Gedichte von Ludewig Heinrich Christoph Hölty. Besorgt durch seine Freunde Friederich Leopold Grafen zu Stolberg und Johann Heinrich Voss. Hamburg, bei Carl Ernst Bohn. 1783. Höltys Leben . L udewig Heinrich Christoph Hölty ward 1748 den 21 December zu Mariensee im Churfürstenthum Hannover geboren, wo sein Vater Philipp Ernst Hölty, ein Sohn Heinrich Wullbrand Höltys, evangelischen Bürgers zu Hildesheim, und Maria Margarethens, ge¬ bornen Hölty, seit 1742 Prediger war. Seine Mutter hiess Elisabeth Juliana Gössel, eine Tochter des Proku¬ rators Gössel in Celle, mit welcher sein Vater, nach dem frühen Tode seiner ersten Frau Catharina Charlotta von Barkhausen, sich 1748 im Februar vermählt hatte. Sie starb 1757, und sein Vater heiratete im folgenden Jahre die dritte Frau, Maria Dorothea Johanna Niemann, welche seit dem Frühlinge 1775 Wittwe ist. Von sei¬ ner leiblichen Mutter leben noch zwei Töchter, und von seiner Stiefmutter vier Söhne und drei Töchter. Hölty war, nach dem Zeugnisse der Wittwe, die ihn von seiner zartesten Jugend an gekannt hat, zur Bewunderung schön, bis in sein neuntes Jahr, da ihn bös¬ bösartige Blattern entstellten. Schon frühe zeigte er eine ausserordentliche Munterkeit und Wissbegierde. Sobald er schreiben konnte, schrieb er auf, was ihm aus Erzäh¬ lungen und Gesprächen merkwürdig schien. Er betrug sich liebreich und gefällig gegen jedweden; und die er für rechtschaffen hielt, vertheidigte er bei aller Gelegen¬ heit, wenn etwas zu ihrem Nachtheile gesagt wurde. Auch war er allgemein beliebt, sowohl wegen seiner schönen Gestalt, als wegen seiner drollichten Einfälle und Anmerkungen. In eben der Woche, da seine Mutter an der Schwindsucht starb, bekam er die bösartigsten Blattern. Der Gram und die Krankheit brachten ihn auf lange Zeit in Gefahr das Gesicht zu verlieren, und raubten ihm seine natürliche Munterkeit. Als er nach zwei Jahren den Gebrauch seiner Augen wieder erlangte, ver¬ doppelte er seinen Eifer und Fleiss im Lernen. Sein Vater, der in Sprachen und Wissenschaften sehr geübt, auch der Dichtkunst nicht abgeneigt, und ein Mitglied der deutschen Gesellschaft in Göttingen war, unterwies ihn, ausser der deutschen, in der lateinischen, französi¬ schen, griechischen und hebräischen Sprache, in der Geografie, Geschichte, und was sonst auf Schulen ge¬ lehrt wird. Sein Fleiss ging so weit, dass er nicht einmal sein Frühstück in Ruhe genoss, dass er sich jedes¬ mal zum Mittags- und Abendessen rufen liess, und des Nachts Nachts heimlich bis drei Uhr aufblieb. Dies leztere ward ihm von seinem Vater untersagt; und die Mutter gab ihm, wenn sie um elf Uhr zu Bette gingen, nur wenig Licht mit auf seine Schlafkammer. Allein wie sorgfältig man auch alles übrige Licht und die Lampen im Hause verschloss; so wusste er sich doch, wie man nachmals erfahren hat, des Tages mit Oel zu versorgen, und höhlte sich Lampen von Rüben aus. Um auch wieder früh zu erwachen, und in den Büchern, die er von allen Enden her zusammenschleppte, lesen zu kön¬ nen, band er sich um den Arm einen Bindfaden, wor¬ an ein Stein befestigt war; diesen legte er auf einen Stuhl vors Bette, damit, wenn er sich gegen Morgen umwendete, der Stein herabfallen, und ihn durch den Ruck am Arm aufwecken möchte. Bei diesem Fleisse ward er weder mürrisch, noch stolz, noch ein Bücherwurm, der, Luft und Sonne scheuend, nur in seinen dumpfigen Schwarten lebt. Heiter, sanft, gefällig und zärtlich, war er die Freude seiner Familie, ehe er noch ihr Stolz ward. Dieser sanfte häusliche Umgang, die heitere Stille des Land¬ lebens, und sein lebendiges Gefühl für jeden Reiz der Natur, sicherten ihn gegen die Erstarrung der Lesesucht. Eigener Geist, eigene rege Empfindung, strebte in seiner Seele empor, und zog Nahrung aus Büchern, wie eine Blume aus eben dem Boden, der ringsumher nur Gras her¬ hervorbringt, ihre schimmernden Farben und ihren Bal¬ sam zieht. Ausser den Schulstunden ging er gern in ein düsteres Gehölz, mit Büchern in der Tasche, las für sich mit lauter und heftiger Stimme, welches noch in Göttingen seine Gewohnheit bei guten Schriften war, und be¬ trachtete die Schönheiten der Natur. Auch sein Hang zum Schauerlichen zeigte sich früh. Er besuchte zu jeder Zeit ohne Furcht den Kirchhof und andre verdächtige Oerter, und machte selbst Erwachsenen das Grauen lächerlich; er verkleidete sich als ein Gespenst, und wankte, bloss zu seinem Vergnügen, ohne die Absicht zu schrecken, des Abends einsam auf den Gräbern um¬ her. In seinem elften Jahre fing er an, Verse auf den Tod eines kleinen Hundes, auf das Abc, und was sonst ihm vorkam, zu machen: womit er aber, wie mit sei¬ nen übrigen Arbeiten und geistlichen Reden, die er vor seinen Geschwistern und Kameraden vom Schemel hielt, gegen seinen Vater sehr geheim war. Selbst in der Kirche fielen ihm Reime ein; und wenn er kein Papier bei sich hatte, so schrieb er sie an die Wand. Sein erstes Gedicht, die Grabschrift seines Lieblingshundes, lautet also: Alhier auf dieser Stätte Liegt begraben Nette. Zu Horst ist er geboren, Zu Mariensee gestorben, Dies Grab hat er erworben. Die Die Leidenschaft seinen Geist zu beschäftigen machte ihn gegen des Körpers Pflege etwas gleichgültig. Sein nachlässiger Anzug ward ihm oft von seinen Eltern ver¬ wiesen. Er hörte ihre Ermahnung mit freundlichem Lächeln an, bemühte sich den Fehler auf einige Zeit wieder gut zu machen, und erschmeichelte sich durch alle möglichen Dienste Vergebung und Nachsicht. Noch in Göttingen kostete es nicht wenig Ueberredung, wenn er seinen bestäubten Flaussrock ablegen, und in dem braunen Feierkleide mit vergoldeten Knöpfen erscheinen sollte. Doch war er einmal so sehr im Schuss, dass er schon ziemlich ernsthaft von den Vorzügen eines Tressen¬ hutes, der länger gegenhielte, zu reden anfing. Als Hölty sechzehn Jahre alt war, wusste er mehr, als die meisten Jünglinge, welche, ein gelehrtes Hand¬ werk zu lernen, die Akademie beziehn. Gleichwohl schickte sein Vater, überzeugt, dass ohne die innigste Vertraulichkeit mit den Alten keine wahre Gelehrsam¬ keit statt finde, und um seinem Sohne für die Akademie mehr Weltkenntniss und feinere Sitten zu verschaffen, ihn 1765 um Michaelis auf die öffentliche Schule in Celle, wo sein Oheim, der Kanzleirath Gössel, wohnte. Hier blieb er drei Jahre, und erwarb sich die Liebe und Achtung seiner Lehrer sowohl, als aller, welche ihn kannten. Michaelis 1768 ging er zu sei¬ nem Vater zurück, und Ostern 1769 nach Göttingen, um um Theologie zu studiren. Sein Vater bestimmte ihm die gewöhnliche Zeit von drei Jahren, und versorgte ihn hinlänglich. Auch vergass Hölty seine Bestimmung nicht, sondern lernte mit grosser Gewissenhaftigkeit alles, was einem künftigen Prediger nöthig ist. Indess blieb einem Geiste, wie der seinige war, noch Zeit genug, sich mit Lesung der Alten und Neuen, (er las nun auch Italienisch,) und mit eigenen Arbeiten zu beschäf¬ tigen. Im dritten Jahre ward er mit Bürger und Miller, und von Ostern 1772 an allmählich mit mir, Boie, Hahn, Leisewiz, Cramer und den Grafen Stolberg bekannt. Er bat seinen Vater, ihn noch in Göttingen zu lassen; und ihm ward vorerst noch ein halbes Jahr bewilligt. Aber Hölty ruhte nicht, bis er ein Stipendium, welches von zwei Damen abhing, imgleichen einen Freitisch, (wofern nicht etwa jenes Stipendium im Freitische be¬ stand,) und eine Stelle im philologischen Seminarium er¬ hielt. Er meldete dieses seinem Vater, und erbot sich, was ihm vielleicht noch fehlen möchte, durch Unter¬ richt zu verdienen. Sein gütiger Vater war mit allem zufrieden. Wer Hölty zum erstenmal sah, hielt ihn nicht leicht für das, was er war. Stark von Wuchs, niederge¬ bückt, unbehülflich, von trägem Gange, blass wie der Tod, Tod, stumm und unbekümmert um seine Gesellschaft, hatte er so sehr die Miene der Einfalt, dass ein Engel¬ länder, der nicht eben besonders mit Verstande gesegnet war, ihn deshalb vorzüglich lieb gewann, weil er ihn für ein schickliches Ziel seines unschuldigen Wizes hielt. Nur in seinen hellblauen Augen schimmerte ein treuher¬ ziges, mit etwas Schalkhaftigkeit vermischtes Lächeln, welches sich, wenn er mit Wohlgefallen las, durch eine schöne Gegend hin, oder rücklings unter einem blühenden Baume lag, über sein ganzes Gesicht ver¬ breitete. Dieses behagliche Staunen dauerte einige Zeit, und dann pflegte er manchmal mit voller Herzlichkeit auszurufen: Das ist herlich! Aber gewöhnlicher ver¬ schloss er seine Empfindungen in sich selbst; und wenn er sie mittheilte, so geschah es fast immer auf eine be¬ sondre Art. Er war mit einigen Freunden bei Hahn, als die Nachricht kam, dass Klopstock durch Göttingen reisen würde. Er hatte sich bisher ganz ruhig, mit dem Butterbrot in der Hand, auf dem Stuhle gewiegt; mit einmal stand er auf, und bewegte sich langsam und stol¬ pernd auf der linken Ferse herum. Was machst du da, Hölty? fragte ihn einer. Ich freue mich! antwortete er lächelnd. Bei kleinen vertraulichen Schmäusen, sonder¬ lich wo Rheinwein blinkte, war er sehr fröhlich. Er lagerte sich auf Rosenblätter, salbte wie Anakreon seinen Bart mit Balsam, und machte so gewaltige An¬ stalten zum Trinken, als ob aus dem Schlusse seines Rhein¬ Rheinweinliedes Ernst werden sollte. Aber dabei blieb es denn auch. Diese Anmerkung ist vielleicht nicht überflüssig, da ein rechtschaffener Geistlicher den Scherz jenes Liedes misverstanden hat, und der scherz¬ hafte Horaz fast von allen seinen Erklärern mehr oder weniger misverstanden wird. Wenn uns Fremde be¬ suchten, die er achtete, so liess er gern seine Gedichte vorlesen. Dann stellte er sich nahe vor den Gast, sah ihm freundlich ins Gesicht, und nahm sein Lob so hin, als wenns ihm gebührte. Nur zweimal habe ich ihn weinen gesehn. Er sagte mir einst, wie von ungefähr, dass er des Morgens Blut aushustete. Ich erschrak, und trieb ihn, einen Arzt zu befragen. Er liess das gut sein. Ich und die übrigen Freunde, die noch in Göttingen waren, wurden dringender; aber Hölty hatte seinen Scherz mit uns. Endlich führte ich ihn mit Gewalt zu Richter. Der Arzt erkundigte sich, und tröstete ihn zwar, aber so, dass ihn Hölty verstand. Als wir zurückgingen, weinte er bitterlich. Dass zweitemal war, als er den Tod seines Vaters erfuhr. Er kam mit ver¬ störtem Gesicht auf meine Stube; denn wir assen zu¬ sammen. Wie gehts, Hölty? Recht gut, antwortete er lächelnd; aber mein Vater ist todt. Und Thränen stürzten ihm von den bleichen Wangen. Bei Unbekannten sprach er wenig oder nichts; und selbst unter seinen Freunden, wenn die Gesellschaft nur etwas etwas zahlreich war, musste das Gespräch sehr anzie¬ hend, oder gradezu an ihn gerichtet sein, eh er sich darein mischte. Dann sprach er oft lebhaft, schnell und mit erhöhter Stimme, und sein Gesicht ward weniger blass. Manchmal, wenn er lange wie mit abwesender Seele gesessen hatte, unterbrach er das Gespräch durch einen drollichten Einfall, der desto mehr Lachen erregte, da er ihn mit ganz trockener Stimme und ehrbarem Ge¬ sicht vorbrachte. Es geschah häufig, wenn er mit sei¬ nen Ereunden auf der Gasse ging, dass ihn jemand an¬ hielt, und zum Kaffe nöthigte. Hölty fragte nach der Wohnung, und war plözlich verschwunden. Aber bald kam er wieder daher gewankt, ohne sich merken zu lassen, dass er weggewesen war. Er ging nur hin, machte dem Wirt einen Bückling, trank, ohne ein Wort zu sprechen, was ihm eingeschenkt wurde, und ging wieder weg. So hatte er selbst Leisewiz schon oft besucht, bis sie endlich zu einer Unterredung kamen. Mit diesem Scheine von Gleichgültigkeit verband er eine brennende Neugier. Man konnte ihn, wie Sokra¬ tes scherzend von sich sagte, mit einer versprochenen Neuigkeit, wie ein Kalb mit vorgehaltenem Grase, locken wohin man wollte. Er wusste zuerst, was die Messe gutes und böses gebracht hatte, und durchblätterte hohe Stapel aus dem Buchladen; ihm entging keine Re¬ zension, zension, worin seiner selbst, oder eines Bekannten, in Ehren oder Unehren gedacht wurde: wiewohl ihm Lob und Tadel, weil beides schon dazumal meist von Un¬ mündigen und Besoldeten ertheilet ward, beinahe gleich¬ viel Freude machte. Ganze Tage, und oft den grössten Theil der Nacht, sass er, sich selbst und die ganze Welt vergessend, über dicke Folianten und Quartanten hin¬ gebückt, mit so unermüdeter Geduld, dass er sie in we¬ nigen Wochen durchlas. Eigentlich naschte sein Geist mehr in den meisten Büchern, als dass er sie zweck¬ mässig gewählt, und Vorrath für künftige Bedürfnisse eingesammelt hätte. Mit eben dem eisernen Fleisse durcharbeitete er schlechte Oden der Engelländer und Italiener, und hatte seine herzliche Freude darüber, dass sie so schlecht waren. Gute Gedichte schrieb er ganz oder stellenweise ab; auch haben wir unter seinen Pa¬ pieren Uebersezungen aus Tasso und Ariost, und kleiner griechischer Gedichte gefunden, die aber nicht für den Druck bestimmt sind. Da er in den lezten Jahren auch die spanische Sprache lernte, so hatte seine Wissbegierde ein grosses Feld vor sich, und sammelte jede Frucht der Erkenntniss, und jede Blume des Vergnügens, welche sie reizte, unverpflanzt und unverkümmert auf ihrem heimischen Boden. Nie sah man ihn mürrisch oder zerstreut, wenn er, vom Lesen erhizt, überfallen ward; er klappte ruhig sein sein Buch zu, und war mit ganzer Seele Freund. Eine seiner liebsten Unterhaltungen war, bouts rimés , oder gemeinschaftliche Parodien, Nachahmungen des damals herschenden Bardengebrülls, und andre dergleichen Schnurren zu machen, wie die petrarkische Bettlerode im Wandsbecker Boten von 1774, und der Gesang des Barden Hölegast im 76ger Musenalmanach. Wenn nun ein solches Ding unter vielem Lachen zusammengeflickt war, so mochte es regnen oder schneien, Hölty musste noch denselbigen Abend zu den übrigen, und ihnen die Freude mittheilen. Manchmal übernahm er auch wohl ein Gelegenheitsgedicht, und ich half ihm dabei. Wir liessen Rheinwein holen, verabredeten Plan, Ton, Versart, Reime und Gleichnisse; und dann ging es Schlag auf Schlag auf das Wohlsein des künftigen Ehe¬ paars. Einmal waren die vorgeschriebenen Reime: Abend, labend, Herbst, verfärbst; natürlich ward in der Ausarbeitung die Braut mit einem labenden Früh¬ lingsabend, und mit dem fruchtreichen Herbste ver¬ glichen, und verfärbte sich darüber. Das Stück ward abgeschickt und vergessen. Nach einigen Tagen kam Hölty zu mir, und konnte vor Lachen kaum heraus¬ bringen, welch ein Unstern über unsere Arbeit gewaltet hätte. Der ungenannte Verehrer des jungen Brautpaars hiess Herbst, und verlangte das Gleichniss weg, oder ein anderes Karmen. Dienst¬ Dienstfertiger und gefälliger kann man nicht sein, als Hölty war. Er schlug keine Bitte ab, wenn man sie gleich unwissend auf Kosten seiner Ruhe that. Keine unserer Zusammenkünfte, keinen Spaziergang ins Feld, lehnte er auch nur durch eine bedenkliche Mine ab; und oft erfuhren wir nachher, dass er nothwendige Geschäfte zurückgesezt, und die Nacht durch gearbeitet hatte. Er hätte, wie Miller sagt, Folianten für seine Freunde excerpirt. Miller lernte von ihm Englisch, Hahn Griechisch, und ich Englisch und Italienisch. Im Herbste 1773 fing er an, Fremde für Geld zu unterrichten, und im folgenden Sommer aus dem Eng¬ lischen zu übersezen, wobei ich anfangs sein Gehülfe war. “Um meinem Vater, schrieb er im April 1774, eine Erleichterung zu verschaffen, fiel ich darauf, mir durch Unterricht im Griechischen und Englischen etwas zu verdienen. Ich gab täglich fünf Stunden. Aber nicht einmal von der Hälfte bin ich bezahlt; die andern sind weggereist, oder machen keine Miene zu bezahlen. Ich bin in Schulden gerathen, und muss wieder zu meinem Vater meine Zuflucht nehmen.„ Sein Auszug aus dem Kenner verdiente mehr gelesen zu werden, als ers unter einem Volke kann, welches von jeder Messe einen so unseligen Ueberfluss geistloser Sudeleien verschlingt, und seine guten Schriften nicht kennt. Diesem folgten Hurds Dialogen, und der erste Theil von Shaftsbury. Mil¬ Miller irrt, dass ich die folgenden Theile übersezt habe; ich habe nur am Anfange des ersten Theiles meine Kräfte versucht. Ich seze aus jenem Briefe noch einige Stellen her, die unsern Freund lebhafter darstellen, als es eine todte Beschreibung vermag. „Noch bin ich hier. Wer weiss, wie lange die Trennung dauren wird, wenn ich einmal von meinen Freunden getrennt bin. Ich will so lange bei ihnen bleiben, als es mir nur immer möglich ist. Meine Hauptbeschäftigung soll die Lesung der Griechen und die Poesie sein. Welch ein süsser Gedanke ist die Unsterblichkeit! Wer duldete nicht mit Freuden alle Mühseligkeiten des Lebens, wenn sie der Lohn ist! Es ist eine Entzückung, welcher nichts gleicht, auf eine Reihe künftiger Menschen hinauszublicken, welche uns lieben, sich in unsere Tage zurückwünschen, von uns zur Tugend entflammt werden ... Einige Jahre möchte ich in einer grossen Stadt zubringen, und in allerlei Ge¬ sellschaften kommen, um die Menschen sorgfältig zu studiren. Ich fühle, dass mir dieses nothwendig ist, wenn ich in der Dichtkunst mein Glück machen will. Ich habe meine Jahre unter Büchern zugebracht ... Wenn ich keine Geschwister hätte, die nach meines Vaters Tode meiner Unterstüzung bedürfen, so wollte ich mich ganz und gar um kein Amt bekümmern, son¬ dern mich vom Uebersezen nähren, und bald in der Stadt Stadt, bald auf dem Lande leben. In der Stadt wollte ich Menschenkenntniss sammeln, auf dem Lande Ge¬ dichte machen. Mein Hang zum Landleben ist so gross, dass ich es schwerlich übers Herz bringen würde, alle meine Tage in der Stadt zu verleben. Wenn ich an das Land denke, so klopft mir das Herz. Eine Hütte, ein Wald daran, eine Wiese mit einer Silberquelle, und ein Weib in meine Hütte, ist alles, was ich auf diesem Erdboden wünsche. Freunde brauche ich nicht mehr zu wünschen, diese habe ich schon. Ihre Freundschaft wird meine trüben Stunden aufheitern, meine frohen noch froher machen. Ich werde ihre Briefe und Werke an meiner Quelle, in meinem Walde lesen, und mich der seligen Tage erinnern, da ich ihres Umgangs ge¬ noss ... Ich soll mehr Balladen machen? Vielleicht mache ich einige, es werden aber sehr wenige sein. Mir kommt ein Balladensänger wie ein Harlekin, oder ein Mensch mit einem Raritätenkasten vor. Den gröss¬ ten Hang habe ich zur ländlichen Poesie, und zur süssen melancholischen Schmärmerei in Gedichten. An diesen nimt mein Herz den meisten Antheil. Ich will alle meine Kräfte aufbieten. Ich will kein Dichter sein, wenn ich kein grosser Dichter werden kann. Wenn ich nichts hervorbringen kann, was die Unsterblichkeit an der Stirne trägt, was mit den Werken meiner Freun¬ de in gleichem Paare geht, so soll keine Silbe von mir gedruckt werden. Ein mittelmässiger Dichter ist ein Unding!„ Aus Aus einem andern Briefe vom 13 December 1773. “Eben komme ich aus der Versammlung unserer Freunde. Ich danke dem Himmel, dass er uns zusammengeführt hat, und werde ihm danken, so lange Odem in mir ist. Heilige Freundschaft, wie sehr hast du mich be¬ seligt! Ich kannte keinen, konnte keinem mein Herz ausschütten; du führtest mir edle Seelen zu, die mir so viele süsse Stunden gemacht haben, und mir auch künf¬ tig alle Bitterkeiten des Lebens versüssen werden ... Laura ist in der Stadt geboren und erzogen. Sie ist die schönste Person, die ich gesehn habe; ich habe mir kein Ideal liebenswürdiger bilden können; hat eine majestä¬ tische Länge, und den vortrefflichsten Wuchs, ein oval¬ rundes Gesicht, blonde Haare, grosse blaue Augen, ein blühendes Kolorit, und Grazie und Anmut in allen ihren Mienen und Stellungen. Nie habe ich ein Frauenzimmer mit mehr Anstand tanzen sehn; und das Herz hat mir vor Wonne gezittert, wenn ich sie ein deutsches oder welsches (sie versteht Italienisch und Französisch) Lied singen hörte. Sie fand ein grosses Vergnügen an Kleists und Gessners Schriften; ob sie Klopstock liest, weiss ich nicht. Als ich sie kennen lernte, war sie bei ihrer Schwester, die in meinem Geburtsorte verheiratet war, und im December 1768 starb. Es war ein schöner Mai¬ abend, die Nachtigallen begannen zu schlagen, und die Abenddämmerung anzubrechen. Sie ging durch einen Gang blühender Apfelbäume, und war in die Farbe der Un¬ Unschuld gekleidet. Rothe Bänder spielten an ihrem schönen Busen, und oft zitterte ein Abendsonnenblick durch die Blüten, und röthete ihr weisses Gewand und ihren schönen Busen. Was Wunder, dass so viele Reize einen tiefen Eindruck auf mich machten, den keine Ent¬ fernung auslöschen konnte. Einen Bogen würde ich anfüllen müssen, wenn ich alle verliebten Fantasien und Thorheiten erzählen wollte, worauf ich verfiel. Nach einem Jahre kehrte sie wieder in die Stadt zurück. Man kann in einem Jahre manchen Göttertraum haben, man¬ ches Liebesgedicht machen. An beiden fehlte es nicht. ... Zweimal habe ich sie nach ihrer Verheiratung ge¬ sehn ... Als ich meine Eltern im vorigen Herbste besuchte, hörte ich, dass sie krank sei, und dass man ihr kein langes Leben zutrauete ... Es ist Sünde, sie ferner zu lieben. Meine Liebe ist auch so ziemlich ver¬ loschen; nur eine süsse Erinnerung, und ein süsses Herz¬ klopfen, wenn mir ihr Bild vor Augen kommt, sind davon übrig. Doch habe ich oft noch den brennend¬ sten Wunsch, sie einmal wiederzusehn. Ob sie Gegen¬ liebe für mich gehabt hat? Ich habe ihr niemals meine Liebe merken lassen, noch merken lassen können. Wie konnte ein Jüngling, der noch auf keiner Universität gewesen war, um dessen Kinn noch zweideutige Wolle hing, Liebeserklärungen thun, und auf Gegen¬ liebe Rechnung machen? Genug von Herzensangele¬ genheiten. Ich schäme mich fürwahr, diesen Brief ge¬ schrie¬ schrieben zu haben; doch es sei, litterae non erube¬ seunt .„ Michaelis 1774 begleitete er Miller nach Leipzig. Folgendes aus seiner Reisebeschreibung. „Von Nord¬ heim bis Rossla, wo ein Graf Stolberg wohnt, fuhren wir auf offenem Wagen, und hatten einen heitern ge¬ stirnten Himmel über uns. Zu Rossla wurden wir in die sogenannte gelbe Kutsche gepackt. Dies ist eine mit gelbem Tuche behangene Landkutsche, worin acht Reisende sizen können, zwei vorn, zwei hinten, und vier auf den beiden Seiten. Ich wählte mir der Aus¬ sicht wegen eine von den Seitenlogen, und kuckte wie aus einem Fenster in die schöne grosse Welt hinaus. Wir kamen durch Eisleben, wo Luther geboren ist, konnten aber, weil es Mitternacht war, weder die Stadt noch Luthers Geburtshaus besehn. Hier bekamen wir an einem Officier einen lustigen Reisegefährten. Wir assen zu Mittage mit ihm in Merseburg, und tran¬ ken gewaltig viel Merseburger. Klopstock nennt es den König unter den Bieren. Es ist das wahre Ein¬ herium Ol. Ich glaube steif und fest, dass Wodan mit seinen Leuten in Walhalla Merseburger trinkt. Wir tranken des Göttersafts so viel, dass unsre Gesichter so feuerroth wurden, als Uzens, da er zur Gottheit aufflog. Zwischen Merseburg und Leipzig tranken wir Kaffe in einer Schenke, vor deren Thüre ein Faeton mit zwei lieb¬ lieblichen Mädchen hielt. Die eine war vorzüglich schön, und gefiel mir höchlich. Ich stellte mich dicht an die Thüre, als sie abstieg und wieder einstieg, und verschlang ihre Reize. Sie kam einmal so nahe bei mir vorbei, dass mich ihr schöner Arm ein wenig berührte. Betrübt sah ich sie wegfahren. Ich freute mich, dass mein Herz noch fühlen konnte. Welch ein Himmel ist die Liebe! Der ist ein Engel, der in diesem Himmel wohnen kann, der ein Verdammter, der nie einen Plaz darin bekommt. Troz meiner strupfichten Locken hätte sie mich vielleicht angelächelt, wenn sie gewusst hätte, dass der berühmte Traumbilderdichter vor ihr stünde.“ Spät im Herbste 1774 fing er an, des Morgens Blut auszuwerfen, welches er für die unschädliche Folge eines im ersten akademischen Jahre gehabten hartnäcki¬ gen Hustens, und lange zurückgebliebenen Stiches hielt. Im Anfange des Mais 1775, wenige Wochen nach dem Tode seines Vaters, ging er von Göttingen über Han¬ nover nach Mariensee zurück, wo er seine Kur unter Zimmermanns Anleitung fortsezte. Den 8 Mai schrieb er mir: „Vielleicht, hat Zimmermann Leisewizen ge¬ sagt, könnte ich noch von der Schwindsucht gerettet werden, wenn ich die verordneten Arzeneien gebrauch¬ te, und die vorgeschriebene Diät befolgte. Du siehst also, wie gefährlich meine Krankheit ist, und auf welch ei¬ nem schmalen Scheidewege zwischen Leben und Tod ich ich wandle. So wenig ich mich auch vor dem Tode fürchte, so gern lebte ich doch noch ein paar Olimpia¬ den, um mit euch Freunden mich des Lebens zu freun, und um nicht unerhöht mit der grossen Flut hinunterzu¬ fliessen. Doch Gottes Wille geschehe! Sonst lebe ich hier ganz angenehm. Marienfee hat eine dichtrische angenehme Lage. Ringsum sind Gehölze und Kornfel¬ der und Wiesen. Aber was hilft mir die schöne Ge¬ gend, da ich sie mit keinem Freunde durchirren kann! Ich versichere dich, ich bin herzlich traurig, wenn ich an die Versammlungstage Wir versammelten uns alle Sonnabende, gingen mit einander ins Feld, sprachen über Wissenschaften und Empfindungen, und beurtheilten unsere Arbeiten. in Göttingen denke, und mich nach Freunden umsehe, und keinen finde. Bis Michaelis muss ich hier bleiben. Da ist keine Errettung. Ich muss nun erst die Kur brauchen, und meiner Gesund¬ heit warten. Es wird ein Glück sein, wenn ich so viel Geld zusammenscharre, dass ich Michaelis nach Wandsbeck ziehen kann. Er wollte es schon Ostern, und gab mir einen Theil seiner Bücher mit. Im Julius besuchte er mich auf acht Tage, und seine Gesundheit schien sich zu bes¬ sern. Michaelis musste ich ihm schon eine Stube in meiner Wohnung mieten. Aber die Vorsehung ver¬ sagte uns beiden das Glück, wieder vereinigt zu werden. Vielleicht besuche ich dich dich gegen Ende des Mais auf einige Tage. Ich habe ein sehnliches Verlangen, etwas von dir zu hören. Es wäre Sünde, wenn du mich lange in meiner Einsiedelei liessest, ohne an mich zu schreiben. Schreib doch an mich, Voss; schreib doch an mich, Miller, wenn du noch da bist. Sind die Barden in Hamburg auch verru¬ fen? In Göttingen ward, weil wir nicht völlig wie andre Studenten waren, auf einigen Kathedern zwar nur leise, aber in gewissen Zusammenkünften von Profes¬ soren und andern desto lauter, von einer Barden¬ gesellschaft geredet, welchen man mit sinnreicher Frohherzigkeit viel abentheurliches, z. E. dass sie mit ihren Bardenschülern auf einen benachbarten Hexen¬ berg auszögen, sich in Thierhäute vermummten, um Mitternacht opferten, und keinen Wein, aber ge¬ waltig viel Bier tränken, und mehr derglei¬ chen nachsagte. Hast du hübsche Traumbilder gesehn? Die Hamburger wallfahrten wohl schon stark nach Sankt Wandsbeck! O ihr müsst goldne Tage haben! Bald hoffe ich dich zu sehn.„ Im Herbste 1775 ging er nach Hannover, um dort unter Zimmermanns Aufsicht eine kleine Nachkur, wie er mir schrieb, zu brauchen, und dann nach Wands¬ beck zu kommen. Seine Hoffnung stieg und sank; aber er blieb heiter, und scherzte über sich selbst. “Es sind hier hier magre unpoetische Zeiten: schrieb er mit den Ge¬ dichten, die er zum 77ger Almanach einsendete: so mager, wie die magern Kühe des Farao, oder wie ich jezt selber bin. Die Vormittagsstunden muss ich dem Uebersezen aufopfern; nach Tische kriege ich immer Kopfweh und Hize im Gesicht, und bin bis gegen fünf Uhr zu nichts aufgelegt. Bald bin ich mit meiner Arbeit fertig, und kann einige Wochen in aller Ruhe bei dir bleiben. Ich bin ungemein begierig, dich einmal wie¬ derzusehn. Der hiesige Aufenthalt ist mir höchst unan¬ genehm; ich muss an einen andern Ort, oder ich ver¬ schimmele. Schreib mir bald. Ich schreibe dir künftig gewiss oft. „Armer Freund, es war dein lezter Brief an mich. Er starb zu Hannover den 1 September 1776. Dies war das Leben des Jünglings, dessen Geist unter der Last eines siechen Körpers so aufstrebte, dass er in jeder gewählten Gattung der Poesie unter den ersten Dichtern glänzt; der mit jedem neuen Versuche höher zur Vollkommenheit stieg, und selbst sein Vollkommen¬ stes nur als Vorübung zu Werken des Mannes betrach¬ tete. Er stellte nicht mit kalter Ueberlegung Gedanken und Bilder zusammen, worüber man sich eins gewor¬ den ist, sie schön zu finden; voll warmer allumfassen¬ der Liebe blickte er in der Natur umher, und sang, was sein Herz empfand. Ich habe aus seinem Leben solche Züge gewählt, die mir die Art seiner Anschau¬ ung ung und Empfindung zu erläutern schienen: wohlwis¬ send, dass manche davon den ehrbaren und weltklugen Leser nicht ganz befriedigen werden. Vielleicht hat mich die süsse Erinnerung jener Zeit, da uns die Freund¬ schaft, unter harmlosen Freuden der Jugend, zu seelen¬ erhebenden Zwecken verband, etwas schwazhafter ge¬ macht, als eben nöthig war. Aber wem Hölty so, wie wir ihn kannten, nicht gefällt, der geniesse seiner Erhabenheit, und übersehe es grossmüthig, dass er mir und meinen Freunden gefallen hat. Von Höltys Frömmigkeit zu reden, schien mir un¬ nöthig. Seine Gedichte beweisen es, dass er, wie jeder gute Mensch, die Religion ehrte. Was unser Freund Miller, gewiss mit fester Ueberzeugung und redlicher Absicht, von Höltys Widerwillen gegen Neuerungen, die doch nicht alle übel gemeint sein können, erzählt, habe ich wenigstens in dem lezten Jahre zu Göttingen, da ich sein ganzes Zutrauen besass, nicht wahrgenommen. Theils falsch, theils Misdeutungen ausgesezt, ist Millers Vorstellung von Höltys Glücksumständen. Aus Edelmut, und weil er sich leicht behelfen konnte, entsagte er zulezt der Unterstüzung seiner Familie; aber eigentlichen Mangel hat er nie gelitten. Er genoss Wohlthaten des Staats, die Würdigen bestimmt sind; niemals Wohltha¬ ten eines Mannes, der ihm aufs höchste nur Gerechtig¬ keit erwies. Ich hatte es einigen geklagt, dass Hölty sich sich noch in der lezten Krankheit mit Uebersezungen quälen müsste, um etwas Geld zu einer kleinen Lustreise zu sammeln; worauf eine Freundin von Freunden, die es wehrt waren Hölty zu beschenken, funfzig Thaler zusammenbrachte, und nach Hannover schickte. Aber Hölty war schon todt; und das Geld ward seinem älte¬ sten Bruder geschenkt. Seine eigenen Angelegenheiten, die er Boien vor seinem Tode entdeckt hatte, wurden alle mit seinem vorräthigen und ausstehenden Gelde ins Reine gebracht. Hölty war in dem lezten Jahre, da er sein Ende noch nicht so nahe glaubte, schon selbst mit der Sammlung seiner Gedichte beschäftigt. Der Tod übereilte ihn; und seine Papiere wurden Boien anvertraut, der sie herauszugeben, und für einen Theil des Ertrags ein kleines marmornes Denkmal auf das Grab des hannövri¬ schen Dichters zu sezen versprach. Mancherlei Hin¬ dernisse verzögerten diese Ausgabe, und würden sie vielleicht noch lange verzögert haben. Wir übernah¬ men sie also selbst: weil es uns kränkte zu sehn, dass unserm verstorbenen Freunde von einem Unbekannten, der die Kühnheit hatte, sich öffentlich als Höltys Freund zu nennen, ein Gemengsel von verworfenen, fremden und sinnlosen Gedichten aufgebürdet, und seinen recht¬ mässigen Erben ihr Eigenthum entzogen ward. Ein Denkmal kann ihm nun freilich nicht gesezt werden; aber aber in Hannover, wo auch Leibniz begraben liegt, ist es kein Zeichen von Geringschäzung, dass man die Stätte des Begrabenen nicht kennt. Es erforderte oft nicht weniger Bekanntschaft mit Höltys Art, als unverdrossene Aufmerksamkeit, aus seiner Handschrift die wahre Meinung herauszufinden. Viele Aenderungen und Zu¬ säze stehn durch einander, oft wieder verändert, halb und ganz vollendet, oder nur angedeutet, auf kleinen Zetteln, auf Umschlägen von Briefen, und auf dem Rande eines Leichengedichts. Unter einigen Gedichten steht das Verdammungsurtheil: Verworfen! unter andern von gleichem Gehalte fehlt es. Von einigen schon ge¬ druckten fanden sich ältere Abschriften, mit nicht ver¬ werflichen Lesarten. Auch das Traumbild Seite 42 hat in einem zu spät verglichenen Buche von 1772 noch folgende Verse, die aufgenommen zu werden verdienen: nirgends finden. Ich wandre, wenn die Sonne sticht, Wenns stürmet oder regnet, Und schaue jeder ins Gesicht, Die meinem Blick begegnet. So irr' ich Armer für und für, Mit Seufzern und mit Thränen, Und mustr' an jeder Kirchenthür' Am Sonntag' alle Schönen. Nach jedem Fenster Von Von ungedruckten Gedichten fand sich zum Theil nur der erste Aufsaz, wo Strofen und Verse durch einander, und, ohne dass etwas ausgestrichen ist, dieselben Ge¬ danken mehrmal umgearbeitet vorkommen. Wir haben mit treuer Sorgfalt gewählt, und was Hölty so, wie es war, seiner unwürdig erkannte, nach seiner Anweisung oder Andeutung geändert: eine Freundschaftspflicht, die wir stets, so lange er unter uns lebte, gegen einander ausgeübt, und die der Nachlebende dem Verstorbenen heilig versprochen hat. Wir haben seinen Nachlass so besorgt, wie unser redliche Freund, wenn wir früher gestorben wären, den unsrigen besorgt hätte. Eutin, im August 1783. Voss. In¬ Inhalt . A delstan und Röschen, 1771. Seite 1 Das Landleben, vermutlich 1775. 8 Auf den Tod einer Nachtigall, 1771. 11 Mailied, vermutlich 1771. 13 Elegie auf ein Landmädchen, im Frühling 1774 unter einem blühenden Baume gemacht. 15 Der arme Wilhelm, vermutlich 1775. 19 Mailied, 1773. 22 Das Feuer im Walde, 1774. 24 Erntelied, 1775. 28 Der alte Landmann an seinen Sohn, 1775. 30 Der Bach, 1774. 35 Schnitterlied, 1773. 37 Trinklied im Mai, 1775. 39 Das Traumbild, vermutlich 1771. 42 Todtengräberlied, vermutlich 1775. 44 An ein Mädchen, das am Frohnleichnamsfest ein Marienbild trug, 1773. 46 Die künftige Geliebte, vermutlich 1775. 49 Das Traumbild, 1774. 52 Christel und Hannchen, eine Schnitteridille, vermutlich 1775. 54 Der Weiberfeind, 1771. 57 Die Nonne, 1773. 60 Mailied, 1773. 65 An die Ruhe, vermutlich 1772. 67 Trinklied im Winter, 1775. 70 Lied eines Mädchens auf den Tod ihrer Gespielin, 1774. 72 Die Die Liebe, 1773. Seite 74 An einen Freund, der sich in ein schönes Landmädchen verliebte, 1775. 76 An den Mond, 1774. 79 An Dafnens Kanarienvogel, 1772. 80 Der rechte Gebrauch des Lebens, verm. 1775. 82 Die Seligkeit der Liebenden, I776. 84 An den Mond, 1775. 87 Der Tod, 1772. 89 Apoll und Dafne, 1770. 91 Maigesang, 1776. 94 Laura, 1772. 97 Klage, 1773. 100 An Voss, 1773. 101 Aufmunterung zur Freude, 1776. 103 Der Traum, 1775. 105 Leander und Ismene, 1772. 107 Die Schale der Vergessenheit, vermutl. 1776. 125 An Miller, 1773. 126 Erinnerung, 1773. 129 Der Kuss, vermutl. 1775. 131 Frühlingslied, 1773. 132 Das Traumbild, 1772. 133 An ein Veilchen, 1772. 136 Entzückung, vermutl. 1775. 137 Winterlied, 1773. 138 Hexenlied, 1775. 140 Die frühe Liebe, 1773. 142 An die Grille, 1774. 144 Siegeslied bei Eroberung des heiligen Grabes, 1775. 145 Klage eines Mädchens über den Tod ihres Geliebten, 1775. 149 Blumen¬ Blumenlied, 1773. Seite 152 Huldigung, 1773. 153 Die Geliebte, 1774. 155 Mailied, 1773. 156 An die Nachtigall, vermutl. 1772. 157 Die Beschäftigungen, 1776. 158 Der Anger, 1773. 160 Trinklied, 1775. 162 Die Laube, vermutlich 1773. 165 Die Mainacht, 1774. 167 Der befreite Sklave, 1774. 168 Die Schiffende, 1774. 170 Mailied, vermutlich 1772. 172 An Laura, bei dem Sterbebette ihrer Schwester, 1768. 174 Lebenspflichten, vermutlich 1776. 176 An die Apfelbäume, wo ich Julien er¬ blickte, 1775. 178 Der Liebende, vermutlich 1776. 180 An die Fantasie, 1776. 182 Seufzer, 1773. 184 Die Liebe, vermutlich 1775. 185 Elegie bei dem Grabe meines Vaters, 1775. 188 Auftrag, 1776. 189 Ge¬ Gedichte von Ludewig Heinrich Christoph Hölty. Adelstan und Röschen. 1771. D er schöne Maienmond began, Und alles wurde froh, Als Ritter Veit von Adelstan Der Königsstadt entfloh. Von Geigern und Kastraten fern Und vom Redutentanz, Vertauscht' er seinen goldnen Stern Mit einem Schäferkranz. Der Schooss der Au, der Wiesenklee Verlieh ihm süssre Rast, Als Himmelbett' und Kanapee Im fürstlichen Palast. Er irrte täglich durch den Hain, Mit einer Brust voll Ruh, Und sah dem Spiel' und sah dem Reihn Der Dörferinnen zu; A Sah Sah unter niederm Hüttendach Der Schäferinnen Preis: Und plözlich schlug sein Herzensschlag Wol noch einmal so heiss. Sie wurden drauf gar bald vertraut; Was Wunder doch! Er war Ein Mann von Welt und wohlgebaut, Und Röschen achzehn Jahr. Sie gab, durch manchen Thränenguss Erweichet, ihm Gehör; Zuerst bekam er einen Kuss Zulezt noch etwas mehr. Izt wurde, nach des Hofes Brauch, Sein Busen plözlich lau: Er sass nicht mehr am Schlehenstrauch Mit Röschen auf der Au. Des Dorfes und des Mädchens satt, Warf er sich auf sein Ross, Flog wieder in die Königsstadt, Und in sein Marmorschloss. Hier Hier taumelt' er von Ball zu Ball, Vergass der Rasenbank, Wo beim Getön der Nachtigall Sein Mädchen ihn umschlang. Und Röschen, die auf Wiesengrün Im Haselschatten sass, Sah Mann und Ross vorüberfliehn, Und wurde todtenblass. Mein Adelstan! ich armes Blut! Er sah und hörte nicht, Und drückte sich den Reisehut Nur tiefer ins Gesicht. Sie zupft', auf ihren Hirtenstab Gelehnt, am Busenband, Bis er dem Ross die Spornen gab, Und ihrem Aug' entschwand; Und schluchzt', und warf sich in das Gras, Verbarg sich ins Gesträuch, Weint ihren schönen Busen nass, Und ihre Wangen bleich. Kein Kein Tanz, kein Spiel behagt' ihr mehr. Kein Abendroth, kein West; Das Dörfchen dünkt ihr freudenleer, Die Flur ein Otternnest. Ein melancholisch Heimchen zirpt Vor ihrer Kammerthür; Das Leichhuhn schreit. Ach Gott! sie stirbt, Des Dorfes beste Zier. Die dumpfe Todtenklocke schallt Drauf in das Dorf. Man bringt Den Sarg daher. Der Küster wallt Der Bahre vor, und singt. Der Pfarrer hält ihr den Sermon, Und wünscht dem Schatten Ruh, Der diesem Jammerthal' entflohn, Und klagt und weint dazu. Man pflanzt ein Kreuz, mit Flittergold Bekränzet, auf ihr Grab; Und auf den frischen Hügel rollt So manche Thrän' hinab. Es Es wurde Nacht. Ein düstrer Flor Bedeckte Thal und Höhn; Auch kam der liebe Mond hervor, Und leuchtete so schön. Vernehmt nun, wies dem Ritter ging! Der Ritter lag auf Pflaum, Um welchen Gold und Seide hing, Und hatte manchen Traum. Er zittert auf. Mit blauem Licht Wird sein Gemach erfüllt. Ein Mädchen trit ihm vors Gesicht, Ins Leichentuch verhüllt. Ach! Röschen ists, das arme Kind, Das Adelstan berückt! Die Rosen ihrer Wangen sind Vom Tode weggepflückt. Sie legt die eine kalte Hand Dem Ritter auf das Kinn, Und hält ihr moderndes Gewand Ihm mit der andern hin; Blickt Blickt drauf den ehrvergessnen Mann, Den Schauer überschleicht, Dreimal mit hohlen Augen an, Und wimmert und entweicht. Sie zeigte, wann es zwölfe schlug, Jezt alle Nächte sich, Verhüllet in ein Todtentuch, Und wimmert' und entwich. Der Ritter fiel in kurzer Zeit Drob in Melancholei, Und ward, verzehrt von Traurigkeit, Des Todes Konterfei. Mit einem Dolch bewaffnet floh Er aus der Stadt, und lief Zum Gottesacker hin, alwo Das arme Röschen schlief; Wankt' an die frische Gruft, den Dolch Dem Herzen zugekehrt, Und sank. Folg! ruft ein Teufel, folg! Und seine Seel' entfährt. Der Der Dolch ging mitten durch das Herz, Entsezlich anzuschaun! Die Augen starrten himmelwärts, Und blickten Furcht und Graun. Sein Grab ragt an der Kirchhofmaur. Der Landmann, der es sieht, Wenns Abend wird, fühlt kalten Schaur, Und schlägt ein Kreuz, und flieht. Auch pflegt er, bis die Hahnen krähn, Den Blutdolch in der Brust, Mit glühnden Augen umzugehn, Wie männiglich bewusst. Das Das Landleben. Flumina amem silvasque inglorius. Virg. W underseliger Mann, welcher der Stadt entfloh! Jedes Säuseln des Baums, jedes Geräusch des Bachs, Jeder blinkende Kiesel Predigt Tugend und Weisheit ihm. Jedes Schattengesträuch ist ihm ein heiliger Tempel, wo ihm sein Gott näher vorüberwallt, Jeder Rasen ein Altar, Wo er vor dem Erhabnen kniet. Seine Nachtigall tönt Schlummer herab auf ihn, Seine Nachtigall weckt flötend ihn wieder auf, Wann das liebliche Frühroth Durch die Bäum' auf sein Bette scheint. Dann Dann bewundert er dich, Gott, in der Morgenflur, In der steigenden Pracht deiner Verkünderin, Deiner herlichen Sonne, Dich im Wurm und im Knospenzweig; Ruht im wehenden Gras, wann sich die Kühl' ergiesst, Oder strömet den Quell über die Blumen aus; Trinkt den Athem der Blüte, Trinkt die Milde der Abendluft. Sein bestrohetes Dach, wo sich das Taubenvolk Sonnt und spielet und hüpft, winket ihm süssre Rast, Als dem Städter der Goldsaal, Als der Polster der Städterin. Und der spielende Trupp schwirret zu ihm herab, Gurrt und säuselt ihn an, flattert ihm auf den Korb, Picket Krumen und Erbsen, Picket Körner ihm aus der Hand. Einsam Einsam wandelt er oft, Sterbegedanken voll, Durch die Gräber des Dorfs, sezet sich auf ein Grab, Und beschauet die Kreuze Mit dem wehenden Todtenkranz; Und das steinerne Mal unter dem Fliederbusch. Wo ein biblischer Spruch freudig zu sterben lehrt, Wo der Tod mit der Sense, Und ein Engel mit Palmen steht. Wunderseliger Mann, welcher der Stadt entfloh! Engel segneten ihn, als er geboren ward, Streuten Blumen des Himmels Auf die Wiege des Knaben aus! Auf Auf den Tod einer Nachtigall. 1771. S ie ist dahin, die Maienlieder tönte; Die Sängerin, Die durch ihr Lied den ganzen Hain verschönte, Sie ist dahin! Sie, deren Ton mir in die Seele hallte, Wenn ich am Bach, Der durchs Gebüsch im Abendgolde wallte, Auf Blumen lag! Sie gurgelte, tief aus der vollen Kehle, Den Silberschlag: Der Wiederhall in seiner Felsenhöhle Schlug leis' ihn nach. Die ländlichen Gesäng' und Feldschalmeien Erklangen drein; Es tanzeten die Jungfraun ihre Reihen Im Abendschein. Auf Auf Moose horcht' ein Jüngling mit Entzücken Dem holden Laut, Und schmachtend hing an ihres Lieblings Blicken Die junge Braut: Sie drückten sich bei jeder deiner Fugen Die Hand einmal, Und hörten nicht, wenn deine Schwestern schlugen, O Nachtigall. Sie horchten dir, bis dumpf die Abendklocke Des Dorfes klang, Und Hesperus, gleich einer goldnen Flocke, Aus Wolken drang; Und gingen dann im Wehn der Maienkühle Der Hütte zu, Mit einer Brust voll zärtlicher Gefühle, Voll süsser Ruh. Mailied. Mailied. T anzt dem schönen Mai entgegen, Der, in seiner Herlichkeit Wiederkehrend, Reiz und Segen Ueber Thal und Hügel streut! Seine Macht verjüngt und gattet Alles, was der grüne Wald, Was der zarte Halm beschattet, Und die laue Wog' umwallt. Tanz, o Jüngling, tanz, o Schöne, Die des Maies Hauch verschönt! Menget Lieder ins Getöne, Das die Morgenklocke tönt, Ins Gesäusel junger Blätter, Und der holden Nachtigall Liebejauchzendes Geschmetter; Und erweckt den Wiederhall. Flieht Flieht der Stadt umwölkte Zinnen! Hier, wo Mai und Lieb' euch ruft, Athmet, schöne Städterinnen, Athmet frische Maienluft! Irrt mit eurem Sonnenhütchen, Auf die Frühlingsflur hinaus, Singt ein fröhlich Maienliedchen, Pflücket einen Busenstrauss! Schmückt mit Kirschenblütenzweigen Euch den grünen Sonnenhut, Schürzt das Röckchen, tanzet Reigen. Wie die Schäferjugend thut! Bienen sumsen um die Blüte, Und der Westwind schwärmt sich matt, Schwärmt, und haucht auf eure Hüte Manches weisse Blütenblatt. Elegie Elegie auf ein Landmädchen. S chwermutsvoll und dumpfig hallt Geläute Vom bemoosten Kirchenthurm herab. Väter weinen, Kinder, Mütter, Bräute; Und der Todtengräber gräbt ein Grab. Angethan mit einem Sterbekleide, Eine Blumenkron' im blonden Haar, Schlummert Röschen, so der Mutter Freude, So der Stolz des Dorfes war. Ihre Lieben, voll des Misgeschickes, Denken nicht an Pfänderspiel und Tanz, Stehn am Sarge, winden nasses Blickes Ihrer Freundin einen Todtenkranz. Ach! kein Mädchen war der Thränen wehrter, Als du gutes frommes Mädchen bist, Und im Himmel ist kein Geist verklärter, Als die Seele Röschens ist. Wie Wie ein Engel stand im Schäferkleide Sie vor ihrer kleinen Hüttenthür: Wiesenblumen waren ihr Geschmeide, Und ein Veilchen ihres Busens Zier, Ihre Fächer waren Zefirs Flügel, Und der Morgenhain ihr Puzgemach, Diese Silberquellen ihre Spiegel, Ihre Schminke dieser Bach. Sittsamkeit umfloss, wie Mondenschimmer, Ihre Rosenwangen, ihren Blick; Nimmer wich der Seraf Unschuld, nimmer Von der holden Schäferin zurück. Jünglingsblicke taumelten voll Feuer Nach dem Reiz des lieben Mädchens hin; Aber keiner, als ihr Vielgetreuer, Rührte jemals ihren Sinn. Keiner, als ihr Wilhelm! Frühlingsweihe Rief die Edlen in den Buchenhain: Unterm Grün, durchstralt von Himmelsbläue, Flogen sie den deutschen Ringelreihn. Röschen Röschen gab ihm Bänder mancher Farbe, Kam die Ernt', an seinen Schnitterhut, Sass mit ihm auf einer Weizengarbe, Lächelt' ihm zur Arbeit Mut; Band den Weizen, welchen Wilhelm mähte, Band und äugelt ihrem Liebling nach, Bis die Kühlung kam, und Abendröthe Durch die falben Westgewölke brach. Ueber alles war ihm Röschen theuer, War sein Taggedanke, war sein Traum; Wie sich Röschen liebten und ihr Treuer, Lieben sich die Engel kaum. Wilhelm! Wilhelm! Sterbeklocken hallen, Und die Grabgesänge heben an, Schwarzbeflorte Trauerleute wallen, Und die Todtenkrone weht voran. Wilhelm wankt mit seinem Liederbuche, Nasses Auges, an das offne Grab, Trocknet mit dem weissen Leichentuche Sich die hellen Thränen ab. B Schlummre Schlummre sanft, du gute fromme Seele, Bis auf ewig dieser Schlummer flieht! Wein' auf ihrem Hügel, Filomele, Um die Dämmerung ein Sterbelied! Weht wie Harfenlispel, Abendwinde, Durch die Blumen, die ihr Grab gebar! Und im Wipfel dieser Kirchhoflinde Nist' ein Turteltaubenpaar! Der Der arme Wilhelm. W ilhelms Braut war gestorben. Der arme verlassene Wilhelm Wünschte den Tod, und besuchte nicht mehr den geflügelten Reigen, Nicht das Ostergelag und das Fest der bemaleten Eier, Nicht den gaukelnden Tanz um die Osterflamme des Hügels. Einsam war er, und still wie das Grab, und glaubte mit jedem Tritt in die Erde zu sinken. Die Knaben und Mädchen des Dorfes Brachen Main, und schmückten das Haus und die ländliche Diele, Und begrüssten den heiligen Abend vor Pfingsten mit Liedern. Wilhelm floh das Gewühl der beglückten fröhlichen Leute, Wandelt' Wandelt' über den Gottesacker, und ging in die Kirche, Nahm den Kranz der geliebten Braut von der Wand, und kniete An dem Altar, und barg das Gesicht in die Blumen des Kranzes, Flehte weinend zu Gott: O entnim mich der Erde, mein Vater! Ruf mich zu meiner Entschlummerten! Doch dein Wille geschehe! Lispelnd bebte das Gold und die Flitterblumen des Kranzes, Lieblich rauschten die flatternden Bänder, wie Blät¬ ter im Winde, Und ein fliegender Lichtglanz flog durch die Fenster der Kirche. Ruhiger wandelte Wilhelm nach Haus. Bald hörten die Schwestern Drauf die Todtenuhr in der Kammer pickern, und sahen Auf der Diele den Sarg, und den Pfarrer im Mantel daneben; Und Und das Leichhuhn schlug an die Kammerfenster, und heulte. Wenige Wochen, da starb der verlassene traurige Wilhelm, Und sein grünendes Grab ragt hart am Grabe des Mädchens. Mailied Mailied. G rüner wird die Au, Und der Himmel blau; Schwalben kehren wieder, Und die Erstlingslieder Kleiner Vögelein Zwitschern durch den Hain. Aus dem Blütenstrauch Weht der Liebe Hauch: Seit der Lenz erschienen, Waltet sie im Grünen, Malt die Blumen bunt, Roth des Mädchens Mund. Brüder, küsset ihn! Denn die Jahre fliehn! Einen Kuss in Ehren Kann euch niemand wehren! Küsst ihn, Brüder, küsst, Weil er kusslich ist! Seht, Seht, der Tauber girrt, Seht, der Tauber schwirrt Um sein liebes Täubchen! Nehmt euch auch ein Weibchen, Wie der Tauber thut, Und seid wohlgemut! Das Das Feuer im Walde. Z ween Knaben liefen durch den Hain Und lasen Eichenreiser auf, Und thürmten sich ein Hirtenfeur, Indess die Pferd' im fetten Gras' Am Wiesenbache weideten. Sie freuten sich der schönen Glut, Die, wie ein helles Osterfeur, Gen Himmel flog, und sezten sich Auf einen alten Weidenstumpf. Sie schwazten dies und schwazten das, Vom Feuermann und Ohnekopf, Vom Amtmann, der im Dorfe spukt, Und mit der Feuerkette klirrt, Weil er nach Ansehn sprach und Geld, Wie's liebe Vieh die Bauren schund, Und niemals in die Kirche kam. Sie schwazten dies und schwazten das, Vom Vom seelgen Pfarrer Habermann, Der noch den Nussbaum pflanzen thät, Von dem sie manche schöne Nuss Herabgeworfen, als sie noch Zur Pfarre gingen, manche Nuss! Sie segneten den guten Mann In seiner kühlen Gruft dafür, Und knackten jede schöne Nuss Noch einmal in Gedanken auf. Da rauscht das dürre Laub empor, Und sieh, ein alter Kriegesknecht Wankt durch den Eichenwald daher, Sagt: Guten Abend, wärmet sich, Und sezt sich auf den Weidenstumpf. Wer bist du, guter alter Mann? Ich bin ein preussischer Soldat, Der in der Schlacht bei Kunnersdorf Das Bein verlor, und leider Gotts! Vor fremden Thüren betteln muss. Da ging es scharf, mein liebes Kind! Da Da sauseten die Kugeln uns Wie Donnerwetter um den Kopf! Dort flog ein Arm, und dort ein Bein! Wir patschelten durch lauter Blut, Im Pulverdampf! Steht, Kinder, steht! Verlasset euren König nicht! Rief Vater Kleist; da sank er hin. Ich und zwei Bursche trugen flugs Ihn zu dem Feldscheer aus der Schlacht. Laut donnerte die Batterie! Mit einmal flog mein linkes Bein Mir unterm Leibe weg! — O Gott! Sprach Hans, und sahe Töffeln an, Und fühlte sich nach seinem Bein: Mein Seel! ich werde kein Soldat, Und wandre lieber hinterm Pflug. Da sing' ich mir die Arbeit leicht, Und spring' und tanze, wie ein Hirsch, Und lege, wenn der Abend kommt, Mich hintern Ofen auf die Bank. Doch Doch kommt der Schelmfranzos zurück, Der uns die besten Hühner stahl, Und unser Heu und Korn dazu; Dann nehm' ich einen rothen Rock, Und auf den Puckel mein Gewehr! Dann komm nur her, du Schelmfranzos! Hans, sagte Töffel, lang' einmal Die Kiepe her, die hinter dir Im Riedgras steht, und gieb dem Mann, Von unserm Käs' und Butterbrot. Ich samml' indessen dürres Holz; Denn sieh, das Feuer sinket schon. Ernte¬ Erntelied. S icheln schallen; Aehren fallen Unter Sichelschall; Auf den Mädchenhüten Zittern blaue Blüten; Freud' ist überall! Sicheln klingen; Mädchen singen, Unter Sichelschall; Bis, vom Mond beschimmert, Rings die Stoppel flimmert, Tönt der Erntesang. Alles springet, Alles singet, Was nur lallen kann. Bei dem Erntemahle Isst aus einer Schale Knecht und Bauersmann. Hans Hans und Michel, Schärft die Sichel, Pfeift ein Lied dazu, Mähet; dann beginnen Schnell die Binderinnen, Binden sonder Ruh. Jeder scherzet, Jeder herzet Dann sein Liebelein. Nach geleerten Kannen Gehen sie von dannen, Singen und juchhein! Der Der alte Landmann an seinen Sohn. U eb' immer Treu und Redlichkeit Bis an dein kühles Grab, Und weiche keinen Finger breit Von Gottes Wegen ab! Dann wirst du, wie auf grünen Aun, Durchs Pilgerleben gehn; Dann kannst du sonder Furcht und Graun Dem Tod' entgegen sehn. Dann wird die Sichel und der Pflug In deiner Hand so leicht; Dann singest du beim Wasserkrug, Als wär dir Wein gereicht. Dem Dem Bösewicht wird alles schwer, Er thue was er thu; Der Teufel treibt ihn hin und her, Und lässt ihm keine Ruh. Der schöne Frühling lacht ihm nicht, Ihm lacht kein Aehrenfeld; Er ist auf Lug und Trug erpicht, Und wünscht sich nichts als Geld. Der Wind im Hain, das Laub am Baum, Saust ihm Entsezen zu; Er findet, nach des Lebens Raum, Im Grabe keine Ruh. Dann muss er in der Geisterstund' Aus seinem Grabe gehn, Und oft als schwarzer Kettenhund Vor seiner Hausthür stehn. Die Spinnerinnen, die, das Rad Im Arm, nach Hause gehn, Erzittern wie ein Espenblatt, Wenn sie ihn liegen sehn. Und Und jede Spinnestube spricht Von diesem Abentheur, Und wünscht den todten Bösewicht Ins tiefste Höllenfeur. Der alte Kunz war bis ans Grab Ein rechter Höllenbrand: Er pflügte seinem Nachbar ab, Und stahl ihm vieles Land. Nun pflügt er, als ein Feuermann, Auf seines Nachbarn Flur, Und misst das Feld hinab hinan Mit einer glühnden Schnur. Er brennet, wie ein Schober Stroh, Dem glühnden Pfluge nach, Und pflügt, und brennet lichterloh Bis an den hellen Tag. Der Amtmann, der die Bauern schund, Und hurt', und Hirsche schoss, Trabt Nachts mit einem schwarzen Hund Im Wald' auf glühndem Ross. Oft Oft geht er auch am Knotenstock Als rauher Brummbär um, Und meckert oft als Ziegenbock Im ganzen Dorf herum. Der Pfarrer, der aufs Tanzen schalt, Und Filz und Wuchrer war, Steht Nachts als schwarze Spukgestalt Um zwölf Uhr am Altar; Paukt dann mit dumpfigem Geschrei Die Kanzel, dass es gellt, Und zählet in der Sakristei Sein Beicht- und Opfergeld. Der Junker, der bei Spiel und Ball Der Wittwen Habe frass, Kutschiert, umbraust von Seufzerhall, Zum Fest des Satanas; Im blauen Schwefelflammenrock Fährt er zur Burg hinauf, Ein Teufel auf dem Kutschenbock, Zween Teufel hintenauf. C Sohn. Sohn, übe Treu und Redlichkeit Bis an dein kühles Grab, Und weiche keinen Finger breit Von Gottes Wegen ab! Dann suchen Enkel deine Gruft, Und weinen Thränen drauf, Und Sommerblumen, voll von Duft, Blühn aus den Thränen auf. Der Der Bach. W ie Blandusiens Quell, rausche der Enkelin Deine Lispel, o Bach; tanze der Horchenden Silberblinkend vorüber; Grünt, ihr Erlen des Ufers, ihr! Dein Gemurmel, das leis' über die Kiesel hüpft, Euer zitterndes Laub, duftende Freundinnen, Giesst ein lindes Erbeben Durch die Saiten der Seele mir. Hier, auf schwellendem Moos, horch' ich der Nachtigall, Die hier liebender klagt, horch' ich dem Schilfgeräusch, Und dem Plätschern des Aales, Der im Schatten der Erle schwebt. Und ein magischer Hain säuselt um mich empor, Eine Hütte darin winkt mir, mit Wein umrankt, Und ein freundliches Mädchen Hüpft durch Blumen, und lächelt mir. Von Von des sinkenden Tags Golde geröthet, säumt Hinter Rosen sie her, eilet, und küsst mich sanft; Fleucht, und lächelt, und birgt sich Wieder hinter den Blütenbusch. Weil'! ich fliege dir nach! Warum entflohest du? Plözlich lispelt der Strauch; Himmel! sie bebt hervor, Und es schüttelt der Strauch ihr Einen Regen von Blüten nach. Schnit¬ Schnitterlied. E s zirpten Grillen und Heimen; Von grünen Sträuchen und Bäumen Floss Abendkühlung herab, Als, hinter Garben von Weizen, Ein wahrer Engel an Reizen Dies Pfand der Liebe mir gab. Sie sprach mit frölichem Mute: Trag diese Blumen am Hute Und dieses goldene Band! Und gab die Blumen und Flittern, An meinem Hute zu zittern, Mir in die wartende Hand. Die Blumen hab' ich getragen, Seit vierzehn glücklichen Tagen, Und diese schwanden so schnell! Ihr Bänder, sah ich euch schweben, Begann das Herz mir zu beben, Ward meine Seele so hell! Ha! Ha! morgen bringen wir Leute, Geschmückt wie Freier und Bräute, Der Ernte flitternden Kranz: Dann tönen helle Schalmeien Durch unsre ländlichen Reihen, Dann schwing' ich Liebchen im Tanz ! Trinklied Trinklied im Mai. B ekränzet die Tonnen, Und zapfet mir Wein; Der Mai ist begonnen, Wir müssen uns freun! Die Winde verstummen, Und athmen noch kaum; Die Bienlein umsummen Den blühenden Baum. Die Nachtigall flötet Im grünen Gebüsch; Das Abendlicht röthet Uns Gläser und Tisch. Bekränzet die Tonnen, Und zapfet mir Wein; Der Mai ist begonnen, Wir müssen uns freun! Zum Zum Mahle, zum Mahle, Die Flaschen herbei! Zween volle Pokale Gebühren dem Mai! Er träuft auf die Blüten Sein Roth und sein Weiss; Die Vögelein brüten Im Schatten des Mais. Er schenket dem Haine Verliebten Gesang, Und Gläsern beim Weine Melodischen Klang; Giebt Mädchen und Knaben Ein Minnegefühl, Und herliche Gaben Zum Kuss und zum Spiel. Ihr Jüngling', ihr Schönen, Gebt Dank ihm und Preis! Lasst Gläser ertönen Zur Ehre des Mais! Es Es grüne die Laube, Die Küsse verschliesst! Es wachse die Traube, Der Nektar entfliesst! Es blühe der Rasen, Wo Liebende gehn, Wo Tanten und Basen Die Küsse nicht sehn! Ihr lachenden Lüfte, Bleibt heiter und hell! Ihr Blüten voll Düfte, Verweht nicht so schnell! Das Das Traumbild. W o bist du, Bild, das vor mir stand. Als ich im Garten träumte, Ins Haar den Rosmarin mir wand, Der um mein Lager keimte? Wo bist du, Bild, das vor mir stand, Mir in die Seele blickte, Und eine warme Mädchenhand Mir an die Wangen drückte? Nun such' ich dich, mit Harm erfüllt, Bald bei des Dorfes Linden, Bald in der Stadt, geliebtes Bild, Und kann dich nirgends finden. Nach jedem Fenster blick' ich hin, Wo nur ein Schleier wehet, Und habe meine Lieblingin Noch nirgends ausgespähet. Komm Komm selber, süsses Bild der Nacht, Komm mit den Engelminen, Und in der leichten Schäfertracht, Worin du mir erschienen! Bring mit die schwanenweisse Hand, Die mir das Herz gestolen, Das purpurrothe Busenband, Das Sträusschen von Violen; Dein grosses blaues Augenpaar, Woraus ein Engel blickte; Die Stirne, die so freundlich war, Und guten Abend nickte; Den Mund, der Liebe Paradies, Die kleinen Wangengrübchen, Wo sich der Himmel offen wies, Bring alles mit, mein Liebchen! Todten¬ Todtengräberlied. G rabe, Spaden, grabe! Alles, was ich habe, Dank' ich, Spaden, dir! Reich' und arme Leute Werden meine Beute, Kommen einst zu mir! Weiland gross und edel, Nickte dieser Schädel Keinem Grusse Dank! Dieses Beingerippe Ohne Wang' und Lippe Hatte Gold und Rang. Jener Kopf mit Haaren War vor wenig Jahren Schön, wie Engel sind! Tausend junge Fentchen Leckten ihm das Händchen, Gafften sich halb blind! Grabe, Grabe, Spaden, grabe! Alles, was ich habe, Dank' ich, Spaden, dir! Reich' und arme Leute Werden meine Beute, Kommen einst zu mir! An An ein Mädchen, das am Frohnleichnamsfest ein Marienbild trug. D enk' ich meiner frohen Knabenzeiten, Denk' ich, Mädchen, auch an dich; Und die hellen Sehnsuchtstränen gleiten, Und die Seele wölket sich. Sittsam war dein Aug, voll Mädchenmilde, Der die Andacht Reize lieh, Wich vom schönen Muttergottesbilde, Wich vom Christuskinde nie. Manche Zähre floss von deinen Wangen, Wie der Thau von Rosen rinnt, Blieb izt am Marienbilde hangen, Rann izt auf das Christuskind. Eine Eine junge morgenrothbestreute Silberblum' im Paradies Warst du, hehr, wie die Gebenedeite, Die dein Arm dem Volke wies! Bange Sehnsucht, banges süsses Klopfen Schauerte durch meinen Geist. Kostet' ich des Stromes einen Tropfen, Der am Stule Gottes fleusst? Trunken kniet' ich, wann der Reigen kniete, Betend, himmelan geführt, Küsste manche Knosp' und manche Blüte, Die dein wallend Kleid berührt. Lebe, lebe deine Pilgertage, Gutes Mädchen, flitterlos, Und dann komm' ein Himmelsbot', und trage Deine Seel' in Gottes Schooss! Und Und der Heiland lächl' auf seinem Throne, Wann du dich dem Throne nahst; Und Maria bringe dir die Krone, Die du oft in Träumen sahst! Gebe dir ein Lichtgewand! Vom Throne, Wo der Welten Richter thront, Weh's herüber: Frommes Mädchen, wohne, Wo die fromme Laura wohnt! Die Die künftige Geliebte. E ntschwebtest du dem Seelengefilde schon, Du süsses Mädchen? wehet das Flügelkleid Dir an der Schulter? bebt der Strauss dir Schon an der wallenden schönen Brust auf? Ein süsses Zittern zittert durch mein Gebein, Wann mir dein Bildniss lächelnd entgegen tanzt, Wann ichs auf meinem Schoosse wiege, Und an den klopfenden Busen drücke. Der Garten taumelt; rötheres Abendroth Durchströmt die Blätter, purpert die Maienluft; Wie Engelflügel niedersäuseln, Rauschet die Laube vom Kussgelispel. D An An deiner Leinwand flattert vielleicht mein Bild Dir auch entgegen, schmiegt sich an deine Brust, Und eine Sehnsuchtsthräne träufelt Ueber die seidenen Purpurblumen. Seid mir gesegnet, Thränen! Ihr flosset mir! Bald schlägt die Stunde! Ach dann entküss' ich euch Dem blauen Aug, der weissen Wange; Trinke den Taumel der Erdenwonne! An voller Quelle weil' ich, und schöpfe mir Der Freuden jede, Himmel auf Himmel mir, Sie, deren Seelen mich umschwebten, Wann ich im Haine der Zukunft träumte! Blüh' unterdessen schöner und schöner auf, Du süsses Mädchen! Leitet, ihr Tugenden, Wie eine Schaar von Schwesterengeln, Sie durch die Pfade des Erdenlebens! Ein Ein reinrer Aether lache herab auf dich! Tönt, Nachtigallen, wann sich der Abend neigt, Im Apfelbaum vor ihrem Fenster, Goldene Träum' um ihr Mädchenbette! Doch süssre Träume thaue das Morgenroth Um deine Schläfen, Träume der Serafim, Wann jener Tag dem Meer' entschimmert, Da ich dich unter den Blumen finde! Das Das Traumbild. I m jungen Nachtigallenhain, Und auf der öden Wildniss, Wo Tannenbäume Dämmrung streun, Umflattert mich das Bildniss. Es tanzt aus jedem Busch hervor, Wo Maienlämmlein grasen, Und wallt, verhüllt in leichten Flor, Auf jedem grünen Rasen. Wann mich, mit meinem Gram vertraut, Zur Stunde der Gespenster, Der liebe helle Mond beschaut, Bebts durch mein Kammerfenster, Und malt sich an die weisse Wand, Und schwebt vor meinen Blicken, Und winkt mir mit der kleinen Hand, Und lächelt mir Entzücken. Mein Mein guter Engel, sage mir, Wo Luna sie beflimmert, Und wo, von ihr berührt, von ihr! Die Blume röther schimmert. Erschaff' ihr Bild aus Morgenlicht, Ihr Kleid aus Aetherbläue, Und zeig' in jedem Nachtgesicht Mir meine Vielgetreue. Wo pflückt sie, wann der Lenz beginnt, Die ersten Maienklocken? Wo spielst du, lieber Abendwind, Mit ihren blonden Locken? O eilt, o flattert weg von ihr, Geliebte Maienwinde, Und sagt es mir, und sagt es mir, Wo ich das Mädchen finde! Christel Christel und Hannchen. Eine Schnitteridille. L indere Luft begann die müden Ernter zu kühlen, Und das Gold der sinkenden Sonn' umbebte die Aehren Und die ragenden Garben, als Schnitter Christel sein Hannchen Rief zum duftenden Busch, wo tausend ländliche Grillen Liebe zirpten und Ruh. Sie waren beide verlobet, Harrten beid' entgegen der Stunde der frohen Vermählung. Christel hatt' ihr bereits, zum Pfande der bräutlichen Treue, Eine Bibel geschenkt, und ein rothvergoldetes Psalmbuch; Und das liebende Mädchen, zur Gegengabe, dem Jüngling Einen prunkenden Hut und statliche Bräutigams¬ hemde. Von der Abendkühle des dämmernden Strauches umsäuselt, Ruhte Ruhte das glückliche Paar; indess die Schnitter und Mädchen Ihre Kleider suchten, sich haschten, und scherzten und sangen. Bald beginnet der Tag des Hochzeitkranzes, o Hannchen! Bald, bald nenn' ich dich Weib, und theile die Sorgen der Wirtschaft, Hannchen, Hannchen, mit dir! Bewehn die Winde die Stoppeln, Rötheln vom bunten Baume die Aepfel uns heller entgegen; Dann beginnet der Tag des Hochzeitkranzes, o Hannchen! Jede kommende Nacht umschwebt mich dein lächelndes Bildniss, Bald im Hochzeitgeschmuck, von rothen Bändern umflattert, Bald im Schnitterhütchen, im blauen Kranze der Ernte. Dann erwach' ich, und hasche dein Bild, und horche der Grille, Und ein Seufzer entfliegt zu deiner einsamen Hütte. Lieber Lieber Christel! lispelte Hannchen, und drückt' ihm die Hände, Und verstummt' ein Weilchen: o mehr, als Vater und Mutter, Lieb' ich dich, Christel, und will, so lang' ich athme, dich lieben! Alles wird mir so wehrt, was deine Hände berühren, Als ein Patengeschenk. Seit du mir die Bibel geschenkt hast, Les' ich so fleissig darin, und zeichne die schönen Geschichten Von Rebekka, und Rahel, und Judith, mit goldenen Bildern. Schon entstieg der freundliche Mond dem Thau¬ gewölke, Und die zitternden Weizenwogen schwammen in Silber; Da ergriffen die Schnitter die Sensen, und schäkerten Christeln Und sein erröthendes Hannchen aus ihrem trauten Geschwäze. Der Der Weiberfeind. 1771. K ein Mädchen kann mein Herz bestricken! Kein Augenpaar, Aus welchem tausend Engel blicken, Kein blondes Haar! Kein Mund, um den das Lächeln schwebet, Und keine Brust, Von dünnem Silberflor umwebet, Füllt mich mit Lust! Ein Wuchs, den Venus selber neidet, Und eine Hand, Die Persien in Perlen kleidet, Ist Kindertand! Ich Ich sollte mich darein vergaffen? Ei grossen Dank! Ich werde nicht, wie junge Laffen, Vor Liebe krank! Mir ward ein Herz von Eis beschieden, Ein Felsensinn! Drum wandl' ich auch in süssem Frieden Durchs Leben hin; Geh immer, in der Brust den Himmel, Geraden Pfad; Durchtaumle niemals das Gewimmel Der goldnen Stadt! Und trink' in meiner Weinblattlaube Den Göttersaft Der röthelnden Burgundertraube, Voll Geist und Kraft! Sollt' ich dafür in Gallaröcken, Vor Liebe krank, Der Fräulein gnädge Hände lecken? Ei grossen Dank! Sollt' Sollt' ich den Rosenkelch verlassen? Die Nachtigall? Auf eines Mädchens Winke passen, Bei Spiel und Ball? Ich würde, kämen ganze Gruppen Von Mädchen, traun! Nicht aus der Laube gehn, die Puppen Nur anzuschaun! Die Die Nonne. E s liebt' in Welschland irgendwo Ein schöner junger Ritter Ein Mädchen, das der Welt entfloh, Troz Klosterthor und Gitter; Sprach viel von seiner Liebespein, Und schwur auf seinen Knieen, Sie aus dem Kerker zu befrein, Und stets für sie zu glühen. Bei diesem Muttergottesbild, Bei diesem Jesuskinde, Das ihre Mutterarme füllt, Schwör' ichs dir, o Belinde! Dir ist mein ganzes Herz geweiht, So lang' ich Odem habe! Bei meiner Seelen Seligkeit. Dich lieb' ich bis zum Grabe! Was Was glaubt ein armes Mädchen nicht, Zumal in einer Zelle? Ach! sie vergass der Nonnenpflicht, Des Himmels und der Hölle. Die, von den Engeln angeschaut, Sich ihrem Jesu weihte, Die reine schöne Gottesbraut Ward eines Frevlers Beute. Drauf wurde, wie die Männer sind, Sein Herz von Stund' an lauer; Er überliess das arme Kind Auf ewig ihrer Trauer, Vergass der alten Zärtlichkeit Und aller seiner Eide, Und flog im bunten Gallakleid Nach neuer Augenweide; Begann mit andern Weibern Reihn Im kerzenhellen Saale, Gab andern Weibern Schmeichelein Beim lauten Traubenmahle, Und Und rühmte sich des Minneglücks Bei seiner schönen Nonne, Und jedes Kusses, jedes Blicks, Und jeder andern Wonne. Die Nonne, voll von welscher Wut, Entglüht' in ihrem Mute, Und sann auf nichts als Dolch und Blut, Und träumte nur von Blute. Sie dingte plözlich eine Schaar Von wilden Meuchelmördern, Den Mann, der treulos worden war, Ins Todtenreich zu fördern. Die boren manches Mörderschwert In seine schwarze Seele: Sein schwarzer falscher Geist entfährt, Wie Schwefeldampf der Höhle. Er wimmert durch die Luft, wo sein Ein Krallenteufel harret; Drauf ward sein blutendes Gebein In eine Gruft verscharret. Die Die Nonne flog, wie Nacht begann, Zur kleinen Dorfkapelle, Und riss den wunden Rittersmann Aus seiner Ruhestelle, Riss ihm das Bubenherz heraus, Recht ihren Zorn zu büssen, Und trat es, dass das Gotteshaus Erschallte, mit den Füssen. Ihr Geist soll, wie die Sagen gehn, In dieser Kirche weilen, Und, bis im Dorf die Hahnen krähn, Bald wimmern und bald heulen. Sobald der Seiger zwölfe schlägt, Rauscht sie an Grabsteinwänden Aus einer Gruft empor, und trägt Ein blutend Herz in Händen. Die tiefen hohlen Augen sprühn Ein düsterrothes Feuer, Und glühn, wie Schwefelflammen glühn, Durch ihren weissen Schleier. Sie Sie gafft auf das zerrissne Herz Mit wilder Rachgeberde, Und hebt es dreimal himmelwärts, Und wirft es auf die Erde; Und rollt die Augen voller Wut, Die eine Hölle blicken, Und schüttelt aus dem Schleier Blut, Und stampft das Herz in Stücken. Ein dunkler Todtenflimmer macht Indess die Fenster helle. Der Wächter, der das Dorf bewacht, Sahs oft in der Kapelle. Mailied. Mailied. D er Schnee zerrinnt, Der Mai beginnt, Die Blüten keimen Auf Gartenbäumen, Und Vogelschall Tönt überall. Pflückt einen Kranz, Und haltet Tanz Auf grünen Auen, Ihr schönen Frauen, Wo junge Main Uns Kühlung streun. Wer weiss, wie bald Die Klocke schallt, Da wir des Maien Uns nicht mehr freuen: Wer weiss, wie bald Die Klocke schallt! Drum E Drum werdet froh! Gott will es so, Der uns dies Leben Zur Lust gegeben! Geniesst der Zeit, Die Gott verleiht! An An die Ruhe. T ochter Edens, o Ruh, die du die Finsterniss Stiller Haine bewohnst, unter der Dämmerung Mondversilberter Pappeln Mit verschlungenen Armen weilst, Mit dem Schäfer am Bach flötest, der Schäferin Unter Blumen der Au singest und Kränze flichst, Und dem Schellengeklingel Ihrer tanzenden Schäfchen horchst! Wie der Jüngling die Braut liebet, so lieb' ich dich, Allgefällige Ruh! spähte dir immer nach, Bald auf duftenden Wiesen, Bald im Busche der Nachtigall! Endlich Endlich bietest du mir, Herzenerfreuerin, Deinen himmlischen Kranz, ach! und umarmest mich, Wie den flötenden Schäfer, Wie die singende Schäferin! Jeden Lispel des Baums, jedes Geräusch des Bachs, Jedes ländliche Lied, welches dem Dorf' entweht, Wandelt, Göttin, dein Oden Mir in Sfärengesangeston. Hingegossen auf Thau, blick' ich den Abendstern, Deinen Liebling, o Ruh, blick' ich den Mond hinan, Der so freundlich, so freundlich Durch die nickenden Wipfel schaut! Ruhe, lächle mir stets, wie du mir lächeltest, Als mein Knabengelock, mit der entknospeten Rosenblume bekränzet, Abendlüftchen zum Spiele flog! Keiner Keiner Städterin Reiz, weder ein blaues Aug, Noch ein kusslicher Mund, soll mich aus deinem Arm Zu den Hallen des Tanzes Locken, oder des Opernspiels! Hier bei Früchten und Milch unter dem Halmendach Weil, o Freundin, bei mir, bis du mich, an der Hand Eines lächelnden Mädchens, Edens Hütten entgegen führst. Trink¬ Trinklied im Winter. D as Glas gefüllt! Der Nordwind brüllt; Die Sonn' ist niedergesunken! Der kalte Bär. Blinkt Frost daher! Getrunken, Brüder, getrunken! Die Tannen glühn Hell im Kamin, Und knatternd fliegen die Funken! Der edle Rhein Gab uns den Wein! Getrunken, Brüder, getrunken! Der edle Most Verscheucht den Frost, Und zaubert Frühling hernieder: Der Trinker sieht Den Hain entblüht, Und Büsche wirbeln ihm Lieder! Er Er hört Gesang Und Harfenklang, Und schwankt durch blühende Lauben; Ein Mädchenchor Rauscht schnell hervor, Und bringt ihm goldene Trauben! Saus' immerfort, O Winternord, Im schneebelasteten Haine! Nur streu dein Eis, O lieber Greis, In keine Flaschen mit Weine! Der stolzen Frau Färb braun und blau Den Kamm, der adlich ihr schwillet! Nur musst du fliehn Den Hermelin, Der junge Busen verhüllet! Lied Lied eines Mädchens auf den Tod ihrer Gespielin. V ier trübe Monden sind entflohn, Seit ich getrauert habe; Der falbe Wermut grünet schon Auf meiner Freundin Grabe. Da horch' ich oft im Mondenglanz Der Grillen Nachtgesange, Und lehn' an ihren Todtenkranz Die bleichgehärmte Wange. Da siz' ich armes armes Kind Im kalten Abendhauche; Und manche Sehnsuchtsthräne rinnt Am falben Wermutstrauche. Der Flieder und die Linde wehn Mir bange Seelenschauer, Und hohe düstre Schatten gehn Rings an der Kirchhofmauer, Die Die Kirchenfenster regen sich, Es regen sich die Klocken. Es glänzt! es glänzt! Ach! seh' ich dich Mit deinen hellen Locken? Der Mond ists, so der Wolk' entrollt, Ins Kirchenfenster schimmert, Am rothen Band', am Flittergold Der Todtenkränze flimmert! O komm zurück! o komm zurück Von deines Gottes Throne! O komm auf einen Augenblick In deiner Siegerkrone! In deinem neuen Engelreiz Erscheine mir, erscheine, Die ich, gelehnt ans schwarze Kreuz, Auf deinem Grabe weine! Die Die Liebe. 1773. E ine Schale des Harms, eine der Freuden wog Gott dem Menschengeschlecht; aber der lastende Kummer senket die Schale; Immer hebet die andre sich. Irr und trauriges Tritts wanken wir unsern Weg Durch das Leben hinab, bis sich die Liebe naht, Eine Fülle der Freuden In die steigende Schale geusst. Wie dem Pilger der Quell silbern entgegen rinnt, Wie der Regen des Mais über die Blüten träuft, Naht die Liebe: des Jünglings Seele zittert, und huldigt ihr! Nähm' Nähm' er Kronen und Gold, misste der Liebe? Gold Ist ihm fliegende Spreu; Kronen ein Flittertand; Alle Hoheit der Erde, Sonder herzliche Liebe, Staub! Loos der Engel! Kein Sturm trübet die Heiterkeit Seiner Seele! Der Tag hüllt sich in lichter Blau; Kuss und Flüstern und Lächeln Flügelt Stunden an Stunden fort! Herscher neideten ihn, kosteten sie des Glücks, Das dem Liebenden ward; würfen den Königsstab Aus den Händen, und suchten Sich ein friedliches Hüttendach. Unter Rosengesträuch lispelt ein Quell, und mischt Zum begegnenden Bach Silber. So strömen flugs Seel' und Seele zusammen, Wenn allmächtige Liebe naht. An An einen Freund, der sich in ein schönes Landmädchen verliebte. Ne sit ancillae tibi amor pudori. Horat . W as schämst du dich, dass du die Hanne liebest, Die dir dein Genius beschert? Sie ist es wehrt, dass du ihr Küsse giebest; Das schlanke Mädchen ist es wehrt! Sie hat kein Gold, womit das Fräulein pralet, Und keine lange Ahnenschaft; Doch ist sie schön, wie man die Engel malet, Bescheiden, edel, tugendhaft. Sie ist nicht stolz, wie die nach Standsgebühren Geehrten Fräulein oder Fraun, Die auf uns Sünder, die das Von nicht führen, Mit hoher Nase niederschaun; Ver¬ Verleumdet nicht, und spielt nicht die Kokette, Wird durch kein leer Gewäsch entzückt; Schläft ruhig ein, und springt aus ihrem Bette, So bald die Sonn' ins Fenster blickt. Sie singt, beim Ramen und beim Spinnerocken, Ein weltlich oder geistlich Lied, Die Morgenhaub' um ihre blonden Locken, Bis ihre stille Traur entflieht. Die Dame selbst würd' aus dem goldnen Wagen Nach deiner lieben Hanne sehn, Und knirschend sich den platten Busen schlagen, Und seufzen: Sie ist wahrlich schön! Ja, sie ist schön! Der ganze Mai umschwebet Ihr weisses lächelndes Gesicht; Ihr Busen bebt, wie eine Blume bebet, Die eben aus der Knospe bricht. Die Die Sittsamkeit flieht goldne Fürstensäle, Und liebt die niedern Hütten nur. Ich selber, wenn ich mir ein Mädchen wähle, Ich such' es auf der Schäferflur. An An den Mond. G euss, lieber Mond, geuss deine Silberflimmer Durch dieses Buchengrün, Wo Fantasein und Traumgestalten immer Vor mir vorüberfliehn! Enthülle dich, dass ich die Stätte finde, Wo oft mein Mädchen sass, Und oft, im Wehn des Buchbaums und der Linde, Der goldnen Stadt vergass! Enthülle dich, dass ich des Strauchs mich freue, Der Kühlung ihr gerauscht, Und einen Kranz auf jeden Anger streue, Wo sie den Bach belauscht! Dann, lieber Mond, dann nim den Schleier wieder, Und traur' um deinen Freund, Und weine durch den Wolkenflor hernieder, Wie dein Verlassner weint! An An Dafnens Kanarienvogel. 1772. L iebes Vögelein, ach! wie ruhig schläfst du, Dein gesunkenes Köpflein unterm Fittig; Träumst Gesänge des Tages, pickst aus Dafnens Schönen Händen ein Stücklein Zucker, oder Was vor herliche Träume dich umgaukeln! Neidenswehrter, ach! zehnmal neidenswehrter Ist, o Vogel, dein Schicksal, als das meine! Nie umflattert des Schlummers Rosensittig Diese weinenden Augen! Dafne klopfet Mir in jeglichem Puls; und fern ist Dafne! O verwandelten mich die guten Götter In dies Vögelein! O wie wollt' ich zwitschernd Dafnens wallender Brust entgegenflattern, Auf dem Strausse mich wiegen, und vom Kranze Ihrer Locken ein Minneliedchen flöten! In In die Saiten des Flügels wollt' ich girren, Wann ihr fliegender kleiner Finger spielte, Bis ihr Mündlein mit einem Kuss mir dankte! Dann, dann würd' ich mit keinem Sultan tauschen, Wenn auch hundert der schönsten Landesjungfraun Um die Ehre des seidnen Schnupftuchs buhlten! Traun, dann würden die Götter samt und sonders Mich im hohen Olimp ein wenig neiden! F Der Der rechte Gebrauch des Lebens. W er hemmt den Flug der Stunden? Sie rauschen hin Wie Pfeile Gottes! Jeder Sekundenschlag Reisst uns dem Sterbebette näher, Näher dem eisernen Todesschlafe! Dir blüht kein Frühling, wann du gestorben bist; Dir weht kein Schatten, tönet kein Becherklang; Dir lacht kein süsses Mädchenlächeln, Strömet kein Scherz von des Freundes Lippe! Noch rauscht der schwarze Flügel des Todes nicht! Drum hasch die Freuden, eh sie der Sturm verweht, Die Gott, wie Sonnenschein und Regen, Aus der vergeudenden Urne schüttet! Ein Ein froher Abend, welchen der heitre Scherz Der Freundschaft flügelt, oder das Deckelglas; Ein Kuss auf deines Mädchens Wangen, Oder auf ihren gehobnen Busen; Ein Gang im Grünen, wann du, o Nachtigall, Dein süsses Mailied durch die Gesträuche tönst, Wägt jeden Kranz des Nachruhms nieder, Den sich der Held und der Weise wanden! Der Kuss, den mir die blühende Tochter giebt, Ist süsser, als die Küsse der Enkelin, Die sie dem kalten Hügel opfert, Wo ich den eisernen Schlummer schlafe. Die Die Seligkeit der Liebenden. 1776. B eglückt, beglückt, wer die Geliebte findet, Die seinen Jugendtraum begrüsst, Wenn Arm um Arm, und Geist um Geist sich windet, Und Seel' in Seele sich ergiesst, Die Liebe macht zum Goldpalast die Hütte, Streut auf die Wildniss Tanz und Spiel, Enthüllet uns der Gottheit leise Tritte, Giebt uns des Himmels Vorgefühl! Sie macht das Herz der Schwermut frühlingsheiter; Sie bettet uns auf Rosenaun; Und hebet uns auf eine Himmelsleiter, Wo wir den Glanz der Gottheit schaun. Sie Sie giebt dem Kranz des Morgens hellre Röthe, Und lichter Grün dem Schattenwald, Und süssern Klang der späten Abendflöte, Die aus des Dorfes Büschen schallt. Die Liebenden sind schon zu bessern Zonen Auf Flügeln ihrer Lieb' erhöht, Empfahen schon des Himmels goldne Kronen, Eh ihr Gewand von Staub verweht. Sie kümmern sich um keine Erdengüter, Sind sich die ganze weite Welt, Und spotten dein, du stolzer Weltgebieter, Vor dem der Erdkreis niederfällt. Sanft hingeschmiegt auf seidne Frühlingsrasen, Auf Blumen eines Quellenrands, Verlachen sie die bunten Seisenblasen Des lieben leeren Erdentands. Ein Ein Druck der Hand, der durch das Leben schüttert, Und eines Blickes Trunkenheit, Ein Feuerkuss, der von der Lippe zittert, Giebt ihnen Engelseligkeit. Ein Blick der Lieb’, aus dem die Seele blicket, In dem ein Engel sich verklärt, Ein süsser Wink, den die Geliebte nicket, Ist tausend dieser Erden wehrt. Ein Herzenskuss, den selber Engel neiden, Küsst ihren Morgenschlummer wach; Ein Reihentanz von ewigjungen Freuden Umschlingt den lieben langen Tag. Ein süsser Schlaf sinkt auf ihr keusches Bette, Wie auf die Lauben Edens sank. Kein Endlicher misst ihrer Freuden Kette, Wer nicht den Kelch der Liebe trank. An An den Mond. W as schauest du so hell und klar Durch diese Apfelbäume, Wo einst dein Freund so selig war, Und träumte süsse Träume? Verhülle deinen Silberglanz, Und schimmre, wie du schimmerst, Wenn du den frühen Todtenkranz Der jungen Braut beflimmerst! Du blikst umsonst so hell und klar In diese Laube nieder; Nie findest du das frohe Paar In ihrem Schatten wieder! Ein schwarzes feindliches Geschick Entriss mir meine Schöne! Kein Seufzer zaubert sie zurück, Und keine Sehnsuchtsthräne! O O wandelt sie hinfort einmal An meiner Ruhestelle, Dann mache flugs mit trübem Stral Des Grabes Blumen helle! Sie seze weinend sich aufs Grab, Wo Rosen niederhangen, Und pflücke sich ein Blümchen ab, Und drück' es an die Wangen. Der Der Tod. S tärke mich durch deine Todeswunden, Gottmensch, wann die seligste der Stunden, Welche Kronen auf der Wage hat, Meinem Sterbebette naht! Dann beschatte mich, o Ruh, mit linden Stillen Flügeln! Geister meiner Sünden, Nahet euch dem Sterbelager nicht, Wo mein schwimmend Auge bricht! Du mein Engel, komm von Gottes Throne, Bringe mit die helle Siegerkrone, Wehe Himmelsluft und Engelsruh Mir mit deiner Palme zu! Leite Leite mich auf tausend Sonnenwegen Jenem Engelparadies' entgegen, Wo die Gute, welche mich gebar, Schon so lange glücklich war; Wo die jungen Geister meiner Brüder Unter Blumen spielen, süsse Lieder In die Lauten singen, jung und schön Zwischen Engeln um mich stehn! Wohnt' ich doch, von diesem Erdgewimmel Schon entfernt, in eurem Freudenhimmel, Theure Seelen! Kniet' ich, kniet' ich schon An des Gottversöhners Thron! Apoll Apoll und Dafne. 1770. A poll, der gern nach Mädchen schielte, Wie Dichter thun, Sah einst im Thal, wo Schatten kühlte, Die Dafne ruhn. Er nahte sich mit Stuzertritten, Mit Ach und O, Als Dafne schnell mit Zefirschritten Dem Gott entfloh. Sie flog voran; Apollo keuchte Ihr hizig nach, Bis er die Schöne fast erreichte Am Silberbach. Da Da rief sie: Rettet mich, ihr Götter! Die Thörin die! Zeus winkt, und starre Lorberblätter Umfliegen sie. Ihr Füsschen, sonst so niedlich, wurzelt Im Boden fest; Apollo kömmt herangepurzelt, Und schreiet: Pest! Dann lehnt er seine feuchten Wangen Ans grüne Holz: Jüngst eine Nimfe, sein Verlangen, Der Nimfen Stolz! Er girrt ein Weilchen, sinnt, und pflücket Sich einen Kranz‚ Der seine blonde Scheitel schmücket Bei Spiel und Tanz. Du Du arme Dafne! Tausend pflücken Nun Kränze sich Von deinen Haaren, sich zu schmücken! Du daurest mich! Die Krieger und die Dichter zausen In deinem Haar, Wie Stürme, die den Wald durchbrausen! Die Köche gar! Ja ja, die braunen Köche ziehen Dir Locken aus, Zum lieblichen Gewürz der Brühen Beim Hochzeitsschmaus! Lasst, Mädchen, euch dies Beispiel rühren, Das Warnung spricht, Und flieht, so lang' euch Reize zieren, Uns Dichter nicht! Mai¬ Maigesang. Sweet lovers love the spring. Shakespear. R öther färbt sich der Himmel; Aus der goldenen Wolke Thaun der Mai und die Liebe Segen auf die enteiste Flur. Sein allmächtiges Lächeln Giebt dem Strauche die Blätter, Giebt dem Baume die Knospen, Und dem Haine den Lenzgesang. Seinen Tritten entwimmeln Grüne duftende Kräuter, Tausenfarbige Blumen, Purpur, Silber und lichtes Gold. Seine Seine Tochter, die Liebe, Baut dem Vogel die Nester, Paaret Blumen und Blüten, ührt dem Manne die Männin zu. Liebe säuseln die Blätter, Liebe duften die Blüten, Liebe rieselt die Quelle, Liebe flötet die Nachtigall. Lauben klingen von Gläsern, Lauben rauschen von Küssen Und von frohen Gesprächen, Und vom Lächeln der Liebenden. Ringsum grünen die Hecken, Ringsum blühen die Bäume, Ringsum zwitschern die Vögel, Ringsum summet das Bienenvolk. Roth Roth und Grün ist die Wiese, Blau und golden der Aether, Hell und silbern das Bächlein, Kühl und schattig der Buchenwald. Heerden klingeln im Thale, Lämmer blöcken am Bache, Und die Flöte des Hirten Weckt den schlummernden Abendhain. Nachtigallen, ihr wirbelt Auf das Lager des Jünglings, Welches Maien umduften, Goldne Träume von Kuss und Spiel! Träumend spielt er mit Laurens Weissem bebenden Busen. Küsst den bebenden Busen, Und den rosigen süssen Mund. Laura. Laura . 1772. K ein Blick der Hoffnung heitert mit trübem Licht Der Seele Dunkel! Nimmer, ach nimmer wird Dein Auge, Laura, meinem Auge Wieder begegnen, und Liebe sprechen! Dein ehrner Fusstritt hallte mir oft, o Tod! In meiner Kindheit tagender Dämmerung, Und manche Mutterthräne rann mir Auf die verblühende Knabenwange. Komm endlich, Tröster, welcher den Sterblichen Die Ketten ablöst, komm und entfessle mich, O Wonnetod! Dann schweb' ich Lauren, Lauren entgegen, und bin ihr Engel! G Du Du sollst getröstet werden, du Weinender! Ruft, Palmen tragend, freundlich um Mitternacht Der Tod; mir schallt der Sterbeklocke Dumpfes Geläut, und des Grabes Schaufel. Bald schweb' ich schüzend, Wonne mir! Wonne mir! Um meine Laura; ströme, wo Laura kniet, Anbetung über sie und Andacht, Wann sie vom Kelche des Bundes trinket; Und süssre Schauer, Schauer der Serafim Am Throne Gottes, wann sie den Preisgesang, Vom Maienfrühroth angelächelt, Aus dem begeisterten Herzen tönet! Im Mondenschimmer folg' ich der Denkerin Durch deine Kühlung, duftende Frühlingsnacht; Und decke, sinkt ihr Aug' in Schlummer, Sie mit verbreitetem sanftem Flügel. Im Im Morgenschimmer weh' ich den frommen Traum Von ihrer Stirn', und führe zum Garten sie, Im Thau durch Blumenbeet' und Blüten, Froh des Gesanges umher, zu wandeln! Des schönen Busens Wallung, des blauen Augs Bethräntes Wonnelächeln bei edler That, Dankt mir, und unter Himmelspalmen Künftig ein Kuss von dem Rosenmunde! Klage Klage . D ein Silber schien Durch Eichengrün, Das Kühlung gab, Auf mich herab, O Mond, und lachte Ruh Mir frohen Knaben zu. Wenn izt dein Licht Durchs Fenster bricht, Lachts keine Ruh Mir Jüngling zu, Siehts meine Wange blass, Mein Auge thränennass. Bald, lieber Freund, Ach bald bescheint Dein Silberschein Den Leichenstein, Der meine Asche birgt, Des Jünglings Asche birgt! An An Voss . 1773. K limme mutig den Pfad, Bester, den Dornenpfad Durch die Wolken hinauf, bis du den Stralenkranz, Der nur weiseren Dichtern Funkelt, dir um die Schläfe schlingst. Heisser liebe durch dich Enkel und Enkelin Gott und seine Natur, herzliche Brudertreu, Einfalt, Freiheit und Unschuld, Deutsche Tugend und Redlichkeit. Stilles Trittes, o Voss, wandelt indess dein Freund Durch Gefilde der Ruh, lauschet der Nachtigall Und der Stimme des leisen Mondbeschimmerten Wiesenborns; Singt Singt den duftenden Hain, welchen das Morgenroth Ueberflimmert mit Gold', oder den Frühlingsstrauss, Der am Busen des Mädchens, Mildgeröthet vom Abend, bebt. Mir auch weinet, auch mir, Wonne! das Mädchen Dank, Küsst mein zärtliches Lied, drückt es an ihre Brust, Seufzt: Du redlicher Jüngling, Warum barg dich die Gruft so früh! Auf¬ Aufmunterung zur Freude. W er wollte sich mit Grillen plagen, So lang' uns Lenz und Jugend blühn? Wer wollt' in seinen Blütentagen Die Stirn' in düstre Falten ziehn? Die Freude winkt auf allen Wegen, Die durch dies Pilgerleben gehn; Sie bringt uns selbst den Kranz entgegen, Wann wir am Scheidewege stehn. Noch rinnt und rauscht die Wiesenquelle; Noch ist die Laube kühl und grün; Noch scheint der liebe Mond so helle, Wie er durch Adams Bäume schien! Noch Noch macht der Saft der Purpurtraube Des Menscheu krankes Herz gesund; Noch schmecket in der Abendlaube Der Kuss auf einen rothen Mund! Noch tönt der Busch voll Nachtigallen Dem Jüngling hohe Wonne zu; Noch strömt, wenn ihre Lieder schallen, Selbst in zerrissne Seelen Ruh! O wunderschön ist Gottes Erde, Und wehrt darauf vergnügt zu sein! Drum will ich, bis ich Asche werde, Mich dieser schönen Erde freun! Ballade. Der Traum. M ir träumt', ich war ein Vögelein, Und flog auf ihren Schooss, Und zupft' ihr, um nicht lass zu sein, Die Busenschleifen los; Und flog mit gaukelhaften Flug, Dann auf die weisse Hand, Dann wieder auf das Busentuch, Und pickt' am rothen Band. Dann schwebt' ich auf ihr blondes Haar, Und zwitscherte vor Lust, Und ruhte, wann ich müde war, An ihrer weissen Brust. Kein Veilchenbett' im Paradies Geht diesem Lager vor. Wie schlief sichs da so süss, so süss, An ihres Busens Flor! Sie Sie spielte, wie ich tiefer sank, Mit leisem Fingerschlag, Der mir durch Leib und Leben drang, Mich frohen Schlnmmrer wach; Sah mich so wunderfreundlich an, Und bot den Mund mir dar: Dass ich es nicht beschreiben kann, Wie froh, wie froh ich war. Da trippelt' ich auf einem Bein, Und hatte so mein Spiel, Und spielt' ihr mit dem Flügelein Die rothe Wange kühl. Doch ach! kein Erdenglück besteht, Es sei Tag oder Nacht! Schnell war mein süsser Traum verweht, Und ich war aufgewacht. Leander Leander und Ismene. Erste Ballade. S eit Adam in den Apfel biss, Glich unter allen Schönen, Hier unterm Mond, das ist gewiss, Kein Mutterkind Ismenen. Sie war nur eben achzehn Jahr, Ein Mädchen zum Entzücken, Mit runder Brust und blondem Haar, Und Adel in den Blicken. Ihr Wuchs, voll Reiz und Majestät, War gleich der schlanken Maie; Die Wange junger Rosen Röth', Ihr Auge Himmelbläue. Der Mund, ein blühend Paradies, War sonder alle Mängel; Und wann sie sang, so klangs so süss, Als säng' ein heilger Engel. Die Die holde Schöne, denkt einmal, That aber arge Thaten, Und muss vielleicht im Pful der Qual Izt kochen oder braten: Sie hexte Froschleich, Russ und Haar Ins Butterfass des Küsters, Und zauberte voll Finnen gar Die Schweine des Magisters. Sie knüpfte manchem Ehepaar Den Nestel als ein Meister, Und rief, wanns ihr gefällig war, Ein Rudel Höllengeister; Ritt, troz den besten Postkurier, Auf ihrem Besenstiele, Und übergab den Winden ihr Geringelt Haar zum Spiele. Sie tanzte stets am ersten Mai, Mit Blumen in den Locken, Den weissen Busen schleierfrei, Im Reigen auf dem Brocken. Daun Dann pflag der alte Satanas Den süssen Herrn zu spielen, Und wann sie stand, und wann sie sass, Nach ihrer Brust zu schielen. Begierig küsst' er ihre Hand, Als wollt' ers Händchen fressen, Und konnt' am schwarzen Feuerstrand Die Schöne nicht vergessen, Sandt' ihr so manches Billet doux Durch seinen Hoflakaien, Schloss kaum die Augenwimper zu, Und träumte schon vom Freien. Allein Ismene lachte nur Des grämlichen Pedanten, Und suchte sich, bald auf der Flur, Bald in der Stadt, Amanten. Sie sah einmal am Wiesenbach, Wo manches Blümchen keimte, Leandern, der im Schatten lag, Und süsse Träume träumte. Er Er träumte von der Adelheid, Mit der er sich versprochen, Daneben von der Seligkeit Der ersten Flitterwochen. Es sollte schon die Priesterhand Ihn am Altar beglücken; Es schwebten Kranz und Brautgewand Im Traum vor seinen Blicken. Die Jungfraun flochten schon am Kranz, Und übten sich zum Reigen; Es tönten schon zum Hochzeitstanz Die Flöten und die Geigen. Was meint ihr wohl? Die Unholdin Trat vor den schönen Schläfer, Zupft' ihn am Ohr' und vorn am Kinn, Und rief: Wach auf, mein Schäfer! Sie hatte seines Mädchens Bild Und Kleidung angenommen. Leander ward mit Freud' erfüllt, Und stotterte Willkommen. Er Er nannte sie: Mein lieber Schaz, Mein Engelchen, mein Kindchen! Und gab ihr manchen Feuerschmaz Aufs kleine rothe Mündchen. Sie gingen endlich, Hand in Hand, Der Kühlung zu geniessen, Zum Wald'; ein schöner Wagen stand Schnell neben ihren Füssen; Ein Kutscher, mit beseztem Rock Und grämlicher Geberde, Sass majestätisch auf dem Bock, Und lenkte stolz die Pferde. Der Wagen war von Helfenbein, Besezet mit Opalen. Kein Gallawagen ist so fein; Die Zaubrin konnts bezahlen! Sie stiegen in den Faeton; Drauf rasselten die Schimmel Stracks über Stock und Stein davon Mit donnerndem Getümmel. Bald Bald flogen sie gar himmelan, Ein Wunder anzuschauen! Leandern, wie man denken kann, Begonn darob zu grauen. Wir wollen, wenn es euch beliebt, Die Leute fliegen lassen, Und morgen, so Gott Leben giebt, Den Rest in Reime fassen. Leander Leander und Ismene. Zweite Ballade. D er Wagen fuhr auf gutes Glück, Bis dass der Himmel graute, Und man beim ersten Sonnenblick Ein grünes Eiland schaute. Es lag im Süderozean Seit lieben langen Jahren, Wo weder Cook noch Magellan Noch Dampier gefahren. Sie traten in ein Paradies, Wo Freud' und Wollust lauschte, In jedem Frühlingslüftchen blies, In jeder Quelle rauschte. Das war euch traun ein Luftgefild! Rings lachten bunte Flächen, Rings zitterte das goldne Bild Der Sonn' in hundert Bächen. Die H Die Weste flüsterten vertraut Und raubten jungen Veilchen, Wie der Geliebte seiner Braut, Auf jeder Wiese Mäulchen. Es blühte rings im Zauberglanz Die Hiazint' und Rose; Es trug und blühte Pomeranz' Und Pfirsch' und Aprikose. Musik entströmte sonder Rast Den kühlen Rebenlauben; Es herzten sich auf jedem Ast Verliebte Turteltauben. Es sprang, poz Stern, da möcht' ich sein! Im Schatten grüner Hecken, Der feurigste Burgunderwein, In weite goldne Becken. Es ragt' ein prächtiger Pallast, Erbauet aus Türkisen, Mit Gold' und Perlen eingefasst, Auf angenehmen Wiesen. Die Die Treppen waren aus Achat; Die weiten Flügelthüren, Durch die man in den Pallast trat, Aus blizenden Saffiren. Das Dach und auch der Wetterhahn, Wie leichtlich zu erachten, Von feinem Gold' aus Hindostan, Besezet mit Smaragden. Ein wunderbares Feienschloss, Bei welchem sonder Zweifel, Der es erbaut, viel Schweiss vergoss, Gott sey bey uns, der Teufel! Ein grosser tapezirter Saal Ging mitten durchs Gebäude, Mit Schildereien ohne Zahl: Die schönste Augenweide! Von Rafael und Tizian, Hier eine nackte Lede, Dort Vater Zeus mit ihr als Schwan In einer Liebesfehde; Der Der Grossultan, der Perser Schach, Im Zirkel ihrer Frauen; Ein lustig Karnevalgelag, Gar lieblich anzuschauen; Der Muselmänner Himmelreich Voll niedlicher Figuren; Ein grüner Wald, im Wald' ein Teich Voll Badeposituren. Sie lebten hier als Frau und Mann Am grünen Meergestade, Und tranken, wenn der Tag begann, Bald Thee, bald Schokolade; Und hielten im Gemäldesaal, Von dem wir euch erzählten, Das Frühstück und das Mittagsmahl, Dem keine Reize fehlten. Die Speisen kamen auf den Wink Der Unholdin von selber: Es flogen, wann sie schellte, flink Gebratne Tauben, Kälber, Kapaun Kapaun' und Hasen auf den Tisch, Lampreten und Forellen, Und ein possierliches Gemisch Von Austern und Sardellen. Nicht minder kam anf ihr Gebot Viel Backwerk angeflogen, Pasteten, Torten, Mandelbrot, Dass sich die Tafeln bogen. Das grosse goldne Deckelglas, Gefüllet mit Tockaier, Goss ihre Kehlen weidlich nass, Und in die Adern Feuer. Sie spielten alle Nachmittag, Nach eingenommnem Mahle, In einer Sommerlaube Schach, Und assen kalte Schale; Und gingen, wann das Abendroth Durch ihre Laube blinkte, Zum Pallast, wo das Abendbrot In goldnen Schüsseln winkte. Sie Sie irrten, wann der Mondenschein Den Wald mit Silber deckte, Vertraulich durch den Mirtenhain, Wo mancher Vogel heckte, Und sezten sich auf zartes Grün, Bedeckt von Mirtenästen, Durch die der schöne Vollmond schien, Umscherzt von lauen Westen. Sie ruhten, Brust an Brust gedrückt, Und was sie weiter thaten — Der schöne Vollmond hats erblickt; Ich kann es nicht errathen! Ein süsses klatschendes Getön Scholl aus den Mirtenbüschen; Die Vögel sangen wunderschön Ein Minnelied dazwischen. Der West, der im Gesträuche war, Goss einen Blütenregen Voll Abendduft, bald um ihr Haar, Bald ihrer Brust entgegen. Sie Sie trippelten mit trübem Blick, Und Gras und Staub in Haaren, Nach ihrem Zauberschloss zurück, Wo weichre Polster waren; Und lasen, wann sie sich gesezt, Zur Zeit des Schlafenlegens, Rosts schöne Nacht zu guter lezt, Anstatt des Abendsegens; Und schlüpften, wenn sie dies vollbracht, Zum Ruhekabinette. Wir wünschen ihnen gute Nacht, Und gehen auch zu Bette. Leander Leander und Ismene. Dritte Ballade. S o lebten dort auf ihrer Burg, Wie wir erzählt, die beiden, Den Mai und Junius hindurch, In Herlichkeit und Freuden; Sie schwammen hier in Ueppigkeit Bis über beide Ohren; Doch endlich floh die Trunkenheit, Worin sie sich verloren. Er hatte sich mit Zuckerbrot Den Magen überladen, Ward bleich und hager wie der Tod, Ihm schwanden Mut und Waden. Sein Auge, wie Vergissmeinnicht, Erlosch und wurde dunkel; Er trug im kupfrigen Gesicht Rubinen und Karfunkel. Die Die Küsse, Weine, das Konfekt, Die Zuckerbissen alle, Wonach er sonst den Mund geleckt, Verkehrten sich in Galle. Der Vögel buhlerisch Konzert, Das er, in Luft verloren, Mit solcher Wonne jüngst gehört, Mistönte seinen Ohren. Nun floh er, mehr als Tod und Grab, Den Pallast und Ismenen, Und ging am Ufer auf und ab, Und weinte stille Thränen. O liebe, liebe Adelheid! So rief er sonder Ende: Der ich mein treues Herz geweiht! Und rang die welken Hände. Wie magst du, gute Seele, wohl Leanders Angedenken, Mit lautem Schluchzen, einen Zoll Getreuer Thränen schenken! O O könnt' ich dir den Thränenguss, Dem Kerker hier entrissen, Durch einen reuevollen Kuss Von deiner Wange küssen! O welcher Unstern! wehe mir! Das Mastvieh war geschlachtet, Der Pfarrer hatte die Gebühr, Wonach er lang geschmachtet! Wir waren schon, ich armer Mann! Schon zweimal aufgeboten, Und dachten wahrlich nicht daran, Was uns vor Wetter drohten. Schon ging mit manchem bunten Band Am Hut der Hochzeitbitter Im Dorf herum; der Musikant Probirte schon die Zitter. Die Speisen, die wir angeschafft, Sind nun schon Iängst verdorben. Mein Liebchen ist wohl, hingerafft Von Schwermut, gar gestorben. Den Den guten Göttern musste dies Nun wohl zu Herzen gehen. Drum flog ein Schiff heran, und liess Die Flagge statlich wehen. Der Schifpatron nahm ihn an Bord, Und bracht' in wenig Stunden Ihn wohlbehalten an den Ort, Da ihn Ismene funden. Ismene stand versteinert da, Als sie am Horizonte Die aufgeschwollnen Segel sah, Und es nicht wehren konnte; Zerriss die Haare, weinte sich Die Wangen bleich und hager, Und wand die Hände jämmerlich Auf dem verwaisten Lager. Sie ritt mit thränendem Gesicht Auf ihrem Besenstiele Viel Länder durch, und fand ihn nicht, Und ritt sich manche Schwiele, Und Und ward, wie männiglich bekannt, Nach vielen Abentheuern, Zulezt elendiglich verbrannt Zu Ingolstadt in Baiern. Die Die Schale der Vergessenheit. Eine Schale des Stroms, welcher Vergessenheit Durch Elisiums Blumen rollt, Bring, o Genius, bring deinem Verschmachtenden! Dort, wo Faons die Sängerin, Dort, wo Orfeus vergass seiner Euridice, Schöpf den silbernen Schlummerquell! Ha! dann tauch' ich dein Bild, spröde Gebieterin, Und die lächelnden Lippen voll Lautenklanges, des Haars schattige Wallungen, Und das Beben der weissen Brust, Und den siegenden Blick, der mir im Marke g uckt, Tauch' ich tief in den Schlummerquell! An An Miller. M iller, denk' ich des Tags, welcher uns scheiden wird, Fasst der Donnergedanke mich; Dann bewölkt sich mein Blick, starret zur Erd' hinab, Schaut nur Bilder der Traurigkeit. Ernst, mit finsterer Stirn, wandelt die Stunde her, Die mich fernet von meinem Freund, Wandelt ernster, und schnell fliegt der gezuckte Dolch In mein blutendes Herz hinab. Eh dem Baume das Laub röthlich und gelb entweht, Kommt der finstere Scheidetag, Stürmt die Freunde hinweg, zucket und stürzt den Dolch In mein blutendes Herz hinab. Wann nun wieder den Baum schattendes Grün umrauscht, Irr' ich einsam von Strauch zu Strauch: Vor des Einsamen Blick schliessen sich Blumen zu, Und die rieselnde Quelle weint, Und Und vom Nachtigallbusch tönet mir Seufzerlaut. Ach die Seelen der Abende, Die uns Freunden entflohn, sammeln sich dann um mich, Schön und lächelnd wie Serafim, Und die Bilder der Ruh, welche die Frühlingsnacht Auf uns Glückliche niedergoss, Deines trauten Gesprächs werd' ich und Freundesblicks Dann begehren; und ach umsonst! Deines Tugendgesangs, welcher mich himmelan Oft geflügelt; und ach umsonst! In den Lauben des Mais, funkelt der Abendstern Durch die Blüten, der oft belauscht Unsrer Herzen Erguss, werd' ich dich spähn, den Arm Nach dir strecken; und ach umsonst! Nicht der flammende Wunsch, nicht der bethränte Blick Bringt dich wieder in meinen Arm; Und mein Klagegesang ruft der Vergangenheit, Bis mich hüllet die Rasengruft. Und die hüllet mich bald! Lispelt das Rebengrün, Wo du horchest der Nachtigall, Zittert Zittert eine Gestalt, dämmernd in mildem Glanz, Leises Fluges vor dir vorbei, Winkt und lächelt dir zu; Miller, es ist dein Freund! Durch die Blumen des Gartenbeets Weht der Schatten dahin: Ahndung durchbebt dein Herz, Und du schauerst vom Rasen auf, Wandelst näher, und brichst, freudiger Wehmut voll, Dir die Blume, die, wankend noch Von des fliehenden Freunds Schimmergewand', im Thau Seiner rinnenden Zähre glänzt. Er- Erinnerung. W ie war ich doch so wonnereich, Dem Kaiser und dem König gleich, In meinen Minnejahren, Als Julia, das schönste Kind, Schön, wie die lieben Engel sind, Und ich beisammen waren! Ich sah sie, wann die Vögelein Des Morgens trillerten im Hain, Im leichten Frühlingskleide, Bald vor dem offnen Fenster stehn, Bald durch den grünen Anger gehn, Ach Gott, mit welcher Freude! Ich sah sie, wann der Abend floh, Der linden Maienkühle froh, Im kleinen Blumengarten, Wie Eva vor dem Sündenfall, Begrüsset von der Nachtigall, Der Frühlingsblumen warten. I Sie Sie gab mir manchen süssen Blick, Zog niemals ihre Hand zurück, Wann ich die Hand ihr drückte; Sah immer aus, wie Milch und Blut, War immer froh und wohlgemut, So oft ich sie erblickte. Wie war ich doch so wonnereich, Dem Kaiser und dem König gleich, In meinen Minnejahren, Als Julia, das schönste Kind, Schön, wie die lieben Engel sind, Und ich beisammen waren. Der Der Kuss. U nter Blüten des Mais spielt' ich mit ihrer Hand, Koste liebelnd mit ihr, schaute mein schwebendes Bild im Auge des Mädchens, Raubt' ihr bebend den ersten Kuss. Zuckend fliegt nun der Kuss, wie ein versengend Feur, Mir durch Mark und Gebein. Du, die Unsterblichkeit Durch die Lippen mir sprühte, Wehe, wehe mir Kühlung zu! Früh¬ Frühlingslied. D ie Luft ist blau, das Thal ist grün, Die kleinen Maienklocken blühn, Und Schlüsselblumen drunter; Der Wiesengrund Ist schon so bunt, Und malt sich täglich bunter. Drum komme, wem der Mai gefällt, Und freue sich der schönen Welt Und Gottes Vatergüte, Die solche Pracht Hervorgebracht, Den Baum und seine Blüte. Das Das Traumbild. G eliebtes Bild, das mir mit Feurentzücken Die Seele füllt! Wann werd' ich dich an meinen Busen drücken, Geliebtes Bild? Wann mich am Bach', im Wehn der Pappelweide, Der Schlaf umwallt, Erscheinst du mir im weissen Abendkleide, Du Lichtgestalt! Du flatterst oft in früher Morgenstunde Durch mein Gemach, Und küssest mich mit deinem rothen Munde Vom Schlummer wach. Lang Lang glaub' ich noch den Herzenskuss zu fühlen, Der mich entzückt, Und mit dem Strauss' an deiner Brust zu spielen, Der mir genickt. Jezt seh' ich dich, im Rauschen grüner Linden, Ein goldnes Band Um einen Kranz von Tausendschönchen winden Mit weisser Hand; Und bald darauf im kleinen Blumengarten, Wie Eva schön, Des Rosenbaums, des Nelkenstrauchs zu warten, Am Beete gehn. Erblick' ich dich, die ich vom Himmel bitte, Erblick' ich dich, So komm, so komm in meine Halmenhütte, Und tröste mich! Dir Dir soll ein Beet, wo tausend Blumen wanken, Entgegenblühn; Ich will ein Dach von jungen Geisblattranken Für dich erziehn; Ins Paradies an deiner Brust mich träumen, Mein süsses Kind; Und froher sein, als unter Lebensbäumen Die Engel sind! An An ein Veilchen. Nach Zappi. B irg, o Veilchen, in deinem blauen Kelche, Birg die Thränen der Wehmut, bis mein Liebchen Diese Quelle besucht! Entpflückt sie lächelnd Dich dem Rasen, die Brust mit dir zu schmücken; O dann schmiege dich an ihr Herz, und sag' ihr, Dass die Tropfen in deinem blauen Kelche Aus der Seele des treusten Jünglings flossen, Der sein Leben verweinet, und den Tod wünscht! Ent¬ Entzückung. W elch ein Himmel! Juliane wallet Durch den überreiften Lindengang! Horchet, aus den todten Wipfeln schallet Ueberirdischer Gesang! Alles muss sich, wo sie wandelt, heitern: Blumen sprossen, und der West erwacht, Blumen wanken unter grünen Kräutern; Alles freut sich, alles lacht! Sie verlässt, mir einen Gruss zu nicken, Mich zum Gott zu lächeln, ihren Hain! Geusst ein Engel heiliges Entzücken Durch mein zitterndes Gebein? Winter¬ Winterlied. K eine Blumen blühn; Nur das Wintergrün Blickt durch Silberhüllen; Nur das Fenster füllen Blümchen, roth und weiss, Aufgeblüht aus Eis. Ach! kein Vogelsang Tönt mit frohem Klang; Nur die Winterweise Jener kleinen Meise, Die am Fenster schwirrt, Und um Futter girrt. Minne flieht den Hain, Wo die Vögelein Sonst im grünen Schatten Ihre Nester hatten; Minne flieht den Hain, Kehrt ins Zimmer ein. Kalter Kalter Januar, Hier werd' ich fürwahr Unter Minnespielen, Deinen Frost nicht fühlen! Walte immerdar, Kalter Januar! Hexen¬ Hexenlied. D ie Schwalbe fliegt, Der Frühling siegt, Und spendet uns Blumen zum Kranze! Bald huschen wir Leis' aus der Thür, Und fliegen zum prächtigen Tanze! Ein schwarzer Bock, Ein Besenstock, Die Ofengabel, der Wocken, Reisst uns geschwind, Wie Bliz und Wind, Durch sausende Lüfte zum Brocken! Um Belzebub Tanzt unser Trupp, Und küsst ihm die krallichten Hände! Ein Geisterschwarm Fasst uns beim Arm, Und schwinget im Tanzen die Brände! Und Und Belzebub Verheisst dem Trupp Der Tanzenden Gaben auf Gaben: Sie sollen schön In Seide gehn, Und Töpfe voll Goldes sich graben! Ein Feuerdrach' Umfliegt das Dach, Und bringet uns Butter und Eier! Die Nachbarn sehn Die Funken wehn, Und schlagen ein Kreuz vor dem Feuer! Die Schwalbe fliegt, Der Frühling siegt, Und Blumen entblühn um die Wette! Bald huschen wir Leis' aus der Thür, Und lassen die Männer im Bette! Die Die frühe Liebe. S chon im bunten Knabenkleide, Pflegten hübsche Mägdelein Meine liebste Augenweide, Mehr als Pupp' und Ball, zu sein. Ich vergass der Vogelnester, Warf mein Steckenpferd ins Gras, Wann am Baum bei meiner Schwester Eine schöne Dirne sass; Freute mich der muntern Dirne, Ihres rothen Wangenpaars, Ihres Mundes, ihrer Stirne, Ihres blonden Lockenhaars; Blickt' Blickt' auf Busentuch und Mieder, Hinterwärts gelehnt am Baum; Streckte dann ins Gras mich nieder, Dicht an ihres Kleides Saum. Was ich weiland that als Knabe, Werd' ich wahrlich immer thun, Bis ich werd' im kühlen Grabe Neben meinen Vätern ruhn. An An die Grille. W iege dich hier auf diesen Rasenblumen, Kleines Grillchen, und zirpe deinem Traurer, Wie dem Schnittermädchen und Schnitterjüngling, Schlummer entgegen; Wenigen linden Schlummer, liebes Grillchen: Dass die Marter in meiner Seele raste, Und im Traumgesichte mein süsses Mädchen Freude mir lächle. Sieges¬ Siegeslied bei Eroberung des heiligen Grabes. Aus den Zeiten der Kreuzzüge. I m Siegesreigen tanzen wir, Erlöser, an dein Grab, Und tönen hohe Jubel dir, Und schauen froh hinab. Beschattet von dem Felsgesträuch, Umtanzen wir die Gruft, Und streuen manchen Palmenzweig Frohlockend durch die Luft. Dein Vater sah von seinem Thron Herab auf unsre Schlacht; Und alle Sarazenen flohn, Und fühlten Gottes Macht. K Der Der Kison rieselt purpurhell Vom Sarazenenmord, Und blutig wallt Siloas Quell Durch seine Binsen fort. Wohl uns! Die Siegerfahne tanzt Vom Golgatha herab, Und rauscht, auf einen Fels gepflanzt, Hoch über Jesus Grab. Ein Engel trat, in Feur gehüllt, In unsre Vorderreihn; Das Schwert, das seine Rechte füllt, Blinkt' auf den Feind hinein; Und eine Purpurfahne flog, Wie Gottes Lichtgewand, Bald niedrig und bald wieder hoch, In seiner linken Hand. Mit Mit seiner Purpurfahne Wehn Kam Sieg auf unser Heer; Dem Feind, kaum hatt' er ihn gesehn, Entbebte Schwert und Speer. Vom todeskalten Gottesschaur Ward er hinweggeweht, Und unsre Fahn' auf deine Maur Jerusalem, erhöht. Von unsern Schultern blinkt das Kreuz, Von unsern Fahnen blinkts; Der Christenunterjocher scheuts; Und wo es weht, da sinkts. Da ist, hebt das Gemezel an, Der Knabe selber Held; Da blizen wir den Muselmann Zurück vom Waffenfeld. Be¬ Beflügle fürder unsre Wehr Mit deinem Rächerbliz, Und donnre dieser Mörder Heer Aus deinem Lieblingssiz. Flieg' immer, helles Kreuzpanier, Den frommen Christen vor, Und rausch' in Salem für und für Jehovas Lob empor. Klage Klage eines Mädchens über den Tod ihres Geliebten. Aus den Zeiten der Kreuzzüge. E in banger Traum erschreckte mich; O würd' er nie erfüllt! Sobald der Schlummer mich beschlich, Erschien mir Wilhelms Bild. Ein Nachtgespenst, das auf der Gruft Im Todtenhemde sizt! Sein Haar flog blutig in die Luft; Die Brust war aufgeschlizt. Blut floss ihm durch das Grabgewand, Wie eine Purpurflut; Er nahm des Blutes in die Hand, Und zeigte mir das Blut. Sein Sein blutend Herz, als sucht' es mich, Schlug dreimal hoch empor, Und dreimal flog es sichtbarlich Aus seiner Wund' hervor. Doch plözlich floss ein Lächeln ihm Ins traurige Gesicht; Er sprach, als sprächen Serafim: Geliebte, weine nicht! Es war kein leeres Nachtgebild, Was mir im Traum erschien. Die Sarazenen, kühn und wild, Die, die zerfleischten ihn! Wo Jesus Christus uns versühnt, Da modert sein Gebein. Rausch sanfter, wo sein Hügel grünt, Rausch sanfter, Palmenhain. Die Seele ruht in Christus Hand, In dessen Dienst er fiel. Er starb in des Erlösers Land, Und Sterben war ihm Spiel. Drum Drum lohne dich der Palmenkranz, Den Jesus dir verhiess; Drum tanze mit den Engeln Tanz In seinem Paradies. Bald folget dir in Gottes Ruh Dein armes Mädchen nach, Und schlummert süssen Schlaf, wie du, Bis an den jüngsten Tag. Blumen¬ Blumenlied. E s ist ein halbes Himmelreich, Wenn, Paradiesesblumen gleich, Aus Klee die Blumen dringen; Und wenn die Vögel silberhell Im Garten hier, und dort am Quell, Auf Blütenbäumen singen. Doch holder blüht ein edles Weib, Von Seele gut, und schön von Leib, In frischer Jugendblüte. Wir lassen alle Blumen stehn, Das liebe Weibchen anzusehn, Und freun uns ihrer Güte. Hul¬ Huldigung. E uch, ihr Schönen, Will ich fröhnen Bis an meinen Tod, Mit Gesangesweisen. Bis an meinen Tod Eure Tugend preisen. Ihr, o Guten, Wohlgemuten, Macht das Leben süss, Macht den Mann zum Engel, Und zum Paradies Eine Welt voll Mängel. Wer die Süsse Treuer Küsse Nicht gekostet hat, Irret wie verloren Auf dem Lebenspfad, Ist noch ungeboren. Wer Wer die Süsse Treuer Küsse Schon gekostet hat, Glänzt von Himmelsscheine; Wo sein Fuss sich naht, Blühen Rosenhaine. Die Die Geliebte. W ürde mein heisser Seelenwunsch Erfüllung, Brächt' ein gütig Geschick mich ihr entgegen, Eine flügelschnelle Minut' in ihrem Himmel zu athmen; Seliger wär' ich dann, als Staubbewohner! O dann würd' ich den Frühling besser fühlen, Besser meinen Schöpfer in jeder Blume Schauen und lieben! Mai¬ Mailied. W illkommen, lieber schöner Mai, Der unsre Flur verjüngt, Das ringsum Laub und Blume neu Aus vollen Knospen dringt. Dir tönt der Vögel Lobgesang; Der ganze Buchenhain Am Blumenthal ist Silberklang, Und Bäche murmeln drein. Roth stehn die Blumen, weiss und blau, Und Mädchen pflücken sie, Und tanzen auf der grünen Au: Ahi, Herr Mai, ahi! Ihr Busen ist von Blümchen bunt; Von schöner Melodie Ertönt, und lacht ihr Rosenmund: Ahi, Herr Mai, ahi! An An die Nachtigall. G euss nicht so laut der liebentflammten Lieder Tonreichen Schall Vom Blütenast des Apfelbaums hernieder, O Nachtigall. Du tönest mir mit deiner süssen Kehle Die Liebe wach; Denn schon durchbebt die Tiefen meiner Seele Dein schmelzend Ach. Dann flieht der Schlaf von neuem dieses Lager, Ich starre dann, Mit nassem Blick, und todtenbleich und hager, Den Himmel an. Fleuch, Nachtigall, in grüne Finsternisse, Ins Haingesträuch, Und spend' im Nest der treuen Gattin Küsse; Entfleuch, entfleuch! Die Die Beschäftigungen. Vilia miretur vulgus, mihi flavus Apollo Pocula Castalia plena ministret aqua. Ovid. J ener liebet den Hof, liebet das Stadtgeräusch, Und französischen Modewiz, Küsst den Damen die Hand, mischet den Pot pourri, Kocht Pommaden und strickt Filet; Zieht die Säle voll Tanz Wiesen des Frühlings vor, Roms Kastraten der Nachtigall; Lebt vom Lächeln des Herrn, dreht, wie ein Wetterhahn, Nach dem Winde des Hofes sich. Dieser liebet den Prunk gleissender Wissenschaft, Stapelt Bücher auf Bücher auf, Und begaffet den Band, und den bemalten Schnitt, Und den gläsernen Bücherschrank. Jener Jener schachert umher, wie ein Beschnittener, Stopfet Beutel auf Beutel voll; Schliesst sein Kämmerlein zu, schüttelt die Beutel aus, Und beäugelt den Seelenschaz. Mich entzücket der Wald, mich der entblühte Baum, Mich der tanzende Wiesenquell, Mich der Morgengesang oder das Abendlied Meiner Freundin der Nachtigall. Dämmert endlich mein Traum heiter zum Leben auf, Giebt der Himmel das Mädchen mir, Dessen lächelndes Bild mir um die Seele schwebt; Dann, dann bin ich ein Erdengott! Wie ein mächtiger Gott, flieg' ich den Himmel durch, Reisse Sterne, wie Blumen, ab, Und bekränze mein Haupt, trinke die Quelle leer, Die durch Rosen der Engel fleusst! Der Der Anger. Mein Anger, welchen früh und spat Ein allerliebstes Mädchen trat Mit ihren weissen Füssen, Mit Zitterklang Und mit Gesang Werd' ich dich oft begrüssen. Oft werd' ich in dein frisches Gras, Wo sie mit mir am Schleedorn sass, Im Abendrothe kommen, Und fingen dann, So gut ich kann, Der Reinen und der Frommen. Mit deinen Blumen, weiss und roth, Werd' ich, beglänzt vom Abendroth, Die blanke Zitter krönen, Und weinen nass Das grüne Gras Beim Namen meiner Schönen. Gieb Gieb doch, o lieber grüner Plan, Am Ende meiner Lebensbahn, Bei dieser Murmelquelle, Wo Vögelein Des Mais sich freun, Mir meine Ruhestelle. L Trink¬ Trinklied . E in Leben, wie im Paradies, Gewährt uns Vater Rhein. Ich geb' es zu, ein Kuss ist süss; Doch süsser ist der Wein. Ich bin so fröhlich, wie ein Reh, Das um die Quelle tanzt, Wenn ich den lieben Schenktisch seh, Und Gläser drauf gepflanzt. Was kümmert mich die ganze Welt, Wenns liebe Gläslein winkt, Und Traubensaft, der mir gefällt, An meiner Lippe blinkt ? Dann Dann trink' ich, wie ein Götterkind, Die volle Flasche leer, Dass Glut mir durch die Adern rinnt, Und tauml', und fodre mehr. Die Erde wär' ein Jammerthal, Voll Grillenfang und Gicht, Wüchs' uns zur Lindrung unsrer Qual Der edle Rheinwein nicht. Der hebt den Bettler auf den Thron, Schafft Erd' und Himmel um, Und zaubert jeden Erdensohn Stracks in Elisium. Er ist die wahre Panacee, Verjüngt des Alten Blut, Verscheuchet Hirn- und Magenweh, Und was er weiter thut. Drum lebe das gelobte Land, Das uns den Wein erzog! Der Winzer, der ihn pflanzt' und band, Der Winzer lebe hoch! Und Und jeder schönen Winzerin, Die uns die Trauben las, Weih' ich als meiner Königin Ein volles Deckelglas! Es lebe jeder deutsche Mann, Der seinen Rheinwein trinkt, So lang' ers Kelchglas halten kann, Und dann zu Boden sinkt! Die Die Laube. N immer werd' ich, nimmer dein vergessen, Kühle grüne Dunkelheit, Wo mein liebes Mädchen oft gesessen, Und des Frühlings sich gefreut. Schauer wird durch meine Nerven beben, Werd' ich deine Blüten sehn, Und ihr Bildniss mir entgegen schweben, Ihre Gottheit mich umwehn. Thränenvoll werd' ich beim Mondenlichte, In der Geisterstunde Graun, Dir entgegen zittern, und Gesichte Auf Gesichte werd' ich schaun; Mich Mich in manchen Göttertraum verirren, Bis Entzückung mich durchbebt, Und nach meinem süssen Täubchen girren, Dessen Abschied vor mir schwebt. Wenn ich auf der Bahn der Tugend wanke, Weltvergnügen mich bestrickt; Dann durchglühe mich der Feurgedanke, Was in dir ich einst erblickt: Und, als strömt' aus Gottes offnem Himmel Tugendkraft auf mich herab, Werd’ ich fliehen, und vom Erdgewimmel Fernen meinen Pilgerstab. Die Die Mainacht. W ann der silberne Mond durch die Gesträuche blinkt, Und sein schlummerndes Licht über den Rasen streut, Und die Nachtigall flötet, Wandl' ich traurig von Busch zu Busch. Selig preis' ich dich dann, flötende Nachtigall, Weil dein Weibchen mit dir wohnet in Einem Nest, Ihrem singenden Gatten Tausend trauliche Küsse giebt. Ueberhüllet von Laub, girret ein Taubenpaar Sein Entzückeu mir vor; aber ich wende mich, Suche dunklere Schatten, Und die einsame Thräne rinnt. Wann, o lächelndes Bild, welches wie Morgenroth Durch die Seele mir stralt, find' ich auf Erden dich? Und die einsame Thräne Bebt mir heisser die Wang' herab. Der Der befreite Sklave. G ottlob, dass keine Kette mehr An diesem Arme klirrt, Kein Teufel mit gezückter Wehr Mich Rudernden umirrt! Der ganze Himmel schwebt um mich, Die Schöpfung ist mir neu; Dich hab' ich, süsse Freiheit, dich! Gott! frei bin ich, bin frei! Der Bliz des Christen frass dein Boot, Du wütiger Korsar; Sein Donner brüllte Höll' und Tod Auf deine Räuberschaar. Da Da wimpelte das Siegspanier, Da tönte Siegsgesang, Die Eisenkett' entklirrte mir An meiner Ruderbank. Nun flieg' ich meinem Rheine zu, Nach dem ich oft geweint, Und find' an seinen Ufern Ruh, Ein Weib und einen Freund. Und trink' aus meinem irdnen Krug, Mit Weinbeerblüt' umlaubt, Und trinke jedem Fürsten Fluch, Der uns die Freiheit raubt; Und Segen jedem braven Mann, Dess Herz für Freiheit schlägt, Der gerne wider dich, Tirann, Die Freiheitsfahne trägt. Die Die Schiffende. S ie wankt dahin; die Abendwinde spielen, Ihr Apfelblüten zu; Die Vögelein, so ihre Gottheit fühlen, Erwachen aus der Ruh. Wie ihr Gewand im Morgenglanze flittert, Und ihres Busens Flor! Sie wankt dahin; der helle Vollmond zittert Aus jeder Well' hervor. Da rauscht der Kahn durch hangende Gesträuche, Birgt mir das Engelbild, Schwankt izt hervor, tanzt wieder auf dem Teiche, Den ihre Gottheit füllt. Ver¬ Verdeckt mir nicht, ihr hangenden Gesträuche, Ihr lächelndes Gesicht; Sie tanzt so schön auf ihrem Silberteiche: Ihr Erlen, bergt sie nicht. Weht, Winde, weht, o flügelt sie, ihr Winde, An diese Laub' heran, Dass ich mich ihr im Schauer dieser Linde Zu Füssen werfen kann. Mai¬ Mailied. S chön im Feierschmucke lächelt, Hold und bräutlich, die Natur; Blumen wehn, vom West gefächelt, Gelb und roth, auf grüner Flur; Um die kleinen Nester hüpfend, Singt der Vögel Chor im Hain; Und der kalten Tief' entschlüpfend, Spielt der Fisch im Sonnenschein. Blau und golden schwebt der Aether Im bebüschten Gartenteich; Bäume, weisser hier, dort röther, Spiegeln ihren Blütenzweig. Durch die Blüten, durch das grüne Blumenthal, vom Sonnenschein Ueberstralet, summt die Biene, Sammelt süssen Nektar ein. Heller Heller blühn der Liebe Rosen Um den Mund der Schäferin; Schäferin und Schäfer kosen Manche goldne Stunde hin. Sizend unter grünen Bäumen, Hören sie den Wasserfall Ueber glatte Kiesel schäumen, Und Gesang der Nachtigall. Traute Scherz' und Küsse flüstern Durch das Thal, und auf den Höhn, Wo die Liebenden in düstern Buchenlabirinthen gehn. Küsse flüstern aus den Lauben Um die Abenddämmerung; Küsse geben, Küsse rauben, Ist der Welt Beschäftigung. An An Laura. Bei dem Sterbebette ihrer Schwester, im December 1768. W anke näher an das Sterbebette, Wo Lucindens Hülle starrt, Wo ihr Geist von seiner Sklavenkette Losgekettet ward. Helle deinen Thränenblick. Am Throne, Wo der Gottversöhner thront, Ist Lucinde mit der Siegeskrone, Wohl ihr! schon belohnt. Denke dieser bleichen Todesmiene, Dieses Lagers, wo du weinst, Wann du wieder auf der Narrenbühne Deiner Stadt erscheinst. Ihres Ihres Kampfes denk' und ihres Röchelns, Erdgedanken zu zerstreun; Ihres Glaubens, ihres lezten Lächelns, Gottes dich zu freun. Lebens¬ Lebenspflichten. R osen auf den Weg gestreut, Und des Harms vergessen! Eine kurze Spanne Zeit Ward uns zugemessen. Heute hüpft im Frühlingstanz Noch der frohe Knabe; Morgen weht der Todtenkranz Schon auf seinem Grabe. Wonne führt die junge Braut Heute zum Altare; Eh die Abendwolke thaut, Ruht sie auf der Bahre. Gebt denn Harm und Grillensang, Gebet ihn den Winden; Ruht bei hellem Becherklang Unter grünen Linden. Lasset Lasset keine Nachtigall Unbehorcht verstummen, Keine Bien' im Frühlingsthal Unbelauscht entsummen. Schmeckt, so lang' es Gott erlaubt, Kuss und süsse Trauben, Bis der Tod, der alles raubt, Kommt, auch sie zu rauben. Unserm schlummernden Gebein, Von dem Tod' umdüstert, Duftet nicht der Rosenhain, Der am Grabe flüstert, Tönet nicht der Wonneklang Angestossner Becher, Noch der frohe Rundgesang Weinbelaubter Zecher. An M An die Apfelbäume, wo ich Julien erblickte. E in heilig Säuseln, und ein Gesangeston Durchzittre deine Wipfel, o Schattengang, Wo bang' und wild der ersten Liebe Selige Taumel mein Herz berauschten. Die Abendsonne bebte wie lichtes Gold Durch Purpurblüten, bebte wie lichtes Gold Um ihres Busens Silberschleier; Und ich zerfloss in Entzückungsschauer. Nach langer Trennung küsse mit Engelkuss Ein treuer Jüngling hier das geliebte Weib, Und schwör' in diesem Blütendunkel Ewige Treue der Auserkornen. Ein Ein Blümchen sprosse, wann wir gestorben sind, Aus jedem Rasen, welchen ihr Fuss berührt, Und trag' auf jedem seiner Blätter Meines verherlichten Mädchens Namen. Der Der Liebende. B eglückt, beglückt, Wer dich erblickt, Und deinen Himmel trinket; Wem dein Gesicht Voll Engellicht Den Gruss des Friedens winket. Ein süsser Blick, Ein Wink, ein Nick, Glänzt mir wie Frühlingssonnen; Den ganzen Tag Sinn' ich ihm nach, Und schweb' in Himmelswonnen. Dein holdes Bild Führt mich so mild An sanfter Blumenkette; In meinem Arm Erwacht es warm, Und geht mit mir zu Bette. Be¬ Beglückt, beglückt, Wer dich erblickt, Und deinen Himmel trinket; Wen süsser Blick Und Wink und Nick Zum süssern Kusse winket. An An die Fantasie. 1776. K omm mit lächelndem Blick, Zauberin Fantasie, Aetherblumen um deine Stirn', Und erhelle der Nacht Schatten, die schlummerlos Um mein einsames Lager hängt. Dein unsterblicher Fuss weilet, o Königin, An den Quellen des Morgenroths; Du entschöpfest dem Quell liebliches Rosenlicht, Und bestralest die Erdenwelt. Eine Grazie hüpft, leicht wie ein Rosenblatt, Liebelächelnd an deiner Hand, Schlingt sich mir um den Arm, wandelt im Abendglanz Durch die thauigen Blumen hin; Durch Durch den säuselnden Hain, durch das Gebüsch von Gold, Durch das schlummernde Mondenlicht; Und aus Rosengewölk schimmert der Abendstern Meiner Wallerin ins Gesicht. Horch, die Nachtigall singt! Seze dich hier am Bach! Schüchtern sinkt sie auf meinen Schooss, Und ich küss' ihr den Schleir von der gehobnen Brust, Schweb' in Träumen Elisiums. Seuf¬ Seufzer. D ie Nachtigall Singt überall Auf grünen Reisen Die besten Weisen, Dass ringsum Wald Und Ufer schallt. Manch junges Paar Geht dort, wo klar Das Bächlein rauschet, Und steht, und lauschet Mit frohem Sinn Der Sängerin. Ich höre bang' Im düstern Gang Der Nachtigallen Gesänge schallen; Denn ach! allein Irr' ich im Hain. Die Die Liebe. D iese Erd' ist so schön, wann sie der Lenz beblümt, Und der silberne Mond hinter dem Walde steht, Ist ein irdischer Himmel, Gleicht den Thalen der Seligen. Schöner lächelt der Hain, silberner schwebt der Mond, Und der ganze Olimp fleusst auf die Erd' herab, Wann die Liebe den Jüngling Durch die einsamen Büsche führt. Wann ihr goldener Stab winket, beflügelt sich Jede Seele mit Glut, schwingt sich den Sternen zu, Schwebt durch Engelgefilde, Trinkt aus Bächen der Serafim; Weilt, Weilt, und trinket, und weilt, schwanket im Labirinth; Eine reinere Luft athmet von Gottes Stul Ihr entgegen, und weht sie Gleich dem Säuseln Jehovas an. Selten winket ihr Stab, selten enthüllet sie Sich den Söhnen des Staubs. Ach! sie verkennen dich; Ach! sie hüllen der Wollust Deinen heiligen Schleier um. Mir erschienest du, mir, höheres Glanzes voll, Wie dein Sokrates dich, wie dich dein Plato sah; Wie du jenem im Thale Seiner Quelle begegnetest. Erd' und Himmel entflieht sterbenden Heiligen; Lebensblütengeruch strömet um sie herum; Engelfittige rauschen, Und die goldene Krone winkt. Erd' Erd' und Himmel entfloh, als ich dich, Dafne, sah; Als dein purpurner Mund schüchtern mir lächelte, Als dein athmender Busen Meinen Blicken entgegen stieg. Unbekanntes Gefühl bebte zum erstenmal Durch mein jugendlich Herz; froh wie Anakreon, Goss ich Flammen der Seele In mein zitterndes Saitenspiel. Eine Nachtigall flog, als ich mein erstes Lied, Süsse Liebe, dir sang, flötend um mich herum; Und es taumelten Blüten Auf mein lispelndes Spiel herab. Seit ich Dafnen erblickt, raucht kein vergossenes Blut durch meinen Gesang, spend' ich den Königen Keinen schmeichelnden Lorber, Sing' ich Mädchen und Mädchenkuss. Elegie Elegie bei dem Grabe meines Vaters. 1775. S elig alle, die im Herrn entschliefen! Selig, Vater, selig bist auch du! Engel brachten dir den Kranz, und riefen; Und du gingst in Gottes Ruh; Wandelst über Millionen Sternen, Siehst die Handvoll Staub, die Erde, nicht; Schwebst im Wink durch tausend Sonnenfernen, Schauest Gottes Angesicht; Siehst das Buch der Welten aufgeschlagen; Trinkest durstig aus dem Lebensquell; Nächte, voll von Labirinthen, tagen, Und dein Blick wird himmelhell. Doch Doch in deiner Ueberwinderkrone Senkst du noch den Vaterblick auf mich; Betest für mich an Jehovas Throne, Und Jehova höret dich. Schwebe, wann der Tropfen Zeit verrinnet, Den mir Gott aus seiner Urne gab, Schwebe, wann mein Todeskampf beginnet, Auf mein Sterbebett' herab: Dass mir deine Palme Kühlung wehe, Kühlung, wie von Lebensbäumen träuft; Dass ich sonder Graun die Thäler sehe, Wo die Auferstehung reift; Dass mit dir ich durch die Himmel schwebe, Wonnestralend und beglückt, wie du; Und mit dir auf Einem Sterne lebe, Und in Gottes Schoosse ruh. Grün' Grün' indessen, Strauch der Rosenblume, Deinen Purpur auf sein Grab zu streun. Schlummre, wie im stillen Heiligthume, Hingesäetes Gebein. Auf¬ Auftrag . 1776. I hr Freunde, hänget, wann ich gestorben bin, Die kleine Harfe hinter dem Altar auf, Wo an der Wand die Todtenkränze Manches verstorbenen Mädchens schimmern. Der Küster zeigt dann freundlich dem Reisenden Die kleine Harfe, rauscht mit dem rothen Band, Das, an der Harfe festgeschlungen, Unter den goldenen Saiten flattert. Oft, sagt er staunend, tönen im Abendroth Von selbst die Saiten, leise wie Bienenton; Die Kinder, auf dem Kirchhof spielend, Hörtens, und sahn, wie die Kränze bebten.