Versuche einer neuen Theorie des Geldes . Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Ruͤcksicht auf Großbritannien . Von Adam Muͤller . Leipzig und Altenburg : F. A. Brockhaus . 1816 . Vorrede . D as nachstehende Werk wurde in den Jahren 1810 und 1811 zu Wien entworfen. Die große, in Deutschland bey der damaligen Sperrung des Con- tinentes fast ganz unbeachtet gebliebene, Streitfrage uͤber die Depreciation der Londner Banknoten, und eine meisterhafte practische Eroͤrterung derselben von Herrn Hofrath und Ritter von Gentz waren die un- mittelbaren Veranlassungen meiner Schrift. Als die wesentlichen Grundlegungen meiner Theo- rie, welche ich hiermit dem Publikum uͤbergebe, voll- endet und bereits abgedruckt waren, wurde ich durch die Gnade Sr. Maj. des Kaisers von Oesterreich zu einer practischen Laufbahn berufen. Unter den Er- fahrungen eines reichhaltigen Dienstlebens in Tyrol und Italien , in Frankreich und Deutschland ist das innerliche Wesen meiner Ansicht der Staatswirthschaft von keiner Seite erschuͤttert worden: ich trage daher kein Bedenken meine fleißige und wohlgemeinte Arbeit, auch in ihrer fragmentarischen Form, aus Licht tre- ten zu lassen. Mit Gottes Huͤlfe gedenke ich nach einigen Jah- ren eine vollstaͤndige Darstellung des unzertrennlichen Ganzen der Staatswissenschaften nach den hier an- gedeuteten Grundzuͤgen erscheinen zu lassen. Adam Muͤller . Inhalt . Seite. Einleitung. 1 Erstes Kapitel. Familienvermoͤgen und Privat- vermoͤgen. 6 Zweites Kapitel. Verhaͤltniß der Personen und Sachen zu einander und zum Staate. 16 Drittes Kapitel. Feod und Allod. 26 Viertes Kapitel. Die Ehe und die Familie, als Schema aller Haushaltung. 40 Fuͤnftes Kapitel. Die Oekonomie in der Bewegung betrachtet. 49 Sechstes Kapitel. Von dem Werthe, den die oͤko- nomische Kraft durch ihre Richtung erhaͤlt. 64 Siebentes Kapitel. Production und Consumtion. 74 Achtes Kapitel. Von der Welthaushaltung und den edlen Metallen. 88 Neuntes Kapitel. Vom Beduͤrfniß. 105 Zehntes Kapitel. Von den Gesetzen als einzigem und hoͤchstem Resultate aller Oekonomie. 118 Grundlegungen einer neuen Theorie des Geldes . 131 Erstes Kapitel. Von dem einzelnen Menschen, als Vorbilde der Staatshaushaltung. 133 Zweites Kapitel. Von der Kugel, als oͤkonomischem Schema. 143 Drittes Kapitel. Vom Gelde. 155 Seite Viertes Kapitel. Unterschied der Wechselsclaverey und der freyen Wechselwirkung zwischen den oͤkonomischen Kraͤften. 167 Fuͤnftes Kapitel. Vom Maaßstabe. 182 Sechstes Kapitel. Von der Muͤnze. 195 Siebentes Kapitel. Daß der Werthmaaßstab nicht bloß Groͤßen, sondern auch Richtungen und Verhaͤltnisse messen solle. 223 Achtes Kapitel. Von den beyden Elementen des Werthmaaßstabes: dem Metallmaaßstabe und dem Creditmaaßstabe. 243 Neuntes Kapitel. Vom Ueberfluß und vom Man- gel des Geldes. 393 Einleitung . Theoret. Theil A D ie vorhandenen staatswirthschaftlichen Theorien sind durch untergeordnete Probleme veranlaßt worden. Es war insbe- sondere die große Aufgabe einer ordentlichen und gerechten Besteurung, welche um die Mitte des letztverflossenen Jahr- hunderts, eine naͤhere Untersuchung der Quellen des Staats- reichthums herbey fuͤhrte. Hierauf sind nach Maaßgabe der einzelnen Beduͤrfnisse, die sich mit aͤußerer Zudringlichkeit an- meldeten, auch die einzelnen Hauptmaterien der Wissenschaft bearbeitet worden; so die Lehre vom Getreidehandel in Folge des Mißwachses von 1772 in Frankreich , und des großen Mangels in Großbrittanien im Anfange dieses Jahrhunderts; so die Lehre vom Gelde insbesondere in Folge der durch ge- bietherische Umstaͤnde im Jahre 1797 bewirkten Restriction der baaren Zahlungen an der Bank von England . Bey allen diesen Gelegenheiten ergaben sich neue und glaͤn- zende Resultate: es war natuͤrlich, daß man eine ganz unbe- kannte Wissenschaft entdeckt zu haben glaubte. Ungluͤcklicher Weise fiel dieser Wahn in eine Zeit gaͤnzlichen Verfalls aller gesellschaftlichen Ansichten: die rechtlichen Grundlagen der Staaten wurden von der oͤffentlichen Meinung in Zweifel gezogen, und so konnte es nicht fehlen, daß die Verkuͤndiger A 2 des neuen oͤkonomischen Lichtes alles Unheil aus den oͤkonomi- schen Einrichtungen der blinden Vorfahren herleiteten. Nichts desto weniger hat niemand einsehen wollen, daß eine solche Zeit der Zerruͤttung aller politischen Verhaͤltnisse und Mei- nungen am wenigsten zur Erfindung einer Wissenschaft von der Staatshaushaltung geeignet sey: in der gereitzten Stim- mung aller Gemuͤther, und bey dem Drange der Gegenwart war eine unbefangene Wuͤrdigung des bisher Gewesenen un- moͤglich. Diese politische Gegenwart war bloßer Zwischenzu- stand, Uebergang aus einem Zustand in den andern, oder vielmehr, wie sich nunmehr ausgewiesen hat, Uebergang der natuͤrlichen aber bewußtlosen oͤkonomischen Weisheit der Vaͤter, durch den Vorwitz der Kinder, zu der verstaͤndigen Anerkennung jener Weisheit von Seiten der Enkel: und den- noch wurden alle Vorstellungen von den Beduͤrfnissen und der Bestimmung der einzelnen Menschen, wie der Staaten und der ganzen Menschheit, mit Verlaͤugnung jedes anderen Mu- sters, ausschließend aus dieser verwirrten Gegenwart herge- nommen. Es ist auch von andern Seiten her bekannt genug, wie breit sich gerade dieses Geschlecht gemacht, mit welchem Hohn es auf die Vergangenheit, mit welchem Eigenduͤnkel es auf die Zukunft herabgesehen; so daß dann, wie es sich gebuͤhrt, die groͤßte Unsicherheit der Zeit mit den frechsten Anmaßungen der Menschen, und dem uͤbermuͤthigsten Selbst- vertrauen der Wissenschaft zusammen getroffen. Demnach sieht jedermann ein, daß von den allgemeinen Principien der politischen Wissenschaften dieser letztverflossenen Zeit wenig zu brauchen ist, wie lehrreich auch die Geschichte dieser hochmuͤthigen Irrthuͤmer fuͤr uns alle gewesen seyn moͤchte. Wir gehen also in der nachfolgenden Darstellung von der natuͤrlichen Haushaltung der Europaͤischen Staaten un- seren eigenen Gang, und erwarten von den Unbefangenen der Zeitgenossenschaft wie der Nachwelt das Zeugniß, daß wir uns gehorsam gegen die wahren Lehren der Geschichte erwiesen, und das ewige Beduͤrfniß des Menschen treu beach- tet haben. Erstes Kapitel. Familienvermoͤgen und Privatvermoͤgen. D er Leser denke sich ein mit allen Beduͤrfnissen und An- nehmlichkeiten des Lebens wohlversehenes Haus: Hausherr, Kinder, Dienstbothen an ihrer natuͤrlichen Stelle. Das Ganze macht den Eindruck der Wohlhabenheit, des Reichthums; jedes einzelne Glied des Hauses, wie niedrig auch seine Func- tionen seyn moͤgen, genießt das Selbstgefuͤhl des Ganzen. Setzen wir den Fall: der Hausherr sterbe, und das ganze bisherige Gemeinvermoͤgen werde getheilt unter Kinder und Dienstbothen, in eben so viele Vermaͤchtnisse und Legate. Jeder von uns wird sich eines solchen Falles erinnern, und (obgleich die Substanz des bisherigen Vermoͤgens zwar getheilt, doch dieselbe geblieben) dennoch das Gefuͤhl gehabt haben, als besaͤssen nunmehr die einzelnen Nachgelassenen zusammen ge- nommen weniger, als alle vereinigt im Vaterhause besessen haben. Es wird uns vorkommen, als sey des Reichthums durch die Auseinandersetzung wirklich weniger geworden; und unser Gefuͤhl hat Recht. Alle Familienglieder hatten im Va- terhause, außer ihrem besondern Besitz, noch eine Eigen- thums-Empfindung vom Ganzen; jetzt ist zwar ihre besondere Portion vermehrt, aber das Selbstgefuͤhl im Reichthum des Ganzen ist dahin; jeder ist der Zahl nach reicher, dem Gefuͤhl und dem Wesen nach, aͤrmer geworden. — Die rechten Kinder dieser Zeit werden sagen: dafuͤr seyen auch alle diese einzelnen Familienglieder frey geworden, sie haͤtten die unbedingte Disposition uͤber ihr Erbtheil erhalten; jenes Gefuͤhl sey ein Vorurtheil, diese Unabhaͤngigkeit sey das einzige wahre Gut. Wenn sie also den in seiner Grundherr- lichen Familie bisher auf aͤhnliche Weise gestellten Bauer, aus dem Familienzusammenhange herausreißen, oder, wie sie sich ausdruͤcken, befreyen koͤnnen; wenn sie den in dem großen Vaterhause der buͤrgerlichen Gesellschaft bisher als Familienglied eingeschlossenen Staatsbuͤrger emancipiren, und zu einem abgesonderten Privatetablissement verleiten koͤnnen, so glauben sie das Nationalgluͤck wahrhaft befoͤrdert zu haben. Das nun ist das wahre Verhaͤltniß der alten Europaͤischen Staats-Haushaltung, zu der neuen, die auf allen Gassen gepredigt wird. In der ehemahligen Oekonomie der Staaten wurden alle Privathaushaltungen im Zusammenhange ge- dacht; jeder Einzelne fuͤhlte seinen Besitz, aber noch außer- dem fuͤhlte er sich theilnehmend an einem groͤßeren Besitz; es war dem Einzelnen weniger zugetheilt, aber die Gemeinde deren Glied er war, und die große Corporation aller Ge- meinden der Staat, besaß mehr, und da dieß Gemeinde- vermoͤgen durch die Jahrhunderte und durch weise Gesetze befestiget war, und da der Hausvater dieser großen Familie durch dieselben Gesetze unsterblich gemacht worden, so verlor die Verschiedenheit der individuellen Gluͤcksumstaͤnde ihre ganze Gehaͤßigkeit; der Einzelne war nur deßhalb mehr beguͤnstigt als der andere, damit der das Gemeindevermoͤgen, dessen Gefuͤhl wieder dem Niedrigsten zu Gute kam, besser er- halten, vermehren und vertheidigen konnte. — Fehlt dieses Ganze, wie die neuen Theorien wirklich dar- auf keine Ruͤcksicht nehmen, so entsteht derjenige Wetteifer und Wettlauf unter den Einzelnen, woraus, zu Folge jener Theo- rien, sich die hoͤchste Wohlhabenheit aller, unserer Ansicht nach sich das unvermeidlichste Verderben aller entwickeln muß. Keiner, wie hoch er auch stehe, wie sehr er auch vom Gluͤcke beguͤnstigt seye, kann nunmehr mit dem ihm zugekommenen Erbtheile zufrieden seyn; jeder will leben wie er im Vater- hause gelebt hat, desselben Gefuͤhles theilhaftig seyn; jeder will in eigener Person und auf eigene Hand die Wohlhaben- heit des Ganzen darstellen, und so zerstoͤren sich natuͤrlich die einzelnen Reichthuͤmer untereinander: die allgemeine Armuth ist nothwendiges Resultat. Also das rechte Verlangen des Menschen, seinen Wir- kungskreis durch Besitz, durch Mittel des Lebens zu erwei- tern, ist doppelter Art: zuerst will er besonderes besitzen; dann aber will er auch wenigstens im Geiste wieder alles besitzen; er will im Einzelnen leben, und doch nur, damit ihm das Ganze, worin er lebt, und dessen er theilhaftig ist, desto deutlicher einleuchte. Schneidet ihr ihm das Ganze weg, hebt ihr den Staat auf, wenigstens das Gemeinwesentliche am Staate, so muß der Einzelne durch die Ausdehnung sei- ner Person und seines Besitzes, sich ein Surrogat fuͤr das Ganze zu verschaffen streben, so entsteht eine natuͤrliche aber menschenfeindliche Begierde nach ausschließendem Besitz, die kein Eigenthum, wie groß es auch sey, und zuletzt auch keine Krone befriedigen kann. Es offenbart sich dann, wie- wohl auf falschem Wege, das richtige Verlangen nach dem Ganzen; und es ist nichts abgeschmackter, als wenn ein Philosoph die Gemeinguͤter der Menschheit zerstoͤren hilft, und hinterher uͤber den Eigennutz und Egoismus der Menschen klagt. — Wenn ihr den Einzelnen aus feinem Vaterhause emanci- pirt, und darauf laufen doch eure Freyheitsproclamationen hinaus, so habt ihr sein Schicksal dem Zufall anheim ge- stellt, der feindseligen Begierde die Welt preis gegeben, die Ungleichheit aller vor dem Schicksal anstatt der Gleichheit vor dem Gesetze constituirt, und von Staatsordnung ist nicht wei- ter die Rede. Die Schranken, die ihr ihm hinterher durch den Buchstaben eines Gesetzes stellt, habt ihr im Voraus durch den Widerspruch schon aufgehoben, daß ihr ihm erlaubt, nach allem Besitze uͤberhaupt zu streben. Wenn der vater- haͤusliche Geist verschwunden, der befriedigend in die ge- heimsten Falten des Herzens drang, dann wollen wir sehen, wie weit ihr mit eurem Privatrecht und euren Polizeygesetzen kommt, die an der Außenseite des Menschen umherspielen, und die er, der Einzelne auch wieder spielend abzufertigen wissen wird. Wenn der Einzelne erst die gehoͤrige Macht er- reicht hat, so wird er alle privatrechtlichen Schranken zu schonen, und dennoch alle eure Besitzthuͤmer sich anzueignen wissen. Der Unterschied groͤßerer und geringerer Gluͤcksumstaͤnde, groͤßeren und geringeren Privatreichthums ist nothwendig, wenn eine buͤrgerliche Ordnung, eine Disciplin und Subordi- nation moͤglich seyn soll. Diese Disciplin nun unter den einzelnen Reichthuͤmern macht es moͤglich, daß alle oͤkonomi- schen Functionen der buͤrgerlichen Gesellschaft, zusammen- haͤngend, eine die andere unterstuͤtzend vor sich gehen koͤnnen. Diese Ungleichheit und daraus construirte Disciplin muß dauerhaft seyn, weil das Geschick zur Verwaltung des groͤ- ßeren wie des geringeren Vermoͤgens, der auf allgemeine wie auf besondere, gemeinnuͤtzige Geschaͤfte gewendeten Kraft, Zeit braucht, um erlangt zu werden, und weil die meisten besonderen Kraͤfte innerhalb des Staates sich nur erst im Fortgang langer Jahre in ihrer vollen Wirksamkeit bewiesen. Wenn eine solche Disciplin also moͤglich seyn soll, so muß jeder Einzelne in seiner Station, und wenn es auch der Aermste waͤre, fuͤr die Dauer befriedigt werden koͤnnen: die jedem Einzelnen angeborne Begierde das Ganze zu umfassen, muß im Voraus fuͤr immer bedacht seyn. Nun aber zeigt sich, daß, wer zum Beyspiel, die Luft sich ausschließend aneignen wollte, in sie zerfließen muͤßte, und doch nichts besitzen wuͤrde; wer hingegen sie als Ge- meingut an seinem besondern Ort, und mit seinem besondern Organe gebrauchte und athmete, auch aller Wohlthaten und Segnungen dieses Elements theilhaftig werden wuͤrde. So auch, wer sich an seinem besondern Ort und in seinem beson- dern Geschaͤft eines gewissen ewigen Eigenthums nicht der einzelnen Dinge, aber des Ganzen, welches sie durch die buͤrgerliche Ordnung mit einander ausmachen, bewußt waͤre, und mit jedem Athemzuge dieses geistige Element empfaͤnde, der wuͤrde durch den wirklichen Besitz aller Dinge im Umkreise des Staates nicht fuͤr den Verlust dieses Elementes entschaͤdigt werden koͤnnen; denn er muͤßte ja erst die besonderen durch Geburt, Gewohnheit, Erziehung entwickelten Organe auf- geben, um den neuen Besitz zu empfinden. In solche Lage werden die Menschen durch unvernuͤnftige Emancipationen und Freyheitsproclamationen versetzt; man nimmt ihnen das Gluͤck, wofuͤr sie Organe haben, und erweckt die Begierde nach einem andern, wofuͤr die Organe fehlen. Jeder also braucht besondere Organe, besonderes Eigen- thum, besonderes Gluͤck, um des Allgemeinen theilhaftig zu werden; aber nur dadurch, daß er des Allgemeinen wirklich theilhaftig wird, kann er sich bey seinem besondern Gluͤck dauerhaft beruhigen. Wer also das Gefuͤhl des Ganzen, welches alle einzelnen Besitzthuͤmer in sich schließt, dem Ein- zelnen versagt, der entzieht dem Einzelnen zugleich auch sei- nen besondern Besitz, und jede Erweiterung dieses Besitzes ist schon im Wesen verloren, ehe sie noch diesem Einzelnen scheinbar zu Theil wird. Es ist also klar, daß alle einzelnen Buͤrger im Staat nur in so fern viel haben, besitzen, ruhig und dauerhaft produciren koͤnnen, in wie fern sie mit einander ein großes, wohlhabendes und sicheres Haus ausmachen, das heißt: in wie fern jeder als unzertrennliches Glied des Ganzen, ein un- wandelbares Gefuͤhl von der dauerhaften Wohlhabenheit des auch ihm zugehoͤrigen Ganzen hat. Stirbt der Hausherr, geht das alte Gemeinwesen und das lebendige Gesetz desselben unter, so muͤssen alle Einzelnen, und wenn sie vor der Hand auch allen besondern Besitz behielten, und wenn auch das ganze Staatsvermoͤgen verhaͤltnißmaͤßig getheilt wuͤrde, und jedem einzelne Besitze zuwuͤchsen, sich aͤrmer fuͤhlen, weil die Buͤrgschaft fehlt fuͤr die Dauer und fuͤr das Recht, weil der Einzelne nichts Allgemeines empfindet, weil die Luft fehlt, die allen Lebensgenuß anfrischte und belebte, weil Jeder nun- mehr nur das sieht was ihm fehlt, nicht mehr das, was er besitzt. — Der Reichthum eines Staates ist also unendlich mehr, als die Summe der einzelnen Reichthuͤmer im Staate; es ist ein großes Wesen darin, welches sich durchaus nicht in Zahlen bestimmen laͤßt, durch dessen Mangel alle Zahlen zu Nichte werden, und durch dessen Hinzukunft alle Zahlen wachsen. Koͤnnt ihr bey den Vorstellungen des Reichthums und der Oekonomie durchaus nicht die Zahlen entbehren, so merkt euch, daß es eine Rechenkunst gibt, nach der 1 und 1, auf lebendige Weise zusammen gesetzt, 3 und mehr als 3, auf todte Weise zusammen gesetzt, nur 2 und weniger als 1 geben. Verbindet ihr 1 und 1 auf productive Weise, wie Mann und Frau in der Ehe, wie eure Arbeitskraft mit dem Capital in jedem moͤglichen Gewerbe, so koͤmmt zu den beyden bleiben- den Wesen ein Drittes dazu. Soll aber ein solches Drittes hinzu kommen, so muͤssen 1 und 1 auf dauerhafte Weise ver- bunden seyn, denn alle Production braucht Zeit. Es muß also außer den beyden producirenden Wesen noch eine Kraft geben, welche ihre Verbindung verbuͤrgt. Da nun aber auch im Großen das Wesen der buͤrgerlichen Gesellschaft darin be- steht, daß sie wachse, daß allenthalben aus 1 und 1 drey wurde, so muß in der buͤrgerlichen Gesellschaft eine die Summe aller einzelnen Kraͤfte uͤberwiegende Kraft vorhanden seyn, welche, da sie die productiven Verbindungen aller Ein- zelnen verbuͤrgt, und sie also erst productiv macht, durch ihr Vorhandenseyn alle Werthe erhoͤht, durch ihre Abwesenheit alle Werthe vernichtet. Wenn ich die in einer wahren und ordentlichen, vater- haͤuslichen Staatswirthschaft enthaltenen saͤmmtlichen beson- deren Reichthuͤmer addire, so hat diese Summe freylich eine wahre Bedeutung, weil in den gleichfoͤrmigen Preisen aller Dinge innerhalb solcher Haushaltung die Werthe, welche die allgemeine Staatskraft hinzu thut, schon enthalten sind. Fehlt hingegen die gemeinschaftliche Kraft, so schwanken und sinken alle Werthe; die Zahlenbestimmungen, die wie Traum- bilder wechseln, geben durchaus kein Resultat, und waͤre die Summe der Privatreichthuͤmer in solchem Zustande der Ge- sellschaft noch sehr betraͤchtlich, so ließe sich daraus nur der Schluß ziehen, daß diese Reichthuͤmer sich unter einander um so lebhafter verzehren, und, da sie eine um so groͤßere Lockung fuͤr den auswaͤrtigen Feind seyn moͤchten, auch um so unver- meidlicher untergehen wuͤrden. Aller Reichthum, oder da dieser Ausdruck vielen Miß- verstaͤndnissen unterworfen seyn moͤchte, alles Vermoͤgen hat nothwendiger Weise zwey Elemente: die Kraft des Einzelnen und die Kraft des Staates: ich nenne diese beyden Kraͤfte Elemente, weil eine ohne die andere nicht besteht, ja nicht einmahl wirklich da ist. Alles Einzelne im Umkreise eines Staates Vorhandene, ist nur thaͤtig und productiv vorhanden, in wie fern es in bestaͤndiger Wechselwirkung mit dem Allge- meinen und Gemeinschaftlichen steht. Das Staatsvermoͤgen ist also der gesammte Inbe- griff derjenigen Kraͤfte, unter deren sichtbaren und unsichtbaren Einfluß des Privatvermoͤgens entsteht, waͤchst, sich vertheidigt und behauptet. Es besteht also keineswegs allein in den Er- traͤgnissen des Staatseigenthums und der verschiedenen Abga- ben, oder in dem Capitalwerth dieser Einkuͤnfte; die ge- sammten Vertheidigungskraͤfte der Menschen wie des Bodens, Armeen, Festungen, Waffen, die administrative Kunst des gesammten Civiletats, ja die Verfassung, die Gesetze, alle großen Nationalerinnerungen sind Bestandtheile des Staats- vermoͤgens. Ja, aus dem Standpuncte des Einzelnen muß die Gesammtkraft aller uͤbrigen Individuen, als integriren- der Theil des Staatsvermoͤgens angesehen werden, denn auch diese beschraͤnkt, also befestiget und verbuͤrgt dem Einzelnen seine besondere Existenz, mit allem derselben untergeordneten Beywesen. Alle diese Dinge muͤssen beharren und wachsen, wenn der Einzelne mit dem Seinigen beharren und wachsen soll, und jede Veraͤnderung die sich auf ihrer Seite zutraͤgt, reagirt nothwendig auf der Seite des Einzelnen. So nun beginnt alle Einsicht in die Haushaltung einer Nation, mit der deutlichen und sichern Erkenntniß der von der Vorsehung in allen menschlichen Geschaͤften angeordneten, unendlichen Gegenseitigkeit, Bezuͤglichkeit und Bedinglichkeit. Wer also uͤber die Nationalhaushaltung gruͤndlich reden, sicher urtheilen, oder sie foͤrderlich regieren will, der muß zufoͤrderst einsehen, daß er es uͤberall mit Verhaͤlt- nissen und Wechselwirkungen zu thun hat , daß er nichts Einzelnes thun kann, ohne zugleich das Ganze zu officiren, daß er den saͤchlichen Reichthum oder den reinen Ertrag der einzelnen Productionen nicht veraͤndern kann, ohne zugleich auch auf der andern Seite die persoͤnliche und productive Kraft des Staates zu veraͤndern; kurz, daß er zuerst und vor allen Dingen streben muͤsse, nach einer bestaͤndigen, umsichtigen und allseitigen Gerechtigkeit gegen alle gleich wesentlichen und unter einander innig verschraͤnkten Glieder der großen Familie. Zweytes Kapitel. Verhaͤltniß der Personen und Sachen zu einander und zum Staat. M an erwaͤge die Forderung, welche an die Wissenschaft der Nationaloͤkonomie gewoͤhnlich gemacht wird: sie soll die Quellen erforschen, aus denen diejenigen Erscheinungen her- fließen, die man mit dem Worte Nationalreichthum zusam- men zu fassen pflegt, und ihre beste Benutzung nachweisen. Nationalreichthum in der allgemein angenommenen Bedeutung, ist aber nicht mehr, als eine gewisse Fuͤlle derjenigen Mittel oder Sachen, die zur Erhaltung, Erleichterung, Verschoͤnerung des aͤußeren Lebens der Menschen wesentlich gehoͤren. Da nun der Werth dieser Sachen einerseits nur relativ ist, und durch die Natur, wie durch das Beduͤrfniß derjenigen Menschen be- stimmt wird, die sich derselben bedienen sollen; da anderer- seits die gesammte und fortgesetzte Thaͤtigkeit aller Glieder der buͤrgerlichen Gesellschaft in Anspruch genommen werden muß, um diese Sachen zu gewinnen und herbey zu schaffen; da endlich alle diese Thaͤtigkeiten nicht bloß durch ihre abgeson- derte Anstrengung, sondern nur durch eine gewisse gliederartige Verschraͤnkung unter einander, oder durch einen zusammen- haͤngenden Organismus den beabsichtigten Zweck erreichen, so sieht man leicht ein, daß die Herbeyschaffung der Sachen nur der scheinbare Zweck der Nationaloͤkonomie sey. Immer wird es eben so sehr darauf ankommen, daß die gewonnenen Sachen wieder die productive Kraft der Personen erhoͤhen, also koͤnnte man eben so einseitig, jedoch mit nicht minderem Rechte die Productionskraft der Personen zum Zweck der Nationaloͤkonomie erheben. Wir wollen also dem am Ende des ersten Kapitels aufgestellten Grundsatze gemaͤß, die Nationaloͤkonomie so definiren, daß sie die Wissenschaft der Erhaltung, Belebung, Verinnigung, erstlich, des Ver- haͤltnisses der Personen und Sachen zu einander, zweytens, des Verhaͤltnisses der Personen und Sachen zu dem Staate sey. Es kann nicht fehlen, daß wir wegen dieser Erklaͤrung den Vorwurf hoͤren werden, was wir meinten, sey die Staatslehre uͤberhaupt, und unsere Definition koͤnnte eben so gut fuͤr die Wissenschaft des Rechtes, als fuͤr die National- oͤkonomie gelten. Darauf erwiedern wir: die Oekonomie, das Recht, ja auch die militaͤrische Vertheidigung des Ganzen, und die Religion wie die Erziehung, treffen alle in hoͤchster Instanz zusammen. Nur in wie fern der Gelehrte oder der Staatsmann sich auf den Standpunct hin begibt, wo sie alle zusammen treffen, und wo sich eine abgesonderte Defini- tion einer von ihnen nicht weiter geben laͤßt, kann er das oͤkonomische, juristische, militaͤrische, diplomatische Interesse des Ganzen wahrhaft uͤbersehen und besorgen, nur in so fern kann er das religioͤse Band, welches alle diese Interessen un- aufloͤslich verknuͤpft, festhalten und schuͤtzen. Das Recht und die Waffen, haben wir oben gesagt, muͤssen als integrirende Theile des Staatsvermoͤgens angesehen Theoret. Theil B werden: auch die Zeit ist nicht mehr fern, wo man die Religion als letzte und hoͤchste Quelle allen Credits und aller Macht, und als die maͤchtigste Gewaͤhrleisterinn alles Besitzes oͤffentlich anerkennen wird. Es waͤre ein ganz hoffnungsloses Geschaͤft, irgend eines dieser Interessen darzustellen oder zu besorgen, wenn man nicht des Beystandes der uͤbrigen gewiß waͤre; es waͤre unmoͤglich von der Staatswirthschaft zu han- deln, wenn es nicht erlaubt waͤre, alle Dinge innerhalb des Staats, Personen und Sachen, ja den Staat selbst als eben so viele oͤkonomische Werthe zu betrachten. Der Mensch begehrt Dinge, um seine Unvollkommenheit zu ergaͤnzen, um der Vergaͤnglichkeit abzuhelfen, die er an sich spuͤrt: der roheste Hunger und Durst, und die ausgebil- detste Begierde nach dem raffinirtesten Lebensgenuß, sind nur Offenbarungen jenes Triebes. Er begehrt Personen von ent- gegengesetztem Geschlecht, um die Einseitigkeit seines Ge- schlechts zu ergaͤnzen, um die Vorstellung eines vollstaͤndigen und dauerhaften Menschen, die er in seiner Seele traͤgt, zu verwirklichen. Der Mensch von einer gewissen Gewerbsgattung begehrt Menschen von der entgegengesetzten Gewerbsgattung, der Producent den Fabrikanten, der Gelehrte den Kuͤnstler, jeder um sich zu vervollstaͤndigen, um sich abzurunden, um sich zu einem Ganzen zu erheben. Er strebt sich zu verbinden mit Personen und Dingen; er strebt nach Eigenthum und nach Verpflichtungen; um etwas Hoͤheres hervorzubringen als er sich selbst fuͤhlt, um weiter zu sehen, zu greifen, zu wirken, als seine isolirten Kraͤfte reichen. Es scheint freylich, daß sich die Sachen bloß durch die Willkuͤhr einseitig aneignen lassen, indessen gegen Personen, die selbst an sich, und dann auch zur Behauptung und Er- haltung der Sachen unentbehrlich sind, gilt nur Verpflich- tung, gegenseitige Aneignung. Wenn also auch nur nach dem Eigenthume gestrebt wuͤrde, so muͤßten die Menschen sich deßhalb schon wie in ein großes Gewebe gegenseitig ver- schraͤnken; jeder muͤßte in eine Wechselverpflichtung zu allen Uebrigen treten: das Eigenthum ließe sich nicht erweitern, ohne diese persoͤnlichen Verpflichtungen zu vermehren. Wer diese Verpflichtungen zerrisse, schwaͤchte auch das Eigenthum und verursachte eine Werthverminderung desselben. Gesetzt nun also, die Nationaloͤkonomie haͤtte es bloß mit dem Eigenthum zu thun, und nicht mit der wechselseitigen Verschraͤnkung und Verbuͤrgung des Eigenthums, welche durch persoͤnliche Verpflichtungen vollzogen wird, so wuͤrde sie eben so wenig von der oͤkonomischen Erweiterung des Eigenthums Rechenschaft geben koͤnnen, als eine Rechtslehre, die nur von den persoͤnlichen Verpflichtungen handelte, aber die Realrechte versaͤumte, uͤber die juristische Sicherstellung der Contracte Rechenschaft geben koͤnnte. Wie also die Juris- prudenz Personen und Sachen als Subjecte des Rechts be- handelt, so soll die Staatswirthschaft Personen und Sachen als oͤkonomische Objecte betrachten. Der erste Zweck der Nationaloͤkonomie ist also Erhaltung, Bele- hung, Vereinigung des Verhaͤltnisses der Personen und Sachen zu einander . B 2 Wenn nun also Personen und Sachen beyde als oͤkono- mische Werthe sich in einander gewoben, und durch einander verbuͤrgt haben, so entsteht die Fuͤlle, die Ganzheit, der dauerhafte und vollstaͤndige Mensch, wornach alle Einzelnen gestrebt haben. Alle muͤssen zusammen treten, zusammen wir- ken, sich zusammen verpflichten, damit er fuͤr jeden Einzelnen wirklich werde. Dieser vollstaͤndige Mensch, an dem sich alle Einzelnen erheben, durch den sich alle Einzelne vervollstaͤndi- gen, ist der Staat, ist dasjenige, was wir oben unter dem Bilde des Vaterhauses dargestellt. So waͤre nun die Vorstel- lung von einem vollstaͤndigen und unvergaͤnglichen Menschen, welche die Seele mit sich umher trug, realisirt. Aber wie kann man dieses Wesen, welches immer außerhalb des Men- schen bleibt, und das er sich nie vollstaͤndig anzueignen ver- mag, eine Verwirklichung seines Ideals nennen? Ich antworte: alles was der Mensch sich aneignet, ist nur in so fern sein eigen, als er selbst dafuͤr Verpflichtungen eingegangen, als er durch Verpflichtungen gegen Personen sein Eigenthum selbstthaͤ- tig verbuͤrgt hat. Der Staat, diese groͤßte unter allen Sachen und zugleich diese groͤßte unter allen Personen, ist als Sache in so fern wirklich sein eigen, als er sich ihm in seiner persoͤnli- chen Qualitaͤt persoͤnlich und selbstthaͤtig verpflichtet hat. Der andere Zweck der Nationaloͤkonomie ist dem- nach, da der Staat unaufhoͤrlich die oͤkonomi- sche Existenz des Einzelnen garantirt, in wie fern der Einzelne fuͤr die oͤkonomische Erhaltung des Ganzen lebt, die Belebung des Verhaͤltnis- ses der Personen und Sachen zum Staate . Da nun aus dem Verhaͤltnisse des Menschen zu den Sachen, sich die zu den Personen, und die zum Staate ganz von selbst und nothwendig ergeben: da der Mensch an allen Orten und zu allen Zeiten in oͤkonomischer Ruͤcksicht zu den Sachen in dreyfacher Relation steht, zuerst um ihrer selbst Willen, dann um der Personen, und endlich um des Staates Willen, wie er in juristischer Ruͤcksicht in dreyfachem Verhaͤltniß zu den Personen steht, zuerst um der Personen Wil- len (in dem jure personarum ) dann um der Sache Willen (in dem jure rerum im weitesten Sinne des Wortes, wohin dann das jus obligationum und actionum gleichfalls ge- hoͤrt) und endlich um des Staates Willen (in dem jure publico ) — so entstehen drey große Grundformen des Eigen- thums, die allenthalben, wenn der natuͤrliche Zustand der Dinge keine Stoͤrung erlitten, auf der gleichen Stufe der Ausbildung stehen werden, weil sie sich alle unter einander verbuͤrgen: zufoͤrderst reines Privateigenthum oder Verhaͤltniß des Menschen zu den Sachen um ihrentwillen, dann corporatives Eigenthum, da der Mensch ver- mittelst persoͤnlicher Verpflichtungen in einem Verhaͤltnisse zu den Sachen steht, wohin alle Arten des Familien- und Gemeinde-Eigenthums, und das Fideicommissarische, das Lehen, kurz alle die Formen des Eigenthums gehoͤren, die von persoͤnlichen und Dienst-Verpflichtungen unzertrennlich sind, endlich Staatseigenthum , da der Mensch im Verhaͤltniß zu den Sachen um der Erhaltung des Ganzen Willen steht. Wenn wir die Sache wissenschaftlich streng nehmen, so tritt diese dreyfache Relation bey jedem einzelnen Eigenthume ein, und da sich alle drey unter einander verbuͤrgen und be- dingen, so hat der Einzelne uͤberhaupt nur ein Eigenthum, in wie fern er das Object desselben zugleich als Privateigen- thum, als corporatives und als Staatseigenthum betrachtet und behandelt, mit andern Worten, in wie fern er die ihm eigenthuͤmliche Sache mit den Personen zu theilen, und dem Staate hinzugeben, allezeit bereit ist. In diesem Sinne nur hat er auch das Eigenthum seiner eigenen Person, und das fuͤhrt seine ganze Stellung als Glied eines großen Ganzen unaufhoͤrlich mit sich, daß er seine saͤchliche und persoͤnliche Eigenthuͤmlichkeit zu theilen und aufzuopfern an allen Orten bereit sey. Das wird das Kennzeichen seyn, ob er sich jenes Ideal eines vollstaͤndigen und dauerhaften Menschen, das er in sich trug, und das nur die Gesellschaft im Ganzen reali- siren kann, tuͤchtig und innig angeeignet hat; ob sein Stre- ben nach Fuͤlle und Unvergaͤnglichkeit, worin sein menschlicher Charakter und seine Vernunft sich offenbart, wirklich befrie- digt ist; und ob er das einzig sichere Eigenthum erlangt hat, zu dem er nur herangelockt wurde, durch den vergaͤnglichen Schein des Privateigenthums, wie er uͤberhaupt zu allen hoͤheren Befriedigungen seines Daseyns, durch den gemeinen Hunger und Durst herangewoͤhnt worden ist. Dem gemeinen Auge erscheint nur da, wo ihm Privat- eigenthum zugestanden wird, wirkliche Befriedigung; wo es theilen muß, oder mit dem Ganzen besitzt, sieht es nur Nieß- brauch — gerade wie dem kindischen Auge die Erde zu ruhen, und der Himmel sich zu bewegen scheint. Dringt aber dieses Auge in die Wesenheit der Verhaͤltnisse, so sieht es das wirk- liche Eigenthum nur in dem gemeinschaftlichen Besitz, und in allem Privateigenthume nur Nießbrauch und Vergaͤnglichkeit, obwohl einen fuͤr das Ganze sehr wesentlichen Nießbrauch, und eine unentbehrliche Vergaͤnglichkeit, weil das hoͤhere wirkliche und dauerhafte Eigenthum dadurch erst moͤglich und sichtbar wird. Nun ist es entdeckt, daß der Himmel ruhe, und sich die Erde bewege, daß das wahre Eigenthum des nach Sicherheit und Ruhe strebenden Geistes dort hinuͤber fallen muͤsse, und nicht hierher, und daß durch den fruͤheren Schein einer ruhenden Erde, die Seele nur an ein Beduͤrfniß der Ruhe herangewoͤhnt werden sollte, welches aber die Erde allein nicht befriedigen konnte. Vielleicht gibt es noch eine hoͤhere Stufe des Eigenthums, wo, wenn die bewegte Erde in ihrem Verhaͤltniß zu dem ruhen- den Himmel, der vergaͤngliche Einzelne in seinem Verhaͤlt- nisse zu dem bleibenden Staate lange betrachtet worden, nun auch die Bewegung des Himmels wie die des Staates wahr- genommen wird, und die mit dem Beduͤrfniß der Ruhe und des sicheren Eigenthums nun ganz verwachsene Seele, ein ganz unbedingtes Eigenthum und eine ganz ungestoͤrte Ruhe entdeckt. — Hier ist nur eine Andeutung moͤglich, aber eine zur Vollstaͤndigkeit meiner Darstellung sehr wesentliche An- deutung: denn das ist die Gruͤndlichkeit der Behandlung eines solchen Gegenstandes, daß er an alle hoͤheren Beduͤrfnisse des Menschen, an seine vollstaͤndige Natur angeknuͤpft werde, und nicht bloß durch seine innere Fuͤlle und Ordnung gelte, die, wie die Unzugaͤnglichkeit der bisherigen vorwitzig abge- schlossenen Theorie zeigt, auch nur in Verbindung mit der uͤbrigen aͤußeren Weltordnung zu zeigen ist. Ich kann nicht, wie es bisher geschehen, in der National- oͤkonomie die Sachen und ihre Herbeyschaffung von den Per- sonen trennen; denn das ganze Leben der Sachen, ihr sich vermaͤhlen unter einander und produciren, koͤmmt ja aus den Personen: deßhalb muß ich so gut wie der Jurist vor allen Dingen vom Eigenthum handeln; er betrachtet das Eigen- thum vielmehr wie es durch den Willen der Menschen ist , der Oekonom vielmehr, wie es durch die Natur der Sache und der Verhaͤltnisse wird . Der ganze Nationalreichthum aber ist in letzter Instanz nur in so fern etwas werth, als er einer bestimmten Nation natuͤrlich und sicher und unauf- loͤslich angeeignet ist, wie auch von ihr behauptet werden koͤnne: da nun der gegenwaͤrtige Jurist nur nach dem Willen fragt, der das Gesetz gegeben, und das Eigenthum consti- tuirt hat; die Macht hingegen, welche die Gesetze ausfuͤhrt, und das Eigenthum behauptet, nur praͤsumirt, so begreift ein Kind, daß die sichere Aneignung, von der alle Werthe unseres Reichthums, und alle Buͤrgschaft unseres oͤkonomi- schen Erwerbes abhaͤngen, nicht von der dermahligen Rechts- lehre garantirt werden koͤnne. Demnach muͤssen wir uns diese Garantie selbst schaffen, und unsern Reichthum so entstehen und wachsen lassen, daß er sich selbst behaupten koͤnne. Es kommt eine Zeit, und sie ist nicht entfernt, denn der Motive ihre Ankunft zu beschleunigen gibt es unzaͤhlige, wo auch die Rechtslehre sich mit einer bloßen Praͤsumtion der Macht, oder mit einem bloß idealischen Rechte nicht mehr begnuͤgen, und wo sie, wie wir, einsehen wird, daß sie nur bestehen koͤnne, in wie fern sie sich mit uns in den Mittel- punct alles politischen Lebens begibt. Indeß merke der Leser wohl die bedeutende Abweichung unserer Lehre von der des Locke , Hume , Adam Smith und der Oekonomisten, daß wir naͤhmlich vor allen Dingen von der Idee des Eigenthums ausgehen, die bey jenen Autoren ohne weiteren Anspruch der Jurisprudenz hoͤflichst uͤberlassen worden ist. Drittes Kapitel. Feod und Allod . D ie Institutionen des Mittelalters bezeugen alle, daß man in jenen Zeiten zwey Hauptgattungen des Eigenthums aner- kannte, das Feod und Allod, unbeschraͤnktes und auf Tren und Glauben uͤberlassenes Eigenthum. Das Feod hat nach aller Geschichte und allen Rechtsansichten jener Zeit die Prioritaͤt, die ihm von wegen Gott und der Natur der Dinge an allen Orten zukommt; das Allod kennt man nur als er- wachsend aus dem sparsamen Nießbrauch des Feod, und von allen Seiten bedingt und beschraͤnkt durch dieses. Das lau- fende Jahrhundert erklaͤrt hingegen, daß es dem Feod, dem Eigenthum, welches auf die Bedingungen dafuͤr zu leistender Dienste und eventuellen Heimfalls uͤberlassen wurde, und, welches in der Kindheit der Staaten zur Befestigung der- selben beygetragen haben moͤge, nunmehr entwachsen sey; daß es die reichen und in alles politische Leben (wie alle Jugendeindruͤcke) tief verwachsenen Spuren des Feod, oder den sogenannten Feudalismus, verfolge und zerstoͤre wo es koͤnne; daß es nur Eine Form des Eigenthums, naͤhmlich das nach Maaßgabe des Roͤmischen Privatrechts umgeformte Allod anerkenne, und, weil die Kunst, vermittelst einer bloßen Subordination der Individuen, einer Concentrirung der Macht, und der trefflichen Erfindungen des Pulvers und der stehenden Heere, alles Privateigenthum zu beschuͤtzen und in seinen Schranken zu erhalten, von den Fortschritten der Zeit herbeygefuͤhrt worden, nun auch die Sanktion des Glaubens oder einer gegenseitigen Dienstverpflichtung nicht weiter von- noͤthen sey. — Es folgt aus meiner ganzen obigen Darstellung, daß, wenn alles Eigenthum einseitiger Natur ist, wenn es gar keine Beziehung von Wechselverhaͤltnissen und Wechselverpflich- tungen der Personen auf Sachen gibt (wie solche zwischen dem Lehnsherrn und seinen Vasallen mit Beziehung auf das verliehene Grundstuͤck existirt) auch keine Wechselverpflichtung zwischen den Regierenden und Unterthanen, mit Beziehung auf das große gemeinschaftliche Eigenthum, welches Staat heißt, Statt finden koͤnne. Wie vieles waͤre gewonnen, wenn diejenigen, welche sich in diesen Tagen der Zerruͤttung, zu den sogenannten guten Grundsaͤtzen, oder den Grundsaͤtzen der Ordnung und des Rechts bekennen, einsehen moͤchten, daß sie mit den besten Absichten doch nur an der Oberflaͤche verweilen, so lange, bis ihnen der Grundsatz, daß es nur eine Art des Eigen- thums, naͤhmlich das ganz unbedingte Privateigenthum geben koͤnne, als der oberste oder innerste Grundsatz der Zerstoͤrung einleuchtet. Gibt es nur Privateigenthum, sieht alles Eigen- thum abgesondert fuͤr sich um den isolirten Eigenthuͤmer her, so kann die Regierung, wie liberal und wohlmeinend sie auch sey, ihre Bestimmung, Eigenthum und Eigenthuͤmer zu schuͤtzen, nur durch Zwang, durch ein eisernes Band er- reichen, welches sie um das Buͤndel isolirter Eigenthuͤmer, die durch keine gegenseitigen Verpflichtungen in einander ge- wachsen sind, umher wirft. Alle Staatslehren unserer Tage, haben sich bewußtlos an solche Roͤmische Rechtsbegriffe von der Alleinherrschaft des Privateigenthums angeschlossen, und sie bestaͤtigen die Wahr- heit meiner Folgerung, indem sie kein Mittel der Regierung anerkennen, als den Zwang, und somit eingestehen, daß die Personen in den Haͤnden der Staatsgewalt nichts anderes sind, als ihren juristischen Lehrern zu Folge, die Sachen in den Haͤnden der Person, naͤhmlich Privateigenthum. Sie constituiren die Staatsgewalt zum unbedingten Despotismus. Daß sie das Recht erzwungen, und nach dem Gesetze die Personen gezwungen wissen wollen, aͤndert die Sache nicht: denn, wenn man eine geraume Zeit hindurch zwingen will, so muß man wohl nach einer gewissen Regel zwingen. Die freye Anerkennung aller macht erst das Gesetz zum Gesetz; diese freye Anerkennung offenbart sich aber nicht durch eine Stimmensammlung, der gerade in diesem Augenblicke dem Zwange des Gesetzes unterworfenen, sondern in dem Ur- sprung des Gesetzes aus dem Contrakte, nicht aus dem ein fuͤr allemahl abgeschlossenen Contrat social, sondern aus dem freyen und unendlichen Contrahiren und Wechselverpflich- ten der Personen unter sich, und mit dem Staate und seinen Repraͤsentanten, welches ich oben beschrieben, wovon in der ganzen Weltgeschichte nur die Staaten der neuern, der christ- lichen Zeit ein Beyspiel geben. Dieß heißt: freye Anerkennung des Gesetzes; so wird erst das Gesetz zum Rechte: und dieses Recht mag dann auch immerhin rechtlich erzwungen werden. — Die einzige Staatsform, welche die cursirenden Staats- lehren statuiren, ist der Despotismus, wie sehr sie ihn auch daͤmpfen wollen, dadurch, daß sie die gesetzgebende Macht und ihre Mittel, die Rede- und Preßfreyheit, dem Volke anvertrauen, und somit die ganze Staatsgewalt wieder als ein idealisches Privateigenthum dem Volke unterwerfen. Koͤnnte sich das Volk auch wirklich als oberster Privateigen- thuͤmer der Staatsgewalt, und dadurch seiner selbst constitui- ren, so haͤtten wir nur die alte Fabel: ein Riese traͤgt die Erde, der Elephant den Riesen, den Elephanten eine Schild- kroͤte u. s. f. und beym Despotismus bliebe es: wer ihn ausuͤbte, waͤre gleichguͤltig. Die Freyheit ist also nur, wo Wechselverpflichtungen sind; wo mehrere Arten des Eigenthums sich unter einander zugleich daͤmpfen und verbuͤrgen; wo das Privatrecht an allen Stellen durch einen echten Feudalismus gemaͤßigt ist. Denn gesetzt auch, eine milde und menschliche, aber auf Roͤmischen Princi- pien beruhende Staatsgewalt, wuͤßte innerhalb des eisernen Bandes, allen Zwang so zu vermenschlichen, daß das Leben wirklich nach Freyheit schmeckte, so bleibt diese Freyheit vor dem Gesetz, wenn sie auf dem unbedingten Privateigenthum errichtet wird, doch nur ein voruͤbergehender Euphemismus; bey dem ersten Stoß eines auswaͤrtigen Siegers wird die Ge- brechlichkeit der Sache weltkundig werden, und man wird das Kind bey seinem wahren Nahmen nennen. Was man dem Staat an aͤußerer Macht durch stehende Armeen, Festungen, durch eine weise Subordination und durch Zwang hinzu thut, ist sehr wichtig; aber es ist sehr unbedeutend gegen die uralte, durch die Beduͤrfnisse langer Jahrhunderte befestigte innere Bindung des Staats, durch ein uͤber seine ganze Oberflaͤche hin gewachsenes Netz von Wechsel- verpflichtungen und gegenseitigen Verbuͤrgungen, zumahl, wenn diese Verpflichtungen uͤber das Eigenthum aller Eigen- thume, uͤber die Erhaltung des Staates selbst, oder doch uͤber das Grundeigenthum, wie beydes in dem verrufenen Verhaͤlt- nisse des Lehnsherrn zum Vasallen, und in dem Verhaͤltniß des Grundherrn zu seinem pflichtigen Bauer der Fall ist, eingegangen worden sind. Es bedarf ein Jahrhundert, um solche feudalistische Bande zu zerstoͤren, und den darauf ge- gruͤndeten eigentlichen Freystaat zu unterjochen; eine kurze Zeit gehoͤrt hingegen dazu, um die in dem Roͤmischen Zwangsstaat schon hinreichend isolirten Privateigenthuͤmer vollends aus einander zu setzen, oder zu sprengen. — Auch ich weiß es und erkenne es an, daß in unsern Tagen an unzaͤhligen Stellen die feudalistischen Bande druͤcken, wie eiserne Roͤmische: aber die feudalistischen Eigenthuͤmer, die den Fluch der Zeit theilen, die den Glauben brechen, dem sie ihr Eigenthum verdanken, die ihre Vasallen und Dienstleute und das Grundstuͤck dazu, wie Roͤmisches Privateigenthum behan- deln, die von keiner Gegenseitigkeit, sondern nur von Roͤmi- scher Einseitigkeit des Besitzes wissen, beweisen nichts, als was wir so oft erfahren, daß das Herrlichste durch den Miß- brauch zum Verworfensten, und das Beste in der Entartung zum Schlechtesten wird. Wissenschaft und Gesetzgebung muͤs- sen um so fester an den gemißbrauchten Institutionen halten, das verblendete Geschlecht uͤber den alten Geist derselben er- leuchten; zeigen, daß alle Rettung und alle Zukunft davon abhaͤngt ihn zu behaupten; thaͤtig angreifen, um ihn zuruͤck zu fuͤhren, und die unmittelbaren Spuren die er hinterlassen, aufrecht erhalten, wo sie sich vorfinden moͤgen, bis, wie es in einem Europaͤischen Lande der Fall ist, der Geist der Wechselverbuͤrgung sich in alle geheimsten Adern des Staates verfloͤßt hat, und dann die aͤußeren urspruͤnglichen Formen dieses Geistes weniger nothwendig sind. Wenn wir nunmehr die oͤkonomischen Angelegenheiten der Voͤlker naͤher ins Auge fassen, so ergibt sich, daß nur der kleinste Theil aller oͤkonomischen Geschaͤfte privative und mit isolirten Kraͤften getrieben werden koͤnne. Die Meister der oͤkonomischen Schulen haben uns selbst von dem ungeheuren Wachsthum der Wirkung unterrichtet, die durch Theilung der Arbeit, das heißt: durch die Verbindung mehrerer zu einem Geschaͤfte erreicht werden kann: ferner ist, wie allge- mein bekannt, auch die Europaͤische Oekonomie dahin gedie- hen, daß alle fuͤr den Einzelnen, der Einzelne fuͤr alle ar- beitet, das heißt: daß alle sich fuͤr das Geschaͤft der oͤkonomi- schen Versorgung des Einzelnen verbinden muͤssen, und, wenn der Einzelne sein besonderes Geschaͤft soll mit Erfolg treiben koͤnnen, sich auch die Beduͤrfnisse aller auf dem Markte vereinigen muͤssen. Diese Vereinigung vieler Producenten fuͤr die Befriedi- gung eines einzelnen Beduͤrfnisses, und vieler Beduͤrfenden um den Productionen eines einzelnen Producenten zu genuͤ- gen, ist freylich nur eine ganz mechanische Vereinigung, und auf dem ersten Blick scheint sie auf dem bloßen Privateigen- thum zu beruhen. Der einzelne Arbeiter traͤgt das Privat- eigenthum seiner mehrstuͤndigen Kraft taͤglich in die Manu- factur, und erhaͤlt dafuͤr ein gleichgeltendes Privateigenthum an Tag- oder Wochenlohn zuruͤck: er bleibt in allen dem, was er außer dem Privateigenthum seiner Kraft noch hat oder ist, unbeschraͤnkter Gebieter uͤber seine eigene Person. Eben so der Unternehmer der Manufactur, ohne sich zu einer wei- teren persoͤnlichen Sorge fuͤr seinen Arbeiter in Faͤllen von Krankheit, Ungluͤck, Alter zu verpflichten, gibt das Privat- eigenthum seiner Vorschuͤsse, Auslagen, Abloͤhnungen fuͤr das andere Privateigenthum des fabricirten Productes hin. Kurz wir sehen nur Tausche des Privateigenthums gegen einander: die Persoͤnlichkeit der Tauschenden bleibt fast ganz außer dem Spiel, außer der Verpflichtung. Eben so, ohne weitere persoͤnliche Verbindung der Kaͤu- fer, versammelt der Kaufmann die verschiedenartig Be- duͤrfenden (wie der Fabrikant die verschiedenartig Arbeitenden) vertheilt unter ihnen das Privateigenthum der verschiedenen Waaren, und erhaͤlt dafuͤr von ihnen das, der verschiedenen Preise, Auslagen, Unkosten, Zinsen ꝛc. ohne daß weiter irgend eine persoͤnliche Verpflichtung entstuͤnde. — Es sollte also scheinen, es sey im ganzen Gebiete der staͤdtischen Ge- werbe und Manufactur von nichts als Privateigenthum die Rede, und hier koͤnne alle weitere persoͤnliche Gemeinschaft mit Beziehung auf die Sachen entbehrt werden? Aber so ist es nicht: das ganze Geheimniß steckt im Gelde. Im Gelde, in einer allgemein guͤltigen, jedem annehmlichen Waare verbirgt sich die gesammte Persoͤnlichkeit, verbirgt sich das persoͤnliche Band, welches diese Arbeiter und diese Beduͤrfenden unter einander verknuͤpfte. Der beste Beweis, daß nur das Geld sie verbunden hat, ist, daß das Band zer- reißt, so bald das Geld fehlt, daß der Arbeiter alsbald sei- nen Principal, der Kaufmann seinen Kunden fahren laͤßt — oder, daß unmittelbar eine persoͤnliche Verpflichtung an die Stelle des Geldes tritt: ein Wort, ein Wechsel, eine Schuld — woraus unmittelbar folgt, daß das Band der Manufactur und des Marktes, eigentlich ein persoͤnliches ist, wie auch das Geld, welches nur circulirend, von einem zum andern uͤbergehend, und zwischen zwey Personen vermittelnd zu denken ist, niemahls ein Gegenstand des unbedingten Privat- eigenthums seyn kann. — So offenbart sich dann die un- gluͤckliche Richtung aller unserer Arbeit auf das Privateigen- thum, und die Reaction des versaͤumten Feod auf das Allod, theils in den Stockungen des Marktes der Arbeit und der Waaren, theils in dem steigenden Schuldenwesen des Staats und der Privaten. — Adam Smith gesteht ein, daß die Theilung der Arbeit ohne Dazwischenkunft des Geldes nicht vollfuͤhrt werden koͤn- ne: sehr wahr, wegen der Unendlichkeit von Crediten, die zugestanden werden muͤssen. Aber die Sache liegt noch etwas tiefer: durch die Theilung der Arbeit entstehen verfeinerte Gegenstaͤnde des Privateigenthums; aber in den Anfaͤngen der buͤrgerlichen Gesellschaft gibt es, wie schon oben bemerkt, Theoret. Theil C meistentheils nur Feod, nur persoͤnliche Verpflichtungen der Menschen mit Beziehung auf Sachen: die Arbeit theilt sich auch nicht, weil niemand des Produktes dieser getheilten Ar- beit bedarf. So bald sich aber aus und neben dem Feod ein Allod entwickelt hat, das heißt: aus und neben dem Ge- meindeeigenthum ein Privateigenthum, eben so bald ist auch ein Beduͤrfniß da, das Gemeindeeigenthum in das Privat- eigenthum umzusetzen und umgekehrt. Dieser Umsatz geschieht entweder vermittelst eines persoͤnlichen Mittels: des Wortes oder des Credits, das heißt: vermittelst des persoͤn- lichen Glaubens oder der persoͤnlichen Allgemeinguͤltigkeit, die sich ein Mensch zu verschaffen gewußt — oder vermittelst eines saͤchlichen Mittels: einer allgemein guͤltigen Waare. Dieses Mittel, es sey persoͤnlicher oder saͤchlicher Natur, oder beydes, welches man mit dem alle diese verschiedenen Natu- ren umfassenden Nahmen: Geld belegt, ist im Grunde nur ein Substitut des Staates oder der buͤrgerlichen Gesellschaft selbst. Etwas in gewissem Sinne Allgegenwaͤrtiges sagt fuͤr unsere kuͤnftigen Beduͤrfnisse, fuͤr die nicht gerade zur Stelle anwesenden Waaren, die wir brauchen, gut: wer kann dieß anders, als der an allen Orten innerhalb seines Bezirks, und bey allen Geschlechtern innerhalb seiner Zeitdauer, gegen- waͤrtige Staat. Die Macht der Waare, die um des Beyeinanderseyns Willen mit Allen von Allen gesucht wird, die Macht des Wortes oder des Glaubens, worin sich viele oder alle Mit- glieder der buͤrgerlichen Gesellschaft vereinigen: beyde Maͤchte sind nur Offenbarungen des Beduͤrfnisses aller bey einander zu seyn, oder sich doch ohne Ende auf persoͤnlichem oder saͤchlichem Wege zu beruͤhren; also der Gesellschaft, also des Staates. Das Geld demnach, wo es erscheint, und wie es erscheint, ob als Wort oder als Metall ist nur Geld, in wie fern es kein Privateigenthum, sondern in wie fern es wie der Staat selbst, Gemeindeeigenthum moͤglichst vieler, ja aller ist. Denn noch einmahl: nur im Moment des Umsatzes oder der Circulation sind die Substanzen des Geldes wirklich Geld: und in diesem Moment sind sie Feod. — Mehrerley bisher verbundene Arbeit kann sich also nur theilen, in wie fern Privateigenthum moͤglich ist, aber Pri- vateigenthum ist nur moͤglich, in wie fern der Staat selbst, oder das Beduͤrfniß der persoͤnlichen und saͤchlichen Gemein- schaft schon maͤchtig genug ist, um die verschiedenen Gegen- staͤnde desselben persoͤnlich, in der Gestalt des Geldes unter einander zu vermitteln. — So wuͤrde ich die Vorstellung des Adam Smith von dem Verhaͤltniß des Geldes zur Theilung der Arbeit periphrasiren. Zugleich haͤtten wir nunmehr gezeigt, daß die drey gleich nothwendigen Formen des Eigenthums, Privateigenthum (Allod) Gemeindeeigenthum (Feod) und das beyde umfassende Staatseigenthum, sich nothwendig aus einander oͤkonomisch entwickeln, und einander fortgehend bedingen; ferner, daß es eine bloße Taͤuschung sey, wenn man waͤhnt, daß irgend ein oͤkonomisches Geschaͤft, zum Beyspiel: das staͤdtische Ge- werbe, auf einer Basis von bloßem und absolutem Privateigen- thume vor sich gehen koͤnne; endlich, daß, wenn man bey solchem Gewerbe, verfuͤhrt durch den Umstand, daß das Geld C 2 auch eine Waare, und, wenn es ruht, Gegenstand des Privateigenthums ist, allen persoͤnlichen und feudalen Ver- pflichtungen ausweicht, und sich bloß auf das absolute Pri- vateigenthum stuͤtzt, wie es zum Beyspiel geschieht, wenn man in unseren Theorien das Manufactursystem durchaus an die Stelle des Zunft- und Innungssystems setzt — dieses Ge- werbe in ein allgemeines Schuldenwesen, und in die Brot- losigkeit der Arbeiter ausgehen, also verderben muͤsse. Jedermann wird mir nach diesen Betrachtungen einraͤu- men, daß, wenn alles feudalistische Wesen aufgehoben waͤre, auch das prahlerische System unserer Industrie nothwendig zusammensinken muͤßte. Schon in dem gegenwaͤrtigen Zu- stand der Dinge, wo doch noch die meisten unserer buͤrger- lichen Einrichtungen im Zusammenhange mit ihrer feudalisti- schen Quelle stehen, und eigentlich erst in wenigen einzelnen Faͤllen die alten persoͤnlichen Verpflichtungen in Geldpraͤsta- tionen und privatrechtliches Eigenthum verwandelt worden, ist ein viel druͤckenderes persoͤnliches Verhaͤltniß an die Stelle der aufgehobenen getreten: das Staats- und Privatschulden- wesen. Keine Dienstpflichtigkeit der Welt, weder des Vasallen gegen seinen Lehnherrn, noch des Unterthanen gegen seinen Grundherrn, noch des Gesellen gegen seinen Meister u. s. f. wie diese Dienstverhaͤltnisse auch von dem alten Charakter der Gegenseitigkeit abgefallen seyn mochten, ist wohl an inner- licher Schmach und Demuͤthigung mit dem Verhaͤltniß des Schuldners gegen seinen Glaͤubiger zu vergleichen: und so ist die Welt auf der einen Seite dem Druck natuͤrlicher Ver- pflichtungen entlaufen, um sich auf der andern Seite nur desto tiefer in ein ganzes Netz solcher Verpflichtungen kuͤnstlich zu verstricken. Die Macht des Geldes liegt darin, daß es zwischen dem Privateigenthum und dem persoͤnlichen Verhaͤltnisse (zwischen Sachen und Personen) zu vermitteln im Stande ist: je leb- hafter die Wechselwirkung zwischen diesen beyden gleich noth- wendigen Elementen alles Verkehrs ist, um so mehr hat das Geld zu vermitteln, und um so leichter geht diese Function des Geldes von statten. So bald aber die Zeit, in ungluͤcklicher Verblendung, gegen eines dieser beyden Elemente des politi- schen Lebens zu wuͤthen anfaͤngt, und es ihr, selbiges zwar nicht zu vertilgen, doch zu schwaͤchen gelingt, so laͤßt die Wechselwirkung, also die Gewalt des Geldes nothwendig nach: das Privateigenthum, die Waaren, die Sachen, fangen einer- seits an sich zu haͤufen, und die Arbeiten theilen sich im Wege des Privatrechts ins Unendliche; aber da andererseits die persoͤnliche Kraft unterdruͤckt, und die große Wechselge- meinschaft unter den Personen und Sachen aufgehoben wird, durch die, wie oben erwiesen, erst die Theilung der Arbeit raͤthlich und moͤglich wird, so muß der Markt in seinen Waaren ersticken, die getheilte Arbeit an allen Enden uͤber- fluͤssig werden, unzaͤhlige Contrakte muͤssen unsaldirt bleiben, Schulden sich uͤber Schulden haͤufen, und das Geld in sei- nem Werthe mehr und mehr sinken (oder die Theurung zu- nehmen, wie man sich im gemeinen Leben ausdruͤckt) schon weil die Persoͤnlichkeit im Gelde, der sich darin offenbarende Staat nicht mehr, und weil es nur als eine Waare unter vielen Waaren geachtet wird. Anstatt des natuͤrlichen Glaubens an die Kraft der buͤr- gerlichen Gesellschaft im Ganzen, und an die Dauer aller der einzelnen persoͤnlichen Wechselverpflichtungen, auf denen sie beruht, haͤtten wir nunmehr unser kuͤnstliches Creditwesen, das sich nur auf die alberne Hoffnung moͤglicher, kuͤnftiger, besserer Zeiten, und auf nichts Gedenkbares anderes stuͤtzt. Die Zahlungsunfaͤhigkeit muß weiter um sich greifen, in dem Maaße, wie die Macht des Geldes abnimmt; die Macht des Geldes muß nachlassen, in dem Maaße als die Wechsel- wirkung der politischen Elemente durch die Unterdruͤckung eines dieser Elemente, nachlaͤßt; denn der Staat ist diese Wechselwirkung und die ganze Macht des Geldes von ihm abgeleitet. Die Raserey, die auch das Grundeigenthum im Allge- meinen zum Gegenstande des absoluten Privateigenthum ma- chen will, und alle persoͤnlichen daraus erwachsenen Wech- selverpflichtungen abzustreifen unternimmt, habe ich bereits an einem anderen Orte in ihr gehoͤriges Licht gestellt. Die Familie endlich, sollte man glauben, waͤre doch eine Zuflucht fuͤr den Feudalismus, aus der er von keiner Macht der Erde verdraͤngt werden koͤnnte; mit Beziehung auf die Familien- glieder muͤsse das Gemeineigenthum und ein persoͤnliches Wech- selverhaͤltniß aufrecht erhalten werden, wenn auch in allen andern Ruͤcksichten das Privateigenthum die Oberhand be- hielte. Sicherlich ist die christliche Vorstellung von der Ehe eine Hauptquelle des Feudalismus, und ihre Natuͤrlichkeit und Unzerstoͤrbarkeit die sicherste Buͤrgschaft fuͤr die Fortdauer desselben. Aber auch hier hat die moderne Theorie der Gesetzgebung schon privatisirt und das Interesse isolirt, wo sie gekonnt hat: die Erfolglosigkeit dieser Versuche leuchtet nicht deutlicher ein, als wenn man sich mit den unendlichen Schwierigkeiten der Gesindepolizey unserer Zeit naͤher bekannt macht. Viertes Kapitel. Die Ehe und die Familie, als Schema aller Haushaltung. D ie Vorstellungen, welche von der Theilung und Privati- sirung aller oͤkonomischen Geschaͤfte dermahlen in Umlauf sind, stehen mit der Realitaͤt dieser Functionen in einem schneidenden Widerspruch. Ich habe bereits in meinen Elementen der Staatskunst gezeigt, daß die wesentliche Bedingung aller Produktion in der Wechselwirkung zweyer Kraͤfte liege: Werk- zeug und Material, die Kraft des Bodens und der Arbeit muͤssen in ein Verhaͤltniß lebhafter Gegenseitigkeit treten, wenn ein Produkt erfolgen soll, und der Prozeß der Erzeu- gung des Menschen ist das einzige vollstaͤndige und allumfas- sende Schema jeder gedenkbaren Produktion. Aber solche ent- gegengesetzte Kraͤfte muͤssen in eine dauerhafte und gewisser- maßen ausschließende Wechselverbindung treten, wenn die Produktion einen gewissen Grad der Vollkommenheit erreichen soll: auch von dieser Seite ist die Ehe nach christlichen Vor- stellungen das genuͤgendste Schema fuͤr alle oͤkonomischen Zustaͤnde und Functionen. Hierin wenigstens wird uns die Industrie-Philosophie unserer Zeit beypflichten: auch sie ver- langt, daß sich der Producent auf eine bestimmte oͤkonomische Function ausschließlich und fuͤr die Dauer beschraͤnke, oder in einer Art von Monogamie mit seinem Gewerbe lebe. Erwaͤgen wir aber, daß das Wesen der Ehe nicht in dem mechanischen Beyeinanderseyn und Aneinanderhalten beruhe, daß vielmehr beyde verbundene Kraͤfte entgegengesetzter Art sich lebendig durchdringen, beyde, die Eine hoͤhere Kraft, die sie durch ihre Wechseldurchdringung formiren, gruͤndlich empfinden muͤssen, wenn etwas Menschliches nicht bloß pro- ducirt, aber auch ausgebildet werden soll, so ergibt sich, daß die bloß mechanische oder thierische Vereinigung, der mechanisch oder thierisch getheilten Kraͤfte zur Vollstaͤndigkeit des Produkts keineswegs hinreiche. Es kommt naͤhmlich dar- auf an, daß das Produkt auch selbst wieder eine dauer- hafte und fruchtbare Verbindung (eine Ehe) schließen koͤnne; kurz es koͤmmt darauf an, etwas Produktives zu produ- ciren. — Die gesammten Functionen, aus welchen die Haushal- tung eines Staates besteht, muͤssen allerdings getheilt wer- den, und in gewissem Sinne ohne Ende getheilt werden; aber es ist wesentlich nothwendig, daß sie alle in einer eben so unendlichen Wechselverbindung bleiben. Dieser unendliche Zusammenhang aller oͤkonomischen Functionen, diese Durch- drungenheit Aller von Allen, ist dasjenige, was wir die Haushaltung des Staats nennen. Wenn die Theilung der Kraͤfte zunimmt, muß die Macht der Vereinigung gleichfoͤr- mig wachsen, und da keine Sache, wie allgemein beliebt sie auch sey, da nur die Lebenskraft, da nur der Geist diese Vereinigung vollziehen kann, diese Lebenskraft des Geistes aber nur in der Fuͤlle der menschlichen Persoͤnlichkeit zu finden ist, so kann die Theilung der Kraͤfte nur fortschreiten, in wie fern die Persoͤnlichkeit des Menschen, und alle die lebendigen feudalistischen Verbindungen, von denen sie sich naͤhrt, immer deutlicher und kraͤftiger heraustreten. So weit war unsere Darstellung schon im vorigen Kapitel gelangt. Die richtige, von keiner vorwitzigen Theorie gestoͤrte An- sicht unserer Vorfahren von der wesentlichen Gestalt des politischen Lebens zeigt sich insbesondere noch darin, daß sie unter aller Theilung der buͤrgerlichen Gewerbe fuͤr eine kraͤf- tige Vereinigung derselben allenthalben sorgten. Die Kuͤnste, die Wissenschaften sonderten sich von einander ab, aber nur in wie fern sie sich in eine desto engere Corporation zunft- maͤßig verbanden. Je mehr sich die Functionen eines buͤrger- lichen Geschaͤftes unter verschiedene Haͤnde vertheilten, um so kraͤftiger griff der Meister die zertrennten Faͤden wieder in ein Ganzes zusammen; aber er selbst, der Meister stand wieder als Geselle, als einzelner Arbeiter in dem Koͤrper der Zunft; die einzelne Zunft lebte wieder in einer Art von Ehe mit der Corporation der buͤrgerlichen Gewerbe; das buͤrgerliche Gewerbe strebte wieder nach einer Wechseldurchdringung mit dem laͤndlichen Geschaͤft, welches der Adel repraͤsentirte, und, wenn auch dieses hoͤchste Verhaͤltniß der oͤkonomischen Gegen- seitigkeit im Staate, nirgends ganz und vollkommen erreicht wurde, so finden wir doch alle oͤkonomischen Functionen in einer entschiedenen Richtung dahin begriffen. So nun ist es auch in der ewigen Natur der Dinge be- gruͤndet: wie jeder einzelne Arbeiter im Kleinen seine Arbeit und sein Material durch fortgesetzte Kunstuͤbung zu einer immer innigeren Durchbringung bringt, damit sie streitend und nachgebend, sowohl durch ihre Trennung als durch ihre Vereinigung, mit einander ein wahrhaftes und durch seine Lebendigkeit ansprechendes Produkt erzeugen, so im Großen ist der Staat selbst der Meister, welcher das staͤdtische Ge- schaͤft und das laͤndliche im Ganzen, seine Arbeit und sein Material in eine ewige unendliche produktive Wechselwirkung bringt, die gleichfalls von der Ehe ihr hoͤchstes und vollkom- menstes Schema erhalten wird. Wie nun die geheimsten Fugen des ganzen Staatsver- bandes in der Ehe liegen; wie die gesetzliche und sittliche Behandlung der Ehe das sicherste Kennzeichen von der tuͤch- tigen Ausbildung aller gesellschaftlichen Verhaͤltnisse eines gegebenen Staates darbiethet; wie der Hausvater, der Meister der Familie, auf der einen Seite die ganze Fami- lienvereinigung, die ganze Ehe repraͤsentirt, und auf der anderen Seite wieder als Glied einer hoͤheren Familie, als dienender Ehegatte in einer hoͤheren Ehe mit dem Allgemei- nen, mit dem Staate lebt; und wie alle Personen im Staate durch eine wunderbar verschraͤnkte Gegenseitigkeit ihr beson- deres Hauswesen herrschend repraͤsentiren, waͤhrend sie wie- der dem andern groͤßeren Hauswesen als dienende Glieder unterworfen sind — so coordiniren sich auch wieder alle Ge- schaͤfte im Umkreise des Staates (ja das gesammte Staats- geschaͤft selbst nicht ausgeschlossen) in wie fern sie sich subor- diniren, und eben so wird man sie auch nie fuͤr den Zweck einer gemeinschaftlichen Wirkung subordiniren koͤnnen (worin ja das ganze Problem der Staatskunst liegt) ohne sie einan- der nach dem Gesetz einer innerlichen Gegenseitigkeit, deren einzig richtiges Schema die Ehe darbiethet, wieder zu coordiniren. Darin daß man, statt dieses reineren Schema, das der vaͤterlichen Gewalt aus dem Roͤmischen Rechte ent- nommen, mit andern Worten, darin, daß man die Subor- dination durch die Subordination hat erreichen wollen, waͤh- rend sie nur durch die Coordination bewirkt und garantirt werden kann, darin liegen alle Irrthuͤmer, alles Umher- schweifen der heutigen Staatskunst. Die Wahrheit des Grundsatzes, den wir am Schlusse des ersten Kapitels aufstellten, daß es naͤhmlich der Staatswirth insbesondere mit Verhaͤltnissen zu thun habe, und, daß eine unbefangene, gerechte Wuͤrdigung derselben die Bedingung aller weitern oͤkonomischen Einsicht und Thaͤtigkeit sey, wird nunmehr heller einleuchten, nachdem gezeigt worden, daß jedes oͤkonomische Geschaͤft aus einem Verhaͤltniß zweyer wech- selwirkenden Elemente bestehe, ferner, daß saͤmmtliche oͤkono- mische Geschaͤfte wieder in solchem Verhaͤltnisse zu einander stehen, und, daß die Staatshaushaltung im Ganzen alle diese nach der Ordnung der Familien lebendig zusammengrei- fende Wechselwirkungen, die sich zuletzt in das große einfache Verhaͤltniß der staͤdtischen und laͤndlichen Wirthschaft auf- loͤsen, umfasse. Alle diese Verhaͤltnisse erfordern, wenn sie produktiv seyn sollen, einen gewissen Grad der Dauerhaftigkeit; je mehr Kraͤfte zusammengreifen, um so mehr brauchen sie Zeit sich unter einander zu fuͤgen, und im Zusammenhange zu ent- wickeln; je dauerhafter das Produkt seyn soll, um so sicherer und bestaͤndiger muß die Verbindung, die Ehe seyn, aus der es hervorgeht. So nun schließt sich das vergaͤnglichere an das bleibendere Verhaͤltniß, und dieses wieder an die ewi- ge Wechselwirkung des laͤndlichen und staͤdtischen Gewerbes, alles verwebt sich in einander und verbuͤrgt einander seine Dauer, so wie die große Ehe des Staates alle die kleineren Ehen im Staate traͤgt, und von ihnen getragen wird; und diese Wechselverbuͤrgung aller Geschaͤfte mit einander und aller Personen mit einander verwaͤchst im Laufe der Jahrhunderte in sich und mit dem Boden, der sie alle traͤgt. Die so entstandene Bindung ist die Basis aller politischen Macht. Man sieht nunmehr was man von den oͤkonomischen Leh- ren zu halten hat, die unter Nationalreichthum nicht mehr meinen, als den Inbegriff einer Fuͤlle von Objecten des Pri- vateigenthums. Setzen wir den Fall, die Masse dieser Objecte vermehrte sich uͤber die in unserem Staate obwaltenden Ver- haͤltnisse hinaus, und wir vernachlaͤßigten uͤber das Streben nach den Sachen die persoͤnliche Kraft, ja wir zerstoͤrten, um vorgeblich den einzelnen Privatarbeitern fuͤr ihre isolirten Arbeiten Luft zu verschaffen, alle die unzaͤhligen Wechselver- pflichtungen, unter deren vereinigten Schutz und Schirm, und durch deren Gegengewicht die Absonderung und Isolirung unzaͤhliger oͤkonomischer Functionen erst moͤglich geworden — so wird uns vielleicht anfaͤnglich der Welthandel taͤuschen, wir werden uns einstweilen mit dem Ueberflusse unserer Pro- duktion an die Persoͤnlichkeit der Nachbarstaaten anschließen, und ein Schein uͤppigen Fortschreitens wird uns eine Zeit lang blenden; aber die Schwankungen des Welthandels, die ewigen Wechsel der aͤußeren politischen Verhaͤltnisse werden uns bald belehren, daß wir mehr verloren als gewonnen, daß wir nie ein Gut eintauschen koͤnnen, wel- ches uns fuͤr den Verlust unseres inneren Gleichgewichts entschaͤdige. Je gewinnreicher unser Handel ist, je mehr und je viel- faͤltigere Gegenstaͤnde des Privateigenthums wir uns dadurch aneignen, um so unsicherer und augenblicklicher wird unser Besitz, weil er immer mehr außer Verhaͤltniß tritt, zu der Persoͤnlichkeit die ihn traͤgt. Der active Sechandel allein hat die gluͤckliche Eigenschaft, daß dort die Gefahren des Elements den Lebensmuth um so viel steigern, als die Pri- vatgenuͤsse die er verschafft, ihn schwaͤchen wuͤrden. Auch liegt England ganz außer dem Umkreise unserer Betrachtung, wenn nicht gerade die ungeheure tausendjaͤhrige unverletzte, alle Institutionen und Gesetze, ja alle einzelne Buͤrger durch- dringende Persoͤnlichkeit seiner Verfassung, mit deren Huͤlfe es die Last des Welthandels auf leichten Schultern traͤgt, das lehrreichste Beyspiel fuͤr die Wahrheit unsers Systems darboͤthe, wenn nicht gerade die politischen Verhaͤlt- nisse ausgebildeter, und die Wechselwirkung nach allen Richtungen der menschlichen Thaͤtigkeit hin lebendiger waͤre in England , als irgend wo sonst. — Aber alle diese Theorien haben die Vorstellung dessen, was dem Staate seine Haltung gibt, so ganz verloren, daß sie dem großen Waarenlager ihres Staates nur noch ein großes Comptoir fuͤr den Welthandel hinzuzufuͤgen brauchen, um ihr ganzes Geschaͤft zu vollenden. Freylich kann das große Waarenlager die kleinen, das große Comptoir die kleinen, die es umschließt, weder beschuͤtzen noch verbuͤrgen. Diese Sorge wird den Gerichtshoͤfen, wird der Polizey, und zu- mahl den Armeen zugewiesen. Die militaͤrische Macht insbe- sondere soll dann dieses schwankende, zerrissene, sich nach außen hinaussehnende, nach innen unbefestigte, fliegende, vergaͤngliche Wesen vertheidigen, nachdem der Stoff, welcher das Heer bildet, selbst entartet, von allen maͤnnlichen Gefuͤhlen abge- wendet, in wucherischen Friedensfaulheiten erzogen worden, und kein hoͤherer Antrieb in den Herzen zuruͤck geblieben, als die kluͤgelnde Begeisterung, welche Waarenlager und Comptoirs einfloͤßen koͤnnen. Entwoͤhnt euch zufoͤrderst, den Reichthum nach bloßen Massen und Summen und Zahlen zu schaͤtzen! Erwaͤgt wie unendlich gerecht sich diese Massen vertheilen muͤssen, damit jeder Einzelne zu rechter Stunde, an seinem Ort, so viel und von der Art hat als er braucht! Erwaͤgt, daß schon die gerechte Vertheilung, und um wie viel mehr, was wir erwie- sen, der weise Erwerb dieses Nationalreichthums unzaͤhlige persoͤnliche und kriegerische Kraͤfte in Anspruch nimmt; wie unzaͤhlige persoͤnliche Verhaͤltnisse sich fuͤgen und ordnen, wie die Jahrhunderte still mitwirken mußten, damit das Fundament von Ruhe und Macht sich aufbauen konnte, wor- auf ihr jetzt in euren merkantilischen Traͤumen gefuͤhllos schwaͤr- met, und das ihr aufreißen moͤchtet, um Raum fuͤr neue Vorraͤthe zu gewinnen! — Fuͤnftes Kapitel. Die Oekonomie in der Bewegung betrachtet. W er uͤber die Oekonomie eines Staates zu reden, oder auf sie zu wirken unternimmt, der muß die vielfaͤltigen oͤkonomi- schen Gebiete und Geschaͤfte im Umkreise dieses Staates wie mit einem Blicke umfassen. Kaͤme es bloß auf den isolirten Werth und die abgesonderte Bedeutung jedes Einzelnen von ihnen an, so waͤre kein Bild davon aufzufassen, sondern hoͤchstens eine summarische Recapitalation des Ganzen in Zahlen fest zu halten: es wuͤrde sich bey der ganzen Opera- tion eigentlich nichts Hoͤheres ergeben, als ein mehr oder weniger, ein Hinzufuͤgen, ein Erweitern; kurz, ein Plus- machen waͤre das ganze Object der finanziellen Wirksamkeit. So bald aber die Verhaͤltnisse der Dinge unter einander betrachtet werden, und diese Verhaͤltnisse sich gleichfalls unter einander wieder zu groͤßeren Verhaͤltnissen gruppiren und fuͤgen, gliederweis sich wie die Organe des menschlichen Koͤr- pers vor den Augen des Zeichners ordnen, und sich zuletzt eine unendliche Symmetrie, ein gluͤckliches Gleichgewicht in allen Theilen offenbart, dann ist ein deutliches Bild des Gan- zen moͤglich, ein Bild, wo man mit den groͤßeren Umrissen zugleich alle die unzaͤhligen Organe wahrnimmt, aus denen sie geformt werden. Theoret. Theil D So bald man ein solches umfassendes Bild von der Haus- haltung eines Staates vor der Seele entworfen hat, so hat man vieles gewonnen, aber das Schwerste ist noch zuruͤck: um von dem Leben dieses großen Koͤrpers Rechenschaft geben, um das gymnastisch und medicinisch ihm Raͤthliche und Er- sprießliche zeigen zu koͤnnen, muß man ihn in der Bewegung, in vielerley Stellungen und Zustaͤnden gesehen haben. Seine Organe, seine Muskeln, seine Umrisse, werden noch eine viel tiefere Bedeutung erhalten, wir werden noch ein ganz anderes Bild vor unserer Seele erhalten, wenn wir ihm im Laufe durch lange Jahre gefolgt sind. Dieß ist so schwer als uner- laͤßlich: die Geschichte schweigt uͤber die oͤkonomischen Be- wegungen der Voͤlker, oder gibt uns wenige, unzusammen- haͤngende Fragamente . Was sie indeß gibt, muß mit Gehor- sam und Hingebung gebraucht werden. Das Allerwesentlichste aber kann die Seele des Betrachters, aus sich selbst, aus ihrer eigenen Haushaltung, aus der umgebenden Welt her- nehmen, die besonders in unsern Tagen oͤkonomische Revolu- tionen von allen Formen und Farben darbiethet. Es kommt also nicht bloß darauf an, die oͤkonomischen Gebiete und Geschaͤfte unseres Staates in ihren wahren Ver- haͤltnissen, neben einander symmetrisch zu uͤbersehen; wir koͤnnen uns durch das Raͤumliche nicht zufrieden stellen lassen, sondern wir muͤssen, weil die oͤkonomischen Opera- tionen Zeit brauchen, sich zu entwickeln, weil es in der Oekonomie vielfaͤltiges scheinbares Gleichgewicht gibt, dessen Wesenlosigkeit sich nur im Fortgange der Zeit ausweist, kurz, weil die Dauer die Probe aller oͤkonomischen Werthe ist, noch mehr die Zeit beachten; wir muͤssen das oͤkonomische Leben in der Bewegung selbst wahrnehmen. Es waͤre schon viel gewonnen, wenn man den Gegen- stand der Nationaloͤkonomie statt des mißverstaͤndlichen Wor- tes Nationalreichthum, mit dem Worte Nationalberei- cherung bezeichnete. Man sucht den Stein der Weisen oder die Quadratur des Cirkels, so bald man in den Spekula- tionen uͤber den Staat nach der vollstaͤndigen abgeschlossenen Einheit der Kraͤfte oder nach einem ein fuͤr allemahl voll- zogenen ewigen Frieden strebt: da doch einmahl von der Vorsehung der irrdischen Dinge die Eigenschaft der Bewe- gung oder des Lebens in der Zeit gegeben ist, so kann der diesen allgemeinen Gesetze folgende, sich selbst bewegende Denker, wohl keine Befriedigung von irgend einem stillste- henden Zustande, wie vollkommen dieser auch fuͤr den Augen- blick sey, erwarten. Die Vollkommenheit des Staats nun, die den Denker, den Buͤrger, den Staatsmann befriedigen soll, muß sich bewegen und wachsen, wie er selbst sich bewegt und waͤchst. Wir druͤcken uns also richtiger aus, wenn wir sagen: alles Leben und Denken fuͤr den Staat strebt nach ewiger Vereinigung der Kraͤfte, und nach ewiger Be- friedigung der Verhaͤltnisse. Der im Staate ewig sich erneuernde Zwiespalt der Kraͤfte, die nothwendig immer wie- derkehrende Zerruͤttung der Verhaͤltnisse, deren wir nie maͤchtig werden konnten, so lange wir den Frieden und die Einheit handgreiflich erreichen wollten, werden nun eine Bedingung der immer gruͤndlicheren Einheit, des immer inni- geren Friedens; ja sie moͤgen zunehmen: unsere Kraft wird D 2 wachsen mit der Last die sie zu tragen hat. Ferner kommt es im buͤrgerlichen Leben nicht sowohl auf Gleichheit, als auf die Moͤglichkeit einer unendlichen Ausgleichung , nicht auf die Freyheit an sich, sondern vielmehr auf eine ewige Befreyung , ein ununterbrochenes Freyerwerden an. Eben so ist es nicht sowohl um das Recht selbst, als um die ewige Berichtigung und Rechtfertigung zu thun: das absolut fixirte Recht waͤre das hoͤchste Unrecht ( summum jus, summa injuria ) der absolut fixirte Friede wuͤrde unmittel- bar zum absoluten Kriege, die absolut fixirte Einheit zum absoluten Chaos, und was aus den absolut fixirten Begrif- fen der Freyheit und der Gleichheit wird, hat die Welt gesehen. Also durch die Umwandlung in das Wort: Bereicherung, wollten wir dem Reichthum eine Seele einhauchen; wir woll- ten diesem verfuͤhrerisch bestimmten Worte, das eben durch den Schein der Bestimmtheit uns mit so ungluͤcklichen Er- folgen bedroht, als einst die allzubestimmten Begriffe der Freyheit und Gleichheit nach sich zogen, die Beweglichkeit mittheilen, durch die es erst recht bestimmt wird. Das ge- meine von den Irrthuͤmern der Zeit befangene Auge mag den aufgestapelten Nationalreichthum Englands bewundern; wir halten nichts bewundernswuͤrdig, was sich bloß in Zahlen ausdruͤcken laͤßt; auch verbuͤrgt dieser Nationalreichthum der Brittischen Nation ihre Existenz fuͤr keinen einzigen Tag: der ungluͤckliche Wahn dieser calculatorischen Zeit, daß, wer den letzten Thaler in der Tasche haben werde, den Sieg er- ringen muͤsse, ist von den Weltereignissen gluͤcklich widerlegt; merkwuͤrdig aber und unendlich lehrreich finden wir, wie die Nationalhaushaltung von Großbritannien sich durch die ver- schiedenartigsten und schrecklichsten Crisen hindurch gerettet, und wie sie bis jetzt aus dem Zwiespalt der Kraͤfte immer einfacher, aus der Zerruͤttung der Verhaͤltnisse immer befrie- digter hervorgegangen ist. Wir betreten eine neue Bahn, oder vielmehr wir kehren nach langer Verirrung auf die Bahn der Natur und der Geschichte zuruͤck, indem wir die erhabenen Gegenstaͤnde der Staatswissenschaft nicht bloß so darstellen, wie sie sind, son- dern darauf dringen, daß allenthalben darauf geachtet werde, wie sie es geworden sind: das haben wir in einem fruͤheren Werke genannt: sie in der Bewegung, im Fluge, oder zu- gleich mit dem Gesetze ihrer Bewegung auffassen; die Dinge allenthalben darstellen, wie sie in der Zeit sind; dazu gehoͤrt nichts als ein bewegliches Auge, eine bewegliche Seele, ohne die aber uͤberhaupt kein richtiges wissenschaftliches oder prak- tisches Streben zu denken ist. Das was wir verlangen, haben große Staatsmaͤnner in ihrem Leben bewußtlos ausgeuͤbt, auch wohl Staatsgelehrte stellenweis, besonders wo sie von der Gewalt des praktischen Gegenstandes, den sie behandel- ten, gelegentlich uͤberkommen waren, bethaͤtigt. Die Har- monie der Theorie und der Praxis in Staatssachen kann auch nicht hergestellt werden, als in wie fern die Beweglichkeit des praktischen Lebens der Wissenschaft mitgetheilt wird. Wir wollen zusammenhaͤngend und gruͤndlich wissen, wie die inneren Staatsverhaͤltnisse geworden sind, damit wir anzu- geben wissen mit einer hoͤheren Bestimmtheit, was sie fuͤr die Dauer sind, und was sie weiter werden koͤnnen und sollen. Man verwechsle mit meiner Forderung nicht die gewoͤhnliche Vorschrift, daß sich der Staatsgelehrte an die Geschichte halten solle: diese Vorschrift sagt weniger als ich verlange, wenn sie nicht vielmehr die historische, das heißt: die kuͤnst- lerische Disposition meint, in die sich die Seele versetzen soll, als die eigentlichen niedergeschriebenen Geschichten. In diesem hoͤheren Sinn freylich, kann ich es mir gefallen lassen, wenn man mein ganzes Streben so erklaͤrt, als wollte ich die hoͤchste geschlechtsartige und produktive Durchdringung der Politik und Geschichte, gerade so, wie ich oben von dem Meister einer Kunst die hoͤchste Durchdringung seiner mit den Werkzeugen bewaffneten Arbeit mit dem Material ver- langte. Wie also eine Welt von wunderbar verschlungenen und concentrirten, sich gegenseitig bedingenden und verbuͤrgenden oͤkonomischen Verhaͤltnissen, durch alle Stuͤrme und Wechsel der Zeiten hindurch lebe; wie sie sich selbst unter mancherley voruͤbergehenden Geschlechtern in ihrem Zusammenhang er- halte, indem sie sich nach einem stetigen und natuͤrlichen Ge- setze ewig erneuert, verjuͤngt und kraͤftiger befestigt; wie sie dem voruͤbergehenden Zeugen und Theilnehmer das Schauspiel einer fortschreitenden Bereicherung darbiethet, welches aber nur die Außenseite des großen Gegenstandes ist, indem der wahre und innerliche Gewinn dieser Fortschritte die tiefere Verschlungenheit, und die lebhaftere Wechselwirkung aller Verhaͤltnisse ist, aus denen sie besteht — dieß ist der Gegen- stand aller Untersuchungen der Nationaloͤkonomie. Wir haben uns an die summirende Veranschlagung auch des Privatreichthums so gewoͤhnt, ferner spielt die Umsetzbarkeit des Reichthums in Geld oder der Markt bey allen unsern Vermoͤgensabschaͤtzungen, wegen der Unsicher- heit, Veraͤnderlichkeit und Launenhaftigkeit dieser Zeit, eine so ungebuͤhrlich große Rolle, daß heut zu Tag keine Vor- urtheile schwerer zu bekaͤmpfen sind, als die oͤkonomischen. Indeß die vielen Erfahrungen des Entstehens und Verschwin- dens von Privatreichthum selbst an denen Stellen wo wir mit den Vermoͤgensumstaͤnden des Besitzers, in so weit Zah- len zur Bestimmung derselben ausreichten, vollstaͤndig be- kannt waren und also um so empfindlicher in unserer Ansicht der Sache getaͤuscht wurden, muͤssen der Verbreitung besserer Taxations-Grundsaͤtze zu Huͤlfe kommen. Daß insbesondere beym Grundeigenthum, welches man bisher insgemein fuͤr den sichersten Werth gehalten hat, die Taxation dieses Werthes in Zahlen die allerunsicherste ist, wird ziemlich allgemein erkannt. Keine Art des Eigenthum s ist ihrer Natur nach so wenig geeignet, Object des Privat- eigenthums zu werden; an keine Art der Guͤter hat der Staat selbst einen so unmittelbaren Antheil als an diese; und so veranlassen die aͤußeren politischen Verhaͤltnisse und die Veraͤnderungen in der innern Consistenz des Staates be- staͤndige unsichtbare Schwankungen in dem Werthe der lie- genden Gruͤnde, worauf keine der bisherigen Veranschla- gungsmethoden Ruͤcksicht nimmt, auch nicht Ruͤcksicht neh- men kann, so lange bloß in Zahlen taxirt wird; ferner steht das Grundeigenthum allen andern beweglichen Guͤtern im Staate eben wegen seines bleibenden Charakters so direkt und so geschlechtsartig entgegen, daß alle die ganz unbere- chenbaren Schwankungen und Stroͤmungen unter den be- weglichen Guͤtern, welche Markt und Welthandel veranlas- sen, unmittelbar auf den andern Arm des Hebels empfunden werden; die leiseste Veraͤnderung im Zinsfuße, da dieser die Zahl hergeben muß, womit wir die Ertraͤgnisse des Ackers zum Capital erheben, alle Veraͤnderungen in dem hoͤchst be- weglichen Verhaͤltnisse zwischen Geld und Waaren oder in den Preisen der Dinge, reagiren gewaltig auf den Werth des Grundeigenthums, und alle diese Veraͤnderungen verber- gen sich nun noch hinter den ungeheuren Differenzen der Produktion der laͤndlichen Industrie ein Jahr unter den an- dern betrachtet; endlich aber ist uͤberhaupt an keiner andern Stelle so viel unsichtbarer, außer aller Zahlbestimmung lie- gender Werth, und andererseits wieder so viel ganz wesen- loser Zahlenschein, als im Grundeigenthume. Ein unnatuͤrlicher Friedensstand, eine zufaͤllige Beguͤnsti- gung des Welthandels oder aͤußerer politischen Conjuncturen kann alle diese Umstaͤnde fuͤr eine geraume Zeit verschleyern: mit um so furchtbareren Symptomen aber werden sie zum Vorschein kommen, wenn, wie dieser Fall nothwendig ein- treten muß, jene aͤußern Bedingungen ploͤtzlich verschwinden. Dann wird einleuchten, daß diese große Waare uͤberhaupt nicht fuͤr den Markt gehoͤrt; daß der Markt, der im Durch- schnitt den Werth aller andern Waaren erhoͤht, den Werth des Grundeigenthums zerstoͤrt; und daß keine Waare in so hohem Grade vielmehr durch dasjenige gilt, was sie im Laufe ganzer Jahrhunderte wird , als durch das, was sie in einzelnen vergaͤnglichen Augenblicken ist , daß folglich die Zahlenveranschlagung des augenblicklichen Reichthums eines Landwirthes, dem Werthe den sein Vermoͤgen in der Bewe- gung, im Fortgange der Wirthschaft oder der Bereicherung hat, fast durchgaͤngig widerspricht. — Dessen ungeachtet ist der Werth des Grundeigenthums, nach den Principien einer hoͤheren Veranschlagung, der sicherste von allen, und es hat also der Instinkt des großen Haufens Recht, wiewohl dessen Gruͤnde nicht viel verfangen wollen. Es ist der sicherste, weil ein Mißbrauch dieses Wer- thes fuͤr die Dauer nicht zu denken ist, weil alle administra- tiven Verirrungen und alle ungluͤcklichen Erfahrungen, welche der Staat im Ganzen nur irgend machen kann, nothwendig auf eine gerechtere Wuͤrdigung des Grundeigenthums zuruͤck fuͤhren muͤssen, und weil an allen anderen Stellen eine vor- eilige Theorie lange und ungestoͤrt ihr Wesen treiben kann, hier aber nothwendig die Natur, die Gewohnheit, die Zeit, ihre Rechte behaupten muͤssen. Es ist der sicherste Werth noch ganz besonders deßhalb, weil die Bewirthschaftung des Grundeigenthums ohne alle Dazwischenkunft des circulirenden Geldes, und der damit verbundenen Taͤuschungen und Irr- thuͤmer vor sich gehen kann, weil der Landwirth so gestellt ist, daß er allenthalben Verhaͤltnisse regieren, geschlechtsartig ge- theilte Arbeit in Wechselwirkung fuͤhren, die Zeit aber und ihre wechselnden Einfluͤsse unaufhoͤrlich beachten, und seinen Reichthum nothwendig allezeit in der Bewegung anschauen muß; weil er unter bestaͤndiger und gleichwiegender Direktion der Natur und des Staates steht; kurz, weil er von den oben entwickelten ersten Grundsaͤtzen aller Wirthschaft nicht ungestraft abfallen kann. Fassen wir alle diese Umstaͤnde zusammen, so ergibt sich die Eigenthuͤmlichkeit des Grund und Bodens, daß er unter allen Guͤtern besonders eine Buͤrgschaft seines gerechten Ge- brauches mit sich fuͤhrt, daß man bey diesem Geschaͤft nicht wohl fuͤr die Dauer von dem Gesetze des Staates, und von seinem dringendsten Interesse abweichen kann, ohne den Werth seines Eigenthums zu zerstoͤren. Nichts desto weniger belehren uns die gegenwaͤrtigen Weltumstaͤnde, daß alle diese wichtigen Ruͤcksichten auf eine Zeitlang vergessen werden koͤnnen, daß ein Geschlecht, ge- blendet durch den Reitz vergaͤnglicher Guͤter, die Natur des Grundeigenthums verlaͤugnen kann, und, daß alle Theorien der Gesetzgebung sich ausschließend auf das absolute Privat- eigenthum werfen, und im Gebiete der Landwirthschaft alles Gemeinde- oder Familieneigenthum aufopfern wollen koͤnnen, durch dessen kraͤftige und persoͤnliche Gegenwirkung, meiner Darstellung nach, doch erst ein gesichertes Privateigenthum moͤglich wird. Daß ein solcher Irrthum ein ganzes Zeitalter ergreifen, und wenigstens in den Koͤpfen der Philosophen auch fortdauern kann, erklaͤrt sich nur dadurch, daß das Gesetz der Natur und der buͤrgerlichen Ordnung, gleichguͤltig gegen die Gedanken der Menschen ungebethen und unerfleht sein segenreiches Regiment fortfuͤhrt, daß die Staatstheorien, da sie nur die Oberflaͤche der Dinge erkennen, auch nur an der Oberflaͤche zu zerstoͤren wissen, und, daß der natuͤrliche und gerechte Fleiß der vergangenen Jahrhunderte so tiefe Wirkungen, so vielen unsichtbaren Reichthum hinterlassen hat, daß keine einzelne Generation ihn verschwelgen oder verschwaͤrmen kann. Wenn man nun diesen Charakter des Grundeigenthums im Ganzen erwaͤgt, so muß man einsehen, daß, wiewohl es schon durch seine bloße Natur sich als liegend, bleibend und dauernd ankuͤndigt, diese Eigenschaft der Zuverlaͤßigkeit doch erst im fortgesetzten Gebrauch recht klar wird. Es ist ihm die andere Eigenschaft eines gewissen ruhigen Fortschreitens, einer stillen Bewegung beygegeben, ein dauerhafter Gang, ein Bleiben in der Zeit, wodurch es erst recht fest wird. Darin sind Grundeigenthum und Landwirthschaft die deutlichsten Muster der Staatshaushaltung selbst: auch hier kommt alles darauf an, der Bewegung eine Gemessenheit, einen Rythmus mitzutheilen, und, weit die Wandelbarkeit der Dinge sich nicht nur nicht aufheben laͤßt, sondern wesentlich nothwendig ist, um ihr Bleiben zu erreichen, die Ruhe durch die Bewe- gung und diese durch jene zu garantiren. Der Mensch kann von den Gesetzen seines isolirten wie seines buͤrgerlichen Daseyns nicht ganz abfallen; auch seine Irrthuͤmer, seine Krankheiten muͤssen sich unter einander balanciren und zerstoͤren. So nun wird, daß Ruhe und Bewegung die beyden Elemente der politischen Haushaltung, und beyde gleich nothwendig sind, dadurch erwiesen, daß unsere Zeit einerseits eine absolute Festigkeit will, indem sie das absolute Privateigenthum zur Bedingung aller Haus- haltung macht, andererseits aber auch eine Fabel von vor- geblich reißenden Fortschritten der Menschheit mit sich umhertraͤgt und glaubt. Von diesen beyden Wesen aber denkt sie jedes fuͤr sich in seiner besonderen Roheit und Wildheit, waͤh- rend sie nur sich gegenseitig sanft beschraͤnkend, bedingend und durchdringend existiren; daher glaubt sie die Festigkeit, da, wo die absolute Unsicherheit und Veraͤnderlichkeit, das Fortschreiten, da, wo ein beruhigtes Auge, wenn uͤber- haupt eine Bewegung, doch nur eine ruͤckschreitende wahr- nimmt. Bey der Befestigung des Einzelnen durch das Privat- eigenthum, indem man Person und Sache wie an einander nagelt und kreuziget, bliebe immer die Frage: Wozu? bey den reißenden Fortschritten des Ganzen, auch, wenn sie wirk- lich neben jener rohen Befestigung moͤglich waͤren, die Frage: Wohin? unbeantwortet. Alles aber wird klar, so bald man beyde gleich wesentliche und noch unter allen Irrthuͤmern sich offenbarende Verlangen, das nach dem Bleiben und das nach der Bewegung, in der Verbindung, in der Durch- drungenheit denkt, und, wenn nunmehr der ruhig bewegte Mensch, einen ruhig bewegten Zustand der Dinge begehrt. Wenn man das Verstaͤndniß dieser großen Aufgabe auf kei- nem anderen Wege zu gewinnen weiß, wenn in der Zer- ruͤttung der irrdischen Dinge das Maaß und Gesetz dieser hoͤchst natuͤrlichen Ordnung nicht zu finden ist, so wende man sich an das große Schema, welches die Gestirne und die Erde, welche unsere ganze Haushaltung traͤgt, taͤglich be- schreiben. Dadurch, daß alle Bewegung unseres Lebens auf einen ruhigen Mittelpunct bezogen wird, dadurch beruhigt sich das Ganze, ohne daß irgend eine Bewegung aufgeopfert wird Auf gleiche Weise wird die Ruhe erst wahrhaftig ruhig, durch die Bewegung. So bedarf die frische und natuͤrliche Ruhe des Kindes der Wiege. : jeder Punct verfolgt frey seine eigenthuͤmliche Bahn, und doch sind sie alle einem so gewaltigen als leichten Gesetze untergeordnet. Ich bediene mich dieses Bildes, nicht bloß Gleichnißweise, sondern weil dasselbe Gesetz, welches alle Kraͤfte der Natur uͤberhaupt, auch wieder die menschliche Haushaltung ordnet. Aber auch als bloßes Bild waͤre es schon nothwendig, weil es darauf ankommt, ein anderes und falsches, in den Koͤpfen der heutigen Menschen vorwaltendes Bild zu zerstoͤren: es ist eben jenes Fortschreiten, jener Wettlauf nach einem un- bekannten Wohin? nach einem Ziele, welches sich in dem Maaße entfernt, als man sich ihm zu naͤhern glaubt, womit also die ewige Unruhe gegeben ist. Alle Geschaͤfte des buͤrgerlichen Lebens, jedes an seinem besonderen Orte, also in seiner eigenthuͤmlichen Kreisbahn, laufen um die dauerhafte Bewirthschaftung des Grundeigen- thums her, wie alles vergaͤngliche Wesen an der Oberflaͤche der Erde um den großen gemeinschaftlichen Traͤger: alle stehen in ununterbrochener Beziehung auf dieses mittelste Ge- schaͤft, fuͤgen und ordnen sich nach ihm; sie koͤnnen sich aus dieser einzig wesentlichen Wechselwirkung nicht etwa hinaus- heben oder hinausschwaͤrmen; sie werden allenthalben mit starkem Arme festgehalten, und muͤssen uͤber kurz oder lang in ihr angewiesenes Bette zuruͤck kehren. Aber gemeinschaftlich mit ihrem großen Traͤger beschreiben sie eine hoͤhere Kreis- bahn um einen Mittelpunct hoͤherer Ordnung, und sie wer- den demnach durch ein noch dauerhafteres Gesetz verbuͤrgt. In der Ruhe, die das Grundeigenthum, und der darauf an allen Stellen bezogenen Bewegung, die das vergaͤngliche Eigenthum offenbart, erzeugt sich und waltet eine Ruhe hoͤherer Ordnung: — die Nationalkraft selbst, welche nun Licht und Waͤrme uͤber alle diese Sphaͤren unterge- ordneter Thaͤtigkeit verbreitet. Wer kann aus dieser Ord- nung der Dinge die Ruhe oder die Bewegung einzeln her- ausscheiden? Wo ist hier irgend etwas fest, durch sich selbst und außer der Bewegung und anders als durch die Bewegung? Das heißt nun die Zeit und die Bewegung in den oͤkonomi- schen Calcuͤl mit aufnehmen, und ein vollstaͤndiges lebendiges Bild der Staatswirthschaft an die Stelle der summarischen Anschauungen setzen, mit denen sich bisher die Theorie begnuͤgt hat. Glaube niemand irgend eine Bewegung im Staate, zum Beyspiel: die Circulation des Geldes zu verstehen, der nicht zugleich das Bleibende und Ruhende darin nach dem hier angedeuteten Gesetze erkannt hat. Eben so gibt es an- dererseits in der ganzen Nationaloͤkonomie nichts Unbeweg- liches: waͤre das Grundeigenthum unbeweglich, wie man es bisher genannt, so wuͤrde es sich mit dem uͤbrigen beweg- lichen Besitz ewig nicht vertragen koͤnnen. Aber es ist, wie ich gezeigt, beweglich in sich; es ist bleibendes Vermoͤgen mit Ruͤcksicht auf das bewegliche Vermoͤgen, das es traͤgt, und das darauf unaufhoͤrlich bezogen wird. Wir werden es daher durch den ganzen Verlauf unserer Darstellung, zur Vermeidung aller Mißverstaͤndnisse, bleibendes und nicht unbewegliches Eigenthum nennen. Sechstes Kapitel. Von dem Werthe, den die oͤkonomische Kraft durch ihre Richtung erhaͤlt. D ie bisherige Theorie der Nationaloͤkonomie war eine ziem- lich willkuͤhrliche Mischung mathematischer und historischer Bestandtheile, daher waren es auch, nach der Faͤcherabthei- lung, die bisher auf dem Felde der deutschen Gelehrsamkeit beliebt worden, meistentheils Mathematiker oder Geschichts- forscher von Profession, welche die Staatswirthschaft zu foͤr- dern unternahmen. Es gab in unserer Wissenschaft unzaͤhlige Groͤßenanschauungen, welche mehr in das Gebiet der Mathe- matik hinuͤberzufallen schienen; daß aber auch die historischen Bedingungen, die Localumstaͤnde, kurz die Qualitaͤten neben den Quantitaͤten der Dinge nicht versaͤumt werden durften, fiel leicht in die Augen. Da es aber unter den Wissenschaften der Mathematik und der Geschichte, welche, die gleichwesent- lichen historischen und mathematischen Elemente der Staats- wirthschaft in Verbindung zu setzen, unternahmen, selbst keine Art von Beruͤhrungspunct gab; da die mathematische und die geschichtliche Wahrheit in einem Zustande offener Feindseligkeiten lebten, so durfte man von den Verarbeitun- gen einer dritten Wissenschaft, welche von einer Einzelnen unter jenen beyden Wissenschaften unternommen wurden, sich eben nicht bedeutende Erfolge versprochen. Es wuͤrde zu weit von dem speziellen Gegenstande unserer gegenwaͤrtigen Untersuchungen abfuͤhren, wenn wir hier zu zeigen unternaͤhmen, was an einem anderen Worte auf eine befriedigende Weise geschehen soll, daß wir naͤhmlich diese Praͤliminarverhandlung, diese Ausgleichung aller Differenzen zwischen der mathematischen und historischen Wahrheit vollzo- gen, und beyde an die Eine ewige Quelle aller menschlichen Erkenntniß zuruͤckgefuͤhrt haben. Es soll damit nicht etwas Großes, oder Neues, oder Außerordentliches, sondern nur das Natuͤrliche geschehen, und der Weisheit fruͤherer Jahrhunderte die ihr gebuͤhrende Rechtfertigung wiederfahren. Fuͤr jetzt aber genuͤgt es mir, daß diejenigen unter mei- nen Zeitgenossen, die auf denselbigen Schlußstein aller Wissen- schaft wie alles praktischen Lebens gestoßen sind, und deren es mehrere geben muß, da dieselbigen Nothwendigkeiten auf andere wie auf mich einwirkten, es meiner Darstellung an- sehen muͤssen, daß sie eine bereits vollzogene Versoͤhnung und Durchdringung der mathematischen und historischen Erkenntniß voraussetzt. — So ist dann das ganz Eigenthuͤmliche meiner bisherigen Behandlung der Staatswirthschaft, daß ich neben den Groͤßen, den Massen, den Summen, nicht etwa bloß gemeine Resultate der historischen Erfahrung geltend gemacht, was viele gethan, und deßhalb eben so einseitig am letzten Orte doch nur das Mehr oder Weniger, und die Quanti- taͤten des oͤkonomischen Ertrages und der oͤkonomischen Pro- duktion beachtet haben, sondern, daß ich die Qualitaͤten der Theoret. Theil E Dinge, ihr Geschlechtsverhaͤltniß, ihre Wechselwirkung unter einander vindicirt, und dadurch die Existenz einer festen und dauerhaften oͤkonomischen Groͤße, erst als moͤglich erwiesen habe. Wie naͤhmlich in der Geometrie, die in neuerer Zeit mit großer Blindheit behandelt, und als Magd zu bloß arith- metischen Zwecken gemißbraucht worden, eine ganz andere Idee einheimisch ist als die Groͤße, und wie die Mathematik, in so fern sie die Geometrie in sich begreift, unendlich mehr ist, als bloße Groͤßenlehre; wie das Verhaͤltniß und das Zu- sammentreten zweyer verschiedenartig gerichteten Linien, oder der Winkel, urspruͤnglich nichts mit der Groͤße zu schaffen hat — so haben auch die verschiedenen, alle nach einer Ver- einigung strebenden und sie vollziehenden Richtungen der menschlichen Thaͤtigkeit , an und fuͤr sich nichts mit der Groͤße oder der quantitativen Extension dieser Richtungen zu schaffen. Ihr Verhaͤltniß unter einander ist etwas von der Groͤße durchaus Unabhaͤngiges. Die Landwirthschaft und die Stadtwirthschaft koͤnnen auf einem sehr kleinen Gebiete in gerechtem Verhaͤltnisse stehen, waͤhrend auf einem unendlich groͤßeren Gebiete jene diese, wie im ehemahligen Polen , oder diese jene, wie im ehemahligen Hamburg , bey weitem uͤber- wiegt. Da nun in diesen drey Faͤllen die Frage nicht seyn kann, wo der dauerhaftere Nationalreichthum und die bedeu- tendsten oͤkonomischen Werthe werden gefunden werden, und da, bey der Entscheidung dieser Frage die Richtung der Kraͤfte vielmehr in Anregung kommt, als die Groͤße derselben, so fuͤhlt man das voͤllig Ungenuͤgende einer staatswirthschaftlichen Ansicht, bey der die Lehre von den Richtungen oder den Verhaͤltnissen der oͤkonomischen Kraͤfte nur subsidiarisch um der Groͤße Willen, nur als Magd wie die Geometrie in der bisherigen Mathematik auftritt. Diese Lehre von der Rich- tung der Kraͤfte zur Wuͤrde der Hausfrau, neben die Lehre von der Groͤße der oͤkonomischen Kraͤfte (die bisher allein und ausschließend das Regiment im Hause gefuͤhrt hat) zu erheben, ist der Zweck meines gegenwaͤrtigen Werkes, wie ich spaͤterhin der Geometrie denselben Dienst zu erzeigen hoffe. — Dasjenige was bisher mit hoͤchster Unbestimmtheit Werth genannt worden, wollen wir durch den ganzen Fortgang unserer Untersuchungen von dem was Preis heißt, aufs strengste unterschieden wissen. Der Werth einer Sache ist die Bedeutung, welche sie durch die groͤßere oder geringere Ge- rechtigkeit des Verhaͤltnisses, aus dem sie hervorgegangen, oder worin sie selbst zu den uͤbrigen Sachen steht, erhaͤlt. Die Gerechtigkeit dieser Verhaͤltnisse ist die Bedingung ihrer Dauer, und die Werthe der Dinge sollen nur durch die Dauer bestimmt werden. Der Preis einer Sache ist die sum- marische Groͤße, die Masse von Kraft die sich fuͤr den Augenblick darin verbirgt, und die sie fuͤr den Augenblick auszuuͤben im Stande ist. Da nun alle Verhaͤltnisse der oͤkono- mischen Objecte untereinander, wie oben gezeigt wor- den, sich mit einander, wie die verschiedenen Familien, nothwendig verschraͤnken und verketten, und zuletzt ein gro- ßes Hauptverhaͤltniß bilden, welches der Staat selbst regiert, und worin er selbst immerdar verjuͤngt wieder ausgeboren E 2 wird; so folgt daraus, daß, in wie fern die Bedeutung ei- nes oͤkonomischen Objectes mit Ruͤcksicht auf ein Verhaͤltniß, oder den Werth desselben richtig bestimmt wird, auch zugleich die Bedeutung dieses Objects mit Ruͤcksicht auf alle diese Verhaͤltnisse, oder den Staat selbst abgeschaͤtzt werde. Der Werth einer Sache ist also die Bedeutung derselben im Staat und fuͤr die ewige Verjuͤngung des Staates. — Wird der Werth eines oͤkonomischen Objects bestimmt, so denken wir uns selbiges lebendig, persoͤnlich und produc- tiv; wir denken uns eigentlich nur das in dem Object ver- borgene, ewige Leben, die darin verborgene Kraftrichtung, das heißt: das Verhaͤltniß zu andern Kraftrichtungen, und da alle diese Richtungen nach der Vereinigung streben, die Richtung nach dem Mittelpunct. — An dem unendlich sym- bolischen Schema der Kugel wird sich die Sache am be- sten verdeutlichen lassen. Denken wir uns alle oͤkonomischen Thaͤtigkeiten als Linien, die bekanntlich weder breit, noch dick, sondern nur lang sind. Wir wissen daß je zwey oͤkono- mische Thaͤtigkeiten zusammen streben muͤssen, wenn nicht nur ein Produkt herauskommen, sondern wenn sie uͤberhaupt nur fortdauern sollen. In dem Material eines Handwerkes, zum Beyspiel: in dem Leder das der Schuhmacher gebraucht, ist die Anlage zu einer oͤkonomischen Thaͤtigkeit; in seinem mit Werkzeugen bewaffneten Haͤnden schlummert gleichsam die andere oͤkonomische Thaͤtigkeit. Noch arbeitet er nicht; actu sind die beyden oͤkonomischen Thaͤtigkeiten noch nicht vorhanden. Man uͤbersehe nicht daß das Leder, wenn die Arbeit anfangen wird, sich wehren wird, gegen die Angriffe des Pfriemens, daß es seine eigenthuͤmliche Kraft hat, die nachgiebig behandelt, ja sogar geschont werden muß, wenn der Schuh zu Stande kommen soll; kurz die nicht etwa roh zu erzwingen ist, wie ja auch dieß bestimmte Leder durch anderweite vorhergehende Arbeit erst herbeyge- reitzt werden mußte. Jeder tuͤchtige Meister dieser edeln Kunst wuͤrde mich verstehen; denn er zeigt schon durch die wach- sende Liebe, die er zu dem Materiale traͤgt, daß mit demsel- ben eine andere Kraft der Kraft seiner Haͤnde und Werk- zeuge (die ja nichts anders sind als die kuͤnstlich zugerichtete und erweiterte Hand) huͤlfreich entgegen kommt. Die Arbeit faͤngt also an, sobald die Kraft der bewaffneten Hand und die andere Kraft des Materials sich einander entgegen nei- gen. Diese Convergenz der beyden Kraͤfte aͤußert sich darin, daß ein Schuh entsteht, zufoͤrderst ein sehr unvollkommener Schuh, aber in der fortgehenden Verbesserung des Produktes zeigt sich, daß sich die beyden Kraftrichtungen mehr und mehr ihrem Vereinigungspuncte naͤhern. — Kurz die Bedingung der fortgehenden Schuhmacher-Pro- duktion und jedes moͤglichen gedenkbaren Gewerbes einzeln genommen, ist die fortgehende Convergenz zweyer entgegen- gesetzter Thaͤtigkeiten. Da nun aber jedes einzelne Gewerbe nicht bloß aus zwey convergirenden Kraftrichtungen besteht und entsteht, sondern auch wieder der bestaͤndigen huͤlfreichen Entgegenkunft anderer Gewerbe, anderer Kraftrichtungen be- darf; ja, da es den Beystand aller uͤbrigen voraussetzt — so sind alle diese verschiedenen Kraftrichtungen nur zu den- ken, in wie fern sie von allen verschiedenen Seiten her nach einem gemeinschaftlichen Mittelpunct convergiren Eine gerade Linie individualisirt sich, wird zur be- stimmten Linie, nur durch eine andere auf sie in Beziehung gesetzte, das heißt: mit ihr in der Verlaͤngerung convergi- rende Linie. Meistentheils vergessen wir, daß der Rand der Tafel oder des Papiers, worauf wir unsere Linie verzeichnen, diese Linie schon individualisirt, oder die Antilinie darbiethet, durch die sie erst zu einer Linie wird, und so uͤbersehen wir den wichtigsten Umstand in der Geometrie, daß es naͤhmlich zwey Linien geben muͤsse, damit eine. Daher die Unmoͤglichkeit die Parallellinien auf dem gewoͤhnlichen Wege zu demonstri- ren. Es sind identische Linien, wie sich ausweist, wenn sie, wie beym Euklides geschehen, durch eine dritte convergirende Linie individualisirt werden. . Derge- stalt werden nun alle diese verschiedenen Linien zu den Ra- dien einer Kugel, welche die Haushaltung eines Staates unter allen gedenkbaren Figuren am richtigsten abbildet. Wenn es dagegen erlaubt ist, den Theorien unserer Zeit, die in ihren durcheinander schwelgenden Widerspruͤchen ei- gentlich kein einziges bleibendes und festzuhaltendes Kenn- zeichen aufkommen lassen, ein mathematisches Schema un- terzulegen, so moͤchte ich in ihren vorwalteten Grundsaͤtzen uͤber die Richtungen der oͤkonomischen Thaͤtigkeiten die Pa- rallellinien des Euklides wieder erkennen: die Kraͤfte koͤnnten nach ihnen in alle Ewigkeit neben einander fortlaufen und wettlaufen, ohne sich je zu beruͤhren oder in dem praͤsumirten Ziele zusammen zu treffen. Jedermann steht hierbey ein, daß die Groͤße und die Menge der Thaͤtigkeiten gar nicht in Betracht kam. Sind die Richtungen aller in einander greifender oͤkonomischen Kraͤfte wirklich convergirend, so wird sich die Groͤße aller dieser Kraͤfte von selbst schon verhaͤltnißmaͤßig, und so, daß die gesammten Richtungen der Thaͤtigkeiten dabey bestehen koͤn- nen, ergeben. Hingegen folgt umgekehrt aus der augenblick- lichen Groͤße der einzelnen Kraͤfte die gerechte und convergi- rende Richtung derselben noch nicht. Die einzelne Kraft kann heraustreten aus dem concentrischen Vereine, in dem sie sich entwickelte, sie kann in Beziehung treten auf einen Mittel- punct der außerhalb dieses Vereines, oder des Staates liegt, und augenblickliche große Wirkungen hervorbringen, wie die- jenigen Kraͤfte eines Staates, die an dem Welthandel Theil nehmen: wer moͤchte aber aus der Groͤße dieser Wirkungen einen Schluß auf die dauerhafte Richtung solcher oͤkonomi- scher Thaͤtigkeit ziehen. Was aber waͤre von einem Ge- schlecht zu halten, das, berauscht durch den augenblicklichen Glanz dieser Wirkungen, den bestimmten vaterlaͤndischen Mit- telpunct ganz außer Acht ließe, die Erhaltung der alten concentrischen Richtungen der oͤkonomischen Thaͤtigkeit (ich darf mich jetzt des Ausdrucks bedienen) des geometrischen Verhaͤltnisses der Kraͤfte unter einander fuͤr unwesentlich hielte, oder die Bedeutung dieser Richtungen nur anerkennen wollte, in wie fern sie einem solchen divergenten Streben nach dem Weltmarkt hinderlich waͤren. — Dieß ist der innerste Sinn der Klagen uͤber den Feudalismus und der Verfolgungen desselben: es war allerdings in allen oͤkono- mischen Kraͤften des Mittelalters eine gewisse innere Rich- tung nach einem Mittelpunct, nach einer von allen Einzelnen empfundenen hoͤchsten Kraft, nach einem hoͤchsten Gute; aller- dings widerstrebt diese Richtung hartnaͤckig und dauerhaft jenem leichtfertigen Umherschweifen nach augenblicklicher Groͤße und vergaͤnglichem Glanze, und die hoͤhere bewaͤhr- tere Macht wird den Sieg davon tragen, wie auch dieser Augenblick widersprechen mag, eben weil er Augenblick ist. — So wenig sich aus der Groͤße einer oͤkonomischen Thaͤ- tigkeit der Schluß ziehen laͤßt, daß auch die Richtung der- selben die natuͤrliche und gemeinwesentliche sey, so wenig laͤßt sich aus den Preisen der Dinge auf ihre Werthe schlie- ßen. Vielmehr, wie eine augenblickliche jaͤhe Steigerung der oͤkonomischen Kraͤfte bey einer Verwirrung aller Richtungen der oͤkonomischen Thaͤtigkeit sehr wohl moͤglich ist, so kann auch eine Steigerung aller Preise sehr wohl mit einem Sin- ken aller Werthe zusammen treffen. Diese Werthe nun, die Bedeutungen der Dinge, in wie fern sie leben und Leben erzeugen, in wie fern sie sich durch eine Wechselverbuͤrgung der Ewigkeit des Staates theil- haftig machen, sind es, welche der vollstaͤndige Mensch, oder auch nur der Instinkt eines vollstaͤndigen Menschen, den jeder Einzelne mit sich umher traͤgt, begehrt. Wenn ein oͤkonomi- sches Object in dem Organismus des Staates durch wirkliche Wechselwirkung eintritt, und nunmehr bestimmt wird, was es, als mehr oder minder wesentliches Organ des Ganzen fuͤr das Bestehen, und die hoͤhere Belebung dieses Organis- mus gilt, so wird sein Werth bestimmt. Da begreift nun jeder, daß eine gemeinwesentliche Sache in sehr vielen Faͤllen unendlich mehr werth seyn kann, als eine egoistische Person; und, daß den Staatswirth diese Werthe der Dinge vielmehr als die Preise, und, daß eigentlich nur allein sie ihn interes- siren koͤnnen. Siebentes Kapitel. Produktion und Consumtion . A lle oͤkonomische Produktion zerfaͤllt in zwey Theile: in die Produktion des zur Consumtion bestimmten, und in die andere, des zur Fortpflanzung der oͤkonomischen Produktion, oder zu weiterer Produktion bestimmten. Die Kornproduktion eines Gutes theilt sich in Wirthschaftskorn und Saatkorn: das Wirthschaftskorn nehme ich in dem weiteren Sinne des Worts, nach welchem nicht bloß das in der Wirthschaft con- sumirte Korn, sondern auch das fuͤr die Anschaffung von anderweiten wirthschaftlichen Consumtibilien verkaufte Korn, dahin gerechnet wird: eben so Saatkorn in dem umfassenderen Sinne, da alles zu Ameliorations- oder anderen productiven Zwecken verkaufte Korn dem Saatkorne beygezaͤhlt wird. Mit andern Worten: ein Theil der Produktion wird fuͤr die Beduͤrfnisse des Augenblicks angewendet, der andere Theil fuͤr die bleibende Erhaltung und das Wachsthum der Wirthschaft selbst, oder fuͤr die Fortdauer der Produktion uͤberhaupt. Man versteht aber diese Eintheilung nur, in wie fern man auch wieder alles Producirte, einmahl als Gegenstand der Consumtion, und dann als Producirendes zu betrachten im Stande ist. In diesem Verstande der Sache wird zuerst alles, was die Produktion erzeugt hat, im Laufe der Zeit consumirt, und diese consumtiblen Produkte sind nur ver- schieden nach den laͤngeren und kuͤrzeren Zeitraͤumen, in denen sie verzehrt werden. Ob der Magen der Producirenden und der Kaͤufer des Wirthschaftkorns, oder ob die Erde und der Magen der Kaͤufer des Saatskorns die Consumtion vollzieht, ist aus diesem Standpuncte gleichguͤltig; eben so gleichguͤltig ist es, ob die Consumtion unmittelbar wie bey den meisten Nahrungsmitteln, oder ob sie im lange fortge- setzten Gebrauch allmaͤhlich vollzogen wird, wie Kleidungs- stuͤcke, Mobilien u. s. f. Kurz die gesammte oͤkonomische Thaͤtigkeit der Gesellschaft kann zuerst gedacht werden, als ein Allverzehrendes, als eine unendliche Consumtion. Dann aber kann auch alles von der Produktion Erzeugte gedacht werden, als ein weiter Producirendes, und dann sind alle diese produktiven Produkte nur verschieden, je nachdem sie unmittelbar produktiv wieder eingreifen in den allgemeinen Erzeugungsprozeß, oder mittelbar dasselbe bewirken, indem sie durch die Consumtion neue Produktion und Reproduktion der oͤkonomischen Kraͤfte veranlassen, oder uͤberhaupt auch nur moͤglich machen. So wuͤrde dann die gesammte oͤkono- mische Thaͤtigkeit andererseits als ein Allerzeugendes erschei- nen. Es kaͤme bloß auf eine leichte Veraͤnderung des Stand- punctes an, so wuͤrde das vorherige Reich des Todes sich als ein allgemeines Reich des Lebens darstellen. Jede Con- sumtion, selbst die luxurioͤseste waͤre eine Steigerung der produktiven Lebenskraft, wie in der vorherigen Ansicht jede neue Produktion dem verzehrenden Feuer der buͤrgerlichen Gesellschaft nur neue Nahrung geben wuͤrde. — Wie nun der aufmerksame Forscher der Natur durch alle Erscheinungen, die sich ihm darbiethen, auf einen Doppel- gesichtspunct geleitet wird, und ihm, wenn er sein Urtheil frey und unbefangen erhaͤlt, bald eine allgemeine Wechsel- wirkung, ein unendliches gegenseitiges Sichbedingen des Ver- zehrens und des Erzeugens, des Lebens und des Todes ein- leuchten muß; wie er allenthalben im Tode die hoͤchsten und lebhaftesten Vorbereitungen neuen Lebens wahrnehmen, und wie sich gerade in den bluͤhendsten uͤppigsten Lebenser- scheinungen ihm die unmittelbare Nachbarschaft des Todes aufdringen muß — so wird der Oekonom in aͤhnlicher Unter- suchung auf dieselbe Wechselwirkung auch der oͤkonomischen Kraͤfte geleitet werden, und er wird die beyden entgegen- gesetzten Offenbarungen derselben Erscheinung zufoͤrderst mit Ruhe erwaͤgen lernen, da sie beyde sich mit gleicher Noth- wendigkeit bedingen. Er wird einsehen, daß, da das Ver- zehren und Erzeugen in einer Wechselabhaͤngigkeit stehe, und sich wie Avers und Revers derselben Muͤnze verhalte, das Resultat der Oekonomie durchaus nicht durch ein bloßes Vermeiden und Beschraͤnken des Verzehrens zu foͤrdern; eben so, daß ein bloßes Antreiben und Ermuntern und Befoͤrdern des Erzeugens gleichfalls unzulaͤnglich sey. Nun aber sind die beyden Hauptoperationen aller bisherigen Systeme der Oekonomie: Verminderung der Consumtion ( Spar- samkeit ) und Vermehrung der Produktion ( Industrie ) es zeigt sich also auch hier, daß man nur mit Zahlbegriffen, mit Summen, mit Massen, mit dem Mehr und Weniger zu handthieren gewußt, dagegen die Qualitaͤten und Verhaͤltnisse der Dinge durchaus versaͤumt hat. Der Erfolg mußte unge- faͤhr derselbe seyn, als wenn man in der Naturforschung dem Zwecke der Natur durch ein bloßes Ausdemwegegehen des Todes, und durch ein Haͤufen der Lebenserscheinungen haͤtte auf die Spur kommen wollen; wie solches dann, da die Corruption einer Wissenschaft allezeit auch in die uͤbrigen Wissenschaften einzugreifen pflegt, mit der Naturforschung des vorigen Jahrhunderts wirklich der Fall gewesen ist. Dem Leser koͤnnte nunmehr die unendliche Bedinglichkeit der Consumtion und Produktion, und die Unzulaͤnglichkeit der Theorien, welche in diesem erhabenen Verhaͤltniß nur mit gemeiner Addition, oder Subtraktion zu manoͤvriren wis- sen, klar seyn, und doch die Frage aufstoßen: was denn, wenn in letzter Instanz alle Produktion und Consumtion ein- ander aufheben, und, wenn nichts dem allgemeinen Schick- sal der Consumtion entgehe, zuletzt fuͤr ein Resultat der ganzen Haushaltung uͤbrig bleibe? — Die gewoͤhnliche Theorie, consequent in der Inconsequenz, haͤtte darauf etwa folgende Antwort: es sey von der Natur eine gewisse Ueber- legenheit der Produktionsfaͤhigkeit des oͤkonomischen Staats, uͤber seine Consumtionsfaͤhigkeit, wenn beyde auf gleiche Hoͤhe getrieben waͤre, angeordnet; diese Ueberlegenheit zeige sich dann in der jaͤhrlichen Entstehung und Vermehrung der Capitalien: der oͤkonomische Staat wachse, wenn dieses Naturgesetz befolgt werde, wenn die Produktion fortgehend die Consumtion uͤbersteige, also die Capitalien, die Be- dingungen weiterer Vervielfaͤltigung der Produktion zunaͤh- men; der oͤkonomische Staat verfalle hingegen, wenn die menschliche Willkuͤhr an die Stelle jenes Gesetzes treke, wenn die Consumtion die Produktion uͤbersteige, also die Capitalien erst zu Consumtionszwecken gemißbraucht, und dann gaͤnzlich verzehrt wuͤrden. — Zufoͤrderst aber ist diese Ueberlegenheit der Produktion an und fuͤr sich, uͤber die Consumtion nur scheinbar: denn, wenn fuͤr einen kurzen Zeitraum die Produktion auch die Consumtion merklich zu uͤberschreiten im Stande waͤre, so wuͤrde die Erwaͤ- gung laͤngerer Zeitraͤume offenbar das Gegentheil ausweisen, also die Sache wieder ins Gleichgewicht kommen. Es gibt aus dem gewoͤhnlichen und natuͤrlichen Standpunct der oͤko- nomischen Betrachtung, wenn man die Consumtion sowohl, als die Produktion im Ganzen und in ihren tausendfaͤltigen, oft sehr verdeckten Erscheinungen betrachtet, kein gedenkbares Motiv der Produktion als die Consumtion: die Gewalt des Todes muß wachsen, wenn das Leben sich erhalten und zu- nehmen soll; denn ohne Feind kein Sieger, ohne Krieg keine Kraft. — Betrachten wir bloß einerseits das aͤußerliche Produkt, und die mit Industrie, Capital, Maschinen, gesegnete Produktion, andererseits die Consumtion als bloße Erscheinung, woruͤber sich doch die Ansicht unserer oͤkonomischen Theorien niemahls erhebt, so erscheinen sie beyde in einem voͤllig todten Gleichgewicht, und das hoͤchste Resultat ist die bloße Lebensfristung. Waͤre ferner die ge- sammte Industrie wirklich im Stande, die gesammte Con- sumtion zu uͤberfliegen, waͤre das Capital ein wirklich selbst- staͤndiger Ueberschuß der Produktion, so muͤßte bey nachlassen- der Consumtion die Industrie zu wachsen, oder doch sich zu erhalten vermoͤgen, das Capital hingegen sich auch ohne die Consumtion in seinem Wesen zu behaupten vermoͤgen, was niemand behaupten wird. Versuchen wir eine bessere und gruͤndlichere Antwort: Wie in der Seele des Naturforschers unter den wechselnden Erscheinungen des aͤußeren Lebens wie des aͤußerlichen Todes, daferne nur beyde Erscheinungen mit gleicher Gerechtigkeit von ihm behandelt werden, und mit gleicher Staͤrke auf ihn wirken, sich ein steigendes Gefuͤhl eines gewissen hoͤheren Lebens entwickeln muß, eines Lebens, welches beydes, jenes aͤußere zuerst beobachtete Leben, und den aͤußeren Tod unter sich begreift, und welches aus jedem neuen Conflict der Lebens- und der Todeserscheinung, die sich dem Beobachter darstellt, in seiner Seele reiner und deutlicher ausgeboren wird — so waͤchst und belebt sich, vor den Augen aller ein- zelnen Zeugen der großen Wechselwirkung des Lebens- und Todesprozesses in unserer Nationalhaushaltung, ein hoͤheres Produkt, welches jene Wechselwirkung zwischen den gemeinen Produkten und der gemeinen Consumtion regiert, umfaßt und garantirt, auch bey jedem neuen Conflict der Produktion und der Consumtion, wieder reiner und deutlicher geboren wird, es ist der Credit, der Nationalcredit, die Nationalmacht, es ist der Glaube an den Staat, also der Staat selbst. Wenn dieses Resultat, das einzige gedenkbare und wuͤr- dige, welches sich aus dem ungeheuren Gewuͤhl der oͤkono- mischen Geschaͤfte ergibt, den Predigern der Sparsamkeit und Industrie allzu idealisch erscheinen sollte, so liegt dieß vorlaͤufig in ihrer Unfaͤhigkeit, es kriegerisch im Kampfe gegen das Gespenst der Consumtion, und gegen den Goͤtzen der Produktion zu erwerben, zu erobern; es liegt in ihrer sehr natuͤrlichen Ohnmacht, das Wesen der Produktion uͤber- haupt zu begreifen, in der Unnatur ihrer Stellung gegen die Welt wie gegen die Wissenschaften. Daß ihre Sparpfennige ihnen unter ihren Haͤnden zerfließen, ihre Waarenlager ihnen unter ihren Schloͤßern und Riegeln verderben, ohne dieses idealische Wesen, kurz die gewaltige Realitaͤt dessel- ben soll in diesem Buche offenbar werden. Wenn man, habe ich eben gesagt, alles Produkt zuerst als Gegenstand der Consumtion; dann aber auch dasselbige Produkt wieder als weiter Producirendes zu begreifen im Stande ist: dann hat man das eigentliche Wesen des Pro- dukts erkannt, eben so wie man in den Nachforschungen der Natur das Wesen des Lebendigen erkannt hat, und fortge- hend immer reiner erkannt, wenn man dasselbe Leben- dige sowohl als Lebenserscheinung, als auch als Todeser- scheinung aufzufassen — eben so wie man ferner das Wesen der Empfindung erkannt, so bald man sie gleich ruhig als Freudens- und als Schmerzenserscheinung anzuerkennen vermag. Man hat das Wesen der Empfindung erkannt, heißt, man hat eine uͤber Freude und Schmerz erhabene und beyde um- fassende Lust erkannt, die nun bey jedem neuen Conflict der Freude und des Schmerzens reiner und dauerhafter ausge- boren wird. Es ist die eigentliche Lust, die aus solchen wechselwirkenden Elementen entsteht, das eigentliche Leben, welches in solcher Naturforschung erkannt und erlebt wird; es ist das eigentliche Produkt, welches in solcher Wechsel- betrachtung des Verzehrens und des Erzeugens, vor unserer Seele entsteht. — Wenn auch der Einzelne von seiner Natur abgefallene Mensch immer von neuem wieder versuchen sollte, aus einem Zusammengeitzen der Lust und einem Vermeiden des Schmer- zes, die Lust selbst; aus einem Haͤufen der Lebenserscheinungen und einem Ausweichen der Todeserscheinung, das Leben; aus einer Verminderung der Consumtion und einer Vermehrung der Produktion, sein Produkt zu extrahiren — so wird doch die vollstaͤndige gesunde Natur, auch ohne es zu wissen oder nachweisen zu koͤnnen, an den Werth und an die Dauerhaf- tigkeit nur derjenigen Lust, desjenigen Lebens und eines solchen Produktes glauben, welche auf dem von mir nach- gewiesenen Wege entstanden sind. — Jedermann wird viel- leicht taͤglich die untergeordnete Lust, mit der aus Freude und Schmerz erzeugten hoͤheren Lust, das außer dem Tode gestellten Leben, mit dem uͤber den Tod erhabenen Leben, das gemeine Produkt mit dem hoͤheren unter allem Erzeugen und Verzehren sich entwickelnden Produkt verwechseln, aber glauben, Credit geben , wird er nur dem hoͤheren Pro- dukt, dem Produkte des Produkts, dem Leben des Lebens, der Lust in und uͤber der Lust. Wer nunmehr, meine ich, diese innere goͤttliche Ordnung aller Haushaltung anerkannt und ausgeuͤbt (und der Glaube daran ist schon Ausuͤbung) — dem mag man auch immerhin das aͤußere Ebenbild dieser Ordnung im augenscheinlichen und handgreiflichen Gange unserer irrdischen Haushaltung zeigen. Ein solcher wird, wenn ich ihm sage, wie im Anfang dieses Theoret. Theil F Kapitels, daß alle Produkte in einen weiter producirenden und in einen zur Consumtion bestimmten Theil, daß das producirte Korn in Wirthschafts- und in Saatkorn zerfalle, einsehen, daß diese Theile nur die augenblicklichen Bilder jener ewigen Elemente sind; er wird also deßhalb, weil ihm zur weiteren Produktion augenblicklich mehr uͤbrig bleibt, als die augenblickliche Consumtion hinweg nimmt, noch nicht glauben, daß er etwas gewonnen, sondern nur in wie fern die Wechselwirkung zwischen seiner Produktion und seiner Consumtion uͤberhaupt lebhafter wird, wird er an das Heil seiner Wirthschaft glauben — weil die augenblickliche Ordnung seiner Haushaltung nunmehr dem ewigen Gesetz aller Oeko- nomie mehr entspricht, weil das Resultat jener Wechselwir- kungen, ein steigendes Kraftgefuͤhl , mit dem hoͤhe- ren Resultate aller Wechselwirkungen uͤberhaupt, welches der Gegenstand alles seines Glaubens ist, uͤbereintrifft und sich daran schließt, sich dadurch verbuͤrgt. — Dieses Produkt aller Produkte in der kleinen wie in der großen Haushaltung, wie in der Ordnung der Weltgeschaͤfte selbst ist der Credit : die groͤßere Zuverlaͤßigkeit, die groͤ- ßere Sicherheit des oͤkonomischen Daseyns wird producirt, und mit ihr faͤllt uns die groͤßere Fuͤlle der Guͤter von selbst zu. Aber diese Fuͤlle der Guͤter an sich beweist nichts und befriedigt niemand: der Credit ist es, wornach, vornaͤhmlich jetzt, sich jedermann sehnt, er ist der nackte Sinn aller der vielfaͤltig verkleideten oͤkonomischen Klagen, die unsere Zeit vernehmen laͤßt. Wie aber entsteht der Irrthum, daß der Produktions- uͤberschuß eigentlicher Zweck aller Wirthschaft sey, aus dem sich dann der „heitere Lebensgenuß” des Grafen Soden , und „die ersehnten bessern Tage” des Professor Luͤder er- geben sollen? — daß alle diese Herrlichkeiten nur duͤrre Lebensfristung und uͤbrigens voͤllig wesenlos sind, habe ich schon erwiesen, aber es ist noch dem Irrenden die Moͤglich- keit seines Irrthums zu erweisen, wenn er gruͤndlich bekehrt werden soll. — Es ist denen, welche an die Wunder der Arbeitstheilung glauben, laͤngst bekannt, daß so lange jeder fuͤr sich produ- cirt, und das Producirte selbst consumirt, und nur produ- cirt, was er zu eigener Consumtion bedarf, die Wirthschaft selbst nicht fortschreitet. So bald sich die Arbeit theilt, so bald der Einzelne fuͤr die Consumtion der Uebrigen zu pro- duciren, und von ihrer Produktion zu consumiren anfaͤngt, so erweitert sich die Wirthschaft. Bis hierher ist in der Dar- stellung des Adam Smith ein richtiges Schema von Wechsel- wirkung, also koͤnnen wir auch so weit mit ihm einverstan- den seyn. Nun aber bleibt er bey dem groͤßeren Produkte, daß diese fortschreitende Wirthschaft nachher absetzt, stehen, und nimmt fuͤr ein Resultat, was doch nicht mehr als ein Symptom ist. Er muß zugeben, daß genau, wie das Pro- dukt waͤchst, sich auch der Markt, der Absatz, kurz die Con- sumtion erweitern muß, daß also nur, in wie fern man den Augenblick und den einzelnen Producenten betrachtet, ein scheinbarer Ueberschuß Staat finden kann, der aber wieder verschwindet, wenn man ihn in Beziehung auf den ganzen F 2 Umfang und die ganze Dauer der buͤrgerlichen Gesellschaft bringt. Der Irrthum liegt also zufoͤrderst darin, daß man das Verhaͤltniß der Privathaushaltung zur Staatshaushal- tung nicht versteht, und eine Erscheinung auf die National- oͤkonomie uͤbertraͤgt, die durch den Staat nur moͤglich, aber, wenn man den Staat dabey fortdauernd im Auge behaͤlt, auch unmittelbar wieder aufgehoben wird. Denn auch in der Privatoͤkonomie findet eigentlich kein Ueberschuß Statt: das uͤber die Consumtion Erworbene oder Ersparte, muß von der Gesellschaft consumit werden, oder in einer erweiterten Produktion des Erwerbers angelegt, das heißt: von dieser Produktion verzehrt werden; was diese erweiterte Produktion ergibt, eben sowohl als der dabey angewendete Ueberschuß muß weiter consumirt werden, und die umfassendste Produktion dieser Art waͤre vergeblich, wenn sie uͤber die Consumtion oder den Absatz oder das Beduͤrfniß hinausschritten. Also stoßen wir nirgends auf einen absoluten an sich selbst geltenden Ueberschuß, und so lange wir bey den aͤußeren Erscheinungen stehen bleiben, hat die gesammte Oekonomie gar kein Resultat. Die Lage der Sache aber aͤndert sich von Grund aus, wenn wir auf jenes innerliche, unsichtbare und dennoch hoͤchst vernehmliche Produkt Ruͤcksicht nehmen, welches durch alle Produktion hindurchlaͤuft, und sich unter allen Erzeugungen und unter allem Verzehren befestigt und waͤchst, wie der Baum unter bestaͤndiger Wiederkehr einer Zeit der Bluͤthe, der Frucht und der Entblaͤtterung: die buͤrgerliche Gesell- schaft, die anerkannte, der Glaube an sie, an die Sicherheit und Zuverlaͤßigkeit des gesammten Beyeinanderseyns und Mit- einanderwirkens, kurz der Credit . Der Irrthum eines bloß koͤrperlichen und handgreiflichen Ueberschusses bey Adam Smith und allen Theorien entsteht, und wird erklaͤrlich auf dieselbe Weise, wie der Irrthum des absoluten Privateigenthums, zu Folge meiner fruͤheren Aus- einandersetzung; naͤhmlich durch das Geld. Die Ueberschuͤsse der Produktion, werden auf Metall reducirt, und darin um- gesetzt; unter allen koͤrperlichen Waaren sind es die Metalle, deren Consumtion am langsamsten und unmerklichsten von Statten geht, und so sind sie es auch die am meisten den Wahn beguͤnstigen, als gebe es wirklich etwas von der Con- sumtion Eximirtes, weßhalb die Merkantilisten denn auch ihre Acquisition fuͤr den Hauptzweck aller Haushaltung hiel- ten: es scheint nun etwas uͤber die Consumtion Erhabenes, dem oͤkonomischen Tode Entzogenes vorhanden zu seyn, welches Capital genannt wird. Dennoch aber muß auch dieses Capital wieder angelegt werden, wenn die Welt es nicht selbst todtes Capital nennen soll: es kehrt also zur Consumtion zuruͤck, es kann also nur dadurch lebendig er- halten werden, daß es wieder verzehrt wird; wenn es dem Verzehren, das heißt: dem Tode abgegeitzt oder entzogen wuͤrde, so waͤre es erst dadurch recht todt. Aber, wirft man mir ein, das Capital verbleibt doch nun dem, der es angelegt hat. Was verbleibt? der Eigen- thuͤmer, wenn er es bey einem Einzelnen, oder bey einer Corporation, oder bey dem Staate, oder in der Erweiterung seines eigenen Gewerbes angelegt hat, erhaͤlt dafuͤr einen Credit bey der buͤrgerlichen Gesellschaft. Was er von seinen Einkuͤnften nicht selbst consumirt, muß immer wieder bey der buͤrgerlichen Gesellschaft angelegt, das heißt: von ihr consumirt werden. Es ergibt sich also fuͤr den Eigenthuͤmer nie und an keiner Stelle ein absoluter Ueberschuß, welcher Gegenstand des ausschließenden Privateigenthums fuͤr ihn werden koͤnnte: es ergibt sich fuͤr ihn nichts, als ein unsicht- bares aber immer festeres zuverlaͤßigeres Band an die buͤr- gerliche Gesellschaft. Anstatt des vermeintlichen Ueberschusses wird er nur tiefer und tiefer in die Haushaltung, und zu- gleich in die Gesetze der buͤrgerlichen Gesellschaft verwoben, und weil er in groͤßere Wechselwirkung mit dem Ganzen tritt, und den Credit des Ganzen mehr empfindet und deut- licher repraͤsentirt, als die Uebrigen — fuͤhlt er sich reicher, nennen wir ihn reicher als die Uebrigen. Dem aufmerksamen Leser kann es unmoͤglich entgangen seyn, daß wir, indem durch das Bisherige der Wahn eines absoluten handgreiflichen Ueberschusses der Produktion uͤber die Consumtion, des Ertrages uͤber den Aufwand zerstoͤrt worden, zugleich in einer ganz andern Manier, als es in einem fruͤheren Kapitel geschehen, die Unmoͤglichkeit eines absoluten Privateigenthums erwiesen haben: denn nur das der Consumtion der buͤrgerlichen Gesellschaft oder ihrem Mit- genuß Entzogene; das in dem Staat, in der Gemeinschaft mit den Uebrigen Erworbene, hernach aber aus dem Staat Herausgestellte, waͤre wahrhaftiges Object des absoluten und ausschließenden Privateigenthums. Da aber, wie hinreichend erwiesen, was aus der großen Wechselwirkung der Produktion und der Consumtion (oder des lebenserzeugenden Todes und zum Tode strebenden Lebens) innerhalb des Staates, heraus- tritt, nunmehr und deßhalb fuͤr voͤllig und absolut todt zu achten ist, so kann erstens die gesammte Haushaltung keinen anderen und geringeren Zweck haben, als den Nationalcredit oder den Glauben an den Staat, und zweytens kann kein absolut abgesondertes Privateigenthum Statt finden. Der Einzelne kann nur Eigenthuͤmer seyn, in wie fern er selbst wieder mit allem was zu ihm gehoͤrt, Eigenthum des Staats ist, besitzt nur, in wie fern er selbst wieder be- sessen wird, und wird also genau auf dieselbe Weise wieder besessen vom Staate, als in der er selbst sein Vermoͤgen be- sitzt. Besitzt er also dieß Vermoͤgen auf natuͤrliche und ge- rechte Art, als Feod, als ein Credit, das die buͤrgerliche Gesellschaft an ihm hat, so wird er es an einem innern Kraftgefuͤhle, an einem Selbstbewußtseyn seines Reichthums, an dem Vertrauen, an der Sicherheit, die sich in ihm fest- setzen, merken, daß die buͤrgerliche Gesellschaft auch ihm ein gleichgeltendes Credit zugesteht, daß sie seine wirkliche und solvente Schuldnerinn ist in hoͤheren Dingen, als die ihm jemahls wirklich und handgreiflich ausgezahlt werden koͤnn- ten, daß sie auch ihn wieder als Feod besitzt, das heißt: mit der Schonung und Milde, die ein auf hoͤherem Glauben, anvertrautes Gut verdient. Achtes Kapitel. Von der Welthaushaltung und den edeln Metallen. W enn also die Guͤter des Lebens an und fuͤr sich nichts sind, wenn sie nur durch einen gewissen symbolischen Gebrauch Etwas werden, wenn eine bestimmte oͤkonomische Thaͤtigkeit deßwegen, weil sie das handgreifliche Produkt der Oekono- misten oder des Adam Smith veranlaßt, noch nicht produktiv zu heißen verdient, wenn erst durch die Richtung der Kraft, das heißt: durch das Verhaͤltniß dieser Richtung zu allen uͤbrigen Kraͤften und dem gemeinschaftlichen Vereinigungs- punct, oder dem Staat, ein bestimmter und realer oͤkono- mischer Werth entsteht — so wird man mir einwerfen, es gaͤbe de facto mehrere solche Vereinigungspuncte der oͤkono- mischen Kraft, oder Staaten, oder Staatshaushaltungen an der Oberflaͤche der Erde; ja man koͤnnte sich darauf be- rufen, daß ich an einem andern Orte Elemente der Staatskunst. I. Theil. selbst behauptet haͤtte, der Staat damit er zu einer vollstaͤndigen und abge- schlossenen Selbsterkenntniß gelangen koͤnnte, beduͤrfe seines Gleichen so gut als der einzelne Mensch; es muͤsse demnach mehrere, ihrer selbst bewußte Staaten geben, wenn es uͤber- haupt Einen solchen geben solle: aus dieser Mehrheit der Staaten folge nunmehr, daß der einzelne Staat sich un- moͤglich bey einem solchen in ihm selbst ruhenden Credite, bey einem solchen bloßen Glauben an sich selbst beruhigen koͤnnte, als, meiner Darstellung nach, das Resultat der ge- sammten Staatshaushaltung sey; es muͤsse doch, bloß um die Unkosten der sehr beschwerlichen Nachbarschaft anderer Staaten zu decken, sich aus der innern Haushaltung ein Ueberschuß ergeben, der, wenn man sich ihn auch nur unter dem Bilde solcher auf der ganzen bewohnten Erde geltenden Waaren, wie die edeln Metalle und das Eisen, denke, den- noch den gesammten inneren Staatscredit erst vollstaͤndig verbuͤrge. Wenn ich ihn nicht vollstaͤndig zu widerlegen im Stande waͤre, so wuͤrde ich keinen Einwurf ehren wie diesen; denn mir sind die regierenden praktischen Merkantilisten, welche wenigstens uͤberall die Nothwendigkeit eines besonderen Staa- tes unter den Staaten dadurch anerkennen, daß sie seine Besonderheit, seine eigenthuͤmliche Existenz, wie es allein moͤglich ist, durch etwas Allgemeinguͤltiges, und sollte es auch nur das Metallgeld seyn, vor allen Dingen garantiren zu muͤssen glauben, unendlich ehrwuͤrdiger, und sie erscheinen mir ohne Vergleich natuͤrlicher und gerechter, als die theore- tischen Oekonomisten und Industriephilosophen, die sich vom Gelde emancipiren wollen, dafuͤr aber auch das im Gelde liegende große gesellschaftliche Verpflichtungs- oder Glaubens- band fahren lassen, und um die Profite der buͤrgerlichen Gesellschaft recht sicher zu gewinnen, alle Schranken, sogar die Schranke, welche den Staat von seinem Nachbarstaat trennt, einreissen, und sich dafuͤr allen Winden und Stroͤ- mungen des Welthandels, und aller Sklaverey des Universal- staates preis geben. Weit davon entfernt meine Untersuchungen der Staatswirth- schaft mit der modischen Geldverfolgung anzufangen, habe ich vielmehr einstweilen die vorhandenen Vorstellungen vom Gelde, und sogar die Vorliebe fuͤr das Metallgeld noch fortwalten lassen, ohne sie einer Kritik zu unterwerfen, bis meine Argu- mentation stark genug geworden seyn wird, um alle Unwe- sentlichkeiten, daran haftenden Vorurtheile und Mißbraͤuche abzuschuͤtteln, und dennoch die Kette der Gesellschaft, welche sich in diesen abgoͤttischen Zeiten ganz in das Geld zuruͤck- gezogen und verborgen hat, mit starkem Arme festzuhalten. — Jetzt sind wir so weit gediehen, und die naͤhere Erwaͤgung des Verhaͤltnisses der Haushaltung des einzelnen Staates zur Welthaushaltung, biethet uns dazu die beste Gelegen- heit dar. Es sollte eine Welthaushaltung, eine große oͤkonomische Gemeinschaft der Staaten dieser Erde geben, denn es ist ihnen ein Glauben dargebothen worden an ihre Gemeinschaft unter einander, und es ist in Folge dieses Glaubens eine Erkenntniß solcher Gemeinschaft moͤglich geworden, in der sich jeder Nationalglaube seinem ganzen wesentlichen Gehalte nach wieder finden wird — wieder finden muß: denn alle die großen Verhaͤltnisse der Gegenseitigkeit und Wechselwir- kung, aus denen allein, wie ich hinlaͤnglich gezeigt, ein Nationalglaube, ein Nationalcredit, das heißt: ein realer Staat, hervorgehen kann, und die das Alterthum bis auf Rom hinab nicht gekannt, weßhalb es sich dann, statt des Nationalglaubens, mit dem Wahne des Privateigenthums, allerhand irrdischer Ueberschuͤsse, „heitern Lebensgenusses” und der „Sehnsucht nach bessern Tagen”, hat begnuͤgen muͤssen — sind erst aus der Idee der Menschheit als einer großen Familie, aus der Idee ihres Wohnplatzes, als eines großen Vaterhauses hergefloßen. So lange jedes einzelne Volk noch seinen besondern Guͤ- tern und Goͤttern nachging, war es wohl vergeblich, sie un- ter einander verbinden zu wollen: wo wir im Alterthum ein- zelne kleine Voͤlkerschaften und Staͤmme unter einander im Bunde finden, da zeigen sich reinere Nationalvorstellungen von den goͤttlichen Dingen, als die einzigen Gewaͤhrleisterin- nen solchen Bundes; auch wuͤrden wir demjenigen alles histo- rische Urtheil unbedingt absprechen, der die Vergaͤnglichkeit solcher Buͤndnisse aus irgend einer gemeineren Ursache hin- leiten wollte, als aus der Beschraͤnktheit und Unzulaͤnglichkeit der religioͤsen Vorstellungen, welche den Bund verbuͤrgten. Vor allen Dingen zerfielen sie, weil das den Bund beschir- mende Goͤttliche, wie ein ausschließendes und absolutes Privateigenthum einer solchen Gemeinschaft angesehen wurde. Die christliche Religion zerstoͤrte diesen verderblichsten Wahn von einem ausschließenden Privateigenthume des hoͤch- sten Gutes, und so mußten alle geringeren Guͤter der Erde die Wohlthat dieser Befreyung theilen. Sie zerstoͤrte den Wahn des Privateigenthums, aber nicht etwa Eigenthum und Eigenthuͤmliches uͤberhaupt: vielmehr erhaͤlt nun erst das hoͤchste Gut, erhalten nun erst mit ihm alle geringeren Guͤter eine bestimmte unveraͤnderliche kanonische Form, naͤhm- lich einen bleibenden Zusammenhang; das Gesetz der Haus- haltung wird nun erst recht maͤchtig, da es auf der Idee der wahren Freyheit begruͤndet wird; die Richtung aller Guͤter auf das mittlere hoͤchste Gut bestimmt nun ihren Werth; die Bereitschaft jedes bestimmte Gut dem gerechten Verhaͤltnisse zu den uͤbrigen Guͤtern unterzuordnen, und es fuͤr das hoͤchste Gut freudig aufzuopfern, erzeugt Sicherheit und Vertrauen, somit das Gefuͤhl eines hoͤheren Eigenthums; die Gewohnheit uͤber den Schein der Consumtion und der Vergaͤnglichkeit, uͤber ein allgegenwaͤrtiges Bild des Todes muthig hinweg zu steigen zu den Erzeugnissen des wesent- lichen Lebens, befestigt das Daseyn des Einzelnen in einer unendlich großen Gemeinschaft, in einer hoͤheren Ordnung der Dinge. Wir sehen im Mittelalter, nicht etwa nach Maaßgabe des Planes irgend eines Gesetzgebers, oder einzelnen Exekuto- ren des nunmehr kundgewordenen goͤttlichen und allernatuͤr- lichsten Willens, sondern vielmehr durch ein wahrhaft repub- likanisches Zusammenwirken der Glaͤubigen, an tausend Stel- len, und unter den verschiedenartigsten Formen, Sitten und Sprachen, diese ganz neue und lebendige Ordnung der Dinge sich ausbilden: ich moͤchte sagen, wir sehen das Wort zum Fleische auch der Staaten werden. Die Verhaͤltnisse des Einzelnen zu seinem Besitze, des Buͤrgers zum Mitbuͤrger, des Individuums zu der Corporation oder Gemeinde, der Gemeinde zum Staate, des Staates wieder zum Einzelnen, aber auch des Staates zu seinem Nachbarstaate ordnen sich nach dem heiligen Gesetze der Gegenseitigkeit: es ist, als kehrte, was bisher willkuͤhrlich durch einander und ausein- ander schweifte, nunmehr ruhig in sich selbst zuruͤck; als haͤtte jeder nunmehr in sich selbst gefunden, was bisher unstaͤt in der aͤußeren Welt gesucht worden; und als waͤre das, lange Jahrhunderte hindurch, entfernt Geglaubte un- vermuthet in der freundlichsten Naͤhe entdeckt. Das Resultat der Verhaͤltnisse aller verschiedenen politischen Thaͤtigkeiten un- ter einander, ist nun nicht mehr ein Ueberschuß von handgreif- licher Massenkraft und von ausschließendem Eigenthum, und von ausschließenden Goͤttern und Guͤtern, sondern vielmehr derselbige Glaube, unter dessen Einfluß sich alle jene Ver- haͤltnisse besser und fruchtbarer angeordnet. Was einzelne Staaten einander abgewinnen, der Ueber- schuß ihres Erwerbes hat nur Werth, in wie fern die große Gemeinschaft der Staaten es wieder consumirt; also aus- schließend Eigenthuͤmliches, etwas unabhaͤngig von dem Leben der uͤbrigen Staaten Bestehendes hat auch der Staat nicht. Auch von den großen Werthen, welche das Gesammtstreben jedes einzelnen Staates bildet, gilt was von den kleinen Werthen, die das Gesammtstreben jeder einzelnen Haushal- tung im Staate erzeugt: auch diese großen Werthe gelten nur durch ihre Richtung auf einen gemeinsamen Mittelpunct unter den Staaten. Sie muͤssen sich unter einander nach demselben Gesetze der Kugel ordnen, das, wie oben erwie- sen, ein dauerhaftes Nebeneinanderbestehen der einzelnen menschlichen Kraͤfte erst moͤglich machte. Alle sollen in Bezie- hung und Wechselwirkung stehen mit Allen; jeder Einzelne soll fuͤr alle uͤbrigen leben und arbeiten, alle uͤbrigen sollen wieder das Daseyn des Einzelnen verbuͤrgen; die Gegenwart soll fuͤr alle folgenden Geschlechter sorgen, wie die vorange- gangenen Geschlechter fuͤr die Gegenwart gesorgt. — Wie ließe sich dieses große Problem der buͤrgerlichen Gesellschaft sowohl durch den Gedanken, als durch die That loͤsen, wenn kein Mittelpunct, kein mittelstes Gut, kein Mittler zwischen allen Geschlechtern, Voͤlkern und Einzelnen, zwischen Vor- zeit, Zukunft und Gegenwart sich angekuͤndigt haͤtte. Wenn nun schon das Centrum, darum sich die einzelne einfache Haushaltung bewegt, und wornach sie strebt, kein Privateigenthum, kein handgreifliches sondern nur ein un- sichtbares, bloß empfundenes Wesen seyn kann, das durch den Hausvater nur repraͤsentirt wird; wenn der Mittelpunct des Staates noch weniger ein ausschließendes Nationaleigen- thum, ein von der Gesammtheit erworbener Ueberschuß von Massenkraft seyn kann, wenn nur der Nationalcredit selbst sich dazu eignet, und um diesen den Sinnen darzustellen, wir eine ewige regierende Person vermittelst der Erbfolge und der Primogenitur, oder einer immer von neuem sich re- producirenden Rathsversammlung kuͤnstlich construiren muͤssen: um so viel weniger koͤnnte der Mittelpunct des Staatenver- eines von einer vergaͤnglichen handgreiflichen Sache, von einem Universalmonarchen oder einem Voͤlkerrathe dargestellt werden. Hier gibt es weiter keine Repraͤsentation; hier muß der Glaube an den Mittelpunct, an die unendliche Vermittelung ( mediation ) oder an den Mittler, selbst zum Mittelpuncte werden. Hier muß Gott selbst seiner Menschheit unmittelbar zu Huͤlfe kommen, denn die irrdischen Huͤlfsmit- tel der Repraͤsentation reichen hier nicht mehr aus. Wenn aber durch wirkliche Offenbarung dieses Mittelste gegeben ist, ein fuͤr allemahl, und die Wesentlichkeiten der menschlichen Natur, unter allen Formen und fuͤr alle Zeiten umfassend, dem reichsten Verhaͤltniß wie dem aͤrmsten an- gemessen, dem Einzelnen und Allen, wie auch dem Zusam- menhange aller vollstaͤndig genuͤgend — so ist nunmehr nicht bloß eine Staats-, sondern auch eine Welthaushaltung moͤg- lich. Alle kriegerischen und verzehrenden Elemente, und alle friedlichen, erzeugenden dieses großen Gesammtlebens, die Weltproduktion und die Weltconsumtion, koͤnnen sich unter Vermittelung jenes Geoffenbarten zu einem hoͤheren, uͤber den Schein des Lebens wie des Todes erhabenen und beyde umfassenden Leben verbinden. Der Glaube, der Stifter die- ser unendlichen Gemeinschaft, wird nunmehr auch zum ein- zigen Resultat derselben; der Vater in diesem großen Hause ist zugleich der Sohn, das Erzeugte zugleich das Erzeugende in dieser Haushaltung; der Priester zugleich das Opfer in diesem Heiligthum. Es koͤnnte also eine Welthaushaltung geben, sage ich; die Elemente dazu sind in den Menschen und in den Staaten vor- handen, und die ewige Ordnung, das unvergaͤngliche Gesetz ihrer Vereinigung ist gegeben. — Statt dieser Welthaushal- tung aber zeigen sich die Elemente derselben abgesondert, entbunden von den wohlthaͤtigen Schranken des Lebens, als elementarische Gewalten, als Weltkrieg und Welthandel im Zwiespalt, und das Geschlecht der Menschen, das durch ihre gegenseitige Durchdringung begluͤckt werden sollte, ihnen zur Beute gegeben; waͤhrend der friedenstiftende Glaube, dem die Weltherrschaft gebuͤhrt, arm und verkannt und ver- bannt, ohne bleibende Staͤtte umherirrt. Aber wie ein und dasselbe Gesetz die groͤßte wie die kleinste Haushaltung ordnet, so zeigt sich auch uͤberall in der kleinsten wie in der groͤßten Haushaltung die Versaͤumniß des Gesetzes, unter derselben Gestalt und mit denselben Symp- tomen: in der kleinsten Privathaushaltung ein geheimer Krieg Aller gegen Alle einerseits, und ein kalter Handels- verkehr mit den rohen Beduͤrfnissen des aͤußeren Lebens an- dererseits; und so bildet sich denn jene vorgeblich cosmopoli- tische Denkungsart, wo man einerseits alle aͤußeren Schran- ken durchbrechen will, damit dieser kleine Kram sich nur un- gebunden an den Universalkram des Welthandels anschließen koͤnne, waͤhrend andererseits die innere Feindseligkeit der Ge- muͤther recht cosmopolitisch uͤbertritt, in den großen Welt- krieg Aller gegen Alle, der die traurigen Bande, die der Han- del geknuͤpft hat, wieder zerstoͤrt, so, daß das gesammte Ge- schlecht nur wieder eingefangen werden muß in Ketten und Mauern (anstatt der umgestuͤrzten Schranken), damit wenig- stens sein Daseyn gefristet werde. Da wo das Auge die Welthaushaltung, das Weltgesetz in seinen ganz großen Zuͤgen sucht; im Voͤlkerverkehr, wo kein irrdischer Arm das Gesetz mehr aufrecht erhalten kann, und wo es sich selbst durch sein unendliches Mittlerthum behaupten muß — zeigen sich Massen des Todes, uͤberein- ander gehaͤufte Bilder des Untergangs, und wie jene un- gluͤcklichen Naturforscher, die den Tod nicht zu besiegen wuß- ten, also die Lebenserscheinungen zusammen draͤngten, um das immer mehr entweichende Leben zu greifen und zu fassen, so irren die Vereinzelten, aus dem Zusammenhang ihrer Geschaͤfte herausgerissenen Menschen umher; ohne Rath gegen den Untergang, halten sie sich an den einzelnen Planken des zerscheiterten Lebens; sammeln und haͤufen die einzelnen Guͤ- ter, die vom Geiste der Gesellschaft entbloͤßt, also werthlos geworden sind; streben also vor allen Dingen nach jener Waare die an Expansion und Contraktion, an Beweglichkeit und Dauerhaftigkeit, dem hoͤheren Gute, welches sie verloren haben, am aͤhnlichsten ist, naͤhmlich dem edeln Metalle. Sie suchen Surrogate nicht bloß fuͤr den verlornen Ver- kehr mit dem Indien , sondern auch fuͤr den verlornen natuͤr- lichen Verkehr unter einander, und sehr schicklich faͤllt ihre Wahl auf die edeln Metalle. Denn die edeln Metalle haben unter allen Waaren den groͤßten kosmopolitischen Charakter, koͤnnen ferner am schaͤrfsten in die verlangten Theile abge- sondert und auseinander gesetzt werden, ihre Substanz endlich ist in allen Formen und Portionen die gleichfoͤrmigste: so entsprechen sie sehr genau den drey Haupttendenzen dieses zersprengten Geschlechts: nach dem schrankenlosen Universum der allgemeinen Concurrenz, nach dem streng abgesonderten und auseinander gesetzten Privateigenthum, und nach einem bloßen Zahlen-, Summen- und Massenleben. Theoret. Theil G Da also alle hoͤheren Ruͤcksichten fuͤr die Werthbestim- mung der Dinge verschwunden, da in diesem Chaos durch- einander schweifender oͤkonomischer Atome von einer Richtung, von einem lebendigen Verhaͤltniß der oͤkonomischen Kraft nicht weiter die Rede seyn kann, so gibt es nur augenblickliche Bestimmungen gewisser Scheinwerthe, oder Preise , deren Schwanken und unverhaͤltnißmaͤßiges Steigen schon dar- thut, daß sie mit dem natuͤrlichen Gange der oͤkonomischen Geschaͤfte nichts zu schaffen haben, sondern daß sie von der ungewissen Ebbe und Fluth eines eingebildeten Weltmarkts abhangen. Denn, daß zu aller Werthbestimmung ein Mittelpunct gehoͤre, kann der Instinkt selbst nicht verlaͤugnen, wenn auch die Einsicht in das Centrum aller Mittelpuncte und aller Kraftrichtungen laͤngst verloren waͤre: man imaginirt sich einen Mittelpunct, und sollte er auch wie der sogenannte Weltmarkt uͤberall und nirgends seyn. Die Metalle sollte es scheinen, muͤßten in diesem Zustande der Dinge, da sie mit der Neigung aller Kraͤfte so genau zusammenhaͤngen, in einer unendlich beschleunigten Progression kostbarer werden, auch klagt das ganze Geschlecht wie mit einem Munde uͤber ihren Mangel; aber so gerecht, so sym- metrisch offenbart sich die Natur, der nunmehr allein das Regi- ment uͤberlassen worden, auch in den Krankheiten der buͤrger- lichen Gesellschaft: die einzelnen Nothwendigkeiten des augen- blicklichen Lebens, werden, da die gegenseitige persoͤnliche Huͤlfe mehr und mehr nachlaͤßt, noch viel dringender als die Noth- wendigkeit sich in den Besitz des hoͤchsten Gutes dieser Zeit, naͤhmlich der edeln Metalle, zu setzen; die Preise der Waaren steigen in noch viel beschleunigteren Verhaͤltnissen, als die Preise der Metalle. Von den dermahligen Zustaͤnden des Preises der Dinge hat man uͤberhaupt ganz falsche Vorstellungen. Es scheint zwar, als stehen Waaren und Geld mit einander nur im umgekehr- ten Verhaͤltnisse, und so muͤßten dann in der gegenwaͤrtigen Lage der Dinge die Preise der Metalle fallen, weil die Preise der uͤbrigen Waaren steigen. Aber ich sage die Preise der Metalle steigen auch, und zwar fortgesetzt, nur werden sie von den Preisen der Waaren eben so fortgesetzt uͤberstiegen. Sie steigen beyde, naͤhmlich mit Beziehung auf ein anderes nicht zu versaͤumendes Wesen, welches sinkt. Metall und Waare stehen unter einander in einer Art von Wechselverhaͤltniß (umgekehrten Verhaͤltniß) nur in einem untergeordenten: Dieses Verhaͤltniß eben weil es ein bloßes Zahlenverhaͤltniß ist, steht selbst wieder in einem hoͤheren Verhaͤltniß zu den (geometrischen) gesellschaftlichen Richtungen der Kraft . Das Verhaͤltniß der Waaren zu dem gemeinen Gelde wird ausgedruͤckt durch eine Zahl, und diese Zahl nennen wir den Preis , das geometrische Verhaͤltniß der Kraftrichtung zu ihrem Vereinigungspunct haben wir den Werth genannt, der eigentlich, wie oben gezeigt, nur durch eine Figur, durch die Kugel ausgedruͤckt werden kann, und nur subsidiarisch durch eine Zahl bezeichnet wird. Der große Wagebalken, woran der Staatsmann und der Staatsgelehrte darauf zu achten G 2 haben, daß das Zuͤnglein wohl einstehe, ist also nicht das Verhaͤltniß, Geld und Waare, vielmehr ist dieses ganze Ver- haͤltniß mit seinen beyden Gliedern nur der eine Arm des Wagebalkens: der andere Arm ist das Verhaͤltniß, ist die oͤko- nomische Richtung zum Mittelpunct; dieß ist der Arm, welcher das Gewicht traͤgt, das heißt: den Werth . Das allgemeine und unverhaͤltnißmaͤßige Steigen der Preise an dem einen Arme des Wagebalkens beweist, wie es auch wirklich der Fall ist, daß der andere Arm desselben, der die Werthe traͤgt, sinkt. — Das ist der eigentliche Sinn der gegruͤndeten Klage uͤber die Preissteigerung aller Dinge, und darum haben, so lange die Theorie das Verhaͤltniß Geld und Waare allein betrachtete, die Perioden der Zufluͤsse aus den Minen, waͤhrend der drey letzten Jahrhunderte, niemahls, auch wenn man dem neuen Verhaͤltnisse Zeit gab, sich zu ent- wickeln, mit den Perioden der erheblichsten Preissteigerungen uͤbereintreffen wollen. Waͤhrend dieser letzten drey Jahrhun- derte aber ist die oͤkonomische Richtung der Kraͤfte von jedem folgenden Geschlechte, das durch immer groͤßere Massen von Produkten geblendet wurde, immer mehr hintan gesetzt wor- den, darum sind die Preise der Dinge so vernehmlich gestie- gen, und die Werthe so vernehmlich gesunken. — Das Bild von der Wage druͤckt die Sache sehr wohl aus; das Steigen druͤckt ein Ungenuͤgen, ein zu leicht erfunden werden, und das ist auch die eigentliche Bedeutung aller allgemeinen und empfindlichen Preissteigerung. Weil das Verhaͤltniß des gemeinen Geldes zu den Waa- ren, oder der Preis, an und fuͤr sich nichts Bestimmtes ist, so ist auch der Markt an und fuͤr sich, so ist der Weltmarkt ein voͤllig unbestimmtes Wesen. So bald aber das Verhaͤltniß der Richtungen unter einander, und zum Mittelpunct an der groͤßten wie an der kleinsten Stelle mit in Betracht kommt, so bald die Preise und die Werthe einander reguliren, dann entstehen wirkliche Haushaltungen, die sich unter einander in lebendigen Zusammenhang setzen, und zuletzt die große be- stimmte Welthaushaltung bilden, die auf jedes einzelne Haus- wesen so segensreich, als der eingebildete Weltmarkt verderb- lich zuruͤckwirkt. Die letzte und hoͤchste Bedingung dieses geordneten Zustandes wird aber allezeit seyn, daß ein unzer- stoͤrbarer Weltglaube, das heißt: ein goͤttlicher Vermittler aller irrdischen Geschaͤfte da sey. Also auch mit Ruͤcksicht auf sein Verhaͤltniß zu anderen Staaten, ist es nicht ein Ueberschuß in der Masse der Pro- duktion, der die Gesammtexistenz des Staates an seinem Orte verbuͤrgt. Die Nationaloͤkonomie wird allerdings solchen Ueberschuß abwerfen, aber dieser wird nie absolute, und an sich fuͤr ein Mittel der Behauptung im Staatenvereine ange- sehen werden koͤnnen. Dieser Ueberschuß wird entweder zur Bewaffnung und zu Vorbereitungen der Vertheidigung angewendet, und in so fern ist es gar kein Ueberschuß; er ist ein bloßes Werkzeug, das der Staat kraft seiner Ganzheit und der Nachbarschaft anderer Staaten so nothwendig gebr au cht, um sich fortdau- ernd in ein productives Verhaͤltniß zu ihnen zu setzen, um sie mit sich im wechselwirkenden Streben nach dem gemein- schaftlichen Mittelpunct des ganzen Staatenvereines zu erhalten, als der Handwerker mancherley Werkgeraͤth braucht, um mit seinem geliebten Materiale ein Produkt zu gewinnen, welches gegen den mittelsten Staatszweck hin in unendlicher Annaͤherung begriffen ist. Wie bey dem unscheinbarsten Hand- werk eine kunstreiche, halb zwingende, halb reitzende Behand- lung des Arbeiters dazu gehoͤrt, um seine Produktivitaͤt zu behaupten, so muß eine gleichfalls halb zwingende, halb reitzende, halb militaͤrische, halb diplomatisch- merkantilische Behandlung der Nachbarstaaten es ausweisen, ob sich der Staat bey seinem produktiven Leben und bey seiner Ganzheit behauptet. Wird jener Ueberschuß im auswaͤrtigen Handelsverkehr aufgewendet, und werden dafuͤr im Auslande Aequivalente in Waaren eingetauscht, so muß innerhalb unsers Staates ein Beduͤrfniß nach diesen eingetauschten Objecten Statt gefun- den haben; unsere Consumtion ist also nicht durch die Pro- duktion gedeckt gewesen, und der Ueberschuß war nur schein- bar. Haben wir edle Metalle oder Geld dafuͤr eingetauscht, so muß, wenn das Geld seinen Werth behalten soll, entweder die innere Consumtion schon darauf warten, oder sie muß der Waaren beduͤrfen, die in anderen Gegenden des Auslandes fuͤr das Geld eingetauscht werden; in beyden Faͤllen ist der Ueberschuß gleichfalls nur scheinbar gewesen. Dasselbe gilt dann auch von den Waaren, die zur Reexportation einge- fuͤhrt werden. Was also der Staat im Ganzen werth sey, offenbart sich nicht in Massenuͤberschuͤssen, sondern in der Richtung sei- ner Gesammtkraft auf den ewigen Mittelpunct des Glaubens, der das ganze oͤkonomische Geschaͤft dieser Erde in seinen Fugen erhaͤlt; und, um dieses Mittelpuncts Willen, in dem gerechten und schoͤnen Verhaͤltniß seiner Kraftrichtung zu den Kraftrichtungen der uͤbrigen Staaten. So wie nun eine einzelne Linie durch eine nach ihr hin convergirende andere Linie erst zur bestimmten Linie wird, so bedeutet auch die Kraftrichtung eines einzelnen Staates an und fuͤr sich allein noch nichts; sie muß erst durch eine zweyte convergirende Kraftrichtung eines anderes Staates eine bestimmte Bedeutung, einen bestimmten Werth erhalten. So wenig der einzelne Arbeiter im Staate sich des wech- selwirkenden Entgegenkommens der Arbeit seines Nachbars uͤberheben kann; so gewiß durch die convergirende Richtung der Arbeit dieses Nachbars erst die eigene Arbeit Werth er- haͤlt, und die groͤßten Ueberschuͤße, wenn sie moͤglich waͤren, der Arbeiter sich aber isolirte, und aus dem Verhaͤltniß der nachbarlichen Kraftrichtungen heraustraͤte, voͤllig werthlos werden muͤßten — so gewiß kann der Schein von Kraftuͤber- schuͤßen eines einzelnen isolirten Staates den Kenner uͤber seinen wahren Werth nicht taͤuschen. Erst in der Richtung gegen die Kraftrichtungen der Nachbarn, muß sich der Werth der Nationalmacht eines Staates ergeben. Also erst muß der Staat das ganze reale Streben seiner Nachbarstaaten mit gerechter Nachgiebigkeit statuiren und beguͤnstigen, er muß seine Nebenstaaten als seines Gleichen um des Glaubens, um des Staatenvereins, um der Christenheit Willen (welche die einzig gedenkbare Form eines solchen Staatenvereines ist) frey anerkennen, wenn ihm selbst und allem, was er enthaͤlt, und was seinen untergeordneten Werth wieder von dem Werthe des Staates ableitet, ein solcher Werth zugeschrieben werden soll. — So haͤtte sich denn nun die Sache sonderbar gewendet: der aus der Mehrheit der Staaten hergenommene Einwurf gegen meine Ansicht der Haushaltung waͤre dadurch wider- legt, daß ich gezeigt habe, wie diese ganze Ansicht nur bey der Mehrheit der Staaten, und durch die Idee einer Welt- haushaltung bestehen koͤnne. Neuntes Kapitel. Vom Beduͤrfniß . D as, was wir in unserer bisherigen Darstellung Consumtion genannt haben, und was zur Produktion in demselben Ver- haͤltniß steht, wie der Tod zu Geburt, erscheint, wenn wir von der Produktion absehn, als Lebensgenuß; und in wiefern wir uns die Consumtion als den Antreiber aller Produktion denken, so nennen wir sie Beduͤrfniß . Wenn aber die Pro- duktion vom Beduͤrfniß regiert wird — befruchtet wird, moͤchte ich sagen—und sie auch nichts anderes erzeugen soll, als etwas bestimmt Verlangtes, Begehrtes, ein Beduͤrfniß, im objec- tiven Sinne des Wortes, so versteht es sich wohl von selbst, daß es der Staatswirth nie und nirgends mit der Produktion an sich zu thun haben kann, sondern immer nur mit dem Verhaͤltniß der Produktion zum Beduͤrfniß oder mit der Pro- duktion inwiefern diese durch das Beduͤrfniß eine bestimmte Richtung erhalten hat. Alle einzelnen Beduͤrfnisse lassen sich, wie ich schon oben gezeigt, auf ein einziges Hauptbeduͤrfniß reduciren: der Mensch will sich vervollstaͤndigen, verewigen; er will sich uͤber die ei- gene Gebrechlichkeit, Unvollstaͤndigkeit, Vergaͤnglichkeit zur Gesundheit, Fuͤlle und Dauerhaftigkeit des ganzen Geschlechtes erheben, in welchem er lebt, sich selbst erkannt hat, seiner selbst bewußt worden ist; darum bedarf er der Speise und des Trankes, er bedarf seines Gleichen, er bedarf der Personen entgegengesetzten Geschlechts, er bedarf des Staates, ja er be- darf des Staatenvereines in einem weltumfassenden Glauben d. h. der Kirche. Kurz, er bedarf Homogenes und Heterogenes. Wollte er die ganze Welt als Homogenes sich aneignen, verspeisen, sich als Privateigenthum unterwerfen, so waͤre dieß freylich, falls es gelingen koͤnnte, ein Weg der Vervollstaͤndigung: die Fuͤlle des Raums wuͤrde er sich aneignen, aber die Zeit, welche er versaͤumt haͤtte, wuͤrde sich an ihn raͤchen; das eben so leb- hafte Verlangen nach Dauer und Ewigkeit bliebe nicht bloß unbefriedigt: je mehr er sich durch die Eroberung des Raumes an Umfang erweiterte, je mehr (wenn ich mich so ausdruͤcken darf) Vergaͤnglichkeiten er sich aneignete, in so viel Bildern mehr saͤhe er den Untergang der einzelnen Dinge vor Augen, um so mehr haͤtte er sein Daseyn verkuͤrzt. Anstatt sich an ein dauerhafteres Ganze anzuschließen, und seine Vergaͤnglichkeit durch die Ewigkeit dieses Ganzen aufzuheben, haͤtte er es un- ternommen, die Bestandtheile dieses Ganzen in die Sphaͤre seiner Vergaͤnglichkeit hinuͤberzureißen. Um die Welt zu erobern, muß er sie vereinzeln, in ihre Bestandtheile zerlegen; er muß sie theilen, um sie zu besitzen ( divide et impera ); er muß ihre Ganzheit aufheben, um sie ausschließend zu beherrschen; sie gewaͤhrt ihm also auf die- sem Wege gerade das nicht, was er verlangt und bedarf. Nichts destoweniger kann dieses Beduͤrfniß der Fuͤlle, und dieser Drang nach der Ewigkeit befriedigt werden; es gibt nur einen Weg dazu, der zugleich der allernatuͤrlichste ist, der aber fruͤh verloren gegangen, und nur durch ein goͤttliches Licht hat wieder gefunden werden koͤnnen, und von den Weisen der Erde doch wieder vergessen worden ist. Er heißt: Liebe Gott uͤber alles und deinen Naͤchsten als dich selbst und um dieß hoͤchst dunkle und mystische Wort den Philosophen und Oekonomen dieser Tage zu uͤbersetzen: Erfuͤlle dich ganz von der innersten Eigenheit deiner Natur, von dem Drange nach der Ganzheit, die den Raum und die Zeit, die jene Voll- staͤndigkeit und Ewigkeit, welche du begehrst, umfaßt, und dann um dieser Ganzheit willen erkenne außer dir deines Gleichen an, erkenne daß er außer dir unerobert, unuͤber- windlich bleiben muß, damit deine Innerlichkeit einen Gegen- stand unendlicher Aneignung, d. h. der Liebe habe. Also, damit das Beduͤrfniß aller Beduͤrfnisse befriedigt werden koͤnne, muß der Mensch ein unendliches Verlangen der Aneignung empfinden: Hunger und Durst und tausend- faͤltige Maͤngel pflegen und bestaͤrken dieses Verlangen; aber damit dieses Verlangen nicht unabhaͤngig fuͤr sich, ohne ein anderes beschraͤnkendes und daͤmpfendes Element, wie ein sich selbst uͤberlassenes, verzehrendes Feuer rase, muß es gehemmt werden durch seinen Gegenstand, — muß ihm ein unendliches Versagen zur Seite gehn. — Die Sachen scheinen diesem verzehrenden Verlangen un- bedingt unterworfen; aber da sich, nach der Einrichtung die- ser Welt, die Sachen nicht aneignen lassen, als vermittelst der Personen, da bald die Personen selbst zum Gegenstande des allerungestuͤmsten Verlangens werden, dieses Verlangen aber nur deßhalb so ungestuͤm ist, weil es nichts Aeußeres an den Personen, sondern ihre innere Persoͤnlichkeit selbst begehrt, diese Persoͤnlichkeit aber nur begehrt werden kann, inwiefern sie das Bleibende ist, unter allem vergaͤnglichen Aussenwesen, also begehrt wird, und doch zugleich ewig unerreichbar ist fuͤr alles Begehren, — so muß der Mensch aus diesem Wider- spruch zuruͤckkehren, mit dem Bewußtseyn eines Doppelverlan- gens: er muß anerkennen, daß in seinem Drange nach der Aneignung zugleich das andere Verlangen verborgen liegt, daß die Dinge beharren moͤchten in ihrer Eigenheit, damit eine unendliche Aneignung moͤglich sey: diese unendliche Aneignung nennt die Religion: Liebe, und befiehlt: Gott selbst anzuschauen als diese Liebe. Das Beduͤrfniß aller Beduͤrfnisse, das Beduͤrfniß nach der Ganzheit und Ewigkeit, wird also befriedigt durch die Erkennt- niß der Vereinigung des Ganzen in der Liebe, und durch die unendliche Ausuͤbung der Liebe, indem die Eigenheit und Un- uͤberwindlichkeit aller Gegenstaͤnde der Liebe anerkannt wird. Kein Beduͤrfniß des Lebens wird auf eine andere Weise be- friedigt: mit jedem Bissen fuͤr unsern Hunger, mit jedem Tropfen fuͤr unsern Durst wollen wir zugleich die Beruhigung speisen und trinken, daß wir diese Begierden immer werden befriedigen koͤnnen, daß alle anderen Bedingungen dieser Be- friedigung dauern werden, daß auch der Naͤchste, dessen liebe- vollen Beystand wir brauchen um dieses Brotes und dieses Weines willen, sich derselbigen Befriedigung erfreue, daß also das Band fortdaure, welches die Tage untereinander, die Ge- schoͤpfe der Tage unter einander und diese regelmaͤßig mit jenen verbindet. Kann es nun, frage ich, ein groͤßeres Zeichen der Zerruͤt- tung aller gesellschaftlichen Ansichten und Verhaͤltnisse geben, als daß eine Theorie der Haushaltung erfunden, und fuͤr eine Wissenschaft anerkannt werden kann, in der von jenem Beduͤrfniß aller Beduͤrfnisse nicht die Rede ist, in der die Din- ge fuͤr sich, abgesondert von jenem Geist, von jenem Verhaͤlt- nisse zu einander, von jenen Neigungen und Kraftrichtungen, in denen sich ihr eigentliches Leben offenbart, abgesondert von jenem Mittelpunct, welches die Liebe ist, betrachtet werden; eine Lehre die von dem, was in der Speise eigentlich den Hunger, was in dem Trunk eigentlich den Durst loͤscht, nichts weiß; eine Lehre, welche die Menschen aus der Welt heraus produci- ren, sie mit Produkten herausdraͤngen will, und welche das Geheimniß der Produktion auch des geringfuͤgigsten Handwerks nicht kennt, kaum danach fragt; die dem Menschen zeigen will, wie er die Welt durch eine kuͤmmerliche Industrielist erobern, und sich als Privateigenthum unterwerfen kann, waͤhrend sie ihm das unscheinbarste Eigenthum auch nicht auf einen Tag zu garantiren vermag; eine Lehre die statt aller Principien von der einen großen Thatsache der menschlichen Gefraͤßigkeit aus- geht, und, wie das unvermeidliche Gefressenwerden zu verhuͤ- then sey, an keiner Stelle nachweiset: kurz eine Lehre vom Reichthum, die von dem Werth der Dinge keine Rechenschaft zu geben weiß. Da alle Beduͤrfnisse zuletzt auf das eine Hauptbeduͤrfniß der buͤrgerlichen und menschlichen Gesellschaft zuruͤckkehren, welches, wie ich hinlaͤnglich erwiesen, nur durch und mit Gott zu befriedigen ist; da alle Produktion, wie ich gleichfalls gezeigt, eigentlich keinen Ueberschuß in Sachen, sondern nur den hoͤhern Credit, den hoͤheren Glauben an die buͤrgerliche Gesellschaft, und somit in letzter Instanz den hoͤhern Glauben an die goͤttliche Idee, wodurch die buͤrgerliche Gesellschaft zu einem Ganzen wird, bezweckt — so muß uns der bloße, ge- woͤhnliche, widerspruchsscheue Verstand zugeben, daß eine genuͤgende Ansicht der Staatswirthschaft so lange unmoͤglich war, als man bey den mechanischen Umtriebe der aͤußeren producirenden Kraͤfte allein verweilte, als man nur den hand- greiflichen Dingen ein oͤkonomisches Gewicht zugestehn wollte, und die unsichtbare Macht, welche dem menschlichen Beduͤrfniß seine Richtung, und somit aller Produktion ihre Form gibt, durch- aus nicht als oͤkonomisches Moment anerkennen wollte. Fuͤr das Verzehren, meinte man, laßt die Natur sorgen (d. h. die rohe, wilde Natur, die der buͤrgerlichen Ordnung gegenuͤber billig Zufall genannt werden muß) — ihr habt nur so viel als moͤglich zu produciren, damit allezeit mehr vorhanden sey, als consumirt werden kann. — Was Wunder, daß die Menschheit in aller ihrer Produkten- fuͤlle zu verschmachten Gefahr lief! Auf die hoͤheren Beduͤrf- nisse, auf das Beduͤrfniß aller Beduͤrfnisse, auf den Frieden der jedem Dinge inwohnen muß, damit es befriedigen kann, war keine Ruͤcksicht genommen; die ganze Produktion hatte fuͤr ein fabelhaftes Zwittergeschlecht gearbeitet, fuͤr ein Buͤndel isolirter, gebildeter, eleganter, sich unabhaͤngig waͤhnender Sklaven, die weder Gottes noch der Gesellschaft beduͤrften: indessen sehnte sich und rang das wirkliche Geschlecht noch im- mer, wie vor Alters, nur unbestimmter, unbefriedigter und ungluͤcklicher nach der Vereinigung, nach jenem unschaͤtzbaren Beyschmack der Sicherheit und des Glaubens in allem Genusse, nach der Gemeinschaft mit allen, in der genoßen werden muß, wenn der Genuß von ihr verbuͤrgt werden soll. — Massen, Summen und Zahlen koͤnnen den eigentlichen Durst nicht stillen; der zerruͤttete Markt kann das Beduͤrfniß nicht befriedigen: nur die Allgegenwart des Credits kann es. — Der Staatswirth also vermag die Produktion nicht zu treiben, als durch das Beduͤrfniß; durch das Beduͤrfniß des einzelnen Augenblicks kann er sie aber nicht treiben wollen, weil das Beduͤrfniß des folgenden Augenblicks alle seine Muͤhe wie- der aufheben wuͤrde; er fraͤgt also nach dem dauernden Beduͤrf- niß, d. h. wohin das Beduͤrfniß der Gesellschaft und jedes Einzelnen fuͤr die Dauer gerichtet sey: er fraͤgt zufoͤrderst nach Linien und nicht nach Zahlen, denn durch die Zahlen eines Etats wuͤrde er nur erfahren koͤnnen, wie stark das Beduͤrfniß, aber nicht welcher Art es sey. Seine Bestimmung aber ist nicht, jedes einzelne Beduͤrfniß fuͤr sich abzufinden in seiner Quantitaͤt, sondern er hat fuͤr ein gerechtes Verhaͤltniß der Beduͤrfnisse untereinander zu sorgen, damit eine verhaͤltnißmaͤßige und ge- rechte Befriedigung derselben moͤglich sey. Wenn ein gerechtes Verhaͤltniß unter allen Beduͤrfnissen und Neigungen Statt finden soll, so muͤssen diese Beduͤrfnisse nach einem Mittelpunct hin convergiren, das Bestehen des Ganzen, das Heil der Gesell- schaft selbst muß dieser Mittelpunct seyn; kurz allen einzelnen Beduͤrfnissen und Neigungen muß eine nationale Neigung einwohnen, alle einzelnen Beduͤrfnisse muͤssen auf das Beduͤrf- niß aller Beduͤrfnisse gerichtet seyn. Alle Staatswirthschaft hat also die Bestimmung zwischen dem Beduͤrfniß und der Produktion zu vermitteln, d. h. da das ewige Beduͤrfniß die Werthe , die augenblickliche Produk- tion aber die Preise bestimmt, zwischen den Werthen und Preisen zu vermitteln; beyde, und mit ihnen Zeit und Ewig- keit seiner Haushaltung im Gleichgewicht zu erhalten. Jedermann gibt mir zu, daß die Finanzen eines Staates nicht dirigirt werden koͤnnen, ohne einen Etat, der so weit als moͤglich alle zukuͤnftigen Beduͤrfnisse umfaßt; aber mit der Erkenntniß der Etatssumme ist noch nichts erreicht, man muß kennen die Art wie, die Perioden wann diese Beduͤrfnisse eintreten werden, und da sich weder das Beduͤrfniß eines Staates, noch die Befriedigung desselben genau vorher berechnen oder unthaͤtig abwarten laͤßt, so muß der Finanzminister Ein- fluß auf die Leitung dieser Beduͤrfnisse erhalten; er muß Macht uͤber die Beduͤrfnisse haben, ganz in demselben Grade, als er uͤber ihre Befriedigung hat. Aber es sind nicht bloß die Bestimmungen der auswaͤrtigen Politik, der Krieg, die Bewaffnung, die Diplomatie, der Welthandel welche die Natur der Staatsbeduͤrfnisse gewaltig veraͤndern: diese Ver- aͤnderungen sind voruͤbergehender Art gegen die tiefergreifenden Revolutionen der inneren Haushaltung; ein einziges Roͤmisches Gesetz, welches das absolute Privateigenthum befoͤrdert, eine einzige Verordnung, welche alte angeborne und angeerbte Unterthaͤnigkeitsverhaͤltnisse aufhebt, vermag die Richtung aller Beduͤrfnisse auf den Staatszweck mehr zu zerstoͤren, als alle Kriege nicht koͤnnen: der Finanzminister ist also auch ohne Einfluß auf die gesammte Privatgesetzgebung nicht zu denken. In der Praxis, welche nie solcher Ausschweifungen faͤhig ist als die Theorie, ist dieß haͤufig anerkannt worden. Wenn nun tausenderley Beschraͤnkungen und Ausfuhr- und Einfuhrverbothe angeordnet werden muͤssen, um die eigennuͤ- tzige und weltbuͤrgerliche Neigung der Unterthanen in die noth- wendige Richtung auf den Staatszweck hineinzuzwingen, so schreyt die Theorie uͤber Tyranney und Druck, weil das geliebte Privateigenthum angegriffen, weil dem Privatleben versagt wird, was es nicht auf nationale Weise und mit nationaler Maͤßigung zu gebrauchen versteht; dann sollen gewisse einfache Grundsaͤtze der allgemeinen Concurrenz und der sogenannten Freyheit verletzt seyn, die Produktion soll leiden u. s. f. — Ich habe die Fabel vom Weltmarkt, und jener Freyheit bereits hinreichend widerlegt: ich citire den ebenerwaͤhnten Fall nur um zu zeigen, wie diese Theorie aus einem natuͤrlichen Instinkt uͤberall da etwas Unheimliches wittert, wo die Richtungen der Kraͤfte angetastet werden: und man darf nicht uͤbersehn, daß es einer ihrer obersten Grundsaͤtze ist, daß diese Richtungen der oͤkonomischen Thaͤtigkeit uͤberall der freyen Willkuͤhr uͤber- lassen werden muͤßten. Daß ungeachtet allen Geschreys der Theorie, ungeachtet aller ihrer wiederhohlten Appellation an die Humanitaͤt des Jahrhunderts, diese Richtungen der oͤkonomischen Thaͤtigkeit, anstatt eigenem Belieben uͤberlassen werden zu koͤnnen, immer mehr haben beschraͤnkt und bezwungen werden muͤssen, daruͤber werden sich die Theorien mit ihrer eigenen Weisheit und mit Theoret. Theil. H der Ueberzeugung von der Kurzsichtigkeit der Regierungen zu troͤsten wissen, wiewohl in den Augen jedes unbefangenen Be- obachters diese Eine Erfahrung sie vollstaͤndig zu Boden schlaͤgt. Wie sehr man auch an vielen Stellen in Europa mit Ruͤcksicht auf die innre Administration leider dem Drange der Zeiten und der Theorien, und der unmittelbaren Geldbeduͤrfnisse nachgege- ben hat, wie unverhaͤltnißmaͤßig man auch die Industrie, den Markt, die Mobilisation alles Eigenthums u. s. f. beguͤnstigt, die Landwirthschaft selbst in das Gebiet der uͤbrigen Augen- blicklichkeiten und Veraͤußerlichkeiten hinuͤbergezogen, und die Richtungen der oͤkonomischen Thaͤtigkeit im Innern des Staa- tes der Willkuͤhr des Augenblicks preis gegeben hat, so war das Beduͤrfniß ein politisches Ganzes, einen abgesonderten Staat zu bilden, doch allenthalben zu groß, als daß man nicht das Hinuͤberschweifen der oͤkonomischen Kraftrichtungen uͤber die Grenzen der Staaten aus allen Kraͤften haͤtte verhin- dern sollen. Je mehr also im Innern der Willkuͤhr des Privat- mannes uͤberlassen worden war, um so strenger, um so druͤcken- der mußten die Schranken um das Ganze werden; je fluͤßiger und kernloser die Frucht, desto dichter und haͤrter die Schale, waͤh- rend eine leichte zarte Haut dicht und kernicht organisirte Fruͤchte bey einander erhaͤlt: fuͤr jedes im Binnenlande freygegebene Gewerbe, mußte das Nationalgewerbe im Ganzen enger ein- gespannt werden; und wurde alle oͤkonomische Thaͤtigkeit uͤber- haupt der Willkuͤhr und dem augenblicklichen Leichtsinn der Industriemaͤnner dieses Augenblicks preis gegeben, so haͤtte es Noth gethan, daß man den Staat an seinem Umkreise haͤtte hermetisch versiegeln koͤnnen, um wenigstens die Atome des Nationalgluͤcks bey einander zu halten. In Staaten hingegen, wo man die alten Schranken der oͤkonomischen Thaͤtigkeit, wo man die feudalistischen Formen der Haushaltung und Dienst- verhaͤltnisse geschont hat, so viel es die Umstaͤnde erlauben woll- ten, wo man dem Vorwitz angeblicher Culturfortschritte we- niger nachgesehn, wo man die Frucht in ihrer alten, orga- nischen und kernigen Natur erhalten hat, wie in Oesterreich , da haben auch die groͤßten Beschraͤnkungen der Industrie, und des auswaͤrtigen Handels unverhaͤltnißmaͤßig weniger gedruͤckt. Anstatt demnach jene Richtungen des Beduͤrfnisses und also der oͤkonomischen Thaͤtigkeit, jenes heilige Skelett der gesamm- ten Staatshaushaltung, das sich im Laufe der Jahrhunderte zu dem eigentlichen Stamm und Traͤger aller politischen Or- gane befestiget hat, der Willkuͤhr einer, von aller gesellschaft- lichen Tugend abgewendeten Generation zu uͤberlassen, verlan- ge ich vielmehr, daß alle Produktion des Augenblicks oder des einzelnen Jahres ihr untergeordnet werden soll. Hat der Staats- wirth in dem Verhaͤltniß: Beduͤrfniß und Produktion, das eigentlich im Gleichgewichte schwebend vor seiner Seele stehen soll, irgend etwas zu beguͤnstigen, so ist es das Beduͤrfniß, das ewige Gesammtbeduͤrfniß seines Staates, denn dieses muß ihm lehren, was die natuͤrliche, angestammte, und mit der uͤbrigen Haltung und Erhaltung des Staates vereinbare Produktion sey. Dieses eigentliche Stammvermoͤgen, dieses erprobte Capital, das, wie man mir endlich wohl ohne fer- neren Beweis einraͤumen wird, vielmehr in der Zaͤhigkeit der Beduͤrfniß- und Kraftrichtungen, und in ihrem festen Verhaͤlt- niß zu einander, als in der Groͤße der darin sich bewegenden H 2 Kraͤfte und Massen besteht, zu schonen und zu erhalten, ist des Staatswirths erste Ruͤcksicht: ist diese beachtet, dann moͤgen die Beduͤrfnisse und die Produktion des Augenblicks an die Reihe kommen, dann moͤgen die aͤußeren Umrisse des hei- ligen Koͤrpers geschmuͤckt werden, dann moͤge man seine Mus- keln uͤben, seine Brust staͤhlen, und ihn mit allen Aeußerlich- keiten, die der Augenblick verlangt, bewaffnen und begaben. Ueberlaͤßt man hingegen das Beduͤrfniß der Menschen sich selbst und der willkuͤhrlichen Richtung, welche die Theorien verlangen, so hat man damit nichts Geringeres gethan, als das absolute Privateigenthum zur einzigen Form aller An- eignung erklaͤrt, man hat die Anrechte des Staates auf alles Eigenthum in seinem Umkreise aufgegeben, denn durch die ge- wohnten Kraftrichtungen alles Einzelnen auf das Ganze allein war der Staat in Stand gesetzt, seine Anspruͤche an alles Einzelne in jedem Augenblick zu realisiren. Hat man also das Beduͤrfniß der Menschen, das lange Jahrhunderte hindurch in allen wesentlichen Ruͤcksichten eins war mit dem National- beduͤrfniß und unzertrennlich von ihm, von Grundaus priva- tisirt, und also die Sklaverey des Privateigenthums zur ein- zigen Richtschnur alles menschlichen Beduͤrfnisses und aller menschlichen Produktion erklaͤrt, nur Verhaͤltnisse zwischen Personen und Sachen gesetzlich anerkannt, dagegen alle Bande zwischen den Personen zerschnitten — dann nehme die Regie- rung ihre Zwangsmittel wohl in Acht, dann ziehe sie das ei- serne Band ihrer Armeen fester und fester, greife alle die ihr verbliebenen Zuͤgel wohl zusammen, und vergesse nicht, daß sie ein unbedingtes und unbegrenztes Privateigenthum uͤber diese ganze Horde von Privateigenthuͤmern ausuͤben muß, wie ihr nunmehr auch das Recht dazu zusteht; denn alle innere bindende heilige Kraft der Zeit, die das Widerstrebende still und ohne weitere aͤußere Antriebe versoͤhnt, alles was in den buͤrgerlichen Verhaͤltnissen der Wandelbarkeit der Dinge trotzte, was kein Feind von außen nieder zu werfen vermochte, und was der Mensch nur durch eigenen Frevel verscherzen konnte, kurz alle goͤttliche Huͤlfe entweicht, wenn die goͤttlichen Bande der Dinge muthwillig zerrissen sind, wenn nur das Beduͤrfniß des Augenblicks, aber nicht mehr das ewige Beduͤrfniß aller Geschlechter im Regimente der Voͤlker geachtet wird. Die irrdischen Huͤlfsmittel muͤssen nun allein herhalten; jeden Moment muß die ganze Generation von neuem bezwungen werden, weil keine unsichtbare Hand wehr auf die menschlichen Anordnungen ihr Siegel druͤckt. — Zehntes Kapitel. Von den Gesetzen, als einzigem und hoͤchstem Resultat aller Oekonomie. D ie Richtungen der oͤkonomischen Thaͤtigkeit, und die Ver- haͤltnisse derselben untereiander und zum Ganzen der oͤkono- nomischen Kraft eines Staates, stellen sich aͤußerlich dar in den Gesetzen dieses Staates . — Um diese Wahrheit in ihrem ganzen Umfange zu erkennen, sehe man ganz von den Vorstellungen ab, die ein verkehrter Gang der politischen Erziehung in uns allzusehr befestigt hat. Die erste ausgebildete Vorstellung von dem Wesen des Gesetzes erhalten wir meistentheils von Lehrern des Roͤmischen Rechts und ohne gruͤndliche Historie seiner Entwickelung, ohne Bezeichnung der Stelle, welche Rom unter den Staa- ten, die sich einer umfassenden Gesetzgebung erfreut, einge- nommen haben moͤchte. Da nun, abgerissen von der Geschichte der allmaͤhligen Entwickelung des Weltreiches, die Roͤmische Gesetzgebung außer allem Zusammenhang mit den goͤttlichen Gesetzen zu stehen, und ein Werk der gemeinen rechnenden Vernunft zu seyn scheint, so wohnet sich sehr leicht der Irr- thum bey uns ein, die Gesetzgebung sey ein Werk des welt- lichen Calcuͤls, eine Aufgabe fuͤr den scharfsinnigen Kopf, die im Grunde und ihren wesentlichen Stuͤcken ein fuͤr alle- mahl geloͤst worden sey. Dieser große Irrthum und mit ihm die Popularitaͤt der Roͤmischen Gesetzgebung hat in den Weltumstaͤnden der drey letzten Jahrhunderte eine große Beguͤnstigung gefunden. Die ploͤtzliche und ungeheure Erweiterung des Gesichtskreises der Europaͤischen Voͤlker im Anfange des sechszehnten Jahrhun- derts, nachdem diese Voͤlker bisher in den stilleren Schran- ken des vaͤterlichen Hauses verweilt, veranlaßte die Ketze- reyen jener Zeit, den Abfall des Nordens von der Idee des Glaubens, welche bisher die goͤttlichen und menschlichen Ge- setze der Europaͤischen Voͤlker durcheinander verbuͤrgt hatte, und den einstweiligen Versuch, ob vielleicht der Begriff die- ses Glaubens eine aͤhnliche Vereinigung bewirken koͤnnte. Die Kirche hatte gegen die Einfluͤsse des alten Roms nicht die gehoͤrige Quarantaine verordnet, sie hatte sich, wenn man ihr einen Vorwurf machen kann, nicht der weltlichen Dinge gehoͤrig bemeistert, sie war uneingedenk gewesen der Vorschrift des Apostels: omnia instaurare in Jesum Christum quae in coelis et quae in terra sunt; dem Mammon, der nicht in den Reichthuͤmern dieser Erde, sondern in dem Streben nach ausschließenden Besitz, nach absolutem Privateigenthum seinen Sitz hat, ist allzuviel Raum gelassen worden; die Roͤmischen Doctoren in Bologna ind nicht verketzert, der lebendige Zusammenhang der feo- d alen Verfassungen des Mittelalters mit der Kirche ist nicht guͤndlich genug anerkannt worden: kurz, wiewohl die inne- r e Kirche vollstaͤndig rein und untruͤglich geblieben, so ist doch im aͤußern Regiment derselben etwas Wesentliches ver- saͤunt worden. Die vielgepriesenen Erfindungen des funfzehnten Jahr- hunderts haben das Ihrige mitgewirkt, und es wohl verdient, daß der Geist der letztverflossenen Zeit mit ihnen seine gan- ze Zeitrechnung angefangen. Die Chimaͤre des Privat- lebens ist aufgekommen: Die um alle Indien und um das ganze heidnische Alterthum erweiterte Welt schien groß ge- nug, um jedem Einzelnen ein genuͤgendes Privateigenthum ausschließend anzuweisen, der Buchdruck einerseits, der Ueberfluß an Geldzeichen andererseits kamen wie gerufen um die große Repartition zu bewerkstelligen, und um alle die- se Bezirke des Privatlebens polizeylich zusammen zu spannen und mechanisch anzuordnen, war das Pulver bereits erfun- den, und die Roͤmische Rechtsform im Voraus verbreitet worden. An den großen und frommen Fuͤrsten und Menschen der drey letzten Jahrhunderte nehmen wir es wahr, wie sie verdammt waren zweyen Herren zu dienen, Gott und den alten Glau- bensinstitutionen einerseits, und dem Mammon des Privat- lebens andererseits: darin, und in nichts Geringerem lag ihre Gebrechlichkeit. Niemand also ist, als Kind seines Jahrhunderts, rein von den Roͤmischen Rechtsbegriffen; und sie, selbst in Zah- len lebend, sind die eigentlichen natuͤrlichen Alliirten jener Staatswirthschaft der Zahlen, der Summen, der Massen der Handgreiflichkeiten, gegen die ich die staatswirthschaft liche Weisheit der fruͤheren Vorfahren habe vindiciren muͤs - sen. Sich uͤber den Einfluß dieser Begriffe und ihres Cer- tralbegriffs vom absoluten Privateigenthum zu erhebe, war die Hauptforderung, die ich durch den ganzen bisheri- gen Lauf meiner Darstellung an meinen Leser machte. Um so vielmehr muß man sich ihrer und aller Vorstel- lungen des Gesetzes, die daran haͤngen, entschlagen, wenn man die, alle meine bisherigen Saͤtze verbindende und um- fassende Behauptung verstehen will, daß naͤhmlich die Ge- setzgebung eines christlichen Staates der einzig wesentliche Reichthum dieses Staates, und daß die Gesetze dieses Staa- tes mit den bleibenden Richtungen der oͤkonomischen Thaͤ- tigkeit, welche die verblendeten Theorien uͤber die handgreif- lichen Produkte dieser Thaͤtigkeit vergessen haben, eins und dasselbe sind. Es mag wenige Rechtslehrer geben in der heutigen Welt, welche die urspruͤngliche Nationalgesetzgebung auszu- scheiden wissen, von den Roͤmischen Beysaͤtzen und Verdre- hungen: die Fortschritte des Privatlebens auf Unkosten des oͤffentlichen, die Fortschritte des merkantilischen Verkehrs auf Unkosten der bleibenden Guͤter, kurz die Neigungen, die Roͤ- mischen Gesinnungen der Voͤlker selbst haben diese Corrup- tion der Gesetzgebung wirksamer herbeygerufen, als es die Philosophen und Juristen dieses Jahrhunderts je vermochten. England , tief empfindend, was kein einzelner Britte empfand, daß man sich gegen die Roͤmische Gesetzgebung sperren muͤsse, biethet das einzige genuͤgende Beyspiel dar. Das Brittische Nationalvermoͤgen stuͤtzt sich nicht etwa auf, sondern besteht in der Gesetzgebung dieses Reiches; darin liegt seine Capital- kraft: alle Summen, alle Zahlen, alles, womit Brittische Speicher und Schiffe erfuͤllt sind, alle aͤußere Wohlhabenheit des Brittischen Privat- und Nationallebens — sind nur ver- gaͤngliche und veraͤnderliche Bekleidungen des gewaltigen Knochenbaues seiner Verfassung. Alle politische Tugend und Weisheit besteht darin, dieß an dem Beyspiele von England , und wo es schwerer ist, weil verwickelter und gemischter, an der Verfassung der Continentalstaaten einzusehen und zu empfinden. Die einzelnen Geschlechter der Erde gehen spurlos dahin; daß sie einen handgreiflichen Ueberschuß ihrer Kraft und Arbeit zuruͤck ließen, ist nur Taͤuschung: ein solcher Ueber- schuß ist nur, in wie fern die verzehrende Kraft der Natur und der buͤrgerlichen Gesellschaft schon bereit steht ihn zu er- greifen, in wie fern er also im Wesen nicht mehr ist; das gemeine handgreifliche Produkt hoͤrt auf, sobald das Wech- selleben der Produktion still steht. Die Produktion theilte dem Produkt den Anstoß, die Seele mit, die sie selbst von einer hoͤheren Produktion, von einem Gesetze, und zuletzt von einem Weltgesetz derselben erhielt. Diese lebendige Einheit des Producenten und des Pro- dukts, des Erzeugers und des Erzeugten, die Rom nicht anders als durch Ketten zu bewirken weiß; dieser innerliche Zusammenhang der kleinsten wie der groͤßten That, der reich- sten wie der aͤrmsten Haushaltung, der dauerhaftesten wie der vergaͤnglichsten Arbeit durch ein und dasselbe große Wech- selgesetz des buͤrgerlichen Lebens — dieß und nichts anderes verdient an allen Orten und zu allen Zeiten Nationalvermoͤ- gen zu heißen: große gleichwiegende Zahlen, Massen von Guͤtern, gleichfoͤrmig verbreitete Mittel des Lebensgenusses koͤnnen es ahnden, koͤnnen es errathen lassen; aber gefunden, erwiesen, uͤber allen Zweifel erhoben wird es nur durch geo- metrische Anschauungen, durch Linien, Lebensrichtungen — und wie nennen wir seit Jahrtausenden, ihre Wesentlichkeit wohl empfindend, ohne sie deutlich zu erkennen, diese Richtun- gen der buͤrgerlichen Gesellschaft nach ihrem Mittelpunct an- ders als Gesetze ? — Daß kugelaͤhnlich diese Richtungen sich unter einander ordnen, nach allen Dimensionen einander entgegen wirken, daß keine Richtung des Sinnes, des Ge- fuͤhls, der Arbeit, ohne einen wohlthaͤtigen befruchtenden Gegner ist, daß ein edler Oppositionsgeist nicht bloß in den parliamentarischen Verhandlungen, nicht bloß in allen Ver- handlungen uͤberhaupt, sondern auch in allen Gewerben be- steht, daß er anerkannt und legalisirt ist, daß also jede ab- weichende Eigenthuͤmlichkeit, jede besondere Gesinnung, jede Gewerbsform ihre vorbereitete Stelle findet, sich in ihrer ganzen Eigenheit anerkannt, ihren Weg zum Mittelpunct des Staates, und somit zur innigsten Beruͤhrung mit allen an- dern schon gebahnt findet, kurz, daß die Richtungen der Thaͤtigkeit nicht der Willkuͤhr des Einzelnen uͤberlassen, daß sie vielmehr so unabaͤnderlich angeordnet sind, daß der Ein- zelne nichts Unnationales thun kann — das ist die Substanz des Brittischen Nationalvermoͤgens. Und wir sollen uns von den Anglomanen des Continents belehren lassen, daß die dem Einzelnen uͤberlassene Willkuͤhr, seine Kraft zu wenden, worauf er wolle, das Geheimniß des Reichthums jenes Landes ausmache? Freylich, wenn das Eisen den Mann anzieht, wenn die gesammten Functionen des Nationallebens so vollstaͤndig und sicher geordnet, so ge- waltig geworden sind durch die Zeit, dann ist eine zwingende Polizeyverordnung, die dafuͤr sorge, daß jeder einzelnen die- ser Functionen die gehoͤrigen individuellen Kraͤfte zugewendet werden, nicht weiter vonnoͤthen. Aber heißt das die Willkuͤhr proklamiren, wenn die Administration, die Verwalterinn der Gegenwart sich ihrer Eingriffe, ihres Zwanges begibt, weil die vergangenen Jahrhunderte, das heißt: die lebendigen Ge- setze und der ganze lange vorbereitete Zustand der Dinge, schon von selbst alle Kraͤfte an ihren wahren Ort stellen? Heißt es die Willkuͤhr proklamiren, wenn die Gewerbe frey gegeben werden, dann, wenn es unmoͤglich geworden ist, sie zu miß- brauchen, und etwas anderes als das, in oͤkonomischer und uͤberhaupt gemeinwesentlicher Ruͤcksicht etwas anderes, als das Rechte zu thun? — Und so frage ich weiter: ruht das Brittische Nationalcapital in dem Waarenlager oder in der maͤchtigen Gerechtigkeit des ganzen Zustandes der Dinge, das heißt: in den Gesetzen? Und haͤtten sich nicht unsere poli- tischen Oekonomen etwas mehr um die Verfassung von Eng- land uͤberhaupt, insbesondere aber um die Verfassung des Eigenthums in jenem Lande bekuͤmmern sollen? Nichts ist also bodenloser als diese Anglomanie, die fuͤr ihre Maͤhrchen von der freyen Concurrenz und vom Welt- markte ein Beyspiel mißbraucht, vor dessen vollstaͤndiger Er- waͤgung alle staatswirthschaftlichen Theorien, die es je ge- wagt haben, den unter allen Umstaͤnden weiseren Staatsad- ministrationen in die Zuͤgel zu fallen, in Dunst zergehen. Aber, wenn sich die Oekonomie erst einmahl unterfangen vom Rechte abzusehen; von Produkten zu reden, aber des Eigen- thums nicht zu gedenken — dann muß es auch wohl einen Reichthum geben, der uͤberhaupt alle Gesetze uͤberfluͤssig fin- det, und einen Kraͤmercredit, der die große Quelle alles Glaubens und aller Gesetze verspottet. Wenn in den vergangenen Blaͤttern auch manches tauben Ohren gepredigt worden waͤre, wenn auch mancher Leser an manchen Stellen die Welt und ihre Gesetze nicht sogleich bey der Hand gehabt haͤtte, um zu entscheiden, ob es trotz den schoͤnen Worten nicht endlich doch noch einmahl darauf her- aus kommen koͤnne, daß die Welt fuͤr immer dem Teufel, oder dem absoluten Privateigenthume gehoͤre, so wird sich der Autor dadurch nicht schrecken lassen, denn er stuͤtzt sich auf den hoͤheren Autor, von dem er unverdienter Weise alles hat, was er gibt. Auch bey dieser Art von Geisteswerken, wie bey allen Arbeiten der buͤrgerlichen Gesellschaft, will das Produkt selbst, der armselige Ueberschuß von Gedanken und Redensarten, den es darbiethet, an und fuͤr sich nichts be- deuten. Ob sie mit dem großen Mittelpunct alles Glaubens und aller Wahrheit, genealogisch, wie durch das Blut zu- sammen haͤngen; ob sie die Richtung, die sie empfangen ha- ben, weiter geben koͤnnen, und ob diese Richtung mit allen Richtungen der echten Wahrheitskraft, die sich je kund gethan, im gerechten Verhaͤltnisse stehe — das ist die Frage. Derselbe oft geruͤgte Wahn des absoluten Privateigen- thums hat sich auch uͤber die Ideen, uͤber die Werke des Geistes erstreckt, und leider haben wir alle in unserer ver- brecherischen Jugend die Waarenlager der Ideen durchsucht, lange, ehe wir nur ahndeten, daß es einen Mittelpunct aller Ideen gaͤbe, und, daß in der Richtung dahin und von dort- her die Wesentlichkeit, die innere Realitaͤt aller Ideen liege. Beruͤhmte Nahmen, klassische Autoren, und mancherley reiche und große Herren der Literatur haben wir abgeschaͤtzt, lange vorher, ehe wir nur nach dem Nahmen aller Nahmen, nach der Autoritaͤt aller Autoritaͤten verlangten. Auch die Preise der Geisteswerke haben wir auf dem zerruͤtteten Markt unsers Jahrhunderts kennen gelernt, und uns oft beklagt uͤber ihr unbarmherziges Schwanken, und, daß das gestern so Hoch- geachtete, heute so wohlfeil geworden war. Wie vieles haben wir erfahren muͤssen, um einsehen, daß es außer diesen au- genblicklichen Preisen der Ideen und Geisteswerke nun auch ewige Werthe derselben gibt. Eine solche Zeit der Revolutionen, des Wechsels, des Untergangs und des Aufgangs, wie die jetzige, entbindet an allen Orten und in allen Koͤpfen unerhoͤrte Gedanken: mich duͤnkt, man brauche nur zu athmen um gedankenreich zu seyn, wie es der Poͤbel nennt, der ja nirgends etwas anderes bewundert und anerkennet, als den handgreiflichen Reich- thum. Wer also Gedanken besitzt, waͤhrend ein großes Jahr- hundert in allen Wegen mit ihm denkt, der wenigstens kann kein ausschließendes Eigenthum, keinen abgesonderten Genuß oder Ruhm davon erwarten: Hier springt der Gemeinbesitz und die Gemeinproduktion allzusehr in die Augen. Es ist ferner nicht etwa der bloße gute Wille, oder die unbestimmte genialische Tendenz , sondern die einzig be- stimmte Richtung eines Werks nach dem allerhoͤchsten oder vielmehr allermittelsten Gute, welches ihm Werth gibt. Es hat also nur Werth, in wie fern dieser in jeder Ruͤcksicht ein abgeleiteter ist, in wie fern also keine Art von eigenem Ver- dienst dabey in Anschlag kommt, sondern nur das davon schlicht und unruhmredig zu sagen ist, daß es im Dienste der Wahrheit geschrieben ist. Wir haben in diesen einleitenden Betrachtungen die Unzulaͤnglichkeit der vorhandenen Theorien zu zeigen versucht; wir haben deßhalb viele nachbarliche Gebiete beruͤhren, und ihr Verhaͤltniß zu unserm Gegenstande aufklaͤren, auch den Mittelpunct aller Wissenschaft und alles Lebens andeuten muͤssen, weil wir uͤberhaupt nichts anderes Sichtbares und Wirkliches in dem ganzen, uns wohlbekannten Getriebe der buͤrgerlichen Gesellschaft anzuerkennen vermochten, als die Strahlen die von dort ausstroͤmen, und die Kraͤfte die dahin zuruͤck draͤngen. Jetzt gehen wir zu besonderen Darstellungen unserer Wissenschaft fort, und bitten den wohlmeinenden Leser nur folgende wesentliche Resultate des bisher Gesagten fest zu halten: 1) Daß der Staatsmann, der Staatswirth, der ge- lehrte Oekonom, wie jeder Arbeiter in jedem gedenkbaren Stoffe, eigentlich nur mit Verhaͤltnissen und Wech- selwirkungen zu thun hat, und nur producirt, in wie fern er unter den Elementen seiner Arbeit, und zwischen seiner und aller uͤbrigen Arbeit eine gewisse Gegenseitigkeit hervor zu bringen und zu erhalten weiß; ferner, daß es nur Eine Art von unproduktiver Arbeit gibt, die naͤhmlich, welche aus diesen Verhaͤltnissen heraus tritt und sich isolirt, pri- vatisirt. 2) Daß dem zu Folge in aller Produktion die Rich- tung der Thaͤtigkeit , und ihr Verhaͤltniß zu allen uͤbri- gen Richtungen, und zum Mittelpuncte aller Thaͤtigkeit wichtiger ist, als die abgesonderte handgreifliche Bedeutung des Produkts; daß diese Richtung das eigentlich Produktive in der Produktion ist. 3) Daß die im Producenten wie im Produkte sich offenbarende Kraftrichtung ihr eigentlicher und ewiger Werth sey, der mit dem augenblicklichen Preise in einer Wechsel- wirkung, oder vielmehr in umgekehrtem Verhaͤltnisse stehe; daß Zahlen diesen Werth der Dinge nur ahnden lassen, und sehr unsichere Maaßstaͤbe desselben sind, daß die bisherige Theorie der Staatswirthschaft von allem andern eher Aus- kunft gibt, als von dem Werthe der Dinge, und, daß dieser Werth nur denen einleuchten koͤnne, welche die oͤkonomischen Objecte echthistorisch und vollstaͤndig mathematisch in der Bewegung aufzufassen verstehen. 4) Daß die bisherige einseitige Massentheorie der Staatswirthschaft, mit einem eigenen vorgeblichen Rechts- systeme in Uebereinstimmung sey, worin als oberster Grund- satz die unbedingte ausschließende Aneignung der oͤkonomischen Objecte, ihre Isolirung, ihre Absonderung von allen ver- knuͤpfenden Verhaͤltnissen unter dem Nahmen des Privat - eigenthums hervorrage; daß dieses in Verbindung mit dem obersten oͤkonomischen Grundsatze der freyen Concurrenz, und mit den Chimaͤren des Weltmarkts und des Geistes der Zeit, den gebildeten und eleganten Privatmaͤnnern unserer Tage fuͤr die Summe alles Glaubens, aller Religion, aller Wissenschaft und Politik gelte; endlich 5) Daß, wie sogar aus der Symmetrie dieser Irr- thuͤmer zu entnehmen, der erste Schritt zur Besserung der sey, daß man die Nationaloͤkonomie und die Na- tionalgesetze zu der alten und urspruͤnglichen Einheit zuruͤck fuͤhre, aus der sie gekommen: dieß aber in einer so gruͤndlichen Manier, daß man vor allen Dingen einsehe, daß das Resultat aller Nationaloͤkonomie nichts anderes seyn koͤnne, als die Verfassung oder das Gesetz; daß der Staat, so gut als der einzelne Mensch unter allem unendlichen Besitz nichts weiter gewinne, als jene Constitution der Leibes- und Seelenkraͤfte, die er frey und von allen Besitzthuͤmern unab- haͤngig mit sich selbst umhertraͤgt; daß aber auch dieses Ver- moͤgen zerstiebt, und der Wandelbarkeit aller Dinge folgt, wenn es nicht von einem Gesetz aller Gesetze, von einem unvergaͤnglichen Glauben, das heißt: von Gott selbst getra- gen wird. Es ist freylich in allen oͤkonomischen Verwirrungen und Verlegenheiten etwas so unmittelbar Draͤngendes, und augen- blickliche Huͤlfeforderndes, daß sich eine Theorie der Staats- wirthschaft, die soweit ausholt, wenige Popularitaͤt ver- sprechen darf. Wenn man aber erwaͤgt, wie durch alle Pal- liativen und unmittelbare Huͤlfen das Ungluͤck nur groͤßer Theoret. Theil J werden kann, und wie die vorliegende Theorie keine unmittel- bare Huͤlfe ausschließt, sondern nur auf den Geist hinarbeitet, kraft dessen das Augenblickliche allenthalben mit Ruͤcksicht auf das Ewige gethan werden soll, so kann man ihr dafuͤr eine desto laͤngere Dauer versprechen. Ob eine einzelne Maaßregel gut oder schlecht sey, ist in oͤkonomischen wie in medicinischen Angelegenheiten schwer zu beurtheilen: nur der Sinn, worin sie angerathen wird, entscheidet; und fuͤr den Sinn gibt es nur die Eine große Probe der Zeit. Das aber ist die große Aufgabe der Wissenschaft: den Sinn zu befestigen; die Zeit, ja die Ewig- keit zu unmittelbaren, gegenwaͤrtigen Zeugen des Augenblicks zu machen wo gerathen, wo geholfen werden soll. Ist denn die Welt schon, nur uͤber das Wuͤnschenswuͤr- dige, uͤber den Zweck aller oͤkonomischen Thaͤtigkeit einver- standen? und entscheidet nicht dieser Zweck wieder uͤber die geringfuͤgigste Maaßregel? Ist demnach nicht die Tiefe der Corruption aller oͤkonomischen Ansichten schon hinreichendes Motiv fuͤr die Hoͤhe des Standpuncts, den die Theorie ergreifen muß? Grundlegungen einer neuen Theorie des Geldes. Erstes Kapitel. Von dem einzelnen Menschen, als Vorbilde der Staatshaushaltung. D ie unendlichen Gewerbe, Geschaͤfte und Handthierungen des Menschen, sowohl geistiger als koͤrperlicher Art, dar- unter jede Einzelne wir heutiges Tages einem einzelnen Menschen uͤbertragen sehen, wuͤrden den Staat in eine tod- te Maschine verwandeln, wenn nicht jeder Arbeiter unge- achtet des ganz einseitigen Geschaͤftes, welches er treibt, ein vollstaͤndiger Mensch zu bleiben vermoͤchte. Wie einfoͤr- mig, wie absorbirend das Geschaͤft des Buͤrgers auch sey, die Forderung wird immer seyn, daß Er es treibe , und nicht bloß einseitig von dem Geschaͤfte getrieben werde . Sollten aber je diese einzelnen Geschaͤfte der buͤrgerlichen Gesellschaft in bloße Gewerbe ausarten, sollte je der ein- zelne Arbeiter dahin kommen, daß er nichts anders waͤre als Rad oder Kamm, oder einzelner Zahn eines Rades in dem großen Mechanismus, den in letzter Instanz das Gewicht der edeln Metalle regierte, kurz sollte je das Ideal der Industriesysteme erreicht werden, so wuͤrde sich ergeben, daß, weil der Mensch außer seiner mechanischen Kraft noch die hoͤhere des Geistes besitzt, und auf diese in jener Maschine keine Ruͤcksicht genommen waͤre, diese Kraft des Geistes aber, sobald sie abgesondert von den koͤrperlichen Kraͤf- ten, auch unmittelbar die entschiedenste Feindinn dersel- ben wird, — das Ganze nothwendig zerstoͤrt werden muͤßte. Wenn die Natur zwey Dinge fuͤr einander bestimmt hat, und mit einander gruͤndlich, und fuͤr die Dauer verbunden sehen will, so gibt sie solchen eine recht große Verschieden- heit, eine so bestimmte Anlage zu einer unendlichen Feind- seligkeit, daß ihnen Beyden nichts uͤbrig bleibt, als sich auf Tod und Leben zu verbinden. Deßhalb anstatt Einzelne Geschoͤpfe vollstaͤndig hinzustellen, hat sie nur Zweyheiten erschaffen, in diese Zweyheiten aber eine so vollstaͤndige Entzweyung gelegt, daß den entzweyten Wesen keine andere Zuflucht bleibt, als in dem unendlichen Sichvereinigen: sie wollte die Einheit, also ordnete sie die Zweyheit, die Spaltung aller Creaturen in zwey Geschlechter an, in denen die unendliche und vollstaͤndige Feindseligkeit eine unendliche Vereinigung und Befriedigung veranlassen mußte. In diesem feindselig-freundlichen Geschlechtsverhaͤltniß stehen nicht bloß die so genannten Naturgegenstaͤnde, son- dern der Mensch ist nur Ebenbild Gottes, weil ihm kein- anderes Kunstgeschaͤft zusteht, als was in jener goͤttlichen Manier getrieben wird, wobey der Zweck Einheit ist, lebendige und dauernde Einheit, also Vereinigung; das Mit- tel hingegen: die Anordnung von vollstaͤndigen Feindseligkei- ten oder von Geschlechtsverhaͤltnissen. Es gibt keine andern menschlichen Werke, keine andern Werke der Kunst, als die mit den Werken der Natur nach einem und demselben Gesetze von Statten gehen. Alle praktische Verruͤckung des Menschen wird sich daher auf eine einzige große Hauptformel redu- c iren lassen: er wird, was er getrennt aus den Haͤn- den der Natur empfaͤngt, anstatt es zu vereinigen, noch weiter trennen, und was er einfach aus den Haͤnden der Natur, also mit der Aufgabe es gehoͤrig zu trennen erhaͤlt, als absolute Einheit festhalten und ausschließend besitzen wollen. Daß dieß wirklich die Doppelrichtung der staatswirth- schaftlichen Theorien unserer Zeit sey, habe ich schon in der Einleitung gezeigt: das absolute Privatleben ist nichts anders als eine Verlaͤugnung und Aufloͤsung aller unter den buͤrgerlichen Geschaͤften von der Natur angeordneten Geschlechtsverhaͤltnisse; indem man aus ihrer Gesammtheit herauszutreten strebt, zerschneidet man sie alle: das abso- lute Privateigenthum ist nichts als ein krampfhaftes Fest- halten der Einzelnheit der Dinge, welche uns die Natur uͤbergeben hat, um sie zu trennen und zu theilen, und in Geschlechtsverhaͤltnisse zu fuͤhren. Wenn also nun Geist und Koͤrper in demselben Geschlechts- verhaͤltnisse zu einander stehen — eine so gerecht und vollstaͤn- dig angeordnete Feindseligkeit, daß ihr nicht zu entgehen waͤre als durch die Vereinigung — und wir unternaͤhmen es anstatt beyde an allen Stellen in einander zu wirken, sie noch weiter zu trennen, indem wir die koͤrperlichen Beduͤrfnisse und Kraͤfte der Menschen in eine besondere Maschine zusam- men bauten, dagegen dem Geiste uͤberließen desgleichen zu thun oder ganz zwecklos umherzuirren, so muͤßte nunmehr die freundliche Feindseligkeit zwischen Geist uud Koͤrper in eine zerstoͤrende uͤbergehen. Europa hat es bewiesen: die koͤr- perliche Maschinerie der Staaten hat den Seelenmechanis- mus der Aufklaͤrung zur Seite gehabt; zur rechten Hand hat man sich den Menschen gedacht, als habe er nur koͤrperliche, rohe, handgreifliche Beduͤrfnisse, und ihn nach diesem Grundsatze regiert wissen wollen; zur linken hat man denselbigen Menschen wieder uͤber alle Gebuͤhr und Schranken hinaus geistig aufzuklaͤren unternommen: derge- stalt hat man denn wie der Erfolg gezeigt, die Zuͤchtigung fuͤr die eigene Suͤndhaftigkeit unmittelbar an sich selbst voll- zogen. Daß also uͤberall wo Koͤrper ist auch der dazu gehoͤrige und ihm anvermaͤhlte Geist bleibe, ist die erste Bedingung einer gut eingerichteten buͤrgerlichen Gesellschaft: kurz, daß der Buͤrger nicht aufhoͤre vollstaͤndiger Mensch zu seyn, weil er ein einzelnes Geschaͤft treibt. Kann er, nunmehr einer einzelnen Thaͤtigkeit hingegeben, nicht mehr zuruͤck kehren in die Fuͤlle der Anlagen zu den verschiedenartigsten Thaͤtigkei- ten, an die Quelle aller — zu sich selbst; oder vielmehr kann er beym einzelnen Geschaͤfte nicht im Bewußtseyn der Anlagen zu allen uͤbrigen verbleiben; mit andern Worten, kann er den Zusammenhang seines besondern Geschaͤftes mit dem großen menschlichen Geschaͤfte, davon das Seinige nur ein Theil ist, oder mit dem Staate nicht mehr empfin- den — so wird die hintangesetzte Selbstheit als dumpfes, wildes, thierisches Verlangen nach Willkuͤhr nunmehr raͤu- berisch einbrechen in die Haushaltung, aus der sie verbannt worden. Es gibt kein so abgesondertes Geschaͤft in der buͤrger- lichen Gesellschaft, es ist keines denkbar, um dessentwillen an sich der Mensch sich selbst vergessen muͤßte; alle diese Geschaͤfte fließen aus einer Quelle her, und dafern die Un- vernunft sie nur nicht abdaͤmmet und durchschneidet, so muß jeder Tropfen des entferntesten Wassers auch nach der Quelle schmecken. Im Anfange der Gesellschaft zeigt der Mensch sich noch in seiner ganzen vereinigten Kraftfuͤlle; alle jene unendli- chen besonderen Functionen, die sich spaͤter nach allen Seiten aus einander wickeln und blaͤttern, liegen im Keime bey einan- der: es gibt noch keinen Landbau, aber der Mensch kann den Saamen ausstreuen; kein Handwerk, aber er kann das na- tuͤrliche Produkt schon ordnen und vermenschlichen; keinen Kaufmann, aber er kann das Natuͤrliche und das erste Kuͤnst- liche vertauschen, das Letztere wieder hingeben um das Er- stere zu erlangen; keine Geistlichkeit, aber er kann sich zum Himmel erheben: kurz der ganze Staat ist noch einzelner Mensch, aber der einzelne Mensch ist deßhalb um nichts weniger Staat. Alle, die nach ihm kommen, sollen nichts anderes, als unaufhoͤrlich zu ihm als zu ihrer Quelle zuruͤck kehren, und sich unter einander zu einen einzigen großen Menschen zusammen bauen, in welchem die ver- schiedenen Geschaͤfte des Lebens so natuͤrlich, vertraͤglich und im Gleichgewicht bey einander sind, als sie es bey ihm waren. Indem also die buͤrgerliche Gesellschaft entsteht, so geht im Grunde nur jener erste Mensch nach allen Richtungen aus einander; sein Koͤrper erweitert sich; die alten Verhaͤltnisse, der alte Zusammenhang, der Geist muß bleiben, die Func- tion des Landbaues, des Handwerks u. s. f. moͤgen sich unter mehrere einzelne Verwalter vertheilt haben, oder sie moͤgen in Einem einzigen bey einander seyn. Diese Function konnte ein Einziger in seiner Person nur deßhalb vereinigen, weil er sie durch die Einheit seiner Person unter einem vollstaͤn- digen Zusammenhange begriff, und ihre Verhaͤltnisse unter einander regierte. Hoͤrte je dieses Regieren der Verhaͤlt- nisse auf; haͤtte er sich je in ein einzelnes seiner Geschaͤfte, zum Beyspiel: in das Samenstreuen vertiefen wollen, und seine Huͤtte, seine Kleidung daruͤber vergessen, also das Verhaͤltniß dieser Functionen unter einander versaͤumt, so haͤtte er als eine Person zu existiren auf- gehoͤrt. Die Functionen der buͤrgerlichen Gesellschaft, je mehr sie sich vervielfaͤltigen und erweitern, koͤnnen also abgesondert fuͤr sich, absolut getrennt von dem großen Menschen, den sie mit einander ausmachen sollen, oder was, wie meine Darstellung ausweist, dasselbe ist, abgesondert von dem einfachen Menschen, aus dem sie wie von einem Mittel- puncte alle ausgegangen sind Oder, was dasselbe sagt, abgesondert von dem gro- ßen und vollstaͤndigen Menschen, zu welchem sich ihre Ge- brechlichkeit und Vergaͤnglichkeit, durch alle Produktion nur erheben will. , absolut getrennt von dem Keim, aus dem sie sich alle entwickelt haben, nie betrachtet werden. Adam Smith nennt die Zerlegung der Functionen der buͤrgerlichen Gesellschaft, Theilung der Arbeit, und macht die Vermehrung des Produkts zum Zweck und zum Grunde dieser Theilung — muß aber doch geschwind das Geld er- finden lassen, um diese Theilung zu realisiren: sein Geld indeß ist nichts anderes, als ein Surrogat jenes Zusammen- hanges, jener persoͤnlichen vereinigenden Kraft, welche der Mensch, ehe die Arbeit getheilt wurde, in eigener Person auszuuͤben genoͤthiget war. Die Theilung der Arbeit oder der einzelnen Functionen der buͤrgerlichen Gesellschaft ist also nur dadurch moͤglich, daß ein persoͤnlicher Zusammenhang zwischen den Verwal- tern eintrete, daß sie durch ihre Verbindung mit einander eine große und vollstaͤndige Person darstellen, und daß demnach keiner absolut getrennt fuͤr sich, sondern nur als Glied, als Organ der groͤßeren Person agire. Es ist klar, daß die koͤrperliche Organisation des einzelnen Menschen, naͤhmlich, wie solche sich der lebendigen Erkenntniß zeigt, oder, was dasselbe sagt, wie sie ist, wenn sie von der Erkenntniß oder vom Geiste durchdrungen wird, sich im Ganzen des Staates wieder finden muͤsse, und unter allen gedenkbaren Figuren sich vorbildlich fuͤr die Haushaltung des Staates am besten eigne, wie denn auch gleichfalls der Arzt wieder den Staat bey seinen Untersuchungen des menschlichen Koͤrpers mit gluͤcklichstem Erfolge benutzen koͤnnte; denn, was sich seiner Betrachtung hier innerlich verbirgt, und nur im Stillstande oder Tode vollstaͤndig betrachtet werden kann, das stellt sich dort aͤußerlich dar, und kann nur in der Bewegung und im Leben zur Anschauung kommen. Von jenem Roͤmer der so sinnvoll den Staatsprozeß mit dem Streit des Magens und der Glieder verglich, bis auf unsere Zeit herab, die nicht aufhoͤrt, neben ihren Summen und Massen, auch von Circulation des Geldes, von Staatskoͤrper, von politischer Arzeney, von Constitu- tionen und Organisationen zu sprechen, ohne zu wissen, welche große Sachen sie damit ausspricht, schwebt diese Wechselvorbildlichkeit des Staats und des menschlichen Koͤr- pers, wenigstens daͤmmernd vor den Augen aller. Indeß wollen wir vor der Hand durch ein drittes noch einfacheres Schema die große Gemeinschaftlichkeit dieser beyden Bilder ausdruͤcken, bis wir es wagen koͤnnen, das complieirtere aber deßhalb auch erfreulichere Bild des mensch- lichen Koͤrpers anzuwenden. — Man will noch immer nicht einsehen, wie der Mensch nicht bloße Hauptgedanken, sondern auch Hauptbilder vor der Seele hat, wenn er sich zum Handeln anschickt, ferner, wie ganze Geschlechter von einem falschen Bilde beherrscht werden koͤnnen. Welches Unheil hat das nunmehr schon bis auf seine letzten Faͤden abgenutzte Gleichniß von einem baufaͤlligen Hause bey den Gutdenkenden, bey den Leuten von so genanntem gesunden Menschenverstande in den letzver- flossenen Revolutionszeiten angerichtet? und wie viel kommt also darauf an, die ewigen Bilder der Dinge zu finden und zu zeigen, welche nur aus den Normalgestalten der Mathe- matik zu schoͤpfen sind? Das große Schema aller menschlichen Angelegenheiten ist, wie schon oben angezeigt worden, die Kugel , die Gestalt des großen Koͤrpers, der alle diese menschlichen Angelegenheiten traͤgt und haͤlt. Mit der bloßen Betrach- tung der Kugel ist die unendliche Bewegung gegeben: die Betrachtung muß von dem aͤußeren Flaͤchenraum unauf- hoͤrlich nach dem Mittelpunct hinein und wieder heraus steigen, kurz, in ewiger Bewegung bleiben, wenn die Vorstellung der Kugel vollstaͤndig bleiben soll; daher ist auch hier nur von einer freyschwebenden, sich bewegenden, das heißt: sich allein auf ihren Mittelpunct beziehenden Kugel die Rede, wie denn auch alle irrdischen Kugeln die- ses dadurch bethaͤtigen, daß sie die große Kugel, in deren Abhaͤngigkeit sie stehen — die Erdkugel nur in einem ein- zigen Puncte beruͤhren. Also denke man sich lieber die großen schwebenden und sich bewegenden Kugeln der Ge- stirne. Man begnuͤge sich vorlaͤufig mit diesem einfachen mathematischen Apparat, der nur fuͤr den gerade vorlie- genden Zweck, fuͤrs Haus, wie man zu sagen pflegt, ange- ordnet worden, bis die Mathematik selbst an die Reihe kommen kann Da wie in einer fruͤheren Anmerkung gezeigt, jede bestimmte Linie eine andere convergirende oder divergirende Linie voraussetzt, damit sie uͤberhaupt als Linie angeschauet werden koͤnne, so denke man sich eine solche gerade Linie, durch alle die unendlichen anderen gleich großen geraden Linien, die von allen Seiten her nach demselben Vereini- gungspunct moͤglich sind, bestimmt, so hat man zugleich das Skelett der Kugel. Hierdurch ist nun auch die besagte gerade Linie befriedigend bestimmt. Man setze auf den einen End- punct einer geraden Linie den Accent der Ruhe, auf den andern die unendliche Bewegung, so erhaͤlt man gleichfalls das Schema der Kugel. Ein großer ahndungsvoller Autor, dem wir unzaͤhlige Berichtungen unserer Ansicht verdanken, der verstorbene Friedrich von Hardenberg (Novalis) sagt: „jede Linie sey eine Weltaxe.” . Zweytes Kapitel. Von der Kugel, als oͤkonomisches Schema. D ie Functionen des buͤrgerlichen Lebens, die schon im Keime alle bey einander waren, die der einzelne Mensch mit seiner Persoͤnlichkeit alle umfaßte, und im Zusammenhang erhielt, treten aus dieser Persoͤnlichkeit heraus: das Schmie- dehandwerk, oder irgend ein anderes, wird abgesondert vom Ackerbau; zugleich muß auch der Ackerbau heraustreten, er muß mit weniger Kraͤften dasselbe produciren, was vorher da noch der Schmied den Acker mit bestellen half. Der Schmied trat aus dem Gleichgewichte des Ganzen heraus, sogleich mußte ein anderes Geschaͤft in entgegengesetzter Richtung aus diesem Gleichgewichte heraustreten, und so sich das Gleichge- wicht wieder herstellen. Waͤre der Landbau genau so verblieben wie bisher, so haͤtte der Schmied sein besonderes Gewerbe wieder nieder- legen, zuruͤckkehren, und so gar nacharbeiten muͤssen fuͤr die von ihm im Landbau versaͤumte Zeit. Aber der Schmied hat bisher nicht bloß im Landbau beygestanden, er hat bey den Opfern geholfen, er hat auch kaufmaͤnnisch heruͤber und hinuͤber getragen vom Hause zum Felde und so fort. Alle diese Functionen muͤssen von andern uͤbernommen werden, also alle muͤssen aus dem alten handgreiflichen Verein heraus treten, nach allen gedenkbaren Richtungen , und gerade um so viel als der Schmied. Wer zu weit heraus getreten, wer uͤber das Maaß hinaus getreten, welches alle mit einander halten koͤnnen, muß nothwendig zuruͤck und um so viel nacharbeiten, als er zu weit heraus getreten; denn das Ganze kann sich nur gemeinschaftlich erweitern, es kann nur von Innen heraus wachsen; die Frucht muß die Form annehmen, welche der Kern hatte. Da naͤhmlich jeder seine besondere Function nur verfolgen kann, in wie fern die uͤbrigen fuͤr die anderweiten Beduͤrf- nisse seiner vollstaͤndigen Natur sorgen, so wird es ihm, wenn er zu weit heraus getreten, an diesen allgemeinen Be- duͤrfnissen mangeln, und fuͤr die besonderen Erzeugnisse seiner Arbeit, wird sich bey der Gesammtheit der uͤbrigen kein hin- reichendes Beduͤrfniß vorfinden; er wird mehr produciren, als consumirt werden kann, mehr consumiren als producirt wer- den kann; seine groͤßere Fertigkeit, sein groͤßeres Produkt wird nichts helfen, wenn er aus dem Verhaͤltniß zu den Uebrigen herausgetreten ist, welches Verhaͤltniß in der Kind- heit der Staaten den Werth fast allein bestimmt: denn erst wenn mehrere Staaten mit einander bestehen, und wenn der Augenblick maͤchtiger geworden, wird das Produkt durch Ver- aͤnderung des Markts und Benutzung des Augenblicks einen momentanen, kuͤnstlichen Werth oder Preis erhalten, und wird es moͤglich seyn, daß dieser von dem natuͤrlichen und ewigen Werthe empfindlich abweiche. Unter den Waaren, wie wenige Arten derselben es auch in jener fruͤhern Zeit geben mag, wird doch nach Maaß- gabe des oͤftern und dringenderen Beduͤrfnisses eine Rang- ordnung Statt finden: die in diesen Beziehungen wesentlichste Waare wird am meisten begehrt werden, und an ihrem Vor- rath oder Mangel wird es der Einzelne merken koͤnnen, ob er noch mit allen uͤbrigen Arbeitern in der alten Vereinigung und in dem rechten Verhaͤltniß besteht: diese Waare wird zum Verhaͤltnißmesser, zum Maaßstabe, zum Gelde. Der Leser muß aus dieser Darstellung der ersten Ent- wickelung der Staatshaushaltung schon das mathematische Gesetz derselben entnommen haben. Schon ehe die aͤußere Thei- lung der Arbeit vor sich ging, und als der Einzelne alle seine Beduͤrfnisse noch selbst besorgte, zeigte sich ein Stre- ben jeder einzelnen oͤkonomischen Function aus dem Ganzen dieser Functionen heraus; da es aber so viel Beduͤrfnisse als Functionen gab, und diese Beduͤrfnisse im Laufe der Zeit alle an die Reihe kommen, so mußten sich die Functionen ihrer Befriedigung alle ins Gleichgewicht setzen: keine konnte ungebuͤhrlich thaͤtig heraustreten, weil auch fuͤr die andere gesorgt werden mußte. Kurz die erste einfachste ungetheilteste Haushaltung formt sich schon nach dem Gesetze der Kugel. Aus einem einzelnen Puncte treten die Functionen nach allen gedenkbaren Richtungen wie eben so viele Radien der Kugel heraus, je nachdem sie von einzelnen Puncten der entstehenden Oberflaͤche der Kugel her, von der Aussenwelt oder von dem Beduͤrfnisse Theoret. Theil K hervor gereitzt werden: keine aber darf sich von ihrem Mit- telpuncte weiter entfernen als die andere, weil das Beyein- anderbleiben eben so nothwendig ist als das Auseinander- streben. Die Radien muͤssen demnach als gleich gedacht wer- den: somit waͤre die Kugel also der Ausdruck der Form jeder natuͤrlichen und vollstaͤndigen Haushaltung. Im weiteren Fortgange und bey aͤußerer Theilung der Arbeit wird sich die Form der erweiterten Haushaltung nicht aͤndern koͤnnen; es bleibt bey der gleichen Nothwendigkeit des Auseinanderstrebens und Vereinigtseyns; die groͤßte Haushal- tung hat mit der kleinsten ein und dasselbe Gesetz, wie die groͤßte Kugel mit der kleinsten. Die Thatsache der aͤußeren Ar- beitstheilung kann im Wesen nichts veraͤndern; sie bewirkt im Ganzen der Oekonomie nichts Neues. Die bewundernswuͤrdige und erbauliche Massengroͤße des Produkts, die sie ergeben soll, ist nur von untergeordneter Bedeutung: so lange die Haushaltung bey dem innern Gleichgewichte ihrer Functionen verharrt, so muß die Groͤße des Produkts von selbst wach- sen; aber es ist ein augenblicklich und scheinbar sehr großes Produkt moͤglich, was jenem Gleichgewichte widerspraͤche, und die Verhaͤltnisse stoͤrte, also nicht bloß selbst werthlos waͤre, sondern auch andere Werthe zerstoͤren wuͤrde. Es ist also augenscheinlich, daß die Verhaͤltnisse noch viel mehr Aufmerksamkeit verdienen, als die Groͤßen. Das Wachsthum der Oekonomie selbst geht also nach demselben Gesetze vor sich, wornach alle Produkte dieser Oekonomie wachsen: es ist ein ewiges Wechselstreben von Innen nach Außen, und von Außen wieder nach Innen zuruͤck; vom Mittelpunct zur Oberflaͤche und von der Ober- flaͤche wieder zum Mittelpuncte. Ueberhaupt eignen sich die organischen Bildungen der Natur zu Gleichnissen fuͤr die Gegen- staͤnde der Kunst und der buͤrgerlichen Gesellschaft nur so lange noch nicht, als man auch diese natuͤrlichen Bildungen allein nach ihren Massen und oberflaͤchlichen Erscheinungen erwaͤgt: so bald aber das innere mathematische Gesetz der Bildung in Anregung kommt, so zeigt sich dieselbe Wesentlichkeit in allen Werken der Natur, der Kunst und der buͤrgerlichen Gesellschaft. Man koͤnnte mir den Einwurf machen, daß der Grund- satz des Adam Smith von der freyen Concurrenz ja auch zu einer solchen Kugel-Construction fuͤhre, und daß dieser Schriftsteller ja auch nur verlange, daß man den oͤkonomischen Objecten erlauben solle, sich unter einander selbst ins Gleich- gewicht zu stellen, und daß keine Regierung eigenmaͤchtig oder willkuͤhrlich der oͤkonomischen Thaͤtigkeit eine Bahn vorschrei- ben solle, die nicht im Gange der natuͤrlichen Haushaltung sich schon von selbst und ohne alles vormundschaftliche Zu- thun einrichtet. — Zufoͤrderst nun sieht jedermann, daß ich die Willkuͤhr der Regierungen, gegen die sich Adam Smith erhebt, eben so wenig in Schutz nehme, als die Willkuͤhr der Privaten. Es ist aber nichts anderes als die Willkuͤhr der Privaten und nicht etwa das Gesetz der Natur selbst, wo- mit Dr. Smith der Willkuͤhr der Staatsadministrationen entgegen arbeitet. Er befuͤrchtet von dieser Willkuͤhr der Privaten nichts, weil eine maͤchtige Nothwendigkeit jeden Einzelnen zwinge sein Interesse wahrzunehmen, weil die Beduͤrfnisse des Men- K 2 schen, wenn sie nur allein regieren duͤrfen, dieser Willkuͤhr schon, hinreichende Zuͤgel anlegen. Es ist aber schwer einzu- sehn warum dieselbe zwingende Nothwendigkeit nicht auch uͤber die Staatsadministrationen walten soll: auch hier kann eine Abweichung von dem Naturgesetz, oder von dem wah- ren Interesse nur augenblicklich seyn; auf die Dauer wird jede Regierung eben sowohl wie jeder Privatmann in die wahren Schranken zuruͤckkehren muͤssen. Weil aber die Re- gierung eine andere Zeitrechnung hat als der Privatmann, weil aus ihrem Standpuncte die Dauer ganzer Generatio- nen nicht viel mehr bedeutet als fuͤr den Einzelnen die Dauer eines Jahres, weil sie die hinterlassene Macht ganzer Gene- rationen zur Ausfuͤhrung ihrer willkuͤhrlichen Anordnungen mißbrauchen kann, waͤhrend dem Einzelnen doch im Durch- schnitt nur die im Laufe weniger Jahre erworbene Kraft zur Disposition steht, so scheint es, daß bey ihr die Augenblicke der Verirrung, der Abweichung vom Naturgesetz auch laͤn- ger dauern koͤnnten, als beym Privatmann, daß also ihre Willkuͤhr eine gefaͤhrlichere waͤre, als die des Privatmannes. Wenn man sich dagegen erinnern will, daß die Anarchie eines einzigen Jahres mehr zu zerstoͤren vermag, als der Despotismus uͤber eine ganze Generation, so wird man ein- sehn, daß das Unheil, welches aus beyderley Willkuͤhr kommt, gleich groß ist, und daß, wenn die Willkuͤhr der Regierungen fuͤr den Augenblick geringeres Uebel stiftet, dagegen laͤnger zu dauern vermag, die Willkuͤhr der Einzelnen zwar voruͤber- gehend sey, dagegen aber fuͤr den Augenblick auch desto mehr z erstoͤre. Das große Geboth, die ewigen Beduͤrfnisse der Ge- sellschaft gegenwaͤrtig zu erhalten, und nach ihnen die Hand- lung und die Arbeit des Augenblicks zu bestimmen, wird auf gleiche Weise verletzt, es moͤge nun von Einem fuͤr die Dauer einer ganzen Generation, oder von unzaͤhlig vielen fuͤr die Dauer eines Jahres uͤbertreten werden. Jede Lehre, die der aͤußeren Naturnothwendigkeit die Aus- gleichung gesellschaftlicher Zerruͤttungen uͤberlaͤßt oder uͤber- traͤgt, ist revolutionaͤr ; von welcher Seite man auch diese blinde Gewalt der Natur in den Staat einlasse, so er- klaͤrt man damit doch immer den Banquerot der menschlichen Einrichtungen und Gesetze, oder jener sittlichen, deutlichen Nothwendigkeit, welche wir aus der Geschichte der Ent- wicklung unsers buͤrgerlichen Vereins und aus allen Spuren, welche die fruͤheren Schicksale und Thaten der Voͤlker hinter- lassen haben, entnehmen koͤnnen. Irgend eine menschliche Handlung sich selbst oder jener aͤußeren und blinden Noth- wendigkeit uͤberlassen, heißt, alles menschliche Gesetz uͤber- haupt, und zugleich die Freyheit, die Selbstbestimmung des ganzen Geschlechtes aufheben. Jeden Einzelnen wuͤrde sein Lokal, der besondere Umstand seines Gewerbes und Lebens schon von selbst antreiben, das Raͤthlichste und Nuͤtzlichste zu thun, meint Dr. Smith . Daraus folgt, wenn wir nicht zugleich, was freylich consequenter ge- wesen waͤre, den ganzen Staat aufheben wollen, daß auch der Regierende von seinem Lokal, welches der ewige Staat selbst ist, und von den Umstaͤnden seines Geschaͤfts, welches doch nur die Beduͤrfnisse der gesammten Gesellschaft sind, bestimmt werden wird, das Raͤthlichste und Beste zu thun. Wir koͤnnen also die Willkuͤhr der Einzelnen nicht proclami- ren, ohne zugleich die Willkuͤhr der Regierung zu legalisiren, und demnach das Remedium, was wir verordnet, selbst wie- der von Grund aus aufzuheben. Ich habe schon hinreichend erwiesen, daß der Mensch um Einem Herrn zu dienen, um einem Gesetze folgen zu koͤnnen, in zwey, nicht von einander absolut getrennten, sondern in einer unendlichen Wechselverbindung stehenden Welten leben muͤsse. Er lebt in gewissen Doppelumstaͤnden auf einem ge- wissen Doppellokal: in seinem Hause und zugleich im Staate: mit einem besondern Interesse und zugleich mit einem allge- meinen Interesse. Er hat augenblickliche Beduͤrfnisse fuͤr sein Haus, aber zugleich das ewige Beduͤrfniß des Staats, weil nur der Staat ihm sein Haus verbuͤrgen kann; der Regierende, oder wer den Staat repraͤsentirt, hat Beduͤrfnisse fuͤr die Dauer, die Erhaltung des Staates oder doch wenigstens sei- ner Stellung als Repraͤsentanten des Staates, er hat also auch zugleich das bestaͤndige Beduͤrfniß aller einzelnen Haus- wesen, die wieder den Staat verbuͤrgen muͤssen. Aber beyde stehen unter dem maͤchtigen Einfluß der Gegen- wart, der Irrthuͤmer des Augenblicks, und koͤnnen, sich selbst zerstoͤrend, einander vergessen. Indem ich nun erklaͤre, jeder Einzelne moͤge nach Willkuͤhr sein besonderes Lokal besorgen; indem ich ihm also auch die Befugniß ertheile, des allgemeinen Beduͤrfnisses zu vergessen, und in wie fern nicht die augenblick- liche Erscheinung dieses allgemeinen Beduͤrfnisses, oder der Markt ihn beschraͤnkt, alle andere Schranken und Gesetze auf- hebe, die um des ewigen Beduͤrfnisses willen, wieder dem augenblicklichen Markt seine gehoͤrigen Grenzen anweisen muͤs- sen, hebe ich die Bezuͤglichkeit jeder einzelnen oͤkonomischen Function auf die Vereinigung, davon sie ausgegangen, und dahin sie immer zuruͤckkehren soll, auf: ich versuche jeden Augenblick das Ganze zur Kreisflaͤche anzuordnen, da ich aber keinen festen und bleibenden Mittelpunct habe, vielmehr statt desselben nur ein ewig veraͤnderliches Wesen, den Markt, so bleibt es bey unregelmaͤßigen Wirbeln statt des Kreises, und an die Kugel ist nicht zu denken. Es sind in der That die Concurrenz, die Freyheit, der Markt, welche die wahren Werthe bestimmen, welche die Pro- duction und den Lebensgenuß aller Einzelnen nicht bloß be- foͤrdern, sondern erst moͤglich machen, und welche der gesammten Haushaltung des Staates die gerechte, sphaͤrische Form ge- ben; aber das ist eine Concurrenz , bey der nicht die Be- duͤrfnisse und Erzeugnisse dieses Augenblicks allein, sondern auch die ewigen, der ganzen unsterblichen Staatsfamilie concurriren; eine Freyheit , mit der die Freyheit der Nachkommen beste- hen kann, die also nicht bloß durch die Freyheit der Zeitgenos- sen, sondern auch durch die Satzungen und Beduͤrfnisse der Vorfahren beschraͤnkt wird; ein Markt , auf dem nicht bloß die vergaͤnglichen Produkte des getheilten und isolirten Fleißes der Arbeiter, die gerade jetzt die Haͤnde ruͤhren, erscheinen, son- dern auch der gesammte Nachlaß der Vergangenheit an Macht, Credit, Weisheit und allen jenen unsichtbaren Guͤtern und Beduͤrfnissen, die, weil sie nichts anderes zu produciren vermoͤ- gen, als die Produktion selbst, von der unglaͤubigen Theorie fuͤr unproduktiv geachtet werden. Kommen die abwesenden Zeiten und Menschen, die unsicht- baren Beduͤrfnisse und Guͤter des Menschen mit in Anschlag wie es sich gebuͤhrt, so ist nun ein Allgemeines da, welches die Willkuͤhr beschraͤnkt und zur Freyheit erhebt, so ist nun jene sitt- liche Nothwendigkeit da, welche das besondere Bestreben gleich bey seinem Ursprunge durchdringt, und dem man sich mit dem Gefuͤhle der Freyheit unterwirft, waͤhrend die rohe Natur- nothwendigkeit erst aus verzweifelnder Sklaverey, oder aus der Asche ganzer Geschlechter eine neue Ordnung hervorzwingt, die auch erst wenn sie vom Geiste der Freyheit anerkannt, also zur sittlichen Nothwendigkeit erhoben wird, fuͤr eine bessere Ordnung der Dinge zu halten ist. Wer nicht bloß an einzelnen Stellen die Beduͤrfnisse des hoͤhern Lebens uͤber die des gemeinen vergißt; wer in der gro- ßen Masse des Volkes nichts sieht, als den gefraͤßigen Magen und die harten schaffenden Haͤnde; wer alle seine Vorstellungen der gesellschaftlichen Thaͤtigkeit hernimmt, von der Galeeren- sklaverey des staͤdtischen Tageloͤhners; wer uͤber den Stand- punct des verkuͤmmerten, mechanisirten Fabrikarbeiters nie hin- aus geht, wer in den Ketten der edeln Metalle so tief befan- gen ist, daß er von einer Wechselwirkung persoͤnlicher Kraͤfte, von gegenseitigen Dienstverpflichtungen ganzer Familien uͤber den Raum der Jahrhunderte hinaus, nichts ahndet; wer die Wiege der europaͤischen Freyheit, das feudalistische Mittelalter, wer diesen Quell aller stolzen Empfindungen nicht kennt, deren letzter Nachklang noch heut unser ganzes zerschliffenes, zerbil- detes Daseyn troͤstend aufrecht erhaͤlt; kurz wer an nichts glauben kann, als an das, was er greift, und was ihm enge, staͤdtische Zollhaus-Erfahrungen oder Versuche an dem Cadaver der Weltgeschichte zu greifen geben — wie moͤchte der von dem Nationalcredit, von dem Reichthum und von der Haushaltung der Voͤlker Rechenschaft geben koͤnnen. Der Gegenstand ist zu groß, die Industriewuth zu allge- mein, der Eifer der Gutgesinnten selbst, auf zu geringfuͤgige Uebel gerichtet, als daß ich mich zu entschuldigen brauchte daruͤber, daß mit dieser ganzen Schilderung der rechtschaffene Adam Smith gemeint ist. Er selbst wuͤrde mich, spraͤche ich nachsichtiger uͤber seine Theorie, nicht entschuldigen, wenn er nur den Schluß seines Jahrhunderts erlebt haͤtte, oder wenn er seine Tageloͤhner, welche eine goldene Zeit herbey industriren sollten, heut von der Armentaxe zehren, und millionenweis in die Methodistenversammlungen stroͤmen saͤhe, nach einem Schimmer jener hoͤheren Guͤter, die er in seinem Waarenlager und auf seinem Markt nicht zu brauchen wußte. Also der vollstaͤndige Mensch und alle unendliche Richtun- gen seiner Natur nach sichtbaren und unsichtbaren Beduͤrfnis- sen bilden die Kugel, welche sich nach dem Gesetze fortwachsend zum Staate, zur Staatshaushaltung erweitert. Daß alle diese Richtungen sich unter einander bedingen, und keine des Beystandes der andern entbehren kann, bringt sie alle in einen gemeinschaftlichen Vereinigungspunct: beym Menschen ist dieser Vereinigungspunct das Gefuͤhl seiner Persoͤnlichkeit; an dem Schema der Kugel ist es das Centrum. In dem man dem Menschen Persoͤnlichkeit zuschreibt, so behauptet man zugleich die Convergenz aller seiner Kraftrichtungen, d. h. die Con- vergenz aller Beduͤrfnisse, welche diese Kraftrichtungen hervor reitzen, also eine unendliche Verhaͤltnißmaͤßigkeit unter allen Functionen seiner Kraft; da nun der Staat nichts weiter ist, als der sich auswachsende Mensch, da von seiner Ganzheit der Bestand aller seiner einzelnen Kraͤfte abhaͤngt, diese Ganz- heit aber ebenfalls nichts ist, als die unendliche Verhaͤltniß- maͤßigkeit der Theile, so ist die Betrachtung dieser Verhaͤlt- nisse der Kraftfunctionen unter sich das Hauptstuͤck aller Staatsweisheit. Zahlen reichen bey dieser Erwaͤgung nicht aus: nur eine Normalfigur, wie die Kugel, kann ausdruͤcken, was gemeint wird. — Drittes Kapitel. Vom Gelde. D iejenigen oͤkonomischen Functionen also, welche in dem urspruͤnglichen Menschen alle vereinigt sind, treten im Fort- gange des gesellschaftlichen Lebens aus einander; indessen ver- bleibt ihnen allen ein Streben nach ihrem Ursprunge, nach ihrer Vereinigung zuruͤck. Denn wenn der Mensch auch sein ganzes Leben einer einzelnen oͤkonomischen Function hinzugeben vermag, so muͤßte er erst sich aller andern Beduͤrfnisse ent- schlagen, und nur das Eine behalten koͤnnen, welches durch seine besondere Thaͤtigkeit befriedigt wird, um sich von der Gesellschaft der uͤbrigen absondern zu koͤnnen. So aber behaͤlt er alle Beduͤrfnisse des urspruͤnglichen Menschen, waͤhrend er allen oͤkonomischen Thaͤtigkeiten des urspruͤnglichen Menschen bis auf Eine entsagt: die Arbeit theilt sich unter die Einzelnen Haͤupter der Menschen, die Beduͤrfnisse aber, welche die Arbeit bestimmen, bleiben in jedem Einzelnen Menschen bey einander. Er kann also nur arbeiten in wie fern die ganze Gesellschaft fuͤr ihn arbeitet: er bedarf die Gesammtheit der uͤbrigen und ihre Kraͤfte an allen Orten; kurz die Gesellschaft, die Vereinigung aller oͤkonomischen Functionen, der Staat — bleibt das Beduͤrfniß aller Beduͤrfnisse. Ich habe bereits oben angedeutet, daß dieses Beduͤrf- niß der Vereinigung in der natuͤrlichen Ordnung der Dinge zunehmen muͤsse in demselben Grade wie die Theilung der Arbeit; daß je mehr die Kraͤfte des Menschen aus einander treten, auch das Band derselben, oder der Staat um so gewaltiger werden muͤsse. Alles dieses stellt sich den Sin- nen dar in den Verrichtungen des Geldes : das Verlan- gen nach dem Gelde ist ein bloßer unvollkommener Repraͤ- sentant des hoͤheren Verlangens nach der Vereinigung, nach dem Staate; und es gilt unter allen tiefen Verwickelungen des oͤkonomischen Lebens noch heut, daß, wer in dem Gelde irgend etwas anders begehrt, als die buͤrgerliche Gesellschaft, welche die Materie des Geldes nur symbolisch andeutet, oder wer diese Materie an sich begehrt, nie befriedigt wer- den koͤnne. Daher habe ich an einem andern Orte gezeigt Elemente der Staatskunst. II. III. Theil. , wie das Geld eigentlich nichts anders sey, als die Eigen- schaft der Geselligkeit, welche in groͤßerem oder geringerem Grade allen Dingen inwohne, und daß unter den Sachen, besonders die edeln Metalle, unter den Personen aber noch in viel vollkommnerer Gestalt der wahre Staatsmann diese Eigenschaft an sich trage. Wenn man also in neueren Zeiten die Sache so darge- stellt, als sey ein Staatspapier ein bloßes Substitut der Metalle, oder als koͤnne ein Versprechen des Staates die Metalle nur repraͤsentiren, und als sey selbiges ohne Beziehung auf die Metalle wesenlos, so hat man die Ord- nung der Dinge umgekehrt: die Metalle sind die Repraͤsen- tanten; das große Beduͤrfniß des Zusammenhaltens, welches schon vor aller Theilung der Arbeit die einzelnen Organe des Menschen verbindet, dann spaͤter alle die verschiedenen oͤko- nomischen Functionen unaufhoͤrlich zu ihrem Ursprung und zur Vereinigung zuruͤck zieht; das, was die Metalle durch den Stempel, wie durch eine Art von Creditiv erst zum Gelde erhebt, und was endlich bey weiterer Entwickelung des buͤrgerlichen Lebens durch das Staatspapier ausgedruͤckt wird — ist das Principale. Der wohldenkende Leser wird also einsehen, daß, wie- wohl sich alles hoͤhere gesellschaftliche Beduͤrfniß des Men- schen, und die unerlaͤßliche Bedingung aller Arbeitstheilung in dem Metallgelde versteckt, dennoch einem Heer von Miß- verstaͤndnissen Thuͤr und Thor geoͤffnet ist, wenn man, wie in den Untersuchungen des Adam Smith geschehen, von einer bestimmten Erfindung des Geldes redet. Nach diesem ersten Irrthum bleibt das Geld durch den ganzen Fortgang der Untersuchung ein nuͤtzliches Auskunftsmittel bey dem Tausch und Kram des gemeinen Lebens; es bleibt Waare: als Maaßstab der geselligen Eigenschaft aller uͤbrigen Waaren kann es der Autor nicht brauchen, weil er das unsichtbare Wesen, welches im Metallgelde diese uͤbrigen Waaren mißt, nicht kennt; der Maaßstab muß wo anders gesucht werden, und weil selbst unter den Irrthuͤmern der Men- schen ein Gleichgewicht Statt findet, so bestraft sich die allzumaterielle Vorstellung des Geldes durch eine allzuideale des Maaßstabes; der Begriff der Arbeit wird zum Maaßstabe erhoben. Das Geld ist so wenig als der Staat, oder die Sprache eine Erfindung. Der Mensch, in wie fern er nur uͤberhaupt da ist, bedarf Personen und Sachen: die Sachen um der Personen, die Personen um der Sachen Willen, beyde um seiner Unvollkommenheit Willen, beyde um sich zu ergaͤnzen, um sich zu verewigen. Er bedarf also außer sich selbst noch eines Bandes, das ihn mit den Personen und Sachen un- aufloͤslich verbinde, und wiewohl sein eigenes unnachlassen- des Beduͤrfniß nach jener Gemeinschaft schon diese Verbin- dung vollzieht, so wird er doch derselben sich nur bewußt, in wie fern er in den Personen und Sachen das gleiche Be- duͤrfniß wahrnimmt. Das, was diese Verbindung vollzieht, ist in den spaͤtesten Entwickelungen der buͤrgerlichen Gesell- schaft, wie in den fruͤhesten Anfaͤngen derselben, der Staat; und Geld ist nichts anders als der oͤkonomische Ausdruck fuͤr dieses Beduͤrfniß der Vereinigung oder fuͤr den Staat; so wie Gesetz der juristische Ausdruck dafuͤr ist. Unter den Sachen sind es die edeln Metalle, unter den persoͤnlichen Kraͤften des Menschen ist es das Wort, von denen jedes in seiner Sphaͤre die Vereinigung vollzieht, die der Mensch unaufhoͤrlich unter allen seinen persoͤnlichen und saͤch- lichen Angelegenheiten zu stiften strebt: die edeln Metalle find das natuͤrlichste Band unter den Sachen, das Wort ist das natuͤrlichste Band unter allen persoͤnlichen Kraͤften. Das Wort und das edle Metall sind also die beyden großen Formen, unter denen das Geld erscheint; die beyden großen Versinnlichungen des oͤkonomischen Staates. Keines von bey- den allein und fuͤr sich druͤckt das Wesen des Geldes voll- staͤndig aus: wer also eine bloß materielle Anschauung des Geldes haͤtte, oder wer es bloß im edeln Metalle begriffe, haͤtte von dem Wesen des Geldes, und weiterhin von seinem Leben und seinem Umlauf eine eben so falsche und todte Vor- stellung, als derjenige, der eine bloß idealische Anschauung desselben naͤhrte, das heißt: der es nur als Wort, als fixir- tes Wort, im Muͤnzstempel oder auf dem Papier zu begreifen wuͤßte. Diese Distinction ist das A und O aller staatswirthschaft- lichen Ansichten. Weil die letztverflossenen Jahrhunderte sich allzusehr auf die Seite der materiellen Anschauung des Geldes heruͤber geneigt, weil sie das Geld allzuausschließend in den Metallen gesucht und erstrebt haben, so hat sich die andere versaͤumte Geldform, naͤhmlich, das Wortgeld dafuͤr geraͤcht: ungeheure Papiercirculationen sind ungerufen in die Staaten eingedrungen; je mehr man sie fuͤr ein reines Uebel gehal- ten, je aufrichtiger man sie verabscheut hat, um so mehr hat man dergleichen creiren muͤssen. In dieser Wildheit uͤber die Staaten herschwaͤrmend sind diese Papierformen des Geldes auch wirklich ein reines Uebel; aber niemand hat ein Recht sie also zu nennen, der durch seine Parteylichkeit fuͤr die Metalle den Zorn der versaͤumten, und doch eben so noth- wendigen andern Partey erweckt, also durch seine Ungerech- tigkeit, sie zu einem reinen Uebel gemacht hat. So sind Be- wegung und Ruhe, Krieg und Friede zwey gleich nothwendige Formen desselben politischen Lebens: seitdem man aber den absoluten Frieden fuͤr sich hat ergreifen und darstellen wollen, seitdem man die innere Verfassung der Staaten ausschließend fuͤr den Frieden eingerichtet hat, so haben die stehenden Ar- meen im steigenden Verhaͤltniß zunehmen muͤssen, und nun erst ist der Krieg zum reinen Uebel geworden. Was zur voll- staͤndigen Natur des Menschen gehoͤrt, wird in demselben Maaße, als die Menschen sich seiner zu entschlagen suchen, sich um so hartnaͤckiger, druͤckender, feindseliger aufdringen. Der Mensch steht in einem gleichwesentlichen Verhaͤltniß zu den Personen und zu den Sachen, aber es ist schon in der Einleitung gezeigt worden, daß er um der Personen Willen in einem Verhaͤltniß zu den Sachen, und um der Sachen Willen in einem Verhaͤltniß zu den Personen steht, daß er keines dieser beyden Verhaͤltnisse in einer absoluten Absonderung fuͤr sich behandeln koͤnne, kurz, daß ein absolutes Privateigenthum, und ein absolutes Privatleben zu denken unmoͤglich ist. Also kann er auch weder die Geldform, welche die Sachen umfaßt (das edle Metall) noch die andere Geldform, welche die persoͤnlichen Kraͤfte umfaßt (das Wort) abgesondert fuͤr sich betrachten oder behandeln. Es gibt demnach eben so wenig reines Metall- geld als reines Papier- oder Wortgeld. Wo also Metall- geld wirklich vorhanden ist, da muß es mit dem Worte schon versetzt seyn: und, wo wirkliches Wortgeld (Schrift- oder Papiergeld) vorhanden ist, da muß es mit dem Metallgelde versetzt, und gleichsam dadurch bestaͤtigt seyn. Mit andern Worten: wenn das Metallgeld zu wirklichem Gelde werden soll, so muß das Wort sein Siegel, seinen Stempel darauf druͤcken: es muß Muͤnze werden Die Angabe des Gewichts und der Feinheit consti- tuiren das Wesen der Muͤnze noch nicht. Das Wort ist nichts ohne die Person des Sprechers: jedermann wird fragen, wer Gewicht und Feinheit auf dem Metalle angegeben. Das Bild oder Zeichen, oder der Wahlspruch, oder das Wappen des praͤgenden Souveraͤns, oder der praͤgenden Commune muß hinzugefuͤgt werden. Ferner die Bestimmungen des Gewichts, der Feinheit, der Benennung der Muͤnze, sind Einrichtun- gen der buͤrgerlichen Gesellschaft, sind Sachen der Convention. Der Inbegriff aller dieser Dinge ist das Wort, welches zum Metall hinzu kommen muß, damit es zur Muͤnze werde. : andererseits soll das Wort zum wirklichen Gelde werden, so muß es in Beziehung auf das Metall stehen, es muß durch das Metall bestimmt werden. Wollte man nun aber behaupten, eines von beyden muͤsse dem andern unterworfen seyn, entweder das Papiergeld ab- haͤngig nach Sklavenart vom Metallgelde, oder das Metall- geld vom Papiergelde, so wuͤrde man in beyden Faͤllen be- haupten, daß eines von beyden unabhaͤngig fuͤr sich existiren koͤnnte, daß eines von beyden absolut fester und unveraͤnder- licher Maaßstab des andern waͤre, und, daß die Sachen, welche das eine repraͤsentirt, voͤllig unabhaͤngig waͤren von den Personen und persoͤnlichen Kraͤften, welche das andere repraͤsentirt und umgekehrt. Eine Zeit also, welche das ab- solute Privateigenthum und Privatleben fuͤr moͤglich haͤlt, wird auch eine von den beyden Geldformen, und wahrschein- lich die saͤchliche, das Metallgeld fuͤr den unbedingt festen Theoret. Theil L Maaßstab der anderen, und die andere Geldform des Wort- (Papier-) Geldes fuͤr den Sclaven der Ersteren halten. So ist es auch wirklich, und der allgemein verbreitete Grundsatz: „daß das Papiergeld uͤberhaupt nur als Substitut des Metall- geldes zu denken sey“, nur ein besonderer Ausdruck fuͤr den noch allgemeineren, doch weniger keck ausgesprochenen Grund- satz: daß alle persoͤnlichen Verhaͤltnisse des Menschen, Staat, Staͤnde, Corporationen u. s. f. nur um des saͤchlichen Be- sitzes, um der Sicherheit Willen des Privateigenthums vor- handen waͤren, ohne daß das Privateigenthum seinerseits wieder dem Staate unterworfen waͤre Die allgemeine Befugniß: Krieg zu fuͤhren, dafern man des Privateigenthums schone, zeigt deutlich genug, daß der Staat und alle persoͤnlichen Verhaͤltnisse nur als Accidenz des Privateigenthums betrachtet werden. — . Wenn auch unter den Sachen das edle Metall, und unter den persoͤnlichen Kraͤften das Wort regiert, so steßt doch nichts desto weniger jede dieser beyden Maͤchte in einem veraͤnderlichen Verhaͤltniß zu dem Gebiete, worin sie regiert; und da nun noch uͤberdieß die Herrschaft der Einen unauf- hoͤrlich in die Herrschaft der Anderen eingreift, da jede Sache einzeln durch persoͤnliche Verhaͤltnisse und jede Person, wie jedes persoͤnliche Verhaͤltniß wieder durch Sachen garantirt werden muß, so koͤnnen die beyden regierenden Geldformen sich nur behaupten, in wie fern sie einen unaufloͤslichen Bund mit einander schließen, in wie fern sie sich gegenseitig garan- tiren, das heißt: in die oben beschriebene Wechselverbindung treten. So lange noch das Wort selbst auf der Erde gegolten hat, so lange noch neben dem sparsamer verbreiteten Me- tallgelde ein eben so maͤchtiger persoͤnlicher Glaube stand, so lange war ein Mißbrauch des Metallgeldes unmoͤglich: im Mittelalter war in den feudalistischen Dienstverhaͤltnissen die andere Geldform vorhanden, und erhielt das Metallgeld in seinen Schranken. Nachfolgende Geschlechter sind von dem Glauben, von dem Worte, von der Persoͤnlichkeit abgefal- len: ganze Gebirge von edeln Metallen sind ihrem Irrthume, ihrer Schwaͤrmerey fuͤr den saͤchlichen Besitz auf halbem Wege entgegen gekommen. Darauf hat nach dem ewigen Natur- gesetze des Gleichgewichts, auch der Irrthuͤmer, die ver- saͤumte Persoͤnlichkeit, der vernachlaͤßigte Glaube, das zu- ruͤckgesetzte Wort sich raͤchen muͤssen: die Schuldenverhaͤltnisse, die Creditsysteme und das Papiergeld des letzten Jahrhunderts sind durch diese unvermeidliche Reaction entstanden. Die Welt haͤlt sie fuͤr reine Uebel: thue sie nur noch den einzigen Schritt zu erkennen, daß der Mißbrauch der Menschen diese hoͤchst natuͤrlichen Dinge erst zu Uebeln gemacht hat. Man unterwerfe sich ihnen mit Freyheit, man erkenne ihre Un- entbehrlichkeit, man versoͤhne sich mit ihnen, man inoculire sie Hat man doch die Blattern so bezwungen: die noth- wendigsten Hausthiere, sind solche gezaͤhmte reine Uebel. Auch der Krieg laͤßt sich inoculiren, indem man alle Friedens- institute des Staates mit seinem Geiste durchdringt. , man zaͤhme sie: und diese reinen Uebel werden die kraͤftigsten Bindungsmittel des Staates, und die sichersten Buͤrgschaften fuͤr das Gluͤck jedes Einzelnen werden. L 2 Alle gedenkbaren Argumente, welche man gegen das Papiergeld aufbringen kann, treffen immer nur jene wilde Reaction der Natur gegen die Alleinherrschaft des Metall- geldes: gluͤcklicher Weise aber hat auch sie schon zu weit um sich gegriffen, als daß es in dem Gebiete menschlicher Macht laͤge, ihre Wirkungen zu vernichten; und darin thun wir es nun, Dank sey es dieser großen Erfahrung, dem Mittelalter zuvor, daß wir die beyden sichtbar vorhandenen Geldformen als gleichwesentliche Elemente des Geldes mit Bewußtseyn anerkennen, und, indem wir unsere Metallgeldwirthschaft mit der Papiergeldwirthschaft in wahre Wechselwirkung brin- gen, ein sicheres, durch sich selbst verbuͤrgtes Geldsystem erlangen koͤnnen. Denn in der Wechselwirkung der beyden Geldformen lebt und entsteht erst das eigentliche Geld, wie sich uͤberhaupt auch eine Einsicht in das Wesen des eigentlichen Geldes nicht etwa durch eine fest stehende Theorie, sondern nur durch eine wahrhaft historische, mitschreitende, mitlebende Betrachtung der ewigen Wechselverbuͤrgung der Metalle durch das Wort erlangen laͤßt. Nicht anschaulicher wuͤßte ich diesen großen Prozeß der Gelderzeugung zu machen, als indem ich zu dem Schema der Kugel zuruͤckkehre. Metallgeld und Wortgeld sind die bey- den Pole der oͤkonomischen Sphaͤre: jede oͤkonomische Func- tion, die aus der urspruͤnglichen Vereinigung aller Functionen in einem und demselbigen Menschen heraus trat, noͤthigte eine andere entgegen gesetzte Function aus dem Mittelpuncte heraus zu treten: so entwickelte sich meiner obigen Beschrei- bung nach die Kugel. Aber alle die so entstehenden Radien und Diameter unter sich, alle diese verschiedenen oͤkonomischen Functionen sind wieder einem Hauptradius, einem Diameter par excellence untergeordnet, wie alle Radien und Dia- meter der Erdkugel einem Hauptdiameter, naͤhmlich, der Axe untergeordnet sind, um welche sie sich zunaͤchst und dann erst mit ihr um den Mittelpunct der Erde bewegen. Diese Hauptfunction, diese Axe der oͤkonomischen Sphaͤre ist die Function des Geldes . Und wenn man sich in die Hemisphaͤre des einen Pols alle saͤchlichen Functionen denkt, so werden sich diese freylich zunaͤchst um den saͤchlichen Pol, den Pol des Metallgeldes drehen, eben so wie die gesammten persoͤnlichen Functionen zunaͤchst um den persoͤnlichen Pol, um den Pol des Glaubens- Credit- Wortgeldes: indeß da jede einzelne saͤchliche Function nur moͤglich wird durch eine Art von Antipoden, das heißt: durch die Entstehung einer entgegen gesetzten persoͤnlichen Function, so wird auch jeder von den beyden Polen mit allen seinen Dependenzen in jeder Ruͤcksicht bedingt seyn durch den andern; eben so jede Hemis- phaͤre durch die andere. Beyde Pole Metallgeld und Credit- (Papier-) Geld wer- den sichtbar heraus treten, aber mit allen Welterscheinungen, die davon abhaͤngen, demjenigen ewig unverstaͤndlich bleiben, der die Beziehungen dieser beyden Pole, und aller anderen gedenkbaren Radien mit ihnen auf den unsichtbaren Mittel- punct, auf das eigentliche Geld nicht kennt. Die Menschen taͤuschen sich uͤber die Richtungen ihrer Thaͤtigkeit; sie glau- ben bald hier, bald dorthin zu wirken, sie entscheiden sich fuͤr einen der beyden Pole ausschließlich: indeß ist es immer und an allen Orten nur jener Mittelpunct, jenes unsichtbare Geld, welches sie und all ihr Werk traͤgt, zieht, regiert. Viertes Kapitel. Unterschied der Wechselsclaverey und der freyen Wechsel- wirkung, zwischen den oͤkonomischen Kraͤften. W enn man die Vorstellungen unserer Zeitgenossen von dem Verkehr, dem Tausche, dem Handel, dem Markte bedenkt, so ergibt sich, daß wohl empfunden wird, wie in letzter Instanz die Nachfrage oder das menschliche Beduͤrfniß, also etwas hoͤchst Persoͤnliches alle diese Umsaͤtze und Uebertragungen der Sachen regiere: indeß da man nur auf das koͤrperliche Beduͤrfniß des Menschen, auf das Beduͤrfniß des Menschen nach Sachen, nach Handgreiflichkeiten, nach Augenblicklich- keiten Ruͤcksicht nimmt, da man die oͤkonomische Ordnung der Dinge errichtet zu haben glaubt, wenn man diesen Au- genblicklichkeiten gestattet, sich frey unter einander ins Gleich- gewicht zu setzen, da man durchaus keine Anstalt trifft, die hoͤheren moralischen und ewigen Beduͤrfnisse der Menschen, welche in der Sorge fuͤr den Augenblick so leicht versaͤumt werden, und ohne die demnach eine dauerhafte Befriedigung des Augenblicks unmoͤglich ist, mit auf den Markt zu brin- gen — so ist klar, daß man eigentlich den handgreiflichen Sachen die Regierung der Welt uͤbergibt, und an eine, in den Sachen verborgene, dunkle, anordnende Gewalt viel- mehr, als an die Persoͤnlichkeit des Menschen und an seine Oberherrschaft uͤber die Dinge glaubt. Es ist auch natuͤrlich, daß die Theorie sich dem gemei- nen Manne mundrecht zu erhalten strebt, und kein Verlan- gen traͤgt nach einer hoͤheren Grundlage, als der gemeinen Denkungsart ihrer Zeit: der gemeine Mann aber glaubt heutiges Tages nicht vielmehr als er gerade vor sich sieht, und, da in den Personen allezeit etwas Geheimes und Un- sichtbares zuruͤck bleibt, das alle Rechnung stoͤren kann, so haͤlt er sich viel lieber an den handgreiflichen Sachen, so meint er durch diese sein Daseyn sicher zu stellen, so arbeitet er fuͤr nichts als fuͤr ihren Besitz, und vertraut dem letzten Reste dieses taͤglich von neuem verkuͤmmerten Besitzes noch mehr, als aller persoͤnlichen Kraft, die ihm zu Huͤlfe kom- men koͤnnte. Zur Unterhaltung der Lebensflamme gehoͤren taͤglich gewisse Brennmaterialien: es ist Brot von Noͤthen oder ein Aequi- valent von Brot; es sind Sachen von Noͤthen die alle Men- schen, einer wie der andere, taͤglich begehren: wir halten uns an diesen nothwendigsten Sachen, die darin regirende Nothwendigkeit, der darin verborgene Gott wird den Nach- bar schon zwingen, das heraus zu geben, was er hat, und was uns fehlt. Man glaubt also nicht bloß an den Sachen, sondern an eine gewisse Ausgleichung unter den Sachen, woruͤber der veraͤnderliche Wille des Menschen nichts ver- moͤge, die also eigentlich das Weltgesetz sey. Es ist dieses der Staat und die Religion des unvernuͤnftigen Thieres, das zwar nicht eigentlich tauscht und commerziret, aber nicht leben koͤnnte ohne einen gewissen dunkeln Glauben an die uͤberschwengliche Nothwendigkeit und Ewigkeit des Futters. Der auf die große Thatsache des taͤglich wiederkehren- den Hungers sich stuͤtzende Glaube des Menschen hat allen anderen Glauben und jede hoͤhere Neigung dergestalt ver- zehrt, daß es wirklich, zumahl, wenn man die darauf er- richteten oͤkonomischen Theorien betrachtet, das Ansehen hat, als waͤre das Verlangen der Sachen nach den Menschen viel groͤßer, als das der Menschen nach den Sachen, und als verspeisten eigentlich die Sachen den Menschen, und nicht dieser jene. Aber von allen diesen Verirrungen eines tief gesunkenen Geschlechts abgesehen: es ist wirklich ein Geist, ein gewalti- ger Geist in den Sachen, den sie in der buͤrgerlichen Ge- sellschaft und durch dieselbe erlangen. Dadurch, daß die ganze buͤrgerliche Gesellschaft eine solche Sache begehrt, wird sie erst fuͤr den Einzelnen so wichtig und so furchtbar, und so ist denn der Irrthum begreiflich, daß, lange nachdem die letzten Gefuͤhle fuͤr das Gemeinwesen in dem Einzelnen er- storben sind, er noch ein Gespenst desselben in den Sachen ehren, fuͤrchten und schonen muß. So offenbart sich denn auch hier das große, oft erwaͤhnte Gleichgewicht der menschlichen Irrthuͤmer: einerseits werden die Sachen zu Goͤtzen, zu Tyrannen des Menschen erhoben; die Neigung des Poͤbels und die fatalistischen Theorien der Staatswirthschaft wenden sich zur Abgoͤtterey der Sachen, und zu sclavischer Unterwuͤrfigkeit unter ihr vorgebliches Gesetz: man lasse, heißt es, den Menschen nur frey von allen persoͤnlichen Schranken, man lasse die Sachen nur gewaͤhren, nur walten uͤber ihn, man lasse die Ballen der Waaren nur sich unter einander ins Geichgewicht setzen, und den Menchanismus der Gewerbe in sich selbst forttreiben, so wird der Mensch schon folgen muͤssen; andererseits werden dieselben Sachen wieder absolut privateigenthuͤmlich der willkuͤhrlichen Disposition des Einzelnen uͤberlassen, er erhaͤlt das Recht der Veraͤußerung alles Besitzes, ein Recht uͤber Leben und Tod derselben Sachen, die ihn beherrschen sollen; kurz der Sclav wird wieder Tyrann seines Tyrannen, und der Tyrann Sclav seines Sclaven. Es war eben die Haupt- und Grundthorheit in der vielgeprie- senen Weisheit der heidnischen Alten, daß ihnen das Leben als ein Tummelplatz der Willkuͤhr erschien, daß sie die Guͤter der Erde nicht anders zu denken wußten, als in blin- der Unterworfenheit unter eine gewisse bald verfeinerte, bald heroische Laune, und daß ihre gesammte Haushaltung nichts Hoͤheres verlangte, als kecke Unterwerfung und kluͤgelnde listige Bewirthschaftung des ausschließenden Eigenthums. Sie waͤhnten die Welt zu unterjochen und wollten nicht ein- sehen, daß sie eben dadurch selbst Sclaven wurden, und daß sie die Willkuͤhr, die sie ausuͤbten, zugleich auf den Thron setzten uͤber sich. Was war dieses Raͤthsel des Fatums , das mit schrecklichem Muthwillen uͤber allen ihren Goͤttern waltete, was waren die vergoͤtterten Gespenster der irrdischen Sachen und Naturkraͤfte, was waren selbst in spaͤteren un- heiligeren Zeiten diese bewaffneten Sclavenrotten, welche die Selbstherrscher umgaben, und nach Belieben uͤber ihre Krone schalteten — anders, als dieselbige Willkuͤhr, die niemand uͤber die Dinge ausuͤben kann, ohne daß die Dinge sie wieder uͤber ihn ausuͤbten. — Freyheit nannten sie dieses Wesen: ein Euphemismus des ganzen heidnischen Alterthums; und wo sie noch sonst un- heimliche Dinge mit freundlichen Worten und schmeichelnden Bildern verkleideten, waren es immer einzelne Zuͤge derselben schrecklichen Larve: Sprache, Philosophie, Kunst, mußten alle ihre Zauber aufwenden, damit sie nur ertragen werden konnte. So waren die Heiden! im Laufe der letztverflossenen Jahr- hunderte ist diese thoͤrichte Gesinnung zuruͤck gekehrt: die Dinge sollen wieder privateigenthuͤmlich dem Menschen unter- worfen werden, und so ist das alte Fatum auch unmittelbar wieder zugegen, und der Mensch zu einem Spielzeuge in den Haͤnden desselben herabgesunken: ohne Euphemismus! der Weltmarkt und der Weltkrieg sind unser Fatum; Gold, Colonialwaaren und dergleichen sind unsere Goͤtter; und so sind es selbst Sclaven ihrer Sclaven, welche die Welt be- herrschen. Wahrscheinlich wird man noch lange fortfahren, die Quelle unseres Elends ganz wo anders zu suchen, als wo sie liegt: ein edler Schriftsteller hat die Verruͤckung der gegen- waͤrtigen Generation: Gottesscheu genannt; und wo dem Goͤttlichen ausgewichen wird, wie moͤchte man da das Na- tuͤrliche finden. Nur in dem goͤttlichen Verhaͤltnisse des Menschen zu den Dingen liegt die Freyheit, liegt der Reich- thum, liegt alles Eigenthum und alle Befriedigung unseres Daseyns. So lange wir die Dinge an sich zu besitzen streben, so lange wir nicht erkennen, daß es nur die gesellschaftliche Macht in den Dingen ist, die uns reitzt, und daß die un- bedeutendste Sache erst durch den Staat geheiligt und per- sonifizirt wird, daß also aller dieser aͤußerliche handgreifliche Verkehr mit den Dingen, nur um eines unsichtbaren hoͤheren Wesens Willen Statt findet, und nur von einem solchen ge- tragen werden kann — so lange sind alle staatswirthschaftlichen, alle politischen Probleme unbedingt unaufloͤs- lich : denn die reinsten Vorstellungen vom Staate, deuten, wie schon oben erwiesen, alle weiter und hoͤher, auf ein Aller- mittelstes; auch dieser Planet braucht eine Sonne die ihn traͤgt, dieselbe Sonne, welche die geringste Haushaltung waͤrmt und bescheint, wie auch uͤberhaupt in die Verwicke- lung der menschlichen Angelegenheiten, erst die Klarheit der echten Wissenschaft bringt. Die Weisheit der Weisesten vermag in staatswirthschaft- lichen Angelegenheiten nichts ohne dieses Licht: die Zeiten der Auskunftsmittel, der Palliativen, der Prolongationen des endlichen Entscheidungstermins sind bald zu Ende; die arm- seligen Kuͤnste des rechnenden Verstandes sind erschoͤpft: wer seine Wirthschaft besorgen und erhalten will, muß darneben etwas Hoͤheres ins Auge fassen, als diese Wirthschaft. Nur fuͤr diejenigen, welche fuͤhlen oder wenigstens ahnden, daß weder die absolut isolirte, noch die profane Behandlung eines solchen wissenschaftlichen Gegenstandes zu irgend einer Befrie- digung fuͤhren koͤnne, sind die nachfolgenden Betrachtungen uͤber Maaßstab, Standard, Muͤnze und Circulation aufge- schrieben worden. Der Mensch braucht also nicht die Sachen, um sie aus- schließend in Besitz zu nehmen, um sie als Sklaven sich zu unterwerfen, sondern als ein Band mit den Personen, und um vermittelst ihrer in Verbindung mit der buͤrgerlichen Ge- sellschaft zu treten und zu bleiben; der Mensch bedarf der Personen, um vermittelst ihrer Huͤlfe die Sachen zu erlan- gen, durch die er sich fester mit den Personen, und dergestalt inniger mit dem Ganzen der Gesellschaft vereinigen koͤnne. Der Mensch bedarf also uͤberhaupt nur, um wieder hingeben zu koͤnnen, um das ewige Opfer bringen zu koͤnnen, welches der Zweck seines ganzen Daseyns ist. Er arbeitet nur, um unbezwungen von irgend einer blinden Naturkraft, sich und seinen Erwerb fuͤr die große republikanische Idee der Gemein- schaft hingeben zu koͤnnen, und so jenes Zutrauen, jenes Sicherheitsgefuͤhl zu erlangen, das ihm weder die Freund- schaft der einzelnen Personen, noch der Besitz irgend einer Sache gewaͤhren kann. Der wahre Kaufmann arbeitet nicht um Sachen zu ge- winnen, oder um die Materie des Geldes einzufangen und eingesperrt zu erhalten: er arbeitet um mehr hingeben zu koͤnnen, um die Sphaͤre seines Credits zu erweitern und um mehr Credit zu erhalten; um mehr geglaubt zu werden, und um dafuͤr das Gluͤck in allem Gluͤck, den eigentlichen Besitz in allen Besitzthuͤmern, naͤhmlich den groͤßeren Glauben an die Sicherheit seines Hauses, wie seines ganzen Daseyns zu gewinnen. Es befriedigt ihn nicht, daß er selbst Credit habe, er muß auch Credit geben koͤnnen, also es muͤssen die andern Kaufleute, es muß der Handelsstand im Ganzen Credit haben. Der Handelsstand kann nur Credit haben, wenn er auf die Wechselwirkung des Beduͤrfnisses, und der Arbeit bey den beyden andern Staͤnden, zwischen denen er vermittelt, rechnen kann, das heißt: wenn im Landbau so- wohl als in der Stadtwirthschaft nicht nach bloßem Genuß, nicht nach bloßen Produktenmassen, sondern vielmehr nach Credit gestrebt wird. Nicht in der Theilung der Arbeit, nicht in den edeln Metallen liegt das Wunder der großen und dauer- haften Wirkungen, welche die Industrie hervor bringt; nicht in der bloßen Allianz der oͤkonomischen Kraͤfte, sondern darin, worin alle Wunder der Erde: im Glauben an einander, im Glauben an den Glauben. — Die drey Naͤhrstaͤnde stre- ben nach nichts anderem, und beruhen auf nichts anderem als auf dem Credit. Der Zweck des Wehrstandes ist kein anderer, als die aͤußeren koͤrperlichen Maͤchte, welche diese große Glaubens- vereinigung stoͤren koͤnnten, abzuwehren, und an den Glau- ben jenen hoͤheren Lebensmuth zu knuͤpfen, der in dem fried- lichen Umtriebe wirthschaftender Kraͤfte verloren gehen koͤnnte, und der den Glauben uͤber die Gebrechlichkeit der irrdischen Dinge erhebt. Aber noch find innere Feinde die ihn stoͤren koͤnnten; im Herzen der einzelnen Menschen walten die feindseligsten Be- gierden: ein unsichtbares, stolzes und hoffaͤrtiges Wesen darin sinnt auf Rebellion, auf Zerstoͤrung der ganzen Verbindung, wenn es vernachlaͤßigt wird; aber es ist auch die sicherste Buͤrgschaft fuͤr das Bestehen dieser Verbindung, also fuͤr den Credit selbst, wenn es gezaͤhmt, und in das große Credit- gewebe an allen Stellen verflochten wird. Der Zweck des Lehrstandes ist also die Bedingung dieses schrecklichsten Fein- des, die Unterwerfung aller unabhaͤngigen Erkenntniß unter den Gehorsam des Glaubens, und, da jede irrdische Ver- bindung von dem Wetter der Erde, und von Umstaͤnden und Augenblicklichkeiten abhaͤngig bleiben wuͤrde, die Verknuͤ- pfung des irrdischen Glaubens, mit dem ewigen des ganzen Geschlechts. Um in irgend einem dieser Staͤnde der buͤrgerlichen Ge- sellschaft, als wahres dienendes Glied einzugreifen, und um in irgend einem besonderen Geschaͤft Befriedigung zu finden, muß der Einzelne diese große Wechselverbuͤrgung des Credits, bey der kein Theil entbehrt werden kann, wenigstens fuͤhlen oder ahnden. Auch hat es nie einen tuͤchtigen Buͤrger, Kauf- mann, Landwirth u. s. f. gegeben, ohne dieß Gefuͤhl. Selbst unter aller mechanischer Zersplitterung der Kraͤfte, und Verwirrung der Kraͤfte haͤtte man die rechtschaffenen praktischen Leute dieser Zeit zuverlaͤßig fuͤr sich, wenn man behauptete, daß das Heil des Ganzen nur aus der lebhaf- testen Wechselwirkung aller Einzelnen entspringen koͤnne, daß der Verkehr befoͤrdert, daß die Beruͤhrungen unter den Einzelnen vervielfaͤltigt werden muͤßten. Wenn diese ehren- werthen Leute nur einsehen moͤchten, daß der materielle Ver- kehr fuͤr sich noch nicht ausreicht, daß der Markt ein ganz anderes Leben gewinnt, wenn wir die unsichtbaren Guͤter des Lebens hinzulassen, daß die Beruͤhrungen sich noch ganz an- ders vervielfaͤltigen, wenn wir die vergangenen Geschlechter und ihren Erwerb und ihre Gesetze, als waͤren sie lebendig, mit eingreifen lassen in den Verkehr. Gesetzt, die Umtriebe des Markts, die Concurrenz unendlich vieler Producirenden, Beduͤrfenden, und der verschiedenartigsten Erzeugnisse braͤchte die Lebenserscheinung, und demnach das Gefuͤhl von Reich- thum hervor, wornach die praktischen Leute streben, so liegt die Genugthuung die sie dabey empfinden, sicherlich nicht in der Betrachtung des bloßen regellosen Tumults des Marktes: sondern ein Gleichgewicht unter Kaͤufern und Verkaͤufern waͤre in aller dieser Bewegung das eigentlich Erfreuliche. Die Kaͤufer haͤtten gefunden was sie brauchten, die Verkaͤufer abgesetzt was sie producirt: jeder waͤre in dem Glauben an das Gleich- gewicht des Ganzen, und an die Ersprießlichkeit seines beson- dern Geschaͤfts, wie an den Beystand der Uebrigen dabey be- staͤrkt; der Credit waͤre von neuem befestigt, dieß waͤre das eigentlich Erhebende an der ganzen Erscheinung. Wenn nun auf diesem Markte jedem Einzelnen der Credit zu Gute kommt, den er auf fruͤheren Maͤrkten erworben; wenn ferner dem ganzen Markte der gute Erfolg aller fruͤhe- ren Maͤrkte erst Leben gibt, und das erwuͤnschte Gleich- gewicht zwischen den Kaͤufern und Verkaͤufern erst moͤglich macht; diese fruͤheren Maͤrkte aber den Schutz kraͤftiger Ge- setze, den ruhigen Betrieb des Landbaues, die Bereitschaft der vaterlaͤndischen Waffen, und eine ruhige nationale Bildung des Geistes und Herzens bedurften, um den Verkehr dauerhaft an sich zu ziehen, so frage ich, ob außer der Con- currenz der Kaͤufer und Verkaͤufer, der Waaren und der Be- duͤrfnisse nicht noch ganz andere und hoͤhere Dinge, wenn auch nur unsichtbar, concurriren muͤssen, wenn die Erscheinung des Verkehrs einen rechtschaffenen Zuschauer befriedigen soll, und ob die Genugthuung desselben nicht auf der Offenbarung eines viel hoͤheren Credites beruht, als des merkantilischen, der gerade in diesem Augenblicke auf dem Markte zur Sprache kommt. In der Masse an sich, in der Bewegung an sich liegt nichts Erfreuliches; diese Erscheinungen muͤssen erst Symbole des Lebens werden, sie muͤssen erst auf vielfaͤltige wechsel- wirkende Verhaͤltnisse der Menschen unter einander hindeuten, wenn sie einen wohlthaͤtigen Eindruck machen sollen auf das Gemuͤth. Nichts Oederes gibt es, als einen reichversehenen Markt ohne Kaͤufer: die Unendlichkeit der Verhaͤltnisse ver- langt der Mensch: je verschiedenartiger, je vielfaͤltiger die Verhaͤltnisse, um so wahrscheinlicher waͤre die Stoͤrung, die Verwickelung unter den Verhaͤltnissen; bestehen sie also unter aller Vielfalt, so ist das Gleichgewicht darin um so kraͤftiger, der Geist der Ordnung um so maͤchtiger. Der Glaube an das Bestehen dieser Verhaͤltnisse ist das eigentliche Resultat des Verkehrs, und durch diesen Glauben werden die Fortschritte des Verkehrs erst moͤglich. Also verlangen die gutgesinnten Theoret. Theil M Befoͤrderer des Verkehrs und Freunde der Industrie nur den Credit: sie muͤssen die unsichtbaren Kraͤfte, das geistige Vermoͤgen mit hinzulassen auf den Markt; sie muͤssen die Schranken der Gesetze respectiren, welche sich aus dem Ver- kehr der Vorfahren ergeben haben, wenn sie des Credits, der aus dem Zusammenwirken dieser fruͤheren Verhaͤltnisse hervor gegangen ist, und seiner Segnungen theilhaftig werden wollen. Es ist demnach nur eine Freude an dem Bewegten, um des Bleibenden Willen; eine Freude an dem Markt, um des Staates Willen; eine Freude an den Massen der irrdischen Guͤter, um der Verhaͤltnisse Willen, die sie unter einander zum Mittelpuncte der buͤrgerlichen Gesellschaft, zum Glau- ben, zum Credit bilden, moͤglich. Setzen wir statt der Unendlichkeit von Waaren und Kaͤu- fern, die auf dem Markte zusammen treffen, und statt des großen Gewerbes von Verhaͤltnissen, das sie mit einander bil- den, das einfache Verhaͤltniß: Person und Sache. — Person und Sache muͤssen im Gleichgewichte seyn wie Kaͤufer und Verkaͤufer. Was ist es, was uns in der Verbindung der Per- son oder der Sache, oder in der Vorstellung des Eigenthums oder des Reichthums erfreuet. Es ist der Gebrauch, den sie von einander machen, ihre Wechselwirkung unter einander; die- selbe Erscheinung in ganz einfacher Gestalt, die wir im Ge- wuͤhl des Marktes Verkehr genannt haben. Eine Wechsel- wirkung waͤre aber nicht moͤglich, wenn die Sache unbe- dingt und privateigenthuͤmlich der Person unterworfen waͤre, das heißt: wie oben erlaͤutert, wenn die Person sich unter die Bothmaͤßigkeit der Sache ergaͤbe. Es wuͤrde sich das Verhaͤltniß einer heidnischen und tuͤrkischen Wechselsclaverey ergeben, und dieser Grundirrthum wuͤrde sich allen Einrich- tungen der buͤrgerlichen Gesellschaft mittheilen: man wuͤrde die Ueberzeugung allgemein werden sehen, daß die ganze Staatsverbindung keinen andern Zweck habe, als die Sicher- heit der Sache, die Erhaltung des absoluten Privateigen- thums; an die Stelle eines lebendigen Gewerbes unvergaͤng- licher Kraͤfte, wuͤrde ein todtes Zwangs- und Kettenwesen treten; alles wuͤrde zur Sache werden, und das Persoͤnliche, verscheucht aus den Wohnungen der Menschen, wuͤrde wie heidnisches Fatum, wie tuͤrkische Praͤdestination unsichtbar und tuͤckisch uͤber den menschlichen Geschaͤften walten. Wenn man erwaͤgt, daß dieses wirklich die Richtung un- serer Zeit ist, und, daß wir darin wirklich mit denen, die sonst fuͤr die Erbfeinde der europaͤischen christlichen Staatenverbin- dung gehalten wurden, uͤbereinstimmen; wenn man in allen andern Buͤchern der Geschichte vergebens nach einer Zeit sucht, wo dieses Mutterverhaͤltniß aller uͤbrigen menschlichen Verhaͤltnisse als wahre Wechselwirkung behandelt worden waͤre, wenn man uͤberall nur eine rohere oder aͤußerlich verfeinerte Wech- selsclaverey findet, so muß man wohl eine Vorliebe fuͤr das Mittelalter empfinden. Dort allein ist von einer Vereinigung der Person und der Sache um eines Hoͤheren Willen; von einem irrdischen Eigenthum, das seinen ganzen Werth von einem hoͤheren geistigen Eigenthum erhaͤlt; von einer Sonne, die den Planeten zugleich mit seinem Trabanten schwebend M 2 erhaͤlt; von einer Wechselwirkung zwischen dem Eigenthuͤmer und dem Eigenthume um des Glaubens Willen, die Rede. Dort wird das heilige Wesen des Credits, welches im Inner- sten ihres Herzens, obwohl bewußtlos, alle diejenigen mei- nen, die sich uͤber die Wechselwirkung des Marktes, und der Kaͤufer neben den Verkaͤufern freuen, in seiner ganzen welt- herrschenden Groͤße, als Mittelpunct des gesammten aͤußeren und inneren Lebens anerkannt. Diese Perle in der unscheinbaren Schale, dieses Princip aller Cultur und aller wahren Erleuchtung in Zeiten, die man finster und barbarisch genannt hat, ist in unseren Tagen wie- der gefunden worden. Der Irrthum des absoluten Privat- eigenthums mußte alle Koͤpfe ergreifen, alle Staatstheorien mußten an der Construction jener Wechselsclaverey arbeiten, und die buͤrgerliche Gesellschaft mußte von ihnen in ein unend- liches labyrinthisches Gefaͤngniß umgeformt werden, damit einigen freyen Seelen die großen verkannten Spuren jener freyeren Zeiten in unseren Staaten sichtbar werden konnten. Germanischen Ursprungs — denn, was den christlichen Glau- ben in seiner Wurzel ergriff, war alles Germanisch — ist dieses Princip der Freyheit auch nur unter Germanischen Voͤlkern wieder entdeckt worden. Edmund Burke , Friedrich Schlegel und Friedrich von Hardenberg , haben den Zauber eines hochmuͤthigen Unverstandes, der die Idee aller Ideen verhuͤllt hatte, zuerst durchbrochen, von ganz verschiedenen Seiten her, jeder mit eigenthuͤmlicher Kraft. Der Erstge- nannte unter ihnen ist unbeerbt gestorben, und da kein Besserer die große Erbschaft antreten wollte, so hat der Verfasser dieses Buchs von der Staatshaushaltung sich bestrebt, in seinem Sinne fortzuleben, sein Werk zu ergaͤnzen, wo die Schrancken der Zeit es beengt oder unterbrochen hatten. Wir wollten das Mittelalter zuruͤck ziehen, wieder her- stellen! so wird die Ohnmacht, welche große Argumente kaum anzuhoͤren, geschweige zu erwaͤgen und anzugreifen wagt, noch lange von uns sagen. Wenn aber neben dem, was uͤber alles Zeitliche erhaben, von einer gemeinen Vergleichung der Zeiten die Nede seyn kann, so achten wir die Gegenwart ge- rade um so viel hoͤher als das Mittelalter, als das Gluͤck des Wiederfindens das Gluͤck des Findens uͤbertrifft. So viel als zarte Antwort auf eine rohe Beschuldigung! Fuͤnftes Kapitel. Vom Maaßstabe . D aß ein Reich der Sachen nicht fuͤr sich und unter der ab- soluten Herrschaft einer Sache, par excellence, wie des edeln Metalls, bestehen koͤnne, daß es eben so wenig wieder ein ab- gesondertes Reich der persoͤnlichen Kraͤfte gebe, daß vielmehr sich Personen und Sachen allenthalben mit beyderseitiger Frey- heit bedingen, daß sie wie die zwey entgegen gesetzten Seiten und Offenbarungen derselben großen Grundkraft, die aus ihrer Wechselwirkung immer maͤchtiger hervorgeht, betrachtet wer- den muͤssen, und daß beyde, wenn sie außer Beziehung auf die- se große Grundkraft des Glaubens oder Credits gestellt werden, einander durch wechselseitige Versuche der Unterjochung noth- wendig zerstoͤren muͤssen, — dieß moͤchte nun keines weiteren Beweises beduͤrfen. Auf das Gesellschaftliche, auf das Credit- erzeugende in beyden, nicht auf die Materie, welche diese pro- ductiven Kraͤfte traͤgt, kommt es an; also nicht auf das was jedes von beyden abgesondert ist, sondern auf das, was beyde im Verhaͤltniß zu einander, d. h. in Beziehung auf einen ge- meinschaftlichen Mittelpunct sind, wird geachtet werden muͤssen. Gesetzt also, es gaͤbe unter den Sachen eine Sache, die gleich- sam das Szepter zu fuͤhren schiene uͤber die Sachen, wie das edle Metall: gesetzt es gaͤbe andererseits unter den persoͤnlichen Kraͤften eine hervorragende, herrschende Kraft, wie die des Wortes, oder auch nur der Arbeit, nach den Begriffen des Dr. Smith ; so wird keine von diesen herrschenden Kraͤften, weder die saͤchliche des Metalls noch die persoͤnliche des Wortes, oder der Arbeit abgesondert fuͤr sich, eben so wenig als irgend eine einzelne persoͤnliche Kraft ohne die ihr gegenuͤber stehende saͤchliche fuͤr ein oͤkonomisches Princip, oder fuͤr einen Maaß- stab der gesammten Haushaltung, oder gar fuͤr den Mittel- punct derselben gelten koͤnnen. Wie jeder Punct an der Ober- flaͤche der Kugel, dafern man ihn nur in Beziehung und Wech- selwirkung, mit seinen Antipoden denkt, fuͤr einen Repraͤsen- tanten des Mittelpuncts, der zwischen beyden liegt, gelten kann, so kann man auch von den beyden Polen der oͤkonomi- schen Sphaͤre, dem Metall und dem Worte sagen, daß sie den Mittelpunct repraͤsentiren: Aber man darf die Functionen des einen Pols, nie von denen des andern, und somit keine der beyden Hemisphaͤren, deren jede von einem der beyden Pole regiert zu werden scheint, von der andern trennen. Jede wahre und lebendige Wechselwirkung zwischen Per- son und Sache, erzeugt in ihrer Mitte den Credit, und besteht nur durch die Vermittlung des Credits: eben so die Wechsel- wirkung zwischen dem Persoͤnlichen par excellence (dem Worte) und dem Saͤchlichen par excellence (dem Metall): eben so wie alle gedenkbaren Puncte an der Oberflaͤche der Ku- gel paarweise auf denselbigen Mittelpunct deuten, ihn erzeu- gen, und von ihm erzeugt werden. Dieser Credit, dieser Mit- telpunct der oͤkonomischen Sphaͤre ist also das eigentliche, wahre Geld: alle Personen und Sachen an der Oberflaͤche dieser Sphaͤre, wenn sie in gehoͤriger sphaͤrischer Beziehung auf ein- ander, und auf den Mittelpunct gedacht werden, repraͤsentiren das Geld, und diese Geldeigenschaft in ihnen, dieses ihr Hin- neigen zum und ihre Bezuͤglichkeit auf den Mittelpunct, for- mirt den oͤkonomischen Werth. Alle diejenigen Forderungen, welche der Cre- dit in diesem ausgedehnten Sinne des Wortes erfuͤllet, macht der gemeine Mann an das Geld ; es soll ihn mit allen Puncten der oͤkonomischen Sphaͤre in eine leichte und natuͤrliche Beziehung setzen, es soll ihn sicher stellen, tragen; es soll aber auch alle oͤkonomische Functionen unter einander ins Gleichgewicht setzen, so daß gute Zeit sey, im Gegensatz der theuren Zeit. — Dieselben Forderungen, die nur der das Ganze umfassende Credit erfuͤllen kann, macht der Staatsmann an das Geld. — Mit Ruͤcksicht auf das Prob- lem, die Aufgabe, den Zweck sind wir also alle einig: aber daß der eine Pol, das Metall, abgesondert fuͤr sich, außer- halb der oͤkonomischen Sphaͤre, außer den Verhaͤltnissen der oͤkonomischen Richtungen unter einander gedacht, als bloße Quantitaͤt, als ein Mehr oder Weniger angeschaut, diese Forde- rungen erfuͤllen koͤnne, das ist der große Irrthum des gemeinen Mannes. Weil es sich in der Privathaushaltung wohl ereignet, daß der Metallpol versaͤumt wird, und man sich ausschließend auf den Wortpol, auf Versprechung, Schuld und Schuldverschrei- bung stellt, und nun durch eine gelegentliche Acquisition des Metalls die Sache, wie durch eine Wunder, in augenblickliches Gleichgewicht gesetzt wird, so waͤhnt man daß auf das Mehr oder Weniger des Metalls, und auf das Mehr oder Weniger des Schuldpapiers alles ankomme. Wenn aber alle Verhaͤltnisse der Privathaushaltung unter einander zerruͤttet sind, wenn nicht das Persoͤnliche und das Saͤchliche in dieser Haushaltung, das Eigenthum und die Kraft es zu bewirthschaften, uͤberall in sphaͤrischem (geometrischem) Gleichgewichte stehen, so ist das Gleichgewicht, welches die Metallmasse hervorbringt, nur schein- bar und vergaͤnglich. Werft Millionen in den einen Pol, wenn nicht alle Puncte der Kugel mit gleichfoͤrmiger Macht reagiren, d. h. wenn der Mittelpunct nicht Kraft hat, sie zu tragen, so habt ihr die Zerruͤttung des gesammten Haushalts nur um so viel beschleunigt, als die Kraft der Oekonomie von der Masse des Metalls uͤbertroffen wird, die ihr aufgebuͤrdet wird. Also Geldzerruͤttung, eine Krankheit, uͤber die zumahl in unsern Tagen geklagt wird, ist nie ein Lokaluͤbel, nie auf me- chanischem Wege durch bloßes Abwaͤgen von Quantitaͤten zu heilen, denn es hat in dem innern, geometrischen Verhaͤltnisse der gesammten Oekonomie seinen Sitz. Der gemeine Mann mit seiner besonderen Haushaltung verlangt im Gleichgewichte zu bleiben, mit der Gesammthaus- haltung des Staates, und durch diese mit der Welthaushal- tung, wenn es eine solche gaͤbe. Deßhalb verlangt er, da er nun einmahl in der Haushaltung nichts so sehr achtet, als die dabey vorkommenden Massen und Summen, einen Maaßstab , um seine Arbeit, sein Vermoͤgen abzumessen, oder das quan- titative Verhaͤltniß der Summe seiner Produktion, zu der Summe der Gesammtproduktion, oder zu den Summen der Produktion aller seiner Nachbarn beurtheilen zu koͤnnen. Weil er verlangt, daß seine Arbeit immer denselben oder doch regel- maͤßig steigenden Genuß abwerfe, die Genußmittel aber von allen seinen Mitbuͤrgern, einzeln durch Arbeit herbey geschafft werden, so strebt er das Verhaͤltniß seiner Arbeit zur Arbeit der uͤbrigen gleich zu erhalten. Er begehrt deßhalb in den Muͤn- zen, Maaßen und Gewichten, einen sichern Maaßstab, der in dem weitmoͤglichsten Umkreise, vor allen Dingen im Staate, wo moͤglich aber gar uͤberall auf der Erde ein und derselbe sey. Er verlangt noch mehr: dieser Maaßstab soll in der laͤngst- moͤglichen Zeit ein und derselbe bleiben , so daß die Arbeit seines Vorfahrs, vor einem Jahrhundert, in solchem Maaß- stabe ausgedruͤckt, noch heute in demselbigen Verhaͤltniß zu aller uͤbrigen Arbeit stehe, und also relativ eben so viel Genuß- mittel gewaͤhre, als damahls. — Nun gibt es uͤberall auch wirklich solchen Maaßstab, nur daß jedes oͤkonomische Gebiet, wie Nelkenbrechers Taschenbuch ausweist, einen verschiedenen hat, und daß, wenn wir jeden Einzelnen dieser Maaßstaͤbe im Verhaͤltniß dessen, was damit gemessen worden, durch verschiedene Zeitraͤume betrachten, die groͤßten Veraͤnderungen wahrgenommen werden. Wenn wir uns bloß an die Erfahrung halten, so scheint es, als wenn dieses Verlangen des Menschen nicht befriedigt werden koͤnne. Aber untersuchen wir die Natur dieser Forderung, eines dauerhaften und gleichfoͤrmigen Maaßstabes fuͤr die Abschaͤtzung der oͤkonomischen Werthe, naͤher. Was soll uns ein Maaßstab uͤberhaupt leisten? — Er soll uns die Gleichheit zweyer Dinge bestimmen helfen, zweyer Laͤngen, zweyer Flaͤchen, zweyer geometrischer Koͤrper. Wir nehmen an, daß diese Dinge in allen uͤbrigen Beziehungen gleich seyen, und nur in der Groͤße, in der raͤumlichen Ausdehnung verschieden seyen. Dasjenige was uns diese raͤumliche Verschiedenheit vergleichen und aus- gleichen hilft, nennen wir Maaßstab. Wir koͤnnten ohne Ver- mittlung eines Maaßstabes die verschiedenen Groͤßen an einan- der selbst messen; um aber genau bestimmen zu koͤnnen, um wie viel die eine groͤßer als die andere waͤre, muͤßten wir jedesmahl eine von zweyen als Einheit, als Maaßstab betrach- ten, damit wir bestimmt angeben koͤnnten, um wie viel sie von der andern uͤber- oder untertroffen wuͤrde. Jede Groͤße kann aber wirklich als Maaßstab der andern gleichartigen betrachtet werden. Da es uns aber darum zu thun ist, nicht bloß zwey, sondern alle Groͤßen gleicher Art mit einander zu vergleichen; und da wir sie nicht alle an einem Orte und zu einer Zeit versammeln koͤnnen, da ferner die Ungleichheit unter den Groͤßen zu groß ist, um ohne unsaͤgliche Beschwerde jedesmahl von Neuem ge- messen werden zu koͤnnen, so creiren wir eine bestimmte Groͤße, auf die wir bey allen vorkommenden Messungen zuruͤckkommen- und um das ganze Geschaͤft der Groͤßenvergleichung moͤglichst zu erleichtern, so waͤhlen wir dazu eine solche, die unter den saͤmmtlichen zu messenden Groͤßen in einer gewissen mittleren Proportion steht, die zwischen den betraͤchtlichsten und kleinsten vorkommenden Groͤßen, das Mittel haͤlt, und fuͤr die im ge- meinen Leben am haͤufigsten erforderten Messungen, die geeig- netste ist. — Der Maaßstab soll mit moͤglichster Leichtigkeit vermitteln, e r soll allen Groͤßen, die er zu vergleichen bestimmt ist, ich moͤchte sagen, auf halbem Wege entgegen kommen: er wird also den Mittelpunct einer ganzen Sphaͤre von Groͤßen bilden. Wie der Mensch nun uͤberhaupt in solcher mittleren Pro- portion zu allen seinen Umgebungen steht, und gleichsam der Mittelpunct einer Kugel, einer Wirkungssphaͤre ist, welche die menschlichen Dinge um ihn her formiren — so ist auch seine koͤrperliche Groͤße und die Laͤnge derjenigen seiner Glieder, wel- che den Raum noch ganz besonders zu durchmessen bestimmt sind, naͤhmlich der Haͤnde und Fuͤße, der natuͤrlichste, aͤlteste und mittelste Maaßstab. Hier, wie uͤberall, muͤssen Globular- anschauungen zu Huͤlfe kommen, wenn man die Dinge in ihrem wahren Verhaͤltnisse erkennen will. So kann man annehmen, daß der Mensch sich fuͤr jede Gat- tung von Dingen zufoͤrderst einen Maaßstab bildet, indem er z. B. von Thieren, von Fruͤchten einer Art ein gewisses mitt- leres Thier, eine gewisse mittlere Frucht dieser Art bewußtlos in seiner Seele befestigt; die Groͤße dieses mittleren Wesens ist der Maaßstab der ganzen Gattung, wornach er bestimmt, ob das einzelne vorkommende Individuum groß oder klein sey. Alle diese verschiedenen aus den Gattungen gebildeten Maaßstaͤbe erhalten sich in der Seele des Menschen nicht et- wa einzeln und abgesondert von einander: vielmehr nach dem großen Gesetze der Kugel, das uns bey allem unsern Den- ken, Betrachten und Handeln unwillkuͤhrlich leitet, treten die Maaßstaͤbe der einzelnen Gattungen wieder unmittelbar in ein gesellschaftliches Verhaͤltniß, und formiren einen allermittelsten Maaßstab: man wird ihn sich am deutlichsten unter dem Bilde der Axe, des Diameters par excellence der Sphaͤre der gesammten menschlichen Angelegenheiten denken. Bey Erfindung des neuen franzoͤsischen Maaßstabes hat man den Durchmesser der Erde, oder einen aliquoten Theil desselben zum Grunde gelegt, und die gesammten Maaß- stabe der einzelnen Laͤnder, welche durch Tradition und uner- funden auf uns herab gekommen sind, sind nichts anders als Durchmesser der Sphaͤren, welche die gesammten menschli- chen Angelegenheiten jedes respectiven Lokals mit einander bilden, oder aliquote Theile dieser Durchmesser. Da nun aber die koͤrperliche Groͤße des Menschen und das Maaß seiner koͤrperlichen Kraͤfte, schon von Natur in der Mitte aller Groͤßen und Maaße steht, und es durch sie bestimmt wird, mit welchen Groͤßen und mit welchen Kleinheiten sich der Mensch uͤberhaupt befassen kann, so folgt daraus, daß diese koͤrperliche Groͤße allenthalben in einem sehr bestimm- ten Verhaͤltniß zu dem Durchmesser jener Sphaͤre, die sich auf die oben beschriebene Weise aus allen einzelnen mensch- lichen Maaßstaͤben bildet, stehen muͤsse, und daß alle gedenk- baren Maaßstaͤbe zu den einfachen, von den menschlichen Gliedern hergenommenen Maaßstaͤben wieder zuruͤckstreben muͤssen. Dieses ist die Geschichte des Laͤngenmaaßstabes; wer sich von den abstrakten und vorgeblich mathematischen Vorstel- lungen des Maaßstabes, nicht zu dieser lebendigen und sphaͤrischen Anschauung desselben erheben kann, der wird das Wesen der staatswirthschaftlichen Maaßstaͤbe nie ergruͤn- den lernen. Aus allen einzelnen Menschen, wie oben aus den Indi- viduen jeder besonderen Gattung formirt sich ein mittlerer Mensch, und die Glieder dieses mittleren Menschen sind die vollkommenen Maaßstaͤbe: alle andern Maaßstaͤbe sind nur Repraͤsentanten, Substituten, Andeutungen dieser mittelsten Maaßstaͤbe; alle andern sind veraͤnderlich, diese sind die moͤg- lichst festen, aber unerreichbar, damit die andern ohne Ende nach ihrer Festigkeit streben koͤnnen. Dieser mittlere Mensch, von dem die festen Maaßstaͤbe kommen, ist, wie schon in der Einleitung gezeigt worden, zugleich der Gegenstand des un- endlichen Strebens aller einzelnen Menschen; alle wollen sich zu seiner Fuͤlle und Vollstaͤndigkeit erheben. Es ist der Staat selbst. Also gebe man vor allen Dingen das eitle Streben auf, irgend einen Maaßstab auf dem abstrakten und vorgeblich mathemathischen Wege erfinden, und die beweglichen Welttaxen des Lebens, mit den starren Linien des abgetoͤdteten Ver- standes messen zu wollen. Wie der Maaßstab einer bestimmten Gattung eigentlich nichts anderes ist, als die Axe, um die sich die ganze Gat- tung dreht, so muͤssen auch uͤberhaupt die Begriffe des Men- schen von den einzelnen Gattungen, als solche Axen gedacht werden. Der Begriff Pferd ist nicht etwa ein Convolut von Eigenschaften, die von allen wirklichen Pferden abgezogen werden; vielmehr ist er unzertrennlich von der ganzen Gat- tung und allen ihren Anomalien; er lebt und webt in ihr; er waͤchst, er bestimmt sich schaͤrfer mit jeder neuen hinzu- tretenden Anomalie. — So ist jedes Wort nicht etwa eine bloße Schale, ein bloßer Umschlag, eine bloße Etikette einer Gattung von Worten, sondern die Axe einer ganzen Welt von Worten oder Begriffen. Eben so jedes Gesetz die Axe einer ganzen Welt von untergeordneten Gesetzen und Faͤllen, und nicht etwa eine duͤrre Abstraktion von denselbigen. Maaßstab, Begriff, Wort, Gesetz — kurz, jede Ein- heit, unter der sich eine Welt von Mannigfaltigkeiten ordnet, ist nie und an keiner Stelle abgesondert fuͤr sich gegeben, sondern sie lebt, webt und waͤchst, und bestimmt sich innerhalb dieser Mannigfaltigkeiten und unzertrennlich von ihnen. Die Einheit kann nur anordnen, in wie fern sie von den ihr untergebenen Mannigfaltigkeiten unaufhoͤrlich selbst wieder angeordnet und berichtigt wird: daher die Schwierigkeit, ja Unmoͤglichkeit irgend einen lokalen Maaßstab, irgend ein lokales Gesetz direct auf ein anderes Lokal zu uͤbertragen. — Aber wie mit der Axe einer bestimmten Kugel zugleich diese bestimmte Kugel selbst, und das eigenthuͤmliche Gesetz ihrer Bewegung gegeben worden, so empfangen wir mit jedem Gesetz und jedem Maaßstabe zugleich die ganze Sphaͤre, in der sie sich gebildet. Der Maaßstab mißt nur die Sphaͤre von Groͤßen, das Gesetz richtet nur die Sphaͤre von Faͤllen, aus der sie hervorgegangen: in Beziehung auf anderweiten Groͤßen und anderweite Faͤlle sind sie nicht Maaßstaͤbe, nicht Gesetze, so wenig die bestimmte Axe einer Kugel in Beziehung auf eine andere Kugel noch eine Axe zu heißen verdient, so gewiß sie in dieser veraͤnderten Beziehung nichts anderes ist, als eine unbestimmte abstrakte Linie. Vor allen Dingen muß man also an einen allgemeinen oͤkonomischen Standard keine groͤßeren Anspruͤche machen, als jeder Maaßstab uͤberhaupt gewaͤhren kann. Der Maaßstab einer einzelnen Gattung oͤkonomischer Objecte, zum Beyspiel: der edeln Metalle oder die Axe dieser besonderen Sphaͤre, kann unmoͤglich, wenn wir ihn in die groͤßere Sphaͤre der Nationaloͤkonomie uͤbertragen, noch weiter fuͤr einen Maaß- stab, oder fuͤr eine Axe gelten: sein repraͤsentativer Cha- rakter verschwindet durch diese Uebertragung; in dieser groͤ- ßeren Sphaͤre kann der bisherige Maaßstab fuͤr nichts mehr, als eine duͤrre abstrakte Linie gelten. Mit anderen Worten: keine einzelne oͤkonomische Sphaͤre kann den Maaßstab her- geben, fuͤr die große Gesammtsphaͤre der Nationaloͤkonomie, die aus dem Zusammenwirken der einzelnen Sphaͤren gebil- det wird. Gold, Silber, uͤberhaupt kein einzelnes oͤkonomisches Ob- ject kann Standard fuͤr das gesammte oͤkonomische Gemein- wesen werden. Der Standard einer bestimmten National- haushaltung kann weder abgesondert von dieser Haushaltung, noch durch etwas Einzelnes in dieser Haushaltung ausgedruͤckt werden, denn er ist die Axe der Haushaltung selbst und nichts Geringeres. Eine Sache kann nicht Maaßstab einer Haushaltung seyn, da diese ins Unendliche aus Persoͤnlichkeit und Saͤchlichkeit zusammengesetzt ist, und wie das Gesammt- resultat dieser Haushaltung (die eigentliche Realitaͤt in ihr), etwas Idealisches ist, naͤhmlich der Credit, so wird es nach weiterer Erwaͤgung dieses Gegenstandes, auch wahrscheinlich darauf hinaus kommen, daß der Maaßstab jeder bestimmten Nationaloͤkonomie etwas Idealisches seyn muͤsse; daß also vielleicht das idealische (nicht imaginaͤre, nicht aus irgend einer augenblicklichen Willkuͤhr, sondern aus der recht realen Freyheit Großbrittaniens hervor gegangene) Pfund Sterling ein viel festerer Maaßstab sey, als der Maaßstab eines edeln Metalles, den man der Haushaltung jenes Landes neuer- lich fuͤr einen Standard hat aufdringen wollen . In der Forderung, die an den Maaßstab gemacht wird, stimmt der gemeine Mann mit uns uͤberein, diese Forde- rung aber kann nur durch etwas Idealisches, Bewegliches, Wachsendes befriedigt werden, weil die große Gesammtsphaͤre, in welcher der Maaßstab messen, in die er Einheit, Ord- nung, Ruhe, Festigkeit bringen soll, selbst sich bewegt, waͤchst, und nur in der Idee aufzufassen ist. — Die Festigkeit, die Ruhe des Maaßstabes kann nur eine relative Festigkeit seyn; so bald wir uns erinnern, daß die gesammte Nationaloͤkonomie sich bewegt und fortschreitet, so bald kann auch der Maaßstab nicht mehr still stehen. Kurz er ist fest wie die Axe der Erde fest steht, so lange wir die Erde nur um sich selbst laufend denken, er ist beweglich, so bald wir uns diese Kugel um einen hoͤheren Weltkoͤrper laufend denken. Da aber jede bestimmte Haushaltung abhaͤngt von einer hoͤheren Haushaltung, und sich um dieselbe bewegt, wie die Erde um die Sonne, so ist die Axe dieser bestimmten Haushaltung beydes: fest und beweglich, fest mit Beziehung Theoret. Theil N auf sich selbst, beweglich mit Beziehung auf die hoͤhere Bahn, welche diese einzelne Haushaltung durchlaͤuft. Waͤre zum Beyspiel das Pfund Sterling der Standard oder die Axe der brittischen Nationaloͤkonomie, so wuͤrde dieser Standard mit Bezug auf das Innere von England fest, mit Bezug auf die Welthaushaltung oder auf die aus- waͤrtigen Verhaͤltnisse beweglich seyn. Man wuͤrde das We- sen eines Maaßstabes uͤberhaupt nicht verstanden haben, wenn man verlangte, daß er in beyden Beziehungen fest, das heißt: absolut fest seyn sollte. Da aber die Welthaushaltung an unzaͤhligen Stellen in die Nationalhaushaltung eingreift, so wird man erwiedern, daß ein Maaßstab der bloßen Nationalhaushaltung an und fuͤr sich nichts werth sey, und daß wir mit unserem idealischen Pfunde Sterling nicht weit reichen. Wohlan also! auch die Welthaushaltung im Ganzen und Großen hat ihre eigene Axe, ihren eigenen Standard, der durch den Goldpreis und durch den Wechselcours ange- deutet wird. Dieser Weltstandard und jener National- standard muͤssen und werden in ewiger lebendiger Wechsel- wirkung bleiben. Der große Kaufmann, der große Staats- mann wird in dieser Wechselwirkung einen hoͤheren, beyde umfassenden Maaßstab empfinden, sein oͤkonomisches Verlan- gen darnach richten und dennoch eingestehen, daß es nur eine Idee, aber eine hoͤchst reale Idee sey. Sechstes Kapitel. Von der Muͤnze . D urch eine unendliche Vermittelung aller einzelnen Laͤngen unter einander, oder dadurch, daß alle diese Laͤngen in eine Kugel zusammen getreten waren, hat sich eine mittlere Laͤnge unter ihnen fest gesetzt, und diese mittlere Laͤnge nennen wir Laͤngenmaaßstab. Wir fixiren und legalistren diesen Maaßstab: wir erklaͤren, daß ein bestimmter handgreiflicher Stab von Holz oder Messing uͤbereinstimme mit dem idealischen Maaße, welches sich, zugleich mit dem Gesetze, aus dem langjaͤhrigen Conflicte der menschlichen Angelegenheiten als das Mittelste ergeben habe. Es ist durchaus nothwendig, daß man nie vergesse, wie der Stab durch die Anerkennung von Seiten des Gesetzes, ich moͤchte sagen, durch seine Vermaͤhlung mit dem Gesetze erst zum Maaßstabe werde; durch diese Anerkennung des National- gesetzes erhaͤlt er erst den Charakter der Allgemeinheit, und wird erst die Hauptforderung erfuͤllt, welche jedermann an einen Maaßstab macht. Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß man mit jedem Stabe messen, mit jedem Steine waͤgen, mit jedem Gold- barren andere Sachen — abwaͤgen und abmessen zugleich, oder wie wir uns ausdruͤcken, bezahlen kann: da uns aber N 2 vor allen Dingen daran liegt, die Laͤnge, welche gemessen werden soll, die Last, welche gewogen, und die Sache, welche bezahlt werden soll, in ihren Verhaͤltnissen zu allen Laͤngen, Lasten und Waaren, welche in der Sphaͤre der buͤr- gerlichen Gesellschaft vorkommen, und deren Gleichgewicht unter einander uns noch vielmehr interessirt, als der einzelne gerade vorliegende Handel, kennen zu lernen, so muß unser Maaß, unser Gewicht, unser Geldstandard aus dem allge- meinen Conflict der oͤkonomischen Interessen hervor gegangen seyn, das heißt: die buͤrgerliche Gesellschaft, der Staat, das Gesetz muß ihn bestaͤtigt, legalisirt, benannt, durch das Wort fixirt haben. Wir glauben hinreichend bewiesen zu haben, daß keine Sache absolut fuͤr sich irgend eine oͤkonomische Function ver- richten koͤnne, daß vielmehr erst eine Person hinzutreten, in eine Wechselverbindung mit der Sache eingehen, ihr eine ge- wisse persoͤnliche Eigenschaft mittheilen muͤsse, um sie zu einem Gliede der Haushaltung, zu einem wirklichen Organ derselben zu erheben; die edeln Metalle, die in Spanien bloße Sachen blieben, wurden durch die lebendige Verbindung mit der Persoͤnlichkeit, in England und Holland selbst persoͤnlich und demnach faͤhig, eine der wichtigsten oͤkonomischen Func- tionen, naͤhmlich, die des materiellen Geldes zu verrichten. Es muß den Sachen ein gewisser Geist des Lebens, der Liebe mitgetheilt werden, kraft dessen um sie wirklich geworben wird, und dieses hoͤhere persoͤnliche Verhaͤltniß artet nur erst spaͤter in das mechanische Gewerbe , in den gefuͤhllosen Erwerb aus. — Um wie viel mehr muß dieses allgemeine Gesetz der Oeko- nomie von denen Sachen par excellence gelten, die wie Maaße, Muͤnzen und Gewichte, ganze Sphaͤren von Saͤch- lichkeiten repraͤsentiren. Die Person aller Personen, naͤhmlich, oder der Staat selbst ist es, der diese verschiedenen Maaß- staͤbe, wenn er sie auch koͤrperlich fertig und vollendet, schon aus der Hand der Natur empfangen haͤtte, erst beleben muß, damit sie allgegenwaͤrtig und ordnend dem oͤkonomischen Gesammtwesen dienen, damit sie Axen desselben werden koͤnnen. Hiernach wird es uns leicht werden, das Wesen der Muͤnze in gehoͤriges Licht zu setzen. Wir haben schon oben bemerkt, daß die bloße Stempelung des Metallstuͤcks mit Anzeige sei- nes Gewichts und seiner Feinheit noch keine Muͤnze gebe: auch unter dieser Stempelung bleibt das Metall etwas Her- renloses, Vaterlandsloses, Geschlechtsloses, Unorganisches. Erst durch die bestimmte Geldbenennung, durch die Lokali- sirung, kurz, durch eine Art von Vermaͤhlung mit irgend einem Nationalgesetz wird es zur Muͤnze. Dieß ist der so natuͤrliche und von den meisten staatswirth- schaftlichen Schriftstellern uͤbersehene Umstand, dessen Ver- saͤumniß bey der neuerlichen Eroͤrterung der großen Frage von der Depreciation der Englischen Banknoten unzaͤhlige Mißverstaͤndnisse veranlaßt hat. Wenn naͤhmlich ungemuͤnztes Gold 20 bis 30 pr. Ct. theurer war als das zu Guineen vermuͤnzte, freylich in sehr geringen Quantitaͤten vorhandene Gold; Guineen, ferner, und Banknoten fuͤr gleichgeltend betrachtet wurden; in Banknoten aber fuͤr ungemuͤnztes Gold 20 bis 30 pr. Ct. mehr bezahlt wurde, als fuͤr in Guineen vermuͤnztes, welche auszufuͤhren verbothen war, waͤhrend uͤberall im freyen Welthandel gemuͤnztes Gold theurer ist als ungemuͤnztes — so glauben diejenigen, welche die Deprecia- tion der Banknoten behaupten, aus dem einfachen Satz: daß Gold allenthalben gleich sey dem Golde, folgern zu koͤn- nen, daß die Guineen keinesweges, wohl aber die Banknoten depreciirt seyen, daß uͤberhaupt Gold, sowohl gemuͤnztes als ungemuͤnztes seinen Werth behauptet habe, und, daß nur Banknoten gesunken waͤren. Durch Erfahrung laͤßt sich die Sache schwer ausmachen, weil die Guineen de Facto fast verschwunden sind: aber das Brittische Gesetz kennt keine Ausfuhr, kein Einschmelzen der Guineen, de jure also sind sie noch vorhanden; es kennt ferner kein Agio der Guineen, de jure ist also eine Guinee noch immer gleich 21 Schilling in Banknoten. Das Brittische Gesetz also trotz den Veraͤchtern der Bank- noten behauptet, daß Gold nicht immer gleich sey dem Golde, und aus unserer Darstellung folgt ganz dasselbe. Wer in der gemuͤnzten Guinee nichts anderes sieht, als den dermahligen Waarenpreis des darin enthaltenen Metalls, der hat uͤber- haupt das Wesen des Geldes noch nicht verstanden, auch des Staates nicht, der sich nur durch eine besondere Bewegung in der allgemeinen Bewegung, nur durch ein besonderes Gesetz in dem allgemeinen Gesetze constituirt und erhaͤlt. Die Geldanlage des edeln Metalls tritt in jedem beson- deren Staat auch in ein besonderes und eigenthuͤmliches Verhaͤltniß zu der politischen Persoͤnlichkeit, zu dem National- gesetze, das sie dort vorfindet, es entsteht in jedem besonderen Staat eine besondere Befreundung, eine besondere Ehe des Metalls und des Nationalcredites. Diese Ehe kann ihrer Na- tur nach keine wilde , sondern sie muß eine gesetzliche seyn: sie muß zum Bewußtseyn aller derer kommen, die den Staat bilden, und die mit ihm oder mit dem Gelde verkehren sol- len, welches sich aus der Vermaͤhlung erzeugen soll, das heißt: sie muß legalisirt werden, durch Gesetz, durch den Stempel bestaͤtigt. Das eigentliche Wesen des Geldes ist, wie schon oben er- wiesen, unendliche Vermittelung zwischen den Personen und Sachen: wo also Personen und Sachen verbunden sind, wo also eine buͤrgerliche Gesellschaft ist, da wird es Geld geben. Da aber in den Anfaͤngen der buͤrgerlichen Gesellschaft bald die eine, bald die andere gerade begehrte Sache die Functio- nen des Geldes verrichtet; da die Vermittelung zwischen den Personen und Sachen zwar nach demselben Gesetze von Stat- ten geht, wie in den Zeiten der spaͤtesten Entwickelung der Gesellschaft, aber ein handgreiflicher Vermittler noch nicht vorhanden ist, so waͤhnt die bisherige gemeine Nationaloͤko- nomie, als sey uͤberhaupt noch kein Geld vorhanden. Das urspruͤngliche in den ersten Anfaͤngen der Gesell- schaft, wie in der hoͤchsten Entwickelung derselben vorkom- mende Geld ist die Idee der Aequivalenz. Zwey Sachen wer- den gegen einander ausgetauscht, weil sie beyde einem Drit- ten gleich sind, weil sie vor dem Richterstuhl dieses Dritten, vor dem Gesammtbeduͤrfniß der menschlichen Natur gleich sind. Ob dieses Dritte eine bloße Sache des Gefuͤhls ist, oder ob es durch eine koͤrperliche Sache repraͤsentirt wird, die in einer unendlichen Beziehung auf alle anderen Sachen steht — immer wird in letzter Instanz das Gesammtbeduͤrf- niß des Menschen selbst den Tausch oder den Handel vollzie- hen. Daß es fuͤr die Gesammterhaltung des einzelnen Men- schen, und also auch der Gesellschaft, von der wieder die Erhaltung des Einzelnen an allen Stellen abhaͤngig ist, gleich sey, ob die beyden Sachen ihre Plaͤtze vertauschten, daß sie also aus dieser uͤberwiegenden Ruͤcksicht Aequivalente seyen, wird die Bedingung alles Umsatzes seyn. Es ist also unmittelbar ein idealisches Geld im Umlauf, ein Wortgeld, wie wir es fruͤher genannt haben: der Glaube an das Gemeinwesen, der Glaube, daß dieses Gemeinwesen unaufhoͤrlich fuͤr das Gesammtbeduͤrfniß sorgen werde, macht es moͤglich, daß eine Sache von einer Person auf die andere uͤbertragen werden koͤnne, und, daß sich beyde Personen uͤber die Aequivalenz des gegebenen und des empfangenen vereini- gen koͤnnen. Mit andern Worten: Werthe koͤnnen nur gegen einander vertauscht werden, in wie fern es einen Maaßstab des Werthes gibt. Wenn jeder der beyden Tauschenden nur in Anschlag braͤchte, was die Sache, die er veraͤußern will, fuͤr ihn in- dividuell werth sey, so wuͤrde der Tausch nie zu Stande kom- men: aber beyderley Sachen haben einen gesellschaftlichen Werth, sie werden vom ganzen Gemeinwesen begehrt; aus dem Standpunct des Gemeinwesens koͤnnen sie verglichen, und kann ihre Aequivalenz ausgemacht werden. Das Gesammt- beduͤrfniß also ist der Maaßstab bey allem Verkehr, man moͤge nun mit dem bloßen Glauben daran oder mit Wort- gelde, oder man moͤge mit Sachen bezahlen, die, weil sie von sehr vielen begehrt werden, wie Vieh, Salz, Naͤgel u. s. f. dem Gesammtbeduͤrfniß selbst sehr aͤhnlich sehen, ihm sehr nahe kommen, und es daher sehr taͤuschend repraͤsen- tiren. Ich habe schon fruͤher erwiesen, daß man sich das Geld immer einseitig und unvollkommen denkt, wenn man etwas Geringeres darunter versteht, als das Beduͤrfniß der Gesell- schaft selbst, oder die Gegenwart des Staats bey allen ein- zelnen Geschaͤften des buͤrgerlichen Lebens; nun aber haͤtte ich noch zu zeigen, daß die beyden fruͤher erwaͤhnten Grundfor- men des Geldes, das Wortgeld und das Sachgeld (welches letztere weiter ausgebildet zum Metallgelde wird) auch in diesem fruͤhesten Zustande der Gesellschaft ihrem Wesen nach vorkommen muͤssen. Denn da nach meiner Ansicht der Dinge, das Geld nur unter der Wechselwirkung dieser beyden Grund- formen existirt und erscheint, so muß ich das Vorhandenseyn dieser beyden Formen von Anfang der Dinge her beweisen, wenn ich die Unerfundenheit und Ewigkeit des Geldes dar- thun will. In jenen Zeiten wo es nach der Voraussetzung der bis- herigen staatswirthschaftlichen Theorien nur Tausch, aber noch keinen Handel gegeben hat, sind viele Tauschumsaͤtze, heißt es, aus Mangel des Geldes, und wegen der Ungleich- heit der gegen einander umzusetzenden Objecte, wegen der Unmoͤglichkeit sich aus einander zu setzen, unterblieben. Ich behaupte, daß, ehe es Geld gegeben, der Tausch in den meisten Faͤllen nicht hat vor sich gehen koͤnnen: in den meisten Faͤllen wird man Sachen begehrt haben; 1) ohne gerade ein entbehrliches Object dagegen anbiethen zu koͤnnen, oder we- nigstens, 2) ohne ein gleichgeltendes Object dafuͤr hergeben zu koͤnnen. Ehe ich indeß hieraus folgere, daß die Umsaͤtze der Sachen gar nicht erfolgt seyen, oder mit anderen Worten, daß in jenen Zeiten, wo die persoͤnliche und wechselseitige Huͤlfe der Menschen einen besonders hohen Werth hatte, ein Beduͤrfniß nicht habe befriedigt werden koͤnnen, weil man nicht gerade eine gleichgeltende Sache dagegen anzubiethen gehabt habe; kurz, ehe ich annehme, daß das hoͤchst unna- tuͤrliche absolute Privateigenthum, dieses sich selbst zerstoͤ- rende Raffinement ganz verderbter und abgelebter Voͤlker, aͤlter sey, als das hoͤchst natuͤrliche Geld, lieber entschließe ich mich doch zu der hoͤchst natuͤrlichen Voraussetzung, daß in allen den Faͤllen, wo gar kein oder doch kein genuͤgendes saͤchliches Aequivalent vorhanden gewesen, mit der persoͤn- lichen Kraft des Wortes und des Glaubens, oder doch der Arbeit, des huͤlfreichenden Beystandes selbst bezahlt wor- den sey. Es sind nicht die Sachen an sich, sondern nur die gesell- schaftlichen Eigenschaften, die gesellschaftlichen Werthe der Sachen, welche ich begehre und weggebe, einkaufe und ver- kaufe: dieß haben wir schon fruͤher bemerkt; der persoͤnliche Beystand der Menschen aber hat, je weniger solche Sachen existiren, einen um so hoͤheren Werth. Die persoͤnliche Huͤlfe des Nachbars kann in jedes moͤgliche Beduͤrfniß umgesetzt wer- den, woran dem Menschen in der Kindheit der Gesellschaft viel mehr liegen muß, als an dem Besitz oder dem Einhan- deln der Sache, die nur ein einzelnes Beduͤrfniß befriedigt. Da man also eben so sicher gereitzt ist als gezwungen, in diesem fruͤhesten Verkehr neben den Sachen auch den per- soͤnlichen Beystand, oder das Versprechen desselben, an Zah- lungsstatt anzunehmen, und da man den Beystand der gan- zen Gesellschaft noch unmittelbarer braucht, so sind eigentlich nicht nur beyde Geldformen, das Wortgeld und das Sach- geld von Anfang an vorhanden, sondern sie sind in einem viel gerechteren Gleichgewichte vorhanden, als jetzt, wo in dem Ueberfluß der Sachen sich die Persoͤnlichkeit des Menschen ganz versteckt, und vor ihm verschwindet; und weil man das Gut aller Guͤter, naͤhmlich die Gesellschaft selbst und ihren allgegenwaͤrtigen Werth noch viel naͤher vor Augen hat, so ist das Gleichgewicht zwischen nuͤtzlichen Personen und nuͤtz- lichen Sachen, oder zwischen Wortgeld und Sachgeld noch viel lebendiger, es wird von der hoͤheren eigentlichen Geld- macht noch vielmehr in Ordnung erhalten, das Geld selbst also ist in einem viel vollkommneren Zustande vorhanden, als da, wo es, wie jetzt, sich schon ganz in die bloßen Sachen eingewickelt hat. In Summa: das Geld an sich, die verkaͤuflichste Sache an sich hat keinen Werth, und ist absolut nichts, ohne den Verkehr zwischen Personen und Sachen, wie wir oben in der naͤheren Betrachtung des Marktes gesehen haben; aber es gibt auch umgekehrt keinen Verkehr zwischen den Personen und Sachen, ohne dieses dritte hoͤhere Vermittelnde, ohne Geld; das heißt: es gibt keinen Tausch der nicht zugleich Handel waͤre. Wenn wir also drey Stadien der Entwickelung der Nationaloͤkonomie annehmen, und uns bey ihrer Be- zeichnung des hergebrachten Sprachgebrauchs bedienen, in- dem wir das erste Stadium als die Periode des Tausches, das zweyte als die des Handels, und das dritte als die des Credits Auch die gemeine Staatswirthschaft wird mir zuge- geben, daß der Schritt von dem Handel der Vorzeit zu dem heutigen Europaͤischen Creditgewerbe viel groͤßer sey, als der Schritt von dem vorgeblichen Tauschwesen der Antediluvianer zum Handel; daß ich also hinreichenden Grund habe, drey solcher Perioden abzustecken. betrachten, so ist das Geld, seinem vollen Wesen nach, in allen dreyen vorhanden, nur im ersten sind die bey- den Geldformen noch Sachen und Personen selbst, im zwey- ten sind es gemuͤnzte Metalle und Dienste (wie denn die ge- sammten feudalistischen Dienste des Mittelalters neben den Metallen wirklich die Geldfunctionen verrichten), und im drit- ten sind es Metallgeld und Papiergeld. In diesem ganzen Entwickelungsprozeß besteht die Vervoll- kommnung der Geldformen nur darin, daß sie immer mehr zum Bewußtseyn des Menschen gelangen, daß ihr Wesen immer deutlicher ausgesprochen wird. Fuͤr denjenigen, der diesen wahren und einzigen Fortschritt des Geldwesens nicht anerkennt, oder wohl gar das bestimmte Heraustreten und sich Aufdringen der Einen Geldform, naͤhmlich des Wort- geldes, des Papiergeldes fuͤr ein reines Uebel haͤlt, ist das Geldwesen aufs bestimmteste zuruͤck geschritten: er versteht unendlich weniger vom Wesen des Geldes, als jene vermeint- lichen ungluͤcklichen Barbaren in der Tauschperiode, die vor aller Geschichte, vor allem Staate, vor allem Gelde vorher gegangen seyn soll. Eine Zeit, wo die Sachen und das Sach- geld allein gelten sollen, ist so oͤde und geldleer , als ein Markt, auf dem es nur Verkaͤufer und Waaren gibt. Wir hoͤren heutiges Tages an allen Ecken, daß das Me- tallgeld Waare und Maaßstab zugleich ist, und man zerbricht sich den Kopf, wie eine Waare von so geringem Gebrauch in der Haushaltung und in der Manufactur, sich zu einem Gegenstande des aller allgemeinsten Begehrens erheben koͤnne; man fuͤhrt als Erklaͤrungsgruͤnde die Theilbarkeit, Selten- heit, Transportabilitaͤt, Dauerhaftigkeit, Beweglichkeit, Gleichfoͤrmigkeit, und hundert andere Eigenschaften der edeln Metalle an, durch welche sie sich zu einem Maaßstabe der uͤbrigen Sachen, das heißt: zu einem Wesen, welches mehr als Waare ist, eignen sollen. Wenn man doch erwaͤgen moͤchte, daß die buͤrgerliche Gesellschaft selbst alle diese Eigenschaften in einem viel hoͤheren Grade schon vor allem Metallgelde be- sitzt, daß das Metall also in allen diesen Ruͤcksichten nur den Staat selbst repraͤsentirt, und daß der Staat nun noch uͤber alles dieß dieselben Functionen auf den geistigen Gebieten der menschlichen Wirksamkeit ausuͤbt, wohin das Metall, trotz aller seiner Vollkommenheit ewig nicht reichen wird, daß aber diese geistigen Gebiete unmittelbar und mittelbar allenthalben in die des koͤrperlichen Lebens eingreifen; geistige, idealische, oder, wie man sich sehr unrichtig auszudruͤcken pflegt, imaginaͤre Beduͤrfnisse an allen Stellen die koͤrperlichen Beduͤrfnisse und somit das ganze gesellschaftliche Leben hoͤchst wesentlich modificiren, — so wuͤrde man empfinden, daß der Staat selbst (oder seine Axe, mit der die ganze Kugel des Staates) gegeben ist, ein viel reinerer Maaßstab aller Werthe im Staate ist, und daß das Metall nur Maaßstab ist, weil es die Geberden und Functionen des Staates in gewissem Grade nachzumachen im Stande ist. Die Europaͤischen Staaten haben dem Metalle diese Kuͤnste gelehrt, weil es eine gewisse Faͤhigkeit dazu, eine gewisse Ge- lehrigkeit hatte; sie haben es dazu abgerichtet; sie haben ihre Hand damit erweitert, in dem Sinne, in welchem ich das Werkzeug des Kuͤnstlers seine erweiterte Hand nannte. Dieser Gebrauch nun seit undenklichen Zeiten, der aller- dings mit der Natur und dem Berufe der edeln Metalle sehr wohl uͤbereinstimmte, die Menge der Beruͤhrungen, in welche die Metalle mit der buͤrgerlichen Gesellschaft gekommen sind, und deren sich keine andere Sache hat erfreuen koͤnnen, hat ihnen die Macht gegeben, auf die buͤrgerliche Gesellschaft ge- waltig zu reagiren: und wie muß eine einzelne Generation, zumahl wenn sie die moralische Macht der voran gegangenen Geschlechter nicht eben gegenwaͤrtig erhalten, wie sie konnte; wenn sie die große geistige Erbschaft der Vorfahren nicht ungetreten hat, ergriffen werden von einer Sache, welche durch den Verkehr aller dieser fruͤheren Geschlechter gewisser- maßen geheiligt worden? Es ist natuͤrlich, daß sie von den Metallen abhaͤngig geworden, und daß sie selbige fuͤr das eigentliche Geld gehalten hat, nachdem sie das Wesen der Gesellschaft selbst, d. h. die Geldeigenschaft, welche alle Per- sonen und Sachen durch das politische Zusammenwirken ge- winnen, vergessen hatte; ein handgreiflicher Repraͤsentant des Verkehrs aller fruͤheren Generationen mußte in dem augen- blicklichen Verkehr eines einzelnen Geschlechtes, das der ge- sellschaftlichen Majestaͤt, von der das Gold nur einen Ab- glanz an sich trug, sich nicht mehr bewußt war, noth- wendig eine große Rolle spielen: je mehr man den hoͤheren politischen Maaßstab des Rechts und der Gesetze verloren hatte, um so mehr mußte der metallene Maaßstab, der in tausend- jaͤhriger Abhaͤngigkeit von jenem hoͤheren Maaßstabe sich ge- bildet hatte, nun da er allein stand, unentbehrlich werden. Nichts desto weniger ist auch in unserer heutigen Haus- haltung der große Umstand nicht zu uͤbersehen, daß das Gold nur durch die Muͤnze erst zum Maaßstabe wird, daß es also eine unendlich schwankende Waare bleibt, bis ein Gesetz, ein Wort ihm befiehlt, daß es fuͤr so und so viel gelten soll. Alles Muͤnzen der Welt setzt die Praͤexistenz eines Maaßstabes voraus: wer muͤnzen will, macht bekannt, daß er ein bestimm- tes Gewicht edeln Metalls so und so theuer bezahle, daß er aus diesem Gewicht so und so viel aliquote Theile eines bereits vorhandenen Maaßstabes ausmuͤnze, und daß dieses Verhaͤltniß des Gewichts der Metalle zu dem vorhandenen Maaßstabe bis auf weiter fest und unveraͤndert verharren soll. Wenn also dermahlen in Oestreich der Wiener Centner Kupfer in 213 fl. 20 kr. W. W. ausgemuͤnzt wird, so wird ein Maaßstab, der bloß die Massenkraft des Metalls mißt, naͤhmlich der Centner, gleichgesetzt mit einem anderen Maaß- stabe, oder mit aliquoten Theilen dieses Maaßstabes, der den Werth aller aͤußeren Lebensbeduͤrfnisse mißt. Der Werth- maaßstab ist also nicht etwa in dem Metalle absolute vor- handen, sondern er wird erst durch die Allianz des Gesetzes mit dem Kupfer. Dagegen koͤnnte man einwenden, das Metall habe ohne Dazwischenkunft des Gesetzes auf dem Markte schon einen Preis, d. h. es messe dort den Werth vieler Lebensbeduͤrfnisse, und wenn jener Preis auch schwanke, so sey er doch relativ fest, im Verhaͤltniß zu vielen anderen noch schwankenderen Waaren. Man uͤbersehe nicht, daß das Kupfer ungleich mehr bey andern oͤkonomischen Functionen, als in der Muͤnze dient, daß der Gesetzgeber der Muͤnze also vielmehr von dem Markte abhaͤngig bleibt, indem er den Muͤnzpreis des Kupfers an- setzt, als wenn er den Muͤnzpreis des Goldes und Silbers ansetzte, welche beyden Metalle vielmehr zur Muͤnze, als zu anderweiten oͤkonomischen Zwecken dienen. Gold und Silber koͤnnen, was beym Kupfer nicht der Fall ist, vom inlaͤndi- schen Markte ganz vertrieben werden, und behaupten sich nur auf dem auswaͤrtigen Markte; aber auch hier vielmehr durch ihre Muͤnzbestimmung, als durch ihren Gebrauch bey ander- weiten oͤkonomischen Functionen. Es leuchtet auf dem ersten Blick ein, daß jemehr ein Metall in den vielfaͤltigen Geschaͤften der Haushaltung unmittelbar gebraucht wird, es auch um so weniger an sei- nem Preise fixirt werden koͤnne. Indeß was ist denn der Marktpreis des Kupfers anders als Vergleichung, als Allianz des Kupfers mit einem bereits vorhandenen Maaßstabe: jeder Privatmann setzt fuͤr den Augenblick, in welchem er das Kupfer kauft, einen Muͤnzpreis desselben fest; er thut das fuͤr sich und fuͤr den Augenblick, was die Muͤnze fuͤr alle und fuͤr einen laͤngeren Zeitraum thut. Wenn also auf dem Markte auch nicht das Gesetz selbst den Preis des Kupfers ansetzt, so streben doch alle Einzelne, welche diesen Preis ansetzen, so viel als moͤglich nach einem mittleren Preise, d. h. sie stre- ben dem Gesetze so nahe zu kommen als moͤglich. Gesetzt der Preis des Kupfers wuͤrde auch auf dem Markte nach Silber gemessen, so wird doch das Silber selbst wieder nach einem vorhandenen idealischen Maaßstabe gemessen, der nicht im Metalle liegt, a ber nur von dem Gesetze her- ruͤhren kann. Wenn wir die Gleichgeltung des Gewichtes von einer Mark Silber mit zwanzig Gulden, oder einen solchen Muͤnz- preis des Silbers ansetzen, so erklaͤren wir damit, daß wir bis auf weiteres fuͤr die Mark Silbers die Valuta von zwan- zig Gulden zahlen wollen, der Marktpreis des Silbers moͤge sich bis dahin aͤndern wie er wolle. Die Idee eines Gulden ist in allen Gemuͤthern vorhanden; es ist dieses ein ideali- scher Maaßstab, der aus dem Verkehr eines bestimmten Vol- kes durch Jahrhunderte hervor gegangen, der sich daraus her- ausgemittelt hat: weil sich nun die Preise des Silbers auf eine aͤhnliche, jedoch nur subordinirte Weise aus den saͤch- Theoret. Theil O lichen Beduͤrfnissen dieser Nation herausmitteln, wie der hoͤ- here, allgemeinere, aber nothwendig idealische Maaßstab aus dem Gesammtbeduͤrfniß der Nation, so streben wir diesen idealischen Maaßstab mit jenem Silberpreise zu verknuͤpfen: wir fixiren den Silberpreis um jenen idealischen Maaßstab deutlich und handgreiflich auszudruͤcken, so wie wir die Toͤ- ne und Zeichen der Sprache fixiren, um die Idee auszudruͤ- cken, obgleich diese Toͤne und Zeichen erst von der Idee ihr Maaß erhalten. Auf die Frage: wie denn die Muͤnze ihr Silber oder Gold bezahle, womit sie es erkaufe? wird man mir antworten: sie bezahle fuͤr das rohe Metall, Stuͤcke desselbigen aber ausgepraͤgten Metalls, oder sie zahle den Werth des einen Metalls mit dem andern. Aber das ausgepraͤgte Metall muß sie auch fruͤher erkauft, und das andre Metall, womit sie das Silber oder das Gold bezahlt, muß selbst fruͤher mit irgend einer Valuta bezahlt worden seyn: also wird durch diese Antwort die Frage nur immer weiter hinaus geschoben. So gut wie ich auf dem Markte das Silber oder Gold mit jeder gedenkbaren Waare kaufen kann; so gut koͤnnte es auch die Muͤnze mit jeder gedenkbaren Valuta, mit Credit, mit Papieren, wie mit Banknoten in London , mit Einloͤsungs- scheinen in Wien , kaufen: nur mit dem Unterschiede, daß sie nach einem festen, bestimmten Verhaͤltniß des zu erkaufen- den Metalls zu der Valuta, womit es erkauft wird, ihren Handel schließt, waͤhrend auf dem Markte alle Verhaͤltnisse um einen unsichtbaren, und unergreiflichen Mittelpunct her oscilliren. Deßhalb kann die Muͤnze das verlangte Metall nur mit den wenigen Waaren kaufen, deren Verhaͤltniß zu dem fixir- ten Hauptverhaͤltniß, selbst wieder fixirt ist; wenn also die Londner Muͤnze das Verhaͤltniß 1 Unze Gold: 3. l. 17. s. 10½ d. fixirt hat, womit eigentlich vollwichtiges und vollguͤltiges Silbergeld gemeint wird, so kann sie diese Unze Gold freylich mit 3. l. 17. s. 10½ d. in Banknoten zahlen, weil diese als gleichgeltend mit dem darauf verzeichneten Silberwerthe fixirt sind; aber sie kann diese Unze Gold schon nicht mit so viel Silberbarren kaufen als 3. l. 17. s. 10½ d. auf dem Markte kosten wuͤrden: Denn um das Verhaͤltniß ihrer Silbervaluta zu der Unze Gold fixiren zu koͤnnen, mußte sie zuvor die Silbervaluta selbst fixiren, indem sie die Unze Silber in so und so viel bestimmte Theile, Schillinge und Pence auspraͤgte. Dieselbe Unze Silber also, die auf dem Markte im Ver- haͤltniß zu den dort umlaufenden Schillingen und Pence fort oscillirt, bald mehr, bald weniger derselben Schillinge und Pence bedeutet, wird in der Muͤnze ein fuͤr allemahl in die immer gleiche Anzahl von Schillingen eingetheilt: in der einen und in der andern Beziehung hat dasselbige Silber zwey ganz verschiedene Bedeutungen; Silber ist also nicht in allen Faͤllen gleich dem Silber, so wenig als oben Gold gleich dem Golde. Das ganze Muͤnzen ist nur moͤglich dadurch, daß Gold als ungleich gesetzt wird derselben Materie des Goldes, und Silber ungleich derselben Materie des Silbers. Eine Unze Goldes also, die mit Silber, das nach einem fixen Preise O 2 ausgepraͤgt ist, gekauft wird, kann nicht in demselben Ver- stande mit Silberbaaren, nach dem veraͤnderlichen Preise des Marktes gekauft werden. Der Silberpreis der 3. l. 17. s. 10½ d. fuͤr die Unze Gold waͤre kein fester Preis, kein Muͤnz- preis, wenn man nach Belieben fuͤr dieses fixirte Silber das veraͤnderliche Silber des Marktes setzen koͤnnte. Indem die Brittische Muͤnze ihren Muͤnzpreis festsetzt, so erklaͤrt sie, daß sie die Unze Goldes mit einer bestimm- ten Anzahl aliquoter Theile einer Unze Silbers bezahlen wol- le, oder mit einer solchen Valuta, die durch die Gesetze des Landes (aber nicht bloß durch den Marktpreis) als gleichgeltend mit dieser bestimmten Anzahl aliquoter Theile einer Unze Silbers angeordnet sey: so wie man in St. Domingo das Verhaͤltniß eines Pfundes Caffee zu einem Pfunde Zucker durch das Gesetz fixiren koͤnnte, waͤhrend dieses Verhaͤltniß auf dem Markte beweglich und unveraͤnderlich bliebe wie bisher. Waͤre nun in diesem Verhaͤltnisse Caffee oder Zucker, in jenem Gold oder Silber der Maaßstab? — Keines von beyden ist absoluter Maaßstab des andern; jedes mißt das andre. Es ist also nur Taͤuschung, wenn man meint, das eine Glied dieses Verhaͤltnisses koͤnne fixirt, das andere der Dispo- sition des Marktes uͤberlassen werden; entweder werden bey- de Glieder fixirt, oder es ist uͤberhaupt kein Verhaͤltniß, und also auch kein Glied des Verhaͤltnisses fixirt worden. Nun fraͤgt sich: wer fixirt das Verhaͤltniß? — Die Muͤnze. — Also der Muͤnzdirektor setzt das Verhaͤltniß nach Willkuͤhr an? — Nein, er erhaͤlt seine Instruction von der Staatsgewalt. — Also die Staatsgewalt setzt das Verhaͤlt- niß nach Willkuͤhr an? — Wie koͤnnte sie es nach Willkuͤhr ansetzen, da sie die Metalle selbst wieder kaufen muß, und wenn sie die Valuta, womit sie kauft, zu hoch ansetzte, kei- nen finden wuͤrde, der sie ihr mit Metallen abkaufte; wie auch, wenn sie die Valuta zu niedrig ansetzte, mit dem verlang- ten Metalle uͤberschwemmt werden wuͤrde. Wodurch wird al- so die Staatsgewalt dirigirt, wenn sie den Muͤnzpreis an- setzt? vielleicht durch den Marktpreis? — Ließe sie sich durch den Marktpreis bestimmen, so wuͤrde sie nie zum Muͤnzen kommen, weil der Marktpreis schon, ehe sie die erkauften Barren eingeschmolzen haͤtte, ein andrer seyn wuͤrde. — Ist also die Staatsgewalt bey der Fixirung der Muͤnzpreise ganz un- abhaͤngig vom Marktpreise? — Nein, sie muß sich in ei- nem gewissen Gleichgewichte mit dem Marktpreise erhalten, weil das Metall, welches sie empfaͤngt, vom Markte kommt, und die Muͤnze, welche sie ausgibt, dahin zuruͤckkehrt, und jenes nicht gegeben, diese nicht genommen werden wuͤrde, wenn sie beyde vom Marktpreis allzusehr abwichen. Also weder das Gold ist absoluter Maaßstab, noch das Silber; weder der Marktpreis noch die Staatsgewalt, un- abhaͤngig fuͤr sich, bestimmt den Muͤnzpreis. In den fruͤhesten Zeiten unsrer nationalen Haushaltung, waren die wenigen damahls concurrirenden Werthe oder der Markt noch leicht zu uͤbersehn, und da diese Werthe in un- mittelbarer Beruͤhrung mit einander standen, konnten sie auch noch nicht betraͤchtlich schwanken. Der Werth den die ein- zelne Waare im Verkehr des Marktes, und der andre, den sie durch das Gesetz hatte, fielen noch sehr nahe zusammen. Das hoͤchste Gut, die Gesammtexistenz, wornach sich, wie hinreichend erwiesen, jeder Werth bestimmen mußte, stand allen noch sehr nahe vor Augen: und so war ein Wider- spruch zwischen dem augenblicklichen Werth der Waare auf dem Markt, und dem dauerhaften Werthe derselben, mit Be- ziehung auf die buͤrgerliche Gesellschaft oder das Gesetz, eben nicht moͤglich. Das Gesetz und der Markt waren also auch uͤber den Werth des Goldes und Silbers sehr einig. — Da- her theilte sich das Pfund Silber in seine Gewichttheile: das Gesetz und der Markt waͤgen es mit demselben Gewichte ab. Aber je complicirter der Verkehr des Marktes wird, je mehr Waaren auf den Markt und seine Preise influiren, um so mehr veraͤndert sich auch das Verhaͤltniß der Hauptwaaren zu den uͤbrigen, oder das Verhaͤltniß der edeln Metalle zu den Waaren; um so schwankender wird, unter den wechseln- den Reitzen, das Beduͤrfniß, also auch der Marktpreis der edeln Metalle. — Auf der andern Seite aber strebt das Gesetz unaufhoͤrlich nach einer Befestigung dieser Werthe, und der Markt ist selbst dabey interessirt, daß alle Hauptwerthe so viel als moͤglich dauerhaft und uͤber die Schwankungen des Augenblickes erhoben seyn moͤchten, daß es also Muͤnzen gebe, die, wenigstens so weit der Arm des Gesetzes reicht, welches sie auspraͤgt, in einem unveraͤnderlichen Verhaͤltniß zu den Metallen, und demnach zu allen Waaren, die wie- der von den Metallen abhaͤngen, staͤnden. Das Gesetz also, das den Markt regieren soll, indem es ihm nachgibt, bildet aus den fruͤheren Marktpreisen und dem laufenden Markt- preise des edeln Metalles, einen mittleren Preis ; aus dem ehemahligen Verhaͤltnisse der edeln Metalle unter einan- der und zu den Waaren, und dem jetzigen Verhaͤltnisse ein mittleres Verhaͤltniß : und dieses ist der Muͤnzpreis. Es ist dieses die Geschichte nicht bloß des Muͤnzgesetzes, sondern aller Staatsgesetze uͤberhaupt, welche auf aͤhnliche Weise fortschreiten, um weiter befestigt zu werden, und desto sichrer fortschreiten zu koͤnnen. Aus den vergangenen Zeiten bringt der Gesetzgeber fuͤr jedes Gebiet des politischen Le- bens ein gewisses Normalverhaͤltniß oder Normalgesetz her- ab; dieß stellt er dem anderen Verhaͤltniß gegenuͤber, wel- ches sich aus dem dermahligen Zustande jenes Gebietes er- gibt; aus beyden ergibt sich ein mittleres Verhaͤltniß oder Gesetz, welches weder aus der Vergangenheit noch aus der Gegenwart allein herruͤhrt, sondern nur die gerechte Modifi- cation beyder ist. Da aber diese einzelnen Gebiete oder besonderen Sphaͤren des politischen und oͤkonomischen Lebens sich alle unter ein- ander bedingen, und uͤberhaupt nur existiren, in wie fern sie sich durchgaͤngig auf einen gemeinschaftlichen Mittelpunct beziehn, so wird die Gesetzgebung bey jedem einzelnen, neuerdings festzustellenden Verhaͤltniß, den ganzen vergange- nen und gegenwaͤrtigen Zustand der Dinge vor Augen haben muͤssen: der Muͤnzpreis, oder das wichtige, gesetzliche Ver- haͤltniß der edeln Metalle wird also nicht etwa aus dem Durchschnitt der vergangenen Marktpreise, und dem gegen- waͤrtigen Marktpreise mechanisch berechnet werden koͤnnen, sondern das große oͤkonomische Verhaͤltniß, welches sich im Laufe der Zeiten aus dem oͤkonomischen Gesammtleben der Nation ergeben hat, oder der Maaßstab , der sich in die- sem Gesammtleben gebildet hat, (die Axe dieses Gesammtle- bens, wie wir uns fruͤher ausdruͤckten) wird mit dem Ver- haͤltnisse ausgeglichen werden muͤssen, welches sich aus dem einheimischen und auswaͤrtigen Beduͤrfnisse und Vorrathe der edeln Metalle wie der uͤbrigen Waaren auf dem Markte dieses Augenblicks ergibt. Auf dem Markte und durch den Marktpreis ergibt sich, was jedes oͤkonomische Object als Waare bedeute, was es bedeute in dem Verhaͤltniß zu der Groͤße des Vorrathes und zu der augenblicklichen Nachfrage; im Zusammenhange mit der ewigen Staatsgesellschaft, in Beziehung auf den Mit- telpunct derselben oder auf das Gesetz aller Gesetze, auf den Maaßstab par excellence, ergibt sich was das oͤkonomi- sche Object als Maaßstab bedeute: auf dem Markte ergibt sich der arithmetische Preis dieses Objects; vor dem Gesetze ergibt sich der geometrische Werth desselben. Der Maaßstab liegt also in dem Gesetze selbst, und in keiner gedenkbaren Waare, als solcher; dasjenige was die Metalle unter einander, und ihren Marktpreis mit ihrem Na- tionalwerthe vermittelt, ist der eigentlich lebendige Maaß- stab. Dieser Maaßstab ist ein idealischer (aber, wie schon bemerkt, kein imaginaͤrer oder auf irgend eine Weise willkuͤhrlicher). Unter dem Vorsitz des Gesetzes haben der augenblickliche Markt und die ewige Gesellschaft dieses besonderen Staates schon in fruͤheste n Zeiten Geld gemacht: jener hat die Ma- terie des Geldes, die edeln Metalle herbeygeschafft, diese hat den Maaßstab des Nationalbeduͤrfnisses hergegeben, und aus dieser Verbindung ist die Muͤnze hervorgegangen, welche das Gesetz fixirt, benannt und gestempelt hat. Indeß ist der Au- genblick und der Markt mit ihm fortgeschritten, aus den Schranken, die ihm das Gesetz angewiesen, heraus getreten. Das Verhaͤltniß muß von neuem festgestellt werden: Der Markt liefert den Barren, die Staatsgesellschaft liefert ihre bisherige Muͤnze, in der nun schon der Maaßstab des Na- tionalbeduͤrfnisses enthalten ist. Das Gesetz aber, welches diesen Maaßstab lebendig und ohne materielle Vermischung mit dem Metall, wie es bey der Muͤnze der Fall ist, in sich traͤgt, vermittelt wieder zwischen dem Barrenpreise und der Muͤnze. Gesetzt nun, es sey, als der Muͤnzpreis des Silbers = 1 gewesen, aus dem gleichen Marktpreise und dem damahligen Na- tionalbeduͤrfnisse eine Muͤnze construirt worden, die ein Pfund Sterling Silbers wog, so wird diese Muͤnze, wenn der Marktpreis des Silbers weit unter 1 herab gesunken, eine Veraͤnderung erleiden muͤssen. Die Muͤnzdirektion Der Doppelsinn des Wortes Muͤnze, da es bald die praͤgende Werkstatt bald das ausgepraͤgte Metall, bald mint, bald coin bedeutet, erschwert die Darstellung sehr. Ueberhaupt ist die deutsche Sprache fuͤr Abhandlungen der Nationaloͤkonomie noch wenig formirt. kann fuͤr das auszumuͤnzende Pfund Silber den Muͤnzpreis: 1 nicht mehr bezahlen. — Das Pfund Sterling-Waare ist auf dem Markte wohlfeiler geworden; das fixe Pfund Ster- ling-Maaßstab laͤßt also die Materie des Silbers und die Beziehung auf das Marktpfund fahren, um nicht durch die Schwankungen und Senkungen des Silberpreises seinen Cha- rakter als Maaßstab ganz zu verlieren. Durch alle Veraͤn- derungen in den Marktpreisen der edeln Metalle hindurch laͤuft der alte Maaßstab fort, wiewohl er ganz verschie- dene Massen des edeln Metalles bedeutet; das Pfund Ster- ling Maaßstab wird mehr und mehr zu einem idealischen Wesen, womit die Verhaͤltnisse der Metalle vielmehr unter einander angesetzt und regulirt werden, als daß es durch ausschließende und feste Beziehung auf ein einzelnes Metall dieses zum Standard erheben sollte. Es schwebt vermittelnd uͤber den Verhaͤltnissen des Goldes, des Silbers und der uͤbri- gen Waaren; tritt als Wortgeld (Schrift- oder Papiergeld) in den Banknoten unabhaͤngig ans Licht, und kommt, da es im Herzen der ganzen Nation lebt und fast im Mittel- puncte aller nationalen Werthe steht, dem Maaßstabe des Gesetzes selbst sehr nahe; — das Gesetz bleibt freylich das allerreinste Geld, und behaͤlt noch immer die hoͤhere Func- tion, zwischen dem Pfunde Sterling, diesem perpetuirlichen Muͤnz- preise der edeln Metalle, und dem Marktpreise derselben, oder zwischen dem Wortgelde und dem Metallgelde zu vermitteln. Der Muͤnzpreis der edeln Metalle beruht auf der Vor- aussetzung, daß Nationalgeld und Weltgeld unter dem Vor- sitze des Gesetzes, schon wahres Geld erzeugt haben, daß schon die Benennung und die Stempelung des Verhaͤltnisses beyder vorgenommen sey: dieses durch einen Nahmen z. B. Pfund Sterling fixirte Verhaͤltniß wird mit dem veraͤnderten Marktpreise von neuem verglichen, und durch Nachgiebig- bigkeit von beyden Seiten ein neues Verhaͤltniß, ein neuer Muͤnzpreis, und demnach ein vollkommneres Pfund Ster- ling hervor gebracht. Wo also uͤberhaupt gemuͤnzt wird, da muß es einen festen Muͤnzpreis der edeln Metalle geben, und einen Muͤnzpreis kann es nur geben, in wie ferne es schon ein solches idea- lisches Geld gibt, wie es spaͤterhin in weiterer Entwickelung der Nationaloͤkonomie aufs Papier ausgedruͤckt wird. Das eigentliche Wesen des Papiergeldes, naͤhmlich ein idealisches Geld ist also schon vorhanden, in wie ferne es Muͤnze gibt, und ist die unumgaͤngliche Bedingung der Moͤglichkeit einer Muͤnze. Muͤnzen heißt den schwankenden Werth der edeln Metalle befestigen; was koͤnnte ihn befestigen als eine Sache von einem hoͤheren, festeren Werthe: dieses ist das Gesetz: durch das Muͤnzen wird ein untergeordnetes und augenblickliches Verhaͤltniß, von einem hoͤheren ewigen Verhaͤltnisse, naͤhmlich der buͤrgerlichen Gesellschaft selbst, abhaͤngig gemacht. — Die buͤrgerliche Gesellschaft reducirt sich aber in letzter In- stanz, wie schon fruͤher gezeigt, auf das Verhaͤltniß Person und Sache. Dieses Verhaͤltniß befestigen, indem man es mit dem Geiste des Glaubens oder des Credits durchdringt, oder belebt, heißt den Staat befestigen. Da nun das Metall, welches unter den Sachen regiert, und das Gesetz, welches unter den persoͤnlichen Kraͤften, beydes nur verschiedene Aus- druͤcke fuͤr das Verhaͤltniß Person und Sache sind, so kann man die Nothwendigkeit jenes Verhaͤltniß zu fixiren, nicht laͤugnen, ohne zugleich die Feststellung des letzteren zu laͤugnen, worin die ganze Festigkeit des Staates beruht. So bald es also eine Muͤnze gibt, muß es einen Muͤnz- preis geben; gibt es einen Muͤnzpreis, so ist das Wesentliche des Papiergeldes schon vorhanden; die Alleinherrschaft des Metalls, wenn es je eine solche gegeben, ist zu Ende; das andere Element des Geldes ist da, welches die Widersacher des Papiergeldes nur als einen Sclaven des Metalls zu be- greifen wissen. Schon durch die Muͤnze geht eine wirkliche Transsubstantiation Wir sagen dieß mit Bezug auf Herrn Walther Boyd , einen der scharfsinnigsten und beruͤhmtesten Gegner des Pa- piergeldes ( letter to the r. h. William Pitt. second edition pag. 103). Alle Beobachtungen und Erfahrungen seines Lebens, sagte er, noͤthigten ihn zu behaupten, that all the adsurdities of the doctrine of transubstantia- tion are really nothing to the monstrous prin- ciple, that a sterile piece of paper is equal to gold . des Goldstuͤcks in dem Leib des Staats vor sich, welche die Englische Verfassung anerkennt, indem sie de jure , wie schon bemerkt, von keinem Einschmelzen, Ausfuͤhren der einmahl gepraͤgten Muͤnze, auch von keinem weiteren Marktpreise derselben weiß. Aus allen diesen Gruͤnden muͤssen die consequenten Gegner des Papiergeldes, auch das Wunder des Muͤnzstempels, also die Autoritaͤt des Gesetzes uͤber die Haushaltung der Voͤlker laͤugnen. Der Mensch strebt nach Einheit, aber so lange er un- ter dieser etwas Geringeres versteht, als die unendliche Ver- einigung, ist er in seinem Thun und Denken allen Taͤuschungen der Welt preis gegeben. Gesetz, Maaß, Maaßstab, Standard, Gewicht und Muͤnze, wie sie gemeiniglich zur Sicherstellung der irrdischen Geschaͤfte begehrt werden, sind auf dem Wege der Vereinigung nichts weiter als bestimmte Stationen, durch die der Weg selbst zum Bewußtseyn des Menschen gelangt; die einzelnen Punete, durch welche die Linie; das arithmeti- sche, wodurch das geometrische; das Endliche, durch welches das Unendliche — das Wissen, wodurch das Glauben zur Anschauung kommt. In dem Verlangen nach diesen Einhei- ten, versteckt sich uͤberall das hoͤhere und unendliche Verlan- gen nach dem Credit: es muß endliche und scheinbare Be- friedigungen dieses Verlangens geben, damit durch vielfaͤl- tige Taͤuschung das uͤberschwengliche Wesen der Wahrheit selbst zum Bewußtseyn komme. Alle jene Einheiten sind nichts als einzelne Glieder einer unendlichen Progression, deren zwey auf einander folgende zwar den Exponenten ergeben, von denen aber Eines fuͤr sich, oder auch der absolute Exponent fuͤr sich, das Gesetz des Lebens keineswegs auszudruͤcken im Stande ist. Wie oft soll es gesagt werden, daß es ein Gesetz nur gibt, in wie fern man einen Fall — den Exponenten nur, in wie fern man ein Glied der Progression dazu erhaͤlt; daß alle Versuche der Menschen den Exponenten an sich, oder ein ewiges Gesetz, Maaß, Standard ꝛc. zu ergreifen und festzustellen, vergeblich sind; daß die bloße Forderung einen Widerspruch enthaͤlt. Setzen wir den Exponent der Lebens- reihe = Gott. Ihn ohne Vermenschlichung und Persoͤnlich- keit zu ergreifen, ist unmoͤglich. Kommt aber zu dem Ex- ponenten ein Glied der Progression, oder wird Gott zum Menschen, so ist das lebendige Gesetz offenbart, welches sich ins Unendliche weiter offenbaren muß. So ist das Gesetz im engeren Sinne der Exponent des buͤrgerlichen, der Standard der Exponent des oͤkonomischen Lebens. Die edeln Metalle, bloße Glieder dieser oͤkonomi- schen Progression koͤnnen mit dem Exponenten derselben nie absolut identisch zusammen fallen. Aber der Credit als Expo- nent, und die Waare oder das Metall als Glied der Pro- gression koͤnnen mit einander verbunden das feste Gesetz der ganzen Reihe geben oder den Standard, der dann recht ideal und recht real zugleich seyn wird. Siebentes Kapitel. Daß der Werthmaaßstab nicht bloß Groͤßen, sondern auch Richtungen und Verhaͤltnisse messen solle. U nter allen vorstehenden Betrachtungen, die ja wohl eben so gut als die Untersuchungen des Adam Smith , auf eine geneigte Entschuldigung ihrer Umstaͤndlichkeit und Weitschwei- sigkeit Anspruch machen duͤrfen, wenn auch die Darstellung an Klarheit und Faßlichkeit hinter jenem hoͤchst verdienstli- chen Werke zuruͤck bleiben sollte, kann dem Leser nicht ent- gangen seyn, daß der Begriff des Maaßstabes in einem viel umfassenderen Sinne angewendet worden, als in den fruͤheren Theorien. Wir hatten mehrere Dinge zu messen, welche bis- her absichtlich von dem Gebiete der Staatswirthschaft aus- geschlossen wurden — die gesammten idealischen Guͤter des Lebens — andere Dinge, von welchen diesen vorhandenen Theorien die Vorstellung abging, die sie also uͤberhaupt we- der der Aufnahme wuͤrdigen, noch verbannen konnten — die naͤhmlich, welche wir Richtungen der Kraͤfte, Verhaͤltnisse derselben zu einander und zum Mittelpuncte nannten. Da nun von diesen Richtungen der einzelnen Kraͤfte auf den Mittelpunct, und von der Verbindung der sichtbaren Guͤ- ter mit den aus der Staatswirthschaft verbannten unsicht- baren Guͤtern, mit andern Worten da von der Vereinigung aller saͤchlichen und persoͤnlichen Kraͤfte in eine große Natio- nalkraft — der Werth jedes einzenen Gutes abhing, so konn- te ein solches Gut oder der Werth desselben, hinfort schwerlich mit einem Maaßstabe genuͤgend gemessen werden, der nichts weiter auswies, als die groͤßere oder geringere Handgreif- lichkeit. Alle bisher von der Nationaloͤkonomie beliebten Maaß- staͤbe bestimmen nichts weiter als die Groͤße, und wenn man den ganz unrecht gewuͤrdigten Vorzug der Ansicht des Adam Smith streng und gerecht bestimmen will, so liegt er darin, daß dieser Mann, ungeachtet seiner uͤbrigen Einseitigkeit, das Unzureichende eines koͤrperlichen Maaßstabes wenigstens gruͤndlich empfunden hat. Es draͤngte ihn die koͤrperlichen Dinge mit etwas Hoͤhe- rem und Allgemeinerem zu messen als mit koͤrperlichen Din- gen; es draͤngte ihn, obwohl er nirgends zu verstehen gibt, daß es außer der Massengroͤße uͤberall auch auf die Dauer ankommt, einen Maaßstab zu erfinden, der nicht bloß das Raͤumliche, sondern auch zugleich die Zeit messe, und so ward dieser klare, praktische und materielle Gelehrte so mystisch, unpraktisch und idealistisch, daß er die Arbeit , die Gel- tung eines Arbeitstages zum Hauptmaaßstab aller oͤkono- mischen Groͤßen erklaͤrte. Es konnte nicht fehlen, daß dieser chimaͤrische Maaßstab unter den Haͤnden des Messenden wieder in eine unendliche Mannigfaltigkeit zerfloß. Es muß auf dem ersten Blick einleuchten, daß es genau eben so viele Arten von Arbeit, als es verschiedene Gattungen von Produkten gibt, und daß es genau eben so viele Abstu- fungen von Groͤße, Umfang, Intensitaͤt der Arbeit als der Produkte gibt. Unumgaͤnglich nothwendig war also die neue Untersuchung, welche Arbeit als ein Maaßstab aller uͤbrigen Arbeiten zu betrachten sey. Da aber der Begriff der Arbeit um keine Haarbreite allgemeiner aufgefaßt war oder werden konnte, als der Begriff des Produkts, so blieben die geistigen Arbeiten wieder außer dem Calcuͤl eben so gut als die geistigen Produkte; und die nationalen Richtungen der Thaͤtigkeit, welche durch ihre uͤberwiegende Gewalt alle Maaßstaͤbe und Calcuͤls der Welt zu zerstoͤren vermoͤgen, blieben außer den Grenzen der Vorstellung wie bisher. Was war aber das Imposante, das Entdeckungsaͤhnliche in dem Arbeitsmaaßstabe des Adam Smith ? was hat so vortreffliche Koͤpfe, die mit vollem Herzen die neue Lehre ergriffen, blenden koͤnnen? — Es war in den starren und mechanischen Umgebungen der alten Massenoͤkonomie ein er- frischender Anhauch jener lang vergessenen Elemente aller Haushaltung, welche wir von der bitteren und gruͤndlicheren Nothdurft unserer Zeit, wieder zu gewinnen, angehalten wer- den. Es floß in dem Jahrhundert des Adam Smith noch mancher Tropfen Bluts bewußtlos durch das Herz des Men- schen, der uns nunmehr abgezapft ist: es konnte mancher Irrthum gedacht und gehegt werden, dessen unguͤnstiger Ein- fluß durch einen gewissen Rest natuͤrlicher Gesundheit und natuͤrlichen Gluͤckes wieder aufgehoben wurden; zumahl in England . Die besten Koͤpfe jener Zeit theilten mit Adam Smith den Abscheu vor dem Graͤuel des rohen Merkantilis- Theoret. Theil P mus; corrigirten mit ihrer bloßen praktischen Gesundheit bewußtlos den Irrthum des feineren Merkantilismus, worin sie die Theorie dieses Autors verstrickte; und freuten sich uͤber den Anhauch von so lang entbehrtem idealischem Wesen in oͤkonomischen Dingen, den der neue Maaßstab an sich trug; wiewohl die Anspruͤche auf Festigkeit und Bestimmtheit, welche die alte, stark ins Holz geschossene Vernunft zu machen nicht aufhoͤrte, durch diesen Maaßstab viel weniger befriedigt werden konnten, als durch das Metallgeld der Mer- kantilisten. Denn ein gewisses Maaß Getreide, so elenden Werthmesser es, ungeachtet der Wichtigkeit seines Gehaltes, abgibt, war immer noch ein viel zuverlaͤßigerer Standard, als ein Arbeitstag des Adam Smith . Aber nichts desto weniger war der erste Versuch gemacht worden, die Handgreiflichkeit auf etwas Unhandgreifliches, die Massen, oder das Raͤumliche auf Zeit, auf Dauer, auf ein geistiges Wesen, das Produkt auf das Produciren, das Was? auf das Wie? zuruͤck zu fuͤhren. Weil nun dieses Wie? dieses geistige Princip unmittelbar in die gehoͤrige Ver- steinerung des alten Begriffs und der alten Begreiflichkeit wieder zuruͤck sank; weil es sich immerfort noch handelte, um den alten hartnaͤckigen Privatbesitz, um die alten, blan- ken, theuren Metalle; weil man von dem alten Menschen nichts auszuziehen brauchte, und sich doch ganz behaglich waͤr- men konnte, an den neuen Lichtstrahlen von Freyheit und Universalindustrie; weil es sich ergab, daß man nur noch viel eigennuͤtziger zu werden brauchte, um zugleich ohne alle Muͤhe der Menschheit noch viel mehr zu dienen; daß man ein großer Philanthrop und Weltbuͤrger gewesen war, ohne es zu wissen; daß man vermittelst des puren Geitzes Allmosen geben koͤnnte, ohne es zu wollen — so ist die Popularitaͤt des Adam Smith wohl hoͤchst natuͤrlich. Und daß seine Theorie, ungeachtet der Klagen und Er- mahnungen seiner Schule, die Regierungen so wenig ange- fochten hat, beweist, daß eine viel solidere Nothwendigkeit in dieser hoͤheren Sphaͤre, als in der des Privatlebens herrscht, und daß, was ich schon fruͤher behauptet, die Willkuͤhr der Regierungen viel unschaͤdlicher ist, als die der gebildeten Privatmaͤnner, in der Adam Smith das Welt- gesetz zu entdecken glaubte; kurz, daß die bloße Stelle der Regierungen, den Personen, die sie erfuͤllen, eine gewisse edle Unempfindlichkeit gegen solche einzelne Lichtstrahlen, welche die praktische Nacht, die sie umgibt, nur noch dunkler machen koͤnnen, mittheilt. Da nun also dieser neue Maaßstab im Wesen nichts, sondern nur darin von dem alten des Metallgeldes verschieden ist, daß er unbestimmter und chimaͤrischer ist als jener, da ferner in diesem neuen Maaßstabe der Privatarbeit , das Metallgeld nur noch, durch einen falschen Exceß der Abstrak- tion, jener einzigen Eigenschaft beraubt worden ist, die ihm Werth und Realitaͤt gegeben, naͤhmlich der Persoͤnlichkeit, das heißt: der Gesellschaftlichkeit, der Nationalitaͤt; da also durch diese Abstraktion hoͤchstens nur das zum Maaßstabe Absolutunfaͤhige construirt worden — so haͤtten wir noch bestimmter den Maaßstab, den wir an die Stelle des Metall- P 2 geldes setzen, und sein Verhaͤltniß zu dem neuerlich beliebten Maaßstabe der Tagarbeit zu beschreiben. Es muß noch erwiesen werden, daß unser Maaßstab durch keinerley Abstraktion von den concreten Maaßstaͤben entstanden ist; daß er in keiner Ruͤcksicht imaginaͤr, sondern vielmehr andringlich real und nothwendig ist; ferner, daß er eben so wohl ein idealer Maaßstab sey, als er ein realer ist, weil wir die Welt des zu messenden, um das ganze Gebiet des idealen Lebens und der persoͤnlichen Kraͤfte erweitern; end- lich, daß er unter allen gedenkbaren Maaßstaͤben der mittlere sey, oder sich zu ihnen gerade so verhalte, wie jeder beson- dere Maaßstab zu der kleinen Welt, darin er herrscht. Wie der besondere Maaßstab nicht durch Abstraktion von den zu messenden Dingen, das heißt: nicht nach der bisher angenommenen Vorstellung, sondern aus der Vermitte- lung dieser zu messenden Dinge entstehe, ist schon oben hinreichend beschrieben. Jedermann erinnert sich aus der kleinen mathematischen Vorschule, die er in seiner Jugend durchgemacht, an zweyer- ley Arten von Messungen, welche die Geometrie darboth: an Laͤngenmessungen und Winkelmessungen. Der Laͤngenmaaß- stab vermochte uͤber den Winkel nichts zu bestimmen; aus der Laͤnge der Schenkel eines Winkels ließ sich durchaus auf die Natur des Winkels, oder, wie die moderne Barbarey der Mathematik sich ausdruͤckt, auf die Groͤße des Winkels, keine Folgerung ziehen. Indeß hatte man fuͤr die meistentheils arithmetischen Zwecke des gemeinen Lebens, eine Messung der Winkel nach Zahlen eingefuͤhrt, deren ausschließende Anwen- dung nebenher die Veranlassung unzaͤhliger beklagenswuͤrdiger Irrthuͤmer, und des tieferen Verfalls der Geometrie gewor- den. Der Winkel, oder die Neigung zweyer nach einem Ver- einigungspuncte strebenden Richtungen, konnte nur in der Totalitaͤt aller nach demselben Puncte moͤglichen Richtungen befriedigend bestimmt werden, das heißt: er konnte wissen- schaftlich angeschauet werden, nur vermittelst des Gegen- winkels, den seine beyden Schenkel an ihrer entgegen ge- setzten Seite mit einander bildeten, also nur in dem Kreise, der um den Vereinigungspunct her beschrieben wurde, und dieser Kreis war uͤberhaupt in 360 gleiche Theile getheilt worden. Auf die Groͤße eines einzelnen unter diesen gleichen Thei- len konnte zufoͤrderst nichts ankommen, so wenig als auf die Groͤße des Kreises in den der Winkel gedacht wurde; also druͤckten diese Zahlen nur Verhaͤltnisse und durchaus keine Groͤßen aus, obwohl dieß auch nur approximativ und ohne mathematische Bestimmtheit. Also war der Kreis zwar der Maaßstab des Winkels, jedoch in einem andern und voͤllig entgegen gesetzten Sinne, als in welchem man sich eines Laͤngenmaaßstabes fuͤr die Messung der geraden Linie be- diente. Nach diesen und fruͤheren Voraussetzungen gehoͤrt zur geometrischen Bestimmung der geraden Linie wesentlich noth- wendig der Winkel, zur Bestimmung des Winkels der Kreis. Der Kreis aber, wie an einem andern Ort erwiesen werden wird, ist nur zu bestimmen durch die Kugel. In allen diesen Bestimmungen ist die Groͤße noch nicht in Anschlag gekom- men, sondern nur die Richtung oder das geometrische Ver- haͤltniß. Aber die Linie ist auch groß: sie ist es im Verhaͤltniß zu andern Linien, oder was gerade dasselbe, nur noch be- stimmter ausdruckt, im Verhaͤltniß zu andern Kugeln. Bis- her hatten wir nur den allgemeinen Charakter der Linie, des Kreises, der Kugel im Auge: jetzt erwaͤgen wir die Linie, den Kreis, die Kugel, in ihrer Besonderheit. Bisher war bloß von den innern Verhaͤltnissen der Kugel die Rede; jetzt erwaͤgen wir, daß sie ein Ganzes, eine Einheit sey, also einem andern aͤhnlichen Ganzen gegen uͤber stehen, kurz, auch auswaͤrtige Verhaͤltnisse haben muͤsse. Die Anschauung, welche sich uns ergibt, wenn wir zwey Wesen gleicher Art mit einander vergleichen, ist das Verhaͤlt- niß ihrer Groͤße: so ist das, was sich ergibt, wenn wir zwey gleichartige Linien (Parallellinien) mit einander ver- gleichen, das Verhaͤltniß der Groͤßen beyder; eben so Groͤ- ßenverhaͤltniß zweyer Kugeln, wenn wir beyde in allen Be- ziehungen voͤllig gleichartig setzen. Nur gleichartige Wesen koͤnnen in ein Groͤßenverhaͤltniß treten; in wie fern wir ihre Groͤße messen, setzen wir ihre Art gleich: ein bloßes Groͤßen- maaß kann also nicht Groͤße und Art zugleich messen. Andererseits ist das, was sich ergibt, wenn wir die Groͤ- ßen zweyer Wesen gleich setzen, und sie nunmehr vergleichen, ihre Art, ihre Qualitaͤt, ihr qualitatives Verhaͤltniß: und um das qualitative Verhaͤltniß zweyer Wesen zu messen, muͤssen wir sie als gleich groß setzen, zum Beyspiel: um den Winkel oder um das Verhaͤltniß der Art und Richtung zweyer Linien zu messen, muͤssen wir die Schenkel oder die beyden convergirenden Linien gleich setzen, wir muͤssen diese Linien als Radien betrachten. Es ist also nur die Idee des Kreises oder der Kugel, womit wir diese Verhaͤltnisse der Richtung oder der Art zu bestimmen im Stande sind, wie dieß alle Winkel-Messungsinstrumente, Transporteur, Astrolabium, Boussole ꝛc. durch ihre kreisfoͤrmige Gestalt andeuten: nie- mandem aber wird es beyfallen, mit diesen Maaßstaͤben direkt Laͤngen und Groͤßen messen zu wollen, weil sie uͤberhaupt nur messen koͤnnen, so lange auf die Groͤße keine Ruͤcksicht ge- nommen, oder selbige als gleich gesetzt wird. Es ist also an jeder gedenkbaren Linie zweyerley zu mes- sen, zuerst die Laͤnge derselben, und dann mit einem ganz verschiedenen Maaßstabe, mit der Idee der Kugel ihre Rich- tung. Wie nun also die gerade Linie, wiewohl sie lang ist, deßhalb nicht aufhoͤrt, eine bestimmte Richtung zu haben, wie sie also keinesweges bloß lang ist, wenn auch alle mathematischen Lehrbuͤcher der Welt nichts anderes von ihr auszusagen wissen sollten — so wuͤrde auch eine bestimmte oͤkonomische Thaͤtigkeit oder Arbeit, wenn auch Adam Smith nichts weiter von ihr auszusagen wuͤßte, als wie lang oder wie groß sie sey, nicht aufhoͤren, in einem bestimmten Ver- haͤltnisse zu den uͤbrigen oͤkonomischen Thaͤtigkeiten zu stehen; denn zuerst ist jede oͤkonomische Thaͤtigkeit, wie schon fruͤher erwiesen, selbst nur anzuschauen als Wechselwirkung zweyer oͤkonomischen Thaͤtigkeiten, einer Person und einer Sache, oder einer Arbeit und eines Materials, eben so wie jede Linie nur zu bestimmen ist durch den Winkel. Wie aber ferner der Winkel nur durch seinen Gegenwinkel, das heißt: durch den Kreis zu bestimmen ist, so ist der oͤkono- mische Bund, die oͤkonomische Societaͤt der Person und der Sache, oder der Arbeit und des Materials, welche nach einem Vereinigungspunct streben, worin ihre Verbindung eben besteht, nur anzuschauen durch eine Erwaͤgung der Tota- litaͤt aller uͤbrigen Richtungen, die nach demselben Puncte hinstreben. Wenn uns also dasjenige, was wir Maaßstab, Standard nennen, das Wesen einer gewissen oͤkonomischen Thaͤtigkeit, ihre Art und Groͤße befriedigend bestimmen sollte, so muͤßte es aus einem Maaßstabe bestehen, der uns die Groͤße dieser Thaͤtigkeit, und aus einem andern, der uns die Rich- tung derselben (oder ihre Art) anschaulich machte. In der Nationaloͤkonomie koͤnnen aber die gesammten Functionen nur gedacht werden, als nach einem Vereini- gungspuncte strebend, oder nach demjenigen Puncte unendlich zuruͤckstrebend, von welchem sie ausgegangen: wenn man also die Groͤße der Functionen, oder nach Adam Smith die Groͤße der Arbeit, oder eigentlich nach ihm und allen andern die Groͤße des Produkts zum Zwecke aller Nationaloͤkonomie er- hebt, dieß auch dadurch bethaͤtigt, daß man sich mit einem bloßen Groͤßenmaaßstabe begnuͤgt, und doch zugeben muß, daß diese Groͤße an allen Stellen bedingt sey durch das Ver- haͤltniß der Richtungen, das heißt: durch das Verhaͤltniß der oͤkonomischen Function zu allen andern oͤkonomischen Functio- nen derselben Sphaͤre, welches Verhaͤltniß man unbestimmt und ungemessen laͤßt, so kann das Resultat um nichts rich- tiger seyn, als das, welches irgend ein anderer Widerspruch ergibt. Das Produkt, welches man erzeugt sehen will, soll nicht bloß groß seyn, sondern in gerechtem Verhaͤltnisse zu allen uͤbrigen Produkten und Beduͤrfnissen stehen, und die Arbeit, das Mittel jenen Zweck zu erreichen, soll bloß groß seyn, und nach einem bloßen Groͤßenmaaßstabe beurtheilt werden; ja noch mehr, ein Maaßstab, der bloß von der Groͤße auszusagen vermag, soll auf befriedigende Weise den Werth des Produktes bestimmen, der ohne die Verhaͤltnisse der Nationalprodukte unter einander, oder des Markts, die mit der Groͤße nichts zu schaffen haben, nicht zu den- ken ist. Das ist die große Absurditaͤt in der Forderung, die man bis jetzt uͤberall an einem Geld-Standard gemacht hat: er hat nicht wie der Laͤngenmaaßstab, oder wie das Gewicht die bloße Groͤße, oder die bloße Schwere nachweisen und bestim- men sollen, sondern die Groͤße, die Schwere, und alle an- deren oͤkonomischen Eigenschaften zugleich. Das Pfund Ster- ling hat nicht bloß das Silbergewicht, sondern zugleich das Verhaͤltniß des Silbers zu allen andern Produkten, und mit ihnen zu allen andern oͤkonomischen Functionen festhalten sol- len, und dennoch hat man nie aufgehoͤrt, sich das Pfund Sterling als eine bloße Silbermasse zu denken. Es ist gewiß niemanden beygefallen, das alte immerfort vorhandene Pfund Troy, wornach alles Silber abgewogen wird, einen Geld- Standard zu nennen, und doch hat man einen Geld-Standard begehrt, dessen Functionen dieses alte Schwergewicht voll- staͤndig verrichtet. Also, wie man einen Transporteur construirt hat, der nicht nach den 360 Graden, sondern nach dem Verhaͤltniß der Sinus eingetheilt ist, der also in gewissem Grade die Functionen des Laͤngen- und des Winkelmaaßes zugleich ver- richtet, so, in aͤhnlicher, obwohl viel umfassenderer Art muͤßte der oͤkonomische Maaßstab fuͤr die Messung beyder, der Verhaͤltnisse und der Groͤßen zugleich construirt seyn. So muß die Aufgabe, einen Standard zu construiren, ge- dacht werden. Der Werthmaaßstab soll uns bey jedem einzelnen Ge- brauch, eine Groͤße bestimmen, aber außer der Groͤße auch noch die Art. Wie nun der Laͤngenmaaßstab uns angibt eine Zahl, diese Zahl aber nichts bedeutet, wenn sie nicht benannt wird, als Fuß, Elle, Meile ꝛc. oder, wie man sich gleichfalls ausdruͤcken kann, wenn nicht die Art und Qua- litaͤt hinzugesetzt wird, — so thut der Werthmaaßstab des- gleichen, nur daß der Nahme, die Artbenennung, welche er hinzusetzt, von unendlich umfassenderer Bedeutung ist als die Laͤngenart. Wenn nun in dem Werthausdruck 20 Pfund Sterling, der Nahme Pfund Sterling keine andere oder hoͤ- here Art anzeigte als Pfundgewichte Silbers von einer ver- langten Feinheit, so waͤre dieß offenbar nur ein Schwer- maaßstab: Werthmaaßstab aber kann es nur seyn, wenn der Nahme Pfund Sterling eine viel hoͤhere Qualitaͤt und Art in sich schließt, als das bloße Silbergewicht. Offenbar denkt sich auch jeder einzelne Englaͤnder, wenn er die Worte Pfund Sterling ausspricht, etwas viel Hoͤheres als das Silbergewicht; er denkt sich zum Beyspiele, nach Maaßgabe seiner reicheren oder aͤrmeren Station 1∫20, 1∫200, 1∫2000 dessen, was zu seinem jaͤhrlichen Auskom- men, das heißt zu seiner gesellschaftlichen Existenz gehoͤrt; er denkt sich darunter 1∫4 eines Sack Mehls, und einen Buschel Salz, und zwey Buschel Erbsen und 1∫2 Kessel Kohlen — kurz er bezieht das ganze, ihm gerade gegen- waͤrtige Gebiet des oͤkonomisch Brauchbaren und Nuͤtzlichen darauf. Jeder Einzelne hat sein besonderes oͤkonomisches Ge- biet, und indem er dieses besondere Gebiet, im Verhaͤltnisse zu der Totalitaͤt aller oͤkonomischen Gebiete oder zum Na- tionalvermoͤgen betrachtet, beschreibt er es nach Pfunden Sterling; er hat dabey sein besonderes Bild von Gluͤck und Wohlstand und dennoch zugleich eine in gewissem Grade be- stimmte Ansicht von dem Wohlstande des Ganzen. Er hat sein besonderes Pfund Sterling und dennoch wieder darin das allen gemeinschaftliche Geld: er sieht seinen besonderen Regenbogen, und doch auch wieder die allen gemeinschaft- liche Sonne. Er strebt nach seinem besonderen Pfund Sterling, und muß doch, er mag wollen oder nicht, dabey in gewis- sem Grade das allgemeine Pfund Sterling meinen, so wie bey seinem besonderen Interesse das allemeine Interesse im Auge haben. Die meisten nun von denen vorgeblichen Staatswirthen, welche sich bis jetzt mit der Theorie des Werthmaaßstabes oder des Geldes befaßt, laufen dem Regenbogen nach, ohne auf die Sonne zuruͤckzusehn. Sie verlangen einen Maaßstab der alle einzelnen, scheinbar handgreiflichen Guͤter messe, und versaͤumen doch die Bedingung zu machen, daß er auch zugleich den St a at selbst messe, naͤhmlich die Richtung, das Verhaͤltniß zum Ganzen, die Art, die gesellschaftliche Art der Guͤter: so kommen sie der Werthbestimmung nicht naͤher, bleiben bey der gemeinen Wagschale, und anstatt der Werthe waͤgen sie Silber und Gold; statt des Geldes erfinden sie Gewichte. Was ist nun die Art, die Qualitaͤt, welche zur Zahl hinzukommen muß, damit der Werth bestimmt werde? Bey der Laͤngenbestimmung ist es eine Laͤnge (Elle), bey der Schwerbestimmung ist es eine Schwere, ein Gewicht (Pfund); daß jene Laͤnge und jenes Gewicht nicht etwa durch Spe- culation abstrahirt waren von allen Laͤngen und allen Ge- wichten, daß sie noch weniger willkuͤhrlich erfunden waren, sondern daß sie durch unendliche lebendige Vermittelung im Laufe der Zeit, als wahre Mittler aus dem vollen praktischen Leben hervor gegangen sind, ist oben bereits gezeigt worden. Nun aber die Werthbestimmung! sie kann nur geschehen durch einen Werth aller Werthe, wie die Laͤngenbestimmung durch eine Laͤnge aller Laͤngen: der Werthmaaßstab muß also gleich- falls aus allen gedenkbaren buͤrgerlichen, gesellschaftlichen Werthen heraus gemittelt seyn, im Leben, im Fortgange der Zeiten: der Nahme, die Artbenennung, welche wir der Zahl hinzufuͤgen, wenn wir einen Werth bestimmen, kann also nichts Geringeres bedeuten, als das oͤkonomische Ganze, den Staat selbst; 20 Pfund Sterling heißt also nicht 400 der- jenigen Schillinge, von denen 62 ein Pfund Troy reinen Silbers ausmachen, sondern 20 Theile von England , vom Glauben an England , oder 20 Theile des Credits von England . Wenn die Groͤße bestimmt werden solle, so muͤsse die Qualitaͤt, die Art, gleichgesetzt werden, so druͤckten wir uns oben in Uebereinstimmung mit allen mathematischen Lehr- buͤchern Wiewohl sie leider versaͤumt haben die Umkehrung die- ses Satzes, naͤhmlich, daß die Bestimmung der Art, eine Gleichsetzung der Groͤßen voraussetze , in ihrem gehoͤrigen Umfange zu begreifen, woruͤber dann das eigentliche geometrische Wesen in der Geometrie abhaͤnden ge- kommen ist. der Welt aus. Worin koͤnnten aber die gesammten oͤkonomischen Objecte gleichgesetzt werden, als im Staate, und was ist ihnen allen gemeinschaftlich, was ist der Gat- tungsbegriff fuͤr alles andere, als der Staat? — Der Staat aber ist nicht die chaotische Masse dieser oͤko- nomischen Objecte, sondern er ist die nach inneren gerechten Verhaͤltnissen geordnete, sphaͤrisch geordnete Totalitaͤt der- selben. Die verschiedenen Arten und Qualitaͤten, die der ein- zelne Mensch nach einer gewissen gegebenen Groͤße in sich vereinigte, sind aus ihm heraus getreten; die Art des Gan- zen ist dieselbe geblieben, weil die einzelnen Qualitaͤten (Func- tionen) in dem alten Verhaͤltniß der Groͤßen unter einander verbleiben mußten, wie oben beschrieben worden; aber der Mensch hat sich uͤber sich selbst hinaus erweitert, er ist gewachsen; er hat auf den verschiedenen Stufen seiner Ent- wickelung dasselbe Verhaͤltniß seiner einzelnen Qualitaͤten und Groͤßen, also dieselbe Art des Ganzen dargestellt; er ist zum Staat geworden, aber dieser Staat ist, wie gleichfalls hin- reichend beschrieben, mit dem einzelnen Menschen an Art und Qualitaͤt gleich, und nur an Groͤße von ihm verschieden: sein Maaß ist gewachsen, seine Art dieselbe geblieben. — Wenn dieser so entstandene Staat das eigentliche Maaß ist, woran alle einzelnen oͤkonomischen Objecte in seinem Umkreise gemessen, wenn er das Geld, das tertium com- parationis ist, womit diese Objecte alle unter einander ver- glichen werden, so ist die oben aufgestellte Forderung erfuͤllt, und wir haben einen Maaßstab, der, wie er alle Groͤßen und Arten in sich vereinigt, so auch Art und Groͤße zugleich mißt; einen Maaßstab, der alle Quantitaͤten und Qualitaͤten aufs vollstaͤndigste und bestimmteste umfaßt, so wie dieses mit der Axe der Kugel im Verhaͤltniß zu allen Groͤßen und Ver- haͤltnissen innerhalb der Kugel der Fall ist. — Jede besondere Haushaltung ist ganz nach demselben Ge- setze organisirt, und bildet sich auf gleiche Weise ihren Maaß- stab. Der einzelne Mensch erweitert sich zur Familie, aber diese Familie bleibt in demselben Totalverhaͤltnisse: sie ist nichts anderes als der aus einander gelegte, aus einander gewachsene Mensch. Die bloßen, in der Gemeinschaft erwor- benen Guͤter, druͤcken keineswegs das Familienvermoͤgen ge- nuͤgend aus: vielmehr die persoͤnlichen Kraͤfte, die eben so viele sichere Andeutungen kuͤnftiger Guͤter sind, und alles, was im Umkreise der Familie lebt und webt, muß mit einge- schlossen werden, wenn man das Vermoͤgen dieser Familie beurtheilen, ihr Maaß kennen will. Das Wort Credit druͤckt diese Gesammtheit und das Wesen dieses Maaßes am be- sten aus. — Eben so lebt und entwickelt sich sphaͤrisch jede Wirthschaft, jedes Handlungshaus, jede oͤkonomische Corporation u. s. f.: nach demselben Gesetze wornach sich das Ganze ordnet, ordnet sich auch alles Einzelne im Bezirke des Ganzen. Daß dieses Gesetz der sphaͤrischen Bildung nicht bloß den betrachteten Gegenstaͤnden, sondern auch eben sowohl dem betrachtenden Verstande inwohne, und daß dieser, naͤhmlich im Stande der Unschuld oder der Erloͤsung, uͤberall dieses Gesetz des Lebens den Dingen entgegen bringe, kurz, daß das Gesetz der Kugel der Vermittler nicht bloß der Personen und der Sachen, sondern uͤberhaupt auch des Verstandes und der Dinge sey, werde ich in einer kuͤnftigen Kritik der Mathematik weiter ausfuͤhren. Der Credit eines Handlungshauses ist nicht bloß das Ver- trauen in dessen Gesammtvermoͤgen, sondern auch der Glaube, daß dieses Vermoͤgen in jedem verlangten Augenblicke werde realisirt werden koͤnnen. Der Staat und die Richtung zum Staate nun, ist die eigentliche Realitaͤt in allen Dingen: also meinen wir in letzter Instanz mit der Realisirbarkeit des Vermoͤgens eigentlich nichts anderes, als die bestaͤndige Um- setzbarkeit des besondern Vermoͤgens in das Allgemeine; des besondern Credits, der, wie groß er auch sey, immer noch einer Ergaͤnzung beduͤrfen wird, in den Allgemeinen; des besonderen Geldes in das Nationalgeld, zum Beyspiel: in England der Privat- und Provinzialbanknoten, wie auch der Schatzkammerscheine, oder Regierungsnoten — in Noten der Bank von England , oder in baares Geld. Das Geld eines Landes, oder der Werthmaaßstab des- selben ist, wie ich oben erwiesen habe, durch eine unendliche Vermittelung aller besonderen oder Privatmaaßstaͤbe entstan- den, die Axe des Nationalvermoͤgens durch eine Vermittelung aller der einzelnen Axen der Privatvermoͤgen. In England , wo dieser ganze Prozeß der Geld- oder Maaßstabserzeugung oͤffentlicher, vollstaͤndiger und natuͤrlicher vor sich gegangen ist, als irgend wo sonst, zeigt es sich deutlich genug, daß der Werthmaaßstab nicht bloß auf dem von mir beschriebenen Wege entsteht , sondern auch nur sichrer Maaßstab zu seyn fortdauert , in wie fern die gesammte Nation und alles Privatvermoͤgen unaufhoͤrlich in der vermittelnden Gelder- zeugung begriffen sind. Jeder Provinzialbanquier strebt da- hin, sein Privatgeld zum Nationalgelde zu erheben: er strebt nach der groͤßtmoͤglichen und moͤglichst allgemeinen Umsetz- barkeit seines Privatgeldes. Es ist in England nicht bloß die Regierung, welche Geld macht, sondern die Bank von Eng- land , jede Privatbank, ja jede einzelne Haushaltung (ohne gerade bestimmte Noten auszugeben, aber, in wie fern sie sich an eine bestimmte Bank thaͤtig anschließt) helfen das Geld machen. Alle aber streben zugleich bey diesem Geschaͤft so wenig als moͤglich Geldzeichen zu brauchen: und nirgend wird mit den Geldzeichen, sie moͤgen nun von Metall oder Papier seyn, so oͤkonomisirt als in England . Es ist im Verhaͤltniß zu den Geschaͤften von Großbritta- nien eine unglaublich geringe Summe von nationalem Papier oder Metallen, welche den gesammten Commerz des Landes traͤgt: es ist dort nur an der Umsetzbarkeit selbst, an der leben- digen Vermittelung jedes Einzelnen mit dem Allgemeinen gele- gen, es ist nur um den unsichtbaren und unergreifbaren Mittel- punct selbst zu thun. Und wenn die Umsetzbarkeit des Papiers in Metall, oder die gegenwaͤrtig suspendirte Convertibilitaͤt der Banknoten in Metallgeld allgemein gewuͤnscht wird, so wird damit nichts anderes gemeint, als daß Großbrittanien in demselben freyen und natuͤrlichen Verhaͤltnisse zu der Welt- haushaltung stehen moͤchte, als in welchem jede einzelne Brittische Haushaltung zu der Nationalwirthschaft steht: es werden nicht Massen von Metallgeld, sondern es wird nur dieselbe, in diesem Momente freylich unausfuͤhrbare Conver- tibilitaͤt alles Nationalgeldes in das Weltgeld gewuͤnscht, mit welcher offenbar ganz idealischen Kraft sich jeder Ban- quieur vollstaͤndig begnuͤgen wuͤrde, ohne auf die Masse und den Vorrath der Geldzeichen einen weiteren Werth zu legen. Diese Umsetzbarkeit ist also die große Eigenschaft, die aller Privatcredit mit allem Nationalcredite gemein haben muß, und damit die Verschiedenartigkeit der Groͤßen ihr kein Hin- derniß in den Weg lege, so muß das quantitative Verhaͤltniß des besondern Credits zu dem Allgemeinen, mit einem sichern Maaßstabe gemessen werden koͤnnen, der aber wieder von keiner Sache, wie das Metall, und von keinem abstrakten Begriffe, wie die Arbeit des Adam Smith , sondern nur aus Theoret. Theil Q der Totalitaͤt des gesammten Nationallebens, die ihn erzeugt hat, hergenommen werden kann. Je vollkommener also das gesammte Geldwesen eines Landes ist, um so idealischer wird es auch seyn, um so deut- licher wird sich der gesammte oͤkonomische Staatskoͤrper seiner Seele bewußt; um so unmoͤglicher wird es, daß irgend ein einzelnes Organ, also irgend eine einzelne Waare ausschlie- ßend, die Functionen dieser Seele oder dieses Geldes genuͤ- gend verrichten koͤnne. Achtes Kapitel. Von den beyden Elementen des Werthmaaßstabes: dem Metallmaaßstabe und dem Creditmaaßstabe. D ie saͤmmtlichen bisherigen Betrachtungen haben nur da- zu dienen sollen, mehrere, uͤber die Natur des Standard oder des Werthmaaßstabes umlaufende Irrthuͤmer zu beseiti- tigen. Alle gedenkbaren Absichten bey der Errichtung eines solchen Maaßstabes laufen nur darauf hinaus, das wahre und gerechte Verhaͤltniß der verschiedenen Werthe unter ein- ander zu errichten, und zu erhalten, oder dieses Verhaͤltniß, welches ohne Einwirkung des Staates, ein unendlich schwan- kendes seyn wuͤrde, zu befestigen. Um also einen Maaßstab zu erhalten, kaͤme es vor allen Dingen darauf an, auszumachen, welches das Hauptverhaͤlt- niß in der Nationaloͤkonomie sey. Es ist die Frage, ob sich alle die unendlichen Verhaͤltnisse, aus denen eine Haushal- tung besteht, auf ein einziges Grundverhaͤltniß reduciren lassen? — Ich habe diese Frage bejaht und erklaͤrt, daß in allen gedenkbaren oͤkonomischen Verhaͤltnissen das Eine Grundverhaͤltniß: Person und Sache wiederkehre, und daß die Bedingung aller richtigen oͤkonomischen Ansicht die gerechte Anordnung dieses Verhaͤltnisses sey; die Person, habe ich gesagt, koͤnne nicht unbedingt von der Sache ihr Gesetz empfangen, d. h. eine Sache, Gold oder Silber koͤnnt Q 2 nicht der genuͤgende Standard des Werthes seyn; eben so wenig aber koͤnne die Sache von der unbeschraͤnkten Will- kuͤhr der Person abhangen, ein bloß persoͤnliches Versprechen, persoͤnlicher Wille oder Meinung, muͤndlich oder schriftlich ausgedruͤckt, koͤnne als Standard eben so wenig genuͤgen. — Die ganze Sphaͤre des Staates habe nur entstehen koͤnnen, indem Persoͤnliches und Saͤchliches im hoͤchsten Gleichgewicht um einen Mittelpunct her angeschossen sey, indem also das Allerpersoͤnlichste, naͤhmlich das Wort des Menschen, und das Allersaͤchlichste, das edle Metall, deren jenes im Mittelpuncte aller Persoͤnlichkeit, dieses im Mittelpuncte aller Saͤchlichkeit stehe, zu den beyden Polen dieser Kugel geworden, und nun die Linie, welche sie beyde unter einander und mit dem Mittelpuncte verbindet (die Axe) zur Regel, zum Kanon, zum Maaßstab der ganzen Kugel und ihrer Bewegung er- hoben sey. Die buͤrgerliche Gesellschaft, die eigentliche Realitaͤt des Staates sey also der rechte Maaßstab fuͤr alles Einzelne im Staate, um so mehr da sie, als die Totalitaͤt aller Groͤ- ßen und Richtungen im Staate, allein im Stande sey, Groͤße und Richtung der einzelnen oͤkonomischen Function zugleich zu messen, waͤhrend alle andere Maaßstaͤbe entweder nur die Groͤße, oder nur die Richtung, also niemahls den aus bey- den zusammen gesetzten Werth zu bestimmen vermoͤchten. Jeder einzelne Staatsbuͤrger hat bey allen seinen Hand- lungen und Arbeiten offenbar zweyerley Richtschnur: nie- mand wird entscheiden koͤnnen, welche von beyden die we- sentlichere sey: das Recht und den Nutzen. Weil wir nun in dem gegenwaͤrtigen Werke aus dem Standpuncte der Oeko- nomie oder des Nutzens sprechen, und dennoch, um uͤber das Einzelne zu entscheiden, das Ganze des Staates, also das eben so wesentliche Recht nicht außer Acht lassen koͤn- nen, so wollen wir das Wort: Recht, in die Sprache der Oekonomie uͤbersetzen, und es den dauernden Nutzen nennen. — Wenn wir nun von einem einzelnen oͤkonomi- schen Objecte spraͤchen, so waͤre vielleicht eine Erwaͤgung des Nutzens schlechthin moͤglich: einen Werthmaaßstab verlangen wir aber um des dauernden Nutzen willen eben so sehr, als um des augenblicklichen; er soll uns den Werth nicht bloß fuͤr den Augenblick bestimmen, sondern auch fuͤr die Zukunft garantiren. Eine Richtschnur des augenblicklichen Nutzens al- lein, oder ein festes Metallgeld, kann uns also nie die Dienste leisten, die wir von einem Standard verlangen; sondern die Richtschnur des dauernden Nutzens oder des Rechts muß uns bey der Construction des Werthmaaßstabes zu Huͤlfe kommen, und diese andere Richtschnur nennen wir Gesetz. Wenn wir also eine bloße Richtschnur des augenblickli- chen Nutzen festsetzten, mit andern Worten, wenn wir den Metallpol unsrer Haushaltung fixirten, indem wir das Ver- haͤltniß des Goldes und des Silbers ein fuͤr allemahl be- stimmten, indem wir proclamirten, das Gold solle sich zum Silber verhalten wie 1 : , und nun zwischen dem Golde und Silber eine Einheit aufstellten, die Pfund Sterling hieße, und nach Belieben in Pfund Troy Silbers von der festgesetzten Feinheit, oder in eines Goldstuͤcks, das 5 dwts 9½ gr. desselbigen Pfundes Troy in Golde von der festgesetzten Feinheit enthielte, ausgedruͤckt werden koͤnnte, so wuͤrde es der groͤbste Irrthum seyn, diese einseitige Richtschnur an sich, fuͤr einen genuͤgenden Werthmaaßstab zu halten. Wir wuͤrden aber ganz eben so einseitig und irrig verfahren, wenn wir den Wortpol allein fixirten, die Einheit des Pfundes Ster- ling willkuͤhrlich und eigenmaͤchtig bestimmten, und verlang- ten, daß diese so despotisch creirte Einheit, etwa durch die Schrift auf einem Blatte Papier ausgedruͤckt, fuͤr einen Werthmaaßstab gelten sollte. Es waͤre dieses allerdings ein Act der Persoͤnlichkeit, der aber die Gegenwirkung der Sa- chen, durch welche das Agiren der Personen erst moͤglich wird, aufhoͤbe, und also, da sich diese Reaction der Sa- chen einmahl nicht vernichten laͤßt, zu einem Kriege auf Tod und Leben zwischen der Persoͤnlichkeit und Saͤchlichkeit, oder zwischen dem Gesetz und den Sachen fuͤhren muͤßte. Bey dem ewig denkwuͤrdigen Streit uͤber die Deprecia- tion der Londer Banknoten im Jahre 1811, einer Verhand- lung, die an Wichtigkeit keiner Deliberation, die je auf die- ser Erde uͤber die Heiligthuͤmer der Menschheit gefuͤhrt wor- den, nachsteht, theilten sich die beyden streitenden Parteyen in die beyden hier angegebenen, einseitigen Ansichten des Maaßstabes. Die Committee des Unterhauses hatte sich fuͤr den Metallpol entschieden, und glaubte den Werthmaaßstab nirgends anders als in einem Pfunde Sterling von festgesetztem Gewichte Goldes oder Silbers finden zu koͤnnen. Die Gegen- partey entschied fuͤr den Wortpol, und wollte das Pfund Sterling nicht anders, als wie es durch die oͤffentliche Meinung exi- stirte, anerkennen. — Das Parliament oder vielmehr Groß- brittanien selbst entschied dießmahl fuͤr den Wortpol, nicht etwa als wenn es uͤberhaupt den Maaßstab nur in der oͤffentlichen Meinung anerkannte; sondern weil der Metall- pol durch die Weltumstaͤnde, Theurung des Goldes, Ungunst des Wechselcurses u. s. w. sich schon von selbst aufdraͤngte, so setzte das Parliament fuͤr dießmahl seinen Accent, seine ganze Kraft auf den Wortpol. In keinem europaͤischen Lande sind die gesammten oͤko- nomischen Verhaͤltnisse auf eine so gerechte Weise angeord- net, und darin so lange erhalten worden, als in Großbrit- tanien . Deßhalb waͤre nichts so wichtig als die brittische An- sicht vom Werthmaaßstabe zu kennen, und diesen Maaßstab wo moͤglich selbst in die Haͤnde zu bekommen. Wir koͤnnten indeß diesen Zweck nicht sicherer verfehlen, als wenn wir den einzelnen Britten daruͤber befragten; denn es ist gerade die gruͤndliche Einseitigkeit der Ansicht des Ein- zelnen neben der Ergebenheit und dem Gehorsam seines Her- zens gegen das Ganze, welche uns berechtigt, von Großbrit- tanien selbst einen Orakelspruch in dieser dunkeln und doch so wichtigen Angelegenheit zu erwarten. Wir verlangen ja nur das, was sich aus dem Conflict aller einseitigen Ansich- ten ergibt, und daß alle einseitigen Ansichten nothwendig zum Worte kommen, ist ja eben das vortreffliche Wesen der brit- tischen Verfassung. Den Kampf der brittischen Parteyen durch den Lauf ganzer Jahrhunderte zu verfolgen, ist gewiß die sicherste und vollstaͤndigste Schule der Staatsweisheit, die es uͤberhaupt gibt: aus demselben Grunde aber ist der ein- zelne Britte, in wie fern man sich an den Buchstaben seiner augenblicklichen Staatsansicht haͤlt, der aller unzu- verlaͤßigste Fuͤhrer: wie wenige außer Burke und Pitt koͤnnen dafuͤr gelten, daß sie Großbrittanien selbst repraͤsentiren; auch leidet es England nicht, daß je ein Einzelner so groß und un- befangen werde, daß er mit dem Vaterlande verwechselt werden koͤnnte: er soll einseitig seyn; daher hat man auch die beyden genannten: Apostaten geschimpft. Die Ansicht Großbrittaniens vom Maaßstabe wird sich ergeben, wenn wir die oͤkonomische Geschichte und Verfassung dieses Landes im Laufe des letzten Jahrhunderts selbst be- fragen: Wir sehen am Schluße des siebzehnten Jahrhunderts die Compagnie der Bank von England , als eine reiche und mit mancherley Privilegien ausgeruͤstete, uͤbrigens aber voͤllig freye Corporation entstehen; sie diskontirt mit ihren Noten, sie handelt mit Gold und Silber, sie besorgt mancherley Geldgeschaͤfte fuͤr die Regierung, sie wechselt auf Verlangen ihre Noten gegen baares Geld um, indeß hat sie auf die Bestimmung oder Veraͤnderung des Werthmaaßstabes keinen weiteren Einfluß, als irgend ein anderes großes Handlungs- haus. — Am Ende des ersten Jahrhunderts ihrer Dauer im Jahre 1797, befiehlt der geheime Rath daß sie ihre Noten in baares Geld umzusetzen aufhoͤren solle; er, und mit ihm das Parliament erklaͤrt also, daß diese Noten, deren Creation wie das ganze Bankgeschaͤft uͤberhaupt fortdauerte, auch abgesehen von ihrer Umsetzbarkeit in baares Geld und von ihrer unmittelbaren Beziehung darauf zu circuliren haͤtten, daß die Pfunde Sterling der Banknoten also eben so wohl den vollen Werthmaaßstab in sich enthielten, als die in einer Guinee oder in 20 Schillingen enthaltenen Pfun- de Sterling. Was noch mehr sagen will: die ganze Nation erkennt diese Unabhaͤngigkeit der Banknote und des in ihr enthalte- nen Maaßstabes so vollstaͤndig und einmuͤthig an: daß heute, nachdem der Marktpreis des in einer Guinee enthaltenen Goldes um 20 bis 30 pr. Ct. gestiegen ist, und eines Pfundes Sterling in Noten einer Guinee gesetzlich gleich ge- achtet werden, zwar das Gold verschwunden ist, sich aber keine Spur eines Disconts der Noten gezeigt hat, und, was das Wichtigste ist, die Preise der Dinge in Banknoten ausgedruͤckt zwar gestiegen sind, aber durchaus um nichts mehr in dieser Creditmuͤnze gestiegen, als in der seltenen Goldmuͤnze und in der noch in hinreichender Quantitaͤt cir- culirenden Silbermuͤnze des Landes. Diese Silbermuͤnze ist, wohl zu bemerken, so ungleich zerschlissen und abgetragen, als sie am Schluße des siebzehnten Jahrhunderts nur seyn konnte, wo derselbe Zustand eine gaͤnzliche Handlungsver- wirrung herbeyzufuͤhren drohte, und die ungeheure, kostspie- lige Operation der Ummuͤnzung alles vorhandenen Silbers erzwang. Lord Liverpool in seinen vortrefflichen Briefe an den Koͤnig uͤber die Muͤnzen des Reichs, erklaͤrt die gegen- waͤrtige Unschuld und Folgenlosigkeit derselben Corruption der Silbermuͤnze, die in den Jahren 1694 und 1695 den Handel und Credit von England mit den schrecklichsten Revolutionen bedrohte, dadurch, daß seitdem das Gold Standard des Wer- thes geworden sey, und daß das Silber, welches damahls allen Verkehr regulirt habe, gegenwaͤrtig nur den kleinen Verkehr und diesen in der Dienstbarkeit und Abhaͤngigkeit vom Golde regulire. Es ist wahr, die Goldmuͤnze war in je- nen Zeiten in England so wenig, als noch heute in Deutsch- land , gesetzliche Zahlung ( legal tender ); niemand war ge- zwungen, sie anders als nach einem verabredeten Werthe an- zunehmen, bis die Proclamation vom vierten Jahre Georg des Ersten , den Werth der Guineen auf 21 Schilling fest- setzte, und das Statut vom vierzehnten Jahre Koͤnig Georg des Dritten anordnete, daß keine Schuld uͤber 25. l. in Silbermuͤnze sollte aufgedrungen werden koͤnnen, außer nach dem Gewicht, die Unze Silbers zu 5. 3. 2. d. — Das ge- sammte in den Jahren 1696—1699 neu umgepraͤgte Sil- bergeld war verschwunden oder corrumpirt, und so mochte es wirklich scheinen, daß sich in der nunmehrigen Lage Groß- brittaniens das Gold viel mehr als das Silber zum Maaß- stabe des Werthes eignete. Indeß hatte bereits im J. 1773 die Goldmuͤnze das ganze fruͤhere Schicksal der Silbermuͤnze erlebt: in diesem Jahre wurde eine Ummuͤnzung des ge- sammten Goldes nothwendig, die bis in das Jahr 1777 dauerte; und eine der Hauptbeschwerden in der gegenwaͤrti- gen Lage von England ist wieder, daß das ganze Product dieser und folgender Ummuͤnzungen groͤßtentheils verschwun- den ist. Welche besonderen Umstaͤnde auch jede von diesen beyden Depreciationen und Ummuͤnzungen und Auswanderungen vor den andern auszeichnen moͤgen, so ist doch so viel gewiß, daß weder die Corruption der Goldmuͤnze nach dem siebenjaͤhri- gen Kriege bis auf 1777, noch der gegenwaͤrtige Mangel derselben, der noch uͤberdieß von einer bedeutenden Corruption der Silbermuͤnzen begleitet ist, irgend eine ungluͤckliche Folge fuͤr den innern Verkehr veranlaßt hat, die an Umfang mit der Handelszerruͤttung am Schluße des siebenzehnten Jahr- hunderts zu vergleichen gewesen waͤre. Und so moͤchten wir, nach der Analogie der Behauptung des Lord Liverpool , die andere Behauptung wagen, daß die Folgenlosigkeit der Cor- ruption und des Stillstandes des gesammten Muͤnzwesens nur dadurch zu erklaͤren sey, daß Banknoten der eigentliche Standard des Reiches geworden waͤren. Der geheime Rath und das Parliament haben durch den Befehl der Suspension der baaren Zahlungen, und durch die spaͤteren Prolongatio- nen dieses Gesetzes, sich fuͤr dieselbe Ansicht der Sache ent- schieden. Bey Erwaͤgung der Lage von Großbrittanien , und der ungeheuren Progression seines Handels und seiner Industrie im Laufe des letzten Jahrhunderts, springt es in die Augen, daß ein so bedeutendes Handelsobject als die edeln Metalle, viel weniger zum unbedingten Werthmaaßstabe geeignet seyn muͤs- se, jetzt, als damahls, wo die Besorgung des innern Ver- kehrs noch die Hauptfunction der edeln Metalle war. Ein Handelsstaat von diesem Umfange, der noch in absoluter Ab- haͤngigkeit von den edeln Metallen waͤre, laͤßt sich uͤberhaupt nicht denken: also die Banknoten fortgedacht, so haͤtte wenig- stens der gesammte Verkehr mit dem hintersten Orient, China und Indien , ferner die ungeheure Masse von Industrie, welche durch die bedeutenden Korneinfuhren in den neueren Zeiten gedeckt worden ist, endlich der saͤchliche Antheil Groß- brittaniens an den Europaͤischen Welthaͤndeln, der in bedeu- tendem Grade wieder den Handel hat tragen helfen, großen- theils unterbleiben muͤssen. Was ist nun die ganze Institution der Bank von England anderes, als die freye Concentration des gesammten persoͤn- lichen Credites von Großbittanien . Die Banknote bildet recht eigentlich den Mittelpunct, oder den vermittelnden Punct, zu- naͤchst zwischen allen persoͤnlichen Verpflichtungen des Volks und der Regierung, zwischen allen Arten von Schatzkammer- scheinen, Stocks, Wechseln, Privat- und Provinzialbanknoten im Umfange des Reichs, und dem zu Folge fuͤr allen persoͤn- lichen Verkehr, fuͤr alle Handelsgeschaͤfte, und mittelbar durch diese fuͤr alle gedenbaren Werthe. Sie bildet sehr bestimmt den einen Pol der Haushaltung von Großbrittanien , den ich den Wortpol nenne: das jetzt suspendirte Gesetz der Umsetzbar- keit der Banknoten in baares Geld, druͤckt auch sehr deutlich die Verbindung des Wortpols mit dem Metallpol, oder die Axe der Brittischen Nationaloͤkonomie aus. Die erste Haushaltung von Europa hat also erwiesen, daß, wenn einerseits ein unbegrenzter Verkehr mit dem Aus- lande, welcher eine wesentliche Bedingung alles innern Wohl- standes ist, nicht ohne Metall-Circulation zu denken ist, dieser Verkehr andererseits eben so nothwendig, ohne eine wahre Papier-Circulation fuͤr die Dauer nicht vor sich gehen koͤnne: dem Metall fehlt die fuͤr so große Geschaͤfte nothwendige Elasticitaͤt; es ist um so vieles wichtiger im Welthandel, als es in dem innern Verkehr unentbehrlich ist; es ist, so lange es kein Papier zur Seite hat, so vielmehr Waare als Geld, und demnach so schwerfaͤllig, daß es mit der erhabenen Versatilitaͤt der Geschaͤfte eines solchen Reiches wie Großbritta- nien , nicht nur nicht Schritt halten kann, sondern sie noth- wendig hemmen muß: kurz, das Metallgeld kann die Geld- functionen erst genuͤgend verrichten, wenn die Moͤglichkeit da ist, es auch entbehren zu koͤnnen, wie uͤberhaupt der wahre Genuß und Gebrauch der Guͤter des Lebens nur fuͤr den moͤg- lich ist, der sie auch wieder entbehren, also ohne Zwang, ohne Dependenz von ihnen, also mit Freyheit gebrauchen kann. Gerade wie die aͤußere Sprache der Rede, und die innere Sprache der Figuren und Gedanken bey dem einzelnen Men- schen sich unter einander bedingen, und das Gleichgewicht, der ebenmaͤßige Fortschritt beyder, Wechselbedingung seines sowohl aͤußern als innern Fortschritts ist; und wie die Sprachfertigkeit an und fuͤr sich, wie sie bey so vielen Men- schen unverhaͤltnißmaͤßig gegen die Denkfertigkeit ausgebildet ist, den ganzen hoͤheren Verkehr der Menschen nur hemmen kann, obgleich die Sprache das Hauptmittel dieses Verkehrs ist, so auch das Metallgeld ohne das Papiergeld. Durch eine der in dem Schicksale einer so großen Haus- haltung, als die Brittische, unvermeidlichen Wendungen ist im Laufe der letzten funfzehn Jahre die Metall-Circulation aus diesem Lande großentheils verschwunden, und ein Zustand der Dinge herbey gefuͤhrt, den wir in keiner Ruͤcksicht einseitiger und unnatuͤrlicher finden, als den andern, dessen Unnatuͤrlich- keit und Einseitigkeit man auf dem Continente von Europa noch kaum zu ahnden anfaͤngt, den naͤhmlich, wo der gesammte Verkehr nur von einer Metall-Circulation getragen wird. Der freye Wille, die Meinung aller, die oͤffentliche Mei- nung hat das große, in alle Haushaltung von Großbrittanien verwachsene Institut, welches wir heut die Bank von England nennen, errichtet. Was urspruͤnglich das Werk einer kleinen Handlungssocietaͤt war, ist durch die Mitwirkung von ganz England im Laufe eines Jahrhunderts zum Stuͤtz- und Anle- gungspuncte allen Credits, zum Vermittler des Ganzen und jedes Einzelnen, der Oekonomie, der Regierung und jeder besonderen Haushaltung geworden. Jede Handelsunternehmung, alle Industrie, setzt Geld voraus: das besondere Vermoͤgen des Unternehmers, sein Privatcredit muß realisirt, oder, damit ich mich bestimmter ausdruͤcke, in den Stand des Nationalgeldes erhoben werden, oder des Weltgeldes, wenn die Unternehmung auf das Aus- land gerichtet ist. Die Person des Kaufmanns will mit einer bestimmten Waare, einem saͤchlichen Antipoden in der Sphaͤre der Nationaloͤkonomie, wie ic h dieß fruͤher beschrieben, in un- mittelbare Beziehung treten. Es ist nicht zu berechnen, wie groß die bestimmte Geldkraft werde seyn muͤssen, welche zur Fortfuͤhrung und Durchfuͤhrung eines bestimmten Geschaͤftes nothwendig ist: gibt es also uͤberhaupt nur Metallgeld, so ist klar, daß das zu betreibende Geschaͤfte nur durch das moͤgliche Maximum von Vorrath des Metalls gesichert werden koͤnne. Dieses Maximum des Vorraths ist bey den einzelnen Handels- geschaͤften nicht vorhanden: der einzelne Kaufmann oder Pri- vatunternehmer ergaͤnzt den Mangel durch seinen Privatcredie, der ihn allerdings in den Stand setzt, die edeln Metalle zu ersparen. Indeß so gut wie das Privatprodukt, die einzelne Waare welche der Privatmann erzeugt oder besitzt, und die in seiner Privathaushaltung dieselbige Geldfunction verrichtet, die in der Nationalhaushaltung, das edle Metall — erst reali- sirt werden muß, erst in die allgemeine Waare verwandelt werden, wenn die Oekonomie fortruͤcken soll, eben so gut muß auch der Privatcredit erst realisirt, erst im Allgemeinen in Nationalcredit verwandelt werden. Die allgemeine Waare, die Realitaͤt, in welche die Waaren umgesetzt werden, wenn sie nach unserer Benennung realisirt werden, ist das Metall- geld: in Staaten, wo nur eine Metall-Circulation existirt, wo das Metall das einzige oͤkonomisch Allgemeine ist, kann auch der Privatcredit wieder in nichts anderem realisirt wer- den, als in Metallgeld; es ist also klar, daß in solchen Staaten (wenn sie uͤberhaupt noch den Nahmen Staat ver- dienen) die Schwerfaͤlligkeit, Unnachgiebigkeit des Metalls, welches nur durch seine Masse gilt, sich allen einzelnen Ge- schaͤften mittheilt; waͤhrend, wenn aller Privatcredit eben so gut seinen eigenthuͤmlichen Mittelpunct haͤtte, als alle Pri- vatwaaren in dem Metallgeld den ihrigen haben, die zur Massenkraft des Metalls nothwendige Seltenheit desselben geschont, und dennoch das Geschaͤft durch eine Garantie ganz anderer Art als der Masse, sicher gestellt werden koͤnnte. Die Realitaͤt, par excellence, unter allen Realitaͤten, Waaren, Sachen, ist in Großbrittanien so gut wie uͤberall das edle Metall die Realitaͤt, par excellence, in die aller Privatcredit umgesetzt werden muß, um allgemeine Wirkun- gen hervor zu bringen, ist die Bank von Großbrittanien . Die Bank von England ist, noch richtiger ausgedruͤckt, die Personalitaͤt, par excellence, unter allen Personalitaͤten, Wechseln, Obligationen, persoͤnlichen Verpflichtungen. Die oͤkonomischen Objecte sind, wie schon oben erwiesen, nur wesentlich verschieden nach den Graden ihrer Allgemein- guͤltigkeit: das Gesammtbeduͤrfniß der Nation entscheidet, sagte ich, uͤber den Werth, und deßhalb ist der Staat selbst als das Allgemeinguͤltigste der vollstaͤndigste Werthmaaßstab. In der Sprache der bisherigen Oekonomie wird dieß sehr richtig, obwohl bewußtlos bezeichnet durch das Wort: Reali- siren. Durch die Allgemeinguͤltigkeit ist das Metallgeld res insonderheit . Es gibt aber so unendlich viele Abstufun- gen des Credits als der Waaren, mit Ruͤcksicht auf die Allge- meinguͤltigkeit. Grade des Credits sind nichts anderes, als Grade der persoͤnlichen Bedeutung: unter diesen tausendfaͤlti- gen Formen des Privatcredits und der Persoͤnlichkeit, muß es einen mittleren Credit, eine persona insonderheit geben, und in allem besonderen Credit ein Streben nach der Per- sonalisirung, wie unter den Waaren ein Streben nach der Realisirung. Da nun die Masse des Metalgeldes an der Oberflaͤche der Erde gegeben, und nur in sehr geringerem Grade von der menschlichen Industrie abhaͤngig ist, so waͤre das ganze oͤkono- mische Leben wie eingemauert, wenn die Realisation in dem hier aufgestellten bestimmteren Sinne des Wortes, die einzige Bedingung aller oͤkonomischen Geschaͤfte waͤre: aber da die Realisation an sich noch nichts hilft, wenn man sich nicht vermittelst der Personalisation, außer der gesellschaftlichen Massenkraft, die in den edeln Metallen liegt, auch der Elasticitaͤt, ich moͤchte sagen, der Seele bemeistern kann, die den Metallen erst Leben und organisches Wachsthum, und organische Beweglichkeit einhaucht — so leuchtet hier von neuem, und zwar durch das große Beyspiel von Großbritta- nien bekraͤftigt, die Nothwendigkeit ein, das eigentliche Geld in der ewigen Vermittelung zwischen beyden Geldformen, der persoͤnlichen und der saͤchlichen, das heißt: wie den unsicht- baren zwischen zwey Polen schwebenden Mittelpunct anzu- schauen. Jeder Kaufmann, jeder Wirth begehrt bey seinem Geschaͤft diesen mittleren schwebenden Standpunct, zwischen dem allgemeinen Credit und der allgemeinen Waare zu erlan- gen; und der Brittische Kaufmann ist, wenn er in seiner be- sonderen Haushaltung dasselbe Gleichgewicht zwischen Credit und Waare, zwischen dem Persoͤnlichen und Saͤchlichen zu er- richten und zu behaupten weiß, welches der Staat im Großen gluͤcklich zu Stande gebracht und behauptet, in dieser gluͤck- lichen Lage, vor allen andern Kaufleuten der Welt. Um also die große Frage zu beantworten, was der eigent- liche Werthmaaßstab fuͤr Großbrittanien , und aus dem Stand- puncte der Brittischen Verfassung sey, wird die Erwaͤgung eines einzelnen Statutes oder Muͤnzgesetzes so wenig hinreichen, als die Erklaͤrung eines einzelnen Englaͤnders. Wie aber die Vorzuͤglichkeit der Brittischen Verfassung uͤberhaupt, in dem Gleichgewichte des Persoͤnlichen und Saͤchlichen liegt, und wie das, durch das Parliament dargestellte Gleichgewicht zwischen dem Geldinteresse und dem Landinteresse, zwischen dem Talent und dem Besitz, zwischen dem Seyn und dem Haben, sich in jeder besondern Haushaltung wiederholt; ja wie jeder Theoret. Theil R ordentliche Englaͤnder die saͤchliche Einseitigkeit einer bestimm- ten oͤkonomischen Function vollstaͤndig ausdruͤckt, und doch wieder ein eben so maͤchtiges persoͤnliches Gefuͤhl von der uͤber- schwenglichen Gerechtigkeit und Allseitigkeit des ganzen Groß- brittaniens naͤhrt — so ist es leicht begreiflich, daß uͤber- haupt in jenem Lande ein bloß saͤchlicher Werthmaaßstab nicht Statt finden koͤnne. Gesetzt auch in allen Statuten und Parliamentsverhand- lungen bis auf das Jahr 1797 herab, werde unter Standard nichts Hoͤheres gemeint, als eine bestimmte, durch ein gewis- ses Metallgewicht ausgedruͤckte Einheit, so bewiese dieß bloß, daß der eigentliche Werthmaaßstab in den Parliamentsver- handlungen bis dahin noch nicht zur Sprache gekommen, daß man unter Standard nichts anderes verstanden habe, als den untergeordneten Maaßstab der saͤchlichen Verhaͤltnisse, den der Werthmaaßstab keineswegs ausschließt, neben oder uͤber dem aber, wenn auch unausgesprochen ein eigentlicher Werthmaaß- stab laͤngst bestehen konnte. Wenn nun im Jahre 1797 der geheime Rath sowohl, als das Parliament das Papier der Bank von England fuͤr unab- haͤngig von der Vormundschaft des Metallgeldes erklaͤren; wenn sie, obwohl mit einiger, bey einem so großen Schritte sehr natuͤrlichen Unbestimmtheit und Dunkelheit, jedoch im Wesen nichts anderes verordnen, als daß die Muͤnze von Groß- brittanien , welche bisher der Werthmaaßstab der Banknoten zu seyn schien, und die doch wieder in gewisser Hinsicht von dem Welt- oder Marktpreise der edeln Metalle abhaͤngig ge- wesen war, nunmehr von der Banknote ihren Werth ableiten, also von dieser ihren Maaßstab empfangen solle; wenn ganz Großbrittanien , von der unermeßlichen Wichtigkeit der Per- sonalisirung alles Privatcredits, wie es scheint, noch viel mehr uͤberzeugt, als von der Nothwendigkeit der Realis i rung aller besonderen Waaren, den Beschluß der Staatsgewalt und der Gesetzgebung einmuͤthig sanctionirt; wenn uͤbrigens ein welthandelndes Volk, den Werth der Realisation, die Wichtigkeit des edeln Metalls, und des daran haftenden Elementes der Sicherheit fuͤr alle merkantilischen Geschaͤfte, durchaus, auch nicht uͤber die schreyendste Nothdurft des ge- faͤhrlichsten Augenblickes vergessen kann — so ist klar, daß der persoͤnliche Werthmaaßstab der Banknote nicht etwa im Jahre 1797 erst erfunden, oder errichtet worden seyn koͤnne, sondern daß er vielmehr, sowohl von der Gesetzgebung und Staatsgewalt, als von der oͤffentlichen Meinung des ganzen England laͤngst anerkannt gewesen, und daß die Banknoten durchaus nicht als bloße Surrogate, Substitute oder Noth- zeichen des Metallgeldes, sondern auf dem Fuße vollkom- mener Paritaͤt mit dem Metallgelde, als wahres eben so maͤchtiges und unentbehrliches Creditgeld laͤngst betrachtet und behandelt worden sind. Wenigstens haͤtte sich unmittelbar, nach Suspension der Realisation, ein Diskont der Banknoten aͤußern muͤssen, sie haͤtten aus dem mittleren Geldstandpuncte, den sie unter den gesammten Privatcreditpapieren einnehmen, unmittelbar her- aus treten muͤssen, wovon sich bis jetzt kaum eine Spur ge- zeigt hat. Aller Credit im Umfange der Reiche Großbrittanien , kennt auch heute nur eine einzige Art der Personalisirung, R 2 naͤhmlich die, vermittelst der Banknoten; und daß dieß neben der großen Steigerung des Goldpreises, und ungeachtet der großen Ungunst des Wechselcourses, das heißt: ungeachtet der steigenden Wichtigkeit der Realisation, fuͤr den vermehrten auswaͤrtigen Kriegs- und Handelsverkehr von England , noch heute der Fall ist, dieß ist ein Beweis mehr fuͤr den Satz, daß die Banknoten ein eben so wesentliches Element des Werth- maaßstabes bilden, als die edeln Metalle. Es bedarf wohl keines Beweises, daß um den Forderun- gen, die an einen wahren Werthmaaßstab gemacht werden, zu genuͤgen, es keineswegs hinreiche, daß nur die Rechnungs- oder Zahlungseinheit des Landes, zum Beyspiel: das Pfund Sterling, in Silbergewicht oder durch das Wort einer so maͤchtigen Corporation wie die Bank von England , gehoͤrig und unabaͤnderlich festgesetzt werde. Denn es kommt nicht dar- auf an, daß die oͤkonomischen Werthe im Umfange des Lan- des, jeder einzeln, auf die feste Einheit eines Maaßstabes reducirt werden, sondern alle diese oͤkonomischen Werthe sol- len vornaͤhmlich ihr Verhaͤltniß unter einander behaupten: die Menge solcher Einheiten, die ich heute verleihe, soll noch, wo moͤglich, nach langen Jahren in demselben Verhaͤltniß zu allen wesentlichen Lebensbeduͤrfnissen, und durch sie mit allen uͤbrigen minder wesentlichen stehen, als worin sie heute zu derselben steht. Dieser Forderung kann durch die noch so gruͤndliche Fixirung der Rechnungseinheit nicht genuͤgt werden: vielmehr ist diese absolute Fixirung des Maaßstabes, waͤhrend das gesammte zu messende Wesen waͤchst, einer voͤlligen Zerstoͤrung des Maaßstabes gleich zu achten. Deßhalb verlangt man mit Recht, daß sich die Masse der Geldzeichen in demselben Ver- haͤltnisse vermehren muͤsse, als sich die gesammte von dem Gelde zu beherrschende Nationaloͤkonomie ausbreitet, und daß man fuͤr den relativ sinkenden Werth der Geldeinheit, durch die groͤßere Leichtigkeit sich in Besitz dieser Einheiten zu setzen, entschaͤdigt werden muͤsse. Wenn die Nationaloͤkonomie im Gleichgewichte ist, wenn sie sphaͤrisch ausgebildet ist, so ist das Gesetz ihrer Bildung wie ihrer Bewegung ausgedruͤckt, durch die Axe dieser Sphaͤre. Diese Axe, habe ich gesagt, ist ihr Werthmaaß- stab. Denn da die bloße Fixirung einer Metall- Gewichts- oder Worteinheit zu den Werthbestimmungen nicht hinreicht, indem die Vermehrung oder Verminderung der Einheiten alle Verhaͤltnisse stoͤren wuͤrde, die wir durch den Werthmaaßstab berichtigen oder erhalten wollen, so hat man uͤberhaupt nur eine halbe Vorstellung vom Standard, wenn man nicht we- nigstens eben so bestimmt die ganze Summe von Einheiten kennt, womit der Verkehr dieses bestimmten Landes betrie- ben wird. Wird diese sehr wesentliche Bedingung erfuͤllt, so erhalten wir eine Groͤße, die nunmehr in einem sichern Ver- haͤltniß zu dem Gesammtverkehr der Nationalhaushaltung steht, die also auch mit diesem Gesammtverkehr wachsen oder abnehmen kann. Gesetzt ein Pfund Sterling Silberwerth sey das Maaß der Gesammtbeduͤrfnisse des einzelnen Menschen im Laufe einer Woche, zu einer gewissen Zeit gewesen, und mir wuͤrde heut gesagt, daß er uͤber zehn solcher Pfunde Sterling Silberwerth woͤchentlich disponiren koͤnne, so weiß ich noch nicht, was dieser Mensch nunmehr oͤkonomisch werth sey, eben weil der bestimmteste Silberwerth ein durchaus unvollstaͤndiger Maaß- stab war: gesetzt aber, ich wuͤßte, daß ein solches Pfund Ster- ling woͤchentlich hingereicht habe, als das Gesammtbeduͤrfniß von England woͤchentlich mit drey Millionen derselben Pfund Sterling bestritten wurde, und daß das gegenwaͤrtige Ge- sammtbeduͤrfniß von England dreyßig Millionen derselben Pfund Sterling erfordert und beherrscht, so kann ich nun mit ziemlicher Bestimmtheit behaupten, daß der einzelne Mensch das andere Mahl gerade so viel werth gewesen sey, als das erste Mahl. Es ist oben gezeigt worden, daß dieses bey allen gedenk- baren Maaßstaͤben der Fall ist: eine Laͤngeneinheit, eine Ge- wichtseinheit koͤnnte man nach Belieben erfinden, und durch Kunst befestigen; aber mit solchen nach Willkuͤhr erfundenen Maaßstaͤben dringen wir nicht durch, weil der Maaßstab in einem mittleren Verhaͤltniß aller damit zu messenden Groͤßen stehen muß, welches mittlere Verhaͤltniß, zum Beyspiel: bey den Laͤngenmaaßstaͤben, durch die Groͤße des menschlichen Koͤrpers und seiner Glieder, zwar schon richtig voran gedeu- tet wird, aber sich erst im Laufe der Zeiten, und im unend- lichen Verkehr aller verschiedenen Laͤngen unter einander ergibt. In noch viel hoͤherem Grade gilt dieß vom Werthmaaß- stabe: die bloße Groͤßeneinheit entscheidet uͤber den Werth noch nichts, wie sie auch festgestellt sey, denn ich will nicht die bloße Groͤße wissen, sondern den Werth der, wie hinlaͤng- lich gezeigt, aus Groͤße und Verhaͤltniß zusammen gesetzt ist: der Werthmaaßstab muß also aus Groͤße und Verhaͤltniß zu- sammen gesetzt seyn, so gut wie der zu messende Werth. Ein fester Werthmaaßstab ist also ein festes Verhaͤltniß zwischen dem Vermoͤgen des Einzelnen im Durchschnitt und dem Na- tionalvermoͤgen, welches Verhaͤltniß zu bestimmen man frey- lich erst beyderley Vermoͤgen auf einerley Benennung und Einheit reduciren muß. Es ist also dringend nothwendig den Werthmaaßstab, von dem oͤkonomischen Groͤßenmaaßstabe so streng als moͤglich zu unterscheiden, und nicht Anspruͤche an den letzteren zu machen, welche nur der erstere befriedigen koͤnnte. Das Metall an und fuͤr sich kann nichts als einen oͤkonomischen Groͤßenmaaßstab hergeben, denn da dessen Vermehrung oder Verminderung nie in dem Gebiete der menschlichen Kunst liegt, so wird sein Totalbelauf, schon wegen der inwohnenden Sproͤdigkeit und Steifheit, in bestaͤndigem Mißverhaͤltniß zu der Welt von Werthen stehen, die es messen soll. Das menschliche Wort, der menschliche Credit hingegen hat anderseits in hohem Grade die Fuͤglichkeit, Nachgiebigkeit und Elasticitaͤt um das andere Element des Werthmaaßstabes, naͤhmlich das Verhaͤltniß aller Werthe zum Nationalvermoͤgen auszudruͤcken. Die Bank von England an sich vermag freylich nicht das bestimmte Silber- oder Goldgewicht in dem Pfunde Sterling fest zu halten, daher wird sie ohne die Bedingung der Umsetz- barkeit ihrer Noten in Metallgeld keinen ganz vollkommenen Werthmaaßstab darzustellen im Stande seyn, dagegen genuͤgt sie desto mehr der andern eben so wesentlichen Forderung an den Werthmaaßstab, naͤhmlich sie kann in der Summe ihrer Noten das Verhaͤltniß der Totalwerthe des gesammten Natio- nalvermoͤgens in zwey verschiedenen Zeiten desto bestimmter aufrecht erhalten, wozu, wie es in der Natur der Sache liegt, das noch so bestimmt fixirte Silbergewicht des Pfundes Sterling, voͤllig unnuͤtz ist. So wie nun das Metall, fuͤr die mechanischen Zwecke der Circulation wegen seiner Sproͤdigkeit und anderer widerstre- benden Eigenschaften unbrauchbar, erst mit einem anderen Metall versetzt oder legirt werden muß, und das Verhaͤltniß dieser Legirung, der Standard der Feinheit genannt wird; so findet eine zweyte und hoͤhere Legirung Statt, indem das Metall zur Werthvermittelung in den Kreis der buͤrgerlichen Gesellschaft wirklich eintritt. Schon in der Muͤnze wird, wie ich erwiesen habe, das Metall erst durch das Gesetz, durch die Ansetzung und Fixirung des Muͤnzpreises, durch die gesetzliche Benennung auf eine hoͤhere Weise legirt, und nun entsteht das, was ich den Standard der oͤko- nomischen Groͤße Es wird dem aufmerksamen Leser nicht entgehen, daß, wenn meine fruͤher aufgestellte Distinction zwischen Werth und Preis schon allgemein angenommen waͤre, ich diesen zweyten Standard sehr fuͤglich und passend Standard des Preises nennen koͤnnte. genannt habe, und was von den staatswirthschaftlichen Schriftstellern, zumahl von den Ver- fassern und Vertheidigern des Berichts der Bullion-Committee des Brittischen Unterhauses im Jahre 1810 und 1811 allzu voreilig Standard des Werthes genannt wird. Aus der Existenz eines solchen sicheren Standard der oͤko- nomischen Groͤße, folgt die Gerechtigkeit des Verhaͤltnisses der gesammten Geldzeichen zu dem Totalwerthe des Nationalver- moͤgens noch nicht, und da von diesem Verhaͤltniß die Dauer aller einzelnen Werthe abhaͤngt, so kann jener Standard auch nichts uͤber die Werthe entscheiden. Es muß erst eine dritte Legirung vor sich gehen, das Metallgeld muß erst mit wirk- lichem Creditgelde versetzt werden, damit es in ein festes Ver- haͤltniß zu dem Gesammtwerth der Nationaloͤkonomie, und so mit allen einzelnen Werthen treten koͤnne. So nun entsteht der dritte Standard, der Standard des Werthes . Diesen dreyen Arten des Standard entsprechen nun genau drey Arten der Depreciation , oder der Corruption des Standard: die erste, da das Verhaͤltniß des edeln Metalles zu seiner Legirung von unedelm Metalle veraͤndert wird, da man von dem Standard der Feinheit abweicht; die andere, da man eine Veraͤnderung in dem Silber- oder Goldgewicht der Muͤnze absichtlich vornimmt oder einschleichen laͤßt, da man also den Standard der oͤkonomischen Groͤße verliert. Diese beyden Arten der Depreciation sind in der Europaͤischen Geldgeschichte der drey letzten Jahrhunderte die Allergewoͤhn- lichsten. Eben weil die Nationaloͤkonomie sich noch nicht zur dritten Art des Standard erhoben hatte, weil die Legirung des Metallgeldes vermittelst des Creditgeldes noch nicht aus- gebildet war, also uͤberhaupt noch kein Standard des Wer- thes existirte, so mußte man sich wohl an den beyden anderen Standards halten, und selbige durch eine absichtliche Depre- ciation und Herabsetzung sowohl des Schwergehalts als des Feingehalts in einer Art von Gleichgewicht mit dem Gesammt- werth zu erhalten, und sie fuͤr eine Bestimmung, der ihre innere Natur widerstrebte, wenigstens, ich moͤchte sagen, zu- recht zu stutzen suchen. Die abnehmende Reihe von Silbergewichten, welche uns die respectiven Standard des Franzoͤsischen Pfundes, des Deutschen Gulden und der Mark, und sogar die des Pfund Sterling im Laufe der letzten drey Jahrhunderte zeigen, be- deutet nichts anderes als die zunehmende Reihe von Credit- geld, die dem auf jenen Standards errichteten Metallgelde eigentlich bestaͤndig haͤtte zur Seite gehen, und selbiges im Gleichgewichte mit dem Gesammtwerthe der Nationaloͤkono- mie haͤtte erhalten sollen. Und wenn das Pfund Sterling un- ter allen Europaͤischen Muͤnzen seinem urspruͤnglichen Standard der Feinheit und des Schwergehalts, bey weitem am naͤchsten geblieben, wenn es nur in dem Verhaͤltnisse 31 : 10 von seinem urspruͤnglichen Groͤßenstandard abgefallen ist, und das heutige Pfund Sterling nur etwas weniger als ein Drittel des urspruͤnglichen vollen Pfundes enthaͤlt, waͤhrend das Franzoͤsische Livre kaum 1∫72 seines urspruͤnglichen Standard enthaͤlt, und alle andern Europaͤischen Muͤnzen gleichfalls in viel bedeutenderem Verhaͤltniß depreciirt sind, so ist diese Er- scheinung nur dadurch zu erklaͤren, daß das Creditgeld in England sich viel fruͤher, als in allen andern Europaͤischen Reichen, ausbildete, auch schon vor Errichtung der Bank dem Wesen nach, wenn auch nicht in der nachherigen Voll- kommenheit vorhanden war, und also die Depreciation der beyden ersten Standards dadurch verhindert, oder doch ge- hemmt wurde, daß sich ein eigentlicher Werthmaaßstab ( standard of value ) bildete, der nun im Jahre 1797 zum vollstaͤndigen Bewußtseyn erhoben, und gesetzlich anerkannt worden ist. Die Geschichte der Brittischen Nationaloͤkonomie bestaͤtigt diese Vermuthung auf das glaͤnzendste; denn wie moͤchte es wohl sonst zu erklaͤren seyn, daß England den Standard der Feinheit seiner Silbermuͤnze seit dem drey und vierzigsten Jahre der Koͤniginn Elisabeth , und den seiner Goldmuͤnze seit dem funfzehnten Jahre der Regierung Carls des Zweyten ; ferner den gesetzlichen Schwergehalt seiner Silbermuͤnze seit dem drey und vierzigsten Jahre der Regierung der Koͤniginn Elisabeth , und den seiner Goldmuͤnze ebenfalls seit dem funf- zehnten Jahre Koͤnig Carls des Zweyten ; endlich das Ver- haͤltniß des Goldes zum Silber, oder den Muͤnzpreis seit dem vierten Jahre Georg des Ersten , aufrecht zu erhalten im Stande gewesen ist? Es war das Creditsystem Englands — und niemand wird nach dem Vorausgesetzten mich so miß- verstehen, als meinte ich unter diesem Ausdruck das Schul- densystem in Specie — welches die gelegentliche Disharmonie zwischen diesen beyden Standard, und den allgemeinen Revo- lutionen der Werthe gluͤcklich corrigirte. Die Elasticitaͤt des Credits kam der Sproͤdigkeit der edeln Metalle zu Huͤlfe, und so besaß England einen wirklichen Werthmaaßstab, der so fest als beweglich war, und der gerade in Folge der Be- weglichkeit, die er durch die Concentrirung allen Credites, oder in letzter Instanz durch die Bank erhalten hatte, den in ihm enthaltenen Groͤßenmaaßstab um so unveraͤnderlicher be- haupten konnte. Freylich ist auch dieser Werthmaaßstab einer Depreciation unterworfen: es ist die von den Englischen Schriftstellern so genannte Depreciation durch Exceß. Das Gleichgewicht der Sache und Person, und ihre ebenmaͤßige Wechselwirkung ist in allen Staatsangelegenheiten, zumahl in nationaloͤkonomi- scher Hinsicht, das oberste Gesetz. Es gibt eine gewisse unver- kennbare, durch unzaͤhlige Symptome angedeutete Grenze, jenseits der die unbedingte Herrschaft des Credits, oder der persoͤnlichen Kraft aufhoͤrt, und wo die Gewalt, welche die Natur in die Sachen legen mußte, um ein Gleichgewicht zwischen ihnen und der Persoͤnlichkeit moͤglich zu machen, ewig ihr Recht behaupten wird. Auf dieses Gebiet hat der Credit nur mittelbaren Einfluß. Wenn die Bank von England versuchen sollte, ihr Papier gegen andere als persoͤnliche Sicherheit auszugeben, wenn sie je zum Beyspiel auf der Hypothek liegender Gruͤnde Banknoten ausliehe, oder wenn sie sich zum Lombard con- stituirte, und uͤber die edeln Metalle hinaus auch auf ander- weite Realessecten und Mobilien borgen sollte, kurz, wenn sie direkt zu personalisiren unternaͤhme, was nur realisirt werden kann, so wuͤrde die Depreciation ihres Papiers, und also des Werthmaaßstabes selbst eintreten. So lange aber die Bank sich streng innerhalb derjenigen Hemisphaͤre der Staatshaushaltung erhaͤlt, die sie oͤkono- misch zu beherrschen und zu vermitteln bestimmt ist, so lange sie ihre Noten gegen sichere Wechselbriefe ausgibt, derjenige Werth also, den sie personalisiren soll, indem sie ihn in ihr allgemeinguͤltiges Papier umsetzt, die persoͤnlichste Form erhalten hat, welche die Verpflichtungen des Privat- manns in unsern Staaten uͤberhaupt erlangen koͤnnen; so lange sie die Zeit vollstaͤndig in ihrer Gewalt behaͤlt, wie dieß auch bey keiner andern Sicherheit in dem Grade als bey Wechselbriefen moͤglich ist; so lange sie also ihre vollstaͤndige Elasticitaͤt erhaͤlt, die in dem Maaße verloren gehen wuͤrde, als sie sich mit der Traͤgheit und Steifheit der Sachen be- faßte — so lange hat sie das ihr anvertraute Element des Werthmaaßstabes treu verwaltet, und ihr Papier ist uͤber alle Depreciation erhaben. Waͤre nun durch irgend eine Fuͤgung der Weltumstaͤnde der andere Pol der Staatshaushaltung, naͤhmlich der Metall- geldpol, von Metallen entbloͤßt, wie es dermahlen in England der Fall ist, so wird durch die Festigkeit, mit der sich die Bank innerhalb ihrer persoͤnlichen Hemisphaͤre erhaͤlt, die Gefahr, in der das Ganze schwebt, wirklich abgewendet wer- den. Die Banknoten werden in der anderen Hemisphaͤre die Functionen des Metallgeldes verrichten, immer aber symbo- lisch, deutend auf die Nothwendigkeit, die Metalle bey der ersten guͤnstigen Gelegenheit (die nicht fehlen kann, wenn man nur das Beduͤrfniß nach den Metallen nicht verliert, das heißt: wenn man das Creditgeld nur nicht zu einem Surrogat des Metallgeldes herabwuͤrdigt, und sich dabey be- gnuͤgt) wieder in ihre alten und natuͤrlichen Rechte einzu- setzen. Da die Bank selbst ihre Noten nie mit dem Metallgelde verwechselt, da sie fortwaͤhrend nur mit persoͤnlichen Ver- pflichtungen und dem Credite zu thun hat, und alle Reali- taͤten, welche die Bank honoriren soll, sich erst in sichere Wechselbriefe, in Papiere von einem kurzen und sichern Ter- min verwandelt haben muͤssen, so concentrit sich gleichsam in der Bank, das allen Personen inwohnende dringende Ver- langen die Sache par excellence, oder das Metall wieder herbey zu schaffen, waͤhrend die Banknoten auf der Stelle depreciirt seyn wuͤrden, so bald sich die Bank des andern Poles wirklich bemaͤchtigen, und ihr Creditgeld aus seinen Schranken heraus, und zu einer Art von Universalgeld zu erheben, unternaͤhme. Die Guineen sind aus der Circulation von Großbrittanien fast verschwunden: das Gesetz in England kennt, wie schon bemerkt, kein Einschmelzen oder Ausfuͤhren der Guineen, und in den letzt verflossenen vierzig Jahren, sind unter Autoritaͤt des Staates weit uͤber zwanzig Millionen ausgepraͤgt wor- den. Durch die Restriction der Zahlungen der Londner Bank, insbesondere aber durch die Bestaͤtigung dieser Maaßregel von Seiten der oͤffentlichen Meinung, ist die Banknote von einem Pfunde Sterling gleichgesetzt 20∫21 einer vollwichtigen Guinee. — Diejenigen nun, welche in England die Depreciation der Banknoten behaupten, indem sie sich auf die große Ungunst des Wechselcourses, und auf die Theurung des Goldes beru- fen, finden die Praͤsumtion des Gesetzes, von einer Fortexistenz der Guineen im hoͤchsten Grade absurd. Ich glaube uͤber allen Zweifel erhoben zu haben, daß nicht bloß das Gesetz, sondern auch die ganze Haushaltung von Großbrittanien , insbesondere aber, worauf am meisten ankommt, die Bank von England selbst diese große Praͤsumtion naͤhrt, und in allen Stuͤcken so agirt, als waͤren die Guineen wirklich vor- handen. Die Bank betraͤgt sich wie der treue Verwalter eines fuͤr eine Zeitlang abwesenden Koͤnigs, und deßhalb weil sie und die oͤffentliche Meinung ihre Noten nie mit dem Metall- gelde eigentlich verwechselt oder vermischt, so repraͤsentiren die Noten so vollstaͤndig die Guineen. Ich frage: ist, was das Gesetz, die oͤffentliche Meinung, die ganze Staatshaus- haltung von Großbrittanien , und was die Bank von England als vorhanden praͤsumirt, und so behandelt, als sey es vor- handen, nicht so gut als wirklich vorhanden? gibt es in diesem Augenblick, wo das Haupt, welches die Krone von England uͤber ein halbes Jahrhundert glorreich getragen, wirklich abwesend ist, gibt es einen Koͤnig von England ? — Wer wird es laͤugnen? — Wer also kann das Gesetz verlachen, welches die Fortexistenz der Guineen praͤsu- mirt? — Die inneren Geldverhaͤltnisse von Großbrittanien sind heute, funfzehn Jahre nach der Suspension der baaren Zah- lungen der Londner Bank, noch ganz dieselben wie vor der Suspension, und bey der promptesten Umsetzbarkeit der Bank- noten in Guineen. Die oͤffentliche Meinung, unterstuͤtzt vom Gesetze, gebraucht die Noten als vollstaͤndige Repraͤsentanten der Guineen und zur Realisation der Sachwerthe, ohne daß sie je in dem Wahn staͤnde, die Guineen ganz entbehren, und sich der Noten als eines Surrogates der Metalle bedienen zu koͤnnen: die oͤffentliche Meinung glaubt so fest, daß das Gold, oder die eigentliche Realitaͤt am Golde vorhanden sey, als sie glaubt, daß der Koͤnig, oder der Koͤnig im Koͤnige, nie abwesend seyn, oder sterben koͤnne. Die Bank verhaͤlt sich zum Golde, wie sich das Parliament zum Koͤnige verhaͤlt; und wie die Gewalt des Prinzen Regenten vom Parliamente zur Repraͤsentation der Krone delegirt ist, so ist auch die Me- tallgeld-repraͤsentirende Macht der Banknoten von der Bank deligirt, ohne daß weder hier die Bank die Graͤnze der persoͤn- lichen, der Credit-Hemisphaͤre uͤberschritte, noch dort das Parliament sich uͤber das ihm angewiesene, persoͤnliche Theil des Staatgeschaͤfts oder uͤber die Gesetzgebung hinaus, in das saͤchliche Theil des Staatsgeschaͤfts oder in die eigentliche Administration hinuͤber wagte. Man betrachte die dermahlige wunderbare Lage von Groß- brittanien etwas naͤher! Waͤhrend auf dem Continent von Europa die oͤffentliche Meinung dahin uͤberein kommt, daß alles politische Heil in der Persoͤnlichkeit des Koͤnigs, und in dem Vorrath des Goldes, oder der edeln Metalle liegt — fehlt in England der Koͤnig, fehlt daselbst das Gold, beydes in dem Continental-Sinne des Wortes; und dennoch haben sich weder Parliament und Volk der Staatsgewalt bemeistert, noch die Bank und der Credit, den sie repraͤsentirt, die Stelle des Goldes usurpirt: die Realitaͤt des saͤchlichen Ver- moͤgens reagirt auf die Persoͤnlichkeit der Bank und des Cre- dits, gerade eben so, als wenn das Gold in seiner ganzen Macht noch wirklich vorhanden waͤre, und wie ehemahls, vermittelst des Gesetzes der Convertibilitaͤt jede einzelne Bank- note durch eine baare Guinee bekraͤftigt werden muͤßte; an- dererseits reagirt die Realitaͤt der koͤniglichen Gewalt mit derselbigen Majestaͤt auf die Persoͤnlichkeit des Parliaments, als wenn der Koͤnig selbst in voller Jugendkraft an der Spitze der Administration staͤnde. Dieß sind die erhabenen Pruͤfungen, welche die Freyheit und die Verfassung eines Landes vollenden. Was man von den Ministerialstellen in England gesagt hat, daß sie naͤhm- lich das Individuum, welches sie bekleide, wie seine Privat- ansicht, sein Privatcharakter auch beschaffen seyn moͤge, zwin- gen, im ministeriellen Geiste zu handeln, gilt im Grunde von allen Stellen in England : der Thron zwingt den Koͤnig, was er auch uͤbrigens als Mensch seyn moͤge, zu koͤniglichen Gesinnungen; die Stelle, welche im natuͤrlichen Gange der Dinge das Gold einnimmt, zwingt die Banknote, die das Gold gelegentlich zu repraͤsentiren genoͤthigt wird, im Geiste des Goldes zu agiren. Kurz, die Persoͤnlichkeit selbst ist so maͤchtig, daß es auf die einzelne Person und ihre kurzen vergaͤnglichen Eigenschaften, die Saͤchlichkeit selbst so maͤch- tig, daß es auf die einzelne Sache, welche Zeit und Um- staͤnde entwenden koͤnnen, nicht weiter ankommt. — Der Strom der Weltereignisse kann das Gold mit sich fortreissen, und wer ists, der fuͤr den einzelnen Menschen, und fuͤr das, was man persoͤnliches Talent, persoͤnliche Klugheit, persoͤnlichen Charakter nennt, gut zu sagen wagte: aber, wenn die Verhaͤltnisse des Ganzen so sicher und harmonisch geordnet sind, daß das Einzelne auf nationale Theoret. Theil S Weise handeln und wirken muß, dann kann das Schicksal sein Recht ausuͤben; es kann ein vermeintliches Nationalbeduͤrfniß nach dem anderen rauben, und dennoch wird die Nation im Entbehren erst recht fuͤhlen lernen, daß sie das eigentlich Nothwendige in dem Beduͤrfnisse behauptet, naͤhmlich die Richtung der Kraft des Dinges oder der Person, die scheinbar entwendet worden: es ist nur die aͤußere Schale des Goldes, welche geraubt werden kann, der Kern desselben bleibt; es ist nur der vergaͤngliche Koͤnig, der verloren geht, die ewige Krone bleibt. So ist auch England durch den ganzen Lauf seiner Geschichte sein Entbehren, und jede Nationalcalamitaͤt zu Gute gekommen: es ist uͤberall fuͤr das scheinbar Verlorne, durch die eigentliche Wesentlichkeit des verlornen Gutes ent- schaͤdigt worden. So war in den Kriegen der rothen und weißen Rose, ich moͤchte sagen, die gemeine Krone von Eng- land verloren gegangen, und gerade durch diese Kriege und durch den Mißbrauch schlechter Koͤnige, wie Heinrich des Achten , ist die Idee der wahren koͤniglichen Gewalt, des Koͤnigs, who can do no wrong, und der nicht stirbt, erobert worden; so ferner ging in den Zeiten der Republik und Cromwells die gemeine Freyheit verloren, und wurde da- fuͤr die mit jener Idee der koͤniglichen Gewalt sehr vertraͤgliche Idee der Freyheit erobert, welche die großen Statute der Freyheit in dem Zeitraum von 1660 bis 1688 ausgesprochen haben. Dahin habe ich mit meiner ganzen Argumentation kom- men wollen: die Verhaͤltnisse des Ganzen sind sicher und har- monisch geordnet, also alle die Zwecke, die durch den Werth- maaßstab erreicht werden sollen, sind erreicht: ein solcher Standard des Werthes muß also vorhanden und undepreciirt vorhanden seyn. Die ganze innere Wohlfahrt eines Reiches reducirt sich auf das Gleichgewicht zwischen der Per- soͤnlichkeit und Saͤchlichkeit: das eigentlich Persoͤnliche in aller Persoͤnlichkeit ist oͤkonomisch ausgedruckt der Credit, das eigentlich Reale in aller Saͤchlichkeit ist das edle Metall. Die Bank von England , voͤllig unbekuͤmmert um die Realisation und Circulation des saͤchlichen Vermoͤgens, hat fortgefahren allen sichern Privatcredit zu personalisiren, und die ganze Nation, Koͤnig und Parliament haben die Banknoten zu einst- weiligen Repraͤsentanten des verschwundenen Goldes ernannt. Vor der Restriction, so moͤchte ich mich figuͤrlich ausdruͤcken, bestand die eine Haͤlfte der Axe der Brittischen Nationaloͤko- nomie, die Haͤlfte, welche in die saͤchliche Hemisphaͤre hinuͤber fiel aus Gold, die andere Haͤlfte in der persoͤnlichen Hemis- phaͤre aus Banknoten. Beyde, Banknoten und Gold, durch ihre bestaͤndige Um- wechslung, und so durch ihre ewige Wechselwirkung haben sich gegenseitig ihre Eigenschaften mitgetheilt; und dabey uͤbersehe man nicht, daß die Banknoten nicht bloß an der Bank in Guineen umgesetzt worden sind, sondern daß in allen Geschaͤften ohne Unterschied mit Banknoten Sachen erkauft und realisirt, und mit Guineen Wechselbriefe und andere per- soͤnliche Verpflichtungen personalisirt worden sind, daß also die Banknoten allenthalben frey in die Hemisphaͤre der Saͤch- lichkeit, die Guineen eben so frey in die Sphaͤre der Persoͤn- lichkeit hinuͤber gespielt haben, ohne daß die Bank ihre Noten S 2 je anders als zur Personalisation des Credites angewendet und ausgegeben haͤtte, ohne daß die Bank je bey der Creation ihrer Noten etwa das so genannte Beduͤrfniß der Circulation, oder die Sicherheit saͤchlicher Unterpfaͤnder beruͤcksichtigt, ohne daß sie je ein anderes Gesetz dabey befolgt haͤtte, als (Aus- sage der Bankdirektoren, in denen, dem Bericht der Bullion- Committee beygefuͤgten minutes of evidence ) die Sicher- heit der persoͤnlichen Effecten der Regierung, oder der Priva- ten, auf die ein Vorschuß von ihr begehrt wurde. Wenn das Gesetz also die Indentitaͤt der Banknoten und der gesetzlichen Muͤnze des Reichs behauptet, so wird damit nur ausgesprochen, was sich in hoͤchster Freyheit selbst schon laͤngst gemacht hat. Erwaͤgt man nun, wie in Laͤndern, wo es nie etwas anders als eine Metall-Circulation, und in Er- manglung einer wahren Bank, nie eine ordentliche Credit- Circulation gegeben hat, das Metall seine Sproͤdigkeit und Steifheit, und alle seine schwerfaͤlligen Eigenschaften dem gesammten oͤkonomischen Geschaͤftsgange mittheilt; wie der Credit und die solide Unternehmung gerade dadurch gehemmt werden, daß es nichts als Metall gibt, und sich jeder in dessen rohen und handgreiflichen Besitz zu erhalten streben muß; wie der Besitzer des Metalls abhaͤngig wird von dem Metall, und also das Metall vielmehr mit ihm wirthschaftet, als er mit dem Metall: so wird man mich verstehen, wenn ich sage, daß die Guineen durch den hundertjaͤhrigen Einfluß der Bank- noten, durch den hundertjaͤhrigen genauen Umgang mit dem Credite erst zu wahrem Metallgelde geworden, daß sie in dem Umgange mit den Banknoten die Persoͤnlichkeit sich angeeignet haben, wie die Banknoten umgekehrt in diesem genauen Verkehr die Saͤchlichkeit, die Dauerbarkeit, und alle eigen- thuͤmlichen Eigenschaften des Metalls. Nun koͤnnte die Axe der Brittischen Nationaloͤkonomie ganz aus Banknoten beste- hen, wie sie ganz aus Guineen bestehen konnte: die Bank- noten werden in der saͤchlichen Hemisphaͤre alle saͤchlichen Eigenschaften des Goldes zu repraͤsentiren im Stande seyn, und bloß durch die Stelle dazu genoͤthigt werden, eben so, wie die Guineen in der persoͤnlichen Hemisphaͤre, in der Hemisphaͤre des Credits alle persoͤnlichen Eigenschaften, und die ganze Elasticitaͤt, die man fruͤher nur den Banknoten zu- getraut hat, annehmen. Ja, wenn man in Anschlag bringt, daß das Gold unter allen Verhaͤltnissen viel leichter wieder zu gewinnen ist, als ein hundertjaͤhriger Credit, und daß auch die Materie des Goldes, wenn sie einmahl verloren, nicht immer mit bloßer Privatkraft wieder zu ersetzen ist, so muͤßte man, wenn fuͤr die Haushaltung von Großbrittanien uͤberhaupt eine Gefahr waͤre, eine viel groͤßere Gefahr darin finden, wenn die Bank von England , auch ohne Bankerout, durch freyes Ein- ziehen ihrer Noten einginge, und die Axe der Oekonomie nunmehr bloß aus Guineen bestaͤnde, als da, wie es jetzt der Fall ist, das Gold, das eben so leicht wiederkehrt, als ver- schwindet, sich entfernte, und Banknoten alle Creditgeld- und Metallgeldfunctionen zugleich verrichteten. In der gegenwaͤrtigen Lage der Sache verrichten also die Banknoten zwey Functionen, die Personalisirung alles Credits als Banknoten, und die Realisirung aller saͤchlichen Werthe als Repraͤsentanten des Goldes, als currency: als Banknoten kehren sie zu einem gewissen Termin, also periodisch zur Bank zuruͤck, als vollguͤltige Repraͤsentanten des Goldes haben sie die entschiedene Neigung in der Circulation zu verbleiben. Die unbedeutende Totalsumme von ungefaͤhr 24 Millionen Pfund Sterling, hat im Jahre 1811 fuͤr beyde Functionen hingereicht — welche im Verhaͤltniß zu der ungeheuren Haus- haltung Großbrittaniens hoͤchst unbedeutende Zahl, nur durch das erstaunliche Gleichgewicht der inneren Thaͤtigkeit zu erklaͤren ist, welches die Skontrirung und Abrechnung so beguͤnstigt, daß ein großer Theil aller oͤkonomischen Geschaͤfte von Großbrittanien unmittelbar und ohne Dazwi- schenkunft irgend eines Geldzeichens, und ohne direkte Ver- mittelung des Centralcredits der Bank abgemacht werden kann. Die beyden Functionen der Banknoten reagiren also voll- staͤndig auf einander, was am besten in die Augen faͤllt, wenn man sie mit der einfoͤrmigen Function eines gezwungenen Papiergeldes vergleicht. Waͤhrend naͤhmlich die Banknoten unaufhoͤrlich vom Centrum ausstroͤmen, und ganz in demsel- ben Verhaͤltniß zu dem Centrum zuruͤck stroͤmen, stroͤmt das Papiergeld bloß vom Mittelpuncte aus, und haͤuft sich in der Peripherie. Auch in dem gegenwaͤrtigen Zustande der Bank, wo die Metall-Realisation nicht Statt findet, koͤnnte man behaupten, daß der in der Verfassung der Bank begruͤndete Prozeß des regelmaͤßigen Zuruͤckstroͤmens aller Noten, einer bestaͤndigen Realisation gleich zu achten sey, wenigstens in so weit die Noten die Functionen des Creditgeldes ver- richten. — In der andern Hemisphaͤre zeigt sich nun das Beduͤrfniß nach Metallgelde, und in Ermanglung desselben nach Bank- noten, als Repraͤsentanten des Sachgeldes: da aber die Bank bey ihrem alten Creditsysteme verharrt, und keine Noten fuͤr das bloße Beduͤrfniß der Circulation ausgibt, so muß sich die saͤchliche Hemisphaͤre mit dem gesetzlichen Zeitraum begnuͤ- gen, welcher der Banknote zu ihrer Circulation vergoͤnnt wird. Nun freylich diskontirt die Bank nicht ruckweise, in gewissen Terminen, so daß etwa zu einer gesetzlichen Zeit all ihr Papier ausgegeben wuͤrde, und zu einer andern wieder zuruͤck kehren muͤßte, sondern von einem Tage zum andern; indeß wird die einzelne Note uͤberall von zweyerley entgegen- gesetzten Kraͤften regiert, die eine, welche nach der Bank zu- ruͤckstrebt, die andere, welche abwaͤrts von der Bank nach der Circulation hinstrebt: beyde Kraͤfte capituliren mit einander und reguliren sich unter einander. Alles wahre Circulations- beduͤrfniß wird sich leicht in ein Creditbeduͤrfniß verwan- deln, und von der Bank Noten extrahiren koͤnnen: aller wahre Ueberfluß der Circulation wird sich in ein Debet an die Bank verwandeln, und sich dergestalt selbst vernichten koͤnnen. Kurz die Banknoten, in wie großen Massen sie auch exi- stirten, zerfallen in zweyerley Papier, das sich unter einander vollstaͤndig beschraͤnkt und balancirt; je nachdem dieselbe Bank- note aus der einen Hemisphaͤre in die andere hinuͤber spielt, wird sie wechselsweis bloß durch die Stelle etwas durchaus Entgegengesetztes: als Repraͤsentant des Metallgeldes reagirt und protestirt sie gegen sich in ihrer fruͤheren Qualitaͤt als Banknote und umgekehrt. Nur in so fern, als die Banknote die ihrer Natur als Creditgeld vollstaͤndig entgegen gesetzte Natur des Metallgeldes unparteyisch anzunehmen weiß, ist sie mehr als Surrogat, ist sie Repraͤsentant des Metallgeldes. Ihre Summe ist, so lange auf die inneren Verhaͤltnisse allein Ruͤcksicht genommen wird, immer die moͤglichst geringe, ein Exceß ist nicht moͤglich, also eine Theurung der Lebensbeduͤrf- nisse kann durch sie nicht veranlaßt werden: wird der Credit der Bank selbst, oder ihrer Schuldner nicht depreciirt, so ist keine anderweite Depreciation gedenkbar, und dann errichtet und verwaltet und behauptet die Bank den Werthmaaßstab des Reichs. Man hat in neueren Zeiten, unter mancherley dreisten und unbestimmten Grundsaͤtzen uͤber die Behandlung des Papiergeldes auch den Satz aufgestellt, daß es auf die Anzahl der Geldzeichen uͤberhaupt nicht ankomme, daß tausend Mil- lionen dieselben Functionen verrichteten als hundert Millionen, und daß der ganze Unterschied sich am Ende nur auf einen groͤßeren oder geringeren Aufwand von Muͤhe im Zaͤhlen, Transportiren und Berechnen der Summen reducire. Ich will hier nicht betrachten, was der Uebergang von den kleinen Zahlen auf die großen Zahlen in der Berechnung, auf die Gemuͤther der Voͤlker fuͤr einen Einfluß habe, und wie viel darauf ankomme, sich auch in den Zahlen selbst im Gleich- gewichte mit den Nachbarstaaten zu erhalten. Ich will nur das Unbestimmte jenes Grundsatzes zeigen. Einsichtsvolle praktische Staatswirthe haben die Bedin- gung hinzugefuͤgt: die Anzahl sey gleichguͤltig, in wie fern sie sich nur nicht vermehre oder vermindere, und in wie fern sich nur der Werth des einzelnen unter diesen Geldzeichen dauerhaft fixire. Ich druͤcke ihn folgender Gestalt aus: die Anzahl ist gleichguͤltig, und es laͤßt sich aus der bloßen Zahl, wie groß oder wie gering sie sey, weder auf einen Exceß noch auf einen Mangel der Circulation schließen, vorausgesetzt, daß die inneren oͤkonomischen Verhaͤltnisse, alle verschiedenen Richtungen der oͤkonomischen Functionen, im Gleichgewichte sind; vorausgesetzt, daß alle diese Verhaͤltnisse nach dem Schema der Kugel, das, wie ich gezeigt, auf die oͤkonomi- sche Verfassung von Großbrittanien sehr wohl anzuwenden ist, gerecht, fest, harmonisch und unendlich auf einander reagiren. Ich sage nicht: vorausgesetzt, daß diese Geldzeichen gleichfoͤrmig unter alle oͤkonomische Functionen vertheilt sind, obgleich dieser Ausdruck dasselbe sagt, so bald eine gewisse in- nere Nothwendigkeit da ist, daß die Gleichfoͤrmigkeit der Ver- theilung dauerhaft sey. Die Anzahl der Geldzeichen ist gleich- guͤltig, wenn die Stelle, die Hand, in der sich das Geld- zeichen befindet, solche Gewalt uͤber dasselbe hat, daß, wie die eine Hemisphaͤre des Staats gegen die andere, und jede oͤkonomische Function gegen eine entgegen gesetzte reagirt, so auch die eine Haͤlfte der Geldzeichen gegen die andere vollstaͤn- dig reagirt. Dieß kann nur der Fall seyn, wenn der Staat uͤbrigens ein gruͤndliches Gleichgewicht seiner Oekonomie schon erlangt hat; die Circulation setzt ein vollstaͤndiges und gerechtes System von Circulationscanaͤlen voraus. Die Anzahl ist nicht gleichguͤltig, so bald der Doppel- charakter, die Doppelfunction desselben Geldzeichens mangelt, die ich in den Noten der Bank von England nachgewiesen habe. Die gesammten Geldzeichen muͤssen durch die Einrich- tung der Nationalwirthschaft gezwungen seyn, sich unter ein- ander in so vollstaͤndige Opposition zu setzen, daß sie ein- ander arithmetisch aufheben, und das arithmethische Resul- tat = o geben. Fuͤhren die Geldzeichen nicht unter einander diesen unend- lichen Krieg, den die Natur dadurch angedeutet hat, daß sie jedem Staate, urspruͤnglich zwey entgegen gesetzte Geldfor- men, das Metallgeld und das Creditgeld gegeben, so entstehen jene Haͤufungen des Bluts an einzelnen Theilen des Koͤrpers, die von den schrecklichsten Folgen sind: nun wird die Zahl fuͤr den Staatsmann sehr wichtig, nun erst wird die arithmeti- sche Verminderung, der Aderlaß nothwendig, der aber so lange eine bloße Palliative bleibt als der Organische, der Constitutionsfehler der die einseitige Bluthaͤufung veranlaßt, nicht selbst durch Mittel gehoben wird, die ganz außerhalb dem Gebiete der Zahl und der Berechnung liegen. Ist hingegen die gesammte Organisation gesund; ist das System von unendlichen Oppositionen, welches wir am Staatskoͤrper sowohl als am menschlichen Koͤrper Organisa- tion nennen, im Gleichgewicht; sind, wie ich mich ausdruͤcke, die geometrischen Verhaͤltnisse der Oekonomie in gehoͤriger sphaͤrischer Ordnung, dann kommt die Groͤße gar nicht in Betracht: wohl bemerkt, in wie fern bloß von dem Innern des menschlichen Koͤrpers oder des Staatskoͤrpers die Rede ist. Wie groß die Kraft auch im Ganzen sey, so muß doch jede einzelne Function der besonderen Kraft in dem gerechten Verhaͤltniß zum Ganzen stehen, also genuͤgend groß seyn. Die Anzahl der Geldzeichen ist dann immer ein sicherer Werthmaaßstab; vorausgesetzt, daß das einzelne Geld- zeichen nur sich selbst gleich sey, oder der in dem Werth- maaßstab enthaltene oͤkonomische Groͤßenmaaßstab zuverlaͤ- ßig sey. Nun aber ist weder der menschliche Koͤrper, noch der Staatskoͤrper zu isoliren, oder auf sich selbst zu beschraͤnken: der Staatskoͤrper erlangt nur vermittelst unendlicher Beruͤh- rungen mit der Außenwelt, mit allen anderen Staaten die oben beschriebene Fuͤlle der inneren Organisation, und behaup- tet sich in dieser Fuͤlle nur vermittelst jener Beruͤhrungen. Gesetzt auch, die Natur haͤtte den Staat mit diesem Gleich- gewichte der Kraͤfte urspruͤnglich erschaffen, wie den einzelnen Menschen — und daß dieses wirklich der Fall ist, habe ich gezeigt — so helfen die Kraͤfte, und dieses Gleichgewicht der Kraͤfte nichts, wenn sie nicht zum Bewußtseyn ihres Traͤgers kommen, dadurch, daß er sie fuͤhlen lernt, daß er sie aner- kennt, das heißt: zum Gesetz, zum Staatsgesetze erhebt; und wie moͤchte er sie fuͤhlen lernen, außer in der Beruͤhrung, wie moͤchte er sie erkennen lernen, außer in dem Spiegel an- derer Staaten? Dasselbige Oppositionsverhaͤltniß demnach, welches wir im Innern des Staates bemerkt und beschrieben haben, muß sich also auch wieder in allen seinen aͤußeren Verhaͤltnissen einstellen. Oekonomisch ausgedruͤckt: alle oͤkonomischen Func- tionen des Weltverkehrs muͤssen denselbigen Oppositions- charakter annehmen, der die innere Haushaltung des Staates angeordnet, systematisirt hat; und wie im einzelnen Staate die Groͤßen der einzelnen Kraͤfte so lange sehr wichtig bleiben, als der Staat sich noch zu dem Gleichgewichte der inneren Kraͤfte aus dem Chaos empor arbeitet, und selbiges noch nicht erreicht hat, wie da nur vermittelst der Groͤßen die Gerechtig- keit der geometrischen Verhaͤltnisse, vermittelst der Ausglei- chung der Radien die Kugel zu erreichen ist, — so bleibt im aͤußeren Staatenverkehr die Gesammtgroͤße der oͤkonomischen Macht des einzelnen Staates, das heißt: die Groͤße seines Werthmaaßstabes von erheblichster Bedeutung, bevor der Staa- tenbund selbst errichtet und sphaͤrisch vollendet ist. Da dieses aber eine unendliche Aufgabe ist, so wird die Groͤße des Werth- maaßstabes eines besonderen Staates, und mit ihr aller an- dern Groͤßen im Umfange des besondern Staates nie gleichguͤl- tig seyn. Das unendliche Beduͤrfniß der Vereinigung beherrscht die großen Verhaͤltnisse unter den Staaten eben sowohl, als alle kleineren Verhaͤltnisse innerhalb des einzelnen Staates: es zeigt sich dort in der Welthaushaltung dasselbe nur in unendlicher Opposition zu befriedigende Streben nach einem Mittelpuncte, oder, wie wir dieses Streben in der Beschreibung der Staats- haushaltung genannt haben, nach dem eigentlichen Gelde. Das Weltgeld nun, so gut als das Nationalgeld, zerfaͤllt wieder- um in zwey einander ewig bedingende Geldformen, in Credit- geld und Sach- (oder Metall-) Geld. Die Hauptschwierigkeit, welche die bisherigen staatswirth- schaftlichen Theorien in den Materien des Wechselcurses und des Weltwerthstandard, der sich in dem Curse und in den Gold- und Silberpreisen offenbaren sollte, fanden — lag vornaͤhmlich darin, daß man uͤberhaupt nur von Einer Form des Weltgeldes naͤhmlich der saͤchlichen, der metallischen wissen wollte; ich habe das Pari des Wechselcurses selten anders definiren hoͤren, als daß es die Aequivalenz des Gold- und Silbergehaltes und Gewichts in den metallischen Circulationen zweyer ver- schiedener Laͤnder sey; und doch haͤtte das Gewicht, welches in Welthandel auf die gemuͤnzten Metalle im Verhaͤltniß zu den Barren gelegt wird, schon darauf hindeuten sollen, daß die Creditverhaͤltnisse — man versteht mich, wenn ich sage die persoͤnlichen Verhaͤltnisse — der Staaten unter einander auf die Festsetzung dieses Pari eben so gut Einfluß haben, als die saͤchlichen metallischen. In jeder Periode des Welthandels pflegt sich in dem Mit- telpuncte der diesen Handel dirigirenden Staaten, und zwar geographisch in ihrer Mitte, eine Handelsstadt, eine Bank zu erheben, auf welche die gesammten Geldverhaͤltnisse der umlie- genden Staaten vorzugsweise bezogen werden. In fruͤheren Zeiten waren Venedig und Genua solche Schwerpuncte des Voͤlkerverkehrs; in den beyden letzten Jahrhunderten waren die Niederlaͤndischen und Deutschen Kuͤsten der Nordsee , und zumahl Amsterdam und Hamburg die dazu besonders geeigne- ten Stellen von Europa : auch Augsburg hatte vermoͤge seiner geographischen Lage einen aͤhnlichen Beruf. In den neuesten Zeiten hat Hamburg diese große Bestimmung zum Vortheil aller Nationen in bis daher unbekannter Vollkommenheit er- fuͤllt. Offenbar aber zerfiel das Geschaͤft von Hamburg in zwey durchaus verschiedene Functionen; einerseits vermittelte es den Credit, andererseits den Metallgeldverkehr der umlie- genden Staaten. Die Wichtigkeit sowohl des Hamburger Wechsels, als des noch besonders zu unterscheidenden Bank- geldes von Hamburg fuͤr alle Nordischen, ja fuͤr alle Han- delsstaaten, Großbrittanien nicht ausgenommen, ist allge- mein anerkannt und empfundem worden; und der gewaltige Einfluß der bloßen centralen Lage Hamburgs , ohne alle Be- gleitung von aͤußerer politischen Massenkraft, ist der beste Beweis fuͤr das Daseyn jenes centripetalen Strebens in allen staatswirthschaftlichen Angelegenheiten, dessen gruͤndliche Be- trachtung von der Wissenschaft allzu lange versaͤumt worden ist. — Man kann sagen, daß, wenn es auch keine Sonne gaͤbe, so muͤsse sich bloß durch die Beziehungen der Planeten unter einander, da, wo jetzt die Sonne ist, ein centraler Weltkoͤrper bilden. Eben so mußte aus den Verhaͤltnissen Englands , Frankreichs , Rußlands , Deutschlands ꝛc. die commerzielle Macht Hamburgs hervor gehen. Nichts aber kann der, unserer gegenwaͤrtigen Darstellung zum Grunde gelegten Lehre von den Wechsel- oder Geschlechts- verhaͤltnissen aller politischen Kraͤfte guͤnstiger seyn, als der Umstand, daß in dem neueren Europa solche Centralpuncte des Gesammtverkehres, wenn man auf politische und mili- taͤrische Massenkraft sieht, in einer gewissen aͤußeren Ohn- macht und Huͤlflosigkeit erschienen. Alle diese großmaͤchtigen politischen Weltkoͤrper bewegen sich um ein anscheinend schwaches, um ein gleichsam weibliches, welches bloß durch seine Art, durch sein Geschlecht, durch seine Stellung, durch sein Verhaͤltniß und nicht durch seine Groͤße, die Wirksamkeit aller jener gewaltigen Maͤchte empfindlich beschraͤnkt. Wie viel hat die Hamburger Courszahl ausgerichtet, welche Un- ternehmungen gehemmt, wie oft ist sie Richtschnur der ge- sammten Finanzadministration maͤchtiger Staaten gewesen? und doch deutet diese Zahl keineswegs große Waarenmassen, sondern nur Verhaͤltnisse an. Es ist dieses eine Erfahrung, die man im Kleinen auf der Boͤrse jedes Landes macht: die Zahl, welche der Courstag ergibt, leitet gleichfalls ihren ge- bietherischen Einfluß keineswegs von der Masse der Geschaͤfte her; vielmehr einige wenige Geschaͤfte koͤnnen bloß dadurch, daß sie an dieser Centralstelle allen Verkehrs gemacht werden, das Schicksal der gesammten Finanzen und unzaͤhliger anderer viel groͤßeren Geschaͤfte, bloß deßhalb, weil diese Letzteren nicht im Mittelpuncte gemacht werden, bestimmen. Dieses große, und in so vielen Faͤllen furchtbare Geheim- niß des Centrums der Staatswirthschaft, hat schon manchen Staatswirth, der mit den gewoͤhnlichen oͤkonomischen Massen wohl zu handthieren wußte, zur Verzweiflung gebracht. Mit keinem Vorrathe von Produkten, von edeln Metallen, oder andern beruͤhmten Werthen ist dagegen etwas Gruͤndliches auszurichten. Das ganze Geheimniß aber liegt nur darin, daß man auf die unsichtbaren Beduͤrfnisse und Guͤter des Menschen keine Ruͤcksicht nimmt. Man ahndet wohl eine Ge- walt der oͤffentlichen Meinung, aber man sieht nicht die in dieser so genannten Meinung eingewickelte große Gewißheit und Unwidersprechlichkeit des accumulirten Credits, hoͤrt nicht das in diesem scheinbar oberflaͤchlichen zusammen geschwatzten Wesen verborgene unwiderlegliche Orakel. So, im Mittel- puncte aller Europaͤischen Macht, „ein Knecht der Knechte” stand einst die geistliche Herrschaft, und aller irrdische Credit, durch natuͤrliche Verwandtschaft, gruppirte sich darum her: und die geistliche Herrschaft mußte es empfinden, als der mer- kantilische Credit sich von ihr losriß, und sein Centrum von den Kuͤsten des Mittellaͤndischen Meeres an die Kuͤsten der Nordsee hinuͤber getragen wurde. Hier, in seinem neuen Wohnsitz mußte der irrdische Credit nothwendig ein religioͤses Centrum zu errichten streben: von dem Gelingen dieses Stre- bens hing seine eigene Dauer ab, und jetzt wissen wir, daß es nicht gelungen ist. Diese Verwandtschaft, oder ohne Umstaͤnde, diese Unzer- trennlichkeit, diese Identitaͤt des goͤttlichen und irrdischen Cre- dits, welche sehr wohl empfunden wurde damahls, als noch Markt und Kirche die Menschen gleichzeitig, und wie zu einem und demselben Zwecke zu versammeln pflegte, gilt ge- genwaͤrtig fuͤr eine mystische Paradoxie einzelner Schwaͤrmer: daher die unendliche Reihe von Absurditaͤten, die uͤber Voͤl- kerrecht, Weltmarkt und Welthandel in dem letzt verflossenen merkantilischen und cosmopolitischen Jahrhundert vorgetragen worden sind; und so kann man sagen, daß die Welt aus Furcht vor dem Dunkel und dem Geheimniß — in das aller- dickste Dunkel verfallen ist. Wohlan also: Im Verkehr der Voͤlker gilt es, eben so wie im inneren Staatsverkehr, die goͤttlichen Beduͤrfnisse um nichts weniger als die irrdischen: sie streben nach einem Mit- telpuncte, in welchem alle unsichtbare sowohl als sichtbare, alle persoͤnliche sowohl als alle saͤchliche Kraft zusammen tref- fen muß, und den wir eben sowohl Weltcredit, als vollstaͤn- dig Deutsch, Weltglaube nennen koͤnnen. Die hoͤchste saͤchliche Kraft, naͤhmlich die des edeln Metalls, und die hoͤchste per- soͤnliche, naͤhmlich die des Wortes, welche beyde durch ihre Wechselwirkung der gesammten inneren Staatsorganisation Gesetz und Regel hergeben, treten in der Welthaushaltung noch reiner und noch gebietherischer ans Licht. Da nun die saͤchliche Hemisphaͤre des politischen Lebens in den letztver- flossenen Jahrhunderten allein anerkannt worden ist, und die verkannte persoͤnliche Haͤlfte der Welt ihr Daseyn in diesem Zeitraume nur durch ungeheure Erschuͤtterungen und Stoͤrun- gen jenes mechanischen Wesens zu erkennen geben konnte; so mußten die allein vergoͤtterten Metalle, gegen die keine Huͤlfe war, als in den persoͤnlichen Verhaͤltnissen, und die nur durch die ganz entgegengesetzte Gewalt des Glaubens, den man verschmaͤhte, in ihren Schranken erhalten werden konnten, eine tyrannische Bothmaͤßigkeit auch uͤber alle hoͤheren Inter- essen der Menschheit ausuͤben. Daher die gefuͤrchtete Gewalt eines so unsicheren, schwankenden, launischen Regenten, als des Marktpreises der edeln Metalle uͤber die Circulation, den Handel, den Verkehr, die Finanzen aller Europaͤischen Voͤlker. Theoret. Theil T Der Werthmaaßstab der Welthaushaltung waͤre also im natuͤrlichen Zustande der Dinge eben sowohl, als der nationale Werthmaaßstab aus einem metallischen Elemente, und einem Credit-Elemente zusammen gesetzt: er muͤßte eben sowohl die Richtung aller voͤlkeroͤkonomischen Werthe nach dem Mittel- punct der Welthaushaltung, als die metallische Groͤße dieser Werthe messen. So lange noch Hamburg stand, druͤckte der dort notirte Cours zu allen Haupthandelsplaͤtzen der Welt auch wirklich vielmehr, als das bloße Verhaͤltniß der respectiven metallischen Circulationen zu dem fixirten Bankgelde aus, ob- wohl das hoͤhere Glaubensband der Voͤlker mangelte, und also der Cours und alle uͤbrigen Anzeichen vom Stande des Voͤlkerverkehrs, worauf bloß merkantilische und weltliche Ereignisse influiren konnten, dem Zufalle preis gegeben blieben. Wenn nun im Laufe der letzten zwanzig Jahre eine Euro- paͤische Macht den Schwerpunct des Welthandels, und also des aͤußeren Voͤlkerverkehrs auf ihr Gebiet heruͤber gezogen haͤtte, und diese Macht zugleich in der oben beschriebenen Art ihre Creditverfassung so ausgebildet, ihre Persoͤnlichkeit so erhoben haͤtte, daß ihre Gesetzgebung, ihre Moral eins ge- worden waͤre mit ihrer merkantilischen Verfassung, daß dort dasjenige, was in dem gemeinen Weltverkehr Credit heißt, sich von dem weltumfassenden Wesen, welches in Deutschland Glauben heißt, kaum mehr unterscheiden ließe, so wuͤrde ein Kanon aller Haushaltung, sowohl der Welt- als der Natio- naloͤkonomie vorhanden seyn, und der Welthandel von daher vielmehr sein Gesetz empfangen. Wenn man nun den augen- blicklichen hohen Goldpreis, oder den dermahligen unguͤnstigen Wechselcours fuͤr ein Kennzeichen des Verfalls der Werthe in solchem Lande halten wollte, so wuͤrde man damit nichts anderes behaupten, als daß der unvollstaͤndige Werthmaaß- stab, der bloße Groͤßenmaaßstab des zerrissenen, und seiner religioͤsen Garantie beraubten, also ganz zufaͤlligen Welt- marktes uͤber den Werthmaaßstab einer vollstaͤndigen, durch und durch lebendigen und regelmaͤßigen Haushaltung entschei- den muͤßte, welches unmoͤglich ist. Nach allem diesen ist nunmehr das Wesen des Werthmaaß- stabes klar; nicht gerade klar fuͤr die rohe greifende Hand, aber fuͤr das Gemuͤth des vollstaͤndigen Buͤrgers, Menschen und Staatsmanns. Die erste Frage bey aller Werthbestimmung ist, in welchem Verhaͤltniß stehen Metall- und Creditgeld un- seres Landes, und mit ihnen alle persoͤnlichen und saͤchlichen Verhaͤltnisse: sind diese im Gleichgewichte, im sphaͤrischen Gleichgewichte, dann kann schon keine bedeutende Dispropor- tion der Werthe Statt finden. Nun erst kommt um des aus- waͤrtigen Verkehrs Willen die andere Frage in Anregung: Welches ist die Groͤße der in Metall oder in Credit ausge- druͤckten Einheit, womit die Groͤßen der Werthe gemessen wer- den? und in welcher Menge sind die, solche Einheit aus- druͤckenden Geldzeichen vorhanden? — daß die aus den letzte- ren Fragen sich ergebenden aͤußeren Zahlenverhaͤltnisse, nur fuͤr den einen Werth haben, der sie durch eine lebendige An- schauung vom ganzen Staate, und durch eine bewegliche Ruͤcksicht auf die inneren sphaͤrischen oder geometrischen T 2 Verhaͤltnisse der gesammten Nationalhaushaltung zu ergaͤnzen weiß, glaube ich uͤber allen Zweifel erhoben zu haben. Der ganze vollstaͤndige, von public spirit erfuͤllte, sei- nem Vaterlande hingegebene Mensch, im Gegensatz des egoi- stischen Arbeiters bey Adam Smith , ist also der einzige ge- nuͤgende Maaßstab des Werthes aller Guͤter im Umkreise die- ses Vaterlandes: und wenn die oͤffentliche Meinung, ich moͤchte sagen, das innerste Fleisch der Realitaͤt des politischen Lebens ergriffen hat, wie meiner obigen Beschreibung nach die Banknote das Wesen des Geldes, und wie die Sachen uͤberhaupt von der Persoͤnlichkeit ergriffen werden sollen, dann sind Wechselcours, Marktpreis des Goldes, und alle gemeinen Werthmesser des Marktes ungenuͤgend und unbe- stimmt neben ihr. Die Dauerhaftigkeit und Festigkeit der edeln Metalle ist bloßer Trug und Schein, wenn sie nicht von solcher oͤffent- licher Meinung, oder von solchem Nationalglauben erst recht befestigt und verewigt sind. Ist aber dieses der gluͤckliche Fall, dann ist die momentane Abwesenheit der Materie der edeln Metalle auch nichts weiter als ein Beweis ihrer Entbehr- lichkeit , und dann ist das Problem ihrer Herbeyschaffung fuͤr die augenblickliche Erleichterung auswaͤrtiger Unterneh- mungen, auch nur eine Aufgabe fuͤr die gemeine und mecha- nische Politik. Neuntes Kapitel. Vom Ueberfluß und vom Mangel des Geldes. S eitdem die Europaͤischen Staaten wider ihren Willen mit Papier-Circulationen uͤberschwemmt worden sind, hat man an sehr vielen Stellen die Klage uͤber die unverhaͤltnißmaͤßige Menge an Geldzeichen gehoͤrt, und da dieser Ueberfluß dem gemeinsten Verstande sehr nahe zusammen zu haͤngen schien mit der Depreciation der Geldzeichen, so war es wohl sehr natuͤrlich, daß man alles Heil in die Verminderung derselben gesetzt hat. Wir haben indeß schon in dem vorstehenden Kapi- tel einigen Verdacht gegen alle die Schluͤsse erregt, die man aus der arithmetischen Summe dieser Geldzeichen in einem gegebenen Staate, sehr voreilig zu ziehen fuͤr gut findet. Wir haben ferner bereits fruͤher der sonderbaren Erscheinung er- waͤhnt, die in neueren Zeiten an sehr vielen Orten den Ueber- fluß der Geldzeichen begleitet hat, naͤhmlich des empfind- lichsten Geldmangels , so daß also das auf der einen Seite durch den Ueberfluß depreciirte und ungebuͤhrlich wohl- feil gewordene Geld, auf der anderen Seite wieder theurer war, als je. Es ist dieses eine alte nur etwas vergessene Bemerkung, die sich im gemeinen Leben und bey Erwaͤgung der oͤkonomi- schen Angelegcnheiten des Privatmannes, in manche sehr be- kannte Formeln eingekleidet hat: je mehr der Mensch hat, je mehr will er haben, je mehr braucht er, je mehr fehlt ihm, oder: wer mit kleinen Summen hauszuhalten nicht versteht, der wird es mit großen Summen noch viel weniger vermoͤ- gen; oder, im Gebiet des wissenschaftlichen Lebens: je mehr ich weiß, um so bestimmter erfahre ich, daß ich wenig weiß u. s. f. — Es waͤre also nach dieser sehr natuͤrlichen Analo- gie sehr wahrscheinlich, daß die großen Geldmassen in der Staatshaushaltung nur dazu dienten, die Maͤngel dieser Staatshaushaltung noch viel fuͤhlbarer, und die inneren Miß- verhaͤltnisse augenscheinlicher zu machen. Wenn zum Beyspiel ein Theil der Nation so gestellt waͤre, daß ihm der Erwerb des Geldes besonders leicht, ein anderer Theil wieder, daß ihm dieser Erwerb besonders schwer fiele; wenn der Naͤhrstand auf den besonderen Erwerb gerichtet, also bestaͤndiger Meister des Geldes, der Wehr- und Lehrstand hingegen auf die Sorge des Ganzen gerichtet, und dabey abhaͤngig vom Gelde waͤre, so koͤnnten die vermehrten Massen des Geldes diesen organischen Fehler des Staates nur noch um vieles empfindlicher und gefaͤhrlicher machen. Es wuͤrde also, wie sich auch wirklich zeigt, das widersprechende Ge- schrey uͤber Mangel und Ueberfluß des Geldes zugleich ver- nommen werden; und so koͤnnten wir auch aus eben dieser wi- dersprechen Klage schließen, daß ein organischer Fehler vorhan- den sey, dem durch eine bloße Vermehrung des mangelnden, oder durch eine bloße Verminderung des Ueberfließenden nicht abgeholfen werden koͤnne. Es kann Gefahr beym Verzuge seyn, eine Verminderung, eine Reduction nothwendig, nachdem eine ploͤtzliche und will- kuͤhrliche Vermehrung vorgenommen: aber der wahre Arzt weiß, daß diese Aderlaͤße mit der eigentlichen Cur, welche die innerliche Organisation ergreifen muß, nichts zu thun haben. Wo zu viel Geldzeichen vorhanden sind, da sind auch sicherlich zu gleicher Zeit wieder zu wenig, eben so, wie, wo zu viel Blut auch wieder Mangel des Bluts: das zu Viel und zu Wenig deutet auf Haͤufungen in einzelnen Organen, und auf Stockungen in Andern. Obgleich nun ploͤtzliche und willkuͤhrliche Creationen solcher Geldzeichen, diejenigen Ge- werbe, Staͤnde und Organe, welche mit der Geldwirthschaft unmittelbar zu thun haben, zu uͤberhaͤufen, die andern hin- gegen, welche nur mittelbar auf den Erwerb des Geldes ge- stellt sind, in relativen Mangel zu versetzen streben, und demnach beyderley Organe in ihrer Einseitigkeit und Kraͤnk- lichkeit zu bestaͤrken dienen, so darf man dennoch nie hoffen, durch die bloße Einziehung der Geldzeichen diese organischen Fehler wieder zu heben: das verwoͤhnte und von der Har- monie des Ganzen abtruͤnnige Organ wird sich, so lange der Arzt nicht in die inneren Verhaͤltnisse eingreift, so lange er nicht Art und Richtung dieser schaͤdlichen Function zu verbessern weiß, im Ueberfluß zu erhalten wissen. Gesetzt ein Papier habe fuͤr eine Zeitlang das Metall wirk- lich repraͤsentirt und ergaͤnzt, darauf sey es durch unnatuͤrliche Creationen so vermehrt worden, daß derjenige Theil der Nation, welcher unmittelbar mit dem Gelde hantirt, der dabey alle Vortheile des Augenblicks benutzen kann, der also fuͤr den Wucher, im weitesten Sinne des Worts besonders geeig- net ist, uͤbermaͤßig beguͤnstigt waͤre, waͤhrend der andere Theil der Gesellschaft, der mit dem Grundeigenthum oder mit dem Staate selbst, als Civil- oder Militaͤrbeamter, wirth- schaftet, alle diese Vortheile entbehren muß; gesetzt in Folge dieser unnatuͤrlichen Beguͤnstigung habe also das Geld ein- mahl eine bestimmte Richtung nach der Seite des Wuchers hin erhalten, so moͤgen wir die Masse des Papiers vermin- dern wie wir wollen, das beguͤnstigte Organ oder der Wucher wird das Vacuum unmittelbar zu erfuͤllen wissen; denn wir haben dieses Organ nicht bloß mit Blut uͤberfuͤllt, sondern wir haben es auch, da das Geld einmahl in der Wechselwir- kung zwischen dem Einzelnen und dem Ganzen erzeugt wird, zur Bluterzeugung besonders faͤhig gemacht; oder wir moͤgen die Masse des baaren Geldes vermehren, wie wir wollen, so wird es gleichsam magnetisch dorthin gezogen werden, wo einmahl die groͤßte Geldkraft etablirt ist; das Mißverhaͤltniß wird nur groͤßer werden durch alle diese mechanischen Opera- tionen, alle anderen Organe werden mit dem beguͤnstigten Organe nun erst recht in Kriegszustand gerathen: alle ander- weiten Lebenssaͤfte werden relativ mangeln; ein Gefuͤhl der Unzulaͤnglichkeit, des Entbehrens — und was ist die Stei- gerung aller Preise, die Theurung aller Beduͤrfnisse und Lebensmittel in der Staatswirthschaft anders — wird den ganzen Koͤrper ergreifen. Wie nun die Klage uͤber die unverhaͤltnißmaͤßige Menge der Geldzeichen immer andeutet, daß auch wieder ein Man- gel an diesen Geldzeichen Statt findet, was sich schon in dem hohen Diskont der Wechsel aͤußert, welcher jenen Ueberfluß allezeit zu begleiten pflegt — so ist andererseits die Klage uͤber die unverhaͤltnißmaͤßige Theurung der Produkte und Lebens- beduͤrfnisse, ein Zeichen des relativen Ueberflusses derselben: waͤren Geld und Produkte gleichfoͤrmig und verhaͤltnißmaͤßig vertheilt nach Maaßgabe des Beduͤrfnisses, so wuͤrden beyder- ley Klagen nicht Statt finden: die verhaͤltnißmaͤßige Ver- theilung aber kann nur dauerhaft Statt finden, in wie fern alle Kraͤfte, die arbeitenden wie die beduͤrfenden sphaͤrisch und harmonisch geordnet sind, das heißt: in wie fern alles Einzelne in gerechter Beziehung auf das Ganze oder auf den Mittelpunct steht. Wenn nun ein und derselbige Staatsbuͤrger mit einem Athemzuge klagt: 1) uͤber den Ueberfluß des Geldes, 2) uͤber den Geldmangel, 3) uͤber die Theurung der Produkte, 4) uͤber den Vorrath der Produkte und die Ueberfuͤllung des Marktes mit Waaren — so leuchtet ein, daß in den Groͤßen, in den Summen und Massen an sich der Fehler nicht liegen koͤnne, daß es einen tieferen Grund des Uebels geben, daß nicht in den Sachen sondern in den Personen, nicht in der circulirenden Materie der Waaren oder des Geldes, sondern in dem Organismus des Traͤgers dieser Materie, dem Grunde der ungluͤcklichen Erscheinung nachgespuͤrt werden muͤsse. So lange man ausschließend das arithmetische Verhaͤltniß der Waaren und Geldzeichen ins Auge faßt, und die Persoͤnlichkeit derer, die sich zwischen diesen Verhaͤltnissen mit Leichtigkeit bewegen sollen, derer, um derentwillen diese Verhaͤltnisse uͤberhaupt angeordnet werden sollen, das heißt: derer, welche die oben bezeichneten vier widersprechenden Klagen fuͤhren, vernachlaͤßigt, so lange ist an keine Huͤlfe zu denken. Was ist aber die Persoͤnlichkeit dieser Traͤger der saͤch- lichen Verhaͤltnisse? was ist das eigentlich Persoͤnliche und Wirkliche in aller Person? — Nichts anders als die Bezie- hung dieser Persoͤnlichkeit auf die Person Insonderheit , das heißt: auf den Staat. Neben den Sachen auf die Per- soͤnlichkeit Ruͤcksicht nehmen, heißt also, neben den Einzeln- heiten der Dinge, die sich Addiren, Subtrahiren, Summen- weis, Massenweis anschauen lassen, auf die Verhaͤltnisse, auf die geometrischen sphaͤrischen Verhaͤltnisse zum Ganzen, auf die Lebensrichtungen aller dieser Dinge nach dem Mittel- puncte des Lebens hin Ruͤcksicht nehmen; und dieses ist die große und doch so natuͤrliche Kunst, welche unsere Theorie nicht minder als unsere Praxis verlernt hat. Es ist die verderbliche Formel des absoluten Privat- eigenthums und Privatlebens , oder der Vereinze- lung und der Versaͤchlichung aller Dinge, aller Verhaͤlt- nisse, welche unserer Rettung zunaͤchst und an allen Stellen im Wege steht. Wir haben oben in der Darstellung der Credit-Circulation von Großbrittanien darauf aufmerksam gemacht, daß die Banknoten in ihrer Function als Creditgeld vollstaͤndig rea- giren gegen die andere Function, welche sie als Repraͤsentanten des Metallgeldes verrichten. Dieß ist in jeder natuͤrlichen und geordneten Circulation der Fall: auch abgesehen von dem Vorrathe der Waaren, setzt sich im gesunden Zustande der Haushaltung das Geld in sich selbst, bloß durch das Gleich- gewicht der beyden Functionen die es verrichtet, oder der bey- den Formen, unter denen es uͤberall, wie ich erwiesen, noth- wendig erscheint, ins Gleichgewicht: als Creditgeld stellt es eine Kraft dar, welche der andern Kraft, die es als Metall- geld darstellt, vollstaͤndig widerstrebt. Alle gedenkbaren Geldgeschaͤfte reduciren sich auf die zwey Hauptformen: die erste, da es fuͤr eine Sache hingegeben wird, die andere, da man eine persoͤnliche Verpflichtung da- fuͤr empfaͤngt; die erste nennen wir die saͤchliche, die zweyte die Credit-Function des Geldes. Da nun das Geld selbst in einer von den beyden Formen erscheinen muß, naͤhmlich als Sachgeld, oder als Creditgeld, so entstehen vier Hauptclas- sen der Geldgeschaͤfte, 1. der gemeine Kauf, daß Sachgeld fuͤr eine Sache hingegeben wird, 2. der Kauf mit Credit, da Creditgeld fuͤr Sachen hingegeben wird, 3. die gemeine An- leihe und dergleichen, da Sachgeld fuͤr eine persoͤnliche Ver- pflichtung hingegeben wird, 4. die Anleihe und dergleichen mit Credit, da Creditgeld fuͤr eine persoͤnliche Verpflichtung hingegeben wird, zu welcher letzteren Gattung eigentlich das ganze Geschaͤft der Bank von England gehoͤrt. In den bisherigen staatswirthschaftlichen Theorien wird entweder das gesammte Schuldenwesen oder Creditgeschaͤft, als eine Anomalie von dem ordentlichen Gange der Oekonomie betrachtet, und vielmehr als nothwendiges Uebel, denn als wesentliches Glied aller Haushaltung behandelt, oder man statuirt doch nur solche persoͤnliche Verpflichtungen, die auf bestimmte Sachen, Unterpfaͤnder, Hypotheken u. s. f. basirt sind. Da nun der ganze Gesichtspunct dieser Theorie von dem Begriffe des absoluten Privateigenthums verruͤckt ist; da die Theorie des Geldes so wenig verstanden wird, daß man eigent- lich nur mit dem sogenannten innerlichen Werth ( intrinsical value ) des Geldes, mit dem Werth des Geldes als Waare, als Privat-Aequivalent zu thun hat; da man nicht einsteht, daß das Streben nach dem Gelde nichts anderes ist, als das Streben, sein Privateigenthum zum Staatseigenthum zu er- heben, oder durch die ganze buͤrgerliche Gesellschaft und ihre vereinigte Kraft zu garantiren — so stellt man die erste unter den hergezaͤhlten Classen der Geldgeschaͤfte als die Regel auf, und alle anderen im Grunde nur als Anomalien von dem gemeinen Kauf, und dreht sich mit diesem ganzen vorgeblichen Systeme um die Theorie des Preises und des Marktes. Darin aber lag auch die große Schwierigkeit, welche man bis jetzt uͤberall in Erklaͤrung des Geldumlaufes gefunden hat, daß man naͤhmlich den sichtbaren Theil der Circulation ohne den unsichtbaren, den saͤchlichen Theil ohne den persoͤnlichen, das handgreifliche Geld ohne das Creditgeld, in dem System seiner Bewegung anschaulich machen wollte: man begann diese allerdings verwickelte Untersuchung mit demselben Vor- urtheil, wie alle staatswirthschaftlichen Untersuchungen uͤber- haupt; naͤhmlich damit, daß der gemeine Kauf fuͤr baares Geld die Regel unter den Geldgeschaͤften, dagegen alle andere Form und Anwendung des Geldes nur Ausnahme sey. Denken wir uns das Verhaͤltniß des Menschen zur buͤrger- lichen Gesellschaft uͤberhaupt, wie des Kaufmanns zu der Gesammtheit seiner Handelsfreunde, und lassen wir den Nebenmenschen, wie den einzelnen Correspondenten des Kauf- manns, einstweilen aus der Betrachtung; nennen wir den gesammten Besitz, und die Arbeit des Menschen sein Credit, und alles was er damit zu erreichen denkt, was er von der buͤrgerlichen Gesellschaft gewinnen will, sein Debet : was er begehrt und bedarf, kann nur die Gesellschaft gewaͤhren, es ist also ihr Credit, wie andererseits, was er besitzt und ver- mag, und womit er wieder seines Orts die Gesellschaft un- terstuͤtzt, ihr Debet ist. Der Staat selbst ist die große Balanz des gesammten Credit und Debet ; er ist zugleich das große Ausgleichende und Balanzirende in diesem Ver- haͤltnisse, und uͤbertraͤgt bey weiterer Entwickelung einen Theil dieser erhabenen Function dem Metallgelde. So lang nun der Markt noch ohne Metallgeld bestand, fiel es ganz deutlich in die Augen, daß diese Ausgleichung nicht in jedem Moment vollstaͤndig abgeschlossen werden konnte: in unzaͤhligen einzel- nen Faͤllen wurden Aequivalente gegen einander ausgetauscht oder balancirt, aber in eben so vielen andern Faͤllen verblieb es auf beyden Seiten bey einem Credit . Wenn nun das Metallgeld eingefuͤhrt ist, so aͤndert sich im Wesen des großen Geschaͤftes nichts, nur daß das Resultat der einzelnen Aus- gleichung noch bestimmter in die Augen faͤllt: das Metallgeld, welches der Einzelne empfangen hat, und das Credit, welches ihm verbleibt, sind nunmehr bey der Abrechnung deutlicher zu unterscheiden. Da er nun aber kein Bedenken tragen wird, bey einem Ueberschlage seines Vermoͤgens Credit und Casse in eine Rub- rik zu setzen, und aus der Summe beyder seinen Activstand zu beurtheilen; da also dieses Credit nothwendig und an allen Stellen das Metallgeld begleitet, so ist es klar, daß eine genuͤgende Theorie der Circulation so lange unmoͤglich ist, als das Metallgeld außer Begleitung und Wechselwirkung des Credits gedacht wird; ferner, daß Metallgeld durch die saͤchlichen Verhaͤltnisse, die einer Auseinandersetzung faͤhig sind, die centrisugale Kraft der Haushaltung repraͤsentirt, waͤhrend andererseits das Creditgeld in allen seinen Formen, da es die gesammten neuangeknuͤpften und unabgemachten persoͤnlichen Verbindungen darstellt, als centripetale Kraft dem Metallgelde entgegen wirkt; daß also endlich das Credit- geld, in wie fern es nur seinen persoͤnlichen Charakter be- hauptet, und nicht als ein Surrogat des Metallgeldes be- handelt wird, nothwendig mit dem Sachgelde im Gleich- gewichte stehen muͤsse. Im Großen und auf die Dauer werden sich allenthalben die Auseinandersetzungsfaͤhigkeit der Menschen, und ihre Verknuͤpfungsfaͤhigkeit unter ein- ander bedingen; jemehr die Gesellschaft sich saͤchlich aus- einander zu setzen vermoͤgen wird, um so innigere per- soͤnliche Verbindungen wird sie eingehen koͤnnen, um so ge- wisser wird das Geld im zweyten Falle gerade um so viel in den Mittelpunct der Gesellschaft zuruͤck streben, als es im ersteren Falle aus der Gesellschaft heraus zu treten, aufgespeichert zu werden, Sache, Waare zu werden streben wird. Wenn eine Regierung die Masse der umlaufenden Geld- zeichen ploͤtzlich, willkuͤhrlich und bedeutend vermehrt, so wird nicht bloß die Auseinandersetzungsfaͤhigkeit der einzelnen Haus- haltungen erhoͤht, sondern es entstehen ganz in demselben Verhaͤltnisse auch neue Verknuͤpfungen und Verpflichtungen unter diesen Haushaltungen; mit andern Worten, die Regie- rung kann das Sachgeld nicht vermehren, ohne das Credit- geld zu vermehren; es reagirt also unmittelbar eine persoͤn- liche Gegenkraft gegen den saͤchlichen Ueberfluß. Weil aber das Sachgeld nur willkuͤhrlich und von einer aͤußern Macht gegeben ist, und nicht im Mittelpuncte der wirklich vorhan- denen saͤchlichen Verhaͤltnisse steht, so erhebt sich von der an- dern Seite ein eben so kuͤnstlicher und scheinbarer Privatcre- dit, der sich im Wucher und in der Agiotage vornehmlich aͤußern wird. Dieses große oͤkonomische Scheinleben wird die ganzen innern Verhaͤltnisse der Haushaltung verderben; die Organisation des Staates selbst wird in Unordnung gebracht werden. Aber nicht die Summe, nicht die Masse der Geldzeichen muß als die Ursache dieser Uebel betrachtet werden, sondern es ist die Willkuͤhr in der Creation der Geldzeichen. Der Staat hat an und fuͤr sich einen ganz unendlichen Credit: wenn die Regierung in gleichem Maaße das innere oͤkonomi- sche Leben zu steigern, die Wechselwirkung aller oͤkonomischen Verhaͤltnisse zu erhoͤhen versteht, so gibt es eigentlich keine Graͤnze fuͤr die Vermehrung der Geldzeichen. Aber indem sie diese ihre saͤchliche Kraft zu realisiren unternimmt, muß sie in demselben Maaße auch ihren Credit, ihre persoͤnliche Kraft zu personalisiren verstehen, das heißt: da der ganze Staat, naͤhmlich Volk und Regierung gemeinschaftlich in ihrer unendlichen Wechselwirkung das Geld machen, so darf die Macht des Privatcredits nicht durch Vermehrung der Geldzeichen erhoͤht werden, ohne daß der oͤffentliche Credit zugleich in demselben Maaße zunaͤhme. Eben so wenig als in der bloßen Fuͤlle der Geldzeichen die Quelle des Uebels gesucht werden darf, eben so wenig darf von der Verminderung derselben das Heil und die Rettung des Ganzen erwartet werden, wenn auch Faͤlle eintreten sollten, wo fuͤr die augenblickliche Erleichterung eine Verminderung rathsam seyn sollte. Sie ist immer nur rathsam, in wie fern sie der Regierung Luft und Raum gibt, mit ganz anderer und tieferer Kunst die Organisation der Haushaltung selbst, und ihre inneren Verhaͤltnisse anzugreifen und wieder herzustellen. Ohne diesen Vorbehalt, und unabhaͤngig von dieser gruͤnd- lichen Cur, wird das Uebel eben durch die Verminderung erst recht unheilbar. Der ganze Koͤrper soll das Blut erzeugen, nicht aber soll ein einzelnes Organ fuͤr diese Bluterzeugung besonders einge- richtet und privilegirt werden. Die Regierung erzeugt also nur Geld, wirkliches Geld, in wie fern sie das Ganze, und alle seine Beduͤrfnisse, nicht aber etwa nur einen einseitigen Geldmangel, oder ein besonderes und augenblickliches Beduͤrf- niß im Auge hat. Es sind aber einzelne Organe des Staats besonders empfaͤnglich fuͤr die Aneignung der Geldzeichen, andern hingegen kommen die Wohlthaten dieser Geldzeichen nur mittelbar zu Gute. Sobald die Regierung also die Geld- zeichen mechanisch vermehrt, ohne in demselben Maaße jene andern Organe, denen die Vortheile der Geldvermehrung nur indirekt zu gute kommen, zu staͤrken, ohne um so kraͤftiger und gerechter das Ganze zu umfassen, so uͤbertraͤgt sie im Grunde nur das Privilegium der Gelderzeugung, das sie im Nahmen des Ganzen ausuͤbt, auf ein einzelnes Organ. Sollte sie nun die Geldzeichen eben so mechanisch vermindern, ohne zugleich eine Radicalcur zu unternehmen; sollte sie also ihr Privilegium der Gelderzeugung nicht bloß aufheben, sondern das bisher erzeugte Geld zuruͤck nehmen, so gibt sie damit nur dem Privatcredit, das heißt, dem verwoͤhnten verderbten Privatcredit, oder dem Wucher die foͤrmliche Befugniß in die Haͤnde, die Luͤcken zu ergaͤnzen, selbst Geldmarken zu machen, und somit seinen verderblichen und vernichtenden Einfluß auf das Ganze nun erst recht zu aͤußern. Ich glaube hinreichend, vielleicht nur mit zu großer Um- staͤndlichkeit erwiesen zu haben, wie sehr die Vernachlaͤßigung der oͤkonomischen Verhaͤltnisse alle staatswirthschaftlichen Gesichtspuncte uͤberhaupt verruͤckt habe, und wie voͤllig unwirk- sam alle calculatorischen Handgriffe an und fuͤr sich bey einem Geschaͤft seyn muͤssen, welches unzaͤhlige Dinge umfaßt, die weder der Zahl noch irgend einer Berechnung zu unterwerfen sind. Der wahre Land- und Hauswirth, und der große Kaufmann haben dieß zu allen Zeiten empfunden und aus- geuͤbt, wenn sie sich davon auch nicht gerade wissenschaftliche Theoret. Theil U Rechenschaft gegeben. Was aber in Privatverhaͤltnissen dem Gefuͤhl uͤberlassen werden darf, muß in Staatsangelegenhei- ten zum Bewußtseyn, zum Gesetz erhoben, und anerkannt werden, weil hier viele sich in Einem Gefuͤhl vereinigen muͤs- sen, welches nur moͤglich ist, in wie fern es wirklich aus- gesprochen wird. In fruͤheren Zeiten ist es wohl von vielen gemeinschaftlich empfunden worden, daß alle Werthe und alle Wirksamkeiten im Staate nur mit Ruͤcksicht auf das Heil des Ganzen, also mit Ruͤcksicht auf ihre Richtung nach dem Mittelpuncte beur- theilt werden koͤnnten. Aber: un peuple, qui a perdu ses moeurs, sagt der Marquis de Bonald , en voulant se donner des loix écrites, s’est imposé la necessité de tout ecrire, et même les moeurs. — Voͤlker, welche das Gefuͤhl des Ganzen und Oeffentlichen verloren haben, in- dem sie roͤmisches Gesetz, roͤmisches Privateigenthum und roͤmischen Egoismus angenommen, koͤnnen bey der Schrift- und Zahlbestimmung ihrer Privatverhaͤltnisse nicht stehen blei- ben. Das Ganze bleibt in seiner tiefsten Verwirrung noch immer maͤchtiger als alle Einzelnen zusammen genommen: was fruͤher mit unsichtbarer Gewalt als Sitte, als Gefuͤhl das Ganze verband, muß nunmehr ausgesprochen, aufge- schrieben werden: reicht die Sprache nicht aus, so muͤssen die Urformen der Dinge selbst, es muß also die Lehre von die- sen Urformen, das heißt: die Geometrie, zu Huͤlfe genommen werden. Es wird uͤberhaupt in allen andern Wissenschaften etwas Aehnliches geschehen muͤssen. Denn, wiewohl die Sprache, in ihrer gerechten und vollkommenen Ausuͤbung, wie man sich aus den Werken der großen Dichter aller Zeiten davon uͤber- zeugen kann, sowohl ein bezeichnendes als ein abbildendes, ein arithmetisches sowohl als ein geometrisches Element ent- haͤlt, so hat doch die Barbarey unsrer sowohl, als aller an- dern Alexandrischen Zeiten, das Wesen der Wissenschaft in eine strenge Aussonderung des bezeichnenden oder arithmeti- schen Elementes der Sprache gesetzt. Dasjenige hoͤchst Wesent- liche, ja Heilige, welches die Poesie durch ihren Rythmus, durch ihre Bilder, und durch den Wechsel ihrer Formen aus- druͤckt, glaubte man in der Wissenschaft nicht bloß entbehren zu koͤnnen, sondern nicht dulden zu duͤrfen. Ja man raͤumte es der Poesie selbst nur als ein aͤußeres Beywesen, als einen unwesentlichen Schmuck, als ein Gewand, als ein Mittel zur Verstaͤrkung und Belebung ihrer Eindruͤcke ein. Wis- senschaft war dasjenige, was ausschließend in Zeichen, in Zahlen, in Chiffern verkehrte: und nach dem Grade des Mangels alles bildenden Vermoͤgens sollte die Strenge, die Exaktheit der Wissenschaft beurtheilt werden. Wenn daher einige wenige groͤßere Seelen fuͤr die Wissenschaft die kuͤnst- lerische Form reklamirt haben, so haben sie damit etwas viel Hoͤheres als die aͤußere Geschliffenheit oder die Eleganz des Gewandes, gemeint. Sie haben das zum Denken so gut als zum Dichten unentbehrliche bildende Vermoͤgen zuruͤck verlangt; und meine Elemente der Mathematik wer- den auf unuͤberwindliche Weise zeigen, daß die Geometrie der eigentliche Buͤrge dieser Vollstaͤndigkeit und Befriedigung der Wissenschaft sey. U 2 Nachdem ich mich, so weit fuͤr jetzt uͤber diese, in eben so tiefer Verderbniß befangene Wissenschaft der Geometrie ein Verstaͤndniß moͤglich war, ihrer bedient, so beschließe ich diesen ersten Abschnitt meiner Arbeit, indem ich diejenige oͤkonomische Verfassung, welche ihren innern Verhaͤltnissen am treuesten geblieben ist, weil sie sich von der Tyranney der Zahlen und der Buchstaben am entferntesten gehalten hat, in einer geometrischen Figur abbilde, die wahrscheinlich nach allem Vorausgeschickten keiner weiteren Erklaͤrung beduͤrfen wird.