Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft von D. G. H. Schubert. Mit 2 Kupfertafeln. Dresden , 1808 , in der Arnoldischen Buchhandlung. Seinem Freunde und Zuhoͤrer Herrn J. Gerhard von Kuͤgelgen beruͤhmten Historienmahler der Verfasser. S ey denn, wuͤrdiger Meister! der geringen Gabe freundlich. Feldblumen sind es, gesammlet in der fruͤ- hen Daͤmmerung eines neuen Tages, ehe uns die Morgenroͤthe zu einem ernsteren Tagewerk gerufen. Wir finden unter ihnen nicht die Blumen, welche Du liebst: nicht die hohe Li- lie oder die gluͤhende Rose, selbst die Blaͤtter des wildwachsenden Lorbeers werden vermißt; sey es, daß der Boden diesen Gewaͤchsen un- guͤnstig, und daß die Jahreszeit solchen Zaͤrt- lingen noch zu rauh war; oder daß wir selbst beym eiligen Aufraffen jene uͤbergangen. Viel- mehr erblicken wir unter den laͤndlichen Blu- men einige ohne Duft, und leicht verwelklich. Doch laß sie welken! Das Leben wird noch andre Bluͤthen tragen. Die Liebe aber zu Dir wird besser und unvergaͤnglicher seyn als diese Gabe, besser und unvergaͤnglicher als das Leben. B ey dem Lesen dieser Vorlesungen moͤge man nicht vergessen: daß sie zunaͤchst einem sehr gemischten Krei- se, von verschiedenem Alter, Geschlecht, Stand und Denkweise bestimmt waren. Wenn daher die Ausfuͤh- rung zuweilen eine andre geworden, als sie zum Theil noch die erste Vorlesung verspricht; so hat die Schuld nicht ganz an dem Verfasser gelegen. Eine blos zum Druck bestimmte Schrift darf wohl eher jenes Publi- kum allein vor Augen haben, dem sich die Seele tief im Innern geneigt fuͤhlt; Arbeiten von der Bestim- mung der jetzigen, werden, auch gegen unsren Willen, die Farbe der Umgebungen, der Aufnahme und der Zelt an sich tragen. Moͤgen sich daher diese Vorle- sungen dasselbe gemischte, vielartige Publicum wie- der suchen, dem sie im kleineren Kreise zu gefallen strebten! Die Thatsachen bey der Geschichte der Orakel, Vorahndungen u. a. haͤtten sich freylich um Vieles vermehren lassen, doch haben mich einige Gruͤnde bewogen, selbst beym Druck maͤßig damit zu seyn. Noch bemerke ich, daß der wissenschaftliche An- hang zur sechsten Vorlesung auch als ein besondres Werk, unter dem Titel: Neue Untersuchungen uͤber die Ver- haͤltnisse der Groͤßen und Eccentricitaͤ- ten der Weltkoͤrper, abgedruckt ist. Dresden, im July 1808. der Verfasser. Erste Vorlesung, welche eine kurze Uebersicht des Inn- halts dieser Untersuchungen giebt. W enn vielleicht die Forderungen, welche ein Theil meiner Zuhoͤrer an die Naturwissenschaftlichen Vorle- sungen die ich heute beginne, machen wird, in der Folge unbefriedigt bleiben muͤßten, so will ich wenig- stens, so viel an mir ist, diese Unzufriedenheit nicht unvorbereitet lassen, und gleich am Anfange unver- hohlen sagen, was diesmal von mir zu erwarten sey, und was nicht? Die Naturwissenschaft bey ihrem jetzigen Umfange, selbst nur in einem duͤrftigen Umrisse, in einem gerin- gen Auszuge darzustellen, wuͤrde mit den aͤußerlichen Graͤnzen solcher Vorlesungen, wie die meinigen seyn muͤssen, in voͤlligem Misverhaͤltnisse stehen; auch sind in neuerer Zeit Werke, welche sich dieses Ziel vorge- setzet, in so hinlaͤnglicher Menge geschrieben, daß ich A eine solche Arbeit fuͤr sehr entbehrlich halten wuͤrde. Wenn man sich daher in meinen Vortraͤgen eine voll- staͤndige Uebersicht uͤber den Innhalt der gesammten Naturwissenschaft, seit den vielfaͤltigen Entdeckungen und Erweiterungen der letzten Jahrzehende verspro- chen, so wird man sich getaͤuscht finden. — Nicht minder werden vielleicht selbst die Gegenstaͤnde von de- nen ein großer Theil dieser Vorlesungen handeln wird, Einigen unerwartet und ungelegen kommen. Wir werden naͤmlich in diesen Abendstunden, jene Nachtsei- te der Naturwissenschaft, welche bisher oͤfters außer Acht gelassen worden, mit nicht geringerem Ernst als andre allgemeiner anerkannte Gegenstaͤnde betrachten, und von verschiedenen jener Gegenstaͤnde die man zu dem Gebiet des sogenannten Wunderglaubens gezaͤhlt hat, handeln. Nicht in der Absicht, daß durch diese Untersuchungen vergessene oder muͤßig gelegene Thatsa- chen blos einmal hervorgeholt, und der Menge gezeigt wuͤrden, oder daß ich in ihnen eine Vertheidigung und Rechtfertigung derselben uͤbernaͤhme, deren reine That- sachen niemals beduͤrfen werden. Vielmehr habe ich meinen Vorlesungen zum Theil diesen Innhalt ge- waͤhlt, weil es mir schien, als ob aus der Zusammen- stellung jener, von Vielen verkannten Erscheinungen, ein eigenthuͤmliches Licht, auch uͤber alle andren Thei- le der Naturwissenschaft verbreitet wuͤrde, in welchem sich diese leichter und gluͤcklicher zu jenem Ganzen verei- nigen ließen, das ich in dem kurzen Umfang dieser Untersuchungen aufzustellen bemuͤht seyn werde. Das aͤlteste Verhaͤltniß des Menschen zu der Na- tur, die lebendige Harmonie des Einzelnen mit dem Ganzen, der Zusammenhang eines jetzigen Daseyns mit einem zukuͤnftigen hoͤheren, und wie sich der Keim des neuen zukuͤnftigen Lebens in der Mitte des jetzigen allmaͤlig entfalte, werden demnach die Hauptgegen- staͤnde dieser meiner Arbeit seyn. Damit ich meine Zu- hoͤrer so weit als moͤglich in den Stand setzen moͤge, gleich Anfangs uͤber den Gang dieser Untersuchungen zu urtheilen, will ich jezt den Innhalt derselben wie in einem Gemaͤhlde der Seele voruͤber fuͤhren, damit zugleich der Sinn des Ganzen, welcher aus dem Gesammtein- druck von der Phantasie leicht ergriffen wird, hernach auch in den einzelnen Theilen leichter verstanden wer- de. Und zwar werde ich hierbey vorzuͤglich jene Zuͤge hervorheben, aus welchen der Zweck des Ganzen am leichtesten erkannt wird, und mich deshalb bey dem Innhalt einiger der naͤchsten Vorlesungen, welche von dem aͤltesten und urspruͤnglichen Verhaͤltniß des Men- schen zur Natur (von seinem Naturzustand) handeln werden, am laͤngsten verweilen. Wir werden zuerst, uͤber den Ursprung unsres Geschlechts, uͤber das aͤlteste Verhaͤltniß desselben zur Natur, die heilige Sage der aͤltesten Voͤlker befragen. Einstimmig werden uns Alle, Egypter und Indier, Chinesen und Mexicaner, ja Islaͤnder und Schweden, die Kunde einer hohen, untergegangenen Naturweisheit, und einer fruͤhen Bluͤthenzeit der Cultur unsres Ge- A 2 schlechts bringen. Hierauf sehen wir uns, jenseit der Kluft vieler Jahrtausende, nahe am Pol, in dem Wun- derlande Atlantis, wo die Gluth der noch jugendli- chen Erde, einen bestaͤndigen Fruͤhling, und dort wo jezt das Land von bestaͤndigem Eise starrt, hohe Pal- menwaͤlder erzeugt. Es wohnt hier mit den Thieren des Suͤdens, jenes der Erde geweihte Urvolk, wel- ches, einen Theil des Jahres nur von dem Licht der Gestirne gesehen, der Sonne vergeblich entgegen harrt. Noch in der ersten heiligen Harmonie mit der Natur, ohne eignen Willen, erfuͤllt von dem goͤttlichen In- stinkt der Weissagung und Dichtkunst, sehen wir unser noch junges Geschlecht, unter dem Scepter des Ura- nus froh. Damals hat nicht der Geist des Menschen die Natur, sondern diese den Geist des Menschen lebendig erfaßt, und die Mutter, welche das wunder- bare Wesen gebohren, hat es noch einige Zeit aus der Tiefe ihres Daseyns ernaͤhrt. Es hat in jenen Tagen nicht der Geist des Menschen den Gestirnen, sondern diese dem Daseyn des Menschen Gesetze gegeben, wie den Bewegungen der Erde, und die Weisheit der alten Welt war: Alles und ganz zu thun, was ihr die Na- tur gelehrt. Auf einen schnellen Blick wird das alte Ideal der Koͤnige in erhabenem Glanz gesehen, wie sie, ein Vorbild des Goͤttlichen, Vermittler und Erhalter der alten Harmonie mit der Natur gewesen. Das Gesetz der Natur und der hoͤhere Einfiuß, waren die ersten Herrscher der Menschen, und als Stellvertreter sind diejenigen gewaͤhlt worden, welchen sich, als den rein- sten Organen, der hoͤhere Einfluß am innigsten mitge- theilt. Nicht den Herren sondern das getreue Organ der hoͤheren Natur, hat jene Zeit in ihren Koͤnigen ver- ehrt, und wir sehen noch in der aͤltesten Geschichte ei- niger Voͤlker, den ehrwuͤrdigen Koͤnig selber, als Priester dem Dienste der Natur vorstehen, sein graues Haupt auf hoher Sternwarte der Kaͤlte der Nacht Preiß ge- ben, und das geweihte Auge fuͤr sein schlummerndes Volk den alten Bund des Menschen mit der Natur be- wahren. Von den Arbeiten der alten Koͤnige, un- sterblich wie diese Erde, und wie die ewigen Gestirne selber, wird hierauf ein ernstes Wort zu reden ver- goͤnnt seyn. Von dem urspruͤnglichen Verhaͤltniß des Menschen zur Natur, von welchem wir, damit das eigentliche Wesen der Naturwissenschaft, und das der Natur sel- ber, in seiner ganzen Tiefe ergriffen werde, ausgehen, sagt uns die aͤlteste Geschichte nur dunkle Worte. In den Mysterien und der heiligen Weihe jener Voͤlker, welche dem Urvolk der Welt noch am naͤchsten ver- wandt gewesen, vernimmt die Seele einige halbver- staͤndliche Toͤne, welche tief aus der Natur unsers Wesens gekommen, dieses tief erschuͤttern, und wir fuͤhlen bald von den Klagetoͤnen des ersten Menschen- geschlechts und der Natur, unser Herz zerschnitten, bald den Geist von einer hohen Naturandacht bewegt, und von dem Wehen einer ewigen Begeisterung durch- drungen. Aus dem Tempel der Isis, von den reden- den Saͤulen des Thot, in den Gesaͤngen der egypti- schen Priester, werden wir jenen dunklen Laut verneh- men. An einsamer Kuͤste, unter den schwarzen Ge- birgen Islands, wird uns die Edda jene Stimme aus den Graͤbern deuten, und die Phantasie wird noch ein- mal jene Priester herauffuͤhren, welche die heilige Kunst ihres Gottesdienstes durch strenges Schweigen der kuͤnftigen Zeit verborgen. Ja an den Altaͤren Mexicos, unter jenen Saͤulen, welche das Blut und die Thraͤnen von tausend Menschenopfern gesehen, wird das Auge noch die letzten Zuͤge der hohen Vergan- genheit erkennen. Hierauf moͤge die Seele, auf dem vielbesungenen Felsen zu Delphi, in einsamen Wald, sich Stille zu einer neuen Betrachtung sammlen. Aus der Ferne grauer Jahrtausende, wird in der Tiefe der Grotte, die Stimme der Orakel, und die Begeisterung der Pythia vernommen. Dann, nicht ohne Beruf, dringen wir tiefer in den heiligen Hayn zu Dodona, als den Fra- genden vergoͤnnt war. Auf einsamen Berg, von wei- sen Felsenmassen umgeben, sehen wir bey stiller Nacht, noch von der heiligen Quelle berauscht, den Einge- weihten in die Hoͤhle des Trophonius hinabsteigen, wo ihn, fern von dem letzten Schimmer der Sterne, eine ungesehene Gewalt in das innre Heiligthum der Visionen und dumpfen Stimmen hinabreißt. Von aͤhnlicher Natur, als diese aͤltesten Orakel, wird uns in den Waͤldern Virginiens, und in der geweihten Versammlung nordischer Barden, prophetischer Wahn- sinn, und eine wilde Weissagung begegnen. So fuͤhren wir die Geschichte jener Zeit, wo der Mensch noch Eins mit der Natur gewesen, und wo sich die ewigen Harmonien und Gesetze derselben, deut- licher als sonst je in seinem eignen Wesen ausgespro- chen, dem Geist voruͤber, damit nachher an diesem großen Beyspiel auch in der untergeordneten Natur die Einheit aller Einzelnen mit dem Ganzen verstanden werde. Wir nennen noch jetzt jene Augenblicke, wo sich unser Wesen im innigsten Einklange mit der ganzen aͤußern Natur befindet, die der hoͤchsten Lust, des hoͤchstens Wohlseyns. Auch jene erste Zeit, welche unser Geschlecht in tiefer Harmonie mit der ganzen Natur verlebt, wird uns von allen Voͤlkern der darauf folgenden Vorwelt, als eine Zeit des seeligen Friedens, und paradiesischer Freuden beschrieben. Sie ist es, welche die Griechen und einige noch viel aͤltere Voͤlker, unter dem Nahmen des goldenen Zeitalters preisen. Eine Zeit der Kindheit ist es gewesen, hoͤher aber als diese huͤlflose Kindheit, welche wir jezt kennen. Sterb- liche Muͤtter sind es, welche jetzt gebaͤhren, jener Kindheit hat eine unsterbliche Mutter gepflegt, und der Mensch ist von jener unmittelbaren Anschauung eines ewigen Ideals ausgegangen, ist unbewußt in der Mit- te jener hoͤchsten Erkenntnisse und Kraͤfte gewesen, wel- che nun das spaͤtere Geschlecht in hohen aber muͤhseeli- gen Kampfe wieder erringen muß. Es pflegen die Wesen in der ganzen Natur nur dann eines vollkommenen Vereins faͤhig zu seyn, wenn sich das eine dem andern vollkommen unterordnet. Der Mensch ist im Anfang ein untergeordnetes Organ der Natur gewesen. Nicht aber jenes Theils derselben, welcher nur die Basis der eigentlichen hoͤheren ist, son- dern jenes ewigen und goͤttlichen Gesetzes, nach wel- chem der Mensch ward. Unser Geschlecht, aufangs nur ein Theil der Mutter, aus welcher es der hoͤhere Einfluß gezeuget, hat an dem Daseyn, an dem voll- kommenen Wesen derselben Theil genommen, und oh- ne sein Verdienst, wie alles von außen Geliehene, war an ihm die hohe Vollendung und heilige Harmonie der hoͤchsten Natur sichtbar. Damals ist der Fatalis- mus, — das voͤllige Dahingeben alles Willens in ein ewiges Gesetz — an seinem Ort gewesen. Noch er- schien die Natur dem Menschen goͤttlich und rein, also war es auch der Einklang mit ihr. Allmaͤlig hat in solcher unmittelbarer Mittheilung, der Mensch das hoͤhere Wesen der Natur selbststaͤn- dig in sein eignes aufgenommen. Der goͤttliche Keim, dessen zartes Beginnen die Mutter gepflegt, wird im Gemuͤth des Menschen stark, und siehe! der Brust und des Beduͤrfnisses der Mutter entwachsen, fragt der junge Knabe nach seinem Vater, und nach jenem goͤttlicheren Ideal, durch welches diese Natur, und aus ihr der Mensch geworden. Hierauf sehen wir in der Geschichte der Naturwissenschaft, welche mit der Urgeschichte unsres Geschlechts Eins ist, den alten Bund des Menschen mit der Natur uͤbertreten. Wie die Nacht mit ihren hohen Gestirnen, verbleicht in der Morgendaͤmmerung eines neuen, hoͤheren Beduͤrfnis- ses, die alte Abhaͤngigkeit und Harmonie mit der Natur. Aber vor der Morgendaͤmmerung geht das kalte Wehen der letzten Nachtwache vorher, und verlassen von der muͤtterlichen Schwinge, erstarrt auf einige Momente das noch zarte Geschlecht. Unter dem Scepter der ehernen Zeit, als das kuͤhne Volk die Stimme in seinem Busen verstehen gelernt, und der eigne Wille sich der Stimme der Mutter widersetzet, sieht die Natur mit traurigem Unwillen den Geist des Menschen sich ihren Armen entwinden, und ein an- dres Gesetz, eine andre Heimath als die Erde selber suchen. Da schweigt die Stimme der kuͤhnen Begei- sterung, der Mensch versteht die Natur nicht mehr, und durch sein eignes Streben, verstoßen aus der Mit- te der seeligen Anschauung, ist die alte Weisheit, nur noch in der Asche glimmend, ihrem Untergange nahe. Es verlaͤugnen nun die Herrscher die alte Bestimmung, und, vorhin ein Vorbild der Ergebung und heiligen Anschauung, wird der Koͤnig als Eroberer, ein Vor- bild des eignen Willens. Es gefaͤllt dem Menschen, die Erde, welche vorhin anzubauen heiliges Gesetz war, zu zerstoͤren, der Fruchtbarkeit seines Ge- schlechts, vorhin als ein Symbol des Goͤttlichen ver- ehrt, durch blutige Kriege Einhalt zu thun, und wie in der alten Zeit das Einzelne vollkommen dem Bun- de mit dem Ganzen sich ergeben, so kaͤmpft diese nach- folgende, daß die Natur, daß das ganze Geschlecht dem Einzelnen untergeordnet sey. In jenem dumpfen Kampfe, noch ohne Bewußt- seyn, ist die hohe Kultur, welche der urspruͤngliche Zustand des Menschen war, bey ganzen Voͤlkern un- tergegangen, und in entarteter Rohheit, harren diese noch jezt des neuen Morgens. Andre sind in gewalti- gem Ungluͤck fruͤher gereift, und wir sehen den harten Kampf und die wuͤste Zerstoͤrung jener Zeit, nir- gends so maͤchtig wuͤthen, als im westlichsten Asien und im suͤdlichen Europa. Da wird ploͤtzlich, aus den Truͤmmern der alten Zeit, wie die Stimme eines Traͤumenden, die Sehnsucht des Menschen nach dem hoͤheren und goͤttlicheren Ideal vernommen, und die zerstoͤrte Welt von dem ersten matten Schimmer des neuen Morgens erhellt. Einzelne Weise, welche wie Waͤchter auf der Zinne, die Stunden der Nacht bewah- ren, verkuͤnden die Naͤhe des Morgenroths. Hierauf werden von einem bangen Sehnen nach etwas Hoͤhe- rem, ganze damalige Voͤlker ergriffen, und unter der eisernen Last des Roͤmerreichs, unter dem blutigen Stachel der kleineren Fuͤrsten, wird, noch ohne Klar- heit, in dem Busen der Welt die Gluth einer ewigen Liebe wach. Da ist der Blick der sterbenden alten Zeit nach dem Orient gewendet, aus welchem, wie einzel- ne Stimmen verkuͤndigten, das neue Heil aufgehen wird. Endlich, stehe! ist die Stunde der Erfuͤllung gekommen, und mitten unter blutiger Verfolgung, unter der Geißel der Tyranney, wird mit erhabenem Jubel die Vermaͤhlung des menschlichen Gemuͤths mit dem goͤttlichen Ideal gefeyert. Hierauf schweigen ge- gen Christi Geburt die Orakel alle, und die geheime Gewalt der Natur uͤber den Menschen wird zerstoͤrt. Nur noch in einzelnen Lichtblicken, nie im alten Glanz, erhebt sich das Heydenthum auf der westlichen Erde, und zuletzt ist in der neugebildeten Naturwissenschaft, aus der alten Zeit nur noch ein verstuͤmmelter und ver- kannter Schatten der alten Anstrologie und Alchymie, im Mittelalter zuruͤck. Nur bis dahin, wo der Mensch nun aufhoͤrte, Eins mit der Natur zu seyn, und wo diese als etwas Aeußeres, als Gegenstand vor ihn hintrat, sehen wir die Geschichte der Naturwissenschaft mit der Urge- schichte unsres Geschlechts unzertrennlich vereint. Von hier an begegnen wir dieser nicht weiter, und was vor- hin als Naturcultus mit dem besseren Daseyn des Menschen, ja mit jedem Augenblick seines Lebens in- nigst verschmolzen war, tritt nun als Naturwissen- schaft auf, ohne sichtlichen Zusammenhang mit den weiteren Schicksalen des Menschen, in seinen neuen, kuͤnstlicheren Verhaͤltnissen. Wir folgen derselben nun nur noch in einigen Zuͤ- gen, bis zu jener Zeit, wo wieder deutlicher wird, daß jenes, wovon die Naturwissenschaft ausgegangen — die Harmonie des Einzelnen mit dem Ganzen — das eigenthuͤmliche Wesen und letzte Streben derselben sey, und wie sich in ihrer Mitte, aus jenen Materialien, welche auch der Innhalt dieser Untersuchungen sind, eine neue hoͤhere Zeit derselben bereitet. Doch wird dieses eigenthumliche Streben erst spaͤt deutlich sichtbar. Fuͤr das Ganze ist der Anfang der neueren Zeit, wo der Wille des Menschen gleichsam muͤndig gewor- den, der Eintritt des Christenthums; einzelne Voͤlker aber sind einseitig und in einigen Bestrebungen, jener neuen Zeit fruͤher entgegengereift, und sind wie in den Kuͤnsten, so in der eigentlich sogenannten Naturwissen- schaft, unsre Vorgaͤnger gewesen. Von jenen einzel- nen Bestrebungen aus, wird der Geist sogleich in die Zeiten des Mittelalters gefuͤhrt, wo der bis dahin ver- borgene Keim sich in der ersten Hoffnung zeigt. — Es pflegen jederzeit große und kuͤhne Ideen, wenn sie sich, kaum im Gemuͤth empfangen, nur noch als Ahndungen regen, fuͤr den Mund unaussprechlich zu seyn, und den Geist wie formlose Wesen, wie eine Gluth ohne Licht zu umschweben. So haben auch das goͤttliche Ideal der neuen Zeit, fast anderthalb Jahrtau- sende mit tiefer Innigkeit in ihrem Schooß ernaͤhrt, ohne daß es gelungen waͤre, weder in den Kuͤnsten noch in den Wissenschaften, es auszusprechen. Als hierauf die ersten Versuche gemacht worden, das bis dahin blos Empfundene zu gestalten, geschahen diese in tiefer Einfalt. Wir nennen naͤmlich einfaͤltig, wo die noch kindliche und unvollendete Form einem zu großen, zu erhabenem Innhalt unterliegt, wo das unerreichte Ideal unmittelbar zu uns spricht, und der Geist des Kuͤnstlers oder des Weisen in frommer Erge- bung schweigend, und fast blos passiv erscheint. Al- les Große erscheint zuerst in dem Gewand der Einfalt, und nur ein geringer Innhalt ist es, dessen sich der Geist des Menschen sogleich bemeistein, den er sogleich in vollendete Form zu zwingen vermag. Zu jener Zeit, als in Italien der Lehrer des Ra- phael und seine Zeitgenossen in frommer Einfalt die neue Kunst hervorgerufen, hat sich in Deutschland der Geist der neuen Naturkunde zuerst geregt. Hierauf wurde zugleich in den Kuͤnsten und in der Naturkunde das hohe Ideal der neuern Zeit ausgesprochen. Ein Zeitgenosse des Raphael und Michel Angelo, wagt es der unsterbliche Kopernikus die erstorbene Naturweis- heit mit dem hohen Geist und Sinn der neuen Zeit wie- der zu beleben. Der alte Wahn, daß die Sonne und alle ewigen Gewalten des Himmels sich um unsre klei- ne Erde bewegten, welcher in der alten Zeit, wo der Mensch selber noch ganz von der Erde abhaͤngig war, geherrscht hatte, wird von ihm zerstoͤrt. Nicht mehr die Erde, sondern des Universum, nicht mehr die ein- zelne Erscheinung, sondern das Ideal, fuͤhren als Genien die Herrschaft der neuen Zeit. Endlich wird von dem groͤßten Astronomen aller Zeiten, von Kepler, das ewige Gesetz des Him- mels, und mit ihm der Eingang in das innerste Hei- ligthum der Naturwissenschaft gefunden. Der Vor- hang oͤffnet sich ein wenig, um hernach, vielleicht auf Jahrhunderte, das innre Licht wieder desto dichter zu verhuͤllen. Wie der Mensch in der neueren Zeit als etwas Besonderes aus der Harmonie mit dem Ganzen hervorgetreten, hat sein Verstand alle andre Wesen in diesen Abfall mit verstrickt, und sehr vielfaͤltig abge- rissene, blos durch einigen mechanischen Zusammen- hang verbundene Dinge in die lebendige Natur hinein- gedichtet. Deshalb ist jener Riesenschritt Keplers, ist das Licht, welches der deutsche Sinn fuͤr alle Zeiten angezuͤndet, Anfangs dem Anschein nach ohne Einfluß geblieben, und neben Keplers erhabenen Ansichten, hat sich noch zu derselben Zeit, in Frankreich, eine mecha- nische und handwerksmaͤßige Ansicht einer todten Na- tur gebildet, in welcher sich wie Wuͤrmer, welche ein moderndes Gebein benagen nur noch die mechanischen Kraͤfte bewegen. Wir sehen die Geschichte der Wis- senschaft, nicht ohne Zusammenhang mit der Bildungs- geschichte unsres Geschlechts auf einen scheinbaren Ab- weg gerathen, damit erst im Kleinen und Einzelnen jene Materialien ausgearbeitet wuͤrden, welche der Genius einer kuͤnftige Zeit zum hohen Bund zusammen- fuͤgen wird. Nicht die Entdeckung des Gesetzes der Schwere, nicht die der Electricitaͤt und verwandter Naturerscheinungen, die man saͤmmtlich mechanisch zu deuten gewußt, konnten jenem allgemeinen Gange der Meinungen Einhalt thun, bis endlich in der letz- ten Zeit, bey einer Hoͤhe der einzelnen Erkenntnisse wie sie vorhin noch nie erreichte, die rechte Naturansicht, zum Theil noch einzeln und in zerstreuten Funken wie- der hervorbricht, und sich dem Geist, in Thatsachen, welche die andre Parthey nur vergeblich zu laͤugnen be- muͤht ist, aufdringt. Diesen bedeutungsvollen Zustand der jetzigen Na- turwissenschaft, das vielseitige Hervorblicken einer neuen Zeit aus ihrer Mitte, werde ich dann, so viel es der Umfang und die Bestimmung dieser Arbeit er- lauben, bemuͤht seyn, meinen Zuhoͤrern darzustellen, und ich werde schon in der fuͤnften Vorlesung mit dem was aus der heutigen Astronomie hieher gehoͤrt, be- ginnen. Wir sehen in unermeßlichen Fernen jene tausende der Milchstraßen, welche nach dunklen Gesetz und in unbekannten Bahnen sich bewegen. Die Geschichte un- sers Planetensystems beginnt mit der der Sonne. Dann sieht das Auge, von der Ferne ungehindert, die jetzi- ge Natur und Ausbildung der Planeten, und es fuͤh- ren uns Spuren einer dunklen Analogie in das nur zum Theil erforschte Reich der Kometen. Hierauf schließt sich unmittelbar an die Astronomie die Physik im Großen an, es begegnet uns hier zuerst das Gesetz der Schwere, und wie die große magnetische Periode aus andern Naturverhaͤltnissen der Erde, als Plane- ten, hergeleitet zu werden vermag, zeigt sich der Magnetismus uͤberhaupt als das erste Kosmische, das heißt auf die Verbindung aller einzelnen Weltkoͤrper zu Einem Ganzen hindeutende Phaͤnomen. Wir vertrauen uns seiner Fuͤhrung an, und siehe auf einfachem Wege, fuͤhrt uns derselbe zu der erhabenen Quelle des Lichts und der Waͤrme. Wenn hierauf in einem etwas groͤßeren Zusammenhang, dem innern Sinn Vieles klar geworden, was einzeln stehend schwerer zu fassen scheint, wenden wir uns von dem unermeßlichen Gan- zen zu dem Einzelnen, und der Blick, welchen ein graͤnzenloser Umfang nur zu leicht zerstreut, sammlet sich wieder auf unsrer kleinen Erde. Wir sehen diese, in den Tagen der Urzeit noch fluͤssig, und wenn wir uͤber Einiges, das noch dunkel schien, die jetzige Beschaffenheit einiger andern Plane- ten befragt haben, wird der Seele jene Zeit, wo aus der alten Fluth die Gebirge sich gebildet, klar und lebendig. Noch findet das Auge kein organisches Leben uͤber der graͤnzenlosen Fluth, und diese wird nur nach chemischen Gesetz bewegt. So tritt uns, in der Geschichte jener dunklen Zeit, die Chemie als Lehrerin und Fuͤhrerin auf, und wenn wir ihr Gebiet, wie es seit den letzten Jahren sich ungemein bedeutend erwei- tert darstellt, uͤberblicken, bringt es der Standpunkt, welcher hierzu noͤthig ist, von selber mit sich, von dem Gesetz der Bildung und der Gestalten einige Zuͤge zu entwerfen. Wir sehen uns von neuem auf dem muͤtterlichen Planeten. Die Gewaͤsser haben unter dem Einfluß der Zeiten sich vermindert, und schon bewegt das erste Vorbild unsrer jetzigen Atmosphaͤre seine muͤtterliche Schwinge. Siehe da regt sich das Gewaͤsser von tau- send Lebendigen, deren wunderbare Formen jetzt nicht mehr auf Erden gesehen werden, und in denen die Na- tur, an der Graͤnze zwischen Thier- und Pflanzenwelt, unentschieden zwischen zweyen Richtungen schwebt. Jene Gestalten und den Boden welcher sie gezeugt, begraͤbt ein neuer Kampf der Elemente, und unver- staͤndlich, mit wunderbaren Zuͤgen, spricht der Geist einer grauen Vergangenheit nur noch aus seinen Fel- senhoͤhlen herauf. Das friedliche Leben, das schon einheimisch auf der Erde gewesen, scheint von neuem von dem Streben der todten Masse verdraͤngt. Da waͤchst, eben durch die Zunahme der tiefen Empfaͤng- lichkeit, die Macht des Lichts, und in einem neuen Kreißlauf der entgegengesetzten Kraͤfte, wird das Anor- gische zum zweytenmal besiegt. B Vielartiger und maͤchtiger, bey einem schon freyer und groͤßer gewordnen Spielraum, erhebt sich jetzt die anorgische Welt von neuem. An den Polen wie es scheint, zuerst, weil auf eine Weise die wir noch jetzt bey Jupiter und Saturn finden, durch den taͤglichen Umschwung die allgemeine Wassermasse nach dem Aequator hin noch uͤber den hoͤchsten Gebirgen gestan- den, waͤhrend das Land der Pole schon frey aus der Fluth hervortrat. Schon sehen wir den Geist der Natur, durch zum Theil jetzt untergegangene Formen, nach dem hoͤchsten Punkt der irdischen Bildung einen hohen Anlauf nehmen, und wo nicht schon der Mensch selber, wie aus Verschiedenem nicht unwahrscheinlich ist, aufgetreten war, so schien doch bis zu seinem Erscheinen nur noch ein Schritt zu seyn. Da sinkt die Welt noch einmal, wie von langer Anstrengung er- muͤdet, in die Tiefe des muͤtterlichen Elements, und die vielstrebenden Kraͤfte, umfaͤngt noch einmal der alte chaotische Schlummer. Bis endlich, gestaͤrkt zu dem letzten hoͤchsten Werk, die wieder erwachende Natur den Menschen, und das Angesicht der jetzigen organischen Welt erzeugt. Von dieser, von dem Rei- che der Pflanzen, seinen mannigfaltigen Gestalten und Gesetz der Bildungen, hierauf von der Thierwelt und dem Gesetz ihrer Entwicklung von dem Wurm bis hin- auf zum Menschen, wird ein großer Theil dieser Vor- lesungen handeln. Endlich, wenn in einigen Zuͤgen die allgemeine Geschichte des Lebens, so weit sie uns klar zu werden vermag, voruͤbergefuͤhrt ist, wird die Untersuchung uͤber die Bestimmung des Menschen und uͤber die Bedeutung einiger seiner Anlagen, uͤber seine Vergangenheit und Zukunft, sich schuͤchtern, in dem Bewußtseyn ihrer Mangelhaftigkeit, diesem anschließen. Wir wuͤrden bey der großen Mannigfaltigkeit der Gegenstaͤnde, bey dem ungeheurem Umfange des Ge- biets der Wissenschaft, nicht im Stande seyn, mit der gewoͤhnlichen Weise der Darstellung etwas Ganzes und lebendig Anschauliches zu geben, wohl aber hoffen wir von jenem Gesichtspunkt aus, den wir gleich Anfangs bezeichneten, diesen Bemuͤhungen einigen Zusammenhalt und festen Mittelpunkt zu geben. Eben jene oft versaͤumten Thatsachen des Wunderglaubens, und was ihnen gleicht, (denn wenn man einmal einige Thatsa- chen hieher rechnet, moͤge man auch erlauben daß wir alle andre ihnen nahe verwandte mit ihnen zusammen- stellen) werden uns jenen lichten Punkt gewaͤhren. So, um wieder mit der erhabensten Naturwissen- schaft zu beginnen, lassen es in der Astronomie das Gesetz der Schwere, und zum Theil selbst die Keple- rischen Gesetze, wenn man bey der gewoͤhnlichen Er- klaͤrung derselben stehen bleibt, noch unentschieden, ob das System der Weltkoͤrper ein nach nothwendigen Gesetz verbundenes Ganze bildet, wo ein Glied das andre voraussetzt, oder ob blos die Anziehung der Ma- terie, die durch hoͤheren Zufall einzeln entstandenen Massen, mechanisch zusammenhaͤlt. Unmittelbar aus B 2 der gewoͤhnlichen Theorie, laͤßt sich wenigstens gegen die mechanische Hypothese, wenn sie nur etwas vor- sichtiger ist als die von Buͤffon aufgestellte, nichts Gruͤndliches einwenden. Nimmt man aber selbst nur das schoͤne von Bode aufgestellte Verhaͤltniß der Ent- fernungen, von welchem es neuerdings erweisbar ist, daß selbst die Differenzen an die man sich bisher ge- stoßen, aus einem nothwendigen Gesetz entstehn; nimmt man einige andre, neuerlich zur Sprache gekom- mene Verhaͤltnisse der Groͤßen, Sonnenfernen, Ec- centricitaͤten und Tageslaͤngen der einzelnen Planeten hinzu; so zeigt sich auf einmal das Planetensystem als ein organisch verbundenes Ganze, wo jedes Einzelne in der innigsten und nothwendigsten Beziehung auf die uͤbrigen Glieder, und auf das Ganze steht. — In der Physik werden die Phaͤnomene des Magnetismus, der Elektricitaͤt, der Waͤrme und des Lichts, warrlich nicht aus der Annahme eigenthuͤmlicher, halbkoͤrperli- cher Stoffe, sondern einzig aus der Beziehung des Ein- zelnen auf das All deutlich. So sind auch in der Meteorologie die Lehre von den Perioden, dann das Phaͤnomen der Vorempfindung kuͤnftiger Wetterveraͤnderungen, das bey einer Menge von Thieren und Pflanzen, und an kranken organischen Theilen wahrgenommen wird, in der Geognosie unter andern die bekannte Beziehung, in welcher alle Vul- kane und Erdbraͤnde auf unsern ganzen Planeten mit- einander zu stehen scheinen, obgleich dabey durchaus an keine unterirdische Communication zu denken ist, blos aus einer innigen Harmonie des Einzeinen mit dem Ganzen zu erklaͤren. Es lassen uns in der Chemie jene oft beobachteten Phaͤnomene, welche dem der sogenannten Abstum- pfung gleichen, auf Ein allgemeines Gesetz, auf Einen Grund der Wechselwirkung, so wie viele andre That- sachen auf Eine allen Irdischen gemeinschaftliche Grund- form schließen, von welcher die Dinge bey ihrem Ent- stehen ausgehen, und zu welcher sie bey dem Ueber- gang in ein neues hoͤheres Daseyn, zuruͤckkehren. Je- ne Grundform aber ist nichts anders als derjenige Zu- stand des Einzelnen, wo dasselbe auf dem hoͤchsten Gipfel der Negativitaͤt, der Empfaͤnglichkeit fuͤr hoͤhere Ein- fluͤsse, mit dem Ganzen wieder am innigsten ver- eint ist. Wem hat nicht in der schoͤnen Zeit des Fruͤhlings der sogenannte Pflanzenschlaf, und das zarte Geheim- niß der Blumenliebe, welches die weit getrennten Ge- schlechter bald durch Insekten, bald durch andre noch wunderbarer scheinende Mittel zu vereinen weiß, von tiefen Sinn geschienen, oder wem waͤren jene Sym- pathien des Pflanzenreichs, worunter die des schon lange aufbewahrten Weins mit der Rebe von welcher er genommen ist, in der Zeit ihrer Bluͤthe gehoͤrt, un- bekannt? Nicht minder sind auch die Sympathien des Thierreichs mit der aͤußern Natur, wo z. B. das Be- duͤrfniß und seine aͤußre Befriedigung zugleich aufwa- chen, bekannt. Wir werden von diesen Erscheinungen einige der Bedeutendsten herausheben, und so auch in der Botanik eine hohe Bestaͤtigung der Harmonie des Einzelnen mit dem Ganzen finden. Die Geschichte jener Reihen, in denen die Natur im Pflanzen-wie im Thierreich von den untersten zu den hoͤchsten Formen aufsteigt, wird uns hierauf die innige Beziehung der verschiednen Geschlechter der Dinge auf einander deutlich machen. Endlich werden wir in mannigfaltigen Erscheinungen, das Eingreifen eines kuͤnftigen hoͤheren Daseyns, in das jetzige minder vollkommene anerkennen, und wie der tief im Innern unsers Wesens schlummernde Keim eines neuen Lebens, in gewißen Momenten, wo die Kraͤfte des jetzigen ruhen, deutlich hervorblickt. Hier ist es vorzuͤglich, wo alle die Erscheinungen, welche jenen Thatsachen eigentlich ihren Nahmen gegeben haben, die des thierischen Magnetismus, der Vorahndungen, Traͤume, Sym- pathien und dergleichen, zusammen eintreten werden. So geschieht es, daß indem wir uns gerade an den bisher in den einzelnen Naturwissenschaften am mei- sten versaͤumten, oder dunkel gebliebenen Phaͤnomenen festhalten, die Natur, von welcher sonst nur zerstreu- te Theile, welche wiederum das Gemuͤth nur zerstreuen, nicht lebendig ansprechen koͤnnen, sichtbar wuͤrden, unsre Seele als ein lebendiges harmonisch verbundnes Ganze anspricht, Ein Grund, Ein Gesetz, und Ei- ne allgemeine Geschichte alles Lebens und Daseyns klar hervortritt. Ich will den Sinn meiner heutigen Vorlesung und zugleich den Plan meiner ganzen Arbeit, noch ein- mal in wenig Worte zusammenfaßen. Zuerst soll in der Urgeschichte des Menschen erkannt werden: daß die innigste Harmonie seines Wesens mit der ganzen aͤußern Natur, der urspruͤngliche Zustand desselben war. Hierauf soll in aller Naturwissenschaft derselbe ewige Bund, dieselbe Beziehung des Einzelnen auf das Gan- ze wiedergefunden werden, und wenn sich hierdurch auf einen Moment der allgemeine Sinn und Geist der Natur vor der Seele verklaͤrt, moͤge das Gemuͤth ler- nen, daß die Kraͤfte des Einzelnen nur fuͤr das Gan- ze, nur in Harmonie mit diesem sind, und daß es das hoͤchste Ziel, der hoͤchste Beruf des Lebens sey, daß das Einzelne sich selber und sein ganzes Streben, dem allgemeinen, heiligen Werk des Guten und Wahren zum Opfer bringe. Zweyte Vorlesung. Von dem urspruͤnglichen Verhaͤltniß des Menschen zu der Natur, oder von seiner aͤltesten Cultur . U nter jenen Thatsachen, welche der jetzt noch herr- schenden Ansicht am meisten widerstreben, und welche bis- her noch am wenigsten aus der Theorie zu erklaͤren wa- ren, gehoͤren die aus der aͤltesten Geschichte unsres Geschlechts, welche ich zum Theil in meiner heutigen Vorlesung auffuͤhren werde. Denn noch immer scheint zu unsrer Zeit die Frage, ob der Mensch bey seinem Eintritt in diese Natur von dem Zustand der Wildheit und Rohheit ausgegangen, oder von dem Genuß jezt verlohren gegangner Kraͤfte und Erkenntnisse? bey den Meisten unentschieden, und es hat sogar jene Parthey, welche das Erstere behauptet, seit einem Jahrhundert die meisten Anhaͤnger gefunden. Man gab hierbey vor, der Erfahrung gefolgt zu seyn, welche uns den Urzustand des Menschen in je- nen sogenannten wilden Voͤlkern vorbildete, die abge- sondert von andern gebildeteren, wie Kinder, noch zu den Fuͤßen der Cultur saͤßen. Der Mangel und ein taͤgliches Beduͤrfniß; die Furcht, welche einem von der Natur unbewaffnet und unbekleidet gelassenen We- sen vor andern eigenthuͤmlich gewesen sey, das freund- liche oder feindliche Zusammentreffen der verschiedenen Individuen und Familien, haͤtten zuletzt Gewerbe, Religion, Cultus, Sitten und andre hoͤchste Vorrech- te unsrer Natur erzeugt. Aber eben dieser Meynung, die sich so sehr auf Erfahrung beruft, wird von aller Erfahrung am meisten widersprochen, und schon der erste Blick auf die heilige Sage aller besseren Voͤlker, welche warrlich auf etwas Tieferen und Unvergaͤngli- cheren beruht, als daß sie die Schluͤsse eines ausschwei- fenden Verstandes erreichen moͤchten; auf die Werke der Dichter, deren Begeistrung nicht ohne Grund die Offenbarung des Wahren, und die Gabe des Sehens genannt wird, und aller ins Tiefe gehenden Geschichts- forscher der aͤlteren Zeit, so wie auf eine Menge histo- rischer Denkmaͤhler, widerlegt sie. Wenn Religion, ein Erzeugniß der Furcht, aus rohem Anfange entstanden, wie kommt es denn, daß die Religionen, je aͤlter sie sind, desto reinere und er- habnere Ansichten enthalten? wie man z. B. von der Re- ligion der Indier seit einiger Zeit zugestehen muͤssen, sie sey bisher fast durchaus verkannt worden, und erst bey den vielseitigeren Ansichten der letzten Jahrzehende er- oͤffne sich das Innre ihres tiefen, weisen Sinnes. Wenn die Sprache durch Mittheilung der von ver- schiednen Individuen verschieden aufgefaßten Natur- laute (thierischer Stimmen z. B.) entstanden, als die Menschen von der aͤußren Noth zur Gesellschaft ge- zwungen worden, und sich von den unvollkommensten Anfaͤngen allmaͤhlig entwickelt hat, wie kommt es, daß, wie sich beweisen laͤßt, die vollkommnere Spra- che — die metrische, fruͤher gewesen als die Prosa? Denn nicht etwa Griechenland allein erwaͤhnt des er- sten Gebrauchs der ungebundnen Rede als einer neuen Erfindung, sondern es ist die Mythologie, diese aͤlte- ste historische Urkunde der alten Welt, von den Ufern des Ganges bis zu der Kuͤste des Eismeers, in Versen enthalten, und auch die aͤltesten astronomischen Beob- achtungen und Naturtheorien der asiatischen Voͤlker, sind in Gedichten bewahrt. Wenn Mangel und Duͤrftigkeit dem Menschen die Wissenschaften gelehrt, warum hat sich die alte Welt gerade mit solchen Untersuchungen am meisten und an- gelegentlichsten beschaͤftigt, welche, wie zum Theil mei- ne heutige Vorlesung zeigen wird, mit der Nothdurft des Lebens in gar keinem unmittelbaren Zusammenhang stunden? Selbst jene sogenannten wilden Voͤlker, die zu der gewoͤhnlichen Vorstellung von dem Naturzustand des Menschen Veranlassung gegeben, deuten durch Mythen die sie aus alter Zeit bewahren, durch historische Denk- maͤhler, oder durch einige Zuͤge ihrer Sprache, auf ei- nen fruͤhen Zusammenhang mit Voͤlkern, bey de- nen ein viel hoͤherer Grad von Bildung nicht zu ver- kennen ist, so daß sie uns vielmehr als ausgeartete, von einer viel hoͤheren Bildung ihrer Uraͤltern herabge- sunkne Staͤmme, denn als Naturmenschen erscheinen muͤssen. So muͤssen wir mithin mehr der andern Par- they Recht geben, welche den Menschen von dem Ge- nuß hoͤherer Erkenntnisse und Kraͤfte ausgehen laͤsset. Und fuͤr diese sehen wir die ganze Natur selber Zeugniß geben. Es begegnet uns naͤmlich uͤberall zuerst die natuͤr- liche Nothwendigkeit, und im Thierreich der Instinkt, ehe sich die Wesen zu einiger Selbststaͤndigkeit erheben. So wird auf den niedrigsten Stufen der Natur, im Steinreich, ein strenges und klares Gesetz der Formen, die Kristallisation gefunden, waͤhrend die freyeren Ge- stalten des Pflanzenreichs jenen natuͤrlichen Zwang schon in etwas uͤberwinden. Das nothwendige Gesetz der Wechselwirkung mit der aͤußeren Natur, wird im Thierreich Instinkt genannt, und dieser tritt anfangs in seiner ganzen Strenge und Haͤrte als Kunsttrieb auf, bis er hernach in den hoͤheren Organisationen als eigentlich sogenannter Instinkt erkannt wird. Endlich wacht der Wille, und die Selbststaͤndigkeit des natuͤrli- chen Strebens erst ganz zuletzt — im Menschen auf. Und in der Geschichte des Menschen selber, sehen wir das neugebohrne Kind zuerst durch den Instinkt in sei- ne neue Heymath eingefuͤhrt, und dieser fruͤheste Be- gleiter pflegt spaͤter, wo der Wille sich entwicklet, blos ohnmaͤchtiger zu werden, nie sich ganz zu entfernen. Es pflegt das, was unmittelbar nach einem noth- wendigen Naturgesetz geschieht, jene eigenthuͤmliche Vollendung, Selbststaͤndigkeit und Zweckmaͤßigkeit in sich zu vereinen, welche der Natur selber in allen ih- ren Wirkungen eigenthuͤmlich ist. Wir finden selten, daß der natuͤrliche Trieb Taͤuschungen oder Misgriffen ausgesetzt sey, wohl aber ist dieses in gewisser Hinsicht der Wille. Es muͤssen die Dinge, welche einen sol- chen Kunsttrieb oder Instinkt ausuͤben, als unmittel- bare Organe der Natur betrachtet werden, welche sich die Einzelnen um so mehr unterordnet, je unvollkomm- ner sie sind. Wenn es die eigenthuͤmliche Bestim- mung und das Wesen unsrer Natur ist, wodurch sie sich von der Natur andrer Wesen unterscheidet, daß sie zur Selbststaͤndigkeit, zu einer freyen harmonischen Ausuͤbung eines guten und harmonischen Willens zu gelangen strebt, wenn hierinn unsre hoͤchste Vollen- dung, unser hoͤchstes Ziel besteht, so muß, wie in der Natur Alles von einem geringeren Anfang ausgeht, die Ausuͤbung des freyen Willens bey dem ersten Ein- tritt des Menschengeschlechts, eben so wie bey dem des Kindes, unvollkommener gewesen seyn als sie es nun ist, in demselben Verhaͤltniß aber ist der Mensch mehr der natuͤrlichen Nothwendigkeit und der Abhaͤngigkeit von der Natur unterlegen. Wenn damals der Mensch ein Organ der Natur gewesen, so war er dieses auf seine Weise, — mensch- lich. Es hat sich daher die natuͤrliche Nothwendigkeit und der Kunsttrieb des Menschen viel erhabener ge- aͤußert als der des Thieres, und nach der Meynung eines meiner Freunde, (Carl v. Raumer) welcher zu beweisen pflegt was er behauptet, war Astronomie das Aelteste was der Mensch als Organ des Planeten aus welchem er erzeugt worden, ausgesprochen (of- fenbarte). Schon die aͤlteste Geschichte der Astronomie, wie uns dieselbe Bailly, Montucla und andre beruͤhmte Schriftsteller gegeben haben, vermag diese Ansicht zu bezeugen. Moͤge man immer jene Angaben von dem Alter der astronomischen Beobachtungen, welches die Chal- daͤer bis auf 473 ja auf 493 Nach Epigenes. und 720 Nach Berosus bey Bailly. Jahr- tausende vor Alexander hinaufsetzen, und welches an- dre alte Voͤlker nicht viel geringer angeben (die Egypter, Chinesen u. a.) weil wie es scheint in einigen alten Sprachen das Wort Jahr von schwankender Bedeutung ist, fuͤr unzuverlaͤssig halten; Verschiedene, sonst ziemlich uͤbereinstimmende Schrift- steller, die z. B. von der egyptischen Geschichte handeln, setzen dieselben Zeitraͤume, einige auf 48863, andre auf 23000 Jahre. M. s. Bailly. moͤge selbst die et- was bescheidnere Erzaͤhlung der epytischen Priester, welche, da sie, auf die Wandelbarkeit ihrer bewegli- chen Jahre deutend, dem Herodot berichtet, daß die Sonne schon viermal den gewoͤhnlichen Lauf ver- aͤndert habe, sich hierbey auf eine mehr als eilftau- sendjaͤhrige Erfahrung beriefen, unglaublich gefunden werden; so wird man wenigstens eine Menge von Thatsachen, welche Bailly, der ja selbst die Zahlen der Jahre in der alten Geschichte so sehr als moͤglich her- unter zu setzen suchte, aufgestellt hat, und welche saͤmmtlich das Alter der Astronomie auf 7000 Jahre setzen, nicht laͤugnen moͤgen. So wenn man selbst jene drey und zwanzig und ein halb Jahrtausend alte Beobachtung der Indier, nach welcher alle fuͤnf aͤlte- ren Planeten an einem Punkt des Himmels vereinigt waren, kuͤhn genug erst aus spaͤteren Rechnungen auf- gestellt glaubte, blieben doch wenigstens jene Tafeln von der Zunahme der Tage, welche die Braminen noch jetzt haben, in ihrem 7600jaͤhrigen Alter unbestrit- ten, Diese Tafeln setzen naͤmlich die Schiefe der Ecliptik uͤber 25 Grad, mithin anderthalb Grad mehr als sie jezt be- traͤgt. Da sie nun in 1900 Jahren (von Hipparch bis zu uns) um 23 Minuten abgenommen hat, haͤtte sie, wenn und eben so alt scheint eine aͤhnliche Beobach- tung auf die sich Theon Smyrneus bezieht. Er scheint naͤmlich auch auf eine Schiefe der Ecliptik von 25 Grad zu deuten. Auch jene bestaͤndige Correktion, welche die Indier an der Bewegung der Sonne anbringen, und welche durch die Vermindrung der Dauer des Sonnenjahres hervor- gebracht scheint, deutet auf ein gleiches Alter der astro- nomischen Beobachtungen, da jene Verminderung sich erst nach vier Jahrtausenden bestimmen ließ. Eine andre Correktion, welche in den astronomischen Tafeln der Indier, fuͤr den wahren Ort der Sonne unsrer Mittelpunktsgleichung entspricht, und welche auch in andrer Hinsicht sehr merkwuͤrdig ist, scheint sich auf eine gegen sechstausend Jahre alte Beobachtung zu gruͤn- den. (6029) Das Apogaeum der Sonne scheint darin in den 200 der Fische gesetzt, was, wenn man auf ein Jahrhundert 10 49′ 10″ Bewegung der Sonnenferne rechnet, jene Beobachtung in das 4221ste Jahr vor Christo zuruͤcke setzt. (S. Bailly.) Obgleich die Zeit der Erfindung des Thierkreißes in Egypten, die von Einigen auf 15 Jahrtausende geschaͤtzt wird, (so von Dupuis) von Andern um Vie- les vermindert ist, obgleich auch das eigentliche Zeit- alter des Uranus und Atlas, denen die Sage verschiede- sie — wie man voraus zu setzen pflegt — gleichfoͤrmig ab- naͤhme, 7600 Jahre gebraucht, um von ihrem damaligen Werth auf den jezigen herunter zu fallen. ne Erfindungen in der Astronomie, und eine sehr voll- kommene Ausuͤbung derselben zuschreibt, so wie diese Zueignung jener Entdeckungen etwas ungewiß ist, ge- hen doch die Beobachtungen von dem Aufgang des Si- rius, und die Erfindung des großen Egyptischen Jah- res (von 1460 Jahren) in das fuͤnfte Jahrtausend vor unsrer Zeit hinauf, und dieses Volk rechnete einem Bruchstuͤck des Berosus nach zu schließen, seit jener Zeit schon nach Sonnenjahren. Auch die Beobachtun- gen, welche Callisthenes dem Aristoteles sendete, fien- gen sich von dem 4042 sten Jahre vor unsrer Zeit an. Ueber fuͤnf Jahrtausende alt wird die Intercalations- periode der Perser geschaͤtzt, und eine Angabe ihrer astronomischen Schriften, welche vier Sterne der er- sten Groͤße in die vier Cardinalpunkte des Thierkreißes setzt, ist fast von demselben Alter. An diese Zeit rei- chen auch fast die aͤltesten Beobachtungen der Chinesen hinan, Die neuerlich fuͤr wahr anerkannte Beobachtung der merkwuͤrdigen Conjunktion am Tage des Neumonds ist 4257 Jahr alt, die aͤlteste von Gaubil als richtig bewiesene Sonnensinsterniß Beobachtung. 3962 Jahre. und das Zeitalter des Fohi, welchen die alte Sage als einen großen Astronomen und den Erfin- der der Sphaͤre ruͤhmt, faͤllt noch um einige Jahrhunderte weiter hinaus (auf 4731 Jahre) und schon in dem fuͤnften Jahrtausend vor unsrer Zeit lebten die wegen ihrer tiefen astronomischen Kenntnisse am meisten ge- priesenen Koͤnige dieses Volkes. Ja selbst bey den alten Scandinaviern war die Einfuͤhrung ihres bretter- nen Calenders wenigstens drei und ein halb Jahrtau- sende alt, wie sich aus dem kleinen Unterschied ihres vorausgesetzten und des wahren Jahres, welcher in ei- nem Jahre nur Minuten betraͤgt, und erst in vielen Jahrhunderten zu Tagen anwaͤchst, erkennen laͤßt. Endlich erscheint auch in der Geschichte von Mexico die Astronomie sehr fruͤhe. Keine der hier angefuͤhrten Thatsachen beweißt, daß die Astronomie in jenen fernen Zeiten erst im Be- ginnen, im Begriff sich auszubilden gewesen sey, viel- mehr scheinen einige der wichtigsten unter ihnen zu be- zeugen: daß diese Wissenschaft damals schon auf dem hoͤchsten Gipfel ihrer Vollendung gestanden, ja daß sie selbst von dort an schon im Abnehmen gewesen sey. Jene astronomischen Tafeln der Indier, die sich auf die Schiefe der Ecliptik beziehen, waren blos vor 7000 Jahren genau, und die spaͤteren Zeiten haben die Abweichung derselben von der Wahrheit nicht mehr zu berichtigen vermocht. Eben so ist jene, wahrschein- lich sehr alte Weise, die Finsternisse zu berechnen, von der ich nachher reden werde, von den spaͤteren Men- schenaltern mechanisch nachgesprochen worden, ohne daß diese ihren Sinn verstanden, oder ihre Abweichung von der Beobachtung zu berichtigen vermocht haͤtten. Auch die eine Mittelpunktsgleichung, deren sich die Indiex bey Berechnung des wahren Orts der Sonne bedienen. C Und doch bluͤheten in Indien die Astronomie und die ketzten Ueberreste des alten Naturcultus spaͤt noch ein- mal auf, als Salivaganan, der fast zu Christi Zei- ten lebte, Er starb 78 p. Ch. die untergehende Herrlichleit der alten Welt durch seine Reformation noch einmal zuruckzufuͤh- ren gesucht. Auch die Calender der alten Scandinavier, deren ich eben erwaͤhnte, beweisen so wie andre Thatsachen der Art blos daß seit vier Jahrtausenden die Beobach- tung unterlassen und so die festgesetzte Zeitrechnung zu berichtigen versaͤumt sey, nicht aber daß sie erst seit jener Zeit Astronomie zu uͤben angefangen. Ja was noch mehr ist, die noch uͤbergebliebenen Arbeiten der Astronomie jener fernen Jahrtausende, lassen mit Sicherheit auf eine Vollendung derselben schließen, die in gewisser Hinsicht die der jetzigen Astro- nomie, wo nicht uͤbertraf, doch mit ihr wetteifern konnte. Merkwuͤrdig ist in dieser Hinsicht die Weise wie die Indier noch jezt die Finsternisse berechnen, wel- che mit nicht geringer Klarheit fuͤr die Hoͤhe der fruͤhen Astronomie dieses Volks zu sprechen vermag. Wir danken die erste aͤußerliche Kenntniß dieser Berech- nungsweise vorzuͤglich dem gelehrten Le Gentil, der sei- scheint erst spaͤter zu einer schon vor 6000 Jahren vollen- deten Theorie hinzugekommen. ner Gelehrsamkeit und seiner europaͤischen Cultur nichts zu vergeben glaubte, indem er bey einem Tamuler im indischen astronomischen Calcul Unterricht nahm. Auf Le Gentils Bericht gruͤndet sich auch die hiervon han- delnde Stelle in Baillys schon oft angefuͤhrtem Werke, die ich ihrer Wichtigkeit halber ganz hersetzen werde: „Was der Astronomie der Indier zur groͤßten Ehre gereicht, sind ihre Methoden die Finsternisse zu berech- nen. Sie calculiren mit einer großen Geschwindig- keit, und dabey mit vieler Genauigkeit. Die Brahmi- nen scheinen aufgezogene Uhrwerke zur Berechnung der Finsternisse zu seyn. Ihre Regeln sind in Versen, die sie bey der Operation recitiren. Ihre Verfahrungs- arten scheinen von außerordentlicher Einfachheit zu seyn. Die Theorie des Mondes, die verwickeltste un- srer neuen Theorien, verlangt bey ihnen keine schwie- rigen und muͤhsamen Berechnungen. Man kann nicht umhin zu glauben, daß diese Tafeln und Regeln der Brahminen von einer gelehrten Theorie herruͤhren. Die Principien derselben sind heut zu Tage unter einer blinden Fertigkeit versteckt, welche die große Kunst der fruͤheren Zeit einfach und sicher gemacht hat. Herr Le Gentil hat nicht mehr als 22 bis 24 Minuten Un- terschied zwischen ihrem Calcul und der Beobachtung zweyer von ihm hiermit verglichenen Mondfinsternisse gefunden. Es ist bemerkenswerth, daß die Brahmi- nen bey diesen beyden Finsternissen mit groͤßerer Ge- nauigkeit die Zeit der Dauer angegeben haben, als die C 2 Tafeln von Maier, die genauesten, welche wir be- sitzen.“ „Aber ungeachtet dieses hohen Alters einer Theo- rie, die fuͤr uns noch unter der mechanisch gewordnen, von einem Zeitalter an das andre (zuletzt selbst ohne den eigentlichen Sinn zu verstehen) uͤberlieferten Ausuͤbung verborgen ist, haben dennoch die Verfahrungsarten, deren sie sich jezt zur Berechnung der Finsternisse be- dienen, einen Nahmen, welcher in ihrer Sprache neu bedeutet. Zu Benares in Bengalen besitzen die Brahminen andre, welche man alte nennt.“ Wir werden anderwaͤrts belehrt *) daß die Brah- minen bey diesen Berechnungen vorzuͤglich Zahlen zu Grunde legen, welche die Dauer der verschiednen Zeit- alter der Erdgeschichte bezeichnen sollen. Die Haupt- zahl hierbey ist 432, und es betraͤgt das erste und laͤngste Zeitalter viermal, das 2te drey, das 3te zwey, das 4te einmal 432000 Jahre (1728 -- 1296 -- 864 und 432000) so daß die ganze Dauer der Welt wie- derum 4320000 Jahre begreift. Wir leben nach der Meynung der Indier jetzt in dem vierten Weltalter, (dem des Elends) von welchem jetzt (1808) viertau- tausend neunhundert und neun Jahre verstrichen sind. Es beruht die Zahl dieses letzten Zeitalters, welches auf das 3101ste Jahr vor Christo hinaufgeht, nach der Meynung der Astronomen auf einer wahrhaften historischen Epoche, und ist nach wirklichen Sonnen- jahren gerechnet. Die Zahlen der uͤbrigen Zeitalter hat man aber bald halbe Tage (so die erste von 1728000 Jahren, welche man mit den Angaben der von Erschaffung der Welt bis zur Suͤndfluth verstri- chenen Zeit bey andern Voͤlkern zusammen zu stimmen suchte) bald Achttheile eines Tages bedeuten lassen. Es scheint nicht schwer zu beweisen, daß diese Zahlen nichts Willkuͤhrliches, sondern unmittelbar wenigstens aus der Natur des Planeten genommen sind. Auf eine tiefe Bedeutung derselben ließ schon die Uebereinstimmung schließen, vermoͤge welcher wir die Zahl 432 bey mehreren Voͤlkern verehrt finden. Nicht blos wurde in Griechenland von einem Nachfolger des Cleostratus, von Meton, welcher sich außer diesem durch die Einfuͤhrung des 19jaͤhrigen Mondcyclus be- ruͤhmt gemacht, die Zahl 432 in dem sogenannten goldnen Cyclus verherrlicht; sondern wir finden die Zahl 432000 auch in der babylonischen Geschichte, in der Zahl der ersten Periode, und noch mehr schei- nen die Zahlen der Jahre der alten egyptischen Chronik aus der Zahl 432 zusammengesetzt. Diese Chronik zaͤhlt uͤberhaupt 36525 Jahre, 365, 25 bekanntlich die Zahl eines Jahrs in Tagen. hiervon erfuͤllte 30000 die Regierung der Sonne, 3984 die der 12 großen Goͤtter, 217 die der 8 Halbgoͤtter, und es blieb dann 2324 fuͤr die uͤbrige bis auf Nectanebus verfloßne Zeit. Nun ist aber die Zahl 432, oder aus Gruͤnden die ich spaͤter anfuͤhren werde 432, 8 in 3984 = 9, 20464 mal enthalten. Das Quadrat hier- von ist 84, 725 waͤhrend 432, 8 in 36525 = 84, 3875 mal enthalten ist. Daß dies wirklich der Sinn dieser Zahlen sey, erkennen wir aus der gleich darauf fol- genden 217. Nehmen wir naͤmlich 2 mal 217 oder 434 (genauer 434, 56 ) so ist die Zahl wie oft 434, 56 in 36525 enthalten ist, genau das Quadrat von der, wie oft jene Summe in 3984 enthalten war. Ande- rer, wahrscheinlich aus 432 zusammengesetzten Zahlen Z. B. der jener persischen Sage die den Berg Albordi 800 Jahre (wahrscheinlich 864 was zweymal 432 oder der magnetischen Periode gleich ist) bis zu seiner jetzigen Hoͤhe anwachsen laͤsset. nicht zu gedenken. Es ist jene Zahl 432 aus den Naturverhaͤltnissen unsers Planeten zu andern Weltkoͤrpern, besonders zu Sonne und Mond entlehnt, und ich habe anderwaͤrts gezeigt, In meinen Ahndungen einer allg. Gesch. d. Lcb. II. daß die mittlere Entfernung der Erde von der Sonne 216 Sonnen, die des Mondes von der Erde wenn man dabey der Einen dort gebrauchten An- gabe folgt, 216 Mondenhalbmesser betraͤgt, daß man mithin, wenn man von der elliptischen Form der Bahnen absieht, diese als Kreise betrachten kann, von denen jener 432 Sonnen, dieser 432 Mondenhalbmes- ser im Durchmesser hat. Die Zahlen der Zeit und Raumverhaͤltnisse der einzelnen Planeten, sind sich, wie ich an dem angefuͤhrten Ort gezeigt habe, haͤufig ver- wandt. So betraͤgt unter andern auch die von Burk- hard berechnete große magnetische Periode, 864, oder zweymal 432 Jahre. (gewoͤhnlich nimmt man nur 860) Es wird hieraus erkannt, wie sehr die Zahlen 216 und 217 Die mittlere Entfernung der Erde von der Sonne be- traͤgt, wenn wir, wie in einer der nachfolgenden Vorle- sungen geschehen ist, den Halbmesser des festen Kerns der Sonne nach Abzug der leuchtenden Atmosphere 96376 Meilen setzen, 216, 41 solcher Sonnenhalbmesser. Die Egypter scheinen diese Entfernung, oder irgend ein andres mit ihr in Beziehung stehendes Verhaͤltniß unsers Plane- ten, das ihrer Angabe zu Grunde lag, zu 217, oder den oben erwaͤhnten Zahlen zu Folge genauer 217, 78 angenommen zu haben. Vielleicht daß dies mit einer andern Sage die- ses Volks, welche die bestaͤndige Abnahme der Jahreslaͤn- ge, und mithin auch der mittleren Entfernung der Erde von der Sonne lehrte, in einigen Zusammenhang stund. 432 und andre aus ihnen zusam- mengesetzte Zahlen genau nach der Natur, nicht will- kuͤhrlich aufgestellt waren, und daß schon die Indier auf Verhaͤltnisse Ruͤcksicht genommen haben, auf wel- che wir kaum seit einem Jahrzehend wieder aufmerksam geworden sind. So wird uns erst noch die Zukunft die Gruͤnde je- ner einfachen Berechnung des wahren Durchmessers des Mondes und der Sonne, wovon es auch zwey verschiedene Arten (wahrscheinlich eine aͤltere und eine neuere) giebt, lehren, und die Erkenntniß dieser Gruͤnde wuͤrde von nicht geringerer Wichtigkeit seyn, als es allem Anschein nach die der Berechnung der Finsternisse seyn muß. Wenn in einiger Hinsicht jene aͤltesten Astronomen der Erde, allem Anschein nach Kenntnisse besessen ha- ben, die uns jezt noch erst zu erringen sind, scheinen sie in andrer wenigstens nicht hinter der jetzigen Theo- rie zuruͤck gewesen zu seyn. Das Kopernicanische System ist nach Bailly bey den Indiern urspruͤnglich einheimisch, obgleich ein Theil der Brahminen die Erde fuͤr unbeweglich haͤlt. Die jaͤhrliche Bewegung der Fixsterne und das Vorruͤcken der Nachtgleichen, ist nicht minder bey mehreren jener alten astronomischen Voͤlker, vorzuͤglich bey den Indiern, ziemlich genau be- kannt gewesen, nicht minder wurde, wie schon fruͤher erwaͤhnt ist, auf die Neigung der Erdaxe genau Ruͤck- sicht genommen. Selbst die Gestalt und der Umfang der Erdkugel muͤssen, nach Einigen zu schließen, je- nen Zeiten nicht unbekannt gewesen seyn, jenes laͤßt sich aus der Lehre der von den egyptischen Priestern un- terrichteten griechischen Astronomen, welche die Ausdeh- nung der Erde von Ost nach West fuͤr groͤßer hielten, als die von Nord nach Suͤd, dieses aus einer in mehr als einer Hinsicht merkwuͤrdigen Angabe der Chaldaͤer schließen. Die Astronomen dieses Volks pflegten naͤm- lich den Umfang der Erdkugel beylaͤufig so zu bestim- men, daß ein Mensch, wenn er einen maͤßig guten Schritt hielte, sie in einem Jahr (von 365¼ Tag) umgehen koͤnnte. Rechnen wir aber den Umfang der Erde zu 9000 Lieues, eine Lieue auf eine Stunde, so kommt jene Angabe der Wahrheit wirklich bis auf den 38sten Theil nahe, indem 24mal 365¼ Lieues 8766 ist, und der geringe Unterschied gruͤndet sich vielleicht darin, daß die Menschen jener Zeit besser zu Fuße waren als die jetzigen es sind, oder daß es der vollkommen gesun- de Mensch, dessen natuͤrliche Groͤße und Geschwindigkeit demnach sogar mit der Groͤße des Planeten den er be- wohnt, in einem merkwuͤrdigen Verhaͤltniß stehen, uͤber- haupt ist. Es kommen nach jener chaldaͤischen Rechnung 24,64 jetzi- ge Lieues auf den Tag, oder rechnet man nur 24, so be- traͤgt ein solcher Stundenweg 14088 alte Pariser Fuß, mithin 366 mehr als eine Lieue. (der Unterschied betraͤgt nur , 49 .) Viele jener Kenntnisse finden sich gemeinschaftlich bey mehreren von einander sehr entfernten Voͤlker, andre scheinen, einige an dieses, andre an jenes Volk vertheilt. Zu jenen gehoͤrt unter andern die Bezeich- nung der Wochentage durch die verschiednen Planeten, und die bey allen, selbst den entferntesten Voͤlkern glei- che Aufeinanderfolge der zur Bezeichnung gebrauchten Weltkoͤrper. Sonne — Mond — Mars — Mereur — Jupiter — Venus — Saturn. So willkuͤhrlich diese Anordnung scheint, da sie sich weder auf die Verschiedenheit der Entfernungen, noch auf sonst etwas, worauf man ge- woͤhnlich Ruͤcksicht zu nehmen pflegt, gruͤndet, ist sie dies doch nicht, wie vielleicht schon aus dem erhellen wird, was ich in meiner angefuͤhrten Schrift uͤber die sehr natuͤrliche Beziehung, in welcher Sonne und Mond, Jupiter und Merkur, Saturn und Venus ste- hen, erwiesen habe. Man hat bekanntlich noch einen andern Grund dieser An- einanderstellung der Planeten in der Eintheilung der Stun- den gefunden. Gemeinschaftlich war auch uͤberdies allen Voͤlkern der alten Welt der Gebrauch der Zahlen 7 — 9 — 60 und andrer aus ihnen zusammengesetzten Zahlen, und auch von diesen scheint es, als ob sie aus tiefen Na- turverhaͤltnissen entlehnt waͤren. Die 60jaͤhrige Periode wird von Einigen von dem Jupi- ter hergeleitet, der sich dann jedesmal in Beziehung auf die Erde wieder an derselben Stelle des Himmels befindet. Doch hat die Zahl 60 wahrscheinlich noch eine bey weitem vielseitigere Bedeutung gehabt. Dagegen bedien- ten sich die astronomischen Voͤlker der neuen Welt, wie wir wenigstens von den Mexikanern wissen, vorzuͤg- lich der sonderbaren Zahl 13, und pflegten statt den siebentaͤgigen der oͤstlichen Voͤlkerstaͤmme, dreyzehntaͤ- gige Wochen u. s. w. anzunehmen. Man koͤnnte ver- sucht werden, diese Zahlen fuͤr eben so willkuͤhrlich zu halten, als die der decadischen Eintheilung, die man vor einiger Zeit in Frankreich gebraucht, wenn nicht die Ausuͤbung bewiesen haͤtte, wie bedeutend die Zahl 13 in den Zahlenverhaͤltnissen des Planeten ist, indem die Mexikaner mit Huͤlfe dieser Zahl nicht nur eine eben so genaue Zeiteintheilung als die Voͤlker der oͤstli- chen Welt erlangt haben, sondern sich derselben auch bey Berechnung der Finsternisse mit einem aͤhnlichen Gluͤck bedienten, als andre Voͤlker der ihrigen. Es ist naͤmlich nicht blos die Zahl der Umlaͤufe des Mon- des, oder der Rotationen der Sonne (von der Erde aus gesehen) waͤhrend eines Erdenjahres, eine Annaͤhe- rung an 13, sondern auch eine Menge andrer Verhaͤlt- nisse des Planeten, von denen ich einige anderwaͤrts (a. a. O.) aufgestellt habe, sind von der Natur durch die Zahl 13 ausgedruͤckt. Gewisse Kenntnisse, welche nicht minder mehreren Boͤlkern gemeinschaftlich waren, sind von Etlichen als ein Beweis angesehen, daß man sich in der aͤltesten Zeit der Telescope bediente. So die Annahme von Ge- buͤrgen im Monde M. s. Bailly. und die Kenntniß der eigentlichen Beschaffenheit der Milchstraße, die man als aus lauter kleinen Sternen zusammengesetzt betrachtete. Beson- ders in den Sternverzeichnissen der Indier finden sich eine Menge Sterne angegeben, die jezt blos Telesco- pisch sind. Doch scheint das eigentliche Fernrohr dem ganzen Orient unbekannt gewesen, und jene tibetani- schen Astronomen, deren ich schon anderwaͤrts erwaͤhnt habe, kannten die 4 Jupitersmonde blos aus alter Ueberlieferung, und erstaunten nicht wenig, als sie die Eigenschaft eines Telescops, die Gegenstaͤnde naͤher zu bringen, bemerkten. Ich habe in meiner schon angefuͤhrten Schrift diese gluͤckliche Scharfsichtigkeit der Vorwelt aus der damaligen Beschaffenheit der At- mosphaͤre hergeleitet. Andre Kenntnisse scheinen an verschiedene Voͤlker vertheilt, und nach Baillys Meynung erscheinen diese wie Bruchstuͤcke aus dem großen Ganzen einer fruͤhen Theorie, welche Einem Urvolk eigenthuͤmlich war, dessen nach verschiedenen Gegenden auswandernden Staͤmme, einige diese, andre jene Resultate oder Re- geln einer vollenderen Theorie mit sich fuͤhrten. Wie von einer Verschiedenheit der innern Naturanlage ge- trieben, finden wir die einen Voͤlker blos Sonnen-an- dre blos Mondfinsternisse beobachten (jene die Chineser, diese die Chaldaͤer, in Indien u. a. beyde) so wie eini- ge Voͤlker sich vorzuͤglich Einen Planeten waͤhlten, des- sen Lauf und uͤbrige Verhaͤltnisse sie bestaͤndig beobach- teten. (die Chaldaͤer den Saturn.) Gewiß ist es, daß selbst da, wo jene Ueberreste einer alten Astronomie noch am vielseitigsten und vol- lendetsten vorhanden sind, ihre wahre Bedeutung fuͤr unsre jetzigen Kenntnisse nur erst sehr dunkel aus den Irrthuͤmern der spaͤteren Zeit hervortritt. Wenn man liest, daß die Egypter den Mond fuͤr den 72sten Theil der Erde hielten, da seine Masse nach Bernoulli wirk- lich der 71ste Theil der Erdmasse ist, koͤmmt man in Versuchung, bey den Alten Kenntnisse der wahren Groͤße und Dichtigkeit dieses Weltkoͤrpers vorauszusetzen, und nicht minder lassen, wie schon erwaͤhnt, die so oft gebrauchten Zahlen 216 und 432 auf eine Kenntniß des Halbmessers der Sonne und des Mondes schließen, ob- gleich diese Vermuthung auf der andern Seite wieder entkraͤftet wird, wenn man findet, daß dieselben Egypter und Indier (freylich wohl immer die spaͤteren) jene den Mond nur 49 Meilen von der Erde entfernt, diese den Mond ferner glaubten als die Sonne. Es ist aber auch leicht moͤglich, daß diese Zahlen aus and- ren noch unbestimmten Verhaͤltnissen der Erde zu jenen Weltkoͤrpern entlehnt sind, in denen sie sich (wie schon die magnetische Periode vermuthen laͤßt) wieder- finden, und vielleicht wird uns ihre Erforschung in der Folge noch von der groͤßten Wichtigkeit seyn. Wenn auch die Astronomie im engern Sinne, und zwar in einer Vollendung wie sie bey uns nach einigen Seiten hin kaum jetzt noch erreichte, am deutlichsten aus der Kulturgeschichte des fruͤhesten Alterthums her- vorblickt, und das hoͤchste Lebenswerk des damaligen Menschengeschlechts gewesen scheint, sind doch naͤchst ihr auch Spuren in der Geschichte jener Vorzeit ent- halten, welche auf eine aͤhnliche fleißige Ausuͤbung und Kenntniß auch andrer Naturwissenschaften schließen lassen. Naͤchst den Verhaͤltnissen seines Planeten zu andern Weltkoͤrpern, hat sich der menschliche Geist von Anfang auf die Geschichte der Erde selber gewen- det. Die alten Sagen der von einander entferntesten Voͤlker, der Indier wie der Islaͤnder, der Chinesen wie der Mexikaner, sprechen bald dunkler bald dentli- cher von großen Naturrevolutionen. Auch diese Sa- gen gehoͤren zu jenen „Wundern der Geschichte, Naͤthseln des Alterthums, die Unwissenheit verwarf, und welche die Natur uns aufschließen wird.“ Schelling. Wir wollen hier nur Einer solchen Sage gedenken, welche sich in der Islaͤndischen Edda befindet. Gang- ler, ein alter nordischer Koͤnig, fragt daselbst die drey symbolischen Gestalten der Gottheit, in dem Pallast zu Asgarten, uͤber den Anfang der Dinge. Jene antworten: Im Anfang, ehe noch irgend ein Ding war, gab es eine leuchtende feurige Materie. Diese findet sich bey den meisten Voͤlkern in den religioͤ- sen Sagen uͤber den Ursprung der Welt. Wir werden sie hernach auch in der Natur wiederfinden. Hernach als die Stroͤme der Fluthen sich ausbreiteten von ihrem Ursprung, ward das geheimnißvolle Gift. Wesen, das sie enthielten, zu einer festen Masse, welche anfieng stille zu stehn, und nicht weiter floß. Es vermischte sich mit ihnen (ein Gift) der geheimniß- volle Einfluß, daß sich das Feste vollends nach allen Seiten gebildet, wie Eis. Da entstunden, heißt es ferner, in dem weiten leeren Abgrund verschiedene La- ger der fest gewordnen Masse, eins uͤber dem andern. Es war ein Theil der neuentstandenen Materie nach jenem feurigen Quell des gemeinschaftlichen Ursprungs gewendet, ein andrer entbehrte dieses Einflusses, und es wehte von dem letzteren ein gewaltiger Sturm nach jenem hin. Was zwischen beyden lag war ruhig wie ein stilles Meer. Da gieng aus dem ewigen Ursprung ein Hauch von Waͤrme aus, uͤber die fest gewordnen Massen, daß die erkalteten Duͤnste derselben in Tro- pfen zerronnen, aus welchen sich ein Mensch bildete, durch die Kraft Dessen, welcher jenen Hauch der Waͤr- me gesendet. Der erste Mensch hieß Ymer. Freylich ist an dieser alten Sage nur Einiges ganz begreiflich, was mit unsern jetzigen Ansichten von der Entstehung und Bildung des Planeten wohl uͤberein- ftimmt. Vor wenig Jahren wuͤrde auch dieser Theil der alten Sage noch wenig verstaͤndlich gewesen seyn, denn laͤnger ist es kaum, seitdem die eigentliche Geo- gnosie bey uns entstanden. Wir koͤnnen deshalb kuͤhn hoffen, daß auch der uͤbrige fuͤr uns noch dunkle Theil, der Zukunft klaͤrer seyn werde. Viel verstaͤndlicher und ausfuͤhrlicher sollen von der ersten Entstehung der festen Erdmasse aus den Fluthen, die Sagen der In- dier reden. Auch einige andre Naturwissenschaften sind von nicht geringerem Alter als die schon erwaͤhnten. Ein uraltes indisches Gedicht enthaͤlt schon eine Art von Botanik, wo, wie aus andren aͤhnlichen Arbeiten der Vorwelt scheint, von den Naturkraͤften der Pflanzen, und von der Bedeutung ihrer Gestalten und Farben ge- redet ist. Einen wenigstens eben so alten Ursprung, in der tiefsten Vorzeit, hat die Geschichte des Stein- reichs, besonders der Edelsteine und Metalle, von de- nen jene wiederum eine symbolische Bedeutung beka- men. Auch einige Grundlehren der Chemie und Phy- sik, die von dem Ursprung und dem Wesen des Lichts, und von jenem Urstoff, welcher als derselbe allen ver- schiedenen Koͤrpern zu Grunde liegt, handeln, finden sich klar in den religioͤsen Sagen der Vorzeit, wobey ich nur an die vorhin erwaͤhnte Stelle der Edda, und an jenen bekannten indischen Mythos von der Entste- hung des Mondes und anderer Sterne aus einem fluͤssi- gen Element, und von jener wunderthaͤtigen Substanz welche die Genien aus der Tiefe desselben her- vorziehen, erinnere. In Bhogovotgita finden sich mehrere merkwuͤrdige Ansich- ten uͤber das Licht, den Aether u. s. w. Die Geschichte der Thier- welt ist in den Naturcultus der Vorzeit so innig ver- webt, daß wir auch diese Naturwissenschaft, und zwar in einem tiefen, uͤber die Eigenschaften und in- nern Anlagen der einzelnen Geschlechter ein klares Licht verbreitenden Sinne, im hoͤchsten Alterthume wieder- finden. Der gemeinschaftliche Besitz dieser Erkenntnisse, der sich bey vielen der weit entlegensten Voͤlker findet, die Bemerkung: daß, wie durch eine zufaͤllige Ver- theilung, einzelne Voͤlker dieses, andre jenes Fragment einer fruͤhen Naturtheorie bewahrt haben, davon im- mer Eins das Andre zu ergaͤnzen vermag, fuͤhrten schon laͤngst auf die Vermuthung, daß jene tiefen Na- turkenntnisse von Einem, hoͤchstgebildeten Urvolk her- stammen. Verschiedene Thatsachen, die ich spaͤter anfuͤhren werde, versetzen den Wohnort dieses Volks, und wie es scheint, den Ausgangspunkt unsres Ge- schlechts, weit hinauf nach Norden, und das im Al- terthum viel gepriesene Land Atlantis, (es scheint das- selbe was auch bey vielen andern orientalischen Voͤl- kern unter andern Nahmen in der alten Sage vor- koͤmmt,) war vielleicht unter einem Grade der Breite gelegen, der jezt der Bevoͤlkerung wenig guͤnstig seyn wuͤrde. So reicht, wie es scheint, der Besitz jener Kennt- nisse selbst noch uͤber die aͤlteste Geschichte der einzelnen (von dem Urvolk schon getrennten) Voͤlkerstaͤmme hin- aus: und es waren jene (wenn wir sie so nennen wol- len) Wissenschaften, der fernsten Vorzeit eigenthuͤm- lich. Von der Astronomie besonders scheint es gewiß, daß sie so alt sey als unser Geschlecht selber. Denn wenn wir der einen oder andern Angabe von dem Al- ter der Welt, oder vielmehr von dem Eintritt des Men- schen in dieselbe folgen, begleiten uns immer die ersten und zwar oͤfters gerade die wichtigsten astrono- mischen Arbeiten, bis an den aͤußersten Anfang dieser D Zeit hinauf. So, wenn wir nun mit Bailly den An- fang der Geschichte bis auf das 7te oder 8te Jahrtau- send heruntersetzen, finden sich gleich aus jener Zeit die indische Beobachtung von der Schiefe der Ecliptik und die dazu gehoͤrigen Tafeln der Tageslaͤnge, und andre Arbeiten denen schon Zahlenverhaͤltnisse zu Grunde lie- gen, die wir erst jezt zu verstehen anfangen. Weiter herunter, von Geschlecht zu Geschlecht, sehen wir die eigentliche tiefe Wissenschaft statt zunehmen immer ab- nehmen, und die Voͤlker, welche sowohl in Hinsicht ihres Alters als Charakters der neuen Weltperiode am naͤchsten verwandt sind, waren wie ich in der naͤchsten Vorlesung zeigen werde, am unwissendsten darinnen. So erscheint das, was bey uns Wissenschaft ist, in jener aͤltesten Zeit mehr als Offenbarung eines hoͤheren Geistes an den des Menschen. Denn was waͤre das fuͤr eine Wissenschaft die gleich oder nahe bey ih- rem Entstehen am vollkommensten, spaͤter immer un- vollkommner gefunden wuͤrde? Eine gewoͤhnliche Ansicht laͤßt jene alte Ausuͤbung der Astronomie aus ihrem Beduͤrfniß beym Ackerbau entstehen. Obgleich eine vollstaͤndige Widerlegung derselben nicht hieher gehoͤrt, sey es doch erlaubt nur Einiges hieruͤber zu sagen. Gerade der Ackerbau, zu dessen Gunsten die Astro- nomie erfunden seyn soll, ist offenbar spaͤteren Ur- sprunges, und scheint so wie der Bau des Weines und uͤberhaupt jede Kunst der Cultur des Landes, erst zu der Zeit der Entstehung und Verbreitung der Mysterien unter den Voͤlkern entstanden und verbreitet. Von diesen aber werden wir spaͤter sehen, daß sie sich erst aus den Zeiten des Verfalls und Untergangs der ei- gentlichen alten Zeit, und jenes Naturcultus von des- sen letzten Ueberresten wir vorhin sprachen, erhoben ha- ben. Wenn, nach einer allgemeinen Sage, die Erde im Anfang in der hoͤchsten Fuͤlle und Ueppigkeit die Le- bensbeduͤrfnisse hervorbrachte, und jener kraͤftige Trieb der ersten Zeit allmaͤhlig abnahm, so kam sich die Natur durch den Menschen, den sie den Ackerbau ge- lehrt, erst dann zu Huͤlfe, als die Zeit des ersten Ueberflusses schon voruͤber war. Wir haben in den aͤltesten Sagen der meisten oder aller Voͤlker, Beweise, daß die erste Vorwelt von freywachsenden Fruͤchten, und naͤchst dem von der Milch der Kuͤhe gelebt habe. Doch gehoͤrt hierher nicht die Verehrung der Kuh, welche dem ganzen aͤl- teren Orient ein Symbol der ernaͤhrenden muͤtterlichen Erde ist, vielmehr hat diese eine viel tiefere Bedeutung in der Geschichte des Planeten und der Thierwelt, und uͤberhaupt scheint aus spaͤter anzufuͤhrenden Gruͤnden der Gebrauch der Milch als Nahrung schon viel spaͤter als der urspruͤngliche der Fruͤchte, doch sind gewiß bey- de in der Geschichte des Ganzen aͤlter als der Ackerbau. D 2 In dem neulich bekannt gewordnen, aber wie man sagt vielleicht nicht durchaus aͤchtindischem Es ist wahrscheinlich etwas moderni- und anglisirt. Gedicht Chartah Bhade, stellt der Gott Parabrahma, als er nach einer vieltausendjaͤhrigen Anschauung seiner selbst den Entschluß gefaßt, den abgefallenen Geistern eine Staͤtte der Laͤuterung und Wiedergeburt zur ersten Reinheit, — das Weltall und die 87 Wege der See- lenwanderung zu erschaffen, den Stier unmittelbar neben den Menschen, als Gefaͤhrten und Ernaͤhrer. Es war, wie wir aus demselben Gedicht sehen, dem aͤl- teren Orient geboten, von den freywachsenden Fruͤchten und naͤchst dem von der Milch der Kuͤhe zu leben, und in einigen Laͤndern hat sich erst, wie es scheint in einer viel spaͤteren Zeit, der Stamm der Ackersleute (von answaͤrts her?) angeschlossen. Auch in der alten persischen Sage, die uͤbrigens noch von andrer Bedeu- tung ist, fieng der Mensch erst im dritten Weltal- ter (jedes zu dreytausend Jahren) an das Land zu bauen, nachdem er, mit dem Stier zugleich an einem erhabenen Ort geschasfen , daselbst in seeligen Frieden 3000 Jahre, und andre 3000 Jahre mit demselben auf der Erde, ohne Leid und Anfechtung gelebt hatte. Nach der Edda war mit dem ersten Menschen Ymer zugleich als Gefaͤhrtin die heilige Kuh Oedumla aus je- ner fruchtbaren Fluͤssigkeit gebildet, und ernaͤhrte den Ymer, und des Ackerbaues geschieht erst bey spaͤteren Generationen Erwaͤhnung. So wuͤrde ohnfehlbar auch der Vorwand wegfal- len, daß die Noth, die man ja zu unsrer Zeit fuͤr die Lehrerin alles moͤglichen Guten haͤlt, den ersten Men- schen die Astronomie zum Behufe ihrer Feldarbeit ge- lehrt habe. Man hat bey diesen und andern aͤhnlichen Ansichten zu wenig auch auf den damaligen Charakter jener sogenannten Wissenschaften Rucksicht genommen. So gieng das was wir jezt Astronomie nennen, im Al- terthum wie es scheint, von einer besseren Art der Ast- rologie aus, das heißt: von dem Zusammenhang der Geschichte alles Einzelnen, mit den Bewegungen der Gestirne — mit der Geschichte des Ganzen. Wenn diese Art von Astrologie (die man ja nicht mit ih- rem spaͤteren, ausgearteten Schatten verwechseln moͤge) nicht fruͤher war als die Astronomie im engeren Sinne, so war sie wenigstens mit ihr von gleichem Alter. Selbst der Mensch erkannte sich als einen Theil der in der ewi- gen Nothwendigkeit der Zeiten wandelnden Weltkraͤfte, und das Gesetz dieser Nothwendigkeit, an jenen er- kannt, wurde ihm der Maasstab seines eignen Schick- sals. Aehnliche Ansichten die noch Kepler, den man deshalb oͤfters der Schwaͤrmerey beschuldigt, die Seele und das Leben der Astronomie nannte, herrschten damals allge- mein. Auch von den uͤbrigen Naturwissenschaften ist es schon erwaͤhnt, wie sie Anfangs von der An- schauung der innern Naturkraͤfte und der hoͤhern Be- deutung der einzelnen Dinge fuͤr das Ganze aus- giengen. Auf der andern Seite unterscheidet sich jener aͤlteste Anfang der Naturwissenschaft von dem jetzigen Zustand derselben darinnen, daß jener eigentlich zunaͤchst nicht Wissenschaft, sondern vielmehr Naturcultus, Reli- gionslehre der Voͤlker war. Viele religioͤse Sagen der Indier, handeln von der Geschichte des Pla- neten und seiner Ausbildung, die Astronomie und alle jene Lehren derselben, von denen wir hier gehandelt haben, waren nicht allein in Indien, Egypten, und bey andern alten Voͤlkern ein Eigenthum der Priester, und in den Religionsbuͤchern der Voͤlker aufbewahrt, sondern fast alle Feste und Religionsuͤbungen waren, wo nicht astronomischen Ursprungs, doch in Bezie- hung auf die Geschichte des Planeten und sein Verhaͤlt- niß zur Sonne. Nur ein fluͤchtiger Blick auf die aͤlteste Geschichte der Voͤlker, nur einzelne Zuͤge aus derselben, koͤnnen uns belehren, wie die Astronomie und uͤberhaupt Na- turcultus, nicht Mittel zu irgend einem aͤußerlichen Zweck, sondern hoͤchstes, heiligstes Werk des Lebens, der erhabenste Beruf des damaligen Menschen war. Bey vielen Voͤlkern wo die Classe der Priester nicht die- sen hoͤchsten Beruf uͤbernommen, waren die Koͤnige zugleich Oberpriester, und als solche uͤbten sie vor allem Volke den astronomischen Cultus. So werden die Nahmen der alten Koͤnige Uranus, Saturn und Atlas, welche sich in der Naturweisheit vor andern Sterblichen hervorgethan, so unsterblich seyn als die Astronomie und das Menschengeschlecht selber. Ja als schon etwas spaͤter die Cultur des Landes, auch als neuer Religionscultus, den Voͤlkern gegeben wurde, zeigten sich abermals die Koͤnige als wohlthaͤtige Ver- breiter und Oberpriester desselben. In dieser Hinsicht ist die Wallfahrt der Isis, welche bey andern Voͤlkern als Ceres verehrt worden, von dem Alterthum geprie- sen. Aus der Nacht der Vergangenheit spricht von jenen Saͤulen, die uns Diodor von Sicilien beschreibt, der Mund jener mit Recht vergoͤtterten Gatten (Isis und Osiris), welche nach der alten Sage den Thron der Egypter besessen. „Unsre Gesetze, rufen sie uns zu, sind ewig. Wir sind es, welche den Menschen erhabene Naturweisheit, und den Anbau des Landes gelehrt haben. Von dem Eise des Pols bis zu den Wuͤsten Indiens, von der Quelle der Donau bis zu dem einsamen Gestade suͤdlicher Meere, haben wir die Welt, nicht als Eroberer, sondern als wohlthaͤtige Genien durchwandelt.“ Ja selbst in der Geschichte Chinas wird einer der aͤltesten Koͤnige, Hoangti, welcher in dem 5ten Jahr- tausend vor unsrer Zeit gelebt, als Urheber mehrerer astronomischen Entdeckungen gepriesen. Mit ihm zu- gleich wird sein Minister Yuchi, welcher der alten Sage nach den Polarstern bestimmt, und die Sphere erfunden hat, in der Geschichte der Wissenschaft stets beruͤhmt bleiben. In dieser hat sich auch der Koͤnig Chueni, welchen einige Jahrhunderte spaͤter das chine- sische Volk um seiner tiefen astronomischen Kenntnisse willen auf den Thron erhoben, als Urheber der ersten astronomischen Tafeln welche die Chinesen kennen, und als Beobachter der schon erwaͤhnten Conjunction der 5 Planeten hervorgethan. Nicht minder groß in der Astronomie war der Koͤnig Yao. Ueberhaupt waren, wie bey einigen andern Voͤlkern des Orients (Chal- daͤern, Babyloniern, und zum Theil auch Persern, Evechous und Belus bey den Chaldaͤern, bey den Per- sen Dsiemschied u. s. w. so auch in China die Astronomie und der Naturcultus eine Hauptangelegenheit des Regenten, und noch im zten Jahrtausend vor unsrer Zeit, wallfahrtete der Koͤnig mit seinem ganzen Hof an jedem ersten Tage des Neumonds in das Haus der Vorfahren, wo bey dem Schlachten eines Lammes von dem ersten Minister die Zeit und der Tag des Jahrs feyerlich, wie ein Ge- heimniß, verkuͤndigt wurde. Hierauf stieg der Koͤnig selber mit den Ministern auf die Sternwarte, und was nach allen vier Gegenden des Himmels beobachtet, oder Neues gesehen war, verzeichnete man in einem hierzu bestimmten Buche. Nicht minder beruͤhmt sind die Nahmen der Chaldaͤischen und Persischen Koͤnige, in der Geschichte der Astronomie, und Belus so wie Dsiemschied sind unsterblich geworden wie Sterne. Auf diese Weise haben die alten Koͤnige ihr eignes Daseyn mit der Geschichte des Himmels und der irdischen Na- tur verwebt, und indem sie, wohlthaͤtig wie die schaf- fende Natur, deren Organe und Symbole sie gewor- den, ganzen Voͤlkern und kunftigen Jahrtausenden die hohe Gabe der Cultur und der heiligen Gebraͤuche ver- liehen, waren sie ein wahrhaftes Abbild des Goͤttlichen und sind unsterblich geworden wie die Natur. Es hat hierin das Alterthum eine viel wahrhaftere Ansicht von der Bestimmung der Koͤnige (Stellvertreter des Goͤttli- chen auf Erden zu seyn) gezeigt, als die neuere Zeit — — — ja wenn in der Klarheit der kuͤnftigen Jahr- tausende der Ruhm einer solchen neueren Groͤße zer- rinnen wird wie Rauch, stehen jene glaͤnzend wie ho- he Eisgebirge. So war, was jezt nur Einzelne beschaͤftigt, in der aͤltern Zeit die hoͤchste Angelegenheit ganzer Voͤlker, der erhabenste Beruf ihrer Koͤnige, und was jezt als Wissenschaft mehr aͤußerlich ist, war aufs innigste mit dem Wesen und ganzem Daseyn des Menschen verwebt. Es fuͤhrt uns dieses auf den tiefen Ursprung jenes aͤl- testen Naturcultus, von welchem wir in der naͤchsten Vorlesung handeln werden. Dritte Vorlesung. Ursprung der Sprache und des Natur- cultus. Untergang des Letzteren. Die Mysterien. N ach dem Ausdruck einiger Weltweisen, wird sich die Natur im Menschen ihrer selber erst bewußt, dieses ist der Sinn, durch welchen sie nach Vollendung ihres eignen Weseus endlich sich selber betrachtet. Diese er- ste Bestimmung des Menschen, Organ zu seyn, durch welches die Natur sich selber anschauet, hat im An- fange sein ganzes Wesen, sein ganzes Daseyn erfuͤllt, und er hat uͤber der Natur sich selber vergessen, waͤh- rend sich das Streben der spaͤteren Zeit in einer An- schauung dieser Anschauung verlohren. Schon eine der aͤltesten Weissagungen, die Ge- saͤnge der Whole (Voluspa), welche in der fruͤheren Edda, wie es scheint das Aelteste sind, sagen dassel- be. „Vor Anbruch der Zeit, heißt es, war weder Sand noch Meer, weder Sturm noch Wind; noch war keine Erde und kein Himmel, sondern nur ein empfaͤngliches Chaos. Da erschien die Sonne vom Mittag her, und es keimte das erste Gruͤn. Als nun die Sonne zuerst mit ihren Strahlen den links stehen- den Mond, nach der Rechten die Heere des Himmels erleuchtete, da wußte die Sonne ihren Saal noch nicht noch der Mond seine Veste, die Sterne kannten ihre Staͤtte noch nicht. Bis die Soͤhne der Goͤtter zu dem Thron des hoͤchsten Gottes giengen, welcher fuͤr das Dunkel den Nahmen der Nacht offenbarte, und den Morgen, Mittag und Abend, die Zeiten und den Wandel der Gestirne mit ihrem Nahmen benannte.“ So scheint diese alte Sage zu verkuͤnden, wie die Natur durch das lebendige Wort, durch den Geist des Menschen erst ihr eignes Wesen erkannt habe, sich ih- rer gleichsam erst selber bewußt worden sey. Das Wort aber, die Rede, erscheint als hoͤhere Offenba- rung. — Eine aͤhnliche Ansicht von dem goͤttlichen Ursprung und der Heiligkeit der menschlichen Rede, findet sich bey vielen alten Voͤlkern. Wir wissen daß bey den Persern dem lebendigen Wort eine schaffende Kraft, und die hoͤchste Gewalt uͤber den Geist und das Wesen der Dinge zugeschrieben worden. Das Sprechen geschahe durch hoͤhere Begeisterung, wie die des Dichters oder Sehers; dem Sprecher des leben- digen Worts waren die Zukunft und Vergangenheit pf- fenbart, weil der ewige Geist, in welchem das Kuͤnf- tige ist, wie das Vergangene, durch ihn sprach. Es wurde von der ganzen aͤlteren Zeit der Rede ein unmit- telbarer Ursprung aus dem hoͤheren Einfluß gegeben, und fuͤrwahr die Meynung; es habe die gesellschaftli- che Noth dieselbe, aus einzeln aufgefaßten und ge- stammleten Naturlauten erfunden, konnte nur in neue- rer Zeit erdichtet werden. Hierin glich die Sprache der Vorwelt dem Dichten, daß, wie es scheint, alle Rede metrisch, in Versen ausgesprochen war, und die aͤlteste Sprache die wir kennen, die Sanscrit, ist nicht etwa die unvollkommenste, wie nach der gemeinen An- sicht zu vermuthen waͤre, sondern gerade die vollkom- menste, reichste, und doch einfaͤltigste, die wohlklin- gendste und rythmischste. M. s. Jones Werke. Es wird diese Ansicht der alten Zeit, welche die erste Sprache aus unmittelbarer Offenbarung herleitet, nur aus der aͤltesten Naturphilosophie verstanden. Nach dieser sind und bestehen alle Wesen in jedem Augenblick ihres Daseyns nur in und durch den hoͤheren Einfluß, welcher nur Einer, allen gemeinschaftlich ist. In den Augenblicken wo sich das Daseyn der Dinge am hoͤch- sten entfaltet, ist es der Geist dieses hoͤheren Einflusses, welcher an ihnen offenbar wird, dieser ist das Licht in der Flamme, in der Rede der Geist, in der Vermaͤh- lung die Liebe. Es leuchtet diese Ansicht des Einen Geistes in Allen, aus den Religionslehren der Perser und Indier, ja vielleicht aus denen der Egpter hervor. Aus diesen Lehren des Alterthums wurde begreif- lich, wie dem Menschen in den Augenblicken der Begeist- rung und Weissagung das Geheimniß der Natur, der Zukunft und Vergangenheit offenbar wuͤrde, und dem Blick das Entfernteste in nahe Anschauung traͤte. Je- ner hoͤhere, Allen gemeinschaftliche Geist, in welchem das Gesetz alles Wandels der Zeiten ist, der Grund des Kuͤnftigen wie des Gegenwaͤrtigen, wird das ver- einigende Mittel, durch welches die Seelen der von Zeit und Raum getrennten Dinge sich nahe treten, und das Gemuͤth, wenn es in den Augenblicken der Begei- sterung in die Tiefe jenes Naturgeistes versunken, tritt wie dieser selber mit den einzelnen Dingen in einen geistigen Zusammenhang, und empfaͤngt die Gabe gleich ihm in das Wesen derselben zu wirken. Dieses ist die Meynung uͤber den Ursprung der Sprache und des Naturcultus, welche anderen Ansich- ten des Alterthums am meisten angemessen ist, oder aus diesen selber hervorgeht, und es ist billig, daß wir diese zuerst vernehmen, wie in der Geschichte eines einzelnen Menschen, das was er uͤber sich selber gedacht und gesprochen, zunaͤchst beruͤcksichtigt wird. Wir sehen uns durch verschiedene dunkle Spuren in der Geschichte der Natur, und vielleicht auch der des Alterthums, noch auf eine andre Meynung von dem Ur- sprung der Sprache und zugleich jener Naturweisheit, welche das erste war was der Mensch ausgesprochen, hingefuͤhrt. Diese Meynung scheint der gewoͤhnlichen, welche die Sprache aus Naturtoͤnen herleitet, etwas naͤher verwandt, aber zugleich bestaͤtigt sie auch, viel- mehr als auf den ersten Blick scheinen koͤnnte, die An- sichten des Alterthums. Es wird angenommen, daß die Atmosphaͤre das Mittelglied einer bestaͤndigen Wechselwirkung zwischen unsrem Planeten und denen andern Weltkoͤrpern sey. Wie der Mond und die Sonne noch jezt einen sichtbaren und merklichen Ein- fluß auf die Veraͤnderungen des Luftkreißes haben, wie nach Einigen noch jezt verschiedene Stellungen und wechselseitige Beziehungen der entfernteren Planeten auf einander durch verschiedene neue Bewegungen in der Atmosphaͤre ausgezeichnet sind; so muͤsse dieser Einfluß fruͤher, bey einem, wie sich beweisen ließe, viel empfaͤnglicherem Zustand des Luftkreißes, viel merk- licher gewesen seyn. Man faͤnde noch jezt in der Bildungsgeschichte des Planeten Spuren der heftigsten Bewegungen in der fluͤssigen Atmosphaͤre, einige Pla- neten unsres Systems, deren Beschaffenheit dem Urzu- stande des Unsrigen noch nahe scheint, gaͤben noch jezt fast taͤglich ein Beyspiel von solchen heftigen Bewegun- gen in ihre Atmosphaͤre, welche die mittlere Geschwin- digkeit des Schalles bey uns sieben, ja elfmal uͤber- traͤfe, waͤhrend die heftigsten Bewegungen in unsern jezigen Luftkreise 12 ja 13 mal langsamer waͤren als der Schall. Wenn es wahrscheinkich sey, daß jene aͤußern Einfluͤsse, welche Veraͤnderungen in der At- mosphaͤre zu bewirken pflegen, in jenem Zustand der Erde, welcher dem jetzigen des Jupiter naͤher stund, Bewegungen der Luft erzeugten, die an Geschwindig- keit dem Schalle wenigstens gleich kamen, so sey die Frage nicht ungereimt: ob nicht das, was jezt als Sturm mit einem rohen und anorgischen Laut erscheint, damals als wirklicher Ton vernommen sey, ob nicht die alten Sagen von der Harmonie der Weltkoͤrper, von den Toͤnen des Universums, wirklich einige Wah- heit enthielten? Hieraus wuͤrde dann begreiflich, war- um Astronomie unter den Wissenschaften, Musik unter den Kuͤnsten das Aelteste sey. Das musicalische System der Chinesen faͤngt nach Rous- sier eben da an, wo das der Griechen aufhoͤret. Den Rythmus der Bewegungen der Welten, wie er sich in der Atmos- phaͤre abspiegelt, habe der Mensch zuerst nachgespro- chen, und hierdurch eingeweihet in das harmonische Gesetz des Ganzen, habe sein Gemuͤth den Zusammen- hang der Naturereignisse, und die Beziehung der ein- zelnen Dinge auf das Ganze erkannt. Auf diese Wei- se sey die aͤlteste Naturweisheit und die Sprache sel- ber, durch unmittelbare Offenbarung der Natur an den Menschen entstanden. Es lassen sich freylich zur Bestaͤtigung dieser Mey- nung keine direkten Beweise fuͤhren. Doch wird zu unsrer Zeit von allen Seiten anerkannt, daß, wenn der Natur bey dem ersten Entstehen der organischen und lebendigen Koͤrper aus ihr, einige Mitwirkung zuge- schrieben werde, wie dies nicht anders moͤglich ist, hierbey die Atmosphaͤre vorzuͤglich thaͤtig gewesen seyn muͤsse, aus deren Wechselwirkung mit etwas Fluͤssigem wir noch jezt die ersten Anfaͤnge des Thier und Pflan- zenreichs hervorgehen, und das Leben in dem bestaͤn- digen Beduͤrfniß des Athmens erhalten sehen. Dieses laͤßt allerdings eine viel vollkommnere und wirksamere Natur der Atmosphaͤre in jener fruͤheren Zeit voraus- setzen. Auf der andern Seite kennen wir noch jezt ei- nige merkwuͤrdige Naturereignisse, bey denen die Bewe- gungen der Luft noch von einem wirklichen, gleichsam articulirten Ton begleitet sind. Von dieser Art ist vornehmlich jenes merkwurdige Phaͤnomen, welches unter dem Nahmen Luftmusic, oder Teufelsstim- me auf Ceylon und in den benachbarten Laͤndern wahrgenommen ist. Es ist dieses, den Eingebohr- nen wohlbekannte Phaͤnomen, noch bis in die neue- ste Zeit von so vielen glaubwuͤrdigen Reisenden beob- achtet, daß sich an ihm schon laͤngst nicht mehr zwei- feln laͤßt. Wir wollen es nach dem Bericht eines Augenzeugen, welcher der Erzaͤhlung der Eingebohr- nen und aller fruͤheren Reisenden nicht glauben moͤgen bis er es selber beobachtet, beschreiben: Es laͤßt sich diese Naturstimme vorzuͤglich in stil- len heitren Naͤchten, doch, wie aus andren aͤhnlichen Naturerscheinungen wahrscheinlich ist, vor nahen Wit- terungswechseln hoͤren. Sie hat es mit elektrischen Lufterscheinungen gemein, daß sie mit Blitzesschnelle bald wie aus ungeheurer Ferne, bald ganz in der Naͤhe vernommen wird. Am meisten Aehnlichkeit hat sie mit einer tiefen klagenden Menschenstimme, Klagend, wie alle Toͤne der jetzigen planetarischen Na- tur. Zuweilen spielt jene Stimme wie in den Toͤnen ei- ner raschen Menuet, wobey sie eine eben so graͤßliche Wirkung auf die Sinnen der Zuhoͤrer aͤußert. (S. Wolf.) hierbey aber pflegt sie, wie alle Naturtoͤne, eine so tiefe Wirkung auf das menschliche Gemuͤth zu aͤußern, daß selbst die ru- higsten und verstaͤndigsten Beobachter, welche die na- tuͤrliche Eutstehung dieser Naturbegebenheit wohl ein- sehen, sich eines tiefen Entsetzens, und gleichsam ei- nes zerschneidenden Mitleids mit jenen, den menschli- chen Jammer so entsetzlich nachahmenden Naturtoͤnen nicht erwehren koͤnnen. Wir kennen auch in unsern Himmelsstrichen, wo die Atmosphaͤre doch zu allen elektrischen und aͤhnlichen Erscheinungen weit weniger geeignet ist, einige jenem verwandte Phaͤnomene, die wirklich atmosphaͤrischen Ursprungs sind, mit de- nen man aber viele andre, die von Thieren herruͤhren, und die doch eigentlich (durch ihre Langsamkeit und ganz andern Ton) von jenen leicht zu unterscheiden waͤren, oͤfters verwechselt hat. Auch die meisten an- E erkannt elektrischen Meteore sind bekanntlich von einem eigenthuͤmlichen Ton begleitet. Vor Zeiten muß die Atmosphaͤre viel mehr Anlage zu sol- chen toͤnenden Lufterscheinungen gehabt haben. Man fin- det davon viele Berichte bey den Alten (z. B. bey roͤmi- schen Schriftstellern) denen man nicht immer den Glauben versagen kann. Ein drittes Zeugniß, welches fuͤr jene Meynung zu sprechen scheint, empfangen wir aus der Geschichte der alten Orakel. Bey einem der aͤltesten, dem zu Dodona, war es der Klang der vom Wind bewegten Metallbecken, und das Rauschen der Luft in den Zwei- gen der hohen Eichbaͤume, aus welchen von den Prie- stern das Zukuͤnftige geweissagt wurde. Diese Art der Weissagung aus den Naturtoͤnen der Atmosphaͤre, scheint unter allen die aͤlteste. — Auch die Wahrsager des aͤltesten Nordens haben aus dem Rauschen der ho- hen Baͤume das Zukuͤnftige verkuͤndigt. Darum heißt es noch in einer der fruͤhesten Weissagungen — in der viele Jahrtausende alten Voluspa —: „Siehe ich kenne einen Eschenbaum, sein Nahme heisset Gottlich, Hocherhaben. Er stehet ewig gruͤne an wohlverwahrten Brunnen, Urdarbrunne, von Einigen wird Urdar durch Necessi- tas uͤbersetzt. — Dieser Brunnen und jener Eschenbaum mit seinen drey mystischen Wurzeln scheinen uͤberyaupt in der nordischen Mythologie eine sehr tiefe Bedeutung zu haben. in Gottes Haus, hoch in dem weiten Himmel, und von ihm gehet der Regen aus uͤber alle Thaͤler . Von ihm stammen drey weissagende Jungfrauen her, entsprun- gen aus jenem See, der uͤber dem Stamme des Bau- mes fluthet, die eine die heisset Vergangen, die andre Jetzt, die dritte heisset Fernkuͤnftig.“ Vielleicht spricht diese alte Weissagung noch viel mehr fuͤr jene Meynung, als auf den ersten Anblick scheint. Doch die Erklaͤrung sey welche sie wolle, jene Thatsachen, welche einen tieferen Blick des Men- schen in die Natur bey der ersten Vorwelt voraussetzen, bleiben unlaͤugbar und dieselben. Jene Guͤter des Wissens, welche bey uns jetzt eine lange und muͤhsam fortgesetzte Beobachtung, einzeln wieder hervorgezo- gen, und noch mehr als diese, hat das Alterthum in einem lebendigeren Zusammenhange als wir besessen. Sey es aber, daß der Geist des ersten Menschen, wie der der Kinder, empfaͤnglicher und abhaͤngiger von der Gewalt der Natur, ein Instrument geworden, auf welchem der Geist derselben seine ewigen Harmo- nien ausgesprochen, oder sey es daß die Natur noch in der Kraft der eben vollendeten Schoͤpfung, einer tie- feren Einwirkung auf ihr letztes Werk faͤhig war und daß so die Gewalt der noch jugendlichen Mutter uͤber das neugebohrne, noch zarte Kind groͤßer, der Zu- sammenhang zwischen beyden inniger war: so muß- te entweder der selbststaͤndiger und vollendeter werden- E 2 de Mensch sich jener Obergewalt mehr entziehen, oder der Mensch wurde allmaͤhlig, waͤhrend die Gewalt jenes hoͤheren Einflusses der (veraltenden) Natur abnahm, auf seine eigne Kraft zuruͤckgewiesen, und zur Selbst- staͤndigkeit genoͤthigt. Sey es nun, daß eins oder das andre, oder was wahrscheinlicher ist, beydes zu- gleich statt gefunden, so mußte, je eigenthuͤmlicher sich die Natur des Menschen im Verlauf der Zeiten entwickelte, desto mehr jene urspruͤngliche Vollkom- menheit desselben, die nicht sein selbststaͤndiges Eigen- thum war, abnehmen. Der eigne Wille ist es gewe- sen, der den Fall des Menschen aus seiner damaligen Hoͤhe bewirkt hat, und eine eigenthuͤmlichere Vollen- dung seines Wesens hat ihn gegen den hoͤheren Einfluß der Natur unempfaͤnglicher und unabhaͤngiger ge- macht. So hat die Geschichte des Menschen, als das ho- he Gluͤck der alten Zeit von dem hoͤheren Streben der neueren, welches den Menschen zur Selbststaͤndigkeit erhebt, verdraͤngt war, durch vielfaͤltiges Ungluͤck und den Untergang ganzer Voͤlker, zu der hoͤchsten Bluͤthe der neuen Welt, dem Christenthum, den Uebergang ge- funden, und die neue Zeit giebt auf eine eigenthuͤmli- chere und selbststaͤndigere Weise dem Menschen zuruͤck, was er in der alten verlohren. Die wichtige Frage, was der Grund gewesen sey, daß jene hohe Natur- weisheit, einmal erschienen, wieder untergieng? daß das hohe Gluͤck der Urzeit sich unsrem Geschlecht nur zeigte, so daß der Verlust nur um so schmerzlicher ge- worden? laͤßt sich demnach beantworten: daß auch hier, wie dies ein allgemeines Naturgesetz ist, ein schon vorhandnes hohes Streben, durch ein neues hoͤ- heres verdraͤngt sey. Obgleich ich von diesem Verhaͤltniß der neuen Zeit zur alten noch in der naͤchsten Vorlesung handeln werde, scheint mir es doch hier am rechten Orte, zu zeigen: daß auch schon in der fruͤheren Welt diese An- sicht uͤber den Untergang des hohen Gluͤckes der alten Zeit, und uͤber Untergang und Tod uͤberhaupt ge- herrscht habe. Fuͤr mich liegt sie in den Mysterien, welche die scheidende alte Zeit, wie eine scheidende Mutter, den traurenden ungluͤckseeligen Geschlecht der spaͤteren Weltalter zum Trost zuruͤckgelassen. Es ist ein ewiges Naturgesetz, das so klar da liegt, daß es sich dem Geist des Menschen zuerst aufdringen muͤssen, daß die vergaͤngliche Form der Dinge unter- geht, wenn ein neues, hoͤheres Streben in ihnen er- wacht, und daß nicht die Zeit, nicht die Außenwelt, sondern die Psyche selber ihre Huͤlle zerstoͤrt, wenn die Schwingen eines neuen, freyeren Daseyns sich in ihr entfalten. Ich habe in dem ersten Theil meiner schon angefuͤhrten Schrift, da wo ich von einem scheinbaren Streben der Dinge nach ihrer eignen Vernichtung ge- handelt, in vielen Veyspielen gezeigt, daß gerade in der Gluth der seeligsten und am meisten erstrebten Au- genblicke des Daseyns, dieses sich selber aufloͤset und zerstoͤrt. Es welkt die Blume sogleich, wenn der hoͤchste Augenblick des Bluͤhens voruͤber ist, und das bunte Insekt sucht in der einen Stunde der Liebe zu- gleich die seines Todes, und empfaͤngt in dem Tempel der Hochzeit selber sein Grab. Ja es sind bey dem Menschen gerade die seeligsten und geistigsten Augen- blicke des Lebens, fuͤr dieses selber die zerstoͤrendsten, und wir finden oͤfters in dem hoͤchsten und heiligsten Streben unsres Wesens, einen seeligen Untergang. Die erhabensten und goͤttlichsten Bluͤthen in der Ge- schichte unsres Geschlechts, sind am schnellsten ver- gangen, am schnellsten von dem Andrange ihrer Zeit, oder vielmehr von ihrem eignen Streben zerstoͤrt wor- den, obwohl das Werk selber das sie gethan, fuͤr alle Zeiten gethan ist. So wird, wenn die Wesen mit al- len Kraͤften gerungen, daß sie den Geist einer hoͤheren Vollendung ergreifen moͤchten, der Genuß selber der Tod, und nur das Streben nach jenem hoͤchsten Mo- ment hat das Leben aufrecht erhalten. Jedoch ist je- nes Streben nicht vergeblich gewesen, und eben die Gluth jener zerstoͤrenden Augenblicke, fuͤr die bisheri- ge Form des Daseyns zu erhaben, erzeugt den Keim eines neuen hoͤheren Lebens in der Asche des unterge- gangenen vorigen, und das Vergaͤngliche wird, (be- ruͤhrt und verzehrt von dem Ewigen) aus diesem von neuem wieder verjuͤngt. Auf diese Weise wird uns ei- ne der kuͤnftigen Vorlesungen in vielen Thatsachen die aus der Natur selber geschoͤpft sind, zeigen, wie ge- rade in den hoͤchsten Augenblicken des jetzigen Daseyns der Dinge, die Anlagen zu einem kuͤnftigen hoͤheren erzeugt werden, und oft in diesen selber, oder bald nach- her sichtbar werden. Aus diesem Grunde sind jene hoͤchsten Augenblicke zerstoͤrend, weil ein neuaufgehen- des hoͤheres Streben das alte verdraͤngt, weil von nun an die Empfaͤnglichkeit fuͤr die Einfluͤsse des jetzigen Daseyns sich vermindert. Es hat auch die Vorwelt in diesem Gesetz, welches die hoͤchsten Momente des Lebens unmittelbar mit dem Tode verknuͤpft, das Geheimniß der Liebe und des Todes, die Hoffnung einer unsterblichen Fortdauer unsres Wesens, und den Trost uͤber den Untergang der hohen alten Vergangenheit gefunden. Es wurde des- halb in den Mysterien der Egypter und zu Eleusis, auf die Geschichte der alten Zeit gedeutet, Plutarch. Isis et Osiris und den Eingeweiheten die Zuversicht einer seeligen Fortdauer nach dem Tode gegeben. Das Bild, unter welchem in den Mysterien der Tod erschien, stellte diesen dem Gemuͤth vielmehr lieblich und suͤß, als schrecklich dar, und die Einweihung wurde deshalb als ein Mittel gegen die Furcht vor dem Tode gepriesen. Heyne ad Apollodor. Ja es ward noch den Sterbenden, und nach einem frommen Glau- ben selbst den Todten der Hinuͤbertritt in ein neues Da- seyn durch die heilige Weihe erleichtert. Besonders wurde dieses von dem Samothracischen gehei- men Gottesdienst geglaubt. — M. vergl. Saint-Croix. Doch ich will jetzt Einiges hieher gehoͤrige aus den Mysterien selber erzaͤhlen. In einem traurigen Spie- le, stellten die egyptischen Priester in stillen Fruͤhlings- naͤchten die Leiden und den Tod des Osiris vor. Ein schoͤner See an dem Tempel bey Sais war der Schau- platz, und es erschienen in diesen Mysterien Saͤrge und Graͤber. Zugleich bedeutete Osiris die zeugende, hervorbringende Kraft. Ueberhaupt war der Phallusdienst, der sich in allen My- sterien fand, uͤberall mit Symbolen des Unterganges und Todes verbunden. Nach der gewoͤhnlichen Sage war dieser Gatte der Isis von dem Typhon zer- rissen, und dieses erhabene Goͤtterpaar erschien dem Alterthum zugleich als Vorbild der hoͤchsten Vollendung und der tiefsten Leiden. Den Leichnam des Osiris trie- ben die Wellen an die phoͤnicische Kuͤste bey Biblos, wo eine junge Staude den Sarg und den Leichnam in sich empfaͤngt und voll Mitleid in ihrem Stamm be- graͤbt. Als den heiligen Stamm der Koͤnig des Lan- des umzuhauen befohlen, da erscheint ploͤtzlich die einsame, in Schmerzen versunkene Goͤttin, erst in Ge- stalt eines Weibes, schweigend, nur durch himmli- schen Duft sich verrathend, auf dem Brunnen sitzend, hierauf als Schwalbe, seufzend auf dem geliebten Baume. Der offenbar gewordnen Gottheit wird der theure Leichnam zuruͤckgegeben. Diese Wanderungen der Isis sind in die Elensinien uͤbergegangen, wo die Isis als Ceres, Osiris als Proserpina erscheint. S. Saint Croix. Die Beerdigung des Osiris und die Entfuͤhrung der Proserpina in die Unterwelt, hatten die- selbe Bedeutung. Es war die Proserpina eine Goͤttin des Todes und der ewig neuentstehenden Keime, ihr Nahme von Phosphorus hergeleitet, welcher schon im Alterthum als eine Fackel des Todes und der Liebe verehrt war. Nach einer egyptischen Sage war auch, um die Leiden der ewigen Goͤttin zu vermehren, der junge Sohn der Isis, Horus, von dem Typhon getoͤdtet. In den Eleusinien war er durch den jungen Jachus dargestellt. Dieser, bald ein Sohn der Ce- res, bald der Proserpina genannt, wird als Saͤug- ling abgebildet. Jener Tag, wo man den Tod des jungen Jachus beweinte, war in den Mysterien der Heiligste. Zugleich wurde an ihm, in Koͤrben ver- wahrt, das Symbol der ewigen Wiederverjuͤngung der Natur und des Schaffenden verehrt (der Lingam). Die Blumen der Liebe — Myrten und Rosen, deute- ten in den Mysterien auf den Tod. So erschienen Liebe und Tod, das seeligste Streben des Gemuͤths und der Untergang des Individuums vereint. Auch in den Festen des Adonis, wurden die suͤße Liebe und der Tod zugleich verherrlicht, und in den Mysterien der Cureten wurde Jasion, welcher in der Liebe der großen Goͤttin seinen Untergang gefunden, beweint. Waͤhrend die Klagen um die Liebe und den Tod des Adonis, von den phoͤnicischen Frauen in freyer Natur, die an diesen Klagen Theil genommen, gefuͤhrt wurden, geschahen die Mysterien der Coryban- ten, in denen der junge Cadmillus an die Stelle des Adonis trat, bey stiller Nacht, in einsamer Hoͤhle. Dieser fruͤhe hingeschiedene Juͤngling, wurde in einer spaͤteren Umwandlung dieses Gottesdienstes, als Cu- pido, als hervorbringende, schaffende Liebe darge- stellt, welches er, wie aus einigen andern scheint, auch schon fruͤher andeutete. Der junge Cadmillus wurde (so erzaͤhlte man dem Volk) von seinen beyden Bruͤdern ermordet, welche die Zeu- gungstheile in einer Kiste mit sich entfuͤhrten. Eine Kiste mit einem aͤhnlichen Inhalt spielte bey allen jenen Cere- monien eine ganz vorzuͤglich wichtige Rolle. Auf aͤhnliche Weise wird in den Mysterien der Daktylen, welche den Berg Ida in Phrygien durch ihre geheime Lehre verherrli- chet, durch den jungen Celmis das Sehnen der ju- gendlichen Liebe, und der fruͤhe Untergang derselben bezeichnet. In der Nachtgleiche des Fruͤhlings, wur- de, gleichfalls in Phrygien, von den Korybanten das Trauerfest des Attis gefeyert, welcher, wie Adonis, in der erhabenen Liebe einer Goͤttin eine kurze Seelig- keit genossen. Blos der erste Tag war traurig, an ihm wurde eine Pinje mit dem Bild des Attis umge- hauen, am zweyten wurde auf Hoͤrnern geblasen, endlich am dritten, zugleich mit der Einweihung, wie es scheint, die Wiederkehr ins Leben gefeyert. Ein sol- ches Wiederaufleben des geliebten Geschiedenen, eine ewige Wiedererneuung aus dem Tode, wurde in allen Mysterien verherrlicht. Erst in den Zeiten des Ver- falls der Mysterien, wurde dieses Fest von den Prie- stern mit einem blutigen Wahnsinn gefeyert, und mit einem traurigen Gesange, mit zerstreueten Haaren, mit bloßem Schwerd und brennenden Fackeln, irrten sie durch Wald und Berg, bis dieser Wahnsinn einen grau- samen Ausgang nahm. Selbstentmannung. Fruͤhere Zeiten hatten hier- mit einen sowohl erhabneren als lieblicheren Sinn ver- bunden. Nach der heiligen Reinigung im Flusse Meilichus, mit Epheu begraͤnzt, feyerte die zarte Jugend zu Pa- trae, in dem Feste des Bachus oͤffentlich, wie es scheint, mehr ein Fest der Liebe als des Todes. Es sollte diese Gottheit den jungen fruͤhe untergegangenen Jachus in den Mysterien andeuten. In den Mysterien des Mithra ist das untergehen- de Streben der alten Zeit durch den heiligen Stier, welchen der aͤltere Orient als ein Symbol der hervor- bringenden Erde verehrt, dargestellt. Es wird hier durch den Scorpion und die Schlange dasselbe bezeich- net, was in den egyptischen Mysterien Typhon ist Diese werden an den Geschlechtstheilen des Stieres na- gend dargestellt. und aus dem gemarterten Leibe des untergehenden Thieres, erhebt sich, ewig, und zur Schoͤpfung der neuen Zeit thaͤtig, die hervorbringende Kraft, aus welcher Blumen und Thiere aufkeimen. Auf dem Aste eines neuausschlagenden Baumes, verkuͤndet mit prophetischem Gesange ein Rabe das Aufleben der neuen Zeit aus der untergehenden alten, und waͤh- rend der Genius der Zeit den Stier erlegt, wird in Osten das Bild der aufgehenden Sonne, in Westen das des niedergehenden Mondes gesehen. So ist in allen jenen Mysterien, der Tod und die Liebe, der Untergang und die Wiedererneuung der Dinge, zu Einem Bild vereint, dargestellt worden. Diese Vereinigung so entgegengesetzt scheinender Dinge, ist in der indischen Mythologie wo moͤglich noch deutlicher. Eben der Gott Shiven, welcher mit sei- ner Gattin das Bild des Zerstoͤrenden, des Untergan- ges, des Todes ist, wird zugleich als Sinnbild der allerzeugenden Urkraft verehrt. Die Gemahlin des Gottes ist zugleich Koͤnigin des Schreckens, des Todes und Goͤttin der Liebe, des sinnlichen Vergnuͤgens und des Ursprungs der Dinge. S. d. P. Paulinus systema Brahmanicum. Uebrigens sind beyde Gottheiten wie uͤberhaupt die Mysterien und Wenn bey dem großen Feste dieser Goͤttin, welche alle Schrecken und alle Liebreize in sich vereint, ihr schweres Bildniß auf ei- nem Wagen mit schneidenden Raͤdern nach dem Gan- ges gefuͤhrt wird, sieht man, mit Bluͤthen begraͤnzt, in froͤlichem Wahnsinn, als ob sie zum Hochzeitaltar giengen, eine Schaar Begeisterter, welche sich unter die Raͤder des Wagens werfen, und bey dem Klange der Hoͤrner von den Messern derselben in Stuͤcke zer- schnitten, sich selber zum Opfer bringen. — Auf dem Berge Meru, auf goldenem Tische, steht in der ewi- gen Lotosbluͤthe das Symbol des Gottes Shiven, wel- ches das in den griechischen Mysterien verehrte des ir- dischen Ursprungs ist Ein Lingam. zugleich mit dem heiligen Dreyeck, dem Symbol der zerstoͤrenden und zeugen- den Goͤttin Bhovani. Dieses wird fuͤr ein Symbol der weiblichen Zeugungs- kraft gehalten. Diese Vereinigung des Zer- stoͤrenden und Zeugenden, des Todes und der Liebe, ist nach dem Ausspruch eines indischen Dichters nicht allein den Menschen, sondern selbst den Goͤttern als ein Raͤthsel voll tiefen heiligen Sinnes hingestellet. Endlich, damit ich das Uebrige kurz fasse, ge- hen, abgesehen von etwas Aehnlichem bey den Mexi- noch mehr alle Menschenopfer, in der indischen Mytholo- gie sehr spaͤt entstanden und gehoͤren allerdings schon den Zeiten des Verfalls an. canern Doch wird in der merkwuͤrdigen Sage von dem Gott der Luft fast noch mehr eine entfernte Aehnlichkeit mit der hei- ligen Sage vom Idris oder Henoch gefunden. die Zuͤge jenes Inhalts der Mysterien, bis in die heilige Sage der Scandinavier, und der alten deutschen Staͤmme hinuͤber. Balder, der schoͤnste und beste unter allen Goͤttersoͤhnen, ist vor Allen zu einem fruͤhen Tod ersehen. Was hilfts daß sein Va- ter die alte Whole, deren Leichnam Jahrhunderte lang der Schnee und das Eis bedeckt, und der Thau des Himmels benetzt hat, durch grausamen Zauber in der letzten Ruhe stoͤrt, und zum Weissagen zwingt, was hilfts, daß alle Dinge, das Wasser und die Luft, Erde, Feuer und Eisen, alle Gifte, Pflanzen, Thie- re und Menschen, außer der kleinen Staude Mistilteire vor dem Pallast des Odin, welche zu jung zum Schwur geachtet war, mit heiligem Eide geloben, den Balder nicht zu toͤden, es wird doch der Sichere, allen Elementen Unverletzliche, durch die zu gering ge- achtete Pflanze, von einem Blinden erschlagen. Hier- auf, als mit dem unsterblichen Ring des Odin in die Unterwelt hinabgesendet, der schnelle Hermode um die Gunst der großen Goͤttin mit lauterem Getoͤs als fuͤnfmal fuͤnftausend Tode die Bruͤcke zum Schatten- reich durchstuͤrmet, als die ganze Natur durch ihre Thraͤnen den jungen Halbgott zuruͤckruft, bleibt aller dieser Jammer vergeblich, weil ein einziges feindliches Weib in die Klagen der ganzen Natur nicht einstimmt, und nur der ewige Ring des Odin, der, jeden neun- ten Tag einen ihm aͤhnlichen Ring gebaͤhrend, seit- dem zugleich ein Sinnbild der neuen Erzeugung aus sich selber und des Todes ist, wird zuruͤckgebracht. So ist es ein Hauptinnhalt der meisten Mysterien und heiligen Sagen, daß der Tod aus der Liebe, Un- tergang des Individuellen aus dem hoͤchsten Streben der Seele hervorgienge. Hiermit verliert der Tod seine Schrecken, und es erscheint in ihm der Moment, wo jene hoͤheren Organe, jene hoͤheren Kraͤfte, die wir waͤhrend des Lebens vergeblich erstrebt haben, in uns durch die Flamme eines großen Augenblicks er- weckt werden. Alsdann wird der Psyche diese Huͤlle zu enge, es vergeht diese Form, damit eine neue hoͤ- here aus ihr wiederkehre. — Es deuteten die alten Mysterien, wie wir es von den meisten wissen, Man hat deshalb in so vielen nichts andres als ein An- denken an einen Religionskrieg zwischen den Anhaͤngern der neueingefuͤhrten Gottheiten der Mysterien und denen der alten, worinnen jene anfangs noch unterlagen, zu se- hen geglaubt. außer diesem noch ganz vor- zuͤglich auf die Geschichte der hohen, untergegangenen Urzeit, und auf die Gruͤnde dieses Unterganges. Nach dem ewigen Naturgesetz unterlag die große Vor- welt, als sie ihre letzten und hoͤchsten Kraͤfte an das kuͤhnste und erhabenste Werk gewagt. Es wird die- ses in verschiedenen Sagen angedeutet (als jener Thurmbau, Kampf der Titanen u. s. w.) am haͤufig- sten jedoch wird das Bild gebraucht, daß der Mensch in der Liebe und der innigen Gemeinschaft einer Gottheit eine kurze Seeligkeit, und fruͤhen Tod gefunden. Aber eben in jenem Naturgesetz, dessen tiefer Sinn in den Mysterien gedeutet wurde, lag der Trost uͤber das fruͤ- he Versinken des alten Gluͤcks. Nur die alte Form war vernichtet, weil sie dem hoͤheren Streben der neuen Zeit, das in dem naͤmlichen großen Moment, welcher die alte zur letzten Bluͤthe und zugleich zum Tode ge- fuͤhrt hatte erwachte, zu enge war. So wurde in dem Untergang der alten Herrlichkeit, die Zuversicht ei- ner hoͤheren, unvergaͤnglicheren gefunden. Und dieses ist der alte Weihgesang der Mysterien, ein Brautlied und ein Lieb der Graͤber: Wer hat dich heraufgefuͤhrt hoher Frieden, wer hat dich uns gezeigt heilige Wonne! Als unsre Seele sich erhub dich zu er- fassen, starbst du, in der Gluth unsers Sehnens, der Kranz der Liebe sank auf Graͤber. — Dein eignes Streben o Mensch! hat mich, heilige Wonne herauf- gefuͤhrt, in deinem eignen, noch hoͤherem Streben, bin ich untergegangen. Eile hinaus zu immer hoͤhe- rem Ziel! siehe bald bluͤhet der Kranz deines Sehnens von neuem. Der Winter eilet schnell voruͤber, die Stunde des Todes und der Liebe koͤmmt nahe! Wir finden, daß gerade das hoͤchste Streben in uns, jenes Sehnen, das sich bey Einigen an mehr, bey Ande- ren an minder wuͤrdigem Gegenstand, an groͤberem oder geistigerem Genuß erschoͤpft, uns zum Grabe fuͤhret; auf daß wir aus diesem zu immer hoͤherem Streben, immer hoͤherem Sehnen wiedergebohren wuͤrden. Die Gluth aber jener hoͤchsten Augenblicke, welche das Vergaͤngliche an uns verzehrt, weil dieses das Ewige nicht fassen koͤnnen, ist das einzige Unvergaͤngliche in uns. Diese schwebt heilig und schoͤn uͤber dem zerflos- senem Angesicht der Gruft, und sie gehet mit uns hin- uͤber, durch die Thore eines neuen, hoͤheren Aufgangs. Das andre Alles ist vergangen, den Glanz jener heili- gen Augenblicke, welche uns zugleich gelaͤutert und zerstoͤrt, bringen wir mit uns hinauf. Wir halten die Weihe eines wahrhaft guten und heiligen Strebens, mit dem Leben nicht zu theuer bezahlt, und finden in dem Gelingen eines goͤttlichen Werkes, einen seeligen Untergang. Auf diese Weise pflegt ein kuͤhnes Gemuͤth mit der Flamme zu scherzen, welche es verzehrt, und es erkennet in seinem Untergange den Aufgang eines neuen, immer besseren Strebens, in dem Grabe die hoͤhere Wiedergeburt unsres unvergaͤnglichen Sehnens. F Vierte Vorlesung. Das juͤngere Heydenthum. Die Ora- kel. — Aufgang der neuen Zeit. W ir sahen im Vorhergehenden, wie die zunehmende Selbststaͤndigkeit des Menschen, diesen der Obergewalt der Natur, zugleich aber auch den paradiesischen Freu- den der ersten goldnen Zeit entzogen. Zugleich hatte die schaffende Gewalt der Natur, der Einfluß dersel- ben auf den Menschen, an Intensitaͤt verlohren, und der Mensch wurde selbst aͤußerlich, in Hinsicht der er- sten Lebensbeduͤrfnisse, auf seine eigenen Kraͤfte zuruͤck- gewiesen, als die Mutter, welche ihn in der Fuͤlle der ersten Zeit uͤberfluͤssig ernaͤhrt, mit ihren Gaben spar- samer geworden. Es wurde jetzt die Kultur des Landes noͤthig, Im Schweiß deines Angesichts sollst du dein Brod essen. und es ist einer der bedeutendsten Zuͤge der Geschichte, daß die Entstehung und Verbreitung der Mysterien, deren Bedeutung wir im Vorhergehenden kennen lernten, mit der des Ackerbaues zusammen- faͤllt, und daß viele jener heiligen Gebraͤuche, die doch selbst nach den Alten auf das Beginnen einer neuen Zeit und auf den Untergang eines schoͤnen seeligen Be- sitzes unsres Geschlechts deuteten, zugleich mit dem Ackerbau in Beziehung stunden. Von diesem wurden sehr oft Bilder hergenommen, und die in die Unter- welt versunkene Persephone mit dem in die Erde ge- legten Saamenkorn, das Wiederaufleben einer als tod beklagten Gottheit, mit dem Hervorsprossen desselben verglichen. In andren Mysterien wurden die Bilder aus der Astronomie genommen, und Anspielungen auf die Abwesenheit der Sonne und das Wiedererscheinen derselben gemacht. (Wenigstens ist es Einigen — vor- zuͤglich Gatterer — eben so gut gelungen, die egypti- schen Mysterien astronomisch zu erklaͤren, als Andern jene oͤkonomische Erklaͤrung der Eleusinien.) Die Be- deutung der Isis und Ceres in der ganzen alten Welt, die Einfuͤhrung des Ackerbaues, welche ihr, die zu- gleich den Mysterien ihren Ursprung gegeben, allge- mein zugeschrieben wurde, Selbst nach jenen alten Inschriften auf steinernen Saͤu- len, zu Nisa in Arabien, die Diodor von Sieilien b e- schreibt. lassen leicht den Zusam- menhang der Cultur des Landes und der Mysterien er- kennen. F 2 Wenn aber, wie wir im Vorhergehenden sahen, jene Weihungen die Klagen und den Trost uͤber den Untergang der alten herrlichen Vorwelt, und des In- dividuums uͤberhaupt enthielten, wenn sie zugleich troͤ- stend auf die aufgehende neue Zeit, deren maͤchtigeres Licht ja allein das schon verbleichende Gestirn der alten Zeit vertrieben, hindeuteten, so war jener Zusammen- hang sehr natuͤrlich. Allerdings war in den Mysterien ungleich mehr bewahrt als Regeln des Landbaues: die Zuversicht des kuͤnftigen Heils das aus dem neuen Streben des Menschen erbluͤhen sollte. Aber die Stifter der Mysterien, welche uͤbrigens auch die Cul- tur des Landes als Religionscultus einfuͤhrten, haben hiermit den Voͤlkern die noͤthigen Huͤlfsmittel zu der nun noͤthig gewordnen aͤußeren Selbststaͤndigkeit und Unabhaͤngigkeit des Menschen von der ungleichen Gunst der Natur (die man nun mehr nach eignen Willen zu erzwingen gewußt) in die Hand gegeben. Der Acker- bau ist, wie wir schon fruͤher sahen, fuͤr die neue Zeit charakteristisch. Die Mysterien bilden einen schoͤnen Uebergang der alten Welt zur neuen. In ihnen, oder mit ihnen zu- gleich, bewahrten die egyptischen Priester die noch uͤbrig- gebliebenen Truͤmmer der alten Naturweisheit. Die- se wurden nicht auf jene Weise mitgetheilt, wie wir zu unsrer Zeit die Wissenschaft mittheilen, sie wurden allem Anschein nach im gewoͤhnlichen Sinne weder ge- lehrt noch gelernt; sondern ein Abbild der alten Natur- offenbarungen, mußte das Verstehen aus der Seele des Schuͤlers selber, als Begeisterung kommen. Aus diesem Grunde scheinen jene vielfaͤltigen Vor- bereitungen und Laͤuterungen gekommen, deren Stren- ge Viele von der Einweihung der egyptischen Priester zuruͤckgeschreckt, ja nicht selten den Schuͤlern das Le- ben geraubt hat. Ein langes Fasten und die hoͤchste Nuͤchternheit, schienen vorzuͤglich noͤthig, außer diesem wurde der Leib durch die haͤrtesten Anstrengungen, und selbst durch willkuͤhrlich hervorgerufene Schmerzen ohn- maͤchtig, und so fuͤr aͤußere Einfluͤsse und die Bewe- gungen des Gemuͤths empfaͤnglicher gemacht. Es wur- de hernach der Phantasie in Bildern (wie noch selbst aus der Beschreibung der Eleusinien scheint) der tiefste Innhalt der Mysterien vorgefuͤhrt, und der innre Sinn mehr durch den Gesamteindruck des Ganzen ent- flammt als (wie bey uns geschieht) durch ein Ausein- andersetzen der einzelnen Thatsachen unterrichtet. Auf diese Weise wurde den Eingeweihten nicht der tode Koͤrper der Wissenschaft uͤbergeben, und es so dem Zu- falle uͤberlassen, ob dieser sich bey ihnen beseelen wuͤr- de oder nicht, sondern der lebendige Geist der alten Naturweisheit selber. Aus diesem Grunde, weil naͤmlich der Innhalt der Mysterien mehr offenbart werden mußte, als ge- lehrt, mehr von innen aus der Begeisterung und goͤtt- lichen Trunkenheit des Gemuͤths kam, als von außen durch muͤndlichen Unterricht, durfte dieselbe auch dem Volk nicht oͤffentlich verkuͤndigt werden. Es wurde bey allen Priestern dieser Zeit, von den Egyptern bis zu den alten Scandinaviern mit dem Tode bestraft, wenn die Eingeweiheten den Innhalt der Mysterien durch kalte Rede oder Beschreibung, an Solche, welche die Begeisterung der Weihe nicht empfiengen, entheilig- ten. S. Olaus Rudbeck. Die Hauptlehren ihrer alten Religion sind deshalb mit ihnen untergegangen. Dem Volke durfte die Wahrheit nur in dunk- len Bildern und Beyspielen dargestellt werden, und selbst diese Gleichnisse durften bey den alten Scandina- vischen Priestern nicht dem todten Buchstaben anvertraut werden. Nach Demselben. Jene Mythen waren in Versen. So fest war noch bey jener alten Welt der Glaube: die wahre Weisheit koͤnne nicht sowohl von dem Menschen an den Menschen mitgetheilt, als vielmehr einem empfaͤnglichen Gemuͤth durch den hoͤhe- ren (goͤttlichen) Einfluß offenbart werden. So erscheinen uns die Mysterien noch als das letz- te Denkmahl ihres Daseyns das die scheidende alte Zeit der neuen hinterlassen. Schon tragen die Voͤlker bey denen jene heilige Weihe vorzuͤglich gebluͤhet, einen von dem der alten Welt sehr verschiedenen Charakter, und die Mysterien selber deren edlerer Ursprung wohl gewiß scheint, sind bey Vielen in die wildesten Graͤuel ausgeartet. Man befrage uͤber jene Voͤlker die Ge- schichte der Astronomie und des Naturcultus, so wird man diesen angebohrnen Vorzug des Menschen bey ih- nen allen weit unvollkommner und unansgebildeter finden. Es ist bekannt, welche große Muͤhe und lange Versuche in Griechenland blos die einfache Eintheilung der Zeit gekostet hat. Noch sind die Gedichte des Orpheus und Linus astronomischen Innhalts gewesen, und wir wissen aus der Tradition, die uns von ihnen noch Zahlen der Zeitrechnung aufbewahrt hat, daß sie die Bedeutung jener merkwuͤrdigen Zahl 432, deren Kenntniß nach unsrer Meynung schon ein tieferes Ver- stehen der alten Naturweisheit voraussetzte, gekannt haben. Sie bedienten sich bey der Zeiteintheilung der Zahlen 120 und 3600, beyde multiplicirt sind die indische Zahl 432000. Doch tritt bald nachher uͤber diese Gegen- staͤnde die groͤßte Ungewißheit ein. Als vorzuͤglich ungeschickt und unbequem faͤllt die zweyjaͤhrige Inter- calationsmethode auf, die wir noch zu unsers Aelter- vaters Hippocrates Zeiten finden Alle 2 Jahre mußte ein ganzer Monat eingeschaltet werden. und wenn nicht die Olympischen Spiele der Chronologie zu Huͤlfe kaͤ- men, wuͤrde diese bey den Griechen noch ungleich schwieriger seyn als sie es schon ist. Jene wahrhaften und tiefen Kenntnisse der Natur und des Weltgebaͤu- des, welche Thales von den egyptischen Priestern, in deren Geheimnisse er eingeweihet war, mitbrachte, vermochten sich doch auf griechischem Boden nicht lange zu erhalten und schon seine naͤchsten Nachfolger und Schuͤler (besonders Araximenes Er lehrte wieder, die Erde sey platt, das Himmelsge- woͤlbe fest, nachdem Thales schon die wahren Ansichten vorgetragen. ) erlaubten sich wieder die Natur auf ihre Weise zu dichten. Ueberhaupt hat man mit Recht anerkannt, daß die Astronomie der Griechen blos aus den verschiedenen Meynungen ihrer Philosophen bestehe. So waren, waͤhrend bey andren aͤlteren Voͤlkern die Kenntniß von der Umlaufszeit der Weltkoͤrper, der Perioden, der wahren Gestalt und andrer Verhaͤltnis- se derselben, ein allgemeines Eigenthum gewesen, die Griechen Jahrhunderte lang vergeblich bemuͤht, nur die eigentliche Dauer des Jahres aufzufinden, und uͤber die Geschichte des Weltgebaͤudes, die jenen allge- mein nach ihren Grundzuͤgen bekannt war, erlaubten sich diese nach Willkuͤhr, jetzt diese dann jene Meynung zu hegen. Eine nicht geringere Ungewißheit in der Einthei- lung der Zeit, herrschte bey den alten italiaͤnischen Voͤlkern, bis Numa hierin einige Abaͤnderung traf. — Wenn sich bey den Juden, wie Josephus berich- tet, die Sage erhalten hatte, daß die Patriarchen be- sonders hohe Kenntnisse der Natur, vornehmlich astro- nomische besessen haͤtten, so waren doch diese spaͤter bey diesem Volke wieder ganz zuruͤckgetreten, und wir finden bey ihm keine Spuren des von uns so genannten astronomischen Instinkts. So hatte sich gerade bey jenen Voͤlkern, wo der hoͤchste Moment der neuen Zeit (das Christenthum) am vollkommensten vorbereitet war, wo dieser am fruͤhesten und maͤchtigsten eintrat, der natuͤrliche Charakter der alten Zeit (die Abhaͤngigkeit von der Natur) schon am meisten verlohren. Schon war im juͤngeren Heydenthum der Charak- ter der neuen Zeit, welchen die Macht des eignen Wil- lens und das Streben nach der Vollendung desselben bezeichnet, erwacht, und dieser ist dem Wesen der al- ten Zeit, das in gaͤnzlicher Hingebung des Einzelnen in die Einfluͤsse des Ganzen bestund, geradehin entge- gengesetzt. Deshalb sehen wir sogar in China die vieltausendjaͤhrige Reihe der astronomischen Beobach- tungen, und mit ihr den alten Naturcultus, mit dem Eintritt des beruͤhmten Confucius und seiner neuen Leh- re auf einmal gaͤnzlich abgebrochen; so daß auch hier das Erwachen des menschlichen Forschungsgeistes und des freyen Strebens, zugleich den Untergang des alten Naturcultus bezeichnet. Wo bey Voͤlkern, an denen sich der Charakter der neuen Zeit schon zu entfalten angefangen, noch Etwas aus der alten Zeit uͤbrig geblieben, erschien dieses mehr krankhaft. Von der Art krankhafter Erscheinungen waren vorzuͤglich die Orakel, welche im juͤngeren Hey- denthum nach einen Nachhall des eigentlichen und al- ten erkuͤnstelten. Krankhafte Erscheinungen in der Ge- schichte des menschlichen Geistes sind sie gewesen, nicht aber durchaus Betruͤgerey, wie Einige Erklaͤrer des Al- terthums gewollt haben. Denn wenn auch in den letzten Zeiten des Verfalls dieser heydnischen Institute, der Eigennutz und die Hinterlist der Priester oft genug das seit Jahrhunderten begruͤndete Ansehen der Orakel zu Vetruͤgereyen misbrauchte, ist doch eben dieses langdauernde Ansehen bey ganzen Generationen, sind viele Thatsachen, die wir noch aus der Geschichte der Orakel wissen, eben so wenig aus Taͤuschung zu er- klaͤren, als alle Erscheinungen des Somnambulismus. Dieser groben Ansicht, welche den Knoten, den sie nicht zu loͤsen vermag, geradezu zerhaut, ist die der ersten Christen, welche jene dunklen Erscheinungen ge- radezu aus der Einwirkung eines schlimmen (krankhaf- ten) Naturgeistes herleiteten, noch weit vorzuziehen. Der Blick in das Zukuͤnftige, die Gabe der Vor- ahndungen, ist der menschlichen Natur nicht fremd. Doch giebt es eben sowohl eine von kranker und fal- scher als eine von gesunder und wahrhaft aͤchter Art, obwohl jene fuͤr den aͤchten Forscher eben sowohl ein wahrhaftes Interesse haben muß, als diese, wie auch der Naturforscher denselben Bau der Bluͤthe er- kennt, sey es, daß diese der gesunde Baum in seinem natuͤrlichen Boden und Clima getragen, oder daß sie dem zarten, kraͤnklichen Fremdling in einer unguͤnstigen Heimath abgezwungen worden; nur daß jene an Duft und Glanz der Farben und durch die nachfolgende Frucht die innere gesunde Fuͤlle vor dieser andeutet, welche selten fruchtbar, das Licht der fremden Sonne mit matteren Farben erwiedert. — Gesunder Art ist allerdings jene prophetische Anschauung der Natur und Geschichte, welche der ersten Vorwelt eigenthuͤmlich war, und diese scheint noch jetzt der Natur besserer Menschen in dem Augenblick einer hoͤheren Begeisterung nicht fremdartig. Gesunder und kraͤftiger Art scheint auch der Geist der Vorahndungen da gewesen, wo er, wie oft geschehen, ganze Voͤlker, ja ganze Welttheile ergriffen. Eine solche Vorahndung hat bekanntlich die Amerikanischen Voͤlker in den entferntesten Theilen des Welttheils, die untereinander schwerlich in unmittel- barer Verbindung gewesen, gleichzeitig auf die An- kunft der Europaͤer und des Christenthums vorbereitet. Von einer alten, den verschiedensten Voͤlkern bekann- ten Weissagung angekuͤndigt, trafen diese Kinder der Sonne ganze Laͤnder schon im Voraus zum Gehorsam oder doch zur Furcht geneigt, und ohne jenen dunklen Geist der Ahndung, welcher ihnen vorausgegangen, haͤtten ihre Waffen jene Wunderwirkungen kaum ver- mocht. — Eine aͤhnliche Vorahndung bey vielen Voͤl- kern, gieng auch dem Christenthum selber, bey seiner er- sten Verbreitung voraus. Krankhafter Art dagegen sind jene Vorahndungen, von denen ich mehrere Faͤlle in einer der spaͤtern Vor- lesungen auffuͤhren werde, und vielleicht daß von dort- aus auch einiges Licht uͤber die Natur der Orakel gewon- nen wird. Es giebt hier eine Menge Thatsachen, welche der Natur der Orakel verwandt sind, so daß, wenn diese nicht gelaͤugnet werden koͤnnen, auch jene nichts Unbegreifliches mehr behalten. Am naͤchsten aber stimmen mit der Natur der alten Orakel und mit der des Daͤmonismus jene Erscheinungen uͤberein, deren Mehrere Beda aus der Geschichte der amerikanischen Voͤlker, andre und neuere Reisebeschreiber aus der Ge- schichte der wilden Bewohner von Madagascar, Bor- neo und Java erzaͤhlen. Auch hier sehen wir wahn- sinnig Begeisterte sich und Andren das zukuͤnftige Schick- sal, oder auch die krankhafte menschliche Natur, die be- vorstehende Witterung, In einem Fall bey Beda selbst den Untergang einer na- hen Kirche durch Erderschuͤtterungen. ja sogar die Ankunft fremder Schiffe voraus verkuͤnden. (Merkwuͤrdig ist vorzuͤglich die bekannte Geschichte der Virginianerin.) Diese Ansicht, welche die Orakel als krankhafte Erscheinungen betrachtet, ist schon in den fruͤhesten Zeiten des Christenthums herrschend gewesen, und es wird die Begeisterung der weissagenden Priesterinnen von den damaligen Christen mit jenem krankhaften Wahnsinn verglichen, welchen sie Daͤmonismus ge- nannt; beyde zeigten dieselben Symptome, und wur- den auf dieselbe Weise geheilt. Ja selbst Lucan be- schreibt die Begeisterung der Pythia wie einen dem epi- leptischen nicht unaͤhnlichen Zustand, waͤhrend derselbe bey Virgil freylich unter einem edleren, erhabneren Bilde erscheint, obgleich der uͤbereinstimmende Bericht aller Schriftsteller der damaligen Kirche, naͤher mit Lu- cans Beschreibung uͤbereintrifft. Einige Erscheinungen aus der Geschichte der Ora- kel, sind gewissen bey dem Somnambulismus beobach- teten nicht unaͤhnlich. Es gehoͤrt hieher selbst die aller- dings merkwuͤrdige Gewalt der ersten Christen uͤber Daͤmonische und uͤber die von Apoll Erfuͤllten. Die- se merkwuͤrdige Thatsache laͤßt sich schwerlich laͤugnen, da sich die damaligen Kirchenvaͤter hierauf so haͤufig wie auf etwas allgemein Bekanntes berufen, die Hei- den selber zu Zeugen auffordern, und eine Menge vor aller Augen geschehene Thatsachen, welche hieher ge- hoͤren, aufuͤhren. So haͤlt Tertullian die Gewalt uͤber Daͤmonische und Begeisterte von der erwaͤhnten Art, fuͤr eine so unausbleibliche Eigenschaft der Christen, daß er verlangte, diejenigen (als schlechte unglaͤubige Christen) mit dem Tode zu bestrafen, denen jene Ge- walt fehlte. Wir finden diese Eigenschaft der Christen bey Lactantius auf die vom Apoll Erfuͤllten angewen- det, und Minutius Felix erwaͤhnt gegen die Heiden selber, als einer ihnen Allen bekannten und unlaͤugba- ren Thatsache, die Ohumacht ihrer Goͤtter, des Ju- piter wie des Saturn und Serapis, wenn diese einen Menschen mit dem Geist der Wahrsagung erfuͤllten, gegen die Gewalt der Christen. Eine Menge Faͤlle im ganzen Land und in Rom selber bekannt, wo der von Aerzten und Magiern vergeblich bekaͤmpfte krankhafte Wahrsagergeist, dem Draͤuen eines einfaͤltigen Christen gewichen war, erzaͤhlt Justinus in seiner vor dem roͤ- mischen Volk gehaltnen Schutzrede, andre, damals sehr verbuͤrgte, Tertullian in seinem Schreiben an den heidnischen Landpfleger Scapula. Es wird dieses von Athanasius, Cyprian und Eusebius haͤufig bestaͤtigt, und man kann bey diesen vielfaͤltigen Berichten an nichts weniger als Betrug denken, da jene Thatsachen vor unzaͤhligen nuͤchternen und den Christen nicht guͤn- stigen Augenzeugen geschahen. Wie nun jene krankhaften Erscheinungen auch in ihrer aͤußern Form einigen unter uns bekannten Nerven- krankheiten, und dem Zustand des kuͤnstlichen Som- nambulismus aͤhnlich sind, kommen sie auch darin uͤber- ein, daß uͤber magnetisch Schlafende wie uͤber Ner- venkranke ein fremder fester Wille nicht selten eine be- wundernswuͤrdige Gewalt aͤußert. Es beruhen bey diesen hierauf einige Heilarten, welche das Volk an- zuwenden pflegt, bey jenen ist es bekannt genug, wie die Naͤhe einer Person von einem festen und entschiede- nen Unglauben, die besten Somnambuͤlen, die in andern Faͤllen oft genug bewiesen hatten, daß ihr Zu- stand keine Taͤuschung war, in einen solchen unange- nehmen geistigen Zustand setzt, wie die Annaͤherung eines gesunden und starken Menschen, der mit ihnen in keinem Rapport steht, sie koͤrperlich beaͤngstigt. Es wirkte in jenen Faͤllen die Annaͤherung eines einzelnen Christen dasselbe, was der Eintritt des Chri- stenthums im Ganzen. Denn obgleich die Orakel und alle mit ihnen verwandte Erscheinungen des juͤngern Heidenthums, noch in einigen schwachen Ueberresten in die ersten Zeiten des Christenthums hinuͤberlebten, sehen wir doch diesen Anfang der neuen Weltperiode zerstoͤrend auf jene Truͤmmer der alten wirken, und jenes Orakel, das zu den Zeiten des Constantius Vater des Constantin. von Delphi ausgegangen, wie die im ganzen damaligen Rom und selbst an dem Hof des Tiberius Aufsehen er- regende Geschichte des Schiffer Thamus, die uns Plutarch behalten, sind, wenn auch nicht ganz zu- verlaͤssig, doch wenigstens nicht ohne Sinn. Es war allerdings die Obergewalt der Natur uͤber den Men- schen, zugleich mit dem Eintritt des Christenthums (in jener Sage der große Pan) unterlegen. So muͤssen wir, schon was die aͤußere Form an- betrifft, in den Orakeln die Wirkungen einer krankhaf- ten menschlichen Natur erkennen. Wenigstens sind sie dieses in den spaͤtern Zeiten durchaus gewesen, wenn auch noch einige Spuren eines edleren Ursprungs und einer fruͤheren Verwandschaft mit der besseren Vorwelt in ihnen gefunden werden, wohin vielleicht die An- fangs unwillkuͤhrliche, aus der Natur der Sache selber hervorgehende metrische Form der Orakel, und die Einrichtung einiger der aͤltesten Orakel deutet, obgleich auch die metrische Form spaͤter blos willkuͤhrlich, als eine einmal hergebrachte Gewohnheit beybehalten scheint. Aber auch diese Ausspruͤche der Orakel selber be- staͤtigen jene Ansicht, indem in ihnen die Zukunft truͤ- be, und in einem zweydeutigen Lichte, gleich den Phantasien im Traume erscheint. Noch mehr bestaͤ- tigt sie die Weise wie jener Zustand der Begeistrung der Priester, in welchem sie das Zukuͤnftige voraussag- ten, bey den meisten Orakeln hervorgerufen wurde. Es geschahe dieses naͤmlich sehr haͤufig durch gewaltsa- me Mittel. Am reinsten, und der Natur der alten Zeit noch am meisten verwandt, war in dieser Hinsicht noch das Orakel zu Dodona, in seiner ersten und urspruͤnglichen Gestalt, wovon ich schon weiter oben geredet habe. Bey andren Orakeln wurden die Ausspruͤche in einem Zustand des kuͤnstlichen Wahnsinns gegeben, der nach dem Zeugniß der Alten bald durch Daͤmpfe, welche ge- wissen Oeffnungen der Erde entstiegen, bald durch be- rauschende Quellen hervorgerufen wurde. In dem all- maͤligen Aufhoͤren jener Ausfluͤsse der Erde, wurde auch von den Alten der Grund des Verfalls der Orakel in spaͤterer Zeit gefunden. „Vor Zeiten sagt ein spaͤ- terer Ausspruch eines Orakels selber, Bey Porphirius. entquollen der Erde eine Menge von Orakeln, Quellen und Daͤm- pfen, welche mit goͤttlichem Wahnsinn erfuͤllten. Die Erde aber, vermoͤge jener Veraͤnderungen, welche die Zeit herbeyfuͤhrt, hat jene Quellen, Daͤmpfe und Orakel wieder in sich aufgenommen. Nur noch die zu Micale, in den Gefilden von Didime, jene von Cla- ros und das Orakel des Parnaß sind geblieben.“ Die- se und aͤhnliche Ansichten von dem Entstehen und end- lichen Aufhoͤren der Orakel, wird man haͤufig im Alter- thum finden. Wenn auch bey einigen Orakeln, wo sich dem Fra- genden die Zukunft unmittelbar in sich selber (durch Traͤume oder Visionen) offenbarte, die Vorbereitung durch Fasten und Enthaltsamkeit geschahe, Wie bey dem des Amphiaraus in Attica und bey dem des Trophonius. wurde doch auch diese Nuͤchternheit zuletzt durch Einwirkun- gen von berauschender Natur unterbrochen. So fin- den wir uͤberall den Zustand jener wilden Begeisterung, welchem sich die Zukunft in truͤben Lichte oͤffnet, durch ge- waltsame Mittel herbeygefuͤhrt, unter denen wohl das G Schlimmste das Vergießen von Menschenblut ge- wesen. Wir wissen naͤmlich aus der Geschichte jener Zeit, daß die Orakel mit den Menschenopfern zugleich auf- hoͤrten, daß beyde innig zusammenhiengen. Beyspie- le, wo Menschenopfer durch Ausspruͤche des Orakels sel- ber verlangt wurden, sind aus dem Alterthum haͤufig bekannt. Es giebt uͤberall — nicht blos in Griechen- land — das juͤngere Heydenthum sein innres Verder- ben in Menschenopfern und andren Grausamkeiten zu er- kennen, welche durch Schauder und durch das Ent- setzen des Gemuͤths vor grausam vergoßnem Blute, jenen Wahnsinn und die schlimme Gewalt der Natur uͤber die menschliche Seele unterhielten. So wurde auch der Goͤtzendienst zu Mexico, in welchem das spaͤtere Heidenthum in seiner tiefsten Verworfenheit er- scheint, mit jener blutigen Vermaͤhlung einer unschuldi- gen Jungfrau begonnen, womit dieses Reich seine Groͤße und seine fuͤrchterliche Gewalt uͤber andre Voͤl- ker begruͤndet, und der blutgierige Kriegergeist dieses Volkes durch unzaͤhlige jaͤhrliche Menschenopfer groß genaͤhrt. Es wurde hier, wie anderwaͤrts, die wilde Gluth eines an der menschlichen Natur, — wenn diese als durchaus gutartig angenommen wird — un- begreiflichen Greueldienstes, durch das rauchende Blut des eignen Geschlechts angefacht, und die Naͤhe der hoͤheren Welt, die sich jener ausgearteten Zeit entzo- gen, in dem Anblick und bestaͤndigen Umgang des To- des gesucht. Und doch haben sich selbst mitten in dem mexikanischen Goͤtzendienst, wie ihn uns Clavigero be- schreibt, durch einige alte Sagen Spuren einer viel hoͤheren, besseren Weisheit erhalten, die auch an je- nen Voͤlkern in der aͤltesten Zeit voruͤbergegangen seyn muß. Doch ist die Wahrheit, besonders in den religioͤsen Sagen dieser amerikanischen Voͤlker wie durch einen Geist der der Wahrheit geradezu entgegen strebt, sonderbar verkehrt und verdreht, und das Beste, wie durch die Einwirkung eines unbegreiflichen schlimmen Willens, gerade zum Schlimmsten gewendet. Es koͤnnen uns die gewaltsamen Mittel, wodurch das juͤngere Heidenthum jene falsche Begeisterung er- zwungen, belehren, wie verschieden der hoͤhere Ein- fluß, welcher die aͤltere Welt begeistert, von jenem ge- wesen, dem sich die schon aus der ersten Unschuld ab- gewichene juͤngere ergeben. Wir finden allerdings (selbst aus der Sage jener begeisternden Daͤmpfe und Quellen leuchtet dieses hervor) auch diese in einem Zusammenhang und innigen Verein mit der Natur, aber mit der untergeordneten, mit der Natur im en- geren Sinne. Dagegen war es, wie wir schon fruͤher gesehen, der hoͤhere (goͤttliche) Einfluß, aus welchem diese Natur und der Mensch geworden, dessen Licht der Mensch Anfangs in der Natur gesehen. Bis, als bey dem Erwachen des eignen Willens dem Menschen der Gott aus der Natur gewichen war, das leicht ir- G 2 rende Geschlecht das verlohrne Gut noch in der leeren Huͤlle suchte, und sich so der Gewalt einer an sich un- ter ihm stehenden Natur hingegeben, welche das Edlere in ihm zu niedrigem Goͤtzendienst herabwuͤrdiget. Es hat sich das aͤltere und bessere Heidenthum, vor jedem Blutvergießen schaudernd, blos durch Nuͤch- ternheit und in frommer Unschuld der Offenbarungen der hoͤheren Natur wuͤrdig gemacht, und auf diese Weise tiefe und lichte Blicke in ihr Innres gethan. Als sich aber dem allmaͤlig reifer werdenden menschlichen Geist, die Thore in das innre Heiligthum der Natur ge- schlossen, hat dieser, aus einem noch unmaͤnnlichen Trieb, von der Tiefe hinauf einen Weg in dasselbe, durch die Pforte des Todes und des Entsetzens, uͤber blutige Leichname und zerfleischte Sterbende gesucht. Vergeblich — die alte Sonne gieng nicht mehr auf, und nur schwacher Schimmer wird in dem Grabgewoͤl- be der alten Natur gesehen, die gesunde Begeistrung artet aus in kranken Wahnsinn. Endlich hat sich in dem verarmten menschlichen Gemuͤth, der blutige Widerstreit durch den Eintritt des Christenthums gaͤnzlich gelegt. Der Stern, wel- chen jene Weisen aufgehen sahen, ist zur Sonne ge- worden, und siehe, schon erfreuet sich ein großer Theil der Erde ihres Lichts. Der blutduͤrstige Wahnsinn des spaͤteren Heydenthums, das vielfaͤltige schmerzliche Sehnen nach etwas Besserem und Gewisserem, ist in der Klarheit des neuen Tages wie ein Traum vergan- gen; wo sonst ein trauriger Felß von Menschenblut geraucht, stehet friedlich, und in erhabener Ruhe, das Kreuz, und jene grauen Schrecknisse der Natur, wel- che ein zerruͤttetes Gemuͤth vergoͤtterte, sind von ei- nem wahrhaft goͤttlichen Ideal verdrungen. Fuͤnfte Vorlesung. Das Weltgebaͤude . W enn uns die Geschichte der alten Welt den Men- schen als Einzelnes in dem innigsten Einklange mit der ganzen Natur kennen lehrt, so wird nun die Betrach- tung der Natur selber uͤberall ein gemeinschaftliches Gesetz alles Daseyns, und einen gemeinschaftlichen hoͤheren Einfluß, in welchem alle Einzelnen vereint sind, anerkennen lassen. Wir gehen hierbey von der Betrachtung des Weltgebaͤudes und seiner Entstehung aus. Nach der noch immer fast allgemein herrschenden mechanischen Ansicht, entstund das Weltgebaͤude, ver- moͤge der aͤller Materie eingepflanzten Anziehung, aus Atomen, welche vom Anfange her in dem Weltenraum zerstreut waren. Diese Atomen sollen kleine, den Sinnen nicht mehr wahrnehmbare Koͤrperchen, von sehr verschiedener Gestalt, und weiter nicht mehr theil- bar seyn. Aus ihrer verschiedenen Form, welche bald viereckt, bald achteckig, bald rund oder sonst et- was seyn soll, leiten Einige die verschiednen regelmaͤßi- gen Gestalten der Koͤrper her. Wenn im Anfange, als jene zerstreueten Staͤubchen hie und da in zufaͤllige Bewegung gesetzt worden, einige von ihnen, vermoͤ- ge der ihnen eingepflanzten Anziehungskraft sich ver- einten, wuchs diese Kraft mit jedem neu hinzukom- menden Staͤubchen, weil die Anziehung um so staͤrker ist, je groͤßer die Massen sind. Die dichtesten und so- lidesten Staͤubchen, — denn es wird schon unter den einzelnen Atomen eine verschiedene Dichtigkeit fuͤr moͤg- lich gehalten, senkten sich zuerst nach jenem am fruͤ- hesten entstandenen Grundkeime der kuͤnftigen Welt- koͤrper hin, die weniger dichten spaͤter, woher es an den einzelnen Welten zu erklaͤren sey, warum der Kern von der solidesten, die nach der Oberflaͤche zu befind- liche Masse von der leichtesten und lockersten Beschaf- fenheit waͤre. In einem bestimmten Raume muͤßten sich die Grundkoͤrper meistens nach jenem Punkt hinge- senkt haben, wo die Anziehung durch das Zusammen- treffen der dichtesten Atomen zuerst, und am staͤrksten eingetreten, es muͤsse sich deshalb die groͤßeste Masse gegen den Mittelpunkt eines Systems finden. Die allgemeine Bewegung aller Atomen, welche der ganze Raum des jetzigen Planetensystems vordem enthalten, nach dem zuerst entstandnen Mittelpunkt — nach der Sonne hin, waͤre durch das Mitwirken der abstoßen- den Kraft, welche ihnen eben so wie die anziehende urspruͤnglich eigenthuͤmlich gewesen sey, seitwaͤrts ab- gelenkt worden, hierdurch sey eine kreisfoͤrmige Bewe- gung um jenen allgemeinen Mittelpunkt entstanden, und die einzelnen Weltkoͤrper, welche sich in verschie- denen Entfernungen von der Sonne, mitten in einer solchen wirbelnden Bewegung bildeten, haͤtten diese noch jetzt, in ihrem Umlauf beybehalten. Man sehe uͤber dieses alles Kant. Diese Meynung, und wenn sie selbst die Regeln der mechanischen Wechselwirkung der Dinge noch besser beobachtete als sie schon gethan, widerstreitet doch aller Analogie, ja aller wahren Natur geradezu. Wir wissen kein Beyspiel weiter, daß irgend ein Wesen aus zerstreuetem Unrath, welcher sich durch wechselseitige Anziehung hier oder dorthin gehaͤuft, entstuͤnde, und dieser Ursprung waͤre nur dem hoͤchsten Gipfel der Koͤr- perwelt, dem Weltgebaͤude, einzig eigenthuͤmlich. Jener lose Staub, welcher unter dem Nahmen der Atomen allen Koͤrpern zu Grunde liegen soll, hat sich, so oft man ihn auch citirt, noch nicht vor den Rich- terstuhl der Sinne stellen moͤgen, und die, welche seine Parthey genommen, haben dieses durch seine un- gemeine Kleinheit, welche ihn fast zu einen unkoͤrper- lichen Koͤrper macht, entschuldigt. Aller andern nie aufzuloͤsenden Schwuͤrigkeiten nicht zu gedenken, in welche uns die Annahme der Atomen verstrickt; so wird der Entstehung der Weltkoͤrper durch ein solches zufaͤl- liges Zusammenballen der zerstreueten Grundstoffe, auch noch durch ein Gesetz und mehr als mechanisches Ver- haͤltniß der Groͤßen der einzelnen Weltkoͤrper wider- sprochen, das uns unter andern in der naͤchsten Vor- lesung beschaͤftigen wird, und welches den Durchmesser derselben, wenn die Elementc der Entfernung genau bekannt sind, bis auf 100,000 Theile einer Meile anzugeben vermag. Doch wir beduͤrften selbst dieser direkten Gegenbe- weise nicht, um jener Philosophie des Unraths zu wi- derstreiten, da schon die Analogie, bey Solchen wel- che sie achten, zu ihrer Widerlegung hinreicht. Wir sehen in der ganzen Natur, so weit wir sie kennen, die Dinge ihren Anfang aus einer gewissen gestaltlosen Fluͤssigkeit nehmen, und bey allmaͤliger Ausbildung aus einem fluͤssigeren in einen immer festeren Zustand uͤbergehen. Die ganze Erdmasse, wie der einzelne Kri- stall, die organische Welt von den Fruͤchten der Pflan- ze bis herauf zum Menschen, sind aus jener Fluͤssig- keit entstanden, und die organische Welt zeigt uns das allgemeine Gesetz der irdischen Entstehung so deutlich, daß wir es nachher auch im Anorgischen leichter zu fin- den vermoͤgen. Einzelne Weltkoͤrper unsres Systems scheinen noch zum Theil in fluͤssigem Zustand, und wie wir nachher sehen werden, allem Anschein nach ganze Weltsysteme. Jener fluͤssige Zustand, (um ihn so zu nennen) aus welchem die Wesen in der ganzen koͤrperlichen Na- tur entstehen, ist bey allen irdischen Dingen sich nahe verwandt, und wahrscheinlich ist er sich dies uͤberall. Die irdischen Wesen nehmen bey ihrem Entstehen und Vergehen einen allen gemeinschaftlichen koͤrperlichen Charakter an, den ich anderwaͤrts (im 2ten Band mei- ner Ahndungen e. a. G. d. L.) beschrieben habe. Je- nes anfaͤngliche Element, in welchem die Dinge begin- nen und enden, wird als die Ursache aller Fluͤssigkeit, nicht eigentlich als eine Fluͤssigkeit selber betrachtet, und es hat dasselbe fast in der ganzen Natur die Eigen- schaft fuͤr sich selber zu leuchten. Ueberhaupt ist das- selbe nichts anders, als der Zustand der hoͤchsten Lebens- empfaͤnglichkeit, Bildungsfaͤhigkeit der Dinge, der innigsten und tiefsten Ergebung in den hoͤheren Lebens- einfluß, aus welchem sie sind. Dieser Zustand ist in der Koͤrperwelt das, was der reine und hohe Urzustand des Menschen, wo derselbe noch ganz dem goͤttlichen Einfluß ergeben war, in der Geschichte. Es sey um so gewisser, behauptet die andre Par- they, welche der mechanischen Ansicht entgegenstrebt, daß auch das Weltgebaͤude aus einem aͤhnlichen Zu- stand hervorgegangen waͤre, da sich allem Anschein nach ganze kuͤnftige Weltsysteme noch jetzt darinne be- faͤnden. In dieser Hinsicht sey vorzuͤglich der sonder- bare Nebelfleck im Orion, den neuerlich Schroͤter so vielfaͤltig beobachtet hat, bedeutend. Dieser merk- wuͤrdige Naturgegenstand gehoͤrt zu jenen fixen Licht- nebeln, die sich nicht in Sterne aufloͤsen lassen. Sei- ne unregelmaͤßige Gestalt ist veraͤuderlich, und oft in wenig Tagen sieht man ihn nach einigen Seiten sich ungeheuer ausdehnen, nach andern sich zusammenzie- hen. Die Stellen, innerhalb welchen solche ploͤtzliche Veraͤnderungen vorgehen, uͤbertreffen oͤfters an Um- fang unser ganzes Planetensystem bey weitem, und nicht selten sieht man solche ungeheure Strecken mit ei- nem ungewoͤhnlichen Lichte aufflammen, andre dage- gen verloͤschen, wie dieses besonders die merkwuͤrdigen Schroͤterschen Beobachtungen eines zur Seite gleich- sam herauswachsenden Zweiges jener Nebelsubstanz im Jahr 1797, und der nach 6 Tagen wieder verschwin- denden Lichtmasse, die sich mitten in der uͤbrigen durch helleren Glanz auszeichnete, und die aufs geringste ge- schaͤtzt, einen Durchmesser von 418 Millionen Meilen hatte, und noch mehr jene im Durchmesser wenigstens 29000 Millionen Meilen betragende Contraktion des ganzen Lichtnebels, nach einer Seite hin, im Jahr 1800, gezeigt haben. Dieser Lichtnebel des Orion wird um so bedeu- tender, da einige Astronomen aus Gruͤnden jenen hoͤ- heren Centralkoͤrper, um welchen sich unsre Sonne zu bewegen scheinet, in diese Gegend gesetzt haben. Der Mittelpunkt unsers Fixsternensystems, von welchem allem Anschein nach unsre Sonne verhaͤltnißmaͤßig nicht sehr fern ist, faͤllt naͤmlich nach der Gegend des Stiers oder Orions hin, und man hat sogar das merkwuͤrdige Nebellicht im Schwerdt des Orions schon fuͤr den hoͤ- heren Centralkoͤrper selber gehalten. S. Fr. Theodor Schuberts theor. Astron. p. 56. Es giebt dieses jenem allgemeinen Element alles koͤrperlichen Ursprungs, aus welchem wahrscheinlich auch dieser (vermuthliche) Centralkorper besteht, eine tiefe Bedeutung. In derselben Bedeutung habe ich es auch schon ander- waͤrts a. a. O. besonders am Ende des ersten Abschnitts dargestellt. Der ewige Ursprung der Dinge wirkt am maͤchtigsten und reinsten aus diesen hervor, wenn sie, noch nicht als etwas Besonderes, selbst- staͤndig Belebtes aus ihm herausgetreten, wenn sie (in dem Zustand der hoͤchsten Lebensempfaͤnglichkeit) noch innig mit ihm vereint, von ihm durchdrungen sind. Alsdann wirkt noch nicht das ohnmaͤchtigere und blos symbolische individuelle Leben, sondern annoch das urspruͤngliche und Goͤttliche in und aus ihnen. Wie nach der alten Sage aus dem ersten Menschen in seinem urspruͤnglichen Zustand, welcher hierdurch „Herr der Außenwelt“ wurde. Die- ses ist es, welches selbst noch in der Sonne, nur schon weit mehr in die Welt des Besonderen herabgesunken und unreiner, und im Organischen im Gehirn, als herrschende und belebende Kraft sichtbar wird, und es sind der Sonne die uͤbrigen Weltkoͤrper, dem Gehirn alle andre Theile nur darum untergeordnet, weil diese fruͤher und tiefer aus der ersten Reinheit des Elements und aus der Gemeinschaft des hoͤheren Einfiusses her- abgesunken sind, in welcher sich jene mehr erhalten ha- ben. So erinnert uns dieses Verhaͤltniß an jene my- stische Figur, wo mitten in dem Kreiße der lebendigen, gewaltigen Kraͤfte, ein zartes Kind als Herrscher sitzt, und es bleibt die kindliche und mehr empfaͤngliche Na- tur dem hoͤheren Einfluß uͤberall am naͤchsten verwandt. Es ist jener Lichtnebel im Orion, schon so weit wir den Himmel kennen, nicht der einzige in seiner Art, und wir finden in einer der letzten Herrscheischen Abhandlung uͤber den Bau des Himmels, mehrere aͤhn- liche Erscheinungen aufgefuͤhrt. Es gehoͤren hieher unter andern jene milchweißen Nebelmassen, von run- der Gestalt, welche in ihrer Mirte einen kleinen hellen Stern enthalten, indem sich eben aus der Sichtbarkeit des Sterns in ihrer Mitte beweisen laͤsset, daß sie nicht aus sehr entfernten, nicht mehr erkennbaren Sternen be- stehen. Auch diese Weltsysteme, die noch fast ganz im (um uns so auszudruͤcken) fluͤssigen Zustand schei- nen, indem nur erst in der Mitte die Ausbildung zu Sonnen ihren Anfang genommen, uͤbertreffen nach ei- ner beylaͤufigen Schaͤtzung im Durchmesser die Entfer- nung des Sirius von uns mehrere hundertmale. Ungewisser ist es, ob jener milchweise Nebel, der sich in dem merkwuͤrdigen Nebelfleck im Fuchs befin- det, wirklich auch von jener Art sey, oder ob er blos der Unvollkommenheit unserer Instrumente so erscheine, eigentlich aber aus sehr entfernten Sternen bestehe. Doch ist das erstere ungleich wahrscheinlicher, und es waͤre auch dieses ein Beyspiel von einem erst zum Theil zu Weltkoͤrpern ausgebildeten Weltsysteme, wo die Ent- wicklung nicht sowohl in der Mitte, als nach einer Sei- te hin schon begonnen hat. Ueberhaupt duͤrfen wir nicht fern nach Faͤllen, welche eine solche ungleiche Entwicklung bestaͤtigen suchen, da das Weltsystem selber, zu welchem unser Planetensystem gehoͤrt, ein Beyspiel dieser Art gewaͤhrt, und in vielen Spuren ein ungleiches Alter und eine ungleiche Ausbildung der Sonnen aus denen es besteht zu verrathen scheint. Es hat Herschel aus einigen Gruͤnden unsrem Weltsystem einen jugendlicheren Zustand als den meisten andern zugeschrieben. Viele von diesen werden naͤm- lich von einer mehr runden Form gefunden, und es scheint, als ob diese in Hinsicht der innern Vollendung weiter vorgeruͤckt waͤren als andre, denen diese runde Form noch fehlt. Es wird hierbey die Voraussetzung gemacht, daß die Sonnen Anfangs ohne Ordnung durch einander gestreut waren, und daß hernach die ihnen eingepflanzte Anziehungskraft die zu den einzel- nen Systemen gehoͤrigen Sonnen um einen gemein- schaftlichen (maͤchtigeren) Mittelpunkt versammlete, mithin in eine runde Form zusammenfuͤgte. Eine erst seit kurzem wirkende Anziehungskraft, konnte die seit der Zeit ihres neulichen Entstehens noch zerstreut stehenden Sonnen noch nicht zur Ordnung bringen. Unter diese gehoͤrt, nebst mehreren andern, auch unser Fixsternensystem, wo nach Herschels Voraussetzung die Sonnen noch in einem zweyarmigen laͤnglichten Streifen beysammenstehen; waͤhrend andre entferntere Fixternensysteme zum Theil schon die Vollendung des rei- feren Alters (Kreiß- oder Elliptische Gestalt) einige schon die des hohen Alters zeigen (wo die Anziehungs- kraft die einzelnen Sonnen schon enge um den gemein- schaftlichen Mittelpunkt zusammengedraͤngt hat) noch andre vielleicht schon in dem Zustand des endlichen Un- terganges und Versinkens stehen, wohin der beruͤhmte Beobachter jene merkwuͤrdigen Koͤrper von ungeheu- rem Umfange und von matten planetarischem Lichte zaͤhlt, deren ich schon anderwaͤrts erwaͤhnt habe, und die von ihm fuͤr zusammengesunkene Fixsternensysteme gehalten werden. Doch scheint die wahre Gestalt unsres Planetensy- stems, die uns spaͤter von der aͤußersten Wichtigkeit wer- den wird, eine etwas andre zu seyn, als die von Her- schel angegebene. Aber obgleich diese in etwas von der Herschelschen Voraussetzung abweicht, ist doch diese in andrer Hinsicht sehr gegruͤndet, und es scheint unser Fixsternensystem, so wie wiederum in dem noch unermeßlicherem Ganzen, die einzelnen Fixsternensyste- me unter sich, ein Garten voller Gewaͤchse jedes Alters, eben aufkeimende, schon bluͤhende, reife und wieder- um verwelkende; so daß alle jene Zustaͤnde, welche das einzelne System, oder die einzelne Sonne vielleicht kaum in Millionen Jahren durchlaufen konnte, hier an den verschiedenen Individuen und Systemen zu Ei- ner Zeit gefunden wuͤrden; so daß das kurze Men- schenleben die Erfahrungen von Weltenaltern umfaßt. Fuͤr diesen ungleichartigen Zustand, fuͤr eine sol- che verschiedne Entwicklungsstufe der verschiednen Wel- ten unsers Fixsternensystems, sprechen mehrere That- sachen. Wir finden naͤmlich auch verschiedene andere ferne Fixsternensysteme, allem Anscheine nach erst zum Theil zu Soͤnnen ausgebildet, waͤhrend der uͤbrige Theil noch aus jener obenerwaͤhnten Nebelartig leuchten- den Substanz besteht, und es gehoͤren hieher unter an- drem jene rundlichen und unaufloͤslichen Nebel, die blos in ihrer Mitte schon ausgebildete Sterne enthalten, und der merkwuͤrdige Nebelfleck im Fuchs, wovon ich vorhin sprach. So finden wir auch auf der einen Sei- te mitten in unserem Fixsternensystem gewisse Stern- haufen, die sich schon mehr zu einem besondern Gan- zen absondern, Ein solcher Sternhaufen ist in dem Sternbild der Krippe. zwischen denen mithin die anziehen- de Kraft laͤnger schon wirken mußte, und die man da- her von aͤlterer Entstehung schaͤtzen koͤnnte, als andre, wo diese Vereinigung noch nicht Statt gefunden; waͤh- rend auf der andern Seite allem Anschein nach noch ganze kuͤnftige Weltgebaͤude sich mitten in unserem Fixsternensysteme eben neu erzeugen, wohin der er- waͤhnte Lichtnebel im Orion gehoͤrt. Schon Herschel haͤlt jene unaufloͤslichen Lichtnebel, da wo sie um einen Stern in ihrer Mitte angehaͤuft sind, fuͤr neuentstehende Weltgebaͤude. Fuͤr eben neuentstehende oder untergehende Son- nen, koͤnnten jene merkwuͤrdigen Sterne gehalten wer- den, welche auf einmal an irgend einer Stelle des Himmels mit hellem Glanze erschienen, hernach ganz wieder verschwanden, oder doch an Licht abnahmen. Unter denen ganz wieder verschwindenden sind die bey- den bekanntesten und ausgezeichnetsten der 1572 im Stuhl der Kassiopea beobachtete, der die groͤßten und hellsten Sterne an Glanze noch uͤbertraf, nach 2 Jah- ren aber wieder verschwand, und der 1604 von Kep- ler im Ophiochus beobachtete, der schon nach einem Jahre wieder unsichtbar wurde. Andre neuerschiene- ne Sterne sind geblieben, und haben nur in etwas an Groͤße abgenommen, und diese koͤnnten vorzugsweise fuͤr neuentstanden gehalten werden. Einige Fixsterne hat selbst schon die doch erst we- nige Jahrtausende alte Beobachtung der neuen Astro- nomie merklich an Lichte zunehmen sehen, waͤhrend sie andre eben so merklich daran abnehmen fand. Unter andern war der helle Stern im Adler, der jetzt fast von der ersten Groͤße ist, noch zu den Zeiten des Pro- H lemaͤus nur von der dritten, waͤhrend ein andrer Stern im großen Baͤren seit wenig Jahrhunderten von der 2ten bis zur 3ten Groͤße abgenommen hat. Schon die wahrscheinliche Verschiedenheit der Groͤße und der Rotationsperioden, lassen eben so wie in unsern Planetensystem, auf einen verschiednen Zustand der Vollendung, und auf eine verschiedne Lebensdauer der einzelnen Sonnen schließen, vermoͤge welcher selbst unter den zu gleicher Zeit entstandenen, einige noch im ersten Wachsthum sind, waͤhrend bey andern das kuͤr- zere Leben schon am Ende steht. Auf eine Verschie- denheit der Groͤße der einzelnen Sonnen, hat man aus einigen Herschelschen Beobachtungen geschlossen, wel- che freylich noch nicht zu den sichern gehoͤren, da unsre Instrumente und die schwankende Angabe der Paralla- re hierin noch keine große Sicherheit erlauben. So muͤßte Wega , die nach Herschels Beobachtungen den dritten Theil einer Secunde im scheinbaren Halbmesser hat, wenn nach der allgemeinen Voraussetzung die jaͤhrliche Parallaxe der naͤchsten Fixsterne nicht uͤber 1 Sec. betraͤgt (mithin der scheinbare Durchmesser der Erdbahn Dieser wird hier in einer geraden Zahl zu 40 Millionen Meilen angenommen. in der Gegend jener Sterne 2 Sec.) im wirklichen Durchmesser 7 Millionen Meilen, oder 36 Sonnenhalbmesser betragen. Ja der Aldebaran , welchen Herschel anderthalb, die Kapella , welche er gar drittehalb Sec. im scheinbaren Durchmesser ge- funden, muͤßten nach derselben Voraussetzung, jene im wahren Durchmesser 30, diese 50 Millionen Mei- len, oder jene 161, diese 269 Sonnenhalbmesser be- tragen, mithin die letztere am Umfang ihres Aequators 1/5 mehr als unsre Erdbahn. So ungeheuer im Vergleich mit den Welkoͤrpern unsers Systems eine solche Groͤße jener Sonnen waͤre, stuͤnde sie doch selbst mit den Groͤßenverhaͤltnissen, die wir hier finden, nicht in Widerspruch. Abgesehen selbst von dem Verhaͤltniß der Halbmesser der Plane- ten zu dem der Sonne, worinnen jene noch viel klei- ner erscheinen als unsre Sonne im Verhaͤltniß zu jenen Riesensonnen (schon der Halbmesser des Mercurs als der 314te, der der Juno als der 621ste, ja der der Ve- sta nicht einmal als der 3000te Theil des Sonnenhalb- messers) finden wir selbst die einzelnen Planetenhalb- messer unter sich in einem Verhaͤltniß, welches jenem wenig nachgiebt, ja dieses noch uͤbertrifft. So ist Jupiter schon in Hinsicht des Halbmessers 63 mal groͤßer als Juno, ja 326 mal groͤßer als Vesta (wenn wir diese 30 Meilen im Halbmesser setzen.) Auf eine solche koͤrperliche Verschiedenheit der ein- zelnen Sonnen, laͤßt nun auch, wie schon erwaͤhnt, die Verschiedenheit ihrer Rotationsperioden schließen. Denn obgleich die Dauer einer Umdrehung der Welt- koͤrper um ihre eigne Axe, oder eines Tages derselben, H 2 in keinem unmittelbaren Zusammenhange mit ihren Groͤßenverhaͤltnissen steht, steht sie doch, wie aus an- dern spaͤter anzufuͤhrenden Gruͤnden scheint, mit der Stufe ihrer Ausbildung und Naturbeschaffenheit in Ver- haͤltniß, und es deutet schon in unsern Planetensyste- me die ziemlich uͤbereinstimmende Tageslange der drey letzten Planeten, welche von der der vier zunaͤchst an der Sonne stehenden sehr verschieden ist, eine solche Verschiedenheit an. — So dauert nun auch eine Um- drehung unsrer Sonne um ihre eigne Axe 25 Tage 14 Stunden; waͤhrend die Umdrehung andrer Sonnen von der kurzen Zeit von 3 Tagen, bis zu der von 13 Monaten zu waͤhren scheint. Denn wenn wir mit vielen beruͤhmten Astronomen, wie dies am wahrschein- lichsten ist, die Lichtveraͤnderungen einiger Sterne von ihrer Umdrehung herleiten, welche uns bald eine hellre bald eine dunkler leuchtende Seite ihrer Oberflaͤche zukehrt, so muͤssen wir unter andern bey dem veraͤn- derlichen Stern Algol eine 3taͤgige, bey jenem im Antinous eine 7taͤgige, bey dem in der Lyra eine 13taͤgige Tagesdauer voraussetzen, so daß demnach diese Sonnen einen viel kuͤrzeren Tag haͤtten, als unsre Sonne. Dagegen aber giebt es wieder veraͤnderliche Sterne, bey denen man aus denselben Gruͤnden auf eine 12 ja 14 mal laͤngere Dauer des Tages schließen muß als bey unsrer Sonne. So haͤlt der Stern Mira im Wallfisch eine 11, der im Halse des Schwanes eine 13 monatliche Periode der Lichtveraͤnderung, und mithin eine eben so lange der Umdrehung um die eigne Axe. So laͤßt sich aus Allem, in dem unermeßlichen Gan- zen aller Fixsternensysteme, und in den einzelnen Sy- stemen insbesondre, auf eine unendliche Verschieden- heit in Hinsicht der Ausbildung schließen, und wir se- hen eine nimmer stille stehende Schoͤpfung, hier ganze Weltgebaͤude neu aus dem ewigen Element hervorru- fen, waͤhrend andre im Verlauf von vielleicht Millio- nen Weltenaltern die Zeit schon wieder heimgerufen hat. Eine gleiche Verschiedenheit der Ausbildung laͤßt uns ganz in der Naͤhe, an den Weltkoͤrpern unsers eignen Systems selber, noch denselben Zustand erblicken, in welchem sich die Erde vor Jahrtausenden befunden, ja sie laͤßt uns einige noch von den Gewaͤssern der Tie- fe bedeckt, „wuͤste und leer, bewegt von dem Geist der ersten Schoͤpfung“ sehen, waͤhrend andre schon so veraltet sind, wie dies die Erde erst in fernen Jahr- tausenden seyn wird. Wir werden hiervon nachher re- den, zuvor aber wollen wir noch Einiges uͤber die Ge- stalt der Weltsysteme voraussenden. Nach einer andren, und in sich selber klaͤreren Ansicht, welche uͤbrigens der Herschelschen im Ganzen nicht widerspricht, ist die Gestalt unsers Fixsternensy- stems nicht die von Herschel angenommene eines laͤnge. lichen unregelmaͤßigen Doppelstreifens, sondern die ei- ner wirklichen Sphere, deren Mittelpunkt unsre Son- ne ziemlich nahe steht. Wenn einer von jenen Nebelartigen Weltkoͤrpern im Orion, von dessen einem wir fruͤher gesprochen haben, der Es bewegen sich auch nach dieser Ansicht, die Fixsterne um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt, und es haben hierbey die Bahnen derselben eine aͤhnliche Lage gegeneinander als die Planetenbahnen, das heißt, sie liegen saͤmtlich fast in einer Ebne, sind nur wenig gegen einander geneigt, so daß die Gestalt unsers ganzen Fixsternensystems, oder unserer Milchstraße, nicht Kugel- sondern Scheibenfoͤrmig ist. Die meisten Fix- sternenbahnen unsers Systems, haben einen gemein- schaftlichen Knoten, wie wir dieses spaͤter (im Anhang) auch bey den meisten Planetenbahneu finden werden. An der Stelle dieses Knotens erscheint die Milchstraße mehr zusammengezogen und glaͤnzender, und es fallen die zwey zusammengezogensten und glaͤnzendsten Stel- len der Milchstraße wirklich (wie entgegengesetzte Kno- ten) 180° von einander entfernt, gegen den 160sten und 340sten Grad der Rektascension. Das getheilte Aussehen der Milchstraße nach einer Seite hin, wird dadurch erklaͤrt, daß eine große Anzahl der Fixsternen- bahnen in eine gemeinschaftliche Ebne faͤllt, die von einer andern, in welche ebenfalls eine große Anzahl von Bahnen faͤllt, etwas entfernt ist, waͤhrend in der Mittelpunkt des Systems waͤre; so betruͤge auch die Ent- fernung der Sonne von diesem wahrscheinlich nicht viel mehr als etliche Fixsternenweiten. Das Minimum der Ent- fernung jenes Nebellichts im Orion betraͤgt nach Schroͤters Angabe ohngefaͤhr Eine Fixsternenweite (bey der gewoͤhn- lichen Voraussetzung der jaͤhrlichen Parallaxe) indem nach ihm die Parallaxe der Erdbahn in der Entfernung jenes Nebellichts hoͤchstens eine Seeunde betraͤgt. Mitte zwischen beyden Ebenen nur wenige gefunden werden, so daß dieser mittlere Raum dem Auge in der Milchstraße leer erscheint. Man sehe uͤber dieses alles F. Th. Schuberts theoreti- sche Astronomie. Auch hiervon werden wir spaͤter in den Neigungen der Planetenbahnen et- was Aehnliches finden. Obgleich unsre Sonne nicht sehr weit von dem Mittelpuukt des ganzen Systems entfernt scheint, steht sie doch nicht genau in demsel- ben, nnd dieser muß aller Analogie nach zu schließen, nach jener Seite des Himmels hinfallen, wo der Him- mel am dichtesten mit Sternen besaͤet ist, (da nach der Seite wo der Mittelpunkt hinliegt, die groͤßere Haͤlfte des ganzen Systems ist) mithin, wie schon weiter oben erwaͤhnt, ohngefaͤhr in die Gegend des Stiers oder Orions. Vielleicht daß diese Gestalt der Sonnensysteme, naͤmlich die Scheibenfoͤrmige, allgemeiner ist, als man bisher geglaubt, und daß sie, eben so wie sie sich in dem Verhaͤltniß der Planetenbahnen unsers Systems, und in dem der Fixsternenbahnen findet, auch bey den meisten andren Fixsternensystemen Statt findet. Jene verschiednen Gestalten unter denen die fernen Milch- straßen von Herschel beobachtet worden, koͤnnen dann blos von den verschiednen Stellungen, unter denen sie gesehen werden, herruͤhren, und jene runden oder elliptischen Fixsternensysteme, werden von uns vielleicht von oben her (in der Richtung der Axe), die mehr in die Laͤnge gedehnten, von der Seite her gesehen. Jene Erscheinung, aus welcher er auf eine wirklich kugelfoͤr- mige Gestalt jener runden Fixsternensysteme geschlossen, das dichtere Beysammenstehen der einzelnen Sonnen nach dem Mittelpunkte hin, wuͤrde sich auch mit der Scheibenfoͤrmigen Gestalt der Systeme vereinigen laßen, indem hier eben so wie bey dem aͤhnlichen Ver- haͤltniß der Planetenbahnen und vermoͤge desselben Ge- setzes, die Bahnen nach dem Mittelpunkte hin dichter zusammenfallen muͤßten; so daß der Abstand eines Fixsternes zu einem andern nach der Peripherie der Sphaͤre hin, aller Analogie zu Folge ungleich bedeuten- der ist, als nach der Mitte hin. In vielen jener rundlichen Weltgebaͤude, sieht man mitten unter den kleinen telescopischen Sternen einen groͤßern und sehr hellglaͤnzenden, welcher der Wahr- scheinlichkeit nach fuͤr den Centralkoͤrper des ganzen Systems gehalten wird. Dieser vorzuͤglich glaͤnzende Punkt, findet sich nicht selten, besonders bey elliptisch gestalteten, etwas außerhalb der Mitte, mehr nach dem einen Brennpunkt hin, und es ist wahrscheinlich, daß dieses Verhaͤltniß, so wie bey allen Planeten und Trabantenbahnen in Hinsicht auf die Stellung des Centralkoͤrpers, so auch in der Anordnung der Fixster- nensysteme Statt finde, und daß aus Gruͤnden die ich anderwaͤrts (in meiner angefuͤhrten Schrift) aus einem sehr allgemeinen Gesetz hergeleitet habe, der eigentlich herrschende Mittelpunkt niemals mit dem mathemati- schen zusammenfaͤllt. Es bilden jene Weltgebaͤude, bey denen der vor- zuͤglich glaͤnzende Punkt, welches der wahrscheinliche Mittelpunkt ist, schon den Sinnen wahrnehmbar et- was außerhalb des mathematischen Centrums faͤllt, den Uebergang zu jenen sonderbaren Formen, wo der- selbe, wie der Kern bey den Kometen im Verhaͤltniß zum Schweife, fast ganz nach dem einen Ende des mehr laͤnglicht (Faͤcherartig) ausgedehnten Systems hin- faͤllt, nach welchem Punkte hin die Sterne dichter zu- fammengedraͤngt scheinen, weil sie nach dem andern hin weiter auseinander gelegen sind. Es scheinen jene lichten Punkte fuͤr das Daseyn wirklicher Centralsonnen in einigen Systemen zu spre- chen, obgleich sie auch von dem vereinten Licht dicht gegen die Mitte zusammenstehender Sterne herruͤhren koͤnnen. In dem merkwuͤrdigen ringfoͤrmigen Nebel in der Leyer dagegen, der noch ganz oder groͤßtentheils aus der fruͤher erwaͤhnten leuchtenden Nebelsubstanz zu bestehen scheint, findet sich die lichtere Masse des Ganzen nach dem Umfang hin versammlet, waͤhrend die Mitte nicht leer, sondern nach Schroͤters Beobach- tungen von einer weniger leuchtenden Substanz erfuͤllt scheint. So scheint es, daß in Hinsicht der Gestalten und Anordnung, im Bau der unermeßlichen Fixsternensyste- me dieselben Gesetze walten, wie in jener des Plane- tensystems. Vielleicht, und sehr wahrscheinlich ist es, daß auch dort, so wie hier die Bahnen der Kometen, viele Fixsterne außerhalb der allgemeinen Ebene der Anordnung, nach andern Richtungen (mehr nach den Polen des Systems) hinfallen, und daß hierdurch wirk- lich einige Systeme, bey denen (so wie bey den Neigungen der Uranustrabantenbahnen) die Tendenz zu einer sol- chen Anordnung vorherrscht, sich mehr der Kugelform naͤhern. Uebrigens sind die Einwuͤrfe, welche man wohl sonst gegen die Lage der einzelnen Weltkoͤrper der Fixsternensysteme in einer Ebene zu machen pflegt, von mindrer Bedeutung. Denn jener, daß die Natur uͤberall den Raum spare, und daß sich deshalb eine solche Raumverschwendende Anordnung schwerer be- greifen lasse, moͤchte wohl nur von einem sehr be- schraͤnkten Standpunkte aus noch Statt finden; waͤh- rend ein andrer wichtigerer, welcher aus den Herschel- schen Beobachtungen hervorgienge, aus jener Annahme selber beseitigt wuͤrde. Herschel fand naͤmlich eine ungemeine große Zahl Gegen 1000. (fast die Haͤlfte) der von ihm be- obachteten Milchstraßen, von runder Gestalt, zugleich aber lagen auch bey weitem die meisten von diesen nach den Polen unsers Fixsternensystems, das heißt, nach jener Seite des Himmels hin, die am meisten von der Milchstraße, und mithin von der Ebne der allgemei- nen Anordnung der Sonnen entfernt, von nur weni- gen und naͤheren Sonnen sparsam erhellt ist. Hieher gehoͤren die mehrere hunderte Fixsternensysteme enthal- tenden Nebelmassen im Haupthaar der Berenice, und gegenuͤber nach dem andern Pol des Systoms hin, eine fast eben so große, nur etwas weniger dicht zusammen- stehende Menge von Weltgebaͤuden. Nehmen wir nun an: daß die Ebenen der einzelnen Fixsternensysteme im Ganzen wieder eben so wie im Einzelnen in einer Richtung liegen, und daß mithin auch die Pole eine gleiche Rich- tung haben, so muͤssen uns alle oder die meisten nach den Polen unsers Systems hinfallenden Systeme, trotz ihrer eigentlich Scheibenfoͤrmigen Gestalt, rund er- scheinen. Wir werden anderwaͤrts tiefere Gruͤnde fuͤr die An- ordnung aller Hauptkoͤrper eines einzelnen Systems in Einer bestimmten Richtung, in Einer Ebene aufstellen, und daselbst mehr von der Natur jener Kraft, welche in ihren Wirkungen sich immer so streng der geraden Linie naͤhert, handeln. Es laͤßt die Stellung der Weltkoͤrper und ihrer Bahnen, welche von den klein- sten Systemen (von dem Planeten ja sogar von den Tra- bantensystemen) an, bis zu dem hoͤheren Ganzen der Milchstraßen, ein und dasselbe Verhaͤltniß zeiget (wie spaͤter noch deutlicher wird) auf eine gemeinschaft- liche Richtung, auf einen Ausgangspunkt der schaffen- den und herrschenden Kraft, auf eine gemeinschaftli- che Ursache des Daseyns schließen, nach welcher sich Alle hinwenden, daß sie (aus dem nicht mehr Koͤrper- lichen die Koͤrper) aus jener Leben empfiengen und Daseyn. — Wir finden in unsrem Planetensystem, schon so weit wir dasselbe seit den meisterhaften Beobachtungen vorzuͤglich zweyer Deutschen, die sich hierin ein un- sterbliches Verdienst erworben haben, ( Herschels und Schroͤters ) kennen, eine aͤhnliche Verschiedenheit der Entwicklungsstufen und des Naturzustandes als in dem System der Sonnen. Wir sehen die Groͤßen der Planeten von der im Halbmesser noch nicht 30 Mei- len großen Vesta bis zu dem 9783 Meilen großen Ju- piter differiren, waͤhrend die uͤbrigen Naturverhaͤltnis- se nicht minder bedeutend abweichen. So hat der viel kleinere Mercur nach Schroͤters Beobachtungen im Ver- haͤltniß zu seinem Halbmesser 8 mal hoͤhere Gebirge als die Erde, und es steht ihm hierinnen, so wie an der ewigen Heiterkeit der Atmosphaͤre, Venus wenig nach; einige andre Planeten, vorzuͤglich einige der neuent- deckten (Pallas und Ceres) naͤhern sich durch die Be- schaffenheit ihrer verhaͤltnißmaͤßig ungeheuer großen und dichten Atmosphaͤre fast den Cometen. Endlich so ist ganz vor kurzem ein Planet entdeckt worden, der nicht blos durch seine ungemeine Kleinheit, sondern mehr noch durch eine andre merkwuͤrdige Eigenschaft, al- le Graͤnzon der planetarischen Natur uͤberschreitet. Es ist die Vesta von der ich rede. Dieser kleine Weltkoͤrper hat, wie wir anderwaͤrts sehen werden, nur 29½ Meile im Halbmesser, ist mithin mehr als 29 mal im Durchmesser, fast 25tausend mal im koͤr- perlichen Innhalt kleiner als die Erde. (24651) Ohnerachtet dieser außerordentlichen Kleinheit, faͤllt er aber mit ei- nem so hellen, fast Fixsternenartigen Licht in die Au- gen, wie dieses die Erfahrung kaum an 10 mal im Durchmesser groͤßeren planetarischen Koͤrpern zu zeigen pflegt, und ohne diese merkwuͤrdige Eigenschaft wuͤrde seine Entdeckung ungleich schwerer, ja fast unmoͤglich ge- wesen seyn. Gleich bey ihrer Entdeckung erschien die Vesta als ein heller Stern wenigstens von der 6sten Groͤße, waͤhrend Pallas, Ceres und Juno wovon doch die erstere fast 8 die 2te 6, die 3te mehr als 5 mal im Durchmesser groͤßer ist, in einer nicht viel groͤßern Entfernung kaum als Sterne der 7ten und 8ten Groͤße erscheinen. Trotz dieses lebhaf- ten Lichts erschien sie in den besten Telescopen nur wie ein kaum noch sichtbarer Fixsternenpunkt von nicht einmal ½ Secunde im Durchmesser. „Dieser hoͤchst merkwuͤrdige Umstand, schreibt Schroͤter vom 6sten May, daß ein so kleiner Koͤrper ein so fixsternaͤhnliches Licht, als Sonnen- licht zu reflectiren im Stande ist, wird noch in Zukunft zu wichtigen Betrachtungen Anlaß geben.“ Es scheint mithin hier wirklich ein Planet mit der deutlichen Eigenschaft des Selberleuch- tens aufgefunden, (obgleich er wohl hierinnen bey weitem den Sonnen- oder den Kometenartigen Koͤrpern nachsteht) die man aus einzelnen Beobachtungen, an der Nachtseite der Venuskugel u. a. gemacht, schon fruͤher in einem schwachen Grad an den Planeten un- sers Systems gekannt hat. Es scheint aus Vielen, daß nicht alle Planeten auf einer gleichen Stufe der planetarischen Vollendung stehen, daß einige noch in der Zeit der ersten Ausbil- dung, andre im Zustand der schoͤnsten Vollendung, noch andre schon dem Untergange nahe sind. Es ist naͤmlich der Weltkoͤrper, welchen wir bewohnen, und aller vernuͤnftigen Analogie zu Folge alle Weltkoͤrper unsers Systems, aus fluͤssigem Zustand (durch Nieder- schlag aus dem Gewaͤsser) entstanden. Die Wasser- menge war, wie uns die ganze Natur des Planeten in tausend Thatsachen lehrt, in den ersten Zeiten der Erd- bildung verhaͤltnißmaͤßig ungemein haͤufig, so daß sie noch fern uͤber dem Gipfel der hoͤchsten Gebirge gestan- den. Im Verlauf von Jahrtausenden hat sie hierauf allmaͤlig, bis zu ihrem jetzigen Stande abgenommen, und es scheint, daß sie auch hiermit noch bey weitem nicht ihr Minimum erreicht habe, sondern daß sie noch immer abnehmen muͤsse. (Ich werde hiervon noch weiter unten reden.) Die groͤßere Wassermenge, der fluͤssigere Zustand, bezeichnen uns mithin den Zustand der fruͤhen Jugend der planetarischen Natur, waͤhrend der mehr Wasserleere, trocknere Zustand, ein hoͤheres Al- ter dieser Welten andeutet. In dem Zustand des hohen Alters finden wir dem- nach den Mond, von dem ich anderwaͤrts erwaͤhnt ha- be, daß er fast gaͤnzlich ohne Wasser, fast ganz in dem letzten starren und trocknen Zustand sey, welcher aller Analogie zu Folge zuletzt alle Planeten erwartet. Auf der Stufe einer spaͤteren Vollendung als die Erde, stehen auch schon Venus und Mercur, bey denen uns die stets heitre, Wolkenleere Atmosphaͤre, auf eine gerin- gere Menge der allgemeinen Wassermasse schließen laͤßt, als die der Erde ist. In dem Zustand der mittleren Vollendung, stehn wie es scheint, vorzuͤglich Mars und die Erde, obgleich die letztere schon etwas weiter in der planetarischen Reife vorgeruͤckt ist als jener, und schon mehr nach der zweyten Lebenshaͤlfte hinsteht. Dagegen sind, wie ich dieses anderwaͤrts aus vielen Erscheinungen geschlossen habe, Jupiter, Saturn und Uranus noch an ihrer ganzen Oberflaͤche mit Wasser bedeckt, und diese Planeten scheinen noch auf einem dem anfaͤnglichen Zustand der Erde (we sich noch ein Theil der festen Oberflaͤche aus den Gewaͤssern nieder- schlug) verwandten Stufe der Entwickelung zu ste- hen. Ich will mich hier, wo diese Vorlesungen gedruckt wer- den, statt der weiteren Ausfuͤhrung, auf den 2ten Band m. A. beziehen, und auch die Thatsachen die ich bey dieser Gelegenheit noch neu hinzufuͤgte, bis an einen andern Ort versparen. Vorzuͤglich merkwuͤrdige Koͤrper unsers Systems sind die Kometen. Wir sehen diese auf einmal in ihrer sinnlichen Gestalt wie in der ganzen Beschaffenheit ei- ner ganz andern Ordnung der Dinge angehoͤren als die Planeten. Wenn sich diese in wenig elliptischen Bah- nen, die groͤßtentheils nicht sehr bedeutend von der Kreisform abweichen, bewegen, sehen wir diese in Ellipsen von ungeheurer Eccentricitaͤt ihren sonderbaren Umlauf nehmen, der sie nach der Meynung Einiger bald in das ferne Gebiet fremder Sonnen hinuͤber- fuͤhrt, bald sie wieder mitten in die Tiefe unsres Sy- stems hinein, der Sonne naͤher bringt, als irgend ein Planet ihr stehet. Doch scheinen sie auf diesem, wie wir gleich nachher sehen werden, sehr langen Umlauf, das Licht der Sonne, die ihnen an der aͤußersten Graͤn- ze ihrer Bahn nur noch als Stern der ersten Groͤße glaͤnzt, nicht zunaͤchst so zu beduͤrfen wie die Planeten, (wenn wir von der halben Ausnahme bey der Vesta ab- sehen) und es ist wenigstens seit den neuen Schroͤter- schen Beobachtungen uͤber Cometen gewiß, daß sie von der Natur der selberleuchtenden Koͤrper sind. Zwar wollten Cassini und Calandrin Phasen an dem Ko- meten von 1744 bemerkt haben, oder vielmehr einen dunklen Zwischenraum im Schweife nach dem Kern hin, den sie fuͤr den Schatten des Kerns hielten, aber schon zwey wenigstens nicht minder sorgfaͤltige Mitbe- obachter, Cheseaux und Heinsius laͤugneten dieses gaͤnzlich, und der Letztere der den Kern oval sahe, fand stets den groͤßeren Durchmesser desselben gegen die Son- ne gerichtet. Wenn sich jener dunkle Zwischenraum zufaͤllig wirklich gerade hinter dem Kern gefunden, so ist er demohnerachtet wohl von derselben Natur gewe- sen, wie mehrere aͤhnliche von Schroͤter in der leuch- tenden Atmosphaͤre des von ihm beobachteten Come- ten beschriebene. Auch außer diesem hat man noch nie, selbst bey den groͤßten Kometen, Phasen oder wirkliche Schatten beobachtet, nnd Messier, der doch mit sehr guten Instrumenten und der groͤßten Sorgfalt den ziemlich großen Kometen von 1769 und mehrere andre beobachtete, bemerkte nie eine Spur von einer Phase oder einem Schatten, so wie auch Schroͤter bey dem von ihm so genau beobachteten Kometen, nichts der Art bemerkte. Es scheint aus den Untersuchungen des zuletzt er- waͤhnten Astronomen, daß der Kern der Kometen die Eigenschaft des Selberleuchtens am vorzuͤglichsten be- sitzt. Dieses eigenthuͤmliche Licht mußte durch die ziem- lich dichte Atmosphaͤre, die den Kern ringsum ein- schloß, zwar bedeutend geschwaͤcht werden, war aber demohnerachtet unverhaͤltnißmaͤßig viel staͤrker als das Sonnenlicht, das erst durch jenes dichte Medium zu dem Kern, von da noch einmal geschwaͤcht durch diesel- be Atmosphaͤre zu nus hatte gelangen koͤnnen, wo- durch es dem Auge des Beobachters bis zum unmerk- lichen Daͤmmerungsschein haͤtte erloͤschen muͤssen. In einem mindern Grade besitzt die Eigenschaft des Leuch- tens der sphaͤrische Lichtnebel, in dessen Mitte der Kern liegt, den hiervon eine dazwischen gelegne, zur Erzeugung von nicht leuchtenden Meteoren (unsern Wolken aͤhnlich) geneigte Atmosphaͤre absondert, und in einem noch minderen besitzt sie der Schweif, der sich, allezeit in der Richtung der von der Sonne abge- J wendeten Seite, in ungeheuer ferne Raͤume des Welt- systemes verbreitet. Der sphaͤrische Lichtnebel der den Kern umgiebt, ist zwar nach der von der Sonne abgekehrten Seite des Kometen (nach der Seite des Schweifes) hin dichter, und faͤllt daselbst durch ein helleres Licht in die Augen, er hatte aber, wenigstens in den Schroͤterschen Beob- achtungen des Kometen von 1799, nach der der Son- ne zuwendeten Seite eine eben so große Ausdehnung, (nur daß er daselbst durch seine Feinheit undeutlicher wurde); so daß der Kern genau in seiner Mitte lag. Andre Beobachtungen, selbst die Schroͤterschen eines fruͤher erschienenen Kometen, schienen die Stellung des Kerns etwas außerhalb der Mitte jener Glanzsphaͤ- re, naͤher nach der Sonne hin zu setzen. — Es hat jene leuchtende Atmosphaͤre einen Umfang, dessen Graͤnze durch unsre besten Instrumente noch bey weitem nicht zu erreichen ist, und der nach Schroͤters Mey- nung vielleicht bis an die Graͤnze der andern Weltkoͤr- per reicht. Sein Verhaͤltniß zum Durchmesser des Kerns, uͤbersteigt alle Graͤnzen die wir die Natur in aͤhnlichen Faͤllen beobachten sehen, und waͤhrend der Halbmesser des eigentlichen Koͤrpers nur 186½ Mei- len betrug (etwas mehr als der der Ceres) wurde selbst schon in der bedeutenden Entfernung des Kometen von der Erde, die Lichtsphaͤre bis zu einer Hoͤhe von 21797 Meilen sichtbar, waͤhrend der Schweif schon bis zu einer Ferne von mehr als 600000 Meilen deutlich in die Sinnen fiel, und es wird mit Recht vermuthet, daß die eigentliche Ausdehnung beyder, gegen Millionen Meilen betraͤgt. Denn es gehoͤrte der Komet von dem wir hier spre- chen, und den die Schroͤterschen Beobachtungen so merkwuͤrdig gemacht haben, noch immer nicht zu den groͤßten und augenfaͤlligsten Koͤrpern dieser Art. Man hat einige gesehen, welche im Durchmesser des Kerns so groß und noch groͤßer als Jupiter geschaͤtzt wurden, und nicht selten hat man den Schweif bis zu einer meß- baren Groͤße von vielen Millionen Meilen ausgedehnt gefunden (bey dem Kometen von 1769 betrug die sicht- bare Extension desselben gegen 40 Millionen Meilen) und diese in die Augen fallende, scheinbare Graͤnze der Erstreckungen, war vielleicht nur ein sehr geringer Theil der wirklichen. Doch sind diese Weltkoͤrper, wenn auch an Umfang des Kerns zuweilen den großen Planeten aͤhn- lich, doch gewiß an Dichtigkeit und Masse sehr von ihnen unterschieden. Man hat naͤmlich schon das gleiche Leuchten der Kometen nach allen Seiten, aus der durchsichtigen Beschaffeuheit dieser Koͤrper, die man zum Theil als fluͤssig angenommen, hergeleitet, doch wuͤrde selbst ein Wasserball von jener bedeutenden Groͤße, die man bey ei- nigen Kometen beobachtet, denen Sonnenstrahlen gegen die andre Seite hin undurchsichtig werden, und die Annahme der Fluͤssigkeit, die uͤbrigens Vieles fuͤr sich J 2 hat, kann die Nothwendigkeit, jenen Weltkoͤrpern ein Selberleuchten zuzugestehen, nicht aufheben. Der Komet von 1799, der einzige bis jetzt mit einer aͤhnlichen Genauigkeit beobachtete und gemessene, behielt nach Schroͤter gegen 15 Tage lang, vom 30sten August bis zum 14ten September, in 7 verschiedenen Messungen, einen ziemlich unveraͤnderten Durchmesser. Hierauf aber zeigte er sich auf einmal, am 16ten September, unter den guͤnstigsten Umstaͤnden, um mehr als den 3ten Theil kleiner als ihn die bisherigen Messungen gaben, und diese Vermindrung der Groͤße nahm noch zu, so daß er (wenn man hierbey die geringe Verschiedenheit der Entfernung in Rechnung brachte) am 19ten nicht einmal halb so groß als vorher erschien. Hierauf nahm er bis zum 25sten auf einmal ploͤtzlich wieder bis auf drey Viertheile seiner vorigen Groͤße zu, sank aber hernachmals, in nicht minder kurzer Zeit wieder bis anf die Haͤlfte der vorigen Groͤße herunter. Aus der bestaͤndigen Groͤße, die der Komet in 7 Messungen behalten, schloß Schroͤter auf einen festen Zustand desselben, waͤhrend er das schleunige Abneh- men dieser Groͤße aus einer atmosphaͤrischen Verhuͤl- lung desselben (wie bey den Jupitertrabanten) herlei- tete. Zwar scheinen viele fruͤhere Beobachtungen groͤ- ßerer Kometen die Moͤglichkeit einer solchen atmosphaͤ- rischen Verdunkelung zu bestaͤtigen, doch scheint es aus andern Gruͤnden und bis zu weitern Beobachtungen der Art, nicht wahrscheinlich, daß die Kometenkerne von einer aͤhnlichen bestaͤndigen Natur wie die planetari- schen Weltkoͤrper sind. Die so haͤufig beobachtete, in die Sinnen fallende ungeheure Abplattung, welche sie nicht mehr als Sphaͤroide, sondern als Ellipsen, deren groͤßere Axe nach der Sonne zugekehrt ist (wo mithin die kleine Axe die eigentliche der Pole ist) erscheinen laͤßt; Wie auch Heinsius den von 1744 beschreibt. das bestaͤndige undeutliche verwaschene Aussehen der meisten Kometenkerne, die nicht ganz zu laͤugnende Beobachtung von Kometen ohne Kern (wovon spaͤter mehr) die ungemein haͤufige und dichte Atmosphaͤre, wie es scheint von einer der unsrigen aͤhnlichen Natur, die den Kern umgiebt; endlich noch mehr die Eigenschaft des Sel- berleuchtens, die auf eine Stufe der koͤrperlichen Bil- dung schließen laͤßt, auf der die Koͤrper uͤberall in fluͤs- sigem Zustand erscheinen; machen es viel wahrscheinli- cher, daß die Kometen nicht zu den entwickelten und ausgebildeten Koͤrpern unsers Systems gehoͤren, sondern daß sie sich noch im Zustand der ersten Bildungsfaͤhig- keit befinden. Es wird dieses noch durch andre Gruͤnde bestaͤtigt, die vielleicht nicht minder wichtig sind. Man hat naͤmlich bekanntlich die Bahnen, auch der Kometen, ziemlich genau berechnen wollen, und nebst den uͤbrigen Elementen auch die Umlaufszeit bestimmt. Es geben diese Berechnungen fast saͤmmtlich den Kome- ten eine Dauer des Umlaufs, und eine mittlere Ent- fernung, welche die aller andern Weltkoͤrper unsers Systems ungeheuer weit uͤbertrifft. So betraͤgt nach Bessels Berechnung die mittlere Entfernung des Kome- ten von 1769 uͤber 3409 Millionen Meilen, seine Umlaufszeit 2089 Jahre, Wenn man die Graͤnzen, innerhalb welchen bey diesen genauen Berechnungen noch ein Irrthum moͤglich war, in Anschlag bringt, und welche fuͤr die Umlaufszeit von 1691 bis 2673 Jahre betragen, ist das Mittel aus beyden 2182. und dieser Komet gehoͤrt vielleicht noch immer nicht zu den (nach solchen Rech- nungen) am entferntesten. Auch einer der groͤßten Kome- ten unter allen, welche, so viel wir wissen, jemals be- obachtet sind, der von 1680, soll nach einer maͤßigen und wie aus Einigen scheint, viel zu kurzen Angabe, mehr als 1700 Jahre zu einem Umlaufe brauchen, und man hat ihn fuͤr denselben gehalten, welcher nach dem Tode des Julius Caͤsar erschien, und welcher we- nige Umlaͤufe fruͤher, nach der Meynung Einiger, die Suͤndfluth bewirkt haben soll. Kometen dieser Art haben daher freylich eine Zeit, um unsre Rechnungen zu bestaͤtigen oder vernichten uͤbrig, die uͤber das Alter unsrer Beobachtungen unge- mein weit hinausliegt. Doch hat es auch andre ge- geben, welche die Rechnungen der parabolischen und elliptischen Hypothesen der Astronomen wohl schon haͤt- ten bestaͤtigen koͤnnen, wenn sie in diesem Falle auf so guten Grund gebaut waͤren als anderwaͤrts. So wurde die Bahn des merkwuͤrdigen Kometen von 1770, von verschiednen Astronomen, vorzuͤglich aber von den beruͤhmten und geschickten Herrn Messier und Lexel sehr sorgfaͤltig beobachtet und (nach der el- liptischen Hypothese) berechnet. Da dieser Komet waͤhrend seiner ziemlich langen Sichtbarkeit (vom 14ten Julius bis zum 2ten Oktober) einen Winkel um die Sonne von mehr als 170° beschrieb, und da seine Sonnennaͤhe uͤberdies die der Beobachtung guͤnstigste La- ge, die ihn nicht in den Sonnenstrahlen verschwinden ließ, hatte, gab er hierdurch Gelegenheit, so genau wie dies sonst selten moͤglich ist, seine Bahn zu berechnen. Aus allen Beobachtungen erhielt man einstimmig das Resultat: daß dieser Komet 5½ Jahr zu seiner Umlaufs- zeit brauchte. Und doch ist dieser so genau und von so treflichen Astronomen berechnete Komet weder vorher noch nachher erschienen, ein Umstand, der nach den Worten eines beruͤhmten Astronomen „da man so we- nig in die Genauigkeit der Beobachtungen als der Be- rechnungen den geringsten Zweifel setzen kann, diese Erscheinung zu einem unaufloͤslichen Naͤthsel macht.“ F. Th. Schubert a. a. O. Zwar haben Einige dieses unverhoffte Außenblei- ben jenes Kometen aus der Stoͤrung oder der Anzie- hung, welche Jupiter, dem derselbe in seiner Sonnen- ferne ziemlich nahe koͤmmt, auf ihn ausgeuͤbt habe, hergeleitet; allein schon Lexel hatte dieses bey seiner Berechnung erinnert, und zugleich dadurch widerlegt, daß er die Beobachtungen des Kometen sowohl vor als nach seiner Konjunction mit dem Jupiter besonders berechnete und mit einander verglich, und beyde mit derselben Ellipse uͤbereinstimmend fand. Man sehe Lexels ganzes Verfahren in den Act. Acad. Petropol. nach, und suche doch einmal, ob man bey der selrnen Guͤnstigkeit und Klarheit der dazu noͤthigen Ele- mente der Beobachtung, und bey der Konsequenz der Me- thode etwas Gruͤndliches daran aussetzen koͤnne. (Die ge- ringe Neigung der Bahn kann, wie schon von Andern er- wiesen ist, der Rechnung keinen erheblichen Eintrag thun.) Auch ge- hoͤrte dieser Komet immer nicht zu den kleinsten, da einer Messung zu Folge, sein Kern noch groͤßer als die Erde geschaͤtzt wurde, und wir haben, so oft auch Ko- meten in der naͤchsten Nachbarschaft der uns naͤheren Weltkoͤrper voruͤbergiengen, noch nie Spuren einer solchen auffallenden Stoͤrung oder Unterbrechung des gewoͤhnlichen Laufs, sowohl bey den Kometen als bey den Planeten in deren Naͤhe sie kamen, bemerkt. Denn so gieng der Komet von 1540 zwischen Mond und Erde hindurch, und so nahe an dem Mond vor- uͤber, daß er einen großen Schatten auf diesen warf, ohne daß der Lauf des Mondes oder der Erde, und selbst der des Kometen waͤre gestoͤrt worden, und der Komet von 1744 erfreute die Mercurbewohner, wenn diese gleich uns an astronomischen Beobachtungen Ge- fallen finden, mit einem so ungemein nahen Voruͤber- gange, als, so weit wir die Geschichte derselben wis- sen, noch kein Komet die Erde, ohne daß man an bey- den sonderliche Veraͤnderungen wahrgenommen haͤtte. Wo sollen wir demnach, bey der anerkannten „Regel- maͤßigkeit und weisen Vorherbestimmung des Laufs, der Stellungen (und Groͤßen) aller Weltkoͤrper gegen einan- der“ auch nur Wahrscheinlichkeiten finden um daraus Beweise fuͤr eine solche Stoͤrung zu nehmen, da jene Re- gelmaͤßigkeit es unmoͤglich macht, daß zwey Weltkoͤr- per von gleicher Bestimmtheit und Festsetzung der Bah- nen und andren kosmischen Verhaͤltnisse, jemals, wie zwey voͤllig nach Zufall geschleuderte Koͤrper, mecha- nisch zusammenstoßen, oder was in seiner Wirkung dasselbe waͤre, sich so nahe kommen koͤnnten, daß einer den Umlauf des andern (das bestimmte Daseyn, die Individualitaͤt desselben) ganz aufheben oder veraͤn- dern koͤnnte. Nun ist zwar diese Zufaͤlligkeit, dieser blinde Mechanismus, den sie ja an Seiten in die Na- tur hineingedichtet haben, wo sie seiner gar nicht be- durft haͤtten, den meisten Astronomen eben recht, und gar nicht unerwartet, doch werden schon die Besseren unter ihnen, die Moͤglichkeit eines solchen zerstoͤrenden Zufalls nicht zugeben moͤgen. So scheint uns schon dieser eine Fall zu belehren, wie selbst die klarsten und schaͤrfsten Berechnungen der Kometenbahnen, nicht immer untruͤglich sind. Zwar ist es nun bekannt: wie auf der andern Seite eine ge- naue Durchsicht des Verzeichnisses aller bis zu unsrer Zeit erschienenen Kometen eine Uebereinstimmung der Elemente (besonders der Neigung der Bahnen, wel- che bey den Kometen das Wichtigste scheint) der von 1456, 1531, 1607, 1682, jener von 1264 und 1556 endlich der von 1532 und 1661 gezeigt hat, und wie wirklich der erste, der mithin eine et- was mehr als 75jaͤhrige Umlaufszeit hat, Von einer merkwuͤrdigen Verwandschaft dieser Periode, so wie der des 2ten, weiter unten. von Hal- ley auf das Jahr 1759 vorausgesagt wurde, und auch wirklich kam, waͤhrend der zweyte, der seiner 129jaͤh- gen Umlaufszeit zu Folge, im Jahr 1790 erwartet wurde, ausblieb, statt seiner aber in diesem einen Jah- re 3 Kometen sendete, die saͤmmtlich in ihren Elemen- ten von ihm verschieden waren. Auch der von 1759 war das eine Mal 13, ja ein andres Mal 18 Monate laͤnger aus, als von 1607 zu 1682, was den Stoͤ- rungen der groͤßeren Weltkoͤrper zugeschrieben worden. Bestimmte Messungen des Kerns, von Astrono- men wie Schroͤter, wenn sie sich von einem Umlauf zum andern gleich blieben, wuͤrden vielleicht Aufschluͤs- se uͤber die bestaͤndigere oder unbestaͤndigere Natur des Kerns geben koͤnnen. Doch waͤre selbst ein ziemlich uͤbereinstimmendes Verhaͤltniß der Groͤßen, der An- sicht, die wir nachher aufstellen werden, nicht entgegen. Daß derselbe Komet bey dem einen Umlauf mit einem Schweif erschien, den er, als er von seinem langen Zug zuruͤckkehrte, wir wissen nicht wo? verlohren hatte, koͤnnte gegen seine Identitaͤt noch nichts bewei- sen, es zeigte nur, da aus weiter unten anzufuͤhren- den Gruͤnden der Schweif eine elektrische Erscheinung ist, daß derselbe Koͤrper das eine Mal sich (vielleicht zur Erde, von wo aus wir den Schweif beobachten) posi- tiv, das andre mal negativ verhalten. Wenn aber das schon erwaͤhnte Ausbleiben wenig- stens des einen Kometen, des von 1770, dessen Bahn doch so klar bestimmt war, wie es wahrscheinlich ist, nicht ohne weitere Beyspiele bleiben sollte, wenn in Zukunft so mancher, dessen Bahn genau berechnet schien nicht wiederkehrte, dann wuͤrde vielleicht das, was die bloße Mathematik uͤber die Kometenbahnen aus- sagt, eine etwas tiefere Bedeutung erhalten. „Es muß naͤmlich, wenn man die Umlaufszeit aus Beob- achtungen unmittelbar bestimmen will, die elliptische Theorie zu Grunde gelegt werden. Wie unsicher aber diese Rechnungen seyn muͤssen, erkennt man schon da- durch, daß man ohne merklichen Fehler, den beobach- teten Theil der Bahn als parabolisch betrachten, mit- hin die Umlaufszeit unendlich annehmen kann. Es ist wahr, die Anomalie, der Radius Vector u. a. wer- den aus den Beobachtungen nach der elliptischen Theo- rie anders berechnet als nach der parabolischen, allein der Unterschied ist in der Kometenbahn so gerin- ge, daß sich die Beobachtungen um eine Kleinigkeit aͤndern duͤrfen, um eine Umlaufszeit von etwa 100 Jah- ren in eine unendliche zu verwandlen, und daß die ge- ringsten Fehler die Umlaufszeit um mehrere Jahrhunder- te, oder um eine Ewigkeit vergroͤßern koͤnnen.“ So er- scheint nach diesen Worten eines geistreichen Astronomen, selber die Bahn der Kometen als etwas Unbestimmtes, noch Formloses — Fluͤssiges, und obgleich solche Ko- meten wie der oft erwaͤhnte von 1770, deren mittle- re Entfernung so geringe, deren Eccentricitaͤt ver- haͤltnißmaͤßig so unbedeutend ist, in Hinsicht ihrer Bahn sich den festen Bahnen der Planeten vielmehr naͤhern, und mithin leichter zu berechnen sind, hat uns doch selbst dieser eine mit unsern Rechnungen im Sti- che gelassen, wie vielmehr werden es andre, viel schwe- rer zu berechnende. Wir wollen daher jenen Kometen, die oft viel kleiner im Durchmesser des Kerns als der von 1770 Schon der von Schroͤter beobachtete. erst in Jahrtausenden wieder zu kehren versprochen, hierin keinen Glauben beymessen, und auf solche seltne Besuche gar nicht erst warten. Wenn schon in einem Umlauf von 5 Jahren so sehr stoͤrende Ursachen kommen koͤnnen, welche Stoͤrungen werden erst jenen begegnen, die ganzen Jahrtausenden die Ge- legenheit dazu anbieten, und die noch dazu sich so weit uͤber das Gebiet unsers Sonnensystems hinauswagen. Was fuͤr anziehende oder abstoßende Gewalten moͤgen erst draußen auf sie warten, wo, wie wir gesehen ha- ben, noch ganz andre Weltenmassen sind, als die un- sers Systems. Denn wenn schon die mittlere Entfer- nung des Kometen von 1769, der gar nicht zu den groͤßten gehoͤrte (in Hinsicht des wahren Kerndurchmes- sers) wenigstens 3409 Millionen Meilen betraͤgt, so belaͤuft sich seine weiteste Entfernung gar auf 6816 Millionen Meilen, und andre Kometen sind noch wei- ter uͤber unsre Graͤnze hinaus gewesen. Wiewohl Platz waͤre allenfalls genug zu solchen Exeursio- nen da. Wenn wir das Sonnensystem mit dem Uranus in gewisser Hinsicht geschlossen annehmen, die koͤrperliche Laͤnge des Ganzen 800 Millionen Meilen, so ist nach der gewoͤhnlichen Rechnung der naͤchste Fixstern noch 10000 mal weiter entfernt. Vergleichen wir, versteht sich bild- lich, das Planetensystem mit organischen Wesen, so be- traͤgt diese Entfernung einer Sonne von einer andern so viel, als wenn Wesen unsrer Art auf der Erde so placirt waͤren, daß von einem zum andern 2½ Meile Platz waͤre. So waͤre das Weltgebaͤude etwas schlecht bevoͤlkert. Nach einer maͤßigeren Angabe verhielte sich diese Entfernung von einem System zum andern wie die zwischen Wesen unsrer Groͤße, die auf der Erde etwa den 6ten Theil einer Stun- de, oder 10 Minuten Weges von einander wohnten. So naͤmlich nach der Huyghenschen Angabe, die man aber fuͤr zu klein haͤlt. Freylich muß man hier nicht die koͤr- perliche Groͤße, sondern die Wirkungssphaͤre in Anschlag bringen. Wie die Bahn selber nur zu sehr an das Formlose und Fluͤssige graͤnzt, so scheint, man erlaube uns die- sen Ausdruck, die ganze Natur der Kometen fuͤr unser Weltgebaͤude das System des Fluͤssigen zu bezeichnen. Man hat schon von allen Seiten die Kometen „als das allgemeine Band angesehen, welches das ganze Son- nensystem umschlingt, und eine naͤhere Verbindung zwischen den Planeten und der Sonne bewirkt“ in der ganzen Natur finden wir aber, daß bey einem aͤhnlichen lebendig zusammenwirkenden Ganzen, die Verbindung zwischen den festen und bestaͤndigen Theilen, durch ein dem Festen entgegengesetztes Fluͤssiges geschieht, daß uͤberhaupt eine solche sich immer wieder erzeugende Verbindung der Theile, nur durch den Gegensatz zwi- schen Fluͤssigem und Festem moͤglich ist. Man hat fer- ner schon behauptet, daß die leuchtende Atmosphaͤre die den Kern der Kometen, gegen diesen hin immer dichter werdend, umgiebt, nichts anders als der Aether sey, oder wie man sonst das allgemeine Medium nen- nen will, in welchem alle Weltkoͤrper unsers Systems enthalten sind, welches sonst außer der Beobachtung der Sinnen liegende Element, jetzt durch die sich in ihm bewegenden Kometen sichtbar und sinnlich gemacht wuͤrde. So waͤre, wenn auch der Schweif dasselbe waͤre, das was uns an den Kometen am meisten in die Augen faͤllt, eine oft ungeheure Strecke (die wie er- waͤhnt uͤber 40 Millionen Meilen betragen kann) des fuͤr uns sinnlich gewordenen Elements, das alle Pla- neten in sich faßt, das ein runder Koͤrper von oft un- verhaͤltnißmaͤßig geringem Umfang mit sich fort beweg- te. Wenn die erwaͤhnte, oft ungeheuer ausgedehnte Atmosphaͤre, von einer aͤhnlich leuchtenden Beschaffen- heit wie der Kern, indem sie nach diesem hin sich im- mer mehr verdichtet, zuletzt „die eigenthuͤmliche At- mosphaͤre, die Atmosphaͤre desselben im engern Sinne bildet“ die doch wiederum ein Theil des Kometen selber ist, sollte nicht zuletzt auch der Kern der am meisten verdichtete Theil desselben Elements, das hier noch im- mer seine vorige Eigenschaften beybehalten, seyn? Wenn nun die Erfahrung der Kometen ohne Kern, oder jener wo der Scheinkern so wenig dicht gewesen, daß er die Strahlen der kleinen Sterne durchgelassen, wirklich mehr als ein Mal wahrgewesen waͤre? oder viel- mehr auf der andern Seite, ohne daß wir uns auf je- ne verdachtigen Beobachtungen beziehen wollen, wenn nun der Kern seine scheinbar dichtere, fuͤr das Licht der bedeckten Gestirne undurchsichtige Beschaffenheit, wirklich nur als einen hoͤheren Grad derselben. Eigen- schaft, die auch schon in einem minderen die leuchten- de Atmosphaͤre besaͤße, haͤtte? Man moͤge nicht ver- gessen, daß auch in den Schroͤterschen Beobachtungen, kleine Sterne, die an der Graͤnze der leuchtenden Sphaͤre noch durchschimmerten, in dem dichtern Thei- le derselben verschwanden, obgleich dieser wohl noch fuͤr groͤßere, so wie fuͤr den Kern, durchsichtig gewesen waͤre. Zwar wurde nun hier diese staͤrkere Undurch- sichtigkeit dem staͤrkeren Lichte dieses Theils der Sphaͤre zugeschrieben, aber koͤnnte nicht die scheinbar dichte Beschaffenheit des Kerns aus derselben Ursache herruͤh- ren? Muͤßte nicht auch eine bestimmte Quantitaͤt Fluͤs- sigkeit, sey es daß das Quantum von außen (gleich- sam durch das Gefaͤß, wie bey dem Blutumlauf) oder durch die herbeyfuͤhrende Kraft bestimmt sey, wenn sie sich zu einer Kugel geformt durch den ewigen Aether bewegte, auch auf einem Theile ihrer Bahn, wo gleichsam wenig oder nichts von ihr consumirt wuͤrde, von einer bestimmten Groͤße erscheinen? Koͤnnte nicht selbst, man erlaube mir das Bild, die Groͤße der Ko- meten ohngefaͤhr eben so mit der Bahn (von der wir nur den Ort des Kometens und die Neigung meinen) im Verhaͤltniß stehen, wie die Groͤße der Blutwelle die sich durch diese oder jene Region des Koͤrpers bewegt, davon abhaͤngt, daß sich in dieser Region groͤßere oder kleinere Gefaͤße befinden? Selbst das Periodische der Wiederkehr der Kome- ten (der periodische Umlauf) hienge damit zusammen, und vielleicht ließe sich diese selbst noch auf eine andre Weise als aus der elliptischen oder parabolischen Be- rechnung der Bahn finden, ja vielleicht daß selbst das was neulich ein Arzt in einer erdichteten Witterungs- prophezeihung uͤber die periodische Wiederkunft der Kometen, ohngefaͤhr wie die der Nordlichter im Scherze gesagt hat, im Ernste wahr waͤre. Merkwuͤrdig ist es in dieser Hinsicht, daß jene Pe- riode des Umlaufs des Kometen von 1759 dem 12ten Theil der großen magnetischen Periode oder dem 6ten ihrer Haͤlfte (der Zeit von 432 Jahren) so nahe ist, waͤhrend die des Kometen von 1556, welche 292 Jahre betraͤgt, so nahe der 3te Theil der großen mag- netischen Periode, mithin der 6te der noch groͤßern doppelten (1728jaͤhrigen) ist. Denn 292 differirt von 288 nur 4 Jahre, mithin nur , waͤhrend wie schon erinnert die Umlaufszeit des Kometen von 1759 mehrere Male ungleich betraͤchtlichere Differenzen, die bis auf den 50sten Theil stiegen, was fuͤr die Periode von 292 Jahren 6 Jahre betruͤge, gezeigt hat, und wahrscheinlich, wenn seine Umlaufszeit im Mittel wirklich an 72 Jahre graͤnzt, noch viel betraͤchtlicheren unterworfen ist (die bis auf gehen koͤnnen, so daß auch in den angezeigten Zahlen der Differenz 75—50 — 25 das Verhaͤltniß 1 — 2 — 3 ist.) So giebt es denn, wie ich hier an mir gezeigt ha- be, und zwar hier nur ganz beylaͤufig und oberflaͤch- lich, anderwaͤrts aber gruͤndlicher zeigen werde, „Leute, welche noch im Ernst behaupten koͤnnen“ die Kometen waͤren nichts anders als Meteore in einem weiteren hoͤ- heren Sinne, uͤbrigens aber in ihrer Art (als dieser be- stimmte Koͤrper) eben so wenig bestaͤndig als die Wolke oder in einem noch „crasseren“ Bilde, als die Blutwel- le, die schon in dem naͤchsten Umlauf eine ganz an- dre ist. Die Bahnen der Kometen sind im Verhaͤltniß zu den Bahnen der Planeten eben so wenig bestimmt, als die Richtungen der nach allen Dimensionen auslau- fenden, und an der Graͤnze des Koͤrpers auf einmal (erst als Arterie dann als Vene) und ohne alle Vorbe- reitung in die gerade entgegengesetzte Richtung umkeh- renden Blutgefaͤße, die in diesem Verhaͤltniß auch das ausdruͤcken, was die Kometenbahnen in ihrer fast pa- tabolischen Gestalt. Noch unausgebildete Weltkoͤrper, oder vielmehr Weltenmasse, sind die Kometen allerdings, wie Einige K behauptet haben, nur werden sie so fuͤr sich auch nie zur festen Existenz der uͤbrigen Weltkoͤrper gelangen. Neuen Lebensstoff diesen zufuͤhrend, von jenen den alten wieder zuruͤcknehmend, treibt dieses seltsame Ge- schlecht sein dunkles Spiel mitten in dem ewigen Aether. Merkwuͤrdig ist noch das Verhaͤltniß der Zahl der ruͤcklaͤufigen und vorwaͤrtsgehenden, was ohngefaͤhr ist wie das der Venen und Arterien naͤmlich sich gleich, und was auch von Zeit zu Zeit bey den vielen neuer- scheinenden Kometen, sich immer gleich bleibt. Be- kanntlich haben naͤmlich nicht blos alle 11 Planeren unsers Systems, und alle Trabanten desselben, die ge- meinschaftliche Bewegung von West nach Ost in ihren Bahnen, sondern diese ist selbst allen ihren Rotationen so wie der der Sonne eingepflanzt. Man hat deshalb in fruͤheren noch mechanischeren Zeiten, diese gemeinschaft- liche Richtung von einem allen gemeinschaftlich von der Guͤte Gottes zuertheilten Stoße hergeleitet. Doch fand sich spaͤter auf einmal daß ein großer Theil der Kometen, naͤmlich fast genau die Haͤlfte, eine dieser ge- meinschaftlichen Bewegung gerade entgegengesetzte zei- gen, — die von Ost nach West, eben so wie — waͤhrend sonst alle Lebenseinfluͤsse von innen nach außen gehen (vom Gehirn oder seinen Repraͤsentanten nach den Theilen) nur im Blutgefaͤßsystem eine solche Bewegung, und zwar gerade in der ganzen einen Haͤlfte desselben, nach der entgegengesetzten Richtung gefunden wird. Merkwuͤrdig ist es nun in mehr als einer Hinsicht, daß waͤhrend 1790 von den bis dahin berechneten 78 Ko- meten fast gerade die Haͤlfte, 40, vorwaͤrts liefen, die andern 38 verkehrt, jetzt unter den bis 1806 be- rechneten 95 Kometen, 48 vorwaͤrts, 47 ruͤckwaͤrts laufen; daß ferner, waͤhrend von jenen 78, 44 den Knoten auf der noͤrdlichen Seite der Ecliptic hatten, 34 auf der suͤdlichen, unter den letzteren 95, 54 ih- ren Knoten noͤrdlich, 41 suͤdlich hatten, so daß unter bey- den Zahlen ziemlich das Verhaͤltniß von 2 zu 3 ist. So hat sich auch in diesem Punkt in der Geschich- te der Kometen eine Art von hoͤherer Periodicitaͤt ge- zeigt, die ich anderwaͤrts noch auf eine viel evidentere Weise nachzuweisen gedenke, wo ich die Moͤglichkeit zeigen werde, aus den Hauptelementen (Neigung, Ort der Sonnennaͤhe und des Kuotens) der beyden zu- letzt erschienenen Kometen, die des zunaͤchst kuͤnftigen bis auf einen gewissen Punkt vorauszusagen. Die Knoten haben sich auch noch in einem Stuͤck den elektrischen Meteoren aͤhnlich gezeigt, das ich hier nicht ganz uͤbergehen darf, besonders da ein Beobach- ter wie Schroͤter neuerdings wieder darauf aufmerksam gemacht hat. Es haben naͤmlich nach dem uͤberein- stimmenden Zeugniß mehrerer der besten Beobachter Kepler, Cardanus, Cysatus, Wendelin, Snell u. A. die Schweife mehrerer großer Kometen eine eigenthuͤm- K 2 liche „fluctuirende und vibrirende“ Bewegung gezeigt, als ob sie in solchen Momenten neue Strahlen schoͤssen, so daß jetzt der Schweif sich verkuͤrzte und zuruͤckezog, dann in einem Augenblick durch einen neuen Strahlen- schuß wieder verlaͤngerte und ausbreitete. Diese ei- genthuͤmliche Bewegung, war sich nicht jedem Tag gleich, obwohl der Himmel unveraͤndert heiter war. Selbst Schroͤter beobachtete mit seinem großen 27fuͤßigen Reflector an dem kleinen von ihm beschrie- benen Kometen eine solche Bewegung, nur in einem minder deutlichen Grade. — Zuweilen zeigten sich noch außer dem Kern, und selbst mit diesem in entgegen- gesetzter Richtung, neue Lichtstrahlen, die wohl mehre- re Tage anhielten, wie Corn. Gemma und andre Augenzeugen von dem von 1577 versichern, und selbst Messier sahe an dem von 1769 etwas Aehnliches. Es wird jene pulsirende Bewegung des Schweifs schon von Schroͤter mit den elektrischen Phaͤnomenen dieser Art verglichen, mit welchen sie auch einerley Ursache und einerley Bedeutung zu haben scheint. Hierauf deutet schon die Gestalt der Schweife, welche nicht selten den elektrischen positiven Strahlenbuͤscheln ungemein aͤhnlich ist. Die von der Sonne abgekehrte Seite des Kometen, an der sich noch bisher immer ohne Ausnahme der Schweif aller beobachteten Kome- ten gezeigt hat, scheint sich demnach positiv elektrisch zu verhalten, zu welcher wahrscheinlich die andre Sei- te negativ ist. — Vielleicht daß auch kuͤnftige Be- obachtungen in der pulsirenden Bewegung der Kome- tenschweife, jene Periodicitaͤt anerkennen, die Rit- ter in allen kosmischen Phaͤnomenen der anorgischen Natur, von dem Galvanismus (im Magnetismus ist er allgemeln bekannt) bis zur Flamme, so schoͤn nach- gewiesen hat, und daß sich auch hier in einem groͤßeren Maasstabe, der Lebenspuls der ganzen Natur wird nachweisen lassen. — Es sind die Kometen, wie wir oben erwaͤhnten, Welten von selberleuchtender Natur. Von der Son- ne sind sie darinnen unterschieden, daß bey jener, wie bekannt genug ist, der Kern von dunkler Natur ist, und daß die ihn umhuͤllende Atmosphaͤre durch ihre Wechselwirkung mit dem Kern, von der ich anderwaͤrts gehandelt habe, A. a. O. die Eigenschaft des Leuchtens em- pfaͤngt. Dagegen ist bey den Kometen der Kern leuch- tender Natur, wo sie naͤmlich einen haben, denn die Moͤglichkeit der Existenz von manchen ganz fluͤssigen, voͤllig kernlosen Kometen, wie sie fruͤheren Beobach- tungen erschienen sind, wird selbst von dem eifrigsten Vertheidiger eines fixen Kerns der meisten Kometen, von Schroͤter , nicht gelaͤugnet. Neueste Beytraͤge, zweyte Abtheilung p. 165. Bey solchen Kometen ohne allen Kern, war blos die erwaͤhnte leuchtende Atmosphaͤre nach der Mitte hin etwas verdichtet. Dagegen ist gera- de umgekehrt, bey den Kometen die den Kern zunaͤchst umhuͤllende Atmosphaͤre, von dunkler oder weniger durchsichtiger Natur, und erst außerhalb dieser er- scheint wieder nebst dem Schweif die selberleuchtende feine Dunstkugel, die gleichsam um den Kometen mit- ten im Aether ein kleines System bildet, waͤhrend in einem groͤßeren Maasstabe diese dritte Atmosphaͤre um die Sonne das Planetensystem (mit dunklen Koͤrpern gleich dem Kern der Sonne) ist. So verhalten sich hierinnen die Kometen zu den uͤbrigen Koͤrpern des Systems, wie das 3te Glied ei- ner in der ganzen Natur vorhandenen Wechselwirkung. Dieses ist naͤmlich, wie ich schon in meiner erwaͤhnten Schrift darauf hingedeutet habe, und im naͤchsten Bande derselben noch weiter zeigen werde, das noch Gestaltlose, urspruͤngliche Element, oder in der sicht- baren Natur Etwas das dieses repraͤsentirt. In der organischen Natur ist es das Fluͤssige, das Blut, das mit dem Gehirn in einem aͤhnlichen Gegensatz steht, wie die Kometen mit der Sonne. Es sind die Kometen, die uns in gewissen Perio- den Sie lassen sich vielleicht mit denen der Lebensaction der verschiedenen Organe im thierischen Koͤrper vergleichen, die auch zu verschiednen Zeiten ihre Maxima erreichen. sichtbar werdende, unaufhoͤrliche Bewegung der Lebenselemente Des Aethers im hoͤheren Sinne. unsers Planetensystems, die jetzt von außen nach innen, dann von innen nach außen, allbelebend stroͤmen. Vielleicht, und wahrscheinlich ist es, daß sie uns diese feste Gestalt nur heucheln, daß sie diese uͤberhaupt nur auf einem Theil ihres Laufs anneh- men, waͤhrend hernach, wie bey Wolken oder Meteoren in groͤßerem Maasstabe, Bahn und Gestalt sich wieder in die alte Unbestimmtheit aufloͤsen, was vielleicht uͤberhaupt immer an einer gewissen Graͤnze ihres Laufs geschieht, und daß so in der Aufloͤsung und Wiedererneuung der- selben, der Kreislauf des Ganzen unterhalten wird. Wo auch wirkliche Kerne in der Mitte der Kometennebel er- scheinen, geben diese durch ihre Haupteigenschaft, das Element aus dem sie bestehen, und die aller dauernden Gestaltung widerstrebende Natur desselben zu erkennen, und es ist ihnen auch dann die untergeordnete Function, den allgemeinen Kreislauf zu unterhalten aufgetragen. So haben wir in dieser heutigen Vorlesung, eine ewig neue, nie stille stehende Schoͤpfung ihr unendli- ches Tagewerk fuͤhren sehen, und wie hier ganze Welt- gebaude noch im Entstehen, noch tief im Schooße des ewigen gemeinschaftlichen Elements ruhen, andre hier in der hoͤchsten Vollendung ihrer Kraͤfte das Lebens- werk des Umlaufs fuͤhren, waͤhrend dort ganze Welt- gebaͤude in das Element des Ursprungs zuruͤcksinkend, einer hoͤheren Verwandlung entgegen gehen. Es muß sich das Auge zuerst an jene unwandelba- re Gleichartigkeit und Bestaͤndigkeit der Natur in der Zeit gewoͤhnen, welche sie ewig, mit frischer Fuͤlle schaf- fend zeigt, wie vom Anfang. Die Ansicht jener Gleich- artigkeit, wird uns vor jener Beschraͤnktheit sichern, welche, auf der freylich veraltenden Natur der Erde al- lein haftend, diese, wie Greise die Abnahme der eignen Lebenskraft und das Herabsinken des eignen Daseyns, so leicht in das Ganze hineindichtet. Wenn auch hier ganze Generationen veralten, keimen doch dort andre mit neuer Lebensfuͤlle auf, denen das Daseyn wieder eben so frisch und herrlich bluͤhen wird, wie es jenen gethan, und wenn auch hier eine ganze Welt in der letzten Unfruchtbarkeit des Alters ihren Kindern selbst die letzte Nothdurft nur karg gewaͤhrt, so laͤßt doch dort die Natur eine ganze Schoͤpfung in der ersten Un- schuld der Urzeit, erst erwachen. Wenn auch auf Er- den die goldne Zeit, die Zeit des Paradieses laͤngst ver- gangen, und der Mensch hinaus getrieben worden in die letzten Kaͤmpfe der Geschichte, so erfreut sich viel- leicht selbst noch auf Planeten unsers Systems, die Na- tur ihrer ersten, noch nicht aus dem ewigen Ursprung abgewichenen Bewohner, waͤhrend vielleicht auf an- dern der Kampf der Geschichte schon geendet, und der Mensch schon zur letzten, hoͤchsten Klarheit des Lebens durchgedrungen ist. Wir wollen uns deshalb huͤten, jene Schranken, welche das lange Werk der Zeiten zuletzt der Natur un- sres Planeten gesetzet, auf die Geschichte des Ganzen uͤberzutragen, und in der ewigen Wiedererneuung der Welten zu immer hoͤherem Daseyn, die Zuversicht einer solchen unendlichen Wiedererneuung auch des einzelnen Daseyns aus sich selber finden. Außer diesem moͤge uns der Innhalt der heutigen Vorlesung ein nicht nach mechanischen Kraͤften sich hier und dahin untereinander bewegendes, sondern lebendig zusammenwirkendes Weltganze, und — in dem Reich der Kometen, ein solches gemeinschaftliches, um Alle geschlungenes Band anerkennen lassen. Sechste Vorlesung. Ueber einige Gesetze des Planeten- systems . B ekanntlich war am Anfange der neuen Zeit jenes Vorurtheil fast allgemein herrschend, daß die Sonne und alle Weltkoͤrper unsers Systems, ja selbst die un- geheuer fernen Fixsterne, sich taͤglich, und in einer groͤße- ren Periode jaͤhrlich um unsre kleine Erde, die in der Mitte still stuͤnde, bewegten. So weit hatte der schlimme Geist des Egoismus den Menschen von der einfaͤltigen, klaren Wahrheit, die ihm von Anfang an gar nicht unbekannt war, abgefuͤhrt. So nahe auf der andern Seite die Wahrheit gele- gen, daß sie dem einfaͤltigen, wenn auch zugleich un- unterrichteten Gemuͤth sich von selber aufdringen muͤß- te, wenn man ihm nur die zu jeder Zeit bekannten Thatsachen vorlegte; ist doch der erste Schritt zu ihr zuruͤck, dem menschlichen Geist so unbegreiflich schwer gewesen, daß selbst, als sie nun wieder so rein und uͤberzeugend ausgesprochen war, daß eine Selbstver- laͤugnung dazu zu gehoͤren scheint sie nicht anzuerken- nen, noch ein Jahrhunderte langer Kampf dazu gehoͤr- te, ehe sie allgemein anerkannt worden, und daß selbst noch viele der Besseren und Unterrichteten ihr noch lange hartnaͤckig widerstraͤubten. Kopernicus war der erste, der, wie man sagt, durch das Lesen der Alten schon fruͤher wieder auf die rechte Bahn der Untersuchungen geleitet, die so einfache wahre Weltordnug wieder anerkannte, die seitdem von ihm den Nahmen hat. Die Erde nicht minder als alle Planeten, gehen in dem Kreißlauf ihrer Jahre um die Sonne, es bleibt hierbey der Erde nur der Mond als Begleiter, und die Taͤuschung des taͤg- lichen Umlaufs des Weltganzen um das Staͤubchen Erde, loͤs sich durch eine — allgemein an fast allen Weltkoͤrpern bemerkte — taͤgliche Bewegung um die eigne Axe. Die Gleichfoͤrmigkeit der Bewegungen aller Plane- ten um den gemeinschaftlichen Centralkoͤrper, erlaub- te nun dem kuͤhnen menschlichen Geist, der, wenn ein- mal nur der erste Schritt geschehen, eben so unauf- haltsam zur Wahrheit strebt, als leider im entgegen- gesetzten Falle zum Irrthum, weiter zu steigen, und die tief unter der Weisheit der alten Zeit verborge- nen Es ist naͤmlich nicht unwahrscheinlich, daß jene weisen Alten, von denen ich in der 2ten Vorlesung sprach, auch die Keplerischen Gesetze gekannt haben. Verschiedne Spu- ren leiten uns hierauf, wovon anderwaͤrts gehandelt werden wird. Besonders deutlich scheint es, daß ihnen die ellip- tische Gestalt der Planetenbahnen bekannt war. Gesetze der Bewegungen und Entfernungen der Planeten selbststaͤndig und von neuem zu entdecken. Es war dieses Keplern vorbehalten, dessen Ent- deckungen schon fast vor 2 Jahrhunderten eine Bahn in das Innerste der hoͤheren Naturwissenschaft eroͤfnet haben, auf welcher erst die jetzige Zeit, durch jene Arbeiten, welche in Physik, Chemie und anderwaͤrts geschehen, weiter fortzuschreiten anfaͤngt, nachdem fuͤr die Ungeduld des menschlichen Strebens die etwas spaͤteren Neutonischen Entdeckungen ein nicht unnuͤtzli- cher Hemmungspunkt geworden. Es pflegt naͤmlich der Genius der Welt, wenn in Wissenschaft oder Ge- schichte den kuͤnftigen Jahrhunderten ein großes Werk obliegt, den Plan und die Graͤnzen des Ganzen in einzelnen großen Menschen schnell zu uͤberblicken, wie auch im Einzelnen ein wissenschaftliches Gemuͤth bey irgend einer geistigen Arbeit am schicklichsten zuerst nach einer schnellen Uebersicht des Planes strebt. Her- nach wird langsam, durch die langfortgesetzte Arbeit ganzer Zeitalter, das im Einzelnen ausgebildet, was der gewaltige Geist jener seltenen Menschen im Ganzen erfaßte, und erst ins Daseyn rief. Allerdings ist durch das gluͤckseelige Werk jener Einzelnen hiebey das Hoͤch- sie und Meiste geschehen, wie auch in der physischen und geistigen Welt, der spaͤteren langsamen Entwicklung, erst der Moment der Erzeugung und der lebendigen Idee des Ganzen vorausgehen mußte, ohne welchen jene nur krankhafte Auswuͤchse und Molen erzeugt, und es wuͤrde ein Jahrtausende langes, noch so langsa- mes und muͤhseeliges Fortarbeiten der untergeordneten Geister, das Werk des Ganzen nicht um ein Haar- breit foͤrdern, wenn nicht aus jenen seltneren Genien der belebende, gestaltende und ordnende Funke aus- gienge. Was uns der Geist der Welt aus Jenen wahr- haf Berufenen und Begeisterten, und was er uns in jenen hoͤheren Momenten des Empfangens der Ideen offenbart, ist das wahrhaft Goͤttliche unsrer Natur, und erst spaͤter fuͤgt sich diesem, allmaͤlig in der Welt des Besondern fortbildend, das Menschliche an. Was Kepler als Fuͤhrer und Urheber des Ganzen den kuͤnftigen Zeiten zur weitern Ausarbeitung uͤberge- ben, das große Ganze, wozu er jenen die Ausfuͤhrung und Anwendung im Einzelnen uͤbertragen, fieng schon das seltne mathematische Talent des Neuton an, muͤh- sam und mit tiefer Gruͤndlichkeit auszuarbeiten. Die- ser war berufen, zuerst Hand an das maͤchtige Werk zu legen, wozu der Baumeister nicht allein den Plan und Umriß, sondern auch den noͤthigen Boden und die Materialien gegeben. Dem Beyspiele dieses Mannes, dessen Streben und dessen Werk dem Geist des Zeital- ters und der Menge naͤher verwandt war, als der des nur erst spaͤt erkannten Kepler, ist nun bis zu unsrer Zeit eine große Zahl scharfsinniger und fleißiger Maͤn- ner gefolgt, und ihnen danken wir es, daß die Kep- lerischen Entdeckungen nach einer Seite hin mit einer Gruͤndlichkeit und Vielseitigkeit angewendet und aus- gefuͤhrt sind, welche nichts oder wenig mehr zu wuͤn- schen uͤbrig laͤßt. Wenn von diesen nur zu oft Keplers Verdienst verkannt, und das des Neuton dagegen zu sehr erho- ben ist, wenn so uͤber dem ersten Gehuͤlfen der Meister verkannt und vergessen, uͤber dem Medio, welches die Strahlen einer der Welt zu fernen Sonne, dieser mit- getheilt, die erste Ursache des Lichts selber vergessen ist, so hat man hierin freylich unrecht gethan, doch wird sich nur zu leicht, wo das Urtheil in den Haͤnden der Mehrzahl ist, dieses gegen die Weise und das Stre- ben der groͤßern Zahl guͤnstig zeigen. Die Neutone waͤren haͤufiger, wenn die Kepler haͤufiger waͤren. Ein Neuton koͤnnte nicht seyn, ohne einen Kepler als Vor- gaͤnger, oder alle seine muͤhseeligen Bestrebungen muͤß- ten nur taube unfruchtbare Gewaͤchse bringen. Dage- gen wird ein Kepler jederzeit seinen Neuton finden, und koͤnnte eher, wo es noͤthig waͤre, eine ganze Welt voller Neutone hervorrufen, als dieser einen einzigen Kepler, wie denn unter den Mitarbeiten und Nachfol- gern jenes großen Mathematikers viele sind, die ihm an Talent und Muͤhseeligkeit des Bestrebens, wenn auch nicht an dem Gluͤck des fruͤhesten Erwachens zum neuen Tagewerk zur Seite stehen duͤrfen. Es waͤre laͤcherlich, dem Kepler die Kenntniß der allgemeinen Anziehung und Schwere abzusprechen. Sogar den Hauptinnhalt und das endliche Resultat der Arbeiten des Neuton, von den Neutonianen selber verkannt, und erst kuͤnftigen Zeiten zum Aussprechen gegeben, hat Kepler deutlicher gekannt, und in die Ursa- che der Bewegung der untergeordneten Welten um ei- nen Centralkoͤrper und der elliptischen Gestalt der Bahnen, in die Ursache der allgemeinen Anziehung, tie- fere Blicke gethan, als Neuton, wie sich dieses ander- waͤrts wird zeigen lassen. Er leitete die Bewegung der Weltkoͤrper um die Sonne, in einem spaͤtern Werke schon sehr deutlich aus der Wech- selwirkung beyder her. Ja selbst die Ausfuͤh- rung jener Ideen, in dem Gesetz der Schwere, hat sei- nem seltnen Geist so nahe gelegen, daß er es nicht oh- ne Ausfuͤhrung gelassen haͤtte, wenn seine weiterstre- bende Natur uͤberhaupt zu dem Ausarbeiten des Einzel- nen und Besondern waͤre gemacht gewesen. Denn es kann in der zeugenden und belebenden Ursache nicht zu- gleich die Eigenschaft des langsamen muͤtterlichen Aus- bildens liegen, und wozu die geringere Kraft der groͤßern Menge, in einer lang anhaltenden Arbeit wohl hinreicht, das traͤgt die Natur nicht jenen Seltenen auf, deren hoͤheres Tagewerk kein Andrer vollenden wuͤrde, wie ein weiser Regent nicht den Fuͤhrer des Heeres zu dem Dienst des gemeinen Kriegers, den Baumeister zum Handlanger misbranchen wird. Da- gegen hat sich, obgleich kein Verstaͤndiger dem großen Neuton die Entdeckung des Gesetzes der Schwere strei- tig machen wird, doch ohnstreitig die Grundansicht derselben bey mehrern Zeitgenossen zugleich geregt, und der Keim zu den mathematischen Arbeiten jenes scharf- sinnigen Mannes, war in einem ganzen Zeitalter zu- gleich vorbereitet, waͤhrend Kepler noch immer nur zu einzig steht. Stellen aus Keplers Werken, die mir eben zur Hand sind, und die unter andern beweisen koͤnnen, wie nahe Kepler der Entdeckung des Gesetzes der Schwere gewesen, und wie er ihr unwillkuͤhrlich im- mer selber wieder ausgewichen, sind selbst einige aus seinem fruͤhern Werk de motibus stellae Martis, die ich hier anfuͤhren will. Er beweißt im 33sten Capitel dieses Buchs, daß die Kraft, welche die Planeten in ihren Bahnen bewegt, in der Sonne wohne, von der Sonne ausgehe, und daß deshalb jene Bewegung um so schneller sey, je naͤher die Planeten der Sonne ste- hen. Er vergleicht die anziehende und bewegende Kraft der Sonne mit dem Lichte, und bemerkt, daß obgleich sie ein immaterieller Ausfluß wie das Licht sey, doch ihre Wirkungen eben so wie die des Lichts, geo- metrisch untersucht werden koͤnnten. Aus der Ver- gleichung mit dem Magnete schließt er, daß die Kraft der Sonne ihrer Masse proportional sey. ( cum ejus mole crescit .) Am merkwuͤrdigsten ist aber in dieser Hinsicht, was er im 36sten Capitel desselben Werkes sagt, wo er das Gesetz der Schwere, daß diese im um- gekehrten Verhaͤltnis des Quadrats der Entfernungen steht, woͤrtlich ausspricht, dann aber selber wieder von sich weißt. Er erzaͤhlt naͤmlich daselbst, wie er sich so lange mit dem Einwurf gequaͤlt habe, daß aus der Vergleichung der Anziehungskraft der Sonne ge- gen die Planeten mit dem Lichte (eine Vergleichung, die er, wie ich oben schon erwaͤhnte, oͤfters macht) zu folgen scheine, daß dieselbe im verkehrten Verhaͤltnis der Quadrate oder Wuͤrfel der Entfernungen seyn muͤsse , da es doch gewiß sey, daß sie, so wie die Geschwindigkeit der Planeten in der Sonnennaͤhe und Sonnenferne, nur dem ein- fachen Verhaͤltnis der Entfernungen folgen koͤnne. Er hebt diesen Einwurf, der ihm aus der rechten Erkennt- niß der Wahrheit selber entgegen kam, zuletzt dadurch, daß er durch verschiedne unrichtige Saͤtze zu beweisen sucht, daß dieses Verhaͤltnis auch nur bey der Erleuch- tung eigentlich Statt finde. So hat, kann man sagen, Kepler das Gesetz der Schwere nicht blos geahndet, sondern woͤrtlich und klar ausgesprochen, wie der erwaͤhnte Innhalt des 36sten Capitels seines Werks uͤber Mars noch viel deutlicher zeigt, als die gewoͤhnlich aus seiner Harmo- nie der Welten angefuͤhrte Stelle uͤber die Anziehung L welche der Mond gegen das Meerwasser ausuͤbt, wo- durch er Ebbe und Fluth bewirkt. Sein Werk uͤber Mars ist bekanntlich eines der fruͤheren. Vielleicht ließen sich aus den spaͤteren Werken noch viel evi- dentere und deutlichere Stellen auswaͤhlen. Die Wahrheit des Gesetzes, die ihm aber fuͤr die Ansicht, die sich schon fruͤher in ihm uͤber das 2te von ihm entdeckte Gesetz gebildet hatte, nicht guͤnstig seyn konnte, war ihm demohnerachtet so einleuchtend, daß ihm nach seinem eignen Ausdruck dieser Streit des wahren Ge- setzes gegen eine fruͤher gebildete Ansicht, wirklich quaͤlend war, und daß er ihn deshalb auf alle Wei- se auszuweichen gesucht. Es wird dieses hoͤchst be- greiflich, wenn man sieht, wie der Schluß, den er aus seinem 2ten Gesetz, das sich, wie Neuton gezeigt hat, sehr gut auch aus dem Gesetz der Schwere erklaͤ- ren laͤßt, gezogen, daß naͤmlich die durch die Kraft der Sonne bewirkte Geschwindigkeit der Planeten bey ihrem Umlauf um dieselbe, in den verschiednen Thei- len der Bahn, dem einfachen Verhaͤltnis der Entfer- nung folgen muͤsse, aus der freylich viel weniger kuͤnst- lichen von ihm gewaͤhlten mathematischen Methode nothwendig folgte. Er hielt sich, indem er das, was er mit tiefen und wahrhaften Schluͤssen uͤber das Ge- setz der Schwere gefunden verwarf, nach seiner Ueber- zeugung mehr an das, was ihm die Natur unmittel- bar zu lehren schien, und es wuͤrde wohl jeder aͤchte Naturforscher, wo in einem aͤhnlichen Fall zwischen den auch noch so wohl zusammenhaͤngenden Schluͤssen des Verstandes, und dem unmittelbaren Zeugniß der Natur gewaͤhlt werden muß, auf dieselbe Weise handeln. So weit war Kepler ohne Vorgaͤnger, fuͤr sich selbst gekommen, zu einer Zeit, wo man noch nicht angefangen, die Mathematik auf die Gesetze der Bewegung anzu- wenden, waͤhrend Neuton nicht blos von Kepler alle Materialien, sondern in Galilei, Huyghens, Hoo- ke u. A. selbst Vorgaͤnger in der Methode der Ausfuͤh- rung gehabt hatte. Wenn man daher Neutons großes Verdienst, das wir ja mit aller Achtung anerkennen, von einer Seite etwas zu sehr und uͤber Gebuͤhr uͤber das Keplerische erhoben, so kann es auf der andern Seite nicht fehlen, daß sich Einzelne durch ein natuͤrliches Gefuͤhl von Billigkeit zum Widerspruch geneigt fuͤhlen. Und weit entfernt „vor der Gruͤndlichkeit der Neutonischen Werke,“ die sie ja nicht an sich selber, sondern nur die Alles hemmen- de, sich aller lebendigen Totalansicht entgegensetzende Beschraͤnktheit, die daraus auf die Zeitgenossen uͤber- gegangen, bekaͤmpfen moͤchten, „zu erschrecken“, setzen sie dieser Drohung eines uͤbrigens ehrwuͤrdi- gen Physikers, die eines andern wenigstens eben so ehrwuͤrdigen entgegen: „Noch konntet ihr Worte ohne Anschauung nachreden. Gienge auch heu- te der Sinn der Natur auf, ihr wuͤrdet erschrecken, L 2 und die Haͤlfte wenigstens fliehen von der heiligen Staͤtte.“ Zwar ist selbst von Keplers astronomischen Ar- beiten, Seine Versuche in der Physik und Geognosie koͤnnen frey- lich nur zeigen, daß diese Wissenschaften bey ihrem damali- gen Stand, noch nicht fuͤr ihn eroͤfnet waren. ein großer Theil noch nicht bekannt, und noch viel weniger wie er es verdiente, gewuͤrdiget, be- sonders enthaͤlt meines Beduͤnkens nebst einigen seiner letzten Werke, sein Buch uͤber die Harmonie der Welten unschaͤtzbare noch ganz versaͤumte Wahrheiten, doch sind diejenigen seiner Arbeiten, die allerdings fuͤr die ganze hoͤhere Naturkunde von den wichtigsten Folgen waren, und noch vielmehr seyn werden, die 3 nach ihm be- nannten Gesetze des Umlaufs der Planeten, allgemein bekannt genug. Es gruͤndet sich das erste von ihm entdeckte, die elliptische Gestalt der Bahnen, wie ich dieses in mei- ner oͤfters erwaͤhnten Schrift aus verschiedenen Gruͤn- den hergeleitet habe, auf die allgemeine Nothwendig- keit der Wechselwirkung der Gegensaͤtze, und Kepler selbst scheint dieses, wie sich aus Vielen schließen laͤßt, schon anerkannt zu haben. Die Wechselwirkung der Gegensaͤtze hat zur Folge, daß der untergeordnete, weibliche, in seiner Art zu einer aͤhnlichen (zeugenden) Thaͤtigkeit bestimmt wird, wie die war, die der hoͤhere Gegensatz an ihm geuͤbt. Hierdurch wird die Basis auf ihre Weise dem hoͤheren Gegensatz gleich, unab- haͤngig von ihm, und dieser, dem sich seine Basis, das Material seiner Thaͤtigkeit entzogen, ist hierdurch nicht allein außer Stand gesetzt aktiv zu seyn, son- dern er wird auch nun zu seiner Basis, die gerade dann den hoͤchsten Gipfel ihrer Activitaͤt erreicht hat, pas- siv. So folgt, wo die Gegensaͤtze in laͤngerer und innigerer Wechselwirkung vereinigt sind, uͤberall auf die Einwirkung des hoͤheren Gegensatzes ein Moment der verhaͤltnißmaͤßigen Zuruͤckwirkung der Basis. Hier- durch aber wird dem hoͤheren Gegensatz selber jene Le- beusempfaͤnglichkeit zuruͤckgegeben, ohne welche das Leben und die laͤngere Wechselwirkung in ihrer weiteren Fortdauer nicht bestehen koͤnnten. Die weitere Ausfuͤhrung dieser Ansicht des ersten Keplerischen Gesetzes, durch mehrere analoge Thatsa- chen aus verschiedenen Naturwissenschaften, kann man an dem angefuͤhrten Orte lesen, wo man auch das 2te Keplerische Gesetz, daß die elliptischen Sectoren, wel- che die Planeten bey ihrem Umlauf, um die Sonne be- schreiben, den Zeiten, worin sie beschrieben sind, proportional sind, aus gleichen Gruͤnden hergeleitet finden wird. Das 3te Keplerische Gesetz, daß die Quadrate der periodischen Umlaufszeiten verschiedner Planeten sich verhalten: wie die Kubikzahlen der großen Axen ihrer Ellipsen, erklaͤrt sich bekanntlich aus dem Gesetz der Schwere, daß naͤmlich die Schwere im umgekehrten Verhaͤltnis des Quadrats der Entfernung ist. Ich werde jedoch in dem naͤchstfolgenden Band m. A. dieses Gesetz noch von einer andern Seite anwenden. Die Neutonische Theorie hat sogar aus diesem Gesetz einen ihrer Hauptbeweise genommen. Das Gesetz der Schwere ist bekannt genug, und wie seine Form auch auf andre Naturkraͤfte uͤbergeht. Es laͤßt sich dasselbe mathematisch, schon aus der el- liptischen Gestalt der Bahnen herleiten, und ich habe zugleich anderwaͤrts den Versuch gemacht, es auf die noch allgemeinere und verstaͤndlichere Form der Wech- selwirkung zuruͤckzufuͤhren. Denn daß diese bey den Bewegungen der Weltkoͤrper nicht blos ein leeres Wort sey, sondern recht eigentlich statt finde, koͤnnen unter andern einige neuerlich entdeckte Verhaͤltnisse, die an den Groͤßen und Eccentricitaͤten der Planeten statt finden, deutlicher beweisen, als bisher moͤglich war. Ich habe diese Verhaͤltnisse, welche freylich ihrer ganzen Natur und ihrer Form nach nicht zu dem gehoͤren koͤn- nen, was vor der Hand auf allgemeineren Beyfall hof- fen kann, etwas unvollkommen im 2ten Band m. A. mitgetheilt. Die falsche Voraussetzung, daß in jenem Verhaͤltnis eine geometrische Progression statt finde, auf welche ich erst (nachdem ich vorher der Wahrheit naͤher gewesen) durch die Entdeckung der Vesta gekom- men, hatte verursacht, daß ich bey Bestimmung des Vestahalbmessers einen 8 mal groͤßern Werth angege- ben, und derselbe Irrthum hatte den Uebergang, der von der ersten Reihe zur zweyten gefunden wird, und den Anfang der letzteren zu sehen gehindert, obgleich dieses spaͤter die vorzuͤglichsten Stuͤtzen jenes Verhaͤlt- nisses geworden sind. Ich habe deshalb in einem An- hange zu diesen Vorlesungen, besonders das Verhaͤltnis der Groͤßen noch einmal gruͤndlicher und in sich selber zusammenhaͤngender durchgearbeitet, als es in meiner erwaͤhnten Schrift geschehen, und obgleich hierbey nur erst die gewoͤhnliche Annahme der Sonnenparallaxe vor- zuͤglich gewaͤhlt ist, da vielleicht bei einer geringen Ver- aͤnderung der mittlern Entfernung der Erde, sich vieles noch besser fuͤgen wuͤrde, leuchtet doch schon aus die- ser vorlaͤufigen Anordnung, ein Gesetz der Groͤßen deut- lich genug hervor. Ich zweifle auch nicht, daß man es anerkennen wuͤrde, wenn nicht das Daseyn der beyden Reihen die sich ja auch nicht in dem von Planetenbahn zu Plane- tenbahn bestaͤndig bleibenden Gesetz der Schwere fin- den, Vielen zuwider waͤre. Man moͤchte gar zu gern auch diese Verhaͤltnisse, damit sie nur aus der Neu- tonschen Theorie der Schwungkraͤfte erklaͤrt werden koͤnnten, auf einerley Weise von Mercur bis zum Ura- nus ablaufen lassen, wobey es freylich recht bequem „beym Alten“ bleiben koͤnnte. Doch wollte dieses diesmal nicht wohl gehen, da diese Verhaͤltnisse noch auf eine etwas allgemeiner durch die ganze Natur ver- breitete Nothwendigkeit zuruͤckfubren als selbst das Ge- setz der Schwere. Wenn nun das Daseyn der beyden Reihen, wie ich schon anderwaͤrts gezeigt habe und noch zeigen wer- de, auch in den Verhaͤltnissen der Eccentricitaͤten, Ro- tationen und andrer hiermit verwandten Erscheinungen wieder gefunden wird, wenn dasselbe die Lage der Ko- meten und Planetenbahnen auf der Ebne des Sonnen- aͤquators, und der Sonnennaͤhenpunkte bezeugen, wie schon aus dem Anhang erhellen wird, wenn end- lich auch die Neigungen der Axen und Bahnen und al- le andre hieher gehoͤrigen Verhaͤltnisse das Daseyn der beyden Reihen bestaͤtigen, so gehoͤrt ein sehr ungerechter Widerwille gegen alle Uebereinstimmung der sogenann- ten anorganischen Natur mit der Organischen dazu, um Alles zu laͤugnen. Und auf diese Uebereinstimmung brauchte hiebey noch gar nicht einmal Ruͤcksicht genommen zu werden, wenn man nur an die selbst nach Neuton der allgemei- nen Schwere so nahe verwandten Phaͤnomene des Magnetismus und aͤhnliche Naturwirkungen denken wollte, aus denen sich das Daseyn der beyden Reihen im Planetensystem eben so nothwendig ableiten laͤsset, als aus der hoͤheren organischen Natur. Ja es laͤßt sich vielleicht in der Folge bey einer andern Gelegenheit zeigen, daß schon aus den Keplerischen Gesetzen, und aus dem der Schwere, obgleich diese allgemein und unveraͤndert auf alle Koͤrper unsers Systems, selbst auf das Verhaͤltnis der Trabanten zu ihrem Hauptkoͤr- per anzuwenden sind, wenn man sie nur recht versteht, das Daseyn zweyer Reihen im Planetensystem noth- wendig folgt. Daß die Rotationsperioden, die bey den 4 der Sonne am naͤchsten stehenden Planeten uͤbereinstim- mend nahe an 24 Stunden sind, bey den 3 letzten (wenn man Herschels neuen Entdeckungen uͤber die Ro- tation des Uranus hinzunimmt) eben so uͤbereinstim- mend nahe an 10 Stunden; daß die 3 letzten so wie jene 4 ersten in Hinsicht der Seltenheit der Monde auf der einen, Der Mond unsrer Erde ist, wie schon anderwaͤrts er- waͤhnt, nicht nur in der ersten Reihe eben so einzig als der Ring des Saturn in der 2ten; sondern er ist auch fuͤr jene gerade das, was diese fuͤr die 2te ist. der Menge derselben auf der andern Sei- te; daß die Zonenartigen atmosphaͤrischen Streifen, die starke Abplattung und die geringere Neigung der Axe auf der Bahn die 2te, das Daseyn von mehr Wolkenartigen nach allen Richtungen bewegten Flecken, die aͤußerst geringe Abplattung und die groͤßere Nei- gung der Axe auf der Bahn, die erste Reihe auszeich- nen; Erscheinungen, welche gleich auf den ersten Blick Jedem auffallen muͤssen, hat schon laͤngst den tiefer Forschenden jenen Gegensatz verrathen. Zwi- schen beyden sich entgegensetzten Reihen, im Indiffe- renzpunkt sind nun jene merkwuͤrdigen 4 neuen Plane- ten entdeckt, die ihre Kleinheit und Naturbeschaffen- heit von den andern Planeten des Systems so sehr un- terscheidet, daß man sie Anfangs gar nicht mit diesen zusammenstellen, sondern (als Asteroiden) in eine ganz neue Ordnung setzen wollte. Diese 4 Weltkoͤr- per sind uns erst der Schluͤssel zu jenen tieferliegenden Verhaͤltnissen des Planetensystems geworden, und oh- ne sie waͤre hierinnen kein Fortschritt moͤglich ge- wesen. Einige der von uns bis jetzt schon durchgearbeite- ten Verhaͤltnisse, koͤnnen von den allgemeiner bekann- ten Keplerischen Gesetzen und von dem der Schwere, den Uebergang zu jenen machen, wo die beyden Rei- hen schon vollkommen entwickelt hervortreten. Zu den letzteren, wo sich jener Gegensatz der sich unter den Pla- neten selber findet, in seinem ganzen Gewicht darstellt, gehoͤren die Verhaͤltnisse der Groͤßen und Eccentricitaͤ- ten, die ich beyde im Anhange auffuͤhren werde. Aus jenen aber, welche den Uebergang zur Erkenntniß der beyden Reihen machen koͤnnen, indem sie in gewisser Hinsicht allen Gliedern des ganzen Systems gemein- schaftlich, vom Mercur bis Uranus dieselben scheinen, wie das Gesetz der Schwere, zugleich aber von einer andern Seite sehr deutlich schon den Gegensatz zwischen den Gliedern der ersten und zweyten Reihe, und zwi- schen diesen im Ganzen hervorblicken lassen, werde ich diesmal nur das Verhaͤltnis der Neigungen und des Orts der Sonnenfernen herausheben, indem ich an- derwaͤrts diese Arbeit noch vielseitiger und vollstaͤndi- ger, als ein vollkommneres Ganze aufzustellen ge- denke. Die ausfuͤhrliche Aufstellung einiger dieser Verhaͤlt- nisse, wird demnach im Anhange erfolgen, auf welchen ich mich auch hier bey einigen allgemeinen Bemerkun- gen uͤber das Verhaͤltnis der Halbmesser berufe. Man findet den Halbmesser des naͤchstfolgenden Planeten nach Meilen, wenn man die weiteste Ent- fernung des vorhergehenden von der Sonne nach Son- nenhalbmessern mißt, diese Zahl mit einer andern, deren Ursprung in der weiteren Ausfuͤhrung angegeben ist, multiplieirt, und alsdann mit der erhaltnen Summe in die Sonnenferne des zu bestimmenden Planeten nach Meilen, dividirt. Man braucht hierbey in der ersten Reihe nur die Groͤße des ersten Gliedes (des Mercurs) zu kennen, und die Elemente der Entfernungen; in der 2ten Reihe muß aber außer den Elementen der Bahn zugleich die Groͤße des naͤchstvorhergehenden Glie- des bekannt seyn. Denn hierin besteht der Unterschied der beyden Rei- hen, daß in der einen die Halbmesser durch eine Zahl bestimmt werden, welche aus dem Verhaͤltnis des er- sten Gliedes zur Sonne hervorgeht, und die mithin von der Sonne aus erhalten wird, waͤhrend in der an- dern diese Zahl aus den Verhaͤltnissen der Halbmesser der Planeten selber zu ihrer Entfernung erhalten wird. Dieses ist aber auch zugleich der Unterschied der Son- nennaͤhe und Sonnenferne bey jedem einzelnen Plane- ten. Es erscheint naͤmlich in einem Verhaͤltnis der Eccentricitaͤten, das wir mit dem der Groͤßen zugleich ausfuͤhrlich mittheilen werden, an der Sonnennaͤhe je- des einzelnen Planeten das Verhaͤltnis dieser Entfer- nung zum Sonnenhalbmesser bedeutend, waͤhrend die- ses in der Sonnenferne das Verhaͤltnis der Zunahme der Entfernung zum Halbmesser des Planeten ist; so daß die in jenem Verhaͤltnis noͤthigen Zahlen in der Sonnenferne der Planet, in der Sonnennaͤhe die Son- ne hergiebt. In den einzelnen Planetenbahnen bezeichnet naͤm- lich der Punkt der Sonnennaͤhe den der vor- herrschenden Aktion der Sonne, der der Sonnenferne den der vorherrschenden Reaction des Planeten, wie im Ganzen die Glieder der 2ten Reihe eben so wie das Aphelium in der einzelnen Bahn, eine vorherrschende Reaction, die der ersten eine uͤberwiegende Aktion der Sonne auszeichnet. Die Weise, wie die Groͤßen der einzelnen Halb- messer von einem vorhergehenden Glied zum naͤchstfol- genden bestimmt werden, laͤßt noch auf eine viel inni- gere und tiefere Vereinigung aller einzelnen Glieder unsers Systems zu Einem Ganzen schließen, als die Gemeinschaftlichkeit der Centalkraft. Es wird hier sogar in den Verhaͤltnissen der entfernteren Planeten, das Daseyn der vorhergehenden Glieder schon als noth- wendig vorausgesetzt, und der Halbmesser eines Pla- neten hat gerade dieses Verhaͤltnis zu seiner weite- sten Entfernung von der Sonne, weil dieses letztere Element bey dem naͤchst vorhergehenden gerade jenes bestimmte war. Dagegen waͤre (naͤmlich dem aͤußern Anschein und der gewoͤhnlichen Meynung nach) bey den Keplerischen Gesetzen und dem der Schwere bey irgend zwey einzelnen Planeten, oder selber bey einem allein das Verhaͤltnis dasselbe , wenn auch weder das naͤchstvorhergehende noch das naͤchstfolgende Glied vor- handen waͤren, und diesem aͤußern Anschein nach, koͤnn- te sehr wohl ein einzelner Weltkoͤrper in seinem Ver- haͤltniß zur Sonne bestehen, ohne daß dabey das Da- seyn der andern nothwendig waͤre. Es wird in dem Verhaͤltnis der Groͤßen noch außer dem was die Sonnenferne des naͤchstvorhergehenden Gliedes hierzu beytraͤgt, ein nach bestimmten Gesetz fortgesetztes Steigen jener Zahl, welche die Reaction der Planeten auszudruͤcken scheint, deutlich gefunden, so daß diese Summe in einem folgenden Gliede nicht gerade diese bestimmte seyn koͤnnte, wenn sie nicht schon in dem vorhergehenden Glied jene bestimmte gewe- sen waͤre. Dem Anschein nach waͤchst diese Zahl von Glied zu Glied in dem Verhaͤltnis der Dimensionen, oder der Potenzen, und sie ist bey dem naͤchstfolgen- den Glied das Quadrat, oder in einem Fall der einzig bey der Vesta gefunden wird, der Wuͤrfel jener des naͤchstvorhergehenden Gliedes. Es scheint sich dieses alles darauf zu gruͤnden, daß (da die Sonnenferne den Moment der Reaction der Planeten bezeichnet) die Reaction des naͤchstfolgen- den Planeten um so viel staͤrker zu seyn vermag, je- mehr die Action der Sonne schon in der Wechselwir- kung mit dem naͤchstvorhergehenden Glied vermindert war. Aus diesem Grunde muß, damit die Verhaͤlt- niszahl des Halbmessers der Planeten zu ihrer weite- sten Entfernung von der Sonne erhalten werde, jene in dem Verhaͤltnis der Potenzen wachsende Zahl mit einer andern multiplicirt werden, welche den Grad bezeichnet, bis zu welchem die urspruͤngliche Summe der Action des gemeinschaftlichen Centralkoͤrpers schon durch das vorhergehende Glied vermindert ist. Es ist diese Zahl keine andre, als die weiteste Entfernung des naͤchst vorhergehenden Gliedes, nach Halbmessern des Centralkoͤrpers, weil in dieser Entfernung die Action des letzteren um so viel geringer ist als an seiner Ober- flaͤche, je vielmal groͤßer der Abstand eines in die- sem Punkte stehenden Koͤrpers ist, als der eines an seiner Oberflaͤche stehenden. Wie naͤmlich Venus in ihrer weitesten Entfernung von der Sonne 157 Halbmesser derselben entfernt ist, findet sie auch an diesem Punkt nur eine 157 mal geringre Action der Sonne, als wenn sie an der Oberflaͤche derselben stuͤnde. Der naͤchstfolgende Planet Erde findet nun außer der ihm eigenthuͤmlichen Summe der Reaction, auch nur den 157 sten Theil der urspruͤnglichen Wir- kungskraft des Centralkoͤrpers u. s. w. Ich habe dieses alles an dem oͤfter erwaͤhnten Ort schon so weit auseinander gesetzt, daß ich mich hier einstweilen (bis ich eine andre Weise der Darstellung versuchen werde) darauf berufen kann. Es kommen alle jene Verhaͤltnisse und Gesetze auf Eins zuruͤck, das eigentlich nicht mehr Gesetz, sondern innre, allen Wesen auf mehr oder minder vollkommne Weise eingebohrne Nothwendigkeit des Lebens und Da- seyns ist. Ueberhaupt erscheint uns in der hoͤheren Na- tur jene innre Nothwendigkeit nur von einem unterge- ordneten Standpunkt aus als Gesetz, als Etwas den Dingen von außen Aufgedrungenes, waͤhrend uns, wenn wir weiter gehen, der Begriff von Gesetzen hier ganz verschwindet. Nicht weil die Schwere im umge- kehrten Verhaͤltnis des Quadrats der Entfernung ab- nimmt, muͤssen die Weltkoͤrper sich in elliptischen Bah- nen bewegen, oder umgekehrt, nicht weil die beschleu- nigende Centralkraft die Weltkoͤrper „zwingt“ gerade diese geometrische Figur um den Centralkoͤrper zu be- schreiben, muß sie sich verkehrt wie die Quadrate der Entfernung verhalten; sondern beydes, die elliptische Gestalt der Bahn und das Gesetz der Schwere gehen, wie ich anderwaͤrts gezeigt habe, aus einer allgemeinen Nothwendigkeit der Wechselwirkung hervor. Das Beduͤrfnis eines hoͤheren Einflusses, aus wel- chem das Einzelne hervorgegangen, und durch welchen es besteht, vermag bey dem pofitiven Gegensatz allein durch die Ruͤckwirkung der Basis, (die ihm neue Le- bensempfaͤnglichkeit zuruͤckgiebt) befriedigt zu werden. So wird durch diese Wechselwirkung der Gegensaͤtze al- lein eine Fortdauer des Lebens und Daseyns derselben moͤglich, und es loͤsen sich auf diese Weise alle Verhaͤlt- nisse, alle Gesetze der in Wechselwirkung begriffenen Natur, in das Verhaͤltnis des Einzelnen zu seinem hoͤ- heren Ursprung auf. Siebente Vorlesung. Von der sogenannten anorganischen Natur . W enn die Materie, je naͤher sie ihrem Ursprung, jenem Zustand der reinen Lebensempfaͤnglichkeit der sie bey ihrem Entstehen auszeichnet, stehet, einer um so vollkommneren und hoͤheren Lebenswirkung faͤhig, wenn sie auf dieser fruͤhern Stufe ihres Daseyns einer viel innigeren Gemeinschaft mit dem hoͤheren Einfluß theilhaftig ist; so finden wir sie dagegen in jenem Zu- stand, worinnen wir den groͤßten Theil der uns um- gebenden Natur erblicken, dem Anschein nach aller selbststaͤndigen Thaͤtigkeit nach außen beraubt, und gleichsam gefuͤhllos fuͤr alle hoͤheren Einfluͤsse. Nur in Einem bestaͤndigen Streben, dem der Schwere, der innigen Vereinigung mit der Gesammtmasse des Pla- neten, sehen wir jede andre Thaͤtigkeit verschlungen, und die Welt der anorganischen Koͤrper scheint zu be- M kennen, daß sie nur in Beziehung und Wechselwirkung mit dem Planeten uͤberhaupt etwas ist. Wenn man diesen Zustand der anorganischen Welt mit jenem urspruͤnglichen vollkommneren vergleicht, er- scheint derselbe als ein tiefes Herabsinken von einer hoͤ- heren und fruͤheren Stufe; und schon jene chemischen Gegensaͤtze, wenn sie vorher fluͤssig, und mit den er- sten Spuren einer hoͤheren selbststaͤndigen Thaͤtigkeit, jetzt in der gegenseitigen Vermischung sich zu einem fe- sten Koͤrper gestalten, verlieren alle ihre fruͤhere Thaͤ- tigkeit nach außen. Es ist, wie anderwaͤrts gezeigt worden, jeder le- bendigen Natur, so wie auf der einen Seite der hoͤhere Einfluß, so auf der andern ein untergeordnetes Mate- rial, eine Basis noͤthig, an welcher sie das innre Le- ben schaffend (nach dem Vorbild des hoͤheren Einflusses) uͤbt und vollendet. Zu dieser Basis verhalten sich je- ne schon untergeordneten Naturen wie hoͤherer Einfluß; und wenn sich nun so die Natur bis ins Unendliche aus sich selber entfaltet, und das Bild des hoͤheren Einflus- ses sich immer mehr in endlichen Formen darstellt, truͤbt und „verfinstert“ sich zuletzt die Klarheit des urspruͤnglichen Zustandes, in dem der Materie. Wir sehen die Koͤrper der anorganischen Welt nur dann wieder zu einer selbststaͤndigeren Thaͤtigkeit und Empfaͤnglichkeit nach außen zuruͤckkehren, wenn sie auf irgend eine Weise dem Erdganzen, dem sie als un- selbststaͤndige Theile untergeordnet sind, gleich, und hierdurch von der Abhaͤngigkeit von demselben frey ge- worden sind. Auf der einen Seite geschieht dieses (wie anderwaͤrts gezeigt ist) in dem Magnetismus und der Electricitaͤt, auf der andern, jener entgegengesetzten Seite, nach dem Uebergang in den fluͤssigen und endlich am meisten in den luftfoͤrmigen Zustand, im chemischen Proceß. In diesen „kosmischen Momenten“ des Da- seyns werden die Einzelnen in die innige Vereinigung des Ganzen, und in das Gesammtleben der hoͤheren Natur aufgenommen, und das magnetische Eisen zeigt nun dieselben Perioden des Daseyns und der Wechsel- wirkung, welche das Erdganze in seinem Zusammen- hange mit andern Weltkoͤrpern zeigt, und es wird an allen, in dem Moment der Wechselwirkung begriffnen Gegensaͤtzen die lebendige Harmonie des Ganzen wahr- genommen. — — Ich berufe mich hier bey dem Druck dieser Vorlesungen, statt einer weitern Ausfuͤhrung, auf den Inhalt meiner oͤf- ter erwaͤhnten Schrift, da ich in den Vorlesungen selbst nur wenig von dieser abgewichen bin. Wenn uns auch die jetzige irdische Natur in einem großen Theil ihres Umfanges nur einen starren und unwirksamen Zustand der Koͤrper zeigt, so ist ihr doch dieser Zustand nicht immer eigenthuͤmlich gewesen, und es finden sich von allen Seiten Spuren eines viel bild- M 2 sameren, und an den Einfluͤssen des hoͤheren Ganzen theilnehmenderen Zustandes: jenes der allgemeinen Auf- loͤsung und Fluͤssigkeit. Denn es liegt die Entstehung der Erde durch Nie- derschlag aus dem Fluͤssigen den Augen so nahe, daß schon eine kurze Beobachtung derselben den Menschen davon uͤberzeugen mußte. Das allgemeine Gewaͤsser, das wir jetzt in seinen ungleich engeren Graͤnzen, als Meer kennen, hat Anfangs uͤber dem Gipfel der hoͤch- sten Gebirge gestanden. Die Gebirgsmassen, aus welchen der feste Erdkoͤrper besteht, sind saͤmmtlich auf dem sogenannten nassem Wege gebildet, wie ihre Ge- stalt im Einzelnen und Ganzen, ihr Gehalt an Wasser und alle andre Eigenschaften zeigen. Es sieht der Mensch auf den Gipfeln der Gebirge, welche jetzt mehr als 13000 Fuß uͤber der Meeresflaͤche erhoͤht sind, die Ueberreste von Thieren und Pflanzenartigen Wesen, welche den Grund des ehemaligen Meeres bewohnt ha- ben. Versteinerungen von solchen Meerthieren, fand Ulloa auf einem uͤber 13000 Fuß hohem Gebirge der peruanischen Cordilleren, und Molina auf dem Gipfel des noch viel hoͤheren Descabesado, welcher in der Mitte der großen amerikanischen Gebirgskette steht. Nicht minder hat man solche ehemalige Bewohner des Meergrundes auf dem Gipfel einiger der hoͤchsten savoyischen Alpen, und auf den hoͤchsten Gebirgs- spitzen der Pyrenaͤen, so wie auf den Hoͤhen des suͤdli- chen und noͤrdlichen Afrikas gefunden. Zuweilen in ungeheurer Menge, selten oder nie einzeln, wie vom Zufall dahin gefuͤhrt, und stets in eine harte Stein- masse, welche der Schlamm des ehemaligen Gewaͤssers gewesen, festgekittet. Wie jene Thiere oder Thierpflan- zen, welche noch zu unsrer Zeit jenen jetzt untergegan- genen Wesen entsprechen, sich in großer Menge und in ganzen Kolonien an Einem Ort versammlet finden, so scheint auch jenes sonderbare Geschlecht der unterge- gangenen Vorwelt, in ganzen Schaaren den gewe- senen Meeresgrund bedeckt zu haben. Am ausgezeich- netsten sieht man dieses in dem bekannten Thale des Trento , das von maͤchtigen Kalkgebirgen gebildet wird. Es liegen daselbst wie von der Hand eines kuͤnstlerischen Riesen geordnet an der Oberflaͤche des ganzen Grundes, und an der Seite der kahlen Gebirge hinauf, Tausende von Ammonsmuscheln, von einer Riesengroͤße, zum Theil wie in Reihen oder Strahlenweis, kleinere um die Großen versammlet. Diese ungeheure Taͤfeley reicht bis 500 Fuß hoch an den Abhang der Berge hinan, wo in einer wilden Unordnung, wie nahe am Stran- de, wo die Bewegung der an der Kuͤste anbrandenden Wellen, die ruhige Anhaͤufung an dem Boden hindert, eine Menge Muscheln und Pflanzenthiere von jetzt un- tergegangnen Geschlechtern gefunden werden. Endlich verraͤth an dem Gipfel der Gebirge, ein in ruhiger Ord- nung liegendes Heer von Lenticuliten, daß auch hier in noch fruͤheren Zeiten ruhiger Meeresgrund ge- wesen. Von andern Bergen, welche oft viel niedriger sind als die vorhin erwaͤhnten, hat die Fluth, wel- che nach verschiedenen Richtungen hin einen lebhafte- ren Zug genommen, die ehemaligen Meeresproduckte hinweggerissen, und diese, von den Fluthen selbst der juͤngern Gebirgsarten, welche sonst von allgemeiner Verbreitung, auch uͤber ihnen sich absetzen mußten ent- bloͤst, bieten wie nackte Geschiebe, welche oͤfters in Fluͤssen und Baͤchen unmittelbar neben kleinen Anhaͤu- fungen und Inseln von Schlamm, und niedriger als diese gefunden werden, dem Auge den unmittelbaren Anblick der Urgebirge dar. Wir haben ein Beyspiel davon ganz in der Nachbarschaft dieser Stadt, wo das aͤlteste Urgebirge, der Granit, in niedrigen Berg- kuppen hervortritt. Wie aber noch jetzt die Thiere, welche in unsern Meeren jenen erwaͤhnten Ueberresten der ehemaligen Thierwelt entsprechen, gewoͤhnlich nur an dem tiefsten Grund des Meers gefunden werden, so ist es wahr- scheinlich, daß jene Gebirgsgipfel, die von solchen Meer- thieren bedeckt sind, vorhin an dem tiefsten Grund des ehemaligen ungeheuren Meeres gelegen waren. — So ist da ehedem tiefes Weltmeer gewesen, wo jetzt in ungeheurer Hoͤhe uͤber dem Meere Waͤlder stehen, oder die hohen Felsenscheitel ein ewiger Schnee bedeckt. Wenn jenes ehemalige Meer, wie hernach gezeigt werden wird, von dem jetzigen an Gehalt ungemein verschieden war, so finden sich doch an sehr vielen Or- ten der Erde noch deutliche Spuren, daß sie von einem Meere bedeckt waren, das dem unsrigen an Gehalt vollkommen glich. So stehen jetzt an der suͤdlichen Spitze von Afrika Waͤlder von Mimosen an Thon und Salzgebirgen, welche in allen ihren Bestandtheilen dem Bodensatz der jetzigen Meere gleichen. Zwischen den Huͤgelreihen von solcher Beschaffenheit, welche wie Mauern die immer hoͤher und hoͤher hinter einander stehen, die Ebenen der Suͤdspitze von Afrika in mehre- re große Felder abschneiden, liegt wuͤste, und nur nach einigen Gegenden von durchziehenden Stroͤmen, deren Wasser jedoch der starke Salzgehalt fuͤr Menschen und Thiere ungenießbar macht in etwas befeuchtet, der Meeressand, aus einer sehr jungen Zeit. Die große Wuͤste Saarah in der noͤrdlichen Haͤlfte von Afrika, ist offenbar auch der Grund eines Meeres von der Beschaffenheit des jetzigen gewesen. Mitten in dieser, an einigen Stellen fast 100 Meilen breiten Sandebene, liegen einzeln zerstreut ganze Berge von Seesalz, aus deren Mitte ein klarer Quell entspringt, um welchen her sich oͤfters wie Inseln mitten im Meer kleine Palmenwaͤlder gebildet haben, welche innerhalb eines ungeheuren Umfangs, der kein kleines Gras, kein Gestraͤuch hervorbringt, dem Auge wieder den Ge- nuß des Gruͤnen gewaͤhren. Auf der mehr als 12 taͤ- gigen Reise durch eine traurige Oede, finden hier, wo kaum einige verirrte Voͤgel hinkommen, die Carava- nen, welche vom noͤrdlichen Afrika der Goldstaub der suͤdlichen Laͤnder herablockt, einige Erquickung, und das Salz, welches den Gegenstand ihres Handels aus- macht. Ohngefaͤhr von aͤhnlicher Beschaffenheit, und ent- weder der jetzt ausgetrocknete Grund eines ehemaligen ungemein großen Landsees, oder eines abgesonderten Mittelmeeres, ist die Wuͤste Shamo, oder Cobi in Asien. Jone fast unerschoͤpflichen Salzmassen, wel- che sich noch jetzt in einigen Theilen von Pohlen z. B. bey Wilizka finden, sind es nicht allein, welche uns verrathen, daß dieses Land vor nicht gar fernen Jahr- tausenden Meeresgrund gewesen, sondern es zeigen uns eine Menge sehr sichre Thatsachen, daß nicht allein der Aralsee mit dem Caspischen, und dieses mit dem schwarzen Meer in Verbindung stund, sondern dieses Meer hieng durch die morastig tiefen Ebenen von Poh- len und einiger Theile des europaͤischen Rußlands mit dem Ocean der noͤrdlichsten Welt zusammen. So ist in den fruͤheren Zeiten, wie es scheint, schneller, das allgemeine Gewaͤsser Schritt vor Schritt zuruͤck getreten, und diesem ist die juͤngere organi- sche Welt auf dem Fuße nachgefolgt. Wir sehen ein solches deutliches Zuruͤcktreten des Meeres an ei- nigen Stellen schon im Verlauf von wenigen Jahr- hunderten merklich. So finden sich in Nordamerika und in einigen nordlichen europaͤischen Laͤndern, unter andern in Westgothland, in einer ziemlichen Entfernung von der Meereskuͤste, ganze Huͤgel, welche aus Mu- scheln von der Art bestehen, wie sie noch jetzt jene Meere hervorbringen, und oͤfters eine Lage von Sand, von einer Dicke von 30 Fuß uͤber sich haben. So ist Preußen, wie an dem Bernstein erkannt wird, welcher oft gegen 20 Meilen von der Kuͤste entfernt gegraben wird, groͤßtentheils neu aus dem Meer hervorgegan- gen (das Meer soll nach einer allgemeinen Sage bis Culm gereicht haben) und Schweden, von welchem nach alten Sagen vor Zeiten nur der hoͤchste Ruͤcken des Hochlandes aus dem Meer hervorstund, zeigt uns noch jetzt Staͤdte auf, welche nun fast in der Mitte des Landes gelegen, vor wenig Jahrhunderten an der Kuͤste stunden. Es sollen dahin alle die Staͤdte gehoͤ- ren, die den Beynahmen Sund fuͤhren, welchen sie nur von ihrer Lage am Ufer erhalten konnten. Paͤsse in den Scheeren, welche kaum vor einem Menschenalter große Schiffe hindurch ließen, sind kaum noch Boten gangbar, und jene Gegend von Fellbaka die zu der naͤmlichen Zeit noch Meerbusen war, ist jetzt fruchtbare Wiese. Ehemalige Buchten an einigen lapplaͤndischen Staͤdtchen, liegen jetzt tief im Meer, anderwaͤrts ste- hen Eisenhaͤmmer wo sonst Meeresgrund war. Der ehe- malige Hafen zu Aiguemortes in dem sich Ludwig der Heilige einschiffte, liegt jetzt eine Stunde vom Meer, und selbst das tiefer gelegne Psalnodie lag ehehin an der Kuͤste. Der arabische Meerbusen hat seit einigen Jahrhunderten an Ausdehnung ungemein viel verloh- ren, und die ehemalige Communication wuͤrde schon aus Mangel der Wasserhoͤhe nicht mehr gelingen, ja das benachbarte Damiate, das noch im 13ten Jahr- hundert an einem Hafen lag, steht jetzt 10 Meilen vom Lande entfernt. Eine Menge aͤhnliche Beyspiele ließen sich aus allen Weltgegenden anfuͤhren. Sehr viele davon wird man in der neuen Bearbeitung von Kants physischer Erdbeschreibung, von dem Heraus- geber hinzugefuͤgt finden, andre in Bergmanns physicali- scher Erdbeschreibung. Die neuen Untersuchungen in Schwe- den uͤber die immer weitere Abnahme des Meeres sind be- kannt. Freylich scheint auch anderwaͤrts das Meer noch bey seinem jetzigen niedrigen Stand, dem festen Lan- de Abbruch zu thun, und die Ausdehnung der Kuͤsten zu vermindern. Es geschieht dieses an Stellen, wo ei- ne bestimmte Stroͤmung das Wasser mit vorzuͤglicher Gewalt gegen das Land treibt, wodurch Auswaschun- gen entstehen, welche die allmaͤlig untergrabenen Ebe- nen und Huͤgel durch ihre eigene Last einbrechen ma- chen. So stuͤrzen, wie es scheint, an der Kuͤste von Daͤnnemark einige Anhoͤhen, allmaͤlig unterwuͤhlt ins Meer. Die Insel Ruͤgen so wie andre benachbarte Gegenden, hat das Meer durch Hinwegspuͤlen und Unter- graben bedeutend verringert. An den Kuͤsten Dalina- tiens ist das Meer an einigen Stellen, wie es scheint, weiter eingedrungen als vor Alters, dasselbe sindet sich bey Venedig und an den Ufern von Crain. Ueber- haupt scheint erst in neuerer Zeit die Anstroͤmung des Meeres nach diesen Gegenden hin an Gewalt zugenom- men zu haben, welches wahrscheinlich auch von der allgemeinen Abnahme der Gewaͤsser herruͤhrt. Solche Verwuͤstungen des Meeres, welche uͤbri- gens weder so allgemein noch von so weitem Umfange sind als der Anbau eines neuen Landes aus demselben, entstehen wohl vorzuͤglich da, wo eine juͤngere lockere und leichter aufloͤsbare Gebirgsart, zu B. Kalk oder Kreide- gebirge, auf aͤlteren und festeren aufliegen. Das nahe Meer draͤngt sich allmaͤlig an der Auflagerungsflaͤche hinein, und zerstoͤrt so sein eignes Werk an verschiede- nen Orten wieder. Obgleich die Abnahme des allgemeinen Gewaͤssers, die aus Vielem zu schließen, in den aͤltesten Zeiten viel schneller vor sich gegangen seyn muß, jetzt nur sehr langsam geschieht, so ist sie doch deutlich vorhan- den. Und diese muß unsrer Phantasie zu Huͤlfe kom- men, wenn diese nun in jene Zeiten zuruͤckkehrt, wo noch die ganze Oberflaͤche der Erde, selbst die hoͤchsten Gebirgshoͤhen derselben, tiefer Grund einer unermeßli- chen Fluth gewesen, und wo jene Gebirge, wo die ganze Ausdehnung des festen Landes, aus dem Wasser niedersank. So sieht das Auge in jenen Gebirgsmassen, in de- nen sich der Bildungstrieb der Erde zuerst ausgespro- chen, den Boden und die zu Stein erstarrten Wogen eines ungeheuren Meeres. Es sehen diese Haͤupter der Gebirge, mit einem traurigen Unwillen auf das frische Leben, das sich zu ihren Fuͤßen verbreitet und das sie zuletzt uͤberall aus dem unmittelbaren Anblick des Lichts hinwegzudraͤngen droht, hernieder. Einst haben sie auch, lebendige Theile der Erde, mitten in dem froͤlichen Kreise der Wechselwirkung und des allge- meinen Lebens gestanden, als sie, noch nicht zu diesen einzelnen Massen erstarret, Theile der von dem Geist des allgemeinen Lebens bewegten Fluth waren. Als aber die Erde, zur Selbststaͤndigkeit und dem beson- dern Daseyn erwachend, immer mehr aus der Ab- haͤngigkeit und der unmittelbaren Verbindung mit dem hoͤheren Weltganzen hervorgetreten, als das aͤußere Zei- chen und Mittelglied dieser Vereinigung, der fluͤssige Zustand und die allgemeine Wassermenge, immer mehr abnahmen, da gestalteten sich aus dem abnehmenden Gewaͤsser die ersten Bildungen des Planeten, die Ge- birge. Wie die Pflanze, in einem unendlich kleineren Maasstabe die Verschiedenheit der Zeiten (besonders der Tage und des Jahres) und der aͤußeren Einfluͤsse, welche die Zeiten charakterisiren, in ihrer Form und gan- zen Wesen aussprechen, so zeugen uns auch die Gebir- ge in ihren so ungemein charakteristischen Gestalten von den verschiedenen Weltaltern, und dem Geist des hoͤ- heren Einflusses, welcher in ihnen geherrscht. Auch in ihnen muß sich schon die nothwendige Aufeinander- folge der Formen, und der Stufe der Entfaltung, wel- che der Bildungstrieb des Planeten uͤberall von den tieferen zu den hoͤheren Bildungen durchgehen muß, er- kennen lassen. Wir wollen deshalb, ehe wir die Ge- stalten und aͤußern Eigenschaften der Dinge im Ein- zelnen und Kleinen betrachten, die Grundformen der planetarischen Schoͤpfung, und die Gestalten der Erd- oberflaͤche, wie sie fuͤr sich allein ist, zuerst schnell uͤberblicken, hernach zu der Welt der einzelnen Ge- stalten zuruͤckkehren. Wir wollen bey dieser Beschrei- bung der einzelnen Gebirgsformen, nach der Folge des vermuthlichen Alters gehen, und hierbey blos auf die allgemeinste Vegetation der Gebirge, und nur so weit sie fuͤr diese charakteristisch ist, Ruͤcksicht nehmen. In haͤufig zersprungenen massiven Klippen, in rundlichen Felsenmassen, welche wie zu einem Riesen- bau uͤbereinander gehaͤuft liegen, kuͤndigt sich das aͤl- teste Gebirge der Erde das wir kennen, das Granit- gebirge, schon von ferne an. Nicht sowohl die chemi- sche Beschaffenheit des Bodens, der durch Verwitte- rung aus diesem Gestein entsteht, als vielmehr die Hoͤ- he, in welcher der Granit aus den uͤbrigen Urgebirgen hervorragt, scheint die Ursache jener Unfruchtbarkeit, welche diesem Gebirge gewoͤhnlich zugeschrieben wird. Doch sehen wir in unsern Gegenden die Granitberge meist mit Waͤldern von hohen Tannen und Fichten be- deckt, uͤber deren Gipfel die Felsenwaͤnde wie die Truͤmmer alter Burgen hervorsehen. Das von oͤftern Rissen und Kluͤften haͤufig zerspaltene Granitgebirge, welches noch uͤberdies durch die haͤufige Neigung seiner Felsenmassen zu der kugelfoͤrmigen Absondrung zu ei- ner Trennung der einzelnen Stuͤcken geneigt ist, findet sich, bis zu seinem Fuß hinab, von losgerissenen, un- ordentlich umhergestreueten Felsenstuͤcken umgeben, welche seinen Thaͤlern, die nur selten große Fluͤsse, meist nur Bergstroͤme in sich enthalten, ein wildes und wuͤstes Aussehen giebt. Die hoͤchsten Punkte des saͤch- sischen Ergebirges, und ein Theil des angraͤnzenden Boͤhmen, zeigen diese eigenthuͤmliche Gestalt und Um- gebung der Granitgebirge deutlich, und die meisten unsrer Gebirgsgegenden danken ihre eigenthuͤmlichen romantischen Umrisse, den Granitgebirgen, zwischen welchen sie liegen. So ist der Hauptcharakter des Granitgebirges, der zu seiner jetzigen aͤußeren Gestalt das Meiste beytraͤgt, die Tendenz der Hauptmasse zur Kugelform, die sich selbst noch an dem meist nur noch uͤbrig gebliebnen festeren Kern, dessen weichere Schaa- le durch Verwitterung zerstoͤrt ist, zeigt. Doch wird schon mitten in dieser Kugelgestalt des Ganzen, eine in- dividuellere Ausbildung der einzelnen Bestandtheile wahrgenommen. Schon ungleich weniger ausgezeichnet, von min- der auffallender und mahlerischer Gestalt, erscheinen die darauf folgenden Urgebirge des Gneißes, Glim- mer- und Urthonschiefers. Meist schieferartig ge- schichtet, schließen sich diese den Formen des aͤlteren Gebirges an, und der emporstrebende kuͤhnere Geist, der sich im Granit in eigenthuͤmlicher Wildheit, der allgemeinen Schwere durch eine besondere trotzend er- hoben, scheint in diesen spaͤteren Gliedern schon zu un- terliegen, und in jenen Schichten, wo sich alle ein- zelnen Theile mit gleicher Staͤrke nach dem allgemei- nen Mittelpunkte draͤngen, schließen sie sich, so innig als moͤglich, der Oberflaͤche der Erde an. Meist in niedrigeren Bergen als der Granit, wel- cher als Regent aus den hoͤchsten Punkten hervorsieht, zeichnet diese Gebirgsarten die Neigung Ebenen zu bil- den, mitten uͤber den Gebirgsruͤcken hinweg oder zu seiner Seite, dem Auge von fernen aus. Hervorstehen- de steile Klippen sind in ihnen seltener, seltener die einzeln herumgestreuten Felsenstuͤcke, an welchen sich der Lauf der schon groͤßeren Nebenfluͤsse, die in ihren Thaͤlern gehen, brechen koͤnnte. Nur die schwarzen, von ferne glaͤnzenden Felsenwaͤnde des Thonschiefers, werden zuweilen durch umherliegende in laͤngliche Plat- ten gespaltene Steine, welche aus der eigenthuͤmlichen Absondrung dieser Gebirgsart entstehen, etwas unzu- gaͤnglich gemacht, doch sind diese Gesteinstuͤcke bey weitem weder so groß noch so kuͤhn und weit umher ge- streut wie die des Granits. Das Gneisgebirge ist in unsren Gegenden, vielleicht aus aͤhnlichen Gruͤnden als der Granit, meist blos mit Schwarzwald bedeckt, und wo dieser ausgerottet worden, erscheint der Bo- den, dem Ackerbau weniger guͤnstig, in einer eigen- thuͤmlichen oͤden Gestalt. Meist fruchtbarer und in unsrer Zeit schon mehr angebaut, sind die Gegenden, deren Boden die beyden zuletzt genannten Gebirgsarten bilden. So erscheint schon in den zunaͤchst auf den Granit folgenden Gliedern, die kraͤftig entwickelte Individua- litaͤt des aͤltesten Urgebirges, das in seinen runden Formen das Streben der Masse, eine selbststaͤndige kleinere Erde, mitten in der groͤßeren zu bilden aus- spricht, der allgemeinen Schwere wieder ganz unterle- gen, und es scheint uͤberhaupt die Hauptmasse der anor- ganischen Welt im Granit, oder auf der westlichen Erde im Porphyr, das Maximum ihrer Vollendung, und zugleich die maͤchtigste koͤrperliche Hoͤhe erreicht zu haben, waͤhrend im Einzelnen und nach der einen Sei- te hin, ein neues Maximum des Anorgischen, in den Trappgebirgen der Floͤzzeit erreicht ist. Ausgezeichneter fuͤr das Auge, und zum Theil kuͤhner und romantischer, treten die darauf folgenden Bildungen des Porphyrs und Sienits auf. Es bilden diese Gebirge, unter denen der Urzeit, zu welcher sie gehoͤren, eine zweyte merkwuͤrdige Reihe, und wir se- hen sie mit einem viel hoͤherem Niveau uͤber einen großen Theil, (besonders der westlichen) Erde verbreitet, als die zuletzt erwaͤhnten Glieder der Urzeit. Von neuem, in der Hauptmasse zerstreut, wird die Kristallgestalt einzelner Bestandtheile, die sich in den vorhergehenden Gliedern verlohren, wieder haͤu- figer, und die hohen Felsen des Porphyr, der sich nach einigen neueren Beobachtungen auf der westlichen Erde so hoch erhebt wie keine andre Gebirgsart, und daselbst die Gipfel der hoͤchsten Gebirge bildet, zeigen zum Theil jene Gestalt der hohen Saͤulen und Pfeiler, welche einigen juͤngeren Gebirgsarten eigenthuͤmlich ist. In den Gebirgen von hoͤheren Alter zerstreut, und meist in einzelnen Huͤgelgruppen hervortretend, bildet der Porphyr mitten in den Bergen anderer Art, einsam hervorstehende Kuppen, welche das Auge, mit- ten aus einer gerade fortlaufenden Gebirgsflaͤche vor- ragend, und die Einfoͤrmigkeit der alten Bildungen unterbrechend, leicht auf sich ziehen. Das Porphyr- gebirge scheint den zerstoͤrenden Einfluͤssen der Zeit und ihrer spaͤteren Wasserfluthen an vielen Stellen unter- legen, und wie seine Bildungen sehr oft in abgeris- senen, von einander durch weite Entfernungen getrenn- ten Huͤgeln erscheinen, werden seine Gebirge selber von haͤufigen Rissen zerspalten gesehen, die sich als erzfuͤh- rende Gaͤnge zum Theil wieder ausgefuͤllt haben, oͤf- ters aber noch offen stehen. Die gewaltigsten Kluͤfte des Porphyrgebirges, und uͤberhaupt wohl die maͤch- tigsten unsers Planeten, sind die beyden bekannten amerikanischen, welche neuerlich wieder von Humbold beschrieben. Jene von Chota, deren steil und glatt emporsteigende Mauern gegen 5000 Fuß, mithin halb N so hoch sind, als der Gotthard, laͤuft mehrere Meilen weit mitten durch den zerspaltenen Bergruͤcken hin- durch, und das kaum 2000 Fuß breite Thal, durch die Ausfuͤllung von Gebirgsstuͤcken Sand und Damm- erde entstanden, steht mit seinen einsamen Chinawaͤl- dern einen großen Theil des Tages vor dem Sonnen- licht verborgen, in einer tiefen Nacht, waͤhrend zu andrer Zeit die Hitze zwischen diesen engen Felsen- mauern unertraͤglich faͤllt. Der Unterschied der suͤd- amerikanischen und der europaͤischen Alpengebirge, in Hinsicht der Gestalt, wird darinnen gefunden, daß diese in ihren hoͤchsten Punkten aus Granit, jene aus Urporphyr bestehen. Nicht jene ungeheuren hoch em- porstehenden Klippen, welche in der deutschen Schweiz den einzelnen Bergen den Beynahmen Horn erworben haben, sondern ein runder Umriß selbst der hoͤchsten Gebirgshaͤupter, zeichnet die hoͤchsten americanischen Alpen im Ganzen vor denen der Schweiz aus. Auch der Sienit, faͤllt wieder mit kuͤhnen schrof- fen Felsenwaͤnden ins Auge, so wie auch der einsam stehende, durch schneeweise Farbe und den eigenthuͤm- lichen Glanz, nicht minder als durch seine zersprun- genen und zerrissenen Waͤnde charakterisirte Quarz- felsen. Wir finden, wenn wir die aͤußere Gestalt, wel- che ganze Gebirgsarten angenommen, ferner verglei- chen, um zuerst mit der ganzen Masse von dem Um- riß des unfoͤrmlichen Felsen, bis zu der Gestalt der organischen Koͤrper aufwaͤrts zu steigen, die Gebirge der zweyten Periode, der sogenannten Uebergangszeit, wenig vor andern Gebirgen ausgezeichnet. Dagegen zeigen die der Floͤzzeit fast alle einen eigenthuͤmlichen Charakter. Mit schroff emporstehenden Bergwaͤnden, oben selten zugerundet, oder spitz, sondern eben, voller Hoͤhlen und Kluͤfte, mit Thaͤlern, deren Seiten sel- tener sanft emporsteigen, oͤfterer hohen geraden Mauern gleichen, haͤufig in fast viereckten Felsen, welcher hier einer und dort einer hohen Riesengebaͤuden gleichen, zeichnet sich das Sandsteingebirge gleich auf den ersten Blick aus. Wir haben ein solches in der Naͤhe, an der sogenannten saͤchsischen Schweiz. Doch verdankt der Sandstein diese ausgezeichneten Gestalten nicht der Festigkeit seines Charakters allein, wie der Granit, sondern das Wasser mußte seiner Anlage zur verticalen Zerkluͤftung zu Huͤlfe kommen, indem es, bey einem hoͤheren Stand mitten durch die zerkluͤfteten und erhaͤrteten Sandmassen hindurchbrechend, nach zerrissener Verbindung, die einzelnen schroffen Felsen- massen zuruͤckließ. In steil aufsteigenden nach oben oͤfters scharf zu- sammenlaufenden Bergen, welche nicht wie das Sand- steingebirge in einzelne abgerißne Felsenwaͤnde zertheilt sind, sondern in langen Reihen zusammenhaͤngen, nicht mehr mit jenem etwas runderen und doch scharfen N 2 Umriß des Porphyrgebirges, tritt nun das Kalkge- birge auf. In weißen Felsen, welche, meist an der Seekuͤste gelegen, dem Schiffer wie ferne Schneeberge erschei- nen; uͤber das tiefe Gruͤn der nordischen Eichenwaͤlder einsam hervorragend, oͤfters mit schroff abgeschnittnen aber in laͤngeren Zuge zusammenhaͤngenden Waͤnden, er- scheint das noch juͤngere Kreidegebirge, wie hohe Gra- bessteine einer untergegangenen Riesenwelt, und uͤber ihm die Graͤber der Huͤnen. Ein Naturmahler unsrer Zeit, dessen Gemuͤth mit dem innersten Sinn der Na- tur tief vertraut scheint, hat in einigen seiner Ge- maͤhlde, welche meinen Zuhoͤrern hinlaͤnglich bekannt sind, den Charakter der Kreidegebirge so meisterhaft dargestellt, daß ich mich hierin blos auf ihn berufen darf. Der Landschaftsmahler Friedrich zu Dresden. Endlich, nachdem in einigen andern Gebirgen, unter andern im Gipsgebirge, der eigenthuͤmliche Cha- rakter schwaͤcher geworden, und diese den kraͤftigeren Bildungen der uͤbrigen Gebirge gleichsam nachahmend, diesen nur untergeordnet erscheinen, zeigt sich wieder in den Trappgebirgen der Floͤzzeit, ein so deutlicher und bestimmter Charakter als nur sonst irgendwo. Wer kennt nicht die ausgezeichneten Kegelgebirge des Ba- salts, welche unter andern durch einen Theil von Boͤh- men gefunden werden. Auch die Basaltberge unsres Erzgebirges zeichnen sich unter allen andern Bergen desselben, wenn es fern von Norden her betrachtet wird, aus. Von haͤufigen Nebel und Hoͤhenrauch bedeckt, weil der Basalt, vermoͤge seiner bedeutenden Dichtigkeit die Duͤnste sehr anzieht, an seinem Fuß von Moor und Quellen umgeben, schwarz von Farbe, kahl, nur sel- ten von einigen einsamen Straͤuchern bekraͤnzt, tragen die kegelfoͤrmig zugerundeten Basaltberge statt der uͤppi- gen Vegetation andrer Gebirge, oben auf ihren Hoͤhen jene haͤufigen hohen Saͤulen, welche wie die Ueberre- ste alter Naturtempel bald uͤbereinander geschichtet, bald einzeln umhergeworfen liegen. Diese eigenthuͤm- liche Neigung zur Saͤulenform, bildet in den Basalt- gebirgen bald jene Hoͤhlen mit hohen maͤchtigen Pfei- lern, wie die merkwuͤrdigen Hoͤhlen in Schottland und Irrland, bald bestreut sie ganze Thaͤler mit abgebroch- nen gewaltigen Saͤulen, deren untere Haͤlfte noch auf- recht aus dem Boden hervorsteht. Zuweilen bestehen, wenn eine — jedoch seltnere — Neigung zur kugelfoͤr- migen Absondrung mitwirkt, die einzelnen Saͤulen, aus rundlich uͤbereinandergehaͤuften Gliedern. Doch versucht, nach diesen vielfachen Gestalten, welche der Basalt angenommen, die Natur noch eine kuͤhnere und romantischere Form, in dem noch juͤngeren Porphyrschiefer. Den Werken der Menschenhaͤnde nachahmend, gleich hohen festen Thuͤrmen, von gro- tesker abentheuerlicher Form, stehen die ungeheuren Klippen des Porphyrschiefers hoch uͤber den runden Gebirgshaͤuptern und den Schneehauben der suͤdamerika- nischen Alpen empor. Die Porphyrschieferklippen (welche auch einen Theil des boͤhmischen Mittelgebir- ges bilden) zeigen sich so wie der Basalt, oͤfters in Saͤulen zerspalten. Aus dieser Gebirgsart, wenn es nicht Sandstein ist, wie die Adersbacher Felsengrup- pen, scheinen jene abentheuerlichen Gebirge im nordwest- lichen China zu bestehen, welche an Gestalt in andern Weltgegenden nichts Gleiches haben sollen. Wir ken- nen sie vorzuͤglich aus Neumanns Reise. Die Gesetze der allgemeinen Schwere und der Gebirgsbildung, gleichsam im abentheuerlichen Spiel verletzend, sehen wir diese Berge, an deren unzugaͤnglichen Waͤnden die Aloe mit purpurnen Bluͤthen herabhaͤngt, bald nach der Spitze zu fast breiter als gegen den Fuß hin, bald krumm uͤberhaͤngend, jeden Augenblick Einsturz dro- hend, und diese abentheuerlichen Thurmartigen Felsen- massen durch die sich der große Strom oft muͤhsam hin- durchdraͤngt, scheinen den Chinesen zuerst ein Vorbild jener sonderbaren Gestalten gegeben zu haben, welche sie durch muͤhsame Bearbeitung einigen ihrer Berge zu geben pflegen. Fast ganz charakterlos, nur zu kleinen Huͤgeln, deren kleinliches Emporstreben gleich im Entstehen wie- der platt niedergedruͤckt scheint, zeigen sich die letzten Bildungen der Fluthen, die der aufgeschwemmten Zeit. Dieses waͤre das Angesicht der Erdoberflaͤche, oh- ne Pflanzen und Thierwelt. Jede vorzuͤgliche Ge- birgsart hat ihren bestimmten, von denen der andern wesentlich verschiedenen Charakter, ihre bestimmte Grundgestalt, der sie sich in der Form der Berge und der einzelnen Felsenmassen zu naͤhern strebt. Wir se- hen gegen Ende der Urzeit, im Porphyr, endlich aber noch vielmehr zu Ende der Floͤzzeit, und hiermit der groͤßern Fluthen uͤberhaupt, die Neigung der Gebirge zur Saͤulenform ganz vorzuͤglich maͤchtig. Von dem Symbol der allgemeinen Schwere, und der Vereinigung aller Theile zu einem einstimmigen Ganzen, von der Kugelform, geht zuerst in der Grund- gestalt der Erde, dann im Einzelnen in der Absondrung des Granits, die bildende Natur aus. Hierauf wen- det sie sich in den darauf folgenden Gliedern zur Flaͤche, bis sie endlich zuerst als Annaͤherung, in der Gestalt der ganzen Gebirge, dann immer vollkommener, auch in den einzelnen Theilen der Masse, die der allgemeinen Schwere entgegen, emporstrebende, laͤngliche Gestalt des Pfeilers erreicht. Diese ist wiederum Symbol des Magnetismus oder uͤberhaupt des Gegensatzes. So finden wir selbst in den Gestalten der ganzen Masse die Naͤhe der angraͤnzenden organischen Welt voraus- verkuͤndiget, die Saͤulenform der Baͤume und die For- men in denen sich zuerst das Thierreich ausspricht. Doch liegt diese Annaͤherung hier nur in dem allgemei- nen aͤußern Umriß, ein deutlicherer Uebergang wird gefunden, wenn wir die einzelnen Bildungen betrachten, wovon ich hier nur noch einige Worte hinzufuͤgen will. Der Quarz, welcher schon einen Bestandtheil des Granits ausmacht, pflegt als Kristall in scharfen sechsseitigen Saͤulen, und in Pyramiden aufzutreten, waͤhrend der Glimmer, welcher der 3te Bestandtheil des Granits ist, die Flaͤche in der Tafelform sucht. Doch beginnen schon in dem Schoͤrl, und noch mehr in den angraͤnzenden Geschlechtern, jene mehr abgerundeten, schilfartigen Kristalle, wel- che eine innigere Annaͤherung an die Gestalt der Pflanzen scheinen. Es bleibt auch hierbey die im Ein- zelnen bildende Natur nicht stehen, wir sehen die Ge- stalten der Oberwelt in dem Reich der Metalle noch vollkommener abgespiegelt. Ueberhaupt muß, wie ich anderwaͤrts gezeigt habe, der Uebergang aus dem Steinreich in das der Pflanzen und Thiere, in jeder Hinsicht in den Metallen gesucht werden. Die schoͤnsten Farben, von dem Purpurroth der Granaten oder dem Rosenroth des Rubins bis zu dem schoͤnen Gruͤn des Schmaragds, treten im Steinreich blos durch die Ein- mischung der Metalle auf. Das Brennbare, im Phosphor oder einigen diesem nahe verwandten Metal- len, im Arsenik und Zink, dann im Schwefel, im Kohlenstoff, der wenigstens im gesaͤuerten Zustand ge- funden wird, begleiten die Metalle von ihrem Entste- hen in dem aͤlteren Urgebirge, bis zu ihren letzten und juͤn gsten Bildungen, und bezeugt auch hierdurch ihre chemische Verwandschaft mit dem Organischen. Die Baumfoͤrmigen, Blaͤtterartigen, unter einander ge- webten und hierin dem Bau des Thierischen Zellgewe- bes aͤhnlichen Bildungen einiger, besonders der gedie- genen Metalle, ahmen die hoͤhere organische Welt, oft bis zur Taͤuschung nach. Das ganze Reich der Me- talle, scheint an den Graͤnzen der beyden Welten, aus dem Untergang und einer der Verwesung aͤhnlichen Vernichtung des Anorganischen entstanden, und in sich den Keim der neuen, organischen Zeit zu tragen. Die Natur steht in der organischen Welt wieder aus einem Grabe und einem der Verwesung aͤhnlichen Zustande auf, und der Grund ihres Entstehens ist zu- gleich der des Unterganges der anorganischen Welt gewe- sen. So bauet sich froͤlich eine neue Zeit aus den Truͤmmern der versunkenen alten auf, hoffend wenn auch nicht durch die Dauer der koͤrperlichen Masse, doch durch die Kraft des Geistes das Werk ihrer Haͤnde fester in die Tiefe der fernsten Zeit zu gruͤnden, als je- ne untergangne Vorzeit. Achte Vorlesung. Die organische Welt . W enn uns auch, bey dem Eintritt in das Reich der Kristallisationen, ganz andre Gesetze und Weisen des Daseyns zu begegnen scheinen, als in dem System der Welten; so ist doch nirgends ein Mangel an Beruͤh- rungspunkten, an Uebereinstimmungen, ja an unmit- telbaren Uebergaͤngen. Es gehoͤrt dahin jenes schoͤne von Kepler entdeckte Verhaͤltnis einiger Grundgestal- ten der Kristalle, das in seinem Werk uͤber die Har- monie der Welten steht, und lange Zeit ganz vergessen schien. Er zeigt naͤmlich daselbst zwischen 5 Grund- gestalten der Kristallisation dasselbe Verhaͤltnis, was zwischen den 5 damals bekannten Planetenbahnen statt findet. a , a + b , a + 2. b , a + 4. b , a + 8. b u. s. w. wiewohl gerade das Glied 8 mal b , das be- kanntlich in die 4 zuletzt entdeckten Planeten faͤllt, so wie auch Uranus oder a + 64 mal b damals noch fehl- Dieses fuͤhrt aber, wie ich in meiner fruͤher erwaͤhnten Schrift gezeigt habe, in seiner Form und Bedeutung auf jene allgemeine Nothwendigkeit der Wechselwirkung zuruͤck, aus welcher sich alle Gesetze des Planetensystems herleiten lassen, und es folgt das Daseyn aller dieser Gesetze schon aus jenem oft ver- kannten Verhaͤltnis der Bahnen. Wir duͤrften also auch in den Kristallisationen und jenen merkwuͤrdigen Reihen (Suiten) die sie oft bey einer einzigen Steinart bilden, den Spuren, die uns aus jenem Verhaͤltnis entgegen kommen, mit Sicherheit folgen, um bald eine tiefe und allgemeine Uebereinstimmung, auch aller an- dren Verhaͤltnisse zu finden. Es wird diese Arbeit durch einen meiner Freunde geschehen, der hierin die Ent- deckungen der beyden vorzuͤglichsten Schulen (der Wer- nerischen und Hauyschen,) zu verbinden strebt. Ja diese Uebereinstimmung geht noch weiter in die Lebensverhaͤltnisse der organischen Welt hinuͤber, wo ich sie anderwaͤrts aufzuzeigen angefangen habe. So zeigt sich uͤberall derselbe Geist des Daseyns und Le- bens, uͤberall Eine Nothwendigkeit, unter welcher seine Aeußerungen stehen. Der Uebergang zum organischen Leben wird in den kosmischen Momenten der anorganischen Koͤrper gefun- ten. Das Verhaͤltnis der Grundformen ließe sich ohnge- faͤhr auf eben so viele Hauptglieder ausdehnen als das Pla- netensystem in sich faßt. (auf 8.) den, in denen wir an einem andren Orte jenen Zustand derselben erkannt haben, wo das Einzelne in die Ge- meinschaft des Lebens und Daseyns eines hoͤheren Gan- zen tritt. Es stellt in der gegenseitigen Wirkung der hoͤhere Gegensatz dem niederen die belebende Ursache dar, wie in der Schwere die Sonne den Planeten, die Erde den einzelnen Koͤrpern. Hierdurch wird an ihnen der Geist des Ganzen wie an dem Menschen in den Momenten ei- ner aͤhnlichen geistigen Wirkung das Goͤttliche offenbart, und was dort als Magnetismus, Licht u. s. w. erscheint, wird hier als Begeisterung gesehen. Die organische Welt ist, wie es scheint, mit der jetzigen Atmosphaͤre zugleich aufgetreten. Diese ist erst das hoͤhere und vollkommnere Mittelglied einer Wechselwirkung der besondern irdischen Natur mit dem hoͤheren Weltganzen, und wenn es auch den Einfluͤs- sen desselben zuzuschreiben ist, daß schon in den fruͤhe- ren Zeiten der Gebirgsbildung, wo die Atmosphaͤre wenigstens noch nicht mit der Erdflaͤche (die noch vom Wasser bedeckt war) in Beruͤhrung stund, die Nieder- schlaͤge der verschiednen Perioden von so ganz verschie- dener Beschaffenheit gefunden werden, so daß mit Recht auf einen in andren Zeiten ganz veraͤnderten Ge- halt der Fluthen geschlossen wird; so hat sich wenig- stens vor dem Auftreten der Atmosphaͤre, bei einem noch fluͤssigeren Zustand des Erdkoͤrpers, jener Einfluß eines hoͤheren Ganzen nicht an die Einzelnen sondern an die Gesammtmasse wenden muͤssen. Erst die At- mosphaͤre laͤßt auch die einzelnen irdischen Dinge un- mittelbar in Gemeinschaft mit jenem hoͤheren Einfluß treten, und macht hierdurch das besondre, organische Leben moͤglich. Es wird naͤmlich auch schon in den kosmischen Momenten der anorganischen Natur, jenes momenta- ne Leben des Einzelnen durch die Vermittlung eines hoͤheren Ganzen erhalten. Im Magnetismus sind es die beyden physicali- schen Erdpole, oder die beyden erregbarsten Punkte des Planeten, durch deren Vermittlung der Magnet, dessen herrschender Pol sich stets nach dem naͤchsten von jenen Punkten hinwendet, den hoͤheren Lebenseinfluß empfaͤugt, und auch in der Elektricitaͤt ist es der Erd- koͤrper, aus dessen mittelbarer oder unmittelbarer Ge- meinschaft die Koͤrper den Schimmer des ersten selbst- staͤndigen Lebens empfangen. In beyden Processen ist es der eine, der positive Pole, welcher dem andern das Erdganze in sich darstellt, deshalb ist der herr- schende Pol des Magnets durch eine unmittelbarere Abhaͤngigkeit von dem Planeten, die sich in seiner Neigung als groͤßere Schwere ausdruͤckt, der positiv elektrische Koͤrper durch groͤßere Cohaͤrenz, welche dasselbe, naͤmlich eine innigere Gemeinschaft des Ein- zelnen mit dem Ganzen ausspricht, vor dem negati- ven ausgezeichnet. Im chemischen Proceß schon, kehrt sich dieses Verhaͤltniß, wie Ritter gezeigt hat, gaͤnzlich um, und die Koͤrper, welche in der Elektri- citaͤt positiv waren, werden nun negativ und umge- kehrt. Gerade die minder schweren und minder festen Koͤrper stellen nun in der Wechselwirkung den hoͤheren Einfluß in sich dar, bis dieser endlich im Verbren- nungsproceß als Atmosphaͤre auftritt. Der positive Gegensatz, in der Elektricitaͤt und im Magnetismus, repraͤsentirte die Erde in sich, im chemischen Proceß, besonders aber erst beym Verbrennen, wird von dem po- sitiven Gegensatz das hoͤhere Weltganze, zu welchem sich wieder die Erde als Theil verhaͤlt, die Sonne dar- gestellt. Es ist mithin uͤberall derselbe Grund des Le- bens, daß naͤmlich das Einzelne durch die Wechsel- wirkung der Gegensaͤtze, in die Harmonie des allgemei- nen Lebens hineintrit, nur das hoͤhere Mittelglied ist verschieden. Schon das Wasser, oder uͤberhaupt das Fluͤssige, vertritt im chemischen Proceß die Stelle der Atmosphaͤre, endlich aber mit dem vollkommenen Ein- treten des Luftkreißes in die Wechselwirkung mit der festen Masse, wird in dem Licht die aͤußerste Graͤnze der Wirksamkeit der anorganischen Natur erreicht, es tritt nun, ein Bildniß der auf der Erde einheimisch gewordnen Soune, das organische Leben mit seinen mannichfaltigen Gestalten auf. Dieses ist der Weg, welchen das Leben, uͤberall dasselbe, von den Lebensbewegungen des Magnets bis zu denen des Thieres, nimmt. Ich werde die innre Uebereinstimmung des organischen Lebens mit den kos- mischen Momenten der anorganischen Natur noch an- derwaͤrts deutlicher entwicklen, zugleich mit der Be- staͤtigung, daß jene große Verwandlung, durch welche dasselbe Leben, das sich vorhin als Wechselwirkung des Anorganischen gezeigt, nun als Organisches auftritt, durch das Hinzukommen des jetzigen Luftkreißes be- wirkt ist. Dieses gleichzeitige Hervorgehen der orga- nischen Welt und der Atmosphaͤre, zeigt sich auch im Großen, in der Geschichte des Erdkoͤrpers. Obgleich naͤmlich schon in der Urzeit, in welcher angenommen wird, daß die Erde, noch ganz von Wasser bedeckt, von der unmittelbaren Beruͤhrung des Luftkreißes ausgeschlossen war, das noch kuͤnftige Erscheinen des Thier und Pflanzenreichs schon vorbe- reitet erscheint, finden wir doch die Spuren einer ge- wesenen organischen Welt erst in der 2ten Periode, wo, nach zum Theil verschwundenem Gewaͤsser, ein Theil des Erdbodens frey in die Luft hervorragte. Von jenen Spuren, welche die Pflanzen und Thier- welt der spaͤteren Perioden schon in der Urzeit voraus- verkuͤnden, treten die des Pflanzenreichs zuerst auf, und schon der Schoͤrl, welcher in einigen Gegenden im Granit sehr haͤufig ist, scheint in seiner Gestalt, inn- ren Textur und Farbe auf die kuͤnftige Vegetation hin- zudeuten. Wir sehen jedoch gleich das erste Glied der neuen Periode, wo der Uebergang zu der Zeit des Organi- schen gefunden wird, voller Ueberreste von Pflanzen- thieren, von jenen Mittelwesen, welche weder Thiere noch Pflanzen, sondern auf eine unvollkommene Weise beydes sind. Sie haben nur einige sehr entfernte Aehn- lichkeit mit Thierarten, die noch jetzt in den Tiefen der Meere gefunden werden, jedoch sind die Geschlechter, zu welchen sie gehoͤrten, als untergegangen zu betrach- ten. Wenn zu derselben Zeit die Erde an einigen hoͤ- her liegenden Stellen Gewaͤchse getragen, so waren es vorzuͤglich Wasserpflanzen, und jene Rohrgewaͤchse die in der Grauwacke der Uebergangszeit versteinert lie- gen, erzaͤhlen von einem uͤppig gruͤnenden Kuͤstenland. Gleich die ersten Fluthen der 3ten Periode, naͤmlich die der Floͤzzeit, fanden jedoch schon ein gruͤnendes und von bluͤhenden Waͤldern bedecktes Land, welches sie in das von neuem anstroͤmende Gewaͤsser begruben. Die haͤufigen Kalkgebirge dieser Zeit, enthalten in ih- ren aͤltesten Gliedern die Versteinerungen von Meerthie- ren, deren Geschlechter auch untergegangen scheinen, spaͤter naͤhern sich diese Denkmaͤhler einer fruͤheren Thierwelt in Hinsicht ihrer Form den noch jetzt vorhan- denen Thierarten. Zuletzt sehen wir gegen Ende die- ser Periode, die Geschichte einer sehr vollkommenen Thierwelt, welcher nichts mehr zu fehlen scheint als die hoͤchste Bluͤthe — der Mensch, in den steinernen Urkun- den jener voruͤbergegangenen Fluth aufbewahrt, und diese melden von hohen Palmenwaͤldern, in Gegenden, wo jetzt selbst ein niedriges Gebuͤsch sich zu wachsen weigert, von Elephanten und Nashoͤruern, Tapiren, Giraffen und Antilopen, von ehemaligen Fluͤssen voller Flußpferde und Krocodile, da wo jetzt nur noch der noͤrdliche Eisbaͤr und das Rennthier wohnen. Es ist naͤmlich aus dem Vorhandenseyn jener haͤu- figen Ueberreste organischer Wesen, in der Naͤhe der Pole, wovon wir hernach reden werden, gewiß, daß jene Gegenden in der fruͤhesten Zeit, und wie es scheint, fruͤher als alle andre Erdstriche, der Aufenthalt und das Geburtsland einer sehr vollkommenen organischen Welt waren. Die im Allgemeinen viel geringere Hoͤ- he der Gebirge nach den Polen hin, im Vergleich mit denen der Aequatorealgegenden, und verschiedne andre Thatsachen machen es wahrscheinlich, daß die Po- le bey der allmaͤligen Abnahme des (uͤber ihnen ungleich niedriger stehenden) Gewaͤssers, aus diesem schon her- vortraten, als die, vermoͤge des taͤglichen Um- schwungs nach dem Aequator angehaͤufte Fluth, da- selbst noch hoch uͤber den Bergen stund. Die duͤnnere Luftschicht in der Hoͤhe der Schneeregion, die dichtere in den tiefen Thaͤlern, sind bekanntlich die Ursache des Temperaturunterschieds der zwischen dem Gipfel der hohen Berge und den Ebenen statt findet. Eine groͤße- re allgemeine Wassermenge in fruͤheren Zeiten, hatte auch eine groͤßere Dichtigkeit der Atmosphaͤre zur noth- wendigen Folge, diese aber mußte wiederum eine viel staͤrkere (Waͤrmeerzeugende) Wirkung der Sonnenstrah- len bewirken. Bey einer ungeheuer viel groͤßeren Was- sermenge und mithin eben so viel dichteren Atmosphaͤre O in den fruͤheren Weltperioden, mußte mithin die Wir- kung der auch damals schon an den Polen nur senkrecht auffallendern Sonnenstrahlen, ohne daß wir deshalb ei- ne veraͤnderte Neigung der Erdaxe zu Huͤlfe zu nehmen brauchten, so heftig seyn, als bey dem jetzigen Zu- stand des Luftkreißes zwischen den Wendekreißen. Die Pole waren mithin, in den ersten Weltperio- den, sowohl wegen des noch vom Wasser bedeckten Zu- standes der Erdoberflaͤche, nach den Wendekreißen hin, als auch vielleicht selbst wegen des zu hohen Waͤrme- grades jener Gegenden, nicht allein der Geburtsort, son- dern der vorzuͤglichste und einzige Aufenthalt organischer Wesen. Ja nicht allein die Thier- und Pflanzenwelt, sondern selbst der Mensch scheint nach Einigen mehr von der Naͤhe der Pole als der Wendekreiße, ausgegangen, und der Aufenthalt jenes vorzuͤglich gebildeten Urvolks, von dem wir fruͤher sprachen, wird von Bailly, Rud- beck u. A. weit hinauf nach dem Nordpol versetzt. Wir wollen wenigstens einige der Gruͤnde die dafuͤr zu spre- chen scheinen, vernehmen. Wie die Lehren und der Kultus der alten Priester der noͤrdlichen Welt, vornehmlich der Schweden, mit denen der Egypter in Vielen uͤbereinstimmen, wurde auch von den alten Schweden ein Fest, das wie das des Osiris in Egypten 40 Tage dauerte, und diesem in verschiedenen Umstaͤnden glich, gefeyert. Statt des Osiris wurde aber die in jenem noͤrdlichen Himmel 40 Tage abwesende Sonne beklagt, und hierauf am 40sten das Wiedererscheinen der Sonne, wie in Egypten das Wiederaufleben des Osiris gefeyert. Osiris war ein Sinnbild der Sonne, und die aͤußere Form dieses Cultus scheint demnach unter dem 68sten Grade der Breite, mithin noͤrdlicher als Umba am weißen Meere entstanden. Die Fabel vom Vogel Phoͤnix, vom Her- cules, der Gottesdienst des Janus, sind von Bailly und Andern saͤmintlich aus jenem noͤrdlichen Himmels- striche hergeleitet worden, wo die Sonne einige Zeit abwesend ist. Die Verehrung des Saturn, ja der Isis und des Osiris, sind, wie es scheint, aus Norden ge- kommen, und die des Saturn hatte sich bis zu den spaͤteren Zeiten auf den noͤrdlichen europaͤischen Inseln erhalten. Nach Plutarch. Der Dienst band sich an den 30jaͤhrigen Umlauf des Saturn. Ich koͤnnte, wenn es hier am rechten Orte schiene, noch eine Menge Thatsachen anfuͤhren, welche alle Dasselbe bewiesen; doch will ich nur noch eine in dieser Hinsicht ganz vorzuͤglich merkwuͤrdige Sa- ge der Mexicaner hinzufuͤgen. Die Halbgoͤtter, mit welchen der Himmel und die Erde nach ihrer dritten Verwandlung bevoͤlkert worden, und von denen das jetzige Menschengeschlecht abstammt, befanden sich Anfangs in einem Lande wo keine Sonne war, das heißt, in der langen Polarnacht. Als ein junger Held dem ersehnten Licht sich selber zum Opfer O 2 gebracht, wird ihnen die Gewißheit der Wiederkehr der Sonne. Hierauf, in einer langen Daͤmmerung, wie sie an den Polen herrscht, wird der Aufgang bald da bald dort erwartet, und die Helden stellen mit verschie- denen Thieren eine Wette an, wo die Sonne sich zu- erst zeigen wuͤrde, und der Irrthum des thierischen Vorgefuͤhls wird mit dem Tode bestraft. Endlich als die Sonne, wo sie noch jetzt aufgeht, sich gezeigt, erhebt sie sich, wie dies an den Polen geschieht, nur in einem sehr niedrigen Bogen, und die Helden uͤber den scheinbaren Stillstand ungedultig, finden durch Citlis Kuͤhnheit einen fruͤhen Untergang. Einer von den Dienern, heißt es in jener Sage ferner, wird hin- ab in das Haus der Sonne gesendet. Es wandelt die- ser mit dem Gesange eines Liedes, das ihm der Halb- gott gelehrt, auf einer Bruͤcke von Wallfischen und Schildkroͤten hinab, womit die Sage anzudeuten scheint, daß der Suͤden noch vom Meere bedeckt war. Doch versetzen auch viele andre wichtige Thatsa- chen, den Wohnsitz jenes Urvolks unter den 49° der Breite, aus welcher Gegend viele astronomische Beob- achtungen, die uns Ptolemaͤus u. A. aufbehalten ha- ben, und unter andern das aͤlteste Urbild des Zend Avesta herstammen. Wie sich schon aus dem im Zend-Avesta angegebnen Ver- haͤltnis des laͤngsten zu dem kuͤrzesten Tage (2 zu 1) schlies- sen laͤßt. Es koͤnnte demnach sehr wohl seyn, daß unser Geschlecht im mittlern Asien (wie Vie- le behaupten) entstanden, erst spaͤter, wo die ganze or- ganische Schoͤpfung der fruͤhern Welt schon unter den neuentstandnen Sandwuͤsten des noͤrdlichen Asiens be- graben war, in jenen Gegenden, die nicht auf einmal sondern nur in sehr allmaͤligen Uebergaͤngen kaͤlter wur- den, seinen Aufenthalt nahm. Es laͤßt sich deshalb aus jenen Thatsachen weder et- was fuͤr noch gegen die Vermuthung schließen, ob der Mensch zu jener Zeit, wo jene maͤchtige organische Welt gegen Ende der 3ten Weltperiode unter den (meist me- chanischen) Niederschlaͤgen der neuen Fluth begraben wurde, Die meisten jener vollkommenen Landthiere, deren Gerip- pe wir noch jetzt im Norden finden, scheinen erst nach Ver- lauf der 3ten Weltperiode, in einer noch spaͤtern Fluth unter deren aufgeschwemmten Sand sie begraben sind, un- tergegangen, doch finden sich die Thieruͤberreste, die man im noͤrdlichen Frankreich ausgegrahen, schon in einem juͤn- geren Gebirge der Floͤzzeit selber. schon auf der Erde vorhanden war, und ob auch seine Geschichte schon in die 3te Weltperiode (die Floͤzzeit) hinaufreicht? Gewiß ist es, daß man bisher unter den vielen Ueberresten groͤßerer Landthiere noch keine gefunden, welche Menschen zugeschrieben werden koͤnnten, aͤltere Naturforscher hatten, von einer leichten Aehnlichkeit getaͤuscht, bald die Knochen von Elephanten fuͤr Ge- beine von ungeheuren Riesen, bald Schildkroͤtenschaa- len, ja den breitgedruͤckten Kopf eines Wels fuͤr Men- schenschadel gehalten, doch will noch neuerlich Spal- lanzani auf einer Insel des mittellaͤndischen Meeres zahlreiche Menschengebeine gefunden haben, an welche noch unsichere Beobachtung jene aus der Gegend von Cadix sich anschließt. Aber gesetzt auch, es faͤnden sich in ganz Europa, welcher Welttheil, und zwar nicht einmal ganz, sondern nur zum Theil, bisher allein gruͤndlich durchforscht worden, gar keine Ueber- reste von Menschen, so waͤre dieses noch immer nicht hinlaͤnglich, um zu beweisen, daß zu jener Zeit noch gar keine vorhanden waren. Das Geburtsland des Menschen scheint aus verschiedenen Asien, wohin unsre Forschungen bisher doch nur wenig eingedrungen sind. Vielleicht daß das damalige Geschlecht der Menschen sich nur erst uͤber einen geringen Theil der alten Welt ausgebreitet hatte, und daß jenes große Grab, das die Gewaͤsser dem untergegangenen Urvolk erbaueten, dereinst an den bluͤhenden Quellen des Ganges oder In- dus gefunden wird. Außer diesem hat vielleicht auch die leichtere Zer- stoͤrbarkeit des menschlichen Koͤrpers, worinnen sich dieser vor allen groͤßern Thieren auszeichnet, die Ueber- reste jener fruͤheren Voͤlker spaͤteren Nachforschungen entzogen. Man hat zwar allerdings menschliche Koͤr- per zu Mumien ausgetrocknet, lange Jahrtausende aufbewahrt, bey einiger Beguͤustigung aber von außen, wie die des Wassers oder der feuch- ten Luft, verwest der Leichnam des Menschen viel schneller als der der Thiere, unter Knochen von ver- schiedenen Arten, zerfallen die menschlichen am ersten, und die Natur scheint durch den groͤßeren Phosphorge- halt seines Koͤrpers, fuͤr ihren Liebling, den Men- schen, die Zeit der letzten Verwandlung verkuͤrzt zu haben. Ja es scheinen jene aͤußeren Einfluͤsse, welche die Verwesung von den thierischen Koͤrpern der fruͤhern Weltperioden, so lange Jahrtausende abgehalten ha- ben, nicht hinreichend, um der Zerstoͤrung des menschli- chen eine viel kuͤrzere Zeit zu wehren. In dem Gips und Salzgebirge des noͤrdlichen Frankreichs, sind die Gebeine einiger Landthiere noch ziemlich wohl erhalten, dagegen sahe man jenen im Salzburgischen gefundenen menschlichen Koͤrper, der vielleicht seit einigen Jahr- hunderten in einer aͤhnlichen Salz und Gipsaufloͤsung, als die, woraus die erwaͤhuten Gebirge entstunden, gelegen, schon nach einigen Tagen an der Luft zer- fließen. Auf gleiche Weise zerfiel auch jener merkwuͤrdige Leichnam, von welchem Huͤlpher, Cronstedt und die schwedischen gelehrten Tagebuͤcher erzaͤhlen, in eine Art von Asche, nachdem man ihn, dem Anscheine nach in festen Stein verwandelt, unter einem Glas- schrank vergeblich vor dem Zutritt der Luft gesichert hatte. Man fand diesen ehemaligen Bergmann, in der schwedischen Eisengrube zu Falun, als zwischen zween Schachten ein Durchschlag versucht wurde. Der Leichnam, ganz mit Eisenvitriol durchdrungen, war Anfangs weich, wurde aber, so bald man ihn an die Luft gebracht, so hart als Stein. Funfzig Jahre hatte derselbe in einer Tiefe von 300 Ellen, in jenem Vitriolwasser gelegen, und niemand haͤtte die noch un- veraͤnderten Gesichtszuͤge des verungluͤckten Juͤnglings erkannt, niemand die Zeit, seit welcher er in dem Schachte gelegen, gewußt, da die Bergchronicken so wie die Volkssagen bey der Menge der Ungluͤcksfaͤlle in Ungewißheit waren, haͤtte nicht das Andenken der ehe- mals geliebten Zuͤge eine alte treue Liebe bewahrt. Denn als um den kaum hervorgezogenen Leichnam, das Volk, die unbekannten jugendlichen Gesichtszuͤge be- trachtend steht, da koͤmmt an Kruͤcken und mit grauem Haar ein altes Muͤtterchen, mit Thraͤnen uͤber den ge- liebten Toden, der ihr verlobter Braͤutigam gewesen, hinsinkend, die Stunde segnend, da ihr noch an den Pforten des Grabes ein solches Wiedersehen gegoͤnnt war, und das Volk sahe mit Verwunderung die Wie- dervereinigung dieses seltnen Paares, davon das Eine, im Tode und in tiefer Gruft das jugendliche Aussehen, das Andre, bey dem Verwelken und Veralten des Leibes die jugendliche Liebe, treu und unveraͤndert erhalten hatte, und wie bey der 50jaͤhrigen Silberhochzeit der noch jugendliche Braͤutigam starr und kalt, die al- te und graue Braut voll warmer Liebe gefunden wurden. Andre Beyspiele von lange unverwesten Leichnamen, welche an der Luft sehr schnell zerstoͤrt wurden, kann man in meiner Geschichte der Verwesung lesen. Es muß daher selbst diese leichtere Verwesbarkeit der menschlichen Koͤrper, diese, wenn in den Niederschlaͤ- gen der Fluthen- welche ihr Grab fanden, viel selt- ner gemacht haben, als die der Thiere, und wir duͤr- fen es aus einigen wenigen negativen Beobachtungen nicht geradezu laͤugnen, daß zu jener Zeit Menschen vorhanden waren. Um so mehr da sich viele von jenen Thieren, welche wie es scheint, dem Menschen in der Reihe der Wesen am naͤchsten stehen, in den Gebirgen und Sandlagern jener Perioden finden. So ist der Elephant, wie aus den vielen Ueberresten dieses Thier- geschlechts erhellet, in jenen Zeiten ungemein haͤufig verbreitet gewesen. Mit ihm zugleich findet fich das Nashorn und der indische Buͤffel, der Tapir und das Flußpferd, Antilopen und andre vierfuͤssige Thiere der Wendekreiße unter den juͤngern Gebirgsschichten der noͤrdlichen Welt begraben. Einige von den Thierar- ten, welche mit diesen als Versteinerung gefunden wer- den, sind nun untergegangen. So jenes merkwuͤrdi- ge Thier von Cuvier beschrieben, das in einigen Zuͤ- gen, besonders in dem Bau und Verhaͤltnis seiner Zaͤhne, welches bekanntlich in der Charakteristik der Thiere von hoͤchster Wichtigkeit und Bedeutung ist, eine so nahe Aehnlichkeit mit dem Menschen hat, wie kein andres jetzt lebendes Thier, selbst die Affen nicht. So sind auch jene merkwuͤrdigen Thierarten unterge- gangen, welche in der Einrichtung ihres Gerippes dem Faulthier gleichen, und deren einige von der Groͤße des Nashorns, andre von der Groͤße des Pferdes, andre noch kleiner waren. Wir sehen von allen diesen zahl- reichen, und in Hinsicht ihres Baues einzigen Thier- gattungen, in der ganzen Natur nichts Aehnliches mehr, außer in dem Ai und Unau, und ein neuerer Natur- forscher bemerkt mit Recht, daß diese ungluͤckseelig- sten und traͤgesten Thiere unter allen, darum mit dem Angesicht und der Kraftlosigkeit der Greise gebohren wuͤrden, weil ihr Geschlecht, ein trauriger und veral- teter Ueberrest einer fruͤheren Zeit, in die Reihe der jetzi- gen Wesen nicht hineinpasse, und gleichsam unwillig, wie Greise, denen unter den Zeitgenossen keine Gefaͤhr- ten und Zeugen ihrer Jugend mehr uͤbrig geblieben, in diese fremdartige Natur hineinsaͤhe. Merkwuͤrdig ist es, daß alle, oder doch fast alle Landthiere, deren Gerippe aus jener Zeit uͤbrig geblie- ben, Pflanzenfressende sind. Denn jene Gebeine von Baͤren, die man in den Kalkhoͤhlen zu Gaͤylenreuth, Scharzfeld und anderwaͤrts gefunden hat, sind offen- bar aus einer viel juͤngeren Zeit, und wenn sie uͤber- haupt durch eine Fluth umkamen, so war dies eine viel spaͤtere, blos oͤrtliche. Denn sie liegen weder versteinert noch selbst zum Theil nur von dem herabsin- ternden Wasser incrustirt, frey in den Hoͤhlen, wohin sich die Thiere vielleicht bey einer solchen oͤrtlichen Fluth wie die Cimbrische, gerettet hatten. Zwar hat man die Ueberreste einer Art von Elephanten gefunden, welche sich im Bau der Zaͤhne den fleischfressenden Thie- ren naͤherte, allein man hat mit Recht bemerkt, daß sowohl die Schwerfaͤlligkeit des Baues, als der Ruͤßel, der doch das einzige Organ ist, mit dessen Huͤlfe der Elephant Speise nehmen kann, dieses Thier hoͤchstens zum Fischfang faͤhig gemacht haben. Die Gebeine aus der Scharzfelder Hoͤhle, die man fuͤr die einer Art von Loͤwen gehalten, werden neuerdings fuͤr die eines Seehunds oder eines aͤhnlichen Thieres anerkannt. Es waͤre doch zu verwundern, wenn unter den vielen Ueberresten von großen Landthieren einer suͤdlichen Zo- ne, welche jetzt an Raubthieren Ueberfluß hat, nicht von einem einzigen Fleischfressenden Thiere jener Clima- ten Spuren gefunden wuͤrden, wenn uͤberhaupt welche vorhanden gewesen waͤren. Wir werden aber spaͤter noch andre Thatsachen anfuͤhren, die es wahrscheinlich machen, daß die Pflanzenessenden Thiere vor dem Menschen, die Fleischfressenden sammt den Affen nach dem Menschen entstanden sind, und daß der Mensch zwar das oberste Glied der ganzen Schoͤpfung sey, daß es aber eben sowohl von ihm hinabwaͤrts eine gleichsam zuruͤcksinkende Thierreihe gaͤbe, als es eine zu ihm hinaufsteigende giebt. Jene anjetzt ganz un- tergegangene Menschenart, von welcher noch einige Individuen unter den egyptischen Mumien erhalten sind, unterscheidet sich nicht blos im Bau der Stirne, der Nase, der Backenknochen und durch die wie nach Galls Schaͤdellehre bey den Pflanzenfressenden Thie- ren, weiter nach voruen und hoͤher liegenden Ohren vor allen Varietaͤten des jetzigen Menschengeschlechts, son- dern selbst darin, worin sich die Menschen in allen Zo- nen gleich sind, und was fuͤr den natuͤrlichen Charak- ter des ganzen Geschlechts gehalten wird, in dem Bau der Zaͤhne, weichen sie gaͤnzlich ab. Es sind naͤhm- lich die Eckzaͤhne, die wir mit den Raubthieren gemein haben, von den Backzaͤhnen nicht zu unterscheiden, und auch die Schneidezaͤhne haben platte Kronen. Dieses, wahrscheinlich aͤlteste Menschengeschlecht, ist demnach blos Pflanzenessend gewesen, und auch in der Geschichte des Menschen wie in der der vollkommneren Thiere, ist das Leben von Vegetabilien aͤlter gewesen als das vom Raube. So wie jene Pfianzenfressenden Thiere an koͤrper- licher Groͤße und Masse das juͤngere Geschlecht der Raubthiere weit uͤbertreffen, so zeichnen sich uͤberhaupt alle Bildungen jener fruͤheren Zeit durch eine viel groͤße- re Masse vor den jetzigen aus. Wo kann die jetzige Natur Elephanten von jener ungeheuren Groͤße auf- weisen, wie diejenigen, deren Ueberreste noch in den Gebirgen der noͤrdlichen Welt gefunden werden? Jene Hirsche, deren Geweihe sich, wie an den in Irrland gefundenen Schedeln, gegen 11 Fuß ausbreiteten, oder von denen das Geweih, wie jenes bey Worms gefun- dene, gegen 50 Pfund wog, jene Tapire, welche das Nashorn noch um den 4ten Theil an Groͤße uͤbertref- fen, jene indischen Buͤffel, die noch viel groͤßer gewe- sen seyn muͤssen, als der amerikanische Bison, haben jetzt unter ihren Geschlechtern nichts aufzuweisen, das ihnen gliche. Man wird fast bewogen, auch in der Vorwelt unsres Geschlechts an Riesen zu glauben, und obgleich viele von den Faͤllen, die man in neuerer Zeit, unter andern bey Calmet aus der alten Geschichte ge- sammlet findet, sehr zweifelhaft scheinen, so laͤßt sich doch nicht gegen alle etwas Gruͤndliches einwenden. Von sehr zweifelhafter Art ist die Geschichte jenes Rie- sengerippes, welches wegen einer nahen Inschrift dem altdeutschen Koͤnig Theutobochus zugeschrieben wurde, und das den Denkschriften von Trevour zu Folge gegen 13 Ellen lang und um die Schultern 5 Ellen breit war, obgleich dieser Riese gegen jenen, dessen Gerippe in der Gegend von Smyrna hinter einer Mauer ausgegraben seyn soll , und den man im franzoͤsischen Mercur vom Jahr 1727 beschrieben findet, nur ein kleiner Zwerg gewesen waͤre. Auch an Menge der Individuen hat das Thierreich, an Ueppigkeit der Vegetation, das Pflanzenreich jener Zeit, vor denen jetzigen einen ungemeinen Vorzug ge- habt. Wo faͤnden sich jetzt noch solche ungeheure Heer- den von Elephanten, wie die, deren Gebeine im noͤrd- lichen Amerika und in Sibirien ganze kleine Berge bil- den, wo jene unzaͤhligen indischen Buͤffel und Nashoͤr- ner, aus deren Ueberresten, mit denen der Elephan- ten vermischt, Cap. Billings im noͤrdlichen Eismeer ganze Inseln gebildet fand? Ueberall wo, besonders in dem noͤrdlichsten Theil von Sibirien, das jetzt nur an der Oberflaͤche aufthauende Land etwas entbloͤst wird, sieht man Ueberreste von jenen Thieren hervor- ragen; so daß das Volk sie fuͤr die Gebeine von Unge- heuern haͤlt, welche wie der Maulwurf und einige Wuͤrmer, tief unter der Erde lebten, und sich nur zu- weilen nach der Oberflaͤche herauf wuͤhlten. Das mei- ste und beste Elfenbein das in Europa verarbeitet wird, kommt von den in dem noͤrdlichsten Sibirien ausgegra- benen Elephantenzaͤhnen. — So findet sich auch jetzt in den Waͤldern großer Laͤnderstriche nicht so viel Holz mehr, als nur einzelne Berge derselben in Steinkohlen verwandelt enthalten. Diese Bemerkung hat man un- ter andern von Hessen gemacht. Wo finden sich auch jetzt, selbst in den fruchtbarsten Gegenden der Wende- kreiße, solche unermeßliche Waldungen, wie die gewe- sen seyn muͤssen, deren Kohlen ganz Island bis zu ei- ner ungemeinen Tiefe erfuͤllen? Einen großen Theil dieser verkohlten Holzmassen, die sich in allen Laͤndern der noͤrdlichen Welt finden, haben Erdbraͤnde verzehrt, andre streben aus ihren Graͤbern, die sie in vulkani- schen Bergen gefunden, durch gewaltsame Ausbruͤche hervor, doch hat uns nach diesem allen die Vorwelt noch einen so großen Vorrath ehemaliger Waͤlder auf- bewahrt, daß diese in einigen Laͤndern dem bloßen Be- duͤrfniß der Einwohner auf viele Jahrhunderte hinrei- chen koͤnnen. Alle Ueberreste von Pflanzen, welche in den noͤrd- lichen Laͤndern wirklich aus jener Zeit herruͤhren, und nicht etwa durch spaͤtere, blos oͤrtliche Fluthen im Sand verschlemmt worden, sind denen aͤhnlich, die wir jetzt nur zwischen den Wendekreißen finden. Baumartige Farrenkraͤuter, hohe Palmenbaͤume, wer- den als ehedem einheimische Gewaͤchse nicht allein in Deutschland und besonders in den Rheingegenden, son- dern bis hinauf an den noͤrdlichen Polarkreis gefunden. Ja selbst Sibirien hat Ebenholz und Zuckerrohrartige Gewaͤchse, anjetzt Versteinerungen geworden, aufzu- weisen. Die ganze Natur der noͤrdlichen Welt hat seit- dem eine veraͤnderte Gestalt angenommen. Wir fin- den in Frankreich, der Schweiz und Deutschland, Fisch- und Schneckenversteinerungen, deren Originale jetzt nur im indischen Meere wohnen, die Fluͤsse von Deutschland so wie selbst die des noͤrdlichen Sibiriens, haben Crocodile und Flußpferde enthalten; in Deutsch- land weideten so haͤufige Heerden von Elephanten, daß man, unter andern in der obern Grafschaft Katzenel- lenbogen, in einem Umkreiß von wenig Stunden die Ge- rippe von mehr als 50 Stuͤck gefunden. Irrland und England, Pohlen, Island, das noͤrdliche Rußland und Sibirien, so wie das noͤrdlichste Amerika, sind voll gewesen von den meisten Pflanzenfressenden Thieren der Wendekreiße, und wo jetzt selbst die Birke nicht mehr gut gedeihen will, finden sich die Ueberreste von Palmenwaͤldern. Diese Thiere koͤnnen nicht durch Zu- fall dahin gerathen seyn, am wenigsten durch Kriege, da niemand noch gehoͤrt hat, daß Krocodile, Fluß- pferde, Nashoͤrner und aͤhnliche Thiere im Krieg ge- braucht worden waͤren. Oefters hat man Spuren ge- funden, daß jene Thiere in ganzen Heerden, die Al- ten mit den Jungen, von der schnell uͤberhandnehmen- den Fluth auf der Weide ergriffen wurden. Jener Kalktuff mit vielen Abdruͤcken auslandischer Sumpf- gewaͤchse, wo man in Sibirien oͤfters die Gerippe von ganzen Elephantenheerden gefunden hat, ist damals Sumpf gewesen, wo diese Thiere noch jetzt zu weiden pflegen. Auch von einer Fluth die von Suͤden herkam, koͤnnen jene Wesen der suͤdlichen Laͤnder nicht nach Nor- den heraufgefuͤhrt seyn. Es ist gaͤnzlich falsch anzu- nehmen, daß die Fluthen aus Suͤden gekommen waͤ- ren, vielmehr haben sie, wo sie nicht durch besondre Umstaͤnde von dieser Richtung abgelenkt worden, ei- nen fast umgekehrten Lauf, den von Nordost nach Suͤd- west genommen. Denn der steile Abfall nicht blos al- ler großen, sondern auch der meisten mittleren und klei- nen Gebirge ist nach Suͤdwest, das allmaͤlige Anstei- gen nach Nordost, welches Verhaͤltniß, beylaͤufig, auch auf dem Monde beobachtet wird. Man findet im noͤrdlichen Asien die Ueberreste der ehemaligen Thier und Pflanzenwelt, blos unter den obern Lagern der Steppen und Ebenen, bis hinan zu dem huͤglichen Land, das die letzte Graͤnze des noͤrdlichen Abfalls des hohen Gebirgsruͤckens bildet; ein sehr großer Theil des mitlern Asiens, der meist aus reinen Urgebirgen be- steht, ist von jener Fluth gar nicht beruͤhrt worden, sondern hat frey uͤber dieselbe emporgestanden, so wie auch anderwaͤrts die Gewaͤsser, aus welchen die Floͤz- gebirge gebildet sind, nicht an die hoͤheren Gebirgsruͤ- cken hinanreichten. Ein mehr als hundert Meilen breiter Damm hinderte mithin das Anstroͤmen einer Fluth aus dem suͤdlichen Asien ins noͤrdliche. Ueber- dies ist es ganz unwahrscheinlich, daß sich bey einem solchen langen Umherfluthen jene Thiergerippe so wohl erhalten haͤtten, wie sie noch oft gefunden werden, daß Mutter und Junges, so wie ganze Heerden bey- sammen geblieben waͤren, oder daß sich sogar einige von ihnen, wie das junge Nashorn, das man in Si- birien ausgrub, noch mit Fell und Haaren, und mit dem nur zum Theil verdorbenen Fleisch haͤtten erhalten koͤnnen. Auch die Erdaxe kann, dieses ist die letzte Hypo- these, durch welche man jene Thatsachen zu erklaͤren gesucht hat, ihre Lage nicht so sehr veraͤndert haben, daß der Aequator durch die Gegend der jetzigen Pole gieng. Die Erde wird auch, seit ihrem Entstehen, nie ohne eine der jetzigen aͤhnliche Neigung ihrer Axe gewe- sen seyn, und diese kann in gewissen großen Perioden nur wenig zu oder abnehmen. Wir haben gesehen, daß die Richtung der Erdaxe seit den aͤltesten astrono- P mischen Beobachtungen, mithin seit etwa sechstausend Jahren, sich nur um anderthalb Grad veraͤndert hat, und es ist wahrscheinlich, daß die Abnahme der Schie- fe der Eclipfik ihre Graͤnzen habe, jenseit welcher sie wiederum zunimmt. Ich habe schon anderwaͤrts darauf aufmerksam gemacht, daß die Neigung der Erdaxe mit andern Naturverhaͤltnissen unsers Planeten in einer in- nigen Harmonie stehe, und daß, wenn dieses astrono- mische Element ein andres werden sollte, auch das Verhaͤltnis der Erde zur Sonne und zum Mond sich zu- gleich veraͤndern muͤßte. Außer diesem muͤßte sich der ehemalige Aequator so wie der jetzige durch jene groͤßere Hoͤhe der Gebirge auszeichnen, welche durch den taͤglichen Umschwung der noch fluͤssigen Masse erzeugt wird, und die Abplat- tung an den Polen, welche schon den aͤltesten Urgebir- gen, die viele Weltenalter vor jener Naturbegebenheit vorhanden waren, eingedruͤckt ist, koͤnnte nicht statt finden. Es bleibt uns mithin nichts anders zur Erklaͤrung uͤbrig, als die Annahme, daß die Erde vor Zeiten waͤrmer gewesen sey. Wir haben schon fruͤher den Grund davon in einer dichteren Atmosphaͤre gefunden. Die Schneelinie, welche jetzt in jenem Clima schon durch die Hoͤhe von 8000 Fuß erreicht ist, muß vor Zeiten in der Schweiz uͤber ein halbmal so hoch gelegen haben, mithin dieses Land um mehr als ein halbmal waͤr- mer gewesen seyn, da man mehr als 4000 Fuß uͤber der Region, wo jetzt noch Baͤume wachsen koͤnnen, er- hoͤht, große, noch unveraͤnderte Baumstaͤmme findet. Diese Thatsache ist unter andern von dem Alpenberge Stella bekannt. — Das Eis der Gletscher nimmt auch nach einer durchgaͤngigen Erfahrung der Einge- bohrnen mit jedem Jahre zu, und ehehin gruͤne Wie- sen sind jetzt von Eisflaͤchen verdraͤngt, so wie das noch vor einigen Jahrhunderten bluͤhende Groͤnland, jetzt eine traurige Wildniß voller Schnee und Eis ist, wie die noch vor einem Menschenalter freyen Haͤfen noͤrdlicher Kuͤsten jetzt von Eis versperrt sind, und von Norden abwaͤrts, ein Wald nach dem andern aus- stirbt, ohne daß die Beduͤrfnisse des Menschen der ver- nichtenden Natur vorgriffen. Es muß auch nach dem Suͤdpol hin vor Zeiten das Land von uͤppiger Vegetation und einer reichen Thierwelt geschmuͤckt gewesen seyn. Zwar hat man auf dem Feuerland und den angraͤnzenden Gegenden nach Versteinerungen noch nicht nachsuchen koͤnnen, da selbst in den langen Sommertagen dieses traurige Land, das die schaffende Natur zu verlassen anfaͤngt, von oͤfteren Schnee erstarrt, man hat aber fast auf jeder Seereise in dieses Clima, die schwarzen und kah- len Klippen jener Wildniß von haͤufigen vulkanischen Feuer rauchen sehen, und das zerspaltene jaͤhe Ausse- hen der Felsen spricht von einer langen Arbeit der Vul- kane. Dieses Eyland scheint mithin an Brennmate- P 2 rialien, und an Fuͤlle der Vorraͤthe, die aus einer fruͤ- heren Vegetation erhalten sind, Island nichts nachzu- geben. Der Mensch allein, wenn die Wesen aller Art der veraͤnderten Welt entfliehen, und die ganze lebende Natur sich zum Hinwegziehen ruͤstet, bleibt noch zuletzt auf den einsamen Truͤmmern zuruͤck, weil die Liebe und die alte Anhaͤnglichkeit des Gemuͤths die starren Felsen ver- schoͤnern. Andre Wesen sehen die Welt nur in ihrem natuͤrlichen Reiz, der Geist des Menschen fuͤgt diesem noch einen neuen Schimmer hinzu. So ist jetzt jene nordische Nachtigall, deren einfach klagende Toͤne die Reisenden fruͤher Jahrhunderte beschrieben, sammt den dunkelgruͤnen Waͤldern, und den Rosenlauben, aus Island verschwunden. Auf oͤdem Gebirge, welchem der Sommer jetzt kein gruͤnes Laub sondern nur Gras und Blumen zuruͤckbringt, singt der Mensch noch im- mer froͤlich, den allgemeinen Verfall nicht bemerkend, die alten Lieder seiner Vaͤter, von jenen anjetzt ver- schwundenen Lauben, dem tiefen Gruͤn und dem Gesang der Nachtigall. Neunte Vorlesung. Das Pflanzenreich . W enn sich auch in einigen aͤußeren Verhaͤltnissen zwi- schen dem wie es scheint, zunaͤchst anstehenden Pflan- zenreich, und der anorganischen Welt der Gebirge, ge- wisse Aehnlichkeiten faͤnden, so zeigt sich doch gleich in einer Hinsicht, welche zuerst in die Sinnen faͤllt, eine sehr tiefgehende Verschiedenheit. Es ist die anorganische Koͤrperwelt nichts fuͤr sich allein, sondern nur in Beziehung auf das Erdganze, und wo sie ihre schoͤnsten Bluͤthen entfaltet ist es doch nur ein Schein von selbststaͤndiger Individualitaͤt, zu welchem sie zu gelangen vermag. Wenn auch die Ver- schiedenheit der aͤußern Einfluͤsse, welche von dem Weltganzen auf die Erde geschahen, sich in den verschiednen Gebirgsbildungen der einzelnen Weltpe- rioden verkuͤndet; so konnten doch jederzeit diese hoͤheren Einfluͤsse sich der einzelnen Masse nur durch das Erdganze mittheilen; es war die Erde, welche afficirt worden, und das Einzelne nahm nur mittelst der Vereinigung mit ihr an jener Affection Theil. Es wird daher in allen Theilen der Erde, von den Kuͤsten des Feuerlandes bis an die Groͤnlaͤndischen Huͤgel, von den suͤdlichsten Inseln des indischen Meeres bis an die noͤrdlichste Kuͤste von Asien, derselbe Granit oder Gneis, derselbe Basalt auf Ceylon und auf Island u. s. w. gefunden, ein Zeichen, daß uͤberall nur durch dieselbe Erde, durch dieses Eine Ganze gewirkt wurde. Ja selbst wo noch jetzt große Veraͤnderungen dem Anschein nach in einem einzelnen Theil der anorganischen Welt vor sich gehen, sehen wir sogleich das Erdganze daran Theil nehmen, und kein einzelner Theil vermag fuͤr sich allein, sondern nur in Verbindung mit dem Gan- zen bedeutende Veraͤnderungeu zu erleiden. Wir sehen dieses vornehmlich bey bedeutenden Ausbruͤchen der Vulkane, wo durch eine tiefe Sympathie die zu aͤhnli- chen innern Bewegungen geneigten Gegenden der ent- ferntesten Erdstrecken zugleich mit afficirt werden, wel- che Mitleidenschaft, nur zum Theil durch die Atmos- phaͤre, durch die jenem Oxydationsproceß guͤnstiger ge- wordne Stimmung derselben, bewirkt werden kann. Dagegen zeigt sich in der organischen Welt die Er- de auf einmal wie von einem neuen fremden Willen, von dem Einfluß der Sonne ergriffen. Schon die Ve- getation gehoͤrt nicht mehr der Erde allein, sondern dem Einfluß eines hoͤhern Weltganzen an, der sich nun vermittelst der Atmosphaͤre nicht mehr blos der gan- zen Erde, sondern dem einzelnen Daseyn unmittelbar mittheilt. Waͤhrend daher die Bildungen der anorgani- schen Welt uͤberall als dieselben erscheinen, ist die Pflanzenwelt in jedem Theil, ja fast in jeder kleinen Gegend der Erde eine andre. Nur in Gegenden wo der Einfluß der Sonne geringer ist, nach den Polen hin, oder auf hohen Gebuͤrgsruͤcken, sieht man, wie noch neuerlich Humbold erinnert, einfoͤrmig, in unzaͤhli- gen Individuen, einzelne Pflanzengeschlechter ganze Erdstrecken ausschließend bewohnen; naͤher nach dem Aequator, oder nach den waͤrmeren Gegenden des Fus- ses der Gebirge hin, stehen die mannigfaltigsten Pflan- zenarten untereinander gemischt, und jeder Huͤgel, je- des Thal, traͤgt seine eignen Kraͤuter. So spricht sich die Verschiedenheit der einzelnen Gegenden, gegruͤndet auf die verschiednen Modificatio- nen, welche die Einwirkung der Sonne durch die Um- gebungen der Berge und des Wassers, und im Allge- meinen durch ihre Lage unter verschiednen Graden der Breite erleidet, deutlich in den verschiednen Pflanzen aus, welche sie tragen. Aber nicht blos die Beziehung einzelner Gegen- den der Erde auf die Sonne im Allgemeinen, sondern jene besondre und in jedem Augenblick sich veraͤndernde, in welcher dieselben in verschiednen Zeiten mit der Son- ne stehen, oder mit andern Worten die nie fuͤr die gan- ze Erde sondern nur fuͤr einzelne Theile gleichzeitig statt findende Veraͤndrung der Tages- und Jahreszeiten, zu- gleich aber auch wie aus einigen scheint, selbst die der groͤßern Weltperioden, wie sie sich einzelnen Erdstri- chen darstellen, spricht sich in den Bildungen des Pflan- zenreichs aus. So wird in der ganzen Pflanzenwelt uͤberall derselbe hoͤhere Einfluß der Sonne, in allen seinen verschiedenen Gestalten, in allen seinen Modifi- cationen durch Raum und Zeit ausgesprochen. Bekanntlich haben viele Blumen die Eigenschaft, ihre Kronen zu gewissen Stunden des Tages zu schlies- sen und zu oͤffnen. Die Stunden des Erwachens und des Wiedereinschlummerns (was sich damit ausspricht) sind bey verschiednen verschieden, einige oͤffnen sich schon gegen Sonnenaufgang und schließen sich spaͤt, andre oͤffnen sich nur den Strahlen der heißesten Mit- tagsstunden, noch andre schließen sich dann schon wie- der. Man hat hieraus eine Blumenuhr zusammenge- setzt, wo aus dem allmaͤligen Erwachen und Wieder- einschlummern der einzelnen Blumen auf die verschied- nen Tageszeiten geschlossen wird. So hat auch jeder Monat, ja in Jahren von bestaͤndiger Witterung bey uns, stets aber zwischen den Wendekreißen, jede Woche ihre besondern Kraͤuter, welche dann in der Bluͤthe ste- hen, und man wuͤrde in jenen Gegenden einen einfa- chen und untruͤglichen Blumenkalender bilden koͤnnen. Wir sehen in vorzuͤglich feuchten oder heißen Jahren gewisse Gegenden voller Kraͤuter, von denen in andern Jahren keine Spur da war. Man hat dieses be- sonders auf Aeckern, an einigen Arten von Unkraut be- merkt. Einige sind wenigstens in Hinsicht der Haͤufig- keit, in welcher sie erscheinen, an die allgemeine Stim- mung der Witterung einzelner Jahre gebunden, und so wird in der Vegetation, und in den bunten Zuͤgen ihrer Blumen die Geschichte der Zeiten und der in ihnen herrschenden Stimmung beschrieben. Ja selbst die Modificationen des Einflusses der Sonne auf gewisse Gegenden, die noch kuͤnftig gesche- hen sollen, werden oͤfters schon durch das Pflanzenreich voraus verkuͤndigt. Man erkennt in der Weise des Bluͤhens einiger Pflanzen die Witterung der noch kuͤnf- tigen Jahreszeiten. So wissen die Jaͤger und Land- leute aus dem Bluͤhen des Heydekrauts im Herbste, die Strenge des darauf folgenden Winters zu bestim- men, und irren sich hierinnen selten. Jener empfind- liche Strauch in Suͤdamerika, von welchem Humbold erzaͤhlt, verkuͤndigt durch das Oeffnen oder Zusammen- falten seiner Blaͤtter sicherer als irgend ein Wetterglas die kuͤnftigen Witterungsveraͤnderungen voraus. Aber auch groͤßere Zeitraͤume, scheinen wie die kleineren durch das Erscheinen oder Verschwinden ge- wisser Pflanzengattungen angezeigt zu werden. Man hat hierauf schon von mehreren Seiten aufmerksam ge- macht, und jene Pflanzen zum Beyspiel angefuͤhrt, welche von den sorgfaͤltigsten Botanikern auf den gan- zen besuchten Theil der Erde nur einmal gefunden wor- den sind. Merkwuͤrdiger als die gewoͤhnlich angefuͤhr- ten kleinen Kraͤuter, davon einige die man in sehr ent- legenen und wenig besuchten Laͤndern gefunden, viel- leicht schon deshalb so selten scheinen koͤnnten, sind je- ne Baͤume, von denen es wahrscheinlich nur Ein In- dividuum auf der Erde giebt. Es gehoͤrt hierhin der ungeheure Baum von Tolu- ea der in seinem Bau und den Verhaͤltnissen seiner Bluͤthentheile sich so sehr vor allen bekannten Pflanzen auszeichnet, und in der jetzigen Pflanzenwelt eben so als Fremdling, als Uebriggebliebner einer fernen Vor- zeit dasteht, als das Faulthier in der Thierwelt. Dieser merkwuͤrdige Baum, ist, seiner Riesengroͤße nach zu schließen, von einem ungeheuren Alter, und nebst dem bekannten Baume Bacbab in Senegambien, und zwey andern Riesenbaͤumen der bekannten Welt, gehoͤrt er un- ter die aͤltesten Bewohner unsers Planeten. Nahe an den Mauern von Toluca, in einer Hoͤhe wo jetzt keine hohen Baͤume mehr wachsen koͤnnen, steht dieser Fremd- ling einer fernen Vorzeit, noch einzig in seiner Art. Und wenn jene juͤngeren Individuen, die man, wie- wohl in allen nur zwey, in Guatimala gefunden, von derselben oder einer aͤhnlichen Art sind, so verkuͤnden sie vielleicht nur, daß dieses alte, schon einmal ver- draͤngte Geschlecht, von neuem in dem Kreiße der or- ganischen Welt wieder erscheine, den es vielleicht in großen Perioden verlaͤßt und wieder betritt. So ist das Erste, was uns im Pflanzenreich, und uͤberhaupt in der Welt des Organischen begegnet, jene Uebereinstimmung der Lebensperioden der Einzelnen und ganzen Geschlechter derselben, mit den kleinern und groͤßern Naturperioden. Wie der Stand der Son- ne von den Blumen durch die Zeiten ihres Erwachens und Wiedereinschlummerns angezeigt wird, einige in den Stunden der Nacht, andre in bestimmten Zeiten des Tages das stille Fest ihrer Blumenliebe feyern, so verkuͤndigen sie auch durch ihr Wiedererscheinen die Zei- ten des Jahres, ja den Verlauf groͤßrer Perioden, wel- che uͤber das Alter des Menschen, und vielleicht uͤber die Beobachtungen eines einzelnen Jahrhunderts weit hinausreichen. Auf diese Weise knuͤpfen wir das orga- nische Leben schon von einer Seite, obgleich nur aͤußer- lich, an die Erscheinungen des Magnetismus, der Elek- tricitaͤt und des Lichtes an, von welchen wir eine aͤhn- liche Uebereinstimmung der Perioden, an welche ihre Veraͤnderungen gebunden sind, mit den Zeitraͤumen der ganzen Natur, fruͤher erwaͤhnt haben. Das Leben zeigt sich so zuerst als kosmische Er- scheinung, bey welcher sich das Einzelne selbststaͤndig und unmittelbar von demselben Geist des Lebens ergrif- fen zeigt, welcher die ganze Natur bewegt. Das Einstimmen in die Harmonie der allgemeinen Wechsel- wirkung der Weltkraͤfte, ist das Leben. Die einzelne Pflanze ist nicht in jedem Moment ih- res Daseyns in einer gleich deutlichen Harmonie mit dem hoͤheren Weltganzen. Am schoͤnsten zeigt sich die- se, in der Zeit ihrer Liebe, in der Zeit des Bluͤhens, und wir sehen dann auch zugleich die Pflanzen nach ei- ner andern Seite hin in eine merkwuͤrdige Beziehung und Sympathie mit ihren Umgebungen treten, welche noch mehr die Selbststaͤndigkeit ihres Lebens und die unmittelbare Wechselwirkung mit dem aͤußern Einfluß bezeugen. Erst die Bluͤthen empfangen bey den mei- sten Pflanzen die Eigenschaft des Schlummers, und die Empfindlichkeit gegen Beruͤhrungen. Erst in der Zeit des Bluͤhens tritt jene merkwuͤrdige Sympathie mit dem Thierreich, vornehmlich mit dem Reiche der Insekten ein, welche, wenn sie den Blumenstaub der einsam stehenden maͤnnlichen Bluͤthen gesammlet ha- ben, diesen den fernestehenden weiblichen uͤberbringen, und hierdurch die Befruchtung bewirken. Eben so er- wacht dann die Sympathie zwischen den verschiednen Pflanzen und Pflanzentheilen selber. Um nur eines Beyspiels der Art zu gedenken: so ist bey der merk- wuͤrdigen Wasserpflanze, Vallisneria, welche in eini- gen franzoͤsischen Fluͤssen und Seen waͤchst, der Stiel der maͤnulichen Bluͤthe ganz kurz, so daß die noch un- aufgeschloßne Bluͤthe tief am Boden des Wassers sitzend, nur wenig Zoll uͤber den sumpfigen Grund hervorragt. Wenn sich aber die Bluͤthe oͤfnet, und ihre Blaͤtter, welche unaufhoͤrlich Luft entwicklen, ausbreitet, wird sie durch ihre eigene Leichtigkeit emporgezogen, und der leicht zerbrechliche Stiel zerreißt. Die weibliche Bluͤthe, welche von Natur einen staͤrkeren und laͤnge- ren Stiel, der von dem Boden bis zur Oberflaͤche des Wassers heraufreicht, besitzt, hat zu gleicher Zeit, oͤf- ters in großer Entfernung von jenen, ihre roͤthlichen Blumen entfaltet. Zu diesen schwimmen die losgeris- senen maͤnnlichen Bluͤthen, von einer innern Sympa- thie getrieben, hinan, und auf diese sonderbare Weise geschieht hier die Befruchtung. Es pflegen alle ausgepreßten Pflanzensaͤfte, de- nen die Moͤglichkeit einer Gaͤhrung nicht ganz genom- men ist, zu jener Zeit, wenn die Pflanzen von denen sie herkommen, bluͤhen, eine neue Gaͤhrung zu erlei- den, und viele koͤnnen nur bis zu dieser Zeit aufbe- wahrt werden. Eben in der Zeit, wenn die Bluͤthen, von denen sie sich zu naͤhren pflegen, sich eroͤffnen, sieht man auch die verschiedenen Arten der Insekten aus ihren Graͤbern hervorgehen. Die schoͤne Sympathie der Nachtigall und der Rose, ist von den Persern in unzaͤh- ligen Liedern besungen, wie in dem bluͤhenden Hayn der kleine Saͤnger von der Liebe zur schoͤnen Blume er- griffen, die ferne Kluft, welche die Natur zwischen der Bluͤthe und dem Thiere befestiget, beklagt. Die Sympathie zwischen den verschiedenen Pflanzen ist be- kannt genug. Einige nuͤtzliche Pflanzenarten haben irgend ein bestimmtes Unkraut bey sich, welches ge- woͤhnlich in keinen andern Pflanzungen gedeiht. Vie- le Rankengewaͤchse werden zwar vermischt, bald um diesen bald um jenen Baum geschlungen gesehen, ei- nige schoͤne Windenarten der suͤdlichen Welt, pflegen sich aber nur an gewisse Baͤume zu halten, und wer- den sonst nirgends gefunden. Die hohen einsam stehen- den Palmen, haben fast stets einige Arten von Lilien um ihren Stamm versammlet, welche in der gemein- schaftlichen Zeit der Bluͤthe an Duft und Farben- pracht, mit dem bunten Bluͤthenschaft der Palmen wetteifern. Ja eine solche Sympathie der Bluͤthen mit der aͤußern Natur, geht oft noch viel weiter. Die Bewoh- ner von Kamtschatka, ein duͤrftiges verlassenes Volk, haben fast keine andre Nahrung, als die Fische, die sie an den langen Sommertagen aus den Fluͤssen nehmen, welche kaum den 4ten Theil des Jahres von Eise frey sind, und außer diesem die Zwiebeln eines purpurro- then Liliengewaͤchses, das unter den wenigen Graͤsern und Schneeblumen die einzige Zierde ihrer bemosten Thaͤler ist. Steller der sich nothgedrungen ziemlich lange dort aufhalten mußte, fand aus eigner Erfah- rung die Naturregel, welche allen Eingebohrnen be- kannt ist, bestaͤtigt, daß naͤmlich gerade dann, wenn die Jahre dem Fischfang unguͤnstig sind, und wenn die Fluͤsse ihrer gewoͤhnlichen Bewohner entbehren, je- nes Zwiebelgewaͤchs in ganz vorzuͤglicher Menge waͤchst, und umgekehrt, wenn die Fluͤsse reicher als gewoͤhnlich an Fischen erscheinen, und der Vorrath an diesen haͤufiger eingesammlet wurde, gedeiht jene Li- lie nur sparsam und duͤrftig, so daß die Natur stets den Mangel auf der einen Seite, durch den Ueberfluß auf der andern ersetzt, und guͤtig fuͤr die Ernaͤhrung der Bewohner in dem langen Winter sorgt. Gewisse Kraͤuter, unter andern das Heydekraut, welche im Herbste bluͤhen, und von der Natur zur Ernaͤhrung des Wildes und der Voͤgel bestimmt sind, bluͤhen nach einer allgemeinen Erfahrung des Landvol- kes, wenn ein milder Winter bevorsteht, nur sehr sparsam, und die Natur verspricht alsdann fuͤr die Nahrung der Thiere durch andre Kraͤuter, und durch einen vom Schnee freyen Boden zu sorgen. Einige Pflanzen, deren Saamen mitten im Win- ter reifen oder die alsdann bluͤhen, stimmen hierinnen mit einigen Thierarten uͤberein, deren Bruͤtezeit oder Zeit des Gebaͤhrens um dieselbe Zeit faͤllt, und sie dann eines reichlicheren Futters beduͤrftig macht. So ist es hier wie uͤberall, die Zeit des Bluͤhens, und der schoͤnste Moment des Lebens, wenn die Wesen am innigsten in den Einklang mir der ganzen Natur einstimmen, wie wir dieses kuͤnftig noch deutlicher se- hen werden, und das Einzelne erkennt dann den hoͤ- heren Einfluß unmittelbar und ohne die (der Mannig- faltigkeit und Individualitaͤt widerstrebende) Vermitt- lung des Erdganzen. Zehnte Vorlesung. Einige Bemerkungen uͤber die Annaͤhe- rungen des Pflanzen - zum Thierreich. D ie ersten Anfaͤnge des organischen Lebens, entste- hen vor unsren Augen fast uͤberall, wo brennbare und gaͤhrungsfaͤhige Stoffe, in Wasser aufgeloͤst, mit der Atmosphaͤre in Wechselwirkung treten. Jene kleinen organischen Wesen, erscheinen gleich Anfangs mit thie- rischer Beweglichkeit, bald als kleine Kugeln, die sich unaufhoͤrlich umkreißen, bald als laͤnglichte fasernar- tige Koͤrper, deren beyde Enden sich immer einander naͤhern und sich wieder entfernen, und noch außer diesem in so vielartigen, mannigfaltigen Formen, daß unter den unzaͤhligen Infusionsthierchen, von denen jene Aufloͤsungen wimmeln, nur sehr wenige sich gleichen. Wenn jene vielbelebte Fluͤssigkeit fich selber uͤberlassen bleibt, und die Verduͤnstung derselben uͤberhand nimmt, verschwinden jene kleinen beweglichen Koͤrper allmaͤlig, und die Oberflaͤche des Wassers nimmt, indem sie ei- nigen Zusammenhang gewinnt, die Gestalt kleiner, pflanzenartiger Wesen an. So findet sich am ersten Anfange aller Organisation, fruͤher eine sehr unvoll- kommene Thierwelt, ehe die ersten Keime der Pflan- zenwelt sich entwicklen, und auch im Großen scheint die Natur wenigstens zum Theil einen aͤhnlichen Gang genommen zu haben, indem an verschiedenen Orten einige Geschlechter der Wuͤrmer und Pflanzenthiere, fruͤher die allgemeine Fluth belebten, ehe sich Pflanzen aus ihr erzeugten. Wir sehen aber auch anderwaͤrts die Natur einen hiervon ganz verschiednen Gang nehmen. Der Feld- spath besonders, welcher einen Gemengtheil vieler Ge- birgsarten ausmacht, enthaͤlt einen Antheil von Kali, welcher ihn zum Verwittern geneigt macht. Wo nun die nackten Felsen, den Einwirckungen der Luft und des Wassers ausgesetzt, an ihrer Oberflaͤche durch Verwit- terung in Staub zerfallen, pflegen sich jene gelben, rothen oder sonst auf eine auffallende Weise gefaͤrbten, oͤfters fast lederartigen Wesen zu erzeugen, die wir Flechten nennen. Wir finden dieses Pflanzengeschlecht, welches die naͤchste Graͤnze der Vegetation und des Steinreichs bildet, an den Rinden der Baͤume, und an der Oberflaͤche der Steine sehr haͤufig. Die unvoll- kommensten Flechtenarten werden auf den ersten Blick kaum von von einigen Formen des Steinreichs unter- schieden, und weichen zum Beyspiel von den Salzbluͤ- Q then, blos durch eine etwas andre Form ab. Noch findet sich hier kein zellichter Bau, keine Fasern und sonst nichts was sie im innern Bau mit andern organi- schen Koͤrpern gemein haͤtten. Wo dagegen das Geschlecht der Flechten bey seinem Wachsthum hinlaͤnglich von Feuchtigkeit beguͤnstigt, seine vollkommensten Formen ent- wicklet, sehen wir es durch die Lebermoose in die gewoͤhnli- chen Laubmoose uͤbergehen, welche wiederum mit vielen Polarpflanzen von viel vollkommneren Pflanzenge- schlechtern, eine genaue aͤußre Verwandschaft zeigen. So findet sich von den Flechten aus, ein Uebergang in die starren Gestalten des Steinreichs auf der einen, in die des vollkommneren Pflanzereiches auf der andern Seite, ohne daß von Wesen mit thierischer Beweglichkeit be- gabt, etwas wahrgenommen wuͤrde. So scheint der erste Schritt der bildenden Natur, von den steinernen Formen des Anorganischen, zu der belebten Welt der Pflanzen und Thiere, zufaͤlli- gen Abaͤnderungen unterworfen, und unter verschiede- nen aͤußern Umstaͤnden, sich bald mehr der thierischen bald der vegetabilischen Welt zu naͤhern. Die unvoll- kommensten Thiere graͤnzen eben so nahe an die anor- gische Welt als die unvollkommensten Pflanzen, und die gewoͤhnliche Vorstellung einer in der Natur vo m Steine bis zu den vollkommensten Formen des Lebens aufsteigenden Reihe, irrt darinnen, daß sie den Ueber- gang des Pflanzen - in das Thierreich so darstellt, als ob die Natur erst von den Flechten bis hinauf zu den Palmen bildend fortschritte, dann von diesen wieder in die unvollkommensten und niedrigsten Stufen des Thierreichs herabsaͤnke, oder als ob uͤberhaupt das ganze Pflanzenreich mit allen seinen majestaͤtischen For- men vorausgehen muͤßte, ehe das Thierreich, selbst nur im ersten Keime, sich entwickeln koͤnnte. Die unvollkommensten Thiere, jene, welche die korallenartigen Meeresprodukte bilden, und ihre Ver- wandten, sind allerdings halb von thierischer halb von pflanzenartiger Natur, und werden deshalb Thier- pflanzen genannt. Auf der einen Seite laͤßt sich aus ihnen durch verschiedene Geschlechter der Wuͤrmer ein Uebergang in das vollkommnere Thierreich finden, auf der andern graͤnzen sie an gewisse unvollkommene, gal- lertartige Seepflanzen, welche in einigen ihrer voll- kommensten Formen unter andern einen Uebergang zu den Farrenkraͤutern zu bilden scheinen. Die Farren- kraͤuter, welche bey uns sich nur ein wenig uͤber den Boden erheben, erscheinen nach dem Aequatar hin, wo ihre Arten, so bald sich nur hinlaͤnglich feuchter Bo- den findet, ungemein haͤufig werden, in hohen baum- artigen Formen, welche unmittelbar an die vollkom- mensten Pflanzen unter allen, an die Palmen, unter andern an die Sagopalmen angraͤnzen. Wenn, wie es scheint, die Palmen nebst den Pi- sanggewaͤchsen, den hoͤchsten und vollendetsten Gipfel der Vegetation bilden, so wird in dieser Reihe, welche in Mittelwesen zwischen Thier und Pflanze, unmittel- Q 2 bar an das Anorgische angraͤnzend, beginnt, und mit den Palmen endigt, der Gipfel sehr schnell erreicht. In diese einfache Reihe, griffen keine andern Pflan- zeng schlechter, mit denen die Farrenkraͤuter fast durch- aus in keiner Verwandschaft stehen, ein. Wenn wir aber auf der andern Seite die Palmen und mehrere sehr vollkommene Baͤume, in der Ge- stalt der Bluͤthen, und selbst im ganzen Bau, sich wieder an andre Pflanzen anschließen sehen, welche durch anders bluͤhende Baͤume und Straͤucher, bis hin- ab zu den kleinen Feldblumen, und hiermit wie es scheint, durch die Moose bis zu den Flechten, schein- bare Uebergaͤnge bilden; so gewinnt hierdurch die bil- dende Natur vielmehr das Ansehen einer in Kreißen, oder in einem Bogen fortschreitenden Kraft, als das- jenige einer in gerader Linie von dem tiefsten bis zu dem hoͤchsten aufwaͤrtsstrebenden. Das Pflanzenreich erhebt sich erst an der Graͤnze des Steinreichs von den Flechten bis hinauf zu den Palmen, in langen und allmaͤlig aufsteigenden Reihen, dann kehrt es auf ein- mal schneller als es hinaufgestiegen wieder herabsin- kend, durch die Farrenkraͤuter zu den unvollkommen- sten Wasserpflanzen und hiermit von neuem zu den Graͤnzen der anorganischen Welt zuruͤck, wie auch die Weltkoͤrper, besonders bey einer bedeutenden Eccentri- citaͤt, den Theil ihrer Bahn, welcher naͤher an dem allgemeinen Mittelpunkt liegt als der andre, in viel kuͤrzerer Zeit zuruͤcklegen als diesen. Und vielleicht nicht von einer, sondern von vie- len Seiten naͤhert sich das Pflanzenreich seinen hoͤchsten Formen, und entfernet sich hernach auf der andern Seite wieder eben so weit von denselben. Die niedri- gen Grasarten, welche einen großen Theil unsrer nor- dischen Ebenen und Huͤgel bedecken, sind mit andern Grasarten der suͤdlichen Laͤnder verwandt, welche von baumartiger Gestalt erscheinen, und oͤfters von einer Hoͤhe sind, welche die unsrer Eichen uͤbertrift. Diese scheinen, durch einige Mittelglieder, Uebergaͤnge wiederum in die vollendetsten Pflanzenformen zu bil- den, so daß vielleicht auch hier von den unvollkommen- sten Grasarten, die kaum eine Stufe hoͤher zu stehen scheinen als die niedrigen Moose, eine stettige Reihe, bis hinauf zu den Palmengewaͤchsen aufgezeigt werden koͤnnte. So muͤssen wir schon im Pflanzenreich, bey einer genauen Betrachtung seiner Formen, die Meynung von der in nur einer ununterbrochner Richtung fortgehen- den Ausbildung von unvollendeteren Formen zu immer vollkommneren aufgeben, und wir werden dasselbe her- nach auch im Thierreich muͤssen. Wenn aber Uebergaͤnge von der Pflanze zum Thier sollen aufgezeigt werden, so lassen sich diese fast von jeder oder doch vielen Pflanzen von vollkommnerer Art finden. Nicht blos die empfindlichen Mimosen, deren Blaͤtter bey jeder aͤußeren Beruͤhrung, wie ein em- pfindliches Thier sich zusammenziehen, nicht jene ziem- lich zahlreichen Pflanzen aus sehr verschiednen Ge- schlechtern, welche den Mimosen an Empfindlichkeit gleichen, bilden die einzige Annaͤherung der Pflanzen- natur an die thierische, sondern in den meisten Bluͤthen der vollkommener organisirten Kraͤuter, wird, in den hoͤchsten Augenblicken des Bluͤhens, welche zugleich die des Absterbens der Blume sind, eine thierische Reiz- barkeit und wie von einem Instinkt getriebene Beweg- lichkeit, wenigstens einzelner Theile gefunden. Die Spuren einer solchen thierischen Reizbarkeit, lassen sich in der Pflanzenwelt ziemlich weit herab ver- folgen. Wir muͤssen jedoch mit denen eigentlich dahin gehoͤrigen Erscheinungen nicht die Bewegungen ver- wechseln, die wir schon bey einigen moosartigen Ge- waͤchsen, oder bey den sogenannten Kryptogamisten finden, weil diese auf eine sonderbare Weise nach me- chanischen Gesetzen geschehen. So wuͤrde die vollkom- menste Mechanik kaum jene merkwuͤrdigen Vorrichtungen hervorbringen, welche Sprengel an den reifen Fruͤch- ten der Jungermannien, einer Art von Aftermoos be- schreibt. Die reifen Fruchtkoͤrner erscheinen dem un- bewaffneten Auge, nur als brauner Staub, durch das Vergroͤßerungsglas gesehen, findet sich jedes einzelne mit einer kettenfoͤrmigen Schleuder versehen, welches, wie es scheint wegen seiner hygrometrischen Beschaf- fenheit, bey jedem Hauche sich windet und huͤpfet, wodurch die Saamen ausgestreut werden, Eine aͤhn- liche Vorrichtung beschreibt derselbe Beobachter bey ei- ner Flechtenart. Der Bluͤthenstaub der meisten Pflan- zen nimmt nach neuen Versuchen, eine gewisse huͤ- pfende Bewegung an, wenn man ihn mit Weingeist benetzt, und von diesem Versuch kann man sich leicht selber uͤberzeugen. Bey jenen Gewaͤchsen wo die Bluͤ- then von entgegengesetzten Geschlecht getrennt sind, und oͤfters in einer gewissen Entfernung, wenn auch bey- de auf derselben Pflanze stehen, sieht man an heitern Tagen den Staub der maͤnnlichen Bluͤthen, welcher durch die Elastizitaͤt der haͤutigen Behaͤltnisse in denen er sich befindet, ausgestreut wird, in kleinen Wolken um die Pflanze schweben, doch ist noch nicht durch Er- fahrung hinlaͤnglich bewiesen, obgleich wahrscheinlich, daß die weiblichen Bluͤthen eine sichtbare besondre An- ziehung dagegen ausuͤben. Deutlicher dagegen ist ei- ne der thierischen aͤhnliche Reizbarkeit und Beweglich- keit, bey den entgegengesetzten Bluͤthentheilen selber. Nicht allein bey der Berberis, richten sich die Staub- faͤden wenn sie mit einer Borste, oder einer feinen Na- del an ihrer innren Seite beruͤhrt werden, schnell em- por, und naͤhern sich dem Pistill, sondern bey einigen andern, wie bey der Chondrilla, soll diese Reizbarkeit so weit gehen, daß sie noch an denen von der Bluͤthe getrennten Staubfaͤden wahrgenommen wird. Das- selbe versichert ein italiaͤnischer Schriftsteller von den Filamenten der Artischoken, Kugeldisteln, und einiger Arten von Centaureen. Bey einer Art von Marchan- tia, findet sich nach Murray, innerhalb der maͤnnli- chen Bluͤthentheile eine zarte Wolle, die sich, in der Zeit wo der Bluthenstaub ausgestreut wird, unaufhoͤrlich und willkuͤhrlich bewegt. Bey vielen Blumen, wie bey der Gloriosa, bey der persischen Kaiserkrone, dem Steinbrech, der Kal- mia und andren, gelangen die Antheren nicht alle zu gleicher Zeit zur Reife. Man sieht diese hier einzeln, so bald sie den hoͤchsten Augenblick des Bluͤhens erreich- ten, durch eine eigenthuͤmliche und freywillige Bewe- gung dem Pistill sich naͤhern, von welchem sie nach verlohrenem Bluͤthenstaub wieder zuruͤcksinken, und waͤhrend sie schon verwelken, wird ihre Stelle von juͤngeren Antheren ersetzt. Bey dem großen gelbbluͤ- henden Cactus aus Jamaica, dessen schoͤne Bluͤthen, welche einen Fuß im Durchmesser halten, sich erst ge- gen Abend aufschließen, und schon vor Sonnenauf- gang verbluͤhen, bey den lieblichen aber eben so schnell vergaͤnglichen Cistusbluͤthen, sieht man, so lange die kurze Zeit der Liebe dauert, unaufhoͤrlich einige Anthe- ren in Beruͤhrung mit dem Pistill. Doch sind es nicht allein die maͤnnlichen Blumen- theile, welche in der hoͤchsten Zeit des Bluͤhens eine solche thierische Beweglichkeit zeigen; bey einigen Blu- menarten wird diese auch an dem Pistill bemerkt. Das der Collinsonia bewegt sich erst nach dem einen, dann nach einiger Zeit nach dem andern Staubfaden hin. So koͤmmt auch in allen jenen Blumen, deren Fila- mente von ungleicher Groͤße sind, das Pistill den auch zu ungleicher Zeit reifenden Antheren, wenigstens durch allmaͤlige Ausdehnung entgegen. Ja es zeigen bey vielen vollkommneren Pflanzen selbst noch die Behaͤltnisse der reifen Fruͤchte eine sol- che thierische Reizbarkeit. So bey der Impatiens, wo die einzelnen Kapseln bey der leisesten Beruͤhrung die Fruͤchte in weiter Entfernung ausstreuen, bey eini- gen Geranien, und selbst bey der gemeinen Gerste, de- ren Bart sich bey feuchtem Wetter ausdehnt, und so die Fruͤchte aus dem Boden ihres Behaͤltnisses hervor- zieht, bey trocknem Wetter sich verkuͤrzt, und sie so zuruͤckhaͤlt. Ueberhaupt finden wir bey allen diesen, dem Anscheine nach reizbaren Fruchtbehaͤltnissen, jene hygrometrische Beschaffenheit, vermoͤge welcher sie, gerade nur in feuchtem Wetter, wo die ausgesaͤeten Fruͤchte allein einen guͤnstigen Boden finden, das Ausstreuen derselben befoͤrdern, bey trocknem sich ver- schlossen halten. Es sind diese Erscheinungen, in der Geschichte des allgemeinen Lebens von einer tiefen Bedeutung. Ge- rade in dem hoͤchsten Moment des Bluͤhens, welcher auch zugleich der des Verwelkens und des Todes ist, zeigt sich im Pflanzengeschlecht eine Vorahndung des hoͤheren thierischen Daseyns. Es erwacht auf einmal eine vollkommnere Naturkraft, als Empfindlichkeit und Bewegung sich aͤußernd, welche bisher nie an der Pflanze hervorgetreten war. So hat die Bluͤthe, noch in dem Augenblick ihres Sterbens, ein deutliches Vorgefuͤhl, und selbst den lebendigen Ausdruck eines hoͤ- heren Lebens, wie sich auch bey dem Menschen gerade in den hoͤchsten, geistigsten Augenblicken seines Da- seyns, welche fuͤr dieses zugleich die zerstoͤrendsten sind, die Vorahndung eines hoͤheren kuͤnftigen Zustan- des zu entfalten scheint. Es werden in solchen Mo- menten das Organ und die bisher tief im Innern ver- borgnen Kraͤfte eines vollkommneren Lebens aufgeweckt und belebt, und wir erkennen sie oͤfters in jenen Aeuße- rungen, welche wunderbar uͤber die gewoͤhnlichen Graͤn- zen unsrer Natur hinuͤberreichen. Die einmal erwach- te Psyche des hoͤheren Lebens, bildet sich nun mitten in der alten Huͤlle aus, und zerstoͤrt diese, wie die wachsenden Fluͤgel des Schmetterlings die ihrige, bald schneller bald allmaͤliger. Auf solche Weise wirken die hoͤchsten Momente des individuellen Daseyns, fuͤr dieses selber zerstoͤrend, weil in ihnen ein kuͤnftiger hoͤherer Zustand, in dem vorhergehenden unvollkomm- neren eingreift. Hierinnen bezeugt die Natur oͤfters, durch deutliche Thatsachen, die Unsterblichkeit der inn- ren Lebensursache, und wir sehen ein Daseyn in das andre uͤbergehen, ein kuͤnftiges in das vorhergehende hineinreichen, worauf wir noch kuͤnftig zuruͤckkommen werden. Wir sehen dem zu Folge fast jede vollkommnere Pflanze, wenigstens in ihrer Bluͤthe, an das Thierreich angraͤnzen. Und zwar scheint aus Verschiednen die benachbarte Graͤnze des Thierreichs hier durch die Welt der Insekten und zum Theil der Wuͤrmer gebildet zu werden. Einige haben die Insekten loßgerissene, gleich- sam nun erst vom Boden frey und selbststaͤndig beweg- lich gewordne Theile der Blumen genannt, und man hat noch neuerlich die Meynung vertheidigt, als ent- stuͤnden zuweilen die Insekten auch außer dem gewoͤhn- lichen Wege durch eine zufaͤllige Hervorbringung, aus den krankenden Pflanzentheilen unmittelbar. Als Be- weis hat man einige auslaͤndische Insekten angefuͤhrt, welche mit dem Anbau der Pflanzen, die sie zu bewoh- nen pflegen, und die man durch Saamen aus fernen Welttheilen zu uns brachte, zugleich bey uns er- schienen. Es haben fast alle vollkommneren Pflanzen ihre besondern Insekten, die sich im Raupenzustande von ihnen naͤhren, und als gefluͤgelte Psyche ihre Bluͤthen besuchen. Unvollkommnere Pflanzen ernaͤhren und hegen nur selten Insekten oder Wuͤrmer, doch fand Sprengel, außerdem daß die Schwaͤmme unzaͤhligen Wuͤrmchen zur Wohnung dienen, sogar in den maͤnn- lichen Bluͤthentrieben eines kleinen Mooses, der Barbu- la unguicularis, gegen den Herbst eine Menge kleiner Wuͤrmchen, die den aalartigen Vibrionen des Essigs und Mehlkleisters glichen. Der Nutzen oder vielmehr die Bedeutung dieser kleinen Wuͤrmchen in dem Daseyn je- ner Pflanze, ist noch unbekannt. Wahrscheinlich abor stehen sie mit diesem in einer eben so nothwendigen Be- ziehung, als so viele Insekten mit dem der vollkommne- ren Blumen, welche die Natur im Pflanzenreich, wo die maͤnnlichen und weiblichen Bluͤthen an weit ent- fernten Baͤumen stehen, als Boten der Liebe braucht, die der einsam, mitten in der Sandwuͤste stehenden weiblichen Palme, den Bluͤthenstaub der maͤnnlichen uͤberbringen, und so dem Araber, der sich dasselbe zum Geschaͤft macht, zu Huͤlfe kommen. Sehr merkwuͤrdig, und wie es scheint, nicht ohne tiefe Bedeutung, ist die große Aehnlichkeit einiger Blumen, welche Blumenhonig hervorbringen, mit den Insekten die sie gewoͤhnlich zu berauben pflegen. Einige Orchisarten, unter andern die, welche deshalb Bienenorchis heißt, verschiedene Arten des Rittersporns, gleichen in ge- wissen Theilen ihrer Bluͤthe, nicht allein an Farbe, sondern auch an Gestalt, vollkommen den Insekten, die sich im gefluͤgelten Zustand gewoͤhnlich zu ihnen ge- sellen. Die Fruchtbehaͤltnisse jener veraͤnderlichen Art des Medicago, gleichen in einigen ihrer Metamorphosen ganz einer Raupe, die sich oͤfters auf ihm aufhaͤlt, und diese thierische Gestalt nehmen auch die Saamen der Calendula an. Der untere Theil der Blumenkro- ne einer persischen Irisart, gleicht in seinen bunten Farben und in der fluͤgelartigen Ausbreitung seiner bey- den Haͤlften, vollkommen einem Schmetterling jener Gegenden. Die Nectareen einer suͤdamerika ischen Art von Frauenschuh (Cypripedium) sind in Gestalt, Far- Farbe und Groͤße sehr genau einer großen Spinne je- nes Landes aͤhnlich, die sich, auf Beute lauernd, oͤf- ters unter den Blumen verbirgt. Nicht minder bemerkt man, daß das Gruͤn der gruͤnen Raupen sich nach dem Gruͤn der Pflanzen richtet, von denen sie sich naͤhren, doch geschieht dieses wahrscheinlich durch eine aͤhnliche Uebereinstimmung, wie diejenige ist, die wir auch noch im hoͤheren Thierreich finden, wo viele die Farbe ih- res gewohnlichen Aufenthalts tragen, wie die Polar- thiere waͤhrend des langen Winters sogar die Farbe des Schnees annehmen. Jene genauere Uebereinstimmung der aͤußern Ge- stalt einiger Pflanzentheile, mit der gewisser Insek- ten, von der ich nur einige Beyspiele angefuͤhrt habe, nebst jenen Spuren eines Zustandes der Bluͤthentheile, welcher gleichsam die Vorahndung des thierischen ist, scheinen auf eine naͤhere Verwandschaft der Pflanzen und der Insekt en hinzudeuten, und auf eine andre, als die ist, welche aus der gewoͤhnlichen Annahme einer aufsteigenden Naturreihe hervorgienge. Die Blume scheint in dem hoͤchsten Augenblick ihres Bluͤhens, wel- cher zugleich das Ende ihres stillen Daseyns ist, das scheidende Leben den Insekten zu uͤbertragen, und in diese auszuhauchen, welche gerade in der Zeit ihrer Lie- be und ihrer eignen Vermaͤhlung den Kelch der Blume besuchen, und so, keines langen Zwischenzustandes beduͤrftig, scheint der entweichende Geist, durch neue Zeugung schnell in ein hoͤheres Daseyn hinuͤber zu ge- hen. Den Schmetterling mitten in dem Koͤrper der Raupe, haben Schwammerdamm und andre geschickte Anatomen aufgezeigt, vielleicht daß noch kuͤnftig, nicht zwar die Anatomie, sondern vielmehr die tiefere Geschichte des Lebens, schon in der Bluͤthe der Pflan- zen, die nahe Verwandschaft und Angraͤnzung an den Zustand des Raupeneyes nachweisen wird. Gewiß ist es, daß wenn wir dem ersten Anschein nach urtheilen, keine groͤßere Verschiedenheit seyn koͤnne, als die zwischen dem Bau des Thieres und der Pflan- ze. Lang gedehnte, mit einander verbundene Zellen, bilden die Laͤngengefaͤße. Die einzelnen Zellen sind nach der Wurzel zu breiter gedruͤckt, und minder lang, so daß sie, besonders bey unvollkommneren Pflanzen, fast den Bienenzellen gleichen; weiter nach der Bluͤthe zu, dehnen sie sich mehr in die Laͤnge, und wechslen nun mit andern Gefaͤßen ab, die sich in Gestalt der Schrauben mitten unter jenen hinaufwinden. Mit Recht hat man diesen Bau der Pflanzentheile, die zur Gestalt gewordenen innern Bewegungen des Thiers ge- nannt, indem sich die Oscillationen der innren thieri- schen Theile, der bestaͤndige Wechsel von Ausdehnung und Zusammenziehung, welcher das Leben derselben unterhaͤlt, hier in dem bestaͤndigen Wechsel der beyden Gegensaͤtze, die uͤberall dasselbe ausdruͤcken, dem Raume nach, dem Auge darstellt. Jede kleine Ab- theilung jener Laͤngengefaͤße, ist gleichsam ein kleiner Magnet, dessen oberer oder positiver Pol, stets wie- der den untern oder negativen des naͤchstfolgenden her- vorruft. Dieselbe Oscillation, die sich in der Bewe- gung der beyden thierischen Haͤlften ausdruͤckt, wird in dem Bau jener Spiralgefaͤße wiedergefunden. So scheint sich, was sich im Thier noch uͤberdies als Bewegung aͤußert, in der Pflanze schon allein im Wachsthum auszusprechen. Nur bey einigen weni- gen Pflanzen tritt dieser lebendige Geist, der sich sonst nur in dem stillen Werk des Vegetirens erschoͤpft, auch als wirkliche, nach außen sichtbare Bewegung auf. Zu diesen gehoͤrt vorzuͤglich das merkwuͤrdige Hedisa- rum gyrans, welches in unsern Gewaͤchshaͤusern nicht eben selten ist. Man sieht die groͤßern Blaͤtter dieser Pflanze, ohne daß sie das leiseste Luͤftchen beruͤhrt, ganz von selber und mit einander abwechselnd, bald sich erheben bald wieder sinken, waͤhrend andere kleinere Blaͤtter sich unaufhoͤrlich in kreisfoͤrmiger Bewegung schwingen. Die Bewegung der Blaͤtter nach jedem aͤußern Reiz, ist, wie schon erwaͤhnt, nicht allein bey den Mimosen, sondern auch bey einigen andern Pflan- zen nichts seltnes. Noch weniger ist es jene Bewe- gung der Bluͤthen, die sich nach dem Stand der Son- ne richtet. Ja gerade bey einer der unvollkommensten Pflan- zenarten, bey den Conferven, einem kleinen fast durchsichtigen Wesen, das oͤfters nur aus einigen zar- ten Faͤdchen besteht, und an feuchten Orten waͤchst, findet sich noch eine wahrhaft thierische Beweglichkeit, die sie, so bald das Licht auf sie faͤllt, unaufhoͤrlich zu einem unregelmaͤßigen Zittern und Schwanken nach al- len Seiten treibt. Ueberhaupt wird jener Gegensatz zwischen der Thier- und Pflanzenwelt, erst in den hoͤheren Ge- schlechtern ausgebildet. Der Kohlenstoff und seine Verbindungen, welche die chemischen Bestandtheile der vollkommneren Pflanzen ausmachen, sind bey den Flechten und Moosen, mithin auf den tiefsten Stufen des Pflanzenreichs, seltener, dagegen findet sich bey den letzteren haͤufige Kalkerde, welche sonst das Thierreich auszeichnet, und die Flechten gleichen in ihren Be- standtheilen, so wie auch in ihren bunten, praͤchtigen Farben, den Bluͤthen und Fruͤchten der vollkommenen Pflanzen, welche auch in Hinsicht der Bestandtheile die naͤchste Graͤnze des Thierreichs bilden. Die Natur geht uͤberall, ehe die vollkommneren Gegensaͤtze sich ausbilden, von unvollkommenen Mit- telwesen aus, welche jedoch von der hoͤchsten Wichtig- keit sind, weil sie die nahe Verwandschaft der beyden entgegengesetzten Richtungen bezeugen, und hierdurch auf das gemeinschaftliche Eine, welches beyden zu Grunde liegt, hindeuten. Es wird spaͤter im Thier- reich, dasselbe in der Zeit, in einer Aufeinander- folge von verschiedenen Bewegungen ausgedruͤckt, was sich im Pflanzenreich nebeneinander, im Raume zu er- kennen giebt. Die ersten Anfaͤnge des Thierreichs gleichen eben so sehr den Pflanzen als den Thieren, wie bey den er- sten Anfaͤngen des Pflanzenreichs dieselbe Unentschie- denheit statt gefunden. Gallertartig, durchsichtig, gleichsam aus kleineren und groͤßeren Koͤrnern unregel- maͤßig zusammengesetzt, erscheinen die Polypen, an dem Pflaͤnzchen oder sonst festen Gegenstand worauf sie sitzen, noch fest gewachsen, und in ihm pflanzen- artig wurzelnd. Ein bloßer Darmkanal mit Armen, pflegen sie immer begierig nach den kleinen Gegenstaͤn- den, welche im Wasser umherschwimmen, zu haschen, und das Verzehrte geht schnell und unmittelbar in die allgemeine Masse des kleinen Koͤrpers uͤber. Die Jun- gen wachsen, wie Zweige und Sproͤßlinge bey den Pflanzen, aus dem Koͤrper des alten Polypen hervor, und erreichen oͤfters dieselbe Groͤße wie der alte, ehe sie sich von diesem trennen. Oefters sieht man aus den noch im vaͤterlichen Koͤrper festsitzenden Jungen, wie- derum neue Junge hervortreiben, und dem mit Kind und Enkel verbundenen Alten, wird von seiner Nach- kommenschaft das Futter, nach welchem alle zugleich haschen, streitig gemacht. Bekannt sind die Versuche des Bonnet und Anderer, die seitdem unzaͤhlig oft wie- derholt sind, daß man den Polypen nach allen Rich- tungen zerschneiden, ja umwenden kann wie einen Handschuh, so daß die innre Hoͤhle des Leibes heraus- R koͤmmt, ohne daß sich derselbe in allen Gewohnheiten seines Lebens stoͤren laͤßt. So ist diese sonderbare Thier- art den Pflanzen eben so verwandt als den Thieren, und nur darinn, daß sie Futter von außen nimmt, wird sie den letztern aͤhnlich. Bekanntlich findet sich auch bey dem Polypen, und dieses ist der merkwuͤrdigste Theil seines Lebens, in der Naͤhe seines Todes, im Herbst, wenn die Pflan- zen an denen er wohnte und er selber der uͤberhandneh- menden Kaͤlte weichen muͤssen, eine Vorahndung des hoͤheren thierischen Daseyns. Er legt alsdann nach Bonnets Beobachtungen ein Ey, wie vollkommne Thiere, die sich nicht durch Sprossen fortpflanzen. Auch bey den meisten Aphisarten, welche die Blattstiele unsrer Pflanzen oͤfters bedecken, findet sich eine aͤhnli- che merkwuͤrdige Erscheinung. Diese Thiere, indem sie lebendige Junge gebaͤhren, gleichen hierinnen den durch lebendige Sprossen sich fortpflanzenden, indem sie eigentlich Geschlechtslos sind. Erst im Herbst, nahe vor dem gemeinschaftlichen Untergang, bemerkt man, daß die zuletzt lebende Generation aus Maͤnn- chen und Weibchen besteht, und diese pflanzen sich nach der Weise der vollkommnen Thierklassen, durch Eyer fort. So wird auch hier, wie in einigen Erscheinungen, die wir spaͤter aus der vollkommneren Thierwelt an- fuͤhren werden, das Eingreifen eines naͤchstfolgenden Daseyns in das vorhergehende wahrgenommen, und diese sind so wie die Glieder einer Kette verbunden. Wenn wir den Weg, welchen die bildende Natur auf den ersten Stufen des Thierreichs nimmt, genau beobachten, sehen wir, wie in der Geschichte des ein- zelnen Thieres, gleichsam das Herz zuerst auftreten. Denn das ganze Daseyn einiger microscopischen Thie- re, von der Art jener aus Aufguͤssen erzeugten, be- steht in einer bestaͤndigen Aufeinanderfolge von Aus- dehnung und Zusammenziehung, was sich oͤfters als ein bestaͤndiges Umkreißen selbst noch bey den Raͤder- thierchen andeutet. Noch ist bey vielen dieser Thier- chen kein thierisches Nahrungsnehmen beobachtet, und sie scheinen wie kleine Pflanzen durch ein unmerkliches Einsaugen der Fluͤssigkeit in der sie leben, zu vegetiren. Obgleich bey den zunaͤchst angraͤnzenden Zoophyten und einigen Wuͤrmern, weder Nerven noch Muskelartige Or- gane zu beobachten sind, laͤßt sich der Gegensatz zwi- schen Nerven und Muskeln doch schon in ihnen vermu- then, weil sie, wie Humbold in einem seiner fruͤheren Werke gezeigt hat, sich gegen den Metallreiz auf die- selbe Weise empfindlich zeigen, wie hoͤher ausgebilde- te, und offenbar mit Nerven und Muskeln versehene Thiere. Dieser Gegensatz scheint mithin im Thierreich sehr fruͤhe, und fast mit ihm zugleich einzutreten. Der Sinn fuͤr das Licht wird schon bey den Polypen, und aͤhnlichen unvollkommenen Thieren sehr deutlich bemerkt, ohne daß doch irgend ein Organ vorhanden R 2 waͤre, welches einem Auge gliche. Es scheint die gan- ze Oberflaͤche des Koͤrpers jener Thiere, die Empfind- lichkeit fuͤr das Licht zu besitzen, welche bey andern nur dem Auge eigenthuͤmlich ist. Nicht minder wird bey einigen, wie schon erwaͤhnt, ein unvollkommenes Ver- dauungssystem gefunden. Bey den Wuͤrmern, welche hierauf folgen, sehen wir in allmaͤligen Uebergaͤngen ein deutlicheres Nerven- system, mit jenen vielen Absaͤtzen hervorgehen, wel- che fuͤr kleine fuͤr sich bestehende Gehirne koͤnnten gehal- ten werden. Die Organe der Verdauung sind vollkom- mener ausgebildet, und es zeigt sich, noch ohne Spu- ren eines Kreißlaufs, das Beduͤrfnis des Athmens, welches vermoͤge kleiner Oefnungen an den Seiten des Koͤrpers, befriedigt wird. Unter den Sinnesorga- nen ist das erste, welches in seinen unvollkommensten Spuren auftritt, das Auge. Fuͤr diese, oder fuͤr Re- praͤsentanten derselben, werden naͤmlich von Cuvier und Andern jene kleinen dunkel gefaͤrbten Huͤgel gehalten, die an dem Kopfe vieler articulirter Wuͤrmer, da wo bey den Insekten die Augen liegen, gefunden werden. Einige Arten von Blutigeln haben 2, andre 4, 6 oder 8, und eine aͤhnliche gleichsam zufaͤllige Abaͤndrung der Zahl, findet sich auch bey den Augenartigen Organen der verschiedenen Nereiden, waͤhrend die Naiden und andre Wuͤrmer nur 2 besitzen. Auch bey den Insekten, welche schon um eine Stu- fe hoͤher stehen als die Wuͤrmer, finden sich unter allen Sinnesorganen die des Gesichts am vollkommensten, und dem Auge der hoͤheren Thierklassen am analogesten ausgebildet. Denn ob es gleich gewiß ist, daß die Antennen an dem Kopf derselben ihnen zum Fuͤhlen gegeben sind, weicht doch bey ihnen die Natur, in der Lage und Anordnung dieser Theile, aus den Graͤnzen der Analogie mit der hoͤheren Thierwelt heraus. Ein scharfer Geruch sehr entfernter riechbarer Gegenstaͤnde, ist bey verschiedenen Insekten bemerkt worden, ohne daß die Organe desselben entdeckt waͤren. So zieht die Bienen der Geruch der bluͤhenden Linden in einer bedeutenden Entfernung an, und jene auslaͤndischen Insekten, die sich seitdem bey uns eingefunden haben, seitdem die Pflanzen, auf denen sie sich gewoͤhnlich aufhalten, bey uns ausgesaͤet wurden, koͤnnte nur dieser Sinn aus jenen großen Fernen hergefuͤhrt haben, wenn man ihre selbststaͤndige Erzeugung aus den Pflan- zen nicht zugeben will. Noch vollkommener organisirt als die Insekten, sind die Mollusken, zu denen die Schnecken, die Muscheln und andre Schaalenthiere, und die Tinten- fische gehoͤren. Mit Recht hat Cuvier diese Thierar- ten von den Wuͤrmern, zu denen sie andre Naturfor- scher gesellten, getrennt, und eine eigne Thierklasse aus ihnen gebildet, welche einen vollkommnen Ueber- gang von den Fischen zu den untersten Thierklassen, den Insekten und Wuͤrmern macht. Das Nervensystem nimmt auf einmal eine ganz andre Gestalt an, die vie- len Absaͤtze desselben, welche kleinen Gehirnen gleichen, haben sich fast bis auf 2 vermindert, und waͤhrend noch bey den Insekten kein eigentlicher Kreißlauf der Saͤfte entdeckt ist, und uͤber jenen laͤnglichten, bestaͤn- dig oscillirenden Kanal, am Ruͤcken derselben, den man fuͤr ein Herz gehalten, noch immer viele Unge- wißheit herrschet, findet sich bey den Mollusken schon ein vollkommenes Herz, mit großen Blutgefaͤßen, die in der Anordnung sowohl als im Bau ihrer einzelnen Theile, dem Herzen und den Gefaͤßen der vollkommneren Thiere gleichen. Auch die uͤbrigen Eingeweide, der Magen, die Leber, zeigen eine große Aehnlichkeit mit denen der hoͤheren Klassen. Aber ohngeachtet dieser vollkommnen Ausbildung in den innern Theilen, fin- den wir bey verschiedenen Geschlechtern dieser Thier- klasse, keine Spuren mehr von jenen Sinnesorganen, die sich auf den vorigen Stufen wenigstens schon an- gekuͤndigt hatten. Bey den Austern, Ascidien, En- ten- und Perlenmuscheln, so wie bey vielen andern Schaalenthieren, fehlt der Kopf ganz, und mit ihm zugleich alle Sinnesorgane, welche sich bey vollkomm- neren Thieren an diesem finden. Man hat diese Ge- schlechter unter dem Nahmen der Acephalen oder Hauptlosen zusammengefaßt. Hierauf gleich in jenen zunaͤchst angraͤnzenden Schaalenthieren, welche zu dem Geschlecht der Schnecken gehoͤren, oder diesen aͤhnlich sind, finden sich wieder die ersten Spuren eines Au- ges, welches endlich in den Tintenfischen fast so voll- kommen ausgebildet ist, wie bey den Fischen. Zu- gleich findet sich bey dieser Thierart ein Gehoͤrorgan, welches zwar in seinem ganzen Bau dem der Fische ziemlich nahe steht, jedoch nicht so vollkommen aus- gebildet erscheint, als das Auge. So tritt auch hier, nachdem in einigen Geschlech- tern, wo sich die bildende Kraft ganz auf die Vollen- dung der innern Theile gewendet, und die Ausbildung der aͤußern versaͤumt zu haben scheint, die Sinnesor- gane gaͤnzlich verschwunden waren, zuerst wieder das Auge, und naͤchst ihm das Ohr auf. Ueberhaupt erkennen wir deutlich in der merkwuͤr- digen Klasse der Mollusken einen Wendepunkt, an welchem sich die Klassen der Thiere mit rothen kalten Blut (Fische und Amphibien) von denen der Thiere mit weißen kaltem Blut, ohne eigentlichen Kreißlauf, scheiden. Ein Theil der Schaalenthiere, mit noch un- vollkommenem Kreißlauf, gehoͤrt noch herunter zu den tiefer stehenden Thierklassen der Insekten, Wuͤrmer und Pflanzenthiere, bey diesen sehen wir allmaͤlig die Sinnorgane, welche bey den Insekten schon vor- handen waren, wieder verschwinden, und es bleibt bey den Hauptlosen nur noch der Sinn des Geschmacks, als der, welcher sich, wie wir sehen werden, zuletzt ausbildet, zuruͤck. Dagegen zeigen sich die Eingewei- de, welche mit dem System der Sinnen und des Em- pfindens in einem bestaͤndigen Gegensatz stehen, und welche dann am lebendigsten wirken, wenn jene unthaͤ- tiger oder ohnmaͤchtiger sind, auf eine Weise ausgebil- det, wie in keinem der fruͤhern Geschlechter. So er- reicht die erste Thierreihe ihren hoͤchsten Gipfel in We- sen, welche allen Eindruͤcken der Außenwelt, dem Licht und den Toͤnen verschlossen sind, und der Geist der Natur scheint sich, ermuͤdet von dem ersten Tage- werk, in sich selber zu vertiefen, betrachtend, und zum neuem Werke sich bereitend. Eine solche Stille und Abgeschiedenheit gegen die Außenwelt, scheint uͤber- haupt oͤfters den letzten Ausgang des bisherigen und die Vorbereitung zu dem hoͤheren Daseyn zu bezeich- nen, und auch das Gemuͤth des Menschen, ermuͤdet von dem Streben nach außen, ruhet zuletzt in sich sel- ber aus. Hierauf jenseits dieses ersten Wendepunktes des Thierreichs, begruͤßt die neuentstandene hoͤhere Reihe zuerst wieder das Licht, jedoch mit vollkommneren Or- ganen, als in den tiefer stehenden Wesen. Es wird nun von der abentheuerlichen Gestalt der Sepien der Uebergang zu den Fischen gefunden, und jenes sonder- bare Geschlecht der Knorpelfische, das unter dem all- gemeinen Nahmen der Meernadeln zusammengefaßt wird, und zu welchem unter andern das Meerpferd- chen gehoͤrt, bey dem die Naturforscher lange in Un- gewißheit gewesen, ob sie es zu den Fischen oder zu den Wuͤrmern zaͤhlen sollten, steht wenigstens nicht fern von der Graͤnze der niedrigeren Organisationen. Noch finden wir hier die Ueberreste jenes fleischigen Mantels, welcher den Tintenfischen eigenthuͤmlich ist, in einer Haut, welche von dem hintern Theil des Kopfes nach dem Rumpfe hinlaͤuft, und nur einen kleinen Zwi- schenraum fuͤr die Kiemenoͤfnung uͤbrig laͤsset. Die Natur erringt nun in den Fischen, durch all- maͤliges Weiterbilden, die ersten Anfaͤnge eines wirk- lichen Gehirns, die sich noch in einigen kleinen Kuͤgel- chen, meist 5 an der Zahl, darstellen, und ein voll- kommneres in seiner Anordnung dem der Saͤugethiere aͤhnlicheres Nervensystem. Der Kreißlauf naͤhert sich nicht minder, besonders in den hoͤheren Geschlechtern, dem der Saͤugethiere immer mehr, und das Blut hat bey allen die vollkommenere rothe Farbe, waͤhrend bey den Schaalenthieren blos in der gefaͤrbten Fluͤssigkeit des sogenannten Purpurbeutels, der sich fast bey allen findet, und bey den Sepien die schwarze Fluͤssigkeit enthielt, eine Annaͤherung an das rothe Blut der hoͤ- heren Thiere gefunden wird. Es finden sich bey den Fischen alle Sinnesorgane, außer dem des Geschmacks, in ziemlicher Vollendung, noch fehlen aber dem Rumpf die aͤußeren Glieder, die sich bey den Schaalenthieren fast gaͤnzlich verlohren, waͤhrend sie bey den Insekten schon sehr ausgezeichnet hervortraten, und nur die Flos- sen deuten auf die aͤußern Glieder der darauf folgenden hoͤheren Geschlechter hin. Aus jener Abtheilung der Knorpelfische, welche festgewachsne Branchien hat, findet sich der Ueber- gang in die Klasse der Amphibien. Es tritt hier wie- der als der zuletzt ausgebildete Sinn, ein vollkomm- neres Organ des Geschmacks zu den schon fruͤher vor- handnen Sinnen. Einige Amphibien, unter andern einige groͤßere Eydexenarten und Schildkroͤten, zeigen in dem Bau der innern Theile, eine große Verwand- schaft mit dem Bau der Voͤgel, und so wird hier ein zweyter, hoͤherer Wendepunkt gefunden, welcher die Klassen der Thiere mit kalten rothen Blut, von den hoͤheren der Thiere mit warmen rothen Blute scheidet. Jenes stille in sich gekehrte Leben, die Stumpfheit der Sinnen, bey einigen die Langsamkeit der Bewegungen, bezeichnen auch hier die Vorbereitung zu einem hoͤheren vollkommneren Daseyn. Abermals hat sich, wie bey den Mollusken, die ganze Lebenskraft nach der Aus- bildung der innern Theile des Rumpfes hingewendet, und es scheint bey vielen Amphibien der Kopf und der Vereinigungspunkt des Nervensystems nicht der leben- digste und nothwendigste Mittelpunkt des Daseyns zu seyn, wie bey andern Thieren, woher auch die erstaun- liche Ausdauer dieser Thiere koͤmmt. Man hat Schild- kroͤten lange Zeit leben, und Speise nehmen sehen, de- nen man den Schedel geoͤffnet, und das Gehirn her- ausgenommen hatte, andre lebten und bewegten sich noch Wochen lang, nachdem man ihnen den Kopf abge- schnitten. Wie uͤberall, finden sich in der neubeginnenden hoͤheren Thierreihe, welche durch die Klasse der Voͤgel an die Amphibien anschließt, zuerst die Sinnen, und vornehmlich das Auge und Ohr, und naͤchst ihnen der Geruch ausgebildet. Die meisten Voͤgel besitzen diese Sinnen in einer anderwaͤrts beyspiellosen Schaͤrfe. Mit einem vollkommneren Athmen, zeigt sich hier ein vollkommnerer Blutumlauf verbunden, der Bau der innern und aͤußern Theile ist nun fast gaͤnzlich dem der Saͤugethiere analog. Durch den merkwuͤrdigen Ornitho- rinchus paradoxus, jenes sonderbare neuerlich entdeck- te Thier, das durch seinen Entenschnabel und Enten- fuͤße so wie im Bau einiger innren Theile den Voͤ- geln, uͤbrigens den Saͤugethieren gleicht, findet sich deutlich der Uebergang von der Gestalt des Vogels, in die des Saͤugethieres. Zu den uͤbrigen Sinnesorganen tritt nun auch wieder die Zunge, deren hoͤchste Bedeutung erst im Menschen, wo sie als Sprachorgan erscheint, er- kannt wird. Ueberhaupt findet sich dieses merkwuͤrdige Organ bey dem Menschen, und hoͤchstens nur noch bey ei- nigen Affengeschlechtern zu einer Vollkommenheit ausge- bildet, wie sonst nirgends, und gerade die Zunge ist das einzige Sinnesorgan das der Mensch in einer groͤßern Vollendung besitzt als die uͤbrigen Thiere, Man vergl. Cuvier. waͤhrend er an Schaͤrfe des Gesichts, des Gehoͤrs und Geruchs und an der Vollkommenheit des Baues dieser Organe selber, von andern Thiergeschlechtern vielfaͤltig uͤber- troffen wird. Es ist die Gabe des Sprechens, welche zugleich mit jener der Vernunft, den hohen Vorzug unsrer Na- tur vor der der andern Wesen bildet. Dieses ist, nur in einigen duͤrftigen Zuͤgen, der Gang des allgemeinen Lebens von einer geringeren Vollendung zu immer hoͤherer. Das Leben des gan- zen Thierreichs scheint sich durch ein stetes Vorwaͤrts- streben nach dem des Menschen hinzudraͤngen, und nach diesem gleichsam zu sehnen. In einzelnen lichten Blicken sehen wir die Vorahndung des menschlichen Da- seyns an dem thierischen voruͤbergehen, und oͤfters wird dieses noch im Scheiden gleichsam durch ein fer- ne daͤmmerndes Bewußtseyn verklaͤrt, wovon ich noch kuͤnftig reden werde. Endlich tritt unser Wesen in die lange Reihe der Lebendigen ein, wir wissen nicht woher, noch wohin? wir eilen. Der Weg hinter uns ist dun- kel, und nur zuweilen wird er durch Traͤume von ei- ner sonderbaren Innigkeit und Klarheit, die wohl un- tereinander, nicht aber mit dem jetzigen Daseyn in Be- ziehung stehen, aufgehellt. Wir muͤssen in diesen, noch mehr aber in dem tiefen und dunklen Geheimniß der Sympathien und Antipathien, oͤfters die Erinn- rung an einen vorhergegangnen Zustand anerkennen. Endlich tritt noch die tiefere Naturwissenschaft, Auf- schluͤsse und gewisse Merkzeichen gebend hinzu, so daß der zuruͤckgelegte Weg wie ein ferner dunkler Schatten von der Seele wahrgenommen wird. Was aber jen- seit ist, wird uns nicht in dunklem Traum, nicht in dumpfen Vorahndungen verkuͤndigt, sondern nur in dem klaren lichten Werk des Lebens, in dem tiefen und heitren Streben des Gemuͤths verstanden, und aus diesem faͤllt ein seeliger Schimmer auf die dunkle Kluft jenseits, welcher uns mit froͤlichem Vertrauen hinuͤber- schauen laͤsset. Elfte Vorlesung. Bemerkungen uͤber zwey Reihen in der Klasse der Saͤugethiere . Der Hauptinnhalt dieser Vorlesung sollte eigentlich in einem 2ten Anhang weiter ausgefuͤhrt werden. Doch er- laubt dies sein Umfang und das Verhaͤltnis desselben zu den Graͤnzen dieses Buchs fuͤr diesmal nicht. W ir haben jenes geistige Band, welches die Natur von Glied zu Glied gehend, um alle Lebendige ge- schlungen, und wodurch die einzelnen Zuͤge zu einer großen Schrift voll tiefen Sinnes werden, in einigen aͤußeren Umrissen des Naturreichs, kaum geahndet, und es kann dasselbe auch in den ferneren Untersuchun- gen, die wir nun an jene anknuͤpfen wollen, nicht so dargestellt werden, wie es nur bey einem tieferen und laͤngeren Verweilen bey diesem Gegenstand moͤglich waͤ- re; doch wollen wir, so weit unser Plan es erlaubt, noch ferner in andren Naturverhaͤltnissen auf jenen großen Zusammenhang aller Einzelnen hindeuten. Das Pflanzenreich nimmt seine Nahrung noch ein- zig aus dem Boden, in welchem es wurzelt, und aus der feuchten Luft, oder dem Wasser, welche es umge- ben, und lebt so noch unmittelbar von dem Anorgi- schen. Wie immer die darauf folgende hoͤhere Stufe gaͤnzlich auf der vorhergehenden niedrigeren ruht, und erst durch diese moͤglich wird, so wird die Vegetation noch gaͤnzlich von der anorganischen Welt des Plane- ten getragen. Die Flechten und einige andre unvoll- kommene Pflanzen, scheinen noch Theile des vewitter- ten Felsen den sie bedecken. Das Wasser ist es vornehmlich, welches der Ve- getation zum Nahrungsmittel dient. Dieser merkwuͤr- dige Stoff geht, wenn man ihn auch noch so sehr von fremden Bestandtheilen gereinigt, durch die Vegetation in einen Zustand der Verwandlung uͤber, welchen man an ihm dem Anschein nach, schwerlich fuͤr moͤglich gehal- ten haͤtte. Die bekannten Versuche einiger Chemiker, welche Pflanzensaamen in destillirtem Wasser und in verschlossenen, der Sonne ausgesetzten Gefaͤßen keimen und aufwachsen ließen, lehrten: daß die so erhaltenen Pflanzen alle jene Erden und sonstigen Bestandtheile enthielten, welche in der Asche der freywachsenden ge- funden werden. Das Wasser waͤre mithin in diesen Versuchen durch die Vegetation in Stoffe von fester Natur uͤbergegangen, von denen es vorhin keine Spur zeigte. Doch waͤre dieser Fall nicht einzig. Wenn, wie die Geschichte der Erde lehrt, einst die Bildung der ganzen jetzigen festen Masse aus dem Fluͤssigen moͤglich war, wenn die Bestandtheile dieser festen Masse, nicht alle zugleich in dem fluͤssigen Chaos enthalten seyn konnten, sondern der Gehalt der allgemeinen Fluthen zu verschiedenen Zeiten verschieden seyn mußte, so zei- gen sich schon hierinnen eine Menge Erscheinungen, welche unsre jetzige Chemie noch nicht zu loͤsen vermag, und welche fuͤr die Moͤglichkeit des Ueberganges einer fuͤr einfach gehaltnen Grundform in die andre sprechen. Auch selbst im Thierreich muß das Wasser in ge- wissen Faͤllen noch ernaͤhrend wirken, wie im Pflan- zenreich, ja selbst fuͤr die Natur des Menschen scheint ihm dieses Vermoͤgen nicht ganz abzusprechen, und wir finden in den Buͤchern der Aerzte mehrere Beyspiele verzeichnet, in denen ohne einigen Genuß von Nah- rungsmitteln, durch bloßes Wassertrinken das Leben lange Zeit gefristet wurde. Vier und zwanzig Tage erhielt sich jener Schwermuͤthige, welcher aus Duͤrf- tigkeit und Lebensuͤberdruß den Hungertod erwaͤhlt hat- te, blos bey dem Genuß des Wassers kraͤftig, und als nach dieser Zeit die hinzukommenden Freunde ihn von neuem Speise zu nehmen noͤthigten, geschahe der Ueber- gang zu der gewoͤhnlichen Weise des Lebens leicht, und in wenigen Tagen. Jener Wahnsinnige zu Haarlem, der sich in seinem Wahn, an einen einsamen Ort be- geben, lebte hier noch laͤngere Zeit blos vom Wasser- trinken, wozu er noch Tabak geraucht. Mehrere aͤhn- liche Faͤlle kann man in Smiths Werk uͤber die Tugen- den des gemeinen Wassers lesen. Zur See sind Etli- che, selbst nicht einmal durchs Wassertrinken, sondern blos durch das Anfeuchten der Kleider mit Seewasser, das von der Haut eingesogen worden, mehrere Tage bey Kraͤften erhalten u. s. w. In der Klasse der Wuͤrmer, der Thierpflanzen und selbst noch der Mollusken, ist es nichts seltenes einzelne Gattungen ganz, oder doch groͤßtentheils vom Wasser leben zu sehen, welches dann durch den Ver- dauungsproceß einer aͤhnlichen Verwandlung faͤhig seyn muß, als durch den der Vegetation. Nur in diesen untersten Klassen des Thierreichs findet man auch jene Gattungen, welche wie die Pflanzen noch ganz von der anorganischen Koͤrperwelt leben, und sich nebst dem Wasser blos von Steinen ernaͤhren. Es gehoͤren dahin unter andern jene Bohrmuscheln, die sich mitten in den haͤrtesten Felsen, wie Wuͤrmer in eine weiche Masse hineinzehren, so wie jene kleinen Thiere, welche blos von der feuchten Erde leben. In dem hoͤheren Thier- reich erlaubt die Natur eine solche Genuͤgsamkeit nicht mehr, oder doch nur in seltnen Faͤllen, und dieses kann auch hierinnen eine hoͤhere Potenz des Pflanzen- reichs oder der vorhergehenden organischen Welt ge- nannt werden, weil es blos von dieser sich naͤhrt. S Wenn die erste Stufe eines hoͤher organisirten Thierreichs die Klasse der Insekten ist, so finden wir hier, zugleich mit der vollkommneren Organisation, besonders der Eingeweide, die Ernaͤhrung von organi- schen Koͤrpern, von Pflanzen. Die vollkommneren Wasserthiere, welche sich in Hinsicht der Organisation hier- an anschließen, leben in den untersten Geschlechtern von Wuͤrmern, hernach jenseit des ersten Wendepunktes, in dem Reiche der Fische, finden wir, daß die kleine- ren und schwaͤcheren Geschlechter, den groͤßeren und staͤrkeren zur Nahrung dienen, und wirklich folgen sich auch in Hinsicht der Ausbildung die Glieder einiger Reihen dieser Klasse, so wie in der Groͤße. Endlich so ist auch in den hoͤheren Klassen wieder der eine Theil an die Pflanzen, ein anderer an thieri- sche Nahrung angewiesen; so daß wir in Hinsicht der Nahrung 3 Hauptabtheilnngen finden, davon die eine noch blos von der anorgischen Welt, vornehmlich vom Wasser lebt, die andre von Pflanzen, eine dritte am andern Ende gelegene von Thieren. Die Nahrung, welche jeder Thierklasse angewiesen ist, wird uns von der groͤßten Wichtigkeit, wenn wir, wie jetzt geschehen soll, die große Verschiedenheit, wel- che in allen Verhaͤltnissen an den Thiergeschlechtern der verschiednen Abtheilungen gefunden wird, betrachten. Wir wollen uns dabey nur an die von Pflanzen- und Thieren lebenden Wesen und zwar vorzugsweise wieder nur an die aus der Klasse der Saͤugethiere halten. Wir sehen in dieser Klasse die von Pflanzen und die vom Raube lebenden Thiere, sowohl ihrem jetzigen Bestand als auch der Zeit des Entstehens nach, zwey verschiedne Reihen bilden. Der gemeinschaftliche hoͤchste Gipfel der Vollen- dung beyder, ist der Mensch, waͤhrend auch die aͤußer- sten Enden beyder, welche in die Klasse der Voͤgel uͤbergehen, in gewisser Hinsicht uͤbereinstimmen. — Es lehrt naͤmlich schon die Geognosie, daß vor jener großen Revolution, welche fast die ganze damalige Organisation unter ihren Niederschlaͤgen begrub, ent- weder gar keine oder nur wenige Raubthiere vorhan- den waren. Denn obgleich in allen Welttheilen, so weit man die juͤngsten Gebirge der Floͤzzeit, oder die aͤltesten der aufgeschwemmten durchforscht hat, die Ueberreste von unzaͤhligen Saͤugthieren, deren Ge- schlechter von Vegetabilien leben, gefunden werden, hat man doch von Raubthieren bisher fast nur in den Hoͤhlen, wie es scheint aus einer sehr spaͤten Zeit, Ueber- reste gefunden. Die vielen Baͤrenknochen, nur selten vermischt mit einigen vom Geschlechte der Hunde, die man meistens unversteinert, und auf dem Boden frey liegend, zum Theil aber durch das kalkhaltige Wasser, das an den Waͤnden jener Hoͤhlen bestaͤndig niedersin- tert incrustirt gefunden, ruͤhren offenbar von Baͤren her, welche lange Jahrtausende nach jener Naturbege- benheit, durch welche Elephanten und andre Thiere S 2 der Wendekreiße in denselben Gegenden ihren Untergang fanden, die deutschen Waͤlder bewohnten, und bey einer sehr spaͤten oͤrtlichen Ueberschwemmung, in die, zum Theil noch jetzt offenen Hoͤhlen fluͤchteten. Die Natur erlaubt nicht, daß der nordische Baͤr und die Thiere der heißesten Laͤuder in einer Gegend wohnen. Schon die- ses macht einen gleichzeitigen Ursprung der Ueberreste so verschiedener Thiergattungen unwahrscheinlich. Doch verschwindet der Irrthum gaͤnzlich, wenn wir die Ge- birgsarten, in denen das aͤltere Thierreich begraben liegt, mit dem offenbar spaͤt entstandenen, allem An- schein nach von keiner jener großen Fluthen beruͤhr- ten knoͤchernen Tafelwerk jener Hoͤhlen vergleichen. Ein einziges Thier, aus einer Gattung, von wel- cher es, wie wir eben sehen werden, mehr als zwei- felhaft ist, ob sie zu der einen oder der andern Reihe muͤsse gestellt werden, naͤmlich aus der der Beutelthie- re, ist offenbar von sehr altem Ursprung, und dieses hat unter andern mit den Tapiren und andren Ver- wandten des Elephanten das damals sehr heiß gelege- ne Frankreich bewohnt. Waͤhrend so, von allen Ge- schlechtern der Raubthiere, so wie von denen der Af- fen, in der aͤltern Geschichte der Erde keine Spuren gefunden werden, zeigen sich dagegen die Ueberreste von allen vollkommneren Pflanzenfressenden Thieren, vornehmlich von einer Menge, zum Theil gaͤnzlich ausgestorbener Gattungen der sogenannten Pachyder- men, wohin der Elephant sammt dem Rhinoceros, so wie alle Schweinartigen Thiere gehoͤren. Außer diesem, abgesehen von der Geognosie, de- ren Ausspruch hier allerdings von der hoͤchsten Bedeu- tung ist, verhalten sich schon zoologisch beyde Reihen ganz verschieden, und in einiger Hinsicht ganz entge- gengesetzt. Wir finden naͤmlich, um nur Eins zu erwaͤhnen , daß die Zahl der Ruͤckenwirbel bey den von Vegetabilien lebenden Saͤug thieren immer zu- nimmt, je vollkommner die Organisation der innern Theile ist, umgekehrt aber nimmt sie bey den Raub- thieren immer mehr ab, je vollkommener sie sind. So finden sich bey den meisten Nagethieren, unter andern bey den Haasengeschlechtern, wie bey vielen maͤusearti- gen Thieren, nur 12 Ruͤckenwirbel, bey andren Thie- ren dieser Abtheilung, wie bey dem zunaͤchst angraͤn- zenden wiederkaͤuenden Thieren, finden wir 13, bey den schon vollkommner organisirtem Schweine, und einigen seiner Verwandten 14, endlich 18 bey dem Zebra, 19 bey dem Rhinoceros, 20 bey dem noch vollkommneren Tapir und Elephanten. Umgekehrt fin- den wir bey allen Raubthieren von hoͤherer Vollkom- menheit, bey dem Loͤwen, Tiger, so wie bey den an- dern vornehmsten Katzengeschlechtern, nicht minder bey den vollkommensten Geschlechtern der Hundeartigen Thie- re, nur 13 Wirbelbeine, waͤhrend die unvollkomme- nen Raubthiere von dem Geschlechte der Marder und Fischottern, so wie die unvollkommensten Gattungen der Hunde und Baͤrenartigen Thiere 14—15 und 16 besitzen. Zugleich nimmt bey den Pflanzenfressenden Thieren der Darmkanal an Ausdehnung und Laͤnge im- mer mehr zu, je vollkommner die Gattungen werden, bey den Ranbthieren findet gerade das Umgekehrte statt. Der Mensch befindet sich an dem Uebergange beyder Reihen, wo beyde an ihrem hoͤchsten Gipfel zusammentreffen. Er hat nur 12 Ruͤckenwirbel, und der Sprung von der bey dem Elephanten bemerkten Zahl, zu dieser geringen, waͤre zu groß, wenn nicht sehr deutlich ein Herabsinken jener Zahl durch Mittel- glieder, von denen einige Geschlechter nur noch aus Versteinerungen bekannt, andre wie wie hernach sehen werden, vielleicht noch vorhanden sind, bemerkt wuͤrde. Bey den meisten und vollkommensten Affen- geschlechtern, in denen, von dem gemeinschaftlichen Gipfel wieder abwaͤrts, die zweyte Reihe beginnt, fin- det sich dieselbe Zahl wie bey dem Menschen; wir se- hen diese aber in dem boshaften und ungelehrigen Ge- schlecht der Macaquen, wozu der haͤßliche chinesische Affe gehoͤrt, noch weiter, bis auf 11 herunter sinken, waͤhrend sie in andern Geschlechtern, die zunaͤchst an die Raubthiere angraͤnzen, schon wieder auf 13 steigt. So wird selbst schon in diesem an sich unwichtig schei- nenden Zahlenverhaͤltnis, das Daseyn jener beyden Rei- hen wenigstens wahrscheinlich, es wird dasselbe aber ganz gewiß und klar, wenn wir die Verwandtschaften der verschiedenen Geschlechter unter einander, die Uebergaͤnge und das allmaͤlige Aufwaͤrtssteigen derselben betrachten. Bekanntlich graͤnzt in seinem innren und aͤußren Bau unter allen Voͤgeln der Strauß zunaͤchst an die Saͤugethiere an, und es kommen ihm hierinnen, wie wir hernach sehen werden, nur einige Wasservoͤgel gleich, bey denen sich jedoch diese Annaͤherung auf ei- ne ganz andere Weise aͤußert. Es giebt unter den Saͤugethieren einige Geschlechter, die in ihrer Gestalt wie zum Theil noch im innren Bau, eine auffallende Aehnlichkeit mit dem Strauße haben, auf welche Aehn- lichkeit schon von Anderen aufmerksam gemacht ist. Sie gehoͤren, wenigstens hat man sie bisher dahin gerech- net, zu den merkwuͤrdigen Geschlechtern der Beutel- thiere, mit denen sie jedoch nur durch das Organ, wornach diese ganze Abtheilung genannt ist, uͤberein- stimmen, anderwaͤrts aber ganz abweichen. Vorzuͤg- lich sind es die Phalangisten, wozu der Coscoes von Amboina gehoͤrt, und die Neuhollaͤndischen Kaͤnguruhs, welche diese Aehnlichkeit zeigen. Eine Uebereinstim- mung, welche von viel tieferer Bedeutung ist, als auf den ersten Anblick scheint, naͤhert diese Thiere dem Strauß und den ihm nahestehenden Voͤgelgeschlechtern noch mehr. Waͤhrend naͤmlich bey den meisten Voͤgeln die Jungen nach dem Ausbruͤten zuerst nackt und huͤlf- los erscheinen, und einer langen Vorsorge der Alten beduͤrfen, sehen wir die Jungen der vollkommner orga- nisirten Voͤgel von dem Geschlecht der Huͤner, und dem zunaͤchst angraͤnzendem der Straußen, sogleich vollkom- men ausgebildet, faͤhig sich selbst, unter der Anfuͤhrung der Mutter die Nahrung zu suchen, aus dem Ey her- vorgehen, und das muͤtterliche Nest verlassen. Es ist nun nur noch ein Schritt bis dahin, wo auch die Noth- wendigkeit des Bruͤtens allmaͤlig verschwindet, und die Jungen sogleich lebend, nicht mehr als Ey gebohren werden. Noch graͤnzt aber der nur halb vollendete, unreife Zustand, in welchem die Jungen der Phalan- gisten und Kaͤnguruhs auf die Welt kommen, zunaͤchst an jenen der in Eyern eingeschlossenen, und des Aus- bruͤtens beduͤrftigen, an. Ungestaltet und uͤberaus klein gebohren, kaum noch mit Spuren der Vorder- und Hinterfuͤße, und hierinnen fast in jenem Zustand, in welchem das junge Huͤhnchen im Ey am vierten Tage des Bruͤtens ist, werden die Neugebohrnen von der Mutter in jene haͤutige Tasche, darinnen sich die Bruͤste befinden, gelegt, worinnen sie zugleich ausge- bruͤtet und ernaͤhrt werden. Endlich faͤllt bey voll- kommneren Saͤugethieren, dieser dem Ausbruͤten der Voͤgel in etwas aͤhnliche Mittelzustand der Jungen, allmaͤlig hinweg; die der zunaͤchst angraͤnzenden Ge- schlechter, werden zwar noch blind und zum Laufen noch unfaͤhig gebohren, doch zeigen sich schon alle Thei- le vollkommen entwickelt. So beduͤrfen die Jungen der meisten Voͤgel, nach- dem sie als Eyer gebohren worden, nicht blos des Aus- bruͤtens, sondern auch nach demselben noch, erschei- nen sie unvollkommen entwicklet und der aͤußern Pfle- ge beduͤrftig. Bey den Huͤnern und Straußenartigen Voͤgeln, wird das Junge zwar auch noch als Ey, und ohne Spuren des innern Lebens gebohren, doch zeigt sich dasselbe, unmittelbar nach dem Ausbruͤten, voll- kommen entwicklet, und seiner selber maͤchtig. End- lich graͤnzen hieran Thiere, deren Junge schon mit al- len Zeichen des Lebens, nicht mehr als Ey gebohren werden, aber nur noch zum Theil ausgebildet sind, waͤhrend von Stufe zu Stufe immer mehr die Thiere nicht blos lebendig, sondern auch vollkommen entwick- let zur Welt kommen. Von den Geschlechtern der Phalangisten und Kaͤn- guruhs finden wir einen deutlichen Uebergang zu den Nagethieren. Der gelblich weise Coscoes von Amboi- na hat die Groͤße eines Pferdes, das große Kaͤngu- ruh, das schon in seinen ungemein langen Hinter- fuͤßen, die ihm allein zum Laufen dienen, waͤhrend die muͤßig herabhaͤngenden kleinen Vorderfuͤße, hier- bey eben so unthaͤtig sind, wie die kleinen Fluͤgel beym Strauße, den Anstand dieses zunaͤchst angraͤnzenden Vogels nachahmt, uͤbertrifft oͤfters noch den Strauß an Hoͤhe. Die uͤbrigen Geschlechter der Phalangisten und Kaͤnguruhs, von denen erst vor kurzem einige neue entdeckt wurden, sind kleiner. Einige von ihnen naͤhern sich auch noch dadurch den Voͤgeln, daß sie durch die lange Haut, welche, wie bey den Fleder- maͤusen von den vordern und hintern Fuͤßen ausge- spannt ist, noch vom Baum zu Baum zu flattern ver- moͤgen. So der fliegende Phalangist des Cuvier. Ei- nige kleinere Geschlechter der Kaͤnguruhs, unter an- dern das bekannte Potoru, sind nur wenig groͤßer als eine Ratte, und naͤhern sich auch schon im Bau und Zahl der Zaͤhne, so wie in der aͤußern Gestalt, den Na- gethieren. Aus dieser Thierabtheilung graͤnzen zunaͤchst die maͤnseartigen Nagethiere an. Viele von ihnen sind bekanntlich zum Fliegen oder wenigstens zum Flattern faͤhig, doch gehoͤren wahrscheinlich von ihnen zu der ersten Reihe nur die Fledermaͤuse im engsten Sinne, das heißt, die außer der Flughaut gaͤnzlich den maͤuse- artigen Thieren gleichen, waͤhrend die groͤßeren und anders gestalteten Fledermaͤuse an die Glieder der 2ten Reihe, wo diese sich der Klasse der Voͤgel naͤhert, an- schließen. Es gehen jene Geschlechter durch die der Eichhoͤrnchen, unter denen es noch ein fliegendes giebt, wie es scheint, in die der Cabiais, endlich in die der Haasen uͤber, aus welchen ein Uebergang zu den wie- derkaͤuenden Thieren gefunden wird. Nicht allein die kleinen Geweihe, die man zuweilen, wenn auch nur in seltenen und abnormen Faͤllen, an dem Kopf der Haasen gefunden hat, sondern andre Verhaͤltnisse im Bau, naͤhern die Geschlechter der Haasen einigen Ar- ten von wiederkaͤuenden Thieren, und zwar sind die, welche zunaͤchst angraͤnzen, die Moschusthiere. Kaum von der Groͤße eines Haasen, mit hervorstehenden Hundezaͤhnen, noch ohne Geweih, erscheint dieses Ge- schlecht zuerst in dem kleinen indischen Memina, dann im eigentlichen Moschusthier. Die Uebergaͤnge in die Geschlechter der Hirsche, Giraffen, Antilopen, Zie- gen und Stiere, liegen dem Auge sehr nahe. Nicht minder deutlich ist der Uebergang von den wiederkaͤuen- den Thieren zu den Schweineartigen, und nicht allein der Hirscheber naͤhert sich an Gestalt den Hirfchen, sondern das merkwuͤrdige Schwein Tajassu, hat schon den innren Bau des Magens, welcher aus mehreren Abtheilungen besteht, mit dem einiger wiederkaͤuenden Thiere, die bekanntlich 4 Maͤgen besitzen, gemein. Der Elephant ist in der Abtheilung der Saͤugethiere, welche mit den Schweineartigen beginnt, der hoͤchste Gipfel. Es treten nun in dem Verlauf der Reihe, die untergegangenen Geschlechter der Palaͤotherien und Anoplotherien ein, von denen Cuvier viele Arten unter den Versteinerungen von Montmartre entdeckt hat, doch ist es von den ersteren wahrscheinlich, daß sie zwischen Rhinoceros und Tapir gestanden haben. Durch ein nicht minder verlohren gegangenes Geschlecht, je- nes Riesenthier, das Cuvier Megatherium nennt, und das in seinem Bau von allen jetzt vorhandenen Thier- gattungen ungemein weit abweicht, sieht man in vie- len der erwaͤhnten Verhaͤltnisse, ein Weiterschreiten der Reihe. Dieses Thiergeschlecht, von welchem die Ueberreste mehrerer Arten vorhanden sind, ist seinem ganzen Bau nach nicht minder ungeschickt zum Gehen gewesen als das Faulthier, und bey der Groͤße seines Koͤrpers, welche die natuͤrliche Beschwerde noch ver- mehren mußte, ist es von der Natur auf einen engen Raum, auf oas Thal oder den Sumpf, in welchen es gebohren worden, beschraͤnkt gewesen. Es giebt uns die ganze merkwuͤrdige Familie der Faulthierartigen Geschlechter, von welcher alle, bis auf einige wenige untergegangen sind, ein Beyspiel von einem nach einer Seite uͤber die Graͤnze hinausgehenden, und darum mislingenden Streben der bildenden Natur. Die gan- ze Lebenskraft scheint sich in den zuletzt aus der ersten Reihe hervorgehenden Geschlechtern, mehr nach innen zuruͤckzuziehen, die Thaͤtigkeit nach außen nimmt ab, ja wie wir nachher sehen werden, verschwinden zuletzt selbst die zu dieser Thaͤtigkeit noͤthigen Glieder. Die Natur bereitet sich, gleichsam tief in sich gekehrt, zu ihrem letzten, hoͤchsten Werke vor, damit aber uͤber- haupt dieser neue Schritt moͤglich werde, muß sie in das Element, aus welchem Alles hervorgegangen, zu- ruͤckkehren. Die Graͤnze der auf dem Lande lebenden Thiere der ersten Reihe, scheint in den Elephantenarti- gen, von da schließt sie an die Cetaceen an. Dagegen hat die Natur in den Faulthierartigen Geschlechtern, die erste Reihe nach der einen Seite hin noch fortzufuͤhren gesucht, und wir sehen in diesen z. B. die Zahl der Ruͤckenwirbel auf 23 steigen. Es strebt der Bildungs- trieb der Erde, ohne erst in das Meer und die alte In- differenz der Gestaltungen zuruͤckzukehren, gleich in der Richtung der ersten Reihe das hoͤchste Ziel — den Menschen zu erreichen. Vergeblich, sie bringt es mit ihrer letzten Anstrengung nur zur Affenaͤhnlichkeit (in den noch jetzt lebenden Faulthieren) und die Glieder, die sie dem hoͤheren Gesetz entgegen hartnaͤckig behauptete, find diesen armseeligen Thieren voͤllig unbrauchbar. Bis zuletzt in diesen Geschlechtern, jener falsche Bil- dungstrieb der Natur, der sich auf dem Lande, und in der einmal eingeschlagenen Richtung behaupten wol- len, kraftlos, in zwergartigen, gleich mit der Kraft- losigkeit der Greise gebohrenen Wesen erlischt. Dieses Beyspiel eines solchen einseitigen, und des- halb verungluͤckten Strebens der bildenden Natur, ist nicht einzig. Wir sehen nach mehreren Richtungen hin die Natur einseitig von dem allgemeinen Gesetz ihrer Bildungen abweichen, und statt aufwaͤrts zu steigen, sich allezeit in unvollkommnere Formen verirren. Eigent- lich ist die ganze zweyte Reihe der Saͤugethiere, die der Raubthiere, ein solcher Abweg Recht im Großen, das was Auswuͤchse des organischen Koͤrpers, die mitten in diesem und auf ihm einen kleinen fuͤr sich bestehenden Organismus bilden wollen, im Klei- nen sind. wie sich an ei- nem andern Ort deutlicher zeigen wird, und im Gan- zen genommen eben so sehr nur das Einzelne angehend, als alle solche Abweichungen (man denke nur an die ungeheure Zahl der Geschlechter sowohl als Individuen in der ersten Reihe, an die geringe Zahl in der zwey- ten.) Eigentlich ist die Schoͤpfung der Lebendigen mit dem Menschen geschlossen, doch gehoͤrt dieses zweyle- bige Wesen der Erde kaum noch halb an. Es versucht nun aber auch die Erde (gleichsam ohne jene hoͤhere Beyhuͤlfe, die ihr bey der Schoͤpfung des Menschen noͤthig war, durch ihre eignen Kraͤfte) die einmal so weit gerathene Schoͤpfung immer weiter (einseitig) fortzu- fuͤhren. Doch das an dem Gipfel der ersten Reihe voruͤbergegangene Ideal war uͤber die Natur des Pla- neten erhaben. Es gelingen nur Affen statt der Ge- stalt des Menschen, und auch von diesen muß der in- nere noch in seiner Einseitigkeit beharrende Bildungs- trieb immer tiefer herab sinken. Die Geschlechter der Meerthiere von den Verwand- ten des Seehundes scheinen ein aͤhnlicher Abweg von den Formen der Cetaceen aus, wenn sie nicht ganz in die zweyte Reihe gehoͤren. Ueberhaupt scheinen die haͤufigen Verwandtschaften, und vielleicht selbst Ueber- gaͤnge die sich bey vielen Geschlechtern der ersten Reihe in solche der zweyten (besonders in den niedern Klassen) finden, haͤufig durch eine solche Verirrung entstanden. Vielleicht daß so angesehen einige Glieder noch in die erste Reihe (als Ausartungen) heruͤber gehoͤren, die wir hernach in die zweyte aufnehmen werden. Solche Uebergaͤnge machen vornehmlich die Rattenartigen und Nagethiere und sie finden sich am haͤufigsten gleich beym Beginnen der Saͤugethiere, in der Naͤhe der Klasse der Voͤgel, mithin in den zweydeutigen Fledermausge- schlechtern, und ihren ungefluͤgelten Verwandten. So scheint denn, wie oben erwaͤhnt, das Stre- ben der bildenden Natur, welches die erste Reihe in ihrer Aufeinanderfolge hervorgerufen, in den letzten Geschlechtern allmaͤlig zu ermatten, und was sich in den vorhergehenden Geschlechtern jugendlich und kraͤftig in raschen Bewegungen geregt, ist hier zu der Gebrech- lichkeit und Traͤgheit des spaͤten Alters herabgesunken. Die Natur muß sich nach einem neuen und hoͤheren Ideal umsehen, welches die schon erstorbene Gluth von neuem anfacht, und die verlohrene Jugend hoͤher und kraͤftiger zuruͤckgiebt. Endlich tritt der Mensch auf, und es erringt mit ihm die Natur das hoͤhere Gei- sterreich. Hoͤheres vermag sie nun nichts mehr, es sinkt die bildende Kraft von dem Gipfel den sie errun- gen, wieder abwaͤrts, und wir sehen hernach nicht minder eine abwaͤrts sinkende Thierreihe, wie wir eine aufsteigende gesehen. Ehe wir aber zu den Gliedern der zweyten Reihe uͤbergehen, ist es noͤthig, eines aͤußerst problemati- schen Umstandes bey der ersten zu gedenken, den wir schon oben beruͤhrt haben. Schon die zuletzt erwaͤhnten Glieder der ersten Reihe, fassen lauter solche Thiere in sich, welche Suͤmpfe und wasserreiche Gegenden lieben. Alle Schweineartigen, alle dem Elephanten verwandten Ge- schlechter zeigen diese Neigung zu feuchten Plaͤtzen. End- lich findet sich in dem dem Tapir und den Geschlechtern der Elephantenartigen Thiere ungemein nahe verwand- ten Flußpferd oder Hippopotamus ein Thier, welches fast schon ganz im Wasser lebt. Schon verkuͤrzen sich die Vorder- und Hinterfuͤße so sehr, daß der Leib beym Ge- hen an der Erde streift, die ganze Gestalt ist geschick- ter zum Schwimmen als zum Gehen. An diese jetzt blos in Afrika lebende Thierart, graͤnzen nun unmit- telbar die indischen und amerikanischen Geschlechter der Seekuͤhe, vornehmlich die der Duͤgongs und Lamanti- ne an. Das zuletzt genannte sinnreiche Thier, das blos von Pflanzen lebt, und oft am Ufer weidet, liebt die Gesellschaft der Menschen und die Musik in ei- nem hohen Grade, und die Amerikaner gewoͤhnen es sehr leicht an sich. Schon sind in diesen Thierarten die Hinterfuͤße gaͤnzlich verschwunden, welche mit dem fischartigen Schwanz des nach hinten spitzig zulaufenden Leibes, unter der Haut zu einem Stuͤck verwachsen sind. Es schließen sich nun unmittelbar die Cetaceen oder Wall- fischartigen Thiere an, welche keine Spur der Hinter- fuͤße mehr zeigen. Bekanntlich gehoͤren nicht allein die Wallfische und Cachelotten, sondern auch die Delphine und Narwhals zu jenen im Wasser lebenden warmbluͤtigen Thieren, welche lebendige Junge gebaͤhren, die sie an ihren Bruͤ- sten groß saͤugen, und welche sonst im ganzen Bau mit den vollkommensten Saͤugethieren uͤbereinstimmen. Der Wallfisch ist noch immer nicht hinlaͤnglich anato- misch untersucht, dagegen hat die Zergliederung bey dem Delphin, einige der merkwuͤrdigsten Thatsachen der Zoologie entdeckt. Dieses sinnreiche Thier, dessen bestaͤndige Liebe zu dem Menschen und zur Musik, schon von den Alten gepriesen war, gesellt sich wirklich im Meere immer zu den Schiffen, und das vom festen Lande verbannte Geschlecht scheint sich in seiner oͤden nur von einer un- vollkommenen Natur bewohnten Heimath, der Naͤhe des Menschen vor allen andern Thieren zu freuen. Im Bau seines Gehirns zeigt sich dieses Thier dem Menschen naͤher verwandt als alle andre Thiere, naͤ- her als der Elephant und die Affen. Wenigstens zeigt sich diese nahe Verwandschaft in einigen Hauptzuͤgen. Waͤhrend naͤmlich bey den unvollkommneren Thieren, die Form des Gehirns mehr in die Laͤnge, von vorne nach hinten gedehnt erscheint, waͤhrend der hintere Abschnitt des großen Gehirns bey den meisten ganz verschwindet, und das kleine Gehirn unmittelbar nach dem Hinweg- nehmen des Schedels sichtbar wird, findet sich bey dem Menschen eine vollkommnere Entwicklung nach den beyden Seiten (der Durchmesser nach diesen, nimmt im Ganzen und in den einzelnen Theilen zu) und das kleine Gehirn zeigt sich voͤllig von den Fortsaͤtzen des großen nach hinten bedeckt. Bey dem Delphin hat die Aus- bildung des Gehirns nach beyden Seiten den hoͤchsten Gipfel erreicht, und nicht minder findet sich, wie bey dem Menschen, das kleine Gehirn von den Fortsaͤtzen T des großen bedeckt. Ferner sind es die tieferen und zahlreicheren Windungen, welche das Gehirn des Men- schen schon aͤußerlich vor dem aller andern Thiere aus- zeichnen. Schon die Affen haben bey weitem weniger Windungen, die hintern Theile des Gehirns bey den meisten gar keine. Ja man hat bey dem Gehirn der verschiednen Menschen selber, je nachdem es von mehr oder minder geistreichen Menschen war, mehrere oder mindere Windungen gefunden, und die Bloͤdsinnigen zeigten an ihrem Gehirn die wenigsten und flaͤchsten. Deshalb ist es hoͤchst merkwuͤrdig, daß gerade an dem Gehirn des Delphins, und wahrscheinlich an dem der mei- sten andern Cetaceen, eine so große Menge und so tiefe Windungen beobachtet werden. Man kann diese und andre Eigenschaften, welche das Gehirn des Delphins auszeichnen, in Cuviers vergleichender Anatomie nach- lesen. Es erhaͤlt, wenn wir jene natuͤrliche Beschaffen- heit voraussenden, eine andre Thatsache, welche Au- tenrieth in seiner Physiologie erzaͤhlt, eine um so tiefe- re Bedeutung. Der sterbende Delphin soll seine Jaͤ- ger, in deren Naͤhe ihn ein unwiderstehlicher Natur- trieb gefuͤhrt, und an welche ihn seine eigne Zunei- gung verrathen, mit einem Blicke ansehen, in welchem sich der Schmerz und gleichsam ein sanfter Vorwurf oder ein Flehen um Mitleid so tief ausdruͤcken, als in dem menschlichen, und in welchem durchaus keine Spur des Thierischen ist. Es hat dieser tiefe, sinnige Blick, den man sonst noch an keinem Thiere so deutlich bemerkt hat, viele Beobachter in Staunen gesetzt, da man ihn am wenigsten bey einem Wesen erwartet, das die Natur der beschraͤnktesten haͤßlichsten Thierklasse, den Fischen, aͤußerlich aͤhnlich gemacht hat. Vielleicht daͤmmert auch hier, in der Natur des sterbenden Thie- res der erste Strahl eines Bewußtseyns, und die Vor- ahndung eines kuͤnftigen hoͤheren, — des menschlichen Lebens. Bey den Alten war der Delphin heilig, und noch ist er es bey einigen heydnischen Kuͤstenvoͤlkern der alten Welt. Jener Uebergang der Elephantenartigen Thiere, durch das Flußpferd und die Lamantine in die Ge- schlechter der Cetaceen, von denen noch einige, die Narwhalls naͤmlich, das Hervorstehen der Eckzaͤhne, die von einer dauerhafteren Masse sind als das Elfen- bein, jenen vollkommensten Landthieren aͤhnlicher macht, der hoͤchst merkwuͤrdige, Menschenaͤhnliche Bau des Gehirns, andrer Uebereinstimmungen der innren Thei- le gar nicht zu gedenken, lassen uns die Cetaceen als eine merkwuͤrdigere Abtheilung der Saͤugethiere betrach- ten, als sie gewoͤhnlich scheinen. Vielleicht daß auch hier, wie in andern Thierklassen, die Natur, ehe sie ihr hoͤchstes Werk beginnt, einer Wiedergeburt aus dem Element, aus welchem im Anfang Alles ward, be- darf. Doch will ich mich aller weiteren Folgerungen T 2 uͤber diese Thatsachen enthalten, da das, was die Zoologie vielleicht in wenig Jahren unwidersprechlich wird beweisen koͤnnen, jetzt allerdings paradox und laͤ- cherlich erscheinen muß. Wenn auch die letzten Glieder, welche zwischen den Elephantenartigen Thieren und dem Menschen mit- ten innen liegen, etwas dunkel sind, es sey nun daß einige durch voruͤbergegangene Naturrevolutionen, so wie die oben genannten Geschlechter, untergegangen sind, oder daß wirklich erst noch ein Uebergang in die Cetaceen noͤthig ist; so ist doch die zweyte Reihe von ih- rem Beginnen, bis zu den letzten Gliedern, durchaus deutlich und verstaͤndlich. Sie scheint, wie schon er- waͤhnt, spaͤter entstanden, als die erste, und wir ver- missen nirgends ein vielleicht verlohren gegangenes Glied in ihr, wie in der ersten. Die Geschlechter der Affen bilden die ersten zunaͤchst an den gemeinschaftlichen Gi- pfel angraͤnzenden Glieder der zweyten Reihe. Die Natur vermag in ihnen ihrem hoͤchsten Werk nur noch nachzuahmen, und wie die einzelnen Fluthen, nachdem sie erst allmaͤlig stiegen, dann wieder schneller abnah- men, nimmt die Vollkommenheit ihrer Gebilde, nach- dem sie von den tieferen Stufen bis zu der hoͤchsten ge- stiegen, schneller wieder ab als sie gewachsen. Von einigen Affengeschlechtern findet sich der Uebergang in die Hundeartigen Thiere, von andern in die Katzenar- tigen. An die zuerst genannten schließen sich die Baͤ- ren an, die schon durch das Geschlecht der Mangu- sten, oder Ichneumons, welches Cuvier aus Gruͤn- den unter die Verwandten des Baͤrengeschlechtes stellt, einen Uebergang zu den Mardern und Fischottern ma- chen. Gegen das Ende der Reihe erscheinen wieder jene Arten von Beutelratten, welche deutlich zu den Raubthieren gezaͤhlt werden muͤssen, wie auch am An- fange der ersten Reihe Thiere von der Verwandschaft der Beutelthiere, jedoch von Pflanzen lebend, erschie- nen. Einige von ihnen, unter dem Nahmen der flie- genden Katzen bekannt, sind mit Flughaͤuten versehen. Es schließen sich von einer andern Seite wieder in ge- wisser Hinsicht fast den Maͤuseartigen aͤhnliche Ge- schlechter an, meist groͤßer von Koͤrper als die der er- sten Reihe, und die groͤßten von ihnen gehoͤren als Vampire, Phyllostomen und Rhinolophen zu den Fle- dermaͤusen. So kuͤndigt sich von dieser Seite die aber- malige Naͤhe der Klasse der Voͤgel, durch die Eigen- schaft des Fliegens an. Von der andern Seite machen aber den Beschluß der zweyten Reihe, jene Raubthie- re, die man ihres langgedehnten Koͤrpers wegen, Wurmfoͤrmige genannt hat. Es gehoͤren dahin die Geschlechter der Wiesel, Marder, Iltisse und Fisch- ottern. Aus diesen findet sich endlich in dem merk- wuͤrdigen Schnabelthier, das seinem Entenschnabel und dem Bau der Fuͤße nach, so wie durch den Nath- losen Schedel, und durch die knoͤcherne Scheidewand zwischen beyden Hirnhaͤlften, schon den Wasservoͤgeln, sonst aber den Fischottern oder aͤhnlichen Thieren gleicht, ein deutlicher Uebergang aus den vierfuͤßigen Thieren zu den Wasservoͤgeln. So graͤnzt die Klasse der Saͤu- gethiere zweymal an die der Voͤgel an, einmal durch die Kaͤnguruhs und Phalangisten an die Straußenar- tigen, ein andresmal durch das Schnabelthier an die Wasservoͤgel. Ein bemerkenswuͤrdiger Umstand scheint es, daß diese beyden von so verschiednen Seiten an ei- ne andre Klasse anschließenden Thiergeschlechter, davon das eine aus einer Menge verschiedner Arten besteht, beyde blos in Neuholland und den benachbarten Welt- gegenden gefunden werden, und dieser auch in andrer Hinsicht merkwuͤrdige Welttheil, den seine Lage durch weite Meere von beyden Continenten trennt, so daß keine Einwandrung fremder Thiergattungen moͤglich war, bildet durch seine einfoͤrmige Thierwelt die Ver- einigung zwischen den Voͤgeln und Saͤugethieren, und lehrt zugleich, daß bedeutende Erdstrecken, wenn sie von andern voͤllig abgeschnitten sind, in den Thierge- schlechtern die sie bewohnen jene Mannigfaltigkeit der Bildungen und Kraͤfte nicht zeigen, welche durch die Einmischung fremder Gattungen moͤglich wird. Auch Frankreich, und ein geringer Theil des an- graͤnzenden Landes, hat, wie Cuvier bemerkt, in je- nen Zeiten, wo die Thiere lebten, deren Reste jetzt in den Gipsbruͤchen zu Montmartre gefunden werden, eine eben so einfoͤrmige Thierwelt gehabt, als Neuhol- land, und die 20 oder 30 jetzt untergegangenen Thier- arten von den obengenannten Geschlechtern, waren sich alle in ihrer Bildung und in der Stufe die sie in der Thierreihe einnahmen, so aͤhnlich, wie die verschiede- nen Arten der Kaͤnguruhs und Phalangisten von Neu- holland. Alle stunden an der Graͤnze jener bedeuten- den Kluft, die zwischen den Elephantenartigen Thie- ren und dem Menschen ist. Auch bey den Voͤgeln ließen sich jene merkwuͤrdigen zwey Reihen, mit leichter Muͤhe nachweisen. Nur zeigen jene beyden Enden, womit sie an die Saͤugethie- re angraͤnzen, auf gleiche Weise eine dieser hoͤheren Thierklasse aͤhnliche, und hiermit nach dem gewoͤhnli- chen Maasstab vollkommnere Organisation. Man koͤnnte somit versucht werden, zwey Gipfel der Aus- bildung anzunehmen. Die Zahl der Halswirbel (denn diese druͤckt hier das Verhaͤltnis der beyden Reihen am leichtesten aus) waͤchst in der einen Reihe von den un- tersten Gliedern bis zum Strauß, von 11 bis auf 18, waͤhrend sie in der andern, von einem der vollkommen- sten Wasservoͤgel, dem Schwan, bis zu dem letzten Glied dieser Reihe, das in die Amphibien uͤbergeht, von 23 bis auf 9 herabsinkt. Die obige Aufstellung jener beyden Reihen bey den Saͤugethieren, wird aber fuͤr unsern diesmaligen Zweck schon hinreichen, besonders da sich eine Gelegenheit finden wird, diesen Gegenstand der fuͤr die ganze Zoo- logie ohnstreitig sehr wichtig und bisher noch sehr im Dunkeln geblieben ist, etwas ausfuͤhrlicher zu be- handeln. Wir finden zuerst, wenn wir nun den Hauptcha- rakter der beyden Reihen betrachten, daß die Geschlech- ter der ersten eine auffallend viel groͤßere Koͤrpermasse vor denen der andern auszeichnet. Die groͤßten Thie- re der zweyten Reihe sind der Eisbaͤr und der große bengalische Tieger, waͤhrend sich die koͤrperliche Groͤße in der ersten Reihe, nachdem schon fruͤher die Geschlech- ter der Stiere und des Rosses, das Kameel und die Giraffen, ja gleich beym Beginnen das Riesenhafte Kaͤnguruh, das zuweilen gegen 10 Fuß Hoͤhe hat, aufgetreten, noch bis zu dem Elephanten, ja bis zu dem groͤßten bekannten Thier der Erde, (wenn wir den fabelhaften Kraken ausnehmen) zum Wallfisch erhebt. Die Glieder der ersten Reihe leben, wie schon erwaͤhnt, fast blos von Pflanzen, und nur einige Geschlechter an beyden Graͤnzen, davon die einen an die Klassen der Voͤgel angraͤnzen, die andern nach dem Ende der ersten Reihe hinstehen, naͤhren sich, jene von Insekten, diese von kleinen Meerthieren. Der große Wallfisch selber begnuͤgt sich, eine in den nordischen Meere un- gemein haͤufige Schaalenlose Molluske, die Clio borea- lis zur Nahrung zu nehmen. Dagegen sind die Ge- schlechter der zweyten Reihe, welche gleichsam eine zweyte neue Thierwelt mitten in der alten ist, und das schon vorhergegangene Thierreich eben so zu seiner Ba- sis hat, als die erste Reihe die Vegetation, eben so durchgaͤngig fleischfressende. Bey den Gliedern der ersten Reihe finden wir im Verhaͤltniß zu ihrer bedeutenden Koͤrpergroͤße, ein nur schwaches Muskelsystem, waͤhrend die Muskeln bey den Geschlechten der zweyten, im Verhaͤltniß zu der viel geringeren Koͤrpergroͤße, zum Theil ganz vorzuͤg- lich stark find. Ein viermal so kleines Raubthier be- zwingt und toͤdtet oͤfters ein Pflanzenfressendes, das gegen ihm ein Riese scheint. Dagegen sind die von Vegetabilien lebenden Thiere im Durchschnitt sinnvol- ler, gelehriger und kluͤger. Die aͤußren Sinnen nehmen in der ersten Reihe, gegen den Gipfel hin, an Schaͤrfe ab, die Bewegun- gen werden langsamer oder doch durch den schwerfalli- gen Bau des Koͤrpers gehinderter, waͤhrend sich die Geschlechter der zweyten Reihe durch eine muntre un- ermuͤdete Beweglichkeit, Leichtigkeit und Schnelle aus- zeichnen. So scheint es ein allgemeines Naturgesetz, dem wir in der Geschichte alles Irdischen von neuem wie- der begegnen, daß die Wesen von einer groͤßeren Ab- haͤngigkeit von dem Planeten, von einer innigeren Ein- heit mit demselben ausgehen muͤssen, ehe sie, wie nachher auf einer zweyten Stufe geschicht, von jener Abhaͤngigkeit zur Selbststaͤndigkeit, und zu einem ei- genthuͤmlichen Daseyn gelangen. Die Schieferartig geschichteten Gebirgsarten, welche in der ersten Haͤlf- te der Urzeit so haͤufig sind, zeigen den großen und fast ausschließenden Einfluß der Schwere auf die Bil- dung derselben, waͤhrend sich erst in der zweyten Haͤlf- te der Urzeit die Gebirge zu etwas freyeren und selbst- staͤndigeren Formen erheben, uͤberhaupt aber in der juͤng- sten Hauptperiode, in der der Floͤzzeit, diese freyeren und kuͤhneren Formen am haͤufigsten werden. So zeichnet auch die Pflanzenwelt im Ganzen vor dem Thierreich ihre Abhaͤngigkeit von dem Planeten, und die Einheit mit demselben aus. Erst das Thier wird vom Boden frey und selbststaͤndig be- weglich, waͤhrend die Pflanze gleichsam nur noch ein Theil des Bodens ist, in welchem sie wurzelt. Es geht also auch in der organischen Welt jener passivere Zustand, wo das Einzelne nur noch in unmittelbarer Vereinigung mit seinem Ganzen besteht, jenem vor- aus, wo das Einzelne ein Ganzes in sich, und unab- haͤngig wird. Endlich haben wir im Thierreich, und zwar vorzuͤglich in der Klasse der Saͤugethiere sowohl der Zeit nach als dem Gange der allmaͤligen Ausbil- dung der Formen, eine Reihe vorausgehen sehen, wo die Geschlechter durch ihre groͤßere Koͤrpermasse und Schwerfaͤlligkeit, durch die Langsamkeit ihrer Bewe- gungen, ja wie zum Beyspiel die untergegangenen Rie- senthiere von dem Bau der Faulthiere, durch die Un- faͤhigkeit zum eigentlichen Gehen, statt dessen nur ein muͤhsames Kriechen moͤglich war, von dem Boden ab- haͤngiger, der allgemeinen Schwere mehr unterworfen waren, welches sich auch in dem durchgaͤngig passiven Wesen und in der Pflanzennahrung ausspricht. Erst in der zweyten Reihe zeigt sich der thierische Charakter freyer und selbststaͤndiger entwicklet. Darum ist es je- nem allgemeinen Naturgesetz gemaͤß, daß auch in der Geschichte des Menschen zuerst eine lange Periode der Hingebung und der Abhaͤngigkeit von der aͤußren Na- tur, jener der Freyheit und Selbststaͤndigkeit voraus- gieng. Wie die Kunsttriebe, die sich blind und be- wußtlos in dem Bau kunstreicher Hoͤhlen und andrer Wohnungen aͤußern, am vollkommensten gleich am Anfang der ersten Reihe, und hiermit der ganzen Klas- se der Saͤugethiere, in dem Biber und einigen andern Nagethieren erscheinen, so zeigt sich auch in der Ge- schichte des Menschen gleich Anfangs jener mathema- tisch astronomische Kunsttrieb, den wir noch jetzt in den wissenschaftlichen Denkmaͤhlern der aͤltesten Vor- welt bewundern. Die hoͤchste Vollkommenheit scheint in der Mitte zu schweben, und wenn auch der Mensch in seinem ganzen Bau sich mehr nach der ersten Reihe heruͤber- neigt, deren Gipfel er ist, so scheint doch auch die hoͤchste Bluͤthe der zweyten, die Vollendung des Mus- kelsystems und der innren Theile, in ihm zugleich ent- faltet. Die vollkommenste Harmonie des Nervensy- stems und der Sinnen, mit dem Muskelsystem, ist es, welche den Menschen vor allen Thieren auszeich- net. Es ist die hoͤchste Thaͤtigkeit und Wirkung des Einen, nicht ohne die Ruͤckwirkung des andern moͤg- lich, und aus diesem Gesetz der Wechselwirkung, ge- hen jene großen und bedeutungsvollen Erscheinungen hervor, die uns in der natuͤrlichen Geschichte des Men- schen beschaͤftigen werden. Zwoͤlfte Vorlesung. Ueber die in einem jetzigen Daseyn schlummernden Kraͤfte eines kuͤnftigen. W ir sprachen in einigen der vorhergehenden Vorle- sungen von Reihen organischer Wesen, davon wir noch in der letzten die eine bis wenigstens in die Naͤhe des Menschen hinauffuͤhrten. Nicht ohne Bedeutung war hierbey das Wort aufsteigend, denn es scheint mehr als wahrscheinlich, daß das allgemeine Leben wie aus einem tiefen Schlaf an der Graͤnze des Anorgischen erwachend, aus der Tiefe des Materiellen, in wel- cher es der Planet dem es vorhin untergeordnet gewe- sen, mit sich hinabgezogen, eines allmaͤligen Hinauf- steigens und mannigfaltiger Uebergaͤnge bis zum Da- seyn des Menschen beduͤrfe. Vielleicht daß in kurzen wissenschaftliche Beweise andrer Art fuͤr den tiefen Zu- sammenhang des (z. B. thierischen) Daseyns auf einer niedern Stufe mit dem auf einer hoͤheren, und wie sich dieses schon aus jenem nothwendig herleiten lasse, ge- geben werden koͤnnen, hier aber sey es erlaubt, einige Worte von einem Zusammenhange andrer Art, der zwischen einem kuͤnftigen hoͤheren und einem vorherge- henden niederen Daseyn statt findet, zu reden, wie naͤmlich das, was in dem kuͤnftigen als wahrhaftes Vermoͤgen, als Kraft in Erfuͤllung gehet, in einem vorhergehenden sich als unbefriedigtes, ja selbst fuͤr jetzt zweckloses Streben voraus verkuͤndigt. So ist deutlich der Keim eines kuͤnftigen Lebens (gleichsam als Embryo) schon in dem vorhergehenden enthalten. Es werden zwar die noch ungebohrnen Kraͤfte ei- nes kuͤnftigen Daseyns vornehmlich in einem krankhaf- ten oder ohnmaͤchtigen Zustand des jetzigen sichtbar, wie ich dieses in der naͤchsten Vorlesung zeigen werde, doch soll uns die heutige solche Vorboten eines neuen noch zukuͤnftigen Lebens auch im gesunden Zustand der lebendigen Wesen zeigen. Fuͤr das menschliche Gemuͤth ist die Betrachtung eines solchen Zusammenhanges der verschiednen Stu- fen des Daseyns von einem ganz vorzuͤglichen Interes- se, da sich nirgends so deutlich und innig als in seiner Natur, eine kuͤnftige Welt, mit ihren tiefen noch un- enthuͤllten Kraͤften, als bloßes Streben, und eine jetzi- ge als bluͤhender froͤlicher Genuß vermischt zeigen. Wir erkennen diese verschiedenartige Mischung nur zu deutlich in der Bildungsgeschichte unsrer Natur, wo sich diese etwas vielseitig zu entfalten strebt. Hiermit muͤssen wir beginnen. Wie kann ich aber hierbey besser thun, als wenn ich mich treu an die Arbeit eines meiner Freunde (des Landschaftsmahlers Friedrich ) anschließe, und treu- lich die Bildungsgeschichte unsrer Natur, wie sie von ihm in den 4 Jahres- und Lebenszeiten dargestellt ist, erzaͤhle; sollte es auch geschehen, daß die Worte hinter seinem Pinsel weit zuruͤckblieben. Wir wissen nicht, welcher tiefe Reiz uͤber der er- sten Kindheit ruhet. Sey es daß ein Nachklang jenes unbekannten Traumes, aus welchem wir kamen, oder daß jener Abglanz des Goͤttlichen sie verherrlicht, welcher am reinsten uͤber dem Stillen und Kindlichen schwebet. Wir finden uns da, wo wir aus jenem Traum erwachen, wie in der Morgenroͤthe eines be- staͤndigen Fruͤhlingstages, dessen heitres Gruͤn keine Spur eines schon voruͤbergegangnen Herbstes unter- bricht. Am klaren Quell des Lebens, in welchem sich der ewige Himmel noch in der ersten Reinheit abspie- gelt, unter Blumen erwachen wir. Noch strebt der Sinn nicht uͤber den Saum der nahen Huͤgel hinaus, wir suchen und erkennen in der Natur nur die Bluͤthen, und das Leben erscheint uns noch unter dem Bild der spielenden, unschuldigen Laͤmmer. Da beruͤhrt ein fruͤhe aufbluͤhendes Gemuͤth der erste Strahl jenes Seh- nens Einem von den Kindern fallen die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne an die Stirne. Es will ihr mit aus- das uns von der Wiege bis zum Grabe fuͤhrt, und unbewußt der unendlichen Ferne, die uns von dem ewigen Quell des Lichtes trennt, breiten sich die kind- lichen Arme aus, das nahe geglaubte zu umfassen. Doch schon die ersten Schritte sind ein Irrthum, und wir eilen von dem einsamen Huͤgel der kindlichen Traͤu- me, auf dem wir die ersten aufgehenden Strahlen empfiengen, hinabwaͤrts, in das tiefe Gewuͤhl des Le- bens, wo uns neue Daͤmmerung umfaͤngt. Der klare Quell wuchs bald zum Flusse an, das innre Streben, staͤrker und kraͤftiger geworden, fuͤhr- te uns immer ferner mit sich hinaus. Zwar voruͤber waren schnell die Stunden der Morgenroͤthe, es blie- ben fern hinter uns die gruͤnen Huͤgel der Kindheit, mit ihren Fruͤhlingsblumen und dem Traum von spielenden Laͤmmern; doch heitrer und herrlicher scheint die zum Scheitel steigende Sonne, und der gruͤnende Pfad ist noch durch keine Klippen unterbrochen. Wenn sich dann, in den Stunden des glaͤnzenden Mittags, die Welt so frey und bluͤhend dem innern Sinne oͤffnet, wenn dem kuͤhnen Gemuͤth, das noch nirgends die Graͤnze seines Strebens gefunden, das ferne hohe Ge- woͤlk noch als fernes Gebuͤrge erscheint, das es zuletzt noch leicht zu erreichen waͤhnt, da scheint in der suͤßen Zeit der Rosen alles tiefe Sehnen sein Ziel gefunden zu haben. Dort wo die Lilie der Rose sich vermaͤhlt, wo gebreiteten Armen entgegen, eilt aber, statt zuruͤck und weiter aufwaͤrts auf den Huͤgel, gerade vor- und herab- waͤrts, wo noch Schatten ist. jene schlanken Baͤume mit dunkelgruͤnen Zweigen sich umfassen, schlingt die jugendliche Liebe ihren Arm um uns. Da bedarf der alsdann vollkommen seelige Sinn nicht mehr der Welt außer sich, wir traͤumen nur von der stillen einsamen Huͤtte auf gruͤnem Huͤgel, von dem laͤndlichen Liede der Turteltaube, und dem einsa- men Thale; vergessen ist auf Augenblicke alles fernere Streben, und wir ruhen zum ersten, und vielleicht wohl zum letzten Male aus, in einer gaͤnzlich seeligen Gnuͤge. Denn siehe unter den Rosen und Lilien, stund auch die hohe Sonnenblume, welche mit treuem Haupt dem Gange des ewigen Lichtes folgt. Ein tieferes Seh- nen in uns ward noch nicht befriedigt, und mit ernstem Ruf weckt es das ewige Ideal von neuem auf. Da gieng unter dem vielfaͤltigen Streben, die Stun- de des Mittags voruͤber, voruͤber die Zeit der Rosen und Lilien. Der Abend laͤßt die Flur in ihrer letzten, kraͤftigsten Gestalt, in der Zeit der Reife sehen. Die Bluͤthen, welche einst das Gemuͤth erfreuten, sind vor- uͤber, nur einige haben Fruͤchte getragen, die meisten waren fruchtlos, und auf dem herbstlichen Boden bluͤ- het nur noch einsam, mit der Farbe des Abendroths, die spaͤte Zeitlose, deren Fruͤchte erst in einem andern Fruͤhling reifen. Die Traͤume von stillen Huͤtten auf bluͤhenden Huͤgel, das Lied der Turteltauben, hat das wuͤste Geraͤusch der Stadt verdraͤngt. Im Kindesalter sieht man am gruͤnen Quell noch bloß Bluͤthengehuͤsche, im Juͤnglingsalter jenseit des Flusses Endlich aber U ist, jenseit des Mittags, dem Gemuͤth klar geworden, was jenes tiefe Streben, jenes Sehnen in uns begehrt. Siehe mit dreygetheiltem Gipfel, erhaben uͤber den Flug der Wolken, von ewigen Schnee ver- huͤllt, blickt dort ein Sinnbild des Ueberirdischen und Unvergaͤnglichen, das Alpengebuͤrge heruͤber. Zwar die ehehin friedliche Blaͤue des Himmels ist verhuͤllt, je- ne unvergaͤnglichen Hoͤhen stehen aber noch in ungetruͤb- ter Heiterkeit, von dem Glanz der Sonne strahlend, ein hohes Sinnbild des ewigen Lichts. Da strebt das Gemuͤth mit seinen hoͤchsten Kraͤften nach dem unver- gaͤnglichen Gipfel; doch der Drang der Leidenschaften in uns ist zum Strom geworden, welcher Schiffe mit sich hinabfuͤhrt. Wir ringen oͤfters fruchtlos mit seinen Wellen, hinuͤber nach dem jenseitigen Ufer und dem hohen Gebuͤrge, und nur in den Stunden der Be- geisterung hebt sich das Gemuͤth, wie jener Adler, wel- cher die Wolken und den Strom ferne zuruͤckgelassen, nach den unvergaͤnglichen Hoͤhen. Wenn nun das inn- re Streben ermattete, von dem letzten Theil des Weges, welcher voller Felsen war und Klippen, da wird hier, am diesseitigen Ufer, ein Ruheort gefunden, unter dem Kreuz, welches friedlich uͤber Felsen steht. Endlich erkennt das Gemuͤth an, daß die Heymath jenes Seh- nens, das uns bis hieher gefuͤhrt, nicht auf der Erde sey. Eile dann hinab Strom! wo deine Wogen in einzelne Huͤtten, im Mannsalter am Ufer des Stromes ei- ne große Stadt, im Greisenalter sieht man sich in einem Kirchhof. das ewige Meer gehen, an ferner Kuͤste, vernahmen wir von einem letzten Ruheort. Wird doch dort die innre Gluth sich kuͤhlen, die tiefe Wunde heilen! Bluͤ- he dann ab arme Zeitlose, wenn der Winter naht, ein- zige spaͤte Bluͤthe, welche keine Fruͤchte traͤgt. Deine Fruͤchte, du wunderbare Blume! wird jenseit des Winters ein neuer ferner Fruͤhling reifen. Endlich siehe, die Sonne der hohen Mannskraft ist hinunter. Des Weges letzter Theil war oͤde und einsam. Alle Bluͤthen waren voruͤber, und selbst die Fruͤchte die sie uns getragen! denn was wir fuͤr unser ewiges Eigenthum gehalten, hat das Schicksal, dessen freye Gabe es gewesen, zuruͤckgenommen. Noch vor unsren Augen ist in Truͤmmer gesunken ein Theil unsres Tagewerks, das fuͤr die Ewigkeit gebaut schien, und von der jungen Welt vergessen. Nur der Wille, das Streben in uns, das sich bis ans Grab nur immer rei- ner und besser geworden, erhalten, war unser, und an diesem haͤlt sich das innre Vertrauen fest. Erreicht ist die stille Kuͤste, wo sich der einst so maͤchtige Strom ins Meer verlohren, und der graue Wandrer siehet sich einsam unter Graͤbern. Noch ist das tiefe Sehnen, das uns bis hieher gefuͤhrt, nicht gesaͤttigt, ach selbst die Hofnung des Sommers, welcher es reifen sollte, ist nun voruͤber, und die Zeit des Schnees bedeckt die Saat eines kuͤnftigen Fruͤhlings. Da blickt durch die Truͤmmer einer alten hohen Vergangenheit, der Mond mit vollem Licht herein. Der Himmel oͤffnet sich dort U 2 uͤber dem Meer, und zeigt sich noch einmal in seinem klaren Blau, wie in der fruͤhen Kindheit. Da wird in prophetischem Schimmer, jenseit des Meeres die Kuͤ- sie eines fernen Landes geahndet. Von seinem ewigen Fruͤhling haben wir vernommen, und wie in ihm jenes tief im Innern wohnende, das wir als Knospe hin- uͤberbringen, reifen wird. Nimm dann hinweg Zeit, auch die letzten Truͤmmer unsers Daseyns, nimm hin- weg auch die Erinnrung des zuruͤckgelegten Weges, und laß uns, wenn dein ewiges Gesetz es so gebent, schlummernd in dem lang ersehnten Vaterland an- kommen! So wird, wenn wir die Bildungsgeschichte des menschlichen Gemuͤths, wenn wir seine Entwicklung von der Wiege bis zum Grabe betrachten, mitten in dem Gang des irdischen Strebens, ein andres hoͤheres er- kannt, welches mit jenem fast in Widerspruch zu ste- hen scheint, oder welches wenigstens in dem Gedraͤng des Lebens, selten oder nie aufzubluͤhen vermag. Die hohe Welt der Poesie und des Kuͤnstlerideals, noch mehr die Welt der Religion, vermag in dem irdischen Da- seyn nie ganz einheimisch zu werden, und pflegt der Vermischung mit den Elementen desselben zu widerstre- ben. Auch sehen wir nicht selten auf einzelne Momen- te, oͤfters durch gewaltsamer Weise, gewisse tiefe Kraͤf- te unsres Wesens hervorschimmern, welche an geisti- gem Umfange weit uͤber die Graͤnzen unsrer jetzigen Faͤ- higkeiten hinausgehen, und die wir uns doch vergeblich bemuͤhen, im Gang des gewoͤhnlichen Lebens fest zu halten. Es wird uns nicht an Beyspielen, aus allen Theilen der Naturwissenschaft mangeln, welche vielleicht eben uͤber diese dunkle und tief liegende Eigenschaft unsres Gemuͤths, einiges Licht verbreiten koͤnnen. Mit Recht ist dieselbe das Beginnen eines hoͤheren uͤberirdischen Daseyns, und der Mensch ein zweylebendes Wesen, welches auf dem hoͤchsten Gipfel der irdischen Natur, zugleich die ersten Anlagen der uͤberirdischen in sich ver- einte, genannt worden. Wir sehen in ihm jenes Stre- ben nach geistiger Vollendung kaum erwachen, waͤh- rend des kurzen Daseyns aber nie erfuͤllt werden. So greift aber in der ganzen Natur, ein hoͤheres kuͤnftiges Daseyn, in das vorhergehende unvollkommnere ein, bald als Vorahndung, bald schon deutlich in seinem ersten lebendigen Beginnen sich regend. Moͤge es jetzt mei- nen Zuhoͤrern gefallen, mir auch zu einigen andern Thatsachen, aus andren Gebieten der Natur zu folgen. Es scheinen in gewissen Verhaͤltnissen, welche ich anderwaͤrts entwickelt habe, die Planeten unsres Sy- stems in einer so innigen Beziehung auf einander zu ste- hen, daß gewisse Eigenschaften des naͤchstfolgenden, entferntern Gliedes, aus denen des vorhergehenden be- stimmt werden koͤnnen, so daß ein fortschreitendes Ver- haͤltniß von dem naͤheren zu dem entfernteren Nachbar- planeten gefunden wird, und daß der entferntere eine hoͤhere und vollkommnere Entwicklungsstufe des allge- meinen planetarischen Charakters, ein hoͤheres Daseyn desselben genannt werden kann. Merkwuͤrdig ist es, daß wenn man blos die Zahlen der Entfernung des naͤchstfolgenden Planeten in Sonnenhalbmessern, mit der Zahl der eignen Tage des vorhergehenden waͤhrend eines seiner Jahre vergleicht, beyde nahe uͤbereinstim- mend gefunden werden. So betraͤgt die weiteste Ent- fernung der Erde von der Sonne, gegen 220 Sonnen- halbmesser, und von dieser Zahl ist die der eignen Tage des naͤchstvorhergehenden Gliedes — der Venus — waͤhrend eines ihrer Jahre, nur wenig verschieden. Die Zahl der Erdentage waͤhrend eines Jahres, betraͤgt bekanntlich etwas uͤber 365, die der weitesten Entfer- nung des naͤchstfolgenden Gliedes, des Mars von der Sonue, etwas uͤber 360, mithin ist zwischen beyden Zahlen nur wenig Unterschied. Nun bezeichnet aber, wie ich dieses auch an einem andren Orte entwickelt ha- be, die weiteste Entfernung der Planeten von der Son- ne, nach Halbmessern derselben ausgedruͤckt, das Maas der selbststaͤndigen Vollendung der Planeten, und der Zuruͤckwirkung auf den Centralkoͤrper, waͤhrend der Gegensatz der beyden Seitenhaͤlften, welcher die Be- wegung um die eigne Axe bewirkt, und hiermit auch die Zahl der eignen Tage der Planeten, auf ein viel tieferes und geistigeres Verhaͤltniß derselben, auf jenes zu dem hoͤheren Einfluß hindeuten, wodurch sie nicht allein mit dem hoͤheren Centralkoͤrper, sondern durch diesen mit einem viel hoͤheren Ganzen in einen geisti- gen und harmonischen Zusammenhang treten. So be- zeichnet die Zahl der Sonnenferne nach Sonnenhalb- messern, bey dem naͤchstfolgenden Glied, die schon wirklich erreichte Vollendung, das wirklich vorhandene Maas der innern Kraͤfte, waͤhrend die der eignen Tage des vorhergehenden durch eine uͤber das jetzige Daseyn hinausgehende Gabe des hoͤheren Einflusses bestimmt ist, so daß sie mit Recht eine Vorahndung der wirkli- chen Vollendung auf der naͤchstfolgenden hoͤheren Stu- fe genannt werden muß, und daß, was auf dieser in wirkliche Erfuͤllung gegangen, auf einer vorhergehen- den sich als bloßes Streben voraus verkuͤndigt. Es wird noch aus dem, was ich uͤber Geognosie gesagt, erinnerlich seyn, daß in den aͤlteren Perioden der Erdbildung vornehmlich die Kieselerde enthaltenden Gebirgsarten gefunden werden, waͤhrend in den spaͤte- ren die haͤufigen Massen der Kalkgebirge vorherrschen. Nahe aber an dem vollkommensten und hoͤchsten Gipfel der alten Zeit der Kieselbildung, kuͤndigt sich im Gnei- se die darauf folgende spaͤtere Welt in den Lagern des ersten Urkalks an, so daß, dem Streben der aͤlteren Zeit noch untergeordnet, nahe an dem hoͤchsten Mo- ment jener fruͤhern Schoͤpfung schon eine Vorahndung der spaͤteren gefunden wird. So kuͤndigt sich auch in der Elektricitaͤt, ja viel- leicht schon im Magnetismus, die tiefere chemische Wechselwirkung der vollkommneren Koͤrper an. Jedoch blos als Streben, als Vorahndung. Wenn naͤmlich die in der Cohaͤrenz und Schwere unbewegt ruhenden Koͤrper, eine staͤrkere Kraft als die ihrer Schwere ist, gegen einander bewegt, wenn auf diese Weise gleich- sam eine hoͤhere geistigere Welt in die groͤbere des jetzi- gen Daseyns eingreift, wird als Elektricitaͤt, die wech- selseitige Anziehung, das Streben nach Vereinigung erregt, und selbst das, was auf den hoͤchsten Stufen des chemischen Processes, als wirkliches innres Wesen der Koͤrper hervortritt, das Licht, wird im elektrischen Proceß schon als Funke gesehen. Doch ist die Verei- nigung in der Elektricitaͤt nur an der Oberflaͤche moͤg- lich, sie bleibt bey dem bloßen Streben stehen, waͤh- rend die innigste Vereinigung der ganzen Masse, in al- len ihren Theilen, das eigenthuͤmliche Wesen des che- mischen Processes ist. Dagegen greift hier, abermals nur als Streben, die erste Vorahndung der darauf folgenden hoͤheren Welt, des organischen ein, die sich von den Gestalten des an dem Gipfel der anorganischen Welt stehenden Wassers, welche dieses beym Gefrieren annimmt, bis zu der Ritterschen Lehre der Perioden des Verbrennungsprocesses, deutlich zeigt. Hoͤchst merkwuͤrdige, und hieher vorzuͤglich pas- sende Thatsachen sind es, welche Sprengel aus der Ge- schichte der Laubmoose aufgestellt hat, um damit die Hedwigsche Befruchtungstheorie zu widerlegen. Jene kleinen laͤnglichten Koͤrper, die man fuͤr Antheren gehal- ten hat, und die sich in den Bluͤthemtheilen einiger Moosarten finden, sind dieses in gewisser Hinsicht wirklich, sie scheinen aber zu jener Bestimmung, die sie bey den vollkommneren Pflanzen haben, noch unfaͤ- hig. Die Fruͤchte reifen bey den meisten Moosen, ohne daß sich bey ihnen, oder selbst bey andern in der Naͤhe stehenden Individuen, eine Spur jener Koͤrper gefun- den haͤtte, ja was noch merkwuͤrdiger ist, Sprengel bemerkte, daß in einigen Geschlechtern jene Theile vorzuͤglich nur solchen Individuen eigenthuͤmlich waren, welche aus Schwaͤchlichkeit fruͤher zu verwelken pfleg- ten als andre, ohne Fruͤchte zu reifen. Der Gegen- satz, der sich in vollkommnen Blumen spaͤter in so bun- ter und herrlicher Mannichfaltigkeit entwicklet, ist demnach hier in den Laubmoosen nur eben angedeutet, er tritt nur als unvollkommneres Streben nach der ei- gentlichen Bestimmung der hoͤheren Gegensaͤtze auf, oh- ne daß er je diese Bestimmung wirklich zu erfuͤllen ver- moͤchte. Ja das deutliche Hervortreten jenes hoͤheren, uͤber das jetzige Daseyn hinausgehenden Strebens, ist wie auch meist bey dem Menschen, nur in einem krank- haften Zustand moͤglich, oder wirkt vielleicht selber erst zerstoͤrend. Im Pflanzenreich besonders, ist es recht deutlich, wie bey den sogenannten aufwaͤrtssteigenden Reihen, deren Geschichte ich mir einst auf eine andre Gelegen- heit vorbehalte, auf einer vorhergehenden Stufe das als bloßes, nicht gelingendes Streben angedeutet ist, was auf einer darauf folgenden hoͤheren, wirklich als Organ, und in seiner ganzen Erfuͤllung auftritt. Fast das ganze Pflanzenreich zeigt, wie ich schon in einer fruͤheren Vorlesung erwaͤhnt habe, in dem hoͤch- sten Moment seines Daseyns eine Vorahndung des thie- rischen Lebens, die ersten noch unvollkommenen Spu- ren einer selbststaͤndigen Beweglichkeit und Reizbarkeit, und zugleich sieht man bey dieser ersten Daͤmmerung ei- nes kuͤnftigen hoͤheren Daseyns, das jetzige erkranken und aufgeloͤst werden. Ich habe ebenfalls etwas aͤhn- liches, als ich eben von den Laubmoosen erwaͤhnte, auch von einigen unvollkommenen Thieren, die auf den untersten Stufen der Organisation zu stehen scheinen angefuͤhrt, daß sie naͤmlich in der Naͤhe ihres Todes die ersten unvollkommenen Uebereinstimmungen mit voll- kommneren Thieren zeigen. Die Augen der hoͤheren Gattungen sind bey einigen Mollusken blos durch unvollkommene rundliche Koͤrper angedeutet, welche zu nichts weniger als zu der eigentli- chen Bestimmung der Augen organisirt scheinen. Diese Augenartigen Koͤrper erscheinen aber bey dieser Thier- klasse eben da, wenn sie den Uebergang zu jenen Ge- schlechtern zu machen im Begriff ist, welche aller Sin- nen, außer vielleicht des Geschmacks beraubt scheint, waͤhrend nun gleich darauf die Geschlechter mit voll- kommen organisirten Augen, die sich im Bau denen der Fische naͤhern, auftreten. Jene Organe zeigen sich mithin, kurz vor ihrem voͤlligen Verschwinden, noch einmal in einer unvollkommenen Annaͤherung an die hoͤhere Verwandlung, die sie auf einer kuͤnftigen Stufe erwartet. Ich wuͤrde zu weitlaͤuftig werden, wenn ich, was indeß anderwaͤrts geschehen soll, auseinandersetzte, wie sich im ganzen Thierreich, das was auf den hoͤheren Stufen vollkommen, und zu seiner Bestimmung taug- lich hervortritt, in den fruͤheren als bloßes Streben, als unvollkommene dem Anschein nach zwecklose Anlage zeigt, wie sich zum Beyspiel, in den Geschlechtern der Fische, besonders in jenen, welche dem egyptischen Bischir verwandt sind, auf eine aͤhnliche Weise, die ersten Anfaͤnge der kuͤnftigen Gliedmassen, wie sie bey den Amphibien hervortreten, unvollkommen voraus verkuͤndigen. Nichts weniger als zu dem eigentlichen Gebrauch der Glieder faͤhig, jedoch auch schon als Flosse nicht mehr so wie in fruͤheren Geschlechtern taug- lich. Bey den Amphibien sind gerade die Theile, wel- che schon Uebereinstimmungen mit dem Bau der Voͤgel zeigen, dem Anscheine nach die nutzlosesten, so wie die Anlage der kuͤnftigen Finger die sich bekanntlich schon an dem Fluͤgel der Voͤgel zeigt, fuͤr das Daseyn des Vogels selber voͤllig zwecklos ist. Man wird sich erinnern, wie ich in meiner letz- ten Vorlesung von zwey entgegengesetzten Reihen des Thierreichs sprach, die besonders in der Klasse der Saͤugethiere aufgezeigt wurden. Da wo die erste Klas- se, die der Pflanzenfressenden Thiere, ihrem Gipfel na- he ist, in dem Geschlecht der Elephanten, hat in fruͤ- heren Zeiten das jetzt untergegangene Thier gestanden, welches schon die ersten Anlagen der darauf folgenden 2ten Reihe zeigt. Allem Anschein nach zwecklos. Denn obgleich diese Elephantenart im Bau der Zaͤhne den Fleischfressenden Thieren nahe steht, hat sie doch nicht allein die Schwerfaͤlligkeit des Baues, sondern noch mehr die Nothwendigkeit, alles vermittelst des Ruͤßels zu sich zu nehmen, der Mangel an Klauen, und der ganze uͤbrige Bau, zu einem hoͤchst unvollkommenen Raubthier machen muͤssen. Wahrscheinlich hat sich dieses Thier hoͤchstens auf die Nahrung von Schaal- thieren und andern unvollkommenen Uferthieren einge- schraͤnkt gesehen, wie auch der ungeheure Wallfisch fast blos von einer kleinen Molluskenart lebt. So hat sich der Charakter der 2ten Reihe hier blos als Streben, als unvollkommene Anlage angekuͤndigt, welche an sich ganz unerreicht geblieben scheint. In solcher Hinsicht muͤssen uns viele Naturanlagen, die uns in einzelnen Wesen ohne Bestimmung und unnuͤtz erscheinen, eine tiefere Bedeutung erhalten. Was scheint auf den er- sten Anblick zweckloser als jene den Antheren aͤhnliche Koͤrper bey den Moosen, da sie offenbar, selbst bey dem Streben nach der Bestimmung der Antheren so- wohl durch ihren Bau als durch ihre Stellung, endlich durch die fruͤhere Vergaͤnglichkeit der Individuen, die sie trugen, zu derselben ganzlich unfaͤhig sind. Was scheint ferner zweckloser, als der sogenannte Mittelkno- chen der Sepien, der ohne allen bemerkbaren Nutzen, und ohne einigen Zusammenhang mit dem dermaligen Daseyn, da liegt, wo sich in den hoͤhern Klassen die Wirbelsaͤule findet. Wie scheint die kleine und unvoll- kommene Lunge einiger Amphibien, die nicht wie voll- kommnere Thiere dieser Klasse durch Lungen, sondern noch durch Kiemen athmen, welche denen der Fische aͤhnlich sind, und welche das Thier behaͤlt, so lange es lebt, so ohne allen Zweck! So die der amerikanischen Gat- tung Proteus , und die der Sirene lacertina. Bey an- dren Amphibien, wie bey den Fischen und Salaman- dern, sind zwar die Lungen in den ersten Tagen des Le- bens, wo das Thier im Larvenzustande auftritt, auch noch unnoͤthig, indem dasselbe zugleich mit Kiemen ver- sehen ist, durch welche es athmet, aber diese Kiemen verschwinden doch wenigstens spaͤter, und das Thier hat nun einen wirklichen Nutzen von seinen Lungen, die sich allmaͤlig vollkommen entwicklen; bey jenen Thierarten dagegen, bleibt die kleine Lunge waͤhrend des ganzen Lebens ohne alle Anwendung. Und doch sind eben jene dem Anscheine nach nutzlosen Anlagen, jenes bloße Streben das in dem dermaligen Daseyn durchaus ohne Befriedigung bleibt, vielleicht gerade das Wichtigste im ganzen Thier, indem sie der unvoll- kominne Keim des kuͤnftigen hoͤheren Daseyns sind, wel- cher sich mitten in der Huͤlle des alten schon zu regen anfaͤngt. Es scheint, daß in jedem Wesen zwey verschiedene und oͤfters entgegengesetzte Naturen sich beruͤhren. Das jetzige Daseyn, das sich in allen seinen Bestrebungen vollkommen ausspricht, und sich voͤllig zu vollenden vermag, und außer diesem noch in bald deutlicheren bald minder deutlichen Spuren, ein Streben, das in dem jetzigen Daseyn ohne Erfuͤllung bleiben muß, wohl aber in einem kuͤnftigen sich vollenden wird. Es greift uͤberall die hoͤhere geistigere Welt eines kuͤnftigen Da- seyns ein. Jener hoͤhere Keim, der noch ein Fremd- ling in den jetzigen Lebensverhaͤltnissen ist, scheint ge- rade in den hoͤchsten Augenblicken des jetzigen Daseyns, bey der Pflanze zum Beyspiel in dem hoͤchsten Moment des Bluͤhens, aufzuwachen, und diese Augenblicke schei- nen deshalb, wie ich schon fruͤher erwaͤhnte, fuͤr das individuelle Leben so zerstoͤrend, weil der hoͤhere fremd- artige Keim, die alte, fuͤr ihn gleichsam zu enge, zu unvollkommene Huͤlle, selber aufloͤst. Hierdurch wird das Gemuͤth auch mit jenem tiefen Sehnen, mit jenem Streben in seinem Innern ausgesoͤhnt, was doch durch- aus ein armer verwaister Fremdling in dem jetzigen Da- seyn scheint, und welches in ihm nur selten oder nie die gesuchte Gnuͤge findet. Es greift nur zu offenbar, auch bey dem Menschen, in das jetzige unvollkommnere Daseyn, schon die Anlage eines kuͤnftigen hoͤheren ein. Wer hat nicht davon gehoͤrt, wie bey Bloͤdsinnigen, wenn selbst noch nach dem Tode das Gesicht jenes thie- rische Aussehen, jene duͤstere und gleichsam verschlos- sene Zusammengezogenheit aller seiner Theile behielt, die Mienen sogleich sich veredeln, und das ganze Ge- sicht sich zuweilen fast schoͤn entfaltet, sobald man von dem eingeengten Gehirn den oberen Theil des Schedels hinweggenommen? Der Schedel, der sich in der ersten Haͤlfte des Lebens genau nach der Gestalt des Gehirus gebildet, war spaͤter dem in der Naͤhe eines hoͤheren Da- seyns nach vollkommener Entfaltung strebenden, gleich- sam zu eng geworden, und dieses war vielleicht oͤfters die naͤchste Ursache des Todes. Jene Sterbenden, von denen ich in der naͤchsten Vorlesung erzaͤhlen werde, erhielten noch kurz vor dem Tode einen freyeren Gebrauch der Zunge, der ihnen waͤhrend des Lebens, ungeachtet aller Muͤhe die sie zu ihrer Bildung angewendet hatten, gaͤnzlich versagt war. Wie oͤfters sehen wir in Menschen, die sich waͤh- rend ihres ganzen Lebens in einem wuͤsten und freu- denlosen Spiel der Leidenschaften umhergetrieben, den innigsten Wunsch, das lebhafteste Streben nach ei- nem in sich vollenderen und besseren Zustand erwachen, welches in dem jetzigen Daseyn, das sich aus seinem tiefen Irrthum nicht mehr zu retten vermag, durch- aus ohne Befriedigung bleibt. Bey Einigen scheint, jenseit der Mitte des Lebens, auf einmal ein neues mit dem vorhergehenden fast im Widerspruch stehendes Streben, mit einer solchen Heftigkeit hervorzubrechen, daß wir noch fast an der Graͤnze des Lebens eine hoͤhe- re Metamorphose ihres Wesen eintreten sehen. Die Geschichte einiger solcher Menschen, hat Georg Muͤller in seinen Lebensbeschreibungen merkwuͤrdiger Maͤnner aufbehalten. Bey den Meisten aber scheint das Leben erst fern in der 2ten Haͤlfte, etwas klarer zu werden, und das Gemuͤth will nun oͤfters erst eine hoͤhere und gluͤcklichere Richtung nehmen. Doch meist vergeblich. Die Schranken der jetzigen Verhaͤltnisse lassen das ar- me Streben nicht mehr zum Durchbruch kommen, und die meisten selbst der gluͤcklicheren, gehen nur mit halb- zersprengter Chrysalide, aus welcher schon der Saum der kuͤnftigen Fittiche hervorblickt, zu Grabe. Was will ein solches, dem irdischen Leben so fremdartiges Streben, was will jene Pflanze, die einen gluͤcklicheren Sommer bedarf, um zu bluͤhen, in diesem unguͤnsti- gen Clima! Die Natur antwortet darauf wie wir zum geringen Theil schon vorher sahen, durch tausend That- sachen. Im Allgemeinen scheint sich der Geist des hoͤheren kuͤnftigen Daseyns, jener geistigen Welt, welche an die jetzige angraͤnzt, in dem meuschlichen Wesen als Religion oder als Begeisterung, es sey der Kuͤnste oder des Wissens auszusprechen. Dieses hoͤchste und seelig- ste Eigenthum des Menschen, scheint auf der Erde nicht voͤllig einheimisch zu seyn. Wir sehen das tiefe Streben nach religioͤser Vollendung, und nach der Naͤ- he des goͤttlichen Ideals, welches dem Gemuͤth bestaͤn- dig vorschwebt, meist vergeblich mit der Zeit und Außen- welt ringen, und diese Eigenschaft unsrer Natur ge- winnt auf Erden kaum die ersten Knospen, nur selten einige fruͤhe Bluͤthen. Dieses Sehnen aber ist es eben, welches, wenn es uns nur einmal mit seinen warmen Strahlen anblickte, die Banden loͤst, die uns an der Erde gehalten, und von ihm durchdrungen, wird als- bald das Gemuͤth von seiner eignen uͤberirdischen Leich- tigkeit, wie die Flamme des brennenden Koͤrpers em- porgetragen. Die Psyche, von der Kaͤlte der langen Nacht erstarrt, schlief noch ihren tiefen Schlummer unter den welken Blumen, bis der erste Fruͤhlingsstrahl sie beruͤhrte, und die gebundnen Schwingen sich loͤsten, und die Befreyte froͤlich zuruͤckkehrte in die alte Hey- math. So lange in der thierischen, oder vielleicht selbst der thierisch menschlichen Natur der hoͤhere Geist, wel- cher uns uͤber die Kluft zwischen dem jetzigen und einem kuͤnftigen Daseyn hinuͤberfuͤhrt, noch nicht erwachte, scheint es nach einer alten Meynung der Weltweisen, daß der Planet noch nicht sein Recht verlohren, und daß die Wesen durch den Tod nur in die Verwandlung einer neuen irdischen Form eingehen. Aber die Augen- blicke jener hoͤheren Begeisterung, welche das mensch- liche Daseyn zu seinem hoͤchsten Gipfel zu fuͤhren, und unser eigentliches Wesen erst zur Bluͤthe zu bringen scheinen, sind unsrer Natur nichts Fremdes, und oͤfters werden sie selbst in einer sonst irren und wuͤsten Natur gesehen. Wenn es auch nur ein Augenblick des Bluͤ- hens waͤre, dieser wird vielfaͤltig in der menschlichen Natur gefunden, und mit Recht fuͤr die beste und see- ligste Zeit des Lebens gehalten. Aber was ist es, wenn wir hieruͤber selbst nur das Gesetz der aͤußeren Natur befragen, was in der Natur der Wesen jene am tiefsten liegende Eigenschaft, jenen X Keim eines hoͤhern Daseyns hervorruft? Nichts anders, als eiue thaͤtige und kraͤftige Ausbildung des jetzigen, in allen Anlagen. Nicht ein Verachten des irdischen Tagewerks und ein unthaͤtiges unsrer Natur nicht zie- mendes Schmachten nach dem hoͤheren, nicht die all- zueinseitig nach innen gerichtete Beschauung, ruft jenes aͤchte hohe Sehnen, jenes Streben, welches uͤber die Graͤnzen der Zeit hinausgeht, in em Gemuͤth hervor, vielmehr wird dieses nur in einem froͤlichen Foͤrdern des jetzigen Tagewerks gefunden. Denn so ist es zwar der negative Pol des naͤchst vorhergehenden Magnets, wel- cher in einer Reihe aneinanderstehender Magnete, mit dem positiven des naͤchsten in Beziehung steht, es ist gerade der negative Theil des vorigen unvollkommnen Daseyns, welcher mit dem selbstthaͤtigen des Hoͤheren in Beruͤhrung getreten. Oder mit andren Worten es tritt oͤfters die tiefer liegende Anlage des kuͤnftigen Da- seyns, vorzuͤglich nur in einem passiveren Zustand des jetzigen hervor, und die wunderbare kaum geahndete Tiefe unsrer Natur, offenbart sich am meisten in den Augenblicken der gaͤnzlichen Hingebung oder selbst des Schlummerns des jetzigen Strebens. Dieses mag uns in der naͤchsten Vorlesung selbst in einem andren Ge- biet die Geschichte des thierischen Magnetismus und der Vorahndungen bezeugen, die ich dort ausfuͤhrli- cher aufstellen werde. Gewiß ist es ferner, daß, wie jenes unendliche Weltall das uns die Nacht mit ihren Gestirnen offenbart, in dem Licht des Tages verschwin- det, so auch die Stimme des hoͤheren Einflusses und jener hoͤheren Welt, die sich in der Tiefe des Gemuͤths wiederspiegelt, in den Augenblicken der hoͤchsten irdi- schen Thaͤtigkeit unvernehmlich wird, aber so wie der negative Pol des Magnets und uͤberhaupt jedes Gegen- satzes um so staͤrker ist, je staͤrker der positive, so wird auch jene Hingebung, jene wahrhafte Passivitaͤt, wel- che uns der hoͤheren Einwirkung fahig macht, erst durch vorhergegangene Selbstthaͤtigkeit, und nur im Maaße derselben moͤglich. Ueberhaupt muͤssen die krankhaf- ten Zustaͤnde, von denen ich naͤchstens reden werde, nicht mit jener edlen und hohen Empfaͤnglichkeit und wahrhaften Hingebung des ganzen Gemuͤths fuͤr den goͤttlichen Einfluß zusammengestellt werden, die nur durch einen edlen Kampf nach außen zu erringen sind, vielmehr gleichen sie jenen gewaltsamen Mitteln, durch welche in dem Koͤrper der zerschnittenen Raupe die Fluͤ- gel des kuͤnftigen Schmetterlings sichtbar gemacht werden. Endlich, wie in der Geschichte des einzelnen Men- schen, jener am tiefsten liegende Keim sich in der 2ten Haͤlfte des Daseyns, und gegen das Ende des Lebens immer deutlicher entfaltet, und um so schoͤner, je klaͤ- rer der Mensch in der Wechselwirkung mit der Außen- welt sich selber geworden, so scheint auch in der Ge- schichte seines ganzen Geschlechts jener Baum des Pa- radieses, wie ihn die Dichter nannten, jene unsterbli- che Gabe einer hoͤheren Welt zuletzt immer froͤlicher und allgemeiner gedeihen zu muͤssen. Wie in jenem Maͤhr- X 2 chen, von Goͤthe, In den Horen. dessen tiefer Innhalt alle Ge- heimnisse unster Natur umfaßt, liegt zwar der ewige Tempel noch jenseit des großen Stromes, welcher das Irdische von dem Ueberirdischen, die Welt des Mate- riellen von der Geisterwelt trennt, und nur Ein Faͤhr- mann faͤhret Alle hinuͤber, wo keiner wieder zuruͤck- koͤmmt, waͤhrend nur in der Klarheit des Mittags die tiefe Betrachtung, und in phantastischer Daͤmmrung der Aberglauben auf unvollkommene Momente uͤber die ewige Kluft hinuͤberschauen. Ach noch pflegt die tie- fe ewige Liebe in uns, jenes unsterbliche Sehnen, un- ter dem Bild der schoͤnen Lilie nur zu toͤdten was sie ergriffen, sie, welche doch alles Leben aus dem Schoos der ewigen Nacht hervorgerufen. Aber siehe, schon ward die Stimme im Tempel vernommen, es ist an der Zeit. Die schoͤne gruͤne Schlange — das klare Selbst- bewußtseyn, die Restexion, jene, welche einst den Geist des Menschen von der Unschuld der ersten Kindheit her- abgezogen, ist in der Wechselwirkung mit der Außen- welt, und durch den edlen Egoismus, der nur, wo er ausartet, als Eigennutz erscheint, immer klarer und sich selber durchsichtiger geworden, und die in der Fel- senkluft schlummernde, hat einst der Klang des her- einstuͤrzenden Goldes geweckt. Wie am Anfang der neueren Zeit. (Verles. 2—3.) Wenn nun der schoͤne Juͤngling mit deutschem Ei- chenlaube begraͤnzt, wenn der Geist jenes edlen Lan- des den jetzt die innren Kraͤfte gelaͤhmt scheinen, dem eignen hohen Streben erlegen, und durch die Hand der schoͤnen Lilie, der er vor allen treu gewesen in Schlum- mer versenkt ist, dann wird die Zeit naͤher kommen wo der Tempel, welcher das Eigenthum einer andern Welt geschienen, uͤber den Strom heruͤber, in das jetzige Daseyn eintreten wird. Dann werden beyde Welten tief im innern Wesen sich vereinen, die ewige Bruͤcke ist gebaut, wenn die bloße Reflexion in der Zeit ihrer schoͤnsten Bluͤthe in den Haͤnden der Lilie sich selber auf- opfern, wenn jene tief im Innern liegende ewige Lie- be aus dem Daseyn des Menschen hervortreten, und das irdische Streben verzehren wird. Dann erwacht der schoͤne Juͤngling wieder, und wird herrschen. Der graue alte Faͤhrmann wird verherrlicht. Ja die Stimme hat schon einmal gerufen, es ist an der Zeit. Schon erschien der Mann mit der Leuchte im Tempel, auch die Irwische kamen schon heruͤber, welche die Banden dieses letzten seltsam zusammengemischten Welt- alters zerstoͤren, daß dieses in sich selber zusammenfal- len muß. Alsdann erst, werden die besseren Genien unsres Geschlechts, welche die fruͤhere Welt beherrscht, wieder in dem alten Glanze hervortreten. Dreyzehnte Vorlesung. Von dem thierischen Magnetismus und einigen ihm verwandten Erschei- nungen. I ch weiß zwar wohl, daß die Gegenstaͤnde meiner heutigen Vorlesung, zu den am meisten anstoͤßigen und verkannten gehoͤren, und daß man sie, weil sie aus der gewoͤhnlichen Theorie nicht wohl zu erklaͤren sind, lieber gaͤnzlich abzulaͤugnen pflegt, ich werde mich je- doch hierbey mehr an dasjenige halten was wahr ist, als an das was mit der gewoͤhnlichen Meynung uͤber- einstimmt. Es ist zwar gewiß, daß jede neue Entdeckung in unsrer Wissenschaft, welche uͤber die vorigen Graͤnzen etwas schnell hinaustrat, Anfangs mit einem blinden Enthusiasmus uͤbertrieben ist, und daß oͤfters erst spaͤt das was eigentlich bestehend und wahr in ihr gewesen, anerkannt wurde, so hat sich auch der thierische Mag- netismus, dessen Geschichte einen großen Theil meiner heutigen Vorlesung ausfuͤllen wird, in den Haͤnden seiner ersten Juͤnger, durch eine Menge laͤcherliche Ueber- treibungen mit Recht verdaͤchtig gemacht. Denn was konnte laͤcherlicher seyn als die vornehmen Personen einer ganzen ansehnlichen Stadt, um eine sogenannte Hellse- hende versammlet zu sehen, welche die voller Vertrauen an sie gerichteten Fragen mit einem sich selber wider- sprechenden Unsinn beantwortete, waͤhrend jene die verworrenen Recepte, welche sie verordnet, die son- derbaren Visionen und Wahrsagungen der Traumredne- rin, nicht selten mit einem blinden Glauben hinnah- men. Doch lese man nur die Schriften eines der wuͤr- digsten Magnetiseurs der damaligen Zeit, des aͤlteren Gmelin, und man wird finden, wie die besseren An- haͤnger jener neuen Entdeckung schon damals uͤber die- sen Misbrauch derselben dachten. Fragen aus der Me- taphysik, deren Bedeutung von den Fragenden oͤfters selber nicht verstanden war, physikalischer Irthum, uͤber welchen man Auskunft verlangte, Fragen uͤber kuͤnftige politische Ereignisse, endlich selbst die uͤber Krankheiten gaͤnzlich fremder Personen, und ihre Hei- lung, waren allerdings hier an sehr unrechten Ort, man verlangte von einem Instrument von bestimmter Ein- richtung, daß es nicht allein die Toͤne aller andren In- strumente in sich vereinen, sondern außer den Toͤnen zugleich die Erscheinungen des Lichts, der Waͤrme, ja der Elektricitaͤt gewaͤhren solle. Meine Zuhoͤrer wer- den hernach aus der Geschichte des sogenannten Som- nambulismus und des Hellsehens selber entscheiden koͤnnen, wohin sich der Geist in solchen Zustand ei- gentlich und ausschließend richte, und woruͤber man fragen muͤsse? Ich will nicht von einem noch schlim- meren Misbrauch jener Entdeckung sprechen, welchen die Verdorbenheit und Sittenlosigkeit der Zeit und der Gegenden, in welchen man zuerst Gebrauch davon machte, alsbald herbeyfuͤhrte. Man wird von selber einsehen, wie wenig derselbe mit dem Magnetismus zusammenhieng, wie wenig er diesem selber zuzuschrei- ben sey. Jene unschuldigen Uebertreibungen, — der et- was uͤber die rechte Graͤnze gehende Enthusiasmus, werden uͤbrigens denjenigen nicht befremden, welcher die Geschichte der Naturwissenschaften und ihrer Ent- deckungen kennt. Als an der Graͤnze des Mittelal- ters die Versuche mit dem gewoͤhnlichen Magnet, un- ter den Aerzten der damaligen Zeit allgemeiner und be- kannter wurden, fehlte es nicht minder an jenem etwas uͤbertriebenen Enthusiasmus, welcher mit dieser einen Entdeckung alle Geheimnisse der Natur erklaͤrt, das verborgenste Innre derselben geoͤffnet glaubte. Die Systeme des Kircher, Helmont und einer Menge andrer, sonst mit Recht beruͤhmter Naturforscher der damaligen Zeit, enthalten eine solche Menge wunderbare Eigen- schaften, die man dem Magnet zugeschrieben, so viele seltsame Erscheinungen, die man aus magnetischen Kraͤften herleitete, daß die Zeit der ersten Entdeckung des thierischen Magnetismus schwerlich mehrere aufzu- weisen hat. Und doch blieb die Haupterscheinung sel- ber, auf welche die Phantasie so Vieles gebaut hatte, unwidersprechlich und wahr, ja was noch mehr ist, man sehe, ob nicht eine Menge jener Meynungen und Vermuthungen, ob die Ansichten, welche damals er- wachten, nicht zum großen Theil durch die Entdeckun- gen der spaͤtern Zeitalter gerechtfertiget sind. Viele Erscheinungen, welche damals schon anerkannt, spaͤter wieder vergessen und verkannt wurden, sind in der letz- ten Zeit wieder ernstlich zur Sprache gekommen, waͤh- rend freylich, als der erste Enthusiasmus erloschen war, in dem Magnet nicht mehr, sowohl der Schluͤs- sel vieler Naturgeheimnisse, als ein Eisen, welches andres Eisen anzieht und abstoͤßt, und sich frey aufge- richtet nach Nord und Suͤden wendet, mithin blos die Erscheinungen, nicht mehr ihre Bedeutung gesehen wurde. Man wird sich noch erinnern, mit welchem Ent- husiasmus vor wenig Jahren die Entdeckung des Gal- vanismus aufgenommen wurde, wie man nun alle Ge- heimnisse des thierischen Lebens geloͤst, das Mittelglied zwischen Seele und Leib, zwischen Nerven und Mus- keln, und das Heilungsmittel der meisten fuͤr unheil- bar gehaltnen Krankheiten gefunden glaubte. Die Haupterscheinung indeß ist geblieben, obgleich der erste Enthusiasmus voruͤber ist, und diese Entdeckung hat allerdings so viele wichtige Folgen fuͤr die Naturwissen- schaft gehabt, daß sie, so lange diese besteht, nie zu- ruͤckgesetzt werden wird. Einen aͤhnlichen blinden An- hang hatten sich ein Menschenalter fruͤher diejenigen er- worben, welche die damals in ihrer jetzigen Gestalt noch neue Elektricitaͤt auf eine aͤhnliche uͤbertriebene Weise zu dem einzig wichtigen Mittelpunkt aller Na- turweisheit machen wollten. Man hat in diesem allen nur darinnen gefehlt, daß man in dem einem gluͤcklich gefundenem Punkte den ganzen Umfang der Naturwis- senschaft gegeben glaubte. Doch wir taͤuschen nns nur zu leicht, da wo wir innig wuͤnschen, mit uͤbertriebener Hoffnung, und das Streben aller Jahrhunderte, endlich in das Innre dieser dunkelsten Wissenschaft unter allen einzudringen, hofft sich in jeder neuen Entdeckung befriedigt zu sehen. Es moͤge daher auch der thierische Magnetismus, bey welchem jene Hoffnung gerechter schien, als sonst je- mals bey irgend einer andren Entdeckung, durch jenen uͤbertriebenen Enthusiasmus seiner ersten Juͤnger nicht verkannt werden. Wie bey andern Entdeckungen, moͤ- ge man auch hier das was bleibend und wahr ist, end- lich anerkenuen. Damit ich bey einer treuen Erzaͤhlung der vorzuͤg- lichsten Erscheinungen, die man im Zustand des mag- netischen Schlafs beobachtet hat, um so sicherer gehe, will ich aus allen Schriften der aͤltern Magnetiseurs, die noch in die Zeiten des ersten geistigen Aufruhrs, den jene neue Entdeckung machte, hineinreichen, blos die des Heilbronner Gmelin zu Grunde legen, der, ob- wohl er nicht unter die ausgezeichnetsten Magnetiseurs seiner Zeit gehoͤrte, doch allgemein als einer der wahr- haftigsten und strengsten anerkannt wird. Vielmehr will ich mich an die Schriften der Magnetiseurs unsrer Zeit halten, welche Muth genug hatten, diese schon vergessene und zuruͤckgesetzte Bereicherung der Wissen- schaft, treulich zu benutzen und zu vermehren, theils weil diese besonnener und kuͤhler zu Werke giengen, theils weil die aufgeklaͤrten und unglaͤubigen Zeugen unter deren Augen ein großer Theil ihrer Versuche ge- schahe, diese um so sichrer machen. Einer der gelehrtesten und wahrheitsliebenden Magnetiseurs der spaͤtern Zeit, lebt in unsrer Stadt, und seine Versuche stehen in Reils Archiv. Ich wer- de mich auch haͤufig auf Heineckens Oeffentlicher Lehrer und Physicus zu Bremen. vor einigen Jah- ren erschienene vortrefliche Schrift berufen, da seine Beobachtungen zu den vollstaͤndigsten gehoͤren, die in der neuen Zeit angestellt sind: — Reizbare und kraͤnkliche Personen vom andern Ge- schlecht, besonders solche, welche an unheilbaren Ner- venkrankheiten leiden, sind zum Magnetisiren am schick- lichsten, weil dieses zugleich heilsamer auf sie wirkt als alle Mittel. Gewoͤhnlich bringt selbst ein sonst gluͤcklicher Magnetiseur, in den ersten Tagen nichts anders hervor, als eine gewisse Muͤdigkeit und Schwe- re in den Gliedern, und einige Neigung zum Schlafe, So erregte Heinecken bey seiner ersten Kranken, wo sich doch alle Umstaͤnde vereinigten um die gluͤcklichsten Wirkungen hervorzubringen, durch die lang anhalten- den Bemuͤhungen des ersten Tages nur einige Muͤdig- keit und Brennen in den beruͤhrten Daumen, der ei- gentliche Somnambulismus trat erst am 4ten Tage ein. Ja bey der 2ten, nicht minder reizbaren Kran- ken, dauerte es 14 Tage ehe das taͤglich und lang fort- gesetzte Magnetisiren nur den eigentlichen magnetischen Schlaf bewirkte, und erst am 18ten Tag trat von selbst der eraltirte Zustand des Somnambulismus ein, wo die Kranke viel und lebhaft sprach. Doch scheint hier- bey die Constitution des Magnetiseurs einen Unter- schied zu machen. Gmelin und Pezold brachten oͤfters gleich beym erstenmal Magnetisiren auffallende Wir- kungen hervor. Der Zustand des eigentlichen Somnambulismus selber, tritt Anfangs mit jenen Zeichen ein, die dem gewoͤhnlichen Schlaf, besonders nach einer Anstren- gung vorausgehen. Die Glieder sinken ermattet, die Augenlieder koͤnnen nicht mehr offen gehalten werden. Endlich schließen sich die Augen, gemeiniglich mit ei- nem tiefem Odemholen. Der Gefuͤhl- und bewußtlose Zustand, welcher jetzt zuerst eintritt, ist dem gewoͤhn- lichen Schlaf sehr aͤhnlich. Er dauert zuweilen nur Minuten, zuweilen Stunden. Waͤhrend desselben fragt man die Kranken eben so vergeblich als natuͤrlich Schlafende. Wenn aber nach einer mehr oder minder langen Dauer dieses Zwischenzustaudes abermals ein tieferes Odemhohlen bemerkt wird, wenn jetzt sich auf einmal die Gesichtszuͤge ungemein erheitern, und alle Mienen eine gewisse hohe geistige Spannung verrathen, ist gewoͤhnlich der eigentliche Somnambulismus einge- treten. Die Kranken beantworteten nun alle ihnen vorgelegte Fragen mit einer Klarheit und Lebhaftigkeit des Geistes, die man sonst nie an ihnen bemerkte. Sie beschreiben ihren Zustand selber als den seeligsten den sie jemals erfahren. Ihre Sprache veredelt sich, Maͤdchen, welche das Hochdeutsche nur aus Buͤchern kannten, sprachen es nun nach Heineckens Beobach- tungen fertig, zugleich wird die wunderbare Eigen- schaft des Vorhersehens koͤrperlicher Ereignisse erhalten, wovon ich spaͤter sprechen werde. Dieser Zustand geht zuletzt wieder in einen aͤhnlichen, von dem gewoͤhnlichen Schlaf nicht mehr unterscheidbaren uͤber, als der zu An- fang war, aus welchem nundie Kranken erwachen. Zu- weilen sahe aber auch Heinecke statt des Erwachens, nun jenen noch mehr exaltirten Zustand eintreten, den er Doppelschlaf nannte, wovon ich hernach reden werde. Bey dem Erwachen fuͤhlen sich die Kranken wie neu be- lebt. Alle Schmerzen sind gelindert, die Verdauung und Ernaͤhrung ist ungewoͤhnlich erhoͤht und verbessert. Die Kraͤfte nehmen bey laͤngerem Magnetisiren taͤglich zu, die Nervenzufaͤlle verliehren sich, und sehr oft be- wirkt so der Magnetismus was kein andres Heilmittel vermochte. Dieses sind die fuͤr die Gesundheit ungemein wohl- thaͤtigen Wirkungen des organischen Magnetismus, die ihn zu einem der wirksamsten Heilmittel gemacht haben. Doch sollen uns diese medicinischen Wirkungen hier zu- naͤchst nicht beschaͤftigen, und wir gedachten ihrer blos so fern sie dienen koͤnnen, um uͤber das Wesen und die Ursache der Haupterscheinungen Aufschluͤsse zu geben; vielmehr wenden wir uns zu jenen tiefer gehenden Wir- kungen des thierischen Magnetismus, durch welche Ei- genschaften unserer Natur erweckt werden, welche sonst nie oder nur undeutlich hervortreten. Der Somnambulismus kuͤndigt sich sogleich als eine mit dem gewoͤhnlichen Daseyn nicht unmittelbar zu- sammenhaͤngende Erscheinung an. Denn obgleich die Somnambuͤlen mit der groͤßten Lebendigkeit und Klar- heit auf alle ihnen vorgelegte Fragen antworten, und in jeder Hinsicht witziger sinn - und geistreicher er- scheinen als jemals im Wachen, so daß selbst Naturen von sehr mittelmaͤßigem Umfang, in diesem Zustand, fast uͤber die Graͤnzen der gewoͤhnlichen menschlichen Kraͤfte hinaustreten, bleibt doch von diesem allen bey dem Erwachen noch weniger zuruͤck, als von dunklen Traͤumen. Und doch ist es so vielmehr als ein gewoͤhnlicher Traum, daß man nicht in Versuchung geraͤth, es da- mit zu vergleichen. Die erste Kranke des Heinecken antwortete immer, wenn sie gefragt wurde, ob ihr jetziger Zustand einem Traum gliche, daß derselbe da- mit nichts gemein haͤtte, indem sie vielmehr alles leb- hafter und tiefer empfaͤnde, sich ihrer selber viel klaͤrer bewußt sey, als jemals in Wachen. Ja der Som- nambulismus scheint alles das was im Wachen unser ist, in einem vorzuͤglich hohen Grade in sich zu ver- einigen. Die magnetisch Schlafenden erinnern sich nicht allein aller Umstaͤnde, die ihnen waͤhrend des Wachens begegneten, mit einer ganz vorzuͤglichen Leb- haftigkeit und Genauigkeit, so daß sie in Zeiten zuruͤck, wohin die gewoͤhnliche Erinnerung nicht reicht, die kleinsten Begebenheiten, welche mit ihrer Krankheit in Beziehung stehen, angeben koͤnnen; sondern wir se- hen sie auch außer den zusammenhaͤngenden Gespraͤchen wie sie nur ein Wachender zu fuͤhren vermag, waͤh- rend des Somnambulismus in dem Zimmer, und so- gar außer dem Hause herumgehen, von allen Gegen- staͤnden die ihnen begegnen, Rechenschaft geben, Be- suche machen, und die gewoͤhnlichen Arbeiten verrich- ten. Man kann alles dieses in den beyden ersten Kran- kengeschichten des Bremer Heinecken lesen. Was das wunderbarste ist, so haben sie bey diesem allen die Au- gen eben so fest verschlossen, als die gewoͤhnlichen Nachtwandler, und wenn man die krampfhaft ver- schlossenen Augenlieder auch gewaltsam ein wenig oͤfnet, sieht man die Augensterne wie im Schlaf weit nach oben verdreht. Doch ich werde hiervon noch weiter unten reden. — Alle Sinnen sind in diesem Zustand in einer solchen Schaͤrfe zugegen, wie sonst nie im Wachen. Magne- tisirtes Wasser wird, wenn die Versuche auch noch so sorgfaͤltig gemacht werden, sogleich durch den Ge- schmack erkannt, obgleich der Magnetiseur nur das Ge- faͤß von außen beruͤhrt hat; jemand der ins Haus hin- eingieng, wurde von der ersten Kranken des Heinecken sogleich angemeldet, obgleich niemand andres sein Kommen bemerkt hatte. Der Geruch ist so fein, daß dieselbe Kranke, die waͤhrend des Somnambulismus mit ihrem Vater ausgegangen war, in der Naͤhe eines Todtenackers nicht ausdauern konnte, obgleich die Be- gleiter durchaus keinen uͤblen Geruch bemerkten. End- lich so muß es auch einem vorzuͤglich reizbar gewordnen Gefuͤhl zugeschrieben werden, daß die Somnambuͤlen nicht blos die unmittelbare Beruͤhrung, sondern selbst die Annaͤherung von Metallen sehr deutlich, und oft schmerzhaft empfinden. Merkwuͤrdig ist es hierbey, daß das Gold, wenn es rein angewendet wird, den magnetisch Schlummernden immer ein angenehmes Ge- fuͤhl macht, ohngefaͤhr wie die Beruͤhrung des Mag- netiseurs. Wir sehen dieses bey Gmelin und einigen andern Aerzten immer, Heinecken aber erschwerte sich den Versuch dadurch, daß er eine goldne Uhr anwen- dete, wo das innre Triebwerk von andrem Metall war. Silber ist wenigstens in den meisten Faͤllen nicht schmerz- haft, dagegen verursachen die sogenannten unedlen Me- talle, vorzuͤglich Eisen und Zink, die lebhaftesten Schmerzen, und werden hieran von den Somnambuͤ- len, wenn man sie ihnen auch noch so unvermerkt nahe brachte, sogleich erkannt. Dieser Unterschied der Me- talle in ihrer Wirkung, wird aus vielen andren Ver- haͤltnissen besonders auch aus dem Galvanismus be- greiflich, wo die edlen Metalle, besonders das Gold an die aͤußerste Graͤnze der einen, die unedlen Metal- le, besonders Zink und Eisen, an die der andren Reihe fallen, und wo beyde sich voͤllig entgegengesetzt verhal- ten. Es ist dieses Gefuͤhl fuͤr Metalle, welches wie ich hernach erwaͤhnen werde, in gewissen Faͤllen auch an gesunden und wachenden Personen bemerkt wird, um so merkwuͤrdiger, da es darauf hindeutet, daß je- nes Wohlgefallen, welches der Anblick und die Beruͤh- rung der edlen Metalle, besonders des Goldes bey Vie- len hervorbringt, vielleicht einen tieferen Grund in den Eigenschaften unsrer Natur hat, als gewoͤhnlich geglaubt wird, und da der dunkle Trieb der die Men- schen Metalle zu suchen, und ihren Werth bestimmen lehrte, ja selbst der sonst raͤthselhafte Geiz, hieraus be- greiflich werden. In diesem allen hat jedoch der Somnambulismus noch nichts, was mit den gewoͤhnlichen Eigenschaften des lebenden und wachenden Menschen außer Bezie- hung waͤre, jene scheinen nur in einem ganz vorzuͤgli- chen Grad erhoͤht und verfeinert, ich wende mich aber nun zu Eigenschaften andrer Art, wovon sich im ge- woͤhnlichen Leben nichts Aehnliches zeigt. Es gehoͤrt dahin zuerst vornehmlich jene, welche man einem geschaͤrsten Gemeingefuͤhl zuschreibt, und welche außerdem auch zum Theil bey Nachtwandlern gefunden wird, die Eigenschaft aͤußere Gegenstaͤnde zu Y bemerken, ohne sie zu sehen. Die Augen sind im ei- gentlichen Somnambulismus immer so fest verschlos- sen, daß sie mit aller Gewalt kaum einige Linien weit geoͤffnet werden koͤnnen. Die magnetisch Schlafenden haben vor denselben einen lichten Schein, der zuwei- len einem oͤfteren Blitzen gleicht. Auch von Gmelin oft bemerkt. Zugleich aber ver- moͤgen sie mit ihnen durchaus nichts zu sehen. Das 16jaͤhrige Maͤdchen, das Heinecken fast ein ganzes Jahr lang magnetisirte, und hierdurch vom Tode rettete, hatte oͤfters, waͤhrend des magnetischen Schlafs versichert, daß sie nichts mit den Augen sehen koͤnnte. Dennoch stund sie, wie schon erwaͤhnt, mit verschlossenen Augen auf, verrichtete weibliche Arbei- ten, schrieb, ja sie gieng sogar aus, wußte auf der Straße immer wo sie war, und erkannte und bemerkte alle Gegenstaͤnde die ihr begegneten. Von dem Mag- netiseur oͤfters befragt, wie sie dieses vermoͤchte, ver- sicherte sie immer, daß sie zwar trotz jenem bestaͤndi- gen Licht vor dem Augen, diese nicht gebrauchen koͤn- ne, daß sie aber alles, was ihr begegnete und in ihrer Naͤhe waͤre, auf eine andre Weise als durchs Gesicht, aber eben so als wenn sie es saͤhe, wahrnaͤhme, diese Weise selber bliebe ihr uͤbrigens dunkel und unbegreif- lich. „Ihr ganzer Koͤrper“ versicherte sie andre Ma- le, sey in jenem angenehmen Zustand „wie von Licht und Waͤrme durchflossen.“ Diese seltsame Eigenschaft, die sich uͤbrigens bey allen hoͤheren Graden des Som- nambulismus findet, wurde bey Heineckens Kranken oͤfters auf die Probe gestellt. Man verband die oh- nehin schon fest verschlossenen Augen noch zum Ueber- fluß mit einem Tuch, und dennoch erkannte sie die stillschweigend in das Zimmer hereintretenden Personen sogleich. Besonders wurde der Magnetiseur selber, wenn er so unkenntlich als moͤglich hereinkam, und von den Anwesenden mit einem fremden Nahmen begruͤßt ward, von ihr sogleich erkannt. Ich will hier nicht einmal jener raͤthselhafteren Versuche gedenken, die uͤbrigens von einigen sehr glaub- wuͤrdigen Aerzten aufgefuͤhrt werden, wozu jener ge- hoͤrt, wo ein in die Gegend der Herzgrube gehaltner Brief von der magnetisch Schlafenden gelesen wurde, welcher Versuch auch neuerlich in der Naͤhe von Jena von einigen verdienstvollen Maͤnnern wiederholt ist. Ohnehin ist das allgemeiner bekannte Vermoͤgen der magnetisch Schlafenden, in das Innre ihres eignen Koͤrpers zu sehen, schon befremdend genug. Eine vor wenigen Jahren in einer beruͤhmten Universitaͤts- stadt magnetisirte junge Baͤuerin, die von der innern Beschaffenheit ihres Koͤrpers auch nicht den mindesten Begriff hatte, beschrieb dem Magnetiseur alle innre Theile der Brusthoͤhle und des Unterleibes auf eine zwar bildliche, aber leicht verstaͤndliche Weise. Jene oft erwaͤhnte junge Somnambuͤle des Bremer Heine- cken, versicherte, daß sie waͤhrend des magnetischen Schlafs, „wenn alle ihre Glieder, wie von Licht und Waͤrme durchdrungen waͤren, das Blut in ihren Adern Y 2 fließen saͤhe, ja sie beschrieb deutlich das große Ner- vengeflecht, welches den Magen und einen Theil der andern Eingeweide mit Nerven versorgt, und das beym Magnetisiren ganz vorzuͤglich afficirt scheint. Außer diesem bemerkte sie auch nach ihrer Versicherung meh- rere vom herkommende Nerven. Im Ko- pfe selber waren ihr nur 2 Nerven sichtbar, wahr- scheinlich jene beyden gleichnahmigen Aeste des merk- wuͤrdigen 5ten Paares, welche mit dem großen sympa- thetischen Nerven in einigen Zusammenhang stehen. Wenn auch dieses junge Frauenzimmer, das wahr- scheinlich im Wachen nicht einmal wußte was ein Ner- ve war, vielleicht einmal zufaͤllig bey dem Oeffnen ei- nes Thieres die Eingeweide gesehen hatte, so hatte sie doch gewiß nie von der Gestalt jener Nerven durch die Sinnen eine Vorstellung erhalten. Nicht minder wunderbar als diese Eingenschaft des Nach- innen Sehens, ist jene merkwuͤrdige des Vorhersagens aller koͤrperlichen Veraͤnderungen, welche auf die Krankheit Beziehung haben, und das Selber- verordnen der Arzneyen. Waͤhrend naͤmlich die Som- nambuͤlen, wie schon erwaͤhnt, bey dem Erwachen sich kaum erinnern koͤnnen, daß sie geschlafen haben, wissen sie jedesmal, wenn sie sich im magnetischen Schlaf befinden, sehr wohl, was sie sonst in diesem Zustand gesagt und empfunden haben. Sie knuͤpfen deshalb oͤfters ein Gespraͤch an, das sie erst einige Zeit darauf wenn sie wieder im Somnambulismus sind, fortfuͤh- ren. Aber was dabey das Wunderbarste ist, und im Wachen nichts aͤhnliches hat, diese Zustaͤnde haͤngen nicht blos ruͤckwaͤrts, sondern auch vorwaͤrts ungemein unter sich selber und mit allen ihnen verwandten koͤrperli- chen Ereignissen zusammen. Kaum war das junge Maͤd- chen, dessen Geschichte uns hier vorzuͤglich beschaͤftigt, zum ersten Male durch das Magnetisiren in jenen Zustand des hoͤheren Bewußtseyns versetzt worden, wo sie aber anfaͤnglich noch nicht zu sprechen vermochte, als sie durch Zeichen zu verstehen gab, daß sie nach 3 Wochen, waͤhrend des magnetischen Schlafes, wer- de sprechen koͤnnen. Diese Vorhersagung traf genau ein, und der erste Gebrauch, welchen sie von dieser neuerlangten Gabe machte, war, daß sie andre koͤr- perliche Veraͤnderungen, und neue Perioden des mag- netischen Schlafs voraussagte, und sich selber Mittel verordnete, die bey der Anwendung uͤberaus wohlthaͤ- tig befunden wurden. Ein andres Mal sagte sie voraus daß die schlimmen Zufaͤlle ihrer Krankheit noch 4 Mo- nate anhalten wuͤrden, daß sie aber nur noch 3 Mona- te lang anhaltend magnetisirt werden muͤsse. Oefters sagte sie, voraus, daß sie heute frey von Kopfschmer- zen seyn wuͤrde, und eben so oft kuͤndigte sie bevorste- hende Ohnmachten genau bis auf die Minute voraus an. Merkwuͤrdig war es in dieser Hinsicht besonders, daß sie, als einst das von ihr selber verordnete Fußbad vergessen war, sich dieses Vergessens im magnetischen Schlaf erinnerte, und sich schmerzlich daruͤber beklag- te, weil sie nun Abends um 8 Uhr fuͤrchterliche Kraͤm- pfe mit Bewußtlosigkeit bekommen wuͤrde, die genau eintrafen. Oefters, wenn sie solche Krankheitsanfaͤl- le voraussahe, gab sie zugleich Mittel an, sie zu lin- dern, welche dann wohlthaͤlig befunden wurden. Bey dem Erwachen wußte sie nie etwas von ihren Vorher- sagungen, und die Anfaͤlle, die sie ihren Verwandten so genau vorausgesagt hatte, kamen ihr selber voͤllig unerwartet. Diese Vorhersagungen, die immer so puͤnktlich ein- trafen, giengen oͤfters uͤber mehrere Monate hinaus. So kuͤndigte sie schon am 25sten Maͤrz, mithin 7 Wo- chen vorher an, daß am 14ten May ihr magnetischer Schlaf seinen hoͤchsten Gipfel erreichen, unddaß sie dann einen ganzen Tag schlafen wuͤrde, ja den Tag darauf, als sie wieder im Somnambulismus zum Sprechen kam, bestaͤtigte sie nicht blos dieses, sondern fuͤgte noch hinzu, daß sie uͤber 18 Wochen wahrscheinlich zum letzten Mal in diesem Jahr magnetisch schlafen wuͤrde, dann erst wieder im kuͤnftigen Jahr am letzten Ostertage. Dieses alles wurde genau erfuͤllt, und der 14te May war einer der merkwuͤrdigsten Tage in dieser ganzen Krankengeschichte. Zuweilen sagen die Kranken nicht blos koͤrperliche Veraͤnderungen, sondern selbst tieferliegende, geistige voraus. So wußte das oft erwaͤhnte junge Maͤdchen die Fragen des Magnetiseurs besonders solche, welche die Beschaffenheit ihres Zustandes angiengen, zu ge- wissen Zeiten noch nicht zu beantworten, sie vertroͤstete ihn dann aber immer auf irgend eine andre Zeit, die sie genau angab, wo sie auch wirklich deutlicher dar- uͤber zu sprechen vermochte. Sie fieng dann immer von selber an, den Faden des neulich abgebrochnen Gespraͤchs wieder aufzufaßen, und loͤste mit wenig Worten alles dunkel gebliebne auf. So wußte sie vor- aus, wenn ihr geistiges Vermoͤgen jenen Zustand einer hoͤheren Klarheit erlangt haben wuͤrde, wo demselben tiefer liegende Gegenstaͤnde deutlicher seyn muͤßten. Nur einmal sehen wir in Heineckens Krankenge- schichten eine solche Vorhersagung unerfuͤllt geblieben, doch war auch da wirklich der magnetische Schlaf, waͤh- rend welchem sie geschahe, unvollkommner gewesen als sonst. Als naͤmlich das junge reizbare Fraͤulein, de- ren Krankengeschichte die zweyte von ihm erzaͤhlte ist, eines Tages viele Stunden lang sich in einem unvoll- kommnen Somnambulismus befand, wo sie die Au- gen zuweilen geoͤffnet hatte wie beym Wachen, und nur durch die eigenthuͤmliche Sprache, die sie jedesmal im magnetischen Schlaf zu sprechen pflegte, diesen Zu- stand verrieth, sahe sie, waͤhrend eines solchen unvoll- kommnen Zwischenzustandes, einen Schieferdecker, der auf der Spitze des nahen Thurms arbeitete. Hier- durch wurden in ihr so viele traurige Vorstellungen von Gefahren und ploͤtzlichen Todesfaͤllen erregt, daß sie sich dieser Gedanken bald nachher auch im vollkommnen magnetischen Schlafe nicht entschlagen konnte, wo sie wie eine Sterbende von ihren Verwanden Abschied nahm, und ihren Tod auf die naͤchste Nacht voraus- verkuͤndigte. Als sie am andern Tag wo sie gesund und heiter, und von dem was sie im magnetischen Schlaf gesprochen nichts wissend, wieder erwacht war, von neuem magnetisirt wurde, gab sie diese Ursache ihrer gestrigen Aengstlichkeit selber an. Unter die merkwuͤrdigsten Vorhersagungen gehoͤren wohl die, wo die Kranken sich auf einen gewissen Tag Arzneyen verordneten, die auch dann wirklich indicirt schienen. So verordnete sich die zuerst erwaͤhnte Kran- ke einmal auf einen der naͤchsten Tage ein Brechmittel. Als der bestimmte Tag kam, waren wirklich jene Be- schwerden da, welche das Erbrechen rathsam machten. Die Wirkung der Arzneyen ward von ihr immer be- stimmt vorausgesagt, und zwar sogar jene, welche durchaus zufaͤllig scheint, z. B. wie oft eine Purganz die sie sich nach einigen Tagen verordnet hatte, wirken wuͤrde. Bey dem Erwachen wußte sie wie von allem, so auch von ihren eigenen Vorschriften nichts, vielmehr straͤubte sie sich, die nie gern Arzneyen nahm, gegen die Mittel um die sie vorher so angelegentlich gebeten, im Wachen so sehr, daß sie zuweilen Kraͤmpfe bekam. Es bleibt nun vorzuͤglich nur noch eine Erschei- nung des magnetischen Schlafs uͤbrig, die ohnstreitig zu den merkwuͤrdigsten unter allen gehoͤrt, jene tiefe Sympathie der Somnambuͤle mit dem Magnetiseur und andern mit ihr und ihm im Rapport stehenden Per- sonen. Die junge 12jaͤhrige Rathsherren Tochter, von welcher der Heilbronner Gmelin erzaͤhlt, befand sich in jenem Zustand, dessen ich nachher noch mit ei- nigen Worten gedenken werde, wo sie nur die Stimme der mit ihr in Beziehung gesetzten Personen verstund. Mit ihrer aͤlteren Schwester, einer Woͤchnerin, durf- re sie jedoch nicht erst in diese Beziehung gesetzt werden, vielmehr befand sie sich schon von selbst darinnen, und zwar in einer eben so innigen, oder fast noch innige- ren als mit dem Magnetiseur. Als die neben ihr ste- hende Schwester ihren kleinen Saͤngling an die Brust legte, glaubte das junge Maͤdchen, vermoͤge dieser wunderbaren Sympathie, die hiermit verbundene Em- pfindung an ihrer eignen Brust zu fuͤhlen. Als die Schwester unversehens mit einer Nadel am Arm ver- letzt worden, beklagte sich die magnetisch Schlafende, daß sie jemand an dem entgegengesetzten Arm gestochen habe, und dieser Versuch zeigte, so oft man ihn mach- te, dieselbe Wirkung. — Die magnetisch Schlafenden wissen, vermoͤge dieser Sympathie, um alle Bewegun- gen, welche der Magnetiseur selbst hinter ihren Ruͤcken vornimmt, ja es scheint zuweilen als ob sie die tiefsten Gedanken desselben erriethen. Zugleich scheint, wie sie dieses selber bezeugen, waͤhrend jenes Zustandes ihr Wille mit dem des Magnetiseurs nur einer. Es scheint hieraus unter andern jene unschuldige Zuneigung zu kommen, welche die Somnambuͤlen an den Magnetiseur und an Alles was sein ist, fesselt. Jene Sympathie mit dem Magnetiseur geht oͤfters so weit, daß die magnetisch Schlafenden nur solches Wasser zu trinken verlangen, welches von ihm vorher beruͤhrt war. Die oft erwaͤhnte Kranke wußte, so oft auch die Versuche damit gemacht wurden, das magne- tisirte Wasser immer von dem gewoͤhnlichen zu unter- scheiden. Ja Dinge, welche von dem Magnetiseur beruͤhrt waren, wirken, wenn die Empfaͤnglichkeit in diesen Zustand versetzt zu werden, ihren hoͤchsten Grad erreicht hat, gleich ihm selber magnetischen Schlaf. So die magnetisirten Flaschen, bey Heineckens Kran- ker, die sie vorher aus vielen nicht magnetisirten her- aus zu finden wußte. Ja die schon wiedererwachte Kranke, fiel von neuen in magnetischen Schlaf, als sie die noch zufaͤllig dastehende Flasche im Eifer des Gespraͤchs unvermerkt beruͤhrt hatte. Ich weiß nicht ob aus dieser sonderbaren Sympa- thie mit dem Magnetiseur, nicht zum Theil das er- klaͤrt werden muß, was die magnetisch Schlafenden zur Heilung ihrer Krankheit vorschlagen. Heineckens Kran- ke verlangten stets die Mittel, welche im Geist der Heilmethode waren, die sich ihr Arzt zu eigen gemacht hatte. Aderlaͤsse, Brechmittel und Abfuͤhrungen wa- ren fast der ganze Kreiß, um welchen sich ihr Wissen bewegte, und im Geist der Schule, zu welchen ihr Magnetiseur gehoͤrte, waren auch die Ansichten, die sie von ihrer Krankheit gaben. Dagegen wurde von den Kranken, die man vor einigen Jahren auf einer Academie magnetisirte, wo der Magnetiseur und alle sei- ne junge Gehuͤlfen einer andern Schule zugethan waren, von den magnetisch Schlafenden nie ein Vorschlag zu Brechmitteln oder Abfuͤhrungen gehoͤrt, vielmehr ver- langten sie immer sogenannte staͤrkende Mittel, welche bey der Anwendung wenigstens eben so vortheilhaft ge- funden wurden, als die von andren Somnambuͤlen verlangten Abfuͤhrungen. Auch aͤußerten sie sich uͤber ihre Krankheit auf eine Weise, daß ihre Aerzte damit zufrieden seyn konnten. Doch laͤßt sich vielleicht fuͤr diese Verschiedenheit der Verordnungen der Somnam- buͤlen ein noch andrer naͤherer Grund finden. Vielleicht erfinden die magnetisch Schlafenden, trotz der Klarheit, mit welcher sie sich ihrer selber, und alles dessen was sie zunaͤchst angeht, bewußt sind, niemals etwas das uͤber die Graͤnzen ihres eigenen Wesens hinaus liegt. Ueber ihre eigne Natur und uͤber das was sie zunaͤchst beruͤhrt, wissen sie dagegen auf eine bewundernswuͤr- dige Weise Auskunft zu geben, und uͤber die Veraͤnde- rungen, welche selbststaͤndig in dieser vorgehen, belehrt sie ein unerklaͤrliches dunkles Gefuͤhl, lange voraus. Dagegen giebt ihnen vielleicht das, was durch eine zu- faͤllige Kenntniß der entfernt liegenden aͤußern Natur bey der Heilung hinzugethan wird, eine vorhergegang- ne Erfahrung. Wie schon erwaͤhnt, weiß sich die Somnambuͤle an alles was sie jemals im wachenden Zustand in Beziehung auf ihre Krankheit erfahren, mit einer besondern Klarheit, und ungemein weit ruͤck- waͤrts zu erinnern. Sie weiß wohl, wie alle bey ihr angewendeten Mittel gewirkt haben, und vermoͤge die- ser Kenntniß ihrer Wirkungen, schlaͤgt sie die Arzneyen vor, die bey den koͤrperlichen Umstaͤnden deren Annaͤhe- rung sie fuͤhlt, angewendet werden sollen. Deshalb koͤnnte auch jene junge neuerdings auf einer gewissen Academie magnetisirte Baͤuerin, stets hartnaͤckig auf staͤrkenden Mitteln bestanden haben, weil sie aus Erfahrung, waͤhrend der vorhergehenden Behandlung, keine andern kennen gelernt hatte, und aus demselben Grund konnten andre Kranke blos Abfuͤhrungen, Brech- mittel und Blutlassen verlangen. Doch wenn auch dieser Fall noch anders als aus der Sympathie der Somnambuͤle mit dem Magnetiseur erklaͤrt werden koͤnnte, so ist doch diese selber in andern Faͤllen, die ich schon oben anfuͤhrte, unverkennbar. Eben so unverkennbar ist die der Somnambuͤlen unter einan- der selber, wenn sie von demselben Magnetiseur behan- delt sind. Gmelins Patientinnen wurden durch eine besondre und unwiderstehliche Zuneigung aneinander gefesselt, und eben so fuͤhlten sich die beyden ersten von Heinecken magnetisirten, innig aneinander ange- zogen. Ihre Naͤhe wirkte, wenn sie beyde im mag- netischen Schlafe waren, so wunderbar, daß sie bey- de nicht aus demselben zu erwachen vermochten, bis man sie getrennt hatte. Jene tiefe Sympathie der magnetisch Schlafen- den mit dem ihr innig Befreundeten, und mit dem Magnetiseur, zeigt sich in einem andern Zustand, der von ihnen selber Doppelschlaf genannt ist, noch deutlicher. Es scheint dieser eine hoͤhere Potenz des gewoͤhnlichen Somnambulismus, so wie dieser eine hoͤhere Stufe des wahren Zustandes der Seele ist. So wie naͤmlich im Som- nambulismus alle die Eigenschaften, welche die mensch- liche Natur beym Wachen besitzt, in einem viel hoͤhe- ren Grad zugegen sind, wie in ihm alles was die See- le wachend weiß, mit einer ganz besondern Klarheit uͤberblickt wird; so sind im Doppelschlaf alle Eigen- schaften die sich im gewoͤhnlichen Somnambulismus zeigen, in einer vorzuͤglichen Staͤrke da, und die in ihm Begriffenen wissen alles was sie in jenem Zustand gedacht und gesprochen haben. Dagegen findet sich, was wohl zu bemerken ist , im gewoͤhnlichen Wachen auch nicht die Spur einer Erinnerung an den Zustand des Somnambulismus, eben so wenig als sich in diesem eine an das zeigt, was im Doppelschlaf mit den Kranken vorgieng. Was uns hier diesen Zustand vorzuͤglich merkwuͤrdig macht, ist, daß die im Dop- pelschlaf befindlichen, nur fuͤr ihren Magnetiseur Sinn haben, nur seinen Fragen antworten, und nur seine Naͤhe mit dem gewoͤhnlichen Wohlgefallen ertragen, waͤhrend ihnen andre Personen, selbst wenn sie sich nur unvermerkt naͤhern, Angst und Schmerzen verursachen. Wenn diese selbst mit lauter Stimme und ganz nahe stehend, die Schlafenden anreden, werden sie von ihr eben so wenig vernommen, als von einer fest Schla- fenden oder Ohnmaͤchtigen. In Beziehung mit ihr gesetzt, scheinen sie ihr aus weiter Ferne und unvernehmlich, oder in einem unver- staͤndlichen Dialekt zu sprechen. In diesem Zustand nimmt die Somnambuͤle nur durch jene innige Verbin- dung der beyden Seelen, an dem Wachen des Magne- tiseurs Theil, fuͤr die uͤbrige Außenwelt ist sie im tie- fen Schlaf. In Gmelins Krankengenschichten sehen wir diesen Zustand, wo die magnetisch Schlafenden nur noch fuͤr ihren Magnetiseur, mit dessen Seele die ihrige Eins scheint, Sinn und Bewußtseyn haben, oͤf- ters eingetreten. Wahrscheinlich blos deswegen, weil sich Gmelin das Magnetisiren durch einen Isolirtisch erleichterte, waͤhrend Heinecken der im freyen Zimmer magnetisirte, hierdurch die Verbindung der Schlafen- den mit der Außenwelt unterhielt. Wenn nun schon im thierischen Magnetismus, wie offenbar in der oben erzaͤhlten Geschichte der beyden Schwestern, eine solche innige Vereinigung zweyer menschlicher Wesen moͤglich ist, wo das Eine an allen Bewegungen und Gefuͤhlen des andern so Theil nimmt, als ob es ihm selbst geschaͤhe; wenn dieses tiefe Mitge- fuͤhl das sich zwischen Magnetiseur und Somnambuͤle zeigt, oͤfters noch in einiger Cntfernung beyder wirk- sam ist, und das was mit jenem in unmittelbarer Be- ziehung war, auf diese einen eigenthuͤmlichen Einfluß zeigt; so ist von hieraus nur noch ein Schritt zu dem wunderbaren Mitwissen eines Entfernten um die Schick- sale, vornehmlich aber um den Tod einer geliebten, nahe verwandten Person. Wir sahen die Moͤglich- keit daß uͤberhaupt zwey getrennte menschliche Wesen in gewisser Hinsicht Eins zu seyn vermoͤgen. Das Geistige in uns, selbst wenn es hierin nur den koͤrper- lichen Kraͤften des Anorgischen, z. B. dem Licht, dem Magnetismus, der Elektricitaͤt gliche, wirkt durch kei- ne Entfernung gehindert, auf Alles Verwandte hin- uͤber. Oefters befinden sich dabey die Personen denen ein solcher ungewoͤhnlicher Zufall begegnet, in einem dem magnetischen Schlaf ahnlichen Zustand. So war ein Freund von mir, der als Schriftsteller be- kannt ist, von der gefaͤhrlichen Krankheit seiner weit entfernten geliebten Schwester nicht unter- richtet. In derselben Nacht aber wo sie starb, sieht ihn sein in demselben Zimmer schlafender Mitschuͤler mit verschlossenen Augen aufstehen, und mit vielen Klagen etwas niederschreiben. Jener erinnert sich am andern Morgen an nichts mehr, selbst nicht daß ihm etwas Aehnliches getraͤumt habe. Das Papier das er in der vergangnen Nacht beschrieben, wird hervorge- holt, um ihn mit den Zuͤgen seiner eignen Hand zu uͤberzeugen, und man findet ein Gedicht auf den Tod einer geliebten Schwester. — Es ist bekannt, wie selbst einer unsern Kantischen Philosophen, einen aͤhnlichen Fall, wo ein junger Mensch den Tod seiner Geliebten durch eine Vision vor- aus wußte, selber bezeugt. Doch ungleich merkwuͤr- diger als diese Faͤlle, deren es eine unzaͤhlige Menge giebt, sind die zum Theil von Aerzten bezeugten, wo, besonders Wahnsinnige oder Nervenkranke, zuweilen aber auch gesunde Personen, ein seltsames Vorgefuͤhl von dem nahen Tod andrer ganz fremder Menschen zeigten. Die Geschichte jenes roͤmischen Moͤnches, der dieses Vorgefuͤhl auf dem Krankenlager hatte, und dessen Vorhersagung bey allen genau eintraf, ist be- kannt. Merkwuͤrdig ist auch in dieser Hinsicht die Pest zu Basel (am Ende des 16ten Jahrhunderts) wo die Ansteckung mit einer Art von Bewußtseyn geschahe, und wo fast jeder Sterbende, selbst in den bewußtlo- sen Phantasien der letzten Augenblicke, den Nahmen dessen anrief, der zunaͤchst nach ihm sterben mußte. Jener Wahnsinnige, den Moriz anfuͤhrt, wußte auch den nahen Tod fremder Personen voraus, und schien die nahe Aufloͤsung ihres Koͤrpers an dem Geruch der Ausduͤnstungen zu bemerken. Dieser dunkle, am we- nigsten verstandene Sinn, scheint es auch, der eini- gen andern Personen, deren Geschichte mir bekannt ist, noch ganz Gesunden, das nahe Ende voraussagen ließ. Zwey von ihnen, davon sich der eine in Berlin, so viel ich weiß, noch lebend befindet, der andre Schul- lehrer im Erzgebuͤrge war, hatten diese Gabe in vor- zuͤglich hohem Grade, und erschreckten oͤfters sich und ihre Verwandten durch eine solche ungluͤckliche Vorher- sagung. Obgleich, wie es scheint, durch den Geruch erweckt, stellten sich diese Phantasien auch andern Sin- nen dar. Wenn die magnetisch Schlafenden sich selber den Ausgang ihrer Krankheit, auf laͤnger als ein Jahr voraussagen, wenn sie alles, selbst was durchaus zufaͤllig scheint, wenn es nur auf ihre Krankheit Be- ziehung hat, genau voraus wissen, so muß auch das dunkle Gebiet der Vorahndungen hierdurch einiges Licht erhalten. Meistens empfaͤngt sie die Seele im Trau- me oder in einem dem Traume ahnlichen Zustand, und es gleicht dieser Zustand auch durch die Erhoͤhung aller geistigen Krafte, und durch das Wonnegefuͤhl, wo- mit er meistens begleitet war, dem magnetischen Schlafe. Ich koͤnnte auch aus diesem dunklen Gebiet unsrer Natur eine Menge auffallende Thatsachen anfuͤhren, doch begnuͤge ich mich an einigen, welche die Verwand- schaft mit dem thierischen Magnetismus am meisten zeigen. Es geschahen die meisten und merkwuͤrdigsten Vor- ahndungen dieser Art, in den Augenblicken einer from- men Begeisterung, oder pflegten die Gestalt einer sol- chen anzunehmen (recht nach der Meynung der Alten, welche allen Blick in die Zukunft dem Geist des hoͤheren, alle Dinge umfassenden Einflusses zugeschrieben.) So verkuͤndigte sich dem Philipp Melanchton der nahe Tod in einem alten Kirchengesange, worin er im Traume das Sehnen nach der letzten Aufloͤsung besungen, dem bekannten Hottinger auf aͤhnliche Weise in einem Spruch aus der Bibel. Jene Woͤchnerinn Nach Seelmann. so wie die Euphro- sine Elvers, und die Predigerstochter zu Schmoͤlln haben die Naͤhe des Todes in dem Zustand einer nie ge- fuͤhlten Wonne voraus gesehen, und nicht selten haben selbst Kinder in diesem Zustand mit einer Klarheit und Staͤrke, welche uͤber ihre Jahre erhaben war, den Ver- wandten und andern Gegenwaͤrtigen, so wie sich selber, das kuͤnftige Schicksal voraus gesagt. Ein Fall der Art bey Michael Sachs. Haͤufig ist besonders eine solche Vorahndung des nahen Todes bey unschuldigen Kindern, wovon mehrere Faͤlle bekannt sind. Dem alten Chrysostomus kuͤndigt sich die nahe Be- freyung aus den Banden des Irdischen durch ein from- mes feuriges Gespraͤch mit dem laͤngst verstorbnen Leh- rer an, und ein aͤhnliches Gluͤck, nur sanfter und jung- Z fraͤulicher, wiederfaͤhrt dem jungen Maͤdchen, von wel- chem Gregorius schreibt. Vielen hat sich die Naͤhe der letzten Aufloͤsung durch eine suͤße Musik offenbart. In den letzten Stunden ist diese Erscheinung haͤufiger und allgemeiner bekannt. Bey vollkommen Unpoetischen nimmt oͤfters eine solche Offenbarung des Zukuͤnftigen die Gestalt der Begeiste- rung und Poesie an, und jenem Domherrn zu Werda am Rhein, spricht sich die Vorempfindung des unver- muthet nahen Endes in Versen aus. Selbst die Sprache und das klare Bewußtseyn kehrt bey solchen, welche sie seit langer Zeit verlohren, in solchen Augenblicken der Vorahndung wieder. So je- nem kranken Greis zu Buzow, der seit 28 Jahren ge- laͤhmt und gaͤnzlich sprachlos war, und dem ein freu- diger Traum, der ihm das Ende seiner langen Leiden verkuͤndigte, die verlohrne Rede auf den letzten Lebens- tag zuruͤckgab. Selbst einem wirklichen Taubstummen (Krause) der vor einigen Jahren zu Jena starb, hat man gleich am Anfang der letzten Krankheit seinen na- hen Tod mit einem von ihm noch nie so deutlich ver- nommenen Wort verkuͤndigen hoͤren. Dieser war naͤm- lich in einen beruͤhmten Taubstummeninstitut zwar un- terrichtet, hatte aber wegen eines fehlerhaften Organs nie vernehmlich sprechen gelernt; jetzt aber in der Be- geistrung der letzten Stunden wurde die bis dahin ge- bundne Zunge geloͤst Merkwuͤrdige Faͤlle von Vorahndungen, oder von einer momentanen Zuruͤckkehr der Sprache bey stumm ge- wordnen sind mehrere bekannt, obwohl sie nicht zunaͤchst hieher gehoͤren. So ist es die Vorahndung einer Taub- stumm en, welche die Madame Beaumont erzaͤhlt, wo ein naher Verwandter durch die stummen unablaͤssigen Bitten von einer nahen Gefahr in die er sich begeben wollen zu- ruͤck gehalten wurde; bekannt ist auch wenigstens in unsrer wie sich auch bey Bloͤdsinnigen nach dem Tode, und selbst nach zerstoͤrtem Schedel das Gesicht noch auf einmal veredelt und verklart. Eine andre Verwandschaft zeigt der Somnambu- lismus mit dem neuerlich sehr zur Sprache gekommenen Gefuͤhl fuͤr Metalle. Wenn es naͤmlich unlaͤugbar ist, daß die Metalle auf alle magnetisch Schlafenden, selbst aus einiger Ent- fernung, wie schon in Heineckens vielfaͤltigen, und bis zur hoͤchsten Qual der Somnambuͤlen wiederholten Ver- suchen sichtbar wird, heftig einwirken, so wird hier- aus diese Gabe, die sich an gewissen Menschen auch im gesunden Zustand gezeigt hat, begreiflicher. Es ist schon aus Humbolds fruͤheren Versuchen bekannt, daß selbst die vom Koͤrper getrennten, schon fast toden Nerven, bey der Wirkung der Metalle im Galvanismus, eine Art von Atmosphaͤre um sich zeigen, und daß des- Gegend, die Geschichte des Fraͤuleins Ludwiger zu Dessau, wovon einige Zeugen noch leben. Diese hatte einst in ih- rer fruͤhesten Kindheit, die Unachtsamkeit der Waͤrterin der sie die eben abwesende Mutter vertraut taͤuschend, eine große Menge sehr starken Brandwein getrunken, und die nur mit Muͤhe vom Tode Gerettete, erhielt seitdem nie wie- der Bewußtseyn, Sprache und Beweglichkeit der Glie- der, und an Gestalt immer einem Kinde aͤhnlich bleibend, lag sie verschiedene Jahre in dumpfer Starrheit zu Bette. Die Pflege des huͤlflosen Kindes, befiehlt die sterbende Mut- ter ihren andern Toͤchtern noch in der letzten Stunde an, und diese nehmen sich des zuruͤckgelassenen Kindes mit un- ermuͤdeter Sorgfalt an. Nur an einem einzigen Tage, (dem Hochzeittag der einen Schwester) vergißt man dem Kinde seine Nahrung zu reichen. Zuletzt, mitten in den Zerstreuungen des Festes, erinnern sich alle drey Schwe- stern zugleich der versaͤumten Pflicht, und zugleich nach dem Zimmer der Kranken hineilend, sehen sie das Kind, das sich sonst nie ohne fremde Hulfe aufrichten konnte, sich frey und mit einer heitern Miene emporheben, und den staunenden Schwestern versichern: „die Mutter sey eben hier gewesen und habe ihr schon ihr Essen gereicht.“ Es war dieses das erste und das letzte Wort des kranken Kindes, das einige Zeit hernach starb, ohne daß sich jemals wieder etwas Aehnliches an ihm gezeigt haͤtte. Z 2 halb schon die angenaͤherten Metalle dieselben Zuckungen hervorbringen, wie in andern Faͤllen die unmittelbar beruͤhrten. Auch ist es bekannt, daß im Galvanis- mus die edlen Metalle, die sich von den unedlen schon dadurch unterscheiden, daß sie unter der Einwirkung der Luft und des Wassers nicht so verkalken (rosten) als die unedlen, sich zu diesen auf ganz entgegengesetz- te Weise verhalten, eben so wie im magnetischen Schlaf. Jene Atmosphaͤre, wenn wir diesen Ausdruck hier brau- chen wollen, ist nun bey einigen lebenden und sonst ge- sunden Personen von solchem Umfang, daß diese selbst von ziemlich entfernt unter ihren Fuͤßen, oder neben ihnen verborgnen Metallen einige deutliche Empfindung haben. Jenes geschaͤrfte Gemeingefuͤhl, durch welches die magnetisch Schlafenden außer ihnen befindliche Gegen- staͤnde erkennen, ohne sie eigentlich zu sehen, ist, wie schon erwaͤhnt, auch den gewoͤhnlichen Nachtwandlern eigen. Auch diese sieht man mit verschlossenen Augen herumgehen, und dabey alle ihnen entgegenstehende Gegenstaͤnde sorgfaͤltig vermeiden, oder beym Klet- tern, die festen Stellen fuͤr den Fuß gluͤcklich heraus- waͤhlen. Sie schreiben in diesem Zustand so deutlich als sonst, sehen nach der Uhr, und sagen genau die Stunde an, und benehmen sich in Allem, als ob sie saͤhen. Auch in Krankheiten ist zuweilen, wenn sonst alle Sinne unwirksam wurden, noch ein solches sehr geschaͤrftes Gemeingefuͤhl uͤbrig. So erkannte das kranke Maͤdchen, dessen Geschichte der Irrlaͤnder Ec- cles aufbehalten hat, nachdem auf dem laugen Kran- kenlager das Gesicht, und zuletzt auch das Gehoͤr ver- gangen waren, die eintretenden Bekannten eben so durch ein gewisses dunkles Gefuͤhl, sobald sie in ihre Naͤhe traten. Ein solches Gemeinfuͤhl wird auch zuwei- len bey Ohnmachten, und vielleicht bey einem ihnen verwandten noch tieferen Zustand, bey dem angehenden Tod gefunden. Vorzuͤglich merkwuͤrdig ist aber jenes innre Licht, welches nach der Aussage der magnetisch Schlafenden ihren ganzen Koͤrper durchstroͤmt, und das nicht min- der in den zuletzt erwaͤhnten Zustaͤnden gefunden wird. Es wird bey tiefen Ohnmachten oͤfters ein eigenthuͤmli- ches Leuchten vor den Augen gesehen, und die aus tie- sen Ohnmachten und Scheintod Erwachenden, beschrel- ben den nach der Aussage fast Aller ungemein seeligen Zustand, in welchem sie sich befanden, oͤfters so, daß sie von einem hellen glaͤnzenden Schein umflossen gewe- sen waͤren. Ueberhaupt ist es diese Verwandschaft des thieri- schen Magnetismus mit dem Tode, welche die vorzuͤg- lichste Aufmerksamkeit verdient. Die Natur hebt sol- che sonst unheilbaren Krankheiten, die nur dem Mag- netismus weichen, durch den Tod, und giebt so durch eine vollkommene Umwandlung, der kranken mensch- lichen Natur die verlohrne innre Harmonie zuruͤck. Der Magnetismus, welcher nicht selten ein Erstarren der Glieder wie im Tode, und andre hiermit verwanden Symptome zur ersten Wirkung hat, ist auch hierin das im Kleinen, was der Tod im Großen und auf eine voll- kommnere Weise ist. Auch Ohnmachten und der noch tiefer mit dem eigentlichen Tod verwandte Scheintod ohne Bewußtseyn, zeigen sich, so wie sie von einem glei- chen, oder vielmehr noch viel hoͤheren Wonnefuͤhl beglei- tet sind als der Somnambulismus, nicht minder heil- sam als der magnetische Schlaf, und die aus ihm Er- wachenden sind meist von der vorhergegangenen Krank- heit, die sie in diesen Zustand versetzt, vollkommen be- freyt, ja auf eine unbegreifliche Weise gestaͤrkt. Ja selbst jenes innre Licht und Hellsehen, erinnert an den Phosphor und an den leuchtenden Zustand, wel- chen die Verwesung an den toden organischen Koͤrpern hervorruft. Von den Phaͤnomenen der Elektricitaͤt, und wohl noch tiefer hinab, bis hinauf zu denen der Vereinigung der Geschlechter im Organischen, sehen wir uͤberall das brennbare Wesen auf dem hoͤchsten Gi- pfel des Daseyns und der Wechselwirkung erscheinen, durch die hoͤchste Thaͤtigkeit des Lebens hervorgerufen werden. Zugleich werden in jenen Augenblicken, wo der Phosphor in ihnen erwacht, die Wesen einer wei- teren und allseitigeren Wechselwirkung mit der Außen- welt faͤhig, und diese tritt den vorhin auf die naͤchste Beruͤhrung beschraͤnkten Koͤrpern, dann erst in wirkli- che Anschauung, faͤngt dann erst an fuͤr sie zu existi- ren. So tritt der verbrennende Koͤrper, wie die Pflan- ze und das Thier in der Zeit des Bluͤhens und der Be- gattung (der Erscheinung des Phosphors) mit einer sonst fuͤr ihn nicht vorhandnen Außenwelt und mit ei- nem hoͤheren Ganzen in innige Beziehung. Das Sehen selber ist, wie wir anderwarts sahen, mit Recht ein Selberleuchten des Auges genannt worden, welches mithin blos durch die Eigenschaft des Leuchtens mit der Außenwelt in jene Beziehung tritt, die wir An- schauen nennen. Auf der andern Seite sehen wir durch alles das, was das brennbare Wesen erweckt, die Thaͤtigkeit des Lebens erhoͤht, und in einem hoͤheren Maas das Leben selber zerstoͤrr werden. Auf die letzte Weise bewirken die Gifte, von der Verwandschaft des Phosphors, und der Blitz, auf gleiche Weise als ein zu hoher Grad von Leidenschaften eine augenblickliche Vernichtung des organischen Lebens, und bey vielen Wesen faͤllt der Moment wo das thierische oder vegetabilische Leben am maͤchtigsten erhoͤht ist, der Moment der Begattung, mit dem des Todes zusammen. Wenn daher bey je- nem unmaͤßigen Grade der Leidenschaften oder der Er- hoͤhung der Lebenskraͤfte, das brennbare Wesen deutlich hervortritt, muß dieses auch anderwaͤrts, bey jeder vorzuͤglichen Erhoͤhung der Lebenskraͤfte, wenn auch minder nach außen bemerkbar, erwacht seyn. Wie da- her das Sehen bey dem Auge, scheint auch jenes Se- hen der Somnambuͤlen nach Innen, und mit verschloßnen Augen nach außen, und alle andere Phaͤnomene des Hellsehens, durch das Freywerden jenes merkwuͤrdigen brennbaren Wesens bewirkt zu werden. Auch bey jenen dem Tode oͤfters vorausgehenden Erscheinungen einer hohen Begeisterung, der Vorahn- dungen, und andern Zustaͤnden die dem Somnambu- lismus und dem Hellsehen so nahe verwandt sind, scheint jenes brennbare Wesen, Da auf diese Weise der Tod dem Zustand des Somnam- bulismus so nahe verwand ist, muß auch jene so klare Ueber- sicht uͤber alle untergeordnete Zustaͤnde, und alles was im Wachen geschehen, die beym Hellsehen statt findet, ohne das zugleich im Wachen Erinnerung an das Hellsehen da ist, sehr bedeutend werden. Nur moͤge man nicht alles was bey dem noch lebenden und unzerstoͤrtem Koͤrper statt fin- det, auf einen Zustand ausdehnen, wo der Organismus dem wir die Details der Erinnerung anvertrauen, nicht mehr ist. Gewiß ist es aber, daß, wie selbst im gewoͤhnlichen Zustand des Somnambulismus keine Erinnerung an das ist, was im Doppelschlaf geschehen, wir uns wohl an der Graͤnze des jetzigen Daseyns in Zustaͤnden befunden haben koͤnnen, die uns selbst in den hoͤchsten Augenblicken des Lebens nur dunkle Ahndung werden, und die vielleicht erst im Tode, wo wir wieder in einen gleichen Zustand treten, von uns wieder uͤberblickt werden. das im Tode und in der ersten Periode der letzten Aufloͤsung so vorzuͤglich bedeutend wird, schon Theilweise und auf Momente frey zu werden, und jene Momente sind daher nicht Vorahndungen des Todes, sondern der angehende, auf Augenblicke, oder Theilweise schon eintretende Tod sel- ber. Sie sind, wie wir in der vorhergehenden Vorle- sung sahen, die Momente wo die menschliche Natur die Anker nach einer schoͤneren Heymath lichtet, und wo die Schwingen des neuen Daseyns sich regen. So bezeichnet das Erwachen des brennbaren We- sens, wie im Anorgischen das Erscheinen des Lichts, Nach dem 1sten Theil m. Ahnd. uͤberall den Moment, wo die irdischen Dinge sich uͤber die Natur des Planeten erheben, wo sie von diesem frey werden, und in eine hoͤhere Ordnung der Dinge eintreten. Auch fuͤr das menschliche Daseyn scheint sich zuletzt die Befreyung von dem Planeten auf eine aͤhnliche Weise nach Außen kund zu geben, und viel- leicht ist die Geschichte unsrer letzten Verwandlung, schon mit dem Erscheinen des Phosphors geendigt. Vierzehnte Vorlesung. Schluß . E s blieb uns noch Einiges zur Loͤsung der in der letz- ten Vorlesung aufgestellten Erscheinungen uͤbrig, viel- leicht daß uns schon dieses am Schluß des Ganzen noch einmal zu dem Hauptinnhalt dieser Untersuchungen, und zu ihren endlichen allgemeinen Folgen zuruͤckfuͤhrt. Jene aͤußerliche Weise, wie der organische Magnetis- mus in einem hierzu empfaͤnglichen Koͤrper hervorge- bracht wird, scheint nur die natuͤrliche Wirkung des Nervensystems auf die untergeordneten Theile, in ei- nem vorzuͤglichen Grade zu erhoͤhen. Die Bewegung, welche der Magnetiseur von dem Haupte des zu Mag- netisirenden nach den unteren Theilen desselben aͤußer- lich macht, scheint der innern Wirkung des Gehirns nach denselben Theilen, welch in einer gleichen Rich- tung geschieht, zu Huͤlfe zu kommen, und die gewoͤhn- liche Wirkung des Gehirns auf die Muskeln uͤber die gewoͤhnliche Graͤnze hinaus zu verstaͤrken. Nach dem allgemeinen, fruͤher schon oft erwaͤhnten Gesetz, er- folgt dann, wenn die Einwirkung des Nervensystems auf den untergeordneten Gegensatz ihren hoͤchsten Gipfel erreicht hat, die Ruͤckwirkung des letzteren, und in diesem Fall um so schneller und staͤrker, jemehr die schwache Lebenskraft des Nervensystems der kraͤnklichen Som- nambuͤle durch die uͤber das gewoͤhnliche Maas erregte Wechselwirkung erschoͤpft war. Hieraus ist anderwaͤrts der Schlaf, und selbst der Tod hergeleitet worden. Ei- ne solche Ruͤckwirkung der untergeordneten Theile, be- sonders des Magens und der mit ihm zunaͤchst verbund- nen Organe auf das Gehirn, waͤhrend welcher sich die- ses passiv verhaͤlt, ist auch die Ursache des magneti- schen Schlafs und seiner merkwuͤrdigen Erscheinungen. Es wird an diesem, so wie an den mit ihm verwandten Phaͤnomenen erkannt, daß eine gaͤnzliche Passivitaͤt, gleichsam eine Abwesenheit der hoͤheren Kraͤfte in uns noͤthig sey, damit jene fremdartige, tief im Innern schlummernde Natur sichtbar werde. Was zuerst jene Sympathien angeht, die Wir- kung entfernter und unter sich verwander Wesen auf einander, so gruͤndet sich diese auf die verschiedenen Grade der geistigen Erregbarkeit der einzelnen Organe, oder Individuen. Die unselbststaͤndigsten, wie diese schon an sich dem hoͤheren Einfluß am meisten unterge- ordnet sind, werden auch fuͤr alle aͤußeren Einwirkun- gen am leichtesten afficirbar seyn; in organischen Koͤr- pern wird der unvollkommenere Gegensatz diese groͤßere Erregbarkeit besitzen. Dagegen wird zwar die Leben- digkeit des vollkommneren Gegensatzes (des Nervensy- stems) minder leicht von außen erweckt, sie ist aber alsdann auch um so staͤrker, so daß vor ihr die des untergeordneten verschwindet. Es wirken aber in der Koͤrperwelt nach einem bekannten Naturgesetz, diesel- ben Wesen desto staͤrker auf einander, je naͤher sie sich beruͤhren; je mehr sie fich dagegen entfernen, desto schwaͤcher wird die Wechselwirkung. Waͤhrend nun die vollkommneren Organe die dem Geistigen in uns un- mittelbarer und naͤher verwand sind, von denselben Gegenstaͤnden nur dann afficirt werden, wenn sie ih- nen naͤher sind, wird auf die untergeordneten Organe, die, wie wir anderwaͤrts sehen, im Traume und den ihm verwanden Zustaͤnden zum Gemuͤth sprechen, auch von den Entfernten gewirkt. Doch wird diese schwaͤ- chere Wechselwirkung dem Gemuͤth nur dann vernehm- lich, wenn die staͤrkere der vollkommneren Organe we- nigstens auf Momente, aufgehoben ist oder ruhet. Es geschieht dieses auf dieselbe Weise, nach welcher jene entfernten Sonnen die uns nur als Sterne erscheinen, erst dann sichtbar werden, wenn die unsrige, naͤhere, untergegangen ist. Es ist dasselbe allgemeine Gesetz, nach welchem jene an sich eben so stark oder noch staͤrker leuchtenden Sonnen, blos weil sie viel entfernter sind, auf die Erde und unsre Augen schwaͤcher wirken, als die naͤhere Sonne, und nach welchem die staͤrkere Wech- selwirkung derselben mit der Erde am Tage, die schwaͤ- chere der andern Gestirne unvernehmlich macht. Wie diese auch am Tage vorhanden ist, mag auch im ge- sunden und wachen Zustand der vollkommneren Orga- ne, jene dunklere Sympathie entfernter Wesen immer wirksamer seyn, sie vermag aber erst in solchen Mo- menten wie die des magnetischen Schlafs, des Nacht- wandlens, Wahnsinns und andern aͤhnlichen krank- haften Zustaͤnden hervorzutreten. Auch einige Phaͤnomene jenes von innen ausgehen- den Lichts, lassen sich vielleicht hierans erklaͤren. Waͤh- rend naͤmlich die Einwirkungen aͤußerer naher Gegenstaͤn- de, welche durchs Auge gesehen werden, zwar viel staͤrker sind, als die, welche vermittelst des Gemeingefuͤhls zu uns gelangen, sind doch auch diese, zugleich mit jenen, immer vorhanden. Das Gemuͤth hat in der Erinnerung die Einwirkungen der nahen Gegenstaͤnde, welche durchs Auge geschahen, mit der gleichzeitigen Wirkung derselben aufs Gemeinfuͤhl so vereint, daß jetzt, wenn im magnetischen Schlaf die Außenwelt blos noch auf das allgemeine Gefuͤhl einwirkt, in der See- le die gleichnahmigen Vorstellungen, welche ehedem zu derselben Zeit durch das Sehen erweckt wurden, zu- gleich hervortreten, so daß sie das vermittelst des Ge- meinfuͤhls Erkannte zu sehen glaubt. Ueberdies sind sich die Weise wie wir mit aͤußern Gegenstaͤnden ver- mittelst des allgemeinen Gefuͤhls in Wechselwirkung treten, und die, wie sie uns bey dem Sehen afficiren, viel naͤher verwandt als es scheint, und auch die Wir- kungen des Gemeingefuͤhls geschehen durch eine aͤhnli- che Thaͤtigkeit des Brennbaren als die des Auges. Zu wuͤnschen waͤre es in dieser Hinsicht sehr, daß Versu- che mit dem organischen Magnetismus bey Blindge- bohrnen gemacht wurden, weil hier vielleicht der Zu- stand des Somnambulismus, in der erwaͤhnten Hin- sicht, sonderbare Erscheinungen zeigen wuͤrde. Wie schon erwaͤhnt, erwachen aber auch zuweilen in jenen von dem gesunden Leben abweichenden Zustaͤn- den viel tiefer liegende Kraͤfte unsrer Natur, deren Wirk- samkeit von einem viel erhabeneren Umfange ist. Wir haben in ihnen aus der Analogie des Ganzen die noch unausgebildeten Organe eines kuͤnftigen hoͤheren Da- seyns gesehen. Auch in ihnen pflegt das eigentliche innre Leben noch so schwach zu wirken, daß es dann wenn das staͤrkere, des jetzt noch uͤbermaͤchtigen irdi- schen Daseyns, in voller Kraft wirkt, nicht zu erken- nen ist, und nur dann seine hohe Schwinge regt, wenn dieses gehemmt ist. Auch die Vorahndungen muͤssen aus denselben oder aͤhnlichen Ursachen hergeleitet werden. Wir werden diese dunkle Erscheinung der Seelenlehre leichter ver- stehen, wenn wir sie mit verwandten Phaͤnomenen der untergeordneten Koͤrperwelt zusammenstellen. Veraͤnderungen des Wetters, die noch kuͤnftig sind, und von denen wir selbst durch die besten Werkzeuge in der ganzen uͤbrigen Natur noch keine Anzeichen bemer- ken, werden durch gewisse Pflanzen, unter welche der merkwuͤrdige westindische Wetterstrauch ( Poriera hygro- metrica ) gehoͤrt, nicht minder als durch verschiedne ganze Thierarten, mehrere Tage vorher, ehe sie ein- treten vorausverkuͤndiget. Diese Thierarten gehoͤren meist zu der Classe der Insekten, und zwar was vor- zuͤglich zu bemerken ist, zu jenen Gattungen, wo die meisten Individuen geschlechtslos sind, oder doch von unvollkommner Entwicklung des Geschlechts. Solche thierische Witterungsverkuͤnder, sind naͤmlich vorzuͤg- lich einige Arten von Ameisen und Bienen. Da nun in der ganzen organischen Natur, jene Ausbildung ein ganz vorzuͤgliches Zeichen der innren, selbststaͤndigen Vollendung ist, so wird hiermit jene Eigenschaft, als eine Gabe, gerade der unvollkommensten Thiere er- kannt. Unter den Voͤgeln soll es aus aͤhnlichen Gruͤn- den vorzuͤglich der Kukuk seyn, an welchem eine solche Vorempfindung der noch kuͤnftigen Witterungsveraͤnde- rungen wahrgenommen wird, und es ist bekannt, daß dieses Thier, vermoͤge einer minder vollkommnen Or- ganisation, selten, oder wie Einige behaupten, niemals, die eignen Jungen auszubruͤten vermag. Hiermit steht in Verbindung, daß eine aͤhnliche Vorempfindung der nahen Wetterveraͤndrungen, auch sehr haͤufig an einzelnen kranken Theilen des lebenden, und sonst gesunden Organismus wahrgenommen wird. Es ist naͤmlich bekannt, daß langwierige Wunden oder Narben ehemaliger tiefer Verletzungen es mit einigen andern organischen Fehlern des menschlichen Koͤrpers ge- mein haben, oͤfters einige Tage spaͤter eintretende Kaͤlte oder auch eine ploͤtzliche Abnahme der Kaͤlte durch Schmerzen vorauszusagen. Diese Schmerzen bewirkt auch eine zufaͤllige schnelle Abwechslung der Tempera- tur, in welcher sich jene Theile befinden, unmittelbar. Es scheint demnach etwas, wovon noch keine einzige Spur vorhanden ist, auf diese Organe schon zu wirken, welches ein Widerspruch waͤre, wenn diese Naturer- scheinung sich nicht auf andre Weise loͤsen ließe. Auch bey jenen allgemein verbreiteten Volkskrank- heiten, welche eine Folge der in gewissen Jahren herr- schenden Witterung sind, sieht man kraͤnklichere und reizbarere Individuen fruͤher davon ergriffen werden, ehe vielleicht selbst jene Stimmung der Witterung oder doch wenigstens die allgemeine, vielen gleichzeitige Seuche, eingetreten ist. Andre vorzuͤglich unreizbare Naturen, oder solche, bey denen wenigstens die Orga- ne, welche jene Krankheit am meisten afficirt, im vor- zuͤglichsten Grade unreizbar sind, sehen wir noch spaͤt an der allgemeinen Krankheit darniederliegen, wenn diese bey der Menge schon laͤngst voruͤber ist. — Nach demselben Gesetz sehen wir auch, wenn dem Koͤrper ei- ne allgemeine und heftige Krankheit bevorsteht, diese zuerst nur gewisse Organe, mehr oder minder afficiren, und so ihre Annaͤherung dem Arzte durch gewisse einzel- ne Vorboten vorausverkuͤndigen. Dieser Theil der Leh- re von den Symptomen haͤngt unmittelbar mit der Leh- re von den Perioden der Ausbildung und der Funktio- nen der einzelnen Organe zusammen, denn es geschieht dieses nach demselben Gesetz, nach welchem die zarte- ren und schwaͤchlichern Individuen derselben Art, fruͤ- her sich entwicklen, und fruͤher wieder verbluͤhen, als die staͤrkeren und gesuͤnderen, oder nach welchem die minder selbststaͤndigen Organe fruͤher ausgebildet und fruͤher wieder zu ihrer Bestimmung untuͤchtiger werden, als die vollkommneren, selbststaͤndig entwickleten. Wir erkennen naͤmlich aus einfachen Thatsachen, von denen mehrere im Laufe dieser Untersuchungen auf- gestellt sind, daß alle einzelne, selbststaͤndig belebten Wesen, untereinander und mit ihrem Ganzen in einer eben solchen innigen vorherbestimmten Harmonie ste- hen, wo dasselbe Leben in Allen zugleich, ohne daß des von einem andern hierzu bestimmt werden muͤßte sich vollendet, wie die einzelnen Theile eines lebenden or- ganischen Koͤrpers. Bey diesem wird, wenn ihm ei- ne Krankheit, oder eine andre bedeutende Veraͤnderung seiner Natur nahe ist, die Disposition dazu in allen einzelnen Theilen zugleich entwicklet, und nur bey eini- gen fruͤher, bey andern energischeren spaͤter vollendet und aͤußerlich sichtbar, bey jenen mehr wichtigen Thei- len nur als minder bedeutendes Symptom, bey diesen als Hauptcharakter der Krankheit. So zeigen sich auch die verschiedenen Lebensperioden des gesunden Or- ganismus, in allen Theilen auf gleiche Weise vorberei- tet, obgleich ihnen einige fruͤher andre spaͤter entgegen- reifen. Auf dieselbe Weise sind nun auch gewisse Na- turveraͤnderungen, welche sich den Sinnen vorzuͤglich in der Atmosphaͤre, als Witterungswechsel sichtbar ma- chen, in allen Lebendigen selbststaͤndig vorbereitet. Es muͤssen selbst diese Naturbegebenheiten an ein nothwen- diges Gesetz gebunden seyn, in einer nothwendigen Aufeinanderfolge stehen, obgleich dieses Gesetz nur erst durch die genaueren Forschungen der neuen Zeit, aus einzelnen Thatsachen geahndet wird. Derselbe Lebens- geist, der in der aͤußern Natur die einzelnen Veraͤnde- rungen, in nothwendiger Aufeinanderfolge hervorruft, wohnt auch in allen einzelnen organischen Wesen, und erzeugt in ihnen, harmonisch mit jenen, und nach demselben Gesetz der Aufeinanderfolge, jenen entspre- chende Veraͤnderungen; das was in den organischen Wesen eine Folge der aͤußern Naturwechsel scheint, wird in diesen selbststaͤndig, und ohne von jenen be- stimmt zu seyn, entwicklet; die Pflanze oder das In- sect, deren Leben nur ein Jahr dauert, sind auch, von demselben Geist, welcher die Wechsel der aͤußern Na- tur leitet, beseelt, ein Bild des Jahrs in welchen sie gebohren wurden, und die Perioden und Naturwechsel, welche waͤhrend diesem eine nach der anderen hervorge- hen, werden auch selbststaͤndig in dem kurzen Leben jener Dinge entwicklet. So traͤgt jedes Leben die Zeit und den Grund ihres Wechsels selbststaͤndig in sich, wie die aͤußere Geschichte des einzelnen Menschen ei- gentlich aus seinen innern Wesen hervorgeht. Wie nun uͤberall das Leben der minder vollkomm- nen Wesen sich fruͤher entwicklet, die einzelnen Wech- sel desselben fruͤher eintreten und einen kuͤrzern Verlauf halten, so geschicht es, daß jene unvollkommnen Or- ganismen von allen jenen Wechseln, die in ihnen, wie in der aͤußern Natur von den hoͤhern Einfluß geweckt werden, fruͤher ergriffen werden, waͤhrend die voll- kommneren mit der ganzen Natur gleichen Schritt hal- ten, mit ihr zugleich jene allgemeine Veraͤnderungen erleiden, und zugleich mit ihr wieder in den vorigen gleichmaͤßigen Zustand zuruͤckkehren. Dasselbe ist der Fall bey kranken Theilen des organischen Koͤrpers. So erscheint das als Vorempfindung der kuͤnftigen Witte- rungswechsel, was schon die diesen entsprechende und unabhaͤngig von den Veraͤnderungen der Atmosphaͤre in jenen Wesen entstehende Naturveraͤnderung selbst ist. Auf dieselbe Weise lassen sich nun auch die in der vorhergehenden Vorlesung aufgestellten merkwuͤrdigen Thatsachen der Vorahndungen und das Vorauswissen bevorstehender koͤrperlicher Veraͤnderungen im thieri- schen Magnetismus erklaͤren. Ich habe daselbst noch unterlassen zu erwaͤhnen, daß diese Erscheinung dem magnetischen Schlaf nicht allein eigenthuͤmlich ist, son- dern daß sie sich auch in einigen Nervenkrankheiten, vor- zuͤglich in solchen die mit der Epilepsie verwandt sind, zeigt, wo sie oft eben so merkwuͤrdig hervortritt, als das schon einige Mal erwaͤhnte Vorauswissen des na- hen Todes, von welchem eine Menge Faͤlle bekannt sind. — Nach dem schon erwaͤhnten Gesetz, muͤssen ei- nige unvollkommene Organe, die bevorstehenden Ver- aͤnderungen, die sich dann, wenn von ihnen auch die wichtigeren, dem Leben nothwendigeren Organe ergriffen werden, als heftige Krankheitsanfaͤlle darstellen, fruͤher erleiden. Es ließen sich hiervon viele Beyspiele aus der Lehre der Symptome und ersten Vorboten der Krankhei- ten anfuͤhren. Da aber die eigenthuͤmliche Thaͤtigkeit jener unvollkommneren Organe fuͤr das Ganze nur von geringerer Bedeutung ist, und mit dem Leben dessel- ben in keiner so nothwendigen Beziehung steht, werden auch die an ihnen schon eingetretnen Veraͤndrungen nicht bemerkt, vielmehr werden sie durch die staͤrkere, noch unveraͤnderte Wechselwirkung der wichtigeren Thei- le, eben so unmerklich gemacht, wie ein fernes schwaͤche- res Licht von einem maͤchtigeren naͤhern, ein leiseres Geraͤusch von einem staͤrkern. Wenn aber im thieri- schen Magnetismus und den ihm verwanden Zustaͤn- den, jene staͤrkere Wechselwirkung der innern Lebens- kraͤfte momentan aufgehoben wurde, werden nun auch jene Veraͤnderungen der schwaͤchern Organe, die nach einem nothwendigen Gesetz gerade dann wachen, wenn die hoͤheren Organe schlummern, der Seele vernehm- lich. Nun hatte aber jenes fruͤhere Eintreten der Krankheiten und koͤrperlichen Veraͤnderungen, bey ein- zelnen reizbaren Organen, auch schon sonst, im ge- woͤhnlichen Zustand des Lebens statt, nur war sich die A a Seele desselben nicht klar bewußt geworden. Diese, wenn auch nur dunkel gemachte Erfahrung, kommt derselben jetzt zu Huͤlfe, wenn sie die Zeit, welche sonst ver- strichen, ehe das, was jene einzelnen ergriffen, sich des ganzen Organismus bemaͤchtiget, auch auf den jetzi- gen Fall anwendet. Auf diese Weise scheint den mag- netisch Schlafenden jenes wunderbare, und fuͤr sich al- lein unglaublich scheinende Vorherwissen moͤglich. — Selbst jenes etwas lange Vorherwissen, von wel- chem ich etliche Faͤlle Heinecken nacherzaͤhlte, welches oͤfters uͤber mehrere Monate hinausreichte, wird uns weniger befremden, wenn wir bemerken, wie einzel- ne Organe anderen in Hinsicht der Entwicklung selbst um viele Jahre vorausgehen. Und zwar dieses im ge- sunden Zustande des Koͤrpers. Es ist dasselbe Leben, das sich in den einzelnen Organen eines und desselben individuellen Wesens ausspricht, und in ihnen entwick- let, und dennoch bildet sich dasselbe, wie ich ander- waͤrts gezeigt habe, z. B. an dem Auge, schon in den ersten Jahren der Kindheit aus, waͤhrend es sich an andern, z. B. an dem Magen, erst gegen die Mitte des Lebens, bey andern Organen noch spaͤter vollendet. Dasselbe individuelle Leben, das aus der ganzen Na- tur des Individuums hervorgegangen, an allen Orga- nen denselben bestimmten Charakter zeigt, haͤlt mithin bey jenen fruͤher reifenden Theilen, von seinem Begin- nen bis zu seinem hoͤchsten Gipfel, einen, wenig Jahre dauernden Verlauf, waͤhrend welchem aber alles das, mit seinem bestimmten Charakter, und in seiner bestimm- ten Aufeinanderfolge hervortritt, was bey vollkomm- neren Organen in dem langen Verlauf eines halben Menschenlebens entwicklet wird. Ein aufmerksamer Sinn koͤnnte in dem kurzen Lebenslauf jener einzelnen Theile, den des ganzen Organismus, mit allen seinen einzelnen Begebenheiten lesen, und wirklich ist es be- kannt, daß gewisse krankhafte Zufaͤlle, welche in fruͤ- heren Jahren an einzelnen, minder wichtigen Organen wahrgenommen werden, auf Krankheiten hindeuten, von welchen andre wichtigere Theile in einem spaͤtern Alter befallen werden. So erfolgen bey jenen, wel- che Anlage zu den Haͤmorrhoiden haben, oͤfters in fruͤ- hern Jahren Blutungen aus der Nase, im Juͤnglings- alter, wo die Lunge ihre hoͤchste Ausbildung erreicht, aus dieser, bis endlich erst spaͤter die Krankheit an an- dre, langsamer sich entwicklende Organe uͤbergeht. — So behalten jene merkwuͤrdigen Thatsachen nichts mehr, was mit den unveraͤnderlichen Gesetzen der Na- tur, und mit andern Erscheinungen derselben in Wider- spruch stuͤnde. Vielmehr koͤnnen sie uns zu einem der wichtigsten und klaresten Beweise jener vorherbestimmten Harmonie des Lebens aller Einzelnen, mit dem ihres Ganzen dienen, welche ein Hauptgegenstand dieser Untersuchungen gewesen. Diese wuͤrde aber selber oh- ne jene tiefere Bedeutung bleiben, welche ihr eigen- thuͤmlich ist, wenn sie uns nicht zuletzt auf ihren innern Grund zuruͤckwiese. In dem Organischen ist es die inwohnende Lebens- ursache, die Seele, welche, indem sie in allen einzel- nen Theilen ihr eigenthuͤmliches Wesen, ihr eignes inn- res Leben ausspricht, jene Harmonie des Lebens aller Einzelnen, und die tiefe Sympathie desselben moͤglich macht. In der aͤußeren Natur ist es nicht minder je- ner allgemeine hoͤhere Einfluß, welcher bald mehr bald minder mittelbar das Leben der Einzelnen hervorruft, und in jedem Moment erhaͤlt. Dieser ist das unsicht- A a 2 bare Band, welches um alle Besonderen geschlungen, den Uebergang von einem Daseyn zu einem andern, und das ewig harmonische Zusammenwirken des Welt- alls in allen seinen Theilen moͤglich macht. Er ist die Lebensseele, welche von oben ausgehend, alle Natur bis in das Aeußerste und Kleinste durchdringt. Jenes allgemeine geistige Band, von einer gemein- schaftlichen Lebensursache nach Allen ausgehend, ver- mag auch allein alles das zu loͤsen, was in jenen That- sachen, welche diese Untersuchungen enthielten, noch dunkel geblieben. Moͤge es vergoͤnnt seyn, den Inn- halt derselben noch einmal kurz zuruͤckzurufen, um aus ihm selber jene letzte Aufloͤsung zu finden, welche wir gesucht haben. Wir sehen hiebey noch von dem In- halt der Einleitung, welcher das aͤlteste Verhaͤltniß des Menschen zur Natur war, einstweilen ab, weil wir ihn am Schlusse wiederfinden werden. Zuerst sahen wir am Anfange des naturwissen- schaftlichen Theiles dieser Untersuchungen, wie im ganzen unendlichen Weltall nirgends ein Stillstand des schaffenden, sich immer neu wiedergebaͤhrenden Lebens sey. Jene Weltsysteme, welche wie das wozu unsre Sonne, mit allen jenen Millionen der Milchstraße ge- hoͤrt, im Vergleich mit dem kurzen enge beschraͤnkten Daseyn des Menschen, von ewiger und unendlicher Na- tur geschienen, sind, wie aus vielen damals ange- fuͤhrten Thatsachen schien, nicht alle von gleichem Al- ter, oder von gleichem Stande der Ausbildung. Eini- ge scheinen den Kraͤften der allgemeinen Anziehung schon unterlegen, und die einzelnen Welten aus dem gemeinschaftlichen Untergange einer neuen hoͤheren Ver- wandlung entgegen zu gehen, andre tragen das Anse- hen der schoͤnsten Bluͤthe eines noch jugendlichen Da- seyns, an dessen fruͤhesten Eingang noch andre stehen, welche noch eben aus dem allgemeinen Element der Koͤr- perwelt, in ihren ersten, noch undeutlichen Umrissen her- vortreten. Es scheinen aber auch die einzelnen Plane- tensysteme, und in ihnen wieder die verschiedenen Weltkoͤrper, von einer aͤhnlichen ungleichen Vollen- dung, und einige der letzteren sind schon der aͤußersten Graͤnze des planetarischen Daseyns nahe, waͤhrend andre noch in der ersten Ausbildung desselben begriffen sind. Es verhaͤlt sich hiermit, wie mit den einzelnen Theilen des lebenden organischen Koͤrpers, von welchen sich auch die minder selbststaͤndigen viel fruͤher ausbil- den, andre spaͤter, waͤhrend zuletzt doch alle zugleich mit dem Ganzen untergehen. So wurde aus diesen zuerst aufgestellten Thatsa- chen erkannt, daß jener schaffende Lebensgeist, welcher auch diese Welt einst aus ihrem Element hervorgeru- fen, nie ruhet; sondern ewig in neuen Schoͤpfungen begriffen, ist sein Tagewerk eben so ewig und endlos der Zeit als dem Raume nach. Er ist es, welcher diese hier erweckend aus dem Schlummer der Elemen- te, in jenen das Leben seiner letzten Vollendung, und der neuen, immer hoͤheren Verwandlung entgegen fuͤhrt. Hierauf sahen wir, wie die einzelnen Weltkoͤrper unsres Systems einem allgemeinen Gesetz gehorchen, und wie nicht allein jeder einzelne mit dem naͤchst vor- hergehenden und mit dem darauf folgenden in einem genauen Zusammenhang steht, sondern wie alle Glie- der des Systems, durch die Scheidung in zween Rei- hen, in eine innige Beziehung und Wechselwirkung tre- ten. Hieraus mußte erkannt werden, daß nicht allein Eine Ursache Alle zum Daseyn hervorgerufen, sondern daß diese ewig allgegenwaͤrtig noch in ihnen wirkt, sie erhaͤlt, indem sie die nur in ihr Lebenden unter sich vereint, und zu unaufhoͤrlicher Wechselwirkung be- wegt. Denn der hoͤhere Einfluß ist es allein, dessen unaufhoͤrliche Gegenwart die Gegensaͤtze erweckt, und ihre Wechselwirkung moͤglich macht, durch ihn allein empfaͤngt, wie im lebenden organischen Koͤrper durch die Seele, der hoͤhere Gegensatz das Leben, welches er dem untergeordneten mittheilt. Die endlichen Wesen vermoͤgen das Unendliche und Goͤttliche, aus welchem sie sind, nicht unmittelbar anzuschauen, nicht unmittelbar das Leben aus ihm zu empfangen, sondern dieses wird ihnen, nach dem Maaße ihrer Empfaͤnglichkeit, durch andre hoͤhere ver- mittelt. Den einzelnen Koͤrpern, welche zu dem Pla- neten gehoͤren, welchen wir bewohnen, stellt dieser die allgemeine Lebensursache in sich dar, welche sie einst hervorgerufen, und in welcher sie allein bestehen und erhalten werden. Es spricht sich dieses Verhaͤltniß durch die Schwere aus, welche die Koͤrper unaufhoͤr- lich nach dem gemeinschaftlichen Mittelpunkte hintreibt, worinnen diese zu erkennen geben, daß sie nur in und durch ihren Planeten sind. Die Schwere ist das erste und einzige, wodurch sich auf den untersten Stufen der irdischen Bildung, der hoͤhere Einfluß in dem Da- seyn der Dinge zu erkennen giebt. Wir bemerken noch kein andres Streben in ihnen, als durch Schwere und Cohaͤrenz, mit dem hoͤheren Ganzen, durch welches sie bestehen, Eins zu seyn. — Nur eine Stufe hoͤher sehen wir aber den ersten Schimmer einer hoͤheren Welt, im Magnetismus aufgehen. Es wird hier durch den hoͤheren Gegensatz, oder durch den positiven Pol, dem andern, oder negativen, das Erdganze vermittelt. Deshalb, so bald der Gegensatz erwachte, werden die Dinge nicht mehr allein von ihrem Planeten, sondern auch gegenseitig von einander selber angezogen. Der hoͤhere Einfluß wird ihnen nicht mehr allein aus dem Planeten, sondern auch einem aus dem andren. Zu- gleich, wenn nun im Magnetismus ein einzelner Koͤr- per dem andern das darstellt, was sonst allen einzel- nen Koͤrpern das Erdganze, tritt er in die Verhaͤltnis- se des Planeten, (dessen Abbild er ist,) zu andern Welt- koͤrpern und zu dem hoͤheren Ganzen. Wir bemerken deshalb die Bewegung nach den Polen der Erde, und jene periodischen Veraͤndrungen, welche den groͤßern Perioden des planetarischen Daseyns entsprechen. — Dasselbe Verhaͤltniß und dieselbe Ursache der Wechsel- wirkung, wurde in der Elektricitaͤt und im Galvanis- mus erkannt. Waͤhrend nun die Koͤrper um so mehr von dem Pla- neten abhaͤngen, um so schwerer und cohaͤrenter er- scheinen, je unvollkommner und unselbststaͤndiger sie in sich selber sind, sehen wir sie, je vollkommner der Gegensatz in ihnen erwacht, und je mehr sie in der Wechselwirkung desselben dem Erdganzen gleich wer- den, desto unabhaͤngiger von diesem, desto leichter werden. Jenseit der Elektricitaͤt, als die hoͤchste Bluͤ- the des chemischen Processes, tritt die Luftform her- vor, jener Zustand der Koͤrper, wo sie weder durch Cohaͤrenz, noch durch jenen bedeutenden Grad der Schwere, der die andren Koͤrper an ihrer Stelle fest- haͤlt, an den Planeten gebunden sind. Diese Freyheit und Selbststaͤndigkeit wird dadurch erlangt, daß sie das Wesen des Planeten vollkommen in sich ausspre- chen. Sie gehoͤren nun nicht mehr diesem, sondern vielmehr einem hoͤheren Ganzen an, zu welchem sich der Planet selber als Theil verhaͤlt, und das sich den Sinnen als Sonne darstellt. Endlich wird in dem Licht des Verbrennungsprocesses, welcher erst durch die Gegenwart der Atmosphaͤre moͤglich wurde, in dem positiven Gegensatz jenes hoͤhere Ganze, die Son- ne selber dargestellt. Mit dem Eintritt des Lichts ist nun die aͤußerste Graͤnze der anorgischen Welt erreicht, und jenseit derselben erhebt sich das organische Leben. Die Gegensaͤtze, aus deren Wechselwirkung sich dasselbe erhebt, sind Anfangs fast noch unveraͤndert die, welche sich im Verbrennungsproceß thaͤtig zeigen, und an seinen ersten Anfaͤngen wenigstens, laͤßt sich das organische Leben mit Recht mit ihm vergleichen, ob- wohl dieser Vergleich oͤfters zu weit getrieben worden. Es wird im Organischen in dem hoͤheren Gegensatz, welcher zuletzt im Thierreich als Nervensystem er- scheint, die Ursache des allgemeinen Lebens immer hoͤ- her und vollkommner dargestellt. Diese ist es, wel- che, als sie sich zuerst den Dingen in dem Planeten, vollkommner dann in der Sonne offenbarte, zuletzt unmittelbarer und inniger, in dem Werk des Lebens und der Wechselwirkung seiner Gegensaͤtze, endlich in dem geistigen Ideal desselben angeschaut wird. Es ist die- selbe, die hier als Schwere, dort als Licht, hier als Leben, dort als Bewußtseyn und Begeisterung er- scheint. So zeigte sich uns von den ersten Regungen einer selbststaͤndigeren Thaͤtigkeit im Anorgischen, ein unun- terbrochner Weg zu der Geschichte des organischen Le- bens. In den Gestalten der Gebirge, in den Haupt- formen ihrer Maßen, wurde das Streben nach den vollkommneren Formen des Organischen gesehen, und wie die aͤltesten, in der Kugelform noch ein Sinnbild der allgemeinen Schwere waren, spaͤter in der Saͤu- lenform der organische Gegensatz, und der erste dunk- le Grundriß der Vegetation sich ankuͤndigte. Bald nach dieser Zeit wurden die Spuren einer vollkommne- ren organischen Welt gefunden, minder vollkommne Wesen hatten schon in fruͤheren Perioden gelebt, und waren unter ihren Gebirgen begraben. Es sprach die- se aͤlteste Geschichte der Erde, deren Urkunden unver- gaͤnglich in Felsen geschrieben stehen, von Wesen, de- ren Geschlechter theils ganz untergegangen sind, oder die doch an Groͤße und Maͤchtigkeit des Koͤrperbaues unter ihren noch jetzt vorhandnen Geschlecht, nichts Gleiches haben. Zugleich wurden die Ueberreste von Thieren und Pflanzen einer fernen heißen Zone in Ge- genden gesehen, welche in der Naͤhe der Pole, jetzt nur eine duͤrftige Thier- und Pflanzenwelt in sich gedeihen lassen. Jene gluͤckseeligere und kraͤftigere Vergangen- heit, von welcher dieser Nachlaß der Vorwelt zu uns spricht, war jedoch nicht in einer Veraͤndrung der ast- ronomischen Verhaͤltnisse des Planeten gegruͤndet, die- se scheinen vielmehr mit dem Daseyn und dem eigen- thuͤmlichen Wesen desselben unzertrennlich verbunden; sondern es hatte jener uͤppigere Zustand der Erdoberflaͤ- che seinen Grund in der fruͤheren Beschaffenheit der At- mosphaͤre. Wie uͤberhaupt die Geschichte des organi- schen Lebens, mit der des Lichts im Verbrennungspro- ceß beginnt, und dieser selber erst durch die Luftform moͤglich wird, so begann auch das Daseyn der voll- kommneren organischen Welt, da, als der den hoͤchsten Gipfel seiner Vollendung erreicht hatte. In Zahl der Individuen und groͤßerer Koͤrpermasse, sprach sich zuerst jener schaffende Lebensgeist aus, welcher spaͤter in edleren Formen, und in einem freyeren Stre- ben sich offenbarte. Von jener organischen Vorwelt wendeten wir uns hierauf zu der jetzt bestehenden lebenden Natur. Es wurde zuerst in den Perioden des Pflanzen- und thie- rischen Lebens, jene innige Harmonie der Einzelnen mit dem Leben des Ganzen erkannt, welche so oft der Ge- genstand dieser Untersuchungen war. Die Formen der Pflanzenwelt schienen sich dem hoͤchsten Gipfel dersel- ben, durch zwey verschiedene Wege, welche ohne Zu- sammenhang mit einander waren, zu naͤhern, und wir sahen von den unvollkommnen Gestalten der Flech- ten und Moose, durch die der vollkommneren Kraͤuter und baumartigen Gewaͤchse, ein Hinaufsteigen bis zu den Palmen, waͤhrend auf kuͤrzern Wege eine andre, mit jener nicht zusammenhaͤngende Reihe, von den Pal- men durch die Farrenkraͤuter, bis zu den unvollkommen- sten Seegewaͤchsen hinabreichte. Aehnliche zwey ent- gegengesetzte Reihen, wurden spaͤter auch in den ver- schiedenen Klassen des Thierreichs anerkannt, doch wurden sie vorzuͤglich nur durch die der Voͤgel und Saͤugethiere hindurchgefuͤhrt. Jener Gegensatz, wel- cher schon zwischen Thier und Pflanzenwelt besteht, sprach sich in den hoͤchsten Formen der Saͤugethiere in den beyden entgegengesetzten Thierbildungen der von Pflanzen und der vom Raube lebenden aus. Auf der Seite der einen war ein Uebergewicht der koͤrperlichen Masse, und der Productionskraft uͤberhaupt, auf der andren eine uͤberwiegende Ausbildung der Muskeln. Sey es nun, daß, wie es wirklich aus einigen damals auf- gefuͤhrten Thatsachen geschienen, die Geschlechter der Pflanzenfressenden Thiere fruͤher entstunden, als die der Raubthiere, und daß schon die zahlreichen Ge- schlechter der Seethiere, welche mit den jetzt lebenden so wenig uͤbereinstimmend, in den Gebirgen fruͤherer Zeiten gefunden werden, der Anfang der ersten, hin- aufwaͤrts strebenden Reihe waren, waͤhrend die jetzigen Geschlechter jener unvollkommnen Thiere, das letzte Werk der ihrem Verschwinden nahen Productionskraft der aͤußern Natur, und das letzte Ende der juͤngeren zweyten Reihe sind; oder sey es, daß beyde sich ent- gegengesetzte Reihen zu gleicher Zeit entstunden, so sind sie uns ein deutlicher Beweis fuͤr jene hoͤhere See- le, welche uͤber allen einzelnen Geschlechtern schwe- bend, erst durch die Vereinigung aller, ein vollende- tes selbststaͤndiges Ganze bildet. Denn indem sich die Kraͤfte der thierischen Natur in der tiefsten Reihe nur nach der einen Seite ausbilden, entfalten sie sich doch in der zweyten nur eben so unvollstaͤndig nach der an- dern Seite. Ja diese zweyte Reihe ist nur in Beziehung auf die erste. Erst in beyden Reihen zusammen, scheint sich das innre Wesen der Thierwelt vollkommen aus- zusprechen, und selbst in den aͤußerlichen Verhaͤltnis- sen des Menschen, stellte sich dieses, wenigstens wie er Anfangs auftrat, noch nicht vollkommen dar, son- dern wir sehen ihn in Hinsicht seiner koͤrperlichen Bil- dung sich mehr nach der einen Seite heruͤberneigen. Nur in dem schaffenden Geist, aus welchem sie alle sind, nur in dem hoͤheren Einfluß, in welchem das Leben Aller erhalten wird und besteht, sind die Einzel- nen die nur in Beziehung auf einander seyn koͤnnen, ein vollstaͤndiges Ganze, und in ihm allein loͤst sich der Widerstreit der entgegengesetzten Richtungen, denen wir in der aͤußern Natur begegnen, vollkommen auf, wie auch jene Toͤne, welche einzeln zusammengestellt, Mistoͤne waͤren, erst in dem Geist des Kuͤnstlers, wo sie sich harmonisch vereinen, ein vollendetes Ganze, voll tiefer innrer Bedeutung werden. So ist auch das hohe Ideal der menschlichen Natur, in keinem Einzel- nen vollkommen ausgesprochen, sondern es wird erst durch alle Individuen, ja durch die einzelnen Welt- alter, in dem großen Werk der Geschichte vollendet. Nur der Genius, welcher uͤber den Schicksalen der Einzelnen wie uͤber der Geschichte des ganzen Ge- schlechts waltet, wird die mannigfaltigen, und oͤfters sich wiederstreitenden Bestrebungen der verschiednen Zei- ten zuletzt in seeliger Harmonie vereinen. Jener uͤber- all waltende hoͤhere Einfluß, welcher auf eine erhab- nere Weise in dem Werk der Geschichte sich offenbart, wurde auch in jenen tiefen Sympathien, in jener vor- herbestimmten Harmonie, worinnen die einzelnen Ge- schlechter der Pflanzen und Thiere mit der aͤußren Na- tur stehen, anerkannt, nach welcher es geschieht, daß die Beduͤrfnisse eben dann erwachen, wenn ihre Befrie- digung nahe ist, oder daß die Natur dem Mangel, wel- cher auf der einen Seite entsteht, durch Ueberfluß auf einer andern abhilft. Am erhabendsten und schoͤnsten offenbart sich aber jener hoͤhere Einfluß, wo er als geistiges Band um alle verschiedenen Stufen des Daseyns der Dinge ge- schlungen, den Uebergang bildet von einem jetzigen Daseyn in ein hoͤheres kuͤnftiges. Wir sahen aus vie- len Thatsachen, welche eine der letzten Vorlesungen aufstellte, wie jedes Wesen, waͤhrend es sich noch in der Bestimmung des gegenwaͤrtigen Daseyns vollendet, schon den Keim eines kuͤnftigen in sich traͤgt, welcher in den hoͤchsten Momenten des jetzigen erwachend, sich zuweilen auf kurze Augenblicke sichtbar macht. Wie derselbe schon in jenen Zustaͤnden des noch lebenden Koͤrpers, wo die noch uͤbermaͤchtigen Kraͤfte des ge- genwaͤrtigen Lebens schlummern, oder gehemmt sind, sich deutlich regt, so wird er noch vielmehr im Tode, wenn das was ihn verdunkelte hinuntergegangen, auf- leben. Es geschieht, wie anderwaͤrts gezeigt ist, der Uebergang in ein neues Daseyn, durch einen Zwischen- zustand, welcher jener seltnen Zustaͤnden, wo sich ganz neue sonst nie gesehene Eigenschaften unsrer Na- tur entfalten, mehr verwand ist. — Was vermoͤchte aber in den Wesen jene mit dem jetzigen Leben in kei- nem Zusammenhang, ja oͤfters im Widerspruch stehen- den Eigenschaften zu erwecken, als eben jener hoͤhere Einfluß, in welchem alle einzelne, an sich oft einseitige Zustaͤnde des Daseyns der Dinge, erst ein Ganzes wer- den. Dieser ist es, welcher den Wesen in den hoͤchsten Augenblicken ihres Lebens, am innigsten gegenwaͤrtig ist, und er, welcher sie einst zu dem jetzigen Tagewerk her- vorgerufen, erzeugt sie dann zu dem neuen hoͤheren. In? ihm allein beginnt alles Leben, und in ihn kehret nach vollendetem Laufe alles zuruͤck, auf daß es aus ihm von neuem hoͤher wiedergebohren wuͤrde. Offenbar deuten jene tieferen Eigenschaften, wel- che zuweilen wie hohe Fremdlinge, bey einem unvoll- kommnen Daseyn verweilen, auf Etwas, das uͤber die eigenthuͤmlichen Graͤnzen der gegenwaͤrtigen Kraͤfte und Bestrebungen weit hinaus geht, und was nicht eine Wirkung der jetzigen Umgebungen, welche weit un- ter ihm sind, seyn kann. Der hoͤhere Einfluß, wel- cher uͤber dem jetzigen Daseyn ist wie uͤber dem kuͤnf- tigen, vermag allein die neue Zeit mitten in der alten vorzubereiten, und das was in dem Wesen der Dinge von ewiger Natur ist, unter den Truͤmmern aufrecht zu halten. So schwebt dieser heilige Einfluß von oben, bele- bend und erhaltend, allgegenwaͤrtig uͤber Allen. Nach seiner innigen Vereinigung, und daß sie seiner immer inniger und unmittelbarer theilhaftig wuͤrden, ringen alle Naturen, mit ihren tiefsten Kraͤften. Den Mei- sten aber offenbart sich der hoͤhere Einfluß durch Ver- mittlung, und diese schauen das, was sie in seiner hoͤheren Klarheit nicht zu ertragen vermoͤchten, in an- dern endlichen Wesen von einer vollkommneren Natur als sie selber sind, an. Den Planeten ist es die Son- ne, welche ihnen die ewige Ursache des Daseyns dar- stellt, geringeren irdischen Koͤrpern die Erdmasse. Nur der Geist des Menschen vermag sich in den hoͤchsten Augenblicken der Weihe, der unmittelbaren, geistigen Anschauung des Goͤttlichen zu naͤhern. Doch hat er dieses nicht immer so wie jetzt vermocht. Wir haben am Anfang dieser Untersuchungen auf eine Periode der Geschichte unsers Geschlechts gedeutet, wo der Mensch jenes hoͤhere Licht nur noch in dem Geist jener Welt anschaute die er bewohnt. Astronomie, inniger Ein- klang mit dem Leben seines Planeten und den Perio- den desselben, war damals sein Gottesdienst gewor- den, und das ewige Ideal seiner Natur sprach nur noch symbolisch, und in koͤrperlicher Huͤlle zu ihm, den Sinnen vernehmlich. Wie in der Geschichte der irdischen Koͤrperwelt, zuerst die Masse des Planeten den einzelnen Koͤrpern Vermittler des hoͤheren Einflusses wird, so stund am Anfang der natuͤrlichen Geschichte unsers Geschlechts (nur von dieser haben wir gehandelt) das goͤttliche Ideal, nur noch vermittelst des Geistes der Natur mit dem Menschen in Beruͤhrung. Unmittelbar wird in der Koͤrperwelt der hoͤhere Einfluß empfangen, wo die Dinge sich demselben einander selber darstellen, so ge- langte auch der Mensch zu einer reineren und innigeren Anschauung des Goͤttlichen, als sich ihm dasselbe in der hoͤchsten und seeligsten Bluͤthe seiner eignen Natur selber darstellte. Wie mit der Erscheinung des Lichts, als des ersten reinen Repraͤsentanten des hoͤheren Ein- flusses, die fruͤhere Welt des Anorgischen ihre letz- te Graͤnze erreicht hat, und nun von hier an die hoͤhere des Organischen beginnt, war auch in jenem hoͤchsten Moment der menschlichen Ge- schichte, die fruͤhere Zeit vollendet, und eine neue hoͤhere begonnen. Doch wird, wie auch die Geschich- te unsers Geschlechts in fruͤheren und spaͤteren Zeiten ihren Gang genommen hat, und nehmen wird, wie auch die des einzelnen Menschen in ihren mannigfaltig- sten Bestrebungen sich aussprechen moͤge, uͤberall, we- nigstens in einzelnen Spuren, das eigenthuͤmliche Stre- ben unsrer Natur erkannt, das hoͤhere goͤttliche Ideal immer inniger anzuschauen, immer reiner und hoͤher in sich auszusprechen. Es scheint das hoͤchste Ziel unsrer Bildung, daß wir das eigentliche Wesen jenes tiefen innren Strebens, und das wornach es unwandelbar gerichtet ist, rein und innig anerkennen, und daß wir alsdann nach jenem innern Kampfpreiß unsers Daseyns mit allen Kraͤften, treulich und unermuͤdet ringen. Auf diese Weise allein wird unsrem Geschlecht, und zwar selbststaͤndiger und bleibender, jene heilige Unschuld und hohe Vollendung aller Kraͤfte wiederkehren, welche es am Anfang seiner Geschichte verherrlichte, und jene gluͤckliche Nachwelt wird sich das durch ihr eignes hohes Streben wieder erringen, was der ersten Vorwelt ohne ihr Verdienst, von der Natur gegeben war. Anhang . Zusaͤtze zur zweyten Vorlesung , p. 39. Spuren der alten Naturweisheit, in der Anordnung des Thierkreises . S elbst die uralte Eintheilung und Anordnung des Thier- kreises, ist viel tiefer in der Natur gegruͤndet, als man wohl gewoͤhnlich glaubt. Der Punkt, wo wir in der Zeit der Fruͤhlingsnachtgleiche die Sonne sehen, und der noch in der heutigen Astronomie der erste Grad der Laͤnge ist, hat nicht blos fuͤr unsre Erde, sondern fuͤr alle Planeten unsres Systems, eine so tiefe Bedeutung, daß wir seine Anwendung bey dieser uralten Anordnung des Thierkreises fuͤr mehr als zufaͤllig halten muͤssen. Es faͤllt naͤmlich die- ser Punkt, nicht blos fuͤr eine gewisse Zeit, sondern nach einem unveraͤnderlichen Gesetz, und bestaͤndig (m. s. hier- uͤber schon den naͤchstfolgenden Anhang gegen das Ende) mit dem Knotenpunkt der Vestabahn auf der Ebene des Sonnenaequators zusammen. Dieser ist aber (schon nach den 3 letzten §. des folgenden Anhanges) in dem Verhaͤlt- niß der Lage der Planetenbahnen gegen die Ebene des Son- nenaequators von derselben Wichtigkeit, als der Halbmes- ser des Mercur in dem Verhaͤltniß der Groͤßen (nach §. 4.) Zwar betraͤgt nun der Unterschied zwischen dem Knoten- punkt der Vestabahn und dem Aequinoctialpunkt unsres, mit der Vesta in einer aͤußerst merkwuͤrdigen Beziehung stehenden Planeten, (m. s. den folgenden Anhang) noch immer gegen ½ Grad; allein dieser geringe Unterschied, der in der Natur, wie sich kuͤnftig zeigen wird, wahr- B b 2 scheinlich gar nicht statt findet, hebt sich ganz, wenn man den aus Beobachtungen doch immer nur sehr ohngefaͤhr zu bestimmenden Knotenpunkt des Sonnenaequators auf der Ebene der Erdbahn, aus welchem dann die der uͤbrigen durch Rechnung gefunden werden, nur wenig veraͤndert. (Wahrscheinlich ist derselbe viel naͤher an dem Ort wo das Aphelium der Vesta hinfaͤllt, als wir ihn gesetzt haben.) Auch die Eintheilung des Thierkreises in zwoͤlf Theile, davon jeder 30 Grad haͤlt, haͤngt nicht blos mit der Zahl der Mondumlaͤufe waͤhrend eines Jahres zusammen (dann waͤre in andrer Hinsicht die Zahl der Zeiteintheilung der Mexicaner der Wahrheit fast eben so nahe gekommen); sondern wie schon im §. 27. des folgenden Anhanges er- innert wird, ist der Abstand von 30 Graden, in den Ver- haͤltnissen der Neigungen der Bahn, und der Lage der Knoten und Absiden, fuͤr das ganze Planetensystem sehr bedeutend. Die Zahl 60, durch welche jeder Grad seit uralten Zeiten getheilt wird, die daraus folgende der Minuten: 21600, scheinen sich auf andre Naturverhaͤltnisse der Pla- neten zu gruͤnden, davon das eine besonders p. 38 und 39 des vorstehenden Werkes erwaͤhnt ist. Zwanzig mal 21600 waͤre die oft erwaͤhnte, in der Geschichte unsres Planeten tief gegruͤndete indische Zahl 432000, waͤhrend die Zahl der Secunden der noch jetzt gebraͤuchlichen Eintheilung des Thierkreises — 1296000, der Zahl des zweyten indi- schen Weltalters (3 mal 432000) entspricht, aus welcher Zeitperiode sich vielleicht jene Eintheilung herschreibt. Zusaͤtze zu der sechsten Vorlesung , p. 171. Ueber die Verhaͤltnisse der Groͤßen, Eccentricitaͤten und Rotationen der Weltkoͤrper unsres Systems. I. Verhaͤltniß der Halbmesser zu den Entfernungen . I ch habe in meinen Ahndungen einer allgemeinen Geschichte des Lebens (zweyten Theiles ersten Band, Leipzig 1807) ein Verhaͤltniß der Halbmesser der Pla- neten zu ihren Entfernungen von der Sonne aufge- stellt, mittelst welchem sich die Groͤße des zunaͤchst entfernteren Planeten aus gewissen Verhaͤltnissen des vorhergehenden naͤheren Planeten genau bestimmen laͤs- set. Jene erste Darstellung ist jedoch nicht ohne bedeu- tende Maͤngel geblieben, die vorzuͤglich aus der irri- gen Meynung hervorgegangen, daß gewisse in jenem Verhaͤltniß vorzuͤglich bedeutende Zahlen, von denen wir hernach reden werden, von Glied zu Glied blos in geometrischer Proportion wuͤchsen. Jener Irrthum, der erst durch die Entdeckung der Vesta veranlaßt war, hatte auch auf die Bestimmung des Vestahalbmessers den vorzuͤglichsten Einfluß gehabt, und denselben un- verhaͤltnißmaͤßig viel groͤßer angeben lassen als er wirk- lich ist. Er hatte ferner verhindert, die sehr nahe lie- gende, und zu vielen Aufschluͤssen fuͤhrende Weise, den Jupiterhalbmesser aus den Verhaͤltnissen der naͤchstvor- hergehenden Glieder zu bestimmen, aufzufinden, wo- durch die Entstehung der ganzen (sogenannten) 2ten Reihe dunkel geworden, und außer allem Zusammen- hang mit der ersten gesetzt war. Ja selbst in den zu- gleich aufgestellten Eccentricitaͤtsverhaͤltnissen, war durch jene Annahme eine bedeutende Luͤcke entstanden, da der Uebergang, welchen jetzt die Vesta von der einen Sei- te zur andren bildet, dadurch weggefallen. Aus die- sem Grunde habe ich es fuͤr noͤthig gehalten, jene Ver- haͤltnisse der Groͤßen und Eccentricitaͤten, hier noch einmal vollstaͤndiger und deutlicher aufzustellen. 1. Zuerst wird es gut seyn, uns uͤber das eine, bey jenen Verhaͤltnissen vorzuͤglich noͤthige Element, uͤber die Entfernungen zu vereinigen. Wir wuͤrden hierbey eine leichtere Auskunft finden, wenn die Elemente aller Planetenbahnen schon wie die der zuletzt entdeckten, auf die Gaußische Weise berechnet waͤren, indem wir uns dann ohne weitre Auswahl an diese Berechnungen hal- ten wuͤrden; vor der Hand aber wird es gut seyn, bey den 5 aͤlteren Planeten zwischen den fast allgemein herr- schenden La Placeschen und La Landeschen Angaben, und jenen neueren, die sich im 3ten Band des Traité elementaire de Physique par L. Brisson. Paris 1798 finden, Besonders da ich die letzteren Angaben in meiner ersten Darstellung jener Verhaͤltnisse vorzuͤglich vor Augen gehabt habe. ein Mittel zu waͤhlen. Mittlere Entfernungen der Planeten in Halbmessern der Erdbahn : Bey den neuerdings zwischen Mars und Jupiter entdeckten 4 neuen Planeten, legen wir dagegen un- veraͤndert die neuesten Gaussischen Elemente; bey dem Uranus, weil bey diesem die Differenz zwischen den La Placeschen und Brissonschen Angaben, besonders bey denen der Eccentricitaͤten zu unverhaͤltnißmaͤßig groß ist Die Eccentricitaͤt des Uranus ist nach La Place 0,046683 der halben großen Axe seiner Bahn, nach der Angabe bey Brisson nur 0,00249 derselben. die gewoͤhnlichen, bey uns herrschenden Ele- mente zu Grunde. Hiernaͤchst ist die mittlere Entfer- nung der: Vesta III te Elemente. 2,355135 Juno VI te Elemente. 2,667153 Ceres XI te Elemente. 2,767405 Pallas X te Elemente. 2,768948 die des Uranus 19,081800 was zugleich mit der Angabe der mittleren Entfernung bey Brisson uͤbereintrifft. Auf dieselbe Weise verfahren wir bey den Eccentri- citaͤtsverhaͤltnissen, wo wir wiederum bey den 5 aͤlte- ren Planeten ein Mittel zwischen jenen beyden verschie- denen Angaben waͤhlen werden: Verhaͤltniß der Eccentricitaͤt zur hal- ben großen Axe . Bey den 4 zuletzt entdeckten Planeten betraͤgt die Eccentricitaͤt nach den angefuͤhrten Gaussischen Elemen- ten, bey der: Vesta 0,08550500 Juno 0,02549441 Ceres 0,07834860 Pallas 0,24501980 Bey Uranus ist die gewoͤhnliche Angabe der Eccen- tricitaͤt: 0,046683 wir werden aber in der naͤchst- folgenden Tabelle, aus Gruͤnden, die wir spaͤter an- fuͤhren werden, dieses Element einstweilen 0,04461378 setzen. Da wir nun die Groͤße der Planetenhalbmesser nach Meilen bestimmen werden, ist es noͤthig, demnaͤchst auch das andre Element — die Entfernungen, in Mei- len auszudruͤcken. Wir bleiben bey dieser Bestimmung der Entfernungen der bey uns gewoͤhnlichsten mittleren Angabe der Sonnenparallaxe, aus welcher die mittle- re Entfernung der Erde zu 24266,44 Erdhalbmessern, oder 20857008 Meilen folgt, getreu. Entfernungen der Planeten nach deutschen Meilen, funfzehn auf einen Grad . 2. Wir suchen nun fuͤr jene Entfernungen einen na- tuͤrlicheren Maasstab, den Halbmesser der Weltkoͤrper selber. Es moͤge hierbey als allgemeines, fuͤr alle guͤltiges Maas, der Halbmesser des gemeinschaftlichen Centralkoͤrpers — der Sonne aufgestellt werden, waͤh- rend wir zugleich bey jedem einzelnen Planeten, die Entfernungen nach eignen Halbmessern bestimmen wollen. Wir begegnen hierbey einer nicht geringen Schwuͤ- rigkeit. Es kann bey den Planeten blos der eigentli- che feste Koͤrper in Anschlag gebracht werden, dem ge- maͤß sollte auch bey der Sonne blos der Halbmesser des festen Kerns genommen werden. Nun wird aber bekanntlich der eigentliche feste Koͤrper der Sonne blos da, wo sich die ihn verhuͤllende leuchtende Atmosphaͤre oͤffnet — nach dem Aequator hin — gesehen, und was wir bey der Sonne messen, ist nicht der Umfang des festen Koͤrpers allein, sondern zugleich die ihn bis zu einer nicht unbedeutenden Hoͤhe umgebende leuchten- de Lufthuͤlle. Die Hoͤhe der letzteren muͤßte demnach von dem Halbmesser, welcher aus den Messungen er- halten wird, abgezogen werden, erst dann werden wir jenen wahren Halbmesser, den wir hier suchen, erhalten. Alle Messungen muͤssen hier freylich, wie Schroͤter gezeigt hat, In seinen aͤlteren Beytraͤgen. aͤußerst unsicher, und bedeu- tenden Irrthuͤmern ausgesetzt seyn, da es ihnen an sicherem, bey aͤhnlichen Messungen unumgaͤnglich noͤ- thigem Schatten fehlt, doch wollen wir uns einstwei- len an die hieruͤber vorhandnen Messungen des beruͤhm- ten Herrschel halten. Es setzt dieser die Hoͤhe der leuch- tenden Atmosphaͤre der Sonne zwischen 1843 und 2765 englischen Meilen, oder da sich diese zu den deutschen Meilen verhalten, wie 826 zu 3811, 6 , zwischen 399, 4 und 599, 2 deutschen Meilen. Wir halten uns naͤher nach der einen aͤußersten Graͤnze als der Mitte, und bestimmen die Hoͤhe der leuchtenden Lufthuͤlle zu 570 Meilen, mithin, da wir wie ge- woͤhnlich, den Halbmesser der Sonne 96946 Meilen setzen, den Halbmesser des eigentlichen festen Kerns, nach Abzug jener Hoͤhe der Atmosphaͤre, zu 96376. In meiner schon oben angefuͤhrten Schrift habe ich die leuchtende Atmosphaͤre zu 536, mithin den Halbmesser des festen Sonnenkoͤrpers, zu 96410 gesetzt, woher die Verschie- denheit der Zahlen entstanden ist. Demnach sind jene Entfernungen in Sonnenhalb- messern: 3. Wenn wir beylaͤufig die Entfernungen in diesem letzteren Maasstabe ausgedruͤckt, mit den Zahlen der- selben Entfernungen, nach Halbmessern der jedesmali- gen Planeten vergleichen, wird unsre Aufmerksamkeit zuerst durch einige Verhaͤltnisse erregt, welche freylich nur ohngefaͤhr und mit geringer Genauigkeit statt fin- den. Wir sehen naͤmlich, daß bey Venus, Erde und fast auch noch bey Mars, die Cubicwurzel der Ent- fernung in eignen Halbmessern doppelt so viel ist, als die Quadratwurzel derselben Entfernung nach Sonnen- halbmessern, oder daß zwischen beyderley Zahlen das Verhaͤltniß von a 2 zu 2 a 3 sey. Waͤhrend naͤmlich bey der Venus die Entfernung in Sonnenhalbmessern das Quadrat einer Zahl ist, welche nahe an 13 steht, ist dieselbe in Venushalbmessern ausgedruͤckt, der Wuͤr- fel von 2 mal 13 oder 26; bey der Erde ist die erste- re Zahl das Quadrat von fast 15 (14, 711 ) waͤhrend die Entfernung in Erdhalbmessern der Wuͤrfel von 29, oder dem Doppelten dieser Zahl ist. Dagegen ist schon bey Mars jene Zahl das Quadrat von etwas mehr als 18, waͤhrend diese der Cubus von mehr als 2 mal 19 ist (39, 79 ). Auf eine aͤhnliche Weise, und mit nicht groͤßerer Genauigkeit, finden wir bey Jupiter, Saturn und fast auch noch bey Uranus, die Cubicwurzel der Entfernung in Sonnenhalbmessern, gleich der Biqua- dratwurzel derselben Entfernung in Halbmessern des je- desmaligen Planeten, oder zwischen den Zahlen des Abstands nach beyderley Maasstaͤben, das Verhaͤltniß von a 3 zu a 4 . So ist bey Jupiter die mittlere Ent- fernung nach Sonnenhalbmessern, der Wuͤrfel von 10, 4 , waͤhrend wenigstens die Sonnenferne das Biquadrat dieser Zahl ist; bey Saturn ist 12, 48 die Cubicwurzel der Sonnennaͤhe nach Sonnenhalbmessern, waͤhrend wenigstens die Sonnenferne nach eigenen, das Biqua- drat dieser Zahl ist (genauer von 12, 47 ). Dagegen ist bey Uranus die Cubicwurzel der Zahl des Abstandes nach der ersteren Weise ausgedruͤckt, nur wenig mehr als 16, waͤhrend die Biquadratwurzel der andren Zahl fast 18 ist. Von einer gewissen Seite bildet ein andres Ver- haͤltniß dieser Art, das bey dreyen der 4 zuletzt ent- deckten Planeten statt findet, zu jenem das wir bey Jupiter, Saturn und Uranus fanden, den Uebergang. Wir erkennen naͤmlich vorzuͤglich bey Ceres, in der Son- nennaͤhe nach Sonnenhalbmessern, fast die Quadratwur- zel derselben Entfernung nach Cereshalbmessern (jene ist 551, 97 diese das Quadrat von 550, 1 ). Eine Annaͤherung an dieses Verhaͤltniß wird auch bey Pallas bemerkt, waͤhrend dasselbe bey Juno in einem Theil ihrer Bahn, der der mittleren Entfernung ziemlich nahe liegt, genau statt findet. Dieses Verhaͤltniß a zu a 2 gleicht naͤmlich jenem von a 3 zu a 4 schon dar- in daß a in a 2 eben so viel mal enthalten ist als a 3 in a 4 , naͤmlich a mal. 4. So unbedeutend jene beylaͤufigen Verhaͤltnisse fuͤr sich allein seyn wuͤrden, so wichtig und bedeutend wer- den uns dieselben in ihrer anderweitigen Anwendung. Es leuchtet von selber ein, daß sie auf dem Verhaͤltniß der beyderseitigen Halbmesser beruhen. Wenn wir demnaͤchst jenes erstere Verhaͤltniß von a 2 zu 2 a 3 , das wir bey Venus, Erde und Mars statt finden sa- hen, auch fuͤr den ersten Planeten des ganzen Systems, fuͤr Mercur suchen, wo dasselbe zwar zwischen den Zahlen der Entfernungen nicht vorhanden ist; so fin- den wir zwischen dem Halbmesser des Mercurs und der Sonne das Verhaͤltniß von 39, 13582 ) 2 zu 78, 27164 ) 3 wobey wir den Halbmesser des Mercur nahe an dem Re- sultat der Schroͤterschen Messungen, zu 307, 8254 Mei- len Die letzte Schroͤtersche Angabe ist das Mittel aus zwey sehr genauen Bestimmungen, davon die eine, die sich auf die Zeit des Durchgangs gruͤndet, den Mereurhalbmesser nach Meilen zu 306, 89 die andre auf Messungen gegruͤn- dete, auf 301, 83 setzt. (Mittel aus beyden 6, 02 Secunden oder 304, 36 Meilen.) Von der einen Graͤnze weicht un- sre Annahme noch keine ganze Meile ab. angenommen haben. Wenn wir nun (einstweilen abgesehen von der Wei- se, wie der Halbmesser der Venus von Mercur aus bestimmt wird) 2 mal 78, 27164 mit der Zahl der Sonnenferne der Venus nach Sonnenhalbmessern (157, 62347 ) multipliciren, so erhalten wir 24674, 89 was genau die Sonnenferne des naͤchstfolgenden Pla- neten (Erde) nach eignen Halbmessern ist. Oder an- ders ausgedruͤckt, wenn wir mit der erhaltnen Zahl 24674, 89 die mithin das Verhaͤltniß des Halbmessers der Erde zu ihrer weitesten Entfernung von der Sonne ausdruͤckt, in die Sonnenferne derselben nach Meilen dividiren, erhalten wir fuͤr ihren Halbmesser genau 859½ Meilen. Multipliciren wir ferner 4 mal 78, 27164 mit der Zahl der Sonnenferne der Erde nach Sonnenhalbmes- sern (mit 220, 0555 ) so erhalten wir 68896, 432 , wel- che Zahl, wenn wir damit in die weiteste Entfernung des naͤchstfolgenden Planeten Mars, nach Meilen di- vidiren, fuͤr den Halbmesser desselben 504, 18473 Mei- len giebt, waͤhrend derselbe nach den vortreflichen Schroͤterschen Messungen 503 betraͤgt. S. Lilienthalische Beobachtungen der neuentdeckten Pla- neten Ceres, Pallas und Juno. Ferner wird aus der Zahl der Sonnenferne des Mars nach Sonnenhalbmessern (360, 4270 ) multiplicrt mit 16 mal 78, 27164 , 451379, 4 erhalten. Es faͤllt so- gleich in die Augen, daß diese Zahl das Verhaͤltniß des Halbmessers der Juno zu ihrer Sonnenferne aus- druͤckt; denn wenn wir damit in die weiteste Entfer- nung der Juno nach Meilen dividiren, finden wir ih- ren Halbmesser zu 154, 6617 Meilen, waͤhrend derselbe wirklich nach Schroͤter 154, 5625 mithin nicht ganz 1/10 Meile weniger betraͤgt. Ebendaselbst. Es bleibt uns nun noch ein Planet, allem An- schein nach noch von Mars aus zu bestimmen uͤbrig, die zuletzt entdeckte Vesta. Dieser kleine Planet nimmt seine Stelle noch vor der Juno, zunaͤchst an Mars ein. Da nun sonst uͤberall der Halbmesser des naͤchst- folgenden Planeten aus der Sonnenferne des vorherge- henden bestimmt wird, so muß auch der der Vesta von Mars aus gefunden werden, und auf die Sonnenfer- ne dieses Planeten muß sich deshalb, da wir schon die Verhaͤltnißzahl des Junohalbmessers durch sie bestimmt sahen, das Groͤßenverhaͤltniß nicht blos eines, sondern zweyer naͤchstfolgenden Planeten gruͤnden. Es sind nun, nach den vorgehenden Gliedern zu schließen, zwey Faͤlle moͤglich. Entweder die Zahl 78, 27 waͤchst von Glied zu Glied in geometrischer Pro- gression, (1 — 2 — 4 — 8 — 16,) und dann muß der zwischen Mars und Juno gelegenen Vesta die Zahl 8 mal 78 u. s. w. zukommen, oder jene Zahl waͤchst, wie 4 das Quadrat von 2, 16 das von 4 ist, in der Progression der Dimensionen, was freylich aus andren tiefer liegenden Gruͤnden wahrscheinlicher waͤre. Das erstere wurde von mir im 2ten Band m. Ahnd. ver- muthet, und deshalb der Vestahalbmesser viel zu groß gefunden; das letztere findet wirklich statt. Da naͤm- lich die 2te Potenz von 4 mal 78, sich schon in Juno darstellt, so bleibt fuͤr Vesta, obgleich diesem dem Mars naͤheren Planeten eigentlich die geringere Zahl zu gehoͤren schiene, Hiervon werden wir die Gruͤnde spaͤter sehen. nur noch die 3te. Wirklich aber erhalten wir, wenn wir 64 mal 78, 27164 mit 360, 4270 (Sonnenferne des Mars) multipliciren: 1805518, und diese Zahl, wenn wir damit in die weiteste Ent- fernung der Vesta nach Meilen dividiren, giebt fuͤr den Halbmesser derselben 29, 532 Meilen, was schon mit den ersten und einmaligen Schroͤterschen Messungen sehr nahe uͤbereintrifft. Es fand derselbe naͤmlich in der bis jetzt einzig bekannt gemachten Messung vom 26sten April 1807, den Halbmesser dieses uͤberaus kleinen Weltkoͤrpers, nicht einmal ½ Secunde, son- dern ohngefaͤhr nur 0″, 488 mithin bey der damaligen Entfernung der Vesta von der Erde, sehr nahe an un- srer Angabe. Mit 64 mal 78, 27 scheint der aͤußerste Gipfel je- ner bis zur Vesta zunehmenden Progression erreicht, und wir sehen nun bey den gleich nach Juno folgenden Planeten Ceres und Pallas die Verhaͤltnißzahlen der Halbmesser zu der weitesten Entfernung, außer Zu- sammenhang mit der Zahl 78, 27 . Doch wird uns auch hier das bey den fruͤheren Gliedern gefundene Ver- haͤltniß treu bleiben, wie sich hernach zeigen wird. Ehe wir aber weiter gehen, blieb uns noch ein bisher uͤbergangenes Glied uͤbrig, die Bestimmung jener Ver- haͤltnißzahl des Halbmessers bey der Venus, aus der Sonnenferne des Mercur. 5. Es muß uns dieses noch fehlende Glied vorzuͤglich in einer Hinsicht sehr wichtig seyn, indem uns dasselbe Aufschluͤsse verspricht, die uns hernach auch zur Auffin- dung des ersten Gliedes jener wahrscheinlich Schon nach §. 3. von Ce- res und Pallas an eintretenden zweyten Reihe, leiten koͤnnen. Die Sonnenferne des Mercur nach Sonnen- halbmessern betraͤgt 101, 0057 . Wenn wir diese Zahl mit 101, 0057 (mithin mit sich selber) + 78, 27164 (179, 2773 ) multipliciren, so erhalten wir 18108, 03 , und diese Zahl, wenn wir damit in die Sonnenferne der Venus nach Meilen dividiren, giebt den Halb- messer derselben zu 838, 916 Meilen, was zwischen den Angaben zweyer beruͤhmten Astronomen — Schroͤters und Bodes — davon jener den Venushalbmesser zu 834 dieser zu 844 Meilen setzt, fast mitten innen, und nur wenig naͤher nach der Schroͤterschen Angabe steht. Da jedoch, wie man §. 24. sehen wird, sehr wahrschein- lich auch die Zahl 78, 27 , die eigentlich aus 84 entstan- Jene Zahl 179, 27 scheint, wie wir sie auch C c hier darstellen, 1 mal 78, 27 verbunden mit der Zahl der Sonnenferne selber zu seyn, wiewohl sich ihre Entstehung auch noch anderwaͤrts herleiten ließe. Es ist naͤmlich die weiteste Entfernung des Mercur nach eignen Halbmessern (31623, 5 ) das Quadrat von fast 178 (177, 83 ) mithin eine Annaͤherung an die wirklich vorkommende 101 + 78. Jedoch wuͤrde mit 177, 8 der Halbmesser der Venus selbst noch uͤber die Bode- sche Angabe etwas hinausfallen, und wir muͤssen auch aus andren Gruͤnden, die wir bey der Pallas finden werden, jene Quadratwurzel der Verhaͤltnißzahl des Mercurhalbmessers, fuͤr eine bloße Annaͤherung an die auf andren Gruͤnden beruhende wirklich vorwaltende Zahl halten. Denn so ist es nicht ohne tiefe Bedeutung, daß bey den Monden, und vorzuͤglich bey den Jupiter- monden, die Verhaͤltnißzahl des naͤchstfolgenden aus der Jupiterferne des vorigen nach Jupiterhalbmessern (die ganz natuͤrlich hier das sind, was in unsrem Verhaͤlt- niß die Sonnenhalbmesser) so erhalten wird, daß diese Zahl der Jupiterhalbmesser mit sich selber multiplicirt wird, (eben so wie bey Mercur 101 mit sich selber) wozu dann noch eine andre, sich bey mehreren Gliedern gleichbleibende Zahl tritt (eben so wie dort 78). Der den ist, Anfangs diesem Ursprung naͤher steht, (wie die aus 63 entstandne 58½ die wir spaͤter anderwaͤrts finden werden, Anfangs als 61, 1 ja als 62 erscheint) so wuͤrde es vielleicht der Wahrheit noch angemessener seyn, wenn wir nach den Schroͤterschen Messungen den Halbmesser der Venus zu 834 Meilen beybehielten. Dann ist das Verhaͤlt- niß desselben zur weitesten Entfernung wie 1 zu 18214, 8 , in welcher Zahl das spaͤter blos noch als 78, 27 auftretende andre Element, noch als 79, 329 erscheint. einzige Unterschied, welcher sich hierbey findet, ist, daß bey jenen Monden das Quadrat des Apojovii mit jener andern Zahl, welche hier 4 ist, multiplicirt wird (die Verhaͤltnißzahl des Halbmessers eines naͤchstfol- genden Jupitermondes zu seiner Entfernung von dem Centralkoͤrper ist fast genau das Quadrat des Apojovii des vorhergehenden, 4 mal genommen). Dagegen wird in unsrem bey Mercur erwaͤhnten Falle nicht das Quadrat von 101, sondern die einfache Zahl selber mit 78 multiplicirt, und alsdann dem Quadrat von 101 hinzugefuͤgt, und waͤhrend bey den Monden in der Verhaͤltnißzahl des naͤchstfolgenden Gliedes vorzuͤglich nur das Quadrat jener erwaͤhnten Zahl vorherrscht, und die andre Zahl (4) dieser nur untergeordnet er- scheint, tritt hier schon die fuͤr die ganze eine Haͤlfte des Planetensystems charakteristische 78, 27 selbststaͤndig, in unmittelbare Verbindung mit der Zahl der Sonnen- ferne selber. So erscheint der zunaͤchst an der Sonne stehende Planet in einiger Hinsicht noch mit halbem Mondcha- rakter, und die hier am kraͤftigsten wirkende Schwere des Centralkoͤrpers strebt etwas Aehnliches zu bewir- ken, wie die der Hauptplaneten an den Monden. Doch erwacht auch zugleich der eigenthuͤmliche Charak- ter der Planeten in der ihnen, wie wir sahen, bis zur Vesta eigenthuͤmlichen Zahl 78. Durch diese tritt Mercur wirklich als das erste Glied in jene Reihe, die mit Vesta endet, und es steigt dieselbe von 1 mal 78 bis 64 mal 78. 6. Von Ceres und Pallas an scheinen uns, wie schon erwaͤhnt, alle Spuren jenes Verhaͤltnisses, das sich C c 2 durch 5 Glieder so treu geblieben, zu verlassen, und wir sehen uns auf einmal wieder voͤllig im Dunklen. Entweder war aber auch jenes ersterwaͤhnte Verhaͤlt- niß ein bloßes Spiel des Zufalls, oder auf eine voͤl- lig analoge Weise , muß ein solches Verhaͤltniß bis zum Uranus fortgehen. Wir nehmen hierbey unsre Zuflucht wieder zu je- nen erst erwaͤhnten ohngefaͤhren Verhaͤltnissen, denen wir schon das Auffinden der ersten Reihe Reihe oder Progression, weil von Planeten zu Planeten ein bestimmtes Fortschreiten gewisser Zahlenverhaͤltnisse statt findet. In diesem Sinne wird uns selbst die ernste- ste Mathematik jenen Ausdruck vergoͤnnen. verdank- ten. Man wird sich erinnern, daß, eben so wie sich bey den 3 der Sonne naͤheren Planeten, die Zahlen des Abstands nach Sonnen- und eignen Halbmessern ver- hielten wie a 2 zu 2 a 3 , diese bey den 3 letzten Pla- neten in das Verhaͤltniß von a 3 zu a 4 traten. (nach §. 3.) Die fuͤr die ganze erste Reihe charakteristische Zahl 78, 27 wurde dadurch gefunden, daß wir das Verhaͤltniß a 2 zu 2 a 3 zwischen dem Halbmesser des ersten Gliedes der Reihe, des Mercur, und dem der Sonne aufsuchten; auf dieselbe Weise muͤßte hier das Verhaͤltniß a 3 zu a 4 zwischen dem Halbmesser des er- sten Gliedes einer wahrscheinlich nun beginnenden zweyten Reihe, und dem der Sonne gesucht werden. Wir haben aber, da a 3 in a 4 eben so wie a in a 2 a mal enthalten ist, und a nichts anders ausdruͤckt, als wie oft der Halbmesser des Planeten in dem der Son- ne enthalten ist, hierbey blos noͤthig mit dem Halb- messer des ersten Gliedes dieser wahrscheinlichen zwey- ten Reihe in den der Sonne zu dividiren, und die ge- fundene Zahl wird die seyn, die wir suchten. Allein es waͤre dann zuerst noch ein wesentlicher Umstand zu beruͤcksichtigen. Es wurden von Mars aus die Groͤßen zweyer Glieder bestimmt. Hat kein zufaͤlliger Irrthum uns getaͤuscht, so muß die Groͤße des naͤchstfolgenden Hauptkoͤrpers jener vorausgesetz- ten zweyten Reihe (des Jupiter) aller Analogie zu Folge auch nicht von einem sondern von zwey vorhergehenden Gliedern bestimmt werden, und es muͤssen sich nach der einen Seite hin auf den Jupiter eben so 2 vorausgehende der Sonne naͤhere Planeten beziehen, als nach der andern hin auf den Mars 2 folgende entferntere. Wir muͤssen deshalb das Ver- haͤltniß des Halbmessers zu dem der Sonne bey 2 Glie- dern suchen, und aus den gefundenen Zahlen das Mit- tel waͤhlen. Jene 2 Planeten, welche ihrerseits sich auf den Jupiter beziehen muͤssen, koͤnnten, so weit unsre jetzi- gen Entdeckungen reichen, keine andren seyn, als Ce- res und Pallas, die ihre Stelle zwischen Juno und Jupiter einnehmen. Der Halbmesser der Ceres, wenn wir ihn nach Schroͤters Messungen zu 176 Meilen an- nehmen, ist in dem der Sonne 547, 59 der der Pallas, nach Schroͤter 227½ Meile, 423, 63 mal enthalten. Das Mittel aus beyden ist 485, 6 . Wirklich aber ist die Zahl der Sonnenferne in Son- nenhalbmessern bey der Juno, von welcher aus, als dem naͤchstvorhergehenden Glied, die Groͤße der Ceres bestimmt werden muͤßte, in der Verhaͤltnißzahl des Halbmessers der letzteren (genau 176 Meilen ange- nommen) zu ihrer Sonnenferne (724, 36179 in 353648) 488, 2201 mal enthalten, und eben so ist die Sonnenferne der Ceres, als des naͤchstvorhergehenden Gliedes, in der Verhaͤltnißzahl des Pallashalbmessers (227½ Meile angenommen) zu ihrer weitesten Entfer- nung (645, 8251 in 315992) 489, 38058 mal enthal- ten. Das Mittel aus 489, 3805 und 488, 2201 ist 488, 8003 , welche Zahl, wenn wir sie als die eigent- lich statt findende annehmen, mit 724, 3618 multipli- cirt, jene Verhaͤltnißzahl bey der Ceres zu 354068, 28 bey Pallas zu 315679, 58 giebt, wodurch wir, wenn wir damit in die Sonnenfernen derselben nach Meilen dividiren, den Cereshalbmesser zu 175, 79 den Pallas- halbmesser zu 227, 77 Meilen, mithin jenen nur 1/5 Mei- le kleiner, diesen 1/5 Meile groͤßer erhalten, als sie die sorgfaͤltigen Schroͤterschen Messungen gesetzt haben. Genau genommen, ist bey Pallas fast gar keine Differenz mit den Messungen. Denn der scheinbare Durchmesser von 4″, 504 giebt fuͤr den Halbmesser genau 227, 71 was von der Theorie nur 1/17 Meile abweicht. 7. Es erregt von neuem unsre Aufmerksamkeit, daß die Zahl 488, oder wenn wir lieber jener aus den Halbmessern erhaltenen folgen wollen, 486 (von dem Unterschied beyder spaͤter mehr) durch 2 Glieder hin- durch dieselbe bleibt, ohne wie doch in der ganzen er- sten Progression geschahe, zu steigen. Wir muͤssen uns, wenn wir weiter schließen, allmaͤlig auf das Eintreten der 2ten Progression, (Reihe) und auf den Uebergang der ersten in sie vorbereitet finden. Es pflegen in der ganzen Natur die Kraͤfte nur zu steigen oder zu sinken, und so bald sie nicht mehr steigen, se- hen wir sie ihrem Versinken, ihrer Aufloͤsung nahen. Aber welche Vermuthungen auch durch die Weise, wie bey den beyden zuletzt betrachteten Gliedern die Groͤßen bestimmt wurden, in uns erwachten, so scheint Anfangs doch keine vermoͤgend uns die Weise, wie der Halbmesser des naͤchstfolgenden Planeten, Ju- piter, von Ceres und Pallas aus bestimmt wird, auf- zuschließen. Denn wenn wir auch, wie aus dem Vor- hergehenden nothwendig folgte, ein Mittel aus den Sonnenfernen beyder suchen (dieses wuͤrde aus 645, 8251 und 746, 0607 =695, 9429 seyn) eben so wie wir, von dem zwischen Mars und den beyden auf ihn folgenden Planeten beobachteten Verhaͤltniß geleitet, auch auf der andern Seite aus den Groͤßen jener beyden zunaͤchst vor Jupiter stehenden Planeten die mittlere Zahl 488 fanden; so steht doch dem Anscheine nach jene Mittel- zahl beyder Sonnenfernen mit dem Verhaͤltniß des Ju- piterhalbmessers, zu der weitesten Entfernung dieses Planeten, in keiner solchen Beziehung, wie aus Allem, was uns 8 vorhergehende Glieder gelehrt haben, zu folgen schiene. Wir sind genoͤthigt, jenes bey allen vorhergehenden Gliedern beobachtete Verhaͤltniß, als blinden Zufall aufzugeben, oder dieses muß auf irgend eine andre Weise auch zwischen Jupiter und seinen bey- den Vorgaͤngern nachgewiesen werden koͤnnen. In solcher Ungewißheit befragen wir wieder, wie vorhin, den Anfang der ersten Progression. Ihm aͤhnlich in Allem wird auch der der 2ten seyn muͤssen. Was in der ersten Reihe Mercur ist, sind in der zweyten die in allen Verhaͤltnissen (wie in ihrer Ent- fernung) enge verbundenen beyden Planeten Ceres und Pallas; was in der ersten Venus, ist in der zweyten Jupiter. Es muß mithin auf eine analoge Weise wie Venus von Mercur aus; so Jupiter, in Hinsicht sei- ner Groͤße, von Pallas und Ceres aus bestimmt werden koͤnnen. Nun sehen wir, daß bey Mercur, wenn wir das Verhaltniß des Halbmessers der Venus zu ih- rer Sonnenferne finden wollten, die Zahl der Sonnen- ferne (101) mit sich selber multiplicirt werden mußte, daß mithin die Sonnenferne dieses ersten Gliedes der ersten Reihe hierbey selbststaͤndiger und freyer auftrat, als sonst irgendwo; wir muͤssen mithin vermuthen, daß auch zur Bestimmung des Jupiterhalbmessers, die Zahl der Sonnenferne des vorhergehenden Doppelglie- des, selbststaͤndiger und mehr fuͤr sich allein wirken wer- de als bey den uͤbrigen Gliedern. Ferner wurde, wenn wir den Halbmesser der Venus von Mercur aus her- leiteten, zu dem Quadrat von 101 eine aus einmal 78 und 101 erhaltene Summe hinzuaddirt; vermuth- lich wird deshalb auch 488 sich auf eine aͤhnliche Wei- se bey Jupiter thaͤtig zeigen. Wenn aber unsre oben geaͤußerte Vermuthung, uͤber jenen sonst nur in dem sehr untergeordneten Gebiet der Monde statt findenden Fall, den wir auch bey Mercur beobachteten, wo naͤmlich das Quadrat der Sonnenferne des einen Glie- des zur Groͤßenbestimmung des andren hauptsaͤchlich beytrug, sich wirklich auf etwas wahres gruͤndete; wenn dieser halbe, untergeordnete Mondcharakter des Mercur, wirklich von einer maͤchtiger als bey jedem andren Gliede wirkenden Centralkraft der ihm naͤher als allen stehenden Sonne herruͤhrte; so duͤrften wir freylich am Anfange der 2ten Progression, deren er- ste Glieder schon weiter von der Sonne entfernt, und mithin einer geringeren Schwere ausgesetzt sind, als selbst die letzten Glieder der ersten Reihe, jene Eigen- schaft der Monde, und der zunaͤchst an der Sonne ste- henden, der Schwere am meisten untergeordneten Pla- neten, nicht wieder zu finden hoffen; vielmehr wuͤrde eine mehr als 50 mal verringerte Anziehung des Cen- tralkoͤrpers, den uͤbrigens fuͤr beyde aͤhnlichen Fall et- was veraͤndern. Einige Elemente mit ihren vermuthlichen Eigen- schaften sind uns jetzt zu der gesuchten Verhaͤltnißzahl gegeben, noch mangelt jedoch die Kenntniß der Vermi- schung jener Elemente. — Die Natur kann sich bey solchen Progressionen, wo sich ein Glied so nothwendig auf das naͤchstvorherge- hende und naͤchstkuͤnftige bezieht, keinen Sprung er- lauben, und wenn die in der ersten Reihe charakteristi- sche Zahl 78 in den letzten Gliedern auf ihren 64 und 16 fachen Werth gestiegen war, so kann in den zu- naͤchst angraͤnzenden Gliedern, die noch unbekannte cha- rakteristische Zahl, nicht auf einmal auf den einmaligen Werth heruntergesunken seyn. Wenn wir um die oft- erwaͤhnte Verhaͤltnißzahl bey der Erde zu finden, die Sonnenferne der Venus (157, 623 ) mit 156, 543 , um die des Mars zu finden, die Sonnenferne der Erde (220, 05 ) mit 313, 086 , um die der Juno und Vesta zu bestimmen, die des Mars (360, 427 ) mit 1252, 344 und mit 5009, 385 multipliciren mußten, so erkannten wir in der ersten 2 mal, in der 2ten 4 mal, in der 3ten und 4ten 16 und 64 mal 78, 27164 . Jene Zah- len saͤmmtlich waren mithin zusammengesetzte. Es ist deshalb zu vermuthen, daß auch die Zahl 488, 8 zu- fammengesetzt sey. Es erhellt aber aus einem andren Verhaͤltniß, das zwischen den Rotationsperioden und Eccentricitaͤten der verschiedenen Planeten statt findet, (m. s. §. 13 bis 21) daß, waͤhrend in der ganzen ersten Reihe bis zur Ju- no die Zahl 39, 135 und die doppelt so große 78, 27 herrschen, von Ceres und Pallas an statt ihrer die Zah- len 60 oder 59 und ihre Haͤlfte 30 oder 29 eintreten. Ich will mich vorlaͤufig hierauf berufen. Wie in jenem gleich Anfangs erwaͤhntem Verhaͤlt- niß die Zahl 78 oder 2 a dem Halbmesser des (groͤßeren) Centralkoͤrpers — der Sonne, ihre Haͤlfte 39 oder a dem kleineren Halbmesser des Planeten entspricht, so bezieht sich auch hier, wie anderwaͤrts erhellen wird, die Zahl 60 auf die Sonne, ihre Haͤlfte — 30 auf den Planeten. Aus jenen Zahlen ist nun auch offenbar 488, 8 zu- sammengesetzt, sey es nun, daß wir sie als 8 mal 61, 1 oder als 16 mal 30, 5 betrachten wollen. Denn wenn wir, wie die Groͤßenverhaͤltnisse der Ceres und Pallas erhalten werden, wenn man die Sonnenferne des naͤchstvorhergehenden Gliedes mit 8 mal 61, oder was vielleicht der richtigere Ausdruck ist, mit 16 mal 30, 5 multiplicirt, jetzt das Mittel beyder Sonnen- fernen (695, 9429 ) 16 mal, oder die Summe beyder Sonnenfernen (645, 8 + 746, 06 = 1391, 88 ) 8 mal nehmen, so erhalten wir auf beyde Weisen 11135, 0864 . Wenn wir alsdann wiederum 8 mal 61 oder 16 mal 30, 5 (488, 8 ) hinzu addiren, erhal- ten wir 11623, 8867 , was genau die Zahl ist, wie oft der Halbmesser des naͤchstfolgenden Gliedes (Jupi- ter) in seinem weitesten Abstand von der Sonne enthal- ten ist. Denn wenn wir mit jener Zahl in die Son- nenferne des Jupiter nach Meilen dividiren, erhalten wir seinen Halbmesser zu 9783, 267 Meilen, was von den Schroͤterschen Messungen, an welche sich die deut- schen Astronomen saͤmmtlich halten, Die aͤltern Messungen, denen die franzoͤsischen Astrono- men folgen, setzen seinen Halbmesser 10 Meilen groͤßer. nur ¼ Meile abweicht. Wir sind hier, bey dem Aufang der 2ten Reihe, dem voͤllig analog verfahren, was uns der der ersten gelehrt hatte. Waͤhrend die erste Reihe von unten, aus einem fast Mondenaͤhnlichen Zustand, gleichsam mit einem noch unentwickelten Planetarischen Charak- ter beginnt, entspringt der Anfang der 2ten schon aus dem hoͤchsten Gipfel der ersten. Waͤhrend dort die charakteristische Zahl in ihrem einfachen Werth erscheint, tritt sie hier, einen allmaͤligen Uebergang von dem Ende der ersten zum Anfang der 2ten Progression bil- dend, gleich mit einem mehrfachen Werthe auf. Waͤhrend dort, wie bey den Monden, die Sonnenfer- ne des ersten Gliedes mit sich selber multiplicirt wird, muͤßte sie hier einfach auftreten, wenn nicht derselbe Grund, welcher die Zahl 61, 1 gleich aufs Achtfache gesteigert erscheinen laͤßt: die Naͤhe des Gipfels einer vorhergehenden Reihe, sie in demselben Maaße ver- mehrte. Endlich so wird, waͤhrend dort die hernach von Glied zu Glied steigende, und durch die ganze Progression sich treu bleibende Zahl 78, 27 , mit 101 multiplicirt werden mußte, die Zahl 488, die, wie wir sehen werden, blos aus dem Einfluß der nahen ersten Reihe entstanden, hier zum letzten Male auf- tritt, blos gleichsam mechanisch hinzugefuͤgt. Noch eine Analogie des ersten Doppelgliedes der zweyten Reihe, mit dem ersten Glied der ersten, kann hier nicht Obgleich 488, 8 wie schon erwaͤhnt, auch als 8 mal 61 betrachtet werden koͤnnte, so wie 11135 als 8 mal die Summe beyder Sonnenfernen, so koͤnnte es doch in einiger Hinsicht der oben gewaͤhlten Weise, die uns das Mittel aus dem Verhaͤltniß der beyden Halbmesser zu dem der Sonne waͤhlen ließ, angemessener scheinen, wenn wir sie als 16 mal 30, 5 betrachteten. Alsdann aber zeigte sich hierinn, gleich bey ihrem Beginnen, die zweyte Progression ungemein bedeutend von der er- sten verschieden. In dieser herrschte die Zahl 78 oder 2 a , die wie erwaͤhnt, dem Sonnenhalbmesser entsprach, in jener tritt dagegen die Zahl a (als 30, 5 ) auf, die dem Planetenhalbmesser entspricht; so daß dort die charakteristische Zahl von der Sonne, hier von den Pla- neten aus erhalten wuͤrde. 8. Wenigstens wird dieser Charakter der zweyten Pro- gression in dem Verhaͤltniß der nun folgenden Glieder deutlich. Die Zahl 488 war schon von Juno zu Ce- res, von Ceres zu Pallas sich gleich geblieben. Bey der Bestimmung der Groͤße des Jupiter durch die beyden letztern, war sie vollends muͤßig, blos durch die ein- fache Addition hinzugetreten. Wir muͤssen sie nun wahrscheinlich in den naͤchstfolgenden Gliedern ganz ganz uͤbergangen werden. Wir erhielten bey Mercur als Quadratwurzel seiner Sonnenferne in eignen Halbmessern, die zur Bestimmung des Venushalbmessers sehr wichtige Zahl 178, und nach §. 13 und 24 auch aus der mittlern Entfernung die Zahl 78. Bey Pallas wird als Quadrat- wurzel der mittlern Entfernung nach eignen Halbmessern die Zahl 503, 54 erhalten, oder 8 mal 62, 942 wo eben so wie in der ersten die Zahl 78 (nach §. 24) die bald darauf erscheinende 61 noch ihrem Ursprung — 63 — naͤher steht. verschwinden sehen, Doch ist es sehr merkwuͤrdig, daß man genau die Ver- haͤltnißzahl des Saturnhalbmessers zu der Sonnenferne dieses Planeten erhaͤlt, wenn man jene Verhaͤltnißzahl beym Jupiter (11623) 2 mal nimmt und dann 2 mal 485 hinzufuͤgt. und wie diese Zahl, den Uebergang von der einen Reihe zur andren bildend, mehr noch den Charakter der nahen ersten Progression trogt; so tritt nun der der zweyten deutlicher entwi- ckelt auf. Wir nehmen, indem wir unsre 2te Reihe weiter suͤhren , wieder zu dem gleich Anfangs an ihr bemerk- tem beylaͤufigen Verhaͤltniß von a 3 zu a 4 unsre Zu- flucht. Wie schon an dem Beginnen dieser Reihe die Zahl 488 als 16 mal 30 von der Seite der Plane- ten aus gegeben wurde, so ist es vielleicht Grundcha- rakter der ganzen zweyten Progression, daß die Zahlen nicht von der Sonne aus, sondern von den Planeten erhalten werden. Die Sonne ist nur eine, der Pla- neten viele; jene Zahl muͤßte fuͤr jedes Glied eine ei- genthuͤmliche andere seyn. Nach jenem Verhaͤltniß a 3 zu a 4 , ist die Biqua- dratwurzel der mittleren Entfernung des Jupiter nach eignen Halbmessern, 10, 262056 . Da der Zahl der Glie- der nach, Saturn in der zweyten Reihe der Erde in der ersten entspricht, (das 3te Glied ist) wollen wir, wie wir, um den Halbmesser der Erde zu finden, 2 mal 78, 27 nehmen mußten, auch hier 2 mal 10, 262056 nehmen. Wenn die Stufe des naͤchstvorhergehenden Doppelgliedes 8, und 488, 2 = 8 mal 61, 1 war, so ist nun 2 wieder Wir multipliciren damit wie gewoͤhnlich die Sonnenferne des Jupiter nach Sonnenhalbmessern (1179, 937 mit 20, 524112 ) und erhalten fast genau die Verhaltnißzahl des Saturushalbmessers zum weitesten Abstand dieses Planeten — 24217, 4576 . Denn wenn wir mit dieser Zahl in die Sonnenferne des Sa- turn nach Meilen dividiren, wird der Halbmesser des- selben zu 8681, 718 Meilen, mithin nur 7/10 Meilen groͤßer, als ihn die gewoͤhnlichen Angaben setzen, ge- funden. 9. Wir haben uns nicht getaͤuscht. Denn wenn wir, die Wahrheit unsres zuletzt gewaͤhlten Verfahrens pruͤ- fend, auch aus der mittleren Entfernung des Saturn nach eignen Halbmessern die Biquadratwurzel suchen, (diese ist 12, 304196 ) und diese — ganz analog der er- sten Reihe, nun viermal genommen mit der Sonnen- ferne desselben nach Sonnenhalbmessern (49, 216784 mit 2181, 5506 ) multipliciren, erhalten wir 107368, 885 fuͤr die Verhaͤltnißzahl des naͤchstfolgen- den Gliedes — Uranus, zu seiner weitesten Entfer- nung. Wenn wir den Halbmesser dieses Planeten mit den franzoͤsischen Astronomen S. bey Vrisson. zu 3867 Meilen setzen, und uns ganz an die gewoͤhnlichen Angaben sei- ner mittlern Entfernung und Eccentricitaͤt halten, so finden wir jene Verhaͤltnißzahl 107724. Wenn wir aber aus andern Gruͤnden, welche bey dem Verhaͤltniß der Eccentricitaͤten angefuͤhrt werden sollen, die Eccen- die Cubiewurzel von 8, eben so wie 4 bey Mars die Cu- biewurzel der in dem naͤchsten Glied erreichten 64 war. Auch hierin waͤren sich dann die angraͤnzenden Enden bey- der Progressionen verwandt. tricitaͤt dieses Planeten, von der man laͤngst erwaͤhnt hat, daß sie noch einiger Correction beduͤrfen werde, nur um 0, 0002069 kleiner setzen, als nach De Lambre und La Place Wir haben gesehen, daß die beyden Angaben, denen wir folgten, oͤfters viel bedeutender differirten, naͤmlich bey Mercur um 0, 00037 bey Saturn um 0, 00078 ja bey Uranus selber um 0, 044189 ..... naͤmlich zu 0, 044613783 und alsdann mit jener von Saturn aus erhaltenen Summe in die weiteste Entfernung des Uranus nach Meilen dividiren, so finden wir seinen Halbmesser zu 3872, 118 Meilen, mithin nur 5 von jener Angabe verschieden. Nun setzten zwar die deutschen Astronomen bekannt- lich den Halbmesser des Uranus zum Theil viel gerin- ger, aber es sind auch uns viele Moͤglichkeiten, beson- ders gerade fuͤr den Halbmesser des Uranus uͤbrig, um ihn bedeutend zu verkleinern. So laͤßt z. B. eine sehr geringe Veraͤnderung der von uns gewaͤhlten Sonnen- parallare und mittlern Entfernung der Erde, eine sehr geringe Verminderung des Halbmessers des festen Son- nenkoͤrpers, den Halbmesser des Uranus, weil bey diesem entferntesten Planeten diese Differenzen am mei- sten anwachsen, ganz so finden, wie ihn die deutschen Messungen gaben, zugleich bleiben hierbey die Groͤßen- bestimmungen fuͤr die uͤbrigen Planeten bis in die Ge- gend des Jupiter oder Saturn bis auf unbedeutende Bruͤche einer Meile, voͤllig unveraͤndert. Was auch sonst noch fuͤr Mittel uͤbrig blieben, um die Bestimmung des Uranushalbmessers genau den deutschen Messungen anzufuͤgen; so wuͤrde diese Muͤ- he doch vor der Hand ganz vergebens seyn, da sich vielleicht in kurzem, bey einer neuen Berechnung der Uranusbahn, jene bis jetzt noch geringen Schwierlgkei- ten, entweder vergroͤßern oder ganz verliehren koͤnnen, und da wohl auch Messungen des Saturn, wie die Schroͤ- terschen, uns noch belehren muͤssen, ob vielleicht (was freylich sehr unwahrscheinlich ist) auch die Cubicwurzel der mittleren Entfernungen des Jupiter und des Saturn nach Sonnenhalbmessern, bey Bestimmung des naͤchsten Gliedes in Anschlag gebracht werden muͤssen, Dann wuͤrde der Halbmesser des Uranus, selbst wenn wir die von uns aufgestellte Angabe der Entfernungen un- voraͤndert ließen, um fast 70 Meilen kleiner. was freylich auch den Halbmesser des Saturn etwas kleiner geben wuͤrde. (Auf der andern Seite wird dieser auch um 3 Meilen groͤßer, wenn wir ganz der La Place- schen Angabe der Eccentricitaͤt folgen. 10. So haben wir in den aufgestellten Groͤßenverhaͤlt- nissen deutlich zwey Reihen oder Progressionen gesehen, die beyde einen sehr verschiedenen Charakter zeigten. Wir werden beyde Reihen mit ihrer eigenthuͤmlichen Verschiedenheit hernach auch in andern Verhaͤltnissen wieder finden, hier moͤgen uns nur noch einige vorlaͤu- fige Bemerkungen uͤber dieselben erlaubt seyn. In der ersten Progression wurde die charakteristische Zahl aus dem Verhaͤltniß des Sonnenhalbmessers zu dem ersten Glied gefunden, und diese Zahl blieb sich durch 6 Glieder unveraͤndert gleich, wie auch der Cen- tralkoͤrper fuͤr alle derselbe ist. In der 2ten Reihe dage- gen, welche uͤberhaupt die groͤßten, zugleich aber auch die entferntesten, (der Schwere gegen den Central- koͤrper in dem mindesten Grade ausgesetzten) Plane- ten unsers Systems enthaͤlt, wurde, wie es schien, gleich Anfangs die charakteristische Zahl (30) dem Ver- haͤltniß der Planetenhalbmesser zur Sonne hergenom- men, und wie die Planeten selber immer von Glied zu Glied wieder andre sind, so blieb auch nun die charak- teristische Zahl nicht mehr wie in der ersten Reihe be- staͤndig, sondern sie wurde von Glied zu Glied eine andre. Wir mußten naͤmlich in der zweyten Progres- sion bey jedem einzelnen Hauptglied die Zahl nach dem Anfangs bemerkten Verhaͤltniß a 3 zu a 4 aufsuchen, und da dieses Verhaͤltniß eben so wie das von a 2 zu 2 a 3 nicht der Sonnenferne allein, sondern allen ver- schiedenen Abstaͤnden zugleich angehoͤrt, so mußte jene Zahl aus der mittlern Entfernung gesucht werden. Daher war auch schon bey Pallas die oben (in der Note) erwaͤhnte Zahl 503, 5 die eben so eine Annaͤherung an 488 schien als die Zahl 177, 8 bey Mercur an 179, die Quadrat- wurzel der mittlern Entfernung nach Planetenhalbmessern, waͤhrend bey Mercut die ihr ganz analoge Zahl 177, 8 die Quadratwurzel der Sonnenferne war. Wir haben hierbey vor der Hand nur noch auf die mittlere Entfernung nach Planetenradien Ruͤcksicht genommen. Hoͤchst merkwuͤrdig erschien in unsrem Verhaͤltniß jener Punkt des Planetensystems, wo beyde Progres- sionen zusammentrafen. Es faͤllt dieser in die 4 zu- letzt entdeckten kleinsten Planeten, und wir haben an ihm Verschiedenes beobachtet, was sonst ohne Beyspiel ist. Man koͤnnte sagen, daß sich hier die Charakte- re der beyden Progressionen vermischen, und daß die letzten Glieder der ersten Reihe (dieses wird besonders aus den Eccentricitaͤtsverhaͤltnissen erhellen) schon et- was von dem Charakter der zweyten annehmen, waͤh- rend die beyden ersten Glieder der zweyten Reihe noch D d etwas von dem der ersten an sich tragen. Hierhin ge- hoͤrt die eigentliche Herleitung der zusammengesetzten Zahl 488, aus 16 mal 30, 5 , oder was noch deutli- cher ist, die unveraͤndert selbst noch in die Bestimmung des Jupiterhalbmessers eingehende Zahl 16, (oder auch 8) die der Anfang der zweyten Progression noch von dem zunaͤchst angraͤnzenden letzten Glied (der Ent- fernung nach) der ersten Reihe, von der Juno, mit her- uͤber genommen hat. Durch die Angraͤnzung der zwey- ten Progression ist auch, wie sich deutlich beweisen ließe, die merkwuͤrdige Ausnahme entstanden, welche das mehr gesteigerte Glied Vesta (als 64) der Entfernung nach noch vor dem tiefer stehenden, (der Juno, als 16) eintreten laͤßt, doch wird es zu Bemerkungen dieser Art noch dann Zeit seyn, wenn dieser noch immer in unsrem Verhaͤltniß sehr problematische Planet, durch die weiteren Untersuchungen der Asironomen noch mehr bestimmt seyn wird. 11. Wir haben nun, nachdem die Groͤßen bestimmt sind, zur leichteren Uebersicht nur noch die verschiede- nen Abstaͤnde der Planeten nach eignen Halbmessern, und den Werth der letztern nach Meilen hinzuzufuͤgen. Entfernungen der Planeten nach eignen Halbmessern . D d 2 12. Es sind uns nun nur noch einige beylaͤufige Bemer- kungen uͤber ein aͤhnliches Verhaͤltniß bey den Monden, und zwar ausschließend bey den Jupitermonden uͤbrig, obgleich jenes Verhaͤltniß, das sich bey den Satur- nusmonden findet (wenn man die Schroͤterschen Messungen zu Grunde legt) nicht minder merkwuͤrdig, und zu vielen Aufschluͤssen fuͤhrend erscheint. Besonders modificirt daselbst das Daseyn des Ringes je- nes Verhaͤltniß auf eine aͤußerst merkwuͤrdige Weise. Zwar findet sich bey den Monden die große Schwuͤ- rigkeit, daß, waͤhrend in unsrem Verhaͤltniß jedesmal die weiteste Entfernung eines Gliedes von dem Cen- tralkoͤrper, in Halbmessern des letzteren zur Bestim- mung des naͤchstfolgenden genommen werden muß, in diesem Falle nur die mittlern Entfernungen hinlaͤnglich genau bekannt sind; doch thut dies gerade bey den Ju- pitermonden, wo die Eccentricitaͤten nicht sehr bedeu- tend sind, besonders wenn wir uns an die gewoͤhnliche, etwas groͤßere Angabe der Entfernungen halten, wenig Eintrag. Nach dieser bekannten Angabe betragen die Ent- fernungen der Jupitermonde von ihrem Hauptplaneten: Wir wollen diesmal, um uns vielleicht deutlicher zu machen, gleich mit dem zweyten Glied anfangen, und das erste bis zuletzt lassen. Es ist das Quadrat von 9, 494 = 90, 136 und die- ses 4 mal genommen, giebt 360, 544 fuͤr die Verhaͤlt- nißzahl des Halbmessers des naͤchstfolgenden 3ten Mon- des zu seiner Entfernung. Es verhaͤlt sich aber, wenn wir den Halbmesser des 3ten Mondes mit Schroͤter zu 409 Meilen setzen, dieser zu seiner Entfernung wie 1 zu 362, oder, weil hier bey dem sehr geringen Werth der Verhaͤltnißzahlen, ein sehr geringer Unter- schied derselben den Werth des Halbmessers gleich sehr veraͤndern kann, giebt die aus unsrem Verhaͤltniß ge- fundne Zahl 360, 54 den Halbmesser des 3ten Mon- des zu 410, 84 Meilen, mithin fast 2 Meilen groͤßer als die Schroͤterschen Messungen. Dieses Verhaͤltniß bestaͤtigt sich dann auch bey dem 3ten Glied. Es ist naͤmlich das Quadrat der Entfernung des 3ten Mon- des in Jupiterhalbmessern (15, 141 2 = 229, 25 ) 4 mal genommen, 917, und diese Zahl, wenn wir da- mit in die Entfernung des 4ten nach Meilen dividiren, giebt den Halbmesser desselben zu 284, 11 Meilen, waͤhrend dieser nach Schroͤter 285, mithin keine gan- ze Meile groͤßer ist. Unterschiede der Theorie und der Messungen, die bey der Schwuͤrigkeit der letzteren, wo vielleicht Centesimalen einer Raumsecunde eine merkliche Differenz geben koͤnnen, und bey der Unbe- stimmtheit der Eccentricitaͤten, gering genug sind. Wir haben nun noch das Verhaͤltniß des ersten zum 2ten Gliede, das wir vorhin uͤbergiengen, zu betrachten uͤbrig. Hierbey ist es freylich noͤthig, uns zum Theil auf etwas zu beziehen, was erst in der Folge und an einem andern Ort wird weiter aus- einander gesetzt werden koͤnnen. Wir finden auch bey den Monden (besonders ist dieses bey den Saturnus- monden deutlich) gleich in Hinsicht der Groͤßen 2 ver- schiedene Reihen angedeutet, und die groͤßeren Monde finden sich wie im Planetensystem die groͤßten Plane- ten, gegen Anfang der zweyten Reihe, waͤhrend die er- ste viel kleinere Koͤrper enthaͤlt. Bey der letztern muͤs- sen mithin, wie im Planetensystem bey den Gliedern der ersten Progression, die Zahlen, aus welchen, mit der Entfernung des vorhergehenden Gliedes nach Halb- messern des Centralkoͤrpers zusammen, die Verhaͤltniß- zahl des naͤchsten Gliedes gebildet wird, viel groͤßer seyn. Was hoͤchst bedeutend ist, es findet sich selbst bey den Jupitermonden der Anfang der zweyten Reihe in derselben Gegend, wie, nach dem was noch im Verlauf dieser Abhandlung hieruͤber gesagt werden wird, im Planetensystem. Jene beyden Monde, deren Groͤße wir schon vor- hin bestimmten, bilden im System der Jupitermonde die zweyte Reihe, und wir haben nun nur noch die er- ste zu betrachten. Doch ist auch diese hoͤchst einfach, und der 2ten in ihrer ganzen Natur so nahe verwandt, daß wir sie unmittelbar aus dieser herleiten koͤnnen. Man wird sich erinnern, daß im Planetensystem bey den ersten Gliedern beyder Progressionen, wenn wir von ihnen aus die Verhaͤltnißzahlen der naͤchstfol- genden finden wollten, eine Zahl zu der andern aus der Sonnenferne schon erhaltenen, hinzuaddirt wer- den mußte. Diese wurde in der ersten Reihe von dem gemeinschaftlichen Centralkoͤrper — der Sonne her- geleitet. Es muß dieses eine allgemeine Eigenschaft der ersten Glieder aller Progressionen dieser Art in un- srem Planetensystem seyn Wir sehen etwas Aehnliches §. 22 und 23 bey den mittle- ren Entfernungen. denn wir finden dasselbe auch in dem Verhaͤltniß des ersten Jupitermondes zum 2ten. Wir werden naͤmlich noch in den Graͤnzen die- ser Abhandlung, in andern Naturverhaͤltnissen des Jupiter, die Zahl 13, neunmal genommen, oder 117 (was jedoch etwas uͤberzaͤhlig als 117, 755 erscheint) wichtig finden. Seine Sonnenferne nach eignen Halb- messern ist dagegen nur das Quadrat von 107, 814 , was eben so eine Annaͤherung an 117 ist, wie (nach §. 24.) 78, 27 an 84, 61 ja 58 an 63. Wir wis- sen nicht bestimmt, welche von diesen beyden, auf gleiche Weise von dem gemeinschaftlichen Centralkoͤrper hergeleiteten Zahlen in jener Groͤßenbestimmung des 2ten Mondes aus dem ersten eigentlich thaͤtig sey, wenn wir aber aus beyden das Mittel (112, 784 ) waͤh- len, und diese Zahl zu dem Quadrat der Ent- fernung des 1sten Mondes nach Jupiterhalbmessern (5, 965 2 = 284, 649 ) hinzuaddiren, erhalten wir 397, 433 fuͤr die Verhaͤltnißzahl des Halbmessers des zweyten zu seiner Entfernung, was den Halbmesser zu 233, 705 Meilen giebt, waͤhrend er nach den Schroͤter- schen Messungen 232, 5 , mithin nicht viel uͤber eine Meile weniger betraͤgt. So hat uns die Analogie, der wir schon oͤfter ge- folgt waren, auch hier nicht verlassen, und wir fin- den das Verhaͤltniß der beyden Reihen im Planetensy- stem auch hier ausgedruͤckt. Nur freylich viel einfa- cher, und stets dem Hauptcharakter der Monde treu. Die erste Progression war von der zweyten nur darin unterschieden, daß in jener das Quadrat der Entfer- nung des vorhergehenden 8 mal, in dieser dagegen 4 mal genommen die Verhaͤltnißzahl des naͤchstfolgenden bestimmte. So sinkt die charakteristische Zahl in der 2ten Progression auf die Haͤlfte herunter, eben so wie sie im Planetensyste- me, wenn wir 488 als 8 mal 61 betrachten, auch auf die Haͤlfte, von 16 auf 8 herunter sinkt. Uebrigens fand sich bey dem ersten Glied selbst die Nothwendigkeit jener merkwuͤrdigen Addition wieder, die wir bey den ersten Gliedern jener Progressionen im Planetensystem beobachteten. So bleibt sich die Natur in den nothwendigsten Umrissen jenes Verhaͤltnisses uͤberall eben so treu als in den Ge- setzten der Umlaͤufe und Entfernungen. II. Von einigen Verhaͤltnissen der Eccentricitaͤten . Obgleich die nachstehenden Untersuchungen noch nicht jene tiefer liegenden Verhaͤltnisse der Eccentrici- taͤten zu den Halbmessern der Bahnen unmittelbar, nicht das eigentliche Verhaͤltniß der Rotationen be- ruͤhren werden, welche Untersuchungen, die ich an ei- nem andern Ort zur oͤffentlichen Pruͤfung darlegen werde, zu den schwuͤrigsten in ihrer Art gehoͤren; so haͤufen sich doch auch schon hier, in dem Verhaͤltniß der doppelten Eccentricitaͤten nach Planetenhalbmessern zu der Son- nennaͤhe nach Sonnenradien, die Schwuͤrigkeiten viel- mehr, als in den Groͤßenverhaͤltnissen, die wir eben ver- lassen. Bey dem geringen Werth der meisten Plane- tenhalbmesser im Vergleich mit ihren bedeutenden Ent- fernungen, konnte (außer bey Jupiter und Saturn) die Entfernung um ein Bedeutendes veraͤndert werden, ohne daß dieses auf die Bestimmung der Groͤßen merk- lichen Einfluß gehabt haͤtte, und es bewirkt, um nur noch ein maͤßiges Beyspiel zu waͤhlen, selbst bey Mars ein Unterschied von 80000 Meilen (oder 159 eignen Halbmessern), um welche wir seine Entfernung groͤßer oder kleiner setzen, in der Bestimmung seines Halbmessers kaum 1 Meile Unterschied, waͤhrend hier in den Eccentricitaͤtsverhaͤltnissen schon Unterschiede von wenig Planetenhalbmessern, sehr merklich fallen. Doch wollen wir uns bemuͤhen, unser Verhaͤltniß der Eccentricitaͤten, ohne durch jene Differenzen irre geleitet zu werden, so genau als moͤglich darzustellen. 13. Wenn wir im §. 2. die Zahlen der Sonnennaͤhen der Planeten nach Sonnenhalbmessern mit der doppel- ten Eccentricitaͤt nach Planetenhalbmessern (§. 11.) vergleichen, so faͤllt bey einigen Gliedern eine Verwand- schaft zwischen beyden sogleich in die Augen. So ver- haͤlt sich der Halbmesser des Jupiter zu der doppelten Eccentricitaͤt desselben, wie 1 zu 1068, waͤhrend fast hiermit uͤbereinstimmend, der Halbmesser der Sonne zu der Sonnennaͤhe dieses Planeten sich wie 1 zu 1071 ver- haͤlt. Bey der Juno betraͤgt die Sonnennaͤhe nach Sonnenhalbmessern 430, waͤhrend die doppelte Ec- centricitaͤt derselben, nach eignen Halbmessern, das Quadrat von 428, 25 ist. Bey Mercur ist die Zahl der Sonnennaͤhe nach Sonnenhalbmessern in der dop- pelten Eccentricitaͤt nach eignen: 162 mal enthalten, waͤhrend die Quadratwurzel seiner mittlern Entfernung nach eignen Halbmessern 161, 95 ist u. s. w. Diese beylaͤufigen Bemerkungen lassen uns zwischen den Zah- len der Sonnennaͤhe in Sonnenhalbmessern und der doppelten Eccentricitaͤt nach Planetenradien, uͤberall ein bestimmtes Verhaͤltniß vermuthen, zu dessen Auffin- dung wir nun unsre ganze Aufmerksamkeit wenden wollen. 14. Wenn wir auf diese Weise jenes beylaͤufige Ver- haͤltniß noch weiter uͤberblicken, finden wir bey Mars zwischen der doppelten Eccentricitaͤt nach eignen, und der Sonnennaͤhe nach Sonnenradien das von 1 zu 39. Es ruft uns dieses die in dem Verhaͤltniß der Groͤßen beobachtete Zahl 78 und ihre Haͤlfte 39 ins Gedaͤcht- niß, und wir fuͤhlen uns zu der Vermuthung gedrun- gen, ob nicht auch in diesem Verhaͤltniß eine jener bey- den Zahlen thaͤtig seyn werde. Hierdurch vorbereitet wenden wir uns wieder gleich zuerst (von Mercur einstweilen absehend) zu Venus. Es erscheint uns die doppelte Eccentricitaͤt dersel- ben wie 1 mal 155, 4528 (die Sonnennaͤhe nach Son- nenhalbmessern) + 94 (93, 9 ). Wir werden hernach §. 23. die Abkunft dieser Zahl des Ueberschusses aus- fuͤhrlich entwicklen. Jetzt wird sie uns auch ohne daß wir noch ihre Entstehung kennen, gleich bey dem naͤchst- folgenden Gliede hoͤchst wichtig. Denn wenn wir bey der Erde von der Zahl der doppelten Eccentricitaͤt nach Planetenhalbmessern (816, 905 ) 94, oder genauer 94, 525 (der Ueberschuß ist aus der Mangelhaftigkeit unsrer gewaͤhlten Angabe der Eccentricitaͤt entstan- den) abziehen, bleibt uns 722, 38 , in welcher Zahl die Sonnennaͤhe unsres Planeten nach Sonnenradien (212, 7702 ) genau 3, 39514 mal enthalten ist. Es ist aber 3, 39514 die Cubicwurzel von 39, 13582 oder der Haͤlfte der fuͤr die ganze erste Progression charakteristi- schen 78, 27 . Wenn wir von hier weiter zu dem naͤchsten Gliede, dem Mars gehen, finden wir, wie schon erwaͤhnt, zwischen der Sonnennaͤhe desselben nach Sonnenhalb- messern, und der doppelten Eccentricitaͤt nach eignen, das Verhaͤltniß von 1 zu 39, 21978 , was verhaͤltniß- maͤßig so wenig von 39, 13582 abweicht, daß eine sehr zulaͤßliche Veraͤnderung der Eccentricitaͤt von 0, 000163 der Bahn, die Differenz ganz aufhebt. Man koͤnnte nun jenes Verhaͤltniß so ausdruͤcken, daß sich bey der Ve- nus die Sonnennaͤhe in Sonnenhalbmessern zur dop- pelten Eccentricitaͤt verhaͤlt wie 1 zu 1 (abgesehen einst- weilen von der 94) bey der Erde wie 1 zu 1 2 mal 3, 39514 mithin wie 1 zu einmal 3, 39514 , bey Mars wie 3, 39514 ) 2 mal 3, 39514 , oder diese Zahl in der dritten Potenz. Wenn wir wieder, wie bey den Groͤßenverhaͤlt- nissen, von Mars aus sogleich auf Juno uͤbergehen, finden wir zwischen ihrer Sonnennaͤhe in Sonnenhalb- messern, und der doppelten Eccentricitaͤt nach eignen, das Verhaͤltniß von 1 zu 426, 454 . Es ist diese Zahl, wenn wir sie nach der Weise der vorhergehenden Glie- der herzuleiten suchen, das Quadrat von 3, 39514 in der 2ten Potenz, mithin diese Zahl in der 4ten, mul- tiplicirt nicht mehr wie vorhin mit 3, 39514 sondern nur mit 3, 2095 , was die Cubicwurzel von 33, 0613 ist. So sehen wir die Zahl 39 die uns bis hieher begleitet, allmaͤlig wieder verschwinden, und den Uebergang in eine andre, welche in der zweyten Reihe an ihrer Statt auftritt, beginnen. Wir wollen von diesem merkwuͤrdigen Uebergange, der sich auch bey Vesta deutlich zeigt, einstweilen noch absehen, und gleich von hier zur andern Reihe fortge- hen, zu welcher uns die Verhaͤltnisse der Rotationen uͤberfuͤhren werden. 15. Bey den Gliedern der ersten Reihe zeigt sich 39, 13582 oder eine ihr nahe verwandte Zahl, auch noch in dem Verhaͤltniß der Rotationsperioden thaͤtig. Es erscheint aus anderweitigen Gruͤnden dieses Verhaͤltniß mit dem der Eccentricitaͤten sehr nahe verbunden Um hier nur ganz beylaͤufig eines Umstandes zu erwaͤh- nen, welcher die nahe Verwandschaft der Eccentricitaͤts- und Rotationsverhaͤltnisse einstweilen bezeugen mag, so ist die doppelte Eccentricitaͤt bey der Venus in der Sonnen- ferne 72, 617 bey der Erde 30, 205 bey Mars 5, 8738 mal enthalten, oder was dasselbe ist: die Sonnennaͤhe zur Son- nenferne verhaͤlt sich bey Venus wie 71, 617 zu 72, 617 u. s. w. Wenn wir nun bey Venus mit 72, 617 in die Zahl der eignen Tage dividiren, so erhalten wir 3, 1804 bey der Erde durch 30, 2 , 12, 09 bey Mars durch 5, 87 , 113, 783 Zieht man aber von der doppelten Eceentricitaͤt der Erde etwas uͤber 94 ab, so bekommt man das Verhaͤltniß, 721 : 24674 wie 1 zu 34, welche Zahl in der der Erden- tage nur 10, 66 mal enthalten ist. 10, 66 ist aber genau die Quadratwurzel von der bey Mars erwaͤhnten Zahl 113, 783 so wie 3, 18 die Quadratwurzel von 10, 1149 ist, was nahe an 10, 66 steht. Wir erhalten bey Venus ge- nau die Quadratwurzel von 10, 66 (3, 26 ) wenn wir die Eccentricitaͤt um der Bahn vermehren (die doppelte um und wir sehen schon beylaͤufig, daß die Planeten, wel- che eine geringere Eccentricitaͤt haben, auch eine im Vergleich mit ihren Nachbarn kuͤrzere Tagesdauer ha- bén. Bey Mercur, dessen Bahn sehr eccentrisch ist, dauert ein Tag 24 Stunden 4 Minuten. Dagegen dauert bey Venus, deren Bahn sehr wenig eccentrisch ist, ein Tag nur 23 Stunden 20 Minuten, waͤhrend die Erde, mit schon etwas mehr eccentrischer Bahn, einen 40 Minuten laͤngeren Tag besitzt, eben so wie Mars, wo die Eccentricitaͤt noch bedeutender ist, noch 40 Minuten laͤngere Zeit zu einer Umwaͤlzung braucht, als die Erde. Bey Juno, deren Eccentricitaͤt noch bedeutender ist, wird auch aus verschiedenem eine noch laͤngere Tagesdauer vermuthet. Eben so ist bey Sa- turn die Bahn eccentrischer und die Dauer der eignen Tage laͤnger als bey Jupiter. Bey Mercur tritt auch in die Verhaͤltnisse der Ro- tation und Eccentricitaͤt etwas ein, was den uͤbrigen sieben Venushalbmesser) was jedoch aus dem oben erwaͤhn- ten Verhaͤltniß nicht zulaͤßlich ist, und auch unnuͤtz, da, wie wir anderwaͤrts sehen werden, auch selbst dieser kleine Unterschied nicht ohne anderweitige Bedeutung ist. So muß sich denn auch in dem Verhaͤltniß der Rotationen ganz dassel- be wieder finden, was wir bey den Eccentricitaͤten sahen. Das erste thaͤtige Glied in der Progession der Eccentricitaͤten war die Erde (bey Venus nur noch 1 zu 1) wo sich die Sonnennaͤhe zur doppelten Eccentricitaͤt verhielt wie 1 zur Cubiewurzel von 39, 13 . Wir mußten aber, um dieses Verhaͤltniß zu zeigen, etwas uͤber 94 von der doppelten Eccentricitaͤt abziehn. Dasselbe mußten wir hier thun, und dann treten die aus den Rotationen erhaltenen. Zahlen in das schoͤne Verhaͤltniß der Dimensionen. Das Ausfuͤhr- lichere hiervon an einem andren Ort. Gliedern der ersten Reihe nicht eigenthuͤmlich ist; da- gegen verhaͤlt sich bey Venus die Laͤnge eines Tages zu der Laͤnge eines Erdentages wie 35, 9 zu 36, 9 , ein Erdentag zu einem Marstag, wie 36 zu 37, oder was fast dasselbe waͤre: die Tagesdauer eines vorhergehen- den Gliedes zu der des naͤchstfolgenden verhaͤlt sich wie 39, 13 ÷ 3, 3 zu 39, 13 ÷ 2, 3 . Außer diesem erhalten wir beylaͤufig eine der Qua- dratwurzel der Zahl der eignen Tage ziemlich verwandte Zahl, wenn wir mit dem Quadrat von 3, 395143 (was die Quadratwurzel von 39, 1358 war) mit 11, 527 in die Sonnennaͤhe der obenerwaͤhnten Planeten nach Sonnen- halbmessern dividiren. Bey Mars erhalten wir naͤmlich dann 25, 9 , waͤhrend die Quadratwurzel der eignen Ta- ge waͤhrend eines Umlaufs 25, 85 ist. Bey der Erde ist zwar die Quadratwurzel der eignen Tage 19, 11 waͤhrend jene Zahl in der Sonnennaͤhe nur 18, 458 mal enthalten ist, ja bey der Venus ist jene uͤber 15 diese kaum 14, doch gruͤndet sich dieser Unterschied beylaͤu- fig, auf dasselbe, was die schon bey den Eccentricitaͤten bemerkten Differenzen (durch 94) bewirkte. 16. Wenn wir nun bey den Planeten der 2ten Progres- sion, so weit die Dauer ihrer Tage bekannt ist, das Verhaͤltniß derselben untersuchen, so finden wir die Laͤnge eines Jupitertages zu der eines Saturntages, wenn wir jenen 9 Stunden 55 Minuten 50 Secun- den, diesen 10 Stunden 16 Minuten setzen, wie 29, 54 zu 30, 54 , oder wenn wir den letzteren nach dem Mittel mehrerer Herschelschen Beobachtungen um 15″ laͤnger setzen, wie 29, 179 zu 30, 179 . Es fin- det sich mithin schon hierin die Zahl 29 oder 30 statt der 39 der ersten Progression ein, und wie dieser 78, entspricht jener 60 oder 58. Wir sehen die Zahl 60 auch anderwaͤrts in der 2ten Progression. Es enthaͤlt ein Tag der Sonne et- was uͤber 60 Jupiter- und fast genau 60 Saturntage, waͤhrend zugleich ein Saturnjahr 7 mal 60 (420) Sonnentage waͤhret. Bey den Planeten der 1sten Progression herrscht auch hierin, wie ich in meinen Ahnd. beylaͤufig gezeigt habe, die Zahl 78. Denn so enthaͤlt ein Mercurjahr 3⅖ Sonnentage, was die Cubicwurzel von 39 ist, ein Venusjahr 8, 7817 was die Quadratwurzel von von mehr als 77 ist u. s. w. Wenn wir nun, ganz dem bey der ersten Pro- gression gewaͤhlten Verfahren analog, die Cubicwurzel einer ziemlich mittleren Zahl zwischen den obenerwaͤhn- ten 29, 17 und 29, 54 , die der Zahl 29¼ = 3, 08112 waͤhlen, so loͤsen sich hierdurch auch in der 2ten die Eccentricitaͤtsverhaͤltnisse auf. Es verhaͤlt sich naͤmlich bey der Ceres die Sonnennaͤhe nach Sonnenhalbmessern zu der doppelten Eccentricitaͤt nach eignen, wie 1 : 93, 2109 , bey der Pallas wie 1 : 274, 642 waͤh- rend 29¼ multiplicirt mit 3, 08112 (ihrer eignen Cubic- wurzel) oder diese Zahl in der 4ten Potenz = 90, 12276 ist, und 90, 12276 wiederum multiplicirt mit 3, 08112 = 277, 679 was eben so nahe an 274 als 90 an 93 steht. Wir sehen demnach auch hierin, wie bey den Groͤßenverhaͤltnissen, die 2te Progression sich in ihren ersten Gliedern noch auf derselben Hoͤhe erhalten, wel- che die erste in ihren letzten Gliedern erreicht hatte. Bey der Juno hatten sich die Verhaͤltnißzahlen der Ec- centricitaͤt, der 5ten Potenz der Cubicwurzel von 39 genaͤhert, (m. vergl. auch weiter unten §. 19.) bey Ceres erreicht sie die 4te, bey Pallas die 5te Potenz der Cubicwurzel von 29¼, welche hier die Stelle der 39 vertritt. 17. Es entspricht nun, wie bey dem Groͤßenverhaͤlt- niß, der Zahl der Glieder nach in der 2ten Progres- sion Jupiter der Venus, und da hier die Gruͤnde weg- fallen, die nach §. 23. bey der letzteren den Ueber- schuß von 94 hervorbrachten, so verhaͤlt sich die Zahl seiner Sonnennaͤhe nach Sonnenhalbmessern zu der der doppelten Eccentricitaͤt nach eignen, wie 1 zu 1. Denn der geringe Unterschied der sich noch hierbey fin- det, muß theils bey einer geringen Veraͤnderung der Eccentricitaͤt verschwinden, theils scheint er mit einem andrem den wir welter oben, bey der Venus, an dem ge- meinschaftlichen Verhaͤltniß der Eccentricitaͤten und Rotationen bemerkten (s. d. Rote zu §. 15.) in einer merkwuͤrdigen Analogie. Es muͤßte nun weiter in der 2ten Progression Sa- turn sich verhalten wie die Erde in der ersten. Es ist bey diesem Planeten die Zahl der Sonnennaͤhe nach Sonnenhalbmessern (1947, 7784 ) in der der doppelten Eccentricitaͤt nach eignen, wenn wir die eben gewaͤhl- te Angabe der Eccentricitaͤt beybehalten (2595, 112 ) 1 mal + enthalten. Waͤhlen wir dagegen die La Placesche oder La Landesche Angabe der Eccentrici- taͤt, so ist der Unterschied zwischen Sonnennaͤhe und Sonnenferne nach Saturnushalbmessern = 2577, 34 was einmal die Zahl der Sonnennaͤhe (1947) + 630 ist. 630 oder genauer 632, 4 ist aber in 1947, 778 3, 08112 mal enthalten, und diese Zahl sahen wir schon in den Eccentricitaͤten der beyden ersten Glieder dieser Progression thaͤtig, wo wir sie als die Cubicwurzel von 29¼ kennen lernten. Waͤhrend daher in den Eccentricitaͤtsverhaͤltnissen der ersten Progression, die doppelte Eccentricitaͤt des 2ten Gliedes zur Sonnennaͤhe sich verhielt: wie 1 2 × 3, 39 oder 1 mal 3, 39 zu 1; so verhaͤlt sie sich bey dem 2ten Glied der 2ten zu derselben; wie 1 + 1, dividirt durch 3, 08112 ( ) zu 1. 18. Dieses Verhaͤltniß bestaͤtigt sich dann auch bey dem naͤchstfolgenden Glied. Es betraͤgt naͤmlich bey dem Uranus die Sonnennaͤhe nach Sonnenhalbmessern 3945, 31 , oder wenn wir der gewoͤhnlichen Angaͤbe folgen, 3936, 767 . Es ist aber waͤhrend ist. Auf der andren Seite betraͤgt die doppelte Eccentricitaͤt dieses entfern- testen Planeten, nach eignen Halbmessern 9171, 1075 oder wenn wir der gewoͤhnlichen Angabe in Allem fol- gen, 9609, 17. Eine aͤußerst geringe Abaͤnderung des Verhaͤltnisses der Eccentricitaͤt zur mittlern Entfernung, betraͤgt hier wegen der großen Ausdehnung der letztern, nach eignen Halb- messern gerechnet, verhaͤltnißmaͤßig ungemein viel. Die letztere Zahl ist 2 mal E e 3936, 767 + 1735, welche Zahl von 1277, 7 nur noch um ⅓ differirt. Nehmen wir jene verhaͤltniß- maͤßig sehr geringe Abaͤnderung der Eccentricitaͤt im Verhaͤltniß zur halben großen Axe vor, deren wir uns schon oben vorlaͤufig bedient haben, so betraͤgt 0, 0002 um welche wir die Eccentricitaͤt kleiner setzen, gerade 458 Uranushalbmesser. Die Sonnennaͤhe nach Son- nenhalbmessern wird jetzt 3945, 31 , die doppelte Eccen- tricitaͤt nach Uranusradien genau 9171, 1075 , was sich zu der ersten Zahl verhaͤlt wie 1 zu 2 + . Waͤhrend daher bey dem 3ten Glied der ersten Pro- gression die Verhaͤltnißzahl des ersten (3, 39514 ) in die 2te Potenz versetzt wurde, wozu noch einmal 3, 39514 womit jene Zahl noch multiplicirt wurde, trat, so waͤchst hier, bey dem 3ten Glied der 2ten Progression, die Verhaͤltnißzahl blos durch einfache Verdopplung, wozu noch 1 dividirt durch 3, 08112 hinzu addirt wird. Man kann dieses Verhaͤltniß auch durch multiplicirt mit 3, 08112 (mithin 2) + aus- druͤcken. Statt daß wir die erste Reihe sich in dem Verhaͤltniß der Dimensionen verdoppeln sehen, wozu noch das je- desmal hinzukommende neue Moment multiplicirt wird, vermehrt sich die zweyte blos in einfachen Zah- len, und das neue Plus tritt durch Division hinzu. Doch wird auch hierin zwischen beyden Reihen eben so wiederum die vollkom- menste Analogie erkannt, wie bey den Groͤ- ßenverhaͤltnissen . 19. Wir sahen in der ersten Abtheilung dieser Abhand- lung, wie da, wo beyde Progressionen, die eine an ih- rem Gipfel, die andre an ihrem Anfange sich begeg- neten, in gewisser Hinsicht die Charaktere sich ver- mischten, und die eine etwas von der Natur der andren annahm. Wie sich schon in der merkwuͤrdigen Aus- nahme bey Vesta, nach welcher diese als das hoͤhere Glied der Progression, der Sonne wieder naͤher steht als das zunaͤchst niedere, der nahe Anfang einer 2ten Reihe ankuͤndigt, wovon anderwaͤrts mehr, so wird noch in den Verhaͤltnißzahlen des ersten Doppelgliedes der 2ten Reihe, die Natur des angraͤnzenden Endes der 1 sten Reihe erkannt. Auf dieselbe Weise haben wir auch schon in den Eccentricitaͤtsverhaͤltnissen, den Anfang der 2ten Pro- gression noch ganz mit dem Ende der letzten uͤberein- stimmend gefunden; noch zeigte sich nichts von dem ei- gentlichen Charakter dieser Reihe, Von jener Division naͤmlich. und blos die Zahl 58, welche fuͤr dieselbe charakteristisch ist, wie fuͤr die erste die Zahl 78, verrieth uns ihr Daseyn. Am merk- wuͤrdigsten jedoch ist in dieser Hinsicht jener Uebergang der ersten zur 2ten Progression, der sich bey Juno und Vesta findet. Wir sahen, daß in den Eccentricitaͤtsverhaͤltnissen der Juno, die 4te Potenz der Zahl 3, 395 nicht mehr mit 3, 395 , sondern mit nur 3, 2095 multiplicirt war. Es ist dieses die Cubicwurzel von 33, 0613 , waͤhrend die Mittelzahl zwischen 29, 25 und 39, 13 = 34, 19 ist. E e 2 Oder anders ausgedruͤckt: es ist die bey diesem Pla- neten beobachtete Zahl 426, 454 = 39, 13 × 10, 8968 , was das Quadrat der Cubicwurzel von 35, 97 ist. Auf beyde Weisen zeigt sich eine allmaͤlige Annaͤherung der bisher sich gleich gebliebenen 3, 395 an 3, 08112 . Deutlicher noch ist jedoch schon der Uebergang der einen charakteristischen Zahl in die andre, bey Vesta. Es ist bey ihr die Sonuenferne nach Sonnenhalbmes- sern, in der doppelten Eccentricitaͤt nach eignen, 610, 254 Mal enthalten, was nur noch wenig von 607, 112 oder 39, 13 multiplicirt mit dem Quadrat der Cubicwurzel von 61, 1 (dem 8ten Theil von 488, 8 ) oder 15, 51294 abweicht. 610 ist 39, 13 mal 15, 59325 diese Zahl ist das Quadrat der Cubicwurzel von 61, 5751 . Hiermit scheint auch im Zusammenhang zu stehen, daß bey Juno die Zahl 62 in der Zahl der Sonnenta- ge waͤhrend eines Jahres, noch mehr aber, daß bey Vesta die Zahl 122, oder 2 mal 61, als Cubicwurzel der Verhaͤltnißzahl des Halbmessers zur weitesten Ent- fernung gefunden wird. Bey Juno ist die Cubicwurzel der weitesten Entfernung nach eignen Halbmessern noch 78, 709 . 20. Es wird nun blos noch das Verhaͤltniß der Eccen- tricitaͤt bey Mercur zu beruͤcksichtigen seyn, dessen wir vorhin nur beylaͤufig erwaͤhnt haben. Es ist dieses in seiner Art nicht minder merkwuͤrdig, als jene Eigen- schaften, welche Mercur in dem Verhaͤltniß der Groͤ- ßen zeigt; doch wollen wir, da Vieles erst in einigen der naͤchfolgenden §. weiter auseinander gesetzt werden kann, hier nur einige vorlaͤufige Bemerkungen vor- aussenden. Es verhaͤlt sich bey diesem Planeten die Sonnennaͤ- he nach Sonnenhalbmessern zu der doppelten Eccentri- citaͤt nach eignen, wie 1 zu 162, 161 . Setzt man die Eccentricitaͤt nur 0, 0000235 der mittlern Entfernung, oder um 7 Mercurhalbmesser kleiner, so erhaͤlt man genau das Verhaͤltniß von 1 zu 161, 9516 was die Quadratwurzel seiner mittlern Entfernung nach eignen Halbmessern ist. Es sey jedoch die Herleitung dieser Zahl, welche sie wolle, so ist sie, wie §. 24. deutli- cher werden wird, aus 78, 27 + 83, 7 oder der mitt- lern Entfernung des Mercur nach Sonnenradien zu- sammengesetzt. Es steht, wie wir nachher sehen wer- den, 78 selber statt 84, und so erscheint 162 als 1 mal 78, wozu noch unveraͤndert die Normalzahl, aus welcher hernach 78 hergeleitet ist — 84 tritt. 21. Nicht minder merkwuͤrdig als bey den Planeten, muͤssen, wie uns schon das was wir an unsrem Mond beobachten, vermuthen laͤsset, die Eccentricitaͤtsver- haͤltnisse bey den Monden erscheinen. Denn wie es nicht ohne Bedeutung ist, daß die mittlere Entfernung des Mondes von der Erde eben so viel nach Monden- halbmessern betraͤgt, als die der Sonne nach Sonnen- halbmessern, Nach der Brissonschen Angabe der mittlern Entfernung des Mondes 216, 7 , nach der gewoͤhnlichen 219, 4 , die daß ein Tag des Mondes fast eben so lange dauert als ein Tag der Sonne von der Erde aus gesehen, ja selbst daß in den Entfernungen beyder Weltkoͤrper von der Erde gerade das Verhaͤltniß beob- achtet ist, das sie uns beyde im scheinbaren Halbmes- ser gleich groß erscheinen laͤsset; so ist es auch nicht oh- ne Bedeutung, daß die doppelte Eccentrici- taͤt der Mondbahn nach Erdhalbmessern, fast genau so viel betraͤgt, als die der Erdbahn nach Sonnenhalbmessern (jenes 7, 75 oder wenn wir ein Mittel aus der Brissonschen und der gewoͤhnlichen Angabe waͤhlen, 7, 2 , dieses 7, 28 ) waͤhrend dieselbe nach Mondenhalbmessern fast genau die Quadratwurzel der dop- pelten Eccentricitaͤt der Erde nach Erden- halbmessern ist . (Die doppelte Eccentricitaͤt der Mondbahn nach Mondenhalbmessern ist nach der ge- woͤhnlichen Angabe = 28, 46 , die Quadratwurzel der doppelten Eccentricitaͤt der Erdbahn nach Erdenhalb- messern, oder von 816, 905 ist 28, 58 , welche Zahl auch beylaͤufig der in dem gleich anfaͤnglich erwaͤhnten Verhaͤltniß a 2 zu 2 a 3 vorkommenden Cubicwurzel der mittlern Entfernung der Erde nach eignen Halbmessern nahe steht.) III. Bemerkungen uͤber einige merk- wuͤrdige Zahlenverhaͤltnisse . Verhaͤltnisse der Art, wie die eben zwischen der Erd- und Mondbahn erwaͤhnten, verdienen wohl die groͤßte Aufmerksamkeit, auch wenn sie vor der Hand mittlere Entfernung der Erde von der Sonne 216, 41 Sonnenhalbmesser. aus unsern gewoͤhnlichen Theorien unerklaͤrlich schel- nen koͤnnten. Auch ist jenes Verhaͤltniß nicht einzig in seiner Art, und wir wollen uns seiner nur bedienen, um von ihm den Uebergang zu einigen andren aͤhnli- chen zu machen, die wir schon jetzt auf das Dreyfache vermehren koͤnnten, wenn unser diesmaliger Plan es erlaubte. 22. Wenn wir jenes bekannte Verhaͤltniß, nach wel- chem, wenn wir die mittlere Entfernung des Mercur 4 nennen, die der Venus 4 + 1. 3 der Erde 4 + 2. 3 des Mars 4 + 4. 3 u. s. w. wird, nach der von uns fruͤher gewaͤhlten Weise, in Sonnenhalbmessern ausdruͤcken, so finden wir, daß die Zahl 3 durchgaͤn- gig 6 3 Sonnenhalbmessern entspreche, waͤhrend die andre Zahl, welche in der mittleren Entfernung des Mercur eigentlich als 84 erscheint Von dieser Zahl muß, ganz natuͤrlich, ausgegangen wer- den, dann verhaͤlt sich 84 zu 63, wie 4 zu 3. sich bey mehreren Gliedern in 94, bey andren in 78 u. s. w. ver- aͤndert. Denn so ist die mittlere Entfernung der Venus 1 mal 63 + 94, die der Erde 2 mal 63 + 94, die des Mars 4 mal 63 + 78 Sonnenhalbmesser. Die der Vesta ist ziemlich genau 8 mal 63, und das gewoͤhnlich hinzuzuaddirende Moment verschwindet fast gaͤnzlich. Dagegen zeigt es sich bey der Juno wieder als 73, bey Pallas und Ceres als 94; eben so wie gegen Anfang des ganzen Systems. Bey Jupiter ist die mittlere Entfernung 16 mal 63 + 117, bey Saturn 32 mal mal 63 + 49 endlich ist sie bey Uranus 64 mal 63 (mit 64 in der Vesta schloß sich auch in den Groͤßen- verhaͤltnissen die erste Reihe) und jener Ueberschuß scheint wieder 94 zu seyn, obgleich er, wenn wir den Sonnenhalbmesser nur von der Groͤße setzen, wie hier geschahe, 97 ist. 23. Fuͤr sich allein betrachtet, mußte freylich dieses schoͤne, in der Natur tief gegruͤndete Verhaͤltniß, den gewoͤhnlichen Mathematikern misfallen, da die mittle- re Entfernung des Mercur, die man doch als das je- desmal neu hinzukommende + voraussetzte, auch nicht ein einziges Mal genau als dieselbe (als 84 Sonnen- halbmesser) hierbey auftritt, sondern bey einigen Glie- dern diese, bey andern eine andre ist. Allein, abgesehen davon, daß das Mittel aus 63 + 94 (wie jenes + am Anfang der ersten Pro- gression erscheint) unsre oft erwaͤhnte Zahl 78 ist, und daß diese es ist, welche zu der ihr auf der einen Seite liegenden 63 die auf der andern gelegne 94 hervorruft; so haben wir auch die Zahl 94 in den Eccentricitaͤts- verhaͤltnissen gerade der Venus, der Erde, der Ceres und Pallas, wo sich dieselbe auch bey der mittlern Entfernung zeigt, thaͤtig gefunden. Es war dieses die Zahl, welche von der doppelten Eccentricitaͤt nach eigenen Halbmessern, bey der Venus wie bey der Er- de abgezogen werden mußte, wenn jene Progression, von der wir §. 14. sprachen hervortreten sollte. Bey der Venus war sie, wie sich in den Rotationsverhaͤltnissen gezeigt (Note zum 15ten §.) noch ein nothwendigerer Bestandtheil der doppelten Eccentricitaͤt, welche eben so 1 mal die Sonnennaͤhe nach Sonnenhalbmessern + 94 war, wie die mittlere Entfernung 1 mal 63 + 94; dagegen fieng sie an bey der Erde, wo sie sich zum letztenmale zeigt, minder bedeutend zu werden, bis sie bey Mars zuletzt verschwand, und die Zahl 39, 13 rein hervortrat. Eben so findet sich denn auch bey der mittlern Entfernung des Mars nicht mehr die Zahl 94 als + sondern das Doppelte von 39, unsre Zahl 78. In der Entfernung der Venus (157) hat noch 94 uͤber die nur einmal vorhandne 63 das Uebergewicht, in der der Erde verhaͤlt sich doch 94 zu 126 noch wie 7 zu 9, haͤlt mithin jener noch fast das Gleichgewicht, waͤhrend in den entfernteren Gliedern jenes immer neu hinzu zu addirende Plus , gegen das andre Element immer mehr zuruͤcktritt, immer weniger bedeutend wird. Aus diesem Grunde zeigt sich jener, hiermit im offenbaren Zusammenhange stehende Ueberschuß uͤber die der doppelten Eccentricitaͤt zu Grunde liegende Zahlen, blos bey der Erde und bey Venus, und vor- zuͤglich unentbehrlich bey der Venus. So wird uns hierdurch aus jenem schoͤnen, so oft verkannten Verhaͤlt- niß der mittlern Entfernungen, eine sonst unerklaͤrli- che Erscheinung bey den Eccentricitaͤten geloͤst. Wir sehen nicht minder bey der Ceres das Verhaͤlt- niß der doppelten Eccentricitaͤt nach eignen zur Sonnen- naͤhe nach Sonnenhalbmessern, wie 93, 2109 zu 1, waͤh- rend auch bey diesen Planeten die doppelte Eccentrici- taͤt nach Sonnenhalbmessern gegen 94 (93, 8 ) ist. Bey der Pallas war jenes Verhaͤltniß wie 3 mal 91 zu 1, und auch die doppelte Eccentricitaͤt dieses Plane- ten nach Sounenhalbmessern, betraͤgt beylaͤufig gegen 3 mal 98. Endlich so erscheint bey Uranus, wo wiederum 94 zur mittlern Entfernung hinzutritt, die Zahl 93 auch in andren Verhaͤltnissen Unter andern auch in dem schon in meinen Ahndungen angefuͤhrten des Volumens der Weltkoͤrper, wo derselbe in der dort aufgestellten Progression 93 2 wird (die einfa- che Zahl 94 faͤllt auch dort auf Venus und Erde.) die uns kuͤnftig beschaͤftigen werden, und seine doppelte Eccentricitaͤt nach Sonnenhalbmessern ist 4 mal 92. Noch inniger ist die Zahl des Ueberschusses bey Jupiter und Saturn mit den andern Naturverhaͤltnis- sen dieser Planeten verbunden. Die Zahl der Sonnen- tage waͤhrend eines Jahres des ersteren, ist das Qua- drat von 13, und diese Zahl erscheint auch in dem (uͤberall wichtigem) Verhaͤltniß der Entfernung des Jupiter zu der des ersten Gliedes des ganzen Systems (Mercur) wieder. Der Ueberschuß der mittlern Ent- fernung uͤber 16 mal 63, betraͤgt bey ihm 117, 75 , oder 9 mal die Quadratwurzel der Zahl der Sonnentage in einem Jahr, waͤhrend 9 das Verhaͤltniß des Sonnen- halbmessers zu dem des Jupiter bezeichnet. Wir sahen denn auch in dem Verhaͤltniß des 1 sten Jupitermondes zum 2ten (§. 12.) wie wichtig jene Zahl 117 in der Geschichte dieses Planeten sey. Endlich so ist bey Sa- turn die Zahl der Sonnentage 7 mal 60 (60 druͤckt zugleich das Verhaͤltniß eines Sonnen- zu einem Sa- turnustage aus) und die Zahl jenes Ueberschusses bey der mittlern Entfernung, ist das Quadrat von 7, welche Zahl, wie wir anderwaͤrts sehen werden, ihre Wichtigkeit auch in den Verhaͤltnissen des Ringes und der Monde zu erkennen giebt. Dahin gehoͤrt nicht etwa allein die Zahl der Monde, die vielleicht gar eigentlich 8 ist. 24. Wenn so die Zahl 7 mal 9 oder 63, schon in den Verhaͤltnissen der Entfernungen unverkennbar gefunden wird; so muͤssen wir eine gewisse tiefere Bedeutung der Zahlen 7 — 9 — 12, auch in andren Thatsachen, die uns die Geschichte des Planetensystems darbietet, an- erkennen, und so sehr man auch gewoͤhnlich eine solche Bedeutung der Zahlen zu verlachen pflegt, so wenig wird sich gegen das unmittelbare Zeugniß der Natur selber einwenden lassen. Wir haben, bis jetzt die Glieder beyder Progressio- nen blos nach der Stufe, welche (der Zahl nach) je- des in seiner Reihe einnimmt, einander gegenuͤber ge- stellt. Ein tiefer liegendes Naturverhaͤltniß, das ich in meiner oft angefuͤhrten Schrift weiter auseinander gesetzt habe, laͤßt Jupiter mit Merkur, Venus mit Saturn, Uranus mit Mars in Beziehung sehen (die Quadratwurzeln der Entfernungen des Jupiter, Saturn und Uranus nach eignen, sind z. B. nahe die Zahl der Son- nenfernen nach Sonnenhalbmessern bey Mercur, Venus und Mars). Es verhalten sich aber dann diese gegen- uͤberstehenden Glieder, in Hinsicht der Umlaufszeiten, wie 1 zum Quadrat von 7. Mit 7 mal 7 endigt auch das letzte Glied des ganzen Systems, im Verhaͤltniß zum ersten, und es ist die mittlere Entfernung des Ura- nus, 49 mal die des Merkur. So fiel auch, wie wir sahen, der wichtige Punkt unsers Planetensystems, wo die erste Reihe endigt und die 2te beginnt, in die 4 zuletzt entdeckten Planeten. Das Gebiet der Entfernungen derselben, faͤllt aber, wenn wir die Sonnennaͤhen und Sonnenfernen zugleich mit beruͤcksichtigen, in dem §. 22. aufgestellten Ver- haͤltniß, gegen 7 bis 9 mal 63 Sonnenhalbmesser. Eben so fieng nach §. 12. bey den Jupitermonden die zweyte Reihe bey der Entfernung von neun Jupiterhalbmes- sern an. Neunmal 63, oder 567, steht der mittlern Entfernung der Juno, als des letzten Gliedes der ersten Reihe, bis auf + 10 (vielleicht 9) nahe, eben so nahe steht die Sonnennaͤ- he dieses Planeten an 7 mal 63 u. s. w. Wenn die Zahl 58½ in der 2ten Reihe, die in der aus der mittlern Entfernung der Pallas erhaltnen Zahl 503, 541 noch als 62, 942 , in der aus dem gemein- schaftlichen Verhaͤltniß der ersten Glieder erhaltnen Zahl 488, 8 noch als 61, 1 , in der Zahl 486 schon nur noch als 60, 7 , endlich in den Eccentricitaͤtsverhaͤltnis- sen, Anfangs, (bey Ceres) noch als 59, 996 , dann nur noch (worinn sie sich dann bis zum Ende gleich bleibt) als 58, 5 erscheint, sich deutlich, durch sehr allmaͤlige Uebergaͤnge, von 7 mal 9 oder 63 ableiten laͤsset, so laͤßt sich in der 2ten Reihe eben so deutlich die Zahl 78, 27 von 7 mal 12 oder 84 ableiten. Auch hier ist die aus der mittlern Entfernung des ersten Gliedes erhaltne Zahl noch fast genau 84 (83, 77 ) wie die von der Pallas erhaltne noch fast genau 63 war. In der nicht minder aus andern wichtigen Naturverhaͤltnissen des Merkur hergeleiteten Zahl 162, (aus 84 und 78 zusammengesetzt) erscheint sie, wenn wir das Mittel aus den beyden Elementen woraus sie besteht waͤhlen, noch als 81. In der Weise wie der Halbmesser der Venus von Merkur aus bestimmt wird, wahrscheinlich (nach der Note zum §. 10.) noch als 79, 329 , bey den uͤbrigen Gliedern der Reihe nur noch als 78, 27 , end- lich in den Verhaͤltnissen der Notationen (als das Dop- pelte von 37 und 36) und in der Eccentricitaͤt der Juno, worin diese schon den Uebergang zu der charak- teristischen Zahl der 2ten Reihe macht, nur noch als 74 und 73. (auch in der Zahl des Ueberschusses der mitt- lern Entfernung bey Juno ist sie nur noch 73.) So scheint es wirklich, daß, wie schon die Meynung des fruͤhesten Alterthums war, jene Zahlen in dem Plane- tensystem (wie denn wohl in der ganzen Natur) eine viel tiefere Bedeutung haben muͤssen, als man jetzt ge- woͤhnlich waͤhnt. IV. Vorlaͤufige Bemerkungen uͤber die Lage der Apsiden- und Knoten- punkte der Planeten- bahnen . Wenn auch bey diesen beylaͤufigen Bemerkungen, uͤber eine besondre Bedeutung einiger Zahlen, der Zwei- fel, ja selbst der Widerwille, den sie bey den meisten Mathematikern erregen muͤssen, eine ganz natuͤrliche Folge der jetzt herrschenden Ansichten scheinen muß; so sollte man doch eigentlich weniger erwarten, daß das Daseyn zweyer verschiedner Progressionen in den Groͤ- ßen- und andern Naturverhaͤltnissen unsers Planeten- systems, in dieser mathematischen Zeit etwas Anstoͤßi- ges haben koͤnnte. Und doch habe ich dieses bisher haͤufig, selbst bey den vortreflichsten Mathematikern er- fahren muͤssen. Man scheint zu uͤbersehen, daß diese 2 Reihen aus demselben nothwendigen Grund entstehen muͤssen, welcher die elliptische Gestalt der Bahnen her- vorbringt, und daß sie sich sehr wohl selbst mit dem Gesetz der allgemeinen Schwere werden muͤssen in Zu- sammenhang setzen lassen. Obgleich der Verfasser sich unvermoͤgend fuͤhlt, fuͤr diese letztere Behauptung den mathematischen Beweis zu fuͤhren, wozu ein viel tie- ferer mathematischer Geist gehoͤren wird, als der sei- nige, so hat er doch von einer andern Seite hinlaͤngli- che Gruͤnde dazu, welche wohl anderwaͤrts ihren Ort finden werden. Einstweilen koͤnnte es gut seyn, blos als eine nun einmal vorhandne, nicht zu laͤugnende Thatsache (die Erklaͤrung sey welche sie wolle) das Daseyn jener beyden Progressionen auch in verschiedenen andern Ver- haͤltnissen der Weltkoͤrper, welche jenen der Groͤßen und Eccentricitaͤten sehr aͤhnlich sind, nachzuweisen. Zwar wird uns hierzu vorzuͤglich eine 2te Abhandlung Gelegenheit geben, welche dieser ersten vielleicht bald nachfolgen kann, und worin man auch die einzelnen Planeten in den genauen Verhaͤltnissen der Rotationen, Neigung der Bahnen und der Axen, der Lage der Apsi- den und Knoten u. a. in einem eben so nothwendigen Zusammenhang mit einander finden wird, als in dem der Groͤßen; so daß diese Verhaͤltnisse bey einem naͤchstfolgenden Glied eben so nothwendig aus denen des vorhergehenden hergeleitet werden koͤnnen, als die Halbmesser; doch will ich aus dem einen jener Verhaͤlt- nisse, welches die Lage der Knoten und Apsiden der Planetenbahnen angeht, noch einige vorlaͤufige Bemer- kungen hinzufuͤgen. Da diese Bemerkungen blos dazu dienen sollen, das Daseyn jener beyden Progressionen zu beweisen, so werden sie sich vor der Hand auf kei- ne Weise uͤber diese Graͤnze verbreiten, und selbst das eigentliche Verhaͤltniß, nach welchem sich die Neigung der Bahnen, die Lage der Kno- ten und Apsiden des einen Planeten aus denen des andern genau bestimmen lassen , und welches beylaͤufig das einfachste und am leichtesten in die Augen fallende unter allen ist, wird außerhalb den nothwendigen Graͤnzen dieser Abhandlung liegen. 25. Es wuͤrde der Natur der Sache eben so wenig an- gemessen scheinen, wenn wir die Neigung der Plane- tenbahnen und die Lage ihrer Knoten auf die Erdbahn beziehen wollten, als wenn wir bey den Entfernungen aller Planeten, als gemeinschaftlichen Maasstab, blos den Halbmesser der Erde anwenden wollten. Wir muͤssen daher zuerst jene Elemente auf die Ebene des Sonnenaequators beziehen. Es wird die Neigung desselben auf der Ecliptik 7½°, die Lage seiner Knoten neuerdings auf den 68sten Vielleicht wuͤrden die nachstehenden Berechnungen der Wahrheit noch naͤher gekommen seyn, wenn sie, aus spaͤ- ter anzufuͤhrenden Gruͤnden, statt des 68sten, den 691sten Grad der Laͤnge zu Grunde gelegt haͤtten. und 248sten Grad derselben festgesetzt. Vormals hat Cassini in den Memoir. de l’ Acad. royal. des sc. fuͤr d. J. 1734, diese Berechnung fuͤr die 5 aͤlteren Planeten vorgenommen, wobey er die Neigung des Sonnenaͤqua- tors so wie wir, die Lage der Knoten in den 70sten und 250sten Grade der Ecliptic vorausgesetzet; neuer- dings aber hat der hiesige sehr geschickte Mathemati- ker, Herr Ingenieurlieutnant Fischer, von welchem in kurzem einige sehr wichtige mathematische Arbeiten zu erwarten sind, diese Berechnung nach denselben Grund- saͤtzen, von neuem fuͤr die ersterwaͤhnte Annahme der La- ge der Knoten vorgenommen, und auf die 5 spaͤter entdeckten Planeten ausgedehnt. Zugleich werden die- se seine Berechnungen in 2 Figuren, welche dieser Ab- handlung beygefuͤgt sind, anschaulich gemacht. Wir setzen zur Vergleichung die Cassinische Berech- nung voraus, wobey zu bemerken ist, daß aus ganz einfachen Gruͤnden, die zum Theil in den Erlaͤuterungen der 2ten Figur enthalten sind, der Knoten der Bahnen auf der Ebene des Sonnenaͤquators, der dem aufstei- genden Knoten auf der Ebene der Erdbahn entspricht, hier niedersteigender ist, und umgekehrt. Cassinis Berechnungen der: Wir setzen nun, bey den nachstehenden neueren Be- rechnungen, zugleich den Ort des aufsteigenden, oder noͤrd- lichen Knotens, auf der Ebene des Sonnenaͤquators hin- zu, um hierdurch eine leichtere Uebersicht zu gewinnen, die uns weiter unten noͤthig seyn wird. F f Fischers Berechnungen der Nach einem Mittel aus der La Landeschen und der in den Berliner Tafeln enthaltnen Angabe. 26. Wir erkennen bey dem ersten Blick, den wir auf die Tabelle, welche den Ort der Knoten auf dem Son- nenaͤquator angiebt, richten, das beylaͤufige Verhaͤlt- niß, daß der Knoten der Erdbahn fast genau in die Mitte zwischen beyde aͤußerste Enden faͤllt. Denn wenn wir das Mittel aus dem am weitesten nach der einen Seite gelegenen Knotenpunkt der Vesta, und dem am weitesten nach der andern liegenden des Mer- cur suchen, erhalten wir 68° 41′ 54″, 63 . Was vielleicht der Wahrheit naͤher steht, als die auch von uns gewaͤhlte, immer auf sehr unsicheren Beobachtungen beruhende Angabe. Eben so erhalten wir 68° 32′ 47″, 43 wenn wir das Mittel aus den Knotenpunkten der zu beyden Seiten der Erde (der Entfernung nach) gelegnen Planeten, Venus und Mars suchen, und der Knotenpunkt der Venus ist fast eben so weit abwaͤrts von dem des zunaͤchst vorherge- henden Gliedes Mercur entfernt, als der des Mars von jenem des naͤchstfolgenden Vesta (jener 74° 6′ die- ser 73° 48′). Dagegen erhalten wir, wenn wir das Mittel aus der Summe aller Knotenpunkte von dem einen aͤußer- sten — dem der Vesta aus gerechnet suchen, 51° 23′ 33″ Wenn wir eben so das Mittel aus der Summe aller auf- steigenden Knoten, von dem der Vesta an gerechnet, su- chen, erhalten wir 231° 32′ was mithin 51° 23′ ent- spricht. und eben so, wenn wir das Mittel aus der Summe aller, von dem andren aͤußersten Ende, von dem des Mercur aus gerechnet, abwaͤrts gezaͤhlt, su- F f 2 chen, 84° 55′ 8″. Wir erhalten dann aber, wenn wir im ersteren Falle 51° 23′ 33″ von dem Knoten- punkte der Vesta aufwaͤrts zaͤhlen, 51° 56′ 7″ der Laͤnge, und genau eben so, wenn wir 84° 55′ 8″ von dem des Mercur abziehen, 51° 56′ 7″. Die Summe der Entfernungen des Knotens der 4 Haupt- planeten der ersten Reihe (von Mercur bis Mars) ist nahe an 136° 19′ oder dem Abstand des Knotens bey dem er- sten Glied von dem der Vesta. Eben so betraͤgt die Sum- me jenes Abstandes bey der 2ten Reihe 28° 7′; — der des Knotens der Ceres (des ersten Planeten der 2ten Reihe) von dem der Vesta 28° 10′. Es faͤllt aber in die Augen, daß dieser so aus beyden Mitteln erhaltne Punkt, mit dem Knotenpunkt des Saturn, der in der andern Reihe das der Erde entsprechende Glied ist, ziemlich nahe uͤbereinstimmt, eben so wie der aus dem Mittel beyder Extreme erhaltne, mit dem Knoten- punkt der Erde. Da die Lage der Knoten der uͤbrigen Planeten nur nach der bey der Erde vorausgesetzten berechnet werden kann, diese aber sehr leicht Irrthuͤmern von ½ ja einem ganzen Grad ausgesetzt seyn muß, so duͤrfen auch in diesen bey- laͤufigen Verhaͤltnissen Differenzen, die nicht mehr betra- gen, nicht zu hoch angerechnet werden. 27. Es erhaͤlt diese vorlaͤufige Bemerkung, die sich uns bey der Betrachtung jener Tabelle aufgedrungen, bald einige Bedeutung, wenn wir einen aͤhnlichen pruͤ- fenden Blick auf die nachstehende Tabelle, welche die Orte der Apsidenpunkte enthaͤlt, richten wollen. Berliner astronomische Tafeln 1779. Wenn wir die Summe aller Sonnenfernen, von dem Knotenpunkt der Vestabahn auf dem Sonnen- aͤquator an, welcher Punkt (der mit dem ersten Grad der Laͤnge fast uͤbereintrifft) Wie wir kuͤnftig bey dem Verhaͤltniß der Neigung der Axen der Planeten auf ihrer Bahn sehen werden, gar nicht zufaͤllig; sondern aus einem nothwendigen Grund. Man bemerke nur einstweilen vorlaͤufig, daß der Knoten der Erdbahn auf dem Sonnenaͤquator, fast genau dem Aphelio der Vesta entspricht, aus demselben Grunde muß der Punkt, wo die Ebene unsers Aequators die Erdbahn schnei- det, in den Knotenpunkt der Vesta fallen. Hiervon kuͤnf- tig. Ein aͤhnliches Verhaͤltniß, ist schon jetzt zwischen meh- reren Planeten deutlich. uns schon einmal von Wichtigkeit gewesen, zusammen addiren, und her- nach das Mittel aus allen suchen, finden wir auf die gewoͤhnliche Laͤnge reducirt 248° 1′ 38″ 7 . Zaͤhlen wir dagegen die Entfernung der Aphelien von diesem Punkte aus nach der minus Seite hin, oder zuruͤck- waͤrts, was natuͤrlicher scheint, da hier die meisten (bis auf 2) demselben naͤher sind, und ziehen alsdann, wie nothwendig ist, den Werth jener beyden, die nach der + Seite hin naͤher an dem gewaͤhlten Punkte fallen, ab, (des Mars und der Vesta) so finden wir, wenn wir durch Division das Mittel aller suchen: 312° 56′ der Laͤnge. Umgekehrt aber, wenn wir von dem Kno- tenpunkte der Vesta gerade aufwaͤrts gezaͤhlt, aus der Summe der Perihelien das Mittel suchen, erhalten wir den 312° 56′ auf der andern Seite ziemlich entsprechen- den Punkt: 133° 29′, so wie wir, wenn wir uns der an- dern Weise bedienen, den dem 248sten Grad entspre- chenden 68sten finden. Das Mittel aus den Aphelien der 4 zuletzt entdeckten Pla- neten, ist auf die gewoͤhnliche Laͤnge reducirt: 232° 42′, was sowohl mit dem Aphelio der Juno als dem Knoten der Sa- turnsbahn auf der Ebene des Sonnenaͤquators uͤbereinstimmt. Addiren wir ferner alle Abstaͤnde der Aphelien, die dem 248sten Grade nach der + Seite hin am naͤchsten liegen, (noch innerhalb der Graͤnze von 180°), wel- ches die von 7 sind, so erhalten wir 347° 21′ 15″, Sehr merkwuͤrdig ist es, daß diese Zahl dem Aphelio des letzten Planeten des ganzen Systems, — des Uranus, von dem Knoten der Vesta an gezaͤhlt, so nahe steht. addiren wir dann die der viere, welche von diesem Punkt nach der ÷ Seite weniger als 180° entfernt sind, so erhalten wir auch 347° 2′ 14″. So ist auch die Summe des Abstands der Aphelien des Mercur, der Venus und der Erde von dem 248sten Grade nach der + Seite hin, (96° 24′ 14″) fast genau so viel, als der Abstand des Apheliums des Mars von jenen Punk- ten nach der ÷ Seite betraͤgt, (96° 31′ 46″) waͤhrend die Summe der Abstaͤnde der Aphelien der Vesta und Ju- no von jenem Punkte, gerade 2 mal 96° 26′ (192° 62′) ist u. s. w. Wir sehen demnach in diesen Verhaͤltnissen die bey- den Knotenpunkte der Erdbahn auf dem Sonnenaͤqua- tor, oder was dasselbe ist, die Apsidenpunkte der Ve- sta, unverkennbar ausgezeichnet; und mit Recht, da der 69ste Grad der Punkt ist, wo von der Sonne aus gesehen, fast mehr als wahrscheinlich jener Weltkoͤrper, oder jene hoͤhere Substanz hinfaͤllt, zu welcher sich die Sonne wiederum verhaͤlt, wie die Planeten zu ihr. Wenn wir nun zuerst untersuchen — und dieses ist was uns hier vorzuͤglich noͤthig ist, — welche Plane- ten sich von diesen Punkten aus gezaͤhlt nach der einen und der andern Seite hin entsprechen, so finden wir gerade wieder, wie in den Verhaͤltnissen der Groͤßen und Eccentricitaͤten, daß der Venus auf der einen, Jupi- ter auf der andern, dem Mars auf der einen, Uranus auf der andern entspricht. Denn so erhalten wir, wenn wir das Mittel aus den Aphelien der Venus und des Jupiter suchen, 248° 17′ 49″, aus den Perihelien 68° 17′ 49″ oder was dasselbe ist, das Aphelium der Venus ist eben so weit nach der einen Seite hin von dem 248sten Grad entfernt, als das des Jupiter nach der andern (beyde gegen 60°). Eben so erhalten wir, wenn wir den Punkt suchen, der, wo sich die Aphe- lien des Mars uud des Uranus am naͤchsten stehen, gleich weit von beyden absteht (82° 10′ 45″) 68° 17′ 29″; auf der andern Seite ist das Mittel zwischen bey- den 248° 17′ 29″. Außer dem 248sten und 68sten Grade, erhielten wir vorhin die Zahlen 133 und 313 als bedeutende: Es sind diese aber nicht blos den Knotenpunkten der Bahn des Mercur auf der Ebene des Sonnenaͤquators (136 und 316) nahe, sondern noch naͤher, und fast genau jener Punkt, wo das Mittel aus den Apsiden- punkten der Pallas und Ceres, welche, wie wir sahen, auch in allen andren Verhaͤltnissen als das erste (Dop- pel) Glied der 2ten Reihe, dem Mercur in der ersten entsprachen, hinfaͤllt. Denn wenn wir, wie wir bis- her uͤberall thun mußten, diese beyden Glieder nur wie ein einziges betrachten, und auch aus den beyden Ap- siden nur eine (mittlere) waͤhlen, ist diese fuͤr den ge- meinschaftlichen Sonnennaͤhenpunkt: 133° 50′ 35″ fuͤr den gemeinschaftlichen Sonnenfernenpunkt 313° 50′ 35″. Umgekehrt steht nun auch das Aphelium des Mercur dem 248sten Grade unter allen am naͤch- sten, wie sein Perihelium dem 68sten u. s. w. Wenn wir nun aber auch, wie wir vorhin bey den Knotenpunkten thaten, eben so von dem auf dem an- dern aͤußersten Ende gelegnen des Mercur an zaͤhlen, finden wir, um nur das zu erwaͤhnen, was uns jetzt zunaͤchst angeht, von ihm und jenem der Vesta aus gemeinschaftlich, den 273sten Grad. Denn dieser ist gerade eben so weit nach der andern Seite hin von dem 136sten, oder dem Knotenpunkt des Mercur entfernt, als dieser von dem der Vesta (136°). Vorhin (§. 26.) fanden wir gemeinschaftlich von den Knotenpunkten der Vesta und des Mercur aus, den der Erde und den des ihr in der andern Reihe entsprechenden Saturn, jetzt aber finden wir (man erlaube uns einstweilen diesen Ausdruck) durch den abermals aus dem Verhaͤltniß der Knotenpunkte der Vesta und des Merkur erhaltenen 273sten Grad der Laͤnge, die Sonnenfernen dieser bey- den Planeten. Es ist naͤmlich das Mittel aus 268° 9′ 7″ und 278° 37′ 16″ = 273° 23′ 11″, 5 , wel- cher Punkt zugleich auch aus anderweitigen Gruͤnden fast derjenige ist, wo das Maximum der Neigung der Pallasbahn, die unter allen die groͤßte ist , hinfaͤllt. Ein andrer Punkt, der von dem Knotenpunkte des Merkur aus erhalten wird, wenn wir von ihm aus gerade aufwaͤrts, (nach der + Seite) die Entfernung aller Aphelienpunkte zaͤhlen, und aus der gefundnen Summe das Mittel nehmen, ist der 281ste, oder aus an- derwaͤrts anzufuͤhrenden Gruͤnden Denn wir werden diesen Punkt kuͤnftig noch in vielen an- dern Faͤllen sehr ausgezeichnet finden. vielmehr fast genau der 283ste, (der von den Apsidenpunkte der Erde und dem 273sten Grad, zugleich aber auch aus den Knoten- punkten des Saturn und dem oben erwaͤhnten 313ten, auf eine Weise, deren wir uns kuͤnftig bedienen wollen, erhalten wird). Es ist aber dieser Punkt nicht allein das Mittel zwischen den Aphelien des Merkur und je- nem erwaͤhnten des ersten Doppelgliedes der 2ten Rei- he, sondern auch fast das Mittel zwischen jenen Punk- ten, wo die Bahnen der in allen Verhaͤltnissen, so wie Pallas und Ceres geschwisterlich verbundnen Pla- neten, Vesta und Juno, das Maximum ihrer Neigung erreichen. Denn diese Vereinigung der Juno und Vesta, zeigt sich auch bey einer nur oberflaͤchlichen Betrachtung die- ser Verhaͤltnisse. Wir sahen, daß sowohl die Groͤßen als Eccentricitaͤtsverhaͤltnisse der Vesta und Juno, ge- meinschaftlich von Mars aus bestimmt wurden. Eben so werden es denn auch die Apsiden, und es ist das Aphelium der Juno nach der einen Seite hin, fast ge- nau eben so weit von dem des Merkur aus entfernt, als das der Vesta nach der andern (dieses ÷ 81° 37′ 42″ jenes + 81° 48′ 47″), Pallas und Ceres aber zeigen sich auch darin wieder verbunden, daß, wenn man auf eine kuͤnftig anzufuͤhrende Weise, den Ort des Apheliums des naͤchsten Gliedes von der Juno aus be- stimmt, nicht der des Apheliums der Ceres, sondern fast genau das Mittel aus beyden Aphelien, 313° 50′ 35″ erhalten wird, Selbst schon in dem sehr beylaͤufigen, in der 2ten Reihe Statt findenden Verhaͤltniß, nach welchem das Aphelium eines naͤchstfolgenden Planeten von dem des vorhergehen- den gegen 78 bis 80 Grade entfernt ist. So viel betraͤgt naͤmlich der Abstand zwischen den Aphelien des Uranus und Saturn, zwischen denen des Saturn und Jupiter, zwischen denen des Jupiter und dem Mittel aus den Aphe- lien der Pallas und Juno, endlich auch der zwischen de- nen der Juno und dem Mittel aus jenen der Ceres und Pallas. so wie auch die Entfernung der Sonnenferne von dem Knotenpunkte, (welche Ent- fernung uͤberall von der hoͤchsten Wichtigkeit ist) Auch darinn lassen sich schon beylaͤufig beyde Progressionen, und die Wechselbeziehungen der einzelnen Glieder derselben erkennen. Wenn man naͤmlich die Abstaͤnde der Apsiden von den Knotenpunkten vergleicht, sind sich diese Diffe- renzen bey Mars und Uranus, dann wieder bey Erde und Saturn, endlich bey Jupiter und Venus am naͤchsten ver- wandt, und der jedesmalige Unterschied wird uns kuͤnftig noch von der groͤßten Wichtigkeit seyn. Bey Mereur ist endlich der Abstand des Apheliums von dem aufsteigenden Knoten (116° 42′) dem des Periheliums der Pallas und Ceres von demselben Knoten (118) verwandt. bey dem einen fast eben so viel wie bey dem andern, naͤmlich bey Ceres 62° 4 bey der Pallas 61° 15 betraͤgt. So werden auch in diesen Verhaͤltnissen nicht blos unverkennbar deutlich zwey verschiedne sich entgegen- gesetzte Reihen im Planetensystem erkannt, sondern die einzelnen Glieder derselben stehen in derselben Bezie- hung auf einander, Merkur auf Pallas und Ceres, Venus auf Jupiter, Erde auf Saturn, Mars auf Ura- nus, wie in den Groͤßen- und Eccentricitaͤtsverhaͤlt- nissen. Erde und Saturn erscheinen hierbey jeder in seiner Reihe als die beyden wichtigsten Glieder, und die Natur hat dieses auch gleich aͤußerlich den Sinnen bemerkbar gemacht, indem sie unter allen Gliedern der ersten Reihe bloß der Erde einen Mond, unter allen Gliedern der Mondereichen 2ten Reihe, b lo s dem Sa- turn einen Ring verliehen hat. Auf eine andre, tiefer liegende Beziehung zwischen Sa- turn und Erde, habe ich schon anderwaͤrts aufmerksam gemacht. Es ist naͤmlich die große magnetische Periode der Erde (zu 864 Jahren) fast genau das Quadrat eines Saturnjahres (dieses ist 29, 42 Jahre, die Cubicwurzel von 864, ist 29, 39 ). Wir werden aber kuͤnftig, bey dem Verhaͤltniß der Neigungen der Axen sehen, daß eben so die große magnetische Periode bey Venus, mehr als wahrscheinlich das Quadrat eines Jupiterjahres, bey Mer- cur das eines Ceres und Pallasjahres, ja selbst bey Mars das eines Uranusjahres ist; wobey natuͤrlich jene Zahl (als Wurzel) gewaͤhlt werden muß, wie oft ein Jahr jener ersteren Planeten in dem des ihnen in der andren Reihe entsprechenden Planeten enthalten ist. (Ein Pal- las- und Ceresjahr enthaͤlt 19, 1 Mercur-, ein Jupiter- jahr 19, 27 Venus-, ein Uranusjahr 44, 53 Mars-Jahre.) Ja selbst, man erlaube mir hieruͤber nur noch ei- nige Worte, jene, vielen Mathematikern mißfaͤllige Wichtigkeit der Zahlen 63 — 7 — 9 — 12 u. s. w. rechtfertigt sich auch hier. Denn so sind nicht blos der Abstand von 30 Gra- den, oder der 12te Theil des Kreises, der von 60, oder der 6te, der von 51° (selbst schon nach §. 26.) oder der 7te, der von 40, oder der 9te Theil des Kreises, wie wir kuͤnftig sehen werden, in einer Menge von Faͤllen ausgezeichnet, sondern wie man schon bey einer beylaͤufigen Betrachtung der Lage der Knotenpunkte und ihrer Abstaͤnde sehen wird, der Ab- stand von 5° 42′ 51″, oder der 63ste Theil des Krei- ses, zeichnet sich bey jeder Gelegenheit aus. So viel fast betraͤgt der Unterschied zwischen den Knoten der Venus und der Erde, der Erde und des Mars; dop- pelt so viel, der zwischen den Knotenpunkten des Sa- turn und des Jupiter, der Juno und Ceres; vierfach so viel, der zwischen den Knoten der Ceres und des Sa- turn; (mithin sechsfach so viel, der zwischen Ceres und Jupiter) dreyfach so viel, der zwischen den Knoten des Saturn und der Erde, der Vesta (oder der Pallas) und der Juno, u. s. w. Doch ist die merkwuͤrdigste Uebereinstimmung der Verhaͤltnisse der Lage der Apsi- den, der Knoten und der Neigungen, mit jenen der Groͤßen und Eccentricitaͤten, die, welche jenen Zusammenhang der einzelnen Planeten unter einander, und die stete Beziehung eines vorhergehenden naͤheren Gliedes auf ein kuͤnftiges entfernteres beweist. Diese Uebereinstim- mung wird sich uns sogleich, bey den weiteren Unter- suchungen uͤber diesen Gegenstand, zu erkennen geben. Doch versparen wir alle weitere vorlaͤufige Bemerkun- gen daruͤber, bis zur Aufstellung jenes einfachsten Verhaͤltnisses unter allen (das sich selbst dem Anfaͤnger in allen aͤhnlichen Untersuchungen aufdringen muß) sel- ber, wo uns dann die leichteste Rechnung den Ort der Apsiden und des Knotens, sammt der Neigung, des ei- nen Planeten aus denen eines andren der Sonne naͤhe- ren, soll finden lassen, und von wo sich uns ein einfacher Weg, zu andern viel schwierigeren Untersuchungen zei- gen wird. Vielleicht daß dann auch der Innhalt die- ser Abhandlung, der jetzt nur noch zu sehr als Frag- ment erscheint, in vielseitiger Verbindung mit andren bestaͤtigenden Thatsachen, an Klarheit so wie an Be- deutung viel gewinnen wird. Seit einigen Tagen verbreitet sich das froͤhliche Ge- ruͤcht eines neuentdeckten Planeten. Sollte sich das- selbe bestaͤtigen, so koͤnnte wohl nichts Anders eine so klare und genuͤgende Bestaͤtigung oder Correction der hier aufgestellten Verhaͤltnisse werden, als eben diese schoͤne Entdeckung in ihren weiteren Folgen. Erlaͤuterung der beyden Figuren. E s ist der vorlaͤufige Zweck derselben, die pag. 450 dieses Anhanges mitgetheilten Berechnungen der Nei- gung der Planetenbahnen auf der Ebene des Son- nenaͤquators, anschaulich zu machen; doch werden wir uns, besonders der 2ten Figur, in einer naͤchst- folgenden Abhandlung noch zu einer andern Absicht bedienen. Fig. 1) Wir sehen demnach auf der 1sten Figur die eine Halbseite des Sonnenaͤquators, die man von dem 60sten bis zum 240sten Grad der Laͤnge genom- men, weil in diese Graͤnze, von der Sonne aus gese- hen, die suͤdliche Haͤlfte der Bahn der meisten und wichtigsten Planeten unsers Systems faͤllt. — Der Beobachter wird in dieser Figur außerhalb des ganzen Systems, oder, was dieselben Erscheinungen giebt, in seine Mitte, auf die Sonne gestellt. Alsdann sieht er nach der gewaͤhlten Richtung, die Bahnen der Pla- neten in dem hier ausgedruͤckten Verhaͤltniß nach Suͤ- den von der Ebene des Sonnenaͤquators abgehen: (sich gegen diese neigen) naͤmlich Pallas, deren nie- dersteigender Knoten schon in den 3ten Grad der Laͤnge, mithin außerhalb dieser Figur faͤllt, am weitesten; naͤchstdem Juno, dann die Erde u. s. w. Nur von den vier neu entdeckten Planeten, und vom Saturn, faͤllt der niedersteigende Knoten außer- halb, der aufsteigende innerhalb der Figur, wodurch auf der linken Seite ein Theil der noͤrdlichen Haͤlfte ihrer Bahn sichtbar wird; waͤhrend auf der rechten ein Theil der Bahnen der andern Planeten, besonders des Mercur, noͤrdlich gegen den Aequator geneigt erscheint. Fig. 2) Wenn auf der ersten Figur noch nicht auf die Durchschnittspunkte der andern Planetenbah- nen mit der Erdbahn Ruͤcksicht genommen worden, so hat man dieses dagegen auf der 2ten Figur zu er- reichen gesucht. Freylich ist es nur unvollkommen gelungen! da das Ganze perspektivisch entworfen wer- den mußte, wodurch es, besonders bey der Pallas- bahn, unmoͤglich wurde, daß die Knoten auf der Eclip- tik zugleich mit denen auf dem Sonnenaͤquator, genau angedeutet werden konnten. Um nur einige Beyspiele zu geben: so fallen die Knoten der Saturnusbahn auf dem Sonnenaͤquator, nach pag. 450 in den 51sten und 231sten Grad, die auf der Ecliptik gegen den 112ten und 292sten; wirklich wird man sie auf der 2ten Fig. in den ersterwaͤhnten Punkten in der Mitte des Sonnenaͤquators finden, waͤhrend sie in den letztern den Kreis der Erdbahn durchschneidet. Eben so sieht man die Vestabahn, wie nach pag. 450 nothwendig ist, im 1sten und 181sten Grad in der Mitte des Sonnenaͤquators, waͤhrend die Knoten auf der Ecliptik in den 103ten und 283sten Grad fallen u. s. w. Es kann schon diese Figur dienen, ohngefaͤhr zu zeigen: wo die Durchschnittspunkte einer Planeten- bahn mit irgend einer andern hinfallen. So z. B. fallen die Knoten der Saturnus- auf der Marsbahn, in die Gegend des 331sten und des 151sten Grades, und wirklich sieht man auch auf unsrer Figur in die- ser Gegend beyde Bahnen sich durchschneiden. Zu- gleich lehrt diese Figur, wie schon die 1ste, sehr an- schaulich: weshalb der zunaͤchst an dem aufsteigenden Knoten auf der Ecliptik fallende Knoten auf dem Son- nenaͤquator, hier niedersteigender werden muß, u. s. w. Auf der einen Seite der Figur, die fuͤr die mei- sten Planetenbahnen von der Gegend des 70sten bis zu der des 250sten Grades geht, kann man sich die suͤd- lich vom Sonnenaͤquator abwaͤrts geneigten Bahnen unterhalb, auf der andern Seite die nordwaͤrts ge- neigten, oberhalb der Ebene des Papiers liegend denken. Die Zahlen der Grade stehen auf der einen Seite jedesmal oberhalb des zu bezeichnenden Grades, dessen Ende durch einen Strich angedeutet ist. Auf beyden Figuren ist der Kupferstecher bemuͤht gewesen, die Bahnen der verschiedenen Planeten auf verschiedene Weise dem Auge auszuzeichnen. P bedeu- tet den Punkt, wo das Perihelium, À den, wo das Aphelium, M auf der ersten Figur jenen, wo das Maximum der Neigung der jedesmaligen Planeten- bahn hinfaͤllt. Wo mehrere Planetenbahnen zu nahe in einander laufen, hat man vorzuͤglich eine vorherrschen lassen, wogegen die andern an diesen Stellen unsichtbar werden. Bemerkung . An einigen Stellen dieser Abhandlung soll der Ausdruck: geometrische Progression, ausschließend die einfache geo- metrische Progression bedeuten. Druckfehler des Anhangs zur 6ten Vorlesung. P. 392 Z. 13 v. u. (bey Juno) st. 0, 0254 … 0, 254 … P. 400 Z. 13 v. o. st. 4 mal 78 l. 4 (mal 78) P. 408 Z. 6 v. o. l. sahen st. sehen. P. 430 Z. 11 v. o. l. Cubicwurzel st. Quadratwurzel. P. 442 Z. 14 und p. 443 Z. 12 v. o. del. , P. 443 Z. 10 v. u. l. nach eignen st. eignen. P. 444 Z. 12 v. u. l. 1sten st. 2ten. P. 445 Z. 4 v. o. l. §. 5 st. §. 10. P. 457 Z. 9 v. o. l. dem st. den. — Z. 4 v. u. l. Mars st. Mercur.