Engelbert Kaͤmpfers Weyl . D. M. und Hochgraͤfl. Lippischen Leibmedikus Geschichte und Beschreibung von Japan Aus den Originalhandschriften des Verfassers herausgegeben von Christian Wilhelm Dohm . Der Cameral- und Finanzwissenschaften, wie auch der Statistik am Hochfuͤrstl. Collegio Carolino in Cassel, Prof. Ord. der Hochfuͤrstl. hessischen Societaͤt des Ackerbaues und der Kuͤnste, des Koͤnigl. historischen Jnstituts in Goͤttingen und der Chur-Bayerischen Geselschaft der sitlichen und Landwirthschaftlichen Wissenschaften Mitglied. Erster Band. Mit Kupfern und Charten . Lemgo, im Verlage der Meyerschen Buchhandlung, 1777. Dem Durchlauchtigsten Fuͤrsten und Herrn HERRN Friederich II. Landgrafen zu Hessen, Fuͤrsten zu Hersfeld, Grafen zu Catzenelnbogen, Dietz, Ziegenhain, Nidda, Schaumburg und Hanau u. s. w. Rittern des Koͤnigl. Großbrittannischen Ordens vom blauen Hosenbande, wie auch des Koͤnigl. Preußischen Ordens vom schwarzen Adler u. s. w. Meinem gnaͤdigsten Fuͤrsten und Herrn Durchlauchtigster Landgraf, Gnaͤdigster Fuͤrst und Herr! E w Hochfuͤrstl. Durchlaucht werden gnaͤdigst verzeihen, daß ich es wage, Hoͤchstderoselben erhabnen Namen die- sem von mir herausgegebnem Werke vorzusetzen. Der ruhmwuͤrdigste Eifer Ew. Hochfuͤrstl. Durchlaucht fuͤr jede Wissenschaft und schoͤne Kunst berechtigt mich zu der ermuntern- den Hofnung, daß Ew. Hochfuͤrstl. Durlaucht es gnaͤdigst aufnehmen werde, wenn ich es wage, Hoͤchst Denenselben in ehr- erbietigster Devotion ein Werk vorzulegen, das die interessan- testen Nachrichten von dem entferntesten und oͤftlichsten Reiche a 3 Asiens Asiens einschliest. Es ist schon lange als klassisch in seiner Art geschaͤtzt, bisher aber nur in den Uebersetzungen der Brit- ten und Franzosen gelesen worden, und erscheint jetzt zum er- stenmal in seiner deutschen Ursprache. Die Wissenschaften duͤrfen zuversichtlich den Schutz ei- nes Fuͤrsten hoffen, der ihr Kenner ist. Aber keine Wissenschaft scheint gerechtern Anspruch auf diesen Schutz ma- chen zu duͤrfen — als die Kentnis der Erde und des menschli- chen Geschlechts. Das Studium der Menschheit unter verschie- denen Himmelsstrichen und unter immer neuen und wechseln- den Formen von Sitten, Aufklaͤrung, Politik und Reli- gion — dies interessante Studium darf vielleicht hoffen, ei- nige nige Stunden der Muße zu fuͤllen, da Ew. Hochfuͤrstl. Durchlaucht ausruhen, von der unermuͤdeten Sorge fuͤr die Wohlfahrt derer, die das Gluͤk haben, von Ew. Hochfuͤrstl. Durchlaucht regiert zu werden. Ew. Hochfuͤrstl. Durchlaucht haben die Gnade gehabt, auch mich der Zahl dieser Gluͤklichen beizugesellen, und mich in hoͤchst Dero Dienste aufzunehmen. Jch erkenne den Werth dieser erha- benen Gnade, und immer wird es mein eifrigstes Bestreben seyn, des Namens von Ew. Hochfuͤrstl. Durchlaucht getreuem Unter- than wuͤrdig zu werden. Das dauerhafteste hoͤchste Wohler- gehn Ew. Hochfuͤrstl. Durchlaucht ist der eifrigste Wunsch, in dem ich mich mit allen getreuesten Unterthanen vereinige; — ein ein Wunsch, der mit dem fuͤr das groͤste Gluͤk von Hessen gleichbedeutend ist. Jch empfehle mich ehrerbietigst der Gnade und Huld Ew. Hochfuͤrstl. Durchlaucht und ersterbe in tiefster Devotion und unterthaͤnigster Ehrfurcht. Ew. Hochfuͤrstl. Durchlaucht Meines gnaͤdigsten Fuͤrsten und Herrn Cassel, den 4ten Maͤrz 1777. allerunterthaͤnigster treugehorsaster Christian Wilhelm Dohm . Vor Vorrede des Herausgebers . D ieser erste Theil des Kaͤmpferischen Werks wuͤrde fruͤher erschie- nen seyn, wenn das Publikum nicht die Verlagshandlung so lange in Ungewisheit gelassen haͤtte, ob sie ein Unterneh- men, das so kostbaren Aufwand foderte, werde wagen duͤrfen? Nach- dem sie hieruͤber beruhigt war, wolt und kont ich nicht meine ganze Zeit dieser Arbeit widmen. — Doch, ich denke, man wird nie klagen duͤrfen, daß ein litterarisches Produkt zu lange in der Arbeit gewesen sey, wenn es nur haͤlt, was man sich von ihm versprochen hatte — und dies darf ich von dem meinigen hoffen, da der erheblichste Theil desselben nicht der meinige ist. Man wird der Verlagshandlung die Gerechtigkeit wiederfahren lassen, daß sie in Absicht des Papiers und Druks Alles geleistet habe, b was Vorrede des Herausgebers. was sie die Praͤnumeranten zu fordern berechtigt hat. Die Kupfer wird jeder, der die Vergleichung anstellen kan, denen bey der englischen sowohl als franzoͤsischen Uebersetzung voͤllig an die Seite setzen. Der zweite Band wird nach meinem jetzigen typographischen Ueberschlage das vierte und fuͤnfte Buch , nebst dem aus den Amoenitatibus Exoticis uͤbersetzten Anhang enthalten, und also das eigentliche Kaͤmpferische Werk ganz einschließen. Ueber Alles, was das Werk selbst angeht, die Geschichte dessel- ben, die Art meiner Herausgabe u. s. w. habe ich mich in der folgenden Einleitung weitlaͤuftig genug erklaͤrt, und habe also hier nichts mehr dem Leser zu sagen uͤbrig, als daß der zweite Band dem ersten in so kurzer Zeit folgen solle, als es mir nur moͤglich seyn wird, die Ausarbeitung desselben neben andern Arbeiten zu vollenden. Cassel, den 4ten Maͤrz 1777. Dohm . Jnhalt Jnhalt des ersten Bandes . Einleitung des Herausgebers . Vorrede des Verfassers. Erstes Buch . Welches die Reise von Batavia uͤber Siam nach Japan, und algemein historische-geogra- phische Nachrichten von Japan, zum Theil auch von Siam einschliest. Erstes Kapitel . Reise von Batavia nach Siam, und Erzaͤhlung der merkwuͤrdigsten Vorfaͤlle waͤhrend unsers dasigen Aufenthalts. Seite 3. Zweites Kapitel . Der jetzige Zustand des siamischen Hofes. Beschreibung der Hauptstadt und koͤniglichen Resi- denz Judja. S. 25. b 2 Drittes Jnhalt des ersten Bandes . Drittes Kapitel . Abreise des Verfassers von Judja — Beschreibung des siamischen Hauptflusses Menam — Fernere Reise zur See. — Ankunft in Japan S. 54. Viertes Kapitel . Von der Groͤße und Lage der japanischen Jnseln und Lande. S. 73. Fuͤnftes Kapitel . Genauere Eintheilung des japanischen Reichs in große und kleine Herrschaften, von Einkuͤnften und Regierung desselben uͤberhaupt. S. 85. Sechstes Kapitel . Ueber den Ursprung der Japaner. S. 97. Siebentes Kapitel . Vom Ursprunge der Japaner nach ihren eignen fabelhaften Meinungen. S. 111. Achtes Kapitel . Von dem Clima der japanischen Laͤnder und ihren Mineralien. S. 118. Neuntes Kapitel . Von der Fruchtbarkeit des Landes an Pflanzen. S. 129. Zehntes Kapitel . Von den vierfuͤßigen Thieren, Voͤgeln, kriechenden und fliegenden Jnsekten des Landes. S. 139. Eilftes Kapitel . Von Fischen und Muscheln. S. 150. Zweites Buch . Politische Verfassung des japanischen Reichs. Auszug aus den japanischen Annalen, vom Anfang ihrer Chronologie, bis zum Jahr Christi 1692. Erstes Jnhalt des ersten Bandes . Erstes Kapitel . Namen der Goͤtter, Gottmenschen und Kaiser, welche in den japanischen Chroniken als die er- sten Beherscher des Reichs angegeben sind. S. 163. Zweites Kapitel . Algemeine Nachrichten von den geistlichen wahren Erbkaisern des japanischen Reichs und der Chronologie ihrer Regierung S. 173. Drittes Kapitel . Folge der geistlichen Erbkaiser, und zuerst derer, welche das japanische Reich von Anfang ih- rer Monarchie bis auf unsers Heilands Geburt regiert haben. S. 184. Viertes Kapitel . Folge der geistlichen Erbkaiser, welche nach der Geburt Jesu Christi gelebt und noch mit unbe- schraͤnkter Macht bis auf die Geburt des Joritomo geherschet haben. S. 196. Fuͤnftes Kapitel . Folge der geistlichen Erbkaiser, welche nach der Geburt Joritomo, des ersten weltlichen Kaisers, bis auf unsere Zeiten gelebt haben. S. 221. Sechstes Kapitel . Folge der Feldherrn oder weltlichen Monarchen, von dem Joritomo an, bis auf den jezt regie- renden Tsinajos. S. 244. Drittes Buch . Welches die Religionsverfassung, und Nachrichten von den verschiednen religioͤsen und philosophischen Secten enthaͤlt. Erstes Kapitel . Von den verschiedenen Religionsparteien im japanischen Reiche uͤberhaupt, und besonders von der Sinto. S. 251. Zweites Kapitel . Von den sintoschen Tempeln, Glauben und Goͤtterdienst. S. 258. b 3 Drittes Jnhalt des ersten Bandes . Drittes Kapitel . Von den Rebi der Sinto d. i. ihren gluͤklichen und heiligen Tagen und der Feier derselben. S. 266. Viertes Kapitel . Von der Sanga oder der heiligen Walfarth nach Jsje. S. 278. Fuͤnftes Kapitel . Von den Jammabos oder Bergpriestern und andern religioͤsen Orden. S. 285. Sechstes Kapitel . Von den Budsdo, oder der auslaͤndischen heidnischen Religion, und derselben Stifter und Anhaͤn- gern. — Auch vom Confucius und seiner Lehre. S. 295. Siebentes Kapitel . Von der Dsjuto oder der Lehre der Philosophen und Moralisten. S. 304. Einlei- Einleitung des Herausgebers . Leben des Verfassers. — Nachricht von seinen Schriften. — Plan dieses Werks. I. E ngelbert Kaͤmpfer Die Quellen, nach denen ich diese kleine Biographie ausgearbeitet habe, bestehn in eini- gen handschriftlichen Nachrichten, die sich bey mei- nen Manuscripten befinden, und vermuthlich von des Verfassers Bruderssohn, dem Johan Herman Kaͤmpfer, herruͤhren; in den bey Kaͤmpfers Leichen- predigt befindlichen Personalien und aus einigen Stellen der eignen Werke des Mannes. Aus so duͤrftigen Quellen — begreift man wohl — kont ich auch nur ein so duͤrftiges Leben schreiben, wie man ist 1651 den 16ten September in Lemgo, der Hauptstadt der Grafschaft Lippe, gebohren. Sein Vater war Johan Kaͤmpfer, Prediger bey der St. Nikolaikirche und Erbsaß zum Steinhofe bei Lieme. Er wurde, wie es scheint, ziemlich fruͤh den Wissenschaften bestimt, und 1667 auf die Schule des benachbarten Hameln geschikt. Sein Trieb zu reisen, der ihn durch sein ganzes Leben begleitete, reizte schon Einleitnng des Herausgebers. schon jezt den siebenzehnjaͤhrigen Kaͤmpfer, eine kleine Reise nach Holland zu machen. Jm J. 1668 besuchte er das Gymnasium zu Luͤneburg, wo ihm besonders der historische und philoso- phische Unterricht des Rectors Kettenbeils nuͤzlich wurde. 1670, als er Luͤneburg verlies, machte er abermals eine Reise durch Meklenburg, Holstein und uͤber Hamburg nach Luͤ- beck, wo er auf dem damals sehr beruͤhmten Gymnasium sein Studiren, besonders unter Leitung des Professor Nottelmans fortsezte. 1672 gieng er nach Danzig, disputirte da- selbst unter dem Prof. Neufeld de majestatis divisione, und reisete dann uͤber Thorn (wo er sich auch einige Zeit auf hielt) im Jahr 1674 nach Crakau. Hier legte er sich zwey Jahre mit vielem Fleis auf die Philosophie, auch erwarb er sich hier die Kentnis mehrerer Sprachen und der Geschichte mehrerer Laͤnder, als man vor hundert Jahren zu studiren pflegte. Diese leztern Kentnisse muͤssen in der That Kaͤmpfern schon ziemlich fruͤh beschaͤf- tigt haben, da es ihm nachher so leicht wurde, so mancherley ganz fremde Sprachen zu ler- nen, und mit so vielem Nutzen und feiner Beobachtung Laͤnder zu bereisen, die damals noch sehr unvolstaͤndig beschrieben waren. Daß Kaͤmpfer auch schon jezt nicht blos auf der Studierstube, sondern auch in Welt und Umgang sich bildete, folgere ich daher, weil er sich hier in Crakau die Bekantschaft des Reichsfuͤrsten Alexander Lubomirski und des churfuͤrstlich-brandenburgischen Geheimenraths und außerordentlichen Gesandtens zum pol- nischen Reichstage, Hrn. von Hoverbeek, zu erwerben wuste. Wenn Maͤnner von so aus- gezeichnetem Range einen Juͤngling von 24 Jahren ihrer Aufmerksamkeit und naͤhern Zu- trits werth finden; so mus dies gewis ein sehr gutes Vorurtheil fuͤr den jungen Gelehrten so- wohl als fuͤr den Bemerkungsgeist des Großen erwecken, wenn ihr fruͤheres Urtheil nachher durch das spaͤtere des Publikums bestaͤtigt wird. Kaͤmpfer nahm in Crakau die Magisterwuͤrde an, und reisete ’dann durch einen Theil von Polen und Preussen (wo er, besonders in Danzig, wieder viele interessante Be- kantschaften mit Gelehrten und Maͤnnern von Geschaͤften machte) nach Koͤnigsberg. Hier blieb er vier Jahre, und erwarb sich in denselben besonders die seltenen Kentnisse in einem Studium, das damals noch ziemlich unbekant war, — in der Naturgeschichte, die ihm nachmahls auf seinen Reisen so wichtig wurde, und der er so interessante Bereicherungen zu- ruͤk brachte. Vorzuͤglich aber widmete sich Kaͤmpfer in Koͤnigsberg der Arzneikunde. Seine bisherige Uebung so verschiedner Geistesfaͤhigkeiten kam ohne Zweifel diesem Studium treflich man hier findet. Einige Data habe ich auch noch aus einem sogenanten Stambuche berichtigen koͤn- nen, das Kaͤmpfer auf allen seinen Reisen mit sich fuͤhrte. Dieses Buch hat wegen der darin befind- lichen kleinen Aufsaͤtze in vielen der asiatischen Spra- chen und Schriftarten einen großen Werth, und findet sich jetzt im Besiz meines wuͤrdigen Freun- des, des Hrn. D. M. Barkhausens in Lemgo. Einleitung des Herausgebers. treflich zu statten; und Kaͤmpfer kam so wohl zubereitet zu demselben, daß er natuͤrlich sehr geschwinde und gluͤkliche Fortschritte machen muste. Jndes fand er es doch noch jezt nicht gut, die hoͤchste Wuͤrde in der Medicin anzunehmen, aus keinem andern Grunde, ver- muthe ich, als weil Kaͤmpfer sich noch nicht gern fuͤr ein gewisses Studium allein bestim- men, fuͤr eine gewisse Lebensart fixiren wolte. Alle seine Absichten giengen nur darauf, seine Kentnisse zu vermehren und anschauend zu machen; den Kreis seiner Begriffe zu er- weitern; und nach einem so fleißigen Studium aus Buͤchern nun einmal aus Natur und Menschen zu studiren — kurz, zu reisen. Die Neigung zu reisen scheint in der That Kaͤmpfers herschende gewesen zu seyn. Sie entfernte ihn schon in fruͤher Jugend so weit von seinem Vaterlande; sie trieb ihn im- mer von einem Ort zum andern; sie unterschied ihn wesentlich von den gemeinen Koͤpfen, welche die Wissenschaften nicht um ihrer selbst sondern nur um des kleinen Verdienstes willen schaͤtzen, daß sie durch dieselben sich naͤhren koͤnnen. Noch wolte sich Kaͤmpfer also nicht fuͤr eine gewisse Lebensart und einen gewissen Ort beschraͤnken lassen. Aber er wolte jezt als ein vollendeter Mann (nahe am dreißigsten Jahre) noch einmal seinen Geburtsort, seinen Vater und seinen Bruder, Joachim Kaͤmp- fer Doctor der Rechte, wieder sehn, die er schon im 17ten Jahre verlassen hatte. Er reißte also im August 1680 von Koͤnigsberg ab, und kam im October uͤber Luͤbeck in Lemgo an, wo er sich aber nur sehr kurze Zeit aufgehalten zu haben scheint, da ich schon am Ende dieses Monats ihn wieder auf der Ruͤkreise in Bremen finde. Er gieng von da uͤber Ham- burg und Luͤbeck nach Koͤnigsberg zuruͤk, wo er sich bis in den Julius 1681 auf hielt, da er sich nach Upsala begab. Daß Kaͤmpfer so entfernte Akademien Crakau, Koͤnigsberg, Upsala den naͤhern vaterlaͤndischen vorzog, — davon war wol der vornehmste Grund seine schon ange- fuͤhrte große Neigung zu reisen, die immer — besonders in den fruͤhern Jahren — mehr auf das Entferntere als Nahe gerichtet zu seyn pflegt. Auf der Reise nach Deutschland sol er indes doch auch deutsche Akademien besucht haben; ich finde aber keine Spur, daß er daselbst interessante Bekantschaften gemacht haͤtte. Jn Upsala machte er gleich anfangs die des beruͤhmten Olaus Rudbeck, der gerade in dieser Periode Der erste Theil seiner Atlantica kam 1679, der zweite 1689 heraus. damit beschaͤftigt war, den Ursprung aller Nationen aus Schweden abzuleiten. Jch glaube behaupten zu koͤnnen, daß der Umgang dieses Gelehr- ten einen Einflus auf Kaͤmpfers Studien bewiesen habe, und daß dieser, ohne Rudbeck, vielleicht Einleitung des Herausgebers. vielleicht nicht daran gedacht haben wuͤrde, der Marschroute der ersten Japaner vom ba- bylonischen Thurm bis an die oͤstlichsten Kuͤsten von Asien nachzuspuͤren. Kaͤmpfer zeichnete sich so sehr durch seine Talente und Kentnisse auf der schwedi- schen Akademie aus, daß sie auch in Stokholm ihm Goͤnner und Freunde und zwar an den vornehmsten und wuͤrdigsten Maͤnnern des Reichs erworben. Unter diesen war auch der beruͤhmte Esaias von Puffendorf, damals Koͤnigl. Geheimerrath und Kanzler der Her- zogthuͤmer Bremen und Verden. Diese Verbindungen waren es ohne Zweifel, die ihm die Stelle eines Legationssekretair bey einer an den russischen und persischen Hof bestim- ten Gesandtschaft verschaften, deren Zwek war, eine Handelsverbindung zwischen dem schwe- dischen und persischen Hofe, und am zaarischen Hofe, die Erlaubnis dieses Handels und die freie Durchpassirung der Waaren zu bewirken. Dieser Antrag muste unserm Kaͤmpfer natuͤrlich sehr wilkommen seyn, da er ihm eine reizende Befriedigung seiner Lieblingsneigung zeigte, und zugleich mit dem Versprechen des Koͤnigs selbst verbunden war, daß er nach seiner Zuruͤkkunft in Schweden ansehnlich belohnt, und die beste Befoͤrderung, (wie er es gut faͤnde) entweder am Hofe oder bey der Akademie zu Upsala erhalten solte. Da die Hauptquelle, aus der ich hier Kaͤmpfers Leben weiter zu beschreiben haͤtte, in einem noch uͤbergebliebnen Briefe desselben an seinen schon erwaͤhnten Bruder Joachim Kaͤmpfer besteht, so glaub ich, wird es meinen Lesern angenehmer seyn, wenn ich diesen Brief Das Original dieses Briefs wird in der Schulbibliothek in Lemgo aufbewahrt. Jch habe eine Abschrift desselben und noch eine andere von K. Bruderssohn genommene Copie vor mir. Jm Museo Brittannico mus sich dieser Brief auch fin- den. Denn Scheuchzer liefert einen Auszug dessel- ben in seiner der englischen Uebersetzung vorgesetz- ten Lebensbeschreibung des Verfassers. — stat ihn zu excerpiren — lieber ganz in seiner Ursprache und Ur-Orthographie (als Probe des Kaͤmpferschen Styls) mittheile: S. T. Hochgeehrter hertzwehrtester Herr Bruder! S o gegenwaͤrtiges Jhn in solchem Stande antrifft alß Mons. Gesenius, welchen ich ao. 1683 an Russischen Grentzen rencontri ret, berichten wollen, so dancke ich dem Himmel vor Bestaͤtigung meines Wunsches. Verlangt der Hr. Bruder Nachricht von meiner Reise und Zustande, so berichte, daß ich den 20. Martii st. v. anni 1683 Jn der Vorrede zu den Amoenitatibus exo- ticis giebt K. das Jahr 1682 an. Dies mus aber ein Drukfehler seyn, weil ich aus seinem Stam- buche weis, daß K. noch im Maͤrz 1683 in Stok- holm war. aus Stockholm mit Einleitung des Herausgebers. mit Koͤnigl. nach Persien destini rten Presenten abgeschikt durch Aal ‒fin- und Inger- manland den 3ten April zu Abo, den 21ten zu Wieburg, den 28ten zu Narva ange- kommen, woselbst ich den Herrn Envoye, so meiner daselbst wartete, mit einer Suite von 30 Persohnen angetroffen. Nach wenig Tagen reiseten wir mit einander nach den Grentzen, alwo wir, wegen geringen Versehens, so in Vorsetzung des Koͤnigl. Persi schen dem Zaarischen titul bestunde, mit der Abholung biß auf den 16 Junii illudi ret und aufgehalten wurden. Den 15. Junii sind wir in Groß Novogorod, den 7. Julii in Mosco sehr praͤchtig eingeholet. Den 11. wurden wir zu oͤffentlicher Audientze und Handkusse beyder Zaarschen Majestaͤten mit fast unglaublicher Pracht aufgeholet. Wie unsere affaires in verschiedenen Confe- rencen nach Wunsch abgehandelt, sind wir den 5ten septemb. auf dem Stroom Mosco davon gereiset. Den 11ten haben wir den Fluß Occa bey Columna den 23ten die Wolga bey Nisen Nischnei-Novgorod. erreichet, woselbst wir 1000 Haͤuser in der Flammen gefunden: in Mosco sind Zeit unsers Verharrens derselben uͤber 8000, Jn der einen Copie steht 30,000. in dreyen Feuersbruͤnsten in die Asche ge- leget. Den 1. Octobr. kahmen wir zu Casan an, von wannen wir in einem Monat die Tartarey en gluͤcklich ge passi ret, da an einigen Oertern einen Tag vor, an andern nach Unß Kosacken und Tartaren maͤchtig gestreifft, Guͤter und Menschen geraubt, und ihre Schiffe verbrant: so daß wir den 1. Nov. in Astrakan angekommen, von dannen den 8ten abgereiset und den 12ten Unß auf Caspi sche See begeben. Auf derselben haben wir wegen erschroͤcklichen Sturms, nicht minder wegen ungeschickten Fahrzeuges (so zwey Steure, und also zwey Steur Maͤnner hatte, deren keiner dem andern subject noch seine Sprache ver- stunde) nicht ohne Verlust, grosse Noth und Gefahr ausgestanden, und wehren schier der Dagastani schen Tartar ey zu Theil geworden, wenn nicht durch Gottes Barmherzigkeit eine ploͤtzliche Veraͤnderung und Abwechselung des Gewitters, so aus S. O. sich ins N. W. ge- wandt, Unß der gegenwaͤrtigen Noht entrissen, und den 20. Nov. das Persi sche Ufer Nisabat sehen, und den 22ten mit einer gesunden Suite von 40 Persohnen erreichen lassen, alß wannehr Wo auch noch selben Abend ein Polni scher Envoyé mit 20, und ein Russischer mit 40 Per sohnen angelandet. Nachdem wir alhie einige Wochen in Filz-huͤtten ausgeruhet (die Landleute wohnen in diesen Elysi schen Feldern in keinen andern Haͤusern) sind wir in Ge- sellschaft beyder bemeldeten Envoye en mit 100 Camehlen und 100 Pferden (ohne die Last- thiere vor die Convoy ) nacher Schameisi der Residence des Medi schen oder Schirwoo- ni schen Vice Roy zugereiset, welche wir den 19. Decemb. erreicht einige Tage nach einem Erdbeben, wovon wir noch die nachgebliebene Erdrisse gefunden. Jn selbiger verweileten wir bis der Chan unsere Anknnfft bey Hoffe angemeldet und Ordre wegen unser tracta- c 2 ment Einleitung des Herausgebers. ment eingeholet. Alhier hab ich in weniger Zeit, die ich meinen curieus en excursibus an umliegende Oerter entzogen, so viel verdienet, daß ich mit 100 rthl. an Gelde auf einem geschonkenen geschenktem weisen Pferde selbigen Preises in guter Curage abgereiset, alß den 16 Ja- nuar 1684. Den 19. passi rten wir die Kuur, da, wo sie schon mit dem Araxi vereini- get, und wurden daselbst in die deser te province Mochan, den 23 in Talisz, den 31 in die Chilani sche beyde gesegnete schoͤne provincen praͤchtig eingeholet. Jn diesem Zuge hielten wir Unß allezeit zwischen dem Caucaso und Caspi scher See; von welcher wir Unß den 19. Febr. aus der Chilani schen Haupt-Stadt Rest in die Pilas Hircaniæ wand- ten, den 21. die Stadt Rudbar, den 1. Martii Caswin, den 12 Saba. den 15. Kom erreichten, Staͤdte in der Province Arack oder Parthiä gelegen. Jn dieser Letzten haben wir Unß selbst ein quarti ren und aufs beste wir konten, accommodi ren muͤssen, weil der seditieuse Poͤbel ihren Magistrat hatte ausgejagt. Den 20 erhielten wir Cass jaan, den 24. Netense und den 29. unser erwuͤnschtes Ziel und Koͤnigl. Residence Sephahuun oder Isphahaan. Obermeldete Envoye en tardi rten so lange auf der Reise, in welcher Sie durch einen andern weg gefuͤhret wurden, daß Sie erst der Poln sche einen, der Rus- si sche zwey Monaten nach Unß angekommen. Den Koͤnig funden wir unter Gehorsam ei- ner ungluͤcklichen Constellation, die Jhn dahin vermochte, daß Er sich vor dem 30. Julii in publico nicht sehen liesse, alß wannehr Sr. Majtaͤt dem gantzen Hoffe und Reichs-Gaͤ- sten bey einem banquet. (in welchen aus massiv guͤldenen Gefaͤssen, auf 10 million 10 Millionen ist sehr viel, scheint mir unglaublich! Judes erzaͤhlt Kaͤmpfer in den Amoe- nit. exot. p. 244, daß er uͤber 100 Schuͤsseln gezaͤhlt habe, deren jede so schwer war, daß sie einen eig- nen Traͤger forderte. Eine ausfuͤhrlichere Beschrei- bung der ganzen Audienz findet man in den Am. Ex. p. 220 seq. Goldes geschaͤtzet, vor Menschen und Pferde aufgeschuͤsselt wurde) Audience verliehen. Bey diesem actu wurden ge depechi rt ein Frantzoͤsischer Gesandte, Er hies Franciscus Piquet, und war vom Pabst als Haupt der zu bekehrenden armenischen Christen gesezt, unter dem Titel eines Bischofs von Babylon, und Vicarius Apostolicus in Perside S. Am. Ex. p. 238. Kaͤmpfer hat auch die naͤhere Bekantschaft dieses Mannes gemacht. vom Papste uͤber die Hamadani sche Christen alß Bischoff gesetzt, welche doch Armeni sch, und das Ro- mi sche Haupt nicht, weniger seine Apost el, erkennen wollen. Daher hatt man Jhm in bemeldter Stadt (denn sein Gesuch betraf nuhr diese materi e) so viel in 3 monat zugetrie- ben, daß der alte wackere Herr vor Hertzleid gestorben. Ein Siami scher, welcher um ein Kriegs Volk anhielte wieder seinen Nachbahren; Den Koͤnig von Pegu. S. des Verfassers Amoenitates exoticas, Fasc. 1, p. 238. seine presen ten bestunden in rar Gevogel Einleitung des Herausgebers. Gevogel und 120,000 an Wehrt geschetzten Sine schen und Japani schen Porcellein und massiv silbernen und guͤldenen Manufactu ren, von 300 Persohnen aufgetragen. Jn den Amoenit exot. l. c. giebt Kaͤm- pfer den Werth etwas anders an, nemlich auf 200000 Unzen. Hier fehlt bey der Zahl 120,000 das Maaß. Dort werden die Geschenke auch von 400 Lasttraͤ- gern gebracht. Ein ander Russischer Gesandter; Russische Gesandten waren damals fast bestaͤndig am persischen Hofe, um den Schah zu einem Kriege gegen die Tuͤrken zu bewegen. Der, von welchem K. hier redet, hieß Constantin Chri- stophorowiß, ein Grieche, und Dolmetscher der griechischen Sprache am zarischen Hofe. Kaͤmpfer nent ihn einen sehr gelehrteu Mann und seinen Freund. Er hatte das Ungluͤk, von seinem Sekre- tair mit langsamen Gifte getoͤdtet zu werden. Er entdekte noch den Moͤrder und lies ihn am Tage vor seinem Tode nebst einem mitschuldigen Knaben in seinem Garten verbrennen. S. Am. ex. p. 239. auch Arabi sche, Es waren zwey Gesandte eines arabischen Stammes aus der Gegend von Bagdad, die des per- sischen Koͤnigs Schutz suchten, um vom tuͤrkischen Reiche abzufallen. S. Am. ex. l. c. Usbequi sche, und von denen Johan- ni ter oder Sabeer Christen um Bagdad und dero Reichs- Vasall en abgeschickte. Jn die- sen und dreyen folgenden actibus welchen ich beygewohnet, compari rten auch folgende Frembde und Botschaffter. 3 Polni sche Jn den Amoenitatibus erwaͤhnt K. nur zwey, von denen der eine abgieng, wie der andere kam. Suski hies dieser, Salomon Zquͤrski jener. Beide waren Armenier. Jhr Gesuch war auch ein Tuͤrkenkrieg. noch ein ander angekommene, andere Usbe- qui sche, Die Usbecken schikten damahls sehr haͤu- fig Gesandte nach Persien, deren Absicht dem Vor- geben nach blos dahin gieng, die Freundschaft mit dem Schah zu unterhalten. Jhr eigentlicher Zwek aber war, fuͤr kleine Geschenke, als Pferde, Kameele, Felle, Rhabarber, groͤßere und wichtigere einzutau- schen; sich auf koͤnigliche Kosten naͤhren zu lassen und frei eingefuͤhrte Waaren mit großem Vortheil zu verkausen. S. Am. ex. l. c. Calmucki sche, Arabi sche, Georgiani sche, Sind zum Mohammedismus uͤbergegan- gene Christen, deren Vornehmste dann die Ehre der koͤniglichen Audienz genießen. S. Am. ex. l. c. Dagastani sche, Cirkassi sche, item ein hochteutscher Jn den Amoenit. nent ihn K. einen Nie- derlaͤnder. Er war ein Carmelitermoͤnch, P. Elias, und Mann von ausuehmender Gelehrsamkeit. Ertzbischoff uͤber die Roͤmisch Catholi sche, um Eruan und Naktsjucan mit Paͤpst-und Kayserlichen Creditiv en. Dieses und der Europæi schen Gesuch ist nichtes anderß alß die ruptur mit dem Tuͤrckischen Kayser. Sed surdo nar- rant fabulas: das unsere concerni rte nuhr die Negoti en; doch habe in formirung derer proposition en, weilen die Instruction alles illimiti ret gelassen, auch dieses Versuch hin- zuthun duͤrffen, umb Unß der Congratulation wegen des Europæi schen Sieges und unse- c 3 rer Einleitung des Herausgebers. rer loͤblichen (doch vergeblichen) intention alhier Diese Stelle ist etwas dunkel. Mich duͤnkt aber, K. wil sagen, das Geschaͤft der Gesandtschaft seines Hofes sey zwar eigentlich nur| eine zu er- richtende Handlung mit Persien gewesen. Doch habe er, (als Legationssecretair) weil die Jnstruk- tion nur algemein war, auch gut gefunden, mit den uͤbrigen europaͤischen Maͤchten (die Persien gegen die Tuͤrken aufbringen wolten) gemeine Sache zu machen, um dadurch seinen Hof in den Augen des persischen auch mit an der Ehre der uͤber die Tuͤrken ohnlaͤngst erhaltenen Siege Theil nehmen zu lassen, und (dies war 1684) durch die gute Ab- sicht, auch bey den andern europaͤischen Hoͤfen den schwedischen beliebt zu machen. zu Hoffe mit theilhaftig zu machen. Es kann mein hochgeehrtester Hr. Bruder dieselbe aus dem Briefe an Mons. Avocat Wairin lesen, welchen Brief ich offen lassen wolle. Wie geringen Einhalts derselbe scheinet; so kann ich doch nicht umhin, ihn meinem hochgeehrtesten Hr. Bru- der auf Treu und Gewissen zu empfehlen, weilen an guter Bestellung nicht sowohl meine Ehre als gutes Gewissen beruhet. Nach viermahliger Audience, so allezeit auf einem banquet geschiehet, ist Unß unsere Depeche im ausgange des Jahrs 1685. zugestanden. Alß wannehr ich (wiewohl dieselbe erst im martio andern Jahrs erfolget) von unserer Legation mich expedi ret und bey Ost- Indi scher Compagni e unter einem schlechtem Titul, der mir aber am besten zu mei- nem dessein dienen konte, in Dienste getreten. Bin also den 21. Novembr. mit einer Geld Kaffila in Dienst von besagter Compagni e von Isphahan abgeschickt, und den 4. Dec. in Sjiras angekommen; nachdem ich die reliquien des alten Persepolis, excisas marmoreas rupes, die beruͤhmten von Zeit Ahasveri nachgebliebene rudera, bey denen die Aegypti schen sollen wie Schatten zu vergleichen seyn, und was alles in besagter Cham- pagne rares besehen und zu papi er gebracht. Den 20. bin ich in Laar, den 29. Decembr. an den ormusi schen Haffen in Gamron von den Persiane rn Bender-abassi genandt, Gott sey Danck wohl angelanget. Alhier bin ich wegen Changirung der aller saubersten und gesundesten Isphahani schen Lufft mit diesem allerheissesten und schaͤdlichsten Climate gantzen Asiens [die Hitze ist nicht so wohl der obliqui taͤt des Zodiaci in der die Sonne ad tropicum verweilet, alß der eigenen Constitution des Grundes zuzuschreiben, so tru- cken, saltzig, sulphuri sch, voller heissen und theils schaͤdlichen Baͤder und Arsenicali schen exhalation en. Sechs Monate kan kein Mensch eine halbe Virtel stunde in einer Kam- mer leben; Hunde und Menschen werden alßdan in der Sonne mit Schwindel befangen und fallen ploͤtzlich todt danieder. Die heissesten Winde ersticken auch was sie auf dem Felde ergreiffen. Sechs Winter Monaten sind ertraͤglich, und des Tages nicht heisser als unsere Hundes Tage, des Nachts aber ob patentiam pororum so unertraͤglich und schaͤdlich kalt, daß man sich mehr dan in Schweden davor beschuͤtzen muß. Ein bloß Messer ver- rostet in einer Nacht; ploͤtzlich wirds so ex trem feucht, daß alles was die Lufft beruͤhrt, im Wasser Einleitung des Herausgebers. Wasser genetzt zu seyn scheint; ein wenig darauff wirds so trucken, daß einem die Haut zu- sammen krumpfft. Die heissesten Winde alhier, so sie nicht feucht, machen das Wasser und alle liquida erkalten, so gar, daß es fast untrinckbar, und an der Haut unleidlich wird, und dieses je heisser und trockner die Winde seyn, so offt wie eine Flamme brennen; auch was in einer Kammer verschlossen, erkaltet alßdan, doch nicht so sehr, alß was dieser Wind in offener Luft ergreiffet] bald nach meiner Ankunfft mit gefaͤhrlichen Krankheiten befangen, und in febri maligna ohne Verstand danieder gelegen. Nach 2 Monat habe mich mit einer Wassersucht wieder aus dem Bett erhaben, diese darnach durch ein quarta- nam verlohren, und also durch gefaͤhrliche gradus nicht zu vorigen, sondern denen Kraͤften wieder gelanget so die Natur dieses Climatis dem Menschen zustehet. So viel die Hitz und mein Dienst zulaͤsset, ergetze ich mich taͤglich in denen curiose sten naturalibus, die, weil kein φιλομȣσος dieses Orts jemahls subsisti ren koͤnnen, neglect, und meiner Muͤhe zu einem premio uͤbergeblieben: bis die discrepantien zwischen Sr. Majt Dem Koͤnig von Persien. und der Edl. Compagnie verglichen, alß wannehr ich meine retour uͤber die vornehmsten Oerter, wo- selbst die Compagni e negotii ret, vornehmen werde. Jndeß befehle ich Mhhln Bruder in goͤttl. Beschirmung, und verbleibe Gamron den 25. Novembr. 1687. Mhhln Bruders gehorsamster und willigster Diener und Bruder Engelbert Kæmpffer. Dieser kurze Brief ist leider! die vornehmste und fast die einzige Quelle zu Kaͤmpfers Leben in den Jahren 1683 bis 1687, und zur Geschichte der so interessanten Reise, die er in dieser Zeit durch eine weite Strecke der wichtigsten und unbekantesten Laͤnder vom bothni- schen bis an den persischen Meerbusen gemacht hat. Die Fruͤchte dieser Reise liegen noch im Museo Britannico zu London verborgen. Jch gebe sie weiter unten genauer an, und wil hier nur noch aus meinen uͤbrigen duͤftigen Quellen einige Zusaͤtze zu Kaͤmpfers Briefe machen. Am zarischen Hofe zu Moscau — der damals noch mehr einem asiatischen als eu- ropaͤischen glich, und wo Jwan und Peter, der erst nachher der Große wurde, noch ge- meinschaftlich regierten, hielt sich Kaͤmpfer zwey Monate auf, und hatte ohne Zweifel Ge- legenheit, manche interessante Bemerkungen zu machen. Er erwarb sich hier unter andern auch Einleitung des Herausgebers. auch die Bekantschaft des hollaͤndischen Gesandtens, Baron von Keller, und des zari- schen Leibarzts von Blumentrost, der nachher Praͤsident der russischen Akademie der Wis- senschaften wurde. S. des beruͤhmten russischen Staatsraths Hr. Muͤllers Samlung russischer Geschichten, Th. VII, 10. Jn Astrakan lernte Kaͤmpfer einen georgianischen Prinzen kennen, und so wuste er immer an jedem Orte gerade die Menschen bald zu finden, durch deren Umgang er sei- nen Kentnissen Erweiterung geben konte. Auch die stuͤrmische Farth uͤber das caspische Meer nuͤzte Kaͤmpfer zu neuen Be- merkungen uͤber dasselbe, er berichtigte Jrthuͤmer, welche die bisherigen Reisebeschreiber ei- ner vom andern copirten, weil es ihnen bequemer war, das Bekante zu bejahen, als das Unbekante zu erforschen. Daß Kaͤmpfer nicht so dachte, sieht man aus dem Bericht, den er in den Amoenitatibus exoticis p. 253. 262 von seinen Untersuchungen uͤber das caspi- sche Meer liefert. Jn Schamachie, wo die schwedische Gesandtschaft die Befehle des persischen Hofes abwarten muste, wurde Kaͤmpfer so sehr gezwungen seine Arzneykentnisse anzuwen- den, und sich damit, wie er selbst sagt, ein weisses Pferd und hundert Thaler zu verdienen, — daß er sich nur wegschleichen konte, um die alte Stadt Baku und die beruͤhmte Halbinsel Okesra, Der gewoͤhnliche Name ist Apscheron. (wie er sie nent) zu besuchen. Kaͤmpfer hat die bekanten Merkwuͤrdigkeiten der lezteren (das nie verloͤschende Feuer — die Naphtaquellen — das Naphtafegefeuer — den Berg Jugtopa — die Salzsee ) so genau beobachtet, daß seine Beschreibungen dersel- ben (in den Amoenit. exot. von p. 262-286) nicht nur damals, als sie erschienen, die volstaͤndigsten und richtigsten waren, sondern diese Beiwoͤrter gewisser maaßen noch jezt verdienen. Jn der That haben die folgenden Reisebeschreiber die Kaͤmpferischen Nachrichten beinahe nur bestaͤtigen und wenig Neues ihnen zusetzen koͤnnen. Und wie ruhmvol ist es nicht fuͤr unsern Schriftsteller, wenn fast hundert Jahre nach ihm ein Mann, der durch die Volstaͤndigkeit und Richtigkeit seiner eignen Nachrichten sich so sehr empfiehlt, ihm die- ses Zeugnis giebt. S. J. G. Gmelins Reise durch Rusland Th. 3 an mehrern Orten. Wie gut Kaͤmpfer seinen langen Aufenthalt am Hofe von Jspahan genuzt; — wie vortreflich er die innere Verfassung desselben beobachtet habe, — davon sind seine Nach- richten von demselben, die der erste Fasciculus seiner Amoenit. exotic. enthaͤlt, die gel- tendsten Beweise. Und gewis wuͤrde unsre Kentnis der Geographie, politischen und natuͤr- lichen Geschichte von Persien um ein gutes Theil reichhaltiger und volstaͤndiger seyn, wenn seine Einleitung des Herausgebers. seine Nachrichten von diesem merkwuͤrdigen Lande noch kuͤnftig einmal aus den Schraͤnken des Musei Britannici ins Publikum gebracht werden solte. Gewis darf man sich viel ver- sprechen, wenn ein Mann von Kaͤmpfers Wisbegierde einige Jahre durch ein Land beob- achtet, das dieser Wisbegierde so vielen Stof darbietet, — auch sogar in dem Fal, wenn das Land schon so gluͤklich ist, einen Chardin zum Beschreiber zu haben. So sehr auch Kaͤmpfers Untersuchungen durch seine Krankheit, die ihm die pe- stilentialische Atmosphaͤre von Bander-Abassi zuzog, aufgehalten wurden; so giebt doch seine vortrefliche Beschreibung der Palme Beweis genug, wie gut er seinen Aufenthalt am persischen Meerbusen genuͤzt habe. Diese Beschreibung fuͤlt den vierten Fascikel der Amoenitatum exoticarum allein aus, und ist noch jetzt die beste Beschreibung des schoͤn- sten Baums der Welt, wie Kaͤmpfer die Palme nent. Die Reisen, welche dieser ruhmwuͤrdige Mann in den Jahren 1688 und 1689 d. i. von der Zeit, da er Gamron verlies, bis er in Batavia ankam, machte, schließen die unbekanteste Periode von Kaͤmpfers Geschichte ein. Die wenigen Data, welche ich habe finden koͤnnen, sind folgende: Noch ehe Kaͤmpfer sich in Dienste der hollaͤndischen Kompag- nie als Schifschirurgus (also mit einem geringern Charakter, als er nach seinen Kentnissen und Talenten haͤtte fordern koͤnnen,) begab, hatte er durch seine medicinische Praxis, zu der im Morgenlande fast alle reisende Gelehrte gezwungen werden, so viel Geld erworben, daß er eine Reise auf eigne Kosten durch noch mehrere asiatische Laͤnder und besonders uͤber Egyp- ten machen zu koͤnnen glaubte. Er wolte von da nach Jtalien gehn und die Doctorwuͤrde annehmen, alsdann sein uͤbriges Leben dem Dienst seines Vaterlandes widmen, und seine so muͤhsam gesamlete Materialien in Muße ausarbeiten. Aber ein ungluͤklicher Zufal be- raubte ihn seines Vermoͤgens und noͤthigte ihn dies Vorhaben aufzugeben. Jch kan diesen Zufal nicht genauer bestimmen; meine handschriftliche Nachricht nent ihn: „ein durch Mis- „gunst angelegtes Uebel.‟ Die eine meiner Quellen (die Lebensbeschreibung des Leichenpredigers) versichert zwar, daß Kaͤmpfer wirklich nach Egypten gereiset sey. Joͤcher und andre haben die- ses Vorgeben auch fortgepflanzt. Sie ist aber sicher falsch; nicht nur weil in der hand- schriftlichen Nachricht derselben gar nicht erwaͤhnt wird, und weil auch unter den Mascpten im Museo Britannico keines Egypten betrist, da doch sicher Kaͤmpfer ein so merkwuͤr- diges Land nicht wuͤrde besucht haben, ohne Beobachtungen zu machen, die des Aufzeich- nens werth gewesen waͤren. Der Hauptgrund ist, weil Kaͤmpfer selbst in der Vorrede zu den Amoenitatibus sagt: cogito in Aegyptum, vocor in Georgiam archiater. d Bis Einleitung des Herausgebers. Bis nach Georgien also gieng Kaͤmpfers Reise ins feste Land von Gamron aus gewis, und meine handschriftliche Nachricht sagt, daß er einige Zeit als Leibmedikus des Fuͤrsten zu Teflis sich aufgehalten habe. Er genos hier sehr viele Ehre, und erhielt das Versprechen der groͤsten Belohnungen, wenn er sich hier auf immer fixiren wolte. Variis conditionum oblationibus lacessor, sagt er selbst in der Vorrede zu den Amoenit. Fuͤr das beste Mittel ihn zu fesseln hielt man — eine schoͤne Georgianerin. Aber Kaͤm- pfer kante die Staͤrke der Bande, mit denen man ihn anknuͤpfen wolte, so gut, daß er seine Freiheit nur dadurch zu erhalten glaubte, wenn er sich noch entfernte, ehe er gebunden waͤre. Von den Mitteln entbloͤst, auf eigne Kosten nach Europa zu reisen, entschied ihn der Rath seines ehrwuͤrdigen Freundes des Kapuciners und koͤniglichen Dolmetschers, Du Mans in Jspahan, auf der hollaͤndischen Flotte, die eben bei der Jnsel Ormus lag, Dienste zu nehmen. Er fand auch hier die beste Gelegenheit, seine nie auf hoͤrende Wisbegierde zu befriedigen. Die Flotte, auf der er war, gieng fast in allen Gegenden von Suͤdasien an Land, und so bekam Kaͤmpfer Gelegenheit, Arabien, die Kuͤsten des mogolischen Reichs, Malabar, die Jnsel Selan (Zeylon) zu sehn. Jn welcher Zeit diese Reise geschah, kan ich nicht genau bestimmen. Aus dem Stambuch des Verf. weis ich nur, daß er im Jenner 1689 zu Cochin und im May zu Coylang auf der Kuͤste Malabar sich befand. Von Selan brachte ihn die Farth seiner Flotte an die Kuͤsten des bengalischen Meerbusens, und von da reisete er weiter an der Jnsel Sumatra die Laͤnge herab nach Ba- tavia auf Java. Er kam hier im September 1689 an, und blieb bis in den May des folgenden Jahrs. Er verwandte diese Zeit besonders auf das Studium der Naturge- schichte von Java. Auch diese Beweise seines nie ermuͤdeten Fleißes besizt das Museum Britannicum. So wie gewoͤhnlich fand Kaͤmpfer auch hier bald den naͤhern Zutrit zu Maͤnnern vom ersten Rang, ob diese gleich sonst in der Hauptstadt des hollaͤndischen Jndiens durch ein stolzes Gefuͤhl ihrer Wuͤrde den Fremden abzuschrecken pflegen, und gewis nicht jeden Chirurgus ihrer Schiffe so gut aufnehmen werden; aber nicht jeder Schifschirurgus ist auch ein Kaͤmpfer. Jhn wuͤrdigte besonders der Generalschazmeister, Johann Parve, seiner besondern Freundschaft. Neben ihm ruͤhmt Kaͤmpfer die Gefaͤlligkeit des W. Lycochtons eines Mitglieds des großen Raths von Jndien, und des Cornelius Outhoorns, Bruder des General-Gouverneurs, der nachher als Gesandter die Reise mit ihm an den japanischen Hof machte. Hier in Batavia nuͤzte ihm besonders der reiche botanische Gar- ten dieses Mannes, so wie der eines Hrn. Mollers. Kaͤmpfer machte noch eine botanische Exkursion auf die nahgelegne Jnsel Eidam, und trat endlich am 7ten May 1690 die Reise nach Siam an, wo er am 6ten Junius an- kam. Einleitung des Herausgebers. kam. Diese Reise ist im ersten Kapitel des ersten Buchs des Werks, das ich heraus- gebe, vom Verfasser selbst beschrieben worden; und man lernt eben da, mit welchem For- schungsgeiste Kaͤmpfer die kurze Zeit von nicht einem vollen Monat nuͤzte, seine und des europaͤischen Publikums Kentnisse uͤber Siam zu erweitern. Unmittelbar vor seiner Ankunft in diesem Sitze des schaͤndlichsten Despotismus hat- ten die beruͤhmten von den Vaͤtern der Geselschaft Jesu angegebnen Gesandschaften Lud- wig XIV noch Demselben Anlas zu sehr ausfuͤhrlichen und genauen Beschreibungen gegeben. Die Tachard, Chaumont, Gervaise, Choisy, Forbin und, — den ich zuerst haͤtte nennen sollen — la Loubere sind ihre Verfasser. Man haͤtte denken sollen, daß nach so vielen und fleißigen Untersuchern einem Reisenden, der unmittelbar nach ihnen kam, nichts mehr wuͤrde uͤbrig gelassen seyn. Aber dieser Reisende war Kaͤmpfer — und er hat in vier Wochen Manches gesehn, was seinen Vorgaͤngern, die Jahre dort zubrachten, entwischt war. Seine Uebereinstimmung mit dem Besten derselben ist zugleich ein Beweis der Rich- tigkeit seiner Nachrichten uͤberhaupt. Ueber die Zeitrechnung, Geschichte, Religion und Sitten der Siamer hat er besonders viele erhebliche Bemerkungen geliefert; und von der bekanten Revolution, welche die Franzosen und den Constantin Phaulkon verbante, giebt Kaͤmpfer verschiedne ganz neue Nachrichten, welche von denen der franzoͤsischen Schrift- steller etwas abweichen. Er verdient hierin ohne Zweifel mehr Glauben als diese, welche aus Siam vertrieben waren, und also nicht so genaue Nachrichten liefern konten, als Kaͤm- pfer, der nach ihnen seine Nachrichten im Lande selbst einzog. Kaͤmpfer verlies Siam am 4ten Julii 1690. Seine Reise nach Japan, wo er am 26sten September ankam, ist im dritten Kapitel des ersten Buchs dieser Geschichte und Beschreibung von Japan umstaͤndlich beschrieben. Jch fuͤge demselben noch einen zweiten Brief unsers Kaͤmpfers an seinen Bruder Joachim Kaͤmpfer bey, der sich da- mals in Leiden als Doctor Juris aufhielt. Hochgeehrtester, herzwehrtester Herr Bruder. M eine Reise von Batavia habe durch guͤnstigen Zulaß meiner Herrn Patronen daselbst auf Siam genommen, und nachdem diesen Hof und des Landes Gelegenheit zur Genuͤge beaͤu- get, die Reise anhero genommen, die aber wegen der contrairen Nordostsaison nicht nur sehr lange, sondern voller Gefahr und Jnkommodite gewesen, daß wir zwischen China und Japan allein bey zwey Monat in Ungewitter und steter Gefahr zugebracht, woselbst Cajuͤt d 2 und Einleitung des Herausgebers. und Ruder zerschlagen, das Schif leck ꝛc. und ist mein particulierer Schade nicht der ge- ringste gewesen, denn ausserdem, daß ich durch schlechte kalte Schifskost, durch Angst und Ungemach zu einer gefaͤhrlichen Krankheit gedisponiret worden, die, so bald ich den 25sten September alhier angelandet, mit Veraͤnderung der Speise in eine Colik, und schweren Jntrige der Zufaͤllen, wovon jetzo allererst genese, ausgebrochen, so sind auch meine wenige Waaren, womit meine Depensen pflege gut zu machen, durchs Salzwasser verdorben, und durch diesen selben Liqueur (welches mich alleine zu Herzen geht) das groͤste Theil von meinen Mascptis Tartaricis et Persicis, als ein ungeleimtes persianisches Papier, zu Pap und Brey vergangen, die ich anders in ein Werk sub Titulo: Hodeopericum Russo ‒ Tartarico ‒ Persicum zu digeriren, als ein erster Theil meiner asiatischen Reisen, mir, wie wohl an keinen nie geoffenbart, so fest vorgenommen hatte, wovon ich jetzo fast ganz destitut und unvermoͤgend geworden. Meinen Phoenicem Persicum, wovon dem Hrn. Bruder den ersten Bogen uͤbersandt, habe keine Zeit gehabt abzuschreiben, mus bis zu meiner persoͤnlichen Ueberkunft nachbleiben. Nach herzlichster Begruͤssung mei- ner Gebruͤder, Fr. Mutter und Schwestern verbleibe Nagasacki in Japan 1688. Mhhln Bruders schuldigster Diener Engelbert Kæmpffer. Diese Jahrszahl 1688 ist offenbar falsch, wie die bisher von mir mit zuverlaͤßig- ster Genauigkeit angegebne chronologische Data von der kaͤmpferischen Reise deutlich bewei- sen. Vielleicht hatte Kaͤmpfer das Datum unter diesem Briefe vergessen und da sezte eine andre Hand aus Conjektur das Jahr 1688 hin, vermuthlich eben diejenige, welche auch in der einen meiner Handschriften 1690 in 88 verwandelte. (S. dieses Werk p. 4 in der An- merkung) Das noch vorhandne Stambuch beweist es deutlich, daß Kaͤmpfer nicht vor 1690 nach Japan kam, und dieser Brief mus also zwischen 90-92 geschrieben seyn. Wie vortreflich Kaͤmpfer seinen zweyjaͤhrigen Aufenthalt in Japan genuzt habe, davon darf ich nichts sagen. Das Werk, das ich hier dem Leser vorlege, ist der redendste Beweis. Jch begnuͤge mich den Leser nur an einen Umstand zu erinnern, der Kaͤmpfers Verdienst noch ungemein erhoͤht. Jn einem Lande, wo jeder Fremde ein Gefangner ist; wo die Regierung mit der eifersuͤchtigsten Wachsamkeit alle Schritte und Handlungen der Auslaͤnder beobachtet; wo den Unterthanen der Umgang und die Verbindung mit diesen bey haͤrtester Strafe untersagt sind; — in einem solchen Lande noch eine so volstaͤndige und genaue Beschreibung desselben verfertigen: — gewis dazu gehoͤrt ein Grad von Wisgebierde, ein Talent Einleitung des Herausgebers. Talent des Spaͤhens und Forschens, die man nur bey den seltenen Menschen findet, die dazu gebohren wurden, die Kentnisse des menschlichen Geschlechts von sich selbst zu erweitern. Das fuͤnfte Buch dieses Werks enthaͤlt Kaͤmpfers innere Reisen in Japan. Er verlies das oͤstlichste Reich von Asien am 31sten October 1692, und am Ende des Jenners 1693 finde ich ihn schon in Batavia. Er verweilte hier nicht lange, sondern trat bald die Ruͤkreise nach Europa auf dem gewoͤhnlichen Wege der hollaͤndischen Schiffe an. Jm Ju- nius war er auf dem Vorgebuͤrge der guten Hofnung. Jm Anfang des Jahrs 1694 kam er in Holland an, und wurde im folgenden April zu Leyden M. D. Zur Jnaugural- Disputation gab er Decadem Obseruationum Exoticarum, als die erste Probe der Schaͤtze, die er den Wissenschasten mitbrachte. Die Beobachtungen, welche Kaͤmpfer hier lieferte, sind hernach insgesamt in seine Amoenitates exoticas eingeruͤkt. Hier ist das Verzeichnis derselben: 1) Agnus Scythicus, siue Fructus Borometz, steht im Fasc. 3. p. 505 der Amoenit. 2) Amarities Maris Caspii, in dem Fasc. 2, p. 253 der Amoenit. 3) Muminahi, sive Mumia nativa| Persica in dem Fasc. 3. p. 516 der Amoenit. 4) Torpedo Sinus Persici im Fasc. 3. p. 509 der Amoenit. 5) Sanguis Draconis im Fasc. 3. p. 552 der Amoenit. 6) Dracunculus Persarum im Fasc. 3. p. 524 der Amoenit. 7) Andrun, morbus regioni Malabaricae endemius \& communis; im Fasc. 3. p. 557 Amoenit. 8) Perical, Morbus Malabaricus vernaculus; in Fasc. 3. p. 561 der Amoenit. 9) Curatio Colicae per Acupuncturam, Japonibus usitata, in Fasc. 3. p. 582 der Amoenit. 10) De Moxa, in Fasc. 3. p. 588 der Amoenit. Kaͤmpfer kehrte nun endlich in seine Vaterstadt zuruͤk, und der damals regierende Graf von der Lippe, Friedrich Adolph, ernante ihn zu seinem Leibmedikus, Ohne Zweifel war Kaͤmpfer der erste, der eben diese Stelle zugleich bey einem Fuͤrsten von Georgien und einem Grafen von der Lippe ver- waltet hat. Dieses d 3 Amt Einleitung des Herausgebers. Amt und der Ruf von seiner großen Geschiklichkeit erwarb ihm bald eine sehr ausgebreitete Praxis, nicht nach seiner Neigung, wie er in der Vorrede zu den Amoenitatibus versi- chert, weil die Geschaͤfte des Arztes und des Hausvaters ihn zu sehr von dem Lieblingsge- schaͤfte ableiteten, das er seinen reifern Jahren vorbehalten hatte — nemlich der ruhigen Verarbeitung dessen, was er in der Bluͤthe des Lebens gesamlet hatte. Um seine Arbeiten, und besonders die oͤkonomische Verwaltung eines vaͤterlichen Guts, ( Steinhoff bey Lieme ohnweit Lemgo) einigermaßen zu erleichtern, verheirathete sich Kaͤmpfer noch im 49sten Jahre mit der Tochter des Churfuͤrstl. Braunschweigisch-Luͤnebur- gischen Hoffaktors, Wilfach zur Stolzenau. Seine Ehe war nicht gluͤklich. Sehr naif sagt Kaͤmpfers Neffe, er habe in dem Ehestande gefunden, was er vorher auf der Reise zwischen China und Japan erfahren. Der wahrscheinlichsten Vermuthung nach war un- ser Kaͤmpfer, bey diesen Stuͤrmen, die noch sein Alter bewoͤlkten, nicht der schuldige Theil. Er zeugte noch drey Kinder, die aber noch vor ihm starben. Sein Tod scheint (nach einer Anspielung des Parentators) durch seine unartige Gattin befoͤrdert zu seyn. Er erfolgte, nach oͤftern Anfaͤllen von Colik, in den leztern Jahren, am 2ten November 1716, da er ei- nige Wochen uͤber sein 65stes Jahr gelebt hatte. Kaͤmpfer hatte auf seinen weiten Reisen nicht nur seine Kentnisse vermehrt, und seinen Verstand gebildet; sondern auch seinem moralischen Charakter die Guͤte und Ausbil- dung gegeben, die bey einem Manne von so edler Wißbegierde und gesunder Vernunft allemal erwartet werden koͤnnen. Schon seine Schriften zeugen den redlichen, ehrlichen und vorzuͤglich wahrheitsliebenden Mann, dem sein Leben unter Menschen von mancher- ley Farbe und Denkart eine gefaͤllige Geschwindigkeit gegeben hatte. Auch die der Leichenpredigt angehaͤngte Biographie versichert, daß Kaͤmpfer sich die algemeine Achtung seiner Landsleute erworben, und daß selbst der Neid seiner habe scho- nen muͤssen. Er war, sagt sie, in der Conversation gegen Hoͤhere ehrerbietig, gegen Alle dienstfertig und leutselig, gegen die Duͤrftigen mitleidig und huͤlfreich. Sein Haus stand allen Nothleidenden, auch den Armen, Fremden, und Einheimischen immer offen. Auch in der Beobachtung der aͤußern Religionspflichten bewies er sich als einen guten Chri- sten. Er bediente sich andaͤchtig des Heil. Abendmals, wohnte dem oͤffentlichen Gottes- dienste regelmaͤßig bey, und ersetzte ihn, wenn er durch Geschaͤfte oder Krankheit gehindert wurde, durch einen haͤuslichen. Auch wenn er gesund war, hielt er taͤglich mit seinem Gesinde Baͤtstunde. Als Schriftsteller erscheint Kaͤmpfer ganz vorzuͤglich in dem vortheilhaftesten Lichte. Sicher ist er einer der besten seiner Zeit, — und einer der ersten in seiner Zunft. Jch glaube hier nicht partheiisch zu seyn, da einer der groͤsten Kenner von Reisebeschreibun- gen Einleitung des Herausgebers. gen und der Mann, der vielleicht die meisten Schriftsteller gegeneinander gewogen hat — der Herr von Haller, — unserm Kaͤmpfer keinen Reisebeschreiber vorsetzen wil. Nulli peregrinatorum secundum nent ihn der große Mann und sezt hinzu: Immensam pulcher- rimarum adnotationum vim in eo itinere collegit, ipse delineandi peritus, ad omnem laborem impi- ger, neque sibi parcens, quoties veri detegendi spes erat. V. Bibliotheca Botanica T. 2, p. 23. Man mus diese Gattung von Schriftstellern etwas genauer aus eignem kritischen Gebrauch kennen, wenn man Kaͤmpfers Verdienst ganz schaͤtzen wil. Man mus es wis- sen, mit welch einer Jgnoranz manche ihre Relsen (deren Beschreibung sie doch hernach dem Publikum vorlegen) antreten, und dann Kaͤmpfern dagegen halten, der seine Rei- sen so wohl vorbereitet antrat, und es in Wissenschaften und Sprachen, die auch bey den Ge- lehrten seiner Zeit selten waren, so weit gebracht hatte. Man mus es wissen, mit wie gutherziger Leichtglaͤubigkeit sich manche Reisende hintergehen lassen, und welche Sucht andre haben neue Maͤhren zu erzaͤhlen, um ihre Landsleute zum Staunen — uͤber die Dinge, die nicht sind — zu bringen; — um den Mann recht zu verehren, der mit der aͤußersten Sorgfalt seine Berichte einzog, seine Zeugen wohl abwog, nirgend das Wun- derbare, immer das Natuͤrliche suchte. Man kan Kaͤmpfer nicht lesen, ohne sich uͤber- zeugt zu fuͤhlen, daß er der gewissenhafteste Freund der Warheit war; und ohne uͤber den scharfen Blik und die Genauigkeit zu erstaunen, mit der er Alles bis ins kleinste Detail (nach seinem eignen Ausdruk) beaͤugte. Mit lichtvolster Deutlichkeit stelt Kaͤmpfer seinem Leser alles dar, was er beobach- tete, und laͤst ihn Alles bis auf Kleinigkeiten bemerken. Wenn es auf Untersuchung der Gruͤnde und Ursachen gewisser Dinge ankoͤmt, so zeigt Kaͤmpfer einen großen Scharfsin, der mit einer vorzuͤglichen starken Dosis von gesunder Vernunft versezt ist. Sehr oft habe ich es bewundert, wie richtig der trefliche Mann von beiden geleitet wurde. Sein lateini- scher Styl ist so gut, daß sogar eine Sage entstanden ist, Graͤvius habe Kaͤmpfers Hand- schriften ins Lateinische uͤbersezt. Jch weis nicht, woher diese Behauptung entstanden ist; sie thut aber, wie ich gewis glaube, Kaͤmpfern Unrecht, denn es ist nicht wahrscheinlich, daß Kaͤmpfer sich schon 1694, wie er in Holland war, und den Graͤvius (wie ich aus seinem Stambuche weis) freilich kennen lernte, von ihm seine Amoenitates exoticas (um nur diese zu nennen) habe uͤbersetzen lassen, da er sie erst 18 Jahre nachher herausgab. Noch un- wahrscheinlicher aber ist es, daß Kaͤmpfer alle seine Schriften nachher zur Uebersetzung dem Graͤvius zugeschikt haͤtte, da auch die Vorrede der Amoenitatum (die er sich doch schwerlich wird haben machen lassen) von gleichem Styl mit dem Werke selbst ist. Kaͤm- pfer hat auch auf seinen Reisen schon einen großen Theil seiner Beobachtungen lateinisch nieder- Einleitung des Herausgebers. niedergeschrieben, und die Falschheit dieser Beschuldigung muͤste also noch mehr offenbar wer- den, wenn einmal seine im Museo Britannico befindliche Handschriften bekant gemacht wuͤrden. Der Hauptbeweis ist, daß K. in der Vor- rede der Amoenit. selbst seinen Styl entschuldigt, und besonders mit dem Grunde, daß er meistens auf Reisen habe schreiben muͤssen. So eine Ent- schuldigung bey fremder Arbeit waͤre eine Unver- schaͤmtheit, deren K. nicht faͤhig ist. Sein deutscher Styl — nun freilich, der ist, wie ihn sein Jahrhundert mit sich brachte. Kaͤmpfer hatte den groͤsten Theil seines Lebens in fremden Laͤndern zugebracht, und nach seiner Ruͤkkunft nicht Muße genug, seinen deutschen Styl zu bilden, wozu ihm ohnedem gute Muster abgiengen. Praͤcision und genaue Bestimmung Alles dessen, was der Ver- fasser sagen wil, fehlt diesem Styl zwar nicht. Aber oft ist er verwickelt, undeutlich, durch lange Zwischensaͤtze verzerrt. Doch der Leser kan schon aus den oben eingeruͤkten Kaͤmpferi- schen Originalbriefen und den Proben, die ich noch weiter unten geben werde, selbst urtheilen. Kaͤmpfers Kentnisse beschraͤnkten sich nicht blos auf sein eigentliches Fach, die Medicin, zu der er, wie wir schon gesehn haben, erst in reifen Jahren uͤbergieng; in der er aber doch einen vorzuͤglichen Grad von Volkommenheit erreichte. Dies beweist nicht nur seine gluͤkliche Praxis — ein oft zweideutiges Kenzeichen — die ihm in Georgien wie in seinem Vaterlande so viel Beifal erwarb; sondern vorzuͤglich seine wichtige Bereicherun- gen verschiedner Theile der Medicin, besonders der materia medica. Jn der Natur- geschichte — ein damals noch wenig bearbeitetes Studium und fuͤr das unsre Akademien noch keine Lehrstuͤhle hatten — half Kaͤmpfer mit die Bahn brechen. Die meisten Be- schreibungen in den Amoenitatibus werden noch jetzt nach so vielen Entdeckungen neuerer Zeiten von den Kennern als die besten ihrer Art geschaͤtzt; z. E. die Beschreibung der Palme, der Asae foetidae, des Thees u. s. w. Auch die Naturgeschichte von Japan im ersten Buche dieses Werks und die Beschreibung der vielen japanischen Pflanzen im fuͤnf- ten Fascikel der Amoenitatum ist Beweis von Kaͤmpfers Eifer und ruhmwuͤrdigen Be- muͤhungen fuͤr diese Wissenschaft. Geschichte uͤberhaupt scheint das Fach zu seyn, fuͤr das Kaͤmpfer geboren war. Er hatte uͤberwiegende Wahrheitsliebe, unermuͤdeten Forschgeist, scharfsinniges Urtheil und Geduld. Die letztre dieser Eigenschaften machte ihn faͤhig, die japanischen Annalen, die mit der ermuͤdendsten Trockenheit geschrieben und vol der degoutantesten Ungereimtheiten waren, in einer Sprache, die er erst zu erlernen hatte, zu lesen und zu excerpiren. Und welch Verdienst hat nicht Kaͤmpfer um die genauere Entwickelung des politischen Systems von Einleitung des Herausgebers. von Siam und Japan, auch von Persien im ersten Fascikel der Amoenitatum erwor- ben. Wenn man es weis, mit welcher Gefahr in den orientalischen Reichen statistische Nachrichten gesamlet werden; so wird man kaum begreisen, wie K. alles so genau und vol- staͤndig habe erfahren koͤnnen. Man sehe, um ein Beispiel zu nehmen, nur einmal seine Nachricht von den persischen Einkuͤnften in den Amoenit. p. 90. Wie faͤhig Kaͤmpfer auch in politischen Geschaͤften war, beweist das Vertrauen des schwedischen Hofes, (wo damals beide Puffendorfe die Geschaͤfte leiteten) ihn, einen Fremden, bey einer so wichtigen Gesandschaft zu gebrauchen. Kaͤmpfers Wisbegierde war nach allen Seiten gerichtet. Jn Entwickelung der verschiednen religioͤsen und philosophischen Systeme von Asien bewies er vorzuͤglich seinen Untersuchungsgeist. Das dritte Buch dieser Geschichte und seine schoͤne Nachrichten von den Johannischristen im Fasc. 2. p. 435 der Amoenit. zeigen, wie sehr Kaͤmpfer von allem Wissenswuͤrdigen sich genau zu unterrichten bemuͤhte. Jn allen seinen Studien wird er besonders durch seine ausgebreitete Sprachkentnis unterstuͤtzt. Diese gieng weit uͤber den Kreis der meisten Gelehrten. Kaͤmpfer verstand nicht nur die gelehrten Sprachen, die lateinische und griechische, sondern auch die meisten der europaͤischen, die franzoͤsische, portugiesische, hollaͤndische, englische, schwedische, pol- nische, russische, und dann die meisten der asiatischen, die arabische, persische, malayische, mehrere indische, sinesische und japanische. Die gruͤndliche Kentnis, welche sich Kaͤmpfer in letztrer erworben hatte, ist Beweis genug, daß er diese Sprachen nicht blos fuͤr einen voruͤbergehenden Gebrauch, als Reisender; sondern tiefer und als Gelehrter studiert habe. II. Jch habe jetzt noch von Kaͤmpfers Schriften besonders zu reden, und mus sie leider! in gedrukte und ungedrukte abtheilen. Der ruhmwuͤrdige Mann trat seine weiten Reisen mit dem festen Vorsatz an, zu beobachten, Natur und Menschen zu studieren, besonders das Neue, und nicht genug unter- suchte sich zum Vorwurf zu waͤhlen, und das Resultat dem Publikum mitzutheilen. Schon in Nangasacki dacht er sich, wie wir oben in seinem eignem Briefe gesehn haben, die Titel seiner kuͤnftigen Werke. Der Sturm zwischen Sina und Japan und die salzige See verdarb einen Theil seiner schaͤtzbaren Handschriften, und seine nachher gar zu beschaͤftigende Praxis zwang ihn, sie fast achtzehn Jahre in seinen Schraͤnken vergraben zu lassen, wo sie schon anfiengen, wie er selbst sagt, von den Motten benagt zu werden, als Kaͤmpfer endlich e einige Einleitung des Herausgebers. einige Muße bekam, sie wieder hervorzusuchen. Schon im Alter von sechzig Jahren wolte er doch noch gern seine gelehrten Schaͤtze ordnen und in mehrern Werken bekant machen. Nur als eine Probe und einen Vorschmak — der die Leser nach Mehrern luͤstern machen solte — gab er 1712 seine beruͤhmten Amoenitates Der volstaͤndige Titel derselben ist: Amoe- nitatum exoticarum Politico ‒ Physico ‒ Medicarum, Fasciculi V, quibus continentur variae Relationes, Observationes et Descriptiones Rerum Persicarum et ulterioris Asiae, multa attentione, in peregrina- tionibus per universum Orientem collectae ab Au- ctore Engelberto Kaempfero, D. Lemgoviae Ty- pis et Impensis H. W. Meyeri, Aulae Lippiacae Typographi. 1712. 4. 912. pag. ohne Vorrede und Register. ein Werk, das wegen der Mannigfaltigkeit des Jnhalts und der Gruͤndlichkeit der Behandlung in der That einen ungemein vortheil- haften Begrif von den Kentnissen machen muste, die unser Kaͤmpfer mit nach Europa ge- bracht hatte. Er hat es in fuͤnf Fasciculos vertheilt. Der erste enthaͤlt 16 Relationes de aulae Persicae statu hodierno, welche theils von dem damaligen persischen Schah, vornemlich aber von der ganzen Einrichtung des Jspahanischen Hofes ungemein genaue und unterrichtende Nachrichten geben. Der zweite Fasciculus enthaͤlt 14 Relationes et Ob- servationes Historico ‒ Physicas de Rebus Variis. Der bestimte Jnhalt ist folgender: 1) In mari Caspio nullae voragines; ejusdem pelagi amarities. 2) Okesra, peninsula Mediae, naturae prodigiis conspicua. 3) Turris cornuta in Regia Persarum urbe Isphahano. 4) Monumenta campi Persepolitani, rupi insculpta, quae vocant Naksji Rustaam i. e. Simulacra Rustanica. Die Benennung koͤmt von Rustaam, einem beruͤhmten fabelhaften Held, — Simson oder Herkules der Guebern. 5) Palatii Istachr sive Persepolitani rudera, vulgo Tjiehil menaar dicta. 6) Antiquitatis monumenta in campo Sjubasar novae Persepolis. 7) Sjeich Chodsja Hafes \& Sjeich Saadi Sjirasi, illustrium Persiae Poe- tarum, Sepulturae. 8) Oenopoeia Sjirasensis. 9) Memorabilia Montis Benna, in Persidis Provincia Laar. 10) Rudera Diluvii Mosaici in Persia. 11) Sabii, Einleitung des Herausgebers. 11) Sabii, s. Christiani S. Johannis Baptistae circa Tigridem \& fines Persiae. 12) Investigatio Innocentiae per Crocodilos \& Ignem, apud Gentiles Orientes hodie usitata. 13) Chartopoeia Japonica. 14) Regnum Japoniae optima ratione, ab egressu civium \& exterarum gentium ingressu \& communione clausum. Der dritte Fascikel enthaͤlt Observationes Physico ‒ Medicas curiosas, nemlich: 1) Agnus scythicus seu fructus Borometz. 2) Torpedo sinus Persici. 3) Muminahi sive Mumia nativa Persica. 4) Dracunculus Persarum in littore sinus Persici. 5) Historia Asae foetidae. 6) Djierenang sive sanguis Draconis ex fructibus palmae coniferae spinosae elicitus, 7) Andrum, sive Hydrocele regioni Malabaricae endemia. 8) Perical sive Hypersarcosis ulcerosa pedum, Malabaricae genti vernacula. 9) Tripudia Serpentum in India Orientali. 10) Gemina Indorum antidota. 11) Curatio colicae per acupuncturam. 12) Mora, polychresta cauteriorum materia. 13) Theae Japonensis historia. 14) Ambra vindicata. 15) Inebriantia Persarum \& Indorum pharmaca. 16) Ligaturae magicae Macassarorum. Der vierte Fasciculus enthaͤlt blos Relationes botanico ‒ historicas de Palma dactylifera in Perside erescente; und der fuͤnfte Catalagum plantarum Japonicarum. e 2 Kaͤmpfer Einleitung des Herausgebers. Kaͤmpfer hat diesem Werke auch Abbildungen der Pflanzen und anderer Gegen- staͤnde beigefuͤgt, die er selbst mit großem Fleis und Genauigkeit verfertigt hatte, die aber durch die Schuld seiner ungeschikten Kupferstecher sehr schlecht, und oft fast ganz unkenbar, gesto- chen sind. Er klagt selbst in der Vorrede daruͤber: Chalcographi rudes, sagt er, \& mo- rosi ingenii imagines mea manu accurate \& ad typum sed diversa magnitudine delineatas, dum in decentem formam ex majori vel minori reducere debe- bant, ita deformarunt, vt nisi ad illustrandas res omnino essent necessariae, eas, velut libri dedecus repudiarem. Den leztern Beinamen verdienen die meisten dieser Kupferstiche allerdings. Die Kaͤmpferischen Originalzeichnungen befinden sich noch im Museo Britannico, und ich bin uͤberzeugt, daß viele Gelehrte und besonders die Kenner der Naturgeschichte meinem Wun- sche beitreten werden, daß die Verlagshandlung diese Zeichnungen (die durch die wilfaͤhrige Vermittelung der gelehrten und ruhmwuͤrdigen Aufseher des Musei Britannici zu diesem Zwek gewis zu erhalten waͤren) von neuen durch geschikte Kuͤnftler stechen ließe, und sie einer neuen Ausgabe der Amoenitatum beifuͤgte. Gewis verdiente es ein so nuzbares und vor- trefliches Werk auf diese Art noch einmal in Umlauf gebracht zu werden, und es wuͤrde an aͤußerer Schoͤnheit wie an Brauchbarkeit sehr gewinnen. Kaͤmpfer schikt es indes — so vorzuͤglich es auch schon ist — nur als einen Verlaͤu- fer in die gelehrte Welt, die er, so wie besonders auch die Buchhaͤndler, auf seine andern noch groͤßern Werke dadurch aufmerksam machen wolte. Folgende deroselben nante er in der Vorrede bestimt, und bot sie den Verlegern an. 1) Japoniam nostri temporis, das er in Quart mit etwa 40 Kupferstichen in deutscher Sprache herausgeben wolte. Das Journal des Sçavans wuͤnschte bald nachher, ( Tom. 55, p. 471) daß Kaͤmpfer dies Werk in lateinischer Sprache herausgeben moͤchte, damit es die Gelehrten aller Nationen von Europa lesen koͤnten. Herbarii Trans ‒ Gangetici Specimen in Folio, in lateinischer Sprache mit etwa fuͤnfhundert Kupferstichen. Doch wolte er, ehe er dieses Werk herausgaͤbe, noch des beruͤhmten Rumph Hortum Ambonenlem abwarten, ne, sezt der edelbescheidne Mann hinzu, ab eo acta agam \& sylvis inducere ligna videar. Hodoeporicum tripartitum in Folio. Diesem Werke wolte Kaͤmpfer soviel Kupfer beifuͤgen, als nur irgend der Verleger zu wagen Muth haͤtte. Er uͤberlies es auch dessen Belieben, ob es in lateinischer, deutscher oder hollaͤndischer Sprache erscheinen solte? Aus diesem Werke waren die meisten der in den Amoenitatibus gelieferten Proben entlehnt, doch versichert Kaͤmpfer ausdruͤklich, daß das Hauptwerk dadurch gar nicht arm gemacht sey. Einleitung des Herausgebers. sey. Es geschehe diesem nicht, sagt er, quod solet hortis angustioribus, in quibus avulsis paucis flosculis, caules saltem et folia remanent. Diese Ankuͤndigung so ausnehmend wichtiger Werke muste gewis das Publikum sehr luͤstern machen; die Amoenitates lieferten so interessante Proben, fanden algemeinen Beifal und erregten den Wunsch, daß die Hauptwerke auch noch erscheinen moͤchten; — aber doch wolte sich keiner der Mittelsmaͤnner zeigen, die oft, wie es scheint, ihre Waare weniger kennen, als irgend eine Art von Kaufleuten, oft aber auch zu partheiisch von den Gelehrten getadelt werden, wenn sie ihre Kapitalien nicht so gern auf Werke, die zwar Jahrhunderte uͤberleben, aber auch erst in Jahrhunderten mit Vortheil verkauft werden, wen- den wollen, als auf pieces du jour, die in einigen Messen abgehen und dan — ohne Schaden des Verlegers — vergessen werden. — Die Groͤße der angebotnen Werke und die Menge der Kupfer schrekte wahrscheinlich ab, und Kaͤmpfer fand in den vier Jahren, die er noch nach Erscheinung der Amoenitatum lebte, keinen Verleger. Seine Handschriften blieben also in den Haͤnden seiner Erben, unter denen sein Bruderssohn Johann Herman Kaͤmpfer M. D. war. Dieser, scheint es, hatte den Gedanken, die Werke seines Oheims nicht vermodern zu lassen; wenigstens hat er die Ge- schichte und Beschreibung von Japan ganz zum Druk abgeschrieben, Der weitlaͤuftige Titel, den er dem Werke gab, ist folgender: Historie von Japan, enthaltend des merkwuͤrdigen vorigen alten und jetzigen neuen Staats und Regierung dieses Reichs als eigentliche wahrhafte Beschreibung der fuͤrnehmsten Tempeln, Pallaͤsten, Castellen, Staͤdten und andern Gebaͤu- den; nicht weniger der Metallen, Mineralien, Baͤume, Pflanzen, Thiere, Voͤgel und Fische ꝛc. wie auch Chronologie geist- und weltlicher Kaiser, und der Einwohner ersten Ursprung, Gottesdienste, Gewohnheiten und Handwerker, so Jn-als Aus- laͤnder, den Kaufhandel der Hollaͤnder und Chi- nesen, nebst einer Beschreibung vom Koͤnigreich Siam in Hochteutsch beschrieben, und mit Figuren versehen von Engelbert KAEMPFERR , M. D. und Graͤfl. Lipp. Leibmedico, und nach dessen uͤberal eignen wahren Handschrift zum Druk befoͤr- dert von Johan Hermann Kaͤmpfer M. D. auch mit einer Zuschrift an den Koͤnig von Großbrittannien Georg II und dessen Kronprinz begleitet. Was ihn hinderte, seine Absicht wirklich auszufuͤhren, weis ich nicht; wahrscheinlich aber war der Hauptgrund auch bei ihm, daß ein Verleger fehlte. Jn England lebte damals Sir Hans Sloane, ein Mann, den seine Natural History of Jamaica vielleicht nicht so beruͤhmt gemacht hat, als seine ausnehmende Wis- begierde und seine Neigung, alle merkwuͤrdige Produkte der Natur und Kunst und besonders auch wichtige ungedrukte Handschriften zu sammeln. Er hatte sich auf den westindischen Eylanden ein Vermoͤgen erworben, das ihn faͤhig machte, seine Neigung zu befriedigen. Bei e 3 einer Einleitung des Herausgebers. einer sehr ausgebreiteten Correspondenz entgieng seiner Aufmerksamkeit nicht leicht ein der- selben wuͤrdiger Gegenstand, und so hatte Kaͤmpfer auch nicht umsonst fuͤr ihn seiner Hand- schriften in der Vorrede der Amoenitatum erwaͤhnt. Er trug dem Koͤnigl. Großbrittan- nischen Leibmedicus, D. Steigerthal, bei einer Reise nach Hannover auf, sich in dem be- nachbarten Lemgo nach den Kaͤmpferschen Handschriften zu erkundigen. Kaum hatte er die angenehme Nachricht erhalten, daß Kaͤmpfers gelehrte Nachlassenschaft zu haben waͤre, so kaufte er alle (wie er glaubte) noch uͤbrige Papiere und Zeichnungen desselben fuͤr eine be- traͤchtliche Summe Geldes an sich. Nach Sloanes Tode entstand 1753 aus sei- ner Samlung, wie bekant, das Museum Brittanni- cum, in welches also auch die Kaͤmpferschen Hand- schriften uͤbergiengen. Sloane wolte sie zwar nicht in seiner litteraͤrischen Schazkammer vergraben; er er- munterte vielmehr einen gelehrten Schweitzer, Johann Caspar Scheuchzer, der in Lon- don als Arzt und Mitglied der Koͤnigl. Societaͤt der Wissenschaften lebte, die Kaͤmpferschen Handschriften nach und nach, freilich nicht in der Originalsprache, sondern in einer engli- schen Uebersetzung bekant zu machen. Man fieng mit der Geschichte von Japan an, die 1727 erschien, Der volstaͤndige Titel ist: The History of Japan giving an Account of the antient and pre- sent State and Government of the Empire of its Temples, Castles, and other Buildings; of its Me- tals, Minerals, Trees, Plants, Animals, Birds and Fishes; of the Chronology and Succession of the Em- perots Ecclesiastical and secular, of the original Descent, Religions, Customs and Manufactures of the Natives and of their Trade and Commerce with the Dutch and Chinese. Together with a Descrip- tion of the Kingdom of Siam. Written in High Dutch by Engelb. Kaempfer M. D. Physician to the Dutch Embassy to the Emperors Court, and trans- lated from his Original Manuscript, never before printed by J. G. Scheuchzer F. R. S. and a Member of the College of Physicians, London, with the Life of the Author and an Introduction Illustrated with many Copperplates. und der bald nachher eine franzoͤsische von Des-Maizeaux folgte. Nach Kaͤmpfers eignen oder nach den japanischen Zeichnungen, die K. mitgebracht hatte, fuͤgte Scheuchzer seiner Uebersetzung 45 Kupfertafeln bey, die auch zu der franzoͤsi- schen nachgestochen wurden. Man muß gestehn, daß Sloane seinen Mann sehr gut aus- gewaͤhlt hatte, dem er die Bekantmachung des Kaͤmpferischen Werks uͤbertrug. Scheuch- zer gieng ganz in die Materie desselben ein, und seine Jntroduction ist eine vortrefliche Ab- handlung. Sie enthaͤlt eine fast ganz volstaͤndige Litteratur der Geschichte und Geographie von Japan, zu der Scheuchzer fast alle Huͤlfsmittel in Sloane’s reichen Bibliothek vor- fand. Die Uebersetzung war, wie Scheuchzer selbst gesteht, nicht leicht, da er nicht in sei- ner Einleitung des Herausgebers. ner Muttersprache uͤbersezte, und da sein Original wirklich oft sehr dunkel, verwickelt, eine Jdee in die andre schraubend ist. Doch hat der gelehrte Schweizer — soviel ich nach meinen Handschriften urtheilen kan — diese Schwierigkeiten meistens sehr gut uͤberwunden, und des Verf. Sin wohl getroffen; nur zuweilen verleitet ihn seine Absicht, Alles recht deutlich und klar zu machen, daß er mehr paraphrasirt als uͤbersezt, Kaͤmpfers Jdeen zu sehr amplificirt, eigne Bestimmungen hinzusezt u. s. w. Die franzoͤsische Uebersetzung ist, so weit ich sie ver- glichen habe, eine recht gute Kopie der englischen. Doch der Leser sol selbst nachher aus Proben von beiden urtheilen. Kaͤmpfers Werk fand gleich anfangs bey seiner Erscheinung in England, Frank- reich, Holland und uͤberal ungemeinen Beifal. Man erkante es fuͤr eines der gruͤndlichsten, genauesten und richtigsten seiner Art. Die Neuheit der Materie und die große Armuth an Nachrichten uͤber Japan gab ihm noch mehr Reize. Diese Achtung hat sich immer erhal- ten, und die groͤsten Gelehrten haben es fleißig gebraucht. Jch wil nur einen nennen, der seine Belesenheit in den Reisebeschreibungen so treflich genuͤzt hat, Montesquieu. Man findet in seinem unsterblichen Werke den Namen des Lemgoer Gelehrten sehr oft, — eine Auktoritaͤt, die ihm Ehre bringt. Der bekante Jesuit Charlevoix, der bald, nachdem Kaͤmpfers Werk erschienen war, eine Histoire \& Description generale du Japon schrieb, und der, weil K. von dem Betragen seiner Ordensbruͤder und Glaubensgenossen in Japan kein guͤnstiges Zeugnis ablegte, ihm sehr ungeneigt ist, und bestaͤndig darauf ausgeht, Fehler bei ihm zu finden, — dieser Charlevoix gesteht doch, daß Kaͤmpfers Werk sehr viele merkwuͤrdige Nachrichten und Untersuchungen uͤber den Ursprung der Japaner, die Beschaffenheit des Landes und die politische Verfassung desselben enthalte. Die Religionssysteme, sezt er hinzu, habe nie- mand besser als K. entwickelt, und sein Werk liefre sehr interessante Beschreibungen, eine sehr genaue Naturgeschichte und geographische Beschreibung dieser Jnseln. Doch sagt er, sey es noch nicht volstaͤndig genug, und enthalte beinahe Alles, was in den vorher- gehenden Werken uͤber Japan fehle, aber nicht alles dasjenige, was man in diesen finde. Ein Tadel, der beinahe in ein Lob verwandelt werden koͤnte, wenigstens bei Ken- nern der Geschichte dem Werke keinen Abbruch thun wuͤrde. Er ist aber auch im Ganzen nicht einmal gegruͤndet, weil Kaͤmpfer gewis sehr oft seine Vorgaͤnger berichtigt, ob er sie gleich nicht allemal nent, und weitlaͤuftig widerlegt. Ein so wichtiges Werk ihres Landsmanns konten indes die Deutschen immer nur in fremder Sprache lesen, und wie es schien, war das Original desselben auf immer unserm Va- terlande entwandt. Zwar hat der deutsche Uebersetzer von Du Halde Beschreibung des Chinesischen Reichs diesem Werke auch eine Uebersetzung der Kaͤmpferischen Beschrei- bung Einleitung des Herausgebers. bung von Japan angehaͤngt. Aber theils hat diese Arbeit schon das erhebliche Vorur- theil wider sich, daß sie nur die Uebersetzung einer Uebersetzung eines deutschen Originals ist, und also bei weitem uns nicht die Stelle des lezteren ersetzen kan, theils habe ich bei Vergleichung dieser und der englischen Uebersetzung gefunden, daß jene sehr uͤbereilt gearbei- tet ist, und sehr oft den Sin des Scheuchzerschen Kaͤmpfersverfehle. Die Ursachen, warum diese Arbeit so schlecht geraten muste, waren ohne Zweifel Buchhaͤndlerische. Der Verle- ger wolte Kaͤmpfers Werk dem Du Halde anhaͤngen, aber er wolte ihm nicht viel Plaz geben. Er lies es daher, wie der Uebersetzer selbst in der Vorrede sagt, mit aͤußerster Sparsamkeit enge zusammendrucken. Und vermuthlich gab er auch dem Uebersetzer einen Wink mit dem Gedanken, nach eben der Oekonomie zu verfahren, die er bey den Lettern beob- achtete. So wurden nun die Jdeen enge zusammengeruͤkt, viele ganz verdraͤngt, oder doch sehr unkentlich, schief und falsch ausgedruͤkt; so wurden oft Epitheta, Zwischensaͤtze u. s. w. ausgelassen, und so entstand eine Uebersetzung, die — gegen das wahre Original gehalten — schwerlich diesen Namen verdient. Jmmer blieb also noch der Wunsch, das Kaͤmpferische Werk in der deutschen Ur- schrift zu erhalten, die man nirgend anders als im Museo Britannico vermuthen konte. Sie ist auch wirklich noch daselbst vorhanden, aber nach der Verfassung des Jnstituts nirgend anders, als im Gebaͤude desselben zu gebrauchen. Scheuchzer hatte ausdruͤklich versichert, daß Sloane alle Kaͤmpferische Handschriften gekauft habe, also konte man freilich nicht leicht den Gedanken haben, daß vielleicht noch in Lemgo das Original der Beschreibung von Japan sich finden moͤchte. Es war aber wirklich noch in zwei Handschriften vorhanden, die ein halbes Jahrhundert bei der einzigen lezten Erbin unsers Kaͤmpfers, einer Bruders- tochter, verborgen lagen. Diese starb im Jahr 1773; die Meiersche Buchhandlung kaufte beide Handschriften an sich, und schikte sie mir nach Berlin, da ich die mir angetragene Herausgabe augenommen hatte. Hr. Oberconsistorialrath Buͤsching untersuchte mit mir beide Handschriften, und kuͤndigte diese wichtige Entdeckung in seinen vortreflichen: Woͤ- chentlichen Nachrichten, (1773, S. 249) zuerst dem Publikum mit aller der Waͤrme an, die ihm sein Eifer fuͤr die historischen Wissenschaften eingeben muste, und bewies, wie nuͤz- lich die Bekantmachung des Kaͤmpferischen Werks nach diesen Original-Handschrif- ten sey. Diesen Namen darf ich ihnen kuͤhn und mit Wahrheit beilegen. Den Titel der einen habe ich schon oben volstaͤndig angegeben. Diese Handschrift ist eine Abschrift des Kaͤmpferischen Neffen, Johann Herman, „nach des Oheims, wie er selbst sagt, uͤberal eignen wahren Handschrift.‟ Die andre Handschrift (die ich um sie zu unterscheiden, die Handschrift des Oheims, so wie die erste Handschrift des Neffen, nenne) hat kein Ti- telblat, Einleitung des Herausgebers. telblat, ist aber Kaͤmpfers Originalhandschrift. Nicht nur hat die ehemalige Besitzerin sie immer dafuͤr ausgegeben; sondern die oben eingeruͤkten Briefe aus Gamron und Naga- sacki sind noch im Original in Lemgo vorhanden, und da haben mehrere glaubwuͤrdige Maͤnner (von denen ich nur den Verleger dieses Werks Hrn. Rath Helwing nennen wil) auf meine Bitte eine Vergleichung zwischen der Schrift der Briefe und meines Mascpts des Oheims angestelt und mich versichert, daß beide von einerlei Hand gewis geschrieben waͤren. Einige Worte, die Kaͤmpfer in sein Stambuch und andre Buͤcher geschrieben hat, ergeben eben dieses. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Kaͤmpfer ein so wichtiges Werk mehr als einmal schrieb, zu dem er manche einzelne Theile schon auf seinen Reisen mehr oder weniger ausgearbeitet hatte; — es kan also auch sehr wohl seyn, daß das Mascpt im Mu- seo Britannico wirklich auch von Kaͤmpfers Hand und vielleicht spaͤter und volkomner geschrieben ist. Von meinem Mascpt des Oheims bleibt dies in jedem Fal bewiesen. Man sieht demselben auch schon an, daß es das Werk des Autors, nicht des Kopisten ist. Manche Blaͤtter sind in demselben doppelt, manche fehlen, oft ist drin corrigirt, weggestri- chen, zugesezt. Dagegen ist das Mascpt des Neffen ganz rein, ordentlich und fuͤr den Druk geschrieben. Beide Handschriften stimmen meistens ganz genau mit einander uͤberein, zuweilen ist ein Wort oder auch wohl eine Periode verschieden. Zuweilen fehlt auch wohl in dem einen, was in dem andern steht. Eben so stimmen sie auch mit der englichen Ueber- setzung ziemlich zusammen, wenn ich Scheuchzers schon angefuͤhrte oͤftere Ampflification und Verschiedenheiten in den nominibus propriis abrechne. Nur zuweilen fehlen groͤßre oder kleinre Stellen in der englischen Uebersetzung, die sich in beiden oder der einen meiner Handschriften finden, und umgekehrt. Um nun das Kaͤmpferische Werk jetzt dem Publikum in der erreichbarsten und moͤglichsten Volkommenheit zu liefern, habe ich mir bey Herausgabe desselben folgende Ge- setze gemacht. 1) Jch sehe die vielleicht fruͤheste und unvolkommenste Originalhandschrift Kaͤm- pfers; — die zum Druk fertige getreue Abschrift des Neffen, und die Scheuchzerische Uebersetzung aus einer wahrscheinlich gleichfals eigenhaͤndigen Handschrift des Verfassers als drey Quellen an, denen ich ihren Rang ohngefehr nach der Ordnung, wie ich sie genant habe, bestimmen moͤchte. 2) Aus diesen drei Quellen zusammengenommen glaubte ich Kaͤmpfers Werk lie- fern zu muͤssen. Jch habe also die Handschrift des Oheims zum Grunde gelegt, mit ihr, Wort fuͤr Wort, die Handschrift des Neffens und mit beiden Saz fuͤr Saz die englische Uebersetzung verglichen. f 3) Wenn Einleitung des Herausgebers. 3) Wenn ich Varianten meiner drei Quellen bekam, habe ich mich fuͤr die wahr- scheinlichste entschieden und sie in den Text aufgenommen, die andren aber in den Anmer- kungen angezeigt. Nun waͤre es uͤberfluͤssig und unnuͤtze Vergroͤsserung des Werks gewesen, wenn ich dies bei den bloßen Paraphrasen und Ampflificationen der Scheuchzerschen Ueberse- tzung, die sich fast auf allen Seiten finden, haͤtte thun wollen. Jch habe also dem Leser nur in einigen Beispielen von denselben einen Begrif gemacht. 4) Kaͤmpfers deutscher Styl ist von der Art, daß ihn in unsern Zeiten niemand mit Vergnuͤgen lesen kan; der Verleger verlangte also, daß ich das Kaͤmpferische Werk lesbar machen und seinen Styl modernisiren moͤchte. Ein Wort, bey dem der strenge Historiker — der sich an einige Beispiele der Franzosen erinnert — schon uͤbel zu ahnden pflegt. Jn der That fuͤrchtete ich selbst anfangs die Vorwuͤrfe, die man meinem Kaͤmpfer und mir machen moͤchte, so sehr, daß ich den Verleger zu bewegen suchte, er moͤchte das Werk ganz, wie es da waͤre, in seiner Ursprache abdrucken lassen. Allein er bewies mir sehr gruͤndlich, daß er das Werk deswegen verlegte, weil er’s verkaufen wolle, daß die strengen Historiker ihm wenig Exemplare abnehmen wuͤrden, daß sie also kein großes Recht haͤtten, ihm Vorschriften zu geben, daß ich so modernirfiren koͤnte, daß diese stren- gen Herrn keinen Grund zu Beschwerden haͤtten u. s. w. Jch empfand, daß der Verleger am Ende mit großem Recht eine entscheidende Stimme haben muͤsse, und ich sah am Ende immer mehr ein, daß sein Vorschlag bey weitem der beste sey, um Kaͤmpfers Werk recht nutzbar zu machen. Sein Styl ist in der That an vielen Stellen nicht lesbar, und ein großer Theil des Publikums, das viel Gutes daraus lernen koͤnte, wuͤrde das Werk blos deswegen nicht zur Hand nehmen. Und warum koͤnte ich diesen Styl nicht umschaffen, ohne doch irgend eine Kaͤmpferische Jdee verlohren gehn zu lassen? Und wenn ich es thaͤte, was haͤtten die Gelehrten zu klagen, oder vielmehr warum wolten sie mit meiner Arbeit nicht zufrieden seyn, und Kaͤmpfers Werk, so wie ich es ihnen vorlege, fuͤr das wahre Ori- ginal ansehen? Jch machte mir also die Regel: Mit strengster Gewissenhaftigkeit und mi- krologischer Genauigkeit Kaͤmpfers Sin und Gedanken ganz ungeandert zu las- sen, schlechterdings nichts zuzusetzen, nichts abzunehmen; aber auch diese unge- aͤnderten Gedanken so leßbar und in einem so polirten Style zu liefern, als es nur immer ohne Verletzung der historischen Treue geschehn konte. Wenn ich diese Regel streng beobachtete, so glaubte ich Alles gethan zu haben, um jede Classe von Gelehrten und Liebhabern, die Forderungen der Kritik und die des Jahrhun- derts zugleich zu befriedigen. Ob Einleitung des Herausgebers. Ob ich sie beobachtet habe, daruͤber wil ich meine Leser selbst zu Richtern machen. Jch lege ihnen hier Stellen aus beiden Handschriften und meinem umgearbeiteten Text vor. Jch waͤhle mehrere Stellen, und versichre, daß es keine ausgesuchte, sondern solche sind, die ich von ohngefaͤhr aufschlage. Um den Leser zugleich in den Stand zu setzen, die Scheuchzersche Uebersetzung so- wohl mit den Kaͤmpferschen Handschriften, als mit meinem Text zu vergleichen, wil ich diese auch beifuͤgen. Hier sind diese Proben. 1) Vorrede des Verfassers. Handschrift des Oheims. Mein Text . Teutschland wurde noch von dem Aller- Christl.- und unchristlichstem Feinde be- unruhigt, wie die schwedische Gesandschaft, wobey ich mich verhielt, von dem persischen Hoffe ihren Abscheid bekam. Jch befunde es meinem Gemuͤthe ertraͤglicher zu seyn, eine noch fernere Reise, und also die pri- uat- und freywillige Unruhe anzugehn, als meinem Vatterlande zu naͤhern, und mich dessen allgemeinem Uebel und gezwungenen Kriegsraisons zu unterwerffen. Nahme Derohalben von unserer Ambassade, (die mihr die Ehre thaͤte, eine Meile aussert der Residenz zu begleiten) meinen Abscheid mit Vorsatz in Beschauung andrer Laͤnder, Voͤlker und Hoͤffe des fehrnern Asiens noch einige Jahre durchzubringen. Wie ich nun jederzeit gewohnt, keine grosse Wechsel von Hauß zu ziehn, sondern dieselbe aus meinem Schubsacke zu heben, so habe den- selben auch diesesmal durchgesucht, und darinn gefunden, womit ich mich bey froͤm- den Noch wurde Deutschland von dem al- lerchristlisten und unchristlichsten Feinde zugleich beunruhigt, als die schwedische Ge- sandschaft, bey der ich in Diensten stand, am persischen Hofe ihren Abschied bekam. Jch fand es daher rathsamer, noch eine fernere Reise zu unternehmen, und mich freiwilliger Unruhe auszusetzen, als mich meinem Vaterlande zu naͤhern, und mich seinem algemeinen Uebel und vom Feinde erzwungnen Kriegsbedingungen zu unter- werfen. Jch nahm also von unsrer Ge- sandschaft, (die mir die Ehre erwies, mich noch eine Meile außerhalb der Stadt zu be- gleiten) Abschied, mit dem Vorsatz, noch einige Jahre auf die Reise durch die Laͤn- der des entferntern Asiens und die Kentnis noch mehrerer Voͤlker und Hoͤfe zu wenden. Und so wie ich nun immer gewohnt war, keine große Wechsel aus meinem Vaterlan- de zu ziehn, sondern sie meistens in mei- nem eignen Schubsak suchen muste, so f 2 muste Einleitung des Herausgebers. den Voͤlkern reichlich durchgebracht, auch der in Jndien angetroffenen Illustren Republick Niederlaͤndischer Gesellschafft u. s. w. muste ich mich auch jetzt nur zu diesem wen- den, und fand darin auch reichlich dasje- nige, womit ich bey fremden Nationen un- terhalten, und jetzt auch u. s. w. Handschrift des Neffen. Scheuchzerischer Text. Teutschland wurde noch von dem Al- lerchrist- und Unchristlichsten Feinden beun- ruhiget, wie die Suedische Gesandschaft, wobey ich mich verhielte, von dem Persi- schen Hoffe ihren Abscheid bekam. Jch befunde es meinem Gemuͤthe ertraͤglicher zu seyn eine noch ferner Reise und also die priuat und freywillige Unruhe anzugehen, als meinem Vaterlande zu naͤhern und mich dessen allgemeinem Uebel und angezwungnen Kriegsraisons zu unterwerffen. Nahme Derohalben von unsrer Ambassade (die mir die Ehre thaͤte, eine Meile außer der Residence zu begleiten) meinen Abscheid, mit Vorsatz in Beschauung anderer Laͤnder, Voͤlker und Hoͤffe des fernern Asiens noch einige Jahre durchzubringen, wie ich nun jederzeit gewohnt, keine greße Wechsel von Hause zu ziehn, sondern dieselbe aus mei- nem Schubsacke zu heben, so habe densel- ben auch diesesmahl durchgesucht und darin gefunden, womit ich mich bey frembden Voͤlkern reichlich durchgebracht, auch der in Jndien angetroffenen Illustren Repu- blick Niederlaͤndischer Gesellschafft u. s. w. Germany wat as yet engaged in war with the Ottoman Porte and the most Christian King when the Swe- dish Embassy, which I had the honour to attend as Secretary was dismissd by the Persian Court. It agreed best with my Inclination to undertake a farther Journey and I chose rather to lead the restless and troublesome life of a Traveller, than by coming home to subject my- self to a share in that train of cala- mities my native Country was then involved in. Therefore I took my leave of the Ambassador and his re- tinue (who did me the honour to attend me a mile out of Ispahan) with a firm resolution to spend so- me years longer in seeing other Eastern Courts, Countries and Na- tions. I was never used to receive large supplies of money from home; ’Twas by my own industry I had till then supported myself, and the very same means maintain’d me after- wards, as long as I staid abroad, and enabled me to serve the Dutch East India Company \&c. 2) Aus Einleitung des Herausgebers. 2) Aus dem sechsten Kapitel des ersten Buchs. Handschrift des Oheims. Mein Text, pag. 101. Es wird unsere Meynung bekraͤfftiget durch das Gewicht der beiderseits verschiede- nen Religionen, den so die Japaner von den Sinesen ausgegangen, wurden sie der- selben geistliche Lehre und Gottesdienst mit ihnen in das ohnbewohnte neue Land mitge- bracht und auf ihre Nachkommen fortge- pflanzt haben. Nun befindet man aber, daß die vaͤtterliche Religion der Japaner (die sie Sinto und ihre Goͤtzen Came nen- nen) diesem Reiche allein eigen seye, also u. s. w. Die so verschiedne Religion beider Na- tionen giebt unsrer Meinung noch ein sehr großes Gewicht. Waͤren die Japaner von den Sinesen ausgegangen, so wuͤrden sie ohne Zweifel die Religionslehren und den Goͤtzendienst der letztren mit sich in das neue, unbewohnte Land uͤberbracht, und auf ihre Nachkommen fortgepflanzt haben. Nun ist es aber außer allen Zweifel gesetzt, daß die vaͤterliche alte Religion der Japa- ner (die sie Sinto und die Goͤtzen Came nennen) ihnen allein eigen sey, und daß u. s. w. Handschrift des Neffen. Scheuchzerischer Text, pag. 85. Es wird unsre Meynung bekraͤftiger durch das Gewicht der beiderseits verschiede- nen Religionen denn so die Japaner von den Sinesen ausgegangen wurden sie der- selben geistliche Lehre und Gotterdienst mit ihnen in das ohnbewohnte neue Land mit- gebracht und auf ihre Nachkommen fortge- pflanzt haben. Nun befindet man aber ausser allen Zweifel, daß die vaͤterliche Religion der Japaner (die sie Sinto so wie ihre Goͤtzen Came nennen) u. s. w. Another argument against the descent of the Japanese from the Chinese I could draw from the dif- ference of the religion of both na- tions. If the Japanese were a colo- ny of the Chinese, they would have doubtless brought over from thence into the uninhabited Islands of Ja- pan the Religion and Worship of their ancestors and propagated the same upon their posterity. But this appears quite otherwise. The old and probably original religion of the Japanese \&c. f 3 3) Aus Einleitung des Herausgebers. 3) Aus dem achten Kapitel des ersten Buchs. Handschrift des Oheims. Mein Text, pag. 118. Es ruͤhmt sich dieses Reich eines ge- sunden Climats. Die Lufft aber ist sehr ungestuͤem, durchgehends kalt und des Winters mit vielem schnee beladen, doch in den Hundestagen unertraͤglich heiß. Der Himmel erzeiget sich das ganze Jahr durch mildreich in Bewaͤsserung des Lan- des, sonderlich in den Monden Junius und Julius, die bey ihnen dannenhero Sat- suki, d. i. Wassermonden genannt wer- den, doch helt der Regen nicht so continuir- lich noch precis auf besagte Zeiten, daß man es einer Jndischen Saison verglei- chen moͤchte, u. s. w. Es ruͤhmt sich dieses Reich eines ge- sunden Climats. Die Luft aber ist sehr ungestuͤm, durchgehends kalt und des Winters mit vielem Schnee beladen, al- lein doch in den Hundstagen unertraͤglich heiß. Der Himmel ist das ganze Jahr durch mildreich in Bewaͤsserung des Lan- des, besonders in den Monaten Junius und Julius, welche bey ihnen deswegen Satsuki, d. i. Wassermonden genant wer- den. Doch faͤlt der Regen nicht so anhal- tend noch so genau auf besagte Zeiten, daß ich es einer irdischen Witterung u. s. w. Handschrift des Neffen. Scheuchzerischer Text, pag. 102. Es ruͤhmt sich dieses Reich eines ge- sunden Climats. Die Luft aber ist sehr un- gestuͤhm, durchgehends kalt und des Win- ters mit vielem Schnee beladen, doch in den Hundestagen unertraͤglich heiß. Der Himmel erzeiget sich das ganze Jahr durch mildreich in Bewaͤsserung des Landes, son- derlich in den Monden Junius und Ju- lius, die bey ihnen dannenhero Satsucki d. i. Wassermonden genannt werden. Doch haͤlt der Regen nicht so continu irlich und precis u. s. w. Japan boasts of a happy and healthful Climate. The Air is very inconstant and subject to frequent changes, in the Winter loaded with snow, and liable to sharp Frosts, in the Summer on the contrary, particulary during the Dog ‒ days, intolerably hot. It rains frequent- ly throghout the whole year, but with the greatest profusion in the Months of June and July, which are for this reason called Satsuki, that is Watermonths \&c. 4) Aus Einleitung des Herausgebers. 4) Aus dem ersten Kapitel des dritten Buchs. Handschrift des Oheims. Mein Text, pag. 251. Wie unter allen asiatischen Voͤlkern und Heiden, also ist unter diesem Volke die Freyheit des Glaubens, so lang er der welt- lichen Regierung nicht schaͤdlich faͤllet, jeder- zeit zugelassen worden. Wannenhero aus- ser der einheimischen und in diesem Lande entsprossenen Religion noch verschiedene andre streitige Religionen alhier platz ge- nommen haben. Man hat derselben in unserm Seculo vier gezaͤhlt, die an Viel- heit der Nachfolger eine der andern zu Zei- ten die Wage gehalten; als Sinto, das ist, der Weg einheimischer Goͤtzen, u. s. w. Die Freiheit der Religion und des Glaubens ist unter allen heidnischen Voͤlkern Asiens zu allen Zeiten voͤllig frey und un- beschraͤnkt gewesen; so lange diese Frei- heit nur nicht irgend nachtheilige Folgen fuͤr den Staat befuͤrchten lies. So auch in Japan. Daher ist es verschiednen fremden Religionen sehr leicht geworden, sich neben der von den aͤltesten Zeiten her herschenden und (wie die Japaner behaupten) hier entsprossenen Religion einzudringen und in dem Reiche auszubreiten. Man hat in unserm Jahrhundert besonders vier Haupt- religionspartheien u. s. w. Handschrift des Neffen. Scheuchzerischer Text, pag. 203. Wie unter allen asiatischen Heiden, also ist unter diesem Volke die Freyheit des Glaubens, so lange Er dem weltlichen Regiment nicht schaͤdlich und nachtheilig faͤllet, jederzeit zugelassen worden. Wan- nenhero ausser der einheimischen und in die- sem Lande entsprossenen Religion, noch verschiedene andre streitige Religionen al- hier Platz genommen haben. Man hat derselben in unserm Seculo 4 gezehlet, die an Vielheit der Nachfolger eine der andern zu Zeiten die Wage gehalten. Liberty of Conscience, so far as it doth not interfere with the Interest of the secular Government or affect the peace and tranquillity of the Em- pire, hath been at all times allowed in Japan, as it is in most other coun- tries of Asia. Hence it is that fo- reign religions were introduc’d with ease and propagated with success to the great prejudice of that, which was establishd in the country from remotest antiquity \&c. Diese Proben werden hinreichen dem Leser von meiner Manier in der Umarbeitung der Kaͤmpferischen Handschriften Begrif zu geben. Soviel wie moͤglich habe ich mich auf die Worte meines Verfassers nicht verlassen, — und nie, schmeichle ich mir, bin ich seinem Sin (wie er sich nemlich aus allen drey Quellen ergab) untreu geworden. Um Einleitung des Herausgebers. Um auch noch von der franzoͤsischen Uebersetzung Proben zu geben, wil ich die bei- den zuletzt angefuͤhrten Stellen auch in dieser hersetzen: 1) Aus Buch 1, Kap. 8. Les Japonois se vantent de vivre sous un clima heureux \& agréable. Le tems y est neanmoins fort inconstant \& sujet à des frequens changemens; l’hiver l’air est chargé de neige \& produit de grandes gelées; l’êté au contraire, surtout durant les Jours caniculaires, il est d’une chaleur insupportable. Il pleut souvent pendant toute l’année, mais d’une maniere extraordinaire aux mois de Juin \& de Juillet, qu’on appelle pour cette raison Satsuki ou les Mois de l’Eau. Cependant il s’en faut bien, que la saison des pluyes, n’ait au Japon cette regularité qu’on remarque dans les Contrées plus chaudes des Indes Orientales \&c. 2) Aus Buch 3, Kap. 1. La Liberté de Conscience entant qu’elle ne deroge point aux interets du Gouvernement civil \& ne trouble pas la paix \& la tranquillité de l’Etat, a toujours été accordé dans le Japon, aussi bien que dans la plupart des autres Contrées de l’Asie. De là vient, que les Religions etrangers s’y sont intro- duites avec tant de facilite, \& y ont fait de si grands progrés au préjudice de l’ancienne religion, etablie dans le pays du temps immemorial. Depuis un siecle il y a eu quatre Religions principales, \& qui se sont distinguées pas le nombre \&c. \&c. Soviel von der Litteraͤrgeschichte der Geschichte und Beschreibung von Japan und meiner Art der Umarbeitung. Den Plan des Werks und meiner Zusaͤtze gebe ich noch unten an, wenn ich noch vorher von dem Schiksal der uͤbrigen Kaͤmpferischen Handschrif- ten geredet habe. Dieses war nicht so guͤnstig wie das der japanischen Geschichte. Diese so wich- tige und mit so vielem Fleis, Muͤhe und Gefahr gesamlete Mascpte liegen nun schon seit sechzig Jahren unter so vielen andern Schaͤtzen des Musei Britannici verborgen. Zwar hat Joͤcher schon vor geraumer Zeit unter den gedrukten Werken Kaͤmpfers, eine Be- schreibung seiner Reisen nach Moskau, Persien und Ostindien nebst der Ruͤkreise von Batavia nach Amsterdam angefuͤhrt, die gleichfals J. C. Scheuchzer ins Engli- sche Einleitung des Herausgebers. sche zu uͤbersetzen angefangen, und Cromwell Mortimer nach jenes Tode fortgesezt haben sol. Er giebt auch sehr zuversichtlich das Jahr 1731 an, da sie in London erschienen waͤ- ren. Diese Nachricht haben nachher mehrere Litteratoren Joͤchern auf Treu und Glauben woͤrtlich nachgeschrieben; Joͤcher selbst aber hatte sie wahrscheinlich aus Niceron, dessen Werk ich jetzt nicht zur Hand habe und vergleichen kan. Der groͤsten Wahrscheinlichkeit nach aber ist dieses wichtige Kaͤmpferische Werk nie erschienen. Nirgend habe ich eine Spur von seiner Existenz — und schon lange such ich auf allen Straßen, wo diese Spur sich fin- den koͤnte — gefunden, die nicht, wie gesagt, mich ganz sichtbar immer zu Joͤchern zu- ruͤkgebracht haͤtte. Jn keinem Journal, deutschen und auslaͤndischen, aus der angegebnen Periode, finde ich dieses Werks gedacht, und in litterarischen Werken habe ich nie eine Er- waͤhnung gelesen, die bewiese, daß jemand das Buch vor Augen gehabt haͤtte. Vielmehr reden alle Gelehrte — die Kaͤmpfern etwas mehr als von Hoͤrensagen kennen, immer von seiner Reisebeschreibung als von einem ungedrukten Werke. Jch wil nur einen der ersten anfuͤhren, Hr. O. C. R. Buͤsching, der (S. woͤchentl. Nachrichten 1773, p. 239) gleich anfangs, wie er die Nachricht erhielt, daß noch Kaͤmpferische Handschriften vorhan- den waͤren, wuͤnschte: die wichtige Reisebeschreibung moͤchte unter denselben seyn. Und sicher wuͤrde ein Mann, der die Litteratur seines Fachs so gut kent, es wissen, daß dies Werk schon gedrukt waͤre. Auch Hr. Planta fuͤhrt unter den noch ungedrukten Handschriften Kaͤmpfers diese Reisebeschreibung an. Jch glaube also mit groͤster Wahrscheinlichkeit zu vermuthen, daß diese Reisebe- schreibung noch bis jezt nicht gedrukt sey, auch, meine ich, die Quellen entdekt zu haben, aus der diese falsche Sage abgeflossen seyn mag. Sloane wolte die Kaͤmpferische Rei- sebeschreibung gleichfals bekant| machen und durch Scheuchzer uͤbersetzen lassen. Dieser mus auch wirklich die Arbeit angefangen haben und ein Cromwell Mortimer hat sie nach seinem Tode fortgesezt. Dieses wird im Journal des Sçavans, Anneé 1730 Novem- bre, p. 418 angezeigt und zugleich gemeldet, daß das Werk auf Subscription in zwei Fo- liobaͤnden mit 50 Kupferstichen im naͤchsten Winter erscheinen werde. Wahrscheinlich haben Joͤcher oder Niceron und andre Litteratoren diese Anzeige vor Augen gehabt, und aus ihr etwas zu voreilig die wirkliche Herausgabe der Kaͤmpferischen Reisebeschreibnng gefol- gert. Das Jahr 1731 trift so genau zu, daß ich diese Vermuthung fuͤr die beste Erklaͤrung eines so falschen Geruͤchts halten mus. Nichts koͤnte mir angenehmer seyn, als der Beweis, daß meine Vermuthung falsch und Kaͤmpfers Reisebeschreibung in einer Scheuchzerschen und Mortimerischen Uebersetzung vorhanden sey. Die wichtigsten bisher noch ungenuzten Bereicherungen fuͤr die Geographie und Geschichte fast aller asiatischen Laͤnder waͤren sicher von diesem Werke zu erwarten. g Außer Einleitung des Herausgebers. Außer dieser wahrscheinlich falschen Sage von noch einem gedrukten Kaͤmpferischen Werke hatte man bisher von allen hinterlassenen Handschriften des ruhmwuͤrdigen Mannes nur einen dunkeln Begrif, und die einzige zuverlaͤßige Nachricht war seine eigne schon oben angefuͤhrte in der Vorrede zu den Amoenitatibus. Um doch wenigstens die Titul von die- sen Handschriften zu wissen, wandte ich mich an Hrn Planta, Aufseher des Musei Britan- nici in London, und fand an ihm einen eifrigen Freund der Litteratur, der mit der wilfaͤh- rigsten Gefaͤlligkeit mir ein Verzeichnis der Kaͤmpferischen Manuscripte mittheilte, die noch jezt in der reichen brittischen Samlung auf behalten werden. Jch communicirte dieses Ver- zeichnis (wie ich es erhielt) seinem wichtigsten Theile nach Hrn O. C. R. Buͤsching, der es dann ( woͤchentl. Nachrichten 1775, p. 113 und f.) dem gelehrten Publikum be- kant machte. Hr. Prof. Lichtenberg, der sich damals in London auf hielt, war so guͤtig, mir noch einige Zufaͤtze zu schicken, und nach ihnen kan ich also hier folgendes Verzeichnis aller Kaͤmpferischen im Museo Britannico befindlichen Handschriften vorlegen. 1) Die Originalhandschrift der Amoenitatum exoticarum in einem Foliobande. Hr. Buͤsching hat schon ganz richtig vermuthet, daß hier vielleicht noch mehr als in den fuͤnf gedrukten Fascikeln und besonders der sechste vorhanden seyn moͤchte, den Kaͤmpfer wegen der dazu gehoͤrenden Zeichnungen, fuͤr die er keinen guten Kupferstecher hatte, nicht mittheilen konte. 2) Persiae Descriptio auf groß persisches Papier in einem Foliobande. 3) Ein großer Folioband enthaͤlt folgende Stuͤcke, von Kaͤmpfer geschrieben: a) Iter Regis Abbas ad Korasani Mesced cum distantiis locorum. b) Apographon Litterarum Joannis Melman de rebus Tartarorum. c) Excerpta ex Itinere Jenkinsonii. d) Relationes variae de rebus Tartarorum. e) Excerpta ex Diario Autoris Oct. 18. 1683 circa Fossam Scyticam. f) Res Moscoviticae. g) Observata varia miscellanea de rebus Persicis. h) De hortis in et circa Ispahanum. i) Memoria inquirendorum in Persia simplicium. k) Diarium Itineris ad Okesram, Mediae Peninsulam, suscepti 1684. Eine leicht anzustellende Vergleichung muͤste zeigen, ob dieses Tagebuch noch von der Einleitung des Herausgebers. der Relatione 2 de Okesra, penincula Mediae im Fasc. 2 der Amoenit. exot. p. 262 \&c. verschieden sey? l) Monumenta Campi Persepolitani. Auch dieser Aufsaz muͤste mit der Relat. 4 im Fasc. 2 der Amoenit. die eben den Titel fuͤhrt, verglichen werden. m) Collectanea de Palma. Diese sind ohne Zweifel nun schon im vierten Fascikel der Amoenit. von Kaͤm- pfern selbst voͤllig verarbeitet. 4) Iter Autoris ex Persia in India susceptum An. 1688. Excerpta ex Abrahami Rogerii verborgen Heydenthom. Notitiae Malabaricae. Excerpta ex Lit. D. Jageri Batav: 1687, 25 Nov. — de Rebus Indicis. Excerpta ex Lit. Ejusd. ad G. E. Rumphium. Instructions de la Compagnie des Indes Orientales au Gouverneur Ge- neral \& au Conseil de Batavia. Alphabeta \& Notitiae Siamicae. Plantae in Insula Edamo repertae. Plantae ad Ostium Siamense repertae. Plantae Horti Dni. Directoris Generalis \& aliorum. Excerpta ex diario Firandi in Japonia annis 1633 \& 1639. Diese Excerpte sind ohne Zweifel aus den Reisejournals der hollaͤndischen Gesand- ten gemacht, und waͤren vorzuͤglich wichtig, weil gerade in die angezeigten Jahre die in- teressante Periode der Vertreibung der Portugiesen und Ausrottung des Christenthums und Einrichtung des jetzigen hollaͤndischen Handels in Japan faͤlt. De Moxa. Dieser Aufsaz ist wiederum vermuthlich schon in dem Fasc. 3 der Amoenit. p. 589 ꝛc. gedrukt. Excerpta ex Epistolis Japonicis. Miscellanea de rebus Japonicis. g 2 Vor Einleitung des Herausgebers. Vor diesem Bande befindet sich eine Abbildung der wunderbaren Moskowiti- schen Hand. 5) Iter ad Bugum provinciae Laar in Junio 1686, una cum excursu ad pagum Meiman \& reditu ad urbem Gamron. Excursus ad Disguum, Majo 1688. 6) Excursus Ispahano ad Thermas Regis Abassi Junio 1684. Sultani Ekberts in Ispahanum introitus Januar 1688. Excerpta ex diario Annorum 1684, 85, 86. Iter Ispahano Gamronum, Nov. 1685. Excerpta ex Diario Joannis Cunaei a Direct. Generali ablegati ad Re- gem Persiae an. 1651. Diarium Itineris Huberti de Laires in Persiam 1666. 7) Delineationes Plantarum Japonicarum manu Kaempferi. Vermuthlich finden sich unter diesen noch mehrere, als schon dem Catalogo plan- tarum Japonicarum im Fasciculo quinto der Amoenitatum beigefuͤgt sind. 8) Descriptio Plantarum Japonicarum \& earundem Characteres Ja- ponici. Auch diese waͤre mit dem eben erwaͤhnten fuͤnften Fascikel der Amoenit. zu ver- gleichen. Index in delineationem \& descriptionem contextus a J. C. Scheuchzer. Descriptioni praefixae Icones aliquot Plantarum persicarum. 9) Engelb. Kaempferi Batavia Amstelodamum reditus. 10) Plantarum Persicarum rudis tam delineatio quam descriptio Eng. Kaempferi, Ispahani 1685, auf persischem Papier. 11) Descriptio \& Delineatio plantarum Persicarum circa Omrusium \& Gamronum, ab eod. Annis 1687, 88. auf persischem Papier. Deseriptio Torpedinis. Jst wahrscheinlich eben die, welche sich schon in dem Fasc. 3 der Amoenitatum p. 509 \&c. befindet. 12) Lexicon Linguae Persicae. nes, manu \& studio Eng. Kaempferi. Item grammaticae aliquot observatio- Charta Persica. 13) No- Einleitung des Herausgebers. 13) Notitiae Persicae \& Miscellanea varia ad Historiam Persarum natu- ralem \& politicam spectantia. Plantarum, materialium \& compositorum medicinalium catalogus, Arabico ‒ Persico ‒ Turcico ‒ Latinus. Excerpta ex tractatu Equitis Chardinii de Coronatione Regis Soly- manni tertii \& ex Ejusd. Itinere Persico. 14) Diarium Itineris Kaempferi Batavia Siamum indeque Japoniam. Dieses Tagebuch verdiente mit dem ersten und dritten Kapiel des ersten Buchs der Geschichte von Japan, welche eben diese Reise beschreiben, verglichen zu werden. 15) Miscellanea varia ad Siamensium Historiam naturalem \& Politi- cam spectantia. 16) Inscriptio laminae Martis a collo gestatae ab Arabe penes Abi- cheora. Miscellanea Persicae Historiae Politicae \& Naturalis. Iter Engelberti Kaempferi Astracano per Mare Caspium in Persiam cum Relatione rerum Ispahani transactarum. Iter Ejusd. ad Aulam Moscoviticam indeque Astracanum. Ao. 1683. 17) Several Mss. Writings of Dr. Kaempfer relating to the Persian Lan- guage. 18) Drawings of Persian Habits, Animals and Some Towns. 19) Delineatio Moscoae, Oscae, Wolgae Fluminum; It. Maris Ca- spii Littorum. 20) Original Drawings of Dr. Engelb. Kaempfer Drawn by himselfand corrected in his travels through Muscovy, Persia and the Eastindies. Dieses sind ohne Zweifel die Zeichnungen, welche Kaͤmpfer seiner Reisebeschrei- bung bestimt hatte. 21) Medicinalia Javanensia, excerpta ex horto Malabarico, manu Kaempferi. Dies ist das Verzeichnis, welches Hr. Planta im Merz 1775 die Guͤte hatte mir mitzutheilen; Hr. Lichtenberg beschenkte mich bald nachher noch mit folgender Nachlese. 22) A chronological Table of the Japanese Emperors. g 3 Jst Einleitung des Herausgebers. Jst vermuthlich entweder die Grundlage des zweiten Buchs dieses Werks, oder auch nur das Verzeichnis der japanischen geistlichen Erbkaiser, welches man auf der 61sten Kupfertafel findet. 23) Osaccomonogattarri, d. i. ein Discurs uͤber die Begebenheiten von Osacca Ein japanischer Tractat, den Kaͤmpfer uͤbersezt hat. (Vermuthlich ins Lateinische?) Scheuchzer meldet auch in seiner Introduction p. 48 davon, daß es ein weitlaͤuftiger Be- richt sey von den innern Kriegen, welche in Japan nach dem Hintrit des Taikosama, zwischen den Staatsraͤthen, die dieser Monarch bestelt hatte, und dem Ongoschiosama, den er zum Vormund des Fide Jori seines einzigen Sohns und Erbens ernant hatte, ausbra- chen, und den Begebenheiten, welche auf dieselben folgten. 24) Extracta ex libello Japonico: Djunre no Jeng. 25) The war of Arima, being the extract of a Japanese Treatise Si- maboraki , i. e. conflictus simabaricus. Scheuchzer, der auch dieses Werks erwaͤhnt (s. l. c. ) sagt, daß er Kaͤmpfer ganz uͤbersezt habe. Der Jnhalt desselben ist die Rebellion der Christen zu Arima, die sich 37000 an der Zahl in das Schlos an dem Meerbusen von Simabara fluͤchteten; die Be- lagerung und Uebergabe dieses Schlosses; die unvergleichbare Niedermetzelung der Belager- ten, und die gaͤnzliche Ausrottung der christlichen Religion in Japan. Von gleichem Jn- halt ist 26) Of the Rebellion of the Christians at Arima. 27) Collectanea varia de Regno Siam. 28) Journey from Nagasacki to Jedo in 1669. Wahrscheinlich auch das Reisebuch eines hollaͤndischen Gesandtens. 29) Calendarium Japonicum ad annum 1688. 30) Journey to court (vermuthlich auch den japanischen) in 84, 85, 86. 31) Some Remarks relating to the Dutch Commerce. 32) Loci communes containing miscellaneous observations relating to the Empire of Japan. 33) Collectaneorum Japonicorum Lib. 1 \& 2, containing many curious remarks and observations relating to the Japanese Empire, extractt of Japanese books \&c. 4) a Vo- Einleitung des Herausgebers. 34) a Vocabulary Japanese \& high german; the Japanese words being expressed in latin characters. 35) Adversaria, notitiae diversae, Epistolae ab Engelb. Kaempfero pro se \& aliis exaratae. 36) Epistolae aliquot Rev. P. Du Mans Capucini ad Engelb. Kaempfe- rum cum quibusdam ipsius (Kaempferi) ad alios litteris in India scriptis. Diese leztren Briefe sind ohne Zweifel diejenigen, welche Kaͤmpfer dem sechsten Fascikel der Amoenitatum exot. bestimte, aber, weil er keinen guten Kupferstecher fuͤr die dabey befindlichen Zeichnungen finden konte, nicht lieferte. Und nun wird nicht schon dieses lange Titelregister jedem Kenner der Menschheits- und Naturgeschichte, der Geographie und der Sprachkunde sehr reizend seyn, und wird es ihm nicht den |Wunsch entlocken, daß diese vortreflichen Nachrichten doch nicht auf immer vergraben bleiben moͤchten? — Dieser Wunsch kan erfuͤlt werden, wenn das Publi- kum nur wil. Das brittische Museum sucht keine Chre darin, Schaͤtze zu besitzen, deren Werth niemand kent, und seine gelehrten und erleuchteten Aufseher sind weit erhaben uͤber die gewoͤhnliche Eitelkeit der gemeinen Koͤpfe unter ihren Collegen, die mit eifersuͤchtigem Neide — gleich den Verschnittenen der Harams des Orients — ihre Handschriften vor dem Genus bewahren. Hr. Planta — dessen zuvorkommende Gefaͤlligkeit in dieser ganzen Angelegenheit ich nicht dankbar genug ruͤhmen kan — hat mich in den Stand gesezt, dem deutschen Publikum die besten und genauesten Kopien der Handschriften so wie der Zeichnungen zu versprechen, — sobald nur das Publikum mit Ernst erklaͤrt hat, daß es die Originalwerke eines der schaͤtzbarsten Deutschen nicht moͤchte vermodern lassen. Und die Verlagshandlung dieses Werks erbietet sich, die saͤmtlichen Kaͤmpferischen Werke aus den Handschriften des Musei Britannici gedrukt zu liefern, sobald sie nur weis — daß sie es ohne Schaden thun koͤnne. Die wichtigsten unter diesen Handschriften sind ohne Zweifel die Beschreibung von Persien, das persische und japanische Lexicon, die Nachrichten von Siam und den uͤbrigen Theilen Jndiens — und vorzuͤglich die Reischeschreibung, die, wie man schon bemerkt haben wird, ganz volstaͤndig durch Rusland, Persien, Jndien, Japan und hernach wieder nach Holland zuruͤk, — vorhanden ist. Die Aufsaͤtze, welche von andern herruͤhren und von Kaͤmpfer nur copirt sind, so wie auch andre (dem Titel nach zu urtheilen) mindrer Wichtigkeit koͤnten vors erste noch zu- ruͤkbleiben. Um Einleitung des Herausgebers. Um uͤberhaupt nur zu versuchen, ob dies Unternehmen sich wohl hinreichende Un- terstuͤtzungen versprechen duͤrfe? frag ich hiermit an, ob ich Hrn Planta und die uͤbrigen gelehrten Aufseher des Musei Britannici ersuchen sol, mir Jhrem guͤtigen Versprechen ge- maͤs Abschriften zu besorgen, nur vors erste 1) Von allen denjenigen Aufsaͤtzen, welche Japan angehn, welches, be- greift man wohl, das Werk, das ich hier dem Leser vorlege, noch weit volstaͤndiger ma- chen wuͤrde. 2) Von allen Papieren und Zeichnungen, welche die Kaͤmpferische Reise- beschreibung einschließen. Wer die Bekantmachung dieser so wichtigen Werke wuͤnscht, beliebe nur bey der Verlagshandlung oder bey mir sich als einen sichern zuverlaͤßigen kuͤnftigen Kaͤufer dieser Werke anzugeben. Sobald die Zahl derselben groß genug ist, sol ein Verzeichnis dieser ehrenvollen Befoͤrderer eines so wichtigen litterarischen Unternehmens gedrukt werden, ich werde mich alsdann auch noch genauer nach der Groͤße und Beschaffenheit der Handschriften und Zeichnungen erkundigen; mit Zuziehung des Verlegers einen Kostenanschlag machen, und sobald ich dazu in Stand gesezt werde, oͤffentlich anzeigen, ob die Hofnung die Kaͤm- pferischen Werke zu erhalten zur Gewisheit erhoben oder vernichtet sey? Jch ersuche alle kuͤnftige Recensenten dieses Werks meiue Frage ihrem Publikum bekant zu ma chen und diese gute Sache uͤberhaupt — vor- ausgesezt, daß sie ihnen eine gute scheint — nach bestem Vermoͤgen zu befoͤrdern. — Der vorge- schlagne Weg, denk ich, ist der beste, diese Frage zuverlaͤßig beantwortet zu erhalten. Daß der kuͤnftige Preis dieser Werke mit gewissenhaftester Billigkeit bestimt und die ersten Be- foͤrderer erhebliche Vortheile genießen werden, — versteht sich von selbst. III. Jch kehre nun noch einmal zu der Geschichte und Beschreibung von Japan zu- ruͤk, von deren Jnhalt, so wie von dem, was ich ihr beizufuͤgen gedenke, ich jezt dem Leser noch Rechenschaft zu geben habe. Kaͤmpfer hat den reichen Jnhalt seines Werks in fuͤnf Buͤcher geordnet. Das erste enthaͤlt außer der Beschreibung der Reise von Batavia nach Siam und von da nach Japan Nachrichten von den damals noch ganz neuen interessanten Begebenheiten in Siam und von der politischen und religioͤsen Verfassung dieses Reichs. Ueber die Erheblichkeit dieser Einleitung des Herausgebers. dieser Nachrichten habe ich mich schon oben erklaͤrt; meine Anmerkungen zu diesen Nach- richten enthalten meistens Vergleichungen mit den franzoͤsischen Schriftstellern, die wenige Jahre vor K. in Siam waren. Die Beschreibung von Japan faͤngt Kaͤmpfer im vierten und fuͤnften Kapi- tel mit einer Geographie dieses Reichs an, der man es ansehn wird, daß sie ausseror- dentlich genau und volstaͤndig ist. An ihrer Zuverlaͤssigkeit kan man auch wol nicht zweiflen, da Kaͤmpfer hier einer japanischen Geographie, Sitzi Jossu, die noch jetzt im Museo Britannico verwahrt wird, gefolgt ist. Zur Erlaͤuterung dieser Beschreibung dient die bei- gefuͤgte Charte. Nach der Beschreibung des Landes stelt Kaͤmpfer (Kap. VI ) Untersuchungen uͤber den Ursprung seiner Bewohner an. Er hemuͤht sich der Marschroute nachzuspuͤren, welche die ersten Japaner vom babylonischen Thurm bis zu dem Meere, das ihre Jnseln vom festen Lande Asiens trent, genommen haben moͤchten. Diese Bemuͤhung wird frei- lich in unsern Zeiten — da man es nicht mehr durchaus nothwendig haͤlt zu glauben, daß alle Vorfahren des ganzen jetzigen Menschengeschlechts, zum Thurm von Babel Kalch ge- tragen haben — nicht leicht jemand mehr uͤberzeugen. Aber man erinnere sich an das Jahrhundert unsers Verfassers, und wenn man ihn gelesen, wird man ihm die Gerechtig- keit wiederfahren lassen muͤssen, daß er seine Behauptung scharfsinnig durchgefuͤhrt und durch viele eingestreuete angenehme und richtige Bemerkungen noch immer lesenswuͤrdig gemacht habe. Und dann ist Kaͤmpfer so bescheiden — was sicher nicht alle Erfinder von Hypo- thesen sind — seine Vermuthungen nur fuͤr — Vermuthungen auszugeben. Ein Be- weis seines Scharfsins wie seiner Gelehrsamkeit ist es, daß er die Verwandschaft und Aehn- lichkeit der Sprachen fuͤr das sicherste und untruͤglichste Mittel haͤlt, der Verwandschaft und dem Ursprunge der Nationen nachzuspuͤren. So viel ich weis, hatte diese Jdee vor Kaͤm- pfern noch niemand gegeben, wenigstens nicht angewandt. Daß Kaͤmpfer in derselben mit Leibnitz, der sie in den Miscellaneis Berolinensibus T. 1. p. 1. \&c. aͤußerte, zusam- mentraf, macht ihm allerdings Ehre, indes zweifl ich, ob er sie von ihm entlehnt habe, da er sie vermuthlich schon auf seinen Reisen faßte. Und so haͤtte Kaͤmpfer das Verdienst, hier zuerst einen Weg bemerkt zu haben, auf dem nachher mehrere Gelehrte mit so vielem Vor- theil fuͤr die Geschichtskunde fortgegangen sind. h Nach Einleitung des Herausgebers. Nach feiner eignen Meinung setzt Kaͤmpfer (Kap. VII ) die Behauptungen der Japaner von ihrem Ursprunge und die aͤltere fabelhafte Geschichte dieser Nation aus einander. Der uͤbrige Theil des ersten Buchs enthaͤlt eine Naturgeschichte von Japan. Man wird Kaͤmpfers Beschreibungen der natuͤrlichen Produkte gewis fuͤr genauer und richtiger erkennen, als sie zu seiner Zeit gewoͤhnlich waren. Sie werden durch die beigefuͤgten Ab- bildungen erlaͤutert. Das zweite Buch enthaͤlt die politische Verfassung und Geschichte von Japan, die Kaͤmpfer gleichfals ganz aus japanischen Annalen excerpirte, deren Geist und Ton man auch noch in seinem Auszuge nicht vermissen wird. Deguignes hat in seinem be- kanten Werke eine japanische Chronik (und dies ist die einzige, die sich in der koͤnigl. fran- zoͤsischen Bibliothek befindet) excerpirt. Diese Nachrichten und die Kaͤmpferischen enthal- ten also Alles, was man uͤber die japanische Geschichte (oder vielmehr nur die Chronologie und Kaiserfolge) bisher zuverlaͤßiges in Europa weis. Um dies nun an einem Orte bei- sammen zu finden, habe ich mit meines Verfassers Nachrichten, die des Deguignes, und (wo es noͤthig) auch der besten sinesischen Geschichtsforscher, als Martinius, Kircher, Cou- plet u. a. verglichen, und ihre Varianten fleißig angemerkt. Freilich betreffen diese Va- rianten meistens nur Zahlen und Namen; und mancher Leser wird vermuthlich den Kaͤm- pferischen Text so wie meine Anmerkungen sehr duͤrr und wenig unterhaltend finden. Sie sind auch in der That nicht zur Unterhaltung geschrieben, und ich gestehe, daß dieser Theil der Arbeit fuͤr mich selbst nicht der angenehmste gewesen ist. Aber ich hoffe, der gelehrte Geschichtsforscher wird es mir verdanken, daß ich ihm weitere Vergleichungen erspart und ihm Alles, was man uͤber die japanische Geschichte zuverlaͤßig wissen kan, auf einigen Bogen hier vorlege. Das dritte Buch enthaͤlt die Religionsverfassung und Nachrichten von den ver- chiednen religioͤsen und philosophischen Sekten in Japan. Dies Buch wird dem philosophischen Freunde der Geschichte besonders interes- sant seyn. Es enthaͤlt die volstaͤndigsten und deutlichsten Beschreibungen von den religioͤsen Handlungen, Festen u. s. w. so wie die genauesten Nachrichten von den religioͤsen Meinun- gen der verschiednen Religionspartheyen in Japan, wobey allemal aufs genaueste unter- schieden ist, was von jeder besondern Parthey gilt. Ueberhaupt wird man hier vorzuͤglich die Einleitung des Herausgebers. die Bestimtheit und bis zu Kleinigkeiten sich herablassende Deutlichkeit des Verfassers bewundern. Eben so interessant ist das vierte Buch, welches zuerst eine sehr genaue Beschrei- bung von Nangasacki liefert, dem einzigen Ort, wo seit Vertreibung der Portugiesen die Fremden d. h. die Hollaͤnder und Sineser sich einsperren lassen muͤssen, und den also auch Kaͤmpfer am genauesten kennen lernte. Diese Beschreibung giebt besonders gute Begriffe von den innern politischen Einrichtungen des Landes uͤberhaupt. Hierauf (im fuͤnften Kapitel) folgen Nachrichten von dem ehemaligen Handel und der Vertreibung der Portugiesen und Spanier aus Japan; und dann noch volstaͤndiger die Einrichtung des Handels der Hollaͤnder in Japan. Hier wird man die interessantesten statistischen Nachrichten (und zwar in bestimten Zahlen und Angaben) finden, die auch noch immer die neuesten sind, da seit Kaͤmpfern d. i. seit 1692 kein ihm aͤhnlicher Forscher nach Japan gekommen ist, oder wenigstens seine Berichte nur im Archiv der hollaͤndi- schen ostindischen Compagnie niedergelegt hat. Diese beruͤhmte Geselschaft koͤnte hier allein sehr erhebliche Supplemente liefern; — aber ich zweifle sehr, daß sie sich dazu ent- schließen werde, wenn sie gleich von einer genauern Kentnis ihres japanischen Handels we- nig zu befuͤrchten haben moͤchte; — da die Konkurrenz der Nebenbuhler, so lange Japan geschlossen bleibt, immer abgeschnitten bleiben wird. Nachrichten vom sinesischen Handel nach Japan beschließen das vierte Buch. Das fuͤnfte enthaͤlt die Beschreibung der beiden Reisen des Verfassers von Nangasacki nach dem japanischen Hofe und Residenz Jedo. Diese ist vol von ver- mischten wichtigen Bemerkungen uͤber Japan, seine Menschen, mancherlei Einrichtungen, den kaiserlichen Hof, die Stadt Jedo u. s. w. Diesen fuͤnf Buͤchern wil ich noch (dem von verschiednen Kennern geaͤusserten Wunsch gemaͤs) die Japan betreffende Abhandlungen der Amoenitatum exoticarum aus dem Lateinischen uͤbersetzt zusetzen, und ihnen die dazu gehoͤrigen Kupfer beifuͤgen. Die wichtigsten darunter sind die Geschichte des Thees, Beschreibungen andrer japanischen Pflanzen und eine politische Abhandlung uͤber die gaͤnzliche Verschließung des japanischen Reichs fuͤr alle Fremden, die nicht Hollaͤnder und Sineser sind. h 2 Wenn Einleitung des Herausgebers. Wenn ich mich von den Pflichten des Herausgebers werde entledigt haben, so denk ich auch noch die des Berichtigers und Erweiterers des Kaͤmpferischen Werks zu erfuͤllen. Dies war gleich anfangs, wie ich den Gedanken dieser Arbeit faßte, mein Vorsaz, und er ist es auch noch jezt. Seine Ausfuͤhrung habe ich nun fester und bestimter entworfen, nach- dem ich so gluͤklich gewesen bin, nicht nur die Beistimmung sondern auch den Rath mehrerer Kenner zu erhalten. Unter den oͤffentlichen Erinnerungen — die mir zu Gesicht gekom- men — gehn besonders die in den Goͤttingischen gelehrten Anzeigen Jahr 1774, p. 726 geaͤußerten tief und innig in meinen Plan ein. Besonders hat mich dieser vortrefliche Gelehrte auf den Unterschied zwischen systematischer Encyklopaͤdie und kritischem Magazin — den ich mir vorher nicht so lebhaft dachte — aufmerksam gemacht. Die genauern Untersu- chungen, zu denen er mich veranlast hat, haben mich gelehrt, daß die Schwierigkeiten, ein System in einer Geschichte aufzufuͤhren, wo tausend Luͤcken und Maͤngel tauglicher Materia- lien sich finden, nicht uͤberwindlich sind. Ein genaues, volstaͤndiges und (soviel moͤglich) kritisches Magazin oder Enumeration aller unsrer Kentnisse von Japan, — ist Alles, was die gelehrte Welt von diesem so wie von allen andern Laͤndern Asiens erwarten und wuͤnschen kan. Auf dieses beschraͤnke ich mich also — und ich glaube ein nuͤzliches Werk gethan zu haben, wenn ich dieses meinem Jdeal gemaͤs ausfuͤhre. Die besondern Theile dieses Magazins werden folgende seyn: 1) Ein Catalogue raisonné aller Reisebeschreiber andrer Schriststeller uͤber Ja- pan vom Marko Polo an bis auf Georgi, der neuerlich sehr unerwartet ganz frische ja- panische Neuigkeiten gegeben hat. Jch werde mich bemuͤhn, hier soviel moͤglich den Werth und die Glaubwuͤrdigkeit eines jeden Schriftstellers festzusetzen, das ihm Eigenthuͤmliche aus- zeichnen, und den Fortschrit unsrer Kentnisse von Japan anschaulich machen. Die Kaͤmpferische Beschreibung ist ohne Zweifel die genaueste und zuverlaͤßigste von Japan. Aber sie ist bey weitem nicht volstaͤndig; sie enthaͤlt nicht Alles, was der Ge- schichtsforscher uͤber Japan zu wissen wuͤnschen moͤchte, und auch nicht Alles was man wis- sen kan. Es war Kaͤmpfers Vorsaz auf neue Entdeckungen auszugehn, und in seine Be- schreibung nichts aufzunehmen, als was er selbst als glaubwuͤrdiger Zeuge erzaͤhlen konte. Jch werde daher aus allen andern vorhandenen Nachrichten meines Schriftstellers Luͤcken er- gaͤnzen, und eine Art von Kommentar zu seinem Werke liefern; und dabey auch meistens die Ordnung desselben beibehalten. Es folgt also 2) Eine Nachlese zu der Kaͤmpferischen Geographie von Japan, die ich so vol- staͤndig zu machen suchen werde, als es meine Quellen erlauben. Eben dieses gilt 3) Von Einleitung des Herausgebers. 3) Von der Kaͤmpferischen Naturgeschichte von Japan, wo ich aber (wie ich schon voraus sehe) die duͤrftigsten Beitraͤge werde liefern koͤnnen. 4) Fuͤr die politische Geschichte habe ich schon beinahe alles in meinen Anmer- kungen zum zweiten Buche gethan, was hier die vorhandne Huͤlfsmittel zu thun erlaubten. Noch einige kritische Untersuchungen uͤber die aͤltern Traditionen, die Glaubwuͤrdigkeit des Annalisten, und der ganzen Geschichte des oͤstlichen Asiens so wie uͤber das, was bisher vor, vom und nach Deguignes uͤber diese Dinge gesagt ist, bleiben mir hier uͤbrig. 5) Hierauf folgt eine reichere Nachlese zu der Kaͤmpferischen Statistik von Ja- pan, an die ich die Geschichte der fremden Nationen und ihres Handels in Japan, Si- neser, Spanier, Portugiesen, Englaͤnder, und besonders Hollaͤnder knuͤpfen werde. 6) Eben so interessant (der Materie nach) aber auch vorzuͤglich mehrern Schwie- rigkeiten unterworfen werden meine Nachtraͤge und Untersuchungen uͤber die verschiednen und noch mit so manchen Dunkelheiten umhuͤlten Religionssysteme von Japan seyn. Jch werde sie in eben der Ordnung wie Kaͤmpfer zuerst die Sinto, dann die Budsdo und die mehr philosophischen als religioͤsen Sekten des Konfutius u. a. folgen lassen. Den Beschlus dieses Reichs wird die von Kaͤmpfern nur kurz beruͤhrte Geschichte des Christenthums in Japan seyn. Diese Religion hat hier ohne Zweifel ungemein in- teressante Begebenheiten hervorgebracht, die besonders den Charakter der Nation in schoͤner Entwickelung zeigen. Aber diese Geschichte hat hier ihre eignen Schwierigkeiten, — ob- gleich der Jesuit Charlevoix schon so wortreich uͤber sie geschrieben hat. Aber wenn ich den Wunderwerken des heil. Xaverius nicht auf das Zeugnis der ehrwuͤrdigen Vaͤter der erloschenen Geselschaft Jesu glaube; so darf ich doch auch nicht Alles fuͤr Wahrheit an- nehmen, was hollaͤndische und protestantische Schriftsteller von den Portugiesen in Japan erzaͤhlen. Und so entsteht eine sehr unbequeme Lage des Geschichtschreibers, der von zuver- laͤßigen historischen Materialien verlassen, immer nur partheiische, widersprechende Zeugen confrontiren, und sich einem gewissen historischen Gefuͤhl und seinen psychologischen Einsich- ten allein anvertrauen mus, um den wahren Gang der Begebenheiten, die Triebfedern der Handelnden u. s. w. zu dechiffriren. 7) Endlich folgen noch Nachrichten uͤber Gesezgebung, Nationalcharakter, Wis- senschaften, Sprache, Schriftarten, Kuͤnste, Manufakturen, Gewerbe u. s. w. kurz uͤber die ganze Bildung der Menschheit auf Japans Eylanden; — so gut sich alle diese interessante Kentnisse aus den vorhandnen Huͤlfsmitteln wollen herausklauben lassen. h 3 Nach Einleitung des Herausgebers. Nach diesem Plan denk ich ein Magazin zu liefern, das alle unsre bisherigen Kentnisse von Japan einschließt, das auch ihren Werth bestimt und sie systematisch ordnet, das also alle andre Werke wenigstens den Dilettanten entbehrlich machen, und dem auch der Kenner kuͤnftig seine Zusaͤtze und Beytraͤge beilegen wuͤrde. Jch habe schon viel zu diesem Werke gesamlet, geordnet und gedacht; ich werde ihm auch kuͤnftig die meisten der Stunden widmen, die ich von Arbeiten, — welche mir noch naͤher liegen — uͤbrig habe. Aber die Natur des Werks selbst wird es schon jedem Kenner begreiflich machen, daß ich jezt noch nicht die Messe angeben koͤnne, in der es er- scheinen wird. Jeder Rath und Belehrung fuͤr die Ausfuͤhrung meines Plans wird mir wilkom- men seyn, und eben so dankbar werde ich alle Beitraͤge oder Fingerzeige auf verborgnere Quellen annehmen, aus denen ich meinem Werke mehrere Volstaͤndigkeit geben koͤnte. Be- sonders waͤren mir aͤltere und kleinere Schriften der Portugiesen und Jesuiten, auch eben so manche hollaͤndische in groͤßere Samlungen nicht schon eingeruͤkte Berichte, und vorzuͤglich gute Nachrichten von dem Zustande der hollaͤndischen Handlung nach Japan in der neuern Periode (d. i. von 1692 bis 1777.) Jch darf es mir erlauben, alle Besitzer solcher Nachrichten um die Communikation derselben zu ersuchen, — da ich diese Bitte nicht sowohl fuͤr mich als fuͤr die Wissenschaft und das Publikum thue. Vorrede Vorrede des Verfassers . N och wurde Deutschland von dem allerchristlichsten und unchristlichsten Feinde zugleich beunruhigt; als die schwedische Gesandschaft, bey der ich in Diensten stand, am persischen Hofe ihren Abschied bekam. Jch fand es daher rathsamer noch eine fernere Reise zu unternehmen, und mich lieber freiwilliger Unruhe auszusetzen, als mich meinem Vaterlande zu naͤhern, und mich seinem algemeinen Uebel und vom Feinde erzwungnen Kriegsbedingungen zu unterwer- fen. Jch nahm also von unsrer Gesandschaft (die mir die Ehre erwies, mich noch eine Meile außerhalb der Stadt Jspahan. zu begleiten) Abschied, mit dem Vorsatz noch einige Jahre auf die Reise durch die Laͤnder des entferntern Asiens und die Kentnis noch mehrerer Voͤlker und Hoͤfe zu wenden. Und so wie ich nun immer gewohnt Vorrede des Verfassers . gewohnt war keine große Wechsel aus meinem Vaterlande zu ziehn, sondern sie meistens in meinem eignen Schubsack suchen muste; so muste ich mich auch jezt nur zu diesem wenden und fand dann auch reichlich dasjenige darin, Kaͤmpfer versteht hierunter die mediei- nische und chirurgische Praxis. womit ich mich bey fremden Nationen unterhalten, und jezt auch der beruͤhmten Niederlaͤn- dischen Geselschaft, Der ostindischen Compagnie. wiewohl unter einem schlechten Charakter, Als Schifschirurgus. dienen konte. Dieser japhetische Spros (die Hollaͤnder) genießt vor allen andern eu- ropaͤischen Nationen vorzuͤglich den Segen Abrahams, K. verirt sich ein wenig. Er wil sa- gen: Noahs, der indes wohl wenig an die Hollaͤnder denken mochte, als er Japhet mit den Huͤtten seines einen Bruders und mit der Sklaverey des andern besegnete. Doch passen die Besitzungen der hollaͤndischen Compagnie in Asien und ihre Negersklaven hier ganz artig. daß er in den Huͤt- ten Sems wohnt und sich der Knechtschaft Chams bedient. Jn der That hat diese Nation durch Gottes Schickung und ihre kluge- und gluͤkliche Einrichtung jezt ihren Arm durch ganz Asien bis an seine aͤußersten oͤstlichen Graͤnzen ausgestrekt. Sie hat auch besonders das Gluͤk, immer viele vor- trefliche Maͤnner in Diensten zu haben, durch die sie ihre Besitzungen und Anstal- ten in gutem Stande erhaͤlt. Auch ich habe durch die preiswuͤrdige Leutseligkeit und Erlaubnis dieser Compagnie mehrmalen meine Absicht, fremde Laͤnder zu sehn, erreicht, und bin dann auch endlich an dem Hof des aͤußersten japanischen Reichs. Den heuti- gen Zustand desselben zu beschreiben, und dieses Werk vor meiner Reisebeschrei- bung und andern Schriften zuerst herauszugeben, habe ich neulich in meinen Amoenitatibus exoticis versprochen. Dieses geschieht dann hiemit, und ich kann versichern, daß sowohl die Beschreibungen und Nachrichten, als auch die beige- fuͤgten Figuren, voͤllig der Wahrheit gemaͤs und ohne alle Uebertreibung oder Hyper- Vorrede des Verfassers . Hyperbel sind. Die Figuren sind zwar etwas unlieblich, aber doch wahr und eigenhaͤndig. Die Beschreibungen sind manchmal abgebrochen und stuͤkweise; aber doch nur, wenn sie das Verborgne und Jnnere des Reichs betreffen. Daß von diesen Dingen ganz genaue und gruͤndliche Nachrichten fuͤr einen Fremdling in allen Reichen nicht leicht und bey dem jetzigen Zustand in Japan vorzuͤglich schwer zu erlangen sind, begreift man leicht. Denn nachdem man hier die Roͤ- mischen Christen ganz vertilgt; unsre (die hollaͤndischen) und sinesischen Kauf- leute eingespert; den Zugang und die Gemeinschaft mit andern Voͤlkern abge- schnitten, und die Graͤnzen des Reichs geschlossen sind; — seit dieser Zeit ist auch der Japaner Mund, Herz und Gemuͤth fuͤr uns fremde und eingesperte Gaͤste ganz geschlossen. Besonders werden noch Alle und Jede, die mit uns umgehn und zu thun haben, durch Eid und Blutverschreibung verpflichtet, von den An- gelegenheiten ihres Vaterlandes, ihrer Religion, geheimen Staatssachen und an- dern ihnen genau angegebnen Dingen uns durchaus nichts mitzutheilen oder zu er- oͤfnen. Und diese Verpflichtung wird noch dadurch desto mehr geschaͤrft, weil Jeder durch eben die Eidesformul verbunden ist, des andern Verraͤther zu seyn. Und dieser blutige Eid wird, um noch mehr Eindruk zu machen, jaͤhrlich von ih- nen wiederholt. So sieht es in Japan mit dem Credit der Fremden aus. Unsre Hollaͤnder, die sich hier des Handels wegen aufhalten, haben dies schon seit lan- ger Zeit so befunden; und sie halten es daher durchgehends fuͤr schlechterdings un- moͤglich, irgend etwas von der Verfassung dieses Landes zu erfahren, weil es hiezu durchaus an Gelegenheit und Freiheit fehlt. Selbst der Hr. Licentiat Cleyer, der hier ehmals Resident war, behauptet dies in seiner Epistola ad Schaefferum. Aber nein, lieber Leser! so schwer wie es vorgestelt wird, und wie die ja- panische Regierung von ihren Unterthanen fodert und durch alle moͤgliche Vorsicht bewirken wil, — haͤlt es dann doch nicht, Nachrichten von der Verfassung in Ja- i pan Vorrede des Verfassers . pan einzuziehn. Die Japaner sind ausnehmend beherzt, herrisch und klug und lassen sich durchaus nicht durch einen Eid binden, den sie zu denen ihnen selbst unbe- kanten, und von ihnen nicht geglaubten Goͤttern und Geistern schwoͤren. Nur allein die obrigkeitliche Strafe des Eidbruchs, wenn er verrathen wuͤrde, kan sie zuruͤkhalten. Und nun ist diese Nation, ohngeachtet ihres Stolzes und kriegrischen Geistes, doch ausnehmend freundlich, umgaͤnglich und besonders so neugierig, als nur irgend eine Nation auf der Welt seyn kan. Besonders sind die Japaner sehr begierig, von den Geschichten, Verfassungen, Kuͤnsten und Wissenschaften fremder Voͤlker etwas zu erfahren. Da wir Hollaͤnder aber nur Kaufleute sind, welche in Japan den unter- sten und veraͤchtlichsten Rang haben; da wir uͤberdem unter ihnen als verdaͤchtige Gaͤste angesehn werden und bestaͤndig im Verhaft leben; so mus man nothwendig sein ganzes Betragen so einrichten, daß man dem Stolz und Eigennuz der Japa- ner schmeichelt und befriedigt; ihren Wuͤnschen sich gefaͤllig und zuvorkommend bezeugt, wenn man diese so stolze Menschenart sich verbindlich machen, und et- was von ihr erhalten wil. Diese Mittel habe ich angewandt und dadurch die Vertraulichkeit unsrer Vorgesezten und Dolmetscher mir erworben. Diese Leute besuchten den Wohnplaz unserer Nation Desima und besonders mein Haus taͤglich; und ich bin so gluͤklich gewesen, mit ihnen in eine so genaue Verbindung zu kom- men, als, glaube ich, noch kein Europaͤer, seit der jetzigen vieljaͤhrigen Einrich- tung unsers Handels, sich ruͤhmen kan. Jch bezeugte mich nemlich von Anfang an ungemein wilfaͤhrig, diesen vor- nehmern Japanern mit meiner Profession, der Arzneiwissenschaft, und einem zwar geringem Unterricht in der Astronomie und Mathesi nach ihrem Wunsch und ohne Entgeld zu dienen; und (welches nicht zu vergessen) theilte ihnen dann auch ganz cordial bey diesem Unterricht beliebte europaͤische Liqueurs mit. Dies machte sie mir so gewogen, daß ich mit aller moͤglichen Freiheit und ganz genau und umstaͤnd- lich Vorrede des Verfassers . lich mich nach ihrer natuͤrlichen, geistlichen und weltlichen Geschichte und nach Al- lem, was ich wolte, mich erkundigen konte. Keiner weigerte sich, mir nach sei- ner besten Wissenschaft Nachricht zu geben; auch selbst von den verbotensten Din- gen, wenn ich nur mit einem allein war. Diese von meinen Besuchern taͤglich eingesamlete Nachrichten haben mir nun zwar sehr viel genuͤzt; indes waren sie doch nur Stuͤkwerke, und reichten also zu einer volstaͤndigen und genauen Beschreibung des japanischen Reichs nicht hin. Ein ungemeines Gluͤk war es also, daß ich an einem sehr gelehrten Juͤngling ein recht erwuͤnschtes Werkzeug fand, zu meinem Zwek zu gelangen, und mich zu ei- ner recht reichen Erndte japanischer Notitzen zu fuͤhren. Dieser in der japanischen und sinesischen Schrift sehr bewanderte zugleich aber auch nach andern Kentnis- sen ungemein begierige Student von etwa 24 Jahren, wurde mir gleich bey mei- ner Ankunft als ein Diener gegeben, um von mir in der Arzneikunst etwas zu ler- nen. Jch gebrauchte ihn auch bey den Krankheiten des Ottona d. i. des Re- genten unsrer Jnsel, als meinen Handlanger, und dieser wurde von ihm treu- lich bedient, und hatte daher auch die besondre Gewogenheit, waͤhrend meines zwei- jaͤhrigen Aufenthalts den jungen Menschen bestaͤndig bey mir zu lassen; auch zu erlauben, daß er zweimal mit mir nach dem Kaiserlichen Hofe reißte. Jch hatte daher das Vergnuͤgen mit ihm beinahe das ganze Reich in die Laͤnge viermahl durchzureisen; da sonst nie erlaubt wird, daß kundige und gescheute Leute so lange bey den Hollaͤndern bleiben. Jch fieng nun gleich damit an, diesem schlauen Kopfe die hollaͤndische Sprache (ohne welche ich mit ihm nicht gut reden konte,) grammatisch beizubrin- gen. Jch war auch hierin so gluͤklich, daß er schon am Ende des ersten Jahrs diese Sprache schreiben und so gut reden konte, als es noch nie ein japanischer Dolmet- scher konte. Hernach unterrichtete ich ihn treulich in der Anatomie und uͤbrigen Medicin; und gab ihm auch noch einen, nach meinem wenigen Vermoͤgen, ganz i 2 ansehn- Vorrede des Verfassers . ansehnlichen jaͤhrlichen Lohn. Dagegen muste er mir dan auch uͤber die Lage und Beschaffenheit des Landes, die Regierung und Verfassung, die Religion, Ge- schichte, das haͤusliche Leben u. s. w. die genauesten Eroͤfnungen machen und al- lenthalben die besten Nachrichten aufsuchen. Dies that er so wilfaͤhrig, daß ich nie ein japanisches Buch verlangt habe, das er mir nicht verschaft, und erklaͤrt, auch die wichtigsten Sachen uͤbersezt haͤtte. Und weil er nun vieles, was er nicht wuste, von andern erforschen, auch manche Buͤcher leihen oder ankaufen muste; so habe ihn niemals, wenn er in dieser Absicht von mir gieng, ohne silbernen Schluͤs- sel gelassen; auch fuͤr so gefaͤhrliche Bemuͤhungen noch besonders belohnt. So theuer, schwer und oft gefaͤhrlich mus ein Liebhaber bey jetziger Ver- fassung die Nachrichten von diesem verschlossenen Reiche einsamlen; die ich hier nun dem Leser ohne seine Gefahr und Kosten vorlege. Fristet mir Gott Leben und Gesundheit, so werde ich auch noch meine andere, zwar |von der salzigen See durchgespuͤlte und beinahe ganz verdorbne Schriften noch zu ergaͤnzen suchen und was mir auf meinen zehnjaͤhrigen Reisen durch Finnland, Reußen, Tar- tarien, Persien, Arabien, die festen und befloßnen Laͤnder Jndiens denkwuͤrdiges vorgekommen, beschreiben und dem Publikum mittheilen. Engelbert Tab. VIII Engelbert Kaͤmpfers Geschichte und Beschreibung von Japan Erstes Buch welches die Reise von Batavia uͤber Siam nach Japan, und algemeine historisch- geographische Nachrichten von Japan, zum Theil auch von Siam einschliest. A Erstes Kapitel. Reise von Batavia nach Siam, und Erzaͤhlung der merkwuͤrdigsten Vorfaͤlle waͤhrend unsers dasigen Aufenthalts. Veranlassung dieser Reise. N achdem ich mich eine Zeitlang in Batavia auf der großen Jnsel Java, (der Hauptstadt der hollaͤndischen ostindischen Compagnie in Jndien, und der Resi- denz ihres Generalgouverneurs) aufgehalten hatte; fand ich Gelegenheit, mit einem im Hafen segelfertig liegenden Schiffe, genant der Waelstrohm, die Reise nach Japan zu machen, da mir die Stelle eines Arztes bei der hollaͤndischen Gesandschaft angetragen wurde, die jaͤhrlich an den japanischen Hof geschikt werden mus. Ein Europaͤer, welcher wuͤnscht das japanische Reich zu betreten, die Pracht des kaiserlichen Hofs zu sehen, und vor dem Kaiser selbst zu erscheinen, kan jezt auf keinem andern Wege diesen Wunsch be- A 2 friedigen, Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. friedigen, als daß er sich in Dienst dieser ostindischen Geselschaft giebt. Denn nun schon beinahe hundert Jahre ist dieses Reich allen europaͤischen Nationen verschlossen, außer den Hollaͤndern, welche die Japaner fuͤr die aufrichtigsten aller Europaͤer, oder vielmehr aller Fremden uͤberhaupt halten, und deswegen, wiewol unter sehr strenger Aufsicht, dulden, und ih- nen auch erlauben, oder vielmehr als eine Pflicht von ihnen fodern, daß sie jaͤhrlich durch einen Residenten dem Kaiser ihre Ehrerbietung bezeugen „Jhre Reverenz abzulegen‟, sagt eigentlich Kaͤmpfer: das fuͤnfte Buch giebt umstaͤndlichere Nachricht von dieser jaͤhrlichen Gesandschaft. . Unser Schif war bestimt zuerst nach Siam zu gehen, daselbst einen Theil seiner La- dung zu verhandeln, und dagegen siamische Waren einzutauschen. Jch hatte also Gele- genheit, auch dieses in ganz Asien beruͤhmte und maͤchtige Reich zu sehen. Abfahrt von Batavia. Den 7ten Mai 1690 Hier sind ich schon die erste Variante, und in der That keine ganz unerhebliche, zwischen mei- nem Manuscript und der englischen Uebersetzung. Diese hat 1690, jene zwar beide 1688, aber in derjenigen Handschrift, welche ich die des Oheims nenne, kan man deutlich sehn, daß 90 in 88 ver- wandelt ist. Warum und von wem dies geschehn ist, weis ich nicht, und eben so wenig, wie un- ter dem in die Vorrede eingeruͤkten Brief von Kaͤm- pfer aus Nangasacki das Jahr 88 gesezt ist? Jch glaube aus der Vergleichung aller Umstaͤnde der Kaͤmpferischen Reise und allen mir bekanten Datis gewis behaupten zu koͤnnen, daß er im J. 1690 von Batavia abgereiset sey. Ein Beweis, der entscheidet, ist das noch vorhandene Stambuch des Verfassers, worin am 19ten Mai 1689 zu Coylang auf der Kuͤste Malabar Jemand sich ein- gezeichnet hat. an einem Sontage fruͤh Morgens um sechs Uhr begab ich mich an Bord des Waelstrohms. Wir huben sogleich die Anker, und begaben uns mit einem zwar gelinden, aber doch guͤnstigen Winde unter Segel. Gegen Mittag er- reichten wir die kleine Jnsel Eidam, die etliche Meilen von Batavia entfernt ist, wo- selbst uns ein Schif von Sumatra begegnete, welches nach Sirabon segelte. Wir ließen die Jnsel rechter Hand liegen, und segelten ohngefehr eine halbe Meile davon, bis spaͤt in den Abend, da wir sie hinter uns ließen. Montags den 8ten Mai verloren wir das feste Land von Java aus dem Gesicht, nicht aber die benachbarten Jnseln. Nachmittags wurde der Wind so stil, daß wir we- nig weiter kamen, und gegen Abend auf 29 Faden Anker werfen musten, damit uns der hier so starke Strom des Meers nicht zu weit westwaͤrts von unserm Laufe wegrisse. Etwa eine halbe Meile von uns sahn wir ein klein portugiesisch Schif, mit sinesischen Matrosen besezt, vor Anker liegen. Es lief einen Tag fruͤher, als wir, von Batavia aus, und fuͤhr- te das Bild und den Namen des Apostels Paulus. Dies Schif war vor etwa fuͤnf Jah- ren in Japan, obgleich allen Portugiesen bei Verlust ihrer Schiffe und ihres Lebens un- tersagt ist, das Reich zu betreten. Es wird, hof ich, dem Leser nicht unangenehm seyn, wenn Erst. Kap. Reise von Batavia nach Siam. wenn ich hier die Ursache und die Geschichte dieser kuͤhnen Reise kurz erzaͤhle, so wie ich sie in Batavia von glaubwuͤrdigen Personen erfahren habe. Ein japanisches Fahrzeug wurde vor ohngefehr jezt (1690) sechs Jahren durch einen starken Sturm von den Kuͤsten von Japan weggerissen, und nach vielem Ungemach end- lich, ohne Land zu sehn, nach Makao, einer beruͤhmten portugiesischen Handelsstadt in Sina, verschlagen, wo es strandete; doch ohne einen Man zu verlieren. Die Portugiesen koͤnnen den Verlust ihres so vortheilhaften ehemaligen Handels nach Japan noch nicht verschmer- zen, und die Regierung zu Makao ergrif also mit Vergnuͤgen diesen guten Anlas, dem japanischen Hofe gefaͤllig zu seyn, und hofte vielleicht gar dadurch seine Gnade und die ehe- malige Handelsfreiheit wieder zu erhalten. Sie ließen also das Schif, nebst zwoͤlf darauf befindlichen Japanern, nicht nur grosmuͤthig wieder zuruͤkreisen, sondern gaben ihnen auch zu mehrerer Sicherheit eins ihrer eigenen Schiffe zur Begleitung mit. Allein dies Unter- nehmen bewies sich sehr ungluͤklich fuͤr die Portugiesen. Denn kaum waren beide Schiffe in dem Hafen von Nangasacki angelangt; so wurden alle Japaner ohne Unterschied in ein Gefaͤngnis gebracht, und die Portugiesen, ohne Erlaubnis ans Land zu treten, sehr genau und scharf auf ihrem Schiffe bewacht, damit der Vorfal von dem Gouverneur zu Nanga- sacki an den kaiserlichen Hof berichtet, und von da Befehl eingeholt werden koͤnte, was in der Sache ferner vorgenommen werden solte. Die guten Portugiesen kamen in große Ge- fahr, ihr Schif und sogar ihr Leben zu verlieren. Aber theils die Laͤnge der Zeit, theils die Fuͤrsprache des damaligen Residentens der hollaͤndischen ostindischen Compagnie besaͤnf- tigte den Zorn des Hofes einigermaßen, und es wurde den Portugiesen erlaubt, nach Ma- kao zuruͤkzukehren, da man ihnen vorher auch Lebensmittel anbot, welche aber in nichts mehr als Wasser und Reis bestanden. Eben so wurden auch endlich die ungluͤklichen Ja- paner nach einem zweijaͤhrigen harten Gefaͤngnis wieder auf freien Fus gesezt, und jeder nach der Provinz oder Stadt, wo er zu Hause gehoͤrte, unter sicherm Geleit zuruͤkgeschikt. Ei- nige derselben begegneten unserm Gesandten, der von Jedo nach Nangasacki zuruͤkreise- te Charlevoix erzaͤhlt diese Geschichte etwas an- ders. ( Hist. Gener. du Japon; Tom. VII, p. 307.) Daß man in Makao wirklich sich geschmeichelt ha- de, durch die hoͤfliche Aufnahme und Zuruͤksendung der schifbruͤchigen Japaner die Gunst des Hofes wieder zu gewinnen, sagt er auch und sezt noch hinzu, daß Jederman dieser schmeichelhaften Hof- nung wegen willig beigetragen habe, ein Schif zu der Ruͤkreise auszuruͤsten, weil das japanische ganz unbrauchbar gewesen sey. Aber in Absicht der unhoͤflichen Aufnahme der dienstwilligen Por- tugiesen in Nangasacki geht er vom Kaͤmpfer ab. Man dankte ihnen, sagt Charlevoix, hoͤflich genug fuͤr ihre Grosmuth, aber man gab ihnen zugleich den Rath, daß sie kuͤnftig, wenn etwa ein aͤhnli- cher Znfal ihnen wieder Japaner in die Haͤnde bringen solte, sich nie die Muͤhe geben moͤchten, sie selbst wieder zuruͤkzubringen. . — Doch es ist Zeit zu unsrer Reise zuruͤkzukehren. A 3 Ohn- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Ohngefehr um 1 Uhr nach Mitternacht lichteten wir unsre Anker, und erblikten den 9ten gegen Morgen die sogenanten tausend Eilande, etwa in der Entfernung von andert- halb Meilen vor uns. Wir sahn hier auch das hohe Land Lampon auf der Jnsel Suma- tra, welche wir vor sieben Monaten, als wir von Atsyn nach Batavia fuhren, so lang zu unserm großen Verdrus im Gesichte hatten. Der Wind war veraͤnderlich, mei- stens aber Suͤd; so daß wir beinahe den halben Tag zubrachten, ehe wir die Jnsel Nor- derwacht, welche gerade vor uns lag, zur Seite bekommen konten. Nach Sonnenun- tergang hatten wir weiter Suͤdwind, der wie ein gelinder Passatwind wehte; wir segelten also die ganze Nacht und ruͤkten ziemlich fort. Den 10ten war der Himmel ganz bewoͤlkt, und der Wind Ost-Suͤd-Ost. Wir fuhren den ganzen Tag nordwaͤrts fort, ohne Land und Jnseln zu sehn, außer den hoͤchsten Spitzen der sumatrischen Berge, die uns aber doch wegen truͤben Himmels nur sehr un- deutlich erschienen. Gegen Abend spaͤt ließen wir unsre Anker auf sechs Faden Tiefe fallen, weil wir befuͤrchteten, dem Lande zu nahe zu kommen, welches wir des Abends von dem Obermastbaum ziemlich deutlich bemerkten, und fuͤr die Jnsel Lucipara hielten, welche gleich vor der Meerenge oder Straße von Banka liegt. Den 11ten Morgens lichteten wir wieder unsre Anker, aber vergebens, weil sich schon sehr bald der Wind wieder legte. Wir musten also bis ohngefehr zwei Stunden nach Sonnenuntergang stil liegen. Alsdann aber fuhren wir mit einem gelinden Suͤdwinde nordwaͤrts zwischen der Jnsel Lucipara, welche uns rechts in der Entfernung von etwa an- derthalb Meilen lag, und dem festen waldichten Lande von Sumatra durch, nach der Straße von Banka zu. Jch wil hier uͤberhaupt bemerken, daß die ganze Reise von Batavia nach Siam durch die vielen Jnseln, Sandbaͤnke und verborgne Felsen sehr gefaͤhrlich und muͤhsam werde. Ein kluger Steurman mus sich daher sehr wohl in acht nehmen, daß er sich nie- malen zu weit von den Kuͤsten entferne, und sobald sich ein starker Wind erhebt, welches oft geschieht, die Anker fallen lasse, sobald er nur Grund findet, weil sonst das Schif leicht auf das Land oder verborgene Sandbaͤnke getrieben werden kan. Aus diesem Grunde lie- gen gemeiniglich die Schiffe auf diesem Wege Nachts vor Anker, besonders wenn man des Abends zuvor Land gesehn, oder doch Merkmale hat, daß es nicht weit entfernt sey. Der gefaͤhrlichste Theil des ganzen Wegs aber ist die erwaͤhnte Straße oder Meerenge von Banka, welche durch die Jnsel dieses Namens und die Kuͤsten von Sumatra gebildet wird. Diese Kuͤsten sind ganz eben, ohne Huͤgel und Berge, aber sehr waldicht. Die Jnsel Banka dagegen hat einen ganz unebnen und zerrissenen Boden, der bald bergicht und steinigt, bald niedrig und tief ist. Die Erde ist sehr gruͤn, und, wie es scheint, un- gemein fruchthar. Alle Erst. Kap. Reise von Batavia nach Siam. Alle Schiffe, welche nach der Ostkuͤste von Malacca nach Siam, Cambodia, Co- chinsina, Sina und Japan gehn, muͤssen diese Straße passiren. Die daran liegende sumatrische Kuͤste hat verschiedene kleine Vorgebuͤrge, die sich ziemlich ins Meer hinein erstrecken. Wir naͤherten uns dieser Kuͤste, so sehr wir nur konten, bis auf eine halbe Meile, weil man in dieser Gegend allemal wenigstens sechs Faden Tiefe, und einen guten ebnen Schlikgrund hat. Wir erreichten vor Abend das zweite Vorgebuͤrge, wo wir uns die Nacht uͤber vor Anker legten und sehr starken Regen hatten. Am 12ten des Morgens nach Aufgang der Sonne befanden wir uns nicht weit vom dritten Vorgebuͤrge der sumatrischen Kuͤste, wir hatten jezt das ebenerwaͤhnte portugiesi- sche Schif schon vor uns, da es bisher so weit hinter uns war, daß wir es kaum sehn kon- ten. Wir liefen immer an den Kuͤsten weg nach Nord-Nord-West. Der Himmel war ganz truͤbe und wolkicht, der Wind sehr veraͤnderlich, doch meistens aus Suͤden. Die Kuͤ- sten von Sumatra und Banka hatten noch immer eben das Ansehn, das ich beim vori- gen Tage beschrieben habe. Nachmittags war uns der Wind so entgegen, daß wir einen Theil unsrer Segel einnehmen, eine Zeitlang herumlaviren, und endlich unsre Anker fallen lassen musten. Abends sahn wir uͤber Sumatra Regen, mit Bliz und Donner begleitet. Den 13ten brachten wir den ganzen Vormittag mit Laviren zu, weil uns der Wind bestaͤndig entgegen, der Himmel truͤbe und regnicht war. Nachmittags aber bekamen wir Suͤd-Suͤdwestwind, und kamen ziemlich fort, so daß wir gegen Abend schon am Aus- gang der Straße waren, wo wir den Flus Palimbang zur Linken, und einen sehr hohen Berg, Monapin, der auf der aͤußersten Spitze von Banka liegt, zur Rechten hatten. Die Muͤndung des Flusses Palimbang, die etwa drei Viertel Meilen von uns entfernt war, schien wenigstens eine halbe Meile breit zu seyn. Ueber demselben hin konten wir kein Land sehn, ich weis nicht, ob wegen der Breite des Flusses, oder wegen des einbre- chenden Abends? Wir trieben mit unserm Schif nach der sumatrischen Kuͤste zu, bis auf sieben und einen halben Faden, um einer gefaͤhrlichen blinden Klippe, die Friedrich Hein- rich heist, auszuweichen. Noch vor vier Jahren strandete auf derselben ein hollaͤndisches nach Siam bestimtes Schif, Prinz Wilhelm, von dem sich aber doch die Leute in der Schaluppe und dem Boote retteten. Den 14ten Mai. Nachdem wir gestern Abend gluͤklich aus der Straße von Ban- ka herausgekommen, und die ganze Nacht durch mit gutem gelinden Winde und hellem Wetter fortgesegelt waren; erblikten wir diesen Morgen die sogenante Poele Tutsju, d. i. die sieben Jnseln oder auch sieben Bruͤder vor uns. Wir richteten unsern Lauf so, daß wir diese Eilande rechter Hand liegen ließen, und gegen Abend die Jnsel Puli Saya zu Gesicht bekamen. Der Wind war uns den ganzen Tag uͤber guͤnstig, das Wetter hel, und ziemlich kuͤhle. Wir verloren noch heute die Kuͤste von Sumatra aus dem Gesicht. Wir Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Wir segelten die ganze Nacht fort, und sahen den 15ten Mai Morgens die erwaͤhn- te Jnsel Puli Saya, nebst einem hohen Berge auf derselben schon sehr weit hinter uns. Gegen Mittag erreichten wir die Jnsel Puli Lingano und den Aequator. Der Him- mel klaͤrte sich auf, da es die vorige Nacht stark geregnet hatte. Nachmittags entstand etwas Windstille, daß wir nicht besonders weiter kamen. Um 4 Uhr erhub sich ein star- ker Nord-Westwind, der uns ganz aus unserm Wege verschlug, und beinahe zwei Stun- den wie ein Pfeil in diesem unruhigen Wasser fortris. Gegen Abend aber legte er sich etwas, und endlich wurde er ganz stille, so daß wir unsre Anker fallen ließen und endlich stil lagen. Den 16ten Mai sezten wir gleich mit Aufgang der Sonne unsern Lauf bei sehr ab- wechselndem und schwachem Winde fort, so daß wir bei Puli Lingano erst Nachmittags vorbei waren, und den ganzen Tag nur wenig Meilen weiter kamen. Abends warfen wir Anker. Den 17ten Mai, zwei Stunden vor Tage, segelten wir mit gelindem guten Winde bei klarem Himmel fort, bis Mittags, da sich der Wind legte, und wir einem kleinen mit Baͤumen bewachsenen Eiland zur Seite schwebten, ob uns gleich der Strom sehr stark von unserm Wege ab nach Nord und Nord-Nord-Osten fortris. Wir richteten unsre Farth nordwestlich, um wieder einige Jnseln ins Gesicht zu bekommen. Wir sahn aber den ganzen Tag keine, außer der erwaͤhnten Jnsel. Wir kamen dabei auch so wenig fort, daß wir gegen Abend auf 34 Faden Anker warfen. Doch lichteten wir schon um 10 Uhr wieder, weil es kuͤhl wurde, und segelten weiter. Den 18ten war der Wind den ganzen Tag sehr abwechselnd, bald gelind, bald staͤr- ker. Wir liefen immer Nordwestwaͤrts, aber ohne Land zu sehn. Wir faßten daher hier den Entschlus, die Jnsel Pauli Timon, auf welcher die Schiffe nach der Jnstruktion der Compagnie sonst landen muͤssen, um Holz und Wasser einzunehmen, diesmal vorbei zu gehn, und mit dem Suͤdwind unsern Lauf gerade nordwaͤrts nach Siam zu richten. Wir hatten die ganze folgende Nacht Suͤd und Suͤd-Suͤdwestwind, mit welchem wir gelinde fortsegelten, und den 19ten Morgens zuerst linker Hand einen hohen Berg sahn, welchen zu erreichen wir Nordwest gen West anlegten, da wir hoften, daß es |die Jnsel Polithingi seyn werde, die es auch war. Nachmittag kamen wir auch zu den uͤbrigen kleinen Eilanden, Pauli Aur oder Oor und Pauli Pisang, welche, wie die vorige, uns ebenfals linker Hand lagen. Der Wind gieng zwar stark nach Suͤden, doch kamen wir noch Abends bei Pauli Oor vorbei; und Den 20ten Morgens vor 8 Uhr warfen wir bei Pauli Timon Anker, welche uns gegen Nordost gen Ost lag. Jch begab mich mit einigen andern an Land, theils die Be- schaffenheit und Natur der Jnsel uͤberhaupt etwas kennen zu lernen, theils und vornemlich Pflanzen zu suchen, welches mir auf allen meinen Reisen eine angelegene Sache ist. Die Erst. Kap. Reise von Batavia nach Siam. Die Jnsel Pauli Timon ist eine der groͤsten unter den Jnseln, welche nicht weit von den Kuͤsten von Malacca liegen. Sie gehoͤrt dem Koͤnig von Johor, welcher in Siperka auf der Halbinsel Malacca residirt. Dieser laͤst die Jnsel durch zwei Orankays regieren, auf jeder Seite der Jnsel einen Orankay, welches Wort in ma- layischer Sprache einen Waldmenschen bedeutet, d. i. einen Menschen, der uͤber Waͤl- der gesezt ist. Die Einwohner sind eine Art Banditen, welche die Jnsel schon von langer Zeit her besessen und sich sehr auf derselben vermehrt haben. Ein Orankay, der vor etlichen Jahren am Bord eines unsrer Schiffe war, behauptete, die Zahl der Einwohner belaufe sich auf 2000; man kan aber kaum die Haͤlfte glaubwuͤrdig annehmen. Diese Ein- wohner leben hin und wieder zerstreuet, in kleinen schlecht gebaueten Haͤusern oder Huͤtten, die nur aus einem Zimmer mit einem kleinen Fenster und einer Thuͤr bestehn. Die mei- sten sind nicht uͤber fuͤnf bis sechs Schritte lang, und zwei bis drei breit. Jnwendig geht rings an der Wand her eine Bank, so hoch wie eine Tafel, und sehr bequem zum Sitzen und zum Liegen. Um das Haus stehn einige Pirangbaͤume. Denn obgleich die Einwoh- ner an einem sehr steilen und unebnen Gebirge wohnen; so suchen sie doch gemeiniglich ihre Wohnungen so anzulegen, daß wenigstens auch etliche Schritte umher ein ebner Plaz ist. Diese Menschen sind ziemlich belebt und nicht haͤslich, etwas schwaͤrzer als die Japaner, und freilich auch der Linie naͤher als diese. Einige kamen mir, nach dem Gesicht zu urtheilen, sehr ungesund vor. Sie ziehen, wie auch die Einwohner des festen Landes von Malacca und von Sumatra thun, die Barthare sich ganz aus, daß sie wie alte Weiber aussehn. Die meisten sind der mohammedanischen Religion zugethan, welche sich durch ganz Jndien sehr weit verbreitet hat. Jhre Kleidung besteht blos in einem Tuche um die Schaamtheile, das aus einer Baumrinde sehr grob gewirkt ist. Eben ein solches Tuch, in einen runden Kranz gewunden, tragen sie um den Kopf; und einige auch Huͤte von Gabbe Gabbe Blaͤttern geflochten. Gabbe Gabbe ist ein Baum, aus welchem die Jndier das Saga bereiten, dessen sie sich stat des Brods bedienen. Die Einwohner kamen mit kleinen Fahrzeugen zu uns an Bord, in welchen nur eine Person sitzen kan, und die so leicht sind, daß ein Man ohne große Muͤhe sie ans Land tragen kan. Derjenige, welcher darin faͤhrt, sezt sich gerade in die Mitte des Fahrzeugs, und leget seine Waaren hinter sich. Das Ruder hat ohngefaͤhr Manslaͤnge, und ist so eingerichtet, daß man es in der Mitte anfaßt, und dann damit auf beiden Seiten des Kahns eins ums andre mit beiden Enden rudert. Sie haben aber auch groͤßre Fahrzeuge, in welchen vier Personen Raum haben, und mit denen sie bis an die Kuͤste von Malacca uͤberfahren. Folgende Sachen brachten sie uns an Bord: Mangos, von so ungemeiner Groͤße, daß ich bisher dergleichen noch nicht gesehen hatte; Pisangs, auch groͤßer, als B ich Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. ich sie bisher gekant hatte, beinahe anderthalb Spannen lang, eine Spanne im Umkreis und etwas eckigt; sehr große Smersaks; kleine Limonen, Ananasse, Huͤner und eine be- sondre Art Steinboͤcke, von roͤthlicher Farbe, mit langen Haaren und langem wiederstehen- den Zahn auf jeder Seite. Von Manufakturen konten sie uns nichts anbieten, als Pi- sangsaͤcke, dreimal uͤbereinander sehr fein geflochten; kleine Matten auch von Pisang oder von Gabbe Gabbe Blaͤttern, auch sehr artig gemacht. Sie wolten fuͤr ihre Waaren kein Geld annehmen, aber wol Reis, Eisen, Hemde, Leinwand und dergleichen Sachen mehr. Das Geld schienen sie gar nicht zu kennen; da wir ihnen einige Stuͤcke vorwiesen, forder- ten sie von denselben fuͤr eine Matte zehnmal mehr als sie werth war. Dagegen bekamen wir fuͤr ein Stuͤk grobe Leinwand, das vielleicht nur drei Stuͤber werth war, fuͤr zwei und mehr Schilling Eswaren. Die ganze Jnsel besteht aus Felsen und steinigten hohen Gebirgen, die aber doch an sehr vielen Orten und (welches in der That sonderbar ist) oft da, wo wir kaum eine Hand vol Erde entdecken konten, mit Buschwerk und Baͤumen bewachsen sind. Wir klim- ten nicht ohne Muͤhe und Gefahr die felsichten Ufer hinan, um Wasser zu suchen. Bei diesem Auf klimmen und Durchkriechen durch die Gebuͤsche, halfen uns nicht wenig die Wurzeln der Baͤume, welche oben auf den Bergen wachsen. Denn von diesen Wurzeln waren manche zwei, drei und mehrere Daumen dik, die sich 10 bis 20 Klaftern um die Hoͤ- len in den Bergen winden und herunterlassen, um Grund zu suchen. An diesen halfen wir uns wie an Seilen hinauf. Zwischen den unter und durch einander gefallenen Felsen und Steinen sind einige kleine Seen von suͤßem Wasser, welches an manchen Orten so kalt war, daß ich mich einige Tage uͤbel befand, weil ich mich zum Vergnuͤgen darin gewaschen hatte. Wir fanden auch noch etwas hoͤher einen Flus, der wasserreich genug war, um zwei Muͤhlen zu treiben, und uͤber Stein und Felsen mit solchem Geraͤusch herabfiel, daß wir kaum mit einander reden konten. Das Wasser dieses Flusses ist klar, sehr kalt und etwas bittern Geschmaks. Die kurze Zeit, welche ich hier zubringen konte, erlaubte mir nicht viel zu botanisiren. Doch fand ich hier viele von denen Pflanzen wieder, die ich auf der Jnsel Eidam, einige Meilen von Batavia, entdekt hatte. Zunaͤchst am Ufer bemerk- te ich folgende Baͤume und Gebuͤsche: Terum Lauk, eine nicht sehr hohe Staude mit 2 bis 3 Zol langen und anderthalb Zol breiten Blaͤttern, die dik und fast ganz undurchsichtig waren, und einen Nerven hatten, der etwas unregelmaͤßig durch die Mitte lief. Die Blume war gelb mit fuͤnf Blaͤttern, und hatte eine sehr artige Sternfigur. Der Same auch sehr schoͤn, gruͤn, sternfoͤrmig mit sieben radiis. Gemeiniglich haͤngen 3, 4, bis 5 Samenkoͤrner beieinander, welche eine schoͤne Figur ausmachen. Prije Laut, eine beerentragende Staude, welche etwas groͤßer als unsre Wa- cholderbeeren, gruͤn und sehr fleischigt sind. Die Blaͤtter gezakt ( serrata ). Jch habe der- Erst. Kap. Reise von Batavia nach Siam. dergleichen Pflanzen auch in Persien um Gamron wachsen sehn, und unter den persianischen be- schrieben. Maanbu. Dieser Baum hatte viele stumpfe weiche Blaͤtter, keinen Nerven, in der Mitte aber verschiedene, welche an den aͤußersten Enden zusammenliefen. Jch hat- te eben diesen Baum schon auf der Jnsel Eidam bemerkt, wo ich aber nicht so gluͤklich war, die Blume und Fruͤchte sehen zu koͤnnen. Die Blume ist sehr merkwuͤrdig, und be- steht aus fuͤnf Blumenblaͤttern, welche alle auf einer Seite in der Runde herum, und in der Form eines halben Mondes oder halben Cirkels geordnet sind. Gegen ihnen uͤber ist ein gekruͤmter Griffel ( stylus ) oben mit einem gruͤnen kleinen Kopfe bedekt. So bald die Blumen abgefallen, folgen fuͤnf Beeren nach der Zahl der Blumenblaͤtter, die alle mit einer fleischigten Substanz angefuͤlt sind. Papiniok hat weiße Blumen, den Bohnenblumen nicht unaͤhnlich, und drei laͤnglichte Blaͤtter an einem Stiel, von denen aber das mittelste etwas laͤnger und groͤßer ist, als die zwei uͤbrigen. Ein andrer Baum, dessen Namen ich nicht erfahren konte, hatte sehr große, weiche, nervichte und beinahe runde Blaͤtter, der Haselnusstaude nicht unaͤhnlich, doch zwei bis dreimal groͤßer. Die Blume war weis, und hatte eine ungleiche Zahl Blumen- blaͤtter, meistens sieben oder neun. Die Frucht ist ein Apfel, demjenigen nicht unaͤhnlich, woraus die alten Weiber in Batavia eine Salbe zu machen pflegen, um die Haut der Kinder nach den Masern damit zu salben, wie ich dieses an einem andern Orte beschrie- ben habe. Unter den hiesigen Pflanzen war mir besonders wegen ihrer Schoͤnheit noch eine fleischfarbene Jris merkwuͤrdig. Sie hatte gelbe Striche und eine stachlichte Frucht, von der Groͤße einer Muskatennus. Sie besteht aus drei Behaͤltnissen, in deren jedem vier schneeweiße, erbsfoͤrmige, runde Samenkoͤrner sind. Alle Schiffe, welche von Batavia nach Siam gehn, haben von der Compagnie Befehl, wo moͤglich auf dieser Jnsel Pauli Timon anzufahren, um sich mit frischem Wasser, Holz und Lebensmitteln zu versorgen, wozu sie ohngefaͤhr gerade in der Mitte des Weges eine sehr bequeme Lage hat. Man hat mir gesagt, daß die benachbarte Jn- sel Pauli Oor, nach ihrer natuͤrlichen Beschaffenheit und Einwohnern, nicht sehr von Pauli Timon unterschieden sey, welches auch gar nicht unwahrscheinlich ist. Jch kan aber daruͤber nichs gewisses sagen, weil unsre Schiffe niemals oder sehr selten auf Pauli Oor anlanden. Diesen Morgen hatten wir die Einwohner mit einem Schus zum Verkauf ihrer Waaren eingeladen, und durch eben dieses Zeichen wurden wir am Lande Abends um 5 Uhr wieder eingeladen an Bord zu kommen. Wir hatten uns den Tag uͤber im Gebuͤsch sehr vergnuͤgt, und unser Leinenzeug durch unsre Bediente waschen lassen, da unterdessen das B 2 Schif Koͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Schif sich hinlaͤnglich mit Wasser versehn hatte. Nach eingenommener Mahlzeit wunden wir unsre Anker auf, und begaben uns um 6 Uhr unter Segel. Pauli Timon lag uns des Morgens bei unsrer Ankunft in Nord-Ost gen Ost, wo es uns ganz schmal und en- ge vorkam; bei der Abreife aber und in der Entfernung von etwa einer halben Meile, da uns die Jnsel in Ost-Nordost lag, zeigte sie sich ziemlich breiter, und schien ohngefaͤhr 4 Meilen lang und 2 Meilen breit zu seyn. Den 21ten Mai Morgens hatten wir Pauli Timon ganz aus dem Gesichte ver- loren, und sahn die hohen Berge auf den Kuͤsten von Malacca weit vor uns liegen. Wir richteten unsern Lauf nordwestlich, und nach und nach etwas mehr gen Westen, um uns dem Lande schief und von der Seite zu naͤhern, welches wir denn auch des Abends nebst einigen Jnseln voͤllig ins Gesicht bekamen. Der Wind war den ganzen Tag sehr veraͤnder- lich, das Wetter aber doch gut. Wir kamen in der Nacht gluͤklich neben den erwaͤhnten Jnseln vorbei, und befanden uns Den 22ten Morgens nicht uͤber eine Meile von dem festen Lande von Malacca, von welchem wir unsern Weg weiter mit einem scharfen Landwinde nach Norden verfolgten. Die Kuͤste von Malacca, so wie sie sich hier zeigte, schien mir der Kuͤste der Jnsel See- lan (Ceilon) nicht unaͤhnlich. Felsigte Ufer erheben sich zu Huͤgeln und Bergen, hinter welchen immer hoͤhere Berge hervorragen bis tief ins Land hinein. Alles ist mit Baͤumen und Buͤschen schoͤn bewachsen, und giebt dem Auge eine sehr angenehme Aussicht. Wir hatten diesen ganzen Tag sehr gutes Wetter, und befanden uns nach Sonnenuntergang zwischen dem festen Lande und den zwei Jnseln Pauli Capas. Es war die Nacht uͤber sehr stille, so daß wir den 23ten Morgens diese beide Eilande nur wenige Meilen hinter uns hatten. Wir segelten immer, wie gestern, neben der Kuͤste fort, musten aber Mittags, wegen scharfen und widrigen Windes, vor Anker liegen. Das Land gab noch immer eben den Anblik, wie gestern, nur daß das Ufer et- was mehr sandig und niedriger war. Wir versuchten bald weiter zu segeln, musten aber, wegen ploͤzlich widrigen Windes, die Anker bei einer kleinen felsigten Jnsel, ohnweit des festen Landes, wieder fallen lassen. (Wegen dieser haͤufigen widrigen Winde, und der hier gewoͤhnlichen, ploͤzlichen und starken, aber nicht lang anhaltenden Stuͤrme, ist es eine Regel bei der Schiffarth von Batavia nach Siam, sich niemals weit vom Lande zu entfernen, damit man desto eher Anker werfen koͤnne, und wenigstens nicht zuruͤkgeschlagen werde, wenn man auch nicht weiter koͤmt Diese Stelle sehlt in der englischen Uebersetzung. . Den 24ten Mai, etwa zwei Stunden vor Tage, segelten wir weiter, und kamen nach einigen Stunden, einem Flusse und kleinem Orte auf der Halbinsel Malacca gegen- uͤber, Erst. Kap. Reise von Batavia nach Siam. uͤber, den die Portugiesen auf ihren Charten Buse, die Einwohner aber, welche insge- samt Fischer sind, Terchannu nennen. Er besteht aus ohngefehr 50 Haͤusern, die laͤngst dem Ufer liegen. Wir sahn hier ein portugiesisch Schif, mit einem Kreuz im wei- ßen Felde in seiner Flagge vor Anker liegen, das, wie die Einwohner sagten, von Ma- kao gekommen war. Es wird hier siamisch und malayisch geredt. Drei Fischer kamen in einem ihrer Fahrzeuge zu uns an Bord, und gaben uns fuͤr ein schlechtes Tischtuch und etwa einen halben Eimer Reis so viel Fische, daß wol 20 ausgehungerte Menschen sich dar- an haͤtten saͤttigen koͤnnen. Unter denselben waren Koͤnigsfische, den Hechten nicht unaͤhn- lich und beinahe anderthalb Ellen lang; Pferdekoͤpfe, wie sie die Hollaͤnder nennen, die sonst auch Korkuades heißen; rothe Steinbrassen, Salametten und Jakobus Evers. Ge- gen Abend war es so stil, daß wir unsre Anker in der Gegend verschiedner kleiner Jnseln, welche Redansinseln heißen, fallen ließen. Einige unsrer Leute machten sich ein Ver- gnuͤgen mit Angeln, und fingen einen schoͤnen Meerstern. Er bestand aus neun Stralen, deren jeder beinahe anderthalb Spannen lang war, so daß der ganze Stern von einem En- de zum andern einen Durchmesser von voͤllig drei Spannen hatte. Die Oberflaͤche war so rauh anzufassen, als wenn sie ganz mit Schuppen besezt waͤre. Der Mittelleib, der zwei Zol Dicke hatte, war ein besondrer erhabner schwarzer Stern mit neun kurzen Stra- len. Jm Mittelpunkt war ein großes rundes Loch oder Maul, das zwei Reihen feiner Fasern oder Fibern umgaben. Die großen Stralen waren viereckigt, fingersdik, liefen gerade zu, hatten eine dunkelweiße Farbe, die nur oben durch queeruͤber laufende schwarze Striche tygermaͤßig geflekt war. Beide Ecken waren hier bis zur aͤußersten Spitze mit einer Reihe kurzer Stacheln besezt, die sich nach der Laͤnge schließen. Die Unterflaͤche dieses Geschoͤpfs war etwas sanft anzufuͤhlen, von weißer Farbe, und jeder Stral an seinen Ecken mit einer Reihe kleiner Fuͤße, wie ein indianischer Tausendfus, besezt, welche durcheinander eine verwirte komische Bewegung machten. Der Mittelleib hatte eine maͤ- ßige Hoͤlung, und von demselben lief in jeden Stral eine Hoͤle hinunter. Die innere Sub- stanz war weis, haͤrtlich und so sproͤde, daß die Stralen mir unter den Haͤnden zerbrachen. Den 25ten konten wir wegen des unbestaͤndigen Windes kaum sechs Meilen zuruͤk- legen. Die malaccischen Ufer waren noch wie gestern ziemlich niedrig, und wie wir aus dem Rauch und einigen elenden Fischerkaͤnen schließen konten, bewohnt. Tief im Lande zeigten sich sehr hohe Berge, deren verschiedne in Dampf und Nebel verhuͤlt waren. Ge- gen Abend erhub sich ein sehr starker Landwind. Den 26ten waͤhrte dieser Wind bis Mittags fort, da er durch einen Sturm gelegt wurde. Dies zwang uns auch anzulegen. Die Nacht uͤber fingen wir viel Fische. Den 27ten segelten wir bei guͤnstigem Landwinde und gutem Wetter weiter fort, und bemerkten, daß das Land an einigen Orten gebrochen, an einigen sehr niedrig, B 3 an Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. an andern etwas hoͤher war, angenehme Huͤgel, und zwischen ihnen anmutige Thaͤler hatte. Den 28ten hatten wir beinahe das Vorgebuͤrge Patany erreicht, als der Wind Nordwest gen West wurde, so daß wir bis Mittag nur laviren musten, nicht viel weiter kamen, und endlich gezwungen wurden, die Anker ganz fallen zu lassen. Es kamen eini- ge Fischer zu uns an Bord, und verkauften uns Fische, fuͤr welche sie weiter nichts als ein Tischtuch foderten. Unter andern fand ich unter diesen Fischen auch den, welchen un- sre Matrosen Seekatze nennen. Dieser Fisch ist ein wahres Jchthyothurion, da er weder Graͤten noch Fasern wie andre Fische hat. Wir fanden ihn auch in Menge auf unsrer Farth nach Japan, wo ich ihn daher umstaͤndlicher beschrieben habe. Die Einwohner von Malacca sowol auf dieser als jener Seite der Halbinsel, und eben so auch die auf den Jnseln lieben uͤber alles Leinwand, die sie gern fuͤr ihre Waa- ren, welche meistens in Lebensmitteln bestehn, zum großen Vortheil des Kaͤufers austau- schen. Diese Einwohner sind meistens Fischer und gute Schwimmer, die fast ihr ganzes Leben auf der See zubringen. Die Menschen auf den nicobarischen Eilanden, (welche auf der andern Seite der Halbinsel, auf dem Wege von Malacca nach Bengalen liegen,) sollen, wie ich von verschiednen Bothsleuten, die Augenzeugen waren, gehoͤrt habe, so tref- liche Schwimmer seyn, daß sie dem Schiffe im vollen Segeln nachschwammen, und es er- reichten, und dabei dann und wann aus dem Wasser hervorschossen. Sie haͤngen bei die- sem Schwimmen die Waaren, welche sie verkaufen wollen, um den Hals, und besonders pflegt fast ein jeder ein Stuͤk Ambra in dem Tuch, womit sie die Schaam bedecken, ein- gewunden mit sich zu bringen, wofuͤr sie denn Fischangeln und mancherlei kleine Waren, am liebsten aber Leinwand eintauschen. Sie bringen alles sehr geschwind an Bord, und wenn sie das Schif einmal erreicht haben, so klettern sie mit ungemeiner Geschwindigkeit an jedem Orte des Schifs, wo sie zuerst ankommen, hinauf. Sie sollen durchgehends sehr große, starke Menschen seyn, mit breitem Munde und großen Zaͤhnen. Wenn blos zum Scherz geschossen wurde, tauchten sie alle unter Wasser, kamen aber hernach wieder hervor und kletterten das Schif hinan. Die Portugiesen kommen sehr oft auf diese Jnseln, um den Einwohnern Ambra abzukaufen. Deswegen schrien diese auch unsern Schiffen, Am- bra, Ambra zu, und winkten ihnen ans Land zu kommen. Sie haben ihre eigne Sprache, verstehn aber doch etwas malayisch, portugiesisch und hollaͤndisch. Es ist gewis, daß sie noch ganz wild sind, und Europaͤer, die ihnen in die Haͤnde fallen, fressen. Doch sollen sie bei weitem nicht so grausam seyn, als die Bewohner der Andemansinseln, welche nicht gar weit von den nicobarischen, nach Bengalen zu, liegen. Die Brachmanen behaupten, daß die Einwohner der Andemanseilande eingefleischte Teufel waͤren, daß die Selen der verdamten Menschen in sie fahren, und daß sie alle hinten einen fingerlangen Schwanz Erst. Kap. Reise von Batavia nach Siam. Schwanz haben. Die Untiefe und verborgnen Klippen machen es schwer, diesen Jnseln beizukommen. Diejenigen aber, welche ein Schifbruch oder Zufal hieher verschlaͤgt, koͤn- nen sich nicht viel Gutes versprechen. Den 29ten Mai sezten wir unsre Farth zwei Stunden vor Tage mit schwachem Landwinde fort, und brachten die meiste Zeit mit Laviren zu, bis wir endlich genoͤthiget wurden, die Segel ganz einzuziehn, theils, weil wir fast gar nicht weiter kamen, theils auch weil wir einen Sturm aus Norden befuͤrchteten, wo der Himmel ganz mit schwarzen Wolken bedecket war. Wir hatten uns bei dieser Furcht so wenig betrogen, daß der Sturm uns schon befiel, als wir noch mit dem Einziehn der Segel beschaͤftiget waren. Und obgleich dieser Sturm nur zwei Stunden anhielt, so war uns doch der Wind noch im- mer so sehr entgegen, daß wir diesen ganzen Tag und die folgende Nacht vor Anker lagen, und nicht eher als den folgenden Morgen unter Segel gehn konten. Jch kan mich nicht enthalten, hier die merkwuͤrdige Geschichte des Schifbruchs und der Erhaltung eines gebornen Japaners mitzutheilen, der sich mit auf unserm Schiffe befand, und mir bei dieser Gelegenheit seine Begebenheit erzaͤhlte. Dieser Japaner hies Hanjemon, war ein sehr aufrichtiger, verstaͤndiger Man, von Firando gebuͤrtig, und hatte sich nachher in Siam niedergelassen. Er verstand die tunquinsche, kochinsinische, sinesische, siamische und malabarische Sprachen. Jm Jahr 1682 unternahm er auf einer großen siamischen Junke eine Reise von Siam nach Manilla auf den philippinischen Jn- seln. Der Steurman war ein Portugiese, die Manschaft in der Junke betrug zusammen 64 Personen. Ohngefehr zwei Meilen von einer sehr niedrigen flachen Jnsel, (welche die Portugiesen Visia grande nennen) hatten sie das Ungluͤk, auf einer verborgnen Klippe bei gutem Wetter zu stranden. Der Steuerman war nebst noch neun andern so gluͤklich, sich in dem gewoͤhnlichen kleinen Boot oder Schuyt zu retten. Sie kamen nach sechs Tagen in Tunquin an, und reiseten von da wieder nach Siam zuruͤk. Viele andre wurden mit dem, was sie am ersten zu ihrer Rettung ergreifen konten, seewaͤrts eingetrieben, und da man weiter nichts von ihnen erfahren hat, bleibt die Vermuthung, daß sie alle oder wenig- stens die meisten ihr Leben auf eine elende Art verloren haben. Hanjeman und noch dreizehn andre kamen gluͤklich auf der erwaͤhnten Jnsel an, die nur zwei Meilen von dem Ort, wo sie strandeten, entfernt war. Dieses Eiland Visia grande gehoͤrt zu den Phi- lippinen, liegt nicht weit von der großen Jnsel Lucon (Luzon) oder Manilla, ist sehr flach und niedrig, ohne Gebuͤrge und Holz, nicht aber ohne Kraͤuter und Bambus, 357 Faden breit und 363 lang. Hanjeman und seine Gefaͤhrten fanden hier eine große Menge Voͤgel, die so zahm waren, daß sie sich mit Haͤnden greifen ließen. Er bemerkte nur vier verschiedne Gattungen unter diesen Voͤgeln, alle aber hatten große Schnaͤbel. Diejenige Gattung, welche die Portugiesen Parginge nennen, und oben schwarz, unten weis Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. weis ist, that ihnen besonders gute Dienste mit ihren Eiern, die so gros wie Huͤner- oder Enteneier waren, und welche sie das ganze Jahr durch genießen konten. Auf den Kuͤsten fingen sie große Schildkroͤten, die ihnen sechs Monate im Jahr zur Abwechselung mit den Voͤgeln dienten. Unter den Pflanzen fanden sie die große Wurzel Dracontium, welche in Jndien gegessen wird, wenn der scharfe Saft ausgeprest ist. Sie fiengen auch hernach Fische, nachdem sie von angetriebnem Holz ein Floͤs verfertigt, und damit von dem Werk des verungluͤkten Schifs Holz, Eisen und zum Fischfang gehoͤrende Werkzeuge bei stillem Wetter geholt hatten. Durch Reiben der Bambusrohre machten sie Feuer Diese Art Feuer zu machen ist in Jndien uͤberhaupt sehr gewoͤhnlich. , und den Abgang ihrer Kleider ersezten sie durch die Haͤute und Federn der Voͤgel; die sie, so gut sie vermochten, zusammenfuͤgten. Anstat der Toͤpfe dienten ihnen die großen indischen Muscheln, welche die Hollaͤnder Vader Noachs Schulpen nennen, welche aber nur die Unbequemlichkeit hatten, daß sie das Feuer nicht lange aushielten. Doch lehrte ihnen noch der laͤngere Gebrauch, daß sie, mit dem Blut der Voͤgel beschmiert, viel fester wuͤr- den, und dann ziemlich lange das Feuer aushielten. Auf diese Art mangelte unsern Ver- schlagnen bald nichts zu ihrem Lebensunterhalt, als Wasser, welches sie auf der Jnsel gar nicht fanden. Sie gruben, um diesem Mangel zu begegnen, Hoͤlen in die Erde, worin sie das Regenwasser samleten, und es hernach in ihren Toͤpfen, den erwaͤhnten Muscheln, verwahrten. Eben so sorgfaͤltig samleten sie alles Holz, das an die Jnsel angetrieben wur- de, um sich desselben gelegentlich zu bedienen. Auf diese Art lebten sie auf der Jnsel acht Jahre, und zweifelten gar nicht daran, daß sie auf derselben auch noch ihr Leben wuͤrden beschließen muͤssen. Endlich aber wurden sie ihrer Lebensart auf dieser oͤden Jnsel so uͤber- druͤssig, und die Begierde, ihre Freunde und Bekante wieder zu sehn, regte sich so stark bei ihnen, daß alle, welche noch am Leben waren, einmuͤthig sich entschlossen, aus dem gesamleten Holze ein Fahrzeug, oder um es richtiger auszudruͤcken, ein Ungeheuer von Fahrzeug zu erbauen, und sich mit demselben dem stuͤrmischen Meer zu uͤberlassen. Lieber wolten sie ihr Leben ganz verlieren, als laͤnger auf eine Art zubringen, die ihnen so armse- lig und traurig vorkam. Drei von ihnen waren auf der Jnsel gestorben, und eilf waren also noch uͤbrig, welche sich mit ihrem Fahrzeuge dem Meere uͤbergaben, und es darauf ankommen ließen, wo sie ihr gutes Gluͤk hinfuͤhren wuͤrde. Nachdem sie 31 Tage herum- getrieben waren, kamen sie endlich in den Meerbusen von Tunquin an die große Jnsel Haynam, und zwar zu ihrem guten Gluͤk an die Kuͤste gegen Canton uͤber, welche von Sinesern bewohnt ist, da die andre Seite der Jnsel, Cochinsina gegenuͤber, von einer sehr wilden Nation, (die man sogar fuͤr Menschenfresser haͤlt) bewohnt seyn sol. Der sinesische Gouverneur der Jnsel nahm diese Ungluͤklichen sehr guͤtig auf, versah sie mit Klei- dern, und schikte sie nach der beruͤhmten portugiesischen Handelsstadt Makao, von wel- chem Erst. Kap. Reise von Batavia nach Siam. chem Ort drei auf einem portugiesischen Schif nach Batavia kamen. Hanjemon reisete nun mit uns nach Siam, erfuhr aber zu seinem großen Verdrus, daß seine Frau, der langen Abwesenheit ihres Mannes uͤberdruͤssig, sich an einen Portugiesen wieder verheira- thet, und mit demselben schon einen Sohn erzeugt habe. Nach dieser kurzen Digression wollen wir unsern Lauf am 30sten Mai fortsetzen, der aber wenig betrug, weil wir wegen des widrigen Windes schon Nachmittags vor Anker liegen musten. Den 31ten Mai fruͤh, als wir noch kaum eine Stunde fortgesegelt hatten, wur- den wir von einem ausnehmend heftigen Sturm ohne Regen so ploͤzlich ergriffen, daß wir kaum die Segel einnehmen, und die Anker fallen lassen konten. Unsre Foksen oder Vor- bramstangen wurden sogleich zersplittert, und fielen theils ins Schif, theils uͤber Bord, wobei zwei Menschen, die vorne auf den Bramstangen standen, das Ungluͤk hatten, mit uͤber Bord zu fallen. Der eine wurde bald mit Stangen und Seilen wieder gerettet, weil er dicht neben dem Boot niederfiel. Der andre ergrif das Seil, womit das Boot an das Schif gebunden war, und hielt sich an demselben doch so lange, (obgleich das Schif wie ein Pfeil fortschos,) bis er von zweien, die im Boot saßen, nicht ohne große Muͤhe und Gefahr gerettet wurde. Beide schienen aͤußerlich an den Knochen unbeschaͤdigt; der eine aber klagte heftig uͤber Schmerzen in der Brust, so wie der andre in den Seiten. Es war noch unser Gluͤk, daß gerade die Vorderbramstange brach, weil sonst die große Stan- ge wuͤrde in gleiche Gefahr gekommen seyn. Kaum waren die Segel eingenommen, und die Anker geworfen, so legte sich auch schon der Sturm. Wir brachten aber den ganzen noch uͤbrigen Tag mit Verfertigung einer neuen Stange zu. Den 1sten Junius wandte sich der Wind gen Suͤd-Suͤdwest, dann Suͤdwest, und wurde endlich ganz Suͤdwind. Wir suchten nun unsre Segel so gut als moͤglich zu ge- brauchen, um das Schif einigermaßen im Gleichgewicht zu erhalten, da unsre Stange noch nicht aufgesezt war. Unsre Richtung war meistens westlich; Nachmittags wurde es so stille, daß wir Anker werfen musten. Wir fingen hier viele Fische; gegen Abend waren unsre Stangen endlich voͤllig aufgesezt, und wir bekamen nun einen guten forttrei- benden Landwind, welcher nicht eher als den 2ten Jun. Mittags auf hoͤrte. Heute und gestern war das Land ganz flach und niedrig, das Wetter aber gut und klar, nur gegen Abend um den Horizont etwas schwarz und wolkicht. Nachdem wir die Nacht weiter fortgefahren, befanden wir uns den 3ten Jun. dem ligorischen niedrigen Lande und einem Flusse gegenuͤber, der dort in die See laͤuft. Nicht weit davon war die Kuͤste wieder bergicht. Den 4ten Jun. erreichten wir drei ziemlich große, in diesem Meerbusen unter dem 10ten Gr. der Br. gelegne Jnseln, die man noch zu den ligorischen Landen rechnet, C weil Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. weil uns der Wind heute sehr guͤnstig war. Die erste dieser Jnseln, welche auf den Char- ten Puli Cornam heist, hatten wir des Morgens zur Seite; gegen Mittag erreichten wir die Jnsel Puli Sancarii, die gerade unter dem 10ten Gr. der Br. liegt; gegen A- bend sahn wir auch die dritte Puli Bordia, zur Linken gegen W. S. W. Wir glaubten auch damals schon das Land Kui zu erkennen. Die Nacht uͤber war der Wind ziemlich scharf, und wir konten die Obersegel nicht gebrauchen. Den 8ten waren wir dem Lande Kui zur Seite. Es liegt ohngefehr in der Gegend, wo auf den gewoͤhnlichen Charten eine Jnsel dicht am Lande und in der Muͤndung eines Flusses gezeichnet ist, der sich dort in die See ergiest. Das Wetter war heute ganz truͤbe und dunkel mit Regen, nur dann und wann wehte ein guͤnstiger Wind aus S. W. oder S. S. W. auch wol ganz S. Wir richteten unsern Lauf immer laͤngst dem Strande hin, der hier ganz rauh, mit vielen hohen Bergen besezt, und der Kuͤste von Schweden nicht unaͤhnlich ist. Auch hier sah ich in der See vor dem Lande viele rauhe, duͤrre, theils unbebauete, theils unbewohnte Klippen und kleine Jnseln, vor welchen sich die Schiffer wohl in Acht nehmen muͤssen, wel- ches aber nicht leicht ist, da von diesen Klippen in unsern gewoͤhnlichen Seekarten gar keine Erwaͤhnung vorkoͤmt. Jn der That wundre ich mich, daß sowol hier als uͤberhaupt nicht mehr Ungluͤksfaͤlle in der Schiffarth vorfallen, da unsre Seecharten so außerordentlich un- richtig sind, daß man sich schlechterdings nicht auf sie verlassen kan. — Wir bekamen einige genauere Nachricht von dieser Kuͤste durch einen siamischen Kaufman, Monpron- cena, der des verstorbnen Koͤnigs von Siam Faktor auf dieser Jnsel war, bei den Un- ruhen, (die ich im folgenden Kapitel erzaͤhlen werde,) von den Franzosen seiner und ver- schiedener koͤniglichen Guͤter beraubt, hernach aber von dem Gouverneur zu Paliakatta wohl aufgenommen, bekleidet und nach Batavia geschikt wurde. Dieser Man nante die groͤste unter den erwehnten felsigten Jnseln Samajotn. Er nante uns auch folgende Or- te, welche an dieser Kuͤste oder auf den benachbarten Eilanden Kui oder Koi, bis zur Muͤndung des Flusses Meinam in folgender Ordnung liegen sollen. Die vielen Jnselchen und Klippen, welche dicht vor uns lagen, nante er zusammen Pran oder Pranj; dann, sagte er, folge Czam oder Ceam, dann Putprich, dann Jsan, dann Mayaklon, dann Tatzyn oder Satzyn, endlich die Muͤndung des Flusses Meinam, der in siamischer Sprache Pagnam Taufia heist. Den 6ten Jun. des Morgens waren wir etwas verschlagen, und hatten zur Rech- ten die kleinen Jnseln bei dem Vorgebuͤrg Siam ohngefehr vier Meilen von uns. Zur Lin- ken sahn wir auch verschiedne hohe Berge und Jnseln, welche ich, weil sie kaum zu erken- nen waren, sechs bis sieben Meilen von uns entfernt hielte. Wir hatten sonst uns in unsrer Rechnung etwas betrogen. Weil der Wind ziemlich heftig aus S. und S. W. gen W. kam, so hatten wir in voriger Nacht die großen Segel eingezogen, aus Furcht, dem Lan- de, das wir sehr nahe vermutheten, zu nahe zu kommen, oder gar gegen dasselbe anzufahren. Ankunft Erst. Kap. Reise von Batavia nach Siam. Ankunft in Siam. Nachmittags kamen wir noch gluͤklich auf der Rhede von Siam an, und ließen gegen Abend, nach der Abloͤsung von fuͤnf Kanonenschuͤssen, unsre Anker fallen, in einer Gegend, wo die Muͤndung des Meinam gerade gegen Norden, drei Meilen von uns ent- fernt war. Vor uns sahn wir hier an beiden Ufern des Flusses niedrig gebuͤschichtes Land, zur Rechten Berge, zur Linken die See. Den 7ten Jun. segelten wir in Geselschaft der Herren Gudward und van Lohn mit gutem Winde auf die Muͤndung des Flusses zu, uͤber einen sehr schlammichten Meer- grund und verschiedne Leimbaͤnke. Wir fanden in dieser Gegend viele kleine Fischerkaͤhne, nebst verschiednen Anzeigen der Tiefe fuͤr die Schiffe, welche zuweilen den Strom hinauf- fahren. Hart an der Muͤndung desselben sahn wir eine Menge sinesische und andre Jun- ken liegen, vor denen wir kaum unsre eignen Masten sehen konten. An der Muͤndung sind einige breite Landspitzen, die aber aus bloßem Schlam bestehn, und bei hohem Wasser voͤllig uͤberschwemt werden. Zu beiden Seiten sieht man auch einige Schanzen, auf die man Kanonen pflanzen kan. Bei Gelegenheit der neulichen franzoͤsischen Unruhen hatte man an verschiednen Stellen des Flusses dergleichen Schanzen aufgeworfen. Wir kamen gegen Mit- tag in unsrer Faktorei Amsterdam an, die eine Meile von der Muͤndung liegt, und wur- den von dem daselbst residirenden Commandanten, der Core hies, und ein Schwede von Geburt war, mit vieler Hoͤflichkeit empfangen. Den 8ten Jun. versuchte ich es, so wie schon vorigen Abend, im Walde herumzu- gehn und siamische Kraͤuter zu suchen, welches immer eine Hauptbeschaͤftigung fuͤr mich auf allen meinen Reisen war. Jch konte aber doch meine Wisbegierde hierin nicht hinlaͤnglich befriedigen, weil ein großer Theil des Waldes unter Wasser stand, und der uͤbrige durch Tiger und andre wilde Thiere sehr unsicher gemacht wurde. Jch fand nur verschiedne Gat- tungen Farnkraut, worunter auch verschiedne europaͤische waren, einige gramina cype- roidea, eine sehr schoͤne alcea frutescens, nebst verschiednen andern Pflanzen, welche ich besonders beschrieben habe. Ein alter, der Kraͤuter sehr kundiger Man, versicherte mich, daß der anacardus um Bankok sehr haͤufig wachse. — Unsre Schuyte wurde heute wieder an Bord geschikt, um vier Kisten Geld von dort abzuholen. Den 9ten Jun. giengen wir mit unsrer Schaluppe den Flus hinauf, und belustig- ten uns mit Schießen der Affen, welche sich in Menge am Ufer und auf den Baͤumen be- finden. Abends spaͤt kamen wir die Festung Bankok vorbei, wo die von den Franzosen rechter Hand aufgefuͤhrte Schanze nunmehr zerstoͤhrt war. Wir lagen hier einen guten Theil der Nacht uͤber vor Anker. Den 10ten sezten wir unsre Reise noch vor Tage weiter fort. Das Ufer wurde nun anmuthiger, und war nach und nach mehr mit Haͤusern und Doͤrfern besezt. Jch ha- be die Namen der verschiednen Orte in meiner Charte angezeigt, welche ich diesesmal im C 2 Hin- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Hinauffahren vom Laufe des Flusses verfertigte, und nachher, als ich ihn herunter fuhr, nochmals verbesserte. Gegen 10 Uhr erreichten wir eine kleine Jnsel im Flusse, auf der viele Talapoins wohnten, und verschiedne Tempel waren. Jch sahe auch drei sitzende und einen stehenden großen Abgott, die mit ganz verguldeten Mandarinsmuͤtzen angethan waren. Gegen 40 kleinere Goͤtzen standen zu den Fuͤßen dieser großen. Nach eingenom- mener Mittagsmalzeit fuhren wir zwischen lustigen, gruͤnen Ufern fort, und ließen vor Einbruch der Nacht nur noch wenige Meilen von der Hauptstadt Juthia unsre Anker fallen. Ankunft in Juthia. Den 11ten kamen wir noch vor 9 Uhr, da der Gottesdienst angieng, (denn es war Sontag) in unsrer unter Juthia gelegenen Faktorei gluͤklich an. Diesen Abend wurde dem Residenten angezeigt, daß er sich morgen zu Hause halten muͤsse, weil der Koͤ- nig ausfahren wolle. Jn diesem Fal mus in Siam Jederman sich verkriechen; in Per- sien doch nur, wenn das koͤnigliche Frauenzimmer ausfaͤhrt. Es herscht alsdann die groͤ- ste Stille, und alle Fenster sind verschlossen. Wenn der Koͤnig oder seine Weiber einem von ohngefehr auf dem Felde begegnen, so mus man mit dem Gesicht sich sogleich zur Er- de niederwerfen, und diesen erhabnen Personen aus Ehrerbietung den Hintern zeigen, bis sie mit ihrem ganzen Gefolge voruͤber sind. Begraͤbnis der Mutter des Berklam’s Den 12ten, um 4 Uhr Nachmittags, wurde des Berklam’s oder obersten Reichs- kanzlers (der zugleich alle auswaͤrtige Geschaͤfte besorgt) Mutter verbrant und begraben. Die Siamer haben aber die| Gewohnheit, auch ihre Ammen, Muͤtter, so wie diejenigen, Bruͤder und Schwester zu nennen, welche mit ihnen gleiche Bruͤste gesogen haben. So war diese Frau auch nicht des Berklam’s Mutter, sondern seine Amme. Das Leichenbe- graͤbnis vornehmer Personen in Siam ist ausnehmend praͤchtig. Die Leiche wird zuerst in einem praͤchtigen, stark verguldeten Fahrzeuge mit Trommeln und Musik nach dem Ver- brennungsplatze uͤbergefuͤhrt. Sie liegt dann entweder in einem Sarg, oder sizt in einem kleinen Hause, so daß man sie sehen kan. Gemeiniglich stinkt aber diese Leiche schon sehr, weil zu der Einrichtung des Begaͤngnisses viel Zeit erfordert wird, obgleich vornehme Per- sonen, wenn sie gefaͤhrlich krank sind, schon bei ihrem Leben daran arbeiten lassen. Der Sarg ist ein laͤnglicht viereckigter Kasten, unsern europaͤischen Saͤrgen nicht unaͤhnlich, ent- weder verguldet oder mit Papier beklebt, das mit Gutta Gamba und Zin verguldet wird. Er steht auf einer zwei bis drei Mans hoch erhabnen, verguldeten und gleichfals mit vielen Lei- sten, Saͤulen ꝛc. sehr schoͤn ausgezierten Todtenbar. Das Fahrzeug, so die Leiche faͤhrt, wird gemeiniglich von einem andern begleitet, das eine thurmweise erhabne Pyra- mide hat. Vor und nach folgen viel andre kleinere Fahrzeuge, welche in der Mitte eine von Bambusrohr verfertigte, mit guͤldnem Papier und Kronen ausgezierte Spi- Tab. 1. F. 2. 3. tze tragen; die beigefuͤgte Figur wird den deutlichen Begrif davon machen. Diese ver- schiedne Tab. I. Erst. Kap. Reise von Batavia nach Siam. schiedne Fahrzeuge mit den darin angebrachten Pyramiden und andern Zierrathen liegen, waͤhrend daß die Leiche verbrant wird, am Ufer des Flusses stille. Auf diese Art wird die Leiche in Begleitung vieler Talapoins unter bestaͤndiger Musik nach dem Begraͤbnisorte gebracht, daselbst |auf den Scheiterhaufen gelegt, und nebst dem Sarge verbrant. Die uͤbergebliebnen Gebeine und Asche werden nach der Verbrennung gesamlet, und in die Erde geschart. Ueber denselben wird dann, nach dem Stande und Vermoͤgen der Person, eine kostbare Pyramide aufgerichtet. Der Plaz, wo des Berklam’s Mutter begraben wurde, war am Ufer zweier Arme des Stroms, der Stadt gegenuͤber, mit einer Reihe von klei- nen Fahnen und andern Zierrathen ins Gevierte, wie eine Palissade umzogen. Mitten auf dem Plaz stand ein mit vielen Saͤulen zierlich und kostbar aufgerichteter, und mit ver- guldetem Papier ganz uͤberklebter hoher Thurm mit zwei Pforten, gerade eine der andern gegenuͤber. Unter diesem Thurm wurde der Leichnam in einem kostbaren Sarge verbrant, und der Koͤnig, welcher die Verdienste des Berklam’s sehr schaͤzte, zuͤndete selbst den Scheiterhaufen, der aus sehr seltnem Holz zusammengesezt war, zuerst an. Auf einer Seite dieses Kirchhofes war auch noch ein besondrer Plaz dazu eingerichtet, die Talapoins zu bewirthen, nachdem sie alle ihre Ceremonien verrichtet hatten. Man gieng durch eine Pforte hinein, die mit vielen verguldeten Tuͤchern belegt war. Audienz bei dem Berklam. Einige Tage hernach hatte unser Resident, Herr van Hoorn, in Begleitung noch zweier Maͤnner, die die siamische und andre asiatische Sprachen sehr gut verstanden, des Herrn Daniels und Hrn. Moses Brokborde, eine feierliche, oͤffentliche Audienz bei dem Berklam. Der Capitain unsers Schiffes, und meine Wenigkeit wurde auch noch bei derselben zugelassen. Die Ursache dieser Audienz war, dem Berklam und dem Koͤnig die Briefe und Geschenke zu uͤbergeben, die wir mitgebracht hatten. Des Morgens zwi- schen 7 und 9 Uhr am Tage der Audienz, kamen vier Operas oder Reichsraͤthe Mandarins vom zweiten Range. in un- serer Faktorei zu uns. Einer derselben hies Opera Tsijat, ein Hindostaner, jezt uͤber- haupt der Mohren, d. i. der Mohammedaner; auch Sjabander des Koͤnigs, d. i. Zol- meister uͤber alle einkommende Waaren. Er war nach der Landesmanier mit reichen Gold- stuͤcken und einem Tulban bekleidet. Der andre war ein siamischer Mandarin, ein Herr von 80 Jahren, und dann bemerkte ich noch einen Sineser mit aufgewundnem Haupthaar, uͤbrigens aber wie ein siamischer Mandarin gekleidet. Diese Herren wurden nebst ihrem Ge- folge auf unsrer Faktorei von dem Residenten mit Confituͤren und Brantewein bewirthet; der Mohr aber und noch ein Siamer wolten nicht trinken. Jhre Prauen oder Fahrzeuge waren sehr artig und noch mehr praͤchtig, vor allen aber dasjenige, welches die Briefe fuͤr C 3 den Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. den Koͤnig und den Berklam uͤberbringen solte. Es war in demselben Niemand als der Dolmetscher. Der Gestalt nach war dieses Fahrzeug den andern nicht unaͤhnlich; nur groͤ- ßer und der Vorder- und Hintertheil mehr erhaben. Aus dem nebenstehenden Ku- Tab. 1. Fig. 4 pfer kan man sich den besten Begrif davon machen. Etwas sonderbares bei dieser Prau war noch dieses, daß alle Ruderknechte Hemde oder ungefutterte Roͤcke von grobem Leinwand, und gelbe oder weiße platte Muͤtzen, ebenfals von Leinwand trugen. Der Stuhl in diesem Fahrzeuge war mit gruͤner, weißer und gelber Leinwand uͤberzogen, und hatte zu jeder Seite eine Bank. Der Stuhl war aber uͤber beide erhaben, nach der Sitte des Landes, da Personen vom hohen Range al- lemal erhabener als andre sitzen muͤssen. Zu jeder Seite des Stuhls hatte man ein Schwert und eine Stange befestigt, die mit Gold uͤberzogen und mit kostbaren Steinen besezt wa- ren. Dies sind Zeichen der hoͤchsten Gewalt, welche alle Mandarine bei feierlichen Gele- genheiten sich nachtragen lassen. Diese Staatsschwerter haben Klingen von Manslaͤnge, daß man damit wie mit einer Sense um sich hauen kan. Der Staatsstuhl, von dem ich geredet habe, ist aus verschiednen Stuͤcken zu- sammengesezt. Unten liegt die erste Lage mit den Ruderbaͤnken volkommen gleich, etwa eine Spanne hoch uͤber das Schifsbort erhaben. Sie ist ohngefehr vier Schritte lang und so breit als das Fahrzeug, mit Leist- und Schnizwerk kuͤnstlich geziert. Mitten auf dieser ersten Lage liegt eine andre kleinere, aber etwas hoͤher erhaben und auf gleiche Art ausge- ziert, beinahe viereckigt. Auf dieser zweiten Lage steht ein vergoldeter vierfuͤßiger Stuhl, uͤber welchen ein gebogener Himmel ausgespant ist, der an beiden Seiten des Fahrzeugs uͤber das Wasser hervorragt, und mit zwei eisernen Klammern festgemacht ist. Dieser Himmel ist aus Bambusrohr und Leder gemacht, inwendig schwarz, von außen aber entweder ganz vergul- det oder auch nur mit einem breiten guldnen Strich auf schwarzem oder rothem Felde ringsher- um geziert. Wir fuhren nun in folgender Ordnung zur Audienz: Zuerst Opera Tsijat, der Mohr; dann die drei andere siamische und sinesische Mandarine; dann die Prau mit den Briefen an Seine Majestaͤt und den Berklam, welche zugleich in malayischer und hol- laͤndischer Sprache geschrieben waren. Sie wurden zuerst in Gold durchwirkten Beuteln verwahrt, und lagen in denselben auf einer guͤldnen Schale, welche mit kuͤnstlich durch- wirktem Tuche bedekt, und nach Landesart in eine mit Perlmutter besezte Pinangsbuͤchse gelegt war. So verwahrt wurden diese Briefe gerade in die Mitte des gehimmelten Jst dies gehimmelt nicht ein so artiges, ausdruͤckendes Wort, daß ich es mit gutem Recht aus meinen alten Handschriften beibehalten konte? Stuhls gesezt. Der Dolmetscher und Ueberbringer sas vor den Briefen auf einem Teppich. Nach Erst. Kap. Reise von Batavia nach Siam. Nach der Prau mit den Briefen folgten wir in einem kleinern Fahrzeuge, das ei- nen rothen Himmel hatte. Jn dieser Ordnung fuhren wir der Laͤnge der Stadt nach den Strom hinauf nach des Berklams Hause, woselbst dieser erste Minister oͤffentliche Au- dienz giebt, und sich in seiner ganzen Pracht und Herlichkeit sehn laͤst. Wir stiegen ohn- weit dieses Hauses an Land, und machten den uͤbrigen Weg zu Fuße. Der Vorhof war sehr kothig, doch etwas besser als der Vorhof seines andern Hauses, (denn dies war eigent- lich nur Audienzsaal) wo wir vor einigen Tagen eine Privataudienz gehabt hatten. So- gleich wie wir in diesen Hof kamen, bemerkten wir zur linken Hand ein offen viereckigt Haus, oder vielmehr eine ofne große Kammer ohne Mauern, mit Brettern belegt, und mit vielen Menschen angefuͤlt. Rechter Hand war ein Stal, in dem ein aufgepuzter gro- ßer Elephant stand. Wir giengen aber gerade aus, eine steinere Treppe hinauf, zu dem ei- gentlichen Audienzsaale, da wir zuvor, der Landessitte gemaͤs, unsre Schuhe abgelegt hat- ten. Dies Audienzhaus bestand nur aus einem Zimmer, wie eine Kirche. Jnwendig war es weis, aber wohl bestaͤubt; und mit Spinwebe reichlich behangen. An jeder Seite bemerkte ich sieben viereckigte Saͤulen, auf denen das hoͤlzerne Oberstrich ruhete, welches bis in den dritten Theil des Dachs erhaben, und mit rothem Laubwerk ganz artig bemalt war. Jede Saͤule war in der Mitte mit einer langen sinesischen Kupferplate behangen. Dem Raum zwischen den Saͤulen gerade gegenuͤber war in der Mauer ein langes Fenster, mit Schiebbrettern versehn. Man kam durch zwei Thuͤren in den Saal hinein, und zwi- schen diesen war auch ein Fenster. Jnwendig, laͤngst den Pfeilern, war eine lange Stange von Bambusrohr befestigt, und mit schlechtem weißen Tuch behangen. Hinter derselben saßen und lagen des Berklams Bediente, die keine Mandarins waren, ohne Ordnung durcheinander. Vor der Bambusstange saßen laͤngst derselben hin die Mandarine. Oben an zur Rechten des Berklams Oja Tewijata, ein Mohr und Oberaufseher der koͤnigli- chen Elephanten; zur Linken Oja Pipat, oder Unter Berklam, beide mit goldnen Borsetten vor sich. Borsetten sind kubische Buͤchsen von Pinang, und besondre Gnaden- zeichen des Koͤnigs, die er seinen Mandarins von hoͤherm Range zugleich mit ihrem Titel schenkt; doch haͤlt man die Sache so wichtig, daß der Koͤnig niemals ein dergleichen Ge- schenk macht, ohne vorher seine Astrologen um Rath zu fragen. Unter diesen beiden vor- nehmsten Mandarins saßen nun noch eine gute Anzahl andrer siamischer, sinesischer und mohrischer Mandarine. Jch konte ihrer rechter Hand drei und zwanzig, und linker Hand ein und zwanzig zaͤhlen, von welchen oben an sieben waren, welche guͤldne, und etwa zwei, welche silberne Borsetten vor sich stehn hatten. Unsre Briefe wurden nun mit dem Beutel, Becken und uͤbrigen Zierrathen auf einen Stuhl niedergesezt, etwa vier bis fuͤnf Schritte von dem Berklam. Wir sezten uns in der Mitte gerade zwischen beiden Reihen der Mandarine nieder; da uns dann sogleich vier Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. vier erhabene Pinangbecken mit gespiztem Betel und Pinangs, die mit Jesminen und andern Blumen ganz uͤberstreuet waren, vorgesezt wurden. Der Berklam selbst sas (ohne Zweifel weil er hier die Person des Koͤnigs vertrat) in einem zugemachten Zimmer hinter einem bunten Tuch, das uͤber eine bambusne zwei bis drei Fus von dem Boden erhabene Stange gelegt war; so daß man nur seinen Oberleib sah. Vor ihm standen zwei guͤldne Schirme, an jeder Seite einer, so daß man nur den Obertheil seines Koͤrpers sehn konte. Hinter ihm lagen zwei guͤldne Dolche auf zwei Kuͤssen, bei welchen zwei von den vorher- erwaͤhnten Mandarinssaͤbeln mit langen Stielen stunden. Noch weiter hinter ihm an der Mauer waren zwei europaͤische Gemaͤlde uͤbereinander gestelt, und diese Mauer war rings- herum, nach der Landesweise, mit Blumwerk bemalt. Nachdem wir uns nun auf diese Art alle gesezt hatten, lies der Berklam durch den Dolmetscher unsern Residenten, Myn- heer van Hoorn befragen, wie sich der Generalgouverneur unsrer ostindischen Com- pagnie befaͤnde? wie lange er schon in Jndien sey? wie viel Truppen wir jezt zu Bata- via und Bantam unterhielten? welches von diesen beiden das beste Land waͤre? und auch, wer der Schiffer und ich waͤren? nebst verschiednen Fragen der Art mehr. Nachdem sie hinlaͤnglich beantwortet waren, wurden die Beutel aufgeschnitten, die Briefe herausge- nommen, und, nachdem sie verschiednen der gegenwaͤrtigen Mandarins durch die Haͤnde passirt waren, laut abgelesen. Da der Dolmetscher verschiedne Ausdruͤcke in dem malayi- schen Schreiben nicht verstand, musten sie ihm die Herrn, Moses und Daniel, erklaͤren. Nachdem die Audienz ohngefehr dreiviertel Stunden gewaͤhrt hatte, begaben wir uns von dem Sohn des Berklams, der bisher hinter dem Stuhl seines Vaters gesessen hatte, be- gleitet, durch sein andres Haus nach unsrer Prau, die unter der Zeit dorthin gebracht war, und fuhren dann nach der Mahlzeit ab, die schon unsrer wartete. Es ereignete sich uͤbrigens waͤhrend unsers Aufenthalts in Siam nichts Merkwuͤr- diges; außer daß gegen Ende des Monats durch die ganze Stadt ein koͤniglicher Befehl bekant gemacht wurde, daß Niemand in dem Flusse sich waschen oder baden solte. Die Ursache dieses Befehls, sagte man mir, sey, daß einige Tage hintereinander verschiedne Menschen von giftigen Wasserschlangen gebissen, und sogleich darauf gestorben waͤren. Diese Schlangen sollen nicht uͤber eines Fingers lang, und nicht dicker, als ein Blutsauger seyn, braun und blau von Farbe. Nur alle sieben, zehn oder mehr Jahre stellen sie sich einmal in dem Flus ein. Jch sahe nach diesem Vorbot doch verschiedne, welche in ihren Fahrzeugen sich nur mit dem Wasser abspuͤlten; da die Siamer des Wassers eben so wenig als die Fische entbehren koͤnnen. Um sie zu desto besserer Befolgung des koͤniglichen Befehls zu verpflich- ten, wurde noch verordnet, daß die hinterlasne Erben eines am Schlangenbis Gestorbnen achtzehn Taal Strafe bezahlen solten. Zweites Zweites Kapitel . Der jetzige Zustand des siamischen Hofes. Beschreibung der Hauptstadt und koͤniglichen Residenz Judja. E he ich in der Erzaͤhlung meiner Reise nach Japan weiter fortfahre, wil ich vorher mit wenigen Worten beschreiben, in welchem Zustande ich den Hof und das Reich von Siam gefunden habe. Die ausfuͤhrlichere Abhandlung hievon behalt ich einem an- dern Orte vor Diesen andern Ort hofte Kaͤmpfer ohne Zweifel in den Schriften zu finden, die er noch besonders uͤber Siam bekant zu machen vorhatte. Unter den Manuscripten, die sich noch im Museo Britannico befinden, und von deren Existenz ich durch Hrn. Planta’s Guͤte belehrt bin, finde ich auch: Miscellanea varia ad Siamensium historiam naturalem \& politicam spectantia und Alphabetha \& Notitiae Siamicae. Vielleicht enthaͤlt auch noch eine andre ausfuͤhrlichere Beschreibung der Reise von Batavia nach Siam, die dort verwahrt wird, ( Diarium Itineris Batauia Siamum indeque Japoniam ) noch mehr Nachrichten uͤber Siam, als hier unser Text. . Das Koͤnigreich Siam ist das maͤchtigste, und der dortige Hof der praͤchtigste unter allen schwarzen Nationen in ganz Asien. Der jetzige Tsjaufa oder Koͤnig, der Petratja heist, bemaͤchtigte sich, bei Absterben seines Vorfahren, des Pro Narees Naraye Pintsjau des Scepters, da er vorher alle diejenigen, welche ein naͤheres Recht zur Thronfolge hatten, mit vielem Blutvergießen aus dem Wege raͤumte. Die Macht zu diesem Unternehmen konte ihm nicht fehlen, da ihn der vorige Koͤnig bei einer langwierigen und fuͤr unheilbar erkanten Krankheit zu seinem Feldobristen ernant, und die ganze Regie- rung des Landes bis zu seiner Genesung ihm anvertrauet hatte. Die entdekte Verschwoͤ- rung des Staatsministers Constantin Faulcon gegen die naͤchsten Kronerben gab ihm D einen Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. einen sehr passenden Vorwand zur Ausfuͤhrung seiner Absichten. Diese Begebenheit, so wie die Geschichte des Verschwoͤrers, sind merkwuͤrdig genug, um hier in der Kuͤrze nicht ohne Vergnuͤgen des Lesers erzaͤhlt zu werden. Geschichte des Constantin Phaulcon. Constantin Faulcon (oder wie er sich selbst zu unterzeichnen pflegte, Phaul- con ) war ein Grieche von Geburt, ein Man von großem Verstande, sehr schoͤnen Aeu- ßerm, und einer vorzuͤglich angenehmen Beredsamkeit. Er hatte keine gelehrte Erziehung genossen, sondern seine juͤngern Jahre meistens auf der See unter verschiednen Nationen (besonders aber unter Englaͤndern) zugebracht, deren Sprachen er daher auch sehr gut wu- ste. Als englischer Schifsquartiermeister kam er zuerst nach Siam, und bei Hofe in Dienst. Es wurden ihm anfangs geringe, dann hoͤhere Geschaͤfte anvertrauet; er fuͤhrte sie mit so vieler Geschiklichkeit aus, und bewies uͤberal einen so hellen und geschwinden Verstand, daß er binnen neun Jahren sich das groͤste Vertrauen und Ansehn erwarb. Es wurde ihm die Direktion der Finanzen des Reichs und der koͤniglichen Oekonomie uͤber- geben; in allen, auch den schwierigsten Berathschlagungen, gab sein Urtheil allemal den Ausschlag; jeder bewarb sich um seine Gunst. Dieses Gluͤk suchte Faulcon durch Verbindung mit irgend einer auslaͤndischen Nation fester zu gruͤnden und noch zu erweitern; vielleicht (vermuthet man) hielt er es auch nicht unmoͤglich, die koͤnigliche Wuͤrde selbst zu erhalten. Zu diesen seinen Absichten, glaubte er, schicke sich keine Nation besser, als die franzoͤsische. Er brachte daher dem Koͤnig die Meinung bei, daß er durch Huͤlfe dieser Nation seine Unterthanen wuͤrde klug, und sein Reich bluͤhend und maͤchtig machen koͤnnen; eine siamische Gesandschaft nach Frankreich solte die Verbindung anfangen; diese wurde durch eine doppelte franzoͤsische er- widert; und Jesuiten, Kuͤnstler und Soldaten fanden sich in Menge ein. Um die fran- zoͤsischen Besitzungen zu sichern, uͤbergab Faulcon dem General de Fargues (der mit einigen hundert Soldaten heruͤbergekommen war) eine am großen Flus Meinam sechs Mei- len vom Seehafen gelegne Festung Bankok, die man als den Schluͤssel des Reichs ansehn kan. De Fargues legte von seinen heruͤbergebrachten und zum Theil auch hier angeworb- nen Truppen eine gute Besatzung hinein, und suchte den Ort auch durch neu angelegte Werke noch fester zu machen. Da sich der Minister auf diese Art hinlaͤnglich gesichert glaubte; so legte er ohne weitern Aufschub mit dem franzoͤsischen General und einigen Man- darinen (denen er voͤllig trauen zu koͤnnen glaubte) eine Verschwoͤrung an. Der Haupt- zwek derselben war, daß der Monpi Totso, (des Koͤnigs angenommener Sohn und zu- gleich auch desselben Schwiegersohn,) der voͤllig eine Creatur des Faulcon und der Fran- zosen war, nach des Koͤnigs Tode (der wegen der zunehmenden Wassersucht nicht mehr weit Zweit. Kap. der jetzige Zustand siamischen Hofes. weit entfernt seyn konte,) den Thron besteigen, vorher aber alle ihm entgegenstehende Praͤ- tendenten, nemlich zwei koͤnigliche Bruͤder, den Petratja nebst seinen Soͤhnen und An- haͤngern aus dem Wege raͤumen solte. Des Monpi Vater und Verwandten hielten zu dieser Absicht schon 14000 Man hin und wieder im Lande bereit. Um sie desto sicherer auszufuͤhren, reisete Faulcon insgeheim zum kranken Koͤnig, (der sich damals nicht in seiner Residenz Judja, sondern 15 Meilen weiter nordwaͤrts, in der Stadt Livo aufhielt) und uͤberredte ihn, daß er zu mehrerer Sicherheit seiner Person und des ganzen Hofes den franzoͤsischen General mit einem Theil der Besatzung moͤchte zu sich kommen lassen. Der Koͤnig bewilligte alles, und de Fargues war schon auf dem Marsch, als ploͤzlich die gan- ze Verschwoͤrung durch den Sohn des Petratja sebst entdekt wurde. Dieser Prinz befand sich von ohngefehr mit zwei koͤniglichen Conkubinen in einem Zimmer, welches dicht an dasjenige sties, wo die Verschworne ihre blutige Berathschlagungen hielten. Bloße Neu- gierde trieb ihn an auf die Gespraͤche zu lauschen, so entdekte er das Geheimnis und saͤum- te nicht, es seinem Vater, so wie dieser dem Koͤnig, mitzutheilen. Petratja lies sogleich den Monpi, den Faulcon, die verschwornen Mandarins und auch den Capitain von der koͤniglichen Guarde nach Hofe kommen, und sie, obgleich wider des Koͤnigs Willen, an Kopf, Haͤnden und Fuͤßen schließen. Faulcon hatte sich schon einige Zeit vom Hofe ent- fernt gehalten, und nahm, als er jezt so ploͤzlich dahin eingeladen wurde, von seiner Fa- milie sehr schwermuͤthig Abschied, der ihr Ungluͤk auch schon bald hernach dadurch ange- zeigt wurde, als der silberne Sessel, in dem sich der Minister gemeiniglich tragen lies, leer wieder zuruͤkgeschikt wurde. Petratja lies auch nicht lange hernach die saͤmtlichen Hausgenossen des Faulcon nach Hofe kommen, und sie gleichfals in Fesseln legen. Dies alles geschahe am 19ten Mai 1689. Zween Tage hernach lies Petratja dem Monpi, wider Willen bes Koͤnigs, den Kopf abschlagen, und warf ihn dem gefesselten Faulcon mit den Worten: „Da siehe deinen Koͤnig“, zu den Fuͤßen. Dem ungluͤklichen kranken Koͤ- nig gieng der fruͤhzeitige gewaltsame Tod seines ihm sehr werthen Monpi ungemein zu Herzen, und er befahl, daß der Koͤrper des Enthaupteten keinem fernern Spot ausgesezt, sondern auf eine anstaͤndige Art begraben werden solte, welches dann auch geschahe. Des Monpi Vater hielt sich damals auf seinen Guͤtern zwischen Judja und Livo auf; Pe- tratja bemaͤchtigte sich seiner mit List, und zerstreuete alle seine Anhaͤnger. Noch vierzehn Tage nach des Monpi Tode quaͤlte man den Faulcon auf man- nigfache Art, und lies ihn fast vor Hunger sterben. Ganz abgemattet wurde er endlich eines Tages nach Sonnenuntergang auf einem schlechten Tragsessel (da man ihm vorher die Bande abgenommen hatte) fortgebracht, zuerst nach seinem Hause. Er solte hier nur alle seine herliche Einrichtungen zerstoͤrt, und seine Gemahlin gefesselt im Stalle liegen sehen; diese wolte ihn keines Abschiednehmens wuͤrdigen, sondern spie ihn mit Verachtung an, und er- D 2 laubte Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. laubte ihm auch nicht, den noch einzig uͤbergebliebnen Sohn von vier Jahren zu kuͤssen. Der zweite Sohn war vor wenig Tagen gestorben und lag noch unbegraben da. Von diesem traurigen Ort brachte man nun den ungluͤklichen Faulcon außer der Stadt an den ordentlichen Gerichtplaz, wo man ihm, ob er sich gleich straͤubte, den Kopf abhieb, und den Leichnam in zwei Stuͤcken zertrente. Man bedekte diese zwar mit ein wenig Erde, aber die Hunde wuͤhlten sie noch dieselbe Nacht wieder auf, und verzehrten den ganzen Koͤrper bis auf die Knochen. Sein Wappen, das aus zwei silbernen Kreuzen be- stand; eine mit Gold beschlagne Reliquie, die ihm der Pabst geschenkt hatte, und welche er an der Brust zu tragen pflegte; den Ritterorden von St. Michael, womit ihn der al- lerchristlichste Koͤnig beehrt hatte, diese Kostbarkeiten uͤbergab der ungluͤkliche Man einem neben ihm stehenden Mandarin, und ersuchte ihn sie seinem Sohn einzuhaͤndigen. Die- sem kan aber wenig damit gedient seyn, da seine Mutter jezt mit ihm vor den Thuͤren das Brod betteln mus, und Niemand es wagt, fuͤr diese Elenden ein Fuͤrwort einzulegen. Geschichte der Franzosen. De Fargues, der von allem diesen nichts wuste, kam indes nach dem an ihm ergangnen Aufgebot mit wenigen Truppen bei Hofe an, wo er aber alles ganz anders fand, als er es erwartet hatte. Er wurde zwar dem aͤußern Ansehn nach sehr gut empfan- gen, und im Namen des Koͤnigs mit einer goldnen Pisangsdose beschenkt, allein er mu- ste auch seine zwei Soͤhne und zwoͤlf Franzosen als Geisseln hinterlassen, und dann sogleich wieder nach Bankok zuruͤkgehn, mit dem Versprechen, diese Festung wieder in siamische Haͤnde zu uͤberliefern. Es war aber nicht sein Wille, dies Versprechen zu erfuͤllen. Er lies die Schiffer, die ihn den Flus heruntergebracht hatten, ins Gefaͤngnis werfen; von seiner Festung auf die Siamer und ihre vorbeisegelnde Schiffe mit Kanonen feuern, und bemuͤhte sich auf alle Weise, als ihr Feind zu handeln. Als ein Paar seiner Soldaten, die aus dem Lande gebuͤrtig waren, sich weigerten seinen Befehlen zu gehorchen, lies er sie sogleich im Angesicht der Siamer auf den Mauern der Festung auf haͤngen. Durch dies Verfahren wuͤrde sich gewis der franzoͤsische General eine blutige Ra- che bereitet haben, wenn er sich nicht bald besser besonnen und sein Betragen geaͤndert haͤt- te. Schon fingen die Siamer an, einige Schanzen an dem Flus hinunter aufzuwerfen, um dadurch dem de Fargues die Flucht abzuschneiden; als dieser einen andern Ton annahm, seine vorige Handlungen zu entschuldigen bat, und alle Schuld blos auf seine Leute schob, die ihm nicht haͤtten gehorchen wollen. Er hielt zugleich um ein Schif an, mit dem er nach Europa abreisen wolte. Der hollaͤndische Resident that ihm hierin die besten Dienste; er stelte nemlich dem Hofe vor, man wuͤrde sich nicht ruͤhmlicher raͤchen koͤnnen, als Zweit. Kap. der jetzige Zustand des siamischen Hofes. als wenn man mit einer grosmuͤthigen Sanftmuth dem General verziehe, und ihm mit sei- nen Leuten abzuziehn erlaubte, welches dann auch bewilligt wurde. Folgende merkwuͤrdige kleine Begebenheit verdient hiebei noch Erwaͤhnung. Die vierzehn franzoͤsischen Geisseln zu Livo hatten Mittel gefunden zu entwischen; man sezte ihnen aber zu Pferde nach und holte sie wieder ein. Der Landessitte gemaͤs legte man ih- nen, als man sie zuruͤkbrachte, Stricke um den Hals. Dies erschrekte einen dieser Fran- zosen, der ein Jngenieur war, dermaßen, daß er sogleich auf der Stelle tod blieb. Es waren um diese Zeit zwei koͤnigliche Schiffe mit Franzosen besezt auf dem Meer, welche den Kapern aufpassen solten, und deren Zuruͤkkunft man gerade jezt erwar- tete. Dieser wuͤnschte die siamische Regierung sich zu bemaͤchtigen, ehe sie von dem Bruch zwischen beiden Nationen Nachricht haͤtten. Dies gelang ihnen auch nach ihrem Wunsch. De Fargues hatte in der Nacht eine Schaluppe ausgeschikt, welche jenen Schiffen die Neuigkeit uͤberbringen solte. Diese griffen die Siamer noch im Flusse (aber an einem Ort, wo sie die franzoͤsischen Kanonen nicht mehr erreichen konten) an, eroberten und verbranten sie, obgleich die franzoͤsische Manschaft sich ganz verzweifelt wehrte. Alle andre Franzosen, die sich damals in Siam befanden, musten die verraͤthe- rischen Absichten des Faulcon und die unbesonnene Auffuͤhrung ihres Generals sehr hart mit einem langwierigen und aͤußerst unangenehmen Gefaͤngnis buͤßen. Auch der Metropoli- tanbischof, Louis, der sich in diesem ansehnlichen Charakter hier schon verschiedne Jahre aufgehalten hatte, war unter dieser Zahl begriffen. Sein Pallast vor der Stadt wurde gepluͤndert, und er selbst nebst den uͤbrigen Vaͤtern von der Geselschaft Jesu, (deren, denk ich, sieben oder acht waren) wurden in den Hof der koͤniglichen Pakhaͤuser in Ver- haft gebracht. Jch habe daselbst den Herrn Metropolitan mit seiner ehrwuͤrdigen Gesel- schaft noch in kleinen schlechten Haͤusern von Schilf und Bambusrohr gefunden und mich mit ihm unterhalten. Sie ertrugen ihr Leiden sehr gelassen, und man mus besonders gestehn, daß der Bischof ein vortreflicher, gelehrter und gottesfuͤrchtiger Man war. Er besas besonders eine ausnehmend gruͤndliche Kentnis der siamischen Religion, und der Spra- che ihrer heiligen Buͤcher. Er hatte auch durch seine christlichen Lehren und sein Betragen, wie ein andrer Paulus, seine heidnische Waͤchter so eingenommen, daß sie ihn als einen heiligen Man Gottes verehrten. Drei andre Jesuiten, die sich zu Livo, dicht an dem Tempel Wath Niak Pranj Waan niedergelassen hatten, unter dem Vorwande, daß sie die Pali (die Sprache der siamischen heiligen Buͤcher) von den Priestern erlernen wol- ten, verschwanden ploͤzlich, und man konte gar nicht erfahren, wo sie geblieben waͤren? Diese Jesuiten hatten ganz das Aeußere der siamischen Priester angenommen. Sie scho- ren sich den Kopf, kleideten sich und lebten voͤllig wie jene. — Mitten in diesen Unruhen lies Petratja die Hollaͤnder seiner Gewogenheit und seines Schutzes versichern; sie bitten, D 3 daß Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. daß sie ganz unbekuͤmmert seyn moͤchten. Zugleich schikte er Befehl nach Bankok, daß dort alle unsre Schiffe und Fahrzeuge ganz unaufgehalten hin und her passiren solten. Petratja’s Gluͤk; Tod des alten Koͤnigs. Petratja bemaͤchtigte sich bald hernach auch der beiden Bruͤder des Koͤnigs unter dem Vorwande, daß sie in Faulcons Verschwoͤrung interessirt gewesen waͤren. Er lies sie außer der Stadt in einen nahe gelegnen Tempel bringen, und daselbst mit Pruͤgeln von Sandelholz zu Tode schlagen. Eine Todesart, die man bei dergleichen Personen aus Achtung fuͤr das koͤnigliche Blut zu erwaͤhlen pflegt. Und so hatte also der alte Koͤnig den Schmerz, jezt seine Bruͤder auf eben die Art sterben zu sehen, wie er ehmals den 9ten Oktob. 1656 seinen Oheim Pracitama Ratia hatte ums Leben bringen lassen, der sei- nem Vater auf dem Throne gefolgt war, und damals schon in den dritten Monat regiert hatte. Der Schmerz des Koͤnigs muste noch dadurch vermehrt werden, daß er den Pe- tratja bestaͤndig als seinen vertrautesten Freund angesehn hatte, der seiner Schwester Sohn war, dessen Toͤchter und Schwester der Koͤnig zu Conkubinen gebraucht hatte, und der uͤberdem noch bestaͤndig einen Abscheu vor der schweren Buͤrde einer Krone bezeugt hatte Nie haͤtte also der Koͤnig solche grausame Absichten bei ihm vermuthet, und seine Hand- lungen waren ihm ganz unerwartet. Dieser Schmerz endigte auch schon zwei Tage her- nach sein Leben, im 55ten Jahre seines Alters, und 32ten seiner friedlichen Regierung. Er starb den 11ten Jul. 1689, oder nach dem Soncarad (der siamischen Zeitrechnung) im Jahr 2232. Siamische Thronfolge. So kam Petratja zur koͤniglichen Regierung und dadurch zu dem Titel eines Koͤ- nigs von Siam, Tanassarien, Sucketa und Poiselucke; auch eines Schuzherrn von Cambodia, Jehoor, Pattany und Queda. Uralte siamische Grundgesetze wollen, daß nach Absterben des Koͤnigs dessen Bru- der, und nach dessen Tode, oder wenn kein Bruder vorhanden, der aͤlteste Sohn zur Re- gierung kommen solle. Diese Verordnung ist aber so oft uͤbertreten, und das Recht der Thronfolge dadurch dermaßen verwirret, daß jezt nach dem Tode eines Koͤnigs allemal der- jenige fuͤr den naͤchsten Erben sich aufwirft, der unter allen koͤniglichen Verwandten der maͤchtigste ist. Sehr selten koͤmt daher der wahre, rechtmaͤßige Thronfolger zur Regie- rung, oder er kan sich wenigstens nicht dabei erhalten. Aufruhr der Macassarn. Diese Ungewisheit der Succession giebt zuweilen auch ganz Fremden, und Leu- ten, die nicht das mindeste Recht fuͤr sich haben, den Gedanken ein, nach der Krone zu stre- ben. Zweit. Kap. der jetzige Zustand des siamischen Hofes. ben. Jch wil davon nur ein Paar der neuesten Beispiele angeben. Vor einigen Jah- ren hatte sich ein Prinz aus der koͤniglichen Familie von Macassar mit einigen seiner Lan- desleute nach Siam gefluͤchtet, wo ihnen der Koͤnig dicht neben dem Camp der Malay- en Die Plaͤtze von der Gegend Judja, wel- che mit den Wohnungen der verschiednen fremden Nationen, der Malayer, Sineser, Japaner, Por- tugiesen, Hollaͤnder u. s. w. besezt sind, heißen Camps; ohne Zweifel aus dem Grunde, weil diese Wohnungen mehr wie Zelte als Haͤuser ge- bauet sind. Dies bestaͤtigt die Behauptung des Hrn. von Pauws, daß die Bauart der sinesischen Staͤdte und Haͤuser von der Einrichtung eines La- gers oder Zeltes copirt sey. S. Recherches phi- losophiques sur les Egyptiens \& les Chinois. T. II. p. 14. Und diese Manier zu bauen trist bei allen Nationen zu, die aus dem nomadischen Hirtenle- ben in ein gesitteters uͤbergiengen, und ohngefehr auf der Graͤnze zwischen beiden stehen blieben. — Hier in Siam koͤmt nun bei verschiednen der frem- den Nationen noch der Grund hinzu, daß ihr Aufenthalt nicht dauerhaft und sicher genug ist, um andre als lageraͤhnliche Wohnungen zu erwaͤh- len. Doch darf man nicht denken, dies sey die ein- zige Ursache, weil verschiedne der erwaͤhnten Na- tionen schon Jahrhunderte auf diese Art zu woh- nen pflegen. Und uͤberdem ist die Bauart der Sia- mer selbst volkommen dieselbe. Loubere (S. De- scription du Royaume de Siam T. I. p. 86. \&c. ) giebt sehr artige Nachrichten von derselben. Drei- hundert Haͤuser, sagt er, die abgebrant waren, wurden in zwei Tagen wieder gebauet. — Dem Koͤnig hinderten einmal drei Haͤuser die Aussicht, und in weniger als einer Stunde konten sie die Einwohner mit allen darin befindlichen Meublen wegnehmen. — Man begreift leicht, daß sich die- ses nur von Wohnungen sagen laͤst, die mehr Zel- te als Haͤuser sind; und so verhaͤlt es sich in der That mit den siamischen. einen Plaz zur Wohnung anwies, und ihnen eigenthuͤmlich einraͤumte. Dieser Prinz faßte nach einiger Zeit den Entschlus mit Huͤlfe der benachbarten Malayen, seiner mohammedanischen Religionsverwandten, die Hauptstadt zu uͤberfallen, und sich auf den Thron zu schwingen. Allein dieser Anschlag wurde zu fruͤh verrathen, und nun der Prinz, weil er zu stolz war, nach Hofe zu kommen und Abbitte zu thun, mit seinem ganzen Anhange bis auf seinen Sohn von acht Jahren ausgerottet. Ein harter Kampf gieng vorher, in welchem sich die Macassarier verzweifelt wehrten, und noch viele Siamer ne- ben sich toͤdteten. Die Malayen bequemten sich zur Abbitte, und wurden von dem zu leutseligen Koͤnig ohne alle Strafe begnadigt. Dies geschahe 1637. Noch ein andrer Aufruhr eines Priesters. Jm leztern Jahre (1689) wagte ein Pfaffe aus Peju, der den siamischen Hof sehr gut kante, und ehmals zu Judja in Verhaft gesessen hatte, einen aͤhnlichen An- schlag. Er gab sich auf dem platten Lande fuͤr des ohnlaͤngst verstorbnen Koͤnigs aͤltesten (von Petratja erschlagnen) Bruder und also rechtmaͤßigen Reichserben aus. Er war so gluͤk- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. gluͤklich, in kurzer Zeit auf 10,000 Man (aber meistens nur vom unbewehrten Poͤbel) zu- sammenzubringen; und als er erfuhr, der Kronprinz wuͤrde sich an einem gewissen Orte mit seinem Hofstaat einfinden, um sich zu divertiren, verbarg er sich in der Gegend im Walde, wo er glaubte, sie recht vortheilhaft uͤberfallen zu koͤnnen. Denn, dacht er, sogleich in der ersten Verwirrung in die Stadt zu dringen, und den Koͤnig mit seiner Familie aus dem Wege zu raͤumen. Allein die Sache nahm einen andern Ausgang; der Prinz erfuhr die Gegenwart und Absicht der Verschwornen, lies ihnen sein Silbergeraͤthe zur Beute, und fluͤchtete mit Schrecken in die Stadt zum Koͤnige. Dieser brachte sogleich 12,000 Man zusammen und schikte sie dem ungeordneten Haufen, der schon auf die Stadt zueilte, ent- gegen. Dieser unvermuthete Zustand brachte ihm ein solches Schrecken bei, daß er sogleich voller Verwirrung und Eil sich mit der Flucht rettete. Daher wurden auch nur hundert von diesen Feinden getoͤdtet, und drei hundert gefangen genommen, denen der Sieger die Fussohlen ver- brennen lies, und sie dadurch außer Stand sezte, zu entwischen. Einige Tage hernach fand man auch den aufruͤhrischen Pfaffen unter einem Baume im Walde schlafen, wo er nur einen Knaben bei sich hatte. Er wurde daher mit leichter Muͤhe nach der Stadt ge- bracht, und daselbst mit Hals und Brust an einen Pfahlgeschlossen. Nachdem er verschiedne Tage hier zum oͤffentlichen Schauspiel gestanden hatte, wurde ihm, da er noch lebte, der Bauch aufgeschnitten, und die Hunde herzugelassen, um die Gedaͤrme herauszureißen und zu ver- schlingen. Koͤniglicher Hofstaat. Der koͤnigliche Hof bestand damals, als ich mich dort aufhielt, besonders aus folgenden vornehmen Staatsministern: 1) Peja Surusak, der auch Peja Wanj-a und Fai Wanj hies, welchem der Koͤnig das Reichsoberfiskalamt, und z. B. alle Confiskationssachen, alle Criminalge- richtsbarkeit, als den herbesten Theil der koͤniglichen Macht, uͤberlassen hatte. Einige sagen, er habe dies gethan, um diesen Herrn verhast zu machen; andre, um ihm die Thronfolge zu sichern. 2) Peja Prah’ Klam (die Fremden pflegen gemeiniglich Berclam zu sagen) der Reichskanzler und Direktor aller auswaͤrtigen Geschaͤfte. Er war ein sehr wohlgebilde- ter, ansehnlicher Man, dessen gleichen ich unter dieser schwarzen Art Menschen, (die alle sehr klein sind, und wie halbe Meerkatzen aussehn,) nicht mehr gefunden habe. Er be- wies auch einen sehr geschwinden Verstand und eine lebhafte Munterkeit in allen seinen Handlungen. Er war vor wenigen Jahren als Gesandter in Frankreich gewesen, und wu- ste uns von der Verfassung dieses Landes, den Gegenden, Festungen u. s. w. die er gesehen hatte, viel zu erzaͤhlen. Auch sein Audienzsaal war mit den Portraiten der koͤniglich fran- zoͤsi- Zweit. Kap. der jetzige Zustand des siamischen Hofes. zoͤsischen Familie und europaͤischen Landcharten reichlich behangen. Die uͤbrige Auszierung aber machten blos Staub und Spinwebe. 3) Peja Wan, auch Tsjan Peja Taraman genant. Oberkammerherr, der die Aufsicht uͤber die koͤniglichen Gemaͤcher und Pallaͤste hat. 4) Peja Jummeraad, ein gelehrter Sineser; Reichsdrost und Oberrichter. 5) Peja Polethe. Reichsrentmeister, hat die Aufsicht uͤber alle liegende Guͤ- ter, Laͤndereien u. s. w. und deren jaͤhrlichen Ertrag. 6) Peja Tsakrii, Oberstalmeister, hat die Aufsicht uͤber Elephanten und Pfer- de, auch die Besorgung des zum Aufzuge noͤthigen Zeugs. 7) Peja Klahom, Oberhofmeister, hat die Aufsicht uͤber alle koͤnigliche Be- diente, Lustschiffe und Hofmeublen. Diese sind die groͤsten Mandarins vom ersten Range und Oberbediente des Staats, welche auch den großen Reichsrath ausmachen. Das Wort Mandarin ist ein auslaͤndi- sches sinesisches Wort, dessen sich besonders nur die Fremden bedienen. Jn Siam wird es gemeiniglich durch Tsiankrue oder Tsiantsjam ausgedruͤkt Loubere und Navarette glauben, daß die Portugiesen das Wort Mandarin von ihrem Man- dar, befehlen, abgeleitet haͤtten. . Nach diesen folgen nun die Raͤthe und Hofbediente von geringerm Range, deren Zahl nicht bestimt ist. Un- ter ihnen sind besonders folgende merkwuͤrdig: Peja Tarreman, der Oberste der Malayen; Opera Tsijat, Oberster der sogenanten Mohren oder Mohammedaner; auch Sjabender oder Oberzoleinnehmer bei allen einkommenden Waaren. Oja Pipat, ein Unterberklam und ehmaliger Hausgenosse Faulcons, bei dem er sich in der Kunst, die Auslaͤnder zu betruͤgen, sehr festgesezt hat- te; Oja Tewigata, Stalmeister der Elephanten, er war ein Mohammedaner aus Hin- dostan und ein recht wackerer Man; Oja Tainam, Capitain von der Hofmiliz; Oja de Tsju, Capitain von der Landmacht. Die Siamer haben gar keine erbliche Familiennamen, sondern sie erhalten blos von andern, besonders von ihren Obern ihre Namen. Die großen Herren nennet man allemal nach ihrer Bedienung; und so sind alle vorher angefuͤhrte Namen blos Benennun- gen von der Wuͤrde, die diese Maͤnner bekleiden. Die Hoftitel stehen in folgendem Ran- ge: 1) Peja und Oja ist ein Prinz. 2) Opera, deren etwa vierzig oder auch mehr bei Hofe und im Lande seyn moͤgen, sind ohngefehr das, was bei uns Baronen Diese Bestimmung haben meine beiden Handschriften. Scheuchzer aber laͤst Kaͤmpfern sa- gen, Opera sey so viel als unser Herzog oder Graf- Hier ist nun schon unentschieden, ob dies Unser von einem deutschen, englischen oder franzoͤsischen Herzog oder Grafen zu verstehn sey? Ueberhaupt aber sind diese Vergleichungen asiatischer und eu- E ropaͤischer . O- luang Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. luang oder Luang sind bloße Edelleute. Diesen Titel pflegt der Koͤnig auch seinen Dol- metschern zu geben. 4) Okuun, Leute von hoher Familie. 5) Omuun, vornehme Unterbediente. 6) Majulaks, Pagen und junge Edelleute. Scheuchzer hat bei diesen Namen kleine Verschiedenheiten. Die Luang heißen bei ihm Lung; die Okuun, Okucen; die Omuun, Omucen; die Majulaks, Majalaks. Jch wil bei dieser Ge- legenheit hier noch die Angaben des Loubere her- setzen, der uns die zuverlaͤssigste Beschreibung von Siam gegeben hat. Alle Siamer, sagt dieser Schriftsteller, sind verbunden, sechs Monate im Jahre fuͤr den Koͤnig entweder im Kriege oder in andern Arbeiten zu dienen. Alle Untertha- nen sind zu dieser Absicht sehr genau enrollirt, und in verschiedne Banden vertheilt. Jede dieser Banden hat ihren Chef. der uͤber einzelne Per- sonen genaue Aufsicht halten, und sie, so oft es verlangt wird, zum Dienst des Koͤnigs liefern mus. Diese Chefs heißen Nai, und nachdem sie uͤber mehr oder weniger zahlreiche Banden gesezt sind, ist ihr Rang verschieden. Der Stand eines Nai, der niemals in Familien erblich ist, giebt allein den Adel. Denn auch die oben angefuͤhrten Hof- und Staatsbedienten sind allemal Nai. Lou- bere macht zwar sieben verschiedne Rangordnun- gen der Nais; allein er geht doch fast nur in den Namen von Kaͤmpfer etwas ab. Seine Klassen sind folgende: 1) Pa-ya (ohne Zweifel unsers Verfassers Peja) das man gleichfals unrichtig durch Prinz uͤbersezt hat, weil zuweilen wol koͤ- nigliche Prinzen ihrer Aemter wegen den Titel Paya gefuͤhrt haben. 2) Oc-ja, Kaͤmpfers Oja. 3) Oc-pra, Kaͤmpfers Opera. 4) Oc-Luang, Kaͤmpfers O-Luang. 5) Oc-Counne, Kaͤmpfers Okuun. 6) Oc-Meuing, Kaͤmpfers Omuun. 7) Oc-Pan. Diesen hat K. nicht, und zwar ganz na- tuͤrlich, weil Loubere hinzusezt, daß dieser Rang und Titel schon zu seiner Zeit gar nicht mehr ge- woͤhnlich war. — Das vorgesezte Wort Oc be- deutet Chef, Herr. Der Koͤnig giebt daher Nie- mand diesen. Titel, und wenn man von abwesen- den Personen spricht, denen er zukoͤmt, pflegt man ihn wol wegzulassen. Die andern Worte be- deuten wahrscheinlich Zahlen, welche die verschie- dene Groͤße (aber fast nie die wahre) der Banden, uͤber die ein Nai gesezt ist, angeben. Von Pan und Na- ropaͤischer Titel und Wuͤrden allemal aͤußerst wil- kuͤhrlich und unbestimt; weil wegen der Verschie- denheit der Regierungsformen, die Staͤnde in Eu- ropa und Asien gar keinen gemeinschaftlichen Mas- stab haben, dem man sie anpassen koͤnte. Kaͤmpfer wolte durch seine Vergleichung ohne Zweifel nur ohngefehr die Folge und den Abstand der verschie- denen Rangordnungen in Siam angeben; und da- zu kan man sie immer gebrauchen. Viele Reisebe- schreiber aber gehen hierin zu weit, und es ist immer besser, die europaͤischen Begriffe ganz zu ent- fernen, wenn man sich richtige Vorstellungen ma- chen wil. Denn in der That ist es eben so unpas- send, einen stamischen Opera gerade zu einem deut- schen, englischen u. s. w. Baron oder Grafen zu machen, als wenn man etwa unter den verschiede- nen Gattungen der stamischen Geistlichen gerade unsern Superintendenten, oder unter den Civil- bedienten einen Man suchen wolte, den man un- serm Hofrath gegenuͤberstellen koͤnte. — Man hat, ohne dergleichen ungereimte Vergleichungen, welche zuerst von den portugiesischen und spanischen Schriftstellern gemacht sind, schon einen hinrei- chend deutlichen Begrif, wenn man weis, daß in Siam kein erblicher, sondern blos durch die Wuͤr- den des Staats erworbner Adel sey, und daß unter den verschiednen Stuffen dieses Adels die Operas die zweite einnehmen. Zweit. Kap. der jetzige Zustand des siamischen Hofes. Name, Lage und Eintheilung von Siam. Das siamische Reich wird von den eingebornen Muan Thal, d. i. das Land Thai Loubere ( l. c. p. 16 ) hat Meuang Tai; und sagt, daß Meuang Reich, und Tai im siamk- schen Frei heiße. Und so nent also das Volk, welches jezt den entsezlichsten Despotismus dul- det, sich selbst das Reich der Freien! , und in ihren Buͤchern allemal mit dem Lobspruche: Krom the Pramma Haa Jkon, (d. i. circuitus visitationis Deorum; ein Umkreis des Besuchs der Goͤtter) genant. Die Malayen und Peguer nennen es Tzjam, wovon dann der Europaͤer Siam entstanden ist. Ohngefehr in der Mitte oder gerade da, wo die Hauptstadt steht, hat es vierzehn Grad achtzehn Min. Nord. Br. und nach gemeinen Landcharten hundert und acht und dreißig, nach den neulichen Beobachtungen der Jesuiten aber hundert und zwan- zig Gr. der Laͤnge. Seine Graͤnzen sind gegen Osten die Koͤnigreiche Tunkin, Cosjin- sina und Cambodia; gegen Suͤden das Meer und die Laͤnder Malacca, wovon Ligoor, Tanasseri und andere kleine Herrschaften der Koͤnig von Siam besizt; gegen Westen das Koͤnigreich Pegu und gegen Norden Laos. Dies Land ist in Verhaͤltnis seiner Groͤße sehr wenig bevoͤlkert, und meistens nur an den hohen Ufern der Fluͤsse mit Menschen be- sezt. Die vielen Felle von Hirschen und wilden Buͤffeln, welche jaͤhrlich mit Schiffen von hier weggefuͤhrt werden, sind Beweise von den großen Waͤldern und Wildnissen im Lande. Man mus sogar auf diese Thiere nur in den nahen Gegenden Jagd machen, und kan sie wegen der vielen Tiger und der Moraͤste nicht bis in die Tiefe der Waͤlder verfolgen. Das Reich ist in zwoͤlf große Provinzen vertheilt, deren jede von einem Oja oder Prinzen nebst verschiedenen ihm untergeordneten Operas und andern Unterbedienten regiert wird. Am Hofe ist nun auch fuͤr jede Provinz ein Oja bestimt, der die Regierung des dortigen Stathalters beobachten mus. Der leztverstorbene Koͤnig fuͤgte den alten Reichsprovinzen noch eine dreizehnte bei, Tsjanimai, welche er dem Reiche Laos abnahm; er wuͤrde wahrscheinlich von dieser Seite sein Reich noch mehr vergroͤßert haben, wenn nicht der breite und damals uͤbergetre- tene Flus seinen Erorberungen ein Ziel gesezt haͤtte. Es wurde auch diese neue Provinz nur wenige Jahre hernach dem siamischen Koͤnig wieder abgenommen, und hatte man al- so durch einen so weiten und kostbaren Feldzug weiter nichts gewonnen, als ein gegenseiti- ges Mistrauen unter beiden Voͤlkern gestiftet, wodurch ihre bisherige Handlung unterbro- chen und meistens den Cambodiern zugewandt wurde. Beschreibung von Laos. Laos oder Lauland ist unter uns so wenig bekant, weil es ganz von andern asla- E 2 tischen und Meuing wuste es Loubere gewis, daß sie 1000 und 10000 bedeuten. S. Delcription du Siam Tom. I. p. 239. \&c. Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. tischen Staaten umgeben ist, daß es dem Leser nicht unlieb seyn wird, wenn ich hier einige Nachrichten, die ich von diesem Lande habe erfahren koͤnnen, mittheile. Es liegt mit Tunkin unter gleicher Nord. Br.; ist ein großes, maͤchtiges Land; durch Waͤlder und Einoͤ- den von den benachbarten Staaten abgesondert. Die Reise von Judja dorthin fordert ei- nen Monat Zeit; wegen der hohen Berge ist sie zu Lande, und wegen der vielen Klippen und Felsen auf dem Flusse sehr beschwerlich. Man hatte daher die Prauen oder Fahr- zeuge so erbauet, daß sie zusammengenommen und auf die Hoͤhen gebracht werden konten, um auf diese Art die Wasserreise fortzusetzen. Das Land ist sehr fruchtbar, meistens ein fetter Klei, und des Sommers so hart und fest, daß man darauf den Reis aus den Huͤlsen zu stoßen pflegt, wozu man sonst einen hoͤlzernen Kum Baktrog. gebraucht. Laos bringt in Ueberflus den herlichsten Reis hervor, und liefert an Cambodia den besten Benzoin und Gummi Lakka, obgleich beides auch Pro- dukte dieses Landes sind. Ueberdem giebt es noch den edelsten Muskus, auch einige edle Steine, unter denen Rubinen und auch Perlen sind, welche die Siamer Muk nennen. Dies ist nur deswegen wunderbar, weil ich gar nicht habe erfahren koͤnnen, daß hier im Lande ein Salzsee sey. Die Religion koͤmt mit der von Siam meistens uͤberein, auch die Sprache und Schrift sind wenig verschieden, nur koͤnnen die Einwohner von Laos kein L oder R aus- sprechen. Sie schreiben auf Blaͤtter wie Peguer und Malabaren. Auch die Siamer pflegen ihre heilige Buͤcher darauf zu schreiben; buͤrgerliche Sachen aber auf ein grobes Papier mit irdenen Schreibstiften. Die von Laos ruͤhmen sich, daß die Siamer von ih- nen schreiben und die Sprache ihrer heiligen Buͤcher gelernt haͤtten. Der Gestalt nach sind sie den Sinesern sehr aͤhnlich; doch sind sie gelber und schmaͤler, uͤberhaupt aber eine weit schoͤnere Nation als die siamische. Jhre Ohren sind lang, wie bei den Peguern und andern Bewohnern dieser Kuͤste; die Maͤnner haben kei- ne Zierrathen drin; die Frauen aber, so lange sie nicht getrauet sind, guͤldne Pfropfen. Die Weiber lassen ihre Beine von unten bis uͤber die Waden mit schwarzem Laubwerk (wie die siamischen Braspindaten ) umwinden, zum Zeichen der Religion und Maͤnlichkeit. Es laͤuft ein Arm vom Ganges durch das Land, der sich hernach in dem Flus Cambodia verliert, und diesen schif bar macht. Daher pflegen die Cambodier jaͤhrlich mit ihren Prauen hier ihren Handel zu fuͤhren. Die vornehmsten Staͤdte sind Landjam und Tsjamaja. Das Land sol ehemals dem Koͤnig von Siam einen jaͤhrlichen Tribut be- zahlt haben. — Doch um uns nicht zu weit von unserm eigentlichen Gegenstande zu ent- fernen, kehren wir zu der Hauptstadt und koͤniglichen Residenz Judja oder Juthia wieder zuruͤk, Zweit. Kap. der jetzige Zustand des siamisches Hofes. zuruͤk, welche in andern Reisebeschreibungen vielleicht durch einen Drukfehler den falschen Namen Jndia bekommen hat Der siamische Name dieser Stadt ist Si- yo-Thi-ja. Die Sineser haben hieraus zuerst Odiaa und Juthia gemacht. Einige europaͤische Schriftsteller pflegen sie auch wol von dem Lan- desnamen Siam zu nennen. Man behauptet, daß sie im funfzehuten Jahrhundert unsrer Zeit- rechnung erbauet sey. S. Gervaise Hist. du Ro- yaume de Siam p. 42. und Loubere T. I. p. 17. . Beschreibung von Judja. Diese Stadt stand ehemals an dem westlichen Ufer des großen Flusses Menam, von da sie mit einer Jnsel in diesem Flusse an ihre jetzige Stelle versezt wurde. Diese Jn- sel hat ohngefehr die Figur eines platten Fußes, dessen Ferse nach Westen gekehrt ist, und im Umfange zwei deutsche Meilen Der P. Gervaise giebt der Jnsel einen Um- fang von sieben und der Stadt von zwei franzoͤ- sischen Meilen, den koͤniglichen Pallast mit ein- geschlossen. . Die Gegend umher ist, so weit man absehen kan, eben, und das Land niedrig und plat. Es ist mit vielen Wassergaͤngen aus dem gro- ßen Flusse durchschnitten, und dadurch in viele Jnseln und Kaͤmpe zertheilt, so daß man hier ohne Kahn nirgends weit fortkommen kan. Sie ist mit einer Mauer von Baksteinen umgeben, welche an der Suͤd- und Nordseite vier und ein halb Klafter hoch, schoͤn und oben bedekt ist, an den uͤbrigen aber ganz niedrig und verfallen war. Diese Mauer ist durch viele kleine Pforten durchgebrochen, durch die man an den Flus gelangen kan, und inwendig mit einem hie und da anliegenden Walle oder Erdhaufen, auf welches man Ge- schuͤz pflanzen kan, versehen. Nach der Seite hin, wo der Strom hinabfliest, hat sie noch verschiedene kleine Bolwerke und ein großes, welche mit Geschuͤz besezt waren, um feindliche Schiffe abzuhalten. Wider das Anspuͤlen des Wassers ist sie mit einem schmalen Erdufer umgeben, auf welchem hin und wieder kleine Wohnhuͤtten gebauet sind. Verschiedene breite Graben sind aus dem Strome gerade durch die Stadt gezogen nach O- sten, Westen, Norden und Suͤden, so daß man allenthalben in die Stadt hineinschiffen, und an den vornehmsten Haͤusern und Hoͤfen anlegen kan, weil von diesen wieder viele klei- nere Canaͤle in jene Graben abgeleitet sind. Die Gassen in der Stadt sind gleichfals ganz gerade angelegt; die meisten sind ziemlich breit, manche aber auch sehr enge und alle aus- nehmend kothig und schmutzig. Verschiedene werden bei hohem Wasser allemal uͤberschwemt. Die Stadt ist nach ihrer Groͤße nicht volkreich, und in einigen Theilen sehr we- nig bewohnt; in dem westlichen nemlich wegen der Entfernung, im suͤdlichen wegen des morastigen Grundes, woruͤber man sich durch uͤberliegende Bretter und schlurdige Bruͤ- cken forthelfen mus. Jn diesen Theilen der Stadt findet man hinter den Gassen leere Plaͤ- tze und große Gaͤrten, in denen man aber die Natur allein Gaͤrtner seyn laͤst. Allenthal- ben ist die Erde mit Gras, Buͤschen und Baͤumen ins wilde bewachsen. Jn die beste E 3 Gasse Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Gasse koͤmt sogleich beim Eintrit in die Stadt, sie kruͤmt sich gerade nach der Rich- tung der Stadtmauern westwaͤrts. Man sieht in derselben die Haͤuser des ehemaligen eng- lischen, hollaͤndischen und franzoͤsischen Residentens und auch des Faulcons. Die mitlere Gasse, welche nordwaͤrts und gerade nach dem koͤniglichen Pallast laͤuft, ist am meisten bewohnt, und mit Kuͤnstlern, Handwerkern, Kraͤmern und Boutiquen stark besezt. Jn diesen beiden Gassen sieht man uͤber hundert sehr kleine Haͤuser der Sineser, Hindostaner und der sogenanten Mohren. Sie sind alle von Steinen, aber ganz auf einerlei Art ge- bauet, acht Schrit lang, vier Schrit breit; haben zwei Stokwerk, aber nicht mehr als drittehalb Klafter Hoͤhe. Sie sind mit platten Dachsteinen gedekt, und mit unfoͤrmlich breiten Thuͤren versehn. Die uͤbrigen Gassen sind sehr wenig bewohnt, und die gemeinen Buͤrgerhaͤuser gar schlechte Huͤtten von Brettern und Bambusrohr (ein holer Ried, zwei bis drei Span dik) erbauet, und mit Gabbe Gabbe, (einem wilden in Suͤmpfen wachsenden Palm- strauch) bedekt. Die Mandarine (Raͤthe und Hofleute) wohnen in Hoͤfen und sehr schlechten Pallaͤsten, deren Boden kothig, die Zimmer schlurdig, und die Gebaͤude selbst zwar von Kalch und Steinen, aber doch sehr einfaͤltig sind. Die Boutiquen in der Stadt sind niedrig und schlecht, doch gerade und nach der Richtung der Gasse ziemlich abgemes- sen. Wegen der vielen Wassergraben findet man der Bruͤcken eine große Menge. Die, welche uͤber Hauptgraben gehen, sind von Stein erbauet, mit Brustmauern versehen und sehr schmal, (weil man hier gar keine Karren oder Wagen hat) in der Mitte hoch und achzig Schrit lang. Die Bruͤcken uͤber die kleinern Canaͤle sind von schlechter Bauart und Tab. II. meist hoͤlzern. Man sehe hievon die beigefuͤgte Figur. Koͤnigliche Pallaͤste. Es befinden sich in der Stadt drei koͤnigliche Pallaͤste. Der neue Pallast, wel- chen der vorige Koͤnig nordwaͤrts, etwa in der Mitte der Stadt, angelegt hat, schliest einen großen viereckigen Plaz ein, hat verschiedene Abtheilungen und mehrere Gebaͤude, welche Tab. III Fig. I. nach sinesischer Bauart mit vielfachen und zum Theil verguldeten Daͤchern und Altaͤren aus- geschmuͤkt sind. Jn- und außerhalb den Mauern findet man lange Staͤlle, in denen eini- ge hundert Elephanten in langen Reihen aufgepuzt neben einander stehen. Nach den franzoͤsischen Troublen (wie man es hier zu nennen pflegte) darf man nur durch einen Weg, und nicht anders als zu Fus in den Pallast gehen. Dieser Weg ist gemeiniglich so kothig, daß man bis uͤber die Waden einsinkt, wenn man nicht auf den uͤbergelegten Brettern sich im Gleichgewicht zu erhalten weis. Ein gemeiner Mandarin darf, wenn er in den Pallast geht, nicht mehr als einen Bedienten bei sich haben, und der Strom, welcher an der Schlosseite vorbeifliest, darf nicht befahren werden. An allen Thoren Tab. II. Zweit. Kap. der jetzige Zustand des siamischen Hofes. Thoren und Zugaͤngen schwaͤrmen viele nakte Kerls umher, welche auf ihrer kastanien- braunen Haut mit schwarzen, wuͤrfelweise eingeaͤzten Figuren gemalt sind. (Gerade wie man am H. Grabe zu Jerusalem die Bilder einaͤtzet) einige nur an den Armen, andere uͤber den ganzen Leib, bis auf die, nach der Manier aller Siamer, mit einem Tuch be- wundenen Lenden. Man nent sie portugiesisch bras pintades. Aus diesen Leuten besteht die koͤnigliche Guarde oder Thorwache, und zum Theil geben sie auch Ruderknechte ab. Stat des scharfen Gewehrs ist jeder von ihnen mit einem guten dicken Knittel versehn. Diese Kerls schweifen auch hin und wieder in und außer der Stadt als Muͤssiggaͤnger herum. Das zweite Schlos wird gemeiniglich der vordere Pallast genant. Er liegt am nordoͤstlichen Ende und gleichsam auf einem Absatze von der Stadt; er schliest auch einen viereckigen Plaz, aber doch von weit kleinerm Umfange, als der erste Pallast, ein. Er war ehmals die Residenz der Koͤnige, und wird jezt (1690) von einem koͤniglichen Prin- zen, der etwa zwanzig Jahr alt ist, bewohnt. Der dritte oder sogenante hinterste Pallast ist noch kleiner; er liegt an der westli- chen, meist unbewohnten Seite der Stadt, und wird jezt auch von einem Prinzen aus koͤ- niglichem Gebluͤt bewohnt, welcher des Koͤnigs Leibelephanten fuͤhrt. Er sizt dabei nicht, wie sonst gewoͤhnlich, auf dem Halse, sondern liegt hinter dem Koͤnige auf den Lenden des Thiers, und regiert es dann durch verschiedne Zeichen, zu denen er abgerichtet ist. Wegen dieses Bewohners nante man dies Gebaͤude auch den Pallast des koͤniglichen Elephantenbereiters. Tempel. Nach den koͤniglichen Pallaͤsten verdienen nun auch noch einige Kirchen und Schul- gebaͤude bemerkt zu werden. Es giebt derselben eine große Menge, und wie das ganze Land mit Pfaffen und Moͤnchen ganz angefuͤlt ist; so sieht man auch in dieser Stadt an allen Orten Tempel, deren Hoͤfe zierlich mit den Gassen in gleicher Ordnung stehn, und mit vergulde- ten Piramiden oder Saͤulen von verschiedener Form besezt sind. Sie sind nicht so gros wie unsre Kirchen, aber an aͤußerer Schoͤnheit gehen sie ihnen weit vor. Diese Schoͤnheit besteht besonders in vielfach gebogenen kuͤnstlichen Daͤchern, in verguldeten Giebeln, her- vorstehenden Saͤulen, Treppen und andern Zierrathen. Das innere ist mit vielen Bil- dern geschmuͤkt, die aus Gyps, Harz, Oel und Haar theils in Lebensgroͤße, theils auch in mehr als Lebensgroͤße verfertigt sind, und deren mit schwarzem Firnis uͤberzogene Flaͤche verguldet ist. Sie sind auf erhabenen Boden am Altar und an der Mauer herum in ver- schiedenen Reihen gestelt, haben die Beine uͤber einander geschlagen, und sind uͤbrigens ganz nakt bis auf die mit einem dunkelgelben Schuͤrztuche bewundene Schaam. Ueber die Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. die linke Schulter haͤngt ihnen bis zum Nabel hinunter ein eng zusammengefaltenes Tuch von eben dieser Farbe. Die Ohrlaͤplein sind mit einem Ris durchloͤchert, und so lang, daß sie bis auf die Schulter reichen. Das Haupthaar ist kraus, und die Scheitel hinauf zwei- mal uͤber einander gebunden. Doch kan man nicht recht erkennen, ob es nicht vielmehr ei- ne Muͤtze oder Zierrath seyn sol? Die rechte Hand liegt auf dem rechten Knie, die linke ruht im Schooße. Den mitlern und Oberplaz nimt in dieser Lage ein Goͤtze von uͤber- menschlicher Groͤße ein, mit einem uͤberhangenden Himmel oder Krone, welcher den ersten Lehrer oder Stifter ihrer Religion vorstelt. Sie nennen ihn Prah, d. i. den Heiligen, oder Prah Pudi Djan, d. i. den Heiligen von hoher Abkunft; oder auch mit einem be- sondern Namen Sammona Khodum, oder wie es die Peguer aussprechen, Sammo- na Khutama, d. i. einen Menschen ohne Affekten. Die Sineser und Japaner nennen ihn Sjaka oder Saka; die Zingalesen Oder Singalesen sind die urspruͤnglichen Einwohner der Jnsel Selam (Ceylon). Budhum oder Budha. Dieser Prah fin- det sich in einigen Tempeln in ganz abentheurlicher Groͤße. Außer der Stadt in einem pegusischen Tempel ( Tsjan pnun tsim in peguscher Sprache genant) sizt einer stark verguldet auf einem erhabenen Boden, der hundert und zwanzig Fus in der Laͤnge hat. Die japanische Hauptstadt Miako wird uns kuͤnftig noch mit einem andern bekant machen, welcher diesem an Groͤße und Schoͤnheit nicht nachgiebt. Die erwaͤhnte Lage des Goͤtzen ist gerade diejenige, in welcher er und nach seinem Muster auch seine Anhaͤnger sich allemal zu stellen pflegten, wenn sie goͤtlichen Dingen nachgruͤbelten, oder sich im Enthu- siasmus befanden. Auch noch jezt muͤssen die Priester von dieser Religionsparthei taͤglich einige Stunden in dieser Stellung niedersitzen, wenn sie nach ihren Regeln im Enthusias- mus, im Nachsinnen und Andacht sich uͤben. Sie gehen auch bestaͤndig in der Kleidung der Goͤtzen einher, nur haben sie den Kopf ganz glat geschoren. Das Gesicht schuͤtzen sie durch einen runden Sonnenwedel von Palmholz oder Blaͤttern vor der Hitze. Neben den Tempeln wohnen dann die Moͤnche in sehr schlechten Klosterhaͤusern, und haben zur Seite ein oͤffentliches Prah Khdi oder Lehr- und Predigthaus. Es ist ge- meiniglich ein hoͤlzernes Gebaͤude von mitlerer Groͤße, den Tempeln nicht unaͤhnlich, an den Dachraͤnden verguldet, mit Treppen von wenigen Stuffen; und mit vielen hoͤlzernen Schauben stat der Fenster, um bei oͤffentlicher Versamlung in den Lehrstunden die kuͤhle Luft durchzulassen. Jnwendig halten zwei Reihen Pfeiler den Soͤller; und der Raum ist in verschiedene Klassen und Baͤnke abgetheilt. Jn der Mitte steht ein kuͤnstlich geschnizter und verguldeter Lehrstuhl, einige Stuffen uͤber den Boden erhaben, und von eben der Form, wie in unsern Kirchen. Auf diesem Stuhle pflegt in gewissen Stunden sich ein al- tet Pfaf einzufinden, und seinen Zuhoͤrern (welche meistens aus Studenten oder jungen Moͤn- Tab. III. Zweit. Kap. der jetzige Zustand des siamischen Hofes. Moͤnchen bestehen) aus breiten Palmblaͤttern, auf welchen schwarze Schrift eingegraben ist, heilige Worte langsam und vernehmlich vorzulesen. Die Zuhoͤrer schlagen bei einigen Worten und Namen die Haͤnde uͤber der Stirne zusammen, bezeugen aber uͤbrigens wenig Andacht und Aufmerksamkeit; denn ich beobachtete, daß einige Pinang schnitten, andere et- was zu Pulver stoßten, oder in einem Gefaͤße Quecksilber mit dem milchigten Saft der Pflanzen zerrieben, oder mit anderm Zeitvertreib ihre Haͤnde beschaͤftigten. Bei dem Lehr- stuhl und noch an andern Orten sieht man auch den Goͤtzen Amida in einer Tarateblu- me ( Faba Aegyptiaca, oder Nymphaea magna incarnata ) aufrecht stehen. Man haͤlt ihn fuͤr einen Vorsprecher verstorbener Selen. Er ist an verschiedenen Orten mit papiernen Blumen, Faͤhnlein, Sacristeihaͤusern, papiernen Kronen, und allerhand andern an Bambusstangen befestigten verguldeten Zierrathen behangen, deren sie sich bei Begraͤbnis- processionen bedienen. Vor dem Lehrstuhl habe ich gemeiniglich bei ihrer Versamlung eine Maschine von Bambusrohr stehn sehn, die in Form eines Tisches schlecht zusammengeheftet, mit einem Tuche bedeckt und mit gelben Tuͤchern (welche die Priester zu Kleidern und zu Be- deckung ihrer Lenden gebrauchen) behangen und zum Schmuck mit Blumen besteckt war. Auf diese Maschine waren verschiedene Schuͤsseln mit Reis, Pisang, Pinang, trockenen Fischen, Limonen, Manger tanjer, und andern Landesfruͤchten gestelt, welche, wie man mir sagte, dem Kloster geopfert und verehrt waren. Mir begegnete einmal, wie ich eben hineingieng, eine solche Maschine auf der Treppe, welche man, da die Versamlung geen- diget war, wieder zuruͤkbringen wolte, und gerade, wie sie neben mir war, zerbrach sie, durch das starke Andringen der Leute und die Unvorsichtigkeit der Traͤger, daß auch alle Schuͤsseln und Speisen auf die Erde fielen. Jch suchte mich nur bald zu entfernen, damit der Poͤbel nicht mir die Schuld dieses Ungluͤks beimefsen moͤchte. Schwimmende Doͤrfer. Außerhalb der Stadt liegen auch viele Doͤrfer und Vorstaͤdte, von denen einige aus Wohnschiffen bestehen, deren jedes mit zwei, drei und mehr Familien besetzt ist, die in die- sen Behaͤltnissen oft ihren Ort verwechseln, und an alle Orte, besonders bei hohem Wasser, herumfahren und ihre Waaren verkaufen. Die gemeinen feststehenden Doͤrfer sind meist von Bambusried, Brettern und schlechtem Zeuge erbauet. Einige stehn laͤngst dem Ufer auf klafterhohen Stelzen, damit das Wasser, welches immer einige Monate das Land ganz uͤberschwemmet, unterweg fließen kan. Jedes Haus hat daher eine Treppe, deren man Tab. III fig. 4. 5. 6. 7. sich in der trockenen Jahrszeit bedienet, und einen Kahn, mit dem man bei hohem Wasser ausfaͤhrt. Andre Doͤrfer stehn auf hoͤherm Boden und haben keine Treppen und Kaͤhne, weil sie der Ueberschwemmung nicht unterworfen sind. An diesen erhabnern Orten findet man F auch Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. auch Kloͤster, Tempel, Brandplaͤtze, wo die Leichen eingeaͤschert werden, und Hoͤfe, wo die Knochen und die Asche verbranter, vornehmer Leichen unter kostbaren Piramiden eingesenkt werden. Jn einiger Entfernung von der Stadt nach Suͤden haben die Hollaͤnder am Ufer des abschießenden Stroms ihre Lage- und Pakhaͤuser auf einem trockenen Boden praͤchtig und bequem angelegt. Weiter hin an eben diesem Flus befinden sich noch die Colonien oder Doͤr- fer der Japaner (welche die besten Soldaten der vorigen Koͤnige waren) der Peguer und Maleten. Auf der andern Seite des Flusses liegt ein Dorf von Portugiesen, die mit schwarzen Weibern gezeugt sind, und denn eine Europaͤische Dominicanerkirche St. Do- mingo mit drei portugiesischen Moͤnchen. Hinter derselben liegt noch eine kleine Augustiner- kirche, deren zwei Patres mit jenen in einem Schilfhause ganz friedlich leben. Unweit da- von und noch in eben demselben Campe liegt auch noch eine Jesuiterkirche, welche nach ih- rer Hauptkirche in Goa die St. Pauluskirche heist, die Herrn Jesuiten lieben den Apostel Paulus und nennen sich nach ihm durch ganz Asien lieber Pauliner als Jesuiten. Jhr Collegium bestand damals aus zwei europaͤischen Moͤnchen und drei schwarzen Bruͤdern, die aus Siam gebuͤrtig waren. Der Metropolitan hatte an der Suͤdwestseite der Stadt am gegenuͤberliegenden Ufer des Flusses, wo aus derselben der Arm Klam Nanja aus- geht, einen Pallast von Steinen und auch eine ansehnliche Kirche erbauen lassen, welche aber damals ledig standen, weil jener Bischof sich im Gefaͤngnis befand. Unsre Geistli- che in Siam haben mich versichert, daß in der Gegend von Judja allein drei tausend und sechs hundert Christen uͤber sieben Jahre waͤren, die alle zur heil. Communion gelassen wuͤrden. Die Piramide Pkahthon. Jch wil nun noch in der Kuͤrze zwei merkwuͤrdige Orte beschreiben, deren einer eine halbe Meile außer der Stadt gegen Nordwesten in einem Camp liegt, wohin man nur zu Wasser kommen kan. Er schliest die beruͤhmte Piramide Pkahthon oder Pukathon ein, welche die Siamer zum Gedaͤchtnis eines großen Sieges uͤber den Koͤnig von Pegu und dessen maͤchtiges Kriegesheer hier (auf dem Schlachtfelde) erbauet haben. Dieser Sieg war desto merkwuͤrdiger, weil sich die Siamer dadurch von der peguschen Herschaft losrissen Tab. IV und wieder in ihre alte Freiheit sezten. Diese Piramide ist ein praͤchtiges, etwa vierzig oder mehr Klafter hohes massives Gebaͤude mit einem viereckigten Hofe, der mit einer zierlichen niedrigen Mauer umgeben ist. Sie besteht eigentlich aus einem doppelten uͤberein- anderstehenden Gebaͤude. Das unterste hat einen viereckigten Boden, und jede Seite des- selben hundert und funfzehn Schritte; es reicht etwa zwoͤlf und mehr Klafter in die Hoͤhe. Es hat auch an allen vier Seiten drei nach einander auf etliche Schritte hervorstehende, und bis zu dem Obergebaͤude aufgefuͤhrte Faͤcher oder Aufsaͤtze, wodurch es die Quadratfi- gur Tab. IV. Zweit. Kap. der jetzige Zustand des siamischen Hofes. gur einigermaßen zu einer vielfoͤrmigen abaͤndert. Dieses untere Gebaͤude enthaͤlt vier uͤbereinander stehende und stets engere Lagen, jede mit einem Gange, der das ganze Ge- baͤude umgiebt; neben welchen dann auch noch einige kleinere Absaͤtze zu groͤßerm Schmuk und Kunst befindlich sind. Diese Lagen sind allenthalben mit hervorragenden großen Lei- sten, und die Gaͤnge (außer dem untersten) mit Brustmauern und deren Ecken mit zier- lichen Saͤulen besezt. Der mitlere Aufsaz nach jeder Seite zeigt das Hauptgebaͤude und endigt sich in einem ansehnlichen ausgebildeten platten Giebel, und hat in der Mitte die Treppe. Diese hat vier und siebenzig Stuffen, jede neun Zol hoch und vier Schritte lang, bis man an das Obergebaͤude koͤmt. Dieses (welches auch das zweite Gebaͤude heist) ruht auf einem viereckigten, an jeder Seite sechs und dreißig Schrit langen und fuͤnf Schrit breiten Boden, dessen Mitte zur Zierde ein wenig hervorsteht, der auch mit Brustmauern, an jeder Ecke aber, so wie an den Seiten des Auftrits mit niedrigen Saͤulen besezt ist. Von hier kan man nicht weiter hinaufsteigen. Die Basis dieses Gebaͤudes hat acht Seiten, und jede Seite eilf Schritte. Die Bauart koͤmt mit der des untern Gebaͤudes bis auf einige Faden Hoͤhe uͤberein. Auf die- sem steht nun ein zierlicher, vielfoͤrmiger, und in der Mitte mit kurzen Pfeilern durchbro- chener Thurm, der alsdenn kugelweise (nemlich mit dreißig je kleiner und kleinern Ku- geln) schmaler auf, und zulezt mit einer ziemlich langen und so schmalen Spitze in die Hoͤ- he steigt, daß man sich sehr wundern mus, wie sie schon so viele Jahre durch den Sturm- winden hat widerstehn koͤnnen. Die neben dieser Piramide stehende Tempel und Tala- poins-Collegia sind mit besondern Mauern von gebaknen Steinen zierlich umgeben. Die- se Tempel sind sehr artig gebauet und haben allenthalben Pfeiler, die das Dach tragen. Sie sind in der Mitte mit einem vierfachen, und an beiden Seiten mit auf einander fol- gendem zwei- und dreifachen Dache zur Pracht bedekt und vielfaͤltig geziert, wie das die im Lande uͤbliche Architektur fordert. Beigefuͤgter Abris giebt von allem den deutlich- Tab. III Fig. 1. 2 sten Begrif. Verschiedene Gebaͤude. Der andere Ort besteht in zweien unweit der Stadt nach Suͤden dicht neben einan- der liegenden Kirchhoͤfen, deren jeder mit Tempeln, Kloͤstern, Kapellen und verschiedenen Saͤu- len oder Piramiden besezt ist. Ein Wassergrabe trent sie von einander, und jeder Kirch- hof ist mit einer besondern Mauer zierlich umgeben. Um uns mit der Beschreibung nicht zu lange zu verweilen, habe ich hier den Grundris nebst einigen der vornehmsten Theile ins Große abgebildet. Auf dem ersten Hofe finden wir den sogenanten Berklamstempel, ge- Tab. V VI zeichnet mit A. Er ist eben derselbe, von dem der ganze Ort den Namen und einen be- sondern Ruhm erhalten hat. Er ist nicht nur uͤberhaupt sehr schoͤn gebauet, sondern die F 2 Ein- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Eingangsthuͤre ist besonders ein recht bewundernswuͤrdiges Kunststuͤk, das geschnizte Bilder und Laubwerk vorstelt. Die Bauart ist der, des Tempels bei der Piramide Pkahthon Tab. III Fig. 2. 3 aͤhnlich, und sind beide hier in einem Abrisse vorgestelt. Zur Pracht ist die Mitte des Tempels mit vier gebogenen Daͤchern uͤbereinander bedekt, von denen das unterste an jeder Seite des Tempels wie ein Fluͤgel hervorsteht, und auf acht Pfeilern ruht. Wegen Mangel der Fenster ist der innere Raum hier, wie fast in allen Tempeln, ziemlich dunkel, indem das Licht nur zur Thuͤr und einigen Mauerloͤchern hineindringt. Der Vorsaal ist erhaben; seine vielfache Daͤcher ruhn auf acht in zwei Reihen stehenden Pfeilern mit ver- guldeten Kapitaͤlen. Die aͤußersten Pfeiler werden durch ein rothgefaͤrbtes Gitter mit einander vereinigt, um die Vorderseite des Tempels oder vielmehr dessen kostbare Thuͤren zu beschuͤtzen. Man siehet dieser Thuͤren drei Paar nebeneinander, deren jedes Paar aus zwei Brettern besteht, welche mit vielen durcheinander geflochtenen und mit Laub und Blumen gezierten Ranken sehr fein und kuͤnstlich ausgearbeitet sind. Man findet immer drei Lagen von diesen Zierrathen uͤbereinander, und hin und wieder ragen auch noch kleine Bildnisse von heidnischen Goͤtzen in mannichfacher Gestalt und Stellung hervor. Einige haben vier Arme und Haͤnde, und in denselben vielerlei Gewehr und Werkzeuge; alle sehr proportionirt ausgearbeitet und mit Gold und Farben geschmuͤkt. Neben diesem Tempel steht ein kleines offenes Haͤuslein, von mir mit a bezeich- net, mit einer in der Mitte hangenden Glocke, welche zwei Ellen lang ist. Sie wird Morgens und Abends mit einem Hammer angeschlagen, um den Moͤnchen ein Zeichen zu geben, daß sie Gebet halten sollen, welches sie mit einer bebenden Choralstimme thun, ge- rade wie unsre Moͤnche den Psalter singen. B ist ein dem vorigen gleichfoͤrmiger Tempel, doch hat er weniger Schmuk. Jm Vorhause desselben sieht man zwei offene Kammern mit Stukaturarbeit und verguldeten kleinen Goͤtzen geziert. Das Estrich war ganz mit breiten Palmblaͤttern von ihrer Pali, d. i. Bibel, bedekt. Denn sie pflegen dieselbe, wenn sie zerrissen und unbrauchbar gewor- den ist, hier als am heiligen Orte auf diese Art niederzulegen. Es befremdete mich hier besonders, daß ich noch nirgends, weder bei Brahmanen noch bei Sinesern in den Tem- peln einige Thiere und monstroͤse Goͤtzen, sondern keine andere als menschliche Gestalten, stehend oder sitzend angetroffen hatte. Doch aber sahe ich wol bei den Thuͤren, Eingaͤngen und Piramiden dergleichen Thiere. So befanden sich besonders in den Vorhoͤfen dieser beiden Tempel viele abscheuliche Gestalten und Nebengoͤtzen mit Teufelsgesichtern. C ist eine Thurm hohe, von oben bis uͤber die Haͤlfte verguldete Pixamide; sie stehet auf steinernem hohen Grunde mit einer Allee ins Vierek umgeben. Die Spitze um- faßt eine umgekehrte und weit abstehende verguldete Krone, mit abhangenden verguldeten Gloͤklein, welche vom Winde bewegt und gelaͤutet werden. D ist Tab. V. Zweit. Kap. der jetzige Zustand des siamischen Hofes. D ist ein hoͤlzernes Haͤuslein, worin ein bunter und gar schwerer Tragstuhl be- wahrt wird. E eine gewoͤlhte Capelle mit einem dem Bachus aͤhnlichen dicken Goͤtzen, der bei den Brahmanen Viccaswara heist. Er war stark verguldet, hatte uͤbermenschliche Groͤße, war mit seinem laͤchelnden Gesicht nach dem zulezt benanten Tempel gerichtet, und oben und unten mit kleinen Goͤtterchens umgeben, wie man im Abris sehen kan. Vor Tab. V Fig. 2 ihm stand ein Gitter, auf welchem ich noch die Spuren abgebranter Wachslichter erkante. F ein gleichfoͤrmiges Gewoͤlbe, stellet in der Mitte seiner innern Waͤnde eine in Stein eingegrabene und verguldete Figur vor, gleichsam eines Fußes mit vier Zehen, die drei Spannen lang und anderthalb breit sind, woraus sie ein großes Heiligthum machen. Un- ter derselben ruhten verschiedene kleine Goͤtzen. Die alhier befindliche Piramiden sind gewissen Goͤtzen erbauet und gewidmet, fuͤh- ren auch derselben Namen, und haben gemeiniglich ein Behaͤltnis, wohin die Andaͤchtigen zum Behuf der Priester ihre Opfer niederzulegen pflegen. Der zweite Tempelhof war innerhalb seiner Mauern mit Gewaͤchs und Blumen- toͤpfen besezt. Es befanden sich auch in demselben verschiedene Toopoobaͤume, die man in Jndien Rawasith und Bipel nent. Sie sind Milch- oder Feigenbaͤume von der Groͤße der Buchen, mit weiten Aesten, glatten grauen Rinden, runden, lang zugespizten Blaͤttern, und einer runden, unschmakhaften Frucht, die nur den Fledermaͤusen zur Spei- se dient. Er wird bei allen indischen Nationen fuͤr heilig und ihren Goͤttern angenehm ge- halten. Denn auch der heilige Sommona Khodum pflegte bestaͤndig seinen Siz unter diesem Baume zu nehmen. Man pflanzt ihn daher gerne, wenn es Clima und Boden er- laubt, bei den Tempeln. Eben eine solche Heiligkeit hat auch noch ein anderer milchtra- gender Feigenbaum, der durch seine von den Aesten abhangende Wurzeln, wenn sie Erde fassen, neue Staͤmme sezt, und sich dadurch in die Weite ausbreitet. Seine Blaͤtter sind dem Lauro-Ceraso gleichfoͤrmig, doch weit groͤßer. Er traͤgt aber, wie jener, ei- ne den Fledermaͤusen angenehme Frucht. Die Zingalesen oder Ceylaner nennen ihn auch Budhumgas, d. i. Budhumsbaum. Er ist aber muͤhsam zu ziehen, und kan bei den Tempeln, weil er sich so weit verbreitet, nicht gut gepflanzt werden. Dieser andere Hof umfaste auch noch zwei ansehnliche Tempel, von denen der erste an jeder vordern Thuͤre mit zwei wilden Maͤnnern, die Teufelskoͤpfe hatten, die hintere Tab. V Fig. 2 Thuͤr aber mit zwei in Lebensgroͤße abgebildeten Portugiesen besezt war. Jn diesem Tem- pel wird jaͤhrlich ein großes Fest gehalten. Es befanden sich aber außerdem noch auf die- sem Hofe einige Capellen mit Goͤtzen, auch verschiedene schoͤne, zum Theil ganz verguldete Piramiden, von denen einige mit monstroͤsen Figuren besezt waren. Es wuͤrde zu weitlaͤuf- tig werden, alle diese Sachen hier noch genauer zu beschreiben; ich wil aber doch, um die F 3 Man- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. T. VI, Fig. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Mannigfaltigkeit in der Bauart zu beweisen, hier von noch mehrern Tempeln und Hoͤfen die Abbildung beifuͤgen, und damit diese Materie beschließen. Jch mus aber doch noch eines seltsamen Baums erwaͤhnen, den man auf dem Wege aus der Stadt nach den Tempeln am Ufer findet, wenn man uͤber den Dam geht, durch den der Suͤderarm des großen Flusses neulich geschlossen wurde. Dieser Baum hat die Groͤße eines Apfelbaums, schmale Blaͤtter, weite lange Aeste, an deren aͤußersten und duͤnnen Zweigen Vogelnester hiengen, welche von duͤnnem Grase und Zeuge sehr sin- reich geflochten waren, in der Gestalt eines Beutels mit engem langen Halse. Die Oef- nung war nach Nordwesten gerichtet, damit die Suͤdwinde und Regen nicht eindringen kon- ten. Jch habe auf einem Baume uͤber fuͤnfe dieser Nester gezaͤhlt, und sie auf keinem an- dern Baum wieder angetroffen. Die Voͤgel waren dunkelgelblich; sie glichen einigermaßen den Canarienvoͤgeln, und der Stimme nach den Sperlingen, deren es hier im Lande auch eine große Menge giebt. Noch bemerkte ich an dem Baume die Sonderbarkeit, daß er allent- halben viele monstroͤse Ansaͤtze oder ausgewachsene Knobben von verschiedener Gestalt hat- te, deren sich die Einwohner als einer Arznei bei gewissen Krankheiten zu bedienen pflegen. Religion der Siamer. Die Religion der Siamer ist die Lehre der Brahmanen, welche schon seit vielen Jahrhunderten unter allen Nationen vom Flus Jndus bis an die aͤußersten oͤstlichen Graͤnzen sich verbreitet hat, außer daß am Hofe des Grosmoguls und in dessen großen Staͤdten, auf Sumatra, Java, Celebes und andern Jnseln der Gegend die Religion Mohammeds sich eingedrungen und den Vorzug angemaßt hat. Ob nun gleich diese alge- meine heidnische Religion (zu der die nun bald verloschene Lehre der Son - und Feueranbe- tenden Perser und Chaldaͤer nicht gehoͤrt) nur einen und denselben Ursprung hat, so ist sie doch nach den Sprachen, Sitten und Auslegungen verschiedener Voͤlker in verschiedene Se- cten und Meinungen getheilt. Den ersten Lehrer ihrer Religion stellen die Siamer in ihren Tempeln als einen si- tzenden krauskoͤpfigen Mohren vor, von ungeheurer Groͤße, aus Ehrerbietung verguldet, an jeder Seite mit einem seiner vornehmsten Gehuͤlfen, und vor und neben sich mit seinen uͤbrigen Aposteln und Juͤngern umgeben, die leztern haben alle gleiche Farbe und Stellung. Jn ihm, glauben sie, nach der Lehre der Brahmanen, habe die Gotheit gewohnt, und dieses mit seinen Lehren, Leben und Offenbarungen bewiesen. Wistnu (durch welchen sie die Gotheit verstehen) sagen sie, hattte schon in vielen hundert tausend Jahren achtmal in angenommener fleischlicher Gestalt die Welt besucht, und erschien endlich zum neunten- mal in der Person dieses Caffern. Sie nennen ihn daher Prah pudi tsjau, d. i. der Heilige von hohem Stamme, — Sammanu Khutama, d. i. den Menschen ohne Af- fekten, Tab. VI. Zweit. Kap. der jetzige Zustand des siamischen Hofes. fekten, — Prah bin tsjau, d. i. der Heilige, welcher ist der Herr, oder auch nur schlechtweg Prah, der Herr, auch Budha oder (wie sie das Wort mit hottentottischer Kehle und in einer Silbe auszusprechen pflegen) P’h ú th à h. Die Singalesen nennen ihn Budhum, die Sineser und Japaner Sacka oder Sjacka, auch wol nur Fotoye, d. i. der Goͤtze, und mit einem Ehrennamen Si Tsun, d. i. der große Heilige. Jch finde von der Geburt und dem Vaterlande dieses Religionsstifters bei den verschiedenen Nationen keine uͤbereinstimmende Nachrichten. Die Siamer nennen sein Vaterland Lanka, d. i. Ceylon (Selan). Von da, sagen sie, sey ihre Lehre zuerst zu ihnen heruͤbergebracht, und dann noch weiter durch die umliegende Laͤnder bis Sina und Japan ausgebreitet worden. Auf den hohen Bergspitzen der Jnsel Ceylon, welche die Eu- ropaͤer Pico d’Adam nennen, behaupten sie, waͤren noch jezt die Fusstapfen ihres dort hervorgesprossenen und zuvor geuͤbten Religionswesens anzutreffen. Daher sie auch diesen bei ihnen sehr heilig gehaltenen Berg in ihren kosmographischen Tabellen als den Mittel- punkt der Welt vorstellen Die Menge der Gegenstaͤnde, welche man auf und neben der Jnsel Selan mit dem Namen Budso belegt findet, macht es in der That nicht unwahrscheinlich, daß dieser große Religionsstifter aus dieser Gegend zuerst ausgegangen sey, oder sich wenigstens dort sehr thaͤtig bewiesen habe; ob man gleich schwerlich durch alle die widerspre- chende Nachrichten der verschiedenen Nationen und der Schriftsteller, die sich recht und unrecht ver- standen, sich zu einer Entscheidung wird durch- arbeiten koͤnnen, ob der Budhum vom festen Lande nach der Jnsel, oder von dieser nach jenes uͤbergieng? Die Jndier haben auf Selan einen Budsos- berg, ein Budsosgrab und eine Budsosbruͤcke. Unter der leztern verstehen sie die Reihe von Jn- selchens und Sandbaͤnken, welche von der Jnsel nach dem festen Lande der Kuͤste Koromandel geht, und die, wie die Singalesen behaupten, Budhum hervorbrachte, da er vom festen Lande nach Se- lan kam, und selbst seine Lehren ausbreitete. Als die Portugiesen nach Jndien kamen, fanden sie es sehr analogisch, diese Orte, die einmal mit heiligen Namen beehrt waren, der indischen Tra- dition zu entreißen, und sie fuͤr die ihrige zu weihen. So entstand ein Adamsberg, Adams- grab, Adamsbruͤcke; — einige Fabeln dazu wur- den bald ersonnen; — Selan ward fuͤr das Pa- radies erklaͤrt u. s. w. Diese Namen wurden nach und nach so gelaͤufig, daß man sich schon uͤberredte, sie waͤren uralt unter den Eingebornen, und es finde sich also schon unter diesen die Tra- dition von Adam. Baldaͤus (s. Beschryving van Malabar en Coromandel p. 153) versichert dieses wirklich. Nun hatte zwar Kaͤmpfer in der Stelle des Textes und auch wol beilaͤufig andere, die wahren einlaͤndischen Namen dieser heiligen Orte angezeigt; aber man hatte es uͤbersehen, und es ist daher wichtig, daß Hr. Missionarius Gerike noch neuerlich (in seiner Seereise von London nach Ceylon, 1773, p. 67) dem Jrthum widersprochen und uns belehrt hat, daß die Eingebornen von Jndien nichts von Adam wissen, und es sich auch nie haben einfallen lassen, ihre heiligen Orte nach ihm zu benennen. . Aber die Singalesen selbst widersprechen dieser ihrem Lande so ruͤhmlichen Meinung. Sie nennen das Geburtsland des Heiligen Macca Desja, und verstehen darunter das Reich Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Reich Siam, wie sie dann auch der Siamer Pali oder Bibel, (welche die Peguer Mac- catappasa nennen) in derer Khom oder Khomuttenschrift sich bedienen, und bekennen, daß sie diese von den Siamern bekommen haben. Die Sineser und Japaner geben fuͤr das Vaterland dieses Heiligen und seiner Offenbarung das Land Magatta an, welches sie Tensik Magatta Kokf, d. i. das himmellaͤndische Magatta aussprechen. Sie verstehen darunter das feste Land von Jn- dien, und darunter also auch Pegu und Siam, und glauben, daß der Siacka der Sohn eines Koͤnigs dieser Lande gewesen sey. So schieben diese Nationen immer eine der andern die Geburt ihres Lehrers zu, wahrscheinlich weil ein fremder Prophet immer am meisten geschaͤzt wird. Die gelehrten Brahmanen und Benjanen glauben diese Widerspruͤche am besten zu vereinigen, wenn sie behaupten, Budha habe weder Vater noch Mutter gehabt, und gestehen, daß sie von seinem Vaterlande und Geburt nichts wissen. Sie malen ihn in der Gestalt eines Mannes mit vier Armen, und erzaͤhlen keine andere Wunder oder Legen- den von ihm, als einen Beweis seiner ausnehmenden Froͤmmigkeit, daß er nemlich 26430 Jahre in einer Tarateblume sitzend den hoͤchsten Gott lobe, nachdem er schon vor 21639 Jahren (von diesem Jahre 1690 christlicher Zeitrechnung angerechnet) sich der Welt zuerst geoffenbaret und gezeigt habe. Die Siamer und andere orientalische Nationen wissen da- gegen von der Geburt, dem Leben, Lehren und Wundern dieses Prah oder Siacka gan- ze Buͤcher vorzuzeigen. Diese so verschiedenen und mit einander streitenden Berichte, welche ich in den angezeigten Laͤndern gefunden habe, weis ich nicht besser zu vereinigen, als wenn ich folgen- de Meinung annehme: Die Siamer und entferntere Ostvoͤlker haben einen juͤngern Lehrer mit dem Budha verwechselt, wie in der griechischen und aegyptischen Geschichte dergleichen Verwirrung der Goͤtter und ihrer Namen sehr gewoͤhnlich ist. Der Prah oder Siacka waͤre also nicht der vorherbenante Budha, noch vielweniger der Ram oder Rama, wie Kircher in seiner Sina illustrata meint, da dieser leztere viele hundert tausend Jahre vor- her gelebt hat. Er ist vielmehr wahrscheinlich ein juͤngerer Verfuͤhrer, der etwa fuͤnf hun- dert Jahre vor Christi Geburt zuerst in der Welt erschienen ist. Alle Umstaͤnde beweisen auch, daß er kein Asiate oder Jndianer, sondern ein memphitischer, vermuthlich vorneh- mer Priester und Mohre gewesen sey, welcher nebst seiner Clerisey verjagt wurde, und als- dann den aͤgyptischen Goͤtzendienst nach Jndien uͤberbrachte und daselbst fortpflanzte. Jch habe fuͤr diese Hypothese folgende Beweise: Erstlich die Aehnlichkeit dieser asiatischen Religion mit der alten aegyptischen in den wichtigsten Theilen. So stelten die Aegypter ihre Goͤtter in der Gestalt mancherlei Thiere und menschlicher Misgeburten vor, und eben so auch diese Nationen, obgleich ihre Nach- barn, Zweit. Kap. der jetzige Zustand des siamischen Hofes. barn, die Chaldaͤer, Perser u. s. w. die Himmelslichter, besonders die Sonne und dessen Bild, das Feuer, goͤtlich verehrten. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Jndianer eben dieser Religion beipflichteten, bis die jetzige bei ihnen aufkam. Denn da man nicht wol glauben kan, daß diese kluge Voͤlker ohne alle Religion, wie die Hottentotten, solten gelebt haben; so ist es wol sehr wahrscheinlich, daß sie die Sonne und uͤbrigen Gestirne goͤtlich verehrt haben, weil diese die aͤußern Sinne am staͤrksten ruͤhren, und den natuͤrlichen Menschenverstand zur Bewunderung ihrer unbegreiflichen Eigenschaften reizen. Man be- merkt auch sogar noch heutiges Tages Spuren dieser alten chaldaͤischen Religion, der Ver- ehrung nemlich der Sonne und Sterne, die zwar von ihren Priestern nicht gelehrt, aber doch als ein guter Nebenglaube geduldet wird; gerade so, wie noch wol in christlichen Staaten alte heidnische Gebraͤuche, z. B. die Feier des Bachus, nachgeblieben sind. Unter die wichtigsten Lehren der aegyptischen Religion gehoͤrt nun ohne Zweifel die von der Versetzung der Sele nach dem Tode in einen andern Leib; und dann die Ver- ehrung der Kuͤhe, besonders der H. Kuh zu Memphis, (bei ihnen Apis oder Serapis genant) welche goͤtlich verehrt und von den Pfaffen bedient wurde. Diese beide Lehren sind den asiatischen Heiden, sonderlich denen an der Westseite des Ganges, so heilig, daß man nicht das geringste und schaͤdlichste Ungeziefer, weil man es von einer menschlichen Sele bewohnt glaubt, zu toͤdten wagt. Die Kuͤhe aber (deren Selen durch viele Wande- rungen schon vergoͤttert sind) werden bei ihnen mit großer Ehrerbietung gehandhabet und bedienet. Jhr zu Asche gebranter Koth wird als eine Salbe gebraucht, und ihr Urin als Weihwasser. Jhrer ausgebildeten Figur ist bei den vornehmsten Tempeln eine Capelle ge- widmet, in der sie taͤglich mit frischen Blumen und wohlriechendem Oel begossen und ver- ehrt wird. Man hat hiebei bemerkt, je naͤher diese Nationen nach Aegypten wohnen, de- sto groͤßern Eifer beweisen sie in diesen beiden Stuͤcken; je weiter davon, desto mehr lassen sie darin nach, so daß auch sogar die Pfaffen in Siam und andern entfernten Landen Kuͤ- hefleisch essen, wenn sie nur die Ermordung dieser Thiere nicht verursachet, und nicht ihre Einwilligung dazu gegeben haben. Eben so wird auch die Wanderung der Selen hier nicht so heilig geglaubt, wie in Hindostan unter den Benganen, und es kostet an der Ostseite des Ganges jeder Floh oder Muͤcke das Leben, wenn sie den Einwohnern die bloße Haut angreift. Man trift aber in dieser asiatischen Religion nicht nur die großen, sondern auch die kleinern oder soge- nanten Drekgoͤtter der Aegypter an, wiewol unter andern Namen und fabelhaften Umstaͤn- den, die man aber sehr leicht unter einander uͤbereinstimmend zeigen kan. Zweitens ist zu bemerken, daß vor drei und zwanzig Jahrhunderten, oder nach der genauesten Rechnung im Jahr 536 vor Christi Geburt, der persische Tyran Camby- ses die aegyptische Religion zerstoͤrt, ihren Apim, (das Palladium ihrer Lehre) erwuͤrgt G und Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. und die Pfaffen getoͤdtet habe. Da nun die Siamer ihre Soncarad oder geistliche Jahr- rechnung von dem Tode ihres großen Heiligen anheben, und in diesem 1690sten Jahre Christi ihr 2234stes schreiben; so faͤlt es in die Augen, daß dies ohngefehr auf jene Zeit hinausgehe, und die Vermuthung wird also wahrscheinlich, daß damals ein vornehmer memphitischer Priester (den man Budha Sacka, d. i. den großen Heiligen nante) nach Jndien gefluͤchtet sey, und daselbst seiner Lehre so viel Beifal erworben habe, daß sie sich bis in den entferntesten Osten ausgebreitet hat. Drittens bezeugen auch die Caffernhaare des Heiligen, daß er kein Jndianer, sondern ein Afrikaner aus einem heißen Himmelsstrich gewesen sey. Denn unter dem in- dianischen Himmel bekommen die schwarzen Einwohner keine krause Wolle, sondern lange oder auch etwas gekruͤlte schwarze Haare. Und obgleich die Siamer ihre Haare bis auf ei- nes Fingers Laͤnge abzuschneiden pflegen, so kan man doch aus dem wie Schweinsborsten aufwaͤrts stehendem Rest noch erkennen, daß sie nicht wolligt und kraus sind. Hieraus folgt also auch, daß der Budha kein Siamer, sondern ein Afrikaner sey. Charakter der Siamer. Jhre Geistliche. Die Siamer sind von Natur ein frommes, einfaͤltiges Volk, und besonders fuͤh- ren auch ihre Geistliche ein strenges, sitsames Leben, weil sie in Unterdruͤckung und Ertoͤd- tung ihrer Leidenschaften, nach der Lehre und dem Muster ihres Meisters in dieser Welt, eine dem Himmel wohlgefaͤllige Volkommenheit und die ewige Belohnung suchen. Alle Geistliche sind unbeweibt, wohnen neben den Tempeln in Pfar - oder Klosterhaͤusern, ge- hen nakt, außer daß sie die Lenden mit einer dunkelgelben Schuͤrze bewunden haben. Auch haͤngt ihnen von der linken Schulter ein schmal gefaltnes Tuch herab, dessen Ende mit der Lendenschuͤrze befestigt ist, welches Tuch sie bei schlimmen Wetter uͤber die Schulter und den ganzen Oberleib auszubreiten pflegen. Jhr Kopf ist unbedekt und glat geschoren, und in der Hand halten sie einen Wedel von Palmblaͤttern oder hoͤlzernen Spaͤnen. Diese Geistliche haben verschiedene Wuͤrden und Rangordnungen unter sich. Denn sie bestehen: Erstlich aus Juͤngern, die sich Dsjauneen, d. i. Fratres, geistliche Studen- ten nennen, wenn diese das zwanzigste Jahr erreicht haben und in einem sehr scharfen Examen tuͤchtig befunden sind, werden sie bei einem großen Feste zu Dsjaukus oder Pa- tern erhoben. Die Peguer nennen sie Talapoi; ein Name, der bei den Auslaͤndern zu- erst bekant geworden ist. Daher nennen diese ohne Unterschied alle Priester und Geistli- che der symbolischen Religion in Pegu, Siam, Cambodia, Parma, Laos, Tunkin und Cosochintsina, Talapoyers. Zwei- Zweit. Kap. der jetzige Zustand des siamischen Hofes. Zweitens Dsjauku, gemeine Pfaffen oder Patres, welche ein oder mehr Klo- sterhaͤuser bei gewissen Tempeln in Geselschaft bewohnen, und in denselben uͤber sich haben Drittens einen Prior, welchen sie Luang Wad, das Tempelhaupt, oder Sompan, den Edlen, nennen. Viertens diese Kloͤster stehen in einer jeden Provinz unter einem Prah Khru, als Bischof oder Metropolitan. Ueber welchen und die ganze Clerisei des Reichs nun noch die Aufsicht fuͤhrt Fuͤnftens der Prah Sankara als General und Erzbischof. Er wohnt in der koͤniglichen Haupt- und Residenzstadt Judja, und hat ein so großes Ansehen, daß sich auch der Koͤnig vor ihm buͤcket. Der geistliche Stand ist hier nicht, wie bei den Brahmanen, an ein besonderes Geschlecht gebunden; sondern es kan jeder ein Moͤnch werden, wer da wil und dazu gelan- gen kan. Sogar einem Eheman ist es nicht verwehrt, seine Frau zu verlassen und ins Klo- ster zu ziehen. Es giebt hier auch Nanktsji oder Baginen, welche nicht gelbe, son- dern weiße Tuͤcher tragen. Sie haben ehemals mit den Pfaffen neben den Tempeln ge- wohnt. Nachdem es sich aber eine halbe Meile oberhalb Judja in einem Dorfe, wo die Geistlichen von beidem Geschlechte durcheinander wohnten, ereignete, daß diese Nonnen eine nach der andern beschwaͤngert wurden; so hat man sie nachher von den Tempeln in ihre eigne Haͤuser verwiesen, um daselbst ihre Keuschheit sicherer zu bewahren. Der Tempel des erwaͤhnten Orts heist noch jezt Wad Nanktsji, d. i. Nonnentempel. Aber hievon an einem andern Orte ein mehrers. (Die geistlichen Personen koͤnnen als Geistliche wegen Missethaten nicht gestraft werden. Es wird also vorher allemal die geistliche Kleidung ausgezogen, und dann werden sie wie Weltliche gestraft: doch verfaͤhrt man immer mit ihnen, ihres ehmaligen geistlichen Standes wegen, etwas gelinder. Sie werden sehr oft wegen Capitalverbrechen, auf koͤ- niglichen Befehl nur auf eine unbewohnte Jnsel, Coccatsjan verbant, wohin der Koͤnig auch zuweilen seine Mandarins, wenn sie in Ungnade gefallen sind, zu relegiren pflegt Diese Stelle fehlt ganz in dem Manu- script des Neffen. Aber das Manuscript des Oheims und Scheuchzer haben sie. . Siamische Zeitrechnung. Die Soncarad oder Zeitrechnung der Siamer faͤngt mit dem Tode ihres großen Abgotts Sammona Kuthama, oder Prah, oder Budha an, von welchem sie im Jahr 1690, da ich in Siam war, 2234 Jahr zaͤhlten. Sie haben, wie die Sineser Cyclos von sechzig Jahren, obgleich nur zwoͤlf Jahre eigentliche Namen haben, welche fuͤnfmal G 2 wie- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. wiederholt, den ganzen Cyclum von sechzig Jahren ausmachen. Die Namen dieser zwoͤlf Jahre, wie mir in Siam berichtet ist, sind folgende: 1) Pije Tsoelat, das Maͤusejahr. 2) Pije Tsaloe, oder Tslu, oder Tsjalou, das Kuͤhejahr. 3) Pije Kaen, das Tigerjahr. 4) Pije To oder Tao, das Hasenjahr. 5) Pije Marong oder Marono, das große Schlangenjahr. 6) Pije Maceng oder Masceng, das kleine Schlangenjahr. 7) Pije Mamia, das Pferdejahr. 8) Pije Mame oder Mamij, das Boͤckejahr. 9) Pije Wok, sonst Woak oder Wook, das Affenjahr. 10) Pije Uka, das Huͤnerjahr. 11) Pije Tso, Tsjoo oder Tgjo, das Hundejahr. 12) Pije Koen, das Schweinejahr. Pije heist uͤberhaupt das Jahr. Jedes siamische Jahr ist in zwoͤlf Mondmonate abgetheilt, deren einige neun und zwanzig, andere dreißig Tage haben. Jedes dritte Jahr besteht aus dreizehn Monaten, weil alsdann einer zweimal gezaͤhlt wird. Ein Monat heist in siamischer Sprache Duan. Die Namen der zwoͤlf Monate sind folgende: Duan Aey, der erste Monat von neun und zwanzig Tagen. Duan Gi oder Dzi, der zweite Monat von dreißig Tagen. Duan Saem, der dritte Monat von neun und zwanzig Tagen. Duan Sie, der vierte Monat von dreißig Tagen. Duan Ha, der fuͤnste Monat von neun und zwanzig Tagen. Duan Hook, der sechste Monat von dreißig Tagen. Duan Tset oder Tsjiet, der siebende Monat von neun und zwanzig Tagen. Duan Pet oder Pyt, der achte Monat von dreißig Tagen. Dieser achte Monat wird alle drei Jahr zweimal gezaͤhlt. Duan Cau oder Kaau, der neunte Monat von neun und zwanzig Tagen. Duan Sieb oder Sib, der zehnte Monat von dreißig Tagen. Duan Sieb Eet, der eilfte Monat von neun und zwanzig Tagen. Song Sieb Duan, der zwoͤlfte Monat von dreißig Tagen. Dies sind die zwoͤlf Monate des siamischen Jahrs, welche nur nach der Zahl ihrer Ordnung gezaͤhlt werden. Denn Aey ist eins, Gie zwei, Sieb zehn. Sieb eet eilf u. s. w. Und so besteht das ganze Jahr aus drei hundert vier und funfzig, und jedes dritte Jahr aus drei hundert vier und achtzig Tagen. Die Tage des Neumonds werden gezaͤhlt von dem Neumond bis zu dem Volmond, funfzehn Tage. Den ersten Tag nach dem Zweit. Kap. der jetzige Zustand des siamischen Hofes. dem Volmond zaͤhlen sie wiederum, und so fort bis zu dem Neumond. Dies ist die Ur- sache, daß einige ihrer Monate dreißig, andere nur neun und zwanzig Tage haben. Die siamische Woche besteht aus sieben Tagen, deren Namen sind: Dies solis — Wan atit, der Sonnentag. Dies lunae — Wan Tsan, des Mondestag. Dies martis — Wan Ang Kaen, der Tag des Werks oder Arbeitens. Dies mercurii — Wan Poeth, der Tag der Zusammenkunft. Dies jovis — Wan Prahat, der Handtag. Dies veneris — Wan Soek, der Ruhetag. Dies saturni — Wan Sauw, der Tag des Anziehens oder Anholens, weil er eine neue Woche an sich zieht Loubere, der glaubwuͤrdigste Schriftsteller uͤber Siam, stimt in allem diesem ganz genau mit Kaͤmpfer uͤberein S. T. 2, p. 59. Die kleinen Verschiedenheiten der Namen, welche man daselbst findet, ruͤhren blos daher, daß Loubere ein Fran- zose, und Kaͤmpfer ein Deutscher war. Um die Jahre der fuͤnf kleinern Cyklen von zwoͤlf Jah- ren, welche den großen Jahrkreis von sechzig aus- machen, zu unterscheiden, glaubt Loubere, einige Verschiedenheiten in dem Datiren bemerkt zu haben. . Die Siamer pflegen gemeiniglich den ersten und funfzehnten Tag eines jeden Monats, als den Anfang des Neu- und Volmonds zu feiern. Einige gehn auch zur Pa- gode den lezten Tag des Viertelscheins. Dieser Festtag koͤmt einigermaßen mit unserm Sontag uͤberein. Sie haben uͤberdem noch einige jaͤhrliche hohe Festtage, als einen am Anfange des neuen Jahrs, Sonkraan genant. Einer, der Kitimbak oder Ktimbak genant wird, heist so viel als Procession, an welchem (wie man mich berichtet hat) der Koͤnig in einer siamischen von Menschen gezogenen Carosse nach Napathat, einem be- ruͤhmten Tempel geht, daselbst sein Opfer zu verrichten. Ktinam wird das Fest genant, da der Koͤnig einmal im Jahre zu Wasser mit einem ausnehmend praͤchtigen Gefolge nach dem kostbaren Tempel Banihim faͤhrt, daselbst zu opfern, und wie man glaubt, das Wasser zu schneiden. Zwei andere der jaͤhrlichen hohen Feste der Siamer werden ge- nant Sahutsjoan, d. i. Feste der Elephantenwaschung, an welchen, wie man sagt, die- sen Thieren die Koͤpfe gewaschen werden. Der Anfang aller Feste heist bei den Siamern Kauposa, der Beschlus derselben Opposa Hier hat Scheuchzer noch eine Stelle uͤber die Muͤnzen in Siam, die ich in meinen beiden Manuscripten nicht finde. Sie ist diese: „Jch mus nun noch von den in Siam gelten- den Muͤnzen reden. Tsiani, oder wie die Frem- den sagen, Katti, ist eine Silbermuͤnze und wiegt drittehalb Pfund oder zwanzig Tails oder funfzig Reichs- . G 3 Drit- Drittes Kapitel . Abreise des Verfassers von Judja. — Beschreibung des siamischen Hauptflusses Menam. — Fernere Reise zur See. — Ankunft in Japan. Reise von Judja bis zum Seehafen. D en 4ten Jul. gegen Abend stieg ich mit dem Schiffer und andern Gefaͤhrten in ein Boot, um den Flus Meinam hinunter nach dem Schiffe, welches zwei Tage- reisen von hier, und eine Meile von der Muͤndung des Flusses vor Anker lag, abzufahren. Nachdem wir eine Meile zuruͤkgelegt hatten, kamen wir an den beruͤhmten Tempel Banj- hiin, welchen die Auslaͤnder die guͤldene Pagode nennen, wohin der Koͤnig jaͤhrlich mit einem praͤchtigen Gefolge hinuͤberzufahren pflegt, und bei einer Opferung an die Pfaffen seine Andacht haͤlt. Der gemeine Man nent diese Handlung Ktinam, d. i. Wasser- schnei- Reichsthaler, d. i. er ist noch zweimal so |viel werth, als die zu| Batavia und in Japan cursirende Kat- tis. Die Siamer nennen den Tail Tamluni, man schlaͤgt sie aber nicht in diesem Reiche. Er gilt vier Maas oder dreißig hollaͤndische Stuͤbers. Jeder Maas, oder wie die Siamer sagen, Sli- ni oder Sling, gilt zwei Fuangs. Jeder Fuang, den die Siamer Phuani nennen, gilt zwei Siam- pais; ein Siampai oder Sapai zwei Puininis. Ein Puini enthaͤlt eine unbestimte Zahl von Bi- jas, eine sehr kleine Muͤnze, die wir Cowers nennen, und die eigentlich eine kleine weiße oder gelbliche Muschel ist, von eben der Art, wie die Concha Veneris, von der ich schon sonst geredet habe. Diese Muscheln haben einen sehr verschie- denen Werth. Man kan fuͤr einen Pujang fuͤnf hundert bis acht hundert kaufen. Man bringt sie in unzaͤhliger Menge von den Maldiven. Alle Silbermuͤnze in Siam wird aus hollaͤndischen Thalern gemacht, die man blos zu dieser Absicht in Holland schlaͤgt. Die hollaͤndische ostindische Compagnie bringt sie heruͤber, und rechnet den Thaler ohngefehr zu vier Gulden, oder die eng- lische Krone zu sieben Schilling‟. Jch zweifle gar nicht, daß diese Stelle vom Kaͤmpfer herruͤhre, und also noch jezt in der Handschrift des brittischen Museums sich finden muͤsse. Drit. Kap. Abreise des Verfassers von Judja. schneidung, aus der irrigen Meinung, der Koͤnig thue mit dem Messer einen Schnit in den Flus, und mache ihn dadurch sinken. Es kan auch seyn, daß man ehemals diese Ce- remonie beobachtet hat; jezt aber geht hier, außer der ansehnlichen Wasserprocession, nichts denkwuͤrdiges vor. Den 5ten Jul. hatten wir wegen widrigen Wetters eine sehr langsame Farth, aber ich bekam dadurch Gelegenheit oft ans Land zu gehen, und mich mit Aufzeichnung der daselbst befindlichen Kraͤuter zu belustigen. Den 6ten Jul., da wir die ganze Nacht wegen verhinderter Farth sehr wenig fort- kamen, waren wir erst des Morgens fruͤh vor Bankok. Die alte, auf einer Jnsel gele- gene Festung fanden wir im guten Stande; aber die neue von den Franzosen am oͤstlichen Ufer angelegte Schanze war ganz demolirt. Noch vor Abends erreichten wir das am Flus- se eine Meile von der See liegende hollaͤndische Wohn- und Pakhaus Amsterdam genant. Es ist nach Landesart auf Pfaͤhlen von Bambus erbauet. Die angekauften Hirsch- und Buͤffelfelle werden auf dem Speicher, das rothe Faͤrbeholz Faang, oder wie man es in Japan nent, Tsjan pan, auf offenem Platze aufbewahrt, bis die Schiffe diese Waaren abholen, und den groͤsten Theil jaͤhrlich nach Japan bringen. Man holt das Faͤrbeholz aus dem Lande Coy oder Kui, welches auch dem Koͤnig von Siam gehoͤrt, bisweilen auch von Bambilisoi am kambodischen Ufer. Der Commandant dieses Orts, Core, war ein Corporal und ein geborner Schwede. Jch fand ihn sehr betruͤbt uͤber den Tod sei- ner verlornen Katze Suri, welche er in dem Bauche einer getoͤdteten Schlange wiederge- funden hatte. Er klagte auch, daß ihm eben dieser Feind sehr viel Schaden unter seinen Huͤhnern gethan habe, da er sich immer in den Winkeln des Hauses verstekt habe. Jch mus bei dieser Gelegenheit noch eines andern Raͤubers gedenken, welcher sich bei meinem Aufenthalt des Nachts unter diesem Hause eingefunden hatte, in welchem sieben von un- serer Geselschaft schliefen. Es war ein Tiger, welcher den Zipfel einer Weste erwischte, der durch die Ritze des von gespaltenem Bambus gemachten Estrichs abhieng, und ihn ziemlich behende an sich zog. Der Schreiber, dem die Weste gehoͤrte, vermuthete einen Dieb, rief die Schlafenden zu Huͤlfe, und suchte seinen Zipfel wieder loszureißen. Der Tiger wolte aber seine Beute nicht fahren lassen; und so hielt und zog einer gegen den andern, bis Core, der solcher Diebe schon gewohnt war, durch einen Schus den Tiger in die Flucht brachte. Beschreibung des siamischen Hauptflusses Menam. Menam oder Meinam heist in siamischer Sprache eine Mutter der Feuchtigkei- ten, und hat dieser Strom seinen Namen von dem Ueberflus seines Wassers, welches dem ganzen Lande Nahrung giebt. Er ist sehr tief, schnelfließend, breiter als die Elbe, auch der Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. der einzige im ganzen Lande, außer daß er sich einige Meilen unterhalb Judja in einige Aeste vertheilt. Die Einwohner geben von seinem Ursprung andere Nachrichten, als un- sere Landcharten. Sie leiten ihn eben so wie den bengalischen Ganges, von dem hohen Waldgebuͤrge Jmaas ab. Er vertheile sich auf demselben, behaupten sie, in verschiedne Aerme, welche durch Cambodia, Siam und Pegu ins Meer fallen. Und diese Stroͤme sollen sowol unter sich, als auch mit dem Ganges durch verschiedene Sprossen verknuͤpft seyn. Einige wollen sie sogar fuͤr Aeste und Abfluͤsse dieses großen Stroms halten, daß man also, wenn man Lust haͤtte die große Muͤhe zu uͤbernehmen, und durch Waͤlder und Wildnisse Fahrten zu suchen und zu oͤfnen, mit kleinen Fahrzeugen von Siam nach Ben- galen kommen koͤnte. Jch gebe diese Sage fuͤr keine Wahrheit aus Ein jesuitischer Missionar, le Clerc, wil die Falschheit dieser Sage — die man schon ziemlich muthmaßen kan — erfahren haben. Er fuhr den Menam hinauf bis an die Graͤnzen von Laos, und fand ihn daselbst sehr schmal, und die Einwoh- ner versicherten ihn, daß man nur noch drei Ta- gereisen weiter gehen duͤrfte, so faͤnde man den Menam als ein kleines Baͤchlein, das dort aus einem Berge hervorkaͤme. S. Journal ou Suite de Voya- ge de Siam, fait en 1685 \& 1686 par Mr. L. D. C. Amsterdam 1687. p. 291. , aber wol dasieni- ge, was ich von der Beschaffenheit des Flusses von Judja bis zur See sagen werde, wel- che ich auf dieser Reise selbst zu beobachten Zeit und Gelegenheit gehabt habe. Jch lege Tab. VII. daher auch dem Liebhaber zu seinem Vergnuͤgen den Abris davon hier vor. Man findet darauf des Flusses natuͤrlichen Lauf und alle Kruͤmmen, welche durch Huͤlfe eines großen Compasses abgemessen sind, die Vertheilungen und deren Ab- und Zufluͤsse, die Lage der Ufer, die anliegenden Waͤlder, Doͤrfer, Tempel, und die neulich wider die vernichtete Flucht des franzoͤsischen Generals mit seinen Truppen aufgeworfene Schanzen. Jch finde von diesem Flusse nun noch folgende besondere Umstaͤnde zu bemerken: Erstlich, daß er, wie der Nil in Aegypten, obgleich zu einer gerade entgegengesez- ten Zeit, seine Ufer uͤbersteige, das Land uͤberschwemme, und durch diese Bewaͤsserung fruchtbar mache. Mit dem Monat September, oder noch etwas fruͤher, (wenn die Son- ne den Tropicum Cancri besucht, und den Schnee auf den hohen Nordgebirgen zum Schmelzen gebracht hat,) nimt diese Ueberschwemmung ihren Anfang. Die alsdann ein- tretende Regenzeit traͤgt hierzu nicht wenig bei; diese findet man allenthalben zwischen den beiden Tropicis, wenn die Sonne den Zenith der Einwohner beruͤhrt. Jm Monat De- cember nimt das Wasser almaͤhlig wieder ab, und bezieht wieder die vorige Ufer seines Stroms. Zweitens, wenn man das Grundwasser des ganzen Landes — es sey an welcher Stelle und zu welcher Zeit es wolle — aufgraͤbt; so findet man allemal in einer Flaͤche oder Jab. VII. Drit. Kap. Abreise des Verfassers von Judja. oder Horinzothal Linie mit dem Strom. Und doch koͤmt es immer eher hervor, und uͤber- schwemt das flache Land, ehe der Strom so hoch waͤchst, daß er uͤber seine Ufer trit. Drittens, das Grundwasser ist an allen Orten im Lande salpetrisch, nicht salzig, und daher nicht trinkbar. Der Flus aber hat bestaͤndig ein gesundes, suͤßes und trink- bares (wiewol truͤbes) Wasser. Viertens. Obgleich alles Wasser nach dem Meere, als einem von Natur niedri- gen Orte ablaͤuft; so findet man doch die Ueberschwemmung nicht sowol in denen am Meere ge- legenen Laͤndern, als oben und in der Mitte des Reichs. Fuͤnftens, das Wasser, welches die besamete Felder uͤberschwemt, befoͤrdert den Wachsthum des Reißes so ungemein, daß der Halm bestaͤndig mit dem Wasser zunimt, und die Aehren sich uͤber die Flaͤche erheben. Wenn sie reif sind, schneiden sie die Schnit- ter ab, und erndten sie mit Kaͤhnen ein. Das Stroh, welches oft von unglaublicher Laͤn- ge ist, uͤberlassen sie dem Wasser. Sechstens. Wenn das Wasser abfaͤlt und vom platten Lande sich wieder in seine Ufer begiebt, pflegt man ein haͤufiges Sterben unter Menschen und Vieh zu befuͤrchten. Um dieses zu verhuͤten, wird mit dem Anfange der Nordjahrszeit (so nent man die Zeit, da die Nordwinde die Gewaͤsser hinuntertreiben und den Abflus befoͤrdern,) durch das gan- ze Reich ein Fest gefeiert, um die verzehrenden Geister, welche nach abgelaufenem Was- ser zuruͤkbleiben, auszusoͤhnen. Die Feier besteht darin, daß man bei großen Tempeln, am koͤniglichen Hofe und in den Haͤusern der Vornehmen papierne Leuchten brennen, und die Pfaffen in den Kloͤstern gewisse Gebete absingen laͤst. Die Europaͤer haben die Be- merkung gemacht, daß, wenn das Wasser langsam fortgeht, und der Abflus nicht durch strenge Nordwinde, welche um diese Zeit gewaltig zu wehen pflegen, fortgeholfen und be- schleunigt wird, daß alsdann der Schlam auf dem Lande liegen bleibe, und durch seinen Gestank das Sterben verursache. Die Ufer dieses Flusses sind niedrig und groͤstentheils morastig; jedoch von der Hauptstadt Judja bis Bankok (welches etwa den dritten Theil des Wegs zum Meere ausmacht) ziemlich bewohnt. Man sieht zuweilen bewohnte Doͤrfer auf Pfaͤhlen stehn, deren Haͤuser wie Ziegenhuͤtten von schlechter Materie zusammengeflochten sind. Biswei- len bemerkt man auch schoͤne Tempel und Wohnungen der Pfaffen, und eine Menge frucht- und unfruchtbarer Baͤume. Von Bankok aber bis zum Hafen ist alles mit Wildnissen und morastigen Waͤldern besezt; auch aller Orten Bambus und Gabbe Gabbe (eine Staude mit Palmstraͤuchen) zu finden, welche beide Gewaͤchse den Einwohnern die Ma- terie reichen, aus der sie auf dem Lande ihre Mauern, Daͤcher und Haͤuser flechten. Dreierlei Thiere geben den Reisenden auf diesem Flusse einen unterhaltenden An- blik, besonders auf dem Wege von Bankok bis zum Meere. Sie erscheinen aber gemei- H nig- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. niglich erst gegen Abend. Erstlich findet er eine unglaubliche Menge Affen, schwaͤrzliche, sehr große, auch kleine, graue gemeine u. s. w., die auf den Baͤumen und auch auf dem troknen Ufer muͤssig und als voͤllig zahm herumspatzieren, gegen Abend aber die hoͤchsten Baͤume am Ufer beziehen. Sie sind alsdann hier in so erstaunender Menge, daß die Baͤume aussehn, als waͤren sie mit Raben besezt. Die Weiblein halten ihre Jungen an den Bruͤsten fest, und sie ließen dieselben nicht, wenn sie auch herunter geschossen wuͤrden. Die Affen lieben diese Gegend besonders wegen ihrer Nahrung, die sie auf einem hier haͤufig wachsenden großen Milchbaum mit eifoͤrmigen lichtgruͤnen Blaͤttern, Tjaak genant, finden, dessen Fruͤchte etwas zusammengedrukt, im uͤbrigen an Groͤße und Gestalt unsern deutschen Apfeln aͤhnlich und nur sehr herben Geschmaks sind. Einen zweiten sehr angenehmen Anblik geben die Lichtmuͤcken, ( cicindelae ) wel- che einige Baͤume am Ufer mit einer Menge, wie eine brennende Wolke, beziehn. Es war mir besonders hiebei merkwuͤrdig, daß die ganze Schaar dieser Voͤgel, so viel sich ihrer auf einem Baume verbunden, und durch alle Aeste desselben verbreitet |haben, alle zugleich und in einem Augenblik ihr Licht verbergen und wieder von sich geben, und dies mit einer solchen Harmonie, als wenn der Baum selbst in einer bestaͤndigen Systole und Diastole begriffen waͤre. Die dritte merkwuͤrdige Thierart sind die gemeinen Muͤcken, welche sich bei Tage etwas sparsamer, des Nachts aber wie Bienenschwaͤrme auf dem Wasser einfin- den, daß man sich schlechterdings vor ihnen nicht retten kan. Sie sind weit groͤßer als diejenigen, welche den Reisenden in Rusland begleiten, und verletzen daher auch weit peinlicher. Diese Gaͤste machen die ganze Wasserreise verdrieslich und toͤdten alles Vergnuͤgen. Den 7ten Jul. an einem Freitage fuhren wir mit anbrechendem Tage und gutem Nord- winde ab, nahmen vom Flusse und ganzem Lande Abschied, und erreichten um 8 Uhr un- ser Schif, welches zwei Meilen von der Muͤndung des Flusses auf sechs Faden vor Anker lag. Dieser Hafen oder Rheede ist das Ende eines Meerbusens zwischen den siamischen und kambodischen Laͤndern; hat einen thonichten, weichen Grund, und die Tiefe von fuͤnf, sechs Klaftern, etwas weniger oder mehr. Junken und unbeladene Schiffe koͤnnen durch Huͤlfe der Ebbe und Fluth bis Bankok hinaufkommen. Jn der Muͤndung des Flusses sahe ich verschiedene Junken und sinesische Kaufschiffe vor Anker liegen. Um den seichten Grund zu vermeiden, waren hier hin und wieder Zeichen der Tiefe gestekt. Jch bemerk- te hier auch verschiedene Stellaͤger der Fischer, welche hier ungemein reichen Fang haben, besonders an Roggen, aus deren Haͤuten die Japaner ausnehmend kuͤnstliche Arbeit ma- chen. Auch auf den hohen Gruͤnden, wo das suͤße Wasser sich mit dem Seewasser ver- mischt, pflegen die Fischer Pfaͤhle aufzustecken, und des folgenden Tages, wenn sich die See Drit. Kap. Abreise des Verfassers von Judja. See zuruͤkzieht, wieder wegzunehmen, da sich dann unterdes eine solche Menge Muscheln daran festgesezt haben, daß funfzig Personen eine hinlaͤngliche Mahlzeit daran finden. Wir fanden heute alle unsere Leute, Officiers sowol als Gemeine, aus Eifersucht und allerlei Zaͤnkereien gegen einander sehr aufgebracht, und in der groͤsten Verwirrung, die besonders dadurch vermehrt wurde, daß diese Leute aus Bosheit sich im Lau (dem Brar- tewein dieses Landes) ganz tol soffen. Sie wieder in Ordnung zu bringen, war nicht meine Sache; ich uͤberlies es unserm Schiffer. Dieser war sonst ein sehr hoͤflicher, leut- seliger Man (gewis eine nicht geringe Seltenheit unter hollaͤndischen Schiffern!) fand aber doch fuͤr gut, hier die Versoͤhnung damit anzufangen, daß er einige der Europaͤer in eiserne Fesseln legte, womit er auch den folgenden Tag fortfuhr. Den 8ten Jul., wie wir mit Einpacken der leztern Felle beschaͤftigt waren, ka- men zwei hollaͤndische Kauf bediente von Judja, um, der Gewohnheit nach, unser Schifs- volk zu mustern. Wir ließen sie den 11ten Jul. unter dreimaliger Loͤsung aus fuͤnf Kano- nen mit ihren Schaluppen wieder von uns, da wir suͤdwestlichen Landwind bekamen. Wir gebrauchten diesen Wind, um mit suͤdoͤstlicher Fahrt die offene See zu erreichen, und als- dann mit den suͤdlichen Passatwinden neben den kambodischen, kochinsinesischen und sinesi- schen Ufern nach Nord-Nordost zu segeln, und dann endlich einen japanischen Hafen aufzusuchen. Man hat zwischen Malacca und Japan vier Monate im Jahre bestaͤndigen Wind aus Suͤden oder Suͤdwesten, welche Zeit man daher die Suͤd-oder Westsaison oder Mon- son nent. Dann wieder vier Monate aus Norden oder N. Osten, welche man die Nord- oder Ostsaison nent. Zwischen diesen beiden Perioden verlaufen etwa zwei Monate, da der Wind bestaͤndig abwechselt, bis er sich aus seiner vorigen in die gerade entgegengesezte Lage begeben und darin festgesezt hat. Zuweilen geschieht es wol, daß diese sogenante Passatwinde sich einige Wochen fruͤher oder spaͤter einfinden, als man nach dem gewoͤhnli- chen Laufe vermuthen konte. Die Schiffahrt hat allemal Nachtheil davon, wenn dies geschiehet. Jn andern Gegenden von Jndien findet man eben diese Saisons, nur wehen dort, nach Verschiedenheit der Lage der Laͤnder, Ufer und Meere die Winde mehr und be- staͤndiger aus Osten und Westen; daher sagt man auch dort Ost- und Westmonsons. Jn ganz Jndien und dem oͤstlichen Asien muͤssen alle Schiffahrten nach diesen Winden berechnet und eingerichtet werden. Es war bei unserer Abreise eben Suͤdwestsaison, welche unsere Farth beguͤnstigte. Wir wunden daher mit frischem Muth unsere beide Anker aus dem Grunde, aber verge- bens; denn der Wind kam bald wieder aus Suͤden unserer Fahrt entgegen. Wir musten also mit Laviren, Stilliegen, Anker winden und werfen bei veraͤnderlichem und bisweilen H 2 har- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. hartem Wetter viele Tage zubringen, und kamen wenig weiter. Es wuͤrde dem Leser ver- drieslich seyn, wenn ich alle Veraͤnderungen der Winde, des Wetters und unserer Fahrt von Stunde zu Stunde aus meinem Reisebuche und meiner Charte daruͤber hier beschreiben wolte. Jch werde mich begnuͤgen, das Merkwuͤrdigste auszuzeichnen. Den 23ten Jul. Sontags, verließen wir die Kuͤsten von Siam, die Berge von Kui und kamen zugleich aus dem Meerbusen, da wir dann unsere Fahrt suͤdoͤstlich richte- ten. Den 26ten Jul. sahen wir wenige Meilen von uns gegen O. N. O. eine lange nie- drige Jnsel, Puli panjang, nach der wir unsern Curs richteten. — Den 27ten kamen wir an die Jnsel Puli Ubi, welche aus hohen Bergen und verschiedenen kleinen Jnseln zu bestehen schien; wir segelten sie auf vier Meilen an der linken Seite vorbei. — Den 28sten hatten wir die große Jnsel Condon vor uns. Sie hat einen Hafen und suͤßes Wasser, aber keine Bewohner, und gehoͤrt nebst den vorigen dem Koͤnige von Cambodia. Wir ließen sie rechter Hand drei Meilen von uns liegen. Wir erblikten bald darauf zur Linken zwei Klippen, zwischen welchen wir nach Nordost durchfuhren. Diese Richtung aus Suͤdwesten hatte der Wind bisher noch immer behalten. — Den 29sten des Morgens bemerkten wir, daß der Strom des Ufers von Cambodia uns schon ganz aus dem Gesicht des Landes weggebracht hatte. Da wir uns bemuͤhten es wieder zu erreichen, und nord- waͤrts steuerten, so fanden wir uns bei Tsjampa. Der Strom hatte uns so erstaunend weit nach Nord-Nordost gebracht, daß wir beschlossen die Nacht vor Anker zu liegen, weil uns die Tiefe dieser Gegenden unbekant war, ob wir gleich durch den Strom in unserer Fahrt weiter kamen. Wir ließen also, sobald wir Grund fanden, das Anker fallen. Den 31sten Jul. hatten wir auf zwei bis drei Meilen von uns zur Seite einen fuͤrchterlich hohen Bergwal, welcher den 1sten und 2ten August etwas niedriger abfiel; wir schiften unter demselben weg, ohne Grund zu finden. Die Kuͤste zeigte sich uns jezt sehr unfruchtbar, kahl und rauh, und fiel bald gegen N. O. bald gegen Norden ab. Wir kamen bei gutem Wetter und gelindem Winde immer weiter fort, und befanden uns am Abend des 2ten Augusts etwas die Eilande Puli Cambir de Terra vorbei, am Ende des Landes Tsjampa und zur Seite des Reichs Cosjensina, dessen Ufer wir immer nach- folgten. — Den 4ten Aug. sahen wir die Jnsel Cantaon vor uns, welche wir Nach- mittags hinter uns ließen. — Den 5ten Aug. sezten wir unsern Lauf immer mit Suͤd- und O. S. O. Winden nach N. N. O. fort, um uͤber die Bucht von Tunquin zu gelangen. Den 6ten Aug. an einem Sontage, gab die Stille des Wetters und der See un- sern Matrosen Gelegenheit, nach gehaltenem oͤffentlichen Gebet zu fischen, welches auch sehr gut von Statten gieng. Einer bekam mit seinem Angel (woran stat der Lokspeise nur ein blinkendes Blech befestigt war) kurz nach einander zwei Hayen ( tuberones ) von mittel- maͤßiger Groͤße, die man mit Huͤlfe einer Schlinge um den Leib auf das Schif zog. Man fin- Drit. Kap. Abreise des Verfassers von Judja. findet diesen Fisch sehr haͤufig in allen indischen Meeren. Seine volkommene Laͤnge ist zehn bis zwoͤlf Fus; sein Fleisch hart und unlieblich. Man haͤlt ihn fuͤr den grausamsten Raͤuber und Menschenfeind unter allen Seethieren, vor dem die Matrosen scheuen muͤssen sich zu baden. Er heist daher auch schon bei dem Athenaͤus ἀνϑϱωπόφαγος, Menschen- fresser. Er hat ein weites Maul, nicht oben am Kopfe, sondern etwas tiefer herunter, daher er sich allemal herumbeugen mus, wenn er von oben Fras annimt. Jch habe be- sonders folgendes Merkwuͤrdige an ihm beobachtet. Erstlich ein zur Seite anhangendes fremdes Fischlein, welches sich mit dem Maule so fest ins Fleisch angesezt hatte, daß man es nur mit einiger Gewalt abreißen konte. Die kundigen Matrosen nanten es einen Saͤu- ger. Zweitens hatte dieses Thier in seinem Bauche sechs lebendige Jungen, anderthalb Spannen lang. Man sagt, daß diese Jungen, so lange sie noch klein sind, in den Bauch ein- und auskriechen. Jch habe aber die Moͤglichkeit dieser Sage bei einer geschwinden und nicht sorgfaͤltigen Oefnung des Thiers nicht untersuchen koͤnnen, da die Franzosen mit den Jungen zur Kuͤche eilten. Drittens fand ich in beiden hinten im Kopfe neben dem Gehirn eine mit feiner Haut umgebene weiße Substanz, wie gestoßene Krebsaugen, in ziemlicher Menge. Man hub sie sehr sorgfaͤltig auf, als ein bewaͤhrtes Mittel in Stein- schmerzen und bei schweren Geburten. Nicht lange hernach brachte ein anderer einen sehr schoͤnen Meerstern mit neun langen Strahlen hervor, dessen Mittelleib vier Zol, jeder Strahl beinahe anderthalb Span- nen in der Laͤnge, und also das ganze Geschoͤpf drei Span in seinem Umfang hatte. Die Oberflaͤche war rauh anzufuͤhlen, als waͤre sie mit Schuppen besezt. Der Mittelleib, zwei Zol dicke, praͤsentirte einen besonders erhabenen schwarzen Stern, mit kurzen Strahlen. Jm Mittelpunkt desselben war ein ziemlich großes, rundes Loch oder Maul, mit zwei Reihen feiner Zaͤserlein umgeben. Die großen Strahlen waren viereckigt, fingerdik, gerade und spiz zulaufend, von dunkelweißer Farbe, und oben queerweise mit schwaͤrzlichen Strichen wie ein Tiger gewoͤlket. Beide Reihen waren bis zur aͤußersten Spitze mit einer dichten Reihe kurzer Stacheln besezt, die sich nach der Laͤnge schlossen. Die Unterflaͤche war etwas sanfter anzufuͤhlen, von Farbe weis, und jeder Strahl zur Seite mit einer Reihe kleiner Fuͤße, wie ein indianisches Tausendbein besezt, die durcheinander eine verwirte, kurzweili- ge Bewegung machten. Der Mittelleib hatte eine maͤßige Hoͤlung, welche von demselben in jeden Strahl fortgieng. Die innere Substanz war weis und so haͤrtlich, daß mir die Strahlen unter den Haͤnden zerbrachen. Jch mus auch noch erinnern, daß uns heute und die vorhergehenden Tage in dieser Gegend eine Menge gewisser Seequalmen vorkamen, welche man mit Recht ichthi- othuria oder Fischqualmen nennen kan, weil sie einigermaßen eine Fischgestalt haben, und den Menschen wie andere Fische zur Nahrung dienen. Die Hollaͤnder nennen sie nach H 3 dem Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. dem einheimischen Namen Seekatzen. Sie sind vorn mit Spuhrruͤsseln, etwa neun an der Zahl, von verschiedener Laͤnge versehen, wie die Polypi marini. Der Bauch ist ganz leer, oben offen und kan aufgeblasen werden. Jhr Fleisch ist durchsichtig, ohne Graten und Zasern. Man findet, wenn ich nicht irre, beim Bontio eine Abbildung nebst der Be- schreibung, zu welcher ich nur noch hinzusetzen wil, daß man zwischen den Ruͤsseln das Maul mit einer Haut bedekt, und unter derselben zwei uͤbereinander stehende schwarzbraune di- cke krumme Zaͤhne findet, welche stark genug sind, das haͤrteste Objekt zu durchbrechen. Den 7ten August. Nachdem wir bis jezt mit suͤdlichem und suͤdwestlichem kuͤhlen Winde unsere Fahrt immer nach Nordosten fortgesezt hatten, ohne irgend ein Land zu se- hen; so fingen wir jezt an die Polhoͤhe mit Fleis zu nehmen, so oft es das Gewoͤlk nur erlauben wolte. Wir fanden sie den 8ten August 19 Gr. 21 Min., den 10ten 21 Gr. 4 Min., und den 11ten 22 Gr. 13 Minuten. Eben da wir diese leztere Hoͤhe erreicht hatten, bemerkten wir einige Gebuͤrge von Fokjen, einer Provinz von Sina. Den 12ten August fruͤh Morgens befanden wir uns nur zwei Meilen vom sinesischen Ufer entfernt, wo die erwaͤhnten Berge auf hoͤrten, und des Mittags an einer beruͤhmten Sandbank, von welcher die aus Sina und Japan kommende Schiffe nach Batavia abgehen. Wir fanden hier eine Menge sinesischer Fischer, die sehr beschaͤftigt mit Fangen waren, und etwas weiter von uns zaͤhlte ich noch vier und dreißig ihrer Kaͤhne. Vorher legte sich eine von einer sinesischen Junke abgeschikte Praue bei uns an Bord, und bot uns eine Parthie Tobak zum Verkauf an. Diesen Abend ver- aͤnderten wir unsern Lauf, um den Suͤderlamos aus dem Wege zu gehen, welche wir hier nicht mehr fern glaubten. Dies sind drei oder vier niedrige Klippen, welche die Carten unter 23 Gr. 10 Min. setzen. Am 13ten August Sontags, sahen wir sie zu unserer Linken eine kleine Meile von uns entfernt, und trieben bei stiller See und Luft vorbei. Des Abends fanden wir an dieser Seite eben dergleichen hervorstehende Klippen, die wir gleichfals vorbeisegel- ten, und dann in Nordosten gen Nord uns wandten. Jch erwaͤhne dieser Jnseln und Klip- pen vornemlich deswegen, damit der Leser von den vielen Gefaͤhrlichkeiten einer solchen Fahrt, besonders bei Nacht und im Sturme, sich einen Begrif machen koͤnne. Jn der That war die Langsamkeit unserer Fahrt und die Veraͤnderlichkeit unserer Richtung blos unserer gro- ßen Vorsicht beizumessen. Den 14ten August kamen vier Fischer, wider die Gewohnheit dieser Leute, mit Hayen und Beggers an unser Schif, welchen wir aber, wegen schlechter Waare, nicht abkauften; sondern blos fuͤr ihre Bemuͤhung ihnen ein Glas Brantewein reichten. Diese Hoͤflichkeit reizte noch verschiedene andere, zu uns heruͤber zu kommen, welche fuͤr ihre Fi- sche keinen Reis, auch keine Leinewand, sondern blos Brantewein und Pfeffer verlangten. Wir schlossen hieraus, daß sie recht duͤrftig seyn muͤsten. Gegen den Durst fuͤhrten sie An- gu- Drit. Kap. Abreise des Verfassers von Judja. gunen oder Wassermelonen bei sich. Sie trugen einen Strohhut, einen schwarzbraunen Rok bis auf die Knie, mit einer Binde um den Leib. Sie machten viele naͤrrische Spruͤn- ge und ein Plaudergerase wie Malabaren. Die Polhoͤhe fanden wir heute 23 Gr. 58 Min. an dem Orte, den die Charten unter 24 Gr. 10 Min. setzen. Unsere Fahrt gieng bei sehr stillem Wetter nach N. O. und N. gen O. Der Strom des Meers war uns vortheilhaft; das Land niedrig, und hatte nur wenig Berge. Diesen Abend befanden wir uns dem Flus- se Ksjansjo zur Seite. Den 15ten Aug. blieb alles wie vorher, und auch das Land behielt seine gestrige Gestalt. Eine sinesische Jnsel sahen wir heute bei Sonnenuntergang vor uns, und den folgenden Morgen (am 16ten Aug.) hinter uns. Wir verließen nun die Kuͤste von Sina ganz, und richteten unsere Fahrt bei der bisherigen Luft und Wind in die offene See nach Japan. Mittags befanden wir uns heute in der Hoͤhe von 25 Gr. 56 M., den 17ten im 27 Gr. 13 M., den 18ten im 28 Gr. 15 M. Heute nach dem Morgengebet wurde der Wind ganz stille, kam aber bald hernach aus Nord gen Osten, und Nordosten. Die folgenden Tage bis zum 25sten Aug. war er ununterbrochen sehr veraͤnderlich, bald hart, bald gelin- de, bald ganz stille, fast immer aber unserer Fahrt voͤllig entgegen. Wir vermutheten daher, daß der nordoͤstliche Monson diesmal fruͤher als gewoͤhnlich anfinge. Die Noth lehrte uns nun, dem Mantel nach dem Winde zu haͤngen und die meiste Zeit zu laviren. Hiebei giebt es Muͤhe und Arbeit genug, aber schlechten Fortgang. Man pflegt gemeinig- lich den einen Tag zu verlieren, was man den andern gewonnen hat. Daß auch wir die- ses Schiksal hatten, kan man schon aus den genommenen Hoͤhen abnehmen. Diese war den 19ten Aug. 28 Gr. 2 M., den 20sten 28 Gr. 42 Min, den 21sten 28 Gr. 52 Min., den 22sten 29 Gr. 1 Min., den 23sten 29 Gr. 23 Min., den 24sten konten wir die Hoͤ- he nicht nehmen; den 25sten 29 Gr. 34 Min. Wir fanden in diesen Tagen nichts merk- wuͤrdiges, außer daß ich um den 27sten Grad eine auf der Flaͤche der See herum treibende gelbgruͤne Materie bemerkte, welche sich zwei Tage zeigte. Wir bemerkten hier endlich eine Tiefe von funfzig Klaftern, und auf dem Grunde einen sandigen Leimboden mit Meer- kraut. Einige Tage sezten sich auch schwarze Voͤgel hin und wieder auf dem Schiffe nie- der, welche sich mit Haͤnden greifen ließen. Jch bemerkte einmal unter ihnen auch eine Schneppe. Heute, den 25sten Aug. war die Luft todstille und die Hitze ganz unertraͤglich. Gegen Abend erhub sich ein heftiger, kontrairer Wind aus O. N. O., der uns noͤthigte nordwaͤrts anzulegen, und machte, daß wir unsre Nacht sehr uͤbel zubrachten. Den 26sten August nahm der Sturm immer zu, und war mit Donner und Bliz ver- mischt. Da wir hier eine Untiefe von zwei und dreißig Klaftern fanden, so wandten wir uns nach Suͤdosten, und nach Suͤdost gen Ost. Den 27sten, Sontags, hielt der Sturm im- mer Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. mer an, aber aus Nordost gen Ost. Wir fanden sieben und dreißig Klaftern Tiefe, und wandten uns gen Ost-Suͤdost. Die Mittagssonne zeigte uns die Hoͤhe von 29 Gr. 50 Min. Diesen Abend um 9 Uhr flohe uns eine sinesische Junke mit vollem Wind und Se- geln vorbei, und suchte einen Hafen. Die Schiffer dieser Kuͤste wissen aus sichern Zei- chen, wenn ein gefaͤhrlicher Sturm bevorsteht; und pflegen dann zeitig genug in dem naͤch- sten Hafen Schuz zu suchen. Den 28sten Aug. nahm der Sturm so gewaltig zu, daß wir noch vor Abend genoͤ- thigt waren, unsere Ruder anzubinden, und das Schif mit angezogenem großem Segel und Ba- sahn (oder Fokmast) treiben zu lassen. Man hatte uns Cajan (eine Art von indischen Wicken) und Reis in Wasser gesotten, zur Mahlzeit auf die Erde gesezt. Aber das Schif war bestaͤndig in so heftiger Bewegung, daß nur zwei Steuerleute, welche die Schuͤs- sel fest hielten, in groͤster Eil etwas zu sich nehmen konten. Wir andern musten auf den Vieren davon kriechen, um uns auf diese Art nur zu retten. Wir fanden diesen Abend eine Tiefe von sechs und funfzig Klaftern. Den 29sten August. Der Wind war waͤhrend der Nacht ein wuͤtender, heftiger Sturm geworden; die Bewegung des Schifs war daher unertraͤglich, und man konte schlechterdings nicht mehr aufrecht sich halten. Man versuchte dagegen das Ruder zu ge- brauchen, aber die Nacht noͤthigte uns bald wieder beizulegen. Hierdurch war uns aber wenig geholfen. Denn der Sturm sties mit großen Wellen so gewaltig auf unser Schif, daß wir noch vor Tage die beigelegten und schon durchloͤcherten Segel wieder einnehmen, das Ruder anbinden und unser nackendes Schif der Discretion zweier wuͤtender Elemente uͤberlassen musten. Das Einnehmen der Segel gieng noch zu aller Verwunderung sehr gut von statten, man hatte sich aber auch gerade eines guͤklichen Augenbliks dazu bedienet. Sturm und Wellen fuhren aber nun immer fort so sehr zu wachsen, daß von dem grausa- men Wanken des Schifs alles uͤber einen Haufen zu fallen drohte. Die Krampen, wo- mit die Kisten befestigt sind, sprangen aus; die Stricke zerrissen, und das Geraͤthe des Schifs schwebte von einer Seite zur andern. Man beschlos die Basahne beizubringen, aber sie faßte noch in den Haͤnden der Matrosen Wind und zerris in Stuͤcken. Die Luft war bei diesem Zustand dunkel und vol Wasser; ich weis nicht, ob allein vom Regen oder von gebrochenen Seewellen, welche der Wind mit der Luft vermischte. Man konte nur ei- ne halbe Schifslaͤnge weit sehen, und bei dem Gerassel der See, der Winde und des Schifs schlechterdings keiner des andern Wort vernehmen. Die Wellen fielen wie Berge uͤber uns, schlugen unaufhoͤrlich die Thuͤren auf, und durch die Gallerie in die Cajute, wo alles mit Wasser ganz angefuͤlt wurde. Auch fing endlich das Schif an zu rinnen und wurde der- maßen lek, daß man das Wasser mit Zubern (Beljen) austragen, und die bisher bestaͤn- dig gehende Pumpe noch durch eine andere unterstuͤtzen muste. Unter diesem Laͤrmen ver- nah- Drit. Kap. Abreise des Verfassers von Judja. nahmen wir noch unauf hoͤrlich hinter dem Schiffe furchtbare Stoͤße, die alles zu zerschmet- tern drohten. Wir fanden nicht eher Zeit uns umzusehen, als Nachmittags, da sich der Sturm in den Osten wandte. Wir fanden nun die Ruderangeln abgebrochen, die Klam- mern ausgerissen; — das Ruder schlepte nach. Ein neues und gefahrvolles Ungluͤk! Die Ruderketten wurden nun zwar nach Moͤglichkeit angezogen, doch waͤhrte das Stoßen immer fort, und zwar so arg, daß wir fuͤrchteten, das Schif werde in wenig Stunden zu Grunde gehen. Jnzwischen trieben wir immer nach Suͤdwesten und West-Suͤdwesten zu- ruͤk, nach den fatalen sinesischen Eilanden zu. Jn diesem Zustande, da man an allen En- den so viel zu rathen und zu helfen hatte, war noch dies ein besonders trauriger Umstand, daß die Befehlshaber bei ihren Leuten kein Gehoͤr und Gehorsam fanden, weil jene sowol wie diese mit starkem Getraͤnk ganz uͤberladen waren. Denn da kein Trinkwasser aus dem Raume zu bekommen, und die einzige Speise abgesottener Reis war; so muste man die Kraͤfte mit Arrak und Brantewein unterhalten, welches große Unordnung hervor- brachte, und fuͤr den nuͤchternen Zuschauer den Jammer noch sehr vermehrte. Nun brach die schreckensvolle Nacht an, welche indessen doch darin dem Tage noch vorzuziehen war, daß sie den Anblik des bevorstehenden Untergangs bedekte. Das haͤrte- ste, was wir auszustehen hatten, bestand in den grausamen Stoͤßen, die das Schif von seinem Ruder litte, wenn es von den Wellen aufgehoben und angetrieben wurde. Diesem Uebel etwa durch Aufziehen des Ruders oder andere Mittel abzuhelfen, wurden Zimmer- leute und deren Gehuͤlfen, mit Hebebaͤumen, Axten, Stricken und allerlei Werkzeugen versehen, in die Cajuͤte gefuͤhrt. Sie banden Tisch und Baͤnke los, brachen durch die Pforte des Bodens in die untere Kammer, ließen sich gebunden aus dem Cajuͤtefenster hinaus, und wandten alle Muͤhe an, dem Ruder zu helfen. Aber das wuͤtende Meer sties ihnen so vie- le hohe Wellen entgegen und uͤber den Leib, daß sie ihr Unternehmen aufgeben musten, und sich nas und verwirt davon machten, ohne sich weiter umzusehen. Da sie nun die losgebundenen Tische, Baͤnke und ihre Werkzeuge auf dem Boden liegen ließen; so gerie- then diese dermaßen durch einander und in Verwirrung, daß alles in dieser Kammer zer- brochen wurde. Meine zwei mit Wein und Brantewein gefuͤlte Flaschkeller, nebst Thee- kessel und anderm Geraͤthe, hatten dabei eben dieses Schiksal; und hatte ich selbst mitten unter diesem entsezlichen Lermen und Durcheinanderwerfen genug zu thun, um nur einen Augenblik zu finden, da ich mit meinem schwarzen Jungen herauskriechen und mich retten konte. Draußen war man unterdes beschaͤftigt, eine frische Basahn beizubringen, wor- an man den ganzen Tag gebessert und gearbeitet hatte. Es muste indes hiebei etwas ge- wagt werden, wenn man nicht in der Nacht bei dem zunehmenden Schlingern alle Masten ver- lieren wolte. Gluͤklicherweise und wider aller Vermuthen wurde diese Sache in einem J Au- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Augenblik zu Stande gebracht. Die Sonne war nun schon drei Stunden unterge- gangen, und es blieb also weiter nichts bei der Sache zu thun uͤbrig, als fleißig zu pum- pen und zu hoffen. Den 30sten Aug. fruͤh Morgens fing der Sturm und das Wuͤthen der See an sich zu brechen, da wir dann insgesamt den blinden Segel, der stat eines Ruders dienen muste, hervorbrachten, und mit demselben suͤdwaͤrts vor dem Winde weg, und also ohne sehr gro- ßes Schlingern abliefen. Wir wolten auch die Zimmerleute in Stand setzen, an Wieder- herstellung des Ruders zu arbeiten. Dies geschahe dann auch mit frischem Muth. Der Zimmermeister wurde an einer Stelle feste gebunden, hinuntergelassen, eine neue Ruder- balke angesezt, und kurz das ganze Werk schon auf Mittag voͤllig geendigt. Der Him- mel klaͤrte sich nun auf und erlaubte sowol dem Koche wieder Feuer anzulegen, als unsern Steuerleuten die Hoͤhe zu nehmen. Sie war 28 Gr. 31 Min. Wir zogen nun in Gottes Namen unsere Segel wieder auf, und legten mit gutem Wind nach Nordost an. Der 31ste August brach mit lieblichem Sonnenschein, wiewol noch bei anhaltendem harten Winde, an, und ermunterte unsere Gemuͤther und ganz er- storbene Sinnen. Wir fuͤhlten uns aber nach dem fuͤnftaͤgigen Fasten und Ungemach ganz ausnehmend entkraͤftet, und hatten besonders eine unleidliche Empfindung von Hunger. Es waͤre uns daher mit frischer Kost und einem guten Trunk sehr gedient gewesen; aber dazu war hier kein Rath. Denn unser Schifsbuchhalter, der gewohnt war auf dem Lan- de selten, und zu Wasser niemals nuͤchtern zu seyn, hatte unsere ganze Provision von Ta- felwein, die ihm der Schiffer anvertrauete, bis auf den lezten Tropfen verzehrt. Ein noch auf bewahrtes fettes Schwein und Federvieh waren waͤhrend des Sturms umgekommen. Unser Koch konte uns also weiter nichts, als gekochten Reis, Cajan und altes Spek auftragen; und wir musten uns vorjezt hiemit nebst der Hofnung begnuͤgen, daß wir bei der stillen See bald wuͤrden frische Fische fangen koͤnnen. Die erste und muͤhsamste Arbeit war heu- te, das Seilwerk anzuziehen, welches durch Sturm und Schlingern ausgedehnt und so schlap geworden war, daß es nicht laͤnger die Masten anhalten konte. Andere bemuͤhten sich unterdes die Oefnung im Schiffe aufzusuchen, welche doch damals noch nicht gefunden wurde. Hernach wurden auch noch durchnezte seidene Packen und Felle aus dem Raume auf den Oberboden gebracht; und auf diese Art fuhr man diesen und die beiden folgenden Tage mit Troknen der Waaren, der Kleider und Betzeuge fort. Unser Lauf war noch N. O. und nach N. N. O. mit Ost und Ost gen Nord Winde; die Hoͤhe Mittags 29 Gr. 20 Min. und Abends die Tiefe 43 Klaftern. Den 1sten September fanden wir eine Oefnung unter der Kuͤche; um selbige zu stopfen, wurde das Schif einige Stunden uͤber die andere Seite gelegt. Andere Oefnun- gen, um derentwillen wir noch stuͤndlich pumpen musten, fand man noch nicht, wir urtheilten da- Drit. Kap. Abreise des Verfassers von Judja. daher, daß sie nur uͤber dem Wasser seyn muͤsten. Jch wil den Leser mit genauer Erzaͤh- lung der Abwechslung der Winde nicht laͤnger auf halten, sondern nur uͤberhaupt berichten, daß sie immer sehr veraͤnderlich und meistens uns entgegen blieben, bisweilen Raͤu- mer. Wir musten daher (nach dem Schifsausdruk) viel bei dem Winde segeln und lavi- ren. Wir fanden Mittags 30 Gr. 9 Min. Hoͤhe, am Abend 23 Klaftern Tiefe. Den 2ten September war die Hoͤhe 30 Gr. 20 Min., die Tiefe 90 Klaftern. Den 3ten Septemb. die Hoͤhe 31 Gr. 26 Min., die Tiefe 26 Klaftern. Den 4ten Septemb. konten wir wegen des Sturms keine Polhoͤhe nehmen. Der Grund gab den ganzen Tag einen weißen Sand bei einer Tiefe von 25 bis 32 Klaftern. Den 5ten Septemb. war Mittags die Hoͤhe 31 Gr. 15 Min., die Tiefe des A- bends 26 Klaftern. Diesen Abend schwammen verschiedene Seeteufels (platte Fische von haͤslicher Gestalt, und 2 bis 3 Klafter Laͤnge) an unserm Schiffe vorbei. Den 6ten Septemb. war die Polhoͤhe 31 Min. 30 Gr. Diesen Nachmittag uͤber- fiel uns wieder ganz unvermuthet ein neues Ungluͤk, desgleichen wir im vorigen Sturm nicht erfahren hatten. Wir segelten damals mit einem gelinden O. S. O. Winde nach Suͤden, als wir ploͤzlich hinter uns im Norden einige Blitze, und bald darauf Wellen, die bis an den Himmel reichten, erblikten, welche in der Eil uͤbereinander auf unser Schif zurolten, und dasselbe in solche unordentliche und verwirte Bewegung sezten, daß wir daruͤber ganz sinlos wurden, und gar nicht wusten, was zu thun? was zu lassen? — Denn da vor uns die suͤdliche Monsonswellen unserer Farth entgegen stunden, und das Schif bei so gelinder, schwuͤlen Luft nicht fortschießen ließen, so muste die anrollende See blos auf der Cajuͤte ihre Kraft brechen. Zwo Stunden nach Sonnenuntergang stuͤrzten zwo himmelshohe Wellen kurz auf und nebeneinander von hinten uͤber das ganze Schif; druͤkten dasselbe mit allen auf dem Oberboden oder sogenanten Ueberlauf stehenden Personen (unter denen ich mich gleichfals befand) tief unter Wasser, daß wir auch gewis glaubten, wir wuͤrden nun den Augenblik in des Meers Abgrund versinken. Dieser Ueberfal war auch in der That mit solchem Krachen und Gerase begleitet, als wenn das ganze Hintertheil des Schifs weggerissen und abgebrochen waͤre. Unser alter Schiffer und der Obersteuerman (die beide schon uͤber sechzig Jahre hatten) nebst andern, die von fruͤher Jugend an zur See gedient hatten, bekraͤftigten einmuͤthig, daß sie dergleichen nie gesehen haͤtten. Man lief indessen sogleich zum Ruder und fand es, nicht ohne Verwunderung, noch im Angel und ganz unbeschaͤ- digt; nur Bretter und andere Sachen waren abgerissen. Die Pumpe wurde in Bewegung gebracht, aber man bemerkte gar keine Oefnungen. Jn der Cajuͤte aber fand man alles in einem ungemein schlechten Zustande. Fenster, Rahmen, alles war eingeschlagen, und es mochte hoch oder niedrig stehen, mit Seewasser ganz begossen, sogar unsern trunkenen Buchhalter nicht ausgenommen, obgleich dieser unter dem Soͤller am sichersten Orte J 2 schlief. Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. schlief. Auf dem Boden stand alles knietief unter Wasser, und das Geraͤthe trieb darin herum. Man lies nun zwar dies schaͤdliche Salzwasser durch Oefnung der Thuͤren bald abfließen, allein es war doch waͤhrend der kurzen Zeit schon in das Jnnerste vieler Sachen eingedrungen, wie ich solches mit eigenem großen Schaden und vielem Kummer an meinen Papieren und Handschriften habe erfahren muͤssen. Noch einige hohe Wellen druͤkten nun mit voller Macht gegen das Schif los, als ein starker Wind aus Norden mit Regen und Ungewitter hinter uns kam, und das Schif von diesen schweren Wellen zwischen Suͤd und Ost wegtrieb; aber mit entsezlichem Schlingern, welches die ganze Nacht und auch den folgenden 7ten September fortdauerte, wiewol heute ohne Sturm und bei leidlichem Wet- ter, so daß wir nunmehr auch diese Gefahr durch goͤtliche Huͤlfe uͤberstanden hatten. Merkwuͤrdig ist es noch, daß der Wind an diesem Tage wieder den Lauf der Sonne am ganzen Horizont herumtrieb. Wir fanden heute keine Polhoͤhe, aber eine Tiefe von 30 bis 40 Klaftern. Den 8ten September war Mittags die Hoͤhe 31 Gr. 11 Min., des Abends die Tiefe 42 Klafter. Die Wellen giengen heute noch sehr stark, verursachten großes Schlin- gern des Schifs, und uns eine muͤhsame Nacht. Den 9ten Septemb. war unsere Breite oder Polhoͤhe 31 Gr. 5 Min., der Bo- den des Meers 42 bis 48 Klaftern. Den 10ten September, Sontags, war die Hoͤhe 30 Gr. 20 Min. und kein Grund zu finden. Diesen Nachmittag uͤberfiel uns abermals ein gewaltiger Sturm aus Nor- den. Wir waren genoͤthigt zu wenden, und um das verderbliche Schlingern zu maͤßigen, die Untersegel bei- und das Ruder festzubinden, und musten nun uͤbrigens das Schif unter Gottes Sorge forttreiben lassen. Den 11ten September, gegen Abend lies endlich dieser Sturm nach, da er vier und zwanzig Stunden gewuͤtet hatte; es wurde daher das große Mastsegel beige- fuͤgt und das Ruder wieder gebraucht. Mittags hatten wir 29 Gr. 55 Min. Polhoͤhe; des Abends 60 Klaftern Tiefe. Dies war nun der dritte Sturm, den wir zwischen Sina und Japan erfahren musten, bei dem gleichfals durch die schlingernde Bewegung des Schifs viel Geraͤthe verdorben wurde. Bei unsern Leuten schien unterdes durch die vielen Be- schwerlichkeiten und Gefahren dieser Reise sich Verdrus und Widerwille zu erzeugen, be- sonders da wir bei den nunmehr unveraͤndert anhaltenden uns entgegenstehenden Nordwin- den alle Hofnung verloren, das Schif nach Japan zu bringen. Wir ließen es daher auch den 12ten September bei gutem Wetter vor dem Winde weg in S. W. gen W. treiben. Unsere Hoͤhe war diesen Mittag 29 Gr. 30 Min., die Tiefe 62 Klaftern. Den 13ten Septemb. fruͤh Morgens im Calfatern des Schifs bemerkte man, daß die Steven, welche gleichsam die Rippen und Klammern an dem Schifskoͤrper sind, in Drit. Kap. Abreise des Verfassers von Judja. in dem am 6ten September erlittenen Ueberfal los und locker geworden waren; welches dann sowol den Officiers als Gemeinen alle Lust benahm, mit Laviren ferner anzuhalten. Man hielt es vielmehr rathsam einen sinesischen Hafen zu suchen, daselbst fuͤr einen Monat Wasser einzunehmen, und dann die Ruͤkreise nach Batavia anzutreten. Die Passagiers und alle, die bei den Schifsraͤthen nur irgend etwas vermochten, suchten durch ihr Zure- den diesen Vorschlag angelegentlich zu befoͤrdern. Er wuͤrde auch wahrscheinlich geneh- migt seyn, obgleich der im Bette und Trunkenheit begrabene Buchhalter seine Zustimm ung nicht geben konte; haͤtte nicht noch endlich der Obersteuerman einige Bedenklichkeiten da- gegen eingebracht. Jch trug auch dazu bei, sie zu bestaͤrken. Denn ich hatte waͤhrend dieser Streitigkeit in einem mir von guter Hand mitgetheilten Tagebuch einer Reise nach Japan nachgesucht und gefunden, daß vor wenig Jahren noch in den leztern Tagen des Septembers ein hollaͤndisches Schif gluͤklich in Japan angekommen sey. Jch gieng also insgeheim zum Schiffer, und stelte ihm vor, daß die nassen Felle in der heißen Luft zu Batavia kein Jahr wuͤrden uͤberliegen koͤnnen, ohne verdorben zu werden, und daß man dann diesen Schaden, wegen seiner fruͤhzeitigen Ruͤkreise und Kleinmuͤthigkeit, ihm anrech- nen wuͤrde. Jch zeigte ihm hiebei die Stelle meines Tagebuchs, welche er stutzend drei- mal las, und dann beschlos, den Vorschlag der Ruͤkkehr fahren zu lassen und keinen weitern Widerspruch anzuhoͤren. Den 14ten Septemb. war die Polhoͤhe 29 Gr. 36 Min., des Abends die Mee- restiefe 41 bis 46 Klaftern. Den 15ten Septemb. war die Hoͤhe 29 Gr. 57 Min., die Tiefe 36 Klaftern. Den 16ten Septemb. war die Polhoͤhe 30 Gr. 13 Min., die Tiefe 38 Klaftern. Den 17ten Septemb. Sontags, konten wir die Hoͤhe nicht nehmen. Die Tiefe war 47 Klaftern. Den 18ten Septemb. erlaubte das Wetter gleichfals keine Hoͤhe zu nehmen; die Tiefe war 34 Klaftern. Den 19ten Septemb. war die Hoͤhe 30 Gr. 31 Min., die Tiefe des Abends 48 Klaftern. Den 20sten Septemb. die Hoͤhe 30 Gr. 36 Min., die Tiefe des Abends 58, die Nacht 70 Klafter. Heute Vormittags trafen wir mit dem Wurfspieße einen gelblich blauen Delphin oder Dorades, sechs Spannen lang, welcher sehr schmakhaft war, und unsern kranken Magen ungemein erquikte. Den 21ten Septemb. erreichten wir die Hoͤhe von 31 Gr. 30 Min. Dies ist nach den gemeinen Seecharten die Breite von einer im japanischen Meer liegenden klippigen Jnsel Matsima, welche als ein japanischer Hermes den Schiffern dient und von ihnen aufgesucht werden mus, wenn sie nach oder aus Japan fahren. Wir sahen sie zwei J 3 Stun- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Stunden nach genommener Hoͤhe auf 9 bis 10 Meilen von uns entfernt im Nordosten, daher wir dann schlossen, daß sie noͤrdlicher liegen muͤsse, als die Charten angeben, und vermuthlich unter 32 Grad. Kurz vor Sonnenuntergang zeigte sich diese laͤngst gewuͤnschte Jnsel im Norden, nur fuͤnf Meilen von uns. Sechs Stunden hernach hatten wir sie bei hellem Mondschein nur in der Entfernung einer Meile linker Hand von uns, und fanden, daß sie aus sieben und mehr an einander liegenden spitzigen, rauhen, unbewachsenen und mit Vogelkoth uͤberal beschmizten Klippen bestehe. Eben dies bemerkten wir auch zwei Jahr hernach, da wir auf der Ruͤkreise nahe vorbei segelten. Diese Jnsel schien uns auch eine uralte Residenz der Seemeven zu seyn, weil wir diese in großen Haufen auf der- selben bemerkten. Das gute Gluͤk bescherte uns in dieser Gegend wieder einen schoͤnen Do- rades; am Abend fanden wir auf 78 Klafter Tiefe einen sandigen Modergrund. Den 22ten Septemb. fruͤh Morgens, sahen wir die Jnsel Matsima schon soweit hinter uns, daß sie fast gar nicht mehr zu erkennen war. Nicht lange hernach wurden wir eine nankinsche und noch zwei andere Junken gewahr, die, nach der Bauart zu urtheilen, sinesische waren, welche aus Japan kamen. Linker Hand sahen wir hier die japanische Jnseln Gotho, welche von Ackerleuten bewohnt werden, und noch Vormittags fiel uns das hohe Bergland vor Nagasacki ins Gesicht. Bei Sonnenuntergang hatten wir end- lich diesen laͤngst und sehnlichst gewuͤnschten Hafen auf sechs bis sieben Meilen in N. O. gen N. vor uns. Wir segelten mit nordwestlichem kuͤhlen Winde darauf los, und gelangten den 23sten September um Mitternacht vor die Bay auf funfzig Faden Tiefe. Wegen vie- ler uns unbekanter Klippen und Jnseln durften wir uns nicht naͤher heran wagen. Der Eingang der Bay ist damit ganz besezt und daher bei Nacht unmoͤglich zu treffen. Wir lavirten demnach, bis der Morgen anbrach, da wir auf 43 Klaftern Tiefe Sandgrund fan- den, und lenkten nunmehr zum Hafen. Aber der Wind wurde ploͤzlich so stil, daß wir gar nicht weiter kommen konten. Wir kuͤndigten daher unsere Gegenwart mit fuͤnf Schuͤs- sen an, die man auch zwei Meilen davon in der hollaͤndischen Residenz gehoͤrt hatte. Nachmittags kamen dann auch einige von unsern Obern abgeschikte hollaͤndische Kaufbedien- te in vier Fahrzeugen zu uns mit einer Schaar nagasackischer Hofjunker, Schreiber, Sol- daten und einem japanischen Oberdolmetscher begleitet. Jhre Absicht war uns zu bewil- kommen, und die mitgebrachten Briefschaften uns abzufordern. Wir ließen sie nach ei- nigem Verweilen mit sieben Schuͤssen wieder von uns, und folgten ihnen nach, aber, we- gen veraͤnderlichen Windes, nur sehr langsam, bis unter den sogenanten Papenberg im Munde des Hafens und eine Meile von Nagasacki. Wir wunden hier unser Schif mit Wurfankern ab, und weiter hinauf bis eine halbe Meile vor Nagasacki. Hier ließen wir, als im sichern Hafen, Abends um 10 Uhr unser Nachtanker fallen, und dankten Gott de- muͤthigst fuͤr den bisher geleisteten gnaͤdigen Schuz. Wir Drit. Kap. Abreise des Verfassers von Judja. Wir haben bis diese Zeit auf unserm Schiffe weder Todte noch Kranke gehabt. Nur der mehrmal erwaͤhnte Buchhalter wurde, weil man ihm keinen Arrak und Bran- tewein mehr geben wolte, den Abend vor unserer Landung mit einem Schlagflus befallen, der ihm ploͤzlich Sprache und Verstand, und nach einigen Stunden mit schreklichen Krampfverzuckungen das Leben nahm. Dieser Man hatte sonst sehr viele Geschiklichkeit, und war der Sohn eines beruͤhmten Gottesgelehrten im Haag. Durch eine zu nachsehende Erziehung aber war er schon fruͤh in Ausschweifungen und wuͤstes Leben verfallen. So bald wir Anker geworfen hatten, fanden sich schon zwei japanische Wachtschif- fe uns zur Seite; und fuhren die ganze Nacht fleißig rund um unser Schif herum. Alle sinesische Junken, die heute ausgelaufen waren, wurden auch jede mit einem Wachtschif- fe in die offene See begleitet. Nicht weit von uns legte sich die Flotte eines mit gewoͤhnli- cher Pracht ausgereiseten Herrn vor Anker. Es bestand aus vierzig Fahrzeugen oder Lust- schiffen, die ohngefehr wie die Struven in Rusland erbauet waren, welche von Casan nach Moskau fahren. Diese kleine Flotte fiel sehr schoͤn ins Auge, des Nachts mit vielen an- gezuͤndeten Laternen, und des folgenden Morgens, wie sie abfuhr, mit den halb weißen und halbschwarzen Segeln, welche zugleich aufgezogen wurden. Den 24sten Septemb. trieben wir die Haͤlfte des Weges fruͤh Morgens mit ei- nem gelinden kuͤhlen Winde hinauf; hernach wurden wir mit zwanzig japanischen Ruder- schuͤten, die sich an einem vom Vordertheile des Schifs abreichenden Strik befestigten, ferner hinauf bis auf zwei hundert Schritte von der Stadt und unserer Wohnung hinauf- gezogen. Der Hafen von Nagasacki ist mit hohen Bergen, Jnseln und Klippen umschlos- sen, und wider alle Sturmwinde und wuͤtende Meerswellen durch die Natur selbst gesichert. Die Spitzen der umliegenden Berge sind mit Wachthaͤusern versehen, in welchen die Waͤchter alles beobachten koͤnnen, was auf der See vorfaͤlt, welches sie dann der Regie- rung zu Nagasacki anzuzeigen haben. So hatten sie schon vorgestern die Ankunft unsers Schiffes angemeldet. Der Fus der Berge, welcher das Ufer ausmacht, ist mit verschie- denen Rondelen nach der Wasserflaͤche besezt, auf welchen ich zwar zur Zierde rothe Sta- cketen, aber kein Geschuͤz wahrnahm. Außerdem findet man auch noch auf hohem Lande unweit dem Ufer zu beiden Seiten eine ansehnliche hohe kaiserliche Wache, wo man aber ein Gewand vorgezogen hat, um zu verbergen, wie viel an Manschaft und Stuͤcken vor- handen sey? Jm Vorbeigehen gruͤsten wir jede Wache mit zwoͤlf groben Stuͤcken, und wie wir den angewiesenen Plaz erreicht hatten, ließen wir unsern Anker fallen, etwa drei hun- dert Schrit von der Stadt, und eben so weit von dem hollaͤndischen Wohnort Desima, welches eine vor dem Ufer der Stadt aufgefuͤhrte, umschlossene kleine Jnsel ist. Hier- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Hierauf erschienen bei uns sogleich zwei Bugjosen oder Hofjunker der Gouver- neurs nebst vielen Soldaten, Schreibern und Dolmetschern, und ließen alle Angekomme- ne, nach unserer ihnen abgelieferten Schifsrolle, einen nach dem andern die Musterung passiren, beschaueten einen jeden von Haupt bis Fus, und schrieben mit einem Pinsel sei- nen Namen, Alter und Bedienung auf ein Papier. Es wurden auch noch sechs oder mehr Personen, jeder besonders, uͤber die Reise befragt, und eines jeden Antwort sorgfaͤl- tig aufgeschrieben. Die vornehmsten Fragen waren: Woher und wann die Reise ange- treten sey? wie lange man auf derselben zugebracht habe? ob man unterwegs hie oder da gelandet? Wegen des verstorbenen Buchhalters wurde auch nicht wenig gefragt, und die Antwort gleichfals zu Papiere gebracht. Man besahe seine Brust und bloße Haut, weil man daselbst etwa ein Crucifix oder irgend ein Zeichen der paͤbstlichen Religion zu finden glaubte. Wir brachten es durch vieles Bitten dahin, daß die Leiche noch heute zur Beer- digung abgeholt wurde; aber man wolte schlechterdings nicht zugeben, daß einer von uns mitgienge und saͤhe, wo man den Verstorbenen hinscharte. Nach der Musterung wurden alle Winkel mit Soldaten und Schreibern besezt, und das Schif mit aller Ladung von den Japanern gleichsam in Besiz genommen. Die Schaluppe und das Boot wurden heute noch unsern Leuten zu noͤthiger Befestigung der Anker gelassen. Aber Pistolen, Degen und alles andere Schifsgewehr wurde uns weggenommen, und von ihnen in Verwahrung gebracht, und den folgenden Morgen wurde auch das Pulver in Faͤsser gepakt weggefuͤhrt. Jn der That, haͤtte ich dieses gewoͤhnliche Verfahren der Japaner nicht schon vorher ge- wust; so wuͤrde ich sicher geglaubt haben, wir waͤren in ein feindliches Land gekommen, oder wuͤrden fuͤr Spions gehalten. Jch mus hier auch noch erwaͤhnen, daß ein jeder von uns, sobald wir das Land erblikten, seine Psalmen und andere geistliche Buͤcher, nebst al- ler europaͤischen Muͤnze, auf hohen Befehl und nach altem Gebrauch, dem Schiffer uͤber- liefern musten, der dann alles mit eines jeden beigeseztem Namen in ein alt Fas pakte, und bis zur Abreise im Schiffe fuͤr den Japanern verborgen hielt. Den Abend unserer Ankunft wurden uns aus der hollaͤndischen Oekonomie allerlei Erfrischungen geschikt, als Huͤ- ner, Eier, Schuppenfische, Rettiche, Ruͤben, Zwiebeln, frische Jngbern, Pompunen, Anguinen, Weisbrod und ein Faͤsgen Sacki oder japanisches Reisbier. Den 25sten Septemb. fruͤh Morgens, kamen von Desima beide Herren und Re- sidenten, oder Direktoren der hollaͤndischen Handlung auf unser Schif. Diese beide Her- ren waren Hr. Sweras der abgehende, und Butenheim, der antretende, welcher nur neulich mit drei beladenen Schiffen von Batavia angekommen war. Nachdem man nun das ganze Schifsvolk zusammen gerufen hatte, lasen sie uns die Befehle der Edlen Com- pagnie und der Gouverneurs von Nagasacki vor. Sie bestanden vorzuͤglich darin, daß ein Drit. Kap. Abreise des Verfassers von Judja. ein Jeder sich eingezogen, bescheiden gegen die Eingebornen, und ihren Gesetzen und Lan- desgebraͤuchen gemaͤs verhalten solle. Dies Plakat wurde, nachdem es verlesen war, oͤffentlich im Schiffe, nach japanischem Gebrauche, angeheftet, und so einem Jeden vor Augen gestelt. Nachmittags lies ich mich auf Desima an Land setzen. Hierzu mus man sich al- lemal auf dem Schiffe mit einem neuen Pas an die Landwachten versehn, und wenn man wieder zuruͤkkoͤmt, von dieser wieder einen an die Schifswachten mitbringen. Die gestern Abend genossene rohe Gartenfruͤchte verursachten mir soviel Beschwerde, daß ich von dem mir noch unbekanten Orte wieder ans Schif zuruͤkkehren muste. Den folgenden 26sten Sept. aber fuhr ich mit allen meinen Sachen nach Desima uͤber, und bezog daselbst das mir angewiesene Haus. Viertes Kapitel . Von der Groͤße und Lage der japanischen Jnseln und Lande. Namen von Japan. D ieses Reich wird von den Europaͤern Japan genant, von seinen Einwohnern aber mit verschiednen andern Namen und Charactern bezeichnet. Unter denselben ist in der gemeinen Sprache und Schrift der gebraͤuchlichste, Nip ó n, welches sie, nach ihrer Mundart, des Wohlklangs wegen, oft Nifon, die Nankinsche aber und andre Suͤdsine- ser Sjippon aussprechen. Es heist nach dem Buchstaben der Sonnen Feste, weil Ni das Feuer, oder in edlerer Bedeutung die Sonne, Pon aber eine Grundveste bedeutet. Unter den andern Namen, welche mehr in Schriften als im Discurs gebraucht wer- den, sind folgende die vornehmsten: Tenka, d. i. das unterhimlische, nemlich Reich, als wenn kein andres mehr existirte. Der Kaiser heist auch daher Tenka Sama d. i. der K unter- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. unterhimlische Herr. Doch beehrt man izt auch andre Laͤnder mit gleichen Ausdruͤcken, als to Sin Tenka, das sinesische Reich, to Hollanda Tenka, das hollaͤndische Reich. Fino Motto mit zwischengesezter Praͤposition no oder von, ist ohngefehr eben das, was Nipon, und bedeutet den Grund oder die Wurzel der Sonne. Awadsi Sima ist der uralte Name und besteht aus den Worten Awa, Schaum, Dsi, der Erdboden, Sima eine Jnsel. Die Bedeutung dieses Namens ist also eine erdene Schauminsel, und er gruͤndet sich auf folgende Tradition: Jm Anfang hat der erste Geist oder Gott dies unter- irdische Chaos mit einem Stabe umgeruͤhrt. Als er den Stab wieder herauszog, troͤpfelte ein moderiger Schaum davon ab, und bildete die japanischen Jnseln, welche das Alter- thum, aus Unkunde andrer Laͤnder, fuͤr den ganzen Erdboden hielt, und ihnen von ihrem Ursprunge diesen Namen beilegte. Eine Jnsel des Reichs hat noch bis izt den Namen behalten, und wird besonders genant: D Sin Kokf oder Kami no Kuni, das ist, Goͤtterland. Denn Sin und Kami bedeuten die einheimischen Goͤtter, Kokf und Kuni ein Land. — Akitsima, oder nach der gemeinen Aussprache Akitsusima ist ein uralter Name, dessen sich besonders die Chronicken und alte Legenden in ihren Erzaͤhlungen zu bedienen pflegen. — Fontsjo, der aͤchte Morgen, Sjo, alle, nemlich, japanische Laͤnder. Jamatto, welches auch besonders eine gewisse Provinz dieser Laͤnder bezeich- net. Asjiwara oder Asjiwara Kokf. Qua oder W â. Andre Namen, die nicht so haͤufig gebraucht werden, wil ich uͤbergehn. Groͤße . Die japanischen Jnseln liegen zwischen dem 31ten und 42ten Grade Nord. Br. und zwischen dem 157 Gr. und 175 Gr. 30 Min. oͤstlicher Laͤnge, nach den sinesischen Char- ten, welche die Hrn. Patres Societ. Jesu aus vielen Beobachtungen verfertigt haben. Jhre Richtung geht nach Nord-Ost und Ost-Nord. Ost mit einer unregelmaͤßigen und beinahe durchgehends schmalen und ungleichen Breite, von dem aͤußersten Ende der Pro- vinz Fisen bis zu dem aͤußersten Ende der Provinz Osju. Die Laͤnge betraͤgt in gerader Linie 200 deutsche Meilen. Jn dieser Berechnung sind aber die weiter abgelegnen dem japanischen Reiche unterworfene Jnseln oder Kuͤsten nicht begriffen. Eintheilung . Das japanische Reich ist ohngefehr eben so ein Land, wie das Grosbrittannische, nur noch weit mehr und oͤftrer unterbrochen. So wie dieses aus drei Koͤnigreichen be- steht, so hat auch jenes drei große Jnseln. Die groͤste und vornehmste derselben hat den Namen Viert. K. Von der Groͤße und Lage der japanischen Jnseln und Lande. Namen des ganzen Reichs, Nipon; sie liegt der Laͤnge nach von Abend nach Morgen, und hat die Gestalt eines Kinbackens, dessen Kruͤmme nach Norden gewandt ist. Die zweite Jnsel liegt der ersten suͤdwestlich, und ist von derselben durch eine Klipp- und insel- reiche Meerenge abgesondert. Sie heist von der Lage Sai Kokf d. i. Vestland, und von der Zahl ihrer Provinzen Kjusju d. i. Neunland, und hat 148 deutsche, oder 140 japanische Meilen Laͤnge, und 40 bis 50 Breite. Die dritte ist von den beiden ersten gleichsam umgeben, hat beinahe eine viereckigte Figur und besteht aus vier Fuͤrstenthuͤ- mern oder Provinzen, und hat daher den Namen Sikokf d. i. Vierland. Diese drei große Jnseln sind mit beinahe unzaͤhlbaren um und zwischen ihnen liegen- den, fruchtbaren und unfruchtbaren Eylanden umgeben, die auch von großen und kleinen Landesherrn bewohnt und beherscht werden, wie ich im folgenden Kapitel noch genauer aus- einander setzen werde. Alle diese Lande sind im Jahr 590 nach Christi Geburt von dem Erbkaiser Sjus- jun in sieben Hauptwege oder Districte, im Jahr 681 aber vom Kaiser Ten Mu noch in 66 Provinzen eingetheilt worden, uͤber deren jede denn auch ein Fuͤrst oder Stathalter gesezt wurde. Zu diesen kamen im vorigen Jahrhundert Jm sechszehnten nemlich von Taiko-Sama, der von 1585 bis 1598 regierte. noch zwei Jnsuln, Jki und Tsusima, die man den Coreyern abgedrungen hatte; daß also nun das ganze Reich aus acht und sechzig Provinzen zusammengesezt war. Diese ersten Eintheilungen und Na- men sind zwar noch bis izt beibehalten, aber die abwechselnden Begebenheiten der folgenden Zeiten haben diese Lande in 604 kleinere Stuͤcke und Herschaften zerrissen. Jn den ersten Jahrhunderten dieser Monarchie besas ein jeder Fuͤrst sein Land blos durch die Gnade des Erbkaisers. Da aber nachgehends in den kaiserlichen Familien oͤftere Successionsstreitigkeiten entstanden; so geriethen auch die Fuͤrsten dadurch in viele Strei- tigkeiten, da sie sich nemlich bald zu dieser, bald zu jener Partei schlugen, und dabei auch den Gebrauch feindlicher, bisher unbekanter Waffen einfuͤhrten. Jn diesen Unruhen suchte dann ein Jeder mit Gewalt sich in dem Besiz dessen, was er einmal hatte, zu erhalten, und wer nichts besas, bemuͤhte sich, etwas zu bekommen. Zugleich wurden die großen Erb- laͤnder durch Apanagen und andre Zufaͤlle vertheilt, und die Erben suchten allemal die vaͤ- terlichen Guͤter und Herschaft uͤber Land und Leute zu behalten. Daher denn endlich die angegebne Zahl kleiner Herschaften erwachsen ist. Die leztern Kaiser, welche das Reich durch die Waffen sich unterwarfen, haben diese Eintheilung zu besserer Regierung und ge- nauerer Uebersicht der Einkuͤnfte nuͤzlich gehalten, und sie daher nicht nur beibehalten, son- dern noch jaͤhrlich immer neue und kleinere Theile, nach despotischem Gutfinden, gemacht. K 2 So Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. So hat noch ohnlaͤngst die Landschaft Tsikusen zwei Fuͤrsten, Janagawa und Kurume bekommen, und der Herr von Tsukurgo hat einen Theil seines Fuͤrstenthums an| den weit abgelegnen Herrn von Jki Tsusima abtreten muͤssen, damit dieser auch einen Fus auf dem festen Lande haͤtte. Die Graͤnzen dieses Reichs bieten fast allenthalben dem Auge hohe und rauhe Felsen, und werden von einer stuͤrmischen See umschlossen, die wegen klippigter Untiefen nicht wohl zu befahren ist, und fast nirgends ohne Gefahr zu landen erlaubt, besonders da auch die Meerbusen und Hafen entweder nicht bekant genug, oder untief und nur fuͤr leichte Schiffe brauchbar sind. Und so ist also das japanische Reich durch die Natur selbst zu einer eignen kleinen Welt von allen Laͤndern abgesondert, bevestigt, und mit allen Beduͤrfnissen des Lebens so versorgt, daß es ganz fuͤr sich allein, ohne Huͤlfe andrer Nationen, be- stehn kann. Zu den benanten Provinzen kommen nun noch verschiedne abgelegne Laͤnder, die zwar nicht eigentlich zu dem japanischen Reiche gehoͤren, aber doch unter desselben Schuz und einer gewissen Oberherschaft stehn. Diese sind: 1) die Jnseln Rjuku, oder Liquejo, welche sich Unterthanen des Fuͤrsten von Satzuma, als ihres ehemaligen Ueberwinders, nicht aber des japanischen Kaisers nennen; 2) Tsjosin, oder dritter und aͤußerster Theil der Halbinsel Corey, welchen der Kaiser durch den Herrn von Jki Tsusima regiert; und 3) die Jnsel Jeso, welche er durch den Herrn von Matsumai, einem Gliede der großen Provinz Osjiu, im Gehorsam erhaͤlt. Erstens die liqueischen Jnseln, welche bei den Japanern Rjuku, und in un- sern Charten Liquejo heißen, sind nicht mit den Jnseln Leuconia oder den Philippinen zu verwechseln. Sie liegen gegen Suͤdwest von dem ersten Lande Satzuma oder von der zu- naͤchst daran liegenden Jnsel Tana oder Tanagasima, und beruͤhren nach unsrer Charte beinahe den 26ten Gr. N. Br. Sie haben, nach der Japaner Bericht, einen so vortref- lichen, fruchtbaren Boden, daß sie jedes Jahr zweimal Reis tragen. Die Einwohner sind meistens Landbauer und die uͤbrigen Fischer. Sie sollen ihre Zeit sehr lustig und froh ver- leben, und sogar ihr Seitenspiel zum Pfluge mitbringen, um sich mit demselben und ihrem aus Hirse abgezognem gebrantem Wasser bei der Arbeit zu erholen. Jhre Sprache bewei- set, daß sie aus Sina herstammen, aus welchem Lande noch in diesem Jahrhundert wegen des tatarischen Einbruchs viele Einwohner gefluͤchtet sind, die sich in verschiednen Laͤn- dern Jndiens und auch auf diesen Jnseln zahlreich niedergelassen haben. Diese sind gute Kaufleute und in der Schiffarth erfahren, sie pflegen auch jaͤhrlich nach Satzuma zur Handlung zu kommen. Diese Jnseln sind schon vor vielen Jahrhunderten durch die Waf- fen dem Koͤnig von Satzuma unterworfen worden, der sie durch seine Bugjos oder Com- missaire, Viert. K. Von der Groͤße und Lage der japanischen Jnseln und Lande. missaire, und starke Kriegsmacht in Gehorsam erhaͤlt. Doch werden sie wegen der weiten Entfernung noch sehr gelinde beherscht. Denn sie geben nur den fuͤnften Theil ihrer Ackerfruͤchte, da die eigentlichen Reichsunterthanen zwei Drittheile entrichten muͤssen. Ueberdem aber schicken sie noch jaͤhrlich ein Contributionsgeschenk, zum Beweise ihrer Unterthaͤnigkeit, an den tatarischen Kaiser in Sina ab. Sie sollen auch, wie die Tunkiner und Japaner, einen Dairi oder geistlichen Erbkoͤnig haben, der, wie sie angeben, aus einheimischem Goͤttergeschlecht abstamt. Er residirt auf der noͤrdlichst gelegnen Hauptinsel Jajama, unweit der Jnsel Osjma von zweiter Groͤße. Zweitens, Corey oder Coraͤa ist eine von der Tatarei fuͤdwerts uͤber Sina hervorragende Halbinsel, welche, nach den japanischen Nachrichten, schon seit uralten Zeiten in drei verschiedene Landschaften getheilt war. Den aͤußersten und gegen Japan hervorstehen- den Theil nennen die Japaner Tsjoosin; den mitlern eigentlich Corey, und den lezten, der unmittelbar an die Tatarei graͤnzt, Fakkusai; wiewol diese Namen oͤfters einer vor dem andern gebraucht, und der ganzen Halbinsel beigelegt werden. Die Einwohner sind sinesischen Ursprungs, haben aber oft mit den Tataren in Verbuͤndnis, oft unter ihrer Botmaͤßigkeit gestanden. Sie wurden zuerst von dem Mikaddo Tsjun Ai bekriegt, und von seiner Gemalin Dsingu (die ihres verstorbnen Gemals Kriege in eigner Person und in maͤnlicher Kleidung fortsezte) im Jahr 201 nach Christi Geburt unter japanische Botmaͤßigkeit gebracht. Nach Verlauf einiger Zeit aber verbuͤndeten sie sich wieder mit den Tataren, und waren von den Japanern ganz ungekraͤnkt, bis auf die Zeit des tapfern Kaisers Taiko. Dieser las einmal in der Geschichte des Reichs, daß diese Nation eh- mals der seinigen zinsbar gewesen sei, und wolte sich dieser alten Anspruͤche zur Ausfuͤhrung seines Vorhabens bedienen, welches, wie er sagte, darin bestand, daß er durch Corea sich einen Weg zu dem großen sinesischen Reiche bahnen wolte, in der That aber blos darauf ausging, daß er die Fuͤrsten und Haͤupter seines neuerworbnen Reichs an die Seite schaf- fen, und desto freiere Haͤnde zu Bevestigung seines Throns haben wolte. Er schikte in die- ser Absicht einen Gesandten an die Coreer ab, und verlangte die Bezeugung ihrer ihm schuldigen Unterwuͤrfigkeit. Allein sie toͤdteten diesen Gesandten, und gaben dadurch dem Taiko den Vorwand zu einem rechtmaͤßigen Kriege. Er lies daher seine Fuͤrsten das Land mit einer großen Armee uͤberziehn, welche endlich in sieben Jahren und mit großer Muͤhe diese Coreer und ihre tatarische Bundsgenossen uͤberwanden, und jene dahin brachten, daß sie sich zu einer jaͤhrlichen Huldigung verpflichten musten. Weiter aber wurde nichts ausgerichtet, weil dieser Kaiser eben damals starb. Der Kaiser Jjejas lies sie nur alle drei Jahre zum Beweis der Unterwuͤrfigkeit mit einer Gesandschaft am Hofe erscheinen. Sie haben sich aber nachher immer almaͤhlig weiter mit den Tataren vereinigt, und die K 3 japa- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. japanische Besatzung bis an die aͤußerste Graͤnzen ihrer leztern Provinz verdrungen, wel- che noch jezt wirklich die japanische Herschaft erkent. Der Kaiser ist auch mit dieser Be- sitzung der Graͤnzen von Coraͤa zur Sicherheit seiner eignen Lande zufrieden, und laͤst die- selben durch den Herrn von Tsusima bewachen, welcher daselbst bestaͤndig ein Commando von 60 Man unter einem Bugjo unterhaͤlt. Nur bei Veraͤnderung des Throns muͤssen sie am Hofe erscheinen, und dem neuen Kaiser einen Eid der Treue ablegen. Die coraͤische Kuͤste ist von der Jnsel Tsusima und diese ebenfals von dem se- sten Lande Nipon 48 japanische Wassermeilen, d. i. 16 deutsche Meilen entfernt. Jn dem Zwischenmeere liegen viele Klippen und unbewohnte Jnselchen, welche aber doch mit japanischen Wachen sehr gut besezt sind, um die vorbeifahrenden Schiffe zu untersuchen, die alle hier anlangen und ihre Waaren vorzeigen muͤssen. Tsjoosin liefert mancherlei getroknete Fische, besonders auch den besten Stokfisch, auch Walfische, seltne Kraͤuter und Blumen, kraͤftige Arzneipflanzen, und unter denselben vorzuͤglich die edle und kostbare Wurzel Ninsin, die aber noch viel haͤufiger in dem Mittel- lande Corey in Fakkusai und der weiter entfernten tatarischen Provinz Sjamsai waͤchst, außer welchen Graͤnzen sie beinahe ganz kraftlos ist. Jn des Verfassets Amoenit. exotic. p. 818 findet man eine genauere botanische Beschreibung dieser Pflanze, nebst einer Abbildung derselben, die ich auch noch in diesem Werke liefern werde. Sie liefert auch theure irdene Ge- schirre, die fuͤr sehr rar gehalten werden, und noch andere wenige Manufacturen aus den tatarischen Landen Jupy und Niuche, welche aber in Japan nicht eingefuͤhrt werden duͤr- fen. Die Fahrzeuge der Einwohner sind sehr schlecht gebauet, und ihre Handlung ist blos auf Tsusima eingeschraͤnkt. Drittens Jeso oder Jesogasima ist die aͤußerste Jnsel gegen Norden, welche die Japaner außer ihrem Reiche besitzen. Sie ist, wie man mich berichtet hat, von Jo- rit ó mo, dem ersten Kubo oder weltlichem Kaiser unterwuͤrfig gemacht, und dem Herrn von Matsumai (einer naͤchstgelegnen und nach Osju gehoͤrenden Jnsel) zur Oberaufsicht uͤbergeben. Man wurde aber einige Zeit hernach hier der fremden Herschaft uͤberdruͤssig, uͤberfiel die japanische Besatzung und machte sie voͤllig nieder. Der Landesherr schikte hierauf ein ansehnliches Corps Fusvolk mit 300 Reutern heruͤber, um die Rebellen in Ord- nung zu bringen. Allein der Herr von Jeso bewies durch eine Gesandschaft, die er nach Matsumai schikte, daß er an dem ganzen Unterfangen unschuldig sey, und uͤberlieferte zwanzig Aufruͤhrer, deren Haͤupter den am Jesoischen Ufer auf Pfaͤlen gepflanzt wurden, welches das Verbrechen voͤllig aussoͤhnte. Diese Viert. K. Von der Groͤße und Lage der japanischen Jnseln und Lande. Diese Nation wird aber noch izt fuͤr sehr halsstarrig gehalten und daher ungemein strenge regiert. Sehr starke Wachen, die man an dem suͤdlichsten Ufer angelegt hat, muͤs- sen sie im Gehorsam erhalten. Sie sind auch verbunden alle Jahre eine Gesandschaft an ih- ren Herrn abzuschicken, und eine jaͤhrliche Abgabe von einem Mangokf aufzubringen. Die Jnsel liegt etwa unter 42 Gr. N. Br. gerade N. N. oͤstlich uͤber denen von der großen Provinz Osju hervorstehenden zween Landstrichen oder Vorgebuͤrgen Sugaar und Taijasacki, welche daselbst einen weiten Seebusen einschließen. Die Ueberfarth sol eine Tagereise fodern, aber wegen des schnellen Stroms, welcher bald nach Osten, bald nach Westen fliest, nur zu gewissen Jahrszeiten unternommen werden koͤnnen, obgleich die Jnsel Jeso in der groͤsten Weite nur 40 Wassermeilen und an einigen Orten nur 5 bis 7 deutsche Meilen vom festen Lande entfernt ist. Sie sol an Groͤße der Jnsel Kjusju gleichen, aber so sehr mit Gebuͤsch und Waldung durchwachsen seyn, daß sie dem japanischen Reiche nichts von ihrem Ueberflus liefern kan, außer den beruͤhmten getrokneten Fisch Kara Saki, der wie ein Stokfisch eingeweicht und getroknet wird, und einiges Pelz- oder Rauchwerk, des- sen aber die suͤdlichen Japaner nicht beduͤrfen. Von der Figur der Jnsel habe ich mir aus den japanischen Charten, wegen der sehr abweichenden Abbildung, keinen Begrif machen koͤnnen. Jn einigen nemlich zieht sie sich in eine Runde mit verschiednen Busen, in andern wird sie mit vielen hervorragenden und gebrochnen Landstrichen vorgestelt, bei denen man aber nicht erkennen kan, ob es beson- dere Jnseln sind oder nicht? Jch vermuthe, daß das Land, welches Vriesen entdekt hat, auch ein Theil desselben sey. Jch finde auch in einigen Charten den suͤdwestlichen groͤßern Theil mit Matsaki bezeichnet, aber so undeutlich und unbestimt, daß man ihn auch fuͤr eine besondere Jnsel halten koͤnte. Der umliegenden etwas entfernten Jnseln wil ich gar nicht erwaͤhnen, weil man sie schon auf der beigefuͤgten japanischen Charte sehn kan. Die Bewohner derselben wer- den als ein rauhes, starkes Volk beschrieben, mit langem Haar und Bart. Sie sollen im Pfeil- und Bogenschießen sehr geuͤbt seyn; haben sich meistens an der Meerkuͤste niedergelas- sen, wo sie sich vom Fischfang ernaͤhren. Sie werden auch als aͤußerst schmutzig und un- reinlich beschrieben, allein hierauf ist nicht viel zu achten. Denn die bis zum Aberglauben reinliche Japaner machen von den sinlichen Hollaͤndern eben so ein Bild. Die Sprache dieser Menschen sol mit der coraͤischen Aenlichkeit haben. Hinter dieser Jnsel, weiter nordwaͤrts, liegt das feste Land Oku Jeso, d. i. Ober- oder Hoch Jeso. Dieß ist das Land, von dessen Existenz unsre Erdbeschreiber sich zwar versichert halten, aber noch nicht wissen, ob es mit der Tatarei oder mit America zusammenhaͤnge? Sie koͤnnen daher auch die Fragen nicht beantworten, wo das Fretum Ania- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Anianum, oder die Meerenge sey, welche das Nordmeer mit dem indischen Meer ver- bindet? Oder ob das Land Oku Jeso vielleicht mit beiden Welttheilen zusammenhaͤnge und also gar keine Meerenge da sey? Jch habe mich mit groͤstem Fleis bemuͤhet, uͤber die Beschaffenheit dieser nordischen Gewaͤsser einige genauere Nachrichten einzuziehn, aber ich habe nichts gewisses oder schreibwuͤrdiges daruͤber erfahren koͤnnen. Jn Moskau und Astrakan habe ich verschiedene Personen kennen gelernt, wel- che auf ihrer sinesischen Reise durch Sibirien und Kataya oder auch in einem vieljaͤhri- gen Exilium in Sibirien verschiedne, aber ungewisse Nachrichten hieruͤber eingesamlet hatten. Alle aber kamen darin zusammen, die Tatarei sey durch einen Jsthmum mit einem nach Osten gelegnen festen Lande, das sie fuͤr America hielten, verbunden; und befinde sich daselbst keine Oefnung zwischen dem indischen Ocean und dem Eismeer. Eine grobe Charte von Sibirien, auf der keine Grade bezeichnet waren, die ein Verban- ter daselbst in Holz ausgeschnitten, und die Orte in slavonischer Sprache darauf gesezt hatte, stelte einige von der entferntesten Kuͤste ostwaͤrts ablaufende Vorgebuͤrge vor, deren eines soweit fortstrich, daß es von dem Rande der Charte abgeschnitten wurde, und man also seinen ganzen Lauf nicht sehn konte. Der Man, welcher mir diese Charte communicirte, glaubte nach der Aussage der dortigen Tataren, daß diese Erdenge nach einem großen festen Lande zulaufe und mit demselben zusammenhaͤnge. Sie sey aber, sezte er hinzu, so bergicht, klippenvol und rauh durchwachsen, daß man jezt gar nicht wuͤrde durchkommen koͤnnen, wenn auch gleich die ersten Voͤlker hieruͤber ihren Weg nach America moͤchten genommen haben. Diese Charte ist die erste und einzige, aus welcher der russische Hof die Lage und Richtung seiner Tatarei kennen gelernt hat. Der deutsche Canzler oder Jnspector der moscoviti- schen Apotheken, Hr. Winius, mein sehr guter Freund, hat seine tatarischen und russi- schen Charten gleichfals nach dieser Charte zuerst entworfen, und hernach sie aus vielen Nachrichten vermehrt, und die Grade der Laͤnge und Breite beigefuͤgt. Er hatte hiebei be- sonders die Beobachtungen des gelehrten Hrn. Spitarius, des griechischen und lateinischen Hofdolmetschers, befolgt, welcher vom damaligen Zar als Ambassadeur nach Pequing geschikt war, und nach den geheimen Jnstructionen seines wisbegierigen Herrn alle Muͤhe angewandt hatte, uͤber diese Gegenden einige Entdeckungen zu machen. Er machte um das Jahr 1680 seine Hinreise ganz noͤrdlich, und seine Herreise ganz suͤdlich. Der Zufal fuͤgte es, daß er am russischen Hofe auch mein Dolmetscher wurde, und ich dadurch so gluͤklich war, seine Bekantschaft zu machen. Allein er war so mistrauisch und zuruͤkhaltend, daß ich nur wenig von ihm lernen konte. Es hat aber nachher der hocherleuchtete Hr. Nicolaus Witse, J. U. D. und Buͤrgermeister zu Amsterdam, bei seiner lezteren Gesandschaft an dem Zari- schen Hofe, durch sein vortrefliches Betragen und Leutseligkeit den Grosfuͤrsten und alle wis- begierige Viert. K. Von der Groͤße und Lage der japanischen Jnseln und Lande. begierige Herrn des Hofes so sehr eingenommen, daß man ihm alle Nachrichten von diesen Laͤndern, welche man dort hatte, uͤberliefert hat. Dies machte ihn dann auch faͤhig, die große Tatarey und das ganze russische Reich mit allen bisher unbekanten Fluͤssen, Ge- buͤrgen, Seen, Staͤdten und Provinzen, sehr genau in eine Charte zu bringen und diese der gelehrten Welt mitzutheilen. Witsens Werk, dessen der Verf. mit Recht mehrmalen so ruͤhmlich erwaͤhnt, hat izt durch seine sehr große Seltenheit ein neues Verdienst, fuͤr die Buͤcherliebhaber wenigstens — bekom- men. Jch habe die zweite Ausgabe desselben (wel- che die hiesige Universitaͤtsbibliothek besizt) vor mir, deren Titel ist: Noord en Ooost Tartarye ofte bonding Ontwerp van cenige dier Landen en Volkere, welke voormals bekant ziyn gewest. Beneffens verscheide tot noch toe onbekande en mest nooit vorheer beschrievene Tartersche en Nabuurige Gewesten, Landstreken, Steden, Rivie- ren en Planzen in de Noorder ek Oosterlycke Gedeelten van Asia en Europa. Door Nicolaes Wit- sen. Amsterdam by Halma. 1705. 2 Baͤnde in Fol. Diese Ausgabe ist sehr schoͤn und sauber ge- drukt, und hat alle zum Werke gehoͤrende Kupfer und Charten. Zur Geschichte der Erdbeschreibung und der Menschheitskunde ist dies Werk unentbehrlich und so sehr unsre Kentnis von den Gegenden, die Wit- sen beschreibt, auch izt berichtigt, erweitert und also geaͤndert ist; so enthaͤlt sein Werk doch noch immer sehr viele wichtige und erhebliche Nach- richten. Da aber diese in einem Bnche --- das in Holland wol fuͤr 100 Ducaten verkauft seyn sol — nicht Jedem zur Hand seyn koͤnnen; so wuͤnscht ich, daß uns Jemand — der der Sache kundig genug waͤre, um das Bekante vom Unbekanten, das Wichtige vom Unwichtigen gehoͤ- rig zu scheiden — einen brauchbaren Auszug aus diesem Werke lieferte. Brauchbar wuͤrde er seyn, wenn der Epitomator Alles das aufnaͤhme, was Witsen eigen — und was er zuerst hat --- und von dem, was ihm mit andern Geographen seiner Zeit gemein ist, nur das auswaͤhlte, wo die neuern Kentnisse sehr merklich und interessant ab- weichen, um so den Fortschrit unsrer Geographie anschaulich zu machen. Zum leztern Zwek waͤr es nothwendig, daß auch die zwar jezt unrichtigen Charten und ein Theil der Kupfer nicht ausgelas- sen wuͤrden. — Vielleicht steht dieser Wunsch hier nicht am unrechten Orte, und reizt einen Le- ser zum Ausfuͤhren; wenigstens ist in unsrer Zeit, da so Viele muͤßig am litterarischen Markt stehn und sich Arbeit wuͤnschen, ein Fingerzeig auf nuz- bare Beschaͤftigung, bei guter Gelegenheit ange- bracht, nicht unnuͤz. Hr. Jsbrand Jdes hat in seiner Reise nach Sina auch diese Charte geliefert. Jsbrand Jdes war Gesandter der russi- schen Zaren Jwan und Peter 1. an den Kaiser von Sina. Er machte die Reise nach diesem da- mals Aber ob sie gleich so genau und gut eingerichtet ist, so fin- det man doch die wahre Lage der sibirischen Kuͤsten und des Landes Jeso auf derselben nicht vorgestelt; und diese nordlichen Gegenden sind also noch bis izt unbekant. L Eben Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Eben so kennen auch die Japaner noch nicht die hinter Jesogasima liegenden und von ihnen Oku Jeso genanten Laͤnder; nur habe ich erfahren, daß sie ihnen 300 japanische Meilen Laͤnge geben. Ein vor wenig Jahren dahin verschlagener Schiffer berichtet, daß er unter den rauhen Einwohnern einige mit seinen sinesischen Zeugen bekleidet gesehn, und daraus eine Verbindung dieses Landes mit Doats oder der Tatarei, wenigstens nur eine geringe Entfernung gefolgert habe. Eine gleiche Nachricht brachte eine 1684 abge- schikte sinesische Junke nach einer drei monatlichen Reise zuruͤk. Ein viel gereiseter und erfahrner Schiffer, welcher an allen Orten um Japan herumgefahren war, wuste mir auf meine Frage nichts mehr als dieses zu sagen, daß der Strom zwischen Japan und Jeso- gasima bestaͤndig abwechselnd, bald nach Wesien, bald nach Osten, hinter Jesogasima aber niemals anders als Nordwaͤrts fließe. Er schlos daher, es muͤsse bei Doats (der Tatarei ) nothwendig ein Durchgang in nordische See seyn. Vor wenig Jahren wurde auch eine kaiserliche Junke von der Ostkuͤste Japans aus- geschikt, welche zwischen 40 und 50 Grad viel ausstehen muste, und endlich oͤstlich an ein festes Land gerieth, das man fuͤr America haͤlt. Die Junke uͤberwinderte daselbst in einem Seebusen, und glaubte zu bemerken, daß das Land nach Nordwesten eine Richtung habe. Man beschlos nachher weiter keine Untersuchungen in diesen Gegenden anzustellen. Jch habe verschiedne japanische Charten uͤber diese Gegenden in Jedo bei Tsusima No Cami, dem Nongasackischen Gouverneur, auch in Symmios bei Osacca und in ver- schiedenen andern Tempeln gesehen. Diese zeigen vor der großen Tatarei hinter Jesoga- sima noch ein hervorstehendes Land, das etwa 15 Grad der Laͤnge mehr nach Osten liegt, als das oͤstliche Ufer Japans, und zwischen diesem Lande und America nach einem geraͤu- migen Meer. Jch bemerkte auch auf diesem Lande mit Alphabeth Schriften noch folgende Provinzen bezeichnet: Kabersan, Orankai, Sitsji, Ferisan, Amarisi. Zwischen den beiden leztern Provinzen ergos sich ein großer Strom hinter Jeso gegen Suͤdost in die See. Aber so wie alle Charten der Japaner schlecht und nachlaͤssig gemacht, und mit keinen Graden der Laͤnge und Breite versehen sind, daher auch immer eine von der andern abgehen; so kan man sich auf dieselben gar nicht verlassen, vorzuͤglich nicht auf diejenigen, welche mals noch sehr wenig bekanten Reiche zu Lande durch noch unbekantere Theile von Rusland und der Tatarei, im Jahr 1692. Witsen hat die Be- schreibung derselben in hollaͤndischer Sprache her- ausgegeben; nach welcher 1706 eine englische Ueber- setzung gemacht ist, welche ich vor mir habe. Er hat sich der Witsenschen Charte, wie er selbst sagt, auf seiner Reise bestaͤndig bedient und sie mit der Natur verglichen. Diejenige, welche er liefert, ist daher nicht, wie man aus Kaͤmpfers Worten schließen koͤnte, blos ein Nachdruk der Witsenschen. Sie weicht vielmehr oft von der- selben ab, da sie Jsbrand Jdes durchaus nach sei- nen eignen Beybachtungen berichtigt hat. Viert. K. Von der Groͤße und Lage der japanischen Jnseln und Lande. welche die Namen nur nach dem Gehoͤr mit Canne d. i. Alphabethschrift, und nicht mit Sin oder bedeutenden Charactern vorstellen. Dies sind nun alle Kentnisse, welche ich uͤber diese Laͤnder in Japan (dem sie nordwaͤrts liegen) habe erfahren koͤnnen. Alle diese Nachrichten des Verfassers vom Lande Jeso und dem ganzen noͤrdlichen Theil des orientalischen Meers beweisen seine große und tuͤhmliche Bemuͤhungen, uͤber diese damals so un- bekante Gegenden neue Entdeckungen zu machen. Jndessen haben die Nachrichten unsrer Zeit alle seine Vorstellungen sehr erheblicher und mannich- facher Berichtigungen beduͤrftig gemacht. Ein Le- ser, der mit den schaͤzbaren Schriften der Herrn Muͤller und Engel bekant ist, wird| sie ihnen schon von selbst geben koͤnnen. Wenigstens hab ich hier durch kleinere Anmerkungen einer genauern Un- tersuchung uͤber diesen Theil der japanischen Geo- graphie und uͤber den almaͤhligen Fortschrit unsrer Kentnisse von diesem Theil der Erde nicht vor- greifen wollen. Jch behalte diese Untersuchung meinen Zusaͤtzen vor. Ehe wir diese algemeine geographische Nachrichten schließen, muͤssen wir noch zweier Jnseln erwaͤhnen, die von Osju Ost- und Nordostwaͤrts etwa 150 Meilen entfernt sind, aber doch, wie die Japaner behaupten, zu ihrem Reiche gehoͤren. Sie haben sehr schoͤne Namen; die kleinste, noͤrdlichste und also entfernteste heist Ginsima, d. i. Silberinsel; die naͤhere, Kinsima, d. i. Goldinsel. Die Beschaffenheit und Lage dieser Eylande wird vor den Auslaͤndern sehr verborgen gehalten, und dies um desto mehr, weil die viel verspre- chenden Namen schon lange die Lust einer genauern Bekantschaft bei den Europaͤern erzeugt haben. Der Koͤnig von Spanien lies sie schon 1620 durch einen erfahrnen Schiffer auf- suchen, der sie aber, weil ihm die Lage nicht genau bekant war, nicht finden konte. Diese Jnseln, behauptete der spanische Monarch, gehoͤrten ihm, weil sie in der westlichen ihm vom Pabste zuerkanten Hemisphaͤre laͤgen. Auch von Batavia aus hat man dieselben 1639 mit einem Schiffe und 1643 mit zwei Schiffen gesucht; den beiden lezteren war dabei auch die Entdeckung der americanischen und tatarischen Kuͤsten aufgetragen. Sie fanden aber nicht nur die Jnsuln nicht, sondern wie der Schiffer der Jacht Brecken in einem Hafen unter 40 Gr. N. Br. mit einigen Personen an Land gieng, wurden sie sogleich zu Gefangnen ge- macht, gebunden nach Jedo gefuͤhrt, und so hart behandelt, als wenn sie das ganze Reich haͤtten verrathen wollen. Jm Jahr 1675 entdekten die Japaner eine große Jnsel, durch eine von ihrer Jnsel Fatsisjo mit Sturm dahin verschlagne Barke. Man vermuthet, daß sie 300 Mei- len ostwaͤrts von Fatsisjo entfernt sey. Man hat auf derselben keine Menschen, aber ei- nen guten Boden, Baͤche, fruchtbare Baͤume, und unter denselben auch den Baum Ar- L 2 rak, Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Viert. Kap. ꝛc. rak, (wie die mitgebrachte Fruͤchte bewiesen) angetroffen. Man kan aber hieraus schlie- ßen, daß diese Jnsel suͤdlicher liegen muͤsse, als man angab; weil diese Baͤume nur in heißen Laͤndern wachsen. Die Ufer lieferten eine unglaubliche Menge Fische, auch Krebse, 2 bis 3 Klafter lang. Man gab dieser Jnsel den Namen Bunesima, und legte ihr, weil sie unbewohnt ist, den Character einer Jnsel ohne Menschen bei. Fatsisjo oder Fatsisjogasima (d. i. die Jnsel von 80 Klaftern hoch) dessen wir schon erwaͤhnt haben, ist eine weit in Suͤden entlegne japanische Jnsel. Sie liegt unter gleichem Meridian mit Jedo, etwa 80 Wassermeilen vom festen Lande, mit dem sie durch viele auf einander folgende kleine Jnseln gewissermaßen verbunden ist. Sie ist die vornehmste Jnsel, auf welche die in kaiserliche Ungnade gefallene Großen des Reichs ver- wiesen, und uͤber dem jaͤhen, klippigen Ufer, dessen Hoͤhe der ganzen Jnsel den Namen giebt, gefangen gehalten werden. Sie muͤssen hier ihre Kost mit Weben verdienen, und diese muͤssige und witzige Koͤpfe verfertigen hier die sonderbarsten seidnen Stoffe des ganzen Reichs, von denen einige ihnen von andern nicht koͤnnen und duͤrfen nachgemacht auch nicht an einen Fremden verkauft oder ausser Landes gefuͤhrt werden. So oft man in diese Jnsel Proviant oder neue Gefangne bringt, mus das ganze Fahrzeug durch Seile mit Winden hinaufgewunden und eben so wieder herabgelassen werden. Da die Jnsel schlechterdings keinen andern Zugang hat, so ist sie also von der Natur hinlaͤnglich bewahrt und be- festigt. Fuͤnf- Fuͤnftes Kapitel . Genauere Eintheilung des japanjschen Reichs in große und kleine Herschaften, von Einkuͤnften und Regie- rung derselben uͤberhaupt. W ir wollen die Geographie von Japan nun noch genauer auseinandersetzen, und daher die Eintheilung dieses Reichs in sieben große Landstriche oder Wege, dieser in 68 große Herschaften oder Reichsprovinzen und dieser in 604 kleiner Land- schaften oder Distrikte beschrieben. Jch werde hiebei auch einer jeden Provinz Groͤße, Lage, Fruchtbarkeit und jaͤhrliche Einkuͤnfte beruͤhren. Meine Quelle ist eine in der Landes- sprache abgefaste Beschreibung von Japan, welche ihr Verfasser Sitzi Jossu genant hat. Aus dieser habe ich alle hier folgende Nachrichten genommen. Kaͤmpfer brachte diese japanische Geogra- phie mit sich nach Euyopa; Sloane kaufte sie von seinen Erben und sie findet sich jezt im brittischen Museum. Gokjnai, Gokinai, Goka, Kokf. Ehe wir aber zu den sieben großen Landstrichen uͤbergehn, wil ich vorher nach der Gokjnai oder Gokinai Goka Kokf erwaͤhnen. Dieser japanische Nahme bedeutet die fuͤnf Provinzen der kaiserlichen Einkuͤnfte: und sie haben ihn daher bekommen, weil sie von Alters her zu Unterhaltung des kaiserlichen Hofes bestimt gewesen sind. Sie bringen jaͤhrlich ein 148 Man und 1200 Kokf Reis. Alle Einkuͤnfte des Reichs werden nach die- sen beiden Maaßen des Reißes gerechnet. Ein Man ist 10000 Kokf, ein Kokf 3000 Balgen oder Saͤcke von Reis. Diese fuͤnf Provinzen sind folgende: 1) Jamasjro oder Sansju: Jst ein großes, fruchtbares Land, von Suͤden bis Norden 100 japanische Meilen lang, hat in seinem Umfang viele beruͤhmte Orte und be- steht aus acht Landschaften Otokuni, Kadono, Okongi, Kii, Udsi, Kusse, Sa- kanaka und Tsukugi. L 3 2) Ja- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. 2) Jamatto oder Wasju hat guten Boden, von Suͤden bis Norden auch etwa 100 japanische Meilen. Ehmals waren noch mehr beruͤhmte Orte in dieser Provinz als izt, doch sind deren noch einige. Die 15 kleinern Landschaften, in die sie getheilt ist, sind: Soono Cami, Soono Simo, Feguri, Firose, Katzu Dsjau, Katsunge, Oku- no, Umi, Utz, Josimo, Uda, Sikinosimo, Sikino Cami, Takai Jdz, Tooitz, Jamma nobe. 3) Kawatsji oder Kasju, hat die Figur eines Quadrats und die Laͤnge von zwei Tagereisen, der Boden ist mittelmaͤßig. Diese Provinz besteht wieder aus folgenden funf- zehn kleinern Landschaften: Nistori, Jsikawa, Fukai Jz, Jaskabe, Ookake, Tu- kajat, Kawatz, Sarara Umbarada, Katanno, Wakaje, Sibu Kaja, Sick, Tunkokf, Tannan. 4) Jdsumi oder Sensiu ist ein großes Land, hat schlechten Boden von S. bis W. 100 Meile Laͤnge. Vorn ist es mit einer großen See, hinten mit Bergen geschlossen, es ist fischreich, bringt Buchweizen, Reis, Bohnen und andere Huͤlsenfruͤchte, aber von schlechter Art hervor. Es bestehet aus 3 kleinern Landschaften, oder Ootori, Jdsumi und Fino. 5) Sitzu Tsinokuni Sisju, haͤlt 2½ Tagereisen im Umkreis, und um- schließt an der Westseiten einen Meerbusen, die Suͤdseite ist warmen, die Nordseite kalten Grundes; daher die Gokokf oder 5 vornehmste Huͤlsenfruͤchte daselbst wohl gerathen, es giebt auch Fisch und Salz und ist uͤberhaupt ein sehr gut Land, 13 kleinere Provinzen sind Syjos oder Simijos, Kutatz, Fingassinai, Nisjinari, Jatsan, Simasimo, Si- makami, Tesjima, Kawanobe, Muko, Jwara, Strima, Nosje. Die VII Landstriche sind nun folgende: I. Tookaido das ist Ost-Suͤderweg enthaͤlt 15 große Provinzen, oder Fuͤrsten- thuͤmer. 1) Jga sonst Jsju genant, hat von Ost und Suͤden das Meer und die Nordseite beschließt ein Gebirge, daher ist es ein heißes Land, aber schlechten Grundes, es traͤgt Baͤu- me, Kraͤuter und Bambus. Seine 4 Provinzen sind Aije, Jamanda, Jga Na- bari. 2) Jsie oder Sesju hat von Suͤd bis Nord 3 Tagreisen, viele kleine Berge, und ei- nen uͤber die Maaßen fruchtbaren Grund, es ist groͤstentheils mit dem Meer umgeben, und enthaͤlt 15 Landschaften Quana, Asaki, Susuka, Jtsisj, Aanki, Taato, Nisiki- sima, Gosasuma, Jnabe, Mye, Ano, Jtaka, Watakei, Jnotaki. 3) Sima, oder Sisjo, wird im halben Tage in die Quer durchgereiset, ist ein sehr schlechtes Land, giebt viele Austern, Schnecken und Muscheln. Seine 3 Distrikten sind Toosji, Ako und Ka- mesima. 4) Owari oder Bjsju ist ein festes Land ohne See, eines sehr fetten fruchtbaren Grun- Fuͤnft. Kap. Genauere Eintheilung des japanischen Reichs ꝛc. Grundes, der seinen Saamen 1000faͤltig zuruͤkgiebt. Diese Provinz ist in der That eines der fruchtbaresten Laͤnder im ganzen Reiche, und daher mit Doͤrfern erfuͤllet. Sie haͤlt von Suͤden bis Norden 3 Tagereisen und hat 9 Provinzen: Amabe, Nakassima, Kaquuri, Niwa, Kasungale, Jamada, Aitsi, Tsitta, Toosji Nossima. 5) Nikawa oder Misjio ist ein sehr schlechtes und armes Land, mit vielen untiefen Fluͤssen, daher auch die Gokokf in demselben nicht reif werden. Es haͤlt von Ost bis West 1½ Tagereisen, und in seinem Umfang acht kleinere Landschaften, Awoumi, Kamo, Nukada, Batz, Fori Jana, Tsitarra, Akumi. 6) Toojomi oder Jensju, hat viele Berge, Fluͤsse, kleine und große Doͤrfer, und ist uͤberhaupt ein gut Land, welches die Einwohner mit 1000faͤltigen Fruͤchten erfreuet. Man rechnet seine Laͤnge von Ost bis West 2½ Tagreisen, es bestehet aus 14 Provinzen: Fammana, Futz, Fuusa, Aratama, Nangakami, Nagasimo, Sutz, Jammana, Kikoo, Faifara, Tojota, Jamaka, Sanno, Jwata. 7) Surrunga oder Sjusju hat viele Doͤrfer, platte Lander und Berge, ist ziemlich gut Land, und von Ost bis West 2½ Tagreisen lang. Seine 7 Provinzen sind: Tsa, Masi á su, Ud ó Jlabe, Rofarra, Fusji, Suringa. 8) Kai oder Kaisju und Koosju. Jst mit Reisfeldern Ackerland und Wiesen, auch mit Pferden und Kuͤhen wohl versehen, nicht minder mit einem großen Vorrath von Baͤumen und Holze, hat von Suͤd bis Nord uͤber 2 Tagereisen, und bestehet aus 4 kleineren Landen als Jammanas Ssjro, Jaatzsiro, Coma, Tsur. 9) Jdsu oder Toosju eine lange Halbinsel, giebt Salz und mancherlei schmakhafte Fische, wird fuͤr ein ziemlich gut Land gehalten, das von Ost bis West uͤber eine Tagreise haͤlt; es ist mit vielen hohen Bergen besezt, hat dennoch viel Saͤeland, aber wenig Reisfelder. Seine 3 Landschaften sind: Takata, Njaka, und Kamo, welchen man die zwo Jnsuln, Oosima und Firakasima noch beizufuͤgen pflegt. 10) Sanjami oder Soosju. Jst so groß, daß man sie in 3 Tagen um oder quer durchreiset; es ist ein ziemlich schlecht Land, doch ohne Berge, giebt wenig Holz noch andere zum menschlichen Leben noͤthige Sachen, außer Fische Schiltpadde und andere Seethiere. Die 8 kleinere Land- schaften sind: Asikarano Cami, Asikarano Sim ú, Oosimi, Juringi, Aiikoo, Takanji, Camakura, Mijura Jesima. 11) Musasi oder Busju. Diese Provinz hat 5½ Tage im Umkreis ohne Berge und Gebuͤsche, und ist eines sehr guten Grundes. Sie bringt Reis, Huͤlsen und viele Gartenfruͤchte und Kraͤuter hervor und besteht aus 21 Provinzen, derer Na- men sind: Kuraggi, Tsukuki, Tama, Tatsinbana, Kaikura, Jruma, Tosma, Fiiki, Jokomi, Saitama, Kodama, Tsibusima, Fatara, Faschawa, Naka, Kami, Adats, Tsitsubu, Jebara, Tojesima, Oosato. 12) Awa oder Foolju, haͤlt von Suͤd bis Nord 1½ Tagereisen; ist ein mittelmaͤßiges Land, mit Bergen, Fluͤssen, auch ebnem Reis- und Kornfeldern und vielen Doͤrfern versehen. Die umliegende See giebt einen so großen Ueberflus an Fischen und Austern, daß die Aecker meistens mit denselben, wenig Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. wenig mit Mist geduͤnget werden. Jhre 4 Landschaften sind: Fekuri, Awa, Asaima, Nakaba. 13) Kadsusa oder Koosju, haͤlt von Suͤd bis Nord 3 Tagereisen, ist mittel- maͤßigen Grundes, doch mit vielen rauhen jaͤhen Bergen erfuͤllet. Die Einwohner ernaͤh- ren sich viel mit Webereyen aus Cannib oder Leinwand. Sie hat| folgende 11 Laͤnder: Ssussu, Amaja, Jtsuwara, Umingami, Foika, Mooki, Jssimi, Farinib, Nagara, Jamma Nobe, Mussa. 14) Simoosa oder Seosju sol 3 Tagereisen von Suͤd bis Nord, und einen mittelmaͤßigen Grund haben, welcher aber sehr bergicht ist, und seinen Einwohnern nicht viel Lebensmittel giebt, ist aber dagegen reich an Voͤgeln und, vierfuͤßigen Thieren. Dieser Provinz 12 Laͤnder sind folgende: Kadossika, Tsibba, Jmba, Sooma, Sasjuma, Juuki, Tojoda, Koosa, Unagami, Katori, Fan- nibu, Okanda. 15) Fitats oder Sjoo Usju; jede Seite dieser Provinz, schreibet mein japanischer Autor, haͤlt 4 Tagereisen, ist mittelmaͤßig gut Land, liefert viel Seide; daher auch in diesem Lande viele Seidenstoffe gemacht werden, und es ist hier großer Handel mit Vieh und Manufacturen, welche an andere Orte ausgefuͤhrt werden. Die 11 kleinern Provinzen sind: Niibari, Makaije, Tsukumba, Kawats, Ssida, Umbaraki Namingata, Naka, Kussi, Taka, und Jengoko, das ist Ferneland, ich weis nicht was vor eine Jnsel oder Land mein Autor hierunter verstehet. Deise 15 große Fuͤrstenthuͤ- mer oder Provinzen des Landstriches Too Knido bringen insgesamt ihren Besitzern jaͤhrlich ein 494 Mankokfs. II Toosando, das ist, der Ostbergweg, hat 8 Fuͤrstenthuͤmer oder große Provinzen: 1) Oomi oder Gosju; dessen Umkreis haͤlt 3½ Tagereisen; ist ein sehr gutes Land, mit Fluͤssen, Bergen, auch mit fruchtbaren, ebnen Feldern versehen, welche 1000- faͤltige Frucht (dies ist eine gewoͤhnliche Art zu reden bei den Japanern) an Reis und aller- lei Getreide hervorbringen. Seine Hauptstadt ist Majaco, woselbst der gruͤne Fruͤhling sich zeitiger einfindet, als anderer Orten. Oomi enthaͤlt 13 kleinere Landschaften, welche sind: Singa, Kurimotto, Jas, Camoo, Kansacki, Juungami, Sakata, Jetz, das obere und untere Assai, Jmito, Takass ima, Kooka, Joosi, Jumi. 2) Mino oder Djosju haͤlt von Suͤd bis Nord 3 Tagereisen, ist mit Bergen und platten Feldern begabt, und ein sehr gutes Land, welches Gokokf, Reis und allerhand Getreide in Ueberflus hervorbringet. Alhier werden auch viele Stoffen gemacht. Es haͤlt 18 Provinzen als Jsjintsu, Fufa, Awadsi, Jkenda, Oono, Mottos, Mus- sjiroda, Katakata, Atsumi, Kakumi, Jamman Gata, Muggi, Guundsjo, Camo, Kako, Tokki, Jenna, Taki. 3) Fida oder Fisju, haͤlt von Suͤd bis Nord 2 Tagereisen, ist ein sehr schlecht Land, mit Gokokf, Salz und Fleisch wenig versehn, hat viel niedrige Berge, liefert vieles Bau- Fuͤnft. Kap. Genauere Eintheilung des japanischen Reichs ꝛc. Bau- und Brenholz, bestehet aus vier Provinzen, als Ofarra, Masjinda, Ammano und Araki. 4) Sinano oder Sinsju, ist von Suͤd bis Nord 5 Tagereisen und ein kaltes Land, hat wenig Gras, daher auch wenig Vieh und Fleisch, und weil es weit vom Meer entlegen, ist auch Salz und Fische daselbst selten. Es hat aber doch einen mittelmaͤßig guten Grund, zeugt viel Maulbeerbaͤume, Seide und Lein, wovon hier gute Stoffe gewirkt werden. Es enthaͤlt 11 kleinere Provinzen: Midsutz, Takaii, Fannissina, Tsisa- gatta, Sacku, Jna, Suwa, Tsikumma, Atsumi, Sara, Sjina. 5) Koodsuke oder Dsjosju, haͤlt von Ost bis West 4 Tagereisen, ist ein warm und sehr gutes Land, zeugt viele Maulbeerbaͤume, und daher viele doch schlechte Seide, wovon die Stoffe daselbst gewirket werden. Es fasset 14 folgende Landschaften: Ussui, Aassa, Ssik á nnu, Ssetta, Sai, Nitta, Katta Oka, Soora, Gumma Kanva, Tago, Midorino, Naba, Jamada. 6) Simoodsuke oder Jasju, haͤlt von Ost bis West 3½ Tagreisen, ist mittelmaͤ- ßig gut Land, hat wenig Gebirge, hingegen fruchtbare Felder, Baͤume, Kraͤuter und Gras, giebt Getreide und Huͤlsenfruͤchte im Ueberflus. Es bestehet aus 9 Provinzen, welche sind: Askara, Janada, Aso, Tsuga, Faka, Sawingava, Suwooja, Nasu, Makabe. 7) Mutsu oder Oosju, haͤlt von Suͤd bis Nord 16 Tagereisen; ist ein uͤberaus gutes Land, und mit allen Lebensbeduͤrfnissen wohl versehen. Es stund vor diesem mit Dewa unter einem Landesfuͤrsten, und hat folgende 55 Provinzen: Sjira, Kawa, Ku- rokawa, Juwasi, Mijaki, Aitz, Nama, Oda, Asaka, Adatz, Sibatta, Ka- rida, Tooda, Natori, Sinnobu, Kikkunda, Sibanne, Asonusa, Namingata, Twade Waga, Kawatz, Fitzungi, Takano, Wattari, Jamadsu Kuri, Oo- nato, Kami, Ssida, Kuri Wara, Jesan, Jeki, Misawa, Naga, Ooka, Tojone, Monowara, Oosika, Gunki, Kaddono, Fasikanu, Tsungaru, Uda, Jku, Motojes, Jskawa, Taidsi, Sikamma, Jnaga, Siwa, Jwasaki, Kim- bara, Kadsinda, Datte, Socka, Fei, Kisen. 8) Dewa oder Usju, haͤlt von Suͤd bis Nord 5 Tagereisen, ist ein an Baͤumen, Wiesen und Kraͤutern reiches dicht bewachsenes fruchtbares Land, und hat den Sommer fruͤh- zeitig. Es bestehet in 12 Provinzen: Akumi, Kawanobe, Mura, Jama, Oitama, Ookatz, Firaka, Tangawa, Diwa, Akinda, Jauri, Senboku, Mogami, Jama Motta, diese 8 Fuͤrstenthuͤmer tragen ihren Besitzern nach alter Rechnung 563 Mangokf, jetzo aber noch weit mehr ein. M III. Foku Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. III. Foku Rokkudo, das ist der Nordergrundweg, hat 7 Laͤnder: 1) Wakasa oder Sjackusju haͤlt von Suͤd bis Nord 1½ Tagereisen, ist mit Fi- schen und Schildpadden versehen, weil es an die See graͤnzet, hat einen schlechten Grund, und zeugt in demselben Eisenerzt. Seine 3 Provinzen sind: Oonibu, Ooi und Mikatta. 2) Jetißen oder Jeetsju, haͤlt von Suͤden zu Norden 3 Tagereisen: Die Suͤ- derseite ist mit Bergen umgeben, die Norderseite ist eben und hat viel großes Vieh. Es hat einen sehr fruchtbaren guten Grund; giebt Cannib und Seiden, auch Gokokf in| Ueber- flus. Seine 12 Provinzen sind: Tsuruga, Nibu, Jmadats, Asjiba, Oono, Sakai, Kuroda, Jkingami, Takakida, Joosdsida, Sakagita, Naandsio. 3) Kaga oder Kasju, haͤlt von Osten bis Westen 2½ Tagereisen, ist ein mittel- maͤßiges Land, traͤgt Gokokf so viel es selbst bedarf. Man arbeitet alhier viel in seidnen Stoffen; auch wird hier der beste Essig, Saki und Soja gemacht. Es hat folgende 5 Provinzen: Jenne, Nomi, Jsikawa, Kanga und Kabocku. 4) Noto oder Neosju, rechnet von Ost bis West 2½ Tagereisen, ist wie eine Halbinsel mit See umgeben, hat wenig gut Land, aber viel Eisengruben; Gokokf wird daselbst spaͤte reif. Es hat 4 Provinzen, Bagui, Noto, Fukeesund, Ssus. 5) Jeetsju oder Jaes Sju, hat 3 Tagereisen im Umkreis, und ziemlich guten Grund, traͤgt gut Bruͤckenholz, auch Gokokf. Hier verfertigt man allerhand Art irdene Gefaͤße, seine 4 Provinzen sind: Ton á mi, Jmidsu, Mebu, Niikawa. 6) Jetsingo oder Jeesju, haͤlt 6 Tagereisen im Umkreis, ist sehr gut Land, die Suͤderseite bergigt. Es gibt Seide und Lein, auch Gokokf, aber von schlechter Art, und hat folgende 7 Provinzen: Kabiki, Kof, Missima, Jwoodsi, Kambara, Nutari und Jwafune. 7) Sado oder Sasju, eine in der Nordsee gelegene Jnsel und Provinz, hat 3½ Tagereisen im Umkreis, traͤgt viel Holz, Gras und Gokokf, und hat einen Ueberflus an Wasserthieren. Es bestehet aus 3 Provinzen: Umo, Soota und Camo. Das jaͤhrliche Einkommen von diesen 7 Fuͤrstenthuͤmern wird gerechnet 243 Mangokf. IV. Sanindo, ist Bergnorder- oder kalter Weg, welches einschließet 8 große Provinzen, deren 1) Tanba oder Tansju 2 Tagereisen in der Laͤnge hat; ist ein mittelmaͤßiges Land, zeuget vielen Reis und mancherlei Art Huͤlsenfruͤchte, hat viel Brenholz, bestehet aus 6 Laͤndern: Kuwada, Funaii, Taki, Amada, Fingami, Akarunga. 2) Tango oder Tansju, haͤlt von Suͤd bis Nord 1½ Tagereisen, ist mittelmaͤßig gut Land, zeugt und verkauft Seiden und Lein sehr wohlfeil, gibt Wasserthiere in Ueberflus, und hat 5 Provinzen: Kaki, Joki, Tango, Katano, Kumano. 3) Tasima Fuͤnft. Kap. Genauere Eintheilung des japanischen Reichs ꝛc. 3) Tasima oder Tansju, haͤlt von Ost bis West 2 Tagereifen, und ist mittel- maͤßig gut Land, von der Natur eben so wie voriges begabt, und hat 8 Provinzen: Asami, Jabu, Jdsu, Ketta, Kinnosaki, Flangaka, Sitzumi, Mikkummi. 4) Jnaba oder Jnsju, hat von Suͤd bis West 2 Tagereisen, ist ein mittel- maͤßig gut Land, hat an der Nordseite See, und niedriges Gebirge an der Suͤdseite. Hier werden viel grobe seidene Stoffe gewirket. Es besteht aus 7 Provinzen: Foomi, Ja- gami, Tsidsu-Oomi, Takagusa, Ketta, Konno. 5) Fooki oder Fakusju, haͤlt von Suͤd bis Nord 2½ Tagereisen, ist mittelmaͤ- ßig gut Land, zeugt viel Gokokf, Kannib und Seide, wovon man hier Stoffe wirket. Es hat 6 Provinzen: Kawamura, Kume, Jawata, Aneri, Oomi, Fino. 6) Jdsumo oder Unsju, haͤlt von Ost bis West 2½ Tagereisen, wird von der korei- schen See wie eine Halbinsel umgeben, ist sehr gut Land, traͤgt viele Arten fruchtbarer Baͤume, Gras und Kraͤuter durch einander, alhier werden grobe seidene Stoffe gewirket. Es hat 10 Provinzen, als Jju, Asomi, Simane, Akisika, Tattenni, Jadsumo, Kanto, Jjis, Asinda, Oofara. 7) Jwami oder Sekisju, haͤlt von Suͤd bis Nord 2 Tagereisen; ist mittel- maͤßig gut Land, zeuget viel Cannib und Salz, der Landesherr bekomt von den Bauren zweimal so viel wie andere Landesherren. Es hat 6 Provinzen: Tsikama, Naka, Oots, Mino, und Kanoas. 8) Oki oder Ansju, eine Jnsel und Provinz in der See gegen Korey uͤbergele- gen, hat 2 Tagereisen im Umkreis. Der Grund ist sehr schlecht, und traͤgt wenig Gokokf. Das jaͤhrliche Einkommen von diesen 8 Provinzen belauft sich insgesamt auf 123 Mangokf. V. Sanjodo, das ist Bergsuͤder- oder warmer Weg. Dieser Landstrich enthaͤlt folgende Provinzen oder Fuͤrstenthuͤmer: 1) Farima oder Bansju, haͤlt im Umkreis 3½ Tagereisen, einen sehr guten Grund und Ueberflus an Lebensmitteln. Man machet hier seidene Stoffe, Papier und allerlei Kleider. Es hat 14 Provinzen: Akas, Kata, Kamo, Jnami, Sikama, Jwo, Akato, Saijo, Sitz, Kansaki, Taka, Mitzubo, Jsai und Jtto. 2) Mimasakka oder Sakusiur, haͤlt von Ost bis West uͤber 3 Tagereisen, ist mittelmaͤßig gut Land, giebt seinen Einwohnern reichlich Kraͤuter, Fruͤchte, Speisen und Kleider. Man hat hier nicht viel Winde. Es bestehet in 7 folgenden Provinzen: Aida, Katzunda, Tomapisi, Toma Figasi, Khume, Ooba, Masuma. 3) Bidsen oder Bisju, haͤlt im Umkreis 3 Tagereisen, ist ein mittelmaͤßig gut Land, zeugt viel Seide, hat einen warmen Grund, daher Baͤume, Garten und Acker M 2 ihre Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. ihre Frucht zeitig hervorbringen. Es bestehet aus 11 Provinzen: Kosuma, Waki, Jwanasi, Ooku, Akasaka, Kandatz, Minno, Ooas, Tsitaka, Tsingosima, Kamosima. 4) Bitsju oder Fisin, haͤlt von Ost bis West 1½ Tagereisen, ist ein sehr gut Land, an Lebensbeduͤrfnissen mit Ueberflus versehen. Lein und Gokokf sind alhier wohlfeil. Die 9 Provinzen sind: Utz, Kaboja, Kaija, Simomitz, Asangutz, Oda, Si- tzuki, Teta, Fanga, Saba-Rosima, Jorisma. 5) Bingo oder Fisju, haͤlt von Suͤd bis Nord uͤber 2 Tagereisen, ist mittel- maͤßig gut Land, zeuget gar vielen Reis und Gokokf, welches daselbst auch fruͤher reif wird. Es hat 14 Provinzen, als: Abe, Futsitz, Kamiisj, Asuka, Numasimi, Bonitz, Asijda, Kooen, Mikami, Camidani, Mitsucki, Jesso, Sirra, Mijwara. 6) Aki oder Gesju, haͤlt von Suͤd bis Nord 2½ Tagereisen, ist schlecht Land, hat viele doch abgelegene Berge; traͤgt viel Bauholz, am Meerufer wird Salz gemacht, Korn- und Huͤlsenfruͤchte wollen hier nicht wohl gerathen, hingegen geben Klippen, Huͤgel und Staͤmme eine Menge Morgeln, und allerhand delicate Schwaͤmme zur Speise. Es be- stehet aus 8 Provinzen: Numada, Takatta, Tojoda, Sada, Cammo, Sabaku, Aki, Takamija, Jtzu Kusima, welcher lezte Name nur einen beruͤhmten Ort in dieser Provinz bezeichnet, und Ehrenhalber beigefuͤgt wird. 7) Suwo oder Seusju, haͤlt von Ost bis West 3 Tagereisen, hat mittelmaͤßi- gen Grund, welcher uͤber die Maaße an Gras und Kraͤutern reich ist. Es giebt hier so viel Wasserthiere, besonders derer, die mit Schild und Schuppen bekleidet sind, als an kei- nem andern Orte des Reichs. Es hat 6 Provinzen: Oosima, Kuka, Kumade, Tsimo, Sawa und Jooki. 8) Nagata oder Tsjoju, haͤlt von Ost bis West 2½ Tagereisen, ist mittelmaͤ- ßig gut Land, die Suͤd und Westseite beschliest die wuͤste See, die Nordseite ein Gebuͤrge bringt Gokokf, Wasserthiere und allerhand Lebensmittel, zweimal mehr als die Einwohner be- duͤrfen. Es hat 6 Provinzen: Alsa, Tojora, Mine, Ootz, Amu, Misjima. Das jaͤhrliche Einkommen von diesen 8 Fuͤrstenthuͤmern betraͤgt 270 Mangokf. Diese beschriebne 5 Landwege, nebst deren Fuͤrstenthuͤmern und kleineren Landschaf- ten, liegen alle auf der großen Jnsel Nipon. Die zweite Jnsel, welche bei den Japa- nern Kiusju oder Westland, und Saikokf oder Neunland heist, liefert den sogenanten VI. Sai- Fuͤnft. Kap. Genauere Eintheilung des japanischen Reichs ꝛc. VI. Saikaido, das ist der West-Strandweg, und auf demselben folgende 9 große Provinzen: 1) Tsikudsen oder Ssjkusiu, haͤlt von Suͤd nach Nord uͤber 4 Tagereisen, ist ein mittelmaͤßig gut Land, traͤgt viele Hirse, alhier wird viel Porcelain gebacken. Es hat 25 Provinzen: Sima, Kama, Jassjika, N ó sima, Mikasa, Monagatta, Onka, Musiroda, Fonami, Sara, Naka, Cassija, Siaka, Musima, Jto, Musji- ro, Vutz, Kurande, Nokosima, Sinotz, Kas á kura, Kamitz Kasakura, Kokuf, Tassaj. 2) Tsikungo oder Tsikusju, haͤlt von Suͤd bis Nord 5 Tagereisen, ist mittelmaͤ- ßig gut Land, traͤgt viel Huͤlsenfruͤchte, giebt einen Ueberflus von Fischen und esbaren Meerschulpen, man macht hier allerhand Fruͤchte ein, und noch andere suͤße Sachen wer- den von hieraus versandt. Es hat 10 Provinzen: Mijwara, Mij, Jgra, Mi, Mike, Kandsima, Simodsima, Jama Kando, Jamma Seta, Takeno. 3) Budsen oder Foosjo, haͤlt von Suͤd bis Nord 4 Tagereisen, ist mittelmaͤßig gut Land. Hier wachsen viele Arzneikraͤuter, werden auch allerhand seidene Stoffen gewirket, von welchen der Landesherr seinen Theil zu seinen Einkommen zieht, welches man sonst aus den Fruͤchten giebt. Es hat 8 Provinzen: Tangawa, Sakku, Mijako, Nakatz, Tsui- ki, Kamitzki, Simotzki, Usa. 4) Bungo oder Foosi, haͤlt 3 Tagereisen in die Laͤnge, und ist mittelmaͤßlg gut Land, zeugt Maulbeerbaͤume und Seide, Hanf, Gokokf und viele auslaͤndische Gewaͤchfe. Seine 8 Provinzen sind: Fita, Kus, Nawori, Oono, Amabe, Oakata, Fai- jami, Kunisaki. 5) Fidsen oder Fisju, haͤlt von Suͤd bis Nord 5 Tagereisen, ist mittelmaͤßig gut Land, der Grund ist fet, und giebt seine Saat hundertfaͤltig zuruͤk. Es hat einen Ueber- flus an Fischen und Voͤgeln, und werden viele Kleider gemacht, die 11 Provinzen: Kickii, Jabu, Mine, Ooki, Kansoki, Saga, Maatsura, Kissima, Tusitz, Kadsuraki, Takaku. 6) Figo oder Fisju, haͤlt 5 Tagereisen im Umkreis, ist mittelmaͤßig gut Land, hat viele Gebuͤsche, Bau-und Brandholz, auch Korn und Huͤlsenfruͤchte, wie auch Fi- sche und Meerschulpen zur Nothdurft. Es hat 14 Provinzen: Tamana, Jamaga, Jamamatto, Kikutz, Aso, Takuma, Kuma, Aida, Masiki, Ud ò, Jaadsiro, Koos, Amakusa, Askta. M 3 7) Fiugo, Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. 7) Fiugo oder Asisju, haͤlt 3 Tagereisen im Umkreis, ist etwas schlecht Land, zeugt gar wenig Maulberbaͤume, Hanf und Huͤlsenfruͤchte, weil es wenig platte Felder hat, aber viele arme Unterthanen. Es hat 5 Provinzen: Uski, Koju, Naka, Mijasaki, Morokata. 8) Oosumi oder Gusju, haͤlt von Ost bis West 2 Tagereisen, ist ein mittelmaͤßig gut Land, klein, aber reich an Lebensmitteln, sonderlich an Austern und allerhand andern Schulpen. Es wird hier viel Papier, auch so viel die Einwohner selbst beduͤrfen, Stoffe zu Kleidern gemacht. Es hat 8 Provinzen: Oosumi, Fisingari, Kuwabara, Soo, Sjira, Kimotsuki, Komadsji, Kumagge, welchen man zum Ueberflus die gegen- uͤber liegende Jnsel Tanega Sima noch zusetzt. 9) Satzuma oder Satsju, haͤlt im Umkreis 2 Tagereisen, ist etwas schlechten Grundes, zeugt Maulbeerbaͤume, Hanf, macht gute aber wenige Kleider, liefert aber doch an andere Laͤnder auch einen groben Hanf. Es hat 14 Provinzen: Josumi, Ta- kaki, Satzuma, Feki, Jsa, Ata, Kawanobe, Jene, Juumaki, Fire, Tani, Jamma, Okinokosima, Koß Kisima. Diese 9 Provinzen insgesamt bringen jaͤhrlich ihren Erbherren oder Besitzern ein 344 Mangokf. Die zwischen beiden gelegene Jnsel der dritten Groͤße, bei ihnen sonst Sikokf oder Vierland genant, wird nebst der gegen N. O. gelegenen Jnsel Awadsi, und der gegen Suͤden von Asiipon hervorstehenden vesten Landschaft Kii wegen der suͤdlichen Lage genant. VII. Nankaido, das heist der suͤder Seeweg. Es bestehet derselbe aus 6 Provinzen: 1) Kijnokumi oder Kisju, haͤlt von Suͤd bis Nord 4½ Tagereisen, ist ein ebenes gar schlechtes Land, an 3 Seiten mit See bespuͤhlet. Es wollen keine Huͤlsenfruͤchte noch Getraide darauf wachsen; hat 7 Provinzen, als Jt ò, Naka, Nagusa, Amabe, Arida, Fitaka, Mur ò. 2) Awadsi oder Tansju, hat eine Tagereise in die Laͤnge, und wenig gut Land, zeuget Kleider, und giebt Salz und Fisch, nur zur Nothdurft, bestehet aus 2 Provinzen: Tsin à und Mijwara, welchen man die angelegenen beruͤhmtesten Jnseln beifuͤgt, als Mus- sima und Jesima. 3) Awa oder Asju, haͤlt 2 Tagereisen im Umkreis, ist mittelmaͤßig gut und etwas bergigt Land, mit Feder-und vierfuͤßigem Vieh wohl versehen, giebt Fische und Meer- schulpen zur Nahrung in Ueberflus, hat 9 Provinzen: Miosi, Ojen, Nafingasi, Na- misi, Katsura, Asaka, Jtano, Awa und Mima. 4) Sinuki, Fuͤnft. Kap. Genauere Eintheilung des japanischen Reichs ꝛc. 4) Sanuki oder Sansju, haͤlt von Ost bis West 3 Tagereisen, ist mittelmaͤßig gut Land, mit Fluͤssen, Bergen, ebenen Feldern, Reis und allerhand Aeckern durch ein- ander wohl begabt, die Huͤlsenfruͤchte gerathen hier wohl, auch hat man Ueberflus an Fi- schen und Meerschulpen. Aus diesem Lande sind in allen Zeitaltern viele beruͤhmte Leute entsprossen. Es hat 11 Provinzen: Owutsi, Samingawa, Miki, Mino, Jamada, Kanda, Ano, Utari, Naka, Tado, Kako. 5) Jjo oder Josju, wird in 2 Tagen umgereist, ist mittelmaͤßig Land, ganz eben und ohne Baͤume, reich an Reis-und Sandfeldern, zeugt auch Hanf, Maulbeer, Salz, Gras und Kraͤuter. Es hat 14 Provinzen: Nii, Ssuki, Kuwamira, Ootz Kasafaja, Nooma, Tsik é, Otsumi, Kum è, Fuk è, Jjo, Kita, Uw à, Um à. 6) Tosa oder Tosju, haͤlt von Ost bis West 2 Tagereisen, ist mittelmaͤßig Land, giebt viele Huͤlsenfruͤchte, Holz und zum Lebensunterhalt noͤthige Sachen. Es hat 7 Pro- vinzen: Tos à, Agawa, Taka, Oka, Fata, Nana Oka, Kat á sima, Kami; Das jaͤhrliche Einkommen aus diesen 6 Fuͤrstenthuͤmern betraͤgt die Summe von 140 Mangokf. Noch sind uͤbrig, und bisher unbenant geblieben zwo im letzten coreyischen Kriege diesem Reich einverleibte Jnseln oder Provinzen, welche mit einem Worte Jkithusima ausgesprochen, und jetzo von einem besondern Landesherrn regiert werden, da sie im An- fange dem Fuͤrsten von Satzuma untergeben waren. Die erste ist Jki oder Jsju, haͤlt eine Tagereise im Umkreis, und 2 Provinzen, als Jki und Jsjida. Die andere Tsusima oder Taisju, uͤbertrift die vorige etwas wenig an Groͤße, und bestehet aus 2 Provinzen, als Akata und Simo Akata, das ist Ober und Unter Akata. Es giebt auf diesen Jnseln, von deren Grunde man wenig Ruͤhmens macht, viele auslaͤndische Sachen zu sehen, und viele Goͤtzenbilder anzubethen. Sie bringen beide ihrem Herrn jaͤhrlich 3 Man und 5000 Kokf. Alles Einkommen aus beschriebnen VII Landstrichen, oder denen acht und sechzig Provinzen betraͤgt jaͤhrlich 2257 Mangokfs. Von der Regierung dieses japanischen Reichs im Ganzen, so wie der einzelnen Provinzen und kleinern Herrschaften weitlaͤuftig zu reden, ist hier nicht der Ort. Doch wil ich so viel in der Kuͤrze davon anfuͤhren, als zur richtigern Einsicht in die folgende Geschichte noͤthig seyn moͤchte. Die Regierungsform, nach welcher der Kaiser das ganze Reich, und die untergeordnete Herrn einzelne Provinzen beherschen, ist ein ganz uneingeschraͤnkter und ungebundner Despotismus. Der Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Der jetzige Kubo oder weltliche Kaiser heist Tsinajos. Er ist im vierten Ge- schlecht ein Nachkomme des Jjejas, ersten Kaisers aus dieser Familie, der sich im An- fang des sechzehnten Jahrhunderts auf den Thron von Japan sezte. Tsinagos ist ein kluger, gerechter und strenger Herr. Er uͤbt, wie seine Vorfah- ren, eine ganz unumschraͤnkte Gewalt aus, und verfaͤhrt mit den Laͤndern seiner Fuͤrsten nach ganz wilkuͤhrlichem Belieben. Er vertheilt, vertauscht sie, entsezt auch wol gar diese klei- nen Regenten ihrer Wuͤrde, wie er es ihren Verdiensten oder dem Vortheil des Reichs ge- maͤs findet, oder wenigstens gemaͤs zu finden vorgiebt. Die benanten Fuͤrstenthuͤmer werden von ihren Erbfuͤrsten, die man Dai Mjo, d. i. Hochbenamt oder große Landesherrn nent, beherscht. Einigen derselben hat in vorigen Zeiten das Gluͤk der Waffen noch mehr Laͤnder gegeben. So besizt der Fuͤrst von Satzuma auch die benachbarte beide Reichsprovinzen Osymi und Fjuga, der Herr von Canga, auch die angraͤnzende Provinz Rsoto. Diese beide Fuͤrsten werden daher auch fuͤr die maͤchtigsten des Reichs gehalten. Die Herren kleiner Landschaften heißen Sjo Mjo oder Wohlbenamte, d. i. kleine Landesherren. Jhre Besitzungen sind theils kleine Jnseln, als Goto, Firando, Ama- kusa, Matsaki, theils festes Land auf den drei großen Jnseln. Sie werden im alge- meinen Reichscataster der 68. Provinzen, jede unter diejenige Provinz gebracht und ge- zaͤhlt, in deren Umkreis sie liegt. Diese Regenten sind in den neuern Zeiten dem Despotis- mus der Kaiser so sehr unterworfen worden, daß sie auch nur sechs Monat des Jahrs in ihren Erblanden zubringen duͤrfen, und die andere Haͤlfte des Jahrs am Hofe bei ihrer Fa- milie sich aufhalten muͤssen, welche daselbst bestaͤndig, als Geisel, bleibt. Zu den kleinern Landschaften gehoͤren auch noch kaiserliche Damainguͤter. Diese waren entweder von Anfang zu Unterhaltung des obersten Monarchen bestimt; oder sie wer- den nach und nach denen in Ungnade gefalnen Fuͤrsten abgenommen. Denn die Regie- rungskunst des kaiserlichen Hofes hat es immer zum Zwek gehabt, durch Vertheilung der groͤßern Herschaften die Macht der Fuͤrsten zu brechen, um fuͤr derselben ihren Thron zu sichern. Die groͤßern unter diesen Domainen werden durch Stathalter, welche Bugjo, d. i. hohe Bevolmaͤchtigte, und die kleinern durch Rentmeister oder Amtmaͤnner, Daiquan regiert. Die Einkuͤnfte dieser Guͤter gehn unmittelbar in die kaiserliche Kammer. Sech- Sechstes Kapitel . Ueber den Ursprung der Japaner. U nsre meisten Geographen haben sich fuͤr die Meinung erklaͤrt, daß die Japaner von den Sinesern herstammen. Sie sind dazu vorzuͤglich durch folgende zwei Geschich- ten veranlaßt, die ihnen unsre Reisende aus diesen Ostgegenden uͤberbracht haben. Die erste dieser Geschichten ist folgende: Es haben sich einmal in Sina viele Familien wider ihren Kaiser verschworen. Diese Verschwoͤrung sei aber zu fruͤh bekant geworden, und der Kaiser habe alle Schuldige ohne alle Gnade und Unterschied hinrichten lassen. Da man aber nach und nach immer mehr Verschworne entdekte, und des Bluvergießens muͤde wurde; so habe sich der Kaiser entschlossen, die Strafe des Todes in die einer ewigen Verbannung zu verwandeln. Man habe also die Verbrecher nach den damaligen rauhen und unbewohn- ten japanischen Eylanden verbant, und diese waͤren also die Stamvaͤter der jetzigen zahlrei- chen und maͤchtigen japanischen Nation geworden. Die andre Geschichte ist folgende: Ein kaiserlicher Leibarzt bildete seinem Herrn ein, der eine große Neigung hatte sich unsterblich zu machen, Die gewoͤhnliche und eigenthuͤmliche Thorheit fast aller Kaiser von Sina. daß die Pflanzen, welche zu einer solchen Arznei nothwendig waͤren, nirgend anders als auf den japanischen Jnseln von unbeflekten jungen Personen koͤnten gesucht werden. Er bat sich also vom Kaiser 300 reine Juͤnglinge und 300 reine Maͤdchen aus, mit denen er nach Japan uͤberfuhr. Die Absicht des schlauen Arztes war aber nur diese, sich der Tirannei seines Herrn zu entziehen; und er wurde also mit seiner frischen Jugend der Stamvater der japanischen Nation. Was die erste dieser Geschichten betrift, so wird sie sine die \& consule von den unsrigen D. i. den Hollaͤndern. erzaͤhlt, und ist von Linschoot zuerst unter die Schriftsteller gebracht. Da aber Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. aber der angeblichen Verschwoͤrung in keinem sinesischen oder japanischen Schriftsteller er- waͤhnt ist, Linschoot auch gar nicht angiebt, wo er sie hergenommen habe; so ist sie natuͤrlich blos fuͤr eine Fabel zu halten, die schlechterdings keinen Glauben verdient. Die zweite Geschichte wird hingegen von den Japanern selbst gar nicht gelaͤugnet, sie zeigen noch jezt einen Ort in Khumano (d. i. das suͤdliche Ufer von Kunokuni und den zunaͤchst angraͤnzenden Landschaften) wo dieser Arzt mit seinen jungen Gaͤsten sich sol nieder- gelassen haben. Man zeigt daselbst auch noch einen Ehrentempel, der ihm zum Gedaͤcht- nis errichtet worden, weil er ihnen viele Wissenschaften und buͤrgerliche Kuͤnste uͤberbracht habe. Jch finde in der japanischen Chronik keine andre Aufsuchung der Arznei der Un- sterblichkeit erwaͤhnt, als diejenige, welche der Kaiser von Sina Si oder Sikwo oder nach der gemeinen Aussprache Sinosikwo hat thun lassen. Dieser Kaiser ist einer von den drei sinesischen Nerons, welche unter den Namen Sinorko, Ketzuwo, und Thu- wo algemein bekant und verabscheuet sind. Er verband mit seiner Tirannei noch ganz un- glaublichen Uebermuth und Pracht. Er lies z. B. einmal eine große See ausgraben und dieselbe ganz mit sinesischem Bier anfuͤllen, auf dem er dann in statlichen Fahrzeugen einher- fuhr. So bauete er sich auch ein praͤchtiges Schlos, das Konjacku hies, dessen Estrich mit Gold und Silber bedekt und so gros im Umfang war, daß wie der Kaiser Kool, (der seinen Enkel vom Throne sties und diese ganze Familie ausrottete,) es anzuͤnden lies, noch drei Monate, wie man sagte, verflossen, da dieses Schlos bestaͤndig in der Asche fortbrante. Diese Geschichte hat in Japan auch noch zu einem ewigen Sprichworte von vergaͤnglicher Pracht Anlas gegeben. Dieser Sikwo nun wolte sein herliches Leben nicht gern verlassen, sondern lies die Arznei der Unsterblichkeit an allen Orten aufsuchen. Solte aber nun auch unter eben diesem Kaiser der Leibarzt in dieser Absicht mit seiner jungen Colonie nach Japan gekom- men seyn; so mus man den Japanern billig zugestehn, daß er viel zu spaͤt gekommen sey, ihre Nation zu stiften. Denn sie wurden damals schon von Koken, ihrem achten Mo- narchen, beherscht, in dessen siebtem Regierungsjahr die erwaͤhnte Geschichte aufgezeichnet ist. Dies ist das Jahr 453 nach Sijn Mu, dem ersten japanischen Kaiser, und das Jahr 209 vor Christi Geburt. Jn eben dem Jahre starb auch noch der sinesische Tiran im funf- zigsten seines Alters. Es ist eine ganz unstreitige Wahrheit, daß die Sprachen und deren Eigenthuͤm- lichkeiten das sicherste und untruͤglichste Mittel sind, dem Ursprunge und den aͤltesten Zusam- menfuͤgungen der verschiednen Nationen nachzuspuͤren. Man wird die Erfahrung hievon sehr leicht machen koͤnnen, wenn man bei verschiednen Voͤlkern bis auf ihre erste Entstehung zuruͤk geht. Bei den Pohlen, Boͤhmen und Russen beweist ihre gemeinschaftliche sla- voni- Sechst. Kap. Ueber den Ursprung der Japaner. vonische Sprache, daß alle diese Voͤlker slavischen Ursprungs sind. Bei den Jtaliaͤnern, Spaniern und Galliern kan man eben dieses auf gleiche Art beweisen. Die Hoch und Niederdeutschen, die Daͤnen und Schweden haben gleichen Ursprung, und ihre Spra- chen kommen alle in der gothischen zusammen. Man lehret auf eben die Art durch die Sprachen, wenn verschiedne Voͤlker zu einer Nation zusammengefuͤgt sind; oder wenn eine schon bestehende Nation durch uͤberwundne Voͤlker oder auswaͤrtige Colonien einen betraͤcht- lichen Zusaz erhalten hat. Man wird allenthalben finden, daß gerade in dem Verhaͤltnis der Menge hinzugekommener Fremden auch fremde Worte in die alte Sprache eingedrun- gen und darin naturalisirt sind. So findet man in der englischen Sprache die daͤnische, niedersaͤchsische und altgallische; in der lateinischen die griechische; in der siebenbuͤrgi- schen die ungrische und lateinische; in der Sprache von Semgallen die lettische, sla- vonische und lateinische. Auf eben dem Wege, glaub ich, mus man nun auch die Entstehung und Vermi- schung der Voͤlker in andern Welttheilen erweisen. Der portugiesische Geschichtschreiber Johannes de Barros in seinen Decades und Flakourt in seiner Histoire de Mada- gascar bezeugen, daß die Sprache auf dieser großen afrikanischen Jnsel mit javanischen und maleyischen Worten ganz angefuͤllt sey. Dies hat ohne Zweifel den natuͤrlichen Grund, daß vor 2000 Jahren die damals maͤchtigen Voͤlker Javaner und Maleyen große Hand- lung nach Madagaskar trieben und sich daselbst auch haͤufig niederließen. Jn Asien fin- det man auf der Halbinsel Crimm oder in Chersonesus Tartarica noch viele deutsche Worte, und man giebt vor, daß sie eine gothische Colonie 850 Jahr nach der Suͤndfluth dahin gebracht habe. Der Herr von Busbeck, kaiserl. Gesandter am otshmannischen Hofe hat in seinem vierten Schreiben eine gute Anzahl dieser Worte aufgezeichnet, und ich habe mir noch mehr angemerkt. Eben so findet man auch in der javanischen, singa- lesischen, gemeinen malabarischen und andern indischen Sprachen den Beweis, was aus der Geschichte ohnedem schon genug bekant ist, daß diese Nationen bestaͤndig durch Ueber- winder und Ueberwundne, ausgesandte Colonien u. s. w. unter einander vermischt sind. Wolte man nun die japanische Sprache durch alle ihre Worte und Eigenschaften nach der Strenge einer spanischen Jnquisition untersuchen; so wuͤrde man sie von aller Ver- mengung und Vermischung mit andern Sprachen ihrer Nachbarn, aus der man die Verwand- schaft und den Ursprung der Nation muthmaßen koͤnte, ganz rein und frei finden. Nach- barn der Japaner nenne ich diejenigen Sineser, welche die an der See gelegnen Landschaften bewohnen und Japan mit ihren Schiffen besuchen. Diese haben drei verschiedne nach ih- ren Hauptprovinzen benante Sprachen Nankin, Tsjaktsju und Foktsju, von welchen allen aber kein Japaner ein Wort versteht, ausser etwa solche Benennungen von Dingen, N 2 welche Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. welche die Sineser zugleich mit den Sachen selbst nach Japan uͤberbracht haben. Auf eben die Art haben aber auch die Portugiesen die Worte pan, palma, botan, cappa, fras- co, bidorn, tanta, und noch einige andere in der japanischen Sprache zuruͤckgelassen. Der hieher uͤbergesezten Sineser sind auch niemals so viel gewesen, daß sie die japanische Sprache haͤtten ganz veraͤndern koͤnnen; ob ihrer gleich genug seyn mochten, um den Japa- nern Kuͤnste und Wissenschaften, auch sogar die Kenntnis ihrer gelehrten Buͤcher und Charactern mitzutheilen. Dieser leztern bedienen diese und andere angraͤnzende Nationen z. B. Coreyer, Tunquiner sich jezt eben so als einer algemeinen Sprache, wie die Eu- ropaͤer der lateinischen. Dem angeblichen Ursprung der Japaner ist auch noch die ganze eigenthuͤmliche Natur und Construction der japanischen Sprache ganz zuwider. Diese ist von der sine- sischen so sehr verschieden, daß, wenn die Japaner sinesische Buͤcher entweder nach dem Laut der Charactern oder ihrer gemeinen Sprache lesen, sie allemal die Worte nicht nach der Reihe, in der sie gestelt sind, sondern etwas versezt vorbringen, und zuweilen einige Worte anhaͤngen oder zwischenfuͤgen, damit der Sinn und die natuͤrliche Construction ihrer Mut- tersprache herauskommen. Sie pflegen daher die sinesische Buͤcher gemeiniglich so nachzu- drucken, daß sie zu desto ungehinderterer Lesung die Constructionsordnung durch beigefuͤgte Zeichen andeuten. Jch kan hier auch noch die Bildung ihrer Zunge und anderer Sprach- werkzeuge angeben, die ihnen die Natur ganz anders als den Sinesern gegeben hat. Die japanische Sprache hat fast immer einen reinen und deutlichen Laut, und die Silben pfle- gen selten mehr als 2 oder 3 Buchstaben zu haben; hingegen in der gemeinen sinesischen Sprache hoͤrt man bestaͤndig einen vermengten Schal verschiedener Consonanten mit einem gleichsam singenden Accent. Gleiche Verschiedenheiten findet man auch bei einzelnen Buchstaben. Die Ja- paner koͤnnen das H nicht anders als mit einem F; die Sineser aber weit deutlicher aus- sprechen. Die Japaner sprechen die Buchstaben R und D sehr rein und deutlich, obgleich im Anfang der Silben etwas durch die Kehle aus. Die Sineser aber und vorzuͤglich die Nankiner koͤnnen durchaus kein R oder D vorbringen, und diejenigen, welche in auswaͤr- tigen Sprachen sehr erfahren sind, wissen diese Buchstaben nicht anders als durch ein L auszudruͤcken. Alles, was ich uͤber die Verschiedenheit der japanischen und sinesischen Spra- che gesagt habe, laͤst sich auch auf die Sprachen von Corea und Jeso anwenden. Es ist aber unnoͤthig dies hier weiter auszufuͤhren, da man noch niemals den Gedanken gehabt hat, die Japaner aus jenen Laͤndern abzuleiten. Die Sechst. Kap. Ueber den Ursprung der Japaner. Die so verschiedne Religion beider Nationen giebt unsrer Meinung nach ein sehr großes Gewicht. Waͤren die Japaner von den Sinesern ausgegangen, so wuͤrden sie ohne Zweifel die Religionslehren und den Goͤtzendienst der leztern mit sich in das neue, unbe- wohnte Land uͤberbracht und auf ihre Nachkommen fortgepflanzt haben. Nun ist es aber außer allen Zweifel gesezt, daß die vaͤterliche alte Religion der Japaner (die sie Sinto und die Goͤtzen Cami nennen) ihnen allein eigen sey, und daß kein anders Volk in der Welt diese japanische Goͤtzen kenne oder ihre religioͤsen Gebraͤuche angenommen habe. Die Japaner haben auch eben so wenig irgend fremde Goͤtzen oder Religionslehren gekant, bis im Jahr 66 nach Christi Geburt unter dem Kaiser Synnin, der fremde Goͤtzendienst des Lehrers Sjaka oder Budso durch Corey nach diesen Jnseln uͤberbracht wurde und daselbst festen Fuß setzte. Er wurde nachgehends durch viele aus Sina und andern Laͤndern hier angekommene Lehrer unter der Nachsicht der gegen die Religion ziemlich gleichguͤltigen Erb- kaiser immer weiter durch das ganze Reich ausgebreitet. Allein diese neue Lehre war doch gar nicht vermoͤgend, die alte Sinto aus den Herzen dieser standhaften Nation zu vertilgen. Vielmehr je weiter die Budsosreligion sich ausbreitete, desto mehr bemuͤhten sich die Prie- ster der alten Religion, sie durch neue Tempel, Goͤtzen und Fabeln noch zu verstaͤrken und annehmlicher zu machen. Jch koͤnte auch noch, um die falsche Herleitung der Japaner von den Sinesern zu beweisen, die uralten Buchstaben und Charten beider Nationen anfuͤhren, welche unter sich nicht die mindeste Aehnlichkeit haben. Die alte grobe gemeine Schrift der Japaner und die einfaͤltigen Thierbilder der Sineser beweisen dies hinlaͤnglich genug. Eben so sehr sind beide Nationen in ihrer ganzen Lebensart, im Essen, Trinken, Schlafen, Kleidung, Haarscheren, Gruͤßen, Sitzen, und andern buͤrgerlichen Gebraͤu- chen von einander verschieden. Die Gemuͤtsart beider Voͤlker ist nicht weniger von einan- der abweichend. Die Sineser sind friedsam, ruhig, bescheiden, lieben ein sitzendes, spekulatives Leben, Arglist und Wucher. Die Japaner hingegen sind kriegerisch, geneigt zu Unternehmungen, Empoͤrung, Hofleben u. s. w. der Ehrsucht und jeder Gattung von Ausschweifung ergeben. Aus allem, was wir bisher angefuͤhrt haben, laͤst sich nun die sichere Folge ab- leiten, daß die Japaner eine selbststaͤndige originale Nation sind. Diese muͤste also ohne Zweifel unmittelbar von den babylonischen Voͤlkern nach diesen Jnseln ausgezogen seyn; ob es sich gleich nicht bestimmen laͤst, wie lange sie auf ihrer Reise dahin moͤgen zugebracht haben. Es ist aber sehr wahrscheinlich, daß sie sich unterwegens bei andern Voͤlkern nicht lange aufgehalten oder wenigstens mit denselben sich nicht vermischt haben, weil sie sonst ihre in der babylonischen Verwirrung erhaltene selbststaͤndige Sprache nicht ohne den Zusaz N 3 fremder Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. fremder Worte wuͤrden haben erhalten koͤnnen. Dies sucht man an den Sprachen aller europaͤischen und auch der asiatischen Voͤlker, welche an der Westseite des Jndus woh- nen. Man findet keine derselben rein und ohne Zusaz fremder Worte auch oft weit entleg- ner Nationen. Hat also unsre japanische Nation diesen aͤußersten Winkel der Erde eben so bald und gluͤklich, wie der Sineser, Tunkiner und Siamer das ihnen von Gott bestimte Land aufgefunden und erreicht; so ist zu vermuthen, daß sie auf einen solchen Weg und Landstrich bei ihrer Wanderung muͤsse gekommen seyn, der sie grade und bald an die oͤst- lichste Graͤnze von Asien brachte und ihr daselbst dann den ferneren Weg zu dieser großen Jnsel vor Augen legte. Um nun diesem Wege einigermaßen nachzuspuͤren, muß man sich denken, Erst- lich, daß bei der ersten Volksvertheilung, unter denen in ihrer Sprache verwirten und in ihrer Sprache uneinigen Menschen natuͤrlicherweise ein eifersuͤchtiges Bestreben eintreten muste; da jeder Haufe nicht nur die besten und nahrhaftesten Laͤnder zu erhalten suchte, sondern auch solche, die durch ihre Lage am Meer oder zwischen großen Fluͤssen oder Gebuͤrgen ihnen die sichersten schienen, um sich in derselben bestaͤndigem und erblichem Besitz zu erhalten. Die etwas entlegnern Laͤnder schienen hierin auch einen Vorzug vor den naͤhern zu haben. Aus diesem lezterm Grunde kan man vermuthen, daß die am weitsten entlegne Laͤnder, wenn sie nur einen gemaͤßigten Himmelsstrich hatten, wahrscheinlich nicht zulezt ihre Be- wohner erhielten. Dies findet dann auch bei Japan stat, welches zwischen 30 und 40 Grad N. Br. liegt und also ein unvergleichliches Clima haben mus. Zweitens glaub ich, muß man annehmen, daß diese landsuchende Menschen besonders solchen Wegen nachgespuͤrt haben, die ihnen Nahrung fuͤr Menschen und Vieh anboten. Und hier war nun das na- tuͤrlichste, dem Ufer fischreicher Seen besonders aber großer Fluͤsse entweder aufwaͤrts oder abwaͤrts nachzugehn, weil diese den Menschen ihre Fische zur Speise, ihre gruͤnen Ufer dem Vieh zur Weide und beiden ihr Wasser zum Getraͤnk anbieten. Wahrscheinlich folgten diese ersten Wanderer solchen Fluͤssen so lange nach, bis sie ein Land fanden, wie sie es wuͤnschten und wo sie sich sicher niederlassen und aufhalten konten. Da nun die Menschen nach der babylonischen Sprachverwirrung sich in verschiedne Geselschaften vertheilten, und nach allen Seiten in die unbewohnte Welt hineinreiseten, um sie zu bevoͤlkern, so war nichts natuͤrlicher, als daß sehr zahlreiche Haufen von Menschen sich nach den nordwaͤrts gelegnen fischreichen beiden Meeren, dem kaspischen und dem schwar- zen wandten. Und so bekamen also die hyrkanischen Gruͤnde zwischen dem Kaukasus und kaspischem Meere, als die anlockendsten Gegenden von ganz Persien, zuerst ihre Be- wohner; auf diese folgten ohne Zweifel zuerst die gesegneten Laͤnder zwischen den beiden Mee- ren. Andre Haufen, die an dem Seeufer bis zu den Muͤndungen der beiden großen Fluͤsse Tanais Sechst. Kap. Ueber den Ursprung der Japaner. Tanais (Don) und Wolga fortzogen, wollen wir immer diesen Fluͤssen nachgehn las- sen, bis sie ihren Auffenthaltsort werden gefunden haben. Wir haben es hier vornemlich mit denen zu thun, die sich an das oͤstliche Ufer des kaspischen Meers wandten. Einige Haufen, die hier dem großen Flus Oxus oder Dsjehuun bis zu seiner Quelle nachgiengen, kamen natuͤrlich in das Herz des herlichen und fruchtbaren Jndiens, und vermuthlich auch ohne große Muͤhe bis an den Ursprung des großen Ganges. Hier durften sie nur den verschiednen und sich weit verbreitenden Armen dieses Strohms nachgehn, um in Benga- len, Pegu, Siam und alle diese Laͤnder eher einzudringen, als wenn sie die noch bis auf den heutigen Tag wuͤste und ungebahnte maharinnische Gebirge haͤtten uͤbersteigen, oder auch die duͤrren Sandwuͤsten Siftuun oder Sablistuun durchwandern muͤssen, So pflegt man noch jezt von Jspahan nach Candahar lieber uͤber Mesjhed 375 Meilen in die Kruͤmme, als den geraden Weg von 250 Meilen durch die erwaͤhnten Wuͤsten zu reisen. Ehe ich nun aber unsre nach Japan bestimte Kolonie abfuͤhre, mus ich noch vor- her erwaͤhnen, daß an der Ostseite des kaspischen Meers sich gleich anfangs eine sehr an- sehnliche Nation der jezt sogenanten Tuͤrken und Yusbeken niedergelassen habe. Turk heist ein Viehhirt, und Turkestaan ein Hirtenland; Yusbeck aber bedeutet hundert Herrn, daher Usbeck ein Land, das von vielen großen Herrn regiert wird. Diese beide Voͤlker haben eine Natur, Character, Religion und Sprache und sind daher ohne Zweifel urspruͤnglich auch nur ein Volk. Man kan dasselbe mit gutem Recht eine Scheidung und Trennung vieler Nationen, eine Mutter tapferer Helden, einen Stambaum großer Monar- chen nennen. Dieses Volk hat sich von den Ufern des kaspischen Meers bis an die Graͤn- zen von Kitaija (Sina) zwischen dem 40 und 50 sten Grad N. Br. weit ausgebreitet; sich in viele Heerden und republikanische Staaten vertheilt, und sich allenthalben mit der Le- bensart beschaͤftigt, die mit dem Namen zusammenstimt. Von diesen Tuͤrken oder Turkmannen sind nun ausgegangen die dagestansche und nagayische Tataren; die tatarische Einwohner des Reichs Casan; hinter denselben die boskarische Tataren; auch die Einwohner der Provinz Mogestaan in Persien, und endlich die in diesem Reiche mit schwarzen Zelten umherziehende Hirten. Auch alle Kisilbaschen, d. i. die Edelleute und vornehmste Familien des persischen Reichs ruͤhmen sich durchgehends, daß sie aus tur- kistanischem Gebluͤt abstammen. Eben so mus man auch die krimmischen Tataren, welche sich am schwarzen Meere zwischen dem Dnieper und Don Das eine meiner Mascpte (nemlich das des Oheims) hat hier Donau, und Scheuchzer hat in dem feinigen auch so gelesen. Es ist aber ohne Zweifel ein Schreibfehler, da die krimmischen Ta- taren niedergelassen haben, hieher Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. hieher rechnen. Und endlich sind noch eben dieses Ursprungs diejenigen Haufen, welche der große Sieger und Held Sinchis Chan (der nur nicht so beruͤhmt ist, wie Alexander, weil er nicht das Gluͤk hatte einen Plutarch oder Curtius zum Geschichtschreiber zu bekommen) in einem Feldzuge nach Pohlen aussandte, welche, da ihre Unternehmung ungluͤklich aus- fiel, lieber diesen damals noch unbewohnten Pontus zu ihrem Aufenthalt erwaͤhlen, als ohne Ehre in ihr Vaterland zuruͤkkehren wolten. Jch erwaͤhne, um mich nicht zu weit zu ver- lieren, vieler andern Colonien nicht, welche unter fremde Voͤlker in den angraͤnzenden und besonders nordlichen Landen gerathen sind, und deren Geburt durch die fremden Namen, die sie jezt fuͤhren, laͤngst in Vergessenheit gerathen seyn wuͤrde, wenn die noch uͤbrig geblie- benen Worte der alten Muttersprache das Gedaͤchtnis ihres Herkommens nicht noch immer erhielten. So war der weltbekante Tamerlan ein usbekischer Skythe; und selbst der große Mogul, die ottomannischen Kaiser und die sophischen Dies Wort ist in meinen beiden Hand- schriften etwas undeutlich geschrieben; vermuthlich fand es Scheuchzer in der seinigen eben so, und machte daher einen King of sopra daraus. Jch glaube aber mit gutem Recht anzunehmen, daß Kaͤmpfer hier keine andre Monarchen als die So- phis von Persien im Sinne hatte, weil ich schon anders woher weis, daß K. dieses Koͤnigsgeschlecht von den Turkmannen ableitete, und also auch ganz natuͤrlich hier an dasselbe sich erinnern muste. S. Kaempferi Amoenitates Exoticae, Fasc. 1. pag. 12. Koͤnige sind dieses Geschlechts. Wir wollen uns auch nicht weiter um die Voͤlker bekuͤmmern, die den fischreichen Flus Jaik hinaufgiengen, oder die die Quelle des großen Oby fanden, und an diesem Strohme hinunterwanderten. Wir kommen vielmehr unsrer Absicht naͤher, und wenden uns zu denen Voͤlkern, welche sich in die oͤstlichen Laͤnder begaben. Hier wollen wir auch weiter nicht untersuchen, welchen Weg die Sineser dahin genommen haben moͤgen. Vom kaspischen Meer bis an die Graͤnzen ihres Reichs darf man nur sechs Monate reisen. Juͤrgen Anderson nicht Jagen Andasen, wie die englische Uebersetzung hat. scheint wenigstens mit seiner auf diesem Wege 1647 unternomme- nen Reise nicht laͤnger zugebracht zu haben. Zween tatarische Kaufleute haben mir in Astrakan folgende Beschreibung ihrer nach Sina gemachten Reise gegeben. Sie taren nicht an der linken sondern an der rechten Seite des Dnepr’s, also zwischen diesem letztern Flusse und dem Don wohnen. Doch mus dieses weder Scheuchzern| noch dem franzoͤsischen Ueberse- tzer eingefallen seyn, weil sie beide ohne Anftand die Donau beibehalten haben. Sechst. Kap. Ueber den Ursprung der Japaner. Sie fuhren zuerst von Astrakan uͤber das kaspische Meer (welches sie 200 Mei- len lang und 150 breit hielten) bis Seratsjik 15 Tage; von da zu Lande bis Urgenz, der Residenz eines usbekischen Prinzen fuͤnf Tage; durch eine unbewohnte Wuͤste bis Bochan 15 Tage. Von hier konte man die Reise auf zwei verschiednen Wegen machen. Der eine gieng uͤber Curga, und war damals unsicher. Der andre zog sich durch ein benach- bartes Land bis Taarkend 14 Tage; bis Oxiend 7 Tage. Von da bis Kaasker, der Hauptstadt in Turkestaan und dem vornehmsten Orte zwischen Buchara und Kattai ohngefehr 20 Tage. Jn der Handschrift, die Scheuchzer vor sich hatte, war diese Zahl ausgelassen. Ferner bis zu der ersten Graͤnzstadt vor Kattai Tsutsjick 30 Tage; bis Hamtsjik 5 Tage; dann durch ein bevoͤlkertes Land bis an die Mauern von Kattai oder Sina 60 Tage, und endlich bis zu der Hauptstadt Cambalu oder Pekin 10 Tage. Diese ganze Reise hatte also sechs Monate gewaͤhrt. Jn Jspahan lernte ich bei dem Gesandten eines kalmuckischen Prinzen an den Kaiser von Persien einen kalmuckischen Kaufmann kennen, der die aus Sina mitge- brachte Wurzel Tai Chuun, d. i. großes gelb oder Rhabarber in Jspahan verkaufte und auch mir feilbot. Jch bat auch diesen, daß er mir seine Reiseroute von Mien Kisi Laag bis zur sinesischen großen Mauer mittheilen moͤchte, sie war folgende: Von Mien Kisj Laag bis Dsjem 20 Tage; bis Yilgoas, wo man ein großes Wasser pas- sirt, 15 Tage; bis Torgai einige Tage; bis Milantsji 10 Tage; bis Loktan 10 Tage; bis Tsjehrehsu 5 Tage; bis Jsjiel 10 Tage; bis Karlah 4 Tage; bis Bulane 6 Tage; bis Karbo Katai 10 Tage; bis zur sinesischen Mauer durch zum Theil duͤrre ungebahnte Gegenden 9 Tage. Hier fand er an einigen Orten herumziehende Hirten, die unter schwar- zen Zelten wohnten. — Mien Kisi Laag heist 1000 Winter oder Ruheplaͤtze; es ist eine Jnsel am Ostufer des kaspischen Meers unter 45 Gr. N. Br. und die Residenz des Aiju- keh, oder des Fuͤrsten der dasigen Kalmucken. Diese haben die Turkmannen oder Tuͤr- ken aus dieser Gegend und vom oͤstlichen Ufer des kaspischen Meers ganz weg- getrieben. Die ersten Sineser, denk ich, haben wahrscheinlich nicht einen so duͤrren Weg gewaͤhlt, wo die Reisenden sehr oft Wasser und Futter fuͤr das Vieh mit sich fuͤhren muͤs- sen. Sie nahmen vermuthlich eine weit suͤdlichere Route die Nordseite des Gebirges Jmaus vorbei, wo das Land fruchtbar und wasserreich ist, und wo sie auch bald auf den großen Flus Croceus oder dessen Aerme stoßen musten, und dadurch dann in das Herz von Sina gebracht wurden. O Um Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Um nun endlich unsrer nach Japan bestimten Colonie naͤher zu treten, so mache ich mir von ihrer Reise ohngefehr folgende Jdeen. Wie sie die N. O. Seite des kaspischen Meers oder die Gegend Mien Kisj Laag erreichten, und die daselbst entspringende Fluͤsse etwas hinaufgiengen; kamen sie endlich in einen gras-und wasserreichen Weg, der sich oͤstlich hinabzog, und in welchem die großen Fluͤsse Jrtisj, Jenesi, Silinga und Ar- guun ihren Ursprung nehmen. Hier fanden sie es nun natuͤrlich rathsamer, diesen mit einem guͤtigen Himmelsstrich gesegneten Weg nebst ihrem Vieh zu verfolgen, als sich rechter Hand in die duͤrren und heißen Laͤnder der jetzigen Turkestaaner zu begeben, oder sich linker Hand in die kalten, nordlichen Gegenden zu wenden. Sie ließen also wahrscheinlich durch die benanten Fluͤsse sich von ihrem Wege nicht abbringen, sondern uͤberließen es kuͤnftigen Geschlechtern sie weiter zu verfolgen. So kamen sie almaͤhlig an den See Arguun, der Quelle des wasserreichen Flusses dieses Namens, der sie hundert deutsche Meilen weiter an den großen gerade nach Ost oder Ost-Suͤd-Ost fließenden Strohm Amur brachte. Diesem giengen sie dann in dieser Richtung etwa noch 200 deutsche Meilen nach, da er sie dann endlich an das oͤstlichste Ufer Asiens und in das gegen Japan hervorstehende unbe- wohnte Land Corey brachte. Solten aber unsre Wanderer es sich haben einkommen lassen, den Flus Jenisea hinunter zu gehn; so haben sie vermuthlich nach einer Reise von 150 deutschen Meilen unter 55 Gr. N. Br. einen anderen vielleicht noch bequemern Weg bis zu dem Amurflus ange- troffen, dessen sich die Russen jezt mit vielem Vortheil auf ihren Reisen nach Sina zu bedienen pflegen. Man kan sich hieruͤber am besten aus der Charte von Rusland und der Tatarei unterrichten, welche der gelehrte Polyhistor D. Nicolaus Witsen, Buͤrgermei- ster von Amsterdam, und oftmaliger Gesandter an großen Hoͤfen im Jahr 1687 zuerst her- ausgegeben, und sich dadurch bei der gelehrten Welt so großen Ruhm erworben hat. Mich duͤnkt, ein Mann, der auf diese Art die Kentnis der Welt erweitert, hat beinahe gleiches Verdienst mit den Entdeckern neuer Laͤnder. Nach dieser Witsenschen Charte hat auch hernach Herr Jsbrand Jdes eine kleinere Charte entworfen, die er seiner neulich heraus- gegebnen Reise nach Sina beigefuͤgt hat. Nachdem wir unsre Kolonie nun einmal bis nach Korea gebracht haben, koͤnnen wir sie mit geringer Muͤhe und in einigen schlechten Kaͤhnen nach Japan und zwar zunaͤchst nach der hervorstehenden Provinz Nagathe uͤberbringen. Denn man koͤmt durch die zwi- schenliegende viele kleine Jnselchens sehr leicht auf die Eylande Tsusima und Jki und von lezterer auf das feste Land Japan. Nichts ist ohnedem natuͤrlicher, als daß diese von Natur so stolze und kuͤhne Nation, die auf ihren Reisen oft aus großen Seen sich Nahrung suchen muste und derselben also nicht ungewohnt war, auch hier sich nicht scheuete bei stillem Wetter Sechst. Kap. Ueber den Ursprung der Japaner. Wetter dies unbekante Meer mit ihren Fischkaͤhnen zu besehen, und die Lage der benachbar- ten Jnseln auszukuͤnden. Und da sie nun wider Vermuthen hier dieses große Land fand, so nahmen sie es gerne zu ihrer Wohnung und festem Sitze an. Solte Jemand glauben, man koͤnne die ersten Bevoͤlkerer von Japan durch die oͤstliche Tatarei und Jeso leichter hieher bringen; so habe ich nichts dagegen, und glaube wenigstens annehmen zu koͤnnen, daß die amerikanischen Kolonien diesen Weg genom- men haben. Ohnedem bleibt nunmehr auch gewis, daß unsre nunmehr Angelandete sich nicht an dem naͤchsten Ufer sogleich werden fest niedergelassen haben. Sie folgten vielmehr ihrer Gewonheit gemaͤs denselben immer weiter nach, bis sie endlich die aͤußersten und suͤd- lichsten Graͤnzen erreichten, und daselbst die ebne und fruchtbare Landschaft Jsje antrafen. Diese muste nicht nur wegen ihrer sanften Luft, sondern auch wegen ihrer Abgelegenheit sich ihnen desto mehr zur Wohnung empfehlen, da sie hier sich sicherer als anderswo vor den Nachspuͤrungen andrer Haufen glauben konten, die noch Wohnungen aufsuchten. Jch werde in dieser Meinung noch dadurch bestaͤrkt, daß die Japaner selbst bis auf den heuti- gen Tag die Provinz Jsje fuͤr die Wohnung ihrer ersten Eltern und Urvaͤter halten, und sie deswegen auch jaͤhrlich in heiligen Wahlfahrten besuchen. Dies sind also meine Ver- muthungen uͤber den ersten Ursprung der japanischen Nation. Wir werden ziemlich bei unsrer Materie bleiben, wenn wir hier nun auch noch et- was uͤber den almaͤhligen Wachsthum dieses Volks beifuͤgen. Es hat sich ohne Zweifel viele Jahre durch mit wilden Kraͤutern, Fischen, Schnecken u. s. w. ernaͤhrt, und dann sowol durch eigne Fortpflanzung, als auch viele aus Sina, Corey und andern umliegenden Laͤn- dern hinzugekommene Fremde immer weiter vermehrt. Dies ist daher wahrscheinlich, weil die japanischen Jahrbuͤcher in spaͤtern Zeiten und unter der Regierung ihrer Kaiser sehr oft der gelehrten Sineser erwaͤhnen, die ihnen Buͤcher und Wissenschaften zugebracht haben. Eine solche almaͤhlige Ueberkunft der Fremden erklaͤrt es dann aber auch sehr gut, daß so wenig fremde Worte in der japanischen Sprache sich festgesezt haben. Eine so kleine Anzahl von Auslaͤndern konte natuͤrlich nicht Einflus genug aͤußern; sondern wurde durch die Menge der urspruͤnglichen Bewohner gewissermaßen verschlungen. Noch muͤssen wir bei der Bevoͤlkerung von Japan darauf rechnen, daß an die- ser mit der ungestuͤmsten See umgebnen kleinen Welt natuͤrlich sehr oft verschiedne Schiffe antreiben und scheitern musten, und daß die am Leben erhaltne dann fast gezwungen waren, bei den Einwohnern zu bleiben. So werden noch jezt fast jedes Jahr durch Schifbruch Leute an das japanische Ufer angetrieben, die man oft weder an der Gestalt noch an der Sprache erkennen kann; die auch selbst von ihrem Vaterlande und erlittenem Unfalle nichts zusammenhaͤngendes vorzubringen wissen. O 2 Schon Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Schon vor verschiednen Jahrhunderten, fanden die Japaner, wie die Geschichte meldet, die an der Nordseite Japans gelegne Jnsel Genkaisima mit Oni oder schwar- zen Teufeln besezt, die sie bestritten, vertilgten und das Land mit ihrer eignen Nation be- sezten. Ohne Zweifel waren diese Schwarze durch Sturm und Schifbruch an diese Jnsel verschlagen. Sie hatten lange ungebundne Haare, und man fand bei ihnen einen seltsamen fremden Hausrath und unter denselben auch europaͤische Filzhuͤte. Die Japaner hielten sie entweder wegen ihrer schwarzen Farbe aus Unwissenheit, — oder auch nach ihrer Art alles fremde zu verachten, fuͤr Teufel. Sie pflegen nemlich sehr oft alle andre Laͤnder der Erde außer dem ihrigen Umikokf d. i. Teufelslande zu nennen. Jch glaube indessen aus ihren langen Haaren, Filzhuͤten und andern Umstaͤnden zu errathen, was diese Oni fuͤr Landsleute waren, nemlich Maleyer. Denn diese zeichneten sich vor allen andern altasia- tischen Voͤlkern durch lange Haare aus, und sind auch die einzige Nation, welche in vorigen Zeiten mit ihren Kaufschiffen nach Osten und Westen, bis in die abgelegensten Reiche von Asien und selbst nach der afrikanischen Kuͤste fuhr, und Handlung trieb. Jhr Koͤnig hatte sich daher den stolzen Titel: eines Herrn der Winde und Seen nach Osten und Westen beigelegt. Die weite Ausbreitung der maleyischen Nation wird auch dadurch be- wiesen, daß noch jezt die Sprache derselben in dem ganzen Asien, soweit es von schwarzen Nationon bewohnt wird, verbreitet, und noch mehr eine algemeine Sprache wie die fran- zoͤsische in Europa ist. Die hohen Filzhuͤte aber, dle man bei den Oni fand, koͤnnen nirgend anders, als in Europa, gemacht seyn. Schon von den aͤltesten Zeiten her sind sie an den schwarzen asiatischen Hoͤfen von den hohen Bedienten als Zeichen ihrer Wuͤrde getragen, und werden noch jezt von den Koͤnigen in Siam, Pegu, Cambodia aus eben der Absicht an ihre Lieblinge und Raͤthe verschenkt. Sie wurden ehmals aus unserm Welttheil bis Ormus zu Land, und von da durch Maleyer, Armenier und andre ins Jnnere von Jndien ge- bracht. Nachher brachten die Portugiesen die Filzhuͤte, (die in Europa jezt nicht mehr gebraͤuchlich sind) unmittelbar zur See in die indischen Lande. Nun hat es also leicht ge- schehen koͤnnen, daß einige dieser Huͤte den Gestrandeten aus Genkaisima in die Haͤnde fielen, oder daß auch unter denselben einige Vornehme waren, die sie von ihren Koͤnigen als Ehrenzeichen bekommen hatten und mit sich fuͤhrten. Noch ein zweites Beyspiel einer durch Zufal geschehenen Bevoͤlkerung erzaͤhlt die japanische Geschichte von einigen an der Suͤdseite Japans gelegnen Jnseln. Man fand hier nemlich gleichfals schwarze Einwohner, die entweder von den Molucken oder maley- ischen Kaufleuten und vermutlich durch Schifbruch hieher verschlagen waren, und es sich ge- fallen ließen, dies neue durch das Gluͤck ihnen angewiesene Vaterland zu bewohnen. Waͤh- Sechst. Kap. Ueber den Ursprung der Japaner. Waͤhrend meines Aufenthalts in diesem Lande und kurz vor demselben sind ver- schiedne unbekante Schiffe an der japanischen Kuͤste gestrandet. Es musten in diesem Fal alle Personen, sowol die am Leben blieben als die Todten, nebst allem Schifsgeraͤth und dem Boot, worin man die Ueberbliebnen gerettet hat, nach Nangasacki als dem großen Jnquisitionsplatze gebracht werden. Die Guverneurs dieser Stadt muͤssen alsdenn die ungluͤkli- chen auf das allerschaͤrfste und genaueste, besonders nach allen moͤglichen Umstaͤnden der Stran- dung verhoͤren. Um die Sprache und das Vaterland derselben desto besser ausforschen zu koͤnnen, werden auch die hollaͤndischen Residenten allemal zu diesem Verhoͤr gezogen. Der gegenwaͤrtige hatte die Gefaͤlligkeit auch meine Wenigkeit mit sich zu nehmen. Die Ueberbringung der Gestrandeten geschieht allemal auf Kosten des Landesherrn, an dessen Ufer sie angeworfen werden; und zur Ehre des Kaisers wird sie mit einem kost- baren und pomphaften Aufzuge vorgenommen. Die merkwuͤrdigsten Beispiele solcher Strandungen waͤhrend meines Aufenthalts in Japan sind folgende: Eine Junke von Manilhas mit Topasen d. i. schwarzen Christen besezt, strandete an der Provinz Sa- tzuma. Viele waren in der See umgekommen, andre ließen am Ufer ihr Leben, drei ret- teten es noch einige Zeit, und der lezte starb hier zu Nangasacki im Stadkerker von der Arznei, die ihm die japanischen Aerzte gegeben hatten. Von einem andern an derselben Kuͤste gestrandeten kleinen Schiffe blieben drei schwarze Matrosen am Leben, die kein an- der Wort als: Tobak, vorbringen konten. Sie wurden auf unsre Schiffe gebracht, damit wir sie nur aus dem Lande fuͤhren moͤgten. Noch ein Schif, das an dem Nordufer Japans ohne Manschaft angetrieben war, wurde hieher gebracht. Aus drei verdorbnen sinesi- schen Charactern, die am Hintertheil eingegraben waren, und der seltsamen Bauart dieses Schifs schlossen die Japaner, daß es von dem aͤußersten Lande Jeso angetrieben seyn muͤsse. Ein vor wenig Wochen an der Jnsel Rjuku zerschmettertes Fahrzeug hinterlies zwei Personen, die nach Satzuma und von da aus gewoͤhnlichem Respect fuͤr den Kaiser mit acht Convoischiffen, die dem Landesherrn einige 1000 Reichsthaler kosteten, nach Nan- gasacki gebracht wurden. Sie waren große wohlgebildete Leute, nicht sehr schwarz, den Kopf auf polnisch geschoren, ohne Bart, in jedem Ohr drei Loͤcher. Jhre sitsamen Ge- behrden, freyes, ofnes Gesicht, und zierliche Verbeugungen des Koͤrpers gaben zu erkennen, daß sie von vornehmen Stande seyn musten. Und daß sie einen geuͤbten, fertigen Verstand besaßen, wurde dadurch bewiesen, daß sie die großen und kleinen Jnseln durch Niederle- gung großer und kleiner Steine, nach ihrer Entfernung und Groͤße, auch mit Ausdruͤckung der Nahmen, ungemein deutlich zu bezeichnen wusten. Wahrscheinlich aber moͤchten wohl diese Kenzeichen eines guten Standes und Kopfes diesen armen Menschen ein ewiges Ge- faͤngnis zuziehn. Jhre Geburtsinsel nanten sie Patan. O 3 Darf Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Darf man den Erzaͤhlungen der Japaner glauben, so ist die noͤrdlichste kleine Jnsel Kubitesima noch von einer nach der Gestalt, der Sprache und den Sitten voͤllig unbekanten Nation bewohnt, welche sie Pygmaͤen, und nach diesen auch die Jnsel be- nennen. Es ist aber schwerlich auszumachen, wie diese besondere und ausgezeichnete Na- tion hieher gerathen seyn mag. Jch wil nur noch diese Reihe von verschlagnen Schiffen mit dem ersten europaͤischen, das je in Japan gesehen ist, beschließen. Dies Schif war ein portugiesisches, das gar nicht die Absicht hatte neue Laͤnder zu suchen, sondern durch Sturm an diese damals noch unbekante Kuͤste verschlagen wurde. Ueberhaupt aber beweiset die so große und sichtbare Verschiedenheit der Gestalt der Japaner in den verschiednen Provinzen des Reichs schon ganz uͤberzeugend, daß in dem ersten Stam dieser Nation nach und nach verschiedne fremde Zweige eingepfropft sind. Denn obgleich die Japaner im Ganzen (vorzuͤglich aber der gemeine Man auf Nipon ) kurze, starke, ziemlich braune Menschen sind, dicke Augenlleder, und deswegen schmal-und kleinscheinende Augen Doch sind die Augen der Japaner noch bei weitem nicht so klein als die der Sineser, bei wel- chen die Kleinheit der Augen besonders auf- faͤlt. auch ziemlich platte Nasen haben und meistens durch die Blattern sehr geschaͤndet sind; so findet man doch bei den edelsten und aͤltesten Familien, den großen Reichsfuͤrsten und hohen Beamten, gemeiniglich eine bessere Gestalt und eine hoͤhere, der eu- ropaͤischen, mehr aͤhnliche Nase. Die Landschaften Satzuma, Oosymi und Fjuga bringen mittelmaͤßig große und starke Menschen hervor, von maͤnlicher Sprache und Wesen. Von eben der Art sind die Einwohner vieler nordlichen Provinzen, doch sind sie noch viel rauher im Leben und Umgang. Die Osjuer besonders sind grausam und unbarmherzig. Die Einwohner auf Saikokf, besonders in Fisen, sind kleine, zarte, schoͤne, und sitsame Leute. Die meisten Bewohner der großen Jnsel Nipon, besonders der oͤstlichen Gegenden, unterscheiden sich durch ihre muskuloͤse kurze Natur, ihre ungemein dicke Koͤpfe und ziem- lich fleischigte platte Nasen. Um nun alles, was wir in diesem Capitel weitlaͤuftig abgehandelt haben, kurz zu wiederholen; so erhellet aus allem bisher ausgefuͤrten ohngefehr Folgendes: Wie bei der Babilonischen Uneinigkeit die Gemuͤter und Sprachen verwirrt wurden, und die Grie- chen, Gothen, Silaven und Celten nach Europa abreisten; andre sich durch Asien ver- theilten und ausbreiteten, wiederum einige bis in Amerika eindrangen: so begaben sich auch um eben diese Zeit die Japaner auf die Reise und kamen vermuthlich nach vieljaͤhriger Wanderschaft und ausgestandnem großen Ungemach endlich in diesen aͤußersten oͤstlichen Win- Sechst. Kap. Ueber den Ursprung der Japaner. Winkel der Erde. Durch almaͤhligen Zusaz aus fremden Landen und die zufaͤllige Ue- berkunft vieler Auslaͤnder gediehen sie nach und nach zu einem großen Volk, und lebten un- ter poliarchischer Regierung nach der wuͤsten tatarischen Hordenart viele Jahrhunderte durch, bis sie endlich einen algemeinen Koͤnig, nemlich den Dsin Mu Ten Oo uͤber sich erwaͤhlten. Und so mus man also die Japaner nach ihrer Wurzel und erstem Ursprunge fuͤr eine selbststaͤndige Nation halten, welche den Sinesern in Absicht ihres Herkommens nichts verdankt. Freilich haben die Japaner ihre Sittenlehre, Kuͤnste und Wissenschaften von den Sinesern, wie die Roͤmer von den Griechen bekommen; allein nie nahmen sie weder von dieser noch irgend einer andern Nation einen Ueberwinder oder Beherscher an. Siebentes Kapitel . Vom Ursprung der Japaner nach ihren eignen fa- belhaften Meinungen. D ie Japaner selbst halten es fuͤr eine ihnen sehr schimpfliche Meinung, wenn man sie aus dem Blute und Reiche der Sineser oder irgend eines andern fremden Volks ableiten wil. Sie wollen in ihrer eignen kleinen Welt entsprossen seyn, doch nicht als Re- genwuͤrmer und Maͤuse aus der Erde, wie Diogenes, der Cyniker, den auf eben die Art stol- zen Atheniensern vorwars; sondern sie erklaͤren ihre Entstehung auf eine weit hoͤhere und edlere Art. Sie leiten sich nemlich aus dem Geschlecht der Goͤtter und gleichsam aus der Ewigkeit ab, wenn ich mich so ausdruͤcken darf. Doch behaupten sie nicht, daß sie ewig da gewesen, sondern daß sie aus der ersten Bewegung des Chaos durch goͤtliche Kraft ent- sprungen waͤren. Sie geben, um dies begreiflich zu machen, zwei verschiedne Genealogien ihrer Gottheiten an. Die Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Die erste ist ein Geschlecht himlischer Geister und ganz unbefleischter Goͤtter, wel- che eine ganz unbegreiflich und unbestimt lange Zeit die Welt, d. i. Japan regiert haben. Die andre Genealogie besteht aus einer Reihe irdischer Geister oder Menschgoͤtter, welche gleichfals die japanische Welt, einer nach dem andern, eine sehr lange doch aber bestimte und gewisse Zeit regiert haben. Aus diesen entstand dann nun zulezt das Menschengeschlecht japanischer Nation. Es wird der Muͤhe werth seyn, aus den Buͤchern der Japaner hier diese Goͤttergeschlechter deutlicher vorzulegen. Sie stellen die ersten Beherscher der japani- schen Welt nicht mit eigentlichen, sondern verbluͤmten Lobnamen vor, ohne weiter von ih- rem Leben und Handlungen etwas zu beschreiben, oder die Dauer ihrer Regierungszeit zu bestimmen. Sie folgen in dieser Ordnung auf einander: I. Ten D Sin Sitzi Dui: d. i. himlischer Goͤtter sieben Ge- schlechte. Diese sieben Geschlechte sind: 1) Kuni to Ko Dat Sji no Mikotto. 2) Kuni Sat Su Tsjino Mikotto. 3) Tojo Kun Nu no Mikotto. Diese drei Goͤtter sind bestaͤndig ohne Weiber gewesen. Aber die vier folgenden haben durch Huͤlfe ihrer Gemalinnen, doch ohne Beischlaf, auf verborgene Weise ihre Nach folger gezeugt, und ihr Geschlecht fortgepflanzt. 4) Utsji Ni no Mikotto. und seine Gemalin. Sufitsi Nino Mikotto. 5) Oo Tono Tsi no Mikotto. Und seine Gemalin. Oo Toma Feno Mikotto 6) Oo mo Tarno Mikotto. Und seine Gemalin. Oosi Wote no Mikotto. 7) Jsanagi no Mikotto. Und seine Gemalin. Jsanami no Mikotto. Die Siebent. Kap. Vom Ursprung der Japaner ꝛc. Die Japaner stellen diese sieben Geschlechter als bloße geistige Wesen, und ihre Geschichten wie Traͤume vor. Sie behaupten indes, daß sie gewis und zuverlaͤssig waͤren, ob sie gleich ohne alle Zeitbestimmung in ihren Geschichtbuͤchern vorgetragen werden, und unserm Verstand unbegreiflich sind, ja als ganz unmoͤglich vorkommen. Die zwei lezteren goͤtlichen Gatten Jsanagi nemlich und Jsanami werden von ih- nen fuͤr die zwei ersten Erzeuger aller Einwohner der Welt gehalten; nicht zwar der großen ihnen vor Alters ganz unbekanten, sondern nur der kleinen Welt Nipon. Mikotto ist ein ehrerbietiger Beiname, der der monarchischen Herrlichkeit der ersten Goͤtter eigenthuͤm- lich vorbehalten wird, ob er gleich zuweilen auch wol aus Ehrerbietung dem Namen der ur- alten geringern Goͤtter beigefuͤgt wird. Christliche Japaner pflegen den Jsanagi und die Jsanami den Adam und Eva von Japan zu nennen. Sie sollen ihren Siz vornemlich in der Provinz Jsje gehabt ha- ben. Doch weis man eben so wenig Nachricht von ihrem Tode und leztem Auffenthalt, als von der Beschaffenheit und den Umstaͤnden ihrer Geburt zu geben. Das einzige und zuverlaͤßige, was von diesem praͤadamitischen Adam erzaͤhlt wird, ist dieses, daß er zuerst durch die Bewegungen des Vogels Sekire, oder gemeinig- lich Jsitataki d. i. Steinschlager (bei uns Zwicksteers ) genant, veranlast sey, seine Gemalin auf eine fleischliche Weise zu erkennen, und in der Provinz Jsje zuerst auf mensch- liche Weise Soͤhne und Toͤchter, doch von halb goͤttlicher Art und von einem andern Ge- schlechte als das seinige zu zeigen. Der aͤlteste unter Jsanagi’s Soͤhnen wurde durch das vaͤterliche Recht der Erstgeburt, so wie es noch in der jetzigen erbkaiserlichen Linie des dritten menschlichen Geschlechts bis auf den heutigen Tag gebraͤuchlich ist, ein Regent und Vorsteher der andern. II. Das zweite Geschlecht der Gottmenschen wird wegen fuͤnf Abkoͤmlinge oder Glieder genant: Dsi Sin go Dai, d. i. irdischer Goͤtter fuͤnf Geschlechte. Diese sind folgende: 1) Ten Sio Dai Dsin, oder nach der gemeinen Sprache, Ama Teru Oon Gami, welches nach den Charaktern, mit denen dieser Name ausgedruͤkt wird, be- deutet, himmelstralender großer Geist. Er ist der aͤlteste und allein fruchtbare Sohn, durch welchen diese unterhimlische kleine Welt zuerst mit Menschen besamt ist; und zwar nicht mit schlechten und gemeinen, sondern mit Menschen von halbgoͤttlichem, und also viel edlerm und volkomnerm Wesen. Nachdem diese die Welt viele Millionen Jahre regiert P und Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. und bewohnt hatten, brachten sie endlich eine neue Geburt, nemlich die jetzigen kurzlebenden Menschen hervor. Von des Ten Sjo Dai Dsin Blute stammen urspruͤnglich alle Geschlechter der japa- nischen Nation her, weil seine Bruͤder ohne Erben abgegangen sind. Auch noch die jetzi- gen japanischen Erbkaiser, die es aber eigentlich nur dem Namen nach sind, leiten ihre rechtmaͤßige Succession und Herschaft uͤber Japan von dem Ten Sjo Dai Dsin ab. Die Tradition sagt von ihm, daß er waͤhrend seiner Herschaft durch maͤchtige Thaten, und, nachdem er sich dem Gesicht der Welt entzogen hatte, durch kraͤftige Wunder genung bewiesen und geoffenbart habe, daß er der maͤchtigste aller einheimischen Goͤtter Ja- pans, das Licht, die Kraft, das Vermoͤgen und Wesen in und uͤber der unterhimlischen Natur sey, und der es also verdiene als ein Gott verehret und angebetet zu werden. Man sagte mir, daß so gar andre Religionsverwandten und auch die Philosophen und Atheisten Ehrerbietung fuͤr den Namen und das Grab dieses ersten Religionsstifters bezeugten. Der Ort, wo er ehmals wohnte, und wo noch jezt sein Gedaͤchtnistempel ist, wird von seinen Landsleuten jaͤhrlich mit einer heiligen Wahlfahrt besucht. Auch fast in jeder Provinz und großen Stadt ist ihm zu Ehren ein Tempel erbauet, welcher von allen andern der Landesre- ligion gewidmeten Goͤtzentempeln am meisten mit der groͤsten Demuth und mit der Hofnung, vielen irdischen Segen zu erhalten, besucht wird. Der Ehegatten dieses Menschgottes und der zunaͤchst folgenden wird in den heili- gen Buͤchern gar nicht erwaͤhnt. Man legt ihm aber eine Regierung von einigen 100,000 Jahren bei, nach welcher ihm zunaͤchst sein aͤltester Sohn folgte. 2) Oo si Wonino Mikotto. Mit einem groͤßern Titel heist er: Mas sai jafu Katz Katz fai jafi Ama ni Oosi wo nino Mikotto. Diesem folgte: 3) Ni ni Ki no Mikotto. Oder mit mehr ruͤhmlichen Beiworten: Amat su Siko siko Fono Ni Niki no Mikotto. Dieses Nachfolger war: 4) De Mi no Mikotto. Oder laͤnger: Fiko foo foo Demino Mikotto. Der lezte dieses langlebenden Geschlechts endlich ist 5) Awa Siebent. Kap. Vom Ursprung der Japaner ꝛc. 5) Awa se Dsuno Mikotto. Oder mit volstaͤndigerm Titel: Fuki Nagisa Take Ugei Ja Kussa Fuki Awadse Dsuno Micotto. Seine Regierung beschliest diese zweite und silberne Zeit der Menschgoͤtter, von denen ich noch im ersten Kapitel des folgenden Buchs mit mehrerm reden werde. Dies also sind die beiden Goͤttergeschlechter, aus denen die Japaner vorgeben ent- sprossen zu seyn. Des ersten Geschlechts erster Geist, sagen sie, sey in der ersten Bewegung und Gaͤhrung des Chaos aus dessen allersubtilesten Kraft am ersten hervorgekommen. Her- nach aber sey aus dem vorhergehenden Geiste allemal der nachfolgende auf eine verborgene Weise, oder auch nach anderer Erklaͤrung durch die Bewegung und Kraft der himlischen und unterhimlischen Elemente hervorgebracht und gezeugt worden, bis die beiden leztern Jdeen endlich gleichsam in ein leibliches Wesen verwickelt worden, und den Anfang einer fleischlichen Zeugung gemacht haͤtten. Hieraus entstand das zweite Geschlecht der Wesen, die halb Goͤtter halb Menschen waren. Diesen waren indes die ihnen mitgetheilten goͤtlichen Kraͤfte so nuͤzlich, daß ihr Leben das Ziel des jetzigen menschlichen Lebens weit uͤberschritt; bis endlich der fuͤnfte und lezte dieser Halbgoͤtter ein drittes Geschlecht der jetzigen japa- nischen Menschen hervorbrachte. Der Erstgeburt aus diesem Geschlecht, welche aus Awasedsun entsprossen ist, in absteigender Linie, und in deren Abgang dem naͤchsten Erben ist, nach dem Glauben der Japaner, ein uͤbermenschliches Ansehn und die Herrschaft uͤber alle Menschen verliehn. Dieser Glaube wird durch den Nahmen Oo Dai d. i. die großen Geschlechter ausgedruͤkt. Die aus diesem Geschlecht abstammenden heißen aber nun nicht mehr Mikotto, sondern mit einem ihrer Herrschaft und ihrem Stamm eignen Nahmen, Mikaddo d. i. Kaiser; oder Ten Oo d. i. Himmelsfuͤrst oder Tensin d. i. Himmelskind oder Tee, Prinz; auch fuͤhren sie wohl zuweilen den Namen des ganzen kaiserlichen Hofes Dairi. Dies ist also die Tradition der Japaner, die ihnen eben so theur ist, und eben so heilig und unstreitig wahr von ihnen gehalten wird, als nur immer die Wahrheit der biblischen Geschichte von den Christen. Sie ist indes so beschaffen, daß sie vor einem ein- zigen Blik des gesunden Menschenverstandes von selbst zerfaͤlt, und also gar keiner Wieder- legung bedarf. Vielleicht koͤnte jemand, um diese japanische Geschichte mit unsrer gewoͤhnlichen zu vereinigen, auf die Jdee kommen, daß vielleicht unter dem zwiefachen Goͤttergeschlecht das guͤldene und silberne Zeitalter, oder die ersten Menschen vor und nach der Suͤndfluth ver- P 2 standen Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. standen waͤren. Dies laͤst sich aber schwerlich annehmen, da die Geschichte und Lebenszeit dieser Goͤtter sehr weit uͤber die Erschaffung der Welt hinausgeht, und also einen zu weiten Strich in die Ewigkeit hineinlaͤuft. Es scheint indessen bei dieser ganzen Chronologie, daß die Japaner den Aegyp- tern, Chaldaͤern, Brahmanen und andern, die aus Ruͤhmsucht und Nacheiferung immer ihre eigne Nation und Beherrscher alt machten, nicht haben nachgeben, den Sinesern ih- ren Nachbarn aber es haben zuvor thun wollen. Daher haben sie den erdichteten Stifter ihres Gefchlechts den Tensio Dai Dsin dem ersten und erdichteten Stifter der Sineser, dem Sin Kwo Si (oder Tien Hoam Tsji nach sinesischer Aussprache) noch viele 1000 Jahre in ihren Chronologien vorgesezt. Sie wolten ohne Zweifel besonders dadurch der Lehre, daß sie von den Sinesern herstamten, vorbeugen und verhuͤten, daß ihnen ihr Erz- vater nicht genommen und zu einem Fremden gemacht wuͤrde. Zu noch groͤßerer Sicher- heit haben sie dennoch das noch aͤltere Stamregister der unkoͤrperlichen Goͤtter vorhergehn lassen, und diesen ihre Entstehung in dem Ursprunge und Erschaffung aller Dinge angewiesen. Hierdurch glaubten sie sich dann hinlaͤnglich zu einer ganz unabhaͤngigen, urspruͤnglichen Nation erhoben zu haben. Jndes wissen die guten Leute doch nichts befriedigendes zu antworten, wenn man ihnen einige Einwuͤrfe wider die Wahrheit ihrer angeblichen Geschichte macht; z. E. wenn man sie nach der Ursache fraͤgt, warum doch Twa Dsedsuno, der lezte ihrer so großen und volkomnen Menschgoͤtter, ein so schwaches Geschlecht der jetzigen kurzlebenden Menschen habe hervorbringen koͤnnen? Eben so wenig wissen sie es zu erklaͤren, warum man vor ih- rem ersten wuͤrklichen Kaiser gar nichts von dem Zustande ihres Volks, ihres Landes und ihrer Vorfahren beschrieben finde? Dies hat in der That sogar einige ihrer eignen Schrift- steller bewogen, daß sie diese japanische kleine Welt Atarasy Kokf oder Sinkokf d. i. Neuland nennen, als waͤre es zur Zeit dieses ersten Kaisers zuerst entdekt und bevoͤlkert worden. Soviel ist gewis, daß die Sineser in dieser Absicht einen sehr großen Vorzug vor den Japanern haben. Der erstern ihre Zeitrechnung geht auf mehr als 4000 Jahre von jezt hinaus. Seit dieser Zeit haben sie bestaͤndig ihre Geschichte, Kaiser, deren Alter und Regierung nebst vielen denkwuͤrdigen Reichsbegebenheiten aufgezeichnet. Jn Japan aber hat man dieses erst 660 Jahr vor Christi Geburt, von der Zeit ihres ersten Odai oder Mikaddo zu thun angefangen. Da aber damals in diesem Lande schon eine so maͤchtige Monarchie gestiftet wurde, da schon einige Menschenalter hernach, nach dem Zeugnis ihrer Chroniken, hier große in- nere Siebent. Kap. Vom Ursprung der Japaner ꝛc. nere Kriege gefuͤhrt wurden; da die Japaner durch Hungersnoth auch oft viele 1000 Menschen verlohren: so folgt daraus offenbar, daß sie nicht damals zuerst hier entstanden seyn koͤnnen, sondern schon viele Jahrhunderte vorher in diesem Lande gewohnt und eine zahlreiche Nation ausgemacht haben muͤssen. Man muͤste sonst annehmen, daß sie kurz vorher ein andres großes Reich verlassen und dieses Land bezogen haͤtten, oder auch ploͤzlich wie Erdschwaͤmme aus der Erde hervorgekommen waͤren. Beide Meinungen sind, wie man sieht, laͤcherlich. Die englische Uebersetzung giebt hier den Werth dieser beiden Meinungen etwas dentlicher und bestimter an. Die eine, sagt sie, sey laͤcher- lich, die andre unwahrscheinlich. Und in der That ist auch die Behauptung, daß die Japaner aus ei- nem fremden Lande gekommen waͤren, nicht gerade laͤcherlich, ob sie zwar wohl etwas unwahrschein- lich seyn mag, und keine beweisende Gruͤnde fuͤr sich hat. Die wahrscheinlichere Meinung ist vielmehr, daß die Japaner nach der Lage der Landschaften, welche durch Berge, Stroͤhme und Seen von einander getrennt sind, in viele Heerden und Haufen vertheilt, mehrere Jahrhunderte hindurch fortgelebt haben, bis endlich der gluͤkliche japanische Ninus Dsin Mu Ten Oo durch List, Gewalt, oder freye Wahl der Herr der ganzen Nation wurde, und sie unter einer monarchischen Regierungsform vereinigte. Seit diesem ihrem ersten Monarchen beschreiben die Japaner die Thaten und Be- gebenheiten ihres Volks mit einer ganz unfehlbaren Zeitrechnung. So wie der Dadsino Mikotto unter den himlischen Goͤttern wie der Tendsjo Daiosjn unter den irdischen Goͤt- tern, so ist dieser erste Monarch Dsin Mu Ten Oo unter den Menschen der erste und groͤste. Jn seiner Familie ist denn auch das Recht der kaiserlichen Gewalt, die Ausuͤbung nicht mehr, wie ich weiter unten zeigen werde, nebst einem anbetenswuͤrdigen Ansehn erblich geblieben bis zu dem jezt regierenden 114 ten Mikaddo, dem Kin san Kwo tei. Diese Herrschaft hat also bis zu dem Jahre unsrer Zeitrechnung 1700 gewaͤhrt 2360 Jahre. P 3 Achtes Achtes Kapitel . Von dem Clima der japanischen Laͤnder, und ihren Mineralien. Clima . E s ruͤhmt sich dieses Reich eines gesunden Climas. Die Luft aber ist sehr ungestuͤm, durchgehends kalt und des Winters mit vielem Schnee beladen; allein doch in den Hundstagen unertraͤglich heiß. Der Himmel ist das ganze Jahr durch mildreich in Be- waͤsserung des Landes, besonders in den Monaten Junius und Julius; welche bei ihnen deswegen Satsuki d. i. Wassermonden genant werden. Doch faͤlt der Regen nicht so an- haltend, noch so genau auf besagte Zeiten, daß ich es einer indischen Witterung vergleichen moͤgte. Auch Donnerwetter hoͤrt man hier nicht selten. See; Strudel u. s. f. Die umgrenzende See ist vielen Sturmwinden unterworfen, mit vielen Klippen ober und unter dem Wasser besezt, und deswegen gefaͤhrlich zu beschiffen. Es giebt in demselben zween gefaͤhrliche, merkwuͤrdige Strudel. Der eine, Faisaki genant, liegt unter Amakusa bei Simabari, und wird nur zwischen Ebbe und Fluth gemieden: weil alsdenn derselbe, da er vorhin mit der See in gleicher Flaͤche gestanden, nach einigen gewaltsamen Drehungen, ploͤzlich in eine Tiefe von funfzehn Klaftern (wenn man es glauben darf) einfaͤlt, und die unwissende Fahrzeuge auf seinen Klippengrund herunter reist und zerschmettert. Die Stuͤcke sollen einige Meilen davon oder auch gar nicht wieder hervorkommen. Der andere Strudel, Narroto genant, liegt ohnweit Kinokuni bei der Provinz Awa; man heißet ihn des- wegen Acht. Kap. Von dem Clima der japanischen Laͤnder ꝛc. wegen Awano Narroto, d. i. das Geraͤusch von Awa; weil nemlich das Wasser mit großer Gewalt und bestaͤndigem Rauschen sich um ein klippichtes Jnselgen drehet, und solches unauf- hoͤrlich erschuͤttert. Dieser Strudel scheint sehr fuͤrchterlich, wird aber nicht fuͤr gefaͤhrlich ge- halten, weil man sein erschroͤkliches Geraͤusch von ferne hoͤrt, und ihn deswegen leichter vermeiden kan. Wegen dieser bewundrungswurdigen Natur und Bewegung wird der Narroto in ihren Uta, oder Liedern, und in nachdenklichen Reden sehr oft angefuͤrt. Man sieht auch im japanischen Meer bisweilen Wasserhosen, die aus der See sich erheben, und uͤber das Land wegstreichen. Man mahlet sie ab wie einen Drachen mit einem Wasser- schwanze; und glaubt daß es ein Wasserdrache sey, der mit gewaltsamen Drehungen in der Luft fahre, und nennt deswegen diese Wirbelwinde Tats Maki d. i. Drachenwirbel. Boden . Der japanische Boden ist mehrentheils uneben, mager, felsigt und bergigt; aber durch unverdrossenen Fleis der Einwohner fruchtbar gemacht. Doch nicht so sehr, daß er seine Bewohner, ohne Beihuͤlfe desjenigen, was die See an Fischen, Muscheln und man- cherlei Seekraͤutern hergiebt, koͤnte Narung geben: wozu noch außerdem die nicht urbaren Berge und steinigte Gruͤnde beitragen muͤssen, durch Wurzel und wilde Kraͤuter; welche aus Duͤrftigkeit ihre Vorfahren gelernt haben zu bereiten und eßbar zu machen. Bei die- sen Umstaͤnden kan man wohl glauben, daß die Japaner bei ihrer maͤßigen Lebensart mit allen nothwendigen Lebensbeduͤrfnissen versehen sind; und daß dieses aͤußerst volkreiche Land ohne die geringste Huͤlfe aus fremden Laͤndern, als eine abgesonderte kleine Welt, wohl bestehn kan, so lange die Unterthanen bei ihrem Ackerbau und Nahrung in Ruhe gelassen werden. Fluͤsse . Das Land ist mit vielen suͤßen und wasserreichen Stroͤmen versehen, deren viele wegen der hohen Gebirge, von welchen sie herabstuͤrzen, und der oftmahligen Plazregen so schnel fließen, daß man nicht wohl heruͤber kommen kan. Die beruͤhmtesten derselben sind folgende: 1) der gefaͤhrliche Ujingava oder Ujinflus. Er ist ohne Bruͤcke; eine gute Viertel- meile breit, und mus durchgewatet werden: er hat auf seinem Grunde große Triebsteine und faͤlt mit einer großen Macht Wassers wie ein Pfeil herab. Ohne kuͤndige dazu bestelte Fuͤhrer, deren fuͤnfe bei knietiefem Wasser ein Pferd durchfuͤhren muͤssen, kan man nicht hindurch reiten. Wenn diese Fuͤhrer jemanden verlohren gehen lassen, so kostets ihnen ihr Leben. 2) Der Oomifluß; er ist deswegen beruͤhmt, weil er nach dem Zeugnis der Ja- panischen Chroniken im Jahr 285 vor Christi Geburt in der Provinz, wovon er seinen Na- men Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. men fuͤhrt, auf einmal und in einer Nacht entstanden ist. 3) Der Askagana wird fuͤr merkwuͤrdig gehalten, weil er die Tiefe seines Grundes stets veraͤndert: und dient daher den Dichtern und Liebhabern zu allerlei Anspielungen. Erdbeben . Der japanische Boden wird auch oft von Erdbeben erschuͤttert; aber aus Gewohn- heit daselbst so wenig geachtet, wie bey uns ein Donnerwetter. Das gemeine Volk sagt: es krieche wieder ein Walfisch unter dem Lande her, und habe nichts zu bedeuten. Nicht selten aber ist die Erschuͤtterung so heftig und anhaltend, daß davon die Gebaͤude, zum großen Ruin der Staͤdte und mit Verlust von vielen tausend Menschen, uͤber einander fallen. Ein solches Ungluͤk hat sich bei der Anwesenheit der Pater Ludwig Froes Ludovicus a Froes war ein jesuitischer Missionar. Jn der angefuͤhrten Samlung des Hayus findet man seine Briefe. Man hat auch von ihm eine Brevis Japaniae Insulae descriptio Col. Agrip. 1582. 8. im Jahr 1586 (nach seiner Erzaͤhlung im Opere de rebus Japonicis collecto a Joh. Hayo ) und auch nach der Zeit einige mal zugetragen. Und noch im Jahr 1704 schrieb mir aus Batavia ein Freund, der von Japan zuruͤkgekommen war, daß im vorigen Jahre daselbst ein so schrek- liches Erdbeben gewesen sey, daß die große Stadt Jedo, welche am mehresten gelitten, nebst der kaiserlichen Residenz, in Truͤmmern liege: wobei mehr als 200,000 Das Mscpt. des Oheims und Scheuch- zers haben diese Zahl; das Mscpt. des Neffen aber nur 20,000. Menschen durch den Ruin und durch zugleich entstandene Feuersbruͤnste, das Leben eingebuͤßet haͤt- ten. Es ist zu bewundern, daß einige einzelne Oerter in diesem Reich niemals vom Erd- beben erschuͤttert worden. Man schreibt dieses der Heiligkeit derer Oerter, und dem Schuz des daselbst herschenden Goͤtzen oder Geistes zu: andere raisonniren, diese Oerter ruheten auf der Grundveste des unbeweglichen Erdcentrum. Unter besagte Oerter werden gezaͤhlt: die Jnseln Gotho, die kleine Jnsel Sikuousima, wo der erste und vornehmste Bonzen Tempel erbauet ist, der beruͤhmte mit Kloͤstern besezte Berg Kojasan, und viel- leicht noch wenige andere. Schwefel, brennende Berge, heiße Quellen. Der Reichthum des japanischen Bodens, worin er alle bekante Laͤnder der Welt uͤber- trift, besteht in vielerlei Mineralien: besonders in den vornehmsten Metallen, Gold, Sil- ber Acht. Kap. Von dem Clima der japanischen Laͤnder. ꝛc. ber und Kupfer. Der Schwefel, die Mutter der Metalle, zeigt sich an vielen Orten durch rauchende Berge, Thaͤler, warme Baͤder, und wird auch selbst in Substanz gefunden. Um einige dieser Oerter anzufuͤhren, wil ich von unserer alten Niederlage Firando den An- fang machen. Nicht weit davon liegt ein felsichtes Jnselgen; eine von denen, welche we- gen ihrer Menge den Namen Kiu Siu Kusima, d. i. 99 Jnseln fuͤhren, diese Jnsel, so klein und geringe sie auch ist, brent doch seit vielen Jahrhunderten bestaͤndig fort, ob sie gleich mitten in der See liegt. Auf einer andern Jnsel, welche Satzuma gegen uͤber liegt, und von den Japanern mit dem portugiesischen Namen Fuogo und von den unsrigen Vulkanus genant wurde, sieht man gleichfals ein immerbrennendes Feuer. Figo zeigt eine Gruft, welche vor diesem gebrant, jezt aber aufgehoͤrt hat, nachdem sie ihre Nahrung verzehret. Jn derselben Provinz befindet sich auch ein Ort, Namens Aso, woselbst der beruͤhmte Tempel Asa no Gongen, d. i. der eifrige Gott von Aso, zu sehen ist. Bei die- sem Tempel steigt stets aus der Spitze des anliegenden Berges eine halbe Flamme empor; welche aber doch mehr des Nachts als bei Tage sichtbar ist. Jm Lande Tsikusen bei Ku- ganosse brent seit undenklichen Jahren eine Grube: es ist aber eine Steinkohlenmine, die durch Unvorsichtigkeit eines Arbeiters in Brand gerathen ist. Der beruͤhmte Berg Fusi in der Provinz Suruja, dem an Hoͤhe nur der canarische Berg Teneriffa, an Gestalt und Schoͤnheit aber keiner in der ganzen Welt, wie ich glaube, zu vergleichen ist, laͤst aus der Hoͤhle seines oben mit Schnee bedekten und ewig grauen Hauptes zuweilen einen Rauch, wie aus einem Schornstein, aufsteigen: wiewol sein immerwaͤhrender Schnee oft einen falschen Rauch vorstelt. Die Geschichte meldet, daß er vordem aus seiner Hoͤhe gebrant habe, bis er zur Seiten geborsten, gesprungen, und seine Flamme verloͤscht sey. Unsen, ein großer unfoͤrmiger, breiter und nicht gar hoher Berg Simabara, ist kahl, weis, schwefelicht und gleichsam eine ausgebrante Masse, raucht wenig, doch habe ich seinen aufsteigenden Dampf uͤber drei Meilen sehen koͤnnen. Er hat an vielen Orten einen heißen Boden, welcher da- bei los und loͤchericht ist, daß man nicht ohne Furcht darauf gehn kan; ausgenommen we- nige Oerter, wo einzelne Baͤume stehen. Es kan hier wegen des schwefelichten Gestankes kein Vogel leben: Jn der englischen Uebersetzung: „daß auf viele Meilen umher kein Vogel zu sehen ist.‟ wenn es regnet, scheint der ganze Berg zu kochen: auf und um den- selben sieht man viele, so wol kalte als kochende heiße Waͤsser und Quellen; und unter den- selben ein großes feuerheißes Bad, welches die Kraft hat, das Ferment des spanischen Gif- tes anzunehmen: wenn man nemlich wenige Tage nach einander sich einige Augenblicke hineinsezt, oder den Leib darin abspuͤlt; zuvor aber mus der Kranke die Cur mit einem ge- Q lin- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. lindern, einige Meilen davon gelegenen Bade, Obamma genant, angefangen haben: und zugleich waͤhrend der ganzen Cur warme Speisen genießen, den Leib warm halten, und nach gebrauchtem Bade zum Nachschwitzen sich bedecken. Einige Feldstraßen von diesem heißen Bade liegt ein Kloster der Secte Tendai, welches jedem heißen Brunnen den Na- men eines gewissen Purgatorii fuͤr diese oder jene Beamte und Handwerksleute beigelegt hat: und zwar nach einiger Aehnlichkeit des Wassers, Schaums, Geraͤusches, Grundes u. s. f. mit einer Profession. So sollen die betruͤglichen Bier oder Saki Brauer in der Tiefe eines truͤben Brunnens wohnen: die Kuchen- oder Mange Becker in einem Brunnen, wel- cher dergleichen weißen Schaum auswirft: die Zaͤnker in einem Brunnen, der mit unter- irdischem tiefen Gelaͤut sein Wasser aufwirft u. s. f. welche Erzaͤhlungen einfaͤltige Leute an- hoͤren, und den Moͤnchen dafuͤr Almosen ertheilen. Jn der englischen Uebersetzung. Auf diese Weise betruͤgen sie den blinden und aberglaͤubi- schen Poͤbel; und erprefsen von ihm große Sum- men Geldes, indem sie ihn glauben machen, daß durch ihre Vorbitten und Gebaͤte sie von diesen Folterplaͤtzen nach dem Tode befreit wer- den koͤnten. Dieses ist der Berg, wohin man vor Zeiten die neuen Christen gefuͤhrt, und mit dem heißen Bade gepeinigt, um sie wieder zum Abfal zu bringen. Unter den warmen Baͤdern ist, außer dem kurz zuvor beruͤhrten, Obamma eines der heilsamsten und beruͤhmtesten; welches von jenen drei Meilen west- waͤrts liegt. Es heilet vielerlei aͤußerliche und innerliche Gebrechen; und unter andern auch durch Baden und Schwitzen die Franzosen, welche aber oft nach kurzer Zeit wieder aufbrechen, wie ich glaube, weil man weder die Cur dieser Krankheit, noch den Gebrauch der Baͤder recht versteht. Figo hat verschiedene warme Baͤder, bei welchen, wie man sagt, große Campherbaͤume stehen sollen, die hohl und vol Wassers sind; das vornehmste und heilsamste ist ein suͤßes Bad an obbenantem Tempel Aso. Jn Fisen giebts ein was- serreiches warmes Bad, im Dorfe Takijo; auch ein kleineres im Flecken Urusinoi; beide heilsam, wenn man sie zu gebrauchen wuͤste. Ueberhaupt habe ich in ganz Asien angemerkt, daß keine Baͤder laͤnger als drei oder sehr selten und hoͤchstens acht Tage gebraucht werden. Und wenn denn hiernaͤchst das Uebel wieder aufbricht, beschuldigt man die Unwirksamkeit des Wassers. Den mehrsten Schwefel liefert das Land Satzuma, aus einer in seinem Gebiet liegenden kleinen Jnsel, Namens Jwogasima, d. i. Schwefelinsel, welche etwa vor 100 Jahren erst entdekt worden. Denn da sie in der Zeit wegen des vielen Dampfs und der wun- derlichen Erscheinungen fuͤr einen Wohnplaz der Teufel, und die Gebirge fuͤr unersteiglich ge- halten wurden, hat sich ein gemeiner Mann erkuͤhnet, nach ausgebetener Freiheit, den Zu- stand Acht. Kap. Von dem Clima der japanischen Laͤnder ꝛc. stand dieser Jnsel zu untersuchen. Er bestieg sie mit funfzig Mann; fand aber weder Geist noch Hoͤlle, sondern auf ihrer Hoͤhe einen flachen so sehr schwefelreichen Boden, daß, wo man hintrat, Dampf hervorkam. Dieser Boden bringt jezt fuͤr Schwefel seinem Besitzer uͤber zwanzig Kisten Silber ein; und das Holz, welches am Ufer waͤchst, traͤgt gleichfals seinen Vortheil bei. Das Land Simabara, besonders die Gegend des oben bemeldeten warmen Ba- des, bringt auch einen natuͤrlich reinen Schwefel hervor, welcher aber aus Ehrfurcht, den daselbst herschenden Geist zu erzuͤrnen, nicht gesamlet noch beruͤhrt wird; weit man gefun- den, daß er denselben nicht entbehren wolle. Mehrere andere Oerter nicht zu erwaͤhnen, weil sie mir nicht hinlaͤnglich bekant sind. Gold . Gold liefern die Berge und Thaͤler verschiedener Landschaften. Es wird solches theils aus seinem eignen Erz, theils aus gewissem Sande, und auch nicht weniges Jn der englischen Uebersetzung: „Eine ge- tinge Quantitaͤt.‟ aus dem Kupfer geschieden und herausgebracht. Der Kaiser uͤbet uͤber die Gold- und alle an- dere Minen im Reiche die Macht aus, daß sie ohne seinen Befehl und Erlaubnis nicht duͤrfen geoͤfnet und bearbeitet werden. Wenn das Arbeiten erlaubt ist, so bekoͤmt er zwei Theile des Ertrags; und der Landesherr, als Besitzer des Grundes, den dritten Theil. Doch weis diese den Vortheil schon gleich zu machen. Sador, eine noͤrdliche Provinzialinsel, giebt das reichste Erz und feinste Gold. Man findet daselbst Adern, aus welchen ein Catti Erz ein bis zwei Tail Gold enthaͤlt. Doch ist mir auch berichtet, daß innerhalb einigen Jahren die Adern, so wol hier als auch in andern Bergwerken, nicht sehr eintraͤglich gewesen sind; und daß dieses zu der scharfen Auf- sicht und strengen Einrichtung des auslaͤndischen Handels mit den Hollaͤndern und Chine- sern die vornehmste Ursache gegeben habe. Man finder hieselbst auch einen goldreichen Bergsand; welchen der Landesfuͤrst gar wohl zu nutzen weis, ohne dem kaiserlichen Hofe davon Nachricht und Antheil zu geben. Surunga hat jederzeit das mehreste Golderz ge- liefert: Jn der englischen Uebersetzung. Nach den Goldminen von Sado sind die Minen von Su- runga immer fuͤr die reichsten gehalten. und es wird auch daselbst von dem Kupfer geschieden. Satzuma hat unter andern eine Mine, von dessen Erz ein Catti vier bis fuͤnf Tail Gold geben sol. Es ist aber verboten hier zu brechen, weil man fuͤrchtet, es moͤgte dessen nicht viel seyn, und es auf folgende Zeiten aufhebt. Oomura hatte an dem Seebusen zu Okus einen uͤberhangen- Q 2 den Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. den Berg, welcher vor wenig Jahren einfiel, und in die See stuͤrzte. Man fand hierauf einen so reichen Goldsand und Erz, wie mir glaubwuͤrdig erzaͤhlt wurde, welches die Haͤlfte reines Goldes enthielt, aber durch Taucher aus der Tiefe herausgeholt werden muste. Allein diese Erndte waͤhrte nur wenig Jahre. Denn bald nachher trug es sich zu, daß durch die Macht der Wellen, die aus der ofnen ungestuͤmen See herdrangen, dieser goldene Boden Faden hoch mit Moder uͤberschwemt und der unschaͤzbare Reichthum verschlungen wurde. Arme, muͤssige Jn der englischen Uebersetzung fehlt das Wort, muͤssige; und gleich darauf steht, daß sie (die Goldsucher) kaum dadurch ihren Lebensun- terhalt erwerben koͤnnen.‟ Leute samlen daselbst noch heutiges Tages am Ufer Sand; und erhalten durch langes Spuͤlen einiges Gold; wiewol so wenig, daß sie sich davon nicht ernaͤhren koͤn- nen. Jn Tsikungo beim Dorfe Fossino befindet sich eine Goldgrube, zwar voller Was- ser, doch hoch und so gelegen, daß man den Fels an der niedern Seite durchboren, und von seinem Wasser befreien kan; als man dieses ins Werk zu stellen versucht, ist ploͤzlich ein er- schroͤkliches Donner und Ungewitter entstanden, welches die Arbeiter genoͤthiget, von ihrem Vorhaben abzustehen, und alle Menschen bewogen zu glauben, daß der Cami oder Gott dieses Bodens solches nicht zugestehen wolle. Aus Furcht fuͤr seinem Zorn hat man nach der Zeit die Arbeit nicht wieder unternommen. Eben dieses urtheilt man auch von einem goldreichen Erzberge, auf der Jnsel Amakusa: woselbst ein hervorquellendes Wasser die Minen angefuͤlt, alle Maschinen ruinirt, und die Arbeiter zur Erhaltung ihres Lebens zum Fliehen gebracht hat. Silber . Silber liefert die Landschaft Bungo; in groͤßerer Menge ein unter den noͤrdlichen großen Provinzen gelegner Ort, namens Kittami, wie auch andere Oerter, die mir nicht recht bekant geworden sind. Die nach Osten von Japan gelegene Silber- und Goldreiche Jnseln Ginsima und Kinsima, deren im 4ten Cap. dieses Buchs Erwehnung geschehen ist, gehoͤren auch hieher, wenn anders ihr Name und Character nicht erdichtet ist. Kupfer . Kupfer ist das meiste Metal dieser Laͤnder; und wird jezt wuͤrklich gebrochen in der Provinz Suruga, Atsingo, und Kyno Kuni. Leztere Provinz giebt das feinste und geschmeidigste in der ganzen Welt; Atsingo ein sehr schlechtes; und muͤssen deswegen zu 70 Catti, 30 Catti, von den Kiischen zugesezt, und dadurch geschmeidig gemacht werden. Das Surugasche ist an sich ohne Tadel, und zugleich sehr goldreich: die Japaner wissen aber Acht. Kap. Von dem Clima der japanischen Laͤnder ꝛc. aber das Gold jezt besser davon zu scheiden als ehmals; woruͤber die Goldarbeiter und Brach- manen der Kuͤste Coromandel sehr klagen. Satzuma hat gleichfals Kupfererz, und der Kaiser hat juͤngst wieder erlaubt solches zu brechen. Das Kupfer wird alles in der Stadt Sakai raffinirt; und daselbst in anderthalb Spannen lang und fingerdicke Staͤbgen Jn der englis. Uebersetzung: „Cylinder.‟ ge- gossen; welche in viereckigte Kisten zu 1 Pikel oder 125 Pfund schwer eingepakt, 12 bis 13 Mas jeder Pikel an die Hollaͤnder verkauft, und von diesen wieder in andere Laͤnder verfuͤhrt und verhandelt werden. Noch ein anderes grobes Kupfer, in Form von runden Kuchen, wird ebenfals ausgefuͤhrt; ist aber in weit geringerm Preise. Messing . Messing ist hier theurer als Kupfer; weil man hier keine Galmei findet, sondern dieses in platten Kuchen aus Tunkin hieher gebracht und theur bezahlet wird. Zin . Zin giebt das Land Bungo; zwar wenig, doch so fein, daß es dem Silber gleicht. Es wird aber dieses Metal in diesen Laͤndern wenig gebraucht. Eisenerz . Eisenerz wird allein, aber in Ueberflus gebrochen, wo die drei Provinzen Mimasaka, Bitsju und Bisen an einander stoßen. Es wird auch daselbst gereiniget und in zwei span- nenlange Staͤbe gegossen: und so an die einlaͤndischen Kaufleute verhandelt und abgefuͤhrt. Jch glaube, der Preis sey dem Kupfer gleich: weil man die eisernen Geraͤthe eben so theur als die kupfernen oder messingenen bezahlt, und das Hausgeraͤth — Klammern an Schiffen u. s. f. welches in andern Laͤndern Eisen ist, hier von Kupfer Jn der englis. Uebersetzung: „Kupfer oder Messing‟ und gleich darauf stat Kupfergeschirre, „messingene Pfannen.‟ gemacht wird. Man gießet hier aus einer eisernen Materie ziemlich duͤnne Kessel und Pfannen, weil man zum Kochen kein Kupfergeschirre gebraucht. Von diesen Gefaͤßen werden die alten sehr hoch gehalten, weil sie dieselben nicht mehr wissen nachzumachen. Steinkohlen . Steinkohlen mangeln hier auch nicht; und werden in der Provinz Tsikusen um Kujanosse und verschiedene noͤrdliche Laͤnder haͤufig gegraben. — Q 3 Salz. Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Salz . Salz wird an den Ufern der See vom Salzwasser gemacht; welches man uͤber einen feinen und mit Rechen locker gemachten Sand spruͤtzet. Nachdem der Sand trocken und der Proces verschiedene mal wiederholt worden, wird derselbe mit Seewasser trans- colirt, die Lauge eingekocht, und das erhaltene Salz in beschlossenen irdenen Gefaͤßen durch Calcination weis gemacht. Agathen . Agathen von schoͤner Farbe, deren einige einem schlechten Saphir, andere den Carniolen gleichen, findet man auf dem Gebirge Tsigaar auf dem noͤrdlichsten und aͤußer- sten Lande Osju, der Jnsel Jeso gegenuͤber. Jn der englis. Uebersetzung: „der Landschaft Jedo gegen uͤber.‟ Perlen . Perlen, die man hier Kainotamma nent, d. i. Juwelen von Muscheln, werden hin und wieder um Saikokf in verschiednen Geschlechtern von Austern und Seemuscheln gefunden; und koͤnnen von jedem frei gesamlet werden. Vor diesem sind sie von den Einwoh- nern nicht gebraucht noch geachtet worden, bis sie den Preis von den Sinesern erlernt; wel- che sie jaͤhrlich fuͤr die Weiber ihres Landes erhandeln, deren groͤste und kostbareste Pracht in diesem Juwel bestehet. Die groͤßesten und edelsten Perlen findet man in einer kleinen platten auf beiden Seiten geschlossenen Muschel oder Auster, Namens Akoja. Sie ist an Form der persischen nicht ungleich, kaum handebreit, duͤnne, außen schwarzglaͤnzend und bruͤchig, inwendig unreif und Perlemutterglanzes. Diese Perlen aus der Muschel Akoja findet man allein um Satzuma und im Seebusen Omra: sie haben zuweilen das Gewicht von 4 und 5 Condinen, und der Preis von 100 Colan. Satzuma scheint die Seinigen an die riukuschen Sinesen zu verkaufen; und Omra verhandelt jaͤhrlich fuͤr 3000 Tail an die Sinesen. Es ist von den jetzigen Landesherren verboten, daß sie nicht mehr duͤrfen zur Speise eingesamlet werden, wie vordem geschahe. Jch habe verborgener Weise und nicht ohne Muͤhe einige von dort abholen lassen. Es ist sehr wunderbar, (wenn es anders wahr ist) daß man unter den groͤsten Perlen dieses Geschlechts einige findet, welche die Eigenschaft haben, daß, wenn sie in einer Buͤchse unter einlaͤndischer Schminke (ein Pulver von der Muschel Takaragai ) verschlossen liegen, sie eine oder zwei junge Perlen ansetzen, welche nach drei Jahren, wenn sie reif geworden, von selkst Acht. Kap. Von dem Clima der japanischen Laͤnder ꝛc. selbst abfallen. Wer eine solche Perle besizt, laͤsset sie wegen der großen Seltenheit bei seiner Familie und seinen Nachkommen zum Erbe. Awabi ist eine laͤnglich runde, tiefe, einfache, das ist, an einer Seite offene Austerschale, von der Laͤnge einer Spanne, aber nicht voͤllig so breit, mit Luftloͤchern ordentlich durchbohret, auswendig rauh und kalchicht und zuweilen mit darauf sitzenden Korallen und Muscheln, inwendig des allerschoͤnsten Perlen- mutterglanzes, worauf oͤfters einige Erhabenheiten wie Perlen sich zeigen, aber nicht so hoch hervorragen wie in den persischen Perlenmuttern. Sie werden nur wegen ihres vielen Flei- sches von den Tauchern gesucht, und von den Klippen, woran sie sich mit der ofnen Seite festsetzen, mit einen Stos abgenommen. Eine andere Seemuschel, deren Namen ich nicht erfahren koͤnnen, giebt nicht selten Perlen, welche 6 Condinen schwer, aber gelb, un- foͤrmig, und von geringem Werth sind. Jm Fleische der Muschel Tairaggi wird auch bisweilen eine nicht untruͤgliche Perle gefunden. Man findet sie im Arimaschen Seebusen, zwischen Janagara und Jsafage; sie gleichet einem Schilde, und hat eine etwas platte dreieckigte laͤngliche Form; sie ist an den Seiten gekruͤmt, 1½ Spannen lang, und am Ende beinahe eine Spanne breit, duͤnne, glat, durchsichtig wie ein polirtes Horn, aber bruͤchig. Naphta . Naphta von roͤthlicher Farbe; bei den Japanern Tsut sono abro, d. i. Erdroͤthe genant, wird in einer Gegend der Landscheft Jetsingo angetroffen, und aus derselben da, wo sie stille steht, abgeschoͤpft, und gleich Oel auf Lampen verbraucht. Ambra . Ambra wird bei Satzuma und Riuku, wiewol in geringer Menge gefunden; haͤufiger an den Ufern Kumano, ist die Suͤdsee bei Kii Jsje ꝛc., am meisten aber in den Gedaͤrmen eines Walfisches, der um Japan gefangen, und Fiakfiro, d. i. 100 Klafter von der Laͤnge seiner Gedaͤrme genant wird. Jn denselben findet er sich vergeselschaftet Jn der engl. Uebersetzung ist noch der Zusaz, „wie ich beobachtet habe.‟ mit kelchichten steinharten Exkrementen, welche sich besonders in den untersten Gedaͤrmen haͤufig sehn lassen, und beim Aufschneiden zu erkennen geben, daß Ambra vorhanden sey. Der unflaͤtige Ort hat diesem edlen Erdsafte den Namen gegeben, daß er nicht anders als Kusura no fu, d. i. Walfischdrek genant wird. Der Ambra, wenn er zuerst aus dem Grunde der See durch die Wellen abgerissen und aufs Ufer gespuͤhlet, oder von den Wal- fischen Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. fischen verschlukt wird, ist weich, unfoͤrmig, plat, schleimig, fast wie ein Kuhfladen, und eines unangenehmen Geruchs. Alsdenn wird er oft von seinem Finder in einen runden Bal, oder verschiedene kleine Stuͤcke, in eine große Masse zusammen gedruͤkt; wodurch er dichter und schwerer wird. Andere wissen den frischen Ambra mit Reishuͤlsenmehl zu durch- kneten; wodurch seine Groͤße vermehrt wird, und der Schwarze eine hoͤhere Farbe erhaͤlt. Es ladet aber dieser Zusaz die Wuͤrmer ein; und wird auch durch die nachgelassene Kohle beim Abrauchen leicht erkant. Andere untermischen zu Pulver gemachte wohlriechende Harze; welche aber durch den Geruch ihres Rauchs sich zu erkennen geben. Beiderlei Zusaͤtze erkennen die Sineser durch ein heißes Theewasser; wenn er nemlich fein daruͤber ge- schabet, sich nicht genugsam vertheilet. Ambra wird von den Einwohnern nicht anders gebraucht, als wie ein Zusaz zu andern wohlriechenden Sachen, um den fluͤchtigen Geruch, wie sie sagen, anzuhalten. Er wuͤrde auch wohl wenig bei ihnen geachtet werden, wenn nicht die Auslaͤnder durch theure Bezahlung sie von dem Werth desselben unterrichtet haͤtten. Einem jeden steht frei denselben aufzuheben, wo er ihn findet, und als sein Eigenthum zu verkaufen. Bei unserm Aufenthalt daselbst, hat man ein Stuͤk grauen Ambra von 140 Catti gehabt: als dieses einzelen Personen zu kaufen nicht angestanden, ist es zertheilt, und in 60 bis 70 Tail ein Catti, an verschiednen Personen verhandelt worden. Den schwaͤrz- lichen Ambra habe ich daselbst zu 30 Tail eingekauft. Seegewaͤchse ꝛc. Vielerlei Seegewaͤchse, platte, nezweise durchgewachsene, steinigte und hornigte Stauden, koralsteinerne Straͤuche, rare Ansaͤtze der Klippen, Hoͤrner, Muscheln giebt die- ser Meergarten, welche den Amboinisischen nicht viel weichen: sie werden aber nichts geach- tet; oder wenn den Fischern und Taucherinnen deren irgend etwas zufaͤllig in die Haͤnde komt, setzen sie es zum Opfer an das Ufer und an die Dorfcapelle ihres Patronen Jebis; welcher der dasige Neptun ist. — Fremde Mineralien . Jch wil jezt noch derer |Mineralien mit wenigem gedenken, welche das Land nicht hervorbringt, und zum Theil doch gebraucht. Spiesglas und Salmiak werden hier weder gefunden noch gebraucht. Queksilber und Borax werden von den Sinesen eingefuͤhrt; wie- wol mir von den lezteren zwei einlaͤndische natuͤrliche Sorten vorgekommen, die man aber, weil sie sehr unrein sind, nicht aufhebet. Den sublimirten Merkurius verlangen einzelne Japa- Acht. Kap. Von dem Clima der japanischen Laͤnder ꝛc. Japaner sehr von den ankommenden Fremden, und bezahlen ihn sehr theuer. Sie brau- chen es zum Merkurialwasser in fressenden Schaͤden; und ich glaube auch, als ein sicheres Mittel zum Selbstmord, wenn ihnen etwas begegnet, daß sie sich dazu entschließen. Der natuͤrliche Zinnober wird zum Arzneigebrauch, und der kuͤnstliche zum Faͤrben aus Sina eingefuͤhrt; darf aber nicht anders als an die Tsjusa oder privilegirte Zinnoberkraͤmer ver- kauft werden. Der natuͤrliche ist sehr fein; und einiger so theuer, daß er den Werth des Silbers weit uͤbersteigt. Neuntes Kapitel . Von der Fruchtbarkeit des Landes an Pflanzen. D er Boden bringt wegen des guͤtigen Climas, und des arbeitsamen Fleißes der Ein- wohner viele wilde und fruchtbare Pflanzen hervor, die anfangs ohne Unterscheid nur zur Speise und zum Unterhalt des bloßen Lebens aus Noth gebraucht wurden: allein die Scharfsinnigkeit hat die Einwohner in spaͤtern Zeiten auch gelehrt, dieselben zur Wollust und Pracht anzuwenden. Jn diesem Kapitel wollen wir blos die nuͤzlichsten und gemeinsten Pflanzen anfuͤhren; und verweisen die Liebhaber der seltenen und unbekanten auf unsere Amoenitates Exoticae, in welchen wir einen Anfang gemacht haben, dieselben zu beschreiben. Maulbeerbaum . Der Maulbeerbaum verdient in der ersten Classe angefuͤhrt zu werden; denn ob- gleich dessen Fruͤchte, so wol weiße als braune, in diesen Laͤndern unschmakhaft sind, und von Menschen nicht koͤnnen gegessen werden, so ersezt er doch durch seine Blaͤtter, als einer Speise der Seidenwuͤrmer, diesen Mangel. Man samlet in vielen nordlichen und andern Provinzen, wo dieser Baum waͤchset, eine mittelmaͤßig gute Seide; und wirket aus der- R selben Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. selben in Staͤdten und Doͤrfern sehr feste, doch meistens grobe Stoffe. Die edelsten und feinsten werden von den Verbanten auf der Jnsel Fatsisjo gewebet; aber von feiner aus- laͤndischer Seide. Unter das Geschlecht des Maulbeerbaums gehoͤrt auch der Kadsi oder Papierbaum. Papierbaum . Es ist dies zwar ein wilder Baum, allein er wird wegen seiner Nuͤzlichkeit ln die Felder verpflanzet, wo er mit unglaublichem Wachsthum seine Aeste verbreitet und viele Rinden liefert, aus welchen durch viele Muͤhe und Arbeit das Papier, und aus diesem Lunten, Stricke, Zeuge, Kleider und andere Sachen gemacht werden; wie zum Theil in benanten Amoenitatibus ausgefuͤhrt worden. Fernisbaum . Fuͤr den edelsten Baum dieser Laͤnder wird wol der Vrusj oder Fernisbaum ge- halten; mit dessen Milch Jn der englis. Uebersetzung: „Es giebt ei- nen milchichten Saft, womit die Japaner alles ihr Hausgeraͤth, Tische, und hoͤlzerne Schuͤsseln uͤber- firnissen; und dies vom Kaiser hernnter bis zum aͤrmsten Bauer‟ das hoͤlzerne Hausgeraͤth und alles Tafelgeschirre uͤberzogen und verlakt wird: und deren sich so wol der Arme als der Reiche, und selbst der kaiserliche Hof bedient, wo man die verlakten Gefaͤße den silbernen und goldenen weit vorzieht. Eine andere wilde Sorte, Faasj genant, hat schmale Blaͤtter, waͤchst durchgehends in Hecken und Bergen, giebt aber wenige und schlechte Milch, und wird deswegen fast nicht gesam- let. Vorerwehnter Vrusj Baum ist von einem besondern und diesem Lande eigenen Ge- schlecht, und wil sich fast in keiner anderen als in der Provinz Jamatto zu diesem Ge- brauch anziehen lassen; doch findet man ihn auch in Figo und hin und wieder in Tsikoku. Jch habe gefunden, daß der indianische Fernisbaum von einem ganz andern Geschlecht und der wahre Anacardinusbaum sey; bei den Siamern heist er Rakbaum, und giebt an mehreren Orten Jndiens seine Fruͤchte, aber auf der Westseite des Ganges keinen Saft; es sey nun aus Unwissenheit der Einwohner, oder der Beschaffenheit des Bodens. Es wird dieser Fernis aus Siam und Cambodia durch ganz Jndien, auch selbst in Japan wohlfeil verkauft; und hieselbst nur zu schlechten Gefaͤßen oder zur Grundlage ihres einhei- mischen, seltnern und weit schoͤnern Fernisses gebraucht. Lor- Neunt. Kap. Von der Fruchtbarkeit des Landes an Pflanzen. Lorbeerbaͤume . Lorbeerbaͤume giebt es hier von verschiedener Art; derjenige, welcher rothe Beeren traͤgt, ist eine Cannelifera spuria: oder wenigstens, wie es die Mukositaͤt bezeugt, eine Cassia lignea; dessen Gestalt, Figur und Substanz der Blaͤtter gar nicht von jenen verschieden ist, wiewol die Rinde wenig von der Suͤßigkeit und Lieblichkeit des Canels, mehr aber von dem aromatischen Geschmak eines Costi besizt. Der Boden scheint diese Unvolkommenheit allein zu verursachen: denn ich habe gefunden, daß auch die malabarische, sumatrische und javanische Canelbaͤume, welche bis jezt vernachlaͤssiget werden, diese liebliche Schaͤrfe entweder in dem hohen Grad des ceylanischen Canels nicht besitzen, oder denselben bald verlieren, oder auch gar wegen eines beigemischten Schleims des wahren Canelgeschlechts unwuͤrdig sind: von welchem man ein liebliches kostbares Oel fordert, wel- ches aber keine Cassia lignea hergiebt. Unter das Geschlecht des Lorbeerbaums mit schwarz purpurnen Beerchen gehoͤrt auch der Kus oder Campferbaum; aus dessen Wurzeln in der Jnsel Gotho, und noch vielmehr in der Provinz Satzuma der Campfer durch ein gemeines Kochen von den Dorfleuten geschieden und bereitet wird. Der Preis ist sehr wohlfeil; und wird ein Catti des eingefuͤhrten borneischen Campfers, welcher zwischen den Rinden, Aesten und Spalten der niedergefaͤlten alten Staͤmme gesamlet wird, gegen 80 bis 100 Catti des japanischen Campfers vertauscht. Theebaum . Tsja no ki, oder der Theebaum ist eine unansehnliche Staude, der man in die- sem engen Lande keinen andern Plaz vergoͤnnet, als die Raͤnder der Aecker, und andere zur Besamung unbequemer Oerter. Es ist aber dennoch die nuzbarste unter allen Pflanzen; indem aus dessen gebratenen groben Blaͤttern das taͤgliche Hausgetraͤnk abgekocht wird. Die zartesten und juͤngsten Blaͤtter aber werden, wenn sie gebraten, gemalen, und mit heißem Wasser zu einer Suppe gemengt sind, unter den Vornehmern den Gaͤsten als ein gewoͤhnliches Ehrengetraͤnk und nach eingenommener Mahlzeit zum Abschiedstrunk dargereichet. Sandsjo . Sandsjo ist ein stachlicher Baum von mittelmaͤßiger Groͤße, dessen Huͤlse und Rinde als Pfeffer, und dessen Blaͤtter als ein angenehmes Gewuͤrz gebraucht worden. Die einlaͤndischen Riches dienen zu eben demselben Gebrauch. R 2 Feigen. Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Feigen . (Wenn es anders ein Feigenbaum darf genent werden.) Es giebt dreierlei Arten von Feigen. Eine von diesen, Kaki genant, wird in großer Menge durch das ganze Reich gefunden. Der Baum ist ungestaltet, wie ein al- ter kurzer Apfelbaum; seine Blaͤtter sind laͤnglicht oval und ohne Kerben; die Frucht gleichet an Gestalt einem roͤthlichen Apfel; an Fleisch und Beschaffenheit einer delikaten Feige. Der Same ist dem Kuͤrbissamen aͤhnlich, aber hart und steinigt. Dieser Baum ist einer der fruchtbarsten und nuͤzlichsten des ganzen Reichs. Die Frucht dient getroknet Reichen und Armen zu einer delikaten Speise. Die Sineser wissen sie mit Zucker weit besser einzumachen. Die zweite Sorte von Feigen ist der gemeinen europaͤischen aͤhnlich, sie wachsen aber an einem Baum mit breiten, langen, rauhen, ungekerbten Blaͤttern. Die dritte ist die europaͤische, welche von den Portugiesen eingefuͤhret worden. Es giebt deren wenige, sie tragen aber große aufberstende delikate Fruͤchte. Des Sycomori oder wilden Feigenbaums, welcher hier haͤufig waͤchst, wollen wir nicht gedenken, weil man seine Fruͤchte nicht genießt. Kastanienbaͤume . Kastanienbaͤume giebt es hier im Ueberflus; und durchgehends mit viel groͤßeren Fruͤchten, wie in Europa, die besten und meisten aber in der Provinz Tsikusen. Aepfelbaͤume . Apfelbaͤume, wie es in Deutschland oder Europa giebt, kent man hier nicht. Birnbaͤume . Birnen giebt es in ziemlicher Menge, aber nur von einer Art, welche bei uns Winterbirnen heißen, und koͤnnen roh nicht wohl genuzt werden. Sie sind von ungemeiner Groͤße, und durchgehends pfuͤndig, oder noch schwerer. Walnuͤsse u. s. f. Den Walnusbaum findet man am haͤufigsten in den noͤrdlichsten Provinzen. Jn derselben waͤchst auch ein hoher Taxus, Kaibaum genant, mit lang geformten Nuͤssen, die mit einer fleischigten Rinde, in Gestalt und Groͤße einer Arack Frucht, umgeben sind. Diese auch gehuͤlsete Nuͤsse haben zwar keinen angenehmen sondern einen sehr zusammen- ziehenden Geschmak, besonders, wenn sie noch frisch sind; sie laxiren aber vermoͤge ihres suͤßen Neunt. Kap. Von der Fruchtbarkeit der Laͤnder an Pflanzen. suͤßen Oels, und werden wegen ihrer Arzneikraͤfte unter Confituren aufgetragen. Das ausgepreste Oel ist beinahe wie Mandeloͤl, und wird zu Speisen und Arzneien gebraucht. Der Rauch dieser Nuskerne, ist die vornehmste Jngredienz der allertheuresten und feinsten japanischen Dinte. Eine andere Art Nuͤsse, Ginau genant, von Gestalt wie große Pi- stacien, wachsen durch das ganze Reich auf einem schoͤnen, ungeheuer großen Baume mit weiten adiantinen Blaͤttern, Namens Jtsjo no ki. Jhr Oel dient zu vielerlei Ge- brauch. Man hat zwei fremde Arten von Eichbaͤumen: die Fruͤchte des groͤßeren werden gekocht, und von gemeinen Leuten gegessen. — Der Nantsme oder Lotusbaum giebt in diesen Laͤndern eine gesunde wohlschmeckende Frucht, und zwar groͤßer als sie mir sonst jemals vorgekommen ist. Citronenbaum findet man hin und wieder in Gaͤrten, der Liebhaber von sonderbaren Gewaͤchsen aber doch wenig. Limonen und Pomeranzen wachsen hier haͤufig, und von verschiedener Art. Die edelste Art nent man Mican, deren Figur und Groͤße einem Borstorferapfel gleichet, und welche einen sehr angenehmen Geruch und weinsauren Geschmak haben. Kinkan ist eine andere seltne Art, von der Groͤße und Figur einer Muska- tennus; sie ist uͤberaus sauer, waͤchset auf einer kleinen Staude, und wird in Speisen und Atsiaar gebraucht. Trauben u. s. f . Trauben werden hier selten reif, und deswegen wird der Weinstok wenig ange- bauet. Brombeeren und Himbeeren haben aber keinen angenehmen Geschmak; Erdbeeren aber sind ganz ohne Geschmak, und nicht esbar. Pfirsige, Aprikosen und Pflaumen giebts im Ueberflus; und unter diesen lezten zwei fremde Arten, nemlich weiße und purpurfarbene, tuberculirt wie Maulbeeren: diese werden mehrentheils zu Atsjar verbraucht. Kirschen- und Haberschleenbaͤume, Kriekenbaͤume werden nur wegen ihrer schoͤnen Bluͤthen unterhalten, welche durch die Cultur die Groͤße einer doppelten Rose gewinnen, und in solcher Menge hervor brechen, daß sie den ganzen Baum wie ein blutiger Schnee bedecken. Diese Baͤume geben allen Haus- und Tempelgarten die beste Zierde: und blos zu diesem Endzwek werden auch mehrmals Aprikosen und andere Pflaumenbaͤume unterhalten. Tannen, Cypressen u. s. f . Von Tannen und Cypressen giebts hier vielerlei Arten; und es sind die gemeinsten Baͤume der Waͤlder, aus welchen Haͤuser, Bretter und Gefaͤße gemacht werden. Die Aeste und anderer Abfal dienen zu gemeinem Kuͤchenfeuer; das gemeine Volk aber braucht hiezu die abfallenden Pienaͤpfel und Blaͤtter, welche sie taͤglich zusammen fegen, und mit eben derselben Muͤhe den Boden sauber erhalten. Zum Zierath werden diese Baͤume in R 3 lange Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. lange Reihen auf die Spitzen der Berge, und auf beide Seiten der Landstraßen, Heer- wege, gepflanzet. Man bemuͤhet sich auch sehr alle sandige und wuͤste Oerter mit denselben zu besetzen. Es darf keine Tanne oder Cypresse gefaͤlt werden ohne Erlaubnis der Obrigkeit des Orts, und mus alsdann ein junger Baum in dessen Plaz gesezt werden. Bambusen ist eine der gemeinsten Stauden, aus welchen vielerlei Haußgeraͤth, als Wasserrinnen, Waͤnde die man betuͤnchen wil, die feinsten Lunten, zierlich geflochtene Koͤrbe, und andere Sachen gemacht werden. Eine Art derselben schliest in der Provinz Oomi Dieser Name ist aus der euglis. Ueberse- tzung genommen, weil er in beiden Mscpt. fehlt. lange knotige Wurzeln, die bei uns Rottang genant, und zu Handstoͤcken uͤber- bracht und gebraucht werden. So wohl Tannen als Bambusen werden bei dieser Nation wegen ihres langen Lebens und steten Gruͤnens fuͤr ominoͤs oder gluͤklich gehalten. Man braucht sie deswegen zur Auszierung heiliger Oerter bei Fest- und Feyerzeiten: und spielt auf dieselben an, in Gluͤkwuͤnschungsreden, Versen und Sinbildern: weil man nemlich glaubt, daß die Bambusen das Alter von etlichen hundert, und die gemeine Tanne, Matz- noki genant, von tausend Jahren erreiche, und alsdenn ihre Aeste und Blaͤtter niederwaͤrts nach der Erde zuwende. Es sind mir verschiedene von unglaublichem Alter hin und wieder gezeigt worden. Fi no ki und Suggi, zwei Arten des Cypressenbaums, geben ein leich- tes, festes, schoͤnes, weißes Holz, welches kein Wasser eintrinkt, und fuͤr gutes Cedernholz gelten kan. Es ist eine gewisse Zeit durch das ganze Reich verbothen diese Baͤume zu faͤllen; auch nicht einmal zum Maschinenbau, wo die kaiserlichen Befehle vorgestellet werden. Jn der englis. Uebersetzung fehlt dies lezte; und stat des folgenden steht diese Stelle: „Allein man achtet wenig auf die Verordnungen dieser Art, besonders in den Provinzen, die von Hofe entfernt sind, wofern nicht eine sehr strenge Strafe auf die Uebertretung gesezt ist.‟ Es wird aber den Verbothen dieser Art, wo auf die Verbrechen keine Strafe gesezt ist, wenig nachgelebt. Ksa Maki oder stinkender Makibaum, Ssi no ki eine Art Eichbaͤume, Jus no ki oder Eisenbaum wegen seiner Haͤrte genant, sind Baͤume von gemeinem Holz, die man auch zum Hausbau brauchen kan. Tatz no ki, dessen Holz von der Stadt Je- seri abgeholet wird, und die Wurzel des Campferbaums geben das rareste geflamte Holz zu Comptoiren und verlakten Kisten. Blumen . Es giebt hier, in Vergleichung anderer Laͤnder, ungewoͤhnlich mancherlei wilde Pflanzen von wunderschoͤnen Blumen und Blaͤttern, womit sie zu gewissen Zeiten die wuͤsten Felder und Bergwaͤlder zieren; und welche sie auch in die Gaͤrten verpflanzet, und durch die Cultur Neunt. Kap. Von der Fruchtbarkeit der Laͤnder an Pflanzen. Cultur zu mehrerer Volkommenheit gebracht haben. Die vornemsten derselben sind: Tsubaki, eine große Staude mit Rosenblumen, welche sich in Hecken und Waͤldern findet. Durch Propfung entstehen viele seltne Arten, und man hat bei dieser namenreichen Nation, wie man vorgiebt, 900 Namen ihrer Varietaͤten. Satsuki, eine lilientragende kleine Staude, sol mehr als 100 benante Varietaͤten haben; deren zwei wilde Arten, mit rothen und fleischfarbenen Blumen, viele oͤde Felder und Huͤgel mit ihrer angenehmen Farbe bedecken. Saka Nandsjo, eine Staude, traͤgt gleichfals eine lilienfoͤrmige Blume, aber weit groͤ- ßer wie die vorige; es giebt ihrer dreyerley Arten, welche indessen nicht so gemein sind wie die vorigen. Ahornu. s. f . Momidsj, eine Art Ahorn, hat ihren Namen von dem Purpur ihrer Blaͤtter. Es giebt derselben zwo Varietaͤten, deren eine im Fruͤhling, die andere im Herbst, eine theils gelbe theils purpurrothe Farbe annehmen, und die Augen von ferne an sich ziehn und ergoͤtzen. Eben dises thut auch der Fasjbaum, dessen Blaͤtter im Herbst gleichfals einen rothen Purpur annehmen. Matricaria, Lilien u. s. f . Matricaria und Lilien sind von verschiedener und ungemeiner Varietaͤt. Mit je- nen, welche durch die Cultur die Groͤße einer Rose gewinnen, prangen die Gaͤrten; mit diesen das Gebirge. Narcissen, Jrides, Caryophillen und andere Blumen nicht zu erwaͤhnen, womit die Natur zu gewissen Zeiten dieses Land vor andern Laͤndern ausschmuͤcket. Sie sind aber wie alle oben genante beinahe ohne Geruch; wie denn auch alle japanische Fruͤchte, die Lieblichkeit des Geschmaks der sinesischen und indianischen nicht besitzen. Hanf und Baumwolle . Hanf und Baumwolle werden, so viel es der Raum zulaͤsset, auf ihren Aeckern angebauet. Sjiro oder wilde Hanfnessel waͤchset an wuͤsten Orten haͤufig; und ersetzet den Mangel des Flachses und der Wolle Jn der englis. Uebersetzung: „den Mangel des Hanfes und der Baumwolle.‟ weil man daraus vielerley, so wol feine als grobe Zeuge webet. Oele . Oele zu vielerlei Gebrauch, presset man aus folgenden Samen: Kiri ist ein ungeheurer großer, doch seltner Baum; er hat Blaͤtter wie die Klette, traͤgt an einem langen Stiele, Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Stiele, Blumen der Digitalis aͤhnlich, und Samen wie eine Althaea. Das Blat mit drei bebluͤmten Stielen ist das Wapen des Mikaddo oder geistlichen Erbkaisers. Abrasin ein mittelmaͤßiger Baum, hat Blaͤtter wie der Platanus, Blumen wie einfache Rosen, Saamen wie ein Ricinus; ich nenne ihn daher, Ricinus arboreus folio Alceae. Asa diracht Avicennae, die vorbenante Tsubacki, Vrusj, Fasj, und Kaj no ki, dann auch die Baumwollenstaude und Kraut, beide Geschlechter von Sesamo mit weißen und schwarzen Saamen. Unter diesen wird nur das Oel vom Sesamo und Kai, aber doch selten und spahrsam zur Speise gebraucht; weil man dieselben in diesen Laͤndern ohne Butter und Fett zu bereiten weiß. Getreide . Getreide und Huͤlsenfruͤchte wie auch allerlei Gartenkraͤuter, geben nicht nur die platten Felder, die man niemals zu Wiesen gebraucht, sondern auch die steilen Gebirge bis zu den hoͤchsten Spitzen, ja auch die ablaufenden Hoͤhlen und Winkel der steinigten Klippen, und wo es nur immer Wurzel und Regenwasser fassen kan. Der platte Grund wird mit Ochsen gepfluͤget, die Hoͤhen aber mit Menschenhaͤnden bearbeitet, und beides wohl dreimahl im Jahr mit Menschenmist geduͤnget und in seiner Fruchtbarkeit unterhalten. Wer seinen Acker ein Jahr unbesaͤet laͤst, wird desselben nach hiesigen Landesrechten verlustig. Gokokf . Die vornehmsten und zum Unterhalt der Menschen allernuͤtzlichsten Feldfruͤchte werden mit dem Tittel Gokokf, das ist fuͤnf Feldfruͤchte benennet. Nach derselben sparsamen oder reichlichem Wachsthum, schaͤzt man die Fruchtbarkeit oder Unfruchtbarkeit des Jahrs und eines Ackers, und den Reichthum oder die Armuth des Besitzers. Sie ersetzen in diesem Lande den Mangel des Fleisches und sind die Grundlagen der taͤglichen Mahlzeiten und der Gastereyen. Diese Gokokf sind folgende: Reis . 1) Kome, oder Reis, von verschiedenen Sorten. Die beste hat ihres gleichen nicht in ganz Asien; sie ist schneeweis und saͤtiget so sehr, daß ein Auslaͤnder wenig auf einmahl davon genießen kan. Der Reis dient in Wasser aufgekocht statt des Brodes; von dem jaͤhrlichen Ueberflus wird ein fettes Bier, Saki genant, gebrauet; doch nur zur Noth- durft; und es darf weder mehr Reis noch Bier von den Fremden ausgefuͤhrt werden, als die Obrigkeit erlaubet. Gerste. Neunt. Kap. Von der Fruchtbarkeit der Laͤnder an Pflanzen. Gerste . 2) Oo Muggi, das ist großes Getreide, nemlich Gerste, wird nur zum Futter der Pferde und anderes Viehes, das Mehl aber zu Kuchen und verschiedenen Speisen ge- braucht. Es giebt eine Art Gerste, deren Aehren und Huͤlsen purpurfarbig sind, welches in den Feldern einen sehr schoͤnen Anblik giebt. Weitzen . 3) Koo Muggi, das ist klein Getreide, nemlich Weitzen, welcher meines Wis- sens nicht anders als zu Mehlkuchen verbraucht wird, und sehr wohlfeil ist. Daidsbohnen . Daidsu, das ist, Daidsbohnen; sie sind wie tuͤrkische Erbsen, wachsen aber wie Lupinen. Diese Bohnen sind nach dem Reise bei den Einwohnern in der hoͤchsten Achtung; weil man aus ihrem Mehl die Midsu, das ist, einen gewissen mehligten Pap macht, wel- cher in Zubereitung der Speisen den Plaz der Butter vertreten mus; und auch den Soeju, welches ein Appetit machendes Embamma oder Uebergus ist, der bei allen Mahlzeiten aufgesezt und außer Landes bis in Holland ausgefuͤhret wird. Die Bereitung derselben findet man in meinen Amoenitat. Exot. p. 839. Sobohnen . 5) Adsuki oder Sodsu, das ist Sobohnen, wachsen gleichfals wie Lupinen, sind aber schwarz und wie| Linsen oder indianischer Cajan; das Mehl mit Zucker vermischt wird in Mansje gethan, und auch zu andern Kuchen verbraucht. Man pflegt sonst auch unter dem Namen Gokokf uͤberhaupt folgende Feldfruͤchte zu begreifen: Awa oder india- nischen Fench; ( Panicum indicum Tabernaemont. ) Kibi, Hirsen oder Milium vulgare nostras; Tye, oder Panicum vulgare juba minore, semine nigricante; Maggi, das ist, allerlei Getreide, und Mami, das ist, allerlei Bohnen und Erbsen, oder Huͤlsenfruͤchte. Rettige u. s. f . Es giebt durchs ganze Land Rettige von unglaublicher Groͤße, die wegen des Ue- berflusses unter allen Feldfruͤchten zum Unterhalt des Lebens das meiste beitragen muͤssen. Sie riechen und schmecken aber so stark nach dem menschlichen Mist, womit sie geduͤnget werden, daß wegen des Gestanks keiner in Europa davon essen wuͤrde. Man genießet sie S roh Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. roh, kochet sie frisch, und conservirt sie getroknet und eingesalzen. Ruͤben, Moͤren, Kuͤr- bisse, Melonen, Angurien, Cucumern, Mala insana, Fenchel, Daucus, und eine einheimische Lactuca nostras, sind hier gemeine Feldgewaͤchse, die bey uns in Gaͤrten gezeuget werden. Pastica hortensis wird hier nicht gefunden, die Sylvestris aber allent- halben. Petersilien, Kumpis, Jn der englischen Uebersetzung: „Cummin.‟ Cichorien, lactuca nostras, sind jederzeit hier von den Auslaͤndern gebauet worden, und wachsen vortreflich. Wildwachsende Pflanzen . Es geben auch die wuͤsten Waͤlder, Berge, Klippen, Moraͤste und Seegruͤnde viele so wohl bekante als unbekante Kraͤuter, deren junge Sprossen, Blaͤtter, Fruͤchte, Wurzeln, nicht nur dem Poͤbel zur taͤglichen Speise dienen, sondern auch auf vornehmer Leute Gastmahlen und Schmausereien zu delikaten Gerichten zubereitet werden. Von den Schwaͤmmen werden die mehresten Arten genuzt; wodurch oͤfters Menschen um ihr Leben kommen. Eben dieses traͤgt sich auch durch andre giftige Kraͤuter zu, wenn sie von Unkundigen zur Speise eingesamlet werden. Dem Dracunculo (Konjakf) weis man durch Lauge seine Schaͤrfe zu benehmen, und einen suͤßen Pap oder Mehl daraus zu machen. Eben dieses geschieht auch aus den Wurzeln der Warabi oder Filix, Ren oder Taraté ( Faba Aegyptiaca ) und Kasne. Nachdem diese zerstoßen, mit Wasser macerirt und abgeseigt sind, lassen sie ein feines Mehl zu Boden sinken, das zu vielen Gerichten gebraucht wird; und auch schon in Wasser zerlassen, so gleich eine Mahlzeit giebt. Seepflanzen . Kein Seekraut ist unter dem Meer zu finden, das von dieser Nation nicht zur Speise genommen wird. Es giebt derselben vielerley Arten, welche von den Fischweibern, die durch das ganze Reich hiezu abgerichtet sind, aus der Tiefe von 20 bis 40 Faden her- ausgehohlet, hiernaͤchst gewaschen, gesaͤubert, und in gewisse Sorten zerlegt werden; von wel- chen jede nach ihrer Art zur Speise aufbehalten wird. Zehntes Zehntes Kapitel . Von den vierfuͤßigen Thieren, Voͤgeln, kriechenden und fliegenden Jnsekten des Landes. Erdichtete Thiere . Z uerst wollen wir unter den einheimischen Thieren einiger erdichteten Thiere erwaͤhnen; welche die Japaner von den Sinesern angenommen, und blos in der Einbildung und in den Schriften, aber nicht in der Natur gefunden werden. Kirin . Kirin ist, wie man erzaͤhlt, ein vierfuͤßiges, an der Brust mit weichen hinter- waͤrts gebognen Hoͤrnern, gefluͤgeltes schnelles Thier: einem Pferde an Leibe, einem Hir- sche an Fuͤßen und Klauen, und am Haupte beinahe einem Drachen nicht gar ungleich. Es ist von solcher Heiligkeit, daß es im Gehen sich bemuͤhet, kein einziges Wuͤrmchen oder Kraͤutgen zu kraͤnken, und wird durch besondere Kraft des bestirnten Himmels erzeugt, zur Zeit wenn unter den Menschen ein Sesin gebohren wird. Sesin aber ist eine Person, welche vor allen andern von der Natur mit einem durchdringenden Verstande begabt worden, wodurch er die Wahrheiten der Natur und goͤtlicher Dinge erforscht, und unbe- kante Sachen ausfindet. Fuͤr solche werden gehalten die sinesischen Kaiser Gio und Sjum, als vortrefliche Regenten und Erfinder der Kraͤuter; Koosj und Moosj als sinesische Phi- losophen; Sjaka in Jndien als ein Offenbarer goͤtlicher Sachen; Darma in Sina und Sotoktais in Japan, als beruͤhmte Lichter im Leben und Lehren. ( Tab. IX. Fig. I. der sinesische Kirin: Fig. II. der japanische Kirin. ) S 2 Sungu. Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Suugu . Tab. IX. Fig. 3. Diesen fuͤgen sie noch bei zwei andere Ungeheur: deren eins, Suugu genant, einem Leoparden in allem gleichet, es traͤgt aber uͤber der Brust zwei Geweihe, welche hin- terwaͤrts zu beiden Seiten wie Fluͤgel abstehen. Kaitsu . Tab. IX. Fig. 4. Das andere, Kaitsu oder Kaisai genant, ist einem Fuchs aͤhnlich, aber uͤber der Brust mit abstehenden Geweihen, auf dem Haupte mit einem Horn, und laͤngst dem Ruͤcken mit einer Reihe breiter Stacheln, wie ein Crocodil, versehen. Tats dria . Tab. IX. Fig. 5. Tats dria oder Dsja, ein gemeiner Drache, von welchem in ihren Goͤtter- und Heldengeschichten viele Maͤrchens vorkommen. Man glaubt, daß diese Drachen im Grunde des Meers, als in ihrer eignen Welt, sich auf halten. Man bildet sie ab wie große Schlangen, und vierfuͤßig, und schuppigt wie einen Crocodil; der Ruͤkgrad ist der Laͤnge nach mit Stacheln besezt, das Haupt monstroͤs und schreklich, und der Schwanz endigt sich, beim japanischen Drachen, in ein kurzes zweischneidiges Schwerdt. Die japanischen Kai- ser gebrauchen bisweilen auf ihrem Leibgeraͤth, als Saͤbeln, Messern und andern Sachen zu ihrem Kenzeichen die Figur dieses Drachens; dessen rechter Fus ein rundes Kleinod oder Perle fasset. Jeder Fus hat aber nur drei Klauen, zum Unterscheid des sinesischen Hof- drachens, welcher mit fuͤnf Klauen versehen ist. Tats maki . Tab. IX. Fig. 6. Tats maki, ein Drache mit einem nachschleppenden Wasserschwanze; von dem sie glauben, daß er aus dem Meere in die Luft auffahre, und die Wasserdrehungen, bei uns eine Wasserhose genant, verursache. Man sieht diese Erscheinungen oft auf dieser wuͤsten See, und sie ziehen sich aus derselben bisweilen einen Strich uͤber das Land weg. Foo . Foo, ein vortreflich schoͤner und sehr großer Paradiesvogel, dem Phoͤnix nicht ungleich; er laͤst sich aus der Luft auf die Erde nieder, wenn ein hocherleuchteter Kaiser, oder ein anderer Sesin geboren wird. Dies wird bei diesen Voͤlkern als eine reine Wahr- heit geschrieben und geglaubt. ( Tab. IX. Fig. 7. der sinesische, und Fig. 8. der japani- sche Foo. ) Jezt wollen wir von den erdichteten Thieren zu den wirklichen uͤbergehen. Vier- Tab. IX. Zehnt. Kap. Von den vierfuͤßigen Thieren, Voͤgeln ꝛc. Vierfuͤßige, wilde und zahme Thiere. Mit vierfuͤßigen, wilden und zahmen Thieren sind diese Laͤnder sparsam versehen. Jene finden wenig unbewohnte Oerter, wo sie sich verbergen und vermehren koͤnten. Diese werden mehrentheils nur zur Arbeit aufgezogen, und das Fleisch von den Einlaͤndern we- gen ihres pythagorischen, wiewol kaltsinnigen Glaubens, wenig genossen. Ueberdem wissen auch diese Krautesser, in den engen Grenzen ihres volkreichen unfruchtbaren Landes, den Boden vortheilhafter als zur Viehzucht anzuwenden. Pferde . Man findet hier Pferde, die zwar klein sind, aber doch an Geschiklichkeit oft den persischen nicht viel nachgeben. Man haͤlt sie zum Staat, zum Reiten, Tragen und Pfluͤgen. Die besten kommen aus den Provinzen Osju und Satzuma; und eine gedrungene sehr kleine Art aus der Landschaft Kai. Ochsen . Ochsen und Kuͤhe werden blos zum Pfluͤgen und Karrenziehen gebraucht. Milch und Butter von ihnen zu ziehen, ist hier eine unbekante Sache. Es giebt noch eine un- geheuer lange grobe Art Buͤffelochsen, mit hohen Buckeln auf den Schultern, und von al- len Farben: man bedient sich ihrer blos in großen Staͤdten zum Karrenziehen. Esel, Maulesel u. s. f. Esel, Maulesel, Camele, und Elephanten kent man nicht; Schafe und Ziegen sind vor Zeiten von den Europaͤern nach Firando gebracht, woselbst man auch noch ihr Ge- schlecht unterhaͤlt. Sie wuͤrden im ganzen Reiche gute Bergweide finden, und mit Nutzen koͤnnen angezogen werden, wenn man die Wolle gebrauchte, oder das Fleisch genießen duͤrfte. Schweine findet man wenig; sie sind zuerst aus Sina eingefuͤhrt, und werden nur sparsam von den Bauern in Fisen angezogen: von ihnen selbst aus Devotion wenig ge- gessen, und nur an die jaͤhrlich ankommenden Sineser verkauft, welche sich ihrer taͤglich be- dienen, ob sie gleich mit jenen einerlei Glauben haben. Hunde . Hunde findet man bei des jetzigen Kaisers Regierung in diesem Lande mehr als in jedem andern. Sie liegen, zur großen Verhinderung der Vorbeigehenden, auf den Stra- ßen umher, ohne einen Herrn zu haben. Jn der englis. Uebersetzung: Sie haben in der That Herrn u. s. f. Es muͤssen derselben eine gewisse Anzahl von S 3 den Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. den Buͤrgern jeder Gasse unterhalten und gespeiset, wenn sie krank sind, in einer auf jeder Gasse errichteten Huͤtte verpfleget, wenn sie gestorben, auf die Berge getragen, und gleich Menschen beerdiget werden. Sie duͤrfen bei Lebensstrafe von keinem Menschen mishan- delt oder getoͤdtet werden, als blos von dem Buͤttel; wenn sie nemlich selbst etwas verbro- chen, und den Tod verdienet haben. Es ist dieses so angeordnet wegen eines Aberglau- bens und Befehls des jetzigen Kaisers, welcher, wie der roͤmische Kaiser Augustus vor dem Zeichen des Steinboks, vor dem Geschlecht der Hunde eine besondere Hochachtung hat, weil er im Jahr des Hundezeichens geboren worden. Ein Buͤrger, der einen todten Hund zum Grabe den Berg hinauf trug, schmaͤlte einst aus Ungedult uͤber des Kaisers Geburt. Sein Nachbar hies ihn schweigen, und dem Himmel danken, daß der Kaiser nicht im Pferdejahr geboren waͤre; dann wuͤrden sie noch mehr zu schleppen gehabt haben. — Wind- und Wasserhunde findet man hier nicht; man versieht die Jagden, wo- zu es schlechte Gelegenheit giebt, mit gemeinen Hunden. Katzen . Unter den Katzen giebt es eine Art, welche nur zur Zierde gehalten wird. Sie haben große schwarze und gelbe Flecken auf weißem Grunde, und einen kurzen krummen Schwanz, als wenn er mit Fleis gebrochen waͤre. Jn der engl. Uebersetzung: Sie haben ei- nen sehr kurzen Schwanz, als wenn derselbe vor- sezlich abgehauen waͤre. Sie wollen gar nicht mausen, lassen sich aber gern von dem Frauenzimmer tragen und streicheln. Wilde Thiere, Hirsche, Hasen u. s. f. An vierfuͤßigen wilden Thieren liefert das Land Hirsche, Hasen, und wilde Schweine; welche drei Geschlechter zu gewissen Zeiten vielen Secten zu essen er- laubt sind. Jn der englis. Uebersetzung ist noch fol- gende Stelle, die in beiden Mscpt. fehlt: „Die Jnsel Mijosima oder Akino Mijostma, (so genant von der Nachbarschaft der Jnsel Aki) ist wegen ei- ner besondern Zucht von Hirschen beruͤhmt; von welchen man sagt, daß sie sehr zahm seyn sollen. Es ist gegen die Landesgesetze dieselben zu jagen, oder zu toͤdten. Das Landvolk ist aufmerksam, ihre todten Koͤrper von ihren Haͤusern und Fel- dern zu entfernen. Denn Kraft eines andern Gesetzes, hat der Gouverneur der Jnsel die Ge- walt, denjenigen, vor dessen Thuͤr, oder auf dessen Boden der Leichnam gefunden ist, auf einige Tage zur Arbeit bei die Tempel oder bei oͤffentliche Anstalten zu verdammen.‟ Affen Zehnt. Kap. Von den vierfuͤßigen Thieren, Voͤgeln ꝛc. Affen sind hier wenig; sie sind gelehrig, haben lichtbraune Haare, kurze Schwaͤnze, und nakte rothe Gesichter und Hintersten. Ein Landstreicher lies bei meinem Daseyn einen Affen, von dem er vorgab, er sei 106 Jahr alt, fuͤr Geld vielerlei Kuͤnste machen. Baͤren giebt es in den nordlichen Provinzen, aber wenig und von kleiner Art. Tanuki ist ein schwarzbraunes Thier, hat ein Maul wie ein Fuchs, und scheint wol eine kleine Art von Woͤlfen zu seyn. Die wilden Hunde haben große weitgespaltene Schnau- zen. Jtatz ist ein roͤthliches Thier, wie ein Muncus, oder kleiner Jltis. Eine andere groͤßere Art wird Tin genant. Sie halten sich in Haͤusern und unter Daͤchern auf, beinahe wie zahm. Sie sollen nicht allein Huͤhner, sondern auch Fische fangen. Ratten und Maͤuse. Ratten und Maͤuse giebts uͤberfluͤssig. Diese wissen sie zahm zu machen, und zu allerlei Kuͤnsten abzurichten, welches ein Vergnuͤgen und Zeitvertreib einiger armen Leute ist, besonders in Osacca, welche Stadt ein algemeiner Schauplaz des ganzen Reichs ist, wo man allerlei Seltenheiten und Spiele fuͤr Geld zu sehen findet. Fuͤchse . Fuͤchse giebts gleichfals im Ueberflus. Die Japaner glauben, daß sie mehren- theils mit Teufeln beselt sind, und fuͤhren dieselben und ihre Handlungen in geistlichen Hi- storien vielfaͤltig an. Die Jaͤger wissen aber dennoch recht wohl diesen Teufeln das Fel uͤber die Ohren zu ziehen; weil man die weiche Wolle zu Schreib- und Mahlpinseln nicht entbeh- ren kan. Man machet unter dem Teufel Kis oder Fuchs und Oni einen Unterscheid, wie in Schweden unter Faan und Dieblen. Von Tiegern, Panthern, Loͤwen und andern reißenden Thieren ist das Land befreiet. Weiße Ameisen . Unter dem schaͤdlichen Ungeziefer sind die vornehmsten, die durch ganz Jndien so- genanten weißen Ameisen. Dies sind schneeweiße zarte Wuͤrmchen; sie leben in Haufen wie Ameisen, und gleichen ihnen auch an Groͤße und einigermaßen an Gestalt; Brust und Kopf ist braͤunlich und hart. Von den Japanern werden sie do Toos, das ist Durch- bohrer genant, weil sie alles, was ihnen vorkomt, außer Erz und Stein, in wenigen Stunden durchfressen, und die kostbaresten Waren in den Pakhaͤusern der Kaufleute ver- derben. Sie koͤnnen blos durch Unterstreuung des gemeinen Salzes abgehalten werden. Jhre Todfeinde sind die schwaͤrzlichen oder wuͤrklichen Ameisen; wo diese hinkommen, muͤssen jene Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. jene weichen. Die freye Luft koͤnnen sie weniger als die Maulwuͤrfe vertragen, und schuͤtzen sich gegen dieselbe in zarten duͤnnen Laufgraͤben, welche sie auf ihren Wegen immer voraus setzen, und auf dem Boden ankleben; es ist dies eine Substanz wie die Schoten der Erd- wespen. Jch habe von ihren schnellen und schaͤdlichen Zuͤgen viele Exempel gehoͤrt. Mir ist selbst in der Festng Coijlang auf Malabar in dem Hause des Commendanten begegnet, daß, da ich um Mitternacht von meinem Schreibtisch aufstand, mich schlafen zu legen, und mit dem Morgen mich wieder hinsezte, so fand ich einen verschlossenen Laufgraben von der Dicke eines Fingers. Dieser war aus dem Estrich von unten durch die Laͤnge des Fußes aufgebohret, reichte quer uͤber die unverlezte Tafelflaͤche, und weiter war noch die halbe Laͤnge des gegen uͤber stehenden Fußes hinuntergebohret, woselbst das uͤbrige bis auf den Boden mit einer runden Rinne ferner ablief. Viele glauben, daß ihre Exkremente die Ursache einer so schnellen Durchbohrung sind: ich finde dieses nicht, wohl aber an ihrem Maule vier hervorstehende Zangen, womit sie dieses ausrichten koͤnnen. Tausendbeine . Millepedes, gemeiniglich auf japanisch Mukadde und nach ihrem Character Goko genant, sind nicht Aselli oder Kellerschaben, sondern die in Jndien sogenante Tausendbeine, beinahe einen Finger lang, schmahl, braͤunlich und an beiden Seiten befuͤßt. Sie sind in Jndien sehr giftig, und schmerzt ihr Bis mehr als der Stich eines Scorpions. Hier giebt es wenige, und sie thun selten Schaden. Der Bis wird mit Speichel bestrichen und so geheilet. Die Eidexen, welche sich hier aufhalten, sind nur von gemeiner Art. Schlangen . Es giebt hier wenige Arten von Schlangen. Eine beruͤhmte Art unter denselben Firakutz und Fibakarri genant, hat eine gruͤne Farbe, einen platten Kopf und scharfe Zaͤhne. Diese Schlange hat ihren Namen von der Tageslaͤnge; weil nemlich derjenige, welcher von ihr gebissen wird, mit der Sonnen Untergang sterben mus. Die Soldaten sind begierig nach ihrem Fleische, weil ihm die Kraft zugeschrieben wird, daß der Genus streng und beherzt mache. Jn verschlossenen Toͤpfen Jn der engl. Uebers. „Diese Schlange in irdenen, hermetisch versiegelten Toͤpfen, calcinirt u. s. f.‟ calcinirt, giebt sie ein beruͤhmtes Pulver, Gawats ò genant, welches innerlich gegen verschiedene Krankheiten gegeben wird. Man sagt, wenn dieses Pulver unter den Tropfenfal eines Hauses zerstreuet wird, so sol es in weniger Zeit andere Schlangen hervorbringen. Diese Art ist mir außerdem nirgend als auf der Kuͤste Coromandel bei den Brachmanen vorgekommen. Jama- Zehnt. Kap. Von den vierfuͤßigen Thieren, Voͤgeln ꝛc. Jamakogath . Eine ungemein große Schlange Jamakogath oder gebraͤuchlicher Uwabami, auch Dsja, das ist, Drache genant, haͤlt sich in Bergen und Waͤssern auf. Man trift sie selten an; wenn man sie aber faͤngt, so laͤsset man sie fuͤr Geld sehen. Huͤhner . An gefluͤgelten zahmen Thieren unterhaͤlt man Huͤhner und auch bisweilen Enten. Sie werden aber aus Aberglauben selten gegessen, und duͤrfen nur von gewis- sen geringen Personen geschlachtet werden. An Sterb- und Gedaͤchtnistagen eines Bluts- verwandten mus einer einen Vogel oder anderes Thier zur Kuͤche schlachten. Jn den kai- serlichen Sterb- und Gedaͤchtnisjahren, wie auch zu gewissen andern Zeiten, wenn es seine Majestaͤt verbieten laͤst, duͤrfen auch weder Huͤhner noch irgend andere lebendige Thiere getoͤdtet, ja nicht einmahl auf Maͤrkten zum Verkauf ausgestelt werden. Der Hahn erhaͤlt oͤfter und leichter Pardon als das Huhn, und steht bei den Religieusen in großer Achtung, weil er die Zeiten abzutheilen und die Abwechselung des Wetters zu ver- kuͤndigen weis. Das wilde von Natur schuͤchterne Gefluͤgel, ist in den Schranken dieses so volk- reichen Landes so zahm geworden, daß man viele Geschlechter fuͤr haͤusliche Thiere halten solte. Kranig . Der Tsuri oder Kranig ist der vornehmste, und ein kaiserlich privilegirter Vogel und darf nicht anders als auf Befehl fuͤr seine Majestaͤt allein geschossen werden: es geschieht aber dennoch in Saikokf und andern vom Hofe entfernten Laͤndern. Dieser Vogel so wohl als die Schildkroͤte werden wegen ihres fabelhaften Alters und merkwuͤrdiger Geschichten, die man von ihnen erzaͤhlt, fuͤr die gluͤklichsten und gluͤkbedeutensten Thiere gehalten, mit deren Figuren eben so wie mit Tannen und Bambus die kaiserlichen Gemaͤcher, und andere gluͤklich gehaltene Oerter bemahlt sind. Von Bauren und Fuhrleuten habe ich diesen Vo- gel nicht anders nennen hoͤren, als O Tsuri Sama, das ist, großer Herr Kranig. Man findet zweierlei Arten; die eine ist schneeweis, und die andere grau oder aschfarbig. Reiher . Von Sagi oder Reihern giebts verschiedene Arten, welche an Farbe und Groͤße sehr unterschieden sind. Unter ihnen sind folgende drei Arten die bekantesten: Sjiro Sagi, der weiße Reiher, Goi Sagi, der graue, welche beide gemein sind, und Awoi Sagi, der blaulichtgraue Reiher. Dieser leztere hat beinahe die Groͤße eines Kranichs. T Wilde Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Wilde Gaͤnse . Von wilden Gaͤnsen giebt es zwey Arten, von welchen jede Art sich in Haufen vereinigt. Die erstere ist schneeweis, mit pechschwarzen Schlagfedern; die andere Art ist ganz grau oder aschfarbig. Sie sind in diesen Laͤndern, und besonders die grauen in großer Menge, und auch so zahm, daß sie nicht leicht vor einem Menschen auffliegen und voͤllig zahm scheinen. Sie thun den Aeckern großen Schaden, duͤrfen aber doch bei Lebens- strafe von keinem beleidigt werden, als von denen, welche die Freiheit selbige zu schießen an gewissen Orten gepachtet haben. Die Bauren beziehen ihre Felder mit Linien oder Netzen, um sie vor dem Einfal der Gaͤnse zu schuͤtzen. Es mag aber doch wenig helfen; denn ich habe mit meinen Augen gesehen, daß sie, nachdem sie sich niedergelassen, zur Seite hineinbrachen. Jn der englischen Uebersetzung: „denn sie fliegen uͤber die Netze.‟ Enten . Enten findet man von verschiedener Art, und eben so zahm, wie die Gaͤnse. Unter denselben ist eine Art, wovon das Maͤnchen Kin mod sui eine so seltne Schoͤnheit hat, Tab. X. Fig. 3. daß ich den gemalten nicht glauben koͤnnen, bis sie mir haͤufig in der Natur vorgekommen sind. Sie prangen mit vielfarbigen, aber am Hals und Bauch mit rothen Federn; das Haupt ist mit einem dicken Federbusch gekroͤnet, der Schwanz steht in die quer auf, und die Fluͤgel uͤber den Ruͤcken empor. Fasanen . Fasanen sind auch von ungemeiner Schoͤnheit. Ein großes Geschlecht hat bunte, goldfarbige, und uͤber den ganzen Leib glaͤnzende Federn; auch wie ein Pfau einen in gold- blau wiederscheinenden Schwanz, von der Laͤnge eines halben Mannes. Feldhuͤhner . Feldhuͤhner sind die gemeinsten Voͤgel, welche nebst Fasanen, Enten und Gaͤn- sen genuͤzt werden. Feldtauben . Man findet wilde Feldtauben, welche schwarzblaue Federn, aber keine Schoͤn- heit haben. Man will sie aus Vorsicht in keinen Wohnhaͤusern dulden, weil man gefun- den, daß durch Bruͤchung Dies ist Kaͤmpfers eigner Ausdruk; Scheuch- zer hat es uͤbersezt, that their dung upon removal is very apt to take fire. ihres Mistes zuweilen Feuersbruͤnste entstanden sind. Stoͤrche Zehnt. Kap. Von den vierfuͤßigen Thieren, Voͤgeln ꝛc. Stoͤrche bleiben das ganze Jahr im Lande. Die besten Falken werden in den noͤrdlichen Provinzen gefangen, und mehr zum Staat als zur Jagd gehalten. Habichte findet man hier haͤufig, und sind wie durch ganz Jndien stolze Gaͤste. Kaͤmpfers Ausdruk, den ich nicht habe weg- modernisiren moͤgen. Raben sind ebenfals haͤu- fig; sie haben eine mittelmaͤßige Groͤße, und sind zuerst als Geschenke aus Sina hieher ge- bracht worden. Elster . So ist auch die Elster Jm Original findet sich das niedersaͤchsische Wort Exter. Der englische Uebersetzer sagt blos: „ein anderer seltener Vogel, u. s. f.‟ zuerst als ein seltner Vogel dem Kaiser aus Corey zugesandt; sie heist deswegen Corei garas, das ist coreyischer Rabe; sie hat aber ihr Geschlecht in diesem Lande wenig fortgepflanzet. Foken . Europaͤische blaue Kraͤhen, Papageyen und andre indische Voͤgel werden hier Tab. X. Fig. 4. nicht gefunden. Foken gemeiniglich Foto tenis genant, ist ein sehr seltner Nachtvogel, der auf hohen Gastmalen als eine koͤstliche Delikatesse aufgesezt wird; und dessen kalcinirte Asche, in sauern Saki gethan, dieselbe wieder trinkbar macht. Misago . Misago oder Bisago ist ein Seeraubvogel, wie ein Habicht oder Sperber, der Tab. X. Fig. 5. an einer Klippe sich eine Hoͤhle zu seinem Keller unterhaͤlt, Jn der englis. Uebersetzung: „Er macht sich eine Hoͤhle in einem Felsen auf der Kuͤste.‟ wo er seinen uͤbrigen Fisch- raub hineinlegt. Es ist zu bewundern, daß dieser, wie ein in Essig oder Salz eingeleg- ter Fisch, oder Atsjaar, nicht verdirbt; daher er Bitsago Susj, das ist, Bisago atsjaar genant wird: er ist theuer und sehr salzig. Wer einen solchen Keller weiß, steht sich wohl; er mus aber auf einmal nicht zu viel heraus nehmen. Moͤven, Seeraben u. s. f. Moͤven, Seeraben, und vielerlei kleine Voͤgel als Holz- und Wasserschne- pfen, Schwalben, Sperlinge und viele andere gemeine Voͤgel, sind hier wie in Eu- ropa vorhanden. Lerche, Nachtigal . Die Lerche singt viel treflicher als in Europa; die Nachtigal schlechter: und wenn man zuweilen eine hat, die ungemein singt, wird sie von vornehmen Liebhabern bisweilen weit mehr als mit 20 Cobang bezahlt. T 2 Jnsek- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Jnsekteu . Von fliegenden Jnsekten hat das Land Bienen, und daher auch Honig und Wachs, wiewohl wenig, Hummeln, Wespen, Fliegen, Muͤcken, Feuerfliegen, Neyere, Kricken, Kaͤfer, Heuschrecken u. d. m. Diese hat es mit unserm Vater- lande gemein; allein noch außer diesen finden sich einige besondere und merkwuͤrdige Arten. So ist unter den Mayvoͤgeln eine ungemein große Art, Jamma Tsjo, das ist Berg- papilien genant. Einige derselben sind ganz schwarz; andere mit rother, schwarzer und andern Farben auf ihren gezakten Fluͤgeln außerordentlich schoͤn gezieret. Komuri ist eine ziemlich große, bunte, rauhe und harigte, schoͤne Nachtfliege: sie hat mit der Fle- dermaus einerlei Namen. Von Kaͤfern giebt es verschiedene seltene Geschlechter: unter denselben ist ein schwarzglaͤnzender, groͤßer wie der Mistkaͤfer, mit zwei krummen etwas ha- kigten Hoͤrnern; deren groͤstes, wie beim Rhinoceros, vorn uͤber die Nase empor steht; das kleinere ist auf der Schulter, und mehr vorwaͤrts gebogen. Diese Kaͤfer sind schlecht zu Fus, halten sich die mehrste Zeit in der Erde auf, und sind selten und nicht einmal benant. Sebi . Ein gewisses Geschlecht braune Kaͤfer, Sebi auch Semi genant, ergoͤtzen einen Liebhaber der Natur mit verschiedenen Merkwuͤrdigkeiten. Man findet sie von dreierlei Tab. X. Fig. 6. A. B. Art und Groͤße. Die vornehmsten heißen Kuma sebi, und gleichen an Groͤße und aͤußer- licher Gestalt unsern bei Sommerabend fliegenden Kaͤfern, sie haben aber keine Werk- zeuge zum Fliegen. Sie kriechen im Fruͤhsommer in der Nacht aus der Erde als ihrem Winterlager hervor, und schließen sich mit ihren scharfen rauhen Beinen an das Holz, Blat, Strauch, oder was sie sonst gefast haben, feste an. Hiernaͤchst reist die Schale der Laͤnge des Ruͤckens nach auf, und es kriecht ein anderes Thier heraus, von Gestalt wie eine Biene, und groͤßer als sein beschließender Harnisch, das nach einem Stilsitzen von we- nigen Stunden schnel davon fliehet. Dieses Jnsekt, desgleichen beim Geßner unter dem Namen Cicada vorgestelt wird, machet durch die Querspalte seiner Brust, die es sonst gleichsam mit einem Schilde verschlossen haͤlt, Jn der Beschreibung dieses Jnsekts, dessen Gesangs u. s. f. weicht die englis. Uebersetzung sehr ab; und wie es aus dem Zusammenhang offen- bar zu erhellen scheint, sehr unrichtig. und zugleich durch Bewegung seiner vier Fluͤgel ein scharfes unbegreiflich helles Getoͤse, welches in einer weiten Entfernung in die Ohren gelt, und das man eine Viertelmeile weit hoͤren kan. Die Berge und Buͤsche sind mit ihrem Geraͤusch erfuͤlt; und sie verlieren sich erst nach und nach in den Hundstagen. Man sagt, daß sie alsdenn wieder in die Erde kriechen, und durch eine neue Verwandlung wieder zu Kaͤfern werden solten; es ist aber dieses ungewis. Jhren gemeinen Namen haben Tab. X. Zehnt. Kap. Von den vierfuͤßigen Thieren, Voͤgeln ꝛc. haben sie bekommen von ihrem Gelaut Semi oder Sebi, welches sie vielmals nach einan- der, erst langsam, und nachher immer geschwinder von sich geben, bis sie ihr Liedchen mit einem Getoͤs, gleich einer ablaufenden Spille der Knopfmacher, beschließen. Jhr Ge- sang faͤngt nach Sonnenaufgang an, und dauert nicht laͤnger als bis zum Mittag. Die Tab. X. Fig. 6. C.D.E. leren Huͤlsen ( Exuvien ) semi no muki gara genant, werden zum Arzneigebrauch einge samlet, und sind hier und durch Sina in den Apotheken zu kaufen. Eine andere Art die- ses Geschlechts, welche viel kleiner ist, und daher ko sebi heist, komt einige Monate spaͤ- Tab. X. Fig. 6. F. G. H. I. ter zum Vorschein, und zur Zeit, wenn jene abnehmen. Sie schreien blos vom Mittag bis zum Abend, bis spaͤt in den Herbst, mit beinahe gleichem doch viel leiserm Laute, nach welchem er auch von dem gemeinen Mann Tsuku Tsuku boo genant wird. Eine dritte Art ist diesen an Groͤße und Eigenschaften gleich, ausgenommen, daß sie den ganzen Tag Tab. X. Fig. 6. K. L. durch singt. Die Weibchen dieser drei Arten sind stumm, und haben eine verschlosne Brust; uͤbrigens aber eine gleiche Gestalt und Groͤße, wie ihre Maͤnchen. Spanische Fliegen . Die Canthariden sind an Farbe den spanischen gleich; allein runder und so groß wie ein junger Kaͤfer. Jhr Gebrauch ist hier unbekant. Außerdem giebt es ein anderes Geschlecht, Fan mio genant, welches uͤberaus kaustisch ist, und daher fuͤr giftig gehalten wird. Diese befinden sich auf den Reisaͤhren; sie sind lang, schmal, und kleiner wie die spanischen Fliegen; von Farbe blau und goldfaͤrbig, mit carmoisinrothen Flecken Tab. X. Fig. 7. und Strichen, und deswegen von ganz vorzuͤglicher Schoͤnheit. Das schoͤnste Jnsekt . Das schoͤnste von allen fliegenden Jnsekten, welches auch hier selten gefunden, und von dem Frauenzimmer unter ihren Seltenheiten aufbewahrt wird, ist eine schmale, halb- fingerlange Jn der englis. Uebersetzung: „Eine Fingerlange.‟ runde Nachtfliege; mit zwei Schlupfluͤgeln, und unter denselben mit andern durchscheinenden versehen, mit blauen und goldnen Strichen der Laͤnge nach gezieret, glaͤn- zend wie ein Spiegel, und von so ausnehmender Schoͤnheit, daß man in einem paraboli- schen Maͤrchen von demselben erzaͤhlt, daß sich alle des Nachts fliegende Jnsekten in das- selbe verliebten. Es halte aber dieselben dadurch ab, daß es ihnen befiehlt, erst Feuer zu hohlen, und ihnen verspricht sie nachher zu lieben. Diese Liebhaber fliegen alsdenn in blinder Eile in die Kerze, und beschaͤdigen sich so sehr, daß sie das wiederkommen ver- gessen. Das Weibchen ist nicht so schoͤn und glaͤnzend, sondern beinahe aschfarbig und geflekt. T 3 Eilftes Eilftes Kapitel. Von Fischen und Muscheln. Seeproducte . D as Wasser giebt zum gemeinen Unterhalt der Japaner, wenn man den Reis ab- rechnet, eben so viel oder noch mehr als das Land. Denn dieses Meer ist uͤber- aus reich an Seekraͤutern, Fischen und Muscheln; und unter diesen ist wenig oder nichts, das nicht ihre ersten Vorfahren aus Armuth zur Speise gebraucht haͤtten; und welches nicht in spaͤthen Zeiten und bei mehrerer Cultur zu Delikatessen und zur Ueppigkeit ange- wandt waͤre. Fische und Muscheln werden bei ihnen mit dem gemeinschaftlichen Namen Kiokai oder gewoͤhnlicher Jwokai benant. Jch werde von denselben diejenigen, welche mir vorge- kommen, obgleich die mehrsten von ihnen auch in unsern Waͤssern gemein sind, nach ihren einlaͤndischen Namen bekant machen. Es wird dies eine Vorbereitung seyn, und dienen ein| kuͤnftiges Capitel zu erlaͤutern, worin ich von den japanischen Speisen und Kuͤchenwerk handeln werde. Walfische . Unter allen Seegeschoͤpfen ist keines, das zur Saͤtigung des hungrigen Poͤbels mehr beitraͤgt, als der Kudsira oder Walfisch. Dieser wird beinahe um ganz Japan gefan- gen; aber am haͤufigsten im See Kumano, welcher die suͤdlichen Ufer der Jnsel Nipon bespuͤhlet: nach diesen um die Jnsel Tsusima und Gotho, und hiernaͤchst an den Ufern Omura und Nomo. Der Fang geschieht durch Wurfpfeile, wie bei Groͤnland, aber mit bequemeren Fahrzeugen; diese nemlich sind klein, schmal, vorn spitzig, mit 10 Ruder- knechten besezt, und uͤberaus schnell. Ein reicher Fischer in Omura, Namens Gilaijo, hat Eilft. Kap. Von Fischen und Muscheln. hat im Jahr 1680 eine neue Art ersunden die Walfische zu fangen; nemlich dieselben mit Netzen aus Stricken von der Dicke zweier Daumen zu uͤberziehen; und hierin ist ihm bald ein Bauer in Gotho, Jwonomo genant, gluͤklich nachgefolgt. Dies Thier sol nemlich, so bald es sein Haupt bestrikt fuͤhlt, nicht schwimmen koͤnnen, sondern stil halten: und wird alsdenn mit Wurfpfeilen auf gewoͤhnliche Art geschossen und aufgebracht. Diese Art sol aber weitlaͤuftige Zurichtungen, und weit groͤßere Kosten erfordern als die gemeine. Denn da die gemeine nicht uͤber zwanzig Kisten Silber erfordert, so kan diese nicht unter zwanzig Kisten ausgefuͤhrt werden: sie ist aber dagegen viel groͤßer und vortheilhafter. Verschiedene Arten von Walfischen . 1) Siebi ist der vornehmste und groͤste. Es ist ein sehr dicker Fisch, und giebt den mehrsten Thran; er hat auch das beste und ein sehr gesundes Fleisch, dem die Arbeits- leute und Fischer, welche bei Tag und Nacht, und im kalten Wetter so viel Ungemach ausstehen muͤssen, die Erhaltung ihrer Gesundheit zuschreiben. 2) Awosangi, gemeiniglich Kokadsura, das ist kleiner Walfisch genant, ist kleiner als der Siebi; er hat ein aschgraues Fel, und auch eine verschiedene Gestalt. 3) Nagass ist ein 20 bis 30 klafterlanger Fisch. Er kan 2 bis 3 Stunden unter Wasser bleiben, und unter demselben etliche Meilen fortstreichen, da andere stets Luft schoͤ- pfen muͤssen. 4) Satoo Kudsura, oder der blinde Walfisch. Dieser Name ruͤhrt von der Figur einer Bijwa oder einlaͤndischen Laute her, worauf die Blinden in diesem Lande zu spielen pflegen, und deren Figur auf dem Ruͤcken dieses Walfisches abgebildet ist. Es ist eine kleine Art; erlangt aber doch zuweilen die Laͤnge von 10 Klaftern. Sie findet sich hier sehr haͤufig, ihr Fleisch aber ist ungesund; weil es, wie man sagt, gar zu hitzig ist, Ca- tharrhen, Kraͤtze und Kinderblattern verursacht, und alte Gebrechen wieder erneuert. Wer dieses Fleisch kent, kauft es nicht; es wird aber, wie das Fleisch aller andern Walfische, unter dem Namen des Walfisches Siebi aufs Markt gebracht. 5) Mako ist nur 3 bis 4 Faden lang, und wird auch nicht groͤßer. Mako heist sonst auch jeder junge Walfisch; aber hier ist es ein eigener Nahme. Er wird um die oͤstliche Seite von Japan, und am haͤufigsten bei Kino Kuni und Satzuma gefangen. Diese Art fuͤhrt gemeiniglich in den Gedaͤrmen Ambra: sie giebt aber kein Thran als blos aus dem Kopfe. 6) Jwasi Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. 6) Jwasi Kusira, das ist Sardeinfresser; dieser hat Schwanz und Flosfedern wie ein gemeiner Fisch. Wir haben ihn gesehen im Monath April, zwischen Caminoseki und Siminoseki; und es duͤnkt mir, es sey der so genante Nordkaper. Nutzung der Walfische . Von allen diesen Walfischen wird außer den breiten Huͤftbeinen gar nichts als unbrauchbar weggeworfen. Die Haut, welche schwarz ist, das Fleisch, welches roth und wie Kuhfleisch aussiehet, die Gedaͤrme, die man wegen ihrer Laͤnge Siakfiro, das ist 100 Klafter nennt, und alle uͤbrige Eingeweide werden eingesalzen, gekocht und genuͤzt. Das Spek wird zu Thran oder Lampenoͤl ausgebrant, und dessen Schroten, nachdem sie zum zweitenmal ausgebraten werden, gegessen. Die Graͤten sind weis und knoͤrpelich, und werden, wenn sie noch frisch sind, zur Speise gekocht; mehrentheils aber geschabet, und getroknet und so fuͤr die Kuͤche aufgehoben. Aus andern nerveusen Theilen, so wol weißen als gelben, werden grobe Saiten oder Schnarren gemacht, um Baumwolle damit zu be- reiten; oder auch um sie auf Jnstrumenten zu gebrauchen. Der Abfal davon geht gar nicht verlohren, sondern findet auch einen Gebrauch in der Kuͤche. Die Flosfedern oder Fisch- bein werden zu den subtilen Gold- und Silbergewichten, die auch den Namen davon haben, wie auch zu andern schwarzen Zierathen und mancherlei Manufacturen gebraucht. Satsifoko . Satsifoko ist ein Fisch gemeiniglich 2 bis 3, zuweilen 5 bis 6 Klafter lang. Er hat zwei lange Zaͤhne, welche aus dem Maule aufwaͤrts hervorstehen. Man stelt dieselben zuweilen auf die Giebel der Schloͤsser und Tempel. Dieser Fisch sol, wie die Fischer er- zaͤhlen, ein listiger Feind der Walfische seyn; indem er ihnen in den Hals kriechen, die Zun- ge ausfressen, und sie so toͤdten sol. Und beim Einkriechen, sagen sie, wisse er seinen Kopf so zu beugen, daß seine Hoͤrner ihm keine Hindernis verursachen. Jruka . Tab. XI. Fig. 1. Jruka ist der bekante Fisch, der durch ganz Jndien Tennye genant wird. Furube . Tab. XI. Fig. 2. Furube ist ein Fisch von gemeiner Groͤße; bei den Hollaͤndern in Jndien ein Aufbla- ser genant, weil er sich so dick wie eine große Kugel aufblasen kan, wird fuͤr toͤdtend giftig ge- halten. Es giebt derselben im japanischen Meer drei Arten, und jede in großem Ueberflus. Die erste Susume buku ist klein, und wird daher wenig gegessen, die zweite Art heist Mabuku, das ist, der rechte und aͤchte Buku, bei den Japanern wird dieser Fisch fuͤr die Tab. XI. Eilft. Kap. Von Fischen und Mulscheln. die groͤste Delikatesse des Meers gehalten; und von jedem genossen, nachdem der |Kopf, Graͤthen und Eingeweide davon getrent, und auch dem Fleisch durch behutsames und fleißi- ges Abwaschen alles Schaͤdliche benommen worden. Und dennoch sterben oftmals Men- schen davon; man giebt aber alsdenn die Schuld einer nachlaͤssigen Reinigung. Von die- sem unabgespuͤhlten Fleisch pflegen diejenigen, welche wegen unheilbarer Krankheit des Lebens uͤberdruͤssig sind, sich ein Todtenmal zuzurichten. Dem Nachbarn meines Dieners in Na- gasakin schlugen allenthalben die spanischen Pocken aus, und es began ihm schon die Nase einzufallen. Er entschlos sich daher zu dieser Mahlzeit; und kochte sich von dem ungewasche- nen zerstuͤkten Fleisch ein Todtengericht. Er that, um das Gift noch fuͤrchterlicher und wirksamer zu machen, aus eignem Gutduͤnken noch Rus aus dem Strohdach mit hinein: und legte sich nach eingenommener Mahlzeit auf sein Sterbebette. Worauf er, aͤngstlich mit dem Tode ringend, sich bestaͤndig erbrach, und einer Menge zaͤhen Schleims sich ent- ledigte; wodurch denn der Magen von dem frischen eingenommenen Gifte, und die ganze Natur von der eingewurzelten Krankheit gluͤklich befreiet wurde, und dieser Man unver- muthet seine Gesundheit wieder erlangte. — Vor einigen Jahren befanden sich in derselben Stadt fuͤnf Personen nach einer Mahlzeit von diesem Fisch so uͤbel, daß sie ploͤzlich ihre Kraͤfte verlohren, in Ohnmacht, Raserei und Blutbrechen verfielen, und innerhalb we- nig Tagen ihr Leben endigten. — Man wil aber dennoch, ohngeachtet der Gefahr, sich dieses Leckerbissens nicht enthalten. Jndessen ist durchs ganze Reich den Soldaten verbothen, von diesem Fisch zu essen. Und wenn einer davon stirbt, so ist der Sohn der Nachfolge im Amte seines Vaters verlustig. Dieser Fisch wird viel theurer verkauft als andere gemeine Fische; er mus aber frisch genossen werden. Die dritte Art wird Kita makura, das ist Nordkuͤssen, ich weis nicht warum, genant; und man nent auch so eine Person, die mit dem Haupt gegen Norden schlaͤft. Dieser Fisch hat ein absolut toͤdliches Gift, welches ihm durch kein Waschen kan benommen werden. Er wird wissentlich niemals zur Speise genommen, als von denen, die sich ent- leiben wollen. Wasserbauch . Ein gewisser Fisch, Wasserbauch genant, ist so lang wie ein zehnjaͤhriger Knabe, und ohne Schuppen und Flosfedern. Er hat ein ungeheures Haupt, Maul und Brust; einen großen duͤnnen Bauch wie ein Sak, welcher durchs Maul angefuͤlt eine große Men- ge Wasser fassen kan; scharfe duͤnne Zaͤhne wie eine Schlange; fast keine Gedaͤrme, und sehr kleine geringe Eingeweide. Unter seinem Bauche hat er zwei platte cartilagineuse Fuͤße mit Fingern, beinahe wie eine Kinderhand, womit er scheint auf dem Grunde des Wassers fortzukriechen. Alle seine Theile, nichts ausgenommen, dienen zur Speise. U Man Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Man faͤngt ihn zwischen Camokura und Jedo; an welchem lezteren Ort ich ihn habe zur Kuͤche bringen sehen. Tai . Tai, heist ein Fisch, den die Hollaͤnder in Jndien Steinbrassen nennen. Es ist der vornehmste Fisch in Japan; theils aus Aberglauben, weil er ihrem Goͤtzen Jebis ge- heiligt ist, und fuͤr sehr gluͤklich gehalten wird; theils auch wegen seiner Schoͤnheit und Glanzes unter dem Wasser. Er ist selten, gleicht an Gestalt beinahe einem Karpfen, und ist von Farbe roth und weislich. Das Weibchen hat rothe Kieven. Bei großen Gastmalen am Hofe wird das Stuͤk zur Unzeit gekauft, bisweilen zu 1000 Cobang bezahlt. Es giebt noch eine schwaͤrzliche Art von diesen Fischen, wegen ihrer Farbe Karo da i , der schwarze Steinbrassen genant; man haͤlt sie aber fuͤr weit schlechter als die vorige Art. Sie werden um Saikokf gefangen. Susuki, Funa, u. s. f. Susuki ist ein sogenanter Kahlkopf; ( Tab. XI. Fig. 3.) Funa ein Fisch, dem Karpfen gleich, von dem man glaubt, daß er Arzneikraͤfte besitze, und besonders gegen den Wurm. Nagos, eine andere laͤngere Art wie ein Karpfe. M é baar ein Fisch, der uͤber seinen ganzen Leib blutroth ist; von Groͤße und Gestalt wie ein Karpfe oder Stein- brassen, und mit so sehr hervorstehenden Augen, daß der ganze Apfel aus seiner Grube her- vorragt; es ist ein schlechter Fisch, eine Nahrung armer Leute, der haͤufig gefangen wird. Koi, eine Art Barsch oder Karpfen, der bis 1½ Sakf lang ist, wird in suͤßem Wasser Tab. XI. Fig. 4. gefangen. Er sezt sich gegen die Wasserfaͤlle und schwingt sich hinauf; er ist so stark, daß er sich zween Menschen, die ihn gefast, aus den Haͤnden entreist. Er wird so wol frisch als eingepoͤckelt in andere Provinzen verfuͤhrt. Jm Saifu oder Tensiu Teiche oder See er- langen einige die Laͤnge von 4 Sakf. Mar oder Maar ein Salm oder Lachs wird meist in Fluͤssen und suͤßen Meeren gefangen. Jto Jori ein Salmonat. Makuts ein Har- der. Sawara ein Koͤnigsfisch. Fjuwo ( Tab. XI. Fig. 5.) ein Draatfisch. Ara ein durch ganz Jndien von den Hollaͤndern so genanter Jacob Evers. Kusuna ein Stumpfnase. Kamas ein Schnik oder Hecht. Susuki ein Scharffisch, aber lang und schmal. Adsi, von den Hollaͤndern Masbanker genant, wovon es verschiedene Arten giebt; die groͤste, Oodsj, ( Tab. XI. Fig. 6.) wird fuͤr die vornehmste gehalten. Fuka ein Kaye. Same oder Fuka same ( Tab. XI. Fig. 7.) ein Rogge mit Perlenfel. Dieses Fel wird haͤufig aus Siam in Japan verfuͤhrt, weil es dort weit edler und schoͤner ist. Jei Eilft. Kap. Von den Fischen und Muscheln. Jei ein Ragfisch; von diesen giebt es eine Art, bei den Hollaͤndern Pijlstaarts genant, welche ein hornigtes Schwerdtgen am Schwanze haben. Die Japaner glauben, daß dieses wider den Schlangenbis gut sey, wenn derselbe damit bestrichen wird; es mus aber einem lebenden Fisch abgenommen werden. Sie fuͤhren es zu diesem Ende in ihrem Bu- sensak unter andern Leibmedicamenten bei sich. Come oder Jei Schollen. Karei eine Butte. Bora gleichet einem Lachs; er hat ein weißes sehr delikates Fleisch, und wird von den Auslaͤndern Songaats Fisch genant, weil er im Songaats, das ist, im ersten japanischen Monat, gefangen wird. Sein Fleisch wird wie Bremer Lachs geraͤuchert und verfuͤhrt. Die aufgetroknete Krit, Jn der engl. Uebersetzung: „Diese, und uͤberhaupt alle eingepoͤkelte Fische, heist man Ka- rasumi.‟ Karas summi genant, wird wie eine Stroh- geige, je zehn nach einander, an zwei Strohstricke geheftet, und aus Nagasaki, weil der Fisch in Nomo und hier herum gefangen wird, nach Jedo und in andre Provinzen Japans, und auch von den Fremdlingen aus dem Lande verfuͤhrt. Karassumi von andern Fischen wird wenig geachtet. Katsuwo: der beste wird um Gotho gefangen; man zerschneidet das Fleisch in vier Theile, kocht es im Dampf des Wassers, troknet es auf und setzet es hiernaͤchst vor zum Trinken. Die Hollaͤnder fuͤhren es aus, unter dem falschen unbekanten Namen Comtlomaas. Mana gatsuwo, ein platter Fisch wie eine Butte, mit einem Auge in der Seite. Sake, vielleicht ein Cabliau; er wird wie ein Stokfisch getroknet, aus Jeso in Japan gebracht: seinen Namen hat er vom Geruch, weil er nemlich wie das Getraͤnk Sake riecht. Tara, eine Art Stokfisch, komt aus den nordlichen Provinzen: der beste aus Tsjoosin; daher wird er Tsjoosin dara genant. Sajori, in Nagasaki susuno Jwo und von den Hollaͤndern Nadelfische ( Tab. XI. Fig. 8.) genant, sind span- nelang, duͤnne und haben lange spitzige Schnabel. Tobiwo, das ist ein Springer, weil er uͤber das Wasser fliegt; er ist selten laͤnger als ein Fus, und sehr wohlschmeckend; er wird aber wenig gefangen. Jwas, Sardein. Kissugo, Spiering oder Sandspiering. Jeso, von den Hollaͤndern vielleicht Sandkruper genant, ist eine Art zwischen dem Aal und Sandspiering. Saba, Makrelen. Ai oder aino iwo, auf hollaͤndisch Mode vis, sind spannelang, halten sich im suͤßen Wasser auf, und laufen sehr schnel. Sjiroo iwo, kleiner Stint oder Weisfisch; Jn der engl. Uebersetzung: „Die Hol laͤnder nennen diesen Fisch kleiner Stint, oder auch Weisfisch.‟ er wird im Fruͤhling vor den Ausfluͤssen der Stroͤme im Meer gefangen. Kono sjiro, von den Hollaͤndern sah sap genant, ist eine Art Heringe, welche den schwedischen Stroͤmlingen nahe kommen. Kingjo, Goldfisch; ein Fischgen von der Laͤnge eines Fingers, roth und am Schwanze goldfarbig und glaͤnzend, und wenn U 2 er Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. er noch jung ist, schwaͤrzlich. Sie werden in Sina und Japan, und jezt auch in Jndien in Wassergefaͤßen unterhalten; und muͤssen mit jungen Muͤcken, die noch ungefluͤgelt sind, gefuͤttert werden. Es giebt eine andre Art, welche silberfarbig ist. Unagi, ein Aal. Oo unagi, ( Tab. XII. Fig 1.) eine andere Art großer Aele. Jaatzme unagi, das ist achtaugiger Aal, ( Tab. XII. Fig. 2.) auf deutsch Neunauge. Do ds joo, auf hol- laͤndisch ein Puytaal, ( Tab. XII. Fig. 3.) ist einen Finger lang, hat einen dicken Kopf und haͤlt sich in nassen Reisaͤckern und Modderpfuͤtzen auf, wie in Deutschland. Es giebt zwei Arten, eine mit und die andere ohne Bart. Man erzaͤhlt, daß sie auch durch Kunst hervorkommen sollen, und zwar aus zerhaktem mit allerlei Unflat vermischtem Stroh; wenn man nemlich dasselbe zur Bruͤtung in freier Sonne mit Moder vermische. Fammo, bei den Hollaͤndern Congeraal, ( Tab. XII. Fig. 4.) ist schmaler und groͤßer als ein Aal; in der See aber doch wie ein Aal anzusehen. — Jka . Jka, eine gemeine Seekatze, wird von den Sinesern und Japanern fuͤr selten und fuͤr ein Leckerbisgen gehalten. ( Tab. XII. Fig. 5. 6.) Die Fische lassen sich auch leichter mit dem Fleische desselben angeln. Tako, eine Seekatze oder Seequalm mit langen Schwaͤnzen oder Fuͤßen, ( Tab. XII. Fig. 7.) an deren Enden sich Cotyledones befin- den, womit dies Thier sich anheftet. Es wird frisch gekocht und auch aufgetroknet, und zu gemeinen Savano oder Aufsaz angewandt. Kuraijge oder weißer Qualm, ( Tab. XII. Fig. 8.) ist die gemeine Art und in allen Waaren befindlich, und durchsichtig, waͤsserig und unbrauchbar. Die andere Art findet sich nicht allenthalben, ist aber fleischicht und es- bar, nachdem sie von ihrer hitzigen Schaͤrfe befreiet und wohl bereitet worden. Die Be- reitung geschieht mit einer Beize von Alaun, womit sie drei Tage hingesezt, darnach so lange gerieben und gespuͤlt wird, bis sie durchsichtig ist; und alsdann wird sie eingesalzen und zur Speise aufbewahrt. Die Haut wird vor der Beizung abgezogen und nach fleißi- gem Abspuͤlen getroknet und zur Kuͤche aufgehoben. Man findet diese Qualmen bisweilen so gros, daß zwei Personen daran zu tragen haben. Jn der engl. Uebersetzung: „daß zwei Menschen sie kaum aufheben koͤnnen.‟ Diese Holothuria, wenn sie be- reitet und gekocht, sind von derselben Substanz, Farbe und Geschmak, wie die so genanten Vogelnester, nidi alcyonum, welche auch ohne Zweifel aus keiner andern Materie als aus dieser zusammen getragen werden, wie mir von sinesischen Fischern berichtet ist. Tab. XIII. Fig. 1. Tab. XIII. Fig. 2. N á mako, von den Hollaͤndern auf Batavia Kaffer Kuͤll genant, ist wohl zu essen. J mori, eine kleine giftige Wassereidex, schwarz mit rothem Bauch. Ta Tab. XII. Eilft. Kap. Von den Fischen und Muscheln. Ta kano makuri, das ist, das Hauptkuͤssen des Seequalms Tako, ist der ge- meine Seestern; er wird nicht gegessen. Schildkroͤte . Unter den geschulpten Fischen mit Fuͤßen wird von den Japanern aus Aberglau- ben, wegen des von ihnen geglaubten langen Lebens, fuͤr omineus und hoͤchst edel gehalten, der Ki oder Came, das ist die Schildkroͤte. Eine gewisse Art von diesen, von den ge- lehrten Mooki, und von den gemeinen Leuten Mino game genant, die mit einem breiten Tab. XIII. F. 3. 4. Schwanz, gleich einem großen runden Bart versehen ist, sieht man durch ganz Japan, wenn nicht in der Natur, wenigstens doch in vielen gluͤkbedeutenden emblematischen Figu- ren, zum Zierath der Tempel, Altaͤre, kaiserlicher und fuͤrstlicher Saͤle. Von den uͤbri- gen Arten sind nachfolgende die gemeinsten: Jsi cane oder Sanke, das ist Stein- und Tab. XIII. Fig. 5. Tab. XIII. Fig. 6. Bergschildkroͤte, weil man sie zuweilen an solchen Orten findet. Jso game oder Doo game, das ist fischichte Schildkroͤte, weil sie sich stets im Wasser bei Fischen aufhaͤlt. An den oͤstlichen und suͤdlichen Gegenden Japans findet sich eine so große Schildkroͤte, daß ihr Schild beinahe einen ganzen Menschen bedekt. Krebse u. s. f. Jebi, so werden allerlei Krebse und Garnelen genant, so wol in suͤßen als salzi- gen Wassern. Unter diesen sind mir folgende Geschlechter mit Namen bekant: Jebi sako, die gemeinen kleinen Krabben, welche die baltischen Ufer auch uͤberfluͤssig liefern. Sako heist allerlei kleines Gefische. Si Jebi, sind wie gemeine Krebse. Dakma Jebi, sind desgleichen, aber uͤber 10 Jahr ganz schwaͤrzlich, und werden in suͤßen Wassern gefangen. Kuruma Jebi, das ist, Radgarnelen, wegen der Figur ihres Schwanzes so genant. Umi Jebi, große Krabben oder Krebse, von der Laͤnge eines Fußes. Sie werden ge- kocht, dann zerschnitten, und so zubereitet, oft als Sakana (Aufsaz von troknen Gerich- ten) vorgesezt. Man mus sich in acht nehmen, daß man den schwarzen Schwanz davon nicht mitisset; denn er verursacht bisweilen Bauchschmerzen und die Cholera. Siakava, eine Krabbe mit breitem Schwanz, haͤlt sich im Wasser bei andern kleinen Fischen auf; sie hat wenig und im vollem Mond beinahe gar kein Fleisch. So wie alle Testacea, ganz entgegengesezter Weise als in Europa, beim Neumond fleischichter und voller sind. Eben dieses bemerkt man auch in dem uͤbrigen Jndien jenseits des Ganges. Gemina oder Tab. XIII. Fig. 7. Koona, ist eine Krabbe, die sich in einem bunten Schneckenhause aufhaͤlt. Kani oder Taschenkrebs, ist der gemeine europaͤische, der sich in Fluͤssen aufhaͤlt, wird mit dem alge- meinen Geschlechtsnamen benant; Kabuto gani oder Unkju ist am Vordertheil seines Lei- Tab. XIII. Fig. 8. U 3 bes Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. bes scharf, und mit einem stachlichten Schwerdtgen geschnabelt; hinten rund und glatt. Tab. XIV. Fig. 1. Gadsame ist eine Art von gemeiner Groͤße, dessen oberste Schale auf beiden Seiten scharf zugeht; und auch hinten mit ein Paar Scheren, die aber kleiner sind als die vordern, be- wafnet ist. Simagani, das ist, gestreifter Taschenkrebs, so wol von Farbe als Sta- Tab. XIV. Fig. 2. cheln, mit welchen sich die Schale allenthalben erhebt; nur die Hinterfuͤße sind glat und cylindrisch. Sie werden in der oͤstlichen See, und auch im sirigaischen Meerbusen haͤu- fig gefangen. Jch habe vom leztern Ort ein Glied vom Fuße aus einer Garkuͤche mitge- bracht, welche an Groͤße und Figur eines Mannes Schienbein gleichet. Muscheln und Schnecken, von was fuͤr Geschlecht oder Art sie auch sind, keine ausgenommen, dienen hier alle zur Speise: roh, getroknet, eingesalzen, frisch gekocht, oder gebraten. Sie werden waͤhrend der Ebbe von dem Strande taͤglich aufgesucht, auch mit Netzen, und von Taͤuchern ans Land gebracht. Die gemeinsten und bekantesten sind folgende: Tab. XIV. Fig. 3. Awabi; diese Muscheln bestehn nur aus einer einfachen oder einseitigen Schale. Sie haben die Groͤße wie eine mittelmaͤßige persische Perlemutter; sind aber nicht so flach. Sie sitzen tief unter der See, mit der ofnen Seite an den Klippen angeschlossen, und werden von den Fischweibern, welche durchgehends Jn der englischen Uebersetzung: „welche die besten Taͤucherinnen im Lande sind.‟ Taucherinnen sind, heraufgehohlt. Diese fahren mit einem Spies oder langen Messer, womit sie sich wieder den Kaije schuͤ- tzen koͤnnen, hinab; und wenn sie eine Awabi antreffen, stoßen sie dieselbe schleunig, ehe sie sichs versiehet, mit einem Stos herunter: denn sie saugt sich sonst so feste an die Klippen, daß sie durch keine Gewalt kan abgerissen werden. Diese Muschel ist mit einem großen Stuͤk Fleisch erfuͤlt, welches von Farbe gelblichweis, von Substanz sehr zaͤhe und ohne Fiebern ist. Die Japaner sagen, daß dies die vornehmste Speise ihrer duͤrftigen Voreltern gewesen sey. Und deswegen setzen sie auch auf jedem Gastmal, zum Gedaͤchtnis und gluͤklicher Deutung, ein Gericht von demselben auf. Es ist auch ein gewoͤhnlicher hoͤflicher Gebrauch geworden, sowol unter geringen als vornehmen Personen, daß bei allen Ge- schenken, es sei Geld, Fruͤchte, Stoffe oder irgend etwas anders, eine Strenge dieses getrokneten Fleisches beigelegt, oder wenigstens ein Stuͤkgen davon uͤbergeklebt werde: wie sie sagen, zu einem ehrerbietigen Gedaͤchtnis und Gluͤkszeichen. Die Bereitung des Flei- sches besteht darin, daß mans in die Runde herum zu duͤnnen langen Riemen schneidet, dieselbe uͤber ein Bret ausspant und so auftroknet. Jn Tab. XIII. Eilft. Kap. Von den Fischen und Muscheln. Jn dieser Muschel wird bisweilen eine große Perle gefunden, welche aber unfoͤrmig, gelblich, und bei den Japanern in keinem Werth ist. Tairagi ist eine lange, platte, spizzulaufende, duͤnne, große Muschel; ihr Tab. XIV. Fig. 4. Fleisch ist auf beiden Seiten mit einer starken Sehne befestigt. Die beste findet sich im Arimaischen Meerbusen, und enthaͤlt daselbst bisweilen Perlen. Akoja ist eine flache Hornmuschel, von der Groͤße einer Handbreit; auswendig schwaͤrzlich, schiefrigt, und haͤslich; inwendig wie Perlenmutter. Die edelste wird im Omaischen Seebusen gefunden, und giebt daselbst eine kostbare Perle. Mirukai eine gemeine schwarze Muschel, wie man in Deutschland in Fluͤssen findet. Tamaguri, sind Muscheln von derselben Form und Tab. XIV. Fig. 5. Groͤße, aber dik und sehr glat; inwendig schneeweis und auswendig braͤunlich. Sie die- nen dem muͤßigen Dairi oder Erbkaiserlichen Hofe zum Spiel und Zeitvertreib, nachdem sie inwendig mit curieusen Figuren bemalt worden sind. Das Spiel besteht darin, daß man unter die anwesende Geselschaft| einen Nasch dieser Muscheln zum Grabbeln ausschuͤtte. Nachdem nun ein jeder seine Anzahl zu sich genommen, gewinnet derjenige, der die mehrsten Paare aufweisen kan. Die zusammengehoͤrende schließen jede mit Grundfugen von verschie- dener Figur in einander, und sind daher leicht zu erkennen. Die mehrsten und schoͤnsten werden auf den Ufern vor Quako gesammelt. Si dsimi, ist eine kleine Muschel, gleich der Famaguri, doch duͤnner von Schalen, und wird im Modder gefunden. Kaki oder Utsi kaki, Austern, sind hier unfoͤrmig, rauh, steinigt, unter sich selbst und an den Klippen zusammen gewachsen. Es giebt eine große und kleine Art; die beste und zugleich große, findet sich im Seebusen Kamakura. Kisa oder Akagai sind auswendig weis, Tab. XIV. Fig. 6. und mit tiefen gleich ablaufenden Gruben geziert; inwendig roth. Die Schalen versieht man mit einem Stiel und braucht sie in der Kuͤche zum Schoͤpfen. Nakatagai, eine große unfoͤrmige und gestreifte schwarze Muschel. Asari, eine sehr kleine, duͤnne, aschfarbige, weiße Muschel. Te oder Ma tei ( Tab. XIV. Fig. 7.) eine hole, duͤnne Muschelpfeife, worin sich eine delikate Schnecke auf haͤlt. Umi Fake, eine andere beruͤhmte Muschelroͤhre, ist spannelang, und so dik, daß man sie zwischen Zeiger und Daumen beschließen kan. Jhr Fleisch wird in Salz oder andere Tunke eingelegt, und zur Tafel aufgehoben. Diese Mu- schel findet sich allein um Tsjkungo; dessen Herr den Fang jaͤhrlich so lange verbiethet, bis er davon des Kaisers Tafel versehen hat. Takara gai, durch Jndien Kaners genant, Tab. XIV. Fig. 8. werden aus den maldivischen und andern Jnseln, in Bengalen, Pegu und Siam einge- fuͤhrt; und daselbst als gemeine Land- und Scheidemuͤnz gebraucht. Die japanischen sind verschiedner Art; die besten bringt man aus Riuku, und macht eine weiße Schminke daraus. Sasai ist eine ziemlich wohlschmeckende Seeschnecke, in einem gewundenen, Tab. XIV. Fig. 9. dicken, rauhen, stachlichten, gebuckelten weißen Hause: dessen Eingang mit einem platten dicken Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. ꝛc. dicken, steinharten, gewundenen Schilde geschlossen wird; welches auswendig rauh und wie ein Lapis Judaicus, aber doch schaͤrfer, inwendig aber glat und feste angewachsen ist. Nisi, ist eine Schnecke von derselben Figur, auch wol etwas groͤßer; hat aber ein weit schlechters Fleisch wie die Sasai; sie saugt sich wie Awabi an die Klippen feste. Gemeine Leute bedienen sich der Schalen, auf Strohkraͤnzgen festgestelt, zu Speitoͤpfen. Tan Nisi, sind Schnecken in gewundenen schwarzen Haͤusergen von gemeiner Groͤße; sie werden ans dem Modder der Reisfelder zur Speise eingesamlet: ihre Wohnung schließen sie mit einem steinigten Schilde. Bai, eine Schnecke mit einem gemein laͤnglichten, wei- ßen Haͤußgen. Ras oder Mina, eine aͤhnliche, aber schwarz und viel kleiner. Beide werden zur Zeit der Ebbe von dem entwaͤsserten Seestrande anfgesucht. Kabuto gai, ein kleines rauhes Geschlecht, oval und ungewunden. Sugai, eine ganz kleine gewun- dene Muschel. Ende des ersten Buchs . Politische Tab. XIV. Politische Verfassung des japanischen Reichs . Auszug aus den japanischen Annalen, vom Anfang ihrer Chronologie bis zum Jahr Christi 1692. Zweites Buch. X Erstes Kapitel . Ramen der Goͤtter, Gottmenschen und Kaiser, welche in den japanischen Chroniken als die ersten Beherscher des Reichs angegeben sind. U m die Meinungen der Japaner uͤber den ersten Ursprung ihrer Nation, die sie als im Lande selbst entstanden angeben, und die verschiedne Folgen ihrer Kaiser desto begreiflicher zu machen, habe ich noͤthig gefunden, die ganze Geschichte und Chro- nologie von Japan in drei Epochen abzutheilen, die fabelhafte nemlich, die zweifelhafte und die gewisse. Die erste und fabelhafte Epoche der japanischen Regierung gehet weit uͤber die Schoͤpfung, wie sie in der heiligen Schrift angesezt ist. Sie geben nemlich vor, daß Japan eine lange Zeit unter der Regierung der sieben himlischen Geister oder unbe- fleischten Goͤtter, welche sie nennen Ten Dsin Sitzi Dai, das ist, der himlischen Goͤtter sieben Geschlechte, deren jedes eine große Anzahl Jahre regierte, gestanden habe. Diese japanische Goͤtterhistorie ist sehr uͤberhaͤuft mit sonderbaren und wunderbaren Bege- benheiten und großen blutigen Kriegen, welche ihrem Vorgeben nach in diesem ersten Al- ter der japanischen Welt sich sollen zugetragen haben. Die zwei chronologischen Autoren, welchen ich in Beschreibung dieser Historie gefolgt bin, erwaͤhnen nur ihrer Namen mit der Nachricht, daß die drei ersten nicht beweibet, sondern unverheirathet gewesen waͤren, die vier lezteren aber haͤtten ein jeder seine Gemalin gehabt, welche zugleich Mitgenossen in ih- X 2 rer Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. rer Regierung gewesen, daher auch derselben Namen mit waͤren aufgezeichnet worden. Von dieser ersten Erbfolge der Goͤtter habe ich bereits Gelegenheit gehabt im siebenten Kapitel des ersten Buchs weitlaͤuftiger zu reden, wohin ich also den geneigten Leser verweise, und nur hier wiederhole, daß der lezte von dieser ersten Erbfolge Jsanagi Mikotto seine Gemalin Jsanami Mikotto fleischlich erkant, und also ein ander Geschlecht der Halbgoͤt- ter oder Gottmenschen gezeugt habe, wovon der erste in der Regierung von Japan ge- folget sey. Dieser Halbgoͤtter sind in der Zahl fuͤnf, welche heißen: Dsi sin Go Dai, das ist: irdischer Goͤtter fuͤnf Herscher, welche in folgen- der Ordnung regieret haben. 1) Ten sio Dai dsin, aͤltester Sohn und Erbe von Jsanagi Mikotto, fuͤr dessen und seiner Bruͤder und Nachkommen Andenken die Japoneser jedesmal große Ehr- furcht bezeugen. Man sagt, er habe 250,000 Jahre regieret. Sina soll waͤhrend seiner Regierung von Ten kwo Si, welchem auch eine lange und fabelhafte Regierung beigelegt wird, beherschet seyn, und nach ihm sollen drei Descendenten seines Geschlechts die Her- schaft uͤber das Kaiserthum Sina gehabt haben. 2) Oo si wonino Mikotto, lebte und regierte in allem 300,000 Jahr. Zu seiner Zeit, wie auch unter der Regierung seines Nachfolgers bis zum Anfang der Regie- rung des vierten japanischen Dsi sin, hat das Kaiserthum Sina der Sat Teiki be- herschet. 3) Ni ni ki no Mikotto regierte 318,533 Jahr. Die ganze Zeit seiner Regie- rung war Sat Teiki Kaiser von China. 4) D é Mi no Mikotto hat regieret 637,892 Jahr. China wurde zu der Zeit regieret durch den Kaiser Katsura Kaki, welchem fuͤnf Prinzen von seiner Familie ge- folget sind. 5) Der fuͤnfte und lezte dieser irdischen Halbgoͤtter war Awa se dsuno Mi- kotto; er regierte 836,042 Jahr, daß also die ganze Zeit der Regierung, worin diese irdi- sche Halbgoͤtter das japanische Reich beherschet haben, sich belaͤuft auf 2, 342, 467 Jahr. Dieses ist alles, was die Japaner von dem alten Zustande und der Regierung ihres Reichs vor- zubringen wissen, woruͤber kluge Japaner selbst sehr empfindlich sind, und es als eine Sache ansehen, die großem Zweifel und vieler Ungewisheit unterworfen ist, wiewol sie doch nicht alles ganz fabelhaft und erdichtet halten, weil alle, ohne Ausnahme, eine besondere Hoch- achtung vor Jsanagi und dessen Gemalin Jsanami, als Stamaͤltern ihres Volks, bezeu- gen, indem diese, wenn es erlaubt ist so zu reden, ihr Adam und Eva sind. Die Erst. Kap. Namen der Goͤtter, Gottmenschen und Kaiser ꝛc. Die Rechte, welche das Geschlecht der geistlichen Erbkaiser in Japan zur Krone und Regierung berufen, und welcher sie sich frei und ungehindert waͤhrend einer viele Jahre fortdauernden Erbfolge erfreuet haben, sind auf eine in gerader Linie von Ten sio Dai dsin des Jsanagi erstgebornem Sohn und Erben, und immer dessen aͤltestem Sohn, und so weiter herunter herruͤhrenden Abstammung gegruͤndet. Es ist daher kaum eine Stadt oder Dorf im ganzen Kaiserthum, worin nicht ein oder etliche Tempel zu seinem Andenken auf- gerichtet waͤren, und wird besonders seiner Residenz, dem Vorgeben nach in der Provinz Jsje, solche Heiligkeit zugeschrieben, daß zu gewisser Jahrszeit das Volk von allerlei Range, Hohe und Niedrige, Reiche und Arme, dahin wie Pilgrimme walfahrten, wovon ich im vierten Kapitel des dritten Buchs ausfuͤhrlicher reden werde. Was die zweite und zweifelhafte Epoche betrift, so ist wenig bekant von dem Zustande dieser Laͤnder und der Lebensart der Einwohner von Anfang der Schoͤpfung, da nach der Beschreibung des großen Gesezgebers Mosis das allerhoͤchste Wesen diese unsere Erdkugel aus nichts hervorgebracht hat, bis zur Zeit ihres ersten Monarchen Sin Mu Ten Oo, dessen Regierung sich im 660ten Jahre vor unsers Heilands Christi Geburt sol angefangen haben. Wenigstens ist wahrscheinlich, daß sie in dieser langen Zeit, oben und unten im Lande, wie die scytischen Einwohner der großen Tatarei noch heutiges Tages, zerstreuet in Horden, und von den uͤbrigen Voͤlkern der Welt durch ein felsichtes und unge- stuͤmes Meer, so ihre Jnsuln umgiebt, ganz abgesondert im Stande der Natur und Freiheit ohne festgesezte Regierungsform und ohne alle Kuͤnste und Wissenschaften, ge- lebt haben. Das benachbarte Koͤnigreich oder Kaiserthum China war damals bereits zu einer betraͤchtlichen Macht und Aufklaͤrung angewachsen. Es bluͤhete in Kuͤnsten und Wissen- schaften, welche auch nach Japan durch die Chineser uͤberbracht wurden, und die Ja- paner verdanken es allerdings diesen, daß sie schon bei Zeiten cultivirt und civilisirt wurden. Da sie nun auch von diesen ihren Nachbaren in den Grundsaͤtzen einer monarchi- schen Regierung unterrichtet waren, so ist wahrscheinlich, daß sie sich mit destomehr Wil- ligkeit unterworfen haben, als Sin Mu Ten Oo uͤber sie zu regieren anfieng, insonderheit da dieser Prinz von einer unter ihnen beliebten und heilig gehaltenen Familie entsprossen war. Zu eben dieser Zeit, damit eine so ansehnliche Periode in ihren chronologischen Buͤchern nicht leer bliebe, haben sie die Luͤcke mit denen Namen der ansehnlichsten Monarchen ange- fuͤllet, welche nach der von Katsura Kuki niedergelegten Regierung nebst fuͤnf andern von der Familie auf dem Thron von China gesessen haben sollen. X 3 Der Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Der erste chinesische Kaiser, von welchem in diesem zweiten Alter Meldung ge- schieht, ist Fuki oder mit seinem ganzen Tittel Ta ko Fuki, welches die Chineser Fohi aussprechen. Dieser Fuͤrst hatte nach einiger Bericht einen Schlangenleib, und nach an- drer Meinung ein Schlangenhaupt und einen sehr hohen Verstand. Er entdekte die Be- wegung der Himmel und die zwoͤlf himlischen Zeichen, und theilete die Zeit in Monate und Jahre ein; erfand viele nuͤzliche Kuͤnste und Wissenschaften, welche er der Welt zum al- gemeinen Nutzen der Menschen mittheilte. Die Chineser machen ihn zu ihrem ersten Kaiser und Grundleger ihrer Monarchie, und viele unter ihnen geben vor, daß sie von des- sen Regierung bis auf gegenwaͤrtige Zeit eine ganz genaue und ununterbrochene Geschichte ihres Kaiserthums aufweisen koͤnnen, nebst einer wahrhaften chronologischen Erbfolge ihrer Kaiser, welche vor dieser Zeit ganz zweifel- und fabelhaft gewesen sey. Der erwaͤhnte Kaiser sol nach einem meiner japanischen Geschichtschreiber 20, 446 vor Symnu oder 21, 106 Jahr vor Christi Geburt, und also viele 1000 Jahre vor der Schopfung zu regie- ren angefangen haben. Jhm gebuͤhrt aber eigentlich in dieser andern Periode keine Stelle, sondern er solte billiger in die erste und fabelhafte Zeit versezt werden. Kaͤmpfer hat hier gerade eben das geur- theilt, was nach ihm die besten Untersucher der sinesischen Geschichte behauptet haben. Herr De- guignes -- dieser beinahe einzige unter den euro- paͤischen Gelehrten, der zu sinesischen Quellen Zu- gang gehabt hat, sagt: „Es ist uumoͤglich zu be- stimmen, zu welcher Zeit Fohi gelebt und regiert habe. Die chinesischen Geschichtschreiber sind hier- in sehr ungleicher Meiunng. Und ich glaube nicht, daß die historische Gewisheit bis auf seine Zeiten herausgehn kan, da die Chineser selbst sie nur von des Yao Zeit her behaupten.‟ S. seine algemeine Geschichte der Hunnen ꝛc. nach der deut- schen Uebersetzung p. 4. Hr. Hofrath Gatterer trit eben dieser Meinung bei, s. sein Handbuch der Universalhistorie, p. 26. Auch der Pater du Halde behauptet, daß nach den besten sinesischen Geschicht- schreibern die Zeit des Fohi schlechterdings nicht zu bestimmen sey; s. Description de l’Empire de la Chine T. I. p. 260. Auch Couplet selbst trent doch den Fohi und Xin-Num von der fuͤr wahr gehaltnen Geschichte; ob er gleich, wie wir so- gleich sehn werden, dreist genug ist, den Regie- rungsanhang des Fohi genau anzusetzen, doch ohne Gruͤnde anzugeben. Kircher erwaͤhnt einmal bei- laͤufig, (S. China illustrata Part. VI. c. I. p. 225) daß seiner Meinung nach Fohi ohngefehr 300 Jahre nach der Suͤndfluht die Buchstaben der Sineser erfunden habe. Allein auch er giebt keine Gruͤnde. Martin Martinius (in seiner sinicae Historiae De- cas 1. 1658. 4. p. 11) sezt den Regierungsanfang des Fohi ins Jahr vor Christo 2952; Couplet folgt ihm hierin. Mein anderer chronologischer Autor sezt den Anfang seiner Regierung mit mehr Wahrscheinlichkeit in das 2928te Jahr vor Symnu, welches ist das 3588te vor Christi Geburt oder nach Petavio das 396te Jahr nach der Schoͤpfung. Er hat nach einem Autor 110 und nach einem an- dern 115 Jahr regiert. Da ich den leztern Autor in vielen Sachen weit accurater als den ersten Erst. Kap. Namen der Goͤtter, Gottmenschen und Kaiser ꝛc. ersten gefunden, so habe ich demselben zu folgen auch hier fuͤr besser gehalten. Deguignes sagt, einige gaͤben ihm 110, an- dre 101 Regierungsjahre. Martinius, Couplet und Menzel nehmen 115 an. Der ehr- wuͤrdige Pater Couplet sezt in der Vorrede seiner chronologischen Tabellen Der Titel dieses Werks ist: Tabula Chro- nologica Monarchiae Sinicae juxta Cyclos Anno- rum LX. ab anno ante Christum 2952 ad annum post Christum 1683. Auctore R. P. Philippi Con- plet. soc. Jesu. Parisiis 1686. Es pflegt gemeinig- lich dem bekanten Confucius des Couplet ange- haͤngt zu seyn. Ein nicht betraͤchtliches Versehn ist es, daß Kaͤmpfer sagt: Dieser Jesuite setze den Anfang der sinesischen Geschichte ins Jahr vor Christo 2953. Es ist 2952. S. die Praefat. gleich Anfangs p. 1. den An- fang der Regierung des Fohi in das 2953te Jahr vor Christi Geburt, welches unsers Hei- landes Geburt 520 Jahr naͤher komt, und die Zeit ist, in welcher Xinnum und die sieben Descendenten seiner Familie auf dem chinesischen Thron gesessen haben. Deguignes laͤst nach dem Fohi noch funf- zehn Personen aus seiner Familie nachfolgen, welche -- nach seinen Quellen --- zusammen 17,788 Jahre regiert haben. Jhre sinesisch en Namen sind: Niuͤ-vashi, welche von einigen fuͤr des Fohi Gemalin gehalten wird. Kung-kung-shi Ta-Ting-shi Pe-hoang-shi Tshong-yang-shi Lie-lo-shi Li-lien-shi Hao-siuͤ-shi Tsuͤn-liuͤ-shi Hoen-tuͤn-shi Hao-ts hing-shi Tshu-siong-shi Ko-tien-shi Yn-kuam-shi Vu-kuai-shi Menzel sagt auch, daß funfzehn Familien aus dem Geschlecht des Fohi gefolgt waͤren, welche zusammen 1360 Jahre regiert haͤtten. Der andere chinesische Kaiser war Sin Noo, welches die Chineser Xin Num oder Sinnum aussprechen, mit seinem voͤlligen Titel aber Jen Tai Sin Noo Si. Einige Autoren fangen die chinesische Chronologie mit der Regierung dieses Kaisers an, welcher zu der Regierung gelangte im Jahr vor Symnu 2549, welches ist das Jahr vor Christi Geburt 3209, oder nach des Petavii Zeitrechnung 775 Jahr nach der Schoͤpfung. Dieser durchlauchtige Prinz war dem aͤgyptischen Serapis gleich, da er die Menschen im Ackerbau und denen Kuͤnsten, welche unser Leben zu erhalten dienen, unterrichtete, aus welcher Ursach er von einigen mit einem Ochsenkopfe, von andern aber nur allein mit zwei Hoͤrnern an seinem Vorderkopfe vorgestellet worden ist. Er hat die Kraft und Eigenschaft einiger Pflanzen entdecket und hat dieselbe der Welt in einem Tractat mitgetheilt, den er be- sonders an seine Unterthanen geschrieben und gerichtet hat. Sein Bildnis wird unter den Chinesern in sehr hohem Werth gehalten; die Philosophen und Naturkuͤndiger haben es in Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. in einem der besten Gemaͤcher ihrer Haͤuser aufgehangen, mit Laub oder einer Pflanze im Munde, woran er riecht. Er regierte 140 Jahr und hat sieben Nachkommen seines Geschlechts zu Nachfolgern im Reiche gehabt, also daß die Regierung in seiner Familie 520 Jahr gewaͤhret hat. Couplet sagt, Xinnum’s Familie habe 380 Jahr regiert, und Deguignes sezt sie nur auf 306. Die sieben Nachfolger -- von denen aber viele sinesische Annalen gar nicht wissen -- heißen bei ihm: Tilin-kuͤei — regiert 80 Jahr Ti-tshing — regiert 60 Jahr Ti-ming — regiert 49 Jahr Ti-siuen — regiert 45 Jahr Telat — regiert 48 Jahr Tili — regiert 42 Jahr Ti-yuͤkang — regiert 55 Jahr Diese Regenten sind allemal der Vater auf den Sohn gefolgt. -- Menzel stimt in den Jahren und der Folge mit Deguignes voͤllig zusammen; nur fehlt bey ihm der Tili. Die von ihm angefuͤhrten sechs uͤbrigen sollen zusammen regiert haben 337 Jahr. Der Xinnum selbst heist nach sinesischer Ausspra- che bei Deguignes: Yen-ti-Schinnong-shi. Bey du Halde und andern heist er blos Schin-nong, oder Chin-nong. Nach der Absetzung des lezten Kaisers aus diesem Hause kam Xin Num Kwo Tai, oder nach der chinesischen Redensart Hoam Ti, und mit seinem vollen Titel Hon Tai Jun Hin Si, Deguignes nent ihn -- Hoamti-yeu-hiung- shi; bey du Halde und andern heist er Hoangti. Dies Wort bedeutet gelber Kaiser oder Kaiser von der Erde. zur Regierung. Die chinesische Geschichtschreiber glauben ein- hellig, daß dieser Prinz in China regiert habe, und diejenigen, welche die Wirklichkeit der vorhergehenden Regierungen in Zweifel ziehen, fangen die Historie und Zeitrechnung des chi- nesischen Kaiserthums mit der Regierung des Hoam Ti an. Er machte den Anfang seiner Regierung im Jahr vor Symnu 2029, oder vor Christi Geburt 2689, oder nach dem P. Couplet (welchem Doct. Menzelius Jn seiner Chronologie der chinesischen Kai- ser, Berlin 1696 4. Dieser churbrandenburgi- sche Leibmedikus machte mit dem Andreas Muͤller am Ende des lezten Jahrhunderts das Studium der sinesischen Litteratur und Geschichte sehr rege in Deutschland. Menzels Buch verdient es, mei- ner Einsicht nach, auch jezt (da wir freilich durch Deguignes die sinesische Geschichte geuauer und bes- ser kennen) noch immer verglichen zu werden, da er alle seine Nachrichten aus einer sinesischen Quelle (einem Lehrbuche der Geschichte fuͤr die Ju- gend) gezogen hat. genau folget) 2697. Er war nur eilf Jahr alt, als er zur Krone kam. Waͤhrend seiner Minderjaͤhrigkeit wurde daher das Kaiserthum von weisen und klugen Raͤthen verwaltet, welche denn auch großen Fleis anwan- ten den jungen Prinzen so zu erziehen, wie es einem großen Monarchen anstaͤndig ist, der in allen nutzlichen Kuͤnsten und Wissenschaften billig unterrichtet seyn mus. Die Chineser geben Erst. Kap. Namen der Goͤtter, Gottmenschen und Kaiser ꝛc. geben es fuͤr eine gar nicht zu bezweiflende Wahrheit von diesem Kaiser aus, daß er die Kunst des Pulsfuͤhlens gewust, dieselbe nemlich von seinen Lehrmeistern erlernet, und nachmals sie der Welt kund zu machen, befohlen habe. Er regierte 100 Nach Deguignes 110 Jahr. Die andern Quellen stimmen mit Kaͤmpfers Angabe zusammen. und lebte 111 Jahr; es folgten ihm fuͤnf seines Geschlechts in der Regierung nach, bey welchen das Reich 313 Jahr geblieben ist. Nach Deguignes und Couplet hat Hoamti 25 Soͤhue hinterlassen, von denen (wie der leztre Schriftsteller angiebt) in drei kaiserlichen Familien 85 Kaiser abstammen, die zusammen 2457 Jahr regiert haben. Die fuͤnf zunaͤchst folgende Prinzen heißen nach Deguignes die Uti d. i. die fuͤnf Kai- ser, die aber verschieden gerechnet werden. Jhre Regierungszeit laͤst sich nicht zuverlaͤssig bestimmen, da sie von verschiednen sinesischen Annalen verschie- den angegeben wird. Die Regenten vor dem Yao sind folgende: 1) Schao Hao-kien-tien-shi (nach Deguig- nes) Xao-Hao (nach Martinius, Couplet und Menzel) Chao-Hao (nach du Halde) regierte 84 Jahr und ward 100 Jahr alt. 2) Tshuen-Hio-kao-yang-shi (nach Degui- gnes) Chuen-Hio (nach Couplet, Martinius und Menzel) Tshuen-Hio (nach du Halde) regiert nach der gewoͤhnlichen Quelle des Deguignes 70, nach der alten sinesischen Chronik Tsu-shu und nach den uͤbrigen Quellen 78 Jahr, lebt 105 Jahr. 3) Ti-ko-kao-sin-shi (nach Deguignes) Ti Co, (nach Couplet und du Halde) regiert nach ei- ner Angabe des Deguignes und nach Couplet, Martinius und Menzel 70, nach einer andern An- gabe 75, nach der Tsushu 63 Jahr. Ti-ts hi oder Kin (nach Deguignes) Chi (nach Menzel Ts hi (nach du Halde) fehlt bei Couplet. Er regierte 5, nach der Tsus hu 9 Jahr, wurde wegen seiner Wolluͤste abgesezt, und wird daher nicht in der Reihe der Uti mitgerechnet. Jhm folgte sein Bruder Yao. Unter den fuͤnf Prinzen, Hoam Tis Nachfolgern, war Tai Gio oder nach der chinesischen Mundart Ti Gao, Bei Deguignes Ti-Yao-tao-Tang-shi bei Couplet, du Halde und gewoͤhnlich Yao. der allervortreflichste. Er war ein großer Sesin, das ist, ein in verborgenen Kuͤnsten und Wissenschaften unvergleichlich erfahrner Man, und dabey ein recht tugendhafter Fuͤrst und Vater seines Landes. Sein Tod wurde uͤberal von seinen Unterthanen beklagt, welche auf die Trauer fast drei Jahr verwanten. Er kam zur Regierung im Jahr vor Symnu 1697, vor Christi Geburt 2357, Auch Martinius und du Halde nehmen dieses Jahr an; Couplet aber 2397. Deguignes giebt das Regie- rungsjahr des Yao nicht genau an; da dasselbe aber in das 41 Jahr des sechsten sinesischen Cy- clus gesezt wird, und dieses in das 2357te Jahr vor Christo (nach deguignischer Rechnung faͤlt;) so sehe ich, daß dieser Geschichtsforscher hier voͤllig mit Kaͤmpfer zusammenstimt. regierte 73 Yao’s Regierung hat nach dem Tsu-shu und einigen andern deguignischen Quellen und dem Menzel 100, nach andern 98, nach Martinius 90, nach Couplet und du Halde gleichfals 100 Jahre. Y und Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. und starb unter der Regierung seines Nachfolgers Dies ist nicht ganz richtig gesagt, da Yao die Regierung niemals niedergelegt, sondern nur den Schuͤn zu seinem Mitregenten erwaͤhlt, und mit ihm 28 Jahre gemeinschaftlich regiert hat. Dies ist wenigstens die hergebrachte Geschichte: und wir werden sogleich sehn, daß auch Kaͤmpfer sie angenommen hat. im 118 Jahr seines Alters. Ob er gleich zwoͤlf Kinder, nemlich zehn Soͤhne und zwei Toͤchter hatte, uͤberantwortete er doch die Krone und Regierung seines Kaiserthums einem ehrlichen und weisen Hausvater, an welchen er auch seine zwo Toͤchter vermaͤhlte. Tei Sijun oder nach andrer Aussprache Gu und nach chinesischer Ju Ti Sijun oder Ju Ti Xun, Nach Deguigues Ti-Schuͤn-yau-yu-shi; nach Couplet Xun oder Yu, nach du Halde und gewoͤhnlich Chuͤn oder Schuͤn. war Ti Jaos Schwiegersohn und Nachfolger, regierte 28 Jahr mit Ti Jao und 30 Jahr alleine, in allem 61 Jahr. Da 28 und 30 nur 58 macht, so ist hier wahrscheinlich ein Schreibfehler in meinen Hand- schriften; Scheuchzer hat richtiger, stat 30, 33. De- guignes und Couplet setzen die Regierung |des Schuͤn auf 50 Jahre an; der leztre giebt ausdruͤk- lich an, daß dieses nur von der Alleinherschaft des Schuͤn zu verstehn sey. Eben so du Halde. Mar- tinius hat gleichfals 33 Jahre fuͤr die Alleinher- schaft des Schuͤn, und Menzel 61 fuͤr die ganze Regierung. Mein Autor setzet den Anfang seiner Regierung ins 1634te Jahr vor Symnu, welches das 2294te vor Christi Geburt ist. Bei Couplet ist hier wieder die obige Ver- schiedenheit; nach ihm 2277 Jahr vor Christo; nach Martinius 2258. Waͤhrend seiner Regierung war eine große Suͤndfluht in China, welche viele Provinzen uͤberschwemte und eine große Anzahl Einwohner ersaͤufte. Das Land war an einigen Orten noch einige Jahre unter Wasser. Uu und mit seinem vollen Titel Ka- tewu, das ist, Kaiser Uu von dem Geschlecht Ka, oder wie die Chineser pronunciiren Ju, von dem Geschlechte Hia, Bei Deguignes heist er Ti-Yu; bei Menzel, Couplet und du Halde Yu. Man lei- tet ihn vom Hoamti ab. S. die genealogische Tabelle uͤber das Geschlecht des Hoamti hinter der Tabul. Chronolog. des Couplet. regierte 17 Jahr mit dem Kaiser Tei Sjun, und 10 Jahr nach dessen Tode in allem 27 Jahr. Nach der Tsu-shu hat er nur 8 Jahr, nach anderer Angeben Menzel, Martinius und Cou- plet aber 10 Jahr allein regiert. Er wurde gekroͤnet im Jahr vor Symnu 1573 vor Christi Geburt 2233. Nach Deguignes und Martinius’ 2207; nach Couplet 2217. Du Halde folgt von nun an immer dem Couplet; nur faͤngt er seine Zeitrech- nung erst mit dem Yao an. Menzel folgt ihm gleichfals und faͤngt, wie Couplet, seine Zeitrech- nung mit dem Hoamti an. Dieser Kaiser lies Canaͤle und Fluͤsse abstechen, das Wasser nach der See abzufuͤhren, welches einen großen Theil von China unter der Regie- rung des Kaisers Yao uͤberschwemte. Jn dieser mittelmaͤßigen kuͤnstlichen Tiefe erhuben sich Erst. Kap. Namen der Goͤtter, Gottmenschen und Kaiser ꝛc. sich nun die Fluͤsse, und das Land wurde von der Ueberschwemmung befreiet. Uu lebte gegen 100 Jahr, Eben so geben auch Deguignes Menzel und Couplet des Yuͤ Alter an. und hatte eilf aus seinem Geschlechte zu Nachfolgern im Reiche, wel- che 431 Jahr regierten, so daß die Krone bei dieser Familie 458 Nach Deguignes regierte das Geschlecht des Yuͤ oder die Dynastie der Hia 440 Jahr; nach einer Berechnung der verschiednen Jahre koͤmt aber diese Zahl nicht heraus, und Deguig- nes sagt selbst, daß er fuͤr thre Richtigkeit nicht stehn koͤnne. Andre nehmen 471, andre 432, du Halde und Menzel aber mit meinem Autor 458 Jahre an. Die Zahl der Kaiser ans der Dynastie der Hio geht auch von der gewoͤhnlich angenom- menen ab. S. Deguignes algemeine Geschichte der Hunnen p. 9. u. s, w. Jahre blieb. Der lezte Dies ist der Ti-kuei oder Kie, er lebte, nach Deguignes 1767, nach Martinius 1818, nach Couplet 1858 Jahr vor Christi Geburt. von diesem Geschlechte war wegen seiner ungemeinen Strenge beruͤchtigt. Denn er regierte sehr grausam uͤber seine Unterthanen, und lebte mit solcher Verschwendung, daß er durch 2000 Man eine See graben und mit chinesischem Biere fuͤllen lies. Man sagt auch, daß er einen Thurm von Gold und Edelsteinen fuͤr eine seiner Maitressen erbauet habe. Jm 52ten Jahr seines Alters Wahrscheinlich hat hier Kaͤmpfer an stat Alters, Regierung schreiben wollen. Denn sowol Deguignes, als alle andre Quellen stimmen darin zusammen, daß Kie 53 oder 52 Jahre regiert habe. wurde er abgesezt und verjagt. Sioo Sei Too, das ist Koͤnig Too von der Familie Sioo oder Koͤnig Tam von der Familie Ksjam Bei Deguignes und gewoͤhnlich heist er Tshingtang, und die Dynastie, deren Stifter er wurde, die der Scham oder Schang. kam zum Regiment vor Synmu 1106, vor Christi Geburt 1766, Es ist merkwuͤrdig, daß Kaͤmpfers Chro- nologie hier wieder so genau mit der deguignischen und der des Martinius zutrift. Nach der lezten fieng Tam’s Regierung 1766, nach der erstern 1767 Jahr vor Christo an. Menzel hat 1797, welche Angabe er vom Couplet entlehnt hat. als er 87 Jahr alt war. Er regierte 13 Jahr und starb im 100ten Jahr seines Alters. Unter seiner Regierung war eine große Hungersnoth in China, welche das Land sieben Jahr drukte, gleich der in Aegypten so merkwuͤrdigen Hungersnoth, davon in der heil. Schrift Meldung geschieht. Jhm folgten 27 Prinzen seines Geschlechts in der Regierung nach, welche in allem 631 Jahr regierten, so daß das Kaiserthum bei dieser Familie 644 Jahre Deguignes rechnet 646 Jahre, aber auch ohne seiner Rechnung sicher zu trauen; Couplet (und nach ihm Menzel) stimt Kaͤmpfern in 644 bei. Andre nehmen 600, oder auch 496 Jahr. geblieben ist. Der lezte dieses Hauses war ein großer Tiranne, aus wel- Y 2 cher Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. cher Ursach die Fuͤrsten, seine Unterthanen, Krieg und Aufruhr wieder ihn erregten; da sie ihn sehr in die Enge getrieben hatten, legte er Feuer in seinem Pallast an, und verbrante sich selbst mit seiner Familie und allen seinen Hausgenossen, und hinterlies das Neich dem Sieger. Siu no Bu O, das ist Kaiser Bu von der Familie Siu, oder nach chi- nesischer Mundart Uu Vam, von der Familie Sjeu; Der deguignische Name dieses Kaisers ist Vu-vam oder Ven-Wam, und der Dynastie Ts heu, oder bei Herr Gatterer Tshehu. er kam zur Krone 460 Jahr vor Synmu und 1122 Dies stimt wieder genau mit Deguignes und Martinius uͤberein. Couplet und Menzel haben 1137. vor Christi Geburt, regierte sieben Jahr, und hatte 37 Nach- folger in der Regierung von seinem Geschlechte, bei welchem die Regierung den japanischen Geschichten zufolge 868 Nach Deguignes 863, und nach Herrn Gat- terers Berichtigung dieser Rechnung 866, nach Couplet 873. Jahr geblieben, das ist, bis auf das 255te Jahr Nach Deguignes 258, und nach Gatterer 256; nach Couplet und Menzel 249, nach Mar- tinius 425. vor Chri- sti Geburt, und 206 Jahr nach Synmu. Unter Soowoo nach der Chineser Aussprache Sjoo Vam Nach Deguignes Tshao-Vam. dem vierten Kaiser von dieser Familie im 22ten Jahr seiner Regierung, welches war das Jahr vor Synmu 367, vor Christi Geburt 1027, am achten Tage des vierten Monats, wurde der große Heidenprophet Sjaka in Jndien gebohren, welcher von seinen unvergleichlichen Eigenschaften nachher genant ist Fo oder Fotoge, das ist Gott und bei den Chinesern Sitjun, das ist, der Große und Volkommene. Seine Lehre wurde von seinen Juͤngern zuerst in einigen Gegenden von Ostindien ausgebreitet. Er starb im 79ten Jahr seines Alters, im Jahr vor Synmu 289, vor Christi Ge- burt 949. Und dieses ist denn Alles, was ich von der zweiten zweifelhaften Zeitperiode der Ja- paner Bemerkenswuͤrdiges habe auffinden koͤnnen. Zweites Zweites Kapitel. Algemeine Rachrichten von den geistlichen wahren Erbkaisern des japanischen Reichs und der Chronologie ihrer Regierung. D ie dritte und lezte Periode der japanischen Monarchie, welche von ihren Oo Dai Sin Oo, oder geistlichen erblichen Kaisern handelt, faͤngt sich mit dem 660ten Jahr vor Christi Geburt an, welches ist das 17te Jahr der Regierung des chinesischen Kaisers Kaiwo oder wie ihn die Chineser aussprechen Huivam, Bei Deguignes und Couplet Hoei-wam. welches der 17te Kaiser von der Familie Sjeu ist. Von der Zeit an bis auf das Jahr Christi 1693 sind 114 geistliche Erbkaiser von einer Familie nach einander auf dem Thron in Japan gefolget; sie selbst bilden sich uͤber die Maaßen viel auf diesen Vorzug ein, da sie, als der aͤlteste Zweig von dem Geschlecht des Tensjo Dai Sin, des heil. Stamvaters japani- scher Nation, in gerader Linie von seinem erstgebohrnen Sohne herstammen wollen. Jn dieser Absicht ist denenselben auch eine ungemeine und mehr als menschliche Ehrerbietung von ihren Unterthanen und Landsleuten allemahl erwiesen worden. Allein ehe ich zu der Geschichte, ihrer Reichsfolge, ihrem Leben und Thaten uͤbergehe; wird es nicht uͤbel seyn, einige vorlaͤufige Nachricht von ihren geheiligten Personen und Hofe zu geben, wie auch von der Zeitrechnung, wornach die Reichsfolge der Kaiser ausgerechnet werden mus, etwas beizubringen. Zuerst mus hier angemerkt werden, daß diese geistlichen erblichen Monarchen, ob’sie gleich Erben des Throns und der Regierung ihrer edlen Vorfahren sind, doch den Titel Mikotto nicht geerbet haben, weil derselbe Titel allein dem goͤtlichen und halbgoͤtlichen Wesen der erstern und andern regierenden Geschlechter gewidmet ist, sondern nur Mikaddo, wel- ches ein Diminutivum von Mikotto, genant werden, wie auch Dai und Oo und Kwo Y 3 und Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. und Tai, welches alles einen Kaiser, Prinzen und großen Herrn bedeutet. Sie wer- den auch genennet Tensin, das ist, Soͤhne des Himmels, und dergleichen Art anderer Titel sind noch mehr ihnen beigelegt. Jn dem gemeinen Leben werden dieselben auch oͤf- ters Dairi genant, mit welchem Namen aber eigentlich ihr ganzer Hof angedeutet wird; in eben der Absicht wird der Erbkaiser auch zuweilen genant Kintsjusama, das ist, Haupt oder Herr des geistlichen Hofs. Wann er von sich selbst redet, nimt er den Titel Tsin an, und wenn er siegelt, den Titel Maro. Allein wir muͤssen noch naͤher zu unserm Zwecke kommen. Es ist oben schon er- waͤhnt, daß die Japaner bis zu dieser Zeit ohne festgesezte Regierungsform gewesen sind, weder monarchisch noch anders, fast nach Art der Patriarchen gelebt haben, wo die ver- schiedene Familien unter dem Befehl und Aufsehen ihrer Vaͤter lebten, oder auch denen Kluͤgsten unter ihnen gehorchten. Es war, sage ich, ohngefehr um diese Zeit, daß sie die Regierung einem Fuͤrsten zu uͤbergeben beliebten; und es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß die Chineser, welche von Zeit zu Zeit nach Japan kamen, da sie selbst unter einer monarchischen Regierung bisher so angewachsen waren, nicht wenigen Antheil genommen haben moͤgen, die Japaneser zu uͤberreden, eben dergleichen monarchische Regierung vor andern zu erwaͤhlen und vorzuziehen. Und dann konte gewis niemand einen bessern Anspruch zu der hoͤchsten Gewalt und Ansehen haben, als ein Prinz, welcher von den erstgebohrnen Nachkommen der Familie des Tensjo Dai Sin in gerader Linie abstamte, und nach dem wahren Gesez der Erstgeburt den angebohrnen Titel eines Souverains zu haben schien, da- her er auch zu dem Geschlechte des ersten Regenten ihrer Nation gerechnet wurde, dessen Heiligkeit und Tugenden er insonderheit geerbet hatte. Eben so werden auch bis auf den heutigen Tag die von diesem Hause abstammende Prinzen, insonderheit die, welche auf dem Throne sitzen, als an sich selbst sehr heilige Personen und gleichwie gebohrne Paͤbste angesehen. Um nun diese vortheilhafte Meinungen in den Gemuͤthern ihrer Unterthanen zu unterhalten, sind sie genoͤthiget, eine ungemeine Sorgfalt vor ihre geheiligte Personen zu haben, und solche Dinge vorzunehmen, welche, wenn man sie nach den Gewohnheiten ande- rer Voͤlker untersuchet, laͤcherlich und ungereimt scheinen muͤssen. Es wird nicht undienlich seyn, einige wenige Beweise davon anzufuͤhren. Dieser Heilige meinet, es wuͤrde seiner Heiligkeit und Ansehen hoͤchst nachtheilig seyn, wann er mit seinen Fuͤßen die Erde beruͤh- rete, deswegen mus er auf Menschenschultern allenthalben hingetragen werden, wohin er wil. So wil man auch durchaus nicht leiden, daß er seine geheiligte Person in die freie Lust wage, weil die Sonne nicht einmal wuͤrdig sey, sein Haupt zu bescheinen. Ja sogar wird allen Theilen seines Leibes eine solche Heiligkeit zugeschrieben, daß er weder sein Haar, noch seinen Bart, noch seine Naͤgel jemals abzuschneiden sich erkuͤhnt. Dem ohngeach- tet aber, damit diese Dinge nicht zu schaͤndlich und unanstaͤndig wachsen, schneidet man die- Zweit. Kap. Algemeine Nachrichten von den geistlichen Erbkaisern ꝛc. dieselben des Nachts ab, und wenn er sich etwa besudelt, machen sie ihn in der Nacht rein, wenn er im Schlafe ist. Denn, sagen die Japaner, was zu der Zeit von seinem Leibe genommen werde, sey von ihm gestohlen, und ein solcher Diebstahl sey seiner Heiligkeit und Wuͤrde nicht nachtheilig. Jn alten Zeiten war der Dairi verbunden, alle Morgen etliche Stunden mit der kaiserlichen Krone auf dem Haupte wie eine Saͤule auf dem kaiserlichen Throne zu sitzen, ohne Hand oder Fus, Haupt oder Augen oder sonst irgend einen Theil seines Leibes zu be- wegen. Auf diese Weise, dachten sie, koͤnne er Friede und Ruhe in seinem Kaiserthum bewahren; wenn er sich aber ungluͤklicher Weise etwa hie oder dahin, zu einer oder andern Seite wendete oder eine gute Weile auf einen Theil seiner Guͤter hinsah, so wurde davor ge- halten, daß Krieg, Hunger, Feuer oder ander gros Ungluͤk zur Verwuͤstung des Landes bevorstehe. Allein wie sie nachher entdekten, daß die kaiserliche Krone das Palladium sey, durch deren Unbeweglichkeit Friede im Kaiserthum erhalten werden koͤnte, wurde ein Mittel erdacht, seine kaiserliche Person von dieser beschwerlichen und muͤhsamen Amtspflicht zu be- freien, und ihm uͤberlassen, sich ganz ungehindert der Eitelkeit und den Wolluͤsten zu erge- ben. Die Krone wird also jezt alle Morgen einige Stunden stat seiner auf den Thron gesezt. Die Speisen des Dairi muͤssen jederzeit in neuen Toͤpfen zubereitet, und ihm in neuen Schuͤsseln aufgetragen werden, welche beiderlei Gefaͤße zwar recht sauber und net, aber nur aus gemeinem Thon und neuem Holze gemacht seyn, damit sie ohne große Kosten auf die Seite geleget oder zerbrochen werden koͤnnen. Gemeiniglich werden selbige zerbrochen aus großer Sorge, daß sie in eines Laien Haͤnde gerathen moͤgten, weil man fest glaubt, daß, wenn ein Laie sich unterstehen wuͤrde, seine Speisen aus diesen geheiligten Schuͤsseln zu essen, so wuͤrde davon sein Mund und Kehle schwellen und inflammirt werden, derglei- chen schlimme Wuͤrkung auch von des Dairi geheiligten Kleidern gefuͤrchtet wird, nemlich, wenn ein Laie dieselben ohne Erlaubnis oder ausdruͤklichen Befehl des Kaisers anlegte, so wuͤrden sie Geschwulst und Pein in allen Theilen seines Leibes veranlassen. Sobald durch den Tod eines Mikaddo der Thron erlediget ist, wird derselbe durch die Minister dieses geistlichen Hofes an des Abgestorbenen Stelle mit demjenigen besetzet, welchen sie fuͤr den naͤchsten Erben halten, ohne Ruͤksicht auf dessen Jahre und Geschlecht, ob nemlich die Person maͤnlichen oder weiblichen Geschlechts sey? Dahero komt es, daß oͤf- ters ganz junge Prinzen oder junge ohnverheiratete Prinzessinnen den Thron besteigen; und man hat also auch Beispiele, daß des verstorbenen Kaisers Witwe ihrem Man in der Re- gierung nachgefolget ist. Wenn verschiedene Praͤtendenten zur Krone sind, und nicht klar am Tage liegt, welcher unter ihnen das naͤchste Recht habe; wird der Streit auf eine lieb- reiche Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. reiche Weise nach der Billigkeit entschieden, und die hoͤchste Gewalt einem jeden von beiden etliche Jahre nach einander uͤbergeben, nach dem naͤchsten Grad der Verwandschaft mit dem verstorbenen Mikaddo. Zuweilen begeben sich die Vaͤter der Regierung und goͤnnen solche einem oder mehrern Kindern, damit sie und ihre Mutter noch bey ihrer Lebzeit das Vergnuͤ- gen haben moͤgen, dieselben auf dem Thron zu sehen, von welchem sie vielleicht nach der Eltern Tode waͤren ausgeschlossen worden. Alles dieses geht bei Hofe in moͤglichster Stille zu, und mag ein Mikaddo sterben oder die Regierung aufgeben, oder ein andrer an seine Stelle gesezt werden, so geschichts ohne die geringste Unruhe, so daß niemand ausser dem Hof etwas davon erfaͤhret, bis die Sache geschlichtet und geschehen, wiewol es sich zuwei- len begiebt, daß diejenigen von der kaiserlichen Familie, welche naͤher Recht zur Kronfolge zu haben vermeinen, und sich ausgeschlossen sehn, ihr Recht durch die Macht der Waffen zu behaupten suchen, und sich bemuͤhen den Dairi abzusetzen, von dem sie die Meinung haben, daß er unrechtmaͤßiger Weise den Thron besitze. Daher entstehen zuweilen in dem Reiche sehr nachtheilige Kriege und Mishelligkeiten; die Prinzen im Reiche nehmen alsdenn Parthei, und werden diese Streitigkeiten niemals ohne gaͤnzlichen Untergang der einen streitenden Parthei geendigt, worauf denn eine grausame Ausrottung ganzer Familien erfolgt. Alle Hofbedienten des Dairi sind von der Familie des Tensjo Dai dsin, und diese, weil sie von einer so vornehmen und hohen Geburt, haben eine ganz ungemeine Hochachtung fuͤr sich selbst, und praͤtendiren einen weit hoͤhern Grad der Hochachtung und Ehrerbietigkeit von andern, als ein Laie irgend fodern kan. Ob sie gleich alle von einem Geschlechte herstammen; so breiten sie sich doch nach den Graden der Verwandschaft in verschiedene Zweige aus, und ihrer sind jetzo etliche 1000 an der Zahl. Einige wenige werden mit Abteien und Prioreien in reichen Kloͤstern versehen, welche hin und wieder im Reiche gestiftet sind; allein der groͤste Theil bleibt bey Hofe, und ist stets um des Dairi geheiligte Person, von der sie auch gaͤnzlich abhaͤngen, und ihren Schuz und Lebensunterhalt haben, ein jeder nach der Wuͤrde und Amte, womit er versehen ist. Anjetzo bewilliget der weltliche Kaiser die nothwendigen Subsidiengelder zum Unterhalt des Dairi und seines geistlichen Hofs. Er hat ihm zu dem Ende alle Einkuͤnfte der Stadt Miaco und aller Pertinenzstuͤcke derselben angewiesen. Allein weil dieselben zu wenig fallen, alle Ausgaben zu bestreiten; so ist bewilliget worden, daß, was daran fehlet, aus des weltlichen Kaisers Kammergefaͤllen erstattet werden sol. Diese Portionen aber sind so schmal zugeschnitten, und werden so schlecht bezahlet, daß der geistliche Hof schwerlich davon subsistiren und uͤberhaupt die Figur ausmachen kan, welche er vorher machte, als der Dairi selbst Meister vom Reiche war, und mit allen dessen Einkuͤnften nach eigenem Gefallen schalten und walten konte. Jndessen und nichts desto minder erhalten sie ihre alte Hoheit und Ansehen, und es kan recht mit Wahrheit von diesem Hofe gesagt werden, daß bei ihm splendida mise- ria Zweit. Kap. Algemeine Nachrichten von den geistlichen Erbkaisern ꝛc. ria hersche. Die hohen Bedienten setzen sich in Schuld und die niedrigen Bedienten, deren Besoldung zu ihrer Erhaltung nicht hinlaͤnglich ist, muͤssen arbeiten, um ihren Lebens- unterhalt zu verdienen. Zu dem Ende machen und verkaufen sie Koͤrbe von Stroh ge- macht, S. unten das erste Kap. des fuͤnften Buchs. wie auch Tische, Schuhe fuͤr Menschen und Pferde und andre dergleichen Sa- chen mehr. Obgleich indessen die Einkuͤnfte des Mikaddo in Vergleichung voriger Zeiten jezt in der That sehr geringe sind, so bemuͤhet er sich dennoch, dieselben unter eigener Aufsicht zu haben, und so der Sorge fuͤr sich selbst desto gewisser zu seyn, auch alles zu veranstalten, was sein voriges Ansehen zu unterstuͤtzen dienlich und zu seiner Schwelgerei und Verschwen- dung noͤthig ist. Dieser, als wenn es ein besondrer Vorzug der Krone und hoͤchsten An- sehens waͤre, weis er wohl obzuliegen. Er freuet sich daher, wenn er von dem weltlichen Monarchen in Ruhe gelassen wird. Seine Schazkammer gewint auch noch sehr dabei, daß er das Recht hat, dem weltlichen Monarchen, denen Vornehmsten des Reichs und ih- ren Kindern und Anverwandten mancherlei Ehrentitel zu bewilligen. Er hat allemal zwoͤlf Weiber, welches eine uralte Gewohnheit seiner Vorgaͤnger am Reich ist. Eine von denselben, als Mutter des Erbprinzen oder der Erbprinzess in des Reichs, hat den Titel der Kaiserin. Es wuͤrde zu weitlaͤuftig fallen, alle ansehnliche und praͤchtige Ceremonien zu beschreiben, welche bei Vermaͤhlung des Dairi, Niederkunft der Kaiserin, Erwaͤhlung einer Saͤugamme fuͤr den Kronerben, und dessen Erziehung be- obachtet werden. Es ist schon genug gesagt, wann man sie gros und ansehnlich und fast unaussprechlich nennet. Es ist auch allerdings der Muͤhe werth, diese Gelegenheiten mit so herlichen Ceremonien zu feiern, wegen der Gluͤkseligkeit des Kaiserthums, die von der Geburt des Erbprinzen gaͤnzlich abhaͤngt. Es sind verschiedne ansehnliche Aemter, welche zu diesem geistlichen Hofe gehoͤren, dessen Adel aus Personen von unterschiednem Range und Eigenschaften bestehet. Der Mi- kaddo selbst ist aller Ehren Quel und Ursprung. Einige Aemter sind an gewisse Titel ver- knuͤpfet, dahingegen andre Ehrenaͤmter nur lediglich in bloßen Titeln bestehen, welche oͤfters an weltliche Personen, Fuͤrsten des Reichs und beruͤhmte Leute ausgetheilet werden. Die- ses geschieht entweder auf Empfehlung des weltlichen Monarchen oder auf ihr eignes Ver- langen, mit der Bedingung, daß eine große Summe Geldes davor bezahlet werde. Alle Ehrenaͤmter und Titel sind in sechs Classen eingetheilt. Der Titel der ersten Classe ist Dai Seo Dai Sin. Die mit diesem Titel beehrte Person wird so hoch und heilig gehal- Z ten, Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. ten, daß die Japaner glauben, es komme derselben Seele sogleich nach ihrem Abschiede aus dem Leibe zu einem Gott oder Cami. Aus dieser Ursache nimt der Mikaddo diesen Titel vor sich selbst, und uͤberlaͤst ihn selten einem andern. Die Wuͤrde von Quanbuku gehoͤrt gleichfals zu dieser ersten Classe. Quanbuku ist die andre Person dieses geistli- chen Hofs und des Dairi Vicekoͤnig und Premierminister in allen Regierungssachen. Dieser Titel wird von dem weltlichen Monarchen angenommen, und dessen muth- maslichem Reichserben beigelegt; er ist einerlei mit dem Quabacondono, dessen so viele Meldung in den Briefen der Jesuiten Meldung geschieht. Die folgende drei Titel gehoͤren zum naͤchstfolgenden Range, So Dai Sin, U Dai Sin und Nai Dai Sin. Sie werden niemals an mehr als drei Personen gege- ben. Der Dai Nagon und Tsu Nagon macht den dritten Rang aus, und sind diese zwei Titel jedesmal mit gewissen Bedingungen verknuͤpfet. Die Titel aber, welche zum vierten und fuͤnsten Range oder Classe gehoͤren, sind Seo Nagon, Tsjunagon, Tsju- seo, Seosjo und Sidsju. Allein diese Classen sind sehr zahlreich und wiederum in ver- schiedne Ordnungen eingetheilt. Die Personen dieser Classe werden gleichergestalt Tensio bito, das ist, himlisch Volk genant. Der ganze geistliche Hof aber nimt den Titel Kuge an, der so viel als geistliche Herrn bedeutet, welches in der Absicht geschieht, um sich von dem Gege zu unterscheiden, mit welchem Namen alle Layen und gemeine Leute ange- deutet werden, welche nicht von so heiliger und hoher Herkunft sind. Die Titels der sech- sten und lezten Classe sind Tai U, Goi, und viel mehrere Ehrentitel von niedrigerm Ge- halt und Stuffen. So viel ihrer sind, werden, wie ich bereits erwaͤhnt, mit solchen Eh- rentiteln von dem Mikaddo angesehen. Denn als die weltlichen Monarchen die Regie- rung des Kaiserthums an sich rissen, hat doch der Dairi dieses ansehnliche Stuͤk der kaiser- lichen Vorrechte und Vorzuͤge mit dem allerhoͤchsten Ansehen vor sich allein behalten, daher muͤssen alle Titel, welche die weltlichen Kaiser ihren Guͤnstlingen und Premiermini- stern mittheilen wollen, von dem Mikaddo erlangt werden. Es sind hauptsaͤchlich zwei Titels, welche der weltliche Kaiser mit Genehmhaltung des Dairi seinen vornehmsten Mi- nistern und Fuͤrsten des Reichs geben kann, Maqnandairo und Cami. Der erste war vor Alters erblich, und bedeutet so viel als einen Herzog oder Grafen, der andre bedeutet einen Ritter. Es mus hiebei in acht genommen werden, daß der Charakter, welcher eine vergoͤtterte Seele bedeutet, gleichfals Cami ausgesprochen wird; doch alsdan mit einem ganz unterschiednen Verstande von dem, welcher die ritterliche Wuͤrde ausdruͤkt. Alle Goͤtter und Goͤtzenbilder des Landes aber haben uͤberhaupt den Namen Cami. Der Hof traͤgt zu mehrerer Unterscheidung von den weltlichen Leuten, welche er vor ein geringes und unheiliges Geschlecht achtet, eine besondere Art der Kleidung, die unter den Hof- Zweit. Kap. Algemeine Nachrichten von den geistlichen Erbkaisern ꝛc. Hofleuten in einigen Theilen so abwechselt, daß eines jeden Wuͤrde daraus zu erkennen steht, wie aus verschiedenen beigefuͤgten Kupfern gesehn werden kan. Diese Kupfer befinden sich nicht bei der englischen Uebersetzung; und wird ihrer auch in der selben gar nicht erwaͤhnt. Sie sind angethan mit weiten langen Hosen, und uͤber dieselbe mit einem umher weit abstehenden, bei ihnen also genanten Compliment- oder Ehrenkleide, woran ruͤklings ein abhangender Schweif nach- schleppet. Die Platte des Haupts ist gezieret mit einer gepapten und schwarz verlakten Muͤtze von mancherlei wunderlichen Formen, nach eines jeden Stande, an welchen oͤfters ein steifer Schleier von schwarzem Flor hinten, oder obenwaͤrts in die Ruͤnde aufgebunden ist, auch zuweilen ein runder Augenschirm zur Seiten abstehet, wie bei denen schuͤchternen Kutschpferden. Man traͤgt auch wol zuweilen einen von beiden Seiten des Halses abhan- genden Scherf oder breiten Band von verschiedener Laͤnge, wobei auch Stand und Wuͤr- den zu erkennen sind, indem keiner befugt ist gegen hohe Personen sich tiefer zu buͤcken, als bis die Enden des Bandes die Erde beruͤhren. Das Frauenzimmer traͤgt vor andern welt- lichen Personen ihres Geschlechts eine ausgezeichnete Kleidung und sonderlich des Dairi zwoͤlf Gemalinnen ungefutterte mit Gold bebluͤmte kostbare Roͤcke, welche in viele breite Falten gelegt, und so weit und lang sind, daß sie darin bequemer sitzen als gehn koͤnnen. Die Wissenschaften machen nebst der Musik die wichtigste Beschaͤftigung dieses Hofes aus. Besonders hat auch das schoͤne Geschlecht auf verschiednen musikalischen Jn- strumenten, in der Dichtkunst und auch in historischen Wissenschaften viele Kentnis und Ge- schiklichkeit. Viele Hofleute uͤben sich im Wetrennen, Balspielen, Springen, Tanzen, Taschenspielen und dergleichen. Alle Calender sind zuerst bei Hofe gemacht; vorjetzo aber werden dieselben von einem gelehrten Buͤrger in Miaco verfertiget: doch muͤssen selbige bei Hofe von gewissen dazu deputirten Personen untersucht und gepruͤft, und hernach durch ihre Sorge nach Jsje, einem hiezu bestimten Orte, in die Druckerei gesandt werden. Jhre Comoͤdien- und Tragoͤdienspiele habe ich eben nicht untersuchet. Da aber die Japaneser uͤberhaupt zu allerlei Lustbarkeiten geneigt sind, werden sie es auch wol an dergleichen bei Hofe nicht ermangeln lassen, sondern ihres geistlichen Standes Ernst und Heiligkeit ohnge- achtet zu solchem angenehmen Zeitvertreib willig seyn, und gern ansehnliche Geldsummen darauf verwenden. Vor diesem, als der Dairi alleine Herr des Reichs war, residirte er mit seinem Hofe bald in dieser bald in einer andern Stadt oder Lande seines Kaiserthums, und ver- gnuͤgte sich, dieselben mit seiner heiligen Gegenwart zu beehren, daher es sich selten fuͤgte, Z 2 daß Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. daß zwei auf einander folgende Kaiser eben denselben Ort zu ihrem Auffenhalt erwaͤhlten, bis zulezt auf diese Weise ihre Hofhaltung zu Miaco festgesezt ist. Sie haben den nord- oͤstlichen Theil dieser großen Hauptstadt in Besiz, der wol den Namen einer besondern Stadt verdienet, nicht nur wegen seines großen Umfangs, vieler Straßen, Pallaͤste, und andrer in diesem Bezirk gebaueten vielen Haͤuser, sondern auch weil das Schlos wirklich von Miaco abgesondert und gegen ploͤzliche Annaͤherungen eines unvermutheten Feindes mit Gra- ben, Waͤllen, Mauren und Thoren wohl befestigt ist. Der Mikaddo selbst haͤlt sich ohn- gefehr in der Mitten auf, in einem weiten, sehr geraͤumigen Pallast, welcher vor andern an seinem hohen ansehnlichen Thurm zu erkennen ist. Seine kaiserliche Gemalin lebt mit ihm in selbigem Pallaste; die andern Weiber aber in einem zu allernaͤchst angebaueten. Ein wenig weiter sind die Haͤuser von des Dairi Betkammer und andrer Aemterbedienten, als welche nur allein eine bestaͤndige und unmittelbare Aussicht auf des Dairi geheiligte Person haben muͤssen. Wenn ein Mikaddo abdanket, ist ihm ein besondrer Pallast angewiesen, wie auch seiner Familie und Hofleuten, imgleichen dem Erbprinzen nebst seiner Hof hal- tung. Der Ueberrest der Straßen und Haͤuser ist unter die Bedienten nach jedes Rang und Wuͤrde vertheilt. Der weltliche Monarch haͤlt jedesmal eine Guarde von Bugjos und Soldaten an des Dairi Hofe aus zaͤrtlicher Liebe und Sorgfalt fuͤr die Erhaltung dessen geheiligten Person, oder eigentlich, um ihn unter seiner Gewalt bestaͤndig zu erhalten und zu verhindern, daß er den Thron und das hoͤchste Ansehen, welches er ihm genommen, nie- mals wieder bekommen moͤge. So viel von dem Dairi, seinem Hofe und Regierung uͤberhaupt. Nun ist noch uͤbrig, ehe ich zu der Historie und Erbfolge der geistlichen Kaiser fortgehe, einige algemeine Anmerkungen zum Grunde zu legen, wodurch die uns dabei uͤbliche Zeitrechnungen deutli- cher gemacht werden koͤnnen. Die Japaner haben zwei Hauptaͤras oder Zeitrechnun- gen. Die erste und gemeinste faͤngt sich mit der Regierung ihres ersten Kaisers Symnu im Jahr vor Christi Geburt 660 an; folglich war das Jahr Christi 3693, d. i. das 6te Jahr der Nengo Genrokf, das 2353te nach Symnu. Diese Epoche wird in Japan genant Nin O, welches, eigentlich zu reden, einen großen und maͤchtigen Herrn oder Monarchen und in einem weit hoͤhern Verstande den Allerersten bedeutet. Die zweite in Japan gebrauchte Epoche heist Nengo, und ist von den Chinesern, um in der Zeitrechnung eine Gewisheit zu haben, erfunden worden, indem sie dachten, es wuͤrde ihre gemeine Zeitrechnung in Japan mit angenommen werden, welches aber nicht ehe geschehen ist, bis unter der Regierung des 36ten Kaisers, zu welcher Zeit sie in Ja- pan eingefuͤhret ist. Die Nengo begreift nur einen Zeitlauf von wenig Jahren, gemeinig- lich weniger denn 20, und selten hoͤher und uͤber diese Zahl. Von dem Kaiser wird allemal ver- Zweit. Kap. Algemeine Nachrichten von den geistlichen Erbkaisern ꝛc. verordnet, den Anfang einer Nengo unter einer Figur auszudruͤcken, welches dann gemei- niglich zum Gedachtnis einiger merkwuͤrdigen Begebenheiten und Veraͤnderungen in der Kirche und Regierung geschieht. Da nun der Kaiser allein die Macht hat, dieselben an- zuordnen, so kan er sie auch so lange fortsetzen als es ihm beliebt. Die japanische Zahl Der englische Uebersetzer druͤkt dies etwas anders aus. „Der japanische Charakter, sagt er, welcher die Nengo und das Jahr, da ich mich in Japan befand, ausdruͤkt, heißet Genrokf.‟ d. i. u. s. w. Nengo, welche den laufenden Tag und die Zeit meines Aufenthalts in Japan ausdruͤcket, war das 6te Jahr, welches einfiel in das Jahr 1693, und wurde ausgesprochen Genrokf, welches bedeutet die Gluͤkseligkeit der Natur und Kuͤnste, womit sie unter der Regie- rung dieses Mikaddo auf die verlangenswuͤrdige Glukseligkeit eines Privatlebens gesehen haben, welches des jetzigen Kaisers Vater nach aufgegebener Regierung und niedergelegten Krone zu fuͤhren beschloß. Diese Zeitrechnung wird in ihren Calendern, Befehlen, Auf- boten, Tagregister, Briefen und Schriften gebraucht. Jn ihren gedrukten Buͤchern, hauptsaͤchlich in historischen und chronologischen, wird das laufende Jahr der Zeitrechnung Nin O hinzugethan. Es ist hiebei zu beobachten, daß allemal eine neue Nengo mit einem neuen Jahre sich anfaͤngt, ob sie schon einige Monathe vorher angeordnet und befoh- len worden. Es fuͤgt sich also zuweilen, daß obschon eine neue Nengo bereits angefan- gen, dennoch die Jahre der vorhergehenden Nengo auf den Blaͤttern ihrer Buͤcher, Schriften, Tagregister und sonsten fortgesezt werden, wovon meiner Meinung nach die Ursache ist, entweder daß das Volk sich nicht gleich bequemen wil, das Merkmal des An- fangs einer neuen Nengo auszudruͤcken, oder daß dieser Anfang nicht zur Genuͤge bekant ist, welches in einem Reiche von so großem Umfang nichts unmoͤgliches ist. Aus dieser Ursache wurden die Calender des ersten und andern Jahrs der Nengo Genrokf mit dem 5ten und 6ten Jahre der vorhergehenden Nengo Dsiokio gedrukt, welche damals schon zu Ende gelaufen war. Jn diesem Fal wird aber dafuͤr gesorgt, daß kein Jrthum oder Verwirrung in ihrer Zeitrechnung durch eine solche Unachtsamkeit veranlast werde. Aus dieser Ursache geschahe es, daß in dem naͤchst darauf folgenden Calender das dritte Jahr der Nengo Genrokf, welches war das 1690 Jahr nach Christi Geburt, gleichergestalt darunter gesetzet wurde, ohne der zwei ersten im geringsten Meldung zu thun. Der Cha- racter einer Nengo ist zusammen gesezt aus zwei, selten aus mehr Figuren, welche aus einer hierzu besonders verfertigten Tabelle muͤssen genommen werden. Es bleibt nun noch die dritte Epoche oder Zeitrechnung uͤbrig, welche gleich- fals in der japanischen Chronologie ihren besondern Nutzen hat. Diese bestehet in Cyclis Z 3 oder Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. oder Perioden von 60 Jahren, und sind die Japaner hierin an die Chineser gebun- den. Diese 60 Jahr entstehn durch eine Zusammenfuͤgung der Jetta, welches die Nahmen ihrer 12 himlischen Zeichen sind, mit den zehn Nahmen ihrer Elementen. Wenn die Character der himlischen Zeichen mit den unterschiedenen Zeichen der zehn Elementen oder diese mit den vorigen fuͤnfmal verbunden werden, so entstehen daraus zusammengesezte Figuren, deren jede ein Jahr bedeutet. Wenn die 60 Jahre zu Ende gelaufen, wird ein neuer Cyclus wieder angefangen, welcher wieder durch alle diese Vereinigungen geht. Die Japaner bedienen sich dieser Periode von 60 Jahren, um die merkwuͤrdigsten Begebenheiten in der Kirche und im Staat anzudeuten. Diese Begebenheiten werden in ihren Geschichten allemal unter das laufende Jahr des Cyclus gebracht, gleichwie auch das Jahr unter den zwei andern Epochen Nin O und Nengo, wodurch sie also eine bestaͤndige Uebereinstim- mung zwischen ihrer eignen Geschichte und Zeitrechnung und der Chinesischen zu erhalten hoffen, doch mit diesem Unterschied, daß die Chineser in ihren Historien nicht nur das Jahr des Cyclus, worin sich dieses oder jenes zugetragen, sondern auch die Zahl des Cyclus allemal angeben, die Japaneser aber allein das Jahr anzeigen. Die Cycli der Japaner sind nicht alle gezaͤhlt, wovon die Ursach klar erhellen wird, wenn wir uns an den natuͤrlichen Stolz dieses Volks erinnern, da sie in dieser Sache ihren Nachbarn den Sinesern sehr wuͤrden weichen muͤssen, welche eine Reihe vieler 100 auf einander folgender Cyclorum vor der wahren Grundlegung der japanischen Monarchie aufweisen koͤnnen. Jch habe mir vorgenommen, in der folgenden Geschichte der Thronfolge der geist- lichen Erbkaiser den Leser nicht mit den verschiedenen Epochen und Rechnungen zu verwir- ren. Jndessen habe ich doch einige algemeine Nachrichten von denselben merkwuͤrdig genug gehalten, um sie hier mitzutheilen. Die Jetta oder japanischen zwoͤlf Himmelszeichen sind: 1) Ne, die Maus. 2) Us, der Ochs oder die Kuh. 3) Torra, der Tieger. 4) On, der Haase. 5) Tats, der Drache. 6) Mi, die Schlange. 7) Uma, das Pferd. 8) Tsitsuse, Auf der Kupfertafel steht unrichtig Fitsuse. das Schaaf. 9) Sar, die Meerkatze. 10) Torri, der Hahn oder das Huhn. 11) Jn, der Hund. 12) J, der Eber. Eben dieselben Namen sind in eben der Ordnung den zwoͤlf Stunden des natuͤr- lichen Tages gegeben, und den zwoͤlf Theilen, die man einer jeden Stunde gegeben hat. Auf Zweit. Kap. Algemeine Nachrichten von den geistlichen Erbkaisern ꝛc. Auf diese Weise sind die Japaner vermoͤgend mit großer Neuigkeit zu melden, nicht nur an welchem Tage sich die merkwuͤrdigsten Zufaͤlle begeben haben, sondern auch zu welcher Stunde und Zeit der Stunde dieses oder jenes geschehen sey. Es ist auch zu bemerken, daß sie den Tag, die Zeit zwischen Sonnenauf- und Niedergange zu nennen pflegen, und diese Zeit in sechs gleiche Stunden eintheilen, und so auch die Nacht von der Sonnen- untergang bis zum Sonnenaufgang in sechs andere Stunden. Daher koͤmt es, daß ihre Stunden alle Tage in der Laͤnge sehr unterschieden, daß im Sommer die Tagesstunden laͤnger als die Nachtsstunden, und im Gegentheil im Winter kuͤrzer sind. Was ihre Elemente betrist; so sind derselben eigentlich nur fuͤnf, sie haben aber ihre Zahl auf zehn dadurch vergroͤßert, daß sie einem jeden Element zween unterschiedene Nahmen und Kenzeichen gegeben haben, welches nothwendig war, um durch die fuͤnfmal wiederholte Zusammenfuͤgung dieser zehn Zeichen der Elemente mit den 12 himlischen Zei- chen den Cyklum von 60 Jahren zu erhalten. Die Namen ihrer zehn Elemente sind folgende: 1) Kino Je, Holz. 2) Kino To, Holz. 3) Fino Je, Feuer. 4) Fino To, Feuer. 5) Tsutsno Je, Erde. 6) Tsutsno To, Erde. 7) Kanno Je, Metal. 8) Kanno To, Metal. 9) Midsno, Je, Wasser. 10) Midsno To, Wasser. Jn der 15ten hiebei gefuͤgten Kupfertafel habe ich die Character der 12 himlischen Tab. XV. Zeichen, der 10 Elemente, und die Verbindung derselben durch den ganzen Cyklus der 60 Jahre vorgestelt. Der Anfang des japanischen Jahrs faͤlt zwischen dem Solstitio hyemali, kuͤrze- stem Tage, und Aequinoctio vernali, Fruͤhlings Anfang, ohngefehr den fuͤnften Februar. Weil aber die Japaner sehr aberglaͤubisch in der Feier der Neumondsfesttage sind; so fangen sie dasselbe gemeiniglich mit dem Neumond an, welcher unmittelbar vor dem fuͤnften Februar hergehet oder auf denselben folget. Das erste Jahr der Nengo Genrokf, welches in dem Cyklo Tsutsno Je Tats genant ist, das Jahr von Christi Geburt 1688, fing den zweiten Februar an. Das andre der Genrokf, in dem Cyklo Tsutsno To Mi, nach Christi Geburt 1689, den 21ten Januar. Das dritte der Genrokf in dem Cyklo Kano Je Uma, Christi 1690, den 9ten Februar. Das vierte Genrokf in Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Zweit. Kap. ꝛc. in dem Cyklo Kanoto Fitsuse, Mus nach der Kupfertafel heißen Kanno ito Tsutsseo. 1691, am 21ten Januar. Das fuͤnfte der Genrokf in dem Cyklo Midsno Je Sar, Christi 1692, den 17ten Febr. und das sechste Genrokf in dem Cyklo, Midsno To Torri, das Jahr Christi 1693, den 5ten Febr- Die Japaner haben allemal um das dritte Jahr Um das zweite oder dritte Jahr, sagt die englische Uebersetzung, welches auch freilich genauer ist, weil in 19 Jahren nur sechs Schaltjahre seyn koͤnnten, wenn nur jedes dritte Jahr ein Schalt- jahr waͤre. ein Schaltjahr oder sieben Schaltjahre in neunzehn gemeinen Jahren. Drittes Kapitel . Folge der geistlichen Erbkaiser, und zuerst derer, welche das japanische Reich von Anfang ihrer Monarchie bis auf unsers Heilandes Geburt regiert haben. E he ich den Anfang der Historie der japanischen geistlichen Erbkaiser und ihrer Folge im Reiche vorstelle, wird noͤthig seyn zu erinnern, daß in ihren historischen und chronologischen Buͤchern jedesmahl eine neue Regierung mit dem Neuenjahre ihren Anfang nimt, und wenn auch ein neuer Kaiser, wie es oͤfters geschieht, durch den Tod sei- nes Vorgaͤngers oder das Aufgeben der Regierung einige Monat vor Ausgang des Jahrs zum Regiment gelangt, so wird doch aller Ueberrest zu der Regierung seines Vorgaͤngers gerechnet. Dieses geschieht, wie die Japaner vorgeben, um alle Verwirrung in ihren chronologischen Tabellen zu vermeiden, doch wird in ihren historischen Anmerkungen jedesmal des Monats und des Tags Erwaͤhnung gethan, in welchem ein jeder Mikaddo von dem Throne Tab. XV. Drit. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser ꝛc. Throne Besiz genommen hat. Jn Beschreibung dieser Geschichte der japanischen Monar- chie habe ich zwei in Japan geschriebene und herausgegebene Chronologien zu Rathe gezo- gen, worin gar wenig von dem Leben der Kaiser, ihren Tugenden und Lastern und politischen Auffuͤhrung im Regiment gemeldet wird; weit genauer aber werden ihre Namen, Nach- kommen, Geburt, Erbfolge, Zeit der Regierung, Namen der von ihnen angeordneten Nengos, und wie viel Jahre selbige gewaͤhret, der Ort ihrer Residenz und dergleichen, mit einigen merkwuͤrdigen Begebenheiten unter eines jeden Regierung bemerkt. Diese merkwuͤrdigen Begebenheiten sind aber auch von besondrer Art, z. E. der Bau- und die Ein- weihung ansehnlicher Sintos oder Budsdo Tempels; die Geburt und das Absterben großer Helden, ansehnlicher Priester und andrer beruͤhmten Personen; die Erhoͤhung und der Fal grosser Ministers bey Hofe; Aufruͤhre, Kriege, Feuersbruͤnste, Erscheinungen der Cometen und neuer zuvor nie gesehener Sterne, fremder Luftzeichen, Erdbeben, Hunger, Landplagen und Hauptkrankheiten, die Ueberkunft neuer Goͤtzenbilder, Priester, Voͤlker oder Sachen aus fremden Landen; Herausgebung gelehrter Buͤcher, Anordnung und Feier der Festtage zu Ehren ihrer Goͤtter, Heiligen und Helden; die Zeit, da etliche ihrer Goͤtzen- bilder geschnitzelt, gestochen oder von einem Tempel zum andern gebracht sind, mit den Namen ihrer Verfertiger; die Erscheinung ihrer Goͤtter und Geister, die wundervolle Ent- deckung ihrer Goͤzenbilder, davon große Dinge und Wunder erzaͤhlt, und als in China ge- schehen angegeben werden. Von allen diesen und viel mehrern in diesen zwei Chroniken gemeldeten Dingen, habe ich nur einen Auszug desjenigen gemacht, was ich zu meinem Vorhaben noͤthig und der Aufmerksamkeit des Lesers nicht unwuͤrdig achtete. Dai I. Die hier folgenden Nachrichten unsers Kaͤmpfers, nebst denen, welche Deguignes (in der alg. Gesch. der Hunnen S. 196 ꝛc.) liefert, sind die einzigen Quellen einer volstaͤndigen japanischen Geschichte, die wir bisher in Europa erhalten ha- ben. Doch Geschichte ist freilich ein zu wuͤrdiger Name fuͤr dieses magere Gerippe von bloßen Na- men, Zahlen, und meistens abgeschmakten und fa- belhaften Ereignissen. Jndes behaͤlt es, so duͤrre trocken und unamuͤsant fuͤr die meisten Leser es auch seyn mag, seinen sehr guten Werth, nur frei- lich als ein Gerippe. Wir lernen hier die volstaͤndige und richtige Folge der japanischen Regenten, die durch beinahe 24 Jahrhunderte ununterbrochen fort- laͤuft, welches gewis fuͤr den wahrheitsuchenden Geschichtforscher ein ziemlich ungewohnter und da- her merkwuͤrdiger Anblik seyn mus. Wir werden mit der Genauigkeit ihrer Chronologie, mit dem Geschmak Syn Mu und mit seinem voͤlligen Titel Syn Mu ten Oo, legte den Grund A a der Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. der japanischen Monarchie im 58ten Jahr des 35ten japanischen Cykli, Nach Deguignes Berechnung ist das Jahr 660 vor Christi Geburt das 58ste des 34sten sine- sischen Cyklus. Eben diese Angabe hat auch Cou- plet, obgleich Charlevoix sagt, daß dieser Schrift- steller hier mit Kaͤmpfern uͤbereinstimme. Du Halde (der, wie bekant, seine Cyklos erst mit Yao anfaͤngt) hat daher hier erst den 28sten, in dessen 58stem Jahr er den Anfang der Regierung des Synmu sezt. Dieser heist bei Deguignes Ssin- Bu-ten-Oo. Die beiden leztren Sylben bezeich- nen den kaiserlichen Titel himlisch erhaben. Si- nesisch heist er Schin-vu. da Teikwo oder nach der chinesischen Aussprache Hoyvam bereits in das 8te Jahr seiner Regierung getreten war, in dem Jahr vor Christi Geburt 660, und seines Alters dem 78ten Jahre. Er wurde vor der Zeit genennet Jwa Fikono Mikotto, und war der vierte und juͤngste von seinen Bruͤdern, welchen er in der Regierung vorgieng; (sein Leben war eben nicht merkwuͤrdig und seine Regierung sonder Bewunderung, und es ist die Grundlegung des Kaiserthums mit dem Titel Nin O, welches der Hoͤchste unter allen Menschen bedeu- tet, von allen Scribenten Japans ihm einhellig, gleich einem Julius Caͤsar, beigeleget worden.) Jch habe diese etwas undeutliche und ge- wissermaßen widersprechende Periode, die mit | ( ) bezeichnet ist, unveraͤndert aus meinen Handschrif- ten hergesetzet, um in dem Sin des Verfassers nichts zu aͤndern. Jch mus aber gestehn, daß ich hier einen Fehler meiner Mascpte vermuthe, und es wahrscheinlicher halte, Kaͤmpfer habe hier sagen wollen, „daß Synmu’s Bruder ihm in der Regierung vorgegangen, ein eben nicht merkwuͤrdi- ges Er civilisirte die Einwohner Japans, welche damals Akitsussima genant wur- Geschmak ihrer Annalisten bekant; wir finden un- ter vielen unerheblichen doch auch manchmal erheb- liche Fakta; und wir erhalten hier endlich wenig- stens Fachwerk, in das unsere Nachkommen einmal (wann die Verbindung zwischen Japan und Europa wiederhergestelt werden solte) eine wichtigere und reichere japanische Geschichte eintragen koͤnnen. --- Kaͤmpfer verdient daher allerdings fuͤr diese Aus- zuͤge japanischer Annalen großen Dank; und so sehr auch der P. Charlevoix (der doch so oft nur K. uͤbersezt hat) bemuͤht ist, Kaͤmpfers Verdienst herabzusetzen; so kan er ihm doch dieses nicht ab- sprechen, daß er hier, als der erste, volstaͤndige und ge- naue Nachrichten von der aͤltern japanischen Ge- schichte geliefert habe; um die sich die Vaͤter der Geselschaft Jesu in weit vortheilhaftern Umstaͤn- den nie bekuͤmmert, weil sie lieber Fabeln und Wunder zu eigner Ehre erdichten, als die der Ja- paner aus alten Chroniken zusammen suchen mogten. Jn der koͤnigl. franzoͤsischen Bibliothek befin- det sich nur eine einzige Chronik von Japan, wel- che Deguignes excerpirt hat. Jch werde die Ab- weichungen in Namen und Zahlen anmerken, auch merkliche Verschiedenheiten, die ich bei Couplet und andern finde, anzeigen, damit so der Leser hier Alles vor sich habe, was unter uns uͤber die japa- nische Kaiserfolge bekant worden. Auch die sine- sischen Namen der Kaiser fuͤge ich bei, damit man sie an andern Orten erkennen koͤnne. Tab XVI. Drit. Kap. Folge der geistlichen Erbkaisern ꝛc. wurden. Er fuͤhrte die Zeitrechnungen unter ihnen ein, theilte die Zeit in Jahre, Mo- nate uud Tage, und machte eine gaͤnzliche Veraͤnderung in den Gesetzen und der Landesregierung. Jn dem 59ten Jahre seiner Regierung, welches war das 601te Jahr vor Christi Geburt und 346te nach dem Tode des Sjaka, am 14ten Tage des neunten Monden ist in China in der Landschaft Sokokf der große Weltweise Roosi gebohren, welcher 81 Jahr alt und schon grau war, als seine Mutter mit ihm niederkam, deswegen er auch Roosi, das ist, Altkind genant worden, weil das Wort zusammengesezt ist, von Roo, alt, und Si, Kind. Man sagt, daß des Kassobosats, eines Gehuͤlfen und Schuͤlers des Sjaka Sele in ihn gefahren sey, obgleich seine Lehre ganz unterschieden von der des Kasso- bats war. Sjaka lehrete seine Nachfolger der Selen Unsterblichkeit; die Belohnung unserer Thaten im zukuͤnftigen Leben, und wie nothwendig die Ausuͤbung der Tugend in diesem Leben einem jeden sey, welcher einen gluͤkseligen Zustand in dem kuͤnftigen verlange. Roosi im Gegentheil leugnete gaͤnzlich diese wichtige Glaubenslehre, und behauptete, daß alle unsere Gluͤkseligkeit in einem langen und wolluͤstigen Leben bestehe. Diesen Grund- saͤtzen gemaͤs wolte er auch eine algemeine Medicin durch die Alchymie ausfuͤndig machen, wodurch man der Menschen Leben verlaͤngern, obschon nicht unsterblich machen koͤnte. Dergleichen Versuche sind auch nachher durch seine Juͤnger und die Anhaͤnger seiner Secte geschehen, aber mit eben so gutem Erfolg als unsere europaͤische Weltweisen in ihrem Suchen nach dem Stein der Weisen sich ruͤhmen koͤnnen. Er lebte 84 Jahr. Ohngefehr um diese Zeit im Jahr vor Christi Geburt Hier fehlt die Zahl in meinen Handschrif- ten; die englische Uebersetzung hat aber 600, wel- che auch allerdings die richtige zu seyn scheint. Jn der franzoͤsischen Uebersetzung dieses Werks steht durch einen Drukfehler 660. Der genaue und sehr aufmerksame Charlevoix (welcher nur diese Ueber- setzung vor sich hatte,) vermuthete schon darin ei- nen Drukfehler, weil Kaͤmpfer diese Begebenheit als gleichguͤltig mit der Geschichte des Roosi er- zaͤhlt. Er hatte Recht hierin, und dies Jahr 600 stimt nun genau mit dem Geburtsjahr des Roosi 601 uͤberein, sind die auswaͤrtigen Goͤtzenbilder zuerst nach Japan gebracht und in Khumano verehret worden. A a 2 Synmu ges Leben, eine Regierung sonder Bewunderung gefuͤhrt haͤtte ꝛc.‟ So hat es Scheuchzer ent- weder in seiner Urschrift gefunden oder diese Stelle so veraͤndert. Sie heist bey ihm: He was the fourth and youngest of his Brothers, who pro- ceeded him in the Government, but liv’d so in- considerable a time and reign’d in such an ob- scure manner, that the Foundation of the Empire, with the Title of Nin O, that is, the superior of all Men, is by all Japanese Writers unanimously attributed to him, as to their Julius Caesar. Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Synmu regierte 79 Jahr, und als er den Thron seinen Nachkommen versichert hatte, starb er im 157ten Jahr Einige Nachrichten, bemerkt Deguignes, geben ihm nur 127 Jahre. seines Alters. Mit seiner Regierung faͤngt sich die ja- panische Zeitrechnung Nin O an. Dai II. Sui Sei Bei Deguignes Ssuͤi-Sei; sinesisch Sui- tsim. Synmus dritter Sohn, folgte seinem Vater im 80ten Jahre nach Synmu im 580ten Deguignes, 582. vor Christi Geburt und 51ten Jahre seines Alters. Jm 30ten Jahre seiner Regierung, 399ten Jahr nach dem Tode des Sjaka, und 551ten Jahr Charlevoix (s. Histoire du Japon, T. I. p. 141) sagt, daß Couplet das 47ste Jahr des 36sten Cyklus, welches das Jahr 597 vor Christo sey, fuͤr des Consucius Geburtsjahr angebe; daß aber die- ser Jrthum nur ein Jahr ausmachen. Wenn man hier nicht wenigstens zwei Drukfehler oder auch einen sonderbaren Grad von Jgnoranz, oder Fluͤchtigkeit oder Widersprechungssucht bey dem Je- uiten annehmen wil, so begreife ich nicht, was Charlevoix habe sagen wollen. Das 47ste Jahr des 36sten Cyklus ist nicht das Jahr 597, sondern 551 vor Christi Geburt; Couplet giebt eben so ausdruͤklich, wie Kaͤmpfer, das J. 551 und den 11ten Monat dieses Jahrs (nur nicht den vierten, sondern den 13ten Tag) fuͤr Confucius Geburts- zeit an. S. Couplets Confucius p. CXVII in vita Confucii. Soviel ich weis und mich habe um- sehn koͤnnen, ist auch noch nirgends irgend ein andres Jahr als 551 genant; und ein so merkwuͤr- diges Datum, (als die Geburt des sinesischen Wei- sen ist,) haͤtte doch billig wohl einem Manne ge- laͤufiger seyn sollen, der, wie es scheint, seinen Couplet immer aufgeschlagen hatte, und der es unternahm eine Histoire et Description generals du Japon zu schreiben! — vor unsers Heilands Geburt am 4ten Tage des 11ten Mondens wurde in China und zwar in der Provinz Rokokf Hier geht unser Verfasser von allen an- dern bisher bekanten Nachrichten ab, die aus Sina und also der Quelle naͤher abstammen; ich wil es daher nicht unternehmen, ihn hier gegen Charle- voix’s Tadel zu rechtfertigen. Hier ist die ge- naueste Angabe von Confucius Geburtsort aus dem Couplet: natalem habuit sedem in Regno Lu, quod regnum hodie Xantum (gewoͤhnlicher Schantong) dicitur, in pago çeuye territorii Cham pim, quod ad civitatem Kio feu pertinet; haec autem civitas paret urbi rekcheu dictae. --- Martinius giebt gleichfals die Provinz Schang- tong an. S. Hist. Sinens. L. IV. p. 232. gebohren der weltweise und beruͤhmte Lehrer Koosi, nach der chinesischen Mundart Cumfusu, welcher von unsern europaͤischen Scri- benten Confucius genant wird. Die chinesischen Schriftsteller melden, daß zur Zeit sei- ner Geburt eine Musik im Himmel sey gehoͤret worden, daß die Sterne naͤher zur Erden herunter gekommen, und als das Kind gewaschen worden, waͤren zween Drachen, auf das Kind Drit. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser ꝛc. Kind merkend, zugegen gewesen; die Natur habe seinen Vorkopf etwas vorausstehend gemacht, und mit Finnen versehen, wie bey dem Kaiser Syuͤm, sein Angesicht sey dem des Kaisers Gio aͤhnlich gewesen, und kurz zu sagen, es sollen alle Merkmale eines kuͤnf- tigen Sesin, das ist einer Person von ungemeinem Verstande und hoher Gelehr- samkeit an ihm sich gezeigt haben. Seine aͤusserliche Leibesgestalt nahm an edelm und majestaͤtischem Ansehen mit den Jahren zu; dann er war neun Sak und sechs Sun hoch. Seine Schriften und hauptsaͤchlich diejenigen, welche die Moralphilosophie angehn, sind in Europa nicht unbekant. Durch diese Schriften, worin er alle seine Gelehrsamkeit zum algemeinen Nutzen der Menschen angewandt hat, wie auch durch sein tugendhaftes und exemplarisches Leben, und durch die große Anzahl seiner Schuͤler, deren niemals unter 3000 gewesen seyn sollen, hat er eine solche Stuffe des Ruhms und der Hochachtung in seinem eignen Lande, wie auch in Japan erworben, daß nach seinem Tode ihm zum Gedaͤchtnis Ehrentempel aufgerichtet sind, worin er mit demuͤtiger Ehrfurcht ja sogar goͤtlicher Anbetung bis auf den heutigen Tag verehret wird. Er starb im 74ten Jahr seines Alters. Charlevoix wirst hier K. vor, er habe Confucius im 77ten Jahre sterben lassen; welches aber falsch ist, und nur des Jesuiten Fluͤchtigkeit beweist. Sogar in der franzoͤsischen Uebersetzung wie in der englischen steht 74. Sui Sei aber regierte 33 und lebte 84 Jahr. Dai III. Sein Sohn Annei Er heist bei Deguignes auch An-nei; sinesisch aber Gan-nim. folgte ihm im Jahr nach Synmu 113 vor Christi Ge- burt 548. Nach Deguignes 549. Jm 32sten Jahre seiner Regierung, und im 516 vor Christo wurde in China in der Provinz Rokokf gebohren, Ganquai, ein sehr gelehr- ter Man und ansehnlicher Juͤnger des Confucius. Es wird von ihm als merkwuͤrdig erzaͤhlt, daß er im 18ten Jahr seines Alters volkommen grau geworden und wie ein alter Man ausgesehen habe. Er lebte 32 Jahr, und man glaubt, daß die Sele des Quoso- bosats in ihn gefahren sey. Annei regierte 38 und lebte 57 Jahr. Dai IV. Sein zweiter Sohn J Toku Sinesisch Y-te. folgte ihm im Jahr nach Synmu 151 und im 511ten vor Christi Geburt, im 44ten Jahr seines Alters. Jm 4ten Jahr seines Reichs verruͤkte er seinen Hof und Residenz nach Keitz, wo er starb, nach einer 35jaͤhrigen Regierung im 77ten Jahr Deguignes, 78. seines Alters. A a 3 Dai V. Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Dai V. Dessen Sohn Kosio Bei Deguignes, Kao-sseo; sinesisch Hiao- tschao. folgte ihm nach im Jahr nach |Synmu 186 und 476 vor Christi Geburt, da er alt war 33 Jahr. Jn dem 5ten Jahr seiner Regierung ent- stund ein Krieg zwischen den Landschaften Jetz und Go, welches der erste Krieg ist, dessen in der japanischen Geschichte erwaͤhnt wird. Er regierte beinahe 83 Jahr und starb im 115ten Jahr seines Alters. Dai VI. Dessen anderer Sohn Koan Bei Deguignes, Kaoan; sinesisch Hiao- gan. succedirte ihm im Jahr nach Synmu 269, vor Christi Geburt 392 Bei Deguignes, 393. und im 36ten Jahr seines Alters. Er verlegte seine Residenz nach Muro in Farima, und einige Jahre hernach nach Khuroda. Unter seiner Regierung erschien ein Comet in China, und war eine solche Sonnenfinsternis in Japan, daß der Tag nach ihrer Redensart ploͤzlich in eine finstere Nacht verwandelt wurde. Er regierete 101 Jahr und lebte 137 Jahr. Dai VII. Dessen aͤltester Sohn Korei Bei Deguignes, Kao-rei; sinesisch Hiao- ling. sonst auch Kosii genant, folgete ihm im Jahr nach Synmu 371, vor Christi Geburt 290, Deguignes, 291. und im 53ten Jahr seines Alters. Jm 6ten Jahr seiner Regierung, welches war das Jahr vor Christi Geburt 284, entstand die See und der Flus Oomi in der Landschaft dieses Namens ploͤzlich in einer Nacht. Jm 33ten Jahre seiner Regierung vor Christi Geburt 257 lebte in China der große Tyran Sinofikwo. Jm 46ten Jahre seiner Regierung vor Christi Geburt 244 wurde das Kai- serthum Japan zuerst in 36 Landschaften eingetheilet. Er regierte 76 Jahr und lebte 128 Jahr. Dai VIII. Dessen Sohn Kookin Deguignes, Kaoken; sinesisch Hiao-yuͤen. folgete ihm im Jahr nach Synmu 447 vor Christi Ge- burt 214 Deguignes, 215. im 60ten Jahr seines Alters. Er verlegte seine Hofhaltung und Residenz nach Karutz. Ohngefehr um diese Zeit regierte in China, Sikwo oder Sino Siko, Charlevoix sagt, daß dieser Kaiser we- der bei Couplet noch bei Martinius vorkomme. Und er moͤchte gern hiemit Kaͤmpfern die Beschuldigung aufladen, daß er ein erdichtetes, uͤbrigens aber sehr aus Drit. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser ꝛc. aus dem Geschlechte Cin, der ein beruͤhmter Prinz sowol in den chinesischen als japanischen Geschichten ist; er war wegen seiner Verschwendung und Pracht auch sehr beruͤchtigt, und wurde seiner Grausamkeit und tyrannischen Regierung halber uͤber alle Maaße gefuͤrchtet. Er kam auf den chinesischen Thron im 246ten Jahr vor Christi Geburt, und starb nach 37jaͤhriger Regierung im 50ten Jahr seines Alters. Von den vielen Exempeln seiner Verschwendung und grausamen Regierung, deren in meinen japanischen Quellen Meldung geschieht, wil ich nur wenige anfuͤhren. Er lies einmal eine große See ausgraben mit chinesischem Reisbiere fuͤllen, und dann mit seinen Maitressen ganz nakt in Booten sich uͤber- fahren. Er bauete auch die beruͤhmte chinesische Mauer 300 Tshing-vang bauete diese Mauer nicht zuerst, sondern er verband nur die verschiednen An- lagen von Mauern, welche die kleinen, von ihm uͤberwundnen Koͤnige lange vorher gegen die Ein- faͤlle der Tataren gemacht hatten. Daß diese Mauer aber bei weitem nicht den gewoͤhnlichen Begriffen in Europa von derselben entspreche, oder vielmehr wahrscheinlich gar nicht die heutige chinesische Mauer sey, wird schon dadurch hinlaͤnglich bewiesen, daß Marko Polo im 13ten Jahrhundert mit der ganzen Armee des Kublaikhaus nach China kommen, und wieder zuruͤkreisen konte, ohne von der chinesischen Mauer etwas gesehn oder nur gehoͤrt zu haben. Diese Bemerkung, duͤnkt mich, ist entscheidend, wenn gleich einige Gelehrte sich aͤngstlich bemuͤht haben, einen Weg auszufinden, wie Marko Polo haͤtte nach China kommen koͤnnen, ohne von der großen Mauer etwas zu sehen. S. Kircheri Sina illustrata, p. 90. und Martinii Atlas Sin. p. 74. Jn einem Buche, das vermuthlich allen meinen Lesern zur Hand ist, sind noch neuerlich so scharf- sinnige, und, meiner Ueberzeugung nach, gegruͤn- dete Bemerkungen uͤber diese beruͤhmte Mauer gemacht, daß ich es besser halte, dahin (S. Ke cherche’ deutsche Meilen lang, um da- sehr merkwuͤrdiges Wesen, in die sinesische Ge- schichte hineingebracht und dadurch also seine Nach- richten uͤberhaupt verdaͤchtig gemacht habe. Der gute Mann haͤtte aber bey einer nur einigermaßen aufmerksamen Vergleichung der angefuͤhrten Schrift- steller leicht wahrnehmen koͤnnen, daß eben der Kai- ser, den Kaͤmpfer nach japanischen Annalen Sikwo nent, bey Couplet Xi- hoamti und bey Martinius Chingus oder Xius heiße. Nach jenem fieng er seine Regierung 237, nach diesem 246 Jahre vor Christo an. Deguignes nent ihn Tshing-vang und sezt ihn ins J. 246. Dieser Gelehrte sucht ihn gegen die Beschuldigungen der Grausamkeit und Tyrannei zu rechtfertigen, die ihm von un- serm Schriftsteller und andern gemacht werden, --- wie mich duͤnkt, aber nicht mit Ueberzeugung eines aufmerksamen Lesers. So lange man die von ihm erzaͤhlte Handlungen als wahr annimt; (und dies thut Deguignes) so kan man auch wol nicht laͤug- nen, daß Tshing-vang ein wahrer sinesischer Nero war; und meiner Einsicht nach, behandelt der hochachtungswuͤrdige Herr Hofrath Gatterer den Tshing-vang viel zu guͤtig, wenn er (s. sein Hand- buch der Universalhistorie Th. 2. p. 60) die Aeuße- rungen seiner so unmenschlichen, barbarischen, die Aufklaͤrung der Nation hassenden (dies beweist der Buͤcherbrand) Tyrannei mit der manchmal freilich auch despotischen und grausamen Haͤrte Peters des Großen von Rusland vergleicht. Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. dadurch sein Reich gegen die Einbruͤche der Tataren zu sichern. Er sandte 300 junge Mans- und eben so viel junge Weibsleute jenseit der See unter dem Commando eines Arztes, welcher nebst den uͤbrigen Aerzten ihn dazu beredete, mit dem Befehl, die besten Pflanzen und andere zur Bereitung einer algemeinen Medicin dienliche Sachen aufzusuchen, und ihm zu uͤberbringen, weil er nach dieser Arznei großes Verlangen hatte. Dieser Arzt sezte mit seiner Colonie nach Japan uͤber, lies sich daselbst nieder, aber ohne die Absicht, sich jemals wieder zuruͤk nach China zu begeben. Er bauete den beruͤhmten Pallast Kanjoku, wel- ches so viel heist als ein großes dem Himmel gleiches Haus. Die Estriche desselben wurden mit Gold Der aͤußerst aufmerksame und besonders fuͤr Kaͤmpfers Fehler scharssichtige Charlevoix bemerkt mit Recht, daß unser Verfasser sich hier wider- spreche, da nach seinen eignen Nachrichten das Gold erst weit spaͤter in Japan eingefuͤhrt ist; wir werden aber sogleich sehn, daß hier ein Ver- sehn vorgegangen sey — und dieser Pallast nothwendig nicht in Japan, sondern in Sina gewesen seyn muͤsse. und Silber uͤberzogen und der ganze Pallast so praͤchtig geraͤumig und ansehnlich, daß er hernach zum Sprichwort geworden ist. Er wurde aber angestekt, und in die Asche gelegt im Jahr vor Christi Geburt 205 auf Befehl des Kool, Dieser Kool mag nun, (wie es mir wahr- scheinlich ist) der Lieu-pang des Deguignes, so wie der Syse des Deguignes Tse-ing seyn; (eine Untersuchung die nicht hieher gehoͤrt) so ist doch soviel unleugbar, daß der Pallast, von dem hier Kaͤmpfer redet, unmoͤglich von dem uͤberhaupt fa- belhaften Arzt, der die Colonie uͤberbrachte, in Ja- pan angelegt seyn koͤnne; sondern daß er noth- wendig in Sina, und wahrscheinlich vom Sikwo, (der so viele praͤchtige Gebaͤude errichtete) erbauet sey. Denn wie haͤtte anders der Zerstoͤrer der Dynastie der Ein (der nie nach Japan kam,) diesen Pallast verbrennen koͤnnen? — Der Fehler ist indes meinen Mascpten mit der englischen Ueberse- tzung gemein; es laͤst sich also nicht entscheiden, ob er in einem Versehn Kaͤmpfers und dessen, der ihm die japanischen Annalen dolmetschte, oder in diesen Annalen selbst seinen Grund habe? — welcher sich gegen die Familie der Cin auflehnte, und nachdem er den Kaiser Syse, Sikwos Nach- folger, getoͤdtet, sich selbst auf dessen Thron sezte. Die japanischen und chinesischen Geschichten Auch diese Erwaͤhnung der sinesischen Ge- schichten macht den oben angefuͤhrten Fehler wahr- scheinlich. Denn die sinesischen Annalen erwaͤhnen niemals andrer, als in Sina vorgefallener Bege- benheiten; die japanischen hingegen bereichern sich bekantermaßen mit allen merkwuͤrdigen Ereignissen von Sina. melden, daß der Pallast drei Monat lang gebrant habe, ehe er gaͤnzlich in die cherches sur les Egyptiens \& les Chinois T. 2. p. 87 \&c. ) zu verweisen, als hier noch mehrers uͤber einen Gegenstand zu sagen, der fuͤr meinen Verfasser doch nur episodisch ist. Nur dies wil ich noch anfuͤhren, daß die jetzige Truͤmmer der großen Mauer bey weitem nicht 300 deutsche Mei- len Laͤnge haben, wenn auch, wie ich nicht zweifle, K. in seinen japanischen Annalen diese Laͤnge fuͤr die Mauer des Sinokwo angegeben fand. Pauw hat die jetzige auf weniger als 160 franzoͤ- sische Meilen herabgesezt. Drit. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser ꝛc. die Aschen geleget wurde, woraus dessen Groͤße und weiter Umfang kan abgenommen werden. Er war aͤußerst grausam in Ansehung seiner Unterthanen, deren geringste aus Unbedacht- samkeit begangenen Fehler er mit der groͤsten Pein zu bestrafen pflegte. Jn dieser Absicht wird er auch als der erste der drei beruͤchtigten chinesischen Neronen angefuͤhrt. Es sind diese Sinosiko, Katsuwo, und Tsuwo, deren fuͤrchterliches Andenken immerwaͤhrend ist. Krokin regierte 56 und lebte 116 Jahr. Dai IX. Jhm succedirte sein Sohn Kaikwo oder Quo, Kai-kuͤo nach Deguignes; sinesisch Hiao- vuͤen. im Jahr nach Synmu 504, vor Christi Geburt 151, Deguignes 158. im 52ten Jahr seines Alters. Er versezte in dem 3ten Jahr seiner Regierung seinen Hofhalt und Residenz nach Jsagawa. Jm 17ten Jahr seiner Regierung, vor Christi Geburt 140, ereigneten sich drei heftige Erdbeben in China, und das folgende Jahr erschien der Mond in Purpurfarbener Gestalt. Jm 19ten Jahr seiner Regierung, vor Christi Geburt im 138ten, hat die erste Nengo in China angefangen unter dem damaligeu Kaiser Koo Bu, nicht lange nach seiner Besteigung des Throns. Nengo ist eine besondere Epoche, welche gemeiniglich von einem merkwuͤrdigen Zufal angehoben und mit zweien Charactern ausgedrukt wird; sie ist in keine gewisse Anzahl Jahre eingeschraͤnkt, sondern dauret nur so lange es dem Kaiser beliebig ist. Kaͤmpfer hat uns schon oben |eine ge- nauere Definition der Nengo gegeben. Jch habe mich aber nicht berechkigt gehalten, diese und aͤhn- liche Wiederholungen wegzustreichen. Der Character dieser ersten Nengo war Kenken. Er regierte 59 Jahr und starb zu Jsagawa, 111 Jahr alt. Dai X. Dessen Sohn Siunsin oder Siusin Ssuͤuͤ-sin nach Degnignes; sinesisch Tsong- s hin. succedirte ihm im Jahr nach Synmu 564, im 97ten Deguignes 98. vor Christi Geburt und 52ten seines Alters. Jm 4ten Jahre seiner Regierung und 93ten Jahre vor Christi Geburt verlegte er seine Hofhaltung und Residenz nach Siki. Jm 7ten Jahre seiner Regierung und im 90ten vor Christi Geburt war ein großes Sterben in Japan. Jm 11ten seiner Regierung und 86ten vor Christi Geburt wurde der Titel und das Amt des Seoguͤn zu allererst aufgerichtet und bestund im Direc- torio von allen Kriegssachen und dem Obercommando uͤber die Armee, im Fal eines Kriegs B b oder Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. oder Aufruhrs. Der Kaiser gab diesen Titel einem seiner Soͤhne. Jm 19ten Jahr sei- nes Reichs und 78ten vor Christi Geburt wurden die erste Fune, d. i. Kauffarthei und Kriegsschiffe in Japan erbauet und aufgerichtet. Jm 68ten Jahr seiner Regierung wur- den zwei Monde in Osten gesehen. Siusin regierte 68 Jahr und lebte 119 Jahr. Dai XI. Synin, dessen dritter Sohn folgte ihm im Jahr nach Synmu 632, vor Christi Geburt 29, und im 41ten seines Alters. Jn dem ersten Jahre seines Reichs hatte man spaͤt im Herbst reife Pfirschen in China. Jm 36ten Jahre seines Reichs regnete es Ster- ne vom Himmel in Japan. Jm 14ten Jahre seines Reichs am klaren und hellen Tage entstund urploͤzlich in China ein heftig Donnern und Blitzen; Cometen, und feurige Drachen und ungemeine Luftzeichen erschienen in der Luft, und es regnete Feuer vom Himmel. Jm 60ten Jahr seiner Regierung siengen sie in Japan an zu besserer Bestellung der Reisfelder Teiche zu machen, und das Wasser in Graben einzuschließen. Jm 65ten Jahr seiner Re- gierung im 7ten Monat wurde vieles Volk in China vom Bliz und Hagel getoͤdtet; auf welches Ungewitter ein solcher Hunger erfolgte, daß sich das Volk einander selbst toͤdtete und auffras. Jm 88ten Jahre wurde ein Ros mit ausserordentlichem Schweife aus Jndien in Japan uͤberbracht, welches 1000 Meilen in einem Jahre Dies ist nur eine Kleinigkeit gegen die englische Uebersetzung. Diese laͤst das wunderbare Pferd in einem Tage 1000 Meilen laufen. Die Lesart meiner Handschristen ist in der That zu na- tuͤrlich, daß ich jenes nicht fuͤr einen Schreibfehler halten solte. laufen konte. Ein Wettlauf zwischen diesem und dem beruͤhmten Pferde des Ali wuͤrde ein lustiger Anblik seyn. Jm 95ten Jahr seiner Regierung kam Bupo, sonst Kobotus genant, aus Jndien nach Japan und brachte auf einem weißen Pferde die Kio oder das Buch vom Gottesdienst und seiner Lehre mit heruͤber. Jhm wurde nachgehends ein Tempel aufgerichtet, Fakubosj oder der weiße Pferdetempel genant. Eben zu der Zeit ist der auslaͤndische heidnische Goͤtzendienst der Chineser und anderer Voͤlker hier ausgebreitet worden, und die Zahl der Tempel und Goͤtzenhaͤuser mehr und mehr angewachsen. Die Regierung dieses Kaisers ist eine der laͤngsten von denen, welche auf dem japanischen Thron gesessen haben, denn er regierte 98 und lebte 139 Jahr. Nach Deguignes regierte er doch nur 68, und lebte 120 Jahr, Jch mus nicht vergessen vor dem Schlus dieses Ka- pitels zu melden, daß im 29ten Jahr der Regierung dieses Kaisers, welches war das 661te Jahr nach Synmu, das 6te und lezte Jahr des chinesischen Kaisers Ai, von den Chi- Drit. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser ꝛc. Chinesern genant Hiao n Gaiti, welcher damals bereits gestorben war, und zum Nach- folger hatte den Kaiser Hiao Pim Ti, im 2ten Jahre seiner lezten Nengo, Christus der Welt Heiland gebohren, und im 66ten Jahre der Regierung Sy nin, welches war das 9te Jahr der Regierung des chinesischen Kaisers Kwoo Bu, gekreuziget und wieder von den Todten auferstanden sey, indem ich zum Grunde setze, daß dessen Tod sich im 33ten Jahre seines Alters begeben habe. Jn dieser Verechnung mus irgendwo ein Fehler seyn. Denn, wenn Christus 33 Jahr alt wurde; so muste er im 63sten des Synin sterben, wenn er im 29sten geboren wurde; oder er war im 33sten geboren, wenn er im 66sten starb. Sonst wird von allen Schriftstellern (Couplet, Martinius, Menzel, Deguignes) das Geburtsjahr Christi in das erste-Jahr des Hiao-Pimti aus der Dynastie der Si-Han gesezt. Nach der algemei- nen sinesischen Zeitrechnung ist es das 88ste Jahr des 45sten Cyklus. Uebrigens mus ich gestehn, daß, wenn ich die Epochen und Abtheilungen in der japanischen Ge- schichte zu machen haͤtte, ich sie nicht von der Ge- burt Christi entlehnen wuͤrde, da diese Begeben- heit nicht den mindesten Einflus in die Geschichte der japanischen geistlichen Erbkaiser bewiesen hat. Man moͤchte dann allenfals wie der Pater Mar- tinius die Dinge ansehn, der eine sehr natuͤrliche Verbindung zwischen der Geburt Christi und der sinesischen Geschichte darin findet, daß der sinesische Kaiser den Namen Pangus (oder Pam) d. i. friedfertig eben zu der Zeit annahm, da der wahre Fuͤrst des Friedens in die Welt kam. Eine Ver- bindung, die in der That im Kopfe eines Jesui- ten eben so natuͤrlich war, als sie Jedes andern Menschenverstande laͤcherlich scheinen mus. S. Mar- tinii Hist. Sin. L. IX. p. 361. B b 2 Viertes Viertes Kapitel . Folge der geistlichen Erbkaiser, welche nach der Geburt Jesu Christi gelebt und noch mit unbeschraͤnkter Macht bis auf die Geburt des Joritomo geherschet haben. Dai XII. K eikoo, Dai-kei-Kaoo nach Deguignes; sinesisch Tai-king-hang. des Synins dritter Sohn, folgte seinem Vater in der Regierung im 731ten Jahre nach Synmu, im 71sten Jahre unsers Heilandes Geburt und im 84ten seines Alters. Jn dem 23ten Jahre seiner Regierung entstund eine neue Jnsel nahe an Japan aus dem Abgrunde des Meers; sie wurde Tsikubasima genant, und dem Nebis, welcher der Japaner Neptunus ist, gewidmet. Drei Jahre hernach wurde ein Mia oder Tempel, Takajanomia genant, auf besagtem Eylande dem Nebis zu Eh- ren erbauet, und eine gnugsame Anzahl Bonzen oder Priester dazu verordnet, Gottesdienst darin zu pflegen. Dieser Tempel wurde in folgenden Zeiten recht beruͤhmt und reich, und man sagt, daß das Eyland selbst allezeit frei vom Erdbeben gewesen sey. Er regierte 60 und lebte 143 Degnignes 140. Jahr. Dai XIII. Sei Muu, Dai-Ssei-Mu nach Deguignes; sine- sisch, Tai-Tshing-wu. dessen 4ter Sohn folgete ihm in der Regierung nach Synmu 791, nach Christi Geburt 131 Deguignes, 131. und im 49ten Jahr seines Alters. Er verlegte seinen Sitz und Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Viert. Kap. ꝛc. und Hofhaltung nach Sigga in die Provinz Oomi. Jn dem 6ten Jahre seiner Regie- rung sezte er die Graͤnzen aller Laͤnder seines Kaiserthums fest. Er regierete 60 und lebte 108 Jahr. Dai XIV. Tsiuu Ai, Tsuͤi-Ti; sinesisch Tshong-gnai. der andere Sohn der Schwester des Sei Muu, welche mit Ja- matta Dakino Mikotto vermaͤhlet war, und ein Enkel des Keko, succedirte in der Regierung im Jahr nach Synmu 852, nach Christi Geburt 192 Deguignes, 191. und im 44ten seines Alters. Er bahnte sich den Weg zum Thron durch den Mord des Kumasi Usomu Kuno Mikotto. Er regierte 9 Jahr, und starb im 52ten Jahr seines Alters. Dai XV. Singukogu oder Dsin Guukwoo Guu, Ssiu-koo-oo, nach Deguignes; sinesisch Shing-kuͤng. folgete auf ihn nach Synmu 861, nach Christi Geburt 201 Deguignes, 200. und im 30ten Jahre ihres Alters. Sie war des verstorbe- nen Kaisers Wittwe und zur Nachfolge berechtiget, weil sie im fuͤnften Grad mit dem Kaiser Keikoo verwant war. Sie fieng einen Krieg an gegen Corea, und sezte gleich im Anfang mit einer starken Armee uͤber, welche sie in eigner Person kommandirte; allein da sie sich in einem fremden Lande schwanger befand, eilte sie wieder nach Japan, wo sie ins Kindbette (in Tsihusen in der Landschaft Mikassa, woselbst sie auch residirte) kam mit einem Sohn, der in seinen jungen Jahren Wakono Oosi genant wurde, als er aber zu Jahren und zum Thron gelangte, den Namen Oosin Ten Oo erhielte, nach seinem Tode aber Jawatta Fatzman genant wurde, welches bedeutet Mars von Jamatta. Er ist wegen seiner heldenmuͤthigen und tugendhaften Verrichtungen unter die Goͤtter des Landes gerechnet. Sie residirte in Tsikusen, verlegte aber oͤfters ihre Hofhaltung von einem Ort ihres Landes zum andern, und starb endlich nach einer ruhmwuͤrdigen 17jaͤhrigen Regierung im 100ten Jahre ihres Alters, und wurde nach ihrem Tode unter die Goͤttinnen des Landes gerechnet mit dem Namen Kassino Dai Miosin. Waͤhrend der Regierung dieser Kaiserin wurde China durch Erdbeben, Diebstaͤhle, Aufruͤhrer und andres Ungluͤk verwuͤstet. Dai XVI. Oosin oder Woosin Oo-ssin auch bei Deguignes; sinesisch Jngs hin. ihr einziger Sohn, succedirte ihr im Jahr nach Synmu 930, nach Christi Geburt 270 und im 71ten Jahr seines Alters. Er war ein großer Fuͤrst B b 3 in Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. in Friedens-und Kriegszeiten und ein treuer Vater seines Vaterlandes, welches er mit großer Gnade und Klugheit regierte. Er starb im 113ten Jahre seines Alters und wurde nach seinem Tode | mit dem goͤtlichen Titel von Fatzman beehret, welches so viel heist als der japonische Mars und ein Bruder von Ten Sio Dai Sin. Dai XVII. Nintoku sein 4ter Sohn folgte ihm in der Regierung im Jahr nach Synmu 973, nach Christi Geburt 313, und im 24ten Jahre seines Alters. Jm 68ten Jahre seiner Regierung wurde in Fida ein monstreuses Kind mit zwei Angesichtern, vier Armen und vier Fuͤßen gebohren. Er war ein guter und tugendhafter Fuͤrst, sehr geliebt von seinen Un- terthanen, welchen er die Auflage zu verschiedenen Zeiten erlies. Er regierte 87 und lebte 170 Nach Deguignes, 110, Jahr. Jn Tsinokuni ist ein Tempel zu seinem Gedaͤchtnis errichtet, welcher genant wird Naniwa Takakuno Mia Korefirano Dai Mio Dsin. Dai XVIII. Sein aͤltester Sohn Ritsiu folgte ihm in der Regierung nach Synmu 1060, nach Christi Geburt 400 und im 72ten Jahr seines Alters. Er residirte zu Koas in der Landschaft Jamatta. Er regierte 6 Jahr, und starb im 78ten Jahr sei- nes Alters. Dai XIX. Fan Sei sein juͤngerer Bruder und zweiter Sohn des Ninkoku, folgte auf ihn im Jahr nach Synmu 1066, nach Christi Geburt 406, und im 55ten seines Al- ters. Er residirte zu Siwagaki in der Provinz Kaawaats, regierte 6 und lebte 63 Jahr. Dai XX. Jnkoo, Jnkio; sinesisch Yuͤnkuͤng. Die Sineser nennen ihn auch Tsan. des Fan Seis juͤngster Bruder und des Nintoku juͤngster Sohn, folgte auf seinen Bruder im Jahr nach Synmu 1074, nach Christl Geburt 414, und im 39ten Jahre seines Alters. Er residirte zu Aska in Jamatto. Er uͤbersante einen Me- dicum desselben Landes nach China, um fuͤr seine Gesundheit Sorge zu tragen. Er regierte 40 Jahr und starb im 80ten seines Alters. Dai XXI. Viert. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser, welche nach der Geburt ꝛc. Dai XXI Ankoo, Ankao bey Deguignes, sinesisch Gankam. des Jnkioo Sohn, folgte seinem Vater in dem Jahre nach Synmu 1114 nach Christi Geburt 454 und im 54ten Jahr seines Alters. Er residirte in Jamotto. Seine Regierung war nur kurz, denn im 3ten Jahre nach seiner Ankunft auf den Thron rebellirte Maijuwa, nahm ihn gefangen und toͤdtete ihn in dem 56ten Jahr sei- nes Alters. Dai XXII. Jun Riaku Yuͤuͤ-Rijasuͤ bey Deguignes; sinesisch Yuͤmliuͤ. des Ankoo juͤngerer Bruder und fuͤnfter Sohn des Jnkioo folgt ihm nach in der Regierung im Jahr nach Synmu 1117 nach Christi Geburt 457. Es wird von diesem Kaiser gesagt, daß er grau gebohren sey, daher sichs gefuͤget, daß einige Schriftsteller dessen Ankunft auf den Thron in sein Alter setzen, welches aber mit der Zeitrechnung und dem Alter der Kaiser seiner Vorfahren nicht uͤbereinkoͤmt. Er raͤchte seines Brudern Tod an Maijuwa, oder wie einige ihn nennen Maijuwano o sin, wel- chen er toͤdtete. Jm 17ten Jahre seiner Regierung vermaͤhlte er sich mit der Prinzess in Wakaki, declarirte sie zur Kaiserin, und machte zur selbigen Zeit ein Gesez, welches immer waͤhrt, und darin bestehet, daß die Kinder der Gemahlin des Dairi, welche zur Kaiserin ernant ist, als rechtmaͤßige Erben der Krone anerkant werden solten. Jn dem 19 ten Jahre seiner Regierung wurden die ersten Putjes in Japan gepraͤgt von einer Sinka. So finde ich diese Stelle in meinen Hand- schriften, und es laͤst sich nicht genau daraus ab- nehmen, ob Sinka eine Person war. Scheuchzer hat es so verstanden, und sagt, „die Putjes waͤ- ren von einem Sinka gepraͤgt worden.‟ Er regierte 23 Jahr. Wie lang er aber gelebt, ist ungewis. Dai XXIII. Dessen zweiter Sohn Se Ne Ssei-nei nach Deguignes; sinesisch Tsching- ning. succedirte ihm im Jahr nach Synmu 1140, nach Christi Geburt 480, und im 37ten Jahr seines Alters. Er regierte nur 5 Jahr und lebte 42. Dai XXIV. Gen Soo, Ken-Ssoo nach Deguignes; sinesisch Hient- song. des Kaisers Ritsiuu Enkel succedirte dem Se Ke im Jahr nach Synmu 1145, nach Christi Geburt 458, im 46ten Jahr seines Alters. Er regierte 3 Jahr, dankte ab, lebte 85 Jahr. Dai XXV. Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Dai XXV. Sein Bruder Ninken Sinesisch Gin-Hien. folgte ihm im Jahr nach Synmu 1148, nach Christi Geburt 488, und im 41ten Jahr seines Alters. Er regierte 11 Jahr, und lebte 51. Dai XXVI. Sein Sohn Buretz succedirte ihm im Jahr nach Synmu 1159 und Christi Ge- burt 499. Er war ein grausamer barbarischer Fuͤrst, fand großes Vergnuͤgen im unver- mutheten Abhauen der Koͤpfe seiner Unterthanen. Er rizte denen schwangern Weibern mit seinen eignen grausamen Haͤnden die Baͤuche auf. Bei dieser Gelegenheit sol, nach historischem Bericht, Feuer vom Himmel gefallen seyn, und der Kaiser, um sich dagegen zu verwahren, hat einen besondern Plaz ganz mit Steinen uͤberziehen und bepflastern lassen. Er gab aber noch mehr andere Beweise seiner ungemeinen und unerhoͤrten Grausamkeit an den Tag. Er schnit dem Volke die Naͤgel von Haͤnden und Fuͤßen ab, und lies zufolge eines japanischen Autors Spaden daraus machen und die Wurzeln damit aufgraben. Er marterte auch einige durch das Ausraufen der Haare an allen ihren Leibestheilen. Andere befahl er an die Gipfel hoher Baͤume zu haͤngen, und lies dann mit Pfeilen nach ihnen schießen, oder die Baͤume absaͤgen oder schuͤtteln, daß sie herunter fallen musten, woran er großes Vergnuͤgen spuͤren lies, und dasselbe mit herzlichem Gelaͤchter merklich machte. Auf solche grausame Art regierte er 8 Jahr. Wie lang er gelebt, und wie er gestorben? ist nicht gemeldet. Dai XXVII. Kei Tei Sinesisch Ki-ti. folgte ihm in der Regierung nach im Jahr nach Synmu 1167, nach Christi Geburt im 507ten und 54ten Jahre seines Alters. Er war Kaisers Oosins Ur- enkel, gebohren von der Prinzess in Fkoarusi, welche dieses Kaisers Nichte war. Er residirte zu Tsutsuki in der Provinz Jamasiiro, von da er seine Hofhaltung nach Foto- guami in selbiger Provinz verlegte. Jm 12ten Jahre seines Reichs, welches das Jahr Christi 519, kam der Darma ein großer, heiliger und beruͤhmter Heidenprophet, welcher war der 3te Sohn des indianischen Koͤnigs Kosjuwo und der 28te Erbfolger auf dem heil. Stuhle des Sjaka, nach China von Seitensiku, das ist, aus dem westlichen Himmels- lande, wodurch das feste Land von Jndien verstanden wird, weil es China gegen Abend liegt. Kei Tei starb nach einer 17jaͤhrigen ruhmwuͤrdigen Regierung im 81ten seines Alters, und wurde von jederman betrauret. Sein Nachfolger vergoͤtterte ihn in Jetsijsin und verehrete ihn mit dem goͤtlichen Titel Askano Dai Mio Sin. Dai XXVIII. Viert. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser, welche nach der Geburt ꝛc. Dai XXVIII. Er hatte zum Nachfolger seinen Sohn An kan Sinesisch, Gan-kan. im Jahr nach Synmu 1194, und nach Christi Geburt 534, und im 69ten Jahre seines Alters. Er residirte in Ja- matto, und starb nach einer kurzen Regierung von zwei Jahren. Er wurde drei Jahre nach seinem Tode gleichfals vergoͤttert, und als ein Beschuͤtzer der Landschaft Jamatto, unter dem Namen Kimbo Senno Gongin, angerufen. Dai XXIX. Senkwa, Ssen-kuͤo bey Deguignes; sinesisch Siuͤen-Hoa. sein juͤngerer Bruder, wurde sein Nachfolger im Jahr nach Synmu 1196, und Christi 536, Deguignes, 535. nachdem er bereits 70 Jahr alt war. Er verlegte seine Hof hal- tung und Siz an einen andern Ort in selbigem Lande. Er regierte nur vier Jahr, und starb, da er zuvor seinen Bruder vergoͤttert und fuͤr einen Schuzgott von Jamatto ausge- rufen hatte. Dai XXX. Kin Mei oder nach zierlicher Ausrede Kim Me, Sinesisch, Kin-Mim. zweiter Sohn des Kaisers Kei Tei, folgte seinem Bruder im Jahr nach Synmu 1200, nach Christi Geburt 440, im 32ten Jahr seines Alters. Er residirte in der kleinen Landschaft Skinnokori. Er war ein frommer Fuͤrst und gegen seine Unterthanen sehr gnaͤdig, auch dem auswaͤrtigen Goͤtterdienst der Budsdo ungemein ergeben, daher dieser Aberglaube unter seiner Regie- rung mit großem Fortgang durch Japan ausgebreitet wurde, zumal da auch der Kaiser selbst unterschiedliche Tempel denen auslaͤndischen Goͤtzenbildern erbauen und sogar das Goͤ- tzenbild Buds oder Fotoge in Fakkusai, das ist, in China ausschnitzen lies. Mein japanischer Autor schreibt etwa 1000 Jahr hernach, daß in Tsiutensiku, das ist, in dem mitlern Teusiko, wodurch das Land der Malabaren und die Kuͤste Coromandel in Jn- dien zu verstehen ist, ein vortreflicher Fotoke, genant Mokuren, ein Schuͤler des Sjaka entstanden sey; auch daß etwa um selbige Zeit die Lehrer des Jambadan Gonno Niorai, das ist, von Amida, dem großen Gott und Patron der abgeschiedenen Seelen, nach China oder Fakkusai uͤberbracht worden, und zugleich auch in denen benachbarten Laͤndern ausgebreitet sey. Diese Lehre, faͤhrt der Autor fort, offenbarte sich nun selbst in Tsino- kuni oder Japan an einem Orte Naniwa genant, alwo das Goͤtzenbild Amida an dem C c Ein- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Eingange eines Pond, mit guͤldenen Strahlen umgeben, sich sehen lies. Es wisse kein Mensch, wie dieses Bild daselbst hingekommen sey; der damalige fromme Kaiser habe zum Andenken solcher Begebenheit die erste Nengo in Japan angeordnet, und Konquo genant. Das Goͤtzenbild selbst sey von Tonda Josijmitz, einem herzhaften und frommen Fuͤrsten, in die Provinz Sinano eingefuͤhret und in den Tempel Sinquosi gesezt, woselbst es nachher unter dem Namen Sinquosi Norai, das ist, der Norai oder Amida von Sinquosi, viele Wunderwerke verrichtete, welche diesen Tempel in dem ganzen Kaiserthum beruͤhmt gemacht haben. So weit mein japanischer Autor. Kin Mei regierte 32 und lebte 63 Jahr. Dai XXXI. Jhm folgte in der Regierung sein andrer Sohn Fitatzu oder Fintatz Sinesisch, Minta. im Jahr nach Synmu 1232, nach Christi Geburt 572. Mein Autor thut keine Meldung von sei- nem Alter, sondern schreibt nur von folgenden merkwuͤrdigen Begebenheiten, die sich unter seiner Regierung zugetragen haben: Jn dem 3ten Jahre seiner Regierung, am ersten Tage des ersten Monahts wurde dem kaiserlichen Hofe gebohren Sotoktais ein großer Apostel der Japaneser. Vor des- sen Geburt begaben sich verschiedene merkwuͤrdige Umstaͤnde. Seine Mutter sahe sich in der Nacht im Traum mit himlischen gleich der Sonnen helglaͤnzenden Strahlen umgeben, und hoͤrete dabei folgende Worte, an sie gerichtet, aussprechen: „Jch der heilige Gu- sobosatz muß wieder gebohren werden, die Welt zu lehren, und derohalben komme ich herab in deinen Leib einzugehen.‟ Und darauf beim Erwachen fand sie sich schwan- ger, und hoͤrete nach acht Monaten das Kind deutlich in ihrem Leibe reden, im 12ten Monat aber wurde sie nicht allein ohne die geringste Pein, sondern auch mit großer Lust und Vergnuͤgen von einem Sohn entbunden, welcher damals Fatsisino und nach seinem Tode Tais oder Sotoktais genant wurde. Es lies dieses Kind fruͤhzeitige Kenzeichen sonder- baren Verstandes und großer Froͤmmigkeit von sich blicken, und Andacht und Gebet waren sein groͤstes Vergnuͤgen auch in seinen noch zarten Kinderjahren. Als er nur vier Jahr alt und im eifrigen Gebet begriffen war, wurden die Gebeine und Reliquien des laͤngst verbranten großen Sjaka auf eine wunderbare Weise in seine Haͤnde geliefert. Der Goͤtzendienst nahm uͤberal unter dieses Kaisers Regierung in Japan sehr zu, und kamen aus unterschiedenen Landen eine Menge Goͤtzenbilder, Bildschnitzer und Pfaffen uͤber die See alhier an. Jn dem 6ten Jahre seiner Regierung wurde ein Edikt publicirt, welches Viert. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser, welche nach der Geburt ꝛc. welches befahl, daß an sechs unterschiedenen Tagen jeglichen Monats alle lebendige Creaturen, in welchem Zustande sie auch seyn moͤgten, solten in Freiheit gesezt werden, und diejenigen Unterthanen, welche kein lebendiges haͤtten, thaͤten wohl, wenn sie dieserhalb nur etwas kauften, damit sie die Gelegenheit und Zeit nicht versaͤumen moͤgten, an diesen Tagen oͤffentliche Proben ihrer Dankbarkeit und Erkentlichkeit gegen diese Creaturen abzulegen. Jm 14ten Jahre seiner Regierung verursachte einer, Nahmens Moria, ein großer Geg- ner und geschworner Feind des Sotoktais, große Unruhe und Religionsuneinigkeiten in dem Kaiserthum, weil er aus toͤdlichem Has gegen alle Fotoye und Goͤtzenbilder des Lan- des dieselben, wo sie nur zu bekommen waren, aus den Tempeln raubte und verbrante. Es wurde ihm aber innerhalb zweien Jahren wieder vergolten, indem seine Feinde ihm auf Leib und Leben nachstelten, und endlich gefangen erhielten, da er dann sein verwegenes Vorneh- men mit dem Leben bezahlen muste. Es wird hiebey noch gemeldet, daß aus der verbran- ten Goͤtzenbilderasche |in einer Grube ein sehr ploͤzliches und erschrekliches Donnerwetter mit großem Blitzen und Regen entstanden sey. Er regierte 14 Jahr, wie lang er aber gelebt? ist nicht bekant. Dai XXXII. Er hatte zum Nachfolger Joo Mei Sinesisch Yuͤm-min. seinen 4ten Sohn, in dem Jahre nach Synmu 124, nach Christi Geburt 586. Mein Autor schweigt alhier gaͤnzlich stil sowol von dieses Kaisers als einiger seiner Successoren Alter. Unter seiner Regierung wurde Moria geschlagen und getoͤdtet, und der Tempel Sakatatina in der kleinen Provinz Tamatsukuri zum Andenken dieser Begeben- heiten erbauet. Er regierte zwei Jahr. Dai XXXIII. Siu Siun sein Bruder succedirte ihm im Jahr nach Synmu 1248 und Christi 588. Jm 3ten Jahre seiner Regierung im 7ten Monat wurde das Kaiserthum Japan zuerst in sieben große Laͤnder eingetheilet, und genant Goki Sitzi Do, welche Eintheilung, wovon ich genauere Nachricht im 5ten Kap. des ersten Buchs gegeben, noch immer fortdau- ert, und in allen japanischen Landcharten in acht genommen wird. Er regierte 5 Jahr und starb. Dai XXXIV. Suiko oder Syko SSiuͤ-ssi-yuͤn; sinesisch Tsing-sjim. des Kaisers Kim Me zweite Tochter und des Kaisers Fitats hinterlassene Witwe folgte dem Siu Sium auf dem Throne im Jahr nach Synmu C c 2 1253, Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. 1253, nach| Christi Geburt 593. Jm 5ten Jahre ihrer Regierung kam ein fremder Prinz von Fakusai an ihrem Hofe an, blos in der Absicht seinen schuldigen Respect gegen den Sotoktais abzulegen. Jm 6ten Jahre ihrer Regierung wurde eine Dohle Oder Kraͤhe. und ein Pfau von jenseit des Meers her, zu einem Geschenk fuͤr die Kaiserin uͤberbracht. Es dau- ret diese Gattung Voͤgel noch jezt fort, und besonders das sich stark vermehrte Kraͤhenge- schlecht, welches anjezt großen Schaden verursacht. Jm 7ten Jahre ihrer Regierung wurde ganz Japan vom Erdbeben auf erschrekliche Weise erschuͤttert, und eine sehr große Menge Gebaͤude niedergeworfen und verschlungen. Das naͤchste Jahr darauf fiel Feuer vom Himmel und nach demselben eine solche Menge Regen, daß viele Staͤdte unter Was- ser gesetzet wurden. Jn dem 10ten Jahre wurde ein geistlich Buch, genant Rekkotoso, aus Fakkusai uͤberbracht. Jn dem 12ten Jahre lies die Kaiserin eine Saͤule des Sjaka aus Kupfer gießen. Diese Statuͤe wurde hernach geschmolzen, um Geld daraus zu praͤgen, und eine andere von Gips oder Thon an deren Stelle gesezt. Jn demselben Jahre wurde zu allererst Gold aus Japan in Corea uͤberbracht. Jn dem 21ten Jahre ihrer Regierung ist, dem Bericht nach, der Darma dem Sotoktais erschienen in der Landschaft Jamatta am Gebirge Katta Joha. Man sezt noch hinzu, daß diese beiden ex tempore einer auf den andern Verse gemacht haͤtten. Jm 28ten Jahre ihrer Regierung am 22ten Tage des 2ten Monden starb Sotoktais im 49ten Jahre seines Alters. Jm 35ten Jahre ih- res Reichs wurde ein Schwarm fremder Fliegen im Lande bemerkt, welche mit ihrem gro- ßen Sausen und Schwaͤrmen vielen Schaden verursachten. Suiko starb im 36ten Jahre ihrer Regierung, Dai XXXV. Dsiome, Ssijo-Mei nach Deguignes; sinesisch Siuͤmim. des Kaisers Fitatz Enkel, folgte ihr nach in der Regierung im Jahr 1289 nach Synmu und 629 nach Christi Geburt. Er residirte in Jamatto. Jm 3ten Jahr seiner Regierung am ersten Tage des ersten Monden wurde der große andaͤchtige Gienno Giosa gebohren; ein Stifter des geistlichen Ordens der japanischen Einsiedler oder Jammabos, das ist, Bergpfaffen, welche in den Gebuͤrgen, Holzungen und Wuͤsten wohnen, davon unten im dritten Buch im 5ten Kap. ein Mehrers. Eben dasselbe Jahr erschien ein Comet. Jm 12ten Jahre seiner Regierung am 7ten Tage des andern Mondens wurde ein Stern im Monde bemerkt. Er regierte 12 Jahr. Dai XXXVI. Kwoogoku Kuͤoo-Kijoku; sinesisch Hoamkin. seine kaiserliche Gemahlin und Kaiser Fitatz an Kindes stat ange- nommene Tochter folgte ihm im Jahr nach Synmu 1302, nach Christi Geburt 642. Jn dem Viert. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser, welche nach der Geburt ꝛc. dem andern Jahr ihrer Regierung wurden fuͤnf unterschiedene Farben in der Luft bemerkt. Eben dasselbe Jahr im 4ten Monden, fiel eine große Menge Hagel. Sie regierte 3 Jahr. Dai XXXVII. Koo Toku Kao-tokuͤ; sinesisch Hiao-te. ihr juͤngerer Bruder folgte ihr im Jahr nach Synmu 1305 und nach Christi Geburt 645. Er verlies Miako seine Residenz, und verlegte seinen Hof- stat nach Nagora Tojosaki. Er war der erste, welcher seine Ministers und andre Be- dienten mit Titeln und verschiednen Merkmalen, um sie in ihrem Rang und Bedienung zu distinguiren, beehrte. Er regulirte auch, auf welche Weise denen Civilbedienten außer dem Hofe Respect erwiesen werden solte. Die Jahre waren bisher von der Epoche Nin O gerechnet, nemlich vom Anfang der Regierung des Synmu, dem Grundleger der japa- nischen Monarchie; er aber machte kuͤrzere Perioden, Nengo genant, welches noch jezt im Gebrauch ist. Sie wurde von ihm durch sein ganzes Kaiserthum publicirt, und in acht zu nehmen befohlen. Diese Nengo aber waren nicht seine eigene Erfindung, son- dern von den Chinesern erlernt. Sie sind schon einige 100 Jahre fruͤher bey denen Chine- sern im Gebrauch gewesen, indem sie von dem chinesischem Kaiser Koo Bu, bey dem Anfang seiner Regierung, ohngefehr 140 Jahr vor unsers Heilands Geburt, erfunden worden. Sie sind, wie ich schon oben gemeldet, aus zweien Characteren zusammengesezt und gemeiniglich von einer merkwuͤrdigen Begebenheit datiret. Da es lediglich auf des Kaisers Willen und Belieben ankomt, die Nengos anzufangen und zu bezeichnen, so kan er sie auch dauren lassen, so lange er wil. Dies geschiehet auch gemeiniglich, bis daß einige merkwuͤrdige Veraͤnderung im Kirchen- und Policeiwesen dem Kaiser einigen Anlas zur neuen Nengo giebt. Jn ihren Briefen, Rechnungen, Calendern und andern Buͤchern wie auch im taͤglichen Umgange werden diese Nengo’s gemeiniglich gebraucht, indem es ein viel leichterer und kuͤrzrer Weg zu rechnen ist. Jn Jahrbuͤchern, Geschichten und an- dern gedrukten Buͤchern ist das Jahr der Nin O beigefuͤgt. Die erste Nengo war Fa- kutsij und fieng mit dem 6ten Jahre der Regierung dieses Kaisers an, welches war das 1310te Jahr nach Synmu, und das 650te nach Christi Geburt. Sie waͤhrte 22 Jahr, nemlich bis auf das erste Jahr der Regierung Ten Mu. Koo Toku regierte 10 Jahr. Dai XXXVIII. Si Me Tsimei, nach Deguignes; sinesisch Tsimim. des Kwoo Gokus Tochter, eine unverheirathete Prinzessin, suc- cedirte ihrer Mutter Bruder im Jahr nach Synmu 1315 und nach Christi Geburt 645. Dies Jahr steht sowol in meinen Hand- schristen als in der englischen Uebersetzung. Es mus aber, wie man leicht gewahr wird, 655 seyn. Deguignes hat 653. C c 3 Sie Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Sie verlegte ihren Hofstat und Residenz nach Tonga in Jamatto, und im lezten Jahre ihrer Regierung nach Asakura. Sie regierte 7 Jahr, unter welcher Zeit ihres Onkels erste Nengo fortdauerte. Dai XXXIX. Tentsii, Sinesisch Tient-shi. des Dsiome Sohn und der Kaiserin Kwoo Gokus, Jtoku, Charlevoix sagt, der Tentsji waͤre der Sohn eines Jtoku der vorhergehenden Kaiserin gewesen; nach K. war er selbst ihr Jtoku. succedirte der Sime im Jahr nach Synmu 1322 und nach Christi Geburt 662. Jtoku heist soviel als Vetter, Vaters- oder Muttersbruders oder Schwestersoͤhne. Jn dem 4ten Jahre seiner Regierung wurde der beruhmte Tempel See Guansi gebauet, und dessen vornehmstes Goͤtzenbild von dem beruͤhmten Meister Kassiga geschnitzelt, welcher Meister seiner unvergleichlichen Geschiklichkeit halber, die er in dergleichen Arbeit gehabt, nach sei- nem Tode unter die Heiligen gezaͤhlet worden ist. Jn dem 6ten Jahre seiner Regierung verlegte er seinen Hof und Wohnung nach Siga, in der Provinz Ootz. Jn dem 10ten Jahre seiner Regierung wurde ein wunderbarer Hirsch mit acht Laͤufen in der Landschaft Tsi- kugo gesehen. Er regierte 10 Jahr. Dai XL. Ten Mu, sein juͤngerer Bruder, folgte ihm im Jahr nach Synmu 1332, und nach Christo 672. Es geschahe nicht ohne große Unruhe und Gefahr, daß sich dieser Kai- ser bey dem Besiz des Throns erhielte, welcher ihm von seinem juͤngsten Bruder Oto Mo No Oosi, streitig gemacht wurde, indem derselbe sein Recht zu der Krone durch die Macht der Waffen zu erhalten und zu dem Ende an die Spitze einer zahlreichen Armee sich zu stel- len beschlos. Allein es wurde dieser ungluͤkliche Praͤtendent binnen fuͤnf Monaten so voͤl- lig geschlagen, daß er aus Verzweiflung ihm selbst den Bauch aufschnit. Sein Koͤrper wurde ehrlich begraben in dem Tempel Okamotto, |in der Landschaft Jamatto gelegen, welches im November Monat der Regierung seines Bruders geschahe. Zum Andenken dieses Siegs stiftete Ten Mu die Nengo Fakwo, welche 14 Jahr daurete bis auf den Anfang der dritten Nengo Siuwu. Jm 2ten Jahre seines Reichs wurde der beruͤhmte Tempel Midera gebauet; und zugleich das heil. Buch Jssaikio, welches eine Art vom Gebetbuche ist, aus China uͤberbracht. Jm 3ten Jahre seiner Regierung wurde Silber aus Tsussima uͤberbracht, alwo sie selbiges zu graben und zu verarbeiten den Anfang mach- ten. Viert. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser, welche nach der Geburt ꝛc. ten. Jm 4ten Jahre seines Reichs am 4ten Tage des 4ten Monden wurde die erste Matsuri zu Nara und Tatza gefeiert, welchem Exempel hernach andre unterschiedliche Oerter des Kaiserthums gefolgt sind. Matsuri ist ein großer Festtag, welcher einem Goͤ- tzen, und besonderm Patron und Schuzherrn eines Orts zu Ehren, mit aller ersinlichen Pracht und Ansehen, mit feierlichen Processionen, praͤchtigen Schauspielen, Taͤnzen, musi- calischen Concerten und andern Lustbarkeiten gefeiert wird. Jm siebenten Jahr seines Reichs, im 6ten Monden fiel Hagel, so dik, wie die Pfirschen. Jm 8ten Jahre hatten sie reife Pfirschen zu Jkedamura schon in dem ersten Monat, welcher unser Februarius ist. Eben dasselbe Jahr am 3ten Tage des 11ten Monden schien die Luft ganz helle gegen Osten, und war zulezt einer Flamme gleich. Jm 9ten Jahre wurde der Gebrauch der Silbermuͤnze verboten, und an deren Stat kupferne Sennis gepraͤgt, von denen Auslaͤndern Putjes genant. Um diese Zeit wurde das Kaiserthum Japan in 66 Landschaften getheilt. Die Jnseln Jki und Tsussima, welche vordem zu Corea gehoͤrten, sind nachher erobert und mit dem Kaiserthum Japan in dem vorhergehenden Jahrhundert verknuͤpft worden, so daß nun in Allem 68 Provinzen gezaͤhlt werden. Jm 13ten Jahre seines Reichs am 14ten Tag des 10ten Monden entstund ein heftiges Erdbeben. Jm 14ten Jahre seiner Regie- rung wurde eine neue Nengo, genant Suiwu, angeordnet, welche aber nur ein Jahr dauerte. Jn eben demselben Jahr starb der Kaiser am 9ten Tage des 9ten Monden, und wurde durch dessen Tod neue Unruhe an diesem geistlichen Hofe, wegen der Erbfolge von Ootzno Osi erwecket. Dai XLI. Dsito Bey Deguignes Dsitoo; sinesisch Schitong. des Kaisers Temnus kaiserliche Gemalin und Nichte folgte ihrem Ehe- gemal und Mutter-Bruder, ohngeachtet der Anspruͤche des Ootzno Osi, im Jahr nach Synmu 1347, nach Christi Geburt 687. Sie residirte zu Fusiwara in Jamatto. Jm 6ten Jahre ihrer Regierung wurde das erste Sakki oder Reisbier in Jekisinocori, in der Landschaft Oomi gebrauet. Sie regierte 10 Jahr. Dai XLII. Jhr succedirte Mon mu Bey Deguignes Man-buͤ; sinesisch Ven-vu. des Temnu’s Enkel im Jahr nach Synmu 1357, und Christi 697. Gleich nach seiner Ankunft fieng er eine neue Nengo an, welche Gen hies, und vier Jahr dauerte, nachher stiftete er noch die Nengos Tenpo von drei, und Keewuum von vier Jahren, die aber wenig gebraucht sind. Er war der erste, welcher Tsiaps Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Tsiaps, oder Petschafte, besondere Waffen und Kriegskleider in jeder Landschaft anord- nete, welches im 8ten Jahr seiner Regierung geschah. Jn dem 9ten Jahre verordnete er ein viereckichtes Maas, von den Japanern genant Seo oder Maas, von den Hollaͤndern aber Ganten, von welchen drei accurat vier Pfund Reis enthalten nach deutschem Gewicht. Es war von Holz gemacht, und wurde als ein Muster in alle Landschaften des Kaiserthums versandt, damit es von der Zeit an ein kaiserliches Maas waͤre, nach dem der Reis und andres Korn solten ausgemessen werden. Er regierte eilf Jahr. Dai XLIII. Genmei Bey Deguignes Ken-Mei, sinesisch Yuͤen-min. des Kaisers Tentsii Tochter folgte ihm Kraft ihres Erbrechts im Jahre nach Synmu 1368, und Christi Geburt 708. Sie residirte zu Nara, und stiftete eine neue Nengo Wat To, welche sieben Jahre waͤhrte bis zu der Nengo Reiki. Jm ersten Jahre ihrer Regierung lies sie goldne und silberne Muͤnzen praͤgen, aber das naͤchst- folgende Jahr wurden die leztern wieder verworfen. Jn selbigem Jahre wurde Abenoka- mar, ein Prinz vom kaiserlichen Gebluͤte, geboren, welcher in denen japanischen Geschichten sehr beruͤhmt ist. Jm 3ten Jahre ihrer Regierung wurde der beruͤhmte Tempel Koobo- kusi gebauet, woselbst ein Goͤtzenbild des Sjaka, von einem aus Kupfer und Gold ver- mischten Metal durch den großen Meister Taisoquan gegessen, aufgerichtet ist. Jm 6ten Jahr ihrer Regierung bestaͤtigte sie die Namen aller Laͤnder, Staͤdte und Doͤrfer durch das ganze Reich, und lies dieselben in die oͤffentlichen Register bringen. Sie regierte sieben Jahr. Dai XLIV. Gensioo, Bey Deguignes Ken-Ssijao; sinesisch Yuͤen-Tshing. des Kaisers Temnu Enkelin von seinem Sohn, folgte im Reiche, in dem Jahre nach Synmu 1375 und nach Christi Geburt 715, im 9ten Monate. Diese Kaiserin verordnete die Nengos Reiki von zwei, und Jooro von sieben Jahren. Jhre Regierung ist insonderheit beruͤhmt durch die wunderbare Erscheinungen der Goͤtter Khu- mano Gongin, Amida, Jakusi, Sensju, Quamwon und Bissammonten, die in verschiednen Theilen des Kaiserthums sich ereigneten. Jm 5ten Jahre ihrer Regierung machte sie neue Verordnungen in Ansehung der Weiberkleidung. Sie regierte 9 Jahr, und trat die Krone an ihres Bruders Sohn ab. Sie lebte 25 Jahr, nachdem sie sich der Regierung begeben hatte, und starb im 48ten Jahr ihres Alters, im Jahr nach Synmu 1408 in dem 4ten Monden. XLV. Viert. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser, welche nach der Geburt ꝛc. Dai XLV Sioomu Bey Deguignes Ssijao-buͤ; sinesisch Schimvu. kam zum Regiment durch die Abdankung seiner Vorgaͤngerin, nach Synmu 1384, und nach Christi Geburt 724. Zuerst residirte er zu Nara, von da er sich nach Naniwa vier Jahr vor seinem Tode begab. Er ordnete die Nengo Sinki an, im ersten Jahr seines Reichs. Die japanischen Geschichte melden, daß die See an den Kuͤsten Kuͤ fuͤnf Tage nach einander roth wie Blut ausgesehn habe, worauf das folgende Jahr erschrekliche Sturmwinde, große Duͤrre und Brandkorn, zufoͤrderst in der Landschaft Gokokf sich zeigte, wodurch dann auch eine große Theurung und Hungersnoth hervorge- bracht wurde. Jn dem 13ten Jahre seiner Regierung waren die Kinderblattern in allen Theilen des Kaiserthums sehr toͤdtlich. Die japanischen Aerzte theilen die Kinderblattern in drei Arten ein; was wir eigentlich die Kinderpocken nennen, wird von ihnen Fooso, die andre Art Fasika, welches die Masern, die dritte Art aber Kare genant, wodurch die eitrigen Blattern verstanden werden. Sie halten davor, daß sehr viel in der Cur daran gelegen sey, die Patienten, welche mit den Blattern befallen sind, in rothes Tuch einzuwi- ckeln. Wann eins von des Kaisers Kindern mit Blattern behaftet ist, wird nicht allein das Gemach und Bette mit rothem Tuche uͤberzogen, sondern es muͤssen auch alle Personen, welche denen Patienten nahe kommen, in großen weiten Roͤcken von rother Farbe gekleidet, einhergehen. Die großen Pocken sind in Japan auch nicht unbekant, und werden Namba- niassa, das ist, portugiesische Krankheit genant. Jm 16ten Jahre seiner Regierung fiengen sie an in Japan Numeries (Nonnenkloͤster) zu bauen. Jm 20ten Jahre wurde der große Tempel Daibods gebauet. Sioomu regierte in allem 25 Jahr. Dai XLVI. Kooken Nach Deguignes Kao-ken; sinesisch Hiao-kien. seine Tochter succedirte ihm ein Jahr nach Synmu 1409 und im Jahr nach Christi Geburt 749, am andern Tage des 7ten Monden. Ob sie verheirathet gewesen oder nicht? ist in meinen Quellen nicht zu finden gewesen. Mit ihrer Regierung fieng sich die Nengo Tempe Seofo oder Foosi an, welche acht Jahr dauerte bis an die Nengo Tempe Singo. Jm ersten Jahre ihrer Regierung wurde zuerst Gold ausgegraben in Osio und der Kaiserin praͤsentirt; denn dieses Metal war bisher aus China in Japan uͤberbracht worden. Jm 4ten Jahre ihrer Regierung bauete sie den Tempel Toodaisi, D d zufolge Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. zufolge eines von dem leztem Kaiser ihrem Vater gethanen Geluͤbdes, welches er durch den Tod gehindert wurde, in Erfuͤllung zu bringen. Bey der Einweihung dieses Tempels rief eine Person, Gioguͤ mit Namen, in ihrem Gebete den Beistand des Barramoas, eines ansehnlichen Goͤtzen in dem westlichen Theil Jndiens nach Japan zu rechnen an, worauf dieser Goͤtze dem Gebet zufolge auf eine wundervolle Weise sogleich uͤberkam, und in selbigem Augenblik ihr erschien. Um dieselbe Zeit wurde Jsia Jamma gebauet. Jm 9ten Jahre ihrer Regierung fieng sie eine neue Nengo an, genant Tempe Singo, welche den uͤbrigen Theil ihrer Regierung, wie auch die Regierung ihres Nachfolgers im Reiche, in allem acht Jahr waͤhrte. Sie regierte zehn Jahr. Dai XLVII. Fai Tai, Sinesisch Jenlu-Fiti. war ihr Nachfolger, des Kaisers Temnu Urenkel, und das 7te Kind Tonneri Sin O, im Jahr nach Synmu 1419, nach Christi Geburt 759. Unter seiner Regierung ist nichts Merkwuͤrdiges vorgegangen, außer | daß er im 3ten Jahr seiner Regierung seinen Hofstat und Wohnung nach Fora in Oomi verlegte; im 4ten Jahre aber nach Tairanokio und im 6ten Jahre nach Fairo, in der Landschaft Awadsi. Er regierte sechs Jahr. Dai XLVIII. Seo Toku, Sinesisch Tshuͤng-te. die Kaiserin, Kookens aͤlteste Tochter, folgte ihm im Jahr nach Synmu 1425, nach Christi Geburt 765. Sie fieng mit ihrer Regierung eine neue Nengo an, welche sie nante Sinkoke Un, und waͤhrte zwei Jahr |bis zur Nengo Fooke, welche drei Jahr daurete. Unter ihrer Regierung wurde Kiamar geboren, welcher nach- her ein recht ansehnlicher Kuge oder großer Hosman wurde. Sie regierte fuͤnf Jahr. Dai XLIX. Koonin, Bey Deguignes Kuͤoo-Nin; sinesisch Kuͤam-gin. des Ten Tsiis Kindeskind, folgte ihr im Jahr nach Synmu 1430, nach Christi Geburt 770. Mit seiner Regierung sieng sich die Nengo Fooki an, welche eilf Jahr daurete. Jm 2ten Jahr seiner Regierung entstund ein unaussprechlich erschrekliches Gewitter mit Donnern und Blitzen. Es regnete Feuer vom Himmel, und die Luft wurde mit grausamen Getoͤse erfuͤllet. Dtr Kaiser verordnete um dieser Ursachen willen Viert. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser, welche nach der Geburt ꝛc. willen Matsuris, oder daß feierliche Festtage und Processionen in allen Theilen seines Kaiserthums solten gefeiert und gehalten werden, um die erzuͤrnten Jakusi oder die boͤsen Geister, welche die Herschaft uͤber die Luft haben, zu versoͤhnen. Jn dem 5ten Jahre seiner Regierung ist geboren Kobotais ein ansehnlicher Priester und großer Heiliger unter den Japanesen. Jn dem 8ten Jahre seiner Regierung troknete der Flus Fuju Usingava gaͤnzlich aus. Jm 10ten Jahre starb in China Abeno Nakemar, ein in den japanischen Geschichten sehr beruͤhmter Mann; auch in selbigem 10ten Jahre kam ein erschrekliches Feuer in Miaco aus, wodurch alle Tempel dieser Stadt in die Asche gelegt wurden. Jm 11ten Jahre verordnete er eine neue Nengo, welche nur ein Jahr daurete. Er regierte in Allem zwoͤlf Jahre. Dai L. Sein Nachfolger war sein Sohn Kwan Mu Bey Deguignes Kuͤou-Buͤ; sinesisch Huͤon-vu. im Jahr nach Synmu 1442, nach Christi Geburt 782 und im 46ten seines Alters. Gleich nach seiner Ankunft auf den Thron fieng er eine neue Nengo an, genant Jenriaku, welche 24 Jahre dauerte. Jm 3ten Jahr| seiner Regierung verlegte er seinen Hofstat und Wohnung nach Nagajoka in Jamasijro, und im 11ten Jahre hernach nach Fejanssoo. Jn dem 6ten Jahr seines Reichs kam ein fremdes Volk, Unter diesem fremden Volke kann man wol nichts anders verstehn als eine tatarische Horde. Etwas fruͤher (um 770) fielen auf aͤhn- liche Art 200,000 Tataren Sina an. aber nicht aus China, sondern aus einem etwas entlege- nen Lande, Japan auf feindliche Weise zu uͤberfallen. Die Japaneser thaten was sie konten, um sich von denselben zu befreien, allein ihr Widerstand war zu schwach, weil der feindliche Verlust jedesmal durch neu angeworbene Voͤlker wieder ersetzet wurde. Neun Jahr nach ihrer Ankunft wurde Tamabar ein beruͤhmter tapferer General mit gutem Gluͤcke wider sie geschikt, denn er brachte sie ganz herunter und erschlug ihren Troji oder General en Chef. Sie hielten inzwischen noch einige Zeit aus, und wurden nicht gaͤnz- lich geschlagen bis aufs Jahr nach Synmu 1466, und also achtzehn Jahr nach ihrer ersten Ankunft. Quamnu regierte 24 Jahr, und starb 70 Jahr alt. Dai LI. Er hatte zum Nachfolger seinen aͤltesten Sohn Fai Dsio Bey Deguignes Fei-Ssei; sinesisch Pim-tshing. im Jahr nach Synmu 1496, nach Christi Geburt 806. Unter seiner Regierung ist nichts Merkwuͤrdi- D d 2 ges Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. ges vorgegangen, sondern nur eine neue Nengo mit ihr angefangen, welche Taito genant wurde, und vier Jahr waͤhrte. Er regierte vier Jahr und starb. Dai LII. Jhm succedirte sein juͤngerer Bruder Sa-Ga, Bey Deguignes Ssa-ka; sinesisch Tseuͤ-gno. des Kwan-mu zweiter Sohn im Jahr nach Synmu 1470, und nach Christi Geburt 810. Gleich nach seiner Ankunft auf den Thron fieng er die Nengo Koonin an, welche bis an seinen Tod dauerte, eine Zeit von vierzehn Jahren, in welcher nichts Merkwuͤrdiges sich begeben hat, außer, daß an verschiedenen Orten des Kaiserthums einige statliche Ssin oder Mijas und Budsussi oder Tira, das ist, Tempel der Goͤtter des Landes und der fremden Goͤtzenbilder, erbauet wurden. Er regierte vierzehn Jahr. Dai LIII. Jhm folgete sein juͤngerer Bruder Siun wa Bey Deguignes Ssjuͤn-wan; sinesisch Giuͤnho. in der Regierung nach. Er war Kaisers Kwanmu oder Quanmu dritter Sohn, als man schrieb nach Synmu 1484, und nach Christi Geburt 824. Er folgte denen Gewonheiten seiner Vorgaͤnger in der Re- gierung nach, und ordnete eine neue Nengo an, gleich nach seiner Ankunft auf den Thron, und nante dieselbe Ten Tsio; sie dauerte eilf Jahr. Jm andern Jahre seiner Regie- rung, bemerkt mein Autor, sey Urasima aus Foreisan nach Japan zuruͤkgekehret im 348ten Jahre seines Alters. Er hatte die ganze Zeit unter Wasser gelebet, in Geselschaft mit denen Wassergoͤttern, wo, wie sie glauben, alte Menschen nicht grau werden. Siunwa regierte zehn Jahr. Dai LIV. Ninmio Bey Deguignes Nim-mei; sinesisch Giu-mim. folgte ihm im Jahr nach Synmu 1494, nach Christi Geburt 834. Dieser Kaiser war des Saga zweiter Sohn, und Siun-was sein Oi oder der Enkel seines Bruders. Jm ersten Jahre seines Reichs verordnete er die Nengo Sioa, welche vierzehn Jahr dauerte, worauf der Nengo Kassoo folgte, welche drei Jahr dauerte. Er regierte siebzehn Jahr. Dai LV. Viert. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser, welche nach der Geburt ꝛc. Dai LV. Montoku oder Bontoku Bey Deguignes auch Mon-toku; sinesisch Vente. sein erstgeborner Sohn folgte ihm im Jahr nach Synmu 1511, nach Christi Geburt 851. Nach seiner Ankunft auf den Thron verordnete er die Nengo Ninsiu, welche drei Jahr dauerte, auf welche folgten die Nengo Saije und Tenjan, wovon die erste drei Jahr und die zweite zwei Jahr dauerte. Jm vierten Jahre seiner Regierung entstunden verschiedene heftige Erdbeben in Japan. Von einem derselben |am fuͤnften Tage des fuͤnften Monden wurde das Haupt des großen Daibutz oder Goͤtzenbildes Sjaka in seinen Tempel zu Miaco herunter geworfen. Montoku regierte acht Jahr. Dai LVI. Jhm folgte sein vierter Sohn Seiwa Sinesisch Tsimho. im Jahr nach Synmu 1519, nach Christi Geburt 859. Nach seiner Ankunft auf den Thron folgte er seinen Vorgaͤngern in Errichtung einer neuen Nengo, welche Toquan genant wurde, und achtzehn Jahr dauerte. Jm fuͤnften Jahre der Regierung dieses Kaisers wurden die Buͤcher des beruͤhmten chinesi- schen Weltweisen Confucius zuerst, rein und wohl geschrieben, an Hof gebracht. Jm neunten Jahre seiner Regierung wurde in Jamatto geboren Jsie, die Tochter des Tsike Kugii, eines Prinzen von kaiserlichem Gebluͤte. Diese Dame wurde hernachmals sehr be- ruͤhmt wegen ihrer ungemeinen Gelehrsamkeit, von welcher sie der Welt einige Proben gab, indem sie ein Buch schrieb, welches bis auf den heutigen Tag in Japan sohr hoch geschaͤzt wird. Seiwa regierte achtzehn Jahr, und trat die Krone an seinen Sohn ab. Er starb vier Jahr nach seiner Abdankung am achten Tage des fuͤnften Monden. Dai LVII. Jo Sei Bey Deguignes Jao-Ssei; sinesisch Yam-tshing. des Seiwas aͤltester Sohn war nur neun Jahr alt, als der Vater die Krone an Jhn abtrat, im Jahr nach Synmu 1537, und nach Christi Geburt 877. Mit seiner Geburt fieng sich auch eine neue Nengo an, welche acht Jahr daurete, und Genjwa genant wurde. Jn dem dritten Jahr seiner Regierung erschienen zwei Sonnen in China. Die Krone war diesem Kaiser eine so große Last, daß er in kurzer Zeit die Sinne verlor. Aus dieser Ursach hielt es der Quanbuku, wie er genant wird, oder der Premierminister, welcher die erste Person nach dem Kaiser ist, noͤthig, ihn abzusetzen, welches auch geschah, nachdem er acht Jahr regiert hatte. D d 3 LVIII. Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Dai LVIII. Kooko Bey Deguignes Kuͤoo-Kao; sinesisch Kuͤam-Hiao. Kaisers Nimius zweiter Sohn und Montokus juͤngerer Bruder wurde an seine Stelle gesezt im Jahr nach Synmu 1545, nach Christi Geburt 885. Jm ersten Jahre seines Reichs im siebenten Monat regnete es Steine und Sand, welches am aller- meisten alle Weitzenaͤhren verderbte. Mit seiner Regierung fieng sich die Nengo Ninwa an, welche vier Jahr waͤhrte. Er regierte nur drei Jahr. Dai LIX. Jhm folgte sein dritter Sohn Uda, Sinesisch Yuͤ-to. im Jahr nach Synmu 1548, und nach Christi Geburt 888. Er verordnete in dem andern Jahre seiner Regierung eine neue Nengo, Quanpe genant, welche neun Jahr daurte. Eben in dem Jahre fiel den gan- zen Sommer sehr viel Regen ein, von welchem und den darauf folgenden großen Wasserflu- then das Korn auf dem Felde viel Schaden lit zum großen Nachtheil der Erndte. Er regierte zehn Jahr. Dai LX. Sein aͤltester Sohn Dai Go Bey Deguignes Daiko; sinesisch Te-hu. folgte ihm im Jahr nach Synmu 1558, nach Christi Geburt 898. Die von diesem Kaiser angeordnete Nengo’s sind Sootai von drei Jahren, anfangs seiner Regierung aber Jengi von 22 und Tentsjo von 8 Jahren. Jm ersten Jahre seines Reichs, am dritten Tage des sechsten Monden, wurde es ploͤzlich so fin- ster, wahrscheinlich von einer Totalfinsternis, daß man einander nicht sehen konte. Jm andern Jahr starb Somme Douno, welche zum Kissaki, das ist, zum hoͤchsten Weibe, erklaͤrt war. Dieses ist der Titel, welcher des Dairi Gemalinnen gegeben wird, wenn sie Kaiserin und Mutter des vermuthlichen Kronerben sind. Jm 16ten Jahre, am zweiten Tage des fuͤnften Monden, brach ein Feuer aus zu Miaco in der kaiserlichen Residenz, welches 617 Haͤuser verzehrte. Jm 26ten Jahre wurde ein Hase mit acht Laͤufen aus der Landschaft Jamatto nach Hofe gesandt. Er regierte in Allem 33 Jahr. Dai LXI. Er hatte zum Nachfolger Siusaku Bey Deguignes Ssiuͤn-Sjakuͤ; sinesisch Tshu-Tsio. sein zwoͤlftes Kind, im Jahr nach Synmu 1591, und Christi 931. Dieser Kaiser verordnete zwei Nengo’s, eine Seotei im Anfang seiner Viert. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser, welche nach der Geburt ꝛc. seiner Regierung, welche Nengo sieben, und demnaͤchst eine andere Tenkei genant, welche bis an seinen Tod waͤhrte. Jm zweiten Jahre seiner Regierung empoͤrete sich wider ihn Massakaddo ein Prinz von kaiserlichem Gebluͤte, und einer von den vornehmsten Maͤnnern bey Hofe. Diese Empoͤrung konte nicht eher unterdruͤkt werden als sieben Jahr hernach, da Massakaddo getoͤdtet wurde. Jm dritten Jahre seiner Regierung, am 27ten Tage des siebenten Mondens, entstund ein heftiges Erdbeben, und ein anderes im siebenten Jahr, am 15ten Tage des vierten Mondens. Waͤhrend seiner Regierung wurde Japan sehr be- unruhiget mit starkem Donner, Gewitter und Blitzen, wodurch verschiedene Tempel und heilige Haͤuser angezuͤndet und in die Asche gelegt wurden. Jnsonderheit im lezten 13ten Jahre seines Reichs waren die Gewitter fast uͤberal in allen Landschaften des Kaiserthums. Er regierte 16 Jahr. Dai LXII. Jhm folgte in der Regierung Murakami Sinesisch, Fuͤng-tschang. des Kaisers Dai Go 14tes Kind im Jahr nach Synmu 1607, und Christo 947. Dieser Kaiser fieng nach seiner Ankunft auf dem Thron sogleich eine neue Nengo an, Tenriaku genant, welche zehn Jahr fortlief. Auf sie folgten die Nengo’s Tentoku von vier, Oowa von drei, und Koofu von vierjaͤhri- ger Dauer. Jm 14ten Jahre seines Reichs wurde eine Art von Kirchenversamlung oder Concilium bey Hofe, in dem großen Saal Seiro Deen, uͤber die Religionssachen gehal- ten. Es musten dabei die Haͤupter der unterschiedenen Secten, welche damals in Japan bluͤhten, gegenwaͤrtig seyn. Murakami regierte 21 Jahr. Dai LXIII. Sein Nachfolger war Rensei Bey Deguignes Rei-ssin; sinesisch, Ling-tsuͤen-yuͤen. oder nach einem andern Autor Reisen, sein zweiter Sohn, welcher zur Krone kam im 61ten Jahr seines Alters, nach Synmu 1628, und Christi 968. Er regierte nur zwei Jahr, welche Zeit uͤber die Nengo Auwa daurte, in der seine Regierung sich angefangen hat. Dai LXIV. Jemvo oder wie es andere aussprechen Jen Jo, Bey Deguignes Yen-yuͤo; sinesisch Yuͤn-yuͤm-yuͤen. sein juͤngerer Bruder und Kaisers Murakami fuͤnfter Sohn folgte im 1630ten Jahr nach Synmu, und 970ten nach Christo. Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Christo. Die Nengos unter seiner Regierung waren Tenrok von drei Jahren, welche anfing mit seiner Ankunft zum Thron, Teijen gleichfals von drei Jahren, Taiquan von zwei Jahren, Tengen von fuͤnf Jahren und zulezt Jeiquan von zwei Jahren. Er regierte in Allem funfzehn Jahr. Dai LXV. Quassan oder Kwassan Bey Deguignes Kuͤ-assen; sinesisch Hoa- shan-puͤen. des Kaisers Rensei erster Sohn und Jemvos En- kel succedirte ihm im Jahr nach Synmu 1645, und nach Christi Geburt 985, im 17ten Jahre seines Alters. Er machte bey seiner Ankunft zur Krone eine neue Nengo, welche Gemva genant wurde, und nur zwei Jahr daurte. Jm zweiten Jahre seiner Regierung und zugleich im zweiten besagter Nengo uͤber- fiel ihn ein so ploͤzliches Verlangen zur Einsamkeit und Klosterleben, daß er seinen Pallast ganz vor sich allein bey Nachtzeit verlies, und sich in das Kloster Quansi retirirte, wo- selbst er sich gleich andern Moͤnchen bescheren lies, und den Namen Nigugakf Foogu annahm. Jn diesem Kloster lebte er 22 Jahr, und starb im 41ten Jahr. Dai LXVI. Jtsi Dsio, Sinesisch Ye-tiao-Yuͤen. Kaisers Jenwo Sohn und lezten Kaisers Vetter folgte ihm, da er ins Kloster gegangen, in der Regierung nach, im Jahr nach Synmu 1647, nach Christo 987. Die unter seiner Regierung gestiftete Nengos sind Jejen von zwei, Jengen von ein, Soorak von fuͤnf, Tsio Toku von vier, Tsiofo von fuͤnf, und Quanko von acht Jahren. Seine Regierung war beruͤhmt durch einige ansehnliche und gelehrte Maͤn- ner, welche damals bey Hofe in Ansehen waren. Jm achten Jahre seines Reichs war uͤberal ein groß Sterben in Japan. Er regierte 25 Jahr. Dai LXVII. Sein Nachfolger war Sandsio, Sinesisch San-tiao-Yuͤen. Kaisers Rensei zweiter Sohn, im Jahr nach Synmu 1672, nach Christi Geburt 1012. Er verordnete die Nengo Dsio A, wel- che fuͤnf Jahr daurte. Jm 3ten Jahr seiner Regierung brante seine Residenz ab, der- gleichen ein Jahr hernach einem großem Theile derselben abermals wiederfuhr. Er regierte fuͤnf Jahr, und starb 51 Jahr alt Dai LXVIII. Viert. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser, welche nach der Geburt ꝛc. Dai LXVIII. Er hatte zum Nachfolger Goidsidsio oder Go Jdsi Dsio, Bey Deguignes Ko-itsi-Dsio; sinesisch Heu-ye-tioo-yuͤen. das ist, Jtsi Dsio der zweite und der andere Sohn des Jtsi Dsio des ersten. Er kam zur Krone im Jahr nach Synmu 1677, nach Christi Geburt 1017, und im 9ten seines Alters. Die von diesem Kaiser angeordnete Nengos sind Quanin von vier Jahren; fing sich an mit seiner Regierung, Tsijan von drei Jahren, Mansju von vier und Tsiooquan von 9 Jahren. Jm ersten Jahr seiner Regierung erhielte Sai Sin zuerst Erlaubnis vom Kaiser, in einer Khuruma oder bedekten Chaise herumgefuͤhret zu werden: es wurde die Chaise von zwei Ochsen gezogen, und sie gefiel einem jeden so sehr, daß der ganze geistliche Hof in kurzem seinem Exempel nachfolgte. Jn selbigem Jahre, am 22ten Tage des 7ten Mon- den, war ein heftig Ungewitter, welches vielen Schaden verursachte. Jn selbigem Mo- nat wurden zwei Monde in China gesehen. Jm 6ten Jahre seiner Regierung war die Jeki oder Plage Scheuchzer hat unter dieser Plage die Pest verstanden, welches ich doch nicht fuͤr unaus- gemacht halte. recht fatal uͤberal im ganzen Reiche. Jm 12ten Jahre seiner Regie- rung, im 4ten Monat, welcher mit unserm Junio uͤbereinkomt, fiel eine große Menge Schnee, welcher die Erde vier Sak und fuͤnf Sun hoch, das ist ohngefehr 4½ Fus, be- dekte. Jm 19ten Jahr seines Reichs, am 9ten Tage des 8ten Monden war abermals ein sehr heftiger Sturm. Er regierte in Allem 20 Jahr. Dai LXIX. Gosiusaku, das ist Siusaku Bey Deguignes Ko-Ssijuͤ-Ssijakuͤ; sinesisch Heu-tshutsio-yuͤen. der zweite, sein juͤngerer Bruder, wurde sein Reichsnachfolger nach Synmu 1697, nach Christi Geburt 1037, und im 28ten seines Alters. Die von ihm angeordnete Nengos sind Tsioraku von drei, Tsiokiu von vier, und Quantoku von zwei Jahren. Jm 5ten Jahre seiner Regierung am ersten Tage des ersten Monats begab sich ein starkes Erdbeben. Er regierte neun Jahr und starb 37 Jahr alt. Dai LXX. Jhm succedirte sein aͤltester Sohn Go Rei Sen, Bey Deguignes Ko-rei-ssen; sinesisch Heu-ling-tsiuͤen-yuͤen. oder Rei Sen der zweite im Jahr nach Synmu 1706, nach Christi Geburt 1046, und im 17ten Jahr seines Alters. Die Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Die unter seiner Regierung angeordnete Nengos sind Jeiso von sieben, Tenki von fuͤnf, Feiko von sieben, und Tsioku von vier Jahren. Jm 13ten Jahre seines Reichs empoͤrte sich Joori Jje wider den Kaiser in der Landschaft Osiu, welche die Rebellen fuͤnf Jahr behaupteten. Aber der Jori Josj, Kronfeldherr und General en Chef aller kaiserlichen Truppen schlug dieselben unter zwei ihrer tapfersten Generalen, Abino Gadato und Ta- kano Munto. Diese Rebellion ist weitlaͤuftig beschrieben in einem Buche Osju Gas- sen oder die Kriege von Osju. Er regierte 32 Jahr und starb 40 Jahr alt. Dai LXXI. Er hatte zum Nachfolger Go San Osio Bey Deguignes Ko-ssan-Dsin; sinesisch Heu-san-tiao-yuͤen. oder Sandsio den zweiten seinen juͤngeren Bruder und des Gosiusaku zweiten Sohn, im Jahr nach Synmu 1729, nach Christi Geburt 1069. Er ordnete die Nengo Jenkui an, welche fuͤnf Jahr continuirte. Er regierte nur vier Jahr und starb im 40ten Jahr seines Alters. Dai LXXII. Sein Nachsolger war Siirakawa Bey Deguignes Ssi-ra-kafa; sinesisch Peho-yuͤen. sein aͤltester Sohn, im Jahr nach Syn- mu 1733, und Christi 1073. Die von ihm geordnete Nengos sind Seofo von drei Jahren, welche anfing im zweiten Jahre seiner Regierung, Seoriaku von vier, Jefeo und Ootoku jede von drei Jahren. Jm 9ten Jahre seines Reichs war der Sommer uͤber die Maa- ßen trocken, welches dem Korn auf dem Felde sehr viel Schaden that. Er regierte 14 Jahr. Dai LXXIII. Jhm folgte sein zweiter Sohn Forikawa Bey Deguignes Fori-kafa; sinesisch Kuͤ-ho-yuͤen. im Jahr nach Synmu 1747, nach Christi Geburt 1087. Die unter dieser Regierung angeordnete Nengos sind Quansi von sieben Jahren, fing sich an gleich nach seiner Ankunft zum Throne, Kassoo von zwei, Jetsio von einem, Sootoku von zwei, Kooa von fuͤnf, Tsioosi und Kassio eine jede von zwei Jahren. Er regierte in Allem 21 Jahr und starb 30 Jahr alt. Dai Viert. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser, welche nach der Geburt ꝛc. Dai LXXIV. Er hatte zum Nachfolger seinen aͤltesten Sohn To Ba, Sinesisch U-gui-yuͤen. im Jahre nach Synmu 1768, nach Christi Geburt 1108. Dieses Kaisers Nengos waren Tennin von zwei, und Foan von vier Jahren. Jm ersten Jahre seiner Regierung wurde ein star- kes Getoͤse, als vom Paukenschlagen einige Tage nach einander gehoͤret. Jm andern Jahre der Nengo Foan, als im 14ten seines Reichs wurde Kijomori ein Prinz vom Gebluͤte gebohren, welcher in den japanischen Historien sehr beruͤhmt ist. Er nahm den Titel eines Dairi oder Kaisers an, und machte ihm selbst eine Hofhaltung von seinen Anhaͤngern, nach Art des Dairi seiner Hofhaltung. Allein er war nicht maͤchtig genug, diesen Ti- tel und Wuͤrde zu behaupten, und wurde gezwungen in das beruͤhmte Kloster Madira an dem Berge Jesan zu fliehen, woselbst ihn die Moͤnche wider den kaiserlichen Hof und seine von Feki commandirte Feinde beschuͤzten. Er lies sich sogleich daselbst bescheren um ein Moͤnch zu werden, und nahm den Namen Siookai an. Er lebte in diesem Klo- ster 14 Jahr, und starb im 60ten Jahr seines Alters, nach Synmu 1841, am vierten Tage des vierten Monden an einem boͤsen hitzigen Fieber, wovon er so entzuͤndet und roth wurde, als wenn er ganz im Feuer gewesen waͤre. Eine gerechte Strafe, wie mein japa- nischer Autor es ausleget, fuͤr seine kuͤhne Auflehnung gegen seinen rechtmaͤßigen Souverain. Toba regierte 16 Jahr. Dai LXXV. Er hatte zum Nachfolger seinen aͤltesten Sohn Sintoku, Bey Deguignes Ssio-tokuͤ; sinesisch Tsong-te-yuͤen. im Jahr nach Synmu 1784, nach Christi Geburt 1124. Die von diesem Kaiser angeordnete Nengos sind Tentsi von sieben, Tentsio von ein, Tsioos von drei, Fojen von sechs, und Seitsi von einem Jahre. Er regierte 18 Jahr. Unter seiner Regierung wurde die Stadt Kamakura gebauet. Dai LXXVI. Er hatte seinen juͤngern Bruder Konjei Sinesisch Kin-goei-yuͤen. zum Nachfolger, welcher Kaisers Toba aͤchter Sohn war, im Jahr nach Synmu 1802 und Christi Geburt 1142. Seine angeordnete Nengos sind Kootsie von zwei, Tenjo von einem, Kivan von sechs, Nimpa von drei, und Kijsu von zwei Jahren. Unter diesem Kaiser lebte Jorimassa ein Prinz vom kaiserlichen Gebluͤte, und ein andrer japanischer Herkules. Durch den Beistand des Fatzman, welcher den Japonesern Mars ist, toͤdtete er mit seinen Pfeilen den hoͤlli- E e 2 schen Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. schen Drachen Nuge, welcher einen Kopf hatte als eine Merkatze, die Gestalt einer Schlangen, und eines Tiegers Leib und Klauen. Dieses ungeheure Thier hielt sich in des Mikaddo eigenem Pallaste auf, und war sowohl dessen geheiligter Person als ganzem Hofe zufoͤrderst bey Nachtzeit recht fuͤrchterlich, indem es sie erschrekte und aus dem Schlafe stoͤhrte. Dieser Jorimassa wurde 27 Jahr hernach in denen buͤrgerlichen Krie- gen zwischen vier der maͤchtigsten Familien des Kaiserthums, insonderheit den Feki und Gendsii, von seinen Feinden gefangen genommen, und mit seinem ganzen Geschlechte aus- gerottet. Dieser lange und blutige Krieg, welcher das Kaiserthum viele Jahre verwuͤ- stete, hat bis zur gaͤnzlichen Unterdruͤckung des Fehi und seines Anhanges und bis an den Tod dieses Prinzen gewaͤhrt, welcher ihr Anfuͤhrer war, und welchen die Gendsii mit sei- ner ganzen Familie toͤdteten. Er ist weitlaͤuftig und voͤllig beschrieben in einem Buche, das betitelt ist: Fekinowonogatari, das ist, Nachricht von dem, was sich in den Kriegen mit Feki begeben hat. Jm 6ten Jahre seiner Regierung am 22ten Tage des 7ten Mondens erschien ein Comet. Jm 10ten Jahre seines Reichs, welches das 4te der Nengo Kivan ist, wurde bey Hofe gebohren Joritomo, der erste große Seogun, d. i. Krongeneral oder weltliche Feldherr. Die folgenden buͤrgerlichen Kriege, welche das japanische Reich verwuͤsteten, und gleichsam in Stuͤcken zerrissen, gaben ihm eine bequeme Gelegenheit zum Anwachs seiner Macht, so daß die japanischen Chroniken einhellig melden, er sey der erste von denen nun regierenden weltlichen Monarchen gewesen. Es war ohngefehr um diese Zeit, daß das hoͤchste Ansehen des Dairi oder geistlichen Erbkaisers, welche bishero ohnumschraͤnkt gewesen war, nunmehro auf die Neige zu kommen anfing. Die Fuͤrsten dieses Kaiser- thums, welche nebst ihren Unterthanen wenigen Genus und Freude durch des Dairi Re- gierung hatten, wurden von Hochmuth, Eifersucht und Misgunst angetrieben; sie verlie- ßen stuffenweise die Pflicht und Verbindlichkeit, womit sie ihrem Souverain verpflichtet waren, und maaßten sich absoluter Gewalt in der Regierung ihrer Hrrrschaften und Fuͤrsten- thuͤmer an, traten in Allianzen zu ihrer eignen Beschuͤtzung, und fingen einer wider den andern Krieg an, um das ihnen wuͤrklich zugefuͤgte oder in der Einbildung erlittene Unrecht zu raͤchen. Jn dieser Verfassung der Sachen wurde Joritomo von dem Kaiser zum Generalissimo und zum Heerfuͤhrer einer zahlreichen Armee bestelt, mit der unumschraͤnk- ten Gewalt, die Streitigkeiten beizulegen, und die Kriege zwischen den Reichsfuͤrsten zu endigen. Es ist aber eine bekante und durch die Erfahrung aller Zeiten bestaͤtigte Maxi- me, daß die mit Gewalt versehene Leute gar selten bemuͤhet sind, bey solchen Gelegenhei- ten die Unruhen wirklich zu zertheilen, welches die Geschichte des Joritomo auch beweiset, der bei einer so schoͤnen und bequemen ihm in die Haͤnde gespielten Gelegenheit mit denen streiten- Viert. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser, welche nach der Geburt ꝛc. streitenden Partheien gemeinschaftliche Sache machte, und dadurch sein eigen Jnteresse empor zu bringen suchte. Dieses wuchs auch so sehr, und seine Gewalt nahm dermaßen zu, daß er sich nicht nur unumschraͤnkte Macht in Entscheidung aller weltlichen Haͤndel des Kaiserthums anmaßete, sondern auch seinem Nachfolger einen maͤchtigen Vormund zu bestellen wagte. Hierdurch bekam die Gewalt der geistlichen Erbkaiser einen toͤdlichen Streich, welches der Ungehorsam und die Streitigkeiten der Fuͤrsten verursachte, und durch den Joritomo und dessen Nachfolger vollendet wurde, als welche dem Dairi seine Macht fast gaͤnzlich entzogen, ohne doch die Vorurtheile ihrer hoͤchsten Wuͤrde, Ranges, Hei- ligkeit und einige andere Rechte und Vorzuͤge zu vermindern, welche nicht eigentlich zu der Regierung eines weltlichen Kaiserthums gehoͤren, wovon wir ein mehrers im folgenden Kapitel melden werden. Konje regierte 14 Jahr. Fuͤnftes Kapitel . Folge der geistlichen Erbkaiser, welche nach der Geburt Joritomo, des ersten weltlichen Kaisers, bis auf unsere Zeiten gelebt haben. Dai LXXVII. K on Je hatte zum Nachfolger seinen aͤltern Bruder Gosiirakawa Bey Deguignes Ko-Ssira-kafa; sinesisch Heu-peho-yuͤen. oder Siira- kawa den zweiten, des Kaisers To Bas vierter Sohn, im Jahr nach Synmu 1816, nach Christi Geburt 1156. Nach seiner Besteigung des Throns verordnete er die Nengo Foogien, welche drei Jahr daurte. Jn dem ersten Jahr seiner Regierung am 11ten Tage des 7ten Monats empoͤrte sich Jsi Jn gegen den Kaiser. Dieser Aufruhr E e 3 ver- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. verursachte einen blutigen und landverderblichen Krieg, welcher von der Zeit seines An- fangs Foogienno midarri, d. i. die Verwuͤstung der Zeit Foogien, genant wird. Er ist unter diesem Namen weitlaͤuftig in den japanischen Geschichten beschrieben. Jm 3ten Jahre seiner Regierung im 8ten Monat war ein heftig Erdbeben. Nach einer kurzen Regierung von drei Jahren dankte er von der Krone ab, zum Vortheil seines Sohns. Zwoͤlf Jahr hernach trat er in einen geistlichen Orden, lies sich scheren, und nahm den Na- men Joossin an. Er starb im 43 Jahr seines Alters. Dai LXXVIII. Nidsioo, Sinesisch Ulh-tia-yuͤen. Gosiirakawas aͤltester Sohn, war 16 Jahr alt, als sich der Vater des Regiments begab, im Jahr nach Synmu 1819, nach Christi Geburt 1159. Die unter seiner Regierung angeordnete Nengos sind Feitsi von einem Jahr, Jeriaku gleich- fals von einem, Ooso von zwei, Tsioquan von zwei, und Jeeman von einem Jahr. Jm ersten Jahre seiner Regierung rebellirten wider den Kaiser die zwei große Generals Nobu Jori und Jositomo, des Joritomo Vater, beide Prinzen vom Gebluͤte. Diese Em- poͤrung und der dadurch verursachte Krieg werden von der Zeit, da sie angefangen und in der Historie beschrieben sind, genant Feitsi no Midarri oder die Verwuͤstung zur Zeit Feitsi. Zwei Jahr hernach wurde Jositomo geschlagen in der Landschaft Owari; sein Sohn Joritomo aber darauf nach Josu verbant. Jm fuͤnften Jahr seiner Regierung und im ersten der Nengo Tsioquan brachte ein armes Weib drei Kinder zur Welt, deren jedes zwei Koͤpfe und vier Fuͤße hatte. Er regierte sieben Jahr und starb im 23ten Jahr seines Alters. Dai | LXXIX. Jhm succedirte sein aͤltester Sohn Roku Dsioo, Sinesisch Lo-tiao-yuͤen. im Jahr nach Synmu 1826, nach Christo 1166. Er verordnete die Nengo Ninjani, welche drei Jahr waͤhrte. Er regierte nur drei Jahr, und starb im 13ten Jahr seines Alters. Dai LXXX. Sein Nachfolger Takakura, Sinesisch Kao-tsang-yuͤen. des Kaisers Gosjirakawas dritter Sohn, im Jahr nach Synmu 1829, und nach Christi Geburt 1169. Er war vermaͤhlt mit einer Toch- ter Kijomori, dessen oben unter Kaisers Toba Regierung gedacht ist. Er verordnete die Fuͤnft. K. Folge der geistl. Erbk. welche nach der Geburt Joritomo ꝛc. die Nengos Kavoo von zwei, Sioun von vier, Angen von zwei, und Dsjisso von vier Jahren. Jm dritten Jahre seines Reichs wurde sein Vater geschoren und zum Moͤnch gemacht mit Annehmung des Namens Joossin. Jm vierten Jahr seines Reichs am 23ten Tag des ersten Monats wurde ein großer Theil der Hauptstadt und Residenz des Kai- sers in die Asche gelegt. Jm siebenten Jahre waren uͤberal im ganzen Kaiserthum die Kin- derpocken toͤdtlich. Jm eilften Jahr verlegte der Kaiser seine Hofhaltung und Residenz nach Kuwara. Jm zwoͤlften Jahre seines Reichs und im lezten der Nengo Dsiisso wur- den in der Provinz Jsju die Feinde des Joritomo und zugleich der Jorimassa mit seiner ganzen Familie erschlagen. Er regierte zwoͤlf Jahr, und starb 21 Jahr alt. Dai LXXXI. Sein aͤltester Sohn An Toku Sinesisch Gante. geboren von Kiomori Tochter, folgte ihm in der Regierung nach, im Jahr nach Synmu 1841, und Christi Geburt 1181. Er ver- ordnete die Nengos Joowa von einem, und Siuje von zwei Jahren. Jm ersten Jahre sei- ner Regierung war eine große Hungersnoth in Japan, welche von Unfruchtbarkeit des Korns und denen immerfort daurenden Kriegen herruͤhrte. Eben dasselbige Jahr verstarb Kijomori des Kaisers Grosvater auf oben gemeldete Weise. Jn demselbigen Jahre ver- lies der General Kadsuwara die Parthei der Feki und gieng zu Joritomo uͤber, welcher damals Tiojenoski hies. Dieser Kadsuwara war von gar geringer Herkunft; allein durch seine Herzhaftigkeit und heldenmuͤthige Thaten erhub er sich selbst zu einem der ansehn- lichsten Fuͤrsten des Kaiserthums. Jn demselbigen Jahre wurde Jori Jje, des Joritomo Sohn und Nachfolger in dem Commando bey der Armee und der weltlichen Regierung gebohren. Nach einer kurzen Regierung von drei Jahren wurde Antoku gezwungen sich der Krone zu begeben. Dai LXXXII. Er hatte zum Nachfolger Gotoba Bey Deguignes Ko-toba; sinesisch Heu-u-yuͤ-yuͤen. oder Toba den zweiten, des Kaisers Ta- kakuras 4ter Sohn, im Jahr nach Synmu 1844, nach Christi Geburt 1184. Er verordnete die Nengos Genriaku von einem, Buanitz von fuͤnf, und Kenkiu von neun Jahren. Jm ersten Jahre seiner Regierung starb Joosnaga ein großer General, von dessen heldenmuͤthigen Verrichtungen zum oͤftern in denen Geschichten von den Kriegen mit den Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. den Fekis Meldung geschieht. Jm 3ten Jahre seiner Regierung ertrunk sein Vorgaͤnger Antoku, indem er von seinen Feinden verfolget wurde, ungluͤklicherweise in der Westsee. Er wurde nach seinem Tode Antokuten O genant, und hatte nach dem Verzicht auf die Krone, den Namen Sen Tei angenommen. Ohngefehr um diese Zeit starb Josinoga, des Joritomo Schwiegersohn. Jm 6ten Jahre seiner Regierung wurde Jositzne ein anderer sehr ansehnlicher General getoͤdtet und bald darauf der Fidefira, der etwa Gene- ral Lieutenant war, mit seinem ganzen Geschlechte ausgerottet. Jm 11ten Jahre seiner Regierung begab sich Joritomo an den Hof des Mikaddo, ihm seinen Respect zu bezeu- gen, da er dann mit dem Titel Sei Seogun beehret wurde, welcher Titel hernach jedes- mahl einem Feldherrn und weltlichen Monarchen gegeben worden ist. Jn dem 14ten Jahre seines Reichs wurde ein Pferd mit neun Fuͤßen aus der Jnsel Awadsi nach Hofe dem Kaiser zum Praͤsente gebracht. Er regierte 15 Jahr, und trat seinem aͤltesten Sohne die Krone ab. Er starb 60 Jahr alt. Dai LXXXIII. Tsutsi Mikaddo, Sinesisch Tuͤ-yuͤ-muͤen-yuͤen. Mikaddo ist hier des Kaisers Name, war nur drei Jahr alt, als er zur Krone kam, durch die Abdankung seines Vaters, im Jahre nach Synmu 1859, nach Christi Geburt 1199. Die unter seiner Regierung angeordnete Nengos sind Seotzi von zwei, Kennin von drei, Genkin von zwei, Kenje von einem, und Soojen von vier Jahren. Jm ersten Jahre seiner Regierung starb Joritomo, Krongeneral oder Feldherr und erster weltlicher Monarch. Sein Sohn Jori Jje folgte ihm in dem Commando bey der Armee, und wurde fuͤnf Jahr nach seines Vaters Tode von dem Dairi mit dem Titel Sei Seogun beehret. Er wurde zwei Jahre hernach erschlagen. Tsutsi Mikaddo regierte 12 Jahr und trat die Krone an seinen juͤngern Bruder ab. Er lebte 37 Jahr. Dai LXXXIV. Sintoku Sinesisch Schuͤn-te-yuͤen. sein juͤngerer Bruder und Kaiser, Gotobas 3ter Sohn, folgte ihm im Jahr nach Synmu 1871, nach Christi Geburt 1211. Die unter seiner Regierung an- geordnete Nengos sind Genriaku von zwei, Genpo von sechs, und Seokiu von drei Jahren. Jm 4ten Jahre seiner Regierung und im andern der Nengo Genpo starb Foo- nen Seonin, Stifter der Secte Seodosiu. Jm 6ten Jahre seiner Regierung und im 4ten Fuͤnft. K. Folge der geistl. Erbk. welche nach der Geburt Joritomo ꝛc. 4ten der Nengo wurden die ersten Funes oder Kriegsleute in Japan aufgerichtet auf Befehl des Sonnetomo, des Joritomo 2ten Sohnes, welcher sich durch Gewalt der Waffen bey der erblichen Folge in den Bedienungen seines Vaters und Bruders zu vertheidigen suchte. Jm 9ten Jahre seiner Regierung am 22ten Tage des andern Monats, branten die zwei ansehnliche Tempel Kiomidz und Giwon ab. Er regierte 11 Jahr und lebte 46, trat die Krone ab, an Dai LXXXV. Go Forikawa Bey Deguignes Ko-Fori-kafa; sinesisch Heu-ku-hoyuͤen. oder Forikawa den zweiten, des Kaisers Takakuras Enkel im Jahr nach Synmu 1882, nach Christi Geburt 1222. Die unter seiner Regierung an- geordnete Nengos waren Teewo von zwei, Gen Jn von einem, Koraku von zwei, An Te von zwei, Quanki von drei, und Tenjei von einem Jahr. Jm ersten Jahr seines Reichs und ersten der Nengo Teewo, am ersten Tage des andern Monats wurde in der Land- schaft Awa gebohren Nitsiiren ein beruͤhmter heidnischer Pfaffe und Stifter einer besondern Secte. Dieser Go Forikawa regierte 11 und lebte 24 Jahr. Dai LXXXVI. Si Dsio Sinesisch Suͤ-tiao-yuͤen. sein aͤltester Sohn folgte ihm, da er nur fuͤnf Jahr alt war, im Jahr nach Synmu 1893, nach Christi Geburt 1233. Die unter seiner Regierung bestimte Nengos waren Tempoko von einem, Bunriaku von einem, Kassiuku von drei, Riaknin von einem, Jengo von einem, und Nintzi von drei Jahren. Jm 7ten Jahre seiner Regierung kam der Seogun oder Krongeneral Joritzne, welcher damals zu Kamakura Seogun residirte, nach dem Hofe zu Miaco, um dem Kaiser seinen gebuͤhrenden Respect zu erwei- sen. Er regierte 10 und lebte 15 Jahr. Dai LXXXVII. Go Saga Bey Deguignes, Ko-ssaka; sinesisch Heu-tseu-geo-yuͤen. oder Saga der 2te, Kaisers Tsutsi Mikaddo zweiter Sohn, succedirte im Jahr nach Synmu 1903, und nach Christi Geburt 1243. Er verordnete die Nengo Quan Jun, welche vier Jahre daurte. Er starb nach einer kurzen Regie- rung von vier Jahren im 53ten Jahre seines Alters. F f Dai Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Dai LXXXVIII. Er hatte zum Nachfolger seinen andern Sohn Go Fikakusa Bey Deguignes Ka-fika-kuͤssa; sinesisch Heu-shin-tsao-yuͤen. oder Fikakusa den 2ten, im Jahr nach Synmu 1907, nach Christi Geburt 1247. Er verordnete die Nengos Quantsi von zwei, Footsi von zwei, Gentsio von sechs, Koosan, Sooka und Sooguan jede von einem Jahr. Jm 11ten Jahre seiner Regierung am 23ten Tage des andern Monden war ein sehr heftiges Erdbeben. Er dankte ab nach 13jaͤhriger Regie- rung und lebte 60 Jahr. Dai LXXXIX. Kame Jamma Sinesisch, Kuei-schan-yuͤen. des leztern Kaisers juͤngerer Bruder kam zur Krone, weil jener sie abgeleget hatte, im Jahr nach Synmu 1920, nach Christi Geburt 1260. Die unter seiner Regierung angeordnete Nengos waren Bunwo von einem, Kotsio von drei, und Bunje von eilf Jahren. Jm 5ten Jahre seines Reichs am 21ten Tage des 11ten Monats starb Sinram, ein Haupt der Secte Jkosju, welcher vorher ein Schuͤler des Foonin Seonin, des Stifters der Seodsju Secte war. Jm 7ten Jahre seiner Re- gierung erschien ein großer Comet, welcher auch in China gesehen ist. Jm 9ten Jahre am 8ten Tage des 5ten Monats wurden zwei Sonnen gesehen, und am 10ten und 11ten Tage des andern Monats drei Monden. Jm 15 und lezten Jahre seiner Regierung nahm Mune Taka Krongeneral und Premierminister in weltlichen Haͤndeln seine Wohnung in der Stadt Kamakura. Er regierte 15 Jahr und trat die Krone ab an seinen aͤltesten Sohn. Er lebte 32 Jahr nach niedergelegter Regierung, und starb im 57ten seines Alters und im 5ten des Kaisers Gonidsio. Dai XC. Gonda succedirte seinem Vater auf dem Thron im Jahr nach Synmu 1935 und nach Christi Geburt 1275. Die unter seiner Regierung angeordnete Nengos waren Gentsi von zwei, Kentsi von vier, Kooan von vier, und Sioo von drei Jahren. Einige Autoren erwaͤhnen zwei Nengos, als Gentsi von drei, und Kooan von zehn Jahren. Jm 9ten Jahre seiner Regierung am 21ten Tage des 5ten Monats erschien der tatarische General Mooko auf den Kuͤsten von Japan mit einer Flotte von 4000 Segeln und 240,000 Mann. Der damals regierende tartarische Kaiser Sijsu Dieser Sijsuͤ heist bey Deguignes Schitsuͤ; sein mogolischer und unter uus bekanterer Name aber ist Kublai-Khan. Er war der Sohn des Tuli- hatte das Kai- serthum Funft. K. Folge der geistl. Erbk. welche nach der Geburt Joritomo ꝛc. serthum China ohngefehr um das Jahr Christi 1270 erobert, und sandte diesen General, um auf eben diese Art das Kaiserthum Japan unter sein Joch zu bringen. Allein dieser Kriegszug fiel gar ungluͤklich aus, denn die Goͤtter des Landes, als Beschuͤtzer des japani- schen Kaiserthums, wenn man den japanischen Historikern glauben darf, wurden durch den von den Tartaren bewiesenen Muthwillen so sehr erbittert, daß sie am ersten Tage des 7ten Monden einen hestigen und erschreklichen Sturm erregten, welcher diese ganze unuͤberwind- lich gehaltene Flotte, gaͤnzlich zerstreuete. Mooko selbst kam in den Wellen um, und nur wenige seiner Mannschaften hatten das Gluͤk, ihr Leben mit der Flucht zu retten. Von diesem Kriegszuge ist ein mehrers in der Reise des Marcus Paulus zu finden, wel- cher edle Venetianer sich damals selbst in China aufhielt, und an dem Hofe des gemelde- ten tatarischen Kaisers Sijsu eine Zeitlang zubrachte. Die bekanteste Ausgabe dieses beruͤhmten und ungemein schaͤzbaren Reisebeschreibers des 13ten Jahrhunderts ist diejenige, welche Andreas Muͤller 1671 besorgt hat. Er liefert den Marco Polo in derselben nach einer alten lateinischen Uebersetzung (die zuerst allein und hernach in des Hutichius Novo Orbe bekant gemacht war,) welche er mit einer Handschrift der koͤniglichen Bibliothek in Berlin verglichen hatte. Man wuste aber laͤngst, daß der venetianische Reisebeschreiber in dieser al- ten Uebersetzung — und so auch in Muͤllers Ausgabe — sehr verstelt sey, und daß man den wahren Marco Polo nirgend anders als in des Ramusio Navigatione \& Viaggi vol. 2. p. 50 \&c. suchen duͤrfe. Dieser nuͤzliche Samler hat daselbst eine italiaͤnische Uebersetzung aus den aͤltesten latei- nischen Handschriften geliefert, in der Marco Polo ganz ein neues Ansehn gewint. Noch neuerlich hat der beruͤhmte Hr. Lessing an den vorzuͤg- lichen Werth des Ramusio mit der ihm gewoͤhnli- chen Energie wieder erinnert, und ihm neue Be- staͤtigung aus einer lateinischen Handschrift gege- ben, welche sich in der Bibliothek zu Wolfenbuͤt- tel befindet. Nach den Proben, die Hr. Lessing mittheilt, verlohnte es allerdings der Muͤhe, den Marco Polo nach dieser Handschrift verbessert von neuem herauszugeben. Nur muͤste derjenige, der sich um diesen Schriftsteller noch einmal verdient machen wolte, auch nicht die alte franzoͤsische Ueber- setzung desselben vergessen, die sich in der Biblio- thek zu Bern befindet, und die der gelehrte Herr Sinner schon vor einigen Jahren angezeigt hat. Diese scheint von so vorzuͤglichem Werth zu seyn, daß ich mich wundere, wie Hr. Lessing (der doch sonst eben Nichts zu vergessen pflegt, was zur Sache gehoͤrt) an dieselbe sich gar nicht erinnert hat. Diese Uebersetzung ist schon 1307 gemacht aus einer Handschrift, die Marco Polo einem Thybault Seigneur de Cepoy selbst gegeben hat, und die la premiere Copie de son dit livre puis qu’il eut fait heist. Die Auszuͤge, welche Herr Sinner aus den ersten 85 Kapiteln mittheilt, sind sehr erheb- lich Jm 10ten Jahre seiner Regie- F f 2 rung, Tuli-Khan und Enkel des beruͤhmten Ds hen- gis-khan; der Stifter der mogolischen Dynastie der Yuͤen, die uͤber Sina von 1276 bis 1368 herschte. Er starb 1294. Bey Couplet heist Ku- blai Khan Xicuͤ und stirbt im 31sten Jahre des 67sten sinesischen Cyklus, welches mit dem Jahr 1294 zutrift. Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. rung, am 13ten Tage des 10ten Monats starb obgemeldeter Nitsiirin in der Landschaft Mustasi. Die Anfaͤnger der Secte Fokesiu pflegen noch jaͤhrlich ein Fest zum Anden- ken seines Todestages zu feiern. Es regierte dieser Gonda 13 Jahr und lebte 58. Dai XCI. Sein Nachfolger war Fusimi Bey Deguignes Fuͤssi-mi; sinesisch Heu- yuͤ-to-yuͤen. des Gofikakufas anderer Sohn und also Gondas Vetter, im Jahr nach Synmu 1948, und nach Christi Geburt 1288. Die unter seiner Regierung angeordnete Nengos waren Soowo von fuͤnf und Jenin von sechs Jahren. Jm ersten Jahre seiner Regierung, am dritten Tage des dritten Monats wurde sein Sohn und Nachfolger gebohren, welchem er nach einer eilfjaͤhrigen Regierung den Thron abtrat. Er lebte 53 Jahr. Dai XCII. Go Fusimi oder Fusimi Bey Deguignes Ko-Fuͤssi-mi; sinesisch Heu-fu-tien-yuͤen. der zweite, folgte seinem Vater im Jahr nach Synmu 1959 nach Christi Geburt 1299, im zwoͤlften Jahre seines Alters. Er verordnete eine lich (S. Catalogus Codicum Mss. Biblioth. Bernen- sis, T. 2. 1770. 8. p. 419-456) und es ist aller- dings vermuthlich, daß eine Uebersetzung vom Jahr 1307 und von einem Zeitgenossen des M. P. der Urschrift naͤher kommen muͤsse, als die von 1553, welche Ramusio aus mehrern lateinischen Hand- schriften von unbekantem, wahrscheinlich aber ver- schiednem Werthe verfertigte. Wie sie sich aber gegen die lateinische Handschrift zu Wolfenbuͤttel verhalte? laͤst sich nicht bestimmen, so lange beide nicht gedrukt sind. Dieses aber mus noch geschehn, und dann die Bernische und Wolfenbuͤttelsche Handschrift mit dem Ramusio (und auch mit Muͤller) verglichen werden; — wenn wir anders jemals einen aͤch- ten Marco Polo bekommen sollen, auf den man mit Zuverlaͤßigkeit sich berufen kan. Und dies, denklich, waͤre dann doch wol noͤthig bei einem Schriftsteller, der fuͤr so manche Data der Ge- schichte und aͤltern Geographie von Asien unsere einzige Quelle ist; — und fuͤr eine ganze Pe- riode der einzige Zeuge, den man neben einem Deguignes abhoͤren kan! — Jch werde in den Zusaͤtzen zu diesem Werke Marco Polo’s Nachrichten von Japan und von Kublai Khans Unternehmungen, und auch noch manches Andre, — was ich uͤber diesen Schrift- steller zu sagen habe — beybringen. Vielleicht erhalte ich auch noch unterdessen von dem wilfaͤh- rigen Eifer fuͤr die Wiffenschaften — der die Bibliothekaren von Bern und Wolfenbuͤttel belebt -- eine Abschrift dieser Stellen aus ihren Handschrif- ten. Alsdann liefre ich sie nach diesen, nach dem Ramusio und nach dem Andreas Muͤller und also eine Probe, wie eine kritische Ausgabe des Marco Polo noch zu veranstalten waͤre. Fuͤnft. K. Folge der geistl. Erbk. welche nach der Geburt Joritomo ꝛc. eine neue Nengo, welche Seoan genant wurde und drei Jahre daurte, bis er den Thron verlies. Er lebte 35 Jahr nach Niederlegung der Krone und starb 48 Jahr alt im Jahr nach Synmu 1997 nach Christi Geburt 1337. Dai XCIII. Er trat die Regierung ab an Go Nidsio Sinesisch Heu-Ulh-tiao-yuͤen. oder Nidsio den zweiten, des Kaisers Goudas aͤltesten Sohn, im Jahr nach Synmu 1962 nach Christi Geburt 1302. Dieser Kaiser bestimte die Nengos Kagen von vier, und Tokuds von zwei Jahren. Jm fuͤnften Jahre seiner Regierung, im achten Monat, begab sich ein heftiges Erdbeben, dasselbe Jahr ist auch merkwuͤrdig wegen des Todes des Kame Jamma und der Geburt des Takaudsi, welcher hernach Feldherr und weltlicher Monarch wurde. Er regierte sechs Jahr und trat die Krone ab, an Dai XCIV. Fannasonno Sinesisch Hoa-yuͤen-yuͤen. des Kaisers Go Fusimi juͤngern Bruder und Fusimi andern Sohn, im Jahr nach Synmu 1968, nach Christi Geburt 1308. Die unter seiner Re- gierung angeordnete Nengos waren Jenke von drei, Ootsio von einem, Sooa von zwei, und Bun O von fuͤnf Jahren. Er regierte eilf Jahr und trat die Krone ab an Go Daigo, Go Nidsio juͤngern Bruder und Goudas andern Sohn. Dai XCV. Go Daigo Sinesisch Heu-ti-yu. oder Daigo der zweite, kam zum Thron im Jahre nach Synmu 1979, nach Christi Geburt 1313. Er bestimte die Nengos Genwo von zwei, Genko von drei, Seotsiu von zwei, Karaku von drei, Gentoku von zwei und Genko von einem Jahr. Jm leztern Jahre seiner Regierung wurde viel Blut vergossen durch die einheimische und buͤrgerliche Kriege, welche damals das Kaiserthum verwuͤsteten, und beschrieben sind in dem Buche, Teifeki. Er regierte dreizehn Jahr und trat die Krone ab an seinen Nachfolger Kwo Gien, Go Fusimi aͤltesten Sohn. F f 3 Dai Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Dai XCVI. Kwo Gien oder Koo Gien Kuͤoo-Juͤn bey Deguignes; sinesisch Kuͤam-yen yuͤen. kam zur Regierung im Jahre nach Synmu 1992, nach Christi Geburt 1333. Er bestimte die Nengo Seoke, welche zwei Jahr daurte. Jm andern Jahre seines Reichs kam Takadsi, damaliger Feldherr und welt- licher Monarch nach Hofe, um seinen schuldigen Respect dem Mikaddo zu bezeugen. Jn selbigem Jahre legte Takakoku, ein bekanter General, Hand an sich selbst, und rizte seinen Bauch auf. Dieser Kwo Gien trat nach einer kurzen Regierung die Krone wie- der an seinen Vorgaͤnger im Reiche ab, lebte demnaͤchst 32 Jahr und starb im Jahr nach Synmu 2026, nach Christi Geburt 1364. Go Daigo nahm |derowegen die Krone wieder an im Jahr nach Synmu 1994, nach Christi Geburt 1334. Er ordnete damals an die Nengos Kemmu und Jenken, jede von zwei Jahren. Jm dritten Jahre seiner andern Regierung starb der lezte Kaiser Go Fusimi und der beruͤhmte General Kusnekimaka Sugge. Dasselbige Jahr im achten Monat wurde Japan vom heftigen Erdbeben erschuͤttert. Er regierte dieses zweite mal nur drei Jahr. Dai XCVII. Sein Nachfolger war Quo Mio, Bey Deguignes Kuͤoo-mei; sinesisch Kuͤam- mim-yuͤen. Quo Giens juͤngerer Bruder und Kaisers Go Fusimi vierter Sohn, im Jahr nach Synmu 1997, nach Christi Geburt 1337. Die Nengo Jenken, welche von seinem Vorgaͤnger bestimt war, daurte das erste Jahr seiner Regierung, welche vier Jahr waͤhrte. Jm zweiten Jahre seiner Regierung wurde der Feldherr Takaudsi von ihm mit dem durchlauchtigen Titel Sei Dai Seogun beehret. Meine beiden japanischen Autoren sind unterschiedner Meinung in Absicht der Laͤnge der Regierung dieses Kaisers. Einige geben vor, daß er nur zwoͤlf Jahr Diese Angabe finde ich auch bey De- guignes. regiert, andere aber wollen behaupten, daß er nach einer kurzen Regierung von zwei Jahren zum Nachfolger gehabt habe. Go Murakami oder Murakami Deguignes hat ihn nicht. den zweiten, des Kaisers Go Daigos siebentes Kind, im Jahre nach Synmu 1999, und nach Christi Geburt 1339. Dieser Kaiser hat demnach in der Liste der Mikaddos keine gewisse ihm zugeschriebene Zahl. Die Nengo Riakwo wurde in den drei ersten Jahren seiner |Regierung fortgefuͤhrt, wobei man die Fuͤnft. K. Folge der geistl. Erbk. welche nach der Geburt Joritomo ꝛc. die Zeit zum Grunde sezte, da er auf den japanischen Thron gekommen war. Dieser Nengo Riakwo folgten die Nengos Kooje von drei und Tewa von vier Jahren. Wenn gleich Verschiedne Japan waͤhrend der verschiednen Nengos beherschet haben moͤgen; so be- haupten doch meine Autoren einstimmig, daß nach der Nengo Tewa Siukwo auf den Thron gekommen sey. Dai XCVIII. Siukwo Bey Deguignes Siuͤuͤ-kioo; sinesisch Tsoug-kuͤam-yuͤen. war Kaisers Koo Giens aͤltester Sohn, fieng seine Regierung an im Jahre nach Synmu 2009, nach Christi Geburt 1349. Jm ersten Jahre seines Reichs finde ich nicht, daß eine Nengo waͤre verordnet worden, denn die Nengo Quano fieng sich mit dem andern Jahre an, und wurde zwei Jahr fortgesetzet. Jm ersten Jahre seiner Regierung wurde im Kriege erschlagen Siidso Nawatto. Dieser Siukwo regierte drei Jahr. Dai XCIX. Jhm folgte Gokwoo Gen Bey Deguignes Ko-kuͤyo-yuͤn; sinesisch Heu-kuͤam-yen-yuͤen. oder Kwoogen der zweite, sein juͤngerer Bruder, im Jahr nach Synmu 2012, und nach Christo 1352. Dieses Kaisers verordnete Nengos waͤhrend seiner Regierung sind folgende, Bunjwa von vier, Jenbun von fuͤnf, Kooan von einem, Teeidsi von sechs und Ooan von sieben Jahren. Diese lezte Nengo wurde fortgesetzet waͤhrend der drei ersten Jahren seines Nachfolgers. Jm dritten Jahre seiner Regierung kam Josiisaki, Feldherr, des Takaudsi dritter Sohn an Hof. Jm vierten Jahr seines Reichs wurde Takaudsi selbst von dem Kaiser in die Landschaft Oomi gesandt, um die Streitigkeiten beizulegen, welche in diesem Theile des Kaiserthums entstanden wa- ren. Jm achten Jahre seines Reichs starb Takaudsi am 29ten Tage des vierten Monats. Sein Sohn Joosisaki folgte ihm in seinen Aemtern nach und erhielt in selbigem Jahre von dem Kaiser den Titel Sei Dai Seogun. Jm eilften Jahre seiner Regie- rung wurde der neue Krongeneral nach Oomi gesandt, um die kaiserliche Armee zu kom- mandiren. Jm 18ten Jahr seines Reichs wurde Joosimitz des Joosisaki Sohn zum Krongeneral oder Feldherrn gemacht und mit dem Titel Sei Dai Seogu beehret. Go- kwoo Gen regierte zwanzig Jahr. Dai C. Er hatte zum Nachfolger Go Jenju Bey Deguignes Lo-Jen-Yuͤo; sine- sisch Heu-yuͤn-yuͤm-yuͤen. seinen aͤltesten Sohn im Jahre nach Synmu 2032, nach Christi Geburt 1372. Die lezte von seines Vaters Nengos wurde in Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. in die drei ersten Jahre seiner Regeierung fortgesezt. Jm 4ten Jahre verordnete er die Nengo Kooraku, welche vier Jahr waͤhrte, und darauf folgten die Nengos Sei Toku von zwei, und Koowa von drei Jahren, welche lezte noch im ersten Jahre seines Nach- folgers continuirte. Jm 8ten Jahre seines Reichs war große Hungersnoth in Japan, es erschien auch ein Comet. Er regierte eilf Jahr. Dai CI. Sein aͤltester Sohn Gokomatz Bey Deguignes Ko-komats; sinesisch Heu-siao-yuͤm-yuͤen. wurde an seine Stat Kaiser im Jahr nach Synmu 2043, nach Christi Geburt 1383, und im dritten der Nengo Koowo. Die unter seiner Regierung bestimte Nengos waren: Sitoku von drei Jahren, die sich anfieng im zweiten Jahre seines Reichs, Kakei von zwei, Jkoo O von einem, Meetoku von vier, und Oo Jei von vier und dreißig Jahren. Jm neunten Jahre seiner Regierung war Krieg in der Provinz Udsii. Jm 14ten Jahre am 17ten Tage des 11ten Monats wurde der beruͤhmte Tempel Kenninsi in die Asche gelegt. Jm 20ten Jahre erschien ein Comet gegen Aufgang, worauf folgenden Sommer und Herbst eine große Trockene erfolgte, daß auch daher der Mangel an Wasser entstand; den naͤchstfolgenden Winter aber waren viele heftige Erdbeben. Jm 22ten Jahre seiner Regierung fieng zu Nasno in der Provinz Simotsky ein Berg an zu brennen, auch Steine und Asche auszuwerfen; die Flamme aber legte sich bald. Jm 25ten Jahr war der Herbst feucht, welches an verschiednen Or- ten des Kaiserthums einige Ueberschwemmungen verursachte, worauf stuͤrmisches Wetter und Erdbeben erfolgte. Er regierte dreißig Jahr, und hatte seinen Sohn Dai CII. Seokwo Sseo-Kuͤoo bey Deguignes; sinesisch Tshing-kuͤam-yuͤen. zum Nachfolger im Jahr nach Synmu 2073 nach Christi Geburt 1413, im 20ten der Nengo Oojei. Diese Nengo Oojei wurde in den ersten funfzehn Jah- ren seiner Regierung fortgesezt, da alsdenn eine neue bestimt und genant wurde Seootsio, welche ein Jahr daurte. Jm vierten Jahr seines Reichs rebellirte Uje Suggi, das ist, aus der Familie Suggi, wider den Kaiser. Jm neunten Jahr am zwoͤlften Tage des zehnten Monats starb Josimatz, damaliger Krongeneral und Feldherr, und hatte Josiinobu in seinem Titel und Aemtern zum Nachfolger. Dasselbe Jahr am 27ten Tage des sieben- ten Monats starb der Kaiser selbst, nachdem er sechzehn Jahre regiert hatte. Dai CIII. Fuͤnft. K. Folge der geistl. Erbk. welche nach der Geburt Joritomo ꝛc. Dai CIII. An seiner Stat ward Kaiser sein Sohn Jofunna So, Bey Deguignes Ko-Fanna-Sonno; sine- sisch Hen-hoa-yuͤen-yuͤen. im Jahr nach Synmu 2089, nach Christi Geburt 1429. Die unter seiner Regierung bestimte Nengos waren Jeiko von zwoͤlf, Kakitz von drei, Bunjan von fuͤnf, Fotoku von fuͤnf, Kosio von zwei, Tsioorok von drei, und Quanisio von sechs Jahren. Jm ersten Jahr seiner Regierung am fuͤnften Tag des achten Monats erschien ein langer und erschreklicher Komet, und ein anderer im dritten Monat des eilften Jahrs. Jm 16ten Jahre wurde Josiimassa mit dem Titel eines Sei Seogum beehret. Jm 18ten Jahre wurde des Kaisers Pallast in die Asche gelegt. Waͤhrend der sieben lezten Jahre seiner Regierung sind viele fremde wun- derbare Luftzeichen von den japanischen Geschichtschreibern bemerkt worden, worauf Hun- ger, Pestilenz und großes Sterben im ganzen Kaiserthum erfolgte. Er regierte sechs und dreißig Jahr. Dai CIV. Gofunna So hatte zum Nachfolger seinen Sohn Go Tsutsi Mikaddo oder Tsutsi Mikaddo Sinesisch Heu-tu-yuͤ. muͤen-yuͤen. den zweiten, im Jahre nach Synmu 2125, nach Christi Geburt 1465. Die von diesem Kaiser angeordnete Nengos waren Bunsio von einem Jahr, fing sich an im zweiten seiner Regierung; Onin von zwei, Fumjo von achtzehn, Tsiooko von zwei, Jentoku von drei und Me O von neun Jahren. Jm ersten Jahre seiner Regie- rung im zweiten Monat erschien ein Komet, dessen Schwanz drei Bleiwuͤrfe lang zu seyn schien. Jm andern Jahre waren verschiedene Erdbeben, insonderheit am 29ten Tage des 12ten Monats; auch war in demselbigen Jahre eine solche Hungersnoth in China, daß sich das Volk einer den andern toͤdtete und auffras. Das dritte Jahr war sehr ungluͤk- lich fuͤr Japan, und mit allerlei Unruhen und innerlichen Kriegen angefuͤllet. Diese große Verwuͤstung sing sich den sechsten Tag des fuͤnften Monats an. Jm fuͤnften Jahr am zehnten Tage des neunten Monats erschien ein andrer Komet mit einem Schwanz von einem Bleiwurf in der Laͤnge. Jm siebenten Jahre war uͤberal im ganzen Kaiserthum ein großes Sterben. Jn selbigem Jahre am ersten Tage des 12ten Monats erschien ein andrer Ko- met, breiter als einer der vorher bemerkten, mit einem straßenlangen Schwanze, wie mein Autor es ausdruͤkt. Jm neunten Jahre starb Fossokawa Katsmotto, ein großer und seiner sonderbaren Herzhaftigkeit und guten Kriegsverrichtungen wegen ungemein beruͤhmter G g General, Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. General, weswegen er auch nach seinem Tode mit dem Titel Riu Ans, wie der Joosnavo mit dem Titel Sei Seogun, beehret wurde. Jm eilften Jahre am sechsten Tage des achten Monats stuͤrmte es gewaltig, und liefen die Wasser um Amagasaki in der Landschaft Setz dergestalt in die Hoͤhe, daß ein großer Theil des Landes uͤberschwemt wurde, und viele Leute davon ertrunken. Jm 25ten Jahre am 26ten des dritten Monats starb Josiinavo, Krongeneral, des Josiimossa Sohn, er hatte besonders auch den Titel von Sei Seo- gun, und mit seinem Vater das Commando im Felde und der Verwaltung der weltlichen Sachen des Kaiserthums. Das naͤchste Jahr, welches das 1490te nach Christi Geburt war, starb Josiimassa durch eigne Handanlegung, und wurde sehr betrauret. Jm 29ten Jahre wurde Josiisimmy mit dem Titel von Sei Dai Seogun beehret, worauf er bald wieder zuruͤkkehrete nach seiner Armee in Jasiiro. Jm 30ten Jahre am 7ten Tage des 8ten Mo- nats begab sich ein abermaliges heftiges Erdbeben. Er regierte in Allem 36, und lebte 59 Jahr. Dai CV. Er hatte zum Nachfolger seinen Sohn Kasiuwabara, Bey Deguignes Ko-kassisa-bara; sinesisch Heu-pe-yuͤen-yuͤen. im Jahre nach Synmu 2161, nach Christi Geburt 1501. Die unter seiner Regierung verordnete Nengos waren Bunki von drei, Jeeseo von siebzehn, und Teije von sieben Jahren, welche im ersten Jahre der Regierung seines Nachfolgers fortgesezt wurden. Jm vierten Jahre seines Reichs war ein großer Hunger in Japan, und im 16ten Jahre abermals. Jm sechsten Jahre im siebenten Monat erschien ein Komet. Jm achten Jahre wurde der Titel von Sei Seogun und das Obercommando bey der Armee an Jositanne gegeben. Das zehnte Jahr war wegen des Kriegs und Erdbebens fuͤr Japan sehr ungluͤklich. Jm zwoͤlften Jahr im fuͤnften Monat begab sich Jositanne nach Hof, um die schuldige Pflicht dem Kaiser zu erweisen. Er regierte 26 Jahr. Dai CVI. Sein Sohn Gonora Sinesisch Heu-nai-lang-yuͤen. ward Kaiser an seine Stat im 2187ten Jahr nach Synmu, und 1527ten nach Christi Geburt. Die lezte Nengo seines Vaters daurte das erste Jahr seiner Regierung, nach welcher er die Nengos Koraku von vier, Tembun von 23 und Koodsi von drei Jahren anstimte. Nicht gar lang nach seiner Ankunft auf den Thron ruͤstete man zwischen Fossokawa und Kadsuragawa sich zum Kriege. Der erste von diesen beiden Prinzen raͤumte nach zwei Jahren sich selbst aus dem Wege, indem er mit Fuͤnft. K. Folge der geistl. Erbk. welche nach der Geburt Joritomo ꝛc. mit sonderbarer Herzhaftigkeit und getrostem Muthe sich den Bauch aufschnit, welches bey diesen Heiden sehr bewundert und hochgehalten wird. Waͤhrend dieses Kaisers Regierung wurde Japan zweimal mit Pestilenz und großem Sterben geplagt, und dreimal durch aus- serordentliches regnigtes Wetter, wodurch die Wasser hoch anliefen, an einigen Orten des Landes uͤberschwemt; wobey ein solcher heftiger und algemeiner Sturm eintrat, daß viele ansehnliche Gebaͤude nebst einem Theil des kaiserlichen Pallastes herunter gestuͤrzet wurden. Jm fuͤnften Jahre am 29ten Tage des sechsten Monats erschien ein Komet, und ein andrer wiederum im zwoͤlften Monat des zwoͤlften Jahrs. Jm siebenten Jahre am achten Tage des zehnten Monats wurde eine Mondfinsternis angemerkt. Jm 21ten Jahr, am 17ten Tage des andern Monats empfieng Josi Tir vom Kaiser den Titel von Sei Dai Seo- gun, mit dem Commando bey der Armee. Achtzehn Jahr nachher raͤumte sich dieser Josi Tir selbst aus dem Wege, indem er sich den Bauch aufschnit. Jm 24ten Jahre am vierten Tage des fuͤnften Monats starb der Feldherr und weltliche Monarch Josii Far. Der Gonora regierte 31 Jahr. Dai CVII. Jhm folgte sein Sohn Ookimatz Bey Deguignes Ofo-kimatz; sinesisch Tshing-tsin-tim-yuͤen. im Jahr nach Synmu 2218, nach Christi Geburt 1558. Die unter seiner Regierung verordnete Nengos waren Jeekoku von zwoͤlf, Genki von drei, und Jensoo von neunzehn Jahren, welche leztere die ersten fuͤnf Jahre unter der Regierung seines Nachfolgers fortgesezt wurde. Jm ersten Jahre seiner Regie- rung war eine große Hungersnoth in Japan nach einem vorhergehenden unerhoͤrt troknem Sommer. Jm achten Jahr legte Josii Tir, damaliger Krongeneral und weltlicher Mo- narch Hand an sich selbst, wie schon oben gemeldet ist. Jm eilften Jahre wurde Josii Fira zum Krongeneral verordnet, und vom Kaiser mit dem Titel Sei Seogun beehret. Jm 16ten Jahre ist als etwas Merkwuͤrdiges angezeichnet, daß eine Schildkroͤte mit zwei Koͤpfen in einer Quelle sey gefangen worden. Jn selbigem Jahre am dritten Tage des vierten Monats legten einige Mordbrenner Feuer an Kamio, das ist den Obertheil der Stadt Miaco (der Untertheil heist Mio ) woselbst der Kaiser damals selbst residirte, und wurde dessen groͤster Theil in die Asche gelegt. Jm 20ten Jahre am 29ten Tage des neun- ten Monats erschien ein großer Komet, welcher sich laͤnger sehen lies als die lezt vorherge- henden. Jm 21ten Jahr war es sehr nas, und ein großer Theil des Landes wurde am zwoͤlf- ten Tage des fuͤnften Monats unter Wasser gesezt. Jm 23ten Jahre waren viele Seuchen und Sterben uͤberal im ganzen Kaiserthum. Jm 25ten Jahre am zweiten Tage des sech- G g 2 sten Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. sten Monats wurden der Krongeneral oder weltliche Monarch Nobunanga und sein aͤl- tester Sohn zu Miaco erschlagen. Jm 26ten Jahre kamen einige Abgesandten von den Jnseln Riuku nach Hof. Jm 28ten Jahre, welches war das Jahr Christi 1585 am sie- benten Monat, wurde Fide Jos, welcher nachher den Namen Taiko oder Taikosama annahm, von dem Kaiser mit dem Titel Quanbuku beehret, und mit dem Commando der Armee und Regierung der weltlichen Affairen des Kaiserthums versehen. Quanbuku ist die erste Person nach dem Dairi, und Kraft dieses Titels Vicekoͤnig in der Reichsver- waltung. Dieser Taiko war von geringem Herkommen, und kam durch seine Tugenden und Verdienste zu dieser hoͤchsten Ehrenstuffe. Er war eigentlich zu reden der absolute welt- liche Monarch von Japan, nemlichder Erste, welcher sich die unumschraͤnkte Regierung des Kaiserthums anmaßte, wovon die geistlichen Erbkaiser bisher noch einigen Antheil fuͤr sich be- halten hatten. Seit der Zeit aber, daß die weltlichen Kaiser fortfuhren, von denen geist- lichen Kaisern ganz unabhaͤngig zu seyn, ist diesen, beynahe nur ein Schatten von ihrem vorigen Ansehen uͤbrig gelassen mit wenigen nicht viel bedeutenden Vorzuͤgen ihres Ranges, Heiligkeit, und des Rechts Ehrentitel zu vergeben und auszutheilen. Jn eben demselben 28ten Jahre am 29ten Tage des eilften Monats entstund ein heftiges Erdbeben, welches verschiedene mal, doch mit schwaͤchern Stoͤßen das Jahr hindurch wieder ansezte. Jm 29ten Jahr seiner Regierung trat er die Krone an seinen Enkel ab, und starb im siebenten Jahr hernach. Dai CVIII. Go Josei Bey Deguignes Ko-Jao-ssei; sinesisch Heu-yam-tshim. Kaisers Ookimatz Enkel und aͤltester Sohn des Erbprinzen Jookwo, welcher das Jahr vorher starb am siebenten Tage des eilften Monats, kam zur Krone im Jahr nach Synmu 2247, und nach Christi Geburt 1587. Die lezte von seines Grosva- ters Nengos wurde in die fuͤnf ersten Jahre seiner Regierung fortgesezt, nach welcher die folgenden verordnet wurden, Bunroku von vier, Keitsjo von neunzehn Jahren, welche aber drei Jahr nach seinem Tode continuirte. Jm dritten Jahre seiner Regierung wurde Fidetsugi, ein Enkel des weltlichen Monarchen Taiko, von welchem er zu seinem Nachfol- ger ernant war, ob er schon nachher in Ungnade fiel, und befehliget wurde sich selbst den Bauch aufzuschneiden, ein so grausuͤmer und blutgieriger Fuͤrst, daß er auch den Fodosio in der Landschaft Sagami erschlug, und sein ganzes Geschlecht ausrottete, nach denen in Japan uͤblichen Kriegsgrundsaͤtzen, welche befehlen die rechte Ursache des Uebels auf einmal auszurotten und zu vertilgen. Jm fuͤnften Jahre wurde der Titel Quanbuku an besag- ten Fuͤnft. K. Folge der geistl. Erbk. welche nach der Geburt Joritomo ꝛc. ten Fide Tsugi gegeben. Jm sechsten Jahr, welches war das Jahr Christi 1592, er- klaͤrte Taiko den Krieg wider die Coreer, und sandte eine zahlreiche Armee gegen dieselben aus, unter dem Vorwand, daß er gesonnen sey, durch die Eroberung dieser Halbinsel, sich den Weg zu der Eroberung des Kaiserthums China selbst zu bahnen. Dieser Krieg waͤh- rete sieben Jahr. Es hatte aber Taiko ein ganz ander Absehen. Denn er lies in aller Eile und mit allem Ernste, waͤhrend dieser Zeit, um seine kaiserliche Wohnung, nach Anzahl seiner abwesenden Fuͤrsten, so viel koͤstliche Pallaͤste erbauen und wohl befestigen, und |demnaͤchst seiner Fuͤrsten Gemalinnen, Kinder und Anverwandten nebst ihren Leibbe- dienten zu sich holen, und als Geißel fuͤrstlicher Treue in die neu erbauten Pallaͤste hineinse- tzen; da indessen seine aus Corea wiederkommende Landesfuͤrsten, auch wider Willen, glau- ben musten, daß solches aus hoher kaiserlicher Gnade und Hulde gegen seine Fuͤrsten und deren Familie geschehen sey, da es doch in der That zu Verhuͤtung aller Unruhe im Reiche, und zu Befestigung seines Kaiserthums, geschehen war. Jm siebenten Jahre der Regierung Gojosei starb Ookimatz, des Kaisers Groß- vater und Vorgaͤnger im Reiche. Jm eilften Jahre wurde Jejias, ein großer Favorit oder Guͤnstling des Taiko und sein Premierstaatsminister von dem Kaiser mit dem Titel von Nai Dai Sin beehret. Desselbigen Jahrs am zwoͤlften Tage des siebenten Monats waren verschiedene heftige Erdbeben, deren Erschuͤtterung mit einiger Abwech- selung einen ganzen Monat fortdauerte. Um dieselbe Zeit regnete es Haare von vier bis fuͤnf Zol lang an verschiedenen Orten des Kaiserthums. Ein solches Phaͤnomen wird oft in dieser Geschichte erwaͤhnt. Jm zwoͤlften Jahr, welches war das Jahr nach Synmu 2255, nach Christi Geburt 1598, am 18ten Tage des achten Monats, nahm Fide Josi den Namen Taiko an, welches einen großen Herrn bedeutet. Dieser große Monarch starb aber noch dasselbige Jahr, am sechzehnten December unsrer Rechnung fruͤhmorgens; die weltliche Regierung seinem einigen Sohn Fide Jori hinterlassend, welchen er der Sorge und Erziehung des Jejas uͤberlies. Jm 14ten Jahre rebellirte Josiida Tsibba, welcher eine hohe Bedienung an Fide Joris Hofe hatte, wieder den Kaiser. Die Re- bellen aber wurden sogleich geschlagen, und ihr Haupt mit seinem ganzen Geschlechte aus- gerottet. Jm 17ten Jahre wurde der Titel Sei Dai Seogun, welcher dem Krongene- ral gehoͤret, an Jejas, den Viceroy, Oberhofmeister uud Vormund des Erbprinzens Fide Jori, Taikos’ einzigen Sohns, verliehen. Dasselbe Jahr wurde auch Fide Jori selbst mit dem Titel Nai Dai Sin, beehret. Jm 19ten Jahre wurde der Titel Sei Dai Seogun an Fide Tadda des Krongenerals Jejas Sohn gegeben. Dasselbige Jahr begab sich ein recht ausserordentliches Wunder am 15ten Tage des 12ten Monats, denn es kam in einer Nacht ein Berg hervor aus der See, nahe bei dem felsichten Eylan- G g 3 de Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. de Fatsisio, wohin die Großen am Hofe des weltlichen Monarchen verbannet werden, wenn sie in Ungnade gefallen sind. Jm 21ten Jahre, welches das Jahr nach Christi Geburt 1608 ist, kam ein Ambassadeur vom chinesischen Kaiser zu Suruga an, um den welt- lichen Monarchen von Japan zu complimentiren. Jm 23ten Jahre lies Jejas ein festes Kastel in der Landschaft Owari erbauen. Jm 24ten Jahre wurden die Jnseln Riuku von dem Fuͤrsten von Satzuma angefallen und erobert, daher sie nachgehends immer, als zum japanischen Kaiserthum gehoͤrig, angesehen sind. Go Josei regierte in Allem fuͤnf und zwanzig Jahr, und hatte zum Nachfolger seinen Sohn. Dai CIX. Dai Seokwu Tei Bey Deguignes Sseo-kuͤo; sinesisch Yuͤm-uei-yuͤen. im Jahr nach Synmu 2272, und nach Christi Geburt 1612. Jm vierten Jahr seiner Regierung verordnete er die Nengo Geniwa von neun Jahren, auf welche die Nengo Quan Je folgte von zwanzig Jahren, welche den uͤbrigen Theil seiner Regierung und die ganze Zeit der Regierung der Kaiserin seiner Nachfolgerin daurte. Jm andern Jahre seines Reichs wurde wiederum bemerkt, daß an verschiednen Orten des Kaiserthums, vornemlich aber zur Herbstzeit, Haare herunter gefallen sind. Jm dritten Jahre am 25ten Tage des 10ten Monats war ein sehr starkes Erdbeben. Eben dasselbe Jahr wurde Fide Jori des leztern weltlichen Kaisers einziger Sohn und Erbe in dem Kastel Osacca von Jejas belagert, welcher sein Hofmeister und Schwiegervater war. Die Vestung wurde im vierten Jahre am siebenten Tage des fuͤnften Monats uͤbergeben. Allein der Prinz lies den Pallast, worin er sich mit den meisten seiner getreuesten Anhaͤn- ger retiriret hatte, mit Feuer anstecken, da er rathsamer hielt, durch die Flammen umzu- kommen, als in die Haͤnde eines siegenden Feindes zu fallen, welcher ihm so nahe angieng. Jm fuͤnften Jahr am siebzehnten Tage des vierten Monats starb Jejas selbst in voͤlligem ruhigem Besiz des weltlichen Throns, welchen er, stat seines Pflegesohns, bestiegen hatte und denselben nun seinem eigenem Sohne hinterlies. Dieser Jejas war der erste Kaiser von der jetzo regierenden Familie. Er wurde zu Nicquo begraben, und nach Landes Ge- wohnheit unter die Goͤtter gerechnet mit dem Namen Gongensama. Jm achten Jahre, welches war das Jahr Christi 1619, erschien ein recht merkwuͤrdiger Comet. Jm zehnten Jahre wurde der geistliche Kaiser bey großer Pracht und Herrlichkeit mit des weltlichen Monarchen Fide Tadas Tochter vermaͤhlt. Jm zwoͤlften Jahre begab sich Jemitz, Fide Tadas Sohn, nach Miaco, um dem geistlichen Kaiser die Cour zu machen, von wel- chem Fuͤnft. K. Folge der geistl Erbk. welche nach der Geburt Joritomo ꝛc. chem er den Titel Sei Dai Seogun erlangte. Jm achtzehnten Jahre trat er die Krone an seine Tochter ab. Er lebte funfzig Jahr nach niedergelegter Krone, und starb im 90ten Jahre seines Alters und achten der Nengo Tempe am achten Tage des achten Monats, spaͤt im Herbste, als nach dem Ausdruk meines| Autors die Baͤume albereits ihr Laub ver- lohren hatten. Dai CX. Nio Te oder Seo Te, das ist, Madame Mikaddo oder nach andern, Fo- nin, Sinesisch Puͤen-yuͤen. des lezten Kaisers Tochter, kam zur Krone im Jahr nach Synmu 2290, nach Christi Geburt 1630. Die lezte ihres Vaters Nengo wurde unter ihrer ganzen Regierung fortgesetzet. Jm dritten Jahre ihrer Regierung am 24ten Tage des ersten Monats starb der weltliche Monarch Fide Tada. Er wurde nach seinem Tode, wie es Landes Gewohnheit ist, vergoͤttert und Teitokuin genant. Jm fuͤnften Jahre begab sich der welt- liche Monarch Jiemitz, Fide Tadas Sohn, an des Dairi Hof. Jm siebenten Jahr im zehnten Monat wurde den Chinesern abermals erlaubt in Japan zu kommen und ihre Handlung, welche ihnen einige Zeit zuvor verboten war, wieder daselbst zu treiben. Der Anfang der beruͤchtigten Rebellion der Christen zu Simabara, in der Landschaft Fisen, faͤlt ohngefehr in den eilften Monat des achten Jahrs, welches das Jahr Christi 1637 ist. Jm neunten Jahr im zweiten Monat am zwoͤlften April 1638 wurden 37,000 Christen auf einen Tag erschlagen. Durch diese grausame That ist der Aufruhr geendiget und zugleich die christliche Religion aus Japan gaͤnzlich vertilget worden. Jm zwoͤlften Jahre und nach Christi Geburt 1641, am fuͤnften Tage des achten Monats wurde Jietzna, ein Vater der nun re- gierenden weltlichen Monarchen geboren. Eben dasselbe Jahr war ein großer Hunger und Sterben in Japan, vom Anfang des Fruͤhlings bis zum folgenden Herbst. Diese Kaise- rin regierte 14 Jahr, und trat die Krone ab an ihren juͤngern Bruder. Dai CXI. Gokwomia Bey Deguignes Ko-kuͤo-mei; sinesisch Heu-kuͤam-mim. insgemein Goto Mio genant, der lezten Kaiserin juͤngerer Bru- der, succedirte seiner Schwester im Jahr nach Synmu 2303, nach Christi Geburt 1643, am siebenten Tage des neunten Monats, nahm aber den voͤlligen Titel von Mikaddo, nebst dem Besiz vom Throne nicht eher als bis am fuͤnften Tage des eilften Monats an. Die unter seiner Regierung verordnete Nengos waren Seofo von vier, Kejan von vier und Seoo von Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. von drei Jahren. Jm dritten Jahre seiner Regierung am 23ten Tage des vierten Mo- nats wurde der Titel Seonai Dai Nagon an den weltlichen Monarchen Jietzna gegeben. Jm eilften Jahre am zwoͤlften Tage des achten Monats kam ein Feuer aus in des Dairi Pallaste, wodurch ein großer Theil desselben mit verschiedenen benachbarten Tempeln und Gebaͤuden verzehrt wurde. Jn eben dem Jahre wurden etliche junge Fraͤuleins von zwoͤlf bis vierzehn Jahren ins Gefaͤngnis geleget, weil man Argwohn schoͤpfte, daß sie Feuer an des Dairi Pallast und an einigen andern Orten in der Stadt Miaco angeleget haͤtten. Jm eilften Jahre am sechsten Tage des siebenten Monats kam aus China alhier der große Heidenlehrer Jngen an. Die Absicht seiner Ueberkunft war dahin gerichtet, das Volk zum Goͤtzendienste seiner Landsleute zu bekehren, und wo moͤglich, die damals im Kaiser- thum Japan bluͤhende viele Secten zu vereinigen und ihnen allen ein redliches Herz beizu- bringen. Dasselbe Jahr am 20ten Tage des neunten Monats starb der Mikaddo, und wurde mit großer Pracht in dem Tempel von Sen Ousi begraben, am 15ten Tage des folgenden zehnten Monats. Dai CXII. Er hatte zum Nachfolger seinen juͤngern Bruder Sinin Beuͤ |Deguignes Ko-ssei; sinesisch Heu- si-yuͤen. im Jahre nach Synmu 2314, und nach Christi Geburt 1654. Die unter seiner Regierung bestimte Nen- gos waren Meiriku und Bantsi, jede von drei Jahren, und Seowo oder nach Andern Quan bun von zwoͤlf Jahren, welche lezte fortgefezt wurde bis ins eilfte Jahr der Re- gierung seines Nachfolgers. Einige Autoren geben vor, daß die Chineser im ersten Jahre der Regierung dieses Kaisers wieder Erlaubnis bekommen haͤtten, ihre Handlung in Japan zu erneuern. Jm dritten Jahre seiner Regierung, welches nach Christi Geburt 1657 war, am dreizehnten Tage des ersten Monats kam in Jedo, der Residenz des kaiserlichen Monar- chen, ein erschrekliches Feuer aus, welches drei Tage mit großer Heftigkeit wuͤtete, und den groͤsten Theil dieser edlen Hauptstadt in die Asche legte. Es hat von diesem Feuer mehrere Nachricht gegeben Herr Wagener, Ambassadeur der ostindischen Compagnie an den Kaiser von Japan, welcher damals selbst zu Jedo war, wie mit mehrerem gemeldet ist in des Montanus merkwuͤrdigen Gesandschaften an den Kaiser von Japan, p 370. Man findet diese Beschreibung in der hol- laͤndischen Ausgabe des Montanus von 1669 — die ich vor mir habe — p. 381 u. s. w. nebst einer Abbildung der Feuersbrunst. Gewis ist sie eine der schreklichsten, welche die Geschichte |aller Zeiten und Laͤnder aufbehalten hat. Unglaublich viel Jm Fuͤnft. K. Folge der geistl. Erbk. welche nach der Geburt Joritomo ꝛc. Jm fuͤnften Jahr fing man allererst die Rakujo oder Pilgrimschaften nach den 33 Tem- peln des Quanwon an, welche seit der Zeit von vielem andaͤchtigem Volke beiderlei Ge- schlechts angestellet worden sind. Jm siebenten Jahr wurde wiederum ein großer Theil von der Residenz des geistlichen Kaisers in die Asche gelegt. Jm achten Jahr am ersten Tage des fuͤnften Monats war ein heftiges Erdbeben, wodurch in der Landschaft Oomi an dem Flusse Katzira ein Berg versank und der Erden gleich wurde, ohne die geringste Spur zu hinterlassen, daß er vormals da gewesen. Er regierte acht Jahr. Dai CXIII. Sein juͤngerer Bruder Kinsen oder Tei Sen, oder mit seinem voͤlligen Titel Kinseokwo Tei, Bey Deguignes Kin-Ssijao; sinesisch Kin-sham-hoam-ti. des Kaisers Daiseokwo Teis juͤngster Sohn, succedirte ihm im Jahr nach Synmu 2323, und nach Christi Geburt 1663. Die lezte Nengo seines Bru- ders wurde die ersten zehn Jahre unter seiner Regierung fortgesezt, darauf er denn die Nengo Jempo bestimte, welche acht Jahr daurte, auf welche ferner folgten die Nengos Tenwa von drei, und Dsiokio von vier Jahren. Jm dritten Jahre seines Reichs im sechsten Monat wurde auf besondern Befehl ein Jnquisitionshof in allen Staͤdten und Doͤrfern des ganzen Kaiserthums aufgerichtet. Die Verrichtung dieses Hofs war, zu untersuchen, zu was Religion, Glauben oder Secte eine jede Familie oder ein jedes besonderes Glied dersel- ben sich bekenne. Diese Untersuchung ist nur einige Jahre angestelt, ohne gewisse bestimte Zeit, gemeiniglich aber einige Tage oder Wochen; nach derselben wurden die Bilder unsers gebenedeyten Heilandes und der Jungfrau Maria nebst dem Kreuze von einer jeden Familie zu einem uͤberzeugenden Beweis ihres gegen die christliche Religion tragenden Has- ses mit Fuͤßen getreten. Jm vierten Jahr im vierten Monat befahl der Kaiser die Jusja Fuse oder den Zweig der Secte Fokesju auszurotten, mit dem Befehl an alle seine Unterthanen, derselben kuͤnftig nicht mehr anzuhangen. Die Nachfolger dieser Secte heg- ten solche laͤcherliche Meinungen von ihrer Reinigkeit und Heiligkeit so weit, daß sie fuͤrch- teten, der Umgang mit andern Menschen wuͤrde sie beflecken und unrein machen. Jm sechsten Jahre am ersten Tage des zweiten Monats und die 45 folgenden Tage erlitte die Stadt viel Menschen kamen theils durch das Feuer selbst, theils durch das Gedraͤnge um. Nur in einer Gasse zaͤhlt Wagener 3000 Leichen, und die Japa- ner geben die Zahl aller Umgekommenen uͤber 100,000 an. H h Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Stadt Jedo viel vom Feuer, welches vorsezlicher Weise angeleget zu seyn schien. Die boshafte Absicht war leicht zu merken, weil das Feuer am meisten auf die Pakhaͤuser der Kaufleute, und die Oerter, wo Soldaten einquartirt lagen, stuͤrmte. Jm siebenten Jahr, als ein großer Hunger von einer im verhergehenden Jahre gewesenen unerhoͤrten Trokne veranlast wurde, befahl der Kaiser, daß, von dem 20ten Tage des ersten Monats anzurechnen, einhundert Tage nach einander gekochter Reis an allen Orten des Kaiserthums Japan, auf seine Kosten, unter die Armen solte ausgethei- let werden. Jm achten Jahr hatte man zu Osacca und in verschiednen andern an der See gelegenen Provinzen sehr starke Ungewitter, worauf Ueberschwemmungen und ein gro- ßes Sterben unter Menschen und Vieh erfolgte. Jm neunten Jahr im vierten Mo- nat, als sie den Flus reinigten, welcher Osacca vorbeifließet, fanden sie eine große Menge Goldes und Silbers, welches wahrscheinlicher Weise in denen ehemaligen buͤrgerlichen Kriegen darin mus versenkt seyn. Jm eilften Jahr, am neunten Tage des fuͤnften Monats, kam ein Feuer an des Dairi Hofe aus, welches mit solcher Heftigkeit brante, daß dadurch ein großer Theil der Stadt Miaco in die Asche gelegt wurde, und weil es sich ungluͤklicherweise fuͤgte, daß unter an- dern Gebaͤuden verschiedene oͤffentliche Kornhaͤuser von dem Feuer verzehrt wurden, befahl der Kaiser seinen Unterthanen zum Trost und Gefallen, daß drei Kokus Reis einer jeden Familie gegeben oder geliehen werden solten, wenn sie dessen benoͤthiget seyn moͤgte, wel- ches oͤfters zur Zeit der Hungersnoth von dem Kaiser zu geschehenpfleget. Jm 12ten Jahr im zweiten Monat wurde |auf besondern Befehl des Kaisers ein religieuser Untersuchungshof in der Hauptstadt Miaco gehalten; woraus erhelte, daß in denen 1850 Straßen dieser Stadt sich damals befanden 1050 von der Religion des Ten Dai, 10070 von der Secte Singou, 5402 von Fosso, 11, 016 von Sen, 122, 044 von Seodo, 9912 von Ri, 81, 586 von Jocke, 41, 586 von Nis Fonguans, 80, 112 von Figas Fonguans, 7406 von Takata Monto, 8306 von Buckwoo, 21080 von Dainembuds, 6073 von der Secte Jammabos; das ist in Allem 405, 643, des Dairi Hof nicht mit gerechnet. Hierunter waren vom maͤnlichen Geschlecht 182, 070, vom weiblichen aber 223, 573. Dasselbige Jahr am dritten Tage des vierten Monats starb in dem beruͤchtigten Kloster Obaku der oben erwaͤhnte chinesische Missionarius Jngen im 82ten Jahre seines Al- ters. Den folgenden Monat darauf litte die Saat auf dem Felde vielen Schaden von Regen und Hagel, wodurch großer Hunger veranlast wurde, und der Kaiser neue Ordre ausstelte, daß in denen vornehmsten Staͤdten der Reis unter die Armen ausgetheilt werden solte. Jm 18ten Jahre und achten der Nengo Jenpo, am achten Tage des fuͤnften Mo- nats, 1680 den 24ten Junii starb der weltliche Monarch Jietzna. Er wurde nach sei- nem Fuͤnft. K. Folge der geistl. Erbk. welche nach der Geburt Joritomo ꝛc. nem Tode der Gewohnheit nach unter die Goͤtter gerechnet, und Gen Ju in den genant. Jm 19ten Jahr im fuͤnften Monat wurde der praͤchtige Titel von Sei Dai Seoguu Nai Dai Sin Sioni i ukonjeno Taiso dem neu regierenden weltlichen Monarchen Tsina- jos gegeben, welcher ein juͤngerer Bruder von Genjuin und Jjeteru oder Daijoin sein dritter Sohn war. Jm 20ten Jahre, und im andern der Nengo Tenwa, Christi 1682, war wiederum eine große Hungers- und Sterbensnoth in und um Miaco. Jm 12ten Monat selbigen Jahrs am 28ten Tage entstund ein großes Feuer in Jedo, welches den besten Theil dieser Stadt in die Asche legte. Jm 21ten Jahr, welches das dritte der Nen- go Tenwa war, starb Tokumatz, des jezt regierenden weltlichen Monarchen einziger Sohn und Erbprinz, durch dessen Tod das Reich in eine algemeine Betruͤbnis versezt wurde, also, daß in drei Jahren kein musikalisches Jnstrument geruͤhret, noch einige Art Freudenbezeu- gungen gemacht werden durften. Dasselbe Jahr am achten Tage des 12ten Monats hatte die Stadt Jedo wiederum Feuerschaden. Dieser Kaiser regierte vier und zwanzig Jahr und trat die Krone ab an seinen Sohn. Dai CXIV. Kinsen oder Kinseokwo Tei Bey Deguignes wie der vorige Kin-Ssijao; und sinesisch auch Kin-s hin-hiamti. hat gleichen Nahmen mit seinem Vater, wel- chem er succedirte im Jahr nach Synmu 2347 und nach Christi Geburt 1687. Jm zwei- ten Jahre seiner Regierung verordnete er die Nengo Genroku. Das fuͤnfte Jahr dersel- bigen war das Jahr nach Christi Geburt 1692, als ich selbst in Japan war, welches Jahr in dem Cyklo von sechzig Jahren den Namen Midsno Je Sar traͤgt. Die Namen dieser 114 geistlichen Erbkaiser von Japan, wie ich sie aus einer ja- panischen Chronik genommen habe, nebst den Charactern, mit denen sie in der gelehrten chinesischen Sprache gedrukt werden, findet man in der 16ten Tafel in Kupfer gestochen. Tab. XVI. H h 2 Sechstes Sechstes Kapitel . Folge der Feldherren oder weltlichen Monarchen, von dem Joritomo an, bis auf den jezt regierenden Tsinajos. I. J oritomo, Die Namen der Seoguͤn hat Deguignes ungeaͤndert aus unserm Verfasser beybehalten. der erste Feldherr und weltliche Monarch, war gebohren unter der Regierung des LXXVI Dairi, im Jahr nach Christi Geburt 1154. Er regierte zwanzig Jahr. II. Jori i Je, Joritom’s Sohn, regierte fuͤnf Jahr. III. Sannetomo, Joritom’s zweiter Sohn, regierte siebenzehn Jahr. IV. Joritzne, ein Sohn Quan Baku Dooka, regierte achtzehn Jahr. V. Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Sechst. Kap. ꝛc. V. Jorisane oder Jorissuga, Joritznes Sohn, regierte acht Jahr. VI. Mune Taka Sinno oder Soo Son Sinno, ein Sohn des geistlichen Erb- kaisers Sagga des zweiten, regierte funfzehn Jahr. VII. Korejas Sinno, der aͤlteste Sohn Mune Takas, regierte vier und zwanzig Jahr. VIII. Kiume Sinno oder Sanno Oosi, des geistlichen Erbkaisers Tikakusa des zwei- ten dritter Sohn, regierte zwanzig Jahr. IX. Mori Kuni Sinno, sein Sohn, regierte fuͤnf und zwanzig Jahr. X. Sonun Sinno oder Somunn Sinno, Daigo des zweiten zweiter Sohn, regierte zwei Jahr. XI. Nari Josi Simi Oo, Daigo des zweiten, vierter Sohn, regierte drei Jahr. XII. Taka Udsi, ein Sohn von Askago Sannokino Cami Nago Udsi, regierte fuͤnf und fwanzig Jahr. XIII. Josi Jaki, Takudsi dritter Sohn, regierte zwanzig Jahr. XIV. Josimitz, des Josi Jaki Sohn, regierte vierzig Jahr. H h 3 XV. Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. XV. Josi Motsi, des Takamitz Sohn, regierte ein und zwanzig Jahr. XVI. Josi Kassu, des Josi Motsi Sohn, regierte unter und mit seinem Vater. XVII. Josi Nori, des Josimitz Sohn, regierte 14 Jahr. XVIII. Josikatz, des Josi Nori aͤltester Sohn, regierte drei Jahr. XIX. Josi Massa, Josi Novis zweiter Sohn, regierte 49 Jahr. XX. Josinavo regierte unter und mit seinem Vater Josimassa. XXI. Josi Tanne, des Josinavo Bruder, regierte achtzehn Jahr. XXII. Josi Symmi, Josi Tannes Sohn, regierte vierzehn Jahr. XXIII. Josifar, Josi Symmis Sohn, regierte dreißig Jahr. XXIV. Josi Tir, Josifars Sohn, regierte sechzehn Jahr. XXV. Jositaira oder Tira, Josi Tirs Sohn, regierte vier Jahr. XXVI. Josi Aki, Josi Tairas Sohn, regierte fuͤnf Jahr. XXVII. Sechst. K. Folge der Feldherren oder weltlichen Monarchen ꝛc. XXVII. Nobbenaga oder Nobunaga Ondano Dansio Tairas zweiter Sohn, re- gierte zehn Jahr. XXVIII. Fide Nobu, Nobu Todas Sohn, regierte drei Jahr. XXIX. Fide Josi, hernach Taiko genant und Taiko Sama. Dieser beruͤhmte Monarch war eines Bauren Sohn, und in seinen jungen Jahren ein Kellermeister bey einem Edelmann. Allein durch seine Herzhaftigkeit und Verdienste schwung er sich empor, und gelangte zum kaiserlichen Thron von Japan. Er brachte alle Landschaften Japans, welche damals wie jezt getheilet und von besondern Fuͤrsten regiert wurden, unter seine Gewalt und Souverainetaͤt, und er ist also der erste absolute weltliche Monarch geworden. Er wurde der Landesgewohnheit zufolge nach seinem Tode unter die Goͤtter gerechnet, und von dem Dairi mit dem goͤtlichen Titel Tojokuni Daimiosin beehret. Sein Tempel, worinnen seine Asche beigesezt, stehet zu Miaco, er ist aber meist eingegangen, nachdem das Kaiserthum an eine andere Familie gekommen ist. XXX. Fide Tsugu, sonst auch Quabacundano, welcher ein Sohn Joo in Jziro und des Taikosama Enkel war, regierte unter seinem Vetter, wiewol nur eine kurze Zeit. XXXI. Fide Jori, des Taikosama Sohn, war noch minderjaͤhrig, als sein Vater starb, und wurde daher der Sorgfalt und Vormundschaft des Jjejas Sama, eines seiner Favoriten und vornehmsten Staatsraths, dergestalt vertrauet, daß er mit einem foͤrmlichen Eide, der mit seinem eignem Blute unterzeichnet war, bekraͤftigen muste, daß er, so bald der junge Prinz majoren oder voljaͤhrig geworden waͤre, die Regierung und das Kai- serthum in desselben Haͤnde liefern wolte. Auf diese Bedingungen wurde des Jejas Toch- ter an den Erbprinzen verheirathet, welcher das Kaiserthum als Vormund und Schwieger- vater, aber doch unter dem Titel eines Kaisers vierzehn Jahr verwaltete. XXXII. Jejassama, sonst auch Ongosio und Daifusama genant, usurpirte den Thron des Fide Jori seines Schwiegersohns. Er verliehe der hollaͤndischen ostindischen Com- pagnie Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch. Sechst. K. ꝛc. pagnie eine freie Handlung auf Japan im Jahr nach Christi Geburt 1611. Er wurde Landesgewohnheit halber nach seinem Tode vergoͤttert und Gongensama genant. Er liegt begraben zu Niko nahe bei Miaco, dem Begraͤbnisorte dieses Geschlechts. Er regierte in allem vierzehn Jahr, die Jahre seiner Regentenschaft mitgerechnet, wiewohl einige Autoren wollen, daß er nur vier oder fuͤnf Jahr regieret und 17 (70) So haben meine Handschriften diese Zahl, Scheuchzer aber nur 70. alt gewesen sey, da er zum Besiz des Throns gelangte. XXXIII. Fide Tada, Jjejassamas dritter Sohn, welcher nach seinem Tode Taito- konni oder Taitakuinsama genant wurde, erneuerte die Freiheiten, welche sein Vater den Hollaͤndern verliehen hatte, im Jahr 1616 oder 1617. Er regierte achtzehn Jahr. XXXIV Jjetiruko, sonst auch Jjemitzo des Fidetata Sohn, welcher nach seinem Tode genant wurde Daijoinsama oder Tajoinsama, regierte ein und zwanzig Jahr. XXXV. Jjetzeeako, sein Sohn, welcher nach seinem Tode genant wurde Ginjoinsama oder Genjuinsama regierte dreißig Jahr und starb den vierten Junii 1680. XXXVI. Tsinajosiko oder Tsiijnaiosiko, auch Tsijnasosama oder mit seinem voͤlligen Titel, welchen er erst kuͤrzlich von dem Dairi bekommen hat, Sei Dai Seogun, Nai Dai Siniukonjeno Tai So ist der jezt in Japan regierende Monarch; er ist zwoͤlf oder dreizehn Jahr auf dem Thron gewesen, und folgte seinem Bruder. Er war drei und vier- zig Jahr alt, als ich mich in Japan befand, im Jahr 1692. Ende des zweiten Buchs. Engelbert Kaͤmpfers Geschichte und Beschreibung von Japan Drittes Buch. Welches die Religionsverfassung, und Nachrichten von den verschiednen religioͤsen und philosophischen Sekten enthaͤlt. J i Erstes Kapitel . Von den verschiednen Religionspartheyen im japa- nischen Reiche uͤberhaupt; und besonders von der Sinto. D ie Freiheit der Religion und des Glaubens ist unter allen heidnischen Voͤlkern Asiens zu allen Zeiten voͤllig frey und unbeschraͤnkt gewesen; so lange diese Freiheit nur nicht irgend nachtheilige Folgen fuͤr den Staat befuͤrchten lies. So auch in Japan. Daher ist es verschiednen fremden Religionen sehr leicht geworden, sich neben der von den aͤltesten Zeiten her herschenden und (wie die Japaner behaupten) hier entsprossenen Religion, einzudringen und in dem Reiche auszubreiten. Man hat in unserm Jahrhundert (dem siebzehnten) besonders vier Hauptreli- gionspartheyen gezaͤhlt, die in Absicht der Zahl ihrer Anhaͤnger ohngefehr sich gleich seyn moͤ- gen, nemlich: 1) Sinto, das heist, der Weg oder die Verehrung einheimischer Goͤtzen. 2) Budsdo, das heist, der Weg oder die Verehrung auslaͤndischer, von Sina und Siam heruͤbergebrachter Goͤtzen. 3) Sjuto, die Lehre der Sittenlehrer und Philosophen. 4) Deivus oder Kiristando, welches Gottes und Christi Weg be- deutet. J i 2 Die Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. Die christliche Religion ist durch den gewis lobenswuͤrdigen, ganz ausserordent- lichen Eifer der spanischen und portugiesischen Missionaren, und vorzuͤglich auch der Jesuiten, vom Jahre 1549 an (da 1543 Japan zuerst entdekt war) bis 1625 oder bey- nahe 1630 mit einem außerordentlich gluͤklichen Fortgange durch das ganze Reich ausge- breitet worden. Das Christenthum hat in dieser Periode auch die Prinzen und Vornehm- sten des Landes in allen Provinzen mit unter seine Anhaͤnger gezaͤhlt; und wahrscheinlich wuͤrde es bei diesem so gluͤklichen Anfange sich bald uͤber ganz Japan ausgebreitet haben, wenn nicht die ehrsuͤchtigen Absichten und unruhvollen Unternehmungen der Missionaren (die weltliche und geistliche Belohnung ihrer Arbeiten zugleich verlangten) sich den gerech- ten Zorn der hoͤchsten Majestaͤt des Reichs zugezogen, und dadurch eine Verfolgung uͤber die neuen Christen veranlast haͤtten, die an unmenschlicher Grausamkeit in der ganzen Geschichte nicht ihres Gleichen hat. Dadurch ist dann aber auch der christliche Glaube bis auf die lezte Sprosse vertilget, und es ist endlich so weit gekommen, daß die bloße Erwaͤhnung des theu- ren Namens unsers Heilandes mit Kreuz und Schwerd bestraft wird. Die jezt bei den Japanern bluͤhende und zugelassene drei Hauptreligionen oder Sekten werden bei ihnen kurz Sin, Budz, und Sju genant. Die leztre kan man im eigentlichen Sinne nicht einmal eine Religion nennen; Diese Bemerkung befindet sich nur in dem Mascpt. des Neffen. Jn der englischen Ueberse- tzung, so wie im Mascpte des Oheims, fehlt dieser Absatz ganz. sondern nur den Buds- und Kame- Glauben. Sie ist vielmehr eine philosophische Sette. Der dritte Theil beider Glaubensgenossen besteht aber in der That (nicht nach dem aͤußern Scheine, den die Landesgesetze nothwendig machen) aus unglaͤubigen und wahr- haften Atheisten. Jch schreibe bald Budz, bald Bnds, Kame odet Kami, — nicht aus Unachtsam- keit; sondern weil ich meinem Autor, der auch so abwechselt, hierin getreu nachfolgen wolte. Nicht eben wegen der Menge der Anhaͤnger, sondern dem Range nach wird fuͤr die vornehmste Religion gehalten: Die Sinto, Sinsju. Noch ein andrer Name dieser Religion ist Kami Mitsj d. i. einheimischer Goͤtzen Glaube. Sin und Kami heist ein einheimisches Goͤtzenbild; To oder Mits, der Weg, Methode; Sju der Glaube, Religion; Sinsja oder Sinto Sja, oder in der mehrern Zahl, Sinsju, die Personen, so diesen Weg befolgen. Diese Religion be- trift Von den verschiednen Religionspartheyen im japanischen Reiche ꝛc. trift mehr das zeitliche Wohlseyn und Gluͤk, als den Zustand der Seele nach dem Tode, ob sie gleich die Unsterblichkeit und einen ewigen guten oder boͤsen Zustand der Seele zugesteht. Doch sind freilich die Begriffe von diesem Zustande sehr dunkel und unvolstaͤndig. Die Anhaͤnger dieser Sekte haben ihre Verehrung vorzuͤglich denjenigen Gotthei- ten geweiht, von denen sie glauben, daß sie in der Regierung dieser Welt Macht beweisen koͤnnen. Jedem derselben haben sie ein besondres Geschaͤft, wie in einer aristokratischen Verfassung, beigelegt. Sie nehmen nun zwar auch einen unendlichen Gott in den unendli- chen Himmeln an, und lassen in dem sichtbaren himlischen Firmament noch andre hohe Goͤtter wohnen; aber diese werden gar nicht verehrt und angerufen, weil die Japaner glau- ben, daß solche hohe Wesen, die so weit uͤber uns erhaben sind, sich wenig um unsre kleine Angelegenheiten bekuͤmmern koͤnnen. Nur in den gewoͤhnlichen Eidesformeln kommen die Namen dieser Goͤtter vor, und es wird bei denselben geschworen. Verehrung und Anbe- tung aber erhalten nur diejenigen Goͤtter, welche Laͤnder, Elemente, Thiere, Wasser und an- dere Dinge regieren, und die zeitlich schaden oder nuͤtzen koͤnnen. Und in der Verehrung die- ser Art von Goͤttern sind die Japaner sehr eifrig, weil sie durch dieselbe ihr Herz zu reini- gen und durch Zuthun dieser Wesen eine ewige Gluͤkseligkeit zu erhalten hoffen. Diese Religion Sinto scheint nun eben so alt zu seyn, als die japanische Nation selbst. Als die ersten Menschen hier aus Babylon ankamen, so verlor sich wahrscheinli- cher Weise sehr bald bei ihnen die Tradition von der biblischen Geschichte und dem wahren Gottesdienst, da sie der Grundsprache beraubt, und auf einer wuͤsten langen Reise verwildert waren. Jhre Haͤupter und Fuͤhrer aus derselben wurden daher sehr natuͤrlich von ihnen hoch und werth gehalten, und nach und nach diese, so wie auch andre tapfre Helden, weise und ruhmwuͤrdige Maͤnner vergoͤttert, und zu Kami (d. i. unsterblichen und ewig zu ehrenden Seelen ) erhoben. Zur Verehrung ihres unsterblichen Namens wurden Mia d. i. lebendiger Seelen Haus errichtet. Nach dem natuͤrlichen Triebe der Menschen, uͤber- natuͤrliche Wesen anzubeten, und aus Mangel besserer Offenbarung stieg diese Verehrung immer weiter und machte, daß die Kami endlich zu Goͤttern gediehen. Es wurde auch nach und nach religioͤse Pflicht fuͤr jeden rechtschaffenen Biedermann, in den Tempeln dieser Goͤtter an ihren gewoͤhnlichen Gedaͤchtnis- und Festtagen, oder wenn er sonst vorbeigieng (wenn er nur nicht durch Unreinigkeit abgehalten wurde) seine Andacht zu verrichten und sie durch demuthvolles Verneigen und Knien an den Tag zu legen. Doch geschieht dieses jezt fast nur allein von den Anhaͤngern dieser Sekte Sinto. Der Aberglaube gieng hierin endlich so weit, daß auch jeder Mikaddo oder geist- licher Erbkaiser, (der in gerader Linie von jenen Goͤttern abstammen sol,) sobald er den Thron seiner Vorfahren besteigt, sogleich fuͤr einen lebendigen und großen Kame oder J i 3 Goͤtzen Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. Goͤtzen gehalten wird, und eine solche Heiligkeit erhaͤlt, daß kein Gege (ein veraͤchtlich, hundisches Wort, womit dieser heilige Hof alle andre Menschen bezeichnet, die Personen seines Standes aber mit dem Namen Kuge unterscheidet) sich zu ihm nahen oder ihn nur ansehn darf. Man behauptet sogar ferner, daß von dem Vicario dieses Gottes die unbe- fleischten oder entleibten Goͤtter zur Aufsicht und besondern Sorge fuͤr diese und jene Orte (doch auf eine unsichtbare Weise) angestelt worden; Diese Stelle befindet sich nur in dem Mascpte des Oheims, und fehlt in dem des Nef- fen, so wie in der englischen Uebersetzung. und daß eben diese Goͤtter den Mi- kaddo jaͤhrlich besuchen und den ganzen zehnten Monat unsichtbar bei ihm bleiben muͤssen. Jn diesen Monat fallen daher auch gar keine Festtage und er hat bei den Japanern den Namen Kami natsuki, d. i. ein Monat sonder Goͤtter, weil diese alsdenn nicht in ih- ren Tempeln sind, sondern sich am Hofe beim Mikaddo aufhalten. Dieser japanische Pabst oder vielmehr lebendiger Gott hat auch das Recht, andre zu canonisiren und zu Goͤttern zu erheben, wenn er durch Erscheinungen nach dem Tode oder andre Wunder dazu veranlast wird. Er giebt ihnen alsdann ein großes Lob und legt ihnen einen hohen Namen bei, und er selbst oder jemand sonst erbauet dem neuen Gott einen Mia. Befinden sich nun dessen Anbeter gut bei seinem Dienst, oder werden Wunder ruchtbar; so werden auch in andern Provinzen Tempel fuͤr diesen Gott erbauet. Und so nimt also die Zahl der Goͤtter und ihrer Tempel immer von einem Jahrhundert zum andern zu. Diesen geiftlichen Erbkaisern und den unter ihrer Regierung sich jedesmal zur goͤtt- lichen Wuͤrde verdient gemachten Heiligen, gehet nun aber noch vor und ist weit uͤber sie er- haben ein Geschlecht von sieben successive uͤber andre Geister herschenden himlischen Goͤttern, welche heißen: Tensin Sitzi Dai, d. i. himlischer Goͤtter sieben Geschlecht. Man glaubt von ihnen, daß sie lange vorher, ehe noch Menschen, Erd und Himmel wa- ren, in den uralten Sonnenzeiten, diese unterhimlische japanische Welt (denn von andern Laͤndern wusten sie damals nicht) viele Legionen Millions hat die englische Uebersetzung. Jahre hindurch zugleich bewohnt haͤtten. Der lezte in dieser Goͤtterfolge war Jsanagi; dieser wurde durch die nachgeahmte Bewegung des Vogels Jsi Tadacki oder Quiksterts Dies Wort findet sich nur in der Hand- schrift des Neffen; in der des Oheims steht: Jst Tadakki oder — in der englischen Ueberse- tzung auch blos der japanische Name. veranlast, seine Gemahlin Jsa- nami fleischlich zu erkennen, und brachte durch natuͤrliche Zeugung ein anders Geschlecht dieser japanischen Weltbeherscher von weit geringeren Wesen hervor, welches von der Zahl seiner Von den verschiednen Religionspartheyen im japanischen Reiche ꝛc. seiner Descendenz: Osi Sin Godai d. i. irdischer Goͤtter fuͤnf Herrscher genant wird. Unter diesen Menfchgoͤttern haben nun einige Geschlechter wunderlich hausgehalten, Kriege und seltsame Ebentheur ausgefuͤhrt, mit andern Gottmenschen, Drachen und mon- stroͤsen Helden sich vermischt, und einer um den andern sich verdient gemacht; so daß zum Gedaͤchtnis ihrer veruͤbten ruͤhmlichen Thaten viele Oerter des Reichs ihren Namen bekom- men haben, auch vielen besondre Mias aufgerichtet sind. Man hat sogar auch viele Ge- wehre und andere Reliquien aus dieser zweiten oder silbernen Zeit aufbehalten, und man ist so weit gegangen, diese Dinge fuͤr beseelt, der goͤttlichen Ehre wuͤrdig zu halten, und hat ihren Selen, eben wie den Goͤttern selbst, besondere Mias errichtet. Von dergleichen luͤgenhaften monstroͤsen Erfindungen und altweiberischen Fabeln ist die ganze Sintotheologie vol, und blos aus ihnen zusammengesezt. Die Anhaͤnger dersel- ben schaͤmen sich auch ihrer Lehre selbst, und offenbaren dergleichen Geschichtgens selten einem Fremden oder der Budzosecte Ergebnem, aus Furcht sich zum Gelaͤchter und Spot zu machen. Diese Periode besindet sich nur im Mascpte des Neffen. Nach dieser zweiten und silbernen Zeit lassen die Japaner |dann die dritte an- fangen, in welcher allemal der erstgebohrne Sohn in gleicher Linie die ungebundne geist- und weltliche Macht, Autoritaͤt und Heiligkeit geerbt hat bis zur Zeit des Joritomo, die eingebildete goͤttliche Autoritaͤt aber noch bis auf den heutigen Tag beibehalten hat. Man sieht wohl, daß hier Kaͤmpfer nur kurz wiederholt, was er schon oben im siebenten Kapitel des ersten Buchs und im ersten Kapitel des zweiten Buchs ausfuͤhrlicher abgehandelt hat. Diese Religion haͤngt mit dem politischen Leben dadurch genau zusammen, daß sie fast nur in aͤußern buͤrgerlichen Gebraͤuchen besteht. Sie unterhaͤlt auch keine Lehrer oder Priester, sondern nur weltliche, verheirathete und in der Goͤttergeschichte ganz ungelehrte Tempelbediente. Nur zuweilen lehren und predigen die Sinto Sja, besonders die Canusj, bei ihren Tempeln. So war zu meiner Zeit ein von Miaco heruͤbergekomner Canusj, der im Tensitempel und hernach in der Suwo Mia, taͤglich uͤber einen Tractat oder Gebet: Makatto mi no tarrai oder Makatto mi tarrai, eine erklaͤrende Rede hielt, die aber blos ein Gewebe von unsinnigen Fabeln und Geschichten der Goͤtter und Helden war. Diese Leute lehren auch wol ihre Theologie, aber sehr geheimnisvol. Die lezte und wichtigste Materie ist die vom Anfang aller Dinge. Diese wird nicht eher erklaͤrt, bis der Kandidat mit eidlicher Handschrist und feinem untergesezten Siegel versprochen hat, daß Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. daß er diese Lehre nicht den unverstaͤndigen und unglaͤubigen Laien mittheilen und profaniren wolle. Der Originaltert aus ihrem Buche: O Daiki, der diese mysterioͤse Lehre enthaͤlt, ist folgender: Kai fakuno fasine Dsjusio fuso Tatojeba Ju Jono Sui soni ukunga Gatosj Teutsjino Utsjini itsi batsu wo seosu Katals Jozeno gotosj; fenquas ste sinto nar kuni toko Datsno mikotto to goos. Diese Worte bedeuten: Jm An- fang der Oefnung aller Dinge trieb ein Chaos, wie Fische aus Vergnuͤgen auf dem Wasser treiben. Aus dem Chaos entstund dadurch ein Ding, der Figur nach wie ein Dornsprosse, beweglich und transformabel, welches eine Sele oder Geist wurde. Dieser wird genant Kuni toko Datsno Mikotto. Ein Ottona gab mir hievon folgende Erklaͤrung: Jm Anfang war ein Chaos oder eine Vermischung der fuͤnf Elemente, Konton genant; vor dieser aber war eine Ki, d. i. Kraft, Dampf oder Geist. Jn der Konton schwebten oder wurden durch die Ki hervorgebracht die vorhin erwaͤhnte Tensin Sitzi Dai; man mus sich vorstellen, daß diese wie Traͤume drin schwebten. Endlich entstanden dann Dsi sin godai, als volkom- nere Substanzen, zuerst der Tensjo Dai Sin, welcher Japan gemacht hat und dessen Stifter ist. Der vorhin erwaͤhnte Ki ist Anima Universi oder der algemeine Weltgeist, wohin aller Verstorbenen reine Seelen sogleich hinfahren, die unreinen aber sich aufhalten, wie ein Wasser, das durch viele Umwege und Anstoͤße truͤbe wird. Jn diesem algemei- nen Weltgeist hoͤrt das Ego sum oder haec individualis persona auf, wie in einer Vermischung der Wasser im Meere. Eben so wie eine auf dem Berge stehende See ihre eigene Benennung hat, so lange sie auf dem Berge bleibt, wenn sie aber herab ins Meer fliest und von demselben verschlungen wird, nicht mehr kan der vorige Bergsee genant werden. Diese Ki aber bedeutet: 1) das alleredelste Wesen der Goͤtter, 2) die Selen der Menschen und 3) die Selen der Thiere. Dem allersubtilsten Lichterwesen der Goͤtter wird kein besonderer Ort angewiesen; ausser dem Tensjo Dai Sin, welcher in dem Herzen einer Gutes denkenden reinen Seele seyn sol. Die reinen Wesen oder See- len sind aber von den unreinen Wesen oder Seelen ganz abgesondert und unterschieden. Wir haben einmal einen Ottona im Gebet angetroffen, einige Matten lang ab- gewandt Jch habe diese Stelle unveraͤndert aus dem Original beibehalten, da sie mir nicht recht deutlich ist. gegen die Fuda der Ofarrai, die mit der Ueberschrift ihres Tensio Dai Sin Von den verschiednen Religionspartheyen im japanischen Reiche ꝛc. Sin bezeichnet ist. Er war uͤber seinem Kleide noch angethan mit einem Ju Dassicki, Ju Dass iki ist eine gewundne Schnur, wel- che diejenigen anlegen, die heilige Sachen erklaͤ- ren oder predigen. Tass iki ist ein Band, womit gemeiniglich die Ermel kreuzweise durch und auf- gebunden werden, damit sie in der Arbeit nicht hindern. K. welches kreuzweise uͤber die Schulter und Brust und unter den Armen wieder um die Brust oder Leib vorn geknuͤpft oder gebunden war. Mit der rechten Hand rieb er Dinte auf dem Steine mit phantastischen Geberden, wodurch er den Einflus seines Schreibens intendirte und sich desselben versicherte. Es giebt auch freiwillige Buͤßer in dieser Religion. Diese laufen ganz nackt und blos in Japan herum, um Frost und Kaͤlte zu erdulden, und dadurch ein leibliches oder himli- sches Gut und das ewige Leben zu erlangen. Doch wird diese Buͤßung von den Came nicht gelehrt und verlangt, sondern hat sich erst nach Einfuͤhrung der Budsdosecte unter dem ge- meinen Mann eingeschlichen. Die Budsin selbst uͤben sie nur als einfaͤltige Synkretisten nach dem ovidianischen Grundsaz: Saepe premente uno fert Deus alter opem, oder nach dem bekanten: Flectere si nequeo superos, Acheronta movebo. Die fuͤnf leztern Absaͤtze fehlen ganz in der englischen Uebersetzung und befinden sich nur im Mascpte des Neffen. Zweites K k Zweites Kapitel . Von den sintoschen Tempeln, Glauben und Goͤtterdienst. D ie Sinsju (so heißen die Anhaͤnger der Sintoreligion ) nennen ihre Goͤtzenhaͤuser Mia, welches heist, Gedaͤchtnishaͤuser oder Fana der Roͤmer, oder auch Jas- jiro und Sja oder Sinssia, welches aber eigentlich den ganzen Umfang oder Hof der Mia mit allen dazu gehoͤrenden Gebaͤuden bedeutet. Jhre Goͤtter nennen sie Sin und Came, welches eigentlich so viel als Seele oder Geist bedeutet, denen sie noch die Beiwoͤrter geben Miosin d. i. durchlauchtig, heilig; und Gengen, d. i. gerecht, strenge. Andere Religionsgenossen pflegen ihre Kloͤster, Bet -und Goͤtzenhaͤuser, Si Sja, Tira, und ihre Goͤtzen selbst Fotoye zu nennen. Alle Arten von auslaͤndischen Nebengoͤttern heißen Bosatz oder Buds. Die Mia sind eben so, wie die Tempel andrer Religionsverwandten, allemal in den angenehmsten Gegenden des Landes, selten innerhalb und gemeiniglich ausser den be- wohnten Orten, Flecken und Staͤdten angelegt. Von dem Heerwege dieser Orte fuͤhrt dann eine gerade, ebne Breite und mit inlaͤndischen Cypresbaͤumen besezte Allee zu der Mia oder deren Hof ( area ), der oͤfters mit vielen andern Gebaͤuden und Tempeln versehen ist. Die Allee ist aber allemal auf die Vorderseite der vornehmsten Mia gerichtet. Diese Tempel liegen entweder in einem schattigen Lustwaͤldchen, oder am Abhange eines gruͤnen Huͤgels. Eine ansehnliche steinerne Treppe fuͤhrt hinan. Wo sich die Tem- pelallee von der Heerstraaße trent, steht allemahl (zur Unterscheidung von gemeinen Wegen) eine ansehnliche weite Ehrenpforte, die einen besondern Nahmen hat: Torii. Sie ist sehr einfach gebauet, und bestehet blos aus steinernen oder hoͤlzernen Pfosten, oben mit dop- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. Zweit. Kap. ꝛc. doppelten Querbalken aus gleicher Materie, deren oberster zur Pracht eingebogen ist und zu beiden Seiten hervorragt. Zwischen diesen steht eine steinerne Tafel, welche in guͤldnen Characteren den Namen des Tempels darstelt. Eben eine solche steinerne Pfortpfoste steht oͤfters auch noch vor der Mia oder dessen Vorhofsmauer. Unweit der Mia steht zuweilen ein steinerner Waschkuͤbel, worin sich die Anbeter reinigen koͤnnen; und ganz zunaͤchst an der Tab. XVII. Fig. A. Mia findet man einen großen hoͤlzernen Armenkasten. Die Mia selbst ist gar kein praͤchtiges Gebaͤude; sondern schlecht, simpel und nur von Holz, oͤfters nur ein kleines viereckiges Haͤuslein, doch von schoͤnen, starken Balken erbauet. Sie hat gemeiniglich wenig uͤber zwei bis drei Mannshoͤhen, zwei oder mehr Klaf- ter ins Quadrat, ist eine Elle oder etwas mehr uͤber die Erde erhaben, und gemeiniglich mit einem schmalen hoͤheren Estrich umgeben. Das ganze Gebaͤude ruht auf Pfaͤhlen und man mus eine oder mehr Treppen hinansteigen. Die Vorderseite besteht aus zwei Gitterthuͤ- ren, durch die man hineinschauen und seine Ehrfurcht bezeugen kan. Diese Thuͤren blei- ben bestaͤndig geschlossen, und oft findet man gar nicht einmal Huͤter und Bediente bei denselben. Manche Mias sind weitlaͤuftiger gebauet, mit einer Antichambre und Neben- zimmern versehn, in denen dann die Tempelhuͤter dem Came zu Ehren in ihrem heiligen Gewand ausgeschmuͤckt sitzen. Aber allemal sind die Mias gegittert und durchsichtig, und der Estrich ist mit Matten belegt. An drei Seiten, nehmlich von hinten und zu beiden Seiten, ist der Tempel gemeiniglich mit Brettern verschlossen. Das Dach ist mit Steinen oder Schindeln bedekt, es stehet gemeiniglich uͤber das umgebende Estrich hervor und zeich- net sich von andern Gebaͤuden durch verschiedne Faͤcher und Verdoppelungen der zierlich her- vorragenden Balken aus, worin uͤberhaupt die groͤste Pracht in allen Tempeln dieser Laͤnder besteht. Oben schliest das Dach zuweilen ein nach der Laͤnge uͤbergefuͤgter Balken, hinter welchem man noch einen andern in die Queer uͤberlegt. Dies geschieht zum Andenken des ersten Tempels Jsje, der zwar schlecht, aber doch so scharfsinnig und fast unnachahmlich in einander gefuͤgt war, daß blos durch das Gewicht dieser verschiednen Balken das ganze Ge- baͤude fest erhalten wurde. Ueber dem Thuͤrgitter des Tempels haͤngt zuweilen eine platte weite Glocke, auf welcher mit einem daneben haͤngenden breiten und eingeknuͤpften Bande von dem Baͤtenden ein Gelaͤut erregt wird. Doch ist dieses eine neue, von den Budsdo angenommene Ge- wohnheit, die bei den Alten nicht gebraͤuchlich, auch noch jezt nicht in allen Mias einge- fuͤhrt ist. Jnwendig im Tempel haͤngt etwas weißes, in kleine Stuͤcken zerschnittenes Papier herum, welches die Reinigkeit des Orts anzeigen sol. Jn der Mitte sieht man oft einen K k 2 runden Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. runden Spiegel, in dem der Besucher seine Maͤngel und Flecken sehn und sich dabei erin- nern sol, daß die Flecken und Tuͤcke seines Herzens gleichsals den Goͤttern hier vorgestelt werden. Selten hat man den Came des Tempels in einem ausgeschnittenen Goͤtzenbilde vorgestelt; und man bewahrt uͤberhaupt kein Bild in den Tempeln auf, wenn es nicht durch sein Alter, veruͤbte Wunder oder auch durch die Heiligkeit seines Schnitzers dazu besonders gewuͤrdigt ist. Man haͤlt in diesem Fal ein solches Bild in der Mitte und am obersten Ende des Tempels in einem Hinterkaͤmmerlein verborgen, das Fongu oder aͤchter Tem- pel heist. Der Anbaͤter darf nur die Thuͤr des Fongu begruͤßen, welches vor dem Tem- pel oder in dessen Vorzimmer zu geschehen pflegt, das daher Faiden d. i. Reverenzhaus genant wird. Denn Fai heist eine Reverenz, welche auf indianische Art mit zusammen- gefalteten erhabenen Haͤnden und Beugung der Knie abgelegt wird. Zur genaueren Besich- tigung des Bildes aber wird Niemand zugelassen, als an dem großen Gedaͤchtnis-und To- destage des Heiligen, der nur alle hundert Jahre gefeiert wird. Auf eben dem hohen Verwahrungsorte werden dann auch alle noch vorhandne Reli- quien von Gebeinen, Kleidern, Saͤbeln, oder miraculoͤser Handarbeit des Gottes aufbe- wahrt. — Die vornehmste Mia jedes Orts hat allemahl ein oder mehrere Mikosi, d. i. kleine vier-sechs-oder achteckige Tempelchens ( sacella ) die lakirt, und mit verguͤldeten Leisten, Spiegeln, Papier und allerlei andern Zierrathen ausgeschmuͤkt sind. Sie ruhen auf zwei Stangen, auf welchen sie am Jennitz d. i. am heiligsten Tage der Mia in einer Procession der Cannusj (vornehmsten Tempelbedienten) zu der Matsuri d. i. der jaͤhrlichen Goͤtzenfeier getragen und aufgefuͤhrt werden. Jn diesem Tempel haͤngt auch weißes in Riemen zerschnittenes Papier. Die in dem Fongu auf bewahrte heilige Reliquien werden auch zuweilen in diesen kleinen Tempeln feierlich herumgefuͤhrt. Sie werden alsdenn von dem vornehmsten Cannusj desselben Tempels aus dem heiligsten Tempel der Mia wegge- nommen, und auf dem Ruͤcken mit beiden Haͤnden in die Mikokf getragen und ruͤcklings hineingesezt. Bei dieser Uebertragung mus jeder andre Laie abtreten, damit die heiligen Geraͤthe nicht durch den unsaubern Blick suͤndiger Augen beflekt werden moͤgen. Eine Mia ist allemal von aussen und in ihrer großen Antichambre, wenn diese of- fen gehalten wird, oder sonst in einem besondern Vorzimmer, mit vielerlei Bildern, aus- geschnizten Saͤbeln, Modellen von Schiffen und mehr dergleichen Zierrathen behangen, deren Betrachtung denen muͤßigen Zuschauern und Anbaͤtern an den Festtagen zum Zeitver- treib dienet. Diese Zierrathen heissen Jemma, und sind meistens freiwillige Gaben an- daͤchtiger Herzen oder Bezahlungen der Geluͤbde, welche bedraͤngte Personen in ihrem An- liegen, Krankheit und Ungluͤk fuͤr sich selbst und andre gethan haben. Diese Jemma die- nen Tab: XVII. Zweit. K. Von den sintoschen Tempeln, Glauben und Goͤtterdienst. nen also zugleich zum Schmuk und zum Ruhm des kraͤftigen und helfenden Gottes. Die Bosetz oder Budsdo haben auch diese Gewohnheit. Diese Mia’s und Goͤtzen werden nicht von geistlichen Pfaffen, sondern von welt- lichen, beweibten Personen bedient, welche Negi, Cannusj und Sjannin heissen. Sie werden theils von dem Vermaͤchtnisse des Miastifters, theils von dem jaͤhrlichen Zuschus des Mikaddo Mikaddo heist nach dem Vuchstaben die hohe Pforte. Denu Mi ist soviel wie On, goo, Oo, gio, welche einzelne Worte insgesamt nur eine Bedeutung haben, nemlich, weit, hoch, groß, an- sehnlich, auch unser, Hoͤchst, Grosmaͤchtigst, Durch- lauchtigst ausdruͤcken. Kaddo ist soviel als mon, eine Psorte. K. und von den freiwilligen Gaben der Anbeter unterhalten. Wenn diese Tempelbediente ausgehn, oder in ihrem Dienst begriffen sind, gehn sie eben wie die Hofleute des Mikaddo gekleidet, nemlich in weiten, weißen, gelben oder auch zuweilen andersfar- bigen Chorroͤcken, die sie uͤber ihren weltlichen Habit angethan haben. Jhr Kopf ist, au- ßer am Bart, ungeschoren. Die Scheitel bedekt eine laͤngliche, vorn etwas uͤberstehende, schifsfoͤrmige, steife, schwarz lakirte Muͤtze, welche unter dem Halse nach Unterschied eines jeden Standes, und nachdem der Geistliche sich weniger oder tiefer zu buͤcken hat, mit einer laͤngern oder kuͤrzern Schnur und anhangenden Schnur gebunden ist. Die Obern haben ihr Haar noch unter einem andern zierlichen schwarzen Flor zusammengebunden, in welchem 1½ Spannen langes und zwei Daumen breites gestreiftes Laͤpgen, nach dem Unterschied des vom Mikaddo ertheilten Titels, mehr oder weniger aufsteht oder gebogen niederhaͤngt. Alle Tempelbediente stehen mittelbar unter der Herrschaft des Mikaddo. Nur ihre buͤrgerliche Streitigkeiten gehoͤren bei diesen, so wie bei allen andern Geistlichen, fuͤr zwei Dsi Sja Bugjo oder kaiserliche Tempelrichter, die vom weltlichen Monarchen bestelt werden. Diese Mia- Bediente sind durchgehends ausnehmend hochmuͤthig, halten sich von weit hoͤherer Abkunft als alle andere Geistliche, und gehn, wenn sie nicht im Dienst der Mia sind, in weltlichen Kleidern mit zween Saͤbeln, wie die Edlen des Landes. Sie ent- halten sich sehr sorgfaͤltig von allem Umgange mit weltlichen und gemeinen Leuten, auch halten sie sogar die Priester andrer Sekten fuͤr unrein, und wollen sich durch ihre Heiligkeit und Reinigkeit von ihnen auszeichnen, und durch eine solche Zuruͤkhaltung ihre Goͤtter und Theologie erheben, und im vorzuͤglichen Ansehn erhalten. Jch mus gestehn, daß dieses allerdings ganz klug von ihnen ausgedacht ist, weil sie nun, unter dem Vorwand einer hei- ligen Enthaltsamkeit, ihre Unwissenheit und den schlechten Gehalt ihrer elenden und einfaͤlti- gen Glaubenslehren verbergen koͤnnen, und nicht Gefahr laufen, in Gespraͤchen mit verstaͤn- digern Menschen sich selbst und ihre Lehre zu prostituiren. K k 3 Jn Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. Jn der That scheint mir diese uralte und vaͤterliche Religion der Japaner ganz aus- nehmend simpel und einfaͤltig, da sie gar keine heilige Buͤcher und Traditionen hat, welche außer den abentheuerlichen und abgeschmakten Geschichten ihrer Goͤtter und Helden, auch noch irgend etwas von der Regierung der Goͤtter oder dem Zustande der Seelen nach diesem Leben zu erzaͤhlen wuͤste, uͤber welche wichtige Dinge doch fast alle andre Religionen in der Welt ihre Anhaͤnger zu unterrichten und zu beruhigen gesucht haben. Es war also ganz natuͤrlich, als die auslaͤndische oder Budsdo Religion heruͤber kam, daß die Sinto haͤufig von ihren Anhaͤngern verlassen wurde, welche der neuen Lehre zufielen. Es entstand auch hiedurch ein Zwiespalt in der Sinto selbst, die sich endlich in zwei Sekten endigte. Die erste derselben heist Juitz, und besteht aus Orthodoxen, welche die uralte ererbte Glaubens-und Lebenslehre ihrer Vaͤter strenge beibehalten, und kein Haarbreit von der alten Finsternis abweichen. Dieser sind aber so wenig, daß die Canusj selbst den groͤ- sten Theil der Anhaͤnger dieser Sekte ausmachen. Die von der andern Sekte, Riobu ge- nant, sind Synkretisten, welche, um mehreres Licht in ihren Glauben zu bringen und das Heil ihrer Seele auf jeden Fal zu sichern, ein Gemisch von der alten und neuen Religion ausgedacht haben. Dieses besteht ohngefehr darin: die Seele des Amida (der Seligma- cher aller Budseisten, auf dem der Glaube aller Sekten von der Budsdoreligion beruht) hat den vornehmsten und groͤsten Gott, den Tens jo Dai sin, den Kern des Lichts und der Sonne bewohnt. Die Cami sind Beherscher aller Dinge, die in dem Tenka oder der un- terhimlischen Welt enthalten sind. Der hoͤhere Himmel aber ist den Seelen zugeeignet. Die meisten Sintoisten bekennen sich zu diesem Synkretismus der Sekte Riobu. Auch selbst der Dairi d. i. der ganze Hof des mikaddoschen Geschlechts scheint sich dahin zu neigen, und ist ohne Zweifel genug uͤberzeugt, wie falsch ihre Religion und das Vorgeben der heiligen Person des Regenten sey. Ja, diese Gleichguͤltigkeit des geistlichen Hofes geht soweit, daß sogar die erzbischoͤfliche und zwei bischoͤfliche Stellen der Sekte Jkosju (der reichsten und angesehensten Sekte der Budsdoer ) mit Personen aus der kai- serlichen Familie besezt sind. Der jezt regierende weltliche Kaiser behaͤlt die Religionsgebraͤuche bei, und legt jaͤhrlich seine Devotionsbezeugungen ab, zwar nicht wie ehmals in eigner Person, sondern durch eine Gesandschaft an Sr. Heiligkeit den Mikaddo; in eigner Person aber an die Goͤtzen und Tempel seiner Vorfahren. Bei allem diesem hat er aber doch auch zu meiner Zeit dem sinesischen Philosophen Koosju oder Confucius (der, wie Sokrates, seine Philosophie vornemlich zum Dienst der Regenten vom Himmel herab gezogen haben sol) zwei kostbare Mia’s nach sintoscher Sitte errichtet. Zugleich hoͤrt eben dieser Monarch auch Zweit. K. Von den sintoschen Tempeln, Glauben und Goͤtterdienst. auch viel auf die budsdosche Sekte Sodosju, in welcher er ein groͤßerer Eifer ist, als ein erleuchteter Regent billig fuͤr irgend eine Religionsparthey seyn solte. Noch ist bemerkenswerth, daß beinahe Alle, welche dieser Religion Sinto zuge- than sind (und so auch viele Sjutosju ) in ihrer Todesstunde ihre Seele der Vorsorge der Budsdopfaffen uͤbergeben, das Namanda uͤber sich siegen, und ihren Koͤrper nach der Weise dieser Sekte verbrennen oder begraben lassen. Die Anhaͤnger der Sinto glauben keine Wanderung der Seelen nach dem Tode, wie andre Heiden. Doch aber enthalten sie sich sorgfaͤltig vom Toͤdten und Genießen der vol- komnern Thiere, und pflegen besonders alle diejenigen, welche dem Menschen in diesem Le- ben Dienste thun, nicht zu schlachten, welches sie fuͤr ein Werk der Unbarmherzigkeit und grausamsten Undankbarkeit halten. Die Sintoisten glauben ferner, daß die Seelen der Frommen unmittelbar nach dem Tode in den hoͤchsten der drei und dreißig Himmel oder Wohnplaͤtze der Goͤtter, (wel- cher Takama no Farra d. i. erhabene und uͤberhimlische Felder heiße) versezt werden; von welchem die Boͤsen zur Strafe und Reinigung eine Zeitlang entfernt bleiben muͤssen. Es scheint mir, daß sie unter Takama no Farra nicht sowohl einen Ort als einen Stand der Seligkeit verstehn. Außer diesem Elysium aber giebt es, nach der Sinto, gar keine Art von Hoͤlle, cimmerische Finsternis, und ungluͤklichen Zustand der Verstorbenen. Diese Lehre kent auch gar keinen Teufel, außer daß von einigen der Fuchs dafuͤr angenommen wird, welcher in diesem Lande noch mehr Possen angerichtet hat, als beim Aesopus. Man haͤlt ihn fuͤr ein sehr gefaͤhrlich Thier, und glaubt, daß er manche Menschen (gerade wie bei den Christen der Teufel) besitze. Man glaubt auch, daß die abgeschiednen Seelen der boͤ- sen Menschen in Fuͤchse verwandelt werden, welche von den Priestern Ma, d. i. boͤse Gei- ster genant werden. Die Hauptpuncte des sintoschen Gottesdienstes, durch deren Erfuͤllung sie ih- ren Goͤttern zu dienen, und in jene elysische Felder zu kommen, oder vielmehr (als Leute die wenige Begriffe von der Unsterblichkeit der Seele haben) den zeitlichen Segen der Goͤtter in diesem Leben zu erlangen hoffen, — diese Hauptpuncte sind: erstlich, eine Reinigkeit des Herzens. Zweitens eine religioͤse Enthaltung von allem dem, was den Menschen ent- heiligt. Drittens, Feyer der Feste und Tempeltage. Viertens, Besuchung der heiligen Staͤdte Jsje, welchen noch von einigen als ein opus supererogationis hinzugefuͤgt wird, fuͤnftens, das Casteyen des Leibes. Der erste Punkt die Reinigkeit des Herzens erfodert dasjenige zu thun und zu unterlassen, was das Gesez der Natur und die weltliche Obrigkeit (die als irdische Gottheit anzu- Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. anzusehn ist) zu thun und zu unterlassen vorschreiben. Außer diesem Gesez von der aͤußern Reinigkeit haben weder die Goͤtter noch die geistlichen Lehrer ihnen Gebote oder Verbote ge- geben. Daher scheint es, muͤsse den Sintoisten alle Art von Wollust und Ueppigkeit voͤllig erlaubt seyn, da sie durch keine Art von goͤttlicher Strafe zuruͤkgehalten werden; und das Gesez der Natur ist auch nicht so maͤchtig in ihnen, daß es sie allein in den Wegen der Tu- gend ohne hoͤhere Kraft und Belohnung solte erhalten koͤnnen. Scheuchzer mus hier sein Original ganz falsch verstanden haben, da er K. hier gerade das Gegentheil von dem sagen laͤst, was ich in meinen beiden Handschriften einstimmig finde. Nach ihm ist das Gesez der Natur stark genug in den Sin- toisten, sie vor zu großen Ausschweifungen zu be- wahren. Hier ist die ganze Stelle in Scheuch- zers sehr umschreibender Uebersetzung: Hence it would be but natural to think, that they should abandon themselves to all manner of voluptuousness aud sinful pleasures and allow themselves without restraint, whatever can gratify their wishes and de- sires, as being free from fear of acting contrary to the will of the gods, and little apprehenfive of the effects of their anger aud displeasure. And theis perhaps would be the misetable case of a nation in this condition, were it not for a more powersul ruler within their hearts, natural reason, wich here exerts itself with full force, and is of itself capable enough to restrain from indulging their vices, and to win over to the dominion of virtue all those, that will but haarken to its dictates. — Man sieht schon, daß die Natur der Sache selbst mehr fuͤr die Leseart meiner Mascpte spricht. Die weltliche Obrigkeit hat daher die Gelindigkeit der Goͤtter durch aͤußerst harte Strafen ersetzen muͤssen, mit denen jezt alle Arten von Verbrechen belegt sind. Man hat aber bei ihrer Festsetzung meistens nur politische Grundsaͤtze befolgt. Die innerliche Reinigkeit der Japaner wird also nur nach der Beobachtung dieser Gesetze der Obrigkeit und der des Lichts der Natur geschaͤzt. Die aͤusserliche Reinigkeit erfordert eine Strenge Enthaltung von Blut, vom Fleischessen und von Leichen. Wer sich mit einem dieser Dinge verunreinigt, darf vor der Ausloͤschung dieser Unreinigkeit keine heilige Staͤtte besuchen, oder vor den Goͤttern erschei- nen. Wer sich mit seinem eignen oder fremden Blute beflekt, ist sieben Tage lang Fusjo, d. i. er darf in sieben Tagen vor keine Goͤtter treten. Wenn einer an einer Mia bauet, und sich dabei bis aufs Blut beschaͤdigt; so ist er mit Ungluͤk behaftet, und so unrein, daß er an einem so heiligen Gebaͤude ferner nicht arbeiten darf. Wenn sich ein solcher Unfal bei der Erbauung oder Ausbesserung eines der Tempel von Tensio Daisin in Jsie ereig- net; so wird dadurch das ganze Gebaͤude entweihet und mus nothwendig wieder abgenom- men werden. Eine Frau, die ihre monathliche Reinigung hat, darf sich keiner Mia naͤ- hern. Man erzaͤhlt auch als eine zuverlaͤssige Sache, daß auf der heiligen Walfarth nach Jsie den Weibern ihre Zeit allemal ausbliebe. Vermuthlich ist dies wirklich zuweilen eine Von den sintoschen Tempeln, Glauben und Goͤtterdienst. eine Folge der so langwierigen und muͤhsamen Reise gewesen, nach oͤfter aber erdichtet, um eine solche Walfarth nicht umsonst gemacht zu haben. Das Fleisch von vierfuͤßigen Thieren, (nur das von Hirschen ausgenommen) kan ohne große Entheiligung nicht genossen werden. Wer davon ißt, wird auf dreißig Tage Fusjo. Wer zweifuͤßiges oder gefiedertes Wild ißt (ausser Wasservoͤgel, wilde Huͤhner und den Kranich) mus sich eine japanische Stunde, d. i. zwei europaͤische, Fusjo halten. Wer ein Thier toͤdtet, einer Hinrichtung beiwohnt, bey einem Sterben- den gegenwaͤrtig ist, oder in ein Haus trit, worin sich eine Leiche befindet, ist fuͤr den Tag, da dies geschehn, Fusjo oder unrein. Unter allen Dingen aber, die den Men- schen verunreinigen, ist nichts aͤrgers, als der Tod der Eltern oder naher Verwanten. Die Unreinigkeit dieses Ereignisses verbreitet sich durch die ganze Familie, und ist nach den Graden der Verwandschaft staͤrker oder schwaͤcher, nach welchen die Zeit und Dauer der Unreinigkeit in ihren Buͤchern sehr weitlaͤustig und genau berechnet ist. Dies sind die vornehmsten Arten der aͤußern Unreinigkeit, welche die Goͤtter has- sen, und welche die Folge (noch außer der Trauer) haben, daß sie die Menschen unfaͤhig machen vor dem Angesicht der Goͤtter zu erscheinen. Gewissenhafte Menschen, die nach dem Ruf einer spiegelreinen Heiligkeit sich bestreben, bilden sich ein, daß sie auch noch auf andere Art, nemlich durch Theilnehmung an fremder Unreinigkeit, selbst beflekt werden. Diese Theilnehmung geschieht, wenn sie die Augen, die unreine Dinge sehn; den Mund, der davon spricht, und die Ohren, die davon reden hoͤrten, erblicken. Diese drei Wege der Suͤnde und Verunreinigung werden vorgestelt durch das Sinbild von drei Affen, welche zu den Fuͤßen des Dsiso oder eines andern tugendhaften Goͤtzens sitzen, und von de- nen der eine mit seinen Vorderfuͤßen den Mund, der andere die Augen, der dritte die Oh- ren bedekt. Dies Sinbild ist von den Budsdo entlehnt, in deren Tempeln man es haufig sieht. Wir finden es auch oft an den Heerstraßen. Jch kante zu Nangasacki einen Man, der sich einer so großen aͤußern Heiligkeit beflis, daß er sein Haus allemal saͤubern und mit Salz und Wasser von oben bis unten besprengen lies, so bald er einen Besuch von jemand erhielt, den er auch nur im Verdacht hatte, daß er Fusjo seyn moͤchte. Kluge Japaner aber hielten ihn fuͤr einen Heuchler, und eben wegen der so uͤbertriebnen Reinigkeit fuͤr keinen rechtschaffenen Menschen. L l Drittes Drittes Kapitel. Von den Rebi der Sinto, d. i. ihren gluͤklichen und heiligen Tagen und der Feyer derselben. D er dritte wesentliche Theil der Sintoreligion ist die Feier ihrer heiligen Tage, welche genant wird Majiru, und besteht in der Besuchung der Tempel oder Mia’s der Goͤtter und verstorbnen großen Maͤnner. Diese kan zu jeder Zeit, mus aber allemal an denen ordentlichen, so genanten Gluͤks-oder heiligen Tagen geschehn, wenn es nicht anders eine der beschriebnen Unreinigkeiten, die den Goͤttern ein Greuel sind, verhindert. Sehr scrupuleuse Personen rechnen auch zu diesen den Goͤttern misfaͤlligen Beschaffenheiten alle ungluͤkliche Vorfaͤlle, oder solche, die nur einigermaßen das Gemuͤth der Menschen betruͤbt machen. Sie glauben nehmlich, daß die Goͤtter in dem unterbrochnen Zustande der Freude und Gluͤkseligkeit, worin sie sich befinden, wuͤrden gestoͤrt werden, wenn ihnen ihre Anbaͤ- ter solche Herzen zeigen, die durch Flecken des Kummers und der Traurigkeit verunreini- get sind. Die gewoͤhnlichste Verehrung der Goͤtter geschieht nun auf folgende Weise. Der fromme Anbaͤter mus zufoͤrderst seinen Leib recht waschen und reinigen, alsdenn ein sauberes Kleid (nach jedes Vermoͤgen) anthun, und es noch mit einem Kami Sjimo (d. i. Cere- moniel-oder Gallarok) uͤberziehn. Alsdann geht er mit feierlicher, ernster Mine nach dem Tempelhofe, und zuerst zu dem daselbst stehenden steinernen Wasserfasse, aus dem er mit dem beiliegenden Gefaͤs Wasser schoͤpfet, und nach Belieben seine Haͤnde noch einmal waͤscht. Nun erst trit er mit ehrerbietigen Geberden und ganz niedergeschlagnen Augen auf den| erhabnen Estrich oder die Gallerie vor dem Tempel, wendet sich gegen den großen Spiegel desselben, kniet nieder, und beugt mit vieler Demut sein Haupt langsam zur Erde nieder. Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. Drit. Kap. ꝛc. nieder. Dann verrichtet er noch knieend ein kurzes Gebet aus eigner Fantasie und nach seinem besondern Anliegen, oder spricht auch ein Takamano faro Kami Todo Mari, wirft einige Putjes zum Opfer oder Almosen durchs Gitter oder in die nebenstehende Kiste, und macht mit drei Schlaͤgen ein Gelaͤut auf der vorhangenden Glocke, um dadurch den Goͤtzen aufzumuntern, weil die Goͤtter große Liebhaber von dergleichen Schal sind. Nach diesen Verrichtungen geht der Anbeter zu Hause, und bringt die uͤbrige Zeit des Tages mit Spazie- ren, Gastmalen uud und allerlei Belustigungen hin. Diese einfaͤltige und simple Art der Verehrung (welche auch nach Bewandnis der Umstaͤnde zu andern Zeiten ohne feierliche Kleider geschehn kan) beweiset nur ein jeder einem oder mehrern Goͤttern, nachdem er Nei- gung hat, auf diesen oder jenen Gott ein besonders Vertrauen sezt, oder auch nach dem sein Stand und Profession gewisse Goͤtter zu Patronen hat, oder man von ihnen besondern Bei- stand und Huͤlfe sich versprechen kann. Aeußerliche Ceremonien und Gebraͤuche, Rosen- kraͤnze u. d. gl. sind hier gar nicht gebraͤuchlich; — auch nicht gewisse Gebetformeln. Es ist jedem erlaubt sein Anliegen in eignen Worten nach seiner Phantasie vorzutragen; und viele halten auch dies einmuͤthig, weil die Goͤtter ihre Herzen offen, und alle Wuͤnsche und Anliegen in denselben so deutlich und offenbar schauen koͤnnen, wie sie ihre eigne Gestalt in den Spiegeln des Tempels schauen. Eben so ist auch sowol zur Feyer der ordentlichen Feste als der Gedaͤchtnistage der verstorbnen Verwandten gar nicht noͤthig, daß sie ein Fasten oder andere Zubereitung beobachten. Es ist ihnen vielmehr erlaubt, sogar an dem Sterb- tage ihrer Eltern eben die Speisen und Getraͤnke zu sich zu nehmen, deren sie sich sonst er- laubter Weise bedienen. Die Feyertage der Sinto sind eigentlich keine geistliche Feste, sondern vielmehr nur buͤrgerliche Compliments-oder Galatage. Sie heißen daher auch Reibi d. i. Visiten- tage, und man pflegt an denselben nicht nur die Mia oder Tempel des Tens jo Daisin und andrer Goͤtter und Verstorbenen, sondern auch besonders seine Obern und Freunde zu besuchen und ihnen mit einem Gluͤkwunsch und Complimente seine Achtung zu bezeugen. An diesen Tagen werden auch allemal die Gastmale, die Hochzeiten, die Audien- zen, und uͤberhaupt alle oͤffentliche und Privatzusammenkuͤnfte angestelt, die nur irgend Lust und Freude zum Zwek haben, weil man glaubt, daß dieses den Goͤttern besonders wohlge- faͤllig sey. Alle diese Reibi sind unbeweglich auf gewisse Tage festgesezt, sowol die monat- lichen als die jaͤhrlichen. Der monatlichen sind drei. Der erste heist Tsitatz und ist allemal der erste Tag jedes Monats. Er kan mit weit mehr Recht blos ein buͤrgerlicher Complimententag, als ein geistlicher Festtag, genant werden. Man geht an diesem Tage von fruͤhem Morgen L l 2 an Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. an immer herum, um seinen Bekanten und Freunden, und besonders den Obern ein Compli- ment zu machen, das man Medito nent, d. i. ein Gluͤkwunsch wegen des verflossenen Mo- nats. Die uͤbrige Zeit dieses Tags bringt man in Tempeln oder an andern angenehmen Orten zu, besonders an solchen, die mit schoͤnen Spaziergaͤngen versehn sind. Einige pfle- gen sich hier dann auch mit einem besondern, diesem Lande eignen Getraͤnk, Socano, oder bey dem Frauenzimmer zu vergnuͤgen. Diese Feyer wird auch als ein vaͤterlicher politischer Landesgebrauch nicht nur von den Anhaͤngern dieser Sekte Sinto, sondern auch von jedem ehrlichen Biedermann, was fuͤr einer Religion er auch zugethan seyn mag, beobachtet. Der zweite monatliche Feyertag ist der funfzehnte, oder der Tag des Vol- monds. An diesem Tage werden die Goͤtter mehr als die Obern und Freunde besucht. Der dritte monatliche Feyertag ist der acht und zwanzigste oder der Tag des finstern Mondes. Dieser steht in weit geringerer Achtung als die vorigen, daher werden auch an demselben die Tempel von den Sinto’s nicht so haͤufig besucht. Die Budsdo pflegen ihn mehr zu ehren, als die Sinto, weil es bei ihnen ein ordentlicher Festtag ist, den sie dem Amida zu Ehren feyern. Der jaͤhrlichen Rebi sind fuͤnf. Man nent sie Sekf d. i. Feste und nach ihrer Zahl Go Sekf d. i. fuͤnf Feste. Sie sind nach der Ungleichheit der Monate und Tage (die man deswegen fuͤr die ungluͤklichsten haͤlt) vertheilt, und man hat auch von derselben ihre Namen entlehnt. Diese sind folgende: 1) Soguats oder das Neujahrfest, oder der erste Tag des ersten Monats. 2) Sanguats Sannitz, oder der dritte Tag des dritten Monats. 3) Goguatz Gonitz oder der fuͤnfte Tag des fuͤnften Monats. 4) Sitsiguatz Fanuka, oder der siebente Tag des siebenten Monats. 5) Kuguatz Kunitz, oder der neunte Tag des neunten Monats. Diese Feste sind wiederum eigentlich blos politisch und zur algemeinen Freude be- stimt. Eben weil man diese Tage wegen ihrer Ungleichheit fuͤr besonders ungluͤklich und den Menschen hoͤchstschaͤdlich hielt, hat die Weisheit der Vorfahren diese freudigen Feste gerade auf sie verlegt, um dadurch die Cami oder Goͤtter zu belustigen und ungluͤkliche Schiksale abzuwenden. Sie sind also nicht eigentlich zum Dienst der Goͤtter, sondern zur besondern Froͤhlichkeit bestimt, und werden daher auch von den Anhaͤngern aller Secten, nicht blos von den Sinto gefeyert. Um Drit. Kap. Von den Rebi der Sinto ꝛc. Um diese Feste aber nun noch genauer zu betrachten, muͤssen wir mit dem So- guatz oder Neujahrstage anfangen, der durch ganz Japan mit der groͤsten Feyerlichkeit und mehr als alle andre Festtage gefeyert wird. Das Hauptgeschaͤft an demselben besteht darin, daß sich alle Menschen durch einander besuchen, und wegen gluͤklichen Antrits des neuen Jahrs gratuliren; ferner daß sie essen, trinken und die Tempel besuchen, welches einige aus Religion, die meisten aber blos des Vergnuͤgens wegen thun. Am fruͤhen Mor- gen macht sich jeder, wer nur irgend kan, auf, begiebt sich, aufs beste geschmuͤkt, in die Haͤu- ser seiner Obern und Freunde, und sagt sein Medito oder Gluͤkwunsch mit tiefer Vernei- gung des Koͤrpers. Dabey praͤsentirt er jedem eine Schachtel mit zwei oder drei Faͤchern (Wehern,) und auf welche ein plat Stuͤk von getroknetem Fleisch der Muschel Awabi, Der Verfasser hat schon oben (S. 158) von dieser Muschel geredt. Scheuchzer’s Uebersetzung sezt noch hinzu, daß diese Muschel besonders an die Frugalitaͤt und Armuth der Vorfahren erinnern solle, die meistens von dieser Muschel lebten. als ein Zeichen des Wohlstands und Gluͤks, geklebt ist. Man pflegt dieses auch mit seinem Namen zu beschreiben, um in Abwesenheit des Freundes den Abgeber bekant zu machen. Jn vornehmen Haͤusern pflegt auch allemal im Vorsal ein Schreiber die Geschenke und Com- plimente anzunehmen und zum Bericht an seine Herschaft aufzuzeichnen. Wenn der Morgen auf diese Art zugebracht und hie und da mit einem ausgebrach- ten Gluͤkwunsch der Grund zu den folgenden Freuden gelegt ist, so wird nun der uͤbrige Theil des Tags mit einem herlichen Schmause bey den Vornehmsten der Familie zugebracht. Und dann waͤhrt das Schwaͤrmen und Complimentiren noch die drei naͤchsten Tage ununterbro- chen fort; das Traktiren aber einen ganzen Monat. Jn den ersten Tagen mus alles in Freude und Ueberflus schwimmen, und jeder aufs praͤchtigste und beste gekleidet seyn. Auch der aͤrmste Tageloͤhner unterlaͤst nicht ein Kamisjno mit einem Saͤbel zu miethen, um diese Comoͤdie mitzuspielen. Nur wenige verrichten auch ihre Andacht in den Tempeln, am mei- sten aber in dem des Tensjo Dai Sin. Noch ein besonderer aberglaͤubischer Gebrauch wird an diesem, so wie an allen an- dern Festen der Japaner beobachtet. Man pflegt nemlich in den Haͤusern und Tempeln selbst etwas zum Trinken auszugeben, welches Amasakki d. i. suͤße Sakki genant wird. Sowol Kuge, als andre freygebige Buͤrger, die sich in dieser Absicht in die Tempel ver- fuͤgen, pflegen es auszuschenken. Dies Getraͤnk wird des Tags vorher auf folgende Art gemacht. Man nimt ein Maas erkalteten gekochten Reis, ein Maas oder etwas mehr (doch zuviel macht zu suͤß) Kosi; giest Wasser druͤber und laͤst die Nacht oder Tag und Nacht an einem warmen Orte in Gaͤhrung kommen. Dann ists fertig, und wird nun getrunken. Auch L l 3 dies Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. dies sol zum Andenken der vorigen alten Zeit geschehn, da man es nicht besser zu machen gewust. Das Getraͤnk ist sehr stark und verursacht starke Diarrheen, wenn man zuviel davon zu sich nimt. An den großen Festtagen pflegt man auch wol nur das Duͤnne abzu- schoͤpfen, und das Dicke nebenbey zu essen. Dieser ganze Absaz fehlt in der englischen Uebersetzung. Das zweite Fest Sanguatz Sanitz. An diesem pflegt ein jeder nach abgelegtem ordinaͤren Besuch bei seinen Verwandten, Freunden und Obern sich Vergnuͤgen zu machen, so wie es alsdann die Fruͤhlingszeit erlaubt. Pflaumen-Kirsch-und Aprikosenbaͤume sind alsdann in voller Bluͤthe, und pflegen sich in einen Regen von den schoͤnsten Blumen zu er- gießen. Diese haben die schoͤnsten Farben und uͤberziehen alle Baͤume wie fleischfarbige kleine Rosen; jeder Mensch wird dadurch zum Spazierengehn eingeladen. Man pflegt auch be- sonders in diesen Tagen, aus Liebe und zum gluͤklichen Gedeyen der Toͤchter, ein Gastmal und Lustbarkeiten fuͤr die Familie anzustellen. Man schmuͤkt eine Kammer aus mit Pup- pen, die mehr als 1000 Scheuchzer sagt viel unbestimter; to a con- siderable value. Thaler an Werth haben, und den Staat des Dairi (d. i. des geistlichen Erbkaisers oder Pabstes) mit Fina Kuge-Personen abbilden, jeder Person wird auch eine kleine Tafel mit japanischer Kost vorgesezt, worunter sich besonders Reisku- chen mit jungen Artemisia gebacken befinden. Futsu Motzi oder Artemisiakuchen ist der Name derselben. Die Blaͤtter werden erstlich eine Nacht geweicht und ausgedruͤkt, hernach gestoßen und mit warmen, halbgekochten dicken Reis vermischt und wieder zerstoßen, hernach noch einmal mit gekochtem und grob zerriebenem Reis durch einander geknetet. Mit diesen Kuchen pflegen die Toͤchter, oder wenn diese noch unmuͤndig, ihre Eltern die ankom- menden Fremden nebst einer Schale Sacki zu bewirthen. Folgende Geschichte sol zu dieser Gewonheit Anlas gegeben haben: Ein reicher Mann an dem Flus Rju Sa Gawa (d. i. Vogelrevier ) hatte eine Tochter Bunsjo, welche mit ihrem Ehemann (der Sym- mios Dai Miosin hies) keine Kinder bekommen konte. Sie rief deshalb die Cami an, wurde schwanger und gebar fuͤnfhundert Eyer. Das arme Weib erschrak hieruͤber sehr, und aus Furcht, daß aus den Eyern boͤse Thiere hervorkommen moͤchten, legte sie dieselben in einen Kasten, den sie mit den Worten: Fosjaroo uͤberschrieb und hernach in den Flus Rju Sa Gawa warf. Ein alter Fischer fand den Kasten in einer entferntern Gegend des Strohms, oͤfnete ihn und trug die Eyer zu Hause. Sein Weib aber urtheilete, es muͤste nichts vorzuͤgliches in diesen Eyern seyn, weil man sie gewis nicht ohne Ursache wuͤrde weggeworfen haben, und rieth also ihrem Mann, daß er sie wieder eben dahin bringen moͤgte, wo er sie hergenommen hatte. Er aber antwortete: Wir sind beide alt und muͤssen Drit. Kap. Von den Rebi der Sinto ꝛc. muͤssen bald sterben. Was liegt dran, was heraus koͤmt, las uns doch sehn. Sie bruͤteten also die Eyer nach indianischer Manier in einem Ofen zwischen Kuͤssen und heißem Sande aus; brachen sie alsdann auf und fanden Kinder drin. Diese fuͤnfhundert fielen aber den armen Leuten schwer zu ernaͤhren. Sie nahmen daher folia Artemisiae mit Reis vermischt und klein zerstoßen, und zogen mit dieser Kost die Kinder auf. Die- ser Unterhalt reichte aber doch nicht zu, und sie musten sich deswegen aufs Rauben legen. Jhre Pflegeeltern schikten sie in dieser Absicht den Flus hinauf, um einen Mann, der wegen seines großen Reichthums sehr beruͤhmt war, zu berauben. Ohne ihr wissen war dies ge- rade das Haus der Mutter dieser Kinder. Ein Bedienter fraͤgt sie an der Thuͤre: wie sie heißen? worauf sie antworten: sie haͤtten keinen Namen, waͤren aus fuͤnfhundert Eyern hervorgekommen, und muͤsten jezt aus Armuth herumwandern; — man solte ihnen Lebens- mittel geben, so wolten sie weiter gehn. Die Frau des Hauses laͤst sich nun erkundigen, was das Kaͤstgen fuͤr eine Aufschrift gehabt habe? und erfaͤhrt: Fosjoroo. Hieran er- kante sie nun, daß es ihre eigne lieben Kinder waren, die sie dann auch als solche mit vieler Freude aufnahm, und ihnen ein großes Gastmal aufrichtete, bey welchem sie jedem Kinde Sokana mit einem Pfirsichblatte zutrank. Daher ruͤhrt es, warum allemal am dritten Tage des dritten Monats das Pfirsichfest gehalten wird. Der Pfirsichzweig wird an dem- selben uͤber den Kessel gelegt, und darin die Futsu Motzi d. i. Kuchen von Artemisia und Reis gebacken auf die Art, wie ich schon vorhin erwaͤhnt habe. Die Mutter der fuͤnfhundert Kinder hat hernach den Namen Benseiten erhalten, unter welchem sie unter die Goͤtter aufgenommen ist. Die fuͤnfhundert Kinder warten ihr auch noch im Himmel auf, und sie wird als eine Goͤttin des Reichs angebetet. Der dritte jaͤhrliche Festtag ist Goguatz Gonitz oder der fuͤnfte Tag des fuͤnf- ten Monats, der auch Tango no Seku heist. Es ist ein Fest von eben der Art wie das vorige, an dem man sich unter einander, meistens aber uͤber das Gluͤk der Knaben, vergnuͤgt, welche dann auch hier, wie allenthalben, die Gelegenheit zu allerlei Belustigun- gen und Spielen nicht verabsaͤumen. Jn Nagasacki belustigt man sich besonders an diesem Feste und den folgenden Tagen mit Lustfahrten in der Bay und im Hafen nach sine- sischem Gebrauch, wobey man sich einander ein freudiges Peirung zuruft. Der Rand der Daͤcher und die Thuͤren werden mit Seotu d. i. Calamo aromatico und Futs d. i. Artemisia behangen. Die an diesem Tage gesamlete Artemisia giebt (wie man glaubt) nach drei bis vier Jahren die beste und kraͤftigste Mokarn. Die Kuchen werden an die- sem Feste von weichem und sehr zaͤhem Reis gebacken; in Wasen Gras oder Schilfrohr gekocht, und Tsumaki genant. Das Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. Das Zurufen des Worts Peirung gruͤndet sich auf folgende Geschichte. Jn der Gegend Takasaga oder Teywan befand sich ein insularisches Reich Maurigasima, dessen Koͤnig Peiruun im Traum Befehl erhielt, auf das vor dem Tempel stehende Goͤtzenbild recht wohl acht zu geben, und, so bald er bemerkte, daß desselben Gesicht roth gefaͤrbt wuͤrde, sich in moͤglichster Eil, weil es alsdenn hohe Zeit seyn wuͤrde, zu retten. Da fand sich nun ein listiger Kopf, der nicht glauben konte, daß dieses Bild, das von Holz mit Haͤnden gemacht war, durch sich selbst solte seine Farbe verlieren koͤnnen. Er kam also dem Wunder zu Huͤlfe und beschmierte, um das Volk zu schrecken, das Gesicht des Goͤtzen mit rother Farbe. Der glaͤubige Koͤnig erschrak nun sehr, und flohe mit allen seinen Unterthanen in Kaͤhnen und mit aͤngstlichem Geschrei davon. Hierauf aber zeigte sich die Strafe der Goͤtter. Denn der Thaͤter mit seinen Angehoͤrigen und einigen andern zuruͤkge- bliebnen Unglaͤubigen versanken nebst dem ganzen Reich. Die Leute von Fokts ju haben nun dieses Fest Peirun in Nangasacki zu feiern angefangen. Anfangs ist es nur unter den Knaben, nachher aber auch unter Erwachsenen gefeiert worden. Andere erzaͤhlen, diese Geschichte von den Loͤwen, welche zur Zierde vor dem Goͤtzen standen, und von denen man (nicht durch Offenbarung an den Koͤnig, sondern weil er in ihren Kigaki Ki oder Kigaki heist Geistschrift, oder Fnndationsschrift, zum Gedaͤchtnis des Stifters vom Tempel und dessen Goͤtzens; und worin man Nachricht findet, — wie? auf was Art? durch welche Mittel? und zu welcher Zeit? die Stiftung geschehn ist. K. stand) geglaubt haͤtte, daß der Jnsel Untergang bevorstuͤnde so bald der Loͤwen Augen gelb wuͤrde. Und da habe dann der Karo oder Regent des koͤniglichen Hofes die Falschheit dieser Weis- sagung an den Tag bringen wollen, und die Augen der Loͤwen gefaͤrbt, welches aber die Flucht des Koͤnigs und den Untergang des Reichs bewirkt habe. Der Berfasser hat eben diese Geschichte beinahe auf gleiche Art in den Amoenitatibus Exo- ticis Fasc. III. Obs. 13. §. 8. erzaͤhlt, und sie wird da- her weiter unten in diesem Werke noch einmal vorkommen. Scheuchzer hat sie hier ganz wegge- lassen, welchem Beispiel ich aber nicht gefolgt bin, weil diese Geschichte hier gerade am rechten Orte fteht, von Kaͤmpfer in beiden Stellen etwas ab- weichend erzaͤhlt wird, und weil sie sich in meinen beiden Handschriften findet und also nach K. Ab- sicht hier hat stehen sollen. Bei niedrigem Wasser sol in der Gegend dieser Jnsel noch hie und da Land hervor- stehn, und ehmahls sollen an diesem Orte viele Schiffe untergegangen seyn. Diese Jnsel hatte die beste Porzellainerde, die in der Welt jemahls gewesen und gebrant ist, und bei niedrigem Wasser pflegt man noch Taͤucher hinabzulassen, welche Porzellaingefaͤße, die an die Klippen angewachsen sind, abbrechen und heraufziehen. Diese Gefaͤße sind etwas gruͤn, aͤußerst fein und die allerseltensten, die man nur irgend haben kan. Zum Beweis der Aecht- Drit. Kap. Von den Rebi der Sinto ꝛc. Aechtheit pflegt man immer noch einige Schulpen daran sitzen zu lassen. Diese Gefaͤße sind von vielerlei Art und FaÇon, meistens aber haben sie einen engen Hals und Mundloch. Sie werden blos gebraucht, um darin den Thee zu verwahren. Wenn er ein, zwei oder drei Jahre in diesen Gefaͤßen aufbehalten ist, so gewinnet er immer mehr an Kraft und inne- rer Tugend. Auch der, welcher seine Kraft verlohren hat, bekomt sie hierin wieder. Der Thee, welchen der Kaiser trinkt, wird immer nur in diesen Gefaͤßen auf bewahrt. Die Einwohner von Fokts ju (einer sinesischen Provinz unweit der ehemaligen Jnsel Maurigasima) bringen jaͤhrlich einige dieser aufgetauchten Gefaͤße nach Japan, die schlechtesten derselben werden mit zwanzig, die bessern mit ein oder zweihundert, und die besten und herlichsten mit drei bis fuͤnftausend Tael bezahlt. Die leztren kauft nur der Kaiser. Sie heißen Maatsubo, von Ma, aͤcht und Tsubo, welches uͤberhaupt ein steinernes Gefaͤß oder Topf bedeutet. Man pflegt allemal dadurch, daß man sie einige Tage in heißem Wasser kocht, zu probiren, ob sie einen Bruch oder gefliktes Loch haben. Selten sind sie davon frei, und die Verkaͤufer wissen diese Fehler so kuͤnstlich zu verbergen, daß man es auch mit dem allerschaͤrfsten Auge nicht entdecken kan. Fuͤr das Flicken dieser Toͤpfe giebt man zwanzig Tael, auch wol etwas mehr oder weniger. Das vierte jaͤhrliche Fest heist Sitsiguatz Nanuka, oder gewoͤhnlicher Ta- nabatta oder auch Sif Seki, weil der Charakter dieses Festes auf verschiedne Art kan gelesen werden. So heist es auch Tamonu wo Seku, d. i. Huͤlfsfest. Außer den gewoͤhnlichen Festlustbarkeiten machen auch die Schulknaben sich einen Zeitvertreib an diesem Feste, daß sie hohe Bambusrohre aufrichten und pflanzen, und dieselben mit Ver- sen und andern Proben ihrer in Schulen gemachten Fortschritte behangen oder bekleben. Außerdem ist dieses Fest auch der Gedaͤchtnistag einer himlischen Ehestandsgeschichte. Zwei Eheleute nemlich (der Mann heist Jnkai, die Frau Tanabatta, ) sind durch einen himli- schen Strom Amano Gava d. i. die Milchstraße von einander getrennet. Nur in der Nacht des siebten Tags des siebten Monats kommen sie zum Beischlaf zusammen. Jm Fal diese Zusammenkunft geschieht, so folgt allemal ein theures Jahr; wird sie aber ver- hindert, so ist es ein Zeichen eines fruchtbaren Jahres. Wenn es nur ein wenig regnet, so koͤnnen die verliebten Eheleute sich nicht vereinigen, daher die Japaner bis an den fruͤhen Morgen des andern Tages zu wachen und den Regentropfen mit Verlangen entgegen zu sehn pflegen. Jn der engl. Uebers. fehlt diese „himlische Ehestandsgeschichte‟ ganz. Das fuͤnfte und lezte der großen jaͤhrlichen Feste ist Kunitz oder Kuguatz Koko- noka, d. i. der neunte Tag des neunten Monats. Außer den Gastmalen und Belu- stigun- M m Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. stigungen, die uͤberhaupt (wie ich schon erinnert habe) das Wesentliche der Sinto’sfeste ausmachen, fodert dies Fest noch einen außerordentlichen cordialen Trunk. Alles mus im Ueberflus vorhanden und alle eß-und trinkbare Dinge Allen gemein seyn. Die Nachbarn besonders traktiren sich in diesen Tagen der Reihe nach herum. Auch darf nicht einmal ein Fremder oder ganz Unbekanter unbewirthet voruͤbergehn. Kurz, dieses Fest hat die groͤste Aehnlichkeit mit den Bacchanalien der Roͤmer. Jn Nagasacki faͤlt auch noch gluͤklicher Weise auf eben diesen Tag der Gedaͤcht- nistag ihres heiligen Jaͤgers und Gottes Suwa ein, den man mit mancherley Freudensbe- zeugungen, als mit Tanzen, Drommeten, Processionen u. s. w. zu begehn pflegt. Alles dieses pflegen sie Matsuri d. i. Opfer oder Matsura d. i. opfern zu nennen; und das Volk wird durch diese Feierlichkeiten oft so lange an den oͤffentlichen Orten aufgehalten, daß es sogar sein Schmausen vergist und stat Prassens an diesem Tage hungert. Zu diesen fuͤnf Hauptfesten koͤmt nun noch ein sechstes (das man auch oft fuͤr das fuͤnfte zaͤhlt, wenn man nemlich das erste weglaͤst, vergist und nicht anfuͤhrt) welches heist Fas Saku d. i. der erste Tag des achten Monats. Denn Fas heist acht, Saku aber, nach einer gewissen Aussprache des Charakters, der erste Tag. Es wird daher auch Czitatz oder Saku Sitz genant, auch Tanno mono seku d. i. Huͤlfsfest. Denn Tan- nomo heist Huͤlfe und Gegenhuͤlfe unter einander; Seku, Fest. Dies ist ein Gratula- tions-und Freundschaftsfest, an dem man besonders die Obrigkeit und andre gute Freunde zu begluͤkwuͤnschen pflegt. Dieser Absatz fehlt in Scheuchzers Uebersetzung. Außer diesen Hauptfesten giebt es nun noch eine Menge andrer, die aber nur par- tikulaͤr sind, und daher weniger geachtet werden. Dies sind die Feste der besondern Goͤtter, welche nur an den Orten, die ihrem besondern Schutze untergeben sind, mit einer vorzuͤgli- chen Feierlichkeit pflegen begangen zu werden. Jch wil hier nur von den merkwuͤrdigsten derselben einige Nachricht geben. Einige derselben sind nicht eben von den aͤltesten Zeiten her uͤblich, sondern vom juͤngern Dato, auch nicht gerade den hoͤchsten und vornehmsten Goͤttern gewidmet. Sie sind vielmehr gemeiniglich fuͤr diejenigen gestiftet, welche durch vorzuͤgliche Eigenschaften und Verdienste, auch durch Wunder, Erscheinungen und besondre Huͤlfe ihre vorzuͤgliche Kraft und ihren Antheil an der Regierung der Welt bewiesen haben. Denn die himlische Regierungsform ist ihrer Meinung nach, so wie ihre irdische, meistens aristokratisch. Die Drit. Kap. Von den Rebi der Sinto ꝛc. Die wichtigsten dieser Feste sind nun folgende: 1) Das Fest des Tensjo Dai Sin, des obersten japanischen Gottes und Pa- trons vom ganzen Reiche, welches durchs ganze Land mit einem algemeinen Festtage, (der auf den 16ten Tag des neunten Monats faͤlt) begangen wird. Man pflegt an demselben in allen Staͤdten ein oͤffentliches Schauspiel mit pomphaften Processionen (welches Matsuri heist) in Gegenwart des Goͤtzenbildes und seiner Priester anzustellen. Außer diesem ordent- lichen Matsuri pflegt man noch jaͤhrlich in allen Staͤdten und Flecken ein aͤhnliches demje- nigen Gott zu feiern, dessen besonderm Schuz und Obhut jeder Ort uͤbergeben ist. Dem Tensjo Dai Sin wird außer diesem großen jaͤhrlichen Feste noch allemal der 16te, 21ste, und 26ste jedes Monats geheiliget, jedoch mit wenigern Feierlichkeiten. 2) Dem Suwa ist der neunte Tag jedes Monats gewidmet. Der gemeine Mann pflegt noch den 19ten und 29sten, wegen der darin enthaltenen Zahl 9, beizufuͤgen. Alle seine Verehrer Die englische Uebersetzung sagt, „beson- ders die Liebhaber der Jagd.‟ pflegen ihm an diesen Tagen in den Tempeln ihre besondre Ehrerbie- tung zu bezeugen. Am neunten Tage des sechsten Monats wird ihm zu Ehren ein jaͤhrliches Fest mit mehr Feierlichkeit und Pracht als die monatlichen Tage gefeiert. Die Cannusj des Tem- pels lassen an diesem Tage alle Anbeter ihres Gottes durch ein Bambusrohr kriechen, das wie ein Tonnenband geflochten und mit weißer Leinwand umwunden ist. Dies geschieht zur Erinnerung einer gewissen Begebenheit des Heiligen in seinem Leben. Zu Nagasacki wird ihm das groͤßeste und solenneste Fest am 9ten Tage des 9ten Monats gefeiert. Die Einwohner dieser Stadt sind die gebohrnen Clienten des Suwa und sie bringen daher ihm zu Ehren drei Tage mit Freuden, Processionen und oͤffentlichen Taͤnzen d. i. Matsuri, zu. 3) Der Tensin hat zwei jaͤhrliche Feste, eines am 25sten des 2ten Monats, sein Sterbefest, und eines am 25sten des 8ten Monats, sein Geburtsfest. Das leztere ist das groͤste Fest und wird an allen Orten mit heiligen Walfarten gefeiert. Tensin ist ohne Zu- thun leiblicher Eltern geboren, und hat nicht lange gelebt. Sein vornehmster Tempel ist in Tsikusen, wo er gestorben ist, und wo ein ihm zu Ehren gepflanzter Baum vertrocknet ist, der daher genant wird: Oimats Dai Miosin d. i. hinter- folgender Baum. Der Pflaumbaum, so noch daselbst steht und wegen Alters hohl ist, heist To- bime oder Tobiume d. i. springender Pflaumbaum. Diese Stelle fehlt in der englischen Ueber- setzung. Er hat auch noch einen Haupttem- M m 2 pel Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. pel zu Saif, dem Orte seiner Verbannung, und in Miaco, wo er sich mit vielen Wundern geof- fenbaret hat. Jeden Monat am 25sten feiern ihm noch seine Anhaͤnger ein besondres Fest. 4) Dem Fatzman, Bruder des Tensjo Dai Sin, wird jaͤhrlich am 25sten des 8ten Monats ein Fest gefeiert. Sein Haupttempel ist Usa Fatzman in Busjen oder Bungo. Sein Monatsfest faͤlt auf den 15ten jedes Monats. 5) Das Fest des Morisaki Dai Gongen faͤlt auf den 18ten Tag des 3ten Monats. 6) Simios Dai Miosin. 7) Sitenno. 8) Gotsitemo oder Giwon. Dessen Fest wird in Nangasacki am 15ten des sechsten Monats gefeiert. Sein monatliches Fest trift mit dem des Fatzman zusammen, wird aber wenig geachtet. 9) Jnari Dai Miosin ist der große heilige Abgott der Fuͤchse, wie auch der Reistraͤger. Sein Fest faͤlt auf den achten Tag des eilften Monats, und sein besonderes Fest allemal auf den achten jedes Monats. 10) Jdsumo no O Jesjro, oder O Jesjro aus der Provinz Jdsumo. Er ist von dem Orden Dsi Dsju Godai, und wird mit großer Verehrung angebetet. Eine der groͤsten seiner vielen großen Thaten ist, daß er einen gefaͤhrlichen, schreklichen Drachen toͤdtete. Er sol in Takamano farro sein Schwerd verloren haben. Jm Leben hies er auch Osjuwo ni no Mikatto. 11) Kassiga Dai Miosin. Sie war Kaiserin von Japan, und hies im Leben auch Singukega. 12) Bensaiten. Dieses Fest faͤlt auf den siebten Tag des achten Monats. Die Geschichte dieser Goͤttin hab ich schon oben erzaͤhlt. 13) Kumano Gongen. 14) Naniwa Takakuno Mia Kokfirano Dai Miosin; war der siebzehnte japanische Kaiser, und hies in seinem Leben Nintocku. 15) Askano Dai Miosin; war der 27ste Kaiser von Japan, und hies in sei- nem Leben Kei Tei. 16) Kimbo Senno Gogin, hies in seinem Leben Ankan, und war der 28ste Kaiser von Japan. Die Kaufleute pflegen noch besonders die vier folgenden Gottheiten des Reich- thums und der Gluͤkseligkeit zu verehren und anzubeten. 1) Je- Drit. Kap. Von den Rebi der Sinto ꝛc. 1) Jehisu, ein Bruder des Tensjo Dai Sin, von dem er aber auf eine un- bewohnte Jnsel verbant wurde. Man erzaͤhlt von ihm, daß er zwei oder drei Tage unter Wasser leben konte. Er ist der Neptun des Landes, und der Schuzgott aller Fischer und Seeleute. Sie stellen ihn auf einem Felsen sitzend vor, mit einer Angel in der einen Hand, und dem beruͤhmten Fisch Tai oder Steenbrassem in der andern. 2) Daikoku. Diesem schreibt man die besondre Macht zu, daß er aus jedem Orte, wo er mit seinem Hammer dran schlaͤgt, Alles, dessen er bedarf, herausbringen koͤnne, z. E. Reis, Kleidung, Geld u. s. w. Er wird gemeiniglich vorgestelt, daß er auf einem Fas Reis sizt mit dem gluͤklichen Hammer in seiner Rechten und einem Sak vor ihm, in den er dasjenige einpakt, was er ausgeklopft hat. 3) Tossitoku heist auch bey einigen Kurokusi. Diesen verehrt man besonders am Anfang des Jahrs, um durch seinen Beistand Gluͤk und Heil in allen Unternehmun- gen zu erlangen. Er wird gemeiniglich in ein langes Gewand gekleidet, mit langen Er- meln, einem langen Bart, einem gewaltig monstroͤsen Vorderkopf und einer Schwinge in seiner rechten Hand vorgestelt. Man sehe die Abbildungen dieser drei Goͤtter auf der achten Tafel der Charte von Japan. 4) Fottei, der auch bey einigen Miroku heist, wird mit einem erstaunend dicken Bauche vorgestelt. Seine Anbeter erwarten von ihm, außer andern guten Dingen, vor- zuͤglich Gesundheit, Reichthum, und Kinder. Diese ganze Stelle fehlt in meinen Hand- schriften und befindet sich nur in der englischen Uebersetzung, aus der ich sie uͤbergetragen habe. Dies sind die vorrehmsten und groͤsten Goͤtter der Sinto’s. Außer ihnen giebt es aber noch eine Menge andrer Heiligen vom zweiten Range, welchen in einem gewissen Lande, einer Stadt oder einem Dorfe wegen ihrer Verdienste und großen Handlungen besondre Festtage gefeiert werden. Diese sind aber gemeiniglich wenig andern unter ihren Landsleu- ten bekant. Sie sind auch nicht vom Mikaddo canonisirt, und mit einem Okurina be- legt, welches einen vorzuͤglichen Titel und Wuͤrde bedeutet, den man den Goͤttern und Hei- ligen zu geben pflegt. Dieses ohngefehr ist es, was ich als ein aufmerksamer und sorgfaͤltiger Reisender von der uralten, vaͤterlichen Religion der Japaner habe erfahren koͤnnen. Eine genauere und ausfuͤhrliche Beschreibung findet man in den beiden japanischen Geschichtbuͤchern: Nip- pon Odaiki, (welches eine historische und chronologische Erzaͤhlung von den Kinsju d. i. großen Maͤnnern und derselben Thaten ist,) und in Sin Daiki d. i. der Geschichte der vornehmsten Goͤtter. M m 3 Viertes Viertes Kapitel . Von der Sanga oder der heiligen Walfarth nach Jsje. D ie Japaner sind den Walfarten sehr zugethan. Sie haben verschiedne und nach verschiednen Orten. Die erste und vornehmste geht nach Jsje. Die zweite ist ein Besuch der drei und dreißig vornehmsten Quannontempel des Reichs. Die dritte ist ein Besuch einiger der vornehmsten Sin (Came) oder Fotoye (Buds) Tempel, die sich durch Wunder und ihren Anbaͤtern bewiesene Huͤlfe durchs ganze Reich am beruͤhmtesten gemacht haben. Diese sind besonders solgende: Nicko tira d. i. Sonnenglanztempel in der Provinz Osju; die Tempel von Fatzman an verschiednen Orten; die Tempel des Lehrers und Gottes Jakusj und so noch mehrere Originaltempel eines vorzuͤglichen Heiligen, oder uͤberhaupt alle, die eines jeden Andacht und Neigung vorzuͤglich auswaͤhlt. Ein aͤchter und orthodoxer Sintoist besucht nur die Tempel seiner Lehre und Saif in Tsikusen, wo Tensin gestorben ist. Die zweite Walfart ist keiner von beiden Religionen eigen, sondern wird von den Anhaͤngern beider Parteien nur als ein recht guter und sicherer Nebenweg zur ewigen Wal- fart und Seligkeit angesehn. Die dritte Art der Walfart wird gleichfals von Sintoisten und Budsdoisten, von jeder Partei zu ihren Goͤttern, oder von den meisten (die Synkretisten sind) zu beiden angestelt. Sanga oder Sangu ist nach dem Buchstaben soviel als Aufgang oder Erhe- bung zum Tempel. Man versteht unter demselben nur den hoͤchsten Tempel ihres großen Gottes Tensjo Dai Sin oder Tensjo Ko Daisin, welches nach dem Buchstaben heist: des Viert. K. Von der Sanga oder der heiligen Walfart nach Jsje. des himlischen erbkaiserlichen Geschlechts großer Gott. Sie nennen ihn auch Dai- singu d. i. der Gedaͤchtnistempel des großen Gottes. Dai nemlich heist groß, Sin eben das, was Kami, nemlich, Geistgott — unsterbliche Sele; Gu in dieser Verbindung so viel als Mia d. i. Ehren- und Gedaͤchtnistempel. Der gemeine Mann nent ihn Jsje Mia, von dem Namen der Stadt, in der sich dieser Tempel besindet. Auch die ganze Provinz fuͤhrt diesen Namen, und man glaubt, daß sie durch die Geburt, das Leben und Sterben des großen Gottes auf eine ganz besondre Art geheiligt sey. Jch kan nach dem Bericht derer, die diesen Tempel gesehn, von demselben folgende Beschreibung machen. Er liegt in einer Ebne, ist von Holz niedrig und schlecht gebauet, und mit einem sehr niedrigen Stroh-oder Heudach bedekt. Man giebt sich ungemeine Muͤhe, ihn in seinem ersten schlechten Originalstande immer zu erhalten, damit er ein blei- bendes Denkmahl sey von der Armuth der ersten Einwohner dieses Landes, oder wie die Ja- paner sagen, der ersten Menschen. Jn diesem Tempel sieht man nichts weiter als in der Mitte desselben einen großen, runden und nach Landes Weise von Metall gegossenen und ge- schliffenen Spiegel, und hie und da ein wenig zerschnittenes Papier, das an den Waͤnden umher haͤngt. Durch den Spiegel wil man die Alwissenheit und Klahrheit dieses Gottes, durch das Papier die Reinigkeit und Sauberkeit des Orts anzeigen, zugleich denen, die zum Gebaͤt kommen, anrathen, mit einer gleichen Reinigkeit des Koͤrpers und des Herzens zu erscheinen. Dieser große Tempel ist mit mehr denn hundert kleinen Capellen der gerin- gern Goͤtter besezt, die aber nur der Gestalt nach Tempeln aͤhnlich und meistens so klein sind, daß niemand hereintreten oder darin sitzen kan, doch hat jede dieser Capellen einen Canusj zum Waͤchter. Jn der Gegend derselben wohnen nun auch noch Schaaren der Nege oder Tempelherrn, oder (wie sie sich auch zu nennen pflegen) der Taije d. i. Bot- schafter und Evangelisten, die zur Beherbergung der Pilgrimme und andrer Reisenden weite Haͤuser und Wohnungen unterhalten. Unweit davon ist die Stadt oder Flecken, der von dem heiligen Ort eben den Namen Jsje fuͤhrt, und meistens gleichfals aus Wirthshaͤusern besteht, und von Druckern, Papiermachern, Buchbindern, Schreinern und andern Arbeitsleuten, die der heilige Kram nothwendig macht, bewohnt ist. Jeder Orthodore Sinsja ist verpflichtet, diesen heilgen Ort jaͤhrlich oder wenigstens einmahl in seinem Leben zu besuchen. Ja eigentlich ist jeder Patriot, wes Glaubens und Secte er auch seyn mag, verbunden, dieses oͤffentliche Merkmaal seiner Verehrung und Dank- barkeit gegen den Stifter und Nationalgott seines Landes an den Tag zu legen. Man kan auch von dieser geistlichen Walfahrt gewis erwarten, daß man dadurch von seinen Suͤnden gereinigt und abgewaschen, und eines gluͤklichen Zustandes nach diesem Leben gewis theil- hastig werde. Die Einfalt des unwissendern Poͤbels erwartet nicht nur diese Vortheile, son- dern Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. dern besonders leiblichen Segen an Gesundheit, Speise, Trank, Geld, Kleidung, und Kindern. Zur Bekraͤftigung des Glaubens wird einem jeden Besucher von den Taije oder Canusj eine Ofarai d. i. eine große Reinigung (Purifikation) gegeben. Diese kann auch jeder, der durch seine Bedienung, Krankheit oder Alter abgehalten wird, sie persoͤn- lich zu erwerben, jaͤhrlich durch einen andren an sich kaufen. Außer den Sinsju besuchen auch viele Budsdoisten, welche den Namen rechtschaffener Patrioten verlangen, diesen Tempel ihres Stifters ein oder mehrmahl im Leben. Auch viele, die nicht hin walfahrten, erkaufen sich doch jaͤhrlich die Ablaszettel oder Ofarrai von Jsje. Es wird jaͤhrlich eine große Menge derselben in alle Theile des Reichs versandt. Ofarrai koͤmt her von Farrai, abfegen, saͤubern, reinigen. Diese geistliche Walfahrt wird zu allen Zeiten des Jahrs, wegen des bequemen Wetters aber vorzuͤglich in den drei ersten Monaten des Jahrs Merz, April, May an- gestelt. Leute alles Standes unternehmen sie, reiche und arme, alte und junge, Manns- und Weibspersonen, doch kommen die Herren vom hoͤchsten Stande selten in eigner Person. Der Kaiser besucht diesen Ort in einer jaͤhrlichen ordentlichen Gesandschaft, welche allemal im ersten Monat zugleich mit der Gesandschaft an den Dairi abgeht. Andre Fuͤr- sten und Landesherren halten es eben so. Die Reichen reisen auf eigne Kosten, und wie es ihnen bequem faͤlt, auch mit einem ihrem Stande angemessenen Gefolge. Die meisten aber, welches die Armen sind, gehen zu Fuß und behelfen sich mit Betteln. Sie tragen eine auf- gerolte Strohmatte auf dem Roͤcken, die sie zur Nachtdecke gebrauchen, den Reisestab in der Hand und im Guͤrtel einen Wasserschoͤpfer, in welchen sie auch die Almosen mit Entbloͤ- ßung des Haupts nach europaͤischer Betler Manier aufnehmen. Sie sind mit einem von gespaltenen Bimsen geflochtenen weiten und leichten Reisehut bedekt, welcher so wie der Wasserschoͤpfer mit ihrem eignen Namen und denn ihres Geburts-und Aufenthaltsorts be- schrieben ist. Dies geschieht aus Vorsicht auf den Fal, wenn sie umkommen solten und todt gefunden werden, damit man alsdenn wisse wer sie sind, und wohin sie gehoͤren. An- dere, die einiges Vermoͤgen besitzen, sind uͤber ihre Kleider noch mit einem kurzen weißen Rok ohne Ermel angethan, und die besagten Namen sind auf die Brust und Ruͤcken dessel- ben abgedrukt. Von dessen Pilgrimmen sieht man taͤglich viele hundert auf den Landstra- ßen. Es ist unglaublich, was fuͤr eine Menge blos aus der kaiserlichen Residenzstadt Jedo und dem Lande Osju jaͤhrlich ausgehen. Viele Kinder entlaufen ihren Eltern, um diese Baͤtfahrt mit zu machen. Dies wuͤrde noch oͤfterer geschehen, wenn man nicht an den mei- sten Orten zum Gesez gemacht haͤtte, daß niemand ohne Pas diese Reise machen solte. Diejenigen, welche von Jsje zuruͤk kommen, haben an den mitgebrachten Ofarrai einen sehr guͤltigen Paszettel. Sobald Viert. K. Von der Sanga oder der heiligen Walfart nach Jsje. Sobald ein Baͤtfahrer aufgebrochen ist, ziehen die Seinigen uͤber die Hausthuͤr ein Strohseil, an dem einiges zerschnittenes weißes Papier herabhaͤngt, als ein Zeichen der groͤsten Reinigkeit und zur Warnung fuͤr jeden Unreinen, und besonders fuͤr diejenigen, welche unter einem großen Jmi oder Jma (als z. E. die durch den Tod ihrer Eltern verunreinigt sind) liegen. Diese duͤrfen nicht in ein solches Haus hineingehen, weil man bemerkt hat, daß allemal, wenn ein solcher Unreiner in des Pilgrims Haus kam, dieser viel Ungluͤk und Wiedrigkeit auszustehen hatte, und im Schlaf von boͤsen Traͤumen angefochten wurde. Ein kleines und schlechtes Jmi wird nicht sonderlich geachtet und bringt eben keinen Scha- den. Diese Kenzeichen der Reinigkeit werden auch oͤfters uͤber die Alleen, die zu Mias fuͤhren, ausgespant. Diese Walfahrt macht auch eine mehr als gewoͤhnliche Enthaltsamkeit nothwen- dig. Der Pilgrim mus so wohl auf dem Hin-als Herwege vom Beischlaf auch mit sei- nem eignen Weibe sich enthalten. Denn, obgleich weder die Goͤtter, noch die ganze Na- tion den Beischlaf fuͤr unheilig oder unrein halten, so wil man doch bemerkt haben, daß die- jenigen, welche sich waͤhrend dieser heiligen Handlung vermischen, so fest an einander kleben, daß sie nicht anders als durch kraͤftige Ceremonien der Jammabos d. i. Bergpfaffen oder anderer maͤchtigen Budsdopriester von einander gerathen koͤnnen. Man glaubt dies ganz fest, und behauptet, daß jaͤhrlich hievon mehrere Exempel vorfielen. Ein Fusjo oder Unreiner darf diese Reise gar nicht unternehmen, weil er sonst un- fehlbar die Sinbatz d. i. die Rache der Goͤtter sich und den Seinigen zuziehen wuͤrde. Ein Sjukin oder Priester von der Buds Religion kan schlechterdings niemalen an diesen heili- gen Orten erscheinen, weil er unreine Geschaͤfte, nemlich mit sterbenden Leuten und mit Be- stellung der Leichen, zu thun hat. Wenn nun ein Pilgrim nach Jsje gekommen ist, (diesem erwuͤnschten Ziel seiner Reise, wo taͤglich eine große Menge und an einigen Tagen viele Tausend ankommen) so be- giebt er sich zu einem oder dem andern Canusj, seinem Bekanten, von dem er sich jaͤhr- lich mit Ablas versorgt. Er legt bey demselben seinen Gruß mit den gewoͤhnlichen buͤr- gerlichen Ceremonien ab, der Canusj siehet ihn oder laͤst ihn durch seinen Diener nebst an- dern, die sich gleichfals bei ihm gemeldet, diesen und den folgenden Tag herum fuͤhren, die verschiedenen Tempel zeigen, wobey ihnen die Namen und Thaten der Goͤtter, zu deren Ehre sie erbauet worden, mit kurzen Worten erzaͤhlet werden. Endlich trit er mit ihnen vor den Mittel-und Haupttempel des Tensjo Dai sin und laͤst sie in tiefster Demuth niederknien und auf der Stirn liegend, ihr Anliegen um Gesundheit oder andere Guͤter vorbringen. Nach vollendeter Procession werden die Pilgrimme diesen und (fals die Andacht sie laͤnger verweilt) noch einige folgende Tage von den Canusj bewirthet, auch, wenn ihnen N n ihr Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. ihr Vermoͤgen nicht erlaubt, die oͤffentlichen Herbergen zu besuchen, die Nacht bei ihnen be- herbergt. Doch muͤssen die Pilgrimme dafuͤr zur Dankbarkeit eine Verehrung machen, die oft nur in einem Theil des Erbettelten besteht, aber doch nicht abgeschlagen wird. Nach verrichteter Andacht reicht der Canusj jedem einen Ablas oder Ofarrai. Dies ist ein kleines viereckigtes Schaͤchtelgen, hat die Laͤnge eines Wehers Wahrscheinlich Faͤchers. oder 1½ Spanne, 2 Zol breit und 1½ Daum dik. Es ist von tannenen sehr feinen Brettergens zusammengesezt, und inwendig mit duͤnnen Stoͤkgen von demselben Holz und derselben Laͤnge, die mit Rie- men von sauberm Papier umwunden sind, angefuͤlt. Sie wollen durch diese schlechte Waare, die auch nur mit schlechtem Gelde bezahlt wird, die den Goͤttern wohlgefaͤllige Tugenden der Demuth und Reinigkeit anpreisen. Die Vorderseite dieser Schachtel ist mit einem gedruk- ten Papier beklebt, auf welchem mit einem ansehnlichen großen Charakter der Name die- ses Tempels Dai Singu ( Gu heist oft so viel als Goͤtter, z. E. Fatzman Gu ) d. i. großen Gottes Tempel abgedrukt steht. Am Ende desselben steht der Name des Can- nusj, der diese Ofarrai (denn es sind ihrer sehr viele, die diesen Handel treiben) ausgege- ben hat, mit dem Beisaz Daiju oder Taiju d. i. Botschafter oder Evangelist. Ein Eh- renname, den sich die Miasbedienten gemeiniglich beizulegen pflegen. Die Pilgrimme empfangen diese Ofarrai mit groͤster Ehrerbietung. Diejenigen, die zu Fuß wandern, hesten dieselbige, um sie vor dem Regen zu verwahren, unter ihren Reisehut uͤber die Stirne, und bevestigen auf der andern Seite ein andres Strohbuͤndel gleiches Gewichts. Diejenigen, welche ihre Reisen zu Pferde machen, koͤnnen es besser verbergen. Sind die Pilgrimme nun endlich wieder zu Hause angekommen, so bewahren sie dieses merkwuͤrdige Heiligthum mit großer Ehrerbietung. Und obgleich nach Verlauf eines Jahrs seine Wunderkraft sehr verraucht; so wird ihm doch allemal in einem andern saubern Zimmer ein ausgezeichneter Plaz angewiesen. Die Ofarrais pflegen gemeinig- lich Mannes hoch an einem Leisten nach der Reihe der Jahre aufgehangen zu werden. Jn einigen Haͤusern verschiedner Staͤdte aber giebt man ihnen die Vorderseite des Hauses unter dem Vordach. Arme Leute, die keine so geraͤumige Wohnungen haben, wissen diese Heiligthuͤmer nicht besser als in einem holen Baum ihres Hinterhauses zu logiren. Eben so pflegt man es auch mit den Ofarrais der Verstorbnen zu halten, oder wenn man auf den Landstraßen verlohrne Ofarrais findet, so stelt man sie in den naͤchsten Baum. Um auch diejenigen, welche nicht nach Jsje reisen koͤnnen oder wollen, und doch diese heilige Waare verlangen, mit derselben zu versorgen; so werden jaͤhrlich große Packen und Kisten mit diesen Waaren angefuͤlt, in alle Laͤnder, Staͤdte und Doͤrfer von Japan abge- Viert. K. Von der Sanga oder der heiligen Walfart nach Jsje. abgesandt. Es sind hiezu eigne Emissarien bestelt, die ihre Reise allemal so einrichten, daß sie in den vornehmsten Orten um die Zeit des Songuatz d. i. des Neujahrfestes an- langen. Denn da dies das Fest der feierlichsten Reinigung ist, so findet diese Reinigungs- ware alsdenn gerade den besten und geschwindesten Absaz. Sie pflegen alsdan auch neue Kalender mitzubringen, die nur der Mikaddo machen und nur im Jsie abdrucken laͤst. Vor beide Stuͤcke (ein Ofarrai und Almanach ) pflegt man ein Maas oder Jtzebo zu bezahlen; zu- weilen auch wohl etwas mehr, nach jedes Vermoͤgen und Belieben. Wer diese Waaren einmal annimt, wird jaͤhrlich damit beladen, und bekoͤmt folgendes Jahr wiederum drei Dinge, nemlich: 1) Einen Empfangschein oder Dankcompliment an den Kaͤufer; 2) ein neues Offarrai; 3) einen neuen Kalender. Auch wenn er reichlich giebt und die Ueber- bringer beschenkt, erhaͤlt er auch noch eine Sakkantge d. i. eine hoͤlzerne gefirniste Trinkschaale. Die Jnschrift Dai Singu hat jederman in seinem Hause aufgestelt oder ange- klebt. Die Jkosju aber wollen nicht so gern dran, sondern lassen sich mit der Jnschrift des Amida begnuͤgen. Diese Jkosju lassen nicht gern andre Goͤtzen bey ihrer Andacht zu, da sie vorgeben, daß der einzige Amida voͤllig genug und hinlaͤnglich sey, und man mehrerer Goͤtter nicht beduͤrfe. Folgende Nachrichten von dem gegenwaͤrtigen Zustande und der Lage der Tempel zu Jsje sind aus dem Jtznobe, einem japanischen Autor, genommen. Es giebt besonders zwei dieser Tempel zu Jsje, die etwa zwoͤlf Straßen lang von einander entfernt sind. Sie haben keine Gum oder Glocken, sind beide schlecht, nicht hoch, ohne die geringste Ver- letzung der Haut Nemlich die Arbeiter haben sich auf keine Art bey Erbauung dieser heiligen Gebaͤude verlezt. erbauet, und mit Heu bedekt. Der innere Plaz, auf dem die Can- nusj sitzen zur Ehre des Tensjo Daisin, als Tempelbediente, ist etwa sechs Matten weit. Hinter diesen beiden Kapellen oder Faiden d. i. Reverenzhaͤusern ist auf einem etwas hoͤherm Grunde die kleine aͤchte und wahre Kapelle des Gottes angelegt d. i. Fongu. Diese ist mit Absicht etwas hoͤher angelegt, wie die andern Tempel, eben so wie der des Suwa in Tab. XVIII. Nangasacki. Jch liefre eine Abbildung dieser Tempel zu Jsje auf der achtzehnten Tafel, die ich von einer japanischen Zeichnung kopirt habe. Jm Jnneren sind diese Tempel nur mit Spiegeln und zerschnittenem weißen Papier behangen. Die erste Mia heist Geku. Sie hat viele Cannusj und 80 Massia oder gerin- gere Kapellen (deren Goͤtter von geringerm Ansehn und Wuͤrdesind,) um sich herum. Jede dieser Kapellen ist vier Matten groß, und mit einem Cannusj -Huͤter und Almoseneinneh- N n 2 mer Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. Viert. Kap. ꝛc. mer versehen. Dieser samlet indes die frommen Gaben fuͤr sich selbst. Hinten ist noch ein kleines Kapelchen zur Wohnung des Geistes. Die zweite Mia liegt etwa zwoͤlf Straßen weiter ab, und heist Naiku. Sie hat 40 Massia mit den dazu gehoͤrenden Huͤtern oder Cannusj. Diese haben einen son- derbaren Namen, nemlich Mia Dsusume d. i. Tempelsperlinge. Wenn man diese Tempel besehn wil, so pflegen vorsichtige Leute folgende Regeln vorzuschreiben und zu beobachten. Aus der Stadt Jsje gehn sie zuerst in den vorbeifließen- den Strohm Mijangawa, der an der Seite von Jsje Mia die Stadt vorbeifliest, um sich darin rein und tapfer abzuspuͤlen und zu waschen. Nach dieser Saͤuberung geht man die Wohnungen der Cannusj und andrer Kaufleute Haͤuser, die etwa drei oder vier Stra- ßen vom Strom entfernt sind, durch oder vorbey. Alsdan wandert man weiter fort auf sandigem Boden bis zur Geku Mia und legt daselbst, seinen Gruß ab. Alsdan wendet man sich Rechts um die Massia zu besuchen, und koͤmt also auf diese Art im Zirkel wieder auf seinen ersten Plaz zuruͤk. Alsdenn bricht man von neuem zu dem andern Tempel des Tensjo Daisin, Naiku auf, macht nach hier abgelegtem Gruß dieselbe Wanderung, und begruͤst die andern Mias. Von hier verfuͤgt man sich Bergwaͤrts etwa funfzehn Straßen hinauf zu einem nahe an dem hohen Seeufer gelegnen Berg, und der auf demselben befindlichen kleinen Hoͤle: Amano Watta; d. i. Himmelsufer die etwa zwanzig Jkin von der See entfernt ist. Jn dieser Hoͤle verbarg sich einmal der große Tensio Daisin, und entzog durch diese Absonderung der Welt und allen andern Gestirnen das Licht, wodurch er deutlich bewies, daß er der Herr des Lichts, und der vornehmste aller Goͤtter sey. Diese Hoͤle ist etwa 1½ Matten groß, und enthaͤlt eine Kapelle, worin ein Came verehrt wird, der auf einer Kuh sizt und Dai nitz no rai, d. i. große Sonnengestalt genant wird. Es wohnen hier auch einige Cannusj in zween Haͤusern uͤber dem hohen Seeufer. Der Anbaͤter stiftet sich dadurch ein Gedaͤchtnis, daß er ein Sagipflaͤnzchen fuͤr einige Putjespflanzen laͤst. Man sieht von diesem hohen Ufer auf 1½ Meilen eine große Jnsel, welche zur Zeit des Tensjo Daisin sol entstanden seyn. Dies sind die merkwuͤrdigsten Dinge, die man in Jsje sehn kan. Neugierige Liebhaber pflegen dann noch wol rechter Hand einige Meilen Landwaͤrts ein zu gehn, um einen praͤchtigen Budsdotempel, Asamadaki genant, zu sehn. Sie begruͤßen hier einen Quanwon, genant Kokuso Bosatz, und kehren endlich wieder in den Flecken Jsje zuruͤk. Fuͤnftes Tab. XVIII. Fuͤnftes Kapitel . Von den Jammabos oder Bergpriestern und andern religioͤsen Orden. D ie aberglaͤubischen Japaner haben eben soviel Neigung religioͤse Geluͤbde zu thun, als nach heiligen Orten zu walfarten. Diejenigen, welche eine schnelle ungehin- derte Ueberfart nach den himlischen Feldern oder einen besondern Vorzug in denselben zu er- halten wuͤnschen, thun Geluͤbde, wodurch sie sich in den Orden gewisser Einsiedler begeben, die in der Landessprache Jammabos heißen. Andre, die gewisse besondre Anliegen haben, suchen sich dadurch eines guten Ausgangs zu versichern, daß sie sich durch ein Geluͤbde ge- wisse Bußen und Poͤnitenzen oder fuͤr eine festgesezte Zeit gewisse Besuchungen von Tempeln auflegen. Jammabo heist, (welches aber durch den Charakter dieses Worts nicht ganz aus- gedruͤkt wird,) ein Bergsoldate. Dieser Name koͤmt daher, weil diese Art Priester nach der urspruͤnglichen Stiftung verbunden ist, im noͤthigen Fal fuͤr die vaͤterlichen Goͤtter und Laͤnder zu streiten. Sie sind eigentlich devote Eremiten, die um des Ewigen willen dies zeitliche Wohlleben verachten, Die englische Uebersetzung sagt hier viel wortreicher: „Die das Zeitliche verlassen um des Geistlichen und Ewigen willen, die ein bequemes und gluͤkliches Leben fuͤr ein hartes und beschwer- liches, Vergnuͤgen fuͤr Schmerzen eintauschen wol- len.‟ So weitlaͤuftig paraphrasirt Scheuchzer meistens Kaͤmpfers kurzen Geschichtstou. und besonders ihren Leib mit Ersteigung heiliger Berge und oftmaligem Abwaschen in kaltem Wasser kasteien. Die Reichen unter diesen Moͤnchen wohnen in eignen Haͤusern; die Armen kreuzen und betteln auf den Wegen herum, beson- ders in der Landschaft Syriga und in der Gegend des hohen Bergs Fusi, welchen sie alle- mal im sechsten Monat, zur Poͤnitenz, ersteigen. Andre lassen sich zur Bedienung der N n 3 Mia’s Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. Mia’s gebrauchen, welche aber gemeiniglich von so armer Stiftung sind, daß sie kaum einen unterhalten koͤnnen. Der erste Stifter und Lehrer dieses Ordens sol schon beinahe vor 1100 So hat |das Mascpt des Neffen und die englische Uebersetzung; hingegen das Mascpt des Oheims 11000. Eine Variante von Jahrhunder- ten und Jahrtausenden, die aber freilich in der aͤltsten japanischen Geschichte nicht sehr befrem- dend ist. Jahren gelebt haben. Er heist Gjenno Gjossa. Von seiner Geburt, Eltern oder andern Ver- wandten hat man niemals etwas gewust; auch ist er ohne Nachkommen zu hinterlassen ge- storben. Dies ist der erste Eremit, der zu Casteyung seines Leibes die Wildnisse durchkreuzte, und dadurch viele Wege und Gegenden dieses Reichs entdekt und ausgekundschaftet hat. Seine fromme Buͤßung brachte also dem Lande einigen Vortheil. Die Nachfolger dieses Heiligen haben sich nachher in zwei Sekten oder Orden ge- theilt. Tosanfa ist der Name der einen Parthei. Diese hat es sich zum Gesez gemacht, einen ganz ausnehmend steilen Berg Fikoosan, der in der Provinz Busen recht zwischen dieser und der Provinz Tsikusen liegt, jaͤhrlich einmahl zu ersteigen. Diese Ersteigung waͤhret etliche Tage und ist mit groͤster Gefahr verbunden, auch von der Art, daß, wenn sich jemand ohne besondere Bereitung oder Fusjo d. i. unrein daran wagt, so wird er so- gleich vom Fuchse (d. i. dem Teufel ) besessen, und wird rasend toll. Der andre Orden heist Fonsafa. Diese Anhaͤnger von diesem machen jaͤhrlich ihre Walfahrt zu dem Grabe ihres Stifters auf einem Berge in der Provinz Jostsijno, der wegen seiner Hoͤhe: Omine d. i. der große Berggipfel genant wird. Es sol auf seiner Spitze ganz ausnehmend kalt seyn, und die ungemeine Steile macht ihn nicht minder, wie den ersten, gefaͤhrlich zu ersteigen. Ein Besucher, dessen Koͤrper und Herz noch nicht ge- nug gereinigt ist, hat gewis zu erwarten, daß er den Berg herabstuͤrzt und zerschmettert wird, — oder wenn dieses nicht geschieht, so mus er sein Vergehn durch Krankheit oder andre schwere Plagen waͤhrend seines ganzen Lebens buͤßen. Diese Walfahrten muͤssen die Anhaͤnger dieser Orden jaͤhrlich einmal thun, und sich vorher durch Enthaltung vom Beischlaf, von verbotenen Speisen, und alles dessen, was verunreinigt, wohl vorbereiten. Sie muͤssen sich auch einige Zeit zuvor oͤfters abwaschen und reinigen und im Heraufsteigen weiter nichts als rauhe Wurzeln und Blaͤtter, die am Berge wachsen, essen. Nach gluͤklich vollendeter Walfahrt verfuͤgt sich jeder zu dem Praͤlaten seines Or- dens, der in Miaco wohnt, und macht ihm ein Geschenk, das er, wenn er arm ist, er- betteln Fuͤnft. Kap. Von den Jammabos oder Bergpriestern ꝛc. betteln mus. Er empfaͤngt dafuͤr von diesem Praͤlaten einen hoͤhern Titul und Rang, der dann auch bessere Kleider mit sich bringt, nach denen ihn seine Ordensbruͤder zu verehren wissen. Dies geht Alles ohngefehr nach eben den Stuffen, die in der Geselschaft der Blin- den uͤblich sind, von denen ich noch am Ende dieses Capitels reden werde. Die Glieder dieser religioͤsen Orden tragen gewoͤhnlich die ordentliche Kleidung der Laien, nur mit einigem zugeseztem Schmuk und Zierrath, von deren jedes einen besondern Namen, eigene Bedeutung, und auch historische Erklaͤrung seines Ursprungs hat. Hie folgen diese Zierrathen genauer beschrieben: Wakisasi, oder Hauer (Schwerd) des Fudo, eines Guͤrtels, worin er linker Hand stekt. Er ist etwas kuͤrzer wie Kabanna, doch hat er unten auch eine platte Scheide. Sakkudsio, ein Staͤblein Gottes Dsjso, oben mit einem kupfernen Beschlag, woran vier gleichfals kupferne Ringe bevestigt sind. Sie machen damit in ihren Gebaͤten bey Erwaͤhnung gewisser Worte ein Gelaͤut. Foranokai, ein Schulp-Horn, gewunden wie ein Schneckenhaus, ist weis und glat mit rothen Flecken, zierlichen Strichen, und von der Natur wohl ausgearbeitet. Es hat eine solche Groͤße und Umfang, daß ein halb Maas Wasser hinein geht. Es haͤngt ih- nen zur Seite vom Guͤrtel herab, und hat vorn ein Loch, dessen man sich zum Blasen be- dient, wenn der Priester von Reisenden ein Almosen begehrt. Der Ton, den er damit giebt, ist nicht viel lieblicher, als aus dem Horn eines Kuhhirten. Diese Schulpen werden auf einigen von der See abgespuͤhlten Gebirgen um Arrai gefunden. Dsusu Kake, ein Guͤrtel um den Hals, geflochten wie ein Tragband, und mit einigen Quasten besezt, die nach eines jeden verschiednem Range verschiedne Figuren und Veraͤnderung haben. Fokin, eine Muͤtze, oder vielmehr ein Schmuk, den sie vorne auf der Stirne tragen. Doch komt dieser nur einigen zu. Oji, ein Beutel oder Saͤklein, das hinten auf der Schulter angebunden ist, und in welchem ein Buch, Geld und einige Kleider getragen werden. Jatzuwono Warandsje ist der Name der gemeinen Strohschuhe, mit denen man reisen kan und die sehr bequem sind, die Poͤnitenzberge zu besteigen. Sie sind, um ihnen noch mehr Heiligkeit zu geben, mit Nerven aus den Stielen ihrer heiligsten Blume Tarate durchflochten. Jza Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. Jza Takano Dsjusu, ihr Rosenkranz, der aus rauhen Kuͤgelchen zusammenge- sezt ist. Diese Erfindung koͤmt aber auch nicht vom Stifter her, sondern die Priester ha- ben sie in spaͤter Zeit aus eigner Bewegung angenommen. Eine Abbildung dieses Rosenkran- zes findet man auf der achten Tafel, der Charte von Japan, zur Seite. Kongo Dsuje, ein dicker Stab, dessen sie sich sehr bequem bedienen, wenn sie den Berg Omine heransteigen. Die Vornehmsten unter den Jammabos tragen ihr Haupthaar hinterwaͤrts abge- strichen, und kurz abgeschnitten. Die vom schlechten Range aber binden es unabgeschnitten hinten zusammen. Viele lassen sich die Haare ganz wegscheeren, welches auch besonders die Neulinge und Kinder in dieser Sekte thun, zur Nachahmung der Budsdopriester, welche diese Gewonheit zuerst eingefuͤhrt haben. Diese sintoischen Eremiten sind jezt von der strengen und rauhen Lebensart ihrer Vorfahren weit abgewichen. Diese folgten nach dem Beyspiel ihres Stifters und den von ihm festgesezten Regeln. Sie lebten blos von Wurzeln und Kraͤutern, die sie in Buͤschen und Bergen aufsuchten, und brachten ihr Leben mit bestaͤndigem Wandern, mit Abwaschen in kaltem Wasser, mit Reinigen und Kasteyen des Leibs zu. Jezt sind sie von dieser Strenge ihres urspruͤnglichen Geluͤbdes weit abgewichen, und haben neben den vaͤterlichen Goͤttern auch noch einige andere von den Budsdo (die nemlich fuͤr die kraͤftigsten und wun- dervolsten von ihnen gehalten wurden) in ihrer Theologie mit aufgenommen. Bald darauf fiengen sie auch an, sich mit besondern magischen Kuͤnsten abzugeben. Sie gaben nemlich vor, daß sie durch gewisse Ceremonien und kraͤftige Worte die Gewalt der einheimischen und auslaͤndischen ( Sinto’s und Budsdo ) Goͤtter gebrauchen, boͤse Geister beschaͤmen und ver- zagen, verborgene Dinge erforschen und viele andere uͤbernatuͤrliche Dinge auswirken koͤnten. Zu diesen lassen sie sich durchs ganze Reich gebrauchen. Sie zeigen Diebe und gestohlne Sachen an, sie sagen den Ausgang zweifelhafter Dinge vorher, sie legen die Traͤume aus, sie heilen Krankheiten, wenn sie alle Aerzte aufgegeben haben, sie weisen die thaͤter begang- ner Verbrechen an, sie entdecken die Schuld oder Unschuld eines Beschuldigten und was dergleichen Wunder mehr sind. Jhre Verfahrungsart bey einigen derselben zu erzaͤhlen halt ich nicht unwichtig. Bey Krankheiten verhalten sie sich ohngefehr auf folgende Art. Der Kranke mus zuerst dem Jammabo eine genaue und volstaͤndige Nachricht von seinem Uebel geben. Dieser be- schreibt es alsdann mit besondern Charactern, die ein Verhaͤltnis zu der Constitution und dem Zustande des Kranken haben. Das Stuͤk Papier, auf dem diese Beschreibung steht, legt er vor den Goͤtzen, und macht dabey seine besondern Ceremonien, deren Kraft alsdenn in das Papier sich hineinzieht. Der Fuͤnft. Kap. Von den Jammabos oder Bergpriestern ꝛc. Der Jammabo verfertigt alsdann aus diesem Papier Pillen, von denen der Pa- tient alle Morgen eine niederschlucken und Wasser dazu trinken mus, welches aber gleich- fals mit gewissen geheimnisvollen Ceremonien und gegen die Weltgegend gewandt, die der Priester angiebt, mus geschoͤpft werden. Diese Charakterenpillen heißen Goof. Jn jeder Krankheit mus noch auf besondre Art verfahren werden. Selten nimt man zu diesem geheimnisvollen Mittel seine Zuflucht, außer in den allergefaͤhrlichsten Krankheiten, wenn schon alle Hofnung von natuͤrlichen Mitteln aufgegeben ist. Die Entdeckung der Schuld oder Unschuld solcher Personen, die im Verdacht ei- nes Verbrechens sind, geschieht theils durch das Aussprechen gewisser heiligen und bestim- ten Worte, theils und vorzuͤglich durch die Gegenwart eines in rothen Flammen sitzenden Goͤtzens Fudo. Diese Probe wird aber nur insgeheim und meistens nur bey Bedienten, nicht aber gerichtlich vorgenommen, wie bey den Siamern, den Brachmanen und andern Heiden die Wasserprobe uͤblich ist, die auch wol unter uns Christen bey der Hexenbrennerey gebraucht wird. Sie geschieht entweder nur durch eine Art von Beschwoͤrung, oder durch die Feuerprobe, oder durch das Trinken von Khumano no Goo. Wenn das erste, oder das bloße Beschwoͤren sich kraftlos beweist; so versucht man es mit der Feuerprobe. Man macht nemlich ein Kohlfeuer in der Laͤnge einer Klafter, durch welches die beschuldigte Person dreimal durchgehn mus. Bleibt sie alsdan ganz unbeschaͤdigt, so wird sie fuͤr un- bezweifelt unschuldig erkant. Das Trinken von Khumano no goo ist ein Beweis der Unschuld und auch das Mittel, das Bekaͤntnis von einem fuͤr schuldig schon Erkanten herauszubringen. Goo ist ein Papier, das mit verschiednen Charaktern beschrieben, mit einigen schwarzen Voͤgeln z. E. Raben, besezt, und mit den Petschafts der Jammabos bekraͤftigt ist. Der Aberglaube macht von diesem heiligen Papier mancherlei Gebrauch, unter andern pflegt man es an die Hauspfosten zu kleben, um boͤse Geister abzuwehren. Diese Papiere werden von den Jammabos aller Art verfertigt, aber die kraͤftigsten kommen aus Khumano, daher der Name. Von diesem Papier wird ein abgerissenes Stuͤk dem Beschuldigten in Wasser zu trinken gegeben, welcher dann dadurch so grausam gequaͤlt wird, daß er sich nicht anders, als durch ein aufrichtiges Bekaͤntnis, fals er schuldig ist, helfen kan. Die Jammabos koͤnnen noch viel mehr Dinge mit diesem wunderbaren Papier machen. Sie behandeln damit gluͤende Kohlen und Eisen, ohne sich die mindeste Verletzung zu zu ziehn; sie loͤschen das staͤrkste Feuer damit aus; sie machen kalt Wasser siedend, und siedendes kalt; sie wissen den Saͤbel eines tollen Menschen in seiner Scheide so zu bevestigen, daß er ihn nicht heraus bringen kan; sie pariren damit den staͤrksten Hieben aus, u. s. w. Alles dieses machen sie entweder durch Verblendung ihrer Zuschauer, oder es sind wirkliche Geheimnisse O o der Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. der Natur. Sie nennen dies Alles Jnmassa d. i. Beschwoͤrungsschlagen. Es besteht vornemlich darin, daß sie unter dem Murmeln gewisser Formeln mit Haͤnden und Fingern gewisse Figuren eines Tiegers, Krokodils und andrer gewaltigen Thiere in einem Augenblik vorstellen und wieder in andre verwandeln. Hiemit und mit Veraͤnderungen und verschied- nen Erhebungen der Stimme fahren sie so lange fort und dringen mit Kreuzhieben (wie sie es nennen) auf ihr Objekt ein, bis sie alle Hindernisse uͤberwunden und den gewuͤnschten Zwek erreicht haben. Jhre vornehmste, wichtigste und geheimnisvolste Beschwoͤrung ist, wenn sie mit beiden Haͤnden und zusammengeflochtenen Fingern die Si Tenno oder die vier kraͤftigsten und wunderbarsten Goͤtter des drei und dreißigsten oder lezten Himmels vorstellen. Die Figur ihrer Finger ist alsdan so eingerichtet, daß die beiden Mittelfinger einer gegen den andern meist perpendikulaͤr gerade in die Hoͤhe gerichtet sind. Die beiden Nebenfinger fassen sich durchkreuzend so einander an, daß sie gerade die vier Seiten der Welt und damit auch einen der vier Goͤtter bezeichnen, welche von den Jammabos genant werden: Tam- monden, Dsigackten, Sosjoden und Kamokten. Die beiden gerade emporstehenden Mittelfinger dienen auch zugleich zu einem Perspektiv, durch welches die Jammabos die Geister und Krankheiten untersuchen, und den Kitz oder den Fuchs und die Ma d. i. die boͤsen Geister oder Teufel im Leibe der Menschen sehn und unterscheiden koͤnnen; und wornach sie alsdan beurtheilen, welches die kraͤftigsten Mittel sind, wodurch er am besten koͤnne vertrieben werden? Diese Figur der beiden Mittelfinger bedeutet aber auch noch Fudo Miowo d. i. den heiligen großen Fudo. Dieser war ein Jjosja, oder ein maͤchtiger Buͤßer in die- sem Orden, der unter andern Plagen, mit denen er sich taͤglich kasteiete, auch sich unver- sehrt in der Feuersflamme brante. Durch dessen Kraft glauben die Jammabos nicht nur die Kraft des Feuers aufzuhalten, sondern auch zu beherschen, und sich desselben zu ihren Zwecken zu bedienen. Sie pflegen vor dem Goͤtzenbild dieses Fudo ein Laͤmpgen mit Oel, das aus einer schwarzen giftigen Eidexe gemacht ist, anzuzuͤnden. Jmori Jn Scheuchzers Uebersetzung steht Jnari. ist der Name dieser Eidexe, sie hat einen rothen Bauch und haͤlt sich im Wasser auf. Die Jammabos machen zwar aus ihren Beschwoͤrungen und Zaubereien gewoͤhn- lich ein sehr großes Geheimnis. Jndes uͤberlassen sie dieselben doch auch Andern gegen gute Belohnung, wie die Gaukler ihre Taschenspielereien zu lehren pflegen, doch unter der Be- dingung einer strengen Verschwiegenheit. Die Nachrichten, die ich in diesem Kapitel mit- getheilt, habe ich von einem jungen dieser Dinge wohlkundigen Japaner erhalten, der mein Schuͤler Fuͤnft. Kap. Von den Jammabos oder Bergpriestern ꝛc. Schuͤler in Physik und Chirurgie war. Dieser war auch vorher bey diesen Professoren der Zauberey in die Schule gegangen. Ehe er zu den Geheimnissen zugelassen wurde, muste er vorher eine sechstaͤgige Probe ausstehn. Er durfte waͤhrend derselben nichts genießen, was gelebt hatte, und muste sich nur mit Kraͤutern und Reis behelfen. Ferner muste er sich taͤglich siebenmal in kaltem Wasser abwaschen, auch 780 mal auf den Knien und Fersen niedersitzen und sich wieder aufrichten, zugleich auch beide Haͤnde zusammengeschlossen uͤber das Haupt empor heben. Dies leztere Auf-und Niedersitzen war ihm das haͤrteste. Denn wenn er sich zwei bis dreihundert mal auf und nieder gerichtet hatte, war ihm der Schweis den Ruͤcken hinab gelaufen, und er fand sich so ermuͤdet, daß er in den lezten Tagen seinen Meistern gern entlaufen waͤre, wenn er nicht als ein junger, starker und gesunder Mensch mehr aus Scham als aus Liebe zur Kunst und den Geheimnissen doch die Probe ausge- halten haͤtte. Hier sindet sich eine große Luͤcke in meinen Handschriften. Beide schließen hier das fuͤnfte Kapitel, und Alles folgende findet sich blos in der englischen Uebersetzung. Da ich aber nicht zweiflen kan, daß es auch von K. herruͤhre|, und da es an sich nicht unwichtig ist, so habe ich kein Bedenken getragen, es in meinen Text einzuruͤcken. Wie es zugeht, daß diese Stelle in meinen beiden Hand- schriften fehlt? begreif ich nicht. Jch werde mich bemuͤhen, sie, wo moͤglich, noch aus der Origi- nalhandschrift im Museo Britannico zu erhalten, und alsdenn, wenn es der Muͤhe werth seyn solte, dem Leser im zweiten Theile dieses Werks mit- heilen. Denn ich glaube vermuthen zu duͤrfen, daß Scheuchzer hier nach seiner Gewonheit Vieles zu- gesetzt und erweitert hat. Zudem verdient eine so sonderbare Societaͤt von Blinden wohl, daß man die Erzaͤhlung davon etwas kritisch untersucht. Die schon oben vorgenommene Erwaͤhnung dieser Blinden (die sich in beiden Handschristen befindet) ist indes Beweis genug, daß die Stelle uͤberhaupt von Kaͤmpfer herruͤhrt. Jch habe sie also in den Text aufgenommen, aber durch “unterschieden. Das Uebrige dieses Kapitels ist zwar in meinen beiden Mascpten und Scheuchzer ganz gleichfoͤr- mig; nur findet sich im Mascpt des Neffen eine andre Ordnung als im Mascpt des Oheims und im Scheuchzer. Jch habe die leztere beibehalten. „Soweit von den Jammabos. Es giebt nun außer denselben noch eine Menge „religioͤser Geselschaften und Orden in diesem Lande. Eine eben so ausfuͤhrliche Nachricht „von denselben wuͤrde dies Kapitel zu sehr anschwellen. Die aberglaͤubische Verehrung, „welche die Geistlichen vom Poͤbel erhalten, die Bequemlichkeit und Annehmlichkeit des „geistlichen Standes haben die Zahl praͤchtiger Tempel, reicher Kloͤster und geistlicher Haͤu- „ser, in denen unter dem Schein einer religioͤsen Entfernung von der Welt sich die Moͤnche „blos einem wolluͤstigen, muͤßigen Leben uͤberlassen, — bis zum Erstaunen vermehrt. Es „giebt aber auch einige Geselschaften, die nicht durchaus geistlich und nicht blos auf Moͤnche „beschraͤnkt sind. Sie sind vermischter Natur und haben einen Zusaz von Weltlichkeit. O o 2 „Unter Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. „Unter mehrern dieser Art ist besonders die Geselschaft der Blinden unsrer Betrachtung „nicht unwerth. Dies ist eine sehr alte und zahlreiche Geselschaft, die aus Personen von „allen Staͤnden und Metier besteht. Urspruͤnglich machten sie alle ein Corps aus: nach- „her aber zertheilten sie sich in zwei verschiedne Geselschaften, von denen die eine Feekisado „oder die blinden Fekis, die andre aber Bussetz Sago oder die blinden Bussetz heist. „Es wird nicht unnuͤz seyn den Ursprung und die Verfassung von beiden etwas zu erklaͤren. „Die Bussetz Sado mus zuerst betrachtet werden, weil sie vom aͤltsten Ursprung ist. „Diese Geselschaft besteht jezt meistens aus Geistlichen, deren Regeln und Gebraͤuche von „denen der Jammabos nicht sehr abweichen. Der Stifter war Sennimar der dritte „(oder nach Andern der vierte ) Sohn des Kaisers Jengino Mikaddo. Er war ein „Juͤngling von ganz ausnehmender Schoͤnheit, und deswegen von Allen, die ihm nahe ka- „men, ganz ausnehmend geliebt. Auch eine Prinzessin vom kaiserlichen Stam empfand „eine ausnehmende Liebe fuͤr ihn. Jhre Schoͤnheit und Tugend wurden bald eben so un- „widerstehliche Reize fuͤr den jungen Prinzen, als seine vortreflichen Eigenschaften fuͤr sie. „Einige Zeit genossen die gluͤklichen Liebhaber alles Vergnuͤgen der gegenseitigen Liebe und „Freundschaft, als ploͤzlich der Tod der Prinzessin es unterbrach. Sennimar nahm die- „ses so sehr zu Herzen, daß er vor Kummer endlich sogar sein Gesicht verlohr. Um nun „das Andenken seiner so zaͤrtlich Geliebten zu erhalten und der Nachwelt zu melden, was „fuͤr eine gluͤkliche Wirkung sein unverstelter Kummer bey ihm hervorgebracht habe, beschlos „er, mit seines Vaters Erlaubnis und unter kaiserlichem Privilegium eine Geselschaft zu „errichten, in welche niemand aufgenommen werden solte, der nicht das Ungluͤk haͤtte, „durch Geburt oder Zufal blind zu seyn. Diese Absicht wurde bald in Ausfuͤhrung ge- „bracht. Die neu errichtete Geselschaft hatte einen ungemein gluͤklichen und bluͤhenden „Fortgang, und erwarb sich großen Ruhm am Hofe und im ganzen Reich. Einige Jahr- „hunderte hindurch blieb diese Geselschaft immer unter sich wohl vereinigt, bis endlich eine „neue Geselschaft der Feki Blinden entstand, welche in kurzer Zeit solche Vorzuͤge vor „der erstern bekam, daß sich die groͤsten Maͤnner des Reichs, die das Ungluͤk hatten, blind „zu seyn, in dieselbe begaben. Die andre verlohr dadurch viel von ihrem Ansehn, und „wurde auch in der Zahl sehr herabgesetzt, und besteht jezt nur allein aus geistlichen Perso- „nen, die Feki Blinden sind seit ihrer Entstehung im ununterbrochnen Besiz aller der „Achtung und des Ansehns geblieben, welche die Bussatz vorher besaßen. Ja je mehr sie „zahlreich wurden, desto mehr haben sie auch immer an Ansehn zugenommen. Sie sind „zuerst in den buͤrgerlichen Kriegen zwischen den Fekis und Gendzi’s Feki und Gendzi sind ein paar maͤchtige Familien des Reichs, wie Kaͤmpfer schon oben (S. 220) erwaͤhnt hat. entstanden, die „beide Fuͤnft. Kap. Von den Jammabos oder Bergpriestern ꝛc. „beide um das Reich kaͤmpften. Ganze Baͤnde sind uͤber die langen und blutigen Strei- „tigkeiten dieser ehmals so beruͤhmten und maͤchtigen Parteien und uͤber das mannichfache „Elend, das sie im Reiche verbreitet haben, geschrieben worden. Da die Sache des Feki „und seiner Anhaͤnger dem damals regierenden Dairi gerechter schien, als die der Gendzi; „so fand er sich in seinem Gewissen verbunden sie zu unterstuͤtzen, welches er auch mit so vie- „lem Nachdruk that, daß Gendzi und seine Partei voͤllig geschlagen, und fast ganz vertilgt „wurde. Wie aber das gute Gluͤk gemeiniglich von Stolz und Ehrgeiz begleitet ist; so ver- „gaß auch der Feki bald seine Verbindlichkeit gegen den Dairi, und betrug sich mit soviel „Stolz und Undankbarkeit, daß dieser beschlos, die fast ganz gesunkne Partei der Gendzi „wieder zu heben. Er versprach ihnen alle Arten von Beistand, wenn sie noch einmal alle „ihre Kraͤfte zusammenfassen und gegen den Feki und seine Partei zu Felde ziehn wolte.‟ „Nun wurde das Schiksal bald geaͤndert, die Gendzis lieferten eine Schlacht, „worin sie einen ganz entscheidenden Sieg erhielten. Feki selbst wurde bey Simonosaki „geschlagen. Seine ganze Armee fast blieb auf dem Platz, und nur wenige entkamen. „Unter diesen war auch Kakekigo, ein wegen seiner Tapferkeit und uͤbernatuͤrlichen Staͤrke „sehr beruͤhmter General. Man glaubte, daß er diese besondre Staͤrke vom Quanwon „erhalten habe, wegen seiner vorzuͤglichen Verehrung dieses Gottes. Dieser General ent- „wischte in einem kleinen Boot. Joritomo, General der Gendzis, ein sehr entschlosse- „ner Krieger, wuste wohl, wie wichtig es fuͤr seine Partei sey, sich der Person des Kakekigo „zu bemaͤchtigen; da er ohne dieses seinen Sieg noch immer fuͤr unvolstaͤndig hielt, so lies „er ihn verfolgen und gefangen nehmen. Jndes begegnete er ihm sehr guͤtig, wie er vor „ihn gebracht wurde. Er erzeigte ihm alle die Achtung, die sein Rang und Charakter fo- „derten, und schraͤnkte ihn so wenig ein, daß Kakekigo verschiedenemal Gelegenheit fand „zu entwischen, aber allemal wieder gefangen wurde. Der edelmuͤthige Joritomo hatte „gar nicht die Absicht seinen Feind und Gefangnen ums Leben zu bringen. Vielmehr setzte „er einen solchen Werth auf seine Freundschaft, daß er sich dieselbe fuͤr jeden Preis zu er- „kaufen vornahm. Als er ihm eines Tags sehr hart zusetzte in seine Dienste zu treten, auf „welche Bedingungen es ihm selbst gefiele; gab ihm der gefangne Feldherr folgende ent- „schlossene Antwort:‟ „Jch bin einmal der getreue Diener eines guͤtigen Herrn „gewesen. Nun er todt ist, sol sich auch kein andrer meiner Treue und Freund. „schaft ruͤhmen koͤnnen. Jch gestehe, daß ich dir große Verbindlichkeit schuldig „bin. Jch verdanke sogar mein Leben blos deiner Gnade. Und doch fuͤhle ich „mein Ungluͤk so sehr, daß ich meine Augen nicht auf dich richten kan, ohne den „Wunsch zu empfinden, dir den Kopf abzuhauen und dadurch meinen Herrn „und mich zu raͤchen. Diese dir gefaͤhrlichen Werkzeuge, meine Augen, also O o 3 „wil Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. „wil ich dir uͤbergeben, als das einzige Zeichen meiner Dankbarkeit, das mein un- „gluͤklicher Zustand mir erlaubt, dir fuͤr ein so großmuͤthiges Betragen an- „zubieten.‟ „So sprach Er, riß sich beide Augen aus, und praͤsentirte sie auf einem Teller „dem Joritomo, gleich jenem kuͤhnen Roͤmer, der im Angesicht des Porsenna auf dem „Altar seine Rechte selbst verbrante. Joritomo erstaunte uͤber so viel Großmuth und „Entschlossenheit, und sezte den gefangnen General sogleich in Freiheit. Dieser begab sich „nun in die Provinz Fjuga, wo er auf der Bywa, einem in Japan uͤblichen besondern „musikalischen Jnstrument spielen lernte. Er errichtete zugleich die Geselschaft der Feki „Blinden, und wurde der erste Kengio oder das Haupt derselben.‟ „Diese Nachricht geben die japanischen Geschichtschreiber von der urspruͤnglichen „Einrichtung dieser Geselschaft, welche nachher immer zahlreicher geworden ist, und nun- „mehr aus Personen von jedem Stande und Lebensart besteht. Sie scheren sich das Haupt „eben wie die Busse-Sado oder die geistlichen Blinden. Da sie aber uͤbrigens weltliche „Personen bleiben, so tragen sie auch weltliche Kleider, die aber doch von der gewoͤhnlichen „Kleidung der Japaner sich auszeichnen, auch unter ihnen selbst nach eines jeden Rang „und Wuͤrde sehr verschieden sind. Sie leben nicht vom Almosen, sondern sie suchen, nach „ihren verschiednen Faͤhigkeiten, sich selbst ihren Unterhalt zu gewinnen, und waͤhlen ver- „schiedne Beschaͤftigungen, die mit ihrem ungluͤklichen Zustande bestehn koͤnnen. Einige „legen sich auf Musik, und uͤben dieselbe an den Hoͤfen der Fuͤrsten und großen Herrn, oder „bei feyerlichen Gelegenheiten, Festen, Processionen u. s. w. aus. Wer einmal als Mit- „glied dieser Geselschaft aufgenommen ist, mus es auch waͤhrend seines ganzen Lebens blei- „ben. Sie sind durchs ganze Reich zerstreuet, ihr General aber residirt immer in Miaco, „wo auch die Casse der Geselschaft ist. Dieser General heist Osiokf, und der Dairi hat „ihm 4300 Tails zu seinem Unterhalt ausgesezt. Er regiert die ganze Geselschaft, und hat „zehn Raͤthe zu Gehuͤlfen, die Siu Ro heißen, welches soviel ohngefehr als der englische „ Alderman bedeutet, unter denen er, der General, selbst der aͤlteste ist. Sie residiren „alle in Miaco, und haben in Verbindung mit dem General Macht uͤber Leben und Tod, „nur mit dieser Einschraͤnkung, daß niemand durch sie hingerichtet werden kan, wenn ihr Aus- „spruch nicht gebilligt und durch den obersten Richter in Miaco unterzeichnet ist. Dieser „Rath bestimt oft die untern Bedienten, die in verschiednen Provinzen residiren. Einige „derselben heißen Kengio d. i. Provinzialvaͤter, da jeder in seinem Bezirk ohngefehr das ist, „was der General fuͤr die ganze Geselschaft. Anfangs fuͤhrte nur der Stifter den Namen „ Kengio. Da aber die Geselschaft in der Folge der Zeit immer zahlreicher wurde, so wurde „es noͤthig gefunden, die Regierung zu aͤndern, und einen Gerichtshof festzusetzen, der uͤber „die Fuͤnft. Kap. Von den Jammabos oder Bergpriestern ꝛc. „die Kengios regieren solte. Jeder dieser Kengio hat seine Koto’s, wie man sie nennt, „um ihm zu rathen und beyzustehn. Zu Nagasacki ist ein Kengio und zwei Koto’s, unter „deren Befehl alle Blinden der Stadt und umliegenden Gegend stehn. Die Kengio’s „und Koto’s haben noch verschiedne Bediente unter sich, die Sjibun heißen, und wieder „einer dem andern subordinirt sind. Sie unterscheiden sich vom Haufen der gemeinen Blin- „den dadurch, daß sie lange Hosen tragen. Da es verschiedne Stuffen von Rang und „Titel unter ihnen giebt; so muͤssen sie sich alle fuͤnf Jahre einen neuen Quan d. i. einen „neuen und hoͤhern Titel von ihrem Kengio fuͤr 20 bis 50 Tails kaufen. Wenn sie dieses „versaͤumen, oder zu bezahlen nicht im Stande sind, werden sie in einen geringern Rang „herabgesezt. Der große Haufe aller Blinden fuͤhrt einen algemeinen Namen Mukwan. „Diese tragen keine Hosen, und sind in vier Quans d. i. Classen, Rangordnungen, vertheilt. „Die von der vierten und lezten Classe sind faͤhig Sjibuns zu werden, von welcher Wuͤrde „sie dann nach und nach zur Stelle eines Koto, Kengio u. s. w. hinaufsteigen. Oft „hebt sie Geld und Gunst geschwinder, als gewoͤhnlich.‟ Sechstes Kapitel. Von den Budsdo, oder der auslaͤndischen heidni- schen Religion, und derselben Stifter und Anhaͤngern. — Auch vom Confuzius und seiner Lehre. F remde Goͤtter werden in Japan Buds oder Fotoke genant, um sie von den Sin und Kame zu unterscheiden, die von Alters her im Lande verehrt wurden. Die Charaktere, womit diese Worte geschrieben werden, sind auch von den Charakteren der Sin und Kame ganz verschieden. Budsdo heist im buchstaͤblichen Sin des Worts: Goͤtzenweg, idolorum cultus, d. i. der Glaube, der Weg und die Manier diese fremden Goͤtzen anzubaͤten, und durch Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. durch sie die ewige Wohlfahrt zu erlangen. Dies Wort wird von den Sinesern auch Buddah und von den Japanern auch Budsda gelesen, aber selten so ausgesprochen. Der erste Stam dieser Religion ist nirgend anders als bei den indischen Brah- manen zu finden. Dieser ihre Lehre hat gleich dem indischen Feigenbaum von ihren weit verbreiteten Aesten und Zweigen immer neue Wurzeln abgelassen und fortgefuͤhrt, bis sie endlich auch die aͤußersten Graͤnzen des Ostens erreicht und erfuͤllt hat. Der Stifter und erste Urheber dieser Heiden, von dem sie und ihre Religion auch den Namen zu fuͤhren scheinen, ist, meiner Meinung nach, eben der, welcher bey den Brahmanen, Budsa heist, und den sie fuͤr einen großen Theil der Gottheit des Wist- thnu halten. Diese sol in seiner Person und Namen sich zum neuntenmal Jm Mascpt des Neffen steht zum vierten- mal; ich folge aber dem Mascpt des Oheims und der englischen Uebersetzung, die beide: zum neun- tenmal, haben. mit Fleisch bekleidet haben, und auf dieser Erden erschienen seyn. Er wird von denen Sinesern und Japanern Buds und Sjaka genant, obgleich jener Name durch den Gebrauch ein ganz algemeines Wort geworden ist, mit dem man alle auslaͤndische Goͤtzen, und andre heilige Maͤnner und Lehrer benahmt. Der Sjaka heist Kaͤmpfer hat dieses schon oben S. 46 u. s. w. erzaͤhlt, Doch sind auch die Namen etwas anders geschrieben. Eine kleine Verschiedenheit, uͤber die sich der Leser bey siamischen und pegusi- schen Namen nicht wundern wird. bey den gemeinen Siamern auch Prah Pudi Dsau d. i. der heilige Herr und bey den Gelehrten in ihrer Pali- oder Bibelsprache Sammana Kho- dum oder auf Pegusisch Sammana Khutama. Sein Vaterland war Magatta Kokf d. i. Makatta, eine Provinz im Lande Tensiko, welches nach dem Buchstaben be- deutet: Himmelsland. Die Japaner verstehn unter diesem Namen besonders und eigent- lich Zeilon, die Kuͤsten Malabar und Coromandel, und uͤberhaupt alles feste Land und alle Jnseln von Asien, (die ehemals waren oder noch jezt existiren) welche schwarze Bewoh- ner haben. Hieher gehoͤren also Malacca, Pegu, Siam, Java, Sumatra, u. s. w. Er wurde gebohren am 8ten Tage des 4ten Monats im 26ten Jahre der Regie- rung des japanischen Kaisers Soowo, des vierten Successors des hier so beruͤhmten Suno Buo. Dies ist das Jahr 1029 vor der Geburt unsers Heilandes nach der Rechnung der Siamer. Jm J. Christi 1690, wie ich in Siam war, zaͤhlte man 2232 Jahr nach ihrem Budsa, und wenn dieser also der Sjaka waͤre, so wuͤrden nur 542 Jahre zwischen seiner und Christi Geburt seyn. Nach der Japaner Rechnung faͤlt das Geburtsjahr dieses gro- ßen Religionsstifters in 1027 vor Christo. Seinen Vater nennen sie einen Koͤnig in dem erwaͤhn- Sechst. K. Von den Budsdo, oder der auslaͤndis. heidnis. Religion. erwaͤhnten Makatta Kokf, einem Reiche des Landes Tensikf, welches meiner Vermu- thung nach Zeilon ist, obgleich der gemeine Mann in Japan auch Siam pflegt Ma- katta Kokf zu nennen. Als Sjaka neunzehn Jahr alt war, verließ er seinen Pallast, seine Gemahlin und einen einzigen Sohn, und machte sich zum Schuͤler eines beruͤhmten Eremitens oder Pilgrims Arara Sennin, der auf der Hoͤhe des Berges Dandokf, in der Provinz Dan- daktsju, am Flusse Batto Daiga wohnte. Unter der strengen Anfuͤhrung dieses Heiligen brachte er neun und vierzig Jahre lang in ununterbrochner Betrachtung himlischer und geistiger Dinge zu. Er befand sich dabey bestaͤndig in derjenigen Lage des Koͤrpers, die zwar an sich sehr unbequem, aber zu geistlichen Betrachtungen besonders vortheilhaft gehalten wird. Dies ist eine Art zu sitzen, da die Fuͤße unnatuͤrlich uͤber einander liegen, und gleichsam in einander geflochten sind, die Haͤnde aber im Schooß gefalten ruhn, doch so, daß die Dau- men, aufgehoben, mit den Spitzen gegen einander anstoßen. Die Wirkung dieser Lage des Koͤrpers sol seyn, daß die Gedanken allem Jrdischen mit groͤster Kraft entzogen werden, und daß der Koͤrper gleichsam sinloß ist, und durch keine aͤußere Gegenstaͤnde geruͤhrt wird. Dieser tiefe Enthusiasmus, worin sich alsdenn der Betrachter befindet, heist bey ihnen Safen, und die in demselben ausgefundne Wahrheit oder erhaltne Offenbahrung Satori. Diese war bey dem heiligen Sjaka so vorzuͤglich, daß er die Lage und innere Beschaffen- heiten vom Himmel und Hoͤlle, den Zustand der entleibten Seelen, ihre metempsychosische Verwandlungen, den Weg zur Seligkeit, die Regierung der Goͤtter und eine Menge an- derer uͤbernatuͤrlichen Dinge dadurch ganz deutlich und genau ausforschte. Diese theilte er dann seinen Schuͤlern mit, die sich, um derselben theilhaftig zu werden, in großer Zahl zu seiner Zucht und Lehre begaben, und eben so eine strenge Lebensart, wie Er, fuͤhrten. Sjaka wurde 79 Jahr alt, und starb am 15ten Tage des 2ten Monats, im 950sten Jahre vor unsers Seligmachers Geburt. Jch mus uͤber diesen Sjaka (von dem man so widersprechende Berichte hat) nochmals auf das verweisen, was K. schen oben (besonders S. 48) von ihm gesagt hat. Eine genauere Untersuchung uͤber seine Geschichte und Lehre behalt ich meinen Zusaͤtzen vor. Die wesentlichsten seiner Lehren sind folgende: 1. Die Seelen der Menschen und der Thiere sind unsterblich. Beide sind gleiches Wesens, und nur in dieser Welt dadurch unterschieden, daß sie mit verschiednen Werkzeu- gen versehn, und in verschiedne Koͤrper placirt sind. P p 2. Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. 2. Die Seelen der Menschen empfangen nach dem Tode ihren Lohn, den sie in ihrem Leben und durch ihre Handlungen verdient haben, in Orten der Seligkeit oder des Elends. 3. Der Ort der Seligkeit heist Gokurakf d. i. ewige Froͤhligkeit. Er ist nach dem verschiedenen Verdienst der Goͤtter und Seelen in viele Classen abgetheilt, die an Herrlichkeit und Freude sehr verschieden, doch durchaus so damit erfuͤlt sind, daß jeder sei- nen Ort fuͤr den besten haͤlt, und ihn nicht mit einem andern zu verwechseln Lust hat, sondern nur wuͤnscht, seiner Seligkeit ewig zu genießen. 4. Der hoͤchste und oberste Regierer dieser Himmel ist der Gott Amida, dessen Lehre erst kurz nach der Himmelfahrt Christi von den Brachmanen eingefuͤhrt ist. Dieser Vater der Seligen und algemeine Patron aller Geister. Er ist der wahre Mittler der Menschen, welche durch Anrufung seines heiligen Namens Ablas und Vergebung ihrer Schuld erhal- ten, und zu der Seligkeit gelangen. Der dem Amida wohlgefaͤllige und der einige Weg zur Seligkeit zu gelangen, sol ein tugendhaftes Leben seyn, welches in der Vermeidung Alles dessen besteht, das Amida als suͤndlich verboten hat. Alle diese Verbote sind in fuͤnf Hauptstuͤcken begriffen, die Gokai d. i. fuͤnf Warnungen genant werden, und die jeder einfaͤltige, aberglaͤubige Mensch als die be- staͤndige Richtschnur seines Lebens immer vor Augen haben sol. Diese Gebote sind folgende: 1. Se Seo, das Verbot nichts zu toͤdten, was Leben in sich hat. 2. Tsu To, das Verbot nicht zu stehlen. 3. Sjajin, das Verbot nicht zu huren. 4. Mogo, das Verbot nicht zu luͤgen. 5. Sechst. K. Von den Budsdo, oder der auslaͤndis. heidnis. Religion. 5. Onsju, das Verbot keine starke Getraͤnke zu sich zu nehmen. Dieses leztre ist von dem Saka besonders als das erste und vornehmste Gebot an seine Schuͤler recommandirt worden. Auf diese vornehmste und algemeine Regeln folgen nun die Sikkai, d. i. zehn Erinnerungen, welche aber blos in genauerer Vertheilung der vorigen fuͤnf Gebote und deren Anwendung auf besondre Faͤlle bestehn. Aus diesen sind nun noch immer mehr Abtheilungen fuͤr gelehrtere und tugendhaf- tere Menschen gemacht, und daraus ist eine immer genauere Specifikation besondrer Tugen- den und Untugenden (nach der Einrichtung einer ordentlichen Ethik ) entstanden, und diese sind immer mehr in Classen und zu hoͤherer Anzahl gebracht worden, bis daraus endlich entstanden: Go Fiak Kai d. i. fuͤnfhundert Warnungen. Zu diesen verbinden sich allein die Geistlichen, die einen ganz vorzuͤglichen Rang der Seligkeit zu erlangen suchen. Diese beobachten eine so strenge und so genau abgetheilte Diaͤt; eine solche Bezwingung aller Af- fekten und eine so ausnehmende Enthaltsamkeit, daß auch nur wenige Priester zur hoͤch- sten Volkommenheit in Beobachtung aller dieser strengen Regeln gelangen koͤnnen. Ein jeder, (er sey geistlichen oder weltlichen Standes) wer durch ein suͤndliches Le- ben sich des Himmels und seiner Freuden unfaͤhig gemacht hat, der empfaͤngt seinen Lohn in einem hoͤllischen Lande, Dsigokf genant, doch allemal nur auf eine gewisse nach Verhaͤltnis bestimte Zeit. Diese japanische Hoͤlle ist auch in verschiedne Classen der Pein und der Plagen eingetheilt, damit ein Jeder nach Verschiedenheit seiner Suͤnde, Alters, Gewerbe und Verbrechen moͤge koͤnnen gestraft werden. Ueber dieses Reich der Missethaͤter und Verbrecher hat die oberste Aufsicht der Jemma, oder gemeiniglich mit einem hinzugefuͤg- ten majestaͤtischen Character, Jemma O genant, welchen Hoͤllenrichter die Brahma- ner, Siamer, Sineser mit eben diesem Character ausdruͤcken. Zur Erleichterung der hoͤllischen Plagen und Verkuͤrzung der Periode der Ver- damnis, in welcher sich die Seelen der Verstorbnen befinden, koͤnnen die Andachtsuͤbungen und guten Werke der nachgebliebnen Verwandten und Freunde sehr vieles beitragen; das Meiste aber die Vorbitten der Priester. Diese muͤssen an den Gott Amida gerichtet wer- den, welcher dann durch seine Vorsprache bey dem obersten Richter der hoͤllischen Justiz es dahin vermittelt, daß er von der Strenge seiner Gesetze etwas nachlaͤst, die Verdamten so gelinde, wie moͤglich, behandelt, und sie, sobald es sich thun laͤst, wieder in diese Welt zuruͤkkehren laͤst. P p 2 Wenn Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. Wenn nun die Seelen der Verdamten eine Zeitlang in diesen Gefaͤngnissen der Finsternis gewesen sind, und ihre Suͤnden genug gebuͤst haben; so werden sie durch das gerechte Urtheil des Jemma O wieder in die Welt geschikt, um von neuem Koͤrper, und zwar nicht der Menschen, sondern der Thiere zu bewohnen. Es werden hiezu auch allemal solche Thiere ausgewaͤhlt, welche eine gewisse Aehnlichkeit mit ihrem vorigen suͤndlichen Le- ben und Verbrechen haben; als Schlangen, Kroͤten, Jnsekten, Fische, Voͤgel oder haͤs- liche und verachtete vierfuͤßige Thiere. Wenn sie sich in diesen Leibern eine gewisse Zeit aufgehalten haben; so gehen sie wieder in volkomnere und bessere Thiere uͤber, bis sie end- lich wieder als Menschen geboren werden. Nun koͤmt es wieder auf das Verhalten dieser Seelen an, ob sie zur ewigen Seeligkeit gelangen werden, oder durch Suͤnde so verfallen, daß sie den ungluͤklichen Zirkel noch einmal durchlaufen muͤssen? Sjaka hatte, (wie ich schon gesagt habe) eine große Menge Schuͤler, unter de- nen verschiedne gelehrte und heilige Maͤnner waren, die zur immer weitern Ausbreitung dieser Lehre Vieles gethan haben, und immer neue Nachfolger und Eiferer nachzogen, bis endlich ganz Asien und auch dieser entfernteste Osten mit der neuen Lehre angefuͤlt war. Fuͤr die Vornehmsten dieser Lehrer haͤlt man Annan und Kasja, oder wie sie mit Hinzusetzung ihres Titels geschrieben werden, Annan Sonsja und Kasja Sonsja. Diese haben die muͤndlichen Lehren des Sjaka, und was sie unter seinen nachgelaßnen Baumblaͤttern als Mascpte fanden, in ein Buch zusammengefast, welches seiner Sau- berkeit wegen, und da man es mit der heiligen Tarate-Blume vergleicht, — Foke Kio d. i. schoͤner Blumen Buch genant wird. Dies ist die algemeine Bibel aller Lehren und Religionen am oͤstlichen Ufer des Ganges. Diese Samler haben sich dadurch auch die Ehre erworben, daß sie neben dem Sjaka verehrt, und ihre Bilder in den Tempeln und auf den Altaͤren neben des Bild des großen Lehrers, der eine zur Linken, der andre zur Rechten, gestelt sind. Ehe diese neue Religion sich durch Sina und Korea bis nach den japanischen Eylanden verbreitete, behalf man sich hier mit der einheimischen und urspruͤnglichen Sinsju oder Camereligion, in welcher der hauptsaͤchlichste und wesentlichste Weg der Seligkeit blos in der Walfart zu ihrem Tensjo Daisin in Jsje bestand, denen nachher nur noch einige apokryphische Fabeln der aͤltesten Goͤtterzeiten, die Verehrung verschiedner Cametempel und religioͤse Feste zugesezt wurden, welches Alles dann sich mit der zuneh- menden Politur in Kuͤnsten und Wissenschaften nach den Zeiten des| Symmo Tenno d. i. dem Jahr 662 vor Christo auch immer vermehrte. Vorher hatten diese Laͤnder (Sina und Japan) nur eine simple und einfaͤltige Tugendlehre, die sie von ihrem Tee Gjo d. i. Kaiser Gjo (der nach ihrer Chronologie 2359 Jahr vor Christi Geburt regierte) und dessen Sechst. K. Von den Budsdo, oder der auslaͤndis. heidnis. Religion. dessen Nachfolger Tee Sjuͤn Der Versasser hat von diesen beiden Kai- sern schon oben (S. 169) Mehrers beigebracht. Dort heist nur der Kaiser Gjo, Tai Gio. d. i. Kaiser Sjuͤn bekommen haben. Dieser war ein volstaͤndiger, wohldenkender und moralisch lebender Bauer, den der Kaiser Gjo seinen zwoͤlf Kindern (von denen zwei Toͤchter und zehn Soͤhne waren) vorzog und ihm die Regierung des Reichs auftrug. Diese beiden großen Kaiser waren die ersten Sesin, wodurch im eigentlichen Sin solche Philosophen verstanden werden, die ohne fremde Huͤlfe allein durch eigne Bemuͤhung die Weisheit und Wahrheit ausfinden. Es ist ein Misbrauch dieses edlen Worts, wenn man es nachher auch den ersten Theologen beigelegt hat. Erst viele Jahrhunderte nachher entstand die erste einheimische Theologie des gro- ßen Lehrers Roos. Jn Sokokf d. i. in der Provinz So, den 14ten Tag des neunten Monats im 346sten Jahre nach Sjaka, oder im 603ten vor Christi Geburt wurde Roos geboren. Er hat 81 Jahre im Mutterleibe zugebracht, kam daher als ein greishaarigt Kind zur Welt und erhielt den Namen Roosi d. i. Altkind. Nach seiner Geburt lebte er noch 84 Jahre. Jn ihm (glaubt man) wohnte durch die Metempsychose der Kasso Bosatz d. i. der Gott oder heilige Kasso, welcher des Saka aͤltester Schuͤler war. Da- her konte es denn diesem erleuchteten Geiste natuͤrlich nicht sehr schwer werden, von der Na- tur und Beschaffenheit der Goͤtter und Geister Vieles zu offenbaren, und das neugierige und zur Bewunderung so geneigte Volk mit der unerhoͤrten neuen Lehre von uͤbernatuͤrlichen Dingen an sich zu ziehn. Man vergleiche oben S. 187. Diese Lehre wurde gleich anfangs und noch in ihrem ersten Wachsthum wunder- thaͤtig unterstuͤzt, durch die scharfsinnige Weltweisheit eines unvergleichlichen Sesin, des Koosj, dessen Geburt in das 399ste Jahr nach Saka und in das 53ste nach der Geburt des Roos (der also damals noch am Leben war) einfaͤlt. Diese Geburt geschah am vierten Tage des eilften Monats, Hier fehlt das Jahr, nemlich 551 vor Christo. Siehe oben S. 188. nicht ohne besondre Merkmaale eines durchlauchtigen Ver- standes und eines kuͤnftigen Sesin. Denn man fand an seinem Haupte einige Mahlzeichen, die auch der Kaiser Gjo hatte; und die Figur seiner Stirn war eben wie bey dem Kaiser Sjuͤn. Wie er geboren wurde, hoͤrte man im Himmel Musik; und der ersten Abwaschung dieses Kindes wohnten zwei Drachen bey. Seine Groͤße war neun Sako, neun Sun; seine Gestalt ansehnlich und nach der Groͤße seines Verstandes proportionirt. Alle Fabeln abgerechnet, die sich in die Geschichte des Konfuzius (wie wir Eu- ropaͤer ihn nennen) eingeschlichen haben; so bleibt doch soviel gewis und ausgemacht, daß P p 3 er Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. er von ganz ungemeinem Verstande und der vortreflichste Philosoph war, der diese oͤstlichen Laͤnder noch bis auf den heutigen Tag erleuchtet. Seine Buͤcher und Lehren werden in denselben noch jezt Der englische Uebersetzer fuͤgt hinzu: „nun „schon seit 200 Jahren‟ ein Zusaz, der sehr unge- reimt seyn wuͤrde, wenn er nicht ein Schreibfeh- ler waͤre. Der franzoͤsische Uebersetzer hat ihn da- fuͤr angenommen, und mit Recht in 2000 verwan- delt. Jn meinen Handschriften findet sich gar keine Erwaͤhnung der Zeit. so werth gehalten, als wenn sie Confuzius (wie ehemals Sokrates seine Weisheit) vom Himmel geholt haͤtte. Die Landesregenten in Japan bauen und unterhalten seinem Gedaͤchtnis Ehrentempel. Der jetzige Kaiser hat zu meiner Zeit noch zwei in Jedo erbauet. Als er die lezte in eigener Person besuchte, hielt er an seine Reichsraͤthe und Hofbedienten eine Rede, worin er die großen Eigenschaften dieses Philosophen erhob und seine Regierungsgrundsaͤtze anpries. Sein Bild nimt allemal den ehrenvolsten Plaz in den Haͤusern der Philosophen ein, und sein Name wird von den Gelehrten nie ohne die groͤste Ehrfurcht ausgesprochen. Es war nicht zu bewundern, daß die natuͤrlichen und vernunftmaͤßigen Lehren und Vorschriften des weisen Confuzius, die uͤbernatuͤrlichen und ungereimten Chimaͤren und gezwungne Leibesstellungen des Roos und seiner Nachfolger bald niederrissen und einen gewaltigen Zulauf von Anhaͤngern aus allen Theilen des Reichs erhielten. Er starb im 73sten Eine Kleinigkeit, die bemerkt zu wer- den |verdient, ists, daß Kaͤmpfer oben (S. 189) und Andre den Confuzius im 74sten Jahre sterben lassen. Jahre seines Alters, und hinterlies viele erleuchtete Schuͤler und neue Lehrer, welche die Wissenschaft und Weisheit, die sie aus seinem Munde erhalten hatten, in Schrif- ten verfasten, und zugleich muͤndlich ausbreiteten. Diese Lehre wird dann auch noch bis auf den heutigen Tag unverfaͤlscht beibehalten, und als eine Hauptregel des Lebens unter dem Namen Sju oder Sjudo d. i. philosophischer Weg oder die Vorschrift des Le- bens befolgt. Auch andre, die sich zur Budsdo Lehre und andern fremden Religionen be- kennen, lesen und benutzen doch diese Schriften in der Policey, Sittenlehre und Natur- kunde, und verehren sie ohngefehr auf die Art, wie die Christen die Lehrschriften der Grie- chen und Roͤmer. Waͤhrend daß die Philosophie und gefaͤllige Lehre des Confuzius nun in China bluͤhte, und durch nachbarliche Kommunikation auch zu den Japanern uͤbergieng, wurden die Lande Laos und Siam nebst allem andern umliegenden sowol festen Lande als den Jnseln ganz mit der Lehre des Sjaka angefuͤlt. Jm Jahr nach Christo 63 kamen die ersten Lehrer und Sechst. K. Von den Budsdo, oder der auslaͤndis. heidnis. Religion. und Apostel dieses Glaubens nach Japan heruͤber, und erhielten einen Tempel, der nach den japanischen Schriftstellern, Fakubasi d. i. weißen Pferdes Tempel genant wurde, und auch noch jezt diesen Namen fuͤhrt. Er koͤmt daher, weil das Kio oder die Bibel der Sjaka-Glaͤubigen auf einem weißen Pferde aus Westindien Scheuchzer hat dies Wort weggelassen, vielleicht weil er es fuͤr einen Fehler hielt. Es findet sich aber in meinen beiden Mscpten und un- ser Verfasser wil damit ohne Zweifel kein andres Land, als das von ihm oft genug als das Vater- land der Lehre des Sjaka angegebne Jndien an der Ostseite des Ganges bezeichnen, das den Ja- panern westlich ist, und also hier natuͤrlich West- indien genant wird. Eine sogleich folgende Stel- le beweist dies noch mehr. uͤberbracht wurde. Es scheinet aber, daß diese neuen Lehrer damals wegen der mit vollem Glanze scheinenden Phi- losophie des Confuzius wenig Eingang finden konten, bis endlich im Jahr 518 nach Christi Geburt ein großer Heiliger, Darma, der 33ste nach Sjaka folgende Lehrer dieser Re- ligion aus Sei Tensikv nach Sina uͤberkam. Dieser errichtete hier seinen Lehrstuhl, und das vor ihm hergehende Geruͤcht von seiner großen Wuͤrde und Heiligkeit, sein strenges Le- ben, seine eifrige und ganz ausnehmend beharliche Andacht, verschaften ihm bald eine ausnehmend große Menge Zuhoͤrer und Anhaͤnger. Der Eifer seiner Andacht gieng sogar so weit, daß er sich selbst die Augenlieder abschnit, weil diese ihn im enthusiastischen Nach- sinnen gehindert und in den Schlaf gezogen hatten. Er gewan das Volk besonders durch seine angenehme und trostreiche Lehre von der Unsterblichkeit der Seelen und ewiger Beloh- nung, welche durch den Dienst seiner neuen Goͤtter gewis zu erlangen seyn solten. Dieser Goͤtzendienst breitete sich also auch sehr bald aus Sina in Fackusai (der Name von Korea, nach einer seiner drei Hauptprovinzen) wo 543 Jahre nach Christo das erste Buds- oder Goͤtzenbild dem Sjaka zu Ehren aufgerichtet wurde. Japan, dessen Ein- wohner damals durch die alte einheimische Lehre und die des sinesischen Weisen getheilt wa- ren, konte nun auch dieser neuen Religion nicht lange unkundig bleiben, die sich durch die benachbarten Nationen bald einschlich und viele Anhaͤnger erhielt. Jm Jahr Christi 550 wurde das erste Bukkio oder Goͤtzenbuch nach Japan uͤberbracht und bekant gemacht. Jm J. 568 hat ein geschnizter Goͤtze, der eine authentische Figur des Amida vor- stelte, und vor wenig Jahren aus dem Mitteltheile Tensiko oder Jodieos in Fakusaj er- schien, sich auch in der Provinz Tsinokami mit mirakuloͤsen| goldnen Strahlen geoffenbart, und dadurch große Achtung in den Herzen der Menschen erhalten. Jm Lande Sinano wurde ihm bald hernach ein Tempel erbauet, der Senquosi heist, und welcher noch heutiges Tags fuͤr den Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. Sechst. Kap. ꝛc. den vornehmsten und groͤsten dieser Provinz gehalten wird. Japan wurde um diese Zeit von dem geistlichen Erbkaiser Kimmei regiert, der dieser fremden Lehre nicht ungeneigt war, sondern ihre ersten Wurzeln tiefen Grund fassen ließ. Dieser hat auch zuerst angefangen die Zeit in Nengos zu vertheilen, und hat diesem Jahr der Erbauung des besagten Tempels den Namen Conguo gegeben. Siebentes Kapitel. Von der Dsjuto oder der Lehre der Philosophen und Moralisten. D sjuto, Sjuto, Sju heist nach dem Wortverstand der Weg oder die Methode der Weltweisen. Sjudo Sja, oder, in der mehrern Zahl, Sjudo Sju ist die Benennung der Philosophen. Diese haben eigentlich gar keine Religion, sondern sie su- chen ihre Volkommenheit und ihr hoͤchstes Gut blos in der Zufriedenheit des Gemuͤths, die sie durch ein tugendhaftes und unstraͤfliches Leben zu erlangen suchen. Sie fuͤhren daher ei- nen vortreflichen Wandel, und glauben, nach dem Licht der gesunden Vernunft, keine andere als zeitliche Belohnung von Tugend und Laster, die in den natuͤrlichen Folgen der Hand- lungen bestehn. Sie sagen, man muͤsse die Tugend nothwendig lieben, weil uns die Na- tur zu einem guten Leben, als Menschen, und um uns von den unvernuͤnftigen Thieren zu unterscheiden, habe gebohren werden lassen. Derjenige, welcher zuerst die Tugend als das hoͤchste Gut lehrte, und also fuͤr den ersten Stifter dieser Sekte mus gehalten werden, war ohne Zweifel Confuzius, der vom 5ten Jahre dieser Genrokf (d. i. dem Zahr Christi 1692) anzurechnen, vor 2243 Jahren lebte. Sein Buch Sjoogokf d. i. Lebensvorschrift that der entgegenstehenden da- mals bluͤhenden Religion der Roos großen Abbruch. Moos, einer der Schuͤler des Confuzius, hat nachher das meiste beygetragen, diese Lehre immer mehr auszubreiten und fort- Siebent. K. Von der Dsjuto oder der Lehre der Philosophen ꝛc. fortzupflanzen. Er hat auf seinen Reisen durch ganz Sina und dieses Reich seine Si Sjo oder vier Buͤcher von der Philosophie algemein bekant gemacht; und bis jezt fehlt es ihm in allen Reichen, wo nur der Charakter seiner Schriften verstanden wird, nicht an vielen Nachfolgern. Die Moralphilosophie dieser Lehrer besteht in fuͤnf Artickeln, die Go, Seo oder oft auch Tsine genant werden. Es sind folgende: Dsin, Gi, Re, Tsi, und Sin. Dsin bedeutet menschliche Sitten, ein der menschlichen Natur anstaͤndiges Leben, und lehret die Ethick oder Sittenlehre; daher bedeutet Dsin Sja soviel als ein tugend- hafter Mann. Gi bezeichnet die Gewalt uͤber sich selbst und die Herrschaft uͤber seine Affekten. Die aus rechtmaͤßigen Ursachen sich entleiben, werden dahero auch fuͤr tapfer gehalten; eben so diejenigen, welche sich standhaft foltern und martern lassen, um ihre Freunde, denen sie einmal die Verschwiegenheit versprochen, nicht zu verrahten. Beide gehoͤren auch unter diese Regel. Sonst heist Gi auch Recht und Gerechtigkeit pflegen. Re oder Rei bedeutet eine gehoͤrige Conversation; aͤußerlicher Umgang und Com- plimente nach jedes Rang und Stande; auch Hoͤflichkeit und buͤrgerlicher Umgang. Tsi ist politische Klugheit, Philosophia practica, daher heist Tsi sja ein pra- ctischer Philosoph, der den rechten Weg weiset und geht. Sin handelt vom Gewissen, von der Aufrichtigkeit des Herzens und von der Ge- rechtigkeit. Sie nehmen keine Metempsychose an, sondern eine animam Universi, eine algemeine Kraft dieser ganzen Welt, die eines jeden Menschen absterbende Seele, wie das Meer alle Gewaͤsser wieder aufnimt, und ohne Unterschied in der Generation der Dinge wieder von sich giebt. Dieses Wesen ( Naturam Universi, Animam Mundi wie man es nennen wil) vermischen sie mit der Gottheit, und legen ihm offenbar die Attributa primi Entis bey. Jm gemeinen Leben, bey Gluͤks- und Ungluͤksfaͤllen bedienen sie sich auch oft des Worts: Ten, Himmel, Natur; danken z. E. fuͤr ihre Speisen diesem Ten u. s. w. Jch habe auch mit einigen Philosophen mich uͤber diese Materie unterredet, welche wol einen Intellectum oder Ens incorporeum perfectum als Directorem mundi natum, aber nicht als Autorem zugaben. Sie behaupteten, dieser sey der herr- lichste effectus Naturae aus Jn Jo, d. i. ex actione Coeli \& passione Terrae, als den principiis generationis \& corruptionis entstanden. Und so nehmen sie auch noch andre effectus Naturae und Kraͤfte als Geister an. Sie glauben, daß die Welt Q q ewig, Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. ewig, und Menschen und Vieh aus Jn Jo des Himmels und den fuͤnf Elementen hervor- gekommen sind. Diese Philosophen halten zwar nichts von Tempeln und Goͤttern; doch feiern sie aus politischen Gruͤnden und nach altem Gebrauche das Gedaͤchtnis ihrer verstorbenen Freunde eben so, wie die Budsdo und Sinsja. Sie nennen dies Go Bio Sio d. i. Gedaͤcht- nistafelplaz oder der beste Plaz in ihrem Erbe; und feiern es besonders mit Vorsetzung der Speisen von allerley geschlachtetem rohem oder gekochtem Vieh, mit Anzuͤndung der Ker- zen, und Buͤckung bis zur Erde, da sie die Verstorbnen als Lebendige verehren und com- plimentiren. Diese Gedaͤchtnistage begehn sie erstlich alle sieben Tage, hernach jeden Monat und endlich jedes Jahr mit einem feierlichen Todtenmahl, zu dem sie auch die Verwandten der großen Maͤnner einladen. Man mus sich auch dazu drey Tage vorher durch Enthal- tung vom Beischlaf und allen suͤndlichen Dingen auch durch Reinigung des Koͤrpers und Anlegung schoͤner Kleider wohl bereiten und geschikt machen. Man kan dieses alles als die Folge eines dankbaren und gutgesinten Herzens nicht tadeln; auch ist der Selbstmord bey ihnen nur in einem Falle erlaubt, der einem Manne, welcher ein tugendvolles Leben fuͤhrt, nicht leicht begegnen wird, nemlich, wenn man dadurch einer schaͤndlichen That oder einem siegenden Feinde zuvorkoͤmt. Jn diesem Fal aber wird der Selbstmord als eine tapfere und ruhmvolle Handlung empfohlen. Die Todten verbrennen sie nicht, sondern lassen ihre Leichen drey Tage uͤber der Erde stehn, in Todtenkasten, wie unsre europaͤischen Saͤrge. Sie sind darin plat auf den Ruͤcken gelegt, mit dem Kopf etwas hoch zuruͤkgelehnt. Zur Erhaltung des Leichnams werden einige Spezereien und wohlriechende Kraͤuter beigelegt; auch dem Verstorbnen zu Ehren einige Lichter angezuͤndet. Diese atheistischen Weltweisen wollen keine heidnische Feier zugeben, keine Reli- gionspflichten ihren Abgoͤttern leisten, außer die, welche der Wohlstand und die buͤrgerliche Hoͤflichkeit nothwendig macht. Sie begnuͤgen sich, nach der Lehre eines Seneka, oder nach unserm Dekalogus, tugendhaft zu leben, gutes zu thun und ein ehrliches Gewissen zu haben. Sie haben sogar wohl die zum Feuer und Kreuz verdamte Christenlehre beguͤnstigt; und sie sind deswegen immer in Verdacht. Nach Verbannung des Christenthums hat man daher das Gesez gemacht, daß sie in ihren Haͤusern einen Abgott oder dessen Character auf- setzen und ankleben muͤssen, welches ganz wider ihren Willen geschieht. Auch muͤssen sie diese Goͤtter mit vorgeseztem Rauchfas und Blumentoͤpfen verehren. Es pflegt gemeinig- lich das Bild des Quanwons oder Amida’s zu seyn, welchem sie nach Landessitte hinter dem Feuerheerde seinen Plaz anweisen. An oͤffentlichen Orten, ihren Schulen und Akade- mien haben sie aus eignem Belieben das Bild des Confutius aufgestelt; und so auch wohl in Siebent. K. Von der Dsjuto oder der Lehre der Philosohen ꝛc. in ihren eignen Haͤusern das Biossu der Eltern, oder den Charakter gelehrter Maͤnner. Doch regieren dies Alles jezt die Priester, unter deren Joch diese Philosophen sich beugen muͤssen. Ehemals wurden die Wissenschaften und Kuͤnste unter dieser Sekte mit großem Eifer getrieben, und fanden hier fast ihren einzigen Zufluchtsort. Sie war auch damals ungemein zahlreich; jezt aber vermindert sie sich von Jahr zu Jahr, da diese Philosophen verdaͤchtig geworden und mit in die grausame Verfolgung der Christen gezogen sind. Jhre Moralbuͤcher sind dadurch auch verschrieen, und werden nicht ohne Furcht gelesen; da sie vormals bey allen Glaubensgenossen dieses Landes in so großem Ansehn standen, wie bei uns die Schriften eines Plato, Seneka und andrer heidnischen Philosophen. Vor etwa dreißig Jahren lebte ein Fuͤrst von Bisen und Jnaba, der ein vortref- licher Sjudo Sja und Goͤnner der Wissenschaften dieser Sekte und ihres stoischen Lebens- wandels war. Er suchte sie in seine Lande wieder einzufuͤhren, und von neuen zu beleben. Er stiftete in dieser Absicht eine Akademie, zu der er von allen Orten gelehrte Maͤnner als Lehrer berief, und sie mit reichlichem Unterhalt versah. Der vortrefliche Fuͤrst erreichte sei- nen Zwek. Das Volk wurde mehr erleuchtet, gebrauchte nach dem Muster seiner Gro- ßen seine eigne Vernunft, und wolte den unbegreiflichen Revelationen und Erzaͤhlungen von Wundern u. dgl. nicht mehr glauben. Es hatte auch nun nicht mehr Lust dem Poͤbel unwissender Pfaffen, die meistens von Almosen leben, so reichlichen Unterhalt wie bisher zu geben. Diese (von denen das ganze Reich allenthalben wimmelt) kamen daher in sehr traurige Umstaͤnde, und waͤren beinahe vor Hunger in diesem philosophischem Lande gestorben. Aber sowohl der Mikaddo als der weltliche Kaiser nahm dieses sehr uͤbel auf, und wolten den edeldenkenden Patrioten seiner Erblande entsetzen. Dieser trat aber die Regierung an seinen Sohn ab, und kam durch diese kluge Vorsicht den Folgen der Kaiserlichen Ungnade und dem Fal seiner Familie zuvor. Dieser Sohn, der noch jezt (1692) regiert, beweist durch seinen stoischen Lebenswandel, daß auch er noch die vaͤterliche Denkungsart beibehal- ten habe. Jch wil eine kleine Geschichte von demselben anfuͤhren, die zu meiner Zeit vor- fiel. Sie gehoͤrt zwar nicht zu dieser Materie, kan aber doch bey dem Beschlus derselben den Leser vergnuͤgen. An dem großen Fest Soaguatz, oder dem Neujahrstage, finden sich nach Lan- desgebrauch alle Cavalliers und Damen, mit kostbaren Kleidern geschmuͤkt, am Hofe die- ses Fuͤrsten ein, der sie dann zu einem großen Gastmahl zog. Unter andern Geschenken, die an diesem Tage dem Fuͤrsten gemacht wurden, befanden sich auch ein paar ungemein Q q 2 schoͤne Kaͤmpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. Siebent. K. ꝛc. schoͤne Pfauen. Jederman lobte die große Schoͤnheit und Seltenheit dieser auslaͤndischen Voͤgel. Der Fuͤrst warf die Frage auf, welcher von beiden wol der schoͤnste sey, der maͤnnliche oder der weibliche Vogel? Die Mannspersonen hatten zuviel Politesse, daß sie nicht einmuthig haͤtten behaupten sollen, das Weibchen sey das schoͤnste; die Damen waren dagegen so erkentlich, dem Maͤnchen den Vorzug zu geben. Jhr sagt die Wahrheit, fiel ihnen der Fuͤrst ein, die Natur selbst wil den Mann besser gekleidet haben, und mein Verstand begreift nicht, wie ein Weib verlangen koͤnne, stolzer und praͤchtiger einherzugehn wie ihr Mann, der ihr doch Alles verdienen und erwerben muß. Eine trefliche Neujahrs- lection von einem heidnischen Fuͤrsten. Ende des dritten Buchs. Verzeichnis Verzeichnis der Kupfertafeln zu diesem ersten Bande. Welches auch eine Anweisung fuͤr den Buchbinder enthaͤlt. Tab. I. Figur 1. Ein Meerstern mit neun Strahlen, der an der Kuͤste von Malacca gefangen wurde, und pag. 13 beschrieben ist. Fig. 2 und 3. zwey siamische Fahrzeuge, wie sie die Siamer bey ihren Leichbegaͤngnissen gebrauchen, beschrieben p. 20. Fig. 4. das Boot, auf welchem die Briefe fuͤr den Koͤnig von Siam und den Berklam uͤberbracht wurden, be- schrieben p. 22. Jst neben p. 20 zu binden. Tab. II. Ein Grundris von Judia, der Haupt- und Residenzstadt von Siam, beschrieben p. 38. A. ist der koͤnigl. Pallast. B Der Pallast des koͤniglichen Prinzen. C. Der Pallast des Auf- sehers uͤber die koͤnigl. Elephanten. D Die Kirche und der Pallast des Metropolitanbi- schofs Louis. E. Die Hoͤfe vom Tempel des Berklams. F. Das ehmalige Haus des Constantin Faulcon. G. Das Lager der Hollaͤnder. H. Das Lager der Portugiesen. I. Das Lager der Arrackbrauer. K. Das Lager der Japaner, Peguaner und Malayen. L. Ein Arm des Flusses, der nach der Pyramide Pukathon laͤuft. M. Ein Arm des Flusses Klang Namja. N. Arm des Flusses Pakausan. O. Arm des Flusses Klang Patnam Bija. P. P. Der große Fluß Menam. Q. Das Lager der Sineser. R. Das Lager der Cochinsineser. S. Umzaͤunung fuͤr die Elephanten. Zu binden bey p. 38. Tab. III. Figur I. Grundris des p. 38 beschriebenen Pallasts des Koͤnigs von Siam, worin A des lez- ten Koͤnigs Pallast mit dem Audienzsaale. B. Der alte koͤnigliche Pallast. C. Der Spei- sesaal. ddd Verschiedne Tempel, eee u. s. w. verschiedene Schilderhaͤusgen. f. Das Haus, worin man des Koͤnigs Silbergeschirr, nebst dem koͤnigl. Schmuk u. s. w. aufbe- wahrt. g. Des Koͤnigs Garderobe. h. Staͤlle fuͤr die Elephanten. ii. Zwey Haͤu- ser, wo die Mandarine die Staatsberathschlagungen anstellen. k. Die Wohnung der koͤnigl. Aerzte. l. Das Sekretariatshaus. m. Das koͤnigl. Zeughaus. nn. Zwey Brunnen fuͤr die Elephanten und Pferde. o. Die koͤnigl. Schatzkammer. P. Ein großer Platz zum Wettrennen. Q. Das Serail. R. Der Hof der weißen Elephan- ten. S. Gaͤrten. — — — — — Diese Striche bezeichnen den Weg, auf dem die franzoͤsischen Gesandten zur Audienz gefuͤhrt wurden. Fig. 2. zu p. 43. Ein siamischer Tempel. Fig. 3. Die Vorderseite eben dieses Tempels. Fig. 4. 5. 6. Die bestaͤndig bewohnten Kaͤhne oder schwimmenden Doͤrfer der Siamer, beschrieb. p. 41. Fig. 7. Das Ufer des Flusses Menam. Zu binden neben p. 41. Q q 3 Tab. IV. Verzeichnis der Kupfertafeln zu diesem ersten Bande. Tab. IV. Fig 1. Die Pyramide Pkahton, bey Judia, beschrieben p. 42. Fig. 2. Die Basis dieser Pyramide. Tab. V. Fig. 1. Die zwey Hoͤfe von Berklams Tempel mit ihren verschiednen Pyramiden u. s. w. beschrieben 43-45. Fig. 2. Ein großes Goͤtzenbild mit einigen kleinern, das in einer der Kapellen bey dem Berklamstempel steht. Fig. 3. Ein Stein, der bey den Siamern sehr heilig gehalten wird. Fig. 4. Monstroͤse Goͤtzen im Vorhofe des Ber- klamstempel, beschrieben p. 45. Jst zu binden neben p. 45 Tab. VI. Fig. 1. Eine große Pyramide im zweiten Hofe von Berklamstempel. Sie ist von oben bis an die mit dem Buchstaben a bezeichnete Stelle uͤberguͤldet. Fig. 2. 3. Zwey Pyramiden, wie sie die Siamer gemeiniglich um ihre Tempel und an andre heilige Orte zu stellen pflegen. Sie scheinen oben gespalten. Fig. 4. Eine Pyramide Pra-tsiebi, - oder der guten Goͤtter. Fig. 5. Eine Pyramide Pra Pian. Fig. 6. Eine Art von al- ter, mit einem Topf, der an festlichen Tagen mit Blumen, den Goͤttern zum Opfer ge- fuͤlt zu werden pflegt. Fig. 7. Ein ofnes Haus, mit einer drin haͤngenden Glocke. Jst zu binden neben p. 46 Tab. VII. Mappa Meinam Fluvii zu p. 56. Tab. VIII. Algemeine Charte des japanischen Reichs dem Titel des ersten Buchs gegenuͤber zu binden. Zu einer nuͤzlichen Zierde dienen einige Nebenzeichnungen, die Scheuchzer hin- zugefuͤgt hat, und deren Bedeutung man aus ihren Ueberschriften ersieht. Bey der Ab- bildung von Kamtschatka steht, daß sie ex recentissima Imperii Russici Mappa entlehnt sey. Hier mus man sich erinnern, daß dies 1727 geschrieben ist. Tab. IX. Japanische Thiere und Voͤgel, beschr. p. 139 und 140. Tab. X. Japanische Voͤgel und Jnsekten, zu binden neben p. 149. Tab. XI. Japanische Fische, zu binden neben p. 152. Tab. XII. Verschiedene Arten von Aalen und Seekatzen, zu binden neben p. 156. Tab. XIII. Verschiedne Arten von Krebsen und Schildkroͤten, neben p. 158 zu binden. Tab. XIV. Noch verschiedne Arten von Krebsen, neben p. 160 zu binden. Nach Scheuchzers Bemerkung sind alle diese Zeichnungen von Tab. IX -- XIV von japani- schen und sinesischen Originalen kopirt, welche sich jetzt im Museo Britannico befinden; nur Fig. 6 und 7 auf der Tab. X und A auf Tab. XIV ausgenommen. Tab. XV. Die Ueberschriften zeigen den Jnhalt; ist neben p. 183 zu binden. Tab. XVI. I und II Die fuͤnf japanischen Halbgoͤtter, welche p. 164 erklaͤrt sind, in dem ge- lehrten Charakter ausgedruͤkt. III. Die Namen aller japanischen geistlichen Erbkaiser von Sin Mu bis Kinsen. V. Die Titel der geistlichen Erbkaiser. Jst zu binden neben p. 185. Tab. XVII. Matsussina ein Sintostempel; A das Torij oder Thor des Tempels. Zu binden neben p. 259. Tab. XVIII. Der Tempel des Tensjo Daisin zu Jsje. Neben p. 283 zu binden. Ende des ersten Bandes. Beim Verleger dieses Werks sind diese Oster-Messe folgende neue Buͤcher fertig worden: A riosts wuͤthender Roland, gr. 8. Bibliothek der neuesten deutschen Litteratur 11ter Band, gr. 8. Dohm, Christ. Wilh. Materialien zur Statistick und der neuesten Staatengeschichte, erste Lie- ferung, gr. 8. Frorieps, J. F. Bibliothek der theologischen Wissenschaften, 2ten Bandes 3ter Theil, 8 Lemgo in der Meyerschen Buchhandlung. Haͤselers, J. Friedr. Anfangsgruͤnde der Arithmetik, Algeber, Geometrie und Trigonometrie zum eignem Unterrichte, vorzuͤglich fuͤr Hauslehrer und Gelehrte, welche diese Wissenschaften nicht zur Hauptbeschaͤftigung machen, 2ter Theil, 8 Heinemanns, Joh. Wilh. gekroͤnte Abhandlung uͤber die Feuerloͤschungsanstalten in den Staͤdten und auf Doͤrfern, 8 in Commission. Kaͤmpfers, Engelbert Geschichte und Beschreibung von Japan, erster Band mit Kupfern und Charten, gr. 4 Nachricht. Außer dem Vorschus zu 5 Rthlr in Golde wird nach nunmehr gemachtem Ueber- schlage wegen der Kupfer bey Auslieferung des 2ten und lezten Bandes dieses Werks wenig oder vielleicht gar nichts nachgezahlet werden. Lebensgeschichte, Johann Jakob Mosers von ihm selbst beschrieben, 3 Theile, 8 dritte, stark vermehrte und fortgesetzte Auflage, 8 Lobethans, Friedr. Georg Aug. catechetische Unterweisung in den vornehmsten Rechtsmaterien, und einigen andern Lehren, die sich damit verbinden lassen, zum Gebrauche der Unterthanen Teutsch- lands, 8 Museum Museum criticum, continens praesertim varias lectiones, observationes ad Auctores veteres grae- cos \& latinos. Collegit \& edidit D. F. Stosch. Vol. II. Fasc. I. 8 Der Philostraten Werke, 2ter und letzter Band, welcher die Biographie der Sophisten und die Bil- dergallerie zu Neapel enthaͤlt. Aus dem Griechischen uͤbersetzt von Dav. Chr. Seybold, gr. 8 Retzii, Andr. Jvh. Anfangsgruͤnde der Apothekerkunst ins Deutsche uͤbersetzt, von Heinr. Chr. Eber- maier, 8 Schleicher, Franz Carl, Einleitung in die Hydrostatik, 8 Der Schwaͤtzer von Jsaak Bickerstaf, aus dem Englischen, 2 Baͤndchens, 8 Des Strabo algemeine Erdbeschreibung, 3ter Band oder Asien, aus dem Griechischen uͤbersetzt und mit Anmerkungen versehn von Abr. Jakob Penzel, gr. 8 Thyme, Georg Gottfried, auserlesene zweifelhafte Rechtsfaͤlle mit den Hauptstuͤcken der daruͤber ge- fuͤhrten Processe und ihrer rechtlichen Entscheidung, 1sten Bandes 1ste Abtheilung, 4 Introduction complette à la nouvelle Grammaire pratique par I. G. Kleine, 8 Magazin à l’usage des deux nations \& des deux sexes, avec un essai de Chrestomathie par I. G. Kleine 8