fuͤnfter Gesang. Also entging er ihr jezt. Allein da die Woge zuruͤckkam, 430 Raffte sie ihn mit Gewalt, und schleudert' ihn fern in das Weltmeer. Also wird der Poliep dem festen Lager entrißen; Kiesel haͤngen und Sand an seinen aͤstigen Gliedern: Also blieb an dem Fels von den angeklammerten Haͤnden Abgeschunden die Haut; und die rollende Woge verschlang ihn. 435 Jezo waͤre der Dulder auch wider sein Schicksal gestorben, Haͤtt' ihn nicht Pallas Athaͤnaͤ mit schnellem Verstande geruͤstet. Aber er schwung sich empor aus dem Schwalle der schaͤumenden Brandung, Schwamm herum, und sah nach dem Land', abhaͤngiges Ufer Irgendwo auszuspaͤhn und sichere Busen des Meeres. 440 Jezo hatt' er nun endlich die Muͤndung des herlichen Stromes Schwimmend erreicht. Hier fand er bequem zum Landen das Ufer, Niedrig und felsenleer, und vor dem Winde gesichert. Und er erkannte den stroͤmenden Gott, und betet' im Herzen: Hoͤre mich, Herscher, wer du auch seist, du Sehnlicherflehter! 445 Rette mich aus dem Meer vor dem schrecklichen Grimme Poseidons! Heilig sind ja, auch selbst unsterblichen Goͤttern, die Menschen, Welche von Leiden gedraͤngt um Huͤlfe flehen! Ich winde Mich vor deinem Strome, vor deinen Knieen, in Jammer! Herscher, erbarme dich mein, der deiner Gnade vertrauet! 450 Also sprach er. Da hemmte der Gott die wallenden Fluten, Und verbreitete Stille vor ihm, und rettet' ihn freundlich An das seichte Gestade. Da ließ er die Kniee sinken Und die nervichten Arme; ihn hatten die Wogen entkraͤftet: Alles war ihm geschwollen, ihm floß das salzige Waßer 455 Haͤufig aus Nas' und Mund; der Stimme beraubt und des Athems, Sank er in Ohnmacht hin, erstarrt von der schrecklichen Arbeit. Oduͤßee. Als er zu athmen begann, und sein Geist dem Herzen zuruͤckkam, Loͤst' er ab von der Brust den heiligen Schleier der Goͤttin, Warf ihn eilend zuruͤck in die salzige Welle des Flußes; 460 Und ihn fuͤhrte die Welle den Strom hinunter, und Ino Nahm ihn mit ihren Haͤnden. Nun stieg der Held aus dem Fluße, Legte sich nieder auf Binsen, und kuͤßte die fruchtbare Erde; Tiefaufseufzend sprach er zu seiner erhabenen Seele: Weh mir Armen, was leid' ich, was werd' ich noch endlich erleben! 465 Wenn ich die grauliche Nacht an diesem Strome verweilte, Wuͤrde zugleich der starrende Frost und der thauende Nebel Mich entkraͤfteten, noch ohnmaͤchtigen, gaͤnzlich vertilgen; Denn kalt wehet der Wind aus dem Strome vor Sonnenaufgang! Aber klimm' ich hinan zum waldbeschatteten Huͤgel, 470 Unter dem dichten Gestraͤuche zu schlafen, wenn Frost und Ermattung Anders gestaten, daß mich der suͤße Schlummer befalle: Ach dann werd' ich vielleicht den reißenden Thieren zur Beute! Dieser Gedanke schien dem Zweifelnden endlich der beßte, Hinzugehn in den Wald, der den weitumschauenden Huͤgel 475 Nah am Waßer bewuchs. Hier gruͤneten, ihn zu umhuͤllen, Zwei verschlungne Gebuͤsche, ein wilder und fruchtbarer Oelbaum. Nimmer durchstuͤrmte den Ort die Wut naßhauchender Winde, Ihn erleuchtete nimmer mit warmen Stralen die Sonne, Selbst der gießende Regen durchdrang ihn nimmer: so dicht war 480 Sein Gezweige verwebt. Hier kroch der edle Oduͤßeus Unter, und bettete sich mit seinen Haͤnden ein Lager, Hoch und breit; denn es deckten so viele Blaͤtter den Boden, Daß zween Maͤnner darunter und drei sich haͤtten geborgen Gegen den Wintersturm, auch wann er am schrecklichsten tobte. Fuͤnfter Gesang. Freudig sahe das Lager der herliche Dulder Oduͤßeus, Legte sich mitten hinein, und haͤufte die raßelnden Blaͤtter. Also verbirgt den Brand in grauer Asche der Landmann; Auf entlegenem Felde, von keinem Nachbar umwohnet, Hegt er den Samen des Feuers, um nicht in der Ferne zu zuͤnden: 490 Also verbarg sich der Held in den Blaͤttern. Aber Athaͤnaͤ Deckt' ihm die Augen mit Schlummer, damit sie der schrecklichen Arbeit Qualen ihm schneller entnaͤhme, die lieben Wimper verschließend. H Oduͤßee. Sechster Gesang . A lso schlummerte dort der herliche Dulder Oduͤßeus, Ueberwaͤltigt von Schlaf und Arbeit. Aber Athaͤnaͤ Ging hinein in das Land zur Stadt der faiakischen Maͤnner. Diese wohnten vordem in Huͤpereiens Gefilde, Huͤpereia, eine Stadt in Sizilien. Nahe bei den Kuͤklopen, den uͤbermuͤtigen Maͤnnern, 5 Welche sie immer beraubten, und maͤchtiger waren und staͤrker. Aber sie fuͤhrte von dannen Nausithoos, aͤhnlich den Goͤttern, Brachte gen Scheria sie, fern von den erfindsamen Menschen, Scheria, jezt Korfu. Das adriatische Meer war damals den Grie- chen noch unbekannt. Und umringte mit Mauren die Stadt, und richtete Haͤuser, Baute Tempel der Goͤtter, und theilte dem Volke die Aecker. 10 Dieser war jezo schon todt und in der Schatten Behausung; Und Alkinoos herschte, begabt von den Goͤttern mit Weisheit. Deßen Hause nahte sich jezo Pallas Athaͤnaͤ, Auf die Heimkehr denkend des edelgesinnten Oduͤßeus. Und sie eilte sofort in die praͤchtige Kammer der Jungfrau, 15 Wo Nausikaa schlief, des hohen Alkinoos Tochter, Einer Unsterblichen gleich an Wuchs und reizender Bildung. Sechster Gesang. Und zwei Maͤdchen schliefen, geschmuͤckt mit der Grazien Anmut, Neben den Pfosten, und dicht war die glaͤnzende Pforte verschloßen. Aber sie schwebte, wie wehende Luft, zum Lager der Jungfrau, 20 Neigte sich uͤber ihr Haupt, und sprach mit freundlicher Stimme, Gleich an Gestalt der Tochter des segelkundigen Duͤmas, Ihrer liebsten Gespielin, mit ihr von einerlei Alter; Dieser gleich an Gestalt erschien die Goͤttin, und sagte: Liebes Kind, was bist du mir doch ein laͤßiges Maͤdchen! 25 Deine kostbaren Kleider, wie alles im Wuste herumliegt! Und die Hochzeit steht dir bevor! Da muß doch was schoͤnes Sein fuͤr dich selber, und die, so dich zum Braͤutigam fuͤhren! Denn durch schoͤne Kleider erlangt man ein gutes Geruͤchte Bei den Leuten; auch freun sich deßen, Vater und Mutter. 30 Laß uns denn eilen und waschen, sobald der Morgen sich roͤthet! Ich will deine Gehuͤlfin sein, damit du geschwinder Fertig werdest; denn Maͤdchen, du bleibst nicht lange mehr Jungfrau. Siehe, es werben ja schon die edelsten Juͤngling' im Volke Aller Faiaken um dich; denn du stammst selber von Edlen. 35 Auf! erinnere noch vor der Morgenroͤthe den Vater, Daß er mit Maͤulern dir den Wagen bespanne, worauf man Lade die schoͤnen Gewande, die Guͤrtel und praͤchtigen Decken. Auch fuͤr dich ist es so bequemer, als wenn du zu Fuße Gehen wolltest; denn weit von der Stadt sind die Spuͤlen entlegen. 40 Also redete Zeus blauaͤugichte Tochter, und kehrte Wieder zum hohen Oluͤmpos, der Goͤtter ewigem Wohnsiz, Nie von Orkanen erschuͤttert, vom Regen nimmer beflutet, Nimmer bestoͤbert vom Schnee; die wolkenloseste Heitre Wallet ruhig umher, und deckt ihn mit schimmerndem Glanze: 45 Oduͤßee. Dort erfreut sich ewig die Schaar der seligen Goͤtter. Dorthin kehrte die Goͤttin, nachdem sie das Maͤdchen ermahnet. Und der goldene Morgen erschien, und weckte die Jungfrau Mit den schoͤnen Gewanden. Sie wunderte sich des Traumes. Schnell durcheilte sie jezo die Wohnungen, daß sie den Eltern, 50 Vater und Mutter, ihn sagte; und fand sie beide zu Hause. Diese saß an dem Heerd', umringt von dienenden Weibern, Drehend die zierliche Spindel mit purpurner Wolle; und jener Kam an der Pfort' ihr entgegen: er ging zu der glaͤnzenden Fuͤrsten Rathsversammlung, wohin die edlen Faiaken ihn riefen. 55 Und Nausikaa trat zum lieben Vater, und sagte: Lieber Papa, laß mir doch einen Wagen bespannen, Hoch, mit hurtigen Raͤdern; damit ich die kostbare Kleidung, Die mir im Schmuze liegt, an den Strom hinfahre zum Waschen. Denn dir selber geziemt es, mit reinen Gewanden bekleidet 60 In der Rathsversammlung der hohen Faiaken zu sizen. Und es wohnen im Haus' auch fuͤnf erwachsene Soͤhne, Zween von ihnen vermaͤhlt, und drei noch bluͤhende Knaben; Diese wollen bestaͤndig mit reiner Waͤsche sich schmuͤcken, Wenn sie zum Reigen gehn; und es kommt doch alles auf mich an. 65 Also sprach sie, und schaͤmte sich, von der lieblichen Hochzeit Vor dem Vater zu reden; doch merkt' er alles, und sagte: Weder die Maͤuler, mein Kind, sein dir geweigert, noch sonst was. Geh, es sollen die Knechte dir einen Wagen bespannen, Hoch, mit hurtigen Raͤdern, und einem geflochtenen Korbe. 70 Also sprach er, und rief; und schnell gehorchten die Knechte, Ruͤsteten außer der Halle den Wagen mit rollenden Raͤdern, Fuͤhrten die Maͤuler hinzu, und spanneten sie an die Deichsel. Sechster Gesang. Und Nausikaa trug die koͤstlichen feinen Gewande Aus der Kammer, und legte sie auf den zierlichen Wagen. 75 Aber die Mutter legt' ihr allerlei suͤßes Gebacknes Und Gemuͤs' in ein Koͤrbchen, und gab ihr des edelsten Weines Im geißledernen Schlauch; (und die Jungfrau stieg auf den Wagen;) Gab ihr auch geschmeidiges Oel in goldener Flasche, Daß sie sich nach dem Bade mit ihren Gehuͤlfinnen salbte. 80 Und Nausikaa nahm die Geißel und purpurnen Zuͤgel; Treibend schwang sie die Geißel: und hurtig mit lautem Gepolter Trabten die Maͤuler dahin, und zogen die Waͤsch' und die Jungfrau, Nicht sie allein, sie wurde von ihren Maͤgden begleitet. Als sie nun das Gestade des herlichen Stromes erreichten, 85 Wo sich in rinnende Spuͤlen die nimmerversiegende Fuͤlle Schoͤner Gewaͤßer ergoß, die schmuzigsten Flecken zu saͤubern; Spannten die Jungfraun schnell von des Wagens Deichsel die Maͤuler, Ließen sie an dem Gestade des silberwirbelnden Stromes Weiden im suͤßen Klee, und nahmen vom Wagen die Kleidung, 90 Trugen sie Stuͤck vor Stuͤck in der Gruben dunkles Gewaͤßer, Stampften sie drein mit den Fuͤßen, und eiferten unter einander. Als sie ihr Zeug nun gewaschen und alle Flecken gereinigt, Breiteten sies in Reihen am warmen Ufer des Meeres, Wo die Woge den Strand mit glatten Kieseln bespuͤlet. 95 Und nachdem sie gebadet und sich mit Oele gesalbet, Sezten sie sich zum Mahl am gruͤnen Gestade des Stromes, Harrend, bis ihre Gewand' am Strale der Sonne getrocknet. Als sich Nausikaa jezt und die Dirnen mit Speise gesaͤttigt, Spieleten sie mit dem Ball, und nahmen die Schleier vom Haupte. 100 Unter den Froͤhlichen hub die schoͤne Fuͤrstin ein Lied an. Oduͤßee. Wie die Goͤttin der Jagd durch Eruͤmanthos Gebuͤsche Eruͤmanthos und Taͤugetos, zwei Berge im Peloponnes. Oder Tauͤgetos Hoͤhn mit Koͤcher und Bogen einhergeht, Und sich ergoͤzt, die Eber und schnellen Hirsche zu faͤllen; Um sie spielen die Nuͤmfen, Bewohnerinnen der Felder, 105 Toͤchter des furchtbaren Zeus; und herzlich freuet sich Laͤto; Laͤto, Latona, Dianens Mutter. Denn vor allen erhebt sie ihr Haupt und herliches Antliz, Und ist leicht zu erkennen im ganzen schoͤnen Gefolge: Also ragte vor allen die hohe bluͤhende Jungfrau. Aber da sie nunmehr sich ruͤstete, wieder zur Heimfahrt 110 Anzuspannen die Maͤuler, und ihre Gewande zu falten; Da rathschlagete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ, Wie Oduͤßeus erwachte, und saͤhe die liebliche Jungfrau, Daß sie den Weg ihn fuͤhrte zur Stadt der faiakischen Maͤnner. Und Nausikaa warf den Ball auf eine der Dirnen; 115 Dieser verfehlte die Dirn', und fiel in die wirbelnde Tiefe; Und laut kreischten sie auf. Da erwachte der edle Oduͤßeus, Sizend dacht' er umher im zweifelnden Herzen, und sagte: Weh mir! zu welchem Volke bin ich nun wieder gekommen? Sinds unmenschliche Raͤuber und sittenlose Barbaren; 120 Oder Diener der Goͤtter, und Freunde des heiligen Gastrechts? Eben umtoͤnte mich ein Weibergekreisch, wie der Nuͤmfen, Welche die steilen Haͤupter der Felsengebirge bewohnen, Und die Quellen der Fluͤße und grasbewachsenen Thaͤler! Bin ich hier etwa nahe bei redenden Menschenkindern? 125 Auf! ich selber will hin, und zusehn, was es bedeute! Sechster Gesang. Also sprach er, und kroch aus dem Dickicht, der edle Oduͤßeus, Brach mit der starken Faust sich aus dem dichten Gebuͤsche Einen laubichten Zweig, des Mannes Bloͤße zu decken; Ging dann einher, wie ein Leu des Gebirgs, voll Kuͤhnheit und Staͤrke, 130 Welcher durch Regen und Sturm hinwandelt; die Augen im Haupte Brennen ihm; furchtbar geht er zu Rindern oder zu Schafen, Oder zu fluͤchtigen Hirschen des Waldes; ihn spornet der Hunger Selbst in verschloßene Hoͤf', ein kleines Vieh zu erhaschen: Also ging der Held, in den Kreis schoͤnlockiger Jungfraun 135 Sich zu mischen, so nackend er war; ihn spornte die Noth an. Furchtbar erschien er den Maͤdchen, vom Schlamm des Meeres besudelt; Hiehin und dorthin entflohn sie, und bargen sich hinter die Huͤgel. Nur Nausikaa blieb. Ihr hatte Pallas Athaͤnaͤ Mut in die Seele gehaucht, und die Furcht den Gliedern entnommen. 140 Und sie stand, und erwartete ihn. Da zweifelt' Oduͤßeus: Ob er flehend umfaßte die Kniee der reizenden Jungfrau, Oder, so wie er war, von ferne mit schmeichelnden Worten Baͤte, daß sie die Stadt ihm zeigt', und Kleider ihm schenkte. Dieser Gedanke schien dem Zweifelnden endlich der beßte, 145 So wie er war, von ferne mit schmeichelnden Worten zu flehen; Daß ihm das Maͤdchen nicht zuͤrnte, wenn er die Kniee beruͤhrte. Schmeichelnd begann er sogleich die schlau ersonnenen Worte: Hohe, dir fleh ich; du seist eine Goͤttin, oder ein Maͤdchen! Bist du eine der Goͤttinnen, welche den Himmel beherschen; 150 Siehe so scheinst du mir der Tochter des großen Kronions Artemis gleich an Gestalt, an Groͤße und reizender Bildung! Bist du eine der Sterblichen, welche die Erde bewohnen; Dreimal selig dein Vater und deine trefliche Mutter, Oduͤßee. Dreimal selig die Bruͤder! Ihr Herz muß ja immer von hoher 155 Ueberschwenglicher Wonne bei deiner Schoͤne sich heben, Wenn sie sehn, wie ein solches Gewaͤchs zum Reigen einhergeht! Aber keiner ermißt die Wonne des seligen Juͤnglings, Der, nach großen Geschenken, als Braut zu Hause dich fuͤhret! Denn ich sahe noch nie solch einen sterblichen Menschen, 160 Weder Mann noch Weib! Mit Staunen erfuͤllt mich der Anblick! Ehmals sah ich in Daͤlos, am Altar Foͤbos Apollons, Einen Sproͤßling der Palme von so erhabenem Wuchse. Denn auch dorthin kam ich, von vielem Volke begleitet, Jenes Weges, der mir so vielen Jammer gebracht hat! 165 Und ich stand auch also vor ihm, und betrachtet' ihn lange Staunend; denn solch ein Stamm war nie dem Boden entwachsen. Also bewundre ich dich, und staun', und zittre vor Ehrfurcht, Deine Kniee zu ruͤhren! Doch groß ist mein Elend, o Jungfrau! Gestern am zwanzigsten Tag' entfloh ich dem dunkeln Gewaͤßer; 170 Denn so lange trieb mich die Flut und die wirbelnden Stuͤrme Von der oguͤgischen Insel. Nun warf ein Daͤmon mich hieher, Daß ich auch hier noch dulde! Denn noch erwart' ich des Leidens Ende nicht; mir ward viel mehr von den Goͤttern beschieden! Aber erbarme dich, Hohe! Denn nach unendlicher Truͤbsal 175 Fand ich am ersten dich, und kenne der uͤbrigen Menschen Keinen, welche die Stadt und diese Gefilde bewohnen. Zeige mich hin zur Stadt, und gieb mir ein Stuͤck zur Bedeckung, Etwa ein Wickeltuch, worin du die Waͤsche gebracht hast! Moͤgen die Goͤtter dir schenken, so viel dein Herz nur begehret, 180 Einen Mann und ein Haus, und euch mit seliger Eintracht Segnen! Denn nichts ist beßer und wuͤnschenswehrter auf Erden, Sechster Gesang. Als wenn Mann und Weib, in herzlicher Liebe vereinigt, Ruhig ihr Haus verwalten: den Feinden ein kraͤnkender Anblick, Aber Wonne den Freunden; und mehr noch genießen sie selber! 185 Ihm antwortete drauf die lilienarmige Jungfrau: Keinem geringen Manne noch thoͤrichten gleichst du, o Fremdling. Aber der Gott des Oluͤmpos ertheilet selber den Menschen, Vornehm oder geringe, nach seinem Gefallen ihr Schicksal. Dieser beschied dir dein Loos, und dir geziemt es zu dulden. 190 Jezt, da du unserer Stadt und unsern Gefilden dich nahest, Soll es weder an Kleidung, noch etwas anderm, dir mangeln, Was ungluͤcklichen Fremden, die Huͤlfe suchen, gebuͤhret. Zeigen will ich die Stadt, und des Volkes Namen dir sagen: Wir Faiaken bewohnen die Stadt und diese Gefilde. 195 Aber ich selber bin des hohen Alkinoos Tochter, Dem des faiakischen Volkes Gewalt und Staͤrke vertraut ist. Also sprach sie, und rief den schoͤngelockten Gespielen: Dirnen, steht mir doch still! Wo fliehet ihr hin vor dem Manne? Meinet ihr etwa, er komme zu uns in feindlicher Absicht? 200 Wahrlich der lebt noch nicht, und niemals wird er geboren, Welcher kaͤm' in das Land der faiakischen Maͤnner, mit Feindschaft Unsre Ruhe zu stoͤren; denn sehr geliebt von den Goͤttern, Wohnen wir abgesondert im wogenrauschenden Meere, An dem Ende der Welt, und haben mit keinem Gemeinschaft. 205 Nein, er kommt zu uns, ein armer irrender Fremdling, Deßen man pflegen muß. Denn Zeus gehoͤren ja alle Fremdling' und Darbende an; und kleine Gaben erfreun auch. Kommt denn, ihr Dirnen, und gebt dem Manne zu eßen und trinken; Und dann badet ihn unten im Fluß, wo Schuz vor dem Wind' ist. 210 Oduͤßee. Also sprach sie. Da standen sie still, und riefen einander, Fuͤhrten Oduͤßeus hinab zum schattigen Ufer des Stromes, Wie es Nausikaa hieß, des hohen Alkinoos Tochter; Legten ihm einen Mantel und Leibrock hin zur Bedeckung, Gaben ihm auch geschmeidiges Oel in goldener Flasche, 215 Und geboten ihm jezt, in den Wellen des Flußes zu baden. Und zu den Jungfraun sprach der goͤttergleiche Oduͤßeus: Tretet ein wenig beiseit, ihr Maͤdchen, daß ich mir selber Von den Schultern das Salz abspuͤl', und mich ringsum mit Oele Salbe; denn wahrlich schon lang entbehr' ich dieser Erfrischung! 220 Aber ich bade mich nimmer vor euch; ich wuͤrde mich schaͤmen, Nackend zu stehn, in Gegenwart schoͤnlockiger Jungfraun. Also sprach er; sie gingen beiseit, und sagtens der Fuͤrstin. Und nun wusch in den Strom der edle Dulder das Meersalz, Welches den Ruͤcken ihm und die breiten Schultern bedeckte, 225 Rieb sich dann von dem Haupte den Schaum der wuͤsten Gewaͤßer. Und nachdem er gebadet, und sich mit Oele gesalbet; Zog er die Kleider an, die Geschenke der bluͤhenden Jungfrau. Siehe da schuf ihn Athaͤnaͤ, die Tochter des großen Kronions, Hoͤher und jugendlicher an Wuchs, und goß von der Scheitel 230 Ringelnde Locken herab, wie der Purpurlilien Bluͤthe. Also umgießt ein Mann mit seinem Golde das Silber, Welchen Haͤfaistos selbst und Pallas Athaͤnaͤ die Weisheit Vieler Kuͤnste gelehrt, und bildet reizende Werke: Also umgoß die Goͤttin ihm Haupt und Schultern mit Anmut. 235 Und er ging ans Ufer des Meers, und sezte sich nieder, Stralend von Schoͤnheit und Reiz. Mit Staunen sah ihn die Jungfrau. Leise begann sie, und sprach zu den schoͤngelockten Gespielen: Sechster Gesang. Hoͤret mich an, weißarmige Maͤdchen, was ich euch sage! Nicht von allen Goͤttern verfolgt, die den Himmel bewohnen, 240 Kam der Mann in das Land der goͤttergleichen Faiaken! Anfangs schien er gering' und unbedeutend von Ansehn; Jezo gleicht er den Goͤttern, des weiten Himmels Bewohnern. Wuͤrde mir doch ein Gemahl von solcher Bildung bescheret, Unter den Fuͤrsten des Volks; und gefiel es ihm selber zu bleiben! 245 Aber, ihr Maͤdchen, gebt dem Manne zu eßen und trinken. Also sprach sie; ihr hoͤrten die Maͤgde mit Fleiß, und gehorchten: Nahmen des Tranks und der Speis', und brachtens dem Fremdling am Ufer. Und nun aß er und trank, der herliche Dulder Oduͤßeus, Voller Begier, denn er hatte schon lange nicht Speise gekostet. 250 Und ein Neues ersann die lilienarmige Jungfrau: Lud auf den zierlichen Wagen die wohlgefalteten Kleider, Spannte davor die Maͤuler mit starken Hufen, bestieg ihn, Und ermunterte dann Oduͤßeus, rief ihm und sagte: Fremdling, mache dich auf, in die Stadt zu gehen! Ich will dich 255 Fuͤhren zu meines Vaters, des weisen Helden, Palaste, Wo du auch sehen wirst die edelsten aller Faiaken. Thu nur, was ich dir sage; du scheinst mir nicht unverstaͤndig. Siehe, so lange der Weg durch Felder und Saaten dahingeht, Folge mit meinen Maͤgden dem maͤulerbespanneten Wagen 260 Hurtig zu Fuße nach, wie ich im Wagen euch fuͤhre. Aber sobald wir die Stadt erreichen, welche die hohe Mauer umringt: (An jeglicher Seit' ist ein treflicher Hafen, Und die Einfahrt schmal; denn gleichgezimmerte Schiffe Engen den Weg, und ruhn, ein jedes auf seinem Gestelle. 265 Alda ist auch ein Markt um den schoͤnen Tempel Poseidons, Oduͤßee. Ringsumher mit großen gehauenen Steinen gepflastert; Wo man alle Geraͤthe der schwarzen Schiffe bereitet, Segeltuͤcher und Seile und schoͤngeglaͤttete Ruder. Denn die Faiaken kuͤmmern sich nicht um Koͤcher und Bogen; 270 Aber Masten und Ruder und gleichgezimmerte Schiffe, Diese sind ihre Freude, womit sie die Meere durchfliegen.) Siehe, da mied' ich gerne die boͤsen Geschwaͤze, daß Niemand Uns nachhoͤhnte; man ist sehr uͤbermuͤtig im Volke! Denn es sagte vielleicht ein Niedriger, der uns begegnet: 275 Seht doch, was folgt Nausikaen dort vor ein schoͤner und großer Fremdling? Wo fand sie den? Der soll gewiß ihr Gemahl sein! Holte sie diesen vielleicht aus seinem Schiffe, das fernher Sturm und Woge verschlug? Denn nahe wohnet uns Niemand. Oder kam gar ein Gott auf ihr inbruͤnstiges Flehen 280 Hoch vom Himmel herab, bei ihr zeitlebens zu bleiben? Beßer wars, daß sie selber hinausging, sich aus der Fremde Einen Gemahl zu suchen; denn unsre faiakischen Freier Sind ihr wahrlich zu schlecht, die vielen Soͤhne der Edeln! Also sagten die Leut', und es waͤr' auch wider den Wohlstand. 285 Denn ich tadelte selber an andern solches Verfahren, Wenn man, der Eltern Liebe mit Ungehorsam belohnend, Sich zu Maͤnnern gesellte vor oͤffentlicher Vermaͤhlung. Aber vernim, o Fremdling, was ich dir rathe; wofern du Wuͤnschest, daß bald mein Vater in deine Heimat dich sende. 290 Nah am Weg' ist ein Pappelgehoͤlz, Athaͤnen geheiligt. Ihm entsprudelt ein Quell, und traͤnkt die gruͤnende Wiese, Wo mein Vater ein Haus mit fruchtbaren Gaͤrten gebaut hat, Nur so weit von der Stadt, wie die Stimme des Rufenden schallet. Sechster Gesang. Alda seze dich nieder im Schatten des Haines, und warte, 295 Bis wir kommen zur Stadt, und des Vaters Wohnung erreichen. Aber sobald du meinst, daß wir die Wohnung erreichet; Mache dich auf, und gehe zur Stadt der Faiaken, und frage Dort nach meines Vaters, des hohen Alkinoos, Wohnung. Leicht ist diese zu kennen, der kleinste Knab' auf der Gaße 300 Fuͤhret dich hin. Denn nicht auf gleiche Weise gebauet Sind der Faiaken Palaͤste; des Helden Alkinoos Wohnung Stralt vor allen. Und bist du im ringsumbaueten Vorhof, Dann durcheile den Saal, und geh zur inneren Wohnung Meiner Mutter. Sie sizt am glaͤnzenden Feuer des Heerdes, 305 Drehend die zierliche Spindel mit purpurfarbener Wolle, An die Seule gelehnt; und hinter ihr sizen die Jungfraun. Neben ihr steht ein Thron fuͤr meinen Vater, den Koͤnig, Wo er, wie ein Unsterblicher, ruht, und mit Weine sich labet. Diesen gehe vorbei, und umfaße mit flehenden Haͤnden 310 Unserer Mutter Kniee; damit du den Tag der Zuruͤckkunft Freudig sehest und bald, du wohnest auch ferne von hinnen. Denn ist diese dir nur in ihrem Herzen gewogen, O dann hoffe getrost, die Freunde wiederzusehen, Und dein praͤchtiges Haus, und deiner Vaͤter Gefilde! 315 Also sprach die Fuͤrstin, und zwang mit glaͤnzender Geißel Ihre Maͤuler zum Lauf; sie enteilten dem Ufer des Stromes, Trabten hurtig von dannen, und bogen behende die Schenkel. Aber sie hielt sie im Zuͤgel, damit ihr die Gehenden folgten, Ihre Maͤgd' und Oduͤßeus, und schwang die Geißel mit Klugheit. 320 Und die Sonne sank; und sie kamen zum schoͤnen Gehoͤlze, Pallas heiligem Hain: hier sezt' Oduͤßeus sich nieder. Oduͤßee. Sechster Gesang. Und er betete schnell zur Tochter des großen Kronions: Hoͤre mich, siegende Tochter des wetterleuchtenden Gottes! Hoͤre mich endlich einmal, da du vormals nimmer mich hoͤrtest, 325 Als der gestadumstuͤrmende Gott mich zuͤrnend umherwarf! Laß mich vor diesem Volk Barmherzigkeit finden und Gnade! Also sprach er flehend; ihn hoͤrete Pallas Athaͤnaͤ. Aber noch erschien sie ihm nicht; sie scheute den Bruder Ihres Vaters: er zuͤrnte dem goͤttergleichen Oduͤßeus 330 Unablaͤßig, bevor er die Heimat wieder erreichte. Oduͤßee. Siebenter Gesang . A lso betete dort der herliche Dulder Oduͤßeus. Aber Nausikaa flog in die Stadt mit der Staͤrke der Maͤuler. Als sie die praͤchtige Burg des Vaters jezo erreichte, Hielt sie still an der Pforte des Hofs. Da kamen die Bruͤder Ringsumher, an Gestalt den Unsterblichen aͤhnlich; sie spannten 5 Von dem Wagen die Maͤuler, und trugen die Waͤsch' in die Kammer. Jezo ging sie hinein, und ihre Kammerbediente Zuͤndete Feuer an, die alte Euruͤmedusa. Einst entfuͤhrten die Schiffer sie aus Epeiros, und waͤhlten Fuͤr Alkinoos sie zum Ehrengeschenke, den Koͤnig, 10 Welcher hoch, wie ein Gott, im faiakischen Volke geehrt ward; Und sie erzog ihm die schoͤne Nausikaa in dem Palaste. Als das Feuer nun brannte, besorgte sie hurtig die Mahlzeit. Aber Oduͤßeus ging in die Stadt; und Pallas Athaͤnaͤ Huͤllt' ihn in finstere Nacht, aus Sorge fuͤr ihren Geliebten: 15 Daß ihn nicht auf dem Wege der hochgesinnten Faiaken Einer mit Schmaͤhungen kraͤnkte, noch fragte, von wannen er kaͤme. Als er die schoͤne Stadt der Faiaken jezo erreichte, Da begegnet' ihm Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ. Wie ein bluͤhndes Maͤdchen mit einem Waßergefaͤße, 20 Oduͤßee. Stand sie nahe vor ihm. Da sprach der edle Oduͤßeus: Liebe Tochter, willst du mir nicht Alkinoos Wohnung Zeigen, welchem dies Volk als seinem Koͤnig gehorchet? Denn ich komme zu euch, ein armer irrender Fremdling, Ferne von hier aus dem apischen Land'; und kenne der Menschen Apia war der alte Name vom Peloponnes. 25 Keinen, welche die Stadt und diese Gefilde bewohnen. Ihm antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: Gerne will ich dir, Vater, das Haus, wohin du verlangest, Zeigen; denn nahe dabei wohnt mein rechtschaffener Vater. Gehe so ruhig fort, und folge mir, wie ich dich fuͤhre; 30 Schaue nach keinem Menschen dich um, und rede mit Niemand. Denn die Leute sind hier den Fremden nicht alzu gewogen, Und bewirten sie nicht sehr freundlich, woher sie auch kommen. Sie bekuͤmmern sich nur um schnelle hurtige Schiffe, Ueber die Meere zu fliegen: denn dies gab ihnen Poseidon. 35 Ihre Schiffe sind hurtig wie Fluͤgel, und schnell wie Gedanken. Als sie die Worte geredet, da wandelte Pallas Athaͤnaͤ Eilend voran, und er folgte den Schritten der wandelnden Goͤttin. Ihn bemerkte keiner der segelberuͤhmten Faiaken, Als er die Stadt durchging: die schoͤngelockte Athaͤnaͤ 40 Ließ es nicht zu, die furchtbare Goͤttin, die heiliges Dunkel Ueber sein Haupt hingoß, aus Sorge fuͤr ihren Geliebten. Wundernd sah er die Haͤfen und gleichgezimmerten Schiffe, Und die Versammlungsplaͤze des Volks, und die thuͤrmenden Mauren, Lang und hoch, mit Pfaͤlen umringt, ein Wunder zu schauen! 45 Als sie die praͤchtige Burg des Koͤniges jezo erreichten, Siebenter Gesang. Siehe da redete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: Fremder Vater, hier ist das Haus, wohin du verlangtest, Daß ich dich fuͤhrte. Du wirst die goͤttergesegneten Fuͤrsten Hier am festlichen Schmause versammelt finden; doch gehe 50 Dreist hinein, und fuͤrchte dich nicht! Dem Kuͤhnen gelinget Jedes Beginnen am beßten, und kaͤm' er auch aus der Fremde. Aber suche zuerst die Koͤnigin drinnen im Saale. Diese heißt Araͤtaͤ mit Namen, und ward von denselben Eltern gezeugt, von welchen der Koͤnig Alkinoos herstammt. 55 Denn Nausithoos war des Erdumstuͤrmers Poseidon Und Periboͤens Sohn, der schoͤnsten unter den Weibern, Und des hochgesinnten Euruͤmedons juͤngsten Tochter. Dieser beherschte vordem die ungeheuren Giganten; Aber er stuͤrzte sich selbst und sein frevelndes Volk ins Verderben. 60 Seine Tochter bezwang der Gott, und aus ihrer Gemeinschaft Wuchs Nausithoos auf, der edle Faiakenbeherscher. Und Nausithoos zeugte Alkinoos und Raͤxaͤnor. Dieser starb ohne Soͤhne vom silbernen Bogen Apollons, Neuvermaͤhlt im Palast; die einzige Tochter Araͤtaͤ 65 Seines Bruders nahm Alkinoos drauf zur Gemahlin: Welcher sie ehrt, wie nirgends ein Weib auf Erden geehrt wird, Keines von allen, die jezo das Haus der Maͤnner verwalten. Also wird Araͤtaͤ mit herzlicher Liebe geehret Von Alkinoos selbst, und ihren bluͤhenden Kindern, 70 Und dem Volke, das sie wie eine Goͤttin betrachtet, Und mit Segen begruͤßt, so oft sie die Gaßen durchwandelt. Denn es fehlet ihr nicht an koͤniglichem Verstande, J Oduͤßee. Und sie entscheidet selbst der Maͤnner Zwiste mit Weisheit. Fremdling, ist diese dir nur in ihrem Herzen gewogen; 75 O dann hoffe getrost, die Freunde wiederzusehen, Und dein praͤchtiges Haus und deiner Vaͤter Gefilde! Also redete Zeus blauaͤugichte Tochter, und eilte Ueber das wuͤste Meer aus Scheria's lieblichen Auen, Bis sie gen Marathon kam, und den weiten Gaßen Athaͤnais, Athaͤnai, Athen. 80 In die praͤchtige Wohnung Erechtheus. Aber Oduͤßeus Ging zu Alkinoos hohem Palast. Nun stand er, und dachte Vieles im Herzen, bevor er der ehernen Schwelle sich nahte. Gleich dem Strale der Sonn', und gleich dem Schimmer des Mondes Blinkte des edelgesinnten Alkinoos praͤchtige Wohnung. 85 Eherne Waͤnde liefen an jeglicher Seite des Hauses Tief hinein von der Schwelle, gekroͤnt mit blauem Gesimse. Eine goldene Pforte verschloß die innere Wohnung; Silberne Pfosten, gepflanzt auf ihrer ehernen Schwelle, Trugen den silbernen Kranz; der Ring der Pforte war golden. 90 Jegliche Seit' umstanden die goldnen und silbernen Hunde, Welche Haͤfaistos selbst mit hohem Verstande gebildet, Um des edelgesinnten Alkinoos Wohnung zu huͤten: Drohend standen sie dort, unsterblich und nimmer veralternd. Innerhalb reihten sich Seßel um alle Waͤnde des Saales 95 Tief hinein von der Schwell'; und Teppiche deckten die Seßel, Fein und zierlichgestickt, der Weiber kuͤnstliche Arbeit. Alda saßen stets der Faiaken hohe Beherscher Festlich bei Speis' und Trank, und schmausten von Tage zu Tage. Siebenter Gesang. Goldene Juͤnglinge standen auf schoͤngebauten Altaͤren 100 Ringsumher, und hielten in Haͤnden brennende Fackeln, Um den Gaͤsten im Saale beim naͤchtlichen Schmause zu leuchten, Funfzig Weiber dienten im weiten Palaste des Koͤnigs. Diese bei raßelnden Muͤhlen zermalmeten gelbes Getreide; Jene saßen und webten, und dreheten aͤmsig die Spindel, 105 Anzuschaun, wie die Blaͤtter der hohen wehenden Pappel: Und es glaͤnzte wie Oel die schoͤngewebete Leinwand. Denn gleichwie die Faiaken vor allen uͤbrigen Maͤnnern Hurtige Schiffe zu lenken verstehn; so siegen die Weiber In der Kunst des Gewebes: sie lehrete selber Athaͤnaͤ, 110 Wundervolle Gewande mit klugem Geiste zu wirken. Außer dem Hofe liegt ein Garten, nahe der Pforte, Eine Huf' ins Gevierte, mit ringsumzogener Mauer. Alda streben die Baͤume mit laubichtem Wipfel gen Himmel, Voll balsamischer Birnen, Granaten und gruͤner Oliven, 115 Oder voll suͤßer Feigen, und roͤthlichgesprenkelter Aepfel. Diese tragen bestaͤndig, und mangeln des lieblichen Obstes Weder im Sommer noch Winter; vom linden Weste gefaͤchelt, Bluͤhen die Knospen dort, hier zeitigen schwellende Fruͤchte: Birnen reifen auf Birnen, auf Aepfel roͤthen sich Aepfel, 120 Trauben auf Trauben erdunkeln, und Feigen schrumpfen auf Feigen. Alda prangt auch ein Feld, von edlen Reben beschattet. Einige Trauben dorren auf weiter Ebne des Gartens, An der Sonne verbreitet, und andere schneidet der Winzer, Andere keltert man schon. Hier stehen die Herling' in Reihen, 125 Dort entbluͤhen sie erst, dort braͤunen sich leise die Beeren. An dem Ende des Gartens sind immerduftende Beete, Oduͤßee. Voll balsamischer Kraͤuter und tausendfarbiger Blumen. Auch zwo Quellen sind dort: die eine durchschlaͤngelt den Garten; Und die andere gießt sich unter die Schwelle des Hofes 130 An den hohen Palast, alwo die Buͤrger sie schoͤpfen. Siehe so reichlich schmuͤckten Alkinoos Wohnung die Goͤtter. Lange stand bewundernd der herliche Dulder Oduͤßeus. Und nachdem er alles in seinem Herzen bewundert, Eilet' er uͤber die Schwell', und ging in die stralende Wohnung. 135 Und er fand der Faiaken erhabene Fuͤrsten und Pfleger. Diese goßen des Weines dem ruͤstigen Argosbesieger; Hermaͤs oder Merkur. Denn ihm opferte man zulezt, der Ruhe gedenkend. Schnell durchging er den Saal, der herliche Dulder Oduͤßeus, Rings in Nebel gehuͤllt, den ihm Athaͤnaͤ umgoßen, 140 Bis er Alkinoos fand und seine Gemahlin Araͤtaͤ. Und Oduͤßeus umschlang mit den Haͤnden der Koͤnigin Kniee; Und mit Einmal zerfloß um ihn das heilige Dunkel. Alle verstummten im Saale, da sie den Fremdling erblickten, Und sahn staunend ihn an. Jezt flehte der edle Oduͤßeus: 145 O Araͤtaͤ, du Tochter des goͤttergleichen Raͤxaͤnors, Deinem Gemahle fleh ich und dir, ein bekuͤmmerter Fremdling, Und den Gaͤsten umher! Euch allen schenken die Goͤtter Langes Leben und Heil, und jeder laße den Kindern Reichthum im Hause nach, und die Wuͤrde, die ihm das Volk gab! 150 Aber erbarmet euch mein, und sendet mich eilig zur Heimat; Denn ich irre schon lang', entfernt von den Freunden, in Truͤbsal! Also sprach er, und sezt' am Heerd' in die Asche sich nieder Siebenter Gesang. Neben dem Feur; und alle verstummten umher, und schwiegen. Endlich brach die Stille der graue Held Echenaͤos, 155 Welcher der aͤlteste war der hohen faiakischen Fuͤrsten, An Beredsamkeit reich, und geuͤbt in der Kunde der Vorzeit. Dieser erhub anizo die Stimme der Weisheit, und sagte: Koͤnig, es ziemet sich nicht, und ist den Gebraͤuchen entgegen, Einen Fremdling am Heerd' in der Asche sizen zu laßen. 160 Diese Maͤnner schweigen, und harren deiner Befehle. Auf, und fuͤhre den Fremdling zum silberbeschlagenen Seßel, Daß er bei uns sich seze; und laß die Herolde wieder Fuͤllen mit Weine den Kelch; damit wir dem Gotte des Donners Opfer bringen, der uͤber die Huͤlfeflehenden waltet. 165 Und die Schaffnerin speise von ihrem Vorrat den Fremdling. Als die heilige Macht Alkinoos solches vernommen; Faßt' er die Hand des tapfern erfindungsreichen Oduͤßeus, Richtet' ihn auf aus der Asch', und fuͤhrt' ihn zum schimmernden Seßel Nahe bei sich, und hieß den edlen Laodamas aufstehn, 170 Seinen mutigen Sohn, den er am zaͤrtlichsten liebte. Eine Dienerin trug in der schoͤnen goldenen Kanne Ueber dem silbernen Becken das Waßer, bestroͤmte zum Waschen Ihm die Haͤnd', und stellte vor ihn die geglaͤttete Tafel. Auch die ehrbare Schaffnerin kam, und tischte das Brot auf, 175 Und der Gerichte viel aus ihrem gesammelten Vorrat. Und nun aß er und trank, der herliche Dulder Oduͤßeus. Aber die heilige Macht Alkinoos sprach zu dem Herold: Mische Wein in dem Kelche, Pontonoos; reiche dann allen Maͤnnern im Saal' umher: damit wir dem Gotte des Donners 180 Opfer bringen, der uͤber die Huͤlfeflehenden waltet. Oduͤßee. Sprachs; und Pontonoos mischte des suͤßen Weines im Kelche. Und vertheilte von neuem, sich rechtshin wendend, die Becher. Als sie des Trankes geopfert, und nach Verlangen getrunken, Hub Alkinoos an, und sprach zur edlen Versammlung: 185 Merket auf, der Faiaken erhabene Fuͤrsten und Pfleger, Daß ich rede, wie mir das Herz im Busen gebietet. Jezo, nachdem ihr gespeist, geht heim, und legt euch zur Ruhe. Morgen wollen wir hier noch mehr der Aeltesten laden, Und den Fremdling im Hause bewirten, mit heiligen Opfern 190 Uns die Goͤtter versoͤhnen, und dann die gefoderte Heimfahrt Ueberdenken: damit er, vor Noth und Kummer gesichert, Unter unserm Geleit, in seiner Vaͤter Gefilde Freudig komme, und bald, er wohn' auch ferne von hinnen; Und ihm nicht auf dem Weg' ein neues Uebel begegne, 195 Eh er sein Vaterland erreicht hat. Dort begegn' ihm, Was ihm das Schicksal bestimmt, und die unerbittlichen Schwestern Ihm bei seiner Geburt in den werdenden Faden gesponnen. Aber kam vielleicht der Unsterblichen einer vom Himmel, Wahrlich dann haben mit uns die Goͤtter ein Andres im Sinne! 200 Sonst erscheinen uns stets die Goͤtter in sichtbarer Bildung, Wann wir mit festlicher Pracht der Hekatomben sie gruͤßen; Sizen mit uns in Reihen, und eßen von unserem Mahle. Oft auch, wann ihnen irgend ein einsamer Wandrer begegnet, Huͤllen sie sich in Gestalt: denn wir sind ihnen so nahe, 205 Wie die wilden Kuͤklopen und ungezaͤhmten Giganten. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: O Alkinoos, hege nicht solche Gedanken! Ich sehe Keinem Unsterblichen gleich, die den weiten Himmel bewohnen, Siebenter Gesang. Weder an Kleidung noch Wuchs; ich gleiche sterblichen Menschen. 210 Kennt ihr einen, der euch der ungluͤckseligste aller Sterblichen scheint; ich bin ihm gleich zu achten an Elend! Ja ich wuͤßte vielleicht noch groͤßere Leiden zu nennen, Welche der Goͤtter Rath auf meine Seele gehaͤuft hat! Aber erlaubt mir nun zu eßen, wie sehr ich auch traure. 215 Denn nichts ist unbaͤndiger, als der zuͤrnende Hunger, Der mit tirannischer Wut an sich die Menschen errinnert, Selbst den leidenden Mann mit tiefbekuͤmmerter Seele. Also bin ich von Herzen bekuͤmmert; aber bestaͤndig Fodert er Speis' und Trank, der Wuͤterich! und ich vergeße 220 Alles, was ich gelitten, bis ich den Hunger gesaͤttigt. Aber eilet, ihr Fuͤrsten, sobald der Morgen sich roͤthet, Mich ungluͤcklichen Mann in meine Heimat zu senden! Denn soviel ich erlitten, ich stuͤrbe sogar um den Anblick Meiner Guͤter und Knechte und meines hohen Palastes! 225 Also sprach er; da lobten ihn alle Fuͤrsten, und riethen, Heimzusenden den Gast, weil seine Bitte gerecht war. Als sie des Trankes geopfert, und nach Verlangen getrunken; Gingen sie alle heim, der suͤßen Ruhe zu pflegen. Aber im Saale blieb der goͤttergleiche Oduͤßeus; 230 Neben ihm saß der Koͤnig und seine Gemahlin Araͤtaͤ; Und die Maͤgde raͤumten des Mahls Geraͤthe von hinnen. Jezo begann Araͤtaͤ, die lilienarmige Fuͤrstin; Denn sie erkannte den Mantel und Rock, die schoͤnen Gewande, Welche sie selber gewirkt mit ihren dienenden Jungfraun; 235 Und sie redet' ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Hierum muß ich dich, Fremdling, vor allen Dingen befragen: Oduͤßee. Wer, und von wannen bist du? Wer gab dir diese Gewande? Sagtest du nicht, du kaͤmest hieher vom Sturme verschlagen? Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: 240 Schwer, o Koͤnigin, ist es, dir alle Leiden von Anfang Herzunennen, die mir die himmlischen Goͤtter gesendet. Dennoch will ich dir dieses, warum du mich fragest, erzaͤhlen. Fern auf dem Meere liegt Oguͤgia, eine der Inseln, Wo des Atlas Tochter, die listenreiche Kaluͤpso 245 Wohnet, die schoͤngelockte, die furchtbare Goͤttin. Es pfleget Keiner der Goͤtter mit ihr, und keiner der Menschen, Gemeinschaft. Mich Ungluͤcklichen nur, mich fuͤhrte zu ihrer Behausung Irgend ein Daͤmon, nachdem mir der Gott hochrollender Donner Mitten im Meere mein Schiff mit dem dampfenden Strale zerschmettert! 250 Alle tapfern Gefaͤhrten versanken mir dort in den Abgrund. Aber ich, der den Kiel des zertruͤmmerten Schiffes umschlungen, Trieb neun Tage herum. In der zehnten der schrecklichen Naͤchte Fuͤhrten die Himmlischen mich gen Oguͤgia, wo Kaluͤpso Wohnet, die schoͤngelockte, die furchtbare Goͤttin. Sie nahm mich 255 Freundlich und gastfrei auf, und reichte mir Nahrung, und sagte Mir Unsterblichkeit zu und nimmerverbluͤhende Jugend. Dennoch vermochte sie nimmer mein standhaftes Herz zu bewegen. Sieben Jahre blieb ich bei ihr, und nezte mit Thraͤnen Stets die ambrosischen Kleider, die mir Kaluͤpso geschenket. 260 Als nun endlich das achte der rollenden Jahre gekommen, Da gebot sie mir selber die Heimfahrt; weil es Kronion Ordnete, oder ihr Herz sich geaͤndert hatte. Sie sandte Mich auf vielgebundenem Floß, und schenkte mir reichlich Speise und suͤßen Wein, und gab mir ambrosische Kleider; 265 Siebenter Gesang Ließ dann leise vor mir ein laues Luͤftgen einherwehn. Siebzehn Tage befuhr ich die ungeheuren Gewaͤßer. Am achzehnten erblickt' ich die hohen schattigen Berge Eures Landes von fern, und freute mich herzlich des Anblicks. Ich Ungluͤcklicher! Ach noch viele schreckliche Truͤbsal 270 Stand mir bevor, vom Zorne des Erderschuͤttrers Poseidon! Ploͤzlich hemmt' er die Fahrt mit reißenden Stuͤrmen, nnd hochauf Schwoll das unendliche Meer; und die rollende Woge verbot mir, Daß ich laͤnger im Floße mit bangem Seufzen dahinfuhr: Ihn zerschmetterte schnell die Gewalt der kommenden Windsbraut. 275 Aber schwimmend durchkaͤmpft' ich die ungeheuren Gewaͤßer, Bis mich der Sturm und die Wog' an euer Gestade hinanwarf. Alda haͤtte mich fast ergriffen die strudelnde Brandung, Und an die drohenden Klippen, den Ort des Entsezens, geschmettert. Aber ich eilte zuruͤck, und schwamm herum, bis ich endlich 280 Kam an den Strom. Hier fand ich bequem zum Landen das Ufer, Niedrig und felsenleer, und vor dem Winde gesichert. Und ich sank ohnmaͤchtig ans Land. Die ambrosische Nacht kam. Und ich ging vom Gestade des goͤttlichen Stromes, und legte Mich in ein dichtes Gebuͤsch, und haͤufte verdorrete Blaͤtter 285 Um mich her; da sandte mir Gott unendlichen Schlummer. Unter den Blaͤttern dort, mit tiefbekuͤmmerter Seele, Schlief ich die ganze Nacht, bis zum andern Morgen und Mittag. Als die Sonne sich neigte, verließ mich der liebliche Schlummer. Und am Ufer des Meers erblickt' ich die spielenden Jungfraun 290 Deiner Tochter, mit ihnen sie selbst, den Unsterblichen aͤhnlich. Dieser fleht' ich, und fand ein Maͤdchen voll edler Gesinnung. Wahrlich sie handelte so, wie kaum ihr jugendlich Alter Oduͤßee. Hoffen ließ; denn selten sind juͤngere Leute verstaͤndig. Speise reichte sie mir und funkelnden Wein zur Erquickung, 295 Badete mich im Strom, und schenkte mir diese Gewande. Dieses hab' ich Betruͤbter dir jezt aufrichtig erzaͤhlet. Ihm antwortete drauf Alkinoos wieder, und sagte: Fremdling, doch Eine Pflicht hat meine Tochter verabsaͤumt! Daß sie dich nicht zu uns mit ihren dienenden Jungfraun 300 Fuͤhrte. Du hattest ja ihr zuerst um Huͤlfe geflehet. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Edler, enthalte dich, die trefliche Tochter zu tadeln! Denn sie gebot mir zu folgen mit ihren dienenden Jungfraun; Aber ich weigerte mich, aus Scheu, und weil ich besorgte, 305 Daß sich etwa dein Herz ereiferte, wenn du es saͤhest. Denn wir sind argwoͤhnisch, wir Menschenkinder auf Erden! Ihm antwortete drauf Alkinoos wieder, und sagte: Fremdling, ich trage kein Herz im Busen, welches ohn Ursach Brennte von jaͤhem Zorn. Doch beßer ist immer der Wohlstand. 310 Schaffte doch Vater Zeus, Athaͤnaͤ und Foͤbos Apollon, Daß ein Mann, so wie du, so aͤhnlich mir an Gesinnung, Meine Tochter begehrte, sich mir erboͤte zum Eidam, Und hier bliebe! Ich wollte dir Haus und Habe verehren, Bliebest du willig hier. Doch wider Willen soll Niemand 315 Von den Faiaken dich halten: das wolle Gott nicht gefallen! Deine Heimfahrt aber bestimm' ich di r , daß du es wißest, Morgen. Allein du wirst indeßen liegen und schlafen, Da sie die Stille des Meers durchrudern, bis du erreichest Deine Heimat, dein Haus, und was dir irgendwo lieb ist; 320 Waͤr' es auch von hinnen noch weiter, als selbst Euboͤa. Siebenter Gesang. Denn das liegt sehr ferne: so sagen unsere Leute, Die es sahn, da sie einst Radamanthus den braͤunlichgelockten Fuhren, der Tituͤos dort, den Sohn der Erde, besuchte; Und sie kamen dahin, und vollbrachten an Einem Tage 325 Ohne Muͤhe die Fahrt, und brachten ihn wieder zur Heimat. Lernen sollst du es selber, wie sehr sie vor allen geuͤbt sind, Meine Juͤngling' und Schiffe, mit Rudern das Meer zu durchfliegen! Sprachs; und freudig vernahm es der herliche Dulder Oduͤßeus. Drauf begann er zu reden, und brach in ein lautes Gebet aus: 330 Vater Zeus, o gieb, daß Alkinoos alles vollende, Was er verheißt! Dann stralt auf lebenschenkender Erde Unausloͤschlich sein Ruhm; ich aber kehre zur Heimat! Also besprachen diese sich jezo unter einander. Aber den Maͤgden befahl die lilienarmige Fuͤrstin, 335 Unter die Hall' ein Bette zu sezen, unten von Purpur Praͤchtige Polster zu legen, und Teppiche druͤber zu breiten, Hierauf wollige Maͤntel zur Oberdecke zu legen. Und sie enteilten dem Saal', in den Haͤnden die leuchtende Fackel. Als sie jezo geschaͤftig das warme Lager bereitet, 340 Gingen sie hin, und ermahnten den goͤttergleichen Oduͤßeus: Fremdling, gehe nun schlafen; dein Lager ist schon bereitet. Also die Maͤgd'; und ihm war sehr willkommen die Ruhe. Also schlummerte dort der herliche Dulder Oduͤßeus, Unter der toͤnenden Hall', im schoͤngebildeten Bette. 345 Aber Alkinoos schlief im Innern des hohen Palastes, Und die Koͤnigin schmuͤckte das Ehbett ihres Gemahles. Oduͤßee. Achter Gesang. A ls die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Stand die heilige Macht Alkinoos auf von dem Lager. Auch Oduͤßeus erhub sich, der goͤttliche Staͤdtebezwinger. Und die heilige Macht Alkinoos fuͤhrte den Helden Zu der Faiaken Markte, der bei den Schiffen erbaut war. 5 Alda sezten sie sich auf schoͤngeglaͤttete Steine Neben einander. Die Stadt durchwandelte Pallas Athaͤnaͤ, Gleich an Gestalt dem Herold des weisen Faiakenbeherschers; Auf die Heimkehr denkend des großgesinnten Oduͤßeus, Ging sie umher, und sprach zu jedem begegnenden Manne: 10 Auf, und kommt, der Faiaken erhabene Fuͤrsten und Pfleger, Zu dem Versammlungsplaz, des Fremdlings Bitte zu hoͤren, Welcher neulich im Hause des weisen Alkinoos ankam, Hergestuͤrmt von dem Meer, an Gestalt den Unsterblichen aͤhnlich. Also sprach sie, das Herz in aller Busen erregend. 15 Und es wimmelten schnell die Gaͤng' und Size des Marktes Von dem versammelten Volk. Da schaueten viele bewundernd Auf Laertaͤs erfindenden Sohn; denn Pallas Athaͤnaͤ Hatte mit goͤttlicher Hoheit ihm Haupt und Schultern umgoßen, Hatt' ihn hoͤher an Wuchs und jugendlicher gebildet: 20 Oduͤßee. Achter Gesang. Daß bei allen Faiaken Oduͤßeus Liebe gewoͤnne, Ehrenvoll und hehr, und aus den Spielen der Kaͤmpfer Siegreich ginge, womit die Faiaken ihn wuͤrden versuchen. Als die Versammelten jezt in geschloßener Reihe sich draͤngten, Hub Alkinoos an, und redete zu der Versammlung: 25 Merket auf, der Faiaken erhabene Fuͤrsten und Pfleger, Daß ich rede, wie mir das Herz im Busen gebietet. Dieser Fremdling, (ich kenn' ihn nicht,) ist, irrend vom Morgen Oder vom Abendlande, zu meinem Hause gekommen, Und verlangt nun weiter, und fleht um Bestimmung der Abfahrt. 30 Laßt uns denn jezo die Reise beschleunigen, wie wir gewohnt sind. Denn kein Fremdling, der Schuz in meinen Wohnungen suchet, Harret lange mit Seufzen, daß man zur Heimat ihn sende. Auf! wir wollen ein schwaͤrzliches Schiff von den neusten am Strande Waͤlzen ins heilige Meer, und zweiundfunfzig der beßten 35 Juͤngling' im Volk erlesen, die sich schon vormals gezeiget! Habt ihr die Ruder gehoͤrig an euren Baͤnken befestigt, Dann steigt wieder ans Land, und staͤrkt euch in unserm Palaste Schnell mit Speise zur Fahrt; ich will euch allen bereiten. Dieses ist mein Befehl an die Juͤnglinge. Aber ihr andern 40 Zeptertragenden Fuͤrsten, versammelt euch zu dem Palaste, Daß wir den Fremdling zuvor in meinem Saale bewirten. Niemand weigere sich! Ruft auch den goͤttlichen Saͤnger, Unsern Daͤmodokos her; denn ihm gab Gott uͤberschwaͤnglich Suͤßen Gesang, wovon auch sein Herz zu singen ihn antreibt. 45 Also sprach er, und ging. Die Zeptertragenden alle Folgten ihm; und der Herold enteilte zum goͤttlichen Saͤnger. Aber die zweiundfunfzig erlesenen Juͤnglinge gingen, Oduͤßee. Nach des Koͤnigs Befehl, ans Ufer der wuͤsten Gewaͤßer. Als sie jezo das Schiff am Strande des Meeres erreichten, 50 Zogen sie eilig das schwaͤrzliche Schiff ins tiefe Gewaͤßer, Trugen den Mast hinein und die Segel des schwaͤrzlichen Schiffes, Haͤngten darauf die Ruder in ihre ledernen Wirbel, Alles, wie sichs gehoͤrt, und spannten die schimmernden Segel. Und sie stellten das Schiff im hohen Waßer des Hafens, 55 Gingen dann in die Burg des weisen Faiakenbeherschers. Alda wimmelten schon die Saͤle, die Hallen und Hoͤfe Von den versammelten Gaͤsten; es kamen Juͤngling' und Greise. Aber Alkinoos gab der Schaar zwoͤlf Schafe zum Opfer, Acht weißzahnichte Schwein', und zween schwerwandelnde Stiere. 60 Diese zogen sie ab, und bereiteten hurtig das Gastmahl. Jezo kam auch der Herold, und fuͤhrte den lieblichen Saͤnger, Diesen Vertrauten der Muse, dem Gutes und Boͤses verliehn ward; Denn sie nahm ihm die Augen, und gab ihm suͤße Gesaͤnge. Und Pontonoos sezt' ihm den silberbeschlagenen Seßel, 65 Mitten unter den Gaͤsten, an eine ragende Seule; Haͤngte darauf an den Nagel die lieblichklingende Harfe Ueber des Saͤngers Haupt, und fuͤhrt' ihm die Hand, sie zu finden. Vor ihn stellte der Herold den schoͤnen Tisch und den Eßkorb, Und den Becher voll Weins, zu trinken, wann ihm beliebte. 70 Und sie erhoben die Haͤnde zum leckerbereiteten Mahle. Aber als die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, Trieb die Muse den Saͤnger, das Lob der Helden zu singen. Aus dem Liede, deß Ruhm damals den Himmel erreichte, Waͤhlt' er Oduͤßeus Zank und des Paͤlaͤiden Achilleus: 75 Wie sie einst mit einander am festlichen Mahle der Goͤtter Achter Gesang. Heftig stritten, und sich der Fuͤhrer des Heers Agamemnon Herzlich freute beim Zwiste der tapfersten Helden Achaias. Denn dies Zeichen war ihm von Foͤbos Apollon geweißagt, In der heiligen Puͤtho, da er die steinerne Schwelle Puͤtho hieß nachmals Delfi. 80 Forschend betrat; denn damals entsprang die Quelle der Truͤbsal Fuͤr die Achaier und Troer, durch Zeus des Unendlichen Rathschluß. Dieses sang der beruͤhmte Daͤmodekos. Aber Oduͤßeus Faßte mit nervichten Haͤnden den großen purpurnen Mantel, Zog ihn uͤber das Haupt, und verhuͤllte sein herliches Antliz; 85 Daß die Faiaken nicht die thraͤnenden Wimper erblickten. Als den Trauergesang der goͤttliche Saͤnger geendigt, Trocknet' er schnell die Thraͤnen, und nahm vom Haupte den Mantel, Faßte den doppelten Becher, und goß den Goͤttern des Weines. Aber da jener von neuem begann, und die edlen Faiaken 90 Ihn zum Gesang' ermahnten, vergnuͤgt durch die reizenden Lieder; Huͤllt' Oduͤßeus wieder sein Haupt in den Mantel, und traurte. Allen uͤbrigen Gaͤsten verbarg er die stuͤrzende Thraͤne; Nur Alkinoos sah aufmerksam die Trauer des Fremdlings, Welcher neben ihm saß, und hoͤrte die tiefen Seufzer. 95 Und der Koͤnig begann zu den ruderliebenden Maͤnnern: Merket auf, der Faiaken erhabene Fuͤrsten und Pfleger. Schon hat unsere Herzen das gleichvertheilete Gastmahl Und die Harfe gelabt, des festlichen Mahles Gespielin; Laßt uns denn jezt aufstehen, und alle Kaͤmpfe beginnen: 100 Daß der Fremdling davon bei seinen Freunden erzaͤhle, Wann er zu Hause kommt, wie wir vor allen geuͤbt sind, Oduͤßee. In dem Kampfe der Faust, im Ringen, im Sprung und im Wettlauf. Also sprach er, und ging; es folgten ihm alle Faiaken. Aber der Herold haͤngt' an den Nagel die klingende Harfe, 105 Faßte Daͤmodokos Hand, und fuͤhrt' ihn aus dem Palaste, Ging dann vor ihm einher des Weges, welchen die andern Edlen des Volkes gingen, zu schauen die Spiele der Kaͤmpfer. Und sie eilten, verfolgt vom großen Getuͤmmel des Volkes, Auf den Markt. Da erhuben sich viele der Edlen zum Wettkampf, 110 Stand Akroneos auf, Okuͤalos dann, und Elatreus, Nauteus dann, und Pruͤmneus, Anchialos dann, und Eretmeus, Anabaͤsineos dann, und Ponteus, Proreus, und Thoon, Auch Amfialos, Sohn von Tektons Sohn Poluͤnaͤos, Und Euruͤalos, gleich dem menschenvertilgenden Kriegsgott; 115 Auch Naubolidaͤs kam, an Wuchs und Bildung der schoͤnste Aller schoͤnen Faiaken; Laodamas einzig war schoͤner. Drauf erhuben sich drei von Alkinoos treflichen Soͤhnen: Erst Laodamas, Halios dann, und der Held Kluͤtonaͤos. Diese versuchten zuerst mit einander die Schnelle der Fuͤße. 120 Ihnen ward von dem Stande das Ziel gemeßen, und eilend Flogen sie alle mit Einmal dahin durch die staͤubende Laufbahn. Aber alle besiegte der edle Held Kluͤtonaͤos. So viel Raum vor den Stieren die pfluͤgenden Maͤuler gewinnen, So weit eilte der Held vor den uͤbrigen Laͤufern zum Ziele. 125 Andre versuchten darauf im muͤhsamen Ringen die Kraͤfte, Und Euruͤalos ging von allen Siegern ein Sieger. Aber Amfialos war im Sprunge von allen der beßte; Und die Scheibe zu werfen der beßte von allen Elatreus; Und im Kampfe der Faust besiegte Laodamas alle. 130 Achter Gesang. Als die Kaͤmpfer ihr Herz mit den edlen Spielen erfreuet, Sprach Alkinoos Sohn Laodamas zu der Versammlung: Freunde, kommt und fragt den Fremdling, ob er auch ehmals Kaͤmpfe gelernt und versteht. Unedel ist seine Gestalt nicht, Seine Lenden und Schenkel, und beide nervichten Arme, 135 Und die hohe Brust, und der starke Nacken; auch Jugend Mangelt ihm nicht! Doch hat ihn vielleicht sein Leiden entkraͤftet; Denn nichts schrecklichers ist mir bekannt, als die Schrecken des Meeres, Einen Mann zu verwuͤsten, und waͤr' er auch noch so gewaltig. Ihm antwortete drauf Euruͤalos wieder, und sagte: 140 Wahrlich mit großem Rechte, Laodamas, hast du geredet. Gehe nun selbst, und fodre ihn auf, und reiz' ihn mit Worten! Als der trefliche Sohn Alkinoos solches vernommen, Ging er schnell in die Mitte des Volks, und sprach zu Oduͤßeus! Fremder Vater, auch du mußt dich in den Kaͤmpfen versuchen, 145 Hast du deren gelernt; und sicher verstehst du den Wettkampf. Denn kein groͤßerer Ruhm verschoͤnt ja das Leben der Menschen, Als, den ihnen die Staͤrke der Haͤnd' und Schenkel erstrebet. Auf denn, versuch es einmal, und wirf vom Herzen den Kummer. Deine Reise, die wird nicht lange mehr dauren; das Schiff ist 150 Schon ins Waßer gesenkt, und bereit sind deine Gefaͤhrten. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Warum fodert ihr mich, Laodamas, hoͤhnend zum Wettkampf? Meine Truͤbsal liegt mir naͤher am Herzen, als Kaͤmpfe. Denn ich habe schon vieles erduldet, schon vieles erlitten; 155 Und nun siz' ich hier in eurer Heldenversammlung, Heimverlangend, und flehe dem Koͤnig' und allen Faiaken. K Oduͤßee. Und Euruͤalos gab ihm diese schmaͤhende Antwort: Nein wahrhaftig! o Fremdling, du scheinst mir kein Mann, der auf Kaͤmpfe Sich versteht, so viele bei edlen Maͤnnern bekannt sind; 160 Sondern so einer, der stets vielrudrichte Schiffe befaͤhret, Etwa ein Fuͤhrer des Schiffs, das wegen der Handlung umherkreuzt, Wo du die Ladung besorgst, und jegliche Waare verzeichnest, Und den erscharrten Gewinnst! Ein Kaͤmpfer scheinst du mitnichten! Zuͤrnend schaute auf ihn und sprach der weise Oduͤßeus: 165 Fremdling, du redest nicht fein; du scheinst mir ein troziger Juͤngling. Wiße, Gott verleiht nicht alle vereinigte Anmut Allen sterblichen Menschen: Gestalt und Weisheit und Rede. Denn wie mancher erscheint in unansehnlicher Bildung; Aber es kroͤnet Gott die Worte mit Schoͤnheit; und alle 170 Schaun mit Entzuͤcken auf ihn; er redet sicher und treffend, Mit anmutiger Scheu; ihn ehrt die ganze Versammlung; Und durchgeht er die Stadt, wie ein Himmlischer wird er betrachtet. Mancher andere scheint den Unsterblichen aͤhnlich an Bildung; Aber seinen Worten gebricht die kroͤnende Anmut. 175 Also prangst auch du mit reizender Bildung; nicht schoͤner Bildete selber ein Gott: doch dein Verstand ist nur eitel. Siehe du hast mir das Herz in meinem Busen empoͤret, Weil du nicht billig sprachst! Ich bin kein Neuling im Wettkampf, Wie du eben geschwazt; ich ruͤhmte mich einen der Ersten, 180 Als ich der Jugend noch und meinen Armen vertraute. Jezt umringt mich Kummer und Noth; denn vieles erduldet Hab' ich in Schlachten des Kriegs, und den schrecklichen Wogen des Meeres. Aber auch jezt, so entkraͤftet ich bin, versuch' ich den Wettstreit! Denn an der Seele nagt mir die Red', und du hast mich gefodert! 185 Achter Gesang. Sprachs; und mitsamt dem Mantel erhub er sich, faßte die Scheibe, Welche groͤßer und dicker und noch viel schwerer an Wucht war, Als womit die Faiaken sich unter einander ergoͤzten. Diese schwung er im Wirbel, und warf mit der nervichten Rechte; Und hinsauste der Stein. Da buͤckten sich eilig zur Erden 190 Alle Faiaken, die Fuͤhrer der langberuderten Schiffe, Unter dem stuͤrmenden Stein. Weit uͤber die Zeichen der Andern Flog er, geschnellt von der Faust. Und Athaͤnaͤ sezte das Merkmal, Eines Mannes Gestalt nachahmend, und sprach zu Oduͤßeus: Selbst ein blinder Mann mit tappenden Haͤnden, o Fremdling, 195 Faͤnde dein Zeichen heraus; denn nicht vermischt mit der Menge, Weit vor den uͤbrigen ist es! In diesem Kampfe sei sicher! Kein Faiake wird dich erreichen, oder besiegen. Also rief ihm die Goͤttin. Der herliche Dulder Oduͤßeus Freute sich, einen gewogenen Mann im Volke zu sehen; 200 Und mit leichterem Herzen begann er zu den Faiaken: Schleudert jezo mir nach, ihr Juͤnglinge! Bald soll die andre, Hoff' ich, eben so weit, vielleicht noch weiter, entfliegen! Jeden anderen Kampf, wem Herz und Mut ihn gebietet, Komm' und versuch' ihn mit mir; denn ihr habt mich hoͤchlich beleidigt! 205 Auf die Faust, im Ringen, im Lauf, ich weigre mich keines! Jeder faiakische Mann, nur nicht Laodamas, komme! Denn er ist mein Wirt! Wer kaͤmpfte mit seinem Beschuͤzer? Wahrlich vernunftlos ist und keines Wehrtes der Fremdling, Welcher in fernem Lande den Freund, der ihn speiset und herbergt, 210 Zum Wettkampfe beruft; er opfert sein eigenes Wohl hin. Sonst werd' ich Keinen von euch ausschlagen oder verachten, Sondern jeden erkennen, und seine Staͤrke versuchen, Oduͤßee. So gar schlecht bin ich, traun! in keinem Kampfe der Maͤnner! Wohl versteh' ich die Kunst, den geglaͤtteten Bogen zu spannen; 215 Ja ich traͤfe zuerst im Haufen feindlicher Maͤnner Meinen Mann mit dem Pfeil, und stuͤnden auch viele Genoßen Neben mir, und zielten mit straffem Geschoß auf die Feinde. Filoktaͤtaͤs allein uͤbertraf mich an Kunde des Bogens, Als vor Ilions Stadt wir Achaier im Schnellen uns uͤbten. 220 Doch vor den uͤbrigen Schuͤzen behaupt' ich selber den Vorrang, So viel Sterbliche jezo die Frucht des Halmes genießen. Denn mit der Vorzeit Helden verlang' ich keine Vergleichung, Weder mit Euruͤtos, dem Oechalier, noch mit Haͤraklaͤs, Oechalia, ein beruͤhmter Staat in Theßalien. Haͤraklaͤs, Herkules. Die den Unsterblichen sich an Bogenkunde verglichen. 225 Drum starb Euruͤtos auch so ploͤzlich, ehe das Alter Ihn im Hause beschlich; denn zuͤrnend erschoß ihn Apollon, Weil er ihn selbst, der Vermeßne, zum Bogenstreite gefodert. Und mit dem Wurfspieß treff' ich so weit, als kein andrer mit Pfeilen. Bloß an Schnelle der Fuͤße besorg' ich, daß der Faiaken 230 Einer vielleicht mich besiege. So uͤber die Maßen entkraͤftet Hat mich das stuͤrmende Meer! Denn ich saß nicht eben mit Zehrung Reichlich versorgt im Schiff; drum schwand die Staͤrke den Gliedern. Also sprach er, und alle verstummten umher, und schwiegen. Endlich hub Alkinoos an, und sprach zu Oduͤßeus. 235 Fremdling, wir sagen dir Dank, daß du uns solches verkuͤndest, Und die glaͤnzende Tugend uns aufhuͤllst, die dich begleitet; Zuͤrnend, weil dieser Mann dich vor den Kaͤmpfern geschmaͤht hat. Kuͤnftig soll deine Tugend gewiß kein Sterblicher tadeln, Achter Gesang. Welcher Verstand besizt, anstaͤndige Worte zu reden! 240 Aber hoͤre nun auch mein Wort, damit du es andern Helden erzaͤhlen kannst, wann du in deinem Palaste Sizest bei deinem Weib' und deinen Kindern am Mahle, Und dich unserer Tugend und unserer Thaten erinnerst, Welche bestaͤndig Zeus von der Vaͤter Zeiten uns anschuf. 245 Denn wir suchen kein Lob im Faustkampf, oder im Ringen; Aber die hurtigsten Laͤufer sind wir, und die treflichsten Schiffer, Lieben nur immer den Schmaus, den Reigentanz, und die Laute, Oft veraͤnderten Schmuck, und warme Baͤder, und Ruhe. Auf denn, und spielt vor uns, ihr beßten faiakischen Taͤnzer: 250 Daß der Fremdling davon bei seinen Freunden erzaͤhle, Wann er zu Hause kommt, wie wir vor allen geuͤbt sind, In der Lenkung des Schiffes, im Lauf, im Tanz und Gesange. Einer gehe geschwind', und hole die klingende Harfe Fuͤr Daͤmodokos her, die in unserem Hause wo lieget. 255 Also sagte der Held Alkinoos. Aber der Herold Eilte zur Koͤnigsburg, die klingende Harfe zu holen. Jezo erhuben sich auch die neun Kampfrichter vom Size, Welche das Volk bestellt die edlen Spiele zu ordnen, Maßen und ebneten schnell die schoͤne Flaͤche des Reigens. 260 Aber der Herold kam und brachte die klingende Harfe Fuͤr Daͤmodokos her. Er trat in die Mitte, und um ihn Standen die bluͤhenden Juͤngling', erfahren im bildenden Tanze; Und mit gemeßenen Tritten entschwebten sie. Aber Oduͤßeus Sah voll stiller Bewundrung die fliegende Eile der Fuͤße. 265 Lieblich rauschte die Harfe; dann hub der schoͤne Gesang an. Araͤs Liebe besang und Afroditens der Meister. Oduͤßee. Wie sich beide zuerst in Haͤfaistos praͤchtiger Wohnung Heimlich vermischt. Viel schenkte der Gott, und entehrte des hohen Feuerbeherschers Lager. Doch ploͤzlich bracht' ihm die Botschaft 270 Haͤlios, der sie gesehn in ihrer geheimen Umarmung. Aber sobald Haͤfaistos die kraͤnkende Rede vernommen, Eilet' er schnell in die Eße, mit rachevollen Entwuͤrfen: Stellt auf den Block den gewaltigen Ambos, und schmiedete starke Unaufloͤsliche Ketten, um fest und auf ewig zu binden. 275 Und nachdem er das truͤgliche Werk im Zorne vollendet, Ging er in das Gemach, wo sein Hochzeitbette geschmuͤckt war, Und verbreitete rings um die Pfosten kreisende Bande; Viele spannt er auch oben herab vom Gebaͤlke der Kammer, Zart wie Spinnengewebe, die keiner zu sehen vermoͤchte, 280 Selbst von den seligen Goͤttern: so wunderfein war die Arbeit! Und nachdem er den ganzen Betrug um das Lager verbreitet, Ging er gleichsam zur Stadt der schoͤngebaueten Lemnos, Lemnos, jezt Stalimene, brannte vordem von unterirdischem Feuer. Die er am meisten liebt von allen Laͤndern der Erde. Araͤs schlummerte nicht, der Gott mit goldenen Zuͤgeln, 285 Als er verreisen sahe den kunstberuͤhmten Haͤfaistos. Eilend ging er zum Hause des klugen Feuerbeherschers, Hingerißen von Liebe zu seiner schoͤnen Gemahlin. Afroditaͤ war eben vom maͤchtigen Vater Kronion Heimgekehrt und saß. Er aber ging in die Wohnung, 290 Faßte der Goͤttin Hand, und sprach mit freundlicher Stimme: Komm, Geliebte, zu Bette, der suͤßen Ruhe zu pflegen! Denn Haͤfaistos ist nicht daheim; er wandert vermutlich Achter Gesang. Zu den Sintiern jezt, den rauhen Barbaren in Lemnos. Also sprach er, und ihr war sehr willkommen die Ruhe. 295 Und sie bestiegen das Lager, und schlummerten. Ploͤzlich umschlangen Sie die kuͤnstlichen Bande des klugen Erfinders Haͤfaistos; Und sie vermochten kein Glied zu bewegen oder zu heben. Aber sie merkten es erst, da ihnen die Flucht schon gehemmt war. Jezo nahte sich ihnen der hinkende Feuerbeherscher. 300 Dieser kehrte zuruͤck, bevor er Lemnos erreichte, Denn der lauschende Gott der Sonne sagt' ihm die That an. Eilend ging er zu Hause, mit tiefbekuͤmmerter Seele, Stand in dem Vorsaal still; und der rasende Eifer ergriff ihn. Fuͤrchterlich ruft' er aus, und alle Goͤtter vernahmens: 305 Vater Zeus, und ihr andern, unsterbliche selige Goͤtter! Kommt und schaut den abscheulichen unausstehlichen Frevel: Wie mich lahmen Mann die Tochter Zeus Afroditaͤ Jezo auf immer beschimpft, und Araͤs den Boͤsewicht herzet; Darum, weil jener schoͤn ist und grade von Beinen, ich aber 310 Solche Kruͤppelgestalt! Doch keiner ist schuld an der Laͤhmung. Als die Eltern allein! O haͤtten sie nimmer gezeuget! Aber seht doch, wie beid' in meinem eigenen Bette Ruhn, und der Wollust pflegen! Das Herz zerspringt mir beim Anblick! Kuͤnftig moͤchten sie zwar, auch nicht ein Weilchen, so liegen! 315 Wie verbuhlt sie auch sind, sie werden nicht wieder verlangen, So zu ruhn! Allein ich halte sie fest in der Schlinge, Bis der Vater zuvor mir alle Geschenke zuruͤckgiebt, Die ich als Braͤutigam gab fuͤr sein schamloses Gezuͤchte! Seine Tochter ist schoͤn, allein unbaͤndiges Herzens! 320 Also sprach er. Da eilten zum ehernen Hause die Goͤtter: Oduͤßee. Poseidaon kam, der Erdumguͤrter; und Hermaͤs Kam, der Bringer des Heils; es kam der Schuͤze Apollon. Aber die Goͤttinnen blieben vor Scham in ihren Gemaͤchern. Jezo standen die Goͤtter, die Geber des Guten, im Vorsaal; 325 Und ein langes Gelaͤchter erscholl bei den seligen Goͤttern, Als sie die Kuͤnste sahn des klugen Erfinders Haͤfaistos. Und man wendete sich zu seinem Nachbar, und sagte: Boͤses gedeihet doch nicht; der Langsame haschet den Schnellen! Also ertappt Haͤfaistos, der Langsame, jezo den Araͤs, 330 Welcher am hurtigsten ist von den Goͤttern des hohen Oluͤmpos, Er der Lahme, durch Kunst. Nun buͤßt ihm der Ehebrecher! Also besprachen sich die Himmlischen unter einander. Aber zu Hermaͤs sprach Zeus Sohn, der Herscher Apollon: Hermaͤs, Zeus Gesandter und Sohn, du Geber des Guten, 335 Haͤttest du auch wohl Lust, von so starken Banden gefeßelt, In dem Bette zu ruhn bei der goldenen Afroditaͤ? Ihm erwiederte darauf der geschaͤftige Argosbesieger: O geschaͤhe doch das, ferntreffender Herscher Apollon! Feßelten mich auch dreimal so viel unendliche Bande, 340 Und ihr Goͤtter saͤhet es an, und die Goͤttinnen alle: Siehe so schlief' ich doch bei der goldenen Afroditaͤ! Also sprach er; da lachten laut die unsterblichen Goͤtter. Nur Poseidon lachte nicht mit; er wandte sich bittend Zum kunstreichen Haͤfaistos, den Kriegsgott wieder zu loͤsen. 345 Und er redet' ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Loͤs' ihn! Ich stehe dafuͤr: er soll, wie du es verlangest, Vor den unsterblichen Goͤttern dir alles bezahlen, was recht ist. Drauf antwortete jenem der hinkende Feuerbeherscher: Achter Gesang. Fodere solches nicht, du Erdumguͤrter Poseidon! 350 Elende Sicherheit giebt von Elenden selber die Buͤrgschaft. Sage, wie koͤnnt' ich dich vor den ewigen Goͤttern verbinden, Floͤhe nun Araͤs fort, der Schuld und den Banden entrinnend? Ihm erwiederte drauf der Erderschuͤttrer Poseidon: Nun Haͤfaistos, wofern denn auch Araͤs fliehend hinwegeilt, 355 Um der Schuld zu entgehn; ich selbst will dir dieses bezahlen! Drauf antwortete jenem der hinkende Feuerbeherscher: Unrecht waͤr' es und grob, dir deine Bitte zu weigern. Also sprach er, und loͤste das Band, der starke Haͤfaistos. Und kaum fuͤhlten sich beide der maͤchtigen Feßel entledigt, 360 Sprangen sie hurtig empor. Der Kriegsgott eilte gen Thraͤkaͤ. Thraͤkaͤ, Thrazien. Aber nach Kuͤpros ging Afroditaͤ, die Freundin des Laͤchelns, In den pasischen Hain, zum weihrauchduftenden Altar. Alda badeten sie die Charitinnen, und salbten Sie mit ambrosischem Oele, das ewige Goͤtter verherlicht; 365 Schmuͤckten sie dann mit schoͤnen und wundervollen Gewanden. Also sang der beruͤhmte Daͤmodokos. Aber Oduͤßeus Freute sich des Gesangs von Herzen; es freuten sich mit ihm Alle Faiaken, die Fuͤhrer der langberuderten Schiffe. Und Alkinoos hieß den mutigen Halios einzeln 370 Mit Laodamas tanzen, weil keiner mit ihnen sich wagte. Diese nahmen sogleich den schoͤnen Ball in die Haͤnde, Welchen Poluͤbos kuͤnstlich aus purpurner Wolle gewirket. Einer schleuderte diesen empor zu den schattigen Wolken, Ruͤckwaͤrts gebeugt; dann sprang der andere hoch von der Erde 375 Oduͤßee. Auf, und fing ihn behend', eh sein Fuß den Boden beruͤhrte. Und nachdem sie den Ball gradauf zu schleudern versuchet, Tanzten sie schwebend dahin auf der allernaͤhrenden Erde, Mit oft wechselnder Stellung; die andern Juͤnglinge klappten Rings im Kreise dazu; es stieg ein lautes Getoͤs' auf. 380 Und zu Alkinoos sprach der goͤttergleiche Oduͤßeus: Weitgepriesener Held, Alkinoos, maͤchtigster Koͤnig! Siehe du ruͤhmtest dich der treflichsten Taͤnzer auf Erden, Und du behauptest den Ruhm! Mit Staunen erfuͤllt mich der Anblick. Aber die heilige Macht Alkinoos freute sich innig. 385 Und er redete schnell zu den ruderliebenden Maͤnnern: Merket auf, der Faiaken erhabene Fuͤrsten und Pfleger! Dieser Fremdling scheint mir ein Mann von großem Verstande. Laßt uns ihm ein Geschenk, wie das Gastrecht fodert, verehren. Denn in unserm Volke sind zwoͤlf ehrwuͤrdige Fuͤrsten, 390 Welche Gerechtigkeit uͤben; und mir gehorchen die Zwoͤlfe. Jeder von diesen hole nun einen Mantel und Leibrock, Sauber und fein, samt einem Talente des koͤstlichen Goldes. Dieses wollen wir alle zugleich dem Fremdlinge bringen, Daß er froͤhliches Mutes zum Abendschmause sich seze. 395 Aber Euruͤalos soll mit Worten und mit Geschenken Ihn versoͤhnen; denn nicht anstaͤndig hat er geredet. Also sprach der Koͤnig, und alle riefen ihm Beifall. Schnell, die Geschenke zu holen, entsandte jeder den Herold. Aber Euruͤalos gab dem Koͤnige dieses zur Antwort: 400 Weitgepriesener Held, Alkinoos, maͤchtigster Koͤnig! Gerne will ich den Gast versoͤhnen, wie du befiehlest, Und dies Schwert ihm verehren. Die Kling' ist von Erze geschmiedet, Achter Gesang. Und von Silber das Heft, die elfenbeinerne Scheide Neu vom Kuͤnstler geglaͤttet. Es wird nicht wenig ihm wehrt sein. 405 Also sprach er, und reicht' ihm das Schwert mit silbernen Buckeln; Und er redet' ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Freue dich, Vater und Gast! Und fiel ein kraͤnkendes Wort hier Unter uns vor, so moͤgen es schnell die Stuͤrme verwehen! Dir verleihn die Goͤtter, die Heimat und deine Gemahlin 410 Wieder zu sehn, nachdem du so lang' in Truͤbsal umherirrst! Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Auch du freue dich, Lieber; dich segnen die Goͤtter mit Heile! Und du muͤßest hinfort des Schwertes nimmer beduͤrfen, Welches du mir anjezt mit versoͤhnenden Worten gereicht hast! 415 Sprachs, und haͤngt' um die Schulter das Schwert mit silbernen Buckeln. Und die Sonne sank; da kamen die schoͤnen Geschenke. Edle Herolde trugen sie schnell zu Alkinoos Wohnung. Hier empfingen und legten Alkinoos trefliche Soͤhne Bei der Mutter sie hin, die koͤstlichen Ehrengeschenke. 420 Aber die heilige Macht Alkinoos fuͤhrte die andern; Und sie kamen und sezten auf hohen Thronen sich nieder. Und die heilige Macht Alkinoos sprach zu Araͤtaͤ: Komm, Geliebte, und bring die beßte der zierlichen Laden; Lege darein den schoͤngewaschenen Mantel und Leibrock. 425 Dann sezt Waßer zum Sieden im ehernen Keßel aufs Feuer, Daß er, wenn er zuvor sich gebadet, und neben einander Alle Geschenke gesehn der tadellosen Faiaken, Froher genieße des Mahls, und froher horche dem Liede. Dieses schoͤne Gefaͤß von Golde will ich ihm schenken. 430 Daß er in seinem Palaste fuͤr Zeus und die uͤbrigen Goͤtter Oduͤßee. Opfer gieße, und sich bestaͤndig meiner erinnre. Also sprach er; und schnell gebot Araͤtaͤ den Maͤgden, Eilend ein groß dreifuͤßig Geschirr aufs Feuer zu sezen. Und sie sezten das Badegeschirr auf das lodernde Feuer, 435 Goßen Waßer hinein, und legten Holz an die Flamme; Rings umschlug sie den Bauch des Geschirrs, und es kochte das Waßer. Aber die Koͤnigin brachte dem Fremdling die zierliche Lade Aus der Kammer hervor, und legte die schoͤnen Geschenke, Gold und Kleider, hinein, was ihm die Faiaken gegeben, 440 Legte darauf den Mantel hinein, und den praͤchtigen Leibrock. Und sie redet' ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Siehe nun selbst den Deckel, und schuͤrze behende den Knoten; Daß dich keiner beraub' auf der Heimfahrt, waͤhrend du etwa In dem schwaͤrzlichen Schiffe des suͤßen Schlummers genießest. 445 Als er dieses vernommen, der herliche Dulder Oduͤßeus, Fuͤgt' er den Deckel auf, und schuͤrzte behende den Knoten, Deßen geheime Kunst ihn die maͤchtige Kirkaͤ gelehret. Und die Schaffnerin kam, und bat ihn, eilig zum Baden In die Wanne zu steigen. Ein herzerfreuender Anblick 450 War ihm das warme Bad; denn keiner Pflege genoß er, Seit er die Wohnung verließ der schoͤngelockten Kaluͤpso; Dort ward seiner bestaͤndig wie eines Gottes gepfleget. Als ihn die Maͤgde jezo gebadet, mit Oele gesalbet, Und ihm die Kleider umhuͤllt, den Mantel und praͤchtigen Leibrock, 455 Stieg er hervor aus dem Bad', und ging zu den trinkenden Maͤnnern. Aber Nausikaa stand, geschmuͤckt mit goͤttlicher Schoͤnheit, An der hohen Pforte des schoͤngewoͤlbeten Saales, Und betrachtete wundernd den goͤttergleichen Oduͤßeus; Achter Gesang. Und sie redet' ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: 460 Lebe wohl, o Fremdling, und bleib' in der Heimat auch meiner Eingedenk, da du mir zuerst dein Leben verdanktest. Ihr antwortete darauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: O Nausikaa, Tochter des edlen Faiakenbeherschers, Laße mich jezo nur Zeus, der donnernde Gatte der Haͤraͤ, 465 Gluͤcklich zur Heimat kehren, und schaun den Tag der Zuruͤckkunft! Taͤglich werd' ich auch dort, wie einer Goͤttin, voll Ehrfurcht Dir danksagen; du hast mein Leben gerettet, o Jungfrau! Also sprach er, und sezte sich hin zur Seite des Koͤnigs. Jene theileten schon das Fleisch, und mischten des Weines. 470 Aber der Herold kam, und fuͤhrte den lieblichen Saͤnger, Welchen die Voͤlker verehrten, Daͤmodokos, naͤher, und sezte Ihn in die Mitte des Saals, an die hohe Seule gelehnet. Und dem Herolde rief der erfindungsreiche Oduͤßeus, Und zertheilte den Ruͤcken, sein großes ehrendes Antheil 475 Vom weißzahnichten Schweine, mit frischem Fette bewachsen: Herold, reiche dies Fleisch Daͤmodokos hin, daß er eße. Gerne moͤcht' ich ihm Liebes erweisen, wie sehr ich auch traure. Alle sterblichen Menschen der Erde nehmen die Saͤnger Billig mit Achtung auf und Ehrfurcht; selber die Muse 480 Lehrt sie den hohen Gesang, und waltet uͤber die Saͤnger. Also sprach Oduͤßeus. Der Herold reicht' es dem edlen Helden Daͤmodokos hin; er nahms, und freute sich herzlich. Und sie erhoben die Haͤnde zum leckerbereiteten Mahle. Jezo war die Begierde des Tranks und der Speise gestillet, 485 Und zu Daͤmodokos sprach der erfindungsreiche Oduͤßeus: Wahrlich vor allen Menschen, Daͤmodokos, achtet mein Herz dich! Oduͤßee. Dich hat die Muse gelehrt, Zeus Tochter, oder Apollon! So zum Erstaunen genau besingst du das Schicksal der Griechen, Alles was sie gethan und erduldet im muͤhsamen Kriegszug, 490 Gleich als haͤttest du selbst es gesehen oder gehoͤret. Fahre nun fort, und singe des hoͤlzernen Roßes Erfindung, Welches Epeios baute mit Huͤlfe der Pallas Athaͤnaͤ, Und zum Betrug' in die Burg einfuͤhrte der edle Oduͤßeus, Mit bewaffneten Maͤnnern gefuͤllt, die Troja bezwangen. 495 Wenn du mir dieses auch mit solcher Ordnung erzaͤhlest; Siehe dann will ich sofort es allen Menschen verkuͤnden, Daß ein waltender Gott den hohen Gesang dir verliehn hat. Sprachs; und eilend begann der gottbegeisterte Saͤnger, Wie das Heer der Achaier in schoͤngebordeten Schiffen 500 Von dem Gestade fuhr, nach angezuͤndetem Lager. Aber die andern, gefuͤhrt vom hochberuͤhmten Oduͤßeus, Saßen, von Troern umringt, im Bauche des hoͤlzernen Roßes, Welches die Troer selbst in die Burg von Ilion zogen. Alda stand nun das Roß, und ringsum saßen die Feinde, 505 Hin und her rathschlagend. Sie waren dreifacher Meinung: Diese, das hohle Gebaͤude mit grausamem Erze zu spalten; Jene, es hoch auf den Felsen zu ziehn, und herunter zu schmettern; Andre, es einzuweihen zum Suͤhnungsopfer der Goͤtter. Und der Lezteren Rath war bestimmt erfuͤllet zu werden. 510 Denn das Schicksal beschloß Verderben, wann Troja das große Hoͤlzerne Roß aufnaͤhme, worin die tapfersten Griechen Alle saßen, und Tod und Verderben gen Ilion brachten. Und er sang, wie die Stadt von Achaia's Soͤhnen verheert ward, Welche dem hohlen Bauche des truͤglichen Roßes entstuͤrzten; 515 Achter Gesang. Sang, wie sie hier und dort die stolze Veste bestuͤrmten; Und wie Oduͤßeus schnell zu des edlen Daͤifobos Wohnung Eilte, dem Kriegsgott gleich, samt Atreus Sohn Menelaos, Und wie er dort voll Mutes dem schrecklichsten Kampfe sich darbot, Aber zulezt obsiegte, durch Huͤlfe der hohen Athaͤnaͤ. 520 Dieses sang der beruͤhmte Daͤmodokos. Aber Oduͤßeus Schmolz in Wehmut, Thraͤnen benezten ihm Wimper und Wangen. Also weinet ein Weib, und stuͤrzt auf den lieben Gemahl hin, Der vor seiner Stadt und vor seinem Volke dahinsank, Streitend, den grausamen Tag von der Stadt und den Kindern zu fernen; 525 Jene sieht ihn jezt mit dem Tode ringend und zuckend, Schlingt sich um ihn, und heult laut auf; die Feinde von hinten Schlagen wild mit der Lanze den Ruͤcken ihr und die Schultern, Binden und schleppen als Sklavin sie fort zu Jammer und Arbeit; Und im erbaͤrmlichsten Elend verbluͤhn ihr die reizenden Wangen: 530 So zum Erbarmen entstuͤrzt' Oduͤßeus Augen die Thraͤne. Allen uͤbrigen Gaͤsten verbarg er die stuͤrzende Thraͤne; Nur Alkinoos sah aufmerksam die Trauer des Fremdlings, Welcher neben ihm saß, und hoͤrte die tiefen Senfzer. Und der Koͤnig begann zu den ruderliebenden Maͤnnern: 535 Merket auf, der Faiaken erhabene Fuͤrsten und Pfleger, Und Daͤmodokos halte nun ein mit der klingenden Harfe; Denn nicht alle horchen mit Wohlgefallen dem Liede. Seit wir sizen am Mahl, und der goͤttliche Saͤnger uns vorsingt, Hat er nimmer geruht von seinem traurenden Grame, 540 Unser Gast; ihm druͤckt wohl ein schwerer Kummer die Seele. Jener halte denn ein! Wir wollen alle vergnuͤgt sein, Gast und Wirte zugleich; denn solches fodert der Wohlstand. Oduͤßee. Fuͤr den edlen Fremdling ist diese Feier, des Schiffes Ruͤstung, und die Geschenke, die wir aus Freundschaft ihm geben. 545 Lieb wie ein Bruder ist ein huͤlfeflehender Fremdling Jedem Manne, deß Herz auch nur ein wenig empfindet! Drum verhehle mir nicht durch schlauersonnene Worte, Was ich jezo dich frage. Auch dieses fodert der Wohlstand. Sage, mit welchem Namen benennen dich Vater und Mutter, 550 Und die Buͤrger der Stadt, und welche rings dich umwohnen? Denn ganz namenlos bleibt doch unter den Sterblichen Niemand, Vornehm oder gering, wer einmal von Menschen gezeugt ward; Sondern man nennet jeden, sobald ihn die Mutter geboren. Sage mir auch dein Land, dein Volk und deine Geburtstadt; 555 Daß, dorthin die Gedanken gelenkt, die Schiffe dich bringen. Denn der Faiaken Schiffe beduͤrfen keiner Piloten, Nicht des Steuers einmal, wie die Schiffe der uͤbrigen Voͤlker; Sondern sie wißen von selbst der Maͤnner Gedanken und Willen, Wißen nah und ferne die Staͤdt' und fruchtbaren Laͤnder 560 Jegliches Volks, und durchlaufen geschwinde die Fluten des Meeres, Eingehuͤllt in Nebel und Nacht. Auch darf man nicht fuͤrchten, Daß das stuͤrmende Meer sie beschaͤdige oder verschlinge. Nur erzaͤhlete mir mein Vater Nausithoos ehmals, Daß uns Poseidaon der Erderschuͤtterer zuͤrne, 565 Weil wir ohne Gefahr jedweden zu Schiffe geleiten; Dieser wuͤrde dereinst ein ruͤstiges Schiff der Faiaken, Das vom Geleiten kehrte, im dunkelwogenden Meere Ploͤzlich verderben, und rings um die Stadt ein hohes Gebirg ziehn. So weißagte der Greis; der Gott vollende nun solches, 570 Oder vollend' es nicht; wie es seinem Herzen geluͤstet! Achter Gesang. Aber verkuͤndige mir, und sage die lautere Wahrheit: Welche Laͤnder bist du auf deinen Irren durchwandert, Und wie fandest du dort die Voͤlker und praͤchtigen Staͤdte? Welche schwaͤrmten noch wild als sittenlose Barbaren? 575 Welche dienten den Goͤttern, und liebten das heilige Gastrecht? Sage mir auch, was weinst du, und warum traurst du so herzlich, Wenn du von der Achaier und Ilions Schicksale hoͤrest? Dieses beschloß der Unsterblichen Rath, und bestimmte der Menschen Untergang; daß er wuͤrd' ein Gesang der Enkelgeschlechter. 580 Sank vielleicht auch dir in Ilions blutigen Schlachten Irgend ein edler Verwandter, ein Eidam oder ein Schwaͤher, Welche die naͤchsten uns sind, nach unserem Blut und Geschlechte? Oder etwa ein tapferer Freund von gefaͤlligem Herzen? Denn fuͤrwahr nicht geringer, als selbst ein leiblicher Bruder, 585 Ist ein treuer Freund, verstaͤndig und edler Gesinnung. L Oduͤßee. Neunter Gesang . I hm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Weitgepriesener Held, Alkinoos, maͤchtigster Koͤnig, Wahrlich es fuͤllt mit Wonne das Herz, dem Gesange zu horchen, Wenn ein Saͤnger, wie dieser, die Toͤne der Himmlischen nachahmt. Denn ich kenne gewiß kein angenehmeres Leben, 5 Als wenn ein ganzes Volk ein Fest der Freude begehet, Und in den Haͤusern umher die gereiheten Gaͤste des Saͤngers Melodieen horchen, und alle Tische bedeckt sind Mit Gebacknem und Fleisch, und der Schenke den Wein aus dem Kelche Fleißig schoͤpft, und ringsum die vollen Becher vertheilet. 10 Siehe das nennet mein Herz die hoͤchste Wonne des Lebens! Jezo gefaͤllt es dir, nach meinen klaͤglichen Leiden Mich zu fragen, damit ich noch mehr mein Elend beseufze. Aber was soll ich zuerst, was soll ich zulezt dir erzaͤhlen? Denn viel Elend haͤuften auf mich die himmlischen Goͤtter! 15 Sagen will ich zuerst, wie ich heiße: damit ihr mich kennet, Und ich hinfort, so lange der grausame Tag mich verschonet, Euer Gastfreund sei, so fern ich von hinnen auch wohne. Ich bin Oduͤßeus, Laertaͤs Sohn, durch mancherlei Klugheit Unter den Menschen bekannt; und mein Ruhm erreichet den Himmel. 20 Oduͤßee. Neunter Gesang. Ithaka's sonnige Hoͤhn sind meine Heimat; in dieser Thuͤrmet sich Naͤritons Haupt mit rauschenden Wipfeln; und ringsum, Dicht an einander gesaͤt, sind viele bevoͤlkerte Inseln, Samaͤ, Dulichion und die waldbewachsne Zakuͤnthos. Ithaka liegt in der See am hoͤchsten hinauf an die Veste, 25 Gegen den Nord; die andern sind oͤstlich und suͤdlich entfernet. Rauh ist diese, doch naͤhret sie ruͤstige Maͤnner; und wahrlich Suͤßer als Vaterland ist nichts auf Erden zu finden! Siehe mich hielt bei sich die hehre Goͤttin Kaluͤpso In der gewoͤlbeten Grotte, und wuͤnschte mich zum Gemahle; 30 Eben so hielt mich auch die aiaiische Zauberin Kirkaͤ Truͤglich in ihrem Palast, und wuͤnschte mich zum Gemahle: Aber keiner gelang es, mein standhaftes Herz zu bewegen. Denn nichts ist doch suͤßer, als unsere Heimat und Eltern, Wenn man auch in der Fern' ein Haus voll koͤstlicher Guͤter, 35 Unter fremden Leuten, getrennt von den Seinen, bewohnet! Aber wohlan! vernim izt meine traurige Heimfahrt, Die mir der Donnerer Zeus vom troischen Ufer beschieden. Gleich von Ilion trieb mich der Wind zur Stadt der Kikonen Die Kikonen wohnten in Thrazien, und waren Bundsgenoßen der Trojaner. Ismaros hin. Da verheert' ich die Stadt, und wuͤrgte die Maͤnner. 40 Aber die jungen Weiber und Schaͤze theilten wir alle Unter uns gleich, daß keiner leer von der Beute mir ausging. Jezo warnet' ich zwar die Freunde, mit eilendem Fuße Weiter zu fliehn; allein die Unbesonnenen blieben. Und nun ward in dem Weine geschwelgt, viel Ziegen und Schafe 45 An dem Ufer geschlachtet, und viel schwerwandelndes Hornvieh. Oduͤßee. Aber es riefen indeß die zerstreuten Kikonen die andern Nahen Kikonen zu Huͤlfe, die tapferer waren und staͤrker, Aus der Mitte des Landes. Sie waren geuͤbt, von den Wagen, Und wenn es noͤthig war, zu Fuß mit dem Feinde zu kaͤmpfen. 50 Zahllos schwaͤrmten sie jezt, wie die Blaͤtter und Blumem des Fruͤhlings, Mit dem Morgen daher. Da suchte Gottes Verderben Uns Ungluͤckliche heim, und uͤberhaͤuft' uns mit Jammer. Bei den ruͤstigen Schiffen begann die wuͤtende Feldschlacht, Und von Treffen zu Treffen entschwirrten die ehernen Lanzen. 55 Weil der heilige Tag noch mit dem Morgen emporstieg, Wehrten wir uns, und trozten der Uebermacht der Kikonen. Aber da nun die Sonne zur Stunde des Stierabspannens Sank, da siegte der Feind, und zwang die Achaier zum Weichen. Jedes der Schiffe verlor sechs wohlgeharnischte Maͤnner; 60 Und wir andern entflohn dem schrecklichen Todesverhaͤngniß. Also steuerten wir mit trauriger Seele von dannen, Froh der bestandnen Gefahr, doch ohne die lieben Gefaͤhrten. Doch nicht eher enteilten die gleichgeruderten Schiffe, Ehe wir dreimal jedem der armen Freunde gerufen, 65 Welche der siegende Feind auf dem Schlachtgefilde getoͤdtet. Aber nun sandt' auf die Schiffe der Wolkenversammler des Nordwinds Fuͤrchterlich heulenden Sturm, verhuͤllt in dicke Gewoͤlke Meer und Erde zugleich; und dem duͤstern Himmel entsank Nacht. Schnell mit gesunkenen Masten entflogen die Schiff'; und mit Einmal 70 Raßelte rauschend der Sturm, und zerriß die flatternden Segel. Eilend zogen wir sie, aus Furcht zu scheitern, herunter, Und arbeiteten uns mit dem Ruder ans nahe Gestade. Zwo graunvolle Naͤchte und zween langwierige Tage Neunter Gesang. Lagen wir mutlos dort, von Arbeit und Kummer entkraͤftet. 75 Aber da nun die dritte der Morgenroͤthen emporstieg, Richteten wir die Masten, und spannten die schimmernden Segel, Sezten uns hin, und ließen vom Wind' und Steuer uns lenken. Jezo hofften wir sicher den Tag der froͤhlichen Heimkehr. Aber als wir die Schiff' um Maleia lenkten, da warf uns 80 Ploͤzlich die Flut und der Strom und der Nordwind fern von Kuͤthaͤra. Kuͤthaͤra, Cerigo. Und neun Tage trieb ich, von wuͤtenden Stuͤrmen geschleudert, Ueber das fischdurchwimmelte Meer; am zehnten gelangt' ich Hin zu den Lotofagen, die bluͤhende Speise genießen. Die Lotofagen oder Lotoseßer wohnten auf der Insel Maͤninx, die jezo Gerbi oder Zerbi heißt, in der Gegend der kleinern Syrte. Alda stiegen wir an das Gestad', und schoͤpften uns Waßer. 85 Eilend nahmen die Freunde das Mahl bei den ruͤstigen Schiffen. Und nachdem wir uns alle mit Trank und Speise gesaͤttigt, Sandt' ich einige Maͤnner voran, das Land zu erkunden, Was vor Sterbliche dort die Frucht des Halmes genoͤßen: Zween erlesene Freund'; ein Herold war ihr Begleiter. 90 Und sie erreichten bald der Lotofagen Versammlung. Aber die Lotofagen beleidigten nicht im geringsten Unsere Freunde; sie gaben den Fremdlingen Lotos zu kosten. Wer nun die Honigsuͤße der Lotosfruͤchte gekostet, Dieser dachte nicht mehr an Kundschaft oder an Heimkehr; 95 Sondern sie wollten stets in der Lotofagen Gesellschaft Bleiben, und Lotos pfluͤcken, und ihrer Heimat entsagen. Aber ich zog mit Gewalt die Weinenden wieder ans Ufer, Warf sie unter die Baͤnke der Schiff', und band sie mit Seilen. Oduͤßee. Drauf befahl ich und trieb die uͤbrigen lieben Gefaͤhrten, 100 Eilend von dannen zu fliehn, und sich in die Schiffe zu retten, Daß man nicht, vom Lotos gereizt, der Heimat vergaͤße. Und sie traten ins Schiff, und sezten sich hin auf die Baͤnke, Saßen in Reihn, und schlugen die graue Woge mit Rudern. Also steuerten wir mit trauriger Seele von dannen. 105 Und zum Lande der wilden gesezelosen Kuͤklopen Die Kuͤklopen waren einaͤugige Riesen an der westlichen Spize Sizi- liens. Die neuere Fabel versezt sie. Kamen wir jezt, der Riesen, die im Vertraun auf die Goͤtter Nimmer pflanzen noch saͤn, und nimmer die Erde beackern. Ohne Samen und Pfleg' entkeimen alle Gewaͤchse, Weizen und Gerste dem Boden, und edle Reben, die tragen 110 Wein in geschwollenen Trauben, und Gottes Regen ernaͤhrt ihn. Dort ist weder Gesez, noch oͤffentliche Versammlung; Sondern sie wohnen all' auf den Haͤuptern hoher Gebirge In gehoͤhleten Felsen, und jeder richtet nach Willkuͤhr Seine Kinder und Weiber, und kuͤmmert sich nicht um den andern. 115 Gegenuͤber der Bucht des Kuͤklopenlandes erstreckt sich, Weder nahe noch fern, ein kleines waldichtes Eiland, Welches unzaͤhlige Schaaren von wilden Ziegen durchstreifen. Denn kein menschlicher Fuß durchdringt die verwachsene Wildniß; Und nie scheuchet sie dort ein spuͤrender Jaͤger, der muͤhsam 120 Sich durch den Forst arbeitet, und steile Felsen umklettert. Nirgends weidet ein Hirt, und nirgends ackert ein Pfluͤger; Unbesaͤet liegt und unbeackert das Eiland Ewig menschenleer, und naͤhret nur meckernde Ziegen. Denn es gebricht den Kuͤklopen an rothgeschnaͤbelten Schiffen, 125 Neunter Gesang. Auch ist unter dem Schwarm kein Meister, kundig des Schiffbaus, Schoͤngebordete Schiffe zu zimmern, daß sie mit Botschaft Zu den Voͤlkern der Welt hinwandelten: wie sich so haͤufig Menschen uͤber das Meer in Schiffen einander besuchen; Welche die Wildniß bald zu bluͤhenden Auen sich schuͤfen. 130 Denn nicht karg ist das Land, und schmuͤckte jegliche Jahrszeit. Laͤngst des grauen Meeres Gestade winden sich Wiesen, Reich an Quellen und Klee. Dort rankten die edelsten Reben; Und leicht pfluͤgte der Pflug, und dicke Saatengefilde Reiften jaͤhrlich der Ernte; denn fett ist unten der Boden. 135 Und der Hafen so sicher! Kein Schiff bedarf da der Feßel, Weder geworfener Anker, noch angebundener Seile; Sondern es laͤuft auf den Sand, und ruhet, bis es dem Schiffer Weiter zu fahren beliebt, und guͤnstige Winde sich heben. Oben am Ende der Bucht entrieselt der felsichten Grotte 140 Silberblinkend ein Quell, von Pappelweiden umschattet. Alda landeten wir. Ein Gott war unser Geleiter Durch die finstere Nacht: wir sahn nicht, wohin wir uns wandten. Dickes Dunkel umdraͤngte die Schiff'; es leuchtet' am Himmel Weder Mond noch Stern, in schwarze Wolken gehuͤllet. 145 Niemand erblickte daher mit seinen Augen die Insel; Selbst die langen Wogen, die hin ans Ufer sich waͤlzten, Sahen wir nicht, bevor die starken Schiffe gelandet. Und nachdem wir gelandet, da zogen wir nieder die Segel, Stiegen dann aus den Schiffen ans krumme Gestade des Meeres, 150 Schlummerten dort ein wenig, und harrten der heiligen Fruͤhe. Als die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Wanderten wir umher, und besahen wundernd das Eiland. Oduͤßee. Und es trieben die Nuͤmfen, Kronions liebliche Toͤchter, Kletternde Ziegen uns hin, zum Schmause meiner Gefaͤhrten. 155 Eilend holten wir Bogen und langgeschaftete Spieße Aus den Schiffen hervor, und in drei Geschwader geordnet Schoßen wir frisch; und Gott erfreut' uns mit reichlichem Wildpret. Zwoͤlf war die Zahl der Schiffe, die mir gehorchten; und jedem Theilte das Loos neun Ziegen, und zehn erlas ich mir selber. 160 Also saßen wir dort den Tag, bis die Sonne sich neigte, An der Fuͤlle des Fleisches und suͤßen Weines uns labend. Denn noch war in den Schiffen der rothe Wein nicht versieget, Sondern wir hatten genung; denn reichlich schoͤpften wir alle In die Eimer, da wir die Stadt der Kikonen beraubten. 165 Und wir sahen den Rauch des Kuͤklopenlandes, und hoͤrten Ihre murmelnde Stimm', und die Stimme der Ziegen und Schafe. Als die Sonne nun sank, und Dunkel die Erde bedeckte, Legten wir uns zum Schlummer am Strande des rauschenden Meeres. Als die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, 170 Rief ich alle Gefaͤhrten zur Rathsversammlung, und sagte: Bleibt ihr uͤbrigen jezt, ihr meine lieben Gefaͤhrten. Ich und meine Genoßen wir wollen im Schiffe hinuͤber Fahren, und Kundschaft holen, was dort vor Sterbliche wohnen: Ob unmenschliche Raͤuber, und sittenlose Barbaren; 175 Oder Diener der Goͤtter, und Freunde des heiligen Gastrechts. Also sprach ich, und trat ins Schiff, und befahl den Gefaͤhrten, Einzusteigen, und schnell die Seile vom Ufer zu loͤsen. Und sie traten ins Schiff, und sezten sich hin auf die Baͤnke, Saßen in Reihn, und schlugen die graue Woge mit Rudern. 180 Als wir das nahe Gestad' erreichten, sahn wir von ferne Neunter Gesang. Eine Felsenhoͤhl' am Meer in der Spize des Landes, Hochgewoͤlbt und umschattet mit Lorberbaͤumen. Hier pflegten Viele Ziegen und Schafe des Nachts zu ruhen; und ringsum War ein hohes Gehege von Felsenstuͤcken gebauet, 185 Von erhabenen Fichten und himmelanwehenden Eichen. Alda wohnt' auch ein Mann von Riesengroͤße, der einsam Stets auf entlegene Weiden sie trieb, und nimmer mit andern Umging, sondern fuͤr sich auf arge Tuͤcke bedacht war. Graͤßlich gestaltet war das Ungeheuer, wie keiner, 190 Welchen der Halm ernaͤhrt: er glich dem waldichten Gipfel Hoher Kettengebirge, der einsam vor allen emporsteigt. Eilend befahl ich jezo den uͤbrigen lieben Gefaͤhrten, An dem Gestade zu bleiben, und unser Schiff zu bewahren; Und ging selber mit zwoͤlf der Tapfersten, die ich mir auskohr, 195 Einen ziegenledernen Schlauch auf der Achsel, voll schwarzes Suͤßes Weines, den mir einst Maron, der Sohn Euanthaͤs, Schenkte, der Priester Apollons, der uͤber J s maros waltet. Diesen verschoneten wir, und seine Kinder und Gattin, Ehrfurchtsvoll; denn er wohnete dort in Foͤbos Apollons 200 Heiligem Schattenhain. Drum schenkt' er mir koͤstliche Gaben: Schenkte mir sieben Talente des schoͤngebildeten Goldes; Schenkte mir einen Kelch von lauterem Silber; und endlich Schoͤpft' er mir dieses Weines in zwoͤlf gehenkelte Kruͤge: Suͤß und unverfaͤlscht, ein Goͤttergetraͤnk! Auch wußte 205 Keiner der Knecht' im Hause darum, und keine der Maͤgde; Nur er selbst, und sein Weib, und die einzige Schaffnerin wußtens. Gab er ihn Preis, dann fuͤllt' er des suͤßen funkelnden Weines Einen Becher, und goß ihn in zwanzig Becher voll Waßer. Oduͤßee. Und den schaͤumenden Kelch umhauchten balsamische Duͤfte, 210 Goͤttlicher Kraft: da war es gewiß nicht Freude zu dursten! Hiermit fuͤllt' ich den großen Schlauch, den Ranzen mit Speise; Denn mir ahndete schon im Heldengeiste, wir wuͤrden Einen Mann besuchen, mit großer Staͤrke geruͤstet, Grausam und ungerecht, und durch keine Geseze gebaͤndigt. 215 Eilig wanderten wir zur Hoͤhl', und fanden den Riesen Nicht daheim; er weidete schon auf der Weide die Heerden. Und wir gingen hinein, und besahen wundernd die Hoͤhle. Alle Koͤrbe strozten von Kaͤse; Laͤmmer und Zicklein Draͤngeten sich in den Staͤllen, und jede waren besonders 220 Eingesperrt: die Fruͤhling' allein, allein auch die Mittlern, Und die zarten Spaͤtling' allein. Es schwammen in Wolken Alle Gefaͤße, die Wannen und Eimer, worinnen er melkte. Anfangs baten mich zwar die Freunde mit dringenden Worten, Nur von den Kaͤsen zu nehmen, und wegzuschleichen; dann wieder, 225 Hurtig zu unserm Schiff' aus den Staͤllen die Laͤmmer und Zicklein Wegzutreiben, und uͤber die salzigen Fluten zu steuern. Aber ich hoͤrete nicht; (ach beßer, haͤtt' ich gehoͤret!) Um ihn selber zu sehn, und seiner Bewirtung zu harren: Ach fuͤr meine Gefaͤhrten ein unerfreulicher Anblick! 230 Und wir zuͤndeten Feuer, und opferten; nahmen dann selber Von den Kaͤsen und aßen, und sezten uns voller Erwartung, Bis er kam mit der Heerd'. Er trug eine maͤchtige Ladung Trockenes Scheiterholz, das er zum Mahle gespaltet. Und in der Hoͤhle stuͤrzt' er es hin: da krachte der Felsen; 235 Und wir erschraken, und flohn in den innersten Winkel der Hoͤhle. Aber er trieb in die Kluft die fetten Ziegen und Schafe Neunter Gesang. Alle zur Melke herein; die Widder und baͤrtigen Boͤcke Ließ er draußen zuruͤck, im hochummaurten Gehege. Hochauf schwenkt' er und sezte das große Spund vor den Eingang: 240 Fuͤrchterlich groß! die Gespanne von zweiundzwanzig starken Und vierraͤdrigen Wagen, sie schleppten ihn nicht von der Stelle, Jenen gewaltigen Fels, den das Ungeheuer emporhub. Jezo saß er, und melkte die Schaf' und meckernden Ziegen Nach der Ordnung, und legte den Muͤttern die Saͤugling' ans Euter; 245 Ließ von der weißen Milch die Haͤlfte gerinnen, und sezte Sie zum Trocknen hinweg in dichtgeflochtenen Koͤrben; Und die andere Haͤlfte verwahrt' er in weiten Gefaͤßen, Daß er beim Abendschmause den Durst mit dem Tranke sich loͤschte. Und nachdem er seine Geschaͤft' in Eile verrichtet, 250 Zuͤndet' er Feuer an, und sah uns stehen, und fragte: Fremdlinge, sagt, wer seid ihr? Von wannen traͤgt euch die Woge? Habt ihr wo ein Gewerb', oder schweift ihr ohne Bestimmung Hin und her auf der See: wie kuͤstenumirrende Raͤuber, Die ihr Leben verachten, um fremden Voͤlkern zu schaden? 255 Also sprach der Kuͤklop. Uns brach das Herz vor Entsezen Ueber das rauhe Gebruͤll, und das scheusliche Ungeheuer. Dennoch ermannt' ich mich, und gab ihm dieses zur Antwort: Griechen sind wir, und kommen von Troja's fernem Gestade, Ueber das große Meer von mancherlei Stuͤrmen geschleudert, 260 Als wir ins Vaterland hinsteuerten: andere Fahrten, Andere Bahnen verhaͤngt' uns Kronions waltende Vorsicht! Siehe wir preisen uns Voͤlker von Atreus Sohn Agamemnon, Welchen der groͤßte Ruhm izt unter dem Himmel verherlicht, Weil er die maͤchtige Stadt und so viele Voͤlker vertilgt hat! 265 Oduͤßee. Jezo fallen wir dir zu Fuͤßen, und flehen in Demut: Reich' uns eine geringe Bewirtung, oder ein andres Kleines Geschenk, wie man gewoͤhnlich den Fremdlingen anbeut! Scheue doch, Beßter, die Goͤtter! Wir Armen flehn dir um Huͤlfe! Und ein Raͤcher ist Zeus den huͤlfeflehenden Fremden, 270 Zeus der Gastliche, welcher die heiligen Gaͤste geleitet! Also sprach ich; und drauf versezte der grausame Wuͤtrich: Fremdling, du bist ein Narr, oder kommst auch ferne von hinnen! Mir befiehlst du, die Goͤtter zu fuͤrchten, die Goͤtter zu ehren? Wir Kuͤklopen kuͤmmern uns nicht um den Koͤnig des Himmels, 275 Noch um die seligen Goͤtter; denn wir sind beßer, als jene! Nimmer verschon' ich euer aus Furcht vor der Rache Kronions, Dein und deiner Gesellen, wofern es mir selbst nicht geluͤstet! Sage mir an: wo bist du mit deinem Schiffe gelandet? Irgendwo in der Fern', oder nahe? damit ich es wiße! 280 Also sprach er voll Tuͤck'; allein ich kannte dergleichen. Eilend erwiedert' ich ihm die schlauersonnenen Worte: Ach mein Schiff hat der Erderschuͤtterer Poseidaon Mir an den Klippen zerschmettert, indem er ans schroffe Gestade Eures Landes es warf, und der Sturm aus dem Meer es verfolgte! 285 Ich nur und diese Gefaͤhrten entflohn dem Schreckenverhaͤngniß! Also sprach ich; und nichts versezte der grausame Wuͤtrich; Sondern fuhr auf, und streckte nach meinen Gefaͤhrten die Haͤnd' aus, Deren er zween anpackt', und wie junge Hund' auf den Boden Schmetterte: blutig entsprizt' ihr Gehirn, und nezte den Boden. 290 Dann zerstuͤckt' er sie Glied vor Glied, und tischte den Schmaus auf, Schluckte darein, wie ein Leu des Felsengebirgs, und verschmaͤhte Weder Eingeweide, noch Fleisch, noch die markichten Knochen. Neunter Gesang. Weinend erhuben wir die Haͤnde zum Vater Kronion, Als wir den Jammer sahn, und starres Entsezen ergriff uns. 295 Doch kaum hatte der Riese den großen Wanst sich gestopfet Mit dem Fraße von Menschenfleisch und dem lauteren Milchtrunk; Siehe da lag er im Fels weithingestreckt bei dem Viehe. Jezo stieg der Gedank' in meine zuͤrnende Seele: Naͤher zu gehn, das geschliffene Schwert von der Huͤfte zu reißen, 300 Und ihm die Brust zu durchgraben, wo Zwerchfell und Leber sich treffen, Mit nachborender Faust; doch ein andrer Gedanke verdraͤngt' ihn. Denn so haͤtt' ich uns selbst dem schrecklichen Tode geopfert: Unsere Haͤnde vermochten ja nicht, von der hohen Pforte Abzuwaͤlzen den maͤchtigen Fels, den der Riese davorschob. 305 Drum erwarteten wir mit Seufzen die heilige Fruͤhe. Als die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Zuͤndet' er Feuer an, und melkte die Ziegen und Schafe Nach der Ordnung, und legte den Muͤttern die Saͤugling' ans Euter. Und nachdem er seine Geschaͤft' in Eile verrichtet, 310 Packt' er abermal zween, und tischte die Stuͤcke zum Schmaus' auf. Nach dem Fruͤhstuͤck trieb er die feiste Heerd' aus der Hoͤhle. Spielend enthob er die Last des großen Spundes, und spielend Sezt' er sie vor, als sezt' er auf seinen Koͤcher den Deckel. Und nun trieb der Kuͤklop mit gellendem Pfeifen die Heerde 315 Auf das Gebirg'. Ich blieb in der Hoͤhle mit tausend Entwuͤrfen, Rache zu uͤben, wenn mir Athaͤnaͤ Huͤlfe gewaͤhrte. Aber von allen Entwuͤrfen gefiel mir dieser am beßten. Neben dem Stalle lag des Kuͤklopen gewaltige Keule, Gruͤn, aus Olivenholze gehaun. Zum kuͤnftigen Stabe 320 Dorrte sie hier an der Wand, und kam uns vor nach dem Ansehn, Oduͤßee. Wie der ragende Mast des zwanzigrudrichten Lastschiffs, Welches mit breitem Bauch auf dem großen Waßer dahinfaͤhrt: Diesem schien sie an Laͤng', und diesem an Dicke zu gleichen. Und ich haute davon, soviel die Klafter umspannet, 325 Reichte meinen Gefaͤhrten den Pfahl, und hieß ihn mir glaͤtten; Und sie schabten ihn glatt. Ich selber schaͤrfte die Spize Oben, und haͤrtete sie in der lodernden Flamme des Feuers. Drauf verbarg ich den Knittel bedachtsam unter dem Miste, Welcher dick und breit durch die ganze Hoͤhle gesaͤt war. 330 Jezo befahl ich den andern, durchs heilige Loos zu entscheiden, Wer sich wagen sollte, mit mir den gehobenen Knittel Jenem ins Auge zu drehn, sobald ihn der Schlummer befiele. Und es traf gerade das Loos, die ich heimlich mir wuͤnschte, Vier von meinen Gefaͤhrten; ich selbst war der fuͤnfte mit ihnen. 335 Und am Abende kam er mit seiner gemaͤsteten Heerde, Und trieb schnell in die weite Kluft die Ziegen und Schafe, Muͤtter und Boͤcke zugleich, und ließ nichts draußen im Vorhof: Weil er etwas besorgt', oder Gott es also geordnet. Hochauf schwenkt' er und sezte das große Spund vor den Eingang. 340 Und nun saß er, und melkte die Schaf' und meckernden Ziegen Nach der Ordnung, und legte den Muͤttern die Saͤugling' ans Euter. Und nachdem er seine Geschaͤft' in Eile verrichtet, Packt' er abermal zween, und tischte die Stuͤcke zum Schmaus' auf. Jezo trat ich naͤher, und sagte zu dem Kuͤklopen, 345 Einen hoͤlzernen Becher voll schwarzes Weines in Haͤnden: Nim, Kuͤklop, und trink eins; auf Menschenfleisch ist der Wein gut! Daß du doch lernst, welch ein Trunk in unserem Schiffe ruhte! Diesen rettet' ich dir zum Opfer, damit du erbarmend Neunter Gesang. Heim mich sendetest. Aber du wuͤtest ja ganz unertraͤglich! 350 Boͤser Mann, wer wird dich hinfort von den Erdebewohnern Wieder besuchen wollen? Du hast nicht billig gehandelt! Also sprach ich. Er nahm und trank, und schmeckte gewaltig Nach dem suͤßen Getraͤnk, und bat noch Einmal zu fuͤllen: Lieber, schenk mir noch eins, und sage mir gleich, wie du heißest; 355 Daß ich dich wieder bewirt', und deine Seele sich labe! Wiß, auch uns Kuͤklopen gebiert die fruchtbare Erde Wein in geschwollenen Trauben, und Gottes Regen ernaͤhrt ihn. Aber der ist ein Saft von Ambrosia oder von Rektar! Also sprach er; ich bracht ihm von neuem des funkelden Weines. 360 Dreimal schenkt' ich ihm voll, und dreimal leerte der Dumme. Aber da jezo der geistige Trank in das Hirn des Kuͤklopen Stieg; da schmeichelt' ich ihm mit glatten Worten, und sagte: Meinen beruͤhmten Namen, Kuͤklop? Du sollst ihn erfahren. Aber vergiß mir auch nicht die Bewirtung, die du verhießest! 365 Niemand ist mein Name; denn Niemand nennen mich alle, Meine Mutter, mein Vater, und alle meine Gesellen. Also sprach ich; und drauf versezte der grausame Wuͤtrich: Niemand will ich zulezt nach seinen Gesellen verzehren; Alle die andern zuvor! Dies sei die verheißne Bewirtung! 370 Sprachs, und streckte sich hin, fiel ruͤcklings, und lag mit gesenktem Feistem Nacken im Staub'; und der allgewaltige Schlummer Ueberwaͤltiget' ihn: dem Rachen entstuͤrzten mit Weine Stuͤcke von Menschenfleisch, die der schnarchende Trunkenbold ausbrach. Und nun hielt ich die Spize des Knittels in glimmende Asche, 375 Bis sie Feuer fing, und staͤrkte mit herzhaften Worten Meine Gefaͤhrten, daß keiner sich feig' im Winkel verkroͤche. Oduͤßee. Aber da eben jezo der Oelbaumknittel im Feuer Drohte zu brennen, so gruͤn er auch war, und fuͤrchterlich gluͤhte; Zog ich ihn eilend zuruͤck aus dem Feuer, und meine Gefaͤhrten 380 Standen um mich; und ein Himmlischer haucht' uns Mut in die Seele. Und sie faßten den spizen Olivenknittel, und stießen Ihn dem Kuͤklopen ins Aug', und ich, in die Hoͤhe mich reckend, Drehete. Wie wenn ein Mann, den Bohrer lenkend, ein Schiffholz Bohrt; die Unteren ziehn an beiden Enden des Riemens, 385 Wirbeln ihn hin und her; und er flieget in dringender Eile: Also hielten auch wir in das Auge den gluͤhenden Knittel, Drehten, und heißes Blut umquoll die dringende Spize. Alle Wimper und Augenborsten versengte die Lohe Seines entflammten Sterns; es praßelten brennend die Wurzeln. 390 Wie wenn ein kluger Schmied die Holzaxt oder das Schlichtbeil Aus der Eß' in den kuͤhlenden Trog, der sprudelnd emporbraust, Wirft und haͤrtet; denn dieses ersezt die Kraͤfte des Eisens: Also zischte das Aug' um die feurige Spize des Oelbrands. Fuͤrchterlich heult' er auf, daß rings die dumpfige Kluft scholl. 395 Und wir erschraken und flohn in den innersten Winkel. Doch jener Riß aus dem Auge den Knittel, mit vielem Blute besudelt, Schleudert' ihn ferne von dannen mit ungeberdigem Grimme; Und nun ruft er mit Zetergebruͤll den andern Kuͤklopen, Welche ringsum die Kluͤfte des stuͤrmischen Felsen bewohnten. 400 Und sie vernahmen das Bruͤllen, und draͤngten sich dorther und daher, Standen rund um die Hoͤhl', und fragten, was ihn betruͤbte: Was geschah dir vor Leid, Poluͤfaͤmos, daß du so bruͤlltest Durch die ambrosische Nacht, und uns vom Schlummer erwecktest? Raubt der Sterblichen einer dir deine Ziegen und Schafe? 405 Neunter Gesang. Oder wuͤrgt man dich selbst, arglistig oder gewaltsam? Ihnen erwiederte drauf aus der Felsenkluft Poluͤfaͤmos: Niemand wuͤrgt mich, ihr Freund', arglistig! und keiner gewaltsam! Drauf antworteten sie, und schrien die gefluͤgelten Worte: Wenn dir denn keiner Gewalt anthut in der einsamen Hoͤhle; 410 Gegen Schmerzen, die Zeus dir schickt, ist kein anderes Mittel: Flehe zu deinem Vater, dem Meerbeherscher Poseidon! Also schrien sie, und gingen. Mir lachte die Seele vor Freude, Daß sie mein falscher Name geteuscht und mein treflicher Einfall. Aber aͤchzend vor Quaal, mit jammervollem Gewinsel 415 Tappte der blinde Kuͤklop, und nahm den Stein von der Pforte, Sezte sich dann in die Pforte, mit ausgebreiteten Haͤnden, Tastend, ob nicht vielleicht mit den Schafen einer entwischte. So einfaͤltig hielt mich in seinem Herzen der Riese. Aber ich sann umher, das sicherste Mittel zu finden, 420 Wie ich meine Gefaͤhrten und mich von dem schrecklichen Tode Rettete. Tausend Entwuͤrf' und Listen wurden ersonnen; Denn es galt das Leben; und fuͤrchterlich drang die Entscheidung! Doch von allen Entwuͤrfen gefiel mir dieser am beßten. Seine Widder waren sehr feist, dickbuschichter Vließe, 425 Groß und stattlich von Wuchs, mit brauner Wolle bekleidet. Diese band ich geheim mit schwanken Ruten zusammen, Wo der Kuͤklop auf schlief, das gottlose Ungeheuer! Drei und drei: der mittelste Bock trug einen der Maͤnner, Und zween gingen beiher, und schirmten meine Gefaͤhrten. 430 Also trugen jeglichen Mann drei Widder. Ich selber Waͤhlte mir einen Bock, den treflichsten unter der Heerde. M Oduͤßee. Diesen ergriff ich schnell beim Ruͤcken, waͤlzte mich nieder Unter den wollichten Bauch, und lag mit duldendem Herzen, Beide Haͤnde fest im Gekraͤusel der Flocken verwickelt. 435 Also erwarteten wir mit Seufzen die heilige Fruͤhe. Als die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Eilten die Maͤnner der Heerde mit Ungestuͤm auf die Weide. Aber es bloͤckten am Stalle die ungemelkten Muͤtter; Denn die Euter strozten von Milch. Der grausame Wuͤtrich 440 Saß von Schmerzen gefoltert, und tastete sorgsam die Ruͤcken Aller steigenden Widder, und ahndete nicht in der Dummheit, Daß ich sie unter die Brust der wollichten Boͤcke gebunden. Langsam folgte nun der uͤbrigen Heerde mein Widder, Schwerbeladen mit Wolle, und mir, der mancherlei dachte. 445 Streichelnd betastet' auch ihn das Ungeheuer, und sagte: Suͤßes Boͤckchen, wie gehts? Du kommst zulezt aus der Hoͤhle? Ei du pflegst mir ja sonst nicht hinter der Heerde zu bleiben! Trabst ja so hurtig voran, und pfluͤckst dir zuerst auf der Weide Graͤschen und Bluͤmelein; eilst auch zuerst in die Wellen der Fluͤße; 450 Trachtest auch immer zuerst in den Stall zu kommen des Abends! Nun der lezte von allen? Ach geht dir etwa das Auge Deines Herren so nah? Der Boͤsewicht hat mirs entrißen, Er samt seinem Gesindel, indem er mit Wein mich berauschte, Niemand! Ich mein', er ist mir noch nicht dem Verderben entronnen! 455 Haͤttest du nur Gedanken wie ich, und verstuͤndest die Sprache; Daß du mir sagtest, wo jener vor meiner Staͤrke sich hinbirgt! Ha! auf den Boden geschmettert, wie sollte sein Hirn durch die Hoͤhle Hiehin und dahin zersprizen! Wie wuͤrde mein Herz von dem Jammer Sich erlaben, den mir der Taugenicht machte, der Niemand! 460 Neunter Gesang. Also sprach er, und ließ den Widder von sich hinausgehn. Als wir uns von der Hoͤhl' und dem Hof' ein wenig entfernet, Macht' ich zuerst vom Widder mich los, und loͤste die andern. Eilend trieben wir jezo die wohlgemaͤsteten großen Hochgeschenkelten Boͤcke durch mancherlei Kruͤmmen zum Schiffe. 465 Und mit herzlicher Freud' empfingen die lieben Gefaͤhrten Uns Entflohne des Todes, und klagten schluchzend die andern. Aber ich ließ es nicht zu; ich deutete jedem mit Blicken, Nicht zu weinen; befahl dann, die schoͤne wollichte Heerde Hurtig ins Schiff zu werfen, und uͤber die Wogen zu steuern. 470 Und sie traten ins Schiff, und sezten sich hin auf die Baͤnke, Saßen in Reihn, und schlugen die graue Woge mit Rudern. Als ich so weit nun war, wie die Stimme des Rufenden schallet, Da begann ich, und rief dem Kuͤklopen mit schmaͤhenden Worten: Ha, Kuͤklope, so recht! Nicht eines Feigen Gefaͤhrten 475 Hast du, wuͤtiger Ries', in der dunkeln Hoͤhle gefreßen! Lange hattest du das mit deinen Suͤnden verschuldet! Grausamer, weil du die Gaͤste nicht scheutest in deiner Behausung Aufzuschlucken; drum strafte dich Zeus und die uͤbrigen Goͤtter! Also rief ich, Noch wuͤtender tobte der blinde Kuͤklope, 480 Riß herunter und warf den Gipfel des hohen Gebirges. Aber er fiel jenseits des blaugeschnaͤbelten Schiffes Oduͤßeus fuhr von der Spize, wo er gelandet war, so weit nach der andern Spize des Meerbusens, daß er den Kuͤklopen abrufen konnte, und hatte das Vordertheil des Schiffes nach der Hoͤhle gewandt. Nieder, und wenig gefehlt, so traf er die Spize des Steuers. Hochauf wogte das Meer von dem stuͤrzenden Felsen, und ploͤzlich Raste mit Ungestuͤm der strudelnde Schwall der Gewaͤßer, 485 Oduͤßee. Landwaͤrts flutend, das Schiff, und warf es zuruͤck an das Ufer. Aber ich nahm mit den Haͤnden geschwind' eine maͤchtige Stange, Stieß es vom Land', und trieb und ermahnete meine Gefaͤhrten, Hurtig die Ruder zu regen, daß wir dem Verderben entroͤnnen, Deutend und nickend; sie flogen ans Werk, und ruderten keuchend. 490 Als wir nun doppelt so weit in das hohe Meer uns gerettet, Siehe da rief ich von neuem dem Wuͤterich. Aber die Freunde Sprangen umher, und schweigten mich alle mit freundlichen Worten: Waghals! willst du noch mehr den grausamen Riesen erbittern, Welcher mit seinem Geschoß in die See hinspielet, und eben 495 Wieder ans Ufer uns warf, wo Tod und Verderben uns drohte? Haͤtt' er von dir nur ein Wort, nur deine Stimme vernommen; Wahrlich mit Einem geschleuderten Fels haͤtt' er unsere Schaͤdel Samt den Balken des Schiffes zerschellt! Er versteht sich aufs Schleudern! Aber sie strebten umsonst, mein edles Herz zu bewegen. 500 Und ich rief dem Kuͤklopen von neuem mit zuͤrnender Seele: Hoͤr, Kuͤklope! Sollte dich einst von den sterblichen Menschen Jemand fragen, wer dir dein Auge so schaͤndlich geblendet; Sag' ihm: Oduͤßeus, der Sohn Laertaͤs, der Staͤdteverwuͤster, Der in Ithaka wohnt, der hat mein Auge geblendet! 505 Also rief ich ihm zu; und heulend gab er zur Antwort: Weh mir! es trifft mich jezo ein laͤngstverkuͤndetes Schicksal! Hier war einst ein Profet, ein Mann von Schoͤnheit und Groͤße, Taͤlemos, Euruͤmos Sohn, bekannt mit den Zeichen der Zukunft, Und bis ins Alter beschaͤftigt, sie uns Kuͤklopen zu deuten; 510 Der weißagte mir alles, was jezt nach Jahren erfuͤllt wird: Durch Oduͤßeus Haͤnde wuͤrd' ich mein Auge verlieren. Doch erwartet' ich immer, ein großer und stattlicher Riese Neunter Gesang. Wuͤrde mich hier besuchen, mit großer Staͤrke geruͤstet! Und nun kommt so ein Ding, so ein elender Wicht, so ein Weichling, 515 Und verbrennt mir das Auge, nachdem er mit Wein mich berauschet! Komm doch her, Oduͤßeus! Ich will dich herlich bewirten, Und dir ein sicher Geleit vom hohen Poseidon verschaffen. Denn ich bin sein Sohn, und ruͤhmend nennt er sich Vater! Dieser kann mich auch heilen, wenns ihm geluͤstet; kein andrer 520 Unter den seligen Goͤttern, noch unter den sterblichen Menschen! Also sprach der Kuͤklop; ich gab ihm dieses zur Antwort: Koͤnnt' ich nur so gewiß auch deines Geistes und Lebens Dich entledigen, und in die Schattenwohnungen senden, Als dein Auge selbst der hohe Poseidon nicht heilet! 525 Also sprach ich. Da streckt' er empor zum sternichten Himmel Seine Haͤnd', und flehte dem Meerbeherscher Poseidon: Hoͤre mich, Erdumguͤrter, du blaͤulichgelockter Poseidon, Bin ich wirklich dein Sohn, und nennst du ruͤhmend dich Vater! Gieb, daß Oduͤßeus, der Sohn Laertaͤs, der Staͤdteverwuͤster, 530 Der in Ithaka wohnt, nicht wiederkehre zur Heimat! Oder ward ihm bestimmt, die Freunde wiederzusehen, Und sein praͤchtiges Haus, und seiner Vaͤter Gefilde; Laß ihn spaͤt, ungluͤcklich, und ohne Gefaͤhrten, zur Heimat Kehren auf fremdem Schiff', und Elend finden im Hause! 535 Also sprach er flehend; ihn hoͤrte der Blaͤulichgelockte. Und nun hub er von neuem noch einen groͤßeren Fels auf, Schwung ihn im Wirbel, und warf mit unermeßlicher Staͤrke. Aber er fiel dießeits des blaugeschnaͤbelten Schiffes Nieder, und wenig gefehlt, so traf er die Spize des Steuers. 540 Hochauf wogte das Meer von dem stuͤrzenden Felsen; und vorwaͤrts Oduͤßee. Neunter Gesang. Trieben die Fluten das Schiff, und warfen es an das Gestade. Also erreichten wir des Eilands Bucht, wo die andern Schoͤngebordeten Schiffe beisammen ruhten, und ringsum Traurend die Freunde saßen, und uns bestaͤndig erwartend. 545 Jezo landeten wir am sandigen Ufer des Eilands, Stiegen dann aus dem Schiff ans krumme Gestade des Meeres, Nahmen vom hohlen Schiffe die Heerd', und theilten sie alle Unter uns gleich, daß keiner leer von der Beute mir ausging. Aber den Widder schenkten die schoͤngeharnischteu Freunde 550 Mir bei der Theilung voraus. Ihn opfert' ich an dem Gestade Zeus Kronion, dem Wolkenversammler, der alles beherschet, Und verbrannte die Lenden. Doch er verschmaͤhte das Opfer; Unversoͤhnt beschloß er in seinem Rathe Vertilgung Aller ruͤstigen Schiff' und meiner lieben Gefaͤhrten. 555 Also saßen wir dort den Tag, bis die Sonne sich neigte, An der Fuͤlle des Fleisches und suͤßen Weines uns labend. Als die Sonne nun sank, und Dunkel die Erde bedeckte, Legten wir uns zum Schlummer am Strande des rauschenden Meeres. Als die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, 560 Trat ich selber ins Schiff, und ermahnete meine Gefaͤhrten, Einzusteigen, und schnell die Seile vom Ufer zu loͤsen. Und sie traten ins Schiff, und sezten sich hin auf die Baͤnke, Saßen in Reihn, und schlugen die graue Woge mit Rudern. Also steuerten wir mit trauriger Seele von dannen, 565 Froh der bestandnen Gefahr, doch ohne die lieben Gefaͤhrten. Oduͤßee. Zehnter Gesang . U nd wir kamen zur Insel Aiolia. Diese bewohnte Diese schwimmende Insel lag diesmal unter der suͤdlichen Spize Sizi- liens; das zweitemal hinter der westlichen. Ihr Koͤnig Aiolos verstand die Kunst, Winde wehn und ruhn zu lassen. In der neuern Fabel ist er ein Gott, und seine Insel die Wohnung der Winde. Aiolos, Hippotes Sohn, ein Freund der unsterblichen Goͤtter Undurchdringlich erhebt sich rings um das schwimmende Eiland Eine Mauer von Erz, und ein glattes Felsengestade. Kinder waren ihm zwoͤlf in seinem Palaste geboren, 5 Lieblicher Toͤchter sechs, und sechs der bluͤhenden Soͤhne. Und er hatte die Toͤchter den Soͤhnen zu Weibern gegeben. Bei dem geliebten Vater und ihrer herlichen Mutter Schmausen sie stets, bewirtet mit tausend koͤstlichen Speisen. Und das duftende Haus erschallt von Toͤnen der Floͤte 10 Tages, aber des Nachts ruht neben der zuͤchtigen Gattin Jeder auf praͤchtigen Decken im schoͤngebildeten Bette. Und wir kamen zu ihrer Stadt und schoͤnem Palaste. Einen Monat bewirtet' er mich, und forschte nach allem, Ilions Macht, der Achaier Schiffen, und unserer Heimfahrt; 15 Und ich erzaͤhlt' ihm darauf umstaͤndlich die ganze Geschichte. Oduͤßee. Als ich nun weiter verlangte, und ihn um sichre Geleitung Bat; versagt' er mir nichts, und ruͤstete mich zu der Abfahrt. Und er gab mir, verschloßen im dichtgenaͤheten Schlauche Vom neunjaͤhrigen Stiere, das Wehn lautbrausender Winde. 20 Denn ihn hatte Kronion zum Herscher der Winde geordnet, Sie durch seinen Befehl zu empoͤren oder zu schweigen. Und er knuͤpfte den Schlauch mit glaͤnzendem silbernen Seile Fest in dem hohlen Schiffe, daß auch kein Luͤftchen entwehte. Vor mir ließ er den Hauch des freundlichen Westes einherwehn, 25 Daß sie die Schiff' und uns selbst heimfuͤhreten. Aber dies sollte Nicht geschehn; denn wir sanken durch eigene Thorheit in Ungluͤck. Schon durchsegelten wir neun Tag' und Naͤchte die Wogen; Und in der zehnten Nacht erschien uns das heimische Ufer, Daß wir schon in der Naͤhe die Feuerwachen erblickten. 30 Jezo schlummert' ich ein, ermuͤdet von langer Arbeit; Denn ich lenkte bestaͤndig das Steur, und ließ der Gefaͤhrten Keinen dazu, um geschwinder das Vaterland zu erreichen. Und die Genoßen besprachen sich heimlich unter einander, Waͤhnend, ich fuͤhrte mit mir viel Gold und Silber zur Heimat, 35 Aiolos Ehrengeschenke, des hippotadischen Koͤnigs. Und man wendete sich zu seinem Nachbar, und sagte: Wunderbar! Dieser Mann gewinnt die Achtung und Liebe Aller Menschen, wohin er auch kommt, in Staͤdten und Laͤndern! Aus der troischen Beute wie manches unschaͤzbare Kleinod 40 Bringet er mit! und wir, die alle Gefahren getheilet, Kehren am Ende doch mit leeren Haͤnden zur Heimat. Nun hat Aiolos dieses Geschenk aus besonderer Freundschaft Ihm verehrt! Auf, laßt uns denn eilen und sehen, was dies sei, Zehnter Gesang. Wie viel Silber und Gold in diesem Schlauche doch stecke. 45 Also sprach man. Es siegte der boͤse Rath der Genoßen; Und sie loͤsten den Schlauch, und mit Einmal entsausten die Winde. Ploͤzlich ergriff sie der Sturm, und schleuderte weit in das Weltmeer Hin die Weinenden, ferne vom Vaterlande. Da fuhr ich Schnell aus dem Schlaf, und erwog in meiner unstraͤflichen Seele; 50 Ob ich vom Schiffe hinab in die tobenden Wogen mich stuͤrzte, Oder es schweigend erduldet', und noch bei den Lebenden bliebe; Aber ich duldet' und blieb, und lag mit verhuͤlletem Antliz Auf dem Verdeck; und es warf der Orkan lautbrausend die Schiffe Nach der aiolischen Insel zuruͤck; es seufzten die Maͤnner. 55 Alda stiegen wir aus an den Strand, und schoͤpften uns Waßer. Schnell bereiteten uns die Gefaͤhrten ein Mahl bei den Schiffen. Und sobald wir das Herz mit Trank und Speise gestaͤrket, Eilt' ich, von unserem Herold' und einem Gefaͤhrten begleitet, Zu der herlichen Burg des Aiolos. Diesen erblickt' ich 60 Sizend mit seinem Weib' und seinen Kindern beim Schmause. Und wir gingen ins Haus, und sezten uns neben den Pfosten Auf die Schwelle dahin; sie erschracken im Herzen, und fragten: Siehe woher, Oduͤßeus? Welch boͤser Daͤmon verfolgt dich? Haben wir doch die Fahrt so sorgsam gefoͤrdert, damit du 65 Heim in dein Vaterland, und wohin dirs beliebte, gelangtest! Also sprach man; und ich antwortete, trauriges Herzens: Meine boͤsen Gefaͤhrten, die sind mein Verderben, mit diesen Ein unseliger Schlaf! Ach helft mir, Freunde! Ihr koͤnnt es. Also wollt' ich sie mir mit schmeichelnden Worten gewinnen. 70 Aber sie schwiegen still; der Vater gab mir zur Antwort: Hebe dich eilig hinweg von der Insel, du Aergster der Menschen! Oduͤßee. Denn es geziemet mir nicht, zu bewirten, noch weiter zu senden Einen Mann, den die Rache der seligen Goͤtter verfolget. Hebe dich weg, denn du koͤmmst mit dem Zorne der Goͤtter beladen! 75 Also sprach er, und trieb mich Seufzenden aus dem Palaste. Und wir steuerten jezo mit trauriger Seele von dannen. Aber den Maͤnnern entschwand das Herz am ermuͤdenden Ruder, Unserer Thorheit halben, weil weiter kein Ende zu sehn war. Als wir nun sechs Tag' und Naͤchte die Wogen durchrudert, Die Laistruͤgonen wohnten an der fabelhaften Westseite Siziliens. 80 Landeten wir bei der Veste der Laistruͤgonen, bei Lamos Stadt Taͤlepuͤlos an. Hier wechseln Hirten mit Hirten; Welcher heraustreibt, hoͤrt das Rufen deß, der hereintreibt. Und ein Mann ohne Schlaf erfreute sich doppeltes Lohnes, Eines als Rinderhirte, des andern als Hirte der Schafe; 85 Denn nicht weit sind die Triften der Nacht und des Tages entfernet. Jezo erreichten wir den treflichen Hafen, den ringsum Himmelanstrebende Felsen von beiden Seiten umschließen, Und wo vorn in der Muͤndung sich zwo vorragende Spizen Gegen einander drehn; ein enggeschloßener Eingang! 90 Meine Gefaͤhrten lenkten die gleichgezimmerten Schiffe Alle hinein in die Bucht, und banden sie dicht bei einander Fest; denn niemals erhob sich eine Welle darinnen, Weder groß noch klein; rings herschet spiegelnde Stille. Ich allein blieb draußen mit meinem schwaͤrzlichen Schiffe, 95 An dem Ende der Bucht, und band es mit Seilen am Felsen, Kletterte dann auf den zackichten weitumschauenden Gipfel. Aber es zeigte sich nirgends die Spur von Stieren und Pfluͤgern; Zehnter Gesang. Sondern wir sahn nur Rauch von der Erd' am Himmel hinaufziehn. Jezo sandt' ich Maͤnner voraus, das Land zu erkunden, 100 Was vor Sterbliche dort die Frucht des Halmes genoͤßen, Zween erlesne Gefaͤhrten; ein Herold war ihr Begleiter. Und sie stiegen ans Land, und gingen die Straße, worauf man Holzbeladene Wagen vom hohen Gebirge zur Stadt faͤhrt. Ihnen begegnete dicht vor der Stadt ein Maͤdchen, das Waßer 105 Schoͤpfte, des Laistruͤgonen Antifataͤs ruͤstige Tochter. Diese stieg zu der Nuͤmfe Artakia sprudelnder Quelle Nieder; denn daraus schoͤpften die Laistruͤgonen ihr Waßer. Und sie traten hinzu, begruͤßten das Maͤdchen, und fragten, Wer dort Koͤnig waͤre, und welches Volk er beherschte. 110 Jene wies sie sogleich zum hohen Palaste des Vaters. Und sie gingen hinein in die Burg, und fanden des Koͤnigs Weib, so groß wie ein Gipfel des Bergs und ein Grauen befiel sie. Jene rief den beruͤhmten Antifataͤs aus der Versammlung, Ihren Gemahl, der ihnen ein schreckliches Ende bestimmte. 115 Ungestuͤm packt' er den einen Gefaͤhrten, und tischte den Schmaus auf. Aber die uͤbrigen zween enteilten, und flohn zu den Schiffen. Und er erhub ein Gebruͤll durch die Stadt; und siehe! mit Einmal Kamen hieher und dorther die ruͤstigen Laistruͤgonen Zahllos zuhauf; sie glichen nicht Menschen, sondern Giganten. 120 Diese schleuderten jezt von dem Fels unmenschliche Lasten Steine herab; da entstand in den Schiffen ein schrecklich Getuͤmmel, Sterbender Maͤnner Geschrei und das Krachen zerschmetterter Schiffe. Und man durchstach sie, wie Fische, und trug sie zum scheuslichen Fraß hin. Waͤhrend diese die Maͤnner im tiefen Hafen vertilgten, 125 Eilt' ich geschwind, und riß das geschliffene Schwert von der Huͤfte, Oduͤßee. Und zerhaute die Seile des blaugeschnaͤbelten Schiffes. Dann ermahnt' ich und trieb aufs aͤußerste meine Genoßen, Hurtig die Ruder zu regen, daß wir dem Verderben entroͤnnen; Keuchend schlugen sie alle die Flut, aus Furcht vor dem Tode. 130 Aber gluͤcklich enteilte mein Schiff von den hangenden Klippen Ueber das Meer; die andern versanken dort all' in den Abgrund. Also steuerten wir mit trauriger Seele von dannen, Froh der bestandnen Gefahr, doch ohne die lieben Gefaͤhrten. Und wir kamen zur Insel Aiaia. Diese bewohnte Aiaia lag, nach Homers Meinung, unter der Mitte Italiens, das sich von der sizilischen Meerenge zwei Tagereisen gegen Suͤdwest bis zur Muͤndung des Ozeans erstreckte. Diese bewohnte 135 Kirkaͤ, die schoͤngelockte, die hehre melodische Goͤttin, Eine leibliche Schwester des allerfahrnen Aiaͤtaͤs. Beide stammten vom Gotte der menschenerleuchtenden Sonne; Ihre Mutter war Perfaͤ, des großen Okeanos Tochter. Aiaͤtaͤs, Koͤnig in Kolchis. Alda liefen wir still mit unserm Schiff' ans Gestade 140 In die schirmende Bucht; ein Gott war unser Geleiter. Und wir stiegen ans Land, wo wir zween Tag' und zwo Naͤchte Ruhten, zugleich von der Arbeit und von dem Kummer entkraͤftet. Als nun die Morgenroͤthe des dritten Tages emporstieg, Nahm ich die Lanz' in die Hand, und haͤngte das Schwert um die Schulter, 145 Eilte vom Schiff, und bestieg den Huͤgel, ob ich vielleicht wo Spuren von Menschen erblickte, und ihre Stimme vernaͤhme. Als ich jezt von der Hoͤhe des schroffen Felsen umhersah, Kam es mir vor, daß Rauch von der weitumwanderten Erde Hinter dem dicken Gebuͤsch aus Kirkaͤs Wohnung emporstieg. 150 Zehnter Gesang. Jezo sann ich umher, und erwog den wankenden Vorsaz, Hin nach dem dunkeln Rauche zu gehn, und weiter zu forschen. Dieser Gedanke schien mir Zweifelnden endlich der beßte: Erst zu dem schnellen Schiffe zu gehn am Strande des Meeres, Meine Genoßen mit Speise zu staͤrken, und Spaͤher zu senden. 155 Als ich schon nahe war dem gleichberuderten Schiffe, Da erbarmte sich mein, des Einsamen, einer der Goͤtter. Und es lief ein gewaltiger Hirsch mit hohem Geweihe Mir auf den Weg; er sprang aus der Weide des Waldes zum Bache Lechzend hinab, denn ihn brannten bereits die Stralen der Sonne. 160 Diesen schoß ich im Lauf, und traf ihm die Mitte des Ruͤckgrats, Daß die eherne Lanz' am Bauche wieder herausfuhr; Schreiend stuͤrzt' er dahin in den Staub, und das Leben entflog ihm. Hierauf zog ich, den Fuß anstemmend, die eherne Lanze Aus der Wunde zuruͤck, und legte sie dort auf den Boden 165 Nieder. Dann brach ich am Bache mir schwanke weidene Ruten, Drehete links und rechts ein klafterlanges Geflechte, Und verband die Fuͤße des maͤchtigen Ungeheuers, Haͤngt' es mir uͤber den Hals, und trug es zum schwaͤrzlichen Schiffe, Auf die Lanze gestuͤzt; denn Einer Schulter und Hand war 170 Viel zu schwer die Last des riesenmaͤßigen Thieres. Vor dem Schiffe warf ich es hin, und redete jedem Meiner Genoßen zu mit diesen freundlichen Worten: Lieben, wir werden ja doch, troz unserm Grame, nicht fruͤher Sinken in Aïdaͤs Reich, eh der Tag des Schicksals uns abruft! Aïdaͤs, Pluto. 175 Auf denn, so lange das Schiff noch Trank und Speise verwahret, Oduͤßee. Eßt nach Herzensbegier, damit uns der Hunger nicht toͤdte! Also sprach ich; und schnell gehorchten sie meinem Befehle, Kamen aus ihren Huͤllen, am Ufer des wuͤsten Meeres, Und verwunderten sich des riesenmaͤßigen Hirsches. 180 Und nachdem sie die Augen an seiner Groͤße geweidet, Wuschen sie ihre Haͤnde, das herliche Mahl zu bereiten. Also saßen wir dort den Tag, bis die Sonne sich neigte, An der Fuͤlle des Fleisches und suͤßen Weines uns labend. Als die Sonne nun sank, und Dunkel die Erde bedeckte, 185 Legten wir uns zum Schlummer am Strande des rauschenden Meeres. Als die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosensingern erwachte, Rief ich alle Gefaͤhrten zur Rathsversammlung, und sagte: Hoͤret jezo mich an, ihr meine Genoßen im Ungluͤck! Freunde, wir wißen ja nicht, wo Abend oder wo Morgen; 190 Nicht, wo die leuchtende Sonne sich unter die Erde hinabsenkt, Noch, wo sie wiederkehrt: drum muͤßen wir schnell uns bedenken, Ist noch irgend ein Rath; ich sehe keinen mehr uͤbrig. Denn ich umschauete dort von der Hoͤhe des zackichten Felsens Diese Insel, die rings das unendliche Meer umguͤrtet, 195 Nahe liegt sie am Land'; und in der Mitte der Insel Sah ich Rauch, der hinter dem dicken Gebuͤsche hervorstieg. Also sprach ich; und ihnen brach das Herz vor Betruͤbniß, Da sie des Laistruͤgonen Antifataͤs Thaten bedachten, Und des Kuͤklopen Gewalt, des grausamen Menschenfreßers. 200 Und sie weineten laut, und vergoßen haͤufige Thraͤnen. Aber sie konnten ja nichts mit ihrer Klage gewinnen. Jezo theilt' ich die Schaar der wohlgeharnischten Freunde In zween Haufen, und gab jedwedem einen Gebieter. Zehnter Gesang. Diesen fuͤhrte ich selbst, der edle Euruͤlochos jenen. 205 Eilend schuͤttelten wir im ehernen Helme die Loose; Und das Loos des beherzten Euruͤlochos sprang aus dem Helme. Dieser machte sich auf mit zweiundzwanzig Gefaͤhrten; Weinend gingen sie fort, und verließen uns traurend am Ufer. Und sie fanden im Thal des Gebirgs die Wohnung der Kirkaͤ, 210 Von gehauenen Steinen, in weitumschauender Gegend. Ihn umwandelten rings Bergwoͤlfe und maͤhnichte Loͤwen, Durch die verderblichen Saͤfte der maͤchtigen Kirkaͤ bezaubert. Diese sprangen nicht wild auf die Maͤnner, sondern sie stiegen Schmeichelnd an ihnen empor mit langen wedelnden Schwaͤnzen. 215 Also umwedeln die Hunde den Hausherrn, wenn er vom Schmause Wiederkehrt; denn er bringt bestaͤndig leckere Bißen: Also umwedelten sie starkklauige Loͤwen und Woͤlfe. Aber sie fuͤrchteten sich vor den schrecklichen Ungeheuern. Und sie standen am Hofe der schoͤngelocketen Goͤttin, 220 Und vernahmen im Haus' anmutige Melodieen. Singend webete Kirkaͤ den großen unsterblichen Teppich, Fein und lieblich und glaͤnzend, wie aller Goͤttinnen Arbeit. Unter ihnen begann der Voͤlkerfuͤhrer Politaͤs, Welcher der liebste mir war und geehrteste meiner Genoßen: 225 Freunde, hier wirket jemand, und singt am großen Gewebe Reizende Melodieen, daß rings das Getaͤfel ertoͤnet; Eine Goͤttin, oder ein Weib! Wir wollen ihr rufen! Also sprach Politaͤs; die Freunde gehorchten, und riefen. Jene kam, und oͤffnete schnell die stralende Pforte, 230 Noͤthigte sie; und alle, die Unbesonnenen, folgten. Nur Euruͤlochos blieb, denn er vermutete Boͤses. Oduͤßee. Und sie sezte die Maͤnner auf praͤchtige Seßel und Throne, Mengte geriebenen Kaͤse mit Mehl und gelblichem Honig Unter pramnischen Wein, und mischte bethoͤrende Saͤfte 235 In das Gericht, damit sie der Heimat gaͤnzlich vergaͤßen. Als sie dieses empfangen und ausgeleeret, da ruͤhrte Kirkaͤ sie mit der Rute, und sperrte sie dann in die Koͤfen. Denn sie hatten von Schweinen die Koͤpfe, Stimmen und Leiber, Auch die Borsten; allein ihr Verstand blieb voͤllig, wie vormals. 240 Weinend ließen sie sich einsperren; da schuͤttete Kirkaͤ Ihnen Eicheln und Buchenmast, und rothe Kornellen Vor, das gewoͤhnliche Futter der erdaufwuͤhlenden Schweine. Und Euruͤlochos kam zu dem schwaͤrzlichen Schiffe geeilet, Uns das herbe Verhaͤngniß der uͤbrigen Freunde zu melden. 245 Aber er konnte kein Wort aussprechen, so gern er auch wollte. Denn die entsezliche Angst beklemmte sein Herz; die Augen Waren mit Thraͤnen erfuͤllt, und Jammer umschwebte die Seele. Lange hatten wir all' ihn voll Erstaunen befraget; Endlich hub er an, und erzaͤhlte der Freunde Verderben: 250 Edler Oduͤßeus, wir gingen, wie du befahlst, durch die Waldung! Fanden im Thal des Gebirgs die schoͤngebauete Wohnung, Von gehauenen Steinen, in weitumschauender Gegend! Alda wirkte jemand, und sang am großen Gewebe: Eine Goͤttin, oder ein Weib! Ihr riefen die andern! 255 Jene kam, und oͤffnete schnell die stralende Pforte, Noͤthigte sie; und alle, die Unbesonnenen! folgten. Ich allein blieb draußen, denn ich vermutete Boͤses! Aber mit Einmal waren die andern verschwunden, und keiner Kehrte zuruͤck; solang' ich auch saß, und nach ihnen mich umsah! 260 Zehnter Gesang. Also sprach er; und ich warf eilend das silberbeschlagne Große eherne Schwert um die Schulter, samt Bogen und Koͤcher; Und befahl ihm, mich gleich des selbigen Weges zu fuͤhren. Aber er faßte mir flehend mit beiden Haͤnden die Kniee, Und wehklagete laut, und sprach die gefluͤgelten Worte: 265 Goͤttlicher, laße mich hier, und fuͤhre mich nicht mit Gewalt hin! Denn ich weiß es, du kehrst nicht wieder von dannen, und bringest Keinen Gefaͤhrten zuruͤck! Drum laß uns geschwinde mit diesen Fliehn! Vielleicht daß wir noch dem Tage des Fluches entrinnen! Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte: 270 Nun so bleibe denn du, Euruͤlochos, hier auf der Stelle! Iß und trink dich satt, bei dem schwarzen gebogenen Schiffe! Aber ich geh' allein! denn ich fuͤhle die Noth, die mich hintreibt! Also sprach ich, und ging von dem Schiff' und dem Ufer des Meeres. Jezo naͤhert' ich mich, die heiligen Thale durchwandelnd, 275 Schon dem hohen Palaste der furchtbaren Zauberin Kirkaͤ; Da begegnete mir Hermeias mit goldenem Stabe Auf dem Wege zur Burg, an Gestalt ein bluͤhender Juͤngling, Deßen Wange sich braͤunt, im holdesten Reize der Jugend. Dieser gab mir die Hand, und sagte mit freundlicher Stimme: 280 Armer, wie gehst du hier so allein durch die bergichte Waldung, Da du die Gegend nicht kennst? Bei Kirkaͤ sind deine Gefaͤhrten Eingesperrt, wie Schweine, in dichtverschloßenen Staͤllen. Gehst du etwa dahin, sie zu retten? Ich fuͤrchte, du kehrest Nicht von dannen zuruͤck, du bleibest selbst bei den Andern. 285 Aber wohlan! ich will dich vor allem Uebel bewahren! Nim dies heilsame Mittel, und gehe zum Hause der Kirkaͤ, R Oduͤßee. Sicher, von deinem Haupte den Tag des Fluches zu wenden. Alle verderblichen Kuͤnste der Zauberin will ich dir nennen. Weinmus ruͤhrt sie dir ein, und mischt ihr Gift in die Speise: 290 Dennoch gelingt es ihr nicht, dich umzuschaffen; die Jugend Dieser heilsamen Pflanze verhindert sie. Hoͤre nun weiter. Wann dich Kirkaͤ darauf mit der langen Rute beruͤhret, Siehe dann reiße du schnell das geschliffene Schwert von der Huͤfte, Spring auf die Zauberin los, und drohe sie gleich zu erwuͤrgen. 295 Diese wird in der Angst zu ihrem Lager dich rufen; Und nun weigre dich nicht, und besteige das Lager der Goͤttin, Daß sie deine Gefaͤhrten erloͤs', und dich selber bewirte. Aber sie schwoͤre zuvor der Seligen großen Eidschwur, Daß sie bei sich nichts anders zu deinem Schaden beschloßen; 300 Daß sie dir Waffenlosen nicht raube Tugend und Staͤrke. Also sprach Hermeias, und gab mir die heilsame Pflanze, Die er dem Boden entriß, und zeigte mir ihre Natur an: Ihre Wurzel war schwarz, und milchweiß bluͤhte die Blume; Moluͤ wird sie genannt von den Goͤttern. Sterblichen Menschen 305 Ist sie schwer zu graben; doch alles vermoͤgen die Goͤtter. Und der Argosbesieger enteilte zum hohen Oluͤmpos Durch die waldichte Insel; ich ging zum Hause der Kirkaͤ Hin, und viele Gedanken bewegten des Gehenden Seele. Und ich stand an der Pforte der schoͤngelocketen Goͤttin, 310 Stand und rief; und die Goͤttin vernahm des Rufenden Stimme, Kam sogleich, und oͤffnete mir die stralende Pforte, Noͤthigte mich herein; und ich folgte mit traurigem Herzen. Hierauf fuͤhrte sie mich zu ihrem silberbeschlagnen Schoͤnen praͤchtigen Thron, mit fuͤßestuͤzendem Schemel, 315 Zehnter Gesang. Mischte mir dann ein Gemuͤs' im goldenen Becher zu trinken, Und vergiftet' es tuͤckisch mit ihrem bezaubernden Safte. Und sie reichte mirs hin; ich trank es, und ohne Verwandlung. Drauf beruͤhrte sie mich mit der Zauberrute, und sagte: Gehe nun in den Kofen, und liege bei deinen Gefaͤhrten. 320 Also sprach sie; da riß ich das schneidende Schwert von der Huͤfte, Sprang auf die Zauberin los, und drohte sie gleich zu erwuͤrgen: Aber sie schrie, und eilte gebuͤckt, mir die Kniee zu faßen; Lautwehklagend rief sie die schnellgefluͤgelten Worte: Wer, weß Volkes bist du? und wo ist deine Geburtstadt? 325 Staunen ergreift mich, da dich der Zaubertrank nicht verwandelt! Denn kein sterblicher Mensch ist diesem Zauber bestanden, Welcher trank, sobald ihm der Wein die Zunge hinabglitt. Aber du traͤgst ein unbezwingliches Herz in dem Busen! Bist du jener Oduͤßeus, der, viele Kuͤsten umirrend, 330 Wann er von Ilion kehrt im schnellen Schiffe, auch hieher Kommen soll, wie der Gott mit goldenem Stabe mir saget? Lieber! so stecke dein Schwert in die Scheid', und laß uns zusammen Unser Lager besteigen, damit wir, beide versoͤhnet Durch die Freuden der Liebe, hinfort einander vertrauen! 335 Also sprach sie; und ich antwortete wieder, und sagte: Kirkaͤ, wie kannst du begehren, daß ich dir freundlich begegne? Da du meine Gefaͤhrten im Hause zu Schweinen gemacht hast, Und mich selber behaͤltst, und mir arglistig befiehlest, In die Kammer zu gehn, und auf dein Lager zu steigen; 340 Daß du mich Waffenlosen der Tugend und Staͤrke beraubest? Nein! ich werde nimmer dein Lager besteigen, o Goͤttin, Du willfahrest mir denn, mit hohem Schwur zu geloben, Oduͤßee. Daß du bei dir nichts anders zu meinem Verderben beschließest! Also sprach ich; und eilend beschwur sie, was ich verlangte. 345 Als sie es jezo gelobt, und vollendet den heiligen Eidschwur; Da bestieg ich mit Kirkaͤ das koͤstlichbereitete Lager. Und in dem hohen Palaste der schoͤnen Zauberin dienten Vier holdselige Maͤgde, die alle Geschaͤfte besorgten. Diese waren Toͤchter der Quellen und schattigen Haine, 350 Und der heiligen Stroͤme, die in das Meer sich ergießen. Eine von diesen bedeckte die Throne mit zierlichen Polstern: Oben legte sie Purpur, und unten den leinenen Teppich. Und die andere stellte die schoͤnen Tische von Silber Vor die Throne, und sezte darauf die goldenen Koͤrbe. 355 Und die dritte mischte in silberner Schale den suͤßen Herzerfreuenden Wein, und vertheilte die goldenen Becher. Aber die vierte Magd trug Waßer, und zuͤndete Feuer Unter dem großen Dreifuß an, das Waßer zu waͤrmen. Und nachdem das Waßer im blinkenden Erze gekochet, 360 Fuͤhrte sie mich in das Bad, und stroͤmt' aus dem dampfenden Keßel Lieblichgemischtes Waßer mir uͤber das Haupt und die Schultern, Und entnahm den Gliedern die geistentkraͤftende Arbeit. Als sie mich jezo gebadet, und drauf mit Oele gesalbet, Da umhuͤllte sie mir den praͤchtigen Mantel und Leibrock, 365 Und dann fuͤhrte sie mich ins Gemach zum silberbeschlagnen Schoͤnen kuͤnstlichen Thron, mit fuͤßestuͤzendem Schemel. Eine Dienerin trug in der schoͤnen goldenen Kanne Ueber dem silbernen Becken das Waßer, bestroͤmte zum Waschen Mir die Haͤnd', und stellte vor mich die geglaͤttete Tafel. 370 Und die ehrbare Schaffnerin kam, und tischte das Brot auf, Zehnter Gesang. Und der Gerichte viel aus ihrem gesammelten Vorrat, Und befahl mir zu eßen. Doch meinem Herzen gefiels nicht; Sondern ich saß zerstreut, und ahndete Boͤses im Herzen. Kirkaͤ bemerkte mich jezt, wie ich dasaß, ohne die Speise 375 Mit den Haͤnden zu ruͤhren, versunken in tiefe Schwermut; Und sie nahte sich mir, und sprach die gefluͤgelten Worte: Warum sizest du so wie ein Stummer am Tische, Oduͤßeus, Und zerquaͤlst dein Herz, und ruͤhrest nicht Speise noch Trank an? Ist dir noch bange vor Hinterlist? Du mußt dich nicht fuͤrchten! 380 Denn ich habe dirs ja mit hohem Eide geschworen! Also sprach sie; und ich antwortete wieder, und sagte: Kirkaͤ, welcher Mann, dem Recht und Billigkeit obliegt, Haͤtte das Herz, sich eher mit Trank und Speise zu laben, Eh er die Freunde gerettet, und selbst mit Augen gesehen? 385 Darum, wenn du aus Freundschaft zum Eßen und Trinken mich noͤthigst; Gieb sie frei, und zeige sie mir, die lieben Gefaͤhrten! Also sprach ich. Sie ging, in der Hand die magische Rute, Aus dem Gemach, und oͤffnete schnell die Thuͤre des Kofens, Und trieb jene heraus, in Gestalt neunjaͤhriger Eber. 390 Alle stellten sich jezt vor die maͤchtige Kirkaͤ, und diese Ging umher, und bestrich jedweden mit heilendem Safte. Siehe da sanken herab von den Gliedern die scheuslichen Borsten Jenes vergiftenden Tranks, den ihnen die Zauberin eingab. Maͤnner wurden sie schnell, und juͤngere Maͤnner, denn vormals, 395 Auch weit schoͤnerer Bildung und weit erhabneres Wuchses. Und sie erkannten mich gleich, und gaben mir alle die Haͤnde; Alle huben an, vor Freude zu weinen, daß ringsum Laut die Wohnung erscholl. Es jammerte selber die Goͤttin. Oduͤßee. Und sie nahte sich mir, die hehre Goͤttin, und sagte: 400 Edler Laertiad', ernfidungsreicher Oduͤßeus, Gehe nun hin zu dem ruͤstigen Schiff' am Strande des Meeres; Zieht vor allen Dingen das Schiff ans trockne Gestade, Und verwahrt in den Hoͤhlen die Guͤter und alle Geraͤthe. Dann komm eilig zuruͤck, und bringe die lieben Gefaͤhrten. 405 Also sprach sie, und zwang mein edles Herz zum Gehorsam. Eilend ging ich zum ruͤstigen Schiff am Strande des Meeres, Und fand dort bei dem ruͤstigen Schiffe die lieben Gefaͤhrten, Welche trostlos klagten, und haͤufige Thraͤnen vergoßen. Wie wenn im Meierhofe die Kaͤlber den Kuͤhen der Heerde, 410 Welche satt von der Weide zum naͤchtlichen Stalle zuruͤckgehn, Alle mit freudigen Spruͤngen entgegen eilen; es halten Keine Gehege sie mehr, sie umhuͤpfen mit lautem Gebloͤke Ihre Mutter: so flogen die Freunde, sobald sie mich sahen, Alle weinend heran; und ihnen war also zu Mute, 415 Als gelangten sie heim in Ithaka's rauhe Gefilde Und in die Vaterstadt, wo jeder geboren und groß ward. Und sie jammerten laut mit diesen gefluͤgelten Worten! Goͤttlicher Mann, wir freun uns so herzlich deiner Zuruͤckkunft, Als gelangten wir jezo in Ithaka's heimische Fluren! 420 Aber wohlan! erzaͤhl uns der uͤbrigen Freunde Verderben! Also riefen sie aus; und ich antwortete freundlich: Laßt uns vor allem das Schiff ans trockne Gestade hinaufziehn, Und in den Hoͤhlen die Guͤter und alle Geraͤthe verwahren! Und dann machet euch auf, mich allesamt zu begleiten, 425 Daß ihr unsere Freund' in Kirkaͤs heiliger Wohnung Eßen und trinken seht; denn sie haben da volle Genuͤge! Zehnter Gesang. Also sprach ich; und schnell gehorchten sie meinem Befehle. Nur Euruͤlochos suchte die uͤbrigen Freunde zu halten; Und er redte sie an, und sprach die gefluͤgelten Worte: 430 Arme, wo gehen wir hin? Welch heißes Verlangen nach Ungluͤck Treibt euch, in Kirkaͤs Wohnung hinabzusteigen? Sie wird uns Alle zusammen in Schwein', in Loͤwen und Woͤlfe verwandeln, Und uns Verwandelte zwingen, ihr großes Haus zu bewachen! Eben so ging es auch dort den Freunden, die des Kuͤklopen 435 Felsengrotte besuchten, gefuͤhrt von dem kuͤhnen Oduͤßeus! Denn durch deßen Thorheit verloren auch jene das Leben! Also sprach er; und ich erwog den wankenden Vorsaz, Mein geschliffenes Schwerdt von der nervichten Huͤfte zu reißen, Und sein Haupt, von dem Rumpfe getrennt, auf den Boden zu stuͤrzen, 440 Ob er gleich nahe mit mir verwandt war. Aber die Freunde Sprangen umher, und hielten mich ab mit flehenden Worten: Goͤttlicher Held, wir laßen ihn hier, wenn du es befiehlest, Bleiben an dem Gestad' um unser Schiff zu bewahren. Aber fuͤhre du uns zu Kirkaͤ's heiliger Wohnung. 445 Also sprachen die Freunde, und gingen vom Strande des Meeres. Auch Euruͤlochos blieb nicht bei dem gebogenen Schiffe, Sondern folgte, geschreckt durch meine zuͤrnende Drohung. Aber der uͤbrigen Freund' in der Wohnung hatte die Goͤttin Sorgsam gepflegt, sie gebadet, mit duftendem Oele gesalbet, 450 Und mit schoͤnen Gewanden, mit Rock und Mantel, bekleidet. Und wir fanden sie jezo im Saal beim froͤhlichen Schmause. Als sie einander gesehn, und sich nun alles erzaͤhlet; Weinten und jammerten sie, daß rings die Wohnung ertoͤnte. Aber sie nahte sich mir, die hehre Goͤttin, und sagte: 455 Oduͤßee. Edler Laertiad', erfindungsreicher Oduͤßeus! Reget jezo nicht mehr den unendlichen Jammer! Ich weiß ja, Wie viel Elend ihr littet im fischdurchwimmelten Meere, Und wie viel ihr zu Lande von feindlichen Maͤnnern erduldet. Aber wohlan! eßt jezo der Speis', und trinket des Weines, 460 Bis ihr so frischen Mut in eure Herzen gesammelt, Als womit ihr zuerst der vaterlaͤndischen Insel Rauhe Gefilde verließt! Nun seid ihr entkraͤftet und mutlos, Und erinnert euch stets der muͤhsamen Irren, und niemals Staͤrkt euch die Freude den Mut: ihr habt sehr vieles erlitten! 465 Also sprach sie, und zwang ihr edles Herz zum Gehorsam. Und wir saßen ein ganzes Jahr von Tage zu Tage, An der Fuͤlle des Fleisches und suͤßen Weines uns labend. Als nun endlich das Jahr von den kreisenden Horen erfuͤllt ward, Und mit dem wechselnden Mond viel Tage waren verschwunden; 470 Da beriefen mich heimlich die lieben Gefaͤhrten, und sagten: Ungluͤckseliger, denke nun endlich des Vaterlandes; Wenn dir das Schicksal bestimmt, lebendig wieder zu kehren In den hohen Palast, und deiner Vaͤter Gefilde. Also bewegten die Freunde mein edles Herz zum Gehorsam. 475 Und wir saßen den ganzen Tag bis die Sonne sich neigte, An der Fuͤlle des Fleisches und suͤßen Weines uns labend. Als die Sonne nun sank, und Dunkel die Erde bedeckte; Legten sich meine Genoßen im schattigen Hause zum Schlummer. Und ich bestieg mit Kirkaͤ das koͤstlichbereitete Lager, 480 Faßt' ihr flehend die Knie'; und die Goͤttin hoͤrte mein Flehen. Und ich redte sie an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Kirkaͤ, erfuͤlle mir jezt das Geluͤbde, so du gelobtest, Zehnter Gesang. Mich nach Hause zu senden! Mein Herz verlanget zur Heimat, Und der uͤbrigen Freunde, die rings mit Weinen und Klagen 485 Meine Seele bestuͤrmen, sobald du den Ruͤcken nur wendest. Also sprach ich; mir gab die hehre Goͤttin zur Antwort: Edler Laertiad', erfindungsreicher Oduͤßeus. Laͤnger zwing' ich euch nicht, in meinem Hause zu bleiben. Aber ihr muͤßt zuvor noch eine Reise vollenden, 490 Hin zu Aïdaͤs Reich und der strengen Persefoneia, Aïdaͤs, Pluto; Persefoneia, Proserpina. Um des thaͤbaiischen Greises Teiresias Seele zu fragen, Jenes blinden Profeten, mit ungeschwaͤchtem Verstande. Ihm gab Persefoneia im Tode selber Erkenntniß; Und er allein ist weise: die andern sind flatternde Schatten. 495 Also sagte die Goͤttin; mir brach das Herz vor Betruͤbniß. Weinend saß ich auf Kirkaͤs Bett', und wuͤnschte nicht laͤnger, Unter den Lebenden hier das Licht der Sonne zu schauen. Als ich endlich mein Herz durch Weinen und Waͤlzen erleichtert; Da antwortet' ich ihr, und sprach die gefluͤgelten Worte: 500 Kirkaͤ, wer soll mich denn auf dieser Reise geleiten? Noch kein Sterblicher fuhr im schwarzen Schiffe zu Aïs. Aïs, Pluto. Also sprach ich; mir gab die hehre Goͤttin zur Antwort: Edler Laertiad', erfindungsreicher Oduͤßeus, Kuͤmmre dich nicht so sehr um einen Fuͤhrer des Schiffes! 505 Sondern richte den Mast, und spanne die schimmernden Segel; Dann siz ruhig, indeß der Hauch des Nordes dich hintreibt! Des Nordostwindes. Homer hat keine Namen fuͤr Zwischenwinde. Oduͤßee. Aber bist du im Schiffe den Ozean jezo durchsegelt, Der Ozean ist hier der Ozeanfluß, oder die Meerenge zwischen Eu- ropa und Afrika, die sich Homer so nahe hinter Sizilien dachte. Sobald man an das Ozeanmeer koͤmmt, das sich nordwaͤrts bis nach dem kaspischen Meere erstre ckt findet man eine Luͤcke in dem hohen Felsengestade, ein niedriges Ufer, welches der Eingang zum Schattenreiche ist. Und an dem niedern Gestad' und den Hainen Persefoneiens, Voll unfruchtbarer Weiden und hoher Erlen und Pappeln; 510 Lande dort mit dem Schiff' an des Ozeans tiefem Gestrudel, Und dann gehe du selber zu Aïdaͤs dumpfer Behausung. Wo in den Acheron sich der Puͤriflegethon stuͤrzet, Und der Strom Kokuͤtos, ein Arm der stuͤgischen Waßer, An dem Fels, wo die zween lautbrausenden Stroͤme sich mischen; 515 Nahe bei diesem Orte gebiet' ich dir, edler Oduͤßeus, Eine Grube zu graben, von einer Ell' ins Gevierte. Rings um die Grube geuß Suͤhnopfer fuͤr alle Todten: Erst von Honig und Milch, von suͤßem Weine das zweite, Und das dritte von Waßer, mit weißem Mehle bestreuet. 520 Dann gelobe flehend den Luftgebilden der Todten: Wenn du gen Ithaka kommst, eine Kuh, unfruchtbar und fehllos, In dem Palaste zu opfern, und koͤstliches Gut zu verbrennen, Und fuͤr Teiresias noch besonders den statlichsten Widder Eurer ganzen Heerde, von schwarzer Farbe, zu schlachten. 525 Hast du den herlichen Schaaren der Todten geflehet, dann opfre Einen Bock und ein Schaf von ungezeichneter Schwaͤrze, Ihre Haͤupter gekehrt zum Erebos; aber du selber Wende dein Antliz zuruͤck nach den Fluten des Stromes. Dann werden Viele Seelen kommen der abgeschiedenen Todten. 530 Zehnter Gesang. Jezo ermahn' und treib aufs aͤußerste deine Gefaͤhrten, Beide liegenden Schafe, vom grausamen Erze getoͤdtet, Abzuziehn, und ins Feuer zu werfen, und anzubeten Aïdaͤs schreckliche Macht und die strenge Persefoneia. Aber du reiße schnell das geschliffene Schwert von der Huͤfte, 535 Seze dich hin, und laß die Luftgebilde der Todten Sich dem Blute nicht nahn, bevor du Teiresias rathfragst. Und bald wird der Profet herwandeln, o Fuͤhrer der Voͤlker, Daß er dir weißage den Weg und die Mittel der Reise, Und wie du heimgelangst auf dem fischdurchwimmelten Meere. 540 Also sprach sie; da kam die goldenthronende Aeos. Aeos, Aurora. Und sie bekleidete mich mit wollichtem Mantel und Leibrock; Aber sich selber zog die Nuͤmfe ihr Silbergewand an, Lang, anmutig und fein; und schlang um die Huͤfte den schoͤnen Goldgetriebenen Guͤrtel, und schmuͤckte das Haupt mit dem Schleier. 545 Aber ich ging durch die Burg, und ermunterte meine Gefaͤhrten, Trat zu jeglichem Mann, und sprach die freundlichen Worte: Lieget nun nicht laͤnger, vom suͤßen Schlummer umduftet! Laßt uns reisen, denn schon ermahnt mich die goͤttliche Kirkaͤ! Also sprach ich, und zwang ihr edles Herz zum Gehorsam. 550 Aber ich fuͤhrt' auch von dannen nicht ohne Verlust die Gefaͤhrten. Denn der juͤngste der Schaar Elpaͤnor, nicht eben besonders Tapfer gegen den Feind, noch mit Verstande gesegnet, Hatte sich heimlich beiseit auf Kirkaͤs heilige Wohnung, Von der Hize des Weins sich abzukuͤhlen, gelagert. 555 Jezo vernahm er den Lerm und das rege Getuͤmmel der Freunde; Ploͤzlich sprang er empor, und vergaß in seiner Betaͤubung, Oduͤßee. Zehnter Gesang. Wieder hinab die Stufen der langen Treppe zu steigen; Sondern er stuͤrzte sich grade vom Dache hinunter; der Nacken Brach aus seinem Gelenk, und die Seele fuhr in die Tiefe. 560 Zu der versammelten Schaar der Uebrigen sprach ich im Gehen: Freunde, ihr waͤhnt vielleicht, zur lieben heimischen Insel Hinzugehn; doch Kirkaͤ gebeut eine andere Reise, Hin zu Aïdaͤs Reich und der strengen Persefoneia, Um des thebaiischen Greises Teiresias Seele zu fragen. 565 Als sie dieses vernommen, da brach ihr Herz vor Betruͤbniß; Jammernd sezten sie sich in den Staub, und rauften ihr Haupthaar: Aber sie konnten ja nichts mit ihrer Klage gewinnen. Waͤhrend wir nun zu dem ruͤstigen Schiff am Strande des Meeres Herzlichbekuͤmmert gingen, und viele Thraͤnen vergießend; 570 Ging auch Kirkaͤ dahin, und band bei dem schwaͤrzlichen Schiffe Einen Bock und ein Schaf von ungezeichneter Schwaͤrze, Leicht uns voruͤberschluͤpfend. Denn welches Sterblichen Auge Mag des Unsterblichen Gang, der sich verhuͤllet, entdecken? Oduͤßee. Elfter Gesang . A ls wir jezo das Schiff und des Meeres Ufer erreichten, Zogen wir erstlich das Schiff hinab in die heilige Meersflut, Stellten die Masten empor und die Segel im schwaͤrzlichen Schiffe, Brachten darauf die Schafe hinein, und traten dann selber Herzlich bekuͤmmert ins Schiff, und viele Thraͤnen vergießend. 5 Jene sandte vom Ufer dem blaugeschnaͤbelten Schiffe, Guͤnstigen segelschwellenden Wind, zum guten Begleiter, Kirkaͤ die schoͤngelockte, die hehre melodische Goͤttin. Eilig brachten wir jezt die Geraͤthe des Schiffes in Ordnung, Saßen dann still, und ließen vom Wind' und Steuer uns lenken. 10 Und wir durchschifften den Tag mit vollem Segel die Waßer. Und die Sonne sank, und Dunkel umhuͤllte die Pfade. Jezo erreichten wir des tiefen Ozeans Ende. Das Ende des Ozeanflußes, naͤmlich der Meerenge zwischen Afrika und der eingebildeten Spize Italiens. Alda liegt das Land und die Stadt der kimmerischen Maͤnner. Die westliche und noͤrdliche Grenze der Welt, von dem Ozeanfluß bis uͤber das schwarze Meer hinauf, hielt man wegen der Entfernung der Sonne fuͤr dunkel. Denn die Sonne, meinte man, ginge von dem Ozean bei Kolchis, nicht viel hoͤher als die Wolken, uͤber das Land der Aithiopen (in Asien und Afrika), und schiffte dann von dem Atlas in einem goldnen Becher hinter dem hohen Gestade Europa's wieder nach dem oͤstlichen Ozean. Oduͤßee. Diese tappen bestaͤndig in Nacht und Nebel; und niemals 15 Schauet stralend auf sie der Gott der leuchtenden Sonne; Weder wenn er die Bahn des sternichten Himmels hinansteigt, Noch wenn er wieder hinab vom Himmel zur Erde sich wendet: Sondern schreckliche Nacht umhuͤllt die elenden Menschen. Und wir zogen das Schiff an den Strand, und nahmen die Schafe 20 Schnell aus dem Raum; dann gingen wir laͤngst des Ozeans Ufer, Bis wir den Ort erreichten, wovon uns Kirkaͤ gesaget. Alda hielten die Opfer Euruͤlochos und Perimaͤdaͤs. Aber nun eilt' ich, und zog das geschliffene Schwert von der Huͤfte, Eine Grube zu graben, von einer Ell' ins Gevierte. 25 Hierum goßen wir rings Suͤhnopfer fuͤr alle Todten: Erst von Honig und Milch, von suͤßem Weine das zweite, Und das dritte von Waßer, mit weißem Mehle bestreuet. Dann gelobt' ich flehend den Luftgebilden der Todten, Wann ich gen Ithaka kaͤm', eine Kuh, unfruchtbar und fehllos, 30 In dem Palaste zu opfern, und koͤstliches Gut zu verbrennen, Und fuͤr Teiresias noch besonders den statlichsten Widder Unserer ganzen Heerde, von schwarzer Farbe, zu schlachten. Und nachdem ich flehend die Schaar der Todten gesuͤhnet, Nahm ich die Schaf', und zerschnitt die Gurgeln uͤber der Grube; 35 Schwarz entstroͤmte das Blut: und aus dem Erebos kamen Viele Seelen herauf der abgeschiedenen Todten. Juͤngling' und Braͤute kamen, und kummerbeladene Greise, Und aufbluͤhende Maͤdchen, im jungen Grame verloren. Viele kamen auch, von ehernen Lanzen verwundet, 40 Kriegerschlagene Maͤnner, mit blutbesudelter Ruͤstung. Dicht umdraͤngten sie alle von allen Seiten die Grube, Elfter Gesang. Mit graunvollem Geschrei; und bleiches Entsezen ergriff mich. Nun befahl ich, und trieb aufs aͤußerste meine Gefaͤhrten, Beide liegenden Schafe, vom grausamen Erze getoͤdtet, 45 Abzuziehn und ins Feuer zu werfen, und anzubeten Aïdaͤs schreckliche Macht und die strenge Persefoneia. Aber ich eilt', und zog das geschliffene Schwert von der Huͤfte, Sezte mich hin, und ließ die Luftgebilde der Todten Sich dem Blute nicht nahn, bevor ich Teiresias fragte. 50 Erstlich kam die Seele von unserm Gefaͤhrten Elpaͤnor. Denn er ruhte noch nicht in der weitumwanderten Erde; Sondern wir hatten den Leichnam in Kirkaͤs Wohnung verlaßen, Weder beweint noch begraben; uns draͤngten andere Sorgen. Weinend erblickt' ich ihn, und fuͤhlete herzliches Mitleid, 55 Und ich redet' ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Sag', Elpaͤnor, wie kamst du hinab ins naͤchtliche Dunkel? Gingst du schneller zu Fuß, als ich im schwaͤrzlichen Schiffe? Also sprach ich; und drauf begann er mit schluchzender Stimme: Edler Laertiad', erfindungsreicher Oduͤßeus, 60 Ach ein feindlicher Geist und der Weinrausch war mein Verderben! Schlummernd auf Kirkaͤs Palast, vergaß ich in meiner Betaͤubung, Wieder hinab die Stufen der langen Treppe zu steigen; Sondern ich stuͤrzte mich grade vom Dache hinunter; der Nacken Brach aus seinem Gelenk, und die Seele fuhr in die Tiefe. 65 Doch nun fleh' ich dich an bei deinen verlaßenen Lieben, Deiner Gemahlin, dem Vater, der dich als Knaben gepfleget, Und bei dem einzigen Sohne Taͤlemachos, welcher daheim blieb; Denn ich weiß es, du kehrst zuruͤck aus Aïdaͤs Herschaft, Und dein ruͤstiges Schiff erreicht die Insel Aiaia! 70 Oduͤßee. Dort, begehr' ich von dir, gedenke meiner, o Koͤnig: Laß nicht unbeweinet und unbegraben mich liegen, Wann du scheidest, damit dich der Goͤtter Rache nicht treffe! Sondern verbrenne mich, samt meiner gewoͤhnlichen Ruͤstung, Haͤufe mir dann am Gestade des grauen Meeres ein Grabmal, 75 Daß die Enkel noch hoͤren von mir ungluͤcklichem Manne! Dieses richte mir aus, und pflanz' auf den Huͤgel das Ruder. Welches ich lebend gefuͤhrt, in meiner Freunde Gesellschaft. Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte: Dies, ungluͤcklicher Freund, will ich dir alles vollenden. 80 Also saßen wir dort, und redeten traurige Worte; Ich an der einen Seite, der uͤber dem Blute das Schwert hielt, Und an der andern der Geist des kummervollen Gefaͤhrten. Jezo kam die Seele von meiner gestorbenen Mutter, Antikleia, des großgesinnten Autoluͤkos Tochter, 85 Welche noch lebte, da ich zur heiligen Ilios schiffte. Weinend erblickt' ich sie, und fuͤhlete herzliches Mitleid; Dennoch verbot ich ihr, obgleich mit inniger Wehmut, Sich dem Blute zu nahn, bevor ich Teiresias fragte. Jezo kam des alten Thaͤbaiers Teiresias Seele, 90 Haltend den goldenen Stab; er kannte mich gleich, und begann so: Edler Laertiad', erfindungsreicher Oduͤßeus, Warum verließest du doch das Licht der Sonne, du Armer, Und kamst hier, die Todten zu schaun und den Ort des Entsezens? Aber weiche zuruͤck, und wende das Schwert von der Grube, 95 Daß ich trinke des Blutes, und dir dein Schicksal verkuͤnde. Also sprach er; ich wich, und steckte das silberbeschlagne Schwert in die Scheid'. Und sobald er des schwarzen Blutes getrunken, Elfter Gesang. Da begann er und sprach, der hocherleuchtete Seher: Gluͤckliche Heimfahrt suchst du, o weitberuͤhmter Oduͤßeus: 100 Aber sie wird dir ein Gott schwer machen; denn nimmer entrinnen Wirst du dem Erderschuͤttrer! Er traͤgt dir heimlichen Groll nach, Zuͤrnend, weil du den Sohn des Augenlichtes beraubt hast. Dennoch kaͤmet ihr einst, obzwar ungluͤcklich, zur Heimat, Moͤchtest du nur dein Herz und deiner Freunde bezaͤhmen, 105 Wann du jezo, den Schrecken des dunkeln Meeres entfliehend, Mit dem ruͤstigen Schiff' an der Insel Thrinakia landest, Thrinakia, Sizilien. Und die weidenden Rinder und feisten Schafe da findest, Heilig dem Sonnengotte, der alles siehet und hoͤret. Denn so du, eingedenk der Heimkunft, diese verschonest, 110 Koͤnnet ihr einst, obzwar ungluͤcklich, gen Ithaka kommen. Aber verlezest du sie; alsdann weißag' ich Verderben Deinem Schiff' und den Freunden. Und wenn du selber entrinnest, Wirst du doch spaͤt, ungluͤcklich, und ohne Gefaͤhrten zur Heimat Kommen, auf fremdem Schiff', und Elend finden im Hause, 115 Uebermuͤtige Maͤnner, die deine Habe verschlingen, Und dein goͤttliches Weib mit Brautgeschenken umwerben: Aber kommen wirst du, und strafen den Troz der Verraͤther. Hast du jezo die Freier, mit Klugheit, oder gewaltsam Mit der Schaͤrfe des Schwerts, in deinem Palaste getoͤdtet; 120 Siehe dann nim in die Hand ein geglaͤttetes Ruder, und gehe Fort in die Welt, bis du kommst zu Menschen, welche das Meer nicht Kennen, und keine Speise gewuͤrzt mit Salze genießen, O Oduͤßee. Welchen auch Kenntniß fehlt von rothgeschnaͤbelten Schiffen, Und von geglaͤtteten Rudern, den Fittigen eilender Schiffe. 125 Deutlich will ich sie dir bezeichnen, daß du nicht irrest. Wenn ein Wanderer einst, der dir in der Fremde begegnet, Sagt, du tragst eine Schaufel auf deiner ruͤstigen Schulter; Siehe dann steck' in die Erde das schoͤngeglaͤttete Ruder, Bringe statliche Opfer dem Meerbeherrscher Poseidon, 130 Einen Widder und Stier und einen mutigen Eber. Und nun kehre zuruͤck, und opfere heilige Gaben Allen unsterblichen Goͤttern, des weiten Himmels Bewohnern, Nach der Reihe herum. Zulezt wird außer dem Meere Kommen der Tod, und dich, vom hohen behaglichen Alter 135 Aufgeloͤseten, sanft hinnehmen, wann ringsum die Voͤlker Froh und gluͤcklich sind. Nun hab' ich dein Schicksal verkuͤndet. Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte: Ja, Teiresias, selbst die Goͤtter beschieden mir solches! Aber verkuͤndige mir, und sage die lautere Wahrheit. 140 Dort erblick' ich die Seele von meiner gestorbenen Mutter: Diese sizet still bei dem Blut, und wuͤrdigt dem Sohne Weder ein Wort zu sagen, noch grad' ins Antliz zu schauen. Wie beginn' ich es, Herscher, daß sie als Sohn mich erkenne? Also sprach ich; und schnell antwortete jener, und sagte: 145 Leicht ist, was du mich fragst; ich will dirs gerne verkuͤnden. Wem du jezo erlaubst der abgeschiedenen Todten, Sich dem Blute zu nahn, der wird dir Wahres erzaͤhlen; Aber wem du es wehrst, der wird stillschweigend zuruͤckgehn. Also sprach des hohen Teiresias Seele, und eilte 150 Wieder in Aïdaͤs Wohnung, nachdem sie mein Schicksal geweißagt. Elfter Gesang. Aber ich blieb dort sizen am Rande der Grube, bis endlich Meine Mutter kam, des schwarzen Blutes zu trinken. Und sie erkannte mich gleich, und sprach mit trauriger Stimme: Lieber Sohn, wie kamst du hinab ins naͤchtliche Dunkel, 155 Da du noch lebst? Denn schwer wird Lebenden dieses zu schauen. Große Stroͤme fließen und furchtbare Fluten dazwischen; Und vor allen der Strom des Ozeans, welchen zu Fuße Niemand, sondern allein im ruͤstigen Schiffe durchwandert. Schweifst du jezo hieher, nachdem du vom troischen Ufer 160 Mit dem Schiff' und den Freunden so lange geirret? Und kamst du Noch gen Ithaka nicht, und sahst zu Hause die Gattin? Also sprach sie; und ich antwortete wieder, und sagte: Meine Mutter, mich trieb die Noth in Aïdaͤs Wohnung, Um des thaͤbaiischen Greises Teiresias Seele zu fragen. 165 Denn noch hab' ich Achaia, noch hab' ich unsere Heimat Nicht beruͤhrt; ich irre noch stets von Leiden zu Leiden, Seit ich zuerst in dem Heere des goͤttlichen Agamemnons Hin gen Ilion zog, zum Kampf mit den Reisigen Troja's. Aber verkuͤndige mir, und sage die lautere Wahrheit: 170 Welches Schicksal bezwang dich des schlummergebenden Todes? Zehrte dich Krankheit aus? Oder traf dich die Freundin der Pfeile Artemis unversehns mit ihrem sanften Geschoße? Sage mir auch von dem Vater und Sohne, den ich daheim ließ. Ruht noch meine Wuͤrde auf ihnen, oder empfing sie 175 Schon ein anderer Mann; und glaubt man, ich kehre nicht wieder? Melde mir auch die Gesinnung von meiner Ehegenoßin: Bleibt sie noch bei dem Sohn, und haͤlt die Guͤter in Ordnung; Oder ward sie bereits die Gattin des beßten Achaiers? Oduͤßee. Also sprach ich; mir gab die theure Mutter zur Antwort: 180 Allerdings weilt jene mit treuer duldender Seele Noch in deinem Palast; und immer schwinden in Jammer Ihre Tage dahin, und unter Thraͤnen die Naͤchte. Deine Wuͤrde empfing kein Anderer; sondern in Frieden Baut Taͤlemachos noch des Koͤniges Erbe, und speiset 185 Mit am Mahle des Volks, wie des Landes Richter gebuͤhret; Denn sie laden ihn alle. Dein Vater lebt auf dem Lande, Wandelt nie in die Stadt, und waͤhlet nimmer zum Lager Bettgestelle, bedeckt mit Maͤnteln und praͤchtigen Polstern; Sondern den Winter schlaͤft er, bei seinen Knechten im Hause, 190 Neben dem Feuer im Staube, mit schlechten Gewanden umhuͤllet. Und in den milderen Tagen des Sommers und reifenden Herbstes, Bettet er uͤberall im fruchtbaren Rebengefilde Auf der Erde sein Lager von abgefallenen Blaͤttern. Seufzend liegt er darauf, bejammert dein Schicksal, und haͤufet 195 Groͤßeren Schmerz auf die Seele; und schwerer druͤckt ihn das Alter. Denn so starb auch ich, und fand mein Todesverhaͤngniß. Sohn, mich toͤdtete nicht die Freundin der treffenden Pfeile Artemis unversehns mit ihrem sanften Geschoße. Auch besiegten mich nicht Krankheiten, welche gewoͤhnlich 200 Mit verzehrendem Schmerze den Geist den Gliedern entreißen. Bloß das Verlangen nach dir, und die Angst, mein edler Oduͤßeus, Dein holdseliges Bild nahm deiner Mutter das Leben! Also sprach sie; da schwoll mein Herz vor inniger Sehnsucht, Sie zu umarmen, die Seele von meiner gestorbenen Mutter. 205 Dreimal sprang ich hinzu, an mein Herz die Geliebte zu druͤcken; Dreimal entschwebte sie leicht, wie ein Schatten oder ein Traumbild, Elfter Gesang. Meinen umschlingenden Armen; und staͤrker ergriff mich die Wehmut. Und ich redte sie an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Meine Mutter, warum entfliehst du meiner Umarmung? 210 Wollen wir nicht in der Tiefe, mit liebenden Haͤnden umschlungen, Unser trauriges Herz durch Thraͤnen einander erleichtern? Oder welches Gebild' hat die furchtbare Persefoneia Mir gesandt, damit ich noch mehr mein Elend beseufze? Also sprach ich; mir gab die trefliche Mutter zur Antwort: 215 Mein geliebtester Sohn, ungluͤcklichster aller, die leben! Ach! sie teuschet dich nicht, Zeus Tochter Persofoneia! Sondern dies ist das Loos der Menschen, wann sie gestorben. Denn nicht Fleisch und Gebein wird mehr durch Nerven verbunden; Sondern die große Gewalt der brennenden Flamme verzehret 220 Alles, sobald der Geist die weißen Gebeine verlaßen. Und die Seele entfliegt, wie ein Traum, zu den Schatten der Tiefe. Aber nun eile geschwinde zum Lichte zuruͤck, und behalte Alles, damit du es einst der lieben Gattin erzaͤhlest. Also besprachen wir uns mit einander. Siehe da kamen 225 Viele Seelen, gesandt von der furchtbaren Persefoneia, Alle Gemahlinnen einst und Toͤchter der edelsten Helden. Diese versammelten sich um das schwarze Blut in der Grube. Jezo sann ich umher, wie ich jedwede befragte. Aber von allen Entwuͤrfen gefiel mir dieser am beßten: 230 Eilend zog ich das lange Schwert von der nervichten Huͤfte, Und verwehrte den Seelen, zugleich des Blutes zu trinken. Also nahten sie sich nach einander; jede besonders Meldete mir ihr Geschlecht; und so befragt' ich sie alle. Jezo erblickt' ich zuerst die edelentsproßene Tuͤro, 235 Oduͤßee. Welche sich Tochter nannte des tadellosen Salmoneus, Und die Ehegenoßin von Kraͤtheus, Aiolos Sohne. Diese liebte vordem den goͤttlichen Strom Enipeus, Der durch seine Gefilde, der Stroͤme schoͤnster, einherwallt. Einst lustwandelte sie an Enipeus schoͤnen Gewaͤßern; 240 Siehe da nahm der Erderschuͤtterer seine Gestalt an, Und beschlief sie im Sand', an der Muͤndung des wirbelnden Stromes. Rings um die Liebenden stand, wie ein Berg, die purpurne Woge, Hochgewoͤlbt, und verbarg den Gott und die sterbliche Jungfrau. Schmeichelnd loͤst' er den Guͤrtel der Keuschheit, und ließ sie entschlummern. 245 Und da jezo der Gott das Werk der Liebe vollendet; Druͤckt' er des Maͤdchens Hand, und sagte mit freundlicher Stimme: Freue dich, Maͤdchen, der Liebe! Du wirst im Laufe des Jahres Herliche Soͤhne gebaͤren. Denn nicht unfruchtbaren Samen Streut ein unsterblicher Gott. Du pfleg' und naͤhre sie sorgsam. 250 Jezo gehe zu Haus', und schweig', und sage dies Niemand: Ich, dein Geliebter, bin der Erderschuͤttrer Poseidon. Also sprach er, und sprang in des Meers hochwallende Woge. Tuͤro ward schwanger, und kam mit Pelias nieder und Naͤleus, Welche beide des großen Zeus gewaltige Diener 255 Wurden: Pelias einst, der iaolkischen Fluren Heerdenreicher Beherscher, und Naͤleus, der sandigen Puͤlos. Andere Soͤhne gebar dem Kraͤtheus die Fuͤrstin der Weiber, Aison und Feraͤs, und drauf Amuͤthaon, den Tummler der Roße. Auch Antiopaͤ kam, die schoͤne Tochter Asopos, 260 Ruͤhmend, sie habe geruht in Zeus des Kroniden Umarmung. Und sie gebar dem Gott zween Soͤhne, Amfion und Zaͤthos. Diese bauten zuerst die siebenthorichte Thaͤbai, Elfter Gesang. Und befestigten sie; denn unbefestiget konnten Beide, wie stark sie auch waren, die große Thaͤbai nicht schuͤzen. 265 Hierauf kam Alkmaͤnaͤ, Amfuͤtrions Ehegenoßin, Welche den Allbesieger, den loͤwenbeherzten Haͤraklaͤs Hatte geboren, aus Zeus, des großen Kroniden, Umarmung. Auch Megaraͤ, die Tochter des uͤbermuͤtigen Kreions, Und des nimmerbezwungnen Amfitruͤoniden Gemahlin. 270 Hierauf kam Epikastaͤ, die schoͤne, Oedipus Mutter, Welche die schrecklichste That mit geblendeter Seele veruͤbet. Ihren leiblichen Sohn, der seinen Vater ermordet, Nahm sie zum Mann! Allein bald ruͤgten die Goͤtter die Schandthat. Oedipus herschte, mit Kummer behaͤuft, in der lieblichen Thaͤbai, 275 Ueber Kadmos Geschlecht, durch der Goͤtter verderblichen Rathschluß. Aber sie fuhr hinab zu den festen Thoren des Todes, Denn sie knuͤpft' an das hohe Gebaͤlk, in der Wut der Verzweiflung, Selbst das erdroßelnde Seil, und ließ unnennbares Elend Jenem zuruͤck, den Fluch der blutgeschaͤndeten Mutter. 280 Jezo nahte sich Chloris, die schoͤne Gemahlin von Naͤleus. Mit unzaͤhligen Gaben gewann er die schoͤnste der Jungfraun, Sie, die juͤngste Tochter des Jasiden Amsions, Welcher der Minuͤer Stadt Orchomenos maͤchtig beherschte. Puͤlos Fuͤrstin gebar dem Naͤleus herliche Soͤhne, 285 Nestor gebar sie ihm, und Chromios, und den beruͤhmten Perikluͤmenos; drauf die weitbewunderte Paͤro. Diese liebeten alle benachbarten Fuͤrsten; doch Naͤleus Gab sie keinem, der nicht des maͤchtigen Koͤnigs Ifiklaͤs Breitgestirnete Rinder aus Fuͤlakaͤ's Auen entfuͤhrte. 290 Schwer war die That, und nur der trefliche Seher Melampus Oduͤßee. Unternahm sie: allein ihn hinderte Gottes Verhaͤngniß, Seine grausamen Band', und die Hirten der weidenden Rinder. Aber nachdem die Monden und Tage waren vollendet, Und ein neues Jahr mit den kreisenden Horen herankam; 295 Siehe da loͤste den Seher der maͤchtige Koͤnig Ifiklaͤs, Weil er ihm profezeit. So geschah der Wille Kronions. Jezo erblickt' ich Laͤda, Tuͤndareos Ehegenoßin, Welche ihrem Gemahl zween mutige Soͤhne geboren: Kastor durch Roße beruͤhmt, und Poluͤdeikaͤs im Faustkampf. 300 Diese leben noch beid' in der allernaͤhrenden Erde. Denn auch unter der Erde beehrte sie Zeus mit dem Vorrecht, Daß sie beid' abwechselnd den einen Tag um den andern Leben und wieder sterben, und goͤttlicher Ehre genießen. Drauf kam Ifimedeia, die Ehegenoßin Aloeus, 305 Ruͤhmend, sie habe geruht in Poseidaons Umarmung. Und sie gebar zween Soͤhne, wiewohl ihr Leben nur kurz war: Otos voll goͤttlicher Kraft, und den ruchtbaren Efialtaͤs. Diese waren die laͤngsten von allen Erdebewohnern, Und bei weitem die schoͤnsten, nach jenem beruͤhmten Orion. 310 Denn im neunten Jahre, da maß neun Ellen die Breite Ihres Rumpfes, da maß neun Klaftern die Hoͤhe des Hauptes. Und sie drohten sogar den Unsterblichen, ihren Oluͤmpos Mit verheerendem Sturm und Schlachtengetuͤmmel zu fuͤllen. Oßa muͤhten sie sich auf Oluͤmpos zu sezen, auf Oßa 315 Pelions Waldgebirg, um hinauf in den Himmel zu steigen. Und sie haͤttens vollbracht, waͤr' ihre Jugend gereifet. Aber sie traf Zeus Sohn, den die reizende Laͤto geboren, Beide mit Todesgeschoß, eh unter den Schlaͤfen des Bartes Elfter Gesang. Blume wuchs, und den Kinn die zarten Sproͤßlinge braͤunten. 320 Drauf kam Faidra und Prokris, und Ariadnaͤ die schoͤne, Jene Tochter Minos des allerfahrnen, die Thaͤseus Einst aus Kraͤta entfuͤhrte zur heiligen Flur von Athaͤnai. Aber er brachte sie nicht; denn in der umfloßenen Dia Hielt sie Artemis an, auf Dionuͤsos Verkuͤndung. 325 Maira und Kluͤmenaͤ kam, und das schaͤndliche Weib Erifuͤlaͤ, Welche den theuren Gemahl um ein goldenes Kleinod verkaufte. Aber ich kann unmoͤglich sie alle beschreiben und nennen, Welche Weiber und Toͤchter beruͤhmter Helden ich schaute. Sonst vergeht die ambrosische Nacht; und die Stunde gebeut mir, 330 Schlafen zu gehn, bei den Freunden in unserm geruͤsteten Schiffe, Oder auch hier. Die Reise befehl' ich euch und den Goͤttern. Also sprach er; und alle verstummten umher, und schwiegen, Horchten noch, wie entzuͤckt, im großen schattigen Saale. Endlich begann Araͤtaͤ, die lilienarmige Fuͤrstin: 335 Sagt mir doch, ihr Faiaken, was haltet ihr von dem Manne, Seiner Gestalt und Groͤße, mit solchem Geiste vereinigt? Seht, das ist mein Gast! Doch jeder hat Theil an der Ehre. Darum sendet ihn nicht so eilend, und spart die Geschenke Bei dem darbenden Manne nicht alzu kaͤrglich; ihr habt ja 340 Reiche Schaͤze daheim, durch die Gnade der Goͤtter, verwahret! Hierauf sprach zur Versammlung der graue Held Echaͤneos, Welcher der aͤlteste war von allen faiakischen Maͤnnern: Freunde, nicht unserem Wunsch, noch unsrer Erwartung entgegen, Redete jezt voll Weisheit die Koͤnigin; darum gehorchet! 345 Aber Alkinoos selber gebuͤhrt es zu reden und handeln. Ihm antwortete drauf Alkinoos wieder, und sagte: Oduͤßee. Ja dies Wort soll wahrlich erfuͤllet werden, wofern ich Leben bleib', ein Koͤnig der rudergeuͤbten Faiaken! Aber der Fremdling wolle, wie sehr er zur Heimat verlanget, 350 Noch bis morgen bei uns verweilen, bis ich das ganze Ehrengeschenk ihm bereitet. Die Fahrt liegt allen am Herzen, Aber vor allen mir; denn mein ist die Herschaft des Volkes. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Weitgepriesener Held, Alkinoos, maͤchtigster Koͤnig! 355 Zwaͤnget ihr mich alhier auch ein ganzes Jahr zu verweilen, Und betriebt nur die Fahrt, und schenktet mir Ehrengeschenke; Gerne willigt' ich ein; auch waͤre mir beßer gerathen, Wenn ich mit vollerer Hand in mein liebes Vaterland kehrte. Weit willkommener wuͤrd' ich und weit ehrwuͤrdiger allen 360 Maͤnnern in Ithaka sein, die mich Heimkehrenden saͤhen. Ihm antwortete drauf Alkinoos wieder, und sagte: Deine ganze Gestalt, Oduͤßeus, kuͤndet mit nichten Einen Betruͤger uns an, noch losen Schwaͤzer; wie viele Sonst die verbreiteten Voͤlker der schwarzen Erde durchstreifen, 365 Welche Luͤgen erdichten, woher sie keiner vermutet. Aber in deinen Worten ist Anmut und edle Gesinnung; Gleich dem weisesten Saͤnger, erzaͤhltest du die Geschichte Von des argeiischen Heers und deinen traurigen Leiden. Aber verkuͤndige mir, und sage die lautere Wahrheit, 370 Ob du einige sahst der goͤttlichen Freunde, die mit dir Hin gen Ilion zogen, und dort ihr Schicksal erreichten. Diese Naͤchte sind lang, sehr lang! und noch ist die Stunde Schlafen zu gehn nicht da. Erzaͤhle mir Wundergeschichten. Selbst bis zur heiligen Fruͤhe vermoͤcht' ich zu hoͤren, so lange 375 Elfter Gesang. Du in diesem Gemache mir deine Leiden erzaͤhltest! Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Weitgepriesener Held, Alkinoos, maͤchtigster Koͤnig! Reden hat seine Stund', und seine Stunde der Schlummer. Aber wenn du verlangst, mich weiter zu hoͤren, so will ich 380 Ohne Weigern dir jezt noch thraͤnenwehrteres Ungluͤck Meiner Freunde verkuͤnden, die nachmals ihr Leben verloren; Die den blutigen Schlachten des troischen Krieges entrannen, Und auf der Heimkehr starben, durch List des heillosen Weibes. Als sich auf den Befehl der schrecklichen Persefoneia 385 Alle Seelen der Weiber umher in die Tiefe zerstreuet; Siehe da kam die Seele von Atreus Sohn Agamemnon Traurend daher, umringt von anderen Seelen, die mit ihm, In Aigisthos Palaste, das Ziel des Todes erreichten. Dieser erkannte mich gleich, sobald er des Blutes gekostet. 390 Und nun weint' er laut, und vergoß die bittersten Thraͤnen, Streckte die Haͤnde nach mir, und strebte mich zu umarmen. Aber ihm mangelte jezo die spannende Kraft und die Schnelle, Welche die biegsamen Glieder des Helden vormals belebte. Weinend erblickt' ich ihn, und fuͤhlete herzliches Mitleid; 395 Und ich redet' ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Atreus ruͤhmlicher Sohn, weitherschender Held Agamemnon, Welches Schicksal bezwang dich des schlummergebenden Todes? Toͤdtete dich auf der Fahrt der Erderschuͤttrer Poseidon, Da er den wilden Orkan lautbrausender Winde dir sandte? 400 Oder ermordeten dich auf dem Lande feindliche Maͤnner, Als du die schoͤnen Heerden der Rinder und Schafe hinwegtriebst, Oder indem sie die Stadt und ihre Weiber verfochten? Oduͤßee. Also sprach ich; und drauf antwortete jener, und sagte: Edler Laertiad', erfindungsreicher Oduͤßeus, 405 Nein, mich toͤdtete nicht der Erderschuͤttrer Poseidon, Da er den wilden Orkan lautbrausender Winde mir sandte; Noch ermordeten mich auf dem Lande feindliche Maͤnner. Sondern Aigisthos bereitete mir das Schicksal des Todes, Samt dem heillosen Weibe! Er lud mich zu Gast, und erschlug mich 410 Unter den Freuden des Mahls: so erschlaͤgt man den Stier an der Krippe! Also starb ich den klaͤglichsten Tod; und alle Gefaͤhrten Stuͤrzten in Haufen umher, wie hauerbewaffnete Eber, Die man im Hause des reichen gewaltigen Mannes zur Hochzeit, Oder zum Feiergelag' abschlachtet, oder zum Gastmahl. 415 Schon bei vieler Maͤnner Ermordung warst du zugegen, Die in dem Zweikampf blieben, und in der wuͤtenden Feldschlacht; Doch kein Anblick haͤtte dein Herz so innig geruͤhret, Als wie wir um den Kelch und die speisebeladenen Tische Lagen im weiten Gemach, und rings der Boden in Blut schwamm! 420 Jaͤmmerlich hoͤrt' ich vor allen Kaßandra, Priamos Tochter, Winseln, es toͤdtete sie die tuͤckische Kluͤtaimnaͤstra Ueber mir; da erhub ich die Haͤnde noch von der Erde, Und griff sterbend ins Schwert der Moͤrderin. Aber die Freche Ging von mir weg, ohn einmal die Augen des sterbenden Mannes 425 Zuzudruͤcken, noch ihm die kalten Lippen zu schließen. Nichts ist scheuslicher doch, nichts unverschaͤmter auf Erden, Als ein Weib, entschloßen zu solcher entsezlichen Schandthat, Wie sie jene veruͤbt, die Grausame! welche den Liebling Ihrer Jugend mit List hinrichtete! Ach wie entzuͤckte 430 Mich die Hoffnung, daheim von meinen Leuten und Kindern Elfter Gesang. Freudig begruͤßt zu werden! Doch jene, das Scheusal an Bosheit! Hat ihr eignes Gedaͤchtniß, und alle Weiber der Nachwelt Ewig entehrt, wenn eine sich auch des Guten befleißigt! Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte: 435 Wehe! wie fuͤrchterlich hat Kronions waltende Vorsicht Durch arglistige Weiber, den Samen Atreus von Anfang Heimgesucht! Wie viele sind Helenens halber gestorben! Und du verlorst, heimkehrend, durch Kluͤtaimnaͤstra dein Leben! Also sprach ich; und drauf antwortete jener, und sagte: 440 Laß deshalben auch du von dem Weibe nimmer dich lenken, Und vertrau' ihr nicht aus Zaͤrtlichkeit jedes Geheimniß; Sondern verkuͤndige dies, und jenes halte verborgen! Aber, Oduͤßeus, du wirst nicht sterben durch deine Gemahlin; Denn sie ist rechtschaffen, und Weisheit adelt die Seele 445 Von Ikarios Tochter, der klugen Paͤnelopeia. Ach wir verließen sie einst als junge Frau im Palaste, Da wir zum Streit auszogen, und ihr unmuͤndiges Knaͤblein Lag an der Brust, der nun in den Kreis der Maͤnner sich hinsezt. Gluͤcklicher Sohn! ihn schaut einst wiederkehrend sein Vater, 450 Und er begruͤßt den Vater mit frommer kindlicher Liebe! Aber mir hat mein Weib nicht einmal den freudigen Anblick Meines Sohnes erlaubt; sie hat zuvor mich ermordet. Hoͤre nun meinen Rath, und bewahr' ihn sorgsam im Herzen: Lande mit deinem Schiff ans vaterlaͤndische Ufer 455 Heimlich, nicht oͤffentlich an; denn nimmer ist Weibern zu trauen! Aber verkuͤndige mir, und sage die lautere Wahrheit: Habt ihr etwa gehoͤrt von meinem noch lebenden Sohne, In Orchomenos, oder vielleicht in der sandigen Puͤlos, Oduͤßee. Oder bei Menelaos in Sparta's weiten Gefilden? 460 Denn noch starb er nicht auf Erden, der edle Orestaͤs. Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte: Warum fragst du mich das, Sohn Atreus? Ich weiß nicht, ob jener Todt sei, oder noch lebe; und Eitles schwazen ist unrecht. Also standen wir beide, mit trauervollen Gespraͤchen, 465 Herzlichbekuͤmmert da, und viele Thraͤnen vergießend. Siehe da kam die Seele des Paͤlaͤiden Achilleus, Und die Seele Patroklos, des tapfern Antilochos Seele, Und des gewaltigen Aias, des Ersten an Wuchs und Bildung In dem achaiischen Heer, nach dem tadellosen Achilleus. 470 Mich erkannte die Seele des schnellen aiakischen Helden, Und sie begann wehklagend, und sprach die gefluͤgelten Worte: Edler Laertiad', erfindungsreicher Oduͤßeus, Welche noch groͤßere That, Ungluͤcklicher, wagest du jezo? Welche Kuͤhnheit, herab in die Tiefe zu steigen, wo Todte 475 Nichtig und sinnlos wohnen, die Schatten gestorbener Menschen! Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte: Paͤleus Sohn, o Achilleus, du treflichster aller Achaier, Wegen Teiresias mußt' ich herab, wenn etwa der Seher Mir weißagte, wie ich zur felsichten Ithaka kaͤme. 480 Denn noch hab' ich Achaia, noch hab' ich unsere Heimat Nicht beruͤhrt; ich leide noch stets! Doch keiner, Achilleus, Glich an Seligkeit dir, und keiner wird jemals dir gleichen. Vormals im Leben ehrten wir dich, wie einen der Goͤtter, Wir Achaier; und nun, da du hier bist, herschest du maͤchtig 485 Unter den Geistern: drum laß dich den Tod nicht reuen, Achilleus! Also sprach ich; und drauf antwortete jener, und sagte: Elfter Gesang. Preise mir jezt nicht troͤstend den Tod, ruhmvoller Oduͤßeus. Lieber moͤcht' ich fuͤrwahr dem unbeguͤterten Meier, Der nur kuͤmmerlich lebt, als Tageloͤhner das Feld baun, 490 Als die ganze Schaar vermoderter Todten beherschen. Aber verkuͤndige mir von meinem treflichen Sohne, Ob an der Spize des Heers er schaltete, oder daheim blieb. Melde mir auch, wo du Kunde vom großen Paͤleus vernahmest, Ob er noch weitgeehrt die Muͤrmidonen behersche, 495 Oder ob man ihn schon durch Hellas und Ftia verachte, Weil vor hohem Alter ihm Haͤnd' und Schenkel erbeben. Denn ich wandle nicht mehr ein Helfer im Lichte der Sonnen, Wie ich war, da ich einst in Troja's weitem Gefilde, Fuͤr die Danaer streitend, die tapfersten Voͤlker erlegte. 500 Kaͤm' ich in jener Kraft nur ein wenig zum Hause des Vaters; Schaudern vor der Gewalt der unuͤberwundenen Haͤnde Sollte, wer ihn antastet, des Koͤniges Ehre zu rauben. Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte: Keine Kunde hab' ich vom großen Paͤleus vernommen. 505 Aber von deinem Sohn Neoptolemos, deinem Geliebten, Will ich, wie du verlangst, dir lautere Wahrheit verkuͤnden. Denn ich selber hab' ihn im gleichgezimmerten Schiffe Her von Skuͤros gebracht zu den schoͤngeharnischten Griechen. Wann wir Achaier vor Ilions Stadt uns sezten zum Kriegsrath; 510 Redet' er immer zuerst, und sprach nicht flatternde Worte: Nur der goͤttliche Nestor und ich besiegten den Juͤngling. Wann wir Achaier vor Ilions Stadt auszogen zur Feldschlacht; Blieb er nimmer im Schwarm, noch unter den Haufen der Heerschaar: Sondern er eilte vorauf mit freudiger Kuͤhnheit, und stuͤrzte 515 Oduͤßee. Viele Maͤnner dahin im schrecklichen Waffengetuͤmmel. Alle will ich sie dir nicht nennen oder beschreiben, Wie viel Volkes dein Sohn, fuͤr die Danaer streitend, erlegte; Sondern Euruͤpuͤlos nur, den kriegrischen Taͤlefiden. Diesen durchstach er mit ehernem Spieß, und viele Kaͤteier 520 Sanken blutig um ihn, durch Weibergeschenke verleitet. Nach dem goͤttlichen Memnon war er der schoͤnste der Feinde. Als wir nun stiegen ins Roß, wir tapfersten Helden Achaias, Welches Epeios gebaut; und mir die Sorge vertraut ward, Unser festes Gehaͤuse zu oͤffnen, oder zu schließen: 525 Siehe da saßen viele der hohen Fuͤrsten und Pfleger, Trockneten ihre Thraͤnen, und bebten an Haͤnden und Fuͤßen. Aber ich habe nie mit meinen Augen gesehen, Daß der bluͤhende Juͤngling erblaßte, oder sein Antliz Feige Thraͤnen benezten; mit Flehen bat er mich oftmal, 530 Ihn aus dem Roße zu laßen, ergriff die eherne Lanze, Legte die Hand an das Schwert, und drohte den Troern Verderben. Als wir die hohe Stadt des Priamos endlich zerstoͤret; Stieg er, mit Ehrengeschenken und großer Beute bereichert, Unbeschaͤdigt ins Schiff, von keinem fliegenden Erze, 535 Noch von der Schaͤrfe des Schwerts verwundet; welches doch selten Tapfere Streiter verschont; denn blindlings wuͤtet der Kriegsgott. Also sprach ich; da ging die Seele des schnellen Achilleus Asfodelos, Asfodilwurz, ward auf die Graͤber gepflanzt. Daher dachte man sich in der Unterwelt die Wiese, durch welche der Stuͤx floß, mit As- fodelos bewachsen. Zur Asfodeloswiese mit großen Schritten hinunter, Elfter Gesang. Freudenvoll, daß ich ihm des Sohnes Tugend verkuͤndigt. 540 Aber die andern Seelen der abgeschiedenen Todten Standen traurend da, und sprachen von ihrer Betruͤbniß. Nur allein die Seele des telamonischen Aias Blieb von ferne stehn, und zuͤrnte noch wegen des Sieges, Den ich einst vor den Schiffen, mit ihm um die Waffen Achilleus 545 Rechtend, gewann; sie sezte zum Preis die goͤttliche Mutter, Und die Soͤhne der Troer entschieden und Pallas Athaͤnaͤ. Haͤtt' ich doch nimmermehr in diesem Streite gesieget! Denn ein solches Haupt birgt ihrenthalben die Erde: Aias, der an Gestalt und Edelthaten der groͤßte 550 Unter den Danaern war, nach dem tadellosen Achilleus. Diesen redet' ich an, und sagte mit freundlicher Stimme: Aias, Telamons Sohn, des Herlichen! mußtest du also Selbst nach dem Tode den Groll forttragen wegen der Ruͤstung, Welche der Goͤtter Rath zum Verderben der Griechen bestimmte? 555 Denn du sankst, ihr Thurm in der Feldschlacht; und wir Achaier Muͤßen, wie um das Haupt des Paͤlaͤiden Achilleus, Stets um deinen Verlust leidtragen! Doch keiner ist hieran Schuldig, als Zeus, der, entbrannt vom schrecklichen Eifer, Achaia's Kriegerschaaren verwarf, und dein Verhaͤngniß dir sandte! 560 Aber wohlan! trit naͤher zu mir, o Koͤnig, und hoͤre Meine Red', und bezwinge den Zorn des erhabenen Herzens. Also sprach ich; er schwieg, und ging in des Erebos Dunkel Zu den uͤbrigen Seelen der abgeschiedenen Todten. Dennoch haͤtte mich dort der Zuͤrnende angeredet, 565 Oder ich ihn; allein mich trieb die Begierde des Herzens, P Oduͤßee. Auch die Seelen der andern gestorbenen Helden zu schauen. Und ich wandte den Blick auf Minos, den goͤttlichen, Zeus Sohn! Dieser saß, in der Hand den goldenen Zepter, und theilte Strafe den Todten und Lohn; sie rechteten rings um den Koͤnig, 570 Sizend und stehend, im weitgeoͤffneten Hause des Aïs. Und nach diesem erblickt' ich den ungeheuren Orion. Auf der Asfodeloswiese verfolgt' er die draͤngenden Thiere, Die er im Leben einst auf wuͤsten Gebirgen getoͤdtet: In den Haͤnden die eherne, nie zerbrechliche Keule. 575 Auch den Tituͤos sah ich, den Sohn der gepriesenen Erde. Dieser lag auf dem Boden, und maß neun Hufen an Laͤnge; Und zween Geier saßen ihm links und rechts, und zerhackten Unter der Haut ihm die Leber: vergebens scheuchte der Frevler, Weil er Laͤto entehrt, Zeus heilige Lagergenoßin, 580 Als sie gen Puͤtho ging, durch Panopeus liebliche Fluren. Auch den Tantalos sah ich, mit schweren Qualen belastet. Mitten im Teiche stand er, den Kinn von der Welle bespuͤlet, Lechzte hinab vor Durst, und konnte zum Trinken nicht kommen. Denn so oft sich der Greis hinbuͤckte, die Zunge zu kuͤhlen; 585 Schwand das versiegende Waßer hinweg, und rings um die Fuͤße Zeigte sich schwarzer Sand, getrocknet vom feindlichen Daͤmon. Fruchtbare Baͤume neigten um seine Scheitel die Zweige, Voll balsamischer Birnen, Granaten und gruͤner Oliven, Oder voll suͤßer Feigen und roͤthlichgesprenkelter Aepfel. 590 Aber so bald sich der Greis aufreckte, der Fruͤchte zu pfluͤcken; Wirbelte ploͤzlich der Sturm sie empor zu den schattigen Wolken. Auch den Sisuͤfos sah ich, von schrecklicher Muͤhe gefoltert, Einen schweren Marmor mit großer Gewalt fortheben. Elfter Gesang. Angestemmt, arbeitet' er stark mit Haͤnden und Fuͤßen, 595 Ihn von der Au aufwaͤlzend zum Berge. Doch glaubt' er ihn jezo Auf den Gipfel zu drehn: da mit Einmal stuͤrzte die Last um; Hurtig mit Donnergepolter entrollte der tuͤckische Marmor. Und von vorn arbeitet' er, angestemmt, daß der Angstschweiß Seinen Gliedern entfloß, und Staub sein Antliz umwoͤlkte. 600 Und nach diesem erblickt' ich die hohe Kraft Haͤraklaͤs, Seine Gestalt; denn er selber feirt mit den ewigen Goͤttern Himmlische Wonnegelag', und umarmt die bluͤhende Haͤbaͤ, Zeus des gewaltigen Tochter und Haͤraͤs mit goldenen Solen. Ringsum schrie, wie Voͤgelgeschrei, das Geschrei der gescheuchten 605 Flatternden Geister um ihn; er stand der graulichen Nacht gleich, Hielt den entbloͤßten Bogen gespannt, und den Pfeil auf der Senne, Schauete drohend umher, und schien bestaͤndig zu schnellen. Seine Brust umguͤrtet' ein fuͤrchterlich Wehrgehenke, Wo, getrieben aus Gold, die Wunderbildungen stralten: 610 Baͤren, und Eber voll Wut, und grimmig funkelnde Loͤwen, Treffen und blutige Schlachten und Niederlagen und Morde. Immer feire der Kuͤnstler, auf immer von seiner Arbeit, Der ein solches Gehenke mit hohem Geiste gebildet! Dieser erkannte mich gleich, sobald er mit Augen mich sahe, 615 Wandte sich seufzend zu mir, und sprach die gefluͤgelten Worte: Edler Laertiad', erfindungsreicher Oduͤßeus, Armer, ruht auch auf dir ein trauervolles Verhaͤngniß, Wie ich weiland ertrug, da mir die Sonne noch stralte? Zeus des Kroniden Sohn war ich, und duldete dennoch 620 Unaussprechliches Elend; dem weit geringeren Manne Dient' ich, und dieser gebot mir die fuͤrchterlichsten Gefahren. Oduͤßee. Elfter Gesang. Selbst hier sandt' er mich her, den Hund zu holen; denn dieses Schien dem Tirannen fuͤr mich die entsezlichste aller Gefahren. Aber ich brachte den Hund empor aus Aïdaͤs Wohnung; 625 Hermaͤs geleitete mich und Zeus blauaͤugichte Tochter. Also sprach er, und ging zuruͤck in Aïdaͤs Wohnung. Aber ich blieb, und harrete dort, ob etwa noch jemand Von den gestorbenen Helden des Alterthumes sich nahte. Und noch manchen vielleicht, den ich wuͤnschte, haͤtt' ich gesehen: 630 Thaͤseus und seinen Freund Peirithoos, Soͤhne der Goͤtter; Aber es sammelten sich unzaͤhlige Schaaren von Geistern Mit graunvollem Getoͤs', und bleiches Entsezen ergriff mich. Fuͤrchtend, es sende mir jezo die strenge Persofoneia Tief aus der Nacht die Schreckengestalt des gorgonischen Unholds, Gorgo; ein Weib, deßen Anblick versteinerte. 635 Floh ich eilend von dannen zum Schiffe, befahl den Gefaͤhrten, Hurtig zu steigen ins Schiff, und die Seile vom Ufer zu loͤsen; Und sie stiegen hinein, und sezten sich hin auf die Baͤnke. Also durchschifften wir die Flut des Ozeanstromes, Erst vom Ruder getrieben, und drauf vom guͤnstigen Winde. 640 Oduͤßee . Zwoͤlfter Gesang . A ls wir jezo die Flut des Ozeanstromes durchsegelt, Fuhren wir uͤber die Woge, des weithinwogenden Meeres Zur aiaiischen Insel, alwo der daͤmmernden Fruͤhe Wohnung und Taͤnze sind, und Haͤlios leuchtender Aufgang. Wir kamen aus dem dunkeln Lande der Kimmerier jenseits des Ozean- stromes zu der naͤchsten Insel im Mittelmeere zuruͤck, wo die Morgenroͤthe und die Sonne scheint. Jezo landeten wir am sandigen Ufer der Insel, 5 Stiegen alsdann aus dem Schiff' ans krumme Gestade des Meeres, Schlummerten dort ein wenig, und harrten der heiligen Fruͤhe. Als die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Sandt' ich einige Freunde zur Wohnung der goͤttlichen Kirkaͤ, Unsers todten Gefaͤhrten Elpaͤnors Leichnam zu holen. 10 Eilig faͤllten wir Holz auf der hoͤchsten Spize des Landes, Und bestateten ihn mit vielen Thraͤnen und Seufzern. Als der Todte nunmehr und des Todten Ruͤstung verbrannt war, Haͤuften wir ihm ein Grab, und errichteten druͤber ein Denkmal, Pflanzten dann hoch auf das Grab sein schoͤngeglaͤttetes Ruder. 15 Also bestellten wir dies nach der Ordnung. Doch unsre Zuruͤckkunft Oduͤßee. Aus dem Reiche der Nacht blieb Kirkaͤ nicht lange verborgen; Denn bald kam sie geschmuͤckt, und ihre begleitenden Jungfraun Trugen Gebacknes und Fleisch samt rothem funkelnden Weine. Und sie trat in die Mitte, die hehre Goͤttin, und sagte: 20 Arme, die ihr lebendig in Aïdaͤs Wohnung hinabfuhrt! Zweimal schmeckt ihr den Tod, den andre nur Einmal empfinden. Aber wohlan, erquickt euch mit Speis' und funkelndem Weine Hier, bis die Sonne sinkt; und sobald der Morgen sich roͤthet, Schifft! Ich will euch den Weg, und alle Gefahren des Weges 25 Selbst verkuͤnden, damit nicht hinfort unselige Thorheit, Weder zu Waßer noch Land', euch neuen Jammer bereite. Also sprach sie, und zwang der Edlen Herz zum Gehorsam. Also saßen wir dort den Tag, bis die Sonne sich neigte, An der Fuͤlle des Fleisches und suͤßen Weines uns labend. 30 Als die Sonne nun sank, und Dunkel die Erde bedeckte, Legten sich jene zur Ruh am festgebundenen Schiffe. Aber mich nahm bei der Hand die Goͤttin, fuͤhrte mich abwaͤrts, Legte sich neben mir nieder, und fragete, was mir begegnet; Und ich erzaͤhlte darauf umstaͤndlich die ganze Geschichte. 35 Jezt antwortete mir die hohe Kirkaͤ, und sagte: Dieses hast du denn alles vollbracht; vernim nun, Oduͤßeus, Was ich dir sagen will: deß wird auch ein Gott dich erinnern. Erstlich erreichet dein Schiff die Sirenen; diese bezaubern An der fabelhaften Suͤdseite Italiens. Alle sterblichen Menschen, wer ihre Wohnung beruͤhret. 40 Welcher mit thoͤrichtem Herzen hinanfaͤhrt, und der Sirenen Stimme lauscht, dem wird zu Hause nimmer die Gattin Zwoͤlfter Gesang. Und unmuͤndige Kinder mit freudigem Gruße begegnen; Denn es bezaubert ihn der helle Gesang der Sirenen, Die auf der Wiese sizen, von aufgehaͤuftem Gebeine 45 Modernder Menschen umringt und ausgetrockneten Haͤuten. Aber du steure vorbei, und verkleibe die Ohren der Freunde Mit dem geschmolzenen Wachse der Honigscheiben, daß Niemand Von den andern sie hoͤre. Doch willst du selber sie hoͤren; Siehe dann binde man dich an Haͤnden und Fuͤßen im Schiffe, 50 Aufrecht stehend am Maste, mit festumschlungenen Seilen: Daß du den holden Gesang der zwo Sirenen vernehmest. Flehst du die Freunde nun an, und befiehlst die Seile zu loͤsen; Eilend feßle man dich mit mehreren Banden noch staͤrker! Sind nun deine Gefaͤhrten bei diesen voruͤber gerudert, 55 Dann bestimm' ich den Weg nicht weiter, ob du zur Rechten Oder zur Linken dein Schiff hinsteuren muͤßest; erwaͤg' es Selber in deinem Geist. Ich will dir beide bezeichnen. Hier stuͤrmt gegen den Fuß der uͤberhangenden Klippen Auf der einen Seite, naͤmlich Oduͤßeus zur Rechten, sind die irren den feuerspeienden Klippen, (man meinte die liparischen Inseln;) und auf der an dern, zur Linken, Hochaufbrausend die Woge der blaͤulichen Amsitritaͤ. 60 Irrende Klippen nennt sie die Sprache der seligen Goͤtter. Selbst kein fliegender Vogel, noch selbst die schuͤchternen Tauben Eilen vorbei, die Zeus dem Vater Ambrosia bringen; Die Ambrosia quoll nicht weit vom Ozeanstrom in Elisium, und wurde von Tauben nach dem Berge Oluͤmpos gebracht. Sondern der glatte Fels raubt eine von ihnen bestaͤndig! Aber der Vater erschafft eine andre, die Zahl zu ergaͤnzen. 65 Oduͤßee. Und noch nimmer entrann ein Schiff, das ihnen sich nahte; Sondern zugleich die Truͤmmer des Schiffs und die Leichen der Maͤnner Wirbelt die Woge des Meers und verzehrende Feuerorkane. Eins nur steurte vorbei von den meerdurchwandelnden Schiffen, Argo, die allbesungne, da sie von Aiaͤtaͤs zuruͤckfuhr; 70 Und bald haͤtte die Flut auch sie an die Klippe geschmettert, Doch sie geleitete Haͤraͤ, die waltende Goͤttin Jasons. Dorthin drohn zween Felsen: der eine beruͤhret den Himmel Stuͤlla und Charubdis. Mit dem spizigen Gipfel, vom duͤsterblauen Gewoͤlke Rings umhuͤllt, das nimmer zerfließt; und nimmer erhellen 75 Heitere Tage den Gipfel, im Sommer oder im Herbste. Keiner vermoͤchte hinauf, und keiner hinunter zu steigen, Wenn er auch zwanzig Haͤnd' und zwanzig Fuͤße bewegte; Denn der Stein ist so glatt, als waͤr' er ringsum behauen. In der Mitte des Felsen ist eine benachtete Hoͤhle, 80 Abendwaͤrts, gewandt nach des Erebos Gegend, alwo ihr Euer gebogenes Schiff vorbeilenkt, edler Oduͤßeus. Von dem Boden des Schiffes vermoͤchte der fertigste Schuͤze Nicht den gefiederten Pfeil bis an die Hoͤhle zu schnellen. Diese Hoͤhle bewohnt die fuͤrchterlich bellende Skuͤlla, 85 Deren Stimme hell, wie der jungen saugenden Hunde Winseln toͤnt, sie selbst ein graͤuliches Scheusal, daß Niemand Ihrer Gestalt sich freut, wenn auch ein Gott ihr begegnet. Siehe das Ungeheuer hat zwoͤlf abscheuliche Klauen, Und sechs Haͤls' unglaublicher Laͤng', auf jeglichem Halse 90 Einen graͤßlichen Kopf, mit dreifachen Reihen gespizter Dichtgeschloßener Zaͤhne voll schwarzes Todes bewaffnet. Bis an die Mitte steckt ihr Leib in der Hoͤhle des Felsens, Zwoͤlfter Gesang. Aber die Koͤpfe bewegt sie hervor aus dem schrecklichen Abgrund, Blickt heißhungrig umher, und fischt sich rings um den Felsen 95 Meerhund' oft und Delfine, und oft noch ein groͤßeres Seewild, Aus der unzaͤhlichen Schaar der brausenden Amsitritaͤ. Noch kein kuͤhner Pilot, der Skuͤlla's Felsen vorbeifuhr, Ruͤhmt sich verschont zu sein; sie schwinget in jeglichem Rachen Einen geraubeten Mann aus dem blaugeschnaͤbelten Schiffe. 100 Doch weit niedriger ist der andere Felsen, Oduͤßeus, Und dem ersten so nahe, daß ihn dein Bogen erreichte. Dort ist ein Feigenbaum mit großen laubichten Aesten; Drunter lauret Charuͤbdis, die waßerstrudelnde Goͤttin. Dreimal gurgelt sie taͤglich es aus, und schlurfet es dreimal Es geschieht nur zweimal; Homer redet nach einem dunkeln Geruͤcht. 105 Schrecklich hinein. Weh dir, wofern du der Schlurfenden nahest! Selbst Poseidaon koͤnnte dich nicht dem Verderben entreißen: Darum steure du dicht an Skuͤlla's Felsen, und rudre Schnell mit dem Schiffe davon. Es ist doch beßer, Oduͤßeus, Sechs Gefaͤhrten im Schiff zu vermißen, als alle mit Einmal! 110 Also sprach sie; und ich antwortete wieder, und sagte: Goͤttin, ich flehe dich an, verkuͤnde mir lautere Wahrheit: Kann ich nicht dort dem Strudel der wilden Charuͤbdis entfliehen, Aber Skuͤlla bestrafen, sobald sie die Meinigen anfaͤllt? Also sprach ich; mir gab die hohe Goͤttin zur Antwort: 115 Ungluͤckseliger, denkst du auch hier der kriegrischen Thaten Und der Gewalt, und weichst nicht einmal unsterblichen Goͤttern? Denn nicht sterblich ist jene; sie ist ein unsterbliches Scheusal, Furchtbar und schreckenvoll und grausam und unuͤberwindlich. Oduͤßee. Nichts hilft Tapferkeit dort; entfliehn ist die einzige Rettung. 120 Denn verweilst du am Felsen, zum Kampfe geruͤstet; so fuͤrcht' ich, Daß dich das Ungeheuer von oben herunter noch Einmal Mit sechs Rachen ereil', und dir sechs Maͤnner entreiße. Rudre denn hurtig voruͤber, und rufe die Goͤttin Krataiis, Skuͤlla's Mutter an, die die Plage der Menschen geboren: 125 Diese wird sie bezaͤhmen, daß sie nicht ferner dir schade. Jezo erreichst du die Insel Thrinakia. Siehe da weiden Viele fette Rinder und Schafe des Sonnenbeherschers: Sieben Heerden der Rinder, und sieben der treflichen Schafe, Funfzig in jeglicher Heerd'; und diese vermehren sich niemals, 130 Noch vermindern sie sich. Zwo Goͤttinnen pflegen der Weide, Lieblichgelockte Nuͤmfen, Lampetia und Faetusa, Die mit der schoͤnen Neaira der Hochhinwandelnde zeugte. Denn die goͤttliche Mutter, sobald sie die Toͤchter erzogen, Sandte sie fern hinweg in Thrinakia's Insel, des Vaters 135 Fette Schafe zu huͤten und sein schwerwandelndes Hornvieh. Wenn du nun, eingedenk der Heimfahrt, diese verschonest; Siehe dann moͤgt ihr, obzwar ungluͤcklich, gen Ithaka kehren. Wenn du sie aber beraubst; alsdann weißag' ich Verderben Deinem Schiff' und den Freunden; und so du auch selber entrinnest, 140 Kehrst du doch spaͤt, ungluͤcklich, und ohne Gefaͤhrten, zur Heimat. Also sprach sie; da kam die goldenthronende Aeos; Und die hohe Goͤttin verließ mich, und ging durch die Insel. Aber ich eilte zum Schiff', und ermahnete meine Gefaͤhrten, Einzusteigen, und schnell am Ufer die Seile zu loͤsen. 145 Und sie traten ins Schiff, und sezten sich hin auf die Baͤnke, Saßen in Reihn, und schlugen die graue Woge mit Rudern. Zwoͤlfter Gesang. Jene sandte vom Ufer dem blaugeschnaͤbelten Schiffe Guͤnstigen segelschwellenden Wind, zum guten Begleiter, Kirkaͤ, die schoͤngelockte, die hehre melodische Goͤttin. 150 Eilig brachten wir jezt die Geraͤthe des Schiffes in Ordnung, Saßen dann still, und ließen vom Wind' und Steuer uns lenken. Jezo begann ich, und sprach zu den Freunden mit inniger Wehmut: Freunde, nicht Einem allein, noch Zweenen, gebuͤhrt es zu wißen, Welche Dinge mir Kirkaͤ, die hohe Goͤttin, geweißagt. 155 Drum verkuͤnd' ich sie euch, daß jeder sie wiße; wir moͤgen Sterben, oder entfliehn dem schrecklichen Todesverhaͤngniß. Erst befiehlt uns die Goͤttin, der zauberischen Sirenen Suͤße Stimme zu meiden, und ihre blumige Wiese. Mir erlaubt sie allein, den Gesang zu hoͤren; doch bindet 160 Ihr mich fest, damit ich kein Glied zu regen vermoͤge, Aufrecht stehend am Maste, mit festumschlungenen Seilen. Fleh' ich aber euch an, und befehle die Seile zu loͤsen; Eilend feßelt mich dann mit mehreren Banden noch staͤrker. Also verkuͤndet' ich jezo den Freunden unser Verhaͤngniß. 165 Und wie gefluͤgelt entschwebte, vom freundlichen Winde getrieben, Unser geruͤstetes Schiff zu der Insel der beiden Sirenen. Ploͤzlich ruhte der Wind; von heiterer Blaͤue des Himmels Glaͤnzte die stille See; ein Himmlischer senkte die Waßer. Meine Gefaͤhrten gingen, und falteten eilig die Segel, 170 Legten sie nieder im Schiff, und sezten sich hin an die Ruder; Schaͤumend enthuͤpfte die Woge den schoͤngeglaͤtteten Tannen. Aber ich schnitt mit dem Schwert' aus der großen Scheibe des Wachses Kleine Kugeln, knaͤtete sie mit nervichten Haͤnden; Und bald weichte das Wachs, vom starken Drucke bezwungen, 175 Oduͤßee. Und dem Strale des hochhinwandelnden Sonnenbeherschers. Hierauf ging ich umher, und verkleibte die Ohren der Freunde. Jene banden mich jezo an Haͤnden und Fuͤßen im Schiffe, Aufrecht stehend am Maste, mit festumschlungenen Seilen; Sezten sich dann, und schlugen die graue Woge mit Rudern. 180 Als wir jezo so weit, wie die Stimme des Rufenden schallet, Kamen im eilenden Lauf; da erblickten jene das nahe Meerdurchgleitende Schiff, und huben den hellen Gesang an: Komm, besungner Oduͤßeus, du großer Ruhm der Achaier! Lenke dein Schiff ans Land, und horche unserer Stimme. 185 Denn hier steurte noch keiner im schwarzen Schiffe voruͤber, Eh er dem suͤßen Gesang' aus unserem Munde gelauschet; Und dann ging er von hinnen, vergnuͤgt und weiser wie vormals. Uns ist alles bekannt, was ihr Argeier und Troer Durch der Goͤtter Verhaͤngniß in Troja's Fluren geduldet: 190 Alles, was irgend geschieht auf der lebenschenkenden Erde! Also sangen jene voll Anmut. Heißes Verlangen Fuͤhlt' ich weiter zu hoͤren, und winkte den Freunden Befehle, Meine Bande zu loͤsen; doch hurtiger ruderten diese. Und es erhuben sich schnell Euruͤlochos und Perimaͤdaͤs, 195 Legten noch mehrere Feßeln mir an, und banden mich staͤrker. Also steuerten wir den Sirenen voruͤber; und leiser, Immer leiser, verhallte der Singenden Lied und Stimme. Eilend nahmen sich nun die theuren Genoßen des Schiffes Von den Ohren das Wachs, und loͤsten mich wieder vom Mastbaum. 200 Als wir jezo der Insel entruderten, sah ich von ferne Dampf und brandende Flut, und hoͤrt' ein dumpfes Getoͤse. Schnell entflogen den Haͤnden der zitternden Freunde die Ruder; Zwoͤlfter Gesang. Reuschend schleppten sie alle dem Strome nach, und das Schiff stand Still, weil keiner mehr das lange Ruder bewegte. 205 Aber ich eilte durchs Schiff, und ermahnete meine Gefaͤhrten, Trat zu jeglichem Mann, und sprach mit freundlicher Stimme: Freunde, wir sind ja bisher nicht ungeuͤbt in Gefahren; Und nicht groͤßere drohet uns jezt, als da der Kuͤklope Mit unmenschlicher Kraft im dunkeln Felsen uns einschloß; 210 Dennoch entflohn wir auch jener durch meine Tugend und Weisheit; Und ich hoffe, wir werden uns einst auch dieser erinnern. Auf denn, Geliebteste, thut, was ich euch jezo befehle! Ihr, schlagt alle des Meers hochstuͤrmende Woge mit Rudern, Sizend auf euren Baͤnken! Vielleicht verstatet Kronion 215 Zeus, daß wir, durch die Flucht, doch diesem Verderben entrinnen. Aber dir, o Pilot, befehl' ich dieses; verschleuß es Tief im Herzen, denn du besorgst das Steuer des Schiffes! Lenke das Schiff mit aller Gewalt aus dem Dampf und der Brandung, Und arbeite gerad' auf den Fels zu; daß es nicht dorthin 220 Unversehens sich wend', und du ins Verderben uns stuͤrzest! Also sprach ich, und schnell gehorchten sie meinem Befehle. Aber von Skuͤlla schwieg ich, dem unvermeidlichen Ungluͤck! Daß nicht meine Gefaͤhrten, aus Furcht des Todes, die Ruder Sinken ließen, und all' im Schiffe zusammen sich draͤngten. 225 Jezo dacht' ich nicht mehr des schreckenvollen Gebotes, Welches mir Kirkaͤ geboten, mich nicht zum Kampfe zu ruͤsten; Sondern ich guͤrtete mich mit statlichen Waffen, und faßte Zween weitschattende Speer' in der Hand, und stieg auf des Schiffes Vorderverdeck; denn ich hoffte, die Felsenbewohnerin Skuͤlla 230 Dorther kommen zu sehn, um mir die Freunde zu rauben. Oduͤßee. Aber ich schaute sie nirgends, obgleich die Augen mir schmerzten, Da ich nach jeder Kluft des braunen Felsen emporsah. Seufzend ruderten wir hinein in die schreckliche Enge: Denn hier drohete Skuͤlla, und dort die wilde Charuͤbdis, 235 Welche die salzige Flut des Meeres fuͤrchterlich einschlang. Wenn sie die Flut ausbrach; wie ein Keßel auf flammendem Feuer, Brauste mit Ungestuͤm ihr siedender Strudel, und hochauf Sprizte der Schaum, und bedeckte die beiden Gipfel der Felsen. Wenn sie die salzige Flut des Meeres wieder hineinschlang; 240 Senkte sich mitten der Schlund des reißenden Strudels, und ringsum Donnerte furchtbar der Fels, und unten blickten des Grundes Schwarze Kiesel hervor. Und bleiches Entsezen ergriff uns. Waͤhrend wir nun, in der Angst des Todes, alle dahinsahn, Neigte sich Skuͤlla herab, und nahm aus dem Raume des Schiffes 245 Mir sechs Maͤnner, die staͤrksten an Mut und nervichten Armen. Als ich jezt auf das eilende Schiff und die Freunde zuruͤcksah; Da erblickt' ich schon oben die Haͤnd' und Fuͤße der Lieben, Die hoch uͤber mir schwebten; sie schrien und jammerten alle Laut, und riefen mir, ach! zum leztenmale! beim Namen. 250 Wie am Vorgebirge mit langer Rute der Fischer Laurend den kleinen Fischen die koͤdertragende Angel, An dem Horne des Stiers, hinab in die Fluten des Meeres Wirft, und die zappelnde Beute geschwind' ans Ufer hinaufschwenkt: Also wurden sie zappelnd empor an dem Felsen gehoben. 255 Dort an der Hoͤhle fraß sie das Ungeheuer, und schreiend Streckten jene nach mir, in der grausamsten Marter, die Haͤnd' aus. Nichts erbaͤrmlichers hab' ich mit meinen Augen gesehen, So viel Jammer mich anch im stuͤrmenden Meere verfolgte! Zwoͤlfter Gesang. Als wir jezo die Felsen der Skuͤlla und wilden Charuͤbdis 260 Flohn, da erreichten wir bald des Gottes herliche Insel, Wo die Heerden des hochhinwandelnden Haͤlios weiden, Viele trefliche Schaf' und viel breitstirniges Hornvieh. Als ich noch auf dem Meer' im schwarzen Schiffe heranfuhr; Hoͤrt' ich schon das Gebruͤll der eingeschloßenen Rinder, 265 Und der Schafe Gebloͤck. Da erwacht' in meinen Gedanken Jenes thaͤbaiischen Sehers, des blinden Teiresias Warnung, Und der aiaiischen Kirkaͤ, die mir aufs strengste befohlen, Ja die Insel zu meiden der menschenerfreuenden Sonne. Und mit trauriger Seele begann ich zu meinen Gefaͤhrten: 270 Hoͤret meine Worte, ihr theuren Genoßen im Ungluͤck, Daß ich euch sage, was mir Teiresias Seele geweißagt, Und die aiaiische Kirkaͤ, die mir aufs strengste befohlen, Ja die Insel zu meiden der menschenerfreuenden Sonne; Denn dort wuͤrden wir uns den schrecklichsten Jammer bereiten. 275 Auf denn, Geliebteste, lenkt das Schiff bei der Insel voruͤber! Also sprach ich, und jenen brach das Herz vor Betruͤbniß. Aber Euruͤlochos gab mir diese zuͤrnende Antwort: Grausamer Mann, du strozest von Kraft, und nimmer ermuͤden Deine Glieder; sie sind aus hartem Stale gebildet! 280 Daß du den muͤden Freunden, von Arbeit und Schlummer entkraͤftet, Nicht ans Land zu steigen erlaubst, damit wir uns wieder Auf der umfloßenen Insel mit lieblichen Speisen erquicken; Sondern befiehlst, daß wir die Insel meiden, und blindlings Durch die dickeste Nacht im duͤstern Meere verirren! 285 Und die Stuͤrme der Nacht sind fuͤrchterlich; Schiffe zertruͤmmert Ihre Gewalt! Wo entfloͤhn wir dem schrecklichen Todesverhaͤngniß, Oduͤßee. Wenn nun mit Einmal im wilden Orkan der gewaltige Suͤdwind Oder der sausende West herwirbelte, welche die Schiffe Oft auch gegen den Willen der herschenden Goͤtter zerschmettern? 290 Laßt uns denn jezo der Nacht aufsteigenden Schatten gehorchen, Und am Ufer ein Mahl bei dem schnellen Schiffe bereiten. Morgen steigen wir ein, und steuren ins offene Weltmeer. Also sprach er; und laut rief jeder Euruͤlochos Beifall. Und ich erkannte jezt, daß ein Himmlischer Boͤses verhaͤngte; 295 Drauf antwortet' ich ihm, und sprach die gefluͤgelten Worte: Freilich, Euruͤlochos, zwingt ihr mich Einzelnen leicht zum Gehorsam. Aber wohlan! jezt schwoͤret mir alle den heiligen Eidschwur: Wenn wir irgendwo Heerden von Rindern oder von Schafen Finden, daß keiner mir dann, durch schreckliche Bosheit verblendet, 300 Weder ein Rind noch ein Schaf abschlachte, sondern geruhig Eße der Speise, die uns die unsterbliche Kirkaͤ gereicht hat! Also sprach ich; und schnell beschwuren sie, was ich verlangte. Als sie es jezo gelobt, und vollendet den heiligen Eidschwur; Landeten wir in der Bucht mit dem starkgezimmerten Schiffe, 305 Nahe bei suͤßem Waßer; und meine Gefaͤhrten entstiegen Alle dem Schiff', und bereiteten schnell am Ufer die Mahlzeit. Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war; Da beweineten sie der lieben Freunde Gedaͤchtniß, Welche Skuͤlla geraubt, und vor der Hoͤhle verschlungen; 310 Auf die Weinenden sank almaͤhlich der suͤße Schlummer. Schon war die dritte Wache der Nacht, und es sanken die Sterne; Siehe da sendete Zeus, der Wolkenversammler, der Windsbraut Fuͤrchterlich zuckenden Sturm, verhuͤllt' in dicke Gewoͤlke Meer und Erde zugleich; und dem duͤstern Himmel entsank Nacht. 315 Zwoͤlfter Gesang. Als nun die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Zogen wir unser Schiff in die felsenbeschattete Grotte, Welche die schoͤnen Reigen und Size der Nuͤmfen verbirget. Jezo rief ich die Freunde zur Rathsversammlung, und sagte: Freunde, wir haben ja noch im Schiffe zu eßen und trinken; 320 Darum schonet der Rinder, daß uns kein Boͤses begegne! Diese Rinder und Schafe sind jeues furchtbaren Gottes Haͤlios Eigenthum, der alles siehet und hoͤret. Also sprach ich, und zwang ihr edles Herz zum Gehorsam. Aber der Suͤd durchstuͤrmte den ganzen Monat, und niemals 325 Hub sich ein anderer Wind, als der Ost und der herschende Suͤdwind. Doch solang' es an Speis' und rothem Weine nicht fehlte, Schoneten jene der Rinder, ihr suͤßes Leben zu retten. Und da endlich im Schiffe der ganze Vorrat verzehrt war, Streiften sie alle aus Noth, vom nagenden Hunger gefoltert, 330 Durch die Insel umher, mit krummer Angel sich Fische Oder Voͤgel zu fangen, was ihren Haͤnden nur vorkam. Jezo ging ich allein durch die Insel, um einsam die Goͤtter Anzuflehn, ob einer den Weg mir zeigte zur Heimkehr. Als ich, die Insel durchgehend, mich weit von den Freunden entfernet, 335 Am windfreien Gestade; da wusch ich die Haͤnd', und flehte Alle Goͤtter an, die Bewohner des hohen Oluͤmpos. Und sie deckten mir sanft die Augen mit suͤßem Schlummer. Aber Euruͤlochos reizte die andern Freunde zum Boͤsen: Hoͤret meine Worte, ihr theuren Genoßen im Ungluͤck. 340 Zwar ist jeglicher Tod den armen Sterblichen furchtbar; Aber so jammervoll ist keiner, als Hungers sterben. Q Oduͤßee. Auf denn, und treibt die beßten der Sonnenrinder zum Opfer Fuͤr die Unsterblichen her, die den weiten Himmel bewohnen. Kommen wir einst zuruͤck in Ithaka's heimische Fluren, 345 Seht dann weihen wir schnell dem hohen Sonnenbeherscher Einen praͤchtigen Tempel, mit koͤstlichem Schmucke gezieret. Aber beschließt der Gott, um gehoͤrnete Rinder entruͤstet, Unser Schiff zu verderben, und ihm willfahren die Goͤtter; Lieber will ich mit Einmal den Geist in den Fluten verhauchen, 350 Als noch lang' hinschmachten auf dieser einsamen Insel! Also sprach er, und laut rief jeder Euruͤlochos Beifall. Und sie trieben die beßten der Sonnenrinder zum Opfer Eilend daher; denn nahe dem blaugeschnaͤbelten Schiffe Weideten jezt, breitstirnig und schoͤn, die heiligen Rinder. 355 Diese umstanden die Freunde, den Goͤttern flehend, und streuten Zarte Blaͤtter, gepfluͤckt von der hochgewipfelten Eiche; Denn an Gerste gebrach es im schoͤngebordeten Schiffe. Also fleheten sie, und schlachteten, zogen die Haut ab, Schnitten die Lenden aus, umwickelten diese mit Fette, 360 Und bedeckten sie drauf mit blutigen Stuͤcken der Glieder. Auch an Weine gebrach es, das brennende Opfer zu sprengen; Aber sie weihten mit Waßer die roͤstenden Eingeweide. Als sie die Lenden verbrannt, und die Eingeweide gekostet, Schnitten sie auch das Uebrige klein, und stecktens an Spieße. 365 Meinen Augen entfloh nunmehr der liebliche Schlummer, Und ich ging zu dem ruͤstigen Schiff am Ufer des Meeres. Aber sobald ich mich nahte dem gleichgeruderten Schiffe, Kam mir der suͤße Duft des Opferrauches entgegen. Da erschrack ich, und rief wehklagend den ewigen Goͤttern: 370 Zwoͤlfter Gesang. Vater Zeus, und ihr andern, unsterbliche selige Goͤtter! Ach! ihr habt mir zum Fluche den grausamen Schlummer gesendet, Daß die Gefaͤhrten indeß den entsezlichen Frevel veruͤbten! Und Lampetia stieg zu Haͤlios leuchtendem Size Schnell mit der Botschaft empor, daß jene die Rinder getoͤdtet; 375 Dieser entbrannte vor Zorn, und sprach zu den ewigen Goͤttern: Vater Zeus, und ihr andern, unsterbliche selige Goͤtter, Raͤcht mich an den Gefaͤhrten Oduͤßeus, des Sohnes Laertaͤs, Welche mir uͤbermuͤtig die Rinder getoͤdtet, die Freude Meiner Tage, so oft ich den sternichten Himmel hinanstieg, 380 Oder wieder hinab vom Himmel zur Erde mich wandte! Buͤßen die Frevler mir nicht vollguͤltige Buße des Raubes; Steig' ich hinab in Aïdaͤs Reich, und leuchte den Todten! Ihm antwortete drauf der Wolkenversammler Kronion: Haͤlios, leuchte forthin den unsterblichen Goͤttern des Himmels, 385 Und den sterblichen Menschen auf lebenschenkender Erde. Bald will ich jenen das ruͤstige Schiff mit dem flammenden Donner, Mitten im dunkeln Meer, in kleine Truͤmmer zerschmettern! Dieses erfuhr ich hernach von der schoͤngelockten Kaluͤpso, Die es selbst von Hermeias, dem Goͤttergesandten, erfahren. 390 Als ich jezo das Schiff und des Meeres Ufer erreichte, Schalt ich die Mißethaͤter vom ersten zum lezten; doch nirgends Fand ich Rettung fuͤr uns, die Rinder lagen schon todt da. Bald erschienen darauf die schrecklichen Zeichen der Goͤtter: Ringsum krochen die Haͤute, es bruͤllte das Fleisch an den Spießen, 395 Rohes zugleich und gebratnes, und laut wie Rindergebruͤll scholls. Und sechs Tage schwelgten die ungluͤckseligen Freunde Von den beßten Rindern des hohen Sonnenbeherschers. Oduͤßee. Als nun der siebente Tag von Zeus Kronion gesandt ward, Siehe da legten sich schnell die reißenden Wirbel der Windsbraut; 400 Und wir stiegen ins Schiff, und steurten ins offene Weltmeer, Aufgerichtet den Mast, und gespannt die schimmernden Segel. Als wir das gruͤne Gestade Thrinakia's jezo verlaßen, Und ringsum kein Land, nur Meer und Himmel zu sehn war; Breitete Zeus Kronion ein dunkelblaues Gewoͤlk aus 405 Ueber das laufende Schiff, und Nacht lag uͤber der Tiefe. Und nicht lange mehr eilte das laufende Schiff; denn mit Einmal Kam lautbrausend der West mit fuͤrchterlich zuckenden Wirbeln. Ploͤzlich zerbrach der Orkan die beiden Taue des Mastbaums; Aber der Mast fiel krachend zuruͤck, und Segel und Stange 410 Sanken hinab in den Raum; die Last des fallenden stuͤrzte Hinten im Schiff dem Piloten aufs Haupt, und zerknirschte mit Einmal Alle Gebeine des Haupts; da schoß er, aͤhnlich dem Taucher, Koͤpflings herab vom Verdeck, und der Geist entwich den Gebeinen. Und nun donnerte Zeus; der hochgeschleuderte Stral schlug 415 Schmetternd ins Schiff: und es schwankte, vom Donner des Gottes erschuͤttert; Alles war Schwefeldampf, und die Freund' entstuͤrzten dem Boden. Aehnlich den Waßerkraͤhn, bekaͤmpften sie, rings um das Schiff her, Steigend und sinkend die Flut; doch Gott nahm ihnen die Heimkehr. Einsam durchwandelt' ich jezo das Schiff; da trennte der Wogen 420 Sturz von den Seiten den Kiel, und trug die eroberte Truͤmmer; Schmetterte dann auf den Kiel den Mastbaum nieder; an diesem Hing noch das Segeltau, von Ochsenleder geflochten. Eilend ergriff ich das Tau, und verband den Kiel und den Mastbaum; Sezte mich drauf, und trieb durch den Sturm und die tobenden Fluten. 425 Jezo legten sich schnell die reißenden Wirbel des Westes; Zwoͤlfter Gesang. Doch es erhub sich der Suͤd, der, mit neuen Schrecken geruͤstet, Wieder zuruͤck mich stuͤrmte zum Schlunde der wilden Charuͤbdis. Und ich trieb durch die ganze Nacht; da die Sonne nun aufging, Kam ich an Skuͤlla's Fels und die schreckenvolle Charuͤbdis. 430 Diese verschlang anjezo des Meeres salzige Fluten; Aber ich hob mich empor, an des Feigenbaumes Gezweige Angeklammert, und hing, wie die Fledermaus, und vermochte Nirgendwo mit den Fuͤßen zu ruhn, noch hoͤher zu klimmen. Denn fern waren die Wurzeln, und nieder schwankten die Aeste, 435 Welche, lang und groß, Charuͤbdis mit Schatten bedeckten. Also hielt ich mich fest an den Zweig, bis der Kiel und der Mastbaum Wieder dem Strudel entfloͤgen; und endlich nach langem Harren Kamen sie. Wann zum Mahle der Richter aus der Versammlung Kehrt, der viele Zwiste der hadernden Juͤngling' entschieden; 440 Zu der Stund' entstuͤrzten Charuͤbdis Schlunde die Balken. Aber ich schwung mich von oben mit Haͤnden und Fuͤßen hinunter, Und sprang rauschend hinab in den Strudel neben die Balken, Sezte mich eilend darauf, und ruderte fort mit den Haͤnden. Aber Skuͤlla ließ mich der Vater der Menschen und Goͤtter 445 Nicht mehr schaun; ich waͤre sonst nie dem Verderben entronnen! Und neun Tage trieb ich umher; in der zehnten der Naͤchte Fuͤhrten die Himmlischen mich gen Oguͤgia, wo Kaluͤpso Wohnet, die schoͤngelockte, die hehre melodische Goͤttin; Huldreich nahm sie mich auf. .. Doch warum erzaͤhl' ich dir dieses? 450 Hab' ich es doch schon dir und deiner edlen Gemahlin Gestern in diesem Gemach erzaͤhlt; und es ist mir zuwider, Einmal erzaͤhlete Dinge von neuem zu wiederholen. Oduͤßee. Dreizehnter Gesang . A lso sprach er; und alle verstummten umher, und schwiegen, Horchten noch, wie entzuͤckt, im großen schattigen Saale. Ihm antwortete drauf Alkinoos wieder, und sagte: Da du zu meiner hohen mit Erz gegruͤndeten Wohnung Kamst; so hoff' ich, Oduͤßeus, dich sollen doch jezt von der Heimfahrt 5 Keine Stuͤrme verwehn, wie sehr du auch immer geduldet! Aber gehorchet nun, ihr alle, meiner Ermahnung, Die ihr bestaͤndig alhier, in meinem Palaste, des rothen Ehrenweines genießt, und des Saͤngers Begeisterung anhoͤrt. Kleider liegen bereits in der schoͤngeglaͤtteten Lade 10 Fuͤr den Fremdling, auch Gold von kuͤnstlicher Arbeit, und andre Reiche Geschenke, so viel die faiakischen Fuͤrsten ihm brachten. Laßt uns noch jeden ein groß dreifuͤßig Geschirr und ein Becken Ihm verehren. Wir fodern uns dann vom versammelten Volke Wieder Ersaz; denn Einen belaͤstigten solche Geschenke. 15 Also sprach er; und allen gefiel die Rede des Koͤnigs. Hierauf gingen sie heim, der suͤßen Ruhe zu pflegen. Als die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Eilten sie alle zum Schiffe mit maͤnnerehrendem Erze. Aber die heilige Macht Alkinoos legte das alles, 20 Oduͤßee. Dreizehnter Gesang. Selber das Schiff durchgehend, mit Sorgfalt unter die Baͤnke; Daß es die Ruderer nicht an der Arbeit moͤchte verhindern. Hierauf gingen sie alle zur Burg, und besorgten das Gastmahl. Ihnen versoͤhnte der Koͤnig mit einem geopferten Stiere Zeus den donnerumwoͤlkten Kroniden, der alles beherschet. 25 Und sie verbrannten die Lenden, und feirten das herliche Gastmahl, Froͤhliches Muts; auch sang vor ihnen der goͤttliche Saͤnger, Unter den Voͤlkern geehrt, Daͤmodokos. Aber Oduͤßeus Wandte zur stralenden Sonn' oft ungeduldig sein Haupt auf, Daß sie doch unterginge; denn herzlich verlangt' ihn zur Heimat. 30 Also sehnt sich ein Pfluͤger zur Mahlzeit, welcher vom Morgen Bis zum Abend die Brache mit roͤthlichen Stieren geackert; Freudig sieht er, wie sich die leuchtende Sonne hinabsenkt, Eilet zur Abendkost, und dem Gehenden wanken die Kniee: Also freute sich jezt Oduͤßeus der sinkenden Sonne. 35 Schnell begann er darauf zu den rudergeuͤbten Faiaken, Aber vor allen wandt' er sich gegen den Koͤnig, und sagte: Weitgepriesener Held, Alkinoos, maͤchtigster Koͤnig, Sendet mich jezt, nach geopfertem Trank, in Frieden; und lebt wohl! Denn ich habe nun alles, was meine Seele gewuͤnscht hat: 40 Eine sichere Fahrt und wehrte Geschenke. Die Goͤtter Laßen mir alles gedeihn! daß ich unstraͤflich die Gattin Wiederfinde daheim, und unbeschaͤdigt die Freunde. Ihr, die ich jezo verlaße, begluͤckt noch lange die Weiber Eurer Jugend, und Kinder! Euch segnen die Goͤtter mit Tugend 45 Und mit Heil, und nie heimsuche die Insel ein Ungluͤck! Also sprach er; es lobten ihn alle Fuͤrsten, und riethen, Heimzusenden den Gast, weil seine Bitte gerecht war. Oduͤßee. Aber die heilige Macht Alkinoos sprach zu dem Herold: Mische Wein in dem Kelche, Pontonoos; reiche dann allen 50 Maͤnnern im Saal' umher: daß wir dem Vater Kronion Flehn, und unseren Gast zu seiner Heimat befoͤrdern. Sprachs; und Pontonoos mischte des herzerfreuenden Weines, Ging umher, und vertheilte die vollen Becher. Sie goßen Flehend den Goͤttern des Tranks, die den weiten Himmel bewohnen, 55 Jeder von seinem Siz. Da erhub sich der edle Oduͤßeus, Gab in Araͤtens Hand den schoͤnen doppelten Becher, Redete freundlich sie an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Lebe bestaͤndig wohl, o Koͤnigin, bis dich das Alter Sanft beschleicht und der Tod, die allen Menschen bevorstehn! 60 Jezo scheid' ich von dir. Sei gluͤcklich in diesem Palaste, Samt den Kindern, dem Volk, und Alkinoos, deinem Gemahle! Eilend ging nun der Held Oduͤßeus uͤber die Schwelle. Und die heilige Macht Alkinoos sandte den Herold, Ihn zu dem ruͤstigen Schiff ans Meergestade zu fuͤhren. 65 Auch die Koͤnigin ließ ihn von drei Jungfrauen begleiten: Eine trug ihm den schoͤngewaschenen Mantel und Leibrock; Diese sandte sie mit, die zierliche Lade zu bringen; Jene folgte dem Zuge mit Speis' und roͤthlichem Weine. Als sie jezo das Schiff und des Meeres Ufer erreichten, 70 Nahmen eilig von ihnen die edlen Geleiter Oduͤßeus Alles, auch Speis' und Trank, und legten es nieder im Schiffe; Betteten jezt fuͤr Oduͤßeus ein Polster und leinenen Teppich Auf dem Hinterverdeck des hohlen Schiffes, damit er Ruhig schliefe. Dann stieg er hinein, und legte sich schweigend 75 Auf sein Lager. Nun sezten sich alle hin auf die Baͤnke. Dreizehnter Gesang. Nach der Ordnung, und loͤsten das Seil vom durchloͤcherten Steine, Beugten sich vor und zuruͤck, und schlugen das Meer mit dem Ruder. Und ein sanfter Schlaf bedeckte die Augen Oduͤßeus, Unerwecklich und suͤß, und fast dem Tode zu gleichen. 80 Wie wenn auf ebener Bahn vier gleichgespannete Hengste Die Alten spannten die Pferde alle neben einander. Alle zugleich hinstuͤrzen, umschwirrt von der treibenden Geißel, Hoch sich erhebend, und hurtig zum Ziele des Laufes gelangen: Also erhob sich das Steuer des Schiffs, und es rollte von hinten Dunkel und groß die Woge des lautaufrauschenden Meeres. 85 Schnell und sicheres Laufes enteilten sie; selber kein Habicht Haͤtte sie eingeholt, der geschwindeste unter den Voͤgeln. Also durcheilte der schneidende Kiel die Fluten des Meeres, Heimwaͤrts tragend den Mann, an Weisheit aͤhnlich den Goͤttern. Ach! er hatte so viel unnennbare Leiden erduldet, 90 Da er die Schlachten der Maͤnner und tobende Fluten durchkaͤmpfte; Und nun schlief er so ruhig, und alle sein Leiden vergeßend. Als nun oͤstlich der Stern mit funkelndem Schimmer emporstieg, Welcher das kommende Licht der Morgenroͤthe verkuͤndet; Schwebten sie nahe der Insel im meerdurchwallenden Schiffe. 95 Forkuͤs, dem Greise des Meers, ist eine der Buchten geheiligt, Gegen der Ithaker Stadt, wo zwo vorragende schroffe Felsenspizen der Reede sich an der Muͤndung begegnen. Diese zwingen die Flut, die der Sturm lautbrausend heranwaͤlzt, Draußen zuruͤck; inwendig am stillen Ufer des Hafens 100 Ruhn unangebunden die schoͤngebordeten Schiffe. Oben gruͤnt am Gestad' ein weitumschattender Oelbaum. Oduͤßee. Eine Grotte, nicht fern von dem Oelbaum, lieblich und dunkel, Ist den Nuͤmfen geweiht, die man Naiaden benennet. Steinerne Kruͤge stehn und zweigehenkelte Urnen 105 Innerhalb; und Bienen bereiten drinnen ihr Honig. Aber die Nuͤmfen weben auf langen steinernen Stuͤhlen Feiergewande, mit Purpur gefaͤrbt, ein Wunder zu schauen. Unversiegende Quellen durchstroͤmen sie. Zwo sind der Pforten: Eine gen Mitternacht, durch welche die Menschen hinabgehn; 110 Mittagwaͤrts die andre geheiligte: diese durchwandelt Nie ein sterblicher Mensch; sie ist der Unsterblichen Eingang. Jene lenkten hinein, denn sie kannten den Hafen schon vormals. Siehe da eilte das Schiff bis an die Haͤlfte des Kieles Stuͤrmend ans Land: so stark war der Schwung von der Ruderer Haͤnden. 115 Und sie stiegen vom Schiffe mit zierlichen Baͤnken ans Ufer, Hoben zuerst Oduͤßeus vom Hinterverdecke des Schiffes, Samt dem leinenen Teppich und schoͤnen purpurnen Polster, Und dann legten sie ihn, wie er schlummerte, nieder im Sande. Und sie enthoben das Gut, das die edlen Faiaken beim Abschied 120 Ihm geschenkt, durch Fuͤgung der mutigen Pallas Athaͤnaͤ. Dieses legten sie alles zuhauf am Stamme des Oelbaums, Außer dem Wege, daß kein voruͤbergehender Wandrer Heimlich zu rauben kaͤme, bevor Oduͤßeus erwachte. Und nun fuhren sie heim. Doch Poseidaon vergaß nicht 125 Seiner Drohung, die er dem goͤttergleichen Oduͤßeus Ehmals hatte gedroht; er forschte den Willen Kronions: Vater Zeus, auf immer ist bei den unsterblichen Goͤttern Meine Ehre dahin, da Sterbliche meiner nicht achten, Jene Faiaken, die selbst von meinem Blute gezeugt sind! 130 Dreizehnter Gesang. Sieh, ich vermutet', es sollte nach vielen Leiden Oduͤßeus Kommen ins Vaterland; denn gaͤnzlich haͤtt' ich die Heimkehr Nimmer gewehrt, da dein allmaͤchtiger Wink sie verheißen: Und sie bringen im Schlaf ihn uͤber die Wogen, und sezen Ihn in Ithaka aus, und geben ihm theure Geschenke, 135 Erzes und Goldes die Meng', und schoͤngewebete Kleider, Mehr als Oduͤßeus je aus Ilion haͤtte gefuͤhret, Waͤr er auch ohne Schaden mit seiner Beute gekommen! Ihm antwortete drauf der Wolkenversammler Kronion: Welche Red' entfiel dir, du erderschuͤtternder Koͤnig? 140 Nimmer verachten dich die Goͤtter! vermeßene Kuͤhnheit Waͤr' es, den aͤltesten maͤchtigsten Gott mit Verachtung zu reizen. Weigert sich aber ein Mensch, durch Kraft und Staͤrke verleitet, Dich, wie er soll, zu ehren; so bleibt dir ja immer die Rache. Thue jezt, wie du willst, und deinem Herzen geluͤstet! 145 Drauf erwiederte jenem der Erderschuͤttrer Poseidon: Gerne vollendet' ich gleich, Schwarzwolkichter, was du gestatest; Aber ich fuͤrchte mich stets vor deinem eifernden Zorne. Jezo will ich das schoͤngezimmerte Schiff der Faiaken, Das vom Geleiten kehrt, im dunkelwogenden Meere 150 Ploͤzlich verderben; damit sie sich scheun, und die Maͤnnergeleitung Laßen; und rings um die Stadt will ich ein hohes Gebirg ziehn. Ihm antwortete drauf der Wolkenversammler Kronion: Theuerster, dieser Rath scheint meinem Sinne der beßte. Wann die Buͤrger der Stadt dem naͤher rudernden Schiffe 155 Alle entgegen schaun, dann verwandel' es nahe dem Ufer Zum schiffaͤhnlichen Fels; daß alle Menschen dem Wunder Staunen; und rings um die Stadt magst du ein hohes Gebirg ziehn. Oduͤßee. Als er solches vernommen, der Erderschuͤttrer Poseidon, Ging er gen Scheria hin, dem Lande der stolzen Faiaken. 160 Alda harrt' er; und bald kam nahe dem Ufer das schnelle Meerdurchgleitende Schiff. Da nahte sich Poseidaon, Schlug es mit flacher Hand, und siehe! ploͤzlich versteinert, Wurzelt' es fest am Boden des Meers. Drauf ging er von dannen. Aber am Ufer besprachen mit schnellgefluͤgelten Worten 165 Sich die Faiaken, die Fuͤhrer der langberuderten Schiffe. Einer wendete sich zu seinem Nachbar, und sagte: Wehe! wer hemmt im Meere den Lauf des ruͤstigen Schiffes, Welches zur Heimat eilte? Wir sahn es ja voͤllig mit Augen! Also redeten sie, und wußten nicht, was geschehn war. 170 Aber jezo begann Alkinoos in der Versammlung: Weh mir! es trifft mich jezo ein laͤngst verkuͤndetes Schicksal. Mir erzaͤhlte mein Vater vordem, uns zuͤrne Poseidon, Weil wir ohne Gefahr jedweden zu Schiffe geleiten. Dieser wuͤrde dereinst ein trefliches Schiff der Faiaken, 175 Das vom Geleiten kehrte, im dunkelwogenden Meere Ploͤzlich verderben, und rings um die Stadt ein hohes Gebirg ziehn. So weißagte der Greis; das wird nun alles erfuͤllet. Aber wohlan! gehorcht nun alle meinem Befehle. Laßt die Maͤnnergeleitung, woher auch ein Sterblicher komme, 180 Unserem Volke zu flehn; und opfert jezo Poseidon Zwoͤlf erlesene Stiere! Vielleicht erbarmt er sich unser, Daß er nicht rings um die Stadt ein hohes Felsengebirg zieht. Also sprach er, und bange bereiteten jene das Opfer. Also beteten dort zum Meerbeherscher Poseidon, 185 Fuͤr der Faiaken Stadt, die erhabenen Fuͤrsten und Pfleger, Dreizehnter Gesang. Stehend um den Altar. Da erwachte der edle Oduͤßeus, Ruhend auf dem Boden der lange verlaßenen Heimat. Und er kannte sie nicht; denn eine Goͤttin umhuͤllt' ihn Rings mit dunkler Nacht, Zeus Tochter, Pallas Athaͤnaͤ, 190 Ihn unkennbar zu machen, und alles mit ihm zu besprechen: Daß ihn weder sein Weib noch die Freund' und Buͤrger erkennten, Bis die uͤppigen Freier fuͤr allen Frevel gebuͤßet. Alles erschien daher dem ringsumschauenden Koͤnig Unter fremder Gestalt: Heerstraßen, schiffbare Haͤfen, 195 Wolkenberuͤhrende Felsen, und hochgewipfelte Baͤume. Jezo erhub er sich, stand; und da er sein Vaterland ansah, Hub er bitterlich an zu weinen, und schlug sich die Huͤften Beide mit flacher Hand, und sprach mit klagender Stimme: Weh mir! zu welchem Volke bin ich nun wieder gekommen? 200 Sinds unmenschliche Raͤuber, und sittenlose Barbaren; Oder Diener der Goͤtter, und Freunde des heiligen Gastrechts? Wo verberg' ich dies viele Gut? und wohin soll ich selber Irren? O waͤre doch dies im faiakischen Lande geblieben! Und mir haͤtte dagegen ein anderer maͤchtiger Koͤnig 205 Huͤlfe gewaͤhrt, mich bewirtet und hingesendet zur Heimat! Jezo weiß ich es weder wo hinzulegen, noch kann ichs Hier verlaßen, damit es nicht andern werde zur Beute! Ach! so galt denn bei jenen Gerechtigkeit weder, noch Weisheit, Bei des faiakischen Volks erhabenen Fuͤrsten und Pflegern, 210 Die in ein fremdes Land mich gebracht! Sie versprachen so heilig, Mich nach Ithaka's Hoͤhn zu fuͤhren; und taͤuschen mich dennoch! Zeus vergelt' es ihnen, der Leidenden Raͤcher, der aller Menschen Beginnen schaut, und alle Suͤnde bestrafet! Oduͤßee. Aber ich will doch jezo die Guͤter zaͤhlen und nachsehn, 215 Ob sie mir etwas geraubt, als sie im Schiffe davon flohn. Also sprach er, und zaͤhlte die Becken und schoͤnen Geschirre Mit drei Fuͤßen, das Gold und die praͤchtig gewebeten Kleider; Und ihm fehlte kein Stuͤck. Nun weint' er sein Vaterland wieder, Wankt' umher am Ufer des lautaufrauschenden Meeres, 220 Und wehklagete laut. Da nahte sich Pallas Athaͤnaͤ, Eingehuͤllt in Juͤnglingsgestalt, als Huͤter der Heerden, Zart und lieblich von Wuchs, wie Koͤnigskinder einhergehn. Diese trug um die Schultern ein wallendes feines Gewebe, Einen Spieß in der Hand, und Solen an glaͤnzenden Fuͤßen. 225 Als sie Oduͤßeus erblickte; da freut' er sich, ging ihr entgegen, Redete freundlich sie an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Lieber, weil du zuerst mir an diesem Orte begegnest, Sei mir gegruͤßt, und nahe dich nicht mit feindlichem Herzen; Sondern beschuͤze mich selbst und dieses. Wie einem der Goͤtter, 230 Fleh' ich dir, und umfaße die wehrten Kniee voll Demut. Auch verkuͤndige mir aufrichtig, damit ich es wiße: Wie benennt ihr das Land, die Stadt, und ihre Bewohner? Ist dies eine der Inseln voll sonnenreicher Gebirge; Oder die meereinlaufende Spize der fruchtbaren Veste? 235 Ihm antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: Fremdling du bist nicht klug, oder ferne von hinnen gebuͤrtig; Da du nach diesem Lande mich fragst! Ich daͤchte, so gaͤnzlich Waͤr' es nicht unberuͤhmt; und sicherlich kennen es viele: Alle die Morgenwaͤrts, und wo die Sonne sich umdreht, Die Gegend, uͤber welche die Sonne hingeht, ist Asien und Afrika; die westliche und noͤrdliche, die man sich am Ozean dunkel dachte, Europa. 240 Dreizehnter Gesang. Wohnen, oder da hinten, gewandt zum naͤchtlichen Dunkel. Freilich ist es rauh, und taugt nicht Roße zu tummeln; Doch ganz elend auch nicht, wiewohl es an Ebnen ihm mangelt. Reichlich gedeihet bei uns die Frucht des Feldes, und reichlich Lohnet der Wein; denn Regen und Thau befruchten das Erdreich. 245 Trefliche Ziegenweiden sind hier, auch Weiden der Rinder; Waldungen jeglicher Art, und immerfließende Baͤche. Fremdling, Ithaka's Ruf ist selbst nach Troja gekommen; Und das, sagen sie, liegt sehr fern vom achaiischen Lande! Also sprach er; da freute der herliche Dulder Oduͤßeus 250 Sich im innersten Herzen des Vaterlandes, das jezo Pallas Athaͤnaͤ ihm nannte, des Wetterleuchtenden Tochter. Und er redte sie an, und sprach die gefluͤgelten Worte; Doch vermied er die Wahrheit mit schlauabweichender Rede, Und sein erfindungsreicher Verstand war in steter Bewegung: 255 Ja von Ithaka hoͤrt' ich in Kraͤta's weitem Gefilde, Die Kraͤter muͤßen damals noch nicht als Luͤgner beruͤchtiget gewesen sein, weil Oduͤßeus der doch glauben finden wollte, sich in allen erdichteten Maͤhr- chen fuͤr einen Kraͤter ausgiebt. Ferne jenseit des Meers. Nun komm' ich selber mit diesem Gute hieher, und ließ den Kindern noch eben so vieles, Als ich entfloh. Ich nahm Idomeneus Sohne das Leben, Jenem hurtigen Helden Orfilochos, welcher in Kraͤta 260 Alle geuͤbtesten Laͤufer an Schnelle der Fuͤße besiegte. Denn er wollte mich ganz der troischen Beute berauben, Derenthalb ich so viel unnennbare Leiden erduldet, Blutige Schlachten der Maͤnner und tobende Fluten durchkaͤmpfend. Weil ich seinen Vater zu dienen nimmer gewillfahrt, 265 Oduͤßee. In dem troischen Land', und selbst ein Geschwader gefuͤhret. Aber mit ehernem Speer erschoß ich ihn, als er vom Felde Kam; ich laurte versteckt mit einem Gefaͤhrten am Wege. Eine duͤstere Nacht umhuͤllte den Himmel, und unser Nahm kein Sterblicher wahr, und heimlich raubt' ich sein Leben. 270 Dennoch, sobald ich jenen mit ehernem Speere getoͤdtet, Eilt' ich ans Ufer des Meers zum Schiffe der stolzen Foͤniker, Flehte sie an, und gewann sie mit einem Theile der Beute; Daß sie an Puͤlos Gestade mich auszusezen versprachen, Oder der goͤttlichen Aelis, die von den Speiern beherscht wird. 275 Aber leider! sie trieb die Gewalt des Orkanes von dannen, Ihnen zum großen Verdruß; denn sie dachten mich nicht zu betruͤgen. Und wir irrten umher, und kamen hier in der Nacht an. Muͤhsam ruderten wir das Schiff in den Hafen, und Niemand Dachte der Abendkost, so sehr wir auch ihrer bedurften; 280 Sondern wir stiegen nur so ans Ufer, und legten uns nieder. Und ich entschlummerte sanft, ermuͤdet von langer Arbeit. Jene huben indeß mein Gut aus dem Raume des Schiffes, Legten es auf dem Sande, wo ich sanft schlummerte, nieder; Stiegen dann ein, und steurten der wohlbevoͤlkerteu Kuͤste 285 Von Sidonia zu; ich blieb mit traurigem Herzen. Also sprach er; da laͤchelte Zeus blauaͤugichte Tochter, Streichelt' ihn mit der Hand; und schien nun ploͤzlich ein Maͤdchen, Schoͤngebildet und groß und klug in kuͤnstlicher Arbeit. Und sie redet' ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: 290 Geist erfoderte das und Verschlagenheit, dich an Erfindung Jeglicher Art zu besiegen, und kaͤm' auch einer der Goͤtter! Ueberlistiger Schalk voll unergruͤndlicher Raͤnke, Dreizehnter Gesang. Also gebrauchst du noch selbst im Vaterlande Verstellung Und erdichtete Worte, die du als Knabe schon liebtest? 295 Aber laß uns hievon nicht weiter reden; wir kennen Beide die Kunst: du bist von allen Menschen der Erste An Verstand und Reden, und ich bin unter den Goͤttern Hochgepriesen an Rath und Weisheit. Aber du kanntest Pallas Athaͤnaͤ nicht, Zeus Tochter, welche bestaͤndig 300 Unter allen Gefahren dir beistand, und dich beschirmte, Und dir auch die Liebe von allen Faiaken verschaffte. Jezo komm' ich hieher, um dir Anschlaͤge zu geben, Und zu verbergen das Gut, so viel die edlen Faiaken Dir heimkehrenden schenkten, durch meine Klugheit geleitet; 305 Auch zu verkuͤnden, daß deiner im schoͤngebauten Palaste Viele Drangsal noch harrt. Doch du ertrage sie standhaft, Und entdecke dich keinem der Maͤnner oder der Weiber, Daß du von Leiden verfolgt hier ankamst; sondern erdulde Schweigend dein trauriges Loos und schmiege dich unter die Stolzen 310 Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Schwer, o Goͤttin, erkennt dich ein Sterblicher, dem du begegnest, Sei er auch noch so geuͤbt; denn du nimst jede Gestalt an. Dennoch weiß ich es wohl, daß du vor Zeiten mir hold warst, Als wir Achaier noch die hohe Troja bekriegten. 315 Aber seit wir die Stadt des Priamos niedergerißen, Und von dannen geschifft, und ein Gott die Achaier zerstreuet, Hab' ich dich nimmer gesehn, Zeus Tochter, und nimmer vernommen, Daß du mein Schiff betratst, mich einer Gefahr zu entreißen; Sondern immer, im Herzen von tausend Sorgen verwundet, 320 R Oduͤßee. Irrt' ich umher, bis die Goͤtter sich meines Jammers erbarmten: Außer daß du zulezt in dem fetten faiakischen Eiland Mich durch Worte gestaͤrkt, und zu der Stadt mich gefuͤhrt hast. Jezo fleh' ich dich an bei deinem Vater: (ich fuͤrchte Immer, ich sei noch nicht in Ithaka, sondern durchirre 325 Wieder ein anderes Land, und spottend habest du, Goͤttin, Mir dies alles verkuͤndet, um meine Seele zu teuschen:) Sage mir, bin ich denn wirklich im lieben Vaterlande? Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: Stets bewahrest du doch im Herzen jene Gesinnung; 330 Darum kann ich dich auch im Ungluͤck nimmer verlaßen, Weil du behutsam bist, scharfsinnig und maͤnnliches Herzens. Jeder irrende Mann der spaͤt heimkehrte, wie freudig Wuͤrd' er zu Hause nun eilen, sein Weib und die Kinder zu sehen! Aber dich kuͤmmert das nicht, zu wißen oder zu fragen, 335 Eh du selber dein Weib gepruͤft hast, welche bestaͤndig So im Hause sizt; denn immer schwinden in Jammer Ihre Tage dahin, und unter Thraͤnen die Naͤchte. Zwar ich zweifelte nie an der Wahrheit, sondern mein Herz war Ueberzeugt, du kehrtest ohn alle Gefaͤhrten zur Heimat; 340 Aber ich scheuete mich, Poseidon entgegen zu kaͤmpfen, Meines Vaters Bruder, der dich mit Rache verfolgte, Zuͤrnend, weil du das Auge des lieben Sohnes geblendet. Aber damit du mir glaubest, so zeig' ich dir Ithaka's Lage. Forkuͤs, dem Greise des Meers, ist dieser Hafen geheiligt; 345 Hier am Gestade gruͤnt der weitumschattende Oelbaum; Dieses ist die große gewoͤlbete Grotte des Felsens, Wo du den Nuͤmfen oft vollkommene Opfer gebracht hast; Dreizehnter Gesang. Jenes hohe Gebirg ist Naͤritons waldichter Gipfel. Sprachs, und zerstreute den Nebel; und hell lag vor ihm die Gegend. 350 Siehe da freuete sich der edle Dulder Oduͤßeus Herzlich des Vaterlandes, und kuͤßte die fruchtbare Erde. Und nun fleht' er den Nuͤmfen mit aufgehobenen Haͤnden: Zeus unsterbliche Toͤchter, ihr hohen Najaden, ich hoffte Nimmer, euch wieder zu sehn; seid nun in frommem Gebete 355 Mir gegruͤßt: bald bringen wir euch Geschenke, wie ehmals, Wenn mir anders die Gnade von Zeus siegprangender Tochter Jezo das Leben erhaͤlt, und den lieben Sohn mir gesegnet! Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: Sei getrost, und laß dich diese Gedanken nicht kuͤmmern! 360 Aber wohlan, wir wollen im Winkel der heiligen Grotte Gleich verbergen das Gut, damit es in Sicherheit liege, Und uns dann berathen, was jezo das beßte zu thun sei. Also sprach die Goͤttin, und ging in die daͤmmernde Grotte, Heimliche Winkel umher ausspaͤhend. Aber Oduͤßeus 365 Brachte das Gut hinein, die schoͤngewebeten Kleider, Gold und daurendes Erz, das ihm die Faiaken geschenket, Und verbarg es behende; dann sezte Pallas Athaͤnaͤ Einen Stein vor die Thuͤre, des Wetterleuchtenden Tochter. Hierauf sezten sie sich am Stamme des heiligen Oelbaums, 370 Und beschloßen den Tod der uͤbermuͤtigen Freier. Also redete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: Edler Laertiad', erfindungsreicher Oduͤßeus, Denk izt nach, wie dein Arm die schamlosen Freier bestrafe, Welche nun schon drei Jahr' obwalten in deinem Palaste, 375 Und dein goͤttliches Weib mit Brautgeschenken umwerben. Oduͤßee. Aber mit herzlichen Thraͤnen erwartet sie deine Zuruͤckkunft. Allen verheißt sie Gunst, und sendet jedem besonders Schmeichelnde Botschaft; allein im Herzen denket sie anders. Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: 380 Weh mir! ich waͤre gewiß, wie Atreus Sohn Agamemnon, Nun des schmaͤhlichsten Todes in meinem Hause gestorben, Haͤttest du, Goͤttin, mir nicht umstaͤndlich das alles verkuͤndigt! Aber nun gieb mir Rath, wie ich die Freier bestrafe. Stehe du selber mir bei, und hauche mir Mut und Entschluß ein, 385 Wie vordem, da wir Troja die praͤchtiggethuͤrmte zerstoͤrten! Stuͤndest du nun so eifrig mir bei, blauaͤugichte Goͤttin, Siehe so ging ich getrost dreihundert Feinden entgegen, Heilige Goͤttin, mit dir, wenn du mir Huͤlfe gewaͤhrtest! Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: 390 Gerne steh ich dir bei; du sollst mein nimmer entbehren, Wann wir die Arbeit einst beginnen. Auch hoff' ich, es werde Mancher mit Blut und Gehirn den weiten Boden besudeln, Von der Rotte der Freier, die deine Habe verzehren. Aber damit dich keiner der sterblichen Menschen erkenne; 395 Muß einschrumpfen das schoͤne Fleisch der biegsamen Glieder, Und das braͤunliche Haar vom Haupte verschwinden; ein Kittel Dich umhuͤllen, den jeglicher Mensch mit Ekel betrachte; Triefend und bloͤde sein die anmutstralenden Augen: Daß du so ungestalt vor allen Freiern erscheinest, 400 Deinem Weib', und dem Sohne, den du im Hause verließest. Hierauf gehe zuerst dorthin, wo der trefliche Sauhirt Deiner Schweine huͤtet, der stets mit Eifer dir anhaͤngt, Und Taͤlemachos liebt und die zuͤchtige Paͤnelopeia. Dreizehnter Gesang. Sizend findest du ihn bei der Schweine weidender Heerde, 405 Nahe bei Korax Felsen, am arethusischen Borne. Alda maͤsten sie sich mit lieblichen Eicheln, und trinken Schattiges Waßer, wovon das Fett den Schweinen entbluͤhet. Bleib bei jenem, und seze dich hin, und frage nach allem. Ich will indeß gen Sparta, dem Lande rosiger Maͤdchen, 410 Gehn, und deinen Sohn Taͤlemachos rufen, Oduͤßeus: Welcher zu Menelaos in Lakedaimons Gefilde Fuhr, um Kundschaft zu spaͤhn, ob du noch irgendwo lebtest. Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Warum sagtest du ihm nicht alles, da du es wußtest? 415 Etwa damit auch Er, in des Meeres wuͤßten Gewaͤßern Todesgefahren durchirrte, da Fremde sein Eigenthum freßen? Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: Sorge fuͤr deinen Sohn nicht alzu aͤngstlich, Oduͤßeus. Ich geleitet' ihn selbst, damit er dort in der Fremde 420 Ruhm sich erwuͤrb'; auch sizt er, ohn allen Kummer, geruhig In des Atreiden Palast, und hat dort volle Genuͤge. Juͤnglinge lauren zwar auf ihn im schwaͤrzlichen Schiffe, Daß sie ihn toͤdten, bevor er in seine Heimat zuruͤckkehrt. Aber ich hoffe das nicht; erst deckt die Erde noch manchen 425 Von der Rotte der Freier, die deine Habe verzehren. Also sprach die Goͤttin, und ruͤhrt' ihn sanft mit der Rute: Siehe da schrumpfte das schoͤne Fleisch der biegsamen Glieder, Und die braͤunlichen Haare des Hauptes verschwanden, und ringsum Hing an den schlaffen Gliedern die Haut des alternden Greises; 430 Triefend und bloͤde wurden die anmutstralenden Augen. Statt der Gewand' umhuͤllt' ihn ein haͤßlicher Kittel und Leibrock, Oduͤßee. Dreizehnter Gesang. Beide zerlumpt und schmuzig, vom haͤßlichen Rauche besudelt. Auch bedeckt' ihn ein großes Fell des hurtigen Hirsches, Kahl von Haaren. Er trug einen Stab und garstigen Ranzen, 435 Allenthalben geflickt, mit einem geflochtenen Tragband. Also besprachen sie sich, und schieden. Pallas Athaͤnaͤ Ging zu Oduͤßeus Sohn in die goͤttliche Stadt Lakedaimon. Oduͤßee. Vierzehnter Gesang . A ber Oduͤßeus ging den rauhen Pfad von dem Hafen Ueber die waldbewachsnen Gebirge, hin wo Athaͤnaͤ Ihm den treflichen Hirten bezeichnete, welcher am treusten Haushielt unter den Knechten des goͤttergleichen Oduͤßeus. Sizend fand er ihn jezt an der Schwelle des Hauses, im Hofe, 5 Welcher hoch, auf weitumschauendem Huͤgel, gebaut war, Schoͤn und ringsumgehbar und groß. Ihn hatte der Sauhirt Selber den Schweinen erbaut, indeß sein Koͤnig entfernt war, Ohne Paͤnelopeia, und ohne den alten Laertaͤs, Von gesammelten Steinen, und oben mit Dornen umflochten. 10 Draußen hatt' er Pfaͤhle von allen Seiten in Menge Dicht an einander gepflanzt, vom Kern der gespaltenen Eiche. Innerhalb des Gehegs hatt' er zwoͤlf Koͤfen bereitet, Einen nahe dem andern, zum naͤchtlichen Lager der Schweine. Funfzig lagen in jedem der erdaufwuͤhlenden Schweine, 15 Alle gebaͤrende Muͤtter; und draußen schliefen die Eber, Weit geringer an Zahl: denn schmausend verminderten diese Taͤglich die goͤttlichen Freier, es sandte jenen der Sauhirt Immer die beßten zum Schmause von allen gemaͤsteten Ebern; Und der uͤbrigen Zahl war nur dreihundert und sechzig. 20 Auch vier große Hunde, wie reißende Thiere, bewachten Stets den Hof; sie erzog der maͤnnerbeherschende Sauhirt. Oduͤßee. Jezo zerschnitt er des Stiers schoͤnfarbiges Leder, und fuͤgte Solen um seine Fuͤße. Die untergeordneten Hirten Hatten sich schon zerstreut: drei huͤteten weidende Schweine; 25 Aber der vierte war in die Stadt gesendet, ein Mastschwein Hinzufuͤhren, den Zoll fuͤr die uͤbermuͤtigen Freier, Daß beim festlichen Schmaus' ihr Herz an dem Fleische sich labte. Ploͤtzlich erblickten Oduͤßeus die wachsambellenden Hunde, Und sie stuͤrzten auf ihn lautschreiend. Aber Oduͤßeus 30 Sezte sich kluͤglich nieder, und legte den Stab aus den Haͤnden. Dennoch haͤtt' er auch dort unwuͤrdige Schmerzen erduldet; Aber der Sauhirt lief aus der Thuͤre mit hurtigen Fuͤßen Hinter den bellenden her, und warf aus den Haͤnden das Leder; Scheltend verfolgt' er die Hund', und zerstreute sie hierhin und dorthin 35 Mit geworfenen Steinen; und jezo sprach er zum Koͤnig: Alter, es fehlte nicht viel, so haͤtten die Hunde mit Einmal Dich zerrißen, und mich haͤtt' ewige Schande getroffen! Und mir gaben die Goͤtter vorhin schon Kummer und Truͤbsal. Denn um den goͤttlichen Koͤnig die bittersten Thraͤnen vergießend, 40 Siz' ich hier, und sende die fettgemaͤsteten Schweine Andern zum Schmause, da jener vielleicht des Brotes entbehret, Und die Laͤnder und Staͤdte barbarischer Voͤlker durchwandert! Wenn er anders noch lebt, und das Licht der Sonne noch schauet! Aber folge mir, Greis, in meine Huͤtte, damit du, 45 Wann sich deine Seele mit Brot und Weine gelabt hat, Sagest, von wannen du kommst, und welche Leiden du littest. Also sprach er, und fuͤhrt' ihn hinein, der trefliche Sauhirt, Hieß den folgenden Gast sich auf ein laubichtes Lager Sezen, und breitete drauf der buntgesprenkelten Gemse 50 Vierzehnter Gesang. Großes und zottichtes Fell, worauf er zu schlafen gewohnt war. Und Oduͤßeus freute sich dieses Empfanges, und sagte: Zeus beschere dir, Freund, und die andern unsterblichen Goͤtter, Was du am meisten verlangst, weil du so guͤtig mich aufnimst! Ihm antwortetest du, Eumaios, Huͤter der Schweine: 55 Fremdling, es ziemte mir nicht, und waͤr' er geringer als du bist, Einen Gast zu verschmaͤhn; denn Gott gehoͤren ja alle Fremdling' und Darbende an. Doch kleine Gaben erfreun auch, Heißt es bei unser einem; denn also geht es mit Knechten, Welche sich immer scheun, weil ihre gebietenden Herren 60 Juͤnglinge sind. Denn ach! ihm wehren die Goͤtter die Heimkehr, Der mir Gutes gethan und ein Eigenthum haͤtte gegeben, Was auch der guͤtigste Herr je seinem Diener geschenkt hat: Naͤmlich Haus und Hof und ein liebenswuͤrdiges Ehweib: Weil er ihm treulich gedient, und Gott die Arbeit gedeihn ließ. 65 Also gedeiht auch mir die Arbeit, welche mir obliegt; Und mein Herr, wenn er hier sanft alterte, lohnte mirs reichlich! Aber er starb! Das Geschlecht der Helena muͤße von grundaus Stuͤrzen, die in den Staub so viele Maͤnner gestuͤrzt hat! Denn auch jener zog, Agamemnons Ehre zu raͤchen, 70 Gegen Ilion hin, und bekaͤmpfte die Reisigen Troja's. Also sprach er; und schnell umband er den Rock mit dem Guͤrtel, Ging zu den Koͤfen, worin der Ferkel Menge gesperrt war, Und zwei nahm er heraus, und schlachtete beide zur Mahlzeit; Sengte sie, haute sie klein, und steckte die Glieder an Spieße, 75 Briet sie uͤber der Glut, und sezte sie hin vor Oduͤßeus, Braͤtelnd noch an den Spießen, mit weißem Mehle bestreuet; Mischte dann suͤßen Wein in seinem hoͤlzernen Becher, Oduͤßee. Sezte sich gegen ihm uͤber, und noͤthigt' ihn also zum Eßen: Iß nun, fremder Mann, so gut wir Hirten es haben, 80 Ferkelfleisch; die gemaͤsteten Schweine verzehren die Freier, Das Fleisch junger Thiere ward eben so geringe geschaͤzt, als Fische und Voͤgel; denn es war ihnen zu weichlich. Fuͤnfjaͤhrige Mastschweine aßen sie, wenns hoch hergieng. Deren Herz nicht Furcht vor den Goͤttern kennet, noch Mitleid. Alle gewaltsame That misfaͤllt ja den seligen Goͤttern; Tugend ehren sie nur und Gerechtigkeit unter den Menschen! Selbst die barbarischen Raͤuber, die durch Kronions Verhaͤngniß 85 An ein fremdes Gestad' anlandeten, Beute gewannen, Und mit beladenen Schiffen die Heimat gluͤcklich erreichten, Fuͤhlen dennoch im Herzen die Macht des empoͤrten Gewißens! Aber diesen entdeckte vielleicht die Stimme der Goͤtter Jenes traurigen Tod, da sie nicht werben, wie recht ist, 90 Und zu dem Ihrigen nicht heimkehren; sondern in Ruhe Fremdes Gut unmaͤßig und ohne Schonen verpraßen. Alle Tag' und Naͤchte, die Zeus den Sterblichen sendet, Opfern die Ueppigen stets, und nicht Ein Opfer, noch zwei bloß! Und verschwelgen den Wein mit ungezaͤhmter Begierde. 95 Reichlich war er gesegnet an Lebensguͤtern; es hatte Keiner der Edlen so viel, nicht dort auf der fruchtbaren Veste, Noch in Ithaka hier; nicht zwanzig Maͤnner zusammen Haben so viel Reichthuͤmer. Ich will sie dir jezo beschreiben. Rinderheerden sind zwoͤlf auf der Veste, der weidenden Schafe Oduͤßeus beherschte einen Theil des festen Landes, gegen Ithaka uͤber, naͤmlich die Halbinsel Naͤrikos oder Leukas, die nachmals zur Insel geworden ist, und jezt St. Maura heißt. 100 Vierzehnter Gesang. Eben so viel, auch der Schweine so viel, und der streifenden Ziegen. Mietlinge huͤten sie theils, und theils leibeigene Hirten. Hier in Ithaka gehn elf Heerden streifender Ziegen Auf entlegener Weide, von wackern Maͤnnern gehuͤtet. Jeder von diesen sendet zum taͤglichen Schmause den Freiern 105 Immer die treflichste Ziege der fettgemaͤsteten Heerde. Unter meiner Gewalt und Aufsicht weiden die Schweine, Und ich sende zum Schmause das auserlesenste Mastschwein. Also sprach er; und schnell aß jener des Fleisches, begierig Trank er des Weins, und schwieg; er dachte der Freier Verderben. 110 Als er jezo gespeist, und seine Seele gelabet, Fuͤllete jener den Becher, woraus er zu trinken gewohnt war, Reichte den Wein ihm dar; und er nahm ihn mit herzlicher Freude, Redete jenen an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Lieber, wer kaufte dich denn mit seinem Vermoͤgen? Wie heißt er, 115 Jener so maͤchtige Mann und beguͤterte, wie du erzaͤhlest, Und der sein Leben verlor, Agamemnons Ehre zu raͤchen? Nenne mir ihn; vielleicht ist er von meiner Bekanntschaft. Zeus und die Goͤtter des Himmels, die wißen es, ob ich von ihm nicht Botschaft verkuͤndigen kann! Ich sah viel Maͤnner auf Reisen! 120 Ihm antwortete drauf der maͤnnerbeherschende Sauhirt: Alter, kein irrender Mann, der Botschaft von jenem verkuͤndigt, Moͤchte so leicht bei der Frau und dem Sohne Glauben gewinnen. Solche Wanderer suchen gewoͤhnlich milde Bewirtung Durch die schmeichelnde Luͤg', und reden selten die Wahrheit. 125 Jeder Fremdling, wen auch das Schicksal nach Ithaka fuͤhret, Geht zu meiner Koͤnigin hin, und schwazet Erdichtung. Freundlich empfaͤngt und bewirtet sie ihn, und forschet nach allem, Oduͤßee. Und der Traurenden Antliz umfließen Thraͤnen der Wehmut, Wie es dem Weibe geziemt, der fern ihr Gatte verschieden. 130 Und bald wuͤrdest auch du, o Greis, Maͤhrchen ersinnen, Deckte dir jemand nur die Bloͤße mit Mantel und Leibrock. Aber ihm rißen vielleicht die Hund' und die Voͤgel des Himmels Schon die Haut von dem weißen Gebein, und die Seele verließ es; Oder ihn fraßen die Fische des Meers, und seine Gebeine 135 Dorren an fremdem Gestade, vom wehenden Sande bedecket. Also verlor er das Leben, und seine verlaßenen Freunde Klagen ihm alle nach, und ich am meisten; denn nimmer Find' ich einen so guͤtigen Herrn, wohin ich auch gehe; Kaͤm' ich auch wieder ins Haus, das Vater und Mutter bewohnen, 140 Wo ich geboren ward, und meine Jugend verlebte. Auch bewein' ich die Eltern nicht so sehr, da ich doch herzlich Wuͤnsche, sie wieder zu sehn und meiner Vaͤter Gefilde; Als Oduͤßeus Verlust mein ganzes Leben verbittert! Ja ich schaͤme mich, Fremdling, ihn bloß beim Namen zu nennen, 145 Ob er es zwar nicht hoͤrt; denn er pflegte mich gar zu liebreich! Sondern ich nenn' ihn, auch fern, stets meinen aͤlteren Bruder. Ihm antwortete drauf der herliche Dulder Oduͤßeus: Lieber, weil du es denn ganz leugnest, und nimmer vermutest, Daß er zur Heimat kehrt, und stets unglaͤubig dein Herz bleibt; 150 Siehe, so will ich es nicht bloß sagen, sondern beschwoͤren: Daß Oduͤßeus koͤmmt! Zum Lohn fuͤr die froͤhliche Botschaft Sollst du sogleich, wann jener in seine Wohnung zuruͤckkommt, Mich mit schoͤnen Gewanden, mit Rock und Mantel, bekleiden. Eher, wie sehr ich auch jezo entbloͤßt bin, naͤhm' ich sie nimmer! 155 Denn der ist mir verhaßt, wie die Pforten der untersten Tiefe, Vierzehnter Gesang. Welcher, von Mangel verfuͤhrt, mit leeren Erdichtungen schmeichelt! Zeus von den Goͤttern bezeug' es, und diese gastliche Tafel, Und Oduͤßeus heiliger Heerd, zu welchem ich fliehe: Daß dies alles gewiß geschehn wird, wie ich verkuͤnde! 160 Selbst noch in diesem Jahre wird wiederkehren Oduͤßeus! Wann der jezige Mond abnimt, und der folgende zunimt, Wird er sein Haus betreten, und strafen, wer seiner Gemahlin Und des glaͤnzenden Sohnes Gewalt und Ehre gekraͤnkt hat! Ihm antwortetest du, Eumaios, Huͤter der Schweine: 165 Alter, ich werde wohl nie den Lohn der Botschaft bezahlen, Noch wird Oduͤßeus je heimkehren! Trinke geruhig Deinen Wein, und laß uns von etwas anderem reden. Hieran erinnre mich nicht; denn meine Seele durchdringet Schmerz, wann einer mich nur an den beßten Koͤnig erinnert! 170 Was du geschworen hast, laß gut sein; aber Oduͤßeus Komme, wie ich es wuͤnsche, und seine Paͤnelopeia, Und Laertaͤs der Greis, und Taͤlemachos goͤttlich an Bildung! Jezo bewein' ich von Herzen den Sohn des edlen Oduͤßeus! Ach! Taͤlemachos naͤhrten, wie eine Pflanze, die Goͤtter; 175 Und ich hofft' ihn dereinst nicht schlechter unter den Maͤnnern, Als den Vater, zu finden, an Geist und Bildung ein Wunder: Doch der Unsterblichen einer verruͤckt' ihm die richtigen Sinne, Oder ein sterblicher Mensch! Er ging, den Vater zu suchen, Nach der goͤttlichen Puͤlos; nun stellen die mutigen Freier 180 Ihm, wann er heimkehrt, nach: damit Arkeisios Name Und sein Heldengeschlecht aus Ithaka werde vertilget! Aber laß uns davon nicht weiter reden; er moͤge Fallen, oder entfliehn, und Gottes Hand ihn bedecken. Oduͤßee. Auf! erzaͤhle mir jezo, von deinen Leiden, o Alter! 185 Auch verkuͤndige mir aufrichtig, damit ich es wiße: Wer, wes Volkes bist du, und wo ist deine Geburtstadt? Und in welcherlei Schiff kamst du? wie brachten die Schiffer Dich nach Ithaka her? was ruͤhmen sich jene vor Leute? Denn unmoͤglich bist du doch hier zu Fuße gekommen! 190 Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Dieses will ich dir gern und nach der Wahrheit erzaͤhlen. Waͤren wir beide mit Speis' auf lange Zeiten versorget, Und erfreuendem Wein, und blieben hier stets in der Huͤtte Ruhig sizen am Mahl, und andre bestellten die Arbeit; 195 Siehe dann koͤnnte leicht ein Jahr verfliegen, und dennoch Haͤtt' ich nicht die Erzaͤhlung von allen Leiden vollendet, Welche der Goͤtter Rath auf meine Seele gehaͤuft hat. Aus dem weiten Gefilde von Kraͤta stamm' ich; mein Vater War ein beguͤterter Mann, und noch viel andere Soͤhne 200 Wurden in seinem Hause geboren und auferzogen, Aechte Kinder der Frau. Doch mich gebar ein erkauftes Kebsweib; aber es ehrte mich, gleich den ehlichen Kindern, Kastor, Huͤlakos Sohn, aus deßen Blut' ich gezeugt bin. Dieser ward, wie ein Gott, im kraͤtischen Volke geehret, 205 Wegen seiner Gewalt, Reichthuͤmer und ruͤhmlichen Soͤhne. Aber ihn fuͤhreten bald des Todes Schrecken in Aïs Schattenbehausung hinab; die uͤbermuͤtigen Soͤhne Warfen darauf das Loos, und theilten das Erbe des Vaters. Mir beschieden sie nur ein Haus und wenige Guͤter. 210 Aber ich nahm mir ein Weib aus einem der reichsten Geschlechter, Das ich durch Tugend gewann; denn ich war kein entarteter Juͤngling, Vierzehnter Gesang. Noch ein Feiger im Kriege! Doch nun ist alles vergangen! Dennoch glaub' ich, du wirst noch aus der Stoppel die Aehre Kennen; denn ach! es druͤckte mich sehr viel Drangsal zu Boden! 215 Wahrlich, Entschloßenheit hatte mir Araͤs verliehn und Athaͤnaͤ, Und vertilgende Kraft! Wann ich, dem Feinde zu schaden, Mit erlesenen Helden im Hinterhalte versteckt lag; Schwebte mir nimmer des Todes Bild vor der mutigen Seele: Sondern ich sprang zuerst von allen hervor, und streckte 220 Jeglichen Feind in den Staub, den meine Schenkel ereilten. Also focht ich im Krieg', und liebte weder den Feldbau, Noch die Sorge des Hauses, und bluͤhender Kinder Erziehung; Aber das Ruderschiff war meine Freude bestaͤndig, Schlachtengetoͤs' und blinkende Speer' und gefiederte Pfeile: 225 Lauter schreckliche Dinge, die andre mit Grauen erfuͤllen! Aber ich liebte, was Gott in meine Seele geleget; Denn dem einen gefaͤllt dies Werk, dem anderen jenes. Eh der Achaier Soͤhne gen Troja waren gesegelt, Fuͤhrt' ich neunmal Maͤnner in schnellgeruderten Schiffen 230 Gegen entlegene Voͤlker, und kehrte mit Beute zur Heimat. Hievon nahm ich zuerst das schoͤnste Kleinod, und vieles Theilte das Loos mir zu. So mehrte sich schnell mein Vermoͤgen, Und ich ward geehrt und hochgeachtet in Kraͤta. Aber da Zeus Vorsehung die jammerbringende Kriegsfahrt 235 Ordnete, welche das Leben so vieler Maͤnner geraubt hat; Da befahlen sie mir, mit Idomeneus, unserm Beherscher, Fuͤhrer der Schiffe zu sein gen Ilios; alle Versuche Mich zu befrein mislangen; mich schreckte der Tadel des Volkes. Und neun blutige Jahre durchkaͤmpften wir Soͤhne der Griechen; 240 Oduͤßee. Und im zehnten verheerten wir Priamos thuͤrmende Veste, Steurten dann heim mit den Schiffen; und Gott zerstreute die Griechen. Ueber mich Armen verhaͤngte der Rath Kronions ein Ungluͤck. Denn nur Einen Monat verweilt' ich daheim, mit dem Weibe Meiner Jugend, den Kindern und meinem Gesinde mich freuend. 245 Und mich reizte mein Herz, mit goͤttergleichen Gefaͤhrten Einige Schiffe zu ruͤsten, und nach dem Aiguͤptos zu segeln. Und ich ruͤstete neun, und schnell war die Menge versammelt. Hierauf schmausten bei mir sechs Tage die lieben Gefaͤhrten, Und ich schlachtete viele gemaͤstete Thiere zum Opfer 250 Fuͤr die seligen Goͤtter, und zum erfreuenden Schmause. Aber am siebenten Tage verließen wir Kraͤta, und fuhren, Unter dem lieblichen Wehn des reinen bestaͤndigen Nordwinds, Sanft, wie mit dem Strome, dahin; und keines der Schiffe Wurde verlezt; wir saßen, gesund und froͤhliches Mutes, 255 Auf dem Verdeck, und ließen vom Wind' und Steuer uns lenken. Aber am fuͤnften Tag' erreichten wir des Aiguͤptos Der Ausfluß des Aiguͤptos oder Nils war damals noch nahe unter der Koͤnigsstadt Memfis. Herlichen Strom, und ich legte die gleichen Schiffe vor Anker. Dringend ermahnt' ich jezo die lieben Reisegefaͤhrten, An dem Gestade zu bleiben, und unsere Schiffe zu huͤten, 260 Und versendete Wachen umher auf die Hoͤhen des Landes. Aber sie wurden von Troz und Uebermute verleitet, Daß sie ohne Vorzug der Aiguͤpter schoͤne Gefilde Pluͤnderten, ihre Weiber gefangen fuͤhrten, die Maͤnner Und unmuͤndigen Kinder ermordeten. Und ihr Geschrei kam 265 Schnell in die Stadt. Sobald der Morgen sich roͤthete, zogen Vierzehnter Gesang. Streiter zu Roß und zu Fuße daher, und vom blizenden Erze Stralte das ganze Gefild. Der Donnerer Zeus Kronion Sendete meinen Gefaͤhrten die schaͤndliche Flucht, und es wagte Keiner dem Feinde zu stehn; denn ringsum drohte Verderben. 270 Viele toͤdteten sie mit ehernen Lanzen, und viele Schleppten sie lebend hinweg zu harter sklavischer Arbeit. Aber Kronion Zeus gab selber diesen Gedanken Mir ins Herz: (o haͤtte mich lieber das Todes Verhaͤngniß Dort in Aiguͤptos ereilt, denn meiner harrte nur Ungluͤck!) 275 Eilend nahm ich den schoͤngebildeten Helm von dem Haupte, Und von der Schulter den Schild, und warf den Speer aus der Rechten, Ging dem Wagen des Koͤnigs entgegen, kuͤßt' und umarmte Seine Knie', und er schenkte mir voll Erbarmen das Leben, Hieß in den Wagen mich steigen, und fuͤhrte mich Weinenden heimwaͤrts. 280 Zwar es stuͤrzten noch oft mit eschenen Lanzen die Feinde Mich zu ermorden heran, denn sie waren noch heftig erbittert; Aber er wehrte sie ab, aus Furcht vor der Rache Kronions, Welcher die Fremdlinge schuͤzt, und ihre Beleidiger strafet. Sieben Jahre blieb ich bei ihm, und sammlete Reichthum 285 Von dem aiguͤptischen Volke genung; denn sie gaben mir alle. Doch wie das achte Jahr im Laufe der Zeiten herankam; Siehe da kam ein foͤnikischer Mann, ein arger Bekrieger Und Erzschinder, der viele Menschen ins Elend gestuͤrzt hat. Dieser beredete mich, mit ihm nach Foͤnikaͤ zu fahren, 290 Wo der Bube sein Haus und sein Erworbenes hatte. Und ein volles Jahr verweilt' ich bei ihm in Foͤnikaͤ. Aber da jezt die Monden und Tage waren vollendet, S Oduͤßee. Und ein anderes Jahr mit den kreisenden Horen herankam; Fuͤhrt' er gen Libuͤa mich im meerdurchwallenden Schiffe, 295 Unter dem listigen Schein, als braucht' er mich bei der Ladung: Um mich dort zu verkaufen, und großen Gewinn zu erwerben. Ihn begleitet' ich zwar argwoͤhnend, aber ich mußte. Und sie steurten, im Wehn des reinen bestaͤndigen Nordwinds, Ueber Kraͤta dahin; doch Zeus beschloß ihr Verderben. 300 Als wir das gruͤne Gestade von Kraͤta jezo verlaßen, Und ringsum kein Land, nur Meer und Himmel zu sehn war; Breitete Zeus Kronion ein dunkelblaues Gewoͤlk aus Ueber das laufende Schiff, und Nacht lag uͤber der Tiefe. Und nun donnerte Zeus, der hochgeschleuderte Stral schlug 305 Schmetternd ins Schiff; und es schwankte vom Donner des Gottes erschuͤttert, Alles war Schwefeldampf, und die Maͤnner entstuͤrzten dem Boden. Aehnlich den Waßerkraͤhn, bekaͤmpften sie, rings um das Schiff her, Steigend und sinkend die Flut; doch Gott nahm ihnen die Heimkehr. Aber Kronion gab, in der schrecklichen Angst und Betaͤubung, 310 Selber den hohen Mast des blaugeschnaͤbelten Schiffes Mir in die Haͤnde, damit ich noch dem Verderben entfloͤhe. Diesen umschlang ich, und trieb durch den Sturm und die tobenden Fluten. Und neun Tage trieb ich umher; in der zehnten der Naͤchte Warf mich ans Land der Thesproten die hochherrollende Woge. Die Thesproten wohnten Scheria gegenuͤber, an der Westseite von Griechenland. 315 Alda nahm mich Feidon, der edle thesprotische Koͤnig, Freundlich und gastfrei auf; denn es fand sein Sohn am Gestade Mich von Frost und Arbeit entkraͤfteten liegen, und fuͤhrte Mich mit stuͤzender Hand zu seines Vaters Palaste, Vierzehnter Gesang. Und bekleidete mich mit praͤchtigem Mantel und Leibrock. 320 Jener erzaͤhlte mir dort von Oduͤßeus, welcher, zur Heimat Kehrend, ihn haͤtte besucht, und viele Freundschaft genoßen. Und er zeigte mir auch die gesammelten Guͤter Oduͤßeus, Erzes und Goldes die Meng' und kuͤnstlichgeschmiedetes Eisens; Daß bis ins zehnte Glied sein Geschlecht noch koͤnnte versorgt sein. 325 Solch ein unendlicher Schaz lag dort im Hause des Koͤnigs. Jener war, wie es hieß, nach Dodona gegangen, aus Gottes In Dodona weißagte Zeus aus einer Eiche. Tauben, oder durch dieses Wort angedeutete Priesterinnen, und profetische Becken scheint Homer noch nicht zu kennen. Hochgewipfelter Eiche Kronions Willen zu hoͤren, Wie er in Ithaka ihm, nach seiner langen Entfernung, Heimzukehren befoͤhle, ob oͤffentlich, oder verborgen. 330 Feidon beschwur es mir selbst, und beim Trankopfer im Hause, Segelfertig waͤre das Schiff, und bereit die Gefaͤhrten, Um ihn heimzusenden in seiner Vaͤter Gefilde. Aber mich sandt' er zuvor: denn ein Schiff thesprotischer Maͤnner Ging zu dem weizenreichen Dulichion. Diesen befahl er, 335 Mich sorgfaͤltig dahin zum Koͤnig Akastos zu bringen. Aber ihrem Herzen gefiel der grausamste Rathschluß Ueber mir, daß ich ganz in des Elends Tiefe versaͤnke. Als das segelnde Schiff nun weit von dem Ufer entfernt war, Droheten jene mir gleich mit dem schrecklichen Tage der Knechtschaft. 340 Meinen Mantel und Rock entrißen mir jezo die Raͤuber, Und umhuͤllten mir drauf den haͤßlichen Kittel und Leibrock, Beide zerlumpt, wie du selber mit deinen Augen hier siehest. Und am Abend erreichten wir Ithaka's sonnige Huͤgel. Jezo banden sie mich im schoͤngezimmerten Schiffe 345 Oduͤßee. Fest mit dem starkgeflochtenen Seil, und stiegen dann selber An das Gestad', und nahmen die schnellbereitete Mahlzeit. Aber die Goͤtter loͤsten mir leicht die Knoten der Feßel. Und ich band um das Haupt die zusammengewickelten Lumpen, Ließ am geglaͤtteten Steuer mich nieder, legte mich vorwaͤrts 350 Auf das Waßer, und schwamm, mit beiden Haͤnden mich rudernd, Hurtig von dannen, und bald war ich ferne von ihnen gekommen. Jezo stieg ich ans Land, kroch unter ein dickes Gebuͤsche, Schmiegte mich hin, und lag. Die andern suchten indeßen Mich lautkeuchend umher; allein sie fanden nicht rathsam, 355 Tiefer ins Land zu gehn. Sie kehrten zuruͤck, und bestiegen Wieder das hohle Schiff; und mich entrißen die Goͤtter Leicht der Gefahr, und fuͤhrten zu eines verstaͤndigen Mannes Huͤtte mich hin. Denn noch verlaͤngt das Schicksal mein Leben. Ihm antwortetest du, Eumaios, Huͤter der Schweine: 360 Ungluͤckseliger Fremdling, ich fuͤhl' es im innersten Herzen, Was du von deinen Leiden und Irren mir alles erzaͤhlt hast. Eins nur scheinet mir nicht in der Ordnung, das von Oduͤßeus; Nimmer glaub' ich es dir! Was zwingt dich, ehrlicher Alter, So in den Wind zu luͤgen? Ich weiß zu gut von der Heimkehr 365 Meines Herren Bescheid! Er ist den Unsterblichen allen Ganz verhaßt! Nicht einmal vor Troja ließ man ihn sterben, Noch in den Armen der Freunde, nachdem er den Krieg vollendet; Denn ein Denkmal haͤtt' ihm das Volk der Achaier errichtet, Und so waͤre zugleich sein Sohn bei den Enkeln verherlicht! 370 Sondern er ward unruͤhmlich ein Raub der wilden Harpuͤen. Aber ich lebe hier bei den Schweinen so einsam, und komme Nie in die Stadt, wo nicht die kluge Paͤnelopeia Vierzehnter Gesang. Mir zu kommen gebeut, wann Botschaft irgendwoher kam. Ringsum sizen sie dann, und fragen den Fremdling nach allem: 375 Einige graͤmen sich um den langabwesenden Koͤnig, Andere freuen sich drob, die seine Habe verpraßen. Aber mir ward die Lust zu fragen gaͤnzlich verbittert, Seit mich juͤngst ein aitolischer Mann durch Maͤhrchen geteuscht hat. Aitolien lag Ithaka gegen Morgen an der Muͤndung des korintischen Busens, jenseits des Acheloos. Dieser war Todschlages halber schon weit gefluͤchtet, und irrte 380 Endlich zu meiner Huͤtte, wo ich mit Freundschaft ihn aufnahm. Und er verkuͤndigte mir: Bei Idomeneus unter den Kraͤtern Hab' er ihn beßern gesehen die sturmzerschlagenen Schiffe, Und er kaͤme gewiß, im Sommer oder im Herbste, Mit dem unendlichen Schaz und den goͤttergleichen Gefaͤhrten. 385 Drum, ungluͤcklicher Greis, den mir ein Himmlischer zufuͤhrt, Trachte nicht meine Gunst durch Luͤgen dir zu erschmeicheln. Denn nicht darum werd' ich dich ehren oder bewirten, Sondern aus Furcht vor dem gastlichen Zeus, und weil du mich jammerst. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: 390 Wahrlich, du traͤgst ein sehr unglaͤubiges Herz in dem Busen, Da mir der Eidschwur selbst nicht dein Zutrauen gewinnet! Aber wohlan! wir wollen uns jezt vergleichen, und Zeugen Sein die Unsterblichen uns, des hohen Oluͤmpos Bewohner! Kehrt er wieder zuruͤck zu diesem Hause, dein Koͤnig; 395 Siehe dann sollst du mich, mit Rock und Mantel bekleidet, Gen Dulichion senden: denn dort verlanget mein Herz hin. Kehret er nicht zuruͤck, dein Koͤnig, wie ich verkuͤnde; Alsdann reize die Knechte, vom Felsen herab mich zu stuͤrzen: Oduͤßee. Daß die Bettler hinfort sich scheuen, Luͤgen zu schwazen. 400 Ihm antwortete drauf der edle Huͤter der Schweine: Fremdling, da waͤre mir traun! bei allen Menschen auf Erden Großes Lob und Verdienst fuͤr jezt und immer gesichert, Haͤtt' ich dich erst in die Huͤtte gefuͤhrt, und freundlich bewirtet, Und erschluͤge dich dann, und raubte dein liebes Leben! 405 Freudigkeit gaͤbe mir das, vor Zeus Kronion zu beten! Aber die Stunde zum Eßen ist da; bald kommen die Leute Heim, mit mir in der Huͤtte das koͤstliche Mahl zu bereiten. Also besprachen diese sich jezo unter einander. Und nun kamen die Schwein' und ihre Hirten vom Felde. 410 Diese schloßen sie drauf in ihre Staͤlle zum Schlafen, Und laut toͤnte das Schreien der eingetriebenen Schweine. Aber seinen Gehuͤlfen befahl der trefliche Sauhirt: Bringt das fetteste Schwein, fuͤr den fremden Gast es zu opfern, Und uns selber einmal zu erquicken, da wir so lange 415 Um weißzahnichte Schweine Verdruß und Kummer erduldet, Waͤhrend andre umsonst all' unsere Muͤhe verpraßen! Also sprach er, und spaltete Holz mit dem grausamen Erze. Jene fuͤhrten ins Haus ein fett fuͤnfjaͤhriges Mastschwein, Stellten es drauf an den Heerd. Es vergaß der trefliche Sauhirt 420 Auch der Unsterblichen nicht, denn fromm war seine Gesinnung; Sondern begann das Opfer, und warf in die Flamme das Stirnhaar Vom weißzahnichten Schwein, und flehte den Himmlischen allen, Daß sie dem weisen Oduͤßeus doch heimzukehren vergoͤnnten; Schwung nun die Eichenkluft, die er beim Spalten zuruͤckwarf, 425 Schlugs, und sein Leben entfloh; die andern schlachteten, sengten, Und zerstuͤckten es schnell. Das Fett bedeckte der Sauhirt Vierzehnter Gesang. Mit dem blutigen Fleische, von allen Gliedern geschnitten; Dieses warf er ins Feuer, mit feinem Mehle bestreuet. Und sie schnitten das Uebrige klein, und stecktens an Spieße, 430 Brietens mit Vorsicht uͤber der Glut, und zogens herunter, Legten dann alles zusammen auf Kuͤchentische. Der Sauhirt Stellte sich hin, es zu theilen; denn Billigkeit lag ihm am Herzen. Und in sieben Theile zerlegt' er alles Gebratne: Einen legt' er den Nuͤmfen, und Hermaͤs, dem Sohne der Maia, Den Nuͤmfen als Feldgoͤttinnen, und Hermaͤs als dem Vorsteher der Hirten. Maia war Atlas Tochter, und eine von Zeus Geliebten. 435 Betend den andern hin; die uͤbrigen reicht' er den Maͤnnern. Aber Oduͤßeus verehrt' er den unzerschnittenen Ruͤcken Vom weißzahnichten Schwein, und erfreute die Seele des Koͤnigs. Froͤhlich sagte zu ihm der erfindungsreiche Oduͤßeus: Liebe dich Vater Zeus, wie ich dich liebe, Eumaios, 440 Da du mir armen Manne so milde Gaben verehrest! Drauf antwortetest du, Eumaios, Huͤter der Schweine: Iß, mein ungluͤckseliger Freund, und freue dich deßen, Wie du es hast. Gott giebt uns dieses, und jenes versagt er, Wie es seinem Herzen gefaͤllt; denn er herschet mit Allmacht. 445 Sprachs, und weihte den Goͤttern die Erstlinge, opferte selber Funkelnden Wein, und gab ihn dem Staͤdteverwuͤster Oduͤßeus In die Hand; er saß bei seinem beschiedenen Antheil. Ihnen vertheilte das Brot Mesaulios, welchen der Sauhirt Selber sich angeschafft, indeß sein Koͤnig entfernt war: 450 Ohne Paͤnelopeia, und ohne den alten Laertaͤs, Hatt' er von Tafiern ihn mit eigenem Gute gekaufet. Oduͤßee. Und sie erhoben die Haͤnde zum leckerbereiteten Mahle. Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, Trug Mesaulios wieder das Brot von dannen; und alle, 455 Von dem Brot und dem Fleische gesaͤttiget, eilten zur Ruhe. Eine grauliche Nacht, unerleuchtet vom schwindenden Monde, Es war im Herbst, und kurz vor dem Neumond. Kam; es regnete Zeus, naßstuͤrmend sauste der Westwind. Beim Entkleiden versucht' Oduͤßeus, ob ihm der Sauhirt Nicht den Mantel vielleicht darbieten, oder der Knechte 460 Einem es wuͤrde befehlen, da er fuͤr ihn so besorgt war: Hoͤre mich jezt, Eumaios, und hoͤrt, ihr uͤbrigen Hirten! Ruͤhmend red' ich ein Wort, vom bethoͤrenden Weine besieget, Welcher den Weisesten oft anreizt zum lauten Gesange, Ihn zum herzlichen Lachen und Gaukeltanze verleitet, 465 Und manch Wort ihm entlockt, das beßer waͤre verschwiegen. Aber weil das Geschwaͤz doch anfing, will ichs vollenden. Wollte Gott, ich gruͤnte noch jezt in der Fuͤlle der Jugend, Als da vor Troja wir uns im Hinterhalte verbargen! Fuͤhrer waren Oduͤßeus, und Atreus Sohn Menelaos, 470 Und der dritte war ich; denn sie verlangten es selber. Als wir jezo die Stadt und die hohe Mauer erreichten, Legten wir nahe der Burg, im dichtverwachsenen Sumpfe, Zwischen Weiden und Schilfen uns nieder, unter der Ruͤstung. Eine stuͤrmische Nacht brach an; der erstarrende Nordwind 475 Stuͤrzte daher; und stoͤbernder Schnee, gleich duftigem Reife, Fiel anfrierend herab, und umzog die Schilde mit Glatteis. Alle die andern lagen, gehuͤllt in Mantel und Leibrock, Vierzehnter Gesang. Mit dem Schilde die Schulter bedeckt, und schlummerten ruhig. Aber ich Unbesonnener ließ den Mantel beim Weggehn 480 Meinen Gefaͤhrten zuruͤck, denn ich achtete gar nicht der Kaͤlte; Und ging bloß mit dem Schild' und schoͤngeguͤrteten Leibrock. Doch in der dritten Wache der Nacht, da die Sterne sich neigten, Stieß ich Oduͤßeus, der mir zur Seiten lag, mit dem Arme, Und sprach schaudernd zu ihm; und schnell war er munter, und hoͤrte: 485 Edler Laertiad', erfindungsreicher Oduͤßeus, Lange bleib' ich nicht mehr bei den Lebenden; sondern mich toͤdtet Frost, denn ich ließ den Mantel zuruͤck; mich verfuͤhrte mein Daͤmon, Bloß im Rocke zu gehn: und nun ist keine Errettung! Also sprach ich, und schnell beschloß er dieses im Herzen; 490 So wie immer der Held zum Rath und Kampfe bereit war: Eilend erwiedert' er mir mit leiseflisternder Stimme: Schweige jezt, damit kein andrer Achaier dich hoͤre! Sprachs, und stuͤzte das Haupt auf den Ellenbogen, und sagte: Hoͤrt, ihr Lieben, ein goͤttlicher Traum erschien mir im Schlafe. 495 Wir sind weit von den Schiffen entfernt! O ginge doch einer, Atreus Sohn' Agamemnon, dem Hirten der Voͤlker, zu sagen, Daß er noch mehren vom Ufer hieher zu eilen geboͤte! Also sprach er; und Thoas, der Sohn Andraimons, erhub sich Eilend, und warf zur Erde den schoͤnen purpurnen Mantel, 500 Und lief schnell zu den Schiffen; und ich umhuͤllte mir freudig Sein Gewand, und lag, bis die Morgenroͤthe heraufstieg. Wollte Gott, ich gruͤnte noch jezt in der Fuͤlle der Jugend! Ach! dann schenkte mir wohl ein Sauhirt hier in der Huͤtte Einen Mantel, aus Lieb' und Achtung gegen den Tapfern! 505 Nun verachten sie mich, weil ich so elend bedeckt bin! Oduͤßee. Vierzehnter Gesang. Ihm antwortetest du, Eumaios, Huͤter der Schweine: Greis, untadelich ist das Gleichniß, so du erzaͤhlest; Und kein unnuͤz Wort ist deinen Lippen entfallen. Drum solls weder an Kleidung, noch etwas anderm, dir mangeln, 510 Was ungluͤcklichen Fremden, die Huͤlfe suchen, gebuͤhret, Jezt! Doch morgen mußt du in deine Lumpen dich huͤllen. Denn nicht viele Maͤntel und oftveraͤnderte Roͤcke Haben wir anzuziehn; nur Einen hat jeglicher Sauhirt. Kehrt einst wieder zuruͤck der geliebte Sohn von Oduͤßeus, 515 Gerne wird dich dieser mit Rock und Mantel bekleiden, Und dich senden, wohin es deinem Herzen geluͤstet. Also sprach er, erhub sich, und sezte neben dem Feuer Ihm ein Bette, bedeckt mit Fellen von Ziegen und Schafen. Und Oduͤßeus legte sich hin. Da bedeckte der Sauhirt 520 Ihn mit dem großen wollichten Mantel, womit er sich pflegte Umzukleiden, wenn draußen ein schrecklicher Winterorkan blies. Also schlummerte dort Oduͤßeus; neben Oduͤßeus Legten die Juͤnglinge sich zum Schlummer. Aber der Sauhirt Liebte nicht, in dem Bett', entfernt von den Schweinen, zu schlafen; 525 Sondern er waffnete sich, hinauszugehn; und Oduͤßeus Freute sich, daß er so treu des Entfernten Guͤter besorgte. Erstlich haͤngt' er ein scharfes Schwert um die ruͤstigen Schultern, Huͤllte sich dann in den windabwehrenden wollichten Mantel, Nahm das zottichte Fell der großen gemaͤsteten Ziege, 530 Nahm auch den scharfen Speer, den Schrecken der Menschen und Hunde, Eilte nun hin, zu ruhn, wo die hauerbewaffneten Eber Lagen, unter dem Hange des Felsen, geschirmt vor dem Nordwind. Oduͤßee . Funfzehnter Gesang . P allas Athaͤnaͤ ging zu der großen Stadt Lakedaimon, Daß sie den ruͤhmlichen Sohn des hochgesinnten Oduͤßeus Reizte, des Vaterlands zu gedenken, und wiederzukehren. Und Taͤlemachos lag mit Nestors bluͤhendem Sohne Ruhend vor dem Palast Menelaos des ehregekroͤnten. 5 Nestors bluͤhender Sohn lag sanft vom Schlummer gefeßelt; Aber Taͤlemachos floh der suͤße Schlummer; er wachte Durch die ambrosische Nacht, um den Vater herzlich bekuͤmmert. Vor ihn stellte sich Zeus blauaͤugichte Tochter, und sagte: Laͤnger ziemt es sich nicht, Taͤlemachos, ferne zu irren, 10 Da du alle dein Gut, und so uͤbermuͤtige Maͤnner In dem Palaste verließest; damit sie nicht alles verzehren, Deine Habe sich theilend, und fruchtlos ende die Reise! Auf! erinnere gleich den Rufer im Streit Menelaos, Heim dich zu senden, damit du die trefliche Mutter noch findest. 15 Denn schon wird sie vom Vater und ihren Bruͤdern gedraͤnget, Daß sie Euruͤmachos nehme; denn dieser schenkte das meiste Unter den Freiern, und beut die reichste Braͤutigamsgabe. Und man koͤnnte dir leicht, ohn deinen Dank, aus dem Hause Manches Gut mitnehmen; du kennst ja des Weibes Gesinnung! 20 Oduͤßee. Immer sucht sie den Mann, der ihr beiwohnt, zu bereichern; Aber die vorigen Kinder und ihrer Jugend Geliebten Kennt sie nicht mehr, da er starb, und fraget nimmer nach ihnen. Darum eile nun heim, und vertraue selber die Guͤter Einer Dienerin an, die dir am tuͤchtigsten scheinet, 25 Bis die himmlischen Goͤtter ein edles Weib dir verleihen. Noch ein andres verkuͤnd' ich dir jezt; bewahr' es im Herzen! Wachsam lauren auf dich die Tapfersten unter den Freiern, In dem Sunde, der Ithaka trennt und die bergichte Samos, Daß sie dich toͤdten, bevor du die Heimat wieder erreichest. 30 Aber ich hoffe das nicht! Erst deckt die Erde noch manchen Von der Rotte der Freier, die deine Habe verzehren. Steure dein ruͤstiges Schiff, Taͤlemachos, fern von den Inseln; Fahr auch nur in der Nacht! Dir wird der Unsterblichen einer Guͤnstigen Wind nachsenden, der dich behuͤtet und schuͤzet. 35 Wenn du das naͤchste Gestade von Ithaka jezo erreicht hast, Siehe dann sende zur Stadt das Schiff und alle Gefaͤhrten, Und du gehe zuerst dorthin, wo der trefliche Sauhirt Deiner Schweine huͤtet, der stets mit Eifer dir anhaͤngt. Alda bleibe die Nacht, und sende jenen zur Stadt hin, 40 Um die Botschaft zu bringen der klugen Paͤnelopeia, Daß du gesund und wohl von Puͤlos wieder zuruͤckkamst. Also sprach die Goͤttin, und eilte zum großen Oluͤmpos. Und Taͤlemachos weckte den Nestoriden vom Schlummer, Ihn mit der Ferse beruͤhrend, und sprach zu dem bluͤhenden Juͤngling: 45 Nestors Sohn, wach' auf, Peisistratos; spann' an den Wagen Hurtig die stampfenden Roße, damit wir die Reise vollenden. Und der Nestoride Peisistratos gab ihm zur Antwort: Funfzehnter Gesang. Ganz unmoͤglich, Taͤlemachos, waͤr' es, wie sehr wir auch eilten: Diese duͤstere Nacht zu durchfahren! Und bald ist es Morgen! 50 Darum warte, bis uns mit Geschenken den Wagen belade Atreus edler Sohn, der kriegrische Held Menelaos, Und mit gefaͤlligen Worten uns freundlich von sich entlaße. Denn es erinnert sich ein Gast zeitlebens des Mannes, Welcher in fernem Lande mit Lieb und Freundschaft ihn aufnahm. 55 Also sprach er; da kam die goldenthronende Aeos. Jezo nahte sich ihnen der Rufer im Streit Menelaos, Seiner Helena Lager, der schoͤngelockten, verlaßend. Als der geliebte Sohn von Oduͤßeus diesen bemerkte, Huͤllte sich eilend der Held in den feinen praͤchtigen Leibrock, 60 Warf den großen Mantel sich uͤber die ruͤstigen Schultern, Ging dann hinaus, und trat zu Menelaos, und sagte: Atreus goͤttlicher Sohn, Menelaos, Fuͤhrer der Voͤlker, Laß mich jezo von dir ins liebe Vaterland ziehen; Denn von ganzem Herzen begehr' ich jezo der Heimkehr. 65 Ihm antwortete drauf der Rufer im Streit Menelaos: Ferne sei es von mir, Taͤlemachos, dich zu verweilen, Wenn du nach Hause dich sehnst! Ich tadle selber den Gastfreund, Deßen Hoͤflichkeit uns und uͤberzaͤrtliche Freundschaft Plagende Feindschaft wird. Das Beßte bei allem ist Ordnung! 70 Traun! gleich arg sind beide: Wer seinem zoͤgernden Gaste Heimzukehren gebeut, und wer den eilenden auf haͤlt. Bleibt er, so pflege des Gastes; und will er gehen, so laß ihn! Aber warte, bis ich ein schoͤnes Geschenk auf den Wagen Leg', und du selber es sehest; und meinen Weibern befehle, 75 Dir von des Hauses Kost ein reichliches Mahl zu bereiten. Oduͤßee. Freudigkeit fuͤhlt der Gast und hoͤheren Mut und Erquickung, Der, mit Speise gestaͤrkt, in ferne Laͤnder verreiset. Hast du auch Lust, umher durch Hellas und Argos zu reisen; Warte, bis ich die Roß' anspanne, dich selber begleite, 80 Und zu jeglicher Stadt hinfuͤhre. Keines der Voͤlker Sendet uns leer hinweg; man schenkt uns wenigstens Ein Stuͤck: Ein dreifuͤßig Geschirr von Kupfer, oder ein Becken, Oder ein Joch Maulthiere, auch wohl einen goldenen Becher. Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen; 85 Atreus goͤttlicher Sohn Menelaos, Fuͤhrer der Voͤlker, Jezo eil' ich zuruͤck zu dem Unsrigen; (denn da ich abfuhr, Ließ ich Niemand im Hause, mein Eigenthum zu bewahren:) Daß ich, den Vater suchend, nicht selber das Leben verliere, Oder ein koͤstliches Gut aus meinem Hause verschwinde. 90 Als er solches vernommen, der Rufer im Streit Menelaos, Rief er schnell der Gemahlin und ihren Maͤgden, im Saale Hurtig ein Mahl zu bereiten vom reichlichgesammelten Vorrat. Jezo nahte sich auch Boaͤthos Sohn Eteoneus, Seinem Lager entstiegen; er wohnte nicht ferne vom Koͤnig. 95 Diesem befahl der Held Menelaos, Feuer zu machen, Und des Fleisches zu braten; und schnell gehorcht' er dem Worte. Hierauf stieg er hinab ins duftende hohe Gewoͤlbe: Nicht er allein; mit ihm ging Helena und Megapenthaͤs. Als sie die Kammer erreicht, wo seine Kleinode lagen, 100 Nahm Menelaos Atreidaͤs sich einen doppelten Becher, Reichte dann seines Sohns Megapenthaͤs Haͤnden zu tragen Einen silbernen Kelch; und Helena trat zu den Kisten, Wo sie die schoͤnen Gewande verwahrt, die sie selber gewirket. Funfzehnter Gesang. Eines von diesen nahm die Koͤnigin unter den Weibern, 105 Welches das groͤßeste war und reichste an kuͤnstlicher Arbeit: Hell wie ein Stern, so stralt' es, und lag von allen zu unterst. Und sie gingen zuruͤck durch die Wohnungen, bis sie Oduͤßeus Sohn erreichten; da sprach Menelaos der braͤunlichgelockte: Deine Heimkehr laße, Taͤlemachos, wie du sie wuͤnschest, 110 Zeus Kronion gelingen, der donnernde Gatte der Haͤraͤ; Von den Schaͤzen, soviel ich in meinem Hause bewahre, Geb' ich dir zum Geschenk das schoͤnste und koͤstlichste Kleinod: Gebe dir einen Kelch von kuͤnstlicherhobener Arbeit, Aus geglaͤttetem Silber, gefaßt mit goldenem Rande, 115 Und ein Werk von Haͤfaistos! Ihn gab der Sidonier Koͤnig Faidimos mir, der Held, der einst in seinem Palaste Mich heimkehrenden pflegte. Den will ich jezo dir schenken. Also sprach er, und reichte, der Held Menelaos Atreidaͤs, Ihm dem doppelten Becher. Sein tapferer Sohn Megapenthaͤs 120 Trug den schimmernden Kelch von lauterem Silber, und sezt' ihn Nieder vor ihm. Auch Helena kam, das Gewand in den Haͤnden, Und holdselig begann die rosenwangichte Fuͤrstin: Dieses Geschenk will ich, mein liebes Kind, dir verehren, Zum Andenken von Helena's Hand. Bei der lieblichen Hochzeit 125 Trag' es deine Gemahlin; bis dahin lieg' es im Hause Deiner geliebten Mutter. Du aber kehre mit Frieden In dein praͤchtiges Haus und deiner Vaͤter Gefilde. Also sprach sie, und reicht' es ihm hin; und freudig empfing ers. Jezo legte der Held Peisistratos alle Geschenke 130 Nieder im Wagenkorb, und bewunderte jedes im Herzen. Und sie fuͤhrt' in den Saal Menelaos der braͤunlichgelockte; Oduͤßee. Alda sezten sie sich auf praͤchtige Seßel und Throne. Eine Dienerin trug in der schoͤnen goldenen Kanne Ueber dem silbernen Becken das Waßer, bestroͤmte zum Waschen 135 Ihnen die Haͤnd', und stellte vor sie die geglaͤttete Tafel. Und die ehrbare Schaffnerin kam, und tischte das Brot auf, Und der Gerichte viel aus ihrem gesammelten Vorrat. Aber das Fleisch zerschnitt und vertheilte der Sohn des Boaͤthos, Und des Koͤniges Sohn vertheilte die Becher voll Weines. 140 Und sie erhoben die Haͤnde zum leckerbereiteten Mahle. Jezo war die Begierde des Tranks und der Speise gestillet, Und Taͤlemachos spannte mit Nestors bluͤhendem Sohne Hurtig die Roße vor; sie bestiegen den kuͤnstlichen Wagen, Lenkten darauf aus dem Thore des Hofs, und der toͤnenden Halle. 145 Ihnen zur Seite ging Menelaos der braͤunlichgelockte; Einen goldenen Becher voll herzerfreuendes Weines Trug er in seiner Rechten, um noch vor der Reise zu opfern, Stand vor den Roßen, und trank, reicht' ihnen den Becher, und sagte: Lebt, ihr Juͤnglinge, wohl, und gruͤßt den Hirten der Voͤlker 150 Nestor von mir; denn wahrlich er liebte mich stets, wie ein Vater, Als wir Achaier noch die Stadt der Troer bekriegten! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Gerne wollen wir ihm, du Goͤttlicher, wie du befiehlest, Dieses alles verkuͤnden, sobald wir kommen. O faͤnd' ich, 155 Heim gen Ithaka kehrend, auch meinen Vater zu Hause; Daß ich ihm sagte, wie ich von dir so guͤtig bewirtet Wiederkomm', und so viel' und koͤstliche Kleinode bringe! Sprachs; und zur Rechten flog ein heilweißagender Adler, Welcher die ungeheure, im Hofe gemaͤstete, weiße 160 Funfzehnter Gesang. Gans in den Klauen trug; mit uͤberlautem Geschreie Folgten ihm Maͤnner und Weiber; er kam in stuͤrmendem Fluge Rechtsher nahe den Roßen der Juͤnglinge. Als sie ihn sahen, Freuten sie sich, und allen durchgluͤhete Wonne die Herzen. Nestors bluͤhender Sohn Peisistratos redete jezo: 165 Denke nach, Menelaos, du goͤttlicher Fuͤhrer der Voͤlker, Ob Gott uns dies Zeichen gesendet, oder dir selber. Also sprach er; da sann der kriegrische Held Menelaos Hin und her, mit Verstand das Wunderzeichen zu deuten. Aber Helena kam ihm zuvor; so sprach die geschmuͤckte: 170 Hoͤret; ich will euch jezt weißagen, wie es die Goͤtter Mir in die Seele gelegt, und wie's wahrscheinlich geschehn wird. Gleichwie der Adler die Gans, die im Hause sich naͤhrte, geraubt hat, Kommend aus dem Gebirge, von seinem Nest' und Geschlechte: Also wird auch Oduͤßeus, nach vielen Leiden und Irren, 175 Endlich zur Heimat kehren und strafen; oder er kehrte Schon, und ruͤstet sich nun zu aller Freier Verderben. Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Also vollend' es Zeus, der donnernde Gatte der Haͤraͤ! O dann werd' ich auch dort, wie eine Goͤttin, dich auflehn! 180 Sprachs, und schwang auf die Roße die Geißel; mit hurtiger Eile Stuͤrmten sie uͤber die Gaßen der Stadt in das freie Gefilde. Also schuͤttelten sie bis zum Abend das Joch an den Nacken. Und die Sonne sank, und Dunkel umhuͤllte die Pfade. Und sie kamen gen Faͤrai, zur Burg des edlen Dioklaͤs, 185 Welchen Alfeios Sohn Orsilochos hatte gezeuget, Ruhten bei ihm die Nacht, und wurden freundlich bewirtet. T Oduͤßee. Als die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Ruͤsteten sie ihr Gespann, und bestiegen den zierlichen Wagen, Lenkten darauf aus dem Thore des Hofs, und der toͤnenden Halle. 190 Treibend schwang er die Geißel, und willig enteilten die Roße. Und sie erreichten bald die hochgebauete Puͤlos; Und Taͤlemachos sprach zu Nestors bluͤhendem Sohne: Kannst du mir, Nestors Sohn, wohl eine Bitte gewaͤhren? Siehe wir ruͤhmen uns ja von den Zeiten unserer Vaͤter 195 Schon Gastfreunde zu sein, und sind auch einerlei Alters; Und noch inniger wird uns diese Reise verbinden. Fahre mein Schiff nicht vorbei, du Goͤttlicher; laß mich hier bleiben! Denn mich moͤchte der Greis aufhalten in seinem Palaste, Um mir Gutes zu thun; und ich muß aufs eiligste reisen. 200 Also sprach er, und Nestors Sohn bedachte sich schweigend, Wie er mit guter Art ihm seine Bitte gewaͤhrte. Dieser Gedanke schien dem Zweifelnden endlich der beßte: An das Gestade des Meers zu dem Schiffe lenkt' er die Roße; Legte dann hinten ins Schiff Taͤlemachos schoͤne Geschenke, 205 Sein Gewand und das Gold, so ihm Menelaos verehret. Und nun trieb er ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Steige nun eilend ins Schiff, und ermuntere deine Gefaͤhrten, Eh ich zu Hause komm', und dem Greise dieses verkuͤnde! Denn ich kenne zu gut in meinem Herzen des Vaters 210 Heftigen starren Sinn: er wuͤrde dich nimmer entlaßen, Sondern selbst herkommen, dich einzuladen; und schwerlich Ging' er dann leer zuruͤck, so sehr wuͤrd' er zuͤrnen und eifern! Also sprach er, und lenkte die Roße mit wallenden Maͤhnen Heim zu der Puͤlier Stadt, und bald erreicht' er die Wohnung. 215 Funfzehnter Gesang. Aber Taͤlemachos trieb und ermahnete seine Genoßen: Freunde, bringt die Geraͤthe des schwarzen Schiffes in Ordnung, Und steigt selber hinein, damit wir die Reise vollenden! Also sprach er; sie hoͤrten ihn alle mit Fleiß, und gehorchten: Stiegen eilend ins Schiff, und sezten sich hin auf die Baͤnke. 220 Also besorgt' er dieses, und opferte Pallas Athaͤnen Flehend hinten am Schiff. Und siehe, ein eilender Fremdling Nahte sich ihm, der aus Argos entfloh, wo er jemand getoͤdtet. Dieser war ein Profet, und stammte vom alten Melampus, Welcher vor langer Zeit in der schafegebaͤrenden Puͤlos Man vergleiche hiermit Ges. 11. V. 286 ff. 225 Wohnete, maͤchtig im Volk, und praͤchtige Haͤuser beherschte. Aber sein Vaterland verließ er, nnd floh in die Fremde, Vor dem gewaltigen Naͤleus, dem stolzesten aller die lebten, Welcher ein ganzes Jahr mit Gewalt sein großes Vermoͤgen Vorenthielt; indeß lag jener in Fuͤlakos Wohnung, 230 Hartgefeßelt mit Banden, und schwere Leiden erduldend, Wegen der Tochter Naͤleus, und seines rasenden Wahnsinns, Welchen ihm die Erinnuͤs, die schreckliche Goͤttin, gesendet. Erinnuͤs, Furie. Dennoch entfloh er dem Tod', und trieb aus Fuͤlakaͤ's Auen Heim die bruͤllenden Rinder gen Puͤlos, strafte den Hochmut 235 Naͤleus des goͤttergleichen, und fuͤhrte dem Bruder zur Gattin Seine Tochter ins Haus. Er aber zog in die ferne Roßenaͤhrende Argos; denn dort bestimmte das Schicksal Ihm forthin zu wohnen, ein Herscher vieler Argeier. Alda nahm er ein Weib, und baute die praͤchtige Wohnung, 240 Zeugte Antifataͤs dann und Mantios, tapfere Soͤhne! Oduͤßee. Aber Antifataͤs zeugte den großgesinnten Oiklaͤs, und Oiklaͤs den Voͤlkererhalter Amfiaraos. Diesen liebte der Donnerer Zeus und Foͤbos Apollon Zeus Liebling war er als Koͤnig, und Apollons als Wahrsager. Mit allwaltender Huld; doch erreicht' er die Schwelle des Alters 245 Nicht; er starb vor Thaͤbai, durch seines Weibes Geschenke. Durch die Geschenke, die seine Gemahlin Erifuͤlaͤ bekam, ihn zu uͤberreden, daß er mit vor Theben zog, Ges. 11. V. 326. Seine Soͤhne waren Amsilochos und Alkmaion. Aber Mantios zeugte den Poluͤfeidaͤs und Kleitos. Diesen Kleitos entfuͤhrte die goldenthronende Aeos, Seiner Schoͤnheit halben, zum Siz der unsterblichen Goͤtter. 250 Aber auf Poluͤfeidaͤs, dem hocherleuchteten, ruhte Foͤbos profetischer Geist, nach dem Tode des Amfiaraos. Zuͤrnend dem Vater, zog er gen Huͤperaͤsia, wohnte Und weißagete dort den Sterblichen allen ihr Schicksal. Deßen Sohn, genannt Theokluͤmenos, nahte sich jezo, 255 Trat zu Taͤlemachos hin, der dort vor Pallas Athaͤnaͤ Heiligen Wein ausgoß und betete, neben dem Schiffe; Und er redet' ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Lieber, weil ich alhier beim heiligen Opfer dich finde; Siehe, so fleh' ich dich an, beim Opfer und bei der Gottheit, 260 Deinem eigenen Heil', und der Freunde, welche dir folgen: Sage mir fragenden treulich und unverholen die Wahrheit! Wer, weß Volkes bist du? und wo ist deine Geburtstadt? Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Dieses will ich dir, Fremdling, und nach der Wahrheit verkuͤnden. 265 Ich bin aus Ithaka her; mein Vater heißet Oduͤßeus, Funfzehnter Gesang. Wenn er noch lebt; allein er starb des traurigsten Todes. Darum nahm ich jezo dies Schiff und diese Gefaͤhrten, Kundschaft mir zu erforschen vom langabwesenden Vater. Und der goͤttliche Mann Theokluͤmenos gab ihm zur Antwort: 270 Ich bin auch aus der Heimat entflohn! denn ich toͤdtete jemand, Einen Buͤrger der Stadt; und viele Bruͤder und Vettern Hat er, gewaltig im Volke der roßenaͤhrenden Argos! Diesen bin ich entronnen, den Tod und das schwarze Verhaͤngniß Fliehend! Von nun an ist mein Schicksal, die Welt zu durchirren! 275 Aber nim mich ins Schiff, den Fluͤchtling, welcher dich anfleht: Daß sie mich nicht umbringen; denn sicher verfolgen mich jene! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Freund, ich werde dich nicht von unserem Schiffe verstoßen! Folg' uns; wir wollen dich dort bewirten, so gut wir es haben. 280 Also sprach er, und nahm Theokluͤmenos eherne Lanze, Legte sie auf das Verdeck des gleichgeruderten Schiffes, Stieg dann uͤber den Bord des meerdurchwallenden Schiffes, Sezte sich hinten am Steuer, und neben dem Juͤnglinge sezte Theokluͤmenos sich. Die andern loͤsten die Seile. 285 Aber Taͤlemachos trieb und ermahnte die lieben Gefaͤhrten, Schnell die Geraͤthe zu ordnen. Sie folgeten seinem Befehle: Stellten den fichtenen Mast in die mittlere Hoͤhe des Bodens, Richteten hoch ihn empor, und banden ihn fest mit den Seilen; Spannten die weißen Segel mit starkgeflochtenen Riemen. 290 Einen guͤnstigen Wind sandt' ihnen Pallas Athaͤnaͤ; Stuͤrmend saust' er vom Aether daher in die Segel des Schiffes, Und mit gefluͤgelter Eile durchlief es die salzige Woge, Segelte Krunoͤ voruͤber und Chalkis liebliche Muͤndung. Oduͤßee. Und die Sonne sank, und Dunkel umhuͤllte die Pfade. 295 Und er steurte gen Ferai, vom Winde Gottes erfreuet, Und zu der goͤttlichen Aelis, die von den Epeiern beherscht wird. Aelis hieß damals nur die aͤußerste Spize vom Peloponnes gegen Ithaka. Die spizigen Inseln waren die suͤdwestlichen der Echinaden. Taͤlema- chos nahm, aus Furcht vor den Freiern, die zwischen Ithaka und Samaͤ auf ihn laurten, nicht den naͤchsten Weg; sondern fuhr auf Akarnanien zu, und landete an der Nordseite von Ithaka. Aber von dannen lenkt' er das Schiff zu den spizigen Inseln, Sorgend, ob er dem Tod' entfliehn wuͤrd', oder erliegen. Und in der Huͤtte genoß mit Oduͤßeus der trefliche Sauhirt 300 Jezo die Abendkost, auch aßen die uͤbrigen Hirten. Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war; Da versuchte der Held Oduͤßeus, ob ihn der Sauhirt Noch in der Huͤtte dort herbergen und freundlich bewirten, Oder ihn treiben wuͤrd', in die Stadt zu eilen; so sprach er: 305 Hoͤre mich jezt, Eumaios, und hoͤrt, ihr uͤbrigen Hirten. Morgen haͤtt' ich wohl Lust, in die Stadt als Bettler zu gehen; Daß ich deine Freunde und dich nicht laͤnger beschwere. Sage mir denn Bescheid, und gib mir einen Gefaͤhrten, Welcher den Weg mich fuͤhre. Die Stadt muß ich selber durchirren, 310 Ob man ein Becherchen Weins und ein wenig Brosam mir biete. Gerne moͤcht' ich auch wohl zum Hause des edlen Oduͤßeus Gehen, und Botschaft bringen der klugen Paͤnelopeia, Und alsdann in die Schaar der stolzen Freier mich mischen, Ob sie mich Einmal speisen von ihrem reichlichen Gastmahl. 315 Alles, was sie befehlen, bin ich bereit zu verrichten. Denn ich verkuͤndige dir; merk auf, und hoͤre die Worte: Funfzehnter Gesang. Durch Hermeias Gnade, des Goͤttergesandten, der alles, Was die Menschen beginnen, mit Ehre schmuͤcket und Anmut, Kann der Sterblichen keiner mit mir wetteifern im Dienste: 320 Feuer geschickt zu legen, und trockene Kloͤze zu spalten, Wein zu schenken, und Fleisch zu vertheilen oder zu braten: Was vornehme Leute vom Dienste Geringerer fodern. Zuͤrnend erwiedertest du, Eumaios, Huͤter der Schweine: Wehe mir, Fremdling, wie kann in dein Herz ein solcher Gedanke 325 Kommen? Wahrlich du eilst, dich dort ins Verderben zu stuͤrzen, Ist es dein ernstlicher Wille, zu gehn in der Freier Gesellschaft, Deren Troz und Gewalt den eisernen Himmel erreichet. Die Alten dachten sich den Himmel als ein metallenes Gewoͤlbe, das auf Bergen ruhte. Wahrlich solche Leute sind ihre Diener mitnichten; Juͤnglinge sinds, mit Mantel und Leibrock zierlich gekleidet, 330 Und stets duftet von Salben ihr Haar und bluͤhendes Antliz: Diese dienen dort; und die schoͤngeglaͤtteten Tische Sind mit Brot und Fleisch und Weine stets belastet. Aber bleibe; du bist hier keinem Menschen beschwerlich, Weder mir, noch einem der Freunde, welche mir helfen. 335 Kehrt einst wieder zuruͤck der geliebte Sohn von Oduͤßeus, Gerne wird dich dieser mit Rock' und Mantel bekleiden, Und dich senden wohin es deinem Herzen geluͤstet. Ihm antwortete drauf der herliche Dulder Oduͤßeus: Liebe dich Vater Zeus, wie ich dich liebe, Eumaios, 340 Weil du nach schrecklicher Noth mir Irrenden Ruhe gewaͤhrest! Nichts ist kummervoller, als unstaͤt leben und fluͤchtig! Oft zur Verzweifelung bringt der unversoͤhnliche Hunger Oduͤßee. Leute, die Lebensgefahr und bitterer Mangel umhertreibt, Aber weil du begehrst, daß ich bleib' und jenen erwarte; 345 Nun so erzaͤhle mir von der Mutter des edlen Oduͤßeus, Und dem Vater, den er an der Schwelle des Alters daheimließ: Leben sie etwa noch im Strale der leuchtenden Sonne, Oder sind sie schon todt und in der Schatten Behausung? Ihm antwortete drauf der maͤnnerbeherschende Sauhirt: 350 Dieses will ich dir, Fremdling, und nach der Wahrheit erzaͤhlen. Immer noch lebt Laertaͤs; doch taͤglich flehet er Zeus an, Daß in seinem Hause sein Geist den Gliedern entschwinde. Denn untroͤstlich beweint er des fernen Sohnes Gedaͤchtniß, Und den Tod des edlen geliebten Weibes der Jugend, 355 Der ihn so innig gekraͤnkt, und sein herbes Alter beschleunigt. Diese starb vor Gram um ihren beruͤhmten Oduͤßeus, Ach! den traurigsten Tod! So sterbe keiner der Freunde, Welcher in diesem Lande mir Liebes und Gutes gethan hat. Als noch jene lebte, wiewohl in steter Betruͤbniß, 360 Hatt' ich noch etwas Lust zu fragen und mich zu erkunden. Denn sie erzog mich selbst mit Ktimene, ihrer geschmuͤckten Tugendreichen Tochter, der juͤngsten ihres Geschlechtes; Diese erzog sie mit mir, und ehrte mich wenig geringer. Und da wir beide das Ziel der lieblichen Jugend erreichten, 365 Gaben sie jene nach Samaͤ, und nahmen große Geschenke. Und mich kleidete sie, die Mutter, mit praͤchtigen Kleidern, Einem Mantel und Rock, und gab mir Schuh' an die Fuͤße, Sandte mich her aufs Land, und that mir Gutes auf Gutes. Dieses muß ich nun alles entbehren: aber die Goͤtter 370 Segnen mit reichem Gedeihn die Arbeit, welche mir obliegt; Funfzehnter Gesang. Hievon eß' ich und trinke, und geb' auch ehrlichen Leuten. Von der Koͤnigin selbst ist keine Freude zu hoffen, Weder Wort noch That, seitdem die Plage das Haus traf, Jener verwuͤstende Schwarm! Und Knechte wuͤnschen doch herzlich, 375 Vor der Frau des Hauses zu reden, und alles zu hoͤren, Und zu eßen und trinken, und dann auch etwas zu Felde Mitzunehmen: wodurch das Herz der Bedienten erfreut wird. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Ei so bist du als Kind, Eumaios, Huͤter der Schweine, 380 Fern von dem Vaterland' und deinen Eltern verirret! Aber verkuͤndige mir, und sage die lautere Wahrheit: Ward die praͤchtige Stadt von Kriegesschaaren verwuͤstet, Welche dein Vater einst und die trefliche Mutter bewohnten? Oder fanden dich einsam bei Schafen oder bei Rindern 385 Raͤuber, und schleppten dich fort zu den Schiffen, und boten im Hause Dieses Mannes dich feil, der dich nach Wuͤrden bezahlte? Ihm antwortete drauf der maͤnnerbeherschende Sauhirt: Fremdling, weil du mich fragst und so genau dich erkundest, Nun so size still, erfreue dich horchend, und trinke 390 Wein. Die Naͤchte sind lang; man kann ausruhen, und kann auch Angenehme Gespraͤch' anhoͤren. Es zwinget dich Niemand, Fruͤhe schlafen zu gehn; auch vieles Schlafen ist schaͤdlich. Sehnt sich der uͤbrigen einer in seinem Herzen zur Ruhe, Dieser gehe zu Bett'; und sobald der Morgen sich roͤthet, 395 Fruͤhstuͤck' er, und treibe des Koͤniges Schweine zu Felde. Aber wir wollen hier in der Huͤtte noch eßen und trinken, Um einander das Herz durch Erinnerung trauriger Leiden Aufzuheitern; denn auch der Truͤbsal denket man gerne, Oduͤßee. Wenn man so vieles erduldet, so viele Laͤnder durchirrt ist. 400 Jezo will ich dir das verkuͤndigen, was du mich fragtest: Eine der Inseln im Meer heißt Suͤria, wenn du sie kennest, Suͤria, vielleicht die Landzunge, worauf Suͤrakus steht, die damals eine Insel oder Halbinsel war, oder von Homer, der diese Gegend nur dunkel kannte, dafuͤr gehalten ward. Die Insel Ortuͤgia war durch Artemis Geburt unter den Griechen beruͤhmt. Hier hatten die Foͤniker vielleicht einen Sonnenweiser, der durch den Schatten einer Seule die Sonnenwenden und Tagegleichen bemerkte. Ueber Ortuͤgia hin, wo die Sonnenwende zu sehn ist. Groß ist diese nicht sehr von Umfang, aber doch fruchtbar, Reich an Schafen und Rindern, an Wein und schoͤnem Getreide. 405 Nimmer besucht der Hunger, und nimmer eine der andern Schrecklichen Seuchen das Volk, die die armen Sterblichen hinrafft. Sondern wann in der Stadt die Menschen das Alter erreichen, Koͤmmt die Freundin der Pfeil' und der Gott des silbernen Bogens, Welche sie unversehens mit sanften Geschoßen erlegen. 410 Alda sind zwo Staͤdte, die zwiefach alles getheilet; Und von diesen beiden war einst mein Vater Beherscher, Ktaͤsios, Ormenos Sohn, ein Bild der unsterblichen Goͤtter. Einst besuchten uns dort Foͤniker, beruͤhmt in der Seefahrt Und Erzschinder, und fuͤhrten im Schiff' unzaͤhliges Spielzeug. 415 Aber im Hause des Vaters war eine foͤnikische Sklavin, Schoͤngebildet und groß und klug in kuͤnstlicher Arbeit. Diese verfuͤhrten mit List die raͤnkegeuͤbten Foͤniker. Einer von ihnen pflog, da sie wusch, beim schwaͤrzlichen Schiffe, Heimlicher Liebe mit ihr; die das Herz der biegsamen Weiber 420 Ganz in die Irre fuͤhrt, wenn eine die Tugend auch ehret. Dieser fragte darauf, wer sie waͤr', und von wannen sie kaͤme; Funfzehnter Gesang. Und sie zeigte sogleich zu des Vaters hohem Palaste: Meine Geburtstadt ist die erzdurchschimmerte Sidon. Und ich ruͤhme mich dort des reichen Aruͤbas Tochter. 425 Aber mich raubeten einst, da ich vom Felde zuruͤckkam, Tasische Raͤuber, und brachten mich hier, und boten im Hause Dieses Mannes mich feil, der mich nach Wuͤrden bezahlte. Ihr antwortete drauf der Mann, der sie heimlich beschlafen: Moͤchtest du jezo denn nicht mit uns nach Hause zuruͤckgehn, 430 Deiner Eltern hohen Palast, und Vater und Mutter Wiederzusehn? Denn sie leben noch beid', und man nennt sie beguͤtert. Und das foͤnikische Weib antwortete jenem, und sagte: Ja auch dieses geschehe, wofern ihr Schiffer mir eidlich Angelobt, mich sicher und wohl nach Hause zu bringen. 435 Also sprach sie; und alle beschwuren, was sie verlangte. Als sie es jezo gelobt, und vollendet den heiligen Eidschwur, Hub die Foͤnikerin an, und sprach zu der Maͤnner Versammlung: Seid nun still, und keiner von eures Schiffes Genoßen Rede mit Worten mich an, er begegne mir auf der Straße, 440 Oder beim Waßerschoͤpfen: daß niemand zu unserem Hause Gehend dem Alten es sag', und dieser vielleicht mir aus Argwohn Schwere Band' anlege, und euch das Verderben bereite! Sondern haltet die Sache geheim, und beschleunigt den Einkauf. Aber sobald ihr das Schiff mit Lebensguͤtern beladen; 445 Dann geh' einer geschwind' in die Burg, und bringe mir Botschaft, Nehmen will ich, was mir an goldnem Geschirr' in die Hand faͤllt; Und ich moͤcht' euch gerne die Fahrt noch hoͤher bezahlen. Denn ich erziehe den Sohn des alten Herrn im Palaste, Welcher schon wizig ist, und aus dem Hause so mitlaͤuft. 450 Oduͤßee. Diesen braͤcht' ich gerne zum Schiff'; ihr wuͤrdet nicht wenig Fuͤr ihn loͤsen, wohin ihr ihn auch in die Fremde verkauftet. Also sprach das Weib, und kehrte zum schoͤnen Palaste. Und die Foͤniker weilten ein ganzes Jahr auf der Insel, Kauften und schleppten ins Schiff unzaͤhlige Guͤter zusammen. 455 Als sie das hohle Schiff zur Heimfahrt hatten befrachtet, Sandten sie einen Genoßen, dem Weibe die Botschaft zu bringen. Dieser listige Mann, der in des Vaters Palast kam, Bracht' ein goldnes Geschmeide, besezt mit koͤstlichem Bernstein, Welches die Maͤgde des Hauses und meine trefliche Mutter 460 Mit den Haͤnden befuͤhlten und sehr aufmerksam besahen. Als sie uͤber den Preis nun handelten, winkt' er der Sklavin Heimlich, und eilte zuruͤck zu dem hohlen Schiffe. Die Sklavin Nahm mich drauf bei der Hand, und fuͤhrte mich aus dem Palaste. Und sie fand in dem vorderen Saal Weinbecher und Tische 465 Fuͤr die Gaͤste gestellt, die meinen Vater besuchten; Diese waren anizt auf dem Markt' in des Volkes Versammlung. Hurtig raubte sie drei der Gefaͤße, verbarg sie im Busen, Eilte dann weg, von mir einfaͤltigen Kinde begleitet. Und die Sonne sank, und Dunkel umhuͤllte die Pfade. 470 Jezo hatten wir schnell den beruͤhmten Hafen erreichet, Wo der Foͤniker Schiff das Meer zu durcheilen bereit lag. Diese bestiegen mit uns das Verdeck des Schiffes, und steurten Ueber die Woge des Meers, von Gottes Winde getrieben. Also durchsegelten wir sechs Tag' und Naͤchte die Waßer. 475 Als der siebente Tag von Zeus Kronion gesandt ward, Toͤdtete Artemis ploͤzlich das Weib mit ihrem Geschoße. Rauschend fiel sie hinab in das Waßer des Raums, wie ein Seehuhn. Funfzehnter Gesang. Und man warf sie, den Fischen und Ungeheuern zur Beute, Ueber den Bord; allein ich blieb mit traurigem Herzen. 480 Wind und Woge trieben sie jezt an Ithaka's Ufer, Wo Laertaͤs mich mit seinem Vermoͤgen erkaufte. Also hab' ich dies Land zuerst mit Augen gesehen. Und der goͤttliche Held Oduͤßeus gab ihm zur Antwort: Wahrlich, Eumaios, ich fuͤhl' es im Innersten meines Herzens, 485 Alles, was du mir jezo von deinen Leiden erzaͤhlt hast! Aber dir hat doch Zeus bei dem Boͤsen auch Gutes verliehen, Da du, nach großen Leiden, in dieses guͤtigen Mannes Wohnung kamst, der dir sorgfaͤltig zu eßen und trinken Reicht; denn du lebst hier ganz gemaͤchlich. Aber ich Armer 490 Irre, von Stadt zu Stadt vertrieben, Huͤlfe zu suchen! Also besprachen diese sich jezo unter einander, Legten sich dann zur Ruh, nicht lange, sondern ein wenig; Denn bald roͤthete sich der Morgen. Aber am Ufer Loͤsten Taͤlemachos Freunde die Segel, senkten den Mastbaum 495 Eilend herab, vollendeten dann mit Rudern die Landung, Warfen die Anker aus, und banden mit Seilen das Schiff an. Und nun stiegen sie selbst ans krumme Gestade des Meeres, Eilten das Mahl zu bereiten, und mischten des funkelnden Weines. Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, 500 Sprach der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos zu der Versammlung: Rudert, ihr andern, jezt nach der Stadt mit dem schwaͤrzlichem Schiffe; Ich will erst ein wenig zu meinen Hirten aufs Land gehn. Abends komm' ich zur Stadt, sobald ich das Meine besehen. Morgen daͤcht' ich euch wohl ein gutes Mahl nach der Reise 505 Vorzusezen, von Fleisch und herzerfreuendem Weine. Oduͤßee. Und der goͤttliche Mann Theokluͤmenos gab ihm zur Antwort: Aber wohin geh ich denn, mein Sohn? Zu weßen Palaste Unter den Maͤnnern, die hier in der felsichten Ithaka herschen? Geh ich gerade zu deinem und deiner Mutter Palaste? 510 Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Sonst geboͤt' ich dir wohl, gerade zu unserem Hause Hinzugehn; auch sollt' es an nichts gebrechen: doch jezo Wuͤrd' es dich selbst beschweren. Denn ich bin fern, und die Mutter Siehet dich nicht; sie erscheint nicht oft vor den Freiern im Saale; 515 Abgesondert wirkt sie im oberen Stock' ihr Gewebe. Aber ich will indeß dir einen anderen nennen: Geh zu Euruͤmachos hin, des Poluͤbos treflichem Sohne, Welcher jezt, wie ein Gott, in der Ithaker Volke geehrt wird. Und er ist auch bei weitem der edelste, wuͤnscht auch am meisten 520 Meine Mutter zum Weib', und Oduͤßeus Wuͤrde zu erben. Aber das weiß Kronion, der Gott des hohen Oluͤmpos, Ob vor der Hochzeit noch der boͤse Tag sie ereile! Sprachs; und rechtsher flog ein heilweißagender Vogel, Foͤbos schneller Gesandte, der Habicht: zwischen den Klauen 525 Hielt' er und rupfte die Taub', und goß die Federn zur Erde Zwischen Taͤlemachos nieder und seinem schwaͤrzlichen Schiffe. Eilend rief Theokluͤmenos ihn von den Freunden besonders, Faßte des Juͤnglings Hand, und erhub die Stimme der Weisheit: Juͤngling, nicht ohne Gott flog dir zur Rechten der Vogel; 530 Denn ich erkenn' an ihm die heilweißagenden Zeichen! Außer eurem Geschlecht' erhebt sich nimmer ein Koͤnig In der Ithaker Volk; auf euch ruht ewig die Herschaft! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Funfzehnter Gesang. Fremdling, erfuͤlleten doch die Goͤtter, was du geweißagt! 535 Dann erkenntest du bald an vielen und großen Geschenken Deinen Freund, und jeder Begegnende priese dich selig! Also sprach er, und rief dem treuen Gefaͤhrten Peiraios: Klaͤtios Sohn, Peiraios, du bist von allen Gefaͤhrten, Die mich nach Puͤlos gebracht, mir immer am meisten gewillfahrt. 540 Fuͤhre mir denn auch nun zu deinem Hause den Fremdling; Ehr' und bewirt' ihn dort, bis ich heimkehre, mit Sorgfalt! Und der lanzenberuͤhmte Peiraios sagte dagegen; Wenn du auch noch so lange, Taͤlemachos, draußen verweilest, Gerne bewirt' ich den Gast; auch soll es an nichts ihm gebrechen! 545 Also sprach er, und trat in das Schiff, und befahl den Gefaͤhrten, Einzusteigen, und schnell die Seile vom Ufer zu loͤsen. Und sie traten ins Schiff, und sezten sich hin auf die Baͤnke. Aber Taͤlemachos band um die Fuͤße die praͤchtigen Solen, Nahm dann die maͤchtige Lanze, mit scharfer eherner Spize, 550 Von des Schiffes Verdeck. Die andern loͤsten die Seile, Stießen ab, und fuhren zur Stadt mit dem schwaͤrzlichen Schiffe, Wie es Taͤlemachos hieß, der geliebte Sohn von Oduͤßeus. Dieser eilte von dannen mit hurtigen Fuͤßen zum Hofe, Wo die Heerden der Schwein' izt ruheten, welche der Sauhirt 555 Schuͤzte, der gute Mann, der seinen Herren so treu war. Oduͤßee. Sechzehnter Gesang . F ruͤhe bereitete schon mit Oduͤßeus trefliche Sauhirt In der Huͤtte das Mahl bei angezuͤndetem Feuer, Sandte darauf die Hirten mit ihren Schweinen zu Felde. Und Taͤlemachos kam; ihn umhuͤpften die wachsamen Hunde Schmeichelnd, und bellten nicht. Der goͤttergleiche Oduͤßeus 5 Sah die schmeichelnden Hund', und hoͤrte des Kommenden Fußtritt; Wandte sich schnell zu Eumaios, und sprach die gefluͤgelten Worte: Sicher, Eumaios, besucht dich einer von deinen Gesellen, Oder auch sonst ein Bekannter; denn ihn umhuͤpfen die Hunde Schmeichelnd, und bellen nicht; auch hoͤr' ich des Kommenden Fußtritt. 10 Als er noch redete, siehe da stand an der Schwelle des Hauses Sein geliebtester Sohn. Voll Schrecken erhub sich der Sauhirt; Seinen Haͤnden entsank das Geschirr, das er eben gebrauchte, Funkelnden Wein zu mischen; er eilte dem Fuͤrsten entgegen, Kuͤßte sein Angesicht, und beide glaͤnzenden Augen, 15 Beide Haͤnde dazu; und Thraͤnen umfloßen sein Antliz. Wie den geliebten Sohn ein guͤtiger Vater bewillkommt, Ihn, der im zehnten Jahr' aus fernen Landen zuruͤckkehrt, Ach! den einzigen, spaͤtgebornen, mit Kummer erzognen: Also umarmte den schoͤnen Taͤlemachos jezo der Sauhirt, 20 Oduͤßee. Sechzehnter Gesang. Und bedeckt' ihn mit Kuͤßen, als waͤr' er vom Tod' erstanden. Und lautweinend begann er, und sprach die gefluͤgelten Worte: Kommst du, Taͤlemachos, kommst du, mein suͤßes Leben? Ich hoffte Nimmer dich wiederzusehn, da du nach Puͤlos geschifft warst! Komm doch herein, du trautes Kind; daß mein Herz sich erfreue 25 Deines Anblicks, du! der erst aus der Fremde zuruͤckkommt! Oft besuchst du ja nicht uns Hirtenleut' auf dem Felde, Sondern bleibst in der Stadt; denn du findest ein eignes Vergnuͤgen, Stets den verwuͤstenden Schwarm der boͤsen Freier zu sehen! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: 30 Vaͤterchen, dieses geschehe; denn deinethalben nur komm' ich, Um dich wieder mit Augen zu sehn, und von dir zu erfahren: Ob die Mutter daheim noch weile; oder der andern Einen zum Manne gewaͤhlt, und nun das Lager Oduͤßeus, Aller Betten beraubt, von Spinneweben entstellt sei? 35 Ihm antwortete drauf der maͤnnerbeherschende Sauhirt: Allerdings weilt jene mit treuer duldender Seele Noch in deinem Palast; und immer schwinden in Jammer Ihre Tage dahin, und unter Thraͤnen die Naͤchte! Also sprach er, und nahm ihm die eherne Lanze, da jener 40 Ueber die steinerne Schwell' in seine Kammer hineintrat. Vor dem Kommenden wich sein Vater Oduͤßeus vom Size; Aber Taͤlemachos hielt ihn, und sprach mit freundlicher Stimme: Fremder Mann, bleib sizen; wir finden in unserer Wohnung Wohl noch anderswo Plaz; der Mann hier wird mich schon sezen! 45 Sprachs; und Oduͤßeus kam und sezte sich. Aber der Sauhirt Breitete gruͤne Zweige fuͤr jenen, und druͤber ein Geisfell; U Oduͤßee. Hierauf sezte sich dann der geliebte Sohn von Oduͤßeus. Und nun tischte vor ihnen der Sauhirt Schuͤßeln gebratnes Fleisches auf, die sie lezt von der Mahlzeit uͤbrig gelaßen; 50 Eilte hinweg, und brachte gehaͤufte Koͤrbe mit Kuchen, Mischte dann suͤßen Wein im großen hoͤlzernen Becher; Hierauf sezt' er sich gegen den goͤttergleichen Oduͤßeus. Und sie erhoben die Haͤnde zum leckerbereiteten Mahle. Jezo war die Begierde des Tranks und der Speise gestillet; 55 Und Taͤlemachos sprach zu dem edlen Huͤter der Schweine: Vater, woher kam dieser Gast? Wie brachten die Schiffer Ihn nach Ithaka her? Was ruͤhmen sich jene vor Leute? Denn unmoͤglich ist er doch hier zu Fuße gekommen! Ihm antwortetest du, Eumaios, Huͤter der Schweine: 60 Dieses will ich dir, Sohn, und nach der Wahrheit erzaͤhlen. Aus dem weiten Gefilde von Kraͤta stammet der Fremdling; Viele Staͤdte, sagt er, der Sterblichen sei er durchwandert, Seit ihn der Himmlischen einer, die Welt zu durchfluͤchten, verurtheilt. Jezo entrann er vom Schiffe thesprotischer Maͤnner, und eilte 65 Her in mein Hirtengeheg'. Ich geb' ihn dir in die Haͤnde: Thue mit ihm, wie du willst; denn deiner Gnade vertraut er. Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Was du mir jezo gesagt, Eumaios, kuͤmmert mich herzlich! Denn wie kann ich den Fremdling in meinem Hause bewirten 70 Sieh, ich selber bin jung, und Staͤrke fehlet den Haͤnden, Abzuwehren den Mann, der ihn zu beleidigen wagte. Aber der Mutter Herz wankt zwischen beiden Entschluͤßen: Ob sie noch weile bei mir, und meine Guͤter bewahre, Scheuend das Lager des Ehegemahls, und die Stimme des Volkes; 75 Sechzehnter Gesang. Oder jezt von den Freiern im Hause den tapfersten Juͤngling, Welcher das meiste geschenkt, zu ihrem Braͤutigam waͤhle. Aber da dieser Fremdling zu deiner Huͤtte geflohn ist, Will ich mit schoͤnen Gewanden, mit Rock und Mantel, ihn kleiden, Ein zweischneidiges Schwert und tuͤchtige Solen ihm schenken, 80 Und ihn senden, wohin es seinem Herzen geluͤstet. Wenn du willst, so behalt' du und pfleg' ihn hier in der Huͤtte. Ich will Kleider hieher und allerlei Speise zum Eßen Senden, daß er nicht dich und deine Freunde beschwere. Aber dort gestat' ich ihm nicht in der Freier Gesellschaft 85 Hinzugehn; sie schalten mit zu unbaͤndiger Frechheit: Daß sie ihn nicht verhoͤhnen! Es wuͤrde mich aͤußerst betruͤben! Und ein einzelner Mann kann gegen mehrere wenig, Sei er auch noch so stark; sie behalten immer den Vorrang! Ihm antwortete drauf der herliche Dulder Oduͤßeus: 90 Lieber, erlaubst du mir, auch meine Gedanken zu sagen? Wahrlich mir blutet das Herz vor Mitleid, wenn ich es hoͤre, Wie unbaͤndig und frech in deinem Hause die Freier Unfug treiben, und dein, solch eines Juͤnglings! nicht achten. Sprich: ertraͤgst du das Joch freiwillig; oder verabscheun 95 Dich die Voͤlker des Landes, gewarnt durch goͤttlichen Ausspruch; Oder liegt die Schuld an den Bruͤdern, welchen ein Streiter Sonst in der Schlacht vertraut, auch wann sie am hizigsten wuͤtet? Wollten die Goͤtter, ich waͤre so jung mit dieser Gesinnung, Oder ein Sohn von Oduͤßeus, dem Herlichen! oder er selber ... In der Leidenschaft, womit Oduͤßeus redet, vergißt er, daß die Worte: oder er selber: Verdacht erregen koͤnnen. Aber er besinnt sich gleich, und sezt den folgenden Vers hinzu. Hieraus entsteht natuͤrlich etwas Verwirrung in der Rede. 100 Oduͤßee. Kehrete heim der Verirrte; denn noch ist Hoffnung zur Heimkehr: Siehe so sollte mein Feind das Haupt von der Schulter mir abhaun, Wenn ich nicht zum Verderben der ganzen Raͤubergesellschaft Eilt' in den hohen Palast des Laertiaden Oduͤßeus! Und wenn ich einzelner auch von der Menge wuͤrde besieget; 105 O so wollt' ich doch lieber in meinem Hause des Todes Sterben, als immerfort den Graͤul der Verwuͤstungen ansehn: Wie sie die Fremdlinge dort mishandeln, die Maͤgde des Hauses Zur abscheulichen Lust in den praͤchtigen Kammern umherziehn, Allen Wein ausleeren, und alle Speise verpraßen, 110 Frech, ohne Maaß, ohne Ziel, mit unersaͤttlicher Raubgier! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Dieses will ich dir, Fremdling, und nach der Wahrheit erzaͤhlen. Weder das ganze Volk verabscheut oder verfolgt mich; Noch liegt etwa die Schuld an den Bruͤdern, welchen ein Streiter 115 Sonst in der Schlacht vertraut, auch wann sie am hizigsten wuͤtet. Denn nur einzeln pflanzte Kronion unser Geschlecht fort: Von Arkeisios war der einzige Erbe Laertaͤs; Und von Laertaͤs wars nur Oduͤßeus; aber Oduͤßeus Zeugte nur mich, den er noch ungenoßen daheim ließ! 120 Diesem erfuͤllen anizt unzaͤhlige Feinde die Wohnung. Alle Fuͤrsten, so viel in diesen Inseln gebieten, Samaͤ, Dulichion, und der waldbewachsnen Zakuͤnthos, Und so viele hier in der felsichten Ithaka herschen; Alle werben um meine Mutter, und zehren das Gut auf. 125 Aber die Mutter kann die aufgedrungne Vermaͤhlung Nicht ausschlagen, und nicht vollziehn. Nun verpraßen die Schwelger All mein Gut, und werden in kurzem mich selber zerreißen! Sechzehnter Gesang. Aber dieses ruhet im Schooße der seligen Goͤtter. Vaͤterchen, eile du schnell zu der klugen Paͤnelopeia; 130 Sag' ihr, daß ich gesund aus Puͤlos wieder zuruͤckkam. Ich will indeß hier bleiben, bis du heimkehrest. Doch bring' ihr Ja die Botschaft allein, und keiner der andern Achaier Hoͤre dich; denn es trachten mir viele das Leben zu rauben! Ihm antwortetest du, Eumaios, Huͤter der Schweine: 135 Gut, ich verstehe dich schon; das sind auch meine Gedanken. Aber verkuͤndige mir, und sage die lautere Wahrheit: Soll ich auf diesem Weg' auch dem armen Laertaͤs die Botschaft Bringen? welcher bisher, aus Gram um seinen Oduͤßeus, Selber das Land bestellte; doch stets mit den Knechten des Hauses 140 Aß und trank, so oft die Begierde des Herzens ihn antrieb. Aber seit du von hinnen zur goͤttlichen Puͤlos geschifft warst, Sagt man, hab' er nicht mehr gegeßen oder getrunken, Noch auf die Wirtschaft gesehn: in unaufhoͤrlicher Schwermut Sizt er, und haͤrmt sich ab, daß die Haut an den Knochen verdorret. 145 Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Traurig! doch muͤßen wir jezo in seinem Kummer ihn laßen. Denn wenn alles sogleich, wie es Sterbliche wuͤnschen, geschaͤhe; Wahrlich so wuͤnschten wir vor allem des Vaters Zuruͤckkunft! Aber kehre zuruͤck, sobald du's verkuͤndet, und schweife 150 Nicht auf dem Lande herum zu jenem. Doch sage der Mutter, Daß sie eilend zu ihm die treue Schafnerin heimlich Sende; sie kann es ja auch dem alten Greise verkuͤnden. Also sprach er, und trieb ihn. Der Sauhirt langte die Solen, Band sie unter die Fuͤß', und eilete. Aber Athaͤnaͤ 155 Word des Hirten gewahr, der aus dem Gehege zur Stadt ging, Oduͤßee. Und sie nahete sich, und schien nun ploͤzlich ein Maͤdchen, Schoͤngebildet und groß und klug in kuͤnstlicher Arbeit, Stand an der Thuͤre des Hofs, und erschien dem edlen Oduͤßeus. Aber Taͤlemachos sah und merkte nichts von der Goͤttin; 160 Denn nicht allen sichtbar erscheinen die seligen Goͤtter: Nur die Hunde sahn sie, und bellten nicht, sondern entflohen Winselnd und zitternd vor ihr nach der andern Seite des Hofes. Und sie winkte; den Wink verstand der edle Oduͤßeus, Ging aus der Huͤtte hinaus vor die hohe Mauer des Hofes, 165 Stellete sich vor die Goͤttin; da sagte Pallas Athaͤnaͤ: Edler Laertiad', erfindungsreicher Oduͤßeus, Rede mit deinem Sohn, und gieb dich ihm zu erkennen; Daß ihr beide, den Freiern ein blutiges Ende bereitend, Zu der beruͤhmten Stadt der Ithaker wandelt. Ich selber 170 Werd' euch nicht lange verlassen; mich draͤngt die Begierde des Kampfes. Also sprach die Goͤttin, und ruͤhrt' ihn mit goldener Rute. Ploͤzlich umhuͤllte der schoͤngewaschene Mantel und Leibrock Wieder Oduͤßeus Brust, und Hoheit schmuͤckt' ihn und Jugend; Brauner ward des Helden Gestalt, und voller die Wangen; 175 Und sein silberner Bart zerfloß in finstere Locken. Hierauf eilte die Goͤttin von dannen. Aber Oduͤßeus Ging zuruͤck in die Huͤtte: mit Staunen erblickte der Sohn ihn, Wandte die Augen hinweg, und fuͤrchtete, daß er ein Gott sei; Und er redet' ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: 180 Anders erscheinst du mir jezt, o Fremdling, als vormals, auch hast du Andere Kleider an; die ganze Gestalt ist verwandelt! Wahrlich du bist ein Gott, des weiten Himmels Bewohner! Sei uns gnaͤdig! Wir wollen auch liebliche Opfer dir bringen, Sechzehnter Gesang. Und Geschenke von koͤstlichem Gold! Erbarme dich unser! 185 Ihm antwortete drauf der herliche Dulder Oduͤßeus: Wahrlich ich bin kein Gott, und keinem Unsterblichen aͤhnlich; Sondern ich bin dein Vater, um den du so herzlich dich graͤmest, Und so viele Schmach von trozigen Maͤnnern erduldest. Also sprach er, und kuͤßte den Sohn; und uͤber die Wange 190 Stuͤrzten die Thraͤnen zur Erde, die lange verhaltenen Thraͤnen. Aber Taͤlemachos stand noch staunend, und konnte nicht glauben, Daß es sein Vater sei; und nun antwortet' er also: Nein! du bist nicht mein Vater Oduͤßeus; sondern ein Daͤmon Teuscht mich, daß ich noch mehr mein großes Elend beseufze. 195 Denn kein sterblicher Mann vermoͤchte mit seinem Verstande, Solch ein Wunder zu thun; ihm huͤlfe denn einer der Goͤtter, Welcher leicht, wie er will, zu Greisen und Juͤnglingen umschafft! Siehe nur eben warst du ein Greis, und haͤßlich bekleidet; Jezo den Goͤttern gleich, die den weiten Himmel bewohnen! 200 Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus! Deinen geliebten Vater, Taͤlemachos, welcher nun heimkehrt, Mußt du nicht alzusehr anstaunen oder bewundern! Wahrlich in Ithaka kommt hinfort kein andrer Oduͤßeus, Sondern ich bin der Mann, der nach vielem Jammer und Elend 205 Endlich im zwanzigsten Jahr' in seine Heimat zuruͤckkehrt. Aber dies ist das Werk der siegenden Goͤttin Athaͤnaͤ, Welche mich, wie sie will, verwandelt; denn sie vermag es! Darum erschein' ich jezo zerlumpt wie ein Bettler, und jezo Wieder in Juͤnglingsgestalt, mit schoͤnen Gewanden bekleidet. 210 Denn leicht koͤnnen die Goͤtter, des weiten Himmels Bewohner, Jeden sterblichen Mann erniedrigen oder erhoͤhen. Oduͤßee. Also sprach er, und sezte sich hin. Da umarmte der Juͤngling Seinen herlichen Vater mit Inbrunst, bitterlich weinend. Und in beiden erhob sich ein suͤßes Verlangen zu trauren. 215 Ach! sie weineten laut, und klagender noch, als Voͤgel, Als scharfklauichte Geier und Habichte, welchen der Landmann Ihre Jungen geraubt, bevor sie fluͤgge geworden: So zum Erbarmen weinten sie beide Thraͤnen der Wehmut. Ueber der Klage waͤre die Sonne niedergesunken, 220 Haͤtte Taͤlemachos nicht zu seinem Vater geredet: Und in welcherlei Schiffe, mein Vater, brachten die Schiffer Dich nach Ithaka her? Was ruͤhmen sich jene vor Leute? Denn unmoͤglich bist du doch hier zu Fuße gekommen! Ihm antwortete drauf der herliche Dulder Oduͤßeus: 225 Dieses will ich dir, Sohn, und nach der Wahrheit erzaͤhlen. Siehe mich brachte das Schiff der segelberuͤhmten Faiaken, Welche jeden geleiten, der kommt und um Huͤlfe sie anfleht. Diese brachten im Schlafe mich uͤber die Wogen, und sezten Mich in Ithaka aus, und gaben mir theure Geschenke, 230 Erzes und Goldes die Meng', und schoͤngewebete Kleider. Dieses liegt, nach dem Willen der Goͤtter, in Hoͤhlen verborgen. Aber ich kam hieher auf Befehl der hohen Athaͤnaͤ, Daß wir uns uͤber den Tod der Feindlichgesinnten berathen. Auf denn, verkuͤndige mir die Zahl der trozigen Freier: 235 Daß ich wiße, wie viel' und was vor Leute so trozen. Denn ich muß zuvor in meiner unstraͤflichen Seele Ueberlegen: ob wir allein, ohn' andere Freunde, Streiten koͤnnen; oder obs noͤthig sei, Huͤlfe zu suchen. Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: 240 Sechzehnter Gesang. Vater, ich habe viel von dem großen Ruhme gehoͤret Deines Mutes im Kampf, und deiner Weisheit im Rathe. Aber du sprachst zu kuͤhn! Ich erstaune! Wie waͤr' es doch moͤglich, Daß zween Maͤnner allein so viele Starke bekaͤmpften? Siehe der Freier sind nicht zehn nur, oder nur zwanzig; 245 Sondern bei weitem mehr! Berechne du selber die Menge: Aus Dulichions Fluren sind zweiundfunfzig erlesne Mutige Juͤnglinge hier, von sechs Aufwaͤrtern begleitet; Aus der bergichten Samaͤ sind vierundzwanzig in allem; Aus Zakuͤnthos Gefilden sind zwanzig achaiische Fuͤrsten; 250 Und aus Ithaka selbst sind zwoͤlfe der tapfersten Maͤnner. Diesen großen Haufen begleitet Medon der Herold, Und der goͤttliche Saͤnger, und zween erfahrene Koͤche. Wollten wir diesen allen im Hause begegnen; du moͤchtest Traurig und schreckenvoll die Strafe der Trozigen enden. 255 Ueberlege vielmehr, ob du noch andere Freunde Finden kannst, die uns mit freudigem Mute beschuͤzen. Ihm antwortete drauf der herliche Dulder Oduͤßeus: Nun ich verkuͤndige dir, merk auf, und hoͤre die Worte! Denke nach: wird uns Athaͤnaͤ und Vater Kronion 260 Gnuͤgen; oder ists noͤthig, noch andere Huͤlfe zu suchen? Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Wahrlich maͤchtige Helfer sind jene, welche du nennest! Denn sie sizen hoch in den Wolken, und herschen mit Almacht Ueber die Menschen auf Erden, und alle unsterblichen Goͤtter. 265 Ihm antwortete drauf der herliche Dulder Oduͤßeus: Diese werden gewiß in der schrecklichen Stunde des Kampfes Uns nicht lange verlaßen, wann nun in meinem Palaste Oduͤßee. Zwischen den Freiern und uns die Gewalt des Krieges entscheidet. Aber gehe du jezo, sobald der Morgen sich roͤthet, 270 Heim, und bleib' in dem Schwarm der uͤbermuͤtigen Freier. Dorthin folg' ich dir bald, gefuͤhrt von dem Hirten Eumaios, Und wie ein muͤhebeladner bejahrter Bettler gestaltet. Werden mich dann im Hause die Freier beschimpfen, so dulde Standhaft dein Herz im Busen, wie sehr ich beleidiget werde! 275 Schleppten sie auch bei den Fuͤßen mich durch den Saal vor die Hausthuͤr, Oder wuͤrfen nach mir; du mußt geduldig es ansehn! Freilich kannst du sie wohl mit freundlichen Worten ermahnen, Ihr ruchloses Verfahren zu maͤßigen; aber sie werden Dich nicht hoͤren: denn schon naht ihnen der Tag des Verderbens! 280 Noch verkuͤud' ich dir dieses, bewahr' es im innersten Herzen! Wann die Goͤttin des Raths Athaͤnaͤ mir es gebietet; Siehe dann werd' ich dir mit dem Haupte winken. So bald du Dieses siehst, dann nim aus dem Saale die Waffen des Krieges, Die Waffen hingen an den Waͤnden des Maͤnnersaals, und fuͤr die Spieße war ein Behaͤltniß an einer Seule. Außer dem gemauerten Heerde hatte man noch tragbare Feuerfaͤßer, auf welchen man zum Leuchten Kienhoͤlzer brannte. Und verwahre sie alle im Winkel des oberen Soͤllers. 285 Aber erkundigen sich die Freier, wo sie geblieben; Dann besaͤnftige sie mit guten Worten: Ich trug sie Aus dem Rauche hinweg; denn sie sehn den alten nicht aͤhnlich, Wie sie Oduͤßeus einst, gen Troja schiffend, zuruͤckließ! Sondern sind ganz entstellt von dem rußichten Dampfe des Feuers. 290 Und noch ein Groͤßeres gab Kronion mir zu bedenken: Daß ihr nicht etwa im Rausch euch zankt, und einander verwundet, Und die Freuden des Mahls und die Liebe zu Penelopeia Sechzehnter Gesang. Blutig entweiht; denn selbst das Eisen ziehet den Mann an! — Aber uns beiden laß zwei Schwerter unten im Saale 295 Und zween Speere zuruͤck, und zween stierlederne Schilde; Daß wir beim Ueberfall sie ergreifen. Jene wird sicher Pallas Athaͤnaͤ verblenden, und Zeus allwaltende Vorsicht! Noch verkuͤnd' ich dir dieses, bewahr es im innersten Herzen! Bist du wirklich mein Sohn, und unsers edlen Gebluͤtes; 300 So erfahre von dir kein Mensch, daß Oduͤßeus daheim sei: Nicht Laertaͤs einmal darfs wißen, oder der Sauhirt, Keiner auch von dem Gesinde, ja selbst nicht Paͤnelopeia; Sondern nur ich und du: damit wir der Weiber Gesinnung Pruͤfen, auch unsere Knechte zugleich ein wenig erforschen, 305 Wo man uns beide noch mit treuem Herzen verehret, Oder wer untreu ward, und deine Ehre dir weigert. Und sein treflicher Sohn Taͤlemachos sagte dagegen: Vater, ich hoffe, du sollst mein Herz hinfuͤhro noch naͤher Kennen lernen; ich bin nicht unvorsichtig und sorglos! 310 Aber ich glaube doch nicht, daß diese Pruͤfung uns beiden Auch im mindesten nuͤze. Denn uͤberlege nur selber: Lange gingst du umher, wenn du die Werke der Maͤnner Nahe belauschen wolltest; indeß verschwelgen die andern Ruhig in deinem Palast und ohne Scheu dein Vermoͤgen. 315 Zwar der Weiber Gesinnung zu pruͤfen, rath' ich dir selber: Wer dich im Hause verachtet, und wer unstraͤflich geblieben. Aber daß wir die Maͤnner auf allen Hoͤfen erforschen, Dieses wuͤnscht' ich nicht; verspar' es lieber auf kuͤnftig, Wenn du wirklich ein Zeichen vom großen Kronion gesehn hast. 320 Also besprachen diese sich jezo unter einander. Oduͤßee. Aber Taͤlemachos Freunde, die ihn von Puͤlos geleitet, Steurten nach Ithaka's Stadt mit dem schoͤngezimmerten Schiffe. Als sie jezo die Bucht des tiefen Hafens erreichten, Zogen sie eilend das schwaͤrzliche Schiff ans hohe Gestade; 325 Ihre Geraͤthe trugen die stolzen Diener von dannen. Und sie brachten in Kluͤtios Haus die schoͤnen Geschenke, Sandten dann einen Herold voran zu des edlen Oduͤßeus Hause, um Botschaft zu bringen der klugen Paͤnelopeia, Daß ihr Sohn auf dem Lande sei, und dem Schiffe befohlen, 330 Nach der Stadt zu fahren: damit vor Kummer des Herzens Nicht die hohe Fuͤrstin ihr Antliz mit Thraͤnen benezte. Diesem begegnete jezo der edle Huͤter der Schweine; Beide gingen, der Mutter die selbige Botschaft zu bringen. Als sie jezo ins Haus des goͤttlichen Koͤniges kamen, 335 Hub der Herold an vor allen Maͤgden, und sagte: Fuͤrstin, dein lieber Sohn ist jezo wieder gekommen! Aber der Sauhirt trat zu Paͤnelopeia, und sagte Alles, was ihm ihr Sohn befohlen hatte zu sagen. Und nachdem er der Fuͤrstin Taͤlemachos Worte verkuͤndigt, 340 Eilt' er zuruͤck zu den Schweinen, den Hof des Hauses verlaßend. Aber die Freier wurden bestuͤrzt und niedergeschlagen; Und sie gingen hinaus vor die hohe Mauer des Hofes, Alda sezten sie sich rathschlagend nieder am Thore. Und des Poluͤbos Sohn Euruͤmachos sprach zur Versammlung: 345 Lieben, ein großes Werk hat Taͤlemachos kuͤhnlich vollendet, Diese Reise! Wir dachten, er wuͤrde sie nimmer vollenden! Aber wohlan, man ziehe das beßte der schwaͤrzlichen Schiffe In das Meer, und ruͤst' es mit Ruderern, daß sie den andern Sechzehnter Gesang. Schnell die Botschaft verkuͤnden, um eilig wiederzukehren. 350 Also sprach er; und siehe Amfinomes wandte sein Antliz Gegen den tiefen Hafen, und sahe das Schiff in der Muͤndung, Sahe die Segel gesenkt, und die Ruder in eilenden Haͤnden; Und mit herzlicher Lache begann er zu seinen Gesellen: Keiner ferneren Botschaft bedarf es; sie sind schon zu Hause! 355 Ihnen verkuͤndete dieses ein Himmlischer; oder sie selber Sahn das segelnde Schiff, und vermochten es nicht zu erreichen! Sprachs; da erhuben sie sich, und gingen zum Ufer des Meeres, Zogen dann eilend das schwaͤrzliche Schiff ans hohe Gestade; Ihre Geraͤthe trugen die stolzen Diener zu Hause. 360 Aber sie selber eilten zum Markt; und keinen der andern Ließen sie unter sich sizen, der Juͤnglinge oder der Greise. Und Eupeithaͤs Sohn Antinoos sprach zur Versammlung: Wunder! wie haben die Goͤtter doch den vom Verderben errettet! Tages stellten wir Spaͤher umher auf die luftigen Hoͤhen, 365 Immer andre nach andern; und wann die Sonne sich senkte, Ruhten wir nimmer die Nacht auf dem Lande, sondern im Meere Kreuzten wir mit dem Schiff, und harrten der heiligen Fruͤhe, Auf Taͤlemachos laurend, damit wir ihn fingen und heimlich Toͤdteten. Aber ihn fuͤhrte der Himmlischen einer zu Hause! 370 Nun so wollen wir hier auf den Tod des Taͤlemachos sinnen! Laßt ihn ja nicht entfliehn! Denn ich fuͤrchte, so lange der Juͤngling Lebt, wir werden nimmer zu unserem Zwecke gelangen. Denn er selber kennt schon alle Kuͤnste der Klugheit, Und die Voͤlker sind uns nicht mehr so gaͤnzlich gewogen. 375 Aber wohlan, bevor er zur allgemeinen Versammlung Rufe das Volk der Achaier; denn saͤumen wird er gewiß nicht, Oduͤßee. Sondern im heftigen Zorn aufstehen, und allen verkuͤnden, Wie wir ihn zu ermorden gesucht, und wie er entflohn sei. Diese werden die That nicht loben, wann sie ihn hoͤren; 380 Ja sie koͤnnten uns gar mishandeln, und aus dem Lande Unserer Vaͤter uns alle zu fremden Voͤlkern verjagen. Darum laßt uns zuvor ihn toͤdten, fern auf dem Lande, Oder auch auf dem Wege! Die Guͤter behalten wir selber, Alles unter uns theilend nach Billigkeit; aber die Haͤuser 385 Geben wir seiner Mutter, und wen sie zum Braͤutigam waͤhlet. Misfaͤllt aber mein Rath der Versammlung, und wuͤnschet ihr lieber, Daß Taͤlemachos leb', und des Vaters Erbe behalte; Nun so laßt uns nicht laͤnger in solcher großen Versammlung Seine koͤstlichen Schaͤze verpraßen; sondern es werbe 390 Jeder außer dem Hause mit Brautgeschenken; sie aber Waͤhle den Mann, der am meisten ihr schenkt, und dem sie beschert ist. Also sprach er; und alle verstummten umher, und schwiegen. Endlich erhub sich und sprach Amfinomos vor der Versammlung, Nisos ruͤhmlicher Sohn, des araͤtiadischen Koͤnigs; 395 Der aus des weizenreichen Dulichions gruͤnen Gefilden War der erste der Freier, und deßen Rede der Fuͤrstin Noch am meisten gefiel; denn edel war seine Gesinnung: Dieser erhub sich, und sprach wohlmeinend zu der Versammlung: Lieben, ich wuͤnschte nicht, daß wir Taͤlemachos heimlich 400 Toͤdteten; fuͤrchterlich ist es, ein Koͤnigsgeschlecht zu ermorden! Aber laßt uns zuvor der Goͤtter Willen erforschen. Wann der ewige Rath des großen Kronions es billigt, Dann ermord' ich ihn selber, und rath' es jedem der andern: Aber verbieten es uns die Goͤtter, dann rath' ich zu ruhen. 405 Sechzehnter Gesang. Also sprach er, und allen gefiel Amfinomos Rede. Schnell erhuben sie sich, und gingen zur Wohnung Oduͤßeus, Kamen, und sezten sich nieder auf schoͤngebildete Throne. Aber jezo beschloß die kluge Paͤnelopeia, Sich zu zeigen den Freiern voll uͤbermuͤtiger Bosheit. 410 Denn sie vernahm des Sohnes Gefahr in ihren Gemaͤchern; Medon der Herold entdeckte sie ihr, der die Freier belauschet. Und sie ging zu dem Saale, von ihren Maͤgden begleitet. Als das goͤttliche Weib die Freier jezo erreichte, Stand sie still an der Schwelle des schoͤnen gewoͤlbeten Saales; 415 Ihre Wangen umwallte der feine Schleier des Hauptes. Und sie redet' Antinoos an mit scheltenden Worten: Tuͤckischer frecher Empoͤrer Antinoos, nennen doch alle Dich in Ithaka's Volke den beßten deiner Gespielen An Verstand und Reden; allein du warest es nimmer! 420 Rasender, sprich, was suchst du Taͤlemachos Tod und Verderben; Und verachtest die Stimme der Leidenden, deren Kronion Waltet? Es ist ja Suͤnde, das Ungluͤck andrer zu suchen! Weißt du nicht mehr, wie einst dein Vater flehend zu uns kam, Von dem Volke geschreckt? Denn sie waren heftig erbittert, 425 Weil er die Raͤuberschiffe der Tafier hatte begleitet, Und die Thesproten beraubt, die Genoßen unseres Bundes. Toͤdten wollten sie ihn, und sein Herz dem Busen entreißen, Und auspluͤndern den reichen Palast voll koͤstlicher Guͤter; Aber Oduͤßeus hielt sie zuruͤck, und stillte den Aufruhr. 430 Und nun entehrst du sein Haus durch Schwelgen, wirbst um die Gattin, Toͤdtest sein einziges Kind, und meine Seele betruͤbst du. Aber ich rathe dir jezt, halt ein, und zaͤhme die andern! Oduͤßee. Aber Poluͤbos Sohn Earuͤmachos sagte dagegen: O Ikarios Tochter, du kluge Paͤnelopeia, 435 Sei getrost, und laß dich diese Gedanken nicht kuͤmmern! Wahrlich er lebt nicht der Mann, und wird nicht leben noch aufstehn, Welcher an deinen Sohn Taͤlemachos Hand anlege, Nimmer, so lang' ich leb', und mein Auge die Erde noch schauet! Denn ich sage hier frei, und werd' es wahrlich erfuͤllen: 440 Schnell wird sein schwarzes Blut an meiner Lanze herunter Triefen! Auch mir hat oft der Staͤdteverwuͤster Oduͤßeus, Sizend anf seinem Schooß, ein Stuͤck gebratenes Fleisches In die Haͤnde gegeben, und rothen Wein mir gereichet. Drum ist Taͤlemachos mir von allen Menschen der liebste; 445 Und ich sag' es, er soll sich durchaus vor dem Tode nicht fuͤrchten, Von den Freiern: allein von Gott ist er unvermeidlich! Also sprach er ihr zu, und dacht' ihn selbst zu ermorden. Jene stieg hinauf in den praͤchtigen Soͤller, und weinte Ihren trauten Gemahl Oduͤßeus, bis ihr Athaͤnaͤ 450 Sanft mit suͤßem Schlummer die Augenlieder bedeckte. Abends kam zu Oduͤßeus und seinem Sohne der Sauhirt. Diese standen jezt, und bereiteten aͤmsig die Mahlzeit, Da sie ein jaͤhriges Schwein geopfert. Aber Athaͤnaͤ Hatte zuvor sich genaht dem Laertiaden Oduͤßeus, 455 Ihn mit der Rute geruͤhrt, und wieder zum Greise verwandelt, Und mit schmuzigen Lumpen bekleidet: daß ihn der Sauhirt Nicht erkennte, und dann mit uͤberwallendem Herzen Liefe, die Botschaft zu bringen der keuschen Paͤnelopeia. Und Taͤlemachos rief dem kommenden Hirten entgegen: 460 Kommst du, edler Eumaios? Was hoͤrt man in Ithaka Neues? Sechzehnter Gesang. Ob wohl die mutigen Freier vom Hinterhalte zuruͤck sind, Oder ob sie noch immer auf mich heimkehrenden lauren? Ihm antwortetest du, Eumaios, Huͤter der Schweine: Hierum hab' ich mich nicht bekuͤmmert, die Stadt zu durchwandern, 465 Und die Leute zu fragen; es lag mir naͤher am Herzen, Da ich die Botschaft gebracht, aufs eiligste wiederzukehren. Doch begegnete mir von deinen Gefaͤhrten ein Herold, Der auch deiner Mutter zuerst die Botschaft verkuͤndet. Noch ein anderes weiß ich, das sah ich selber mit Augen. 470 Dießeits uͤber der Stadt, dicht an dem hermeiischen Huͤgel, Die Stadt lag Samaͤ gegenuͤber am Fuße des Gebirgs Naͤion, wo- von ein Huͤgel, wie es scheint, Hermaͤs dem Vorsteher der Wege geweiht war. War ich bereits gekommen; da sah ich in unserem Hafen Landen ein hurtiges Schiff, mit vielen Maͤnnern geruͤstet, Und mit Schilden beschwert und langen doppelten Lanzen. Und ich meinte, sie warens; allein ich weiß es nicht sicher. 475 Also sprach er; da blickte Taͤlemachos heilige Staͤrke Laͤchelnd den Vater an, doch unbemerkt von Eumaios. Als sie die Arbeit jezo vollbracht, und die Speise bereitet, Theilten sie alles gleich, und labten ihr Herz an dem Mahle. Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, 480 Legten sie sich zur Ruh, und genoßen die Gabe des Schlafes. X Oduͤßee. Siebzehnter Gesang . A ls die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Stand Taͤlemachos auf, der Sohn des großen Oduͤßeus, Band die schoͤnen Solen sich unter die glaͤnzenden Fuͤße, Nahm dann die maͤchtige Lanze, die seinen Haͤnden gerecht war, Hinzugehn in die Stadt, und sprach zum Huͤter der Schweine: 5 Vaͤterchen, ich will jezt in die Stadt gehn, daß mich die Mutter Wiedersehe; denn eher, besorg' ich, ruhet sie schwerlich Von dem bangen Gewinsel und ihrer thraͤnenden Wehmut, Bis sie mich selber sieht. Dir aber, Eumaios, befehl' ich: Fuͤhr' ihn auch zu der Stadt, den ungluͤckseligen Fremdling, 10 Daß er sich Nahrung bettle; ihm gebe jeder nach Willkuͤhr Etwas Brosam und Wein. Ich kann unmoͤglich mir aller Menschen Last aufbuͤrden, mich druͤckt schon Kummer die Menge. Duͤnkt sich der Fremdling etwa durch diese Worte beleidigt, Desto schlimmer fuͤr ihn; ich rede gerne die Wahrheit. 15 Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Lieber, ich selbst begehre nicht laͤnger hier zu verweilen. Leichter wirds, in der Stadt, als auf dem Lande, dem Bettler, Seine Nahrung zu finden; mir gebe jeder nach Willkuͤhr. Denn mein Alter verstatet mir nicht, auf dem Lande zu bleiben, 20 Oduͤßee. Siebzehnter Gesang. Und die Dienste zu thun, die mir ein Schaffner geboͤte. Gehe denn. Dieser Mann wird mich nachfuͤhren, sobald ich Mich am Feuer gewaͤrmt, und die Sonne hoͤher gestiegen. Diese Lumpen bedecken mich nur! Die Kaͤlte des Morgens Moͤchte mir schaden; ihr sagt ja, die Stadt sei ferne von hinnen. 25 Also sprach er. Taͤlemachos ging aus der Pforte des Hofes, Eilte mit hurtigen Fuͤßen, und sann auf der Freier Verderben. Als er jezo erreichte die schoͤngebauete Wohnung, Stellt' er die Lanze hin an eine ragende Seule, Ueberschritt dann selber die steinerne Schwelle des Saales. 30 Ihn erblickte zuerst die Pflegerin Euruͤkleia, Welche mit Fellen bedeckte die kuͤnstlich gebildeten Throne. Weinend lief sie gerad' auf ihn zu; es draͤngten sich um ihn Auch die uͤbrigen Maͤgde des leidengeuͤbten Oduͤßeus, Hießen ihn froh willkommen, und kuͤßten ihm Schultern und Antliz. 35 Jezo ging aus der Kammer die kluge Paͤnelopeia, Artemis gleich an Gestalt und der goldenen Afroditaͤ; Und mit Thraͤnen schlang sie den lieben Sohn in die Arme, Kuͤßte sein Angesicht, und beide glaͤnzenden Augen, Und begann lautweinend, und sprach die gefluͤgelten Worte: 40 Kommst du, Taͤlemachos, kommst du, mein suͤßes Leben. Ich hoffte Nimmer dich wiederzusehn, da du ohne mein Wißen und Wollen Warst gen Puͤlos geschifft, den lieben Vater zu suchen! Aber verkuͤndige mir, was du auf der Reise gesehn hast! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: 45 Mutter, erinnre mich nicht an meinen Kummer, und reize Nicht zur Klage mein Herz, da ich kaum dem Verderben entflohn bin. Sondern bade dich erst, und lege reine Gewand' an. Oduͤßee. Steig' in das Obergemach, von deinen Maͤgden begleitet, Und gelobe den Goͤttern, vollkommene Hekatomben 50 Darzubringen, wenn Zeus doch endlich Rache vergoͤlte. Aber ich selber will zum Markte gehen, den Fremdling Einzuladen, der mir hieher aus der Fremde gefolgt ist. Diesen sandt' ich voran mit meinen edlen Gefaͤhrten, Und befahl Peiraios, ihn mit nach Hause zu nehmen 55 Und sorgfaͤltig zu pflegen, bis ich heimkehrte vom Lande. Also sprach er zu ihr, und redete nicht in die Winde. Jene badete sich, und legte reine Gewand' an, Und gelobte den Goͤttern, vollkommene Hekatomben Darzubringen, wenn Zeus doch endlich Rache vergoͤlte. 60 Aber Taͤlemachos ging, mit seiner Lanze geruͤstet, Aus dem Palast; es begleiteten ihn schnellfuͤßige Hunde. Siehe mit himmlischer Anmut umstralt' ihn Pallas Athaͤnaͤ, Daß die Voͤlker alle dem kommenden Juͤnglinge staunten. Um ihn versammelten sich die uͤbermuͤtigen Freier, 65 Die viel gutes ihm sagten, und boͤses im Herzen gedachten. Aber Taͤlemachos mied der Heuchler dichtes Gedraͤnge, Und ging hin zu Mentor und Antifos und Halithersaͤs, Welche von Anbeginn des Vaters Freunde gewesen, Sezte bei ihnen sich nieder; und diese fragten nach allem. 70 Ihnen nahte sich jezo der lanzenberuͤhmte Peiraios, Welcher den Gast durch die Stadt zur Versammlung fuͤhrte; und laͤnger Saͤumte Taͤlemachos nicht, er eilte dem Fremdling' entgegen. Ihn ermahnte zuerst mit diesen Worten Peiraios: Eile, Taͤlemachos, Maͤgde nach meinem Hause zu senden, 75 Um die Geschenke zu holen, die dir Menelaos geschenkt hat. Siebzehnter Gesang. Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Freund, wir wißen ja nicht, welch Ende die Sache gewinne! Wenn mich in meinem Hause die uͤbermuͤtigen Freier Heimlich ermorden, und dann mein vaͤterlich Erbe sich theilen; 80 Will ich doch lieber, daß du, als ein anderer, jenes besize. Wenn es mir aber gelingt, sie mit blutigem Tode zu strafen; Siehe dann magst du es froͤhlich zum Hause des Froͤhlichen bringen. Sprachs, und fuͤhrte zu Hause den ungluͤckseligen Fremdling. Als sie jezo erreichten die schoͤngebauete Wohnung 85 Legten sie ihre Maͤntel auf praͤchtige Seßel und Throne, Gingen und badeten sich in schoͤngeglaͤtteten Wannen. Als die Maͤgde sie jezo gebadet, mit Oele gesalbet, Und mit wollichten Mantel und Leibrock hatten bekleidet; Stiegen sie aus dem Bad', und sezten sich nieder auf Seßel. 90 Eine Dienerin trug in der schoͤnen goldenen Kanne Ueber dem silbernen Becken das Waßer, bestroͤmte zum Waschen Ihnen die Haͤnd', und stellte vor sie die geglaͤttete Tafel. Und die ehrbare Schaffnerin kam, und tischte das Brot auf, Und der Gerichte viel aus ihrem gesammelten Vorrat. 95 Gegenuͤber saß auf dem Ruheseßel die Mutter An der Schwelle des Saals, und drehte die zierliche Spindel. Und sie erhoben die Haͤnde zum leckerbereiteten Mahle. Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, Da begann das Gespraͤch die kluge Paͤnelopeia: 100 Sohn, ich muß wohl wieder in meine Kammer hinaufgehn, Auf dem Lager zu ruhn, dem jammervollen, das immer Meine Thraͤnen benezen, seitdem der edle Oduͤßeus Mit den Atreiden gen Ilion zog; denn du findest Bedenken, Oduͤßee. Ehe der Freier Schwarm zum Freudengelage zuruͤckkehrt, 105 Mir zu erzaͤhlen, was du von deinem Vater gehoͤrt hast! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Gerne will ich dir, Mutter, die lautere Wahrheit verkuͤnden. Siehe wir schifften gen Puͤlos, zu Nestor, dem Hirten der Voͤlker. Freundlich empfing mich dieser in seinem hohen Palaste, 110 Und bewirtete mich mit so geschaͤftiger Liebe, Als ein Vater den Sohn, der spaͤt aus der Fremde zuruͤckkehrt: So viel Liebe genoß ich von ihm und den treflichen Soͤhnen. Doch von dem leidengeuͤbten Oduͤßeus hatte der Koͤnig Nicht das geringste gehoͤrt; ob er todt sei, oder noch lebe. 115 Aber zu Atreus Sohn Menelaos dem lanzenberuͤhmten Sandt' er mit Roßen mich hin und einem zierlichen Wagen: Wo ich Argos Helena sah, um welche die Troer Und Argeier so viel, nach dem Rath der Goͤtter, erduldet. Und mich fragte sogleich der Rufer im Streit Menelaos, 120 Was mich zu kommen genoͤthigt zur goͤttlichen Stadt Lakedaimon. Und ich erzaͤhlte darauf umstaͤndlich die ganze Geschichte. Nun antwortete mir der Held Menelaos, und sagte: O ihr Goͤtter, ins Lager des uͤbergewaltigen Mannes Wollten jene sich legen, die feigen verworfenen Menschen! 125 Aber wie wenn in den Dickicht des starken Loͤwen die Hirschkuh Ihre saugenden Jungen, die neugeborenen, hinlegt, Dann auf den Bergen umher und kraͤuterbewachsenen Thaͤlern Weide sucht; und jener darauf in sein Lager zuruͤckkehrt, Und den Zwillingen beiden ein schreckliches Ende bereitet: 130 So wird jenen Oduͤßeus ein schreckliches Ende bereiten. Wenn er, o Vater Zeus, Athaͤnaͤ und Foͤbos Apollon! Siebzehnter Gesang. Doch in jener Gestalt, wie er einst in der fruchtbaren Lesbos Sich mit Filomaͤleidaͤs zum Wetteringen emporhub, Und auf den Boden ihn warf, daß alle Achaier sich freuten; 135 Wenn doch in jener Gestalt Oduͤßeus den Freiern erschiene! Bald waͤr' ihr Leben gekuͤrzt, und ihnen die Heirat verbittert! Aber warum du mich fragst und bittest, das will ich geradaus, Ohn' Umschweife, dir sagen, und nicht durch Luͤgen dich teuschen; Sondern was mir der wahrhafte Greis des Meeres geweißagt, 140 Davon will ich kein Wort dir bergen oder verhehlen. Jener hatt' auf der Insel den jammernden Helden gesehen, In dem Hause der Nuͤmfe Kaluͤpso, die mit Gewalt ihn Haͤlt; und er sehnt sich umsonst nach seiner heimischen Insel: Denn es gebricht ihm dort an Ruderschiffen und Maͤnnern, 145 Ueber den weiten Ruͤcken des Meeres ihn zu geleiten. Also verkuͤndigte mir Menelaos der lanzenberuͤhmte. Als ich dieses vollendet, da kehrt' ich von dannen: die Goͤtter Sandten mir guͤnstigen Wind, und fuͤhrten mich bald zu der Heimat. Also sprach er; ihn hoͤrte mit inniger Ruͤhrung die Mutter. 150 Und der goͤttliche Mann Theokluͤmenos redete jezo. Du ehrwuͤrdiges Weib des Laertiaden Oduͤßeus, Jener wußte nicht alles; vernim, was ich dir verkuͤnde: Denn ich will dir genau weißagen, und nichts dir verhehlen. Zeus von den Goͤttern bezeug' es, und diese gastliche Tafel, 155 Und Oduͤßeus heiliger Heerd, zu welchem ich fliehe: Daß Oduͤßeus schon im Vaterlande verborgen Sizet, oder geheim umherschleicht, diese Verwuͤstung Untersucht, und den Freiern ein schreckliches Ende bereitet. Dieses ersah ich, sizend im schoͤngebordeten Schiffe, 160 Oduͤßee. Aus des Vogels Fluge, und sagt' es Taͤlemachos heimlich. Ihm antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: Fremdling, erfuͤlleten doch die Goͤtter, was du geweißagt! Dann erkenntest du bald an vielen und großen Geschenken Deine Freundin, und jeder Begegnende priese dich selig! 165 Also besprachen diese sich jezo unter einander. Aber vor dem Palaste Oduͤßeus schwaͤrmten die Freier, Und belustigten sich, die Scheib' und die Lanze zu werfen, Auf dem geebneten Plaz, wo sie sonst Mutwillen veruͤbten. Jezo kam die Stunde des Mahls, und die Hirten vom Felde 170 Brachten den taͤglichen Zoll des auserlesensten Mastviehs. Da sprach Medon zu ihnen, der Herold, welcher am meisten Unter den Freiern galt, und ihrer Schmaͤuse Genoß war: Juͤnglinge, da ihr euch alle mit edlen Spielen erfreuet, Geht nun wieder ins Haus, und bereitet die koͤstliche Mahlzeit; 175 Denn es ist nicht uͤbel, zur rechten Stunde zu eßen. Also sprach er; da standen sie auf, und folgten dem Herold. Als sie jezo erreichten die schoͤngebauete Wohnung, Legten sie ihre Maͤntel auf praͤchtige Seßel und Throne, Schlachteten große Schafe zum Mahl, und gemaͤstete Ziegen, 180 Schlachteten fette Schwein' und eine Kuh von der Weide. Und bereiteten eilig die Mahlzeit. Aber vom Landhof Eilt' Oduͤßeus zur Stadt und der edle Huͤter der Schweine. Also begann das Gespraͤch der maͤnnerbeherschende Sauhirt: Fremdling, weil du denn doch in die Stadt zu gehen verlangest, 185 Heute noch, wie mein Herr es dir befohlen; (ich wuͤnschte Freilich, du waͤrest hier als Huͤter der Hofes geblieben; Aber ich scheue mich, und fuͤrchte, Taͤlemachos moͤchte Siebzehnter Gesang. Nachmals schelten; und kraͤnkend sind doch die Verweise der Herren!) Auf denn, so wollen wir gehen! Die groͤßte Haͤlfte des Tages 190 Ist dahin, und die Kaͤlte wird gegen Abend noch strenger. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Gut, ich verstehe dich schon, das sind auch meine Gedanken. Laß uns denn gehen, und du sei mein Begleiter und Fuͤhrer. Hast du auch einen Stab zurecht geschnitten, so gieb ihn 195 Mir zur Stuͤze; ihr sagt ja, der Weg sei rauh und gefaͤhrlich. Also sprach er, und haͤngt' um die Schulter den haͤßlichen Ranzen, Allenthalben geflickt, mit einem geflochtenen Tragband; Einen bequemen Stab zur Stuͤze gab ihm Eumaios; Und sie gingen. Den Hof bewachten indeßen die Hunde 200 Und die uͤbrigen Hirten; und dieser fuͤhrte den Koͤnig, Der, wie ein alter Mann und muͤhebeladener Bettler, Wankend am Stabe schlich, mit haͤßlichen Lumpen bekleidet. Als die Wandernden jezo auf ihrem hoͤckrichten Wege Der Weg ging uͤber das Gebirge Naͤriton oder Naͤion. Die Quelle, welche die Stadt mit Waßer versorgte, war von Pterelaos drei Soͤhnen, den er- sten Bevoͤlkerern der Insel, geschmuͤckt und geheiligt worden. Nahe kamen der Stadt, am schoͤngebaueten Brunnen, 205 Welchem die Buͤrger der Stadt das klare Waßer entschoͤpften; (Ithakos hatt' ihn gebaut und Naͤritos und Poluͤktor: Ringsum war ein Hain von waßerliebenden Pappeln In die Runde gepflanzt, und hoch von Felsen herunter Schaͤumte das kalte Waßer; ein Altar stand auf der Hoͤhe, 210 Wo die Wanderer alle den Nuͤmfen pflegten zu opfern:) Da erreichte sie Dolios Sohn, der Hirte Melantheus, Welcher die treflichsten Ziegen der ganzen Heerde den Freiern Oduͤßee. Brachte zum Schmaus; es begleiteten ihn zween andere Hirten. Als sie dieser erblickte, da stieß er mit schreiender Stimme 215 Freche Schmaͤhungen aus, und reizte die Seele des Koͤnigs: Wahrlich das heißt wohl recht, ein Taugenicht fuͤhret den andern! Wie gesellet doch Gott bestaͤndig Gleiche zu Gleichen! Sprich, wo fuͤhrst du den Hungrigen hin, nichtswuͤrdiger Sauhirt, Diesen beschwerlichen Bettler, der schmierigen Brocken Verschlinger, 220 Welcher von Thuͤre zu Thuͤr' an den Pfosten die Schulter sich reibet, Und sich Kruͤmchen erbettelt, nicht Schwerter noch eherne Keßel! Edle Fremdlinge wurden anstaͤndig bewirtet, und mit Schwertern und Keßeln beschenket. Gaͤbest du mir den Kerl zum Huͤter meines Geheges, Daß er die Staͤlle fegt', und Laub vortruͤge den Zicklein; Molken sollt' er mir saufen, um Fleisch auf die Lenden zu kriegen! 225 Aber da er nun nichts als Bubenstuͤke gelernt hat, Wird er nicht gern arbeiten, und lieber das Land durchstreichen, Seinen gefraͤßigen Leib mit Bettelbrote zu stopfen. Aber ich sage dir an, und das wird wahrlich erfuͤllet: Kommt er je in das Haus des goͤttergleichen Oduͤßeus, 230 Hageln werden die Schemel im Saal aus den Haͤnden der Maͤnner Rings um sein Haupt, und die Ecken an seinen Rippen zerstoßen! Also sprach er, und kam und stieß mit der Ferse vor Bosheit Ihm in die Seit'; allein er wankte nicht aus dem Wege, Sondern stand unerschuͤttert. Nun uͤberlegte Oduͤßeus: 235 Ob er auf ihn mit dem Stab' anrennt', und das Leben ihm raubte; Oder ihn hoch erhuͤb', und sein Haupt auf den Boden zerknirschte: Doch er bezwang sein Herz, und duldete. Aber der Sauhirt Siebzehnter Gesang. Schalt ihn ins Antliz, und betete laut mit erhobenen Haͤnden: Nuͤmfen des heiligen Quells, Zeus Toͤchter! Hat jemals Oduͤßens 240 Lenden mit Fette bedeckt von jungen Ziegen und Laͤmmern Euch zur Ehre verbrannt; so erfuͤllt mein heißes Verlangen: Daß heimkehre der Held, und ihn ein Himmlischer fuͤhre! O dann wuͤrd' er dir bald die hohen Gedanken vertreiben, Welche du Troziger jezo hegst, da du immer die Stadt durch 245 Irrst, indeß die Heerde von boͤsen Hirten verderbt wird! Und der Ziegenhirte Melanthios gab ihm zur Antwort! Goͤtter, was plaudert er da, der Hund voll haͤmischer Tuͤcke! Ha! ich werd' ihn noch einst im schwarzen geruͤsteten Schiffe Fern von Ithaka bringen, damit ich ihn theuer verkaufe! 250 Toͤdtete doch so gewiß der silberne Bogen Apollons, Oder der Freier Gewalt, Taͤlemachos heut im Palaste; Als Oduͤßeus ferne von seiner Heimat dahinsank! Also sprach er, und eilte voran; sie folgten ihm langsam. Und mit hurtigen Schritten erreicht' er des Koͤniges Wohnung, 255 Ging gerade hinein, und sezte sich unter die Freier, Gegen Euruͤmachos uͤber; denn diesen liebt' er am meisten. Vor ihn legten ein Theil des Fleisches die hurtigen Diener; Und die ehrbare Schaffnerin kam, und tischte das Brot auf; Und er aß. Nun kam mit Oduͤßeus der trefliche Sauhirt 260 Nahe; sie standen still. Der hohlen Harfe Getoͤn scholl Ihnen melodisch entgegen; denn Faͤmios hub den Gesang an. Und Oduͤßeus faßte die Hand des Hirten, und sagte: Wahrlich, Eumaios, dies ist die praͤchtige Wohnung Oduͤßeus! Diese wuͤrde man leicht auch unter vielen erkennen! 265 Zimmer stehen auf Zimmern; den Hof umschließet die schoͤne Oduͤßee. Zinnenbefestigte Mauer mit einem doppelten starken Fluͤgelthor; sie vermoͤchte wohl schwerlich ein Mann zu erobern! Auch bemerk' ich dieses, daß viele Maͤnner ein Gastmahl Drinnen begehn; denn es duftet von Speisen umher, und die Harfe 270 Toͤnet, welche die Goͤtter dem Mahl zur Freundin verliehen. Ihm antwortetest du, Eumaios, Huͤter der Schweine: Richtig bemerkst du, da dirs auch sonst an Verstande nicht fehlet. Aber wir wollen anizt nachdenken, wie wir es machen. Geh du entweder zuerst in die schoͤngebauete Wohnung 275 Unter den Haufen der Freier; so wart' ich hier noch ein wenig: Oder willst du, so bleib; und ich will erstlich hineingehn. Aber zoͤgere nicht; hier draußen moͤchte dich jemand Schlagen oder auch werfen. Dies uͤberlege nun selber. Ihm antwortete drauf der herliche Dulder Oduͤßeus: 280 Gut, ich verstehe dich schon, dies sind auch meine Gedanken. Gehe denn erst hinein; ich warte hier noch ein wenig. Denn ich verstehe mich auf Schlaͤg' und Wuͤrfe so ziemlich, Und nicht schwach ist mein Herz. Ich habe schon vieles erduldet, Schrecken des Meers und des Kriegs; so mag auch dies noch geschehen! 285 Aber man kann unmoͤglich die Wut des hungrigen Magens Baͤndigen, welcher den Menschen so vielen Kummer verursacht! Ihn zu besaͤnftigen, gehn selbst schoͤngezimmerte Schiffe Ueber das wilde Meer, mit Schrecken des Krieges geruͤstet! Also besprachen diese sich jezo unter einander. 290 Aber ein Hund erhob auf dem Lager sein Haupt und die Ohren, Argos: welchen vordem der leidengeuͤbte Oduͤßeus Selber erzog; allein er schiffte zur heiligen Troja, Eh er seiner genoß. Ihn fuͤhrten die Juͤnglinge vormals Siebzehnter Gesang. Immer auf wilde Ziegen und fluͤchtige Hasen und Rehe: 295 Aber jezt, da sein Herr entfernt war, lag er verachtet Auf dem großen Haufen vom Miste der Maͤuler und Rinder, Welcher am Thore des Hofes gehaͤuft ward, daß ihn Oduͤßeus Knechte von dannen fuͤhren, des Koͤniges Aecker zu duͤngen; Hier lag Argos der Hund, von Ungeziefer zerfreßen. 300 Dieser, da er nun endlich den nahen Oduͤßeus erkannte, Wedelte zwar mit dem Schwanz, und senkte die Ohren herunter; Aber er war zu schwach, sich seinem Herren zu naͤhern. Und Oduͤßeus sah es, und trocknete heimlich die Thraͤne, Unbemerkt von Eumaios, und fragete seinen Begleiter: 305 Wunderbar ist es, Eumaios, daß dieser Hund auf dem Miste Liegt! Sein Koͤrper ist schoͤn von Bildung; aber ich weiß nicht, Ob er mit dieser Gestalt auch schnell im Laufe gewesen, Oder so, wie die Hund' um der Reichen Tische gewoͤhnlich Sind; denn solche Herren erziehn sie bloß zum Vergnuͤgen. 310 Ihm antwortetest du, Eumaios, Huͤter der Schweine: Freilich! denn dies ist der Hund des ferne gestorbenen Mannes. Waͤr' er derselbige noch an Gestalt und mutigen Thaten, Als wie Oduͤßeus ihn, gen Troja schiffend, zuruͤckließ; Sicherlich wuͤrdest du jezo die Kraft und die Schnelle bewundern! 315 Trieb er ein Wildpret auf im dichtverwachsenen Waldthal, Nimmer entfloh es ihm; denn er war auch ein weidlicher Spuͤrhund. Aber nun liegt er im Elend hier; denn fern von der Heimat Starb sein Herr, und die Weiber, die faulen, versaͤumen ihn gaͤnzlich. Das ist die Art der Bedienten: Sobald ihr Herr sie nicht antreibt, 320 Werden sie traͤge zum Guten, und gehn nicht gern an die Arbeit. Zeus allwaltender Rath nimt schon die Haͤlfte der Tugend Oduͤßee. Einem Manne, sobald er die heilige Freiheit verlieret. Also sprach er, und ging in die schoͤngebauete Wohnung, Eilte dann grad' in den Saal zu den uͤbermuͤtigen Freiern. 325 Aber Argos umhuͤllte der schwarze Schatten des Todes, Da er im zwanzigsten Jahr' Oduͤßeus wieder gesehen. Jenen sahe zuerst Taͤlemachos, goͤttlich von Bildung, Durch den Palast herwandeln, den treflichen Hirten; er winkt' ihm Eilig, und rief ihn heran. Der ringsumschauende Sauhirt 330 Nahm den ledigen Stuhl, worauf der Zerleger geseßen, Welcher den Freiern im Saale die Menge des Fleisches zertheilte; Diesen trug er von dannen, und stellt' ihn Taͤlemachos Tafel Gegenuͤber, und sezte sich drauf; dann brachte der Herold Ihm ein Theil des Fleisches, und gab ihm Brot aus dem Korbe. 335 Lange saß er noch nicht; da trat in die Wohnung Oduͤßeus, Der, wie ein alter Mann und muͤhebeladener Bettler, Wankend am Stabe schlich, mit haͤßlichen Lumpen bekleidet. Dieser sezte sich hin auf die eschene Schwelle der Pforte, An die zipreßene Pfoste den Ruͤcken lehnend, die vormals 340 Kuͤnstlich der Meister gebildet, und nach dem Maße der Richtschnur. Und Taͤlemachos rief dem edlen Hirten der Schweine, Gab ihm ein ganzes Brot aus dem schoͤngeflochtenen Korbe, Und des Fleisches soviel, als er mit den Haͤnden umfaßte: Bringe dieses dem Fremdlinge hin, und sag' ihm, er moͤchte 345 Selber bei allen Freiern im Saale bittend umhergehn; Denn die Bloͤdigkeit ist dem darbenden Manne nicht heilsam. Sprachs; und der Sauhirt ging, sobald er die Rede vernommen, Trat vor Oduͤßeus hin, und sprach die gefluͤgelten Worte: Fremdling, Taͤlemachos sendet dir dies, und saget, du moͤchtest 350 Siebzehnter Gesang. Selber bei allen Freiern im Saale bittend umhergehn; Denn die Bloͤdigkeit sei dem darbenden Manne nicht heilsam. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Segne, du herschender Zeus, Taͤlemachos unter den Maͤnnern, Und vollend' ihm alles, was seine Seele begehret! 355 Also sprach er, empfing es mit beiden Haͤnden, und legt' es Dort vor den Fuͤßen nieder auf seinen haͤßlichen Ranzen; Und dann aß er, solange das Lied des Saͤngers ertoͤnte. Als er jezo gespeist, da schwieg auch der goͤttliche Saͤnger. Aber die Freier durchlaͤrmten den Saal; und Pallas Athaͤnaͤ 360 Nahte sich abermal dem Laertiaden Oduͤßeus, Und ermahnt' ihn, sich Brosam von allen Freiern zu sammeln, Daß er die mildegesinnten und ungerechten erkennte; Dennoch sollte nicht Einen die schreckliche Rache verschonen! Und er wandte sich rechts, und trat zu jeglichem Manne, Er ging von der Linken zur Rechten, der guten Vorbedeutung we- gen. Auch der Wein ward so herumgereicht, daß er den Gaͤsten, die ihr Gesicht nach dem Schenken gekehrt hatten, in eben der Richtung, wie ein gluͤcklicher Vo- gel kam. 365 Reichte flehend die Hand, als haͤtt' er schon lange gebettelt. Jene gaben ihm mitleidsvoll, und fragten, verwundert Ueber des Bettlers Gestalt: wer er waͤr', und von wannen er kaͤme. Und der Ziegenhirte Melanthios sprach zur Versammlung: Hoͤret mich an, ihr Freier der weitgepriesenen Fuͤrstin, 370 Wegen des Fremdlings hier. Ich hab' ihn nur eben gesehen; Denn er ging zu der Stadt, und der Sauhirt war sein Geleiter. Aber das weiß ich nicht, von welchem Geschlecht er sich ruͤhme. Sprachs; und Antinoos schalt den edlen Hirten der Schweine: Oduͤßee. Warum fuͤhrtest du diesen zur Stadt, du beruͤchtigter Sauhirt? 375 Irren nicht etwa genug Landstreicher vor unseren Thuͤren, Solche beschwerliche Bettler und schmieriger Brocken Verschlinger? Oder glaubst du, hier fehl' es an Gaͤsten, welche die Guͤter Deines Herren verschlingen; daß du auch diesen noch herrufst? Ihm antwortetest du, Eumaios, Huͤter der Schweine: 380 Edel, Antinoos, bist du; allein du redest nicht schicklich. Denn wer gehet wohl aus, und ladet selber den Fremdling, Wo er nicht etwa im Volk durch nuͤzliche Kuͤnste beruͤhmt ist, Als den erleuchteten Seher, den Arzt, den Meister des Baues, Oder den goͤttlichen Saͤnger, der uns durch Lieder erfreuet? 385 Diese laden die Menschen in allen Landen der Erde. Aber den Bettler, der nur belaͤstiget, luͤde wohl Niemand! Doch bestaͤndig warst du, vor allen Freiern, Oduͤßeus Knechten hart, und mir am haͤrtesten; aber mich kuͤmmerts Nicht: denn siehe noch lebt die kluge Paͤnelopeia 390 Und ihr goͤttlicher Sohn Taͤlemachos in dem Palaste! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Vaͤterchen, laß das sein! Was giebst du ihm vieles zur Antwort? Denn das war ja bestaͤndig Antinoos boͤse Gewohnheit: Hart und beleidigend redet er selbst, und verfuͤhrt auch die andern! 395 Und zu Antinoos sprach er die schnell gefluͤgelten Worte: Traun! wie ein Vater des Sohns, Antinoos, waltest du meiner, Da du befiehlst, den Fremdling mit harten Worten gewaltsam Aus dem Hause zu treiben! Das wolle Gott nicht gefallen! Nim und gieb ihm; ich sehe nicht scheel, ich heiß' es dir selber! 400 Scheue dich hierin auch nicht vor meiner Mutter, noch jemand Unter den Leuten im Hause des goͤttergleichen Oduͤßeus! Siebzehnter Gesang. Aber dein Herz bekuͤmmern nicht solche Gedanken; du willst nur Lieber alles allein aufschlingen, als etwas verschenken. Und Antinoos rief, und gab ihm dieses zur Antwort: 405 Juͤngling von troziger Red' und verwegenem Mute, was sagst du? Schenkten so vieles, wie ich, ihm auch die uͤbrigen Freier, In drei Monden wuͤrd' er dies Haus nicht wieder besuchen! Also sprach er, und hob den Schemel unter dem Tische Drohend empor, auf welchem die Fuͤße des schmausenden ruhten. 410 Aber die andern gaben ihm all', und fuͤllten den Ranzen Ihm mit Fleisch und Brot. Und jezo wollte Oduͤßeus Wieder zur Schwelle gehn, der Achaier Geschenke zu kosten; Aber er stellte sich erst vor Antinoos Tafel, und sagte: Lieber, beschenke mich auch! Du scheinst mir nicht der geringste, 415 Sondern ein edler Achaier, du hast ein koͤniglich Ansehn: Darum mußt du mir auch mehr Speise geben, als andre; Und ich werde dein Lob in allen Landen verkuͤnden. Denn auch ich war ehmals ein gluͤcklicher Mann, und Bewohner Eines reichen Palastes, und gab dem irrenden Fremdling 420 Oftmals, wer er auch war, und welche Noth ihn auch draͤngte; Und unzaͤhliche Knechte besaß ich, und andere Guͤter, Die man zum Ueberfluß und zur Pracht der Reichen erfodert. Aber das nahm mir Zeus nach seinem heiligen Rathschluß; Denn er verleitete mich, mit kuͤstenumirrenden Raͤubern 425 Weit nach Aiguͤptos zu schiffen, um mein Verderben zu finden. Und ich legte die Schiff' im Strom Aiguͤptos vor Anker; Dringend ermahnt' ich jezo die lieben Reisegefaͤhrten, An dem Gestade zu bleiben, und unsere Schiffe zu huͤten, Y Oduͤßee. Und versendete Wachen umher auf die Hoͤhen des Landes. 430 Aber sie wurden vom Troz und Uebermute verleitet, Daß sie ohne Verzug der Aiguͤpter schoͤne Gefilde Pluͤnderten, ihre Weiber gefangen fuͤhrten, die Maͤnner Und unmuͤndigen Kinder ermordeten. Und ihr Geschrei kam Schnell in die Stadt. Sobald der Morgen sich roͤthete, zogen 435 Streiter zu Roß und zu Fuße daher, und vom blizenden Erze Stralte das ganze Gefilde. Der Donuerer Zeus Kronion Sendete meinen Gefaͤhrten die schaͤndliche Flucht, und es wagte Keiner dem Feinde zu stehn; denn ringsum drohte Verderben. Viele toͤdteten sie mit ehernen Lanzen, und viele 440 Schleppten sie lebend hinweg zu harter sklavischer Arbeit. Aber nach Kuͤpros schenkten sie mich dem begegnenden Fremdling Dmaͤtor, Jasos Sohne, dem maͤchtigen Herscher in Kuͤpros. Und von dannen komm' ich nun hier, mit Kummer beladen. Und Antinoos rief, und gab ihm dieses zur Antwort: 445 Welch ein Himmlischer straft uns mit dieser Plage des Gastmahls? Stelle dich dort in die Mitte, und hebe dich weg von der Tafel, Daß du mir nicht ein herbes Aiguͤptos und Kuͤpros erblickest! Ha du bist mir der frechste, der unverschaͤmteste Bettler! Gehst nach der Reihe bei allen umher; und ohne Bedenken 450 Geben sie dir! Wozu auch so sparsam, oder so aͤngstlich, Fremdes Gut zu verschenken, wo man so reichlich versorgt ist! Weichend erwiederte drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Goͤtter, wie wenig gleichen dein Herz und deine Gestalt sich! Von dem Deinigen schenkst du dem Darbenden schwerlich ein Salzkorn, 455 Da du an fremdem Tische dich nicht erbarmest, ein wenig Mir von der Speise zu geben, womit du so reichlich versorgt bist! Siebzehnter Gesang. Also sprach er; da ward Antinoos Herz noch erboßter; Drohend blickt' er ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Nun so sollst du gewiß aus diesem Saale nicht wieder 460 Unbeschaͤdigt entrinnen, da du noch Schmaͤhungen redest! Sprachs, und warf mit dem Schemel die rechte Schulter Oduͤßeus Dicht am Gelenke des Halses. Er aber stand, wie ein Felsen, Fest, und wankte nicht von Antinoos maͤchtigem Wurfe; Sondern schuͤttelte schweigend das Haupt, und sann auf Verderben; 465 Ging dann zur Schwelle zuruͤck, und sezte sich, legte den Ranzen Voll von Speise nieder, und sprach zu der Freier Versammlung: Hoͤret mich an, ihr Freier der weitgepriesenen Fuͤrstin, Daß ich rede, wie mir das Herz im Busen gebietet. Nicht der mindeste Schmerz noch Kummer beuget die Seele 470 Eines Mannes, der, streitend fuͤr seine Guͤter, vom Feinde Wunden empfaͤngt, fuͤr die Heerden der Rinder und wollichten Schafe: Doch Antinoos warf mich wegen des traurigen Hungers, Welcher den elenden Menschen so vielen Kummer verursacht! Aber beschuͤzt auch die Armen der Goͤtter und Goͤttinnen Rache, 475 Dann ereile der Tod Antinoos vor der Vermaͤhlung! Und Eupeithaͤs Sohn Antinoos gab ihm zur Antwort: Fremdling, size geruhig und iß, oder gehe von hinnen; Daß dich die Juͤnglinge nicht bei den Haͤnden und Fuͤßen, du Schwaͤzer, Durch den Palast fortschleppen, und deine Glieder zerreißen! 480 Also sprach er; allein die uͤbrigen zuͤrnten ihm heftig. Also redete mancher der uͤbermuͤtigen Freier: Uebel, Antinoos, thatst du, den armen Fremdling zu werfen! Ungluͤckseliger! wenn er nun gar ein Himmlischer waͤre! Denn oft tragen die Goͤtter entfernter Fremdlinge Bildung; 485 Oduͤßee. Unter jeder Gestalt durchwandeln sie Laͤnder und Staͤdte, Daß sie den Frevel der Menschen und ihre Froͤmmigkeit schauen. Also sprachen die Freier; allein er verachtete solches. Aber Taͤlemachos schwoll das Herz von großer Betruͤbniß, Als er ihn warf: doch nezt' ihm keine Thraͤne die Wangen; 490 Sondern er schuͤttelte schweigend das Haupt, und sann auf Verderben. Auch in der Kammer vernahm es die kluge Paͤnelopeia, Als man ihn warf im Saal, und redete unter den Weibern: Also treffe dich selbst der bogenberuͤhmte Apollon! Aber die Schaffnerin Euruͤnomaͤ gab ihr zur Antwort: 495 Ja! wenn die Sache mein Kind, nach unsern Wuͤnschen geschaͤhe, Keiner von diesen erlebte die goldene Roͤthe des Morgens! Ihr antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: Mutter, verhaßt sind mir alle, denn alle trachten nach Ungluͤck! Aber Antinoos gleicht doch am meisten dem schwarzen Verhaͤngniß! 500 Denn es wanket im Saal ein ungluͤckseliger Fremdling Bittend umher bei den Maͤnnern; ihn zwingt der aͤußerste Mangel. Und die uͤbrigen fuͤllten ihm alle den Ranzen mit Gaben; Er nur warf ihm am Hals' auf die rechte Schulter den Schemel. Also redete sie, umringt von dienenden Weibern, 505 Sizend in ihrer Kammer. Nun aß der edle Oduͤßeus; Und sie berief zu sich den edlen Hirten, und sagte: Eile schnell in den Saal, Eumaios, und heiße den Fremdling Zu mir kommen. Ich moͤcht' ihn ein wenig sprechen und fragen: Ob er etwa gehoͤrt von dem leidengeuͤbten Oduͤßeus, 510 Oder ihn selber gesehn; denn er scheint viel Laͤnder zu kennen. Ihr antwortetest du, Eumaios, Huͤter der Schweine: Schwiegen nur die Achaier, o Koͤnigin, drinnen im Saale, Siebzehnter Gesang. Wahrlich er wuͤrde dein Herz durch seine Reden erfreuen! Denn ich hatt' ihn bei mir drei Tag' und Naͤcht' in der Huͤtte, 515 Wo er zuerst ankam, nachdem er vom Schiffe geflohn war; Und doch hat er mir nicht sein Leiden alles erzaͤhlet. So aufmerksam ein Mann den gottbegeisterten Saͤnger Anschaut, welcher die Menschen mit reizenden Liedern erfreuet; Voller Begierde horcht die Versammlung seinem Gesange: 520 Eben so ruͤhrt' er mein Herz, da er bei mir saß in der Huͤtte. Und er saget, er sei durch seinen Vater ein Gastfreund Von Oduͤßeus, und wohne in Kraͤta, Minos Geburtsland; Und von dannen komm' er nun hier, durch mancherlei Truͤbsal Weiter und weiter gewaͤlzt; auch hab' er gehoͤrt, daß Oduͤßeus 525 Nahe bei uns im fetten Gebiet der thesprotischen Maͤnner Leb', und mit großem Gut heimkehre zu seinem Palaste. Ihm antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: Geh, und ruf ihn hieher, damit er mir selber erzaͤhle. Jene moͤgen indeß vor der Thuͤre sizen und scherzen, 530 Oder auch dort im Saale, da ihre Herzen vergnuͤgt sind. Denn ihr eigenes Gut liegt unversehrt in den Haͤusern, Speise und suͤßer Wein, und naͤhret bloß daß Gesinde. Aber sie schalten von Tage zu Tag' in unserem Hause, Schlachten unsere Rinder und Schaf' und gemaͤsteten Ziegen 535 Fuͤr den uͤppigen Schmaus, und schwelgen im funkelnden Weine Ohne Scheu; und alles wird leer: denn es fehlt uns ein solcher Mann, wie Oduͤßeus war, die Plage vom Hause zu wenden. Kaͤm' Oduͤßeus zuruͤck in seine Heimat, er wuͤrde Bald mit seinem Sohne den Frevel der Maͤnner bestrafen! 540 Also sprach sie; da nieste Taͤlemachos laut, und ringsum Oduͤßee. Scholl vom Getoͤse der Saal. Da laͤchelte Paͤnelopeia, Wandte sich schnell zu Eumaios, und sprach die gefluͤgelten Worte; Gehe mir gleich in den Saal, Eumaios, und rufe den Fremdling! Siehst du nicht, wie mein Sohn mir alle Worte beniest hat? Das Niesen war vorbedeutend. Hier bekraͤftigte es Paͤnelopeiens Worte, und zwar alle, weil es sie nicht unterbrach, sondern gleich darauf folgte. 545 Ja nun werde der Tod das unvermeidliche Schicksal Aller Freier, und keiner entfliehe dem blutigen Tode! Eins verkuͤnd' ich dir noch, bewahre dieses im Herzen: Wann ich merke, daß jener mir lautere Wahrheit erzaͤhlet, Will ich mit schoͤnen Gewanden, mit Rock und Mantel, ihn kleiden. 550 Sprachs; und der Sauhirt eilte, sobald er die Rede vernommen, Trat vor Oduͤßeus hin, und sprach die gefluͤgelten Worte: Fremder Vater, dich laͤßt die kluge Paͤnelopeia Rufen, Taͤlemachos Mutter; denn ihre Seele gebeut ihr, Wegen des Mannes zu fragen, um den sie so herzlich betruͤbt ist. 555 Wann sie merkt, daß du ihr lautere Wahrheit erzaͤhlest, Will sie mit Rock und Mantel dich kleiden, die du am meisten Noͤthig hast. Denn Speise, den Hunger zu stillen, erlangst du Leicht durch Betteln im Volk; es gebe dir jeder nach Willkuͤhr. Ihm antwortete drauf der herliche Dulder Oduͤßeus: 560 Gern erzaͤhlt' ich nun gleich, Eumaios, die lautere Wahrheit Vor Ikarios Tochter, der klugen Paͤnelopeia. Denn viel weiß ich von ihm: wir duldeten gleiches Verhaͤngniß. Aber ich fuͤrchte nur der boͤsen Freier Versammlung, Deren Troz uud Gewalt den eisernen Himmel erreichet. 565 Denn jezt eben, da jener mich warf, daß der Schmerz mich betaͤubte, Mich, der kein Boͤses that, und bittend im Saale herumging; Siebzehnter Gesang. Hat mich Taͤlemachos weder, noch irgend ein andrer vertheidigt. Sage denn Paͤnelopeien, sie moͤcht' in ihren Gemaͤchern Harren, wie sehr sie verlangt, bis erst die Sonne gesunken. 570 Alsdann frage sie mich nach ihres Mannes Zuruͤckkunft, Nahe beim Feuer mich sezend; denn meine Kleider sind elend. Dieses weißt du auch selbst; du warst mein erster Beschuͤzer. Sprachs; und der Sauhirt eilte, sobald er die Rede vernommen. Als er die Schwelle betrat, da fragte Paͤnelopeia: 575 Bringst du ihn nicht, Eumaios? Warum bedenkt sich der Fremdling? Haͤlt ihn etwa die Furcht vor Gewaltthat, oder die Scham ab, Durch den Palast zu gehn? Ein schamhafter Bettler ist elend! Ihr antwortetest du, Eumaios, Huͤter der Schweine: Was er sagt, hat Grund; so wuͤrd' auch ein Anderer denken, 580 Um den Troz zu vermeiden der uͤbermuͤtigen Maͤnner. Darum, bittet er, harre, bis erst die Sonne gesunken. Auch fuͤr dich selber ist der Abend bequemer, o Fuͤrstin, Daß du den fremden Mann allein befragest und hoͤrest. Ihm antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: 585 Wer der Fremdling auch sei, so denkt er nicht unvernuͤnftig; Denn an keinem Orte, den sterbliche Menschen bewohnen, Ueben trozige Maͤnner so ausgelaßene Graͤuel! Also redete sie. Drauf ging der trefliche Sauhirt Zu der Freier Versammlung, da sein Gewerbe bestellt war; 590 Und er neigte das Haupt zu Taͤlemachos, redete leise, Daß es die andern nicht hoͤrten, und sprach die gefluͤgelten Worte: Lieber, ich gehe nun weg, die Schwein' und das Andre zu huͤten, Dein und mein Vermoͤgen; du sorg' indeßen fuͤr dieses. Aber vor allen erhalte dich selbst, und siehe dich wohl vor, 595 Oduͤßee. Siebzehnter Gesang. Daß dir kein Boͤses geschehe; denn viele sinnen auf Ungluͤck. Doch Zeus rotte sie aus, bevor sie uns Schaden bereitet! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Vaͤterchen, also geschehe; doch warte bis gegen den Abend. Morgen fruͤh komm wieder, und bring die gemaͤsteten Opfer; 600 Fuͤr das Uebrige laß mich und die Unsterblichen sorgen. Sprachs; und der Sauhirt sezte sich auf den zierlichen Seßel. Und nachdem er sein Herz mit Trank und Speise gesaͤttigt, Eilt' er zuruͤck zu den Schweinen, den Hof des Hauses verlaßend, Wo die schwelgenden Freier sich schon beim Tanz und Gesange 605 Freuten; denn jezo neigte der Tag sich gegen den Abend. Oduͤßee. Achzehnter Gesang . J ezo kam ein Bettler von Ithaka, welcher die Gaßen Haus bei Haus durchlief, ein weitberuͤchtigter Vielfraß: Immer fuͤllt' er den Bauch mit Eßen und Trinken, und hatte Weder Staͤrke noch Kraft, so groß auch seine Gestalt war. Dieser hieß Arnaios; denn also nannt' ihn die Mutter 5 Bei der Geburt: allein die Juͤnglinge nannten ihn Iros, Weil er gerne mit Botschaft ging, wenn es einer verlangte. Dieser kam, Oduͤßeus von seinem eigenen Hause Wegzutreiben; er schalt ihn, und sprach die gefluͤgelten Worte: Geh von der Thuͤre, du Greis, daß man nicht beim Fuße dich schleppe! 10 Merkst du nicht, wie man rings mit den Augenwimpern mir zuwinkt, Dich von hinnen zu schleppen? Allein ich scheue mich dennoch. Auf denn! oder es kommt noch zwischen uns beiden zum Faustkampf! Zuͤrnend schaute auf ihn und sprach der weise Oduͤßeus: Elender, hab' ich doch nimmer mit Wort oder That dich beleidigt! 15 Auch misgoͤnn' ichs dir nicht, wie viel dir einer auch schenke. Und die Schwelle hat Raum fuͤr uns beide. Du mußt nicht so neidisch Sehn bei Anderer Milde; du scheinst mir ein irrender Fremdling, Eben wie ich; der Reichthum koͤmmt von den seligen Goͤttern. Aber fodre mich nicht so uͤbermuͤtig zum Faustkampf: 20 Oduͤßee. Daß ich nicht zuͤrn', und dir, troz meines Alters, mit Blute Brust und Lippen besudle! Dann saͤß' ich morgen vermutlich Noch geruhiger hier; denn schwerlich kehrtest du jemals Wieder zuruͤck in das Haus des Laertiaden Oduͤßeus! Und mit zuͤrnendem Blick antwortete Iros der Bettler: 25 All' ihr Goͤtter, wie rasch der verhungerte Bettler da plappert; Recht wie ein Heizerweib! Ich moͤcht' es ihm uͤbel gedenken, Rechts und links ihn zerdroͤschen, und alle Zaͤhn' aus dem Maul' ihm Schlagen, wie einer Sau, die fremde Saaten verwuͤstet! Auf, und guͤrte dich jezo, damit sie alle des Kampfes 30 Zeugen sein! Wie willst du des Juͤngeren Staͤrke bestehen? Also zankten sie sich vor der hohen Pforte des Saales, Auf der geglaͤtteten Schwelle, mit heftig erbitterten Worten, Ihre Worte vernahm Antinoos heilige Staͤrke, Und mit herzlicher Lache begann er unter den Freiern: 35 So was, ihr Lieben, ist uns bisher noch nimmer begegnet! Welche Freude beschert uns Gott in diesem Palaste! Jener Fremdling und Iros, die fodern sich jezo einander Zum Faustkampfe heraus. Kommt eilig, wir wollen sie hezen! Also sprach er; und schnell erhuben sich alle mit Lachen, 40 Und versammelten sich um die schlechtgekleideten Bettler. Aber Eupeithaͤs Sohn Antinoos sprach zur Versammlung: Hoͤret, was ich euch sage, ihr edelmuͤtigen Freier! Hier sind Ziegenmagen, mit Fett und Blute gefuͤllet, Die wir zum Abendschmaus' auf gluͤhende Kohlen geleget. 45 Wer nun am tapfersten kaͤmpft, und seinen Gegner besieget; Dieser waͤhle sich selbst die beßte der bratenden Wuͤrste. Kuͤnftig find' er auch immer an unserem Mahle sein Antheil, Achzehnter Gesang. Und kein anderer Bettler soll diese Schwelle betreten. Also sprach er; und allen gefiel Antinoos Rede. 50 Listensinnend begann der erfindungsreiche Oduͤßeus: Lieben, ich alter Mann, durch so viel Elend entkraͤftet, Kann unmoͤglich die Staͤrke des juͤngeren Mannes bestehen. Aber mich zwingt der Hunger, die haͤrtesten Schlaͤge zu dulden! Nun wohlan! verheißt mir denn alle mit heiligem Eidschwur, 55 Daß nicht Iros zu Liebe mich einer mit nervichter Rechte Freventlich schlagen will, ihm seinen Sieg zu erleichtern. Also sprach er; und alle beschwuren, was er verlangte. Und die heilige Kraft Taͤlemachos redete jezo: Fremdling, gebent es dein Herz und deine mutige Seele, 60 Treib' ihn getrost hinweg, und fuͤrchte der andern Achaier Keinen! Wer dich verlezt, der hat mit mehren zu kaͤmpfen! Dein Beschuͤzer bin ich, und beide verstaͤndige Fuͤrsten Hegen, Antinoos dort und Euruͤmachos, gleiche Gesinnung. Seine Rede lobten die uͤbrigen. Aber Oduͤßeus 65 Guͤrtete sich um die Scham mit seinen Lumpen, und zeigte Schoͤne ruͤstige Lenden; auch seine nervichten Arme Wurden entbloͤßt, die Brust, und die breite Schulter; Athaͤnaͤ Schmuͤckt' unsichtbar mit Kraft und Groͤße den Hirten der Voͤlker. Aber die Freier alle umstaunten die Wundererscheinung; 70 Einer wendete sich zu seinem Nachbar, und sagte: Iros, der arme Iros bereitet sich wahrlich ein Ungluͤck! Welche fleischichte Lende der Greis aus den Lumpen hervorstreckt! Also sprachen die Freier; und Iros ward uͤbel zu Mute. Aber es guͤrteten ihn mit Gewalt die Diener, und fuͤhrten 75 Ihn wie er zitterte fort, und sein Fleisch umbebte die Glieder. Oduͤßee. Und Antinoos schalt ihn, und sprach mit drohender Stimme: Waͤrst du doch todt, Großpraler, ja waͤrst du nimmer geboren, Da du vor diesem so bebst, und so entsezlich dich anstellst, Vor dem alten Manne, den mancherlei Elend geschwaͤcht hat! 80 Aber ich sage dir an, und das wird wahrlich erfuͤllet: Schlaͤgt dich dieser zu Boden, und geht als Sieger vom Kampfplaz; Siehe dann send' ich dich gleich im schwarzen Schiffe zum Koͤnig Echetos in Epeiros, dem Schrecken des Menschengeschlechtes: Die Epirer waren das aͤußerste Volk, das Homer jenseits der Thespro- ten am adriatischen Meerbusen kannte, und wohin noch wenig Menschlichkeit ge- kommen war. Man erzaͤhlt, Echetos habe seine Tochter, wegen einer Liebesge- schichte, geblendet und eiserne Gerstenkoͤrner malen lassen, und ihrem Liebhaber das gethan, was hier dem Bettler gedroht wird. Daß er dir Nas' und Ohren mit grausamen Erze verstuͤmmle, 85 Und die entrißene Scham den Hunden gebe zu freßen! Sprachs; da zitterte jener noch staͤrker an Haͤnden und Fuͤßen. Aber sie fuͤhrten ihn hin; und beide erhuben die Faͤuste. Nun rathschlagte bei sich der herliche Dulder Oduͤßeus: Ob er ihn schluͤge, daß gleich auf der Stelle sein Leben entfloͤhe; 90 Oder mit sanftem Schlage nur bloß auf den Boden ihn streckte. Dieser Gedanke schien dem Zweifelnden endlich der beßte: Sanft zu schlagen, um nicht den Achaiern Verdacht zu erwecken. Iros schlug mit der Faust die rechte Schulter Oduͤßeus; Dieser ihm unter das Ohr an den Hals, daß der Kiefer des Bettlers 95 Knirschend zerbrach, und purpurnes Blut dem Rachen entstuͤrzte. Schreiend fiel er zu Boden, ihm klappten die Zaͤhn', und die Fuͤße Zappelten staͤubend im Sand. Da erhuben die mutigen Freier Jauchzend die Haͤnd', und lachten sich athemlos. Aber Oduͤßeus Achzehnter Gesang. Zog ihn beim Fuß aus der Thuͤr, und schleppt' ihn uͤber den Vorhof 100 Durch die Pforte der Halle; da lehnt' er ihn mit dem Ruͤcken Gegen die Mauer des Hofs, und gab ihm den Stab in die Rechte; Und er redet' ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Size nun ruhig hier, und scheuche die Hund' und die Schweine! Huͤte dich ferner, den Armen und Fremdlingen hier zu befehlen, 105 Elender Mensch; damit dir kein groͤßeres Uebel begegne! Also sprach er, und warf um die Schulter den haͤßlichen Ranzen, Allenthalben geflickt, mit einem geflochtenen Tragband, Ging zur Schwelle zuruͤck, und sezte sich. Aber die Freier Gingen mit herzlichem Lachen hinein, und gruͤßten ihn also: 110 Fremdling, dir gebe Zeus und die andern unsterblichen Goͤtter, Was du am meisten verlangst, und was dein Herz nur begehret: Weil du unsere Stadt von dem unersaͤttlichen Bettler Hast befreit! Bald werden wir ihn fortsenden zum Koͤnig Echetos in Epeiros, dem Schrecken des Menschengeschlechtes. 115 Also sprachen die Freier; der vorbedeutenden Worte Freute der edle Oduͤßeus sich herzlich. Antinoos bracht' ihm Jezo den großen Magen, mit Fett und Blute gefuͤllet; Und Amfinomos nahm zwei Broͤt' aus dem zierlichen Korbe, Brachte sie, trank ihm zu aus goldenem Becher, und sagte: 120 Freue dich, fremder Vater! Es muͤße dir wenigstens kuͤnftig Wohl ergehn! denn jezo umringt dich mancherlei Truͤbsal. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Du, Amfinomos, scheinst mir ein sehr verstaͤndiger Juͤngling, Und ein wuͤrdiger Sohn von deinem ruͤhmlichen Vater 125 Nisos, der, wie ich hoͤre, ein edler und maͤchtiger Koͤnig In Dulichion ist. Dein Blick verkuͤndiget Scharfsinn. Oduͤßee. Darum sag' ich dir jezt; nim meine Worte zu Herzen. Siehe kein Wesen ist so eitel und unbestaͤndig, Als der Mensch, von allem, was lebt und webet auf Erden. 130 Denn so lange die Goͤtter ihm Heil und bluͤhende Jugend Schenken; trozt er, und waͤhnt, ihn treffe nimmer ein Ungluͤck. Aber zuͤchtigen ihn die seligen Goͤtter mit Truͤbsal; Dann ertraͤgt er sein Leiden mit Ungeduld und Verzweiflung. Denn wie die Tage sich aͤndern, die Gott vom Himmel uns sendet, 135 Aendert sich auch das Herz der erdebewohuenden Menschen. Siehe, ich selber war einst ein gluͤcklicher Mann, und veruͤbte Viel Unarten, vom Troz und Uebermute verleitet, Weil mein Vater mich schuͤzte und meine maͤchtigen Bruͤder. Drum erhebe sich nimmer ein Mann, und frevele nimmer; 140 Sondern genieße, was ihm die Goͤtter bescheren, in Demut! Welchen Graͤuel erblick' ich, den hier die Freier beginnen! Wie sie die Guͤter verschwelgen, und schmaͤhn die Gattin des Mannes, Welcher vielleicht nicht lange von seinen Freunden und Laͤndern Ferne bleibt, vielleicht schon nah ist! Aber es fuͤhre 145 Dich ein Himmlischer heim, daß du nicht jenem begegnest, Wann er wieder zuruͤck in sein liebes Vaterland kehret! Denn die Freier alhier und jener trennen sich schwerlich Ohne Blut von einander, sobald er unter sein Dach kommt! Also sprach er, und goß des suͤßen Weines den Goͤttern, 150 Trank, und reichte den Becher zuruͤck dem Fuͤhrer der Voͤlker. Dieser ging durch den Saal, mit tiefverwundeter Seele, Und mit gesunkenem Haupt; denn er ahndete Boͤses im Herzen. Dennoch entrann er nicht dem Verderben; ihn feßelt' Athaͤnaͤ, Daß ihn Taͤlemachos Hand mit der Todeslanze vertilgte. 155 Achzehnter Gesang. Und er sezte sich nieder auf seinen verlaßenen Seßel. Aber Ikarios Tochter, der klugen Paͤnelopeia Gab Athaͤnaͤ, die Goͤttin mit blauen Augen, den Rath ein, Sich den Freiern zu zeigen: aufdaß sie mit teuschender Hoffnung Ihre Herzen noch mehr erweiterte, und bei Oduͤßeus 160 Und Taͤlemachos sich noch groͤßere Achtung erwuͤrbe. Und sie erzwang ein Laͤcheln, und sprach mit freundlicher Stimme: Jezt, Euruͤnomaͤ, fuͤhl' ich zum erstenmal ein Verlangen, Mich den Freiern zu zeigen, wie sehr sie mir immer verhaßt sind. Gerne moͤcht' ich den Sohn zu seinem Beßten erinnern, 165 Daß er ganz die Gesellschaft der stolzen Freier vermiede; Denn sie reden zwar gut, doch heimlich denken sie Boͤses. Aber die Schaffnerin Euruͤnomaͤ gab ihr zur Antwort: Wahrlich, mein Kind, du hast mit vielem Verstande geredet. Gehe denn hin, und sprich mit deinem Sohne von Herzen; 170 Aber bade zuvor den Leib, und salbe dein Antliz. Denn du mußt nicht so mit thraͤnenumfloßenen Wangen Hingehn; unaufhoͤrlicher Gram vermehrt nur das Leiden! Siehe, du hast den erwachsenen Sohn; und du wuͤnschest ja herzlich, Daß dir die Goͤtter gewehrten, ihn einst im Barte zu sehen! 175 Ihr antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: O! so gut du es meinst, Euruͤnomaͤ, rathe mir das nicht, Meinen Leib zu baden, und meine Wangen zu salben! Denn die Liebe zum Schmuck ward mir von den himmlischen Goͤttern Gaͤnzlich geraubt, seit Jener in hohlen Schiffen hinwegfuhr! 180 Aber laß mir Autonoaͤ gleich und Hippodameia Kommen: sie sollen mich in den Saal hinunter begleiten; Denn es ziemet mir nicht, allein zu Maͤnnern zu gehen. Oduͤßee. Also sprach sie; da ging die Schaffnerin aus dem Gemache, Brachte der Fuͤrstin Befehl, und trieb die Maͤgde zu eilen. 185 Jezo ersann ein Andres die heilige Goͤttin Athaͤnaͤ: Siehe mit suͤßem Schlummer umgoß sie Paͤnelopeia. Und sie entschlief hinsinkend; die hingesunkenen Glieder Ruhten sanft auf dem Seßel. Da gab die heilige Goͤttin Ihr unsterbliche Gaben, damit sie die Freier entzuͤckte: 190 Wusch ihr schoͤnes Gesicht mit ambrosischem Oele der Schoͤnheit, Jenem, womit Afroditaͤ die schoͤngekraͤnzte sich salbet, Wann sie zum reizenden Chore der Charitinnen dahinschwebt; Schuf sie hoͤher an Wuchs, und jugendlicher an Bildung, Schuf sie weißer, als Elfenbein, das der Kuͤnstler geglaͤttet. 195 Als sie dieses vollbracht, entschwebte die heilige Goͤttin. Laͤrmend stuͤrzten anjezo die Maͤgde mit Lilienarmen Aus dem Saale herein: da verließ sie der suͤße Schlummer; Und sie rieb mit den Haͤnden die schoͤnen Wangen, und sagte: Ach ein sanfter Schlaf umhuͤllte mich Herzlichbetruͤbte! 200 Einen so sanften Tod beschere die goͤttliche Jungfrau Artemis mir, jezt gleich! damit ich Arme nicht laͤnger Mich abhaͤrme, vor Gram um meines trauten Gemahles Edles Verdienst; denn er war der Herlichste aller Achaier! Also sprach sie, und stieg vom praͤchtigen Soͤller herunter, 205 Nicht allein; sie wurde von zwo Jungfrauen begleitet. Als das goͤttliche Weib die Freier jezo erreichte, Stand sie still an der Schwelle des schoͤnen gewoͤlbeten Saales; Ihre Wangen umwallte der feine Schleier des Hauptes, Und an jeglichem Arm stand eine der statlichen Jungfraun. 210 Allen erbebten die Knie', es gluͤhten die Herzen vor Inbrunst, Achzehnter Gesang. Und vor banger Begierde mit ihr das Lager zu theilen. Und zu Taͤlemachos sprach die zaͤrtliche Paͤnelopeia: Sohn, in deinem Herzen ist weder Verstand noch Empfindung! Weit vernuͤnftiger hast du dich schon als Knabe bewiesen! 215 Nun da du groͤßer bist, und des Juͤnglings Alter erreicht hast, Und ein Fremder sogar aus der schoͤnen und treflichen Bildung Schließen kann, du seist von edlem Saamen entsproßen; Siehe nun zeigt dein Herz so wenig Verstand als Empfindung! Welch unwuͤrdige That ist hier im Saale geschehen! 220 Da man den Fremdling so sehr mißhandelte, saßest du ruhig? Aber wie? wenn ein Fremdling bei uns in unserem Hause Huͤlfe sucht, und dann so schnoͤde Beleidigung duldet! Dieses bringt dir ja Schimpf und Verachtung unter den Menschen! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: 225 Meine Mutter, ich will nicht murren, daß du mir zuͤrnest. Freilich fehlt es mir jezo nicht mehr an Verstand und Erfahrung, Gutes und Boͤses zu sehn; (denn ehmals war ich ein Knabe!) Aber ich kann nicht immer die kluͤgsten Gedanken ersinnen; Denn mich betaͤubt die Furcht vor diesen Uebelgesinnten, 230 Welche mich rings umgeben; und niemand ist, der mir helfe. Aber des Fremdlings Kampf mit Iros endigte gleichwohl Nicht nach der Freier Sinn; denn dieser war staͤrker als Iros. Gaͤbe doch Vater Zeus, Athaͤnaͤ und Foͤbos Apollon, Daß auch jezo die Freier, in unserem Hause bezwungen, 235 So ihr schwindelndes Haupt hinneigeten, draußen im Vorhof, Oder auch hier im Saal, an allen Gliedern gelaͤhmet: So wie dort an der Pforte des Hofs der zerschlagene Iros Z Oduͤßee. Jezo mit wankendem Haupt, gleich einem Betrunkenen, dasizt, Und auf seinen Fuͤßen nicht grade zu stehen, noch wieder 240 Heimzukehren vermag, weil seine Glieder gelaͤhmt sind! Also besprachen diese sich jezo unter einander. Aber Euruͤmachos wandte sich drauf zu Paͤnelopeia: O Ikarios Tochter, du kluge Paͤnelopeia, Saͤhen dich die Achaier im ganzen iasischen Argos, Der Peloponnes heißt Argos, von dem maͤchtigen argeiischen Reiche, und zum Unterschiede des pelasgischen Argos, wie Theßalien Jl. 2, 681. genannt wird, das achaiische von seiuen Bewohnern, oder von dem alten Koͤnig Jasos das iasische. 245 Wahrlich vom Morgen an erschienen noch mehrere Freier Hier im Palaste zum Schmaus; denn dir gleicht keine der Weiber An Gestalt, an Groͤße, und Treflichkeiten des Geistes! Ihm antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: Ach! die Tugend des Geistes, Euruͤmachos, Schoͤnheit und Bildung, 250 Raubten die Himmlischen mir am Tage, da die Argeier Schifften gen Troja, mit ihnen mein trauter Gemahl Oduͤßeus! Kehrete jener von dannen, und lebt' in meiner Gesellschaft; Ja dann moͤchte mein Ruhm wohl groͤßer werden und schoͤner. Aber jezo traur' ich; denn Leiden beschied mir ein Daͤmon! 255 Ach! da er Abschied nahm am vaterlaͤndischen Ufer, Faßt' er mich bei der Rechten, und sprach mit freundlicher Stimme: Frau, ich vermute nicht, die schoͤngeharnischten Griechen Werden alle gesund und wohl von Ilion kehren. Denn wie man sagt, sind auch die Troer streitbare Maͤnner, 260 Mit Wurfspießen geuͤbt, und geuͤbt den Bogen zu spannen, Und schnellfuͤßige Roße der Schlacht zu lenken, die immer Achzehnter Gesang. Hurtig den großen Kampf des blutigen Krieges entscheiden. Darum weiß ich nicht, ob Gott von Troja mich heimfuͤhrt, Oder mich dort abfodert. Du sorg' hier fleißig fuͤr alles! 265 Pfleg' auch meinen Vater und meine Mutter im Hause, So wie bisher, ja noch sorgfaͤltiger, wann ich entfernt bin. Siehst du aber den Sohn im ersten Barte der Jugend; Magst du das Haus verlaßen, und, wem du willst, dich vermaͤhlen. Also sprach er zulezt; das wird nun alles erfuͤllet! 270 Kommen wird einst die Nacht, die schreckliche Nacht der Vermaͤhlung! Mir ungluͤcklichen Frau, die Zeus des Heiles beraubt hat! Aber vor allen kraͤnket mich das in der Tiefe des Herzens: Unter den Freiern galt ja sonst nicht diese Begegnung! Denn die ein edles Weib und eines Beguͤterten Tochter 275 Sich zur Gemahlin wuͤnschen, und Nebenbuhler befuͤrchten, Diese bringen ja Rinder und fette Schafe zum Schmause Fuͤr die Freunde der Braut, und schenken ihr koͤstliche Gaben; Aber verschwelgen nicht so umsonst ein fremdes Vermoͤgen! Sprachs; da freuete sich der herliche Dulder Oduͤßeus, 280 Daß sie von ihnen Geschenke zog, und mit freundlichen Worten Ihre Herzen bestrickte, doch anders im Herzen gedachte. Aber Eupeithaͤs Sohn Antinoos gab ihr zur Antwort: O Ikarios Tochter, du kluge Paͤnelopeia, Was dir jeder Achaier an koͤstlichen Gaben hieher bringt, 285 Dieses empfang; es waͤre nicht fein, das Geschenk dir zu weigern. Aber wir weichen nicht eh zu den Unsrigen oder zu andern, Eh du den beßten Achaier zu deinem Braͤutigam waͤhlest! Also sprach er, und allen gefiel Antinoos Rede. Und die Geschenke zu bringen, entsandte jeder den Herold 290 Oduͤßee. Fuͤr Antinoos bracht' er ein praͤchtiges blumengesticktes Großes Frauengewand: zwoͤlf schoͤne goldene Haͤklein Waren daran, und faßten in schoͤngebogene Oesen. Fuͤr Euruͤmachos bracht' er ein koͤstliches Halsgeschmeide, Lauteres Gold, mit Ambra besezt, der Sonne vergleichbar. 295 Fuͤr Euruͤdamas brachten zwei Ohrgehenke die Diener, Dreigestirnt, und kuͤnstlich gemacht, mit stralender Anmut. Aus Peisandros Palast, des poluͤktoridischen Koͤnigs Brachte der Diener ein reiches und lieblichschimmerndes Halsband. Also schenkte jeder Achaier ein anderes Kleinod. 300 Und das goͤttliche Weib stieg wieder zur oberen Wohnung; Ihre Jungfraun trugen der Freier schoͤne Geschenke. Aber die Freier wandten sich wieder zum Tanz und Gesange, Und belustigten sich, bis ihnen der Abend herabsank. Als den Lustigen nun der dunkle Abend herabsank, 305 Sezten sie alsobald drei Feuerfaͤßer im Saale Ihnen zu leuchten umher, und haͤuften trockene Splitter, Welche sie frisch mit dem Erz aus duͤrrem Holze gespalten, Und Kienstaͤbe darauf. Die Maͤgde des Helden Oduͤßeus Gingen vom einen zum andern, und schuͤrten die sinkende Flamme. 310 Aber zu ihnen sprach der goͤttliche weise Oduͤßeus: O ihr Maͤgde Oduͤßeus, des langabwesenden Koͤnigs, Geht zu den Wohnungen hin, wo die edle Koͤnigin wohnet; Sizt bei ihr im Saale, sie aufzuheitern, und drehet Fleißig die Spindel, oder bereitet die flockichte Wolle. 315 Diese will ich schon alle mit leuchtender Flamme versorgen. Blieben sie auch die ganze Nacht, bis der Morgen sich roͤthet; Mich ermuͤden sie nicht; ich bin zum Dulden gehaͤrtet. Achzehnter Gesang. Also sprach er; da lachten sie laut, und sahn nach einander. Aber nun fuhr ihn Melantho, die rosenwangichte Tochter 320 Dolios, an. Es hatte sie Paͤnelopeia erzogen, Und wie ihr Kind gepflegt, und jeden Wunsch ihr gewaͤhret: Dennoch ruͤhrte sie nicht der Kummer Paͤnelopeiens; Sondern sie buhlte geheim mit Euruͤmachos, ihrem Geliebten. Diese laͤsterte schaͤndlich den edlen Dulder Oduͤßeus: 325 Elender Fremdling, du bist wohl deiner Sinne nicht maͤchtig: Daß du nicht gehst, die Nacht in der Herberg', oder des Schmiedes Warmer Eße zu ruhn; und hier in der großen Gesellschaft Solcher Maͤnner so dreist, und ohne jemand zu fuͤrchten, Plauderst! Traun dich bethoͤrt der Weinrausch, oder du bist auch 330 Immer ein solcher Geck, und schwazest solche Geschwaͤze! Oder schwindelt dein Hirn, weil du Iros, den Bettler, besiegt hast? Daß sich nur keiner erhebe, der tapferer streitet als Iros! Denn er moͤchte dein Haupt mit starken Faͤusten zerschlagen, Und aus dem Hause dich stoßen, mit triefendem Blute besudelt. 335 Zuͤrnend schaute auf sie und sprach der weise Oduͤßeus: Wahrlich, das sag' ich Taͤlemachos an, was du Huͤndin da plauderst: (Siehst du ihn dort?) damit er dich gleich in Stuͤcke zerhaue! Also sprach er, und schreckte die bangen Weiber von hinnen; Und sie entflohn aus dem Saal, und eileten durch die Gemaͤcher, 340 Zitternd vor Angst; denn sie meinten, er hab' im Ernste geredet. Und Oduͤßeus stand, der leuchtenden Feuergeschirre Flamme naͤhrend, und sahe nach allen. Aber sein Herz war Andrer Gedanken voll, die bald zu Handlungen reiften. Aber den mutigen Freiern verstatete Pallas Athaͤnaͤ 345 Nicht, des erbitternden Spottes sich ganz zu enthalten, damit noch Oduͤßee. Heißer entbrennte das Herz des Laertiaden Oduͤßeus. Siehe Poluͤbos Sohn, Euruͤmachos, reizte den Helden Vor der Versammlung zuerst, und erregte der Freunde Gelaͤchter. Hoͤret mich an, ihr Freier der weitgepriesenen Fuͤrstin, 350 Daß ich rede, wie mir das Herz im Busen gebietet. Wahrlich ein Himmlischer fuͤhrte den Mann in die Wohnung Oduͤßeus! Denn wo mir recht ist, koͤmmt der Glanz nicht bloß von dem Feuer, Sondern von seiner Glaze, worauf kein Haͤrchen zu sehn ist. Sprachs, und wandte sich drauf zum Staͤdteverwuͤster Oduͤßeus: 355 Fremdling, willst du dich wohl bei mir zum Knechte verdingen, Daß du, fern auf dem Land', (ich meine, fuͤr gute Bezahlung!) Dornenzaͤune mir flechtest, und schattige Baͤume mir pflanzest? Siehe dann reicht' ich dir dein taͤgliches Eßen und Trinken, Und bekleidete dich, und gaͤbe dir Schuh' an die Fuͤße. 360 Aber da du nun nichts als Bubenstuͤcke gelernt hast, Wirst du nicht gern arbeiten, und lieber das Land durchstreichen, Deinen gefraͤßigen Bauch mit Bettelbrote zu stopfen! Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: O arbeiteten wir, Euruͤmachos, beide zur Wette 365 Einst in der Fruͤhlingszeit, wann die Tage heiter und lang sind, Auf der grasichten Wiese; mit schoͤngebogener Sichel Gingen wir, ich und du, und maͤhten nuͤchtern vom Morgen Bis zur sinkenden Nacht, so lang' es an Grase nicht fehlte! Oder trieb' ich ein Joch der treflichsten Rinder am Pfluge, 370 Roͤthlich und groß von Wuchs, mit fettem Grase gesaͤttigt, Gleich an Alter und Kraft, mit unermuͤdlicher Staͤrke, Eine Hufe zu ackern, und wiche die Erde der Pflugschaar; Sehen solltest du dann, wie grade Furchen ich zoͤge! Achzehnter Gesang. Oder sendete Zeus uns heute noch Krieg, und ging' ich 375 Mit zwo blinkenden Lanzen und einem Schilde geruͤstet, Und die Schlaͤfe geschirmt mit einem ehernen Helme; Sehen solltest du traun! mich unter den vordersten Streitern, Und mich nicht so hoͤhnend an meinen Magen erinnern! Aber du bist sehr stolz und menschenfeindliches Herzens! 380 Und du duͤnkst dir vielleicht ein großer und starker Achaier, Weil du mit wenigen Leuten, und nicht den tapfersten, umgehst! Aber kaͤm' Oduͤßeus in seiner Vaͤter Gefilde; O bald wuͤrde die Thuͤre, so weit sie der Zimmerer baute, Dennoch zu enge dir sein, wann du zum Hause hinausfloͤhst! 385 Also sprach er; da ward Euruͤmachos Herz noch erboßter, Zuͤrnend schaut' er ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Elender, gleich empfange den Lohn, daß du unter so vielen Edlen Maͤnnern so dreist, und ohne jemand zu fuͤrchten, Plauderst! Traun dich bethoͤrt der Weinrausch, oder du bist auch 390 Immer ein solcher Geck, und schwazest solche Geschwaͤze! Oder schwindelt dein Hirn, weil du Iros, den Bettler, besiegt hast? Also sprach er, und griff nach dem Schemel. Aber Oduͤßeus Warf zu Amsinomos Knien, des Dulichiers, eilend sich nieder, Fuͤrchtend Euruͤmachos Wurf; und der Schemel flog an des Schenken 395 Rechte Hand, daß die Kanne voll Weins ihm toͤnend entstuͤrzte, Und er selbst mit Geheul auf den Boden ruͤcklings dahinsank. Aber nun laͤrmten die Freier umher in dem schattichten Saale; Einer wendete sich zu seinem Nachbar, und sagte: Waͤre der irrende Fremdling doch ferne gestorben, bevor er 400 Ithaka sah; dann braͤcht' er uns nicht dies laute Getuͤmmel! Aber wir zanken uns hier um den leidigen Bettler, und schmecken Oduͤßee. Achzehnter Gesang. Nichts von den Freuden des Mahls; denn es wird je laͤnger je aͤrger! Und die heilige Kraft Taͤlemachos sprach zur Versammlung: Ungluͤckselige Maͤnner, ihr rast, und eure Gespraͤche 405 Zeugen von Speis' und Trank; euch reizet wahrlich ein Daͤmon! Aber nachdem ihr geschmaust, so geht, und legt euch zu Hause Schlafen, wanns euch gefaͤllt; doch treib' ich keinen von hinnen. Also sprach er; da bißen sie ringsumher sich die Lippen, Ueber den Juͤngling erstaunt, der so entschloßen geredet. 410 Drauf erhub sich und sprach Amfinomos zu der Versammlung, Nisos ruͤhmlicher Sohn, des araͤtiadischen Koͤnigs: Freunde, Taͤlemachos hat mit großem Rechte geredet; Drum entruͤste sich keiner, noch geb' ihm trozige Antwort! Auch mishandelt nicht ferner den armen Fremdling, noch jemand 415 Von den Leuten im Hause des goͤttergleichen Oduͤßeus. Auf! es fuͤlle von neuem der Schenk mit Weine die Becher, Daß wir opfern, und dann nach Hause gehen zu schlafen. Aber der Fremdling bleib' im Hause des edlen Oduͤßeus Unter Taͤlemachos Schuz; denn ihm vertraut' er sein Heil an. 420 Also sprach er, und allen gefiel Amfinomos Rede. Und Held Mulios mischte den Wein im Kelche mit Waßer, Dieser dulichische Herold, Amfinomos treuer Gefaͤhrte; Reichte dann allen umher die vollen Becher. Die Freier Opferten jezt, und tranken des herzerfreuenden Weines. 425 Und nachdem sie geopfert und nach Verlangen getrunken, Gingen sie alle heim, der suͤßen Ruhe zu pflegen. Oduͤßee . Neunzehnter Gesang . A ber im Saale blieb der goͤttergleiche Oduͤßeus, Und umdachte den Tod der Freier mit Pallas Athaͤnaͤ. Eilend wandt' er sich jezt mit gefluͤgelten Worten zum Sohne: Laß uns, Taͤlemachos, gleich die Waffen im Hause verbergen! Aber erkundigen sich die Freier, wo sie geblieben; 5 Dann besaͤnftige sie mit guten Worten: Ich trug sie Aus dem Rauche hinweg; denn sie sehn den alten nicht aͤhnlich, Wie sie Oduͤßeus einst, gen Troja schiffend, zuruͤckließ; Sondern sind ganz entstellt von dem rußichten Dampfe des Feuers. Und noch ein Groͤßeres gab ein Himmlischer mir zu bedenken: 10 Daß ihr nicht etwa im Rausch euch zankt, und einander verwundet, Und die Freuden des Mahls und die Liebe zu Paͤnelopeia Blutig entweiht; denn selbst das Eisen ziehet den Mann an. Also sprach Oduͤßeus. Der Sohn gehorchte dem Vater, Und rief Euruͤkleia, die Pflegerin, zu sich, und sagte: 15 Muͤtterchen, halte die Weiber so lang' in ihren Gemaͤchern, Bis ich hinauf in den Soͤller die schoͤnen Waffen des Vaters Bringe, die hier im Saale der Rauch so schaͤndlich entstellet; Denn mein Vater ist weg, und ich war ehmals ein Knabe. Jezo verwahr' ich sie dort, wo der Dampf des Feuers nicht hinkommt. 20 Oduͤßee. Ihm antwortete drauf die Pflegerin Euruͤkleia: Wenn du doch endlich, mein Sohn, zu reifem Verstande gelangtest, Um dein Haus zu besorgen, und deine Guͤter zu schuͤzen! Aber wohlan, wer begleitet dich denn mit leuchtender Fackel, Wann die Maͤgde, die dir sonst leuchten, nicht duͤrfen herausgehn? 25 Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Dieser Fremdling! Denn wer von meinem Tische sich naͤhret, Darf mir nicht muͤßig stehn, und kaͤm' er auch fern aus der Fremde. Also sprach er zu ihr, und redete nicht in die Winde: Schnell verschloß sie die Pforten der schoͤngebaueten Wohnung. 30 Nun erhub sich Oduͤßeus mit seinem treflichen Sohne, Und sie trugen die Helme hinein, die gewoͤlbeten Schilde Und scharfspizigen Lanzen; voran ging Pallas Athaͤnaͤ Mit der goldenen Lamp', und verbreitete leuchtenden Schimmer. Und Taͤlemachos sprach zu seinem Vater Oduͤßeus: 35 Vater, ein großes Wunder erblick' ich hier mit den Augen! Alle Waͤnde des Hauses, und jegliche schoͤne Vertiefung, Und die fichtenen Balken und hocherhabenen Seulen, Glaͤnzen mir vor den Augen so hell als brennendes Feuer! Wahrlich ein Gott ist hier, des weiten Himmels Bewohner! 40 Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Schweig, und forsche nicht nach, und bewahre deine Gedanken! Siehe, das ist die Weise der himmelbewohnenden Goͤtter! Aber lege dich schlafen; ich bleibe hier noch ein wenig, Um die Maͤgde hieher und deine Mutter zu locken: 45 Diese wird mich weinend nach allen Dingen befragen. Sprachs; und Taͤlemachos ging mit angezuͤndeten Fackeln Aus dem Saale hinaus in seine Kammer zu Bette, Neunzehnter Gesang. Wo er gewoͤhnlich ruhte, wann suͤßer Schlummer ihn einlud: Alda schlief er auch jezt, und harrte der heiligen Fruͤhe. 50 Aber im Saale blieb der goͤttergleiche Oduͤßeus, Und umdachte den Tod der Freier mit Pallas Athaͤnaͤ. Jezo ging aus der Kammer die kluge Paͤnelopeia, Artemis gleich an Gestalt und der goldenen Afroditaͤ. Neben das Feuer sezten sie ihren gewoͤhnlichen Seßel, 55 Welcher, mit Elfenbein und Silber umzogen, ein Kunstwerk Von Ikmalios war; der Schemel unter den Fuͤßen Hing daran, und ein zottichtes Fell bedeckte den Seßel. Alda sezte sich nun die kluge Paͤnelopeia. Und weißarmige Maͤgde, die aus der hinteren Wohnung 60 Kamen, trugen von dannen das viele Brot und die Tische, Und die Trinkgefaͤße der uͤbermuͤtigen Maͤnner; Schuͤtteten aus den Geschirren die Glut zur Erden, und haͤuften Anderes Holz darauf, zum Leuchten und zur Erwaͤrmung. Aber Melantho schalt von neuem den edlen Oduͤßeus: 65 Fremdling, willst du auch noch die Ruhe der Nacht uns verderben, Um das Haus zu durchwandern, und auf die Weiber zu lauren? Elender, geh aus der Thuͤr, und sei vergnuͤgt mit der Mahlzeit; Oder ich werfe dich gleich mit dem Brande, daß du hinausfliehst! Zuͤrnend schaute auf sie und sprach der weise Oduͤßeus: 70 Ungluͤckselige, sprich, was faͤhrst du mich immer so hart an? Weil ich nicht jung mehr bin, und meine Kleider so schlecht sind? Und weil die Noth mich zwingt, als Bettler die Stadt zu durchwandern? Dieses ist ja der Armen und irrenden Fremdlinge Schicksal! Siehe, ich selber war einst ein gluͤcklicher Mann, und Bewohner 75 Eines reichen Palastes, und gab dem irrenden Fremdling Oduͤßee. Oftmals, wer er auch war, und welche Noth ihn auch draͤngte. Und unzaͤhlige Knechte besaß ich, und andere Guͤter, Die man zum Ueberfluß und zur Pracht der Reichen erfodert. Aber das nahm mir Zeus nach seinem heiligen Rathschluß! 80 Darum, Maͤdchen, bedenk: wenn auch du so gaͤnzlich dein Ansehn Einst verloͤrst, womit du vor deinen Gespielinnen prangest; Oder wenn dich einmal der Zorn der Koͤnigin traͤfe; Oder Oduͤßeus kaͤme: denn noch ist Hoffnung zur Heimkehr! Aber er sei schon todt, und kehre nimmer zur Heimat: 85 Dennoch lebt ja sein Sohn Taͤlemachos, welchen Apollons Gnade beschirmt; und er weiß, wie viel Unarten die Weiber Hier im Hause beginnen; denn er ist wahrlich kein Kind mehr! Also sprach er; ihn hoͤrte die kluge Paͤnelopeia. Zuͤrnend wandte sie sich zu der Magd mit scheltenden Worten: 90 Unverschaͤmteste Huͤndin, ich kenne jegliche Schandthat, Welche du thust, und du sollst mit deinem Haupte sie buͤßen! Alles wußtest du ja, du hattest von mir es gehoͤret: Daß ich in meiner Kammer den Fremdling wollte befragen Wegen meines Gemahls, um den ich so herzlich betruͤbt bin! 95 Und zu der Schaffnerin Euruͤnomaͤ sagte sie also: Auf, Euruͤnomaͤ, bringe mir einen Stuhl und ein Schafsfell, Drauf zu legen, hieher; damit er sizend erzaͤhle Und mich hoͤre, der Fremdling; ich will ihn jezo befragen. Also sprach sie; da ging die Schaffnerin eilig, und brachte 100 Einen zierlichen Stuhl, und legte druͤber ein Schafsfell. Hierauf sezte sich nun der herliche Dulder Oduͤßeus. Und es begann das Gespraͤch die kluge Paͤnelopeia: Hierum muß ich dich, Fremdling, vor allen Dingen befragen: Neunzehnter Gesang. Wer, weß Volkes bist du, und wo ist deine Geburtstadt? 105 Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Keiner, o Koͤnigin, lebt auf der unermeßlichen Erde, Der dich tadle; dein Ruhm erreicht die Feste des Himmels, Gleich dem Ruhme des guten und gottesfuͤrchtigen Koͤnigs, Welcher ein großes Volk von starken Maͤnnern beherschet, 110 Und die Gerechtigkeit schuͤzt. Die fetten Huͤgel und Thaͤler Wallen von Weizen und Gerste, die Baͤume hangen voll Obstes, Haͤufig gebiert das Vieh, und die Waßer wimmeln von Fischen, Unter dem weisen Koͤnig, der seine Voͤlker beseligt. Aber frage mich hier im Hause nach anderen Dingen, 115 Und erkunde dich nicht nach meinem Geschlecht und Geburtsland: Daß du nicht mein Herz mit herberen Qualen erfuͤllest, Wenn ich mich alles Jammers erinnere, den ich erduldet. Denn mit Klagen und Weinen im fremden Hause zu sizen, Ziemet mir nicht; und langer Gram vermehrt nur das Leiden. 120 Auch moͤcht' eine der Maͤgde mir zuͤrnen, oder du selber, Und, wenn ich weinte, sagen, mir thraͤnten die Augen vom Weinrausch. Ihm antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: Fremdling, die Tugend des Geistes und meine Schoͤnheit und Bildung Raubten die Himmlischen mir am Tage, da die Argeier 125 Schifften gen Troja, mit ihnen mein trauter Gemahl Oduͤßeus! Kehrete jener von dannen, und lebt' in meiner Gesellschaft, Ja dann moͤchte mein Ruhm wohl groͤßer werden und schoͤner! Aber jezo traur' ich; denn Leiden beschied mir ein Daͤmon. Alle Fuͤrsten, so viel in diesen Inseln gebieten, 130 Samaͤ, Dulichion und der waldbewachsnen Zakuͤnthos, Und so viele hier in der sonnigen Ithaka wohnen: Oduͤßee. Alle werben um mich mit Gewalt, und zehren das Gut auf. Darum kuͤmmern mich Fremdling' und Huͤlfeflehende wenig, Selbst die Herolde nicht, des Volks geheiligte Diener; 135 Sondern ich haͤrme mich ab um meinen trauten Oduͤßeus. Jene treiben die Hochzeit, und ich ersinne Verzoͤgrung. Erst gab diesen Gedanken ein Himmlischer mir in die Seele. Truͤglich zettelt' ich mir in meiner Kammer ein feines Uebergroßes Geweb', und sprach zu der Freier Versammlung: 140 Juͤnglinge, die ihr mich liebt, nach dem Tode des edlen Oduͤßeus! Dringt auf meine Vermaͤhlung nicht eher, bis ich den Mantel Fertig gewirkt, (damit nicht umsonst das Garn mir verderbe!) Welcher dem Helden Laertaͤs zum Leichengewande bestimmt ist, Wann ihn die finstere Stunde mit Todesschlummer umschattet: 145 Daß nicht irgend im Lande mich eine Achaierin tadle, Laͤg' er uneingekleidet, der einst so vieles beherschte. Also sprach ich mit List, und bewegte die Herzen der Edlen. Und nun webt' ich des Tages an meinem großen Gewande; Aber des Nachts, dann trennt' ich es auf, beim Scheine der Fackeln. 150 Also teuschte ich sie drei Jahr', und betrog die Achaier. Als nun das vierte Jahr im Geleite der Horen herankam, Und mit dem wechselnden Mond viel Tage waren verschwunden; Da verriethen mich Maͤgde, die Huͤndinnen sonder Empfindung! Und mich trafen die Freier, und schalten mit drohenden Worten. 155 Also mußt' ich es nun, auch wider Willen, vollenden. Aber ich kann nicht laͤnger die Hochzeit meiden, noch weiß ich Neuen Rath zu erfinden. Denn dringend ermahnen die Eltern Mich zur Heirat; auch sieht es mein Sohn mit großem Verdruß au, Wie man sein Gut verzehrt: denn er ist nun ein Mann, der sein Erbe 160 Neunzehnter Gesang. Selber zu schuͤzen vermag, und dem Zeus Ehre verleihet. Aber sage mir doch, aus welchem Geschlechte du herstammst; Denn du stammst nicht vom Felsen, noch von der gefabelten Eiche. Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Du ehrwuͤrdiges Weib des Laertiaden Oduͤßeus, 165 Also hoͤrst du nicht auf, nach meinem Stamme zu forschen? Nun so will ichs dir sagen, wiewohl du mein bitteres Leiden Mir noch bitterer machst; denn Schmerz empfindet doch jeder, Welcher so lang' als ich von seiner Heimat entfernt ist, Und mit Jammer umringt so viele Staͤdte durchwandert. 170 Aber ich will dir doch, was du mich fragest, verkuͤnden. Kraͤta ist ein Land im dunkelwogenden Meere, Fruchtbar und anmutsvoll und ringsumfloßen. Es wohnen Dort unzaͤhlige Menschen, und ihrer Staͤdte sind neunzig: Voͤlker von mancherlei Stamm und mancherlei Sprachen! Es wohnen 175 Dort Achaier, Kuͤdonen und eingeborene Kraͤter, Dorier, welche sich dreifach vertheilet, und edle Pelasger. Ihrer Koͤnige Stadt ist Knoßos, wo Minos geherscht hat, Der neunjaͤhrig mit Zeus, dem großen Gotte, geredet. Der Gesezgeber stieg alle neun Jahre in eine Hoͤhle, wo er vorgab, daß er sich mit Zeus, fuͤr dessen Sohn er gehalten wurde, uͤber die Verbeßerung seiner Geseze unterredete. Dieser war des edelgesinnten Deukalions Vater, 180 Meines Vaters, der mich und den Koͤnig Idomeneus zeugte. Aber Idomeneus fuhr in schoͤngeschnaͤbelten Schiffen Mit den Atreiden gen Troja; denn er ist aͤlter und tapfrer: Ich bin der juͤngere Sohn, und mein ruͤhmlicher Namen ist Aiton. Damals sah ich Oduͤßeus, und gab ihm Geschenke der Freundschaft. 185 Oduͤßee. Denn an Kraͤta's Kuͤste verschlug ihn die heftige Windsbraut, Als er gen Ilion fuhr, und stuͤrmt' ihn hinweg von Maleia. In des Amnisos gefaͤhrlicher Bucht entrann er dem Sturme Kaum, und ankerte dort bei der Grotte der Eileithuͤa, Die Eileithuͤen, oder Geburtsgoͤttinnen, waren Toͤchter der Haͤraͤ. Die neuere Fabel verwechselt sie bald mit Haͤraͤ, bald mit Artemis. Ging dann gleich in die Stadt, um Idomeneus selber zu sehen; 190 Denn er nannt' ihn seinen geliebten und theuersten Gastfreund. Aber schon zehnmal ging die Sonn' auf, oder schon elfmal, Seit Idomeneus war mit den Schiffen gen Troja gesegelt. Und ich fuͤhrte den wehrten Gast in unsere Wohnung: Freundlich bewirtet' ich ihn von des Hauses reichlichem Vorrat, 195 Und versorgte sein Schiff und seiner Reisegefaͤhrten Reichlich, auf Kosten des Volks, mit Mehl und funkelndem Weine, Und mit gemaͤsteten Rindern, daß ihre Seele sich labte. Und zwoͤlf Tage blieben bei uns die edlen Achaier; Denn der gewaltige Nord, den ein zuͤrnender Daͤmon gesendet, 200 Wuͤtete, daß man kaum auf dem Lande zu stehen vermochte. Am dreizehnten ruhte der Sturm, und sie schifften von dannen. Also teuscht' er die Gattin mit wahrheitgleicher Erdichtung. Aber die horchende Gattin zerfloß in Thraͤnen der Wehmut. Wie der Schnee, den der West auf hohen Bergen gehaͤuft hat, In Jonien, wo Homer sang, bringt der West- oder Nordwestwind aus Thrazien Frost, und der Ost- oder Suͤdostwind aus Asien milde Witterung. 205 Vor dem schmelzenden Hauche des Morgenwindes herabfließt; Daß von geschmolzenem Schnee die Stroͤme den Ufern entschwellen: Also floßen ihr Thraͤnen die schoͤnen Wangen herunter, Da sie den nahen Gemahl beweinete. Aber Oduͤßeus Neunzehnter Gesang. Fuͤhlt' im innersten Herzen den Gram der weinenden Gattin; 210 Dennoch standen die Augen wie Horn ihm, oder wie Eisen, Unbewegt in den Wimpern; denn kluͤglich hemmt' er die Thraͤne. Und nachdem sie ihr Herz mit vielen Thraͤnen erleichtert, Da begann sie von neuem, und gab ihm dieses zur Antwort: Nun ich muß dich doch ein wenig pruͤfen, o Fremdling, 215 Ob du meinen Gemahl auch wuͤrklich, wie du erzaͤhlest, Samt den edlen Genoßen in deinem Hause bewirtet. Sage mir denn, mit welcherlei Kleidern war er bekleidet? Und wie sah er aus? Auch nenne mir seine Begleiter. Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: 220 Schwer, o Koͤnigin, ist es, nach seiner langen Entfernung Ihn so genau zu beschreiben; wir sind schon im zwanzigsten Jahre, Seit er von dannen zog aus meiner heimischen Insel. Dennoch will ich dir sagen, so viel mein Geist sich erinnert. Einen zottichten schoͤnen gefutterten Mantel von Purpur 225 Trug der edle Oduͤßeus, mit einer zwiefachgeschloßnen Goldenen Spange daran, und vorn gezieret mit Stickwerk. Zwischen den Vorderklauen des gierigblickenden Hundes Zappelt' ein fleckichtes Rehchen; und alle sahn mit Bewundrung, Wie, aus Golde gebildet, der Hund an der Gurgel das Rehkalb 230 Hielt, und das ringende Reh zu entfliehn mit den Fuͤßen sich straͤubte. Unter dem Mantel bemerkt' ich den wunderkoͤstlichen Leibrock: Zart und weich, wie die Schale von einer getrockneten Zwiebel, War das feine Geweb', und glaͤnzendweiß, wie die Sonne. Wahrlich viele Weiber betrachteten ihn mit Entzuͤcken. 235 Eines sag' ich dir noch, und du nim solches zu Herzen! A a Oduͤßee. Sicher weiß ich es nicht: ob Oduͤßeus die Kleider daheim trug; Oder ob sie ein Freund ihm mit zu Schiffe gegeben, Oder irgend ein Fremdling, der ihn bewirtet. Denn viele Waren Oduͤßeus hold, ihm glichen wenig Achaier. 240 Ich auch schenkt' ihm ein ehernes Schwert, ein gefuttertes schoͤnes Purpurfarbnes Gewand, und einen paßenden Leibrock, Und entließ ihn mit Ehren zum schoͤngebordeten Schiffe. Endlich folgte dem Helden ein etwas aͤlterer Herold Nach; auch deßen Gestalt will ich dir jezo beschreiben. 245 Pucklicht war er, und schwarz sein Gesicht, und lockicht sein Haupthaar; Und Euruͤbataͤs hieß er; Oduͤßeus schaͤzte vor allen Uebrigen Freunden ihn hoch, denn er suchte sein Beßtes mit Klugheit. Also sprach er; da hub sie noch heftiger an zu weinen, Als sie die Zeichen erkannte, die ihr Oduͤßens beschrieben. 250 Und nachdem sie ihr Herz mit vielen Thraͤnen erleichtert, Da begann sie von neuem, und gab ihm dieses zur Antwort: Nun du sollst mir, o Fremdling, so jammervoll du vorhin warst, Jezo in meinem Haus' auch Lieb' und Ehre genießen! Denn ich selber gab ihm die Kleider, wovon du erzaͤhlest, 255 Wohlgefuͤgt aus der Kammer, und sezte die goldene Spange Ihm zur Zierde daran. Doch niemals werd' ich ihn wieder Hier im Hause begruͤßen, wann er zur Heimat zuruͤckkehrt! Zur unseligen Stund' entschiffte mein trauter Oduͤßeus, Troja zu sehn, die verwuͤnschte, die keiner nennet ohn Abscheu! 260 Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Du ehrwuͤrdiges Weib des Laertiaden Oduͤßeus, Schone der holden Gestalt und deines Lebens, und jammre Um den Gemahl nicht laͤnger! Zwar tadeln kann ich den Schmerz nicht; Neunzehnter Gesang. Denn es weint wohl jegliche Frau, die den Gatten verloren, 265 Ihrer Jugend Gemahl, mit dem sie Kinder gezeugt hat; Und von Oduͤßeus sagt man, er sei den Unsterblichen aͤhnlich. Aber maͤßige dich, und hoͤre, was ich dir sage: Denn ich will dir die Wahrheit verkuͤnden, und nichts dir verhehlen, Was ich von deines Gemahls Zuruͤckkunft hoͤrte, der jezo 270 Nahe von hier im fetten Gebiet der thesprotischen Maͤnner Lebt. Er kehret mit großem und koͤstlichem Gute zur Heimat, Das ihm die Voͤlker geschenkt. Doch seine lieben Gefaͤhrten Und sein ruͤstiges Schiff verlor er im stuͤrmenden Meere, Als er Thrinakiens Ufer verließ; denn es zuͤrnten dem Helden 275 Zeus und der Sonnengott, deß Rinder die Seinen geschlachtet. Alle diese versanken im dunkelwogenden Meere. Aber er rettete sich auf den Kiel, und trieb mit den Wellen An das gluͤckliche Land der goͤtternahen Faiaken. Diese verehrten ihn herzlich, wie einen der seligen Goͤtter, 280 Schenkten ihm großes Gut, und wollten ihn unbeschaͤdigt Heim gen Ithaka bringen. Dann waͤre vermutlich Oduͤßeus Lange schon hier; allein ihm schien es ein beßerer Anschlag, Noch durch mehrere Laͤnder zu reisen, und Guͤter zu sammeln: So wie immer Oduͤßeus vor allen Menschen auf Erden 285 Wußte, was Vortheil schafft; kein Sterblicher gleicht ihm an Weisheit! Also sagte mir Feidon, der edle thesprotische Koͤnig, Dieser beschwur es mir selbst, und beim Trankopfer im Hause, Segelfertig waͤre das Schiff, und bereit die Gefaͤhrten, Um ihn heimzusenden in seiner Vaͤter Gefilde. 290 Aber mich sandt' er zuvor im Schiffe thesprotischer Maͤnner, Welches zum weizenreichen Gefilde Dulichions abfuhr. Oduͤßee. Feidon zeigte mir auch die gesammelten Guͤter Oduͤßeus. Noch bis ins zehnte Glied sind seine Kinder versorget: Solch ein unendlicher Schaz lag dort im Hause des Koͤnigs! 295 Jener war, wie es hieß, nach Dodona gegangen, aus Gottes Hochgewipfelter Eiche Kronions Willen zu hoͤren: Wie er in Ithaka ihm, nach seiner langen Entfernung, Heimzukehren befoͤhle, ob oͤffentlich oder verborgen. Also lebt er noch frisch und gesund, und kehret gewiß nun 300 Bald zuruͤck; er irrt nicht lange mehr in der Fremde Von den Seinigen fern: und das beschwoͤr' ich dir heilig! Zeus bezeuge mir das, der hoͤchste und beßte der Goͤtter, Und Oduͤßeus heiliger Heerd, zu welchem ich fliehe: Daß dies alles gewiß geschehn wird, wie ich verkuͤnde 305 Selbst noch in diesem Jahre wird wiederkehren Oduͤßeus, Wann der jezige Mond abnimt, und der folgende zunimt! Ihm antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia! Fremdling, erfuͤlleten doch die Goͤtter, was du geweißagt! Dann erkenntest du bald an vielen und großen Geschenken 310 Deine Freundin, und jeder Begegnende priese dich selig! Aber es ahndet mir schon im Geiste, wie es geschehn wird. Weder Oduͤßeus kehrt zur Heimat wieder, noch wirst du Jemals weiter gebracht; denn hier sind keine Gebieter, Welche, wie einst der Held Oduͤßeus, da er noch lebte, 315 Edle Gaͤste mit Ehren bewirteten oder entließen. Aber ihr Maͤgde, wascht ihm die Fuͤß', und bereitet sein Lager: Bringet ein Bett, und bedeckt es mit Maͤnteln und praͤchtigen Polstern, Daß er in warmer Ruhe den goldenen Morgen erwarte. Aber morgen sollt ihr ihn fruͤhe baden und salben, 320 Neunzehnter Gesang. Daß er also geschmuͤckt an Taͤlemachos Seite das Fruͤhmahl Hier im Saale genieße. Doch reuen soll es den Freier, Der ihn wieder so frech mishandelt: nicht das geringste Hab' er hier ferner zu schaffen, und zuͤrnt' er noch so gewaltig! Denn wie erkenntest du doch, o Fremdling, ob ich an Klugheit 325 Und verstaͤndigem Herzen vor andern Frauen geschmuͤckt sei, Ließ' ich dich ungewaschen und schlechtbekleidet im Hause Speisen? Es sind ja den Menschen nur wenige Tage beschieden. Wer nun grausam denkt, und grausame Handlungen ausuͤbt; Diesem wuͤnschen alle, so lang' er lebet, nur Ungluͤck, 330 Und noch selbst im Tode wird sein Gedaͤchtniß verabscheut. Aber wer edel denkt, und edle Handlungen ausuͤbt; Deßen wuͤrdigen Ruhm verbreiten die Fremdlinge weithin Unter die Menschen auf Erden, und jeder segnet den Guten. Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: 335 Du ehrwuͤrdiges Weib des Laertiaden Oduͤßeus, Ach mir wurden Maͤntel und weiche praͤchtige Polster Ganz verhaßt, seitdem ich von Kraͤta's schneeichten Bergen Ueber die Wogen fuhr im langberuderten Schiffe! Laß mich denn diese Nacht so ruhn, wie ich es gewohnt bin: 340 Viele schlaflose Naͤchte hab' ich auf elendem Lager Hingebracht, und sehnlich den schoͤnen Morgen erwartet. Auch gebeut nicht diesen, mir meine Fuͤße zu waschen; Denn ich moͤchte nicht gern verstaten, daß eine der Maͤgde, Die im Hause dir dienen, mir meine Fuͤße beruͤhre. 345 Wo du nicht etwa sonst eine alte verstaͤndige Frau hast, Welche so vielen Kummer, als ich, im Leben erduldet: Dieser wehr' ich es nicht, mir meine Fuͤße zu waschen. Oduͤßee. Ihm antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: Lieber Gast! denn nie ist solch ein verstaͤndiger Fremdling, 350 Nie ein wehrterer Gast in meine Wohnung gekommen: So verstaͤndig und klug ist alles, was du auch sagest! Ja, ich hab' eine alte und sehr vernuͤnftige Frau hier, Welche die Pflegerin war des ungluͤckseligen Mannes, Und in die Arme ihn nahm, sobald ihn die Mutter geboren: 355 Diese wird, so schwach sie auch ist, die Fuͤße dir waschen. Auf denn, und wasche den Greis, du redliche Euruͤkleia! Er ist gleiches Alters mit deinem Herren. Vielleicht sind Jezt Oduͤßeus Haͤnd' und Fuͤße schon eben so kraftlos. Denn im Ungluͤck altern die armen Sterblichen fruͤhe. 360 Also sprach sie. Die Alte verbarg mit den Haͤnden ihr Antliz, Heiße Thraͤnen vergießend, und sprach mit jammernder Stimme: Wehe mir, wehe, mein Sohn! Ich Verlaßene! Also verwarf dich Zeus vor allen Menschen, so gottesfuͤrchtig dein Herz ist? Denn kein Sterblicher hat dem Gotte des Donners so viele 365 Fette Lenden verbrannt und erlesene Heka t omben, Als du jenem geweiht, im Vertraun, ein ruhiges Alter Einst zu erreichen, und selber den edlen Sohn zu erziehen! Und nun raubt er dir gaͤnzlich den Tag der froͤhlichen Heimkehr! Ach! es hoͤhnten vielleicht auch ihn in der Fremde die Weiber, 370 Wann er huͤlfeflehend der Maͤchtigen Haͤuser besuchte; Eben wie dich, o Fremdling, die Huͤndinnen alle verhoͤhnen, Deren Schimpf und Spott zu vermeiden du jezo dich weigerst, Daß sie die Fuͤße dir waschen. Doch mich, die willig gehorchet, Heißt es Ikarios Tochter, die kluge Paͤnelopeia. 375 Und nicht Paͤnelopeiens, auch deinenthalben, o Fremdling, Neunzehnter Gesang. Wasch' ich dich gern; denn tief innersten Herzen empfind' ich Mitleid! Aber wohlan, vernim jezt, was ich dir sage: Unser Haus besuchte schon mancher bekuͤmmerte Fremdling; Aber ich habe noch nimmer so etwas aͤhnlichs gesehen, 380 Als du, an Stimme, Gestalt und Fuͤßen, Oduͤßeus gleichest. Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Mutter, so sagen alle, die uns mit Augen gesehen, Daß wir beiden, Oduͤßeus und ich, einander besonders Aehnlich sind; wie auch du mit Scharfsinn jezo bemerkest. 385 Also sprach er. Da trug die Alte die schimmernde Wanne Zum Fußwaschen herbei: sie goß in die Wanne des Brunnen Kaltes Waßer, und mischt' es mit kochendem. Aber Oduͤßeus Sezte sich neben den Heerd, und wandte sich schnell in das Dunkel; Denn es fiel ihm mit Einmal aufs Herz, sie moͤchte beim Waschen 390 Seine Narbe bemerken, und sein Geheimniß verrathen. Jene kam, wusch ihren Herrn, und erkannte die Narbe Gleich, die ein Eber ihm einst mit weißem Zahne gehauen, Als er an dem Parnaß Autoluͤkos, seiner Mutter Edlen Vater, besucht' und Autoluͤkos Soͤhne, des Kluͤgsten 395 An Verstellung und Schwur! Hermeias selber gewaͤhrt' ihm Nach Homers Moral ist einem Rechtschaffenen gegen boͤse Feinde jede Verstellung, und im Nothfall selbst ein zweideutiger Schwur erlaubt: z. E. Ges. 20. V. 339. Diese Kunst; denn ihm verbrannt' er der Laͤmmer und Zicklein Lenden zum suͤßen Geruch, und huldreich schirmte der Gott ihn. Dieser Autoluͤkos kam in Ithaka's fruchtbares Eiland, Eben da seine Tochter ihm einen Enkel geboren. 400 Euruͤkleia sezte das neugeborene Knaͤblein, Oduͤßee. Nach dem froͤhlichen Mahl, auf die Kniee des Koͤnigs, und sagte: Finde nun selbst den Namen, Autoluͤkos, deinen geliebten Tochtersohn zu benennen, den du so herzlich erwuͤnscht hast. Und Autoluͤkos sprach zu seinem Eidam und Tochter: 405 Liebe Kinder, gebt ihm den Namen, den ich euch sage. Vielen Maͤnnern und Weibern auf lebenschenkender Erde Zuͤrnend, komm' ich zu euch in Ithaka's fruchtbares Eiland. Darum soll das Knaͤblein Oduͤßeus, der Zuͤrnende, heißen. Wann er mich einst als Juͤngling im muͤtterlichen Palaste 410 Am Parnaßos besucht, wo ich meine Guͤter behersche; Will ihn reichlichbeschenkt und froͤhlich wieder entlaßen. Jezo besucht ihn Oduͤßeus, die reichen Geschenke zu holen. Aber Autoluͤkos selbst und Autoluͤkos trefliche Soͤhne Reichten Oduͤßeus die Hand, und hießen ihn freundlich willkommen; 415 Auch Amsithea lief dem Enkel entgegen, umarmt' ihn, Kuͤßte sein Angesicht und beide glaͤnzenden Augen. Und Autoluͤkos rief und ermahnte die ruͤhmlichen Soͤhne, Daß sie Oduͤßeus ein Mahl bereiteten. Diese gehorchten: Eilten hinaus, und fuͤhrten ein stark fuͤnfjaͤhriges Rind her, 420 Schlachteten, zogen es ab, und hauten es ganz von einander, Und zerstuͤckten behende das Fleisch, und stecktens an Spieße, Brietens mit Vorsicht uͤber der Glut, und vertheiltens den Gaͤsten. Also saßen sie dort den Tag bis die Sonne sich neigte, Und erfreuten ihr Herz am gleichgetheileten Mahle. 425 Als die Sonne nun sank, und Dunkel die Erde bedeckte, Legten sie sich zur Ruh, und nahmen die Gabe des Schlafes. Als die daͤmmernde Fruͤhe mit Rosenfingern erwachte, Gingen sie auf die Jagd, Autoluͤkos trefliche Soͤhne, Neunzehnter Gesang. Und die spuͤrenden Hunde; mit ihnen der edle Oduͤßeus. 430 Und sie erstiegen die Hoͤhe des waldbewachsnen Parnaßos, Und durchwandelten bald des Berges luftige Kruͤmmen. Aus dem stillen Gewaͤßer des Ozeanes erhub sich Jezo die Sonn', und erhellte mit jungen Stralen die Gegend. Aber die Jaͤger durchsuchten das waldbewachsene Bergthal: 435 Vornan liefen die spuͤrenden Hund', und hinter den Hunden Gingen Autoluͤkos Soͤhne; doch eilte der edle Oduͤßeus Immer voraus, und schwang den weithinschattenden Jagdspieß. Alda lag im dichten Gestraͤuch ein gewaltiger Eber. Nie durchstuͤrmte den Ort die Wut naßhauchender Winde, 440 Ihn erleuchtete nimmer mit warmen Stralen die Sonne, Selbst der gießende Regen durchdrang ihn nimmer: so dicht war Dieses Gestraͤuch, und hoch bedeckten die Blaͤtter den Boden. Jener vernahm das Getoͤs von den Fuͤßen der Maͤnner und Hunde, Welche dem Lager sich nahten, und stuͤrzte hervor aus dem Dickicht, 445 Hoch die Borsten gestraͤubt, mit feuerflammenden Augen, Grad' auf die Jaͤger, und stand. Oduͤßeus, welcher voranging, Flog, in der nervichten Faust den langen erhobenen Jagdspieß, Ihn zu verwunden, hinzu; doch er kam ihm zuvor, und hieb ihm Ueber dem Knie in die Lende: der seitwaͤrts maͤhende Hauer 450 Riß viel Fleisch ihm hinweg, doch drang er nicht auf den Knochen. Aber Oduͤßeus traf die rechte Schulter des Ebers, Und bis vorn durchdrang ihn die Spize der schimmernden Lanze: Schreiend stuͤrzt' er dahin in den Staub, und das Leben verließ ihn. Um ihn waren sogleich Autoluͤkos Soͤhne beschaͤftigt. 455 Diese verbanden dem edlen, dem goͤttergleichen Oduͤßeus Sorgsam die Wund', und stillten das schwarze Blut mit Beschwoͤrung; Oduͤßee. Und dann kehrten sie schnell zu ihres Vaters Palaste. Als ihn Autoluͤkos dort und Autoluͤkos Soͤhne mit Sorgfalt Hatten geheilt; da beschenkten sie ihn sehr reichlich, und ließen, 460 Froh des Juͤnglings, ihn froh nach seiner heimischen Insel Ithaka ziehn. Sein Vater und seine trefliche Mutter Freuten sich herzlich ihn wiederzusehn, und fragten nach allem, Wo er die Narbe bekommen; da sagt' er die ganze Geschichte: Wie ein Eber sie ihm mit weißem Zahne gehauen, 465 Als er auf dem Parnaß mit Autoluͤkos Soͤhnen gejaget. Diese betastete jezo mit flachen Haͤnden die Alte, Und erkannte sie gleich, und ließ den Fuß aus den Haͤnden Sinken, er fiel in die Wanne; da klang die eherne Wanne, Stuͤrzt' auf die Seite herum, und das Waßer floß auf den Boden. 470 Freud' und Angst ergriffen das Herz der Alten: die Augen Wurden mit Thraͤnen erfuͤllt, und athmend stockte die Stimme. Endlich erholte sie sich, und faßt ihn ans Kinn, und sagte: Wahrlich du bist Oduͤßeus, mein Kind! und ich habe nicht eher Meinen Herren erkannt, bevor ich dich ringsum betastet! 475 Also sprach sie, und wandte die Augen nach Paͤnelopeia, Willens ihr zu verkuͤnden, ihr lieber Gemahl sei zu Hause. Aber die Koͤnigin konnte so wenig hoͤren als sehen; Denn Athaͤnaͤ lenkte ihr Herz ab. Aber Oduͤßeus Faßte schnell mit der rechten Hand die Kehle der Alten, 480 Und mit der andern zog er sie naͤher heran, und sagte; Muͤtterchen, mache mich nicht ungluͤcklich! Du hast mich an deiner Brust gesaͤugt; und jezo, nach vielen Todesgefahren, Bin ich im zwanzigsten Jahre zur Heimat wiedergekehret. Aber da du mich nun durch Gottes Fuͤgung erkannt hast, 485 Neunzehnter Gesang. Halt es geheim, damit es im Hause keiner erfahre! Denn ich sage dir sonst, und das wird wahrlich erfuͤllet! Wenn mir Gott die Vertilgung der stolzen Freier gewaͤhret, Siehe dann werd' ich auch deiner, die mich gesaͤuget, nicht schonen; Sondern ich toͤdte dich selbst mit den uͤbrigen Weibern im Hause! 490 Ihm antwortete drauf die verstaͤndige Euruͤkleia: Welche Rede, mein Kind, ist deinen Lippen entflohen? Weißt du nicht selbst, wie stark und unerschuͤttert mein Herz ist? Fest, wie Eisen und Stein, will ich das Geheimniß bewahren! Eins verkuͤnd' ich dir noch, und du nim solches zu Herzen: 495 Wann dir Gott die Vertilgung der stolzen Freier gewaͤhret, Siehe, dann will ich selbst die Weiber im Hause dir nennen, Alle, die dich verrathen, und die unstraͤflich geblieben. Ihr antwortete drauf der erfindungreiche Oduͤßeus: Muͤtterchen, warum willst du sie nennen? Es ist ja nicht noͤthig. 500 Kann ich nicht selbst aufmerken, und ihre Gesinnungen pruͤfen? Aber verschweig die Sache, und uͤberlaß sie den Goͤttern. Also sprach er. Da eilte die Pflegerin aus dem Gemache, Anderes Waßer zu holen; das erste war alles verschuͤttet. Als sie ihn jezo gewaschen, und drauf mit Oele gesalbet; 505 Nahm Oduͤßeus den Stuhl, und zog ihn naͤher ans Feuer, Sich zu waͤrmen, und bedeckte mit seinen Lumpen die Narbe. Drauf begann das Gespraͤch die verstaͤndige Paͤnelopeia: Fremdling, ich will dich jezo nur noch ein weniges fragen; Denn es nahet bereits die Stunde der lieblichen Ruhe, 510 Wem sein Leiden vergoͤnnt, in suͤßem Schlummer zu ruhen. Aber mich Arme belastet ein unermeßlicher Jammer! Meine Freude des Tags ist, unter Thraͤnen und Seufzern Oduͤßee. In dem Saale zu wirken, und auf die Maͤgde zu sehen. Aber koͤmmt nun die Nacht, da alle Sterblichen ausruhn; 515 Lieg' ich schlaflos im Bett', und tausend nagende Sorgen Wuͤhlen mit neuer Wut um meine zerrißene Seele. Wie wenn die Nachtigall, Pandareos liebliche Tochter, Ihren schoͤnen Gesang im beginnenden Fruͤhling' erneuert; Sizend unter dem Laube der dichtumschattenden Baͤume, 520 Rollt sie von Toͤnen zu Toͤnen die schnelle melodische Stimme, Ihren geliebten Sohn, den sie selber ermordet, die Thoͤrin! Ihren Ituͤlos klagend, den Sohn des Koͤniges Zaͤthos: Pandareos hatte drei Toͤchter: Aaͤdon, Kleothaͤra und Merope. Aaͤdon ward mit Zaͤthos, Amsions Bruder, vermaͤhlt, und bekam nur einen Sohn, Namens Ituͤlos. Eifersuͤchtig auf Amsions Gemahlin Niobe, die viele Kinder hatte, beschloß sie, deren aͤltesten Sohn, der mit Ituͤlos in Einem Bette schlief, zu ermorden. Sie traf ihren Sohn, rief die Goͤtter um Mitleid an, und ward in eine Nachtigall verwandelt. Also wendet sich auch mein Geist bald hiehin bald dorthin: Ob ich noch weile beim Sohn, und alle Guͤter bewahre, 525 Meine Hab', und die Maͤgd', und die hohe praͤchtige Wohnung, Scheuend das Lager des Ehegemahls und die Stimme des Volkes; Oder jezt von den Freiern im Hause den tapfersten Juͤngling, Welcher das meiste geschenkt, zu meinem Braͤutigam waͤhle. Als mein Sohn noch ein Kind war und schwaches Verstandes, da durft' ich 530 Ihm zu Liebe nicht waͤhlen, noch diese Wohnung verlaßen; Nun da er groͤßer ist, und des Juͤnglings Alter erreicht hat, Wuͤnscht er selber, ich moͤge nur bald aus dem Hause hinweggehn, Zuͤrnend wegen der Habe, so ihm die Achaier verschwelgen. Aber hoͤre den Traum, und sage mir seine Bedeutung. 535 Neunzehnter Gesang. Zwanzig Gaͤnse hab' ich in meinem Hause, die freßen In einem Zimmer der hinteren Weiberwohnung. Weizen mit Waßer gemischt; und ich freue mich, wenn ich sie anseh. Aber es kam ein großer und krummgeschnabelter Adler Von dem Gebirg', und brach den Gaͤnsen die Haͤlse; getoͤdtet Lagen sie all' im Haus', und er flog in die heilige Luft auf. 540 Und ich begann zu weinen, und schluchzt' im Traume. Da kamen, Ringsumher, mich zu troͤsten, der Stadt schoͤnlockige Frauen; Aber ich jammerte laut, daß der Adler die Gaͤnse getoͤdtet. Ploͤzlich flog er zuruͤck, und saß auf dem Simse des Rauchfangs, Wandte sich troͤstend zu mir, und sprach mit menschlicher Stimme: 545 Tochter des fernberuͤhmten Ikarios, froͤliches Mutes! Nicht ein Traum ist dieses, ein Goͤttergesicht, das dir Heil bringt. Jene Gaͤnse sind Freier, und ich war eben ein Adler; Aber jezo bin ich, dein Gatte, wieder gekommen, Daß ich den Freiern allen ein schreckliches Ende bereite. 550 Also sprach der Adler. Der suͤße Schlummer verließ mich; Eilend sah ich im Hause nach meinen Gaͤnsen, und alle Fraßen aus ihrem Troge den Weizen, so wie gewoͤhnlich. Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Fuͤrstin, es waͤre vergebens, nach einer anderen Deutung 555 Deines Traumes zu forschen. Dir sagte ja selber Oduͤßeus, Wie er ihn denkt zu erfuͤllen. Verderben drohet den Freiern Allzumal, und keiner entrinnt dem Todesverhaͤngniß. Ihm antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: Fremdling, es giebt doch dunkle und unerklaͤrbare Traͤume, 560 Und nicht alle verkuͤnden der Menschen kuͤnftiges Schicksal. Oduͤßee. Denn es sind, wie man sagt, zwo Pforten der nichtigen Traͤume: Die Traͤume wohnen am Eingang des Schattenreichs. Der Grund zur Erdichtung dieser Pforten war ein Wortspiel; denn das Wort Elfenbein, hat im Griechischen Aehnlichkeit mit teuschen; und Horn mit erfuͤllen. Dazu kam nun die Eigenschaft der Materie, weil Horn durchsichtig ist, hingegen El- fenbein zwar durch seine Weiße Licht verheißt, aber durch seine Dunkelheit teuscht. Eine von Elfenbein, die andre von Horne gebauet. Welche nun aus der Pforte von Elfenbeine herausgehn, Diese teuschen den Geist durch luͤgenhafte Verkuͤndung; 565 Andere, die aus der Pforte von glattem Horne hervorgehn, Deuten Wirklichkeit an, wenn sie den Menschen erscheinen. Aber ich zweifle, ob dorther ein vorbedeutendes Traumbild Zu mir kam. O wie herzlich erwuͤnscht waͤr' es mir und dem Sohne! Eins verkuͤnd' ich dir noch, und du nim solches zu Herzen. 570 Morgen erscheinet der Tag, der entsezliche! der von Oduͤßeus Hause mich trennen wird: denn morgen gebiet' ich den Wettkampf, Durch zwoͤlf Aexte zu schießen, die jener in seinem Palaste Dies waren Stichaͤxte, lange Zwergaͤxte ohne Stiel, womit man die Loͤcher aushaut. Vielleicht waren sie bloß zu diesem Spiele bestimmt, und daher etwas laͤnger als gewoͤhnlich. Sie wurden mit der Schaͤrfe so in dem Boden befestigt, daß die offenen Oere in grader Linie stunden. Pflegte, wie Hoͤlzer des Kiels, in grader Reihe zu stellen; Kielhoͤlzer: die geraden, durch einen langen Balken verbundenen Pfaͤle, woran von beiden Seiten die Bretter des Kiels genagelt wurden. Bei Erbauung eines Schiffes fing man hiermit an. Ferne stand er alsdann, und schnellte den Pfeil durch die Aexte. 575 Diesen Wettkampf will ich den Freiern jezo gebieten. Weßen Hand von ihnen den Bogen am leichtesten spannet, Und mit der Senne den Pfeil durch alle zwoͤlf Aexte hindurchschnellt; Neunzehnter Gesang. Siehe dem folg' ich als Weib aus diesem wehrten Palaste Meines ersten Gemahls, dem praͤchtigen reichen Palaste, 580 Deßen mein Herz sich vielleicht noch kuͤnftig in Traͤumen erinnert.] Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Du ehrwuͤrdiges Weib des Laertiaden Oduͤßeus, Zoͤgere nicht, und gebeut in deinem Hause den Wettkampf. Wahrlich noch eher kommt der erfindungsreiche Oduͤßeus, 585 Ehe von allen, die muͤhsam den glatten Bogen versuchen, Einer die Senne spannt, und den Pfeil durch die Eisen hindurchschnellt. Ihm antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: Fremdling, wolltest du mich, im Saale sizend, noch laͤnger Unterhalten, mir wuͤrde kein Schlaf die Augen bedecken. 590 Aber es koͤnnen ja doch die sterblichen Menschen nicht immer Schlaflos sein; die Goͤtter bestimmten jegliches Dinges Maß und Ziel den Menschen auf lebenschenkender Erde. Darum will ich jezo in meine Kammer hinaufgehn, Auf dem Lager zu ruhn, dem jammervollen, das immer 595 Meine Thraͤnen benezen, seitdem Oduͤßeus hinwegfuhr, Troja zu sehn, die verwuͤnschte, die keiner nennet ohn Abscheu! Dorthin geh' ich zu ruhn; du aber bereite dein Lager Hier im Haus' auf der Erd', oder laß ein Bette dir bringen. Also sprach sie, und stieg empor zu den schoͤnen Gemaͤchern, 600 Nicht allein, es gingen mit ihr die uͤbrigen Jungfraun. Als sie nun oben kam mit den Jungfraun, weinte sie wieder Ihren trauten Gemahl Oduͤßeus, bis ihr Athaͤnaͤ Sanft mit suͤßem Schlummer die Augenlieder bedeckte. Oduͤßee . Zwanzigster Gesang . A ber im Vorsaal lagerte sich der edle Oduͤßeus. Ueber die rohe Haut des Stieres breitet' er viele Wollichte Felle der Schafe vom uͤppigen Schmause der Freier; Und Euruͤnomaͤ deckte den Ruhenden zu mit dem Mantel. Alda lag Oduͤßeus, und sann dem Verderben der Freier 5 Wachend nach. Nun gingen die Weiber aus dem Palaste, Welche schon ehemals mit den Freiern hatten geschaltet, Und belustigten sich, und lachten unter einander. Aber dem Koͤnige ward sein Herz im Busen erreget; Und er bedachte sich hin und her, mit wankendem Vorsaz: 10 Ob er sich ploͤzlich erhuͤbe, die Frechen alle zu toͤdten; Oder ihnen noch Einmal zum allerlezten erlaubte, Mit den Freiern zu schalten. Im Innersten bellte sein Herz ihm: So wie die mutige Huͤndin, die zarten Jungen umwandelnd, Jemand, den sie nicht kennt, anbellt, und zum Kampfe hervorspringt. 15 Also bellte sein Herz, durch die schaͤndlichen Graͤuel erbittert. Aber er schlug an die Brust, und sprach die zuͤrnenden Worte: Dulde, mein Herz! Du hast noch haͤrtere Kraͤnkung erduldet, Damals, als der Kuͤklop, das Ungeheuer! die lieben Tapfern Freunde dir fraß. Du duldest, bis dich ein Anschlag 20 Oduͤßee. Zwanzigster Gesang. Aus der Hoͤhle befreite, wo dir dein Tod schon bestimmt war. Also strafte der Edle sein Herz im wallenden Busen; Und sein empoͤrtes Herz ermannte sich schnell, und harrte Standhaft aus. Allein er wandte sich hiehin und dorthin. Also wendet der Pfluͤger am großen brennenden Feuer 25 Eineu Ziegenmagen, mit Fett und Blute gefuͤllet, Hin und her, und erwartet es kaum, ihn gebraten zu sehen: Also wandte der Held sich hin und wieder, bekuͤmmert, Wie er den schrecklichen Kampf mit den schamlosen Freiern begoͤnne, Er allein mit so vielen. Da schwebete Pallas Athaͤnaͤ 30 Hoch vom Himmel herab, und kam in weiblicher Bildung, Neigte sich uͤber sein Haupt, und sprach mit freundlicher Stimme: Warum wachst du doch, ungluͤcklichster aller die leben? Dieses ist ja dein Haus, und drinnen ist deine Gemahlin, Und ein Sohn, so treflich ihn irgend ein Vater sich wuͤnschet! 35 Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Dieses alles ist wahr, o Goͤttin, was du geredet. Aber eines ist, was meine Seele bekuͤmmert: Wie ich den schrecklichen Kampf mit den schamlosen Freiern beginne, Ich allein mit so vielen, die hier sich taͤglich versammeln. 40 Und noch ein Groͤßeres ist, was meine Seele bekuͤmmert: Wann ich jene mit Zeus und deinem Willen ermorde, Wo entflieh ich alsdann? Dies uͤberlege nun selber. Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: O Kleinmuͤtiger, traut man doch einem geringeren Freunde, 45 Welcher nur sterblich ist und eingeschraͤnktes Verstandes; Und der Unsterblichen eine bin ich, die deiner bestaͤndig B b Oduͤßee. Waltet in jeder Gefahr. Vernim denn, was ich dir sage: Stuͤnden auch funfzig Schaaren der vielfachredenden Menschen Eine Schaar bestand in spaͤtern Zeiten aus fuͤnfundzwanzig. Um uns her, und trachteten dich im Kampfe zu toͤdten; 50 Dennoch raubtest du ihnen die fetten Rinder und Schafe. Aber schlummre nun ein! Die ganze Nacht zu durchwachen, Ist ermattend; du wirst ja der Truͤbsal jezo entrinnen! Also sprach sie, und deckte Oduͤßeus Augen mit Schlummer. Und zum Oluͤmpos empor erhub sich die heilige Goͤttin, 55 Als ihn der Schlummer umfing, den Gram zerstreute, die Glieder Sanft aufloͤste. Allein Oduͤßeus edle Gemahlin Fuhr aus dem Schlafe, sie saß auf dem weichen Lager, und weinte. Als sie endlich ihr Herz mit vielen Thraͤnen erleichtert, Flehte sie Artemis an, die treflichste unter den Weibern: 60 Hochgepriesene Goͤttin, o Artemis, Tochter Kronions, Traͤfest du doch mein Herz mit deinem Bogen, und naͤhmest Meinen bekuͤmmerten Geist gleich jezo! Oder ein Sturmwind Wenn jemand weggekommen war, daß man nicht wußte, wie oder wohin; so glaubte man, die Harpuͤen oder Sturmwinde haͤtten ihn geraubt, und an den Ozean getragen. Paͤnepoleia redet hier von dem Ozean gegen Westen, wo- hin der grade Weg durch das finstere Land der Kimmerier ging. Dort war naͤm- lich der Eingang des Schattenreichs, wo die Erinnen oder Furien wohnten. Raubte durch finstere Wege mich schnell von hinnen, und wuͤrfe Mich am fernen Gestade des ebbenden Ozeans nieder: 65 So wie die Stuͤrme vordem Pandareos Toͤchter entfuͤhrten! Ihrer Eltern beraubt von den Goͤttern, blieben sie huͤlflos Aaͤdons Schwestern Kleothaͤra und Merope, die Toͤchter Pandareos, den Zeus wegen eines Verbrechens samt seinem Weibe getoͤdtet hatte. Aus dicker Milch, Honig und Wein machte man ein Gemuͤse fuͤr Kinder. Zwanzigster Gesang. In dem Palaste zuruͤck; da naͤhrte sie Afroditaͤ Mit geronnener Milch und suͤßem Honig und Weine. Ihnen schenkte dann Haͤraͤ vor allen sterblichen Weibern 70 Schoͤnheit und klugen Verstand, die keusche Artemis Groͤße, Und Athaͤnaͤ die Kunde des Webestuhls und der Nadel. Aber da einst Afroditaͤ zum großen Oluͤmpos emporstieg, Daß der Donnerer Zeus den lieblichen Tag der Hochzeit Ihren Maͤdchen gewaͤhrte; (denn deßen ewige Vorsicht 75 Lenkt allwißend das Gluͤck und Ungluͤck sterblicher Menschen:) Raubten indeß die Harpuͤen Pandareos Toͤchter, und schenkten Sie den verhaßten Erinnen zu harter sklavischer Arbeit. Fuͤhrten die Himmlischen so auch mich aus der Kunde der Menschen! Oder entseelte mich Artemis Pfeil! damit ich, Oduͤßeus 80 Bild im Herzen, nur unter die traurige Erde versaͤnke, Eh ich die schnoͤde Begierd' eines schlechteren Mannes gesaͤttigt! Ach! zu erdulden ist noch immer das Leiden, wenn jemand Zwar die Tage durchweint und jammert, aber die Naͤchte Ruhiger Schlummer beherscht; denn dieser tilgt aus dem Herzen 85 Alles, Gutes und Boͤses, sobald er die Augen umschattet: Doch mir sendet auch Nachts ein Daͤmon schreckende Traͤume! Eben schlief es wieder bei mir, ganz aͤhnlich ihm selber, Wie er gen Ilion fuhr; und ich Arme freute mich herzlich, Denn ich hielt es nicht fuͤr ein Traumbild, sondern fuͤr Wahrheit. 90 Also sprach sie; da kam die goldenthronende Aeos. Und der Weinenden Stimme vernahm der edle Oduͤßeus. Aengstlich sann er umher; ihn daucht' im Herzen, sie stuͤnde Ihn erkennend bereits zu seinem Haupte. Da nahm er Hurtig Mantel und Felle, worauf er ruhte, zusammen, 95 Oduͤßee. Legte sie schnell in den Saal auf einen Seßel, die Stierhaut Trug er hinaus, und flehete Zeus mit erhobenen Haͤnden: Vater Zeus, wenn ihr Goͤtter nach vielem Jammer mich huldreich Ueber Waßer und Land in meine Heimat gefuͤhrt habt; O so rede nun einer der Wachenden gluͤckliche Worte 100 Hier im Palast, und draußen gescheh ein Zeichen vom Himmel! Also flehte der Held; den Flehenden hoͤrte Kronion. Und er donnerte schnell vom glanzerhellten Oluͤmpos Hoch aus den Wolken herab. Da freute sich herzlich Oduͤßeus. Ploͤzlich hoͤrt' er ein mahlendes Weib, das gluͤckliche Worte 105 Redete, nahe bei ihm, wo die Muͤhlen des Koͤniges standen. Taͤglich waren alhier zwoͤlf Muͤllerinnen beschaͤftigt, Weizen- und Gerstenmehl, das Mark der Maͤnner, zu mahlen. Aber die uͤbrigen schliefen, nachdem sie den Weizen zermalmet; Sie nur feirte noch nicht, denn sie war von allen die schwaͤchste. 110 Stehen ließ sie die Muͤhl', und sprach die profetischen Worte: Vater Zeus, der Goͤtter und sterblichen Menschen Beherscher, Wahrlich du donnertest laut vom Sternenhimmel, und nirgends Ist ein Gewoͤlk; du sendest gewiß jemanden ein Zeichen. Ach so gewaͤhr' auch jezo mir armen Weibe die Bitte! 115 Laß die stolzen Freier zum leztenmal heute, zum lezten! Ihren uͤppigen Schmaus in Oduͤßeus Hause genießen, Welche mir alle Kraft durch die seelenkraͤnkende Arbeit, Mehl zu bereiten, geraubt! Nun laß sie zum leztenmal schwelgen! Sprachs; und freudig vernahm Oduͤßeus ihre Verkuͤndung, 120 Und Zeus Donnergetoͤn; denn er hoffte die Frevler zu strafen. Jezo versammleten sich die andern Maͤgde des Koͤnigs, Und es loderte bald auf dem Heerde das maͤchtige Feuer. Zwanzigster Gesang. Auch der goͤttliche Juͤngling Taͤlemachos sprang von dem Lager, Legte die Kleider an, und haͤngte sein Schwert um die Schulter, 125 Band die schoͤnen Solen sich unter die ruͤstigen Fuͤße, Faßte den maͤchtigen Speer, mit scharfer eherner Spize, Ging, und stand an der Schwelle, und sagte zu Euruͤkleia: Muͤtterchen, habt ihr auch fuͤr die Ruh und Pflege des Fremdlings Hier im Saale gesorgt? oder liegt er gaͤnzlich versaͤumet? 130 Meine Mutter die ist nun so, (wie gut sie auch denket,) Daß sie den schlechteren Mann in ihres Herzens Verwirrung Oftmals ehrt, und den beßeren ungeehret hinwegschickt. Ihm erwiederte drauf die verstaͤndige Euruͤkleia: Sohn, beschuldige nicht die ganz unschuldige Mutter! 135 Denn er saß da und trank, so lang' er wollte, des Weines; Speise, sagte er selbst, verlangt' er nicht mehr; denn sie fragt' ihn. Und als endlich die Stunde des suͤßen Schlafes herankam, Da befahl sie den Maͤgden, ein Lager ihm zu bereiten; Aber Er, als ein ganz ungluͤcklicher leidengeuͤbter, 140 Weigerte sich im Bette auf weichen Polstern zu schlafen: Auf Schafsfellen allein und der unbereiteten Stierhaut Wollt' er im Vorsaal ruhn; wir deckten ihn noch mit dem Mantel. Also sprach sie. Da ging, den Speer in der Rechten, der Juͤngling Aus dem Palast; es begleiteten ihn schnellfuͤßige Hunde; 145 Und er ging zur Versammlung der schoͤngeharnischten Griechen. Aber den Maͤgden befahl die Edelste unter den Weibern, Euruͤkleia, die Tochter Ops, des Sohnes Peisaͤnors. Hurtig, ihr Maͤgde! kehrt mir den Saal geschwinde mit Besen, Aber sprengt ihn zuvor; die purpurnen Teppiche legt dann 150 Auf die zierlichen Seßel! Ihr andern scheuret die Tische Oduͤßee. Alle mit Schwaͤmmen rein; dann spuͤlt die kuͤnstlichgegoßnen Doppelbecher und Kelche mir aus! Ihr uͤbrigen aber Holet Waßer vom Quell; doch daß ihr nur eilig zuruͤckkommt! Heute zoͤgern gewiß die Freier nicht lange, sie werden 155 Fruͤhe sich hier versammlen; denn heut ist der heilige Neumond! Also sprach sie; ihr hoͤrten die Maͤgde mit Fleiß, und gehorchten. Zwanzig eileten schnell zum Waßer der schattichten Quelle, Und die andern im Saale vollendeten kluͤglich die Arbeit. Jezo kamen ins Haus der Freier mutige Diener, 160 Welche das Holz geschickt zerspalteten; und von der Quelle Kamen die Weiber zuruͤck. Auch kam der trefliche Sauhirt, Der drei Schweine, die beßten der ganzen Heerde, hereintrieb. Diese ließ er weidend im schoͤnen Hofe herumgehn, Trat dann selbst zu Oduͤßeus, und sprach die freundlichen Worte: 165 Fremdling, hast du anizt mehr Ansehn vor den Achaiern? Oder verschmaͤhen sie dich, wie vormals, hier im Palaste? Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Ach, Eumaios, bestraften doch einst die Goͤtter den Frevel Dieser verruchten Empoͤrer, die hier im fremden Palaste 170 Schaͤndliche Graͤuel veruͤben, und Scham und Ehre verachten! Also besprachen diese sich jezo unter einander. Und es nahte sich ihnen der Ziegenhirte Melantheus, Welcher die treflichsten Ziegen der ganzen Heerde den Freiern Brachte zum Schmaus; es begleiteten ihn zween andere Hirten. 175 Diese banden sie fest dort unter der toͤnenden Halle, Aber Melanthios sprach zu Oduͤßeus die schmaͤhenden Worte: Fremdling, du willst noch jezo in diesem Hause die Maͤnner Durch dein Betteln beschweren? und nie zur Thuͤre hinausgehn? Zwanzigster Gesang. Nun wir werden uns wohl nicht wieder trennen, bevor du 180 Diese Faͤuste gekostet! Es ist ganz wider die Ordnung, Solch ein Betteln! Es giebt ja noch andere Schmaͤuse der Griechen! Also sprach er; und nichts antwortete jenem Oduͤßeus, Sondern schuͤttelte schweigend sein Haupt, und sann auf Verderben. Auch der Maͤnnerbeherscher Filoͤtios brachte den Freiern 185 Eine gemaͤstete Kuh und fette Ziegen zum Schmause. Diese kamen vom festen Land' in der Faͤhre der Schiffer, Die auch andere fahren, wenn jemand solches begehret. Und er knuͤpfte sein Vieh auch unter der toͤnenden Halle Fest; dann trat er naͤher, und fragte den edlen Eumaios: 190 Huͤter der Schweine, wer ist der neulich gekommene Fremdling Hier in unserem Hause? Von welchen ruͤhmlichen Eltern Stammt er ab? Wo ist sein Geschlecht und vaͤterlich Erbe? Armer! Wahrlich er traͤgt der herschenden Koͤnige Bildung! Aber die Goͤtter verdunkeln das Ansehn irrender Menschen, 195 Auch wenn Koͤnigen selbst ein solcher Jammer zu Theil wird. Also sprach er, und kam und reichte dem edlen Oduͤßeus Freundlich die rechte Hand, und sprach die gefluͤgelten Worte: Freue dich, fremder Vater! Es muͤße dir wenigstens kuͤnftig Wohl ergehn! Denn jezo umringt dich mancherlei Truͤbsal 200 Vater Zeus, du bist doch vor allen Unsterblichen grausam! Du erbarmest dich nicht der Menschen, die du gezeugt hast, Sondern verdammst sie alle zu Noth und schrecklichem Jammer! Heißer und kalter Schweiß umstroͤmte mich, als ich dich sahe, Und mir thraͤnten die Augen: ich dachte gleich an Oduͤßeus, 205 Der wohl auch so zerlumpt bei fremden Leuten umherirrt; Wo er anders noch lebt, und das Licht der Sonne noch schauet Oduͤßee. Ist er aber schon todt und in der Schatten Behausung; Weh mir! wie klag' ich Oduͤßeus, den Herlichen! der mich als Juͤngling Ueber die Rinder im Lande der Kefallaͤnier sezte! In dem Theile des festen Landes, der dem kefallaͤnischen Koͤnige Oduͤßeus gehoͤrte. Nachmals ward der Name des Reichs Kefallaͤnia auf die In- sel Samaͤ eingeschraͤnkt. 210 Diese werden nun fast unzaͤhlbar; schwerlich hat jemand Eine so frischaufwachsende Zucht breitstirniger Rinder. Aber mich zwingen Fremde, sie ihnen zum uͤppigen Mahle Herzufuͤhren, und achten nicht des Sohnes im Hause, Zittern auch nicht vor der Rache der Goͤtter; ja ihnen geluͤstet 215 Schon, die Guͤter zu theilen des langabwesenden Koͤnigs. O wie oft hat mein Herz in Verzweifelung diesen Gedanken Hin und wieder bewegt: Sehr unrecht waͤr's, da der Sohn lebt, In ein anderes Land mit den Rindern zu fliehen, und Huͤlfe Fremder Leute zu suchen; doch schrecklicher ist es, zu bleiben, 220 Und die Rinder fuͤr andre mit innigem Kummer zu huͤten. Und ich waͤre schon laͤngst zu einem maͤchtigen Koͤnig Außer dem Lande geflohn; (denn es ist nicht laͤnger zu dulden!) Aber ich hoffe noch immer, daß mein ungluͤcklicher Koͤnig Wiederkomm', und die Schaar der Freier im Hause zerstreue! 225 Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Keinem geringen Manne noch thoͤrichten gleichst du, o Kuhirt, Und ich erkenn' es selber, du denkst vernuͤnftig und edel; Darum verkuͤnd' ich dir jezt, und betheur' es mit hohem Eidschwur: Zeus von den Goͤttern bezeug' es, und diese gastliche Tafel, 230 Und Oduͤßeus heiliger Heerd, zu welchem ich fliehe: Du wirst selber zugegen sein, wann Oduͤßeus zuruͤckkommt, Zwanzigster Gesang. Und, so du willst, auch selber mit deinen Augen es ansehn. Wie er die Freier vertilgt, die hier im Hause gebieten. Ihm antwortete drauf der Oberhirte der Rinder: 235 Fremdling, erfuͤllte doch Zeus, was du verkuͤndet! Du solltest Sehn, was auch meine Kraft und meine Haͤnde vermoͤchten! Auch Eumaios flehte zu allen unsterblichen Goͤttern, Daß sie dem weisen Oduͤßeus verstateten wiederzukehren. Also besprachen diese sich jezo untereinander. 240 Und die Freier beschloßen, Taͤlemachos heimlich zu toͤdten. Aber linksher kam ein ungluͤckdrohender Vogel, Ein hochfliegender Adler, und hielt die bebende Taube. Als ihn Amfinomos sahe, da sprach er zu der Versammlung: Freunde, nimmer gelingt uns dieser heimliche Rathschluß 245 Ueber Taͤlemachos Tod; wohlauf! und gedenket des Mahles! Also sprach er, und allen gefiel Amfinomos Rede. Und sie gingen ins Haus des goͤttergleichen Oduͤßeus, Legten die Maͤntel nieder auf praͤchtige Seßel und Throne, Opferten große Schafe zum Mahl, und gemaͤstete Ziegen, 250 Opferten fette Schwein' und eine Kuh von der Weide. Brieten und reichten umher die Eingeweide; und mischten Dann des Weines in Kelchen; die Becher vertheilte der Sauhirt; Und der Maͤnnerbeherscher Filoͤtios reichte den Freiern Brot in zierlichen Koͤrben; Melanthios schenkte den Wein ein: 255 Und sie erhoben die Haͤnde zum leckerbereiteten Mahle. Aber Taͤlemachos hieß, auf Listen sinnend, Oduͤßeus Sizen im schoͤngemauerten Saal, an der steinernen Schwelle, Neben dem kleinen Tisch, auf einem der schlechteren Stuͤhle. Und er bracht' ihm ein Theil der Eingeweide, und schenkte 260 Oduͤßee. Wein in den goldenen Becher, und sprach zu dem edlen Oduͤßeus: Size nun ruhig hier, und trinke Wein mit den Maͤnnern. Vor Gewaltsamkeiten und Schmaͤhungen will ich dich selber Schuͤzen gegen die Freier! Denn hier ist kein oͤffentlich Gasthaus, Sondern Oduͤßeus Haus; und ich bin der Erbe des Koͤnigs! 265 Aber ihr, o Freier, enthaltet euch aller Beschimpfung Und Gewalt; damit kein Zank noch Hader entstehe! Also sprach er; ba bißen sie ringsumher sich die Lippen, Ueber den Juͤngling erstaunt, der so entschloßen geredet. Aber Eupeithaͤs Sohn Antinoos sprach zur Versammlung: 270 Freunde, wie hart sie auch ist, wir wollen Taͤlemachos Rede Nur annehmen; ihr hoͤrt ja des Juͤnglings schreckliche Drohung! Zeus Kronion verstatet' es nicht; sonst haͤtten wir lange Hier im Hause den Redner mit heller Stimme geschweiget. Also sprach der Freier; doch jener verachtete solches. 275 Und die Herolde fuͤhrten die Hekatombe der Goͤtter Die Herolde des Volks, welches den Neumond feirte. Durch die Stadt; und die Schaar der hauptumlockten Achaier Ging in den Schattenhain des goͤttlichen Schuͤzen Apollons. Aber die Freier brieten das Fleisch, und zogens herunter, Theiltens den Gaͤsten umher, und feirten das praͤchtige Gastmahl. 280 Und Oduͤßeus brachten die Diener, welche zerlegten, Eben so viel des Fleisches, als jedem Gaste das Loos gab; Weil es Taͤlemachos hieß, der Sohn des edlen Oduͤßeus. Aber den mutigen Freiern verstatete Pallas Athaͤnaͤ Nicht, des erbitternden Spottes sich ganz zu enthalten, damit noch 285 Heißer entbrennte das Herz des Laertiaden Oduͤßeus. Zwanzigster Gesang. Unter den Freiern war ein ungezogener Juͤngling: Dieser hieß Ktaͤsippos, und war aus Samaͤ gebuͤrtig. Stolz auf das große Gut des Vaters, warb er anizo Um die Gattin Oduͤßeus, des langabwesenden Koͤnigs. 290 Dieser erhub die Stimme, und sprach zu den trozigen Freiern: Hoͤret, was ich euch sag', ihr edelmuͤtigen Freier! Zwar empfing der Fremdling schon laͤngst sein gebuͤhrendes Antheil, Eben wie wir; denn es waͤre nicht recht, und gegen den Wohlstand, Fremde zu uͤbergehn, die Taͤlemachos Wohnung besuchen: 295 Aber ich will ihm doch auch ein wenig verehren; damit er Etwa die Magd, die ihn badet, beschenke, oder auch jemand Sonst von den Leuten im Hause des goͤttergleichen Oduͤßeus. Also sprach er, und warf mit nervichter Rechte den Kuhfuß, Welcher im Korbe lag, nach Oduͤßeus. Aber Oduͤßeus 300 Wandte behende sein Haupt, und barg mit schrecklichem Laͤcheln Seinen Zorn; und das Bein fuhr gegen die zierliche Mauer. Aber Taͤlemachos schalt den Freier mit drohenden Worten: Wahrlich, Ktaͤsippos, es ist ein großes Gluͤck fuͤr dein Leben, Daß du den Fremdling nicht trafst; denn dieser beugte dem Wurf aus: 305 Traun! ich haͤtte dich gleich mit der spizen Lanze durchboret, Und stat der Hochzeit wuͤrde dein Vater ein Leichenbegaͤngniß Hier begehn! Veruͤbe mir keiner die mindeste Unart Hier im Palast! Mir fehlt nun weder Verstand noch Erfahrung, Gutes und Boͤses zu sehn; denn ehmals war ich ein Knabe 310 Dennoch schaun wir es an, und leiden alles geduldig, Wie ihr das Mastvieh schlachtet, und schwelgend den Wein und die Speise Ausleert; denn was vermag ein Einziger gegen so viele? Aber hierbei laßt nun auch eure Beleidigung stillstehn! Oduͤßee. Habt ihr indeß beschloßen, mich mit dem Schwerte zu toͤdten; 315 Lieber wollt' ich doch das, und wahrlich, es waͤre mir beßer! Sterben, als immerfort den Graͤul der Verwuͤstungen ansehn: Wie man die Fremdlinge hier mishandelt, oder die Maͤgde Zur abscheulichen Lust in den praͤchtigen Kammern umherzieht! Also sprach er; und alle verstummten umher, und schwiegen. 320 Endlich erwiederte drauf Damastors Sohn Agelaos: Freunde, Taͤlemachos hat mit großem Rechte geredet; Drum entruͤste sich keiner, noch geb' ihm trozige Antwort! Auch mishandelt nicht ferner den armen Fremdling, noch jemand Von den Leuten im Hause des goͤttergleichen Oduͤßeus! 325 Aber Taͤlemachos moͤcht' ich anizt und Taͤlemachos Mutter Dies wohlmeinend rathen, wenns ihrem Herzen gefiele. Als ihr beide noch immer mit sehnlichharrendem Herzen Hofftet die Wiederkehr des erfindungsreichen Oduͤßeus; War es nicht tadelhaft, zu warten, und die Achaier 330 Hinzuhalten im Hause: (denn beßer waͤr' es gewesen, Haͤtten die Goͤtter Oduͤßeus verstatet wiederzukehren.) Doch nun ist es ja klar, daß Oduͤßeus nimmer zuruͤckkehrt. Drum geh hin zu der Mutter, und sag' ihr, sie moͤge den beßten Juͤngling, welcher das meiste geschenkt, zum Braͤutigam waͤhlen: 335 Daß du alle Guͤter des Vaters beherschen, und friedlich Eßen und trinken koͤnnest, da sie mit dem Manne hinwegzieht! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen; Nein, bei Zeus! Agelaos, und bei den Leiden des Vaters, Der von Ithaka ferne den Tod fand, oder umherirrt! 340 Ich verhindre sie nicht, ich selber heiße die Mutter Waͤhlen, welchen sie will, und wer sie reichlich beschenket. Zwanzigster Gesang. Aber ich scheue mich, sie mit harten Worten gewaltsam Aus dem Hause zu treiben; das wolle Gott nicht gefallen! Also sprach er; Und siehe, ein großes Gelaͤchter erregte 345 Palas Athaͤnaͤ im Saal, und verwirrte der Freier Gedanken: Und schon lachten sie alle mit graͤßlichverzuckten Gesichtern. Blutbesudeltes Fleisch verschlangen sie jezo; die Augen Waren mit Thraͤnen erfuͤllt, und Jammer umschwebte die Seele. Und der goͤttliche Mann Theokluͤmenos sprach zur Versammlung: 350 Ach ungluͤckliche Maͤnner, welch Elend ist euch begegnet! Finstere Nacht umhuͤllt euch Haupt und Antliz und Glieder! Und Wehklagen ertoͤnt, und Thraͤnen nezen die Wangen! Und von Blute triefen die Waͤnd' und das schoͤne Getaͤfel! Flatternde Geister fuͤllen die Flur, und fuͤllen den Vorhof, 355 Zu desErebos Schatten hinuntereilend! Die Sonne Ist am Himmel erloschen, und rings herscht schreckliches Dunkel! Also sprach er; und alle begannen herzlich zu lachen. Aber Poluͤbos Sohn Euruͤmachos sprach zu den Freiern: Hoͤrt, wie der Fremdling rast, der neulich von ferne hieherkam! 360 Hurtig, ihr Juͤnglinge, eilt, und leitet ihn aus dem Palaste Nach dem Versammlungsplaz! Hier kommt ihm alles wie Nacht vor! Und der goͤttliche Mann Theokluͤmenos gab ihm zur Antwort: Keinesweges bedarf ich, Euruͤmachos, deiner Geleiter; Denn du siehst, ich habe noch Augen und Ohren und Fuͤße, 365 Und mein guter Verstand ist auch nicht irre geworden. Hiermit will ich allein hinausgehn: denn ich erkenne Schon das kommende Graun des Todes, dem keiner entfliehn wird, Keiner von euch, ihr Freier im Hause des edlen Oduͤßeus, Wo ihr die Fremdlinge hoͤhnt, und schaͤndliche Graͤuel veruͤbet! 370 Oduͤßee. Zwanzigster Gesang. Also sprach er, und ging aus der schoͤngebaueten Wohnung Hin zum Hause Peiraios, und wurde freundlich empfangen. Aber die Freier sahen sich all' einander ins Antliz, Hoͤhnten Taͤlemachos aus, und lachten uͤber die Gaͤste. Unter dem Schwarme begann ein uͤbermuͤtiger Juͤngling: 375 Nein, Taͤlemachos, keiner hat jemals schlechtere Gaͤste Aufgenommen, als du! Denn dieser verhungerte Bettler Sizt da, nach Speise und Wein heißhungrig; aber zur Arbeit Hat er nicht Lust noch Kraft, die verworfene Last der Erde! Und der andere dort erhub sich, uns wahrzusagen. 380 Aber willst du mir folgen; (es ist wahrhaftig das Beßte!) Laß uns die Fremdlinge beid' im vielgeruderten Schiffe Zu den Sikelern senden; da kannst du sie theuer verkaufen. Die Sikeler waren ein barbarisches Volk an der Ostseite Siziliens. Also sprachen die Freier; doch jener verachtete solches. Schweigend sah er Oduͤßeus an, und harrte bestaͤndig, 385 Wann sein maͤchtiger Arm die schamlosen Freier bestrafte. Gegenuͤber dem Saal auf einem praͤchtigen Seßel Saß Ikarios Tochter, die kluge Paͤnelopeia, Und behorchte die Reden der uͤbermuͤtigen Maͤnner. Diese feirten nun zwar mit lautem Lachen das Fruͤhmahl, 390 Lustig und froͤhliches Muts, denn sie hatten die Menge geschlachtet: Doch unlieblicher ward kein Abendschmaus noch gefeiert, Als den bald die Goͤttin, mit ihr der starke Oduͤßeus, Jenen gab, die bisher so schaͤndliche Graͤuel veruͤbten. Oduͤßee . Einundzwanzigster Gesang . A ber Ikarios Tochter, der klugen Paͤnelopeia, Gab Athaͤnaͤ, die Goͤttin mit blauen Augen, den Rath ein, Daß sie den Freiern den Bogen und blinkende Eisen zum Wettkampf In dem Palast vorlegte, und zum Beginne des Mordens. Und schon stieg sie empor die hohen Stufen der Wohnung, Sie holte von ihrem Soͤller die Schluͤßel zu dem Vorrathsgewoͤlbe. Der Schluͤßel war ein Dietrich, womit man den inwendigen Riegel zuruͤckschob. 5 Faßte mit zarter Hand den schoͤngebogenen Schluͤßel, Zierlich von Erz gegoßen, mit elfenbeinernem Griffe, Eilete dann, und ging, von ihren Maͤgden begleitet, Zu dem innern Gemach, wo die Schaͤze des Koͤniges lagen, Erzes und Goldes die Meng', und kuͤnstlichgeschmiedetes Eisens. 10 Unter den Schaͤzen war der krumme Bogen Oduͤßeus, Und sein Koͤcher, gefuͤllt mit jammerbringenden Pfeilen. Die Pfeile waren vergiftet, Ges. 1 V. 260. Beide schenkt' ihm vordem in Lakedaimon ein Gastfreund, Lakedaimon ist hier der Name des Landes, wozu auch Meßaͤnaͤ, oder das Gebiet der Meßaͤnier, gehoͤrte. Orsilochos wohnte in der meßaͤnischen Stadt Faͤrai. Ifitos, Euruͤtos Sohn, den unsterblichen Goͤttern vergleichbar. Oduͤßee. In Meßaͤnaͤ trafen die beiden Helden einander, 15 Im Palaste des tapfern Orsilochos. Dort war Oduͤßeus, Um die Bezahlung der Schuld vom ganzen Volke zu fodern. Denn aus Ithaka hatten die Schiffe meßaͤnischer Maͤnner Juͤngst dreihundert Schafe mit ihren Hirten geraubet. Darum kam als Gesandter Oduͤßeus den weiten Weg her, 20 Jung wie er war, von Laertaͤs ersehn und den uͤbrigen Greisen. Aber Ifitos kam, die verlorenen Roße zu suchen, Zwoͤlf noch saͤugende Stuten, mit Fuͤllen lastbarer Maͤuler. Doch sie beschleunigten nur des Suchenden Todesverhaͤngniß! Denn als Ifitos endlich bei Zeus hochtrozendem Sohne 25 Kam, dem starken Haͤraklaͤs, dem Manne von großen Thaten; Toͤdtete dieser den Gast in seinem Hause, der Wuͤtrich ! Unbesorgt um der Goͤtter Gericht, und den heiligen Gasttisch, Den er ihm vorgesezt! Ihn selbst erschlug er im Hause, Und behielt fuͤr sich die Roße mit malmenden Hufen! 30 Diese suchend traf er den jungen Oduͤßeus, und schenkt' ihm Seinen Bogen, den einst der große Euruͤtos fuͤhrte, Aber sterbend dem Sohn im hohen Palaste zuruͤckließ. Und Oduͤßeus schenkt' ihm sein Schwert und die maͤchtige Lanze, Zu der vertraulichsten Freundschaft Beginn. Doch saßen sie niemals 35 Einer am Tische des andern; denn bald sank unter Haͤraklaͤs Ifitos, Euruͤtos Sohn, den unsterblichen Goͤttern vergleichbar. Ifitos Bogen fuͤhrte der edelgesinnte Oduͤßeus Niemals, wann er zum Krieg' in schwarzen Schiffen hinwegfuhr; Sondern ließ im Palaste des unvergeßlichen Freundes 40 Angedenken zuruͤck: in Ithaka fuͤhrt' er ihn immer. Als das goͤttliche Weib die gewoͤlbete Kammer erreichte, Einundzwanzigster Gesang. Und die eichene Schwelle hinanstieg, welche der Meister Kuͤnstlich hatte geglaͤttet, und nach dem Maße der Richtschnur, Drauf die Pfosten gerichtet, mit ihren glaͤnzenden Fluͤgeln; 45 Loͤste sie schnell vom Ringe den kuͤnstlichen Knoten des Riemens, Steckte den Schluͤßel hinein, und draͤngte die Riegel der Pforte, Scharf hinblickend, zuruͤck: da krachten laut, wie ein Pflugstier Bruͤllt auf blumiger Au, so krachten die praͤchtigen Fluͤgel, Von dem Schluͤßel geoͤffnet, und breiteten sich aus einander. 50 Und sie trat ins Gewoͤlb', und stieg auf die bretterne Buͤhne, Wo die Laden standen voll lieblichduftender Kleider, Langte von dort in die Hoͤh, und nahm vom Nagel den Bogen, Samt der glaͤnzenden Scheide, die ihn umhuͤllte, herunter. Und sie sezte sich, legt' auf den Schooß den Bogen des Koͤnigs, 55 Hub laut an zu weinen, und zog ihn hervor aus der Scheide. Und nachdem sie ihr Herz mit vielen Thraͤnen erleichtert, Ging sie hinauf in den Saal zu den uͤbermuͤtigen Freiern, Haltend in ihrer Hand den krummen Bogen Oduͤßeus, Und den Koͤcher, gefuͤllt mit jammerbringenden Pfeilen. 60 Hinter ihr trugen die Maͤgde die zierliche Kiste, mit Eisen Und mit Erze beschwert, den Kampfgeraͤthen des Koͤnigs. Als das goͤttliche Weib die Freier jezo erreichte, Stand sie still an der Schwelle des schoͤnen gewoͤlbeten Saales; Ihre Wangen umwallte der feine Schleier des Hauptes, 65 Und an jeglichem Arm stand eine der statlichen Jungfraun. Und sie sprach zur Versammlung der uͤbermuͤtigen Freier: Hoͤrt, ihr mutigen Freier, die ihr in diesem Palaste Schaarenweise euch stets zum Eßen und Trinken versammelt, C c Oduͤßee. Da mein Gemahl so lang' entfernt ist; und die ihr keinen 70 Einzigen Grund angebt zu dieser großen Verwuͤstung, Außer daß ihr mich liebt und zur Gemahlin begehret: Auf, ihr Freier, wohlan! denn jezo erscheinet ein Wettkampf! Hier ist der große Bogen des goͤttergleichen Oduͤßeus. Weßen Hand von euch den Bogen am leichtesten spannet, 75 Und mit der Senne den Pfeil durch alle zwoͤlf Aexte hindurchschnellt; Seht, dem folg' ich als Weib aus diesem wehrten Palaste Meines ersten Gemahls, dem praͤchtigen reichen Palaste, Deßen mein Herz sich vielleicht noch kuͤnftig in Traͤumen erinnert. Also sprach sie, und winkte dem edlen Hirten Eumaios, 80 Ihnen den Bogen zum Kampf und die blinkenden Aexte zu bringen. Weinend empfing sie Eumaios, und legte sie nieder. Der Kuhirt Weint' auf der andern Seite, da er den Bogen des Herrn sah. Aber Antinoos schalt, und sprach die gefluͤgelten Worte: Alberne Hirten des Viehs, in den Tag hintraͤumende Thoren, 85 Ungluͤckselige, sprecht, was vergießt ihr Thraͤnen, und reizet Unserer Koͤnigin Herz noch mehr zu trauren, das so schon Tiefgebeugt den Verlust des lieben Gemahles bejammert? Sizt geruhig am Tisch, und schmauset; oder entfernt euch Hurtig, und heult vor der Thuͤr, und laßt den Bogen uns Freiern: 90 Daß wir den Kampf versuchen, den furchtbaren! Denn ich vermute, Daß es so leicht nicht sei, den geglaͤtteten Bogen zu spannen. Denn ein solcher Mann ist nicht in der ganzen Versammlung, Als Oduͤßeus war! Ich hab' ihn selber gesehen, Und entsinne mich wohl: ich war noch ein stammelnder Knabe. 95 Also sprach er; allein in seinem Herzen gedacht' er, Selbst die Senne zu spannen, und durch die Aexte zu treffen Einundzwanzigster Gesang. Aber er sollte zuerst den Pfeil aus den Haͤnden Oduͤßeus Kosten, weil er vordem den Herlichen, in dem Palaste Sizend, hatte geschmaͤht, und die uͤbrigen Freier gereizet. 100 Unter ihnen begann Taͤlemachos heilige Staͤrke: Wahrlich, Zeus Kronion beraubte mich alles Verstandes! Meine Mutter verheißet anizt, (wie gut sie auch denket!) Einem andern zu folgen, und dieses Haus zu verlaßen; Und ich freue mich noch, und lache, ich thoͤrichter Juͤngling! 105 Aber wohlan, ihr Freier! denn jezo erscheinet der Wettkampf Um ein Weib, wie keines im ganzen achaiischen Lande, Nicht in der heiligen Puͤlos, in Argos, oder Muͤkaͤnaͤ, Selbst in Ithaka nicht, und nicht auf der fruchtbaren Veste! Aber das wißt ihr selber; was brauch' ich die Mutter zu loben? 110 Auf denn! verzoͤgert ihn nicht durch lange Zweifel, und spannet Ohne Geschwaͤz den Bogen; damit wir den Sieger erkennen! Und ich haͤtte wohl Lust, den Bogen selbst zu versuchen. Denn waͤr' ichs, der ihn spannt, und durch die Aexte hindurchschießt; Dann verließe mich Traurenden nicht die theuerste Mutter, 115 Einem anderen folgend, noch blieb' ich einsam im Hause, Da ich schon tuͤchtig bin zu den edlen Kaͤmpfen des Vaters! Also sprach er, und warf von der Schulter den purpurnen Mantel, Seinem Seßel entspringend, und warf sein Schwert von der Schulter. Hierauf stellt' er die Eisen im aufgegrabenen Estrich 120 Alle zwoͤlf nach der Reih, und nach dem Maße der Richtschnur, Stampfte die Erde dann fest; und alle staunten dem Juͤngling, Wie gerad' er sie stellte; da ers doch nimmer gesehen. Und er trat an die Schwelle des Saals, und versuchte den Bogen. Oduͤßee. Dreimal erschuͤttert' er ihn, und strebt' ihn aufzuspannen; Er stellte das Ende des Bogens, woran die Senne befestigt war, auf die Erde, und kruͤmmte ihn dann mit der ganzen Last seines Koͤrpers, um die Senne auch uͤber das andere Ende zu haͤngen; aber der starke Bogen sprang immer zuruͤck. 125 Dreimal verließ ihn die Kraft. Noch immer hoffte der Juͤngling, Selbst die Senne zu spannen, und durch die Aexte zu treffen. Und er haͤtt' es vollbracht, da der Starke zum viertenmal anzog; Aber ihm winkt' Oduͤßeus, und hielt den strebenden Juͤngling. Und zu den Freiern sprach Taͤlemachos heilige Staͤrke: 130 Goͤtter, ich bleibe vielleicht auf immer weichlich und kraftlos; Oder ich bin noch zu jung, und darf den Haͤnden nicht trauen, Abzuwehren den Mann, der mich hohnsprechend beleidigt. Aber wohlan, ihr andern, die ihr viel staͤrker als ich seid, Kommt, und versucht den Bogen, und endiget hurtig den Wettkampf! 135 Also sprach er, und stellte den Bogen nieder zur Erden, Hingelehnt an die feste mit Kunst gebildete Pforte, Lehnte den schnellen Pfeil an des Bogens zierliche Kruͤmmung, Beide Enden des Bogens waren ein wenig gekruͤmmt, damit die Senne nicht abglitte. Ging, und sezte sich wieder auf seinen verlaßenen Seßel. Aber Eupeithaͤs Sohn Antinoos sprach zur Versammlung: 140 Steht nach der Ordnung auf, von der Linken zur Rechten, o Freunde, An der Stelle beginnend, von wannen der Schenke herumgeht. Also sprach er; und allen gefiel Antinoos Rede. Und es erhub sich zuerst der Oenopide Leiodaͤs, Welcher, ihr Opferprofet, bestaͤndig am schimmernden Kelche 145 Unten im Winkel saß: der einzige, dem die Verwuͤstung Nicht gefiel; er haßte die ganze Rotte der Freier. Einundzwanzigster Gesang. Dieser nahm den Bogen und schnellen Pfeil von der Erde, Stellte sich drauf an die Schwelle des Saals, und versuchte den Bogen. Aber er spannt' ihn nicht; die zarten Haͤnde des Sehers 150 Wurden im Aufziehn laß. Da sprach er zu der Versammlung: Freunde, ich spann' ihn nicht; ihn nehm' ein anderer jezo! Viele der Edeln im Volk wird dieser Bogen des Athems Und der Seele berauben; denn das ist tausendmal beßer, Sterben, als lebend den Zweck zu verfehlen, um den wir uns immer 155 Hier im Hause versammlen, und harren von Tage zu Tage! Jezo hofft wohl mancher in seinem Herzen, und wuͤnscht sich Paͤnelopeia zum Weib', Oduͤßeus edle Gemahlin. Aber wird er einmal den Bogen pruͤfen und ansehn; O dann such' er sich nur von Achaia's lieblichen Toͤchtern 160 Eine andre, und werbe mit Brautgeschenken; doch diese Nehme den Mann, der das meiste geschenkt, und dem sie bestimmt ward. Also sprach Leiodaͤs, und stellte den Bogen zur Erden, Hingelehnt an die feste mit Kunst gebildete Pforte, Lehnte den schnellen Pfeil an des Bogens zierliche Kruͤmmung, 165 Ging, und sezte sich wieder auf seinen verlaßenen Seßel. Aber Antinoos schalt, und sprach die gefluͤgelten Worte: Welche Rede, Leiodaͤs, ist deinen Lippen entflohen! Welche schreckliche Drohung! Ich aͤrgere mich, es zu hoͤren! Viele der Edeln im Volk soll dieser Bogen des Athems 170 Und der Seele berauben, weil du nicht vermagst ihn zu spannen? Dich gebar nun freilich die theure Mutter nicht dazu, Daß du mit Pfeil und Bogen dir Ruhm bei den Menschen erwuͤrbest; Aber es sind, ihn zu spannen, noch andere mutige Freier! Also sprach er, und rief dem Ziegenhirten Melantheus: 175 Oduͤßee. Hurtig, Melanthios, eil' und zuͤnd' hier Feuer im Saal an, Stelle davor den Seßel, und breite Felle daruͤber, Hol' aus der Kammer alsdann eine große Scheibe von Stierfett: Daß wir Juͤngling' am Feuer den Bogen waͤrmen und salben; Dann versuchen wir ihn, und endigen hurtig den Wettkampf. 180 Sprachs; und Melanthios zuͤndet' ein helles Feuer im Saal an, Stellte davor den Seßel, und breitete Felle daruͤber, Holt' aus der Kammer alsdann eine große Scheibe von Stierfett. Und die Juͤnglinge salbten und pruͤften den Bogen; doch keiner Konnt' ihn spannen, zu sehr gebrach es den Haͤnden an Staͤrke. 185 Aber Antinoos selbst und Euruͤmachos saßen noch ruhig, Beide Haͤupter der Freier, und ihre tapfersten Helden. Jezo gingen zugleich aus der Thuͤre des hohen Palastes Beide, der Rinderhirt und der maͤnnerbeherschende Sauhirt. Ihnen folgte sofort der goͤttergleiche Oduͤßeus. 190 Als sie jezt aus der Thuͤr' und dem Vorhof waren gekommen, Redet' Oduͤßeus sie an, und sprach die freundlichen Worte: Hoͤrt, ich moͤcht' euch was sagen, du Rinderhirt und du Sauhirt! Oder verschweig' ichs lieber? Mein Herz gebeut mir zu reden. Wen vertheidigtet ihr, wenn jezo mit einmal Oduͤßeus 195 Hier aus der Fremde kaͤm', und ihn ein Himmlischer braͤchte? Wolltet ihr dann die Freier vertheidigen, oder Oduͤßeus? Redet heraus, wie euch das Herz im Busen gebietet! Ihm antwortete drauf der Oberhirte der Rinder: Vater Zeus, erfuͤlltest du doch mein heißes Verlangen, 200 Daß ein Himmlischer jenen zur Heimat fuͤhrte! Du solltest Sehn, was auch meine Kraft und meine Haͤnde vermoͤchten! Auch Eumaios flehte zu allen unsterblichen Goͤttern, Einundzwanzigster Gesang. Daß sie dem weisen Oduͤßeus verstateten wiederzukehren. Und nachdem Oduͤßeus die Treue der Hirten gepruͤfet; 205 Da antwortet' er ihnen, und sprach die freundlichen Worte: Nun ich selber bin hier! Nach vielen Todesgefahren Bin ich im zwanzigsten Jahre zur Heimat wiedergekehret! Und ich erkenne, wie sehr ihr beiden meine Zuruͤckkunft Wuͤnschtet, ihr allein von den Knechten! Denn keinen der andern 210 Hoͤrt' ich flehn, daß ein Gott mir heimzukehren vergoͤnnte! Drum vernehmet auch ihr, was euch zum Lohne bestimmt ist: Wenn mir Gott die Vertilgung der stolzen Freier gewaͤhret; Dann will ich jedem ein Weib und Guͤter zum Eigenthum geben, Jedem nahe bei mir ein Haus erbauen, und kuͤnftig 215 Beide wie Freund' und Bruͤder von meinem Taͤlemachos achten, Aber daß ihr mir glaubt, und mich fuͤr Oduͤßeus erkennet; Kommt und betrachtet hier ein entscheidendes Zeichen, die Narbe, Die ein Eber mir einst mit weißem Zahne gehauen, Als ich auf dem Parnaß mit den Soͤhnen Autoluͤkos jagte. 220 Also sprach er, und zog von der großen Narbe die Lumpen. Aber da jene sie sahn, und alles deutlich erkannten; Weinten sie, schlangen die Haͤnd' um den edlen Helden Oduͤßeus, Hießen ihn froh willkommen, und kuͤßten ihm Schultern und Antliz. Auch Oduͤßeus kuͤßte den Hirten Antliz und Haͤnde. 225 Ueber der Klage waͤre die Sonne niedergesunken, Haͤtt' Oduͤßeus sie nicht mit diesen Worten geendet: Hemmt anizo die Thraͤnen und euren Jammer: daß niemand Von den Leuten im Haus' uns seh und drinnen verrathe. Geht nun einzeln wieder hinein, nicht alle mit Einmal: 230 Ich zuerst, dann ihr! Die Abred' aber sei diese: Oduͤßee. Nimmer wird es die Schaar der uͤbermuͤtigen Freier Billigen, daß mir der Bogen und Koͤcher werde gegeben; Aber gehe nur dreist mit dem Bogen, edler Eumaios, Durch den Saal, und reiche mir ihn. Auch sage den Weibern, 235 Daß sie die festen Thuͤren des Hinterhauses verriegeln; Und wenn eine vielleicht ein Roͤcheln oder Gepolter Drinnen im Saale der Maͤnner vernimmt, daß keine herausgeh, Sondern geruhig size bei ihrer beschiedenen Arbeit. Edler Filoͤtios, dir vertrau ich die Pforte des Hofes, 240 Sie mit dem Riegel zu schließen, und fest mit dem Seile zu binden. Also sprach er, und ging in die schoͤngebauete Wohnung; Alda sezt' er sich wieder auf seinen verlaßenen Seßel. Einzeln folgten die Knechte des goͤttergleichen Oduͤßeus. Und Euruͤmachos wandte nunmehr in den Haͤnden den Bogen, 245 Hin und wieder ihn waͤrmend im Glanze des Feuers, und dennoch Konnt' er die Senne nicht spannen. Ein tiefaufathmender Seufzer Schwellte sein stolzes Herz, und zuͤrnend sprach er die Worte: Goͤtter, wie kraͤnkt mich der Schmerz, um mich selber und um die Andern! Wegen der Hochzeit nicht, wiewohl mich auch diese bekuͤmmert; 250 Denn es sind ja noch andre Achaierinnen die Menge, Hier in Ithaka selbst, und auch in anderen Staͤdten: Sondern weil unsere Kraft vor des goͤttergleichen Oduͤßeus Staͤrke so ganz verschwindet, daß seinen Bogen nicht Einer Spannen kann! Hohnlachend wird selbst der Enkel es hoͤren! 255 Aber Eupeithaͤs Sohn Antinoos, gab ihm zur Antwort: Nein, Euruͤmachos, nicht also! Du weißt es auch beßer! Heute feirt ja das Volk des großen Gottes Apollons Fest; wer wollte denn heute den Bogen spannen? O legt ihn Einundzwanzigster Gesang. Ruhig nieder! Allein die Aexte koͤnnen wir immer 260 Stehen laßen; denn schwerlich wird jemand, sie zu entwenden, Kommen in den Palast des Laertiaden Oduͤßeus. Auf! es fuͤlle von neuem der Schenk mit Weine die Becher, Daß wir opfern, und dann hinlegen des Koͤniges Bogen. Aber morgen befehlt dem Ziegenhirten Melantheus, 265 Uns die treflichsten Ziegen der ganzen Heerde zu bringen. Seht, dann opfern wir erst dem bogenberuͤhmten Apollon, Und versuchen den Bogen, und endigen hurtig den Wettkampf. Also sprach er, und allen gefiel Antinoos Rede. Herolde goßen ihnen das Waßer uͤber die Haͤnde; 270 Juͤnglinge fuͤllten die Kelche bis oben mit dem Getraͤnke, Und vertheilten von neuem, sich rechtshin wendend, die Becher. Als sie des Trankes geopfert, und nach Verlangen getrunken; Sprach zu ihnen mit List der erfindungsreiche Oduͤßeus: Hoͤrt mich an, ihr Freier der weitgepriesenen Fuͤrstin, 275 Daß ich rede, wie mir das Herz im Busen gebietet! Doch vor allen fleh ich Euruͤmachos und den erhabnen Helden Antinoos an, der jezt so weise geredet. Legt den Bogen nun hin, und befehlt die Sache den Goͤttern; Morgen wird Gott, wem er will, die Kraft des Sieges verleihen. 280 Aber wohlan! gebt mir den geglaͤtteten Bogen, damit ich Meiner Haͤnde Gewalt vor euch versuche: ob jezt noch Kraft in den Nerven ist, wie sie ehmals die Glieder belebte; Oder ob sie das Wandern und langes Elend vertilgt hat! Also sprach er, und rings entbrannten von Zorne die Freier, 285 Fuͤrchtend, es moͤcht' ihm gelingen, den glatten Bogen zu spannen. Aber Antinoos schalt, und sprach die gefluͤgelten Worte: Oduͤßee. Ha! du elender Fremdling, es fehlt dir ganz an Verstande! Bist du nicht froh, daß du in unserer stolzen Versammlung Ruhig schmausest? daß dir dein Theil von allem gereicht wird? 290 Und daß du die Gespraͤch' und Reden der Maͤnner behorchest, Die kein anderer Fremdling und lumpichter Bettler behorchet? Wahrlich! der suͤße Wein bethoͤrt dich, welcher auch andern Schadet, wenn man ihn gierig verschlingt, nicht maͤßig genießet: Selbst der beruͤhmte Kentaur Euruͤtion tobte vor Unsinn, 295 Von dem Weine berauscht, in des edlen Peirithoos Hause. Denn er kam auf das Fest der Lapithen; aber vom Weine Rasend, begann er im Hause Peirithoos schaͤndliche Graͤuel. Zuͤrnend sprangen die Helden empor, und uͤber den Vorsaal Schleppten sie ihn hinaus, und schnitten mit grausamem Erze 300 Nas' und Ohren ihm ab; und so in voller Betaͤubung Wankte der Tunkenbold heim, und trug die Strafe des Unsinus. Hierauf folgte der blutige Krieg der Kentauren und Maͤnner; Aber vor allen traf das Verderben den Saͤufer des Weines. Also verkuͤnd' ich auch dir dein Ungluͤck, wenn du den Bogen 305 Spannest: Du sollst nicht mehr Almosen in unserem Volke Sammlen; wir senden dich gleich im schwarzen Schiffe zum Koͤnig Echetos in Epeiros, dem Schrecken des Menschengeschlechtes, Dem du gewiß nicht lebend entrinnst! Drum size geruhig, Trink, und begehre nicht mit juͤngeren Maͤnnern den Wettkampf! 310 Ihm antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: O Antinoos, denke, wie unanstaͤndig, wie unrecht: Fremde zu uͤbergehn, die Taͤlemachos Wohnung besuchen! Meinst du, wenn etwa der Fremdling den großen Bogen Oduͤßeus Spannt, so wie er den Haͤnden und seiner Staͤrke vertrauet, 315 Einundzwanzigster Gesang. Daß er mich dann heimfuͤhre, und zur Gemahlin bekomme? Schwerlich heget er selbst im Herzen solche Gedanken! Und auch keinen von euch bekuͤmmere diese Vermutung Unter den Freuden des Mahls! Unmoͤglich ist es, unmoͤglich! Aber Poluͤbos Sohn Euruͤmachos sagte dagegen: 320 O Ikarios Tochter, du kluge Paͤnelopeia, Daß du ihn nehmest, besorgt wohl keiner; es waͤre nicht moͤglich! Sondern wir fuͤrchten nur das Gerede der Maͤnner und Weiber. Kuͤnftig spraͤche vielleicht der schlechteste aller Achaier: Weichliche Maͤnner werben um jenes gewaltigen Mannes 325 Gattin; denn keiner vermag den glatten Bogen zu spannen: Aber ein Anderer kam, ein armer irrender Fremdling, Spannte den Bogen leicht, und schnellte den Pfeil durch die Aexte! Also spraͤchen sie dann, und es waͤr' uns ewige Schande! Ihm antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: 330 Ganz unmoͤglich ist es, Euruͤmachos, daß man im Volke Gutes rede von Leuten, die jenes treflichen Mannes Haus durch Schwelgen entweihn! Doch was achtet ihr Jenes fuͤr Schande? Seht den Fremdling nur an, wie groß und stark er gebaut ist; Und er stammt, wie er sagt, aus einem edlen Geschlechte. 335 Aber wohlan! gebt ihm den schoͤngeglaͤtteten Bogen! Denn ich verkuͤndige jezt, und das wird wahrlich erfuͤllet: Spannt der Fremdling den Bogen, und schenkt Apollon ihm Ehre; Will ich mit schoͤnen Gewanden, mit Rock und Mantel, ihn kleiden, Einen Speer ihm verehren, den Schrecken der Menschen und Hunde, 340 Ein zweischneidiges Schwert, und Solen unter die Fuͤße, Und ihn senden, wohin es seinem Herzen geluͤstet. Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Oduͤßee. Mutter, uͤber den Bogen hat keiner von allen Achaiern Macht, als ich: wenn ich will, ihn zu geben oder zu weigern; 345 Keiner von allen, die hier in der felsichten Ithaka herschen, Oder die nahe wohnen der roßeweidenden Aelis! Keiner von allen soll mit Gewalt mich hindern; und wollt' ich Diesen Bogen dem Fremdling auch ganz zum Eigenthum schenken! Aber gehe nun heim, besorge deine Geschaͤfte, 350 Spindel und Webestuhl, und treib an beschiedener Arbeit Deine Maͤgde zum Fleiß! Der Bogen gebuͤhret den Maͤnnern, Und vor allen mir; denn mein ist die Herschaft im Hause! Staunend kehrte die Mutter zuruͤck in ihre Gemaͤcher, Und erwog im Herzen die kluge Rede des Sohnes. 355 Als sie nun oben kam mit den Jungfraun, weinte sie wieder Ihren trauten Gemahl Oduͤßeus, bis ihr Athaͤnaͤ Sanft mit suͤßem Schlummer die Augenlieder bedeckte. Jezo nahm er den Bogen und ging, der trefliche Sauhirt; Aber die Freier fuhren ihn alle mit lautem Geschrei an. 360 Unter dem Schwarme begann ein uͤbermuͤtiger Juͤngling: Halt! wohin mit dem Bogen, du niedertraͤchtiger Sauhirt? Rasender! Ha! bald sollen dein Aas bei den Schweinen die Hunde, Die du selber ernaͤhrt, von den Menschen ferne, zerreißen; Wenn Apollon uns hilft und die andern unsterblichen Goͤtter! 365 Also rufte der Schwarm; und der Tragende legte den Bogen Dort auf der Stelle hin, aus Furcht vor dem Schelten der Freier. Aber Taͤlemachos rief auf der andern Seite die Drohung: Du! bring weiter den Bogen! Du sollst mir nicht allen gehorchen! Oder ich jage dich gleich mit geworfenen Steinen zu Felde, 370 Ob ich gleich juͤnger bin; an Kraͤften bin ich doch staͤrker! Einundzwanzigster Gesang. Uebertraͤf' ich so sehr, wie dich, an Staͤrke des Armes, Alle Freier, so viel in diesen Wohnungen schalten; O bald taumelte mancher, von mir sehr uͤbel bewirtet, Heim aus unserm Palast! Denn alle treiben nur Unfug! 375 Also sprach er; und alle begannen herzlich zu lachen Ueber den drohenden Juͤngling, und ließen vom heftigen Zorne Gegen Taͤlemachos nach. Da nahm den Bogen der Sauhirt, Trug ihn weiter, und reicht' ihn dem streiterfahrnen Oduͤßeus; Rief die Pflegerin dann aus ihrer Kammer, und sagte: 380 Hoͤre, Taͤlemachos will, verstaͤndige Euruͤkleia, Daß du die festen Thuͤren des Hinterhauses verriegelst; Und wenn eine vielleicht ein Roͤcheln oder Gepolter Drinnen im Saale der Maͤnner vernimt, daß keine herausgeh, Sondern geruhig size bei ihrer beschiedenen Arbeit. 385 Also sprach er zu ihr, und redete nicht in die Winde: Eilend verschloß sie die Thuͤren der schoͤngebaueten Wohnung. Aber Filoͤtios sprang stillschweigend aus dem Palaste, Und verschloß die Pforte des wohlbefestigten Vorhofs. Unter der Halle lag ein Seil aus dem Baste des Buͤblos Buͤblos, eine Pflanze, woraus man Schiffsseile flocht. 390 Vom gleichrudrichten Schiffe, mit diesem band er die Fluͤgel; Ging, und sezte sich wieder auf seinen verlaßenen Seßel, Nach Oduͤßeus blickend. Doch dieser bewegte den Bogen Hin und her in der Hand, auf allen Seiten versuchend, Ob auch die Wuͤrmer das Horn seit zwanzig Jahren zerfreßen. 395 Und es wandte sich einer zu seinem Nachbar, und sagte: Traun! das ist ein schlauer und listiger Kenner des Bogens! Oduͤßee. Sicherlich heget er selbst schon einen solchen zu Hause; Oder er hat auch vor, ihn nachzumachen! Wie dreht er Ihn in den Haͤnden herum, der landdurchstreichende Saudieb! 400 Und von neuem begann ein uͤbermuͤtiger Juͤngling: Daß doch jeglicher Wunsch dem Fremdling' also gelinge, Wie es ihm jezo gelingt, den krummen Bogen zu spannen! Also sprachen die Freier. Allein der weise Oduͤßeus, Als er den großen Bogen gepruͤft und ringsum betrachtet: 405 So wie ein Mann, erfahren im Lautenspiel und Gesange, Leicht mit dem neuen Wirbel die klingende Saite spannet, Knuͤpfend an beiden Enden den schoͤngesponnenen Schafdarm: So nachlaͤßig spannte den großen Bogen Oduͤßeus. Und mit der rechten Hand versucht' er die Senne des Bogens; 410 Lieblich toͤnte die Senne, und hell wie die Stimme der Schwalbe. Die straffe, von dem starken Bogen gespannte Senne klang so fein, wie die Stimme der Schwalbe. Schrecken ergriff die Freier, und aller Antliz erblaßte. Und Zeus donnerte laut, und sandte sein Zeichen vom Himmel: Freudig vernahm das Wunder der herliche Dulder Oduͤßeus, Welches ihm sandte der Sohn des unerforschlichen Kronos. 415 Und er nahm den gefiederten Pfeil, der bloß auf dem Tische Vor ihm lag, indeß im hohlen Koͤcher die andern Ruheten, welche nun bald die Achaier sollten versuchen. Diesen faßt' er zugleich mit dem Griffe des Bogens; dann zog er, Sizend auf seinem Stuhle, die Senn' und die Kerbe des Pfeils an, 420 Zielte dann, schnellte den Pfeil, und verfehlete keine Aexte; Von dem vordersten Oere bis durch das lezte von allen Einundzwanzigster Gesang. Stuͤrmte das ehrne Geschoß. Er sprach zu Taͤlemachos jezo: Nun, Taͤlemachos, siehst du, ob dir der Fremdling im Hause Schaͤnde bringt! Ich traf das Ziel, und spannte den Bogen 425 Ohne langes Bemuͤhn! Noch hab' ich Staͤrke der Jugend, Und bin nicht so veraͤchtlich, wie jene Freier mich schimpfen! Aber es ist nun Zeit, den Abendschmaus zu besorgen, Einen Abendschmaus nennt er mit kalter Bitterkeit die Ermordung der Freier, die er unmittelbar darauf noch bei Tage vollendet. Noch bei Tage! Nachher erfreue die scherzenden Maͤnner Saitenspiel und Gesang, die liebliche Zierde des Mahles! 430 Sprachs, und winkte mit Augen. Da warf Taͤlemachos eilend Um die Schulter sein Schwert, der Sohn des großen Oduͤßeus; Faßte mit nervichter Hand die scharfe Lanze, und stand nun Neben dem Vater am Stuhle, mit blinkendem Erze geruͤstet. Oduͤßee. Zweiundzwanzigster Gesang . J ezo entbloͤßte sich von den Lumpen der weise Oduͤßeus, Sprang auf die hohe Schwell', und hielt in den Haͤnden den Bogen Samt dem gefuͤllten Koͤcher; er goß die gefiederten Pfeile Hin vor sich auf die Erd', und sprach zu der Freier Versammlung: Diesen furchtbaren Kampf, ihr Freier, hab' ich vollendet! 5 Jezo waͤhl' ich ein Ziel, das noch kein Schuͤze getroffen, Ob ichs treffen kann, und Apollon mir Ehre verleihet. Sprachs, und Autinoos traf er mit bitterm Todesgeschoße. Dieser wollte vom Tisch das zweigehenkelte schoͤne Goldne Geschirr aufheben, und faßt' es schon mit den Haͤnden, 10 Daß er traͤnke des Weins; allein von seiner Ermordung Ahndet' ihm nichts: und wer in der schmausenden Maͤnner Gesellschaft Haͤtte geglaubt, daß Einer, und wenn er der Tapferste waͤre, Unter so vielen es wagte, ihm Mord und Tod zu bereiten! Aber Oduͤßeus traf mit dem Pfeil ihn grad' in die Gurgel, 15 Daß im zarten Genick die Spize wieder hervordrang. Und er sank zur Seite hinab; der Becher voll Weines Stuͤrzte dahin aus der Hand des Erschoßenen; und aus der Nase Sprang ihm ein Stral dickstroͤmendes Bluts. Er waͤlzte sich zuckend, Stieß mit dem Fuß an den Tisch, und die Speisen fielen zur Erde; Jeder hatte einen besondern Tisch. 20 Oduͤßee. Zweiundzwanzigster Gesang. Brot und gebratenes Fleisch ward blutig. Aber die Freier Schrien laut auf im Saale, da sie den Stuͤrzenden sahen, Sprangen empor von den Thronen, und schwaͤrmten wild durch einander, Schaueten ringsumher nach den schoͤngemauerten Waͤnden; Aber da war kein Schild, und keine maͤchtige Lanze! 25 Und sie schalten Oduͤßeus, und schrien die zuͤrnenden Worte: Uebel bekommt dir, Fremdling, das Maͤnnerschießen! Du kaͤmpftest Heute den lezten Kampf! Nun ist dein Verderben entschieden! Wahrlich du toͤdtetest hier den Juͤngling, welcher der groͤßte Held in Ithaka war! Drum sollen die Geier dich freßen! 30 Also rufte der Schwarm; denn sie waͤhnten, er habe den Juͤngling Wider Willen getoͤdtet: die Thoren! und wußten das nicht, Daß nun uͤber sie alle die Stunde des Todes verhaͤngt war. Zuͤrnend schaute auf sie und sprach der weise Oduͤßeus: Ha! ihr Hunde, ihr waͤhntet, ich kehrete nimmer zur Heimat 35 Aus dem Lande der Troer! Drum zehrtet ihr Schwelger mein Gut auf, Und beschlieft mit Gewalt die Weiber in meinem Palaste, Ja ihr warbt sogar, da ich lebte, um meine Gemahlin: Weder die Goͤtter scheuend, des weiten Himmels Bewohner; Noch ob ewige Schand' auf eurem Gedaͤchtniße ruhte! 40 Nun ist uͤber euch alle die Stunde des Todes verhaͤnget! Also sprach er. Da faßte sie alle bleiches Entsezen; Jeder sahe sich um, wo er dem Verderben entfloͤhe. Nur Euruͤmachos gab aus dem Haufen ihm dieses zur Antwort: Bist du denn jezt Oduͤßeus der Ithaker wiedergekommen, 45 O so ruͤgst du mit Recht die Thaten dieser Achaier! Viel' Unarten geschahn im Palast, und viel' auf dem Lande: D d Oduͤßee. Aber er liegt ja schon, der solches alles verschuldet! Denn Antinoos war der Stifter aller Verwuͤstung: Und ihn trieb nicht einmal die heiße Begierde der Hochzeit, 50 Sondern andre Gedanken, die Zeus Kronion vernichtet: Selber Koͤnig zu sein in Ithaka's maͤchtigem Reiche Strebt' er, und deinen Sohn mit Hinterlist zu ermorden. Doch nun hat er sein Theil empfangen! Du aber verschone Deines Volks! Wir wollen forthin dir willig gehorchen! 55 Aber was hier im Palast an Speis' und Tranke verzehrt ward, Dafuͤr bringen wir gleich, ein jeglicher zwanzig Rinder, Bringen dir Erz und Gold zur Versoͤhnung, bis wir dein Herz nun Haben erfreut! So lang' ist freilich dein Zorn nicht zu tadeln! Zuͤrnend schaute auf ihn und sprach der weise Oduͤßeus: 60 Nein, Euruͤmachos, braͤchtet ihr euer ganzes Vermoͤgen, Das ihr vom Vater besizt, und legtet von anderm noch mehr zu; Dennoch sollte mein Arm von eurem Morde nicht eher Rasten, bevor ihr Freier mir allen Frevel gebuͤßt habt! Jezo habt ihr die Wahl: entweder tapfer zu streiten, 65 Oder zu fliehn, wer etwa den Schrecken des Todes entfliehn kann. Aber ich hoffe, nicht einer entrinnt dem Todesverhaͤngniß! Also sprach er; und allen erzitterten Herz und Kniee. Aber Euruͤmachos sprach noch Einmal zu der Versammlung: Nimmer, o Freunde, ruhn die schrecklichen Haͤnde des Mannes; 70 Sondern nachdem er den Bogen und vollen Koͤcher gefaßt hat, Sendet er seine Geschoße herab von der zierlichen Schwelle, Bis er uns alle vertilgt! Drum auf! gedenket des Kampfes! Hurtig, und zieht die Schwerter, und schirmt euch alle mit Tischen Gegen die toͤdtenden Pfeile! Dann dringen wir alle mit Einmal 75 Zweiundzwanzigster Gesang. Gegen ihn an! Denn vertrieben wir ihn von der Schwell' und der Pforte, Und durchliefen die Stadt; dann erhuͤbe sich ploͤzlich ein Aufruhr, Und bald haͤtte der Mann die lezten Pfeile versendet! Als er dieses gesagt, da zog er das eherne scharfe Und zweischneidige Schwert, und sprang mit graͤßlichem Schreien 80 Gegen Oduͤßeus empor. Allein der edle Oduͤßeus Schnellte zugleich den Pfeil, und traf ihm die Mitte des Busens: Tief in die Leber fuhr der gefiederte Pfeil; aus der Rechten Fiel ihm das Schwert; und er stuͤrzte, mit stroͤmendem Blute besudelt, Taumelnd uͤber den Tisch, und warf die Speisen zur Erde 85 Samt dem doppelten Becher, und schlug mit der Stirne den Boden, In der entsezlichen Angst; mit beiden zappelnden Fuͤßen Stuͤrzt' er den Seßel herum, und die brechenden Augen umschloß Nacht. Aber Amsinomos sprang zu dem hochberuͤhmten Oduͤßeus Stuͤrmend hinan, und schwung das blinkende Schwert in der Rechten, 90 Ihn von der Pforte zu treiben. Doch mitten im stuͤrmenden Angriff Rannte Taͤlemachos ihm von hinten die eherne Lanze Zwischen die Schultern hinein, daß vorn die Spize hervordrang. Toͤnend stuͤrzt' er dahin, und schlug mit der Stirne den Boden. Aber Taͤlemachos floh, und ließ in Amsinomos Schulter 95 Seinen gewaltigen Speer; denn er fuͤrchtete, daß ein Achaier, Wenn er die Lanze herausarbeitete, gegen ihn stuͤrzend, Ihn mit geschliffenem Schwert durchstaͤche, oder zerhaute. Eilend lief er, und floh zu dem lieben Vater Oduͤßeus, Stellte sich nahe bei ihn, und sprach die gefluͤgelten Worte: 100 Vater, ich hole geschwinde dir einen Schild und zwo Lanzen, Und den ehernen Helm, der deiner Schlaͤfe gerecht ist; Ruͤste mich selber alsdann, und bringe den Hirten Eumaios Oduͤßee. Und Fildtios Waffen. Man kaͤmpft doch beßer in Ruͤstung. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: 105 Lauf und bringe sie, eh ich die toͤdtenden Pfeile verschoßen: Daß sie mich nicht von der Pforte vertreiben, wenn ich allein bin! Sprachs; und eilend gehorchte Taͤlemachos seinem Gebote: Stieg in den Soͤller empor, wo die praͤchtige Ruͤstung verwahrt lag, Waͤhlte sich vier gewoͤlbete Schild', acht blinkende Lanzen, 110 Und vier eherne Helme, geschmuͤckt mit wallendem Roßschweif; Trug sie hinab, und eilte zum lieben Vater Oduͤßeus. Jezo bedeckt' er zuerst den Leib mit der ehernen Ruͤstung; Und dann waffneten sich der Rinderhirt und der Sauhirt: Und sie standen zur Seite des weisen Helden Oduͤßeus. 115 Dieser, solang' es ihm noch an Todesgeschoße nicht fehlte, Streckte mit jeglichem Schuß hinzielend einen der Freier In dem Palaste dahin, und Haufen stuͤrzten bei Haufen. Aber da's an Geschoß dem zuͤrnenden Koͤnige fehlte, Lehnt' er gegen die Pfoste des schoͤngemauerten Saales 120 Seinen Bogen zu stehn an eine der schimmernden Waͤnde. Eilend warf er sich jezo den vierfachen Schild um die Schulter, Deckte sein maͤchtiges Haupt mit dem schoͤngebildeten Helme, Welchen fuͤrchterlich winkend die Maͤhne des Roßes umwallte, Und ergriff zwo starke mit Erz geruͤstete Lanzen. 125 Rechts in der zierlichen Wand war eine Pforte zur Treppe. Die Treppe war auswendig im Seitenhofe, der hinten von der ver- schloßenen Weiberwohnung, zur Seite von einer Mauer, und vorn von einem der Fluͤgel, die den Vorhof umfaßten, eingeschlossen war. In diesen Seitenhof fuͤhrten drei Thuͤren: eine aus dem Maͤnnersaal, die andere (V. 394.) aus der Weiberwohnung, und die dritte aus dem Vorsaal, oder der Diele des Hauses. Diese besezte Eumaios. Zweiundzwanzigster Gesang. Und von der aͤußern Schwelle der schoͤngebaueten Wohnung Fuͤhrt' ein Weg in den Gang, mit festverschloßener Thuͤre. Diesen befahl Oduͤßeus dem edlen Hirten Eumaios Nahe stehend zu huͤten; denn Einen nur faßte die Oeffnung. 130 Und Agelaos begann, und sprach zu der Freier Versammlung: Freunde, koͤnnte nicht einer zur Treppenthuͤre hinaufgehn, Und es dem Volke sagen? Dann wuͤrde ploͤzlich ein Aufruhr, Und bald haͤtte der Mann die lezten Pfeile versendet! Ihm antwortete drauf der Ziegenhirte Melantheus: 135 Goͤttlicher Held Agelaos, das geht nicht! Fuͤrchterlich nahe Ist die Pforte des Hofes, und eng der Weg nach dem Vorsaal. Selbst ein einzelner Mann, wenn er Herz hat, wehret ihn allen. Aber wohlan! ich will euch Waffen holen vom Soͤller, Daß ihr euch ruͤsten koͤnnt! Denn dort, sonst nirgends, vermut' ich, 140 Hat sie Oduͤßeus versteckt, nebst seinem glaͤnzenden Sohne. Also sprach er, und stieg, der Ziegenhirte Melantheus, Durch die Stufen des Hauses empor zu den Kammern des Koͤnigs. Und zwoͤlf Schilde holt' er, und zwoͤlf weitschattende Lanzen, Und zwoͤlf eherne Helme, geschmuͤckt mit wallendem Roßschweif; 145 Stieg dann wieder hinab, und brachte sie eilig den Freiern. Aber dem edlen Oduͤßeus erzitterten Herz und Kniee, Als sie um Schultern und Haupt sich ruͤsteten, und in den Haͤnden Lange Speere bewegten; ihm drohte die schrecklichste Arbeit. Und er wandte sich schnell mit gefluͤgelten Worten zum Sohne: 150 Sicher, Taͤlemachos, hat uns eine der Weiber im Hause Jenen furchtbaren Kampf bereitet, oder Melantheus! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: O mein Vater, das hab' ich selber versehen, und niemand Oduͤßee. Anders ist schuld! Ich ließ die feste Thuͤre des Soͤllers 155 Unverschloßen zuruͤck; und das hat ein Lauscher bemerket. Aber, Eumaios, eil und verschließ die Thuͤre des Soͤllers, Und gieb Acht, ob eine der Maͤgde dieses gethan hat, Oder Dolios Sohn Melantheus, wie ich vermute. Als sie mit diesen Worten sich unter einander besprachen, 160 Stieg in den Soͤller von neuem der Ziegenhirte Melantheus, Schoͤne Waffen zu holen. Ihn merkte der trefliche Sauhirt, Eilete wieder zuruͤck, und sprach zum nahen Oduͤßeus: Edler Laertiad', erfindungsreicher Oduͤßeus, Siehe, da geht er schon wieder, der Boͤsewicht, den wir vermutet, 165 Nach dem Soͤller hinauf! Nun sage mir eilig, Oduͤßeus: Soll ich selber ihn toͤdten, wenn ich mich seiner bemeistre? Oder bring' ich ihn dir, damit er buͤße die Frevel, Deren der Bube so viel' in deinem Hause veruͤbt hat? Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: 170 Ich und Taͤlemachos wollen die Schaar der trozigen Freier Hier im Saale schon halten, wie sehr sie auch gegen uns anstuͤrmt. Aber ihr beiden dreht ihm Haͤnd' und Fuͤß' auf den Ruͤcken, Werft ihn hinein in den Soͤller, und schließt von innen die Pforte; Knuͤpfet darauf an die Feßel ein starkes Seil, und zieht ihn 175 Hoch an die ragende Seule hinauf, bis dicht an die Balken: Daß er noch lange lebe, von schrecklichen Schmerzen gefoltert! Also sprach er; ihm hoͤrten sie beide mit Fleiß, und gehorchten; Eilten zum Soͤller empor, und fanden Melanthios drinnen: Dieser suchte nach Waffen umher im Winkel des Soͤllers. 180 Und sie standen erwartend an beiden Pfosten des Eingangs. Als nun uͤber die Schwelle der Ziegenhirte Melantheus Zweiundzwanzigster Gesang. Trat, in der einen Hand den praͤchtigen Helm, in der andern Einen großen veralterten Schild des Helden Laertaͤs, Den er als Juͤngling trug; doch jezo lag er im Winkel, 185 Ganz von Schimmel entstellt, und es barsten die Naͤthe der Riemen: Siehe da stuͤrzten sie beide hervor, und ergriffen und schleppten Ihn bei den Haaren hinein, und warfen den Jammernden nieder, Banden ihm Haͤnd' und Fuͤße mit schmerzender Feßel, gewaltsam Hinten am Ruͤcken zusammengedreht, wie ihnen befohlen 190 Hatte Laertaͤs Sohn, der herliche Dulder Oduͤßeus; Knuͤpften darauf an die Feßel ein starkes Seil, und zogen Ihn an die ragende Seule hinauf, bis dicht an die Balken. Hoͤhnend sprachst du zu ihm, Eumaios, Huͤter der Schweine: Jezo wirst du hier wohl die Nacht durchschlummern, Melantheus, 195 Wann du im weichen Lager dich ausdehnst, wie dir gebuͤhret; Und du siehest gewiß die schoͤne Morgenroͤthe Aus des Ozeans Fluten hervorgehn, daß du den Freiern Trefliche Ziegen bringest, im Saale den Schmaus zu bereiten. Also ließ man ihn hangen, gespannt in der folternden Feßel. 200 Jene nahmen die Ruͤstung, und schloßen die schimmernde Pforte, Eilten dann wieder zum tapfern erfindungsreichen Oduͤßeus. Kriegsmut athmend standen die Streitenden: hier auf der Schwelle Vier, und dort in dem Saale so viel' und so ruͤstige Maͤnner! Siehe da nahte sich Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ, 205 Mentorn gleich in allem, sowohl an Gestalt wie an Stimme. Freudig erblickte die Goͤttin der Held Oduͤßeus, und sagte: Mentor, stehe mir bei, und rette deinen Geliebten, Der dir Gutes gethan, und gleiches Alters mit dir ist! Also sprach er, Athaͤnaͤ die Voͤlkererhalterin ahnend. 210 Oduͤßee. Aber die Freier erhuben ein lautes Geschrei in dem Saale; Und vor allen droht' ihr Damastors Sohn Agelaos: Mentor, laße dich nicht durch Oduͤßeus Worte verleiten, Daß du jezt mit den Freiern zu seiner Vertheidigung kaͤmpfest! Denn wir geloben dir an, und ich meine, wir werden es halten: 215 Haben wir diese getoͤdtet, den Vater und Sohn, dann wollen Wir mit ihnen auch dich umbringen, der du so mutig Hier zu schalten gedenkst; mit dem Haupte sollst du es buͤßen! Aber nachdem wir euch mit dem Erze des Geistes beraubet, Wollen wir alle dein Gut, im Haus' und außer dem Hause, 220 Alles, vermischt mit den Guͤtern Oduͤßeus, unter uns theilen! Weder die Soͤhne sollen, noch Toͤchter, in dem Palaste Leben, noch deine Gemahlin im Lande von Ithaka wohnen! Also sprach er; da zuͤrnte noch heftiger Pallas Athaͤnaͤ. Und sie strafte Oduͤßeus mit diesen zuͤrnenden Worten: 225 Hast du denn voͤllig den Mut und die Staͤrke verloren, Oduͤßeus? Du, der um Helena einst, die lilienarmichte Tochter Zeus, neun Jahre hindurch, mit den Troern so tapfer gekaͤmpft hat, Und so viele Maͤnner getoͤdtet in schrecklicher Feldschlacht? Siehe, durch deinen Rath sank Priamos thuͤrmende Veste! 230 Und nun, da du dein Land und Erbtheil wieder erreicht hast, Nun wehklagest du so im Streite gegen die Freier? Auf! komm naͤher, mein Freund, steh hier, und schaue mein Thun an: Daß du erkennest, wie dir, im Kampfe mit feindlichen Maͤnnern, Mentor, Alkimos Sohn, Wohlthaten pflegt zu vergelten! 235 Also sprach sie; Allein noch schenkte nicht voͤllig die Goͤttin Ihm den wankenden Sieg; sie pruͤfte noch ferner die Staͤrke Und den Mut Oduͤßeus und seines ruͤhmlichen Sohnes. Zweiundzwanzigster Gesang. Ploͤzlich entschwand sie den Blicken, und gleich der Schwalbe von Ansehn Flog sie empor, und saß auf dem rußichten Simse des Rauchfangs. 240 Aber die Freier reizte Damastors Sohn Agelaos, Daͤmoptolemos, und Amsimedon, und der entschloßne Poluͤbos, und Euruͤnomos an, und der edle Peisandros: Diese waren die ersten und tapfersten unter den Freiern, Aller welche noch lebten und ihrer Seele verfochten; 245 Jene lagen getoͤdtet vom pfeileversendenden Bogen. Und Agelaos begann, und sprach zu der Freier Versammlung: Freunde, gewiß bald ruhn die schrecklichen Haͤnde des Mannes! Schon verließ ihn Mentor, nachdem er vergebens gepralet; Und sie stehen allein an der großen Pforte des Saales! 250 Darum sendet nicht alle zugleich die langen Lanzen; Sondern wohlan! ihr sechs werft erstlich, ob euch Kronion Gnade verleiht, Oduͤßeus zu treffen, und Ruhm zu gewinnen! Denn mit den andern hat es nicht Noth, wenn jener nur daliegt! Also sprach er. Da warfen sie alle, wie er befohlen, 255 Wuͤtend; doch aller Wuͤrfe vereitelte Pallas Athaͤnaͤ. Einer durchborte die Pfoste der schoͤngebaueten Wohnung, Jenes Lanze durchdrang die festeinfugende Pforte, Jener traf in die Wand mit der erzgeruͤsteten Esche. Und nachdem sie die Lanzen der Freier hatten vermieden, 260 Da begann zu ihnen der herliche Dulder Oduͤßeus: Jezo waͤr' es an mir, ihr Lieben, euch zu befehlen, Daß ihr die Schaar der Freier mit scharfen Lanzen begruͤßet, Die zu dem vorigen Frevel uns noch zu ermorden gedenken. Also sprach er; da warfen sie alle zielend die Lanzen. 265 Daͤmoptolemos traf der goͤttergleiche Oduͤßeus, Oduͤßee. Und Euruͤadaͤs traf Taͤlemachos, aber der Sauhirt Elatos, und Peisandros der Oberhirte der Rinder: Diese fielen zugleich, und bißen die weite Erde. Aber die Freier entflohn in den innersten Winkel des Saales; 270 Jene sprangen hinzu, und zogen die Speer' aus den Todten. Und von neuem warfen die Freier schimmernde Lanzen, Wuͤtend; aber die meisten vereitelte Pallas Athaͤnaͤ. Einer durchborte die Pfoste der schoͤngebaueten Wohnung, Jenes Lanze durchdrang die festeinfugende Pforte, 275 Jener traf in die Wand mit der erzgeruͤsteten Esche. Nur Amsimedon streifte Taͤlemachos Hand an dem Knoͤchel Sanft; die obere Haut ward kaum von dem Erze verwundet. Und Ktaͤsippos rizte Eumaios uͤber dem Schilde Leicht die Schulter; der Speer flog uͤber, und fiel auf die Erde. 280 Aber die Schaar des tapfern erfindungsreichen Oduͤßeus Zielte von neuem, und warf die Lanzen unter die Freier. Und Euruͤdamos traf der Staͤdteverwuͤster Oduͤßeus, Und Amsimedon traf Taͤlemachos, aber der Sauhirt Poluͤbos und Ktaͤsippos durchborte der Hirte der Rinder 285 Mit der Lanze die Brust, und sprach die hoͤhnenden Worte: O Poluͤthersaͤs Sohn, du Spoͤtter! rede nicht ferner, Durch Muthwillen verleitet, so pralerisch; sondern befiehl es Alles den Goͤttern an: denn sie sind staͤrker als Menschen! Nim dies Ehrengeschenk fuͤr den Kuhfuß, welchen du neulich 290 Gabst dem edlen Oduͤßeus, der bettelnd im Saale herumging! Also sprach der Hirte der Rinder. Aber Oduͤßeus Sprang auf Damastors Sohn, und erstach ihn mit eherner Lanze, Und Taͤlemachos sprang auf Leiokritos wuͤtend, und rannt' ihm Zweiundzwanzigster Gesang. Seinen Speer durch den Bauch, daß hinten die Spize hervordrang: 295 Vorwaͤrts fiel er dahin, und schlug mit der Stirne den Boden. Aber Athaͤnaͤ erhub an der Decke den leuchtenden dunkeln Menschenverderbenden Schild, und schreckte die Herzen der Freier. Dies war die Aigis (Aegide), oder die dunkle wetterleuchtende Sturmwolke, die der Donnergott statt eines Schildes, zwar nach Bezwingung der Titanen nicht mehr zu seiner Vertheidigung, sondern zum Schrecken der Menschen erschuͤtterte, und manchmal Apollen oder Athaͤnen anvertraute. Zitternd liefen sie rings durch den Saal, wie die Heerde der Rinder, Welche auf grasichter Weide die rasche Bremse verfolget, 300 Im anmutigen Lenz, wenn die Tage heiter und lang sind. Aber gleich scharfklauichten krummgeschnabelten Falken, Welche von dem Gebuͤrg' herstuͤrmend auf fliegende Voͤgel Schießen; sie flattern voll Angst aus den Wolken herab auf die Felder, Doch die verfolgenden Stoͤßer ereilen sie wuͤrgend; da gilt nicht 305 Streiten oder Entfliehn; es freun sich die Menschen des Schauspiels: Also stuͤrzten sie wuͤtend sich unter die Freier, und wuͤrgten Links und rechts durch den Saal; mit dem Krachen zerschlagener Schaͤdel Toͤnte das Jammergeschrei, und Blut floß uͤber den Boden. Und nun eilte Leiodaͤs, umschlang Oduͤßeus die Kniee, 310 Jammerte laut um Erbarmen, und sprach die gefluͤgelten Worte: Flehend umfaß ich dein Knie; erbarme dich meiner, Oduͤßeus! Denn ich habe ja keine der Weiber in dem Palaste Weder mit Worten noch Thaten verunehrt, sondern bestaͤndig Andere Freier gewarnt, wenn einer dergleichen veruͤbte. 315 Aber sie folgten mir nicht, die Hand vom Boͤsen zu wenden: Darum traf die Frevler das schreckliche Todesverhaͤngniß! Aber soll ich, ihr Opferprofet, der nichts gethan hat, Oduͤßee. Sterben wie sie; so ist ja des Guten keine Vergeltung! Zuͤrnend schaute auf ihn und sprach der weise Oduͤßeus: 320 Bist du Opferprofet bei den Freiern gewesen, so hast du Ohne Zweifel auch oft in diesem Saale gebetet, Daß ich ferne verloͤre den Tag der froͤhlichen Heimkehr, Und daß meine Gemahlin dir folgt' und Kinder gebaͤre! Darum wuͤnsche nur nicht, den schrecklichen Tod zu vermeiden! 325 Als er dieses gesagt, da nahm er mit nervichter Rechte Von der Erde das Schwert, das Agelaos im Tode Fallen laßen, und schwung es, und haut' ihm tief in den Nacken: Daß des Redenden Haupt hinrollend mit Staube vermischt ward. Aber Terpios Sohn entrann dem schwarzen Verhaͤngniß, 330 Faͤmios, der bei den Freiern gezwungen wurde zu singen. Dieser stand, in den Haͤnden die hellerklingende Harfe, Nahe der Seitenthuͤr, und sann in zweifelndem Herzen: Ob er heimlich entfloͤh, und an des großen Kronions Schoͤnem Altar auf dem Hofe sich sezte, auf welchem Laertaͤs 335 Und Oduͤßeus die Lenden so vieler Stiere geopfert; Oder um Mitleid flehend Oduͤßeus zu Fuͤßen sich wuͤrfe. Dieser Gedanke schien dem Zweifelnden endlich der beßte, Flehend die Kniee zu ruͤhren des goͤttergleichen Oduͤßeus. Und er sezte zur Erden die schoͤngewoͤlbete Harfe, 340 Zwischen dem großen Kelch und dem silberbeschlagenen Seßel; Lief dann eilend hinzu, umschlang Oduͤßeus die Kniee, Jammerte laut um Erbarmen, und sprach die gefluͤgelten Worte: Flehend umfaß' ich dein Knie; erbarme dich meiner, Oduͤßeus! Toͤdte mich nicht! Du wuͤrdest hinfort es selber bereuen, 345 Wenn du den Saͤnger erschluͤgst, der Goͤttern und Menschen gesungen! Zweiundzwanzigster Gesang. Mich hat niemand gelehrt; ein Gott hat die mancherlei Lieder Mir in die Seele gepflanzt! Ich verdiene, wie einem der Goͤtter, Dir zu singen! Drum haue mir nicht mit dem Schwerte das Haupt ab! Siehe dein lieber Sohn Taͤlemachos kann es bezeugen, 350 Daß ich nie freiwillig und wegen schnoͤdes Gewinstes Kam in deinen Palast, den Freiern am Mahle zu singen; Sondern es fuͤhrten mich viele und maͤchtige hier mit Gewalt her! Also sprach er. Ihn hoͤrte Taͤlemachos heilige Staͤrke, Eilte hinzu, und sprach zu seinem Vater Oduͤßeus: 355 Halt, verwunde nicht diesen; er ist unschuldig, mein Vater! Laß uns auch Medon verschonen, den Herold, welcher mich immer Sorgsam in unserem Hause gepflegt hat, als ich ein Kind war; Wo ihn Filoͤtios nicht schon toͤdtete, oder Eumaios, Oder du selber ihn trafst, den Saal mit Rache durchstuͤrmend! 360 Also sprach er; ihn hoͤrte der gute verstaͤndige Medon: Unter dem Throne sich schmiegend vermied er das schwarze Verhaͤngniß, Eingehuͤllt in die Haut des frischgeschlachteten Rindes. Eilend kroch er hervor, und huͤllte sich schnell aus der Kuhhaut, Sprang zu Taͤlemachos hin, umschlang die Kniee des Juͤnglings, 365 Jammerte laut um Erbarmen, und sprach die gefluͤgelten Worte: Lieber, da bin ich selbst! O schone, und bitte den Vater, Daß mich der Wuͤtende nicht mit scharfem Erze vertilge, Zuͤrnend wegen der Freier, die alle Guͤter im Hause Ihm verschwelgten, und dich mit thoͤrichtem Herzen entehrten! 370 Laͤchelnd erwiederte drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Sei getrost, denn dieser ist dein Beschirmer und Retter: Daß du im Herzen erkennst, und andern Menschen verkuͤndest, Wie viel beßer es sei, gerecht als boͤse zu handeln. Oduͤßee. Aber geht aus dem Saal, und sezt euch aus dem Gewuͤrge 375 Draußen im Hofe, du selbst und der liederkundige Saͤnger; Bis ich alles im Hause vollendet, was mir gebuͤhret. Also sprach er. Da gingen sie schnell aus dem blutigen Saale, Sezten sich draußen im Hof' am Altare des großen Kronions Nieder, und blickten umher, den Tod noch immer erwartend. 380 Jezo schaute Oduͤßeus umher im Saale, ob irgend Noch ein Lebender sich dem schwarzen Tode verbaͤrge. Aber er sahe sie alle, mit Blut und Staube besudelt, Weit den Boden bedecken: wie Fische, welche die Fischer Aus dem blaͤulichen Meer ans hohle Felsengestade 385 Im vielmaschichten Nez aufzogen; nun liegen sie, lechzend Nach den Fluten des Meers, im duͤrren Sande verbreitet, Und die sengende Hize der Sonne raubet ihr Leben: Also lagen im Saale die Freier Haufen bei Haufen. Und zu Taͤlemachos sprach der erfindungsreiche Oduͤßeus: 390 Auf, Taͤlemachos, rufe die Pflegerin Euruͤkleia; Denn ich habe noch was auf dem Herzen, das ich dir sage. Sprachs; und Taͤlemachos eilte, wie ihm sein Vater befohlen, Pocht' an die Thuͤr, und rief der Pflegerin Euruͤkleia: Eile geschwinde hieher, du alte redliche Mutter, 395 Welche die Aufsicht hat der Weiber in unserem Hause! Komm! dich ruft mein Vater, er hat dir etwas zu sagen! Also sprach er zu ihr, und redete nicht in die Winde. Als sie die Pforten geoͤffnet der schoͤngebaueten Wohnung, Ging sie hinaus, und folgte Taͤlemachos, welcher sie fuͤhrte. 400 Und sie fanden Oduͤßeus, umringt von erschlagenen Leichen, Ganz mit Blut und Staube besudelt, aͤhnlich dem Loͤwen, Zweiundzwanzigster Gesang. Der, vom ermordeten Stiere gesaͤttiget, stolz einhergeht; Seine zottichte Brust, und beide Backen des Wuͤrgers Triefen von schwarzem Blut, und fuͤrchterlich gluͤhn ihm die Augen: 405 Also war auch Oduͤßeus an Haͤnden und Fuͤßen besudelt. Als sie die Todten nun sah und rings die Stroͤme des Blutes, Da frohlockte sie jauchzend; denn schrecklich und groß war der Anblick. Aber Oduͤßeus hielt sie, und zaͤhmt' ihr lautes Entzuͤcken; Und er redte sie an, und sprach die gefluͤgelten Worte: 410 Freue dich, Mutter, im Herzen; doch halte dich, daß du nicht frohlockst! Ueber erschlagene Menschen zu jauchzen, ist grausam und Suͤnde! Wir Christen singen das Te Deum. Diese vertilgte der Goͤtter Gericht und ihr boͤses Beginnen: Denn sie ehrten ja keinen von allen Erdebewohnern, Vornehm oder geringe, wer auch um Erbarmen sie ansprach. 415 Darum traf die Frevler das schreckliche Todesverhaͤngniß. Aber nenne mir jezo die Weiber in dem Palaste, Alle, die mich verachten, und die unstraͤflich geblieben. Ihm antwortete drauf die Pflegerin Euruͤkleia: Gerne will ich dir, Sohn, die lautere Wahrheit verkuͤnden. 420 Funfzig sind der Weiber in deinem hohen Palaste, Welche wir alle die Kunst des Webestuhls und der Nadel Lehrten, und Wolle zu kaͤmmen, und treu und fleißig zu dienen. Aber zwoͤlfe veruͤben die unverschaͤmtesten Graͤuel, Und verachten mich ganz, ja selber Paͤnelopeia. 425 Zwar seit kurzem erwuchs Taͤlemachos; aber die Mutter Wollte nimmer gestaten, daß er den Maͤgden befoͤhle. Jezo geh' ich hinauf, und bringe deiner Gemahlin Oduͤßee. Botschaft; eben erquickt sie ein Gott mit lieblichem Schlummer. Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: 430 Wecke sie jezo noch nicht; laß erst die Weiber des Hauses Kommen, welche bisher so viel' Unarten veruͤbten. Also sprach er; da ging die Pflegerin aus dem Gemache, Brachte des Koͤnigs Befehl, und trieb die Maͤgde zu eilen. Aber Taͤlemachos und die beiden treflichen Hirten 435 Rief er zu sich heran, und sprach die gefluͤgelten Worte: Traget jezo die Todten hinaus, und befehlt es den Weibern; Und dann reiniget wieder die zierlichen Seßel und Tische Von der Erschlagenen Blute mit angefeuchteten Schwaͤmmen. Aber sobald ihr alles umher im Saale geordnet, 440 Fuͤhrt die Weiber hinaus vor die schoͤngebauete Wohnung, Zwischen das Kuͤchengewoͤlb' und die feste Mauer des Hofes, Und erwuͤrgt sie dort mit der Schaͤrfe des Schwertes, bis aller Seelen entfliehn, und vergeßen der ungebaͤndigten Luͤste, Welche sie oft gebuͤßt, in geheimer Umarmung der Freier. 445 Also sprach er; da kamen die Weiber alle bei Haufen Lautwehklagend herein und heiße Thraͤnen vergießend. Und sie trugen hinaus die abgeschiedenen Todten Unter die toͤnende Halle des festverschloßenen Hofes, Legten uͤber einander sie hin; es trieb sie Oduͤßeus 450 Hurtig zu eilen, und traurig vollendeten jene die Arbeit. Hierauf reinigten sie die zierlichen Seßel und Tische Von der Erschlagenen Blute mit angefeuchteten Schwaͤmmen. Aber Taͤlemachos, der Rinderhirt und der Sauhirt Saͤuberten eilig mit Schaufeln des schoͤnen gewoͤlbeten Saales 455 Estrich; den Unrat trugen die Maͤgde hinaus vor die Thuͤre. Zweiundzwanzigster Gesang. Und nachdem sie alles umher im Saale geordnet, Fuͤhrten sie jene hinaus vor die schoͤngebauete Wohnung Zwischen das Kuͤchengewoͤlb' und die feste Mauer des Hofes, Trieben sie dort in die Enge, wo nirgends ein Weg zum Entfliehn war. 460 Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sprach zu den Hirten: Wahrlich den reinen Tod des Schwertes sollen die Weiber Mir nicht sterben, die mich und meine Mutter so lange Schmaͤheten, und mit den Freiern so schaͤndliche Graͤuel veruͤbten! Sprachs; da band er ein Seil des blaugeschnaͤbelten Schiffes 465 An den ragenden Pfeiler, und knuͤpft' es hoch am Gewoͤlbe Fest, daß die Hangenden nicht mit den Fuͤßen die Erde beruͤhrten. Und wie die fliegenden Voͤgel, die Droßeln oder die Tauben, In die Schlingen gerathen, die im Gebuͤsche gestellt sind; Muͤde eilten sie heim, und finden ein trauriges Lager: 470 Also hingen sie dort mit den Haͤuptern neben einander, Alle die Schling' um den Hals, und starben des klaͤglichsten Todes, Zappelten noch mit den Fuͤßen ein wenig, aber nicht lange. Jezo holten sie auch den Ziegenhirten Melantheus; Und sie schnitten ihm Nas' und Ohren mit grausamem Erze 475 Ab, entrißen und warfen die blutige Scham vor die Hunde, Hauten dann Haͤnd' und Fuͤße vom Rumpf, mit zuͤrnendem Herzen. Und nun wuschen sie sich die Haͤnd' und Fuͤße, und gingen Wieder hinein zu Oduͤßeus im Saal; und das Werk war vollendet. Aber Oduͤßeus sprach zu der Pflegerin Euruͤkleia: 480 Alte, bringe mir Feuer und fluchabwendenden Schwefel, Das Feuer des Schwefels ward fuͤr heilig gehalten, weil es mit dem Blize, dem Feuer des Himmels, Aehnlichkeit hat. Daß ich den Saal durchraͤuchre. Dann sage Paͤnelopeien, Daß sie geschwind' herkomme mit ihren begleitenden Jungfraun; E e Oduͤßee. Zweiundzwanzigster Gesang. Auch die uͤbrigen Weiber im Hause rufe mir eilig. Ihm antwortete drauf die Pflegerin Euruͤkleia: 485 Gut, mein geliebter Sohn, du hast mit Weisheit geredet. Aber ich will dir ein Kleid herbringen, Mantel und Leibrock; Daß du nicht, mit den Lumpen die ruͤstigen Schultern umhuͤllet, Hier in dem Saale stehst. Wie haͤßlich wuͤrde das aussehn! Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: 490 Erstlich bringe mir Schwefel, und zuͤnde Feuer im Saal an. Also sprach er. Da eilte die Pflegerin Euruͤkleia; Und nun brachte sie Feuer und Schwefel. Aber Oduͤßeus Raͤucherte rings im Saal, im Vorhaus' und in dem Hofe. Und die Alte stieg aus Oduͤßeus praͤchtiger Wohnung, 495 Brachte des Koͤnigs Befehl, und trieb die Maͤgde zu eilen. Und sie gingen hervor, in den Haͤnden die leuchtende Fackel. Jezo umringten sie alle den wiedergekommenen Koͤnig, Hießen ihn froh willkommen, und kuͤßten ihm Schultern und Antliz, Kuͤßten und druͤckten die Haͤnde mit Inbrunst. Aber Oduͤßeus 500 Weint' und schluchzte vor Freude; sein Herz erkannte noch alle. Oduͤßee . Dreiundzwanzigster Gesang . A ber das Muͤtterchen stieg frohlockend empor in den Soͤller, Um der Fuͤrstin zu melden, ihr lieber Gemahl sei zu Hause: Jugendlich strebten die Knie', und hurtiger eilten die Schenkel; Und sie trat zu dem Haupte der schlafenden Fuͤrstin, und sagte: Wach auf, Paͤnelopeia, geliebte Tochter, und schau es 5 Selber mit Augen, worauf du so lange geharret: Oduͤßeus Ist gekommen, Oduͤßeus! und wieder zu Hause, nun endlich! Und hat alle Freier getoͤdtet, die hier im Palaste Trozten, sein Gut verschlangen, und seinen Taͤlemachos hoͤhnten! Ihr antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: 10 Liebe Mutter, dich haben die Goͤtter bethoͤret, die oftmal Selbst die verstaͤndigsten Menschen in Unverstaͤndige wandeln, Und Einfaͤltige oft mit hoher Weisheit erleuchten! Diese verruͤckten gewiß auch deine richtigen Sinne! Warum spottest du meiner, die so schon herzlich betruͤbt ist, 15 Und verkuͤndest mir Luͤgen, und weckst mich vom lieblichen Schlummer, Welcher mir, ach so sanft! die lieben Wimper bedeckte? Denn ich schlief noch nimmer so fest, seit Oduͤßeus hinwegfuhr, Troja zu sehn, die verwuͤnschte, die keiner nennet ohn Abscheu! Aber nun steige hinab, und geh in die untere Wohnung! 20 Oduͤßee. Haͤtte mir eine der andern, so viel auch Weiber mir dienen, Solch ein Maͤhrchen verkuͤndet, und mich vom Schlummer erwecket; Fuͤrchterlich haͤtt' ich sie gleich, die unwillkommene Botin, Heimgesandt in den Saal! Dich rettet diesmal dein Alter! Ihr antwortete drauf die Pflegerin Euruͤkleia: 25 Liebe Tochter, ich spotte ja nicht! Wahrhaftig, Oduͤßeus Ist gekommen, und wieder zu Hause, wie ich dir sage! Jener Fremdling, den alle so schaͤndlich im Saale verhoͤhnten! Und Taͤlemachos wußte schon lange, daß er daheim sei; Aber mit weisem Bedacht verschwieg er des Vaters Geheimniß, 30 Bis er den Uebermut der stolzen Maͤnner bestrafet. Also sprach sie; und freudig entsprang die Fuͤrstin dem Lager, Und umarmte die Alte, und Thraͤnen umstroͤmten ihr Antliz. Weinend begann sie jezo, und sprach die gefluͤgelten Worte: Liebes Muͤtterchen, sage mir doch die lautere Wahrheit! 35 Ist er denn wuͤrklich zu Hause gekommen, wie du erzaͤhlest; O wie hat er den Kampf mit den schamlosen Freiern vollendet, Er allein mit so vielen, die hier sich taͤglich ergoͤzten? Ihr antwortete drauf die Pflegerin Euruͤkleia: Weder gesehn hab' ichs, noch sonst erfahren; ich hoͤrte 40 Bloß der Erschlagnen Geaͤchz. Denn hinten in unserer Wohnung Saßen wir alle voll Angst, bei festverriegelten Thuͤren; Bis mich endlich dein Sohn Taͤlemachos aus dem Gemache Rief, denn diesen hatte sein Vater gesandt, mich zu rufen. Und nun fand ich Oduͤßeus, umringt von erschlagenen Leichen, 45 Stehn, die hochgehaͤuft, das schoͤngepflasterte Estrich Weit bedeckten. O haͤttest du selbst die Freude gesehen, Als er mit Blut und Staube besudelt stand, wie ein Loͤwe! Dreiundzwanzigster Gesang. Jezo liegen sie alle gehaͤuft an der Pforte des Hofes; Und er reinigt mit Schwefel bei angezuͤndetem Feuer 50 Seinen praͤchtigen Saal; und sendet mich her, dich zu rufen. Folge mir denn, damit ihr die lieben Herzen einander Wieder mit Freuden erfuͤllt, nachdem ihr so vieles erduldet. Nun ist ja endlich geschehn, was ihr so lange gewuͤnscht habt: Lebend kehret er heim zum Vaterheerde, und findet 55 Dich und den Sohn im Palast; und alle, die ihn beleidigt, Alle Freier vertilgt die schreckliche Rache des Koͤnigs. Ihr antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: Liebe Mutter, du must nicht so frohlocken und jauchzen! Ach! du weißt ja, wie herzlicherwuͤnscht er allen im Hause 60 Kaͤme, vor allen mir, und unserm einzigen Sohne! Aber es ist unmoͤglich geschehen, wie du erzaͤhlest! Einer der Himmlischen hat die stolzen Freier getoͤdtet, Durch die Graͤuel gereizt und die seelenkraͤnkende Bosheit! Denn sie ehrten ja keinen von allen Erdebewohnern, 65 Vornehm oder geringe, wer auch um Erbarmen sie ansprach: Darum strafte sie Gott, die Freveler! Aber Oduͤßeus, Fern von Achaia verlor er die Heimkehr, ach! und sein Leben! Ihr antwortete drauf die Pflegerin Euruͤkleia: Welche Rede, mein Kind, ist deinen Lippen entflohen! 70 Dein Gemahl, der schon unten am Heerde sizt, der kehret Nimmer nach Hause zuruͤck? O wie gar unglaͤubig dein Herz ist! Nun so sag' ich dir jezt ein entscheidendes Merkmal, die Narbe, Die ein Eber ihm einst mit weißem Zahne gehauen. Beim Fußwaschen nahm ich sie wahr, und wollt' es dir selber 75 Sagen; allein er faßte mir schnell mit der Hand an die Gurgel; Oduͤßee. Und verhinderte mich mit weisem Bedachte, zu reden. Komm denn, und folge mir jezt. Denn ich verbuͤrge mich selber, Hab' ich dir Luͤgen gesagt, des klaͤglichsten Todes zu sterben. Ihr antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: 80 Liebe Mutter, den Rath der ewiglebenden Goͤtter Strebst du umsonst zu erforschen, obgleich du vieles verstehest. Aber wir wollen doch zu meinem Sohne hinabgehn, Daß ich die Leichname sehe der Freier, und wer sie getoͤdtet. Also sprach sie, und stieg hinab. Der Gehenden Herz schlug, 85 Zweifelnd, ob sie den lieben Gemahl von ferne befragte, Oder entgegen ihm floͤg', und Haͤnd' und Antliz ihm kuͤßte. Als sie nun uͤber die Schwelle von glattem Marmor hineintrat, Sezte sie fern an der Wand, im Glanze des Feuers, Oduͤßeus Gegenuͤber, sich hin. An einer ragenden Seule 90 Saß er, die Augen gesenkt, und wartete, was sie ihm sagen Wuͤrde, die edle Gemahlin, da sie ihn selber erblickte. Lange saß sie schweigend; ihr Herz war voller Erstaunens. Jezo glaubte sie schon sein Angesicht zu erkennen, Jezo verkannte sie ihn in seiner haͤßlichen Kleidung. 95 Aber Taͤlemachos sprach unwillig zu Paͤnelopeia: Mutter, du boͤse Mutter, von unempfindlicher Seele! Warum sonderst du dich von meinem Vater, und sezest Dich nicht neben ihn hin, und fragst und forschest nach allem? Keine andere Frau wird sich von ihrem Gemahle 100 So halsstarrig entfernen, der nach unendlicher Truͤbsal Endlich im zwanzigsten Jahre zum Vaterlande zuruͤckkehrt! Aber du traͤgst im Busen ein Herz, das haͤrter als Stein ist! Ihm antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: Dreiundzwanzigster Gesang. Lieber Sohn, mein Geist ist ganz in Erstaunen verloren; 105 Und ich vermag kein Wort zu reden, oder zu fragen, Noch ihm gerad' ins Antliz zu schaun! Doch ist er es wuͤrklich, Mein Oduͤßeus, der wiederkam; so werden wir beide Uns einander gewiß noch beßer erkennen: wir haben Unsre geheimen Zeichen, die keinem andern bekannt sind. 110 Sprachs; da laͤchelte sanft der herliche Dulder Oduͤßeus, Wandte sich drauf zum Sohn', und sprach die gefluͤgelten Worte: O Taͤlemachos, laß die Mutter, so lange sie Lust hat, Mich im Hause versuchen; sie wird bald freundlicher werden. Weil ich so haͤßlich bin, und mit schlechten Lumpen bekleidet, 115 Darum verachtet sie mich, und glaubt, ich sei es nicht selber. Aber wir muͤßen bedenken, was nun der sicherste Rath sei. Denn hat jemand im Volk nur einen Menschen getoͤdtet, Welcher, arm und geringe, nicht viele Raͤcher zuruͤcklaͤßt; Fluͤchtet er doch, und verlaͤßt die Heimat und seine Verwandten: 120 Und wir erschlugen die Stuͤze der Stadt, der edelsten Maͤnner Soͤhne in Ithaka's Reich. Dies uͤberlege nun selber. Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen: Lieber Vater, da mußt du allein zusehen; du bist ja Unter den Menschen beruͤhmt durch deine Weisheit, und Niemand 125 Wagt es sich dir zu vergleichen von allen Erdebewohnern! Aber wir sind zu folgen bereit; und ich hoffe, du werdest Mut in keinem vermißen, so viel die Kraͤfte gewaͤhren. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Nun so will ich denn sagen, was mir das Beßte zu sein duͤnkt. 130 Geht nun erstlich ins Bad, und schmuͤckt euch mit festlichem Leibrock; Laßt dann die Weiber im Hause mit schoͤnen Gewanden sich schmuͤcken; Oduͤßee. Aber der goͤttliche Saͤnger entlocke der klingenden Harfe Melodien, und befluͤgle den froͤhlichhuͤpfenden Reigen: Daß die Nachbarn umher, und die auf der Gaße vorbeigehn, 135 Sagen, wann sie es hoͤren, man feire der Koͤnigin Hochzeit; Und damit nicht eher der Ruf von dem Morde der Freier Durch die Stadt sich verbreite, bevor wir das schattige Lustgut Fern auf dem Land' erreicht. Dort wollen wir ferner bedenken, Welchen nuͤzlichen Rath uns Zeus der Oluͤmpier eingiebt. 140 Also sprach er. Sie hoͤrten ihm alle mit Fleiß, und gehorchten: Gingen ins Bad, und schmuͤckten sich dann mit festlichem Leibrock. Auch die Weiber kamen geschmuͤckt. Der goͤttliche Saͤnger Nahm die gewoͤlbete Harf', und reizte mit lieblichen Toͤnen Alle zum suͤßen Gesang' und schoͤnnachahmenden Tanze: 145 Daß der hohe Palast ringsum von dem stampfenden Fußtritt Froͤhlicher Maͤnner erscholl und schoͤngeguͤrteter Weiber. Und wer voruͤberging, blieb horchend stehen, und sagte: Wahrlich ein Freier macht mit der schoͤnen Koͤnigin Hochzeit! Konnte die boͤse Frau nicht ihres ersten Gemahles 150 Hohen Palast bewahren, bis er aus der Fremde zuruͤckkehrt? Also sprachen die Leute, und wußten nicht, was geschehn war. Aber den edelgesinnten Oduͤßeus in seinem Palaste Badet' Euruͤnomaͤ jezt, die Schaffnerin, salbte mit Oel ihn, Und umhuͤllt' ihm darauf den praͤchtigen Mantel und Leibrock. 155 Siehe sein Haupt umstralt' Athaͤnaͤ mit goͤttlicher Anmut, Schuf ihn hoͤher und staͤrker an Wuchs; und goß von der Scheitel Ringelnde Locken herab, wie der Purpurlilien Bluͤthe. Also umgießt ein Mann mit feinem Golde das Silber, Welchen Haͤfaistos selbst und Pallas Athaͤnaͤ die Weisheit 160 Dreiundzwanzigster Gesang. Vieler Kuͤnste gelehrt, und bildet reizende Werke: Also umgoß die Goͤttin ihm Haupt und Schultern mit Anmut. Und er stieg aus dem Bad', an Gestalt den Unsterblichen aͤhnlich; Kam, und sezte sich wieder auf seinem verlaßenen Seßel, Gegenuͤber dem Siz der edlen Gemahlin, und sagte: 165 Wunderliche, gewiß vor allen Weibern der Erde Schufen die Himmlischen dir ein Herz so starr und gefuͤhllos! Keine andere Frau wird sich von ihrem Gemahle So halsstarrig entfernen, der nach unendlicher Truͤbsal Endlich im zwanzigsten Jahre zum Vaterlande zuruͤckkehrt! 170 Aber bereite mein Bett', o Muͤtterchen, daß ich allein mich Niederlege: denn diese hat wahrlich ein Herz von Eisen! Ihm antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: Wunderlicher, mich haͤlt so wenig Stolz wie Verachtung Oder Befremden zuruͤck; ich weiß recht gut, wie du aussahst, 175 Als du von Ithaka fuhrst im langberuderten Schiffe. Aber wohlan! bereite sein Lager ihm, Euruͤkleia, Außerhalb des schoͤnen Gemachs, das er selber gebauet. Sezt das zierliche Bette hinaus, und leget zum Ruhen Wollichte Felle hinein, und praͤchtige Decken und Maͤntel. 180 Also sprach sie zum Schein, den Gemahl zu versuchen. Doch zuͤrnend Wandte sich jezt Oduͤßeus zu seiner edlen Gemahlin: Wahrlich, o Frau, dies Wort hat meine Seele verwundet! Wer hat mein Bette denn anders gesezt? das koͤnnte ja schwerlich Selbst der erfahrenste Mann; wo nicht der Unsterblichen einer 185 Durch sein allmaͤchtiges Wort es leicht von der Stelle versezte: Doch kein sterblicher Mensch, und trozt' er in Kraͤften der Jugend, Koͤnnt' es hinwegarbeiten! Ein wunderbares Geheimniß Oduͤßee. War an dem kuͤnstlichen Bett'; und ich selber baut' es, kein Andrer! Innerhalb des Gehegs war ein weitumschattender Oelbaum, 190 Stark und bluͤhendes Wuchses; der Stamm glich Seulen an Dicke. Rings um diesen erbaut' ich von dichtgeordneten Steinen Unser Ehegemach, und woͤlbte die obere Decke, Und verschloß die Pforte mit festeinfugenden Fluͤgeln. Hierauf kappt' ich die Aeste des weitumschattenden Oelbaums, 195 Und behaute den Stamm an der Wurzel, glaͤttet' ihn ringsum Kuͤnstlich und schoͤn mit dem Erz, und nach dem Maße der Richtschnur; Schnizt' ihn zum Fuße des Bettes, und bort' ihn rings mit dem Borer, Fuͤgete Bohlen daran, und baute das zierliche Bette, Welches mit Gold und Silber und Elfenbeine geschmuͤckt war; 200 Und durchzog es mit Riemen von purpurfarbener Stierhaut. Dies Wahrzeichen sag' ich dir also. Aber ich weiß nicht, Frau, ob es noch so ist, wie vormals; oder ob Jemand Schon den Fuß von der Wurzel gehaun, und das Bette versezt hat. Also sprach er. Der Fuͤrstin erzitterten Herz und Kniee, 205 Als sie die Zeichen erkannte, die ihr Oduͤßeus verkuͤndet: Weinend lief sie hinzu, und fiel mit offenen Armen Ihrem Gemahl um den Hals, und kuͤßte sein Antliz, und sagte: Sei mir nicht boͤs', Oduͤßeus! Du warst ja immer ein guter Und verstaͤndiger Mann! Die Goͤtter gaben uns Elend; 210 Denn zu groß war das Gluͤck, daß wir beisammen in Eintracht Unserer Jugend genoͤßen, und sanft dem Alter uns nahten! Aber du mußt mir jezo nicht darum zuͤrnen noch gram sein, Daß ich, Geliebter, dich nicht beim ersten Blicke bewillkommt! Siehe mein armes Herz war immer in Sorgen, es moͤchte 215 Irgend ein Sterblicher kommen, und mich mit teuschenden Worten Dreiundzwanzigster Gesang. Hintergehn; es giebt ja so viele schlaue Betrieger! Nimmer haͤtte der Fremdling die schoͤne argeiische Fuͤrstin Helena, Tochter von Zeus, zur heimlichen Liebe verleitet; Haͤtte sie vorbedacht, daß die kriegrischen Soͤhne Achaia's 220 Wuͤrden mit Feuer und Schwert sie zuruͤck aus Ilion fodern. Aber gereizt von der Goͤttin, erlag sie der schnoͤden Verfuͤhrung, Von Afroditaͤ, die dem Paris fuͤr den goldenen Apfel das schoͤnste Weib versprochen hatte. Und erwog nicht vorher in ihrem Herzen das nahe Schreckengericht, das auch uns so vielen Jammer gebracht hat! Jezo, da du, Geliebter, mir so umstaͤndlich die Zeichen 225 Unserer Kammer nennst, die doch kein Sterblicher sahe, Sondern nur du und ich, und die einzige Kammerbediente Aktoris, welche mein Vater mir mitgab, als ich hieher zog: Jezo besiegst du mein Herz, und alle Zweifel verschwinden. 230 Also sprach sie. Da schwoll ihm sein Herz von inniger Wehmut: Weinend hielt er sein treues geliebtes Weib in den Armen. So erfreulich das Land den schwimmenden Maͤnnern erscheinet, Deren ruͤstiges Schiff der Erdumguͤrter Poseidon Mitten im Meere durch Sturm und geschwollene Fluten zerschmettert; 235 Wenige nur entflohn dem dunkelwogenden Abgrund, Schwimmen ans Land, ringsum vom Schlamme des Meeres besudelt, Und nun steigen sie freudig, dem Tod' entronnen, ans Ufer: So erfreulich war ihr der Anblick ihres Gemahles; Und fest hielt sie den Hals mit weißen Armen umschlungen. 240 Und sie haͤtten vielleicht bis zur Morgenroͤthe gejammert; Aber ein Andres beschloß die heilige Pallas Athaͤnaͤ. Oduͤßee. Denn sie hemmte die Nacht am Ende des Laufes, und weilte An des Ozeans Fluten die goldenthronende Aeos: Und noch spannte sie nicht die schnellen leuchtenden Roße 245 Lampos und Faethon an, das Licht den Menschen zu bringen. Aber zu seiner Gemahlin begann der weise Oduͤßeus: Liebes Weib, noch haben wir nicht der furchtbaren Kaͤmpfe Ziel erreicht; es droht noch unermeßliche Arbeit, Viel und gefahrenvoll, und alle muß ich vollenden! 250 Also verkuͤndigte mir des großen Teiresias Seele, Jenes Tages, da ich in Aïs Wohnung hinabstieg, Forschend nach der Gefaͤhrten und meiner eigenen Heimkehr. Aber nun laß uns, Frau, zu Bette gehen: damit uns Beide jezo die Ruhe des suͤßen Schlafes erquicke. 255 Ihm antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: Jezo wird dein Lager bereit sein, wann du es wuͤnschest; Da dir endlich die Goͤtter verstateten, wiederzukehren In dein praͤchtiges Haus und deiner Vaͤter Gefilde. Aber weil dich ein Gott daran erinnert, mein Lieber, 260 Sage mir auch den Kampf! Ich muß ihn, denk' ich, doch einmal Hoͤren; so ist es ja wohl nicht schlimmer, ihn gleich zu erfahren. Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Armes Weib, warum verlangst du, daß ich dir dieses Sage? Ich will es dir denn verkuͤnden, und nichts dir verhehlen. 265 Freilich wird sich darob dein Herz nicht freuen; ich selber Freue mich nicht. Denn mir gebeut der erleuchtete Seher, Fort durch die Welt zu gehn, in der Hand ein geglaͤttetes Ruder, Immerfort, bis ich komme zu Menschen, welche das Meer nicht Kennen, und keine Speise gewuͤrzt mit Salze genießen, 270 Dreiundzwanzigster Gesang. Welchen auch Kenntniß fehlt von rothgeschnaͤbelten Schiffen, Und von geglaͤtteten Rudern, den Fittigen eilender Schiffe. Deutlich hat er sie mir bezeichnet, daß ich nicht irre. Wenn ein Wanderer einst, der mir in der Fremde begegnet, Sagt, ich trag' eine Schaufel auf meiner ruͤstigen Schulter; 275 Dann soll ich dort in die Erde das schoͤngeglaͤttete Ruder Stecken, und Opfer bringen dem Meerbeherscher Poseidon, Einen Widder und Stier und einen mutigen Eber; Drauf zur Heimat kehren, und opfern heilige Gaben Allen unsterblichen Goͤttern, des weiten Himmels Bewohnern, 280 Nach der Reihe herum. Zulezt wird außer dem Meere Kommen der Tod, und mich, von hohem behaglichem Alter Aufgeloͤseten, sanft hinnehmen, wann ringsum die Voͤlker Froh und gluͤcklich sind. Dies hat mir der Seher verkuͤndet. Ihm antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: 285 Nun wenn dir von den Goͤttern ein frohes Alter bestimmt ist; Koͤnnen wir hoffen, du wirst dein Leiden gluͤcklich vollenden. Also besprachen diese sich jezo unter einander. Euruͤkleia indeß und Euruͤnomaͤ breiteten aͤmsig Weiche Gewande zum Lager, beim Scheine leuchtender Fackeln. 290 Und nachdem sie in Eile das warme Lager gebettet, Ging die Alte zuruͤck in ihre Kammer, zu ruhen. Aber Euruͤnomaͤ fuͤhrte den Koͤnig und seine Gemahlin Zu dem bereiteten Lager, und trug die leuchtende Fackel; Als sie die Kammer erreicht, enteilte sie. Jene bestiegen 295 Freudig ihr altes Lager, der keuschen Liebe geheiligt. Aber Taͤlemachos, der Rinderhirt und der Sauhirt Ruhten jezo vom froͤhlichen Tanz, es ruhten die Weiber; Oduͤßee. Und sie legten sich schlafen umher im dunkeln Palaste. Jene, nachdem sie die Fuͤlle der seligen Liebe gekostet, 300 Wachten noch lang', ihr Herz mit vielen Gespraͤchen erfreuend. Erst erzaͤhlte das goͤttliche Weib, wie viel sie im Hause Von dem verwuͤstenden Schwarme der boͤsen Freier erduldet, Wie sie um ihrentwillen die fetten Rinder und Schafe Schaarenweise geschlachtet, und frech im Weine geschwelget. 305 Dann erzaͤhlte der Held, wie vielen Jammer er andern Menschen gebracht, und wie viel er selber vom Schicksal erduldet. Und die Koͤnigin horchte mit inniger Wonne; kein Schlummer Sank auf die Augenlieder, bevor er alles erzaͤhlet. Und er begann, wie er erst die Kikonen bezwungen, und hierauf 310 An der fruchtbaren Kuͤste der Lotofagen gelandet. Was der Kuͤklope gethan, und wie er der edlen Gefaͤhrten Tod bestraft, die er fraß, der unbarmherzige Wuͤtrich. Und wie Aiolos ihn, nach milder Bewirtung, zur Heimfahrt Ausgeruͤstet; allein die Stunde der froͤhlichen Heimkehr 315 War noch nicht; denn er trieb, von dem wilden Orkane geschleudert, Lautwehklagend zuruͤck ins fischdurchwimmelte Weltmeer. Wie er Taͤlepuͤlos dann und die Laistruͤgonen gesehen, Wo er die ruͤstigen Schiffe und schoͤngeharnischten Freunde Alle verlor; nur er selber entrann mit dem schwaͤrzlichen Schiffe. 320 Auch von Kirkaͤ's Betrug' und Zauberkuͤnsten erzaͤhlt' er; Und wie er hingefahren in Aïdaͤs dumpfe Behausung, Um des thaͤbaiischen Greises Teiresias Seele zu fragen, Im vielrudrigen Schiff', und alle Freunde gesehen, Auch die Mutter, die ihn gebar und als Knaben ernaͤhrte. 325 Wie er dann den Gesang der holden Sirenen gehoͤret; Dreiundzwanzigster Gesang. Dann die irrenden Klippen gesehn, und die wilde Charuͤbdis, Und die Skuͤlla, die keiner noch unbeschaͤdigt vorbeifuhr. Dann, wie seine Gefaͤhrten die Sonnenrinder geschlachtet; Und wie sein ruͤstiges Schiff der Gott hochrollender Donner 330 Zeus mit dem Blize zerschmettert; es sanken die tapfern Genoßen Allzumal, nur er selber entfloh dem Schreckenverhaͤngniß. Wie er drauf gen Oguͤgia kam, zur Nuͤmfe Kaluͤpso, Die ihn so lang' aufhielt in ihrer gewoͤlbeten Grotte, Und zum Gemahl ihn begehrte: sie reicht' ihm Nahrung, und sagte 335 Ihm Unsterblichkeit zu und nimmerverbluͤhende Jugend; Dennoch vermochte sie nicht sein standhaftes Herz zu bewegen. Wie er endlich, nach großer Gefahr, die Faiaken erreichet, Welche von Herzen ihn hoch, wie einen Unsterblichen, ehrten, Und ihn sandten im Schiffe zur lieben heimischen Insel, 340 Reichlich mit Erz und Golde beschenkt und praͤchtigen Kleidern. Und kaum hatt' er das lezte gesagt, da beschlich ihn der suͤße Sanftaufloͤsende Schlummer, den Gram der Seele vertilgend. Aber ein Neues ersann die heilige Pallas Athaͤnaͤ: Als sie glaubte, der Held Oduͤßeus habe nun endlich 345 Seine Seele in Lieb' und suͤßem Schlafe gesaͤttigt; Rief sie vom Ozean schnell die goldenthronende Fruͤhe, Daß sie die finstere Welt erleuchtete. Aber Oduͤßeus Sprang vom schwellenden Lager, und sprach zu seiner Gemahlin: Frau, wir haben bisher der Leiden volle Genuͤge 350 Beide geschmeckt: da du so herzlich um meine Zuruͤckkunft Weintest, und mich der Kronid' und die andern Goͤtter durch Ungluͤck Der Kronide, Zeus, Kronos Sohn. Oduͤßee. Dreiundzwanzigster Gesang. Stets, wie sehr ich auch strebte, von meiner Heimat entfernten. Jezo, nachdem wir die Nacht der seligen Liebe gefeiret, Sorge du fuͤr die Guͤter, die mir im Palaste geblieben; 355 Aber die Rinder und Schafe, die mir die Freier verschwelget, Werden mir theils die Achaier ersezen, und andere werd' ich Beuten von fremden Voͤlkern, bis alle Hoͤfe gefuͤllt sind. Jezo geh ich hinaus, den guten Vater Laertaͤs Auf dem Lande zu sehn, der mich so herzlich bejammert. 360 Dir befehl' ich, o Frau; zwar bist du selber verstaͤndig: Gleich wenn die Sonn' aufgeht, wird sicher der Ruf von den Freiern Durch die Stadt sich verbreiten, die ich im Hause getoͤdtet; Darum steig' in den Soͤller, und size dort unter den Weibern Ruhig; siehe nach keinem dich um, und rede mit keinem. 365 Also sprach er, und panzerte sich mit schimmernder Ruͤstung, Weckte Taͤlemachos dann und beide Hirten vom Schlummer, Und gebot, in die Haͤnd die Waffen des Krieges zu nehmen. Diese gehorchten ihm schnell, und standen in eherner Ruͤstung, Schloßen die Pforte dann auf, und gingen, gefuͤhrt von Oduͤßeus. 370 Schon umschimmerte Licht die Erde. Doch Pallas Athaͤnaͤ Fuͤhrte sie schnell aus der Stadt, mit dichtem Nebel umhuͤllet. Oduͤßee. Vierundzwanzigster Gesang . A ber Hermaͤs, der Gott von Kuͤllaͤnaͤ, nahte sich jezo, Kuͤllaͤnaͤ, ein Berg in Arkadien, wo Hermaͤs verehrt wurde. Rief den Seelen der Freier, und hielt in der Rechten den schoͤnen Goldenen Herscherstab, womit er die Augen der Menschen Zuschließt, welcher er will, und wieder vom Schlummer erwecket: Hiermit scheucht' er sie fort, und schwirrend folgten die Seelen. 5 So wie die Fledermaͤus' im Winkel der graulichen Hoͤhle Schwirrend flattern, wenn eine des angeklammerten Schwarmes Nieder vom Felsen sinkt, und drauf an einander sich hangen: Also schwirrten die Seelen, und folgten in draͤngendem Zuge Hermaͤs, dem Retter in Noth, durch dumpfe schimmlichte Pfade. 10 Und sie gingen des Ozeans Flut, den leukadischen Felsen, Sie fuhren nicht gleich unter die Erde, sondern schwebten uͤber das Meer nach dem gewoͤhnlichen Eingange des Schattenreichs, jenseit des Ozeanflußes an der kurmerischen Kuͤste. Gingen das Sonnenthor, und das Land der Traͤume voruͤber, Und erreichten nun bald die graue Asfodeloswiese, Wo die Seelen wohnen, die Luftgebilde der Todten. Und sie fanden die Seele des Paͤlaͤiden Achilleus, 15 Ff Oduͤßee. Und die Seele Patroklos, des tapfern Antilochos Seele, Und des gewaltigen Aias, des Ersten an Wuchs und Bildung In dem achaiischen Heer, nach dem tadellosen Achilleus: Diese waren stets um den Paͤleionen versammelt. Eben kam auch die Seele von Atreus Sohn Agamemnon 20 Traurend daher, umringt von anderen Seelen, die mit ihm, In Aigisthos Palaste, das Ziel des Todes erreichten. Zu den Kommenden sprach die Seele des Paͤleionen: Atreus Sohn, wir dachten, der donnerfrohe Kronion Haͤtte dich unter den Helden auf immer zum Liebling erkoren; 25 Weil du das große Heer der tapfersten Sieger beherschtest, In dem troischen Lande, wo Noth uns Achaier umdraͤngte. Aber es mußte auch dich so bald des Todes Verhaͤngniß Treffen, welchem kein Mensch, vom Weibe geboren, entfliehet. Haͤttest du doch, umringt von den glaͤnzenden Ehren der Herschaft, 30 Dort im Lande der Troer, das Ziel des Todes erreichet! Denn ein Denkmal haͤtte der Griechen Volk dir errichtet, Und so waͤre zugleich dein Sohn bei den Enkeln verherlicht. Aber es war dein Loos, des traurigsten Todes zu sterben! Ihm antwortete drauf die Seele des großen Atreiden: 35 Gluͤcklicher Paͤlaͤide, du goͤttergleicher Achilleus, Der du vor Ilion starbst, von Argos ferne! Denn ringsum Sanken die tapfersten Soͤhne der Troer und der Achaier, Kaͤmpfend um deine Leiche: du lagst in der Wolke des Staubes, Groß, weithingestreckt, ausruhend vom Wagengetuͤmmel! 40 Aber wir kaͤmpften den ganzen Tag, und kaͤmpften noch immer Brennend vor Wut, bis Zeus durch Sturm und Wetter uns trennte. Jezo trugen wir dich aus der Schlacht zu unseren Schiffen, Vierundzwanzigster Gesang. Wuschen den schoͤnen Leib mit lauem Waßer, und legten Ihn mit Balsam gesalbt auf praͤchtige Betten; und ringsum 45 Weinten und jammerten laut die Achaier, und schoren ihr Haupthaar. Auch die Mutter entstieg mit den heiligen Nuͤmfen dem Meere, Als sie die Botschaft vernahm; von lautwehklagenden Stimmen Hallte die Flut: und Entsezen ergriff das Heer der Achaier. Zitternd waͤren sie schnell zu den hohlen Schiffen geflohen; 50 Aber es hielt sie der Mann von alter und großer Erfahrung, Nestor, deßen Rath wir auch ehmals immer bewundert; Dieser erhub im Heere die Stimme der Weisheit, und sagte: Haltet ein, Argeier, und flieht nicht, Soͤhne Achaia's! Dies ist seine Mutter mit ihren unsterblichen Nuͤmfen, 55 Welche dem Meer' entsteigt, den todten Sohn zu bejammern! Also sprach er, und hemmte die Flucht der edlen Achaier. Lautwehklagend standen um dich des alternden Meergotts Toͤchter, und kleideten dich mit ambrosiaduftenden Kleidern. Gegen einander sangen mit schoͤner Stimme die Musen 60 Alle neun, und weinten: da sahe man keinen Argeier Thraͤnenlos; so ruͤhrten der Goͤttinnen helle Gesaͤnge Siebzehn Tag' und Naͤchte beweinten wir unaufhoͤrlich Deinen Tod, der Unsterblichen Chor und die sterblichen Menschen. Am achzehnten verbrannten wir dich, und schlachteten ringsum 65 Viele gemaͤstete Schaf' und krummgehoͤrnete Rinder. Aber du lagst umhuͤllt mit Goͤttergewanden, und um dich Standen Gefaͤße mit Oel und suͤßem Honig; und viele Helden Achaia's rannten geruͤstet, zu Fuß und zu Wagen, Rings um das lodernde Feuer; es stieg ein lautes Getoͤs' auf. 70 Als dich Haͤfaistos Flamme verzehrt; da goßen wir Morgens Oduͤßee. Lauteren Wein in die Asche, und sammelten, edler Achilleus, Deine weißen Gebeine, mit zwiefachem Fette bedeckend. Aber die Mutter brachte die goldne gehenkelte Urne, Dionuͤsos Geschenk, und ein Werk des beruͤhmten Haͤfaistos. 75 Hierin ruht dein weißes Gebein, ruhmvoller Achilleus, Mit dem Gebeine vermischt des Menoͤtiaden Patroklos, Und gesondert die Asche Antilochos, den du vor allen Anderen Freunden ehrtest, nach deinem geliebten Patroklos. Und das heilige Heer der sieggewohnten Achaier 80 Haͤufte daruͤber ein großes und weitbewundertes Denkmal Auf der Spize des Landes am breiten Hellaͤspontos, Man betrachtete den Hellespont nicht als eine Meerenge, sondern als einen breiten Fluß. Daß es fern im Meere voruͤberschiffende Maͤnner Saͤhen, die jezo leben, und spaͤt in kommenden Jahren. Aber die Mutter bracht' auf den Kampfplaz koͤstliche Preise, 85 Von den Goͤttern erfleht, fuͤr die Tapfersten aller Achaier. Schon bei vieler Helden Begraͤbniß warst du zugegen, Sahst die Juͤnglinge oft am Ehrenhuͤgel des Koͤnigs Zum Wettkampfe sich guͤrten um manches schimmernde Kleinod; Dennoch haͤttest du dort mit tiefem Erstaunen betrachtet, 90 Welche koͤstliche Preise die silberfuͤßige Thetis Dir zu Ehren gesezt: denn du warst ein Liebling der Goͤtter! Also erlosch auch im Tode nicht dein Gedaͤchtniß, und ewig Glaͤnzet bei allen Menschen dein großer Namen, Achilleus. Aber was frommte mir des ruͤhmlichen Krieges Vollendung? 95 Selbst bei der Heimkehr weihte mich Zeus dem schrecklichsten Tode Vierundzwanzigster Gesang. Unter Aigisthos Hand und der Hand des heillosen Weibes. Also besprachen diese sich jezo unter einander. Jezo nahte sich ihnen der ruͤstige Argosbesieger, Und ihm folgte zur Tiefe die Schaar der erschlagenen Freier. 100 Voll Verwunderung gingen die Koͤnige ihnen entgegen. Und der hohe Schatten von Atreus Sohn Agamemnon Kannte des Melaniden, des tapfern Amfimedons Seele, Welcher sein Gastfreund war in Ithaka's felsichtem Eiland. Zu dem Kommenden sprach die Seele des großen Atreiden: 105 Was, Amfimedon, fuͤhrt euch ins unterirdische Dunkel? Lauter erlesene Maͤnner von gleichem Alter! Man wuͤrde Schwerlich in Einer Stadt so trefliche Maͤnner erlesen! Toͤdtet' euch etwa in Schiffen der Erderschuͤttrer Poseidon, Da er den wilden Orkan und die steigenden Wogen empoͤrte? 110 Oder ermordeten euch auf dem Lande feindliche Maͤnner, Als ihr die schoͤnen Heerden der Rinder und Schafe hinwegtriebt, Oder indem sie die Stadt und ihre Weiber verfochten? Lieber, sage mir dies; ich war ja im Leben dein Gastfreund. Weißt du nicht mehr, wie ihr mich in eurem Hause bewirtet, 115 Als ich Oduͤßeus ermahnte, dem goͤttlichen Menelaos Mit gen Troja zu folgen in schoͤngebordeten Schiffen? Erst nach einem Monat entschifften wir eurem Gestade, Und beredeten kaum den Staͤdteverwuͤster Oduͤßeus. Also sprach er; ihm gab Amfinomos Seele zur Antwort: 120 Atreus ruͤhmlicher Sohn, weitherschender Held Agamemnon, Dieses weiß ich noch alles, und will umstaͤndlich erzaͤhlen, Wie uns so ploͤzlich die Stunde des schrecklichen Todes ereilt hat. Siehe, wir liebten die Gattin des langentfernten Oduͤßeus. Oduͤßee. Nimmer versagte sie uns, und vollendete nimmer die Hochzeit, 125 Heimlich uns allen den Tod und das schwarze Verhaͤngniß bereitend. Unter anderen Listen ersann sie endlich auch diese. Truͤglich zettelte sie in ihrer Kammer ein feines Uebergroßes Geweb', und sprach zu unsrer Versammlung: Juͤnglinge, die ihr mich liebt, nach dem Tode des edlen Oduͤßeus! 130 Dringt auf meine Vermaͤhlung nicht eher, bis ich den Mantel Fertig gewirkt, (damit nicht umsonst das Garn mir verderbe!) Welcher dem Helden Laertaͤs zum Leichengewande bestimmt ist, Wenn ihn die finstre Stunde mit Todesschlummer umschattet: Daß nicht irgend im Lande mich eine Achaierin tadle, 135 Laͤg' er uneingekleidet, der einst so vieles beherschte. Also sprach sie mit List, und bewegte die Herzen der Edlen. Und nun webete sie des Tages am großen Gewebe, Aber des Nachts, dann trennte sies auf, beim Scheine der Fackeln. Also teuschte sie uns drei Jahr' und betrog die Achaier. 140 Als nun das vierte Jahr im Geleite der Horen herankam, Und mit dem wechselnden Mond viel Tage waren verschwunden; Da verkuͤndet' uns eine der Weiber das schlaue Geheimniß, Und wir fanden sie selbst bei der Trennung des schoͤnen Gewebes. Also mußte sies nun, auch wider Willen, vollenden. 145 Als sie den großen Mantel gewirkt und sauber gewaschen, Und er hell, wie die Sonn' und der Mond, entgegen uns glaͤnzte; Siehe da fuͤhrte mit Einmal ein boͤser Daͤmon Oduͤßeus Draußen zum Meierhof, den der Schweine Huͤter bewohnte. Dorthin kam auch der Sohn des goͤttergleichen Oduͤßeus, 150 Der von der sandigen Puͤlos im schwarzen Schiffe zuruͤckfuhr. Diese bereiteten sich zum schrecklichen Morde der Freier, Vierundzwanzigster Gesang. Gingen dann in die praͤchtige Stadt: der edle Oduͤßeus War der lezte, sein Sohn Taͤlemachos kam zuerst an. Aber der Sauhirt fuͤhrte den schlechtgekleideten Koͤnig, 155 Der, wie ein alter Mann und muͤhbeladener Bettler, Wankend am Stabe schlich, mit haͤßlichen Lumpen bekleidet. Keiner konnte von uns den ploͤtzlich erscheinenden Fremdling Fuͤr Oduͤßeus erkennen, auch selbst von den Aeltesten keiner; Sondern alle verspotteten wir und warfen den Fremdling. 160 Und Oduͤßeus ertrug zuerst in seinem Palaste Unsre kraͤnkenden Reden und Wuͤrfe mit duldender Seele. Aber als ihn der Geist des Donnergottes erweckte, Nahm er mit seinem Sohn aus dem Saale die zierliche Ruͤstung, Trug sie hinauf in den Soͤller, und schloß die Pforte mit Riegeln; 165 Ging dann hin, und befahl arglistig seiner Gemahlin, Uns den Bogen zu bringen und blinkende Eisen, zum Wettkampf Uns ungluͤcklichen Freiern, und zum Beginne des Mordens. Aber es konnte von uns nicht Einer des maͤchtigen Bogens Senne spannen; zu sehr gebrach es allen an Staͤrke. 170 Doch wie der Sauhirt jezo den großen Bogen Oduͤßeus Brachte; da zuͤrnten wir alle, und schalten mit drohenden Worten, Daß er den Bogen ihm nicht darreichte, was er auch sagte; Aber Taͤlemachos rief, und befahl ihm, weiter zu gehen. Und nun nahm er den Bogen, der herliche Dulder Oduͤßeus, 175 Spannt' ihn ohne Bemuͤhn, und schnellte den Pfeil durch die Aexte; Sprang auf die Schwelle, die Pfeile dem Koͤcher entschuͤttend, und blickte Drohend umher, und schoß; und Antinoos stuͤrzte zu Boden. Und nun flog auf die andern des scharf hinzielenden Koͤnigs Schreckliches Todesgeschoß; und Haufen sanken bei Haufen. 180 Oduͤßee. Und man erkannte leicht, daß ihnen ein Himmlischer beistand. Denn bald stuͤrzten sie wuͤtend sich unter den Haufen, und wuͤrgten Links und rechts durch den Saal: mit dem Krachen zerschlagener Schaͤdel Toͤnte das Jammergeschrei, und Blut floß uͤber den Boden. Also kamen wir um, Agamemnon, und unsere Leiber 185 Liegen noch unbestatet im Hause des edlen Oduͤßeus. Denn noch wißen esnicht die Freund' in unseren Haͤusern, Daß sie das schwarze Blut aus den Wunden waschen, und klagend Unsere Bahr' umringen: die lezte Ehre der Todten! Ihm antwortete drauf die Seele des großen Atreiden: 190 Gluͤcklicher Sohn Laertaͤs, erfindungsreicher Oduͤßeus, Wahrlich dir ward ein Weib von großer Tugend beschieden! Welche trefliche Seele hat doch Ikarios Tochter Paͤnelopeia! Wie treu die Edle dem Manne der Jugend, Ihrem Oduͤßeus, blieb! O nimmer verschwindet der Nachruhm 195 Ihrer Tugend; die Goͤtter verewigen unter den Menschen Durch den schoͤnsten Gesang die keusche Paͤnelopeia! Nicht wie Tuͤndareos Tochter veruͤbte sie schaͤndliche Thaten, Agamemnons Gemahlin Kluͤtaimnaͤstra war Tuͤndareos Tochter, und Helenens Schwester. Welche den Mann der Jugend erschlug, und ein ewiges Schandlied Unter den Sterblichen ist; denn sie hat auf immer der Weiber 200 Namen entehrt, wenn eine sich auch des Guten befleißigt! Also besprachen sich jezo die Luftgebilde der Todten, Unter der Erde stehend, in Aïdaͤs dunkler Behausung. Jene gingen den Weg von der Stadt hinunter, und kamen Bald zu dem wohlbestellten und schoͤnen Hofe Laertaͤs, 205 Vierundzwanzigster Gesang. Welchen er selber vordem durch Heldenthaten erworben. Alda hatt' er sein Haus; und wirtschaftliche Gebaͤude Liefen rings um den Hof: es speiseten, saßen und schliefen Hier die noͤthigen Knechte, die seine Geschaͤfte bestellten. Auch war dort eine alte Sikelerin, welche des Greises 210 Fern von der Stadt auf dem Lande mit treuer Sorge sich annahm. Aber Oduͤßeus sprach zu Taͤlemachos und zu den Hirten: Geht ihr jezo hinein in die schoͤngebaute Wohnung, Und bereitet uns schnell zum Mahle das treflichste Mastschwein. Ich will indeß hingehen, um unsern Vater zu pruͤfen: 215 Ob er mich wohl noch kennt, wenn seine Augen mich sehen; Oder ob ich ihm fremd bin, nach meiner langen Entfernung. Also sprach er, und gab den Hirten die kriegrische Ruͤstung. Diese gingen sogleich in die Wohnung. Aber Oduͤßeus Eilte zu seinem Vater im obstbeladenen Fruchthain. 220 Und er fand, da er eilig den langen Garten hinabging, Weder Dolios dort, noch Dolios Knechte und Soͤhne. Diese waren aufs Feld gegangen, und sammleten Dornen Zu des Gartens Geheg', und der alte Mann war ihr Fuͤhrer. Nur Laertaͤs fand er im schoͤngeordneten Fruchthain, 225 Um ein Baͤumchen die Erd' auflockern. Ein schmuziger Leibrock Deckt' ihn, geflickt und grob; und seine Schenkel umhuͤllten Gegen die rizenden Dornen geflickte Stiefeln von Stierhaut; Und Handschuhe die Haͤnde der Diesteln wegen; die Scheitel Eine Kappe von Ziegenfell: so traurte sein Vater. 230 Als er ihn jezo erblickte, der herliche Dulder Oduͤßeus, Wie er vom Alter entkraͤftet und tief in der Seele betruͤbt war; Sah er ihm weinend zu im Schatten des ragenden Birnbaums. Oduͤßee. Dann bedacht' er sich hin und her, mit wankendem Vorsaz: Ob er ihn kuͤßend umarmte, den lieben Vater, und alles 235 Sagte, wie er nun endlich zur Heimat wiedergekehrt sei; Oder ihn erst ausfragte, um seine Seele zu pruͤfen. Dieser Gedanke schien dem Zweifelnden endlich der beßte: Erst mit sanftem Tadel des Vaters Seele zu pruͤfen. Dieses beschloß Oduͤßeus, und eilte hin zu Laertaͤs, 240 Der, mit gesenktem Haupte, des Baumes Wurzel umhackte; Und der trefliche Sohn trat nahe zum Vater, und sagte: Alter, es fehlet die nicht an Kunst den Garten zu bauen! Schoͤn ist alles bestellt; kein einziges dieser Gewaͤchse, Keine Rebe vermißt, kein Oelbaum, Feigen- und Birnbaum, 245 Keines der Beet' im Garten vermißt die gehoͤrige Pflege! Eins erinnere ich nur; nim mirs nicht uͤbel, o Vater! Du wirst selber nicht gut gepflegt! Wie kuͤmmerlich gehst du, Schwach vor Alter, und schmuzig dabei, und haͤßlich bekleidet! Wegen der Faulheit gewiß kann dich dein Herr nicht versaͤumen! 250 Selbst der Gedank' an Knechtschaft verschwindet einem Betrachter Deiner Gestalt und Groͤße; du hast ein koͤniglich Ansehn: Gleich als ob dir gebuͤhrte, dich nach dem Bad' und der Mahlzeit Sanft zur Ruhe zu legen; denn das ist die Pflege der Alten. Aber verkuͤndige mir, und sage die lautere Warheit: 255 Welcher Mann ist dein Herr, und weßen Garten besorgst du? Auch verkuͤndige mir aufrichtig, damit ich es wiße: Sind wir denn wuͤrklich hier in Ithaka, wie mir ein Mann dort Sagte, welchem ich begegnete, als ich hieher ging? Aber der Mann war nicht so artig, mir alles zu sagen, 260 Oder auf meine Frage zu achten, wegen des Gastfreunds, Vierundzwanzigster Gesang. Den ich in Ithaka habe: ob dieser noch lebt und gesund ist; Oder ob er schon starb, und zu den Schatten hinabfuhr. Denn ich sage dir an; merk auf, und hoͤre die Worte! Einen Mann hab' ich einst im Vaterlande bewirtet, 265 Welcher mein Haus besuchte; so viel' ich auch Fremde beherbergt, Ist kein wehrterer Gast in meine Wohnung gekommen! Dieser sagte, er stammt' aus Ithaka's felsichtem Eiland, Und Arkeisios Sohn Laertaͤs waͤre sein Vater. Und ich fuͤhrte den wehrten Gast in unsere Wohnung. 270 Freundlich bewirtet' ich ihn von des Hauses reichlichem Vorrat, Und verehrt' ihm Geschenke zum Denkmal unserer Freundschaft: Schenkt' ihm sieben Talente des kuͤnstlichgebildeten Goldes; Einen silbernen Kelch mit schoͤnerhobenen Blumen; Feiner Teppiche zwoͤlf, und zwoͤlf der einfachen Maͤntel; 275 Zwoͤlf Leibroͤcke dazu, mit praͤchtigen Purpurgewanden; Ueber dieses schenkt' ich ihm vier untadliche Jungfraun, Kunstverstaͤndig und schoͤn, die er sich selber gewaͤhlet. Ihm antwortete drauf sein Vater, Thraͤnen vergießend: Fremdling, du bist gewiß in dem Lande, nach welchem du fragest! 280 Aber hier wohnen freche und uͤbermuͤtige Maͤnner! Und vergeblich hast du die vielen Geschenke verschwendet! Haͤttest du ihn lebendig in Ithaka's Volke gefunden, Dann entließ' er gewiß dich reichlich wiederbeschenket Und anstaͤndig bewirtet; denn Pflicht ist des Guten Vergeltung. 285 Aber verkuͤndige mir, und sage die lautere Warheit. Wie viel Jahre sind es, seitdem dich jener besuchte? Dein ungluͤcklicher Freund, mein Sohn, so lang' ich ihn hatte! Armer Sohn, den fern von der Heimat und seinen Geliebten Oduͤßee. Schon die Fische des Meers verzehreten, oder zu Lande 290 Voͤgel und Thiere zerrißen! Ihn hat die liebende Mutter Nicht einkleidend beweint, noch der Vater, die wir ihn zeugten; Noch sein edles Weib, die keusche Paͤnelopeia, Schluchzend am Sterbebette des lieben Gemahles gejammert, Und ihm die Augen geschloßen: die lezte Ehre der Todten! 295 Auch verkuͤndige mir aufrichtig, damit ich es wiße: Wer, wels Volkes bist du? und wo ist deine Geburtstadt? Und wo liegt das Schiff, das dich und die tapfern Genoßen Brachte? Kamst du vielleicht in einem gedungenen Schiffe, Und die Schiffer sezten dich aus, und fuhren dann weiter? 300 Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Gerne will ich dir dieses und nach der Wahrheit erzaͤhlen. Ich bin aus Aluͤbas her, und wohn' im beruͤhmten Palaste Aluͤbas, eine Stadt in Unteritalien. Sikania hieß damals die suͤd- oͤstliche Kuͤste Siziliens. Meines Vaters Afeidas des maͤchtigen Sohns Poluͤpaͤmons. Und mein Namen ist Epaͤritos. Aber ein Daͤmon 305 Trieb mich durch Stuͤrme hieher, als ich gen Sikania steurte. Und mein Schiff liegt außer der Stadt am freien Gestade. Jezo sinds fuͤnf Jahre, seitdem der edle Oduͤßeus Wieder von dannen fuhr, und Aluͤbas Ufer zuruͤckließ. Armer Freund! Und ihm flogen doch heilweißagende Voͤgel, 310 Als er zu Schiffe ging: drum sah ich freudig ihn scheiden, Und er freute sich auch; denn wir hofften, einer den andern Kuͤnftig noch oft zu bewirten, und schoͤne Geschenke zu wechseln. Sprachs; und den Vater umhuͤllte die schwarze Wolke des Kummers. Vierundzwanzigster Gesang. Siehe, er nahm mit den Haͤnden des duͤrren Staubes, und streut' ihn 315 Ueber sein graues Haupt, und weint' und jammerte herzlich. Aber Oduͤßeus ergrimmte im Geist, und es schnob in der Nase Ihm der erschuͤtternde Schmerz, beim Anblick des liebenden Vaters. Kuͤßend sprang er hinzu mit umschlingenden Armen, und sagte: Vater, ich bin es selbst, mein Vater, nach welchem du fragest, 320 Bin im zwanzigsten Jahre zur Heimat wiedergekehret! Darum trockne die Thraͤnen, und hemme den weinenden Jammer! Denn ich sage dir kurz: (uns dringt die aͤußerste Eile!) Alle Freier hab' ich in unserem Hause getoͤdtet, Und ihr Trozen bestraft und die seelenkraͤnkenden Graͤuel! 325 Ihm antwortete drauf sein alter Vater Laertaͤs: Bist du denn wuͤrklich, mein Sohn Oduͤßeus, wiedergekommen; Lieber, so sage mir doch ein Merkmal, daß ich es glaube! Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Erstlich betrachte hier mit deinen Augen die Narbe, 330 Die ein Eber mir einst mit weißem Zahne gehauen, Ferne von hier am Parnaßos: denn du und die trefliche Mutter Sandtet mich dort zu Autoluͤkos hin, die Geschenke zu holen, Die mir bei der Geburt ihr besuchender Vater verheißen. Jezo will ich dir auch die Baͤume des lieblichen Fruchthains 335 Nennen, die du mir einst auf meine Bitte geschenkt hast; Denn ich begleitete dich als Knab' im Garten; wir gingen Unter den Baͤumen umher, und du nanntest und zeigtest mir jeden. Dreizehn Baͤume mit Birnen, und zehn voll roͤthlicher Aepfel Schenktest du mir, und vierzig der Feigenbaͤume; und nanntest 340 Funfzig Rebengelaͤnder mit lauter fruchtbaren Stoͤcken, Die du mir schenken wolltest: sie hangen voll mancherlei Trauben, Oduͤßee. Wenn sie der Segen Gottes mit mildem Gewitter erfreuet. Also sprach er; und jenem erzitterten Herz und Kniee, Als er die Zeichen erkannte, die ihm Oduͤßeus verkuͤndet. 345 Seinen geliebtesten Sohn umarmend, sank er in Ohnmacht An sein Herz; ihn hielt der herliche Dulder Oduͤßeus. Als er zu athmen begann, und sein Geist dem Herzen zuruͤckkam; Da erhub er die Stimme, und rief mit lautem Entzuͤcken: Vater Zeus! ja noch lebt ihr Goͤtter im hohen Oluͤmpos, 350 Wenn doch endlich die Graͤuel der uͤppigen Freier bestraft sind! Aber nun fuͤrcht' ich sehr in meinem Herzen, daß ploͤzlich Alle Ithaker hier uns uͤberfallen, und Botschaft Ringsumher in die Staͤdte der Kefallaͤnier senden! Kefallaͤnier hießen allgemein die Unterthanen Oduͤßeus in Ithaka, Samaͤ, Zakuͤnthos und der Halbinsel Naͤrikos oder Leukas, die nachher eine In- sel ward, und jetzt Maura heißt. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: 355 Sei getrost, und laß dich diese Gedanken nicht kuͤmmern! Folge mir jetzt in das Haus, hier nahe am Ende des Gartens: Dort ist Taͤlemachos auch, und der Rinderhirt und der Sauhirt; Denn ich sandte sie hin, uns eilend das Mahl zu bereiten. Also besprachen sie sich, und gingen zur praͤchtigen Wohnung. 360 Und sie traten jezt in die schoͤnen Zimmer des Hauses, Wo Taͤlemachos schon, und der Rinderhirt und der Sauhirt, Theilten die Menge des Fleisches, und Wein mit Waßer vermischten. Aber den edelgesinnten Laertaͤs in seinem Palaste Badete jezo die treue Sikelerin, salbte mit Oel ihn, 365 Und umhuͤllt' ihn dann mit dem praͤchtigen Mantel; Athaͤnaͤ Schmuͤckt' unsichtbar mit Kraft und Groͤße den Hirten der Voͤlker, Vierundzwanzigster Gesang. Schuf ihn hoͤher an Wuchs, und jugendlicher an Bildung. Und er stieg aus dem Bade. Mit Staunen erblickte der Sohn ihn, Wie er gleich an Gestalt den unsterblichen Goͤttern einherging. 370 Und er redet' ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Wahrlich, o Vater, es hat ein unsterblicher Gott des Oluͤmpos Deine Gestalt erhoͤht, und deine Bildung verschoͤnert! Und der verstaͤndige Greis Laertas sagte dagegen: Wollte doch Vater Zeus, Athaͤnaͤ und Foͤbos Apollon, 375 Daß ich so, wie ich einst, am Vorgebirge der Veste, Naͤrikos Mauren erstieg, die Kefallaͤnier fuͤhrend; Daß ich in jener Gestalt dir gestern in unserm Palaste, Um die Schultern gepanzert, zur Seite haͤtte gestritten Gegen der Freier Schaar! Dann haͤtt' ich ihrer wohl manchen 380 Hingestreckt in den Saal, und dein Herz im Busen erfreuet! Also besprachen diese sich jezo unter einander. Aber da jene das Mahl in Eile hatten bereitet, Sezten sie sich nach der Reih auf praͤchtige Seßel und Throne, Und erhoben die Haͤnde zum Eßen. Siehe da nahte 385 Dolios sich, der Greis, und Dolios Soͤhne: sie kamen Muͤde vom Felde zuruͤck; denn die Mutter hatte sie selber Heimgeholt, die alte Sikelerin, die sie erzogen, Und sorgfaͤltig des Greises in seinem Alter sich annahm. Diese, sobald sie Oduͤßeus sahn und im Herzen erkannten, 390 Standen still an der Schwell', und stauneten. Aber Oduͤßeus Wandte sich gegen den Greis mit diesen freundlichen Worten: Seze dich, Alter, zu Tisch, und sehet mich nicht so erstaunt an; Denn wir haben schon lange, begierig der Speise zu kosten, Hier im Saale geharrt, und euch bestaͤndig erwartet. 395 Oduͤßee. Also sprach er. Da lief mit ausgebreiteten Armen Dolios grad' auf ihn zu, und kuͤßte die Haͤnde des Koͤnigs, Redete freundlich ihn an, und sprach die gefluͤgelten Worte: Lieber, kommst du nun endlich, nach unserem herzlichen Wunsche, Aber ohn alles Vermuten, und fuͤhrten dich Goͤtter zur Heimat; 400 Nun so wuͤnsch' ich dir Freude, Gesundheit und Segen der Goͤtter! Aber sage mir doch aufrichtig, damit ich es wiße: Weiß es deine Gemahlin, die kluge Paͤnelopeia, Daß du zu Hause bist? oder sollen wirs eilig verkuͤnden? Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: 405 Alter, sie weiß es schon; du brauchst dich nicht zu bemuͤhen. Also sprach er, und sezte sich hin auf den zierlichen Seßel. Dolios Soͤhne traten nun auch zum beruͤhmten Oduͤßeus, Hießen ihn froh willkommen, und druͤckten ihm alle die Haͤnde, Sezten sich dann nach der Reihe bei Dolios, ihrem Vater. 410 Also waren sie hier mit dem froͤhlichen Schmause beschaͤftigt. Aber Oßa, die schnelle Verkuͤnderin, eilete ringsum Durch die Stadt mit der Botschaft vom traurigen Tode der Freier. Und nun erhuben sich alle, und sammleten hieher und dorther, Lautwehklagend und laͤrmend, sich vor dem Palaste des Koͤnigs, 415 Trugen die Todten hinaus, und bestateten jeder den Seinen; Aber die andern, die rings von den Inseln waren gekommen, Legten sie heimzufahren in schnelle Kaͤhne der Fischer. Und nun eilten sie alle zum Markte, mit großer Betruͤbniß. Als die Versammleten jezt in geschloßener Reihe sich draͤngten; 420 Da erhub sich der Held Eupeithaͤs vor den Achaiern, Der mit unendlichem Schmerz um den todten Antinoos traurte, Seinen Sohn, den zuerst der edle Oduͤßeus getoͤdtet; Vierundzwanzigster Gesang. Weinend erhub sich dieser, und redete vor der Versammlung: Freunde, wahrlich ein Großes bereitete jener den Griechen! 425 Erst entfuͤhrt' er in Schiffen so viel' und tapfere Maͤnner, Und verlor die geruͤsteten Schiff', und verlor die Gefaͤhrten; Und nun kommt er, und toͤdtet die Edelsten unseres Reiches. Aber wohlan! bevor der Fluͤchtende Puͤlos erreichet, Oder die heilige Aelis, die von den Epeiern beherscht wird; 430 Eilet ihm nach! Sonst werden wir nimmer das Antliz erheben! Schande braͤcht' es ja uns, und noch bei den spaͤtesten Enkeln, Wenn wir die Moͤrder nicht straften, die unsere Kinder und Bruͤder Toͤdteten! Ha! ich koͤnnte nicht laͤnger mit froͤhlichem Herzen Leben; mich foͤrderte bald der Tod in die Schattenbehausung! 435 Auf denn, und eilt! damit sie uns nicht zu Waßer entfliehen! Weinend sprach ers, und ruͤhrte die ganze Versammlung zum Mitleid. Jezo kam zu ihnen der goͤttliche Saͤnger und Medon Aus Oduͤßeus Palaste, nachdem sie der Schlummer verlaßen; Und sie traten beid' in die Mitte des staunenden Volkes. 440 Und nun sprach zur Versammlung der gute verstaͤndige Medon. Hoͤret mich an, ihr Maͤnner von Ithaka! Wahrlich, Oduͤßeus Hat nicht ohne den Rath der Unsterblichen dieses vollendet! Denn ich sah ihn selbst, den unendlichen Gott, der Oduͤßeus Immer zur Seite stand, in Mentors Bildung gehuͤllet. 445 Dieser unsterbliche Gott beseelete jezo den Koͤnig, Vor ihm stehend, mit Mut, und jezo stuͤrmt' er vertilgend Unter die Freier im Saal; und Haufen sanken bei Haufen. Als er es sprach, da ergriff sie alle bleiches Entsezen. Unter ihnen begann der graue Held Halithersaͤs, 450 G g Oduͤßee. Mastors Sohn, der allein Zukunft und Vergangenes wahrnahm; Dieser erhub im Volk die Stimme der Weisheit, und sagte: Hoͤret mich an, ihr Maͤnner von Ithaka, was ich euch sage! Eurer Traͤgheit halben, ihr Freund', ist dieses geschehen! Denn ihr gehorchtet mir nicht, noch Mentor dem Hirten der Voͤlker, 455 Daß ihr eurer Soͤhn' unbaͤndige Herzen bezaͤhmtet, Welche mit Unverstand die entsezlichen Graͤuel veruͤbten, Da sie die Guͤter verschwelgten, und selbst die Gemahlin entehrten Jenes treflichen Manns, und waͤhnten, er kehre nicht wieder. Nun ist dieses mein Rath; gehorcht mir, wie ich euch sage: 460 Eilt ihm nicht nach, daß keiner sich selbst das Verderben bereite! Also sprach er. Da standen die Griechen mit lautem Geschrei auf, Mehr als die Haͤlfte der Schaar; allein die uͤbrigen blieben, Welche den Rath Halithersaͤs nicht achteten, sondern Eupeithaͤs Folgten. Sie eilten darauf zu ihrer ehernen Ruͤstung. 465 Und nachdem sie sich alle mit blinkendem Erze gepanzert, Kamen sie vor der Stadt im weiten Gefilde zusammen. Und sie fuͤhrte Eupeithaͤs, der Thoͤrichte! denn er gedachte, Seines Antinoos Tod zu raͤchen; aber ihm war nicht Heimzukehren bestimmt, sein harrte des Todes Verhaͤngniß. 470 Aber Athaͤnaͤ sprach zum Donnerer Zeus Kronion: Unser Vater Kronion, der herschenden Koͤnige Herscher, Sage mir, welchen Rath du jezo im Herzen verbirgest. Wirst du hinfort verderbenden Krieg und schreckliche Zwietracht Senden? oder beschließest du Freundschaft unter dem Volke? 475 Ihr antwortete drauf der Wolkenversammler Kronion: Warum fragst du mich, Tochter, und forschest meine Gedanken? Hast du nicht selber den Rath in deinem Herzen ersonnen. Vierundzwanzigster Gesang. Daß heimkehrend jenen Oduͤßeus Rache vergoͤlte? Thue, wie dirs gefaͤlt; doch will ich das Beßte dir sagen. 480 Da der edle Oduͤßeus die Freier jezo bestraft hat, Werde das Buͤndniß erneut: er bleib' in Ithaka Koͤnig; Und wir wollen dem Volke der Soͤhn' und Bruͤder Ermordung Aus dem Gedaͤchtniß vertilgen; und beide lieben einander Kuͤnftig wie vor, und Fried' und Reichthum bluͤhen im Lande! 485 Also sprach er, und reizte die schon verlangende Goͤttin: Eilend fuhr sie hinab von den Gipfeln des hohen Oluͤmpos. Jene hatten sich nun mit lieblicher Speise gesaͤttigt. Unter ihnen begann der herliche Dulder Oduͤßeus: Gehe doch einer, und seh, ob unsere Feinde schon annahn. 490 Also sprach er; und schnell ging einer von Dolios Soͤhnen, Stand auf der Schwelle des Hauses, und sahe sie alle herannahn. Eilend rief er Oduͤßeus, und sprach die gefluͤgelten Worte: Nahe sind sie uns schon; wir muͤßen uns eilig bewaffnen! Also rief er; da sprangen sie auf, und ergriffen die Ruͤstung: 495 Vier war Oduͤßeus Zahl, und sechs von Dolios Soͤhnen. Auch der alte Laertaͤs und Dolios legten die Ruͤstung An, so grau sie auch waren, durch Noth gezwungene Krieger! Und nachdem sie sich alle mit blinkendem Erze geruͤstet; Oeffneten sie die Pforte, und gingen, gefuͤhrt von Oduͤßeus. 500 Jezo nahte sich Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ, Mentorn gleich in allem, sowohl an Gestalt wie an Stimme. Freudig erblickte die Goͤttin der herliche Dulder Oduͤßeus. Und zu dem lieben Sohne Taͤlemachos wandt' er sich also: Jezo wirst du doch sorgen, Taͤlemachos, wenn du dahin kommst: 505 Daß du im Streite der Maͤnner, wo sich die Tapfern hervorthun, Oduͤßee. Deiner Vaͤter Geschlecht nicht schaͤndest, die wir von Anfang Immer durch Kraft und Mut der Menschen Bewundrung erwarben! Und der verstaͤndige Juͤngling Taͤlemachos sagte dagegen; Sehen wirst du es selbst, mein Vater, wenn du es wuͤnschest: 510 Daß dies Herz dein Geschlecht nicht schaͤndet! Wie kannst du das sagen? Also sprach er; da rief mit herzlicher Freude Laertaͤs: Welch ein Tag ist mir dieser! Ihr Goͤtter, wie bin ich so gluͤcklich! Sohn und Enkel streiten den edlen Streit um die Tugend! Siehe da nahte sich Zeus blauaͤugichte Tochter, und sagte: 515 O Arkeisios Sohn, geliebtester meiner Geliebten, Flehe zu Vater Zeus und Zeus blauaͤugichter Tochter, Schwinge dann mutig, und wirf die weithinschattende Lanze! Also sprach die Goͤttin, und haucht' ihm unsterblichen Mut ein. Eilend flehte der Greis zur Tochter des großen Kronions, 520 Schwung dann mutig, und warf die weithinschattende Lanze. Und er traf Eupeithaͤs am ehernwangichten Helme, Und den weichenden Helm durchdrang die stuͤrmende Lanze: Toͤnend sank er dahin, von der ehernen Ruͤstung umraßelt. Aber Oduͤßeus fiel und Taͤlemachos unter die Feinde, 525 Hauten und stachen mit Schwertern und langgeschafteten Spießen. Und nun haͤtten sie alle vertilgt und zu Boden gestuͤrzet; Aber die Tochter des Gottes mit wetterleuchtendem Schilde, Pallas Athaͤnaͤ rief, und hemmte die streitenden Schaaren: Ruht, ihr Ithaker, ruht vom ungluͤckseligen Kriege! 530 Schonet des Menschenblutes, und trennet euch schnell von einander! Also rief die Goͤttin; da faßte sie bleiches Entsezen: Ihren zitternden Haͤnden entflogen die Waffen, und alle Fielen zur Erd', als laut die Stimme der Goͤttin ertoͤnte. Vierundzwanzigster Gesang. Und sie wandten sich fliehend zur Stadt, ihr Leben zu retten. 535 Aber fuͤrchterlich schrie der herliche Dulder Oduͤßeus, Und verfolgte sie rasch, wie ein hochherfliegender Adler. Und nun sandte Kronion den flammenden Stral vom Oluͤmpos, Dieser fiel vor Athaͤnaͤ, der Tochter des schrecklichen Vaters. Und zu Oduͤßeus sprach die heilige Goͤttin Athaͤnaͤ: 540 Edler Laertiad', erfindungsreicher Oduͤßeus. Halte nun ein, und ruhe vom allverderbenden Kriege; Daß dir Kronion nicht zuͤrne, der Gott weithallender Donner! Also sprach sie, und freudig gehorcht' Oduͤßeus der Goͤttin. Zwischen ihm und dem Volk erneuete jezo das Buͤndniß 545 Pallas Athaͤnaͤ, die Tochter des wetterleuchtenden Gottes, Mentorn gleich in allem, sowohl an Gestalt wie an Stimme. Gedruckt bei Gottlieb Friedrich Schniebes . Druckfehler . S. 76. unten, Matelino l. Metelino. S. 118. unten, l. Tauͤgetos. S. 317. V. 351. l. siehe. S. 348. V. 91. l. ihn. Die uͤbrigen sind leicht zu erkennen. Der Buchbinder beliebe die Blaͤtter S. 73. 111. 157. 299 und 425 auszuschneiden, und die auf dem Bogen G g. umgedruckten dafuͤr einzukleben. Verzeichniß der Praͤnumeranten und Subskribenten. A. bedeutet alte Subskribenten, N. neue; die unbezeichneten sind Praͤnumeranten. Altona 8. D ie Herren Consistorialrath Ahlemann. Justizrath und Profeßor Dusch. Justizrath und Profeßor Henrici. Leibmedicus Hensler. Subrector Muͤller. Inspector Reiche. Madam Speth. Die Gymnasienbibliothek. Amberg 65. Die Herren Arnold, kurpfalzbaierscher Rentkammerrath. Auerbach, d. G. G. B. Baron v. Bartels, d. W. W. B. v. Bayer, d. W. W. B. Brandmayr, d. W. W. B. Braun, Kapelan zu Roding. Bucher, Pfarrer zu Englbrechtsmuͤnster. Dorner, d. W. W. B. v. Faber, Forsim. zu Freyhoͤls. Fleischmann, d. sch. W. B. Foͤrtsch, d. W. W. B. Frank, d. G. G. B. v. Frank, d. W. W. B. Fridl, d. W. W. B. v. Geienagl, d. sch. W. B. Geiger, d. G. G. B. Baron v. Gemingen auf Maßen- bach. Gerhardinger, Pfarrer zu Weng. Gerhardinger, Rect. d. kurf. Oberpfaͤlz. Schulen. Gerngros, der W. W. Befl. Profeßor Goͤring. Habbach, Hofmeister bei Sr. Exc. Grafen von Kreith. von Haller, des Fraͤnk. Kreises Obristlieut. Pflegs zu Herschbruck. Profeßor Haͤring. Hauptmann Herbst. Profeßor Hofmann. Hopfner, Kapelan zu Stab- burg. Hutschenreuter, d. W. W. B. v. Kamerpau, kurpfalzbaierscher Rgrath. v. Klieber, Rgkanzler. Lautenschlaͤger, d. W. W. B. v. Lin- brun, kurpfalzbaierscher Hofkammerrath, Landrichter zu Bernau. Lipowsky, d. W. W. B. Mois, d. W. W. B. Moser, d. G. G. B. Murr, d. G. G. B. Baron v. Obermayr. Baron v. Obermayr, kurpfalzbairscher Hofrath. Baron v. Pauli, Hofkastner zu Kemnath. Plazer, d. sch. W. B. Pleysteiner, Kapelan zu Lauterhofen. Poschinger, Kapelan zu Ot- terskuͤrchen. Rodler, d. G. G. B. Roͤkl, Stadtsyndicus. Ruͤth, Li- centiat. Schmalzl, d. G. G. B. Schobler, Kapelan zu Aicha. Schre- ger, d. W. W. B. Heinr. v. Stabburg. v. Stadler, kurpfalzbairscher Rentkammerrath. v. Stiller, d. sch. W. B. Stoͤbel, d. G. G. Kandid. Stoy, Pfarrer zu Henfenfeld. Stroͤhl, Oberlieutenant. Graf v. Tauf- kuͤrch, Lieutenant. Thumser, d. G. G. Kandidat. Ulzschneider. Utz, Kapelan zu Alterspurg. Valcher, Diaconus. Profeßor Vedl. v. Veik- mann, d. W. W. B. v. Weiß, d. W. W. B. Winkler, d. W. W. B. Zahnmeßer, d. G. G. B. Ziegler, d. W. W. B. Amsterdam 1. Hr. Pastor Mutzenbecher. * Anspach 7. Se. Exc. Graf von Platen und Hallermuͤnde. — N. Frau Kammer- herrin von Reitzenstein geb. v. Woͤllwarth. Frau Generalin von Secken- dorf zu Unternzenn. Die Herren Obristlieutenant von Werneck in Kaiserl. Diensten. J. C. Wetzel hochfuͤrstl. Hofkammerrath und Bibliothekar. Die hochfuͤrstliche Bibliothek. Arolsen 3. N. Se. Durchl. der regierende Fuͤrst von Waldeck. Se. Durchl. Prinz Ludwig zu Nimwegen. Hr. Geh. Sekretaͤr Frensdorf. Augustenburg 1. A. Hr. Hofprediger Jeßen. Aurich 2. A. Die Herren Baron von Appel in Midlum. Postsekretaͤr Rothhausen. Bareuth 24. N. Die Herren Kammerjunker von Aufseeß. Rgrath Barth. Kammer- registrator Brunner. Kammerherr von Flotow. Rgrath Goͤckel. Hof- richter von der Kettenburg. Minister von der Kettenburg, Rgrath von Kuͤnßberg. Consistorialrath Lang. Kammerherr von Oberlender. Consi- storial-Vice-Praͤsident Petermann. Archivsekretaͤr Pfeiffer. Rgrath. Poͤhl- mann. Hofmeister Reichold. Vice-Rgpraͤsident von Roͤder. Rgrath Schegk. Rgrath von Schoͤnfeld. Se. Exc. der dirig. Minister Freiherr von Seckendorff. Geh. Rath Spiegel von Pickelsheim 5 Exempl. Kammer- junker von Voͤlderndorf. Berlin 16. Die Herren Dr. Biester. Bankobuchhalter Cramer. Oberkonsistorial- rath Ditrich. Kriegsrath Dohm. Kammergerichtsrath Gause. Director Gedike. Feldprediger Loͤfler 2 Exempl. J. W. Meil, Kupferstecher. Geh. Rath Ransleben. Prediger Schmidt in Neudamm. Oberkonsistorialrath Spalding. Prediger Troschel an der Nikolaikirche. Staatsminister Frei- herr von Zedliz. Prediger Ziesemer. N. Cammeralist von Schweinichen. Bielfeld 1. Hr. Sekretaͤr Hofbauer. Brandenburg 1. Hr. von Mandelsloh, Lieut. des Kleistischen Infanterieregiments. Braunschweig 17. Die Herren Pagenhofmeister Brumley. Schazeinnehmer Reiche. — A. Se. Durchl. Herzog Ferdinand 2 Exempl. Die Herren Canonikus Ebert. Sekretaͤr Leisewiz. — N. Die Herren Assessor Biele. Oberhauptmann v. Doͤring. Prof. Eschenburg. Dompred. Feddersen. Etatsrath Schwarz. Die Waisenhaus Buchhandlung 6 Exempl. Bremen 6. A. Die Herren Past. Behn in Rhade. Past. Heeren. Conr. Luͤlmann. Past. Nicolai. — N. Hr. Buchhaͤndler Cramer 2 Exempl. Brese bei Dannenberg 1. A. Se. Exc. Freiherr von Grote, Churkoͤln. Geh. Rath und bevolm. Minist. im Niedersaͤchs. Kreise. Breslau 10. A. Hr. Muͤnzmeister Leßing. N. Die Herren Kriegsrath Balde. Cam- mer-Referendar Berger. General-Landschafts-Syndicus Boͤrner. Probst Hermes. Ober-Amts-Regiernngs-Referendar von Loen. Kammer-Cal- culator Sandmann. Kammersekretaͤr Streit. Georg Friedrich Wehowsky, hochfuͤrstl. Kammer-Assessor in Pleß. Sekretaͤr Borpahl. Brunsbuͤttel 10. Die Herren Pastor Lindemann. J. C. Martens. Kirchspielvogt Mes- ner in Buchholz. J. Petersen, Cand. d. Rechte. Kirchspielv. Piehl d. A. Kirchspielv. Piehl d. J. H. C. Piehl. Landesgevollm. Schlichting in Menghusen. J Wiborg, Kaufmann. Die Marner Lesegesellschaft. Buchsweiler im Elsaß 3. Die Herren Mag. Koͤnig, Lehrer am Gymnasium. Prof. Seybold. Die Gymnasiumsbibliothek. Burghausen 6. Die Herren Aichbauer, Benedictiner zu Varnbach. Deumayr, Endl, und Reuter, Studenten. Schrank, kurf. geistl. Rath, Dir. der oͤkonom. Gesellschaft. Prof. Spitz. Buͤzow 2. Hr. Pastor Moͤller. Ein Ungenannter. Carlsruhe 5. N. Die Herren Kirchenrath Bugin é . Rath Griesbach. Prof. Hau- der. Prorect. Sander. Die fuͤrstl. oͤffentl. Bibliothek. Carolath 1. N. Hr. Rgrath Westphal. Caßel 3. Die Herren Prof. G. Forster. General und Etatsminister von Schlif- fen. Freih. von Truchseß. Celle 2. Se. Durchlaucht Prinz Ernst von Meklenburg. Ein ungenannter Bedienter. * 2 Colding 1. Hr. Zollverwalter Memmert. Colmar 2. A. Hr. Hofr. Pfeffel, Direct. der Koͤnigl. Militaͤrschule 2 Exempl. St. Croix in Westindien 1. Hr. General Major von Schimmelmann. Cuͤstrin 1. Hr. von Muͤhlenheim. Danzig 6. A. Die Herren Prof. Cosack 2 Exempl. H. J. de la Motte, Med. D. und Pract. C. H. Roͤhr, Prediger an der Bartholomaͤikirche. Prof. J. G. Trendelenburg. Eine Gesellschaft studirender Juͤnglinge. Deßau 22. Se. Durchl. der regierende Fuͤrst zu Anhalt Deßau 3 Exempl. Ihre Koͤnigliche Hoheit die regierende Fuͤrstin 2 Exempl. Se. Durchl. der Erb- prinz. Se. Durchlaucht Prinz Hans Guͤrge. Se. Durchlaucht Prinz Albert. Die Herren Prinzenhofm. Behrisch. von Berenhorst. Probst Coͤler in Woͤrlitz. von Erdmannsdorf. Hofr. Hermann. Kolbe, Lehrer am Erziehungs-Institut. Dokt. de Marees. Hofm. Rode. Le Roi aus Luͤttich. Sander, Lehrer am Erz. Inst. G. W. Steinacker. Tamm, Inspector des Seminars fuͤr Land-Schullehrer. Duͤ Toit, Prof. am Erz. Inst. Wolke, Direktor des Erz. Inst. Dermold 4. A. Die Herren Hofmedicus Barkhausen. Rgrath Funk von Senftenau. Hofrath Kersten. Rgrath Koͤnig. Donauschingen 10. A. Se. Exc. Freiherr von Anfenberg, Hauptmann. Die Herren Land- schaftsphysicus Armbruster. Hofkammerrath Baur. Hofrath und Leib- medicus Bosch. Hofkaplan Eggstein. Se. Exc. Freih. von Freiberg, Hauptmann. Hof- und Rgrath auch Oberamtmann Merlet. Hofkammer- rath Neuffer. Se. Exc. Carl Freih. von Neustein, Obristwachtmeister. Hofkammersekretaͤr Renn. Donauwoͤrth 1. Hr. Reiner, Hofkammersekr. und Stadtschreiber. Dorpatt 1. Hr. Rector und Magister Ewers. Dresden 1. Hr. A. G. Meißner. Duͤßeldorf 60. Hr. Geheime Rath Jacobi 60 Exempl. Eisleben 7. Hr. Justiziar Buͤttner. N. Die Herren Conrect. Dienemann. Sub- conr. Herold. Rector M. Jani. Stadtschreiber le Petit. Advocat Vo- gel. Bergrichter Ziegenhain. Ellrich 4. Hr. Kanzleidir. Goͤkingk. 3 Ungenannte. Emden 1. Hr. Wenthin d. J. Buchdrucker. Eutin 22. Se. Durchl. der Bischof von Luͤbeck, regierender Herzog von Holstein Oldenburg. Ihre Durchl. die regierende Herzogin von Holstein Olden- burg. Die Herren Rector Eckermann 2 Ex. Physicus D. Hargens. Sekr. Hoffmann. Se. Exc. F. L. Graf v. Holmer. Amadeus Graf v. Jahnke zu Stralsund. C. H. Ivens. M. Kark aus Heiligenhafen. Praͤsident v. Lowtzow. Baron v. Mestmacher, Rußisch. Kaiserl. Minister. Se. Exc. F. L. Graf v. Moltke, Koͤnigl. Daͤnischer Minister 3 Ex. J. G. Schmidt aus Hamburg. Justizrath Trede. Hofprediger Uckert. Z. Vogel aus Hamburg. Frau Praͤsidentin v. Wedderkopp 2 Ex. Hr. Legationsrath Willgaard. Flensburg 14. A. Die Herren Candidat Balsloͤv in Preez. Candidat Boie. R. J. Boie. Candidat Christiani in Kiel. C. F. Poßelt aus Sundwitt. C. A. v. Rumohr auf Rundhoft. N. Die Herren C. A. Dithmer auf Auenbuͤll- gaard. Pastor Dithmer in Satrup. Fr. Feddersen. Cand. Hinrichsen auf Seegaard. D. Lilie. Cand. Nissen in Huͤrup. Rathsverwandter Franz von der Pahlen. Conferenzrath v. Waschersleben. Frankfurt am Main 4. N. Die Herren J. G. Baldewein, Negociant. J. C. Hermann, Buchh. 2 Ex. Hofmeister Riese. Frankfurt an der Oder 1. Hr. Philip Neuson. Freysing 1. Hr. Mutschelle, geistl. Rath und Korherr. Goͤrz 2. Die Herren Innocenz Lang. Reinhold Miller. Gotha 3. Se. Durchl. der Prinz August von Sachsen Gotha. Die Herren Legationssekretaͤr Gotter. Rector F. A. Stroth. * 3 Goͤttingen 9. Die Herren Hofrath Heyne. Doctor Weis. Zwei Damen. N. Die Herren Schnobel. Vandenhocks Wittwe 3 Ex. Hr. Westwerdt. Greifswalde 1. A. Hr. P. H. Haselberg, b. R. B. Haag 1. A. Hr. Euler, Hofmeister des Prinzen von Oranien. Haarburg 1. Hr. G. J. H. Roͤhrs, der G. G. B. in Goͤttingen. Halberstadt 38. Die Herren Commißionsrath Beyer. Kriegsrath Culemann. Kriegs- rath Eichholtz. Rector Fischer. Canonicus Gleim 20 Ex. Kriegsrath Graßhoff. Stadtrichter Heyer. Hildebrand. Rgsekretaͤr Lucanus. Audi- teur Michaelis. Prorector Nachtigall. v. Rochow. v. Roͤßing. v. Schack. Candidat Spitzbarth. M. Westphal. Criminalrath Wolff. Zwei Un- genannte. Hamburg 140. Die Herren Abendroth, gerichtl. Anwald. Gustav Alberti. J. H. Bartels d. G. G. B. in Goͤttingen. Graͤfin v. Baudißin. Die Herren H. C. F. Boͤtefeur 2 Ex. J. H. Brodermann. William Campbell. M. Claudius in Wandsbeck. v. Drateln. Lic. Dreßer. J. H. M. Faͤrber. Hieron. Faͤrber. Madam Godefroy geb. Mattießen. Die Herren E. F. Groot. Charles Hanbury. Apotheker Haße. F. C. Hermann. Pastor Hink in Oberndorf. C. A. H. Hoffmann. C. M. Hudtwalker, d. G. G. B. in Goͤttingen. J. M. Hudtwalker. Legationsrath Klopstock. Baron v. Kotwitz. J. D. Kreep, d. G. G. B. in Goͤttingen. Pastor Krohn. Lienau. H. J. Lienau, der R. B. in Goͤttingen. Mannes. Sekretaͤr Dr. Matsen. Sekr. Mau. J. V. Meyer. J. F. Muͤller. Madame A. Mumßen, geb. Boͤtefeur. Die Herren Dr. D. Mumßen. Dr. J. Mum- ßen. Neckelmann. Prof. Noͤlting 2 Ex. Ph. H. Nolte. Subconr. Noodt 2 Ex. Fraͤulein v. Oberg, Stiftsdame zu Uetersen. Die Herren H. C. Olde 2 Ex. Past. Palm. Prof. Pitiscus. Lic. Prinzhausen. C. J. R. Ridel, d. R. B. in Goͤttingen. Dr. Riesenberger. C. Ruͤhl. Past. Ruͤter. J. G. Schade 2 Ex. Schazmeister Graf v. Schimmelmann 2 Ex. Kammerherr Graf Ernst v. Schimmelmann 2 Ex. Graͤfin Juliane v. Schimmelmann. Die Herren J. C. Sinapius. J. B. Schult. Senator v. Spreckelsen. Starkloff. A. L. Graͤfin zu Stolberg, Stiftsdame zu Uetersen. C. Graf zu Stolberg, Amtmann in Tremsbuͤttel. F. L. Graf zu Stolberg, Holstein Oldenb. Oberschenk. H. C. Graͤfin zu Stolberg, Stiftsdame zu Wallooͤ. Die Herren J. F. Tonnies, d. G. G. B. in Goͤt- tingen. S. W. Tveht. Wiedersprecher. Past. Winkler. M. Zimmer- mann. Die Stadtbibliothek. — A. Die Herren J. H. Bartels. Rath Campe. C. G. Knauth. Past. Milow in Wandsbeck. Past. Rambach. Dr. Reimarus. Sieveking 4 Ex. C. Voght. J. L. Vorichen. Kaufm. Zange. — N. Die Herren Geheimsekretaͤr Bertram. Buchh. Bohn 12 Ex. Butschani, d. W. W. Doctor. Grimm, Stud. in Goͤttingen. Buchh. Herold 24 Ex. F. Kieweg. Kuͤhl, Stud. in Goͤttingen. Milius. Rector Muͤller 8 Ex. Rudolphi 2 Ex. Past. Wolf in Weßlingburen. P. Zaune. Hanau 1. N. Hr. Prof. und Consistorialaßeßor Bergstraͤßer. Hannover 32. Se. Durchl. Prinz Carl von Meklenburg. Die Herren Agent Alberti. Apotheker Andreaͤ. Kriegssekretaͤr Bock. Hofrath Brandes. v. Bremer. Graf Ernst v. Hardenberg, Kammerrath. Geh. Kanzleisekretaͤr Hoͤpfner. Amtsschreiber Kestner zu Blumenau. Archivsekretaͤr Kestner. Conrect. Kohlrausch. Zollverwalter Kruckenberg in Polle. Frau v. Lenthe, geb. v. Muͤnchhausen. Die Herren Hofjunker v. Lenthe. Hauptmann und Ober- adjutant v. Loͤw. Demoiselle Luise Mejer. Die Herren Kammersekr. Mejer. Adv. Ostermeyer. Ramberg. Hofgerichtsassessor v. Ramdohr. Kriegs- rath v. Reden. Rehberg. Kammersekr. Seip. Major von Wangenheim b. d. Leibgarde zu Pferde. Schloßhauptmann v. Wangenheim. Hofrath Zimmermann 2 Exempl. — A. Hauptmann v. Gruͤter bei der Fußgarde. Rit- tersch. Deputirter v. Hugo zu Stolzenau. Markuse. Rittmeister v. Schulte b. d. Leibgarde zu Pferde. Drost v. Uslar zu Ilten. Helmstaͤdt 10. N. Die Herren H. M. U. Bante, Mitgl. des paͤd. Instituts. F. C. Geller d. R. B. J. K. S. Germar, Mitgl. des paͤd. Inst. J. H. Goͤ- dekke, Collaborator im paͤd. Inst. J. M. F. Lademann d. G. G. B. J. H. A. Overlach auf dem Paͤdagogium. J. E. L. Paulmann d. G. G. B. C. D. Voß, Mitgl. des paͤd. Instituts. K. F. C. Wagner, Mitgl. des paͤd. Inst. F. A. Wiedeburg, Prof. der Philosophie. Herford 2. N. Die Herren Kriegsrath Baron v. Hohenhausen. Dechant Konsbruch. Hildesheim 3. Die Herren J. D. Schrage d. sch. W. B. Domherr und Geh. Rath Freih. v. Spiegel zum Diesenberg. J. H. Witting d. G. G. C. in Goͤttingen. Holzmuͤnden 3. N. Die Herren Grotian, Collaborator. Haͤseler. Hinuͤber. Hoya 1. Hr. Kammerherr v. Behr. * 4 Jena 3. N. Hr. Prof. Eichhorn 2 Ex. Hr. Mag. J. W. Schmidt, Adj. d. phil. Fak. und Diaconus. Jngolstadt 10. Die Herren Graf, Academicus. Baron v. Grießenbeck. Grundner und Kallenbucher, Academici. Krems, der Theol. Licentiat. Muͤller Acad. Baron v. Prielmayr. Schleibinger, Prof. d. Weltweisheit. Seel, Acad. Graf v. Seyboltsstorf. Kiel 12. A. Die Herren Prokanzler Cramer. Prof. Cramer. Rect. Danielsen. Prof. Ehlers. Justizrath Eitzen in Izehoe. Kammeraßeßor Eitzen. Brand- director Evers. Prof. Geyser. Graf Holk. Conrect. Lange. Prof. Mol- denhawer. Prof. Tetens. Koͤnigsberg 11. Die Herren v. Barzko in Stablacken. Candid. Boͤttiher zu Steinort. Negociant Bernhard Friedlaͤnder. Negociant Meyer Friedlaͤnder. Negoc. Wolff Friedlaͤnder. Packhofverwalter Hamann. Kriegsrath Hippel. Prof. Kreuzfeld 2 Ex. Justizamtmann Machenau in Pr. Eylau. Negociant Seiff. Kopenhagen 40. A. Die Herren Conferenzrath Adeler. Hofmeister Brodersen. Gehei- merath Carstens. Justizr. Colbidrusen. Dr. Colsmann. General und Staatsminister Eichstedt. C. H. Esmarch 13 Ex. Justizrath Frelsen. Hauptmann v. Grube. Geheimerath und Geheime Staatssecretair Hoͤgh Guldberg 2 Ex. Justizrath zum Hagen. Kammerrath Johannsen. Hof- meister Koͤnigsmann. Pastor Lorck. Kammerrath Malling. Candidat Muͤnter in Goͤttingen. Conferenzrath Nielsen. Georg Nissen. Geh. Rath Scheel Pleßen. Radbeck. Geheimerath und Oberhofmarschal Schack. Graf Schack, Ritter. Conferenzrath Schleth. Geheimerath Stampe. Geheimerath Stemann. Kammerherr Suhm. Etatsrath Trant. Landshut in Baiern 10. Die Herren Adami, Pfarrer zu H. Bluet. Amtscherger, d. sch. W. B. Beda im Kloster Oberaltach. Frau Verwalterin Denkin. Die Herren For- ster, Repetitor. Prof. Miller. Schulrector Rapp. Prof. Schopfer. Prof. Spitzenberger. Prof. Stoͤckel. Landshut in Schlesien 1. A. Hr. Rector Maͤzke. Leipzig 3. Die Herren Mag. W. G. Becker. Prof. Morus. N. Hr. Baron v. M. Lemgo 2. A. Die Herren Sekretaͤr Benzler. Rector Mensching. Liegniz 3. A. Die Herren Feldprediger Enkelmann. Prof. Schmit. Profeßor Schummel. Lindau am Bodensee. 4. N. Die Herren J. M. Hummler, Rechtsgelehrter. J. H. Schatter, Kanzleiverwalter. Lic. J. Schlielin. Ph. J. Schwartz. Luͤbeck 3. Hr. Procur. Overbeck 2 Ex. N. Hr. Subrect. L. Suhl. Luͤneburg 11. Die Herren Garnisonprediger B. F. D. Ballhorn. Conrect. C. C. Krako. Stadtsyndicus A. J. Kraut. Stadtsecretaͤr G. C. Meyer. Candidat C. E. Rein. Garnisonauditeur G. A. Roscher. Hofmedicus J. D. Schaͤfer. Die Lesegesellschaft. N. Die Herren Senator Kneisen. Syndicus O. F. Kraut Dr. Die Rathsbibliothek. Magdeburg 34. Die Herren Kriegsrath Barkhausen. C. W. Blume. J. E. Bock. J. F. Borsch. J. L. Busch. Praͤdikant Caͤsar. Rathmann Delbruk. J. A. Eckstein. Prorect. M. Ferber. Actuar Gimnig. F. W. Goßler. C. A. v. Hansen. Actuar Hartrott auf dem Amte Dreyleben. F. Herrlaß. C. F. Horn. J. P. Kruͤger. Auditeur Lohmann in Schoͤnebek. Justiz- amtmann Maizier zu Stasfurth. J. A. Matthias. J. W. Meier. Rect. Muͤnnich am Paͤdag. des Klost. U. l. Fr. Subconr. Neide. F. G. Ni- thack. C. F. Oden. F. W. Perlberg. J. G. Rosenfeld. J. G. Schotte. F. L. Schulze. C. F. Stambke. Kammeraßeßor v. Vogelsang. J. F. Weidemann. C. Willing. Die Bibliothek des Klosters U. l. Fr. (Die Namen ohne Character sind Scholaren des Klosters U. l. Fr.) — N. Hr. Aßistenzrath Friedel. Mansfeld 2. Die Herren Justiziar L. Stelzer. Kriegsrath Stelzer. Marburg in Steyermark 3. Die Herren Burkhard Boͤck, Eberhard Exinger, Otto Wiser: Pro- feßoren an den frommen Schulen. Marrin bei Colberg 1. Hr. Justizrath Wißmann. Meldorf 5. A. Die Herren Justizrath und Landvogt Boie. Rector Jaͤger. Etats- rath v. Jeßen. Justizrath und Landschreiber Niebuhr. Consistorialrath Jochims. * 5 Melk in Niederoͤsterreich 1. A. Hr. Anton Reuberger. Mitau 20. Ihre Durchl. die regierende Herzogin Dorothea 2 Ex. Hr. Hofgerichs- advocat Andreaͤ. Demoiselle Sophia Becker zu Neuautz. Die Herren v. Grotthuß, Erbherr auf Gedutzschen. v. Grotthuß, Erbherr auf Komod- dern. Phil. v. Hahn zu Plahnen. Fried. Kas. v. Kayserling, Oberhaupt- mann und Erbh. auf Ilsen. Fried. v. Kleist, Erbh. auf Legen. Fraͤulein Laura v. Korff zu Nerfft. Fraͤulein Louise v. Korff zu Nerfft. Hr. Karl v. Manteufel genannt Szoͤge. Frau Agnesa Elisabeth Reichsgraͤfin v. Me- dem, geb. v. Brucken genannt Fock, Erbfrau auf Altautz, Remten und Elley. Die Herren Joh. Fried. Reichsgraf v. Medem. Karl Fried. Reichs- graf v. Medem. Friedrich v. Oelsen. Frau Charlotte Elisabeth Constantia Kammerherrin v. d. Recke, geb. Reichsgraͤfin v. Medem. Die Herren Schwenkner, Sekretaͤr Sr. Durchl. des reg. Herzogs v. Kurland. Karl Edler v. Simolin, Erbherr auf Weitenfeld und Oselsen. Slevogt, Koͤ- nigl. Polnischer Sekretaͤr und Notar. Muͤnden 1. Hr. P. Muͤnchen 50. Die Herren Baron v. Asch, kurfuͤrstl. Edelknabe. Edl. v. Branca. Danzer, kurpfalzbair. geist. R. und Canon. bei U. L. Frauen. v. Delling, d. W. W. B. Doppel, d. sch. W. B. Baron v. Frauenberg, kurf. Edelknabe. Fronhofer, Hofrathssekr. Gall, d. W. W. B. Prof. Ger- hartinger. Gleich von Kloster Steingaden. Hauptmann, Verwalter. Haͤring, Pfarrer zu Rosenheim. Hoffmann, d. sch. W. B. Hoͤlzl, d. W. W. B. Kappler, d. W. W. B. v. Kler, Kaufmann. Kohlmann, Stadtkapelan in Aichach. Kyrein, Handelsmann von Toͤlz. v. Kyrein 4 Ex. v. Labermayr, kurf. R. u. Salzfertiger. Leibl, Kooperator in Schaͤrding. Liebl, Student. Max. Graf v. Lodron, kurf. Hofrath. Loi, der W. W. B. v. Mayr, d. sch. W. B. Pezl, d. W. W. B. Graf v. Pocci, und Graf v. Porcia, kurf. Edelknaben. v. Preßl, d. sch. W. B. Roth, d. W. W. B. Schart, Dr. der Rechte. v. Schneweiß, geistl. Rath. Schollweck, d. sch. W. B. Schroͤfel von Kloster Steinga- den. Graf v. Spreti und Baron v. Staͤhl, kurf. Edelknaben. Profeßor Steiner. Se. Exc. v. Stubenrauch, kurf. Geh. Rath. Voͤlter Hof- und landsch. Buchdrucker. Waltl, d. sch. W. B. Winter, Hofmeister. von Zech, Hofkammerrath. Zehetmeyer, d. sch. W. B. Zellner, Beneficiat in Schaͤrding. Zollner, d. sch. W. B. Zuber, Hofmeister. Zuͤntl, Profeßor. Neuburg an der Donau 6. Die Herren Baron v. Hartmann, Geh. Rath. Graf v. Leiningen Westerburg, Rgrath. Se. Exc. Graf v. Pappenheim. Schmitts, Geh. Rath. Seidl. Landschaftsrath. Troͤgele, Rgrath. Neubrandenburg 13. Die Herren Bodinus, zweiter Lehrer an der Schule. Dr. Bruͤckner. Past. Bruͤckner in Großen Vielen. Graͤfin v. Eickstaͤdt auf Loblenz. Die Herren Fr. Wilh. v. le Fort auf Marien. Kamerj. v. Kampfs auf Kl. Lu- kow. Etatsrath v. Klinggraf auf Varchentien. C. U. v. Holstein zu Mal- chien. Frau Maiorin v. Oldenburg. Demois. Rudolphi zu Trollenhagen. Hr. Advocat Schroͤder. Demois. Dorothea Siemerling. Hr. Rector Walter. Kloster Niederaltaich 11. Die Herren Prof. Deutmayr. Hueb, Landrichter zu Pernstein. Prof. Jungbauer. Kastenauer, Cisterzienser zu Gottszell. Maichl, Direct. des Seminars. Prof. Moͤsel. Pichelmayr, Kapelan zu Eichendorf. Prof. Schubauer, Mitgl. der bair. Akad. zu Muͤnchen. Schwegerl. Stuben- baͤck. Prof. Wolf. Nuͤrnberg 14. Die Herren v. Holzschuher auf Thalheim und Harlach. Oye, Pred. im Hallerischen Pilgram-Spital zum H. Kreuz. Conrector Sattler 12 Ex. Oedenburg in Niederungarn 1. A. Hr. Probst v. Keltz. Odensee 1. N. Herr Dr. Theol. Prof. und Stiftsprobst Anker. Oldenburg 22. Die Herren Rgadvoc. Bunnemann. Past. Claussen. Cand. Frisius. Kammeraßeßor Gaͤhler. Rgadvoc. Gether. Hofmedicus Gramberg. Past. Greverus. Kanzleyrath v. Halem. Kammerherr v. Hendorff. Kammer- rath Herbart. Kanzleirath Herbart. Kammeraß. Knochenhauer. Subconr. Kruse. Amtsvogt Kunstenbach. Kanzleirath Lentz. Justitzr. v. d. Loo. Kanzleiaß. v. Mouck. Dr. Jur. Roͤmer. Dr. Med. Stein. Rgadv. Tenge. Past. Wiggers. Past. Zwerg. Osnabruͤck 9. Hr. Rector Kleuker. Frau Jenny v. Voigts geb. Moͤser. — A. Die Herren v. d. Bussche zu Bruche. Hoffiskal Friederici. v. Horst zu Haal- den. v. Monster zu Langelage. Justizrath Moͤser. Doctor und Gogref Stuͤhle zu Melle. Actuar Warneke. Otterndorf 48. Die Herren F. A. Bernhardi, Quartiermeister bei der v. Bremerschen Leibcomp. in Neuhaus. Organist Boͤse 2. Ex. Gerichtsdirector Bremer. Fr. Burgemeisterin Bruͤtt. Die Herren Dr. Buhr. Faͤhnrich v. d. De- cken in Neuhaus. Dr. und Physicus Dethlef. Superintendent Dethloff in Nordleda. Oberamtmann v. Engelbrechten in Neuhaus. Schultheiß Erich in Oberndorf. Einnehmer Geisler in Bedderkesa. Kirchspielschrei- ber Goͤtze in Neuenkirchen. Conrect. Groͤger. W. H. Freih. Grote, Land- drost in Bedderkesa. Superintendent Hackmann. Pastor Hackmann in Neuenkirchen. Adv. Hackmann in Altenbruch. Adv. Hebel in Neuhaus. H. H. Henrici. Heydorn. Rittmeister Hoyer in Cadenbergen. Commi- ßaͤr Huͤbbe. Cand. G. W. Jaͤger zu Ottersberg. P. Kann, d. G. G. B. in Goͤttingen. v. Klenck Erb- und Gerichtsherr auf Wellingsbuͤttel. Teich- inspector Klippe zu Cadenbergen. Adv. Krohn. Oberamtmann Lodemann. Praͤtor Meyer. M. Meyer, Kaufmann in Altenbruch. Muͤhlenhoff. Landschoͤpfe Niebuhr. Lieutenannt v. d. Osten. Kaufm. Paulsen. Past. Penke in Neuhaus. Rathsverwandter Radiek. Cant. Rauschelbach. Rathsverw. Riemann. Provisor Rohde. Apotheker Ruge in Neuhaus. Burgemeister Schmeelke. Commißaͤr v. Spreckelsen. Past. Stegmann in Luͤdingworth. Rathsverw. Sturm. W. M. Timm, d. G. G. B. in Goͤt- tingen. Wisch. Past. Woͤlmer in Geversdorf. Ploͤn 1. Hr. Graf Schmettau. Ratenau 2. Die Herren Blum. v. Rochow, Ritter des Johanniterordens. Regensburg 5. Die Herren Bachmayr, Praͤmonstratenser und Pfarrer zu Osterhofen 2 Ex. Doter, Postsekr. Kalkenegger und Machermeyer, regulirte Kor- herren zu Suben. Reinsberg 3. N. Hr. Kapellmeister Schulz. 2 Ungenannte. Riga 11. N. Hr. Mag. Snell, Rektor der Domschule. 10 Ungenannte. Ripen 1. N. Hr. Dr. Med. Fritsch. Rotenburg im Hannoͤvrischen 1. A. Hr. Candidat Hedemann. Salzburg 51. Hr. Profeßor Sturm. Hr *** 50 Ex. Schleswig 2. N. Die Herren Conferenzrath v. Cronstern. Kammerherr und Ober- jaͤgermeister v. Warnstedt. Schwerin 1. Hr. Dr. C. F. Kuͤtemeyer. Segeberg 1. Hr. Probst und Hauptpastor Haße. Stade 8. Die Herren Elbzollcontrolleur Dunker zu Brunshausen. Rgsekretaͤr Haltermann. Pastor Inselmann zu Estebrugge. Schiffscapitaine Muͤller. Generalsuperintendent Pratje. Hofgerichtsaßeßor v. Uffeln. Consistorial- rath Watermeyer. Past. Weber zu Borstel. Stockholm 1. Hr. Graf Fried. v. Reventlov, Koͤn. Daͤnischer Gesandter. Stralsund 15. Die Herren Biederstaͤdt, Gymnasiast. Sekretaͤr Buschmann. Kam- mersekr. Colberg. Burgemeister Dinnies. Adv. Fabricius. Pastor Fabri- cius zum heil. Geist. Landr. und Burgem. Fischer. Conr. Fischer. Rect. Groskurd. Cammerar. und Rathsh. Hercules. Cand. Koch, Privatleh- rer zu Semlow. Syndicus Kuͤhl. Adv. Stegemann, Altermann des Ge- wandhauses. Mag. Stenzler, Pastor zu Garz auf Ruͤgen. Hofr. und Kammerbuchhalter Toͤpfer. Stuttgard 2. Se. Exc. Freih. v. Kniestaͤdt, Minister. Die Lesebibliothek. Sulzbach 4. Die Herren Baron v. Fick, kurf. Geh. Rath und Stadtdechant. Kruͤck, Postverwalter. Trezel, Hofkammerrath und Generalkaßier. Trezl, Stadtprediger. Toͤnning 10. N. Die Herren Jansen, Rechtsgelehrter. Justizr. und Staller Momme. Apotheker Schwarz. Rathmann Tetens. Rector Thode nebst einigen Schuͤlern 6 Ex. Triest 10. N. Die Herren Franz Karl Berchtold. David Buͤhelin, Boͤrsenkauf- mann. J. L. Fischer, Past. der evangel. Gemeinde. Jos. Kienboͤck, Gast- wirt. v. Moll 4 Ex. Se. Exc. Graf Karl v. Zinzendorf, Gouverneur. Das Priv. Lecturkabinett. Ulm 4. A. Ihre Exc. die regierende Frau Graͤfin Fugger zu Kirchberg. Die Herren Pastor J. M. Miller. A. Th. Schad von Mittelbiberach, Ober- amtmann zu Langenau. Ihre Exc. die reg. Fr. Graͤfin von Stadion zu Warthausen. Varel im Oldenburgischen 5. Die Herren Kammeraßeßor Bruͤnings. Adv. Jansen. Cant. Kuͤhl- mann. Dr. Med. Toel. Hofrath Toel. Weimar 12. Se. Durchl. der regierende Herzog von Weimar. Ihre Durchl. die regierende Herzogin von Weimar. Ihre Durchl. die verwittibte Herzogin von Weimar. Se. Durchl. der Prinz Constantin von Weimar. Ihre Exc. die verw. Fr. Graͤfin von Bernstorff. Die Herren Hofrath Bode. Kammerherr von Einsidel. Fraͤulein Luise von Goͤchhausen. Die Herren Baron v. Knebel. Hofrath Wieland. Se. Exc. der Hr. Obermarschall und Geh. Rath v. Witzleben 2 Ex. Wernigerode 4. Die Herren Subconr. Buͤnger. Conr. Kallenbach. Studiosus Rich- ter. Quintus Vesterling. Wien 98. Die Herren Emil Alaunia. Reichshofagent v. Alt. Alxinger. von Barbolan. Jos. Edl. v. Baumeister, b. R. D. v. Begontina, Medicus. Jos. v. Bloddig. Seraphin Edl. v. Bolza, N. O. Rgrath. Brockmann, Mitgl. d. Direct. v. K. K. Nat. Hoftheater. J. G. Graf v. Browne. Chr. Edl. v. Catharin, N. O. Rgsekr. Dauer, Nat. Hofschausp. Ant. v. Dornfeld, Rgsekr. Graf Falkenhaim. v. Feuerle. Fiessinger, Kupfer- stecher 2 Ex. Fischer, Bildhauer. Franzoni, Handelsmann. v. Gaßner. Freih. v. Gebler, Staatsrath und Ritter des heil. Stephansordens. Joh. Nep. v. Geißlern. Frau Karoline v. Greiner, geb. Hieronymus. Die Herren Franz Sales v. Greiner, des heil. R. R. Ritter, K. K. wirkl. Hofrath. Haschka 3 Ex. v. Hayd, Hofsekr. bei der Hof. u. Staatskanzlei. Joh. v. Haͤring. Jos. Graf v. Herberstein-Molkte. Phil. Graf v. Her- berstein, Kaͤmmerer und O. Rgrath. Franz Edl. v. Heufeld, K. K. wirkl. Rath und Kontrol. b. Universaldepositenamt. Karl v. Heufeld, K. K. Rath und Hofkontrol. Hofstaͤter, Lehr. d. sch. W. und bild. K. am Theresian 10 Ex. Graf Holnstein. Jacquet, Nat. Hofschausp. Moriz Kallmuͤnzer. Theod. Kauchich. Br. Kick. Frau Marianna Freyin v. Kirnmair, geb. v. Simons. Die Herren G. Edl. v. Kreß, K. K. Hofrath. Lange, Mitgl. d. Dir. v. Nat. Hofth. Gottlieb Leon. Ign. v. Matt, K. K. wirkl. Rath bei der N. O. Reg. Engelb. Mayer. Ign. Edl. v. Mengßhengen, K. K. Truchseß und N. O. Rgrath. Franz Graf Montecucculi. Muͤller, Mitgl. d. Dir. v. Nat. Hofth. Konr. Freih. v. Nefzern, wirkl. Hofkommißions- rath. von der Null. v. Pelser, Hofr. b. d. obersten Justiz. Jos. v. Pelser. v. Pelzel im K. K. Bankal. v. Pfahler, K. K. Kontrol. im Kupferamt. Ign. Freih. v. Prandaa, N. O. Rgrath. J. B. Ratschky. v. Rezer. Ben. Rittmansperger. v. Roscio, K. K. Rgrath. Schletter, Soufleur des K. K. Nat. Hofth. Franz v. Schoͤnfeld. Ant. Edl. v. Spielmann, K. K. Hofrath und Ritter des heil. Stephansordens. Stephanie d. A. und Stephanie d. J. Mitglieder der Dir. v. Nat. Hofth. Achaz Stiber. Baron v. Stirn, K. K. Rath. Andr. Edl. v. Stock, N. O. Rgsekr. Franz Graf v. Stockhammer, N. O. Rgrath. Maximilian Stoll, K. K. Rath, der prakt. Arzneikunde Lehrer. Felix Freih. v. Stupan, N. O. Rgrath. v. Schwarzer, K. K. Hofsekr. Graf v. Welsperg-Reitenau, K. K. wirkl. Geh. Rath. Siegfr. Wiser, Prof. an den fr. Schulen. Jak. Freih. v. Woͤder, N. O. Rgrath. Raym. Zobel. Joh. Bapt. v. Zollern, b. R. D. Wienerisch-erzbischoͤfl. Konsistorialrath und Kanzler 6 Ex. 2 Unge- nannte. Das adl. Loͤwenburgische Kollegium der frommen Schulen. — A. Die Herren Heilmann, K. K. Niederlagsverw. und N. O. Mercantil- und Wechselgerichts-Aßeßor. Chr. Regelsberger, K. K. Lehrer der Dicht- kunst. — N. Hr. Hofmeister Jakob Steiner 2 Ex. Wienerisch Neustadt 2. Die Herren Pichler. Praͤmonstratenser. Wolsenbuͤtrel 1. A. Hr. Drost v. Doͤring. Zeiz 1. R. Hr. Benj. Gottl. Gaͤrtner. Nachgeschickte . Halle 22. Die Herren C. F. Bertelsmann aus Westphalen, d. G. G. B. J. A. Eberhard, Prof. der Philosophie. C. A. R. Freymann aus Kurland, d. G. G. Kand. L. F. G. E. Gedike aus d. Prignitz, d. Philol. u. G. G. B. J. F. W. Hornejus, Feldprediger in Schwedt. G. C. Knapp, Prof. d. Theo- logie. F. W. Knuͤppel aus Pommern, d. R. Kand. S. Kupfer aus Kur- land, d. G. G. Kand. A. F. Luͤder aus Westphalen, der Philol. Befl. J. C. Menkhoff aus Westphalen, d. G. G. B. S. D. Mentzel aus Schlesien, d. G. G. B. A. H. Niemeyer, Prof. der Theologie. F. W. Offelsmeyer aus Westphalen, d. G. G. Kand. J. G. Schmidt aus Berlin, d. G. G. Kand. G. L. Spalding aus Berlin, d. G. G. Kand. E. C. Trapp, Prof. d. Paͤ- dagogik. J. H. Waeber aus Kurland, d. G. G. B. J. A. Weinschenk aus Wernigerode, d. G. G. Kand. D. F. A. Willmans aus Westphalen, d. G. G. K. K. C. G. Woltersdorf aus Berlin, d. G. G. Befl. G. L. Wolters- dorf aus Berlin, d. G. G. Kand.