Der M essias . Dritter Band . Mit Koͤnigl. Preußischen und Churf. Saͤchsischen allergnaͤdigsten und gnaͤdigsten Privilegien. Halle , im Magdeburgischen. Verlegt von Carl Hermann Hemmerde , 1769 . Vom Deutschen Hexameter, aus einer Abhandlung vom Sylbenmaasse. D ie Regel unsers Hexameters ist, den Daktylus oͤfter, als den Trochaͤus, und diesen, als den Spondeus zu setzen. Wir duͤrfen den Daktylus nicht so oft, als die Griechen, brauchen, weil der Trochaͤus nicht so langsam als der Spondeus ist, und weil dieser, als der dritte Fuß der Versart, zu selten vorkommt, dem oͤfter wieder hohlten Daktylus das Gleichgewicht zu halten. Sie werden mir zugestehen, daß unser epischer Vers mannichfalti- ger, als der homerische sey: Jch nenne den Hexameter der Alten so, weil ihn Homerus schoͤner gemacht hat, als irgend * 2 ein Vom deutschen Hexameter, ein Grieche oder Roͤmer; aber Sie werden mir vermuthlich Partheylichkeit Schuld geben, wenn ich auch den Rhythmus unsers Hexameters vorziehe. Jch laͤugne es Jhnen nicht, daß Sie mir partheyisch vorkommen. Und warum komme ich Jhnen so vor? Weil ich mehr Wohlklang in dem griechi- schen, als in dem deutschen Hexameter hoͤre. Jch sehe wohl, ich werde Sie beschuldigen muͤssen, daß Sie dießmal den Klang der Worte und ihr Zeitmaaß mit einander verwechselt haben. Es ist wahr, ich hatte jetzt diesen Unterschied nicht gemacht. Jch ziehe unsern epischen Vers dem griechi- schen, in Absicht auf den Rhythmus, aus zwey Ursachen vor. Die erste ist, weil sich der Daktylus und der Trochaͤus aͤhnlich sind, und der Spondeus kein naͤheres Verhaͤltniß zu dem Daktylus hat, als zu allen andern Fuͤssen, den Moloß ausge- nommen. Diese Uebereinstimmung der beyden vornehmsten Fuͤsse unsers Hexameters gefiel den Griechen so sehr, daß sie diesen Doppelfuß: - ⏑, - ⏑ ⏑ den musikalischen nannten. Ob nun gleich der Vers viel oͤfter aus Wortfuͤssen, als aus den Fuͤssen der Regel bestehn muß, so duͤrfen doch diese manch- mal einen Theil desselben bilden. Jn dieser Betrachtung kann uns das genauere Verhaͤltniß nicht gleichguͤltig seyn. Die zweyte Ursache, warum ich unserm Verse den Vorzug gebe, ist, weil die Rhythmen, durch die er mannichfaltiger, als aus einer Abhandlung vom Sylbenmaasse. als der homerische wird, einen schoͤnen metrischen Ausdruck haben. Jch glaube, Sie machen mir jetzt den Vorwurf der Partheylichkeit nicht mehr. Gleichwohl will ich Jhnen meine Unpartheylichkeit noch mehr zeigen. Jch behaupte es naͤm- lich als einen Vorzug des homerischen Verses, daß er die Schnelligkeit des Daktylus mehr durch seinen Spondeus, als der unsrige durch seinen Trochaͤus aufhaͤlt. Unsere Dich- ter koͤnnen diesen Vorzug vermindern, wenn sie sich bemuͤhen wollen, theils Gebrauch von den nicht zu wenigen Spondeen zu machen, die wir vornehmlich durch Huͤlfe unsrer einsylbi- gen Worte haben koͤnnen; und theils oft solche Trochaͤen waͤhlen, die nach der griechischen Aussprache Spondeen seyn wuͤrden, und bey uns den Schein derselben haben. Aber was hilft uns das, da wir Deutsche sind, und an diese Vergleichung nicht denken? Denn was gehet uns uͤbrige der zwanzigste unter den wenigen Lesern des Homer an, der so gar sein Sylbenmaaß versteht? Sie haben so sehr recht, als man nur haben kann: Allein, auch ohne Vergleichung, bleibt doch auch fuͤr uns ein Unterschied. Sie hoͤren naͤmlich andre Trochaͤen, wenn Sie spondeenaͤhnliche hoͤren. Man koͤnnte vielleicht sagen, geben Sie mir einmal den Homer her, Werthing, daß die Griechen auch solche Trochaͤen haͤtten. Doch ich sehe jetzt die Sache nicht mehr in dem Gesichts- punkte an, daß wir durch diese Trochaͤen den Gang des Ver- ses etwas spondeisch machen wollen. Jch vergleiche nur die Quantitaͤt der Griechen mit unsrer. Um die Sache mehr * 3 zu Vom deutschen Hexameter, zu uͤbersehen, wollen wir alle Arten der griechischen Trochaͤen nehmen, und sie mit unsern vergleichen. Sphooe, Ophra, Naͤi, Steuto. Wir haben nur solche, wie Sphooe. Spondeenaͤhnliche sind bey ihnen, da naͤmlich, wo sie diese und aͤhnliche Worte als Trochaͤen brauchen: Diphru, Esthloo, Jsaͤ, Phainei, Nuͤmphai, Huͤoi. Alle diese Endigungen haben wir nicht. Jn beyden Sprachen sind eine große Anzahl Trochaͤen, die sich mit Einem Consonanten endigen. Jch will nur einige anfuͤhren: Ballen, werfen, Phootes, Mannes, haͤnich’, menschlich, Soisin, Freundinn. Viele unsrer Trochaͤen endigen sich mit zwey Consonanten, auch wohl mit dreyen. Diese haben die Griechen nicht. Unterdeß ist vielleicht unser: Wandeln, ein besserer Trochaͤus, als das griechische: Bainei, Bildend, als Moisai, und Va- ters, als Kaloi. Sie muͤssen nicht etwa glauben, Heiners, daß solche Worte selten als Trochaͤen gesetzet werden. Wuͤrde es Jhnen bey den Daktylen eben so gut gehen, wenn Sie noch ein wenig blaͤttern wollten? Lassen Sie uns sehen. Leussete, dichtete: Deidechat’, heiliget. Auch der Schluß des Daktyls mit dem einsylbigen Worte: Pheuge mal’, fliehe denn; Chersin huͤph’, wandte sich; Doomat’ es, hoͤret es; Entha phil’, Schrecken will; Avtar hoth, toͤnte vor; Auch drey einsylbige Worte: Ae aus einer Abhandlung vom Sylbenmaasse. Ae ge meg’, Floͤh er doch; Ei de suͤ, Flog in der; Too ke tach’, Zog sie sich; Taͤn de kat’, Todt sie hat; Ae gar ap’, Wenn sie von; Hoi men ar, Sing ich, er; Kadd’ ar’ ep’, Stand er im; Hos rha t’ ap’, Wirf sie an. Doch, Minna, Sie wollen wohl, daß ich hier aufhoͤre. Nein, ganz und gar nicht. Jch mag wohl, daß Sie bisweilen auch ein wenig umstaͤndlich mit unserm Freunde Heiners reden. Uranu, eben dieß dorisch: Ooranoo, Wande- rers, Ae epei, Ewigkeit; Eisetai, Antioi, Ek domu, Heiligung. Die Sache ist doch wirklich mit der griechi- schen Quantitaͤt viel anders, als ich sie mir bisher vorgestellt hatte. Hoͤren Sie, Heiners, ich habe Lust, Jhnen ganz leise ins Ohr anzuvertrauen, daß viele von denen, die ich bisher allerley von Homers Verse habe reden hoͤren, vielleicht nicht sehr bekannt mit demselben gewesen sind. Es moͤgen dieß wohl wenige Stellen seyn, die Selmer zu seinem Vortheile ausgesucht hat. Schlagen Sie auf, wo Sie wollen, so werden Sie finden, daß die angefuͤhrten langen Vocale und Diph- thongen nicht allzuselten als kurz vorkommen. Das muͤssen Sie wirklich thun. Da haben Sie den Homer. Warum wollen Sie nicht? Jch will Jhnen die Muͤhe abnehmen. Doch erst noch ein Wort mit Selmer. Homer ist mir zwar eben nicht unbekannt; aber ich hatte doch die Daktylen, die aus drey Worten bestehn, nicht so bemerkt. Blaͤttern Sie * 4 noch Vom deutschen Hexameter, noch ein wenig. Molossen von drey Worten koͤnnen Jhnen, wegen ihrer Anmerkung, die Sie vorher machten, nicht gleichguͤltig seyn. Es scheint, daß Minna nichts dawider haben wird. Sie hat mir eben ein wenig Umstaͤndlichkeit empfohlen. Enth’ avt’ all’, Meer, braus’ auf; All’ ei daͤ, Berg, sink ein; Has ut’ an, Komm, stuͤrz hin; Too nuͤn maͤt’, Wut rief laut; Ei gar nuͤn, Stand bang still; Tu men gar, Hoͤrt’s, blieb stumm; Hoos ho prosth’, Nacht kam schon; U man avt’, Pfeil fleug, trif; Hoi ton ge, Bleich sank sie; All’ u laͤth’, Schwert, blink her; Toon per tis, Luft, weh sanft; Ei per gar, Ach blick auf. Doch genung. Sie hoͤrten wohl, daß es nur Artikel und Conjunctionen sind, die Homer in Molossen verbindet. Der Fuß scheint mir zu stark fuͤr Partikeln zu seyn. Homer hatte uͤbrigens viel Worte, die Molossen waren, und die er oft braucht. Diese fehlen uns beynah ganz, und wir koͤnnen unsre einsylbigen langen Worte, vor allen die von starker Bedeutung, nicht besser brauchen, als wenn wir sie in Spondeen, Baccheen, und Molossen zusammendraͤn- gen, und sie auf diese Art zu einem scheinbaren Ganzen machen. Welche Seite wollen Sie von diesen bey- den, Heiners? Diese also. Sie hat dreyßig Verse. Haͤră, te kăi, ei maͤ ̆ , otruͤnai͝, messatoo͝, einai͝, axioĭ, aͤdaͤ ̆ . Sehen aus einer Abhandlung vom Sylbenmaasse. Sehen Sie hier. Dieß sind nur sieben Verse. Toiaͤde kai͝, cheeĭ, gignetaĭ, phuͤei͝, daaͤmenai͝, muͤchoŏ. Und was sagen Sie von diesem Verse: Plazomai͝ hood’ epei͝ u moi͝ ep ommasi naͤdimos huͤpnos. Man wuͤrde Jhnen, glaub ich, den Einwurf machen, Selmer, ob ich ihn gleich nicht mache, daß auf diese laͤngere Kuͤrzen ein Vocal folge. Aber man haͤtte deswegen Unrecht, es zu thun, weil sie hier nicht in dem Gesichtspunkte ange- sehen werden, daß der Anfang des folgenden Worts sie noch laͤnger macht. Jn dieser Betrachtung ist fuͤr uns, daß so gar die Roͤmer den anfangenden Consonanten des folgenden Worts die Wirkung nicht zugestanden, welche sie in der grie- chischen Quantitaͤt hatten. Gleichwohl laͤugne ich nicht, daß ich lieber hoͤre: Des Wanderers Eilen, als: Des Wande- rers Fortgang. Unterdeß kann es wohl seyn, daß ein Deut- scher, der mit den Griechen nicht bekannt ist, diesen Unter- schied nicht bemerkt. Noch Eins, Selmer, moͤgen Sie die laͤngere Kuͤrze, oder die kuͤrzere Laͤnge lieber hoͤren? Viel lieber die erste. Jn der letzten ist eine gezwungne Dehnung. Aber dem griechischen Ohre war sie ange- nehm. Vielleicht. Wenn in: Haͤ̅roo̅oo̅n to̅isin̅ te͝ * 5 die Vom deutschen Hexameter, die ersten vier Laͤngen ihm vorzuͤglich gefielen, so konnte ihm die fuͤnfte wenigstens nicht in gleichem Grade gefallen. Sollte das angefuͤhrte den Griechen viel anders geklungen haben, als uns klingen wuͤrde: He̅erscha̅ar, stei̅g Fe̅lsen̅gĕbirg’ hinauf Weil wir keine Position haben, kann eine Sylbe wie hier: Sen, niemals lang bey uns seyn. Homer dehnt so gar, und nicht selten, die Kuͤrzen, die es nach seiner Regel sind, und das in einer Sprache, die uͤber die Haͤlfte weniger Schwie- rigkeit hat, den Vers zu machen, als unsre. Viel erlaubter scheint es mir zu seyn, ein einsylbiges Wort, uͤber dessen Quan- titaͤt ein Ohr, das feine Zweifel hat, nicht voͤllig zur Richtig- keit kommen kann, wenigstens da, wo keine, oder wenig Leidenschaft auszudruͤcken ist, als gleichguͤltig anzusehn. Moͤchten Sie, Minna, diesen Vers: Toͤ̅nĕndĕr sa̅ngĕn vĕrbo̅rgĕn vŏn Buͤ̅schĕn mĭt lie̅bĕndĕr Kla̅gĕ Nachtigallen lieber so hoͤren: Toͤ̅ne̅nde̅r s̅ange̅n ve̅rbo̅rge̅n vo̅n Buͤ̅sche̅n mi̅t liebe̅nde̅r Kla̅gĕ Nachtigallen Oder wollen Sie die Position der Griechen ferner entbehren, und es geduldig anhoͤren, wenn die Deutschen selbst fortfah- ren, es ihrer Sprache vorzuwerfen, daß sie beynah ohne alle wahre Quantitaͤt sey, weil sie die Regel der Position nicht hat. Noch aus einer Abhandlung vom Sylbenmaasse. Noch einige wenige Anmerkungen werden zureichen, Jhnen, ohne daß ich weitlaͤuftig seyn darf, einen vollstaͤndigen Be- griff von unserm Hexameter zu machen. Wir haben in demselben, oder koͤnnen wenigstens durch Huͤlfe unserer Spondeen alle Wortfuͤsse der Griechen haben. Aber wir haben noch fuͤnfe von gutem Ausdrucke, welche den Griechen fehlen, naͤmlich: Die Wortfuͤsse, die wir mit den Griechen haben, sind: Der letzte kommt in unserer Sprache oft vor. Wir muͤssen gegen seinen zu wiederholten Gebrauch auf der Hut seyn, da- mit der Vers nicht weich werde. Sie sehen, wie viel unser Hexameter ausdruͤcken kann. Sie denken sich das, was ihn unterscheidet, am bestimmte- sten, wenn sie sich seine neuen rhythmischen Schoͤnheiten vor- stellen, die durch die Verbindung unsrer Wortfuͤsse mit den griechischen entstehn. Diese Doppelfuͤsse, oder diese merkli- cheren Absaͤtze des metrischen Ausdrucks geben Jhnen den meisten Anlaß auszumachen, ob das Urtheil ihres Ohrs ein wenig stolz seyn duͤrfe. Ueberhaupt koͤmmt es bey dem metrischen Ausdrucke’ vor- naͤmlich, auf die Wahl guter Wortfuͤsse, und ihre Stel- lung, an. Jch Vom deutschen Hexameter, Jch will nur einige aus den sehr mannichfaltigen Zu- sammensetzungen derselben herausnehmen, von welchen ich glaube, daß sie dem Verse einen vorzuͤglich schoͤnen Rhythmus geben. Jch lasse andere bekanntere weg, die auch ihre Schoͤnheit haben. Langsamere, oder schnellere Declamation, entscheidet oft die Theilung in einfache oder doppelte Wortfuͤsse. Eile dahin, wo der Tod, und das Grab, und die Nacht dich erwarten. Wende dich weg, wehmuͤthiger Blick, von der Angst des Erdulders. Nenne sie, Klagestimme des Nachhalls, ihrem Geliebten. Streit, und komm zu dem Miterbtheile des ewigen Lebens. Freudig stieg ihr Genoß zu dem Lichterbtheile des Heils auf. Schreckliche Todesangst, graunvolle Verzweiflungsstimmen. Furchtbarer Wehausruf, der hinab in das Thal aus der Kluft scholl. Ewiges Anschaun deß, der im Lichtreich Dulder belohnet. Bebend erschollst, Nachtthal, und zuruͤckgabst deine Verwesten. Jch kenne keinen Hexameter, der einen staͤrkeren metri- schen Ausdruck haͤtte, als folgender. Jch wuͤrde Jhnen sehr danken, Werthing, wenn Sie ihn mir im Homer faͤnden, und mich wundern, wenn ihn derjenige Dichter, der den geizig- aus einer Abhandlung vom Sylbenmaasse. geizigsten Foderungen ihres Ohrs genung that, nicht ge- macht haͤtte. Drohend erscholl der gefluͤgelte Donnergesang in der Heerschaar. Aber da nun in der Nacht Wehklage vom Grab’ aufrufte. Ruͤhmt und preist, gluͤckselige Mitgenossen der Wonne. Ach wie liebt ich ihn sonst, ich einst Schutzgeist des Verworsnen. Als der Erdkreis Gott vernahm, Gott nieder vom Paran Strom, steh still! der Posaunhall ruft, und das Volk des Herrn kommt. Jeder, dem jetzt am Tage des Herrn das Gericht Weh zurief. Ach es vernahm von dem Thron den Gerichtsausspruch die Versammlung. Aber da nun des Gerichts Ausspruch vom gefuͤrchteten Thron scholl. Sie fuͤhrten uns vorhin gewoͤhnlich den lang- samsten, den schnellsten, und den schoͤnsten Vers von jeder Versart an. Der langsamste, den wir aber sehr selten wer- den machen koͤnnen, waͤre dieser: Wuth, Wehklag’, Angstausruf, stieg laut auf von dem Schlachtfeld. Den andern langsamsten, der viel leichter ist, haben Sie schon gehoͤrt: Als der Erdkreis Gott vernahm, Gott nieder vom Paran. Wer- Vom deutschen Hexameter, Und den schnellsten auch, Minna. Wenn ich nicht irre, so war es dieser: Eile dahin, wo der Tod, und das Grab! und die Nacht dich erwarten. Jch will Jhnen, Selmer, denjenigen, den ich nicht allein fuͤr den staͤrksten, sondern auch fuͤr den schoͤnsten halte, im Homer aufsuchen. Sie brauchen den spondeischen Ausgang weit oͤfter, als Virgil. Wenn von Ansehn die Rede ist, so gilt mir Homers Beyspiel mehr, als Virgils. Aber, auch ohne das Exempel des Griechen, wuͤrde mir die Regel der Mannich- faltigkeit, und der Rhythmus des trochaͤischen Ausgangs, lassen Sie uns ihn kuͤnftig so nennen, weil unser Hexameter nicht den Spondeus, sondern den Trochaͤus, zum zweyten Fuß angenommen hat, ich sage, die Regel der Mannichfal- tigkeit, und der bedeutende Rhythmus des trochaͤischen Aus- gangs wuͤrden mir es auflegen, durch ihn den daktylischen nicht selten zu unterbrechen. Nach ihrer Meynung ist es freylich ein Vor- zug des deutschen Hexameters vor dem griechischen, daß er, statt zweyer kuͤnstlicher Fuͤsse, drey zur Regel annimmt. Es ist einer, wenn anders Mannichfaltigkeit, deren Graͤnzen nicht allein bestimmt, sondern auch weder zu sehr eingeschraͤnkt, noch zu sehr erweitert sind, mit zur Schoͤn- heit gehoͤrt. Heiners. aus einer Abhandlung vom Sylbenmaasse. Aber Sie muͤssen mir beweisen, daß Sie den rechten Mittelweg zwischen der zu genauen Einschraͤnkung, und der zu freyen Erweiterung getroffen haben. Geben Sie mir einige hundert Hexameter, die ich Jhnen als gut gearbeitet zugestehn muß; so will ich sie Jhnen vorlesen. Wenn ich Sie dadurch nicht uͤberzeugen kann; so habe ich wenig Neigung, es durch einen Erweis zu thun, und wenig Hofnung, es zu koͤnnen. Jch verstehe aber durch gute Hexameter solche, die mit schoͤnen Rhythmen oft abwechseln, die diese Rhythmen dem Jnhalt anmessen, und deren Jnhalt dieser ganzen metrischen Ausbildung werth ist. Gut denn, diese neue, ungriechische, hexa- metrische Versart mag ihre Schoͤnheiten, und recht viele ha- ben; allein Sie muͤssen mir erlauben, daß ich zu dieser Fra- ge noch einmal zuruͤck komme, schickt sich unsre Sprache dazu? Sie schickt sich, in ihrem ganzen Umfange genommen, und wenn sie der Dichter versteht, besser zum Hexameter, als zu Opizens Verse. Jch nehme diesen so, wie wir ihn gewoͤhnlich machen, da wir oft auf den Kuͤrzen halten, und mit den Laͤngen forteilen; denn unsre Absicht ist ja nicht, Spondeen einzumischen. Wollten Sie hier genauere Beobachtung der Quantitaͤt von dem Dichter fodern, so wuͤrden Sie ihm zu denken verbieten, und er koͤnnte dann mit Recht behaupten, daß sich unsre Sprache zu dieser Vers- art gar nicht schicke. Sie erinnern sich, was wir im An- fange Vom deutschen Hexameter. fange unsrer Unterredung uͤber die Declamation des jambi- schen Verses anmerkten. Auch der kuͤrzeste Beweis meiner Antwort waͤre fuͤr Werthing und Minna zu lang. Sie koͤn- nen also nichts dawider haben, daß ich ihn weglasse. Der Hexameter, wie ihn Kleist machte, ist ein schoͤner ana- paͤstischer Vers, der im Fruͤhling noch schoͤner seyn wuͤrde, wenn der Jambus den Anapaͤst oͤfter unterbraͤche. Es wuͤr- de einer der gluͤcklichsten Gedanken einiger unser Dichter ge- wesen seyn, diesen Vers zum lyrischen aufgenommen zu ha- ben, wenn er nicht, seltne Ausnahmen zugestanden, fuͤr die Ode zu lang waͤre. Der mehr homerische Hexameter hat, außer dem, was ich schon angefuͤhrt habe, noch dieses, daß sein erster Fuß bestaͤndig mit einer langen Sylbe anfaͤngt, ein Gang, der demjenigen Verse angemessen ist, welcher dem epischen Gedicht vornaͤm- lich zugehoͤrt. Dem Hexameter, sagt Aristides, ein neuerer Grieche, aber der diese Sachen verstand, geben Schoͤnheit und Wuͤrde sein weiter Umfang, sein Anfang mit der Laͤnge, und sein volltoͤniger Schluß. Der Der M essias. Elfter Gesang . III Band. A Jnhalt des elften Gesanges . D ie Herrlichkeit des Messias schwebt von Golgatha ins Allerheilig- ste des Tempels. Die Erde bebet unter ihr, und der Vorhang des Allerheiligsten zerreist. Gabriel sagt den Heiligen, daß sich jeder zu seinem Grabe begeben solle. Der Messias verlaͤßt den Tempel und weckt die Heiligen vom Tode auf. Die Auferstehenden sind Adam, Eva, Abel, Seth, Enos, Mahlaleel, Jared, Kenan, Lamech, Methusala; Noa, Japhet, Sem, Abraham, Jsak, Sara, Re- becca, Jacob, Rahel, Lea, einige ihrer Soͤhne, Benjamin, Jo- seph, Melchisedek, Asarja, Misael, Hananja, Habacuc, Jesaias, Daniel, Jeremias, Amos, Hiob. Der bekehrte Schaͤcher stirbt, Noch stehen vom Tode auf: Moses, David, Assa, Josaphat, Usia, Jotham, Josia, Hiskia, Jonathan, Gideon, Elisa, Debora, Mirjam, Hesekiel, Asnath, Josua, Jephta’s Tochter, die Mutter und ihre sieben Soͤhne, Heman, Chalkol, Darda, Ethan, Hanna, Benoni, Simeon, und Johannes der Taͤufer. Der Messias. Elfter Gesang . W enn ich nicht zu sinkend den Flug der Religion flog, Wenn ich Empfindung ins Herz der Erloͤsten stroͤmte; so hat mich Gottes Leitung getragen auf Adlersfluͤgeln! es hat mich, Offenbarung, von deinen Hoͤhn die Empfindung beseligt! Wer an dem reinen krystallenen Strom, der unter des Lebens Baͤumen vom Throne fleußt, nicht weilte mit heiliger Ehrfurcht, Deß Beyfall erreiche, verweht vom Winde, mein Ohr nicht! Unverweht, befleck’ er mein Herz nicht! Ach, unten am Staube Muͤßte bleiben mein Lied, wenn jener lebende Strom nicht Durch die neue Jerusalem, Gottes Stadt, sich ergoͤsse, Und zu ihm mich hinauf der Vorsicht Rechte nicht fuͤhrte. Leite mich ferner, du Unsichtbare, du Fuͤhrerinn, leite Meinen bebenden Gang! Des Sohnes Erniedrigung sang ich; A 2 Bring Der Messias. Bring mich hoͤher hinauf, auch seine Wonne zu singen! Aber darf ich mich auch des Vollenders Freuden zu singen Unterwinden? von Auferstehungen rauschend die Hoͤhen Und die Thale? des Siegers Triumph, da vom Tod’ er aufstand? Und die Erhebung des Sohns von dem Staub’ hinauf zu dem Himmel Aller Himmel, empor zu dem Throne des ewigen Vaters? Die mich hoͤren, und mir, hilf, Himmelerhobner, uns tragen Ach, uns armen Gluͤcklichen deiner Herrlichkeit Schrecken! Ewig nun Erbarmer der Menschen, schaut’ auf des Todten Leichnam der Ausgesoͤhnte. Der Sohn, der Herrliche Gottes, Er von Ewigkeit, Gott, der Hochgelobte der Himmel, Christus sah zu dem Vater empor. Wer ist der Erschaffne, Der zu empfinden vermag, mit welcher Wonne der Gottheit, Welcher Liebe, sie schauten? Da, wo herunter vom Throne, Wo von der heiligen Erde, sich ihres goͤttlichen Anschauns Seligkeit senkt’, und erhub, auf diesem strahlenden Wege Fing jetzt wieder die stehende Schoͤpfung den kreisenden Lauf an, Hier zuerst; dann floß von des Ewigen Throne die Nacht weg, Dann von der Sonne der deckende Stern. Nun bebten die Pole Aller Welten, den Flug, den Gott sie lehrte, zu fliegen. Schon begannen sie ihn, und donnerten weit durch die Himmel Jenes Flehen, mit dem sie zu seiner Schoͤpfung Erhalter Rufen, es wolle von ihnen der Allmacht Arme nicht abziehn Gott, und sie lassen auf ewig von seiner Herrlichkeit zeugen! Und mit Eile drehten die Sonnen sich, folgten die Erden, Bis sie von neuem den Weg der ersten Kreise betraten. Jesus Christus, der Miterhalter der Welten, schwebte Ueber Elfter Gesang. Ueber dem Kreuz, und sah auf seinen Leichnam herunter, Wie der blutig, und bleich, und stumm zu der Erd’ hinabhing! Jetzo wandte der Ueberwinder des Todes sich. Schauernd Bebte die Erde vor ihm, als er sich wandte. Nun schwebt’ er Nach dem Tempel, und unter des Eilenden Schwunge zerspalten, Sinken, stuͤrzen, mit himmelsteigendem Staub’ und Getoͤse, Rings die Felsen. Schnell erfuͤllet die heiligen Hallen Christus Herrlichkeit, schnell das Allerheiligste Gottes. Und es zerriß, indem sie ins Allerheiligste schwebte, Von des Gewoͤlbes fernen Hoͤh, aus der er hinabhing, Bis zu dem liegenden Saum, der geheimnißverhuͤllende Vorhang. Und es verschwand dein Schatten vor dir, vollbrachte Versoͤhnung! Hier sprach Jesus Christus mit seinem Vater, mit Gott, Gott, Von der ganzen Erloͤsung Vollendung, bis er zu des Vaters Rechte sich huͤbe! Denn nicht allein der getoͤdtete Gottmensch, Auch der auferstandne, und himmelerhobne Gottmensch Jst das Heil der Suͤnder, und ihres Glaubens Entzuͤckung. Nur wovon der Vater und Sohn, nicht wie sie es sprachen, Kannst du, Sionitinn, erzaͤhlen. Denn, dieses zu denken, Hat die Seele kein Bild, es zu sagen, nicht Worte die Sprache. Siehe, wie Nacht sich in ewiges Licht aufklaͤrt! … wie des Sohns Heil Keinem nicht Labyrinth mehr ist! … war ihres Gespraͤches Jnhalt. Dann das Volk, deß Soͤhnungsaltaͤr’ aufhoͤrten Bilder des ewigen Opfers zu seyn! deß Tempel nun Truͤmmer Bald nun Staub ist! … Jhr thraͤnenvoll Schicksal, wie sie gesaͤt sind Unter die Nationen! und dieses Schicksals Entwicklung! … Ging vor dem schauenden Auge des Vaters und Sohnes voruͤber. A 3 Auch Der Messias. Auch die Religion verbreitet unter den Schaaren Zahlloser Voͤlker, wie sie mit viel Jahrhunderten fortstroͤmt, Oft verdunkelt, entstellt! von der Menschen Lastern und Unsinn Wie mit Naͤchten bedeckt, nie ganz vertilgt von der Erde! Jedes Geretteten Auferstehung vom Tode der Seele! Jeder Kampf des Streitenden! jeder Sieg des Gestaͤrkten! Seine Leiden! sein fernes Gefuͤhl des Himmels! sein Ende! Ging vor dem Ausgesoͤhnten, und vor dem Versoͤhner veruͤber! Da so gegen einander der Vater und Sohn sich verklaͤrten, Waͤlzte, so brausen Meere! sich durch die hoͤrenden Himmel Eine Stimme; die sprach: Bey dem, der von Ewigkeit Gott ist, Mensch, und erwuͤrgt ward! auferstehn, und zur Rechte des Vaters Sich wird setzen! ihr Ungefallen, auch euch wirds Wonne Wirds in jauchzenden Ewigkeiten Entzuͤckung und Heil seyn, Daß der ewige Hohepriester die Suͤnde versoͤhnt hat, Und mit euch die wiedergeheiligten Sterblichen Gott schaun! Eure Bruͤder, wie ihr geschaffen zur Ewigkeit, Gott schaun! Fallet nieder, und dankt! Auf seines Todes Altare Ruht noch sein heiliger Leichnam, allein vollendet, vollendet Hat das Opfer der Ewigkeit Er! Bald ist die Erloͤsung Ganz vollbracht! Jhr werdet den Ueberwinder, die Klarheit Seiner Gottheit um ihn nun bald auf des Ewigen Thron sehn! Gott, von Ewigkeit Gott, und bedeckt mit strahlenden Wunden! Also erscholl die Stimm’ in den Himmeln Eloa’s Stimme. Auch erhub sich uͤber der Erde mit freudigem Beben Eine Stimme; die sprach: Der Gottverheißne, der Treue, Jesus Christus, der Dulder, der Gnadenvolle, die Liebe Nun, Elfter Gesang. Nun, nun ist er den Tod fuͤr die Abgefallnen gestorben Seinen versoͤhnenden Tod! Du Zweig an Adams Stamme Klag’, und verdorre nicht mehr! bluͤh auf zu dem ewigen Leben! Die gebohren werden, nun jauchzen sie, daß sie es werden! Denn es ist, in der Sterblichkeit schon, ihr Licht der Versoͤhner, Jhre Leuchte das Lamm, das auf dem Huͤgel erwuͤrgt ward! Die vor Gott sie verklagte, die todverlangende Suͤnde Jst vertilget! Gericht, du gehst vor den Reinen voruͤber, Die mit des Gottgeopferten Blute sich glaubend bezeichnen. Hebet euer Haupt gen Himmel, und glaubt! Der Erbarmer Gab euch seinen Eingebohrnen! Ein besseres Leben Nimmt euch auf; habt ihr des Todes Schlummer geschlummert. Priester seyd ihr, und Koͤnige, seyd in Blute gewaschen, Hell im Blute des Lammes, das auf dem Huͤgel erwuͤrgt ward. Also erscholl auf der Erde die Stimme des ersten Gefallnen. Jesus war noch im Allerheiligsten. Keinem der Engel Offenbaret’ er sich jetzt sichtbar, keinem der Vaͤter. Seine Gegenwart kuͤndeten zwar, da hinuͤber zum Tempel Er vom truͤben Golgatha schwebte, wehendes Rauschen Jhnen an, und, Erde, du, die dem Goͤttlichen bebte. Aber sie sahn die Herrlichkeit nicht, vor welcher die Wolken Rauschten, die Erd’ erschrak. Sie beteten nur von fern an; Jetzo gegen die Hoͤhe Moria, denn immer erbebte Noch das Allerheiligste! Bilder vom Tode des Mittlers Fuͤllten zwar noch die Seelen der Vaͤter; allein wie kein Engel Jhnen sie nachzuempfinden vermag, ergreifet, durchstroͤmt sie Wonne mit jenem jetzt suͤsserm Gedanken von deinem Tode, A 4 Gott- Der Messias. Gottversoͤhner, vermischt, die sansteste Ruhe des Himmels! Ruh, und Friede Gottes, und Liebe Christus, die jeden Jhrer Gedanken erleuchtete, jedes Gefuͤhl entflammte! Denn sie empfanden, es sey der Erschaffung zur Ewigkeit letzter Seligster Zweck, die Liebe zu Jesus Christus dem Mittler Zwischen Gott und … Menschen! Jn dieser sanften Entzuͤckung Sahn die Seelen der Heiligen jede die andre verloren. Nach und nach war ihnen ihr Glanz, ihr strahlendes Leben Wieder gekommen. So sahen sie sich. Die himmlische Liebe, Welche sie gegen einander empfanden, erhub sie noch hoͤher Zu der Seligkeit, dich, o ihr Versoͤhner, zu lieben, Eine Seele sie alle, sie all Ein Tempel des Mittlers! Gabriel eilte zu ihnen vom Todeshuͤgel heruͤber, Und trat unter sie hin. Noch konnt’ er vor Wonne nicht reden. Also hatte der Lichtanblick der Ewigerloͤsten Jhm sein Jnnres bewegt. Wie Harfen toͤnt’ ihm die Stimme: Meine Bruͤder! Unsterbliche! kaum darf ich Bruͤder euch nennen! Christus Vaͤter! ich fuͤhrt’ euch herab von der Sonne zur Erde; Vaͤter! noch Ein Befehl ist mir am Throne geworden; Also gebeut er: Geht zu euren Graͤbern, Erloͤste! Schnell verbreiteten sich der Heiligen Schaaren, und eilten Jeder zu seinem Grabe. Noch war von jenem Altare, Bey dem Abel entschlief, ein bemooster Felsen uͤbrig. Adam ward, und viele der Seinen an diesem Altare, Den fast ganz der Wasser Gericht wegwaͤlzte, begraben. Adam eilte mit wenigen Frommen, sie dort zu versammeln. Und sie sahen, da sie den Graͤbern sich nahten, die Engel Jhre Elfter Gesang. Jhre Beschuͤtzer im sterblichem Leben nah an der Graͤber Truͤmmern schweben. Es schien, als ob die Engel der Schoͤpfung Kleinere Wunder, die Welten des Staubes, und ihre Bewohner, Unter den Truͤmmern betrachteten. Als die heiligen Seelen Mehr sich nahten, verließen die Engel der Graͤber Gefilde. Triumphirend erhuben sie sich. Die Seelen der Todten: Wußten es nicht, warum in Triumph sich die Engel erhuͤben. Henoch blieb und Elias am Todeshuͤgel. Sie blickten Wundernd den Heiligen nach, die zu ihrer Gebeine Ruhstat Jn der Zeit der Vollendung, der Zeit der Herrlichkeit, jetzo, Auf des Ausgesoͤhnten Befehl herunter stiegen! Noa ließ sich mit Japhet und Sem hinab zu dem Grabe, Das ihn an jenem Berge begrub, auf welchem die Arche, Gottes Retterinn, uͤber der waldumstuͤrzenden Meere Dumpfem Geraͤusch, stillstand! und wo den dankenden Altar Noa baut’, und opfert’, und dich, du Bogen des Bundes, Den Gott selber mit Gnade betrachtete, betend erblickte. Abraham eilte mit seinen Geliebten zur Todeshoͤle Gegen uͤber dem Hain, in dem er den goͤttlichen Dulder Schon wie einen Menschen gestaltet sah, und nicht wußte, Wer der Wanderer sey, der mit ihm in dem Schatten sich labte. Moses ereilte sein einsames Grab am Nebo, wo Gott ihn Unter Felsen begrub. Er starb vor des Ewigen Anschaun, Der ihm, eh er entschlief, vom Nebo Canaan zeigte. Vor dem Schrecken der Gegenwart Gottes zerrissen die Felsen Unter dem Todten. Er sank hinunter; noch bebende Felsen Stuͤrzten ihm nach. So lag er von Gottes Rechte begraben. A 5 Nicht Der Messias. Nicht so ferne von Golgatha kamen zu ihren Graͤbern Jene Juͤnger Moses, die, mit der Beredtsamkeit Donner, Und prophetischen Psalmen vom kuͤnftigen Heile geruͤstet, Abrahams Enkel dem eisernen Arme der Goͤtzen entrissen. Graun umgab die Gefilde der heiligen Graͤber, und schreckte Jedes noch Sterblichen Fuß zuruͤck, der ihnen sich nahte. Aber, als ob bey den Heiligen sie nur weilen wollten, Kamen wieder zu ihnen herab von der Wolke die Engel. Adam hatte sein Grab mit seinen Geliebten betreten. Also entriß er sich seinem Erstaunen: Jhr fuͤhltet, ich sah es, Wie ich heiligen Schrecken empfand, als Gottes Befehl kam, Aber freut euch mit mir! Wir sind gewuͤrdiget worden, Diese Zeit, da im Tode des Goͤttlichen Leichnam schlummert, Mit dem Schlummernden bis zu dem Grab’ erniedret zu werden. Selig, daß wir es wurden: wie freudig ist dieser Gedanke, Mit dem ewigen Sohne des Vaters erniedert zu werden. Und noch Einer entzuͤckt mich: Jch werde jenen Gerichtstag, Wenn er, zum Eden die Erde nun umzuschaffen, herabkoͤmmt, Und ihr, meine Kinder, mit mir wir werden vom Tode Hier erwachen! erwachen bis hin ans Ende der Erde Alle die liegen, und schlafen, zu Ewigkeiten erwachen! Alle meine zahllose Kinder der ersten Erschaffung Leiber, verherrlichte, seelenaͤhnliche Leiber empfangen. Ach! zu welcher Seligkeit schuf uns Jehova! Wie hast du, Tod des Versoͤhnenden, uns, und zu welchen Freuden, erhoben ! Henoch, und du, Elias, ihr zeigts, wie werth des Verlangens Eines Unsterblichen sey die Auferstehung vom Tode. Saͤume Elfter Gesang. Saͤume nicht, letzter der Tage, daß wir nicht laͤnger verlangen! Saͤume, saͤume vielmehr, daß noch zahlloser die Schaar sey Derer, die einst zu dem ewigen Leben aus Graͤbern hervorgehn! So sprach Adam mit seliger Ruh, und seine Gefaͤhrten Dachten mit ihm dem frohen Gedanken von der Erniedrung Mit dem Versoͤhner, und von dem letzten Tage der Erde Wonnevoll nach. So standen sie jeder an seinem Grabe. Von dem Fuße des Bergs bis hinauf zu der Zinne des Tempels, Bebt’ itzt fuͤrchterlicher Moria. Schreckende Wolken Waͤlzten sich aus dem Allerheiligsten, stroͤmten heruͤber Durch die Hallen des Heiligen, dann in des Tempels Vorhof, Dann gen Himmel. Wohin die schreckenden Wolken sich wandten; Bebte die Erd’, und spalteten Felsen, und huben sich Stroͤme. Jetzo standen die Wolken gebreitet uͤber die Graͤber Leuchtender still, und ein Sturmwind braust’ auf die Graͤber herunter; Aber des ewigen Sohns Allmacht war nicht in dem Sturmwind! Und die Erde bebt’ um die Graͤber; allein des Versoͤhners Allmacht war in der bebenden Erde nicht! Es entstroͤmten Flammen den Wolken; allein der Herr war nicht in den Flammen! Jetzo kam von dem Himmel sanftes Saͤuseln hernieder, Und des ewigen Sohnes Allmacht war in dem Saͤuseln. Ach! die Vaͤter befiel, gleich einem Schlummer in Schatten, Suͤße Betaͤubung! Sie wußten es nicht, wie ihnen geschahe, Aber ihr dunkles Gefuͤhl war: Naͤhe Gottes, und daß es Um sie saͤuselte. Freudig, mit bruͤderlicher Entzuͤckung, Schauten die Engel umher im Gefilde der Auferstehung! Jetzt Der Messias. Jetzt daucht’s Adam, als rief er: Jch werde geschaffen! geschaffen! Und er strebte sich aufzurichten. Noch kniet’ er im Staube. Harfen toͤnten ihm zu! ihm sang der Seraph, und Cherub: Werde von neuem, und nun auf ewig, geschaffen! auf ewig! Siehe, du starbst, an dem dunkelsten deiner Tage, des Todes, Adam! O Heil dir Erstem! erwach! und lebe nun Leben! Seliges, Adam! wie du, nach deiner Schoͤpfung, nicht lebtest! Ach, nun stirbst du des Todes nicht mehr! … Noch kniet’ er im Staube, Sah noch dunkel. Es ward mit dem auferstehenden Leibe Sein aͤtherischer Leib, der seit dem Tod’ ihn umhuͤllte, Jetzo vereint. Der wurde des Umgeschaffnen Verklaͤrung. Schnell erhub er sich, stand, und streckte die Arme gen Himmel: Wonne mir! du hast mich von neuem aus Staube gerufen! Ja, nun weis ichs wahrhaftig! du hast mich wieder, Versoͤhner! Herrlicher mich, wie in Eden erschaffen! O daß ich dich faͤnde, Gottversoͤhner, daß ich den Allmaͤchtigen faͤnde! wie wollt ich Niederfallen vor ihm! wie ihn anbeten! Du bist uns Nahe, zwar nicht gesehn, doch bist du uns nahe, Versoͤhner! Ja, dieß himmlische Saͤuseln ist deiner Gegenwart Stimme! Und auch sie erwachen um mich! Schaut nieder, ihr Engel! Um den Vater der Menschen erwachen die heiligen Kinder! Eva begann sich empor zu heben. Wer bin ich geworden? Bin ich in Eden? Wo bin ich? Jch lebe wieder im Leibe Meiner ersten Erschaffung? O dort ist Adam! Wie glaͤnzt er! Und wie glaͤnz ich! O du, deß Wunden einst stralen, wo bist du, Daß ich eil’, und dir danke, du Wiederbringer der Unschuld! Adam Elfter Gesang. Adam eilte zu ihr, sie eilte zu Adam; doch konnten Sie nicht reden, da sie sich in ihrer Entzuͤckung umarmten, Nur den Namen des Todtenerweckers konnten sie stammeln. Abel, Abel! mein Sohn! rief Adam Abel entgegen, Denn der schwebte daher, wie ein Fruͤhlingsmorgen, in Purpur Und in Schimmer gekleidet! mein Sohn, wie hat uns der Mittler Mit Barmherzigkeiten, mit Huld, mit Gnade beseligt! Erde wurden wir, als wir entschliefen; was sind wir geworden! Ueber alles, was wir verstanden, und was wir baten, Hat er uͤberschwenglich gethan, der, o Vater, versoͤhnt hat Unsere Suͤnd’, und die Suͤnde der Welt! O Ruhe der Himmel! Alle sie werden wie wir der Tage letzten erwachen. Enos fand sich bey Seth, bey dem Mahlaleel, Jared, Kenan, und Noa’s Vater, bey dem Methusala wieder. Unter Stralen, fanden sie, auf zitternden Graͤbern, Sich mit des neuen Lebens Gefuͤhl, in himmlischem Leibe, Der, ein beßrer Gefaͤhrt der erloͤsten unsterblichen Seele, Fast mit ihr denkt, und empfindet, in dem die ewige Gott schaut! Wie, nach ihrer Geburt, sich die Morgensterne des Daseyns Freuten, und dich, o Schaffender, feyrend sangen, so schwebten Adams Soͤhne daher, und riefen Jubel und Wonne, Neue Wonne sich zu! Der Auferstehung Gefilde Hallten von der Entzuͤckung der wiederkommenden Todten! Noa, der zweyte Vater der Menschen, fuͤhlt’s, daß er wurde, Und in sanfterem Wehn der Abenddaͤmrung erwachte. Roͤthlicher Duft entfloß des Unsterblichen Schulter, indem er Schnell sich erhub. Er rief: Jhr Engel, sagt mir, ihr Engel, Jst Der Messias. Jst mir ein Leib wie Adam im Paradiese geschaffen? Ach, wo sind wir? am Throne des Ewigen? oder am Grabe? Und wo betet ihr an? wo ist er, o der mich umschuff? Daß ich niederfalle mit euch! mit euch anbete! Japhet! Sem! er sahe vor sich die beyden erwachen, Ach! wo ist, ihr Soͤhne! der uns vom Tode geweckt hat? Daß wir eilen, und niederfallen, und ihn anbeten? Nein! nicht Noa’s, der auch es ist, der Auferstehung Soͤhne, wo ist, der sie mit Feuer vom Himmel entflammt hat, Daß wir knieen, und niederfallen, und Jubel ihm stammeln! Wie der Fromme, der Gott, Gott! seinen Schoͤpfer! in Allem Sucht, und findet, in fruͤhem erfrischendem Walde die Sonne Hinter duftenden Baͤumen in ihrer Schoͤne die Sonne Aufgehn sleht, Entzuͤckung und sanfter Schauer befaͤllt ihn! Denn sie ist schoͤn! ein maͤchtiger Zeuge der Herrlichkeit Gottes! So sah Abrahams Engel den Vater der glaubenden Nachwelt Selig, verklaͤrt, unsterblich aus seinem Grabmal hervorgehn. Abraham legte die Hand auf den Mund, und blickte gen Himmel; Endlich redt’ er, noch in sich gekehrt, noch vertieft in Erstaunen: Umgeschaffen bin ich? Wie wunderbar, du Versoͤhner, Sind die Folgen deiner Versoͤhnung! wie gnadevoll sind sie! Ach, dieß neue Leben, das du aus Staube mir schufest, Gott! Versoͤhner! es ist auch deinen Wunden entquollen! Diesen unverweslichen Leib, den edlern Genossen Meiner Seele, den hast du mir, vor dem Tage der Tage, Vor der Wandlung der Erde, gegeben! Wer bin ich! wer bin ich, Daß du mit diesem Heile mich, Liebender, uͤberschuͤttest! Also Elfter Gesang. Also rief er, und weint’, entflammt von Dank und von Wonne. Jsak kam; und Abraham daucht’s, als waͤre der Juͤngling Einer der Seraphim! Also war mit dem festlichen Schimmer Und mit der laͤchelnden Morgenroͤthe der Himmelsbewohner Jsak geschmuͤckt. Und Abraham rief: O sahst du mich werden, Leuchtender Engel? Er ist fuͤr Adams Soͤhne gestorben! Er hat meinem verwesten Gebein dieß Leben geboten! Abraham! … Vater! du glaubtest zu Gott, ich wuͤrd aus der Asche, Haͤtte mich nun des pruͤfenden Altars Flamme geopfert, Wieder erwachen. Jetzt bin ich erwacht! O bester der Vaͤter, Wunderbar ist des Versoͤhnenden Gnade! Sein heiliger Leichnam Ruht noch am Kreuz, und wir erstehn zu dieser Entzuͤckung! Wie im Schlummer sank ich dahin, und himmlische Luͤfte Wehten um mich, und ich fand in hellen Wolken mich wieder. Voller Entzuͤckungen kamen Sara, und Bethuels Tochter Zu den Geliebten. Auf sie, und gen Himmel, die Augen gerichtet Standen der Vater, der Sohn, und fuͤhlten die Auferstehung. Lange standen sie sprachlos; allein in der innersten Seele Gluͤhten ewiger Dank, und werdende Jubelgesaͤnge. Jsrael trat in Triumphe daher! und Thraͤnen voll Seele, Dankende Thraͤnen entstuͤrzten dem Auge des Auferstandnen: Halleluja dem Ueberwinder des Todes! dem Mittler Zwischen dem Richter, und mir! du hast geblutet! du hast es Alles vollendet! du hast aus des Todes Thal mich gerufen! Und die Seraphim hielten sich nicht, und stroͤmten ihr Loblied Hin in den Wonnausruf des auferstandnen Gerechten: Preis Der Messias. Preis und Ehre dem Todtenerwecker! dem goͤttlichen Geber Dieses jauchzenden ewigen Lebens, das jetzt aus den Graͤbern Aufbluͤht! Freue deiner Bewohner, die kommen sollen, Himmel, dich! Es wehen, es wehen mit leisem Lispel Diese fruͤhen Halme, dem Rauschen der großen Erndte, Sieh, es singet ihr Lied dem Rufen der Erndter: Jhr Todten, Kommt! dem Posaunenhall: Gieb, Meer, sie wieder, und Erde! Ach dem Jubelgeschrey des letzten Tages entgegen! Jsrael wandte von ihnen sein Auge nach Golgatha’s Grabe: Laut in allen Himmeln mit allen ewigen Choͤren Will ich danken, wenn du aus deinem Grabe dich aufschwingst, Wenn der Geliebte den Liebenden schaut auf der Herrlichkeit Throne, Jn dem Glanze, der dein vom Anbeginne der Welt war! Seyd ihr, Engel, was ich bin? Jhr seyds nicht! Jhr starbt nicht, wie ich starb Glaubend an ihn! der Auferstehung maͤchtige Freuden Fuͤhltet ihr nicht! Er ist, wie Menschen sterben, gestorben; Und wie Menschen, wird er in das neue Leben heraufgehn! Selig, betet ihr an! Wir beten, selig mit euch, an; Aber wir lieben des Ewigen und der Sterblichen Sohn mehr! Ach, wo sind, die mit mir in dem ersten Leben ihn liebten? Zwar nur fern und dunkel ihn sahn den Retter der Menschen, Aber in seiner Goͤttlichkeit doch! … Er wendet vom Himmel Nach der Erde sein Aug’, und erblickt, und umarmt die Geliebten, Joseph, und Rahel noch nicht. Bey dem Grabe der Mutter Benoni War ihr Engel. Sie stand an dem Hange des offenen Felsen, Auf der Hoͤhe der Engel. Mit Blicken der innigsten Freundschaft, Sah Elfter Gesang. Sah sie zu ihm hinauf; mit Blicken der innigsten Freundschaft Sah er auf sie herunter. Mein Grab ist einsam, o Seraph! … Rahel, das Grab, in welchem nun bald der Goͤttliche ruhn wird, Jst auch einsam! … Unsterblicher, ach wie hat er gelitten, Dessen Leichnam bald das Grab an Golgatha einschließt. Ach, was hat sein versohnender Tod uns erworben! Jch werde Einst erwachen! wo mein Gebein in Staube verweste, Hier! Auch Auferstehung hat mir der Versoͤhner erworben! Als sie noch redet’, erhub sich um ihren Fuß von dem Grabe Sanftaufwallender Duft, ein Woͤlkchen, wie etwa die Rose Oder ein Fruͤhlingslaub einhuͤllt, das Silber herabtraͤuft. Rahels Schimmer umzog den schwimmenden Duft mit Golde, Wie die Sonne den Saum der Abendwolke vergoldet. Und ihr Auge begleitet des Duftes Wallen. Sie sieht ihn, Anders um sich, und wieder anders gebildet, herumziehn, Steigen, sinken, zuletzt stets mehr sich nahen, und schimmern. Und sie bewundert den Tiefsinn der immeraͤndernden Schoͤpfung, Unergruͤndlich in Großem, und unergruͤndlich in Kleinem, Ohne zu wissen, wie nah der schwebende Duft ihr verwandt sey, Und wozu ihn bald des Allmaͤchtigen Stimme, Versoͤhner, Deine Stimme nun bald erschaffen werde! Sie neigt sich Ueber ihn, und betrachtet ihn, stets mit froherem Blicke. Mit gefalteten Haͤnden, voll suͤßer namloser Freuden, Stand ihr Engel, und sah’s. Jetzt scholl des Allmaͤchtigen Stimme! Rahel sank. Jhr daucht es, als ob sie in Thraͤnen zerfloͤsse, Sanft in Freudenthraͤnen; hinab in schattende Thale Quoͤlle; sich uͤber ein wehendes, blumenvolles Gestade III Band. B Leicht Der Messias. Leicht erhuͤbe; dann neugeschaffen unter den Blumen Dieses Gestades, und seiner Duͤfte Geruͤchen sich faͤnde. Jetzt erwachte sie ganz! Sie fuͤhlte sich, sahe sich, wußt’ es, Daß ein neuer, unsterblicher Leib sie umgab. Mit Entzuͤckung Sieht sie gen Himmel, und dankt dem, der vom Tode sie aufrief. Nun verstummt sie nicht laͤnger: Du, mein Versoͤhner, mein Bruder! Jesus Christus, mein Herr, und mein Gott! dein Namen erschalle Jmmer von meinen Lippen zuerst! Dann eurer, Geliebte, Jsrael, Joseph, und Benjamin, Benjamin! Jsrael! Joseph! Jesus Christus! mein Herr, und mein Gott! Wo find ich sie? Fuͤhre, Fuͤhre mich, Seraph, daß ich den Angebeteten sehe, Jsrael, meine Kinder! Jn ihrem Jnnersten durstet Meine Seele nach ihnen! Vor ihrem Antlitz, mit ihnen Will ich mich meines Heils der Auferstehung mich freuen. Jsrael fand sie und Lea, und dieser Soͤhne. Die waren Aus den Gefilden Aegyptus herauf vom Strome gekommen, Benjamin auch, nur Joseph noch nicht. Der himmlische Joseph Schwebte noch um sein Grab zu Sichem. Einer der Knaben, Die der Mittler einst kuͤßt’, und segnet’, und unter das Volk sie Stellte: Werdet wie sie; sonst koͤnnt ihr das Leben nicht erben! Einer von diesen war jetzt gestorben. Sein leitender Engel Fuͤhrt’ ihn in Haͤmons Auen daher, und da sie die Seele An dem Todtengewoͤlb’ erblickten, blieben sie schweben. Samed fragte den Engel, indem er des Unbekannten Herrlichkeit sah: Wer ist, o du mein himmlischer Fuͤhrer, Diese Stralengestalt so voll von Hoheit und Einfalt? Und Elfter Gesang. Und mit Laͤcheln und milderem Glanz antwortete Joseph: Blume, die nun in dem Schatten der Lebensbaͤume wird wachsen, Und am Schall des krystallenen Stroms, der herunter vom Thron fleußt, Wer ich bin? Jch war im Leben, dem du entflohn bist, Erst ein gluͤcklicher Knabe, dann durch Verfolgungen elend, Sehr gluͤckselig darauf! Denn vieler Voͤlker Vater Ward ich, und meines Vaters! Erkennst du nun, Fruͤhentflohner, Rahels und Jsraels Sohn? Und Samed sprach zu dem Engel: O du Unsterblicher! Jsraels Sohn und Rahels, von dem mir, Ach von Joseph! mein Vater die wunderbare Geschichte Oft vor Freude weinend erzaͤhlte. Noch milder, o Joseph, Glaͤnze noch milder, so wag’ ich mit dir, o Joseph, zu reden. Dich zu sehn, das allein verdiente die Leiden des Todes; Jhn erduldet’ ich gern um deinetwillen noch einmal, Ja noch einmal den Kampf des vollen Lebens im Aufbluͤhn, Und der innigen Liebe zu diesem bluͤhenden Leben, Mit dem Tode, mit dieser Empfindung, als ob wir vergiengen, Diesem Traume von ewiger Nacht, dem Schrecken der Schrecken! Kaum erst bin ich entronnen! Mein Engel sagte mirs, mußte Oft mirs sagen: ich lebte! So hatte der Schein der Vernichtung Meine Seele geschreckt! … Fruͤhgluͤckliche Seele, du mußtest Auch von den Leiden des Lebens ein wenig dulden. Wie lohnt dichs Jetzo, daß du so bald ein Genoß der Erben des Heils wardst, Derer auch, die hoͤher, als ich, auf der Seligkeit Stufe Stehn. … O Jsraels Sohn, kaum halt ich, Joseph, dein Glaͤnzen, Das du mildertest, aus! … Du wirst schnell lernen, o Samed, Wirst bald Abraham sehn. Entlastet vom Leibe der Erde B 2 Lernen Der Messias. Lernen die Seligen schnell. … Gern will ich lernen. O lehre Du mich, Jsraels Sohn. Auch in dem irdischen Leben Sind bisweilen Stunden des Himmels. Wie war dir in jener Stunde des Himmels, als du dich nun nicht halten mehr konntest, Riefst, laut weintest, daß die entfernten Aegypter es hoͤrten, Jch bin Joseph! Lebet mein Vater noch? als der Bruͤder Aug’, und des juͤngsten der Bruͤder, als deines Benjamins, Auge Jetzo reden dich sah! Verkuͤndiget meinem Vater Meine Herrlichkeit in Aegyptus! du dann um den Hals fielst Benjamin deinem Bruder, und weintest! in deiner Umarmung Benjamin auch die Thraͤnen der fruͤhen Seligkeit wurden! Denn in jener Stunde, da du erfuhrest: Vernommen Hab’ es dein Vater! da habe das Herz des staunenden Greises Gar viel anders gedacht, es nicht geglaubt! bis er endlich Deine Rede gehoͤrt, und Pharaons Wagen gesehen, Da, da waͤre sein Geist lebendig geworden: Jch habe Nun genung, daß Joseph mein Sohn noch lebt! Hin will ich Und ihn sehn, eh ich sterbe! da er dich wirklich nun sahe! Du um den Hals ihm fielst, und lang in seiner Umarmung Weintest! da zu dir selbst dein Vater sagte: Nun will ich Gerne sterben, ich habe gesehen dein Angesicht, Joseph, Daß du noch lebst! … wie war dir in diesen Stunden des Himmels? Komm, auch Jsraels Sohn, und auch mein Bruder, und juͤnger, Als mein Benjamin war, komm und umarme mich … Samed Zittert’ herzu, und umarmt’ ihn. Sie weinten lange des Himmels Thraͤnen … Wie, Samed, mir war, das hast du selber empfunden, Als du von jenen Thraͤnen auf Erden die frohe Geschichte Mir Elfter Gesang. Mir zuruͤckriefst, als du dadurch die Freuden des Himmels Mir vermehrtest, so sehr vermehrtest, daß ich dem Geber Jener Seligkeit wieder mit neuem Danke, mit staͤrkerm, Als ich auf Erden zu bringen vermocht, anbetete. … Danken Will ich, Joseph, von dir auch lernen, aber o sage: Warum ist es ein Grab, wo du weilst? … Unsterblicher, weis er Schon des Goͤttlichen Tod? … Der Seraph wollte jetzt reden, Aber schnell rief Samed: Jch weis, ich weis des Versoͤhners Tod! … So weist du denn auch, daß uns von ihm ein Befehl ward, Uns, die das Kreuz umgaben, hinab zu den Graͤbern zu wallen. Zeugen seiner Erduldungen waren wir, bis ihm sein Haupt sank, Und er starb. … Dieß wußt ich noch nicht. Von dem Todten zu sprechen Bin ich noch nicht selig genung. So bald ich so hoch mich Heb’, und nicht mehr verstummen muß; ists Joseph, mit dem ich Von dem Goͤttlichen rede. Jetzt, Benjamins Bruder, und meiner, Sage mir, wessen Gebein deckt dieses Grab? … Das meine, Samed. … Sollte denn jeder zu seinem Grabe sich wenden? Oder hast du deins nur gewaͤhlt? … Des Engels Botschaft War: Wir sollten uns jeder zu seinem Grabe sich wenden. Was ist dieses, mein Huͤter, und Joseph, ihr Engel Gottes? Und der niemals Sterbliche laͤchelt, und Joseph erwiedert: Dieses vielleicht: Wir sollen uns mit dem todten Messias Bis zu dem Grab’ erniedrigen; und, wovon er uns frey macht, Unter Gebeinen mit stillen Betrachtungen uͤberdenken. Denn, daß er starb, und aufersteht, das freyt uns vom Tode, Das erweckt uns dereinst am letzten Tage der Erde. B 3 Hier Der Messias. Hier wird also Joseph erwachen. O truͤgen die Meinen Meine Truͤmmer hierher, so wuͤrd ich bey Joseph erwachen. Laß hinein in das Grab uns schweben, und sehen, was uͤbrig Jst von der Huͤlle, die sonst dich umgab, im Staube geblieben, Sehen, was aufersteht! Dieß kleideten Jsraels Soͤhne Ju balsamisches Todtengewand bey Pharaos Strome. Drum ist vielleicht dein Staub von dem Staube der Erde gesondert, Und wir koͤnnen noch sehen, was kuͤnftig der Ewigkeit aufbluͤht. Komm denn, Samed. Er sprachs, und fuͤhrt’ ihn hinab in das Grabmaal. Und sie fanden, wo in dem Gewoͤlbe die dunkelste Nacht war, Josephs Engel, dem der Erwartung Freuden und Unruh Aus dem Angesicht strahlten. … Jch seh, o Seraph, du freust dich Deß, der bald nun erwacht. … Jch freue mich seiner Erhoͤhung, Joseph, die immer herrlicher wird, und die die Erwartung Stets mit neuer Entzuͤckung belohnt. Wenn du ein Gefilde Voll von Fruͤhling liebtest, und, wo du wandeltest, immer Neue Blumen vor dir entsproͤssen; doch die du am meisten Unter den Blumen liebtest, die Eine schlief noch im Schoosse Dieses frohen Gefildes: du wuͤrdest, Joseph, die Eine Mit unruhiger Freud’ erwarten. … Welche der Gnaden Meynst du, Seraph? … O du Unsterblicher, und noch Todter, Welche der Gnaden ich meyne? Sieh hin! … Da wallte von selber Erde wie Wolken empor, und sank an des Felsengewoͤlbes Seiten nieder, allein wo der Engel des Heiligen schwebte, Blieb ein wenig wallender Staub. Mit Schnelligkeit woͤlkt’ er Auf sich und nieder; und schimmernd wars im gebaͤhrendem Staube. Schwebe Elfter Gesang. Schwebe naͤher, und sieh, rief Josephs Engel, wie herrlich Hier in der Erde die ersten Funken des Lebens beginnen. Und ein sanftes Saͤufeln entstand in dem Todtengewoͤlbe; Samed wehten die goldenen Locken, und Jsraels Sohne Saͤuselt’ es nach, da er seiner Gebeine Truͤmmer sich nahte. Aber nun kam mit Eile die neue Schoͤpfung der Engol Blicke zuvor, und Sameds zuvor. Sie sahn das Geschehne, Und das Geschehende nicht, den Staub verwandelt, und Rahels Sohn erstanden! Er rief: Des Bundes Engel, o der sie Flammend die Nacht und am Tag in der hohen Wolke sie fuͤhrte, Weg aus Aegyptus Grabe durchs Meer der Schilfe, nach Canan, Daß der Peiniger sank! jetzt sinkt der groͤßre, der Tod sinkt! Aber Jsrael ist in Ephrons Auen, und Rahel, Abraham, Abraham auch! Er riefs, und strahlt’ aus dem Grabmaal, Und vor Freude verstummt begleiten die Engel und Samed Seinen wehenden Flug. Schon entschwebt er dem heiligen Haine Mamres in seiner Vaͤter und seiner Bruͤder Versammlung. O wer hoͤrte genung von himmlischer Harfen Nachhall, Toͤnen zu lassen, wie sich zu dem zweytenmale der Vater Und der Sohn empfingen, die Bruͤder den Bruder erkannten, Was die Mutter empfand, da sie ihren Erstling erblickte! Herrlich hatt’ ihn die zweyte Schoͤpfung erschaffen. Sein Traum ging Bis in das ewige Leben. Vor seiner helleren Klarheit Neigten sich seine Bruͤder, jetzt nicht nur neidlos, mit Freuden Neigten sie sich, und dankten dem Geber der hoͤheren Gnaden. Salems Priester und Koͤnig begrub bey der Quelle Phiala, Wo er den Heiligen fand, ein Wanderer. Nicht aus Mitleid, B 4 Nicht Der Messias. Nicht aus Menschlichkeit nur, begrub ihn der staunende Fremdling, Auch aus Ehrfurcht. Er fand ihn auf seinem Angesicht liegen Mit gefalteten Haͤnden. So lag, ein himmlischer Anblick Fuͤr der Engel Auge, der Priester Gottes im Tode! Lange sah ihn der Wanderer an, und werth, zu begraben Diesen Todten, erhub er mit freudigschauerndem Danke Seine Haͤnde gen Himmel, dann schlung er sie um den Entschlafnen, Faßt’ ihn, und nahm aus dem Staub ihn auf, und begrub ihn betend. Dieses Grab umschwebte Melchisedek. Rauschend ergoß sich Von Phiala der werdende Jordan hinab an des Grabes Kuͤhlem Moose. Des Quells melodisches, sanftes Getoͤne Ueberstroͤmte des Heiligen Seele mit freudigem Tiefsinn. Und ihr deucht es, sie hoͤr’, Allmaͤchtiger, deine Stimme Durch der Himmel Jerusalem sanft mit des Thrones Krystallstrom Rauschen, und durch die Wipfel der Lebensbaͤume sie wehen. Und Melchisedek sank stets tiefer in dieser Entzuͤckung Suͤße Ruh. Nun vergingen um ihn die Erd’ und der Himmel, Gott nur, und er vergingen nicht. Umgeschaffen erhub er Aus dem Staube sich, stand, sank wieder aufs Angesicht nieder, Und verstummte; doch nannten sein Auge voll bebender Thraͤnen Jesus! seine gefalteten Haͤnde Jesus, den Mittler! Auf der Ebne, wo sie durch deinen Boten, o Allmacht! Aus der gluͤhenden Tiefe gefuͤhrt herauf in das Leben Kamen, allen ein Anblick des Schreckens und Grauns und Entsetzens, Die, wenn nun die Asoor, der Gesang, die Floͤten, der Psalter, Wenn die Cymbale, dein Jauchzen, Drommete! Posaune! dein Donner Rasten, die dann vor dem glaͤnzenden Bilde zur Erde sich stuͤrzten, Auf Elfter Gesang. Auf der Ebne hatten ihr Grab die Frommen, Asarja, Misael, und Hananja in Einen Felsen gehauen. Von dem Grabe der goͤttlichglaubenden Helden nicht fern lag Eine große Truͤmmer, das Bild! Einst hatt’ es der Koͤnig, Welchen hinab zu den Thieren der Herr von Babylons Hoͤhn stieß, Unter die Wolken gestellt, wie er in dem Traum es erblickte. Koͤnigreiche, des Bildes Bedeutung, verworfne, zerstoͤrte Koͤnigreiche, noch liegen sie, Eine große Truͤmmer! Misael, und Hananja begruben Asarja, und freuten Sich der Auferstehung, als sie den Geliebten begruben. Dich, Hananja, begrub der einsame Misael trostvoll, Und erquicket von dem Gedanken des naͤheren Todes. Jetzo suchte sein Aug’ in ihrem Grabe der Todten Staub; doch selbst des Unsterblichen Auge suchte vergebens. Und er schwung sich voll vom Gefuͤhle der freudigsten Hoffnung Ueber die hohen Graͤber empor, und sang, in der Wonne Seiner Seele, nach seinen Geliebten hinab, und gen Himmel, Sang mit dem wehenden Rauschen Euphrates. Nicht wie der Menschen Unbeseelteres Ohr es vernimmt, wie es Himmlische hoͤren, Wenn ein fliegender Strom an seinen Ufern hinabhallt, Hoͤrten die Beyden die Stimme des Stroms und Misaels Stimme. Dennoch werden wir einst aus diesen Graͤbern hervorgehn! Ja wie weit, o Verwesung, du auch in die Tiefen der Schoͤpfung Unsern Staub zerstreutest; in deinen donnernden Strudeln, Ocean, dort fließ er! in deinen Stralen, o Sonne, Schweb’ er! ihn schuf einst Gott! unsterbliche Seelen bewohnten Diesen Staub! ihn wird, ihn wird der Allmaͤchtige sammeln! B 5 Ueber Der Messias. Ueber ihm stehn, und ihm das neue Leben gebieten! Erde nahm der Allmaͤchtige, sprach zu der bebenden Erde: Werd ein Leib des Menschen! er wards! Den Staub der Verwesung Wird der Allmaͤchtige nehmen, ihm Leib zu werden gebieten! Halleluja! dann wird der Staub der Verwesung erwachen! Rauschen werden die Stroͤme! die Stuͤrme brausen! die Meere Bruͤllen! erbeben die Erde! der Himmel donnern, und Nacht seyn! Maͤchtiger, als das fliegende grauenvolle Getoͤse Wird die Posaune rufen, die Todtenweckerinn rufen! Auferstehen werden alsdann, die liegen, und schlafen! Leiser toͤneten ihm die letzten Laute. Vom Tode Stand er auf! vom Tode bey ihm die himmlischen Freunde! Der, wie schnelle Parden, wie Adler im Fluge zum Aase, Deine Rosse, Chaldaͤa, erblickte; die eilenden Reuter Rafften Gefangne zusammen, als Sand! sie lachten der Fuͤrsten Und der Koͤnige spotteten sie! Jhr Fuͤhrer war trunken Erst von seinem Grimme, gleich unersaͤttlich dem Grabe, Dann von dem Taumelkelche des Raͤchers! der auch den Raͤcher Jn der schreckenden Herrlichkeit sah, mit der er von Paran Kam! die Pest gieng vor dem Gefuͤrchteten her, wo er hintrat, Elend! Er maß das Land, wie weit die Zerstoͤrerinn wuͤten, Wo sie stillstehn sollte! Die Huͤgel mußten sich neigen, Da der Herrliche ging! bang ward den Bergen! der Strom fuhr Eilend dahin! Da buͤckte die Tiefe sich, und die Hoͤhe Hub die Haͤnd’ auf! Sonn’, und Mond, ihr standet! da fuhren Seine Pfeile mit Glaͤnzen dahin, mit Blicken des Blitzes Seine Speere! der so den großen Helfer in Juda Siehe Elfter Gesang. Siehe den Wiedervergelter in seiner Herrlichkeit sahe, Dessen Kraft war auch jetzo der Herr! Der Rettende fuͤhrt’ ihn Aus dem Grab’ in die Hoͤh! Und Habaeuc pries den Erwecker! Sanft ertoͤnte sein Saitenspiel an dem offenen Grabe: Nicht der Feigenbaum nur gruͤnt, der freudige Weinstock Nicht allein, und die Arbeit am Oelbaum weit in den Thalen! Auch die unsterbliche Saat steht hoch, der Ewigkeit Erndte! Schimmernd reifte sie auf im frohen Garbengefilde! Voll ist deiner Preise der Himmel, Sela! die Erde Deiner Ehren! Du dachtest an uns, Barmherziger, als wir Bis zu dem Hefen getrunken hatten den Kelch des Todes! Ganz die Verwesung gesehn! Drum freu ich dein mich, Erretter! Und bin froͤhlich in Gott, der mir in Ewigkeit Heil ist. Wie, wenn rings umher in Wolken der Himmel gehuͤllt ist, Und stets ernster der forschende Blick der Erwartung emporschaut, Wie auf Einmal sich dann die Flamme des Herrn aus den Wolken Stuͤrzt, und im Donnersturme den Preis des Allmaͤchtigen ausruft: Also entriß Jesaias der Nacht des Todes sich, strahlte Ueber dem Grabe! so rief er Dank dem Erschaffer aus Staube! Unter den Truͤmmern und Graun der großen Babylon, die sich Nebucadnezar, zu seiner Herrlichkeit Ehren, erbaute; Aber in der die Stimme des heiligen Waͤchters auch toͤnte: Weggenommen ist dir dein Reich, und hinab zu den Thieren Bist du verstoßen! unter diesen veroͤdeten Truͤmmern Lag deß Asche, dem Gott mit sehr viel Zukunft strahlte, Daniels. Und er suchte sein Grab. Wo find ich, o Seraph, Jn der großen Zerstoͤrung mein Grab? Sie schwebten voruͤber Neben Der Messias. Neben naͤchtlicher Voͤgel Geschrey, und Zischen der Drachen, Und gesunknen Palaͤsten. So gar der Araber hatte Keine Huͤtten hier, sein Sclav hier keine Gehege. Jetzo fand der Engel das Grab. Mit Wasser und Schilfe War es bedeckt. Ein moosiger Grabstein ragte daruͤber Unter wehenden Schilfen hervor. Und Daniels Seele Dacht an das Schicksal Vieler zuruͤck, die lange schon schliefen, Jenes zuruͤck, der hoch gen Himmel mit stolzem Wipfel Stand, ein großer Schatten der Muͤden, und schnell hinstuͤrzte, Als es: Hauet ihn um! vom Himmel erscholl. Der lernte! Aber der andere nicht, sein Sohn. Der Stolzere wollt’ es Niemals lernen, daß Gott der Koͤnigreiche Gewalt hat, Und, wie er will, die Koͤnige stuͤrzt. Drum ging die Hand auch Gegen den goldenen Leuchter hervor, drum schrieb sie den Tod auch: Koͤnig! die Jahre deiner Gewalt sind gezaͤhlt, und vollendet! Siehe, gewogen hat dich auf seiner Wage der Richter! Und zu leicht dich gefunden! dein Reich ist getheilt, und dem Meder Und dem Perser gegeben! … Den Stolzen, und seine Genossen Huͤgel, die mit dem Berge zur Zeit der Zerstoͤrung versanken! Ließ, wie erscheinende Schatten, vor sich des Heiligen Seele Schnell vorbeygehn. Aber itzt war das Ende der Tage Auch fuͤr Daniel da. Der Liebling Gottes erwachte, Schwebt’, und strahlt’ auf Babylons liegende Truͤmmern herunter, Wie von dem einsamen Himmel der Stern der Daͤmmrung herabstrahlt. Thraͤnen saͤet’ er einst, und erndtete Freuden Hilkias Zaͤrtlicher Sohn, als er mit des neuen Lebens Empfindung Ueber dem Grabe stand, und ganz unsterblich sich fuͤhlte. Und Elfter Gesang. Und der Hirt zu Thekoa, der unter den Huͤtten der Einfalt Den doch kannte, der hoch am Himmel gemacht den Arktur hat Und den Orion! er sah die Auen jammervoll liegen; Und den Karmel oben verdorrt! und Kirioths Festen Von dem dampfenden Fluge der Flamme verzehrt! im Getuͤmmel Moab, Kirioth sank! im Geschrey und Posaunhall sterben! Sah der Truͤmmern und Tode noch mehr in Judas Gefilden, Bethels Altar, und der Herrscher Palaͤste sinken! der Theurung Wuͤtende Qual, und eisern, und ohne Regen den Himmel, Ach nur Wolken des Staubs! drey Staͤdte zu Einer um Wasser Ziehen, und duͤrftig sich letzen! das Schwert die Juͤnglinge fressen Und die Tode der Pest! Von diesen Gesichten des Elends Hingestuͤrzt, ging Amos, hinauf zu den Freuden der Todten, Gern von Lebenden weg, die schon die Erfuͤllung ereilte. Jetzo erwacht’ er, zu sehen das Heil des Suͤndeversoͤhners Jn der Unsterblichkeit Leibe, den Himmel eisern dem Durste Derer nicht mehr, die nach der Erkenntniß des Heiligen lechzten. Hiob hatte sein Grab mit kuͤhlen Schatten umpflanzet, Und er schwebt’ in dem wehenden Hain. Jtzt schienen die Felsen Seines thuͤrmenden Grabes vor ihm sich nieder zu senken, Jetzo sanken sie! Schnell entstiegen den ruhenden Felsen Wolken wallenden Staubs, doch blitzte Glanz aus dem Staube, Anderer Staub, und anderer Glanz, wie er je noch gesehen! Da er sich freute der neuen Erscheinung mit frohem Tiefsinn, Sank er entzuͤckt in den strahlenden Staub! Jhn sahe sein Engel, Wie er unter der Hand des Allmaͤchtigen wurde! der Seraph Hielt sich nicht, rief gen Himmel, in seiner Wonne gen Himmel, Daß Der Messias. Daß vor des Rufenden Stimme der Hain und die Felsen erbebten! Hiob empfand es! Er war, nun war er von neuem erschaffen! Hielt sich nicht, rief gen Himmel mit stuͤrzenden Thraͤnen gen Himmel, Daß vor des Rufenden Stimme der Hain, und die Felsen erbebten: Heilig! Heilig! Heilig ist der, der seyn wird, und seyn wird! Truͤbe war noch der Himmel um Golgatha. Naͤchtliche Wolken Ueberwoͤlkten die Thaͤler und Hoͤhn, des geschlachteten Opfers Ganzen Schauplatz, so weit das Auge der Menschen den Huͤgel, Wo das Kreuz des Getoͤdteten stand, zu sehen vermochte. Starr, mit tiefgesunkenem Haupte, die heilige Schlaͤfe Mit der Krone der Schmach bedeckt, im Blute, das auch starr Stillstand, aufgehoͤrt hatte, dem Richter zu rufen um Gnade! Jn die Himmel der Himmel hinauf, um Gnade des Vaters! Hing dein Leichnam, o haͤtt ich Namen, dich wuͤrdig zu nennen, Hing dein Leichnam, nicht Thraͤnen, und nicht des Bebenden Stimme Nennt dich! hing am hohen Kreuze dein Leichnam herunter. Auch der leiseste Laut der Luͤfte verstummt’ um den Todten, Himmel und Erde verstummten. Von Menschen verlassen, einsam Lag der Huͤgel. So liegt ein Schlachtfeld von der Erschlagnen Nun begnadigten oder gerichteten Seelen verlassen. Unverwendet blickte der mitgekreuzigte Juͤngling Auf den Todten, obgleich in schwerem Schlummer sein Auge Dunkel zu werden begann … Du bist gestorben! gestorben! Du, den meine Seele so sehr sie zu lieben vermag, liebt! Und nun bin ich allein in diesem Tode der Marter! Ach, gern will ich es leiden, will alles, alles erdulden, Denn du hast vielmehr gelitten, vielmehr, wie ich leide, Aber Elfter Gesang. Aber verlaß du mich nicht, wie dein Gott dich verließ! Jch vertiefe Mich vergebens in diesen Gedanken, durchforsche vergebens: Gott, dein Gott verließ dich! … Erstaunungsvoller, als alles, Was mich jemals erschreckt, ist dieser zu ernster Gedanke! Koͤnnt’ ich nur noch stammeln; ihr treuen Wenigen, wuͤrdet Mirs antworten, ob ihr ihn sahet, als er es zu Gott rief? Ob ihr sahet sein Haupt empor ihn richten? sein Auge Nach dem Himmel starren? des Rufenden Angesicht sahet? Seine donnernde Stimme, mit der er rufte, vernahmt ihr! Koͤnnt’ ichs euch stammeln! Um mich vergingen Himmel und Erde! Und es entstroͤmte mir heisseres Blut! ich glaubt’, ich stuͤrbe! Ach! sie sehn mitleidig mich an! Jhr Sanften! ihr Frommen! Weinen kann mein Auge nicht mehr; es wuͤrd euch beweinen! Dich vor allen, o Mutter! Verlaß sie nicht, wie dein Vater Dich verließ! Ach mich, verlaß mich so nicht, Erbarmer! Also dacht er, und rang mit dem Tode. Gottes Erleuchtung Ueberstrahlt’ ihn jetzt heller. Den Zweck des goͤttlichen Opfers, Daß des Geopferten Blut, in das ewige Leben gequollen! Gott versoͤhnt sey! lehrt’ ihn der Geist des Vaters und Sohnes! Und er erstaunte, wie nur zu erstaunen vermag, wen Gott lehrt. Von Pilatus, ihn hatten die Hohenpriester gebeten, Nicht, bis die Uebelthaͤter den Tod der Kreuzigung stuͤrben, Nicht zu warten, sie jetzt zu toͤdten! sie jetzt zu begraben! Daß der Verfluchten Gebein des Passa Fest nicht entweihte, Drum koͤmmt jetzt von Pilatus ein Sclav, und eilet, und redet Mit dem Hauptmann. Dieser gebeut. Schnell fasset der naͤchste Eine Keule voll Bluts von vieler Gekreuzigten Tode, Naht Der Messias. Naht sich eilend, und schon begleiten ihn seine Genossen, Haͤlt sie mit dem nervichten Arm hoch uͤber dem Haupte: Stirb! und schmettert nieder, da brach das Gebein des Verbrechers Da erscholl von der Wurzel das Kreuz bis hinauf zu dem Wipfel. Und der begnadigte Juͤngling vernahm des erschuͤtterten Kreuzes Dumpfen Schall, den Verkuͤndiger seines nahenden Todes. Sanft klang ihm die prophetische Stimme des nahenden Todes! Und schon wandte der Roͤmer sich, ging mit zitterndem Schrecken Vor dem Kreuz in der Mitte voruͤber. Denn Goͤtter der Rache Schwebten, so daucht es ihm, schwebten um dieses Kreuz in der Mitte! Und er kam zu dem Juͤngling, der blickte voll Ruh auf ihn nieder. Und der Kreuziger, schnell des Juͤnglings Qualen zu enden, Stuͤrzte mit allen Kraͤften, die ihm der haͤrtende Krieg gab, Auf sein muͤdes Gebein die blutige, triefende Keule Aechzend nieder, da brachs, und schuͤttert’, und blutet’, es hallte Laut das Kreuz! herauf von der Wurzel staͤubte die Erde, Und ringsum erbebten der Hingerichteten Schaͤdel. Jetzo ging er noch Einmal, allein mit saͤumendem Fuße, Nach dem Kreuz in der Mitten, und stand, und sah auf den Leichnam, Rufte dem Hauptmann zu, der unten am Huͤgel voll Tiefsinus Langsam ging, er rief: Bey den Goͤttern! er ist gestorben! Jhm antwortet der Hauptmann: Jch weis, daß er todt ist, doch nim du Einen Speer, und durchstoß ihm das Herz! So sagt’ er, und wandte Wieder sich weg, und blickte mit truͤberem Ernst auf die Erde. Schon erhub sich der blinkende Speer, schon zuckt’ er zuruͤcke, Schneller vorwaͤrts, und drang in die Seite des goͤttlichen Leichnams! Wasser entquoll und Blut der Seite des goͤttlichen Leichnams. Jetzo Elfter Gesang. Jetzo sahn die verloͤschenden Augen des sterbenden Juͤnglings, Aber nur ferne, so daucht es ihm, nur in truͤbender Daͤmmrung, Noch dieß Blut aus dem Leichnam des heiligen Dulders rinnen. Und es brach ihm sein Herz. Jndem der Leib und die Seele, Nicht zu scheiden, dir nicht, o Tod! zu weichen, noch ringen, Eh des starken Bands der Natur unerforschte Gewebe Alle zerrissen, empfindet des Sterbenden Geist so, denkt so, Oder ist sich bewußt; doch Worte menschlicher Sprachen Streben umsonst, zu beschreiben, wie Seelen der Sterbenden handeln. Nun, nun … ach, auch meiner erbarme dich! deines Blutes Um des Todes willen, den du fuͤr Alle! … verließ dich Gott! Gott! Gott verließ dich! Erbarme dich Aller! meiner! Ja, um deiner Geburt, um deiner Leiden willen Jn dem Gericht! um deines versoͤhnenden Todes am Kreuze! Deiner Auferstehung! und deiner Erhebung zum Vater! Deines Todes und Lebens willen! … du bist es! du bist es! Amen! Amen! du bist der Vollender! und eingegangen, Hoherpriester, ins Allerheiligste! deine Versoͤhnung, Gottversoͤhner, ist ewig! Wie duͤrstete Jesus Christus! Suͤnde gemacht und Fluch, wie duͤrstete Jesus Christus! Hoͤr’ ich: Es ist vollendet! allmaͤchtige Stimme dich wieder? Todeshuͤgel, mein Grab, du warst sein Altar! O freu dich Deiner Verwesung, zermalmtes Gebein! Hier wirst du verwesen! Als er so in der Tiefe der Seele flehte, da nahte Abdiel sich, und schwebt’ um ihn mit leiserem Fluge, Blickt’ ihn an. Schnell ward des Unsterblichen Angesicht heller, Also segnet’ er ihn zu dem Tod’ ein: Quelle des Lebens! III Band. C Unaus- Der Messias. Unaussprechlicherer Barmherzigkeit, hoͤherer Gnaden Geber, als je der Mensch und der Engel verstanden und baten, O des Richters der Welten Versoͤhner mit denen, die fielen! Sey die Stunde mit ihm, vor der selbst Engel erbebten, Wenn durch diese gefuͤrchtete Nacht sie zum Ewigen giengen, Wandl’ in dem finstern Thale mit ihm, und laß ihn die Wonne Deines Lebens von fern, und seiner Vollendung erblicken! Abdiel segnet’ ihn so. Noch flehte des Sterbenden Seele: Gott! du Liebe! du ewige Liebe! … Gerettete Seele, Stamml’ es nicht! du ringest vergebens, noch hier zu danken. Herr! Herr! Gott! barmherzig, und gnaͤdig, und treu, und geduldig! Gott! Verzeiher der Missethat, Uebertretung und Suͤnde! Herr! in deine Haͤnde … Ach, Schaaren des Paradiese! Und im hellem Gewande! Wie wehn die Palmen der Sieger! Herr! Herr! Gott! barmherzig, und gnaͤdig, und treu, und geduldig! Gott, Verzeiher der Missethat, Uebertretung und Suͤnde! Herr! in deine Haͤnde … befehl’ ich … ach jetzo nicht laͤnger! Laͤnger nicht weilen, versoͤhnte, gerechte, begnadigte Seele! Mittler! in deine Haͤnde befehl ich … Er starb. Da verliessen Mit der Seele die feinsten noch uͤbrigen Leben die Leiche, Jetzt die Huͤlle der Seele zu werden, dereinst die Verklaͤrung Jhres verflogenen Staubs, wenn ihm das nahe Gericht ruft. Also dachte die Seele: War dieß der Tod? … O sanfte, Schnelle Trennung, wie soll ich die nennen? Tod nicht! Es heisse Tod dein Name nicht mehr! und du, du selbst, der Verwesung Fuͤrchterlicher Gedanke! wie schnell bist du Freude geworden! Schlummre Elfter Gesang. Schlummre denn mein Gefaͤhrt im ersten Leben! verwese, Saat von Gott gesaͤt, dem Tage der Garben zu reifen! Ja, verwese! Wie viel, und welche Leben empfind ich! Diese koͤnnen nicht sterben! die neuen Leben nicht sterben! Abdiel hielt sich nicht mehr. Er hatte die Seele des Juͤnglings, Wie sie mit himmlischem Glanze bekleidet wurde, gesehen. Und er kam ihr, strahlend vor Wonne der innigsten Liebe, Strahlend vor hoͤherer Wonne, daß sie erloͤst sey! entgegen. Thraͤnen rannen vom Auge des Himmlischen, als ihm der Suͤnder Welcher Buße gethan, und Gott sich geheiliget hatte, Auch entgegen eilte. So sprach zu dem Engel die Seele: Knecht des Hoͤchsten! denn du bist einer der Seligen Gottes, Deine Hoheit und Ruh, die aus deinem Angesicht leuchten, Sagen es mir! als dich mein werdendes Auge von fern sah, Deines schwebenden, toͤnenden Ganges melodisches Rauschen Dort mir scholl, erschrak ich freudig! du siehest, ich bebe Noch vor dir, allein Entzuͤckung ist, Seraph, mein Beben! Und in die Zukunft tief verloren sagte der Engel: Komm, du erster Todter, den Christus Opfer versoͤhnet, Du, der spaͤt zu Gott, erst in dem Gefaͤngniß, sich wandte! Gnad’ am Altare selber empfing! du, kuͤnftiger Suͤnder Weisheitverlassene Hoffnung! und nach dem Tod’ ihr Entsetzen! Komm, was dir der Mittler verhieß, wird jetzo erfuͤllet! Denn ich fuͤhre dich hin zu den Freuden des Paradieses. Also sprach er, und eilte. Die Seele folgte dem Seraph. Er, deß Antlitz strahlte, da er von des Ewigen Anschaun Nieder am Sinai kam, so strahlte, daß er dem Volke C 2 Sich Der Messias. Sich verhuͤllen mußte; der weil er nur Einmal nicht glaubte, Als nicht schnell in dem naͤchtlichen Augenblicke der Fels quoll, Canaan auch von fern vom Nebo nur Canaan sahe, Moses schwebt’ itzt allein an seinem einsamen Grabe, Und kein Engel um ihn. Er hatt’ in dem Leben der Pruͤfung Keinen gehabt. So groß war der, der ohne zu sterben, Gottes Herrlichkeit nachsah. Er schwebte vertieft. Vor ihm flohst du, Wie ein erscheinender Schatten, sein Leben am Staube, voruͤber. Pharao, Pharao, lange sind von deinem Gebein schon Und von deiner Heere die Schilfgestade nicht weiß mehr. O wie stuͤrzten die Mauern des Meers! Wie rauschte der Sturmwind Aus der himmelstuͤtzenden Flammensaͤule gesendet! Und wie sank Aegyptus zum Tod’ hinab! wie begrub sie Gott! … Auch dort, und da, und diesseits und uͤber den Huͤgeln Fuͤhrten uns seine Wolken und seine Feuer. Da schlug Gott Amalek dich, so lange sie mir die Arme gen Himmel Hielten, und Jsrael, sanken sie mir. Dort brannte der Busch mir! Heilig, Staͤte, bist du! Ach langsam wurdest du Quelle, Fels! … Wie war dir, Abiram, und Dathan, und Korah, wie war euch Als die Erd’ euch verschlang? … da bruͤllte die Hoͤlle Triumph auf! Ja, er ist es! du bist des Donnerhalls, der Posaunen Berg! bist Sinai! … Groß bist du, o Wuͤste, bist Aller, Welche vom blutigen Strome durchs Meer der Maͤchtige fuͤhrte, Großes Grab! … Und Nebo ist meins! Ach strahlt nicht Garizims Hoͤh’ aus Canaan her? und Golgatha’s ewiger Altar? Golgatha’s blutiger heilerfuͤllter ewiger Altar! Sangen am Nebo die Engel herauf, durch die des Gesetzes Bund Elfter Gesang. Bund der Ewige sandte, sie glaͤnzten wie Orionen, Kamen, umschwebten das Grab, und hielten die goldnen Harfen Hoch gen Himmel, und toͤnten, und sangen: Die Seegen Garizims Haben wir nicht, nicht Leben der Zeit, des Golgatha Seegen Haben wir! Moses, Aarons Gott, was saͤumet dein Leichnam? Staub, du ruhst, steh auf ins Leben, dir ruft der Versoͤhner! Und in leisem und sanftem, in himmlischem Harfengelispel Schlummert’ er hin; und erwacht’ in Posaunenhall! Es erbebte Nebo von jeder Todtenweckerinn, wenn sie ins Grab scholl. Feyerlich beugte sein Knie, und sank der Herrliche nieder, Anzubeten, und lang’ erhub sein Wonnegebet sich, Lange sein Preisen, ihm hielt kein Engel die Arme gen Himmel. Auch der Koͤnige Grab bewegte sich. David erwachte, Ach gluͤckseligkeitsatt, und nach dem herrlichen Bilde Siehe des Unverwesenden, dessen der Auferstehung Hoher Triumph auch harrte, des Erstlings unter den Todten! Als in dem dunkeln Gewoͤlbe der Sohn Jsai daherging, Und bey ihrem Gebeine die Seele Salomo’s sahe, Blieb er bey ihr, wie er schimmerte, stehn. Der Sohn erstaunte, Ueber den Auferstandnen, der Unerwachte. Da eilten Engel zu ihnen ins Grab, und Auferstandne. Sie riefen: O sie erwachten vom Tode! … Ja wir erwachten vom Tode! Unser duͤrres Gebein, rief Abraham in der Entzuͤckung, Hoͤrte die Stimme des Herrn, wir erwachten, ihn zu empfangen, Ganz unsterblich, wie er, wenn er nun selber heraufstrahlt. Vater des goͤttlichen Todten, auch du bist, David, erkohren, Um die Ceder Gottes ein Fruͤhlingsbaͤumchen zu gruͤnen, C 5 Und Der Messias. Und zu lispeln im Hauche des sanften Sauͤselns vom Himmel, Wenn sie nun ihren Wipfel bis in die Wolken emporhebt. Aber, Gabriel sprachs, o Seele Salomo’s, weine, Du Begnadigte, nicht, dich wird dein Staub nicht bekleiden, Wenn die Ceder Gottes des Fruͤhlings Erstlingen schattet. Weinen? den er mit so viel Gnade der Himmel bekroͤnt, ich, Der aus solchen Jrren herauf zu der Rettung gefuͤhrt ward! Ruhe bis zu dem Tage der groͤßern Erndte des Lebens, Mein verwesend Gebein, und wenn dieß Todtengewoͤlbe Dich nicht mehr zu halten vermag, so wehe zerstreuet Jn den Luͤften ein Duft, in der sanften Kuͤhlung am Abend Unter dem schimmernden Monde, so lang’ er Sterblichen leuchtet. Auch den kuͤnftigen Christen wirst du, antwortet der Engel, Nicht erscheinen. Denn nur die Auferweckten erscheinen. Aber ich seh die Erscheinungen doch, und freue mit denen, Die erscheinen, und welchen die hohen Erscheinungen stralen, Mich der Freuden des Himmels! … Die warten, Seliger, deiner! Endigte Gabriel, und sie verließen der Koͤnige Graͤber, Mamre zu sehn, und die Auferweckten im Schatten des Haines. Aber noch stand Hiskia nicht auf. Der Bezwinger des Serah Durch die Schrecken des Herrn, ob sein Heer gleich zahllos heraufzog, Assa erwacht’; auch der dem Volke zu predigen, zweymal Durch Judaͤa von Berseba zog bis Ephraim, alle Seine Fuͤrsten mit ihm, und Priester Gottes, und dem dann Heil, wie keiner empfing, Gott gab! Denn Josaphat fuͤhrte Gegen die Feinde sein Heer mit Loben in heiligem Schmucke, Und mit Psalmen, und Preisen, und großem Geschrey gen Himmel, Nicht Elfter Gesang. Nicht zu schlagen! schon jetzt zu danken dem Retter, der bald nun Kommen wuͤrde, zu siegen, und gegen die Wuͤste mit Haufen Todter Feinde, da war kein Entrinnen! die Erde zu decken! Auch Usia erwacht’ in seinem einsamen Grabe; Und in der Koͤnige Graͤbern sein Sohn, mit diesem der ernste, Fromme Juͤngling, der eifernde Goͤtzenzerstoͤrer Josia! Auch barmherzig war er! Die Saͤngerinnen und Saͤnger Weineten ihn, der Benjaminit, deß Thraͤn’ auch auf Salems Truͤmmer fiel, am herzlichsten! ach, sie weinten, den Necho’s Bogen trafen! in sanftem in daurendem Liede voll Klage! Denn es sangen noch Enkelinnen! Die fuͤnf’ erstanden All’ auf Einmal, und schnell, fuͤnf himmelfallende Blitze! Aber noch stand Hiskia nicht auf. Ein Engel des Abgrunds Nisroch, ein Goͤtze vordem, und Sanheribs Schatten entschwebten Langsam jetzo Libanons Hoͤhn. Den Eroberer mußte Nisroch herauf von der Hoͤlle zum Grabe der Koͤnige Juda Fuͤhren … Wer zwingt uns hinauf? sprach schnell zu dem Goͤtzen der Wuͤrger. Sanherib, haͤtt’ ich gehorcht, waͤrs nicht ein Engel des Todes, Der den Befehl uns brachte, gewesen? Du hoͤrtest ihn sprechen. War sie nicht eisern die Stimme der Donner, mit der er redte? Schnell wie Blitze? Mehr Tod ist der Tod, daß diese so furchtbar Sind, so unwiderstehlicher Macht. … Du Schwacher, dem Opfer Bluteten! haben denn je dem furchtbaren Engel des Todes Opfer geblutet? .. Du Schwaͤcherer, der dem Gehorcher gehorchen, Fliehn muß, wenn er gebeut! fleuch, hochgeschwollner Erobrer! C 4 Fleuch, Der Messias. Fleuch, und bete den Staub der todten Koͤnige Juda’s, Sanherib, an! Hohnsprecher des Maͤchtigen, der um die Nase Ringe dir, in dein Maul Gebisse dir legt’, und des Weges, Den du verwuͤstet hattest, zuruͤck dich fuͤhrte, du kennest Also seinen Engel nicht mehr, dem ich heute gehorche? Kennest den Furchtbaren nicht, der deine Heer’ in den Schlummer Stuͤrzt’, und weit umher das Gefild mit Leichnamen deckte, Daß mit dem Wehn der kommenden Sonne gefluͤgelt Geschrey schrie, Und der trunkene Blick der Adler Libanons flammte! Den nicht? Goͤtterbezwinger zu Hamath, und Arpad! wo sind sie Nun die Goͤtter zu Haran? und Rezeph? und zu Thalassar? Wo die Goͤtter zu Sepharvaim? Sie sind in der Hoͤlle, Dein zu spotten! Jch neide dein Gluͤck dir, daß du dem Hohne Dieser Bezwungnen entronnen, und nur des todten Hiskia Staub zu kuͤssen, herauf gesandt bist? … Sanherib eilte Und die beyden Schatten des Abgrunds traten ins Grabmaal, Wo Hiskias allein mit seinem Engel noch schwebte, Langsam herein? … Warum entheiligen diese Verworfne, Engel Gottes, mein Grab? wer sind sie? .. Sanheribs Schatten, Und sein Goͤtze. Gleich wirst du, warum sie kamen, erfahren. Sanherib! kennest du diesen verklaͤrten Schatten? .. Wie kenn ich, Jch Ungluͤcklicher alle Soͤhne des gluͤcklichen Schicksals? … Ungluͤckseliger, weil du ein Boͤser warest, er ist es, Der in den Staub vor ihm sich buͤckte, welchem du Hohn sprachst! Der auf Gott sich verließ, da deine Schaaren, wie Stroͤme, Kamen! Du kennst die Gerichte, die schon auf der Erde dich trafen! Denn die folgten! und nun folgt dieß: Den, der dir so klein schien, Daß Elfter Gesang. Daß du ihn kaum verachtetest, mehr dem Maͤchtigen Hohn sprachst, Auf deß Rettung allein der erhabnere Koͤnig sich stuͤtzte, Sanherib! den sollst du in neuer Herrlichkeit sehen. Hab er seine Herrlichkeit doch, die alt’, und die neue! Laß mich in meine Tiefe nur fliehn! Was geht mich Hiskias, Oder das ewige Licht, was mich, den Genossen der Nacht, an? Laß mich, Tyrann des Himmels, entfliehn! … Nah gehn die Gerichte Gottes dich an, du Stolzer! Hier ruhet sein Staub, der deine Liegt von Ninive’s Truͤmmer belastet. Auch er wird erwachen, Aber dunkel, und jammervoll, anders, als den du nun sehn wirst! Schrecken und Wuth ergriffen den blutigen Voͤlkerbezwinger, Als sich auf einmal das Grab des erhabenen Hiskia bewegte, Und er eben so schnell in neuer Herrlichkeit dastand. Fleuch nun, Laͤsterer! fleuch, Hohnsprecher des Todtenerweckers! Rufte mit blitzenden Strahlen bewasfnet Hiskia, was saͤumst du? Fleuch in deine Tiefen hinab! du hast mich gesehen! Aber Sanherib war in des Grabmaals Felsen gewurzelt, Konnte vor Wuth nicht entfliehn. Da rief Hiskias heruͤber: Siehe, noch anderer Spott, als der vor der Flucht in den Tempel Nisroch, wo deiner Soͤhne gezuͤckte Schwerter dein harrten, Anderer Spott lohnt jetzo dich! Sions Tochter im Himmel Sie mit der goldenen Krone des Heils verachtet dich, Todter! Und die hohe Jerusalem droben schuͤttelt ihr Haupt dir, Niedergestuͤrzter Verderber, nach! Denn wen, o du Stolzer! Hast du geschmaͤht? dein Aug’ erhoben und deine Stimme Wider wen?. … Und Sanherib floh, und sein Goͤtze zur Hoͤlle. C 5 David Der Messias. David eilte zu Kis Grabmaal in Zela Benoni, Denn so nannt’ ihn Rahel, als ihr den Tod der Geliebte, Sie das Leben ihm gab; zu seinem Jonathan eilt’ er. Ach du bist es doch selber? du bist es, mein David, doch selber? Siehe, so sind nur Henoch und nur Elia! wer bist du, Vater des großen Todten, geworden! … Der Staub in dem Grabmaal Meiner Kinder und meinem bewegte sich, siehe, da bin ich Auferstanden! … Du Vater des Gottgeopferten, Heil dir Auch zu dieser Herrlichkeit! … Du mein Jonathan, wirst auch Aufstehn … Jch? bin ich der Vaͤter des Goͤttlichen Einer? Adam erstand, und Noah und Abraham! … Sind sie nicht alle Vaͤter des Mittlers? .. Auch Moses entstand! .. Wer kañ sich mit Moses Jhm vergleichen, der Aarons Gott war? .. Auch ich bin erstanden. Haft du gesuͤndigt wie ich? .. Das nicht, doch war ich so edel, Und so fromm als, David, du warst? und uͤber das alles Stammet denn nicht der Messias von dir? Wie wenig verdient’ ich, Und wie dank ich dafuͤr, daß ich gewuͤrdiget wurde, Mit vom Himmel herunter zu kommen, und Jesus zu sehen. David! ich habe genung! ich hab ihn sterben gesehen! Und mein Auge wird auch zum Triumphe des Herrlichen aufschaun! Auch dadurch bin ich selig, daß du, mein David, zu mir koͤmmst. Wehmuth haͤtte mich fast bey diesem Grab ergriffen; Denn hier bin ich allein, und keiner von meinen Vaͤtern Jst mit mir, und keiner von meinen Bruͤdern; die meisten Sind zwar selig, allein ach ruht nicht hier sein Gebein auch, Sauls? .. Du klagest doch nicht, o du mein Jonathan? .. David, Lieber wollt’ ich vergehn! Jch klagen? machte mich Gott nicht Auch Elfter Gesang. Auch zum Erben des Lichts? Auf meines Vaters Gebein ließ, Ohne Klag’, ich nur die Eine Thraͤne noch rinnen. Rein sind selber die hohen Engel vor Gott nicht, und selber Unsre Seligkeit kann ein Woͤlkchen Wehmuth umschatten. Jetzo, mein Jonathan, darf nicht Wehmuth truͤben, denn Christus Jst nun todt! Als er noch litt, traf mehr wie nur Wehmuth Unsre Herzen! und sieh, es erwachen die Ersten der Zeugen Seines Todes und Lebens! .. Jndem rief Jonathans Engel: Trockne die Eine Thraͤne, die dir so spaͤt noch geronnen, Trockn’ auch sie! .. Er hatt’s, mit der Stimme der Halleluja, Kaum gerufen, als Jonathan schnell in Schlummer dahinsank, Eben so schnell vor David, nun ganz ein Unsterblicher, dastand! Wer am Throne dereinst die hohen Jubelgesaͤnge Davids und Jonathans hoͤrt, der wird auch hoͤren, was damals Sie sich sagten, und was sie sich nicht zu sagen vermochten. Gideon, der die Krone nicht nahm, die Juda ihm brachte, Schwebt’ in dem Glanz der Unsterblichkeit auf. So werden nicht glaͤnzen, Wenn das Rufen des ernsten Gerichts am Throne des Sohns ruft, Die aus dem Blut der Bezwungnen empor die schreckliche Krone Huben, und sie auf ihr Haupt mit dem Recht der Tyrannen setzten, Oder, beßre Besitzer, in jener Schlacht sie entweihten, Die nicht Schuldlose rettet, und gern sich dem Richter verbuͤrge! Aber Er hat ihres Blutes Geschrey vernommen, Und wird ihm, wenn er kommt, laut anzuklagen gebieten! Jetzo erwachte sein staͤubend Gebein, des Todtenerweckers, Eh er selber verwest war, Elisa verließ, so verlassen Frommer Seelen den Leib, sein deckendes Grabmaal, und eilte Purpur- Der Messias. Purpurstrahlend hervor, er allein ein Morgen des Fruͤhlings. Einst, da weiß zu werden des Sehers Gebeine begannen, Trugen sie einen Todten hinaus, und legten ihn nieder Jn sein Grab, ein jugendlich Weib, die Wonne des Mannes, Welchem sie einen Sohn der Schmerzen entschlummernd geboren. Lange hatten sie sich geliebt, und besaßen sich endlich; Doch sie starb! Er weint’ ihr nicht nach. Jn stummer Betaͤubung Ging er voran in dem Todtengefolge. Der Klagenden Eine Trug der Gebaͤhrerinn Tod, den Knaben, der, schoͤn wie der Rosen Fruͤhe Knospe, zu bluͤhen begann. Jetzt legten die Traͤger Auf Elisa Gebein die Mutter des laͤchelnden Knabens. Schleunig entstand ein Rufen des Freudenschreckens, und bleicher Ward auf Einmal der Weinenden Antlitz, und schneller ihr Athem! Denn die Mutter erhub sich, sprang hin, und riß aus den Armen Jener Fremden ihr Kind, und bracht’ es bebend dem Vater. Und sie, deren Wange, da sie ins Leben zuruͤckkam, Gluͤhete, ward jetzt auch vor Entzuͤckungen bleich. Jhr Geliebter, Der Erscheinungen sah, und in den Armen des Schattens Seines Kindes Gestalt, betrachtete laͤchelnd die beyden, Mehr gluͤckselig als je! Jch folg’, ihr winket, ich folge! Aber da sie nun wirklich es war, die Zeugen es riefen, Und sie selber es rief, wards um sein Angesicht dunkel! Und sie reichte das Kind den Weibern, und fuͤhrt’ ihn zur Huͤtte Wie, so freuet’ er sich, ihn Daͤmmrung des Todes umschwebte. Und an dem Grabe Debora bewegten auf Einmal die Palmen Jhre Wipfel, und schnell stand unter den rauschenden Palmen Auferweckt die Prophetinn, und pries des Lebens Erschaffer! Mirjam Elfter Gesang. Mirjam trat im Triumphe daher aus dem Staube der Erde. Freudeglaͤnzend erhub sie ihr hohes Auge gen Himmel, Suchte mit feurigen Blicken umher in den weiten Gefilden, Aber sie fand den Unsterblichen nicht, der vom Tod’ in das Leben Schnell sie gebracht, dazu an der Allmacht Throne geruͤstet. Engel der Auferstehung, wo weilst du, o Erndter? Wo decken Heilige Schatten dein strahlendes Haupt? Jn welchen Gebirgen Jst der Ruf der Posaune verhallt, mit dem du mich wecktest? Ach, wo ruhest du aus von deinem Werk, in Erstaunen Selbst verloren, daß Gott zu diesem Wunder dich sandte? Volk, das Hesekiel sah aus seiner Gefaͤngnisse Graͤbern Kommen, wenn wirst du, Volk des Gerichts, das zweytemal aufstehn? Deine Rettung nicht nur, der Sterbenden froͤhliche Hoffnung Auch zu lernen, erblickte er die Auferstehung der Todten, Sieh, ein ernstes Gesicht! Er stand weissagend, da rauscht’ es, Und da regt’ es sich, und die Gebeine kamen zusammen, Jedes zu seinem Gebein. Er sah, es wuchsen daruͤber Adern und Fleisch, und mit Haut bekleidete Gott sie; allein noch War kein Odem in ihnen. Und er weissagete von neuem, Da kam Odem in sie, sie wurden lebend, und standen Aufgerichtet, ein zahllos Heer! .. Dieß himmlische Bild war Jhm von dem Chebar uͤbrig geblieben, und lichter durch Strahlen Seiner Seligkeit, hatt’ es ihn nicht im Himmel verlassen. Jetzt, da die Auferstehung des goͤttlichen Todten sich nahte, Er bey seinem Staube der großen Entwicklung sich freute, Ging es von neuem ihm auf, ein Strahlenmorgen des Fruͤhlings, Und sein Engel begann: Jch hoͤr in den Fernen ein Saͤuseln Als Der Messias. Als der Gegenwart Gottes! Von allen Seiten der Erde Wehet es her! Wenn einer von seinen Hauchen den Staub hier Unter uns ruͤhrte? Nun schlummern sie wieder die athmenden Luͤfte, Ach, nun erwachen sie wieder. Er sprachs, und es weht’ in des Engels Goldner Locke. Hesekiel! rief der hellere Seraph, Doch schon hoͤrt’ er nicht mehr, schon rauscht’, und regte sein Staub sich, Schon kam Odem in ihn, ein Hauch zu dem ewigen Leben! Und der Unsterbliche trat auf seine Fuͤße, zu freudig, Auszusprechen, was er empfand, doch hub er gefaltet Seine Haͤnde gen Himmel, und nun umarmt’ er den Engel. Und sie schwebten, gefuͤhrt von dem Saͤuseln der Gegenwart Gottes, Nach den andern Todten, sie auch erwachen zu sehen. Asnath schien in Schlummer zu sinken. So schwebt in der Aue Leicht ein werdender Duft, den der Mond in Silber wandelt. Wie sie mit zweifelndem Schweben den Staub des Grabes beruͤhrte. Ach, mein Huͤter, was ists, das so mich umdaͤmmert? was gleiten Mir vor Bilder vorbey, die ich sonst nicht kannte? Was fuͤhl’ ich Neues in mir? Jch habe fuͤr diese neue Gefuͤhle Keine Namen, allein sie gleichen, doch ferne nur, denen, Die ich im ersten Leben empfand, da der Tod mich wegrief. Sterb ich, Engel Gottes, noch Einmal? Mich deucht, die Stimme Bebt mir! und ach zum leisen, schwachen, unhoͤrbaren Laute Wird ihr Silberton. Jch sterbe wieder, du Engel Gottes! Jn sanftem Geraͤusch, als rauschten Quellen Edens, Seraph, in lieblichem Wehen des schattenden Paradieses, Schlummer’ ich hin … So entsanken Asnath die letzten Laute. Aber, umgeben von lichten Gedanken, als waͤrens des Aufgangs Roͤthen, Elfter Gesang. Roͤthen, durchdrungen von inniger Freuden schnellem Gefuͤhle, Schwebte sie auf, war ganz der Unsterblichkeit Erbinn geworden! Jn der Entzuͤckung, als weit um ihn her das Todesgefilde Rauschte von Auferstehung, da blies die hohe Posaune Einer der Engel. Mit ihrem erschuͤtternden Donnerhalle, Trat der Held, den Gott zur Bezwingung Canaans sandte, Aus den Schatten des Todes herauf. So leuchten aus Naͤchten Blitze, so sah auf Dothans bestrahlten Bergen Elisa Flammende Wagen der Engel, die ihn mit Rettung umgaben. Wie ein Erstling der Fruͤhlingsblumen in duftigen Thaͤlern Aufbluͤht, also erwachte zum Leben der Leben, nicht wieder Wegzuwelken, die Tochter Jephtha. Zum Silbergetoͤne Ward es, wovon die Lippe der Preisenden bebet’! Jhr Engel Toͤnt’s mit der goldenen Harf’ ihr nach, und erhub es auf Fluͤgeln Frohbegeisterter Harmonieen noch hoͤher gen Himmel. Nah an Jerusalem hatte die Mutter der sieben Soͤhne Mit den Soͤhnen ein Frommer in einer Hoͤle begraben. Herzhaft grub er die Heiligen ein, entschlossen, dem Wuͤtrich, Der sie erwuͤrgte, die That zu bekennen, und selber zu sterben! Oft war diese Hoͤle die Ruhstat muͤder Wandrer; Oft beschatteten ihre Gewoͤlbe des einsamen Beters Heisse Thraͤnen. Sie fuͤllte mit ernstem Tiefsinn die Seele Aller, welche vor ihr voruͤber gingen. Denn alle Hatten gehoͤrt, welch heilig Gebein die Hoͤle begruͤbe! Jetzo knieten in ihr um ihre Mutter die Soͤhne Maͤrtyrer neben der Maͤrtyrerinn, voll dankender Wonne, Daß sie, als seine Zeugen, der Mittler sterben zu lassen Sie Der Messias. Sie gewuͤrdigt, da ihn sein erstes Gesetz noch verhuͤllte; Da er in bildenden Schatten sich nur dem Forschenden zeigte, Und ihn Tabor noch nicht, noch Golgatha nicht verklaͤrten! Als von ihrem Grabe zu Gott ihr dankend Gebet stieg, Kamen uͤber den Bach, der neben der Hoͤle vorbey floß, Semida, und ein Bethlehemit, der dich in der Huͤtte, Wo du das erstemal weintest, Erloͤser, von Engeln gefuͤhrt sah. Und sie setzen, lange von ihren Schmerzen ermuͤdet, Am Eingange des Grabes sich gegen einander, und weinen. Semida! doch ich schweige von ihm. Wenn spraͤch’ ich es ganz aus, Was ich uͤber den Tod des Menschenfreundes empfinde! Aber sag, o sage mir, was dieß fuͤr ein Gefuͤhl ist, Das, seit dem mich die Schatten des heiligen Grabmaals umgeben, Mich mit sanften noch niemals empfundnen Schrecken erschuͤttert? Doch jetzt denk ich zuruͤck. So war mir es, als sich die Engel, Die uns seine Geburt verkuͤndeten, ferne nur nahten, Gleich der Daͤmmrung, und noch im Glanze der Himmel nicht strahlten. Heilig ist, Jethro, ihr Grab. Jch empfinde, was du empfindest! Laß uns eilen. Denn Engel, Geliebter, oder Entschlafne Weihen jetzo dieß Grab zum Heiligthume. Drum laß uns, Laß uns eilen. Der Schauer, der aus den Tiefen der Hoͤle Uns erschreckt’, ist ein Wink, uns schnell zu entfernen. Sie wollen Einsam, und mit dem, den sie anbeten, allein seyn! Semida sprachs. Allein eh er sich wendete, ging er Einige Schritte tiefer, und ruft’ in die naͤchtliche Halle: Jhr, o Unsterbliche, betet mit uns den Todten des Herrn an! Goͤttlich hat er gelebt! und goͤttlich ist er gestorben Jesus Elfter Gesang. Jesus Christus! Vor seiner Geburt schon nannten die Engel Seinen Namen. Jhr kennt den heiligsten aller Namen Jesus Christus des Todten! Vom Tode wird er erwachen! Jhr, ob eure Gegenwart gleich mit Schauer uns schreckte, Seyd Erschaffne, wie wir! Jhr seyd unsterblich! Unsterblich Sind auch wir! O lasset mit suͤßen menschlichen Namen Lasset Bruͤder euch nennen! Ach ihr seyd unsere Bruͤder! Dieses Grab der Maͤrtyrer sey, wenn wir einst zu euch kommen, Unser Zeuge, daß wir, schon auf der entheiligten Erde, Noch in der Huͤlle der Sterblichkeit, unsre Bruͤder euch nannten. Euch erinnre dieß Grab der Maͤrtyrer, daß, wenn wir kommen, Jhr die ersten im Himmel als eure Bruͤder uns aufnehmt! Thirza und ihre Soͤhne vernahmen den Juͤngling. Sie sahen Jhn und seinen Gefaͤhrten, indem mit melodischer Stimme Semida redete, beyde mit freudig staunenden Blicken Unverwendet auf sie, so daucht es ihnen, hinabschaun. Als er endete, wandte zu ihren Soͤhnen sich Thirza: Moͤchten sie weilen, ich liebe sie. Einfalt und Unschuld der Seele Schmuͤckt sie; allein vielleicht, daß der Schauer, welcher sie schreckte, Von dem Ewigen kam! Geht hin in Frieden! Der Herr sey Euer Gott! und leit’ euch zu unserm ewigen Leben! Ja bey unserm Staube, der einst der Unsterblichkeit aufwacht, Ja, wir kommen, entschlummert ihr, euch von dem Himmel entgegen. Jethro und Semida wendeten sich, und verließen die Hoͤle. Als der beyden Sterblichen Bild noch um Thirza’s Seele Schwebte, verdrang es auf Einmal ein Anblick voller Erstaunen! Jhre Soͤhne, so wie sie vom Leben der Himmlischen strahlen, III Band. D Sinken Der Messias. Sinken um sie in Schlummer! doch daucht sie, zweene von ihnen Sind vielmehr in Entzuͤckungen, als in Schlummer gesunken. Denn es leuchtet ihr Angesicht heller, als vormals. Sie redten; Wonne waren ihre Gedanken, und Harfen die Stimme. Voll von Seligkeit rief der dritte der Bruͤder, Beninu: Steigst du schon, o schoͤnster der Morgen, du seliger Morgen Seiner Auferstehung herauf? Ja Morgen der Wonne, Siehe, du bist gekommen! es bebt das Grabmaal! es beben Golgatha, und das Kreuz! du bist, o Morgen, gekommen! Also rief er, und sank, wie seine Bruͤder in Schlummer. Voll von Seligkeit rief der juͤngste der Bruͤder, Jedidoth: O ihr Engel, wo bin ich? Hat Er zu dem Throne des Vaters Schon sich erhoben? Ach himmlisch, Jerusalem, schimmerst du! himmlisch Glaͤnzest du, Thron des Siegers! allein wie strahlen, wie strahlen Seine Wunden! Er riefs, und sank, wie seine Bruͤder. Thirza erstaunte noch immer. Vor ihrem Angesicht lagen Sieben Unsterbliche, welche, wie Menschen, Schlummer umwoͤlkte, Suͤß zwar war der Liegenden Anblick; das Antlitz der Mutter Hing mit stillen Betrachtungen uͤber dem Antlitz der Soͤhne! Aber die Schlummernden waren Unsterbliche! Sollen, so dachte Jhre Mutter, so lange das Grab der Leichnam des Mittlers Heiligt, auch sie die festlichen, menschentroͤstenden Stunden, Zwar im Tode nicht, aber doch schlummern? Sie dacht es. Jndem schloß Sich ihr Auge. Sie sahe sich nicht, sie fuͤhlte sich sinken. Umgeschaffen erhub sie sich jetzt! Jhr Engel, wie ward ihr, Als sie in ihrer neuen verklaͤrten Gestalt sich erblickte! Danken, Elfter Gesang. Danken, danken will ich! sie riefs mit zitternder Stimme, Ewig danken! Ach mehr, als die frohste Hoffnung entzuͤcket, Hast du mir Freuden gegeben! auch sie erwachen, du Geber Unaussprechlicher Wonne! du Geber des ewigen Lebens! Und sie kniete nieder, und sah, mit gefalteten Haͤnden, Und mit lautem Weinen, um sich die Kinder erwachen! Sah sie werden! so schnell, als der Glut sich Flammen entschwingen, Sah sie aus ihrem wehenden Staube sich Engel erheben! Und den aͤtherischen Leib den neugeschaffnen verklaͤren! Sah ihr erstes Laͤcheln, es laͤchelte nicht der Mutter! Sah ihr werdendes Auge gen Himmel sich oͤffnen, und schimmern, Hoͤrt’ ihr erstes Stammeln zu Gott! die seligste Mutter! Neben einander begrub Ein Grab vier Freunde. Dem Huͤgel War das Felsengewoͤlbe, worunter die Leichname ruhten, Jm Erdbeben entstuͤrzt. Sie sahen ihre Gebeine Ueber ihrer Verwesungen eingesunkenen Asche Liegen, und segneten diese zerstreuten Truͤmmern des Lebens, Mit dem Wunsche nach Auferstehung; aber sie hofften Jetzo des freudigen Wunsches Erfuͤllung noch nicht. Der Entschlafnen Letzter, der Ethan, und Chalkol, und Heman zur Ruhe begleitet, Dann noch ein wenig auf Erden, ihr Uebriger, hatte gewandelt, Darda sprach zu seinen Geliebten: Wie waren wir immer So gluͤckselig, ihr Freunde. Das Leben am Grabe vereint’ uns, Dann das Grab, die Ewigkeit auch! zwar sahen wir Ethan Sterben, und weinten ihm nach; dein Gebein ist weisser, o Ethan! Heman sah ich, und Chalkol des Todes Weg zwar ziehen, Aber zu Ethan hinauf, und weinten sanfter. Darauf schlief D 2 Chalkol Der Messias. Chalkol in meinen Armen auch ein, und ich blieb uͤbrig! Noch zu dem Leben so reif nicht, als ihr. Wie war mir Verlaßnen, Als ich, o Chalkol, das Grab dir schloß! Doch maͤchtiger staͤrkte Gott, den Weinenden, gab mir Ermannung, gen Himmel zu schauen! Bald hernach starb Salomo auch, und wurde versammelt Neben Davids Gebein. Kurz war mein uͤbriges Leben; Wenige Naͤchte, da kam mit dem Todesschlafe die letzte. Siehe, da liegt nun unser Gebein, und harret des Rufes, Welcher ihn aufzustehen gebeut. Wie entzuͤckt das Verlangen, Auferstehung, nach dir! wie wirst du selber entzuͤcken, Auferstehung! … Wie wirst du, mit himmlischen Harmonieen Sang es Heman, o du Erwachen zum Leben, entzuͤcken! Du Erwachen nicht mehr zu entfliehenden Tagen! Vergoͤnne, Geber der Seligkeit, mir, der Wuͤnsche froͤmmsten zu wagen, Der zu Hoffnung beynah in meine Seele gereift ist, Diesen, mit dir zu erwachen! Denn du wirst nicht verwesen! Jesus Christus, wie koͤnnte dein Gott verwesen dich lassen! Hier von meinem Leibe, deß Erde lange schon hinsank, Fleh ich zu dir hinauf, weit uͤber den Huͤgel des Kreuzes, Jn die Himmel der Himmel hinauf: Laß, großer Beginner Deiner Erndte, den Keim in dem Staube, den schlummernden Leichnam, Unter deinen Schatten, du Aehre der Aehren, erwachsen! Ach, sie schattet noch nicht, rief Chalkol heftig, und Heman Bluͤht schon auf! Seht ihr den Todten, ihr Bruͤder, erwachen? Seht ihr ihn glaͤnzender werden? .. Er riefs, und verstummt’, und erwachte Mit dem Erwachenden. Darda, auch dir, und, Ethan, euch wurde Keine Zeit zum Erstaunen gelassen. Der Todten Gebeine Rauschten, Elfter Gesang. Rauschten, und regten sich mit, und wurden mit Lichte bekleidet! So, wie sie strahlten, erhuben sie sich, vereinbarte Schimmer, Hand in Hand in die Wolken empor, und sangen dem Mittler! Nah an Jerusalem schlief die Prophetinn Hanna, vor vielen Jhrer Tage gluͤcklich. Sie sah in dem Tempel den Knaben Bethlems, und wußte, wer dieser Sproͤßling aus Juda’s Stamm sey! Er entrann in Aegyptus, und sie ins Grab. Sie erwachte Jetzt zu der Herrlichkeit. Als sie herauf aus dem kuͤhlen Gewoͤlbe Jhres Grabes trat, und jetzt die Augen, die niemals Wieder sich schliessen sollten, eroͤffnete, sah sie des Todten Leichnam gegen sich uͤber am Kreuz. Ja dennoch, du Todter, Bist du mein Auferwecker! Du bist es, du hast mir den neuen Mir den unsterblichen Leib vor dem Tage der Tage gegeben! Ach wie trieft er von heiligem Blut! Ach laut in des Himmels Fernen Hallen vernahm, und erhoͤrte der ewige Richter Dieses Blutes Rufen um Gnade! Sie sprachs, und verstummte Voller Wonne, vertieft in die Folgen dieser Erhoͤrung! Joel, Samma’s erster, nun einziger, hatte den Vater Und den Todeshuͤgel verlassen, und war zu des Oelbergs Thale niedergeirrt, Gethsemane durch, zu dem Grabe Seines Bruders. Er sucht’ es mit schwerem Schritte. Der Stein war Schon mit stillem Moose bedeckt. Er sank bey dem Steine Kraftlos nieder mit starrem und blutendem Auge von Thraͤnen Ueber Jesus! und uͤber Benoni! … Du hast in der Kinder Und der Saͤuglinge Munde dir Lob bereitet; in meinem D 3 Jammer! Der Messias. Jammer! Jch hatt’ um Benoni den Schmerz zu stillen begonnen, Aber darauf … ich mag den goͤttlichen Namen nicht nennen, Mit dem Namen des Todes! Und ach nun still’ ich mein Jammern Um Benoni nicht mehr. Er ist mir noch Einmal gestorben! Jener große Todte, kaum wag’ ich es, ihn zu weinen, Jst ein Bruder der Engel; ihn duͤrfen Engel nur weinen. Aber Benoni, Benoni, dich darf, dich will ich ewig Weinen! … Er stuͤtzte sein sinkendes Haupt am Steine mit truͤbem Bangem Auge, mit bleichen und sanftgeoͤffneten Lippen, Seines Bruders, und seines Engels Wehmuth und Wonne. Denn sein Engel, und du, vollendete Seele Benoni, Wart heruntergekommen zur heiligen Stille der Graͤber. Joel wußte das nicht. So kennt ein duldender Frommer Hier im Leiden die helfende Hand nicht, die ihm so nah ist, Nicht entfernter, als jenes Luͤftchen, welches schon saͤuselt, Jhn mit stiller Kuͤhlung ins Grab hinunter zu wehen. Denn schon hat ihn der Herr des Lebens und Todes zum Sterben Eingesegnet. Jch lebe mehr, als er lebet, o Seraph, Aber wie weint er den Todten, und denkt nicht hinauf an mein Leben! Hingegangen bist du, und hast allein mich gelassen, Mein Benoni! Du Blume von schnellem Sturme gebrochen, Duftende Morgenblume, des Thales Saron die schoͤnste! Hingegangen, mein Joel, mein Bruder Joel, zu wachsen Hoch im Himmel ein Schatten empor am Strome des Lebens. Unser Vater ist alt! Dein Tod, dein Tod, o Benoni, Wird auch ihn mir nehmen, und ach hinab in die Grube Bringen mit Herzeleid sein graues Haar! Jch der Waise, Und Elfter Gesang. Und der Bruderlose wie werd’ ich schmachten, und duͤrsten Nach des Todes Kelche, der andern bitter, mir suͤß ist! Seraph, des Knabens Schmerz geht mir durch die Seele! Trockn’ ihm Seine Thraͤnen, ach trockne die unaushaltbaren Thraͤnen! Gott, Gott nimmt sie von ihm, ist seine Stunde gekommen. Weißt du nicht, daß wir im Himmel zu fruͤh die Thraͤne nicht trocknen? Schlummere sanft, du Jnniggeliebter! Doch Lazarus kam ja Aus der Verwesung. Allein da lebte der Goͤttliche selbst noch! Aber nun hat Er Vollendung am Kreuze gerufen. Wird er lange noch leben, o du sein Engel? … Das weis nur Der, wenn er sterben soll, mir gebeut, ihn gen Himmel zu fuͤhren. Lehre mich den Betruͤbten, den Bruderlosen, o Vater Aller Vaͤter, die Weisheit, die uns durch die Wuͤste des Lebens Jn das Land der Verheißungen leitet. Du siehst ja, du Vater Aller Vaͤter und Kinder, die innige bittre Betruͤbniß Meines schmachtenden Herzen. Jch fuͤhle die wachsenden Kraͤfte Meiner Jugend, und sehe vor mir ein Leben ohn’ Ende, Ohne Benoni, bald ohne Vater, und ach! ohn’ Ende! Seraph, der innige Schmerz wird der sein Leben nicht kuͤrzen? Tage deuchten ihm Jahre; nur Tage wird er noch leben. Seele meines vollendeten Bruders, ach wenn du hier waͤrst Um dein Grab, und deinen verlassenen Joel noch kenntest; O so wuͤrdest du auch ein kurzes Leben mir wuͤnschen. Weniger nicht gehoͤret dazu, o Seraph, des Knabens Kuͤmmernisse zu sehen, und ruhig sie auszuhalten, Als der Besitz des ewigen Lebens! Du warst, o sein Engel, Stets ein Unsterblicher, ließest in jenen Huͤtten des Elends D 4 Keinen Der Messias. Keinen Bruder zuruͤck! … Doch empfind ich dir nach, o Benoni, Was du empfindest! So oft wir von unsern Geliebten uns trennen, Und um neue Befehle zum Thron des Ewigen steigen, Lassen wir Bruͤder zuruͤck. … Was ist es, mein himmlischer Bruder, Daß mein Grab sich bewegt? ach daß vom erschuͤtterten Steine Joel aufspringt? daß es um mich wie Daͤmmrungen herschwimmt? Daß ich, o Gott, wo bin ich? o Geber des ewigen Lebens, Du erhaͤltst doch, o du vernichtest mich nicht, du Geber? Also stammelt’ er sanft, wie sich Wiederhalle verlieren. Und mit dem neuen Leibe der Auferstehung verherrlicht, Rief er: O du erhaͤltst mich nicht nur, du unendlicher Geber, Du bekleidest mich auch mit diesem unsterblichen Leibe! Preis dir, Herrlicher, Herrlicher, welcher der Gaben so viel hat! Nun, mein Bruder, wenn einst dein Leichnam auch verwest ist, Weckt dein Schoͤpfer ihn auch, er, der der Gaben so viel hat! Wacht’ ich? oder hatte der Schmerz sein fuͤrchterlich Schlummern Ueber mich ausgebreitet? Empfind’ ich in meiner Kindheit. Schon, was Samma empfand, wenn er in starrer Betaͤubung Niedersenkte sein Haupt, dann auf Einmal aufsprang, und rufte: Kind, Benoni, mein Kind, am blutigen Felsen zerschmettert! War ich also betaͤubt? ach oder bewegte der Stein sich Wirklich? Jhr ruht doch sanft, ihr meines Bruders Gebeine? Bebte die Erde noch nach? Da kommt mein Vater, und sucht mich. Siehe mein Vater, o Seraph! Ach weine, du redlicher Alter, Nicht bey meinem Grabmaal! Jch bin ja so selig, und leer ist Meines Staubes der Staub, den dieser ruhende Stein deckt. Lange Elfter Gesang. Lange sucht ich dich, Joel, nun find ich dich endlich. O laß uns Diesem Grauen der Graͤber entfliehn! Jst das nicht Benoni’s? Komm, mein Joel! Jst das nicht Benoni’s? Auf laß uns entfliehen! Komm, mein Uebriger. Gott, Gott segne dich, Joel. Sie gingen. Gott, Gott segne dich bald, sprach, da sie sich wandten, Benoni, Mit dem ewigen Leben, du duldender redlicher Vater! Simeon, als er gesehen hatte den Heiland Gottes, Jhn, das Licht, zu erleuchten die Voͤlker, den Herrlichen Juda’s, Und den innigsten Dank nun uͤber ihn ausgeweinet, Saͤumte nicht lange, sein silbernes Haupt zur Ruhe zu legen. Simeon machte sich auf, ward sterbend Licht, denn sein Licht war Druͤben am Grabe noch heller, und du, o Herrlichkeit Gottes, Gingst dort leuchtender uͤber ihm auf. Sein Verwesliches war jetzt Schon zu Staube zusammengesunken. Der Geist des Propheten Schwebt’ an der deckenden Gruft, wo seines Leichnames Saat lag, Schnell, er wußte das nicht, zum hohen Halme zu wachsen, Vor dem Tage der großen Erndte, mit wenigen Halmen Ueber die Saat der Todten empor, die von Anfang entschliefen, Ueber das Menschengeschlecht, das hinab bis an das Gericht stirbt. Und im roͤthlichen Wege, der durch das Rauschen des Kidren Von Jerusalem sich an des Oelbergs Fuß herumzog, Und mit seinen Kruͤmmungen dicht an Simeons Grab kam, Wandelten langsam ein Greis, mit ihm ein fuͤhrender Knabe, Simeons Bruder, und Enkel. Das Auge des Alten umhuͤllte Blindheit, die fruͤhere Nacht des Todes, eh noch der Tod selbst. D 5 Jn Der Messias. Jn das dunkle Thal uns fuͤhret. Jhn troͤstete kindlich Boa, der Knabe, des Gleitenden Stab. O trockne dein Auge Endlich wieder, du redlicher Vater, und weine nicht immer. Lang schon sah mein Auge nicht mehr; so laß es denn das thun, Was es allein noch vermag. Jch werde den saͤumenden Tod doch Endlich erweinen, und nieder aus dieser Nacht des Lebens, Jn die bessere Nacht, mich neigen. Doch sage mir, Boa: Sind wir von dem Gebein des heiligen Alten noch ferne? Nein, nicht ferne, mein Vater .. Jst schon mit Moose der Grabstein Wie mit ihrem Epheu die oͤde Truͤmmer, bewachsen? Zeuget schon der gesunkene Stein von des frommen Entschlafnen Langen Ruh? Ha bluͤhender Knabe, mein starrendes Herz fliegt Freudig empor, wenn ich, ihr alternden Graͤber, wie ruͤhrend, Wie ehrwuͤrdig ihr seyd, mir denke. Mein Simeon legte Sich in sein Grab so lange nun schon! Zwar lang’ ist mein Grab auch Jn den Felsen gehaun; doch stets noch fehlt ihm der Todte! Also sagt’ er, und stand, und lehnt’ in der bitteren Wehmuth Sich auf Boa. Mein Sohn, fuͤr den die Sonne nicht auslosch, Dessen Auge der Sommernacht sanftschimmerndes Licht sieht, Jst der Himmel heiter? Mir wehte liebliche Kuͤhle, Und erfrischte den Muͤden … Die Luft ist heiter, mein Vater, Und verschoͤnt den sprossenden Fruͤhling im weiten Gefilde. Waͤr er auch in Wolken gehuͤllt, und dunkel von Wettern, Boa, mein Sohn; soll doch der Tag, an welchem ich sterbe, Mir wie ein Tag des Fruͤhlinges seyn! .. Er duͤrstet zu sterben Sagte Simeons Seele zu ihrem Begleiter, dem Engel, Weil er den truͤben Gedanken von Jesus Tode nicht aushaͤlt. Simeon, Elfter Gesang. Simeon, ach den weis er noch nicht. Sie haben dem Greise, Daß er lebe, die schreckenvolle Geschichte verborgen. Siehe so stirbt er, o Seraph, so bald er sie hoͤrt. Doch ich sagte Ja auch ihm, es wuͤrde dieß Schwert durch die Seele der Mutter Gehen! .. Jndem sie so redeten, setzte sich Simeons Bruder Mit dem Knaben ans Grab. Die aschebedeckten Gebeine Simeons sonderte jetzt der Engel vom Staube der Erde Zu der Unsterblichkeit ab. Sie rauschten, und regten sich, sichtbar Nur fuͤr Engel, nur hoͤrbar fuͤr euch, die fern in den Himmeln Preise der Sterne vernehmen. Jndem sein Schimmer, des neuen Werdenden Leibes Verklaͤrung, auf diesen wallend herabsank, Daucht es der hohen Seele, daß ihre Gedanken sich ferne, Wie auf Fluͤgeln entzuͤckender Harmonieen getragen, Jmmer ferner verloͤren. Doch kamen sie eilend zuruͤcke, Da der unsterbliche Leib der neuen Schoͤpfung vollendet, Und die Seele des Todten mit jeder innigen Freude Seiner Auferstehung erfuͤllt war. Ein Pilger des Festes Lief im Wege daher, und eilte nach Bethlehems Huͤtten. Warum eilest du so, du Pilger? … Sollt’ ich nicht eilen, Und die bange Geschichte des Todes den Meinen erzaͤhlen? Welches Todes? so rief der Bruder des Auferstandnen. Bist du der einige, der nicht wisse, daß unsre Beherrscher Jesus, den goͤttlichen Mann, am Kreuze toͤdteten? … Sprachlos Sank der Alte zuruͤck. Nach langem Muͤhen brachten Endlich der Pilger und Boa den Leidenden uͤber den Kidron Weg von den Graͤbern. Er flehte zuruͤckgeleitet zu werden; Aber umsonst, sie leiteten ihn zu Jerusalems Thoren. Wollen Der Messias. Wollen wir neben ihm wallen, und seinem Geiste begegnen, Wenn er, o Seraph, die Huͤtte verlaͤßt, die jetzt ihn belastet? Denn der Morgen wird sie in Truͤmmern finden … Er stirbt nicht, Simeon, denn sein Engel ist ja um ihn nicht zugegen, Und er wird noch so gar in jenem Leben der Freuden Viel empfahen. Denn du, mein Simeon, wirst ihm erscheinen, Und von der Auferstehung des Herrn mit dem Leidenden reden! Lieg, und ruh, so dachte bey seinem Leichnam Johannes, Bis an jenen gefuͤrchteten Tag, den großen Entscheider: Wessen Suͤnde du trugst, Lamm Gottes! Wir sollen hier weilen; Laͤnger wohl nicht, als Nacht den Leib des Getoͤdteten einhuͤllt, Als du schlummerst, o Lamm, deß Altar von Blute noch rauchet. Du versammelst uns dann, wenn du ein Sieger hervorgehst, Wieder um dich, daß wir auch deine Herrlichkeit sehen! Dann verlaß ich dich, Staub, dem einst Posaunen ertoͤnen! Jetzo saͤum’ ich gerne bey dir. Was werdet ihr selbst seyn, Freuden der Auferstehung, da eure Hoffnung so froh macht! Was vor ein Traum umschwebt, vor ein hocherhebender Wunsch mich, Bald zu erwachen? auf deinen Tag nicht, Richter, zu warten? Sieh ein Wunsch, den Hoffnung die Himmel noch hoͤher hinauftraͤgt! Wunderbar sind die Gnaden des Herrn, unzaͤhlbar, und neue Duͤrfen wir stets erwarten. So dacht er, und sahe Benoni, Einen Schimmer, daher in der Abenddaͤmmerung kommen. Welcher Engel entschwebt dem hangenden Felsen, o Seraph? Sagte zu seinem Huͤter Johannes. Jeder Entzuͤckung Fruͤhlings- Elfter Gesang. Fruͤhlingsschoͤnheit umgiebt den himmlischen Juͤngling. Jch kenn ihn! Hoͤre sein Schweben! Er gleicht Benoni. Er ist Benoni’s Schuͤtzender Engel. Wer ist er? o Seraph, wer ist er? ich kenn’ ihn Nun nicht mehr. Er ist kein Engel, ist keine der Seelen Jn dem Gewande des Lichts. Doch gleicht er Benoni. Erstanden? Ach vom Tode waͤrst du, du himmlischer Juͤngling, erstanden? Komm, befluͤgle den Schwung, den Harfenklang, den du schwebest, Wer du auch bist. Vielleicht ein Benoni vor kurzem gestorben Druͤben am Ocean, auferstanden, heruͤbergesendet, Jrgend ein neues Wunder des großen Erbarmers zu lehren, Oder selber zu seyn. … Jetzt hatte dem Harfenklange Fluͤgel Benoni gegeben, und war leichtschwebend gekommen. Groͤßter von denen, die Weiber gebahren, von Ewigkeit segne Dich der Vater der Wesen zu Ewigkeit! Himmlische Bothschaft Bring’ ich: Siehe der heilige Staub, die Todten, erwachen! Taͤufer des Herrn, das ganze Gefilde bewegt sich, und rauschet, Rauschet von Auferstehung! die Todten Gottes erwachen! Juͤngling, wen sahst du, wen sahst du? .. Jch sah den Vater der Menschen! Henoch, und Elias erstaunten! und Abraham glaͤnzte, Wie die Heere des Himmels! Auch kam in Purpurgewoͤlke Jsak. Jch sah, es dankt’ ihr Auge gen Himmel erhoben, Moses und Hiob! ich sah die Sieben, die Maͤrtyrer, kommen, Und verlor mich in meiner Entzuͤckung. Von Ewigkeit segne Dich zu Ewigkeit Gott! Auch dich, Johannes, sah ich, Aber noch nicht erstanden. Bereite dich, Groͤßter von Adam, Deiner Der Messias. Elfter Gesang. Deiner Auferstehung! … Johannes sahe verwundernd Seinen Leichnam sich regen, sich ihn aufrichten, und leben; Aber noch nicht verklaͤrt, noch nur aus Erde geschaffen. Schnell verlor die erhabene Seele die letzten Gedanken Ueber das Wunder, das letzte Gefuͤhl der frohen Erwartung; Denn sie vereinigte sich! Nun war das Wunder vollendet, Und der Heilige pries in verklaͤrtem Leibe den Mittler. Dieser Erstandenen Namen erschollen mir laut, bey der Palmen Wipfel verwehten die andern; allein in Stunden der Weihe Kommt die Sionitinn, und nennt mir die himmlischen Namen. Der Der Messias. Zwoͤlfter Gesang . Jnhalt des zwoͤlften Gesangs . J oseph erhaͤlt von Pilatus die Erlaubniß, den Leichnam Jesu zu begraben. Er, und Nikodemus salben, und begraben ihn. Choͤre der Auferstandnen und Engel singen dabey. Die Juͤnger, viele von den Siebzigen, Maria, und einige der frommen Weiber versammlen sich in Johannes Hause. Joseph und Nikodemus kommen auch zu ihnen. Dieser bringt die Krone, die er bey dem Begraͤbnisse von Jesu genommen hatte. Maria, Lazarus Schwester, stirbt. Er, Lebbaͤus, Nathanael und Martha sind bey ihrem Tode zugegen. Lazarus koͤmmt in die Versammlung der Frommen zuruͤck, und bemuͤht sich, sie zu troͤsten. Salem, Johannes Engel, staͤrket ihn durch einen Traum. Der Messias. Zwoͤlfter Gesang . T ruͤb’ ist, und bang in ihren verborgensten Tiefen die Seele, Wenn sie fuͤrchtet, daß Gott sie aus ihrem himmlischen Erbe Stoßen werde. Verirrt in dem Labyrinthe der Vorsicht Wenden sich weg von weiterem Forschen alle Gedanken; Jede von ihren Empfindungen treffen die Fluͤche vom Sina, Und vom Ebal, noch mehr des hohen Golgatha Schrecken. Ach! nun wird sie das weiße Gewand der Sieger nicht kleiden! Jhr die Palme der Ueberwinder im Himmel nicht werden! Und die Krone nicht strahlen! Sie liegt zerschmettert im Staube, Und sie wuͤrde vergehn, wenn sie Ein Gedanke nicht hielte, Er ihr Retter nicht waͤr, ihr Engel vom Himmel gesendet, Dieser große: Sich Gott in Allem zu unterwerfen! So voll Jammers, und so von jeder Hoffnung verlassen III Band. E War Der Messias. War der kleine Haufe der Wenigen unter den Menschen, Die den Versoͤhner des Ewigen kannten, da ihn ihr Auge Starr, und todt auf Golgatha sah, und um ihn nun alles Oed’ und verstummt; und so war’s der von Arimathaͤa, Er der Eine, daß sie nicht ganz dem Jammer erlagen. Dich zu begraben, o Todter Gottes, entschloß sich Joseph, Muthiger jetzt, und Raͤcher an seiner vorigen Kleinmuth. Laut ruft’ er auf Golgatha, daß es der Hauptmann der Roͤmer, Und, wie sehr auch Angst sie betaͤubte, die Zeugen es hoͤrten: Jch begrabe den Todten des Herrn! Dort, gegen uns uͤber Jst sein Grabmaal, und meins. Nein! ich will nur bey des Felsen Eingang liegen. Auf, Nikodemus, und alle Myrrhen, Alles, was du von der Aloe brachst, das nimm, und erwarte Mich bey dem Kreuz. Jch geh, und ich komme vom Fuͤrsten der Roͤmer Schnell zuruͤck; auch bring ich die Leinwand zu dem Begraͤbniß. Und er eilte. So eilt der Entschluß, das Leben zu aͤndern, Wenn er wahr ist, und jeder Entschluß der Suͤnde vergebens Gegen ihn den blinkenden Dolchstoß wuͤtend emporhebt, Oder umsonst Einschlaͤfrungen ihm, und Seligkeit zusingt, Also eilt er zur That! Der Arimathaͤer erreichte Bald den Palast des Heiden, und fand ihn umgeben von Unruh, Sahe Portia bleich, und truͤbe von Jammer ihr Auge. Was begehrst du von mir? … Des Todten Leichnam, Pilatus, Den du nicht kanntest, und den du, von meinem Volke verleitet, Heut auf Golgatha kreuzigen ließest. Jch will ihn begraben. Aber was geht der Todte dich an? … Sehr viel, o Pilatus, Und nur weniger, als den Richter droben, der Goͤtter Gott! Zwoͤlfter Gesang. Gott! … Am Cocytus, und nicht im Himmel, richten die Goͤtter! Er nicht, den du voll Stolz den Gott der Goͤtter itzt nanntest, Jsraelit! Rhadamantus, und Minos, und Aeakus richten! Ob die Goͤtter der Roͤmer, und ob am Cocytus sie richten, Laß uns dann, o Pilatus, entscheiden, wenn unsere Leichen Urne fuͤllen und Grab. Jetzt fleh ich, o unser Beherrscher, Auch der Moͤrder Beherrscher, die Gottes Propheten erwuͤrgten, Jnnig dich an: Gieb mir, gieb wenigen Frommen den Leichnam Dieses goͤttlichen Manns! … So waͤr er so schnell denn gestorben? Sag, ist er wirklich todt? … Jetzt hielt es Portia’s Wehmuth Laͤnger nicht aus. Gieb diesem redlichen Manne den Todten, Oder begrabe mich selbst! Sie sprachs, und die Thraͤne stuͤrzte. Sende zum Hauptmann am Kreuz! Pilatus sagt’ es zu Joseph, Und wenn er kommt, so fuͤhr’ ihn zu mir. Er sandte. Der Hauptmann Kam. Sie traten herein. … Jst, den sie vor Barrabas waͤhlten, Jetzt schon todt? … Todt war er. Jhm wollte keiner die Beine Brechen, bis einer zuletzt die Lanze tief ihm ins Herz stieß. Und Pilatus erwiederte: Gieb dem Manne den Leichnam, Daß er ihn, wo er will, begrabe. Wo hast du beschlossen Jhn zu begraben? … An Golgatha’s Huͤgel in meinem Grabe. Also sagt’ er, und ging, und kam zu dem Huͤgel des Todes. Christus Mutter erblickte zuerst den Treuen, und sah es, Daß er das Sterbegewand zu ihres Sohnes Begraͤbniß Trug, und weinte vor inniger Wehmuth; Doch ohne Sprache Blieb sie noch stets, stumm immer noch, mit dem Schwert in der Seele. Und so bebte zum erstenmale die Lippe Johannes: E 2 O Maria, Der Messias. O Maria, uns armen Leidenden ist es doch Lindrung, Daß ihn Joseph begraͤbt. Allein, indem er es sagte, Wandt’ er gleichwohl sein Auge vom Grabe. Die Mutter des Todten Und des Juͤngers antwortete nichts. Der fromme Joseph Eilte zum Kreuz, und ihm kam Nikodemus entgegen. Wer von den Zeugen sich ihnen nahte, dem riefen sie Beyde Freudig zu: Wir duͤrfen den Todten Gottes begraben! Aber die Leidenden traten zuruͤck, und blieben von fern stehn: Doch die Zeugen im Himmel nicht auch, die Erstandnen und Engel. Diese schwebten naͤher hinzu. Und schon, doch unhoͤrbar Menschlichem Ohre, begann der Harfe Klage; der Stimme Klage noch nicht. Haͤtt Einer der Sterblichen dieß vernommen, Einer von denen, die bang in bitterem Schmerze versanken, Nicht auf Erden, er waͤr im Himmel vor Freude gewesen! Oder der Engelharfe Wehmuth haͤtt ihn getoͤdtet! Jetzt trat Joseph herzu, und Nikodemus, und legten Der das Sterbegewand, und der die Geruͤche der Myrrhe Jn den Staub. Dann nahmen sie von dem Kreuze den Leichnam. … Und sie ließen ihn sanft auf Golgatha’s Huͤgel herunter Sinken! Nun ruht’ er am Kreuz. Sie eilten, und gaben der Staude Leben dem Leichengewand, und wollten, der einst mit Posaunen Auferstehung gebeut, so vor der Verwesung schuͤtzen. Aber Eva schwebt’ auf ihn zu, und neigt’ ihr Antlitz Ueber das Antlitz des todten Messias. Jhr goldenes Haar floß Sanft auf seine Wunden, und Eine Thraͤne des Himmels Auf die ruhende Brust. Wie schoͤn sind deine Wunden! Lispelt sie leis’ ihm zu, noch ungebohrner Erloͤster! Ganzer Zwoͤlfter Gesang. Ganzer Aeonen Seligkeit stroͤmt aus jeder herunter! Sohn! … mein Mittler, wie deckt dein Antlitz die Blaͤsse des Todes! Dein geschloßner schweigender Mund, dein stummes Auge Reden dennoch ewiges Leben! Ein bluͤhender Seraph, Stuͤrb er, also laͤg’ er im Tode. Noch laͤchelst du Liebe! Und in deinem Gesicht redt jede Gebehrde noch Gnade! Also sagte die gluͤckliche Mutter zum liegenden Todten. Aber die andere stand verhuͤllt, und konnte zum Leichnam Nicht hinblicken. Und Joseph und Nikodemus umwanden Jetzt den Todten. Allein, als unter der Bebenden Haͤnden Nun das Sterbegewand zu Blute ward, da hieltens Laͤnger nicht aus die vollendeten Frommen, die Vaͤter des Mittlers, Und es begann ihr Todtengesang, die Klage des Himmels. Eins der Choͤre begann, und Thraͤnen der Seligen flossen. Wer ist der, der vom Golgatha koͤmmt im roͤthlichen Kleide? Wer mit Blutgewande geschmuͤckt herunter vom Altar? Wer, deß goͤttliche Macht verborgen, und ewiges Heil ist? Jhm antwortet ein anderes Chor, und Thraͤnen flossen, Und der Posaunen des Weltgerichts toͤnt’ Ein’ in dem Chore. Jch bins, der Gerechtigkeit lehrt, ein Meister zu helfen! Dem erwiedert das Chor, das zuerst in Thraͤnen hinfloß. Warum ist dein Gewand so roͤthlich gefaͤrbt? und wie eines, Der die Kelter getreten, dein Kleid? … Trat Jch die Kelter Nicht allein? und war mit mir der Endlichen Einer? Die sich empoͤrten, die hab ich in meinem Zorne gekeltert, Sie zertreten in meinem Grimm! und all ihr Vermoͤgen Jst auf meine Kleider gespruͤtzt. Jn dieser Arbeit E 3 Hab Der Messias. Hab ich meine Gewande mit Blute gefaͤrbt! Der Rache Tag ist, es ist das Jahr der großen Erloͤsung gekommen! Als ich begann zu erloͤsen, da sah ich mich um, und kein Helfer War um mich! Da schreckte mich Gott! und keiner erhielt mich, Keiner im Himmel, und keiner auf Erden! Da mußte mein Arm mir Helfen! und gegen die stolzen Empoͤrer mein Zorn mich erhalten! Siehe, der Schlange zertrat ich den Kopf! Sie stach in die Ferse! All’ Empoͤrer hab ich in meinem Zorne zertreten, Habe sie trunken zum Tode gemacht in meinem Grimme! Also hab ich all ihr Vermoͤgen zu Boden gestoßen! Dieses sangen die Choͤr’, und mischten Triumph in die Wehmuth. Joseph nahm die blutige Krone vom Haupte des Todten, Gab sie seinem Gefaͤhrten, und huͤllte das goͤttliche Haupt ein. Aber nicht wie Maria, und nicht wie die Juͤnger, verstummten Jene seligen Zeugen, die uͤber Golgatha schwebten: Denn von neuem begannen der Sterbegesang, und die Thraͤnen. Haͤtten dir jetzt die Harfen getoͤnet, die du, auch sterblich Noch, auf Patmos vernahmst, wie selig waͤrst du gewesen, Juͤnger des Todten, und Sohn der jammervollsten der Muͤtter! Also sang ein Chor der Erstandnen, und blickt’ auf den Leichnam. Sieh, es rauschte der Bach Kidrona, der Bach von dem Tempel, Engel, der Bach Kidrona! Trit auf den Stolzen, o Seele, Auf die liegende Schlange! Die wenigen einsamen Palmen Rauschten durch Gethsemane, da begann er zu sterben! Einem anderen Chor entstroͤmten Halle des Donners: Hoͤret’ er nicht tief unten rauschen die Fluthen des Abgrunds, Wuthausruf der Gerichteten drohn, und begann zu sterben? Bebt’ Zwoͤlfter Gesang. Bebt’ in die Wolke nicht Tabor hinauf? Da kam Eleoa Aus dem Dunkel einher, der Nacht des richtenden Vaters, Schwebt’, und sang ihm Triumphe! Da begann er zu sterben! Als sie schwiegen, erscholl die sanfte Stimme der Klage: Und gestorben ist er! er ist gestorben, ihr Engel! Also sangen sie. Joseph, und Nikodemus erhuben Von der Erde den heiligen Leichnam, und trugen langsam Jhn von Golgatha’s Hoͤh, der Last von Gott gewuͤrdigt. Und aus einem der Choͤre geleitet’ ein Hall sie hinunter: Ach er hielt es nicht Raub, Gott gleichen! und dennoch, du Schoͤnster Unter den Menschen und Engeln, erniedertest du bis zum Tode Dich, bis zum Tod’ am Kreuz! und Knechte suͤndiger Goͤtzen Warfen um seine Gewande das Loos! Ach Essig und Galle Gaben sie ihm in seinem entflammten Durste zu trinken, Und vom bitteren Kelche des Spottes der Seele des Dulders! Jetzo erhub ein flammendes Chor die Stimme gen Himmel: Ach Jerusalem, ach! … Weh dir, Jerusalem! Wehe Deinen Soͤhnen, Jerusalem! Jene zu schreckliche Stimme, Ach dein Rufen ums Blut des Mittlers, wie hat es der Feldherrn Rufen, du Stadt des Todes, erhoͤrt! Wie haben die Adler Sich versammlet ums Aas! … Die Harfen entsanken den Vaͤtern, Aber es rief die Posaune fort das Rufen der Feldherrn. Auch den Haͤnden des Manns, der Aarons Gott war, entsanken Seine Saiten; allein, da Eloa’s Donnerposaune Weh ausrief, entschwebt’ er der Heiligen weinenden Choͤren, Trat dann dicht bey dem Engel heran zu dem blutigen Leichnam. Also sang er, und also erscholl die Posaune des Seraphs: E 4 Lange Der Messias. Lange wird Er mit euch, die diesen Abel erwuͤrgten, Siehe der Eine, der ewig ist, rechten; Jhr Kain, ich kenn’ euch! Weis, wo ihr seyd! Schrie gegen euch nicht zu mir in den Himmel Eures Bruders Blut? Nicht um Rache rief mirs, es rief mir, Bis in des Allerheiligsten innerste Nacht, um Gnade! Aber ihr wolltet nicht Gnade! … So wird die Stimme des Raͤchers, Von dem hohen Golgatha bis in die unterste Hoͤlle, Viel Aeonen ertoͤnen! Nun waͤhlt, ihr Moͤrder des Mittlers, Eure Wahl denn, und sterbt! … Doch jetzo entsank die Posaune Selber Eloa, auch schwieg der Gesang des ernsten Propheten. Und sie sahen dem Leichname nach. Jhn trugen die Frommen Nieder zum Grabe, das gegen dem hohen Golgatha uͤber Einsam unter alternden Baͤumen in Felsen gehaun lag. Und sie entwaͤlzten den deckenden Stein der Oeffnung des Grabes. Josephs Aug’ erkohr in seiner Tiefe die Staͤte Fuͤr den Entschlafnen, und also zerfloß des Traurenden Seele. Endlich hat des Lebens, ach endlich des Todes Dulder, Wo er sein Haupt hinlege! Sie nahmen den heiligen Leichnam Und sie senkten ihn sanft in die Tiefe des Grabes und wandten Oft von dem liegenden Todten weg ihr weinendes Auge, Bis sie zuletzt den Felsen mit muͤdem Arm’ aufhuben, Seine dumpfe Last in des Grabes Oeffnung sinken Ließen, und Nacht ausbreiteten uͤber den Leichnam des Mittlers. Als die Nacht den Todten umgab, ertoͤnten die Choͤre Seiner himmlischen Leichengefaͤhrten. Sie sahn in des Grabes Nacht schon daͤmmern die Morgenroͤthe der Auferstehung. Selbst Zwoͤlfter Gesang. Selbst du wurdest gesaͤ’t, doch entsprossest du der Verwesung Nicht! Kaum schatten dir, Sohn, die Todesschatten, so regt sich Schon das neue Leben um dich! so rausch’ts im Gefilde Golgatha schon von Auferstehung! am blutigen Altar Laut von der Auferstehung des Groͤßten unter den Todten! Toͤnet, Posaunen der ersten der Engel, der Erndter am Tage Seines Lohns, der Himmelrufer, wenn nun an des Thrones Strome die neuen Namen der Sieger melodisch heraufwehn. Toͤnet der nahenden Auferstehung des Sohnes entgegen! Lispelt, Harfen, der schoͤnsten der Morgenroͤthen, dem Schimmer Seines Erwachens, dem strahlendem Schweben des Siegers entgegen! Ach uns schlummert er nicht in der Nacht des Schreckens! Er schlummert Uns in Palmenschatten, der Ueberwinder des Todes! Klaget, klaget ihm nach, ihr seine Geliebten, die sterblich Noch im Staube wandeln, ihr weint bald andere Thraͤnen, Thraͤnen, wie wir nicht weinen koͤnnen, die euer Elend Nicht empfanden, wie ihr, nicht weinten aus blutendem Herzen! Stille verbreitete sich um das Grab. Die Engel verliessens Und die Menschen. Es schwieg der Harfen Stimm und der Thraͤnen, Mittler Gottes, um dich, der endlich am blutigen Altar Ruhe fand, entrissen den Leiden des Opfertodes. Und Johannes wandte sein Antlitz, und sprach zu Maria: Meine Mutter, nun deckt ihn die Nacht. Ach laß uns den Huͤgel Nun verlassen. Jch will dich zu meiner Huͤtte geleiten. Ganz aus ihrer Seele, die Seele der Mutter des Mittlers War erhaben! mit truͤbem, und thraͤnenblutendem Auge Sprach sie, und endete so ihr langes Todtenverstummen! E 5 Deine Der Messias. Deine Mutter? … Entzuͤckung der Himmel kann es mir einst seyn, Ach daß Er der Gebende war! die letzte der Freuden Auch nicht, o sein Juͤnger, daß du der gegebne Sohn warst: Aber Jammer, und Tod, und Grab, und alles Entsetzen Jsts, daß Er mein Sohn nicht mehr ist! … Da verstummte sie wieder, Und verhuͤllte sich. Bleich, wie die jammervollste der Muͤtter, Fuͤhrte der Sohn am Todeshuͤgel sie langsam hinunter. Abgesondert von andern, von dichten Palmen umgeben, Und in dem Schatten des Tempels, gelehnt an Jerusalems Mauer, Lag ein unbekannt Haus, das Johannes, des goͤttlichen Lehrers Lieblingsjuͤnger, bewohnte. Da bracht’ er vom Kreuze Maria Traurend hinab. Er selbst sank fast vor innigem Schmerz hin. Wen er, indem sie herab von dem Huͤgel stiegen, erblickte Von den Zwoͤlfen, den Siebzigen, oder den heiligen Weibern, Bat er zu seiner Mutter zu kommen, und waͤr es ihm moͤglich, Jhr die tiefe Wunde zu heilen, die Wund’ in der Seele, Zwar nicht ganz, das koͤnnte kein Mensch, das koͤnnte der Herr nur! Gabriel kann es, nicht wir, wenn ihn noch Einmal vom Himmel Gott, daß sie ihn von neuem erhebe, der Leidenden sendet, Daß sich freue von neuem ihr Geist, Gott ihres Erretters! Bald versammelten sich in diesem Hause die Juͤnger, Und der Siebzige viel, und viele der heiligen Weiber. An der Mauer hinab, gedeckt von dem fordersten Hause, Zog sich ein andres. Jn diesem war der Saal der Versammlung. Ueber dem Saal erhub sich der Soͤller, erreichte der Mauer Hoͤh, und oͤffnet’ ein weites und reiches Gefilde dem Auge. Singe Zwoͤlfter Gesang. Singe, mein Lied, die Thraͤnen der Liebenden um den Geliebten, Ach der traurenden Freundschaft Klage. Wie Jsraels Wehmuth Auf den blutigen Rock des Sohnes Rahel, Josephs, Josephs floß, so fliesse mein Lied voll Empfindung und Einfalt. Langsam, weinend, mit schwerem Athem, erreichte Maria Endlich die Huͤtt’ an dem Tempel, und trat in den Saal der Versammlung, Wo sie den Heiligen, den sie gebohren, und der jetzt todt war, Oft vordem gesehen, und oft die Thraͤne der Freude Weggewendet, und eingehuͤllt in den Schleyer sich hatte. Als sie, wo er gesessen, und wo er himmlisch gesprochen, Und gesegnet sie hatte, die leeren Stellen, auf immer Leer nun, erblickte, da weinte sie laut, und sank bey einer Nieder, und neigte die Stirne darauf. So fand sie Maria Magdale liegen, und noch die Mutter der Zebedaͤiden. Auch Nathanael kam, und fand sie noch also, bis endlich Sie es Magdale, und der Mutter Johannes erlaubte, Sie in die Hoͤhe zu heben. Nun saß sie verhuͤllt, wie am Kreuze: Und mit ihr verstummten die andern. Simon Petrus Trat herein, und als er bey Jesus die Mutter erblickte, Weint’ er laut, und rief: Er ist begraben! … Jch hoff’ es, Ja, ich hoff’ es zu Gott, wir alle werden um ihn bald Auch begraben liegen! Mir soll es Joseph verheißen, Soll es mit einem heiligen Eide gen Himmel mir schwoͤren, Daß er neben ihn mich dicht an den Felsen des Todten Legen will! … Und mich in den Felsen! sagte Maria. Hand in Hand, kam Simon der Kananit, und Matthaͤus, Kam Der Messias. Kam Philippus, und kam der Alphaͤide Jakobus; Aber Lebbaͤus allein. Er wollte reden, doch setzt’ er Sich in die dunkelste Ferne des Saals, und verhuͤllte sein Antlitz. Und Jakobus der Zebedaͤide, der Sohn des Donners, Trat herein, und erhub die Haͤnd’ und die Augen zum Himmel: Todt! er ist todt! und nichts ist alle menschliche Groͤße, Auch die wirkliche selbst, sie, die zu glaͤnzen verachtet, Und nur handelt, ist nichts! … Denn uͤber ihn haben Verruchte, Haben Tyrannen gesiegt! … So sprach der Zebedaͤide, Ging dann wieder hinaus, und kuͤhlte sich unter den Palmen. Bartholomaͤus, mit ihm der Bruder Simons, Andreas, Kam, und Kleophas, und Matthias, und Semida kamen, Alle trostlos, und jammervoller, als jeder des andern Schmerzen sah. Die Lippe verstummte, die Stimme des Weinens Scholl nur dumpf im daͤmmernden Saal. Jhn hatte Maria Magdalena mit einer truͤben Todtenlampe Sparsam erhellt. So lag in verloͤschendem Schimmer des Altars Abel mit stummen Lippen, und seines Blutes Stimme Jammerte nur. Jetzt kamen noch heilige Weiber, und trugen Sterbetuͤcher, und trugen noch Salben fuͤr den Entschlafnen. Auch Unsterbliche schwebten herein, die Engel der Juͤnger Und der andern Weinenden Engel. Allsehendes Auge, Deins, deß Tod sie beweinten, auch du, mitleidiges Auge, Blicktest in diese Versammlung! … Und Magdale’s Engel erhebt ihr Jhre Seele so weit aus ihrer Traurigkeit Abgrund, Daß sie zu klagen vermag. So klagte die Hoͤrerinn Jesus: Wie Zwoͤlfter Gesang. Wie viel anders, wie sehr viel anders ist es mit uns nun, Da er … Mutter, stirb du nicht auch, damit wir nicht vollends Gar vergehn! … Nun empfind’ ich es erst, nun lern’ ich es weinen, Was der Bethlehemit einst uͤber Jerusalem weinte, Ueber der einsamen Witwe, die Fuͤrstinn unter den Heiden, Und der Laͤnder Koͤniginn war! Wir waren geringe, Lebten duͤrftig im Staub’, und dennoch waren wir gluͤcklich! Denn er war ein goͤttlicher Mann, der todt ist! … Allein jetzt Ach was sind wir geworden! gestuͤrzt in welches Elend! Und was werden wir seyn! Und welche Naͤchte voll Jammers Werden wir weinen! O moͤchten der Jammernaͤchte nicht viel seyn! Und die letzte des ewigen Schlafs bald kommen, des Schlummers Jn dem besseren Lager, als unser Lager voll Thraͤnen. Unsere Feinde schweben empor, und spotten der Armen, Die den goͤttlichen Mann verehrten in ihrer Einfalt. Auch sein spotteten sie, und gaben, als er im Durste Rufte, nicht Galle nur ihm, sie gaben die untersten Hefen Jhres Hohnes ihm auch in seinen Qualen! … O Richter! Geuß auch ihnen, Vergelter! der Rache Taumelkelch voll! Laß sie bis zu den Hefen hinab ihn trinken, und sterben! Und sie schwieg. Zu ihr sprach Jesus Mutter, und weinte, Daß sie vor innigem Schmerz die gebrochnen Worte kaum aussprach: Ueberlaß du es ganz dem Richter, o Magdale! … Rief denn Nicht in seinem Blute mein Sohn von dem Kreuz herunter: Vater, sie wissen es nicht, was sie thun; erbarme dich ihrer! Und Bewundrung ergriff und unaussprechliche Wehmuth Aller Herzen, ein Kampf der erhabensten Freud’ und der truͤbsten Bittersten Der Messias. Bittersten Schmerzen; allein die Schmerzen siegten, und bald ward Aller Seele von neuem zur Nacht! Jetzt sagte Lebbaͤus: Ja, erbarme dich ihrer, o Richter, und Vater! doch unser, Unser erbarme dich auch! und laß uns sterben! Was koͤnnen Wir auf der Erde noch thun? Was sind wir ohne den Todten? Ach sein Vater! er sagt’ es uns einst, in deinem Hause Sind der Wohnungen viel! O laß nur an deines Hauses Schwellen uns liegen, und nicht in des Elends Huͤtten uns bleiben! Keiner komm, und wag es, und wolle mich troͤsten. Jch kenne Keinen Trost, als allein den Tod! den lieb’ ich, und der kann Nur mich troͤsten, der oft des Todes Namen mir ausspricht. Sieh, er ist mir ein lieblicher Schall zu der Blumenzeit! ist mir Tempelgesang! Mich gruͤße kein Gruß vom Leben! und unser Liebstes Gespraͤch sey deren Hinuͤberwallen, die jetzt schon Gluͤckliche sind! sey Grab, und Todtengesang, und Erde Niedergeschuͤttet auf Erde! Wie leichte Wanderer laßt uns Fertig stehn, den Stab in der Hand! Jch liebe nicht mich nur: Ach ich liebe, wie mich, und segn’ euch mit eben dem Segen, Wie der ist, um welchen ich, meine Geliebten, euch flehte: Sterbt! .. Und Kephas rufte: Sterben! ja sterben! Jm Grab’ ists Nun gut seyn! Die Huͤtten laß uns, o Erbarmer, einander Baun! … Kaum hatt’ ers gesagt, so trat der leidende Thomas Auch herein. Sein wankender Fuß verweilt’ an der Schwelle. Welcher Anblick drang in die Seele des Zoͤgernden: Menschen Fromm, wie wenige waren, und seine Freunde, verlassen Von dem Helfer im Himmel, und von dem Helfer auf Erden, Jesus, Zwoͤlfter Gesang. Jesus, und mitten in diesem Leiden verlassen! Ein Grabmaal Wurd ihm der daͤmmernde Saal, sie Todtenbilder, die weinend Rings um ihn her verstummten. Wenn ihr es noch seyd, die des Einzugs Lautes Hosanna vernahmen, was saͤumt ihr, wirklich zu sterben? Warum bleibt ihr so lang’ in diesem Kampfe des Todes? Jch, ich fuͤhle den nahenden Tod, und glaubte bey euch hier Schon die gluͤcklicher waͤren, zu finden, einige, die wir Auch begraben koͤnnten! Er ist begraben, der lebend Auf dem Meere ging, und Lazarus auferweckte! Und, dort weinest du ja, dich, Semida! Didymus hatt’ es Kaum gesprochen, als er auf einen der Sitze dahin sank. Jetzo trat mit traurendem Ernst in die stumme Versammlung Joseph von Arimatha. Jhr Bruͤder Christus, und meine, Nikodemus, mein Freund, kam auch, und wartet zitternd, Ob ihm hereinzutreten vergoͤnnt sey? Er traͤgt … Ach Joseph, Bester Mann, was traͤgt er? was traͤgt er, Joseph? … Jch seh es, Ja, ihr leidet zu viel! und ach was wuͤrdet ihr leiden! Nein! er muß sich wenden, und fliehn! … Was traͤgt er? was ist es? Joseph, was traͤgt er? … Jhr danket mirs noch. Jch geh, und ich bitt’ ihn, Daß er sich wend’, und entflieh! Er bringt … die blutige Krone! … Jammernd rufte die Mutter: Die blutige Krone! … Der Mutter Lautes Rufen durchdrang der felsenstarren Versammlung Mark und Gebein! Sie hatt’ es kaum gen Himmel gerufen, Als … die Kron’ in der Hand … der Zeuge des Todten hereintrat. Und sie entriß sich der Haltenden Arm, nahm bleicher den Schleyer Von dem Gesicht, und deckte damit die toͤdtende Krone! Rung die Haͤnd’, und wankt’, und stuͤrzte zur Erde. Sie hielten, Wie Der Messias. Wie sie konnten, die Mutter, und sanken mit ihr! … Verstumme! Denn du vermagst nicht, o du der wehmuthtoͤnenden Harfe Leisester Laut, das erste Stammeln der Mutter zu weinen, Da sie nun wieder emporgerichtet stand, und die Arme Nach der Huͤlfe des Herrn ausbreitete! … Nieder vom Himmel Blickt’ auf sie der liebende Sohn, und bereitet’ ihr Wonne. Aber die war ihr verborgen, und bleich, wie Sterbende, fuhr sie Also fort zu klagen: Noch Einmal sie sehen? warum! ach Brachtet ihr sie? Jch sah sie von seinem Blute starrend Lang’ um sein Haupt! … Allein der im Himmel wohnt, hat furchtbar Seinen Bogen auf mich gespannt, und toͤdtlich Geschoß drauf, Weh mir Armen! gelegt! Jch bin sein Ziel! zum Verderben Richtet er zu den flammenden Pfeil. Jst unter den Himmeln Jrgendwo noch, gebahr noch Eine der Muͤtter, die sterben Einen Sohn sah, welcher dem heiligen Todten am Kreuz glich? Also jammerte sie. Doch Lazarus Schwester, Maria, Lag zu sterben. Es kuͤndeten ihr schon kaͤltere Schweisse, Und in Arbeit ihr Herz, zu leben sich muͤhend, den Tod an. Ueber sie senkte sich schon der schwere Schlummer, der Fuͤhrer Jenes ewigen Schlafs im Schoosse der stummen Verwesung. Jetzo erhub sie noch aus den Tiefen, in die sie der Schlummer Niederdruͤckt’, ihr Haupt, und suchte mit truͤbem Blicke Martha’s Auge voll muͤden Schmerzes. Das war zu Thraͤnen Ueber dem langen Weinen vertrocknet. Die Sterbende sagte: Schwester, ich schwieg; nun kann ich nicht mehr. Noch verlassen mich Alle, Lazarus, und Nathanael selber! und sieh, ich sterbe! Ach! ich lebte mit ihnen; und ohne sie soll ich sterben? Klage Zwoͤlfter Gesang. Klage die Treuen nicht an. Sie hat der goͤttliche Lehrer Jrgend in eine der Wuͤsten gefuͤhrt, damit sie es sehen, Wie er die Hungrigen speist, und labt die Seele der Muͤden! Klagt’ ich sie an? Das wollt’ ich nicht, Martha. Ach! die ich liebe Klagt’ ich sie jemals in meinem Leben denn an? Jhr Geliebten, Hab ichs gethan, so verzeiht mirs, und alle meine Gebrechen, Die bekannt, und verborgen mir sind! Ach, was sich mir jetzt zeigt, Huͤllet alles die Seele mir ein in Schwermuth! … Entreisse Dieser gruͤbelnden Aengstlichkeit dich, mit der du dich quaͤlest! Koͤmmt die Nacht denn zuruͤck, die dein sonst heiteres Leben Unterweilen mit Trauren umzog, zuruͤck im Tode? Nenne die Fuͤhrung Gottes nicht Nacht! Jch beschwoͤre bey dem dich, Der uns richtet, der mich zu unsern Vaͤtern jetzt sammelt, Nenne seine Fuͤhrung nicht Nacht! Und, hab ich gelitten; Hab ich der Freuden nicht viel auch gehabt? nicht Freunde, wie du bist? Nicht die Wonne der Engel erlebt, die Entzuͤckung der Himmel Auf dem Wege zum Grabe, nicht Jesus Christus gesehen? Seine Wunder gesehen? und seine Weisheit gehoͤret? Laß mich danken fuͤr alle mein Elend! fuͤr alle die Ruhe, Welche mir ward! fuͤr jeden Labetrunk, der im Durste, Jeden Schatten, der mich in der Hitze des Kummers erfrischte! Und vor allem, daß ich den Freund der Menschen gesehen, Jesus, den Auferwecker der Todten! Martha, verlaß mich, Geh, bereite das Grab! Wo Lazarus schlief, will ich schlafen! Schlafen, wo Lazarus schlief! und auferstehen, Maria, Durch die Stimme des Todtenerweckers! … Du gluͤckliche Martha! Welche suͤße Traͤume der Hoffnung! Bereite das Grab mir! III Band. F Geh, Der Messias. Geh, ich will allein seyn mit Gott! Zu des Heiligen Fuͤßen Saß ich, da lehrt’ er mich: Eins ist noth! Nun ist es das Eine, Daß ich allein sey mit Gott! Den besten Theil will ich jetzo Auch erwaͤhlen! … Jch soll dich in deinem Tode verlassen? Jch verlasse dich nicht, Maria! Sey ruhig, ich helfe Dir nur leiblich. Du bist mit Gott alleine, Maria! Amen! Mit dir sey Abrahams Gott, und Jsaks, und Jakobs! Bleib denn! Es sey mit mir, der alle Himmel erfuͤllet, Der allmaͤchtig gebeut: Kommt wieder, Kinder von Adam! Jesu, Jesu, und Abrahams Gott, und Jsaks, und Jakobs! Also sprach sie, und flehte darauf in der Tiefe der Seele Zu dem Suͤndevergeber: Erhoͤr, o erhoͤr, und gehe Nicht ins Gericht mit mir Armen! Wer aller Lebenden koͤnnte, Wolltest du richten, vor dir bestehn! Erschaffe mir Ruhe, Gott, im sterbenden Herzen, und mache die Seele der Muͤden Deines Heiles gewiß! Du Herr des Todes, verwirf mich Nicht von deinem Antlitz! und troͤste mich wieder, o Vater! Troͤste mich wieder! und dir erhalte dein freudiger Geist mich! Du, der Hiob erhoͤrte, da er, von Jammer umgeben, Strebt’, arbeitet’, und rang zu glauben, und dennoch nicht glaubte, Daß du ihn, Vater, erhoͤrtest, vernimm mein Flehen, und hilf mir! Also betete sie. Dann redte sie wieder zu Martha. Meynst du, Martha, daß Jesus fuͤr mich jetzt bete? du weist es, Daß er weinte, da wir zu dem Grabe Lazarus kamen. Sollt er sich meiner nicht auch erbarmen? O sage, du Theure, Koͤnnen wir wohl, ohn’ Jhn, zu dem, der ihn sendete, kommen? Gnade durch Jhn zu empfahn, die Hoffnung labte mich, wenn mich Jener Zwoͤlfter Gesang. Jener Gedanke mit seinem Entsetzen ergriff: Verflucht sey, Wer nicht, was ich gebiete, das alles erfuͤllt! Ach, Gott redt! Waͤre Nathanael nur, und Lazarus hier, die wuͤrden Dir es sagen. Jch weis nur das Eine gewiß, du Verlaßne: Jesus betet fuͤr dich! … Jch waͤre verlassen, Geliebte? Und der allgegenwaͤrtige Herr des Lebens und Todes Jst um mich! und es betet fuͤr mich der Helfer in Juda! Also sprach sie, und sank in schwere Schlummer. Jhr Herz hing, Aber zitternd, an Gott! Sie schlummern zu sehen, erhub sich Martha, und stand bey dem Lager, und athmete kaum, nicht zu wecken Die sie herzlicher liebt’, als sich selber! die nun zu den Vaͤtern Hinging, fern von ihr weg, die Wege des finstern Thales, Und sie allein ließ! Da die Wehmuth das Herz ihr durchstroͤmte, Stuͤrzt’ ihr eine Thraͤne die Wang’ herab; doch des Weinens Stimme hielt sie, und bald auch wieder den schnelleren Athem. Also stand sie verstummt in daͤmmerndem Saale. Denn dichte, Dunkle Huͤllen bedeckten der Nacht Gefaͤhrtinn, die Flamme, Welche nun oft schon erst mit dem Morgen erlosch. So findet Jener gluͤckliche Wanderer, dem des Todes Erinnrung Freud’ ist, wenn er in schweigenden duͤrstenden Wuͤsten die Kuͤhlung Eines Felsen ereilt, er findet ein Grab in dem Felsen, Ueber dem Grabe das Bild des liegenden Todten. Ein andrer Starrender Marmor, der Freund, steht neben der Leiche. Die Hoͤle Nimmt nur wenig truͤberen Tag in ihre Gewoͤlb auf. Voll von dessen Trauren, der starb, und dessen, der nachblieb, Sieht sie der Wanderet an. So fand dein Engel, Maria, Martha bey dir, als er zu deinem Lager herantrat. F 2 Neben Der Messias. Neben den Fuͤßen der Sterbenden, mit verloͤschender Schoͤne, Stand der himmlische Juͤngling. Den Engeln ist Schoͤne gegeben, Die auf den Stufen der Geister die naͤchsten den Seelen der Menschen Stehen, und denen Herrlichkeit, deren erhabnere Stufen Throne sind. Doch gegen die Herrlichkeit deß, der zur Rechte Seines Vaters stieg, ist ihre Herrlichkeit Schatten. O du, der in Triumph empor, in Triumph, in Triumphe, Stieg in die Himmel der Himmel empor, und herrschet, wo Gott herrscht, Mein Fuͤrbitter, laß mich, laß zahllose Schaaren Erloͤste, Meine Bruͤder den Tod der Gerechten sterben! so moͤgen Leiden uns noch, die letzten der Pruͤfungen, oder des Himmels Vorempfindungen uns umgeben, laß, o Versoͤhner, Laß, Geopferter, nur den Tod der Gerechten uns sterben! Chebar stand zu den Fuͤßen der Bethanaitinn, und fuͤhlte Seiner Schoͤnheit gluͤhende Schimmer in Daͤmmrung erloͤschen. Seinem Antlitz entfloh der roͤthliche Morgen, die Strahlen Seinen Augen. Jhm sanken wie Schatten die Fluͤgel herunter, Ohne zu toͤnen, und ohne zu duften des ewigen Fruͤhlings Suͤße Geruͤche, nicht mehr mit des Himmels Blaͤue bestroͤmet, Triefend nicht mehr von goldenen Tropfen. Jetzt nahm er vom Haupte Seinen vordem weitglaͤnzenden Kranz, und hielt ihn vor Wehmuth Kaum in der sinkenden Hand. Er wußt es, er durft ihr nicht helfen, Eher nicht, bis bey ihr, wenn ihr Herz im Tode nun braͤche, Lazarus beten, und weinen der Juͤnger Elims, und Martha, Und Nathanael weinen wuͤrden. Lazarus war noch Mit den andern in Salem. Er trat zu der Mutter des Todten: Siehe Zwoͤlfter Gesang. Siehe schon naht sich die Mitternacht, Maria, und als ich Aus Bethania ging, schien meine Schwester dem Tode Nahe zu seyn. Ach wenn sie nur nicht schon todt ist! Jch gehe Daß ich sie todt seh, oder noch lebend. Hat ihr nur keiner Golgatha’s bange Geschichte gesagt; so kann sie noch leben. Wuͤßte sie sie, und lebte sie noch, was wuͤrd ihr der Anblick Eines der Juͤnger des Goͤttlichen seyn, welch Labsal im Tode! Und Lebbaͤus erhub sich: Jch gehe mit dir! Da umarmt’ ihn Schnell Nathanael: Komm, du Geliebtester unter den Lieben! O wie dankt dir mein Herz! Jetzt standen sie fertig zu gehen Von der Mutter des Todten. O seine Mutter, ich mag nicht, Sagte Lazarus, jetzo den Namen nennen, den Engel Nannten, denn ach! so oft wir ihn nennen, blutet dein Auge. Er, der deine Thraͤnen gesehen, gezaͤhlet, der Vater Dessen, den sie begruben, der, daß er stuͤrbe, gewollt hat, Sey mit dir! mit dir sey Gott! Du hoͤrtest ihn beten: Vater! in deine Haͤnde befehl’ ich meine Seele. Deine Seele sey auch in Gottes Haͤnde befohlen, Aber lebe! Nun ging er mit Eile von ihr, und die beyden Folgten mit eben der Schnelligkeit nach. Mit ernstem Schweigen, An der zitternden Hand der Ungewißheit geleitet, Gingen sie nebeneinander, und kamen zum Hause, des Grabes Vorhof, wo die Sterbende war. Sie standen mit Martha Schon um ihr Lager, als nun Maria ihr Haupt aus dem Schlummer Endlich erhub. Sie rief: O Dank dir, Geber des Lebens, Und des Todes, sie sind gekommen, mit ihnen Lebbaͤus. F 3 Lazarus Der Messias. Lazarus sprach: Wie hat dir bisher, Maria, des Lebens Und des Todes Geber geholfen? … Mit Gnade! Denn alles, Was er thut, ist Erbarmen; wie qualvoll uns es auch scheine! Ach was hat mein Herz nicht gelitten! und siehe, nun sterb ich! Wo ist Jesus, mein Bruder? Er weis es gewiß, wie ich leide! Hat er fuͤr mich gebetet? … Jch kenne dein Leiden, Maria, Wenn es Nacht um dich wird; doch sage, was leidest du jetzo? Nicht von jenem Bilde der fuͤrchterlichen Verwesung Leid ich, noch von dem truͤben Gedanken, euch zu verlassen; Ach ich leide, daß mir der Zweifel die blutende Seele Jmmer tiefer verwundet: Ob der auf Horeb mein Gott sey? Ach mein Bruder, wie war dir, als du den Donner: Verflucht ist; Wer nicht alles erfuͤllt! im sterbenden Herzen vernahmest? Aber betete Jesus fuͤr mich? Wenn fuͤr mich der Gerechte Betete, siehe so geh ich gern hinab in das dunkle Naͤchtliche Thal, zu dem ewigen Schlafe mich niederzulegen. Huͤter! ist sie nun bald, die Nacht der Erde, voruͤber? Jst sie nun bald, o Huͤter, voruͤber? Sie schweigen, Martha; Auch Nathanael schweigt! Er hat fuͤr mich nicht gebetet! Nun so gehe denn ganz durch meine Seele, hier bin ich, Schwert des Herrn! Dein Wille gescheh! dein Will’ ist der beste! Hoch empor hub Lazarus seine gefalteten Haͤnde: Wie sich ihres Kindes ein Weib erbarmt, so erbarmst du Unser dich, El Schaddai! und ob sich ihres Kindes Auch das Weib nicht erbarmt, so wirst du dich dennoch erbarmen! Du bist Gott, du hast uns in deine Haͤnde gezeichnet! Lazarus Zwoͤlfter Gesang. Lazarus weint’s. Da richtete sie ihr gesunkenes Haupt auf: Sage, mein himmlischer Bruder, was geht von beyden nun mich an: Jener Fluch von Sinai? oder die Liebe der Mutter? Waͤr es die Liebe; Triumph, o Triumph, und Jubelgesaͤnge, Heisser herzlicher Dank dem Geber ewiger Gnaden, Der sich nicht, wie Menschen, erbarmt, dem Erbarmer, der Gott ist! Aber wie kann ich es wissen, daß er mit der Liebe der Mutter Mein sich erbarmt? Ach rede doch: Hat das Gebet des Gerechten Meinen Richter erweicht? und sieht er, mit jener Erschuͤttrung Seines Jnnersten, jener heftigen Wehmuth der Mutter, Jenem Auge voll unaussprechlicher Unruh und Huͤlfe, Nieder auf mich? Jch lieg’, und weine voll Jammers, und ringe Meine Haͤnde gen Himmel, und rufe nach Rettung, und kenne, Wer mir helfen wird, nicht, nicht die mich gebahr! … Erbarmer! Flehte Nathanael, bist du ihr Mutter, so laß dein Antlitz Voll von unaussprechlicher Unruh und Huͤlfe sie sehen: Herr, verbirg dich nicht laͤnger! … Erdulde sie gerne die Leiden, Lazarus sprachs, die so nah an die großen Vollendungen graͤnzen. Wuͤßtest du, welcher Geduld und welcher Gottesergebung Beyspiel wir haben, und wem in die Himmel der Himmel wir nachsehn! Auferstanden bin ich, und wuͤnschte mit dir zu entschlummern, Meine Schwester! Wenn sie mir riese die Stimme des Todes; O sie wuͤrde melodischer mir, wie des Tempels Gesang seyn An dem dankendem Tage des großen Halleluja! Freud’ ergreist mein Herz, und Entsetzen! Was ist es, mein Bruder, Das du sagst? … Hat es Gott nicht gethan? Jch will es ihr sagen, Meine Geliebten! Laßt uns die Wege des Herrn nicht verschweigen, F 4 Auch Der Messias. Auch wenn sie fuͤrchterlich sind! Maria, … der beste der Menschen, Unser goͤttliche Freund, der große Helfer in Elend, Jesus Christus, der Suͤndevergeber, der Todtenerwecker, Jst mit Muth und Geduld der Engel … am Kreuze … gestorben! Jst am Kreuze … so stammelte sie erbebend, indem es Nacht um sie ward, am Kreuze … gestorben? … Jhr Haupt sank nieder; Er, ihr Engel, gestorben? … Jhr brachen die Augen … am Kreuze? … Wirklich gestorben? … Du der dieß zuließ, ich preis’, ich preise Deinen herrlichen Namen fuͤr alle mein Leiden! und folge Deinem Getoͤdteten nach! … Jhr erstarrte die Zung’, und die Blaͤsse Und die Ruhe des Todes bedeckt’ ihr auf Einmal das Antlitz. Lazarus legte die Hand in ihrer kalten Stirne Todesschweiß. So schlummre denn bald in Frieden hinuͤber Zu den Todten Gottes, Vollendete deines Erbarmers! Werde dem Tage des Lichts gebohren, dem ewigen Leben! Sieh, es haͤnget an deinem Herzen mein Herz, doch laß ich Deine Huͤtte dich gern abbrechen, und dich nach Canan Hinziehn. Sey du ihr Stab im dunkeln Thale der Wuͤste, Huͤter Jsrael, bring sie Selbst in das Land der Erquickung, Wo die Thraͤnen du all’ abtrocknest, wo keine Klage Keines Jammers Geschrey den Dank der Jubel entweihet. Erdensonne, verloͤsch ihr, und letzter Schlummer des Todes, Komm, und thu dich ihr sanft, o Ruhstatt ihres Gebeins, auf! Nimm sie, Verwesung, daß auch ihr Leib zu dem Leben erwachse. Saat, dich saͤet der Herr dem großen Tage der Erndte, Wenn die Schnitter rufen, und wenn die Posaunen erschallen! Wenn die Erd’, und das Meer mit lauteren Wehen gebaͤhren, Als Zwoͤlfter Gesang. Als einst Eden gebahr! wenn oben, und unten die Himmel Aller Himmel vom Preise des Einen, der richtet, ertoͤnen. Und sie wandte mit Himmelsgefuͤhl von Ruh und Errettung Sich nach Lazarus um, und sah den freudigen Bruder Freudiger an, indem er den Segen zum ewigen Leben Jhr mit Worten im Strome, mit suͤßen Entzuͤckungen zurief. Chebar sah den siegenden Tod in der Sterbenden wuͤten, Und erbebte vor Wonne so laut, daß lispelndes Saͤuseln Wie aus tiefer Ferne von seinen Fluͤgeln wehte. Und sie vernahmens umher, und wußten nicht, was sie vernahmen. Aber der Seraph ergriff das seelenvolle Gewebe Seiner Saiten, und noch in den suͤßen Qualen der Freude, Jrrt’ er mit wankender Hand die strahlenden Saiten herunter. Und die Sterbende hoͤret etwas, als toͤn’ es vom Himmel; Und sie richtet sich feyerlich auf, und hoͤrt in die Hoͤhe. Lazarus hielt sie, mit ihm Nathanael. Aber der Seraph Bebte nicht mehr, und entlockte der sanfterschuͤtternden Harfe Unaussprechliche Toͤne. Von Gottes hoͤherem Frieden Sang ein Laut dem anderen Laute, der leiser es nachsang. Amen er ist viel hoͤher! … Und in der Hoͤrerinn Seele Wachten Empfindungen auf, wie sie noch niemals empfunden, Neue große Gedanken, wie aus dem Staube, zum Leben. Also war es einst dir, du Seher der Auferstehung, Da es sich regt’ um dich her, und es rauscht’ und die Todten erwachten. Und des Unsterblichen Harfe die Himmelsruferinn toͤnte Jmmer noch fort, und goß in die fast entkoͤrperte Seele Eine Ruhe, die keiner empfaͤht, wer ins Leben zuruͤckkehrt; F 5 Wenn Der Messias. Wenn auch, wie es ihm daucht, schon uͤber ihm schallen die dumpfen, Losgeschaufelten, niedergeschmetterten Erdeklumpen, Und der Todtengesang! Die Himmelsruferinn toͤnte Jmmer noch fort, jetzt lauter, und nun noch lauter, als rauschten Stuͤrme mit ihr, wenn sie toͤnt’, als saͤnken dahin vor ihr Berge. Denn der Unsterbliche, hingerissen von seiner Begeistrung, Sang jetzt in der Harfe gefluͤgelten Ungestuͤm: Heilig, Heilig, heilig ist er, der uͤber der Schaͤdelstaͤte Blutete, bis die Suͤnde der Todeserben versoͤhnt war! Fast schon Leichnam, vermochte die Sterbende nicht die Entzuͤckung, Die in ihr brechendes Herz die Stimme des Himmlischen stroͤmte, Auszuhalten. Sie starb … Nicht lange, so sank ihr Bruder Neben ihr nieder und nahm die kalte Hand der Todten Zwischen seine gefalteten Haͤnde, trocknete muthig Seine Thraͤnen, und betete: Preis dem Geber des Lebens Durch den errettenden Tod, Anbetung dem goͤttlichen Geber! Siehe, du bist in den Huͤtten des Friedens, doch deine Seele Bleibt nicht immer allein! Auch dieß Verwesliche wird sich Einst in Unverweslichkeit wandeln, die Blume, die hinsank, Schnell im Sturme gebrochen, wie herrlich wird sie erwachsen, Jenen festlichen Fruͤhlingsmorgen der Auferstehung! Tragt sie hinaus, den heiligen Staub zu dem Staube der Erde … Tragt sie noch nicht hinaus, daß wir mit frommem Erstaunen Noch betrachten, die fiel dem Donner des Todes, und aufstehn Wird dem lauterem Hall der Auferstehungsposaune. Sieh’ er wartet, und laͤßt Jahrhunderte reifen, und wird noch Andre Zwoͤlfter Gesang. Andre Jahrhunderte reifen lassen! Alles ist Wunder Jn des Ewigen tiefem Entwurf, stets neues Erstaunen. Wenn ich seine Wege betrachte, so sind sie alle Dunkel vor mir, doch daͤmmert es drinn, und ich weine vor Freude, Wenn, die Verkuͤndigerinn des Morgens, die Daͤmmrung mich leitet. Jhr ist es Morgen geworden! Sey mir noch Einmal gesegnet, Wenn du mich hoͤrest, und wenn, wer unten am Grabe noch weilet, Dich zu segnen vermag, du Hoͤrerinn dessen, der uns nun, Nicht den Engeln, verstummt, dich segn’ er der goͤttliche Todte! Sieh’ es hatte sie schon der goͤttliche Todte gesegnet. Als jetzt werdend der himmlische Leib um die Seele Maria Noch arbeitete, ganz noch nicht zu Lichte gereift war, Als er unter der maͤchtigen Hand der bildenden Schoͤpfung Zittert’, und schwebt’, und sank, und sich schwung, ganz him̃lisch zu werden, Dachte von dieser Wonne Stroͤmen umringet, die Seele An den Leichnam, den sie zuruͤckgelassen, und daß sie Von dem Staube der Erde getrennt sey, und seinen Lasten. Dieß war ihr erstes Gefuͤhl; ihr zweytes, als sie vollendet Sich empor in die Wolken hub, ein maͤchtig Bewußtseyn Jhrer Seligkeit … Tod! du Schlummer, du Segen der Segen! Du! … Jsts moͤglich, ihr Engel, ihr Himmelserben, ists moͤglich, Jch bin selig? Sie riefs mit festgefalteten Haͤnden, Und verstummt’, und schwebte nicht mehr, dann schwung sie sich wieder, Daß sie schimmert’, und rief: Jhr Erstgebohrnen der Wonne, Soͤhne des ewigen Lichts, ihr Heiligen Gottes, ists moͤglich, Selig bin ich? … O du, deß alles, was ich vordem litt, Suͤße Der Messias. Suͤße Vergessenheit komm, geuß deiner Ruhen Gefuͤhle, Deine Seligkeit uͤber mich aus! Komm nicht! Denn Entzuͤckung Jsts, zu vergleichen, die Leiden des ersten geflohenen Lebens, Mit dem ewigen Troste, mit dieser Fuͤlle der Ruhe! Die Gluͤckseligkeit fehlt euch, ihr Ungefallnen, zu messen, Gegen die Wonne des ewigen Lebens, das Elend der Suͤnde! Euer ist nur des Mitleids Antheil; aber ihr weintet Jene Thraͤnen nicht, die von unsern Wangen jetzt trocknet Jesus, der Gott der Liebe! Prophetisch Gefuͤhl, das mich oftmals Jn dem tiefften Kummer ergriff: Jch wuͤrde noch danken! Schnell mich ergriff, und Hoffnung im Himmel der Himmel mir zeigte, Danken fuͤrs Elend, fuͤr alle mein Leiden wuͤrd ich noch danken! Siehe, nun wirst du erfuͤllt! Aus meinen Tagen ward Abend, Wieder Abend, und wieder, und dann der Letzte des Letzten, Dann die Nacht des Todes! Wie eilend ging sie voruͤber! Und ach nun der Morgen des Lebens, zu dem ich erwacht bin! Traum, der mit Weinen begann, und schloß mit dem Weinen des Todes! Traum des Lebens, nun bist du getraͤumt, und ich bin erwachet! Werde noch Einmal erwachen, wenn Unverweslichkeit anzieht Mein verwesender Leib, und werther des goͤttlichen Hauches Dieser Seele, die ewig ist, strahlt, wie der Leib des Erweckers, Der auch starb, begraben wird werden, und auferstehen! Und die Vollendete schwebt’ empor, ein Morgenschimmer Leichter, wie Luͤfte, geschwinder, als Winde, schnell wie Gedanken; Hoͤrte die Schoͤpfung wandeln von lauterem Jubel begleitet; Sahe sie viel weiter eroͤffnet, aber unendlich. Welche Zwoͤlfter Gesang. Welche Leben waren in ihr erschaffen! wie stieg sie! Nicht Eine, Tausend Stufen, bin ich zum Wesen der Wesen erhoben! Werd’ ich einst an dem Tage der Tage verklaͤret, dieß weißagt Mir mein Gefuͤhl, dann werd ich noch uͤber Tausend mich schwingen! Werd’ ich, in der Huͤlle mir dann viel schoͤnere Welten, Werd’ ich, ohne der Welten Huͤlle, den Ewigen schauen! Lazarus, reich an großen Todesgedanken, ereilte Bald die Huͤtte wieder, in der die Heiligen weinten. Als er ihr sich nahet’, umarmt’ ihn einer der Siebzig, Und erzaͤhlt’ ihm mit Flammenworten, wie wunderbar Gott sey. Siehe, mein Ohr vernahms nicht, es hats mein Auge gesehen! Lazarus kam ein sanftes Geraͤusch des Weinens entgegen Durch den daͤmmernden Saal. Jhm rannen nur Thraͤnen des Mitleids. Gott der Goͤtter! (er hub die Hand, und das Auge gen Himmel,) Lohn’s ihm ferner, wie du es ihm zu lohnen beginnest, Daß er, weil du es wolltest, hinab bis zum Tode des Kreuzes Jst gegangen! Was decket der Schleyer die Krone des Todten? Laßt mich, ich will sie sehen in ihrem Blute! Der Engel Kronen leuchten, ich kenn’ ihr fernes Schimmern, des Todten Blutige Kron’ ist mir viel mehr! Denn lohnt es nicht Gott ihm Wunderbarer, als wir, als du es wagtest zu hoffen, Seine Mutter? Erhebe dein Antlitz aus dieses Jammers Abgrund, Mutter des goͤttlichen Manns, und hoͤre. Die Erde Bebte, da er entschlief, dich hat ihr Beben erschuͤttert! Nacht, du hast ihr Schrecken gesehn! umhuͤllte die Erde! Aber noch weißt du nicht ganz, wie der im Himmel von ihm zeugt. Sieh, in des Tempels Vorhof flammte das Abendopfer; Furchtbar Der Messias. Furchtbar wehte die Flamm’ in der Nacht, die Maria bedeckte. Bey den Altaͤren standen die Opferer, schaurten vom Schrecken Dieser Nacht, und blickten hinein durch des Heiligen Thore Nach dem Allerheiligsten. Priester knieten im Tempel, Dankten dem Raͤcher, daß nun am Kreuze der Leidende blute! Wagtens, bey diesem Dank, ihr gluͤhendes Auge zu wenden Nach dem Allerheiligsten! Da, da raͤchte der Raͤcher! Denn, von dem hohen Gewoͤlbe, bis hin zu dem liegenden Saume, Riß des Allerheiligsten Vorhang! Schrecken des Todes Stuͤrzten die Betenden tiefer, und spaͤt erst konnten sie fliehen. Denn mit gewaltigem Arm ergreift sie Entsetzen, Entsetzen Folgt den Verstummten nach, da sie endlich dem Tod’ entrinnen! O des Trostes vom Himmel, daß der des Todten gedenket, Der, da am Kreuz’ er starb, in Nacht die Erde verhuͤllte, Beben hieß die Felsen, und Augen der Sterblichen aufthat Seiner furchtbaren Herrlichkeit Staͤte … Die Hoͤrenden schwiegen Voll Erstaunen, allein nur wenig lindernde Troͤstung Drang in ihre Seele. Sie waren zu tief verwundet! Also sieht, wer schwindelnd herab an der hangenden Klippe Wandelt, im bluͤhenden Thal die Schoͤne des heiteren Tags nicht. Durch den helleren Wald verbreitet sein Schimmer umsonst sich, Wallet umsonst mit dem Strome dahin. Des fuͤrchtenden Wandrers Aug’ ist rings um ihn her des Fruͤhlings Wonne verschwunden. Lazarus sah ihr unentwoͤlktes Leiden, und sagte: Troͤstet euchs nicht, daß Gott von dem Todten durch Wunder zeuget; O so sey es euch Trost, es sey euch Labsal in Durste, Schatten gegen den brennenden Strahl, daß die zu dem Todten Hinging, Zwoͤlfter Gesang. Hinging, die ihr liebtet, und die der Goͤttliche lehrte, Daß Maria nicht mehr mit euch weint. Jhm nahte mit Eile Magdale sich, und sah ihn mit thraͤnenlosem Aug’ an, Gluͤcklicher jetzt, als folgte sie schon der entschlafenen Freundinn: Ach du redetest Worte der Engel mit uns! Ja in Durste, Lazarus! gegen den brennenden Strahl! So wehet die Kuͤhlung An der Quelle! Sie ist hinuͤber zu Christus gegangen Deine himmlische Schwester? O hast du der Worte der Engel Keine mehr? nicht Weißagungen von unserem Tode? Siehe, du wandeltest ja einst unter den Todten; vernahmst du Nicht von deinen Freunden, ob sie gewuͤrdiget werden, Bald zu ihnen zu kommen? O red’, und verbirg es nicht laͤnger, Wenn du es weißt, ob uns Verlaßnen dieß Wonneloos fiel? Christus Mutter! er schweigt! So laß denn, Richter im Himmel, Weil wir leben muͤssen, o furchtbarer Richter im Himmel! Uns es erleben, daß die den Unschuldsvollen erwuͤrgten, Jmmer tiefer stuͤrzen, und niemals, niemals entfliehen! Daß sie Entsetzen ergreife mit eisernem Arm, Entsetzen Sie umringe, wenn nun mit dem Taumelkelche der Rache Gott kommt, und, bis zum Hefen hinab, sie ihn trinken, und sterben! Jetzo hatte sich schon die Mitternacht auf die Erde Niedergesenkt. Den jammerbelasteten Freunden des Mittlers Sank sie mit Schatten des Todes, und Graun der Graͤber herunter, Ach einst ihnen schoͤner, als Fruͤhlingstage, wenn Christus Sie durchwacht’ in Gebet, und schrecklicher jetzo, wie jemals, Weil Der Messias. Weil die Himmelsstimme des goͤttlichen Beters verstummt war. Nach und nach verlor sich der Klage Laut, und der Thraͤne Linderung floß nicht mehr. Die furchtbare Kaͤlte des Leidens Lag auf ihrer Seele, wie unbewegliche Felsen. Und die Engel standen um sie in truͤberem Glanze Mitleidsvoll, und sahns, wie Christus Begnadete litten. Salem, Johannes Engel, und Selith, der Engel Maria’s Sprachen also unter einander: Wir wissen, o Salem, Daß es herrlich endigen wird, und dennoch, mein Bruder, Leiden wir fast, wie sie! … Wie sie? Sehr vieles empfinden Wir den Armen nicht nach. Wir koͤnnen, wie sie, nicht leiden! Sie sind Menschen, und wissen es nicht, mein himmlischer Bruder, Daß es herrlich endigen wird! Statt dieses Ausgangs Aus den Labyrinthen, der ihnen taͤuschender Traum waͤr, Wenn du auch von den Strahlen des Himmels glaͤnzend, ihn zeigtest, Sehen sie immer des Jammers mehr, in der Labyrinthe Dunkleren Pfaden … Jch schwindl’ an den Tiefen, in die sie hinabsehn! Und ich blicke mit Ruh in die Tiefen des goͤttlichen Rathes: Ach das Mitleid schmelzt dich zu sehr. Nun gesteh ich, du littest, Selith, wie sie. Denn nur von Leiden der Menschen durchdrungen, Konntest du denken, wie Menschen denken! voll ihrer Leiden, Nur vergessen, es sey der Zweck des goͤttlichen Rathes, Sie durch Elend zu bessern, und seliger sie zu machen, Als sie zu seyn vermoͤchten, wenn ihre Seele des Elends Kelch nie haͤtte getrunken, und wenn, zu der Zeit der Erquickung, Da von den Stroͤmen des Lebens umsonst die Gluͤcklichen trinken, Sie zuruͤck an den bittern Kelch dort unten nicht daͤchten! Himm- Zwoͤlfter Gesang. Himmlischer Freund, der Schmerz, der die Seele der Mutter zerreisset, Hat zu sehr mich umwoͤlkt. Verzeih es, Salem, es war ja Christus Mutter, und unter dem Kreuze sah ich sie leiden! Breitete nur wohlthaͤtiger Schlummer sich uͤber ihr Haupt aus; O so wollt’ ich mit heiteren Traͤumen die Seel’ ihr umschweben, Und den bang aufschreckenden Anfall neuer Leiden, Ach den Jammer der Schuellerwachten, durch die Erinnrung Dieser Traͤume, besaͤnftigen. Aber Ruhe vom Elend Kommt auf sie nicht! Ach der Erquickung, dem himmlischen Labsal Gottes wird sie, sie denket dem Tod’, entgegen wachen! Als sie so mit einander sich unterredeten, goß sich Kurzer Schlaf auf den Thraͤnenblick Johannes, und Salem Schwebte mit Eil’ herzu; und schon entflammet des Juͤngers Lautes Herz ein Traum mit neuem Lebensgefuͤhle. Libanon wars, auf Libanon, unter rauschenden Cedern, Ging er, als floͤg’ er Fluͤge daher. Der Morgen mit Purpur, Keinen sah er erwachen wie den, und mit Golde bekleidet, Schimmerte durch die Wipfel des thauenden Haines. Die Baͤche Toͤnten ins Thal, wie Tempelgesang. Bald toͤnten ihm lauter, Viel entzuͤckender noch, beseelte Harfen, und Stimmen Unter den Harfen, die sangen: O Sohn der himmlischen Mutter! Trockn’, o Sohn der himmlischen Mutter, die Thraͤne der Wehmuth. Aber ihm deucht es, als ob er dennoch die Thraͤne nicht trockne. Dieses Gefuͤhl vermochte noch nicht des maͤchtigen Seraphs Traum zu tilgen. So floß auch im Schlafe der bittere Quell noch. Und der roͤthliche leuchtende Morgen bewoͤlkte den Schimmer, Und in unabhoͤrbarer Fern’ erstarb der Harfe III Band. G Ton, Der Messias. Zwoͤlfter Gesang. Ton, erstarb der Ton der himmlischen Stimmen. Doch fuͤhrt’ ihn Eine schneller noch, wie zuerst er eilt’, in dem Hain fort. Denn der Unsterbliche strebt’, und ließ nicht ab. Und der Juͤnger Sahe, da hauten Maͤnner, mit gluͤhender Wut in dem Blicke, Eine der Cedern um, daß dumpf von ihrem Umsturz Libanon scholl! Sie hauten die Ceder zum Kreuze. Das hub sich, Schattete furchtbar! allein auf Einmal entsprosten dem Kreuze Palmen! Da war der Juͤnger nicht mehr in Libanons Haine. Ach, er war in Eden, und sah von dem Himmel glaͤnzen Mehr, als Purpur und Gold, und vernahm erhabnere Choͤre; Und ihm schlug sein Herz vom vollem Gefuͤhle der Wonne. Der Der Messias. Dreyzehnter Gesang . G 2 Jnhalt des dreyzehnten Gesanges . G abriel versammelt die Engel, und die Auferstandnen um das Grab. Sie erwarten, unter Anbetungen, die Auferstehung des Messias. Die Zweifel eines roͤmischen Hauptmanns, Cneus, der die Wache beym Grabe hat. Die Seele Mariens, der Schwester Lazarus, kommt in die Versammlung der Heiligen. Der Todesengel Obaddon ruft Satan, und Adramelech aus dem todten Meere hervor, und gebietet ihnen, entweder jetzt zur Hoͤlle zu fliehn, oder zum Grabe zu kommen. Satan entschließt sich zu diesem, und Adramelech zu jenem. Adrame- lech darf seinen geaͤnderten Entschluß nicht ausfuͤhren. Der Todes- engel uͤberlaͤßt es Abbadona, ob er zum Grabe kommen will, oder nicht. Die Herrlichkeit des Messias naht sich vom Himmel. Adam betet ihn an, nach ihm Eva. Der Messias steht vom Tode auf. Engel, und Auferstandne rufen ihm ihre Freude zu. Thirza’s Soͤhne, die sieben Maͤrtyrer, singen ihm ein Triumphlied. Einige der Heiligen schweben zu ihm aus den Wolken herab. Zuletzt rufen ihm Abraham, und Adam zu. Die Seele eines Heiden wird vor ihn gebracht. Er richtet den Todten, und verschwindet. Gabriel gebietet Satan, zur Hoͤlle zu fliehn. Einige Roͤmer von der Wache, auch Cneus kommen in die Versammlung der Priester. Philo bringt sich um. Obaddon begegnet seiner Seele in Gehenna, und fuͤhrt sie zur Hoͤlle. Der Messias. Dreyzehnter Gesang . J esus Vaͤter freueten sich der Auferstehung Jn der Graͤber Gefilde, wo sie vor kurzem noch schliefen. Aber die Engel umwallten die Erde, die Menschen zu sehen, Die der Versoͤhner dem Schoͤpfer von neuem geheiliget hatte. Ach, die Freude der Zeugen verdrang oft Wehmut; eilend Schwangen sie oft die Purpurfluͤgel, daß ihnen der Erde Luͤfte, wie Staub, den vom Fuß der Bote schuͤttelt, entwehten. Gabriel war noch am Grab’: auf einer der Sonnen, von denen, Die den Himmel umgeben, Eloa. Dort wartet’ Eloa, Daß herunter stiege die Herrlichkeit Jesus. Des Grabes Engel schwebt’ in die Schoͤpfung empor, der Auferstehung Himmlisches Zeichen zu sehn. Auf einen der Orionen G 3 Hatt’ Der Messias. Hatt’ er lange sein Auge geheftet. Jetzt geht der Orion Flammend bey einem andern in einer Wendung voruͤber, Deren Anblick auf Einmal das Auge des wartenden Seraphs Stꝛalendeꝛ macht Schon wandt’ er sich. Stuꝛm waꝛ sein Schweben u. Blitze Seine Schwuͤnge! Der Seraph eilt zu den Graͤbern, und rufet, Gleich dem Wetter, vor dem der niedergeschmetterte Wald dampft: Kommt zu dem Grabe! Da eilten die Engel herzu, und die Vaͤter. Und der lange Triumph umringte das Grab des Groͤßten Unter den Todten. Gabriel saß in der Mitte des Kreises Auf dem Grab’, als saͤß er auf einer goldenen Wolke, Die vollendete Seelen ins Leben der Ewigkeit truͤge. Aber der Todesengel, der Jesus im Namen Jehova Seinen nahenden Tod verkuͤndiget hatte, schwebt’ itzt Langsam hin zu dem Grab’, und sank in Gabriels Arme: Nacht noch ist es rings um mich Nacht! noch bebt mir die Erde! Dunkler, als alle Finsterniß, ist noch der Huͤgel des Todes! Niemals haben meiner Unsterblichkeit Kraͤfte Gerichten, Die Jehova mir gab, erlegen! dem letzten erlag ich! Und erlieg’ ihm! Staͤrke mich wieder, du Strahl der Allmacht, Der, aus diesem Grabe nun bald zu leuchten, der Rechte, Gottes enteilt. Der Unsterbliche sprachs, und lehnte mit Staunen Sich an den Felsen, in dem des Geopferten Leichnam ruhte. Aber die Vaͤter und Seraphim fragten einander, und sprachen: Wird die Sonne mit ihm erwachen? der sichtbare Fruͤhling Dann ein Schatten der Herrlichkeit seyn, womit er hervorgeht? Oder wird noch gewandt von der Sonne Schimmer die Erde Schlummern, indem der Todte, der ewig lebet, hervorgeht? Wird, Dreyzehnter Gesang. Wird, vor dem Herrlichen, Staub sein Grab, und ein Spiel der Luft seyn Jener hangende Fels, von dem Angesichte der Erde Weggewehet, indem sein Haupt der Sieger emporhebt? Werden wir seiner Herrlichkeit Glanz zu ertragen vermoͤgen? Ach, kaum fafset mein Herz den Gedanken des suͤßen Verlangens, Abraham riefs, den himmelvollen, den Wonnegedanken: Jch, ich selber, werde das sehn! kein Fremder, ich selber, Daß der Geopferte Gottes, ein Ueberwinder des Todes, Jenes Todes, den Er gestorben! ins Leben heraufsteigt! Halleluja! das werd ich sehn! Er riefs, und der Mond ging Wieder hervor. Nicht lange, so deckten ihn truͤbende Wolken. Hundert ermuͤdete Wanderer, Maͤnner, und Muͤtter, und Kinder Kamen. Sie gingen gefuͤhrt von dem Monde schneller, er nun schon Wieder langsam, und waren jetzt in der Heiligen Kreise. Schrecken ergriff sie auf Einmal. Sie wußten nicht, was sie erschreckte, Aber sie flohn. Ein rufendes Kind verirrte sich. Eilend Trat ein Engel herzu, und brachte den bebenden Knaben Seiner Mutter. Sie wollte dem lieben treuen Gefaͤhrten Danken; allein er war in die Nacht hinuͤber gegangen. Nahe bey David hatte der Engel gestanden. Er kam jetzt Zu dem Geliebten zuruͤck, und David sprach zu dem Engel: Also fuͤhrt, der bald nun erstehn, und die Voͤlker der Erde Sich versammeln wird, durch das erste Leben die Menschen! Ach, wie freuet sich meine Seele des Herrn! und wie werd ich Seiner mich freun, wenn er aus dem Felsen des Schlummers erwacht ist! Jhr, vollendete Fromme, doch deren Leiber noch Staub sind, Und ihr Frommen, die nie der Verwesung Schrecken durchbebte, G 4 Jhr Der Messias. Jhr vermoͤgt nicht der Auferstehung unnennbare Freuden Ganz uns nachzuempfinden! Wie wird sie Jesus empfinden, Er, des Ewigen Sohn, der seiner Sterblichkeit Leiden, Und des Todes Furchtbarkeit mehr, wie die Menschen, gefuͤhlt hat! Assaph! er eilt’ in Assaphs Umarmung, des Kreuzes, des Todes Goͤttlicher Dulder, er wird nun bald, mein Bruder, erwachen! Und er blickte mit inniger Wonne nach seines Erloͤsers Grabe. So blickt ein noch sterblicher Frommer sehnlich gen Himmel, Wuͤrdiget ihn der Eine, der richtet, deß zu erinnern, Jenes ewigstroͤmenden Urquels ewiger Wonne, Daß Er, bis zu dem Tode gehorsam, die Seinen geliebt hat, Bis zu dem Tod’ am Kreuz! Und Assaph sah den Propheten, Ward von Seligkeit trunken, wie er. Die Schimmer im Antlitz Davids wurden, so freut’ er sich! Glanz, die Bewegung, der Athem Harmonieen! Er schwebt’ und erklang! Nun beseelt’ er die Harfe, Wort’ erschollen noch nicht; doch ergoß die goldene Harfe Jubel! Allein nun ergriff ihn der himmlischen Psalmen Begeistrung Ganz! Ein Strom ertoͤnte der Saite Gesang und der Stimme: Also sieht der Seher der Offenbarung auf Sion Einst in dem Himmel ein Lamm mit schimmernden Wunden bedeckt stehn, Und mit schoͤnem Blute des Heils. Dann stehn um den Huͤgel Zahllose feyrende Schaaren, sie Alle Versoͤhnte! die haben Hell an ihrer Stirne des Vaters Namen geschrieben. Und wie Meere, wie Stimmen der Donner, erklingen die Harfen Jn der beseelenden Hand der feyrenden Schaaren um Sion! Denn, dem Sohne, sie singen dem Sohne! denn ewiges Leben Stroͤmt von den schimmernden Wunden des Lamms in die Seelen herunter. Also Dreyzehnter Gesang. Also starb er! So sahen wir ihn! O Leichnam, du schlummerst, Leichnam des Unerschaffnen! Noch wart ihr nicht, Engel, da warf er Auch dieß Licht, wir sahens wie Daͤmmrung vordem! auf der Schoͤpfung Urgestalt, die Strahlen, als er der langen Aeonen Reihen dachte; Sterbliche sollten entschlummern! Er selber! Dann erwachen! Verkuͤndets in allen Himmeln, ihr Zeugen Seines Todes! erzaͤhlts in jeder Huͤtte des Friedens! Keiner wuͤrdige sie, von allen Seligen keiner! Sagts der Hoͤlle nicht an! doch, wenn ihr sie wuͤrdiget, donnert Schreckende Halleluja hinab, daß sie weiter hinuͤber Weiler vom Himmel ins Unermeßliche fliehe! Der Gottmensch Wird erwachen! nun bald hoch uͤber dem Staube des Grabes Stehen! und Herrlichkeit seyn! und Herrlichkeit! Halleluja! Kommt, kommt eilend zu uns, ihr seine Zeugen auf Erden, Schon sind Huͤtten der Ruhe fuͤr euch geoͤffnet! die Palme Winket euch schon! Bald habt ihr euer Zeugniß gezeuget, Bald geblutet, wie Er! Du Blut der Maͤrtyrer, rufe Nicht der Rache, der Rache! wie Abels, rufe der Krone! Stephanus! und Jakobus! ihr Ersten! die Morgenroͤthe Seines verkuͤndigten Heils kaum bricht sie hervor, und ihr siegt schon! Stephanus! und Jakobus! verlaßt denn Kanaan! Joseph Kann sich laͤnger nicht halten! nun laͤnger nicht! Halleluja! David sangs, und erlag der Entzuͤckung. Das Halleluja Konnt’ er kaum vollenden. Die lispelnde Harf’ entsank ihm. Und in seines Lichtes Gewande, die Palme weht’ ihm Jn der Rechten, ihm wehte sein goldenes Haar, sang Joseph Gegen den Bruder, der einst in seinen Umarmungen weinte: G 5 O der Der Messias. O der Entzuͤckungen Ungestuͤm, der das Herz mir erschuͤttert, Denk’ ich an jene Stunde zuruͤck, in welcher der Vater Jedes Schicksals, ihr Bruͤder, mich euch zu entdecken, erlaubte. Suͤßeste meiner Stunden im ersten Leben, du wirst mir, Also wiedergedacht, der Stunden des ewigen Lebens Eine! Wie war mir, als ich, vollendete Bruͤder, euch zurief: Jch bin Joseph! … Lebet mein Vater noch? … Du, der im Grabe Schlummert, du Bruder erloͤster unzaͤhlbarer Bruͤder, du Erstling Unter den Erben des Lichts, o laß die Huͤlle des Blutes Und des Staubes von deinem Antlitz fallen, und zeige Dich in deiner Herrlichkeit wieder! Zwar niemals verkannten Wir in deiner Niedrigkeit dich; doch duͤrsten wir, duͤrsten, Dich mit Wunden, die strahlen, zu sehn, den Sieger des Todes Jenes nicht nur, der liegt, und verwest, des ewigen Todes Sieger! Auch derer, die einst, o du, der ewigen Gnade Ewiger Quell, nach dir, weil sie dich verkennen, nicht duͤrsten, Derer erbarme dich auch, und gieb ihm Fluͤgel zu eilen Jenem Tage der letzten Enthuͤllung der Herrlichkeit Gottes! Wardst du nicht allenthalben versucht, um Mitleid zu haben, Ueberwinder, versucht, wie der Sterblichen keiner versucht ward? Der geschaffen das Aug’ hat, sieht! geschaffen das Ohr, hoͤrt! Der dich geschaffen hat, Herz! ach sollte sich der nicht erbarmen Bist du nicht eingegangen, mit deiner Versoͤhnung Blute, Hoherpriester, ins Allerheiligste? Jst sie nicht ewig Deine Versoͤhnung, die du, der Gerechteste, selbst erfandest? Selbst vollbrachtest! … Wenn sie nun koͤmmt die Stunde der Wonne Auch den Himmeln verborgen, verborgner der Erde, die Stunde, Die Dreyzehnter Gesang. Die zu dem Retter Abrahams Kinder und Jsaks und Jakobs Ach zum Gekreuzigten bringt; wenn nun der Voͤlker Fuͤll’ ist Eingegangen, nun Jsrael auch eingehet, und Jesus Sich nicht halten mehr kann, und laut zu weinen beginnet: Jch bin Jesus! … ihm dann die Geliebteren weinend am Halse Hangen, er Feyerkleider der Unschuld Allen austheilt, Jedem ein helles Gewand mit Blute besprengt, und Kronen, Ach den Geliebteren, daß, vor ihrer Belohnungen Groͤße, Freudig die Thronen erschrecken! wenn Er dieß Alles vollendet; O wie werden die himmlischen Boten von Sternen zu Sternen Eilen, verkuͤndigen, was vor ein Licht aus der Tiefe der Weisheit, Was vor ein Strahl aus der Nacht des goͤttlichen Rathes hervorbrach! Und wie werden alsdann ihr Antlitz die Aeltsten am Throne Neigen, und niederwerfen die Kronen, und feyren, und danken, Danken dem Einen, der ewig ist, und der Vater der Tage! Siehe, du hast es vollendet! und wirst noch mehr es vollenden! Vater! Erster! du Einer, der ewig ist! o dem Namen Deiner Herrlichkeit Preis! von Aeonen Preis in Aeonen! Mit des feyrenden Liedes Strome, lispelt’ und hallte Harf’ und Posaune. Wie er in seinen Gestaden einherfloß, (Gleich dem sterbenden Widerhalle sang ihn mein Lied nach) Sanfter itzt floß, und fliegender jetzt, so schwebte der Harfe Lispel auf ihm, und der Hall der Posaune, mit Harmonieen, Die der Seligen Ohr nur hoͤrt. Die Gesaͤnge der Himmel Sind nicht Kinder der langsamen, oft entseelten Begeistrnng, Sind der Urbegeistrung entzuͤckte Soͤhne, der Wonne Erstgebohrne! Wir kennen sie nicht. Bisweilen nur hoͤrt sie Einer Der Messias. Einer, der stirbt, und mit ihnen das ewige Leben beginnet. Nur der Prophet des verstummenden Lamms Jesaia vernahm sie Von dem geoͤffneten Grabe noch fern, da die Engel ihr Antlitz Deckten, und gegen einander flogen, und sangen: Heilig, Heilig ist, heilig der Herr der Geschaffnen! und alle Lande Sind der Herrlichkeit Gottes Zebaoth voll! daß erbebten Vor der Rufenden Stimme die Ueberschwellen des Tempels. Voll von dem suͤßen Erwarten der Auferstehung des Mittlers Fuhren die Heiligen fort, sich, was sie empfanden, zu sagen Jetzt mit Stimmen, mit Saiten alsdann, und dem feyrlichen Halle, Oft mit beyden. Denn noch war nicht das Schweigen der Freude, Nicht das Verstummen der Wonne gekommen. Der goͤttliche Todte Schlummerte noch … Hesekiel stieg auf ein Grabmaal am Oelberg Aus den Wolken herunter, und sang: Verdorrte Gebeine Sah ich um mich, und wurde des großen Befehles gewuͤrdigt, Jhnen zu rufen: Verdorrte Gebeine, hoͤret des Herrn Wort! Als ich rief den Befehl, da rauschte das weite Gefilde! Siehe da regt’ es sich, als ich den großen Befehl um mich ausrief, Und die Gebeine kamen zusammen, jedes Gebeine Kam zu dem seinen, und Leben kam mit den fliegenden Winden Jn die Todten. Nun standen sie all’ auf dem weiten Gefilde, Sieh ein unzaͤhlbares Heer! … Das wurd ich zu sehen gewuͤrdigt! Noch entzuͤckt mich das Bild von dieser Rettung Gesichte; Aber wie war mir, als ich auch selber ins Leben herauf kam, Jch verdorrtes Gebein! O Dank, Dank meinem Erwecker, Dessen Leichnam noch schlummert, und der doch Todten erwecket! Er Dreyzehnter Gesang. Er verwest nicht, wie wir. Das war der Wille des Vaters, Sterben sollt’ er, am Kreuze sterben! aber verwesen Sollte sein Heiliger nicht! O Erndte viel groͤßer, als jene, Die ich sah, viel groͤßer, als die, zu welcher wir kommen, Wenn die Schnitter rufen, und wenn die Posaunen erschallen! Zwar nur Eine Aehre; doch ist die Erndte viel groͤßer, Als der unzaͤhlbaren Aehren unuͤbersehliche Fluten, Als das ganze Gefilde der Auferstehung voll Garben! Wuͤchse die Eine nicht auf; so wuͤrden die Schnitter nicht rufen, Nicht die Posaunen erschallen! O Heil dir, du Eine! Die Himmel Aller Himmel werden sich unter deinen Schatten Einst versammeln! der Tod, der furchtbare Tod, der letzte Aller Feinde, wird dieses Schattens allmaͤchtiges Labsal Nicht zu ertragen vermoͤgen! vergehn! dann wirst du die Herrschaft Uebergeben dem Vater, daß Gott sey Alles in Allen! Halleluja! dem Vater, daß Er sey Alles in Allen! Und die Schnitter am Tage der Erndte sahn dem Propheten Freudig ins Antlitz. Auch wandte vom Grabe des goͤttlichen Todten, Schnell, wie ein Wink, nicht laͤnger, dahin, wo Hesekiel feyrte, Gabriel sich. Jndeß erscholls gleich Stimmen der Meere: Halleluja, daß Gott, daß Gott sey Alles in Allen! Amos Sohn verließ die Versammlung der Heiligen, schwebte Nieder auf Golgatha, stand an dem Kreuze des goͤttlichen Todten. Auch du ließest der frommen Versammlung, und schwebtest herunter, Daniel, Gottes Geliebter, und standest am Kreuze des Todten. Und sie ergriffen die Psalter, und sangen gegen einander: Hier, hier trug Er unsere Krankheit, unsere Schmerzen Lud Der Messias. Lud er hier auf sich. Die Menschen waͤhnten, er wuͤrde, Weil er gesuͤndiget haͤtte, von Gott geschlagen! gemartert! Ach, um unsertwillen ist Er verwundet! geschlagen Wegen unserer Suͤnden! Auf ihn ward Strafe geworfen, Daß wir Frieden haͤtten! Uns heilen die Wunden des Dulders! Seinen Mund eroͤffnet’ er nicht, da die Wuͤter ihn quaͤlten! Da er gefuͤhret ward gleich einem Lamme zur Schlachtbank! Aus der Angst und aus dem Gericht ist Jesus genommen! Bald wird er in das Leben erwachen! Wer ist auf der Erde, Wer in den Himmeln, der die Laͤnge der Ewigkeiten Auszusprechen vermag, die Jesus, der Todte, dann lebt? Denn gestorben ist er, indem er die Suͤnden der Erde Alle trug, er ist gleich einem Verbrecher gestorben! Ach vollendet ist nun vollendet sein goͤttliches Opfer Fuͤr die Suͤnden! Jhm werden nun gleich dem Thaue der Morgen Seine Kinder geboren! und Ewigkeit ist sein Leben! Ewigkeit! denn wie hat, in unaussprechlicher Arbeit, Seine Seele gerungen! dafuͤr ist Wonne dein Erbe! Gottes Knecht, der Gerechte, durch seine himmlische Weisheit Wird er viel zu Gerechten, und Erben der Herrlichkeit machen! Denn die Suͤnde, die Suͤnde der Welt hat Er getragen! Siehe, wer kam von dem Kidron herauf aus des ersten Gerichts Nacht? Wer in der Staͤrke goͤttlicher Kraft, die Suͤnde zu tragen? Wer mit Jammer belastet, mit tiefem Leiden der Seele? Christus wars, der Gerechtigkeit lehrte, zu helfen ein Starker! Wessen Wunden troffen auf diesen Huͤgel des Todes? Himmel der Himmel! o wessen Blut rann hin auf den ernsten Suͤhn- Dreyzehnter Gesang. Suͤhnaltar? Sein Blut! sein Blut, vor welchen sich Aller Knie einst beuget! vor dem einst Aller Zunge bekennet, Daß er Herrscher sey zu der Ehre Gottes des Vaters! Nun, nun ist der Uebertretung gewehrt! und die Suͤnde Zugesiegelt! versoͤhnet die Missethat! und geworden Ewiges Heil, Gerechtigkeit! zugesiegelt der Seher Offenbarung! nun ist, Preis sey dem großen Vollender! Preis ihm, er ist gesalbet! auf diesem Huͤgel des Todes Jst gesalbet der Allerheiligste! Halleluja! Hingerissen vom Bilde des gottgeopferten Mittlers Wiederhohlten, den Luͤften gleich, die in Baͤumen des Lebens Saͤuseln, die Heiligen: Ja, auf diesem Huͤgel des Todes Jst gesalbet der Allerheiligste! Halleluja! Und die Wache des Grabs ging ab. Die kommende Wache Fuͤhrte der Hauptmann, der Jesus auf Golgatha sterben, den Huͤgel Unter ihm hatte beben, und stuͤrzen die Felsen gesehen. Und am versiegelten Stein, dem Bewahrer des Leichnames, blieben Wundernd die Roͤmer stehen, und unter ihnen ihr Hauptmann. Cneus, so hieß sein Name, vertiefte sich bald in die Zweifel Seiner Gedanken. Die Stille der Nacht, und des wandelnden Mondes Sanfte Schimmer luden ihn ein, sich weiter und weiter Jns Labyrinth zu verlieren, aus dem kein Leiter ihn fuͤhrte. Und er lehnete sich an den Felsen. Ein Goͤttersohn denn? Aber welches Gottes? des Gottes der Jsraeliten? Dieses? … O warum zweifl’ ich an unsers Jupiters Groͤße; Denk’ ich an den, den Jehovah dieß leichtbezwungene Volk nennt, Den es nicht zu kennen verdient? wie niedrig, und sclavisch Jst Der Messias. Jst es! wie klein durch sich selber, wie groß durch Jehovah, der Goͤtter Gott! So nennt er sich selbst, und nennt sich nicht nur; er zeigt sich So durch Thaten! denn waͤr die Geschichte der Wunder Jehovah Zweifelhaft; so waͤr die Erzaͤhlung von Jupiters Thaten Mehr, als zweifelhaft! doch ein Sohn des großen Jehovah; Und doch sterblich? Und, wenn nur ein Mensch, wie koͤnnt er so groß seyn? Also dacht er, indem ihn ein Bote, den Portia sandte, Seinem Gruͤbeln entriß. Mich sendet Portia, Cneus, Dich zu fragen: Ob Ruh am Grabe gewesen? und ob sich Keiner dem Todten nahe? Sie war erst selber entschlossen, Herzueilen, allein sie entschloß sich anders … Hier herrschet, Sage Portia dieß, die Stille der Graͤber, und keiner Naht sich dem Todten. Er eilete. Wart, und sag ihr auch dieses, Sag ihr: Er komme wieder ins Leben; er komme nicht wieder; Beydes verwirre mich! geh! … Sie quaͤlet, wie mich, die Entwicklung Dieser verborgnen Geschichte des unterliegenden Frommen. Denn dieß war er gewiß! Ein frommer Sterblicher war er; War er kein Sohn des Gottes der Goͤtter! Des Gottes der Goͤtter? Also verlaͤugn’ ich Jupiter? setz’ ihn unter Jehovah, Den ich nicht kenne? den ich viel mehr, als Jupiter, kenne! Denn viel mehr ist Wahrheit in dem, das Jehovah gethan hat, Als in dem, das der Donnerer that! Nur mehr? Jst nicht Alles Wahrheit? O haͤtten des liegenden Jsraels Ueberwinder Jupiter angebetet; so waͤre das Bild des Gottes, Wie das Bild des Dagon, in stumme Truͤmmern zerfallen, Ja, aus der Hand des Schwachen, in stumme Truͤmmern die Donner! Ha! was hab’ ich gedacht! was dringt mich, Zevs zu verlaͤugnen? Jhn Dreyzehnter Gesang. Jhn dem Unbekannten, dem schrecklichen Unbekannten Aufzuopfern? und weß ist die Stimm’ in der innersten Seele, Der ich zu widerstehn nicht vermag? Wenn du, Jupiter, mehr bist, Als der Gott der Goͤtter; so donnr’ in den Abgrund mich nieder: Ach, wo bin ich? O Wut der furchtbaren Ungewißheit! Nein! nicht Ungewißheit! So haͤtt ich Jehova beleidigt! Bey dem Strome Cocytus, bey dem nur, Jupiter, du schwoͤrst, Fleh ich: Donnre mich nieder! O du, nach dessen Erkenntniß Jch mit dieser entflammten Begier verlange, Jehova, Offenbare dich mir! bin ichs werth? … kanns ein Sterblicher werth seyn? Offenbare dich mir! Er dacht’ es gen Himmel, und senkte Dann sein Haupt auf die Brust. Ach, warum sah ich den Frommen Seine Wunder nicht thun? und warum saͤumt’ ich, zu hoͤren, Was er, von Gott, und von sich, und den Menschen sagte; so kennt’ ich Nun die Menschen, und ihn, und Gott! … Die am meisten ihn horten, Waren Maͤnner voll Einfalt. Ach besser, als waͤren sie Weise, Die so selten sich nicht verirren, und Gruͤbler gewesen! Aber wo such’ ich sie? Er ist todt, und wird mich nicht lehren! Und sie find ich nicht! Doch in jenem besserem Leben, Wo er jetzt ist, wird er mich lehren! Jm besseren Leben? Jst denn ein kuͤnftiges? wirds, wenn es ist, denn besser fuͤr mich seyn? Da, der so unschuldig gewesen, so vieles gelitten; Ach, was wird der Schuldige leiden! Du Unbekannter! O du Unbekannter! ja meine Seele verirrt sich Jn dem Forschen nach dir! O koͤnnt ich deiner Propheten Offenbarung und Lehren verstehn, aufdecken die Huͤlle, Welche sie meinem Auge verbirgt! So gar noch am Kreuze III Band. H Haͤtt’ Der Messias. Haͤtt’ ich ihn fragen koͤnnen! Nun ist er verstummt! Auf ewig? Der nur weis es, der ihn gesandt hat! Koͤnnen die Todten Auferstehen? Der Heilige Todte dort hat den Seinen, Wieder ins Leben zu kommen, verheissen! Das sagen ja selber Seine Verfolger, und darum bewachen wir seinen Leichnam. Kommt er nun nicht zuruͤck; so verwirren mich seine Geschichte, Die mich, weiter erforscht, von Gott mehr haͤtte gelehret, Seine Wunder, sein Leiden noch mehr! Zu welchem Kummer Jst mein Leben gemacht? und warum schonten die Schlachten Meiner immer? der fallende Pfeil, und der zuckende Wurfspieß! Warum hoͤrt ich nicht lange den letzten schmetternden Bogen Toͤnen? Ha Brutus, als du zuletzt an der Tugend Belohnung Zweifeltest, nahmst du dein Schwert! Und ich seh groͤßere Tugend Unbelohnter, und saͤume? Was haͤlt mich? Nicht Furcht vor dem Tode! Denn ihn hab ich zu oft in blutigem Felde gesehen! Bin ihm entgegen unter sinkenden Adlern, gegangen! Nein! ihn fuͤrcht’ ich nicht! Doch was ist es denn, das mich aufhaͤlt? Warum entsetz’ ich mich, wenn ich mich nun dem ernsten Entschlusss Voͤllig nahe? Beleidigt’ ich etwa den Unbekannten? Und ist Warnung vielleicht die geheime Gewalt, die mich fesselt? Wenn mein Tod ihn beleidigt; so muͤsse meinem Entschlusse Jmmer etwas zur Reife fehlen! Wie aber ergruͤnd ich: Ob ich dadurch ihn beleidige? Sollte die bebende Frage: Ob ich ihn beleidige? Furcht des Todes in mir seyn? Furcht so tief verborgen? O wuͤßt ichs, wie wollt ich des Lebens Weiche Liebe strafen, und dir zum Opfer sie bringen, Ted! So verlor sich Cneus auf seinem finsteren Wege Nach Dreyzehnter Gesang. Nach der Gottheit, indem noch nicht die Rechte des Helfers Seine Fuͤhrerinn ward, ihn, nach der Hoͤhe der Weisheit, Auf den schmalen Weg, durch die enge Pforte, zu leiten. Hinter ihr war die Pforte zur Hoͤhe, der schmale Weg war Hinter ihr schon! die schoͤne Seele bracht’ itzt ihr Engel, Chebar in die erhabne Versammlung der Auferstandnen. Sie empfing Benoni, ein Silberlaut, da er hinglitt Von der leichten Wolke. Du hast ihn nicht sterben gesehen; Dort, dort starb er! allein du siehst ihn erwachen, Maria! Jhm antwortet Maria: Jch hab ihn nicht sterben gesehen; Ach dort starb er! allein ich seh ihn, Benoni, erwachen! Ueberwunden hast du, durch das Blut des Lammes, Maria! Nimm den Psalter, und sey auch eine Saͤngerinn Gottes! Darf ich wagen, mich unter die Choͤre der Sieger zu mischen, Welche schon Jahrhunderte Palmen tragen, und Kronen? Sing du dem Herrn! Jch lehre dich, was ich lernte. Verwesen Soll der Heilige nicht! O Erndte viel groͤßer, als jene, Die Hesekiel sah, als jene, zu welcher wir kommen, Wenn die Schnitter rufen, und wenn die Posaunen erschallen! Zwar nur Eine Aehre; doch ist die Erndte viel groͤßer, Als der unzaͤhlbaren Aehren unuͤbersehliche Fluten, Als voll Garben, voll Garben der Auferstehung Gefilde! Wuͤchse die Eine nicht auf; so wuͤrden die Schnitter nicht rufen, Nicht die Posaunen erschallen! O Heil dir, du Eine! die Himmel Aller Himmel werden sich unter deinen Schatten Einst versammeln! der Tod, der furchtbare Tod, der letzte Aller Feinde wird dieses Schattens allmaͤchtiges Labsal H 2 Nicht Der Messias. Nicht zu ertragen vermoͤgen! vergehn! dann wirst du die Herrschaft Uebergeben dem Vater, daß Gott sey Alles in Allen! Halleluja dem Vater, daß Er sey Alles in Allen! Und die Hoͤrerinn hoͤrt’ entzuͤckt nach der Stimme Benoni, Ach Benoni, wie selig bin ich! Mit welcher Erbarmung Hat der gnaͤdige Geber des Lebens und Todes die Stunde Meines Todes gewaͤhlt. Den Versoͤhner erwachen zu sehen, Und in dieser Versammlung! Jhr Heiligen Gottes, ihr Bruͤder Christus, und meine Bruͤder, ihr nun auf ewig Geliebte, Nehmt mich unter euch auf! Mich hat der Erbarmer gesendet, Euer Erbarmer, und meiner! O du der Himmel Gemeine, Du des Braͤutigams Braut, welch großer Lohn ist dein Erbe! Wie geniessen wir Alle vorher nicht empfundene Ruhen, Freuden nicht einmal von fern, und dunkel vermuthet, wie trinken Wir die Stroͤme des Lebens umsonst! Was gabst du vor Gaben, Seligkeiten zu fuͤhlen, den Seelen, die du zu dem Erbe Deiner Herrlichkeit riefst, du unerschoͤpflicher Geber! Welche Seligkeiten, zu diesen Gaben! Jhr Dauern Machtest du ewig, allmaͤchtiger Geber! Mit dir, den wir lieben, Ewig zu seyn, mit dir! Wer haͤlt den Wonnegedanken, Die Entzuͤckungen aus, wer dieser Ewigkeit Aussicht? Jch verliere mich, Gott! O Geber! Erfinder! Vollender Alles dieses! Jch war nicht, und nicht der Himmel der Himmel; Da entwarfst du es, Gott! Wir wurden, wir leben, und steigen All’ auf unzaͤhlbaren Stufen, auf einer anderen jeder, Jmmer auf neuen Stufen der Seligkeit, von der Aeone Zu der Aeon’, empor, und hoͤren nicht auf zu steigen! Denn Dreyzehnter Gesang. Denn ein unendlicher Geber bist du! ein unendlicher! Bebend Schwieg sie, und schon auf ihrer jetzigen Stufe zu stehen, Wonnevoll. Sie entzuͤckte den Kreis der Erben des Lebens, Und sie sangen ihr zu, und Donner wurde das Zittern Jhrer Harfen: Unendlich ist Er! unendlich der Geber! Jst unendlich! Und wir sind endlich! Gefuͤhl voll Entzuͤckung Von dem großen Geber, dem Vater der Wesen, der Liebe, Gnad’ um Gnade zu nehmen! du Durst, der ewig gestillt wird! Ach, eh werden in Nacht die neuen Erden, in Daͤmmrung Eh der neue Himmel verloͤschen, eh deiner Erbarmung Unversiegender, ewiger Strom die Duͤrstenden leer laͤßt! Sieh, am Fuße des Throns entspringet sein Quell, ein Weltmeer, Rauschet, und faͤllt, in Gefilden der Nacht, in Gefilden des Tages, Faͤllt von Erde zu Erde, zu Sonne von Sonne die Himmel Aller Himmel herab! Der durch Sich Selige hoͤret Seines Rauschens Getoͤn! Jhn hoͤren die Soͤhne des Lebens Durch die Welten umher, und kommen, und schoͤpfen Entzuͤckung! Ach erloͤstes Geschlecht, ihr Bruͤder des Todten, und unsre, Saͤumet nicht, kommt zu dem Strome des Heils. Das wankende Straucheln Eures Fußes leitet ein Starker! ein Helfer voll Huͤlfe! Der, obwohl sein Herz schon brach, mit maͤchtigem Rufen Rief: Es ist vollendet! Wie nach viel Schweissen ein Muͤder Jn der Abenddaͤmmerung schlaͤft, so schlaͤft nur der Starke Jetzt im Grabe. Der Loͤw’ auch Juda schlummert in Schatten. Weniger trunken, o Hoͤlle, vom Taumelkelche der Rache, Wuͤrdest du verstummen, damit der schlafende Starke Aus dem Schlummer sich nicht, und aus den Schatten erhuͤbe. H 3 Aber Der Messias. Aber er wird sich erheben, und eh er, in seiner Erhoͤhung, Bis zu der Rechte des Vaters, der hoͤchsten Herrlichkeit, fortsteigt; Wird Ein Schritt des Eilenden, Hoͤll’, auf dich treten, des Loͤwen, Oder, vernimms, du Ueberwundne! des Lammes im Zorne! Deine Wuͤste wird oͤder, und deine Tiefen versinken Tiefer dann, vor dem schreckenden Schritte des Lammes im Zorne! Mit den Worten verließ der Todesengel Obaddon Jesus Grab, und der Heiligen Kreis. So war ihm geboten: Wenn die Versammlung der Fommen der Hoͤlle nahes Gericht droht, Eil du dann zu Satan und Adramelech im Meere! Und er huͤllte sich ein in Nacht, und stand am Gestade, Rufte die Ewigtodten herauf. Mit thuͤrmender Woge, Kamen sie, traten vor ihn. Der Todesengel enthuͤllte Aus der Nacht sich. An seiner Stirne nur saͤumte noch Dunkel Einer Donnerwolke, die sich, von ihm weg, am Meer hin Langsam zog. Jetzt rufte die niedergeschmetterten Kraͤfte Satan in sich zusammen, und sprach zu dem Engel des Todes: Gluͤcklicher, fast allmaͤchtiger Sclav, was bringst du vor Botschaft? Auf dein Schmaͤhn antwortet’ ich dir seit Aeonen nicht! werd ich Heut dir darauf antworten? Vernehmt Befehle! Der Todte, Welcher auferstehet, gebeut: Entweder entfliehet Gleich in den Abgrund! oder begleitet mich jetzt zu dem Huͤgel, Wo er gekreuziget ward! Er steht bey dem Huͤgel vom Tod’ auf. Diesen Flammenschwung, den ich schwinge mein Schwert, und nicht laͤnger, Sollt ihr ihn sehn! Dann stuͤrzet ihr hin auf die Stirn! Ergrimmet, Suͤnder, nicht also! Daß Er euch anzubeten geboͤte, Wuͤrdiget Er euch nicht! Euch stuͤrzt der Allmaͤchtige nieder, Und Dreyzehnter Gesang. Und ihr betet nicht an. Das koͤnnt ihr nicht! Wenn ihr mir folget; Bleibt ihr noch hier! und folget ihr nicht; so entflieht ihr zur Hoͤlle! Zischender Spott, und bruͤllendes Hohngelaͤchter erwarten Euch in der Hoͤlle. Denn viele der eurigen sahns, wie ihr flohet, Als euch Flucht Eloa gebot! Waͤhlt jetzo, Empoͤrer! Satan blickte mit Grimm auf ihn her; doch blieb er entfernt stehn. Denn dem furchtbaren Schwerte des Todesengels entstroͤmten Flammen, wiewohl es ruhte. Der Hasser Gottes und Satans Riß vom Gestad’ ein Felsenstuͤck, und zermalmts an der Stirne, Stampft’ auf die fallende Truͤmmer, und wollte den Ewigen laͤstern; Aber er schwieg! Waͤhlt! rufte der Engel des Todes, und huͤllte Seines Schwertes drohende Strahlen in Wolken, die dampften. Aber sie zweifelten noch. Jetzt nahte sich Abbadona, Blickt’, indem er voruͤberging, Adramelech und Satan Ohn’ ihr Wuͤten zu fuͤrchten, und ohne raͤchenden Stolz an. Denn er war nicht ihr Richter. Doch trat er zum himmlischen Seraph Naͤher, als sie vor ihm standen, und sprach: Ein Bote der Rache Bist du, aber du kennst auch, o Engel Gottes, das Mitleid! Darf ich nicht auch, da die beyden Empoͤrer duͤrfen, den Gottmensch, Sehn, wenn er aufersteht? Wie koͤnnt ich es wagen zu waͤhnen, Daß ich ihn anzubeten vermoͤge? Willkommen, willkommen Ungesehne Hand, die mit ihnen auch mich in den Staub stuͤrzt, Hand des Allmaͤchtigen! Ach! daß ich ihn nur seh, wenn er aufsteht Aus dem Grabe, der Suͤndeversoͤhner, der Ueberwinder! Satan hoͤrt’ ihn, und rief ihm entflammt mit stammlendem Grimm zu: Sclav, nicht Gottes, der Hoͤll’! elendester unter den Sclaven! H 4 Doch Der Messias. Doch schon unterbrach ihn der schreckende Todesengel: Satan, verstumme vor mir! Jch habe keine Befehle, Abdiel Abbadona, fuͤr dich. Jch weis nicht, wie lange Dir auf der Erde zu bleiben, und, ob dir, den goͤttlichen Todten, Wenn er erwacht, zu sehen vergoͤnnt sey. Jch kann dir nur sagen, Daß der Huͤgel von Schaaren der auferstandnen Gerechten, Und von Schaaren der Engel umringt ist. Diese Verworfne Sehn ihn, wenn sie dieß waͤhlen, damit des Erwachten Triumphe Sie zu strafen beginnen, fuͤr jenen Entschluß, den Gefallnen Jhren Erloͤser zu nehmen! du hattest an diesem Entschlusse, Abbadona, kein Theil! Jhn aber mit meiner Entzuͤckung, Mit der Wonne der auferstandnen Erloͤsten zu sehen, Abdiel, koͤnntest du dich mit diesem Wunsche wohl taͤuschen? Feurig, mit Ungestuͤm, sprach Abdiel: Nicht, mit Entzuͤckung Ach! mit Wonne nicht! allein nur sehen, nur sehen! Ha! du Niedrigster! ruft’ ihm Adramelech entgegen, Ja, du warst es! du nanntest den Namen Eloa der Hoͤlle! Engel des Todes! ich geh zu der Hoͤlle! Wehe dem Stolzen, Der mein spottet! den sollen geschleuderte Felsen begraben! Warum folgst du mir nicht, verworfenster unter den Engeln? Doch kein Engel nicht mehr, nur eine Seele! Du fuͤrchtest, Und du taͤuschest dich nicht, daß ich an die untersten Stufen Meiner Throne mit diamantnen Ketten dich feßle, Und, indem ich in große Gedanken vertieft, auf den Hoͤhen Meiner Throne sitze, den Fuß auf deinem Nacken Ausruhn lasse! Doch werde zuvor an dem Huͤgel ein Opfer Deiner Kriechsucht! Schauernd, mit zuͤrnender Traurigkeit schuͤttelt Abba- Dreyzehnter Gesang. Abbadona sein Haupt: Nicht deine flammenden Worte Schrecken, Wuͤtender, mich! die gerechten Engel und Seelen Schrecken mich, und Jehovah mein Feind! … Er wandte sein Antlitz. Adramelech verließ sie. Jch folge dir! stammelte Satan Wuͤtend zum Todesengel. Die Stirne voll Donnernarben Wurd ihm dunkler, indem er folgte. Sie schwebten. Voll Zweifels Stand noch Abdiel. Ungestuͤm wandt’ itzt Adramelech Wieder sich um. Er waͤlzt’ in dem rasenden Felsenherzen Eine Laͤstrung, schwarz, wie die Nacht der untersten Hoͤlle. Und entschlossen, herauszustroͤmen das Ungeheuer Jn der Versammlung der Heiligen, schrie er: Jch folge dir, Engel! Wende dich! rief mit des Donners Ruf der Verderber, die Schoͤpfung Sollst du nicht sehn! Dein Auge wird Blindheit schlagen! dich fuͤhren, Beb’ ihm nach! ein Geheul!.. Schon starrte sein Aug’ ihm in Nacht hin, Und schon rauscht’ es um ihn, und heult’ in dem fuͤhrenden Sturme. Jammernd Geheul, er folgte; das mußt’ er! jetzt fernersterbend, Dann erschuͤtternd nah, war in dem gefluͤgelten Sturme. Schnelles, unwiderstehliches, unnennbares Entsetzen Faßt’ ihn, wenn das Geheul, wie Gerichtsposaunen, ihm zurief: Weh dir! Weh! Weh dir! und es dann ihm dauchte, Gebirge Naher Sterne wankten dann, und schmetterten krachend Nieder auf ihn, und waͤlzten ihn fort in dampfenden Truͤmmern! Aber die Vaͤter und Seraphim hoͤrten fern in den Himmeln Aus den Sonnenwegen herab ein Wetter Jehova’s Kommen! Die Harmonieen der wandelnden Welten verstummten Wenn der Donner, ein neues Erstaunen ihrer Bewohner, Redete! Denn schon war zu dem tiefen Tabor des Vaters H 5 Herrlich- Der Messias. Herrlichkeit niedergestiegen; sie hatten ihn wandeln gesehen! Schon aus seinen Schranken ein Stern zu der Sonne geeilet; Still war schon die ganze Schoͤpfung gestanden! Die Vaͤter Hoͤrten das Wetter fliegen, und huben freudig ihr Haupt auf, Hoͤrten hinauf in die Himmel der Himmel. Es nahte sich eilend, Schnell, wie Gedanken. Sie hoͤrten es jetzt durch die Ruhstatt Gottes Schweben, und, als von Bergen zu Bergen, wider von Sternen Hallen zu Sternen. Es nahte der Erde. Mit gluͤhender Stirne, Schimmernden Augen, entzuͤckt von jeder Wonne des Himmels, Eine Flamme des Herrn, den Sonnen gleich, da sie Gottes Schaffender Hand entzitterten, uͤber Erden zu herrschen, Strahlt’ Eloa hinab in der Auferstandnen Versammlung, Rufte: Die Stund ist gekommen, der Herrlichkeit Stund ist gekommen! Mit der Morgendaͤmmerung wird der Versoͤhner der Suͤnde Seinen Leichnam erwecken! Jhr hoͤrt den Goͤttlichen wandeln! Und er schwebt’ hinunter zum Grabe. Das maͤchtige Wetter, Jn den Himmeln ein Zeuge des Ewiglebenden, mildert Jetzo seine Gewalt, daß die Erde vor ihm nicht entfliehe. Seine Donner hielt es zuruͤck. Sturmwinde nur rauschten, Daß von Libanon an vor ihnen die Waͤlder Judaͤa Gegen das Grab sich beugten! Die Erde ward nur erschuͤttert, Daß, von Seirs Gebirge, der Phasga, der Arnon, der Hermon Bis zu den obersten Wipfeln und Wolken des Libanon bebten! Daß, von Seirs Gebirge, das Wasser Aegyptus, das Weltmeer, Und der Carmel, und wieder des Libanon Hoͤhen erschracken, Und der wankendstroͤmende Jordan hinauf bis zur Quelle Und Amana! Allein noch bebte das Grab nicht. Der Fels lag Unbewegt, Dreyzehnter Gesang. Unbewegt, wie er hingewaͤlzt vor das offene Grab war. Gabriel sah mit Entzuͤckung hinab auf den liegenden Felsen, Denn: Du waͤlzest ihn weg! war ihm von dem Todten verheißen. Aber die Himmlischen, sie, die lauter die Stroͤm’, und das Weltmeer Rauschen hoͤrten, die Waͤlder erschallen, lauter die Berge Beben, als sie ein menschliches Ohr zu hoͤren vermochte, Freudig sanken die Engel aufs Antlitz und die Erstandnen Vor der gegenwaͤrtigen Gottheit des Suͤndeversoͤhners. Adam betete laut wie im Jubelgesang. So erschallen Mit dem Getoͤne der wandelnden Welten der Engel Posaunen, Wenn sie die großen Thaten des Allerheiligsten feyern; Wie des Seligen Stimme vermischt mit den wehenden Luͤften, Und mit den rauschenden Palmen, den Wiederhallen der Berge! Und, sie stuͤrzten, und flohn, mit den Stroͤmeu erscholl. Unerschaffner! Dann ein weinendes Kind, ein weiser Knabe, die Wonne Gottes, und derer, die suͤndigten! dann ein himmlischer Lehrer, Und mitleidiger, menschenfreundlicher Wunderthaͤter! Dann ein Hoherpriester, der selbst sich opfert’, und einging Jn das Allerheiligste, Fluch und Suͤnde fuͤr Suͤnder! Ach! ein Gekreuzigter! und ein Todter! wie koͤnnen wir wuͤrdig, Gott, du Liebe! dich preisen fuͤr das, so du thatest, und thun wirst! O du fuͤhlbar Naher, nun wirst du es thun, und erwachen! Siehe des Todes Schmach, die Schmach des Kreuzes sie liegt dann Unter deinen Fuͤßen! allgegenwaͤrtiger Mittler! Aber uns offenbarter Allgegenwaͤrtiger, Heil uns, Daß wir, dich erwachen zu sehn, gewuͤrdiget werden; Ach, wir haben dich sterben gesehn! Erwachen, erwachen Wird Der Messias. Wird der große Todte nun bald, der Schlummernde Gottes! Wie du kamest, als du aus der Nacht die Sonnen hervorriefst, Siehe, so kommst du, mit tausendmal tausend Leben umstroͤmet, Und vor dir beseelender Sturm her! Himmlisches Saͤuseln Wird von dem Sturme nun bald sich sondern, und deinen Leichnam Wecken, du Ewiglebender! Seht ihr die aͤußersten Schimmer Seiner Herrlichkeit? die dort neben den Sternen herabstrahlt? Und die roͤthlichen Morgen vor ihm, die seiner Gottheit Strahlen mildern! O daß vor Jhm die Geschaffenen alle Beugen ihre Knie! vor ihm, vor ihm der Begnadigten Kronen Alle sinken! Er koͤmmt, das Gefaͤngniß gefangen zu fuͤhren! Gaben der Ewigkeit denen zu geben, die er versoͤhnt hat! Saͤusle, beseelende Kraft, Hauch Gottes, und wecke den Leichnam, Dessen Wunden zur Rechte des Vaters mehr, wie die Sonnen, Mehr, wie der erstgeborne des Lichts, der Himmel der Gottheit, Strahlen werden! Und du, verstummende Wonne, lege Deine Hand auf den Mund, und wart anbetend der Stunde, Die er aufersteht! … O ihr noch Soͤhne des Staubes, Meine Kinder, vor allen, ihr wenigen, die er gewaͤhlt hat, Seiner Auferstehung, in allen Landen der Graͤber, Zeugen zu seyn, ihr deren Auge noch Thraͤnen der Wehmuth Weinet, die ihr den unterliegenden Todten nur kennet; Seine Herrlichkeit nicht, noch die, mit welcher er lohnet! Mit dem ganzen, dem goͤttlichen, unaussprechlichen Segen Seiner Auferstehung, mit dieser Fuͤlle der Fuͤlle, Aller dieser Ueberschwenglichkeit, segn’ ich, o Kinder, Euch zu dem ewigen Leben! Gesegnet sey euer Leiden, Jeder Dreyzehnter Gesang. Jeder Kampf der Streitenden, jeder Sieg der Gestaͤrkten! Euer Schweiß in der Arbeit des Heiligen, der euch die Kraft giebt! Jeder Tropfen der Angst, der Thraͤnen, oder des Blutes, So wie der sie zaͤhlt, es beschleußt! gesegnet die Weisheit Eurer Rede! die Heiligkeit eures Wandels! im Himmel Sey er! gesegnet die Wunder, womit des Vaters und Sohnes Geist euch ruͤstet! Jhr sollt die kleineren Segen nicht haben, Die vergehen; allein in dem Namen Jesus Christus, Heißt aufstehn, und wandeln, die Sterbenden, und die Todten! Seyd, wenn einst ihr selber entschlafet, o dann vor allen Unaussprechlich gesegnet! Euch werd’, am Ende der Laufbahn, Nach der Geburt in das ewige Leben, die Krone der Sieger, Und der Aeltesten Thron, die Geschlechte der Menschen zu richten! Sie, die neben ihm strahlender ward, indem sie ihr Auge Nach der Herrlichkeit wendete, die in den Himmeln herabkam, Und den Segen vernahm, den der Auferstehende gebe, Eva streckte die Hand auch nach des Goͤttlichen Grab’ aus: Fleuß, fleuß, ewiger Quell! zerreiß den Felsen, und stroͤme, Siehe, du ruhst noch in Nacht, brich durch den Felsen, und stroͤme, Ewiger Quell des ewigen Lebens, und labe die Seelen Aller Durstenden, aller, die gleich dem brennenden Rehe Schreyen nach dir! O Strom, der in die bessere Welt stroͤmt, Nimm in deiner Gestade beseelenden Hauch, in die Kuͤhle Deiner Schatten, den Waller nach Kanaan auf, daß ihm Labsal Werd, und Staͤrkung zur weiteren Pilgerschaft, daß ihn Hoffnung Seiner eigenen Auferstehung maͤchtig erquicke! Hoffnung, himmlisches Licht in des Sterbenden brechendem Auge, Ja, Der Messias. Ja, du Hoffnung, auch zu erwachen, mit Christus zu leben! Geuß du deine Freuden auf die, die in Christus entschlafen, Gnadevoll aus, damit sie das Graun der Verwesung nicht schrecke! Selige Stunde, welche nun bald, zu entzuͤcken, hervorbricht, Eine nicht zaͤhlbare Zahl unsterblicher Leben, aller, Welche, jenseits der Graͤber, die Kinder Adams einst leben, Liegen, o Stunde seines Erwachens, in dir verborgen! Welche Leben! und welche Besitzer der Leben ohn’ Ende! Meine Kinder seyd ihr! Zerreiß den Felsen, und stroͤme, Ewiger Quell der ewigen Leben! zu großen Wassern Wirst du werden, o Quell, zu Gottes Ocean! stroͤme! Also betete sie. Der Engel am Grabe des Todten Schwebt’ in die Wolken hinauf der Herrlichkeit Christus entgegen. Wie es den tausendmal tausend der Todten Gottes einst seyn wird, Hat das große Wehe vom Falle bis an den Gerichtstag Ausgeklagt; steigt nicht mit jedem Tropfen der Zeit mehr, Der hintraͤuft in das Meer der Vergaͤnglichkeit, eines Gebohrnen Weinen, oder eines Sterbenden Roͤcheln gen Himmel Unter die Preisgesaͤnge der Unentweihten vom Tode, Wie es ihnen wird seyn, wenn mit des letzten der Tage Morgendaͤmmerung nun das lange Wehe des Weinens, Und des Roͤchelns auf ewig verstummt; sie werden vor Wonne Freudig erschrecken! aus ihrem erhobnen dankendem Auge Thraͤnen der Seligkeit stuͤrzen! und ihrer Jubel Triumphlied Wird mit jener Posaune, der Todtenweckerinn, streiten, Streiten, und uͤberwinden! wie dann es wird der Gerechten Tausendmal Tausend seyn, so war es der kleineren Schaar jetzt, Die Dreyzehnter Gesang. Die am Grabe des Herrn, vor Hoffen, und vor Erwarten Deß, das kommen sollte, verschmachtet war, da die Wolken Rissen! da Gabriel dort, eine Flamme Gottes, herabfuhr! Da er von Bethlehem, uͤber die Schaͤdelstaͤte, zum Grabe Flog! da von Ephratas Huͤtte, bis hin zu dem Kreuze, vom Kreuze, Bis hinunter ins Grab die Erde bebte! da Satan, Wie ein Gebirge dahin, des Leichnams Huͤter, wie Huͤgel, Stuͤrzten! da weg von dem Grabe den Fels der Unsterbliche waͤlzte! Da mit Freuden Gottes, Jehovah sich freute! da Jesus Auferstand! Auszusprechen was jetzo geschah! mit dem Liede von fern nur Dieser Hoͤhe zu nahn! davon, wie der leisere Nachhall, Nur zu stammeln, von jener Wonne, Erstandner, von deiner! Und von deren Freude, die jetzt dich sahen! zu kuͤhn ist Dieser feurige Wunsch, und, indem ich vergebens gen Himmel Strebe mit ihm, vergebens! ein maͤchtiger Ueberzeuger, Daß ich am Grabe noch walle, noch nicht der Erndte gesaͤt bin, Welche die große Folge der Auferstehung des Herrn ist. Stille war erst am verlassenen Grabe. Nicht lange, so wurde Deiner Begnadeten Kreis vor Seligkeit heller, und jauchzte, Wie die Morgensterne, die Erstgebohrnen der Schoͤpfung. Denn sie sahen den Sohn nach seinen Todeskaͤmpfen, Auferstanden!.. nicht mehr, wie am Kreuze, mit sinkendem Haupte Herrlich schwebtest du uͤber dem Felsen des offenen Grabes, Goͤttlich, unaussprechlich geschmuͤckt mit Siege, mit Siege, Halleluja, mit Siege, des ewigen Todes Triumphe, Du der maͤchtig ist, du, deß Namen heilig ist! dem sich Aller Der Messias. Aller Kniee beugen, im Himmel Aller, auf Erden Aller, und unter der Erde! den Ephrata Bethlem gebohren, Den Gethsemane, den die Schaͤdelstaͤte getoͤdtet, Den uns wiedergegeben das Grab hat! Neige dich, Tiefe, Vor dem Sieger, und hebe vor ihm, o Hoͤhe, die Haͤnd’ auf! Hebt, Erzengel, die Harfen vor ihm, ihr Ersten der Thronen, Jn die Himmel der Himmel empor! und, Stimmen des Menschen, Meine schwache mit euch, seufzt ihr aus dem Staube die Freude, Daß er lebet, empor! Vor des Ewiglebenden Throne Werdet ihr einst, die jetzt die beklommne Freude nur seufzen, Unaussprechliche Wonne dem großen Begnadiger singen, Jhm, der uns, als Bruͤder, der euch, als Bruͤder, nicht aufnahm, Engel! dem Fleisch und Gebein von Adams Fleisch und Gebeine. Du, der maͤchtig ist! riefen mit lauterem Jubel die Seelen, Als die Engel, o du, deß Namen heilig ist! dem sich Unsre Kniee beugen, dem unser geheimstes Gefuͤhle Jn die Tiefe der Tiefen sich wirft, den Namen nicht nennen, Auch dein heiliger nicht, und hocherhabner vor allen, Großer Beginner, und großer Vollender, getoͤdtet vom Anfang, Und fuͤr ewig! fuͤr ewig erwacht, und vom Anbeginne! Doch dein Schlummer selber war kurz, nachdem du nun wirklich Jn der neunten, der dunkelsten Todesstunde, sie war sonst Keine Stunde der Nacht, entschlafen warst, zu erwachen Schnell, wie du schufst, da, gerufen von deiner Stimme, die Sonnen Rollten, um sie die gehorchenden Erden, du goͤttlicher Erster, Und du gnaͤdiger, gnaͤdiger Letzter, der Alles verneuet, Alles himmlischer macht! Auch wir sind Letzte. Wir leben, Sind Dreyzehnter Gesang. Sind unsterblich durch dich, und bleiben in jeder Aeone, Durch der Ewigkeit ganze Fuͤlle, so lange du Gott bist, Gott, bey dir! … Sie verstummten. Denn seines goͤttlichen Anblicks Wuͤrdigte sie der Auferstandne. Von dieser Entzuͤckung Seligkeit niedergestuͤrzt, verstummten sie alle. So rauschen Dann Gefilde der Erndte nicht mehr, und senken sich erdwaͤrts, Hat sein Wetter auf sie ein ganzer Himmel ergossen. Wenige Halme nur heben etwa die Aehre, die zittert, Dennoch auf. So schwungen sich jetzt in der Heiligen Kreise Neben der Mutter die sieben Soͤhne, Maͤrtyrer alle, Bebend empor, und verstummten nicht mehr, und feyrten, und sangen: Mache dich auf, und jauchze, du wurdest, o Erde, gewuͤrdigt, Jesus Christus Gebein in deine geoͤffneten Tiefen, Als in Mutterarme, zu fassen. Nun ist er erstanden Hoch von dem zitternden Staube der Erstgebohrne der Todten. Alle Himmel sahen dich kommen. Vom Fuße des Siegers Ging Erdbeben, vom Golgatha, bis zu dem hohen Moria. Mit den Bergen erbebte das Kreuz, und die Zinne des Tempels. Mach in deiner Schoͤne dich auf, o Erde! dein Licht kommt, Und die Herrlichkeit Christus, du juͤngstgebohrne der Schoͤpfung, Gehet uͤber dir auf. Man wird dich Koͤniginn nennen, Und die Gesegnete deß, der dich schuf. Du warest so schoͤn nicht, Nicht so bemerkt, so nicht durch alle Himmel besungen, Als, nach deiner Geburt, du am ersten Morgen heraufstiegst. Deiner Soͤhne sind viel, sehr viel Gerechte. Du wirst sie, Mutter unsterblicher Kinder, in alle Himmel versenden; Daß sie im Feyerkleide der Unschuld den Sieger, mit neuen III Band. J Festlichen Der Messias. Festlichen Namen genannt, den, der sie errettete, singen. Jauchzet, Huͤgel der Todten, vor allen Huͤgeln der Erde! Freut euch, Graͤber, vor Gottes Gebirgen! die Schlummernde liegen Unter euch, daß sie erwachen. Du hebst dann! Erde, den letzten Aller Tage, dich aus dem Staube des Weltgerichts auf, Durch des Sohns Allmacht, den deine Tiefen bedeckten, Deine nun offenen Tiefen, zur neuen Erde geschaffen. Dañ wiꝛd die Soñe nicht Heꝛꝛscheꝛiñ mehꝛ, noch deꝛ Mond dein Gefaͤhꝛt seyn, Dir, die Gerechte bewohnen, wird Gottes Herrlichkeit leuchten, Und dein Licht seyn, Er, deß Blut auf Golgatha traͤufte! Also sangen die fruͤheren Maͤrtyrer, welche schon Palmen Trugen, da Stephanus den, wie in dunkler Ferne, kaum kannte, Dessen Triumph er mit seinem Blute, der Maͤrtyrer Erstling Unter den Christen, zu zeugen erwaͤhlt war. Allein wie nahe Warst du gleichwohl, o Stephanus, deiner Palme! wie kurz war, Ueberwinder, dein Lauf, von deiner Berufung zum Himmel, Bis in den Himmel. Jhn sahest du offen, und Jesus zur Rechte Gottes! da rann von schmetternden Steinen dein Blut, da entschliefst du. Aber Jedidoth, der juͤngste der Maͤrtyrer, und Benoni, Und Maria entrissen sich jetzt dem Staunen der Freude, Faßten bey ihren Palmen einander, und schwebten hinunter Aus den Wolken ans Grab, und knieten leis’ an den Fels hin, Der ach nun nicht mehr das Grab bedeckte. Sie blickten Nach dem Erstandnen hinauf, mit einer Liebe dem Herzen Und der Zunge des Menschen zu hoch, und unaussprechlich. Wenn ich in jenem ersten Leben noch lebte, Maria Sprachs zu den Mitgenossen des besten Theiles, und wenn auch Meine Dreyzehnter Gesang. Meine Jahre die fruͤhere Bluͤhte noch bluͤhten; so waͤr mir Jeder Augenblick doch selbst dieser innigen Liebe, Dieser Begnadung Tod! Siehst du, Benoni? Jedidoth, Siehst du den Herrlichen? seine sanft gemilderte Schimmer? Uns, den zarten Blumen im himmlischen Saron gemildert? Und fuͤr jene Ceder zwar auch gemildert, denn endlich Schuf er Eloa! doch ist er gewiß ein Anderer diesem Großen Erwaͤhlten! … Ein Anderer, rief Eloa, indem er Freudig kam, und neben sie hinsank, jedem ein Andrer! So vollkommen ist er. Euch, Hiob, Daniel, Moses, Abraham! dir, du erster der Todesengel, dir, Salem, Denn auch diese waren herab zu ihnen gekommen, Dir, Maria, und mir, und euch, Benoni, Jedidoth, Jedem der Eine, den wir vor Allen am innigsten lieben, Jedem, nach seinem Verlangen, ein unerschoͤpflicher Geber, Jedem der Beste, der Beste, der Liebenswuͤrdigste jedem! Und … auch dieser erhabne, nie ganz durchschaute Gedanke Trag auf seinem Flug euch empor! des ewigen Vaters Eingebohrner, geliebter, die Ewigkeiten geliebter, Ewigliebender Sohn! Hier, hier verlieren sich alle Unsre Gedanken, und schwindeln an ihrer Endlichkeit Graͤnze! Hoher Engel Gottes, du Fruͤhgebohrner der Schoͤpfung, Meine verlieren sich gern in dieser Entzuͤckung; wie weit auch Jch von deiner Endlichkeit Schrauken, mir sind sie nicht Schranken! An den meinen schwindle. So sprachen die Seel’, und der Engel. Und stets kamen der Seligen mehr zu dem Felsen herunter; Nah umgaben sie dich, du ihr Erloͤser, und Bruder! J 2 Freuten Der Messias. Freuten sich anderer Freuden, als diese Welt hat, und als sie Der zu wuͤnschen vermag, der hier in den Naͤchten noch wandelt. Abraham faltete hoch die Haͤnde gen Himmel, und rufte: Sohn Jehova’s! und … singt mir es nach, ihr feyrenden Harfen Meiner Kinder um mich mit Wonnelauten! und meiner! Sohn! wie begann der Vater der Wesen, dir zu belohnen Deine That! Du kamest aus deinen Himmeln herunter, Stiegest von deinem Thron, und starbst! … Jn den Welten allen Jst seit ihrer Erschaffung, und wird die Aeonen der Zukunft Keine That, wie deine, geschehen! … Wir sehn des Versoͤhners Gottesthat, von der Sonnenheere Schimmer umleuchtet; Freut euch der Freuden des Seraphs, ihr Mitanbeter, ach seiner Jubel! sie sieht, umstrahlt von dem Glanze des Himmels, Eloa! Endlich erhub aus seiner Entzuͤckungen Meere sich Adam, Aus den Stroͤmen des Lichts, in denen er sank. Die Gedanken Waren zu tausenden schon ihm durch die Seele geflogen, Schnell wie die Schwuͤnge des Blitzes, indem er dem Auge vorauseilt, Und er schwebte zum Todeshuͤgel herab von den Wolken, Stand bey dem Kreuz, und streckte die Arme nach Jesus, des Todes Sieger, aus: Jch schwoͤre bey dir, der ewig lebet! Daß nun Tod nicht mehr der Tod ist, und daß an dem Tage Deiner großen Vollendung sie Alle, die schlafen, erwachen! Jesus Christus Erhoͤhung begann mit seinem Erwachen Von dem Tod’ am Kreuz; sie stieg auf Stufen zum Throne, Dort hinauf zu des Vaters Rechte, wo Preis und Ehre Dem es lohnen sollte, der frey sich erniedriget hatte, Ach von dort herab in den Staub der Schaͤdelstaͤte. Selber Dreyzehnter Gesang. Selber Eloa erhuͤb’ umsonst mit der Harfe der Feyer Sich im Psalme, der Psalm entstroͤmte vergebens des Geistes Jnnerstem, diesen Preis, die Gottesehren zu singen. Lehre mich, Sionitinn, nur einige Laute von jener Großen Erhoͤhung, die neben den Huͤtten sterblicher Suͤnder, Doch nun auch versoͤhnter begann, und immer sich weiter Auf stets hoͤheren Stufen erhub, o lehre von fern mich Nachschaun ihm, der hinauf zu dem Thron den Lichtweg wandelt. Liebend sahe der Mittler herab auf Adam, indem winkt Er dem Engel; der brachte die Seele. Sie sprach zu dem Fuͤhrer: Wer, o du strahlender Unbekannter, ist jener erhabne Furchtbare Mann auf dem Felsenhuͤgel? … Und blickest du, Seele, Denn nicht auch auf die Schaaren um ihn, die leuchtender schimmern? Ach ich kann nicht wenden von dem mein Auge, zu dem du Hin mich fuͤhrest. Er ist in dieser Goͤtterversammlung, Auf, und bete mit an! der oberste Gott! … Und dein Richter! … Weh mir! Jupiter! Jupiter! du, der herrscht im Olympus! Groͤßter! Herrlichster! O mein Fuͤhrer! was blicket dein Auge Mir vor Schrecken zu? Jsts Minos furchtbare Gottheit? Oeffnet irgendwo hier die Erde Thore des Abgrunds? Rauscht hier nah der Cocytus? und donnern uͤber dem Strome Jupiters Eide? Zu grausamer Fuͤhrer, noch immer verstummst du Meinen bebenden Fragen? Ach hat er den letzten geschworen, Als ich starb? und stuͤrzet mich der in Phlegetons Tiefe? Jetzo sprach zu dem Todten der Mittler: Jupiter, Minos Sind nicht; aber es schreyet laut von dem schmachtenden Lande, Herrscher, zu mir das Volk! Er sprachs, und nannte des Todten J 3 Kuͤnftige Der Messias. Kuͤnftige Staͤte dem Engel … So stieg die Erhebung des Sohnes Einen leisen Tritt, wie große Thaten beginnen. Jesus sprach zu den Zeugen: Eh ich zu dem Vater gehe, Weil’ ich auf Tabor oft, der ist der Ort der Versammlung. Und sie sahn ihn nicht mehr, und schwebten nach Tabor hinuͤber. Wie er niederstuͤrzte, so sinnlos lag an des Grabmaals Felsen Satan noch, von des Auferstehenden Anblick. Gabriel hoͤrt’ er gegen sich her, wie Wetter, kommen; Endlich sah er ihn auch, indem er, mit schwerer Arbeit, Sich aufrichtete. Stuͤrze, so sagt’ ihm der Engel des Siegers, Dich in deine Tiefen hinab! Was saͤumst du auf Erden? Wenn du lernen koͤnntest; so wuͤrdest du einmal lernen, Daß der Streit des Endlichen mit dem Unendlichen Quaal ist Fuͤr den immer Besiegten, und immer wieder Empoͤrten! Aber du lernst es nie. So fleuch denn hinunter, und kruͤmme Dich in neuen Entwuͤrfen herum zur neuen Empoͤrung. Aber wisse … Doch laß mich die neuen Donner der Rache Nicht aussprechen, und fleuch. Er floh, doch zoͤgert’ er wieder Jn der Einoͤd’, hielt sich an einem thuͤrmenden Felsen, Blickte von da mit starrendem Aug’ hinaus in die Wuͤste. Schrecken Gottes, ereilet ihn! rief, indem er in Sturm ihm Nachkam, Gabriel. Satan entsank dem Felsen, und rauschte Durch die Schoͤpfung hinab zu der Hoͤlle. Doch, eh er hinein trat, Weilet’ er der belastenden Tage viel an der Pforte. Schon zwo Mitternaͤchte war nun der Priester Versammlung Bey einander im Hause des Hohenpriesters gewesen. Und sie begannen, des Schlafes beraubt, den werdenden Morgen Wieder Dreyzehnter Gesang. Wieder zu sehn. Sie saßen verstummt, und dachten den Ausgang. Jener besiegelte Stein, der Roͤmer Wache, der Todte! Waren das bleibende Bild vor ihren zerruͤtteten Seelen. Ungewißheit! du warfst sie mit jeder gewaltigen Unruh, Welche du hast, mit deinen gethuͤrmten Wogen, mit allen Deinen Stuͤrmen herum. Der dritte furchtbare Tag kam! An dem Grabe des Herrn begann die Wache der Roͤmer Zu sich selber zu kommen, und einer sprach zu dem andern: Ach! wie geschah dir? Jch hoͤrte die Erde beben, da stuͤrzt’ ich Schnell in den Staub. Sein Genoß antwortet’ ihm: Also geschah es. Und ein Anderer sprach, indem er auf seinen Gefaͤhrten Bang sich lehnte: Wie wars? Die Erde bebte mir, warf mich An den Felsen. Der Andere sprach: Jch glaubte zu sterben, Da der Sturmwind wirbelt’, und heult’, und den Felsen zermalmte. Nein, er ist nicht zermalmt; doch liegt er nicht mehr vor dem Grabe. Jetzo rufte gefuͤhrt von einem der Wache der Hauptmann: Lebt ihr, so nennet mir eure Namen. Sie nannten die Namen. Cneus ging in das Grab, und sah es leer, und den Felsen Weg von dem Grabe gewaͤlzt. Das that auch wundernd die Wache. Geht aus einander. Er sprachs; drauf nahm er einen, und sagt’ ihm: Geh du voran zum Palast des Priesters, und bring mir Nachricht, Ob bey ihm Versammlungen sind? Jch komme den Weg auch. Sage, wo gehest du hin? befragten den Boten die Andern. Nach der Priester Palast. Er eilte weiter. Sie folgten. Wie, von keinem andern erregt, ein schneller Gedanke Denen, die in der Nacht des melancholischen Gruͤbelns Weit verloren, umirren, die Seel auf Einmal erschuͤttert, J 4 Unver- Der Messias. Unvermuthet kam, und mit athemlosen Entsetzen, So in die stumme Versammlung der Bote. … Beym Grabe zu wachen, Sandtet ihr uns; doch umsonst! Die Erde bebt’, und der Fels sprang Weg von dem Grab’, und leer ist es nun! Er riefs, und verließ sie. Und sie taumelten auf von ihren Sitzen, und standen Starr, Denkmaale des Schreckens. Drey Roͤmer folgten dem ersten, Eilten den offenen Saal hinein, und riefen zusammen: Seht ihr nun zu, weg stuͤrzte der Fels! was ihr thut! und die Erde Hub sich empor! Das Grab, ein Sturmwind wirbelt’ und heulte, Sahen wir leer! Erst fielen wir hin, wie Todte, ja leer sahn Wir das Grab hernach. … Schnell niederfallende Donner War den Priestern ihr Zeugniß! Da traf sie der letzt’, und der staͤrkste. Denn ein fuͤrchterliches Gelaͤchter erhub, in des Schreckens Unsinn, Philo. So schweiget der Tod, so schwiegen die Priester; Und auch Philo wieder. Doch Kaiphas hatte sich endlich Wieder ermannt. Schnell ließ er die Aeltesten rufen. Die kamen, Eilten gefluͤgelt herzu. Auch kamen noch Andre der Wache. Und sie traten herein. … Wir sehns, ihr habts schon vernommen! Dank, den Goͤttern Dank, wir leben! Warum erkuͤhntet Jhr euch, Priester! den Sohn des Donnergottes zu toͤdten? Siehe, sein Grab ist leer. Kaum sind wir lebend entronnen! Und der Hohepriester erhub sich, und sprach zu der Wache: Geht zu den Meinen hinab, ihr Roͤmer, und waͤrmt euch am Feuer. War auch euer Hauptmann bey euch? … Das war er, und stuͤrzte Nieder mit uns, und sahe, wie wir, das geoͤffnete Grabmaal. Und er fuͤhrte sie weg, und gebot den Seinen, mit Speise Diese Maͤnner zu laben, und mit der Staͤrkung der Traube. Und Dreyzehnter Gesang. Und die Seinen leiteten ihn zuruͤck, er setzte Wankend sich nieder, und sprach: Wir muͤssen die Roͤmer erkaufen; Oder Juda empoͤrt sich! Allein was ist mir das Leben Nun, da ich fast, o Saddok, an deiner Lehre verzweifle? Aber taͤuschte die Angst die Erschrockenen nicht? Erdbeben Jst gewesen. Allein ob sie das Grab auch wohl leer sahn? Als er noch redete, kam der Hauptmann der Wache. Sie standen Schnell vor ihm auf, und traten zuruͤck. Jhr kennt mich. Jch sah ihn Auch am Kreuz, und glaubte schon damals, ein Sohn der Goͤtter Stuͤrbe! … Jhr wißt nun auch, was am Grabe geschah! … Jn dem trat Philo’s Engel, der fuͤnfte Verderber am Throne des Richters, Ephod Obaddon herein. Von dem hohen, treffenden Auge Stroͤmt’ er Rache; sein Haar fiel ihm in Locken, der Nacht gleich, Auf die Schulter; sein Fuß stand wie ein ruhender Fels da. Und er blickt’ auf Philo herab; doch ließ er nicht rauschen Seiner Schrecken Stimme, nicht ihre Todestoͤne. Schwarze, blutende Stunde, du Todesstunde, befluͤgle Deiner Schritte letzten! Sey, Thal Benhinnon, gegruͤsset, Sey mir gegruͤsset, Benhinnon! Jndem er dieß in sich selber Sprach, enteilten ihm siebenfaͤltige Schrecken, die stuͤrzten All’ auf Philo. Der ging, mit fuͤrchterlich lachender Ruhe, Gegen Cneus, und fragte mit dumpfer langsamer Stimm’ ihn: Offen das Grab? und ohne den Todten? … Ja, ohne den Todten! … Roͤmer! bezeugst du bey Jupiter dieß? … Bey Jupiter, zeugt’ ichs Nicht! bey Jehova, den ich anbete, beschwuͤr ichs, wofern ich Mich’s zu beschwoͤren entschloͤß, und dir, Elender, mein Wort nicht, Eidlos, gelten muͤßte! … Da rief mit Ungestuͤm Philo: J 5 Ha! Der Messias. Dreyzehnter Gesang. Ha! vernahmt ihrs? Er sah es offen, und ohne den Todten! Und er schwur nicht! Du hast mehr als geschworen, o Roͤmer! Rufts, u. reißt dem Hauptmañ sein Schweꝛt von den Huͤften, u. stoͤßt sichs Wuͤtend ins Eingeweide mit beyden Armen hinunter, Schleudert es weit von sich weg, und taumelt nieder zu sterben! Als er sich waͤlzt in rauchendem Blute, riß er die Wund’ auf, Spritzte Blut gen Himmel: Ha Nazaraͤer! so rief er, Starb! … Und Cneus ergriff sein liegendes Schwert, und nahte Sich dem Todten, und ließ es auf ihn, wie es blutete, fallen. Schrecken, euch, und, ewige Nacht, und dir, o Verzweiflung, Weih ich dieß Schweꝛt!.. Da wandt’ er sich schnell, u. verließ die Versam̃lung. Auch die entruͤstete Seele des Todten entfloh ihr, und mußte Einem Schatten folgen, der sie durch Finsterniß fuͤhrte. Aber nun war der Engel des Todes im Thale Benhinnon, Und da wandt’ er auf Einmal sich um, da erblickt’ ihn die Seele. Wer vermag das furchtbare Schaun des richtenden Engels, Wer zu beschreiben die Donnerstimme, mit welcher er rufte? Ephod Obaddon, so heißt der siebenfaͤltigen Rache Namen, und mein Namen! Jch bin der Verderber Einer! Bins, der die Erstgeburt an dem Strome schlug. Von Gehenna, Blick umher, du bist in Gehenna! bring’ ich dich weiter, Jn die Tiefe der Tiefen hinab! Sie entschwebten dem Thale. Der Der Messias. Vierzehnter Gesang . Jnhalt des vierzehnten Gesangs . J esus erscheint Maria Magdalena, neun andern frommen Wel- bern, und Petrus. Diese erzaͤhlen es der Versammlung. Thomas Zweifel. Jesus entdecket sich Matthias, und Kleophas in Emaus. Thomas geht in ein Grab am Oelberge, klagt, und betet dort. Ein Auferstandner, den er nicht erkennt, redet mit ihm. Matthias, und Kleophas kommen zuruͤck. Auch Leb- baͤus wird noch nicht uͤberzeugt. Jesus erscheint der Versammlung. Der Messias. Vierzehnter Gesang . J mmer noch in ihr Leiden versenkt, und schmachtend nach Troste War in der Huͤtt’ am Tempel die jammervolle Versammlung, Wie an der glanzverbergenden Decke der naͤheren Zukunft Oft Schnellsterbende dicht schon wandeln, und dennoch weinen! Und die heiligen Weiber vermischten mit Oele, der Wuͤrze Blume, zur Salbung des Mittlers, und Thraͤnen rannen darunter. Wie die weisen Begleiterinnen des Braͤutigams wachsam Waren, und aͤmsig, die Flamme der Lampe zu naͤhren, damit sie Jhm entgegen kaͤmen, so bald er erschiene; so wart ihr Auch, Nachfolgerinnen des Mittlers, bereit bey der Daͤmmrung Erstem Winke zu seyn, mit eilender Sorge beschaͤfftigt. Doch sie erwarteten nicht der Morgendaͤmmerung Ankunft; Nacht noch war es beynah, da sie die Juͤnger verliessen. Die aus Magdala’s Huͤtten, und Kleophas Weib, Maria, Und Der Messias. Und Johanna, mit ihr die Schwester der leidenden Mutter, Salome, dann die zu zaͤrtliche Mutter der Zebedaͤiden Waren Fuͤhrerinnen … Jhr Lieben, ihr seht ihn noch Einmal, Sprach bey dem Abschied die Mutter, ich aber seh ihn nicht wieder. Geht denn hin im Namen des Herrn. Sie schwiegen, und gingen. Und der Morgen athmete kalt. Sie eilten, und sprachen: Aber wer waͤlzet den Stein vom Grabe? Doch dieser Kummer Hielt sie nicht auf. Wir thun, sprach Magdalena Maria, Was wir koͤnnen, und schuͤtzen, so lange das Salben vermoͤgen, Jhn vor der grauenvollen Verwesung. So sprach sie, und eilte. Gabriel saß auf dem weggewaͤlzten Felsen, und sagte Zu Eloa, und Abdiel, welche neben ihm schwebten: Ach kaum, daß ich vermag zu erscheinen, so beb ich vor Freuden! Seht ihr die Zeuginnen kommen? Jch will als Juͤngling erscheinen, Sonst ergriffe die armen Gluͤcklichen, schreckte zu maͤchtig Meiner Herrlichkeit Schrecken. Erscheint ihr ihnen als Maͤnner, Wenn sie mehr der Unsterblichen Glanz zu tragen vermoͤgen. Aber der Mittler schaut’, aus seiner Verborgenheit Huͤllen, Auf die Engel herab, und auf die kommenden Menschen, Freute sich jene goͤttlichen Freuden, die Blut ihm erkaufte! Und die Bewohnerinn Magdala’s kam, sah offen das Grabmaal, Weggewaͤlzet den Fels, floh, riefs den Andern entgegen, Eilte zuruͤck nach Jerusalem. Aber die Kommenden liessen Sich nicht schrecken, und gingen heran. Da erblickten sie schleunig Auf dem Felsen, der weggewaͤlzt an der Oeffnung des Grabs lag, Einen Juͤngling, der schimmerte. Seine Gestalt war dem Blitze, Gleich dem Schnee sein Gewand. Er sprach mit der Stimme der Wonne: Fuͤrchtet Vierzehnter Gesang. Fuͤrchtet euch nicht! Jch weis, daß ihr den Gekreuzigten suchet, Jesus! Er ist nicht hier! Er ist von den Todten erstanden, Wie er verkuͤndiget hat. Kommt her, und sehet die Staͤte, Wo der Goͤttliche ruhte. Da fuͤhrt’ er sie in das Grabmaal. Gehet eilend nun hin, und sagt es den Juͤngern, und sagt es Kephas: Er sey von den Todten auferstanden. Und siehe, Jesus gehet hinab nach Galilaͤa. Da werdet Jhr ihn sehn. Nun eilt, und verkuͤndets den Zwoͤlfen. … Sie blieben Unentschlossen, und zitterten saͤumend. Jn Strahlengewanden Traten noch zween der Engel herein. Sie erschracken, und schlugen Zu der Erd’ ihr Angesicht nieder. Was sucht ihr, so sprachen Diese Maͤnner, unter den Todten, den Lebenden? Hier ist Jesus nicht. Erstanden ist er. Gedenkt, was er sagte, Als er in Galilaͤa noch war. Jn die Haͤnde der Suͤnder Muß der Sohn des Menschen gegeben werden, gekreuzigt Muß er werden, erwachen am dritten Tage vom Tode! Jetzo eileten sie mit Beben, und großer Freude, Liefen, es nun den Juͤngern des Herrn zu verkuͤndigen. Petrus Und Johannes kamen indeß mit Magdale wieder. Als sie aus Jerusalem gingen, sagte Johannes Seinen Gefaͤhrten: Der Weg an jenen Straͤuchen hinunter Jst ein schnellerer Weg. Er fuͤhrt’, ihm folgten die Andern. Wo einander am meisten die beyden Wege sich nahten, Sondert’ ein Huͤgel sie nur. Von diesem Huͤgel geschieden, Gingen sich, ohn’ einander zu sehn, die heiligen Weiber, Und die Juͤnger voruͤber. So nahn oft Pilger nach Salem, Deren Seelen sich gleich, und fuͤr einander gemacht sind, Sich Der Messias. Sich in diesem Leben, und fehlen sich dennoch. Jn Salem Sehn sie sich erst, verwundernd, daß sie sich hier nicht fanden. Kephas sprach zur Gefaͤhrtinn, indem sie dem Fuͤhrer mit Muͤhe Und von ferne nur folgte: Genommen waͤre der Leichnam? Von den Priestern? Allein die haben, sagt man, den Grabstein Ja versiegelt! So haben ihn denn Elende genommen, Jhn des Todtengewands zu berauben. Er sprachs, und Johannes War dem Grabe schon nah. Gelegt erblickt’ er die Leinen, Aber er ging, voll unentschlossenen Kummers und Ehrfurcht, Nicht hinein. Nun kam auch athemlos Petrus, und eilte So wie er kam, in das Grab. Er sahe das Tuch, das des Todten Haupt umwand, besonders gelegt, und nicht bey den Leinen, Fand es zusammengewickelt. Jhm folgte Johannes ins Grabmaal, Sahs, und uͤberzeugte sich ganz von Magdale’s Botschaft. Aber davon, daß, nach der Propheten Gesichte, der Mittler Aufstehn muͤsse, wußten sie nichts. Sie liessen das Grabmaal, Und Maria. Wofern, sprach Petrus im Gehn zu Johannes, Sich die Priester anders entschlossen, und ihrer Versieglung Nicht gnung trauten, gewiß ihn zu haben; so nahmen die Wuͤter Jhm das Todtengewand, um seine Wunden noch Einmal, Heiß vom Durste der Rache, zu sehn. Sie gingen verstummt fort. Magdale stand vor dem Grab, und blickt’, und wischte die Thraͤnen Schnell mit Heftigkeit weg, um zu sehen, sie blickt’, und starrte Aengstlich hinunter ins Grab. Zwar waren Engel im Grabe, Und die erschienen ihr; doch kaum sah sie die Engel. Denn Jesus Sahe sie nicht! nicht Jesus! So sucht, mit lechzender Zunge, Nur Vierzehnter Gesang. Nur die Quelle das schreyende Reh; die Sonne, die aufgeht, Sieht es nicht, es fuͤhlt nicht die wehenden Schatten des Waldes. Weib, was weinest du? sprachen zu ihr die Boten der Wonne. Ach, sie haben, den meine Seele liebet, genommen, Und ich weis nicht, wohin sie ihn legten? So sprach sie, und wandte Sich von dem Grabe. Da sieht sie Jesus stehen, und weis nicht. Daß es Jesus ist. Was weinest du, Weib? wen suchst du? Doch dieß sprach er noch nicht mit der Stimme des ewigen Lebens! Und sie erwiedert dem Gaͤrtner, sie meinte, sie saͤhe den Gaͤrtner; Hast du ihn weggenommen; wohin hast du ihn getragen? Ach in welche Finsterniß, daß ich eil’, und ihn suche. Nahe, wie sie, der unaussprechlichsten Seligkeit, weint so Selbst ein Geliebter des Herrn, wenn seiner Sterblichkeit letztes, Aber staͤrkstes Gefuͤhl die ganze Seel’ ihm erschuͤttert. Ach er liegt, und ringt mit dem Tod’, und duͤrstet nach Huͤlfe! Weint zu Christus, und kennt, so schreckt ihn der Pruͤfungen letzte! Kennt den Liebenden kaum; sieht nur den Richter der Welten! Doch zwo Thraͤnen nur nach; und welche Wonn ist die seine! Selber von dem, mit dem sie von Jesus redete, wendet, Jn der Traurigkeit ihrer Seele, Maria ihr Antlitz, Aber wie Harfen am Throne, wie Jubel der Ueberwinder, Singen sie, ganz in Liebe zerflossen, das Lamm, das erwuͤrgt ward, Nicht wie Harfen der Ueberwinder, und Jubel am Throne, Jnniger, herzlicher, liebevoller, erscholl des Erstandnen, Jesus Stimme der Weinenden, Jesus Stimme: Maria! … Und sie hoͤrt’, und erkannte die Stimme des Herrn, und indem sie Kaum sich ihrer bewußt, in der Angst der Freude hinsank, III Band. K Bebend, Der Messias. Bebend, und bleich in den Staub hinsank zu den Fuͤßen Christus, Strebte sie, was sie empfand, dem Erstandenen zuzurufen, Aber sie stammelt’, und athmete kaum, und blickte den Herrn an, Weint’, und stammelte nur mit leisem Erstaunen: Rabbuni! … Und sie hielt mit wankender Hand des Goͤttlichen Fuͤsse. Liebend, und ganz Barmherzigkeit, sah sie der Herr an, und sagte: Halt mich nicht also! Noch bleib ich bey euch. Du siehst mich noch wieder! Und noch hab ich mich nicht zu meinem Vater erhoben! Geh zu unsern Bruͤdern, und sage zu ihnen: Die Stunde Meiner Herrlichkeit naht sich. Jch gehe zu meinem Vater, Und zu eurem Vater, zu meinem Gott, und zu eurem! Jesus verschwand, und sie ging mit der Botschaft der Wonne belastet. Salome naht sich mit ihren Begleiterinnen dem Thore. Aber, der Maria verschwand, begegnet den Andern Jn der duftenden Kuͤhle des werdenden roͤthlichen Tages, Mit der Sonne, die kam, und Gottes Herrlichkeit strahlte, Und er war es gleich Selbst! Sie erkannten ihn Alle, der nun nicht Unter den Todten mehr war. Seyd mir gegruͤsset! so sagte Jesus Christus. Sie sanken vor ihm mit Beben zur Erde, Hielten ihm seine Fuͤsse. Seyd nicht erschrocken, und gehet Und verkuͤndigt es meinen Bruͤdern. Jn Galilaͤa Sollen sie gehn. Dort sehen sie mich. Er verschwand mit den Worten. Und die Zeuginnen huben einander mit sprachloser Freud auf, Gingen eilend nach Salem, die Botschaft der Wonne zu bringen. Petrus war vor ihnen zuruͤck und Johannes gekommen, Hatten uͤber die ganze Versammlung traurige Wolken Ausgebreitet. Da kamen die Zeuginnen dessen, der lebte! Hoͤrt Vierzehnter Gesang. Hoͤrt uns, ihr weint, o hoͤrt uns! Wir haben ihn lebend gesehen, Und auch Engel zuvor! Erst Einen Engel am Grabe; Und denn zweene mit diesem darinn, die sprachen, was sagten Sie, o Salome? denn ich war zu erschrocken, der Boten Himmlische Stimme recht zu verstehn. … Jhr wart zu erschrocken, Trat jetzt Thomas hervor, zu verstehn, was ihr hoͤrtet? Vielleicht auch Recht zu sehn, was ihr saht? … Ach Juͤnger Jesus, erschreck du Uns mit deinen Zweifeln nicht mehr, wir sind, vor Freuden, Ohne dich, noch erschrocken genung. Der Lebende sagt’ uns: Fuͤrchtet euch nicht! und du, sein Juͤnger, erschreckst uns von neuen. Ach ich wollte das nicht, Geliebte. Doch laßt mich euch fragen, Und seyd ruhig, indem ich genau die Wahrheit erforsche. Einen Engel saht ihr zuerst? Wie war er gestaltet? Sieh ein Juͤngling! sein Antlitz dem Blitze, dem Schnee sein Gewand gleich!.. Der war Gabriel! rief die Mutter des Lebenden. War denn, Sprach drauf Thomas, die Sonne schon da? Du hast nicht vernommen, Salome, daß ein roͤmischer Hauptmann mit einer Wache, Auf Pilatus Befehl, erfleht von den wuͤtenden Priestern, Gestern das Grab des Todten umringte. Die Nuͤstung der Roͤmer Glaͤnzet taͤuschend, indem darauf der Schimmer des Tags faͤllt. Aber euch taͤuschte ja schon der Schrecken genung, und ihr brauchtet Keines Glanzes in Fernen, um Engelgestalten zu sehen. Aber es war erst Daͤmmerung, o Didymus, und der Juͤngling War kein Roͤmer. Sein Antlitz, nicht seine Ruͤstung, er hatte Keine Ruͤstung, schimmerte! Was den Unsterblichen deckte, War ein weißes Gewand. … Wohlan, was sagt’ er zu euch denn, Dieser Unsterbliche? … Fuͤrchten sollten wir uns nicht, er wuͤßte, K 2 Daß Der Messias. Daß wir Jesus von Nazareth suchten, der waͤr von den Todten Auferstanden, nicht hier! Kommt her, und sehet die Staͤte, Wo er lag. So sprach er, und fuͤhrt uns hinein in das Grabmaal. Eilt nun, sprach er darauf, und sagt es den Juͤngern, und sagt es Kephas, er sey von den Todten auferstanden! Da rufte Petrus innig geruͤhrt: Er nennte, vor Aller Namen, Meinen Namen? ein Engel, des Suͤnders? Ach himmlische Troͤstung Haͤttest du, Bote des Herrn, waͤrst du wahrhaftig erschienen, Mir dem Leidenden zugerufen! Allein daß er mich nur Und Maria nicht nennt’, und nicht Johannes, das selber Stuͤrzt mich in Zweifel. Und Didymus stand nachdenkend, und fragte Endlich wieder: Das wars, das der Engel euch sagte? … Noch sprach er: Jesus geht vor euch hin in Galilaͤa’, da werdet Jhr ihn sehen. … Die uͤbrigen Engel, erwiederte Thomas, Waren gestaltet, wie der? … Sie waren noch himmlischer, riefen Zwo von ihnen, allein wir sahen Jesus auch selber! Mit den Engeln? Sie sprachen: Die Engel waren verschwunden, Als wir am Thor ihn sahn, wie er uns begegnend daherkam, So gestaltet wie sonst, in seinen Gewanden. Doch hatt’ er Jn der Gebehrde was Himmlisches. Bey der Erscheinung auf Tabor Sahn sie ihn also vielleicht. Seyd mir gegruͤsset! so sagt’ er. Und wir sanken vor ihm mit Beben nieder, und hielten Seine Fuͤsse. Seyd nicht erschrocken, und geht, und verkuͤndets Meinen Bruͤdern. Jn Galilaͤa sollen sie gehen. Dort erschein’ ich ihnen. Er sprachs, und verschwand mit den Worten. Jhn, ihn selber habt ihr gesehn? ihr Alle? so sagte Thomas, und blieb mit gruͤbelnder Stirn und ernstem Auge Stehn. Vierzehnter Gesang. Stehn. Es war des Todten Gestalt, und Gewand, die Stimm’ auch? Aber er schwieg jetzt, und immer weiter im Strome der Zweifel Fortgerissen, begann er von neuen: Jetzt seyd ihr zu lebhaft Durch das alles getaͤuscht, was ihr erzaͤhlet. Jch will euch, Wenn ihr es erst zu tragen vermoͤgt, der Zweifel Ursach, Die mir anders zu denken gebieten, offen entdecken, Nichts verschweigen! Jhr glaubt, ihr Juͤnger Jesus, die Maͤhrlein, Die sie erzaͤhlen, doch nicht? Er sprachs, und setzte sich wieder. Und der stuͤrzenden Freudenthraͤne der Zeuginnen folgte Nun des Mitleids sanftzerrinnende Thraͤne. Sie schwiegen. Muͤde vor Angst der Freude, voll Schweiß die Stirne, die Wange Bleich, mit bebenden Lippen, mit starrer lechzender Zunge, Trat Maria Magdala, unter die Weinenden, strebte Jhre Haͤnde gen Himmel zu heben, sie sanken ihr nieder, Und sie faltet sie fest. Er ist erstanden! erstanden! Also ruft sie mit einer Stimme des freudigen Schreckens, Die nicht Harfen der Seraphim, nicht ihr Gesang ausdruͤckte, Dunkel wird es um sie. Sie sucht nach Stuͤtzen. Johannes Haͤlt sie, sie lehnt sich an ihn. Als er zu reden vermochte, Sprach Lebbaͤus: So hast auch du die Engel gesehen? Sanfter schlug itzt ihr Herz. Sie sprach mit himmlischem Laͤcheln: Ach nicht Engel nur, Jhn! Da huben Alle die Augen Still gen Himmel; nur Didymus nicht. Er nahte sich, sagte Kalt, mit truͤbem Ernste: Wer so sich taͤuscht, daß sein Auge Engel erblickt, der kann auch waͤhnen, ihn selber zu sehen. Didymus ach! was haben wir dir, was hat dir, Geliebter, Jesus Christus gethan? antwortete Magdale ruhig. K 3 Dieß Der Messias. Dieß mein Auge sah ihn! am Fusse des Auferstandnen Weinete dieß mein Auge! Jakobus blickte mit Ehrfurcht Und mit Staunen auf sie: Hatt’ er die Klarheit der Himmel? Waren Strahlen sein Kleid? … Er war ein Mensch, doch erblickt’ ich Gnaden in seinem Antlitz, die ich noch niemals gesehen, Selbst nicht an ihm. Jetzt naht sich auch Simon Petrus. Unzaͤhlbar Waren die Zweifel, die ihn betaͤubten; ihr Ungestuͤm ließ Endlich ihn reden. Er fragt’, und bebte, die Antwort zu hoͤren. Hast du auch seine Stimme gehoͤrt? … Ja, Simon Johanna, Seine Stimme, des Goͤttlichen Stimme, des Auferstandnen! Ach! was sagt’ er zu dir? …. Jch fuͤhl es, nein, ich vermag nicht Auszusprechen, wie voll von Gnade die Stimme des Herrn war. Jener glich sie, womit er in seinem Blute zu Gott rief: Vater, sie wissen es nicht, was sie thun, erbarme dich ihrer! Ach noch sanfter, noch liebevoller sprach er: Maria! Und ich erkannt’ ihn. Mir wars, als waͤr ich im Himmel! Rabbuni! Stammelt’ ich; hielt mit wankender Hand des Goͤttlichen Fuͤsse, Liebend, und ganz Barmherzigkeit sah mich der Herr an, und sagte: Halt mich nicht also. Noch bleib ich bey euch. Du siehst mich noch wieder, Und noch hab ich mich nicht zu meinem Vater erhoben! Geh zu unsern Bruͤdern, und sage zu ihnen: Die Stunde Meiner Herrlichkeit naht sich. Jch gehe zu meinem Vater, Und zu eurem Vater, zu meinem Gott, und zu eurem! Christus Mutter hatte bisher mit sinkendem Haupte Niedergesehn. Sie erhub ihr helleres Aug, und blickte Sanft auf Magdale, stand dann muͤhsam auf, und hielt sich, Und sie leiteten sie. Sie gieng zu Magdale, reicht ihr Jhre Vierzehnter Gesang. Jhre Hand, und hielt die Hand der Geliebten, und sah sie Wieder mit innigem Blick an, und sagte mit leisem Laute; Du hast Christus gesehn, und seine Stimme gehoͤret? Meinen Sohn? … Doch darf ich, (hier sah sie mit himmlischer Demuth Forschend sich um,) darf ich noch Sohn ihn nennen? Geliebte, Euer Auge sagt mirs, ich darf ihn so nennen? Du sagtest, Daß mein Sohn ein Mensch war! O Magdale, hatt’ er auch Male Seiner Wunden? Sie wandte sich weg, und weinte, doch hielt sie Noch die Hand der Geliebten. O Mutter des groͤßten der Soͤhne, Weine nicht. Er ist von dem Tod erstanden. Jch weis nicht, Ob ich Male der Wunden sah. Von Freuden erschuͤttert, Sah ich beynah nur allein sein Antlitz, und himmlische Gnaden Jn des Goͤttlichen Antlitz, und unaussprechliche Gnaden! Siehe so stand er umgeben von Duft, und Schimmern der Daͤmmrung. Christus Mutter weinte nicht mehr. Sie faßt die Geliebte Jetzt bey beyden Haͤnden, und sieht gen Himmel. Sie ließ ihr Nun die Haͤnde sinken, und trat tiefdenkend zuruͤcke, Sah mit Bewundrung sie an, und sagte: Begnadigte, Christus Hast du erstanden gesehn, und seine Stimme gehoͤret? Und die zuerst mit ihr gingen, die fruͤheren Zeuginnen traten Freudig um sie herum, und erzaͤhlten ihr, welcher Erscheinung Sie erst Engel, und dann der Herr gewuͤrdiget haͤtte. Aber Didymus kam: Sahst du auch Engel, Maria Magdale? … Kaum erblickt ich die Engel. Mein Auge war finster Von Betruͤbniß. Jch wandte mich schnell. Denn eines dem Gaͤrtner Gleichenden wurd ich gewahr. Jch erkannt’ ihn sogleich nicht, erkannt’ ihn Erst, als er bey dem Namen, mit seiner Stimme, mich nannte. K 4 Also Der Messias. Also sahst du die kaum, die du doch Unsterbliche nennest? Jhn erkanntest du auch nicht gleich, und hieltest zuerst ihn, Fuͤr den Gaͤrtner Die andern erzaͤhlen, er waͤre bekleidet Wie vordem gewesen. So war des Gaͤrtners Gewand denn Wie das seine sonst war? Wie viel der Unsterblichen warens, Magdale, die du sahst? … Zween sah ich … Die andern erblickten Einen erst, dann noch Zween. Er sagt es, und wandte sein Antlitz. Magdalena erhub ihr hohes Auge gen Himmel: Wenn er euch nur nicht irrt, o du, des Lebenden Mutter, Und ihr, Juͤnger des Herrn! Laß meiner Seligkeit jetzt mich, Thomas. Jch will dir hernach antworten. Da nahm sie die Mutter Jesus, und fuͤhrte sie weg, mehr Wonnegespraͤche zu halten. Kephas, dem Zweifel sein Herz zerrissen, und dem es noch immer Scholl, und zu Thraͤnen ihn zwang: Den Juͤngern sagt es, und sagt es Petrus! ihm wurde Salem zu eng; er ließ die Versammlung, Eilt’ hinaus. Bald waͤhlt’ er, um sich in trauriges Gruͤbeln Ganz zu vertiefen, die fernste der Wuͤsten; dann Galilaͤa; Dann das Grab. Jetzt hatt’ er den Weg der Wuͤste genommen, Aber er kam auf den Weg, der zum Grab’ ihn fuͤhrte, zuruͤcke. Und er stand, von der Stille der sanfterwachenden Erde, Und der fruͤhen Erfrischung des werdenden Schimmers umgeben, An dem Hange des Todtenhuͤgels. Er blickt’ in das offne, Leere Grab hinunter; und diese Kummer empoͤrten Seine Seele: Zu schreckliche That! Sie haͤtten ihn also Weggenommen, damit sie ihn hier bey den Schaͤdeln begruͤben? Bey der Verfluchten Gebein? Du schwarze Rache, der tiefsten Untersten Hoͤlle Rache, dir waͤrs gelungen, und Joseph Haͤtte Vierzehnter Gesang. Haͤtte vergebens den Heiden erfleht? Wir haͤtten vergebens, Unter die Thraͤnen unsers Jammers einige Zaͤhren Truͤber Freude gemischt? Denn ach, wie kann ich es glauben: Auferstanden sey er? erschienen so gar? das glauben? Baͤngster unter den Schmerzen, du hast die blutenden Seelen Ueberstroͤmt, sie dahin in deinen Fluthen gerissen, Und sie haben, getaͤuscht von der Angst, ihn erstanden gesehen! Auferstanden! erschienen! und ich waͤr dieser Wonne Nicht erlegen? noch nicht, ach, unter dieser Entzuͤckung, Diesem Gefuͤhle des ewigen Lebens, noch nicht versunken? Kreuz des Todten! (er hub sein truͤbes Auge zum Kreuz auf,) Kreuz des Todten! du zeugest zu laut, und Himmel und Erde Haben dein furchtbares Zeugniß gehoͤrt! Gestorben, gestorben, Ja, gestorben ist er! Da gieng ein Schwert durch die Seele Seiner Mutter! ein toͤdtender Schwert durch seine Seele! Wiedersehen? ach das werd ich einst wahrhaftig, ich werd ihn Wiedersehen! allein am Throne des Ewigen! hier nicht. Warum zitterst du, meine Seele, vor dieser Ruhe, Deiner einzigen Ruhe zuruͤck? Ja, zittre vor ihr nur, Meine Seele, zuruͤck! Zwar bist du erhoͤrt, und dein Richter Hat die Reue, mit der du buͤßtest, erbarmend gesehen; Aber du darfst dich nicht freun! Noch steht der furchtbare Zeuge Seines Todes, das Kreuz! Noch liegen die Berge, die Felsen, Und die Graͤber, wie sie der Allmacht Rechte zermalmte! Nein, du darfst dich nicht freun! So dacht’, und stammelt’, und rief er, Starrte wieder ins offene Grab. Nicht ferne vom Grabe Sah er Magdale, die gen Himmel weinend kniete, K 5 Und Der Messias. Und in den Staub mit der Rechte sich stuͤtzte. Maria, Maria Magdale! rief der geruͤhrte Juͤnger. Endlich erkennt sie Seine Stimm’, und kommt. Gluͤckselige! glaubst du noch immer, Daß du ihn erstanden gesehn? … Mit der Linken, o Simon, Hielt ich, du sahst es, ein sprossendes Reis, bey welchem sein Fuß stand! Meine Rechte ruht’ in dem Staube, worinn sein Fuß stand! Heb, o Maria, dein Aug auf, schau zu dem Kreuze! da starb er! Und erstanden ist er, erstanden, o Simon, vom Tode! Beym lebendigen Gott beschwoͤr’ ich dich: Hat ihn dein Auge, Dieß dein Auge, Maria, gesehn, das vor dir mich stehn sieht? Ob mein Aug’ ihn sah? O bey deß Wahrhaftigkeit, Kephas, Welcher ewig ist, hat die Herrlichkeit Jesus Christus Dieß mein Auge gesehn! die Stimme des Sohnes Gottes Hat mein Ohr vernommen! und Wonne der Himmel empfand ich! Sprachlos blieb sie stehen, auch Petrus. Jetzt redet’ er wieder Wende dich weg, o zu Gluͤckselige, laß mich in Stillem Meine Traurigkeit weinen. O haͤtt’ ein freudig Gesicht mich, Wie es dich taͤuschte, getaͤuscht, und meine Seele gelindert! Ach, ich glaube dir nicht! … So glaube denn auch nicht, du habest Auf dem Meer ihn wandeln gesehn! Auf Tabors Gebirge Von des Vaters Herrlichkeit ihn umleuchtet gesehen! Sie verließen einander. Ach koͤnnt ich ihr glauben! so dacht’ er Bey sich selber, indem sie von ihm zu dem Grabe zuruͤck ging, Zu Gluͤckselige! Ja, sie glaubt es aus ganzer Seele. Wie voll Zuversicht ist sie, und Wonne! wie breitet Ruh und Hoheit uͤber sie aus, die feste Gewißheit! Grab und Verwesung erschuͤttern sie nicht! Sie laͤchelt dem Sturme, Der Vierzehnter Gesang. Der in der naͤchtlichen Tiefe der Todesthale daherrauscht! Und ach warum glaub ich ihr nicht? Kann der nicht erwachen, Der auf dem Meere ging? und mich hielt auf der wuͤtenden Woge? Ja, du Todter Gottes, vergieb, vergieb es dem Trauren, Meiner Seele Jammer, wofern du lebst! Ach, du hieltst mich, Als ich vor der kommenden Woge zweifelnd dahinsank; Rett’ auch jetzt mich! Jch bin, das weißt du, viel baͤnger, als damals, Und du hilfst mir nicht, Herr, und reichst mir nicht deine Rechte, Deine goͤttliche Rechte! Bey deiner erbarmenden Liebe, Bey dem Blicke voll Gnade, voll Gnade, womit du mich ansahst, Als nun meiner Verleugnung zu schwere Last auf mich stuͤrzte! Ach bey der Barmherzigkeit, fleh ich dich an: O erbarm dich Meiner Angst! und erschein auch mir, wofern du erscheinest. Nein, ich bitte zu viel. Geht, sagts den Juͤngern, und Petrus! Sprach der Engel. War dieses nicht schon unaussprechliche Gnade? Herr, ach solltest du mir, der dich verleugnet’, erscheinen? Mir? und bist nicht Lebbaͤus, und nicht Jakobus erschienen, Nicht Johannes, nicht ihr der liebevollsten der Muͤtter! Aber auch Magdale hat gesuͤndigt! Wenn hat sie gesuͤndigt? Eh sie ihn kannte! Und hab ich geliebt, wie Magdale liebte? Also dacht er, und stieg mit schwerem Schritte den Huͤgel Langsam hinauf, und sank auf seine Knie zu beten, Schaute nieder, und flehte zu Gott. … Da er aufsah, erblickt’ er Christus unter dem Kreuz! … Wer faßt das Erstaunen, die Wonne Seiner Seele, da er vor sich den Lebenden stehn sah! Und ihm reichte, mit goͤttlicher Huld, der Suͤndeversoͤhner Seine Der Messias. Seine Rechte. Doch Petrus vermag nicht aufzustehen, Strebt, und sucht mit der anderen Hand nach Christus Arme, Fest sich daran zu halten; allein sie sank in den Staub ihm. Jetzt erhub er sich wieder, umschlang mit beyden Armen Jesus Rechte, bebte daran, und druͤckte sie innig An sein Herz, und senkte die Stirn auf den Arm des Erstandnen. Erde, so daucht es ihm, wollten um ihn, und Himmel vergehen! Endlich schaut er hinauf in des Goͤttlichen Antlitz, begann denn Mit der stammelnden Stimme der ersten Freude zu rufen: Herr, Herr Gott, barmherzig und gnaͤdig! und blickt’ und schaute Auf den Lebenden. Herr, Herr Gott barmherzig, und gnaͤdig! Ruft’ er noch einmal, und bebte nicht mehr, und empfand des Erstandnen Ueberschwenglichtroͤstenden, unaussprechlichen Anblick. Seine Huͤter Jthuriel, und Orion umschwebten Golgatha; und Jthuriel hielt sich nicht mehr: Ach Orion, Welche Stunde meiner Unsterblichkeit! Jubel der Wonne Werden ihn oft uns wiederhohlen, ihn feyrend besingen! Auferstanden erscheinet der Herr dem geretteten Suͤnder, Christus Kephas! … Du fuͤhlst, was ich empfinde, Geliebter, Unserem Juͤnger! O komm, und freu dich in meiner Umarmung Deiner, und meiner Wonne! Gesuͤndigt haben, ist furchtbar, Voll von Entsetzen, Jthuriel; und, an dem Suͤndeversoͤhner, Und, zu der Zeit der Versoͤhnung, und, als ein begnadigter Juͤnger! Koͤnnen wir uns kaum denken; allein die erweinte Vergebung So erlangen! … O Seraph, wie selig sind die Versoͤhnten! Mit den Worten des Engels verließ der Erstandne den Huͤgel. Petrus sah, und betet’ ihm nach mit gefalteten Haͤnden, Bis Vierzehnter Gesang. Bis in dem Schatten des uͤberhangenden Grabes sein Aug’ ihn Schnell verlor. Und Petrus erhub die verbreiteten Arme Freudig gen Himmel: O Dank, Dank dir, Sohn Gottes, Erstandner, Jnniger, ewiger Dank, der meine Seele gelabt hat Mit mehr Troͤstung, als sie, in ihrem Durste nach Ruhe, Sich zu denken, zu wuͤnschen vermochte. So wollst du im Tod’ einst, Herr, mich troͤsten! Wer bin ich? ach, meine furchtbare Suͤnde Buͤßt’ ich zwar, die Verleugnung deiner, aber wer bin ich, Daß du mit diesen Gnaden dich mein, Sohn Gottes, erbarmt hast! Jesus Christus Herrlichkeit hat mein Auge gesehen, Jhn in das Leben erwacht, so hat ihn mein Auge gesehen! Fleuß auf ewig, mein Dank, aus meiner innersten Seele, Heisser, herzlicher Dank! Die Gnaden der Himmel alle, Ja die ganze Fuͤlle der Wonne, die selige Fuͤlle Aller deiner Erbarmungen, hoff’ ich nun! Das Geheimniß Deines Todes, wirst du mir, Sohn des Vaters, enthuͤllen. Nicht das Heer ohne Zahl, die Maͤchte, die Schaaren, die Thronen, Nicht Erzengel koͤnnen von dem, deß Antlitz sie schauen, Mehr empfahn, wie ich nun von ihm hoffe! Den sah ich lebend, Der des Ewigen Sohn ist, und der an dem Kreuze des Todes Starb, ihn lebend! Gedanke voll tiefer Ruhe, du Reichthum Aller Erbarmung, mir wird auch dein Geheimniß enthuͤllen Der auf ewig nun lebt! Jch hab ihn lebend gesehen Jesus Christus! O sagts an dem ewigen Throne, verkuͤndets Allen Himmeln! Er lebt! singts laut in Jubelgesaͤngen, Soͤhne des Lichts! … Er schwieg, und schaute lange gen Himmel. Schnell stand er auf. Auch ihr sollt schoͤpfen, o meine Bruͤder, Aus Der Messias. Aus der Quelle des Trostes, auch eure blutenden Wunden Sollen heilen. Er dachts, und eilte. Schon hatt’ er die Mauren Salems erreicht; schon naht’ er sich seiner Bruͤder Versammlung, Die voll Erwartungen war, und Zweifel und Freud’ und Erstaunen. Und er trat mit gefalteten Haͤnden in die Versammlung: Lob, und Preis, und Ehre sey, Anbetung, und Dank sey Gottes Sohne, der uns mit einer Liebe geliebt hat, Die ein Jubelgesang, im Leben, und Tod uns seyn wird! Jhm, der des wunderbaren Todes gestorben, erstanden Jst, und erschienen! … Auch mir ist Christus erschienen! … Am Kreuze Stand er, da sah ihn mein Auge, da sah ich des Goͤttlichen Antlitz. Und sie nahen sich ihm, bewundern ihn, preisen ihn selig, Und erstaunen uͤber den Herrn, der vom Tode des Kreuzes Auferstand! Und tiefanbetendes Schweigen fesselt Aller Zungen. Endlich umgeben sie naͤher den neuen, Seligen Zeugen des Auferstandnen, umarmen voll Wonn’ ihn, Druͤcken ihn an ihr Herz, und weinen. Des Lebenden Mutter Hielt ihn bey der Rechten, und Magdale bey der Linken. Siehe, nun hast du ihn auch, o Simon Johanna, gesehen! Magdale sprachs. Dann sagte mit himmlischem Laͤcheln die Mutter: Gottes Sohn, und meinen! Lebbaͤus stammelt’, und wandte Sich zu Maria! Vor Trauren nicht mehr, vor Entzuͤckung, o Mutter, Glaub ich es kaum. Du Blutender, ach du Wundenvoller, Bist erstanden! Er sank an die Brust Johannes, der druͤckt’ ihn Jnnig ans Herz, und sagt ihm leise! Er ist erstanden! Ließ ihn, und ging zu Maria: O du des Goͤttlichen Mutter, Freu dich wieder! Nun geht durch deine Seele kein Schwert mehr, Deine Vierzehnter Gesang. Deine blutende Seele nicht mehr! … Mi t Freuden der Himmel Freu ich mich, Sohn. Ach auferstanden ist Jesus Christus! Auferstanden! Auch mir wird Jesus Christus erscheinen. Das verhieß mir dein Blick, mit dem du vom Kreuze mich ansahst. Bartholomaͤus ergriff die Hand des Juͤngers, des Zeugen, Sagte mit sanfter Wehmuth: O Simon, mein graues Haupt wird Eher nicht in die Grube sich neigen, als auch mein Auge Unsern goͤttlichen Meister vom Tod erstanden gesehn hat. Kephas hielt ihm die Hand, und sah ihn mit glaubendem Muth an: Ja, du Theurer, er wird sich unser Aller erbarmen. Wie an heiterem Himmel sich eine Wolk’ heraufzieht, Einsam, und truͤb, und ernst, so nahte sich Didymus Kepha. Selber Simon! ja wenn es moͤglich waͤre, so glaubt’ ich Dir, o Simon! Er wandte mit innigem Grame sein Antlitz. Wende dich, Thomas, und danke mit uns! Der Herr ist erstanden! Ja Anbetung, und Ehr’ und Preis, und Jubel, und Dank sey Jhm, der wunderbar starb, vom Tode wunderbar aufstand, Und erscheint! Er wird sich unser Aller erbarmen! Mit den Worten entsinkt die Mutter Christus des Zeugen Bebendem Arme. Sie liegt auf ihren Knien, und breitet Freudig die Arme gen Himmel, und ruft mit der Stimme der Wonne; Meine Seel’ erhebet den Herrn! Mein Jnnerstes freut sich Gottes meines Erloͤsers! Du hast die Thraͤnen der Mutter, Deiner traurenden Magd, von deinem Kreuze gesehen! Hast sie all’ erbarmend gezaͤhlt! Die Enkel der Enkel Werden mich selig preisen! Wie wunderbar ist er, wie groß ist Alle sein Thun, der maͤchtiger, als der Tod ist! Ach heilig Jst Der Messias. Jst sein Name, heilig! und ewig ist er Erbarmer! Allmacht ist sein Arm! Er stuͤrzt blutduͤrstende Stolze! Maͤchtige stoͤßt er vom Thron, und erhebt die niedrige Demuth. Die nach Heile duͤrsten, erquickt er; die selbst sich genung sind, Laͤßt er leer! Ach ewig ist Er Barmherzigkeit! troͤstet Die ihn lieben! Abraham hat er, und Abrahams Kindern Diß geschworen. Er haͤlt den theuren Eid der Erbarmung! Ja Anbethung, und Lob, und Preis, und Jubel, und Dank sey Jesus Christus, der lebt, der maͤchtiger, als der Tod ist! Didymus war auf den Soͤller gegangen. Jhm folgten die Andern, Durch die Schoͤne des Tags, und das lebende Wehen der Luͤfte Sich zu erquicken, und durch der gotterfuͤllten Schoͤpfung Anblick, deß sich zu freun, der so sie begnadiget hatte. Und sie kamen zu Thomas, und weckten ihn aus der Betaͤubung Seines Tiefsinns. Er bebte vor ihnen zuruͤck, da er aufsah, Und auf Einmal um sich die ganze Versammlung erblickte. Und er eilt’ hinunter zu steigen. … O, flieh du Geliebter, Flieh uns nicht, rief Petrus, der Herr wird auch dein sich erbarmen! Auch ich zweifelte, Thomas, wie hat er mein sich erbarmet! Doch wer wandelt in jener Ferne? Truͤgt mich mein Blick nicht, Siehe so ist es Matthias, und Kleophas. Theure, Geliebte, Waͤrt ihr noch hier; ach unaussprechlich, wie unsere Seele, Wuͤrd’ auch eure Seele sich freun! Die maͤchtigen Freuden Ja sie warten eurer, die Freuden des ewigen Lebens. Aber wer kommt zu ihnen aus jenen Schatten heruͤber? Nein! ich kenn ihn nicht. Voll Hoheit scheint mir das Ansehn Dieses Fremdlings. Kennst du ihn, Thomas? Sie gruͤssen mit Ehrfurcht Jhren Vierzehnter Gesang. Jhren Gefaͤhrten, er spricht schon mit ihnen. … Jch kenn ihn nicht, Simon. Aber lange hab ich so viele Hoheit, und Einfalt Nicht vereinet gesehn. Und Petrus erwiederte: Moͤcht ihn Bald sein Weg nach Jerusalem fuͤhren. Sie kehrten zugleich um. Denn sie gehen doch nur, um ihre Seele zu lindern. Seht den Weg, der sich kruͤmmt, bringt jetzt sie uns naͤher, doch werden Jene Palmen sie bald vor unserem Auge verbergen. Seht ihr ihren Begleiter, mit welcher Wuͤrd’ und Ernste, Welcher Hoheit, die sanftere Menschlichkeit mildert, er anhoͤrt, Was sie ihm traurig erzaͤhlen; vielleicht die Geschichte vom Tode Dessen, den sie am Kreuze, noch nicht erstanden gesehen. Jst er Einer der Engel, die ihr bey dem Grabe gesehn habt? Wie ihr euch taͤuscht! rief Thomas. Er ist ein Mensch! doch sein Ansehn Jst erhabner, als anderer Menschen. … Du kennest der Freude Suͤße Vermuthungen nicht, o Thomas. Jch hab es empfunden, Was du fuͤhlst! Was erwartet’ ich minder, als Jesus zu sehen, Noch in jener Angst, als ich zu dem Kreuze mein Auge Muͤd erhub, und auf Einmal vor mir den Lebenden stehn sah. Sieh, o Thomas, mich taͤuschte nicht Fꝛeude.. So taͤuschte dein Schmeꝛz dich! Rief der Zweifelnde feurig. … Der Herr wird dein sich erbarmen! Sagte mit Ruh der begnadete Zeuge des Auferstandnen. Gott, ja Gott wird mein sich erbarmen! allein der Messias Ach der goͤttliche Mann hat gelitten, was alle Propheten Einst auch litten, und ist gestorben! … Er weint’, und verstummte. Weine nicht, Juͤnger des Herrn! Er ist wahrhaftig erstanden! Aber ihn troͤstete Petrus umsonst; er weint’ und verstummte. Kleophas hatt’ indeß, und Matthias mit ihrem Gefaͤhrten III Band. L Schon Der Messias. Schon die Schatten der Palmen erreicht. Da die Beyden aus Salems Mauren gingen, und noch bey ihnen nicht ihr Gefaͤhrt war, Sprachen sie unter einander: Wie kann ich irren, Matthias, O du kennst ja die Wuth, die heisse Rache der Priester, Wie sie ergrimmten, als sie es nun nicht zu wehren vermochten, Daß ihn Joseph begruͤbe. Sie haben den Hauptmann gewonnen, Haben den Todten geraubt! und wollen ihn doch auf dem Huͤgel Bey der Verfluchten Gebeine begraben! Vielleicht, o du Bester! Heiligster! deckt schon Golgatha deinen starrenden Leichnam! Aber die Engel am Grab’, o Kleophas? Hat sie denn Alle Truͤbes Trauren getaͤuscht? Und kann denn Traurigkeit wirken, Daß wir Engel sehen? Warum nicht bange Gestalten? Nacht? der Gerichteten Schatten vielmehr? Jschariots Seele? … Kleophas bebte zuruͤck, darauf antwortet’ er: Loͤse Mir nur Einen Zweifel, Geliebter: Warum erscheinet Unser Meister nicht selbst? Wie kenn’ ich Engel? Wie weis ich, Kennt’ ich sie auch, ob sie der Ewige sendet? Ach, Theurer! Wuͤrd er uns nicht erscheinen, waͤr er von den Todten erstanden? Jhn, ihn kennen wir! … Aber, o Kleophas, glaubte Maria Gabriel nicht? Und kannte sie denn die Engel? und koͤnnen Gottes hoͤhere Geister was anders sagen, als Wahrheit? Und verdienen wir denn, daß er uns erscheine? Wir waͤren Wie die Zwoͤlfe geflohn, da laut von den stuͤrmenden Schaaren, Jhrem Grimm, und Wuth, und Geschrey, Gethsemane schallte! Ferne nur, ferne nahten wir uns, da sein Todesurtheil Schrecklich vom Richtstuhl scholl! ach, ferne des Sterbenden Kreuze! Kleophas Vierzehnter Gesang. Kleophas sprach: Jch bewein’ es mit dir! Doch koͤnnen wir jemals, Daß er uns erscheine, verdienen? Jst er erstanden; Und erscheint er: ach, so erscheint er allein aus Erbarmung, Weil ihn unseres Elends jammert, und weil er zaͤhlet Unsere Thraͤnen, wie er auf unserem Haupte die Haare Alle gezaͤhlt hat! … O Kleophas! und du zweifelst? … Du zweifelst Also nicht, Matthias? … Du weist, daß ich immer Alles, Was ich dacht’ und empfand, dir ganz, o Kleophas, sagte. Wenn ich mit stiller Betrachtung es uͤberdenke; so glaub ich! Aber wenn mich die Angst der Hoffnung, und Furcht, und Erwartung, Wenn die Freud’ ihn wiederzusehn, das ist Freude der Himmel! Ungestuͤm mich ergreifen, und meine Seele durchbeben, Wenn sie in mir der Wahrheit Stimme betaͤuben; so zweifl’ ich! Kleophas blickt’ ihn zaͤrtlicher an, und sagte: Du Lieber! Aber wenn wir wirklich ihn saͤhn, dann wuͤrde der Himmel Freude, Freude der Erde nicht! des ewigen Lebens Wonne wuͤrde, kaum sind ich Worte! wenn wir ihn saͤhen, O das wuͤrd uns noch mehr, noch maͤchtiger uͤberzeugen, Als der stillen Betrachtung Licht, das die Seele mit Wahrheit Ueberstroͤmt! … Matthias erwiederte: Moͤcht er erscheinen! Unsere blutende Seele durch seine Gegenwart heilen! Kleophas sprach: Wir wuͤnschten zu viel, du Geliebter! Der Freuden Unaussprechlichste, hoͤchste, wer kann sie, wuͤnscht er sie, hoffen? Freude, wie die, ist nicht fuͤr dieses Leben, Geliebter! Und sie waren durch eines heruͤberhangenden Huͤgels Schatten gegangen. Des Weges gewandte Kruͤmmungen zeigten Seitwaͤrts jetzo den schattenden Hang. Dort sahen sie langsam L 2 Einen Der Messias. Einen Wanderer kommen. Erhabnen, maͤnnlichen Ansehns War der Fremdling, und schien in ernste Gedanken verloren. Laß uns langsamer gehn, Matthias. Vielleicht, daß der Fremdling Unser Gefaͤhrt wird, und uns das traurende Herz mit Gespraͤchen Seiner Weisheit erquickt. Denn weise scheint er, und edel. Was, o Kleophas, hilft uns seine Weisheit, wofern er Nicht von Jesus mit uns sich unterredet? … Jndem kommt Jhnen der Wanderer nah, und gruͤßt sie mit Liebe. Mit Ehrfurcht Gruͤßen sie ihn. … Wo gehet ihr hin? … Nach Emaus. … Darf ich Euer Gefaͤhrt seyn? Jch gehe durch Emaus. … Sey, o du Theurer! Sey, wir bitten dich, unser Gefaͤhrt. … Was spracht ihr so feurig Unter einander? Jch sahs, ganz hingen an diesen Gespraͤchen Eure Seelen, und waren voll Traurigkeit. … Kleophas sagte: Ach, was konnten wir sprechen? Bist du es allein, der nicht wisse, Was in Jerusalem diese Tage des Traurens geschehn ist? Was geschah denn? … O Fremdling! du kennest also, du kennest Jesus von Nazareth nicht? den Propheten Gottes? der maͤchtig Vor dem Herrn, und dem Volke, durch Wunder, und himmlische Weisheit, Der ein goͤttlicher Mann war? Allein ach, unsre Beherrscher Haben, entflammt von dem Grimme, der Wuth der untersten Hoͤlle, Jhn gegriffen, und ihn dem Heiden Pilatus zum Tode Uebergeben! Der hat gesprochen sein Todesurtheil! Hat, o duͤrft’ ich die Art des furchtbaren Todes nicht nennen! Jhn gekreuzigt! … Ach, fodre nicht, daß ich wieder die Wunden Meiner Seel’ aufreisse, dir seinen Tod zu beschreiben, Wie er am Kreuze schwebt’! und wie der Huͤgel sein Blut trank! Wie er bleich und erstarrt um Huͤlf’, um Huͤlfe! zu Gott rief! Ach, Vierzehnter Gesang. Ach, wir hofften auf ihn, und hielten ihn fuͤr den Messias! Jsrael, hofften wir, sollt er erloͤsen! Und uͤber das alles Brach der dritte der Tage schon an, seit dieses geschehn ist. Und Matthias begann: Auch haben die Weiber der Unsern Uns erschreckt. Heut gingen sie in der Fruͤhe zum Grabe. Seinen Leichnam fanden sie nicht. Sie kamen mit Zittern, Hatten Gesichte der Engel gesehn, die sagten, Er lebe! Ach, wir vermochten uns nicht zu freuen! Einige gingen Auch zu dem Grab’, und fanden es offen, und ohne den Todten! Jetzo kamen sie unter umschattende Palmen. Der Wandrer Sah sie mit der Erhabenheit an, die Groͤße der Seele, Und nicht Stolz ist, und sprach mit der maͤchtigen Stimme der Wahrheit: Jhr Unweisen! und langsamen, harten Herzen zu glauben, Dem zu glauben, was euch die Propheten verkuͤndiget haben! Mußte nicht dieß der Messias leiden? und, nach der Vollendung Seiner Leiden, erst dann zu seiner Herrlichkeit eingehn? Mit Erstaunen sahn sie sich an; mit bebender Ehrfurcht, Jhn! … Gern haͤtten sie ihn, doch nur Augenblicke, verlassen, Und von ihm mit einander gesprochen. Jhr truͤbes Auge Wurde Licht, und begegnete sich mit feurigen Fragen: O, wer ist er, wer ist, der unsre Seele mit Ehrfurcht Und mit Staunen erfuͤllt? … Doch hatt’ er nur angefangen Ueber sie durch die Gewalt der siegenden Wahrheit zu herrschen. Wie ein Sturm, der beginnt, mit gehaltner Staͤrke noch wehet, Noch den kuͤhleren Wald nicht ganz fuͤllt; Stille ruhet Noch in seinen Thalen, noch liegen blaͤssere Schatten, Ganz ist die Sonne noch nicht von des Sturmes Wolken umnachtet! L 3 Also Der Messias. Also begann ihr erhabner Gefaͤhrt. Nicht lange, so fuͤhrt’ er Sie in die Tiefen der Offenbarung hinab. Den Messias Zeigt’ er ihnen, ein Redner Gottes, in jeder der Tiefen. Und sie vermochten nicht mehr zu widerstehen. So reißt sich Durch den Wald der staͤrkere Sturm. Die Baͤume des Waldes Zittern, rauschen mit Ungestuͤm alle, beugen sich alle, Vor dem herrschenden Sturme, den Donnerwolken, und Fluten Himmelstuͤrzender Meere, von Berge begleiten zu Berge! Und sie standen ermattet, und baten um Ruh, und wischten Sich den Schweiß von der gluͤhenden Stirn! … Mañ Gottes! wir keñen Zwar dich nicht; doch bist du, o den wir mit Ehrfurcht anschaun, Wahrlich ein goͤttlicher Mann! Bleib, ach! und laß an der Kuͤhle Dieses Brunnen uns ruhn! … Sie setzten sich neben einander, Gegen sie uͤber der goͤttliche Fremdling. Er redet’ itzt sanfter, Redete von der Liebe des Sohns zu den Menschen; der Liebe Seiner Menschen zu ihm. Sie dachten des großen Hirten Tod, mit heiterer Seele, gelabt von inniger Ruhe. Wie nach einem strahlenden Tage, die Abenddaͤmmrung Luftiger uͤber die Muͤden sich geußt; so goß er Erquickung Jn ihr Herz. … Und liebt ihr ihn auch? Dieß fragt’ er sie jetzo. Sollten wir ihn nicht lieben? … Sie sprachens mit eilender Stimme. Habt ihr ihn immer geliebt? … Wir verließen ihn, als sie zum Tod’ ihn Fuͤhrten, hinauf zum Kreuz! das verstummende Lamm, zum Altare! Da verließen wir ihn! … Doch jetzo, da ihr es wisset, Daß er um eurentwillen gestorben ist! wolltet ihr jetzo, Auch um seinentwillen, wenn er es foderte, sterben? O du Vierzehnter Gesang. O du Theurer! wir hoffen zu Gott, der Liebende wuͤrd uns Staͤrken, daß wir es koͤnnten! Allein, o zuͤrne, mit Ehrfurcht Fragen wir, zuͤrne nicht! Jst er auferstanden? du weißt ja Alles von ihm, und duͤrfen wir uns, Mann Gottes, des Heils freun, Jesus Christus wiederzusehn? … Der Wanderer sagte: Josephs Bruͤder erkannten ihn nicht! Doch der Wonn’ und des Weinens Selige Stunde kam, und Joseph vermochte nicht laͤnger Sich zu halten, und weinete laut! … Er sagt’ es, erhub sich, Ging. Sie folgten ihm freudig erschrocken, in Zweifel verloren, Was sie glauben? nicht glauben sollten? Er wars ja doch Selbst nicht! Aber ein Engel vielleicht? Sie standen wieder. … Ach, duͤrfen Wir noch Einmal, o du, den wir nicht kennen, dich fragen? Zwar nicht kennen, doch den wir unaussprechlich verehren, Unaussprechlicher lieben! wer bist du? o sage, wer bist du? Aber wir duͤrfen dich nicht umarmen! O sag es uns: Bist du Einer der Engel vielleicht, die am Grab’ erschienen? … Umarmt mich! Und sie umarmten ihn lang, und weinten an seinem Halse. Jetzo nahten sie Emaus. … Meine Bruͤder, ich gehe Nun zu den Meinen. So sprach ihr Begleiter. Jhr sehet, mein Weg zieht Hier durch Emaus sich. … O bleib bey uns, du Geliebter! Sieh, es will Abend werden. Der Tag hat schon sich geneiget. Und sie hielten ihn zitternd bey beyden Haͤnden, und baten. Laßt mich! die Meinen sind fern. Sie warten meiner mit Schmerze. Sie, Mann Gottes, haben dich immer. Du siehst ja, wie herzlich Wir dich lieben. O bleib! Und warum wolltest du, Theurer! Dich in der Nacht Gefahren begeben? Auch mußt du von Jesus Noch mit uns reden! O bleib bey uns! … So will ich denn bleiben, L 4 Meine Der Messias. Meine Bruͤder. … Kleophas dankte, mit Freud’ in den Blicken, Nicht mit Worten, und eilte voran, ein Mahl zu bereiten. Kleophas hat, so heißt mein Gefaͤhrt der redliche Juͤngling, Seine Huͤtt’ in Emaus, deren Eingang der Schatten Dichter Baͤume bedeckt. Ein reiner labender Quell rinnt, Wo der Schatten am luftigsten kuͤhlt. Er eilte, das sah ich, Etwas Speise fuͤr uns zu bereiten, und unsere Herzen Mit dem Wenigen, das er hat, zu erquicken. O stiller Heiterer Abend, nach diesen Tagen der Angst und des Traurens! Und, o Dank dir, goͤttlicher Mann! du wuͤrdigst uns, kehrest Ein bey uns, verachtest die niedrige Huͤtte der Einfalt Und der Duͤrftigkeit nicht. Da Jesus Christus noch lebte, War er, wie du, ein Menschenfreund, der zur Demuth in Staube Nieder sich ließ, und gern mit seiner Weisheit uns labte. Doch ich schweige von ihm. Denn uͤber das alles erhaben, Was ich von ihm zu sagen vermag, war Jesus Christus! Engel dieneten ihm. Doch seiner Niedrigkeit Ursach Scheint mir erstaunlicher, als mir seine Niedrigkeit selbst schien. Aber also geschah des Ewigen Wille. Den Vaͤtern Hat er schon die Tiefen des kuͤnftigen Wunders eroͤffnet. Moͤcht ich mein Leben mit dir, Mann Gottes, leben! und moͤchtest Du mich lehren, wie ich es dem himmlischen Suͤndeversoͤhner, Recht nach meiner Seele Verlangen, heiligen koͤnnte! Denn ach, daurenden Dank, den innigsten, liebevollsten, Herzlichsten Dank verdienet von uns, der unsere Suͤnde Also versoͤhnt, und, bis zu diesem Tode, geliebt hat. Und Vierzehnter Gesang. Und schon nahten sie Kleophas Huͤtte. Sie sahn, er entschoͤpfte Wasser zum Trinken der Muͤndung des Quells, dann setzt’ er es eilend Bey sich nieder, und wusch balsamische duftende Kraͤuter. Seine Hand umflossen mit abgerissene Blumen; Einige glitten hinab mit des werdenden Baches Gelispel; Aber er sah Matthias, und sah den goͤttlichen Fremdling Nahen, und schnell sprang er auf! … Sey mir, Mann Gottes, willkommen! Alle dein Segen, mit dem der Herr dich segnete, gehe, Du Mann Gottes, mit dir in meine Huͤtte! … Matthias Folgt’, und trug das Gefaͤß, und darinn die lebende Quelle, Mit der traͤufelnden Kraͤuter Erfrischung. Kleophas hatte Schon den unbelasteten Tisch mit dem ganzen Reichthum Seiner Huͤtte besetzt, mit Milch, und Honig, und Feigen, Und mit staͤrkendem Brodt, und herzerfreuendem Weine; Hatte die Teppiche schon umhergebreitet. Sie legten Sich zu dem Mahle, der Fremdling allein, sie gegen ihn uͤber. Und der Fremdling begann auf sie sein Auge zu richten Ernst, und freudig. Mit Ruhe, mit Dank, mit feyrlichem Anstand, Hielt er das Brodt; so pflegt’ es Jesus zu halten! und blickte Still gen Himmel; so pflegte gen Himmel Jesus zu blicken! Und sie starrten sich an, und ihn. Er betete. Jesus War die Stimme des Betenden! und, auf Einmal, das Antlitz Jesus Christus des Betenden Antlitz! Er betet’ also: Unser Vater im Himmel sey fuͤr die Gabe gepriesen, Die er mild’ uns giebt, den duͤrftigen Leib zu erhalten. Vielen scheint sie gering; doch hat, mit eben der Allmacht, Welche die Himmel erschuf, sie unser Vater bereitet. L 5 Ach! Der Messias. Ach! auch seine Worte so gar! Und bleich vor Freude Sanken sie hin, mit anzubeten. Er redete wieder: Preis sey ihm! Er rief der Sonn’, uns zu leuchten, dem Monde, Von der Stirne der Muͤden den Schweiß zu trocknen. Er schuf uns Unser taͤgliches Brodt. Preis sey ihm, und Anbetung! Jetzo brach er das Brodt, und gab es ihnen. Sie nahmens Bleicher vor Freuden, und blickten ihn an, und wollten reden; Konnten nicht reden! Er sah sie noch Einmal mit segnender Huld an, Und verließ sie. Da sprangen sie auf, und folgten ihm, eilten, Suchten, und fanden ihn nicht. Sie kamen mit Ruhe zuruͤcke. Ja, wir sehn ihn noch wieder! Jch bin im Himmel, Geliebter, Nicht auf der Erd’, im Himmel! ach, Kleophas! … Kleophas sank ihm An sein Herz, und schwieg. Darauf umarmt’ er ihn feurig, Hielt ihn lang, und umarmt’ ihn von neuem. … Matthias, o brannte Unser Herz nicht in uns, da er auf dem Wege von Gott sprach? Da er die Offenbarung uns aufschloß? … Aber wir saͤumen? Schon ergriff er den Stab. Auch thats Matthias. Sie gingen. Unterdeß da die Beyden von Emaus eilten, besprachen Petrus, und Didymus sich. … Verbirgs denn ihnen, o Thomas! Ach, betruͤbe nicht so, die glauben wollen, und loͤsche Diesen schwachen Funken in ihnen nicht aus! Gen Himmel Koͤnnt’ er flammen; du loͤschest ihn aus. … So soll ich denn, Simon, Unsern Freunden nicht mehr, was ich denke, sagen? verschweigen Meiner Traurigkeit Angst? Was hilft es ihnen, zu waͤhnen, Und von dem freudigen Wahne mit desto groͤßerem Trauren Aufzuwachen, je froher der suͤßbetaͤubende Wahn war? Nenn’ Vierzehnter Gesang. Nenn’ es nicht Wahn, mein Bruder! Bey dem, der ewig lebet! Ach bey Jesus, der todt war, und ewig lebet! beschwoͤr’ ich Dich, mein Bruder, nenne nicht Wahn, was die Rechte Jehova That! nicht dieser erstaunlichen Herrlichkeit Offenbarung! Heilig ist jene Staͤte, wo ich ihn sahe. Da brannte Mir der Busch! da sah ich im Busche die Herrlichkeit Gottes! Da, da war die Pforte des offnen Himmels! Hier stehn wir! Schau die Zeugen um dich! hier stehn wir Alle, die Neune! Magdale dann! dann ich! Wir haben den Goͤttlichen lebend, Lebend haben wir ihn, nicht todt mehr, alle gesehen! Meine Seele bewegt sich in mir vor Wehmut, indem ich Deine Traurigkeit seh, sprach Magdalena Maria, Deiner gruͤbelnden Zweifel zu qualenvolle Gedanken. Habe Mitleid mit ihm, mit deinem Juͤnger, Erstandner, Mitleid! Er zweifelt aus Angst dein Juͤnger, aus Jammer der Seele; Nicht aus boͤsem Herzen. Zerstoß das zerstossene Rohr nicht. Loͤsche den glimmenden Tocht nicht aus. Erbarme, Rabbuni, Seiner dich, wie du dich meiner erbarmtest! Ach Thomas, Meinst du, daß ein Engel im Himmel mit dieser Stimme, Dieser Wonnestimme des ewigen Lebens, die Choͤre Himmlischer Psalmen ertoͤnen nicht so! zu reden vermoͤge? Wie der Todtenerwecker, der Auferstandne, beym Namen Mich, ich lechzte wie du, ihn zu sehn, beym Namen mich nannte! Eurer Entzuͤckungen Ungestuͤm stuͤrzt mich Verlaßnen noch tiefer Jn die Tiefen der Angst, die meine Seele verschlingen! Blendete sich die Heftigkeit nicht, mit welcher ihr redet? Thomas Der Messias. Thomas sprachs mit innigem Grame, der Thraͤnen zuruͤckhielt. Simon rang die gefalteten Haͤnde, ward ernster, und sagte: Deine blendet sich nur, mit der du zweifelst! Wir sahen! Und wir wurden entzuͤckt! Wer ist im Himmel, und flammet Nicht in Entzuͤckungen auf? Du siehst nichts! schaffest dir Schatten, Bange Bilder von Graͤbern und Nacht, erschreckende Zweifel! Redest entflammter davon, als wir von dem Auferstandnen, Den wir sahen, und hoͤrten, und dessen Leib wir beruͤhrten! Der mit aller seiner Erbarmung, die wir an ihm kannten, Sich uns offenbarte, die du vordem an ihm kanntest. Geh zu den Sadducaͤern zuruͤck, und glaube mit ihnen, Daß kein Engel, noch Geist sey, noch Auferstehung vom Tode! Mit den Worten entstuͤrzten dem Auge Didymus Thraͤnen. Salome sah es, und wollt’ ihn troͤsten. Jndem sie zu reden Anfing, sagte der Juͤnger: Verstoß mich so nicht, Geliebter! Ach, ich liebe, wie du, den gekreuzigten, goͤttlichen Todten, Simon Petrus. Jtzt redete Salome. Lindert, ihr Lieben, Seinen Schmerz. Jhr sehet, wie viel der Geaͤngstete leidet. Thomas, mein Bruder, den du den goͤttlichen Todten nanntest, Sollt’ aus dieser Jrre nicht er dir die Seele zu fuͤhren, Nicht aus diesem Jammer das Herz zu reissen vermoͤgen? Er, deß Todesmut an dem Kreuze von eben der Hoheit Zeugte, von der die Unsterblichkeit zeugt, dieß Leben der Engel, Dem er auferstand! … Ja, dieses Leben der Engel! Sprachen ihre Begleiterinnen. Unsterblichkeit war es, Diese sahn wir an ihm. Zwar, nicht wie Gabriel, strahlt’ er, Nicht wie die Engel bey seiner Geburt um Bethlehems Huͤtte; Aber Vierzehnter Gesang. Aber was anders, als da er mit uns in dem Leben am Grabe Unser Erbarmer lebte, war nun in des Goͤttlichen Antlitz! Euch nur erschiene der Herr? nicht mir? von mir will ich schweigen! Nicht der weinenden Mutter? nicht ihrem Sohne Johannes? Dem nicht, den er der heiligen Mutter am Kreuze zum Sohne, Der nicht, die er dem Sohne zur Mutter in seinem Blut gab? Also sprachen sie untereinander. Die Hoͤrenden rissen Maͤchtige Zweifel itzt fort, dann wieder siegender Glaube. Beyde wechselten oft, und durchflammten die Seele. Wenn Petrus, Wenn die freudigen Zeuginnen redten, wenn Magdale redte; Gingen sie auf dem Meere! wenn Didymus redte, sanken Sie vor der kommenden Woge. Der zweifelnde Juͤnger verließ sie Und Jerusalem, ging zu den fernsten Graͤbern des Oelbergs, Sich im Einsamen dort in seiner Traurigkeit Quaalen Tiefer zu stuͤrzen. Er wollte das nicht; er wollte die muͤde, Tiefverwundete Seele durch Ruh der Einsamkeit lindern. Einen Becher der Freuden hat in der Rechten; der Linken Einen wuͤtenden Dolch die Einsamkeit, reicht dem Begluͤckten Jhren Becher; dem Leidenden reicht sie den wuͤtenden Dolch hin! Jn der naͤchtlichsten eines der fernen Todtengewoͤlbe War jetzt Thomas gekommen; und seiner Traurigkeit Lasten Wurden schwerer auf ihm, die Gedanken schwaͤrzer, des Herzens Quaalen trostbeduͤrftiger. Seine Seel’ arbeitet, Sich aus diesen Tiefen, die stets mehr sanken, zu heben; Und arbeitet umsonst. Haͤtt’ er nicht zu Gott sich gewendet, Zu der einzigen Stuͤtze des Muͤden; er waͤr erlegen! Zu dem einzigen Stabe, wenn wir in Finsterniß wandeln, Und, Der Messias. Und, an das weichende Rohr nur unserer Troͤstung, uns lehnen. Thomas empfands. So wendet’ er sich zu dem, der allein hilft: Gott! Verborgner! zu dir, wie sehr auch Dunkel die Tiefen Deines Rathes bedeckt, zu dir nur kann, in dem Zagen Jhrer Traurigkeit, meine verwundete Seele sich wenden! Nacht sind seine Pfade; der Weg, den ich wandl’, ist noch mehr Nacht, Als die Pfade des Todes! Unauszuforschender Herrscher Dessen, was ist, und was seyn wird! ach schau herunter ins Elend, Schau auf mich, der ein Wurm in Mitternaͤchten sich windet. Haͤtt ich dich nicht, und starrte mein huͤlfeverlangendes Auge, Einziger Fels, nach dir nicht empor; die gerungnen, die matten, Ausgebreiteten Haͤnde nach dir nicht empor; so waͤr ich Lange der Angst der wuͤtenden Zweifel erlegen! ich waͤre Schon vergangen! … Wie sie, die um ihn jetzt blutet, ihn liebte Meine Seele, wie sie an ihm hieng, das weist du, Jehova! Weist, Er war mir Alles! Du hattest ihn, Vater, mit jeder Deiner Gnaden zu uns gesendet, mit jeder Erbarmung! Alles war er mir! den hast du kreuzigen lassen, Sterben! Ach, er ist todt! mir mehr, wie den Uebrigen allen Todt! … O Mitternacht, die ihn auf der Schaͤdelhoͤh deckt, Oder in einer noch dunkleren Gruft, die der Erd’ Erschuͤttrung Nicht zerruͤttete, moͤchtest bey ihm auch mich du decken! Moͤcht’ ich liegen bey ihm, und schlummern, muͤde von Wunden Meiner Seele! … So bin ich ohn’ ihn denn? Jch leb’, und ich sterbe, Ach ohn’ ihn? du schreckliche Nacht, die mich ringsum einschließt, Wehe mir! ohn’ ihn! auf Gebirgen, Gebirg’, und Abgrund Dicht Vierzehnter Gesang. Dicht an Abgrund, schreckliche Nacht! … Mein dunkles Gefuͤhl, ach! Warum quaͤlest auch du mich: Er wuͤrde mir einst noch mehr seyn, Als er mir war? warum durchgraͤbst auch du mir die Seele? Bist du unsterblich, o Seel’ in mir, o fallt mich entflohne, Schwarze Zweifel, mit eurem Grimme nicht an, und wuͤtet, Wuͤtet nicht wieder! o die du in mir unsterblich bist, Seele, Tief, zu tief, zu jammervoll ist dein Elend! zerrißne, Wundenvolle, du bist ohn’ ihn! … So haͤttst du an ihm denn Keinen Theil, elende, so lang ich im Staube mich kruͤmme? Aber vielleicht ist er auch todt mein Helfer? … Wie kenn’ ich Ueber dem Grabe die dunkleren Labyrinthe, die baͤngern Schwermutsvolleren Pfade, zu denen des Todes Thal fuͤhrt, Da ich die truͤben Wege des Lebens im Staube nicht kenne? Gott auf Ebal! auf Sinai Gott! im Donner! im Sturme! Vater! wo ist dein Sohn? Wo saͤumte dein Donner? wo schliefen Deine Wetter? als nun das hohe Kreuz sich emporhub! Zwar sie zitterte laut in ihrem Entsetzen die Erde, Warf die Felsen von sich, daß die Himmel erschollen, und Aller Zagende Seele vom Schrecken vor dem, das geschah, zermalmt ward; Aber da war er todt! Kein Fels erreichte die Wuͤrger, Keine Kluft verschlang ihr Gebein! … Allmaͤchtiger Vater! Gott durch des Engels Gericht, der die Erstgebohrnen Aegyptus Schlug, doch die blutbesprengten Huͤtten in Ramses vorbeyging! Gott im Strome, der stand, daß Jsrael wunderbar durchzog! Dann um Jericho Gott, daß deiner Heere Posaunen Daß sie die hohe thuͤrmende Stadt in das Palmthal stuͤrzten! Herr, Herr! Gott, barmherzig, und gnaͤdig, daß Moses Gebeine Nicht Der Messias. Nicht zu Staube wurden, als er, in die Hoͤle verborgen, Mit Anbetung von fern, Gott! deiner Herrlichkeit nachsah. Gott mit deinem Sohne, daß er auf dem Meere daher ging, Hoch auf der offenen Woge, mit ihm sein glaubender Juͤnger! Blinden das Aug’ aufthat, daß die Schoͤpfung es sah, und ihn sah, Ach zu dem erstenmale! Den todten Geliebten erweckt’ er, Jhn, der schon zu verwesen begann! Der weinenden Mutter Gab er dich, mein Semida, wieder. Da weinte sie Freude! Gott mit deinem Sohne, daß er, mit himmlischer Ruhe, Dieser Unterwerfung, die fuͤrchterlichsten der Leiden Aushielt, Schmach, auf Schmach, ach Wunden, auf Wunden! auf Tod, Tod! Gott Weltrichter, wo ist dein Sohn? … Erbarmender, wirst du? Oder wird er mich wecken von dieser Traurigkeit Tode? Diesem Graun, den Finsternissen der quaͤlenden Zweifel? Wo? wo wend ich mich hin? Er liegt, und verweset! und, Gott, du, Ach, du schweigst mir! Jch duͤrste, kaum bin ich noch! lechze nach Huͤlfe! Auferstanden waͤr er? … An diesem sinkenden Halme Soll ich mich halten, Verborgner! da alle deine Fluten Ueber die Seele mir gehn? … So stammelt’ er noch, verstummte, Faltete fester die Haͤnd’, und rang sie. Ach, moͤcht’ ich ruhen Hier in einem der Graͤber! Er wuͤrde mich nun nicht erwecken. Und wie moͤcht ich zuruͤck in ein Leben kommen, in welchem Er nicht ist! Gluͤckselige Todte, die neben mir schlummern, Kanntet ihr Jesus Christus? Wenn ihr den Goͤttlichen kanntet, Viel gluͤckseliger noch! Wenn ihr ihn kanntet, und liebtet; Ach so seyd ihr bey ihm! Allein ihr verstummt mir, ach alles Jst mir verstummt! … Verdorrtes Gebein, das hier um mich Staub wird, Wenn Vierzehnter Gesang. Wenn du dereinst die Stimme des Herrn vernimmst, und erwachest; Geht der Tag der Herrlichkeit auf, an welchem Jehova, Dir zu rufen, dich wuͤrdigt: Jch will dich mit Odem des Lebens Wieder beseelen! ach dann erwach ich mit dir! es erwachen Seine Gebeine, die zwar der Kreuziger Wut nicht zermalmte; Aber die doch in dem Schoosse der Nacht und der Erde verwesten! Dann! … O welche Reihen, vielleicht von Ewigkeiten, Eh ich erwache! doch bis zu dem Tod ist nicht lange! Des Lebens Zeit ist fluͤchtig und kurz, ein Traum, ein Flug, ein Gedanke! … Doch nur wenn es voruͤbergeeilt ist! Liegt auf der Schulter Seine Last uns noch, wie langsamtraͤg’ ist das Leben! Und ein Leben, wie meins, gelebt ohn’ ihn! O vernimmst du Hier aus der Mitternacht o du, der das Ohr gemacht hat, Eines Lebenden Jammern, der nach dem Tode duͤrstet? Seyd mir gesegnet, ihr uͤbrigen Freunde des Todten am Kreuze, Seyd mir zu eurer Ruhe gesegnet! Jhr waͤhnt ihn erstanden. Und ihr freut euch nicht minder, obwohl ein Traum euch getaͤuscht hat, Ach ein seliger Traum, wie die Seele Jakobs erquickte, Zw ar so wahr nicht; allein der euch mit Wonne, wie ihn, labt! Nein, ich will nicht weinen! … O du, der das Auge gemacht hat, Und den Jammer erblickt, der mir in dem Jnnersten wuͤtet! Daß ich mich freute, wie sie, war nicht dein goͤttlicher Wille. Jch Verlaßner, wie wuͤrd ich mich freun! Ach, wenn ich ihn saͤhe; Sterben, nicht leben wuͤrd ich! Mit erschuͤtternder Stimme der Wonne Wuͤrd ich entgegen ihm rufen, in Rufe verstummen, und sterben! Aber ich werde ja doch bald sterben! Durch meine Seele Gingst du ja auch, o Schwert, das durch die Seele der Mutter III Band. M Ging! Der Messias. Ging! Geheilt wird die Wunde der Mutter; meine blutet! Ach so erscheine mir denn, wofern du erscheinest. Erscheine? Welche Bitte! zuruͤck von diesem blendenden Wahne, Meine Seele! Was steigst du empor, um tiefer zu sinken? Ja, er kann es, er kann aus den Schatten des Todes heraufgehn; Wenn er will! Wie kann er es wollen? Zu sterben, um Stunden Todt zu seyn? nur wenige Stunden? Er waͤre vom Kreuze, Haͤtt er leben gewollt, triumphirend herunter gestiegen! Wuͤrdest du mir nicht erscheinen, wofern du lebtest? wer schmachtet So nach Ueberzeugung, als ich? du wuͤrdest! du lebst nicht! Wenn ich dich sehe, so glaub ich! Ja, wenn ich in deine Wunden Meine Rechte lege; doch hat ein Erstandner Wunden? Wenn ich mit bebendem Arm um deine Fuͤsse mich winde, Und sie halte; dann will ich glauben! Jch werde nicht glauben! Denn ich werde mich, Herr, um deine Fuͤsse nicht winden, Und sie halten! denn, ach, du bist gestorben, und lebst nicht! Nur erst einige Stunden, da war er mit uns noch am Kidron, Dann … wie schnell ist die Zeit bis zum Kreuze voruͤbergegangen! Und, wie ist mir? da starb er! wie schnell! Ach ist er gestorben? Ja, er ist gestorben! er ist begraben! und nun schon Wieder in einer anderen Hoͤle des Todes begraben! Ach, verlaß mich nicht ganz, o Christus Vater, und meiner! Jch vergehe vor Angst! … Er rufts mit gebrochnen Worten, Schwankt’, und hielt an ein Felsstuͤck sich, das von einem der Graͤber Stuͤrzt’, als der Vorhang riß, und der Staub der bebenden Erde Ueber Jerusalem zog, und ihrer Mauren Gebirge Jn Entsetzen verhuͤllte. Der Traurende hielt an dem Felsen Sich Vierzehnter Gesang. Sich mit ermuͤdetem Arme noch, da der Finsterniß Stille Eine Stimme durchscholl, die immer naͤher heraufkam. Wessen ist diese Klage, die aus den Graͤbern hervorschallt? Hat dich ein Moͤrder verwundet? und kann ich dir helfen, o Fremdling? Rede! wo bist du? Jch will dir deine Wunde verbinden. Didymus redete nicht. Wo bist du? Jch hoͤrte die Stimme Deiner Angst, und bin, daß ich dir helfe, gekommen. Fremdling, ich bin kein Moͤrder! Jch hoͤrte fern in dem Thale, Daß du jammertest! Sieh, ich bin dein Retter, wofern dich Menschen zu retten vermoͤgen! … Jch freue mich, sagte Thomas, Wer du auch seyst, daß du, o Wandrer, ein redliches Herz hast. Sey gesegnet, und geh, wohin dich dein naͤchtlicher Weg ruft. Zarte, bluͤhende Kinder, und ihre liebende Mutter Warten deiner vielleicht. Du kannst mir nicht helfen. Die Wunden Ueber die du mich jammern gehoͤrt, sind Wunden der Seele! Wunden der Seele, mein Bruder? antwortet die naͤhere Stimme, Strecke die Hand nach mir aus, daß ich dich finde, Geliebter! Dich umarme! Didymus thats. Sie umarmten einander. Bist du ein Jsraelit, o Wanderer? einer der Maͤnner, Die zu dem Fest von den Jnseln herauf nach Jerusalem kommen? Und wie heisset dein Namen? … Jch bin der Soͤhne von Jakob Einer. Jch komm aus fernen, sehr fernen Landen. Mein Nam’ ist Joseph; und deiner, mein Bruder? … Mein Name, Joseph, ist Thomas. Aber was weilen wir hier im Schauer der Nacht und der Graͤber, Thomas? O komm, laß uns aus dieser dunkleren Nacht gehn. Diese Stille, die Dunkelheit wirft noch schwaͤrzere Schatten Auf die Bilder der Angst, die deine Seele bewoͤlken. M 2 Diese Der Messias. Diese Still’, o Joseph, und diese noch schwaͤrzeren Schatten, Diese Bilder der Angst, die meine Seele bewoͤlken, Diese lieb’ ich, liebe noch mehr den Tod und die Graͤber! Haͤtte die Erde mich nur in ihre Huͤtten des Friedens Aufgenommen; so waͤr ich nicht mehr der Soͤhne des Elends Letzter! laͤg’ ich nicht mehr, in des Jammers Tiefen, der tiefste! Thomas, mein Bruder, o heb aus diesem Staube dein Haupt auf, Schau gen Himmel, und lerne mit Furcht und Zittern klagen! Freuen sollen wir uns mit Furcht und Zittern, so sollen Wir auch klagen! Wer ist es, der das Elend zuließ? Jst es nicht der, der uns zu dem ewigen Leben gemacht hat? Sinn’ ihm nach, wenn jetzt zu des Allerheiligsten Ohre Deiner Klagen Geschrey mit ihrem Ungestuͤme Kaͤm’, und sich unter die Choͤre der Dankenden mischt’, und die Wonne Jhrer Freudenthraͤnen und Halleluja entweihte! Kann denn Gott nicht erretten? und will denn Gott nicht erretten? Lerne mit Furcht, ich sag’ es noch Einmal, lerne mit Zittern Trauren! Es ist der stets Anbetungswuͤrdige, der uns Elend sendet. Verehre, mein Bruder, den goͤttlichen Boten! Joseph, du bist ein Mann nach meinem Herzen. Jndem du Von dem Ewigen sprichst, wird deine Seele zur Flamme! Werde mit Freude von Gott, und werde mit Schmerze gesegnet, Aber mit keinem Schmerze, wie meiner ist! Ach du erlaͤgest Dann, wie ich erliege! … So rede denn, nenne die Lasten, Welche dich niederstuͤrzen! … Ja, welche mich niederstuͤrzen! Kanntest du ihn? Doch was sag’ ich zuerst? was zuletzt? O du kanntest Jesus, den Goͤttlichen, nicht! Wie lange verweilst du in Juda? Wenige Vierzehnter Gesang. Wenige Tage nur erst. Doch sind stets Boten aus Juda Nach den Huͤtten der Freude gekommen, in welchen ich wohne. Und die haben mit uns von Jesus, dem Sohne Jehova, Viel geredet. Zuletzt sind wir herunter gekommen, Jesus sterben zu sehn, und auferstehen vom Tode! Auferstehen vom Tode? Wer bist du, Joseph? … Auch hatt’ ich, Didymus, einen vertrauteren Freund in Juda, von dem ich Lange getrennt war, er trennte sich schon im Lande des Nilus. Den gab mir der Goͤttliche wieder, indem er, in Schrecken Und Erdbeben nicht mehr, noch Finsternissen daherging; Juͤnger, indem er vom Kidron in sanftem Saͤuseln heraufkam, Gab er mir meinen vertrauteren Freund, den lange verlornen, Und nun ewigen Freund. Doch ich muß dich jetzo verlassen; Aber ich komme zuruͤck, mein Bruder, und sehe dich wieder. Joseph, bleib! Wo bist du, o Joseph? wo bist du? Ach, haben Diesen Namen auch Engel? den suͤssen Namen des Lieblings Seines Vaters, und Gottes? Nur Einen Laut noch, o Joseph, Deiner himmlischen Stimme nur Einen! Allein du schweigst mir! Darf ich, wie du mich nanntest, dich nennen? mein Bruder! du schweigst mir! Wo, wo gehest du hin? wo bist du? Ach, ohne Mitleid, Faͤhrest du fort, mich nicht zu hoͤren! … Er ist kein Engel! Koͤnnte so hart ein Engel seyn? das koͤnnen nur Menschen! Aber … er wohnt in Huͤtten der Freude! … Die Boten aus Juda, Die von dem Goͤttlichen sprachen! … Wer sind die Boten aus Juda? Sandte sie Gott? … Gewiß, der Herr kann Engel aus Juda Zu den Himmlischen senden. Er kam herunter. Vom Himmel? … Jesus sterben zu sehn! So wußten die Boten aus Juda M 3 Was Der Messias. Was geschahe vorher? Und auferstehen vom Tode! … Aber dieses geschahe ja nicht! Wer kann ihn begreifen? Juͤnger nennet er mich? und dann ist Jesus vom Kidron Jm Erdbeben nicht mehr, ist in sanftem Saͤuseln, gekommen, Einen vertrauteren Freund auf immer ihm wieder zu geben? Aber wenn? eh er starb? Warum denn in sanftem Saͤuseln? Auch da faͤuselt’ es sanft, und die Woge schwieg, da von neuem Unser Leben Er uns gab, und jeden dem andern, Doch Erdbeben ist nur nach seinem Tode gewesen. Also haͤtt er ihm erst den lange verlornen, und jetzo Ewigen Freund, nach seinem Tode, wieder gegeben? Und so thaͤt er, auch todt, der Gnade Wunder, und huͤlfe? Aber warum denn todt? Sah ihn nicht Joseph erstanden? Nein, ich begreif ihn nicht! … Waͤr Jesus erstanden; wie wuͤßt es Selbst ein Engel vorher? Auch Gottes geheimstes Geheimniß Wuͤßten die Engel? Es haͤtte vor ihnen der Unerforschte Nichts verborgnes? … Je weiter ich forsche, je tiefer versink ich! Aber wacht’ ich auch wirklich? Ermattet’ ich nicht an dem Felsen, Da ich mich hielt, und beynahe nicht mehr mir meiner bewußt war? Ja, ich bin niedergesunken, und eingeschlummert, und habe Diesen Fremdling im Traume gesehn! Er war ja voll Mitleid; Warum waͤr er auf Einmal geflohn? So entfliehen nur Traͤume, Aber kein redlicher Freund, Mensch, oder Engel! Nun seh ichs, Nun erfahr’ ich es selbst, was tiefe Traurigkeit wirket, Und wie die Andern sich taͤuschen, wenn sie Erscheinungen sehen. Gluͤckliche! die ihr euch taͤuscht, und eure troͤstenden Schatten Wandelt in wahre Gestalt! … Doch ich gehe den Weg, den mich Gott fuͤhrt! Sind Vierzehnter Gesang. Sind nur meine Betaͤubung, und ihre Qualen voruͤber; O so geh ich den Weg mit Ruhe, den Gott mich leitet. Finsterniß sey er, und Dunkel und Nacht! Er fuͤhret! ich gehe! Also entschloß sich Thomas, und horchte nach dem Geraͤusche Kidrons, hinunter zu gehn, und zu ruhn in Gethsemane’s Huͤtten. Hinter ihm hatte, da er der Juͤnger Versammlung verlassen, Einer die Thuͤre geschlossen. Als dieser wieder zuruͤckkam, Sagt’ er zu der Versammlung: Jch habe die Thuͤre geschlossen, Daß wir entrinnen, wofern die Priester senden. Denn glaubt nicht, Daß ihr wuͤtender Durst mit Jesus Blute gestillt sey. Da sprach Kephas: Jch will nicht, daß ihr die Thuͤre verschliesset. Moͤgen sie ihre Schaaren doch senden. Der Herr ist erstanden! Aber sie haben ja selbst den nun Erstandnen getoͤdtet! Nun so will ich sterben, wofern es sein goͤttlicher Will’ ist! Schließt die Thuͤre nicht! Kleinmut, wie die, entehrt den Erstandnen! Muͤssen wir sterben, o Simon, so helfen geschlossene Thuͤren Uns ja nicht. Allein daß zu kuͤhn in Gefahr wir uns wagen, Jst der Wille des Herrn nicht; und Rettung uͤber die Mauer Jst in unsrer Gewalt, wenn die Thuͤre die Wuͤtenden aufhaͤlt! Jst in unsrer Gewalt, wenn der Herr die Wuͤtenden aufhaͤlt! Sagte Petrus feuriger, ließ die Thuͤre sie schliessen. Aber nicht lange, so scholl das Haus von eiligem Klopfen. Und sie erschracken. Da scholls von neuem. Jakobus erhub sich, Eilt’ hinunter, und fragte. Matthias, und Kleophas warens. Und er ließ sie herein die gluͤcklichen Beyden. Sie sanken Fast vor Muͤdigkeit, athmeten, standen, gingen langsam, Trockneten sich die Stirne. Wen floht ihr? sagte Jakobus. M 4 Und Der Messias. Und sie laͤchelten sanft, ermannten sich, eilten, und stiegen Mit Jakobus hinauf, und traten in die Versammlung. Und des Lebenden Mutter, und Magdalena Maria Kamen, mit ihnen der Glaubenden mehr, den Beyden entgegen, Traten um sie, und riefen mit freudestrahlendem Auge, Riefen: Der Herr ist wahrhaftig erstanden, und Simon erschienen Kleophas hub die Haͤnde mit Staunen gen Himmel, und sagte: Heil uns! Er ist erstanden! er ist erstanden! Auch wir sind Seine Zeugen! Auch uns ist Jesus Christus erschienen! Petrus nahte sich schnell: O Christus Bruͤder, und meine! Simon, er hat uns also genennt! er nennet’ uns Bruͤder! Petrus redete weiter: Auch diese, die euch umgeben, Haben ihn lebend gesehn, nur nicht Maria. Er wird dir, Hoff es freudig zu ihm, du seine Mutter, erscheinen! Magdale sah ihn zuerst, und allein, dann sahn ihn die Neune, Wie ihr zweifelnd vernahmt, als ihr die Versammlung verliesset, Dann erschien er auch mir. Ach namenlos ist die Entzuͤckung, Die das Herz uns erschuͤtterte, da wir nun sahn, daß er lebte! Aber, o sehet um uns die Traurenden. Unsere Bruͤder Trauren, indem wir uns freun. Schon fingen sie an uns zu glauben; Aber ach Thomas, wie elend ist er, wie in Jammer versunken! Thomas hat sie verwirrt! Der beweinenswuͤrdige Juͤnger Jst noch ohne Jesus! er hat sie verwirrt! O sie freuten Schon mit unsern Freuden sich. Herr, erbarme dich ihrer! Und vor allen des gruͤbelnden, tiefverwundeten Thomas! Aber Johannes erhub sich, und trat zu ihnen, und sagte; Mich verwirrte Didymus nicht. Jch traure nur, Simon, Daß Vierzehnter Gesang. Daß der Lebende mir nicht erscheint! … Er ist ja, du Theurer, Seiner und deiner Mutter so gar noch nicht erschienen! Sagts denn, erzaͤhlts den Betruͤbten, o Christus Bruͤder, und meine, Daß ihr lebend, lebend ihn saht! … Geliebte, wir gingen Traurend und angstvoll, ach ihr seyds noch! nach Emaus; wollten Durch des offnen Gefilds Anblick uns erfrischen, den Kummer Unsrer Seele lindern; da kam ein Fremdling gegangen, Den wir lieben mußten, so bald wir ihn sahen, und hoͤrten! Der … o was sag ich zuerst? was zuletzt? der uns der Propheten Tiefen eroͤffnete! der des Messias furchtbare Leiden, Seine Leiden, er wars, ach er war es selber! uns zeigte, Wie sie der Vater vorhergesehn, und verkuͤndiget hatte, Seines Todes ganzes Geheimniß! Noch kannten wir ihn nicht; Fremd war seine Gestalt, und verhuͤllt’ ihn uns. Jetzo erreichten Wir die Huͤtt’ in Emaus. Alles, was er uns sagte, Weis ich, und kanns nicht erzaͤhlen. Wie kann ich sprechen, wie er sprach? Seine Rede war Sturm! war Flamme! Wir flehten. Er ließ sich Endlich erweichen, und blieb. Jch hatt aus der Quelle geschoͤpfet, Hatte Speise gebracht. Nun … ach, noch seh ich das Brodt ihn Halten, noch hoͤr’ ich ihn beten. Da, als er betete, war es Jesus Stimme, die betete, warens die feyerlichen Worte Seines Segens so gar! da wars des Goͤttlichen Antlitz! Jn der Wonne sanken wir nieder, mit anzubeten. Und er brach, und reicht’ uns das Brodt, und blickte noch Einmal Liebend uns an, und verließ uns. Wir folgten ihm, suchten ihn, konnten Jhn nicht finden. Wir saͤumten nicht lang, und gingen, und eilten, Euch die Bothschaft der Wonne zu bringen. … Lebbaͤus von Thomas M 5 Mehr, Der Messias. Mehr, wie die Andern, erschuͤttert, und noch in Zweifel verloren, Saß mit hangendem Haupt, und blickte starr auf den Boden. Er, deß Seele so viel, so stark zu empfinden vermochte, Hatte die frohe Geschichte mit gruͤbelnder Kaͤlte vernommen. Jetzt verstummt’ er nicht mehr, er sprach: Jch glaub euch, Geliebte, Ja, ich glaube, daß ihr, mit einem Manne voll Weisheit, Oder wohl gar mit einem der Engel nach Emaus ginget. Sahn die Weiber, und saht ihr Engel; so sandte der Herr sie, Unsre Traurigkeit uͤber den Tod des Messias zu lindern, Unsre Traurigkeit, daß uns sogar sein Leichnam geraubt ist! Gott, der unserer Qual sich erbarmt hat, sendet uns Engel, Daß uns ihr himmlischer Anblick troͤste, maͤchtig erinnre, Jesus Seele sey nun im Schooße der ewigen Ruhe! Also leugn’ ich euch nicht, der mit euch redte, den habe Gott gesendet, euch aufzurichten; er sey nun ein Engel, Oder ein Weiser gewesen. Jch leugn’ es euch nicht, er sehe Tiefer, als wir, in die Offenbarung, und die Propheten Haben uns verkuͤndigt: es sey der Wille der Vaters Und des Richters der Welt, daß, ach den Groͤßten der Menschen, Siehe, den Unschuldsvollsten der Tod auf Golgatha toͤdte! Seht, ihr Theuren, das glaub ich mit euch. Doch daß er es endlich Selbst ward, da ers vorher doch nicht war, das kann ich nicht glauben! Sagt, wie konnt es geschehn, daß ihr ihn zuerst nicht erkanntet? Eine fremde Gestalt zu sehen glaubtet? Die Freude Hat euch verfuͤhrt. Jhr saht, indem der Fremdling das Brodt hielt, Etwas Aehnliches mit der Erhabenheit Jesus, womit er Sonst, eh wir assen, das Brodt gen Himmel dankend emporhielt, Dieß Vierzehnter Gesang. Dieß nur saht ihr, und glaubtet zu schnell, ihn selber zu sehen. Und nun wurd es euch leicht, auch Jesus Stimme zu hoͤren, Als der Fremdling betete. … Truͤbe, verfinsternde Zweifel Ließ in den Seelen, die schon verwundet waren, Lebbaͤus Traurige Rede zuruͤck. Und Kleophas sah ihn mit Wehmuth, Und mit Zaͤrtlichkeit an. Matthias umarmt’ ihn, und sagte: Juͤnger des Auferstandnen, als wir noch ihn nicht erkannten, Und ihn fragten, ob Jesus lebe? und, ob wir des Heils uns Freuen duͤrften, ihn wiederzusehn? da sprach der Erstandne: Josephs Bruͤder erkannten ihn nicht. Doch der Wonn’ u. des Weinens Selige Stunde kam, und Joseph vermochte nicht laͤnger Sich zu halten, und weinete laut! … Mit himmlischer Ruhe Sprachs Matthias. … O Jesus, wofern du lebtest, du koͤnntest Gegen mich dich nicht halten! Lebbaͤus riefs, und verhuͤllte Schnell sein bleicheres Antlitz. Jhn sahe Petrus, und wurde Doch nicht traurig. Er konnte nicht trauren! Er fragte die Beyden: Als ihr den hangenden Felsen verließt, wir sahn euch vom Soͤller, Und zu den Palmen hinuͤbereiltet, kam der Erstandne Da zu euch? … Sie sprachen: Er kam, der Goͤttliche kam schon Bey dem Felsen zu uns! Und Petrus rief in der Wonne: Meine Bruͤder, ihr habt den Erstandnen Alle gesehen! Hoͤrt ihr die Zeugen? Jhr habt schon Jesus Christus gesehen! Thomas auch. Ach, waͤr er bey uns! Des Lebenden Mutter Rief mit gefalteten Haͤnden, und suͤßer Verwundrung: Jch habe Meinen Sohn lebendig gesehn! lebendig, nicht todt mehr! Wie ein einsamer Uebriger, der durch den Tod den letzten Seiner Freunde verlor, von aͤngstlichen Traͤumen, in denen Er Der Messias. Er ihn lebend erblickt’, und nicht zu erreichen vermochte, Halberwachend, das dunklere Bild des Freundes noch suchet, Klagt, nicht weis, ob er schlafe, nicht, ob er wache, das Herz schlaͤgt Hoch ihm empor, und Flammen durchstroͤmen ihm die Gebeine, Also waren noch Viele der thraͤnenvollen Versammlung. Aber der Seraphim, die zu ihnen eilten, der Vaͤter, Die mit den jauchzenden Engeln zu ihnen eileten, wurden Jmmer mehr! … Und Simon Johanna blickt die Versammlung Liebend an. Da sieht er es schimmern! Er hielt vor Entzuͤckung Eine beginnende Thraͤne zuruͤck, und betete schweigend: O du Verborgner, und doch stets Gnaͤdiger, ewig, und ewig Gnaͤdiger! nun, o mein Erbarmer, erbarmst du dich ihrer! Kephas dankt’, und betete noch, da trat der Gottmensch Jn die Versammlung. … Wie Felsen, Ein Erstaunen, standen, Starrten sie All um ihn. Der Auferstandene sagte: Friede sey mit euch! … Sie sahn ihn, und sahn ihn nicht, standen, Blickten ihn an. Von Stroͤmen zu vieler Gedanken ergriffen, Wie in Meeren des Lichts, in denen Unsterbliche saͤnken, Sanken sie, konnten sich nicht herausarbeiten, und waͤhnten, Einen Engel zu sehn! Mit der Liebe Stimme, mit seiner, Sprach der Erstandne: Vor mir seyd ihr erschrocken, ihr Lieben? Warum kommen diese Gedanken in eure Herzen? Sehet meine Haͤnde, und meine Fuͤsse, Geliebte! Denn kein Engel hat Fleisch und Gebein, wie ihr seht, daß ich habe. Und sie bebten herzu. Maria sank vor ihm nieder, Hielt die Fuͤsse des Auferstandnen, und sahe die Wunden, Faßt ihn bey der Rechten, und sah die Wunde der Rechten, Dann Vierzehnter Gesang. Dann der Linken. Und nun vermochte sie auch in des Sohnes Antlitz hinaufzuschaun. Wie das Angesicht eines Engels Wurd ihr Angesicht, als sie hinaufsah. … Meine Mutter, Hier auch wurd ich durchstochen. Er zeigt’ ihr das Maal der Wunde, Aus der Wasser herab und Blut floß, als ihn des Todes Nacht schon umgab. Jhr ward, wie das Angesicht eines Engels Wieder ihr Angesicht. Schon umknieten die Meisten ihn, sahen Seine Wunden, und reichten ihm die Haͤnde. Die nahmst du, Sohn des Vaters, und hieltest, und ließest sie sinken, der Andern Ausgestreckte, zitternde Haͤnde zu nehmen, Erbarmer! Und, ein Jubelgesang dem Auferstandnen, erhub sich, Mit gebrochenen Worten, die Stimme des sanften Weinens. Ueber die Wange des Goͤttlichen rann jetzt eine Thraͤne. Lange hielt Johannes die Rechte des Liebenden, lange Sah er mit glaͤnzendem Aug’ hinauf in sein Antlitz, und wollt’ ihn Fragen, und fragt’ ihn nicht! ihm sagen, wie innig, wie herzlich Er ihm dankte, wie tief er ihn anbetet’, und thats nicht! Jetzo begann er, und schnell verstummt’ er noch mehr. Deñ der Gottmensch Redet’ ihn an. Du standest am Kreuz, und bliebst bis zum Tode! Aber wo ist Lebbaͤus? Lebbaͤus lag auf der Erde, Hielt, und kuͤßte den Saum an des Mittlers Gewande. Da stand er Eilend auf, da die Stimme des Herrn bey dem Namen ihn nannte, Nahte sich, bleich, wie ein Todter, vor Freude. Der Goͤttliche sagte: Hier ist meine Rechte, Lebbaͤus. Und reicht ihm die Rechte. Und Lebbaͤus streckte verstummend die Hand nach dem Herrn aus! Aber sie sank ihm nieder. Da beugte Jesus sich vorwaͤrts Nach dem Juͤngling, ergriff die Hand des Sinkenden, hielt sie Lange Der Messias. Lange mit Liebe. Die Seele des Freudigerschrocknen, sein Mund nicht, Stammelte: Gnade du bist ganz Gnade! … Der Kananite Simon, Jakobus der Alpheid’ umarmten einander, Freuten des Herrn sich, blickten umher, sahn sich, und den Herrn an, Auch die Andern begannen vom Herrn auf einander zu blicken, Und sich zu freuen, daß er sie Alle begnadiget hatte! Und, ein Jubelgesang dem Erstandnen, erhub sich von neuem, Mit gebrochenen Worten die Stimme des sanften Weinens. Um sie knieten die fruͤheren Zeugen, Petrus, Matthias, Kleophas, und die begnadigten Weiber, die Heldenseelen, Sie, die bis zu dem Kreuz hinauf dem Leidenden folgten! Unter ihnen stehet der Ueberwinder des Todes, Hebt die Augen mit aller seiner Hoheit, und breitet Seine Haͤnde gen Himmel. Noch strahlete zwar die Verklaͤrung Nicht von ihm; doch war, in seinem Antlitz voll Gnade, Mehr als jemals Goͤttlichkeit. Und sie vermochten nicht laͤnger Jhm in das Antlitz zu schaun. Jakobus neigte sich tiefer Gegen die Erd’, und wagt’ es, und rief mit flehender Stimme: Herr, Herr Gott, noch erhebe dich nicht zu deinem Vater! Ach, erhoͤre. … Der Goͤttliche sprach: Jch bleibe bey euch noch, Kindlein, … Er sprachs, und jetzt ergriffen zu maͤchtige Freuden Jhre Seelen. Sie wußten es kaum, was sie dachten, und sagten. Ach ists moͤglich, daß Jesus es selbst ist? ihr Engel! ists moͤglich? Rief der eine, der andere rief: O sind wir im Himmel? Oder auf Erden? Jst Jesus es selbst? Ach bist du es selber, Der auf Golgatha blutete? Bist du es selber, Erbarmer? Sehn wir? oder verlieren wir uns in suͤssen Gesichten? Jesus Vierzehnter Gesang. Jesus wendete sich, ging hin zu dem Tisch, und legte Auf die verbreiteten Teppiche sich, und sagte zu ihnen: Habt ihr etwas Speise fuͤr mich? … Sie erhuben sich eilend, Traten herzu, und waren beschaͤfftigt, ihm Speise zu bringen. Aber Johannes drang sich hervor vor den Andern, und brachte Honigseims, und geroͤsteten Fisches, und setzte die Speise Vor den Herrn. Mit schweigender Ehrfurcht trat er zuruͤcke. Voll von sanfter Vertraulichkeit sagte der Auferstandne: Nahe dich mir, Geliebter, wie sonst! Jhr meine Geliebte, Nahet euch auch, und ruhet um mich auf den Teppichen. Komm denn, Meine Mutter, und ruh bey deinem Sohne. … Da kam sie, Und da kamen die Andern. Er aß. Und uͤber dem Anblick Seiner vertraulichen Liebe, daß sie, an Einem Tische Mit dem Goͤttlichen ruhten, und er vor ihnen, wie sonst, aß, Legte sich ihrer Entzuͤckungen Ungestuͤm. Stillere Freuden Kamen in ihre besaͤnftigten Herzen, und voͤlliger Glaube! Da er ihre Herzen gestillt sah, sprach der Erbarmer: Seht, den Zeugen glaubtet ihr nicht, die euch sagten, Jch lebte! Mich, mich haͤtt ihr Auge vom Tod’ erstanden gesehen! Jhnen, denen ihr sonst in allen trautet, und deren Redlichkeit ihr ja kanntet, o warum glaubtet ihr hier nur Jhnen nicht? Unbiegsam, Geliebte, war eure Seele. Weint nicht, Kindlein! Jch habe ja euer doch mich erbarmet. Aber lernt, wie das Herz des Sterblichen ohne mich sey! Hatt ich es euch nicht gesagt, oft wiederhohlet: Gekreuzigt Wuͤrd ich werden! vom Tode, der Tage dritten, erwachen! Hat dieß Moses nicht auch gesagt? die Propheten, die Psalmen Nicht Der Messias. Nicht verkuͤndet? und hub ich euch nicht die Huͤlle der Schrift auf? Was ich sagte, das sagten auch diese Zeugen. Getoͤdtet Muͤßt ich werden! vom Tod erstehn! Jn Jerusalem sollen Meine Zeugen beginnen, von hier zu der Erde Voͤlkern Gehn, und ihnen die beyden erhabensten Seligkeiten: Wiederkehr zu dem, der sie schuff, und den sie verliessen; Und Vergebung der Suͤnde, des ewigen Lebens Anfang, Predigen. Bruͤder des Mittlers, ihr seyd die Zeugen. Jhr sollt mich Auf der Erde verkuͤndigen. Siehe des Vaters Verheissung Will ich euch senden. Jhr sollt, bin ich zu dem Vater gegangen, Jn Jerusalem bleiben, bis ihr mit Kraft aus der Hoͤhe Angethan, hinwandelt, und lehrt: Wer glaubt, und getauft wird, Der wird selig! verdammt, wer nicht glaubt! Der Glaubenden Viele Sollen Wunder begleiten. Jn meinem Namen vertreiben Sie den Satan aus den Besessnen; und reden in Sprachen, Die sie nicht lernten. Auch Schlangen vertreiben sie. Ohne zu sterben, Trinken sie toͤdtlichen Trank! Sie legen die Haͤnd’ auf die Kranken, Und die Kranken genesen. … Der Mittler erhub sich mit Wonne, Ging dann vorwaͤrts in die Versammlung. Sie drangen um ihn sich Freudig herum, ganz nah ihn zu sehn. Der Liebende sagte: Naht euch, meine Juͤnger! Die Andern traten zuruͤcke, Nicht nur neidlos; sie freueten sich, wie vollendete Fromme Sich im Himmel des Heils der Mehrbegnadeten freuen, Ueber die Gnade, die Jesus gab den Ersterkohrnen. Und der Goͤttliche stand, um ihn die hohen Apostel. Auch sie sollten bluten! Er sah im Geiste sie bluten. Und, erschuͤttert von inniger Liebe, sprach er zu ihnen: Friede Vierzehnter Gesang. Friede sey mit euch! … So sprach des Goͤttlichen Stimme. Und wie einer, deß Seele der Freuden zu viel belasten, Athmet’ er tiefer herauf, und blies sie an, und sagte: Jetzt schon empfaht den heiligen Geist! Jn reicherer Fuͤlle Werdet ihr bald ihn empfahn. Wem ihr die Suͤnden erlasset, Sind sie erlassen. Wem ihr sie behaltet, sind sie behalten! Und sie vernahmen den großen Befehl mit Erstaunen, und Demut. Jetzo daucht’ es ihnen, als wollte sie Jesus verlassen. Und sie standen um ihn, und wagten es nicht zu bitten, Daß er bliebe; doch zitterten sie, doch fleht’ ihm ihr Auge. Petrus gefaßt von Gedanken, die seine Seele wie Flammen Ueberstroͤmeten, warf zu den Fuͤssen Jesus sich nieder, Hielt sie, kuͤßte sie, rief: Jch kann auf der Erden nicht danken! Herr! im Himmel will ich dir danken! Jch weis es, Erbarmer; Denn so sprach dein Gesendeter: Sagts den Juͤngern, und Petrus! Denn du erschienst mir! und du erscheinst mir! ich weis es, Erbarmer, Goͤttlicher Suͤndeversoͤhner, du hast mir meine Verleugnung, Mein Erretter, und aller Gefallnen Erretter, vergeben; Aber laß sie, du Liebe, mich dir noch Einmal bekennen, Herr, bekennen vor deinem Antlitz, beweinen! der Gnade Stimme mich hoͤren! Vergebung aus deinem goͤttlichen Munde, Deine Himmelsstimme, daß du in das Leben mich aufnimmst, Hoͤren, eh ich von dir, zu denen, die du versoͤhnt hast, Geh, und in deinem Namen den Suͤndern Suͤnde vergebe! Und er sahe mit vollem Vertraun, und inniger Demut Jn des Liebenden Antlitz. Da sprach der Geopferte Gottes: III Band. N Siehe, Der Messias. Vierzehnter Gesang. Siehe, das weist du, ich habe fuͤr deine Seele gebeten, Daß ihr Glaube nicht ganz sie verliesse. Mich hoͤrte mein Vater. Simon, steh auf! Es ist dir deine Suͤnde vergeben! Also sprach der Geopferte Gottes mit einer Stimme, Die ihr Mark und Gebein durchdrang, und die innerste Seele, Und sie sahn ihn nicht mehr. Da rief der begnadete Petrus: Herr! wir folgen dir nach in Galilaͤa! … Des Grabes Engel erschien. … Noch seht ihr den Herrn in Jerusalem wieder, Hoͤret von ihm, wenn ihr in Galilaͤa ihn sehn sollt. Und der Engel verschwand mit langsam verloͤschendem Schimmer. Der Der M essias. Funfzehnter Gesang. Jnhalt des funfzehnten Gesangs. E inige der Auferstandnen erscheinen. Erscheinungen sehen: Neph- thoa, einer der Knaben, die Jesus unter das Volk stellte; Di- lean; Tabitha, die Petrus auferweckte; Cidli; Stephanus; Bar- nabas Joses, der Levit aus Cypern; Portia; Beor, der Blindge- bohrne, den Jesus sehend machte; Abraham, und Moses wollen Saulo erscheinen, Gabriel verbietet es ihnen; Samma, Joel, El- kanan, Simeons Bruder, und Boa zugleich; Maria, die Mutter Jesu; Cidli, Jairus Tochter, und Semida, der Juͤngling von Nain. Der Messias. Funfzehnter Gesang. K omm, die meine Seele mir oft, mit sanfterer Wehmut, Und mit ihrer großen Erwartungen Schauer erfuͤllte, Komm, Betrachtung der kuͤnftigen Welt. Die kuͤnftige Welt war Auf der Erde, da das, wovon ich singe, geschahe. Denn die Todten erschienen den ersten Christen, zum Himmel Sie zu berufen, zu weihn die Bruͤder zum ewigen Leben. Klein war nur die selige Schaar; doch aus dieser Wurzel Wuchs, ein Schatten verbreitet in allen Himmeln, ein Baum auf, Voll von dichten Zweigen: Die Hundert und vierzig Tausend, Alle Versoͤhnte! Das Heer ohne Zahl am krystallenen Meere, Alle Versoͤhnte! Die Schaar der Hundert und vierzig Tausend Sangen, als sie der Himmlische sah, der bis ans Gericht blieb Ueber das Schauthal, sangen das neue Lied vor dem Throne, Welches keiner zu lernen vermag. Sie waren erkaufte N 3 Von Der Messias. Von der Erde, von keiner Liebe des Eiteln beflecket, Folger des Lamms, wohin es auch ging, die Erstlinge Gottes, Und des Lamms, unstraͤflich vor Gott, in Worten, und Thaten! Siehe das Heer ohne Zahl, da der Zeuge des Herrn es erblickte, Rief, wie es war, aus allen Geschlechten, und Sprachen, und Voͤlkern, An dem Throne versammelt, in weißem Gewand’, in den Haͤnden Palmen, es rief mit der Stimme des lauten Jubels: Dem Herrscher Auf dem Throne sey Heil! Heil unserm Gott, und dem Lamme! Und da fielen aufs Antlitz die Engel, und Aeltesten nieder, Und da rauschte das Meer, da wehten die Palmen der Sieger. Denn gen Himmel hinauf, aus großer Truͤbsal gen Himmel, Sind sie gekommen, sie haben gewaschen ihre Gewande, Hell sie gemacht im Blute des Lamms, die seligen Dulder! Aber itzt war die kleinere Schaar, die Wurzel des Baumes, Noch nicht einmal berufen. Sie schliefen noch unter den Huͤllen Jhres Gesetzes. Es sollten zum erstenmal sie Erstandne Wecken, dann Kephas in seiner Rede der Salbung von Christus! Und zu deren Gemeine, die selig wurden, hinzuthun Sie dreytausend auf Einmal. Noch schlummerten selbst, die von ihnen Sollten Erstlinge werden, verstanden noch nichts von dem neuen Ewigen Liede der Wonne; Noch schliefen die anderen Sieger, Ohne Palmen, und hellgemachte Kleider im Blute. Ach! noch schlafen wir Letzten der Erde! Werden wir Armen Auch erwachen vom Schlafe, damit uns Christus erleuchte? Siehe! das Werk des Erstandnen begann. Die verklaͤrten Gerechten Schwebten Tabor hinab, zu erscheinen den kuͤnftigen Christen. Aber eh noch der Erscheinungen Schaar nach Salem hinabstieg, Sam- Funfzehnter Gesang. Sammelt’ um sich sie herum der Auferstandnen, der Todten, Und der Sterblichen Vater, und sprach: Nun sind sie gekommen, Freut euch, Kinder, nun sind des Heiles Stunden gekommen, Da wir gewuͤrdiget werden, die ersten Winke zu winken, Nach dem schmalen Wege! den ersten Durst zu entzuͤnden, Nach der Quelle des Lebens! Der Stifter der himmlischen Kindschaft Hat es eurem Gefuͤhl, und Erforschungen uͤberlassen Auszuwaͤhlen, wie es euch duͤnkt. Jhr waͤhlet, die Kinder Werden, und Erben! ihr waͤhlt der Vorbereitungen Weise. Doch nicht allein, die ihr der hohen Erscheinungen wuͤrdigt, Sind zu dem Heile berufen. Und wenn ihr beriefet, die Gott nicht Auch berufet; so wuͤrden der Thronen Engel euch warnen. Eilt denn, genießt den Wonnegedanken, euch Bruͤder zu waͤhlen Zu dem Erbe des Lichts! Jch seh, die werdet ihr waͤhlen, Welch’ in ihrer Finsterniß schon, die Gnaden empfingen, Daß sie, wiewohl mit Straucheln, den Wandel im Himmel begangen; Und ihr werdet sie kennen, die diese Gnaden empfingen. Tiefsinn war in der Seele des Knabens geblieben, den Jesus Unter die Hoͤrer gestellt, und gesegnet hatte. Nephthoa Nach der Quelle genannt an Ephrons Graͤnzengebirge, Liebte minder seitdem die Gespielen, und Einsamkeit war ihm Suͤßer, als alle Freuden der frohen Jahre geworden. Bluͤte trug er, und Frucht, in beginnendem Lenze des Lebens Reif wie Juͤnglinge, voll Verstandes, und goͤttlicher Gnade. Sieben Jahr’ entflohen ihm erst, und er hatte das letzte Betend verlaͤngert, ein Jahr voll reicher Saaten, unkennbar Denen, die kleine Dinge, verwebt in das Eitle, nur dachten; N 4 Aber Der Messias. Aber mit Segen von Gott zu der Ewigkeit Erndte gesegnet. Auch in dem achten saͤte Nephthoa der Erndte. Das hatt’ er Mit dem strahlenden Tage der Auferstehung begonnen. Und er betete jetzt in der Abenddaͤmmrung, gesunken Auf sein Knie in den Staub, in einem Winkel des Hauses, Wo er wußte, daß keiner ihn faͤnde. So flehte der Knabe: Herr, du hoͤrst mich gewiß, ob ich es gleich nicht erfahre, Daß du mich hoͤrst. Stets komm ich von neuem, und flehe von neuem, Daß du mich hoͤren moͤgest, o aller Kinder im Himmel Vater, und aller auf Erden! Vor deinem leuchtenden Throne Knien wir Alle: wir Armen auf Erden, denen ihr Erbe Thraͤnen sind, wir knien in Staube; die ausgeweinet Haben, auf schimmernden Wolken; und jene, die niemals weinten, Jn den Strahlen der Sterne, die ungefallnen Engel. Alle flehen von dir mehr Seligkeit; aber mit Ruhe Flehen sie jene dort oben. Denn sie labt Fuͤlle der Freuden. Wir, wir flehen weinend dich an, um Erloͤsung vom Boͤsen, Ach Erloͤsung vom Elend, und Segen zum ewigen Leben. Unvollendet kann der nicht bleiben, den uͤber mich aussprach Dein erhabner Prophet in jener seligsten Stunde Meines Lebens, als er in die große Versammlung mich stellte. Wuͤrd’ er vollendet, wenn er vergaͤngliche Dinge nur gaͤbe? Nur Versorgung des Lebens, das schnell, wie die Blume verbluͤhet! Nein, du steigest hinauf in die Ewigkeit, himmlischer Segen Dessen, den Gott nicht nur, die Kranken zu heilen, gesandt hat; Auch zu heilen die Suͤnder, hat ihn der Erbarmer gesendet. Ach ich kenn’ ihn noch nicht den Segen zum ewigen Leben, Weis Funfzehnter Gesang. Weis es noch nicht, wie mich, der einst mich segnete, leiten, Welchen Weg er zu gehn, mir gebieten wird. Aber ich will mich Doch auf Gott verlassen. Dein Wille, nicht meiner, geschehe! Ach, noch ist mir kein Tag in meiner Seele geworden Jener großen Erkenntniß des Ewigen! Aber ich will mich Dennoch verlassen auf dich! Herr, Herr dein Wille geschehe! Liessest du leuchten auf mich, Gott, deines Antlitzes Freuden; O so truͤg’ ich leichter die Last des Jrrens im Dunkeln: Aber ich will mich dennoch auf dich, auf dich verlassen! Ach das kurze, das fliehende Leben, die Knospe, die aufbluͤht, Wegzuwelken! Wenn welkt, mit wenig Erde beworfen, Und verborgen zu werden, auch meins? Was treibt mich vor Unruh, Jmmer Erkenntniß, und Freude, durch Gott zu suchen? Jch sollte Still erwarten, bis ich mich niedersenkte, zu welken, Und verpflanzt ins Gefilde des Lichts und der Ruhe zu werden; Hier ist doch kein Erkenntniß, und keine Rettung ins Helle, Aus der deckenden Nacht, die unsre Seelen umhuͤllet. Sind sie nicht zahllos die Dinge, die ich nicht kenne? Sie werden Noch unzaͤhlbarer seyn, wenn erst mein Geist sich erweitert, Und ins Hoͤhere schwingt, von reiferem Alter erhoben. Doch sey ruhig, mein Herz! Den Durst nach seiner Erkenntniß Stillet gewiß, der dich hat mit diesem Durste geschaffen. Wenn ich, vergoͤnnst du es mir, der mich zu dem Ernste geweckt hat, Und dem Blicke des Knabens nur sanftes Laͤcheln gelassen? Wenn ich zuruͤck zu meinen Gespielen kehrte? mit ihnen Bluͤhte, wie Rosen? mit ihnen von leichten Dingen nur spraͤche? Nicht von der kuͤnftigen Welt, und jener großen Erkenntniß? N 5 Und Der Messias. Und so wartete, bis mit Weisheit von oben der Vater Alles Lichts mich erleuchtete? Jesus fand mich ja also, Da er mich in die Versammlungen rief, und segnend mich aufnahm. Also betet Nephthoa. Sein Engel, der neben ihm schwebte, Hoͤrt’ ihn beten, und schrieb mit unausloͤschlichen Zuͤgen, Flammenschrift in sein Buch, ein Buch des Lebens, das alles, Was mit Gnade vernahm der große Hoͤrer des Himmels Jn des Knabens Gebet. Jndem die schimmernde Schrift flog Mit der Hand des Unsterblichen, kam Benoni, und nahte Sich dem Beter, und ihm. Willst du ihm erscheinen, Benoni? Rief mit Entzuͤckung der Engel, und reicht’ ihm das wehende Buch hin. Und der Erstandne las. Der Jmmerunsterbliche haͤlt sich Jn der Freude nicht mehr, und umarmt den himmlischen Juͤngling. Ach Erhoͤrung, Erhoͤrung, von Gottes Throne gesendet, Rief der freudige Seraph, du bist schon heute gekommen! Und Benoni nahete mehr. Noch kniete Nephthoa Und begann von neuem zu beten. Mit herzlicher Frende, Junigem, ewigem Dank seyst du, o Vater, gepriesen, Der der Gnaden so viele mir gab. Wie hast du mit Huld mich Ueberschuͤttet! Du warst es, du hast mir des grossen Propheten Segen, du Vater der Ewigkeit, zugesendet, du Vater Aller Kinder im Himmel, und aller Kinder auf Erden! Wer beginnet, und wer vollendet, genung dich zu preisen, Herr der Herrlichkeit, dem ich dieß Auge voll Thraͤnen erhebe? Jn der Saͤuglinge Munde so gar hast du dir bereitet, Herr, dein goͤttliches Lob. Jch will, wills nicht verschweigen. Denn du hast dir auch Lob in der Kinder Munde bereitet. Erst Funfzehnter Gesang. Erst wollt’ ihm Benoni, wie einer der Pilgerknaben, Die zu dem Feste wallten, erscheinen. Doch als er des Preises Freudenthraͤnen erblickte, vermocht’ er sich so nicht zu halten, Und er erschien Nephthoa in seiner Herrlichkeit. Strahlend Stand er vor ihm, gekleidet in Morgenwolken des Fruͤhlings. Und Nephthoa erschrack nicht. So war die Seele des Knabens An die Bilder gewoͤhnt, die ihm von dem Himmel kamen, Oft in Traͤumen, und oft in fast erwachendem Schlummer. Und er lockte das Haar des himmlischen Juͤnglings, und redte Mit schnellfliegenden Worten. Dich hat der Prophet mir gesendet! Salems Juͤngling, wo schwebest du her? dich hat mir gesendet Jesus! Du bist ein Bote des Segens, des Friedens, der Wonne! Rede, sings in die schimmernde Harfe, worauf du dich lehnest, Sage, wo schwebest du her! Erzaͤhl, erzaͤhle von Gott mir, Sohn des Lichts! erzaͤhle von meinen Todten mir, Erbe Jhrer Freuden, von meiner entschlummerten Schwester voll Unschuld, Die mir bey Rosen entschlief, in der Morgendaͤmmerung Duften, Eine Bluͤthe sie selbst, da sie nun lange schon todt war. Bringst du mir keinen himmlischen Gruß von Dimna Kedemoth? Oder wie sonst im Himmel ihr neuer Namen jetzt heisset; Und was sagte sie dir? Vielleicht: Der Herr sey gepriesen, Daß ich todt bin, und daß auch mein Nephthoa wird sterben? Nimm mich mit dir zu Dimna Kedemoth. Verzeih, du Bewohner Jener Huͤtten, daß ich es wagte, so lange zu reden. Ach, du schweigst mir, Bote von Gott! Jetzt redte Benoni. Daß ich, Nephthoa, dich seh’, und deiner Freuden Entzuͤckung Hat mich schweigen gemacht. Der Herr hat dir mich gesendet. Jesus Der Messias. Jesus war todt, das wußtest du nicht! und ist schon erstanden Aus dem Grabe. Bald wird er hinauf in die Herrlichkeit gehen! Seine Geliebten werden alsdann in Jerusalem zeugen, Von dem Tode, der Auferstehung, und von der Erhebung Jesus Christus! Die hoͤre. Sie werden von Gott dir erzaͤhlen, Was, als einem Sterblichen dir, zu wissen, vergoͤnnt ist. Deine Schwester empfaͤngt dich dereinst in der Lebensbaͤume Duftenden Schatten! … Doch, nun muß ich Nephthoa verlassen. Ach noch nicht, du Himmlischer, bleib noch, du Fremdling aus Salem, Wende noch nicht von dem Sterblichen weg dein schimmerndes Auge, Diese Morgenroͤthe der Wangen, dieß Laͤcheln der Wonne. Aber Benoni verschwand. Nephthoa blieb mit Entzuͤckung Stehn, und mit ausgebreiteten Armen, das Bild zu umfassen Seines himmlischen Freundes, das zwar von Schimmer entkleidet, Aber vor ihm, so dacht’ er, noch stand. Auch dieses verschwand ihm, Und ihm sanken die Arme nieder. Da faltet’ er betend Seine Haͤnd’, und blickte gen Himmel, und laͤchelte weinend, Nicht so einsam, wie es ihm dauchte. Noch hatt’ ihn sein Engel Nicht verlassen, noch nicht der unsichtbare Benoni. Und sie hoͤrten den Knaben den Namen des Gnaͤdigen preisen, Jhn aus inniger Seele dem Allbarmherzigen danken, Der die Erscheinung ihm gab, und die Hofnung der grossen Erkenntniß. Dilean war der einzige Freund, den er hatte, gestorben, Und die Geliebte dazu. Er kannte Gottes Propheten, War, mit brennendem Durste, gewiß zu werden, in Salem Lange geirrt, und hatte geforscht: Ob Jesus erwacht sey? Oder noch todt? Die Nacht hing uͤber sein Haupt, die Stroͤme Gingen Funfzehnter Gesang. Gingen ihm bis an die Seele. Beruhigung sucht’ er, und fand sie Auch nicht auf den Gefilden voll Fruͤhling. Jtzt kehrt’ er verspaͤtet Zwischen den Graͤbern am Oelberg um. Verirrendes Dunkel War sein Fuͤhrer. Er ging in den tiefen Kruͤmmen, und suchte. Jst das Kidrons Geraͤusch? und jenes Wehen, der Palmen Jn Gethsemane? Nein! das ist ein Brausen in Kluͤften. Sind das Menschenstimmen? Jndem erblickt’ er ein Schimmern, Das beynahe verlosch, geweht vom Winde. Dem folgt’ er. Und er kam an ein Todtengewoͤlb’, aus welchen sie Leichen Trugen. Ein Reicher erkaufte den Felsen von einem Armen. Und sie trugen ein ganzes Geschlecht, des duͤrftigen Vaͤter Aus dem Gewoͤlbe. Dilean blieb an der Oeffnung des Grabmaals. Und sie gingen mit aͤchzendem Schritt’ heraus, mit verdroßnem Langsam wieder hinein, bewundne Gebeine zu hohlen. Gluͤckliche sinds, die ihr tragt! Gebt mir der Todtenfackeln Eine, damit dort hinten ich sie bey den Leichen euch halte. Und sie gaben ihm eine, da ging er hinter ins Grabmaal. Und er hielt die Flamme, gelehnt an den Felsen, und dachte: Gluͤckliche, gluͤckliche Todte! … Die seyd ihr auch, ihr Geliebten, Die mich verliessen. Wenn erst auch eure Leichengewande Einst veralten, wie dieser, so bin ich, wie ihr, auch gluͤcklich! Aber nun … Euch hab ich Verlaßner verloren, ihr Lieben, Meine Seligkeit hier! … und, meine Seligkeit kuͤnftig, Gottes Propheten, verlor ich auch! … Jst eine nun kuͤnftig, Da er Tyrannen erlag? Sorgt Gott, sie ewig zu machen, Ach fuͤr die, bey denen die Besten den Schlimmsten erliegen? Bin ich ewig? oder verstaͤub’ ich? Erstand er? verwest er? Diese Der Messias. Diese sind die bebenden Fragen, die Keiner mir aufloͤst, Auch, ihr Stummen da, nicht! Jhr muͤsset es koͤnnen, wofern es Jrgend ein Endlicher kann. Nicht diese Gebeine vermoͤchtens; Aber der Geist! Wo seyd ihr, ihr abgeschiednen Genossen Dieser Leichen? Jst euch des Lichtes Wohnung der Freude Wohnung zugleich, wenn Einer auch nur von eurem Geschlechte Sich mit diesen Zweifeln die Seele martert? Er dacht’ es. Und nun war von Leichen das Grab und von Todtengraͤbern Leer! Kaum merkt’ er es. Endlich erweckt’ ihn die tiefe Stille. Siehe, nun bin ich allein! Jhr abgeschiednen Genossen Eurer Leichen, wer seyd ihr? Elisa Gebein erweckte Einen Todten. So war ja bey diesem Gebeine die Seele! Denn der Staub erweckte doch nicht! Wenn auch Eine nur hier ist: Komm, du Eine! damit ich lerne, was kuͤnftig mein Loos sey! Komm, ich will mich vor dir nicht, Seele des Todten, entsetzen. Auf! ich beschwoͤre dich, Seele, bey deinem letzten Erseufzen, Als du rangst mit dem Tode! bey deiner Hofnung, unsterblich, Oder bey deiner erschuͤtternden Angst, vernichtet zu werden, Als du rangst mit dem Tode! So rief er, und sah in das Grabmaal. Thirza war schon um ihn, der sieben Maͤrtyrer Mutter, Mit den Seelen des Freundes, und seiner Geliebten gewesen. Diese hatten ihn schon durch das Thal der Graͤber begleitet Bis zu dem Felsen, in welchem er war. Darf ich ihm erscheinen? Fragte die treue Geliebte. Doch wuͤrd er sich nicht entsetzen, Wenn er mich saͤh? Jch will ihm erscheinen! erwiederte Thirza. Ohne Hofnung, zu sehn, wornach er verlangte, bemuͤhte Dilean sich zu schlummern, und also sich zu entlasten Von Funfzehnter Gesang. Von den truͤben Gedanken, die ihn, wie Wolken, bedeckten. Aber er sucht’ umsonst die kurze Ruhe vom Elend. Wehmuth fuͤllte von neuem sein Herz. Euch hab ich verloren, Meine Freunde! dich auch, mein Freund in weiblicher Bildung! Ach ihr ließt mich zuruͤck. Nun bin ich allein auf der Erde! Bin … Wer tritt da herein? Wer bist du, der sich mir naͤhert? Und er ging der dunkeln Gestalt entgegen. Auf Einmal Ward zur Unsterblichen Thirza aus einer Sterblichen. Schauernd Stund er. So schnell ist der Wink, so schnell ermannt’ er sich wieder, Ging, und betrachtete schweigend die Strahlengestalt, und redte Bald sie an. Wirst du mein Danken, Erscheinung, verstehen? Oder bist du ein Dunst der Nacht, den Flammen beseelen? Oder ein Bild in meinem Gehirn? … Jhm laͤchelte Thirza Sanft mit der Himmelsgebehrde, mit so viel Seel’ in dem Auge, Daß er den flammenden Dunst vergaß, und das Bild im Gehirne. Laut, mit Schnelligkeit, rief er: Erscheinung, Erscheinung, wer bist du? Und melodisch erscholls in dem wiederhallenden Felsen: Wer ich sey, vernimmst du hernach. Jetzt lerne, Begluͤckter! Halt dich nicht vollkommner, als Andre, weil du die Gnade Dieser Erscheinung empfaͤhst. Nicht unvollkommner, als Andre, War der Blinde von seiner Geburt, dem Jesus den Tag gab. Daß er ein Zeuge der Herrlichkeit Jesus wuͤrde, bedeckt’ ihn Blindheit lange! Daß du, wie er, zu zeugen vermoͤchtest, Sandte mich Jesus zu dir, der Auferstandne vom Tode. Nicht, weil du mir riefst, dich zum Zeugen zu machen! erschein’ ich! Waͤre dir ohne dein Rufen erschienen! Dein Zweifeln verdiente Zwar Der Messias. Zwar Vergebung, allein Belohnung nicht! Und Belohnung Waͤr ich, Dilean, dir, waͤrst du nicht zum Zeugen erkohren. Was geschehn soll, geschieht; ihr zweifelt! oder ihr leugnet! Zweifelte gleich das ganze Geschlecht der sterblichen Suͤnder An der kuͤnftigen Welt; sie wuͤrden dennoch erfahren, Daß geschieht, was geschehn soll! erfahren, daß uͤber den Graͤbern Leben wohnt; wie verwundernd sie auch die Erfahrung erfuͤhren. Bleich stand Dilean, als die Erscheinung endete. Nein, ich Unterwinde mich nicht, noch mehr zu fragen? Jch beuge Mich im Staube vor dem, der dich mir gesandt hat, Erscheinung! Und er kniete nieder, und wandte sich weg von Thirza. Herr der Herrlichkeit, du, der erstand! vergieb mir mein Zweifeln! Meine Thraͤnen dazu! Du wuͤrdest, Goͤttlicher, wissen, Was ich bete; vernaͤhms auch dein Bote nicht! den du mir sandtest! Herr der Herrlichkeit, laß das große Ziel mich erreichen, Das du durch diese Sendung mir zeigst; so wall’ ich in Frieden, Wenn ich sterbe, zu dir hinauf und den Meinen im Himmel! Und er richtet sich auf. Noch schwebte vor ihm die Erscheinung. Also floß mit lieblichem Wehn der Unsterblichen Stimme: Siehe, du unterwandest dich nicht zu fragen! ich aber Will antworten. Jch bin der sieben Maͤrtyrer Mutter, Thirza. Bey diesem Felsen schwebt die gluͤckliche Seele Deiner Geliebten, an jenem des Freundes, die liebend dein warten. Aber vernimm der Seligkeit mehr. Der Messias erscheinet, Eh er zum Throne sich schwingt, in Galilaͤa den Schaaren Von fuͤnfhundert Bruͤdern auf Einmal. Da wirst du ihn sehen! Mit Funfzehnter Gesang. Mit dem Worte verschwand die erhabne Thirza. Jhm deucht es, Als ob er dreyer Unsterblichen Rauschen von ferne vernaͤhme. Und er kam der Sonne, die jetzt aufging, aus der Hoͤhle Freudeweinend, entgegen. Noch blieb er dankend am Eingang, Daß du ihm Fuͤlle der Herrlichkeit gabst, und des Himmels Vorschmack, Ewiger Quell des ewigen Lichts, da er durstet’ im Elend! Daß du ihm halfst, da ihm Menschen nicht mehr zu helfen vermochten. Mit nachahmender Hand Gemaͤlde von Seide zu sticken, Saß an einem tyrischen Purpurteppich erfindend Tabitha. Fruͤhwegbluͤhende Mutter Benoni’s, dein Grabmaal War ihr ernster Geschaͤfft, als sonst vielfarbige Faden Unter weiblicher Hand. Sie dachte beym Spiele der Nadel. Auf dem Grabe ruhte die bleiche Rahel. Benoni Kniete bey ihr, und stieß mit weggewendetem Auge Einen Dolch ihr ins Herz. Jetzt eben rannen am Dolche Blutige Tropfen herab, da vom Purpur Tabitha aufsprang, Eilet’, und, die Ermattete lief zu empfangen, die ankam. Jn dem Gewande der Leichengefolge, mit blaͤsserer Wange, Trat die Unbekannte zu ihr. Doch die Leiden der Freundschaft Hatten nicht jede Schoͤnheit der jugendlichen Debora Auszuloͤschen vermocht. Gleich einem truͤben Morgen War sie, doch einem Morgen des Fruͤhlings. Jch komme, so sagte Sie zu Tabitha, hier von dem schweren Gange zu ruhen; Denn ich vermochte nicht weiter zu gehn. Ach meine Geliebte Ruht nun besser, als ich, die Geliebteste meiner Geliebten. Bleib du bey deinem Geschaͤfft; laß mich nur ruhen, und weinen. III Band. O Und Der Messias. Und sie saß, und lehnte sich sanft auf eine Harfe, Der ein weinender Laut entklang, indem sich Debora Auf sie lehnt’. Umsonst ward Tabitha dieser Betruͤbten Troͤsterinn. Laß mich allein, und jene Wunde da bluten! Meine blute fuͤr sich. Und Tabitha ging zu den Schmerzen, Die sie nun weniger ruͤhrten, zuruͤck, und versuchte zu sticken. Aber jetzo ergriff die Unbekannte die Harfe, Und wie ein fernherweinender Bach, wenn vor dem Gewitter Todesstille die Waͤlder beherrscht, erklangs in den Saiten Und die sinkende Hand der grabverlangenden Freundinn. Tabitha hoͤrete nur, und vergaß der Leidenden Thraͤnen, Als ihr Gesang, die Seele der Saiten, mit ihnen ertoͤnte. Gott der Goͤtter, belohne du nun die vollendete Todte. Doch sind Leiden der Zeit der Herrlichkeit wuͤrdig, zu der du Gott, Belohner erhebst? Sie starb in der Bluͤte des Lebens! Aber was ist die Blume, die sank von Sturme gebrochen, Gegen die Ceder Gottes, die oben auf Golgatha stuͤrzte? Die vom Himmel herab des Allmaͤchtigen Wetter zermalmte, Daß die Felsen umher, und die Graͤber der Todten erbebten? Wie von dem Bilde geschreckt, verstummte Debora. Nur einzle, Starke Schuͤttrungen rauscheten noch durch die Nerven der Harfe Weit herunter, bis endlich, die hohe Seele der Saiten, Bis der Gesang, von neuem begann. Das Leichengefolge Deß, der auf Golgatha starb, war ein kleiner weinender Haufe Sterbliche; waren, verloschen an Schimmer, Himmelsbewohner! Und der Todtengesang der unsichtbaren Begleiter Scholl, wie der Storbenden Weinen am siebenarmigen Strome, Als Funfzehnter Gesang. Als von der niedrigsten Huͤtte der Wuͤrger hinauf zu dem Thron stieg! Ach, Ein Schlag des Verderbers! alsdann Ein Seufzer! der Tod dann! Hoͤrerinn ihres Gesangs war nicht die Erde; die Sterne Waren Hoͤrer! Orion und du, des Richtenden Wage! Die vernahmen sie nur. Da schloß ein gewaͤlzter Felsen Dumpferschuͤtternd sein Grab! da stieg mit des sinkenden Felsen Dumpfem Schall gen Himmel Staub. Da ruhte der Todte. Schneller eiltet ihr fort, ihr Sterne Gottes. Der Todte Schlief nicht lange. Mit Herrlichkeit, Halleluja, erwacht’ er! Halleluja, mit Herrlichkeit! Einige Schritte nur wart ihr, Du Orion, und du, des Richtenden Wage, gestiegen, Als er erstand! O feyerts in allen Himmeln, ihr Zeugen, Daß er erstand! Und die auf dem einsamen Grab’ hier blutet, War auch Zeuginn, und Zeuge, der ihr den Dolch in das Herz stoͤßt. Waͤhnest du, Sterbliche, daß der Schlaf der Verwesenden ewig, Daß auf immer daure der Schlummer im Schoosse der Erde? Tabitha sah zur Prophetinn hinauf, und verstummte zu fragen. Jrr’ und wundernd hielt sie sich an dem Rahmen des Teppichs! Aufstehn wollte sie, wollt’ hingehn zur Prophetinn; vermochts nicht! Und Debora stuͤtzete sich auf die Harfe. So sprach sie: Lerne! Denn viel mußt du von der Auferstehung der Todten Lernen! Du brauchst viel Trost des Todes, denn, Tabitha, zweymal Jst dir zu sterben gesetzt. Der Erstgebohrne der Todten War, und ist dereinst der Entschlafnen allmaͤchtiger Wecker. Nur mit leiser Klage, daß du zu der Erde zuruͤckkehrst, Und mit suͤssem Erwarten der zweyten Schoͤpfung aus Staube, Mußt du nieder dich legen, und sterben. Den schreckt nicht des Grabes O 2 Offne Der Messias. Offne Nacht, nicht Erd’ auf den Leichnam mit dumpfem Getoͤse Niedergeworfen, nicht Stille verlaßner einsamer Graͤber, Noch der Verwesung Bild wer, wenn dieß alles sein wartet, Weis, daß Gott ihn dereinst in seinen Himmel hinaufruft, An dem Tage der grossen Geburt in das Leben der Engel. Also sagte Debora, und nahm die Harfe von neuem, Und sanftlispelnder Laut, und unsterbliche Stimmen entflossen Jhrer fliegenden Hand, und ihrem laͤchelndem Antlitz. Was empfand ich, als nun das neue Leben mich aufhub Aus der blumigen Gruft! mein Staub Unsterblichkeit wurde! Aus den Choͤren der Engel zu mir die Verklaͤrung herabstieg! Wie erbebt’ ich! (Sie bebte von neuem, und wurde zu Schimmer.) Welcher Seligkeit Schauer durchstroͤmte mein innerstes Leben! Welcher Glanz war mein Glanz! Jn welcher Herrlichkeit Lichte Wohnte mein ewiger Geist! Jch wandte mein Antlitz, und suchte Dessen Thron, der von neuem mich schuf. Er war mir nicht sichtbar. Leises Wehn nur, und Saͤuseln der Gegenwart Gottes umgab mich. Jhre Himmelsstimme verlor stets sanfter dem Ohre Sich, dem Auge der Schimmer. Da blieb voll Blaͤsse der Freude Tabitha stehen; und nun schwieg auch der Harfe Nachlaut. Gedor von sanftem Herzen, und gleich empfindlich der Freude Und der Traurigkeit, aber auch festen Entschlusses, dem Geber, Ruhe gaͤb er ihm, oder Schmerz, sich zu unterwerfen; Gedor lebte verborgen, und gluͤcklich mit der Gefaͤhrtinn Dieses Lebens nicht nur, auch jenes ewigen Lebens. Wie sie sich liebten, wußten nur sie, und wenige Freunde. Weggewandt von dem Leben am Staube, besprachen sie oft sich Von Funfzehnter Gesang. Von der kuͤnftigen Welt, und von der naͤheren Trennung, Oder noch fernen, auf ihrer Reise zur Heimath im Himmel. Liebend wuͤnschten sie sich; doch wagten sie das nicht zu hoffen, Was so wenigen ward, mit einander hinuͤber zu wallen. Herr! ihn hattst du ersehn, zu des dunkeln Thales Eingang Sie zu geleiten. Sie lag zu sterben. Das glaubt’ er zu sehen; Aber er wußte, daß du aus grossen Gefahren erretten, Toͤdten koͤnntest in kleinen. Jetzt kam, der eilende Tod kam Naͤher, und wurde gewiß. Sie richtet von Gedor gen Himmel Ernst ihr Auge, dann wieder auf ihn vom Himmel herunter, Wieder gen Himmel von ihm. So erhub sie zweymal ihr Auge. Niemals sah er Blicke, wie diese, nie wurden ihm Blicke, Wie die ihrigen waren, beschrieben, voll feyrlichen Ernstes, Und der innigsten Wehmut, und maͤchtiger Ueberzengung Jenes ewigen Lebens. Jch sterbe! verlasse dich! gehe Zu der namlosen Ruh! wars, was sie redeten! wars nicht! Staͤrker wars, unaussprechlich! Hier mußt’ er der Menschheit erliegen, Oder ihn mußte mit maͤchtigem Arme der Helfer erheben. Und der Erbarmende thats. Der schwache Sterbliche fuͤhlte Sich der Erde gewaltig entrissen, und nahe dem Eingang Zu der Herrlichkeit, welcher sich seiner Cidli schon aufthat. Und er trat zu ihr hin mit mehr als Ruhe, mit Freude; Legt’ auf ihre Stirne die Hand, und begann sie zu segnen: Wandl’ hinuͤber im Namen des Herrn, der Abrahams Gott war, Jsaks, und Jakobs, im Namen des angebeteten Helfers! Ja sein Wille gescheh, es gescheh sein gnaͤdiger Wille! O 3 Und Der Messias. Und sie sprach mit der Stimme der Zuversicht, und der Freude: Ja, Er mach es, wie Er es beschloß! Gut wird Ers machen! Gedor hielt ihr die Hand: Wie ein Engel hast du geduldet! Gott ist mit dir gewesen! Mit dir wird Gott seyn! Gewesen Jst mit dir der Allbarmherzige! Dank sey, und Preis sey Seinem herrlichen Namen! Er wird dir helfen! Ach waͤr ich Elend genung, ihm nicht zu dienen; so dient’ ich ihm heute. Sey mein Engel; laͤßt Gott es dir zu! … Du warest der meine! Sagte Cidli … Sey nun, du Himmelserbinn, mein Engel, Laͤßt der Herr dir es zu. Und liebend erwiederte Cidli: Gedor, wer wollt’ es nicht seyn? Voll Mitleid, mit freudigem Tiefsinn, Schwebte Rahel um sie, die Geliebte des Pilgers aus Kanan, Und die Mutter des Sohns der Schmerzen. Noch war sie dir, Cidli, Unsichtbar. Doch als nun dein Haupt zu dem Tode dahinsank, Sahe dein laͤchelndbrechender Blick die Unsterbliche stehen; Und du machtest dich auf, zu deiner Gespielinn zu kommen. Doch mir sinket die Hand, die Geschichte der Wehmut zu enden! … Spaͤte Thraͤne, die heute noch floß, zerrinn mit den andern Tausenden, welch ich weinte. Du aber, Gesang von dem Mittler, Bleib, und stroͤme die Kluͤfte vorbey, wo sich viele verlieren, Sieger der Zeiten, Gesang, unsterblich durch deinen Jnhalt, Eile vorbey, und zeuch in deinem fliegenden Strome Diesen Kranz, den ich dort am Grabmaal von der Cypresse Thraͤnend wand, in die hellen Gefilde der kuͤnftigen Zeit fort. Unter den Schatten Moria erhub ein schallendes Haus sich Ueber die andern empor, einst fuͤrchterlicher zu stuͤrzen, Jenen verkuͤndeten Tag der grossen Adlerversammlung! Auf Funfzehnter Gesang. Auf den stilleren Soͤller war jetzt der reichen Bewohner Einziger Sohn gestiegen. Er war in der Blume des Lebens, Aber ein Juͤngling voll Ernst, die Freude seiner Gespielen, Seiner Mutter Entzuͤckung! Der Mond, enthuͤllt vom Gewoͤlke, Ging jetzt uͤber der hohen Jerusalem, und Moria Ruhig einher, und schimmerte sanfte Gedanken herunter Denen, die noch in Schlafe, dem taͤglichen Tode, nicht lagen, Dir vor allen, o Stephanus, Juͤngling voll Tiefsinn. Er wallte Leis’ in den Labyrinthen herum, die des Sehers Geschichte, Welchen Bethlem gebar, um seine Seele, je mehr sie Forschte, je groͤsser, und unausgaͤnglicher herzog. Lockicht lag sein dunkleres Haar auf dem leichten Gewande, Das ihn umfloß, und auf der gedankenstuͤtzenden Rechte. Als er so nachsann, trat ein Fremdling herauf: Sie haben Mir die Quelle geschoͤpft, mich gesalbt, (Arabiens Stauden Duftet’ er) haben mich schon durch leichte Speisen erfrischet. Keiner Erquickungen mehr, nur dieses heiteren Abends, Dieser Ruhe bedarf ich noch. … Sey mir, o Pilger, gesegnet! Unsrer Huͤtte Friede sey dein! .... Geliebterer Aeltern Einziger Sohn, ich bin heruͤber vom Meere gekommen, Habe vieles erlitten. … Eh du mir, redlicher Fremdling, Was du littest, erzaͤhlst, muß ich dich fragen: Vernahmst du Schon von Jerusalems grossen Propheten die ernste Geschichte? Jhm antwortet Jedidoth mit schneller gefluͤgelter Stimme: Ach von Jefus dem Dulder, der wegen der Wahrheit gestorben, Wegen der hoͤheren Wahrheit, die Er, nicht Moses, uns lehrte. O 4 Der, Der Messias. Der, denn eilender stets verbreitet in Salem der Ruf sich! Von den Todten erstand, noch maͤchtiger sie zu beweisen! Fremdling, Erstaunen befaͤllt mich bey deiner Rede. Der Wahrheit Maͤrtyrer waͤr er gestorben? Das sagst du, und kommst doch von fern her, Kommst ein Waller des Meers. Wurd euch denn, was er uns lehrte, Auf den Jnseln erzaͤhlt? … Wo, was er lehrt’, uns erzaͤhlt ward, Sag ich hernach. Jetzt laß mich dich auch, o Stephanus, fragen: Wenn du nun wuͤßtest, daß er, nicht nur ein Zeuge der Wahrheit, Daß er, ein Groͤsserer noch, ein Versoͤhner der Menschen, gestorben, Und von dem Tod erweckt sey; o wuͤrde dein bluͤhendes Leben Dann zu theuer dir seyn, die grosse Wahrheit zu zeugen? Wuͤrdest du, bis an den Tod, wenn unsre silbernen Haͤupter, Durch die leise Hand der Natur, zum Grabe sich neigen, Wuͤrdest du dieß dein Leben, so lang, o Stephanus, lieben? Oder es fruͤher, fuͤr den, der zuerst gestorben war, geben? Was ich thaͤte, weis Gott! was ich aus innigster Seele, Und mit jedem entflammten Verlangen, wuͤnsche, das weis ich! Und was wuͤnschest du denn, du edler Juͤngling? … O nenne Mich, den schwachen und suͤndigen Juͤngling, nicht edel, du Pilger, Der so erhabne Dinge mich fragt: Wie ich den Erretter Lieben wolle? wie ich entschlossen sey, zu beginnen Jenes ewige Leben? Ach der mein Herz mir erschuͤttert, Meine Seele beseelt, du Wunsch voll suͤsser Entzuͤckung, Wuͤrdest du mir gewaͤhrt; so stroͤmte, von Jesus zu zeugen, Dieß mein jugendlich Blut aus allen Quellen des Lebens! Nicht dich mehr zu entflammen, ach, dich zu belohnen, du lieber, Kuͤnftiger Maͤrtyrer, hoͤre des siebenten Juͤnglings Geschichte. Jhn, Funfzehnter Gesang. Jhn, ihn lockt’ Epiphan, mit jedes Gluͤckes Verheissung, Mit den Groͤssen der Welt, umsonst! Er sandte vergebens Seine Mutter, die Heldinn, zu ihm. Die sprach zu dem Sohne: Ach! du Lieber, du Juͤngster, du einziger Uebriger, den ich Unter meinem Herzen getragen, gesaͤugt drey Jahre, Muͤtterlich muͤhsam erzogen, mein Sohn, erbarme dich meiner! Und, o schau gen Himmel empor, herab auf die Erde! Alles dieß hat der Herr, er hat den Menschen geschaffen! Darum erbarme dich meiner, und stirb! … Entschlossen zum Tode Rief er, als seine Mutter noch redte: Was harret ihr, Wuͤter? Und, Epiphan, du entsetzlicher Mann! wirst du dem Gerichte, Du dem Allmaͤchtigen denn entkommen? Das ewige Leben Haben meine Bruͤder nun schon, die kurz, und wenig Litten! Er starb. … Dem Erzaͤhlenden waren sein Angesicht Schimmer, Strahlen die Augen geworden! Und Stephanus zittert’, und weinte. Werth sind deine Thraͤnen mir, Juͤngling! Jch zaͤhlte sie alle! Eines Suͤnders Thraͤnen? so rief der Juͤngling, und bebte. Eines Suͤnders, allein den Jesus Opfer entsuͤndigt, Und in das Allerheiligste fuͤhrt. Jetzt blickt’ auf die Beyden Jesus, der Auferstandne, vom hohen Tabor herunter, Sah den Sterblichen stehn im Schimmer des Mondes, im eignen Dich, Unsterblicher. Schnell, als Stephanus sinken wollte, Und der Erscheinung erlag, rief noch Jedidoth heruͤber: Himmlischer Bruder, ich wars, der sich der Mutter erbarmte. Dort, (schon schwebt’ er empor,) dort lernt’ ich, was Jesus euch lehrte. Und er stieg gen Himmel hinauf, und verschwand in den Wolken. Barnabas Joses, ein Levi von Cyprus fernem Gestade, O 5 Ging Der Messias. Ging zu dem Jordan hinab, den Acker, den dort er hatte, Anzusehen, wie weit den Keim der Fruͤhling getrieben; Welcher Fruchtbarkeit Hofnung die schwellenden Saaten ihm gaͤben. Und er wallet’ allein. Nicht lange, so kamen Sapphira Und Ananias zu ihm, und wurden seine Gefaͤhrten. Auch sie rief die keimende Saat in des Jordans Gefilde. Und sie kamen zum Cedernbache. Die schoͤne Sapphira Setzet ihren versuchenden Stab mit wankenden Haͤnden Oft an die glatten Kiesel, eh sie hinuͤber zu gehn wagt. Und schon ruhet sie aus, auf einem Stein an dem Bache. Neben ihr saß Ananias auf einem andern, und Joses Stand vor ihnen. Sie sassen an ihren kuͤnftigen Graͤbern. Ach, ihr wußtet es nicht, daß bald nun auf diesen Steinen Eurer Leichname Traͤger, erschrockne Juͤnglinge, ruhen, Weggehn wuͤrden, ohn’ euch zu der Auferstehung zu segnen. Aber er wußt es, der jetzt, mit dem grossen Taͤufer des Mittlers, Schwebend neben euch trat, Elisa. Er stand ungesehen Mit Johannes bey ihnen. O waͤr, im Wehen des Kidron, Seine Stimme gekommen, und haͤtte die Armen gewarnet; Haͤtt’ er die Donnerworte des hohen Apostels gerufen: Menschen habt ihr nicht, Gott habt ihr gelogen! so waͤre Hier vielleicht ihr Grab nicht gewesen! Doch, Huͤlle der Zukunft, Siehe du haͤngest herab, und dich hebet einst das Gericht nur. Ruhend brach Sapphira von ihrem Grabe, des Fruͤhlings Erste Blumen, und gab sie dem erndtesinnenden Manne. Und sie kamen hinab zu ihrer Saat. Ananias Sprach von der Fuͤlle der Aehren, und ihrer Fruchtbarkeit Werthe. Joses Funfzehnter Gesang. Joses freuete sich der Erndter Freuden, wenn ihnen Endlich der Abend laͤchelt, und sie in der Kuͤhlung sich letzen, Wenn sie mit blauen Kraͤnzen, die unter dem wankenden Halme Wachsen, bekraͤnzt, in mutigem Reihn, beschattet vom Oelbaum, Jauchzen, daß sie die Last, und des Tages Hitze getragen; Und Johannes begann: Auf, laß uns ihnen erscheinen! Jhm antwortet Elisa: Wem willst du erscheinen? Der grossen Felder Besitzer? oder des schmalen steinigen Ackers? … Beyden! … Und ich, antwortet’ Elisa, erscheine nur Joses, Dem in bergigtem Acker die Saat der Kiesel erdruͤcket. Wird Ananias ein Christ? das frag ich dich, theurer Elisa. Ja das wird er! … Wohlan, laß uns dem Christen erscheinen! Denkt er weniger gut; so bedarf er, geleitet zu werden, Mehr, als Joses …, Jch sah: Er wurde gewogen! und sahe Seine Waagschal fuͤrchterlich sinken. Wir wuͤrden ihm haͤufen Seine Gerichte, zum groͤsseren Zorne Gottes ihm werden, An dem Tage der schreibenden Hand; wenn wir ihm erschienen! Wuͤrden wir ihn nicht erretten? erwiederte leise Johannes. Komm denn, sprach Elisa, und laß uns den Christen erscheinen; Aber nicht, als Erstandne des Herrn. Sie schwebten nach Salem. Und Ananias und Joses, und ihre Begleiterinn gingen Auch nach Salem zuruͤck. Da sahn sie nah an dem Tempel Einen Blinden, und Lahmen in stiller Traurigkeit sitzen. Und die Armen redten sie an, zwar voll von Wehmut, Aber nicht mit Ungestuͤm, mit Wuͤrd’ in der Bitte. Sanft gab Joses, und ließ die Gabe die Linke nicht wissen; Mehr Ananias, und weniger doch. Das Mindere warf er Noch Der Messias. Noch dazu mit Verdruß vor den Fuß der leidenden Armen. Und sie waren voruͤber gegangen. Du siehst nun, so sagte Zu dem Lahmen der Blinde, daß er der Erscheinung nicht werth ist. Und der Groͤßte von denen, die Weiber gebahren, der Groͤßte, Weil er der Menschlichste war, als er Elisa vernommen, Schwieg! … Jetzt hatt’ er vollendet des furchtbaren Schweigens Urtheil, Und er sprach zu Elisa: Du sahst ihn waͤgen! was sahst du? Christen sah ich versammelt, und Kephas unter den Christen. Jeder der himmelnahen Versammlung verkaufte sein Erbe, Gab es zu Aller Gebrauch. Und Joses war einer von ihnen. Und er verkaufte den Acker, den wir gesehen, und legte Zu der Apostel Fuͤssen das Silber. Auch kam Ananias; Aber er brachte nicht Alles. Da sprach, zu dem Taͤuschenden, Kephas: Warum erfuͤllte Satan dein Herz, Ananias, dem Geiste Gottes zu luͤgen? und etwas vom Silber des Ackers zu nehmen? Dein war er, und du haͤttst ihn behalten koͤnnen; verkauft war Auch das Silber noch dein. Warum erkuͤhnte dein Herz sich Dieser That? Nicht Menschen hast du, Gott hast du gelogen! Als Ananias von Petrus die Donnerworte vernommen, Stuͤrzt’ er nieder, und starb. Und Schrecken befiel, die es sahen. Juͤnglinge nahmen ihn auf, und trugen ihn weg zum Begraben. Wenige Stunden, da kam das Weib Ananias, Sapphira; Und sie hatte von dem nicht gehoͤrt, was vor kurzem geschehn war. Petrus befragte sie: Habt ihr das Feld so theuer verkaufet? Ja so theuer! erwiederte sie. Da sprach zu ihr Kephas: Warum verbandet ihr euch, den Geist des Herrn zu versuchen? Siehe, Funfzehnter Gesang. Siehe, der Juͤnglinge Fuͤsse, die deinen Mann begruben, Sind vor der Thuͤr’, und bereit, auch dich zum Grabe zu tragen. Sterbend sank sie vor Kephas nieder. Die Juͤnglinge kamen, Fanden sie todt, und trugen sie weg, daß sie neben dem Manne Sie begruͤben. Entsetzen befiel die ganze Gemeine, Und wem sonst die Geschichte der ernsten Gerechtigkeit kund ward. Joses hatte sich jetzt von seinen Gefaͤhrten gesondert. Und er eilte zuruͤck nach seinem Hause. Johannes Kam in Gehen zu ihm. Woher bringt, Joses, dein Weg dich? Von den Saaten am Jordan. Jch habe dort Acker. Sie traten Mit den Worten ins Haus, Und an des kommenden Vaters Hals’ und Armen hingen die Kinder. Auf, segne die Meinen! Sprach der Vater zum Fremdling, und bracht ihm die freudigen Knaben. Dieser wendete sich zu den Knaben mit einer Hoheit, Die mit Bewundrung das Herz des ernsten Vaters erfuͤllte. Seyd auch Zeugen des Herrn, ihr Kinder Joses! Dein Acker Wird von jetzt noch weniger Garben der Erndte dir geben! Wird mich der Herr denn verlassen? und diese Waisen verlassen? .. Das ist ferne von Gott, der mehr, wie das sterbliche Leben Nur erhaͤlt. Er giebt, und nimmt von dem Jrdischen! nimmt nicht, Ewiger Theil, von dir. Der Taͤufer sprachs, und erhabner Wurde stets sein Ansehn. Joses hatte noch Blicke Nie, wie diese, gesehn, noch keine Stimme vernommen, Die mit dieser Feyerlichkeit von Gott sprach. Schweigend Hoͤrt er ihn reden. Und also begann von neuem Johannes: Der, du kanntest ihn doch? zu dessen Fuͤssen Maria, Lazarus Schwester, den besseren Theil, die Ewigkeit waͤhlte! Der Der Messias. Der Jairus Tochter, im Tode schlief sie! der Nains Todten Juͤngling, und dann der ewigkeitwaͤhlenden Schwester Himmlischen Bruder erweckte, der ist nun selbst von den Todten Auferstanden! Sein Zeuge bin ich! Sein Zeuge sollst du nun Bald auch werden! Er sprachs mit Hoheit, die zur Verklaͤrung Sich zu erheben begann. Schon bin ich sein Zeuge gewesen, Als er hinab in den Strom, auf ihn vom Himmel der Geist stieg! Als von ihm die Stimme des Vaters scholl in den Wolken! Und er sprach die Worte mit einem so himmlischen Anschaun, Daß ihm ein kurzer Uebergang zur Verklaͤrung nur fehlte. Eilend wandt’ er sich um, und ging, und von dem Gewandten Kamen Schimmer, die wurden blaͤsser, entfernten sich, schwommen Wie in Daͤmmrung dahin. Jetzt war die Erscheinung verschwunden. Vater, riefen die Knaben, es blitzte! da sank an den Stufen Daͤmmrung hinab! Wo aber ist der, mit dem du hereinkamst? Und der fuͤnfte nach dir, du Morgen der Auferstehung, Stieg, des schoͤnsten Tages Verkuͤndiger, uͤber die Huͤgel Juda, roͤthlich empor, und Portia wachte mit ihm auf, Mehr von Traͤumen, als Schlafe. Sie ging hinab zu der Blumen Fruͤhen Geruͤchen; allein sie dufteten ihr vergebens. Wieder ein Morgen erlebt, ein Tag der Erde! Doch truͤb’ ists Jmmer in meiner Seele noch, immer noch Nacht, da erwachet, Geber des Lebens, kein Tag! Jch traͤume noch immer in Dunkeln, Lieg’, und schmachte, dich zu erkennen, und den zu erkennen, Den wir in seinem Grabe nicht finden. Ach wenn die letzte Meiner Sonnen nun kommt, wirds Nacht auch dann noch in mir seyn? Tag erst, wenn sie hinab in die Oceane sich senket? Oder Funfzehnter Gesang. Oder gar noch truͤbere Nacht? Das Volk der Erwaͤhlung Nennet den Weg zu dem Grabe, vor dem auch sie sich entsetzen, Einen Weg durch ein finsteres Thal. So tragen denn Alle Jhre Lasten, die Gott erleuchtet, und die er sich selbst laͤßt? Aber laß mich nicht mir, und erleuchte mich! Schrecken des Todes Schrecken mich nicht, wenn du mit deinem Lichte mir leuchtest. Nun du Fels in Meer, in tiefem Meere der Zweifel, Du Gedanke: Der Wille des Ersten der Wesen geschehe! Sey auch jetzt, wie du oft schon warst, mir Geaͤngsteten Zuflucht! Werde denn sanft, zu verlangende Seele! Heitert mich, Duͤfte, Und, ihr Farben des Fruͤhlings, mich auf! Doch neben dem Grabe Dessen, welcher vielleicht nicht unter den Todten mehr schlummert, Laͤchelt der Fruͤhling ja auch. Was saͤum’ ich, mich dort zu erfrischen, Wo ein wenig Schimmer von fern der Fragenden etwa Einer, der dort um ihn weinete, zeigt. So denkt sie, und winket, Jhr von weitem zu folgen. Sie ging schon gegen das Grabmaal Aus der thuͤrmenden Stadt. Sie sahen heruͤber zum Felsen Rahel kommen, und Jemina, Hiob des Ausgepruͤften, Und des Wiedergesegneten Tochter. Die Seligen sprachen Untereinander: Sie kommt, auf die wir warteten, Rahel, Die gen Himmel hinauf aus ihrer Nacht arbeitet! Laß sie uns leiten. Dein fuͤhrender Engel, Portia, sah sie, Menschen werden, wie wir, zwo Pilgerinnen des Festes. Griechinnen schienen sie, und waren heruͤber gekommen Von den Jnseln, der Toͤchter des Archipelagos Einer. Und sie kamen einher, mit leichten Staͤben, und Purpur Flocht ihr ruhendes Haar. Sie gingen die Roͤmerinn langsam, Und Der Messias. Und in Gedanken vertieft, voruͤber. Doch Portia wandte Sich nach ihnen herum, und sprach: Verweilt, wenn ihr duͤrftet, Pilgerinnen. Jhr irrtet an diesem Grabe mit Tiefsinn. Kanntet ihr, den es vor wenigen Tagen noch deckte? … Wer bist du, Die du uns fragst? Du scheinst mir der Jsraelitinnen keine. Bist du vom Kapitol, dem schrecklichsten Huͤgel der sieben, Eine der Herrscherinnen, so laß uns, und spotte nicht unser, Roͤmerinn! … Dessen spotte der Hocherhabne des Himmels, Welcher sich unterwindet zu spotten der redlichen Unschuld! Kennt mich mehr! Zwar bin ich Pilatus Vermaͤhlte, doch wuͤrd ich, Tief erniedrigt mich sehn, wenn ich euer zu spotten vermoͤchte. Seyd ihr nicht, anzubeten, von fernem Meere gekommen? Und ich sollte, mit kriechendem Spott, die Froͤmmigkeit lohnen? Redet mit mir, damit ihr mich kennt. Dieß Grab des Todten, Ueber eure Vermuthungen, ist mir es theuer, und heilig! Kam der Ruf auch zu euch: Er sey erstanden vom Tode, Den es deckte? … Du denkst von Jesus, Jemina redte, Als wir keine von euch, die Goͤtter glauben, noch fanden! Und verdienest von uns, daß wir, mit der offensten Einfalt Zu dir reden, und ruhig erwarten, wie du es urtheilst. Mehr noch kam, wie nur Ruf, zu uns. Und meine Gefaͤhrtinn Hier hat Eine der Frommen gesehn, der war er erschienen. Red’, o Gluͤckliche, welche die mehr noch gluͤckliche Fromme, Seine Begnadete, sah. Jst sie noch im Leben des Elends? Hat er sie nicht hinuͤber ins bessere Leben genommen? Magdalena Maria, so heißt der Begnadigten Name, Lebet noch hier. Sie sucht’ ihn im offenen Grabe vergebens, Jrrt’, Funfzehnter Gesang. Jrrt’, und weint’, und erblickte, wie ihr es dauchte, den Gaͤrtner, Denn die werdende Morgendaͤmmrung bedeckte die Baͤume. Aber, wie kann ich die freudigen Schrecken der Frommen beschreiben? Sieh, er wandte sich um, und nennte mit himmlischer Stimme Sie, bey ihrem Namen, mit seiner Stimme: Maria! Nieder sank sie zur Erde, Rabbuni! bebte sie ihm zu, Lag, und hielt mit Thraͤnen, und kuͤßte des Goͤttlichen Fuͤsse, Und er gab ihr Befehl. … Hoͤr’ auf, mir werden der Freuden Sonst auf Einmal zu viel, und ich unterliege! … Du siehest, Rahel, sie bebt, hoͤr’ auf! … Jst der dein Name, Geliebte? Rahel, so heissest du? Rahel, wie hast du mein Elend gelindert! Ach erschienen! Maria bey ihrem Namen genennet, Und mit himmlischer Stimme, die Auserwaͤhlte der Wonne! Wer empfindet ihr nach, wie selig er sie gemacht hat! Bringt sie mir her, damit ich zu ihr, aus meinem Schmerze, Mein ermuͤdetes Haupt erheb’, und sie weinend bewundre, Weinend! Denn von der Quelle der Ruh, die uͤber sie stroͤmte, Wird kein Tropfen mich kuͤhlen! Zu Abrahams Volke gehoͤr’ ich Heidnische Roͤmerinn nicht, viel minder zu jenen Geliebten Unter den Toͤchtern Jerusalems, denen der Sieger erscheinet, Siehe der grosse Sieger des Todes! O warum belohnt ihn Kein Triumph? kein hoher Triumph, daß Jerusalem halle! Daß der Sion davon, und des Tempels Woͤlbungen beben! Warum tragen sie nicht vor ihm her die Bilder der Vaͤter? Ganz Judaͤa, auf goldenen Staͤben, Abrahams Bildniß, Daniels, Hiobs, und Moses, und deins, der Juͤnglinge Kuͤhnster, Der zu der Erde den Riesen, vom Nacken der Seinen, das Joch warf! III Band. P Warum Der Messias. Warum weint ihm nicht nach, wer lahm war, und gehet? wer taub war, Hoͤret? blind war, und sieht? dem Wunderthaͤter, wer todt war, Und nun lebet? daß nie ein Triumph, wie der Seine gesehn sey! Keiner, der stolz die siegenden Huͤgel umzog, und den Lorbeer Nieder im Capitol, bey dem Donner Jupiters, legte! Doch wo verlier’ ich mich hin? Sein Reich, das hoͤrt’ ich ja selber, Jst von dieser Welt nicht. … Entsunken dem schwellenden Wunsche Nach Triumphen, wie jenen die Blutvergiesser belohnten Schwung sie sich auf, in erhabnere Hoͤhn, und schwieg, voll Betrachtung Eines Reiches der kuͤnftigen Welt. Da sie Jemina sahe, Wie sie in diese Betrachtung versank, mit des freudigen Ernstes Hellen Gebehrde; vergaß sie beynah in ihrer Entzuͤckung, Daß sie, bey einer Sterblichen, eine Sterbliche stuͤnde. Denn die Schoͤne der Abendroͤthe glaͤnzt’ auf der Wang’ ihr, Und ihr Laͤcheln im Blick. Doch als sich Portia wandte, Und sie zu sehen begann, verließ sie der Schimmer, sie wurde Schnell zur Pilgerinn wieder, und lehnte sich ruhebeduͤrftig, Auf den stuͤtzenden Stab. Doch ließ die himmlische Wonne, Aus der sie in Muͤdigkeit sank, in Portia’s Seele, Ein Erstaunen zuruͤck, daß sie zu fragen verstummte, Sanftes Erstaunen, und Zittern, und schnelleres Athmen, und Tiefsinn, Und noch redte sie nicht. … Wie freut ich mich deiner Betrachtung Ueber das Reich der kuͤnftigen Welt, und daß dir Triumphe Dieser Erde zu klein, fuͤr den Herrn der Herrlichkeit, waren! Du, die traurig nicht mehr, nicht mehr ein Spiel der Verirrung Seyn, die sich freuen sollte, daß wir dir sagen, der Todte Sey Funfzehnter Gesang. Sey erstanden! und dir vielleicht die Zeuginnen selber Sagen werden, sie haͤtten den Herrn des Todes gesehen! Jemina sprachs, und sah ihr mit glaͤnzendem Laͤcheln ins Antlitz. Mir? … So athmete Portia sanft, mit leiserem Laute. Weichet, Zweifel, von ihr! Der Ewigkeiten Beherrscher, Der von Anbeginne das Reich der Himmel beseligt, Sey dein Gott! Er, der dich geschaffen hat, sey dein Erbarmer! Denn du brachst mir mein Herz, Jehova sey dein Erbarmer! Thraͤnen stuͤrzten, daß ihr die Stimm’ erstarb, von ihr nieder, Als ihr auf die Stirne die Hand die Unsterbliche legte, Und sie segnete. Portia sprach, da die Stimm’ ihr zuruͤck kam: Leite mich, wer du auch bist, der begnadeten Sterblichen Eine, Oder Eine der Himmlischen, welche den Menschen erscheinen, Leite, was soll ich thun? o fuͤhre du mich zu Gott hin! Hoͤrtest du, Portia, schon, daß Todte mit Jesus erstanden? Fragte Rahel mit ruhiger Stimme, mit schneller die Heidinn: Ach was sagest du mir? Erstanden Todte mit Jesus? … Ja, der Ruf beginnt zu erschallen, es haͤtten, mit Jesus, Todte die Graͤber verlassen, und die erschienen den Frommen, Die den Goͤttlichen liebten. … O laßt mich meinem Erstaunen Mich entreissen, und mich besinnen! Zu viel der Entzuͤckung Schwindelt um mich! Erstanden ist er? erstanden noch Todte? Er erscheinet, und sie? O Tag des Lebens, an dem ich Diese Wunder Gottes erfahre. … Wir wollen dich leiten, Portia. Suche sie nicht, die Christus sehen, du findest Doch sie nicht auf. Er wird, wen er dir senden will, senden, Daß sie dir zeugen von ihm! Jn Galilaͤa erscheint er, P 2 Ausser Der Messias. Ausser den Ersten der Zeugen, noch andern; in Salem nur ihnen. Diese geheiligten Erstlinge werden in allen Landen, Was er that, und lehrte, verkuͤndigen, werden ihr Zeugniß Freudig mit ihrem Blute bestaͤtigen, dann der Treue Ewigen Lohn an dem Throne des grossen Belohners empfangen! Eile nach Galilaͤa. Wenn du ihn selber nicht siehest, Wird er dir doch, von denen, die er begnadete, senden! Und nun muͤssen wir dich, (sie laͤchelten Liebe,) verlassen. Jch beschwoͤr’ euch bey Gott, der auch mich begnadete, bleibt noch, Ach verlaßt mich noch nicht, und sagt, o saget: Wer seyd ihr? Zwar ein Gefuͤhl, wie keins mir noch ward, erfuͤllt mich mit Ahndung, Hebt mich empor, umgiebt mich mit suͤsser Vermutungen Schimmer, Daß ihr Unsterbliche seyd! Allein ach sagt mir es selber, Daß ihr es seyd! damit auch nicht Ein Woͤlkchen mir bleibe, Welches den werdenden Tag in meiner Seele verdunkle. Gott belohn’ euch dafuͤr, mit seines Himmels Gewißheit! Und sie blickten vor Freude sich an, und blieben. Wir wollen Beten dich lehren! … und knieten mit ihr an das Grab des Erstandnen. Unser Vater im Himmel, dein Name werde geheiligt. Zu uns komme dein Reich! Jn dem Himmel geschehe dein Wille, Und auf der Erde! Verleih uns unsere taͤgliche Nahrung! Wie dem Schuldiger wir vergeben, vergieb uns die Schulden. Fuͤhr uns nicht in Versuchungen, sondern erloͤs’ uns vom Boͤsen! Denn das Reich ist dein, und die Macht, und die Herrlichkeit. Amen! Als sie endeten, und: Dein ist die Herrlichkeit! riefen, Und dabey die gefalteten Haͤnde gen Himmel erhuben, Wurden sie schnell in Schimmer gehuͤllt, und entschwebten dem Grabe, Leicht Funfzehnter Gesang. Leicht in den Schatten der Baͤume dahin. Sie sahen mit Laͤcheln, Oft sich noch um nach Portia, wonnevoll uͤber der Heidinn Sprachlosen Freude. Sie blieb im Staube knieen, und streckte, Unvermoͤgend sich aufzurichten, nach ihnen die Arm’ aus. Jemina war, und zuletzt auch Rahel verschwunden. Vom Auge Portia rann die Freude nun uͤber die roͤthere Wange, Und sie erhub sich, leicht wie ein Laub, das Athmen der Luft hebt. Vater, das Reich ist dein, und die Macht, und die Herrlichkeit! Amen. Also eilte sie betend hinab zu Jerusalems Thoren. Eine der schmermuthsvolleren, und zu empfindlichen Seelen, Die, des Guten, das sie empfingen, schnelle Vergesser, Und Vergroͤsserer, oder auch gar Erschaffer des Elends, Dieß nur denken, in dieß, mit gruͤbelndem Ernst, sich vertiefen, Beor hatte sich von den Menschen gesondert, und lebte Jn der Einsamkeit. Wie der Freudiggeschaͤftige gerne Mit dem kommenden Tag aufwacht, so scheucht’ er den Schlummer Gern um Mitternacht. An der Huͤtte fernen Eingang Naͤhrt’ er ein wenig Schimmer, wie Todtenlampen in Graͤbern. Jetzo hatt’ er sein Brodt gegessen, sein Wasser getrunken, Sich zu dem Gruͤbeln gestaͤrkt! … So komm dahin denn wieder, Wo du so oft schon warest, hinab, zerruͤttete Seele! Muß nicht Elend seyn? und muͤssens nicht Einige tragen? Ja, es muß, weil es ist! Und muͤßtens die Himmel nicht tragen! Laͤgs nicht auf uns? Denn da muß es seyn; sonst waͤrs nicht geworden! Aber warum? … So oft ich frag’, antwortet mir keiner, Weder im Himmel, und weder auf Erden; und so verschwindet Mir der Trost, daß es seyn muß! Allein bey dem wankenden Troste P 3 Darf Der Messias. Darf mein belastetes Herz doch ringen nach dieser Antwort: Warum sondert es einige Menschen sich aus, und faßt sie Eisern an, und hebet sie hoch aus dem Strom’, und trift sie Mit zermalmendem Arm? mich, mit zermalmendem Arme? Ward ich nicht blind gebohren? und lebt’, ein Blinder, so lange? Zwar gab Er dem Auge den Tag, auch meiner Seele Einige Daͤmmrung von sich; doch Nacht ist diese geworden, Denn er ist todt! … entsetzliche Nacht! Was hilft mir des Auges Kurzer Tag, da in Dunklerem wallt, als selber des Todes Thal ist, meine Seele? Des Auges Blindheit, o kehre Du nur wieder! Jch kann mich nicht mehr des Anblicks der Schoͤpfung, Nicht des Strahls mehr freuen, der Sarons Blume beseelet, Und die Ceder Gottes! Die Abenddaͤmmrung versenkt mich Nicht in Empfindungen mehr, die sanft, wie sie selber waren. Der bin ich geworden, obwohl aus dem naͤchtlichen Grabe Meiner Blindheit erwecket? Ja, der bin ich geworden! Denn umnachtet ist mir die noch viel blindere Seele, Als mein Auge sonst war! Denn ach, ihr Engel! (verdankt es Unserm Geschlechte, daß wir die Ungluͤckseligen wurden!) Denn, ihr Engel! ist Er nicht todt? … Ein ermuͤdeter Greis trat Zu dem Klager herein. Gib mir, o Beor, den Becher. Jch bin aͤlter, als du, und litt viel groͤssere Leiden! Groͤssere Leiden, als ich? Viel aͤlter bist du. Da nimm dir Meinen Becher. Jch kann zur Quelle leichter mich buͤcken. Hast du auch Speise fuͤr mich, mein schwaches Alter zu laben? … Nimm den Brosam, und iß. … Du bist, deß freu ich mich, Beor, Gegen Andre nicht hart; nur gegen dich selber verhaͤrtest Du Funfzehnter Gesang. Du dein Herz, und willst dich nicht troͤsten! Dich ja nicht zu troͤsten, Forscht dein Verstand, und strebet dein Herz. Jch kenne dich, Beor, War zugegen, als du die Schoͤpfung das erstemal sahest. Weñ du mich keñst, so keñst du den Schwermuthsvollsten der Menschen! Desto schwermuthsvoller, je mehr die Kraft mir versagt ist, Das in mir zu beherrschen, was mich zu der Traurigkeit hinreißt. Aber waͤhne nur nicht, daß mirs an des Traurens Ursach Mangle. Den Heitersten stuͤrzt’ ein Elend, wie meins, zu der Erde! War ich nicht blind seit meiner Geburt, und lang’, und des Lebens Beste Zeit? Bin ich nicht an Einsicht blinder, den grossen Goͤttlichen Mann zu erkennen, der Wunder zu wirken, von Gott kam? Und wird etwa sein Tod, zu neuem Erkenntniß mir Licht seyn? Kennest du nun ein Elend, wie meins ist? und muͤssen nicht fuͤrchten, Jmmer elend zu seyn, Elende von ihrer Geburt an? Jst nicht unablassende Pein der kuͤnftigen Bote? Ach bestraft der Gerechte nicht mehr, als Anderer Suͤnden, Meine Suͤnden? Jch fluche dem Tage meiner Geburt nicht, Aber ich wuͤnsche beynah, nicht zu seyn! Hier endete Beor. That er dir nicht auf Einmal, als du es am wenigsten hoftest, Seines Allerheiligsten Vorhof, die herrliche Welt, auf? Jhre Fuͤlle der Segen, von seiner Sonne bestrahlet? Freuden hattest du da, wie der Jmmersehenden keiner Jemals empfand! Und oͤfnet’ er dir in die kuͤnftige Welt nicht Einen Blick, als er sich den Sohn des Ewigen nannte? War dieß, Beor, auch Elend? auch Strafe der Suͤnde? Die Suͤnde Straft er an dir nicht mehr, wie an Andern. Die Herrlichkeit Gottes Wollte strahlend an dir, du Elendbeseligter, Jesus P 4 Offen- Der Messias. Offenbaren. Du warst, ihr Zeuge zu werden, erkohren Schon vor deiner Geburt. So dachte der Ewige deiner! Beor rief: Du verfuͤhrst mich in neue Tiefen des Gruͤbelns! Laß mich! da, wo ich lieg’, ist es tief genung! mein Abgrund Tief genung! Ha waͤrst du ein Engel des Lichts, und spraͤchest, Wie du sprichst; doch fragt’ ich dich: Wie, was Gott im Geheimsten Seiner Verborgenheit thut, du, obgleich ein Unsterblicher, wuͤßtest? Denn ersinne mir etwas, das weiter aus dem Gesichtskreis Aller Erforschungen laͤge, das mehr der Herrscher verbuͤrge, Als: Elende zu machen, um herrlich durch sie zu werden! … Und wie weißt, du Sterblicher, denn, des Ewigen Rath sey So zu handeln? Wofern ein Engel mirs sagte, so glaubt’ ichs: Aber, er schau hinab in die ganze Tiefe! das wuͤrde Selbst ein Engel umsonst mir sagen! Jetzt redte der Alte: Jst denn kein ewiger Lohn, du Zweifler? und sind denn nicht Stufen Dieses ewigen Lohn, die hinauf in die Himmel der Himmel Steigen? Und kann, wen Er um seinetwillen betruͤbte, Den denn Gott nicht belohnen? der unerschoͤpfliche Geber Aller Seligkeit, nicht auch den? Du stehest am Meere; Sieh Ein Tropfen kann dich, du Staub, mit Fuͤlle bestroͤmen! Du erquickest mein Herz, ehrwuͤrdiger Alter. Doch wenn auch Gott so handelt; wie darf so hoch ich waͤhnen, ich waͤre Der Gluͤckseligen Einer, die Gott mit Elend belastet, Sich zu verherrlichen! sie mit ewigem Lohn zu belohnen! Einer von diesen bist du! Das weis ich. Mit Ueberzeugung Wirst auch du nun bald es erfahren. Denn Tag in der Seele Wirds dir, freue dich, werden! Der Morgenroͤthe des schoͤnen, Lichtvollen Funfzehnter Gesang. Lichtvollen Tages, ich seh schon ihre Schimmer von ferne. Laß, eh er kommt, uns beten, damit er betend dich finde, Gottes Tag … Sie sanken hin, und knieten in Staube, Hiob vorwaͤrts an Beor. Und Beor stammelte weinend: Herr, Herr/ Gott, barmherzig, und gnaͤdig, bin ich der Erkohrne, Elend zu seyn, damit du noch mehr dich meiner erbarmest: So erheb’ ich mein Haupt, mit Danke, mit Danke gen Himmel, Daß du dem Auge Blindheit, und Nacht der Seele voll Schwermuth, Dieß, Erbarmender, gabst, mit ewigem Danke! denn ewig Soll mein Jubel erschallen, daß Gott, Gott so sich erbarmt hat! Huͤter des Menschen, ist sie nun bald voruͤber der Seele Nacht? O Hofnung, du neue, du himmelerhebende Hofnung, Dich empfang’ ich vom Herrn! Gepriesen, mein Vater, gepriesen Sey dein herrlicher Name, des Gnadenvollen Erbarmung, Diese Mutter des huͤlflosen Kindes! Und wenn sich des Sohnes Auch das Weib nicht erbarmte, so wird doch Gott sich erbarmen! Herr, Herr, Gott barmherzig, und gnaͤdig, gepriesen auf ewig Sey dein herrlicher Name, daß du mir von der Geburt an, Blind zu seyn gebotest! daß du mir Leiden die Fuͤlle Gabst, und Thraͤnen, und deinen goͤttlichen Boten, das Elend, Mich zu lehren, mir sandtest! mir Zweifel, und Schwermuth der Seele Sandtest, damit ich, wie sehr ich deiner Huͤlfe beduͤrfe, Tief ins Leben hinein, in meinem Jnnersten, fuͤhlte! … Aber soll ich nicht dir auch danken, Gesendeter Gottes, Helfer in Juda? Allein (hier wurde die Stimm’ ihm schwaͤcher) Er ist todt! … Er lebt! Es ruft’s mit gewendetem Haupte, Und mit strahlendem Angesicht, Hiob, er lebt! und mit Eile P 5 Stand Der Messias. Stand er auf, und war ganz Herrlichkeit jenes Lebens. Sieh, er ist nicht todt mehr, er lebt! uud Einer der Zeugen, Daß er lebe, bin ich, den er vom Tode geweckt hat, Hiob! Jch litt, das glaubst du doch nun? viel groͤssere Leiden, Als du littest! allein wie hat er auch mein sich erbarmet! Beor wollte die Haͤnde gen Himmel falten, vermochts nicht. Wie sie Moses, am Tage der Schlacht, die Haͤnde gen Himmel Hielten, gesunken brachten sie Tod! und Leben! erhoben; Also hielt sie ihm Hiob empor. Jetzt schied er mit Wonne Von dem Erstaunenden, welcher ihn blaß und sprachlos ansah. Siehe, der Todte, der ewig lebt, und bald nun hinaufsteigt Jn die Hoͤhe der Hoͤhn, (Er wies mit der glaͤnzenden Rechte Feyrlich gen Himmel) er selbst hats uͤber dich ausgesprochen: Nicht der Blinde, noch die ihn gebahr, noch der, der ihn zeugte, Haben gesuͤndigt! Er ist ein Zeuge der Herrlichkeit Gottes! Also verließ er Beor, der kaum den Abschied aushielt. Abraham schweben und Moses am hohen Tempelgewoͤlbe, Schaun auf des Festes Feyrer hinab, und forschen betrachtend, Einen darunter zu finden, der ihrer Erscheinungen werth sey; Und sie suchen lange vergebens. Endlich erblicken Sie, an einem der palmenbewundenen Pfeiler! voll Ernstes Einen Juͤngling, und voll der tiefanbetenden Andacht. Feuer stroͤmt’ ihm herab aus jedem Blicke, gewidmet Dem, deß grossen Namen die hohe Posaune jetzt hallte, Sie der Schlacht, des Triumphs, und der Halleluja Gefaͤhrtinn. Milder wurde sein Blick, und von werdenden Thraͤnen beschimmert, Als ihr Donner schwieg, und nun mit sanftem Gelispel Korahs Funfzehnter Gesang. Korahs Githith erklang, und Davids Gespielinn, die Harfe, Und die Stimme des Menschen, vor allen Saiten und Erzten Unerschoͤpflich, die maͤchtigste Herrscherinn uͤber die Herzen. Also scholl es hinauf in den himmelsteigenden Tempel: Auf den heiligen Bergen ist sie die feste gegruͤndet! Sions Thore vielmehr, als alle Wohnungen Jakob, Liebt sie der Herr! Jn dir, du Stadt des Allmaͤchtigen, werden Herrliche Dinge verkuͤndet! verkuͤndet herrliche Dinge! Mit anhaltender Andacht Ernst, erhoben zum Geber Aller Gaben, zu dem, der ewig lebet, und herrschet, Kniete Saulus. Und, aus der grossen gedraͤngten Versammlung, Kohr ihn Moses sich aus, und Abraham, ihm zu erscheinen. Als der Jubel schwieg, und die Feyrer des Festes zerstroͤmten, Schwebten sie, ihn zu geleiten, ihm nach. Mit Eile, die strahlte, Kam, da sie folgten, herab von Tabors wolkiger Hoͤhe, Gabriel ihnen entgegen, und schnell erflog er ihr Schweben. Vaͤter, erscheinet ihm nicht, der Herr will ihm selber erscheinen! Bote Gottes! wer ist der erhabne Sterbliche, dem wir Nicht erscheinen duͤrfen, dem Jesus selber erscheinet? Dort erblickt ihr Damaskon. Er eilt in diesen Gefilden Dein entflammter Verfolger, Gemeine Gottes. Er wuͤtet, Sammelt Schaaren um sich, die wuͤten wie er, und morden! Aber ploͤtzlich umstrahlt ihn ein Licht von dem Himmel, zur Erde Faͤlt er nieder, und hoͤrt in der hohen Wolke die Stimme: Saulus, was verfolgst du mich, Saulus? Da ruft er gen Himmel: Herr, wer bist du? und ihm antwortet die schreckliche Stimme: Jch Der Messias. Jch bin Jesus, den du verfolgst! Schwer wird dir es werden, Wider den Stachel zu lecken! Er spricht mit Zittern und Zagen: Herr, was gebeutst du, was soll ich thun? Der Wecker vom Himmel Jesus, der Thronende zu der Rechte des ewigen Vaters, Giebt ihm Befehle. Die thut er, obgleich geschlagen von Blindheit. Sieh! ihn leiten seine Gefaͤhrten, die neben ihm zagen, Nach Damaskon zum Seher. Ein auserwaͤhltes Ruͤstzeug Jst er dem Herrn! Verkuͤndigen soll er des Goͤttlichen Namen Unter den Heiden, und ihren Beherrschern, und Jsraels Soͤhnen! Zeigen will ihm der Herr, wie viel er um Seinetwillen Leiden soll! Er empfaͤht den heiligen Geist, und die Blindheit Laͤßt ihn. Er wird getauft, und predigt den Namen des Mittlers, Daß der sey des Ewigen Sohn, der todte Messias, Der erstandne, verherrlichte, himmelerhabne Messias! Gabriel schwieg. Und Abraham rief mit gefalteten Haͤnden: Daß du bist der Vollender vom Anbeginne der Welten! Daß sich beugen sollen, in deinem Namen, die Kniee Aller im Himmel, und Aller auf Erden, und unter der Erde! Aller Zungen bekennen, des Ersten am ewigen Throne, Und des Letzten am Grabe: Du seyst zu der Ehre des Vaters Herr! du Eingebohrner zur Herrlichkeit, Halleluja! Und sie schwiegen lange vor inniger Wonne. Zuletzt sprach Moses, und weihete so den ernsten Juͤngling: Die Liebe Christus dringe dich, und der Bruͤder! Sey denn geruͤstet, Niederzustuͤrzen die Hoͤhn, die gegen den Herrn sich erheben! Lehr ihn, ein Redner, wie Menschen, und lehr ihn, ein Redner, wie Engel; Aber habe die Liebe zugleich, die Liebe Christus, Die Funfzehnter Gesang. Die den Geliebten der engen, der dunkeln Wissenschaft vorzieht, Und der Bruͤder Liebe, die freundliche, duldende, sanfte, Die nicht eifert, nicht spottet, von keinem Stolze sich aufblaͤht, Die kein Zorn entstellt, die nicht das ihrige suchet. Nie zu erbittern, trachtet sie nie, dem Bruder zu schaden. Ungerechtigkeit freuet sie nicht, sie freuet die Wahrheit! Alles glaubt sie, ertraͤgt sie, und hoffet alles, und duldet Alles! ist nie zu ermuͤden! sie dauert ins ewige Leben! Diese Liebe sey dein, du Juͤngstgebohrner der Gnade Unter den heiligen Boten, dem Jesus selber erscheinet! Denn die, welche du liebst, sind Glieder der hohen Gemeine; Und ohne Flecken, und Tadel ist die hohe Gemeine, Jst des Braͤutigams Braut, und in seinem Blute gewaschen, Jenem, das lauter rufet, als Abels, und nicht um Rache! Heil euch! und lauter, als rief, von dem Berge des Schreckengeheges, Sina, der Donner, der Chernbim Schaar, die Posaun’, und um Fluch nicht! Hinter Stephanus, ging von dieser Weihe begleitet, Saulus hinab. Die Heiligen schwebten nach Tabor hinuͤber. Simeons Bruder Elkanan, mit ihm sein kindlicher Leiter, Waren zu Samma hinein den traurigen Abend gegangen, Da sie das alternde Grab voll stillen Mooses verliessen. Samma hielt sie bey sich, suͤßuͤberredend, ein heitrer Freundlicher Wirth, obwohl viel Schmerz die Seel’ ihm bewoͤlkte, Jetzt der neue, todt sey Christus, und seines Erwachens Ruf bezeuge noch keiner! Das klagt’ auch Elkanan, und Boa, Joel, mit dir. Sie sandten umher, und konnten die Juͤnger Deß, der leben sollte, nicht finden. Sie sassen in Joels Duften- Der Messias. Duftender Laube, die ihm sein Vater im Garten gegeben. Nur der wandelnde Mond war, wie sie glaubten, der Hoͤrer Jhrer Klagen; allein auf einer silbernen Wolke, Die ihn leise bedeckte, versammeln sich andere Hoͤrer, Andere Zeugen, wenn ihr Gespraͤch in Schmerze verstummte, Simeon, und Benoni, und du, vollendete Fromme, Lazarus Schwester, Maria. … Nun kann ich mich laͤnger nicht halten! Muß mich meinem Vater, mich meinem Bruder entdecken! Sag es, Simeon, selbst: Sind ach nicht genung des Jammers Thraͤnen geweinet? genung der bittern Kelche getrunken Jhrer Leiden? Jst nicht die Pruͤfung am Ziele der Laufbahn? Wollen wir ihnen die Krone nicht bringen? … Wir wollen, Benoni. Folg’ unsichtbar uns nach, und geneuß der Wonne, Maria, Jhre Freuden zu sehn! Und du, Benoni, enthuͤlle Dich in der Ferne mit milderem Glanze, daß sie der Erscheinung Nicht erliegen. … Sie schwebten hinab. … Bey meines Benoni’s Grabe war ich, bey Simeons du, ach! waͤren wir Armen Auch bey Jesus Grabe gewesen; so haͤtten wir ihn dort Auferstehn vielleicht, ist er auferstanden, gesehen! Haͤtten … O Gott der Goͤtter! was schimmert in jener Ferne! … Samma sank, rief: Herr, Herr Gott, barmherzig und gnaͤdig! Sieh, ein Bote des Himmels! … Was sahst du, Knabe? was sahst du, Samma? Fuͤhret mich hin, daß ich der Erscheinung begegne, Mit ihr rede. … Wir beben, Elkanan, und koͤnnen nicht fuͤhren! … Fuͤhrt mich! Boa, was siehst du? Auf, fuͤhre du mich! … Der Knabe Hielt sich erstarrt an der Huͤtte! … So redet denn, saget: Was seht ihr? … Eine Funfzehnter Gesang. Eine lichte Juͤnglingsgestalt, die unter Benoni’s Baͤumen wandelt, und gegen uns laͤchelt! … Erscheinung, Erscheinung! Rief Elkanan, wer bist du? Melodisch erscholls in der Laube: Einer Seligkeit Bote, die groͤsser, als ihr vermuthet, Viel entzuͤckender ist. … Ach! wessen Stimm’ ist die Stimme? Rief jetzt Joel, und wessen Antlitz des Nahenden Antlitz? Gott der Goͤtter! Benoni! … Er sank. Schon hielt ihn Benoni’s Helfender Arm, und richtet’ ihn auf. Mein Bruder! … Benoni Riefs in der Wonne. … Mein himmlischer Bruder! stammelte Joel. Sam̃a mein Vater! … und sank ihm ans Herz, und erhielt ihm das Leben, Daß der Greis in der stuͤrmischen unnennbaren Empfindung Nicht entschlummerte, nicht in der thraͤnenlosen Entzuͤckung Jn die Nacht des Todes sein Aug’ hinstarrte. Nun leitet Er den verstummenden Alten zu einem moosigem Sitze. Bring Elkanan zu mir, sprach er zu Boa, damit er Naͤher mich hoͤre. … Nun wall’ ich hinab mit Ruhe zum Grabe! Sprach Elkanan, denn ob mein Auge dich gleich nicht gesehn hat, Hat dich mein Ohr doch gehoͤrt, Unsterblicher! Rede denn, lehr’ uns, Bote von Gott! … Euch wird ein Groͤsserer lehren, so bald ihr Ruhiger seyd, und zu tragen vermoͤgt des Erscheinenden Ankunft! Joel hatt’, indeß da er sprach, sich stille genaͤhert, Blumen gekuͤßt, und sie in des Bruders Tritte gestreuet. Sagt, vermoͤgt ihr (er sah mit dankenden Blicken auf Joel) Auszuhalten, daß Simeon komme? … Simeons Seele, Rief Elkanan, schwebet um mich? ach! laß sie erscheinen, Bote der Wonne! Seyd stark, du, Samma, und Joel, und Boa, Hindert sie nicht. Schon hoͤrt dir mein Ohr, mein Bruder, entgegen. Simeon, Der Messias. Simeon, Simeon, komm! Mein Auge wird dich nicht sehen, Theurer Bruder, allein nicht lange, so werd ich dich sehen, Wenn die Nacht des finsteren Thals zu dem Lichte mich aufweckt. Simeon kam in Schimmer des Mondes, mit himmlischem Glanze Ueberkleidet, einhergegangen. Mit sanfterem Schrecken, Als Benoni’s unangekuͤndetes Schimmern, erblickten Sie die Strahlengestalt; allein mit groͤsserem Staunen. Also floß von der Lippe des hohen Engels die Stimme: Jesus Christus ist auferstanden! Viele der Frommen Haben, auf seiner Allmacht Wink, die Graͤber verlassen! Er erscheinet, und wir erscheinen. Jhn sehn nur die Zeugen, Die er zu lehren beruft, und Wunder zu thun, und zu bluten! Derer die Kronen der Erstlinge warten, und Palmen im Himmel! Und ein Thron im Gericht! Doch eh der Mittler zu Gott geht, Eh mit Jauchzen, und heller Posaune, gen Himmel er auffaͤhrt, Werden auf Einmal ihn noch fuͤnfhundert Glaubende sehen. Jesus segn’ euch, und nenne, mit dieser Begnadeten Namen, Eure Namen! Ja segne sie, Herr, mit dieser Erbarmung! Simeon, auferstanden bist du vor dem Tage der Tage? Ach! wie duͤrstet mein Herz, dich zu sehn! doch ich wuͤrde ja Jesus Selber nicht sehn! Nie hat mich schwerer die Blindheit belastet! Schmerz, verstumm du! die heilige Stunde, da Simeon mich sieht, Jch ihn reden hoͤre, soll keine Klage bewoͤlken, Da er von Jesus mit mir und seiner Herrlichkeit, redet! Ach! fuͤnfhundert auf Einmal! Wofern ich zu ihnen gehoͤrte, Wuͤrd ich dennoch mich freun! Sie wuͤrden Entzuͤckungen reden! Darfst du von eurem Himmel, und seinen Geheimnissen sprechen, Simeon? Funfzehnter Gesang. Simeon? … Nicht zu Bewohnern des Staubes! So hat es geordnet, Der auf Stufen erhoͤht, und nach der Pruͤfung, belohnet! Der die Welten gesondert von Welten, und dennoch vereint hat! Der, in seinem unendlichen Plane der Seligkeit Aller, Alle Grenzen, und Arten der Seligkeiten vereint hat! Gegen dich, lichtheller Entwurf des Gluͤckes der Geister, Jst die sinnliche Schoͤpfung nur Schatten. Er bauet auf Elend Freuden empor, die keiner der Jmmergluͤcklichen kennet. Lernet noch dieß: Nichts Groͤsseres haben die Ewigkeiten, Nichts, das unerforschlicher, unempfindbarer waͤre, Als, daß eine der Hoͤhn der grossen Erhebung des Mittlers, Auf der Erniedrigung, steht! … Der ernste Gedanke vertieft euch. Sinnt ihm zu eifrig nicht nach. Er ist selbst Engeln Erstaunen! Kennet eure Seligkeit ganz, die hier schon euch Gott gab! Nicht nur wir sind um euch; die schoͤne Seele Maria, Lazarus Schwester, ist auch in dieser heiligen Huͤtte. Siehe, sie freuet sich eurer Freuden! … Da riefen sie alle: Lazar us Schwester ist todt? … Und freut sich unserer Freuden! Setzte Samma hinzu, Wir freun uns der deinen, Maria! Ach! wie trocknest du meine Thraͤnen, o Vater des Schicksals! Meinen Benoni sendest du mir; Elkanan den Bruder … Und auch Joel den Bruder! so sprach der zaͤrtliche Joel. Gott! wie hast du mein Schicksal geendet! Wie konnt ich es wagen, Das zu hoffen, als meine verfinsternde Schmermut, dieß Elend Ueber alles Elend, begann, ich mir mein noch bewußt war! Und nur Naͤcht’ erblickt’ um mich her, Labyrinth, und Abgrund! Nichts im Kuͤnftigen sah, als schwarze Schrecken! Nun wich mir III Band. Q Meine Der Messias. Meine Vernunft! ich zermalmte dich, Sohn, an dem blutigen Felsen, Ach, zu durchweinen, so dacht ich bis heut, mein uͤbriges Leben! Und dieß alles endiget sich, mit Wonne der Himmel! Mit dem suͤssesten Wiedersehen, das jemals erlebt ward! Sohn, Benoni, mein Sohn, an dem blutigen Felsen zerschmettert, Wie hat der dich begnadet, der mein, durch dich sich erbarmt hat! Sieh, ich weis es, du gehest von mir; doch soll mirs kein Abschied, Gehest du, seyn! Jch werde vor mir dich immer erblicken, Wie du, ein Erbe des Himmels, in deiner Herrlichkeit dastandst! Kaum, daß es Wiedersehen genannt darf werden, wenn druͤben Ueber den Graͤbern ich dich in deiner Herrlichkeit sehe. Eins noch bitt’ ich dich: Gieb mir deinen Segen, Benoni, Eh du dich wendest. … Jch, Samma, dich segnen? der Sohn den Vater? Und dein juͤngster? … Mein Erstling nun! und aͤlter, als ich bin! Alt an Tagen der Ewigkeit! Sie ist wirkliches Leben! Dieses Leben ist Schlaf, aus dem ein letzter uns aufweckt! Und Benoni erhub die festgefalteten Haͤnde, Ward, indem er redete, strahlenvoller, und sagte: Bald denn komme dein letzter, und sanft, wie Simeons Tod kam, Theurer Vater! So segnet’ er ihn. Jetzt redete Joel. Ach! ich baͤte dich auch um deinen Segen; allein ich Fuͤrchte, Benoni, daß du mit langem Leben mich segnest. Juͤngling, du fuͤrchtest groͤsseren Lohn! Je tiefer des Guten Leben hier wurzelt, je hoͤher erwaͤchst sein Wipfel im Himmel, Und je ausgebreiteter schatten die volleren Zweige. Soll ich nun, mein Bruder, mein Joel, dich segnen? Da kniete Joel nieder vor ihm. Benoni legte die Hand ihm Auf Funfzehnter Gesang. Auf die gluͤhende Stirn. Nimm hin den Segen der Segen, Und das ewige Leben! Der Gott, der Jesus erweckt hat, Fuͤhre zu Jesus dich! … Sie verschwanden der Betenden Auge. Schnell rief Boa: Sie sind verschwunden, Elkanan! und Joel Richtet sich auf, und sagt mit dem sanften Laute der Freude: Wenn du hier noch verweilst, du schoͤne Seele Maria, O so bringe du ihnen von uns, den staͤrksten, den besten, Feurigsten Dank, daß sie der Erscheinung gewuͤrdigt uns haben, Jhrer Gespraͤche von Gott, und ihrer himmlischen Segen! Also sagte der Juͤngling, und sank in die Arme des Vaters. Christus Mutter saß auf dem hohen Soͤller. Die Sonne War gesunken; der Abendstern entstrahlte dem Himmel. Neben ihr ruhte die Tempelharfe. Sie sahe, das daucht ihr, Ueber den Bach der Pilgerinnen eine, nicht gehen, Sah sie schweben, und werden, indem heruͤber sie schwebte, Himmelsgestalt. Also wird That ein grosser Gedanke! Und schon stand die lichte Gestalt bey ihr auf dem Soͤller. Christus Mutter staunte nicht mehr. Es war ein Erstandner, Oder ein Engel. Sie hatt’ erstanden vom Tode gesehen Jhren Sohn! … Jch verhuͤlle vor dir mich, Mutter des Herrn, nicht. Warum sollt’ ich? Du strahlest mit mir nun bald an dem Throne! Mirjam, auch ich bin Mutter! … Vielleicht des gehorsamen Opfrers? Oder deß, der das Grab nicht kannte, des himmlischen Henochs? Abrahams auch, und Henochs! Jch bin, o die der Unschuld Wiederbringer gebahr, ich bin die Mutter der Menschen! Dich, dich seh’ ich! O Wonne des offnen Himmels! die Mutter Abels seh’ ich! … Auch Kains. Jch bin heruͤbergekommen, Q 2 Daß Der Messias. Daß ich mit dir den Sohn, den Mann Jehova, o Mirjam, Preise mit dir! Wohlan, laß unsre Harfen beginnen! Jch mit dir, der Unsterblichen! ich mit der Mutter der Menschen, Die ich sterblich noch bin? Allein wir singen dem Mittler! Eva, beginn, und lehre mich dem Erhabenen singen! Zweymal ward ich geschaffen! Er rief mich zweymal ins Leben, Den du, Mirjam, gebahrst! O Mutter, er wurde gebohren, Der dich schuf, und mich, der alle Himmel gemacht hat! Der die Sonne, den Mond, der alle Sterne gemacht hat! Der dich schuf, und mich, er wurd’, o Eva, gebohren! Hast du den hohen Gesang der Engel Gottes vernommen, Die ihn sangen, als er gebohren ward in der Huͤtte? Da nach Sion zuruͤck des Preisgesanges Triumph kam, Bebten vor seinem Donner die Wipfel der Lebensbaͤume! Sanken, wo er toͤnte, die Himmlischen vor dem Gebohrnen! Und er weinet’ in Bethlehems Krippe. Doch hatten schon Engel, Eh er weinte, den Namen des Wiederbringers genennet! Jesus! … hatte die Ceder, die Palme, Jesus! … gehoͤret, Jesus! … Tabor, Jesus! … Jesus! … ach Golgatha, Jesus! … Nennen hoͤrte den Gottesgesalbten der Thron, von dem er Niederstieg, die Heere des Himmels, den Gottesgesalbten! Hast du ihn sterben gesehen? … Jch hab’ ihn sterben gesehen! … Hast du die blutige Krone der Schmach um die Schlaͤfe des Mittlers Triefen, o Mutter Abels, gesehen? … Jch sahe die Krone Um sein Haupt! und sah in Daͤmmrung erloͤschen der Engel Antlitz, in truͤbere derer Antlitz, die er versoͤhnte! Hast Funfzehnter Gesang. Hast du die Todesstimme des Gottversoͤhners vernommen? Jene, da Christus rief: Es ist vollendet! und jene: Vater, in deine Haͤnde befehl’ ich meine Seele! Ach, ich habe vernommen die Worte des ewigen Lebens, Habe wie Psalme gehoͤrt der Harfenspieler, wie Choͤre, Als ob sie an dem Throne dem Hocherhabenen saͤngen, Da er sein Haupt emporhub, rief: Es ist vollendet! Da sein Auge schaute mit Gottesblicken gen Himmel: Vater, in deine Haͤnde befehl’ ich meine Seele! Und doch litt ich, die Sterbliche, wie die Mutter Abels Niemals litt! Allein Preis sey dem Sohne, des Leidens Geber! denn ach! wie erhoͤhet mir nun die naͤchtliche Stunde, Siehe, die Stunde der Angst, die Stunde des Schwerts in der Seele, Meine Wonne! … Jch habe, wie du nicht gelitten, ob Abel Gleich zu der Erde gestuͤrzt, ich liegen sahe, der Todten Ersten, und meinen Sohn! die Stirn’ ihm zerschmettert, des Fluches Fruͤhes Opfer! in Blut! und meinen Sohn! Es vergingen Erd’ und Himmel um mich! so schreckte der Todte die Mutter! Arm des Allmaͤchtigen! du, ja du nur hieltest mich, Gottes Arm! da hinaus in die Nacht vom Gerichtsaltare der Sohn rief: Mein Gott! Mein Gott! warum hast du mich verlassen? Mutter Christus, ich hoͤrts den Geopferten rufen! Jch sah dich Nun nicht mehr! … Heil dir, o Mutter der Menschen, du warest Da bey dem Kreuz, als Christus das tiefe Geheimniß zu Gott rief. Selig bin ich! Jch habe den Mittler Gottes gebohren! Selig auch du! Du bist die Mutter seiner Versoͤhnten. Q 3 Selig Der Messias. Selig bin ich! Es schuf mich aus Adams Gebeine der Schoͤpfer Jn dem Paradiese! mich schuf aus Verwesungsstaube Tief in des Paradieses Truͤmmern der Auferwecker. Heil mir, ich bin die Mutter seiner Versoͤhnten, und, Mirjam, Deine Mutter. … O du, die Eden zweymal gebohren! Tochter der Schoͤpfung, (ihr Leben verging!) der Auferstehung Tochter zum ewigen Leben! ach Eva, er stammet von dir auch Der von Ewigkeit ist! und den die sterbliche Mirjam Jn der Huͤtte gebahr! O du der Gebaͤhrerinn Mutter, Himmelsfreuden sind die Freuden, die uͤber mich kommen, Und die dennoch, wie tief sie auch oft in dieses Lichtes Stroͤmen versinkt, zu empfinden vermag die sterbliche Mirjam. Segne zum ewigen Leben, ich bin des Bundes Erloͤste, Eva, segne die Himmelserbinn zum ewigen Leben. Zwar bist du noch sterblich, und ich unsterblich, doch kann ich Dich nicht segnen! Es hat dich schon der Stifter des Bundes, Siehe das Todesopfer auf Golgatha’s blutigem Altar, Seine Mutter, zum ewigen Heil, der Vollender gesegnet! Eh am Throne mein Lied von dem Segen des Liebenden ausstroͤmt, Werd ich noch Einmal ihn sehn hier in der Graͤber Gefilden! Gabriel stand, und strahlt’, und verhieß, wir sollten noch Einmal Christus sehn! O singe mir Abrahams Mutter, und meine, Von der Auferstehung des Sohns, da am hohen Kreuze Nun nicht mehr in die Nacht sein Haupt sich senkte, die Augen Jhm nicht mehr verloschen, nicht mehr die Krone von Blute Ueber sein Antlitz trof! da den Donnergang der Entscheidung Gott ging! … Also scholls: Es werde Licht! und das Licht ward! Also Funfzehnter Gesang. Also erstand er! Uns sanken die Harfen! die Palmen sanken! Jubel ruften wir aus! So singen die Lieder am Thron nicht, Meere rauschen, wie wir das Halleluja dem Mittler Gottes ruften. Doch schnell ward Alles staunende Stille! Himmel und Erde schwiegen, und wir, bis endlich Triumphe Maͤrtyrer sangen, bis endlich zum Mittler Adam herabkam, Laut ausrief: Jch schwoͤre bey dir, der ewig lebet, Daß nun Tod nicht mehr der Tod ist, und daß an dem Tage Deiner grossen Vollendung sie Alle, die schlafen, erwachen! Ach sein Wonnausruf durchdringet die Mitgenossinn Seines Erbes! Bestreuet mein Grab mit Blumen der Erndte. Saat, dich saͤte der Herr! Jch hoͤr’, ich hoͤre das Rauschen Deiner Aehren! Jch hoͤre vom Himmel das Rufen der Erndter! Lege bald zu dem Schlafe des Todes, o Mirjam, dich nieder, Daß ich die Mutter des Herrn im Thale des Friedens empfange. Daß wir singen dort in dem Thale des Friedens dem Sohne, Wenn er nun an dem Thron die Thraͤnen der Christen trocknet, Und zu verstummen gebeut der sanften Klage der Wehmut. Siehe, der trug die Suͤnde der Welt, ist die Liebe! der Adams Lasten nahm, und hinauf nach Golgatha ging, ist die Liebe! Der die Liebe, der nicht gekennet, ach ungeliebet, Sich, da die Himmel der Himmel schwiegen, erkohr, sich hingab Diesem schrecklichen Tode zum Opfer! … Zum Opfer, zum Opfer Fuͤr die Suͤnde! da selbst Erzengel verstummten, die Hoͤlle Laut anklagt’, und zu wandeln, den eisernen Tritt der Gericht hub! Also sang sie, und wendete sich. Jhr sahe Maria Lange nach, da sie schwebt’ im Himmelsglanze gen Tabor. Q 4 Jetzo Der Messias. Jetzo begann der Heiligen Schaar zuruͤckzukehren Nach der Verklaͤrung Gebirge, sich dort mit einander der Freuden, Die sie den Auserkohrnen erscheinend gaben, zu freuen. Und sie strahlten herauf von Jerusalem. Viele der Wonne Voll, die sie hatten gegeben, und viele der kuͤnftigen Wonne, Die, noch verborgen im bruderliebenden Herzen, itzt keimte, Trieb, arbeitet’, und wuchs, zum Schatten der Ruhe zu werden, Ueber der Wanderer Haupt im heissen Pfade des Elends. Wie ein Stern, und noch einer, und wieder einer hervorgeht Aus der graͤnzlosen Tiefe der schauererfuͤllenden Schoͤpfung, Wenn der kommenden Nacht die Abenddaͤmmerung weichet: Also versammelten sich die Erscheinenden Gottes auf Tabor; Wenige Spaͤtere nur empfing noch der heilige Berg nicht. Cidli, die Tochter Jairus, saß vor der Laube des Soͤllers, Jn dem Schimmer der Morgenroͤthe. Sie sah den Geliebten, Seit er zu seinem Grabe von ihr in der Traurigkeit eilte, Jhren Semida nicht. … O Liebe voll Unschuld! ich darf dich, Meine Liebe, so nennen! wenn wirst du mich endlich verlassen? Wenn wegrufen den Schmerz, der alles in truͤbe Bilder, Alles um mich in Thraͤnen verwandelt! Gehoͤr ich der Erde Viel zu wenig, ihr sterbliche Soͤhne zu geben; erstand ich, Gott mich auf diese Weise zu widmen; was weilest du, Liebe, Zwar mir bitterer Schmerz, doch Liebe voll Unschuld, was weilst du Unnachlassend in mir? Doch wenn dein Weilen mir zeigte, Daß ich, also dem Herrn mich zu widmen, vom Tode nicht aufstand? Ach wer fuͤhrt mich heraus aus dieser Tiefe des Schmerzes? Dieser Jrre des Gruͤbelns heraus? Zwar bin ich erstanden; Aber Funfzehnter Gesang. Aber sterblich bin ich! Jch leb’, und leide, wie Andre! Leide viel mehr, wie Andre, die so voll Unschuld nicht lieben! Waͤr ich nur sterblicher auch! … Du Klage, warest zu heftig! Sterblicher will ich nicht seyn! … Sie erhebt sich, und trocknet mit Eile Jhre Wange. Da stieg der Pilgerinnen des Festes Eine den Soͤller herauf, von Cidli’s Mutter begleitet. Lange wallt’ ich umher, Jairus Tochter zu sehen; Endlich find’ ich dich auf. Du hast doch von deines Erweckers Hohem Triumphe gehoͤrt? Jch habe von meines Erweckers Hohem Triumphe gehoͤrt; doch seiner Herrlichkeit Zeugen Hab ich noch nicht gesehen. Maria, Lazarus Schwester, Denn ihn kennst du wohl auch, da du mich zu suchen herumwallst? Jst entschlafen! und ob die Mutter des Goͤttlichen lebe? Weis ich auch nicht. … Sie lebt, und hat den Erstandnen gesehen! Hat ein Engel dich mir, o Pilgerinn, zugesendet, Daß du mir diese Botschaft von Jesus Herrlichkeit braͤchtest, Und den Freuden der Mutter? … Jch suchte der Auferstandnen Eine, von denen eine, die Jesus Herrlichkeit zeugten, Als er noch in der Niedrigkeit war. Vernahmest du, Cidli, Nichts von den neuen Zeugen, und Zeuginnen, nun, da er herrschet Maͤchtiger uͤber den Tod, als da er den Bruder Maria, Und den Vaterlosen aus Nain, und dich erweckte? Kam der Ruf nicht zu dir: Viel Heilige waͤren erstanden, Als er am Kreuz entschlief, und die erschienen den Frommen, Die ihn liebten? … Jch lieb’ ihn, ich lieb’ ihn, o Pilgerinn! rede, Jst der Ruf denn gewiß? … Nicht lange, so wird es sich zeigen. Viel erzaͤhlen, daß sich die auferstandnen Gerechten Q 5 Auf Der Messias. Auf der Verklaͤrung Gebirge versammlen. Auf Tabor zu steigen, Jst daher mein Entschluß. Doch in einer Erstandnen Begleitung Wallt’ ich lieber dahin, als allein, zu den neuen Erstandnen. Pilgerinn, zwar bin ich auferweckt von dem Tode, doch bin ich Sterblich, wie du. Die Erstandenen sind vollendete Fromme, Wenn sie erscheinen. Doch geh ich mit dir, wofern du mich leitest, Und die Sinkende haͤltst, wenn wir Erscheinungen sehen. Und sie machten sich auf, nach Tabor zu gehen, die Mutter, Und, mit Cidli, die Pilgerinn. Aber der Juͤngling aus Nain, Semida hatte so viel von deinem Erwachen, Versoͤhner, Endlich erforscht, daß er sein Herz beruhigen konnte, Glauben konnte, du seyst wahrhaftig vom Tod erstanden! Nun erwachten von neuem mit tiefverwundender Wehmuth Seiner Liebe Schmerzen in ihm. Noch war fuͤr ihn immer Cidli geschaffen. Das fuͤhlt’ er zu maͤchtig! Unuͤberwindlich War der Sieger, dieß starke Gefuͤhl, in dem innersten Herzen. Nacht vor mir! wer fuͤhrt mich durch dich? wer hindurch zur Gewißheit, Ob, die ich mir fuͤr die Ewigkeit waͤhlte, wieder mich liebe? Oder auch nicht? Wer bringt mich hinauf in die Hoͤhen der Freude? Oder hinab in das sinkende Thal der bittersten Schmerzen? Auferstanden bin ich, doch nicht unsterblich geworden! Waͤren wir dieß; so waͤren wir lang hinuͤbergegangen Jn der Ruhe Gefilde, wo nichts die Liebenden trennet! Und dort liebte mich Cidli gewiß! O Cidli, Gewaͤhlte, Die ich liebe, wie wenige nur zu lieben vermoͤgen! Doch verstumme du, Schmerz! Noch sterblicher machst du mich, truͤber Bitterer Schmerz. Wie, sonderbar ist mein Schicksal! Ein Juͤngling Munter, Funfzehnter Gesang. Munter, und freudig, der war ich, und starb! und kam aus Gefilden Dunkler Empfindungen, aber die Freude waren, zuruͤcke! Wurde, was wurd ich? mich dauchts bey dem Wiederkommen, ich waͤre Nun ein Unsterblicher; aber wie bald empfand ich, ich waͤre Wieder sterblich, und was ich vor meinem Tode noch nicht war, Elend! … Elend dadurch vor allen, daß ich die Wonne Meines Lebens, die Weisheit deß, der todt war, und lebet, Nicht, wie ich sollte, genung mir machte zur Saat fuͤr die Zukunft, Dann zu erndten, wenn nun das erste Leben entflohn ist! Herr! von dem Tod’ Erstandner! eh du zu dem Vater hingehst, Rufe zu dir mich, damit ich von dir, das Eine, das noth ist, Mehr noch lerne! So dacht er, und schwieg mit gefalteten Haͤnden. Und zu ihm trat ein Fremdling herein. Du kannst mir, o Juͤngling, Helfen, wofern du willst. An dem Fusse von Tabors Gebirge, Liegt ein verwundeter Mann, den haben Moͤrder verwundet! Auf dem Wege zu dem, sitzt einer, der blind ist, und durstet. Keine Quelle war da. Er wußte mir keine zu nennen. Sieh, er durstet, und ruft nach Huͤlfe, die ihm versagt wird. Auf dem Wege zu ihm, wehklagt ein ermatteter Alter An die Felsen gesunken. Jch konnt’ ihn nicht fuͤhren, und laben Konnt’ ich ihn auch nicht. Jch selber ach! bin duͤrftig und kraftlos. Semida rief mit Schnelligkeit: Nimm, und staͤrke dich, nimm dann Dieses fuͤr sie, und dieses. Jch nehme das andre. Sie gingen, Kamen zum Greise. Geh du voraus mit diesem zum Blinden. Nimm, mein Vater, und iß, und trink dieß Labsal der Traube! Sprachs, und kam dem Pilger zuvor, und fruͤher zum Blinden. Den Der Messias. Den die Sonne nur waͤrmt, o nimm die Staͤrkung, ich komme Wieder zuruͤck, dann gehst du mit mir nach Jerusalem. Eilend Ging er weiter. Die Sonne begann, seitdem sie die Thore Salems verliessen, das erstemal uͤber die Berge zu steigen. Und sie eilten dahin, wie der Athem der kuͤhlenden Fruͤhe Leicht. Da sie Tabor sich nahten, erblickte Semida Cidli Zwischen der Pilgerinn, und der Mutter. Schrecken der Freude Stuͤrzten auf ihn, allein er blieb bey dem fuͤhrenden Fremdling. Und sie kamen zum Manne, der bleich, als stuͤrb’ er, in Blute Lag. Sie verbanden ihm sorgsam die Wunden, und legten ihn schonend Auf sanftkuͤhlendes Moos. Da wandte sich Semida endlich, Und sah Cidli herum an dem Berge kommen, doch ferne. Jetzo kamen sie naͤher, und sahns, und standen erschrocken. Aber als sie erkannten, daß jenem Verwundeten Huͤlfe Durch die Maͤnner geschaͤhe, so wagten sie, weiter zu gehen. Semida saͤumte nicht lang. Er lief mit zitternder Eile Cidli entgegen. Doch nah verstummten sie beyde vor Freude, Und vor Wehmut. Die Pilgerinn bat, nicht lange zu weilen! Denn sonst wuͤrd an dem Berge sie noch der Strahl des Mittags Treffen. … So nehm’ ich von dir schon wieder Abschied! auf immer, Meine Cidli? Sie weint’, und folgte der fuͤhrenden Fremden. Semida blieb bey dem Kranken mit seinen Gefaͤhrten, und staͤrkt’ ihn. Als sie sich unterredten, wohin sie ihn braͤchten, erreichten Sie zween Maͤnner. Die waren des armen Leidenden Bruͤder. Und nun schieden die Fuͤnfe mit Dank, und Ruh von einander. Wenn du mich uͤber Tabor begleitest; sagte der Fremdling, Gehet dort ein kuͤrzerer Weg, als jene sich waͤhlten, Und Funfzehnter Gesang. Und wir kommen zu ihnen, so bald sie den Gipfel erreichen, Denn der kleinere Weg fließt mit dem grossen zusammen. Ja, ich bin dein Gefaͤhrt; doch kehrst du mit mir zuruͤcke. … Nicht zuruͤcke mit dir. … Welch ist die Heimath, o Pilger, Die dein wartet? … Mein warten in meiner gluͤcklichen Heimath Himmlische Freunde. … So bist du nicht arm, wenn redliche Freunde Dir dein Leben erheitern. O nenne mir ihre Namen. Jhre Namen? Du wuͤrdest erstaunen, daß ihrer so viel sind. … Viele Freunde! das macht mich erstaunen; doch nenne sie. … Freudig Sah der Pilger ihn an, und begann die Namen zu nennen. David! Abraham! Noa! Melchisedek! Jsaak! Hiob! Rahel! Joseph! Debora! … und Semida sah ihn erstaunt an. Doch bald staunt’ er noch mehr. Des Pilgers Angesicht wurde Roͤthlich, und schimmernd, doch wars erst wenig Daͤmmrung von Schim̃er. Auch schien Jonathan schwebend zu gehn. Je heller er wurde, Desto blaͤsser vor Freud’ und vor Furcht ward Semida’s Antlitz. Aber ihn staͤrkte sein Freund, und fuͤhrte den Bebenden weiter. Auf dem anderen Wege stand auf Einmal der Reise Frohe Gefaͤhrtinn, die Pilgerinn, still, und sprach zu der Mutter: Weiter folge du nicht. Die Auferweckte des Mittlers Sieht die hoͤhern Erscheinungen nur. Sie glaͤnzte verwandelt. Nimm jetzt Abschied. Sie sagt’ es der sinkenden Mutter, und hielt sie. Abschied von meiner Cidli, von der ich niemals mich trennte? Komm bald wieder, o himmlische Tochter, und sage mir Armen, Was du sahst. Gott segne zu dieser Erscheinungen Heil dich! Geh nach Salem hinab, so sprach zu der Mutter Megiddo, Denn du siehest so bald die gluͤckliche Cidli nicht wieder! Meine Der Messias. Funfzehnter Gesang. Meine Mutter! der Herr geleite dich, melne Mutter! Himmlische Freundinn, laß bald mich wieder die Mutter umarmen! Und sie verliessen die Arme, die weinend ihnen nachsah. Als sie die Hoͤhen erstiegen, und Cidli vor Staunen kaum fragte, Sahe sie fern in den Cederschatten Semida kommen Mit dem Pilger, der nun in seinem Schimmer auch glaͤnzte. Semida sah auch sie. Die beyden Sterblichen standen, Gingen, und bebten, und ruhten. Auf jeder Seite begannen Strahlengestalten um sie zu schweben, und ihnen zu laͤcheln. O wie glaͤnzten, noch Unerkannte, der Greis, und der Blinde, Und der verwundete Mann, und seine kommenden Bruͤder! Jmmer wurden der Himmlischen mehr, und leuchtender immer. Wer vermag die Entzuͤckungen alle mit Namen zu nennen, Welche die beyden ergriffen. Wie sie mit gefalteten Haͤnden, Staunend sich umsahn, wieder den Blick zu der Erde senkten! Fragen wollten, und in der bebenden Frage verstummten! Wie von den Strahlen umgeben der nahen Unsterblichen, wie sie Dann von dem Schimmer, und sanftzulispelndem Segnen umgeben, Freudig waren, und bang! … Sie kamen sich naͤher. … Da schwanden Jhre Gedanken! und sie, die beyden Gluͤcklichen wurden Schnell verklaͤrt! Sie schwebten daher, und umarmten einander, Ach das erstemal dort, und nicht in den Huͤtten der Trennung. Wiedersehen, o du der Liebenden Wiedersehen, Wenn bey dem Staube des Einen nun auch des Anderen Staub ruht, Selbst der Gedank’ an dich ist nur ein Traum von Cidli’s Freuden, nun weinten sie andere Thraͤnen, und Semida’s Freuden!