Der Wald von E. A. Roßmäßler. Leipzig und Heidelberg. C. F. Winter’sche Verlagshandlung 1863. Erstes Buch. Die Lebensgesetze des Waldes. Dem Gedächtniß Heinrich Cotta’s. Er war über ein halbes Jahrhundert lang Freund und Pfleger des deutschen Waldes und Bildner der deutschen Forstpflegerschaft. Der Verfasser. Aus der Umschrift der auf unserm Titel dargestellten Denkmünze, welche auf ihrer Gegenseite in einem Eichenkranze die Inschrift trägt: „Nach 50jährigem Lehren der Forstwissenschaft“, darüber: „Tharand am 20. Aug. 1836“ darunter: „von seinen Verehrern und Freunden“ — ergiebt sich, daß die deutsche Forstwelt am 30. Oktober 1863 Heinrich Cotta’s hundertjähriges Jubiläum zu begehen hat . Vorwort . Es ist ein Vorzug lieferungsweise erscheinender Bücher, daß mit Erscheinen der letzten Lieferung das Urtheil über sie meist schon feststeht. Fast 2 volle Jahre sind seit der Hinausgabe der ersten Lieferung dieses Buches verflossen und schon nachdem die zweite nachgefolgt war, durfte ich nach den competentesten Beurtheilungen die Hoffnung hegen, daß meine Arbeit keine mißlungene sei. Wenn aufmunterndes Lob im Stande ist, einen an seinem Werke fort- schaffenden Arbeiter für die Fortführung seiner Arbeit immer mehr anzuspornen und dadurch diese selbst in ihrem Gelingen zu fördern, so darf ich vielleicht hoffen, daß mein Buch an seinem Ende der ihm an seinem Anfange zu Theil gewordenen Anerkennung würdig geblieben sein werde. Als ich an die Ausführung des lange gehegten und vorbe- reiteten Planes ging — mit welchem ich beiläufig gesagt bei den größten Verlagshandlungen so lange förmlich hausiren gegangen war, bis ich fast muthlos wurde — so verhehle ich mir keinen Augen- blick, daß ich, wie ich mir den Plan zurecht gelegt hatte, ein kühnes Wagniß unternahm, und daß ich meinem Herrn Verleger gegenüber, der bereitwillig auf die großartig angelegte Herstellung des Buches einging, große Verantwortung auf mich lade. Wenn zuletzt das Wagniß einen befriedigenden Ausgang ge- nommen hat — worüber die Kritik bald ihr Endurtheil sprechen wird — so danke ich dies zu einem nicht kleinen Theile nächst der Munificenz meines Herrn Verlegers auch meinen auf dem Titel genannten Mitarbeitern, neben denen die Herren Eigner und von Bomsdorf , welche den Druck der Kupferstiche und Karten in der Brockhaus’schen Officin leiteten, nicht ungenannt bleiben dürfen. Herrn Forstvermessungs-Direktor Oberforstmeister Blase in Dresden verdanke ich die Benutzung der angefügten 2 Revier- karten, sowie mich Herr Forstinspektor Keilpflug auf Rossauer, Herr Oberförster Lindner auf Krottendorfer und Herr Oberförster Wettengel auf Ebersbacher Revier mit forstlichen Notizen unter- stützt haben. Ihnen allen überlasse ich als Ausdruck meines Dankes gern ein gut Theil des Beifalls, welchen unsere gemeinsame Arbeit jetzt schon gefunden hat. Mit meiner Liebe für den Wald verband sich die ihrige und darüber steht auch mir ein Urtheil zu, daß die Leistungen der mithelfenden Künstler denen keines der in ähnlicher Weise illustrirten neuern Werke nachstehen. Wenn ich schon in dem kurzen Vorworte zur 1. Lieferung: „Was will das Buch“ auf Zustimmung hoffen zu dürfen glaubte, indem ich erklärte, in demselben den Wald unter den Schutz des Wissens Aller stellen zu wollen , so ist mir seitdem in vielen Beurtheilungen diese Zustimmung geworden, und wenn solchen Beurtheilungen eine Competenz eingeräumt werden darf, so wäre mir die Lösung meiner Aufgabe in ihrem wesentlichen Theile nicht mißlungen, indem man dem Buche zugesteht, daß es dazu beitragen kann, eine tiefere Einsicht in den Wald und seine Be- wirthschaftung, in sein Leben und seine Bedeutung zu fördern. Da nun bei Erstrebung dieses Ziels mir bei Allen Liebe zum schönen Walde zur Seite steht, so dürfte mein Buch seines Erfolges wohl sicher sein, obschon mir dabei ein gut Theil des Verdienstes eben durch diese mithelfende Liebe weggenommen wird. Den „Freunden“ des Waldes und den „Pflegern“ des Waldes ist das Buch gewidmet. Den Freunden — und gar sehr auch den Freundinnen — des Waldes bin ich Rechenschaft über mein Verfahren schuldig, obgleich ich andeutend schon in dem mit der 1. Lieferung veröffent- lichten Vorworte sagte, „daß es Diejenigen nur theilweise befriedigt aus der Hand legen würden, welche bei dem Walde nur an „Vogel- gezwitscher“, an „Maiblümlein“ und an „zartes Säuseln“ oder „gewaltiges Rauschen“ in den Laubkronen denken können“. Mein Buch muthet ihnen etwas zu . Es will sie nicht blos unter- haltend belehren, oder meinetwegen auch belehrend unterhalten — nein es will sie einfach belehren . Schlimm genug für unsern Lehrton, wenn man um ihm Geschmack zu verschaffen, ihn mit sogenannter Unterhaltung überzuckern muß. Wenn eine Belehrung nicht unterhaltend ist, so taugt sie nichts, wenn eine Unterhaltung nicht belehrend ist, so taugt sie ebenfalls nichts. Beide sind untrennbar. So lange man noch „unterhaltende Belehrung“ als etwas Besonderes, als eine eigne Form der Darstellung unterscheidet, beweist man damit, daß wir aus der Zeit des gelehrten Zopfthums noch nicht heraus sind. „Ich denke“, sagte ich bei jener Gelegenheit, „der Wald ist es werth und verdient es um uns jeden Augenblick, daß wir unter seiner schönen Außenseite auch die innerlichen Regungen seines Lebens aufsuchen. Unsere Waldliebe verliert nichts, wenn wir den Wald nicht blos mit genußsuchendem sondern auch mit verständniß- suchendem Auge ansehen.“ Wenn es so mein Vorsatz war, die rechte Bedeutung des Waldes in möglichst weiten Kreisen zum Bewußtsein zu bringen und doch dabei der Waldlust ihr volles Recht zu lassen, so ist es nicht minder meine Absicht gewesen, die Zucht, Pflege und Be- wirthschaftung desselben möglichst vielen von den Millionen Deutschen zu einem übersichtlichen Verständniß zu bringen, die davon kaum die Anfänge eines Begriffes besitzen, die da nicht ahnen, welch ein wichtiges Glied der Staatsgesellschaft der Mann im grünen Rocke ist . Den Pflegern des Waldes bin ich noch mehr zu einer Rechenschaft darüber verpflichtet, daß ich sie neben Jenen auf dem Titel als die Empfänger meines Buches nenne. Bin ich auch 18 Jahre lang (1830 — 1848) Lehrer der forstlichen Pflanzen- und Thierkunde auf der Tharander Akademie gewesen, und sind somit Hunderte deutscher Forstmänner meine Schüler, so bin ich doch nicht Forstmann, kann mir also nicht beikommen lassen, ihnen in meinem Buche Etwas wie ein forstliches Lehrbuch bieten zu wollen; ja es kann leicht sein, daß mein letzter Abschnitt manche Mängel hat, da eine Verkettung der Umstände es unthunlich machte, das Manuscript vor dem Drucke, wie ich es beschlossen hatte, einem meiner forstlichen Freunde zur Durchsicht vorzulegen. Doch fürchte ich nicht, darin dem Nichtforstmanne irgend etwas geradehin Falsches vorgetragen zu haben. Was also dachte ich dabei, indem ich mein Buch auch für die Pfleger des Waldes bestimmte? Abgesehen davon, daß aus dem botanischen Theile desselben Manchem eine Auffrischung alten ja hie und da vielleicht selbst Gewinnung einiges neuen Wissens erwachsen kann, so wollte ich an ihr Urtheil darüber appelliren, wie weit es mir gelungen sei, den Schauplatz ihres segensreichen Wirkens und dieses selbst dem Nicht-Forstmanne anschaulich zu machen und dann auch wollte ich ihnen — den Pflegern des Waldes — eine Freude damit machen, wenn mir diese Schilderung so weit ge- lingen sollte, daß daraus eine verständnißvolle Werthschätzung ihres Berufes von Seiten des Volkes hervorgehe, woran es so sehr gebricht. Daß diese Schilderung (das „dritte Buch“) nur eine skizzenhafte ist, war durch die Aufgabe meiner Arbeit bedingt, welche durchaus keine tiefeingehend forstliche sein konnte. Aber auch an die Künstler wendet sich mein Buch, nicht allein dessen 17 Charakterbilder deutscher Bäume, sondern ganz besonders auch der Abschnitt „Architektur der Waldbäume“ (S. 210 — 236). Mit meinen Freunden Heyn, Krauße und Neumann habe ich mehr als einen Sommer und Winter lang Waldspaziergänge gemacht, um uns in die Eigenthümlich- keiten der Baumarten zu vertiefen. Die Ergebnisse sind unsere Bilder, aus denen vielleicht hervorgehen wird, daß selbst in so kleiner Wiedergabe diese Eigenthümlichkeiten Berücksichtigung finden können. Endlich habe ich noch ein Wort an die Landwirthe zu richten. Sie vor Allen sind von ihrem eigenen Interesse zu Beschützern des Waldes berufen, besonders die großen Grundbesitzer unter ihnen, welche meist auch zugleich Besitzer von Waldungen sind. In dem bewaldeten Theile ihres Grundbesitzes ruht großentheils die Gewähr der Fruchtbarkeit ihres Feldbesitzes, wenn auch nicht für einen Einzelnen von ihnen, so doch für sie alle zusammen. Darum ist es als ein unnatürliches Verhältniß tief zu beklagen, welches wesent- lich auf Unkenntniß der einfachsten Naturgesetze beruht, daß der Forstwirth den Landwirth beinahe als seinen Feind ansieht, da dieser zuweilen nicht blos seine eignen Wälder verwüstet, sondern auch fremden durch Streu- und Hutungsservitute Schaden zufügt. Hier ist es ein Verdienst, Verständniß zu verbreiten; das vorliegende Buch hat sich an mehreren Stellen ernstlich bemüht, dieses Verdienst zu erwerben. Das sehr ausführliche Sachregister, für welches ich einem hülfreichen Freunde verpflichtet bin, wird die Benutzung des Buches wesentlich unterstützen. Und so möge denn mein „Wald“ wenn sein Vorbild draußen erstorben scheint dem Leser und der Leserin ein kleiner Ersatz sein, oder ein Begleiter in den wieder lebendig gewordenen Wald, und in beiden Fällen werden die zwei Jahre meines Lebens, die ich dieser Arbeit gewidmet habe, nützlich verstrichen sein, wenn sie dazu beiträgt, den Wald unter den Schutz des Wissens Aller zu stellen . Leipzig , im Oktober 1862. E. A. Roßmäßler. Inhalts-Verzeichniß. Erstes Buch. Die Lebensgesetze des Waldes Seite 1 — 236 S. 1. Wald und Forst 1 2. Woraus besteht der Wald? 9 3. Der Baum 12 4. Der Waldboden 25 S. 5. Der Bau und das Leben des Baumes (der Bau) 48 6. Der Bau und das Leben des Baumes (das Leben) 131 7. Architektur der Waldbäume 210 Zweites Buch. Uaturgeschichte der Waldbäume Seite 237 — 550 8. Die Nadelbäume 239 1. Die gemeine Kiefer 257 2. Die Schwarzkiefer 289 3. Die Krummholzkiefer 293 4. Die Zirbelkiefer oder Arve 298 5. Die Fichte oder Rothtanne 304 6. Die Tanne oder Weißtanne 324 7. Die Lärche 334 8. Der Taxus oder die Eibe 346 9. Der Wachholder 351 9. Die Laubbäume 355 1. Die Buche 367 2. Die Stiel- oder Sommereiche 382 3. Die Stein- oder Wintereiche 398 4. Die flaumhaarige Eiche 401 5. Die Zerreiche 403 6. Die österreichische Eiche 405 7. Der Hornbaum 406 8. Die Hopfenbuche 413 9. Die Schwarz-Erle 415 10. Die nordische oder Weiß-Erle 422 11. Die Strauch-Erle 424 12. Die gemeine Birke 426 13. Die Strauchbirke 437 14. Die Zwergbirke 438 15. Die Espe oder Zitterpappel 439 16. Die Silberpappel 445 17. Die Schwarzpappel 449 18. Die Sahlweide 454 19. Die Ohrweide 459 20. Die Feldrüster 462 21. Die Korkrüster 471 22. Die Flatterrüster 474 23. Der Zürgelbaum 478 24. 25. Der schwarze Hollunder u. der Traubenhollunder 478 26. 27. Der Kornel- und der ge- meine Hartriegel 480 28. 29. Der Wasserholder und der Schlingstrauch 482 30. Die gemeine Esche 484 31. Die Blumen-Esche 491 32. Der Liguster 491 33. Die Stechpalme oder Hülse 493 34. 35. Der glatte Wegedorn und der Kreuzdorn 495 36. Die Eberesche 500 37. Die zahme Eberesche 501 38. Die Mehlbirne 502 39. Die Elsbeere 504 40. Der Weißdorn 504 41. Die gemeine Mirpel 507 S. 42. 43. Der wilde Apfelbaum und der wilde Birnbaum 508 44. Die gemeine Quitte 511 45. Die Vogelkirsche 512 46. Die Felsenkirsche 514 47. Die Traubenkirsche 515 48. Der Schlehdorn 517 49. Die Kriechen-Pflaume 518 S. 50. Der Sauerdorn 520 51. Der gemeine oder Berg-Ahorn 521 52. Der Spitzahorn 526 53. Der Feld-Ahorn oder Maßholder 529 54. 55. Der gemeine und der breit- blättrige Spindelbaum 533 56. Die kleinblättrige Linde 534 57. Die großblättrige Linde 542 Drittes Buch. Die Waldwirthschaft 551 10. Die Formen des Waldes 553 Der Auenwald. Die Heide, Moor und Sandheide; (Götterbaum und Robinie); der Bruchwald; der Gebirgswald; internationale Bedeutung des Waldes; der Alpenwald; Wettertannen oder Gogants; Hoch-, Mittel- und Niederwald; Plänterwald; reiner und gemischter Bestand. 11. Die Arbeit des Forstmannes 580 Voraussicht ist Grundzug; Einrichtung eines Revieres; Bestandskarte und Hauungsplan. Gliederung der Arbeit des Forstmannes nach den Zweigen der Forstwissenschaft: 1. Waldbau 592 2. Forstschutz 602 3. Forsteinrichtung 605 4. Waldwerthberechnung 607 5. Forstverfassung 609 6. Forstbenutzung u. Forsttechnologie 613 Sachregister 616 Alphabetisches Verzeichniß der Holzschnitte. Adventivknospen 191. Ahorn, gemeiner 523. — Spitz- 527. — Feld- 530. Anatomie des Coniferenholzes 264. Birke 428. — Blätter 431. — Frucht 429. Buche 369. — Blattspielarten 373. — Keimpflanze 137. Buchenholz, Gewebe 162. Drehwüchsiges Holz 287. Eiche, Sommer- 383. — Keimpflanze 385. — Winter- 399. — Flaumblättrige und Zerr- 402. — Oestreichische 404. Entfaltung der Buchen- und Ahornknospe 165, 166. — der Lindenknospe 167. Erle 416. — Weiß- und Strauch- 422. Espe 441. Esche 485. — Blätter 487. — Knospenentfaltung 489. Fichte 305. Fichtenborkenkäfer 314. Flechten des Waldbodens 32. Gefäßverlauf des Eichenholzes 178. Holzauswuchs der Eiche 176. Hornbaum 407. — Blattspielart 411. Jahreszuwachs des Stammes 92. — Ungleichmäßiger 93. Keimung der Schminkbohne 135. Kiefer, gemeine 124, 257. Kiefer, vom Waldgärtner verunstaltet 280. Kiefernadel 260. Kiefernmarkkäfer 281. Kiefernspinner 274. Knospe 63. Korkbildung des Rüsterntriebes 115. Krummholzkiefer 294. Kurztrieb und Knospen 60. Lärche 335. — Ueberwallungen 344. Linde, Sommer- 536. — Winter- 543. Nadel- und Laubholzgefüge 101. Oberhaut des Buchenblattes 126. Querschnitt des Adlerfarrn 37. — des Buchenblattes 127. — eines Eichentriebes 85. — eines Eschentriebes 87. Quer- und Längsschnitt der Lindenrinde 97, 111. Rüster, Feld- 464. — Flatter- 475. Rüster-Blätter 477. Sahlweide 456. Schema des Stammbaues 88. Schlupfwespen 277. Schwarzkiefer 290. Schwarzpappel 450. Silberpappel 446. Tanne 325. — Zapfen 327. Taxus 384. Triebzuwachs der Kiefer 70. Verbänderungen 317. Wachholder 352. Weiß- und Schwarzdorn 505. Wurzelschößling 196. Zauberring 172. Zirbelkiefer 298. — Keimpflanze 300. — Zapfenschuppen 299. 1. Wald und Forst. Hier und da staunen wir noch riesenhafte Eichen und Tannen an, die ohne alle Pflege gewachsen sind, während wir uns überzeugt fühlen, daß von uns an jenen Stellen durch keine Kunst und Pflege ähnliche Bäume erzogen werden können. Heinrich Cotta (1816). Auch die Pflanzen haben im Umgang mit einander wie die Menschen ihre Neigungen und Abneigungen, bald dem Sprichwort gehorsam gleich und gleich sich gesellend, bald fern von ihres Gleichen die Gesellschaft des Unverwandten suchend. Dies hat schon seit alter Zeit den Begriff der geselligen Pflanzen gegründet. Ja als man, namentlich nach Humboldt’s Vorgange, das stille Volk der Pflanzen im Sinne einer Be- völkerung neben der Thierbevölkerung des Erdenrundes auffaßte, bildete sich allmälig die Lehre von der geographischen Vertheilung der Gewächse aus, in welcher die sociale Seite ihre Rolle spielt. Nicht der Zufall oder die Launen des Windes und der Gewässer — welche die Samen bald hier bald dorthin tragen — bestimmen den Pflanzen ihre Stätte. Es herrscht hier wie bei der menschlichen Gesellschaft ein Zug mächtiger Kräfte oder einer sanften Innigkeit, dem die Pflanzen, wie auch oft wir, bewußtlos folgen, und dabei dennoch, wie wiederum auch wir, in sich selbst die maßgebenden Gesetze tragen, welche mit den Gesetzen der Außenwelt in Verknüpfung stehen. Es möchte scheinen, als übte die Natur Deutschlands und ihm gleich beschaffener Lagen, welche die goldene Mittelstraße geht, in mehr als einer Hinsicht den Geselligkeitszug aus; wenigstens zeigt sich dies in der Pflanzen- welt wie in der menschlichen Gesellschaft. Zu keiner Zeit des Jahres zeigt unser Klima so herrische Gegensätze, daß wir in einem Kampfe mit den- Roßmäßler, der Wald. 1 selben uns gezwungen sähen, alle anderen Rücksichten vergessend mit äußerster Mühe es uns in dem kleinen Raume, den unser Leib erfüllt, behaglich oder erträglich zu machen. Winter und Sommer — nahe dem Pole und dem Erdgleicher, die Feinde der Geselligkeit — sind bei uns die Beförderer derselben. Ungesucht bietet sich, und zwar in einer eigen- thümlich ausgeprägten Bestimmtheit, das Gleichniß unserer Pflanzenwelt dar. Nicht bloß daß diese in vielen Punkten die gleiche Geselligkeit zeigt, sondern sie zeigt diese auch gleich uns deutschen Menschen in der Aus- prägung des echt deutschen Sprichwortes, was ich schon vorhin anwendete: „Gleich und Gleich gesellt sich gern“; nur daß ihr dies nicht so wie uns ein Vorwurf sein kann. Denn wahrlich, es würde eine überraschende Unterhaltung bieten, die einander ausschließenden geselligen Vereinigungen der Deutschen mit denen der deutschen Pflanzenwelt in Parallele zu stellen. Ich überlasse es aber meinen Lesern, zu dem sich selbst genügenden, heiteren Buchenwalde, dem niederes Volk schirmenden aristokratischen Eichenwalde oder dem plebejischen Weidendickicht des Flußufers sich unter den Casino’s und Reunions der Menschen die passenden Seitenstücke selbst auszusuchen. Wald und Wiese sind zwei gesellschaftliche Erscheinungsformen der Pflanzenwelt, welche sich in Deutschland schärfer ausprägen, als in wär- meren Klimaten. Nicht nur daß die stolzen Bäume sich aus der Gesell- schaft der niedrigen Pflanzengeschlechter zurückziehen und im Walde sich dicht und eng zusammenschaaren, auch unter sich beobachten sie das System der Ausschließlichkeit. Der Nadelwald trennt sich vom Laubwalde, ja die Fichte trennt sich von der Kiefer, die Buche von der Eiche. Dies ist wenigstens dann der Fall, wenn der Wald im Mittelgebirge seine Herr- schaft entfaltet. In den fruchtbaren Niederungen schwindet oft dieses kalte Streben der Absonderung und wir erhalten dadurch gegenüber jenen reinen Kiefern- oder Fichtenwaldungen die schönen gemischten Laubwälder unserer Auengegenden. Die Wiese zeigt uns das Bild eines liebenswürdigen Widerspruchs: das treue Zusammenhalten gleicher Brüder, der Gräser, und das freund- liche Patronat derselben gegen Fremde, die sogenannten Wiesenkräuter, welche wir nirgends anders antreffen, als im grünen Schooße der Wiesen- gräser, und deren sich meine pflanzenkundigen Leser und Leserinnen eine Menge nennen werden. Oft drängt sich unser Interesse ein in die freie Vergesellschaftung der Pflanzen und wir wenden alle Mittel der vorgeschrittenen Feldbestellung an, um von unseren Getreidefeldern gewisse Pflanzen fern zu halten, welche von Natur das Bedürfniß zu haben scheinen, die Gesellschaft der Getreidepflanzen, ja deren Schutz zu suchen. Gehaßte Unkräuter werden uns dann auch jene drei vom Dichter gepriesenen Blumen, die „blaue Cyane“ nebst Kornrade und Ackermohn, deren heimathliche Berechtigung zuletzt die Schnitterin dennoch anerkennt, wenn sie dem segenschweren Wagen auf dem Rechen den Erntekranz vorträgt, in welchem sie jene drei Blumen zwischen die falben Aehren geflochten hatte. Der Wald steigert das ins Große, was die Wiese im Kleinen zeigt und zwar in vielen Abstufungen. Ich darf mich hier auf die Wahr- nehmungen aller Waldfreunde berufen — und wer wäre kein Waldfreund? Wir alle kennen die verschiedenen Grade der Gastfreundschaft der Wälder. Der dicht geschaarte Fichtenwald verstattet nur dem zierlichen Völkchen der Moose das Lager zu den Füßen seiner Stämme, während der weitästige Eichenwald Raum läßt für ein ganzes Heer von Gesträuchen und Kräu- tern, der Buchenwald hingegen, den Nadelhölzern es an Selbstgenüg- samkeit noch zuvorthuend, unter sich fast gar keine Waldkräuter duldet, denn er bedeckt den Boden fußhoch mit den schier unverweslichen Leichen seines Laubes. Ist also auch der Wald ein an sich klarer und Niemand zweifelhafter Begriff, so schließt er doch Manchfaltigkeit seiner Ausprägung nicht aus. Ja diese Manchfaltigkeiten sind so groß, daß sie unsere Gemüthsstimmung auf die verschiedenste Weise anregen; und es geschieht dies nicht bloß durch die Baumverschiedenheit der Wälder, sondern fast mehr noch durch den Charakter ihrer Bodendecke . Mit diesem Namen wollen wir nämlich, dem Forstmanne folgend, die Art bezeichnen, wie der Waldboden zwischen den Bäumen verhüllt ist, was bald durch die abgefallenen Nadeln oder Blätter, oder durch mehr oder weniger dicht stehende Pflanzen niederen Ranges geschieht. Wie verschieden der Wald die Saiten unseres Gemüths anzuschlagen vermag, das werden wir sofort inne, wenn wir uns in einen sonndurchglüheten, harzduftenden Kiefernwald und dann wieder in einen Buchenwald versetzen. Wir werden später Veranlassung finden, uns dieser Anregungen des Waldes und ihrer Gründe klar bewußt zu werden. Jetzt 1* ist es uns bloß darum zu thun, den Wald als ein Beispiel des Gesellig- keitstriebes im Pflanzenreiche uns vorzuhalten und nun weiter den Unter- schied zwischen Wald und Forst festzustellen. Jeder Forst ist zugleich auch ein Wald, aber nicht jeder Wald, und wäre er auch noch so groß, ein Forst. Die geregelte Pflege und Bewirthschaftung macht den Wald zum Forste . Darum giebt es Urwälder aber keine Urforsten, eine Forstwissenschaft, keine Waldwissenschaft. Das uralte deutsche Wort trägt diese seine beschränkende Bedeutung in dem Worte Förster klar zur Schau, für welches die Sprache kein gleich- bedeutendes von Wald gebildetes hat. Die Nutzung des Waldes macht ihn noch nicht zum Forste und darum sind leider noch viele unserer Gemeindewaldungen keine Gemeinde- forsten. Die Aufgabe der Zeit aber ist es, wenigstens in Kulturstaaten, alle Wälder Forsten werden zu lassen. Wir alle sind dabei betheiligt, und mehr noch als wir unsere Enkel. Man darf es wohl sagen, daß die fern von großen Waldungen in volkreichen Städten Wohnenden die forstliche Bedeutung des Waldes nur oberflächlich, meist sogar noch weniger, kennen und würdigen. Ihnen ist der Wald eine von selbst fließende Quelle, die ihnen um so unerschöpf- licher zu sein scheint, je weniger sie das Baumleben kennen und je unbe- kannter sie sind mit den Ziffern der Statistik, einer Wissenschaft, so meinen sie, die sie ja nichts angeht. Wie wenig ahnt man, daß der Förster mit dem Gärtner und Acker- bauer die gleiche Aufgabe hat: Pflanzen zu säen und zu erziehen, nur unter noch weit größeren Mühen und Widerwärtigkeiten und — das ver- gesse man nicht — oft, ja meist ohne in der Reife seiner Saaten seinen Lohn zu erleben. Leider ist ja Vielen der Förster mehr bloß ein Holz- verwalter als ein Walderzieher. Diejenigen meiner Leser, welche sich zu den Freunden, nicht zu den Pflegern des Waldes zählen, mögen nur jetzt nicht fürchten, es könne ihnen etwas verloren gehen von ihrer poetischen Waldliebe, wenn sie ihren Freund als Forst in das kalte Licht der Wissenschaft gestellt sehen. Lieben wir denn einen Freund dann weniger, wenn wir hören, daß er nicht bloß durch seine Innigkeit und Tiefe des Gemüths, nicht bloß durch den leuch- tenden Blick seines schönen Auges und durch den Zauber seines Gesprächs glänzt — daß er in aller Stille einem ernsten edeln Berufe folgt? So ist es mit dem Walde. Wenn der Eichbaum gefällt neben seiner Wurzel liegt und Säge und Beil ihn zerstücken — nicht dann erst beginnt er uns zu nützen. Die größere Halbschied seines Nutzens endet mit seinem Leben. Was wir uns aus seinem Holze machen, kommt dem an Wichtigkeit nicht gleich, wozu er im Interesse unseres Lebens mit anderen Bäumen als lebendiger Baum beitrug. Als Waldpfleger, nicht als Holzfäller ist der Förster ein wichtiger Arbeiter im Dienste des Völkerlebens, nicht minder wichtig als der Ackers- mann. Zwar muß zugegeben werden, daß diese Seite des Wäldersegens, welche mit dem Fällen der Wälder aufhört, vielleicht selbst von manchem Förster noch nicht gewürdigt ist. Aber die warme Liebe der Waldpfleger für ihre grünen Reviere verhütet die Gefahr, welche in jener Unkenntniß liegen könnte, von selbst, denn nur selten ist ein Förster nichts weiter als ein kalter Finanzmann, der nur Klaftern im Walde wachsen sieht, und nur nach dem Ruhme eines hohen „Abgabe-Etats“ trachtet. Vielleicht nur für wenige meiner Leser und Leserinnen brauche ich erst noch zu sagen, daß ich jetzt die Bedeutung des Waldes für das Klima und also für die Fruchtbarkeit des Bodens im Auge habe. Die Forst- wissenschaft erkennt in neuerer Zeit in der Würdigung dieser Bedeutung des Waldes die Spitze ihrer Aufgabe und ist dadurch aus der niederen Stellung der Holzerzieherin zu einer Höhe emporgestiegen, wo sie sich neben Wissenschaften erblickt, welche man sonst hoch über sie setzte. Allerdings nimmt die ausübende Forstwissenschaft, die Forstwirthschaft, in ihren Maßregeln und Arbeiten auf diese höchste Seite der Waldbedeu- tung noch keinen besonderen Bedacht, denn ihr letztes und nächstes Ziel war immer nur eine möglichst reichliche Holzernte unter vorsichtigem Bedacht, daß eine gleiche auch den kommenden Zeiten gesichert sei. Es kam aber dabei von selbst auch für den in Rede stehenden Nutzen des Waldes das überhaupt Erreichbare heraus, denn der des Holzes wegen zu möglichster Lebensfülle erzogene Wald war zugleich geeignet, jener Aufgabe zu genügen. Wie könnte ich noch zweifeln wollen, daß schon nach dieser kurzen Andeutung kein Waldf reund mehr den Forst mit scheuem Bedenken ansehen werde, daß keinem die Forstwissenschaft länger als ein Eingriff in sein poetisches Besitzthum erscheine. Hier drängt sich uns ein alter noch ziemlich verbreiteter Irrthum zur Beachtung und Berichtigung auf. Manche glauben, die großen Waldungen Deutschlands seien noch Erbstücke der alten Teutonen und ohne unser Zuthun von selbst gewachsen. Solcher Erbstücke, echte Urwälder, giebt es in Deutschland nur noch sehr wenige. Selbst sehr alte und ausgedehnte Waldungen sind theils urkundlich, theils durch gewisse Merkmale nachweis- bar Schöpfungen forstlicher Hände, deren Spuren sich freilich für den unkundigen Blick zuletzt vollkommen verwischen, was ja eben dem Wald- freunde ganz recht sein muß. Dieser Irrthum hängt mit einem anderen zusammen, der sich in der Form eines zum Glück nicht aller Welt geläu- figen Sprichwortes breit macht: „wo nichts wächst, wächst Holz.“ Diese grundfalsche Floskel spricht der Forstwissenschaft Hohn und erklärt den Wald gewissermaßen für einen Lückenbüßer des Feldbaues. Wir werden im Verlauf Gelegenheit finden, uns zu überzeugen, daß „wo nichts wächst“, d. h. an sehr unfruchtbaren Orten, es zuletzt doch meist noch leichter gelingt, einen kümmerlichen Feldbau zu betreiben, als solche Orte für Holzzucht zu gewinnen. Bei der allgemeinen großen Unbekanntschaft mit dem Geschäft des Forstmannes wird es freilich Manchem unglaublich vorkommen, zu hören, daß ein gar nicht eben sehr unfruchtbar aussehender Boden dem Holzanbau zuweilen unbesiegbare Schwierigkeiten entgegensetzt, und daß der Forstwirth hierin gegen den Landwirth in sofern selbst im Nachtheil ist, weil er seine ungeheuren Kulturflächen nicht wie dieser durch Düngen und Bestellungsarbeiten verbessern kann und hiernach liegt wenigstens etwas Wahres in der Volksmeinung, daß der Wald von selbst wachse. Was der Forstmann zu diesem „von selbst“ seinerseits noch hinzufügen kann, um das Gedeihen und Heranwachsen seiner Kulturen zu kräftigen und zu beschleunigen, das ist himmelweit von dem verschieden, was hier in der Hand des Landwirthes liegt und wird viele meiner Leser über- raschen, wenn wir es später kennen lernen werden. Hier sei nur vorläufig daran erinnert, daß es der Forstmann stets mit langen Zeiträumen zu thun hat, wodurch seine Maßregeln einen weiten Spielraum gewinnen und Erfolge oft lange auf sich warten lassen. Oft bleiben diese Jahre und Jahrzehende lang aus, oder erweisen sich ganz der Erwartung ent- gegen, treten auch wohl so spät erst ein, daß dann die von der bisherigen Erfahrung gerechtfertigte Ungeduld durch Ergreifung neuer Maßregeln dem endlich doch noch kommenden Erfolge störend in den Weg tritt. Der Waldbau ist in der That ein großartiges Geduldspiel; der Förster steht der Natur gegenüber und beide tauschen ihre bedächtigen Schachzüge, so bedächtig, daß der Erstere oft darüber stirbt, ehe sein Gegenpart durch einen maßgebenden Gegenzug geantwortet hat. Der Waldfreund denkt sich die Sache meist ganz anders. Begegnet er dem grünen Manne in seinen weiten, vom Morgengesang der Vögel durchschmetterten Revieren, so hat er wohl keine Ahnung davon, daß unter dem grünen Rocke vielleicht ein um seinen Pflegling bekümmertes Herz schlägt, daß sich vielleicht eben der Mann den Kopf zersinnt, weshalb wohl plötzlich jene Fichtenpflanzung nicht mehr wachsen will, an deren Gedeihen er zehn Jahre lang seine Freude hatte. So stehen zwei Männer neben einander, beide sehen dasselbe, beide lieben dasselbe, der eine aber nennt und empfindet darin den Wald , der andere sieht und sorgt sich um den Forst . Daneben kann es wohl vorkommen, daß ein greiser Forstmann, der schon eine Wandelung seines Revieres gesehen hat, mit theilnahmvollem Lächeln den Streifereien des Malers folgt, der vergeblich nach einem Plätzchen für seinen Feldstuhl späht, von wo aus er ein kunstgerechtes Waldbild sich gestalten sähe. „Du kommst zu spät, an der Stelle Deines Waldes steht jetzt mein Forst.“ Wir wollen ehrlich sein. Die Forstwirthschaft ist der Poesie des Waldes nicht eben günstig. Aber neben diesem Geständniß kann es recht gut bestehen, daß ich vorhin dem Waldfreunde sagte, die Forstwissenschaft raube ihm nichts von seiner Waldliebe. Die Poesie derselben muß sich aber in demselben Sinne vergeistigen, klären, wie wir vorhin vom Walde einen höheren, tief in unser Leben eingreifenden Beruf kennen lernten, welcher viel bedeutsamer ist, als der Holzwerth des Waldes, und vom Denkenden leicht mit seiner poetischen Waldliebe verschmolzen wird. Giebt es eine poetischere Anschauung des Waldes, als wenn wir seine Laubkronen und seine Wurzeln als die Zauberer denken, welche das dreigestaltige ruhe- lose Wasser in zweien seiner Gestalten, als Gas und als flüssige Tropfen, im Dienste des organischen Lebens festhalten, herbeirufen — mit Einem Worte: beherrschen? Der Wald hört nicht auf, ein Liebling unseres Sehnens zu sein, wenn er eine Quelle unseres ganzen Seins wird. Wer die fürchterlichen Folgen der Entwaldung in dem französischen Departement der Oberalpen und der Dauphin é , wer sie in vielen Gegenden Südspaniens gesehen hat, in dem steigert sich ganz von selbst seine kindliche Waldlust zur dank- baren Liebe. Daß ich es gerade heraussage: was mich schon seit Jahren zu dieser Darstellung des Waldes getrieben hat, was zuletzt in den genannten Län- dern zu einem unwiderstehlichen Drange wurde: es ist der Wunsch, den Wald gegenüber den maßlosen und gedankenlosen Anfor- derungen an denselben unter den Schutz des Wissens Aller zu stellen . Wahrlich es ist hohe Zeit, neben die Bedeutung des Waldes und des Forstes noch eine dritte zu stellen und nicht zu ruhen, bis dieselbe in Allen lebendig geworden ist. Ich habe sie hinlänglich angedeutet und versuche es jetzt nicht, für sie einen Namen, gleich jenen kurz und bündig, zu erfinden. 2. Woraus besteht der Wald? Hier quillt die träumerische, Urjugendliche Frische; In ahnungsvoller Hülle Die ganze Lebensfülle. Lenau . Wenn hierauf „aus Bäumen“ die richtige Antwort wäre, so wäre allerdings die Frage so müßig, wie sie Manchem erscheinen mag. Diese Antwort würde aber die Frage nur sehr mangelhaft erledigen und allen- falls einen kunstgerecht erzogenen Fichtenbestand treffen. Wenn wir uns jetzt recht lebhaft eines unserer fröhlichen Waldgänge erinnern, so fühlen und wissen wir auch, daß der Wald nicht blos aus Bäumen besteht. Es fehlt unserer reichen Sprache ein Wort, um es damit kurz und rund auszudrücken, daß der Wald ein formenreicher Inbegriff von Körpern und Erscheinungen ist. Ich entlehne jetzt nicht der französischen Sprache, welche ein solches Wort besitzt, um auch nicht den leisesten Anklang an Ausländisches in die Betrachtung unseres Deutschen Waldes einzumischen. Nennen wir darum den Wald eine schöne, eine gewaltige Vereinigung von Körpern und Erscheinungen, in welcher kein Theil den übrigen völlig gleicht, und welche alle dennoch vollkommen zusammenstimmen zu erhabenem Einklang, der die Saiten in einer jeden unverdorbenen Brust erklingen macht. Was in anderer Auffassung zu einem Vorwurfe werden kann, findet in dem Einklang, der der Wald ist, Erklärung und somit Entschuldigung. Umfangen von den hunderterlei Eindrücken, welche uns im Walde werden, können wir über dem Ganzen die Theile vollständig vergessen, es kann uns widerfahren, und vielen widerfährt es wirklich — und daraus kann man eben einen Vorwurf machen — daß in uns die sprichwörtliche Redensart sich umkehrt, „daß wir vor dem Walde die Bäume nicht sehen.“ Das Ordnungslose, das Ungebundene, das unbändig Kühne, was uns sonst so oft verwirrt und verletzt: im Wald erhält es Berechtigung und wirkt in uns gegentheilig; es erzeugt in uns jenen ahnungsvollen Schauer, den nur die Natur in ihrer Größe hervorzurufen vermag. Es ist nicht ein einzelner Sinn, den wir angeregt fühlen; alle Sinne wölben sich zu Einer weitgespannten Pforte, durch welche das erhabene Waldbild in unser Inneres einzieht. Indem wir uns dessen bewußt werden, so wäre es jetzt eine pedan- tische Entweihung, wollten wir den Wald in seine Einzelheiten zerlegen. Die Titelfrage ist darum auch nicht deshalb aufgeworfen, um nun mit dem kalten Messer des Zergliederers den Wald in seine Theile zu zerlegen; sie will nichts weiter, als uns zwingen, einmal mehr als es gewöhnlich geschieht, uns zu erinnern, daß eben nicht blos die Bäume es sind, daß es überhaupt nicht blos einzelne Dinge sind, welche uns den Wald bilden; sondern daß uns der Wald eine Erscheinung ist, so reich und manchfaltig, daß wir, indem wir uns ihr hingeben, an ihre Zergliederung gar nicht denken und kaum inne werden, wie uns geschieht, wenn sich der Wald unseres Gemüthes ganz und voll bemächtigt. In dieser Auffassung möchte es scheinen, als gehöre der Wald nur dem Dichter und dem Maler, und wir merken eben, daß Inhalt und Aufgabe dieses kleinen Abschnittes in der Hauptsache eben in der Anerken- nung dieses Eigenthums-Rechts aufgeht. Aber sind denn Dichter und Maler und der Forscher so von einander getrennt, daß deren beiderseitige Besitztitel am Walde auf verschiedenen Papieren geschrieben sind? Nimmermehr. Die Natur ist ja eben die große Versöhnerin, welche die auseinanderstrebenden Wege menschlicher Thätigkeit auf Einen Punkt zusammenruft. Der Dichter, in dem sich nichts vom Maler, nichts vom Forscher regt, der Forscher, dem die Empfindungen des Dichters und Malers fremd sind, sind keine echten Söhne der Natur. Es ist eine von den Aufgaben unserer Arbeit, diesen Zwiespalt zwischen Dichter, Maler und Naturforscher zu versöhnen, und nirgends kann dies erfolgreicher geschehen, kein Ort ist dazu würdiger angethan als der Wald. In ihm wird jedes reine, eines Aufschwungs fähige Gemüth zum Dichter wie zum Maler, und um es zu werden bedarf es nicht des Versuchs, seine Ausrufungen in gereimte Worte zu fassen, die ausgebreitete Pracht sich und Anderen mit dem Griffel aufzubewahren. Nur Forscher wird man im Walde zuletzt und man könnte fragen, wie wir es im vorigen Abschnitt auch bereits gethan haben, ob nicht die forschende Betrachtung des Waldes eine Beeinträchtigung der poetischen sei. Ich fürchte es nicht. Wenn Dichter und Maler wenig daran denkt, die Frage unserer Ueber- schrift zu beantworten, ja überhaupt sie sich vorzulegen, so drängt sie sich dem Forscher von selbst auf, und indem er sie beantwortet, dient er nicht blos sich, sondern zugleich jenen Beiden, die mit ihm eins sind, oder wenigstens eins sein müssen, wenn er zu dem Ausrufe die volle Berech- tigung des Verständnisses haben will, „o wie herrlich ist der Wald!“ Unter dieser Auffassung kann uns nun die Frage „woraus besteht der Wald,“ nicht mehr müßig erscheinen. Unsere Sinne fühlen sich ge- schärft, wir nehmen wahr, wir unterscheiden, wir verstehen, wo wir früher blos empfanden und entzückt waren, und indem wir Jenes lernen, büßen wir an Letzterem nichts ein. Mehr noch, wir büßen nicht nur nichts ein, sondern unsere Freude wird vergeistigt, weil sie verständniß- voll wird. 3. Der Baum. Wenn man einen Baum als ein Aggregat von eben so vielen verbundenen Individuen hält als er Knospen an seiner Oberfläche entwickelt hat, so kann man nicht darüber staunen, indem ohne Unterlaß neue Knospen auf die früheren folgen, daß das sich ergebende Aggregat keinen nothwen- digen Endpunkt seines Bestehens hat. Decandolle . In der Betrachtung der uns umgebenden Natur, auch wenn sie noch keine Verständnißsuchende ist, fühlen wir dennoch das Bedürfniß nach Ruhepunkten, damit das Chaotische in der Formenwelt uns nicht unbe- haglich werde, wie uns der Eintritt in einen großen Bildersaal unbehaglich wird, wo wir nicht wissen, wohin wir zunächst blicken sollen, und wo unser verblüfftes Auge leicht auf dem Unbedeutenden haftet. In dem großen Bildersaal, welcher die uns umgebende Natur ist, sind solche Ruhepunkte, wo sie der menschliche Eingriff nicht verwischt hat, fast überall vorhanden: die unendliche Manchfaltigkeit der Gestaltungen zeigt sich durch Vertheilung und Verhältnisse gegliedert, und es ist so unserem Auge Unbehaglichkeit und Ermüdung erspart. Der starre Träger des Lebens, der flüssige Vermittler desselben und des Lebens zwei Er- scheinungsformen, Pflanze und Thier, sind diese Ruhepunkte, die jeder wieder in den verschiedensten Formen auftreten, sich hundertfach verviel- fältigen. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, daß die Pflanze, wie wir uns bereits daran erinnerten, das Meiste dazu beiträgt, die bewohnbaren Gebiete der Erdoberfläche zu schmücken; in unübersehbarer Vervielfältigung webt sie den Schooß, in welchem das Thier sich geborgen fühlt; und schon diese nahe Beziehung zu einander mußte mit Nothwendigkeit zu einem vergleichenden Blick auf beide, zu einer scharfen Unterscheidung beider hin- drängen. Die im ganzen Pflanzenreiche sich aussprechende Unbegrenztheit wieder- holt sich mit mehr oder weniger Bestimmtheit an der einzelnen Pflanze. Wir können eine Pflanze nicht mit derselben Schärfe und Abgeschlossenheit ein Individuum, ein Einzelwesen, nennen, von dem wir sagen könnten, es ist fertig, es kann ihm nichts genommen, nichts hinzugefügt oder wenigstens hinzugefügt gedacht werden, wie wir das Thier in solchem Sinne ein Individuum nennen können. Das kleinste Insekt, sobald es seine Ver- wandlungszustände durchlaufen hat, ist ein fertiger, abgeschlossener Körper, dem wir kein Theilchen rauben können, ohne seinen leiblichen Bestand zu stören, von dem wir ebenso bestimmt wissen, daß es nicht größer wird, daß ihm kein neuer Theil mehr zuwächst. Von welcher Pflanze können wir dies sagen? Wann ist ein Hyacinthen- stock fertig? Wie viel Blätter und Blüthen muß er haben, um es zu sein? Wenn wir dies schon bei einem noch am meisten abgeschlossenen Zwiebel- gewächs nicht können, so können wir es noch viel weniger bei einem Baume. Wenn es, wie behauptet wird, hundertjährige Wallfische giebt, so mögen diese, was jedoch zu bezweifeln ist, immer noch an Größe zunehmen, aber dieses Wachsthum ist nicht das Wachsthum eines Baumes. Es ist dem Wallfisch kein neues Glied, kein inneres Organ hinzugewachsen; in dieser Beziehung ist er schon seit langer Zeit fertig, ausgebildet, abge- schlossen. Bei einer hundertjährigen Buche hat man dies niemals sagen können und wird man es nie sagen können, wenn sie auch 200, 300 Jahre alt werden sollte; es werden ihr immer neue Theile hinzuwachsen und früher besessene gehen ihr fortwährend verloren. Indem wir jetzt von anderen Pflanzengestalten absehen, bei denen diese Erscheinung einige Einschränkung erleidet, so können wir also bei den Bäumen von einem Fertigsein, von einem Abschluß nicht sprechen. Wir können einen Baum durchaus nicht in demselben Sinne ein Einzelwesen nennen, wie ein Pferd. Wenn das letztere ausgewachsen ist, so hört es im gesunden Zustande gleichwohl nicht auf, Nahrungsstoffe in sich aufzunehmen, aus dem dazu brauchbaren Theile derselben Blut zu bereiten und durch das Blut den Stoffwechsel zu unterhalten, das heißt, die Theile seines Leibes fortwährend zu verjüngen. Aber es tritt in seinem Lebensverlauf ein Zeitpunkt ein, wo ihm nicht nur kein neuer Körpertheil mehr hinzugebildet wird, sondern wo auch sein körperlicher Gesammtumfang sich nicht mehr verändert. Nachdem der Zahnwechsel stattgefunden hat, bleibt nur noch der jährliche Haarwechsel übrig, welcher für den dauernden Körperbestand keine Bedeutung hat. Wie ganz anders verhält sich in dieser Hinsicht der wachsende Baum! Der einfache Hinweis genügt, uns an diese große Verschiedenheit zwischen Thier- und Pflanzenleib zu erinnern und es ist kaum noch nöthig, weiter auszuführen, worin dieser Unterschied beruht. Wir wollen es aber dennoch thun, weil wir jetzt auch des Bekannten bedürfen, um uns den Begriff und das Wesen des Baumes recht lebendig und deutlich vorzustellen. Wir haben am Baume zwei Dinge zu unterscheiden, welche sich, wie sie in Gestalt und Lebensbedeutung von einander sehr abweichen, in diesem Augenblicke für uns namentlich die beiden Gegensätze des Trägers und des Getragenen herauskehren, Wurzel, Stamm und Zweige die einen — Knospen, Blätter und Blüthen die andern. Dieser Gegensatz ist, wie wir sogleich sehen werden, nicht blos eine figürliche Redewendung und wir sagen nicht blos in solchem Sinne: dieser Baum trägt schlechte Früchte. Wenn uns ein Baum nur schlechte Früchte trägt, so — geben wir ihm andere zu tragen, indem wir ihm eine oder gleichzeitig mehrere edlere Sorten durch Okuliren oder Pfropfen aufladen. Im Thierreiche haben wir nichts Aehnliches; wir müßten denn die Rhinoplastik, die künstliche Nasenbildung aus der Stirnhaut oder selbst aus der eines lebenden Thieres hierher rechnen wollen. Der Baum trägt also nicht blos seine eigenen Blätter und Blüthen, er trägt auch die anderer Arten, wenn ihm diese verwandt sind, er trägt sogar ganze Pflanzen unverwandter Arten, denen er als Wurzelboden und daher auch als Ernährer dient. Dies ist der Fall mit den echten Schmarotzern, z. B. der Mistel, Viscum album, und der Riemenblume, Loranthus europaeus. Allein das Verhältniß zwischen Stengel- und Blattgebilden, wie wir wissenschaftlich jene zwei Klassen der Baumtheile nennen wollen, ist nicht allein das des Tragens und Getragenseins, wobei die einen sich handelnd und die anderen leidend verhalten würden, sondern es besteht ein weit wichtigeres Gegenseitigkeitsverhältniß zwischen beiden. Die Einen führen den Anderen Nahrung zu. Wir wissen, daß im Frühjahre im Holzkörper des Stammes und der Zweige ein wasserheller Saft aufwärts steigt, welchen die Wurzel aus dem Boden aufgenommen hat. Dieser Frühjahrssaft ist aber nicht reines Wasser, sondern er enthält verschiedene Stoffe aufgelöst, und indem er aufwärts steigend in den Holzzellen vorwärts dringt, löst er die in diesen vom vorigen Jahre her aufgespeicherten Nahrungsvorräthe auf. Besonders in den Zellen der Markstrahlen ist zu dieser Zeit ein großer Vorrath von Stärkemehl enthalten. So wird der aufsteigende Frühjahrssaft, je höher er empordringt, immer reicher an nährenden Stoffen. So gelangt er in die äußersten Triebe und dringt in die Knospen ein, welche sich im vorigen Jahre in den Blattwinkeln der nun längst abgefallenen Blätter entwickelt hatten. Derselbe Wärmegrad, welcher in der Wurzel das Aufsaugungsvermögen weckte, weckt nun auch die Bildungsthätigkeit in den Knospen. Den Bau dieser werden wir später genauer zu betrachten haben; jetzt genügt es, uns daran zu erinnern, daß aus jeder Knospe ein neuer Trieb — wenn es Triebknospen sind, oder nur Blüthen sich entwickeln, wenn es Blüthen- knospen sind, oder endlich beides, wenn es gemischte Knospen sind. In den Knospen wird aber aus dem ihnen zuströmenden Frühjahrs- safte nicht nur der Stoff zu den sich aus ihnen entwickelnden Gebilden bereitet, sondern sie geben auch die Stoffe her, durch welche sich ihr Nahrungsbringer, der Stamm mit seinen Zweigen und die Wurzel, sich vergrößert. Dies geschieht bekanntlich nur an deren Umfange, und in dieser jährlichen Dickenzunahme beruht bekanntlich die Bildung der soge- nannten Jahresringe, welche wir an einem Stamm- oder Zweigquerschnitte zählen können. Dieser von den Knospengebilden, namentlich den Blättern, zubereitete bildungsfähige Saft, heißt nun Bildungssaft . Er steigt zwischen der Rinde und dem zuletzt vorher gebildeten Jahresringe der Stammgebilde abwärts und bildet unterwegs den neuen Jahresring. Wenn wir diesen Rückweg des zum Bildungssaft veredelten Frühjahr- saftes hemmen, indem wir rings um den Baum etwa zwei Zoll breit die Rinde bis auf das Holz abschälen, so muß der Baum sterben, weil selbst die Wurzel sich nicht selbst ernähren kann, sondern der Blattgebilde bedarf, welche ihr den Stoff läutern und zuführen müssen, durch den sie wächst. Wenn wir einem Zweige mehrere Jahre hintereinander alle Blätter, so wie sie sich ausgebildet haben, abschneiden, so stirbt er, weil er nicht von den benachbarten Zweigen ernährt werden kann. So sehen wir denn in Wirklichkeit ein Gegenseitigkeitsverhältniß zwischen den Stengelgebilden und den Blattgebilden bestehen, ein innigeres als das des Tragens und des Getragenseins. Der größte Baum ist ein tausendfach gegliedertes Ganzes, in dessen einzelnen Theilen eine ununter- brochene Zusammengehörigkeit, eine Kontinuität, besteht, die wir für irgend einen seiner Theile nicht unterbrechen dürfen, ohne das Absterben dieses Theiles herbeizuführen. Das erhaltende Wesen dieser Kontinuität ist der Saftstrom, sowohl des Frühjahrs- wie des Bildungssaftes. Wenn wir dieses Verhältniß mit dem, was wir alle über das jähr- liche Baumleben kennen, zusammenhalten, so können wir in Wahrheit sagen, daß sich der Baum alljährlich mit einer neuen Blatt- und Blüthen- welt bevölkert, welche im Herbste abstirbt, abfällt und in den Knospen die Keime zu einer neuen für das folgende Jahr hinterläßt. Wir müssen uns aber an noch einige andere Erscheinungen im Baum- leben erinnern. Wenn wir eine Weidenruthe in der Knospenruhe abschneiden und in den Erdboden stecken, so wissen wir, daß dieser „Steckling“ alsbald zu einem Bäumchen erwächst; er treibt unten an der Schnittstelle Wurzeln, und die Knospen entfalten sich ebenso gut, als wenn der Zweig am Baume geblieben wäre. Es geht daraus hervor, daß es hier der Wurzel als nahrungaufnehmenden Organes gar nicht bedurfte; sondern daß das an der Schnittstelle aus dem Boden eindringende Wasser ebenfalls empor und zu den Knospen drang, diese weckte und daß dann der von den entfalteten Blättern zubereitete Bildungssaft abwärts gestiegen, neue Wurzeln an einer Stelle bildet, wo sonst gar keine Wurzeln zu sein pflegen. Der erste beste hohle Baum muß uns jetzt daran mahnen, daß der Holzkörper eine untergeordnete Bedeutung für das Baumleben hat. Wir wissen, daß ein Baum, der eben noch in anscheinend ungestörter Gesundheit und voller Lebenskraft vor uns stand, nachdem er gefällt ist, sich innen vollständig ausgefault zeigt. In felsigen Gebirgsgegenden findet man nicht selten Hornbäume, Carpinus Betulus, welche äußerlich gesund aussehend bei einem Fuß Stammdurchmesser ringsum vielleicht kaum noch zwei Zoll Holz haben, also in Wahrheit gleich dem Rohre einen ganz hohlen Stamm hatten. Bei der Buche ist bei mehr als zwei Fuß Stammdurch- messer das ganze Holz oft bis auf wenige Zoll, welche stets den Umfang bilden, meist faul und ganz unfähig, an der Saftleitung theilzunehmen. Aber keine Baumart treibt dieses lebendige Ruinenthum so weit, als mehrere Weidenarten und die Schwarzpappeln, Populus nigra. Diese Bäume werden bekanntlich nur als Stecklinge oder Setzlinge erzogen. Man nimmt diese gewöhnlich etwa drei Ellen lang und bis zwei Zoll dick und der Umstand, daß sie auch oben abgehackt sind, gestattet den Einflüssen der Witterung den Zugang von oben und der untere Abhieb von unten zu dem Innern des Holzes. Aus Stecklingen erwachsene Bäume müssen daher fast mit Nothwendigkeit im Alter kernfaul werden. Nur bei dünnen Setzreisern wird der obere Abschnitt durch die zunächst ausbrechenden Triebe oft zugeheilt und ein Ausfaulen verhindert. Aber nichtsdestoweniger kann, wie wir hundert Mal gesehen haben, ein zum Backtrog ausgehöhlter Weidenstamm noch viele Jahre fortgrünen und wenn ihr der Korbmacher auch jedes zweite Jahr alle Triebe abhaut, der zerschundene Stamm treibt unverdrossen neue aus seinem krausen Kopfe hervor. Ja, wenn wir ihn auf eine noch härtere Lebensprobe stellen wollten, so dürften wir nur die hohle Wand der Länge nach in drei, vier Theile bis auf die Wurzel spalten; jeder würde fortfahren zu treiben. Um uns der Bedeutung des Baumstammes vollständig klar zu werden, müssen wir noch einmal auf das Veredeln der Obst- und einiger anderen Bäume und auf die Schmarotzerpflanzen zurückkommen. Mancher Obstliebhaber, der nur einen kleinen Garten hat und darin doch recht viele Obstsorten erbauen möchte, hilft sich damit, daß er auf einen Baum mehrere verschiedene Sorten zugleich pfropft. So kann er von Einem Baume Reinetten, Calvillen, Pigeons ꝛc. ernten. Die Be- schaffenheit des Wildlings übt also keinen Einfluß auf die Beschaffenheit der Edelreiser und deren Blätter, Blüthen und Früchte aus! Ja beide Roßmäßler, der Wald. 2 dürfen sogar verschiedenen Arten, selbst Gattungen angehören. Die edeln Zwergbirnbäumchen erzieht man meist so, daß man die Birn reiser auf Quitten bäumchen pfropft. Gewissermaßen ein natürliches Okuliren ist die Fortpflanzungsweise der Mistel und anderer echter Schmarotzer. Die weißen Beeren derselben sind mit einem sehr klebrigen Schleim erfüllt, durch welchen die von ihm eingehüllten Samenkerne an einem Baumzweige kleben bleiben, mögen sie nun an demselben Baume von einem höher auf diesem wachsenden Mistel- busch reif herabfallen oder mag die Misteldrossel, Turdus viscivorus, zu der Aussaat behülflich sein. Nur der auf Zweige lebender Bäume fallende Mistelsame keimt, der Keim dringt durch die Rinde und die Wurzeln verbreiten sich zwischen ihr und dem Holze und wachsen nach und nach scheinbar in letzteres hinein, während in Wahrheit vielmehr die alljährlich zuwachsenden Holzlagen die Mistelwurzel immer tiefer in sich begraben. Alle Nahrung zieht die Mistel nun aus dem Holzkörper ihres Ernährers und Trägers, und die Mistel ist in Form und Farbe ihrer Theile und in der Hauptsache ohne Zweifel auch in ihrer chemischen Beschaffenheit stets dieselbe, mag sie nun auf einer Tanne oder einer Linde oder einem Apfelbaume wachsen. Alle diese Fälle beweisen, daß der Stamm erstens zum größten Theile vollständig verwest sein kann und sich dennoch noch viele Jahre lang jährlich ganz gesunde Blätter, Blüthen und Früchte darauf entwickeln, und zweitens, daß der Stamm keinen Form und Mischung bedingenden Einfluß auf letztere ausübt. Was ist nun also ein Baum? Daß er kein Individuum sei, haben wir zwar schon vorhin gesagt, aber wir sind jetzt darüber klarer geworden. Schon das Wort läßt es nicht zu, den Baum so zu nennen, denn Individuum heißt doch etwas Untheilbares in dem Sinne, daß eine mechanische Theilung — die natürlich, wie mit jedem Körper, so auch mit ihm vorgenommen werden kann — ein Verstümmeln, ein Aufheben seiner Vollständigkeit bedingt. Wir haben aber gesehen, daß ein Baum zu keiner Zeit seines Lebens ein solches in sich abgeschlossenes unantastbares Ganzes ist. Wir wissen, daß eine alte drei- hundertjährige Eiche, die in ihrer mächtigen Pracht vor uns steht, in ihrem langen wechselvollen Leben sehr viele Aeste und Zweige verloren, die Narben ausgeheilt, neue bekommen hat und doch vermissen wir weder etwas oder bemerken wir etwas Ueberzähliges an ihr. Wir wollen uns noch einen recht interessanten Fall erzählen lassen, um das Wort Indi- viduum in Anwendung auf den Baum ganz fallen zu lassen. Unsere sogenannte italienische Pappel kann bei uns nie anders als durch Stecklinge erzogen werden, weil es in Europa — vielleicht in botanischen Gärten versteckte einzelne weibliche Exemplare ausgenommen — nur männliche Pappeln giebt, denn als vor etwa hundert Jahren dieser Baum über Italien und England aus seinem Vaterlande, dem Orient, nach Deutschland kam, so geschah dies durch einen Steckling, der zufällig von einer männlichen Pappel geschnitten worden war. Dieser Steckling ist der Urahne aller italienischen Pappeln, welche in Europa stehen und je gestanden haben, und er ist zugleich das verbindende Glied, wodurch alle diese mit der ostindischen Pappel als Glieder eines unsterblichen sonderbar zertheilten Riesenleibes Eins werden. Wir dürfen hier nicht etwa einwenden wollen, daß dies doch im Grunde dasselbe sei, als wenn wir die Pappeln aus Samen erzogen hätten. Im Erfolg wohl, aber nicht in der Weise. Der Same ist gleich dem Thierei bestimmt, sich vom Mutterkörper zu trennen und alle Stufen der Entwickelung durchzumachen, bis ein jenem gleicher Körper daraus geworden ist; das Steckreis ist ein mit der Fortpflanzung und deren Organen nichts zu thun habender Theil des Mutterkörpers, wofür hier vielleicht richtiger Stammkörper zu sagen wäre, ein Theil, der nicht bestimmt ist, sich von jenem zu trennen und selbst- ständig zu machen, und der, wenn er gewaltsam getrennt und unter günstige Bedingungen gebracht worden ist, sogleich in dem Zustande des Stammkörpers fortvegetirt. Ein Baum und sechs um ihn wachsende Samenpflänzchen und ein Baum und sechs um ihn wachsende Stecklinge sind durchaus nicht dasselbe; das Erstere beruht auf geschlechtlicher Fortpflanzung , das Letztere ist blos Vermehrung , ist ein Zerlegen des ursprünglich Einen, was in seinen Theilen dennoch dasselbe bleibt. Wenn nun der Baum kein Individuum ist, was ist er dann und wo sind an ihm Individuen? 2* Das ist eine wissenschaftliche Streitfrage, über welche auch heute noch Meinungsverschiedenheit besteht. Wir wollen die verschiedenen An- sichten hier nicht gegen einander abwägen, sondern wollen versuchen, eine Auffassung annehmbar zu machen. Man darf, an Decandolle anschließend, wenigstens ist mir dies seit langer Zeit das Annehmbarste geschienen, am Baume zweierlei Indi- viduen unterscheiden, von einer niedern und von einer höhern Rangord- nung: Die Blätter und die Blüthen. Beide pflanzen sich in ihrer Weise fort und wirken dabei verschieden für die Zukunft. Die Blätter erzeugen die Knospen und sorgen dadurch für die Vergrößerung des Baumes, die Blüthen erzeugen die Samen und sorgen dadurch für die Gründung neuer Bäume ihrer Art. Für diese selbstständigen Weseneinheiten am Baume ist dessen Holzkörper gewissermaßen ein organische Form annehmender Boden, welcher am inwendig ausfaulenden Baume in demselben Schritte in Rückbildung wieder anorganische Form annimmt, in welchem ihm äußerlich unter der Rinde neue Holzlagen zuwachsen. Die pflanzenschaffende Natur gewinnt so eine doppelte Benutzung der Erdoberfläche. Während sie Tausende von Blättern und Blüthen hoch empor hebt in die verästelte Krone, finden kaum weniger niedere Pflanzen um den Stamm gedeihlichen Raum. Für unsere Schilderung des Waldes kann diese Auffassung vorläufig genügen und uns ist demnach der Baum ein Staat, welcher zweierlei Bürger zählt, von denen die einen das Staatsgebiet fortdauernd ver- größern, die andern fortdauernd Auswanderer aussenden, neue Colonien zu gründen, die zuletzt dem Mutterlande an Größe und Schönheit gleich- kommen sollen. Wir lassen es uns jetzt von der strengen Wissenschaft nicht verbieten, uns in das Baumverständniß an diesem Gleichnisse zu vertiefen und indem wir dieses zergliedern, finden wir seine Berechtigung größer, als es uns im ersten Augenblicke vielleicht erschien. Die Landwirthschaft, so oft und mit Recht die Hauptstütze der Staats- gesellschaft genannt, denn sie schafft dieser die erste Bedingung des Be- stehens herbei, sie müssen wir am Baume in seiner Wurzel repräsentirt finden. Das Erzeugniß des Landwirthes, sei es das Brodkorn, der Ge- webstoff zu unsern Kleidern, Fleisch, Haut und Wolle seiner Thiere, bringt theils er selbst auf den Markt, theils überantwortet er es der Hand des verbreitenden Verkehrs. Beides thut die Wurzel im Vereine mit dem Stamme. So dringt die aus der Natur genommene Gabe in die Blätter, in die tausend arbeitenden Hände des Gewerbes, welche das Verarbeitete denen zurückgeben, von denen sie es als Rohstoff empfingen. Was uns Decandolle in dem Motto sagte, erinnert uns jetzt daran, daß viele Bäume heute noch leben und grünen, welche durch ihr hohes Alter sich dem Vergleiche mit einem Staate vollkommen ebenbürtig zeigen. Es hat wohl niemals ein Volk gegeben, wenigstens kein Kulturvolk, das chinesische vielleicht nicht ausgenommen, welches 3000 Jahre als ein ge- schichtliches Ganzes bestanden hat, wie man z. B. dem Taxusbaum auf dem Kirchhofe zu Braburn in Kent dieses Alter beimißt. Es fällt uns hierbei unwillkürlich ein, wie oft uns zur Bezeichnung menschlicher Verhältnisse der Baum als Gleichniß dient und wir freuen uns jetzt darüber, wie sehr dies bisher von uns vielleicht ohne tieferes Verständniß angewendete Gleichniß in der Natur des Baumes begründet ist. Für einen späteren Abschnitt eine eingehende Beschreibung der Baum- natur uns vorbehaltend, müssen wir jetzt aber noch etwas vom Baume lernen, was uns eine Seite des Pflanzenreichs beleuchten soll, die wir bisher vielleicht übersehen haben. Dadurch, daß die Pflanze, und am allerwenigsten der Baum, nicht in dem Sinne des Thieres ein Individuum ist, ging ihr auch das Eben- maaß, die Symmetrie, des Baues verloren. Ob auch wir dabei etwas verloren oder nicht vielmehr gewonnen haben, dessen wollen wir uns in folgenden Betrachtungen klar zu werden suchen, welche ich aus Nr. 9 des Jahrganges 1860 meines naturwissenschaftlichen Volksblattes „aus der Heimath“ entlehne. „Zu den mancherlei naturwissenschaftlichen und ästhetischen Unter- schieden zwischen dem Thier- und Gewächsreiche gehört als ein zunächst in das Auge fallender, aber doch oft nicht zum Bewußtsein gelangender, das Verhalten der Pflanzen und Thiere zu dem Formgesetz der Eben- mäßigkeit (Symmetrie). An unzähligen Punkten der Welt der Gestalten verlangt der gebildete Geschmack Ebenmaaß und wird verletzt, wenn er es vermißt. Das schönste Gesicht berührt das feinblickende Auge unangenehm, wenn es in seinen zwei Hälften sich nicht völlig übereinstimmend zeigt. Gleichwohl ist die ganze eine Hälfte der organischen Gestaltenwelt, und zwar die umfangreichere, ohne Ebenmaaß: die Pflanzenwelt. Einzelne Theile der höheren Gewächse, sehr viele Blüthen und Früchte, und auch manche Pflanzen in ihrem ganzen Körper, z. B. die Mammillarien und Echinokakten, Hutpilze ꝛc. zeigen zwar Ebenmaaß, aber die sehr große Mehrzahl der Gewächse, jedes als ein Individuum betrachtet, z. B. eine Eiche, entbehrt des Ebenmaaßes. Gegenüber unserem Verlangen nach Ebenmaaß da, wo wir es erfah- rungsmäßig erwarten, ist es bemerkenswerth, daß wir es in der Pflanzen- welt nicht nur nicht erwarten, sondern es uns ohne Mißbehagen gar nicht denken können. Wem möchte nicht grauen vor einem Walde, in welchem jeder Baum ein vollkommen ebenmäßiges Gebilde wäre mit regelmäßig in gleichen Abständen und gleicher Richtung geordneten Zweigen und Blättern und Blüthen. Annähernd zeigt sich dieses bei den Nadelhölzern, und wie sehr dieses im Vergleich zu den frei sich gestaltenden Laubbäumen auf unsern Schönheitssinn und unser Gemüth einwirkt, dessen müssen wir uns sofort klar werden, wenn wir vergleichende Blicke auf einen mit Fichten bestandenen Berghang und auf einen Eichenwald werfen. Mit Schrecken denken die Aelteren unter uns noch an die Ueberreste des altfranzösischen Gartengeschmackes mit den geschorenen Hecken und den zu Pyramiden und Kuppeln und Scheiben beschnittenen Bäumen. Das Ebenmaaß giebt also allein das Schöne nicht, diese ist vielmehr von dem Ebenmaaß an sich völlig unabhängig und ist, wie es scheint, etwas rein Erfahrungsmäßiges, durch die Natur vermittelst der sinnlichen Wahrnehmung uns Eingepflanztes. Wie ganz anders ist es mit unserem Urtheil über das Ebenmaaß bei den Thieren. Wie wir den Baum, den Strauch, ja selbst den Grasstock in seiner malerischen Ungebundenheit lieben, so widert uns ein krankhaft verunstaltetes Thier an, an welchem durch einseitige Ausschreitung das Rechts und Links seiner Körpergestalt ungleich geworden sind, das Eben- maaß dadurch aufgehoben ist. Das durch eine geschwollene Wange seines Ebenmaaßes beraubte Gesicht reizt unwiderstehlich unser Lachen, wie ein an sich ganz gesunder Mensch mit einer hohen Schulter unser Mitleid erregt. So schuf die griechische Sage Cyklopen einäugig nicht durch ein fehlendes Auge, sondern statt der fehlenden beiden Augen setzte sie ihnen das nur eine in die Mitte der Stirn, um das menschliche Ebenmaaß zu wahren. So erhielten sie hierdurch, wie es sollte, etwas Schreckliches, während sie auf die andere Art etwas Lächerliches oder Bedauernswürdiges gehabt haben würden. Und in der That hat die Störung des Ebenmaaßes nicht nur etwas den Geschmack Verletzendes, etwas Widerwärtiges, sondern sehr oft auch etwas Lächerliches.“ Meine Leser und Leserinnen werden ohne Zweifel dieser Anschauung beistimmen; aber indem ich dies voraussetzen darf, kann ich Etwas nicht ungesagt lassen. Es könnte in diesem ästhetischen Urtheil möglicherweise die Meinung vermuthet werden, die Natur habe sich dem gebildeten Ge- schmack der Menschheit anbequemt, welche Meinung mit jener zusammen- fallen würde, die den Menschen zum Mittelpunkte der Schöpfung macht und Alles seinem Interesse unterordnet. Dieses anmaßende Urtheil, welches gerade diejenigen haben, die sich die Demüthigsten nennen, ist unschwer zu widerlegen. Nicht der Baum und das Pflanzenreich ist nach dem Ge- schmack des Menschen eingerichtet, sondern der Geschmack der Menschen hat sich nach und an jenen gebildet. Der an Laubornamenten und Spitz- bögen und Rosen überreiche altdeutsche Baustyl weist eben so sehr auf unsern deutschen Wald hin, wie der altgriechische Säulenstyl auf die ein- fach schöne Palme des Südens. Unser Ziel darf nicht sein, einer erträumten Zweckmäßigkeitsordnung nachzujagen, sondern die verborgenen Verknüpfungen von Ursache und Wirkung aufzusuchen und uns zu freuen, wenn es uns einmal gelang, eine Erscheinung, die bisher als ein unvermitteltes Räthsel vor uns stand, in jenen Zusammenhang einzureihen. Wir haben es eben mit dem Baume versucht. Er steht jetzt nicht mehr als eine Erscheinung für sich da; wir begreifen dies jetzt und es ist sicher ein Gewinn zu nennen, daß wir die Erscheinung so weit begriffen, uns klar zu werden, daß Alles zusammen stimmt. Und in der schönen Harmonie, in welche unsers Inneres einstimmt, tönt der Baum in seinem Blätterrauschen als ein leitender Akkord hindurch. Kaum bedarf es nun noch eines Hinweises, wir finden es wenigstens nun begreiflicher, ja wir finden es naturnothwendig, daß der Baum zu allen Zeiten und bei allen Völkern, deren Natur nicht zu karg war, um sich bis zum Schaffen des Baumes zu erheben, ein Gegenstand der sinn- bildlichen Verehrung gewesen ist. „Und so ist es denn gekommen, daß die Götterverehrung der Hellenen, wie sie mit dem Baume entstand und mit ihm dauerte , auch mit ihm fiel . Wie der Baumkultus dem Tempel- und Bilderkultus voranging, so überdauerte er denselben auch bei dem gemeinen Volke, und das Letzte, was christlich-clerikale Straf- gesetzgebung mit großer Mühe und schweren Strafen vernichtete, waren die heiligen Bäume mit ihrer Verehrung“ Carl Bötticher , Der Baumkultus der Hellenen. S. 16. . Wenn wir nicht Fanatiker sind, so haben wir jenes so oft dargestellte Bild nicht ohne Mißbehagen sehen können, welches den heil. Bonifacius darstellt, wie er mit hochgeschwungener Axt eifrige Streiche gegen den Stamm einer deutschen Eiche führt. 4. Der Waldboden. Unablässig saugt die Lippe Der Verwittrung an der Felsenklippe; Fest Gebundnes muß gelöst zerfallen. Und da fühlt das Starre Regung, Was geruht bekommt Bewegung, Mit dem Bache muß es thalwärts wallen. Unten wird es Muttererde, Ruft der Pflanze: leb’ und werde, Sei Vermittlerin für höh’res Leben! Darum ist es tiefe Wahrheit, Unsres Seins Erkenntnißklarheit: Daß wir alle an der Scholle kleben. Den Grund, auf welchem uns die Natur das schöne reiche Waldbild malt, bildet der Waldboden. Da er der Quell des Waldbestandes und die bedingende Ursache von dessen Beschaffenheit ist, so steht seine eigene Beschaffenheit großentheils in einem geraden Verhältnisse zu dem Waldbestande und ist in hohem Grade unserer Beachtung werth. Daß der Waldboden auch von der ästhetischen Seite seine große Be- deutung für uns habe, wissen wir alle, wenn wir uns an die schwellende Moosdecke eines frischen Fichtenbestandes oder an das düstere Haidekraut erinnern, welches zwischen den weitläufiggestellten Bäumen eines Kiefern- waldes den Boden locker verhüllt. Wenn schon der Boden, welcher die Wiese, das Kornfeld, den blumen- reichen Garten trägt, als Spender von Nahrung für unseren Leib und für unser Gemüth unsre dankbare Beachtung erregt, und wir zu einem Warum uns veranlaßt fühlen, wenn wir auf einem Boden eine reiche Pflanzenwelt hervorkeimen sehen und ein anderer, von jenem kaum ver- schieden scheinender, nur kümmerlichen Pflanzenwuchs erzeugt, um wieviel mehr müssen wir diese Frage an den Waldboden richten, dessen Leistungen wir in noch viel auffallenderer Weise verschieden finden, bald an tropische Fülle erinnernd, bald nur das kümmerliche Haidebild zeigend. Groß muß darum die Manchfaltigkeit der Faktoren sein, durch deren Zusammenwirken der Boden der Mutterschooß des Waldes wird. Wir wollen den Waldboden in dieser seiner Vielseitigkeit der Zusammensetzung seiner Stoffe und seiner Wirkungen auffassen und damit für die späteren Betrachtungen des Waldes selbst recht eigentlich uns einen Boden unter die Füße schaffen. Da der Waldboden das, was er ist und wirkt, nur unter dem sich unmittelbar betheiligenden Einfluß der Atmosphäre und der Lage hinsichtlich der Meereshöhe und der Himmelsgegenden ist und wirkt, so müssen wir auch in diesen Beziehungen den Begriff des Waldbodens auffassen. Zwei ganz gleich zusammengesetzte Bodenflächen zeigen ganz verschiedene Bestände, wenn die eine in der Ebene, die andere 8000 Fuß über dem Meeresspiegel, und letztere wieder wenn sie an einem nach Abend oder an einem nach Mittag gerichteten Berghang liegt. Es ist darum schwer und erfordert eine große Uebung und Er- fahrenheit, im voraus von einem Boden zu sagen, ob er sich für Wald- anbau eigene oder nicht; ja wir müssen uns hier an den Ausspruch im ersten Abschnitt erinnern, — daß der erfahrene Forstwirth sich „zuweilen den Kopf zersinnt, weshalb wohl plötzlich jene Fichtenpflanzung nicht mehr wachsen will, an deren Gedeihen er zehn Jahre lang seine Freude hatte.“ Vergleichen wir den Waldboden und den Ackerboden hinsichtlich ihrer Bestandtheile in der weitesten Auffassung dieser, so ergeben sich zwischen beiden erhebliche Verschiedenheiten. Was dem einen nothwendige Bedingung ist, kann dem andern zum großen Nachtheile gereichen und wir werden sogleich etwas als einen nothwendigen Bestandtheil eines Waldbodens kennen lernen, was wir vom Ackerboden fern zu halten bemüht sind. Die Unterscheidung des Ackerbodens in die Ackerkrume und den Untergrund oder die Grunderde kann auf den Waldboden nicht unmittelbar übertragen werden, weil unter Ackerkrume die oberste Bodenschicht ver- standen wird, in welcher die Ackerwerkzeuge bei der Bodenbearbeitung und bei der Düngung eindringen und von beiden in der Forstwirthschaft ja kaum die Rede ist. Wohl aber können wir ohne diese ursächlich bedingte nähere Bezeichnung auch im Waldboden von einer oberen und einer unteren Schicht sprechen. Wenn wir auf einem feuchten und daher fruchtbaren Waldgehänge von einigen Ruthen Flächenraum alle Bäume abhauen und den Boden so tief und so lange abtragen lassen, als wir in ihm noch eingedrungene Pflanzenwurzeln auffinden würden, so würden wir mit zunehmender Tiefe den Boden allmälig eine andere Beschaffenheit zeigen sehen. Nehmen wir an, es handele sich um einen mit einem gemischten, aus Fichten, Buchen und einigen anderen untergeordneten Holzarten zu- sammengesetzten hochstämmigen Bestand, auf einem aus Gneis gebildeten Boden — wie wir solche Fälle in der größten Ausdehnung z. B. auf dem bewaldeten Grenzgebirge zwischen Sachsen und Böhmen finden, — so würden wir bei der angedeuteten Untersuchung des Bodens Folgendes finden. Nachdem die dicht am Boden gefällten und abgehackten Stämme und Gesträuche weggetragen wären, würde es uns erst auffallen, daß die- selben den Boden mit einer Welt niederer Pflanzen getheilt haben. Moose und Farrenkräuter und allerlei Waldkräuter und Gräser bedecken die den Boden bildenden Gneisbrocken oder sprossen zwischen diesen aus der schwarzen, feuchten, Modergeruch aushauchenden Erde empor. Wir lassen sie alle sorgfältig beseitigen und vor uns liegt nun der nackte, seiner Lebenserzeugnisse beraubte Boden und nach wenigen Stunden hat sich durch Austrocknen die zwischen den Blöcken hervorschauende Erde wesent- lich heller gefärbt. Wir dringen tiefer ein; wir müssen es schon, wenn es uns gelingen soll, die sich tief einkrallenden Baumwurzeln mit den Wurzelstöcken, von denen sie ausstrahlen, gründlich auszugraben. Wir staunen, nirgends große Massen von eigentlicher Erde zu finden. So tief wir wühlen, wir finden nichts als große und kleine Gneisblöcke, zu einem mauerähnlichen Haufwerk aufgethürmt, und dazwischen, nur wie einen locker verbindenden Mörtel, die schwarze Walderde, reich gemischt mit gebräunten, zum Theil noch wohl erkennbaren Blättermumien und Holzstückchen, zwischen denen wir anfänglich die fadenförmigen Wurzeln der beseitigten Waldkräuter, selbst reichliche Ueberreste von Käferflügeln und anderen Insektentheilen, ja wohl lebendige Insekten und Schnecken selbst antreffen. Selten stoßen wir zwischen den Steinen auf kleine ganz von Walderde ausgefüllte Räume und wenn wir Steine und Erde gesondert aufschütten wollten, so würde die letztere gegen jene nur einen sehr kleinen Haufen geben. Wir treffen sogar hier und da auf leere Räume, in denen ein Thaubeschlag die Steinflächen bedeckt und Modergeruch daraus hervordringt. Wir wühlen und wühlen und immer noch wollen die Spuren des tief eindringenden Lebens, wenn auch nur in Leichenüberresten, nicht auf- hören. Endlich wird der schwarzen Modererde weniger, die Blöcke liegen dichter an einander bis wir zuletzt in ihrer gegenseitigen Lage sehen, daß sie die nur wenig auseinander gewichenen Trümmer des Gneisfelsens sind, und wir werden inne, daß wir bisher in der alten verwitterten Haut desselben gewühlt haben bis wir endlich auf das feste Felsenfleisch gekommen sind. In ihm kommen wir zufällig auf eine Schicht, wo die unablässig saugende Lippe der Verwitterung das feste Gefüge aufgelockert hat. Die Grundmasse des Felsengesteins zeigt sich entfärbt, hellgelblich und zerreiblich. Die Fugen der Felsenzerklüftung sind bezeichnet durch weiche bröcklige dünne Schichten, die wir durch eine eingetriebene Spitzhacke leicht zum Ausein- anderreißen des Felsgefüges benutzen könnten. Die schwarze Färbung ist nicht so weit herabgedrungen; wir wissen, daß sie von den vermoderten Ueberresten organischer Körper, namentlich von Pflanzentheilen herrührt, und deshalb nennen wir solche dunkle Erde Moder - oder Dammerde oder mit dem vornehmklingenden Namen Humus. Hier würden wir auch den Gärtnerausdruck Wald - oder Holzerde wählen können. Jetzt gehen wir einmal mit unserem Gehülfen nach jenem Fichten- bestande, der auf dem Rücken einer sanft geschwellten Hochebene liegt, an drei Seiten von einer saftiggrünen Bergwiese begrenzt. Die Fichte hat hier das unbestrittene Regiment und bildet ein in freu- digem Wuchse stehendes, etwa dreißigjähriges geschlossenes Stangenholz. Die Wipfel stehen in gutem Schuß und erst kaum zum vierten Theil aufwärts haben sich die Stämme gereinigt. Den Boden bedeckt eine dichte Moos- decke, hier und da an etwas trockenen Orten von Nadelstreu verdrängt. Nur an etwas lichteren Stellen hat das freier hereinfallende Sonnenlicht einige im Boden ruhende Samen höherer Pflanzen zur Entwicklung gebracht: einige Grasstöcke der Waldschmiele, Aira flexuosa, Waldkreuzkraut, Sene- cio silvaticus, und ein schönes Weidenröschen, Epilobium angustifolium und allenfalls noch ein Habichtskraut, Hieracium, und einige Haidestöckchen. Wir wollen sehen, wie es in diesem Boden aussieht. Er ist bald von den gehauenen Fichten geräumt und wir lassen Alles, was den Boden bedeckt, Moos, Nadeln und Kräuter beseitigen und stoßen alsbald auf ein sehr dichtes Geflecht wagerecht verlaufender Baumwurzeln. Dies liegt sehr seicht unter der Pflanzendecke in einer höchstens eine halbe Elle dicken Schicht, welche großentheils aus Dammerde besteht, in welcher wir eine Unmasse noch unverwester Nadeln und Zweigstückchen der Fichten, aber keine Steine und nur wenig Erde- und Sandbeimischung unterscheiden. Indem wir diese mit den Stöcken und Wurzeln an einer Stelle zugleich beseitigen lassen, werden wir dadurch überrascht, daß sich die ganze Wurzelverbreitung lediglich auf diese Dammerdeschicht beschränkt, und daß unter dieser sofort eine feste undurchdringliche Thonschicht folgt, in welcher kaum eine einzige Wurzel eingedrungen ist. Die Thonschicht erweist sich vollkommen unbetheiligt an dem Waldbestande, den sie trägt. Wir haben hier zwei ganz verschiedene Arten des Waldbodens kennen gelernt und wer nur einigermaßen herumgekommen ist, der erinnert sich jetzt, noch mancherlei andere wieder anders beschaffene Bodenarten im Walde gesehen zu haben. Er mag nur an den fetten, mit üppigem Kräuterwuchs bedeckten Lehmboden unserer Auenwälder, oder an den magern Sandboden der märkischen Kiefernwaldungen denken. Wir finden überall eine untere und eine obere Schicht des Waldbodens und können mit dem Landwirthe jene den Untergrund nennen, in den beiden beschrie- benen Fällen einmal Felsen, einmal eine undurchlassende Thonschicht. Wir errathen schon, daß die Beschaffenheit des Untergrundes nicht ohne großen Einfluß auf die Beschaffenheit des Waldbestandes sein kann. In beiden beschriebenen Fällen sahen wir die Fichte gleich gut gedeihen, obgleich die Beschaffenheit beider Waldboden sehr ungleich war: das eine Mal ein mehrere Ellen tiefer an Modererde und Feuchtigkeit reicher klüftiger Felsenboden, das andere Mal ein nur fußtiefer, ganz steinfreier, auf einer undurchdringlichen Lehmschicht ruhender Dammerdeboden. Wir müssen die Fichte befragen, weshalb sie zwei so ungleiche Wohnstätten mit gleichem Vortheile einnimmt. Das Fichte hat das auffallende, unter unsern Waldbäumen fast ihr allein eigene Wesen, daß sie, auch wenn sie es kann, ihre Wurzeln nie tief eindringen, sondern nur in der Oberfläche sich ausbreiten läßt. Die Buche muß mit ihren Wurzeln tief eindringen können; drum konnte sie der Fichte nicht auf den zweiten Standort folgen. Neben der aus verweslichen Stoffen und zu Sand oder Schutt zer- fallenen Gesteinstücken bestehenden Dammerde, welche oft nicht minder fein und mild ist, wie auf dem Acker, und außer gröberen Steinen bis selbst ansehnlichen Blöcken finden wir an einem guten Waldboden — den Untergrund lassen wir jetzt ganz aus dem Spiele — an seiner Oberfläche immer eine sogenannte Bodendecke, welche für das Gedeihen der Wald- bestände von der größten Bedeutung ist. Sie ist es besonders, wodurch der Waldboden, als ein Theil des Gesammtbildes, als welches uns der Wald ergötzt, zum Gegenstande auch unserer ästhetischen Betrachtung wird. Nach der Natur des Bodens, so weit er aus Stein- und Moder- stoffen besteht, nach der Art der Bäume, die den Waldbestand bilden, und nach dem Feuchtigkeitsgehalte des Bodens und der Luft ist die Boden- decke höchst verschieden. Man kann sie wesentlich als Pflanzendecke und als Laub - oder Nadeldecke unterscheiden, wobei es sich von selbst versteht, daß beide Klassen wohl niemals ganz scharf geschieden sind, weil selbst die entschiedenste Pflanzendecke natürlich auch den Laub- und Nadel- abfall enthalten muß und die dichteste Nadeldecke doch wenigstens einige niedere Pflanzen aufkommen läßt. Es kommt namentlich auf die Oertlichkeit an, ob der Laub- und Nadelfall schnell oder langsam verwest. Verwest er nur langsam, so muß sich nach und nach eine so dicke Laub- und Nadelschicht ansammeln, daß Waldkräuter und Gräser kaum aufkommen können. Nicht minder ist hierbei die dichte oder lockere Belaubung im Verhältniß zu dem räumlichen Um- fang der Baumkronen von Einfluß. Die dichte Belaubung der reichver- zweigten Buche verursacht darum meist eine hohe sehr reine Laubdecke, um so mehr, als die Buche mehr trocknen Standort liebt, auf welchem das abgefallene Laub nur langsam verwest. Die locker belaubte kleinblättrige Birke macht einen geringen Laubfall, die Fichte einen dichteren als die Kiefer. Obgleich die Erle sehr dicht belaubt ist, so duldet der feuchte Standort, den sie liebt, niemals eine längere Ansammlung des schnell verwesenden Laubes. Die lockeren durchsichtigen Kronen alter Kiefernorte machen, daß die Nadeln lange unverwest bleiben, weil Sonnenschein und Luft den ohnehin sehr trockenen Kiefernboden mehr erreichen und noch mehr austrocknen, als in einem in dichterem Wipfelschluß stehenden Fichtenorte. Für unsern Schönheitssinn ist natürlich die Laubstreu weniger an- genehm als die Pflanzenstreu (denn ich muß nun hier den Namen Streu für Decke geläufig machen, weil wir bald sehen werden, daß die Bedeckung des Waldbodens — Pflanzen oder Laub und Nadeln — als „Streu“ ein unglückseliger Zankapfel für Land- und Forstwirthe ist). Nichtsdesto- weniger hat namentlich in einem Buchenhochwalde die gleichmäßige falbe Laubdecke des Bodens für den geläuterten Geschmack ihre Vorzüge. Sie bildet zwischen den weitläufigstehenden alten, ein hohes Laubdach wölbenden Bäumen mit den weißgrauen säulenartigen Stämmen ein sauberes Parkett, in welchem das von unsern Füßen aufgewühlte raschelnde Laub unsere Schritte weit hinhallen läßt, wie in einem erhabenen Münster. Erfreuender freilich im wahren Sinne und anregender ist die Boden- decke, wenn sie aus lebenden Pflanzen gebildet wird, die dann wie ein Zwergengeschlecht unter dem Schutze der Baumriesen sich vertrauensvoll aneinanderschmiegen. Es giebt eine Menge Pflanzen, welche beinahe aus- schließend oder wenigstens vorwaltend sich unter dieser Waldprotektion be- haglich fühlen und viele von ihnen tragen als wissenschaftliche Artnamen die Bezeichnung vom Walde, z. B. das Waldvergißmeinnicht, Myosotis silvatica, der Waldziest, Stachys silvatica, das Waldlabkraut, Galium silvaticum und viele andere. Der Wald in seinen verschiedenen Ausprägungen als Gebirgswald oder Ebenenwald, Auenwald, Haide, Nadel- oder Laubwald, Hochwald, Nieder- oder Mittelwald bietet in seiner Pflanzendecke eine wahre Stufen- leiter des Ganges der Pflanzenschöpfung dar. Die beiden untersten Pflanzenklassen, die Pilze und Flechten, sind, wenigstens die letztern, in der Hauptsache Waldbewohner und von den ersteren sind wenigstens die Hutpilze am liebsten im Walde heimisch. Jedoch tragen die Pilze zur Zusammensetzung der Pflanzendecke des Waldbodens nicht wesentlich bei; dazu sind sie zu ungesellig und zu sehr blos augenblickliche Emporkömm- linge, wie ihnen gerade an einzelnen Punkten das Schicksal günstig ist. Die Flechten aber und fast immer im Verein mit ihnen die Moose, betheiligen sich um die Wette, den Boden des Waldes mit ihren niedlichen Heerschaaren zu bekleiden. Wenn man dem in der Pflanzenkunde nicht hinlänglich Unterrichteten von Moosen spricht, so ist man oft nicht sicher, daß er darunter dasselbe versteht, wie die Wissenschaft; denn sehr oft be- legt man auch die Flechten mit diesem Namen, indem man von „islän- dischem Moos“ spricht und von den „graubemoosten“ Bäumen. In beiden Fällen meint man aber nicht Moose, die bekannten fast immer grünen beblätterten Pflänzchen, sondern Flechten, welche niemals eine entschieden grüne Farbe und niemals Blättchen von nur einigermaaßen ausgeprägter Form besitzen. Beistehende Figuren, in welchen meine Leser I. Flechten. 1. Die isländische Flechte, Cetraria islandica. — 2. Die Rennthierflechte, Cladonia ran- giferina. — 3. Die Knotenschwammflechte, Baeomyces roseus. — 4. Die Korallenflechte, Cladonia pleurota. — 5. Die wirtelförmige Säulenflechte, Cladonia verticillata. und Leserinnen bekannte Gebilde erkennen werden, sollen uns darüber verständigen, was Flechten sind. Fig. 1. ist die isländische Flechte, Cetraria islandica, welche uns den bekannten Thee für Brustleidende liefert; Fig. 2. ist die Rennthierflechte, Cladonia rangiferina, welche fast allein den Bewohnern der Polarländer den Genuß der Milch und die übrigen Vortheile der Rennthierzucht vermittelt, da dieses wichtige Thier vorzugsweise von dieser Flechte lebt. Es ist namentlich der Gebirgswaldboden, auf welchem die Flechten- welt sich ansiedelt. Den fruchtbaren Lehmboden der Waldblößen oder frisch geräumter Schläge sehen wir im Vorgebirge, da wo er vollkommen bloß gelegt worden war, zuerst von der Flechtenwelt wieder verhüllt werden, wenn ihr nicht einige kleine Moose noch zuvorgekommen sind. Oft sehen wir solche Stellen ganz weiß gefärbt, als habe eben des Fabeldichters Anne Marthe hier ihren hoffnungsseligen Luftsprung gemacht und ihren Milchtopf verschüttet. Wenn man solche Stellen genauer betrachtet, so findet man einen grauweißen, trockenen käsigen Ueberzug. Es ist entweder blos der Anfang einer Flechte oder sie ist bereits vollständig ausgebildet. Im letzteren Falle finden wir darauf kleinen Hutpilzen täuschend ähn- liche Gebilde, auf weißem Stielchen einen rosenrothen Hut tragend. Es ist die Knotenschwammflechte, Baeomyces roseus, die erste Colonistin auf dem verfügbar gewordenen Waldboden. Unsere Fig. 3. zeigt uns diese sonderbare Flechte. Wie keine andere Pflanzenklasse unserer heimathlichen Flora sind die Flechten mit ihrem Nahrungsbedürfniß fast lediglich an die in der Luft vertheilte Feuchtigkeit gewiesen, während ihr Wurzelboden ihnen kaum mehr ist als der Ankergrund, auf welchem sie ruhen, ohne aus ihm mit ihren Wurzelhaaren, die eben nur Haftorgane sind, Nahrung zu saugen. Die Flechten sind daher auch wahre Feuchtigkeitsmesser, an welchen sich jede Veränderung in dem Feuchtigkeitsgehalt der Luft ausdrückt. Gehen wir in thauiger Morgenkühle durch einen Fichtenbestand, dessen Boden oft in großen Strecken mit den bis 8 und 10 Zoll hohen grauweißen tausendfach verzweigten Büschchen der Rennthierflechte ( I. 2.) bedeckt sind, so machen sie als schwellende weiche Polster unsere Tritte unhörbar, indem sie, weich und schmiegsam, sich hinter unserem Fuße schnell wieder aufrichten. Hat aber die steigende Sonne den Feuchtigkeitsgehalt der Luft vermindert, so Roßmäßler, der Wald. 3 trocknen auch diese Büschchen schnell vollkommen aus, und unser Tritt zertrümmert dann mit einem feinen Knistern die starren zerbrechlichen Gebilde, die dadurch, wie auch in der Gestalt, feinen Korallenbäumchen ähnlicher sind, als Gewächsen. Im Nadelwald des Gebirges tragen die Flechten oft sehr viel zur Bildung des Waldbodens bei und geben ihm durch ihre vorwaltend bleiche, grau- oder grüngebliche Färbung einen ungewöhnlichen Farbenton. Nur im Morgen- und Abendthau und bei anhaltend feuchtem Wetter vermögen einige sich einigermaßen zur Farbenstufe des Pflanzenreichs empor zu schwingen; dann leuchtet nämlich unter der angefeuchtet durchscheinend werdenden äußeren Zellenschicht das in tiefer liegenden Zellenschichten ab- gelagerte Pflanzengrün etwas hindurch. Fühlt sich das Auge von den zierlichen Gestalten angezogen und bückt man sich nach ihnen, so staunt man entweder über die unerwartete Starr- heit und Zerbrechlichkeit oder über die noch fast überraschendere Zartheit und Zerreißbarkeit derselben, jenachdem wir bei trockner oder bei feuchter Luft unsern Waldgang machen. Und fangen wir dann an, all’ die ver- schiedenen Formen zu sammeln, so werden wir gar leicht daran irre, ob hier die Natur auch bestimmte Arten oder nur freie, nie mit einander vollkommen übereinstimmende Formen geschaffen habe. Besonders die Gattung der Säulenflechten, Cladonia, entfalten auf dem Waldboden, wenn die Standortsverhältnisse ihnen zusagen, eine unglaubliche Veränder- lichkeit der Formen und nur die Rennthierflechte, welche wir schon als Cladonie kennen, zeigt eine Beharrlichkeit in der Ausprägung ihrer Art- kennzeichen. Zwei andere Arten dieser beinahe nur in der Veränderlichkeit beständigen Gattung, die ebenfalls den Waldboden höherer Gebirgslagen lieben, sind die I. 4. und 5. abgebildete Korallenflechte, Cladonia pleurota und die wirtelförmige Säulenflechte, Cladonia verticillata. In ersterer erkennen wir das bekannte Korallen„moos“ der Brockensträußchen. Ist einmal die Lage des Waldes rauh und an kalten Nebeln reich genug, wie es die Flechten lieben, so wird man auch stets bei genauerer Aufmerksamkeit am Boden eine große Zahl ihrer chamäleontischen Formen finden. Selbst an den umherliegenden größeren Steinen, wenn sie na- mentlich hinlänglich ebene Flächen darbieten, siedeln sich eine Menge Flechten an, bald blos kaum für belebte Wesen anzusehende Krusten, bald zierlich gerundete, schuppenförmige, vielfach zerschlitzte laubartige Rosetten bildend. Dann klettern sie aber auch fast immer an den Stämmen selbst in die Höhe, theils auf der Rinde sich ansiedelnd, theils den absterbenden untern Aestchen, vorzüglich der Fichte, einen bleichen leichenhaften Laub- schmuck verleihend. Andere Arten gehen dann noch höher hinauf und hangen als greisgraue Bärte von den Aesten der alten melancholischen Fichtenwipfel herab, von wo sie der Sturm und das unstäte Eichhorn herabwerfen sammt den dürren Aesten, an deren Tode sie selbst vielleicht einigen Antheil haben. Wenn die Flechten als Bestandtheile der Pflanzendecke für den Wald- boden, selbst wenn sie in reicher Fülle vorhanden sind, doch nur eine untergeordnete Bedeutung haben, wohl nur wenig zur Bodenverbesserung beitragen und auf unseren Waldgängen meist nur dann unsere Aufmerksamkeit gewinnen, wenn wir dieselbe für die Natur immer in Bereitschaft haben, so ist dies Alles ganz anders mit den um einige Stufen des Pflanzen- systems höher stehenden Moosen. Sie sind von einer großen Bedeutung für den Wald, vielleicht ohne Ausnahme von einer vortheilhaften, und schon ihr freudiges Grün und die Zierlichkeit ihrer blätterreichen, zu schwellenden Polstern verflochtenen Stengel macht sie zu den Lieblingen Aller. Wie die Flechten sind auch sie meist Kinder des rauhen nebelreichen Waldgebirges und nur wenige steigen nieder in die sonnige Ebene. In höherem Grade als die Flechten gesellige Pflanzen überziehen sie mit ihrer sammetnen Hülle oft in großen Beständen den Boden. Und zwar sind es oft blos zwei oder drei Arten, welche sich in die Aufgabe theilen, die Füße der Bäume zu bergen. Auf sehr feuchtem Boden sind es die bleichen Sumpfmoose, Sphagnum, und die Widerthone, Polytrichum, mit ihren meist astlosen saftgrünen Stämmchen, welche fast wie Fichtenpflänzchen aussehen. An nur frischen Stellen finden sich die Astmoose, Hypnum, ein, von denen das glänzende Astmoos, H. splendens, oft ganz allein große Bodenflächen vollständig mit seinem bräunlichgrünen Rasen überzieht. Jede Abstufung im Feuchtigkeitsgehalte des Waldbodens ruft andere Moose herbei, bis endlich auf trocknen sonnigen Waldblößen das purpurfarbige Haarzahnmoos, Ceratodon purpureus, ganze Strecken im Purpur- schimmer seiner haarfeinen Fruchtstielchen leuchten läßt. 3* Ganz besonders und nicht so massenweise nach nur wenigen Arten vertheilt, gestaltet sich die Moosdecke auf einem felsigen Waldboden. Da sind die lose übereinanderliegenden Blöcke meist ganz und gar mit locker aufliegenden Moosperrücken bedeckt, die man von den harten Glatzköpfen leicht abnehmen kann. Hier sind es vorzugsweise die Astmoose — eine jede Gebirgsflora vermag deren wohl an 50 Arten aufzuweisen — welche die Blöcke nicht selten so vollkommen verhüllen, daß der Unkundige ge- fährlich strauchelt, wenn er dem dunkeln Moosteppich vertraut. Gehen wir um einen Systemschritt weiter, so finden wir nun die Farrnkräuter, in der alten Linné’schen umfassenden Bedeutung, als wesentlich betheiligt bei der Bildung der Pflanzendecke. Außer einigen sumpfliebenden Schachtelhalmen, Equisetum, finden sie sich am liebsten auf mäßig frischen Waldstellen ein und namentlich die echten Farrnkräuter nicht selten in solcher Menge, daß sie einen wesentlichen Antheil an der Waldstreu nehmen und dem Walde einen Schmuck verleihen, der für den- jenigen eine ahnungsvolle Bedeutung gewinnt, der da weiß, daß die Farrn- kräuter wenigstens auf deutschem Boden nur die wenigen Ueberlebenden eines hier einst mächtigen Geschlechts sind, dessen Urahnen jetzt als Stein- kohlen aus millionenjähriger Grabesruhe wieder auferstehen. Der Gebirgs- wald würde einen wesentlichen Schmuck und Vorzug vor dem Ebenenwalde entbehren, wenn auch diese wenigeu Ueberreste der Farrnwelt ausgestorben wären. Die zu eleganten stammmlosen Palmenkronen gruppirten Wedel der Schildfarrn, Aspidium, und verwandter Gattungen verleihen unseren frischen Gebirgswäldern einen fast tropischen Zug, der für den Unkundigen, dem aber doch das Auge für die Formen der Pflanzenwelt offen ist, dadurch noch einen geheimnißvollen Reiz gewinnt, daß er an diesen zierlich zusammengesetzten ansehnlichen Blattgebilden zu keiner Zeit und an keinem Orte jemals Blüthen, sondern auf der Rückseite derselben nur räthselhafte, aus kleinen braunen Körnchen bestehende regelmäßig gruppirte Häufchen findet, deren Bedeutung als Früchte er kaum zu ver- muthen wagt. Am meisten fühlt man sich von dem Adlerfarrn, Pteris aquilina, angezogen, dessen dreifachgetheilter Wedel auf frischem lockeren Lehmboden nicht selten mannshoch wird; denn bei diesem stattlichen Ge- wächs, welches oft mit den Nadelhölzern, deren Gesellschaft es am meisten liebt, um den Platz kämpft, fällt die völlige Blüthenlosigkeit am meisten auf. Und wüßte nur ein Jeder, daß der Adlerfarrn, wie schon sein Volks- und sein Wissenschaftsname andeutet, der Bannerträger deutscher Nation ist, der sich mit seinem anvertrauten Reichskleinod unter den Schutz des deutschen Waldes flüchtete — man würde die Farrnkräuter des Waldes noch mehr lieben. Wie in anderen Beziehungen, so haben nämlich die Farrnkräuter auch darin eine eigenthümliche Besonderheit, daß in ihren Wedelstielen — man nennt die Farrnblätter Wedel — die Gefäßbündel nicht zu einem einfach kreisrunden Holzkörper gruppirt sind, wie es Regel ist, sondern daß dieselben in ganz eigenthümlicher, man möchte fast sagen abenteuerlicher Weise in der zelligen Grundmasse liegen, so daß ein Querschnitt des Wedelstieles die manchfachsten Figuren zeigt. In Figur II. sehen wir das etwa sechsfach vergrößerte Bild dieses Querschnitts vom Adlerfarrn II. Schräg geführter Querschnitt des Wedelstieles vom Adlerfarrn. und das deutsche Volk, welches der Pflanze diesen Namen gab, dachte dabei sicherlich nur an den deutschen Reichsadler. Es ist übrigens an dem mit vollkommenster Treue gezeichneten Bilde durch keine Zuthat der Einbildungs- kraft zu Hülfe gekommen. Einen Schmuck von der unnachahmlichsten Zierlichkeit bildet im Ge- birgswalde, oft große Flächen überziehend, der Waldschachtelhalm, Equisetum silvaticum, bis fußhohe Bäumchen bildend, deren gegliederter einfacher Stamm aus jedem Gelenk einen strahligen Schirm ebenfalls fein gegliederter Gebilde trägt, welche, obwohl beblätterte Zweige scheinend, doch nichts anderes sind, als fein zertheilte Zweigbildungen. Was von den Farren gesagt wurde gilt auch von den Schachtelhalmen und den noch hervorzuhebenden Bärlapp-Pflanzen, Lycopodium, auch sie sind nur noch die wenigen schwächlichen Ueberreste von Pflanzenfamilien welche zur Zeit der Steinkohlenbildung in reicher Artenzahl und als statt- liche Bäume den deutschen Boden bedeckten, wie jetzt so auch damals im Vereine mit längst ausgestorbenen Geschlechtern von Nadelbäumen. Die wenigen uns verbliebenen Bärlapp-Arten kriechen meist moosähnlich und mehr vereinzelt am Waldboden und tragen daher nicht viel zu dessen Charakterisirung bei. Fanden wir schon unter den blüthenlosen Pflanzen, den Kryptogamen Linn é’ s, eine große Beflissenheit, den Waldboden zwischen den Stämmen mit einer lebendigen Decke zu verhüllen, so sind nun der Arten der Blüthenpflanzen (Phanerogamen des Linn é ), welche daran Theil nehmen, noch viel mehr; obgleich kein Waldgras oder Kraut so ausschließlich dies thut, wie wir sahen daß es oft von zwei oder drei Moosarten geschieht. Fast immer zeigt der Waldboden, welcher von Blüthenpflanzen bewachsen ist, ein Fülle zahlreicher Pflanzenarten auf einmal. Die Blüthenpflanzen bedürfen als höher organisirte Wesen noth- wendig einer größeren Einwirkung des Lichtes, der Sonnenwärme und des Luftwechsels. Wir finden deshalb, je dichter der Waldbestand ist, desto weniger Blüthenpflanzen auf seinem Boden und selbst die bisher betrach- teten blüthenlosen vermögen nicht aufzukommen, wenn der Boden ganz beschattet ist, wie z. B. in Fichtendickichten oder angehenden Stangen- hölzern. Dann finden wir eben eine fast oder ganz reine Nadelstreu. Je lockerer der Bestand und zugleich fruchtbarer der Boden, desto üppiger schießt eine Fülle von Blüthenpflanzen auf ihm empor und manch- mal kann man glauben, in einem verwilderten Garten zu sein. Schließt sich aber der aufwachsende Bestand mehr und mehr, z. B. in einem Fichtenbesaamungsschlage, der durch „Saamenanflug“ von einzelnen „über- gehaltenen“ „Saamenbäumen“ erzielt werden soll, so müssen die großentheils einjährigen „Waldunkräuter“ immer mehr weichen, wenn nicht, was auch vorkommt, das Unkraut die jungen Baumpflänzchen überwuchert, erstickt und „verdämmt“. Wenn der Großstädter aus der deutschen Ebene einmal ins Gebirge auf solch einen blumenstrotzenden Waldschlag kommt, so kann er nicht müde werden, die ihm großentheils neuen Pflanzen zu mustern. Neben dem herrlichen Weidenröschen erblickt er den stattlichen Hohlzahn, Galeopsis versicolor, mit seinen großen citronengelben Lippenblumen mit dem violetten Flecken an der Unterlippe; in den fast schwarzen großen Beeren, die er noch nie gesehen, erräth er die Tollkirsche, Atropa belladonna, denn gerade so drohend und doch zum Kosten einladend ist sie ihm ja in der Schule be- schrieben worden. Zu den Füßen der fast mannshohen Giftpflanze ladet ihn nicht vergebens die würzige Erdbeere ein, unter ihrer Blätterdreifaltigkeit hervorgrüßend. Neben überraschend stattlichen Federbüschen des weiblichen Milzfarrn, Asplenium filix femina, giebt ihm das Rühremichnichtan, Impatiens Nolimetangere, ihr Blumenräthsel auf und erschreckt ihn wohl mit dem geschoßähnlichen Aufspringen ihrer nur leise berührten Früchte. Wenn es ihm daheim niemals einfiel, Heidelbeeren zu essen, hier liest er mit Mühe die vereinzelt an den Büschchen stehenden Beeren auf. Im Hochsommer sieht er entzückt und mit einem „was ist das!“ die brennend korallrothen Trauben des Traubenhollunders, Sambucus racemosa, an; sicher in der ganzen deutschen Flora das vollendetste Beispiel dieser schönen Farbe. Ganze Flächen sind mit einem bunten Muster von dem reinsten Violett und Hochgelb überzogen, welches die Deckblätter und Blüthen des Kuhweizens, Melampyrum nemorosum, bilden. Riesige Binsenbüsche und mannshohe Waldgräser, voran die zierlichen Rispen der Calamagrosten, am Boden kriechende, mit Millionen weißen Stern- blümchen besäete Labkräuter — Alles, Alles fesselt seine Aufmerksamkeit. Es ist schon oben gesagt worden, daß eine Menge höherer, d. h. im Systeme einen hohen Rang einnehmender Pflanzen ausschließend oder vor- zugsweise ihre Heimath im Walde haben, und es würde jetzt eine lange Namenreihe geben, wenn wir diese Pflanzen alle aufzählen wollten; es mögen darum vorstehende Beispiele genügen. Es ist keine Pflanzenfamilie der Blüthenpflanzen, von den Gräsern bis zu den am höchsten stehenden Thalamifloren des Reichenbach’schen Systems, welche nicht ihre Ver- treterinnen im Waldesgrunde hätten. Die Beobachtungen der Waldkräuter und Gräser geben Gelegenheit zu einer lehrreichen Erfahrung, die hier am besten einige Worte der Er- wähnung findet. Wenn ein achtzigjähriger oder noch älterer Fichtenhochwald ganz abgetrie- ben wird und nachdem die Stämme abgefahren auch die Stöcke gerodet worden sind, so ist dies einigermaßen mit einer Art Bodenbearbeitung nothwendig verbunden. Das Herausschleifen und Abfahren des Holzes, das Aufwühlen des Bodens beim Stockroden, die Wagengeleise und die Tritte der Pferde — alles dieses schließt den bisher dicht verhüllt gewesenen Boden auf und gestattet dem Regen und der Luft- und Wärmeeinwirkung den Zugang. Tritt zumal nach der Schlagräumung fruchtbare Witterung ein, so erscheinen sofort, spätestens im folgenden Jahre eine Menge Pflanzen, als wären sie hingesäet und man fragt sich, woher sie gekommen. Bei so hochent- wickelten Pflanzen träumt auch der Wundersüchtige nicht von „einem Entstehen von selbst“, sondern er läßt sich nur die Wahl, ob die Winde die Saamen hierher geführt haben, oder ob der Saamen viele Jahrzehnte lang im Boden geschlummert habe und jetzt erst in der ihm gewordenen Freiheit aufgegangen sei. Ohne Zweifel ist Beides der Fall. Manche Wald- pflanzen, wie z. B. das Waldkreuzkraut, Senecio silvaticus, und das Weidenröschen, Epilobium angustifolium, zwei der verbreitetsten Schlag- pflanzen, haben außerordentlich kleine mit großem Haarschopf versehene Saamen, welche selbst ein leiser Luftzug leicht tragen kann; andere, bei denen dies nicht der Fall ist, können nur dadurch auf einem frischgeräumten Schlage sich in Menge einfinden, daß ihre Saamen lange im Boden ge- legen hatten, ohne ihre Keimkraft zu verlieren. Vor kurzem sahe ich aus einem Gefäß voll Erde, welches durch eine Glasglocke abgesperrt war, allerlei Keimpflänzchen aufgehen, obgleich feststand, daß diese Erde, ein ehemaliger Komposthaufen, ganze 30 Jahre von einem festen Kieswege bedeckt ge- wesen war. Hier waren also unzweifelhaft Sämereien 30 Jahre lang mehrere Fuß tief im Boden vergraben gewesen und dennoch keimfähig geblieben. Wenn man diese Seite des Waldbodens ins Auge faßt, so gewinnt er noch die sinnvolle Bedeutung als fruchtbarer Mutterschooß, dem nach langer Verschlossenheit eine Blumenfülle entsprießt, wenn sich des Himmels Segen darauf ergossen. Endlich ist hier noch einer andern Art der Pflanzendecke auf dem Waldboden zu gedenken, welche gewissermaßen ein Ueberbleibsel der Ur- waldbildung ist. Es kommt, wiewohl nicht häufig, vor, daß ohne Dazuthun des Försters sich der Wald selbst seine Nachkommen erzieht, indem die ab- gefallenen Saamen im Boden nicht nur keimen, was sehr häufig der Fall ist, sondern trotz der Ueberdachung der zeltartigen Laubkronen freudig fortwachsen und einen jungen Wald unter dem alten bilden. Dann bleibt dem Förster nur übrig, die Alten, wenn sie haubar sind, mit möglichster Schonung der Jugend heraus zu nehmen. Näher liegt uns aber jetzt die große Bedeutung, welche die aus Pflanzen gewebte, eben so wie die aus dürrem Laub und Nadeln auf- geschüttete Bodendecke für den Wald hat, und wenn wir uns diese Be- deutung recht klar gemacht, wenn wir ein Verständniß derselben gewonnen haben, so sehen wir in dieser Bodendecke nicht blos eine dem Auge wohl- thuende Vermittlung zwischen dem Walde und seinem starren Träger, sondern eine wichtige Bedingung des Waldlebens. Der Walderzieher muß in der Hauptsache der Natur überlassen, für das Gedeihen seiner Baum-Saaten und Pflanzungen zu sorgen. Kaum daß er für diese Einiges zur Bodenvorbereitung thun kann und daß er alsdann mit Vorsicht den dazwischen aufwuchernden Unkräutern Einhalt thut; so wie einmal seine Pfleglinge in eine kräftige Kindheit getreten sind und sie sich in ihren ausgreifenden Zweigen zu Schutz und Trutz die Hände reichen, muß er sie in der Hauptsache sich selbst überlassen. Er kann allenfalls dem Boden das zu viele Naß durch Entwässerung ableiten und Insekten- und Wildschaden nach Kräften abhalten, dem Eindringen des Weideviehes wehren, durchforstend das zu dicht werdende Gedränge lichten — das ist aber auch so ziemlich Alles, was er kann. Sein Auge ist aber unablässig auf die Bodenstreu gerichtet. Sie muß ihm den Waldboden frisch erhalten, sie muß den austrock- nenden Sonnenstrahlen und Winden steuern, sie muß dafür sorgen, daß den Baumwurzeln im Boden sich immer erneuernder Vorrath verwes- licher Stoffe und der unbeschränkteste Spielraum geboten sei. Wenn namentlich, wie wir es von der Fichte bereits wissen, die Wurzel am liebsten in den obersten Bodenschichten bleibt, so ist ihr die Bodendecke ein unentbehrliches Schutzmittel, möge sie nun aus dem Nadel- fall oder aus Moos oder aus Waldkräutern bestehen. Wir begreifen, daß es eine schwere Sünde am Walde be- gehen heißt, wenn man ihm seine Bodendecke nimmt. Und diese Sünde wird auch heute noch hundertfältig begangen! Wir verstehen nun, was es vorhin sagen wollte, als wir die Bodenstreu einen Zankapfel zwischen Landwirthen und Forstwirthen nannten. Die Landwirthschaft ist noch vielfältig nicht so weit vorgeschritten, daß Getreidebau und Viehzucht mit einander in Gleichgewicht stehen, d. h. in diesem Falle, daß der Landwirth so viel Stroh erzeugt, als er an Streu für seine Thiere bedarf, um die nöthige Menge Dünger zu er- zeugen. Da soll und muß nun der Wald aushelfen, er muß seine Bodendecke zur Stallstreu hergeben und verliert dabei mehr, als der Acker dadurch gewinnt; denn er verliert nachhaltig, während der Acker nur vorübergehenden Nutzen zieht. Die Ablösung der Streuservituten ist seit einigen Jahrzehenten das stehende Kapitel in den Jahrbüchern der Forstverwaltung. In früheren Jahrhunderten, wo der Werth des Waldes theils wirklich noch ein geringerer war, theils für geringer galt als es hätte sein sollen, wurde ganzen Dorfgemeinden von der Staatsgewalt das Recht des „Streurechens“ in den Staatswaldungen für alle Zeiten eingeräumt und jetzt seufzen die räumlich und zuständlich herabgekommenen schwer unter diesem un- rechten Rechte. Es ist schon schlimm genug, wenn der Privatwaldbesitzer, dem man das freie Gebahren mit seinem Eigenthum nicht beschränken will, eben nicht angehalten werden kann, diese Waldverwüstung, die es ist, zu unter- lassen. Wie viel schlimmer, wenn sie die Staatsforstverwaltung sich ge- fallen lassen muß, welche sich verpflichtet fühlen soll, im Walde nicht nur eine sichere Holzquelle, sondern in ihm auch einen der wichtigsten meteorologischen Faktoren zu erhalten. Gewiß, ich darf nun mit doppeltem Rechte wiederholen, daß uns der leuchtendgrüne Moosteppich eines Fichtenwaldes mehr als eine Augen- weide, daß er uns eine verständnißvolle Naturfreude gewähren muß. Während es uns ergötzt, unhörbar wie auf weichem Flaum darüber hin- zuschreiten, so denken wir nun alle dabei auch daran, daß diese Decke es ist, welche die geheimnißreiche Stätte des Baumlebens vor dem Herein- brechen störender Gewalten beschützt. Wer an den Jammer des Streurechens nicht recht glauben will, der gehe nur in einen unter dem Streuservitut seufzenden Wald. Nicht selten wird er unmittelbar an einen solchen einen Staatswald, vielleicht nur durch einen schmalen Holzweg und die mit der Krone versehenen Grenz- steine von jenem geschieden, angrenzend finden. Vielleicht trifft es sich sogar, daß diesseit und jenseit des Grenzwegs derselbe Fichtenhoch- wald steht. Dann blicke er unter sich und über sich. Auf dem Boden des streugerechten Waldes sieht er auf der kahlen Erde, nur mit küm- merlichen Moospflänzchen und einem lockern Nadelfall nothdürftig bedeckt, die entblößten Wurzeln hervortreten; und als Folge davon sehe er dann die lockern durchsichtigen Wipfel, während die streugeschützten Bäume auf der andern Seite ein dichtes schattendes reichbenadeltes Schirmdach bilden. Die Bedeutung der Waldstreu ist jedoch nicht allein eine schützende, feuchterhaltende, sondern selbstverständlich auch eine bodenverbessernde, düngende, indem die zerfallenden Pflanzentheile den Boden mit Dammerde bereichern. Wie wesentlich dieser Dienst ist, bestätigt sich sogar in Fällen, die man dazu für kaum geeignet halten sollte. Im fürstlich reußischen Gröbaer Wald in der preußischen Niederlausitz hat man seit einigen Jahren schlechtwüchsige Kiefernorte dadurch zu einem bessern Gedeihen gebracht, daß man auf die vorzugsweise aus magerem Haidekraut und dem kümmer- lichen Nadelfall bestehende Bodendecke einen Fuß hoch Sand auffährt, welcher die Zersetzung der Pflanzentheile befördert und den Boden dadurch bereichert. Indem wir nun dem aus dem Steinreiche stammenden unteren Theile des Waldbodens noch einige Aufmerksamkeit zu widmen haben, so ist natürlich auch in dieser Richtung die Bodenbeschaffenheit eine sehr verschiedene und es spielt schon die Gesteinsart, Gesteinsart und Steinart muß man wohl unterscheiden. Unter einer Ge- steinsart, auch Felsart oder Gebirgsart genannt, verstehen wir solche Steinmassen, welche einen wesentlichen Antheil an der Zusammensetzung der festen Erdrinde nehmen, so daß ihr Begriff nicht sowohl durch die mineralogische Beschaffenheit, sondern durch ihre massenhafte Verbreitung bedingt ist. Granit, Porphyr, Basalt, Thonschiefer, Kalk- stein sind Gesteinsarten. Steinarten dagegen sind durch ihre chemische Zusammensetzung durch deren Verwitterung der Boden entstanden ist, eine einflußreiche Rolle dabei. Eine der wesentlichsten Bedingungen, durch welche eine Gebirgsart mehr oder weniger fruchtbaren Waldboden bilden kann, liegt in dem größeren oder geringeren Grade, in welchem das Wasser in die Poren desselben eindringen kann und eine auflösende Kraft auf sie ausübt. Diese Seite der Gebirgsarten ist eben so wichtig als die, ob dieselben mehr oder weniger aus solchen Stoffen bestehen, welche im aufgelösten Zustande zur Nahrung dienen können. Es ist hier ein für allemal als eins der wichtigsten Gesetze des Pflanzenlebens einzuschalten, daß die Pflanze nur Lösungen aufzunehmen im Stande ist; auch noch so fein zertheilte Stoffe, welche das Wasser nur beigemengt enthält, vermögen nicht in die Wurzel einzudringen. Sie werden an ihrer Außenseite abgelagert, während das Wasser selbst mit den in ihm vollkommen gelösten Stoffen durch die Häute der äußeren Zellenschichten hindurch in das Innere der Wurzel eindringt. Der Umfang, bis zu welchem die chemische Einwirkung des Wassers, vorzüglich durch dessen Kohlensäuregehalt, die Felsen in ihrem Gefüge aufzulockern und zum Zerfallen zu bringen vermag, ist nach der Be- schaffenheit der Gesteine natürlich sehr verschieden. Hand in Hand gehen mit ihr des Wassers physikalische Eigenschaften, namentlich die, beim Gefrieren sich auszudehnen. Das in die Poren und Haarspalten der Ge- steine eingedrungene Wasser wirkt dabei in der Form unzähliger kleiner Keile, weil es sich beim Gefrieren ausdehnt und die Steintheilchen aus- einander sprengt. Dies letztere ist namentlich bei zusammengesetzten sogenannten krystalli- nischen Gebirgsarten, z. B. Granit, Gneis, Syenit, der Fall, indem in solchen in den Berührungsflächen der sie zusammensetzenden Stein- arten gewissermaßen der Weg angedeutet ist, welchen das eindringende Wasser zu nehmen hat. Daher finden wir sehr oft auf Granitgebirgen den Waldboden aus einem nach oben hin immer feineren, nach unten und ihre gestaltliche Beschaffenheit und andere an der Farbe, Härte, Glanz etc. sich aus- sprechende Merkmale charakterisirte Steine, z. B. Feldspath, Glimmer, Quarz, Zinn, Diamant. Die drei erstgenannten Steinarten bilden durch ihre Verbindung die Ge- steinsart Granit, welcher also eine zusammengesetzte Gesteinsart oder Gebirgsart ist. Der Kalkstein ist beides zugleich: Steinart, weil er eine durch obige Merkmale für sich bestehende besondere Art ist, Gesteinsart, weil er felsenbildend vorkommt. immer gröberem Granitsand bestehend; und an stehenden Gebirgswänden kann man diesen zerfällenden Einfluß des Wassers, der fast immer auch mit Verfärbung und Erweichung der einzelnen Bestandtheile verbunden ist, oft bis in beträchtliche Tiefe verfolgen. Wenn wir uns nun hierbei an die so höchst manchfaltigen Zusammen- hangsverhältnisse (Cohäsion) der verschiedenen Gebirgsarten erinnern, vom harten Basalt an bis zu dem weichen Schieferthon und dem ganz zu- sammenhangslosen Sande, so ergiebt sich von selbst, wie verschieden schon nach der Gesteinsbeschaffenheit der Waldboden sein kann. Die eine Ge- steinsart zerfällt leicht, die andere schwer, die eine zerfällt in dünne Schieferplatten, eine andere in kleinere oder größere ungestaltete Blöcke, eine dritte in losen Schotter; die eine löst sich dabei zugleich stark auf, die andere sehr wenig u. s. w. Dabei ist es zuweilen von dem erheblichsten Einfluß, ob ein Waldboden bis zu der Tiefe, bis zu welcher überhaupt die Wurzeln eindringen mögen, von einer und derselben Gebirgsart ge- bildet wird, oder ob innerhalb der Wurzeltiefe bald eine zweite, vielleicht ganz anders beschaffene, folgt. Man sieht zuweilen Eichenbestände, welche an allen Bäumen deutlich wahrnehmen lassen, daß sie bis zu einem gewissen Alter gesund und kräftig erwachsen, dann aber sämmtlich wipfeldürr geworden sind. Zählen wir die Jahresringe einer solchen Eiche, so sehen wir, daß nicht das Alter am Absterben schuld gewesen sein kann. Der Boden zeigt sich außer- ordentlich fruchtbar und diese oberflächliche Untersuchung läßt uns die Sache als ein Räthsel erscheinen. Die Lösung liegt nicht tief, vielleicht nur einige Fuß tief. Dort liegt nämlich eine undurchlassende feste Kies- schicht, oder eine Muschelkalkbank, oder selbst nur eine feste Thonschicht, in welcher die tiefer dringenden Wurzeln nicht weiter können, was ein Absterben des Wipfel verursacht. Wie aus diesem Beispiel erhellt, daß schon allein der mechanische Widerstand des Bodens einen nachtheiligen Einfluß auf das Gedeihen des Waldes ausübt, so ist überhaupt anzunehmen, daß die physikalischen Eigen- schaften, wie Erwärmungsfähigkeit, Lockerheit, Wasserhaltigkeit, Tiefgrün- digkeit, von bedeutenderem Einfluß sind, als die chemischen. Wenn z. B. auf den Höhen der aus Jurakalk bestehenden schwäbischen Alp ein geringerer Waldwuchs ist als auf den Gneis- und Granit-Kuppen des Schwarzwaldes, so hat dies seinen Grund wesentlich darin, daß der weiße Jurakalk außerordentlich viel schwerer zerfällt und verwittert und daher einen mit den vegetabilischen Resten viel weniger innig gemengten Boden giebt als Granit und Gneis. Wenn daher eine Gebirgsart nicht geradehin schädliche Stoffe enthält, so ist es ziemlich gleichgiltig, ob ein Waldboden aus einem Gemenge von Moderstoffen mit Kalk oder mit Sandstein, oder mit Basalt, Porphyr, Granit u. s. w. besteht, wenn das Gemenge nur derart ist, daß der Boden neben den steinigen Bestandtheilen den gehörigen Antheil an Moder- stoffen (Humus), die nöthige wasserhaltende Kraft, Lockerheit, Erwärmungs- fähigkeit und Mächtigkeit (Tiefgründigkeit) hat. Diese Eigenschaften eines Waldbodens werden bedingt durch die angemessene antheilige Zusammen- setzung aus den drei Hauptbestandtheilen Humus, Thonerde und Sand . Ohne uns hier weiter in die überaus wichtige Lehre der Boden- kunde einlassen zu können, sei doch noch zum Schluß dieses Abschnitts kurz dargelegt, nach welchen Seiten hin die Güte eines Waldbodens zu prüfen ist. Wir folgen dabei der schon vor langer Zeit von Schübler hierüber gegebenen Anleitung, indem wir von seinen neun Fragen, die er an den Boden stellt, wobei er allerdings mehr Ackerboden im Auge hat, die erste weglassen, welche das specifische Gewicht betrifft, da dieses bei dem Waldboden nicht von erheblicher Bedeutung ist. 1) Die Wasserhaltigkeit eines Bodens, d. h. das Vermögen, beigemischtes Wasser nicht abfließen zu lassen, ist eine sehr wichtige Seite bei der Beurtheilung der Güte eines Waldbodens. Sandboden, oder vielmehr reiner Quarzsand, welcher oft genug fast ganz allein den Kiefern- boden bildet, vermag nur 25 Procent Wasser festzuhalten, während humusreiche Gartenerde 89 Procent aufnehmen kann. Am meisten, näm- lich 190 Procent, hält der reine Humus (Moderstoffe) fest, daher es sehr erklärlich ist, welchen Nutzen schon hierdurch die Beimengung von Humus einem Waldboden bringt, wenn dieser zumal aus Mineralstoffen besteht, welche eine geringe wasserhaltende Kraft besitzen. 2) Die Zusammenhangskraft (Cohäsion), in einem höhern Grade Zähigkeit genannt, findet ihre beiden Endpunkte im Sand und im Thon, und wenn man die Zusammenhangskraft gleich 100 setzt, so ist sie bei guter Gartenerde 7, 6 und bei gewöhnlicher Gartenerde 33, 0 ; jene ist also viel lockerer als diese. 3) Die Austrocknungsfähigkeit des Bodens ist mit Berücksich- tigung der mittlern Menge der atmosphärischen Niederschläge oder nicht zu beseitigenden Bodenwassers eine wichtige Bodeneigenschaft. Schübler fand, daß mit Wasser getränkter Sand in 4 Stunden bei 90 0 Wärme 88, 4 Proc. Wasser verlor, mehr als irgend ein anderer Bodenbestandtheil, während Humus nur 20 Proc. verlor. Erinnern wir uns, daß Humus 190 Proc. Wasser einsaugen kann, und nun auch am schwersten dasselbe wieder ab- giebt, so müssen wir die Bedeutung desselben für den Waldboden doppelt hoch anschlagen, und wir erinnern uns jetzt der oben geschilderten ersten Bodenuntersuchung, wie das geringe Maaß von Modererde zwischen den locker übereinander liegenden Steinblöcken den Waldboden dennoch frisch erhalten hatte. 4) Die Zusammenziehung des Bodens durch Austrocknen ist nicht minder bei den mancherlei Bodenarten und dessen Bestandtheilen verschieden, und es entstehen dadurch bekanntlich Sprünge im Boden. Am größten findet man letztere z. B. in einem abgelassenen Teiche in dessen mit Humus überladenem Schlamm, weil der Humus das größte Zusammenziehungs- vermögen hat, was man auch an den oft allein aus Moderstoffen bestehenden Torfziegeln sieht. 5) Die Wasseraufsaugungskraft (Hygroskopicität), nicht zu ver- wechseln mit der wasserhaltenden Kraft, beruht in dem Vermögen, den Wasserdampf aus der Atmosphäre einzusaugen. Bei wasserarmen Boden- arten und bei regenlosem Wetter ist diese Kraft natürlich von großer Be- deutung. Der Sand saugt durchaus keine atmosphärische Feuchtigkeit auf, der Humus wiederum am meisten. 6) Das Aufsaugungsvermögen für Sauerstoff ist neben der Verschiedenheit seiner Bestandtheile im Boden namentlich durch seine Lockerheit und Porosität bedingt. Auch hier ist der Humus von der höchsten Bedeutung, weil er nicht nur den Boden locker macht, sondern durch seine fortdauernde Verwesung den aus der Luft eingedrungenen Sauerstoff in Kohlensäure verwandelt, welche einer der wichtigsten Nährstoffe für die Pflanze ist. 7) Das Wärmeleitungsvermögen eines Bodens spricht sich da- durch aus, in wie viel Zeit derselbe einen aufgenommenen bestimmten Wärme- grad wieder verliert. Auch hierin herrschen unter den mancherlei Bodenarten große Verschiedenheiten. Auf 62½ 0 erhitzter Quarzsand brauchte 3½ Stunden um auf 21, 0 0 abzukühlen, Humus dagegen blos 1 Stunde 43 Minuten. 8) Endlich ist die Erwärmungsfähigkeit des Bodens durch die Sonnenstrahlen von großer Bedeutung und von nicht unbedeutender Verschiedenheit. Dabei kommt es besonders auf die Farbe desselben, auf den Feuchtigkeitsgrad, auf die Dichtigkeit und auf den Winkel an, unter welchem er von den Sonnenstrahlen getroffen wird. Schon wegen seiner dunkeln Farbe erwärmt sich der humusreiche Boden am stärksten von allen. Es ist in diesen acht Fragen zur Beurtheilung eines Waldbodens nichts enthalten, was ohne gelehrtes Wissen nicht verständlich wäre, es ist in ihnen nur das ausgesprochen — und das gehört recht eigentlich in dieses Volksbuch vom Walde — was uns von einer nachdenklichen Be- trachtung der Natur als unser ungekannter Wissensbesitz nachgewiesen wird. Wir sind lange auf dem Waldboden herumgewandelt, aber sicher nicht ohne Vortheil davon gezogen zu haben. Wir haben den innigen Lebenszusammenhang zwischen ihm und dem Walde oder vielmehr den Bäumen — denn ein Theil des Waldes ist er ja selbst — erkannt und unsere Blicke, die wir aufwärts in die Wipfel richteten, wurden immer aufmerksamer und immer fragender und darum fühlen wir nun, daß wir uns mit Dem nicht begnügen können, was wir im dritten Abschnitte über den Baum mehr im Allgemeinen und nur vorbereitend erfuhren. 5. Der Bau und das Leben des Baumes. Lehr mich, Ehrwürd’ger, Dein Wesen verstehen, Daß ich in ihm mein Vorbild erkenne, Daß ich Deinen Schüler mich nenne, Redlichen Eifers voll, Dir nachzugehen. Du mein Vorbild im stillen Begnügen, Du mein Vorbild in nützlichen Werken. Du mein Vorbild, den Muth mir zu stärken, Will meine Kraft im Sturme erliegen. Es ist eine sonderbare Gedankenlosigkeit oder mindestens Unachtsam- keit, daß man den Baum gemeiniglich mit gleichgültigen, wenn nicht mit geringschätzenden Blicken ansieht, wann er seines Schmuckes beraubt in winterlicher Armuth vor uns steht. Es ist aber geradehin eine Unmög- lichkeit, ein volles Verständniß des Baumes zu gewinnen, wenn wir ihn nicht auch im Winter ansehen. Gerade der laublose Baum enthüllt uns die Gesetze seines Baues und seines Werdens vollständiger und klarer, als wenn er in verwirrender Laub- und Blüthenpracht als schönes vollendetes Ganzes vor uns steht, an dem der Theil sich nicht geltend machen kann. Kaum daß der Landschaftsmaler — von Anderen will ich gar nicht sprechen — im Sommer die Ulme von der Esche, den Spitzahorn vom Bergahorn, die Buche vom Hornbaum unterscheiden kann; im Winter geht, ich rede aus vielfacher Erfahrung, die Baumkenntniß über die weißstäm- mige Birke und über den Allerweltsstudienbaum, die Eiche, nicht hinaus. Jetzt wo wir den Baum nicht blos mit wissenschaftlich forschendem Auge, sondern, wie es in der Naturforschung stets sein sollte, auch mit dem schön menschlichen Wohlgefallen des geläuterten Geschmackes be- trachten wollen, kann ich es mir um so weniger versagen, über Kunst Roßmäßler, der Wald. 4 und Natur etwas vorauszuschicken, als der Baum in einem so beliebten Zweige der darstellenden Kunst die hervorragendste Rolle spielt. „Kunst und Natur, oder Natur und Kunst? Man weiß nicht, welches man vor, welches hinter setzen soll. Beide stehen so dicht neben einander, durchdringen einander vielmehr so innig, daß man eben diesem Zweifel verfällt. Dennoch werden beide oft als Gegensätze gebraucht; vielleicht miß- braucht. „Dies ist recht natürlich gemalt.“ In diesem oft gehörten Satze liegt ein Verlangen nach Harmonie zwischen Kunst und Natur. „Diese Aussicht giebt ein schönes Bild,“ oder „Dieser Blumen- strauß ist wie gemalt“ — will sagen, daß die Kunst, wie sie sich in dem geläuterten Geschmack des Gebildeten ausgeprägt hat, sich das Recht der Kritik über die Natur vorbehält. „Diese Körperhaltung ist unnatürlich,“ oder gesteigert: „widernatür- lich“ — dies setzt die Natur in ihr Oberhoheitsrecht. Auch der Sprachgebrauch, der nicht blos ein Tyrann, sondern ebenso oft, ohne daß wir daran denken, ein scharfer Logiker ist, unterscheidet auf dem Gebiete des Künstlichen, d. h. des von Menschenhand Gemachten, gegenüber dem Natürlichen in vielen Fällen sehr klar. Bekanntlich wird in dem eben angegebenen Sinne anstatt Künstlich oft auch Falsch an- gewendet. Beide aber werden darum noch nicht für alle Anwendungsfälle gleichbedeutend. Wir sagen falsche Zähne, falsche Locken, nicht künstliche Zähne, künstliche Locken, obgleich sie beide dieses sind, denn sie sind mit höchster Kunstfertigkeit der Natur möglichst treu nachgebildet; ebenso sagen wir falsche Diamanten. Nicht aber sagen wir falsche Blumen, sondern künst- liche Blumen; ein Invalid hat ein künstliches Bein, nicht ein falsches Bein. Woher diese Verschiedenheit? Offenbar daher, daß in die Be- zeichnung Falsch der Vorwurf gelegt werden soll, daß die als falsche be- zeichneten Dinge täuschen wollen. Die anderen wollen nicht täuschen; sie setzen sich anspruchslos und nur mit der Absicht, die fehlende Natur- wirklichkeit zu ersetzen, an die Stelle dieser, und beanspruchen und haben einen Eigenwerth. Die falschen Dinge haben ihren Werth nur in der Täuschung. Diesem nach bestimmt sich der Werth eines Kunstwerks. Sobald es seinen Werth in der höchstmöglichen Nachahmung und somit in der Täuschung sucht, hört es auf ein Kunstwerk zu sein, es wird ein Kunst- stück, welches den kunstsinnigen Beschauer verstimmt. Darum mögen wir eine Statue nicht mit den natürlichen Farben bemalt. Je peinlicher die Be- mühung ist, alle Seiten der Natur nachzuahmen, desto mehr wird das Auge auf diejenigen gelenkt, wo eine vollendete Nachahmung eine Unmöglichkeit ist. Dabei ergeht es solchen Werken noch schlimmer als den falschen Zähnen, weil sie nicht einmal täuschen können. Die wahre Kunst bescheidet sich daher, es der Natur nicht gleich thun zu wollen, und zwar deshalb nicht thun zu wollen, weil sie es nicht kann. Sie stellt sich mit der Natur in ein weises Einverständniß. Dieses Einverständniß beruht auf der richtigen Würdigung der beiderseitigen Mittel. Die plastische Kunst, namentlich die Bildhauerei, hat vor der ma- lenden Kunst die Körperlichkeit voraus und tritt dadurch der Natur einen Schritt näher. Aber eben darum hütet sie sich vor dem Vorwurf, der Natur zu nahe kommen zu wollen, und dann todte Nachäffungen neben die lebenden Originale zu stellen. Sie hütet sich also vor den Farben, denn eine mit den lebenden Farben bemalte Statue sagt: weiter kann ich nicht, und verräth ihre Schwäche , während eine weiße Marmor- statue sagt: weiter will ich nicht, und ihre Stärke innerhalb weiser Grenzen zeigt. Es wird wenig Menschen geben, welche sich in einem Wachsfiguren- Cabinet nicht unbehaglich fühlen. Diese Unbehaglichkeit, die sich bei Manchem bis zum Grauen steigert, ist eine Verbannung dieser Art von Nachbildung aus den Grenzen der wahren Kunst; denn was Unbehaglichkeit, ja Grauen erweckt, kann nimmermehr auf diesen erhabenen Namen An- spruch machen. Noch einen Schritt weiter über die Grenzen des Erlaubten hinaus sind die durch einen innern Mechanismus beweglichen Wachsfiguren, welche jenes Gefühl bis zum Schrecken steigern können. Worin nun liegt das Unzulässige in den Wachsfiguren? Einfach darin, daß sie außer Form und Farbe auch Stoff und zuletzt gar Bewegung nachahmen wollen. 4* Jenes Mißbehagen, welches bewegliche Wachsfiguren bis zum Schrecken steigern können, beruht darauf, daß sie täuschen können und täuschen wollen. Man kann also eine Wachsfigur in ähnlichem Sinne wie den falschen Diamant einen falschen Menschen nennen. Warum aber nicht einen künstlichen Menschen neben den künstlichen Blumen? Weil die Wachsfigur, wie der falsche Diamant, täuschen will . Das will die künstliche Blume nicht, sondern sie will nur in Ermangelung der natür- lichen deren Stelle vertreten, so weit sie es vermag; und dies vermag sie in einem hohen Grade, da wenigstens diejenigen Blumen, die wir künstlich nachahmen, ihren Hauptzweck darin haben, uns zu erfreuen , was die künstlichen ihnen eben bis zu einem gewissen Grade gleichthun können. Es braucht nicht erst hervorgehoben zu werden, daß dies von Wachsfiguren gegenüber ihren lebenden Vorbildern nicht gilt. Wir sehen also, daß es gewisse Grenzen giebt, welche die Kunst, indem sie die Natur darstellt, nicht überschreiten darf. Es giebt aber auch Grenzen, welche die Kunst bei ihrer Darstellung der Natur erreichen muß. Zwischen dem mindesten Grade des Noth- wendigen und dem höchsten Grade des Zulässigen bewegen sich also die Bestrebungen der darstellenden Kunst. In der Tonkunst ist es ähnlich; auch sie hat eine äußerste Grenze des Zulässigen in ihrer Darstellung der Natur. Dies sind die Natur- laute. Ein Zunahekommen an diese (Peitschenknall!) ist ein Ueberschreiten der Grenze. Bleiben wir nun bei der Frage stehen, ob die Malerei die Grenzen ihres Bereichs immer weise einhalte. Was das Ueberschreiten der Zulässigkeitsgrenzen betrifft, so sind ihr schon durch ihre Mittel Fesseln angelegt. Sie kann nur die Farben und von der Form nur Fläche und Umgrenzung nachahmen. Wir kennen die Farben als Produkte des zerlegten Lichtstrahls, wir wissen auch, daß auf dem Blatte einer Rose die Farbe in derselben Weise entsteht wie in dem Farbestoffe, mit dem wir sie malen. Hier fallen also Natur und Kunst in Eins zusammen, und von einem Ueberschreiten der Zulässigkeitsgrenzen kann hier eigentlich nicht die Rede sein. Wie wir aber nicht ohne Augenweh in die blendende Sonnenscheibe blicken können, sondern nur die durch Aetherschwingungen hervorgebrachte Beleuchtung und Färbung für das Bereich unseres Auges gehört, so ist es eine Frage, ob es nicht bereits ein Ueberschreiten der Zulässigkeitsgrenzen sei, die Sonnenscheibe zu malen. Eine Berechtigung zu dieser Frage drückt sich immer dadurch aus, daß wir jede Landschaft, welche dieses Wagniß begeht, mit besonders kritischem Auge ansehen und nicht leicht Ursache zu voller Befriedigung haben. Die Licht quelle zu malen, ist wohl eine Ueberschreitung des Zulässigen zu nennen. Nicht ganz so miß- lich ist dies mit den Flammen, weil hier der Kontrast bedeutend zu Hülfe kommt. Die Bewegung, an sich durch die Malerei undarstellbar, gehört doch nicht durchaus zu dem Unzulässigen. Das brandende Meer, die sturm- bewegte Baumkrone, ein laufendes Thier sehen wir auf einem Bilde ohne Widerwillen, weil sie einen Moment aus einer dauernden, sich immer wieder in denselben Momenten darstellenden und wiederholenden Be- wegung veranschaulichen, welche mehr als ein bloßes Mittel zum Zweck ist. Dagegen müssen wir zuletzt über einen zum Axthieb ausholenden Holzfäller lachen, weil wir den Zweck des Ausholens wissen und ihn doch nicht folgen sehen. Tanzende Figuren werden zu Zerrbildern, wenn ihre Stellung eine solche Körperhaltung zeigt, welche gegen das Gleichgewicht ist. Nach diesen wenigen Bemerkungen über das für die Malerei Zu- lässige verweilen wir etwas länger bei dem Nothwendigen, was sie erreichen muß. Hier stößt der naturkundige Kunstliebhaber mit dem schulmäßigen Kunstkritiker oft hart zusammen, und um jetzt meinerseits einen solchen Zusammenstoß soweit möglich zu vermeiden, so hebe ich ausdrücklich her- vor, daß ich auch in der Landschaft, die ich hier besonders im Auge habe, eine Grenze der Zulässigkeit in der Nachahmung der Natur anerkenne. Bilden auch immerhin in den meisten Landschaftsbildern die Pflanzen den Hauptbestandtheil, so dürfen jene doch kein Mosaik von Pflanzen- porträts sein, sondern eine harmonische Einheit, in der die einzelnen Theile sich nicht, wenigstens nicht alle mit gleichem Verlangen, zu indivi- dueller Geltung vordrängen dürfen. Eine Landschaft, in welcher der Pflanzenkundige jedes Blatt, jeden Grashalm, jedes Kraut mit wissenschaftlicher Genauigkeit dargestellt er- kennen würde, könnte vielleicht dem Pflanzenkundigen selbst eine Zeit lang gefallen, aber es ist sehr die Frage, ob eine solche Landschaft ein Kunst- werk und nicht vielmehr ein Kunststück würde genannt werden können. Ich sage ausdrücklich: es wäre dies die Frage, denn wir wissen es nicht, weil ein solches Bild wohl noch niemals gemalt worden ist. Es ist jedoch möglich, daß unser durch die Photographie bereits an die höchste Natur- wahrheit gewöhntes Auge durch eine solche Landschaft nicht unangenehm berührt werden würde, vorausgesetzt, daß die Lichtwirkung und Perspektive darin gut behandelt wäre. Die bekannten Landschaftsspiegel lassen uns vermuthen, daß eine solche Landschaft gefallen könnte. Der etwas widerliche Eindruck, den die bis auf das kleinste Fältchen und bis auf die Farbwölkchen in der Regenbogenhaut des Auges ausge- führten Köpfe Denners machen, würde bei gleich ausgeführten Landschaften nicht zu fürchten sein, weil bei diesen nicht das Erschreckende der Naturwahrheit vorliegt, was den Dennerschen Bildern eigen ist, bei denen man glaubt, sie müßten jeden Augenblick den Mund öffnen oder das Auge bewegen. Ich will aber einer soweit gehenden Naturwahrheit der Landschaften nicht im Ernst das Wort reden. Meine oder vielmehr der Naturwissen- schaft Forderungen an die Landschaftsmalerei, denn bei der bleibe ich zu- nächst stehen, bewegen sich in engeren Grenzen. In diese Forderungen würde sofort alle Welt einstimmen, wenn aller Welt diejenige Naturkenntniß eigen wäre, die nach meiner Ansicht aus einer Landschaft hervortreten sollte. Der Mangel dieser Naturkenntniß, welcher leider im Allgemeinen zu beklagen ist, kommt den Leistungen unserer Maler zu Gute; man erklärt sich mit ihnen zufrieden, weil man daran nichts vermißt. Dennoch habe ich mich davon überzeugt, daß auch ohne diese Kenntniß eine Landschaft, in der die verschiedenen Baumarten in ihren charakteristischen Merkmalen der Stammbildung, der Aststellung, der Belaubung deutlich hervortraten, größeren Beifall fand, als andere, die eben nur Baumschlag in einer beliebigen schablonenmäßigen Technik zeigten. Es beruht diese einigermaaßen auffallende Erscheinung dennoch ganz natürlich darauf, daß das hundertmalige Sehen von Buchen und Eichen, Rüstern, Linden, Fichten, Kiefern, von diesen Baumarten allen im Hirn der Leute Erinnerungsgebilde niedergelegt hat, welche durch ge- malte Bilder jener Baumarten wachgerufen werden, auch wenn man sich gar nicht bewußt geworden war, daß die so oft gedankenlos gesehenen Bäume die Verschiedenheit in ihrem allgemeinen Charakter haben. Es ist und bleibt eine der merkwürdigsten Erscheinungen unseres geistigen Lebens, daß unser Auge auch ohne unser Geheiß und Wissen aus dem fortwäh- renden Verkehr mit der Außenwelt eine Menge Eindrücke aufnimmt und in unserem Gehirn gewissermaaßen niederlegt, wo sie als ein ungekannter Besitz ruhen, bis sie durch eine äußere Veranlassung wachgerufen werden. Wenn Letzteres geschieht, so merken wir erst mit einem Aufwachen aus der Unbewußtheit und mit einem „ach ja!“, daß wir das schon gewußt haben. Diese Seite des menschlichen Geistes verursacht es, daß auch der der Baumwelt Unkundige durch charaktervolle Baumbilder mehr angesprochen wird, als durch Baumschlagmalerei. Man verstehe mich jetzt nicht falsch. Ich meine nicht die botanischen Kennzeichen der Bäume, die sich in den Blättern, Blüthen und Früchten ausdrücken. Diese gehören nicht zu dem landschaftlichen Baumcharakter, abgesehen davon, daß sie schon des beschränkten Raumes wegen in den Landschaften gar nicht zur Darstellung kommen können. Die Form des Blattes ist nur insoforn dabei von Einfluß, als durch sie der Charakter der Belaubung bedingt ist. Das breite, zackige und lappige Blatt des Ahorn bildet eine ganz andere Belaubung als das eiförmige der Buche. Die „Naturstudien“ unserer jungen Ruisdaels beschränken sich sehr oft nur auf abenteuerliche Stammsonderlinge und imposante Baumriesen, und ihr Stift erlahmt, wenn er über die Astgliederung hinaus an die feine Verzweigung kommt, wo nachher das Universalmittel des „Baumschlags“ beginnt. Der Baumkundige kann bei den meisten Landschaften nicht um- hin, nur in Umkehrung des Oben und Unten, an das Horazische mulier formosa superne desinit in piscem turpiter atrum Oben ein schönes Weib, häßlich endend in einen schwarzen Fisch. zu denken. Besucht man Gemäldeausstellungen, so findet man immer die Land- schaft am stärksten vertreten und dennoch — auf den Malerschulen für eine gediegene Ausbildung des Landschafters fast nichts gethan. Die bedauerliche Nichtbeachtung der charakteristischen Merkmale in den Umrissen der Bäume, wodurch sich in einem gemischten Laubholzbestande, ja selbst in einem reinen, die einzelnen Laubkronen fast immer sehr bestimmt von einander abheben, führt unsere Landschaftsmaler auf einen Behelf, der in den meisten Fällen geradehin etwas Unwahres hervorbringt. Man nimmt die Farbe zu Hülfe, um eine Baumwand zu gliedern, und scheut sich nicht, mitten in eine Sommerlandschaft eine braune Baumkrone zu malen, wie man sie im Spätherbst kaum zu sehen bekommt. Es ist eine Aufgabe dieses Buches, von unseren wichtigeren deutschen Laub- und Nadelbäumen charakteristische Baumbilder mit eingehender Be- schreibung zu geben, um etwas dazu beizutragen, die Künstlerwelt auf die große Bedeutung der naturwissenschaftlichen Auffassung der Landschafts- malerei hinzuweisen. Der aufmerksame Spaziergänger lernt in Wald und Flur die bedeu- tungsvolle Zugabe zu einer naturwahren Landschaft würdigen, welche in der Färbung und Begrünung des Bodens liegt. Oft stehen in einer Waldlandschaft die Bäume ziemlich unvermittelt auf einem als geringe Nebensache vernachlässigten Boden. Ganz besonders spricht sich die Flüchtigkeit in der Behandlung der armen Natur in den Vorgründen vieler Landschaften aus. Da sieht man sehr oft wahre Phantasiegebilde, zu denen man in der Natur vergeblich nach Vorbildern suchen würde. Gerade an kräftigen Vorgrundpflanzen ist unsere Flora sehr reich. Was in einem Landschaftsbilde dem Stand- punkte des Beschauers so nahe steht, daß er es, und manchmal fast in wirklicher Größe, deutlich in seinen Einzelheiten unterscheiden kann, das muß auch in seinen natürlichen Formen erkennbar sein. Es braucht dies deswegen noch lange nicht bis zur botanischen Genauigkeit getrieben zu werden. Ein nicht minder häufiger Verstoß gegen die Natur wird von den Malern dadurch begangen, daß sie Unzusammengehöriges zusammen stellen, oder Pflanzen an den falschen Ort bringen. Alles zu seiner Zeit und an seinem Platze — ist auch in der Malerei ein wohlzubeachtendes Ge- setz. Gestalten von Wasserpflanzen auf trocknen Boden zu setzen, ist ebenso tadelnswerth, als Blumen in Einen Strauß vereinigt, welche zu sehr verschiedenen Zeiten blühen, Früchte auf Einem Teller, welche nicht gleich- zeitig reifen. Aber nicht allein Pflanzenkundiger sollte der Landschafts- und Blumen- oder Fruchtmaler sein, sondern der erstere muß auch bis zu einem gewissen Grade mit den Verhältnissen der Verbreitung der Pflanzen und mit der Geognosie bekannt sein. Die geognostische, d. h. die Gesteins-Beschaffenheit der Gebirge übt einen wesentlichen Einfluß aus auf die Umrisse der Berge und auf die Einzelheiten der Felsen. Die Art der Verwitterung, die Zerklüftung in Bänke oder Platten oder in unregelmäßige Blöcke, ebenso wie die Fär- bung, sind nicht der Willkühr des Malers anheim gegeben, sondern unter- liegen bei den verschiedenen Gebirgsformationen festen Regeln, die beachtet werden müssen. Es erhöht den Werth einer felsigen Landschaft bedeutend, wenn der Kundige darin auf diese Merkmale Bedacht genommen sieht. Aber gerade hierbei wird gar oft das bunteste Durcheinander willkührlicher Felsendetails gemalt.“ Aus dem naturwissenschaftlichen Volksblatte des Verfassers „Aus der Heimath“. Jahrg. 1859. Nr. 22. Ich wiederhole, was ich in dieser wiedergegebenen kleinen Anregung zu tieferem Nachdenken über das Verhältniß zwischen Kunst und Natur eben sagte, daß es diesem Buche eine wesentliche Aufgabe ist, alle Welt und namentlich den Landschaftsmaler zu veranlassen, die Bäume zu studiren, um sich dadurch das Wohlgefallen an der Natur und an guten Bildern zu erhöhen, und die Landschaftsmaler, um gute Bilder malen zu lernen. Bei der Ausführung der unserem Buche beigegebenen Baumbilder ist es mir recht klar geworden, wie wenig wir im Allgemeinen daran ge- wöhnt worden sind, sehenzulernen , was der Naturkundige Sehen nennt. Meine Freunde, denen ich diese Bilder verdanke, gestehen es mir jetzt gern ein, daß sie dazu erst haben sehen lernen müssen und daß sie das meiste Baumverständniß auf unseren winterlichen Waldgängen gewonnen haben. Was sie dabei außerdem noch gewonnen haben, daß möchte ich alle meine Leser und Leserinnen auch gewinnen lassen: eine ungeahnte Steigerung und Vergeistigung ihrer Freude am Walde. Wenn im Frühjahr endlich die neuen Triebe des Waldes kommen und das zarte gelbliche Grün aus tausend Knospen hervorbricht, da denkt man nicht daran, rückwärts zu messen und zu prüfen, was schon früher geworden — man freut sich an dem Werdenden; und diese Freude am Werden benimmt uns das Nachdenken über das Gesetz des Werdens. Und doch bietet die Kenntniß dieses Gesetzes einen hohen Genuß. Suchen wir uns ihn zu verschaffen. Wir durchstreifen den laublosen Wald und ohne uns mehr als sonst umzuschauen nehmen wir — wie Mancher von uns wird dies noch nie- mals gethan haben! — von allerlei Bäumen und Gesträuchen ein kahles Zweiglein mit; hier an diesem vom Sturme aus einer alten Eschenkrone herabgeworfenen Aste ein längeres Stück um Etwas daran zu lernen, was zwar an jeder Baumart zu lernen ist, aber an keiner so deutlich, als an der Esche. Die Knospen des winterlichen Waldes, welche wir be- trachten wollen, und einige andere Theile und Merkmale an den feinen Verzweigungen, sollen uns jetzt den äußeren Bau und die Zuwachsver- hältnisse des Baumes erläutern, ehe wir dessen Inneres betrachten. Die Knospen. Die in ihren Bildungen sich immer an bestimmte Formen-, Stellungs- und Zahlengesetze bindende Pflanzenwelt thut dies ganz besonders auch an den Knospen, denen man so selten einige Aufmerksamkeit zu widmen pflegt, wodurch man freilich auch nur dann einen Gewinn haben würde, wenn man die Knospen von mehreren Baumarten vergleichend be- trachten und dann finden würde, daß auch an diesen unscheinbaren Ge- bilden die höchste Gesetzmäßigkeit und nach den verschiedenen Baumarten scharfe Unterschiedenheit stattfindet. Was ist eine Knospe ? Wenn wir diese Frage mit ausschließender Berücksichtigung des Baumes beantworten wollen, so ist sie die vorgebil- dete Anlage eines Triebes oder einer Blüthe oder eines Blüthenbüschels, von der wir bereits im 3. Abschnitt erfuhren, daß sie, ähnlich wie die Saamen die Erzeugnisse, die Abkömmlinge der Blüthe, die Erzeugnisse je eines Blattes sind. Wir können uns an den mitgenommenen Reisern davon leicht überzeugen, denn wir finden dicht unter jeder Knospe die Blattstielnarbe ( III. 4. n ), d. i. die Stelle, wo der Blattstiel des abgefallenen Blattes gesessen hat. Selbst diese Narben haben immer eine sehr bestimmte Form, wie unsere Fußspuren im weichen Schnee immer den treuen Abdruck unserer Sohlen geben. So lange das Blatt noch am Triebe saß, bildete sein Stiel mit dem Triebe einen Winkel, in welchem die Knospe sitzt — die Blattachsel oder der Blattwinkel . Selbst in der Richtung wie die Knospen an unsern Aestchen über den Blattstiel- narben sitzen herrscht eine Verschiedenheit, sie stehen nämlich entweder genau senkrecht über letzteren wie bei dem Hornbaum ( III. 10.) oder schräg wie bei der Buche ( III. 9.) und im letzteren Falle stehen die an einem Jahrestriebe stehenden Knospen abwechselnd nach rechts und links geneigt (z. B. bei der Buche, Linde, Ulme). Die Blätter stehen bei den verschiedenen Baumarten entweder, wie- wohl nur selten, platt am Triebe, oder sie stehen auf einer mehr oder weniger hervortretenden Erhöhung desselben, dem sogenannten Blatt- kissen . Demzufolge müssen nun auch die Blattstielnarben ebenso stehen. Wir sehen diese z. B. bei der Esche auf einem stark hervortretenden Blattkissen stehen ( III. 4. bk ), so daß die Blattstielnarbe gewissermaßen die Oberfläche einer Console ist — welche das Blattkissen darstellt — auf welcher das Blatt aufgesetzt war. Durch die Blattkissen werden namentlich die Triebe der Esche sehr knotig und höckerig, wie das unsere Fig. III. 4. sehr deutlich zeigt. Bei keinem deutschen Baume steht die Blattstielnarbe so platt am Triebe, wie bei der Roßkastanie. Die Blattstielnarbe hat nicht nur in ihrem Umrisse, sondern auch auf ihrer Fläche mancherlei bemerkenswerthe Unterscheidungsmerkmale. Immer finden wir darauf mancherlei Grübchen oder Knötchen: die Ge- fäßbündelspuren , so genannt, weil hier aus dem Triebe die Gefäß- bündel in den Blattstiel eintraten. Bei der Rüster ( III. 1. n ) finden wir deren stets 3, bei der Esche ( III. 4.) bilden sie ein liegendes . Ist nun schon das anscheinend so gleichgültige Plätzchen, wo das Blatt gestanden hat, mit so scharfen Merkmalen ausgestattet, so ist dies in noch viel höherem Grade bei der Knospe selbst der Fall. Mit nur wenigen Ausnahmen sind die Knospen unserer Laubholz- bäume mit Schuppen bedeckt und solche wollen wir vollständige oder bedeckte , die schuppenlosen aber unvollständige oder nackte Knospen nennen. Die letzteren finden sich namentlich bei zwei Sträuchern, bei dem gemeinen Wegedorn , Rhamnus Frangula, und bei der einen Art Schneeball , Viburnum Lantana ( III. 8.). Bei diesen stehen die jungen vorgebildeten Blättchen der Knospe frei und namentlich bei ersterer der beiden genannten Pflanzen sehen sie wie erfroren aus. III. 1. Rüsterknospe. — 2. Gespaltener Eschenzweig mit 3 Jahrestrieben, m ′ innere, m äußere Schicht des Markes, h Holz, r ″, r ′ und r Bastschicht, mittle und äußere Schicht der Rinde, n Blattstielnarbe (deren 8 an der Figur sind). Die Sternchen im Marke bezeichnen die Triebgrenzen. — 3. Querschnitt des Triebes da wo derselbe am breitesten ist, die Buchstaben bedeuten dasselbe wie an Fig. 2, nur ist für n ein k gesetzt, zur Andeutung, daß die Blattstielnarbe eine Korkschicht trägt, welche den Blattfall vermittelt. — 4. Ein Eschenzweig von 4 Jahrestrieben, *, **, ***, **** die äußerlich sichtbaren Jahresgrenzen, k Endknospe und das letzte Knosvenpaar, n Blattstielnarbe, bk Blattkissen. — 5. 6. 7. Querdurchschnittene Knospen der Erle, des Ahorn und der Schwarzpappel. — 8. Eine unbedeckte Knospe vom Viburnum Lantana. — 9. 10. 11. 12. Triebspitzen der Buche, des Hornbaumes, der Erle und der Korbweide. Halbbedeckte Knospen hat der gemeine Hollunder oder Flieder, Sambucus nigra, dessen kurze Knospenschuppen nicht lang genug sind, um die jungen Blättchen der Knospe ganz zu verhüllen. Bei der andern Art, dem Traubenhollunder, S. racemosa, sind die Knospen dagegen ganz bedeckt. Die bedeckten Knospen zeigen in der Zahl und Anordnung, in Farbe und Oberfläche ihrer Schuppen eine große Manchfaltigkeit, wodurch die Unterscheidung der Bäume im Winterzustande außerordentlich erleichtert wird. Sie sind entweder regelmäßig oder unregelmäßig gestellt, obgleich auch die unregelmäßige Schuppenstellung doch auch nach einer mathe- matischen Regel geordnet ist, die nur weniger leicht in das Auge fällt, und auch hier in ihrer Regelmäßigkeit nicht nachgewiesen werden soll, weil dies uns von unserem Ziele zu weit abführen würde. An den Knospen der Esche ( III. 4.) stehen die Knospenschuppen immer abwechselnd paarweise gegenüber, was folgendermaßen sich veran- schaulichen läßt: ✧, und was man mit zusammengebrochenen Karten- blättern sehr leicht darstellen kann. Ebenso stehen die Knospenschuppen auch bei den Ahornen, von denen wir, und zwar von dem Bergahorn , Acer pseudoplantanus, eine Knospe im Querschnitt III. 6. dargestellt sehen. Jedes Schuppenpaar umschließt mit seiner Oeffnung die Ränder des vorhergehenden Paares. Man nennt diese Anordnung die kreuz- weise gegenständige , weil Blätter oder Zweige, die so gestellt sind, von der Spitze des Stengels aus gesehen, übers Kreuz stehen. An den Rüstern stehen die Schuppen nicht an 4 Seiten der Knospe — von denen je zwei und zwei gegenüber liegen — sondern nur an zwei Seiten und zwar nicht paarweise einander gegenüber, sondern abwech- selnd, alternirend . Wir sehen dies an III. 1., wo die Schuppen 1, 3, 5 rechts, 2, 4 links stehen. Hier sagt man, sie stehen zwei- zeilig oder zweireihig abwechselnd . Ziegeldachartig oder dachziegelartig stehen die Schuppen bei der Buchenknospe ( III. 9.), bei dem Hornbaum ( III. 10.), bei der Eiche. Sie stehen dabei zugleich in Schraubenlinien geordnet, wie man diese Anordnung am Fichtenzapfen recht deutlich sehen kann. Bei der Birke, Pappel, Linde, Erle ( III. 11.) stehen die Knospen- schuppen unregelmäßig . Lassen wir uns dies Stellungsgesetz der Knospenschuppen jetzt nicht unwichtig vorkommen, denn wir werden bald sehen, daß sich das Gesetz an dem Baume in höheren Verhältnissen wiederholt. Die Zahl der Knospenschuppen ist zwar selten so streng festgehalten, wie z. B. die der Staubgefäße, aber wenigstens die der äußerlich sicht- baren bietet doch einige Anhaltepunkte der Unterscheidung dar. An der Hartriegelknospe ( Cornus ) kann man äußerlich nur ein Schuppenpaar unterscheiden, bei der Esche 2, bei den Ahornarten 3—4 (bei allen diesen stehen sie kreuzweise gegenüber); die Linde läßt nur 2 Knospenschuppen sehen, die Erle und Birke 3, die Buche und Eiche 10 bis 15. Die an den Trieb angedrückten Knospen der Weiden sind von einer einzigen kapuzenförmigen Schuppe dicht umschlossen, welche bei der Knospenent- faltung abgehoben wird ( III. 12.). Daß die Farbe der Knospen ein allein schon ausreichendes Unter- scheidungsmerkmal abgeben kann, davon liefert die gelbgrüne Knospe des Bergahorns und die schmutzig karminrothe des Spitzahorns ein Beispiel. Die feine seidenartige Behaarung unterscheidet die Knospe der Feld- rüster von der kahlen der Flatterrüster. Die Knospen der Buche und des Hornbaumes sind einander sehr ähnlich, aber bei jener steht sie unter einem großen Winkel von dem Triebe ab ( III. 9.), bei diesem ist sie angedrückt ( III. 10.). Gewöhnlich ist die Knospe sitzend , d. h. ohne besonderen Stiel angeheftet, bei der Erle jedoch ist sie gestielt ( III. 11.). Daß die Gestalten der Knospen verschieden seien, läßt sich ver- muthen, und werden wir hierüber wie über die vorstehenden, blos an- gedeuteten, Verhältnisse bei der Betrachtung unserer verschiedenen Wald- bäume Weiteres erfahren. Ehe wir jetzt das Innere der Knospe betrachten, müssen wir noch Seitenknospen und Endknospen unterscheiden. Nicht jede Knospe, welche am Ende, an der Spitze, des Triebes steht, verdient die besondere Bezeichnung als Endknospe, sondern eigentlich wird nur bei der kreuzweise gegenständigen Knospenstellung die unpaarig an der Triebspitze stehende Knospe so genannt, während unter und zu- nächst neben ihr nur Knospen paare stehen, wie es an III. 4. bei der Esche der Fall ist, wo wir an dem obersten, diesjährigen Triebe drei Seitenknospenpaare und an der Spitze eine Endknospe sehen. Solche eigentliche Endknospen sind auch immer größer und vollkommener als die Seitenknospen ( IV. 1. Bergahorn). IV. 1. Endknospe und Seitenknospenpaar vom gemeinen Ahorn . — 2. Eichentrieb . — 3. Schwarzpappel mit unechter Endknospe und 2 Seitenknospen; unten rechts daneben eine Seitenknospe mit der großen Blattstielnarbe, von welcher 3 erhabene Linien abwärts gehen; Mark fünfstrahlig. — 4. Kreuzdorntrieb , welcher statt der Endknospe einen Dorn trägt. — 5. Espenzweig ; die Sternchen deuten die Basis von 2 Kurztrieben an, von denen der obere 2 dicke Blüthenknospen und über ihnen 2 ungleiche Laubknospen trägt. — 6. Langtrieb der Traubenkirsche . — 7. Ein Langtriebstück der Espe mit einem aus 3 Trieben bestehenden Kurztrieb (Kurzzweig), der nur eine Endknospe trägt. — 8. Langtriebstück der Birke mit 2 aus je 7 Trieben bestehenden nur eine Endknospe tragenden Kurzzweigen. — 9. Kurzzweig der Buche , aus 4 Kurztrieben bestehend, welche immer mit den ringförmigen Schuppenspuren beginnen. Der oberste Kurztrieb trägt eine Endknospe und die Stielstummel der abgeschnittenen Blätter und einer männlichen Blüthe. An der Buche und dem Hornbaume ( III. 9. und 10.) verdient die oberste Knospe den auszeichnenden Namen Endknospe nicht, weil sie nicht oben den Trieb quer abschließt, was bei der Esche der Fall ist, sondern recht gut noch eine seitliche Verlängerung des Triebes mit noch einer oder mehreren Knospen gedacht werden kann. Gleichwohl ist diese letzte Knospe, z. B. sehr auffallend bei der Linde, meist doch etwas entwickelter als die unteren, wenn auch nie so auffällig wie die echten Endknospen der kreuzweise gegenständigen Knospenstellung. Die Eiche und die Pappelarten stehen zwischen den Bäumen mit und denen ohne echte Endknospe in der Mitte, indem bei ersterer an den Triebspitzen die Knospen immer viel gedrängter stehen als tiefer am Triebe und eine davon durch bedeutendere Größe und ihre Stellung auf dem wirklichen Ende des Triebes ausgezeichnet ist ( IV. 2.), bei den Pappel- arten aber an der Triebspitze immer die den Trieb fortsetzende Knospe immer größer ist als die tieferen und so ziemlich genau an der wahren Endfläche des Triebes steht ( IV. 3. Schwarzpappel, IV. 5. und 7. Zitter- pappel). Anstatt einer Endknospe enden einige Laubholzarten den Trieb in einen Dorn , was dem Weißdorn, Crataegus oxyacantha, und dem Schwarzdorn, Prunus spinosa, den Namen gegeben hat. Dasselbe ist der Fall bei dem Kreuzdorn, Rhamnus catharticus ( IV. 4.). Endlich haben wir noch zwischen Laub - oder Triebknospen und zwischen Blüthen - oder Tragknospen zu unterscheiden. Oft sind an einem winterlichen Baumzweige die Blüthenknospen sehr deutlich zu erkennen und zwar, wie zu errathen, an ihrem größeren Umfang, wie z. B. bei der Zitterpappel ( IV. 5.), dem Hornbaum ( III. 10. die unterste Knospe), den Weiden, Rüstern und vielen anderen. An Fig. IV. 5. sehen wir an dem jüngsten Triebe 1 End-, dicht daneben 1 Seiten- und tiefer 2 Blüthenknospen. Zuweilen ist jedoch auch nur ein geringer oder kein Unterschied zwischen beiden. Weiter in das äußere Ansehen der Knospen unserer Bäume und Sträucher einzugehen, würde uns jetzt zu weit von dem Ziele dieses Ab- schnittes ablenken; wir werden bei Betrachtung der einzelnen Arten immer auch die Knospen besprechen. Nur das sei noch hinzugefügt, daß bei manchen Arten die Knospenschuppen zu noch dichterem Verschluß des Knospeninneren mit einer harz- oder wachsartigen Masse überzogen sind, z. B. bei der Birke, Erle und Schwarzpappel. In Vorstehendem ist übrigens lediglich auf die Laubhölzer Rücksicht genommen. Bei den Nadelhölzern sind diese Verhältnisse ziemlich einfach und im Ganzen sehr übereinstimmend. Die Triebknospen der Nadelhölzer sind meist sehr vielschuppig. Die Baumknospen pflegen ziemlich lange Zeit vor dem Laubfall schon vollkommen ausgebildet zu sein. Im Oktober ist es bei allen der Fall. Bei der Linde ist bereits zur Blüthezeit namentlich die Endknospe sehr entwickelt, während sie an der Buche nur etwa zum fünften Theile fertig ist, wenn die Saamen bereits ausgewachsen sind. Wir haben nun das Innere der Knospen zu untersuchen und werden darin namentlich in der Art, wie die jungen Blättchen unter- gebracht sind, eine große Manchfaltigkeit kennen lernen. Bei denjenigen Bäumen, welche wie die Buche und Eiche in auf- fallend kurzer Zeit, oft in einer Woche, den ganzen Jahrestrieb, wenigstens seiner Länge nach, ausbilden, ist dazu die ganze Anlage mit allen seinen Blättern in der kleinen Knospe enthalten, ebenso wie in der Puppe schon der ganze Schmetterling mit seinen vier großen Flügeln enthalten ist, jedoch mit dem Unterschiede, daß dem Schmetterlinge nach dem Aus- schlüpfen keine neue Masse hinzugebildet wird, während dies bei dem aus der Knospe in gewissem Sinne ebenfalls ausschlüpfenden Triebe der Fall ist, wenn gleich dessen Vergrößerung zum Theil auch nur auf Zellen- Ausdehnung beruht. Unsere deutsche Baumwelt bietet leider keine so großen Knospen dar, daß eine Zergliederung den Knospenbau so bequem erkennen läßt, als die Roßkastanie; weshalb ich zu diesem Zwecke sie empfehle. Vorher muß man mit Weingeist den klebrigen Ueberzug wegwaschen und auch das Messer in Weingeist eintauchen, weil sonst das auch zwischen den inneren Schuppen sitzende Harz am Messer klebt und so das mit weichem Flaum ausgepolsterte Knospeninnere in Unordnung gebracht wird. Diese Vor- sicht ist überhaupt in vielen Fällen zu empfehlen, weil mit einem unbenetzten Messer nicht leicht ein so scharfer und glatter Schnitt zu machen ist, wie mit einem nassen, wenn es auch nur mit Wasser benetzt ist. Roßmäßler, der Wald. 5 Zunächst sehen wir uns auf S. 60 die Figuren III. 5. 6. und 7. an, welche querdurchschnittene Knospen der Erle, des gemeinen oder Bergahorns und der Schwarzpappel darstellen. Wir sehen an der ersten die unregelmäßig gestellten bis in das Innere der Knospe vordringenden Schuppen und dazwischen die schlangenförmig gebogenen Blätter, Alles im Querschnitt. Dasselbe zeigt die Pappelknospe, nur daß hier die Blättchen nicht geschlängelt sind, sondern beiderseits vom Rande her nach der Mitte eingerollt. Bei dem Ahorn bleiben alle Knospenschuppen, es sind deren meist 2 mal 4 gegenüber stehende Paare, am Umfange der Knospe, und im Inneren sehen wir die im Zickzack gefalteten Blättchen. Wäre es eine Tragknospe gewesen, so würden wir auch die Querschnitte der Blüthenknöspchen sehen Es mag hier eingeschaltet werden, daß man zum Zerschneiden von Knospen und anderen Pflanzentheilen eines dünnen sehr scharfen Messers, einer Lanzette, benöthigt ist, als welches ein Federmesser in der Regel nicht ausreicht. Man mache dabei während des Schneidens eine ziehende Bewegung, denn das Durchdrücken des Messers preßt die Theile zu sehr zusammen. Man stemme den Pflanzentheil dabei gegen die Tischkante, oder lege ihn dabei gegen einen Kork. . Die Entblößung der inneren Knospentheile durch allmälige Besei- tigung der Schuppen gewährt, wenn die Knospen nicht zu klein sind, mit Hülfe eines spitzen Messers und eines feinen Zängelchens einen noch deutlicheren Einblick in den Knospenbau. Man sieht, daß die äußeren Knospenschuppen meist keine höheren Blattgebilde hinter sich haben; erst die weiter nach innen zu liegenden Schuppen decken je ein Blatt. Dabei findet man oft, z. B. bei den Weidenarten, bei der Esche und manchen anderen Holzarten, daß eine Fülle von weichen, oft seidenartigen Härchen — silberweiß bei den Weiden, braun bei der Esche — die kleinen Blättchen und die inneren Schuppen bedecken, während später das ausgebildete Blatt vielleicht kahl ist. In der Regel findet man bei einer solchen Zergliederung die Knospenschuppen viel zahlreicher, als man nach dem äußeren Ansehen vermuthet hatte. In der Art, wie die oft zahlreichen kleinen Blättchen in dem so engen Raume des Knospeninneren untergebracht sind, unterscheidet man zwei Rücksichten; erstens die Art, wie jedes einzelne Blatt auf dem mög- lich kleinsten Raum zusammengefaltet ist, was man die Knospenfaltung, Vernation , nennt und die Art, wie die einzelnen Blätter in Beziehung zu einander liegen, was Knospenlage, Foliation , heißt. Wir wollen nur von der ersteren zu dem, was wir schon durch die Figuren III. 5. 6. 7. kennen, noch Einiges hinzufügen, weil es blos eines etwas unter der Mitte der Längenaxe der Knospe geführten Querschnittes bedarf, um diese zier- lichen Verhältnisse mittels einer scharfen Lupe kennen zu lernen. Wenn die Pappelblättchen in der Knospe stets von den beiden Seiten- rändern her nach der Mittelrippe zu aufwärts gerollt sind, so sind sie es bei den Weiden abwärts . Bei dem Hornbaum und einigen andern Holzarten ist das Blatt beiderseits von der Mittelrippe in viele scharfe Falten, wie ein zusammengelegter Fächer, gefaltet, wobei die Seitenrippen den Anhalt zu der Faltung geben; diese Faltungen sind nicht scharf, sondern gerundet bei der Erle. Bei der Linde, dem Faulbaum oder der Trauben- kirsche ( Prunus Padus ), der Birke, den Blattlappen der Ahorne und den Einzelblättern mehrerer fiederblättrigen Holzarten ist das Blatt die Mittel- rippe entlang einfach nach oben zusammengeklappt wie ein zugemachtes Buch. Durchschneidet man eine Knospe genau durch die Mitte der Längen- axe, so sieht man im Grunde derselben einen meist nur sehr wenig er- hobenen kleinen Hügel, auf welchem die inneren Knospenschuppen und V. Knospenlängsschnitte : 1. der Kiefer , 2. der Traubenkirsche , 3. der Eiche , 4. der Espe . 1. ist eine gemischte, d. h. Blüthen- und Laubknospe, 4. eine Blüthen- knospe. Die Sternchen bezeichnen die Knospenaxe. die jungen Blättchen stehen. Dies ist die Knospenaxe , die unmittel- bare oder seitliche Verlängerung des Holz- und Markkörpers des Triebes, aus welchem die Knospe entspringt und woraus sich bei der Knospenent- faltung der neue Trieb entwickelt. 5* Besonders zierlich sieht der Längsschnitt einer männlichen Blüthen- knospe der Zitterpappel ( V. 4.) aus, wobei man findet, daß alle die Hun- derte von Staubbeuteln darin bereits vorgebildet sind, welche sich später an dem daraus gewordenen fingerlangen Kätzchen finden. Die drei anderen Figuren des nebenstehenden Holzschnittes sind die durch die Knospenaxe (*) geführten Längsschnitte der Kiefer ( V. 1.), der Trauben- kirsche, Prunus Padus ( V. 2.), und der Eiche ( V. 3.). Aus der Kiefern- knospe würde sich ein männlicher Blüthensproß entwickelt haben. Die Knospenaxe ist hier besonders lang und es gehen von ihr bereits Ab- zweigungen in die Blüthenkätzchen über. Unten links daneben steht eine Laubknospe. Ein sehr kurzer Kegel ist die Knospenaxe bei der Esche, wie wir an Fig. III. 2. (S. 60) in der gespaltenen Endknospe sehen. Am ansehnlichsten sieht man diese Knospenaxe bei der Kiefer während des Winters. Um eine Kiefernknospe zu durchschneiden muß man das Messer immer mit Weingeist benetzt erhalten, weil sonst das Harz, welches der Weingeist auflöst, den Schnitt hindert. Gerade bei der Kiefer ist es sehr anzurathen, zunächst einige noch ruhende Knospen im Innern zu untersuchen und dann im Frühjahr die nach einander folgenden Stufen der allmäligen Entwicklung an einer jungen, üppig wachsenden Kiefer zu verfolgen. Ueberhaupt gewährt es einen sehr lehrreichen Genuß, zur Zeit der Knospenentfaltung den Wald fleißig zu besuchen und dabei besonders bestimmt angemerkte Knospen im Auge zu behalten. Das erste Nahen des erwachten Frühlingslebens giebt sich da- durch kund, daß die auseinander geschobenen Schuppen sich an den ent- blößten Stellen heller gefärbt zeigen. Der Jahrestrieb Wir brauchen hier den allgemeiner angewendeten Ausdruck Trieb , während na- mentlich in neuerer Zeit die Wissenschaft lieber Sproß sagt. Beide Wörter sind hier vollkommen gleichbedeutend. . Nachdem wir in der Knospe den Winterzustand des nächstjährigen Triebes kennen gelernt haben, müssen wir nun die Bekanntschaft des vor- jährigen, eben vollendeten Triebes im Winterzustande machen, um dadurch ein Verständniß der äußeren Gliederung des Kronenzuwachses des Baumes zu gewinnen. Es ist bekannt, daß auf dem Querschnitte eines Baumstammes aus der Zahl der Jahresringe des Baumes Alter zu ersehen ist. Wie aber ist dies am noch stehenden Baume zu erfahren? Indem wir uns hiervon unterhalten wollen, müssen wir uns über die Bedeutung des Wortes Zuwachs verständigen. Es ist ein Kunst- ausdruck des Forstmannes, womit er die jährliche bleibende Massenzunahme eines Baumes oder in annähernder Schätzung eines ganzen Bestandes, bezeichnet, also den Massenantheil der Blätter und Früchte nicht mit be- rücksichtigt. Es ist für den Forstmann wichtig, zu wissen, ob ein Bestand in schlechtem oder gutem Zuwachs, wüchsig , sei, weil er danach in vielen Fällen zu bestimmen hat, ob der Bestand noch länger stehen bleiben oder geschlagen werden soll. Daß diese Ermittelung keine leichte Aufgabe sei, können wir leicht begreifen, und es ist auch die „Zuwachsberechnung“ einer der schwierigsten Zweige der Forstwissenschaft. Wir wollen nicht versuchen, alle die dabei angewendeten Hülfsmittel kennen zu lernen, sondern wir beschränken uns jetzt darauf, eins dieser Mittel, welches dem Forstmanne bei seinen Zuwachsberechnungen auch nur eine blos mittelbare Hülfe leistet, nach Anleitung einer schematisirten Figur praktisch anzuwenden. Während es dem Forstmanne lediglich auf den Holzgehalt seiner Re- viere ankommt, sieht der Waldfreund mehr auf die schattenden Kronen der Bäume und freut sich, wenn er in diesen ein recht gesundes und üppiges Gedeihen wahrnimmt. Diese unsere Freude am Wachsthum einer Baumkrone, besonders wenn es sich um selbst gepflanzte Bäume handelt, deren Krone noch im Bereiche unserer Hand ist, entbehrt bis jetzt für die Meisten des kundigen Bewußtseins, weil wir die sichtbaren Maaße nicht kennen, um welche jährlich die Krone zunimmt. Das Bäumchen wächst und wächst, und nach 4, 5 Jahren ist seine Krone oben größer und voller, ohne daß wir wissen, um wie viel. Wir können dies aber für jedes verflossene Jahr daran ablesen, wie wir aus den am Thürstock gemachten Marken sehen, um wie viel unser Söhnchen in einem gewissen Zeitraum länger geworden ist. Wie in so vielen anderen Punkten, so ist auch in den Kennzeichen des äußeren Zuwachses ein erheblicher Unterschied zwischen Nadelhölzern und Laubhölzern. Wer ein klein wenig mit Ueberlegung auf die Dinge um sich sieht, der kann es kaum unbemerkt lassen, wie alt eine vor ihm stehende etwa mannshohe Kiefer sei. Trifft sich’s nun vollends, daß es gerade Mai oder Anfang Juni ist, so müssen ihn die hellen neuen Triebe mit den silbergrauen Nadelscheiden in ihrem augenfälligen Gegensatze zu den dunkleren älteren Trieben, deren Fortsätze sie bilden, geradezu zum Abwärtszählen auffordern. An der regelmäßigen Quirlstellung der Aeste rings um den Stamm herum zählt man leicht Jahr um Jahr abwärts, und nur ganz unten am Boden, wo die frühesten jungen Quirltriebe be- reits abgestoßen sind, bleibt man zuweilen um ein, zwei Jahre ab und zu im Ungewissen. Wir dürfen darum den mehr frei und ungebunden sich entwickelnden Laubhölzern gegenüber die Nadelhölzer ein „mathematisches Geschlecht“ nennen, denn wir finden nicht nur die Triebe, sondern an diesen auch die Nadeln und an den Zapfen die Schuppen und Saamen in genauer Regelmäßigkeit und zwar in Spirallinien geordnet. VI. Triebzuwachs der Kiefer. Wer von meinen Lesern und Leserinnen jetzt nicht gleich hinausgehen kann, um eine junge Kiefer aufzusuchen, möge sich an unserer Fig. VI. schadlos halten. Sie stellt schematisch einen dreijährigen Kiefernwipfel dar. Die diesjährigen Triebe sind mit einfachen, die vorjährigen mit Doppellinien gezeichnet, die dreijährigen mit dreifachen, während unten vierfache Linien die Spitze des vier Jahr alten Triebes zeigen, welcher seit 3 Jahren aus sich den ganzen dreijährigen Zuwachs getrieben hat. Wir können demnach mit Leichtigkeit uns vorstellen, wie dieser Kiefern- wipfel vor einem und vor zwei Jahren aussah, wenn wir das mit ein- fachen und das mit Doppellinien Gezeichnete hinwegdenken. Ja wir können den Wipfel gewissermaßen vor unseren Augen fortwachsen lassen, indem wir den vier-, drei-, zwei- und einfachen Linien je eine weitere Linie hinzumalen und dann auf jede Spitze der jetzt einfachen Linien einen Quirl aus einfachen Linien aufsetzen und so fort. Dieses Spiel würde uns eine vollständige Baumpyramide geben, welche eine Kiefer im regelmäßigen Lebensverlaufe ist, und wir würden durch wiederholte Hinzufügung einer weiteren Linie zugleich den Dicken- zuwachs veranschaulicht erhalten. Hätten wir dieses Zuwachs-Spiel auf einem großen Tischblatt mit Kreide hingezeichnet, so würden wir, wenn wir etwa bis zum zwanzigsten Jahrestrieb gekommen wären, mit jeder ferneren Hinzufügung bis zu einer gewissen Höhe unten einen Quirl aus- löschen müssen, weil dann von unten an das Absterben der ältesten Quirle beginnt. Es ist hier aber daran zu erinnern, daß nur die Kiefer diese strenge Durchführung der Quirlstellung der Triebe zeigt; daß sich dagegen bei Fichte und Tanne außer diesen regelmäßig gestellten Quirltrieben auch noch unregelmäßig an diesen stehende Triebe finden, welche wir Neben- triebe nennen. Allein bei einiger Aufmerksamkeit stören uns in der Ab- zählung des Alters einer Fichte oder Tanne diese Nebentriebe doch nicht, weil auch an diesen Bäumen die Quirstellung der Haupttriebe zu deutlich ist. Wenn wir an unserer Figur VI. den obersten Quirl in’s Auge fassen, so finden wir an ihm einen Mittel trieb, welcher den Stamm, die Haupt- axe des Baumes, fortsetzt, und um diesen herum 4 Seiten - oder Quirl- triebe, Nebenaxen. Diese Zahl der letzteren, welche zwischen 3 und 5, selten bis 6 schwankt, nimmt an den Aesten und Verzweigungen älterer Bäume außer an der Hauptaxe, meist rasch ab und zuletzt sinkt sie auf 2 herab, die man dann eigentlich gar nicht mehr Quirltriebe nennen kann, da zu einem Quirl doch mindestens drei Arme gehören. An vielen Zweigen, namentlich an den männliche Kätzchen tragenden der Kiefer, fallen oft die Quirl- oder Seitentriebe ganz weg, so daß nur Haupttrieb sich an Haupt- trieb reiht. Da dies an sehr alten, freistehenden und daher ihre unteren Aeste nicht verlierenden Fichten auch oft vorkommt, so haben diese dann sehr lange peitschenförmige dünne und einfache Zweige, welche trauer- weidenartig herabhängen. Wenn wir so an einem Nadelbaume die einander gleichalterigen Triebe mit Zuverlässigkeit als Repräsentanten je eines Jahres betrachten und nach ihnen das Alter des Baumes leicht erkennen können, so ist dies bei den Laubhölzern nicht so leicht ersichtlich, wenn immerhin für den Kundigen nicht schwer. Bevor wir die Verhältnisse des äußeren Zuwachses bei den Laub- hölzern kennen lernen, müssen wir noch auf eine sehr interessante Eigen- thümlichkeit der Nadelhölzer achten, durch welche diese gewissermaßen zu Geschichtschreibern ihres Standortes werden. Wenn nicht örtliche Verletzungen einzelner Knospen oder der aus ihnen heraustretenden, noch kleinen und weichen Triebe stattgefunden haben, so bleibt nur selten ein Trieb bedeutend hinter den andern in Länge und Stärke zurück, und mit Ausnahme der fast stets die Quirl- triebe an Länge etwas übertreffenden Mitteltriebe zeigen die an einem Nadelbaume, bis an das Ende des Stangenholzalters alljährlich zuwach- senden Triebe eine durchschnittlich ziemlich übereinstimmende Länge und Stärke. Es ist dies ein Beweis von einem sehr gleichmäßig im ganzen Baum vertheilten Bildungsstoff und Bildungsdrang. Beides ist unmittelbar und mittelbar von der Umgebung abhängig, welche jenen liefert und so diesen bedingt. Durch diese eben genannte gleichmäßige Vertheilung wird es möglich, daß sich der Grad der Fruchtbarkeit eines Jahres sehr deutlich an allen diesem Jahre entsprechenden Trieben ausdrückt. Finden wir an einer etwa sechs Ellen hohen jungen Kiefer ein Stammglied zwischen 2 Astquirlen sehr kurz, also diese Quirle einander ungewöhnlich genähert, so können wir darauf rechnen, daß nicht nur an allen Zweigen des Baumes das entsprechende Zweigglied sich ebenso verhalten wird, sondern wir werden oft in einem weiten Umkreis an allen Kiefern von gleicher Alters- und Standortsbeschaffenheit dieselbe Erscheinung wahrnehmen. Wenn wir auf einem ganzen Fichtenorte das dem Jahre 1854 entsprechende Stammglied an allen Fichten auffallend kurz finden, — und dann sind fast immer auch die Nadeln ungewöhnlich kurz und weniger lebhaft gefärbt — so werden wir mit Grund schließen dürfen, daß in diesem Jahre eine heiße und trockne Witterung geherrscht habe; finden wir aber auf demselben Orte an einzelnen Plätzen an den Fichten den 1854er Trieb länger, so werden wir gewiß im Gehalt des Bodens oder in der Umstellung oder in der Lage, in einer feuchten Einsenkung des Bodens einen Grund auf- finden, welcher diese Fichten die Unbill des Jahres weniger empfinden ließ. So kann man wirklich mit Grund sagen, daß die Nadelhölzer, we- nigstens in der Dickicht- und Stangenholzperiode, die Geschichtschreiber ihres eigenen Lebens und ihres Standortes sind. Sehen wir nun, wie man an den Trieben der Laubhölzer das Alter oder wenigstens den jährlichen Zuwachs erkennen kann. Dabei sehen wir von immergrünen ab, deren wir überhaupt in Deutschland keine einzige Art besitzen, mit Ausnahme der Hülse oder Stechpalme, Ilex Aquifolium, welche den Namen eines Baumes kaum verdient. Das jährliche Abwerfen des Laubes hat für uns in diesem Augen- blicke wenigstens die Bedeutung, daß uns das Laub so lange es noch ansitzt, sagt, was diesjähriger Trieb ist. Da nämlich unsere sommergrünen Bäume und Sträucher unter allen Verhältnissen das Laub vor dem Aus- bruch des neuen abwerfen, so ist an einem Baume alles das als diesjähriger Trieb zu betrachten, was die Blätter trägt . Dieser laubtragende jüngste Trieb ist in der Regel auch durch seine frischere und hellere, meist grün gefärbte Rinde von den älteren Trieben, deren letzte Fortsetzung er ist, zu unterscheiden. So einfach diese Erkennung des dies- oder letztjährigen Triebes ist, so kann man doch leicht in einen Irrthum dabei verfallen, vor welchem wir uns also im voraus zu bewahren haben. Während wir bei den Nadelhölzern gefunden haben, daß alle Triebe eines Jahres so ziemlich gleich lang sind, wenigstens die Haupttriebe unter sich und die Nebentriebe unter sich, so ist dies bei den Laubhölzern durchaus anders. Man nehme einen Birkenzweig zur Hand oder trete vor ein Apfel- oder Birn-Spalierbäumchen, um sofort zu sehen, daß sich daran hinsichtlich der Länge zweierlei sehr verschiedene Triebe finden: solche welche eine sehr bedeutende Ausdehnung zeigen und bei manchen Arten — von den drei genannten bei der Birke nicht — bis in den Herbst an der sich ver- jüngenden Spitze immer noch fortwachsen, und dann solche, welche kurz und dick sind und nur an der Spitze ein Paar Blätter und zwischen diesen die Endknospe für das kommende Jahr tragen. Erstere nennen wir mit Willkomm in Tharand Langtriebe , letztere Kurztriebe Th. Hartig , welcher zuerst auf diesen Unterschied aufmerksam machte, nennt letztere meines Wissens Stauchlinge . . Diese Verschiedenheit, welche übrigens auf einer unerforschten inneren Ursache beruht, ist aber nicht so scharf begründet, daß an einem Baume die Kurztriebe im Fortwachsen immer Kurztriebe, die Langtriebe immer Langtriebe bleiben müßten. Oft bleiben sie es allerdings eine Reihe von Jahren hintereinander; oft aber auch ermannt sich ein Kurztrieb plötzlich zu einem kräftigen Langtriebe oder ein solcher sinkt zu einem Kurztriebe herab. Ich schalte hier ein, daß diese Verschiedenheit der Triebe einen be- deutenden Einfluß auf den Habitus der Bäume ausübt, denn ihr verdanken wir z. B., daß die Birke nicht ganz und gar wie eine durchsichtige Trauer- weide aussieht, indem zahlreiche, fast immer nur 2 oder höchstens 3 Blätter tragende Kurztriebe die Krone füllen helfen. Hinsichtlich dieser Triebverschiedenheit stellt sich in auffallender Weise ein Nadelholz auf die Seite der Laubhölzer, was es auch dadurch thut, daß es im Winter seine Nadeln verliert: die Lärche . Diese hat außer sehr langen Langtrieben, an denen die Nadeln einzeln und auffallend weitläufig stehen, sehr übereinstimmend gebaute, höchstens ½ Zoll lang werdende und dabei doch an 10 Jahr alte Kurztriebe, an deren Spitze ein Kranz von zahlreichen Nadeln steht. Woran erkennt man nun aber die Lang- und die Kurztriebe; woran sieht man überhaupt äußerlich an einem Zweige, wieviel von seiner Länge auf je ein Jahr kommt? Es sind bei einiger Aufmerksamkeit an jedem Baumzweige leicht Merkmale aufzufinden, an welchen man bestimmt sehen kann, bis hierher war der Zweig im vorigen Jahre gewachsen und von hier an ist er in diesem Jahre gewachsen. Man wird dabei die über- raschende Thatsache finden, daß dies ebensowohl eine Länge von 2 Ellen und darüber und eine Länge von kaum 1/12 Zoll betragen kann. Wir dürfen jetzt nur die Figur III. 4. (S. 60) ansehen, um an dem dargestellten Eschenzweige eine auffallende Abtheilung in Glieder durch Sternchen bezeichnet, zu bemerken, welche fast von selbst für eben so viele Wachsthumsstillstände Zeugniß ablegt. Jede Triebknospe kann aus sich einen neuen Trieb entwickeln, aber nicht jede thut es und die es thun, thun es mit verschie- denem Erfolge . Ein Blick auf einen Baumzweig belehrt uns, daß viele Knospen sitzen bleiben, nicht zur Entfaltung kommen, wofür wir den nähern Grund um so weniger anzugeben wissen, als die sitzen bleibenden Knospen doch gewöhnlich die unteren am Triebe sind, also der zuströmende Frühjahrssaft früher zu ihnen kommt, als zu den über ihnen am Triebe stehenden. Allerdings sind die unentwickelt bleibenden Knospen fast immer schwächlicher und unvollkommener als die, welche sich entwickeln, und so wäre dies ein Grund für jene Erscheinung. Aber die Blätter, von welchen diese unvollkommeneren Knospen gebildet wurden, saßen doch auch tiefer am jungen Triebe, hatten also den Frühjahrssaft früher, dem Ort und selbst der Zeit nach, als die höhern! Kurz, den nähern Grund des Sitzenbleibens so vieler Knospen kennen wir nicht. Wenn alle Knospen zur Entfaltung kämen, so würden die Kronen unserer sämmtlichen Bäume nicht allein viel dichter sein, sondern sie würden auch eine viel größere Regelmäßigkeit der Verzweigung zeigen. Wenn wir an dem obersten, dem diesjährigen, Gliede (Triebe) des Eschen- zweiges ( III. 4.) die schwarzen Knospen so äußerst regelmäßig stehen sehen und mit dieser Stellung die Zweigstellungen einer alten Esche vergleichen, so muß uns die große Verschiedenheit auffallen; wir müssen bemerken, daß viele Tausende von Knospen fehlgeschlagen sind. Wir sehen an dem diesjährigen, etwa zolllangen Triebe des abge- bildeten Eschenzweiges 4 Paar Seitenknospen und die Endknospe; das unterste Seitenknospenpaar ist ganz klein und unausgebildet geblieben. Der vorhergehende hatte genau eben so viele gehabt, der vor diesem ein Seitenknospenpaar mehr und der unterste ebenfalls. Von allen diesen zahlreichen Knospen ist in den drei Jahren immer nur die Endknospe zur Entwicklung gekommen und ob es mit denen des neuesten Triebes wiederum so geworden sein würde, das würde zum Theil wenigstens von den Witterungsumständen abgehangen haben. Die sitzen, d. h. unentfaltet gebliebenen Seitenknospen haben oberhalb ihrer Blattstielnarbe eine Knospennarbe hinterlassen, wie man die Flecke nennen könnte, wo diese Knospen gesessen haben, von denen einige selbst jetzt noch festsitzen, wenn auch nur vertrocknet und längst todt. Wo an unserer Figur die Sternchen stehen erkennen wir mit Leich- tigkeit die Grenze zwischen zwei Jahrestrieben an der daselbst bemerkbaren Einschnürung, zum Theil an der von da an etwas veränderten Richtung des neuen Triebes und endlich an den dunkeln Querlinien, welche daselbst bemerkbar sind. Diese Linien sind die Narben, welche die hier ansitzend gewesenen Knospenschuppen zurückgelassen haben, als sie bei der Ent- faltung der Knospe sich auseinanderbiegen mußten und endlich abgestoßen wurden. Da die Zeichnung natürliche Größe ist, so sehen wir, daß in vier Jahren dieser Zweig jährlich um kaum mehr als um je 1 Zoll länger geworden ist und keinen einzigen Seitentrieb gewonnen hat. Daß wir also hier 4 Kurztriebe vor uns haben versteht sich von selbst. Wenn die jährliche Triebgliederung auch nicht immer so augenfällig ist, wie hier, so ist sie doch, und zwar zumeist durch die Spuren der ehemaligen Knospenschuppen , bei einiger Aufmerksamkeit leicht nachzuweisen, besonders wenn die Knospen des Baumes vielschuppig sind, wie z. B. bei der Buche, wo die Basis jedes neuen Triebes etwa 1 Linie breit mit zierlichen feinen Linien, den Schuppenspuren, geringelt ist (Siehe S. 63 IV. 9. ****). Dennoch gehört zuweilen große Aufmerksamkeit oder wenigstens eine Kenntniß des betreffenden Kennzeichens dazu, um sich, wie schon vorher im voraus angedeutet wurde, vor einer Täuschung zu bewahren. Fig. IV. 8. zeigt uns ein Stück eines Langtriebes von der Birke, an welchem zwei Kurztriebe sitzen. An letzteren bemerken wir eine Menge äußerst regelmäßige Blattstielnarben und dichtstehende Einschnürungen und kleine Wülste. Jeder dieser Kurztriebe ist sieben Jahr alt, er trug an seiner Spitze jedes Jahr stets nur 2 Blätter dicht nebeneinander, welche zwischen sich eine Knospe bildeten, aus welcher sich im folgenden Jahre wieder ein winziger Kurztrieb mit 2 Blättern entwickelte. Diese Kurztriebe haben also seit 7 Jahren am Wachsthum des Baumes Theil genommen und haben es in dieser langen Zeit noch nicht auf 1 Zoll Länge gebracht. Wir haben jetzt der Kürze wegen diese beiden gekrümmten Aestchen an Fig. IV. 8. Kurztriebe genannt, sie sind aber vielmehr zwei Zweige von je 7 an einander gegliederten Kurztrieben. Während diese Zweige jährlich höchstens um 1 Linie zunahmen, hat der Hauptzweig, an dem sie seitlich ansitzen, vielleicht jedes Jahr einen 2 Fuß langen Trieb gemacht. Vor 6 Jahren waren diese aus Kurztrieben zusammengesetzten kleinen Seiten- zweige noch so kurz, daß man sie leicht übersehen und meinen konnte, ihre 2 Blätter ständen unmittelbar am Langtriebe. Dies ist der Irrthum, in den man leicht verfallen kann. Namentlich an diesem Birkenreis können wir den glatten, schlanken Langtrieb von den buckligen und runzligen Kurztrieben leicht unterscheiden, und ebenso erkennen wir in IV. 5. und 7. zwei Kurztriebe von der Espe, und zwar den einen (7.) genau wie den der Birke an einem Stück eines Langtriebes. Wenn wir nun eine wissenschaftlich bestimmte Unterscheidung zwischen Lang- und Kurztrieben aufstellen wollen, so müssen wir sagen, Langtriebe sind solche Triebe, welche erstens eine bedeutende Längenausdehnung und zahlreiche, weit auseinanderstehende Blätter haben, welche wenigstens theilweise entwicklungsfähige Knospen hinterlassen, während gerade die Endknospe bei ihnen oft fehlschlägt. Viele Weidenarten machen fast nur Langtriebe (deshalb vorzugsweise Ruthen, Gerten genannt); Kurztriebe dagegen sind solche, welche bei einer sehr unbedeutenden Längenausdehnung nur wenige, dicht beisammen an der Spitze stehende Blätter haben, welche in der Regel entwicklungsunfähige Knospen hinterlassen, mit Ausnahme der stets entwicklungsfähigen Endknospe und reiner Blüthenknospen, welche erstere oft auch die einzige Knospe des Kurztriebes ist. Von letzteren beiden Gegensätzen bieten der Eschenzweig ( III. 4.) und die Birken- und Espenzweige ( IV. 8. 5. 7.) deutliche Beispiele, indem ersterer beiderlei Knospen hat, von denen jedoch nur die Endknospe entwicklungsfähig war, letztere überhaupt blos eine Endknospe. Kurztriebe letzterer Art haben bei Bäumen, deren Blüthenknospen am vorjährigen Triebe stehen, neben der Endknospe meist nur noch solche Blüthen- knospen ( IV. 5.). Auf dieser Verschiedenheit von Lang- und Kurztrieben und auf dem Fehlschlagen unzähliger Knospen beruht wesentlich die malerische, so manch- faltig zusammengesetzte Fülle unserer Laubkronen, während diese ohne Zweifel an einer unschönen Regelmäßigkeit leiden würden, wenn alle Triebe gleich sein und alle Knospen sich zu Trieben entwickeln würden. Es muß hier noch einmal ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht werden, was uns eben der Birkenzweig ( IV. 8.) lehrte, daß das, was diese Figuren (8. 5. 7.) darstellen, richtiger Kurz zweige als Kurz triebe heißen sollte, denn wir sahen, daß an Fig. 8. zwei aus je 7 Kurztrieben von je kaum 1 Linie Länge zusammengesetzte Kurzzweige stehen. Ein Trieb ist ja immer nur das Produkt einer Vegetationsperiode (wenigstens am Baume) und an Fig. 8. sehen wir in jedem der beiden Kurzzweige das Produkt von 7 Vegetationsperioden. Das Wort Zweig hat streng genommen gar keine wissenschaftliche Berechtigung, wenigstens nicht in der Forstbotanik, eben so wie auch Ast nur eine Volksbenennung ist. Es würde uns sehr schwer werden, im Anblick einer Eichenkrone, und namentlich unter vergleichender Berück- sichtigung einer alten und einer jungen Eiche, bestimmt zu sagen, was an ihnen Ast und was Zweig ist. Nur was Trieb, Sproß , ist, wissen wir bestimmt zu umschreiben: das Axenglied, welches innerhalb einer Vegetationsperiode aus einer Knospe hervorging. Wenn wir auch nicht wissen, aus welchen Gründen die eine End- knospe einen Langtrieb, eine andere einen Kurztrieb entwickelt, so ist doch hierüber nach der Alters- und sonstigen Beschaffenheit der Bäume eine gewisse Verschiedenheit bemerkbar. An alten Bäumen herrschen meist die Kurztriebe vor, an jungen die Langtriebe. Besonders übt hierauf das Beschneiden des Baumes einen bemerkenswerthen Einfluß. Eine frisch geköpfte Weide treibt nur ellenlange Langtriebe hervor; dasselbe thut ein ausschlagender Wurzel-Stock, deren Triebe, z. B. bei dem Ahorn, der Rüster, der Weide und vielen andern Bäumen nicht selten 2—3 Ellen lang in einem Sommer hervorschießen und den besonderen Namen Stock- lohden erhalten haben. Ohne Zweifel übt hier der Umstand einen Einfluß aus, daß der geköpfte Baum oder der seines ganzen Stammes beraubte Wurzelstock sich dieses Ausweges bedient, um die Fülle des auf- genommenen Nahrungssaftes zu verwerthen, welche die alte bleibt, da ja die Wurzel dieselbe geblieben ist. Es findet hier gewissermaßen ein hastiger zügelloser Bildungsdrang in dem Baume statt, daher auch an den in großer Anzahl und Ausdehnung hervorgetriebenen Langtrieben die Blätter nicht nur riesenmäßig groß werden, sondern zuweilen auch ganz aben- teuerliche Formen annehmen, was z. B. bei der Linde, der Feldrüster und der Eiche der Fall ist. Wenn es vielleicht meinen Lesern und Leserinnen des Redens von diesen Trieben zu viel geworden sein sollte, so werden sie bald anderer Meinung werden, wenn sie nun mit dem hierüber Gelernten an die Bäume und Sträucher herantreten und es nun ganz leicht finden werden, die Lebensgeschichte und das Lebensalter derselben, soweit sich diese an den Trieben ausdrücken, abzulesen. Freilich hört dieses Ablesen auf, wenn die Schriftzüge: die Ein- schnürungen und die ringförmigen Spuren der ehemaligen Knospenschuppen und die Blattstielnarben, bei dem Dickerwerden der Zweige verwachsen. Dann kann aber der geübte Blick immer noch weit herab annähernd schätzen und im äußersten Falle giebt die Zahl der Jahrringe im quer- durchschnittenen Aste die sofortige Auskunft. Bei diesem Abwärtslesen von den äußersten Triebspitzen immer näher nach dem Stamme hin wird man auch, namentlich bei den Laubhölzern, recht deutlich inne, wie mit der immer zunehmenden Dicke der Verzwei- gungen keine Grenze festzustellen ist, von wo an die Bezeichnung Zweig nicht mehr ausreicht und man dann Ast sagen muß. Nachdem einmal der Trieb seine volle Länge erreicht hat, welche ihm nach der ihm innewohnenden Kraft und nach dem ihm zugedachten Bil- dungsstoff gesetzt ist, und er verholzt ist, was bei allen Bäumen, die ab- geschlossene Triebe haben, im Juni bestimmt der Fall ist, so nimmt er alsdann in der laufenden Vegetationsperiode an Länge nicht mehr zu und er mißt im Juni wie im Oktober genau dasselbe Längenmaaß. Etwas anderes ist es bei den Bäumen und Sträuchern, deren Triebe die ganze Vegetationsperiode hindurch an der Spitze fortwachsen , was namentlich auch an den Stocklohden oder an den Trieben geköpfter Bäume der Fall ist, selbst wenn diese solche sind, die wie Eiche und Buche im gewöhnlichen Zustande abgeschlossene Triebe haben. Ich erinnere an die Weiden und andere vorhin genannte Bäume. Wenn die Buche, die Linde, die Eiche im Mai ihre Triebe aus den Knospen herausgebildet haben, so steht nach längstens 14 Tagen das Treiben dieser Bäume für einige Zeit vollständig still. Es wächst ihnen kein neues Blatt nach; die Triebe werden keinen Strohhalm breit länger. Dies sind die Bäume mit abgeschlossenen Trieben. Wenn wir am An- fange und am Ende dieser Periode des Stillstandes, welche ungefähr 6—8 Wochen dauert, zu verschiedenen Zeiten Photographien von einem solchen Baum nehmen könnten, so würden wir diese sämmtlich hinsichtlich der Blätter und Triebe vollkommen einander gleich bekommen. Aber dann ermannt sich das Baumleben noch einmal zu Neubildungen, namentlich bei Buche und Eiche. Einzelne Knospen, End- wie Seitenknospen, deren Mutterblatt noch lebensfrisch neben ihnen steht, öffnen sich und treiben einen meist ziemlich kurz bleibenden, belaubten Trieb, dessen Blätter bei der Buche so zu sagen meist etwas schlechter gerathen als die Maiblätter. Dann verleihen diese zweitgeborenen Blätter durch ihre jugendliche gelbgrüne Farbe diesen Bäumen eine Zeit lang ein absonderliches Ansehen, indem ihr ernstes tiefes Grün von frischem Gelbgrün besprenkelt erscheint, bis nach kurzer Zeit auch diese neuen Blätter dieselbe tiefe Farbe wie die Maiblätter an- genommen haben. Diesen zweiten Trieb nennt man Sommer-, Johannis- oder auch wohl (gegen die Zeit) Augusttrieb . Seine Zeit fällt je nach den Witterungsverhältnissen in diesem Zeitraume etwas früher oder etwas später. Da nun dieser zweite Trieb auch aus einer Knospe hervorgeht, so zeigt er zuletzt an seiner Basis, wo er an den Maitrieb grenzt, ähn- liche Kennzeichen, wie dieser an seiner Grenze gegen den vorjährigen Trieb. Man kann daher Gefahr laufen, Maitrieb und Sommertrieb Eines Jahres für 2 Jahrestriebe zu halten und dann einem Zweige ein höheres Alter zuschreiben als er hat. Vor dem Laubfall kann man diesen Irrthum freilich nicht begehen, denn da man dann an beiden Trieben Blätter findet, so weiß man, daß beide derselben Vegetationsperiode angehören müssen. Man kann den Sommertrieb während der ganzen Vegetationsperiode künstlich hervorrufen, wenn man z. B. die Maitriebe stark zurückstutzt, wodurch die Knospen der stehen gebliebenen Blätter genöthigt werden, dem Andrange des Nahrungssaftes sich zu öffnen und einen Trieb zu entwickeln. Darum treiben im Laub beschnittene Hecken immer eine Menge neue Triebe, welche ohne das Beschneiden nicht gewachsen sein würden. Namentlich an Stockausschlägen, die mit ihrem Bildungsstoff nicht wissen wohin, ist diese Erscheinung sehr häufig. Dieses Beschneiden der Hecken ist daher ein allgemein angewendetes Mittel, dieselben dichter zu machen. Trotz dieser vielen Ausnahmen kann man es doch als eine Regel be- trachten, daß die Baumknospen bestimmt sind, sich erst in der folgenden Vegetationsperiode (nach einem Winter) zu ent- falten . Im Einklang mit dieser Regel müssen wir es nun einen Vorgriff , eine Vorzeitigkeit — wissenschaftlich Anticipation oder Pro- lepsis — nennen, wenn eine Knospe, wie wir es eben bei Eiche und Buche kennen lernten, noch in derselben Vegetationsperiode zur Entfaltung kommt, in welcher sie selbst gebildet wurde und während ihr Mutterblatt noch lebendig am Baume neben ihr steht. Den Sommertrieb der Eichen und Buchen möchten wir eine na- türliche Prolepsis , die Triebe beschnittener Bäume eine künstliche Prolepsis nennen. Zwischen beiden besteht der Unterschied, daß es bei der letzteren in der Regel zu einer vorgängigen Knospenbildung gar nicht kommt, während bei jener der Trieb immer aus einer wirklichen Knospe hervorgeht, wenn auch diese nie so vollkommen wie eine Herbstknospe ist. Aus alledem, was wir bisher über den Jahrestrieb kennen gelernt haben, geht nun als Endergebniß hervor, daß der Baum aus zeitweise nacheinander hinzugewachsenen selbstständigen Längentheilen zusammengesetzt ist, welche sich scharf von einander abgliedern, so daß wir auch einen Trieb an seiner Anfügungsstelle am Zweige leichter abbrechen können, als in seiner Mitte. Für diese letzte Erscheinung müssen wir nun noch einen Grund in seinem Innern suchen, wobei uns Fig. III. 2. (auf S. 60) behülflich sein soll. Diese Figur stellt einen durch die Mitte gespaltenen Eschenzweig dar, dem in Fig. III. 4. abgebildeten sehr ähnlich. Der Zweig besteht aus 2 Kurztrieben und dem oberen Theile eines dritten. In dem gespaltenen Marke ist durch Sternchen die Stelle bezeichnet, wo der Ursprung des Roßmäßler, der Wald. 6 neuen Triebes ist. mm′ ist das Mark und zwar m der innere Theil desselben, welcher trocken und nicht mehr lebensthätig ist, m′ der äußere Theil, welcher in seinen Zellen Stärkemehl und einige andere Stoffe enthält und noch lebensthätig ist. Wir sehen, daß diese äußere Markschicht nach jeder Knospe hin sich vordrängt, während die Schicht m in der Axe des Triebes zurückbleibt; h sind die fünf Jahrringe, denn der Trieb war 5 Jahre alt; rr′r″ sind die drei Schichten der Rinde. Wir werden diese Figur noch besser verstehen, wenn wir damit die Figur 3 vergleichen. Sie stellt den Querschnitt durch den Trieb mitten durch zwei einander gegenüberstehende Blattstielnarben dar, wo allemal der Trieb in der Richtung der Knospengegenüberstellung breit gedrückt ist (was wir deutlich an III. 4. sehen), daher eigentlich die Figur quer stehen müßte. Dieselben Buchstabenbezeichnungen bezeichnen hier dieselben Theile wie an Fig. III. 2. Das Mark, was zwischen je zwei übereinander- stehenden Knospenpaaren auf dem Querschnitt ziemlich kreisförmig ist, zeigt sich hier nur in seinem inneren Theile so m , während die äußere Schicht desselben sehr lang und schmal breit gezogen ist m′ und von einer Blattstielnarbe bis zur andern quer herüber reicht, wo es in die Knospen- axen der 2 Knospen eintrat, welche hier gestanden haben. Das Mark hat hier auch die 5 Holzlagen (der Zweig ist also 5 Jahre alt) durch- brochen, von denen die innerste viel dicker als die vier andern ist. Das Mark ist der erste Ernährer der sich bildenden und später der ihre Ent- faltung beginnenden Knospe. Stamm und Aeste. Wenn wir an einem alten schlanken Buchenstamme stehen, so können wir nicht mehr sehen, daß auch er in seiner ganzen Länge Sproß auf Sproß gliederweise erwachsen ist und auch wenn wir seinen vielleicht 20 Ellen langen astfreien Schaft mitten durch das Mark spalten, wir würden nur den gleichmäßigen Holzkörper finden und nur das geübteste, mit der scharfen Lupe bewaffnete Auge könnte mit vieler Mühe den Markkörper entlang die oberen Endigungen der immer höheren, einander umschließenden Jahres- lagen auffinden. Es ist als ob der Stamm nur eine gesetzmäßige Jugend hätte, während sein Alter im Drange des Lebensberufes, welchen wir in der Saftzuführung und im Lasttragen bereits kennen gelernt haben, ihn an seine eigene Leibes- und Lebensordnung am wenigsten denken lasse, so daß er inwendig oder seitlich dem Tode und der Fäulniß längst verfallen sein kann und dennoch unverdrossen seinem gemeinnützigen Berufe lebt. Von den zahlreichen Zweigen, welche im Verlaufe seines vielleicht mehr als hundertjährigen Lebens zwischen seiner Wurzel und seinem jetzigen ersten, aber 20 Ellen hoch stehenden Aste gestanden haben, aber jung starben, ist an seiner glatten silbergrauen Rinde nichts mehr zu sehen, als vielleicht einige längst vernarbte Wunden, wo ihm der Sturm erst in reiferen Jahren einen Zweig glatt am Leibe abgerissen hatte. Sehen wir eine alte Eiche oder Linde an, oder was sonst für einen alten Laubholzbaum, wir finden dieselbe vollständige Verwischung seiner Entstehungsgeschichte, seiner Altersstufen; eine tief gefurchte dicke Borke umpanzert den mächtigen Leib. Wesentlich anders ist es bei den Nadel- hölzern. Auch an einer alten mehr als mannsdicken Kiefer erkennt man in den meisten Fällen bis herunter an die Erde ihre ehemaligen Astquirle und während es bei einem alten Laubholzbaume ein sehr gewagtes Ding ist, sein Alter zu schätzen, so kann man es bei einem Nadelbaume, na- mentlich wenn er gefällt vor uns liegt, nicht blos schätzen, sondern bis auf wenige Jahre ab und zu genau angeben, auch ohne daß wir am Ab- schnitt seine Jahresringe zählen. Also bis in ihr hohes Alter bewährt sich der Einfluß ihres mathematischen Lebensgesetzes bei den Nadelhölzern von den wir vorhin sprachen (S. 70). Der Forstmann sagt, daß sich der Nadelbaum später reinige als der Laubholzbaum, d. h., daß er im Aelterwerden seine früheren, allmälig absterbenden Aeste später abwerfe. Der Grund zu dieser Erscheinung, welche eine Thatsache ist, liegt in mehr als einem Umstande. Das Harz, welches den Nadelbäumen eigen ist, schützt die abgestorbenen Aeste längere Zeit vor der Fäulniß. Da das Harz namentlich nach Verwundungen hinströmt, so werden die Aststummel oft nach und nach ganz mit Harz durchdrungen. Wer im Walde einigermaßen zu Hause ist, der weiß′ daß ein dürrer Ast eines Laubholzbaumes wie Glas abbricht, während er von einem Nadelbaume viel schwerer abzubrechen ist. Ferner ist dem Baue nach das Holz der Nadelbäume an sich zäher als das der Laub- hölzer und namentlich ist die Astverbindung mit dem Stamme inniger als 6* bei den Laubhölzern, daher es schwerer ist einen lebenden Fichtenzweig vom Stamme abzureißen, als von irgend welchem Laubholzbaume. Darum sehen wir auch in jedem Nadelwalde an jedem Baume eine Menge Aststummel stehen, die, wenn sie nicht zu lang waren, zum Theil nach und nach in den dicker werdenden Stamm gewissermaßen hinein- wachsen, was bei den Laubhölzern viel weniger der Fall ist. Wir dürfen nur auf unsere fichtenen Stubendielen sehen, um an den zahlreichen „Astlöchern“ die Bestätigung hiervon zu erhalten. An dem aus der Mitte des Stammes geschnittenen Bret sehen wir auch immer die ein- gewachsenen Aststummel vom Marke aus die Holzfasern schräg durch- setzen, scharf von diesen abgegrenzt. Wenn aber auch äußerlich am alten Baumstamme der artkennzeich- nenden Merkmale wenige und noch weniger der altersbestimmenden sind, so zeigen sich dafür beide in desto reicherem Maaße in seinem Innern. Wir wollen daher, nachdem wir die Gesetze seines äußeren Aufbaues kennen gelernt haben, uns mit denen seines inwendigen Lebens und Ge- staltens bekannt machen. Wir können dabei von einer breiten Grundlage von Allbekanntem ausgehen. Mark, Holz und Rinde kennen wir alle als die drei un- fehlbaren Haupttheile eines Pflanzenstengels aus der Abtheilung der zwei- saamenlappigen Gewächse; wenn wir auch das Mark eines alten Baum- stammes nur zufällig einmal an den Scheitchen unseres Holzkorbes oder an einem Brete sehen, für welches der Sägeschnitt sehr gegen den Wunsch des Käufers zufällig gerade durch das Mark ging und dadurch einen Fehler, eine weiche Linie, bekam. Weil man im Ganzen an Bretern oder aus denselben gearbeiteten Dingen so selten den Markcylinder zu sehen bekommt, so hat sich wohl hie und da der Irrthum eingenistet, als werde am alten Baume das Mark so stark zusammengedrückt, daß es zuletzt verschwinde. Ein solcher Druck findet nicht statt und das Mark verschwindet auch im ältesten Baumstamme nicht, es sei denn durch Ausfaulen mit dem Kern. Schon der Umstand, daß das Holz aus zahlreichen, einander umschließenden walzenförmigen Schichten besteht, also ein echtes Tonnengewölbe ist, müßte jeden Gedanken an eine Zusammenpressung des Innern fern halten. Schneiden wir einen einjährigen Zweig irgend eines Baumes, z. B. eine Weidenruthe, durch und thun wir dasselbe mit dem verholzten Stengel einer krautartigen Pflanze, z. B. einer Klette, einer Sonnenrose oder auch nur eines Levkoi-Stockes, so finden wir sie beide in der Anordnung der drei genannten Bestandtheile des Baumstammes, der ja auch nur ein Stengel, aber ein sehr vieljähriger, ist, ganz übereinstimmend. Unter der Rinde sehen wir auf dem Schnitt einen Holzring und die Mitte nimmt ein mehr oder weniger dicker Markkörper ein. Der Holzring ist bei allen unseren Bäumen und Sträuchern schon im jungen Triebe ein vollkommen geschlossener, während er bei vielen krautartigen einjährigen Pflanzen aus einzelnen Holzbündeln zusammen- gesetzt ist. Man sieht jedoch auch bei manchen Bäumen wenigstens etwas Aehnliches. An dem Querschnitte eines einjährigen Eichentriebes sehen wir um das fünfeckig sternförmige Mark herum den Holzring ebenfalls diese Gestalt annehmen und zwischen je 2 der Ecken bildet das Holz ge- wissermaßen durch die Ecken verbundene einwärts gebogene Partien. Wir sehen dies an Fig. VII. , welche ein nur schematisirtes Bild eines jungen Eichentriebes im Querschnitt darstellt. VII. Querschnitt eines ganz jungen Eichentriebes . m. Mark. h. Holz. c. Cambiumcylinder. b. Bastschicht in der Rinde. r. Rinde. o. Rindenhaut. Im Wesentlichen stimmen alle unsere Bäume und Sträucher in der Anordnung und Anlage der verschiedenen Gewebsmassen ihrer Stengel- theile überein. Die dabei stattfindenden Unterschiede sind nur nebensäch- liche, obgleich immerhin oft so erheblich und in das Auge fallend, daß ein geübtes Auge in vielen Fällen an einjährigen Trieben auf dem Quer- schnitte die Holzarten unterscheiden kann. Wir werden einige dieser Unter- scheidungsmerkmale später bei denjenigen Baumarten kennen lernen, bei denen sie eben artunterscheidend, oder wenigstens gattungsunterscheidend auftreten. Bei der Betrachtung des Markes, bei allen unseren Holzarten der innerste Theil der Stengelgebilde, müssen wir uns erinnern, daß das Mark im Pflanzenkörper eine andere Bedeutung hat, als im Thier- körper, wie es überhaupt schon oft zu irrigen Auffassungen verleitet hat, wenn man pflanzliche Körpertheile und Lebenserscheinungen nach thierischen deuten wollte, weil die letzteren den ersteren ähnlich schienen . Das Mark ist in den Pflanzen eine fast immer sehr gleichmäßig gebildete Zellengewebsmasse, welche aus sogenannten kurzen, d. h. solchen Zellen besteht, an denen die Ausdehnung nach allen Richtungen (Länge, Dicke, Breite) gleich ist. Man kann sich davon leicht am Hollundermark überzeugen, wenn man einen Quer- und einen Längsschnitt davon vergleicht. Bei unseren meisten Waldbäumen ist das Mark ein verhältnißmäßig starker, walzenförmiger und daher einen runden Querschnitt zeigender Körper, an welchem man eine innere, trockne, weiße Schicht und eine zweite saftige, meist grünliche, jene erste umschließende äußere Schicht unterscheiden kann. Besonders stark ist der Markcylinder bei dem Hollunder ( Sambucus nigra ), bei der Esche, bei den Ahornen, beim Schneeball, den wilden Rosen- und Brombeerschossen u. s. w. Bei anderen Bäumen ist der Markcylinder dagegen auffallend dünn und auch nicht aus den beiden eben erwähnten Schichten zusammengesetzt. Solchem Marke fehlt dann die innere Schicht und es besteht nur aus lebendigen Zellen der äußeren Schicht. Es hat dann auch bei einigen Bäumen keinen runden Querschnitt. Daß er bei der Eiche fünfeckig oder fast sternförmig ist, wissen wir schon (Fig. IV. 3., S. 63 und Fig. VII. der vor. S.). Bei der Birke ist er dreieckig, bei der Erle sogar fast spornförmig oder dreistrahlig (Fig. III. 11. S. 60). Am augenfälligsten ist die Trennung des Markes in eine äußere, Kreisschicht m , und in eine innere, Kernschicht m′ an der Esche zu sehen, wie dies nebenstehende Figur VIII. Diese Figur, wie deren noch mehre kommen werden, ist so aufgefaßt, als läge ein ganz feines, vergrößertes Schnittchen auf einer schwarzen Unterlage, etwa wie ein Stückchen feine Spitze. Mithin ist das Weiße Zellenmasse und das Schwarze die leeren Räume, die Poren, im Zellengewebe. zeigt. Die Kreisschicht wird auch Markscheide genannt. VIII. Querschnitt eines einjährigen Eschentriebes, achtmalige Vergrößerung (nur schematisirt.) m′ Kernschicht, m Kreisschicht des Markes. Wir haben aber nun an einer, der größeren Deutlichkeit wegen auch nur schematisirten Figur ( IX. ) zu untersuchen, wie die drei wesentlichen Bestandtheile eines Zweiges wie jeden Stammes unserer Waldbäume, untereinander verbunden sind. Es hat der sehr stark vergrößerten Figur ein zweijähriger Trieb zum Grunde gelegen und wir sehen, daß sie vom Mittelpunkte des Markes aus etwa ein Sechstel des ganzen Querschnittes darstellt, von welchem wieder außen ein würfelförmiges Stück herausgeschnitten ist. Wir be- kommen dadurch die drei Hauptansichten des Holzes oder überhaupt eines Stengelgebildes zu Gesicht: erstens den Querschnitt ( Q ) — was der Holzarbeiter „über Hirn,“ „Hirnholz“ nennt, — zweitens den Spalt- schnitt ( Sp ), welcher vom Mittelpunkte nach einem Punkte des Um- fanges des Stengels geführt ist, und drittens den Sekantenschnitt ( Se ), oft auch, aber weniger richtig, Tangentialschnitt genannt — durch welchen auf der Sägemühle von einem Stamme das erste Bret abgeschnitten wird, also rechtwinklig auf den Spaltschnitt. Es versteht sich von selbst, daß außer diesen drei Schnitten noch unzählige andere durch einen Zweig oder IX. Schema des Stammbaues . m das Mark, und zwar m′ dessen Kern- und m dessen Kreisschicht; — h das Holz, und zwar 2 Jahresringe, zwischen denen die Jahresgrenze jj ; — 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. sieben Markstrahlen; — c die Cambiumschicht; — r die Rinde, darin die Rindenmarkstrahlen *; — Q Querschnitt; Sp Spaltschnitt; Se Sekantenschnitt. Stamm geführt werden können, welche immer eine andere Ansicht von dessen innerem Gefüge geben müssen. Jene drei aber erkennen wir leicht als die allein maaßgebenden, weil sie in einem regelmäßigen Verhältnisse zu dem Gewebe des Stammes stehen und wir wollen sie daher die drei Normalschnitte nennen. Auf dem Querschnitte sehen wir an der rechten Ecke das Mark ( m ), dann das Holz ( h ) und außen die Rinde ( r ). An dem Marksechstel unterscheiden wir die Kernschicht ( m′ ) und die Kreisschicht ( m ). Wo diese beiden Marktheile sich gegensätzlich ausgeprägt finden, da ist der innere, die Kernschicht, an jedem mehr als 1 Jahr alten Triebe stets trocken und saftleer, und wenn sie, wie dies meist der Fall ist, eine weiße Farbe hat, so gleicht sie auf einem glatten Querschnitte recht fein- blasigem eingetrockneten Seifenschaume, wegen des Glanzes der trocknen Zellenwände (dies ist am Hollundermark leicht zu sehen). Von der Kreis- schicht des Markes strahlen auf dem Querschnitte ( Q ) des abgebildeten Holzstückes 5 gerade, dünne und dickere Streifen (1. 2. 3. 4. 5.) durch das Holz hindurch nach der Rinde hin. Dies sind die ihren Namen also ganz passend tragenden Markstrahlen , wahre Ausstrahlungen des Markes. Doch nur die Markstrahlen der innersten, zunächst an das Mark grenzenden Jahresringe gehen unmittelbar vom Marke aus; bei zu- nehmender Dicke des Zweiges entstehen in den neuhinzukommenden Jahres- ringen immer mehr neue Markstrahlen, die also streng genommen, da sie nicht im Marke entspringen, ihren Namen nicht vollkommen verdienen. Eben so gehen schon bei einem nur einigermaßen starken Zweige nicht alle Markstrahlen bis zur Rinde, und an einem Querschnitte eines hundert- jährigen Stammes gehen die einzelnen Markstrahlen selten durch mehr als 10—12 Jahresringe; dann entspringen neben ihnen neue. Es ist als eine sehr bemerkenswerthe Erscheinung hier besonders her- vorzuheben, daß die Markstrahlen mehr als ein anderer Bestandtheil des Stammes, ja eigentlich sie ganz allein die streng mathematische Regel der vollkommen geraden und zum Marke rechtwinkligen Linie und des strengsten Parallelismus unter sich beobachten. Der letztere tritt auf der Spaltfläche jeder beliebigen Holzart deutlich hervor. Die Markstrahlen sind nach ihrer Länge, Breite und Dicke aufzufassen und zwar wenden wir ein für allemal diese drei Dimensionen an einem Markstrahle eben so an wie an einem Bande. Demnach sind an unserer Fig. IX. die Markstrahlen 1. 2. 3. und 5. dünner als 4, und (an der Spaltfläche Sp sichtbar) 6. breiter als 7. Auf der Se- kantenfläche, Se , sehen wir die Breitenverschiedenheiten von 10 hier quer- durchschnittenen Markstrahlen. Auf der Fläche r c j , welche natürlich eine Spaltfläche wie Sp ist, sehen wir drei verschieden breite Markstrahlen. Nach dem Marke folgt von rechts nach links an der Figur IX. das Holz und zwar 2 Jahresringe , Jahrringe, Jahresringe, Jahreslagen, Jahresschichten , auch wohl kurzweg Jahre , sind gleichbedeutende Bezeichnungen. Erfunden sind sie alle gleicherweise nach einem Anblick eines Stammquerschnittes, wo sie als einander umschließende, concen- trische, Kreise mit einem gemeinsamen Mittelpunkte, dem Marke, sichtbar sind. Zwischen ihnen einerseits und Jahres grenze andererseits ist wohl zu unterscheiden; erstere sind die alljährliche zugewachsene, den ganzen Baum unter der Rinde überziehende neue Holz- schicht, die, weil sie, auf einem Querschnitte , ringförmig erscheint, wohl angemessener Jahresring als Jahreslage zu nennen ist. Jahresgrenze ist nun selbstverständlich die Grenzlinie zwischen zwei Jahresringen. Je deutlicher die Jahresgrenze, desto leichter lassen sich die Jahresringe zählen. Bei unseren deutschen Holzarten, welche unter all- jährlichen vollständigen Wachsthumsunterbrechungen erwachsen, sind die Jahresgrenzen fast immer sehr deutlich bezeichnet. welche durch die Jahresgrenze ( jj ) getrennt sind. Es ist noch gar nicht so lange, daß man über die zeitliche Bedeutung der Jahrringe außer Zweifel ist, obgleich der Praktiker hierin schon seit langer Zeit diese auf dem Querschnitt eines Stammes oder Astes sichtbaren ringförmig erscheinenden Holzschichten Jahrringe oder kurzweg Jahre nennt, und von grob- und feinjährigem Holze spricht und dadurch andeuten will, daß, wie es auch thatsächlich ist, jedes Jahr alle- mal nur eine solche Schicht gebildet wird. In unserem Klima unterbricht der kalte Winter und in den Tropen- ländern die dürre Jahreszeit das Wachsthum der Bäume und erst nach Ablauf dieses Stillstandes hebt das Wachsthum von Neuem an, was zur Folge hat, daß dieses neue Anheben des Dickenzuwachses durch eine Grenz- linie bezeichnet ist. In der Regel sind die Jahrringe, oder hier richtiger die Jahreslagen, in diesen Berührungs- oder Grenzflächen (denn nur auf dem Querschnitte sind es Grenz linien ) innig und fest mit einander verbunden. Zuweilen zeigen aber die Stämme eine krankhafte Erscheinung, welche der Forstmann Kernschäligkeit nennt, und welche darin besteht, daß sich die Jahres- lagen von einander ablösen und dann der Stamm dieselbe Erscheinung zeigt, welche man zuweilen an Wachskerzen bemerkt, die sich der Länge nach in Schalen auflösen. Die Ursache der Kernschäligkeit ist noch unbekannt. Es ist leicht zu vermuthen, daß die Breite der Jahresringe theils von der Fruchtbarkeit des Bodens, theils von der der Witterung abhängt, daher auf einem Stammquerschnitt sehr oft Jahrringe von der verschie- densten Breite neben einander vorkommen. Oft aber sehen wir an einem Querschnitte alle Jahrringe an einer Seite des Stammes viel breiter als an der entgegengesetzten und daher den Querschnitt mehr eirund als kreis- rund, und das Mark weit aus dem wahren Mittelpunkte des Stammes gerückt. Dies deutet auf eine ungleichmäßige Ernährung des Stammes. Stand ein Baum am Rande eines Bestandes und konnte er vielleicht als Randbaum einige recht kräftige Wurzeln in den lockern fruchtbaren Boden einer anstoßenden Wiese hinaustreiben, und dabei seine Aeste an dieser Seite frei in die Luft hinaus entfalten; oder stand ein Baum dicht an einem steilen Felsen, in den er keine Wurzeln hineintreiben und gegen den hin er auch keine Aeste ausbilden konnte, so wird in beiden Fällen der Stamm excentrisch wachsen, d. h. es werden bei dem einen auf der nach der Wiese hin und bei dem andern auf der vom Felsen ab liegenden Seite die Jahresringe stärker sein als auf der entgegengesetzten, weil beide hier die stärkeren Wurzeln und Aeste hatten. Dies Verhalten sehen wir an Fig. X. 1. dargestellt (einem mitten durchgespaltenen Baume), wo a eine kümmerliche dünne, etwa in einen Felsspalt eingetriebene Wurzel darstellt und zugleich der Baum nach der- selben Seite nur wenig Aeste hatte. Darum sehen wir das Mark sehr außer der Mitte des Stammes und dessen Jahreslagen in gleichem Sinne nach rechts dünner als nach links. Dieses höchst ungleichmäßige Verhalten der Jahresringe zeigt sich namentlich an den dicken Aesten des Stammes und des Wurzelstockes. Erstere zeigen sich an ihrem Ursprunge oft seitlich dreit gedrückt und dann liegt das Mark weit außer dem wahren Mittelpunkte nach oben hin (Fig. X. 3.). Stand aber ein Baum — was namentlich von der oft in dichtestem Schlusse stehenden Fichte gilt — von allen Seiten von anderen Bäumen dicht umstanden, so daß auch seine Wurzeln und Aeste ringsum die ganz gleichen Entwicklungsbedingungen und das gleiche Maaß von Ernährung fanden, so sind auch die Jahresringe ringsum von ganz gleicher Dicke und solche Stämme haben dann oft einen wie mit dem Zirkel gezogenen Querschnitt und ihr Mark liegt vollkommen im Mittelpunkte. Zuweilen stehen auch, und hier wieder vorzugsweise Fichten, zwei alte Bäume ganz dicht beisammen, so daß in der unteren Partie oft kaum ein Finger breit Raum zwischen ihnen bleibt und sie auch in der Krone einander an der Astbildung hindern. Auch in diesem Falle müssen beide Stämme excentrisch wachsen und an den einander zugekehrten Seiten müssen die Jahrringe dünner sein als auswärts. Zuweilen kommt es dann vor, daß der eine Baum umgehauen wird, wodurch der andere dann mehr Freiheit bekommt. Er fängt dann an auf der frei gewordenen Seite die Jahr- ringe wieder dicker zu machen. Dies Verhältniß zeigt sich an Fig. X. 2. X. 1. 2. 3. excentrisch gewachsene Stämme, an Fig. 1 a ein verwachsener Zweig, b ein überwallter Ast. — 4. Unterschied zwischen Kernholz und Splint. — 5. Seitliche Aus- heilung eines ganz ausgefaulten Stammes. Oft sieht man aber auch an verschiedenen Seiten des Querschnitts eine Breitenverschiedenheit der Jahrringe. Dann rührt die eine vielleicht von dem Standorte, wie eben beschrieben, her, die andere vielleicht da- von, daß über ihr sich ein Ast besonders stark entwickelte, der nun unter sich den Stamm besonders reichlich ernährte. Später brach vielleicht der Sturm diesen Ast ab, und nun treten über den bisher auffallend breiten Stellen der Jahrringe auffallend dünne auf. Es ist dies an Fig. XI. dargestellt, an welcher die durch eine Linie zusammengefaßten Jahresringe drei dergleichen besonders modificirte Stellen der Jahresringe bezeichnen. Zuerst hatte der Stamm dicht neben sich einen Nachbar und daher waren XI. Stammquerschnitt mit zeitweilig an verschiedenen Stellen ungleichmäßiger Jahresringbildung. die Jahresringe von dieser Seite sehr schmal, während sie sich an der entgegengesetzten sehr breit entwickelten. Später wurde der hinderliche Nachbar beseitigt und nun entwickelten sich auch an der frei gewordenen Seite die Jahresringe breit. Die beiden, durch die anderen zwei Linien zusammengefaßten Anschwellungen der Jahresringe wurden durch einen über dieser Stelle stehenden starken Ast bedingt. Einer derselben ist später abgestorben oder abgebrochen, daher wir die Jahresringe hier wieder schmal finden. Der drittletzte Ring ist ringsum sehr schmal, daher war das ihm entsprechende Lebensjahr für diesen Baum ein Hungerjahr — wenn wir einmal jeden Ring an dieser Figur für je einen Jahresring halten wollen, während ich mir bei der Zeichnung derselben unter jedem Ringe vielmehr je deren fünf gedacht habe, weil sonst der Baum zu jung gewesen wäre, um schon solche auffallende Einflüsse auf seine Holzbildung erlebt haben zu können. Diese bisher von vielen meiner Leser und Leserinnnen gewiß mit Gleichgültigkeit angesehenen concentrischen Kreise an dem Querschnitte eines Stammes oder eines stehenden Stockes oder auch nur eines Balkens werden für dieselben durch diese Mittheilungen gewiß eine überraschende Bedeut- samkeit erhalten haben, und es ist nicht zu viel gesagt, indem ich ihnen einen sehr unterhaltenden Genuß verspreche, wenn sie auf das gegenseitige Verhalten der Jahresringe an einem Baumstamme achten wollen. Man kann daran die ganze Lebensgeschichte eines vor uns liegenden, seiner Wurzel und seiner Aeste und Krone beraubten Baumes lesen, so weit sich dieselbe an dem Holze ausspricht. Hier liegen zwei Fichtenstämme vor einer Schneidemühle, um in Breter geschnitten zu werden. Sie sind beide gleich dick und tragen am Abschnitt den gleichen Stempel ihres Besitzers. Er hat vielleicht, ja wahrscheinlich, für beide den gleichen Preis gezahlt, denn bei gleicher Länge und gleichem Durchmesser haben beide denselben Gehalt an Holzmasse. Und doch sind die beiden Stämme sehr verschieden an Werth. Der eine der beiden Stämme hat viel schwammigeres weicheres Holz, denn er ist auf einem sehr üppigen fruchtbaren Boden erwachsen, viel schneller als der andere, der auf magerem Boden stand. Wir sehen das aus den Jahresringen. Der erste hat deren 15 weniger als der andere und ist doch ebenso dick. Er setzte eben auf seinem guten Standorte jährlich dickere Jahresringe an als der andere und war daher funfzehn Jahre früher ebenso dick als der andere; aber er wurde dies auf Kosten der Güte seines Holzes. Er ist grobj ährig, während der andere feinj ährig ist — eine sonderbare Vertauschung des wenig mit grob und des viel mit fein. Es gewährt dem Gebirgsbewohner — wenn er darauf achten will — eine angenehme Unterhaltung, vor der Schneidemühle am Gebirgsbache in seiner Nachbarschaft baumbiographische Studien zu machen. Er hat beobachtet, daß seit mehreren Tagen immer dieselben Gespanne Fichten- klötze angefahren bringen und vor der Schneidemühle zu einer hohen Schicht aufthürmen. Sie sind alle von gleicher Länge und durchschnittlich auch von ziemlich gleicher Stärke. Daß sie alle aus einem königlichen Forstrevier kommen, sieht er an dem Waldzeichen auf ihren Abschnitten und er kann es auch allenfalls beim Schneidemüller erfragen. „Die standen auf echtem Fichtenboden und das in gutem Schluß,“ sagt er sich, „denn die Jahre sind von der richtigen Breite, eine Linie breit, etwas drüber oder drunter, und einer wie der andere, das Mark im Mittel- punkte wie das Schwarze in der Scheibe.“ Da fällt ihm ein, daß vor sechs Jahren ein harter Spätfrost, noch später als Pancratius und Ser- vatius, alle Maitriebe der Fichten weit und breit umher vernichtete, so daß die rostrothen Triebe den Beständen einen rothen Schein gaben. Er zählt an den Stämmen 6 Jahresringe rückwärts und richtig findet er wenigstens bei der großen Mehrzahl den entsprechenden Jahresring viel schmaler als die übrigen benachbarten. So wird für denjenigen, der wenigstens die Bedeutung der Jahres- ringe kennen gelernt hat, diese so höchst einfache Seite der Stammbildung eine Quelle zu einer Unterhaltung, die wenigstens ein anregender Zeitvertreib genannt werden darf, für den sinnigen Freund des Waldes aber jeden- falls mehr ist. Es liegt uns jetzt die Frage nahe, ob trotz der großen Verschieden- heit, welche die Jahresringe in ihrer Breite selbst an einem und demselben Stamme oder Aste, ja selbst die ein Jahresring an verschiedenen Stellen seines Umfanges zeigt — ob nicht dennoch bei den verschiedenen Baum- arten wenigstens einigermaßen eine Regel in der durchschnittlichen Breite herrsche. Mit Vorbehalt ist darauf ja zu antworten. Die Lärche hat z. B. durchschnittlich breitere Jahresringe als die Eiche, diese breitere als die auf rauher Alpenzinne wachsende Arve und die Krummholzkiefer. Schwierig bleibt es aber immer, hier eine Eintheilung festzustellen, weil die Gunst oder Ungunst des Standortes einen so sehr großen Einfluß auf die Breite der Jahresringe ausübt. Wer sich hierüber von unseren deutschen Bäumen und Sträuchern eine bequeme Uebersicht verschaffen will, der kaufe sich die Miniatur- Holzsammlung von Nördlinger Professor Dr. Nördlinger , fünfzig Querschnitte der in Deutschland wachsenden hauptsächlichsten Bau-, Werk- und Brennhölzer; für Forstleute, Techniker und Holzarbeiter. Stuttgart und Augsburg. J. G. Cotta’scher Verlag. 2 Thlr. 15 Ngr. — Es sind dies außer- ordentlich dünne, etwa 2 Quadratzoll große Holzblättchen, so dünn und so rein im Schnitt, , die an Sorgfalt der Auswahl und unübertrefflicher Eleganz der Exemplare Vorzügliches leistet. Wir müssen nun noch einmal zu Figur X. 1. zurückgehen, welche uns in einem Schema deutlicher machen soll, wie nun der Baum in seinem Holze aus lauter einzelnen Jahresschichten zusammengefügt ist. Am einfachsten können wir es uns so denken, daß sich die einzelnen Jahreslagen — Jahresringe würde jetzt eine falsche Vorstellung geben — wie Zwiebelschalen verhalten. Wir dürfen nicht vergessen, daß auch an der größten Eiche nicht bloß der Stamm und die Aeste, sondern auch das jüngste Reis, jede Wurzelfaser alljährlich mit einer neuen Holzschicht über- kleidet wird, und daß diese Holzschicht über den ganzen Baum hinweg in ununterbrochenem Zusammenhang steht. Es würde natürlich unmöglich sein, dies an einem gespaltenen Baume, wenn wir einen spalten könnten, der Wahrheit getreu zu zeichnen, darum muß uns unser Schema aus- helfen. Zählen wir unten über dem Erdboden und oben am Abschnitte an unserer Figur die Jahresringe, die hier vielmehr durch senkrechte Grenz- linien vertreten sind, so zählen wir dort 14, hier 9. Dies ist ganz na- türlich, denn indem der Baum höher wurde, wurde er es ja durch neue Triebe, deren jeder einen neuen Jahresring hinzubrachte. Wir wollen aber jetzt wie vorhin bei Fig. XI. , die ja eben nur ein Schema sein soll, unter jedem gezeichneten Jahresring deren je fünf, ein Lustrum des Baum- lebens, denken. Demnach wäre der Baum 70 Jahre alt, oder richtiger — blos unten so alt und oben am Abschnitt nur 45. Auch eine sonderbare Seite des Pflanzenleibes, insonderheit des Baumes, daß er an verschie- denen Theilen ein verschiedenes Alter hat! Wir erinnern uns hier der Frage aus dem 3. Abschnitte, ob der Baum in demselben Sinne ein In- dividuum genannt werden könne, wie eine Hund oder ein Pferd und müssen es nun doppelt verneinen, da wir eben daran denken, daß ein Baum an verschiedenen Theilen seines großen Leibes ein verschiedenes Alter hat. Während am ganzen Baume an jedem Theile das Holz mit jedem neuen Jahre mit einer neuen Holzlage überzogen wird, so geschieht ein daß man mit einer guten Lupe, wenn man die Blättchen, die über einem ovalen Loche in kleinen Papierbogen angeklebt sind, gegen das Licht hält, das Holzgewebe sehr deutlich sieht. Die kleine wunderschöne Sammlung, in Form eines Duodez-Bändchens, das man bequem in die Tasche stecken kann, erhielt mit Fug und Recht 1851 in London eine Preis- medaille. Herr N. hat noch 3 andere ganz gleich beschaffene Sammlungen von je 100 weiteren Holzarten und zu je 4 Thlr. 20 Sgr. herausgegeben. Gleiches mit der Rinde, nur mit dem Unterschiede, daß hier die neuen Lagen nach innen zu aufgelagert werden, so daß das Zuwachsverhältniß beider sich wie folgende durch — getrennte Zahlenreihen verhält: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 — 0 9 8 7 6 5 4 3 2 1 + In dieser Reihe entspricht 1 bis 0 der Rinde, 0 bis 1 dem Holze und + bezeichnet das Mark. Freilich kann man nur bei wenigen Bäumen in der Rinde ebenso deutlich wie im Holze die Jahrringe unterscheiden und noch seltener entsprechen die unterscheidbaren Zahlen der Zuwachs- schichten einander vollständig; entweder in der Rinde oder im Holze zählt man deren mehr. Dies soll uns hier blos darthun, daß das Zu- wachsverhältniß des Holzes ein viel regelmäßigeres und stetigeres ist als das der Rinde. Der nachfolgende Holzschnitt, auf welchen wir später noch einmal ausführlicher zurückkommen müssen, wird hier vorläufig nur deshalb eingeschaltet, um daran zu sehen, daß eine concentrische Schich- tung der Rindenmasse ebenso ersichtlich ist wie am Holze. XII. Querschnitt der Lindenrinde . h Rindenhaut. — g Grünschicht. — b Bastschicht. — gr Holzgrenze. — m m m m m Mark- strahlen des Holzes, welche auf Rindenmarkstrahlen stoßen. An der Stelle des Minuszeichens (—) liegt nun im lebendigen Baume über seinen ganzen Umfang hinweg, also genau zwischen Holz und Rinde, Roßmäßler, der Wald. 7 der Gestaltungsheerd der jährlichen Zuwachsmasse, welche zum größeren Theile dem Holze, zum kleineren der Rinde zufällt. Während der Zeit des lebendigsten Wachsthums, also besonders in den Monaten Mai bis August, ist dieser Heerd auf dem Querschnitte eines lebenden Zweiges namentlich durch seine Farbe als ein das Holz von der Rinde trennender Ring zu unterscheiden. Er heißt der Cam- biumring oder die Cambiumschicht und zeichnet sich besonders in der angegebenen Zeit durch seine düstere, fast wie Oel auf weißem Papier erscheinende Farbe aus. Daß in diesem Ringe das regste Bildungsleben herrscht erkennt man auch daran, daß auf einem während der Vegetations- zeit gemachten Querschnitt dieser Ring allein safterfüllt ist und einen Flüssigkeitsring bildet, der aus der Schnittfläche hervorquillt, während Holz und Rinde trocken bleiben. (An Fig. IX. , S. 88, ist der Cambium- ring mit c angedeutet). Es versteht sich bei dieser Verlegung des Bildungsheerdes des jähr- lichen Stammzuwachses an die Grenze zwischen Holz und Rinde nun ganz von selbst, daß durch das gewaltsame alljährliche Einschieben des neuen Zuwachses zwischen diese beiden die Rinde immer nach außen gedrängt werden und da diese kein elastisches Gewebe ist, endlich in ihren älteren äußeren Schichten zerreißen muß. Daß letzteres dennoch nicht in dem Grade geschieht, wie es eigentlich der Fall sein müßte, und über die sonstigen Eigenschaften der Rinde werden wir bald näher zu sprechen haben. Wir kehren zur Betrachtung des Baues des Holzkörpers zurück, dessen Zusammensetzung aus concentrischen Jahreslagen wir kennen gelernt haben. Unsere Figuren VII. , VIII. , IX. und X. zeigen uns übereinstimmend in der Richtung vom Markmittelpunkte nach der Rinde die uns ebenfalls bereits bekannten Markstrahlen , welche wir in den drei Dimensionen der Länge, Breite und Dicke mit einem Bande verglichen haben. Indem wir nun den feineren Bau des Holzes betrachten wollen, müssen wir uns der Markstrahlen nochmals erinnern, weil sie zu den übrigen Gewebs- massen des Holzes in einem in jeder Hinsicht gegensätzlichen Verhältniß stehen. Wir hoben schon oben den unter sich, natürlich blos in Beziehung auf die Axe des Stammes, vollkommen parallelen Verlauf der Mark- strahlen hervor und ebenso daß dieselben in ihrem Verlaufe die übrige Zellenmasse des Holzes rechtwinklig schneiden. Keinem unserer Hölzer fehlen die Markstrahlen, in allen kommen sie stets in außerordentlich großer Menge vor, obgleich dennoch bei den einen in größerer Anzahl als bei den andern. Wir können schon an Fig. VIII. sehen, wie zahlreich sie sind, obgleich an dieser mehr schematisirten Figur viel weniger gezeichnet sind, als vorhanden waren, um die Deutlichkeit der Zeichnung nicht zu beeinträchtigen. Die Markstrahlen stellen durch ihre außerordentliche Häufigkeit und durch ihren horizontalen Verlauf eine innige Verbindung zwischen den übereinander liegenden Jahresringen her und sorgen für einen Austausch der Säfte in horizontaler Richtung; während die nun zu betrachtenden senkrecht verlaufenden Gewebsmassen des Holzes die Verbindung zwischen dem Oben und Unten des Baumes und die senkrechte Saftleitung vermitteln. Neben den Markstrahlen, welche unter allen Umständen einen nicht unbedeutenden Antheil an der Holzmasse nehmen, wird dennoch der größere Antheil von den sogenannten Holzbündeln gebildet, d. i. von den in der Richtung der Stamm-Axe gestreckten und verlaufenden Zellen und Gefäßen . Es würde uns hier zu tief in die feinere Anatomie und von unserem Ziele ablenken, wenn ich hier eine genaue wissenschaftliche Be- schreibung der Elementar- oder Grundorgane der Pflanzen vortragen wollte; wir beschränken uns daher auf das Nothwendigste. Die Zelle in ihrer einfachen Grundgestalt oder in ihrer höheren Entwicklung (Gefäß) ist der Baustein, aus welchem unter allen Verhält- nissen auch der kolossalste Pflanzenleib aufgebaut ist, wie es auf der andern Seite aber auch Pflänzchen giebt, die nur aus einer einzigen Zelle bestehen. Die Zelle ist ursprünglich ein winzig kleines kugelrundes Bläschen, dessen Haut, Membran , einen wässrigen Saft, Zellsaft , einschließt. Von dieser Urform kommen aber zahllose Wandelformen vor. Die Zellen der Kartoffelknolle, welche bei sogenannten mehligen Kartoffeln eben das körnige Mehl bilden, sind ein Beispiel dieser Urform. Durch das Kochen haben sich die Zellen von einander abgelöst und sind frei geworden. Eine Baumwollenfaser, wie wir sie aus der Watte ziehen, ist das andere Extrem, eine außerordentlich lang gestreckte Zelle. Zwischen beiden Extremen kommen alle denkbaren Zwischenformen vor; es kommen sogar verzweigte, sternförmige, flaschenförmige Formen der Zellen vor. Während eine einzelne freie Zelle meist gerundet ist, so wird sie im 7* Zellgewebe , wo ihrer viele innig mit einander verbunden sind, durch gegenseitigen Druck eckig, kantig und ebenflächig, genau so wie eine einzelne Seifenblase ebenfalls rund ist, großblasiger Seifenschaum aber in seinem durchsichtigen Innern die Seifenblasen ebenfalls eckig, kantig und ebenflächig zeigt. Die ursprünglich immer sehr dünne und zarte Zellen- haut wird in vielen Fällen durch spätere Ablagerung von Holzstoff an ihren inneren Wandungen allmälig dicker und sogar nicht selten so sehr verdickt, daß gar kein Zellenraum mehr übrig bleibt. Daß diese Ver- dickung der Zellenhaut der wesentliche Grund der Schwere und Härte des Holzes ist, ist leicht zu errathen. Schwere, harte Hölzer haben immer dickwandige Zellen . Bei dieser Verdickung der Zellenhaut bleiben aber oft kleine punkt- oder strichförmige Stellen derselben unverdickt und dadurch der Säfteaus- tausch zwischen den benachbarten Zellen ermöglicht, der durch eine gleich- mäßige Verdickung der Zellenhäute aufgehoben werden würde. So ent- stehen die punktirten, getüpfelten und Spiralfaser-Zellen , die wir später durch eine Abbildung kennen lernen werden. Was den Inhalt der Zellen betrifft, so ist der Zellsaft entweder klar und farblos oder er enthält Farbstoffe, aufgelöst oder in Körnchen, oder er enthält Stärkemehlkörnchen, Tröpfchen fetten oder ätherischen Oeles, winzig kleine Kalkkrystalle und dergl. Alles dieses und sogar der Zellsaft selbst fehlt aber, sobald das Zellgewebe an dem Leben der Pflanze keinen Theil mehr nimmt, z. B. in der Kernschicht des Markes (S. 87) mehr als ein Jahr alter Stengelgebilde; z. B. Hollundermark. Was die Lebensverrichtungen der Zellen betrifft, so sind die sehr lang gestreckten , welche mit schräg abgestutzten Enden im Zellgewebe sich zwischen einander schieben, der Hauptsache nach nur Organe der Fortleitung der Säfte, daher im Holze vorherrschend. Die nicht oder nur wenig gestreckten, die kurzen Zellen, welche mit platten Böden sich an einander anreihen, dienen mehr der Verarbeitung , Assimi- lation, der ihnen zugeführten Stoffe, daher auch fast nur in ihnen die vorhin genannten Stoffe vorkommen. Die Markstrahlenzellen sind stets solche kurze Zellen. Aus den Zellen entstehen die Gefäße , so zwar, daß ein Gefäß stets aus einer Reihe von an einander stoßenden kurzen Zellen gebildet worden ist, indem die an einander liegenden Böden derselben beseitigt werden. Wenn wir uns 10 gleich große Fässer übereinander gestellt und dann die sämmtlichen Böden der Fässer wegdenken mit Ausnahme des oberen Bodens des oberen und des unteren des unteren Fasses, so haben wir die Ent- stehung eines Gefäßes. Am deutlichsten ist selbst mit unbewaffnetem Auge diese Abstammung der Gefäße am Eichenholze zu sehen, an welchem die großen „Poren“ des Querschnittes (Fig. IX. Q. ) die querdurchschnittenen, bei dem Eichenholze sehr großen Gefäße sind. Schneidet man mit einem recht scharfen Messer von einem Stück alten Eichenholze eine glatte Spalt- fläche (Fig. IX. Sp. ) gerade im Längsverlauf dieser Gefäße, so wird man diese etwas perlschnurförmig eingeschnürt und wie gegliedert finden. Jedes solches Glied entspricht einer ehemaligen Zelle, aus deren Aneinanderreihung das Gefäß unter Beseitigung der trennenden Zellenböden entsprungen ist. XIII. a. Nadelholz (Kiefer), b. Laubholz (Eiche) im Querschnitt (schematisirt). An beiden Figuren bezeichnet F die Schicht des Frühjahrsholzes , H die des Herbstholzes , J die Jahresgrenze gegen den vorjährigen Jahresring. Die obere Linie der Figuren bezeichnet die Jahresgrenze gegen den folgenden Jahresring. Mitten durch das Eichenholz geht ein breiter Markstrahl. Wie die Zellen, so werden auch die Gefäße durch Auflagerung von Holzstoff an ihrer inneren Wandung allmälig dickwandiger, während auch bei ihnen die Gefäßhaut ursprünglich dünn ist. Auch hier bleiben bei der Verdickung und zwar meist in sehr regelmäßiger Anordnung einzelne Stellen unverdickt, wodurch ähnlich den punktirten, getüpfelten und Spiralfaser- Zellen eben solche und noch einige andere Formen von Gefäßen entstehen. Sie dienen der Saftbewegung; nur die Spiralgefäße, welche luftführende Organe sind, machen davon eine Ausnahme. Im Zellgewebe, in welchem die Gefäße mit eingewebt sind, behaupten die Gefäße den Zellen gegen- über ihre Rundung und nehmen nur von einander durch seitlichen Druck Abflachung und Kanten an. Selbst die so steif nach außen dringenden Markstrahlen müssen sich krümmen, um an einem Gefäße vorbeizukommen (Fig. XIII. b. S. 101). Meist sind die Gefäße im Querschnitt viel weiter als die Zellen und bilden nicht selten sehr lange feine Röhren. Durch die großen Gefäße des Eichenholzes und des spanischen Rohres kann man sehr leicht ein Pferdehaar fußlang einführen. Aus solchen Zellen und Gefäßen ist nun, abgesehen von den in anderer Richtung verlaufenden Markstrahlen, das Holz in der Weise zu- sammengesetzt, daß dieselben in der Richtung der Axe des Stammes oder Zweiges dicht an einander gefügt sind und durch eine unendlich dünne Schicht eines zusammenkittenden Stoffes, des Intercellularstoffes, fest aneinander haften. Auffallender Weise machen hiervon unsere Nadelhölzer insofern eine Ausnahme, als deren Holz lediglich aus Zellen zusammen gefügt ist. Um zu lernen, wie bei den verschiedenen Holzarten Zellen und Ge- fäße in verschiedenem Verhältniß mit einander verbunden sind, und wie dadurch eine überraschende Manchfaltigkeit und oft eine außerordentliche Zierlichkeit des Holzgewebes hervorgeht, ist nichts geeigneter als die S. 95 erwähnten Nördlinger’schen Holzquerschnitte, denn fast nur auf dem Quer- schnitte sprechen sich diese Verschiedenheiten vollkommen deutlich aus. Es reicht zum deutlichen Erkennen derselben eine scharfe Doppellupe voll- kommen aus. Die umstehenden Figuren XIII. a. und b. sind in etwa achtmaliger Vergrößerung nach Nördlinger’schen Querschnitten und zwar nur schematisch gezeichnet, denn zu einer naturwahren Zeichnung für den Holzschnitt ist diese Vergrößerung zu gering. Die Figuren stellen wiederum wie bei Fig. VIII. (S. 87) das mohnblattdünne Querschnittchen auf einer schwarzen Unterlage dar. Am Kiefernholze ( a ) sehen wir die Zellen ziemlich regelmäßig in einander durchschneidenden Längs- und Querreihen angeordnet und ein sehr gleichmäßiges Gewebe bildend, und von zahlreichen sehr dünnen Markstrahlen durchsetzt. Die regellos darin zerstreuten etwas größeren runden Löcher sind keine Gefäße, wie wir sie eben kennen gelernt haben, sondern haarfeine Harzgänge . Auf dem Holze erscheinen sie dem un- bewaffneten Auge wie feine weißliche Nadelstiche. Wie ganz anders sieht daneben das Eichenholz ( b ) aus. Wie am Kiefernholze haben wir ein kleines schmales Stückchen des Umfanges eines ganzen, in seiner Breite ganzen, Jahresringes vor uns und unten bezeichnet J die Jahresgrenze gegen den vorjährigen Jahresring, von dem unten noch ein Streifchen mit gezeichnet ist. Die obere Grenze der Figuren ist zugleich die äußere Grenze des Jahresringes. Wenn wir von der Jahresgrenze aufwärts das Gewebe des Eichenholzes, wie es sich innerhalb eines Jahresringes darstellt, verfolgen, so begegnen wir zunächst einer Schicht sehr großer, oder vielmehr sehr weiter Gefäße — die „Poren“, welche im Eichenholze am größten sind — zwischen denen nur für wenige Holzzellen Raum übrig geblieben ist. Nach oben hin — dies „nach oben“ an unserer Figur ist eigentlich am stehenden Baume „nach außen“ — werden die Gefäße allmälig kleiner (enger), bis sie endlich an der oberen (äußeren) Grenze des Jahresringes sehr eng sind und sich dabei in geschlängelte Gruppen weitläufig angeordnet haben. Zwischen diesem aus Holzzellen und verhältnißmäßig nur wenigen Gefäßen zusammengesetzten Holze streicht ein sehr dicker und viele andere immer weniger dicke Markstrahlen hindurch, von denen die dünneren sich in ihrem Verlauf nach dem Um- fang der großen Gefäße krümmen. Der große Markstrahl endet an der oberen Grenze in einen Ausschnitt, in den seine keilförmige Fortsetzung im folgenden Jahre eingreift, wie es unten die vorjährige thut. Im anatomischen Bau ist dem Kiefernholze, wenigstens auf dem Querschnitte, jedes andere Nadelholz im Wesentlichen gleich, nur daß dem der Tanne, P. picea L. (Abies pectinata Dec.) und des Taxus die feinen Harzgänge fehlen. Es ist also leicht, an einem Querschnitte auch das kleinste Stückchen Nadelholz als solches von jedem beliebigen Laub- holze, deren keinem die Gefäße fehlen, zu unterscheiden. Vergleichen wir nun das Eichenholz mit andern Laubhölzern und diese unter sich, so zeigen sich zwar bei mehreren sehr erhebliche und be- ständige Unterschiede, aber es ist dennoch auch nicht selten ziemlich schwierig und erfordert eine lange Uebung, um jedes unserer Laubhölzer zu erkennen, namentlich wenn es sich um die vielen Weidenarten und um die Pappel- arten handelt. Wir werden auf hervorstechende Holzkennzeichen später bei den verschiedenen Baumarten zurückkommen. Im Allgemeinen beruhen diese unterscheidenden Kennzeichen auf folgenden: 1) Größe der Gefäße , d. h. die Größe der Löcher, welche ihre Querschnitte auf dem Holze bilden. Danach unterscheidet Nördlinger sechs Stufen: 1. grob (Eiche), 2. schwach grob, gröblich (Ulme), 3. schwach gröblich, mittler (Esche), 4. schwach mittler, ziemlich fein (Ahorn), 5. schwach ziemlich fein, fein (Buche), 6. schwach fein und sehr fein (Buchsbaum). Dies sind aber offenbar zu viele und daher kaum fest- zuhaltende Stufen. Man kann mit groß, mittel und klein auskommen. Groß nenne ich diejenigen Gefäßporen, welche auf einem recht glatt ge- schnittenen Querschnitte mit unbewaffnetem Auge leicht zu erkennen sind (Eiche, Esche, Ulme, Zürgelbaum, Celtis, und die Ausländerin Akazie); mittel, wenn dies bei scharfem Auge nur mit Mühe geschehen kann (Buche und viele andere); klein, wenn dies nicht geschehen kann (Paffenhütchen, Buchsbaum und andere). Im Jahre 1847 E. A. Roßmäßler , Versuch einer anatomischen Charakteristik des Holzkörpers der wichtigeren deutschen Bäume und Sträucher. Eine Ergänzung zu Reum’s Forst- botanik und andern forstbotanischen Werken. Dresden und Leipzig, in der Arnoldischen Buchhandlung. 1847. glaubte ich sogar mich auf groß und klein beschränken zu sollen. Auf den Nördlinger’schen Quer- schnitten, wenn man sie namentlich gegen das Licht oder gegen eine schwarze Unterlage hält, kann man weiter sehen als an einem glattgeschnittenen Stück Holz. 2) Gleichmäßigkeit oder Ungleichmäßigkeit der Gefäße eines Holzes. Kein Holz hat blos große Gefäße, wie wir schon bei der Eiche außer solchen auch kleine und immer kleinere Gefäße fanden. Bei den allermeisten Holzarten sind sie gleichmäßig und zwar mittel oder klein. Die großen Gefäße finden sich immer nur im Frühjahrsholze, wovon wir gleich sprechen werden. 3) Art der Vertheilung der Gefäße im Holzzellgewebe. Wir werden hierin eins der wesentlichsten Unterscheidungskennzeichen finden. Am innigsten und gleichmäßigsten ist das Gemenge zwischen Zellen und Gefäßen bei dem Pfaffenhütchen, Evonymus europaeus; in quer, d. h. die Markstrahlen durchschneidend, verlaufenden unterbrochenen Reihen geordnet bei der Ulme; in flammigen Gruppen, von den Zellen abgesondert, bei dem Kreuzdorn, Rhamnus catharticus. 4) Die Dimensionen der Markstrahlen , die durch große Breite bei Eiche und Buche den Namen „Spiegel“ erworben haben. Bei manchen Holzarten sind die Markstrahlen auf dem Stammquerschnitte lange, gleichbreite Linien, bei andern nur kurze, spitz beginnende und endende Striche (Ahorn), bald sind sie gleichmäßig in großer Anzahl im Holze vertheilt, bald zu Bündeln vereinigt (Hornbaum, Schwarzerle). 5) Die Farbe , mit Unterscheidung der des Splintes und des Kern- holzes, ist wenigstens bei einigen Holzarten ein gutes Erkennungszeichen (Eiche, Ulme, Taxus, Kreuzdorn und andere). Wenn wir nun auch nach den eben angedeuteten Kennzeichen viele Holz- arten sicher unterscheiden können, so ist doch einzugestehen, daß die für eine Art geltenden Kennzeichen bei verschieden alten Bäumen, ja bei einem und demselben Baume in den jüngeren und älteren Holzschichten nicht immer übereinstimmend zutreffen. So ist z. B. der Schnitt des abge- bildeten Eichenholzes offenbar von einem jüngeren wüchsigen Baume oder wenigstens aus dem mehr nach innen zu liegenden Holze einer alten Eiche entnommen. An sehr alten Bäumen oder an solchen, die auf einem schlechten Boden nur kümmerlich erwachsen sind, werden zuletzt die Jahres- ringe so schmal, daß so zu sagen die Holzkennzeichen nicht einmal Platz haben, sich geltend zu machen. Mit dem vorhin vorläufig erwähnten Frühjahrsholze und dem diesem gegenüberzustellenden Herbstholze hat es folgende Bewandtniß. Bald nach dem Ausbruch des Laubes entfaltet sich eine große Energie der Holzbildung und in ziemlich kurzer Zeit ist ein großer Theil des neuen Jahresringes gebildet. Diese erste Schicht jedes einzelnen Jahres- ringes, das Frühjahrsholz , zeichnet sich bei den Nadelhölzern durch weite, sehr dünnwandige Zellen aus ( XIII. a. F , S. 101) und bei den Laubhölzern durch Reichthum an Gefäßen — wie denn eben große Ge- fäße nur im Frühjahrsholze zu finden sind (mit Ausnahme des Nußbaumes, wo sie im ganzen Jahresringe vorkommen) — und zuweilen ebenfalls durch etwas dünnwandigere und lockere Zellen ( XIII. b. F , S. 101). Hat das Holz nur mittle oder kleine Gefäße, so sind dieselben im Früh- jahrsholze meist nicht wesentlich anders vertheilt als im Herbstholze. Zu- weilen beginnt aber doch der neue Jahresring mit einer einfachen dichten Reihe oder (wie bei der Vogelkirsche, Cerasus avium, und dem Pflaumen- baum) mit einer Lage dicht beisammenstehender Gefäße, oder die Zahl der Gefäße nimmt gegen das Herbstholz hin sehr allmälig ab. Wie sehr das Herbstholz bei den Nadelhölzern von dem Frühjahrsholze absticht, das wissen wir Alle, und wenn wir es auch nur an unseren Stubendielen durch die tiefe Abnutzung des sehr weichen Früh- jahrsholzes gelernt hätten, wodurch sich auf den Dielen vertieftere Furchen bilden, welche mit den harten gelbbraunen Herbstholzstreifen abwechseln. Noch deutlicher und bestimmter sehen wir es aber auf dem glattgehobelten Querschnitte, wo sich jeder Jahresring sehr deutlich in eine innere helle und weiche und in eine äußere harte und gelbbraune Schicht theilt. Besonders ist dies bei dem gemeinen Kiefernholze sehr in das Auge fallend, während bei einigen anderen Nadelhölzern dieser Unterschied weniger erheblich ist. Unter dem Mikroskop findet man, daß dieser bedeutende Unterschied des Herbst- holzes bei den Nadelholzarten darauf beruht, daß dessen Zellen sehr dickwandig und dabei in der Richtung der Jahresgrenze sehr breit gedrückt sind, so daß in ihnen nur wenig Zellenraum übrig bleibt ( XIII. a. H ). Es kommt nicht selten vor, daß es so scheint, als habe vorzeitig die Herbstholzbildung begonnen und als sei nachher wieder in die Frühjahrs- holzbildung zurückgegriffen worden, bis erst später das eigentliche Herbst- holz sich bildete. Dies zeigt sich namentlich bei der gemeinen Kiefer nicht selten, und dann kann man zuweilen versucht sein, solche vorzeitige Herbst- holzringe für Jahresringe zu halten. Neben dieser sehr bedeutenden Scheidung der einzelnen Jahresringe in eine Frühjahrs- und eine Herbstschicht bei den Nadelhölzern, kann man von einem bestimmt zu unterscheidenden Herbstholze der Laubhölzer nur bei wenigen Arten sprechen. Am bestimmtesten bei denjenigen, welche große Gefäße haben, die sich eben nur im Frühjahrsholze finden. Bei solchen Holzarten, wie bei der Eiche ( XIII. b. H ), kann man jedoch noch nicht Alles Herbstholz nennen, was eben nur kleine Gefäße hat, weil schon sehr früh die Schicht mit großen Gefäßen beendet wird und die mit den blos kleinen sofort danach begonnen wird. Bei vielen Holzarten ist aber dieser Jahreszeitunterschied kaum oder selbst gar nicht vorhanden. Bei der Buche ist nur die äußerste Herbstgrenze als ein schmaler, etwas dunkler gefärbter Ring zu unterscheiden, in welchem die Gefäße fast ganz fehlen. Bei mehreren Holzarten finden sich höchst unregelmäßig vertheilt in den Jahresringen kleine quergezogene kurzzellige Fleckchen, welche sich im Längsverlauf des Jahresringes als meist bräunlich gefärbte Streifen ver- folgen lassen. Sie bestehen aus unverkennbarem Markzellgewebe und zwar dem der Kreisschicht des Markes entsprechend, aus welchem die Markstrahlen entspringen. Deshalb und weil auch aus diesen Fleckchen auf dem Querschnitt meist neue starke Markstrahlen entspringen, nannte ich sie (a. a. O. S. 33) Markwiederholungen. Nördlinger Nördlinger sagt in seinem neuesten Werke „Die technischen Eigenschaften der Hölzer, für Forst- und Baubeamte, Technologen und Gewerbtreibende. Stuttgart, J. G. Cotta’scher Verlag, 1860,“ S. 41 hierüber Folgendes: „Die Markfleckchen fehlen im Wurzelholz und müssen hier fehlen, weil sie, wie Roßmäßler sie sehr bezeichnend nennt, gleichsam Wiederholungen der Markröhre sind, eine solche aber im Wurzelholze nicht vorhanden ist.“ Warum hat er also den so bezeichnenden Namen nicht beibehalten? Es schien dies um so gerathener, als diese Markwiederholungen nur auf dem Quer- schnitt den Namen „Fleckchen“ rechtfertigen. nennt sie Markfleckchen . Sie kommen besonders bei der Birke, dem Vogelbeerbaum, der Erle und einigen anderen vor. Alle diese Kennzeichen des Holzes, so weit sie in dem anatomischen Bau desselben liegen, sind jedoch im Astholze, wenn der Ast weniger als 3 Zoll Durchmesser hatte, nicht immer deutlich ausgeprägt. Auch das Wurzelholz ist von dem Stammholze oft, ja meist sehr bedeutend abweichend. Zunächst fehlt der Wurzel das eigentliche, bestimmt umgrenzte Mark, so daß die Markstrahlen zwar von einem gemeinsamen Mittelpunkte ausgehen, aber dieser Mittelpunkt besteht nur aus einer kleinen unregelmäßigen Zellengruppe. Da der Wurzel das wahre Mark fehlt, so fehlen dem Wurzelholze auch die eben beschriebenen Markwiederholungen. Die Holzzellen der Wurzel sind meist weiter und dünnwandiger, die Gefäße, bei den Holzarten mit kleinen Poren im Stammholze, sind größer als letztere, fast immer sehr dicht und gleichmäßig vertheilt; die Jahres- ringe selten deutlich, oft gar nicht zu unterscheiden; kurz, das Wurzelholz ist weit weniger reich an unterscheidenden Merkmalen und dazu ist es ein viel poröseres, weicheres und daher meist viel leichteres als das Stammholz. Auch der Unterschied in Kern und Splint fällt bei der Wurzel beinahe ganz weg. Wir haben nun noch den Unterschied von Kern oder Kernholz , duramen, und Splint oder Splintholz , alburnum, kennen zu lernen, wovon wir namentlich die holzverständigen Arbeiter reden hören, indem sie dem ersteren eine größere Dauerhaftigkeit nachrühmen. Zwischen beiden besteht, selbst unter dem Mikroskop, nur der Unterschied der Farbe, und außerdem allerdings der, daß das Kernholz sich gewissen chemischen Ein- wirkungen gegenüber widerstandsfähiger verhält. Auf dem Querschnitt eines Eichen-, Ulmen- oder Kiefernstammes und auch an vielen anderen Holzarten findet man zunächst unter der Rinde das Holz heller, oft sogar sehr auffallend heller als mehr nach der Mitte zu und zwar so, daß beide Farbentöne nicht allmälig in einander über- gehen, sondern durch eine scharfe Grenzlinie geschieden sind. So hat z. B. das fast schwarze Ebenholz einen geblichweißen Splint, von dem wir an Gegenständen, die aus diesem so sehr dauerhaften Holze gearbeitet sind, z. B. Messerheften, zuweilen etwas sehen. Der Splint ist also das jüngere und der Kern das ältere Holz und es liegt uns jetzt die Vermuthung sehr nahe, daß die Umwandlung des Splintes in Kernholz Jahresring um Jahresring vorrücke, daß also die Grenzlinie zwischen beiden immer mit einer Jahresgrenze zusammenfallen werde. Dies ist jedoch nicht der Fall; denn auf dem Querschnitte eines Stammes sehen wir oft an der einen Seite die Kernholzbildung um 5 bis 6 Jahresringe weiter vorgreifen als auf der andern (Fig. X. 4. S. 92). Ja manchmal, z. B. am Birnbaum, ist die Kernholzfigur auf dem Quer- schnitt des Stammes ein höchst unregelmäßiger zackiger Stern. Oft aller- dings schließt die Kernholzfärbung mit einem Jahresringe genau ab. Aus alledem scheint hervorzugehen, daß das Vordringen der Kern- holzfärbung ein mit dem Pflanzenleben nicht in unmittelbarem Zusammen- hang stehender Akt sei. Das Kernholz scheint nur noch den rein mecha- nischen Dienst der Frühjahrssaft-Leitung zu verrichten, und wenngleich hieran auch der Splint Theil nimmt, so scheint es doch der letztere in anderer Weise zu thun, welche mehr auf eine chemische Lebensthätigkeit hinweist. Man kann leicht an verschiedenen Holzarten, namentlich an aufgeschichteten, im Frühjahr — nachdem der Saft bereits im Aufsteigen begriffen war — gefällten Klafterhölzern beobachten, daß an der Schnitt- fläche gerade blos der Splint Schimmelbildungen hervorgetrieben hatte, was bestimmt auf anderes chemisches Verhalten als im Kernholze hinweist. Der Splint ist so zu sagen lebendiger als das Kernholz. Wahrscheinlich scheidet sich aus dem in dem Gewebe des Holzes auf- steigenden Safte irgend ein Stoff ununterbrochen im Holze ab, was zu- letzt unter hinzukommenden besonderen Umständen mit endlicher Verderbniß des Kernholzes endet; denn an kernfaulen Stämmen sehen wir die Kern- fäule wie die Kernholzfärbung allmälig von innen heraus vorschreiten ohne eine scharfe Grenze zwischen sich und dem noch gesunden Kernholz. Am auffälligsten ist dies im Stamme des bekannten Bohnenbaumes oder Goldregens, Cytisus Laburnum, wo, wie es scheint, fast mit Noth- wendigkeit der Kernholzfärbung die Kernfäule auf dem Fuße folgt. Es bleiben nun noch einige ungewöhnliche Bildungserscheinungen des Holzes übrig, wie z. B. Maser, Wimmer, Frostrisse, Ueberwallungen, und dergl., welche wir später bei denjenigen Baumarten kennen lernen wollen, bei denen sie sich am häufigsten finden. Die Riude. Außer dem „Bast“, den wir zum Anbinden der Gewächse benutzen oder den wir als Band um die Cigarrenbündel erhalten, bekümmert man sich wenig um die Rinde der Bäume, wenn ich etwa noch die Korkpfropfen der Weinflaschen und die so sehr auffallende schneeweiße Lederschicht der Birkenrinde ausnehme. Es ist auch in der That der Bau der Baumrinden ein viel verwickelterer und zeigt fast eine größere Manchfaltigkeit bei den verschiedenen Baumarten als das Holz; ja bei manchen, z. B. bei der Birke; giebt er dem Pflanzenzergliederer schwere Räthsel auf. Daher kann ich auch nicht eine jede beliebige Baumrinde als Beispiel empfehlen, um daran den Rindenbau kennen zu lernen, wie dies bei dem Holzbau geschehen konnte, wo wir nur zwischen Nadel- und Laubholz zu unterscheiden hatten. Man unterscheidet an der Rinde unserer Bäume gewöhnlich drei verschiedene Schichten: 1. die Bastschicht , 2. die Grünschicht und 3. die Rindenhaut , welche die äußerste ist. Diese Schichten sind aber nicht nur nicht immer alle drei vorhanden, sondern die eine oder die andere ist bei den verschiedenen Baumarten so verschieden gebildet, daß dadurch die verschiedensten Rindenbildungen hervorgehen. Schon in der räumlichen Ausdehnung ist die Rinde bei den verschiedenen Baumarten oft höchst verschieden; man erinnere sich an die dicke Rinde einer alten Eiche und an die kaum 3—4 Linien dicke des stärksten Buchenstammes. Am zugänglichsten und zugleich am instruktivsten und zierlichsten ist der Bau der Lindenrinde, weshalb sie auch als Beispiel in nebenstehenden Figuren XIV. a. und b. abgebildet ist, von denen a. schon einmal als Fig. XII. auf Seite 97 gedient hat, um uns vorläufig zu zeigen, daß auch in der Rinde ein alljährlicher Schichtenzuwachs stattfindet. Wir sehen uns zunächst den Querschnitt ( a ) an, an welchem wir deutlich drei verschiedene Gewebsmassen unterscheiden. Zu äußerst die dünne, aus platten Zellen gebildete Rindenhaut h ; unter dieser liegt eine ziemlich großzellige, deutlich in Querschichten abgetheilte Gewebsmasse, die Grünschicht g , welche gewissermaßen die Grundmasse bildet, in welche die dritte, die Bastschicht b , eingebettet ist. Diese letztere zeigt uns auf dem Querschnitt eigenthümlich flammige Figuren, durch welche die querge- schichtete Anordnung der Grünschicht mit hindurchgeht. Die Rindenhaut besteht aus dickwandigen, tafelförmigen, sehr regelmäßig und fest aneinandergefügten Zellen und bildet daher eine nahezu undurchdringliche feste Hülle der unter ihr liegenden lebenskräftigeren Schichten. Aus den äußersten Zellenschichten der Grünschicht scheint sich während der Vegetationsperiode immer eine neue einfache Zellenschicht in eine neue Rindenhautschicht umzuwandeln, denn die inneren Schichten dieser letzteren sind weicher und heller je näher sie nach innen liegen und desto härter und dunkleren Inhaltes, je weiter sie nach außen liegen. Wenn man, was sich bei der Linde, Birke und mehreren anderen Bäumen thun läßt, die Rindenhaut von einem frischen Aste abzieht, so erscheint die lebhaft grüne Grünschicht . Dies ist z. B. bei noch nicht verkorkter Rinde des Hollunders ( Sambucus nigra ) besonders leicht zu XIV. a Querschnitt der Lindenrinde . h Rindenhaut. — g Grünschicht. — b Bast- schicht. — gr Holzgrenze. — m m m m m Mark- strahlen des Holzes, welche auf Rindenmark- strahlen stoßen. b Längsschnitt der Lindenrinde . b Bastbündel, welche sich verzweigend ein Maschennetz bilden, dessen schmale spitzige Maschen von der Grünschicht ( g ) aus- gefüllt werden. bewerkstelligen, bei dem die Rindenhaut aschgrau aussieht. Die Grünschicht ist aber wie auch bei anderen Bäumen nur in ihren äußersten Zellenlagen chlorophyll-(blattgrün)-haltig und also grün. Weiter nach innen enthält sie in ihren Zellen auch andere Stoffe, z. B. auch sehr oft Krystalle von Kalk. Zwischen die Grünschicht schieben sich die Bastzellenbündel der Bast- schicht ein, welche, je dicker der Ast oder der Stamm wird, unten, wo sie an dem Cambiumringe (S. 98) anliegen, desto breiter werden und dadurch eben auf dem Querschnitt das flammenähnliche Ansehen bekommen. Zwischen ihnen sehen wir nach innen die Partien der Grünschicht immer schmäler werden und allmälig in Rindenmarkstrahlen übergehen, welche immer genau auf die Holzmarkstrahlen stoßen, was auch unsere Figur zeigt, denn wir sehen daran, daß unten noch etwas vom anliegenden Splint-Holze mit gezeichnet ist. Die Bastzellenbündel verlaufen aber nicht getrennt neben einander den ganzen Stamm oder Ast entlang — in welchem Falle die Flammenfiguren in allen Höhen eines solchen einander gleich sein würden — sondern sie verschmelzen seitlich unter einander, um bald wieder sich zu trennen und dann wieder in anderen Stücken zu ver- schmelzen. Da nun jedes Jahr, von einer dünnen großzelligen Schicht getrennt, neue Bastschichten um den ganzen Ast herum sich bilden und die Bündel jeder einzelnen Schicht sich vielfältig maschenartig verbinden, so kann man eben die Bastlagen, nachdem man die abgeschälte Rinde eine Zeit lang im Wasser der Fäulniß ausgesetzt hatte, von einander trennen. Durch die beginnende Fäulniß, welcher die sehr dickwandigen Bastzellen sehr lange widerstehen, werden die zarten Zellen der Rindenmarkstrahlen und der die Bastlagen trennenden Grünschicht aufgelöst. So entstehen im Lindenbast der Cigarrenbündel die schmalen länglichen Maschen, in denen wir nun leicht die Stellen der herausgefaulten Markstrahlenzellen erkennen. Dabei versteht es sich nun auch von selbst, daß diese Maschen desto größer also die Bastlagen desto großmaschiger sein müssen, je weiter sie nach außen liegen und umgekehrt. Ebenso versteht es sich von selbst, daß die vielleicht dreißig und mehr übereinander liegenden Bastlagen in dem Ver- laufe der Bastzellenbündel und in der Vertheilung der Maschen überein- stimmen müssen, nur daß die Maschen in den äußeren Lagen immer größer werden müssen. In gleicher Vergrößerung — etwa 20 mal im Durchmesser — sehen wir nun in Fig. XV. b. die Lindenrinde im Längsschnitt. Der Schnitt ist etwa in der Mitte der Dicke der Rinde geführt, wo die geschlängelten Bastbündel b schon bedeutende Partien der Grünschicht g zwischen sich hindurchlassen. Die Krümmungen der jüngsten Bastbündel schließen sich immer genau den Krümmungen der jüngsten Holzzellenbündel an und müssen es auch, denn für beide werden diese Krümmungen von den sich in gerader Rich- tung hindurchdrängenden Markstrahlen vorgeschrieben; und da nun an das Ende eines Holzmarkstrahls ein Rindenmarkstrahl stößt, so müssen die Krümmungen der einander berührenden Holzzellen- und Bastzellenbündel einander gleich sein. An anderen Bäumen würden wir die Rinde in anderen Beziehungen wiederum sehr abweichend finden, namentlich z. B. die Bastschicht nicht unmittelbar an den Holzkörper anliegend, sondern tiefer in die Grün- schicht hineingerückt und in einzelne Bündel zertheilt. Man kann sogar sagen, so widersprechend es klingt, daß die Bastzellen nicht einmal ein nothwendiger Bestandtheil der Bastschicht sind, weil sie vielen Bäumen (Birke, Buche) ganz abgehen. Wir werden bei Betrachtung unserer deutschen Baumarten auf die wichtigsten Kennzeichen der Rinde einzugehen haben; und wir wollen uns hier nur noch einmal daran erinnern, daß uns die Lindenrinde lehrt, wie auch sie durch alljährliche Schichtenan- lagerung nach innen zu, wie das Holz nach außen zu, wachse, was uns die Zahlenreihe auf S. 97 veranschaulichte. Wir haben aber noch zwei Bildungen der Rinde kennen zu lernen, welche mehr untergeordneter Art sind und nicht zu den drei wesentlichen Schichten derselben gehören, bei manchen Holzarten deshalb auch nicht oder wenigstens nur sehr untergeordnet vorkommen. Es ist der Kork und die Borke . Beide treten in der Regel erst an älteren Stammtheilen auf, wie wir ja alle wissen, daß die Rinde junger Stämmchen meist glatt und sogar zuweilen glänzend ist (Kirschbaum, Eiche), während die Rinde alter Bäume tief gefurchte Borke zeigt. Es giebt jedoch auch einige Bäume, wo selbst schon einjährige Zweige eine entschiedene Kork-, wenn auch nicht Borken-Bildung zeigen. Dies ist namentlich bei der Korkrüster, Ulmus suberosa, und dem Maßholder und Feldahorn, Acer campestre, der Fall. Ganz eigenthümlich verhält sich hierin bekanntlich der Spindelbaum oder das Pfaffenhütchen, Evonymus europaeus, an dessen rein grüner Rinde an den jüngeren Zweigen 4 kreuzweisgestellte Längsstreifen von zartem Kork verlaufen, wodurch die an sich vollkommen runden Zweige fast vier- seitig erscheinen (deshalb bois carré der Franzosen). Kork und Borke sind zwei schon ihrer Entstehung nach ganz ver- schiedene Gebilde, die aber sehr oft miteinander verwechselt werden. Roßmäßler, der Wald. 8 Man kann mit gewissem Vorbehalt die Korkbildung eine normale, gesunde Zellenverwucherung der Rinde, dagegen die Borkenbildung eine abnorme, krankhafte nennen, wenn schon auch die Borkenbildung, wie wir Alle wissen, an der Rinde der Bäume eine gesetzmäßige Erscheinung und nicht eine vereinzelte Krankheitserscheinung ist. Wenn wir die mit einem sehr scharfen Messer recht glatt geschnittene Oberfläche eines Korkstöpsels mit einer gut vergrößernden Lupe betrachten, so können wir sehen, daß die einzelnen Korkzellen in radiale Reihen geordnet sind, so daß die Fläche dem in Fig. XIII. a (S. 101) abgebildeten Nadelholz sehr ähnlich ist, nur muß man sich die an der genannten Figur sichtbaren starken weißen Linien (die Markstrahlen des Holzes darstellend) hinwegdenken. Durch diese Anordnung müssen die nach allen Dimensionen gleichen Korkzellen durch gegenseitigen Druck so ziemlich eine würfelförmige Gestalt annehmen. Bekanntlich finden wir die Korkbildung, die von unseren Bäumen am entschiedensten bei der Korkrüster, Ulmus suberosa, und bei dem Feldahorn, Acer campestre, vorkommt, an den diesjährigen Trieben meist noch nicht vorhanden. Jedoch ist dies gerade bei den beiden ge- nannten Bäumen der Fall, und man kann namentlich an heurigen Trieben der Korkrüster von der Spitze bis herab zu seiner Ursprungsstelle die Korkbildung allmälig auftreten sehen. Wenn die Korkbildung, zunächst mit einzelnen Korkzellen, beginnt, ist immer die Oberhaut, Epidermis, der Rinde noch vorhanden, unter welcher sie stattfindet. Bei den meisten Bäumen finden schon auf der diesjährigen Rinde räumlich genau umschriebene Korkwucherungen statt. Es sind dies die meist länglich eirunden etwas erhabenen Rindenhöckerchen oder Len- ticellen , aus denen dann bei manchen Bäumen die weitere Korkbildung ihren Ursprung nimmt. Wir sehen dieselben auf S. 63 als kleine rund- liche Höckerchen der Rinde an Fig. 1. 2. und 3. Durch die Zunahme der Korkschicht in der angegebenen radialen An- einanderfügung von neuen Zellen, welche durch Quertheilung älterer erfolgt, wird die Korkschicht bald so stark, daß die auf ihr sitzende Epi- dermis zerreißt und dann entweder wie bei den Haselstäben als ringsum lose längliche Läppchen noch lange Zeit hängen bleiben oder wie bei der Korkrüster die Wölbung der Korkstreifen bedeckt. Da die älteren Korkzellen — dies sind natürlich die der äußeren Schicht der Korkhülle — bald absterben und daher ganz trocken und in- haltlos werden, so kann, indem an der innern Seite der Korkschicht immer neuer Zuwachs stattfindet, die äußere Schicht sich nicht ausdehnen und nachgeben, was für die Massenzunahme der innern nothwendig wäre, sondern sie reißt in unregelmäßigen Längsfurchen auf, die sich mit der Zeit mehr und mehr vertiefen, indem die zwischen ihnen liegenden Kork- züge immer höher und an ihrer Basis immer breiter werden. So erhält schon im ersten Jahre ein Trieb der Korkrüster an seinem untern Ende dicke Korkwülste, welche etwas geschlängelt und unterbrochen verlaufen und auf dem Querschnitt dem Triebe ein unregelmäßig sternförmiges XV. Querschnitt eines einjährigen Triebes der Korkrüster . aaaaaa sechs Korkwülste. b die Rinde. c das Holz. d das Mark. Ansehen geben, was die nebenstehende Fig. XV. zeigt. Wir sehen sechs querdurchschnittene Korkzüge, welche mit ziemlich ebener Grundfläche auf der Rinde aufsitzen, die dadurch deutlich sechseckig geworden ist, was selbst die Rundung des Holzkörpers einigermaßen gestört hat. 8* Bei keinem unserer deutschen Bäume ist die Korkbildung so reichlich wie bei der Korkeiche , Quercus suber, welche im Süden von Europa und in Algier in großen Beständen wächst. Je nach der Schnelligkeit des Wachsens fängt man dort vom 15.—20. Lebensjahre an den Bäumen die Korkschicht abzuschälen, was alle 3—5 oder auch erst alle 8 Jahre wiederholt wird. Frischgeschälte Korkeichen, deren ich auf der spanischen Seite der Pyrenäen viele gesehen habe, machen einen wahrhaft schmerz- lichen Eindruck, denn sie sehen wie geschunden und blutend aus, indem die der Korkschicht beraubte Rinde ziemlich lebhaft roth aussieht. Wegen der geringen Durchdringbarkeit des weichen und elastischen Korkes für Feuchtigkeit nutzt sich die äußerste Korklage auch nur sehr langsam ab, ohne sich in Platten und Täfelchen abzulösen, wie wir dies nachher bei der Borke kennen lernen werden; obschon man, was an einem Korkstöpsel leicht zu bestätigen ist, in der Korkmasse dunklere, den Jahresringen des Holzes gleichlaufende schmale Streifen bemerkt, welche aus etwas dickwandigeren Zellen bestehen. Diese Streifen scheinen übrigens nicht für Jahresabschnitte gehalten werden zu dürfen, denn ich sehe an einem vierjährigen Korkeichenaste deutlich nur drei solche Korkabtheilungen, auf deren äußerster die Oberhaut noch ganz wohlerhalten zu sehen ist. Mit dem echten Kork müssen wir ihrer physiologischen Bedeutung, wenn auch nicht ihren übrigen Eigenschaften nach die schon vorher er- wähnte Rindenhaut, Periderm (S. 110) für gleichbedeutend halten, denn auch sie besteht aus radial geordneten Lagen etwas platter würfeliger Zellen. Sie nutzt sich nur äußerst wenig ab und verdickt sich von innen auch nur wenig durch Zellenvermehrung. Diese unverwüstliche Rinden- haut bildet die selbst an sehr alten Buchen noch überaus glatte Rinde, und auch junge Eichen können bis in ihr 15.—20. Jahr eine solche und zwar aus demselben Grunde haben. Die weiße sich leicht abblätternde Schicht der Birkenrinde ist unter anderen ebenfalls hierher zu rechnen. Bei der uns schon bekannten fast vollkommenen Undurchdringbarkeit für Flüssigkeiten und Gase dient der Kork ebenso den Bäumen wie auf unseren Champagnerflaschen zu Abschließung der Verdunstung von innen heraus und des Eindringens atmosphärischer Feuchtigkeit in das Innere Wir finden daher, beiläufig bemerkt, nicht blos an der Rinde Korkbildung, sondern an vielen andern Pflanzentheilen, wenn es einen Abschluß, ein Absperren gegen Verdunstung . Wenn wir so in dem Korke eine normale Gewebebildung kennen gelernt haben, so ist dagegen die Borke vielmehr fast ein pathologisches Gebilde zu nennen, wenn auch nicht in dem Sinne, daß sie eine wahre Krankheitserscheinung sei, da wir im Gegentheile wissen, daß viele Bäume von einem gewissen Alter an regelmäßig eine dicke Borkenschicht bilden. Die Borke umfaßt bei den verschiedenen Baumarten bald mehr bald weniger tief, von außen her gerechnet, eindringende Schichten der Rinde. Man muß hier ausdrücklich daran erinnern, daß im äußeren An- sehen Kork und Borke kaum von einander zu unterscheiden sind. An der Korkeiche findet der Unkundige scheinbar dasselbe wie an unseren deutschen Eichen, dieselben tiefen Furchen und zwischen diesen die erhabenen Kämme. Untersucht man jedoch die letzteren bei der Korkeiche, so findet man, daß sie eben lediglich aus Korkzellen bestehen, während sie bei unseren Eichen aus Rindenparenchym der von uns sogenannten Grünschicht und aus Bastzellen bestehen. Die Korkzellen spielen aber dennoch eine wichtige Rolle bei der Borkenbildung, indem sie das bekannte Abstoßen der Bor- kentafeln einleiten, welches am ausgeprägtesten bei der Kiefer und bei der bei uns eingebürgerten Platane stattfindet. Es bilden sich nämlich mitten in der Rinde dünne mit dem Stammumfange gleich laufende Schichten dickwandiger Korkzellen, wodurch die auswärts von ihnen liegende Rinden- schicht abgesperrt und dem Absterben anheimgegeben wird, wodurch bei der Platane bekanntlich das herbstliche Abblättern von großen etwa ¼ Zoll dicken Borkentafeln bedingt wird. Neben diesen massenhaften Abstoßungen bewirkt noch die äußere Ver- witterung eine Abnutzung der äußeren Borke, welche jedoch nur langsam wirkt und am meisten noch dadurch, daß das atmosphärische Wasser von den Seiten der Borkenfurchen in die Borkenhügel eindringt und den Korkabsperrungen folgend, die abgesperrten Schichten abhebt, was am deutlichsten bei der Kiefer zu sehen ist, bei welcher ohne Zweifel der Wechsel zwischen feuchtem Wetter und austrocknender Wärme von großem Einfluß auf die Abschuppung der oberen Stammtheile ist. gilt. Dies ist namentlich sehr oft bei kleinen Verwundungen der Fall, die durch Kork- bildung geschlossen werden. Bei dem Laubfall werden wir der Korkbildung wieder begegnen. Indem wir uns auf diese kurze allgemeine Schilderung der Rinde beschränken müssen, bleibt uns noch etwas über die Bedeutung der- selben zu sagen übrig. Daß diese sehr groß ist, wissen wir Alle daher, daß jede wesentliche Entrindung ein Kränkeln und eine auch nur wenige Zoll hoch den ganzen Stammumfang einnehmende, den unausbleiblichen Tod des Baumes zur Folge hat. Ohne Vermittlung der Rinde heilt keine Stammwunde, wie wir im folgenden Abschnitt lernen werden. Die Rinde ist der Stapelplatz für eine Menge von Stoffen, die sich im Holze nicht oder nur in geringer Menge finden; darum giebt es auch in unserem Arzneischatze so viele officinelle Rinden, von denen ich neben der Zimmetrinde, nur die China- und Cascarill-Rinde, und wegen ihres Reichsthums an Gerbstoff die Eichenrinde nenne. Alle diese Stoffe kommen jedoch mehr in der innern als in der äußern Schicht und mehr in den jüngern als ältern Rinden vor. Die Rinde mit der Haut und anderen Bedeckungen des thierischen Körpers vergleichen zu wollen, was der oberflächlichen Auffassung vielleicht nahe liegen könnte, ist durchaus unzulässig und vielleicht höchstens nur in dem Punkte zutreffend, daß wie die Pflanze ohne Rinde, so das Thier ohne Haut nicht leben kann. In den wesentlichsten Verrichtungen sind beide einander eher entgegengesetzt als ähnlich. Die Haut vermittelt den Verkehr und den Stoffaustausch des thierischen Lebens mit der umgebenden Luft, während die Rinde gerade das Gegentheil thut. — Nicht einmal die regelmäßige und allgemeine Abschuppung der Haut findet bei der Rinde ein Seitenstück, denn es giebt Pflanzen, und z. B. in unserer Buche auch Bäume, bei denen die Abstoßung der äußersten und ältesten Rinden- schichten nicht oder wenigstens nicht durch eine organische Bedingung ein- geleitet stattfindet. Es ist übrigens sehr mißlich und hat schon zu großen Verkehrtheiten geführt, pflanzliche Lebenserscheinungen mit ähnlichen thierischen zu vergleichen oder gar nach diesen zu deuten. Die Gesetze des Lebens sind zwar in beiden Reichen dieselben, aber sie bedienen sich oder vielmehr sie wirken in anderen Stoffverbindungen, sehr zusammen- gesetzten im Thierleibe, höchst einfachen im Pflanzenleibe. Wurzel und Wurzeläste. Zwischen der Wurzel und dem Stamme unserer Waldbäume ist hin- sichtlich des innern Baues und Gefüges nur ein geringer Unterschied und bei keinem findet sich eine scharf markirte Stelle, durch welche beide von einander geschieden wären, von welcher an aufwärts der Stamm und abwärts die Wurzel beginnt. Diese innere Uebereinstimmung schließt nicht aus, daß im Ganzen der äußerlichen Gestalt zwischen Stamm und Wurzel eine sehr große Verschiedenheit stattfindet. Die vielleicht über 100 Fuß hohe mächtige Fichte hat eine regellos in Aeste getheilte Wurzel, welche kaum 2 Fuß tief in den Boden eindringen, sondern sich flach in demselben verbreiten, so daß man sagen möchte, eine Fichte steht mehr auf einem flachen nur leicht mit dem Boden verbundenen Fußgestelle, als daß sie tief eingreifend, tief in dem Boden wurzele. Daher kommt es auch, daß von allen Wal- dungen reine Fichtenwaldungen am meisten durch Windbruch leiden. Ein Sturm legt zuweilen ganze Fichtenbestände um, ohne einen Baum zu zerbrechen; er hebt verhältnißmäßig mit Leichtigkeit das flache seicht lie- gende Wurzelgeflecht mit sammt dem zwischen den Wurzelästen festgehaltenen Boden los, so daß jeder geworfene Baum einem umgeworfenen Christ- bäumchen mit seinem Fußbretchen gleicht. Wird dann das hoch und hohl liegende Stammende dicht über der Wurzel abgesägt, so fällt der Wurzel- stock oft so genau von selbst wieder auf seinen alten Platz zurück, daß man kaum noch sehen kann, was hier vorgegangen ist. Doch es ist hier nicht der Ort, die Aeußerlichkeit der Baumwurzeln zu beschreiben; wir versparen dies, so weit es nothwendig ist, auf die spätere Betrachtung der einzelnen Baumarten, wo wir ja auch den ge- staltlichen Charakter von Stamm und Krone zu unterscheiden haben werden. Wenn wir die uns hier nicht beschäftigenden Zwiebeln und Knollen und einige andere, gewöhnlich, aber fälschlich, Wurzeln genannte Gebilde unberücksichtigt lassen, so ist die Gestalt der Wurzeln unserer Bäume im Allgemeinen sehr schlicht und bietet wenig Anlaß zu Unterscheidung ver- schiedener Wurzelformen. Dem Ursprunge nach, d. h. nach der Art wie sie aus dem keimenden Samen hervortritt, besteht auch jede Baumwurzel aus einer Haupt- oder Pfahlwurzel und aus Neben- oder Adventivwurzeln . Aber nicht immer behält die Pfahlwurzel bei der Weiterent- wicklung des Baumes die Oberhand, wie sie sie beim jungen Keimpflänzchen und auch einige Jahre lang an dem jungen Bäumchen hat. Aus dem vorhin über die Wurzel der Fichte Gesagten geht von selbst hervor, daß bei ihr die Pfahlwurzel in ihrer Entwicklung bald nachläßt, während die Pfahlwurzel der Eiche weit in die Tiefe des Bodens geht, woraus einmal deren Vorliebe für einen lockern tiefgründigen Boden und ihre Festigkeit im Sturme hervorgeht. Die Pfahlwurzel hat übrigens kein anderes Merkmal vor den Nebenwurzeln voraus, außer eben das, daß sie bereits im Samen in der Anlage vorhanden war, was wir bei der Betrachtung des Samens und des Lebens des Baumes näher kennen lernen werden. Alle übrigen Wurzeläste sind Neben- oder Adventivwurzeln , d. h. sie sind an verschiedenen Stellen der Pfahlwurzel oder an früher aus dieser gebildeten Nebenwurzeln entsprungen. In der Gestalt und Stellung der Nebenwurzeln findet bei unseren Waldbäumen wenig Manch- faltigkeit und überhaupt nicht die Regelmäßigkeit statt, welche in der Zweigstellung der Baumkrone oft so sehr bemerkbar ist. So findet sich z. B. von der regelmäßigen Quirl- und Schraubenstellung der Triebe und Nadeln der Nadelhölzer (S. 70) bei deren Wurzeln keine Spur. Wahre Wurzelknospen gehen der Bildung der Nebenwurzeln nicht voraus, sondern die letzteren brechen an beliebigen Stellen, meist ohne alle bemerkbare Regelmäßigkeit aus der Rinde älterer Wurzeläste hervor. Dagegen vermögen die Wurzeln vieler Laubhölzer Adventivknospen zu Stammtrieben hervorzutreiben, wodurch sich namentlich die Pappelarten und der Pflaumenbaum auszeichnen. Man sieht oft neben den Chaussee- gräben schlanke Pappelschößlinge aus dem Boden hervorsproßen, welche aus einer Wurzel der danebenstehenden alten Pappel hervorkommen. Man nennt sie Wurzelschößlinge oder Wurzelausschlag . Da an der Baumwurzel alle Verästelungen nur Adventivbildungen sind und ihr namentlich an ihren Spitzen die Endknospe fehlt und in der Hauptsache alle Regelmäßigkeit der Stellung fehlt, so fehlen ihr auch alle hierauf gegründeten Erkennungszeichen des Alters und man ist hierbei allein auf die Jahresringe angewiesen, wovon weiter unten. Nebenwurzeln finden sich übrigens nicht blos am Wurzelkörper, son- dern können auch an Stammtheilen entspringen, wenn sie unter solche Verhältnisse gebracht werden, wie sie die Wurzelthätigkeit verlangt, d. h. in den Erdboden. Wir wissen Alle, daß Weiden und italienische Pappeln lediglich durch Stecklinge vermehrt werden. Es reicht aus, einen Weidenzweig in die Erde zu stecken, um aus ihm ein Weidenbäumchen werden zu lassen, indem aus dem in dem Erdboden steckenden Ende desselben an beliebigen Stellen Adventivwurzeln durch die Rinde hervortreten. Was nun den innern Bau der Wurzel unserer Waldbäume anbelangt, so wissen wir zunächst bereits, daß ihr das Mark fehlt, in- dem nur selten ein feines Fädchen davon übrig ist, in welchem die Mark- strahlen zusammenstoßen. Die Markstrahlen sind dagegen bei manchen Arten desto reichlicher entwickelt. Das Wurzelholz ist von dem Stamm- und Astholz in vielen Stücken sehr verschieden, wenigstens bei den Laubhölzern, weniger bei den Nadelbäumen. Im Allgemeinen ist es weicher, lockerer und leichter, einmal weil die Zellen dünnwandiger sind, einmal weil es reicher an weiten Gefäßen ist, ja bei den meisten der Unterschied zwischen weiten und (ganz fehlenden) engen Gefäßen ganz wegfällt (S. 104, wo sie große und kleine Gefäße genannt wurden). Neben diesen auch schon auf S. 107 mitgetheilten Unterschieden des Wurzelholzes sei noch hinzugefügt, daß auch der Unterschied zwischen Frühjahrs- und Herbstholz (S. 105) mit den Jahresringen bei dem Wurzelholze mehr oder weniger wegfällt. Leider ist unsere Kenntniß von den Verschiedenheiten des Wurzelholzes unserer Bäume noch sehr hinter der vom Stammholze zurück, weil man selten Gelegenheit hat, Baumwurzeln zu bekommen, da von manchen Bäumen, namentlich in gemischten Mittel- und Niederwald-Beständen die Stöcke selten oder nicht gerodet werden, sondern zum Stockausschlag stehen bleiben. Die Rinde der Wurzeln gleicht zwar in der Hauptsache der des Stammes, aber selbst an den stärksten Wurzelästen ist sie meist viel schwächer als am Stamme, an den dünnen dagegen meist etwas dicker und fleischiger als an gleichstarken Zweigen. Eine so starke Borkenbildung wie am Stamme findet selbst an den stärksten Wurzelästen nicht statt, dagegen sehr häufig eine nicht unbedeutende Korkerzeugung. Der Kork bildet dann aber nie eine allgemeine, die stärkeren Wurzeläste überziehende Hülle, wie an den Stämmen der Kork- bäume, sondern nur vereinzelte Partien, die jedoch, wie es scheint, niemals nach der Länge der Wurzeln verlaufen, sondern ringförmig ver- theilt sind. Ueber den Bau der feineren Wurzelverzweigungen und der Wurzelspitzchen , der sogenannten Saug- oder Thauwurzeln , wollen wir bei der Betrachtung des Lebens des Baumes sprechen, weil sie es allein sind, wodurch die Nahrungsaufnahme im Boden bewerk- stelligt wird. Was die Lebensbedeutung der Wurzel betrifft, so ist dem, was hierüber das allgemeine Volkswissen zu sagen weiß, kaum etwas hinzuzufügen. Die Wurzel ist der Fuß und das wichtigste Ernährungsorgan des Baumes wie — mit wenigen Ausnahmen — aller Pflanzen, den Thieren gegenüber gewiß eine sonderbare Verknüpfung der Funktionen und ein anderweiter Beleg, wie wenig rathsam es ist, Pflanzen und Thiere hin- sichtlich der Lebensvorgänge, einander erklärend, zu vergleichen. Nimmt auch ohne Zweifel der Luftraum einen nicht unbedeutenden Antheil an der Ernährung des Baumes, so ist doch der Erdboden dessen wesentliche Nahrungsquelle, in welcher die Wurzel nach dem größeren oder geringeren Reichthum derselben nach allen Seiten sich verbreitet, um das dem Baume Nöthige zu schöpfen. Es ist darum für jeden Pflanzen- erzieher eifrigste Sorge, durch Bodenbearbeitung und Düngung diese Nahrungsquelle zu bereichern und zuzubereiten. Hier steht der Forstmann mit seinen Mitteln gegen den Landwirth weit zurück; er muß daher seine Hauptsorge darauf richten, wesentlich mit Berücksichtigung der Wurzelbeschaffenheit, für jede zu erziehende Baum- art den richtigen Boden zu wählen, auf flachgründigem Boden keine Eichen, auf sehr feuchten keine Kiefern, auf trockenen keine Erlen zu bringen. Wenn wir als zweite Aufgabe der Wurzel die Befestigung des Baumes an seinem Standorte kennen, so müssen wir doch zugeben, daß diese die nebensächliche, die wesentlichere dagegen die Ernährung ist. Wir erinnern uns hierbei wieder an die lehrreiche Fichte. Sie findet ihr Nahrungs- bedürfniß nur in den oberen, an Moderstoffen reichen Schichten des Bodens und — eine Warnung für die Zweckmäßigkeitstheoretiker! — sie versäumt über dieser Sorge die andere, sie ankert ihren kolossalen Leib, den schwanken mächtigen Stamm, so unzureichend fest, daß sie bei jedem Sturm dafür büßen muß. Andere Bäume möchte man klüger nennen. Sie krallen sich tief und immer tiefer selbst in felsigen Boden ein, jede Felsenkluft mit ihren Würzelchen durchdringend. Es wäre aber thöricht, hierin eine Absichtlich- keit zu finden. Das Nahrungsbedürfniß solcher Bäume findet sich mehr in den unteren, an löslichen Steinstoffen reicheren Bodenschichten und indem sie ihrem Nahrungsdrange folgen, erreichen sie gelegentlich, aber nicht als erstrebten Zweck, einen festeren Stand. Blätter und Blüthen. Gerade bei unseren Waldbäumen kann man sich überzeugen, daß Blätter und Blüthen im Grunde Eins, nur verschiedene Entwicklungs- stufen desselben Formgedankens sind, denn die Mehrzahl unserer Wald- bäume trägt nur höchst unvollkommene Blüthengebilde, deren Verwandtschaft mit den Blättern ersichtlicher ist, als bei den prangenden Blumen tropischer Bäume und selbst einiger aus gemäßigten Zonen bei uns eingeführter, wie z. B. der Kastanie, des Trompetenbaumes und der Robinie. Von allen unseren Waldbäumen tragen nur der wilde Apfel-, Birn- und Kirschbaum und einige andere vollkommen entwickelte Blüthen, an denen man die normalen vier Kreise des Kelches, der Blumenkrone, der Staubgefäße und der Stempel unterscheidet, am vollständigsten, obgleich bekanntlich nichts weniger als in die Augen fallend, bei der Linde, welche man zu den vollkommensten aller Gewächse stellen muß. Die Eiche dagegen, die Esche, die Weiden, Pappeln, Birken, Erlen und die Nadelhölzer haben Blüthen, bei welchen jene vier Kreise niemals beisammen und obendrein, wenigstens Kelch und Blumenkrone, auf das geringste Maaß der Entwicklung beschränkt sind. Wir sehen uns hier zum Beweise dessen den Blüthenbau der ge- meinen Kiefer, Pinus silvestris, an, obgleich wir den Inhalt der Tafel in allen seinen Einzelnheiten erst später bei der botanischen Beschreibung auch dieses Baumes durchzugehen haben werden. Wir sehen eine Triebspitze mit einem abwärts gekrümmten weiblichen Blüthenzäpfchen (1) und daneben einen mehrjährigen Trieb, an dessen Basis dicht gedrängt eine Menge eirunder männlicher Blüthenkätzchen stehen (2). Das weibliche Zäpfchen ist in Fig. 5 und ein männliches in Fig. 13 XVI. schwach vergrößert dargestellt. Jenes besteht in der Hauptsache aus von einer Schuppe gestützten Stempeln (6, 7, 8), dieses aus ungewöhnlich gestalteten Staubgefäßen (14, 15). Die männlichen Kätzchen fallen nach erfolgter Befruchtung bald ab (daher die Lücken an Fig. 2), während das weibliche Zäpfchen allmälig zu dem Fruchtzapfen erwächst (3, 4). Ein Insekt, welches wir später kennen lernen werden, vermittelt in überraschender Weise das Verständniß der Verwandtschaft dieser schlichten Blüthengebilde mit den Blättern. Der Fichtenblattsauger übt bei der Ablegung seiner Eier an die jungen Maitriebe der Fichte einen wahrhaft zauberischen Einfluß aus, wodurch der benadelte Trieb sich in ein Gebilde umgestaltet, welches einem jungen Fichtenzapfen sehr ähnlich sieht. Die Beschreibung der Blüthen unserer Waldbäume späterer Be- trachtung überlassend, sprechen wir jetzt nur von einigen allgemeinen Verhältnissen dieser und der ihnen verwandten Blätter. Zwischen beiden besteht eine bemerkenswerthe Zeitbeziehung : ent- weder die Blätter erscheinen am Baume vor den Blüthen oder nach oder zugleich mit denselben. Die Erlen, die Pappeln, die Eschen, die Rüstern, viele Weiden, der Haselstrauch, der Schlehdorn, haben längst abgeblüht, wenn ihre Blätter erst nachkommen; bei den Eichen, Buchen, Hornbäumen, Birken, Ahornen und anderen Weidenarten kommen Blätter und Blüthen zusammen, und bei der Linde kommen die Blüthen um mehr als einen Monat später als die Blätter. Da bei der großen Verschiedenheit des Blüthenbaues unserer Wald- bäume etwas Allgemeines sich schwer sagen läßt, so müssen wir die Be- schreibung bis auf die Betrachtung der einzelnen Arten verschieben. Unsere sämmtlichen Laubholzbäume haben sommergrüne Blätter, d. h. sie verlieren die im Frühling hervorgesproßten im Herbste wieder. Dies schließt jedoch nicht aus, daß die abgestorbenen Blätter oft noch den Winter über am Baume hängen bleiben, und erst den neu auf- brechenden Knospen weichen. Dies ist namentlich der Eiche und dem Hornbaum, wenn immerhin auch nur als Ausnahme von der Regel, eigen. Was die Gestalt der Blätter betrifft, so ist dieselbe bei den meisten einfach , d. h. sie bestehen nur aus einer wenn auch zuweilen sehr tief eingeschnittenen und gelappten Blattfläche: Eiche, Ahorn, Buche, Birke. Zusammengesetzt sind sie nur bei der Esche und bei den Ebereschen, und zwar gefiedert. An den Blättern der Laubbäume ist fast immer sehr deutlich der Blattstiel von der Blattfläche (in neuerer Zeit nach Schimpers Vorgange oft Spreite genannt) zu unterscheiden, wobei man dann an den zusammengesetzten Blättern den gemeinsamen Blattstiel und die Blattstielchen der Theilblätter — die dann Blättchen oder Fiedern heißen — unterscheidet. An der Blattfläche finden sich bei den verschiedenen Laubhölzern eine Menge von Merkmalen und Beziehungen, so daß in Ermangelung anderer Theile die Blätter fast immer allein ausreichen, um die Baum- arten von einander zu unterscheiden; nur bei den Weidenarten reichen die Blätter allein nicht immer dazu aus. Ober- und Unterseite, Behaarung oder Glätte, Glanz, Farbenton, Zähnung oder tieferes Eingeschnittensein des XVII. Oberhaut der unteren Seite eines Buchenblattes (sehr stark vergrößert). a Oberhautzellen; — b Spaltöffnungen, gebildet aus zwei gegeneinander gekehrten, an dieser Seite concaven Zellen z s , welche den Spalt, c , die eigentliche Spaltöffnung, Stoma, einschließen. Randes, Verhältniß der Länge des Blattstieles zu der der Blatt- fläche, das Geäder , endlich die ganze Gestalt des Blattes geben eine Menge Unterscheidungsmerkmale an die Hand. Der anatomische Bau der Blätter ist bei allen unseren Laubbäumen und Sträuchern sehr übereinstimmend. Zunächst sind sie oben und unten von einer oberen und einer unteren Oberhaut, Epidermis , über- kleidet, welche immer aus einer einzigen von seitlich sehr fest aneinander gefügten Zellen besteht und darum, zwar nicht gerade bei den Baum-, aber bei vielen anderen Blättern, als ein weißliches durchscheinendes Häutchen abgezogen werden kann. Fig. XVII. stellt ein Stückchen Ober- haut der unteren Blattseite von einem Buchenblatte dar. Die Oberhaut- zellen, a , zeigen wurmförmig gekrümmte Seitenwände. In der Epidermis der unteren Blattseite, weniger und oft gar nicht auf der oberen, finden sich die sogenannten Spaltöffnungen , Fig. XVII. b , außerordentlich kleine von 2 gegeneinander gerichteten meist halbmondför- migen Zellen — den Spaltöffnungszellen — begrenzte Oeffnungen, durch welche das Blattinnere mit der umgebenden Luft in unmittelbarer Ver- bindung steht. Die zwischen den beiden Oberhäuten eingeschlossene Zellenmasse nennt man das Blattfleisch . Wenn man ein frisches Blatt gegen das Licht XVIII. Senkrechter Querschnitt eines Stückchens Buchenblatt (sehr stark vergr.). o o die obere und u o die untere Oberhaut; — o die obere und u die untere Schicht des Blattfleisches; — 1 Luftlücken in derletzteren, zu deren einer die Spaltöffnung sp , zwischen den beiden Spaltöffnungszellen, führt. besieht, so nimmt man wahr, daß das Blattfleisch aus einer grünen Grundmasse besteht, in welcher die weißlich durchscheinenden Blattrippen liegen, die sich zuletzt in ein außerordentlich feines Maschennetz auflösen. Die zellige Grundmasse des Blattfleisches besteht auf der oberen Blattseite — unter der oberen Oberhaut — aus länglichen, innig aneinander anliegenden Zellen o , welche ganz mit Blattgrün, Chlorophyll , ausgefüllt sind, dem aus äußerst kleinen Körnchen bestehenden grünen Farb-Stoffe aller grünen Pflanzentheile. Unter dieser oberen Zellenschicht des Blattfleisches, welche bei dickeren Blättern auch oft eine mehrfache ist, liegt eine zweite untere Zellenschicht, u , deren blattgrünärmere Zellen meist sehr unregel- mäßig gestaltet und so locker mit einander verbunden sind, daß zwischen ihnen eine Menge Luftlücken, l , übrig bleiben, welche mit den Spalt- öffnungen in Verbindung stehen. An der Fig. XVIII. unterscheiden wir beide Oberhäute, o o und u o , die beiden Schichten des Blattfleisches, o und u , und in der unteren Oberhaut sehen wir eine querdurchschnittene etwas in dieselbe eingesenkte Spaltöffnung, sp. Die Blattrippen und deren letzte feine Verästelung, das Blatt- geäder oder Blattnetz , bestehen aus Bastzellen und Gefäßen, welche letztere meist Spiralgefäße sind. Wir haben daher am Blatte zwischen den beiden Oberhäuten zu- und ableitende und verarbeitende, assimilirende, Organe; jene sind die Bastzellen und Gefäße, diese die chlorophyllhaltigen Zellen. Der Blattstiel , der bei manchen unserer Waldbäume, z. B. der Esche, stengelartig erscheint, ist als wesentlich saftleitendes Organ auch im Inneren dem Stengel ähnlich gebaut, indem man bei manchen Baum- arten im Blattstiele ein centrales Mark , einen Holzring und eine Rinde , denen des Stengels ganz ähnlich gebaut, unterscheidet. Meist aber gleicht der Blattstiel auf dem Querschnitt mehr einem halbirten Stengel; nämlich einem halbkreisförmigen Holzkörper liegt innenseitig ein Markkörper an und beide sind von der gemeinsamen Rinde umschlossen. Was nun die Blätter der Nadelhölzer betrifft, die mit der gewöhnlichen Benennung Nadeln doch nicht als etwas ganz anderes von den Blättern der Laubhölzer getrennt werden können, so ist wie ihre äußere Gestalt auch ihr innerer Bau verschieden, doch nicht in dem Grade, daß wir nicht auch an ihnen eine Ober- und eine Unterseite mit ihrer Oberhaut und ein Blattfleisch mit blattgrünhaltigen Zellen und mit aus Bastzellen und Gefäßen gebildeten Gefäßbündeln unterscheiden könnten, nur eben in anderer Anordnung. Am deutlichsten ist eine Ober- und eine Unterseite am Blatte der Tanne, Abies pectinata, zu unterscheiden, am wenigsten bei der Fichte, Abies excelsa, deren Blätter auf dem Querschnitt fast rautenförmig sind. Vor der Betrachtung einiger niederer Blattformen, welche namentlich bei einigen unserer deutschen Waldbäume eine gewisse Bedeutung haben, muß hier von den eigentlichen Blättern noch nachgetragen werden, daß sie nicht selten hinsichtlich ihrer allgemeinen Form einer beträchtlichen Ver- änderlichkeit unterworfen sind. Diese Abweichungen von der der betreffenden Art zukommenden Grundform bilden zuweilen beachtenswerthe Ab- oder Spielarten, von denen die auffallendste die einfachblättrige Esche, Fraxi- nus excelsior var. simplicifolia ist, deren Blätter anstatt 9—11-blättrig gefiedert, wie bei der Stammart, einfach sind. Die Buche hat drei solcher auffallender Blattvarietäten, welche wir später durch Abbildungen kennen lernen werden. Bekannter sind die Spielarten mit geschäckten Blättern, foliis variegatis, wie die Gärtner sagen, z. B. von dem gemeinen Ahorn, Acer pseudoplatanus . Aber fast noch interessanter als diese aus unbekannten Ursachen ent- sprungenen Blätter-Spielarten sind die Fälle, wo die Blätter in Folge einer vor Augen liegenden Veranlassung ihre normalen Erscheinungen mehr oder weniger verleugnen. Namentlich zeigen die Blätter von stark beschnittenen Büschen und Hecken, von Stock- und Wurzelausschlag oder von geköpften Bäumen oft sehr abweichende Erscheinungen. Es ist, als ob der allzureichliche Andrang von Nahrungsstoff ein Ueberschreiten des gewöhnlichen Maaßes an Form und Umfang der Blätter herbeiführte, denn namentlich sind die Blätter von Stocklohden bei Eichen, Rüstern, Birken, Linden und andern Bäumen oft vielmal größer und auch oft anders gestaltet als an dem gesunden Baume und dabei natürlich auch die Triebe wohl um das Zehnfache länger und viel stärker als sonst. Ganz auffallend verhält sich hinsichtlich der Blattgestalt die Espe, Populus tremula, bei welcher an jungen Bäumchen die an der unteren Hälfte der Triebe stehenden Blätter allein die normale Gestalt zeigen, während die mehr nach der Spitze des Triebes hin stehenden auffallend anders gestaltet sind. Fast noch auffälliger ist der Unterschied der Blätter bei dem Weißdorn, Crataegus oxyacantha, je nachdem sie an Trieben stehen, welche aus Adventivknospen hervorgingen oder an den normalen Trieben. Roßmäßler, der Wald. 9 Der Weißdorn leitet uns von den eigentlichen Blättern zu einigen andern Blattgebilden, die namentlich bei dem eben genannten Busche eine große Rolle spielen. Es sind dieses die Neben - oder Afterblätter und die inneren Schuppen der Knospen. Schon die Knospenschuppen (s. S. 59 ff.) sind als niedere Blatt- gebilde zu betrachten und bei manchen Bäumen kann man von den äußersten bis zu den innersten Knospenschuppen eine allmälige Zunahme in der Ausbildung und eine stufenweise Annäherung an die Bildung der Blätter erkennen. Dies ist am meisten bei der Esche der Fall, bei der sogar die innersten Schuppen bei der Entfaltung der Knospe zum Triebe zu langen breiten, an der Spitze gefiederten Blattgebilden auswachsen. Ganz ähnlich ist es bei dem Spitzahorn, Acer platanoides . Von diesen laubartig auswachsenden Knospenschuppen machen zu den dauernden Nebenblättern die hinfälligen Nebenblätter den Uebergang, welche sich bei mehreren Baumarten finden, z. B. bei der Buche und Linde. Wenn diese Bäume ihre Triebe aus der Knospe her- vortreiben, so stehen neben jedem Blatte zwei zungenförmige weißlich oder hellrosenroth gefärbte Afterblätter, welche aber nach einigen Tagen abfallen. Dauernde Afterblätter finden sich namentlich bei einigen Wei- denarten, z. B. bei der deshalb so genannten Ohrweide, Salix aurita, und bei dem Weißdorn, Crataegus oxyacantha . Sie nehmen immer wesentlich Theil an der vorhin erwähnten Umgestaltung der Blattform bei besonders reichlichem Andrang von Nahrungssaft. Endlich sind hier noch einige Blattgebilde zu nennen, welche sich immer nur am Grunde der gemeinsamen oder der einzelnen Blüthenstiele finden und welche Deckblätter heißen. Sie sind immer klein und von einfacher lanzettlicher Gestalt. Eine ganz besondere Art von Deckblatt werden wir bei der Linde kennen lernen; wie wir überhaupt bei der Be- trachtung der Illustrationen der einzelnen Baumarten die verschiedenen Gestaltungen der Neben- und der Deckblätter kennen lernen werden. 6. Der Bau und das Leben des Baumes. (2. Das Leben.) Da steh ich, ein entlaubter Stamm, Doch innen im Marke lebt die schaffende Gewalt. Wenn die Winterszeit überstanden ist und das gefesselte Leben sich im Laubwalde wieder regt und wie aus Millionen gesprengter Kerkerzellen das junge Grün aus den Knospen hervortreibt — da schauen wir fragend auf die scheinbar erstorbenen Leiber der borkenumpanzerten Bäume und auf den Boden, auf dem wir neben ihnen stehen, was es wohl sei, was diesen Zauber bewirkt. Dann fallen uns obige Worte Schillers ein und wir rechten jetzt auch nicht mit ihm, daß er diesen Zauber dem Marke zuschreibt, von dem wir wissen, daß es in der Pflanze keine weittragende Kraft, am allerwenigsten eine verjüngende Gewalt besitzt. Die Macht des gestaltenden Lebens können wir zwar auch bei den Pflanzen nicht in dem Momente ihres Schaffens sehen: wir sehen nur das, was bereits da ist, niemals den Moment des Werdens. Dennoch bilden wir uns ein, im Frühjahrserwachen des Baumes einen schöpferischen Akt zu belauschen und das vergeistigt unsere Freude daran. Wenn wir auch nicht vermögen, auch nicht mit den besten Hülfsmitteln der spähenden Wissenschaft, diese Selbsttäuschung zu einer Wahrheit zu machen, so wissen wir doch, nachdem wir früher dem Bau der Baumknospen eine eingehende Aufmerksamkeit geschenkt haben, daß wir uns die Freude über die Knospen- entfaltung erhöhen können, wenn wir kurz vor dem Eintritt derselben eine Knospe zergliedern, um zu sehen, wie die kleinen vorgebildeten 9* Blättchen darin zur Zeit noch untergebracht sind, und wenn wir dann von dem ersten Anschwellen der Knospe an, dem bald ein Anseinander- treten der Schuppen folgt, Schritt für Schritt der stündlich zunehmenden Entfaltung und Gestaltung folgen. Wir lernen dabei die Verschieden- heiten der Knospenfaltung kennen (S. 66) und sehen, wie die Knospen- schuppen sich bei manchen Baumarten verwandtschaftlich zu den hinfälligen Nebenblättern verhalten. Wir sehen, wie die einen Bäume zuerst nur die Blüthenknospen entfalten, was uns bisher vielleicht entging, weil wir an einem Baume keine Blüthen zu suchen gewöhnt waren, der noch keine Blätter hat, obgleich schon der Aprikosenbaum und der Schlehdorn uns vom Gegentheile belehren wollen. Doch wir wollen das Leben des Baumes nicht an den Wandlungen während eines Jahreslaufes betrachten, weil uns das darüber unbelehrt lassen würde, wie der Baum bis dahin gediehen sei, wo wir diese Be- trachtung beginnen. Wir verfolgen daher lieber die Entstehung eines Baumes aus einem Samenkorn und haben dabei Veranlassung, zunächst den Bau eines Samenkorns zu untersuchen, um zu sehen, welche von ihm die Theile seien, aus denen das junge Bäumchen hervorgeht. Wer den Bau einer Eichel nicht kennen sollte, der kennt wenigstens den einer Mandel oder eines Kürbis- oder Bohnenkernes oder einer Erbse, bei denen allen die Verhältnisse, um die es sich uns jetzt handelt, genau so sind wie in der Eichel und wie bei den meisten Waldsämereien. Wenn wir uns recht genau von dem Bau der genannten Samen- arten unterrichten wollen, so legen wir sie etwa eine halbe Stunde in heißes Wasser, worauf alsdann die äußere Samenhaut weich geworden sein und sich leicht abstreifen lassen wird. Indem wir dies thun haben wir uns in Acht zu nehmen, daß der enthäutete Same nicht von selbst in zwei halbkugliche (bei der Erbse) oder halbeiförmige (bei der Eiche) Hälften zerfalle, denn sie hängen nur an einer kleinen Stelle mit einander zu- sammen, und gerade diese kleine Stelle ist das Wesentliche des Samen- korns: der Keim oder Embryo . Obgleich die Bohne nicht zu den deutschen Waldbäumen gehört, ja wir nicht einmal eine Familienverwandte von ihr unter diesen haben, so wähle ich doch einen Bohenkern zur Erläuterung des Keimens, weil ein Bohnenkern für Jederman viel leichter zu haben ist, als eine Eichel oder eine Buchecker und obendrein diese letzteren nur kurze Zeit keimfähig bleiben und viel längere Zeit zum Keimen brauchen als die in wenigen Tagen keimende Bohne. Letztere ist auch deshalb hier eine ganz passende Stellvertreterin der Eichel, weil sie wie diese die Keim- oder Samen- lappen im Boden zurückläßt, was beinahe alle übrigen Waldsamen nicht thun. Um die wichtigsten Vorgänge des Keimens zu sehen, genügt es, unsern Bohnenkern in Wasser zu legen, oder auch in feuchterhaltene Sägespähne. Wenn wir eine Bohne in kaltes Wasser legen, so ist nach einigen Stunden die Folge hiervon, daß die Schale runzlig wird; lassen wir sie dann noch länger im Wasser liegen, so wird sie allmälig wieder glatt, und vergleichen wir sie dann mit einer zweiten Bohne, die der in das Wasser gelegten an Größe und Gewicht vollkommen gleich war, so finden wir nun, daß die im Wasser gewesene etwas größer und schwerer als die andere ist. Das wissen wir Alle, das wissen namentlich unsere Hausfrauen, welche daher zu einem Gericht Bohnen nicht den ganzen Topf bis an den Rand damit anfüllen, weil sie sonst über diesen hinausquellen würden. Quellen ist auch für diese Veränderung der harten Pflanzensamen der allgemein gebräuchliche Ausdruck. Es ist bekannt, daß die Zunahme der Bohne an Umfang und Gewicht durch das Wasser bedingt ist, welches in sie eingedrungen ist. Das Runzligwerden hat seinen Grund darin, daß die Samenschale sich durch das eingedrungene Wasser ausdehnte, während dies der ein- geschlossene Samenkörper noch nicht that. Dieser saugt sich vielmehr lang- samer voll Wasser, welches erst durch die Samenschale hindurch zu ihm dringt, und erst wenn die ganze innere Masse des Samens sich ebenfalls voll Wasser gesogen und dabei natürlich ebenfalls eine Vergrößerung er- fahren hat, wird die Samenschale wieder glatt, denn nun wird sie von dem Samen wieder ganz ausgefüllt. — Es ist bekannt, daß man diesen ganzen Vorgang durch Anwendung sehr warmen Wassers beschleunigen kann, wodurch allerdings in den meisten Fällen die weitere Entwickelungs- fähigkeit des Samens, die Keimkraft, zerstört wird. Wir lernten also, daß die Samenschale das Vermögen Wasser auf- zusaugen in hohem Grade besitzt. Sie hält dieses aber nicht in ihren Zellen fest, sondern läßt es durch diese hindurchgehen und in das Zell- gewebe des Samenkorns eindringen. In dem Samen befindet sich ein Vorrath von gewissen Stoffen in einem chemischen Ruhezustand, diese Stoffe sind darin gewissermaßen fest- gelegt. Da wir wissen, daß manche Samen ihre Keimfähigkeit Jahr- hunderte lang behalten, andere sie schon nach einigen Jahren verlieren, so ist dieser chemische Ruhezustand nicht in allen Pflanzensamen von gleicher Beschaffenheit. Diejenigen Samen behalten in der Regel am längsten die Keimfähigkeit, in ihnen ist jener Ruhezustand der festeste Schlummer, ein wahrer Scheintod, welche keine flüssigen und als solche den chemischen Zersetzungen am leichtesten zugänglichen Stoffe oder Stoffverbindungen enthalten. Darum ist es schwer, ölhaltige Samen, in denen das Oel leicht ranzig wird, längere Zeit keimfähig zu erhalten. Wir sehen auf unserem Holzschnitt XIX . in Fig. 1 einen gequellten Bohnenkern von der ein wenig verwendeten Seiten-Ansicht und Fig. 2 denselben in derselben Lage, nachdem wir seine Samenschale abgeschält haben. An Fig. 1 unterscheiden wir die eirunde Stelle, n , mit welcher der Kern vermittels eines kurzen dicken Stielchens in der Hülse festge- wachsen war und über derselben verräth sich durch eine Anschwellung der noch unter der Samenschale eingeschlossene Keim, w , welchen wir an Fig. 2 w selbst sehen. Alles was wir sonst nach an Fig. 2 sehen, sind die uns Allen bekannten beiden halbeiförmigen dicken Körper, in die eben nach Entfernung der Samenschale viele Samen so leicht zerfallen. Diese beiden Körper sind die beiden Samen - oder Keimlappen, Kotyle- donen . In Fig. 3 ist der eine Samenlappen hinweggenommen und wir sehen nun nicht blos den Keim — was man nämlich im gemeinen Leben so nennt, sondern auch noch die andere dazu gehörige Hälfte, welche mehr nach einwärts zwischen den beiden ebenen Flächen der Samenlappen eingeschlossen war. Wir sehen aber leicht, daß das auf dem Samenlappen aufliegende und nur an einer kleinen Stelle mit ihm verbundene Körperchen das zukünftige Pflänzchen ist, an dem wir, durch den Punkt c von ein- ander geschieden, das Würzelchen , w , und das Federchen, f , unter- scheiden. Da bei dem keimenden Samen immer das Würzelchen zuerst hervortritt, so verstehen wir gemeiniglich unter Keim blos diese eine Hälfte. Die andere, die wir eben Federchen nannten, tritt erst später, nachdem die Samenschale ganz abgeworfen ist, zwischen den Samenlappen hervor und wächst aufwärts, indem der oberirdische Theil der Keimpflanze daraus wird, während das Würzelchen unter allen Umständen, der Same mag bei dem Keimen gelegen haben wie er wolle, abwärts in den Boden dringt. Es liegt also zwischen dem Würzelchen und dem Federchen ge- wissermaßen ein Indifferenzpunkt, von welchem an sich einerseits das XIX. Das Keimen des Samens der Schminkbohne , Phaseolus multiflorus . Fig. 1 ein Bohnensame, w das durchscheinende Würzelchen, n der Nabel; — Fig. 2 derselbe der Samenschale entkleidet, w das Würzelchen; — Fig. 3 der eine der beiden Samenlappen mit dem Keime, der aus dem Federchen, f , und dem Würzelchen, w , besteht; — Fig. 4 ein Keimpflänzchen der Bohne, w . das ehemalige Würzelchen. Wachsthum nach aufwärts, andererseits nach abwärts richtet. Dieser Punkt ist ungefähr da, wo an dem Keime die beiden Samenlappen be- festigt sind und welcher an Fig. 3 durch c angedeutet ist. Man kann darüber verschiedener Meinung sein, ob man unter Keim blos das aus dem Federchen und Würzelchen bestehende Gebilde, Fig. 3 fw , ohne die beiden Samenlappen , oder jenes zusammen mit diesen verstehen will. Gewöhnlich geschieht das Letztere, und demnach wäre das ganze Samenkorn der Keim. Wenn man der anderen Auffassung huldigt, so macht man dabei geltend, daß unter Keim im eigentlichen Sinne doch blos verstanden werden dürfe, was vom Samen als ein bleibender Theil in die er- wachsende Pflanze übergeht: das Federchen, aus dem der Stamm wird, und das Würzelchen, aus dem die Wurzel wird. Die beiden Samen- lappen sterben in den meisten Fällen bald nach einiger Erstarkung des Samenpflänzchens ab und verfaulen entweder im Boden — wie bei der Erbse und der Eichel — oder, wenn sie — wie bei den allermeisten Pflanzen — nach dem Keimen über den Boden emporgehoben werden, sie vertrocknen und fallen ab. Demnach sind die Samenlappen nicht in demselben Sinne wie das Federchen und das Würzelchen bleibende Theile des Keimes. Die Bedeutung der Samenlappen für das Leben des jungen Pflänz- chens wird uns vielleicht bei der Lösung der Frage, ob wir sie zum Keime rechnen sollen oder nicht, unterstützen. Nicht alle Pflanzensamen haben so große Samenlappen wie z. B. Bohne, Eichel, Mandel, Erbse und Linse, bei denen gegen sie Federchen und Würzelchen an Masse fast verschwindend zurücktreten. Der süße und ölige und stärkemehlreiche Inhalt, den wir in diesen Samen als Nahrung genießen, ist ebenso die Nahrung für das Keimpflänzchen. Man kann deshalb diese Samen in reinem ausgeglüheten Quarzsand und destillirtem Wasser — welches beides den Keimpflänzchen außer dem Wasser fast keine Nahrung zu gewähren vermag — keimen und bis zu einer gewissen Grenze erwachsen lassen, indem sie die dazu nöthigen Nahrungsmittel aus den Samenlappen beziehen. So lange dieser Vorrath reicht, bedürfen die Keimpflänzchen aus dem Boden keine Nahrung. Demnach sind die Samenlappen Vorrathsbehälter, welche die Mutterpflanze dem jungen Pflänzchen im Samen für seine erste Jugendzeit mitgegeben hat, und welche in den meisten Fällen abgeworfen werden, nachdem der Nahrungs- vorrath aufgezehrt ist. Es würde uns jetzt zu weit von un- serem Waldgesichtspunkt abführen, wollten wir auf die Manchfaltigkeiten im Bau der Pflanzensamen eingehen. Es genüge zu erwähnen, daß außer den Nadelhölzern unsere sämmtlichen Waldbäume Samen mit zwei Samen- oder Keimlappen haben, die von den meisten mit über den Boden emporgehoben werden, wie wir dies an einem Keimpflänzchen der Buche sehen, Fig. XX ., und da dies bei den allermeisten zweisamenlappigen Pflanzen der Fall ist, so sehen wir eben im Frühjahre überall eine zahllose Menge Keimpflänzchen mit den zwei blättchenähnlichen Samenlappen dem Boden entsprießen, zwischen denen dann später das erste echte Blatt hervortritt. Bei den Nadelhölzern finden sich 5— 9 nadelähnliche, im Quirl stehende Samen- lappen, weshalb man sonst aus ihnen eine eigene Abtheilung der höheren Pflanzen, die Bielsamenlappigen, Polykotyledonen, machte, im Gegensatze zu den zweisamen- lappigen, Dikotyledonen und zu den Ein- samenlappigen, Monokotyledonen. Wir sehen dies auf Seite 124, XVI ., Fig. 18, an einem Keimpflänzchen der Kiefer, wo zwischen 5 nadelähnlichen Samenlappen die Knospe zu den ersten echten Nadeln her- vortritt. Der Vorgang der Keimung eines Samens beruht auf folgenden inneren und äußeren Bedingungen. Daß die Samenlappen in ihrem Zell- gewebe große Vorräthe von Nahrungsstoffen XX. Keimpflänzchen der Buche . c c die beiden Samenlappen von der Rückseite; darüber noch die zu- sammengefalteten behaarten beiden ersten Blätter: die Herzblätter a . enthalten, wissen wir schon. Diese zerfallen in stickstoffhaltige und in stickstofffreie. Letztere sind namentlich Stärkemehl, Zucker, Dextrin, Gummi; erstere Eiweißstoffe, Case ï n, Legumin. Alle diese Stoffe sind löslich durch die in den Samen eindringende Bodenfeuchtigkeit. Zur Lösung dieser theilweise flüssigen, zum größten Theile jedoch festen Stoffe bedarf es neben der Bodenfeuchtigkeit einer gewissen Wärme des Bodens, welche für unsere Holzgewächse im Durchschnitt wahrscheinlich nicht viel unter 8° R. betragen darf. Eine etwas höhere Wärme befördert das Keimen; wenn sie jedoch 20—25° übersteigt, so wird die Keimung beeinträchtigt. Obgleich bei weitem die meisten Pflanzensamen im Finstern, d. h. von dem undurchsichtigen Boden bedeckt, keimen, so ist doch das Licht , ent- weder das direkte oder das reflektirte Sonnenlicht, zur Vollendung eines vollkommenen Keimes nothwendig, wenn wir dieses, wie wir es sogleich thun werden, seiner Dauer nach richtig auffassen. Endlich sind von äußerlichen Keimbedingungen noch atmosphärische Luft und jedenfalls auch noch Elektricität erforderlich. Diese Bedingungen zusammengenommen rufen in dem Innern des Samens chemische und physikalische Verändernngen hervor, hauptsächlich dadurch, daß die in den Samenlappen aufgespeicherten Nahrungsstoffe gelöst und in den Keim im engern Sinne, d. h. in das Federchen und Würzelchen übergeführt werden, welche letzteren dieselbe zu Neubildung von Zellen, mithin zu ihrem Wachsthum verwenden. Dabei sind die beiden Punkte, wo die Samenlappen mit dem Keime zusammenhängen (S. 135 XIX . Fig. 3 c ), der Weg, auf welchem diese Nahrungszuführung stattfindet. Da nun das Keimen von dem Augenblicke beginnt, wo die eben aufgezählten Bedingungen die Ernährung des Keimes durch die Samenlappen einleitet, so müssen wir die Dauer des Keimvorganges bis zu dem Zeitpunkte verstehen, wo die Samenlappen ihres Nahrungsgehaltes vollständig beraubt sind und dann in der Regel bald verwelkt abfallen. Ein großer Theil dieser Keim-Dauer fällt in den Zustand des Keim- pflänzchens, wo dieses längst über den Erdboden sich erhoben hat und dann unerläßlich des Sonnenlichtes bedarf, um grün zu werden. In vollkommener Dunkelheit erwachsene Keimpflanzen bleiben gelb- weiß und sterben bald ab. Um die Bedeutung der Samenlappen als Ernährer des Keimes nach- zuweisen, hat man theils noch trocknen, theils gequellten oder schon gekeimten Samen die Samenlappen ganz oder theilweise genommen und immer eine ent- sprechende nachtheilige Wirkung auf die Entwicklung des Keimpflänzchens eintreten sehen. Besonders lehrreich sind die neueren Versuche von Ju- lius Sachs Physiol. Untersuchungen über die Keimung der Schminkbohne ( Phaseolus mul- tiflorus ). Sitzungsberichte der mathem.-physik. Klasse der k. Akademie der Wissenschaften in Wien. 1859. Bd. XXXVII . S. 57. Diese Abhandlung giebt eine vollständige und sehr genaue Darstellung des Keimungsvorganges und ist allen Denen zu empfehlen, welche ihn gründlich kennen lernen wollen. , aus denen auch hervorging, daß eine solche Verstümmelung die erwachsenden Pflanzen in allen Theilen zwerghaft macht. Vielleicht beruht also die Meinung in Wahrheit, daß die Chinesen bei der Erziehung von Zwergbäumchen, in der sie Meister sind, sich dieser Operation bedienen. Eine andere Verstümmelung der Keimlinge hat man bei der Eiche angewendet. Um ihr so zu sagen die tief gehende Pfahlwurzel abzuge- wöhnen, welche den Anbau der Eiche auf seichtem Boden verbietet, hatte man den Wurzelkeim der keimenden Eicheln zum Theil abgeknippen. Da- durch wurde allerdings die Absicht ziemlich erreicht, aber die aus solchen Eicheln erwachsenen Pflanzen waren schlechtwüchsig. Wir haben nun, ehe wir den weiteren Verlauf des Baumlebens ver- folgen, eine nicht nur in der Walderziehung sehr wichtige, sondern über- haupt in der Naturgeschichte eine der wichtigsten Fragen zu erörtern, uämlich die, welche Bewandtniß es mit der Keimfähigkeit der Sa- men habe. Vorerst ist hier noch auf den Begriff der Reife des Samens zu achten, die erfolgt sein muß, wenn der Same keimfähig sein soll, obgleich von Mehreren, namentlich von Göppert und Cohn , auch mit unreifem Samen gelungene Keimversuche angestellt worden sind. Auch manche Er- folge der Gärtnerkunst sollen auf Anwendung unreifen Samens beruhen. Das sicherste Kennzeichen der Reife des Samens ist bei unseren Bäumen in der Regel das Abfallen derselben, obgleich auch diese ihre Ausnahmen hat, indem z. B. der Same der Feldrüster sehr oft unreif abfällt. Ein Verschrumpfen, Weichwerden, Verfärben seiner fleischigen Fruchthülle, ein Vertrocknen der Fruchtstiele, Trockenwerden des Samen- Innern (meist durch Stärkemehlbildung) sind die wesentlichsten Kennzeichen der Samenreife. Jedoch auch wenn diese vorhanden sind, ist bei manchen Samen noch eine Nachreife erforderlich, die dadurch erzielt wird, daß man den Samen nach dem Einsammeln noch eine Zeit lang an einem luftigen, trocknen und der Sonne nicht zu stark ausgesetzten Orte vollends abtrocknen läßt. Unter Keimfähigkeit des Samens versteht man das Vermögen desselben, unter Einwirkung jener kennen gelernten äußeren und inneren Bedingungen, die in ihm ruhende vorgebildete Anlage zu einer Pflanze, den Keim, zu einer solchen zu entwickeln. Durch Keimkraft , in der Hauptsache dasselbe bedeutend, bezeichnet man zugleich die längere oder kürzere Zeitdauer, in welcher die verschiedenen Samen die Keimfähigkeit behalten. Zu einer tiefer eingehenden Betrachtung dieser, schon vorhin als eine der wichtigsten bezeichneten naturgeschichtlichen Frage fühlen wir uns an dieser Stelle um so mehr veranlaßt, als im Walde nicht selten eine über- raschende Erscheinung vorkommt, welche nur in der langen Keimkraft mancher Baumsamen ihre Erklärung finden kann. Diese Frage liegt zugleich auf einem Gebiete, welches in neuester Zeit zu dem heftigsten Meinungswiderstreit geführt hat, auf dem der sogenannten Lebenskraft . „Es ist bekannt und durch die glaubwürdigsten Gewährsmänner be- wahrheitet, daß tausendjährige Samenkörner dennoch keimfähig geblieben waren. Waren nun solche Samen inzwischen, wo sie ganz außer Kurs der sich verjüngenden Pflanzenwelt gesetzt waren, lebendig oder todt gewesen? Ist überhaupt ein Jahre lang aufbewahrter Same todt oder lebendig? Man sagt natürlich: lebendig, weil er unter Umständen durch das Keimen eine lebendige Pflanze aus sich hervorgehen lassen kann. Wenn man aus diesem Grunde einen Samen lebendig nennt, so darf man dabei wenigstens nicht die, nach den Erscheinungen am lebenden Thier- oder Pflanzenleibe gebildete, Definition des Lebens anwenden, nach welcher das Leben im Umsatz und der Bewegung der Stoffe und in den dadurch bedingten Erscheinungen beruht . Da hierbei Betheiligung von Wasser nothwendig ist, so ist in dem voll- kommen ausgetrockneten Samen Bewegung und Umsatz der ihn zusammen- setzenden Stoffe, und folglich in diesem Sinne auch das Leben des Samens nicht möglich. Wenn wir also den Pflanzensamen lebendig nennen wollen, so müßten wir seinetwegen eine andere Begriffsbestimmung des Lebens aufsuchen, welche der Stoffbewegung und des Stoffumsatzes (was Beides in der Hauptsache Eins ist) nicht bedürfte. Daß wir aber für Ein Ding nicht zwei verschiedene Definitionen aufstellen dürfen, liegt auf der Hand. Demnach wäre also wohl der Pflanzensame kein lebendiger Körper? Leblos, in dem gangbaren Wortsinne, wie wir einen Stein leblos nennen, können wir ein Samenkorn nicht nennen. Wir müssen zu der erwähnten bedingenden Wesenheit des Lebens: Umsatz und Bewegung der Stoffe, die Form als Bedingung hinzufügen. Nachdem wir die Erbsen gemahlen haben, wobei ihre Stoff-Bestand- theile dieselben geblieben sind, hören sie auf keimfähig zu sein. Die Stoffe müssen also nach gewissen Formgesetzen angeordnet sein. Aber demnach müßte ein eben getödtetes Thier auch noch ein leben- diges genannt werden, denn seine Form ist dieselbe geblieben, und auch der Stoffumsatz und die Stoffbewegung geht fort, nämlich in der Fäulniß. Also diese drei Bedingungen bilden das Leben noch nicht allein. Es muß noch ein Viertes hinzukommen, was sich freilich nur in seiner Erscheinung, nicht in seiner bedingten Nothwendigkeit auffassen läßt. Dieses liegt in einem gewissen Gleichgewicht des Umsatzes und der Bewegung der Stoffe, in einem gewissermaßen in sich abgeschlossenen Kreislaufe der- selben. Bei einem neunzigjährigen Greise hat dieses Gleichgewicht, dieser Kreislauf neunzig Jahre lang bestanden, im Moment des Todes wird es aufgehoben und die Bewegung und der Umsatz der Stoffe tritt aus diesem geregelten Kreislaufe heraus. Wenn also auch im getödteten Thierkörper ein Stoffumsatz und eine Stoffbewegung noch stattfindet, so geschieht dies doch nicht mehr innerhalb des bisherigen Gleichgewichts, des bisherigen Kreislaufs — es führt zur Bildung von Fäulnißprodukten. Die Bewegung und der Umsatz der Stoffe, worein wir eine Wesenheit des Lebens setzten, ist aber dadurch von beiden, wie sie in den Fäulniß- processen stattfinden, verschieden, daß in dem lebenden Thier- und Pflanzen- leibe eine fortdauernde Erneuerung dieser Stoffe (durch die Ernährung) ein sogenannter Stoffwechsel , innerhalb der gegebenen Körpergestalt stattfinden muß, eine Verjüngung , welche in Aufnahme solcher Stoffe, welche denen des sich ernährenden Körpers ähnlich sein müssen, und in Wiederausscheidung desjenigen Antheils dieser Stoffe besteht, welche sich der Körper nicht aneignen (assimiliren) kann. Kehren wir zu den vollkommen gereiften und dann in der Regel harten und trocknen Pflanzensamen zurück. Bei ihnen finden wir von allen Bedingungen des Lebens blos die Form gegeben, sie haben weder Umsatz und Bewegung der Stoffe noch einen Austausch derselben durch Aufnahme und Ausscheidung. Wir dürfen daher nach unseren bisherigen Betrachtungen die Pflan- zensamen noch immer nicht lebendige Körper nennen. Da wir sie aber doch bestimmt nicht mit den Steinen auf eine Stufe stellen dürfen, so müssen wir noch einen weiteren Punkt betrachten. In jedem Samenkorn, auch im kleinen Mohnkorn, finden wir einen vorgebildeten Keim, der nichts Anderes ist, als die Anlage zu einer der Mutterpflanze in allen wesentlichen Stücken gleichen Pflanze, und neben demselben in den Samenlappen in einem feinen aber festen Zellgewebe niedergelegte Nahrungsstoffe, welche das keimende Pflänzchen verzehren soll. Alle diese Stoffe, sowohl die des Keimes als die der Samenlappen, befinden sich bei vielen Samen in einem Zustande, der jeden chemischen Stoffumsatz ausschließt, indem ihnen das dazu nöthige Wasser gebricht. Diese Stoffe sind daher in solchen Samen gewissermaßen festgelegt , sie befinden sich in einem Ruhezustande . Sie sind aber an sich von der Art, und dieser Ruhezustand ist so bedingt, daß, unter Betheiligung der inneren Gestaltungen des Samens, durch hinzutretende Wärme und Feuchtigkeit Umsatz und Bewegung dieser Stoffe und damit das bildende Leben wieder beginnen können, welche bisher ruheten . Deshalb spricht man auch von ruhendem Leben im Samenkorn. Daß diese Anschauung richtig ist, beweisen eben die eingangsgedachten tausendjährigen und doch noch keimenden Samen. Es geht aus alledem von selbst hervor, daß diejenigen Pflanzensamen die längste Keimfähigkeit haben werden, in welchen jener Ruhezustand, jene Festlegung ihrer Stoffe möglichst vollständig ist. Das wird dadurch bedingt sein, daß sie keine Stoffe enthalten, welche flüssig und als solche der Zersetzung am meisten unterworfen sind. Daher behalten ölreiche Samen, z. B. Bucheckern, meist nur über einen Winter ihre Keimkraft. Samen mit weicher und daher die Feuchtigkeit der Luft leicht einsaugender Samen- schale verlieren ihre Keimkraft leicht. Eben so solche Samen, welche, wie z. B. die Eichel, in ihren Samenlappen viel Feuchtigkeit enthalten. Da- gegen behalten jene Samen, welche am meisten ein Bild des Todes zu sein scheinen wie knochenartige Weizenkörner, ihre Keimkraft am längsten, weil der geringe Feuchtigkeitsgehalt trockner Luft — in feuchter Luft ist es natürlich umgekehrt — nicht fähig ist, den Ruhezustand der chemischen Festlegung ihrer Stoffe zu stören. Demnach beruht die lange Dauer der Keimfähigkeit der Pflanzen- samen in der Wesenheit darauf, daß ihre Bestandtheile sich in einem solchen chemischen Ruhezustande befinden, der es ihnen erlaubt, durch die wesentlichen Bedingungen des Keimens, Wärme und Feuchtigkeit, auch noch nach langer Unterbrechung den natürlichen chemischen Umsatz wieder zu beginnen.“ Diese Darlegung ist mit geringen Beränderungen ein Artikel über die Keim- fähigkeit der Samen aus dem naturwissenschaftlichen Volksblatte „Aus der Heimath“ von dem Verfasser, Jahrgang 1859, Nr. 13. Was hier von der Keimfähigkeit der Samen gesagt ist, gilt ebenfalls von sehr vielen Sporen der kryptogamischen Gewächse, welche nur aus einer einzigen Zelle bestehen, also keinen vorgebildeten Keim enthalten, und ebendeswegen als „Sporen“ Bei dieser eingehenden Betrachtung des Samens und der Spore mag es an- gemessen sein, von deren Bedeutung für die Klassifikation des Pflanzenreichs etwas vor- zubringen. Nach dem alten Linn é ’schen System werden die Pflanzen zunächst in sichtbar blühende, Phanerogamen, und in verborgen blühende, Kryptogamen, oder was dasselbe kürzer sagt: in Blüthen-Pflanzen und in blüthenlose Pflanzen eingetheilt; jene haben echte Samen, diese nur Sporen, darum auch die Benennungen: Samenpflanzen und Sporenpflanzen . Je nachdem nun die Samen jener zwei oder blos einen Samenlappen haben, nennt man sie Zwei - oder Einsamenlappige Pflanzen, Dikotyledonen und Monokotyledonen . von den „Samen“ unterschieden werden. Diese Sporen sind so klein, daß sie in Menge ein außerordentlich feines Pulver bilden; und dennoch hat man Sporen von Farrenkräutern, welche Jahrzehnte in Herbarien gelegen hatten, nicht nur zum Keimen, sondern auch zur vollendeten Entwicklung der Pflanze gebracht. Wo bleibt nun in allen solchen Fällen die Lebenskraft ? Man sagt, sie habe diese lange Zeit über im Samen oder in der Spore gebunden geruht. Ist dadurch an klarer Erkenntniß etwas gewonnen, und können wir uns von einer solchen Lebenskraft eine deutliche Vorstellung machen? Nehmen wir daher lieber die Sache wie sie ist. Wir sehen, daß die Samen mancher Pflanzen wenn sie den kennen gelernten äußeren Keim- bedingungen (Wärme, Feuchtigkeit u. s. w.) entzogen werden, lange Zeit liegen können, ohne die Keimfähigkeit zu verlieren, eine große Keimkraft besitzen. Dies bedeutet der Erscheinung nach nichts weiter, als: es findet in ihnen das chemische Spiel der Lösung und Bindung nicht statt. Dieses tritt aber wieder ein, wenn die äußeren Anregungen dazu (Wärme, Feuchtigkeit etc.) wieder an den Samen herantreten. Wer zu einer Verherrlichung dieser einfachen und gar nichts etwa Ungewöhnliches einschließenden Naturerscheinung noch eine besondere Kraft, die er Lebenskraft nennt, bedarf, nun dem ist dies unverwehrt; nur bilde er sich nicht ein, daß er dadurch die Erscheinung besser und vollständiger erklärt habe, denn er läßt, und muß dieses, dabei die Lebenskraft selbst unerklärt; er erklärt eine Erscheinung durch ein vermeintliches Etwas, was an sich selbst unerklärlich und unnachweisbar ist. Es kommt diese Erscheinung übrigens nicht allein bei den Samen vor. Im Jahre 1857 bot sich durch einen Zufall die Gelegenheit dar, eine außerordentliche Wiederbelebungsfähigkeit (nennen wir es einmal so), eines kleinen Farrenkrautstockes von Cryptogramme crispa kennen zu lernen. Nachdem derselbe 4 Tage lang in einem Nachtsacke gelegen und ganz vertrocknet war und schon weggeworfen werden sollte, steckte ihn der Beobachter ohne eine bestimmte Absicht in eine Blechbüchse. Als er den ganz zusammengetrockneten Stock nach 7 Monaten in der Blechbüchse zu- fällig wiederfand und in Erde setzte, stand er nach einiger Zeit wieder in vollem Wachsthum. Wie weit in allen solchen Fällen die Zeitdauer der Möglichkeit reiche, die unterbrochenen chemischen und physikalischen Processe, in denen sich das Leben ausspricht, wieder hervorzurufen — dies ist uns freilich un- bekannt. Man kann sogar darüber nicht entscheiden, ob nicht vielleicht angenommen werden müsse, daß diese Dauer eine unbegrenzte sei, voraus- gesetzt, daß der chemische Ruhezustand, die Festlegung der Stoffe, wie wir uns auf Seite 143 ausdrückten, fortwährend und vollkommen un- gestört geblieben sei. Wenn man Samen keimen und gesunde Pflanzen bringen sah, von welchem unzweifelhaft war, daß er anderthalb Jahr- tausende tief im Boden unter dem Schädel eines bestatteten Leichnams gelegen hatte, warum soll man vermuthen, daß diese Keimkraft nach ander- weiten anderthalbtausend Jahren, unter vollkommener Beibehaltung der bisherigen Umstände, nicht mehr vorhanden sein werde? Diese Erwägungen zusammen sollen uns nun eine Erscheinung er- klärlich machen, welche im Walde und anderwärts sehr oft vorkommt und welche recht eigentlich an diesem Orte ins Auge gefaßt zu werden verdient. Diese Erscheinung ist vorläufig schon auf S. 40 bei Betrachtung des Waldbodens kurz besprochen worden, welche Stelle daher vorerst noch einmal nachzulesen ist. Wenn der Forstmann einen Hochwaldbestand kahl abgetrieben und den Schlag geräumt, d. h. das gefällte Holz abgefahren und die Stöcke gerodet hat, so wird er nicht selten durch ein reichliches Aufgehen von Samenpflänzchen einer ganz anderen Baumart überrascht, als diejenige war, welche bisher vielleicht seit 50—60 Jahren ganz allein diese Fläche bedeckt hatte. Dies ist z. B. bisweilen mit Buchen nach Fichten der Fall. Es kann Niemand einfallen, zu glauben, daß die jungen Buchenpflänzchen ohne Samen „von selbst“ entstanden seien, und es bleibt keine andere Deutung solcher überraschender Erscheinungen übrig, als anzunehmen, daß die Bucheckern seit sehr langer Zeit unter den den Boden ganz bedeckenden Wurzelstöcken der Fichten gelegen haben, und nun, nachdem Luft und Sonnenschein und Regen den aufgewühlten Boden durchdrangen, endlich noch aufgehen. Die andere an der erwähnten früheren Stelle unseres Buches für solche Erscheinungen mitgetheilte Erklärung ist bei den großen schweren Bucheckern nicht nur an sich nicht zulässig, sondern in der Nähe solcher sogenannten natürlichen Buchenbesamungen sind oft die samentragenden Buchen gar nicht einmal vorhanden, von denen der Wind die Samen hieher geführt haben könnte. Diese Erscheinung ist bei den Buchen um so mehr auffallend, als wir bereits wissen, daß es eine Art Preisfrage des Waldbaues ist, Buch- eckern für mehrere Jahre so aufzubewahren, daß sie ihre Keimkraft nicht verlieren. Roßmäßler, der Wald. 10 Was hier ohne Zweifel mit Bucheckern stattfindet, geschieht auch mit den Sämereien von vielen solchen Waldkräutern, von denen ebenfalls nicht sehr wahrscheinlich ist, daß sie aus solchen Samen erwuchsen, welche der Wind herzuführte. Noch vor Kurzem sahe ich in auffallendster Weise alle Erdhaufen, welche bei dem Eisenbahnbau zwischen Tharand und Freiberg von abgetragenem Waldboden aufgefahren worden waren, so vollständig mit zahllosen jungen Pflanzen von einer Hohlzahn-Art, Galeopsis, be- deckt, daß es aussah, als seien sie darauf ganz dick angesäet worden. Da an anderen Stellen, dicht daneben, die zum Aufgehen nicht minder geeignet gewesen wären, sich kein Exemplar dieser gemeinen Waldpflanze fand, so war kaum anzunehmen, daß in diesem Falle der Wind die Samen herbeigebracht haben sollte. Diese und viele ähnliche Fälle berechtigen daher zu der Annahme, daß der Waldboden, namentlich der, welcher vielleicht seit Jahrtausenden schon immer Wald getragen hat, ein reichgefüllter Speicher von allerhand Waldsämereien sei, welche nach und nach unter begünstigenden Umständen zur Auferstehung kommen. Welcher Art freilich die Umstände sein mögen, wodurch denselben die Keimkraft bewahrt wurde, was uns mit allen Vor- sichtsmaßregeln oft nicht gelingt, darüber ist man noch sehr im Dunkeln. So viel jedoch hat man hier von der Natur gelernt, daß tiefes Ein- graben in mäßigfeuchtes und im Feuchtigkeitsgehalt sich möglichst gleich- bleibendes Erdreich ein erprobtes Mittel ist, Waldsamen längere Zeit aufzubewahren und keimfähig zu erhalten. Um nun zu den weiteren Lebenserscheinungen des Keimpflänzchens überzugehen, so kann ich mich dabei hinsichtlich der äußeren Erscheinungen im Allgemeinen auf allgemein Bekanntes beziehen, was wir in unserem Garten kennen gelernt haben und was in der Hauptsache bei den Wald- bäumen nicht anders ist. Das Würzelchen des Keimes, das wir an Fig. XIX. 3 w sehen, dehnt sich, wie wir schon wissen, nach der Sprengung der Samenschale in den Boden eindringend immer mehr aus, jedoch nicht so unmittelbar, daß die Spitze der Wurzel selbst durch Vorschreiten diese Verlängerung bildete. Es findet vielmehr folgender Vorgang statt. An jeder Wurzelspitze, sei es die der Haupt- oder einer Nebenwurzel, bildet sich alsbald bei ihrem ersten Entstehen die sogenannte Wurzelhaube , eine feine Umhüllung der Wurzelspitze aus einem zarten Zellgewebe, welche auf der Wurzelspitze etwa so aufsitzt, wie der Fingerhut auf dem Finger, jedoch so, daß das äußerste Wurzelspitzchen innen im Grunde der Wurzelhaube befestigt ist. Indem nun die feinsten Würzelchen, die Wurzelfasern, Saug- oder Thauwurzeln , Nahrungsflüssigkeit einsaugen, wozu die vielen Pflanzen eigenen Wurzelhaare der Saugwurzeln viel beitragen, verlängern sie sich zugleich — weiter unten werden wir sehen, woher der Stoff zu diesem Wachsthum kommt — aber das Wachsen geschieht nicht an der äußersten Spitze des Würzelchens, welche ja die Wurzelhaube bildet, sondern unter derselben, was wir uns am besten so verdeutlichen können, als wenn unsere Fingerspitze unter dem Fingerhute sich verlängerte. Diese Art des Wachsthums der Würzelchen scheint eine allgemeine zu sein und wir können sie leicht an einigen Meerlinsen (Lemna) in einem Glase Wasser kennen lernen, an deren fadendünnen Wurzeln man auch mit unbewaffnetem Auge die Wurzelhaube leicht sehen kann. Wir wissen schon, daß die von der jungen Wurzel aufgenommene Bodenfeuchtigkeit nach den Samenlappen geleitet wird, um dort die in diesen aufgespeicherten Nahrungsstoffe aufzulösen, die dann zur Ernährung des ganzen Keimpflänzchens, die Wurzel selbst mit inbegriffen, verwendet wird. Zwischen den sich auseinanderbreitenden Samenlappen, von deren Verbindungsstelle an, schiebt sich nun das beginnende Stämmchen empor, wie sich bei den meisten Baumarten, um jetzt bei diesen zu bleiben, von dieser Stelle an auch abwärts ein Stengelgebilde entwickelt, welches wir besonders ansehnlich bei der Buche finden (Fig. XX. , S. 137), und welches man das hypokotyle , d. h. das unterhalb der Kotyledonen stehende Glied nennt. So lange es innerhalb des Samens lag, bildete es das Würzelchen desselben. An dem aufwärtswachsenden Stämmchen bilden sich nun schnell oder vielmehr fast mit ihm zugleich die ersten echten Blätter, die wir im Bohnensamen sogar bereits vorgebildet fanden (Fig. XIX. 3. S. 135). Man bezeichnet sie als die ersten mit dem Namen Herzblätter oder Primordialblätter . Diese weichen bei manchen Bäumen sehr von den Stammblättern ab, wie wir sie schon bei der Bohne einfach sehen, während doch die späteren Stengelblätter dreizählig oder gedreit sind, wie bei dem Klee. So sind z. B. die Herzblätter der Rüster am Rande 10* einfach sägezähnig, die späteren doppeltsägezähnig; bei der Esche sind sie dreizählig, die späteren bekanntlich gefiedert (S. 125); bei der bei uns heimisch gewordenen Robinie ist das Herzblatt einfach und rund, das zweite Blatt gedreit, das dritte fünffiederig und sofort, bis die normale Zahl des reichgefiederten Robinienblattes erreicht ist. Während der ersten Wochen des Lebens einer Keimpflanze ist ihr eine feuchte Luft zu einem gesunden Gedeihen sehr nothwendig und der Forstmann bedeckt in dieser Zeit seine Saatbeete bei trockenem Wetter mit Reisig und dennoch gehen ihm oft die Saaten durch „Sonnenbrand“ zu Grunde. Namentlich das unterhalb der Samenlappen liegende (das hypokotyle) Glied ist sehr empfindlich, besonders bei der Buche und Tanne, deren Erziehung aus diesem Grunde die meisten Schwierigkeiten hat. Je nach der Witterung, der Güte des Bodens und des Samens selbst entwickelt sich nun bis zum Herbste das junge Bäumchen mehr oder weniger kräftig, in der Regel ohne Seitentriebe zu machen. Die durch- schnittliche Höhe, die eine Samenpflanze unserer Bäume im ersten Lebens- jahre erreicht, ist nach den verschiedenen Arten verschieden. Wie das ganze Leben hindurch die verschiedenen Baumarten an ihren Standort verschiedene Anforderungen stellen und von dessen Eigenthüm- lichkeiten mehr oder weniger beeinflußt werden, so ist dies auch schon in ihrer frühesten Jugend der Fall. Namentlich bedürfen die einen in der Jugend Licht und freien Stand, um sich gesund entwickeln zu können, wie Fichte und Eiche; andere können lange Zeit und ohne Nachtheil Be- schattung und Unterdrückung ertragen, um später, wenn sie frei gestellt werden, doch noch zu kräftigem Wuchs sich aufzuraffen, wie das in auf- fallendem Grade der Tanne eigen ist. Bei den meisten Baumarten ist jedoch das erste Lebensjahr von er- heblichem Einfluß auf das ganze übrige Leben oder wenigstens auf eine lange Reihe von Jahren. Eine kräftige Samenpflanze, die auf passendem Boden aus einem gesunden wohlausgebildeten Samenkorn hervorging, ist im folgenden Jahre zum Verpflanzen gut geeignet, wenn es einer Baum- art angehört, welche so junge Verpflanzung erlaubt, oder das gerade vorliegende Bedürfniß diese erheischt. Auf der andern Seite ist jedoch etwas nicht zu übersehen, was wahr- scheinlich von den Walderziehern manchmal übersehen werden mag. Man hat sich für eine Saat den besten, keimfähigsten Samen ver- schafft, man hat sich der Ueberzeugung hingegeben, daß der Boden, den man damit besäet hat, für die gewählte Holzart ganz der geeignete sei und siehe da, der Erfolg entspricht ganz den Erwartungen, der Same geht herrlich auf und im Herbste steht das junge Heer in hoffnungerweckender Kraft da, und man berechnet schon, wie hoch, wenn das so fort geht, etwa in drei Jahren die Kultur sein werde. Aber schon im zweiten Jahre kommt es ganz anders. Der neue Trieb ist äußerst kümmerlich, und im Herbst zeigen sich an den kurzen Trieben nur kleine dürftige Knospen und im dritten Jahre schon gleichen die Bäumchen jungen Greisen, denen man kein langes Leben mehr prophezeien kann. Wir müssen uns überzeugen, daß der Boden der gewählten Holzart dennoch nicht zusagt. Und doch wuchsen im ersten Jahre die Pflänzchen so trefflich! Wir vergessen, daß es damals nicht der Boden war, der sie ernährte, sondern der Nahrungs- vorrath in den Samenlappen, welcher bei der einen Art beinahe allein zu monatlanger Ernährung des Keimpflänzchen ausreicht, bei der andern wenigstens einen wesentlichen Beitrag zur Ergänzung des dem Boden an sich Mangelnden lieferte. Und in dem hier angenommenen Falle kam viel- leicht noch hinzu, daß im Saatjahre während des Aufgehens und der ersten Entwicklung des Samens eine besonders günstige Witterung herrschte. Es hat in früherer Zeit Naturforscher gegeben, welche diese Betheili- gung der Samenlappen an der Ernährung der Keimpflanze so sehr über- sahen, daß sie die voreiligsten Folgerungen machten. Sie ließen Samen in ausgewaschenem und ausgeglühtem Quarzsand, der mit destillirtem Wasser feucht erhalten wurde, keimen. Dadurch war dafür gesorgt, daß den Keim- pflänzchen keine oder wenigstens beinahe keine Nahrungsstoffe von außen zugeführt wurden. Als nun dennoch diese Samen nicht nur keimten, son- dern auch in manchen Fällen sich bis zur Blüthe entwickelten, so sagten sie, daß die Pflanze das wunderbare Vermögen besitze, aus dem Grund- wesen des Wassers alle die Stoffe zu bereiten, aus denen sie besteht. Wir wissen es nun besser und lächeln um so berechtigter über den Irrthum, als zu jenen Versuchen große Samen gewählt worden waren, in denen große Vorräthe von den gedeihlichsten Nahrungsstoffen enthalten gewesen waren. Es giebt, und gerade unter der Baumwelt, Pflanzen, deren Samen allerdings gleich Anfangs an die Bodenernährung gewiesen, die nämlich so klein sind, daß in ihnen kein weit reichender Nahrungsvorrath enthalten sein kann. Dies ist namentlich bei einer Baumgattung der Fall, welche zu den größten Bäumen zählt, nämlich bei den Pappeln, deren Same so klein wie ein Sandkorn ist. Dasselbe ist es mit den den Pappeln ganz nahe verwandten Weiden. Hier muß der Boden sogleich als Ernährer eintreten, bei den am Wasser wachsenden Weiden das Wasser an den Ufern der Lachen, in Buchten der Flüsse und Bäche. Bevor wir in der Betrachtung des Baumlebens fortfahren, müssen wir hier Einiges über die Ernährung der Pflanzen einschalten. Wir be- schränken uns aber dabei auf einige allgemeine Grundzüge, weil ein tieferes Eingehen in diese Lehre uns unausweichlich in die Irrgänge eines noch nicht überall vollständig aufgehellten Gebietes verlocken müßte. Obgleich die Lehre von der Ernährung der Pflanzen seit 1840, wo Liebig durch sein berühmtes Buch Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur und Physiologie. Braunschweig 1840. den Zankapfel unter die Landwirthe und Pflanzen- physiologen warf, tausende von Beobachtungen und Versuchen ins Leben gerufen hat, so ist man doch auch heute noch über einige Grundfragen im Zweifel. Alle Stoffe, aus denen eine Pflanze zusammengesetzt ist, müssen von ihr aus der Außenwelt aufgenommen sein, mit Ausnahme desjenigen An- theils, den sie in den Samenlappen von ihrer Mutter erhielt, welche in letzter Instanz doch ebenfalls denselben Ursprung haben müssen. Gleichwohl finden wir dem äußern Anscheine nach im Boden nichts von alledem, was wir in der Pflanze finden, kein Stärkemehl, keinen Zucker, kein Harz, kein Gummi, keine Pflanzenfaser etc. Wir finden nur die chemischen Elemente zu allen diesen Dingen im Boden und es muß daher die Pflanze die Befähigung haben, aus den Elementen jene Pflanzen- stoffe zusammenzusetzen, was uns mit Nothwendigkeit zu der Annahme hin- drängt, daß das bildende Pflanzenleben wesentlich in chemischen Vorgängen beruhe. Wenn wir eine Pflanze einäschern, so bleibt bekanntlich im Vergleich zu dem bekannteren Gewicht nur äußerst Weniges übrig, was nicht verbrannt ist, die Asche. Es zerfällt daher zunächst die Pflanzenmasse in zwei Klassen, in verbrennliche und in unverbrennliche oder Aschen-Be- standtheile . Jene entweichen in Gasform in die Luft, diese, in der Pflanze vielfältig mit jenen verbunden, trennen sich von ihnen und bleiben fest und unveränderlich zurück, obgleich wahrscheinlich auch sie alle in höhern Hitzegraden gasförmig werden können. Immer bildet das Wasser einen bedeutenden, oft den bedeutendsten, Antheil an der Pflanzenmasse, bei Spargel, Radischen, Rüben über neun Zehntel, bei frischem Holz im Durchschnitt weniger als vier Zehntel. An der Zusammensetzung dieser Pflanzenbestandtheile betheiligt sich von den jetzt unterschiedenen 61 chemischen Elementen Während des Druckes dieses Bogens verbreitet sich die Neuigkeit, daß Bunsen in der neuerbohrten Dürkheimer Soolquelle zwei neue Elemente entdeckt hat, welche dem Kalium zunächst stehen und welche er Cäsium und Rubidium genannt hat. kaum etwa der dritte Theil, und von diesen am wesentlichsten Wasserstoff, Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Calcium, Silicium, Kalium, Natrium, Bittererde. Alle diese Stoffe müssen in wässriger Lösung oder in Gasform der Pflanze dargeboten werden um von dieser aufgenommen werden zu können, da es dieser, mit Ausnahme der Spaltöffnungen (S. 127) an allen Oeff- nungen gebricht, die einen Zugang zu ihrem Innern vermitteln könnten. Namentlich sind die Saugwürzelchen keineswegs etwa als feine Saugröhr- chen aufzufassen, sondern sie bestehen vielmehr lediglich aus Zellen, welche rings von einer zwar feinen aber doch ganz dichten Haut gebildet werden, wie wir sie früher kennen lernten (S. 99). Daß und wie eine Flüssigkeit durch eine dichte Haut hindurchdringen könne, ist erst 1826 durch den Versuch nachgewiesen worden und zwar von dem französischen Naturforscher Joachim Dutrochet zu Chaveau bei Chateau-Regnault. Dieser wurde dadurch der Entdecker eines allgemein geltenden und also höchst wichtigen Naturgesetzes, welches er Endosmose nannte (mit einem ergänzenden Gegensatze: Exosmose), wofür aber in neuerer Zeit die Benennung Diffusion , die allerdings bezeichnender ist, eingeführt wird. Das Wesen der Diffusion besteht darin, daß zwei Flüssigkeiten von verschiedener Dichtigkeit (z. B. Gummiwasser und reines Wasser), welche von einander durch eine dünne organische Haut getrennt sind, so lange durch diese Haut hindurch zu einander übertreten (diffundirt werden), bis beide gleich dicht sind, wonach alsdann die Diffusion aufhört. Man nimmt nun an und darf wohl annehmen, daß die Zellen der aufsaugenden Wurzeln eine Flüssigkeit enthalten, welche eine andere Dichtigkeit hat als das Bodenwasser. Dadurch wird die Diffusion oder Endosmose eingeleitet und von den äußersten aufsaugenden Zellen auf die mehr nach innen liegenden Zellen übertragen, da natürlich auch zwischen diesen und jenen eine Dichtigkeitsverschiedenheit des Zellsaftes vorhanden sein muß. Es beruht demnach das Einsaugungsvermögen der Wurzel auf einem ununterbrochenen, von Zelle zu Zelle fortschreitenden Aus- gleichen der Säftedichtigkeit und auf daran sich nothwendig anschließender fortwährenden Störung der Ausgleichung. Man kann den Vorgang der Endosmose leicht durch einen Versuch kennen lernen. Einen gewöhnlichen Lampencylinder, dessen eine Oeffnung mit dünner Schweinsblase luftdicht und straff verschlossen ist, füllt man etwa zur Hälfte voll Wasser, welchem man durch etwas Zucker, Kochsalz, Gummi oder sonst einen löslichen Stoff eine größere Dichtigkeit gegeben hat. Zu- gleich giebt man noch etwas von einem färbendem Stoff hinzu (der na- türlich vollkommen löslich sein muß), um die Wirkung der Endosmose besser wahrnehmen zu können. Den Glascylinder stellt man nun in ein Glas mit Wasser, so daß nun also auf der einen Seite der Schweins- blase sich z. B. hellroth gefärbtes Gummiwasser, auf der andern reines Wasser, also zwei Flüssigkeiten von verschiedener Dichtigkeit, befinden. Nach kurzer Zeit wird man die Flüssigkeit in dem Cylinder steigen sehen und am Ende des Experimentes hat man innerhalb und außerhalb desselben eine Flüssigkeit von gleicher Färbung und gleichem Geschmack — mit einem Worte von gleicher Dichtigkeit. Je größer, bis zu einem ge- wissen Grade, die Dichtigkeitsverschiedenheit der beiden Flüssigkeiten ist, desto lebhafter findet die Endosmose statt. Die weniger dichte wird von der dichteren mit einer gewissen Kraft durch die Haut hindurchgezogen, während nur ein geringeres Maaß von der dichteren zu der weniger dichten übertritt. Hierauf beruht es, daß der Gärtner saftige Stecklinge erst etwas abwelken läßt, ehe er sie steckt, d. h. er veranlaßt, daß das Zellen- gewebe des Stecklings und namentlich auch an der Schnittfläche einen Theil seines Wassergehaltes verdunstet, wodurch der zurückbleibende Theil verdichtet und also geeigneter wird, die Endosmose, die Wasseraufnahme aus dem Boden, einzuleiten. Die sich hierbei von selbst aufdrängende Frage, ob hierbei die Pflanze nicht genöthigt sei, alles Mögliche unfreiwillig aufzunehmen, hat natürlich alsbald zu Proben veranlaßt, deren Ergebnisse noch zu keiner allgemein angenommenen Entscheidung der Frage geführt haben; jedoch sprechen sehr viele Beobachtungen dafür, daß die Wurzel gleichzeitig in dem ihr darge- botenen Wasser gelöste Stoffe nicht in gleichem Mengenverhältniß auf- nimmt, mithin mit einer gewissen Auswahl zu verfahren scheint. Nicht weniger legt sich uns die Frage nahe, ob die Pflanzenwurzel, wenn die Endosmose die die Wurzeleinsaugung vermittelnde Kraft sein soll, dann nicht auch nothwendig Etwas in den Boden ausscheiden müsse. Nach dem Gesetz von Dutrochet muß dieses allerdings folgerichtig ange- nommen werden und diese Wurzelausscheidung würde nach Dutrochet Exosmose zu nennen sein, denn diese Bezeichnung giebt er der zweiten Hälfte der Erscheinung, dem Aust reten der dichteren Flüssigkeit, während unter Endosmose von ihm das Eint reten der dünneren im engeren Sinne verstanden wird. Auch hierüber ist durch Experimente viel und lange beobachtet worden, mit theils bejahenden, theils verneinenden Resultaten. In neuester Zeit wird namentlich durch Liebig die Ansicht verfochten, daß durch Wurzelausscheidung sich die Pflanze die Stoffe des Bodens vor deren Aufnahme gewissermaßen erst chemisch zubereite, was nicht anders als durch Exosmose geschehen kann. Aus alledem möge für uns hier so viel hervorgehen, daß die Pflanzen- ernährung sozusagen ein viel feinerer, mit viel einfacheren Stoffen ver- fahrender Vorgang sei, als die Ernährung der Thiere. Was wir in diesem Buche hierüber noch weiter aufnehmen dürfen, ohne zu tief in die Pflanzenphysiologie uns zu versenken, soll auf den folgenden Seiten gehörigen Ortes eingeschaltet werden. Bis zum eintretenden Frost ist nun unsere Samenpflanze je nach der Gunst des Bodens und der Witterung mehr oder weniger kräftig herangewachsen und hat sich durch Knospenbildung das Wiedererwachen und Fortwachsen im kommenden Jahre gesichert. Auf die Gestalt des jungen Bäumchens hat namentlich auch dessen Umgebung einen großen Einfluß, ob diese entweder durch „verdämmende“ Nachbarschaft seine freie Entfaltung hemmte, oder ob sie ihm einen ange- messenen Schutz vor austrocknender Wärme und Luft und vor zu viel Licht gewährte, oder endlich ob in Ermangelung dieses Schutzes das junge Bäumchen durch Hitze und Trockenheit kümmerte oder gar zu Grunde ging. Daher ist die Bodenbekleidung in den „Kulturen“, so nennt der Forstmann die durch Saat oder Pflanzung angebauten Flächen, von so großer Bedeutung und hier zeigen sich die verschiedenen Baumarten sehr ungleich in dem höheren oder geringeren Grade, in welchem sie durch die Waldunkräuter leiden oder sogar deren Schutz bedürfen. Nicht selten muß der Forstmann für seine Holzsaaten wenigstens theilweise die Waldunkräuter entfernen und anstatt einer Vollsaat muß er dann Streifen- oder Platz-Saaten anwenden. Wir verlassen nun das junge Bäumchen und setzen unsere Betrach- tung des Baumlebens erst wieder fort, wenn es zu einem großen Baume erwachsen ist. Nur Einiges wollen wir über den dazwischen liegenden Zeitraum noch hinzufügen; zunächst daß derselbe nicht nur bei den ver- schiedenen Arten, sondern auch bei einzelnen Bäumen oder ganzen Be- ständen einer Art sehr verschieden ist, wobei natürlich der Boden von maßgebendem Einflusse ist. Ferner erinnern wir uns jetzt an das, was wir auf S. 13 über den Baum hinsichtlich seines individuellen Abschlusses gesagt haben. Wir konnten bei den meisten Pflanzen, am allerwenigsten bei den Bäumen, nicht wie bei den Thieren sagen, sie sei nun fertig und „ausgewachsen.“ Von zwei gleich alten Eichen kann die eine, die auf gutem Boden steht, noch ganz den Eindruck eines jugendlich kräftigen, immer noch in bedeutendem Maße zunehmenden Baumes machen, während die andere, in schlechtem Boden, bereits den Eindruck des Alters macht. Man bezeichnet es gewöhnlich als einen bemerkenswerthen Lebens- abschnitt, wenn der Baum anfängt zu blühen und Früchte zu tragen , was keineswegs immer um so früher geschieht, je fruchtbarer der Boden ist. Im Gegentheil sieht der Forstmann ein frühes Samen- tragen gewöhnlich als ein Zeichen zu frühen Alterns an, was namentlich bei der Lärche oft eintritt, wenn sie auf ungünstigem Boden steht. Ein sehr fruchtbarer Boden hat in der Regel mehr eine üppige Massenzunahme des Baumes als eine Blüthenentwicklung zur Folge, und letztere beginnt in der Regel erst, wenn der Baum seinem möglichen Umfange bereits nahe ist. Wenn in der ersten Jugend die Pflanzendecke des Waldbodens einen wesentlichen Einfluß auf dessen Entwicklung und Gestaltung hat, so üben später die heranwachsenden Bäume gegen einander selbst einen großen Einfluß aus. Namentlich bei Vollsaaten, besonders wenn der Same recht gut auf- gegangen ist, bilden die heranwachsenden Bäumchen unter sich in einigen Jahren ein so dichtes Gedränge, daß sie einander selbst hinderlich werden. Namentlich bei den Nadelhölzern, wenn sie etwa 4—5 Fuß hoch geworden sind, ist es dann gar nicht möglich hindurchzukommen, und man nennt eine Fichtenkultur nun nicht mehr so, sondern ein Dickicht , nachdem sie vorher eine Schonung geheißen hatte. Es versteht sich von selbst, daß diese sich drängende junge Schaar gar nicht einmal Raum dazu hat, daß alle Einzelnen zu gedeihlichem Wachsthum kommen können. Der Forstmann muß für Platz sorgen. Er kann dies nur durch Herausnehmen des Zuviel bewerkstelligen; entweder durch Herausheben, um die herausgehobenen Bäumchen zu „Pflanzkulturen“ zu verwenden, oder durch Heraushauen. Man darf hier nicht etwa den anscheinend ganz zweckmäßigen Vor- schlag machen, daß man doch lieber gleich zu Anfang nicht mehr Samen ausstreuen sollte, als man Bäumchen haben will. Daß dies selbst bei Saaten nicht zulässig sein würde, begreift sich leicht, weil immer theils eine Menge Samenkörner nicht aufgehen, theils viele junge Pflänzchen in den ersten Lebensabschnitten zu Grunde gehen; aber selbst bei Pflanz- kulturen muß man immer viel dichter, also viel mehr selbst bereits 3—4 Fuß hohe Bäumchen pflanzen, als man auf der Fläche nachher Bäume haben will, weil selbst von diesen viele theils verkümmern und absterben, theils krüppelhaft wachsen und beseitigt werden müssen. Bei den sogenannten reinen Beständen, d. h. denen, welche nur aus einer Holzart bestehen und welche fast nur von Nadelhölzern erzogen werden, kommt noch ein wichtiger Grund hinzu, weshalb man sie gleich von Jugend an in „dichtem Schluß“, d. h. in den Kronen dicht aneinander gedrängt, erzieht, welcher von der Lebens- und Bildungsweise der Bäume abhängig ist. Sehr weitläufig stehende Bäumchen würden, da sie rings um sich einen großen Luftraum zu ihrer Ausbreitung haben, geneigt sein mehr breit in die Aeste als schlank in die Höhe zu wachsen. Letzteres muß aber stattfinden, wenn sie sich gegenseitig am Wachsen in die Aeste hindern und ihnen nur nach oben das Wachsthum freisteht. Hierneben ist noch zu bemerken, daß sehr „räumlich“, d. h. weit von einander ab, gestellte Pflänzlinge lange Zeit alljährlich würden aus- geästet werden müssen, um sie zum Höhenwuchs zu zwingen. Dieses Ausästen besorgt der dichte Schluß von selbst, indem die unten im dichten Schatten sich drängenden Aeste bald absterben und abbrechen, was der Forstmann „reinigen“ nennt. Das Licht- und Luftbedürfniß zieht die im Schluß stehenden Bäum- chen geradezu aufwärts und der Forstmann, der nun daran denken muß, hier Platz zu schaffen und das Gedränge zu lichten, muß seine Wald- arbeiter gut anweisen, welche und wieviel Bäumchen ein Opfer der stehen- bleibenden werden sollen. Als Hauptregel drängt sich hier gewissermaßen von selbst auf, daß man die im Wuchs zurückbleibenden heraushaut und die „wüchsigeren“ stehen läßt. Wann dieses Lichten eines Dickichts anzufangen habe, wie oft es zu wiederholen sei, wie viel herauszuschlagen sei, um einerseits die nöthige Freiheit zu schaffen, andrerseits aber auch die Bäumchen nicht zu „licht“ zu stellen — das ist dem erfahrenen Ermessen des Försters anheim gegeben, wie überhaupt die „Durchforstungen“ — der Kunstausdruck für diese Maßregel des Waldbaues — zu denjenigen Obliegenheiten der Forst- bewirthschaftung gehören, welche die meiste Umsicht erheischen und über die sich am wenigsten eine feste Regel aufstellen läßt. So ist unter mehrmaligen Durchforstungen und während sich die Bäumchen des Dickichts von ihren unteren Aesten gereinigt haben, allmälig die „Altersklasse“ des „Stangenholzes“ herangekommen, so genannt wahrscheinlich deshalb, weil die Bäumchen — besonders die Nadelhölzer — nun bereits ansehnliche, bis 3 oder 4 Zoll am unteren Abschnitt starke hohe Stangen geben, während die Bäumchen, welche aus dem Dickicht herausgenommen wurden, höchstens zu Bohnenstangen dienten. Inzwischen hat sich der Stamm immer mehr im Gegensatz zum Wipfel ausgebildet und unter mehrmaliger Durchforstung sind die bei- sammenstehend belassenen jungen Bäume in immer lichteren Schluß gekommen und haben dadurch, weil jedem der gleiche nöthige Raum ge- boten wurde, auch im Wuchs immer mehr Gleichheit angenommen. Doch ist dabei immer dafür gesorgt worden, daß der junge Bestand in den Wipfeln immer im Schluß bleibt. Wurde dieser zu dicht und begann aufs neue der Wettkampf um Platz und Licht und Luft, so erfolgt wieder- um eine Durchforstung, bis allmälig zuletzt nur so viel Bäume stehen bleiben, als — wenn ein solcher beabsichtigt ist — zu einem geschlossenen Hoch- oder Baumwalds -Bestande erforderlich sind, der dann bis zum Haubarkeits-Alter stehen bleibt, d. h. bis zu der Zeit, wo der Bestand dasjenige Alter erreicht hat, von welchem ab kein erheblicher Zuwachs mehr zu erhoffen ist und welches bei den verschiedenen Baum- arten verschieden ist. Wir haben jetzt das allmälige Heranwachsen des Bäumchens zum Baume Schritt für Schritt verfolgt, wir lernten eine angesäte oder ange- pflanzte Waldfläche der Zeitfolge nach zunächst Kultur, Schonung, dann Dickicht, Stangenholz benennen, bis zuletzt — und wir wurden dabei unvermerkt von einem Nadelholzbeispiele festgehalten — ein reiner Hoch- waldsbestand fertig war, was z. B. bei der Fichte durchschnittlich nach 80 Jahren, das ungefähre Haubarkeitsalter der Fichte, der Fall ist. Diese kurze Bemerkung über das Alter der Haubarkeit einer Baum- art (die „Umtriebszeit“), könnte vielleicht bei meinen Lesern und Leserinnen einigen Zweifel hervorrufen, da ja doch nicht leicht eine Person 80 Jahre hindurch einen aufkeimenden und heranwachsenden Bestand beobachten kann, um obendrein aus vielen solchen Beobachtungen das durchschnittliche Haubarkeitsalter zu bestimmen. Der Zweifel wird schwinden, wenn wir uns an die Jahresringe und an die Länge der Jahrestriebe erinnern (S. 68 u. 90). Zählt man an einem gefällten alten Baume eines Be- standes 80 Jahresringe und findet man die jüngsten Triebe noch ansehn- lich lang, die letzten Jahreslagen auch noch nicht auf ein Minimum reducirt und die Stämme nicht kernfaul, so wäre der Bestand noch nicht haubar gewesen, weil er noch einigen Zuwachs erwarten ließ. Es leuchtet ein, daß aus vielen solchen Untersuchungen für jede besonders beschaffene Lage und Gegend sich das Haubarkeitsalter jeder Holzart annähernd sicher bestimmen läßt. Das Leben des Baumes, welches unter der Gewalt so mancherlei Einflüsse steht, giebt in dieser langen Zeit dem Forstmann unausgesetzt Stoff zu wachsamer Sorge und gar nicht selten zu einschreitenden Maß- regeln, wenn eine unvorhergesehene Wendung der Dinge eintrat, Schnee- druck, Duftanhang, Windbruch, Sonnenbrand, Insektenfraß in den Lebens- verlauf der Bestände störend eingriff. Ja zuweilen ist es nichts von alledem, was ihn nöthigt ein junges Stangenholz oder selbst ein Dickicht abzuhauen, weil im Boden die Wurzeln vielleicht eine undurchlassende oder sonst eine feindselige Schicht erreicht haben, welche plötzlich das freudige Wachsthum unterbricht und es rathsam erscheinen läßt, eine andere Holzart anzubauen, welche diesem schädlichen Einflusse weniger unterworfen ist. Wir begreifen nun besser eine Stelle in unserem ersten Abschnitte (S. 7), welche uns sagte, daß das Amt eines Försters auch seine Sorgen und Bekümmernisse hat. Nachdem wir nun in Gedanken den Baum vor uns heranwachsen ließen, müssen wir nun sehen, wie sich das Leben in ihm regt und bewegt, wie es alljährlich Neues entfaltet und gestaltet. Wir treten darum an irgend einen erwachsenen Baum heran und lassen uns von der erfahrenen Wissenschaft erzählen, was in ihm und äußerlich an ihm vom ersten Frühjahrserwachen an bis zum Eintritt des Winters geschieht. Wir wählen eine Buche in einem Laubholz-Mittelwalde, d. h. einem aus verschiedenen Laubholzarten in der Weise zusammengesetzten, daß hohe und alte Bäume in weitläufiger Stellung ein dichtes Unterholz überragen. Der Schnee ist schon seit einigen Wochen beseitigt und auf ent- blößteren Stellen sprossen auch schon die ersten Spitzchen von allerhand Waldkräutern hervor. Wann, d. h. in welchem Monate und in welcher Woche des Monates dies sei, hängt von dem Wetter ab, welches das Amt der Schlüssel verwaltet, zu binden und zu lösen das der Befreiung harrende Baumleben. Während des Winters war Alles still im Baume, wenigstens hat man durch Beobachtungen nicht das Gegentheil gefunden. Das Holz ist zwar nicht saftlos und trocken; im Gegentheil im todten Winter gefälltes Holz gehört zu dem schwersten und wasserreichsten. Ob bei strenger Kälte der Saft in den Bäumen sich in gefrorenem Zustande befinde, ist oft bestritten und oft behauptet worden und wird beides wohl jetzt noch. Daß man die Holzgefäße während großer Kälte gefällter Bäume deutlich mit zu Eis erstarrtem Safte erfüllt fand, wollen Viele nicht als einen Beweis ansehen, weil diese Erstarrung auch erst nach dem Zerspalten des Stammes stattgefunden haben könne, wie ja bekanntlich tief unter den Gefrierpunkt erkaltetes Wasser, so lange es in vollkommener Ruhe sich befindet, flüssig bleibt, aber in dem Augenblicke, wo es erschüttert wird, sofort zu Eis erstarrt. Daß hohe Kältegrade einen Einfluß auf die Bäume ausüben, beweisen die Frostrisse , deren im Namen ausgedrückter Ursprung jetzt wohl nicht mehr bezweifelt werden kann. Die Stämme springen dann in einem oft viele Ellen langen Risse auf, welche meist später wieder vernarben. Diese Frostrisse entstehen plötzlich und Viele wollen den damit verbundenen Knall gehört haben. Jedoch sind die erwähnten Vernarbungen früherer Risse wohl in vielen Fällen die Ausheilungen von Blitzschlägen, von welchen die Bäume oft getroffen werden. Der nöthige Temperaturgrad des Bodens und der Luft, an welchen der Beginn der Saftbewegung im Baume gebunden ist, zeigt sich für die verschiedenen Holzarten verschieden, was sich schon äußerlich durch die verschiedene Ausschlagszeit ausspricht, wenn schon natürlich lange vor der Entfaltung der Knospen die Wurzel ihr Geschäft der Nahrungsaufnahme beginnt. Das Erwachen des Baumlebens im Saftsteigen ist schon von Alters her als der Markstein des Frühlingseintrittes angesehen worden und eine Menge alter Volkssprüche beziehen sich auf denselben. Es ist dabei der Baum nicht als Ganzes thätig, indem zu seiner Zeit auch am Abhiebe der Wurzelstöcke, die in der vorausgegangenen Winterszeit abgehauen wurden, der Saft in Masse hervorquillt, also hier die allein im Boden zurückgebliebene Wurzel die Nahrungsaufnahme vollzieht, als wenn sie ihren Stamm noch trüge. Diese Erscheinung ist sehr geeignet, die Zeit des Eintretens des Saftstromes zu bestimmen, vorausgesetzt daß sie in solchen Wurzelstöcken dieselbe wie in stehenden Bäumen und nicht vielmehr durch den gewaltsamen Lebenseingriff des Fällens gestört worden ist. Hier muß noch einer auffallenden Erscheinung ähnlicher Natur gedacht werden, woraus ebenfalls eine partielle Bewegung des Saftes hervorzu- gehen scheint; man beobachtete nämlich, daß ein einzelner Zweig, welchen man während des Winters durch eine Oeffnung am Fenster in ein geheiztes Zimmer hereingezogen hatte, die Knospen öffnete und sich be- laubte, während draußen der Baum übrigens in der Winterruhe blieb. Von der reichlichen Fülle des Saftstromes kann man sich leicht über- zeugen, wenn man kurz vor dem Eintritt desselben einem Baume einen seiner untersten nicht zu starken Aeste bis auf einen kurzen Stummel absägt, indem dann in den Stunden des lebhaftesten Saftstroms eine förmliche Quelle von Frühjahrssaft aus der Wunde herabträufelt. Unter dem Namen des „Thränens“ ist der Saftstrom von der Weinrebe längst bekannt und hier schon 1727 von Stephan Hales seine treibende Gewalt gemessen worden. Durch eine aufgesteckte doppelt gekrümmte in der Biegung mit Quecksilber gefüllte Barometerröhre fand er, daß der Saftstrom dem Druck einer Quecksilbersäule von 38 Zoll die Waage hielt, also den Druck der Atmosphäre überwand. Diese Gewalt des emporsteigenden Saftstroms schien eine treibende oder eine hebende Kraft vorauszusetzen, die man lange Zeit an ver- schiedenen Stellen des Baumes und selbst des Bodens vergeblich suchte, bis man in neuerer Zeit in der uns bereits bekannten Endosmose wenig- stens den hauptsächlichsten Grund dieser Erscheinung gefunden hat. Doch ist anzunehmen und zum Theil auch bereits nachgewiesen, daß hier nicht blos Wärme und Licht, sondern auch andere Kräfte mitwirken mögen. Es giebt viele Beobachtungsreihen über die Zeit des beginnenden Saftstroms, die jedoch nach der Lage des Beobachtungsortes und auch nach der Witterung des Beobachtungsjahres nur schwankende und daher auf Mittelwerthe zu berechnende Ergebnisse lieferten. In Prag z. B. hat Fritzsch das Ende der Winterruhe der Bäume, die er wesentlich nach dem Safteintritt bestimmte, in der Mitte des März gefunden und rechnet genauer ausgedrückt die Dauer der Vegetationsperiode vom 11. März bis zum 10. November, also auf 245 Tage oder fast doppelt so lange als die Zeit der Winterruhe. Der erforderliche Wärmegrad, der an den verschiedenen Orten und zu verschiedenen Jahren sehr verschieden sein kann, verschiebt natürlich die Zeit des Safteintritts. Wenn man den vollkommen wasserhellen und in den meisten Fällen auch geschmacklosen Frühjahrssaft chemisch untersucht, so zeigt er sich von dem Bodenwasser sehr verschieden; er muß also innerhalb des Baumes bereits eine Veränderung erlitten haben. Er enthält in verschiedenen Verhältnissen Gummi, Dextrin und Zucker. Seinen Reichthum an organischen Substanzen kann man leicht daraus abnehmen, daß auf den Schnittflächen der Stöcke kurz vorher gefällter Bäume der heraus- quellende Frühjahrssaft an der Luft in Fäulniß übergeht und meist eine mennigröthliche Farbe und rahmartige Consistenz annimmt. Diese Bereicherung erfährt der aus dem Boden aufgenommene Früh- jahrssaft durch die in den Zellen des Holzkörpers der Wurzel, des Stammes und der Zweige, besonders in den Markstrahlenzellen aus vorigem Jahre aufgespeicherten Stoffe, unter denen Stärkemehl der wichtigste und reichlichste ist. Zur Verflüssigung dieser festen Reservenahrung ist die aus dem Boden in die Wurzel eingetretene und in dieser von Zelle zu Zelle aufwärts gedrungene Flüssigkeit dadurch besonders geeignet, daß sie reich an Kohlensäure ist, außer welcher sie aufgelöste Bodensalze enthält. Das von den Wurzelspitzchen endosmotisch aufgesogene Wasser gelangt sofort in die Axe derselben, welche aus gestreckten, also leitenden Zellen und Gefäßen besteht und sich schon in den feinsten Wurzelverzweigungen als ein centraler Holzkörper der Rinde gegenübersetzt. Da alle Wurzel- verzweigungen unter sich und mit dem Stamm und dieser wieder mit der Verzweigung der Krone in unmittelbarem Zusammenhang stehen, so ge- schieht die Verbreitung des rohen Nahrungssaftes, wie man den Früh- jahrssaft auch nennt, im ganzen Holzkörper sehr schnell. Im Anfange beschränkt sich diese Saftleitung auf den Splint (S. 108), erstreckt sich aber zuletzt auf den gesammten Holzkörper. Wir schalten hier die Betrachtung der Fig. XXI. ein, welche ein sehr kleines Stückchen Buchenholz in etwa 200 maliger Vergrößerung dar- stellt, um das feine Holzgewebe mit seinen zahllosen unendlich kleinen Räumen kennen zu lernen, in denen der Saft von Zelle zu Zelle vor- wärts dringt. Wir unterscheiden darin zweierlei Grundorgane: Zellen, p, pr und m , und Gefäße g, und zwar von ersteren drei verschiedene Abänderungen. Zunächst unterscheiden wir kurze und gestreckte Holz- zellen; jene bilden das sogenannte Holzparenchym, pp , und die Mark- strahlen m m m in welchen Stoffe gebildet und umgebildet werden und in denen man daher auch Stärkemehl während der Winterruhe findet; diese, die gestreckten Zellen pr , heißen auch Prosenchymzellen und dienen vermöge ihrer gestreckten Gestalt zur Saftleitung. Beide haben Roßmäßler, der Wald. 11 häufig getüpfelte Zellenwände, d. h. diese haben punktförmige unverdickt gebliebene Stellen, in denen die übrigens verdickte Zellenwand für Flüssig- keiten leicht durchdringbar bleibt. Von den Längsdurchschnitten der Scheide- wände von je zwei benachbarten Zellen sind beispielsweise vier mit q q q q XXI. Gewebe des Buchenholzes (Schnitt parallel mit der Rinde, Sekantenschnitt, S. 88) 200 mal vergrößert. g g g g g punktirte Gefäße (S. 100) — p p kurze Zellen mit nur wenig schrägen Böden, Holzparenchym (S. 100); — pr pr gestreckte Zellen mit sehr schrägen Böden, Prosenchym (S. 100); — m m m querdurchschnittene Markstrahlen (S. 89); — q q q q vier beispiels- weise bezeichnete Längsscheidewände gestreckter Zellen, an deren ersteren beiden man die querdurchschnittnen Tüpfel sieht. bezeichnet und von diesen haben die beiden zumeist lings liegenden solche Tüpfel und erscheinen dadurch perlschnurförmig. Am meisten in die Augen fallend obschon am kleinsten sind die Zellen der Markstrahlen, m m m (zwei weitere Markstrahlen fallen in das Innere des Bildes und konnten daher am Rande nicht bezeichnet werden). Die Zellen der Holzmarkstrahlen erscheinen auf dem senkrechten Quer- schnitte immer rund und geben den Markstrahlen eine Aehnlichkeit mit den alten Kirchenfenstern mit kleinen runden Scheiben, namentlich bei der Eiche und Buche, — welche dicke und feine Markstrahlen zugleich haben (S. 89) — die dickeren, deren wir zwei an unserer Figur sehen. Diese, in der Längsrichtung des Markstrahls nur wenig oder nicht gestreckten, echten Parenchymzellen sind, wie wir dies bereits wissen, die hauptsäch- lichen Bildungsstätten der Stärkemehlvorräthe für die folgende Vegeta- tionsperode. Zwischen den Zellen des Holzes vertheilt sehen wir nun ferner die Gesäße g , und zwar getüpfelte Gefäße, deren 5 theilweise auf unser Bild fallen, von denen 2 (rechts) mit ihren Enden aneinander stoßen und durch eine schräge Scheidewand getrennt sind. In allen diesen Grundorganen des Holzgewebes unserer Buche wie aller Bäume steigt der rohe Nahrungssaft aufwärts, denn es ist dieses, was lange von Einigen bestritten wurde, auch in den Gefäßen der Fall. Durch die Tüpfel der Zellen- und Gefäßwände wird die Saftleitung sehr gefördert, indem die Endosmose durch unmittelbares Eintreten des Saftes aus einem Grundorgan in das andere unterstützt wird, weil die Tüpfel wenigstens zum Theil durch Verflüssigung (Resorption) zu wirklichen Löcherchen oder Spaltchen werden. Bedenken wir, daß ein Kubikzoll Buchenholz aus vielen Tausenden von Zellen besteht, und in den meisten Zellen eine Menge Tüpfel sind, so müssen wir staunen über die millionenfache Zertheilung des Saftstromes und wir ahnen die Feinheit im Detail dieser mit so großer Gewalt statt- findenden Bewegung. Indem der Saft aufwärts strömt, beladet er sich je höher er kommt immer mehr mit der seiner harrenden Reservenahrung vom vorigen Jahre, die er auflöst, und ist daher je höher wir ihn abzapfen, wir kennen das süße Birkenwasser, desto reicher an aufgelösten Stoffen. In den vorjährigen Trieben angelangt tritt er an die unteren Enden der Knospen, in deren Axe (S. 67. Fig. V. 1* 2* 3* 4*) er auf ein sehr kleinzelliges Markgewebe trifft, dessen Zellen vollgestopft sind von assimilirten Stoffen, unter denen Proteinstoffe vorwalten, jene wich- tigen stickstoff- und schwefelhaltigen Verbindungen, ohne welche keine Neu- bildung im Pflanzenkörper stattzufinden scheint. Die Lehre vom Baumleben hat hier Manches noch nicht vollständig aufgehellt. Namentlich ist es noch unbekannt, welche Wechselwirkung zwischen den proteinreichen Stoffen der innern Knospentheile und des ankommenden Frühjahrssaftes besteht und ob wirklich die Entfaltung der 11* Knospen ohne Betheiligung des letzteren stattfindet oder wenigstens be- ginnt, was durch den auf S. 159 angeführten Fall eines selbstständig ausschlagenden in ein warmes Zimmer gezogenen Zweiges wahrscheinlich gemacht wird. Nachdem später die Blätter sich vollständig entfaltet haben, hört der mächtige Strom des Frühjahrssaftes auf, wenn es nicht vielleicht richtiger ist zu sagen: er setzt sich mit dem Verbrauch durch die Blätter in’s Gleich- gewicht; denn daß die Wurzel nicht aufhört Bodenwasser aufzunehmen und stammaufwärts zu schicken erhellt aus dem Verdorren der Baum- kronen bei lange anhaltender Wärme und Trockenheit. Doch wir kehren nun vorbereitet zu den Erscheinungen des Baum- lebens vom ersten Erwachen an zurück. Es beginnt nun in den Knospen ein reges Bildungsleben und wir wissen es schon, daß in ihnen der neue Trieb mit allen Blättern, oder wenigstens ein guter Theil davon, bereits vorgebildet als kleine Anfänge vorhanden ist (S. 65 f. ). Namentlich an der Buche sieht das kundige Auge schon vor dem ersten Aufbrechen der Knospen, wenn dasselbe eben ganz nahe bevorsteht, eine Veränderung, die recht eigentlich in einer Summirung vieler fast unsichtbar kleiner Sümmchen beruht. Die großen spindelförmigen vom Triebe weit abstehenden Knospen der Buche (S. 60. III. Fig. 9) ver- mögen durch ihr Anschwellen einem aus der Ferne gesehenen Buchen- bestande eine bemerkbare Füllung und Färbung zu geben. Die Art und Weise wie die jungen Blättchen in der Knospe unter- gebracht und dabei verschiedentlich zusammengefaltet und gewunden waren, bedingt nun eine große Manchfaltigkeit der Bilder, welche die sich ent- wickelnden Knospen darbieten. Dabei spielen die, vielen Bäumen eigenen, bereits erwähnten Nebenblättchen eine nicht unbedeutende Rolle, was z. B. auch bei der Buche der Fall ist. Sie zeigt uns zugleich durch ihre Knospenentfaltung, daß am Triebe die Blätter (wenn sie nicht gegenständig stehen) stets in Schraubenlinien gestellt sind, so wenig dies auch nachher, nachdem der Trieb mit seinen Blättern in seiner ganzen Länge hervorgetrieben ist, noch auffällt. Eine Buchenknospe bildet nach dem Aufbrechen der Knospe einen zierlichen Trichter, gebildet durch die Spiralstellung an dem noch ganz kurzen Triebe. Dieser Zustand währt aber nur kurze Zeit, indem der sich streckende Trieb die Blätter aus einander zieht und sich diese dann schnell nach zwei Seiten wenden, so daß sie in einer Ebene liegen. XXII. Entfaltung der Buchenknospe. XXIII. Knospenentfaltung des gemeinen Ahorn, Acer pseudoplatanus. Wir sehen diese Entwicklungsweise der Buchenknospe in Fig. XXII. und vergleichen damit die der Bergahornknospe als der eines Baumes mit kreuzweise gegenständigen Knospenschuppen und Blättern, Fig. XXIII. An der Buchen- und vielen anderen Knospen stehen nach ihrer Ent- faltung neben jedem Blatte 2 zungenförmige bald abfallende Nebenblättchen, welche anderen Bäumen, z. B. dem Ahorn fehlen. Dagegen zeigt uns dieser in auffallender Weise, daß die Knospenschuppen nicht immer blos eine passive Umhüllung des jungen Triebes sind, sondern daß dieselben je weiter sie nach innen zu stehen, desto mehr Leben und Entwicklungsfähig- keit zeigen, denn wir sehen die innern Knospenschuppen zu langen zungen- förmigen Blattgebilden ausgewachsen, welche aber dann so wie die ersteren sich nicht weiter entwickelnden bald abfallen (Fig. XXIII. ). An manchen Bäumen sind die Knospenschuppen besonders deutlich als äußere eigentliche, blos mechanische Hüllen, welche sich bei der Ent- faltung nicht oder nur sehr wenig verändern sondern blos auseinander gedrängt werden, und als lebendige entwicklungsfähige innere zu unter- scheiden, welche, da sie bedeutend auswachsen, sogar vielleicht an der Er- nährung des sich entfaltenden Triebes Theil nehmen. XXIV. Weiter entfaltete Ahornknospe, welcher die Nebenblättchen fehlen. Im letzteren Falle sind die innern entwicklungsfähigen Schuppen ent- weder wirkliche Schuppen, welche zu den jungen Blättchen keine Beziehung haben, wie uns dies der nebenstehende Umriß einer weiter entfalteten Ahornknospe zeigt (Fig. XXIV. ), oder sie sind gar nicht eigentlich Schuppen, sondern Schuppendienste verrichtende After- oder Nebenblättchen, deren je 2 zu einem der in der Knospe enthaltenen Blättchen gehören, wie z. B. bei der Buche, Linde und dem Hornbaum, Fig. XXV. Die Linde hat genau blos 2 eigentliche Knospenschuppen, welche bei der Knospenentfaltung nicht die mindeste Veränderung erleiden, sondern auseinander gedrängt und dabei oft zerschlitzt und bald hart und trocken werden und abfallen. Wir sehen dies an drei Entfaltungsstufen der Lindenknospe. Zunächst werden deren 2 eigentliche Knospenschuppen von dem sich ausdehnenden Triebe, der von schnell wachsenden Schuppen noch eine Zeit lang um- schlossen bleibt, überwachsen, XXV. 1., und immer weiter auseinander XXV. Entfaltung der Lindenknospe . gedrängt von dem sich nun entfaltenden Triebe, XXV. 2., an dem endlich deutlich wird, daß die nun sichtbar werdenden langen zungenförmigen Schuppen wirkliche wenn auch hinfällige Nebenblättchen sind, deren je 2 zu einem Blatte gehören, XXV. 3. Dasselbe ist es bei mehreren anderen Baumarten; ja die Erle hat streng genommen gar keine eigentlichen Knospenschuppen, denn bei der Knospen- entfaltung bemerkt man, daß die Schuppen wahre Nebenblättchen sind, und die Stelle der fehlenden Kospenschuppen vertreten. Um dies zu sehen muß man den schnell verlaufenden Akt der Knospenentfaltung wohl beobachten, weil die Nebenblättchen des untersten Blattes sehr bald ab- fallen, nachdem sie sich zurückgekrümmt haben. Wir erkennen hierin die Einheit und verwandtschaftliche Zusammen- gehörigkeit aller Blattgebilde, auf welche schon S. 130 hingewiesen wurde und welche sich sehr oft dadurch ausspricht, daß durch bedingende Umstände (die wir freilich in ihrem speciellen Einfluß kaum nachweisen können) aus der Anlage eines Blattes — in dieser allgemeinen Auffassung des Wortes — ein anderes Blattgebilde wird, als der Regel nach hätte werden sollen. Blätter verwandeln sich in Kelchblätter, Kelchblätter in Blumenblätter, Staubgefäße und Stempel in Blumenblätter. Auf dieser wesentlichen Einheit aller Blattgebilde, zu denen also auch die Befruchtungswerkzeuge der Blüthe gehören, beruht die Füllung vieler unserer Gartenblumen und manches andere Ergebniß der Gärtnerei. Es wird daher an dieser Stelle angemessen sein, neben dem Begriff des Blattes im alltäglichen engeren Sinne die Niederblätter und die Hochblätter zu erklären. Beide Benennungen sind von der Stellung im Verhältniß zu den echten Blättern — die nun zum Unterschied von jenen Laubblätter oder Vegetationsblätter zu nennen sind — aufzufassen, nicht von ihrer geringeren oder höheren Ausbildung. Die Blattgebilde, welche an der Pflanze eine tiefere Stelle als ein Bege- tationsblatt einnehmen, heißen Niederblätter, z. B. die breiten ange- drückten dreiseitigen Schuppen am Spargelschoß. Niederblätter sind nun auch die Knospenschuppen und wir fanden eben jetzt zwischen ihnen und den Nebenblättern, welche ebenfalls Niederblätter sind, eine nahe verwandt- schaftliche Beziehung. Hochblätter sind diejenigen Blattgebilde, welche über einem Vege- tationsblatte und vielmehr in einer örtlichen Beziehung zu der Blüthe stehen. Wir sehen ein schuppenförmiges Hochblatt an der einzelnen freilich auf das einfachste Maaß beschränkten weiblichen Blüthe der Kiefer in Fig. XVI. 6 und 7 (S. 124) als ein weißliches angedrücktes Gebilde neben der braunrothen in ein Spitzchen endenden runden Blüthenschuppe stehen. Von unseren Bäumen hat die Linde ein am meisten entwickeltes Hochblatt, das bekannte zungenförmige gelbliche Blatt, welches in seiner Mittelrippe zum Theil mit dem Blüthenstiele verwachsen ist. (Siehe später unsere Abbildung der Lindenblüthe). Gewöhnlich stehen diese Hoch- blätter dicht unter der Blüthe und heißen Deckblätter weil sie die Blüthe während des Knospenzustandes decken. Die Deckblätter sind für die Blüthe das, was für die Blätter die Nebenblätter sind. Meine Leser und Leserinnen werden bei vielen unserer Wiesen- und Gartenblumen neben den Blüthenstielen ein meist einfachlanzettförmiges Deckblatt finden. Nachdem die Befreiung des in der Knospe eingeschlossenen Triebes begonnen hat, treibt dieser mehr oder weniger schnell hervor und erreicht damit entweder (wie bei der Buche) schon nach sehr kurzer Zeit seinen Abschluß oder der Trieb wächst beinahe die ganze Vegetationsperiode hin- durch an der Spitze fort, welches letztere besonders bei Stock- und Stamm- Ausschlägen stattfindet. Wie ungleichzeitig die Triebentfaltung bei den verschiedenen Baum- arten stattfindet, davon ist z. B. Buche und Eiche im Vergleich zu der Traubenkirsche, Prunus Padus , ein Beleg. Während die Knospen der ersteren noch vollkommen geschlossen sind, hat sich letzterer bereits voll- ständig belaubt und junge Triebe von 6—8 Zoll mit ganz ausgewachsenen Blättern gemacht. Geschützter sonniger Stand übt außerdem einen beschleunigenden Ein- fluß auf die Knospenentfaltung aus. Die Blätter erlangen meist sehr schnell ihre volle Größe und zwar zugleich durch einfache Ausdehnung aus ihrer zusammengefalteten Knospen- lage (S. S. 67), und durch Zellenvermehrung in ihrem Innern. Dabei erfahren die Blätter mancher Baumarten eine bedeutende Farbenänderung; nicht nur daß das anfänglich gelbliche Grün allmälig bestimmter und dunkler wird, sondern bei manchen, z. B. bei der Espe und noch ent- schiedener bei dem Weißdorn, Crataegus oxyacantha , sind sie anfangs braunroth. Diese Jugendfarbe findet sich namentlich an den Trieben, welche später und daher unter intensiverer Licht- und Wärme-Einwirkung erwachsen, z. B. an beschnittenen Weißdornhecken. Was nun die Lebensverrichtungen der Blätter betrifft, so ist diese, wenn wohl auch nicht allein aber doch im Wesentlichen eine assimilirende zu nennen, d. h. die in die Blätter aus dem Triebe eintretende Nahrungs- flüssigkeit, deren Beschaffenheit wir bis hieher kennen gelernt haben, wird in ihnen immer mehr veredelt, zu Neubildungen, die aus ihr hervor- gehen sollen, immer mehr geeignet gemacht. Wir unterscheiden daher am passendsten an diesen Orte den noch unassimilirten Frühjahrssaft als rohen Nahrungssaft von dem Bildungssaft, der aus jenem durch die Blätter gemacht wird. Wenn wir einen vergleichenden Blick auf ähnliche Vorgänge im Thierkörper thun wollen, so könnten wir die Blätter demnach Verdauungs- organe nennen, wobei wir uns jedoch hüten müssen, die Blätter ihrer Geltung nach den Verdauungsorganen des Thieres gleich zu stellen. Man hat die Blätter auch Athmungsorgane genannt, weil sie durch Vermittlung der Spaltöffnungen (S. 127) gasförmige Stoffe aus- und wahrscheinlich auch eintreten lassen. Dieses Athmen der Blätter steht aber mit der Zubereitung des ihnen zuströmenden rohen Nahrungssaftes in unmittelbarem Zusammenhange, indem von diesen der überschüssige Theil an Wasser in Gasform und außerdem namentlich Sauerstoff ausgehaucht wird. Obgleich wir es bisher schon mit Zellenbildung zu thun hatten, so sei doch hier erst über dieselbe Einiges gesagt, weil mit der Entfaltung der Knospen die Massenzunahme des Baumes am entschiedensten beginnt und ein Baum um so stärkere Jahresringe ansetzt, je vollständiger er be- laubt ist. Es ist schwer das Verhältniß der Zeit genau anzugeben, in welchem die Blätterentfaltung zu dem Beginn der neuen Holzlage unter der Rinde steht, obgleich so viel wohl fest steht, daß letztere ohne die Blätter, die den Stoff dazu vorbereiten, nicht möglich ist. Der in den Blättern geläuterte und gestaltungsfähig gewordene Bildungssaft steigt nun im Baume abwärts. Sowohl diese auffallende rückgängige Bewegung an sich ist lange Zeit ein Gegenstand der Unge- wißheit und des Meinungswiderstreites gewesen als auch der Ort, das Gewebe, in dem dieser Strom stattfindet. Was den ersten Punkt betrifft, so ist es zwar schon früher von der Mehrheit angenommen aber erst in neuester Zeit durch Hausteins mit größter Umsicht angestellte Experimente unumstößlich nachgewiesen worden, daß der Bildungssaft wirklich abwärts strömt, mithin der Zuwachs von oben nach unten fortschreitet. Um uns dies klar zu machen, müssen wir vorher den andern Punkt feststellen. Wenn auf Seite 15 gesagt wurde, daß der Bildungssaft zwischen Rinde und Holz abwärts strömt, so ist dies nicht so zu verstehen, als dränge er dabei diese beiden auseinander und ströme nun frei in der da- durch gebildeten Kluft, sondern es ist dabei vorläufig auf die allgemein bekannte Erscheinung, vielleicht zu sehr, Rücksicht genommen worden, daß man im Frühjahr eine geschälte Weidenruthe von einer Flüssigkeit benetzt findet, als sei dieselbe eben zwischen Rinde und Holz gewesen. Die Thatsache kennen die Knaben sehr gut, denn sie ziehen mit Leichtigkeit ein längeres Rindenrohr von der Weidenruthe ab, nachdem sie vorher durch Schlagen und Drücken die Rinde gelockert haben. Aber eben diese nöthige Vorbereitung beweist, daß der Saft nicht frei zwischen Rinde und Holz eingeschlossen war, sonst würde jenes Klopfen und Drücken nicht nöthig sein und das Rindenrohr sich auch ohne dieses leicht abziehen lassen. Vielmehr muß der Saft in einem zarthäutigen, locker verbundenen Ge- webe eingeschlossen sein, welches eben durch jene Vorbereitung leicht zer- rissen und von dem Holze abgelöst wird. Von dem Vorhandensein dieses Gewebes kann man sich leicht überzeugen, wenn man mit dem Messer- rücken diesen vermeintlichen etwas schleimigen Saft zusammenstreicht. Man findet nicht einen solchen, sondern vielmehr einen schleimigen Brei, der sich mit der Lupe als aus zarthäutigen Zellen bestehend erweist, wenn man ihn in klarem Wasser sich ausbreiten läßt. Wir haben hier also einen bereits fertigen Theil der neuen Holzlage. Wenn nun also dieser nur dem oberflächlichen Anschein nach freie Saft schon nicht mehr der Bildungssaft ist, sondern daraus bereits ge- staltetes zartes Gewebe, so müssen wir ihn anderswo suchen. Wir wissen schon, daß diejenigen Grundorgane, welche die Saft- leitung besorgen, lang gestreckt sein müssen, während die sogenannten kurzen, d. h. nach keiner Richtung vorwaltend ausgedehnten Zellen mehr der Verarbeitung des Saftes (Assimilation) dienen. Sowohl im Holze, wie in der Rinde finden sich gestreckte Zellen, in ersterem außerdem noch die besonders langen feinen Gefäßröhren. Da aber in dem Holze der aufwärts gerichtete Strom des rohen Nahrungs- saftes stattfindet, so ist schon deshalb nicht anzunehmen, daß der abwärts strömende Bildungssaft denselben Weg nehmen werde, wie anderseits dieses auch durch unmittelbare Beobachtungen widerlegt ist. Es bleibt also nur das Rindengewebe als die Bahn für den Bildungssaft übrig und zwar sind es in diesem die sehr langgestreckten Bast- zellen, in denen der Bildungssaft abwärts geleitet wird . Da aber nicht alle Bäume in der Rinde solche eigentliche, d. h. lang- gestreckte beiderseits spitz endende Bastzellen haben (S. 113), und diese, wo sie da sind, meist außerordentlich dickwandig und daher wenig geeignet für endosmotische Durchdringung eines concentrirten Saftes erscheinen, so könnte allerdings an dieser Saft-Leitung der Bastzellen, wenigstens der älteren, so dickwandigen, daß ein Querschnitt kaum noch einen Zellenraum zeigt, gezweifelt werden. Jedoch sprechen die Versuche dafür. Was nun die abwärts gerichtete Strömung des Bildungssaftes be- trifft, so hat man schon seit alter Zeit den bekannten Zauberring der Gärtner als einen Beweis dafür betrachtet. Dieser besteht bekanntlich darin, daß man an einem stärkeren Zweige eines Obstbaumes nach dem Ansetzen der Früchte einen ringförmigen Schnitt durch die Rinde bis auf das Holz macht, oder einen schmalen Rindenring ablöst, in Folge dessen man dann an diesem Zweige die Früchte vollkommener werden sah. Man schloß daraus — und die sorgfältigen Versuche der Neuzeit haben es bestätigt — daß durch den Zauberring die Bahn des abwärts strömenden Bildungssaftes unterbrochen und dieser dadurch genöthigt werde, sich ober- halb des Schnittes zu verwerthen. XXVI. a b von der Rinde entblößte Strecke; — über a Wulstbildung von dem abwärts strebenden Cambium gebildet; — b c abgestorbene und festgetrocknete Rinde; — unterhalb c d hat Zuwachs stattgefunden durch Vermittlung des Zweiges e. Schält man im Frühling an einem Stämmchen oder Zweige etwa eine Elle unter der Spitze ein ungefähr zollbreites Rindenband ringsum ab und trocknet man dann den entblößten Holzring sorgfältig ab, so zeigt sich nach einem Jahre Folgendes: Das entblößte Holz a b hat sich keineswegs mit neuer Rinde be- kleidet, sondern zeigt sich vielmehr trocken und mißfarbig, wie abgestorben, was es bis auf einige Tiefe auch wirklich ist; es hat sich nicht nur keine neue Jahreslage gebildet, sondern wenn wir nach dem Abschälen den Durchmesser der entblößten Stelle genau gemessen hätten, so würden wir nun dieselbe durch oberflächliche Vertrocknung sogar etwas schwächer finden. Oberhalb und unterhalb der geschälten Stelle hat sich in der Zeit ganz Verschiedenes ergeben. Ueber a hat sich nicht nur eine merkliche Wulst gebildet, sondern der ganze Zweig hat im Umfang etwas zugenommen, ebenso wie man an der nicht mit abgebildeten Zweigspitze die hinzuge- kommenen Jahrestriebe normal finden würde. Namentlich aber die Wulst a zeigt deutlich, daß hier ein Saftandrang stattgefunden hat, welcher hier nicht weiter konnte und die Wulst bildete. Ganz anders sieht es unter der geschälten Stelle von b an abwärts aus. Eine Strecke weit, bis an die schräge Grenzlinie c d ist die Rinde verschrumpft und ganz fest auf- getrocknet. Von dieser Linie an abwärts, wo links bei e ein Zweig ab- geht, ist die Rinde aber wieder frisch und prall und der Zweig zeigt auch Dickenzunahme. Alle diese Erscheinungen beweisen für den abwärts ge- richteten Strom des Bildungssaftes, so wie dafür, daß dieser in der Rinde statthat, daß sich die Rinde auf einer geschälten Stelle nicht wieder erzeugt, und daß das Holz aus sich ohne Beihülfe der Rinde keine neue Holzschicht erzeugen kann. Da wir die assimilirende Lebensaufgabe der Blätter und die des Holz- körpers bereits kennen, so ist uns nun alles das, was hier geschehen ist, leicht erklärlich. Als wir etwa Ende April den Rindenring abschälten, war der oberhalb desselben liegende Theil des Zweiges und der bei c ab- gehende Seitenzweig mit jungen Blättern versehen. Zu ihnen strömte im Holzkörper der rohe Nahrungssaft empor, die Blätter bereiteten aus ihm den Bildungssaft, den nachher die Rinde abwärts leitete. Weiter als bis a konnte er nicht, da hier der Rindenweg unterbrochen war, er war genöthigt, sich hier zu gestalten, wovon die Wulst und die Dickenzu- nahme die Folge ist, vielleicht auch — unsere Figur zeigt uns das nicht — Adventivknospen zu treiben und vorhandene Seitentriebe sich be- sonders kräftig entwickeln zu lassen. Unterhalb der entrindeten Strecke übernahmen die Blätter des Zweiges e die Bereitung des Bildungssaftes, der aber, da er nicht oder nur in sehr beschränktem Maaße aufwärts steigen kann, dem von c bis b liegenden Theile nicht zu gute kam, wes- halb hier nicht nur keine Dickenzunahme stattfand, sondern auch die Rinde abstarb. Würden wir nach der Entrindung das nackte Holz nicht glatt abge- wischt haben, so würden zarte Ueberreste des jungen Zellgewebes, als welches wir vorher auf S. 171 den vermeintlichen Saft kennen gelernt haben, zurückgeblieben sein, und wäre unmittelbar nachher kühles feuchtes Wetter eingetreten, so wären diese Ueberreste nicht nur nicht vertrocknet, sondern aus ihnen würden sich Vernarbungswärzchen gebildet haben, an denen wir mit dem Mikroskop eine beginnende Rinden- und eine Holz- schicht würden haben erkennen können. So wäre es möglich gewesen, daß die entblößte Stelle ganz wieder überkleidet worden wäre. Es fragt sich nun, was mit der Zeit mit diesem Zweige geworden sein würde. Offenbar liegt das Heilungsbestreben vor, von oben herab die entrindete Stelle wieder auszufüllen und wenn wir nur einen sehr schmalen Rindenring abgeschält haben würden, so wäre dies auch gelungen und der oberhalb liegende Zweigtheil wäre vielleicht am Leben geblieben. Viel- leicht, denn zwischen dem zuletzt an die untere Wundlippe herangerückten Vernarbungsgewebe und jener findet niemals eine organische lebendige Verwachsung, sondern zuletzt höchstens eine Ueberwachsung statt. Daher hier immer eine Stelle bleibt, wo durch einen Windstoß der Zweig leicht abgeknickt werden kann. An dem abgebildeten Zweige würde dies um so gewisser der Fall gewesen sein, als das entrindete Holz allmälig immer tiefer abgestorben und am Ende selbst für die Leitung des rohen Nahrungs- saftes nicht mehr geeignet geblieben sein würde. Nachdem wir nun die große Bedeutung für das Stammwachsthum und die Beschaffenheit des Bildungssaftes und diesen selbst vielmehr als ein zartes Gewebe kennen gelernt haben, so bezeichnen wir nun dieses mit dem schon mehrmals erwähnten Namen Cambium oder Bildungs- gewebe . Es bildet sich aus dem in den Bastzellen abwärts strömenden Bildungssafte und besteht aus sehr zarthäutigen langgestreckten Zellen, die mit beinahe horizontalen Böden der Länge nach an einander stoßen. Durch Theilung, Streckung und sonstige Umbildung bilden sich nun aus diesen Cambiumzellen einerseits Rinden-, anderseits Holzzellen, da sich das Cambium buchstäblich zwischen Rinde und Holz eindrängt. Wir schließen am passendsten an dieser Stelle eine bisher noch nicht berührte Auffassung der Gliederung des Holzkörpers an. Gewöhnlich ist man geneigt, sich den Holzkörper und die Rinde als zwei für sich getrennt bestehende Gewebemassen zu denken, wenn man auch nicht vergißt und von uns eben recht eindringlich erkannt worden ist, daß das Holz ohne Rinde weder leben noch zunehmen kann. Beide aber gehören auf das innigste zusammen und bilden ein Ganzes. Sehen wir mit einer scharfen Lupe den recht glatt geschnittenen Querschnitt eines Zweiges an, so sehen wir das Holz durch die Markstrahlen in keilförmige Partien ab- getheilt. Dies sind die Holzbündel, zu deren jedem das anstoßende Rindenstück gehört, beide während der Vegetationszeit durch einen Cambium- antheil verbunden, der nur deshalb während des Winters nicht sichtbar ist, weil er dann vollständig einerseits in Rinden-, anderseits in Holz- Gewebe verwandelt ist. Demnach besteht ein Stamm aus zahllosen platt keilförmigen Holz- bündeln zu äußerst mit einem zugehörigen Rindenantheil. Solche Hölzer, welche recht glatt und gerade spalten, wie Tannen- und Fichtenholz, bedingen mit Nothwendigkeit die Annahme, daß der Strom des Bildungssaftes und die Längsanordnung und Gestaltung der Cambiumzellen geradlinig erfolgt. Dies ist aber keineswegs eine aus- nahmslose Regel. Es kommen vielmehr Erscheinungen vor, bei denen man sich nicht wundern kann, daß man bei oberflächlicher Betrachtung den Bildungssaft lange Zeit für eine zwischen Rinde und Holz frei strömende Flüssigkeit gehalten hat. Figur XXVII. zeigt uns ein Gebilde dieser Art. Es ist ein ent- rindeter zapfenförmiger Holzauswuchs von einer Eiche, der mit mehreren anderen gleicher Art auf der Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte in Carlsruhe vorgezeigt und mir später zur Benutzung über- lassen wurde. Obgleich damals über die Entstehungsweise und die Oert- lichkeit des Vorkommens an der Eiche nichts mitgetheilt worden zu sein scheint, so glaube ich doch durch folgende Worte a. a. O. dieses eigen- thümliche Gebilde richtig gedeutet zu haben: „Im Mai, wo die Bäume im vollsten Safte stehen und namentlich der von den jungen Blättern bereits in reicher Fülle bereitete Bildungssaft in der Rinde abwärts steigt, wurde der Eiche durch einen Gewitter- XXVII. Ein entrindeter zapfenförmiger Holzauswuchs von einer Eiche Entlehnt aus des Verfassers naturwisseuschaftlichem Volksblatte „Aus der Hei- math.“ 1861. Nr. 2. . sturm ein starker Ast abgerissen, so daß ein tiefes Loch im Stamme entstand. Der abwärts kommende Bildungssaft trat an dem oberen Wund- rande unter der Rinde hervor und bildete Anfangs kleine aber schnell größer werdende berindete Holzwarzen — wie ich dies en miniature im vorigen Herbste nach dem Leipziger Hagelwetter an mehreren Baumarten gefunden habe — welche über die Oeffnung der tiefen Stammwunde frei herabhingen; frei unzweifelhaft, denn der Zapfen zeigt ringsum die ganz gleiche Bildung.“ Solche pathologische Gebilde werfen oft ein helles Licht auf den normalen Lebensvorgang. Die bunt durch einander gewundenen Ver- schlingungen der Holzmasse, die an vielen Stellen unregelmäßige ge- schlossene, einander vielfach umschließende Kreise bilden, deuten unwider- leglich auf ein Stauchen und Zertheilen des Cambiumstromes, auf ein Ablenken von dem regelmäßigen geraden Verlaufe, der am gesunden Holze der Eiche zukommt. Dieses Stauchen des Saftstromes war bedingt durch die Aufhebung des ungestörten Verlaufs nach abwärts. Die an der frei hängenden noch kleinen Wulst, die nur an der in der Figur sichtbaren Stelle festhing, rings herum sich bildende Rinde bildete gewissermaßen einen Sack, der eben den zuströmenden Bildungssaft zu diesen Ver- krümmungen nöthigte, wie entgegenstehende Klippen es mit einem Bache thun. Freilich war dies mit einer augenblicklichen Gestaltung, Zellen- werdung, des Saftes verbunden. Die Cambiumbildung hat „sich nach der Decke gestreckt“, der Decke, welche die Rinde war. Eiche, Rüster und Esche, die drei deutschen Holzarten mit den größten Gefäßen (S. 104) geben überhaupt den besten Aufschuß über die Richtung der aus dem Bildungssaft sich gestaltenden Holzelemente. Namentlich die Winkel, wo von etwa armsdicken Aesten Zweige abgehen an alljährlich ausschlagenden Stummeln abgeschnittener Aeste kann man die Folgen eines Stauchens des Saftstroms sehr schön beobachten, wenn man sie bald nach Entfaltung des Laubes schält. Um diese Zeit ist bei der Eiche von dem Frühjahrsholz (S. 105) gerade erst der Kreis großer Gefäße fertig, welche auf dem geschälten Holze wie dicke Adern auf dem Arm eines Alten verlaufen. Roßmäßler, der Wald. 12 Dies zeigt Fig. XXVIII. , ein Stück von der Oberfläche eines 2 Zoll dicken Eichenastes wo 2 dicht an der Basis abgeschnittene Zweige abgingen. Diese traten dem Herabwachsen des Cambiums, denn so muß man es doch nennen, entgegen und wir sehen, daß hier, namentlich zwischen den XXVIII. Verlauf der großen Gefäße auf der Oberfläche eines im Mai geschälten Eichen-Astes. beiden Zweigen mehrere Gefäße im Zickzack gestaucht sind und eins einen geschlossenen ovalen Ring bildet, eins sogar von rechts nach links zwischen beiden Zweigen herübergeht. Oben links weichen die Gefäße einer Adven- tivknospe Von den Adventivknospen wird später die Rede sein. aus. Daß beide Aeste bereits todt waren, sehen wir an unsrer Figur deutlich daraus, daß keines der Gefäße von ihnen herab- kommt. Endlich sei hier noch bemerkt, daß diese weiten Gefäße, ohne sich jemals zu verzweigen, in dieser Zeit, wo sie eben allein erst fertig sind, viele Zoll weit einzeln neben einander verfolgt werden können. Wir werden später bei Betrachtung der einzelnen Baumarten, z. B. bei der Eiche, Veranlassung finden, in anderer Absicht auf diese interessante Erscheinung zurückzukommen, namentlich bei der sogenannten Ueberwallung und bei der Ausheilung von Stammwunden. Wir erinnern uns, daß wir in Gedanken vor einer Buche stehen, um die Erscheinungen ihres Lebens während einer Vegetationsperiode zu verfolgen. Sie öffnete ihre Knospen nicht eher, als bis ein höherer Wärmegrad der Luft ständig geworden ist, obgleich ihr junges zartes Laub oft genug durch einen Spätfrost vollständig vernichtet wird, so daß als- dann nach wenigen Stunden der grüne Laubschmuck als häßliche oliven- braune Leichen an den Trieben hängt, welche bis zu dem schnell er- folgenden Verdorren einen sehr merkbaren Fäulnißgeruch verbreiten. Die jungen Triebe der Buche sind in einer auffallend kurzen Zeit vollendet und zwar in so saftiger Fülle, daß sie einige Tage schlaff über- hängen. Indem der Trieb schnell erstarkt, verholzt und sich streckt, be- schreibt er von Blatt zu Blatt immer eine merkliche knieförmige Knickung (oft noch stärker als an Fig. IX. auf S. 60). Aus der Anfangs meist horizontalen Richtung erheben sich die Triebe allmälig zu einer mehr aufrechten. Die hinfälligen Nebenblättchen, die zum Theil die Rolle von Knospenschuppen gespielt hatten, fallen sofort nach Erstarkung der Blätter ab — es ist bei vielen Bäumen (Linde, Rüster, Hornbaum, Erle) das- selbe — und im Innern des Baumes vollzieht sich ungesehen der rege Gestaltungsproceß der Holzbildung, so daß wir an einem jungen vollkommen runden wüchsigen Stämmchen vor dem Winter eine vorher im März genau gemessene Stelle merklich dicker finden. Wir haben jetzt in den Blättern die wesentlichen Ernährer der Pflanze oder wenigstens die Zubereiter der Nahrung kennen gelernt, der Nahrung, durch welche der Baum wie jede Pflanze sich lebendig erhält. Dabei denken wir unwillkürlich an denselben Vorgang im thierischen Körper. Ich benutze diesen Gedanken, um auf einen sehr bedeutenden Unterschied aufmerksam zu machen, der im Produkt zwischen der Ernährung eines Baumes und eines höheren Thieres besteht. Die im Magen eines Pferdes verdaute, in den blutbereitenden Organen in Blut verwandelte Nahrung gelangt als solches in den kleinen und großen Kreislauf und durch letzteren in jeden Körpertheil, welcher daraus ebensowohl bis zur Vollendung des Wachsthums den Stoff zu seiner Vergrößerung als nachher zu seiner fortwährenden Erneuerung und Verjüngung nimmt, was wir den Stoff- wechsel nennen. Noch lange bevor das Pferd erwachsen war, wurde seinem Körper kein neues Glied hinzugefügt, sondern die gleich bei der Geburt vorhandenen Körpertheile wachsen nur allmälig immer größer und zwar nicht in der Weise wie ein Schneeball größer wird, sondern so zu sagen von innen heraus, innen, außen, überall. Ist dann das Wachsthum voll- 12* endet, so wird nur insofern der Körpermasse noch Weiteres hinzugefügt, als z. B. durch besondere Muskelübung, durch reichliches Futter und der- gleichen die bereits vorhandenen Gewebekörper (Muskeln, Fettmassen) in derselben Weise wie eben angegeben größer werden, es wächst kein Muskel, kein Knochen neu hinzu. Der Thier-Körper lebt eben als ein Ganzes in allen seinen Theilen zugleich; der Kopf des Pferdes hat noch dieselben Theile die er am Füllen hatte, nur ist er in allen seinen Geweben in dieser Zeit durch den Stoffwechsel vielmal erneuert worden. (Der Zahn- und Haarwechsel widerlegt natürlich diese Regel nicht.) Anders bei dem Baume. Wir haben gesehen, daß der durch Ver- mittlung der Blätter zubereitete Bildungssaft nicht in den Baumleib, wie er eben augenblicklich ist, eindringt und alle dessen vorhandene Theile und Gewebe theils von innen heraus, nennen wir es durch Ausdehnung, ver- größert, theils durch den Stoffwechsel verjüngt, sondern immer zu Neu- bildungen verwendet wird, entweder zu Hervorbringung von neuen Gewebemassen, die sich an die früheren, gleichen, anfügen und dann durch eine Grenze davon unterschieden sind, wie z. B. bei Holz und Rinde und den Jahressprossen; oder zur periodischen Wiederersetzung verlorener Theile, z. B. der Blätter und Blüthen. Alle diese Neubildungen sind aber nichts weiter als Zusätze und Wiederholungen . Es ist sehr fraglich, ob ein Stoffwechsel im Baume wie überhaupt in der Pflanze in demselben Sinne wie im Thierleibe besteht, d. h. ob z. B. der Stamm in seinen älteren Holzmassen mit Beibehaltung der Formelemente durch fortwährenden Umtausch des Stoffs gegen neuen sich verjüngt, so daß in einem alten Baume das hundertjährige Holz hundertmal seinen Stoff ge- wechselt, sich verjüngt, erneut hat, wie dies bei den Thieren der Fall ist; so daß z. B. die arbeitende Hand eines alten Mannes zwar immer noch dieselbe Hand ist, die sie vor funfzig Jahren war, aber in ihrem Stoff- bestande seitdem vielmal durch den Stoffwechsel erneut worden ist. Viele Erscheinungen sprechen dafür, daß die Zellenwände der älteren Baum- theile wohl eine Verdickung durch innere Anlagerung von Holzstoff und eine Durchtränkung mit zugeführten Lösungen erfahren hat, aber eine eigent- liche Stofferneuerung nicht stattfindet. Während dieser vergleichenden Betrachtung des Lebens eines Baumes und eines Thieres haben uns einige Bedenken gegen die Stichhaltigkeit des behaupteten Unterschiedes darin beschlichen. Wächst denn ein Blatt, welches in der werdenden Knospe als höchst einfache Anlage sich bildete, bis zu seiner vollendeten Entfaltung nicht ebenso wie das Thier, d. h. in allen seinen Theilen so zu sagen „von innen heraus, innen, außen, überall“, (wie wir es vorhin bezeichneten)? Wenigstens sehr ähnlich. Aber das gilt eben allerdings zwar von den Blattgebilden, aber nicht von dem ganzen Baume. Und nun fällt uns ein, was wir im 3. Abschnitt von der Individualität im Pflanzenreiche urtheilten. Das Pferd ist ein Individuum und hat darum auch ein ungetrenntes in sich abgeschlossenes, den ganzen Leib so zu sagen durchdringendes Wachsthum und da es lange Zeit lebt und dabei alle seine Organe als eine bis auf den einzelsten Geweb- theil derselben innig geschlossene Lebenserscheinung wirken, so setzt dies den Stoffwechsel mit Nothwendigkeit voraus. Wenn nun der Baum diese Erscheinungen nicht zeigt, im Gegentheil die aufgenommenen Nahrungs- stoffe nur Wiederholungen von periodisch Verlorenem (Blätter) und Zu- sätze zu bereits vorhandenem Bleibendem (Stamm- und Wurzelgebilde) hervorbringen, so finden wir hierin nur eine physiologische Begründung unserer damals gewonnenen Ansicht, daß der Baum eben kein Individuum ist. Wenn meine Leser diese Andeutungen im Auge behalten, so werden sie auf ihren Waldgängen das Baumleben immer richtiger verstehen und eine Menge einzelne Erscheinungen an den Bäumen richtig würdigen lernen, die ihnen bisher vielleicht entgingen. So steht z. B. die Wiedererzeugung, Reproduktion auf normalem Wege (Laubfall) oder gewaltsamer Weise verlorener Theile eines Baumes mit diesem Umstande, daß der Baum kein Individuum ist, in vollständigem Einklange und ist in diesem Sinne deshalb von der thierischen Reproduktion wesentlich verschieden. Der von Spallanzani an vielfach gemarterte Salamander reproducirt den abgeschnittenen Schwanz an derselben Stelle , aus der Wundfläche des stehen gebliebenen Schwanzstummels, weil eben das bildende Leben sich in allen Theilen, in jeder Gewebsmasse vertheilt findet. Ein durch Raupenfraß entlaubter Zweig reproducirt zwar auch neue Blätter, aber niemals an denselben Stellen, wo die alten standen, und wenn die Raupen Blattstielstummel stehen ließen, so wächst aus diesen kein neues Blatt heraus, sondern dies geschieht daneben entweder aus der bereits vorhandenen Knospe oder durch eine Adventivknospe, immer aber an einer anderen Stelle . Der reproducirte Salamanderschwanz ist gewissermaßen derselbe wie der verlorene, das reproducirte Blatt ist ein anderes . Jener ist der repro- ducirte Theil , dieses ist ein nicht rep roducirtes, sondern einfach ein producirtes neues Individuum ; ja eine eigentliche Reproduktion kommt im Pflanzenreiche vielleicht gar nicht oder nur sehr beschränkt vor. Die Ausheilung einer Stammwunde durch Ueberwallung der Stelle, wo wir einen Zweig abgeschnitten hatten, ist keine echte Rinden- und Holz-Repro- dutkion; sie ist nichts weiter als die Benutzung der sich darbietenden neuen Fläche für den in der Rinde herabkommenden Bildungssaft und hat mit dem abgeschnittenen Zweige gar nichts zu thun. Wenn wir einem noch in kräftiger Entwicklung stehenden Blatte, einem pflanzlichen Indi- viduum , ein Stück abschneiden, so wird dieses niemals reproducirt. Indem wir nach dieser Vergleichung zwischen Thier und Pflanze nochmals zu der Bedeutung der Blätter für das Pflanzenleben zurück- kehren, so ist hier noch hervorzuheben, daß bei einigen unserer Waldbäume, wie überhaupt bei vielen Pflanzen, die Blätter wenigstens für das Blühen im engern Sinne, d. h. für die Ernährung der Blüthen bis zu dem Zeit- punkte, wo sich meist nach dem Absterben der Kronenblätter und der Staubgefäße die Samen ausbilden, nichts beitragen. Dies ist bei den vor dem Ausbruch des Laubes blühenden Arten der Fall, z. B. Schwarz- oder Schlehdorn, Pappeln, Esche, Rüster, Erle, Hasel und einigen Weiden- arten, denn bei diesen sind eben die Blätter gar nicht da und kommen sogar bei manchen ziemlich spät nach den Blüthen und nachdem die Be- fruchtung in diesen längst stattgefunden hat, so daß z. B. die männlichen Kätzchen der Espe längst abgefallen sind, wenn die Laubknospen erst sich öffnen. Dagegen ist die Ausbildung der Früchte und das Reifen der Samen, so daß diese auch keimfähig sind, ohne Ernährung durch die Blätter unmöglich. Die Buche, die wir jetzt zunächst immer im Auge haben, ist einer von den mit dem Laube blühenden Bäumen, worin ihr der Hornbaum, die Eiche, die Birke, unsere drei Ahorn-, viele Weidenarten gleich sind. Nur wenige Bäume blühen nach den Blättern, so daß zwischen dem Ab- schluß der vollkommenen Belaubung und der Entwicklung der Blüthen eine Zeit des Stillstands mitten innen liegt. Dies ist eigentlich blos bei den Lindenarten der Fall und später werden wir bei diesen erfahren, daß dies durch eine Anticipation (S. 81) bedingt ist. Abgesehen von diesen Zeitverschiedenheiten des Blühens im Ver- hältniß zu der Belaubung so fällt die Blüthezeit der Bäume und Sträucher in verschiedene Zeiten. Am frühesten blühen die Erle und Hasel, am spätesten, gegen Anfang Juli, die Linden. Die große Mehrzahl unsrer eigentlichen Waldbäume ist getrennten Geschlechts und zwar nach der Bezeichnung des Linn ȳ ’schen Systems entweder monöcisch oder diöcisch, d. h. es finden sich männliche Blüthen und weibliche Blüthen auf einem Baume nebeneinander (Monöcie), wie bei der Buche; oder der eine Baum trägt blos männliche, ein anderer blos weibliche Blüthen (Diöcie) wie die Espe. Die Ahorne und Linden gehören zu den wenigen Waldbäumen mit Zwitterblüthen. Bei den monöcischen Arten ist es daher erforderlich, daß neben Bäumen mit weib- lichen Blüthen auch solche mit männlichen in der Nähe seien, damit die Befruchtung erfolgen könne. Es ist jedoch nicht nothwendig, daß beide in unmittelbarer Nachbarschaft stehen, da der Blüthenstaub (Pollen) durch die Luftbewegungen weit verbreitet wird. Die besonderen sich durch das Blühen und Fruchtreifen ausdrückenden Lebenserscheinungen werden bei den einzelnen Baumarten zu besprechen sein und es sei hierüber nur die im ganzen Pflanzenreiche selten vor- kommende Erscheinung hervorgehoben, daß die Kiefern ihren Samen erst im Spätherbst des folgenden Jahres reifen und daß das Ausfliegen des- selben aus den sich öffnenden Zapfen gar erst im Frühjahr des zweit- folgenden Jahres erfolgt. Als schroffer Gegensatz zu dieser Langsamkeit der Samenreife gilt die Anfang April blühende Rüster, deren Same schon Ende Mai reift. Da der Baum kein abgeschlossenes Individuum und demzufolge seine Entwicklung auch nicht an so bestimmte Zeitgrenzen gebunden ist, wie bei den Thieren, welche hierin feste Regeln befolgen, so ist es auch natürlich, daß der Eintritt des Fruchtbarkeitsalters bei den Bäumen ganz anders als bei den Thieren bedingt ist. Bei keiner Baumart läßt sich mit der Bestimmtheit wie bei einem Thiere angeben, in welchem Alter sie tragbar wird. Nur allgemein und ungefähr läßt sich angeben, in welchem Lebensalter dies eintritt und es hat dabei fast ebensosehr wie das innere Gesetz die Macht der äußeren Einflüsse ein entscheidendes Wort mit zu reden, ebenso wie es bekannt ist, daß bei den Obstbäumen die kundige Uebung des Beschneidens es vermag, einen Baum früher als gewöhnlich tragbar zu machen. Die Tragbarkeit tritt wie leicht begreiflich bei denjenigen Holzarten früher ein, welchen im allgemeinen eine kürzere Lebensdauer eigen ist, bei den sehr alt werdenden später. Am frühesten wird wohl die Lärche trag- bar oder vielmehr wie der Gärtner sagt blühbar, denn die Blüthen, die man zuweilen schon an 10—12 jährigen Lärchenbäumchen findet, ent- wickeln in der Regel keinen keimfähigen Samen. Wenn die Buche im Schluß erwachsen ist, so trägt sie selten vor 70 Jahren Samen und in höheren rauheren Lagen noch später. Da es der Nachzucht wegen wichtig ist, das durchschnittliche Tragbarkeitsalter zu kennen, so muß für jedes Waldrevier ermittelt werden, wann nach Maßgabe des Klimas, der Lage und des Bodens bei den herrschenden Holzarten das Alter der Fruchtbar- keit eintritt, welches alsdann zugleich die unterste Grenze des Haubarkeits- alters ist. Warmer und mehr trockner Boden ist dem früheren Eintritt und der häufigern Wiederkehr des Samentragens mehr günstig als kalter und nasser. Diese Wiederkehr anlangend so ist es zwar schon vom Obstbaue her eine allbekannte aber deshalb nicht minder bemerkenswerthe Thatsache, daß die Bäume nicht nur nicht alljährlich gleich reichlich, sondern in manchen Jahren gar nicht blühen, so daß der Forstmann geradezu Samen- jahre unterscheidet, auf deren Eintritt er manchmal längere Zeit ver- geblich hofft. Aus allen das Baumleben ausmachenden Erscheinungen scheint her- vorzugehen, daß der Baum erst eine gewisse Sicherstellung seiner selbst hergestellt haben muß, ehe er daran denkt, auch den Fortbestand seiner Art durch Samenerzeugung zu sichern. Da in der Mehrheit die Blüthen mehr an den Kurztrieben (S. 74) als an den Langtrieben auftreten und alte Bäume in der Krone viel mehr Kurz- als Langtriebe machen, so steht hiermit das späte Fruchtbarwerden der Bäume in organischem Zu- sammenhang. Hinsichtlich der Stellung der Blüthen am Baume besteht auch noch die bemerkbare Verschiedenheit, daß bei den einen dieselben am alten , den vorjährigen Trieben, bei andern am jungen Holze , den neuen Trieben, stehen. Am alten Holze stehen die Blüthen bei allen vor den Blättern blühenden Arten (S. 182). Die speciellen Besonderheiten hierin der Beschreibung der einzelnen Baumarten vorbehaltend sei hier nur noch des eigenthümlichen Falles gedacht, daß bei den Birken die männlichen Blüthen am alten (an den vorjährigen Triebspitzen), die weiblichen da- gegen am jungen Holze stehen. Auch in der weiteren örtlichen Vertheilung der Blüthen in der Baumkrone finden zuweilen bestimmte Regeln statt. Bald sind sie ziemlich gleichmäßig in der Krone vertheilt, wenn der Baum in dem vollen Frucht- barkeitsalter steht, wie bei Buche und Eiche; bald sind sie mehr auf ge- wisse Theile der Krone beschränkt, wie z. B. bei Fichte und Tanne mehr an den höchsten Stellen als weiter unten, während sie bei der verwandten Kiefer gleichmäßig vertheilt sind. Wir nähern uns dem Ende des Jahreslaufs, zu dessen Betrachtung wir eine Buche als leitendes Beispiel wählten. Der Herbst kommt mit seinem Laubfall. Diesem geht aber die Verfärbung des Laubes voraus, welche unseren Laubwäldern einen neuen vorübergehenden zu Wehmuth stimmen- den Schmuck verleiht. Auch hierin zeigen die Bäume ihre verschiedenen Besonderheiten. Die Erle wechselt ihre Farbe nicht, sondern läßt das Laub grün fallen, während die Birkenblätter vor dem Abfallen ein lichtes Ockergelb annehmen, wie überhaupt die gelbe Farbe das bekannte herrschende Herbstkleid des Waldes ist. Am lebhaftesten, fast pommeranzen- gelb ist es bei der Buche, so daß ein herbstlicher Buchenwald von einem leuchtenden Schimmer durchstrahlt ist. Der wilde Kirschbaum färbt sich im Herbst ziemlich rein und lebhaft karminroth. Am düstersten sieht die Eiche in ihrer schon am Baume aus Gelb in Braun übergehenden Belaubung aus. Der Gang der Umwandlung des Grün in die Herbstfarbe ist ent- weder eine allmälige über die ganze Blattfläche gleichmäßig sich erstreckende Umstimmung des Tones, so daß ein grünes Blatt allmälig im Ganzen gelblich und immer gelber wird; oder es ist ein örtlich schrittweises Ver- drängen der grünen durch die Herbstfarbe, etwa ähnlich wie mit blauer Pflanzenfarbe gefärbtes Fließpapier mit den Rande in Säure gehalten durch die vordringende Säure streifenweise roth wird. Dadurch entstehen auf den sich verfärbenden Blättern nicht selten zierliche Zeichnungen und Muster, z. B. von der Birke und Spitzahorn, bei deren Umgrenzung die Hauptseitenrippen maßgebend sind. Der Farbenwechsel beruht auf einer Veränderung des Blattgrün, Chlorophyll , in Blattgelb, Xanthophyll und Blattroth, Erythrophyll . Das Blattgrün, überall im ganzen Pflanzenreiche die Ursache der grünen Farbe, erscheint unter dem Mikroskop in Form von kleinen, meist der inneren Zellenwand angelagerten oft aber auch die ganze Zelle erfüllenden Kügelchen, welche jedoch nicht durchaus von dem Farb- stoff gebildet werden, sondern kleine farblose mit dem wachsartigen Chlo- rophyll überzogene Körnchen sind. Die näheren Ursachen dieser Um- änderung des Blattgrün, die nur chemischer und physikalischer Natur sein können, sind noch nicht vollkommen festgestellt. Sie können aber nicht lediglich äußere sein, da man den ganzen Sommer hindurch nicht selten unter grünen Blättern einzelne mit Herbstfärbung findet. Bei den immergrünen Bäumen ist die Herbstfärbung der Blätter bekanntlich nicht vorhanden, denn es ist wohl nur eine Täuschung, her- vorgerufen durch das lichtzerstreuende blendende Weiß des Schnees, wenn uns im Winter die Nadelwälder dunkler und weniger rein grün erscheinen. Einige Ausnahmen von dieser Regel sind um so bemerkenswerther, als sie eine Herbstveränderung und eine im Frühjahr stattfindende Wieder- herstellung der reinen Blattgrünfarbe beweisen. Die Blätter der Stech- palme, Ilex aquifolium — ein Baum übrigens, der sehr mit Unrecht den Palmennamen trägt und darum auch Hülse (in anderer Richtung nicht weniger unpassend) genannt wird — sind während des Winters so mißfarbig, daß man sie leicht für erfroren halten kann. Es bekommen jedoch dieselben Blätter im Sommer ihre, gerade bei dieser Pflanze be- sonders tiefe und reine, grüne Farbe wieder. Dasselbe ist es bei dem Epheu und bei dem Lebensbaum, Thuja. Ueber die Ursachen des Laubfalls ist man lange im Unklaren ge- wesen und sind darüber die verschiedensten Meinungen geltend gemacht worden, unter denen wohl die unhaltbarste die ist, daß die bis zum Herbst sich vollkommen ausbildende Knospe das dicht neben ihr stehende Blatt wegstoßen soll. Wenn wir an einem recht ruhigen warmen Herbsttage darauf achten wollen, so können wir, unter einem Ahorn oder einer Schwarzpappel stehend, obgleich kein Lüftchen die Blätter bewegt bald hier bald da über uns ein leises Knacken hören. Es ist hervorgebracht durch das Abspringen eines Blattes, welches gleich darauf zu uns nieder schwebt. Schneiden wir namentlich von einem der eben genannten Bäume einen mit zum Abfallen bereiten Blättern versehenen Zweig behutsam ab, so können wir dann die mit breiter Basis ansitzenden Blätter durch die leiseste Be- rührung abstoßen. Schon in den Wochen vorher nimmt die Leichtigkeit immer mehr zu, mit der man das Blatt abbrechen kann, ohne eine eigent- liche Rißwunde zu machen, während man im Sommer ein Baumblatt nur gewaltsam abreißen kann, wobei die uns schon bekannte Blattstielnarbe (S. 59) keineswegs die vorgeschriebene Fläche, ist, in welcher die Trennung stattfindet, was sie, die Blattstielnarbe, eben bei dem herbstlichen Laubfalle ist. Daraus geht hervor, daß die nach dem Abfallen des Blattes zurückbleibende Blattstielnarbe die Fläche ist, in welcher sich vorher all- mälig eine Trennung des Gewebes vorbereitet und ausbildet, während bis dahin wenigstens ein Theil davon ununterbrochen aus dem Triebe in die Blattstielbasis überging, was wir durch die Gefäßbündelspuren (S. 59) angedeutet finden. Diese Trennung wird durch Bildung einer dünnen Korkschicht bewerk- stelligt, was ich bereits in der Anmerkung auf S. 117 im voraus an- deutete. Wir lernten dort die Korkzellenbildung in ihrer doppelten Eigen- schaft kennen als Mittel dem Absterben anheim gegebene Gewebsmassen gegen die lebend bleibenden Theile abzusperren und dadurch oder in anderer Weise hervorgebrachte Wunden durch Abschluß von äußeren Einflüssen zu heilen. Bei der Bildung der Borke lernten wir und hier sehen wir wiederholt eine Gleichzeitigkeit dieser beiden Funktionen der Korkbildung: die Korkschicht löst das abgelebte Blatt vom Triebe ab und heilt auch im voraus die dadurch entstehende Wunde. Die auf der Blattstielnarbe sitzende und deren Masse bildende Korkschicht sehen wir an dem gespaltenen Eschenzweige an Fig. III. 2 auf S. 60 durch n bezeichnet. Es ist bekannt, daß lange anhaltende Dürre mitten im Sommer einen wenigstens theilweisen unzeitigen Laubfall bewerkstelligen und daß der erste Nachtfrost denselben wesentlich beschleunigen kann. Nicht alle Baumarten und ebenso nicht alle Bäume einer Art werfen ihr Laub vollständig ab. An Eschen, Ahornen, Erlen, Pappeln bleibt kein Blatt am Baume, während in den Kronen selbst alter Eichen und Hornbäume fast immer noch ein kleiner Theil derselben hängen bleibt. Besonders halten junge Eichen, Buchen und Hornbäume ihr todtes Laub über den Winter oft so fest, daß es erst im Frühjahre kurz vor dem Auf- brechen der Knospen abfällt und man kann dann belaubte Traubenkirschen, der sich am zeitigsten belaubende Baum, und mit dürrem Laub bedeckte Eichenstämmchen neben einander sehen. Nicht zu verwechseln ist mit diesem vollständigen Verbleiben der todten Blätter an den Bäumen, die namentlich an Eichen vorkommende Erscheinung, daß vereinzelte dürre Blattbüschel, oft in Mehrzahl, über Winter am Baume bleiben. Dies sind die sogenannten großen Raupen- nester von dem Goldafter , Liparis chrysorrhoea, deren im Herbst noch unausgewachsene Raupen, Schwammraupen genannt, in solchen Blätterbüscheln überwintern, die sie dadurch vom Abfallen hindern, daß sie die Blattstiele an den Trieb fest spinnen. Eine ähnliche Erscheinung sind die von den Raupen des Baumweißlings , Pontia Crataegi, herrührenden und mehr aus einzelnen Blättern bestehenden kleinen Raupennester . Die Lärche macht durch ihren regelmäßigen Nadelfall, worin sie den Laubhölzern gleich ist, den Uebergang von diesen zu den immergrünen Nadelhölzern. Die Nadeln derselben hinterlassen am Triebe eben solche genau umschriebene Narben, wie die Blattstielnarben der Laubhölzer sind. Die Nadeln der übrigen wintergrünem Nadelhölzer sind übrigens auch nicht unbegrenzt bleibend, sondern fallen endlich auch ab, nur bei der einen Art früher als bei der andern und selbst nach dem Alter des Baumes findet hierin ein Unterschied statt. Bei der Leichtigkeit, das Alter der Triebe an einem Nadelholzbäumchen oder am Wipfel eines älteren Baumes abzulesen (S. 69) kann man leicht sehen, wie viele Jahre die Nadeln stehen, ehe sie abfallen. Am längsten bleiben die Nadeln bei der Tanne stehen, indem man namentlich an der Hauptaxe, am Stamme, oft acht- ja zuweilen sogar neunjährige Nadeln sieht, deren weite Auseinanderstellung im Vergleich zu den jüngeren Trieben, zugleich lehrt, daß die Axenglieder auch nach der Verholzung sich in der Länge noch etwas ausdehnen. Die Kiefernnadeln fallen gewöhnlich im dritten Jahre ab. Doch ist dieses theils nach dem Boden, nach dem dichteren oder räumlicheren Stande und nach dem Alter des Baumes verschieden. Es ist daher das Wort immergrün einfach wörtlich zu nehmen, d. h. daß die Nadelhölzer, mit Ausnahme der Lärche, immer grün sind, nicht so als verlieren sie gar niemals ihre Nadeln. Es ist dasselbe wie mit dem „ewigen Schnee“, was auch nur heißen soll: von einer gewissen Sehhöhe an liegt ewig (immer) Schnee, aber niemals unveränderlich derselbe. Was nun das Winterleben der Bäume betrifft, so bietet dasselbe, wenn wir uns nicht in die Feinheiten des noch sehr mangelhaft bekannten unmittelbaren Einflusses der Wärme auf das Zellenleben einlassen wollen — was hier nicht am Orte sein würde — für unsere Betrachtung des Waldes wenig Berührungspunkte. In der Hauptsache ruht, wie der Augenschein lehrt, während des Frostes das Leben des Baumes; es ist jedoch sehr wahrscheinlich und zum Theil durch Beobachtungen auch nachgewiesen, daß mitten in den Wintermonaten bei zeitweilig eintretenden Wärme- graden das innere Leben erwacht. Es ist also der Winterschlaf der Bäume nicht an die Zeit gebunden, sondern durch chemische und physikalische Faktoren bedingt, unter denen die Wärme einer der einflußreichsten ist. Wir sehen zwar in unseren Waldungen im Ganzen wenig von Frost- schäden, jedoch kommen deren in jedem strengeren Winter eine Menge geringfügiger und daher meist übersehener vor und es hat schon Winter gegeben, unter denen der von 1788 auf 1789 der verrufenste ist, wo viele alte Bäume, namentlich Tannen, Buchen und Eichen ganz erfroren sind. Daß bei starker Kälte und zwar sehr oft ohne den Tod herbeizu- führen der Saft der Bäume gefriert und durch Zusammenziehen des Holzes an starken Stämmen, namentlich an Laubholzbäumen Frostrisse entstehen ist eine jetzt nicht mehr in Zweifel zu ziehende Thatsache. Noch vollkommen ruhende Knospen scheinen selbst von starkem Froste oft nicht zu leiden. Den auch im Winter belaubten Nadelhölzern ist starker Frost nicht ganz unschädlich, was das Gelbwerden der Nadeln junger Fichten beweist. Dabei sind sie dann wie andere Bäume vor dem Nachtheile der Kälte mehr geschützt, wenn sie während des Winters nicht von der Sonne beschienen werden können. Einen großen Nachtheil schreibt man dem Schmelzwasser des Rauch- frostes zu, wenn während der warmen sonnigen Tagesstunden dabei zu- gleich die besonnte Seite des Stammes und der Zweige plötzlich stark erwärmt wird, nachdem sie vorher stark erkältet gewesen war. Am nachtheiligsten ist die Winterkälte den Waldbäumen durch Er- frieren der wegen zu schnellen Eintrittes des Winters nicht vollkommen verholzten diesjährigen Triebe, und durch Erfrieren des noch nicht ganz aus- gereiften Herbstholzes des neuen Jahresringes (S. 105). Ehe wir nun noch Einiges über die Lebensdauer und den natürlichen Tod der Bäume hinzufügen, haben wir noch als zu dem Leben des Baumes gehörend das Ausschlagsvermögen des Baumes kennen zu lernen. Es ist bekannt, daß viele Baumarten, wenn sie, wie es bei den Laubhölzern fast immer geschieht, dicht über dem Boden abgehauen worden sind aus dem Stocke wieder ausschlagen, auch wenn der Baum schon sehr alt gewesen war. Daß dies keine Reproduktion im Sinne des thierischen Bildungslebens genannt werden kann ist uns nach dem auf S. 180 hier- über Gesagten selbstverständlich. Das Ausschlagsvermögen beruht lediglich auf der Bildung von soge- nannten Adventiv- oder Nebenknospen , d. h. solchen, welche nicht aus der Achsel eines Blattes — wir wissen, daß das der obere Winkel ist, den ein Blatt mit dem Triebe macht — entspringen, sondern aus irgend einer Stelle der Oberfläche von älteren Axengebilden. Wir nennen daher nun die echten in den Blattachseln gebildeten Knospen Achsel- oder Axillarknospen , zu denen die am Trieb zwischen zwei Axillar- knospen stehende End- oder Terminalknospe kommt. Von letzteren beiden handelten wir auf S. 51 ff., wo wir die Achselknospen Seiten- knospen nannten (S. 62). Die Bildung der Adventivknospen ist sozusagen keine so planmäßige wie die der Achselknospen, welche schon bald nach der ersten Anlage des Blattes, in dessen Achsel sie stehen sollen, mit angelegt werden. Es kann daher eine Adventivknospe an solchen Stellen der Axenglieder entstehen, wo ursprünglich keine Anlage dazu vorhanden war. Doch müssen wir hierbei zwischen echten Nebenknospen und so- genannten schlafenden Knospen noch den Unterschied machen, daß letztere solche Knospen sind, die bereits viele Jahre lang vorgebildet aber unbemerkbar vorhanden gewesen waren und bis zu ihrer plötz- lichen Auferweckung durch besonders dazu geeignete Umstände geruht hatten. Auf solchen schlafenden Knospen allein soll das so oft wahrzunehmende Ausschlagen stark beschnittener Bäume aus der alten Rinde beruhen. Folgender Fall ist vielleicht geeignet, die Abstammung der Adventiv- knospen und ihr Auftreten ohne bereits vorgebildet gewesen zu sein darzuthun. Im Mai 1840 ließ ich mir ein fußlanges etwa 4 Zoll starkes Klötzchen von einer eben, also mit dem noch ganz jungen Laube gefällten jungen Silberpappel ( Populus alba ) schneiden und stellte dasselbe neben meinem Arbeitstische dicht an der Wand auf die Diele, also an einen kühlen, schattigen und trockenen Ort. Hier wurde es von mir vergessen XXIX. Ein gespaltenes Klötzchen einer etwa 10 Jahre alten Silberpappel . r r r r Rinde; — k k k k k fünf Adventivknospen; — w w w w Ueberwallungsring; — n k der Nullpunkt der Holzbildung, zu welcher der Ueberwallungsring gehört; — m Mark. und als es nach vielleicht drei Wochen mir wieder in die Augen fiel, fand ich daran eine Menge bereits wieder vertrockneter Blätter, welche durch Adventivknospen aus der etwa ½ Zoll dicken Rinde ( r ) hervor- getrieben waren. Auf dem oberen und unteren Abschnitte hatte sich aus dem in dem Augenblick der Fällung des Baumes in dessen Rinde vor- räthigen Bildungssafte und wahrscheinlich unter Betheiligung der aus den Adventivknospen hervorgesproßten Blätter ein gegen 1½ Linie dicker ring- förmiger Wulst ( w ) berindeten jungen Holzes gebildet, welcher auf der unteren Abschnittsfläche, d. h. auf derjenigen, auf welcher das Klötzchen gestanden hatte, durch den Widerstand der Diele etwas breit gedrückt war. Der oben und unten hervorgequollene Holzring, eine beginnende sogenannte Ueberwallung , nahm nach der Längs-Mitte des Klötzchens, wie an einem Nullpunkte der Holzbildung ( n k ), schnell ab und war an diesem kaum noch zu erkennen. Auf der Fläche des mitten durchgespaltenen Klötzchens zeigte sich das, was die vorstehende schematisirte Figur XXIX. veranschaulicht. Es scheint daraus bestimmt hervorzugehen, daß die Adventivknospen aus metamorphosirten Markstrahlen hervorgegangen sind, deren 5 auf unsere Figur fallen. Die schnurgeraden auf je eine Adventivknospe gerichteten Markstrahlen waren um das Vielfache breiter und dicker als die übrigen, bräunlich gefärbt (vielleicht nur in Folge der Vertrocknung) und endeten auf der Oberfläche des Holzes mit einem Höckerchen, welchem eine Ver- tiefung auf der Innenseite der Rinde entsprach. Diese Markstrahlen hatten eine auffallende Wirkung auf die vorbeistreichenden, sehr lang ge- streckten Zellen und Gefäße des Holzes ausgeübt. Diese waren nämlich in der nächsten Nachbarschaft der Markstrahlen oben und unten eine kleine Strecke weit von ihrem geraden Verlauf nach auswärts abgelenkt, gewisser- maßen als wären sie von den Markstrahlen oder vielmehr von den in ihnen in dieser Richtung strömenden Safte mit fortgerissen worden, wie es ein in einen Baum geschlagener stumpfer Nagel thun mag. Diese Erscheinung kommt sonst bei den Holzzellen, wo sie am Markstrahle vorbeistreichen nicht vor. Wir haben in diesem Falle, wenn wir ihn nach den sichtbaren Er- folgen beurtheilen, eine Verwerthung des in dem Klötzchen enthaltenen Bildungssaftes vor uns, theils zur Bildung von Adventivknospen, theils zur Bildung eines neuen Holzringes, der als ein Ueberwallungsring an beiden Schnittflächen zwischen Holz und Rinde hervorquoll. Ob diese Adventivknospen vielleicht die vorhin bezeichneten schlafenden, also vorgebildet schon vorhanden gewesene Knospen waren, ist nicht zu entscheiden, da ich das Klötzchen nicht vorher untersucht hatte. Es ist aber schwer anzunehmen, sondern wir haben hier wahrscheinlich echte von der gebotenen Gelegenheit ursprünglich gebildete Adventivknospen vor uns. Es ist hierbei noch daran zu erinnern, daß die Pappelarten das Aus- schlagsvermögen in hohem Grade besitzen. Was die Stellen betrifft, wo die Adventivknospen, „die Ausschläge“, am Baume erscheinen, so kann sich Jedermann durch seine eigene Erinnerung an Kopfweiden und an seine Spaziergänge in „Buschhölzern“ hierauf von selbst einige Antwort geben. Forstlich unterscheidet man gewöhnlich 4 Aus- schlagsstellen: am Stamm , am Abhiebe , am Wurzelstocke , an den Wurzeln selbst. Das Heraustreiben von Nebenknospen, was man so häufig am Stamme von Alleebäumen, namentlich an Pappeln und Linden, sieht, an denen sich dadurch nach und nach oft große Maserknoten bilden, steht meist in Verbindung mit einer verschiedentlich bedingten Beein- trächtigung und Verstümmelung der Krone, so daß man zu der Auffassung gedrängt wird, die Bildung von Neben- oder Adventivknospen beruhe auf dem Drange, durch sie die von der unverletzt gebliebenen Wurzel nach wie vor in unverändertem Maaße aufgenommene Nahrung zu verwerthen. Auf der Adventivknospenbildung beruht die Schneidel- und Kopfholz- Wirthschaft der Landwirthe und die Mittel- und Niederwald- Wirthschaft in den Waldungen, auf ihr beruht die Baumerziehung durch Setzreiser oder Stecklinge , bei welchen letzteren mit der Bil- dung von Adventivknospen die von Adventivwurzeln Hand in Hand geht (S. 119). Wie die Adventivknospen nicht in der Achsel eines Blattes ihren Ursprung nehmen so haben sie auch meist nicht die regelmäßige Gestalt und Umhüllung der Achselknospen, sondern zeigen gewissermaaßen die Merkmale einer mangelhaften Nachahmung. Der Unterschied der schlafenden Knospen von den wahrscheinlich immer aus metamorphosirten Markstrahlen hervorgehenden echten Nebenknospen (für welche letzteren also keine vor- gebildete Anlage vorhanden ist) wird anatomisch dadurch bedingt und ihre einstige Erscheinung oft für lange Zeit hinaus gesichert, daß an unseren Laub-Bäumen jedes Blatt ohne Ausnahme eine Achselknospe hinterläßt. Diese sind aber an dem unteren Ende eines Langtriebes — wie das jeder Roßmäßler, der Wald. 13 belaubte Trieb zeigt — fast immer viel kleiner und kümmerlicher als weiter oben am Triebe und ebenso sind es auch die Knospen in ihrer Achsel, wie wir Letzteres an Fig. III. 12 (S. 60) sehen, wo die unterste von den 6 Knospen in hohem Grade gegen die höherstehenden zurückge- blieben ist und im kommenden Jahre sicher nicht zur Entfaltung gekommen sein würde. Da aber auch zu der Basis solcher verkümmerten Knospen sich von dem Triebe, an dem sie stehen, aus dem Gewebe des Triebes ein zuleitendes Holz- und Markbündel abbiegt, so ist die einstige Auf- erweckung solcher Knospen gesichert, weil dieses zuleitende Bündel in den allmälig zuwachsenden Jahreslagen immer mit fortwächst. Man kann daher an der noch nicht zu sehr rissig gewordenen Borke schon ziemlich starker Aeste und Stämme die Spuren solcher seit vielen Jahren ruhenden Knospen auffinden, und von ihrem Vorhandensein noch leichter sich über- zeugen, wenn man z. B. einen fünfzehnjährigen Eichenzweig im Safte schält, wo man dann auf der Oberfläche des Holzes eine Menge Höckerchen finden wird, welche eben diese zuleitenden Bündel, die Nebenaxen schlafender Knospen sind, deren wenn auch noch so undeutliche Bezeichnung man an dem entsprechenden Punkte außen an der Rinde auffinden wird. Der am ungestört fortwachsenden Baume an den ruhenden Knospen und ihren Axen vorbeiströmende Saft, sucht sie auf dem Wege dieser Axen gewisser- maaßen auf, wenn durch Schneideln oder Köpfen die kräftig vegetirenden Triebe ganz oder theilweise entfernt worden waren, die bisher den Saft für sich in Anspruch nahmen. Wenn es erlaubt ist, hier dieses Gleichniß anzu- wenden, so sind die ruhenden Knospen entfernte Seitenerben, die erst dann in ihr Erbrecht eintreten, wenn nächste Erben, die vollkommenen Achsel- und Endknospen, nicht da sind. Nebenbei ist es selbstverständlich, daß solche schlafende Knospen (schlafende „Augen“ der Gärtner) nicht eigentlich Adven- tivknospen sind, weil sie aus einer Blattachsel hervorgingen, während die wahren Adventivknospen aus metamorphosirten Markstrahlen hervorgehen. Es liegt nun auf der Hand, daß das Ausschlagen durch ruhende Knospen allen Laubhölzern zukommen muß, weil alle Blätter haben und in jeder Blattachsel sich eine, wenn auch noch so sehr verkümmert zurück- bleibende Knospe bildet; ferner versteht es sich von selbst, daß der am sogenannten Abhiebe und aus den Wurzeln erfolgende Ausschlag nicht aus ruhenden Knospen, sondern nur aus echten Adventivknospen hervor- gehen kann. Ersteres (am Abhiebe) nicht, weil an einem vielleicht 2 Ellen dicken Buchenstock am letzten, vielleicht zweihundertsten, Jahrringe keine Blätter gestanden haben können und hier doch die Adventivknospen oft in dichter Reihe nebeneinander zwischen diesem und der Rinde aus der jungen Ueberwallungswulst hervorkommen; Letzteres (aus der Wurzel) deshalb nicht, weil die Wurzel niemals Blätter hat, also auch keine Achsel-, mithin auch keine schlafenden Knospen haben kann. Am Stamme und älteren Aesten und Zweigen stehen die Ausschläge, wenn man sie auch nicht auf eine noch nachweisbare schlafende Knospe — die sozusagen vielleicht mehrere Jahrzehnte lang vergessen worden ist — zurückführen kann, doch sehr ersichtlich in der Nähe solcher Stellen, wo ein früherer Zweig abgeworfen worden ist, was sich bekanntlich in der Regel durch Ringwarzen zu erkennen giebt, oder sie stehen am Grunde stehen gebliebener Aststummel. Die geringste Wirkung der Erweckung schlafender Knospen ist die, daß an erfrorenen Langtrieben die untersten Knospen im nächsten Jahre zur Entwicklung kommen, die außerdem unent- wickelt geblieben, eben schlafende Knospen geworden sein würden. An einem in dem harten Winter 1860 erfrorenem, über 3 Fuß langen Mas- holdertriebe ist von den 12 Knospenpaaren nur das unterste, wo das Holz des Triebes am ausgereiftesten und deshalb nicht erfroren war, zur Entwicklung gekommen, was im gewöhnlichen Verlaufe sicher nicht der Fall gewesen sein würde. Wie viel man von der nachträglichen Erweckung schlafender Knospen erwarten darf, das sehen wir an der Kühnheit der Gärtner beim Be- schneiden der Kugel-Akazien, wobei man oft kaum begreift, wie aus den allein belassenen kurzen dicken Aststummeln neuer Ausschlag soll hervor- kommen können. Jedoch in solchen Fällen geht derselbe gewiß wenigstens zum Theil aus wirklichen, d. h. aus metamorphosirten Markstrahlen kommenden Adventivknospen hervor. Daß unsere meisten Laubhölzer aus dem Stocke, dem Fuße des Stammes, reichlich ausschlagen, ist allgemein bekannt, obgleich auch hierin die eine Art die andere übertrifft. Hier sind die Knospen wahrscheinlich meist als echte Adventivknospen zu betrachten. Der Stockausschlag bedingt die sonderbare Erscheinung, daß man von einer Pflanze im Verlaufe vieler Jahrzehnte eine mehrmalige Holznutzung erzielt, indem man nach einer 13* gewissen Reihe von Jahren (Umtriebszeit) alle, meist ziemlich zahlreichen und nur etwa 8 — 12 Zoll dicken, selten stärkeren meist noch schwächeren Stangen (Reidel, Lohden) immer wieder abhaut und durch neuen Stock- ausschlag neue erzielt. Die Buche, die überhaupt das geringste Aus- schlagsvermögen hat, kann im höheren Alter nicht mehr „auf die Wurzel gestellt werden,“ da, wenn eine Buche mehr als 40—50 Jahre alt war, ihr Stock selten hinlänglichen Ausschlag macht. Die Eiche thut dies aber oft im höchsten Alter noch. Wie lange nachher der Stock zur Erzielung von Stockausschlag (Niederwald-Betrieb) benutzt werden kann, ist bei den verschiedenen Holzarten ebenfalls sehr verschieden. Je weicher und zur Fäulniß geneigter das Holz ist, desto eher fault der Stock aus und theilt sich zuletzt sehr oft in mehrere kreisförmig stehende Stücke, deren jedes seine Lohden treibt. Das Erscheinen der Adventivknospen am Abhiebe, wobei im günstigsten Falle dieselben, zwischen Rinde und Holz hervortretend, einen Kreis bilden können, ist forstlich von der geringsten Bedeutung. Es kommt namentlich bei der Buche und Esche vor. Wenn man einen jungen Wurzelschößling einer Zitterpappel (oder Espe, Populus tremula ), der sich immer senkrecht aus der wagerecht XXX. Ursprungsstelle eines Wurzelschößlings. ** Grenzlinie zwischen Schößling und Wurzel; — r (querschraffirt) Rinde; — w Wurzel aus der der Schößling entspringt; — 1. 2. 3. die 3 seit der Bildung des Schößlings zugewachsenen Jahreslagen; — a Adventivwurzel des Schößlings. Oben der Quer- schnitt des gespaltenen Schößlings. im Boden kriechenden Wurzel erhebt, an seiner Ursprungsstelle untersucht, so kann man sich leicht überzeugen, daß er aus einem metamorphosirten Markstrahle hervorgegangen ist. Man schneidet den Schößling einige Linien über seinem Ursprung ab und spaltet dann den Stummel indem man zugleich die Wurzel, aus der er kommt, senkrecht quer durchschneidet. Auf dem Querschnitte bildet dann der betheiligte Markstrahl gewisser- maßen einen keilförmigen Fuß des Schößlings, welcher manchmal einen großen Theil des Umkreises der Wurzel einnimmt. Wir sehen diesen Bau in Fig. XXX. , an welcher wir die dreijährige Wurzel ( w ) unter- scheiden, von deren Markstrahlen einer sehr stark keilförmig entwickelt ist, aus dem oben der Schößling, ursprünglich als förmliche mit Schüppchen bekleidete Knospe, hervortrat. Der Zuwachs (1. 2. 3.) des dreijährigen Schößlings ist auch der Wurzel zu Theil geworden. Die Grenzlinie zwischen Wurzel und Schößling (**) pflegt immer deutlich bezeichnet zu sein. An der linken Seite des Schößlings sehen wir eine Adventiv- wurzel, deren er sehr bald mehrere treibt und sich durch sie selbst- ständig macht. Diese Adventivknospen kommen nicht immer wie an dem abge- bildeten Beispiele an der oberen Seite der Wurzel hervor, sondern oft auch seitlich oder selbst an der Unterseite. In diesen Fällen krümmt sich der Schößling nach seinem Hervortreten sofort aufwärts. Bekannt ist es, daß man die Wurzelschößlinge, weil sie oft aus einer seicht unter der Oberfläche des Bodens hinkriechenden Wurzel zahlreich hervorkommen Wurzelbrut nennt. Es ist eine bemerkenswerthe Seite der Ausschläge, daß sie in manchen Beziehungen von den normalen Verhältnissen abweichende Besonderheiten an sich tragen, so daß der Ungeübte namentlich Stockausschlag manchmal nicht auf die ihm vielleicht wohlbekannte richtige Baumart zurückführen kann. Wenn ein Stock, von dem der Stamm oder frühere Stocklohden abgehauen wurden, sehr lebenskräftig ist und auf gutem Boden steht, so treibt er oft ungewöhnlich lange Lohden, wodurch sich namentlich Esche, Ahorn und Rüster auszeichnen. Solche, recht eigentlich, Langtriebe sind nicht selten 6—8 Fuß lang. Die Blätter daran sind nicht nur viel größer, saftiger und dunkler grün als die Stammblätter, sondern sie zeigen nicht selten in der Gestalt und in der Zähnelung des Randes bemerkens- werthe Abweichungen. Am weitesten treiben es geköpfte Linden, deren Ausschlagblätter oft so tief gelappt sind, daß sie Weinblättern sehr ähnlich werden. Bei Birkenstockausschlag sind die viel größeren und fast drei- lappigen Blätter dick behaart und an Wurzelbrut der Espe gleichen sie den Stammblättern nicht im Entferntesten. Aus alledem geht hervor, daß die Erzeugnisse der Adventivknospen, der echten wie der schlafenden Knospen, gewissermaaßen aus einem über- eilten Drange des überreichlich aus der Wurzel, die ja die alte geblieben ist, zuströmenden Nahrungssaftes hervorgehen. Ja es kommt auf sehr fruchtbarem Boden vor, daß die Stöcke im Safte gehauener Bäume wie man es bezeichnet im Safte ersticken. Es kommt aber auch das Gegentheil vor. Die — zum Unterschiede von den schlafenden hier einmal so bezeichneten — dämmernden, nicht schlafenden, nicht wachenden, Knospen, welche, die Maserknoten bildend, am Stamme alter Bäume hervorlugen, bringen es in der Regel nicht nur nicht zu eigentlichen Trieben, sondern die wenigen Blättchen, die sie ent- wickeln, bleiben auch meist klein, kümmerlich und zum Theil mißgestaltet. Wir verstehen nun vollständig, daß, wie bereits einigemal angedeutet, die Maserbildung nichts weiter ist, als eine Anhäufung von Adventiv- knospen, welche ohne es zu einer Triebentwicklung bringen zu können gleichwohl Jahrzehnte lang am Leben bleiben und zwischen sich vielfache Stauchungen und Windungen im Verlauf der zuwachsenden Jahreslagen bedingen. Die Maserknospen haben immer ein centrales Mark und endigen in einen weichen Vegetationskegel, aus dem sich unter begünstigen- den Umständen einige Blättchen entwickeln. Die Maserknollen haben meist eine sehr dicke Rinde, nach deren Abschälung man sieht, daß jede Maserknospe die Spitze eines Kegels von breiter Basis ist, deren Ver- bindung und Gruppirung namentlich bei entrindeter Eichenmaser ein wahres Modell eines Alpengebirges bildet. Das centrale Mark jedes Maserkegels wird, wahrscheinlich durch Verflüssigung beseitigt und dadurch der Kegel hohl, daher man in Maser-Arbeiten eine Menge Grübchen sieht. Je nachdem man bei der Verarbeitung der Maser den Schnitt senkrecht oder wagerecht oder schräg durch die Kegel führt zeigen sich auf der Schnittfläche die wunderlichsten Verschlingungen und Wellenlinien der Holzfasern. Wenn man aber eine Maserknolle in der Richtung der Markstrahlen durchsägt, so kommt ein Holzgefüge zum Vorschein, für welches der Forst- mann die besondere Bezeichnung Wimmer hat. Da die Wachsthums- bahn der Adventivknospen immer gestreckt und rechtwinklich zur Stamm- Axe erfolgt, so bilden die Adventivknospen-Axen gerade gleichlaufende Stränge, zwischen welchen sich die Holzfasern senkrecht herabschlängeln. Dies giebt der Spaltfläche ein gewässertes welliges Relief und wenn sie gehobelt ist ein moirirtes Aussehen. Da die Veranlassung hierzu Stauchung der sich nicht ungehindert ausstrecken könnenden Holzfasern ist, so kommt der Wimmer auch ohne Adventivknospen in Astwinkeln des Stammes und namentlich des Wurzelstockes vor, auf welche Fälle diese Bezeichnung eigentlich zunächst angewendet wird. Adventivknospen und also Ausschlagsvermögen kommen den Nadel- hölzern nur in sehr beschränktem Maaße zu, wie überhaupt dieselben in der Knospenbildung bedeutende Abweichungen von den Laubhölzern zeigen. Fichte, Tanne und Lärche bilden an den jungen Trieben außer den end- ständigen und, dicht unter diesen, quirlständigen Knospen nur wenige Achselknospen, die wohl mit nur sehr seltnen Ausnahmen im folgenden Jahre mit jenen stets zur Entwicklung kommen, so daß sie also nicht zu schlafenden Knospen werden können. Wenn bis 8 Zoll dicke Tannen am Stamme in Brusthöhe junge Triebe machen, so sind diese daher wohl aus echten Adventivknospen, d. h. aus metamorphosirten Markstrahlen, hervorgegangen. Einiges Weitere hierüber werden wir später bei der Schil- derung dieser Nadelbäume erfahren. Ganz eigenthümlich verhalten sich die Kiefern, deren Nadeln bei den verschiedenen Arten bekanntlich zu 2 bis 5, durch eine Scheide am Grunde vereinigt, beisammen stehen. Sie bilden gar keine sich regelmäßig ent- wickelnde Knospen außer den End- und Quirlknospen, wodurch eben der so regelmäßig steife Bau der jungen Kiefern bedingt ist. Dennoch sind gerade die Kiefern in eigenthümlicher Weise mit schlafenden Knospen aus- gestattet und dadurch unter Umständen ausschlagsfähig, worüber wir weiter unten sprechen werden. Endlich ist hier noch eines nur bei manchen Baumarten vorkommen- den unter den Begriff Knospe zu fassenden Gebildes zu gedenken, dessen Entstehung und Wachsthumsweise noch manches Räthselhafe hat. Bei der Eberesche, Sorbus aucuparia, wo das Gebilde fast Regel zu sein scheint, bei der Buche und bei noch einigen anderen Bäumen finden sich in der Rinde alter Stämme eingeschlossene und an ihr kropfähnlich her- vortretende bis 1 Zoll groß und größer werdende Kugeln, welche, im Mittelpunkte wie die Kirsche den Kern einen Markkörper einschließend, von concentrischen Holzlagen gebildet werden. Hartig hat diesen unvoll- kommensten Versuchen der Adventivsproßbildung den Namen Kugelsproß gegeben und läßt sie hervorgehen aus Adventivknospen, die in dem Rinden- Zellgewebe dieses sonderbare Bildungs-Leben fortlebt, nachdem ihr Zu- sammenhang mit dem Holz- und Markkörper des Triebes durch Absterben des saftzuleitenden Gewebes aufgehoben worden ist. Nachdem wir so die wichtigsten Bedingungen und Mittel des Baum- lebens und dessen Gebilde kennen gelernt und gefunden haben, daß in den Neben- oder Adventivknospen die Pflanzen vor den Thieren eine eigenthümliche Verjüngungskraft voraushaben, tritt uns nun die Frage nahe, wie das Lebensende des Baumes bedingt sei. Wenn Thiere und Pflanzen sich als Wesen zweier verschiedener Reiche von einander unterscheiden, so ist dies in keiner Hinsicht augen- fälliger als in der des Lebensendes. Schon die Frage, wann tritt dies bei den Pflanzen ein und ist dieser Eintritt wie bei den Thieren (wenig- stens bei den allermeisten) an den Ablauf einer gewissen Zeitdauer ge- knüpft, erinnert uns, daß wir sie bei den Pflanzen und zumeist bei den Bäumen sich ganz anders beantworten sehen. Daß es bei dem Baume keinen Zustand des vollendeten Wachsthums, kein einheitliches in allen Theilen zugleich sich regendes Leben giebt, wissen wir schon. Ein Thier, wobei wir natürlich an einige, geschlossene Kolonien bildende (wie die Korallenpolypen) nicht denken dürfen, ist eben noch in allen seinen Theilen lebendig und im nächsten Augenblick todt. An einem Baume kann schon seit Jahrzehnten der Stamm ausgefault sein, er ist aber dennoch fähig, vielleicht noch ein Jahrhundert lang fortzugrünen. Durch eine kleine auf einen einzigen Punkt — Herz, Lunge, verlängertes Mark — gerichtete Verwundung löschen wir das Thierleben aus wie ein Flämmchen, während wir vom Baume wissen, daß er selbst dann nicht stirbt, wenn wir seinen Stamm von der Wurzel trennen. Todstechen, erschießen, überhaupt tödten, wie wir es mit einem Thiere thun, können wir einen Baum nicht. Ueberhaupt der Begriff des gewaltsamen Todes gestaltet sich für den Baum anders als für das Thier. Das Gewächs hat keine solche eng begrenzten bedingenden Lebensmittelpunkte, von denen aus die tödtende Wirkung einer Verwundung sich auf den ganzen Leib fortpflanzt. Wir wissen ja eben, daß der Baum kein Individuum ist und das erklärt uns alles. Je weiter er fortgeschritten ist in seinem Aufbau aus zahlreichen um- und übereinander geschichteten und gethürmten Gebiets- vergrößerungen für die sich ewig erneuenden Bewohner, die Blätter und Blüthen, desto mehr ist das Baumleben einem auf einen Punkt gerichteten Angriff entrückt, wenn wir ihn nicht durch Umhauen und Entwurzeln der Möglichkeit berauben, sich ernähren zu können; und auch da ist es noch möglich, daß der entwurzelt umstürzende Baum mit der Ecke eines Astes in den weichen Boden dringt, und so der Zufall einen Senker oder Steckling macht und in diesem Theile das Fortleben des Getödteten ermöglicht. An Saatpflänzchen und selbst an kleinen Bäumchen in der Pflanzschule sehen wir freilich durch Sonnenbrand oder durch Verlust der Wurzel, die ein Engerling abnagte, plötzliche Tödtung; aber ein alter Baum stirbt meist langsam und allmälig, sozusagen stückweise, bis endlich nach jahre- ja jahrzehntelangem allmäligem Absterben auch der letzte Zweig keine Blätter mehr treibt. Das Wort absterben, welches wir nur vom Pflanzentode brauchen, während wir ein Thier sterben lassen, drückt den Unterschied ganz richtig aus: am Baume trennt der Tod das Leben der einzelnen Theile nach einander vom Gesammtleben ab. Wir lernten aber trotz der tausendfältigen Gliederung des Baum- lebens dennoch in dem Cambium (S. 174) gewissermaaßen einen, wenn auch über das ganze Baumgebäude sich vertheilenden, Herd der Ver- mittlung aller Neubildungen kennen, weshalb man es mit dem deutschen Wort Bildungsgewebe bezeichnet. Wir wissen ferner, daß in nächster nachbarlicher und physiologischer Verknüpfung damit die den Bildungs- saft von den Blättern, den Läuterern desselben, herableitenden Bastzellen stehen. Es muß also eine hier eingreifende Störung das Baumleben am empfindlichsten treffen. Wir sehen dies am augenfälligsten an einer von dem Borkenkäfer, Bostrichus typographus, befallenen Fichte. Wenn dieser furchtbare Feind der Fichtenwaldungen, wie es bei einer „Wurmtrockniß“ vorkommt, sich in Schwärmen über eine bisher verschonte Fichte stürzt und in der Bastschicht der Rinde seine Bruten absetzt, wo dann in kurzer Zeit die auskommenden Larven Tausende von Gängen nagen, so dauert es kaum eine Woche und der Baum steht anfänglich mit getödteten braunrothen Nadeln und dann mit entnadelten wie krampfhaft verkrümmten Zweigen und aufplatzender und sich ablösender Rinde vor uns. Er ist unwider- ruflich todt. Es ist dies genau dieselbe Wirkung wie durch eine ring- förmige Entrindung (S. 172), welche unmittelbar über der Wurzel an- gebracht, den ganzen Baum tödtet, weil die Ernährerin Wurzel mit stirbt, da auch sie nur durch den von oben kommenden Bildungssaft ihre Neu- bildungen macht. Der Blätterverlust beraubt zwar den Baum der wichtigsten Lebens- gehülfen, da sie die assimilirenden Organe sind; allein wir wissen schon, daß sie sich aus den Achselknospen und durch Auferweckung schlafender Knospen meist wieder ersetzen können. Nur Tannen, Lärchen und Fichten, weil sie keine schlafenden Knospen haben, und die End- und Achsel- knospen sich nur im folgenden Jahre entfalten zu können scheinen, über- stehen eine vollständige Entlaubung niemals, da bis dahin der Nadelverlust bereits tödtlich gewirkt hat. Die große Kiefernraupe, Gastropacha Pini, die die Nadeln bis auf den Trieb herunter abweidet, tödtet darum die Kiefer ebenfalls, weil sie die kleine ruhende Knospe mit beseitigt, welche im Grunde der Nadelscheide als kleines Wärzchen zwischen den Nadeln liegt. Weniger nachtheilig ist daher der Fraß anderer Kiefernfeinde, welche ein Stümpfchen der Nadel stehen lassen, aus welchem die ruhende Knospe wenigstens an den obersten Enden der Triebe hervortreiben kann. Am Schlusse dieses langen und wichtigen Abschnittes über das Leben des Baumes spitzt sich unsere Betrachtung in der gewonnenen Ueber- zeugung zu, daß eine bestimmte Lebensdauer für die Bäume nicht gesetzt ist, wie dies auch Decandolle in dem für unsern 3. Abschnitt auf S. 12 entlehnten Motto ausspricht. Innere und äußere Bedingungen gestatten hier einen außerordentlich weiten Spielraum. Ja durch die Ausschlagsfähigkeit und durch die Theilbarkeit des Sammelwesens, wie man gegenüber dem Begriff Individuum den Baum nennen könnte, kann man das Leben des Baumes in beschränkterem Sinne gewissermaaßen verewigen. Ein auf die Wurzel gestellter Baum (S. 196), dessen Stock alsdann von nachfolgenden Förstergenerationen mit besonderer Fürsorge gepflegt wird, kann vielleicht viele Jahrhunderte lang lebendig bleiben. In der Ueberwallung werden wir bei der Tanne, die sie am häufigsten zeigt, sogar ein Mittel kennen, wodurch ein an sich lebens- unfähiger Stock von einem benachbarten Baume gleicher Art, ernährt und in Zuwachs erhalten wird. Denkt man nun vollends an die Theilbarkeit und Vervielfältigung durch Stecklinge und Pfropfreiser so kann man einem einzelnen Baume in gewissem Sinne Ewigkeit und Allgegenwart verleihen. Wir erinnern uns hier an unsere sogenannte italienische Pappel, Populus dilatata Aiton (P. Pastigiata foiret) . Wir glauben deren viele Tausende in Europa zu haben und seit ihrer Einwanderung aus dem Orient in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts gehabt zu haben. Wir haben aber nie mehr als eine einzige Pappel gehabt und werden vielleicht in den kommenden Jahrhunderten nie mehr als diese eine haben. Die Pappelarten sind getrennten Geschlechts, und der Zufall wollte es, daß das erste nach Europa, und zwar nach Italien, eingeführte Exemplar, gleichviel ob ein Bäumchen oder nur ein Setzreiß, ein männliches war. Es konnte also kein Same von dieser ersten Stammpflanze gewonnen, mithin auch keine Nachzucht aus Samen erzielt werden, sondern man war auf die Vermehrung durch Setzreiser beschränkt. Man würde diese sicher auch ohnehin der Fortpflanzung durch Samen vorgezogen haben, da jene viel schneller zum Ziele führt und überhaupt Pappeln und Weiden wegen ihrer winzig kleinen Samenkörmer zwar wohl durch frei- willigen Samenanflug sich leicht fortpflanzen, jedoch die künstliche Aussaat Schwierigkeiten hat. So ist denn für diesen langen Zeitraum die ganze Nachkommenschaft der italienischen Pappeln, sämmtlich männlichen Geschlechts, in der That nur Ein Exemplar in ununterbrochen fortgesetzter tausendfältiger Zer- theilung und man kann es in gewissem Sinne wohl ewig und allgegen- wärtig, wenigstens überall, an keinen Ort beschränkt, nennen. Wahrlich das direkteste Gegentheil eines Individuums! Wir werden hier unwillkürlich noch zu einer kurzen Berücksichtigung der durch ihr Alter und ihren Umfang berühmten Bäume veranlaßt. Es liegt ohne Zweifel mehr in dem Umstande, daß Bäume ein nach menschlichem Maaßstabe außerordentlich hohes Alter erreichen können, als in deren riesigen Dimensionen, daß zum Naturkultus hinneigende Völker vielen Bäumen eine religiöse Verehrung zollen und auch wir sie wenigstens nicht ohne ahnungsvolle Schauer ansehen können. Ja wie kaum ein Thier ist in unsern Augen jeder Baum gefeyet und steht unter dem sittlichen Schutze eines Jeden. Wie schon früher daran erinnert wurde, brandmarken wir daher jede muthwillige Verletzung eines Baumes, namentlich eines hoffnungsvollen Bäumchens mit dem starken Worte Frevel. Eine Menge der verschiedensten Baumarten und zwar aus den ver- schiedensten Pflanzenfamilien sind fähig, ein ungewöhnlich hohes Alter und dann gewöhnlich auch riesige Größe zu erreichen. Sogar in der in Deutschland, ja in ganz Europa durch keinen einzigen ursprünglich hei- mischen Baum vertretenen Abtheilung der Einsamenlappigen Pflanzen (S. 143 Anm.) finden sich einzelne solche Beispiele, als welches der Drachenbaum, Dracaena Draco, von Orotava auf der Insel Teneriffa allgemein bekannt ist, dem man ein Alter von 5000 Jahren giebt. Berthelot sagte (1827) von ihm: „wenn man die jungen Drachen- bäume, die den alten Riesen umstehen, vergleicht, so erschrickt unsre Ein- bildungskraft.“ Von unsern deutschen Waldbäumen, wenn wir dabei den alpinen Süden mitbegreifen, sind es namentlich Linde, Taxus, Ulme, Eiche, Esche, Lärche, Bergahorn, Arve, Fichte, Tanne, Buche, welche ein hohes Alter erreichen können aber dabei doch nicht entfernt dem Drachenbaum und dem Affenbrodbaum, Adansonia digitata, nahe kommen. Wo die Verhältnisse es besonders begünstigen, können jedoch auch noch andere Bäume ein ungewöhnliches Alter erreichen, während die ge- nannten an weniger günstigen Orten gegen sie zurückbleiben. Pfeil berichtet von Riesenespen in Ungarn, welche über 4 Ellen Durchmesser und 2900 Kubikfuß Holzinhalt hatten. Welcher Art diese begünstigenden äußeren Verhältnisse sein müssen, ist schwer in seinen Einzelheiten nachzuweisen. Ohne Zweifel ist es ein Zusammenwirken vieler einzelner Umstände, die eben nicht immer sich bei- sammen finden. Sicher aber würde es solcher denkwürdiger Bäume mehr geben, wenn nicht die begehrliche Hand des Menschen sich danach aus- streckte und der Sturm, der unerbittlichste aller Holzfäller, sie stürzte. Viele solcher altehrwürdiger Bäume haben ihre Geschichte und sind mit denkwürdigen Ereignissen verknüpft. Bei der botanischen und forst- lichen Beschreibung der einzelnen Waldbäume werden wir solchen leben- digen Geschichtsdenkmalen unsere Beachtung zuwenden. So hat denn der Schwede Agardh vielleicht Recht indem er sagt: „wenn in der Pflanze mit jedem Sonnenjahre sich neue Theile erzeugen, und die älteren, erhärteten durch neue, der Saftführung fähige, ersetzt werden, so entsteht das Bild eines Wachsthums, welches nur äußere Ursachen begränzen “; und wenn Derselbe weiter die kurze Lebensdauer der Kräuter von dem „Uebergewicht des Blühens und Fruchtansetzens über die Blattbildung“ herleitet, so findet dies seine Bestätigung darin, daß man schwächliche Kräuter durch fortgesetztes Hindern am Blühen und Fruchttragen (indem man jede junge Blüthenknospe entfernt) zu mehr- jährigen Bäumchen zwingen kann, wie es z. B. mit der Reseda geschehen ist und wie es Endlicher von einem Luzernestock ( Medicago sativa var. versicolor ) erzählt, der 80 Jahre alt wurde, weil er keine Früchte trug. Lassen wir uns nun noch für die Betrachtung der Baum-Architektonik durch die folgende Schilderung eines deutschen Urwaldes weihen, welche Wessely in seinem lehrreichen Buche über die österreichischen Alpenwälder Die österreichischen Alpenländer und ihre Forste. Geschildert von Joseph Wessely. Wien 1853 bei W. Braumüller. mittheilt. Denn es giebt noch Waldorte in Deutschland, wo noch nie die Axt des Holzfällers ertönte und denen man mit Bestimmtheit ansieht, daß sie keines Menschen Hand säete oder pflanzte. Der beschriebene Urwald liegt im Erzherzogthum Unterösterreich in den hintersten Quell- schluchten der Mürz und heißt seinem Uralter zum Trotz der Neuwald . „Höchst merkwürdig ist der große, üppige und wohlgeschützte Kessel dieser unabsehbaren Waldwüste. Ein Bild großartiger Schöpfung und prachtvoller Wildniß überwältigt er auch das starrste Gemüth mit scheuer Ehrfurcht vor den gewaltigen Werken Gottes. — Die Natur, welche hier seit den Tagen der jetzigen Weltgestaltung allein und ungestört waltete, hat da ein Unglaubliches an vegetativer Kraft und Erzeugung zusammen- gehäuft, sie hat hier Anfang und Vollendung, pflanzliches Leben und Tod in riesenhaften Formen überraschend nebeneinander geordnet. Die Fichten, die Tannen und selbst die Lärchen dieses Kessels er- reichen eine Länge von 150—200, eine untere Stammstärke von 5—8 und einen Massengehalt von 1000—2000 Fuß, die Buchen auch 120 bis 150 Fuß Länge, 3—5 Schuh untere Stärke und 300—1000 Fuß Holz- masse, und lassen somit all das weit hinter sich, was wir in unsern modernen Holzbeständen zu sehen gewohnt sind. An diesen Baumkolossen schätzen sich die geübtesten Massenschätzer des Flachlandes zu Schanden. Die Majestät dieses gewaltigen Hochholzes ist aber eine schauerliche, denn inmitten der Stämme höchster Lebenskraft stehen allenthalben die abgestorbenen Zeugen früherer Jahrhunderte umher, mit gebrochenen Aesten und Gipfeln, die rindenlosen Schafte geisterbleich und vielfach durchlöchert von den Insekten suchenden Spechten, öfter auch in lang- gestreckte Splitter endende Strünke vom Sturm gebrochener Fichten. Das Riesenhafte dieser Vegetation rührt nicht blos daher, daß die Stämme bis zu ihrem natürlichen Aussterben, also über das gewöhnliche Haubarkeitsalter hinaus fortwachsen und ihre Masse mehren können, son- dern ganz besonders auch vom Vorhandensein aller Umstände, welche eben das Lebensalter der Bäume auf die äußerste Grenze hinauszurücken ge- eignet sind. Das rauhere Klima, die mehr gleichmäßig feuchte Atmosphäre, der äußerst humose Boden, der eigenthümliche gewissermaaßen nie unter- brochene Waldesschluß, welcher das Wachsthum der Stämme in der Jugend zurückhält, und ihren Fuß beständig schützt, das alles zusammen- genommen fördert so absonderlich die Lebensdauer, daß diese Baumriesen, wenn sie nicht etwa früher von Sturm zerrissen werden, meist ein Alter von 300—400, öfter sogar von 600 Jahren erreichen. Tausende von kolossalen Schäften, wie sie Alter und Orkane nach und nach übereinander geworfen haben, bedecken kreuz und quer — oft als wirrer Verhau — den graslosen Boden. Hier ein frischer eben vom Sturme in der Fülle seiner Kraft zerrissener Stamm, mit seiner ganzen markigen tiefgrünen Benadlung; daneben der rindenlose bleiche Schaft eines heimgegangenen in sich zusammengebrochenen Altvaters astlos mit geknicktem Gipfel; wieder daneben und darunter die Ueberreste früherer Generationen, dicht mit grünem Moosfilze mannigfacher Schattirung über- zogen, in allen Stadien der Verwesung. Wo Stämme über den einzigen Pfad geworfen wurden, welcher sich durch diese Wildniß windet, hat man Stufen in die Schäfte gehauen, auf daß man sie überschreiten könne, denn es hätte eines ungeheuern Kraftaufwandes bedurft, sie aus dem Wege zu räumen. Etwa in der Mitte des Forstes trafen wir auf einen eben gestürzten Fichtkoloß. Der sechsfußige Schaft lag gleich einem Wall quer über den Steig, die Größten unter uns vermochten nicht über ihn herüberzuschauen; die gewandte Jugend hieb umsonst ihre Bergstöcke (Griesbeile) ein, um sich im kühnen Satze hinaufzuschwingen, sie mußte endlich dem besonnenen Alter folgen und den Baum umgehen. Merkwürdig ist die Fülle neuer Vegetation, welche sich auf den alten Lägerstämmen entwickelt. Ein dichter Pelz des üppigsten Mooses überzieht sie nach allen Seiten; darin finden die fallenden Baumsamen vortreffliches Keimbett und in dem darunter sich bildenden Humus die jungen Pflänzchen geeigneten Boden. — So haben in den Leichen der hingeschwundenen Baumgenerationen Millionen nachwachsender Pflänzlinge Wurzel geschlagen und streben nunmehr rüstig zu den spärlichen Licht- löchern hinan, welche diese Leichen durch ihren Sturz in das hohe Laub- gewölbe des riesigen Forstes schlugen. — Auf einigen solchen Baum- kadavern fanden wir mehrere Hundert neuer Fichten und einzelne davon schon zu ansehnlichen 60—70jährigen Reideln erwachsen. — Die moos- bedeckten Lagerschäfte eignen sich gegenüber dem mit einer dicken Schwarte überzogenen Erdboden so vorzüglich für den neuen Nachwuchs, daß dieser oft auch nur auf diesen erscheint. Vielen alten Horsten sieht man diese Entstehungsweise jetzt noch an, denn sie stehen in den geraden Linien des längst vergangenen Schaftes da, auf welchem sie ursprünglich gekeimt haben. — Nicht selten trifft man auch Altstämme, deren Wurzelknoten mehrere Fuße über dem Boden steht. Sie sind eben auf starken Baum- leichen entstanden, ihre Wurzeln haben dann über die Seiten dieser letzteren in den Erdboden hinabgegriffen und weil der von ihnen umfaßte Schaft in der Folge ganz zusammenfaulte, so stehen sie nunmehr mit einem Theile der Wurzeln in der Luft. Ohne Unterlaß zog es uns vom Steige ab, den wir verfolgen sollten; dieses Eindringen in die anscheinend noch unbetretene Wildniß hatte einen unnennbaren Reiz, dem Keiner zu widerstehen vermochte, es war das Gefühl, welches die großen Weltumsegler bewegt haben mag, als sie neue Erdtheile entdeckten. Aber was war im Grunde unser Vordringen! Wenige Schritte und gewaltige Lagerholzmassen traten uns entgegen. Mit ungeheurer An- strengung schwangen wir uns über einen oder den andern Schaft hinüber, mühsam durchkrochen wir anderwärts die Gipfel oder zwängten uns zwischen dem Boden und dem Schaft durch; öfters sprangen wir auf ein dichtbemoostes Stammstück, aber es brach unter uns ein und wir ver- sanken bis über die Knie in Holzmoder. — Es waren das völlig ver- mooste Schäfte, welche nur noch durch den dichten Moosfilz zusammen- gehalten wurden. Kaum war ein Verhau überwunden, so stellte sich wieder ein neuer entgegen und nach halbstündiger Anstrengung aller Kräfte hatten wir nicht viel über hundert Klafter Wegs zurückgelegt. Gleichwohl befanden wir uns schon in einer völlig neuen Gegend, offen- bar, weil uns die überstiegenen Lagerholzmassen den Rückblick auf den Steig abschlossen. Noch einige hundert Schritte, und wir waren nicht nur unbewußt von einander abgekommen, sondern hatten auch ungeachtet der gespanntesten Aufmerksamkeit einer wie der andere gänzlich die Orien- tirung verloren. Zum erstenmale machte mir der Wald, sonst der trauteste Freund meiner schönen wie meiner schmerzlichen Stunden — wahrhaftig bange. Mit klopfendem Herzen und zurückgehaltenen Athem harrte ich voll Angst aber vergeblich auf den Ruf unseres Führers. Nun erst begriff ich die schauerlichen Geschichten, welche mein alter Oheim, der seine Jugend in hiesiger Gegend verbracht hatte, in der Spinnstube meines Großvaters öfter zum Besten gab. Um nicht vielleicht noch weiter vom Steige abzukommen, ließ ich mich auf einen bemoosten Baumstamme nieder und beschloß geduldig das Rufen abzuwarten, das dann doch endlich erfolgen mußte. Ich zog die Uhr, sie wies auf ein Viertel auf Eins. Draußen schien — wie ich mich später überzeugte — die Sonne im hellsten Mittagsglanze. Aber nicht ein Strahl dieser heißen Augustsonne drang in das ewige Dunkel, noch störte er die unwandelbare feuchte Kühlung unter dem hohen Laub- gewölbe dieses Forstes. Schwermüthig starrte ich in seine düstern, schatten- losen Säulenhallen, welche grau auf grün und wieder grau sich nach allen Seiten in’s Endlose zu erstrecken schienen.“ Alle Bewegung schien weit und breit erstorben, es schwirrte kein Vogel, es flatterte kein Schmetterling und selbst die Lüfte, welche hoch oben die Baumgipfel in sanften Schwingungen wiegten, drangen nicht mehr in den Bereich der Schäfte herab. Lautlose Stille rings umher, destomehr schreckte plötzlich der schneidende Schrei eines einsamen Spechtes und ein andermal das geisterhafte Knurren zweier sich reibender wind- bewegter Schäfte. Keine Spur menschlichen Waltens milderte den bangen Eindruck dieser schauerlichen Oede. Ich wußte daß ich nicht ferne sein könnte von meinen Freunden und gleichwohl übermannte mich das Gefühl drückendster Einsamkeit, unwider- stehliches Bangen.“ Diesen Eindruck machte jener Urwald auf den Erzähler wie er mit- theilt „in seinen Jugendjahren.“ 1851 standen davon nur noch etwa 2000 Bäume, deren baldiges Verschwinden er mit Bedauern voraussagt. Interessant ist, was Herr Wessely am Schlusse noch hinzufügt. „Das Kernholz blieb hier 800—1000 Jahre gesund und die gefallenen Bäume brauchten 150—200 Jahre zu ihrer völligen Verwesung.“ Roßmäßler, der Wald. 14 7. Architektur der Waldbäume. Du nennst die alte Ulme wird und kraus, Sie reckt, meinst Du, die Aeste hinaus Wie’s grad’ ihr einfällt, krumm oder eben. Du irrst, mein Freund! sei ihr nur gleich, Dann bist Du an innrer Ordnung reich. Das Krause hat ihr das Schicksal gegeben. Es ist nicht blos ein sich tröstendes Hinnehmen, nicht blos ein sich Begnügen mit dem was uns nun einmal so und nicht anders beschieden ist, es ist nicht blos ein Urtheil des mit Nothwendigkeit an dem Immer- wiederkehrenden sich bildenden Geschmackes, wenn wir vom deutschen Walde rühmen, daß er schön und herrlich, daß der Wald vielleicht nirgends schöner und herrlicher sei als in Deutschland. Wie unser Motto sagt, treu den Vorschriften einer inneren ordnungs- vollen Gesetzlichkeit, ist das deutsche Klima dazu geschaffen, den deutschen Baum herauszufordern, zum Kampfe mit ihm. Er geht aus diesem Kampfe hervor wie ein geläuterter Charakter, der treu den ewigen Vor- schriften der im Innern geschriebenen Ordnung das treue Spiegelbild dieses Kampfes und daher er selbst ist. Wir erinnern uns an das, was wir im 5. Abschnitte über die ord- nungsvolle Bildung und Stellung der Knospen am Triebe, der Triebe am Zweige, kennen gelernt haben. Wenn diese Ordnung, gewissermaßen das innere Gesetz des Baumes, sich unbeschränkt geltend machen könnte, so müßten unsere Bäume anders aussehen als es der Fall ist, es müßte namentlich das mathematische Geschlecht der Nadelhölzer, wie wir es nannten, einen hohen Grad von Regelmäßigkeit in der Gliederung der Krone zeigen, die vor dem ge- läutertem Geschmack nicht würde bestehen können, da dieser durchaus nicht überall Regelmäßigkeit duldet. Indem der Baum den zwingenden Nothwendigkeiten der äußeren Verhältnisse sich fügt, indem er bei seiner Entfaltung Rücksicht auf die seiner Nachbarn nimmt, giebt der Baum das Eigenwillige auf, was in seiner Anlage liegt, wird er das Erzeugniß des auf ihn wirkenden be- rechtigten Einflusses ohne sich doch ganz aufzugeben, wird er so zur charaktervollen Persönlichkeit. Vergleichen wir den knospentragenden Trieb eines Ahorn mit dem einer Eiche (S. 63 Fig. 1. 2.) und erinnern wir uns dabei, daß diese Knospenstellung für diese beiden Bäume ein unabänderliches Gesetz ist, so müßten wir erwarten, daß die Architektur eines Ahorn und einer Eiche sehr von einander verschieden sein müßte. Vergleichen wir aber dann eine alte Eiche und einen alten Ahorn mit einander, so finden wir das Gegentheil: wir werden zwar beide unterscheiden können aber keineswegs durch die steife Regelmäßigkeit der Aststellung, welche in Folge der Knospen- stellung dem Ahorn zukommen müßte. Wir unterlassen nicht, uns hier noch einmal daran zu erinnern, daß so wie die Blätter stehen so auch die Knospen am Triebe, an den Knospen die Schuppen und die Triebe an den Zweigen gestellt sind, nur ganz besonders haben wir uns auch daran zu erinnern, daß die Bäume von der Durchführung dieser Anordnungs- gesetze dadurch befreit werden, daß nicht alle Knospen zur Entfaltung und nicht alle den entfalteten entsprungene Triebe zu gleicher Entwicklung kommen. Es ist diesem hier noch hinzuzufügen, daß zu diesem Ergebnisse noch ein eigenthümliches Wechselseitigkeits-Verhältniß mitwirkt, welches zwar den einzelnen Baum auf seinen Nachbar einen Einfluß ausüben läßt, welches aber nicht immer bis zum unmittelbaren Handgemenge führt. Könnten wir uns mit Leichtigkeit in die Wipfel eines Hochwaldes erheben, so würden wir zwar das Gezweig der benachbarten Bäume sich vielfach durchschlingen und berühren sehn; dieß ist aber nicht ein Ringen um die Vortheile des Lebens, sondern ein Theilen derselben zwischen Solchen, welche sich zu Gleichberechtigten emporgearbeitet haben. Anders ist es, wenn wir das sogenannte unterdrückte Unterholz zwischen den Stämmen des Hochwaldes ansehen. Die Nachstrebenden sind kaum Nachstrebende zu nennen, sie bleiben in der Dürftigkeit ihrer niederen Stellung und es kommt in der Regel gar nicht bis zu einer unmittelbaren Berührung 14* zwischen ihnen und den Bevorzugten. Nur im Dickicht junger Hölzer (S. 155), wie es der aufstrebenden Jugend eigen ist, kommt es zum un- mittelbaren Wettringen, in welchem allmälig die Besiegten zurückbleiben und entweder ein verkümmertes Dasein lange Zeit fortführen oder zu Grunde gehen. Dieses Gegenseitigkeits-Verhältniß übt einen großen Einfluß auf die Architektur der Bäume aus, und es kann dem aufmerksamen Freunde der Baumwelt eine überall zu wiederholende Unterhaltung verschaffen, wenn er sieht, wie auch dadurch die menschliche Gesellschaft dem Walde gleicht, daß ein Baum auf den andern einen bestimmenden Einfluß ausübt. Es ist vor Allem von erheblicher Bedeutung bei der Ausprägung ihrer Architektur, in welcher gegenseitigen Benachbarung die Bäume stehen, ob nur unter ihres Gleichen oder mit fremden gemischt, ob weit- läufig oder dicht, oder gar vereinzelt; ob sie mitten im Bestande oder am Saume desselben, ob sie in ihrem rechten Boden stehen, der ihrer Natur am meisten zusagt, oder auf einem ungewöhnlich günstigen oder auf einem ihnen so wenig zusagenden, daß sie auf ihn nur gerathen konnten, weil sie der Zufall oder unpassende Wahl ihres Erziehers dahin verschlug. Die größere oder geringere Meereshöhe ihres Standorts, die Lage des- selben gegen die Himmelsgegenden, seine größere oder geringere Tief- gründigkeit, alles das und noch Anderes mehr übt einen Einfluß auf den architektonischen Charakter der Bäume aus. Wir können hieraus leicht abnehmen, daß eine Eintheilung der Bäume nach ihrem architektonischen Charakter durch eine Menge einfluß- reicher Beschränkungen erschwert werden muß. Nichts desto weniger ist es für unsern Zweck, der zunächst eine genaue Kenntniß des Waldes ist, nothwendig, hier das Beständige im Wechselnden aufzusuchen. Wenn wir durch Anwendung des Wortes Architektur den Baum mit einem Gebäude vergleichen, so haben wir wie bei einem solchen auch am Baume zwischen einer Gliederung der Haupttheile und einer Ornamentik zu unterscheiden. Stamm und Verzweigung bilden das Erstere und in dieser Hinsicht macht sich zunächst ein großer Unterschied zwischen den Nadelbäumen und den Laubhölzern darin geltend, daß bei ersteren, mit häufiger Ausnahme der Kiefern, der Stamm sich strenger durchführt als bei den letzteren, so daß wir sehr häufig an den obersten Triebspitzen einer alten Fichte die- jenige leicht herausfinden, welche das jeweilige Ende des Stammes ist. In diesem Falle bilden die unter sich meist ziemlich übereinstimmenden Aeste nur eine Umkleidung des Stammes und stehen hinsichtlich ihres Durchmessers dem des letzteren bedeutend nach. Am entschiedensten ist dies bei der Lärche und Fichte der Fall, am wenigstens bei den Kiefern; die Tanne steht zwischen beiden. Vergleichen wir eine junge Kiefer mit einer jungen Fichte, Tanne oder Lärche und thun wir dasselbe bis in das Stangenholzalter (S. 156), so sollte eigentlich das Gegentheil stattfinden: der gänzliche Mangel zu regelmäßiger Entwickelung kommender Blattachselknospen bei den Kiefern, welche im Gegentheil nur End- oder Quirlknospen haben, müßte eigentlich die Kiefernarchitektur zu einer rein pyramidalen machen, während die zwar ebenfalls pyramidal angelegten andern Nadelhölzer deswegen am meisten angethan sein müßten, diese Anlage zu verlassen, weil sie eine Menge unregelmäßig gestellter Blattachselknospen besitzen. Gleichwohl ist es umgekehrt: nehmen gerade die Kiefern im Alter, wenn sie nicht ganz im dichten Schlusse stehen, eine weitästige, die Durchführung des Stammes aufgebende Architektonik an, so daß man aus der Ferne den Rand eines alten Kiefernbestandes leicht für Laubholz nehmen könnte, wenn dem nicht die dunkle Farbe der Benadelung und die braungelbe Rinde der Aeste widerspräche. Wodurch dieses Aufgeben der ursprünglichen pyramidal angelegten Architektonik der Kiefern bedingt sei, werden wir später kennen lernen. Die Tanne ist zwar, wie angedeutet, geneigt es den Kiefern gleich zu thun, aber es gelingt ihr niemals, die strenge Durchführung des senk- rechten Stammes los zu werden; wenigstens die senkrechte Richtung des- selben nicht, denn wenn auch zuweilen der Stamm sich theilt, so streben doch unabänderlich die Theile in senkrechter Richtung nach oben. Da die Tanne unter allen Nadelhölzern die größte Lebensfähigkeit und das größte Vermögen besitzt, Verletzungen auszuheilen und zu überwinden, so liegt auch hierin ein Grund zu mancherlei oft bizarren Abweichungen von dem pyramidalen Bau. Wenn auch alle Nadelhölzer, wenigstens bis zu einem gewissen Alter, den verlorenen, den Stamm fortsetzenden Herztrieb dadurch ersetzen können, daß sich einer der nächst unteren Quirltriebe aus seiner schrägen Stellung emporrichtet und die Stelle des verlorenen einnimmt, so ist dies doch bei der Tanne am meisten der Fall und selbst noch in höherem Alter, wo- durch bei den Tannen oft abenteuerliche Gestalten zu Tage kommen. Die bekannte Pyramidengestalt der Fichte und Lärche erleidet in der Ebene und im Mittelgebirge fast nie eine erhebliche Störung, wohl aber namentlich die erstere in der Alpenregion, wo namentlich die sogenannten Wettertannen , um den Schaft herum mehrere Aeste in weitausgreifen- dem Bogen, zuletzt sich senkrecht emporrichtend einen gewaltigen Baum mit vier, fünf dem mittelsten nachstrebenden Wipfeln bilden, unter welchem die Alpenhirten mit ihrem Vieh gegen Unwetter Schutz finden. Wie der Wachholder (Juniperus communis) und der Taxus (Taxus baccata) von den echten Zapfenbäumen (Strobilaceen oder Coniferen) botanisch abweichen und letzterer eine kleine natürliche Familie für sich bildet, so weichen sie auch in der Architektur von diesen ab, hierin ge- wissermaaßen einen Uebergang zu den Laubhölzern bildend. Beide bleiben meist strauchartig, der Taxus, die am langsamsten wachsende deutsche Holzpflanze, namentlich schon vom Stocke an vielästig. Der Taxus kann recht eigentlich ein Architekturbaum genannt werden, indem er von der altfranzösischen und holländischen Gartenkunst, traurigen Andenkens, durch Halten unter dem Schnitt zu den monströsesten Figuren, Thiergestalten nicht ausgenommen, gezwungen wurde. Wir werden später sehen, daß der Taxus auch in andern Beziehungen einen eigenthümlichen Zug in dem Charakter unserer deutschen Baumflora bildet. Wir können nun, zu der Belaubung übergehend, diese eine Orna- mentik des Baumgebäudes nennen, wie ja bekanntlich Laubwerk zu allen Zeiten der fortgeschrittenen Baukunst Vorbilder für architektonische Ornamente dargeboten hat. Gestalt, Farbe und Anordnung der Nadeln, obgleich durchaus keine erheblichen Manchfaltigkeiten zeigend, vermögen dennoch den verschiedenen Nadelholzarten verschiedene Charaktere aufzuprägen. Dies ist namentlich um so mehr der Fall, wenn wir die benadelten Triebe noch mit zur Ornamentik ziehen und wir zugleich, in Samenjahren, auf die Zapfen achten. Unleugbar werden Fichte und Lärche, neben ihrem strengdurchge- führten Pyramidenbaue, durch ihre Benadelung am weitesten von den Laubhölzern entfernt, während Tanne und Kiefern diesen hierin etwas näher stehen. Schon im Stangenholzalter ist die Tanne durch ihre Nadelgruppirung, die mehr selbstständige buschige Massen bildet, von der Fichte, bei der linienförmige Gruppirung vorsticht, sehr verschieden, was durch das Auf- streben der Aeste wesentlich erhöht wird, indem dadurch der Contrast der tiefgrünen Oberseite von der hellblaugrünen Unterseite der Nadeln mehr hervortritt und diese contrastirenden Farbentöne die Tanne noch mehr vor dem Melancholischen der Fichte bewahren. Da die Kiefer im Alter ihre Nadeln nicht leicht länger als 3—4 Jahre behält, also alle älteren Triebe kahl sind, so giebt dies bei der Länge und einiger Einwärts- krümmung der Nadeln der Benadelung derselben etwas Lockeres, Sträußchen- artiges, worauf noch ganz besonders die Stellung der männlichen Blüthen- kätzchen nach deren Abfallen einen eigenthümlichen Einfluß ausübt. Wenn in reichen Samenjahren die Fichte blüht und eben im Begriff steht, ihre kugelrunden männlichen Blüthenkätzchen zu öffnen, dann erfreut sie sich vor allen andern Waldbäumen eines reizenden Schmuckes, denn dann sehen diese an Gestalt und Farbe Erdbeeren täuschend ähnlich, so daß es leicht sein würde, einen Urkundigen mit einer Schale voll davon bis zum Zulangen zu täuschen. Diese prachtvoll purpurrothen Blüthen- kugeln sind über den ganzen Baum ausgebreitet, während die unschein- bareren weiblichen Blüthenzäpfchen mehr im Wipfel stehen. Die Tanne trägt beiderlei Blüthen blos im obersten Wipfel und nur in reichen Samenjahren fallen ungesucht die aufrechten fingerlangen hellgrünen, igelartig mit langen Deckblättchen besetzten weiblichen Blüthen- zapfen in das Auge, während die männlichen weniger hervortreten. Die Kiefern sind von allen Nadelhölzern die blüthebeflissensten und während die kleinen erbsengroßen weiblichen Blüthenzäpfchen (S. 124 Fig. 1.), obgleich an der Spitze der jungen Triebe stehend, nichts zum Charakter des Baumes beitragen, so verleihen die in Menge um das untere Ende des jungen Triebes gruppirten schwefelgelben eirunden männ- lichen Blüthenkätzchen (S. 124 Fig. 13.) der blühenden Kiefer einen allerdings kaum länger als eine Woche währenden Schmuck, der den nichts weniger als zierenden Aberglauben des Schwefelregens veran- laßt hat. Bei der Lärche sind es mehr die purpurrothen weiblichen Blüthen- zäpfchen als die viel kleineren gelben männlichen, was die herabhängenden peitschenförmigen Triebe schmückt und wir wissen schon, daß dieser Schmuck bei der Lärche im frühesten Alter und oft schon an sehr jungen Bäumen erscheint. Einen nicht minder von einander abweichenden Schmuck verleihen in Samenjahren die Zapfen der Fichte und der Tanne. Da diese bei der Fichte an den Spitzen der Triebe und vorwaltend im Wipfel und zwar abwärts hängend stehen, so ziehen sie durch ihre Schwere die ohnehin abwärts strebenden Zweige noch mehr nieder und steigern das melancho- lische Ansehen des Baumes. In besonders reichen Samenjahren ver- mögen die hellkaffeebraunen Zapfen nicht nur die Farbe der Fichten wesentlich zu beeinträchtigen, sondern die Wipfel zu beugen und sogar abzubrechen, was z. B. in dem reichen Samenjahre 1859 der Fall war. Die Tanne trägt ihre schönen fast walzenrunden dunkeln Zapfen aufrechtstehend auf den für deren Last hinlänglich erstarkten Zweigen des obersten Wipfels, so daß sie, da nur hohe alte Tannen fruchttragend zu sein pflegen, nur in reichen Samenjahren in das Auge fallen, dann aber auch dem Baume zu einer wahren Zierde gereichen. Nach einem Samen- jahre bleibt in den Zapfenspindeln der Tanne für einige Jahre ein sonder- barer Anputz. Es fallen nämlich nicht die ganzen Zapfen vom Baume wie bei Fichte und Kiefer, sondern beim Samenfall lösen sich vom Zapfen alle Schuppen und fallen mit den Samen zugleich ab und es bleiben die federkieldicken steifen Spindeln allein stehen. Die zwischen den Nadeln ziemlich versteckten Zapfen der Kiefer tragen wenig zur Ornamentirung des Baumes bei. Am meisten noch, wenn im Frühjahr nach dem Abfliegen des Samens die Zapfenschuppen sich so stark öffnen und auswärts biegen, daß die Zapfen fast kugelich werden. Dieser Schmuck ist aber von kurzer Dauer, weil alsdann die Zapfen bald abfallen. Daß und wie selbst einige Insektenarten einen theils vorübergehenden theils dauernden Einfluß auf Ornamentik und, bei der Kiefer, selbst auf die Architektur der Nadelhölzer äußern können, werden wir später kennen lernen. Bei der viel größern Manchfaltigkeit in der Stellung der Knospen und Triebe versteht es sich nun leicht von selbst, daß uns die Architektur der Laubhölzer weit mehr Abwechselung bietet. Schon der Unterschied zwischen Baum und Strauch tritt bei den Laubhölzern viel bestimmter auf, als bei den Nadelhölzern. Dieser Unterschied ist nicht mit einer vollständigen Schärfe festzu- stellen, indem einige Holzgewächse vorkommen, bei denen es fraglich sein könnte, ob wir sie Bäume oder Sträucher nennen sollen. Jedermann weiß, daß ein Baum sich dadurch von einem Strauch unterscheidet, daß sich aus seiner Wurzel nur ein Stamm erhebt, während sich aus der Wurzel des Strauches mehrere Stämme, meist unmittelbar aus dem Stocke, bilden. Diese allgemein bekannte Unterscheidung unterliegt allerdings mancherlei Beschränkungen und es kommt vor, daß eine Holzart ebensowohl als Baum, wie als Strauch angetroffen wird. Diese Erscheinung wird am meisten durch die Verschiedenheit des Standorts bedingt. Holzgewächse, die in der Ebene oder in südlicheren Lagen regelrechte Bäume sind, werden in höheren Berglagen oder in nördlicheren Breiten, welches Beides in dieser Wirkung nahe zusammenfällt, zu vielstämmigen Sträuchern, bis sie endlich zuletzt zu niedrigen Gebüschen verkümmern. Ein Besuch der Alpen giebt Gelegenheit, sich hiervon zu überzeugen, wobei man namentlich finden würde, das Fichte und Buche diesem Einfluß unterliegen. Auch die forstliche Behandlung der Holzarten, wie uns bereits bekannt ist, übt bei den Laubhölzern einen großen Einfluß auf die Architektur aus. Selbst die majestätische Eiche wird in der Niederwald- wirthschaft zu einem buschigen Strauche, wie wir wissen dadurch, daß man, bevor die Eiche sich zu einem kräftigen Baum zu entwickeln be- gonnen hat, sie am Stocke abhaut und dann durch Adventivknospen eine Menge Stämmchen sich bilden. Es ist uns bereits bekannt, daß die fast bei allen Bäumen sehr regel- mäßig gestellten Knospen eigentlich einen durchgreifenden Einfluß auf die Architektur der Bäume ausüben müßten und daß z. B. bei Esche und Ahorn die Knospen regelmäßig kreuzweise gegenständig gestellt sind, und daher diese Bäume eine vollkommen regelmäßige Anordnung ihrer Aeste und Zweige bemerken lassen müßten. Wir wissen aber, daß dies nicht der Fall ist, ebenso wodurch dies Aufgeben der Regelmäßigkeit bedingt ist, nämlich dadurch, daß eine Menge Knospen nicht zur Entfaltung kommen und durch die dabei entstehenden Lücken der regelmäßige Kronenbau ver- loren gehen muß. Immerhin aber bleibt bei den genannten und noch einigen andern Bäumen diese Regelmäßigkeit des Baumes bis zu einem gewissen Alter erkennbar. Dies ist namentlich der Fall, wenn die Er- nährungs-Verhältnisse des jungen Baumes besonders günstig sind, so daß nahezu alle Knospen zur Entfaltung gelangen können. Wir unterscheiden am Laubholzbaume ebensogut, wie am Nadelholz- baume, Stamm und Krone , ja sogar mit noch größerer Bestimmtheit, weil zwischen ihnen bei jenen eine schärfere Scheidung besteht. Der Stamm , wenn er besonders regelmäßig und lang ausgebildet ist vom Forstmann Schaft genannt, ist hinsichtlich der Vollkommenheit seiner Ausprägung an einer und derselben Baumart von verschiedenen Bedingungen abhängig. Wir haben schon erfahren, daß es hierbei sehr darauf ankommt, ob der Baum frei oder im dichten Schlusse erwachsen ist, indem letzteres sehr viel dazu beiträgt, daß sich der Stamm sehr voll- ständig entwickelt. Es ist daher nicht möglich anzugeben, wie lang bei einer Baumart an ausgewachsenen Exemplaren der Stamm durchschnittlich zu sein pflegt, wobei es außerdem noch fraglich ist, die obere Grenze des Stammes anzugeben, ob man diese da setzen soll, wo der erste starke Ast von ihm abgeht, oder da, wo er erst beginnt, mit vollständiger Aufgebung der senkrechten Richtung, sich vollständig in Aeste aufzulösen. Nichts- destoweniger kann man bei den verschiedenen Laubholzbäumen in der Stammgestaltung mancherlei Gesetze nachweisen. Unter allen unsern Laub- holzbäumen führt die Erle ihren Stamm am regelmäßigsten bis zur Spitze durch, während das Gegentheil davon der Hornbaum ist, dessen kurzer Stamm sich vollständig in ziemlich gleich starke zahlreiche Aeste auflöst, wodurch der Baum ein besenartiges Ansehen bekommt. Einen erheblichen Einfluß auf das Ansehen der Bäume übt das Dickenverhältniß zwischen Stamm und Aesten aus und ein Blick auf eine alte Eiche überzeugt uns, daß sie uns deswegen ein Bild der gewaltigen Kraft ist, weil ihre Aeste im Vergleich zum Stamm eine sehr bedeutende Stärke zeigen, während hierin der Hornbaum ihr gerades Gegentheil ist. Was die Gestalt des Laubholzstammes und dessen allmäliges Abfallen nach oben hin betrifft, so kann man in dieser Hinsicht zweierlei Grund- formen unterscheiden. Die eine kommt mehr der Walzen- oder richtiger Säulenform, die andere dem langen schmächtigen Kegel nahe. Die erstere ist ganz vorzüglich der Buche eigen, die andere in auffallendstem Grade der Birke. Wenn ein Baum unter ganz normalen Verhältnissen erwachsen ist, so sollte eigentlich sein Stamm einen kreisrunden, scheibenförmigen Quer- durchschnitt zeigen. Dies ist aber bekanntlich nur selten der Fall, indem verschiedene Veranlassungen diese Regel störten. Die Gestalt des Querdurchschnittes eines Stammes hängt theils von der Wurzel, theils von der Krone ab, indem einem besonders starken Wurzelaste und einem besonders vorwaltenden Kronenaste am Stamme gewöhnlich eine an ihm längs herablaufende Ausbauchung oder Kante entspricht. Es ist mit dieser Berücksichtigung daher selbstverständlich, daß der Querdurchschnitt der Stämme dann der Scheibengestalt am nächsten kommen muß, wenn der Baum im vollkommen gleichmäßigen Schlusse erwachsen ist. Die Benachbarung eines Baumes mit einem andern dicht neben ihm stehenden, oder mit einer senkrechten Felsenwand, üben natürlich ebenfalls einen störenden Einfluß in dieser Beziehung aus. Ebenso wie der kreisrunde Durchschnitt eines Stammes sich eigentlich von selbst verstehen sollte, so ist dies auch der Fall hinsichtlich der äußern Erscheinungen in seinem Verlaufe, d. h. es sollten, wenn der Stamm voll- ständig rund ist, alle an ihm sichtbaren Längslinien einen senkrechten Verlauf zeigen. Dies ist aber nur äußerst selten der Fall und was man in dieser Beziehung lange Zeit bei gewissen Baumarten als eine ihnen eigene Ausnahme von der Regel angesehen hatte, ist in neuerer Zeit namentlich durch Alexander Braun , als die Regel erkannt worden. Fast alle Bäume zeigen nämlich eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Spiral- windung ihres Stammes, die sich nicht blos äußerlich, sondern auch im innern Gefüge ausspricht, so daß es daher nur selten möglich ist, einen Stamm der Länge nach so durchzuspalten, daß die Spaltflächen vollkommen eben sind. Vielmehr zeigt oft schon auf 3—4 Fuß Länge der Stamm in seinem Gefüge eine halbe Umdrehung. Am stärksten gedreht zeigt sich, namentlich auch an der Oberfläche, der Stamm des Hornbaumes, am wenigsten der der Buche. Diese Drehung ist bei dem Hornbaum zuweilen so bedeutend, daß ein Stamm einem riesenmäßigen wenig gedrehten Tau ähnlich wird, wobei die Um- gänge sich durch abwechselnde Erhöhungen und flache Rinnen zu erkennen geben. Der Forstmann nennt diese Erscheinung am Hornbaum an manchen Orten spannrückig an andern kluftig . Mögen wir nun einen Baumstamm mehr mit einer Walze oder einem Kegel vergleichen, so denken wir dabei unwillkürlich an eine im mathematischen Mittelpunkt liegende Axe. Wir wissen bereits, daß das Mark diese Axe bildet, wir wissen aber auch schon, das diese Axe fast nur dann im mathematischen Mittelpunkt liegt, wenn der Baum im gleichmäßig dichten Schluß erwachsen ist. Da aber kein einziger Laub- holzbaum einen so dichten Schluß verträgt, wie Fichte und Tanne, so kommen auch äußerst selten Laubholzbäume mit vollkommen centraler Markaxe vor, während jede Brunnenröhre uns ein Beispiel davon giebt, daß dies bei den Nadelhölzern sehr häufig der Fall ist. Wir haben schon früher einmal erfahren, daß der Forstmann sagt: der Baum reinigt sich , wenn er ausdrücken will, daß derselbe die unteren Aeste allmälig absterben läßt, so daß sie abbrechen. Dieses sich Reinigen ist die Bedingung, durch welche der Stamm sich der Krone gestaltlich entgegen stellt. Die Gründe, warum die eine Baumart ihren Stamm früher reinigt, eine zweite ihn weiter hinauf reinigt, als eine andere, beruhen zwar größtentheils in dem Grade des Schlusses; allein eine Baumart, die von Natur zu einer regelmäßigen Schaftbildung geneigt ist, reinigt ihren Stamm auch dann, wenn sie vollkommen frei steht. Wir müssen also vermuthen, was wir freilich dem bedingenden Wesen nach wenig zu erklären vermögen, daß diese Erscheinung auf einem Lebens- gesetz beruht, daß in demselben Maßstab, als oben neue Aeste nachwachsen, die untern absterben und allmälig abgeworfen werden. Wenn wir einen vielleicht 30 Fuß hohen astfreien Buchenschaft vor uns stehen sehen, so dürfen wir nicht vergessen, daß in dieser ganzen Er- streckung in früheren Lebensperioden des Baumes eine große Anzahl Aeste gestanden haben, von denen wir gleichwohl jetzt äußerlich keine Spur, nicht einmal Rindennarben mehr wahrnehmen. Es versteht sich von selbst, daß ein Stamm um so mehr einer der beiden genannten mathematischen Grundformen gleicht, je vollständiger er das Reinigungsgeschäft an sich vollzogen hat. Indem dieses im hohen Grade bei der Buche stattfindet, so gewinnt dadurch ein alter, im guten Schluß stehender Buchenhochwald den imposanten säulenhallenartigen Charakter, was einen durchaus andern Eindruck auf unsere Phantasie macht, als ein in allen übrigen Beziehungen gleicher Eichenwald, in welchem die Stämme, abgesehen davon, daß sie nicht so schlankschaftig sind, fast immer stehen gebliebene Aststummel zeigen. Indem wir zur Betrachtung der Krone übergehen, so zeigen in dieser Hinsicht unsere deutschen Laubholzarten keine große Manchfaltigkeit, ob- gleich darin doch nicht eine so vollständige Uebereinstimmung herrscht, daß dadurch ein Laubwald langweilig würde. Es gewährt für das fein blickende, künstlerisch gebildete Auge eine angenehme Unterhaltung und würzt die Spaziergänge im Walde, wenn man sich bei der Betrachtung der Baumkronen der feinen Unterschiede bewußt zu werden versteht, welche durch die Art der Gliederung derselben bedingt sind. Wir haben zunächst die Gesammtformen der Kronen in’s Auge zu fassen. Wenn auch in dieser Hinsicht bei manchen Baumarten ein stark ausgesprochener Charakter bemerkbar ist, so übt dennoch die Benachbarung und Stellung des Baumes hierauf einen nicht unwesent- lichen Einfluß aus. Ob eine Buche z. B. im Schlusse oder frei steht, ob sie am Rande oder in der Mitte eines Bestandes, ob dicht neben ihr, kaum einen Fuß weit getrennt eine andere Buche steht, ob sie nach der Eigenthümlichkeit des Bodens eine starke Bewurzelung hat oder nicht, alles dies übt einen bedeutenden Einfluß auf die Gestaltung der Krone aus. Dieser Einfluß kann so mächtig sein, daß zwei Bäume derselben Art einander in der Kronengestaltung nicht im Mindesten gleichen. Dies zeigt sich in auffallender Weise, wenn ein geschlossener Hochwaldbestand abgetrieben wird und man nur einzelne Bäume stehen läßt (überhält) um durch sie die Besamung der abgetriebenen Fläche bewirken zu lassen. Solche „Samenbäume“ sehen meist ganz anders aus, als frei erwachsene. Hiernächst müssen wir uns auch daran erinnern, daß die Kronen je nach dem Alter des Baumes wesentliche Verschiedenheiten erkennen lassen. Eine alte haubare Buche, mag sie frei oder im Schlusse erwachsen sein, hat eine gerundete Abwölbung der Krone, während ein jüngerer etwa 4 Fuß hoher Baum, frei oder im Schlusse erwachsen, eine mit zahl- reichen hervorstechenden Zweigspitzen versehene Krone ohne Spur von Abwölbung zeigt. Bei der folgenden Betrachtung der verschiedenen Gattungseigen- thümlichkeiten der Laubholzkronen müssen wir uns also an solche Einflüsse erinnern, wenn wir nicht in den Fall kommen wollen, bei der Anwendung derselben die Schilderung entweder falsch zu finden oder uns irre führen zu lassen. Wir haben zunächst unter den Formen der Krone zu unterscheiden, ob dieselben einen abgeschlossenen, mehr oder weniger regelmäßigen Umfang, oder mehr eine unterbrochene Gliederung desselben zeigen. Im ersteren Falle kann man hauptsächlich drei Formen unterscheiden: die mehr oder weniger vollkommen gerundete, die kuppelförmige und die längliche, durch spitze Wipfelendigung nicht selten kegelförmig werdende. Namentlich in diesen drei Beziehungen ist es von Einfluß, ob ein Baum frei oder im Schlusse erwachsen ist, indem die frei erwachsenden Bäume zuletzt geneigt sind, eine abgeschlossene Kronenform anzunehmen, weil nichts sie hindert nach allen Seiten hin ihre Zweige gleichmäßig auszubreiten. Daher kommt es, daß in den meisten Fällen frei erwachsene Bäume keine malerisch schöne Form haben. Die kuppelförmige Kronengestalt ist vor- züglich der Esche eigen, die wir auch in anderer Beziehung als einen schönen malerischen Baum kennen lernen werden. Die Erle, welche, wie wir schon wissen, ihren Stamm sehr gerade durch die ganze Krone hin- durchführt und dabei eine ziemlich gleiche Länge aller ihrer Aeste zeigt, hat am meisten eine längliche, der Walzenform nahe kommende, oben ab- gestumpfte Krone, während in weitläufigem Schlusse stehende Hornbäume meist eine kegelförmige Krone bekommen. Malerisch sind unter allen Verhältnissen diejenigen Bäume, bei denen die Krone einen mehr unterbrochenen Umriß zeigt, welcher zuweilen an die Umrisse der Haufwolken erinnert. Solche Gestalten zeigen namentlich die Eichen, Ahorne, Linden und Ulmen und die sehr oft unverständlichen Baumgestalten unserer Landschaftsbilder lassen sich gewöhnlich am leichtesten noch auf eine von diesen Baumarten zurückführen. Da die Krone ein aus zahlreichen Aesten und Zweigen zusammen- gesetzter Körper ist, so versteht es sich von selbst, daß ihre Gestalt ab- hängig ist von den Beziehungen, die sich an diesen ihren Gliedern finden und wenn wir bei der Betrachtung dieser Beziehungen von den Aesten zu den immer feiner werdenden Verzweigungen übergehen, so ist zunächst Rücksicht zu nehmen auf die Richtung der Aeste. Diese ist in der Haupt- sache entweder mehr aufrecht, oder mehr wagerecht, oder selbst hängend. Unter allen unsern Waldbäumen hat der Hornbaum die am meisten auf- wärts gerichteten Aeste, wodurch eben, wie wir schon vorhin sahen, namentlich die im lichten Schlusse stehenden Hornbäume, die besenähnliche Gestalt bekommen. Auch die Ulme ist zu dieser Richtung ihrer Aeste geneigt und es liegt hierin hauptsächlich ein Kennzeichen, wodurch von Weitem die Ulmen von den Eichen unterschieden werden können, zwischen welchen zuweilen große Aehnlichkeiten stattfinden. Die Eiche ist am meisten geneigt, ihre kräftigen Aeste, namentlich die untern, wagerecht nach allen Seiten auszudehnen, wodurch es bedingt ist, daß die Eichen unter allen Bäumen die größte Bodenfläche beschirmen. Bei der Esche sehen wir in dieser Beziehung ganz vorzüglich den Einfluß, den das Baumalter auf die gestaltlichen Merkmale der Krone ausübt. Während nähmlich jüngere Eschen aufwärts strebende Aeste zeigen, so verwandelt sich diese Richtung an sehr alten Bäumen durch die vorwaltende Ver- längerung der Haupttriebe in eine waagerechte und zuletzt sogar hängende. Diese letztere Erscheinung kommt bekanntlich bei keinem Baume ausge- sprochener vor, als bei der Birke, deren Krone man daher, wenn es nicht unschön klingen würde, geradehin perückenförmig nennen könnte. In dieser Richtung der Zweige liegt ein ganz besonders brauchbares Kennzeichen bei den Linden, welche bekanntlich ein sehr hohes Alter und eine sehr bedeutende Größe erreichen und dadurch von Weitem gar leicht mit der Eiche und mit sehr großen Rüstern verwechselt werden können. Immer aber sind ihre Aeste bogenförmig aus- und abwärts gebogen, ohne jedoch dadurch jemals eine eigentlich hängende Richtung anzunehmen. Gerade durch diese Eigenthümlichkeit gewinnt eine alte einsam stehende Kirchhofslinde den so eigenthümlichen schönen Charakter, wodurch sich die Linden vor allen übrigen Bäumen auszeichnen. Gehen wir in der feinern Zusammensetzung der Laubkronen um einen Schritt weiter, so müssen wir nun untersuchen, wie an den Zweigen die Triebe angeordnet sind und kommen so allmälig in das Gebiet der Ornamentik. Wir haben uns hier daran zu erinnern, daß wir in der Hauptsache die kreuzweis gegenständige, die spirale und allenfalls noch die zweizeilige Triebstellung zu unterscheiden haben und in diesen Stellungsverschieden- heiten müßte demnach ein wesentlicher Grund dazu liegen, welchen Charakter eine Baumkrone in ihrer feinen Gliederung haben müßte. Allein dies ist weniger häufig der Fall, als man glauben sollte und zwar aus dem Grunde, den wir oben wiederholt berührten, daß eine Menge Triebe nicht zur Entfaltung kommen, weil die Knospen, von denen die- selben auszugehen gehabt hätten, abstarben. Wir können in der Hauptsache dreierlei Arten der Triebstellung am Zweige unterscheiden, die büschelige, die fächerförmige und die spitz kegel- förmige, oder vielmehr durch die verschiedene Anordnung der Triebe be- kommt ein einzelner Zweig entweder eine büschelige, eine fächerförmige oder eine spitz kegelförmige Gestalt und es ist dann aus solchen Gestalten die Krone zusammengesetzt. Wir haben früher (S. 74) die Triebe als Langtriebe und als Kurztriebe unterschieden, woran wir uns jetzt wieder erinnern müssen, weil es einen großen Einfluß auf die feinere Gliederung einer Laubholzkrone ausübt, ob ein Baum mehr Langtriebe oder mehr Kurztriebe bildet. Die vorhin hervorgehobene Verschiedenheit der Kronen- bildung je nach dem Alter des Baumes beruht großentheils darauf, daß junge, auf gutem Boden und in kräftigem Wuchs stehende Bäume mehr Langtriebe, als Kurztriebe machen, während an sehr alten Bäumen fast gar keine Langtriebe mehr vorkommen, sondern die Krone an ihrem ganzen Umfange nur sehr spärlich sich vergrößert durch Hinzuwachs von zahllosen außerordentlich geringfügigen Kurztrieben. Die Buche und die Ulme macht namentlich bis in ein ziemlich hohes Alter sehr viele Langtriebe, wodurch es bedingt wird, daß die Krone dieser Bäume eine mehr oder weniger große Zahl heraustretender Spitzen zeigen. Am grellsten zeigt sich der Einfluß des Gegensatzes zwischen Kurztrieben und Langtrieben bei der Birke, wozu noch kommt, daß die Zweige und selbst die Aeste der- selben außerordentlich viel geringer in der Dicke als in der Länge zunehmen, so daß die immer länger werdenden Zweige sich nicht mehr aufrecht erhalten können und eben die lange peitschenförmige Gestalt und herabhängende Richtung annehmen. Indem wir nun zur Ornamentik der Laubholzbäume übergehen, d. h. zu denjenigen Charakteren der Krone, welche von den Blättern, Blüthen und Früchten abhängig sind, so ist um zuerst von den Blättern zu sprechen zunächst deren Anordnung und Stellung an den Trieben in’s Auge zu fassen. Wenn wir den Holzschnitt auf S. 63 betrachten und z. B. den Eichentrieb Fig. 2. und den Trieb der Traubenkirsche Fig. 6. vergleichen, so errathen wir leicht, daß die Blätter an diesen beiden Bäumen eine ganz verschiedene Stellung und Anordnung haben, was auf die Belaubungsverhältnisse einen sehr bedeutenden Einfluß ausüben muß. Bei der Eiche stehen die Blätter immer an den Spitzen der Triebe in Mehrzahl gehäuft dicht beisammen, so daß die Belaubung der Eiche zuletzt aus lauter einzelnen Blättersträußchen zusammengesetzt ist, wodurch die Sitte wesentlich bedingt ist, den Hut mit einem Eichenbruch zu schmücken, was z. B. die Rüster oder die Buche nicht leisten könnten, weil bei ihnen die Blätter durchaus nicht so malerisch gruppirt sind wie bei der Eiche. Vollkommen gleich thun es hierin der Eiche die Eschen- und die Ahornarten, freilich nur, wenn sie bereits alte Bäume geworden sind. Junge Ahorne und Eschen haben vorwaltend Langtriebe, an welchen die kreuzweis gegenständigen Blätterpaare sehr weit auseinander gestellt sind, während wir von Fig. III. 4. S. 60 wissen, daß alte Eschen fast nur aus Kurztrieben bestehen, an welchen der gedrängte Blätterbüschel steht, was genau ebenso bei den Ahorn-Arten der Fall ist. Nicht blos bei den zuletzt genannten Bäumen, sondern auch bei andern, wo sich eine ganz andere Blattstellung findet, sehen wir den großen Einfluß dieser auf das Ansehen der Kronen. Eben weil bei den Eichen, Ahorn und Eschen die Blätter alter Bäume immer nur an den Spitzen der Kurztriebe büschelförmig beisammen stehen und zwar in jedem einzelnen Büschel nach allen Richtungen, so erhalten dadurch deren Kronen die fein büschelige Zusammensetzung. Bei der Buche, Linde, Rüster, dem Hornbaume und noch einigen andern stehen die Blätter am Triebe mehr oder weniger entschieden nur noch zwei gegenüberliegenden Seiten ge- Roßmäßler, der Wald. 15 richtet und da wir wissen, daß wie die Blätter stehen so auch die Triebe gestellt sind, so muß davon die nothwendige Folge eine flache, fächer- förmige Gestaltung der Zweige dieser Bäume sein. Wer je einmal die Aufgabe zu lösen gehabt hat, aus frischen Baum- zweigen eine Decoration zusammen zu stellen, der wird sich erinnern, wie leicht dies mit Eichenzweigen bewerkstelligt werden kann, weil eben jeder Eichenzweig gewissermaaßen ein kleines Bäumchen für sich und also nach allen Seiten hin gleich beschaffen ist. Brechen wir aber von einem der andern eben genannten Bäume einen Zweig ab, so zeigt derselbe eine flache, zusammengedrückte fächerförmige Gestalt, bedingt durch die uns be- kannte Stellung der Knospen, Blätter und Triebe. Diese Beispiele mögen hinreichen uns davon zu überzeugen, daß in der Hauptsache die Blattstellung es ist, worauf die Verschiedenheiten der Ornamentik der Bäume beruhen. Ein aufmerksamer Blick auf eine noch so eichenähnliche Linde läßt uns dieselbe doch sofort erkennen, weil ihre Krone aus lauter flachen Partien zusammengesetzt ist, während die Eiche eine feine, fast moosähnliche, büschelige Zusammensetzung zeigt. Nächst der Stellung und Anordnung der Blätter übt auf die Orna- mentik der Laubhölzer die Gestalt und einigermaaßen auch die Farbe der Blätter einen Einfluß aus. Unsere meisten Laubhölzer zeigen an ihren Blättern mehr oder weniger eiförmige oder gerundete Formen, deren Verschiedenheiten sich im großen Ganzen wenig geltend machen. Dies gilt namentlich von der Buche, vom Hornbaume, von der Linde, von der Erle, von der Traubenkirsche und noch von einigen anderen. Eine geringe aber doch schon bemerkenswerthe Verschiedenheit von dieser einfachen Grundform und daher auch schon einen Einfluß auf den Aus- druck der Belaubung ausübend zeigt das Eichenblatt, dessen im allge- meinen ebenfalls eirunde Gestalt durch die tiefe Einbuchtung des Randes dennoch nicht unerheblich modificirt ist. Diese eigenthümliche Gestalt der Eichenblätter bringt es mit sich, daß wir schon in geringer Höhe am Baume die einzelnen Blätter von einander nicht mehr gut unterscheiden können, was dazu beitragen hilft, daß die Eichenbelaubung eben das zier- liche, moosartige Ansehen hat. Noch etwas weiter in der Charakterausprägung der Blätter gehen die Ahornarten, welche bekanntlich tief gelappt sind und auf langen Stielen stehen. Dadurch wird zwar die Belaubung dieser Bäume der Eiche einigermaaßen ähnlich, sie erscheint aber sozusagen gröber und massiger und nur der Feldahorn mit dem kleinsten Blatte steht hierin der Eiche sehr nahe, ist aber von ihr doch dadurch verschieden, daß er eine dichtere Belaubung hat, wodurch er alle unsere übrigen Laubholzbäume durch eine außerordentlich volle, zierlich moosartige Belaubung übertrifft. Man hört und liest oft von dem eigenthümlich fremdartigen Baum- charakter tropischer Länder. Wir wissen, daß derselbe einigermaaßen schon dadurch bedingt ist, daß dort weniger als bei uns die untern Triebknospen unentwickelt bleiben und dadurch eine größere Fülle und Regelmäßigkeit der Belaubung bedingt wird. Allein mehr noch ist jener abweichende Charakter darin begründet, daß in den Tropenländern außerordentlich viel Bäume mit gefiederten Blättern vorkommen, an denen die einzelnen Fiedern oft eine bedeutendere Größe erreichen, als die größten ganzen Blätter unserer Bäume. Unsere Waldflora hat — indem wir einige seltener vorkommende unberücksichtigt lassen — nur zwei Bäume mit gefiederten Blättern, die Esche und die wahrscheinlich dieser Uebereinstimmung wegen sogenannte Eberesche ( Sorbus aucuparia ). Diese Fiederung der Blätter giebt diesen Bäumen und durch sie unserer ganzen Baumwelt gewissermaaßen einen eigenthümlichen fremdländischen Zug und ich habe mehrmals erlebt, daß, wenn es Jemand zum erstenmal einfiel, unsern Bäumen Aufmerksamkeit zu schenken, er mit einer gewissen Verwunderung eine Esche ansah und wohl gar geneigt war, sie ihrer Blattbildung wegen für einen fremden Baum zu halten. Die Belaubung der Eberesche und einer ihr nahestehenden Gattungs- verwandten weicht von der der Esche nur durch kleinere Fiedern und daraus folgende größere Dichtigkeit und Zierlichkeit ab. Einen besonderen Laubcharakter zeigen unsere drei wichtigsten Pappel- arten und zwar theils durch ihre langen Blattstiele und daraus folgende große Beweglichkeit der Blätter, theils, was die Silberpappel betrifft, wegen der auffallenden Farbenverschiedenheit der obern und untern Blatt- seite. Durch letzteres Merkmal steht die Silberpappel mit dem Mehl- beerbaum, Sorbus Aria , einzig unter unsern deutschen Bäumen da. 15* Was überhaupt die Farbe des Laubwerks betrifft, die wir doch auch zur Ornamentik des Baumes ziehen müssen, so finden sich darin nicht unerhebliche Verschiedenheiten und ist dabei außerdem noch darauf zu achten, daß die Färbung der Blätter nach dem Alter derselben sich sehr häufig einem Wechsel unterworfen zeigt. Manche Bäume haben, wie z. B. die Eiche, die Espe und der Spitzahorn einige Zeit nach dem Ausbrechen eine andre Farbe als später, ja nur wenige haben, wie z. B. die Traubenkirsche, sogleich ihr volles Saftgrün. Bedeutender ist der Farbenwechsel im Herbst, wodurch der Wald einige Zeit lang einen ganz neuen Schmuck trägt, der geeignet ist in uns wehmüthige Empfindungen zu erwecken. Wir haben jedoch hierüber schon früher (S. 185) Einiges berührt, und werden später bei der Betrachtung der einzelnen Baum- arten zuweilen darauf zurückkommen. Wir gehen zu dem Einfluß der Blüthen und Früchte auf die Ornamentik der Laubhölzer über und haben, die Blüthen zunächst ins Auge fassend, dabei zu unterscheiden zwischen denjenigen Bäumen, welche vor dem Laube blühen und jenen, bei welchen Blätter und Blüthen zugleich, oder die Blüthen selbst viel später als die Blätter erscheinen. Fast ausnahmslos tragen bei denjenigen Bäumen, welche vor den Blättern blühen, die Blüthen nicht viel dazu bei, den Baumkronen ein eigenthümliches Gepräge zu geben, indem diese Blüthen sehr unvoll- kommen sind, am allerwenigsten in das Auge fallende Blumenkronen haben. In besonders reichen Samenjahren jedoch, die wir bereits mit diesem Namen bezeichnen gelernt haben, sind selbst diese unvollständigen, dazu meist sehr kleinen Blüthen doch geeignet, den wieder erwachten Bäumen einen Charakter zu geben. Wer kennt nicht, um mit einem unsrer größten Sträucher zu beginnen, die hängenden, schwefelgelben männlichen Kätzchen der Hasel, welche fast zuerst im Frühjahr das wieder erwachte Baumleben ankündigen und um deswillen von Jedermann mit Freude begrüßt werden. Dasselbe läßt sich von den Weiden ganz besonders rühmen, welche, wie die Sahlweide, ihre anfangs silberglänzend behaarten Blüthenkätzchen lange vor den Blättern hervortreten lassen. Solche vor den Blättern erblühenden Bäume sind ferner: die Rüstern, Erlen, Eschen, Pappeln, die Kornelkirsche, der Zürgelbaum und der Schwarzdorn, welche letzteren von allen genannten allein ansehnliche, vollständige Blüthen haben. Mancher von diesen Bäumen wird vielen meiner Leser hinsichtlich ihrer Blüthe noch ganz unbekannt sein und es gehört ein unterrichtetes Auge dazu, um dieselben zu bemerken, was namentlich von den Erlen und Rüstern gilt, bei denen die unscheinbaren Blüthen noch obendrein sich fast nur in den obern Partien der Krone finden. Sie und noch mehr die Pappelarten gewinnen in sehr reichen Samenjahren durch die Blüthen eine merkliche Fülle ihrer noch winterlich laublosen Kronen. Wenn wir vorderhand von andern Sträuchern absehen, so bleiben uns als mit und nach dem Laube blühende Bäume allein noch folgende Arten übrig: Ahorne, Birken, Eichen, Hornbaum, Buche, Eberesche, Apfel- und Birnbaum, einige Weiden und die Linden. Nicht bei allen diesen Bäumen sind die Blüthen gleich sehr im Stande, der Krone einen sehr bemerkenswerthen Charakter aufzuprägen und zwar aus demselben Grunde, wie bei den vor dem Laub blühenden Bäumen, indem nehmlich ihre Blüthen unscheinbar sind. Dadurch können sogar die Blüthen den einheitlich bestimmten Ausdruck, den nicht blühende Waldbäume haben, beeinträchtigen, indem z. B. reich blühende Buchen und Eichen weniger schön aussehen, als nicht blühende aber um so reicher belaubte. Der Spitzahorn tritt gewissermaaßen vermittelnd zwischen diese beiden Blüthen- zeitklassen der Bäume, indem bei ihm die ansehnlichen grüngelben Blüthen- sträußchen ganz gleichen Schritt mit den Blättern halten und fast noch ein wenig vor ihnen sich erschließen. Da die genannten Bäume allgemein bekannt sind, so ist es hier nicht nöthig, diejenigen von ihnen hervorzuheben, bei welchen die Blüthen wesentlich zum Schmuck beitragen und wir haben nur noch einige Worte über den gleichen Einfluß der Früchte hinzuzufügen. Obgleich bei den meisten Waldbäumen die Früchte zu unansehnlich und zu klein sind, um ihrer Gestalt nach sehr in das Auge fallen zu können, so üben sie dennoch in reichen Samenjahren, namentlich bei einigen Baumarten, durch ihr Gewicht einen sehr bedeutenden Einfluß auf den Kronencharakter aus. Dies ist namentlich der Fall bei der Buche und beim Hornbaum, deren Triebe und sogar die ganzen Aeste davon niedergezogen werden, was den Bäumen ein ganz verändertes Aussehen giebt. Die großen auf kurzen Stielchen dicht gedrängt beisammenstehenden blattähnlichen Früchte der Feldrüster tragen zuweilen vieles dazu bei, den sich belaubenden Zweigen ein eigenthümliches wie bemoostes Ansehen zu verleihen. Da wir bereits bei der Beantwortung der Frage: Woraus besteht der Wald? uns daran erinnern mußten, daß der Waldboden einen wesent- lichen Theil des Waldcharakters abgiebt, so haben wir jetzt gewisser- maaßen von der Ornamentik des Baumes zu einer allgemeinen Orna- mentik des Waldes überzugehen, zu welcher wesentlich die zahlreichen Sträucher beitragen, welche zu den Füßen unserer Waldbäume in größerer oder geringerer Zahl und Manchfaltigkeit den Waldboden bedecken. Diese Sträucher sind namentlich zum Theil durch ihre Frucht- und Blüthen- bildung geeignet, dem Wald einen großen Schmuck zu verleihen, also zur Ornamentik des Waldes im eigentlichsten Sinne des Worts bei- zutragen. Diejenigen, welche dies am meisten zu thun vermögen, sind etwa folgende: der Traubenhollunder, der Seidelbast, der Liguster, das Geis- blatt, der Schneeball, der rothe Hartriegel, die Mispel, die wilden Rosen, die Brombeeren, der Weiß- und der Schwarzdorn, die Berberitze, die Spierstauden, die Besenpfrieme, die Ginsterarten, Heidel- und Preisel- beeren, die Haidenarten und die Waldrebe. Namentlich in den Wal- dungen der Vorberge Süddeutschlands und überhaupt sehr abhängig von klimatischen Verhältnissen, finden sich mehr oder wenigere von diesen Straucharten in den Waldungen oft in solcher Menge ein, daß der Be- wohner des nördlichen Haidelandes durch die Farben- und Formenfülle derselben überrascht wird. Es hat genügt, diejenigen Sträucher zu nennen, welche allgemein bekannt sind, um daran zu erinnern, welchen Einfluß dieselben auf die Ausschmückung des Waldes ausüben, was besonders im Mittel- und Niederwald und im Hochwald meist nur dann der Fall ist, wenn derselbe auf Gebirgsboden steht, dessen Schluchten und Abhänge Gelegenheit zur Ansiedelung dieser Sträucher geben. Wir gehen daher auf eine genauere Schilderung dieser Seite der Waldornamentik jetzt nicht ein, indem wir uns eine weitere Besprechung derselben für eine Schilderung der Formen des Waldes im Ganzen vorbehalten. Aus dieser Skizze der Architektur und Ornamentik der Bäume geht hervor, daß dadurch für den aufmerksamen Freund des Waldes eine un- aufhörliche, höchst manchfaltige Gelegenheit gegeben ist, seiner Liebe zum Wald ununterbrochen Nahrung und Beschäftigung zu geben. Diese Andeutungen über die Verschiedenheiten im Bau und der Be- laubung der Bäume, welche eben nur Andeutungen sein und zu ver- gleichender Betrachtung auffordern wollten, finden nun ihre Nutzanwendung im Großen an dem Walde als einem Ganzen. Hierüber müssen wir uns jetzt blos auf Weniges beschränken, weil wir später, nachdem wir die einzelnen Baumarten genau unterscheiden und kennen gelernt haben werden, Gesammterscheinungs-Formen des Waldes ins Auge zu fassen haben. Der Nadelwald und der Laubwald scheiden auf Grund der Architektur ihrer Angehörigen unsern deutschen Waldbegriff so scharf in zwei Hälften, daß es tief in die Auffassung des Volks eingedrungen ist, wobei man vom Nadelwald den Kiefernwald noch besonders als Haide trennt und an die unterste Stufe der Wald-Rangordnung stellt. Es ist neben diesem gestaltreichen Charakter besonders der Umstand, daß die Nadel- hölzer weit mehr als die Laubhölzer ein ausschließendes Gleich und Gleich lieben und dabei im dichtesten Schluß beisammen stehen, was den Nadel- waldungen einen so durchaus eigenthümlichen Stempel aufprägt. Die Nadelhölzer sind in ihren Ansprüchen weit schmiegsamer als die Laubhölzer und es giebt beinahe keine Oertlichkeit, wo man sie nicht mit mehr oder weniger Erfolg in die Gesellschaft der letzteren bringen könnte, was um- gekehrt weit weniger ausführbar ist. Es giebt in der geeigneten Höhenlage zahllose reine Fichten- und Kiefernbestände, aber nur äußerst selten giebt es Bestände, welche von einer oder der andern Laubholzart ganz allein gebildet werden. Die dadurch hervorgehenden Erscheinungsformen des Waldes sind allerdings großentheils abhängig von den Eingriffen des Waldbaues, welche, da die künstliche Walderziehung dazu bereits alt genug ist, einen großen Einfluß auf das Waldbild haben. Es ist allerdings schwer zu sagen, ob mehr die reinen oder mehr die gemischten Bestände aus der Hand der Natur hervorgegangen sind. Der Waldbau schafft eben so sehr das eine wie das andere, in Gebirgslagen mehr die reinen als die gemischten Bestände. Hier scheint jedoch auch die Natur mehr die Einheit als die Manchfaltig- keit zu lieben und je mehr wir uns der Ebene nähern, desto bunter zeigt sich meist das Waldbild zusammengesetzt. Da die immergrünen, den dichtesten Schluß vertragenden Nadelhölzer ihren Boden weit vollständiger beherrschen, und sie dazu in der Regel auf dem weniger fruchtbaren Boden stehen, so ist hierdurch zweierlei be- dingt: die Eintönigkeit des Nadelwaldes und die große Uebereinstimmung des Bildes durch alle Altersstufen hindurch. Daß in letzterer Beziehung die Kiefer sich abweichend verhält, haben wir bereits vorläufig erfahren (S. 213). Wir sehen den Nadelwald von dem Zustande der Schonung (S. 155) bis zu seiner Haubarkeit in einer innig zusammenhängenden Stufenfolge heranwachsen; während ein selbst rein angebauter Laubholz- bestand lange Zeit — bis zu seinem ausgesprochenen Stangenholzalter — meist noch so wenig geschlossen und daher oft so sehr von Waldkräutern und Gesträuchern durchwuchert ist, daß er von dem Unkundigen kaum in Zusammenhang zu bringen ist mit seinem dereinstigen Haubarkeitsalter. Ich wende mich nun noch an diejenigen meiner Leser und Leserinnen, welchen der Wald nicht blos ein Freund und Pflegling, sondern auch ein Gegenstand der künstlerischen Darstellung ist, sei es berufsmäßig, sei es nur aus Liebhaberei. Wenn man sich jetzt auf Kunstausstellungen umsieht, so muß es sofort auffallen, daß die Landschaftsmalerei mit besonderer Vorliebe ge- pflegt wird, während andere Klassen von Bildern z. B. das „Stillleben“, beinahe ganz verschwunden sind. Mit dieser vorherrschenden Uebung der Landschaftsmalerei ist jedoch leider ein tiefer eingehendes Studium des Baumes nicht überall, ja sogar im Ganzen nur wenig gleichen Schritt gegangen; man sieht sehr häufig Landschaften, welche zwar einen ange- nehmen, künstlerisch befriedigenden Gesammteindruck machen, bei denen man aber vergeblich bemüht ist, zu enträthseln, was das wohl für Bäume sein mögen, welche da gemalt sind. Wir haben zwar schon auf Seite 50 und den folgenden dieser Auffassung des Waldes einige Aufmerksamkeit geschenkt, es dürfte aber nicht überflüssig sein, hier noch etwas ausführ- licher darauf einzugehen und indem ich dies thue, finde ich einige Be- rechtigung dazu in der Erfahrung, welche ich dadurch gemacht habe, daß mir mehrere tüchtige Landschaftsmaler zugestanden haben, es sei ihnen wie Schuppen von den Augen gefallen, nachdem sie mit mir längere Zeit, selbst einen Winter hindurch, die schönen Baumwaldungen Leipzigs durch- wandert und dabei ein Verständniß der unterscheidenden Baumcharaktere gewonnen hatten. Ich will nicht in Abrede stellen und muß dies hier ausdrücklich hervorheben, um nicht die Kunstkritiker gegen mich aufzubringen, daß es nicht die Aufgabe des Landschafters ist, in den Landschaften mit botanischer Genauigkeit aufgefaßte Baumbilder zu malen, aber eben so wenig wird man mir bestreiten können, daß solche Baumarten, welche einen bestimmten architektonischen Charakter zu haben pflegen, mit Wiedergabe dieses dar- gestellt werden müssen; und man wird mir dies um so weniger bestreiten wollen, weil bei einigen Baumarten, Eiche, Kiefer, Birke, man dies ohnehin jetzt schon thut. Will man sich eine derartige größere Baumkenntniß verschaffen, so thut man wohl, damit im Winter zu beginnen, weil man da die Archi- tektur der Bäume, wegen der mangelnden Belaubung klar und deutlich vor sich sieht. Ich habe mich mehrmals überzeugt, daß auf einem winter- lichen Spaziergange geschickte Landschaftsmaler wohl Eichen und Birken, von Nadelhölzern natürlich nicht zu reden, zu unterscheiden vermochten, allein die übrigen Laubhölzer waren ihnen meistentheils unverständliches Sparrwerk, wenn es sich dabei nicht um bestimmte Bäume handelte, die sie von der Belaubungszeit her kannten. Die verständnißvoll aufgefaßten Baumbilder unseres Buches sind das Ergebniß solcher Wanderungen, wobei es allerdings zuweilen seine Schwierigkeiten hatte, ein passendes Baumbeispiel ausfindig zu machen. Bei dieser Gelegenheit mag es nicht überflüssig sein, darauf auf- merksam zu machen, daß es wohl überlegt sein will, einen Baum für seine Darstellung auszuheben, wenn es darauf ankommt, dadurch ein charakteristisches Bild seiner Art zu geben. Nicht nur, daß man sich dabei davor hüten muß, zu sehr die Rücksicht des „Malerischen“ zu nehmen, sondern man muß auch wohl berücksichtigen, unter welchen Verhältnissen ein zu wählender Baum aufgewachsen ist. Die Waldbäume sind meist gesellige Wesen und wie bei Menschen so macht sich auch bei den Bäumen der Einfluß der Gesellschaft geltend. Man stößt zunächst sehr häufig auf die große Schwierigkeit, daß ein treu darzustellender Baum zu wenig frei steht, um sein Bild in seinem ganzen Umrisse darstellen zu können, namentlich wenn die umstehenden Bäume derselben Art sind; findet man dagegen einen ganz frei stehenden Baum, so ist man wieder in einer andern Gefahr, nämlich in der, daß der Baum durch seine Erwachsung im vollkommen freien Stande einen ungewöhnlichen Charakter angenommen hat und daher keineswegs als Musterbild seiner Art gelten kann. Es war bei der Auswahl unsrer Bilder sehr schwer, diesen von beiden Seiten drohenden Klippen auszuweichen. Es war unerläßlich nothwendig, wenigstens ziemlich frei stehende Bäume zu wählen und dabei doch solche zu vermeiden, welche diese ihre freie Stellung zu sehr benutzt hatten zu einer ungewöhnlichen schrankenlosen Gestaltung. Es ist daher bei der Beurtheilung unsrer Bilder hierauf Rücksicht zu nehmen. Wir haben eben so oft uns mit Gewalt zu halten gehabt, einen höchst malerischen Baum nicht zu wählen, als neben zahllos in dichtem Schlusse erwachsenen einen solchen zu finden, der seinen ruhigen, ihm seiner Art nach zukommenden, Entwicklungsdrang hinlänglich hatte geltend machen können. Diejenigen meiner Leser und Leserinnen, welche sich in der ange- deutenden Weise in den Waldgenuß vertiefen wollen, werden, wenn sie nicht bereits eine vollständige Baumkenntniß besitzen, wahrscheinlich immer in der Lage sein, einen kundigen Freund zu finden, der ihre Baumstudien leitet, und wie ich ausdrücklich wiederhole, im Winter, oder wenigstens vor dem Ausschlag der Knospen beginnen. Man thut wohl, wenn man diese Studien mit der genauen Unter- scheidung der Knospen und was damit zusammenhängt beginnt, wozu die bereits vorstehenden und die nachfolgenden Abbildungen hinreichende An- leitung geben werden. Man lernt alsdann sehr leicht die Knospen als die Grundlage der Baumarchitektur kennen. Hat man anstatt im ersten Frühjahr bald nach dem Laubfall diese Knospenstudien begonnen, wie sehr anzurathen ist, so hat man bis zum nächsten Ausbrechen des Laubes nicht blos hinlänglich Zeit zu diesen Knospenstudien, sondern da die durch größere Schönheit abziehenden Blätter und Blüthen nicht da sind, auch die Rothwendigkeit, auf jene immer und immer wieder zurückzu- kommen und sich dieselben zuletzt vollständig zu eigen zu machen. Es dauert alsdann nicht lange, daß man von den Knospen einen Schritt weiter geht. Mit der Berücksichtigung ihrer Stellung muß man nothwendig die Stellung der Triebe am Zweige, weiter gehend die der Zweige an den Aesten, der Aeste am Stamme beachten und so wird man ganz unwillkürlich von den feinern, gesucht sein wollenden, immer mehr und mehr zu den mehr in das Auge fallenden, sich von selbst darbietenden Unterscheidungscharakteren geleitet. Es ist dabei ein unerwartetes Er- gebniß, daß man zuletzt oft weniger Mühe hat, einen winterlichen Baum sicher zu unterscheiden, als einen im Laubschmuck vor uns stehenden. Die verhüllende Laubornamentik verbirgt uns zuweilen, wegen ihrer großen Aehnlichkeit bei verschiedenen Baumarten, die mehr in das Auge fallenden architektonischen Merkmale. Ich kann nach den vorhin angedeuteten Erfolgen versichern, daß unsre Landschaften sicher gewinnen werden, wenn die Künstler mit größerer Aufmerksamkeit auf die charakteristischen Merkmale der verschiedenen Baumarten mehr achten werden, als es bisher geschehen. Dabei ist allerdings nicht zu leugnen, daß die zu lösende Aufgabe eine sehr schwierige ist. Wir wissen, daß der Baum kein in sich abgeschlossenes, jemals fertig werdendes Individuum ist, dessen Gestalt, um seine Art wieder zu geben, wir einfach blos nachzubilden brauchten. Eine vor uns stehende Eiche könnte recht füglich zwei oder drei starke Aeste mehr oder weniger haben, als sie eben hat, oder diese könnten anders gebogen und ge- schwungen sein, als sie es sind, sie würde nicht weniger eine Eiche bleiben. Es liegt also der Charakter der Eiche nicht in den angedeuteten Verhältnissen allein, er liegt eben in einem charakteristischen Ensemble, welches mit fein auswählendem Blick erkannt sein will. Für angehende Landschafter möchte es eine sehr zu empfehlende Uebung sein, bei ihren Baumstudien so zu verfahren, daß sie zunächst ausgewählte und leicht wieder zu findende Bäume vor der Belaubung treu abzeichnen und im hohen Sommer bei voller Belaubung diese gewissermaaßen nachträglich hinzufügen. Die Studien des Historien- malers werden ja eben so gemacht; eine bekleidete Figur wird erst unbe- kleidet skizzirt und erst nachher die Gewandung hinzugefügt. Wenn an der vorhin angezogenen Stelle besonders hervorgehoben wurde, daß man jetzt auf den Landschaftsbildern nur zu häufig mehr einem schablonenmäßigen Baumschlag, als erkennbaren Bäumen begegnet, so genügt ein Blick auf sehr viele Landschaften, namentlich auch auf Radirungen, um zuzugeben, daß dieser Vorwurf nicht ungerechtfertigt ist. Die „Technik“ der Landschafterei charakterisirt nicht sowohl ver- schiedene Baumarten, als verschiedene Künstler, indem meistentheils die Maler ihre ganz bestimmte Baumschlagtechnik haben, die sie über alles, was Baum und Busch heißt, ausgießen und die Abwechslung ihrer Baumbilder auf Größe und Umriß und, oft ungerechtfertigt genug, auf die Färbung beschränken. Ich kann nicht vergessen wollen, daß auch hierin in neuerer Zeit Anerkennenswerthes geleistet wird, daß man nicht blos Eichen, Kiefern und Birken, sondern daß man auch Buchen und Linden von einander auf den radirten Blättern unterscheiden könnte, aber sicher ließe sich in dieser Beziehung noch weit mehr leisten, ohne dadurch der künstlerischen Einheit des Bildes Eintrag zu thun. Die Gestalt und Stellung der Blätter ist ganz entschieden von großem Einfluß auf die Technik des Baumschlags. Man vergleiche, um sich davon zu überzeugen, unser Eichenbild mit dem, welches den Bergahorn darstellt. Das große, tief gelappte, zackige Ahornblatt kann unmöglich von dem Künstler ebenso behandelt werden, wie das kleinere ganz anders gestaltete Eichenblatt. Von jedenfalls nicht unbedeutendem Einfluß auf das Verständniß und die Verständigkeit der Landschaften sind die Dimensionsverhältnisse der Technik, d. h. daß die Technik bei demjenigen von zwei gleichen Bäumen, welcher im Vordergrund steht, viel größer sein muß, als bei dem, welcher im hintern Mittelgrund steht. Hiergegen sieht man sehr häufig gefehlt, was nicht anders als die Perspektive der Landschaft be- einträchtigen kann. Diese wenigen Andeutungen, die nichts mehr als solche sein wollen, sind vielleicht geeignet, den Landschaftsmalern ein noch größeres und ein- gehenderes Studium der Bäume zu empfehlen. Zweites Buch. Naturgeschichte der Waldbäume. 8. Die Nadelbäume. Was ist’s, das mich im stillen Nadelwalde So ernst und gleich zu seiner Stille stimmt, So daß ich kaum die Welt im Sinn behalte, Die Welt, die draußen mich gefangen nimmt? Es ist der stille Ruf aus frühen Zeiten, Der aus den Tannen an das Herz mir dringt; Das ferne Einst kann sich vom Jetzt nicht scheiden, Das in dem Nadelwalde in einander klingt. Ja, der besondere Reiz, den der Nadelwald vor dem Laubwalde voraus hat und der eine ganz besondere Macht auf Gemüth und Phantasie ausübt, er gewinnt für den, der die Erdgeschichte wenigstens in ihren Hauptzügen kennt, eine ahnungsvolle Färbung. Der Nadelwald ist wie ein uraltes Geschlecht, das seine Ahnen in ungetrennter Reihe bis in ferne Jahrhunderte zurückzählen kann, ein fortlebender Ueberrest der Pflanzenwelt grauer Vergangenheit. Wie die verkohlten Papyrusrollen aus dem vulkanischen Schutte Pompeji’s uns ein mühselig zu lesendes Archiv sind, so sind es die Steinkohlenlager, welche uns Kunde geben von den Gestalten, welche Flora vor Millionen von Jahren aus dem jungfräulichen Boden der Erde hervorsprießen ließ. Die neuere Zeit hat gelernt, in diesem Archive der Urzeit zu lesen, wir finden in ihm Schilderungen vom Walde wie er einst war, während wir hier es versuchen, ihn zu schildern wie er jetzt ist. Wir begegnen in seiner Schilderung vertrauten und fremdartigen Formen, wenn wir diese Worte mit der Gegenwart unserer Pflanzenwelt zusammenhalten. Wo wir jetzt aus großer Tiefe die Steinkohle heraufholen, die Grundsäule unseres mächtigen Gewerbfleißes, da standen einst schattige Wälder, halb verwandt, halb unverwandt den unsrigen; unverwandt namentlich auch darin, daß sie nicht durchtönt waren vom Morgengesang der Vögel, nicht durchduftet und durchglüht von buntblüthigen Kräutern, welche jetzt unsern Waldboden durchwirken. Es waren nicht Eichen und Buchen, nicht duftende Linden und weißschaftige Birken, was den Steinkohlenwald bildete, nicht die im leisen Lufthauch erzitternde Espe oder die glattschaftige Esche, überhaupt kein Baum wie sie jetzt unsre Laubwälder bilden. Und dennoch ist uns in unsern Wäldern ein Anklang an jene untergegangenen Waldungen geblieben, welche einst unser ganz anders gestaltetes Deutschland begrünten. Obgleich ohne Zweifel in jenen Zeiten ein wärmerer Himmel über Deutschland ruhte, so waren doch schon damals Nadelhölzer unter den Herrschern des Waldes, die jetzt unter unserem kühleren Himmel sogar noch die rauhe Gebirgshöhe suchen. Auch jetzt noch liebt das räthselhafte Geschlecht der Farren, die am Boden kriechenden Bärlapppflanzen und der zierlich geästete Schachtelhalm in der Gesellschaft der Nadelbäume sich anzusiedeln. So war es auch damals. Aber während unsere Fichten, Kiefern und Tannen ebenbürtige Bäume, ihren Steinkohlenahnen nichts nachgebend, geblieben sind, so sanken die drei genannten Pflanzengeschlechter zu schwächlichen Gestalten herab, nur ein schwaches Abbild jener Farren, Bärlapparten und Schachtel- halme, welche als stattliche Bäume mit den Nadelbäumen jener Wal- dungen wetteiferten, in ihren Leibern für das erst noch zu schaffende Menschengeschlecht die Schatzkammer der Steinkohlen zu gründen. Die Nadelbäume gewöhnten sich an die abnehmende Wärme, während die Farrenbäume auswanderten und jetzt nur noch in heißen Himmels- strichen gedeihen. Wenn man mit der Erinnerung hieran einen Nadelwald des Ge- birges besucht, so gewinnt derselbe den ahnungsvollen Reiz den ich ihm vorhin nachrühmte. Vereinsamt und wie trauernde Fremdlinge stehen die Bäume dichtgeschaart auf dem moosbekleideten Boden. Ihre einstigen Genossen, aus jenen anderen Pflanzengeschlechtern, die ihre Wipfel unter die ihrigen mischten, haben sie verlassen, sie fühlen es fast wie ein trauriges Vorrecht, nur allein zu herrschen, wo sie früher mit Unver- wandtem gern die Herrschaft theilten. Doch nein, ihre ragenden, nur himmelwärts blickenden Wipfel sehen es blos nicht, daß sich zu ihren Füßen das erniedrigte Volk überlebender Genossen der Vorzeit drängt. Aus den Spalten zerklüfteter Felsen- wände sprießen die zierlichen Wedel des Haarfarrens hervor; fast wie stammlose Palmenkronen bilden die eleganten Wedelbüsche der Schild- farren und anderer die Waldquellen entlang oder auf steinigen Blößen eine fast tropisch zu nennende Scenerie. Aus von Feuchtigkeit strotzenden Moospolstern ragen die Wäldchen des zierlichen Waldschachtelhalmes hervor, während dort die selbst moosähnliche Bärlappranke über den Moosteppich hinkriecht. Dazu ist es fast so still wie es in jenen urzeitlichen Wäldern war; die lauten Schläger lieben sich den rauschenden Laubwald; fast nur die Goldhähnchen und Meisen mischen ihre zarten Stimmchen mit dem süßen Geflüster der Nadelkronen, welches wie weitherdringende Kunde aus grauer Vorzeit klingt. Abends kommt aber die Waldnachtigall, die klangreiche Singdrossel, und singt auf der Spitze einer Fichte ihr weithinschallendes Abendlied, als wolle sie den träumerischen Nadelwald aus seinen Vorzeit- gedanken wecken. So gewinnt der ganz eigenthümliche, zur Melancholie einladende Eindruck des Nadelwaldes eine tiefe geschichtliche Bedeutung und indem wir uns bewußt werden der so tief greifenden gestaltlichen Verschiedenheit seiner Bäume von denen des Laubwaldes, so bringen wir unvermerkt diese Verschiedenheit in Einklang mit der Zeit. Im Laubwalde befinden wir uns in der frischen lebendigen Gegenwart, im Nadelwalde umfangen uns die Schauer einer fernen Vergangenheit. Wenn wir bei einer botanischen Betrachtung der Nadelbäume uns auf die deutschen Arten beschränken, so finden wir unter ihnen eine große Einförmigkeit und Uebereinstimmung aller ihrer Theile und im Vergleich zu den Laubhölzern hinsichtlich ihrer Organisation eine tiefere Stellung im System; man glaubt ihnen ansehen zu müssen, daß sie Schöpfungen einer noch nicht das Höchste vermögenden Natur sind. Diese Auffassung der Nadelhölzer schließt jedoch nicht aus, daß dieselben in ihrer äußeren Erscheinung keineswegs als schwächliche Wesen, sondern als mächtige Beherrscher ganzer Länderflächen erscheinen. Es spricht sich vielmehr die tiefe Stellung auf der Stufenleiter des Pflanzensystems bei den Nadel- hölzern dadurch aus, daß sowohl ihr innerer anatomischer Bau, als die Roßmäßler, der Wald. 16 Beschaffenheit und Organisation ihrer Blätter, Blüthen und Früchte auf einer tieferen Stufe der Ausbildung stehen. In den ältesten, Pflanzenversteinerungen führenden Erdschichten finden wir den Beweis geliefert, daß die Nadelhölzer viel früher auf der Schau- bühne des Lebens erschienen, als die Laubhölzer. Diese ihre frühere Herrschaft hatten sie nicht blos in den früheren, bis zur Kreideformation und den tertiären Schichten heraufreichenden Perioden des Erdlebens ver- loren, sondern auch in unserer gegenwärtigen Periode und auf deutschem Boden haben sie in früheren Jahrtausenden an Ausbreitung oft unter den Laubhölzern gestanden. Viele Anzeigen sprechen dafür, daß Eichen- und Buchenwaldungen in früheren Jahrhunderten in Deutschland vor- herrschend, wenigstens viel ausgedehnter waren als gegenwärtig. Es ist schon mehrmals vorgekommen, daß auf der Stelle, an der ein alter Fichtenhochwaldbestand abgetrieben worden war, ein Buchenaufschlag er- schien, der nur aus Bucheckern hervorgegangen sein konnte, welche so lange im Boden geruht hatten, bis durch die Schlagräumung die Be- dingungen des Keimens für sie gegeben waren. In solchen Fällen waren offenbar Buchen von Fichten verdrängt worden. Gegenüber der Schwierig- keit, die es ist, Bucheckern auch nur ein Jahr lang keimfähig zu erhalten, ist diese Erscheinung doppelt interessant. Dieses lange Zeiträume hindurch währende Zurückweichen der Nadel- hölzer vor den Laubhölzern hat sich in neuerer Zeit in das Gegentheil verkehrt, indem die Laubhölzer mehr und mehr an Terrain verlieren, welches zum Theil vom Walde unbesetzt bleibt, zum großen Theil aber von den Nadelhölzern erobert wird. Es ist daher nicht zu verkennen, daß die Freunde der Laubhölzer in der Lage sind, ihre Lieblinge mehr und mehr zu verlieren und an deren Stelle die Nadelbäume treten zu sehen. Der Grund zu dieser wichtigen Erscheinung liegt in mehreren sehr verschiedenen Umständen, unter denen selbst Folgeerscheinungen zu neuen Ursachen werden. Die mehr und mehr steigende Bevölkerung erheischt nicht nur mehr Bodenraum, sondern auch mehr Kulturfläche für Feld- und Gartenbau. Diese Fläche kann man der Natur der Sache nach nur in der Ebene suchen und im Gebirge nur bis zu einer be- schränkten Höhe, über welche hinaus aus verschiedenen Gründen der Feldbau gar nicht mehr oder nur mit großer Schwierigkeit zu betreiben ist. Dadurch wird der Waldboden immer mehr beschränkt und da er am meisten in den fruchtbaren Lagen an Umfang verliert, die Laubhölzer aber im Allgemeinen mehr einen fruchtbaren Ebenen-Boden bedürfen als Nadethölzer, so ist die nothwendige Folge, daß die Laubhölzer in dem- selben Verhältniß in Abnahme, wie die Nadelhölzer in Zunahme begriffen sind. Die Verminderung der Waldfläche in Folge der Ausbreitung des Feldbaues hat aber offenbar schon jetzt einen Einfluß gezeigt auf das Klima Deutschlands und namentlich auf den Reichthum der Regennieder- schläge und somit der Quellen und der Feuchtigkeit des Bodens. Diese Thatsache, eine Folge der Waldverminderung, wird eben zu einer Folge- ursache für die Verminderung oder wenigstens Verschlechterung des Waldes, der nun an vielen Orten einen weniger fruchtbaren Boden findet, als früher, und wir dürfen diesen Moment nicht vorüber gehen lassen, ohne uns wiederholt daran zu erinnern, daß der Beruf des Forstmannes, dessen hohe Aufgabe es ist, nicht blos Wälder zu benutzen, sondern auch Wälder zu erziehen, ein schwieriger ist und im Durchschnitt mit jedem Jahrzehnt ein schwierigerer wird. Wenn man die vielerlei Maßregeln des deutschen Waldbaues über- blickt, welcher durch die Zerrissenheit des deutschen Vaterlandes eben in seinen Maßregeln ein höchst ungleicher und oft nach entgegengesetzten Grundsätzen verfahrender ist, so muß man sagen, daß ein fortwährender Kampf zwischen Laubhölzern und Nadelhölzern um den Besitz der Boden- fläche stattfindet. Hier findet man es für nothwendig und am meisten Vortheil versprechend, Nadelwaldungen in Laubholzwaldungen umzu- wandeln, anderwärts verfährt man gerade umgekehrt. Vergleicht man diejenige Bodenfläche Deutschlands und der nördlicher liegenden Theile Europas, welche die Nadelhölzer einnehmen, mit der- jenigen, wo die Laubhölzer herrschen, so ergiebt sich, daß die wenigen Nadelholzarten einen viel größeren Flächenraum behaupten, als die viel zahlreicheren Laubholzarten zusammengenommen. Wie überhaupt hinsichtlich des Einflusses auf die Vertheilung der Pflanzen auf der Erdoberfläche Seehöhe und geographische Breite oft vollständig gleichbedeutend sind, d. h. dieselben Pflanzen in einer gewissen Seehöhe wachsen, welche in einer gewissen Breite vorkommen, so ist dies derselbe Fall auch bei den Bäumen. Die Laubhölzer lieben das Tiefland 16* und die mehr südlich gelegenen Gebiete; die Nadelhölzer dagegen ziehen hohe Lage und eine höhere nördliche Breite vor, obgleich auch diese Regel, wie jede, nicht ohne ihre Ausnahmen ist. Steigen wir auf unseren deutschen Hochgebirgen immer höher hinauf, so verlassen uns die Laubhölzer ziemlich bald und wir finden auf den höchsten Höhen, auf welchen überhaupt noch Baumleben möglich ist, nur noch Nadelbäume. Derselbe Fall ist es im großen Ganzen, wenn wir eine Reise nach dem Norden unternehmen, wo uns zuletzt auch nur noch einige Nadelbäume treu bleiben. Daß allerdings zuletzt die Zwergbirke, Betula nana , dort den Plan behauptet, ist deshalb hier nicht sehr maßgebend, weil diese Birkenart nichts weniger als ein Baum, sondern ein niedriger kriechender Strauch ist. Diese Erscheinung kann ihren Grund nur darin haben, daß die Nadelhölzer in verschiedenen Beziehungen geringere Ansprüche an ihren Wohnplatz machen, namentlich weniger empfindlich sind gegen Kälte und gegen schroffen Wechsel zwischen Wärme und Kälte. Auch hinsichtlich der Boden-Bestandtheile haben wenigstens einige Nadelhölzer entschieden ein geringeres Maß von Bedürfnissen, als die Laubhölzer, vielleicht die Birke allein ausgenommen, welche hierin den Nadelhölzern gleichkommt. Mit dieser Rücksicht hat man die Bäume in genügsame und weniger genüg- same getheilt und kann im Allgemeinen die Nadelhölzer, zum Gegensatz von den Laubhölzern, genügsame nennen. Es besteht aber in dieser Hinsicht zwischen den Baumarten ein ähn- liches Gegenseitigkeits-Verhältniß, eine ähnliche wechselsweise Dienst- leistung, wie in der menschlichen Gesellschaft. Wo gegenwärtig eine Baumart noch nicht gedeihen könnte, würde sie es können, wenn ihr vorher von einer andern, genügsameren, die Wohnstätte bereitet worden sein würde. Wenn auf den Hochgebirgen die Knieholzkiefer lange Zeit den Boden bekleidet und durch ihren Nadelfall den Boden mit Humus bereichert hatte, da wird es hierdurch nachher der Fichte und der Lärche möglich, sich anfänglich nur einzeln zwischen jener einzufinden und allmälig so sehr überhand zu nehmen, daß sie die dienstfertige Vorbereiterin ihres Bodens ganz verdrängt. Auf einer tieferen Höhenstufe leistet wiederum die Fichte denselben Dienst dem Bergahorn und selbst der Buche. Wir erhalten durch diese Thatsache eine Gelegenheit, die wir nicht verabsäumen dürfen, um die Weitsichtigkeit und großartige Planmäßigkeit der Forstwirthschaft würdigen zu lernen. Wenn überhaupt der Waldes- unkundige jemals daran denkt, den Maßregeln des Forstmannes Aufmerk- samkeit zu schenken und wenn er noch weiter gehend sogar es wagt, diese Maßregeln zu kritisiren, so kommt er oft in die Gefahr, entweder die Möglichkeit eines Urtheils sich versagt zu sehen, oder ein schiefes Urtheil zu fällen. In solchen Fällen kann man in die Lage kommen, sich höchlich darüber zu wundern, warum der Forstmann in einer gegebenen Lage diese Holzart und nicht lieber eine andere, nutzbringendere erziehe. Würde man in solchen Fällen den vorsorglichen Walderzieher nach den Gründen dieser Wahl fragen, so würde man hören, daß er die Saat, die er eben ausstreut oder die Bäumchen, die er pflanzt, nicht sowohl in der Absicht ausstreut und pflanzt, um einen Wald zu erziehen, als vielmehr um durch diese Maßregel für eine später zu kultivirende edle Holzart den Boden vorzubereiten. Die Folge dieser Vorbereitung erlebt freilich in sehr vielen Fällen derjenige nicht, der sie anordnet und der sie ausführt, sie treten nicht selten erst nach mehreren Jahrzehnten ein. Müssen wir hier nicht recht lebhaft inne werden, welch großartig weitgreifendes Ge- werbe das des Forstmanns ist? Wir begreifen, wie groß der Unterschied ist zwischen Waldbau und Feldbau, wir begreifen aber auch bei dieser Gelegenheit, wie nothwendig es sei, daß in der Waldbewirth- schaftung einer großen Länderfläche nur dann das Höchste er- zielt werden kann, wenn Einheit im Plane stattfindet . Wir bedienten uns jetzt gelegentlich der Bezeichnung „edlere Holz- arten“ und es veranlaßt uns dies, daran zu denken, ob wir vielleicht die Laubhölzer edler nennen sollen als die Nadelhölzer, oder umgekehrt, oder ob und wie überhaupt eine derartige Rangordnung unter den ver- schiedenen Holzarten zulässig und ausführbar sei. Man hört jetzt zwar nicht mehr so häufig wie früher, aber man hört doch noch zuweilen von edlen Holzarten sprechen und man meint damit in der Regel einige Laubholzarten, besonders die Buche und die Eiche. Allein diese Klassifikation, die niemals vollkommen berechtigt war, ist es jetzt weniger als je. Die sogenannten edlen Holzarten haben viel von ihrem Ruhm eingebüßt, ja man kann sagen, daß die sogenannten unedlen Holzarten, zu denen man vorzüglich auch die Nadelhölzer rechnete, weniger an ihrem Werth und ihrer Bedeutung verloren haben, als die edleren. Der Grund davon liegt in den großen Fortschritten, welche die Benutzung der Metalle, namentlich des Eisens und mancher Steine gemacht haben, wodurch zu vielen Verwendungen, zu denen man sonst nur edle, harte Holzarten zu benutzen pflegte, diese zu einem großen Theil außer Gebrauch gekommen sind. Hiervon sind namentlich die sämmtlichen Nadelholzarten viel weniger betroffen worden. Die bekannte anatomische Beschaffenheit des Nadelholzes wird dieses zur Herstellung von Brettern, Balken und Latten niemals entbehrlich werden lassen. Die jetzt viel sorgsamere Wahl und Verwendung eines Stoffes für be- stimmte Zwecke hat es mit sich gebracht, daß unter andern Stoffen auch jede einzelne Holzart ihre zweckmäßigste Verwendung gefunden hat und wenn wir in unserer gegenwärtigen Auffassung edel das nennen, was für einen bestimmten Zweck am besten dient, so können wir unmöglich noch von edlen und unedlen Holzarten sprechen. Hinsichtlich der Nadelhölzer kommt hierzu noch der Umstand, daß sie sich durchaus leichter in reinen Beständen, ja überhaupt in jeder andern Hinsicht sicherer erziehen lassen, als Laubhölzer, von denen die meisten der Erziehung in reinen Beständen durchaus widerstreben. Wir wissen, daß wir unter einem reinen Bestand einen solchen ver- stehen, der, so groß er auch ist, durchaus nur aus einer Holzart besteht, in der höchstens nur sehr ausnahmsweise Bäume anderer Holzarten ein- gestreut sind. Durch diese große Geneigtheit zum geselligen Beisammenleben ge- währen die Nadelhölzer auch einen viel größeren Einfluß auf den land- schaftlichen Charakter einer Gegend, als die Laubhölzer. Hierzu kommt noch, daß jene einen viel dichteren Schluß vertragen als die letzteren und dadurch eine mit Nadelwald bedeckte Gegend, welche obendrein meisten- theils Berggegenden sind, viel entschiedener den Wald-Charakter aus- prägen, wenn es sich namentlich um ein Hügelgelände handelt, welches man von einem hochgelegenen Punkte überblickt. Durch diese Eigenschaft, sehr häufig im dichtesten Schluß und in großer Ausdehnung zu erwachsen, sind aber die Nadelhölzer mehr als Laubhölzer den verschiedensten Gefahren ausgesetzt. Sturm, Insekten, Feuer, Schnee - und Duftbruch wüsten weit schlimmer im Nadelwald, als im Laubwald. In den meisten Fällen handelt es sich allerdings nicht darum, daß der Wald durch diese Einflüsse so vollständig vernichtet wird, daß sein Holzvorrath völlig verloren geht, was selbst durch Waldbrände nur selten vollständig geschieht, indem auch in ihnen wenigstens ein großer Theil der angekohlten Stämme bleibt. Im Gegentheil spricht sich die Benachtheiligung der Waldungen durch die genannten Einflüsse mehr durch eine Störung in der Waldbenutzung und durch eine Verschlechterung der Güte und Benutzbarkeit des Holzes aus. Wir wollen den Umstand, daß alle Benachtheiligungen des Waldes sich am stärksten in den Nadelwaldungen aussprechen, dazu benutzen, diese schädlichen Einflüsse auf die Waldungen überhaupt an dieser Stelle kurz zu besprechen und uns dabei besonders auch klar werden, warum die- selben sich im Nadelholz einflußreicher zeigen, als in Laubwaldungen. Was zuerst den Einfluß der Stürme betrifft, so zeigt sich derselbe bekanntlich im Durchschnitt am häufigsten im Spätherbst und im ersten Frühjahr. Um diese Zeit stehen die Laubwaldungen ohne Laub da und bieten darum dem Anprall des Sturmwindes eine geringere Fläche dar, können daher auch weniger leicht vom Sturm gepackt und geworfen werden. Die Nadelwaldungen dagegen haben zu allen Zeiten ihre volle Benadlung und sind also auch zu allen Zeiten gleich angreifbar für die Gewalt der Winde. Hierzu kommt noch, daß die Nadelbäume im Allge- meinen nicht so tief wurzeln, als es bei den meisten Laubhölzern der Fall ist, ja die Fichte, der am häufigsten dichtgeschlossene, beständebildende Nadelbaum, so seicht im Boden streichende Wurzeln hat, daß sie gewisser- maßen mehr blos mit einem breiten, weitausgreifenden Wurzelgestell auf dem Boden steht, als mit ihm verflochten ist. Daher kommt es, daß ein Sturm ganze Fichtenstämme wie Kartenhäuser umwirft und von jedem Baum die Bodenfläche, in der er wurzelt, mit losgerissen wird und ein einzelner solcher Baum an einen umgestürzten Leuchter erinnert. Was den Insektenschaden in den Waldungen betrifft, so sind nicht nur die Nadelhölzer einer größeren Anzahl schädlicher Insekten preis- gegeben, sondern soweit diese nadelfressende sind, benachtheiligen sie diese auch dadurch mehr, daß die Nadelhölzer mit wenigen Ausnahmen und nur theilweise ihre Nadeln, die sie verloren haben, wieder ersetzen können, während ein entlaubter Laubholzbaum bekanntermaßen im folgenden, oft schon in demselben Jahre, das verlorene Laub durch Neues wieder ersetzt. Am wenigsten bekannt ist der verwüstende Einfluß, den Schneedruck und Duftdruck oder Eisanhang auf Nadelwaldungen ausübt, und welcher um so weniger nachtheilig, obgleich nicht ganz einflußlos, auf Laubhölzer ist, weil diese zur Winterszeit ebenfalls keine große Fläche dar- bieten, auf welchen sich große Schneemassen anhäufen können, um Aeste und Zweige oder ganze Bäume nieder zu ziehen und umzubrechen; es ist daher eigentlich nur der Duftdruck oder Eisanhang eben an den Laub- hölzern von erheblichem Nachtheil. In den Nadelwaldungen hingegen ist der Einfluß großer Schneemassen, namentlich wenn sie bei abwechselndem Thau- und Frostwetter fallen, außerordentlich bedeutend und man kann sich kein traurigeres Bild vorstellen, als ein junges, kräftiges Fichten- oder Kiefernstangenholz auf dessen Zweigen und Wipfeln festgefrorne Schneemassen lasten. Während man, so lange der Schnee noch auf den Bäumchen lastet, zuweilen die Verwüstung nicht sehr augenfällig findet, weil der Schnee diese verhüllt, so entfaltet sich ein höchst betrübendes Bild, nachdem der Schnee hinweggeschmolzen ist. Der Unkundige fragt sich dann nach dem Grund, wodurch die doch sonst gesunde und kräftige junge Baumwelt vor ihm in einem Zustande steht, als habe ein furcht- barer Wirbelwind in ihr gehaust, welchem er auch ohne Bedenken diese Wirkung zuschreiben wird. Man sieht nach allen Richtungen die Bäumchen gekrümmt und verdrückt, niedergezogene Wipfel förmlich gegenseitig ver- schlungen, andere abgebrochen oder geknickt, so daß es eine Unmöglichkeit ist, in diesem Chaos hindurch zu kommen. Diejenigen Stämmchen, welche durch den Schneedruck nur wenig aus ihrer geraden Richtung gedrückt worden sind, richten sich zwar zum Theil allmälig wieder auf, der abgebrochene Herztrieb anderer wird durch einen Seitentrieb, der sich aufrichtet, jedoch nicht ohne Nachtheil für die Regelmäßigkeit des Stammes, ersetzt; aber deren sind sehr häufig doch nur so wenig, daß man sich dadurch nicht bestimmen lassen kann, auf eine Ausheilung des Bestandes zu hoffen, sondern sich genöthigt sieht, denselben abzutreiben und dadurch der so lachenden Hoffnung auf den Bestand für die Zukunft verlustig zu werden. Daß Waldbrände in Nadelwaldungen leichter verheerend werden können als in Laubwaldungen, ergiebt sich leicht von selbst aus der harzigen Beschaffenheit der Nadeln und Triebe der Nadelbäume. Aus diesen Andeutungen geht hervor, daß die Benachtheiligung des Waldes durch solche Unfälle meist nicht sowohl ein völliges Berauben der Forstwirthschaft ist, sondern vielmehr eine Störung in der geregelten Forstbenutzung. Wenn man einen durch schädliche Insekten getödteten Nadelholzbestand sofort niederhauen kann, so hat das Holz noch keine sehr viel geringere Güte, als es hat, wenn man die Bäume im gesunden Zustand und im regelmäßigen Umtriebe gehauen hat, obgleich ein durch Insekten getödteter Baum, namentlich ein Nadelbaum, sehr schnell an Güte seines Holzes verliert. Ist aber eine Insektenvermehrung eine sehr ausgebreitete gewesen, so kann der Fall eintreten, daß nicht Menschen- hände genug geschafft werden können, um die getödteten Bäume in Schnelligkeit zu fällen, so daß die Verderbniß des Holzes so schnell um sich greift, daß dasselbe an Güte bedeutend verliert. Dies ist namentlich der Fall bei der Fichte durch den Borkenkäfer und bei der Kiefer durch die große Kiefernraupe. Wenn man nun erwägt, wie vorsichtig die Waldbenutzung geregelt ist, wie auf Jahrzehnte hinaus berechnet wird, wie viel in einem Wald- reviere hier und dort alljährlich herausgenommen werden soll und darf, um die Leistungsfähigkeit des Waldes aufrecht zu erhalten, so begreift man leicht, wie solche Verheerungen durch Insekten, Stürme und dergl. eine heillose Verwirrung in die Waldbenutzung bringen können. Mit der geregelten Holzernte regelt sich selbstverständlich gewissermaßen auch der Holzbedarf und die Nachfrage des Marktes, wodurch wieder der Holzpreis sich feststellt. Jetzt tritt aber plötzlich der Fall ein, daß in einem großen Wald- komplexe durch einen ausgedehnten Windbruch viele Tausende von Klaftern zur Verfügung gestellt werden, welche obendrein, wenn sie z. B. Fichten sind, so schnell als möglich beseitigt werden müssen, damit nicht der Borkenkäfer hineinkomme und obendrein den Werth des zur Unzeit verfügbar werdenden Holzes beeinträchtige. In solchen Fällen hat die Forstverwaltung die schwere Aufgabe zu lösen, über Hals und Kopf die unvorhergesehenen Holzvorräthe zu verkaufen, um so wenig als möglich am Preis zu verlieren. Allein dies ist nicht der einzige Nachtheil eines solchen Waldunglücks. Das, was man augenblicklich viel zu viel hat, fehlt in den nachfolgenden Benutzungsperioden und was von nicht minderem, oft sehr großem Nachtheil ist: die Schlagstellung ist vielleicht in großer Ausdehnung gestört. Es gehört nämlich zu den Aufgaben der geregelten Forstverwaltung, daß die Holzschläge mit Berücksichtigung der herrschenden Winde und anderer klimatischen Erscheinungen so geführt werden, daß dadurch gewissermaaßen ein gegenseitiger Schutzverband erhalten bleibt. In Deutschland sind bekanntlich die herrschenden Luftströmungen westliche und mithin kommen am häufigsten auch die Stürme in dieser Richtung an. Man sucht daher auf einer großen Waldfläche besonders an der westlichen Seite eine breite Wand von hohem Holz zu erhalten, um durch sie die inneren, und die weiter östlich liegenden Waldtheile zu schützen. Ist nun diese Schutzmauer durchbrochen, sei es durch die furchtbar schnell wirkende Macht des Sturmes, sei es durch nagende Insekten, so kann es kommen, daß ein großer Waldkomplex auf viele Jahrzehnte den klimatischen Einflüssen in nachtheiliger Weise ausgesetzt ist, vor welchen ihn eine weise Schlagstellung lange Zeit hindurch zu schützen gewußt hatte. Ein ähnliches Verhältniß besteht hinsichtlich der Einwirkung der Sommerhitze und zu vielen Lichtes und man ist immer bemüht, bei gewissen Holzarten die Schläge so zu stellen, daß die Kulturen hiergegen und gegen das Austrocknen des Bodens geschützt sind. Unter allen diesen Unglücksfällen leiden aus Gründen, die uns klar geworden sind, die Nadelbestände viel mehr, als die Laubwaldungen und wie überhaupt die ersteren eine größere Solidarität zeigen, man möchte sagen, eine innigere Gemeinsamkeit, so ist dies, wie wir sahen, ebenso der Fall hinsichtlich der Unglücksfälle, welchen der Wald ausgesetzt ist. Wie wir eben gesehen haben, daß die Nadelwaldungen einen größern Einfluß auf den landschaftlichen Charakter einer Gegend ausüben, daß sie verschiedenartigen Unfällen mehr ausgesetzt sind und diesen gegenüber eine größere gegenseitige Mitleidenheit zeigen, so üben sie auch mehr, als die Laubholzwaldungen einen entschiedenen Einfluß auf den Volks- charakter und auf die Gewerbsthätigkeit aus. Wie schon früher ein- mal angedeutet wurde, daß die Nadelwaldungen mehr zur Stille und Melan- cholie einladen, als die Laubwaldungen, so finden wir auch eine Be- stätigung hierfür darin, daß die Bewohner unserer nadelholzgekrönten Gebirge mehr als die Ebenen-Bewohner ein Insichgekehrtsein, eine ruhige feste Bestimmtheit zeigen und wenn wir vorhin im Vergleich zu den Laubhölzern die Nadelhölzer genügsame Bäume nannten, so sind ihnen auch hierin die Menschen gleich, welche in ihrem Schooße ihren Wohnsitz aufgeschlagen haben. Aber ganz besonders kann man den Nadelwald den Schooß nennen, welcher viele menschliche Gewerbsthätig- keitsformen hegt und birgt und man kann gewissermaaßen von einer Nadelholzindustrie sprechen. Wenn wir den Schwarzwald, den Harz oder das sächsische Erzgebirge durchstreifen, so finden wir an vielen Stellen die unmittelbaren Beweise, daß der Wald hier für den Menschen nicht blos Wohnplatz, sondern auch die Stätte ist, welche ihm den Stoff zu seiner Thätigkeit liefert. Tief im Hintergrunde der Schluchten, durch welche lustige Waldbäche fließen, siedelt sich die Schneidemühle an, welche die schlanken Stämme zu reinlichen Bretern theilt und ein oft mühsam unterhaltener Weg führt diese zu den fernen Städten des Marktes; anderwärts finden wir das schwarze Völkchen der Köhler, denn es ist vorwaltend Nadelholz, was zu Kohle verwandelt wird. Weniger als sonst, aber doch und häufiger als es sein sollte treffen wir anderwärts Theerschwelereien an, ein Waldgewerbe, welches man fast auf gleiche Stufe mit der Thätigkeit schädlicher Insekten stellen sollte, weil es den Verbrauchswerth der Stämme sehr wesentlich beeinträchtigt. Sobald ein Bach wasserreich genug wird, um als Floßbach dienen zu können, sehen wir zu Klötzen geschnitten oder selbst als Langholz von dem kräftigen Volk der Flößer die Stämme aus dem Innern des Waldes hinausführen. Im Hochgebirge wagt der Holzfäller sein Leben daran, auf schlittenartigen Gefährten die gespaltenen Scheite die jähen Abhänge herunter zu führen oder auf schwindligen Riesen sie über Thäler und Abgründe in tiefere Lagen hinabgleiten zu lassen. Jede Hütte ist mindestens am Dache, oft auch an den Wänden, mit den bald ergrauenden Nadelholz-Schindeln bekleidet, deren der Waldbewohner Millionen an die Niederungen abgiebt. Die umfangreiche Schachtelindustrie hat ihren Sitz fast lediglich im Schooße des Nadelwaldes und zu diesen und vielen anderen Nadelwald- Gewerben kommt in neuerer Zeit ein neues, welches mehr und mehr in Aufschwung kommt, es ist die Waldwollindustrie, eine Schöpfung des auch hierdurch verdienstvollen preußischen Oberforstmeisters von Pannewitz. Ja selbst die Kunst hat sich in den Nadelwaldungen eine Stätte bereitet. Wer kennt nicht die künstlichen, zuweilen gar nicht werthlosen Schnitzereien der Tyroler, der Schwarzwälder und der Bewohner des Riesengebirges? Es ist namentlich der Arve und das Knieholz, welche den Stoff dazu liefern. So übt denn auch in dieser Hinsicht der Nadelwald einen mäch- tigen Einfluß auf die Gewerbthätigkeit des Menschen. Wenn wir vorhin sahen, daß die Nadelhölzer einen größeren Einfluß auf den Volkscharakter ausüben, als die Laubhölzer, so liegt der Grund davon allerdings nicht allein in den Nadelbäumen selbst, sondern zum Theil auch in der begleitenden Erscheinung, daß die Nadelbäume zum großen Theil Gebirgsbewohner sind und es ist also ein Theil des Charakters und der Gemüthsstimmung der Nadelwald-Bewohner auf Rechnung der klimatischen und geographischen Einflüsse zu schreiben, wie sich diese im Gebirge anders als in der Ebene gestalten. Aber auf eine Erscheinung muß hier noch aufmerksam gemacht werden, welche sicher nicht ohne Einfluß auf den Gebirgsvolkscharakter ist, und welcher un- mittelbar mit den Nadelbäumen im Zusammenhange steht. Diese Er- scheinung liegt darin, daß überall da, wo Nadelbäume überwiegend vor- herrschen, die Gegensätzlichkeit der Jahreszeiten weniger grell hervortritt, als da, wo das Laubholz das Regiment führt. Wenn wir die weiße Schneedecke des Winters abrechnen, so ist in einer Gegend, wo man ringsum nichts als Nadelbäume sieht, von einem Jahreszeitenwechsel nicht in dem Sinne die Rede, wie an Orten, wo das Laubholz herrschend ist. Diese ewige, ruhige Gleichheit ist ohne Zweifel von außerordentlich großem Einfluß auf die geistige und Gemüthsstille, wie sie sich bei den Gebirgsbewohnern findet. Diese sind der treue Abdruck ihres ihnen immer treubleibenden Nadelgrün. Um sich der Macht des Eindrucks der landschaftlichen Umgebung auf das Gemüth und mit der Dauer auch auf den Charakter der Men- schen klar zu werden, ist sicher kein besseres Mittel, als wenn man sich einzelne besonders hervorragende Fälle vor Augen hält, in welchen eine plötzliche Versetzung eines Menschen aus seinen gewöhnlichen Pflanzenum- gebungen in völlig andere stattgefunden hat. Alexander von Humboldt erzählt in seinen „Ansichten der Natur“ (Band 2. Seite 206) einen solchen Fall, der von höchstem Interesse und sehr geeignet ist, die Größe dieses Einflusses thatsächlich zu beweisen. Humboldt sagt an der ange- führten Stelle: „Ich bin Augenzeuge von dem sonderbaren, beängstigenden Eindruck gewesen, den auf der Reise von einem Hafen an der Südsee durch Mexiko nach Europa der erste Anblick eines Tannenwaldes bei Chilpanzingo auf einen unserer Begleiter machte, welcher in Quito unter dem Aequator geboren nie Nadelhölzer und Folia acerosa gesehen. Die Bäume schienen ihm blattlos, und er glaubte, da wir gegen den kalten Norden reisten, in der höchsten Zusammenziehung der Organe schon den verarmenden Einfluß des Poles zu erkennen. Der Reisende, dessen Eindruck ich hier beschreibe und dessen Namen Bonpland, und ich nicht ohne Wehmuth nennen, war ein trefflicher junger Mann, der Sohn des Marques de Selvalegre, Don Carlos Montufar, welchen wenige Jahre später in dem Unabhängigkeitskriege der spanischen Kolonien edle und heiße Liebe zur Freiheit einem gewaltsamen, ihn nicht entehrenden Tode muthig entgegenführte.“ Diese Anschauung des Südländers von den Nadelwäldern, welcher zufolge ihm dieser das Bild einer vor Kälte zusammengezogenen Pflanzen- welt darstellte, erinnert an eine Erscheinung, welche vielleicht doch mehr, als nur eine in der Zeit begründete Irrung ist, die man nicht leicht durch die Wirklichkeit kontroliren kann, weil man nicht zu gleicher Zeit einen Nadelbaum im Winter und im Sommer sieht. Ich meine die Erscheinung, daß unsere gemeine Kiefer und mehr noch die Weymouthskiefer im Winter die Nadeln straffer an den Zweigen angezogen trägt, als im Sommer. Wir können uns nicht wundern, daß Humboldt’s Begleiter sich durch die dießseits des Aequators von ihm gesehenen Nadelhölzer so sehr über- rascht fand, denn er hatte noch niemals Gelegenheit gehabt in seiner Heimath unter dem Aequator echte Nadelbäume zu sehen, da von den 114 Arten echter Abietineen keine einzige jenseits des Aequators gefunden wird. Von diesen 114 Arten kommen nur 15 auf Europa, und wenn wir die Familie der Nadelhölzer im weitesten Umfange auffassen, so kennt man bis jetzt 312 lebende und aus oft allerdings nur bruchstückweisen Ueberresten 178 vorweltliche Arten. Neben ihrer schlanken geradschaftigen Gestalt haben die Nadelhölzer auch noch dadurch einen besonders imposanten Charakter, daß unter ihnen die höchsten Bäume der Erde vorkommen. Es ist bekannt, daß Eichen, Buchen und andere zu hohen Bäumen erwachsende Laubholzarten niemals die Höhen unserer Fichten und namentlich unserer Tannen er- reichen, aber auch diese bleiben weit zurück gegen die kalifornischen Baumkolosse, die auffallender Weise erst in dem letzten Jahrzehnt entdeckt worden sind. Diese Riesenbäume — welche aus verzeihlicher Nationaleifer- sucht dießseit des Oceans Wellingtonia und drüben Washingtonia gigantea genannt wurden, welche beide Namen aber der dritten Taufe Sequoia gigantea weichen mußten — sind recht eigentlich die Häupter des Pflanzenreichs zu nennen, indem man einzelne Exemplare davon kennt, welche bis 300 engl. Fuß erreichen. In der weitesten Auffassung der Nadelhölzer müssen wir, systematisch aufgefaßt, dieselben in drei Gruppen, d. h. in drei natürliche Familien zerfällen: in die Zapfenbäume, Cypressen und Eiben . Wir haben es hier zunächst nur mit den ersteren zu thun, welche ohne Widerrede vor allen anderen die herrschenden Waldbäume genannt werden können. Die botanische Benennung der Familie ist bald Coniferen, bald Strobi- laceen, je nachdem man den Fruchtzapfen conus oder strobilus nennt. Der botanische Hauptcharakter der Zapfenbäume , wie wir die Familie wissenschaftlich nennen wollen, liegt in der Hauptsache im Bau der weiblichen Blüthe und des daraus werdenden Fruchtzapfens, denn um das hier einzuschalten, unsere deutschen Zapfenbäume sind ohne Ausnahme getrennten Geschlechtes, jedoch so, daß männliche Blüthen und weibliche Blüthen auf einem und demselben Baume vereinigt, oft aber weit getrennt von einander auf verschiedenen Zweigen stehen. Indem wir die hierin so- wie in der Nadelbildung bestehenden Gattungs- und Artunterschiede bei der Betrachtung der einzelnen Nadelholzarten zu erörtern haben, be- schränken wir uns jetzt nur noch auf folgende allgemeine Kennzeichen der Familie, wobei wir diese im engern Sinne, also mit Ausschluß von Wachholder und Taxus auffassen. In der Keimung unterscheiden sie sich von allen Pflanzen dadurch, daß sie nicht einen oder zwei Samenlappen, wie wir letzteres von der Buche schon kennen, (Seite 137 XX. c. c. ) aus dem Samen entwickeln, sondern daß deren eine größere Zahl, fünf bis sieben, ist. Man ist daher lange Zeit geneigt gewesen, neben den beiden großen Hauptgruppen der sichtbar blühenden Gewächse: der Einsamenlappigen, Monokotyledoneen und der Zweisamenlappigen, Dikotyledoneen, für die Nadelhölzer allein eine dritte Gruppe: Vielsamenlappige, Polykotyledoneen, zu gründen. Die Samenlappen der Nadelhölzer sehen den wahren Nadeln sehr ähnlich, sind aber doch bei genauerer Untersuchung von diesen immer sicher zu unterscheiden. Einen besonders durchgreifenden Charakter haben alle echten Nadel- hölzer in dem anatomischen Bau des Holzes. Dieses besteht nämlich, mit Ausschluß aller Gefäße, nur aus lang gestreckten Holzzellen von sehr regelmäßiger Anordnung und unter sich von sehr gleicher Beschaffenheit. Sehr unregelmäßig und in geringer Anzahl zerstreut finden sich im Holze der Nadelbäume sehr feine auf einem Querschnitt wie Nadelstiche aus- sehende Harzgänge mit Ausnahme des Tannenholzes, welchem diese fehlen (Seite 104 XIII. a. ). Auf diesem Bau des Nadelholzes beruhen seine große Spaltbarkeit und seine Federkraft, zwei Eigenschaften, welche keinem Laubholze in diesem Grade zukommen. Ein anderes Unterschei- dungskennzeichen des Holzes der Nadelbäume, gegenüber dem unserer Laub- holzarten liegt in dem großen Unterschied der Farbe, Härte und Dichtig- keit zwischen dem Frühjahrs- und Herbstholz der einzelnen Jahresringe (Seite 106.). Der bekannte, fast alle Theile durchdringende Harzgehalt der Nadel- hölzer ist eines der wesentlichsten physiologischen Merkmale. Das Harz besteht aus einem Gemenge von an sich festem Harz und ätherischen Oelen, in welchen jenes aufgelöst ist. Daher ist das aus einer Wunde aus- tretende Harz anfänglich flüssig und wasserhell, wird aber in demselben Maßstabe undurchsichtiger und fester, als das ätherische Oel verdunstet und das Harz allein fest zurückläßt. Bekanntlich wird das Harz der ver- schiedenen Nadelbäume gewonnen und zu verschiedenem Gebrauch zubereitet, was freilich fast nicht anders geschehen kann, als mit Benachtheiligung des Baumes, da das Harz nur durch Verletzung des lebendigen Baumes zu gewinnen ist. Man hat daher in neuerer Zeit das Harzen in solchen Waldungen sehr beschränkt und zum Theil ganz aufgegeben, bei denen es darauf abgesehen ist, sie zu erhalten und also nachhaltig zu bewirth- schaften. Daß das Immergrün der Nadelbäume keine ausnahmslose Regel ist, indem die Lärche ihre Nadeln im Winter vollständig verliert, ist uns schon bekannt. Wenn nun aber auch die übrigen, Fichte, Tanne und Kiefer, ihre Nadeln den Winter über behalten, so ist das erstens nicht so zu verstehen, daß sie überhaupt Nadeln niemals verlieren und zweitens findet dennoch hinsichtlich der Nadeldauer einige Verschiedenheit bei ihnen statt. Nicht blos an den alten Stämmen mit rauher Borke, wo wir sie gar nicht erwarten würden, stehen keine Nadeln mehr, sondern auch die Aeste und Zweige, die älter als höchstens acht bis neun Jahr alt sind, zeigen sich unbenadelt. Einige Krankheiten der Nadelbäume sprechen sich vorzugsweise dadurch aus, daß sie ihre Nadeln verlieren, was, wenn es vollständig geschieht, den Tod zur unausbleiblichen und sofortigen Folge hat. Am empfindlichsten ist hierin die Fichte, was sich schon dadurch ausspricht, daß ein abgeschnittener Zweig, sobald er trocken geworden ist, alle Nadeln fallen läßt. Kiefer und besonders Tanne leiden weniger durch Nadelkrankheiten und fast immer bleiben an abgeschnittenen Kiefer- und Tannenzweigen, nachdem sie vollständig dürr geworden sind, die Nadeln sehr fest sitzen. So lange die Linn é ’sche Auffassung in Geltung war, wurden alle unsere echten Nadelholzarten in der einzigen Gattung Pinus vereinigt, wofür man fast keinen deutschen Gattungs-Namen anwenden konnte, da die Artnamen sich zu sehr geltend machten und sich einem gemeinsamen Gattungsnamen nicht beugten. Genauere Untersuchung hat aber ergeben, daß diese Zusammenfassung nicht zulässig ist, daß im Gegentheil unsere vier Nadelholzarten eben so vielen verschiedenen Gattungen angehören: Kiefer, Pinus (deren wir mehrere Arten in Deutschland haben); Fichte, Picea; Tanne, Abies und Lärche, Larix . Dies hindert aber nicht, daß man oft selbst noch in neueren Büchern (in älteren versteht es sich von selbst) alle Nadelhölzer als Pinus -Arten aufgeführt findet, was, um Irrthum zu vermeiden, hier hervorgehoben werden mußte. Bei der nun folgenden Betrachtung der einzelnen Nadelholzarten werden, wie später auch bei den Laubhölzern, zunächst die botanischen Merkmale in der kurzen, jedes überflüssige Wort ersparenden Ausdrucks- weise der beschreibenden Naturgeschichte angegeben werden, weil diese Form der Beschreibung das Verständniß am meisten fördert. 1. Die gemeine Kiefer, Pinus silvestris L. L. ist die allgebräuchliche Abkürzung von Linn é und bedeutet, daß Linn é der gemeinen Kiefer den Namen Pinus silvestris gegeben hat. Wie nothwendig diese Bei- setzung des „Autors“ der Art sei, werden wir bei Fichte und Tanne in Erfahrung bringen. . XXXb. 1. Triebspitze mit einem weiblichen Blüthenzäpfchen; — 2. Zweig mit männlichen Blüthenkätzchen; — 3. reifer Zapfen; — 4. ders. geöffnet; — 5. weibl. Blüthenzäpfchen in dopp. Gr.; — 6. 7. 8. eine Samen- schuppe mit dahinterstehender Deckschuppe von verschied. Seiten, an 8 sieht man die beiden Samenknospen; — 9. Samenschuppe (Zapfenschuppe) von der Innenseite mit den 2 aufliegenden Samen; — 10. dieselbe von der Außenseite; — 11. 12. Samenflügel, entflügeltes Samenkorn, und (12) unterer Theil von jenem; — 13. männl. Blüthenkätzchen; — 14. 15. entleerter Staubbeutel; — 16. 17. Pollenkorn; — 18. Keimpflanze; — 19. Nadel- paar; — 20. Querschnitt desselben Roßmäßler, der Wald. 17 Die Blüthen der Kiefer erscheinen im Mai an den jungen Trieben und zwar die weiblichen an der Spitze, die männlichen am untern Theile derselben. Die weiblichen Blüthen bilden kleine, etwa erbsengroße, schmutzig kirschrothe, abwärts gekrümmte Zäpfchen und finden sich einzeln oder zu zwei bis drei auf der äußersten Spitze des Triebes und zwar am häufigsten auf den Haupttrieben der Zweige (Fig. 1). Man erkennt an dem weiblichen Blüthenzäpfchen schon deutlich die Bildung des Frucht- zapfens; es besteht aus, in ein kleines Spitzchen ausgehenden Samen- schuppen und einer kürzeren und helleren, davorstehenden Deckschuppe (Fig. 6. 7. 8.). Auf der innern Seite der Samenschuppe stehen unten die beiden Samenknospen (Fig. 8.), aus welchen die zwei Samen werden, welche sich unter jeder Schuppe des reifen Zapfens finden. Oft an demselben Triebe, meist aber auf anderen, finden sich regel- mäßig und in Mehrzahl, oft zwanzig bis dreißig, zusammengestellt, die männlichen Blüthenkätzchen (Fig. 2 u. 13), welche aus spiralig angeordneten, sitzenden, von Deckschuppen gestützten Staubbeuteln (Fig. 14. u. 15.) zusammengesetzt sind. Diese enthalten eine außer- ordentlich große Menge von schwefelgelbem Blüthenstaub (Pollen) , welcher, wenn er in besonders reichen Samenjahren durch Wind und Regen auf den Waldwegen zusammengeschwemmt wird, Veranlassung zu der Fabel vom Schwefelregen giebt, woran auch der Blüthenstaub der Fichte Theil nimmt. Nach erfolgter Befruchtung nimmt das weibliche Blüthenzäpfchen in dem Blüthenjahre an Größe nur sehr wenig zu und wir finden es im Mai des folgenden Jahres nicht viel größer als vor zwölf Monaten. Dann aber erwächst es um so schneller bis Ende Juni zum ausgebildeten Fruchtzapfen, in welchem bis October des zweiten Jahres die Samen reifen, wozu also ein Zeitraum von achtzehn Monaten erforderlich ist. Die reifen Samen fallen aber auch im zweiten Jahre noch nicht aus, sondern dies geschieht erst, je nach der Wärme der Witterung, im März und April des dritten Jahres. Dabei öffnen sich die Zapfenschuppen und aus den vielfach aufklaffenden Zapfen fliegen die Samen aus. Die Zapfen sind von kegelförmiger Gestalt und immer etwas ungleichseitig, weil sie, abwärts gekrümmt, mit der einen Seite immer an dem Triebe näher anstehen und sich daher an dieser Seite nicht so vollständig entwickeln können, als auf der freien nach außen liegenden. Der obere freie Theil der einzelnen Zapfenschuppen und daher der ganze noch nicht geöffnete reife Zapfen hat eine grünlich graue Farbe, während der bedeckte Theil und die Innenseite der Zapfenschuppen, dunkel- rothbraun aussieht. Dieser freie Theil hat mehr oder weniger eine rautenförmige Gestalt, ist etwas erhaben und hat in der Mitte einen erhabenen Nabel , wodurch dieser Theil einigermaaßen einem Briefkouvert mit dem Siegel ähnlich sieht. Unter jeder Schuppe liegen in Vertiefungen ihrer Innenseite ein- gedrückt, bei der Reife aber nicht mehr befestigt, zwei Samen (Fig. 9.). Diese sind spitz eiförmig, dunkel-schwarzgrau und tragen einen dünnen, schief zungenförmigen durchscheinenden Flügel (Fig. 11.), welcher mit zwei Armen zangenartig den Samen umfaßt, aber leicht von diesem abgezogen werden kann (Fig. 12.). Die Nadeln der gemeinen Kiefer stehen immer paarweise und sind an ihrer Basis durch eine aschgraue, trockenhäutige Scheide verbunden (Fig. 1. 2. u. 19.). An den Rändern sind sie in ihrem ganzen Verlaufe mit sehr feinen kaum abstehenden Sägezähnchen besetzt. Sie sind auf dem Querschnitt flach halbkreisförmig und bilden daher, mit ihren flachen Seiten an einander liegend, vor der völligen Entfaltung des Nadelpaares, gemeinsam einen fast kreisrunden Querschnitt (Fig. 20.). Dies ist die gewöhnliche, auch in der Wissenschaft lange gültig gewesene, Auffassung der Nadelpaare der Kiefer. In neuerer Zeit hat man aber gefunden, daß ein solches Nadelpaar ein wirklicher Kurztrieb ist, wie wir solche, zum Unterschied von den Langtrieben, Seite 74 kennen gelernt haben, und daß man daher ein solches Nadelpaar und dessen häutige Scheide ganz anders auffassen muß. Fig. XXXI . soll uns das Verständniß dieser lange verkannten Bildung verschaffen. Wir sehen an 1. ein noch nicht vollkommen ent- faltetes Nadelpaar in demselben Zustande, wie sich dieser an Fig. XXX b . 1. zeigt. Wir unterscheiden daran oben die Spitzen der sich aus der Scheide hervorschiebenden beiden Nadeln ( a ) und unten die dieselben vollständig einschließenden häutigen Schuppen der Scheide ( b ), zu welchen ganz unten noch ein anderes kleines, am Rande gewimpertes, in eine lange Spitze ausgezogenes, rostbräunlich gefärbtes Blättchen ( c ) kommt. Dieses 17* letztere nun ist das eigentliche Blatt, welches aber auf einer sehr tiefen Stufe der Bildung stehen bleibt und aus dessen Achsel (Seite 58) alles Uebrige sich als ein Kurztrieb entwickelte, ohne eine eigentliche bedeckte Knospe gewesen zu sein. Durch 1 ist 2 ein der Länge nach geführter Durchschnitt: a die beiden Nadeln, b die häutigen Schuppen und c das verkümmerte eigentliche Blättchen. Daß dieses ganze Gebilde nun ein XXXI. 1. Junges Nadelpaar der Kiefer. 2. Senkrechter Durchschnitt durch dasselbe, 5 mal vergrößert. wirklicher Kurztrieb sei, darüber belehrt uns der kleine Punkt d an der Basis zwischen beiden Nadeln: eine auf dem unvollkommenen Stand- punkte des Vegetationskegels stehen gebliebene entwicklungsfähige, sich aber in der Regel nicht entwickelnde Endknospe. An den Trieben bleiben nach dem Abfallen der Nadeln die eigentlichen Blättchen oft noch mehrere Jahre stehen, wodurch ihre Rinde hakig rauh wird. Die Keimpflanze der Kiefer (Fig. 18.) zeigt fünf bis sechs Keim- nadeln (den Samenlappen entsprechend) und diese sind anfänglich an ihrer Spitze von der, wie ein Mützchen aufsitzenden Samenschale zusammen- gefaßt, wie es weiter unten bei der Keimpflanze der Fichte abgebildet ist. In dem Vereinigungspunkte der Keimnadeln sitzt die Stamm-Knospe aus welcher sich der erste Trieb entwickelt, an welchen die Nadeln noch nicht zu zwei, sondern einzeln stehen, was auf sehr magerem Boden auch noch im zweiten, zuweilen selbst noch im dritten Jahre der Fall ist. Der Stamm der Kiefer ist je nach der Beschaffenheit des Bodens und dem Grade des Schlusses entweder gerade und bis hoch hinauf ohne starke Aeste, oder er ist niedrig, bogig und knickig und theilt sich schon in geringer Höhe in starke, abstehende Aeste. Die Rinde älterer Kiefern ist am untern Stammtheile mit einer dicken, durch tiefe Längsfurchen zerrissenen Borke versehen und schülfert sich durch eine eigenthümliche Bildung von Peridermalzellen-Schichten in ihrem Innern leicht in Platten ab. Die graue Farbe geht in den oberen Theilen der Krone durch Rothbraun allmälig in eine leuchtende fast rein dottergelbe Farbe über, welche den, sich sehr leicht und unaufhörlich ablösenden, dünnen Rinden- häuten zukommt. Die Rinde der Triebe ist rostgelb und kahl. Die Krone ist bei keiner Nadelholzart je nach Alter und Standort so manchfaltig gestaltet, als bei der Kiefer. Schon früher haben wir gelegentlich erfahren, daß vor Allen die Kiefer, weil sie nur quirl- und endständige aber keine Seiten-Knospen hat, dazu angethan ist, den regelmäßigsten Pyramidalwuchs ihr ganzes Leben hindurch haben zu können, während sie unter allen diesen am Wenigsten hat, wenigstens am Leich- testen, durch äußere Verhältnisse gezwungen, aufgiebt. Dadurch, daß in gutem Schluß, den sie aber niemals dicht verträgt, die Kiefer sich sehr hoch hinauf reinigt, d. h. die abgestorbenen Aeste abwirft, erlangt die Kiefer nur eine kurze, unbedeutende, lockere Krone, daher sie ihren Standort bei dem ohnehin lichten Schlusse, den sie verlangt, nur wenig beschattet. Ist aber eine Kiefer unter günstigen Verhältnissen in hinlänglich freiem Stande erwachsen, so bekommt sie eine weit ausgreifende, fast kuppelförmig gewölbte und abgestufte Krone und gewinnt dadurch nicht selten einen vollständigen Laubholzhabitus, wie der nebenstehende Kupfer- stich sowohl an dem Hauptbaume, als an den im Hintergrunde auf der Felsenkuppe stehenden Bäumen zeigt. Jüngere Kiefern zeigen bis zu dem Zustande wo sie aus dem Dickicht- in das Stangenholzalter übergehen, wegen ihrer schrägaufwärts strebenden Aeste eine mehr spitzeiförmige, als pyramidale Krone (siehe die linken Stämmchen auf unserm Bilde.) In diesem Alter haben die Kiefern im Mai, kurz nach der Vollendung der neuen Triebe, ein eigenthümliches Ansehen dadurch, daß diese senkrecht aufgerichtet sind, und, weil die jungen Nadelpaare noch nicht weit aus der silberglänzenden Scheide hervorgetreten sind, sich durch ihre helle Farbe fast wie die Kerzen eines Christbäumchens von dem dunkeln Grün ab- heben. Diese senkrechte Richtung und helle Farbe verschwindet aber in wenigen Wochen, indem die Triebe eine mehr geneigte Richtung annehmen und die grüne Farbe der lang hervorwachsenden Nadeln, die bald unschein- bar werdende Scheidenfarbe verdrängt. Was die Benadelung der Kiefer betrifft, so zeigt kein Baum hierin eine so große Verschiedenheit, indem je nach der Güte des Standortes die Triebe mehr oder weniger zahlreich und lang und die Nadeln bald sehr lang und kräftig, bald kurz und dünn sind. Da die Nadellänge ansehnlich genug ist, bis 2½ p. Z., um daran erhebliche Unterschiede wahrnehmen zu können, so kann man aus der Nadellänge, der dann auch die Trieblänge entspricht, an dem noch be- nadelten Theile der Krone junger Kiefern den Grad der Fruchtbarkeit der Jahrgänge erkennen, gerade so wie wir es auf S. 94 von den Jahres- ringen lernten. Einen eigenthümlichen Einfluß auf die Belaubung der Krone, also auf die Ornamentik der Kiefer, üben in doppelter Weise die männlichen Blüthenkätzchen aus. Ist auch, wie wir wissen, die Kiefer, wie alle unsere echten Nadelholzarten ein monöcischer Baum, d. h. ein solcher, welcher männliche Blüthen und weibliche Blüthen auf sich vereinigt, so kommen doch sehr häufig solche Kiefern vor, die man fast vorzugsweise männliche nennen möchte, weil sie, und zwar fast alljährlich, eine große Fülle von männlichen Kätzchen und nur wenig weibliche Blüthenzäpfchen tragen. Dies giebt solchen Bäumen während der Blüthezeit durch die schwefelgelbe Farbe der männlichen Blüthenkätzchen ein eigenthümlich freundliches Ansehen und eine ziemlich dichte Krone. Aber nach der Blüthezeit haben gerade solche Bäume eine außerordentlich ärmliche und durchsichtige Krone, weil die dicht und in großer Zahl zusammengedrängt gewesenen Blüthenkätzchen nach ihrem bald erfolgenden Abfallen eine Menge Lücken an den Trieben hinterlassen, was wir an dem Fig. XXX b . 2. gezeichneten Triebe sehen. Was die Wurzel der Kiefer betrifft, so dringt sie ziemlich tief namentlich mit einer entschieden ausgebildeten Pfahlwurzel , in den Boden ein, welcher sich im späteren Alter und je nach der Beschaffenheit des Bodens, kräftige Seitenwurzeln zugesellen. Dieses Tiefgehen der Wurzeln verleidet daher auch den Kiefern felsige Standorte, wenn dieser nicht wenigstens klüftig ist. In diesem Falle jedoch vermag es die Kiefer mit weit ausgreifenden Wurzeln tief in die Felsenspalten einzudringen und so gestellte Kiefern werden an Felsabhängen sehr häufig außerordent- lich malerische Bäume, die freilich den Pyramidencharakter fast gänzlich verlieren, ja im Gegentheil zuweilen den schirmförmigen Kronenwuchs der Pinie ( Pinus Pinea ) vollständig annehmen. Das Holz der Kiefer stimmt mit dem aller übrigen Nadelhölzer im anatomischen Bau wesentlich überein. Dieser ist so einfach und regel- mäßig und dabei in sehr wichtigen Punkten von dem aller übrigen Holz- pflanzen so bedeutend verschieden, daß diese Verschiedenheit gerade hier einen der interessantesten Punkte der Pflanzenanatomie, eine von den scharf markirten Grenzlinien auf dem weiten Gebiete der Pflanzenschöpfung bildet; weshalb es meinen Lesern und Leserinnen interessant sein wird, hierüber etwas Ausführliches zu erfahren, nachdem wir auf Seite 162 den anatomischen Bau des Laubholzes kennen gelernt haben. Wir erinnern uns der beiden Abbildungen XIII. a. b . auf Seite 104, durch welche wir auch für das wenig oder unbewaffnete Auge die sehr auffallende Ver- schiedenheit zwischen Nadel- und Laubholz kennen lernten. In beistehenden Figuren sehen wir den Querschnitt (1.) den Spaltschnitt (2.) und den Secantenschnitt (3.) des Kiefernholzes und zwar bei sehr starker Vergrößerung eines sehr kleinen, kaum Stecknadelkopfs großen Stück- chens Holz. An Fig. 1. haben wir uns nach oben hin die Gegend der Rinde, nach unten hin das Mark zu denken. Zwischen jj und zwischen j′j ′ liegt ein Jahresring, der wie es in der Wirklichkeit nur an sehr feinjährigem Holze selten vorkommt, nur aus fünf bis sechs Zellenschichten besteht. Wir sehen, daß die Holzzellen auffallend, wenn auch nicht vollständig regelmäßig in Reihen geordnet sind, welche am ganzen Stammquerschnitte vom Marke nach der Rinde strahlig verlaufen und nicht minder stehen sie ziemlich regelmäßig in kreisförmiger, mit der Rinde gleichlaufender Anordnung. Von Innen ( jj ) nach Außen ( j′j ′) werden die Zellen immer kleiner, platter und dickwandiger. Bei m sehen wir einen Mark- strahl verlaufen, der, wie es bei den Nadelhölzern immer der Fall ist, nur aus einer Zellenschicht besteht. XXXII. Anatomischer Bau des Coniferenholzes . 1. Querschnitt, j j und j′j ′ Jahresgrenzen, m Markstrahl, t t t Tüpfel, h g Harzpore; — 2. Längsschnitt in der Richtung c c von Fig. 1., j′j Jahresgrenzen, m Markstrahl, e e die sich spitz zwischen einander schiebenden Holzzellen, t Tüpfel; — 3. Längsschnitt in der Richtung d d von Fig. 1, die Buchstaben bezeichnen dasselbe wie an voriger Fig.; — 4. Schematisirte Figur einer von 6 anderen umlagerten Holzzelle des Taxus zur Erläuterung der Coniferenholzzelle. (Nach Th. Hartig.) In der Richtung der punktirten Linie c c . an Fig. 1. ist der Spalt- schnitt geführt, den wir in Fig. 2. sehen. Rechts liegt die innere, links die äußere Grenze des Jahresringes ( jj′ ); wir erkennen dieselbe Abnahme des Durchmessers und dieselbe Abplattung und zunehmende Dickwandigkeit der sechs Holzzellen. In m zeigt sich das mauerförmige Gewebe des Markstrahles, dessen Zellen mit einem großen Loche versehen sind. Der Secantenschnitt (parallel mit der Rinde), den uns Fig. 3. zeigt, ist in der punktirten Linie Fig. 1. d d geführt und wir sehen darauf den querdurchschnittnen Markstrahl m und die längsgespaltenen Holzzellen, welche sich, wie bei voriger Figur, mit spitzen Endigungen zwischen ein- ander einkeilen e e . Wir sehen also die große Regelmäßigkeit im Bau des Coniferen- holzes. Wir haben aber nun die feineren Einzelnheiten unserer Figuren genauer zu betrachten, welche diejenigen Einrichtungen der Coniferenholz- zelle darstellen, welche wesentlich der Saftverbreitung dienen. Die punktirten Linien c c und d d bezeichnen die Richtung der Flächen, mit welchen die Holzzellen, welche auf dem Querschnitt in der Hauptsache vierseitig erscheinen, aneinander liegen. Diese Flächenver- bindung von aneinander liegenden Zellen ist aber nur in der Richtung d d eine vollständige, während in der Richtung c c vielfältig kleine, linsenförmige Räume übrig bleiben, in welchen die aneinander liegenden Zellenwände sich nicht berühren, ungefähr eben so, wie zuweilen kleine Luftblasen bleiben, wenn wir ein Papier auf ein Stück Pappe aufkleben. Dies vorausschickend werden wir nun die an 1. 2. mit t bezeichneten Figuren verstehen können. An Fig. 2. sehen wir auf diejenige Wand der Zellen, welche in der Richtung c c an die daneben liegenden Zellen anliegt und wenn die kleinen Doppelkreise ( t ) den inneren kleinen Kreis nicht hätten, so würden wir jetzt ohne Weiteres in ihnen die zwischen den an einander liegenden Zellenhäuten eingeschlossenen linsenförmigen Luftblasen erkennen, was sie auch wirklich sind. Was bedeutet nun aber dieser uns jetzt noch störende kleinere, innere Ring? Die ursprünglich dünnwandige Zelle nimmt selbst in dem verhältniß- mäßig dünnwandig bleibenden Frühjahrsholze (S. 105) sehr schnell an Dicke zu, indem sich auf ihrer innern Wandung Holzstoff auf- lagert. Diese Auflagerung ist aber nicht eine vollständig gleichmäßige, sondern die Gipfel der kleinen, zelleneinwärts gestülpten Wölbungen, deren immer je zwei zweier benachbarter Zellen den zwischen beiden liegenden linsenförmigen Luftraum einschließen, bleiben unverdickt, wodurch nothwendig auf dem Gipfel dieser Wölbungen eine trichterförmige Ver- tiefung übrig bleiben muß. Der Umkreis dieser Vertiefung bildet nun den kleinern innern Kreis, während der äußere, größere Kreis die Um- grenzung des zwischen beiden Zellen eingeschlossenen Luftraumes ist. Nach dieser Erklärung werden wir nun die an den Figuren 1. 2. 3. mit t bezeichneten Stellen der Zellenwand verstehen, denen man den Namen Tüpfel gegeben hat, und nach welchem man die Holzzellen der Nadelbäume Tüpfelzellen nennt. Die schematisirte Fig. 4., welche ich aus Hartig’s Lehrbuch für Förster entlehne, wird das Verständniß ver- vollständigen. Sie zeigt eine von sechs Zellen, welche größtentheils seitlich hinweggeschnitten sind, umlagerte siebente Zelle a aus Taxusholz, welche außer den Tüpfeln auf der innern Zellenwand noch feine, spirale Wulstlinien zeigt. Die kleinen, schwarzen Löcher, welche wir an Fig. XIII. a auf Seite 104 sahen und welche von feinen Harzgängen herrühren, werden an unserer Fig. 1. durch h g erläutert. Wir sehen den von zartwandigen, das Harz absondernden Zellen umlagerten Raum des Harzganges. Die Markstrahlen (2. m ) bestehen aus mauerförmigem Zellen- gewebe, dessen Zellen mit einem großen Loche versehen sind, wodurch der Säfte-Austausch zwischen ihnen und den vorbeistreichenden Holzzellen vermittelt wird. Zu den besonderen Eigenthümlichkeiten des Kiefernholzes zurück- kehrend, so wissen wir, daß das Kernholz sich mehr, als bei Fichte, Tanne, Lärche durch eine dunklere, rostrothe Färbung von dem Splint- holze unterscheidet. An alten Kiefern füllt sich das Kernholz mehr und mehr mit Harz und gewinnt dadurch die als „fett“ bezeichnete Beschaffen- heit, welche ihm namentlich gegen Witterungs-Veränderungen eine größere Dauerhaftigkeit und daher zu manchem Gebrauch, z. B. zu Fensterrahmen vorzügliche Verwendbarkeit verschafft. Diese „Verkienung“ des Holzes soll namentlich an alten stehen gebliebenen Stöcken durch Wurzelver- wachsung sehr häufig erfolgen. Außer den vorhin erwähnten Harzgängen findet man im Holze der Kiefer und auch der übrigen harzführenden Bäume nicht selten sogenannte Harzgallen , die beim Spalten unerwartet zu Tage kommen und honigähnliches Harz ausfließen lassen. Sie rühren von ehemaligen Rindenwunden her, durch welche eine Stelle des Holzes entblößt und mit hartwerdendem Harz, gewissermaaßen mit einem Wundpflaster, be- deckt wurden. Bei der allmäligen Ueberwallung der harzbedeckten Holz- wunde mit neuem Holze wurde das bedeckende Harz eingeschlossen und wieder verflüssigt und so entstand die Harzgalle, die also an alten Stämmen zuweilen tief einwärts im Holze liegen kann. Der Harzreichthum des Kiefernholzes ist die Ursache, daß die Jahres- ringe an ihnen durch dunkle Färbung des Herbstholzes besonders deutlich hervortreten. Standort und Verbreitung der gemeinen Kiefer . Beides zeigt die größten Manchfaltigkeiten. Es ist kaum eine Bodenbeschaffenheit, welche nicht dennoch das Wachsthum und Gedeihen der Kiefer zuließe; sie findet sich ebenso auf dürrem Sande, wie auf Moorboden, auf frucht- barem Lehm, wie auf heißem Kalk. Es versteht sich aber von selbst, daß eine Pflanze hinsichtlich ihres Gedeihens sich so großen Bodenverschieden- heiten gegenüber nicht gleichgültig verhält, daß im Gegentheil eine gewisse Bodenbeschaffenheit ihr am meisten zusagt. Die starke Pfahlwurzel der Kiefer erfordert einen tiefgründigen Boden, in den sie leicht eindringen kann; Lockerheit und einige Frische des Bodens sind daher die Haupt- bedingungen für das Gedeihen der Kiefer. Ob eine gewisse Bodenart der Kiefer zusage oder nicht, läßt sich übrigens, wenn er bereits Kiefern trägt, an diesen selbst sehr leicht ermessen an der Länge und Kräftigkeit der Triebe und Nadeln. Dies schließt freilich nicht aus, daß die Kiefern zwar äußerlich das Bild strotzender Gesundheit, im Innern des Stammes aber rothfaul sein können, was besonders auf sehr feuchtem und frucht- baren Boden nicht selten vorkommt und in demselben Grade auch von der Fichte gilt. Die Verbreitung der gemeinen Kiefer erstreckt sich von dem europäischen Alpengürtel bis zum äußersten Norden, soweit hier Baum- wuchs möglich ist und östlich bis nach Polen und das mittlere Rußland. Am Westrande Europas macht sie allmälig der Seekiefer, P. maritima, Platz, während sie südlich jenseits der Alpen außer dieser auch noch durch die Pinie und durch P. pinaster ersetzt wird. In Deutschland selbst ist sie, wenn auch nicht gleichmäßig verbreitet, doch fast überall zu Hause; ihr Hauptverbreitungsbezirk ist hier die zum Theil sandige, nördliche nament- lich nordöstliche Hälfte unseres Vaterlandes. Hier bildet sie die bekannten, zum Theil ihrer Unfruchtbarkeit wegen berüchtigten Heiden , denen nicht sie selbst, sondern jenes allbekannte Büschchen den Namen giebt, welches ein beständiger Begleiter der Kiefer auf sandigem Boden zu sein pflegt. Was das Leben der Kiefer betrifft, sowohl im gesunden, als im kranken Zustande, so zeigt dasselbe so viele Eigenthümlichkeiten, daß die Kiefernkultur keineswegs so leicht ist, als man oft und zwar um so mehr annimmt, als man sie im Verein mit der Birke den genügsamsten Baum nennt. Die Kiefer erinnert uns jetzt an eine Klassification der Bäume, welche der walderziehende Forstmann nicht ungestraft vernachlässigen darf. Man theilt sie nämlich in Lichtbäume und in Schattenbäume : die Kiefer ist fast entschiedener, als jede andere Baumart, ein Lichtbaum und ver- kümmert selbst auf dem ihr zusagendsten Boden, wenn sie im Schatten eines dichten Schlusses steht, und so unterdrückte Bäumchen erholen sich auch nicht wieder, wenn man ihnen durch nachherige Freistellung ein größeres Maß von Licht zuführt, während umgekehrt die Tanne durch dieses Mittel zu kräftigem Wuchs angereizt werden kann, auch wenn sie bereits im dichten Schlusse zum Krüppel geworden war. Dieses Licht- bedürfniß der Kiefer spricht sich auch dadurch aus, daß im Stangenholz- alter nur die obersten dem Licht zugekehrten Aeste einen kurzen Kronen- wipfel bilden, alle tieferstehenden und demnach beschatteten Aeste aber ab- sterben. Bei diesem Lichtbedürfniß der Kiefer ist es daher auch nicht möglich, alte Bestände in einigermaaßen dichtem Schlusse zu erziehen, die Bäume müssen daher mit zunehmendem Alter durch Herausnahme der Zurückbleibenden immer „räumlicher“ gestellt werden. In dem Maße als dies geschieht, bilden sich die Kronenäste immer vollkommener aus und so gewinnt namentlich eine ganz freistehende Kiefer mehr und mehr den Laubholzhabitus, den wir schon erwähnten, und den auch unser Kupferstich zeigt. Wie kaum ein anderer Waldbaum ist die Kiefer vielen Krankheiten und Gefahren , insbesondere einem ganzen Heere von schädlichen In- sekten preisgegeben. Schon in der ersten Jugend, etwa bis zum achten Lebensjahre verlieren nicht selten die Pflanzen ganzer Kultur- und Pflanz- gärten aus einem noch unerforschtem Grunde alle Nadeln, was man das „Schütten“ der Kiefer nennt. Die Krankheit ist gewöhnlich tödtlich, doch kann man an dem Frischbleiben der Knospen erkennen, ob die Pflanzen wieder ausschlagen und sich erholen werden. Zu feuchter oder sonst ungeeigneter Boden oder eine Beeinträchtigung des Abwärtsdringens der Pfahlwurzel erzeugt Kernfäule und Kern- schäligkeit . Letzteres bezeichnet die Erscheinung, daß sich einzelne Jahresringe von einander ablösen, so daß beim Aufspalten des Holzes der Kern frei herausfällt. Wegen des Harzreichthums kann die Kiefer, wie uns schon die Harzgallen zeigten, Stammwunden leicht ausheilen. Da die Kiefer wenn nicht die wichtigste, doch sicher eine der wichtig- sten Holzarten Deutschlands ist, so ist es doppelt verhängnißvoll, daß gerade sie am meisten durch Insektenfraß leidet. Dadurch wird die Be- wirthschaftung eines Kiefernrevieres schwieriger, und erfordert mehr eine unausgesetzte Aufmerksamkeit, als die eines andern. Die zum Verderben der Kiefernforste verbündeten Feinde theilen sich förmlich in die Rollen ihres Angriffs. Die Einen überfallen die jungen Pflanzen der Kulturen, die Andern die ältern Bäumchen der Dickichte oder des Stangenholzalters, wieder Andere warten mit ihrem Angriff, bis die Kiefern zu Bäumen erwachsen sind. Auch in dem Orte ihres Angriffs verfahren sie nach verschiedenen Plänen, je nachdem sie die Wurzeln, Rinde, die jungen Triebe oder die Nadeln vernichten. In dem ausgezeichneten Hülfsbuche Ratzeburgs (Die Waldverderber. 5. Aufl. Berlin, Nicolaische Verlagsbuchh. 1860) für den von den Insekten be- drohten Forstmann, sind nur die sehr schädlichen Insekten aufgenommen und dennoch finden wir deren elf als Kieferfeinde aufgezählt und einen zwölften blos deswegen an einer andern Stelle genannt, weil er anderen Baumgattungen noch nachtheiliger ist, als der Kiefer. Da wir jetzt zum erstenmal von den forstschädlichen Insekten zu sprechen haben, so sei hier einiges Allgemeine über sie beigebracht. Ratzeburg theilt dieselben in die vier Abtheilungen, der Nadelholz- kulturverderber und der Nadelholzbestandsverderber, Laub- holzkulturverderber und Laubholzbestandsverderber , woraus hervorgeht, daß der Forstmann von dem Augenblicke an, wo seine Saaten aufgehen, oder wo er seine Kulturen beendet — die jungen Bäumchen ausgepflanzt hat, bis zu der Zeit, wo er die Holzernte beginnt, eine unausgesetzte Wachsamkeit und zwar weit mehr in Nadelholzwaldungen als in Laubwaldungen zu üben hat. Von den acht Hauptordnungen der In- sektenklasse sind es hauptsächlich die Ordnungen der Falter, Käfer und Aderflügler (wespenartigen Insekten), welche die meisten Forst- feinde enthalten. Da bekanntlich die Insekten im zweiten ihrer vier Verwandlungszustände, im Larvenzustande, am gefräßigsten sind, so werden auch die meisten forstschädlichen Insekten in diesem Zustande am nach- theiligsten; ja die Falter nur in ihm, weil diese wie wir Alle wissen, in ihrem vollkommenen Zustande fast lediglich von den süßen Säften der Blüthen leben und ihre zarte, uhrfederartig aufgewundene Saugzunge nicht fähig ist, die Pflanzen zu verletzen. Die Käfer schaden dagegen im Larven- und im Fliegenzustande; man nennt nämlich jedes Insekt im vollkommenen Zustande Fliege, weil es in ihm erst, dafern es nicht zu den flügellosen Insekten gehört, das Flugvermögen erhält. Die wenigen forstschädlichen Insektenarten aus der Ordnung der Geradflügler (heuschrecken- artigen Insekten) werden sogar auch im Puppenzustande nachtheilig, weil sie auch in ihm das Vermögen der freien Ortsbewegung und Nahrungs- aufnahme behalten, was bekanntlich bei den meisten Insekten — am Besten wissen wir es von den mumienartigen Puppen der Falter — nicht der Fall ist. Einige forstschädliche Insekten sind in ihren verschiedenen Verwandlungszuständen den Bäumen in verschiedener Weise nachtheilig. Es versteht sich von selbst, daß es erforderlich ist, um den „Forst- schutz“ gegen Insekten wirksam ausüben zu können, daß der Förster das Leben der schädlichen Insekten genau kenne; und so sehen wir denn auch von dieser Seite, daß die Forstwissenschaft in engster Beziehung zur Naturwissenschaft steht. Was nun die Thätigkeit betrifft, welche der Forstmann den schäd- lichen Insekten gegenüber ausgesetzt üben muß, so kann man drei Formen derselben unterscheiden: eine wachsame, nimmerruhende Aufmerk- samkeit auf den Zustand der Forsten, Anwendung von Vor- bauungsmaßregeln und Ausführung von Vertilgungsmaß- regeln . Sind die beiden ersten Thätigkeitsformen aus Unachtsamkeit unter- blieben, und ist eine Insekten-Vermehrung unbemerkt hereingebrochen, so ist dann freilich der Forstmann oft in der traurigen Lage, mit seinen Vertilgungsmitteln wenig auszurichten, weil das plötzlich erscheinende Heer schädlicher Insekten zuweilen so unermeßlich groß ist, daß die Ver- tilgung von Hunderttausenden denselben nur wenig Abbruch thut; und diese Gefahr ist nirgends größer als im Kiefern-Reviere, da selbst der Erbfeind der Fichte, der Borkenkäfer, viel seltner als Waldkalamität auftritt. In der Ausübung des Forstschutzes, namentlich gegen die schädlichen Raupen, spielt eine sehr artenreiche Insektenfamilie eine überaus wichtige Rolle, die Rolle der Bundesgenossenschaft des Forstmannes im Kampfe gegen die schädlichen Insekten. Dies sind die Schlupfwespen, Ichneu- moniden , welche mit den Wespen, Bienen und Ameisen in die Ordnung der Aderflügler gehören. Diese wohlthätigen Thiere überstehen ihre drei ersten Entwicklungs- zustände im Innern anderer lebender Insekten, denen sie dadurch immer zuletzt den Tod bringen und dadurch bei großen Insektenausbreitungen im Walde deren vielmehr vertilgen als der Forstmann, der zu diesem Ende Hunderte von Menschen seine Bestände durchstreifen läßt. Das Schlupfwespenweibchen legt seine Eier auf oder in die Haut seines Schlachtopfers und wählt dazu in den allermeisten Fällen den Larvenzustand, seltner den Eizustand desselben. Eine höchst bemerkens- werthe Erscheinung ist es dabei, daß der Tod des von Schlupfwespen bewohnten Insektes spätestens immer im Puppenzustande erfolgt, in dem erst nur sehr wenige Fälle bekannt sind, daß ein solches Insekt es bis zum Fliegenzustand brachte, und dann erst von seinem inwendig nagenden Feinde getödtet wurde. Man kann also die große, nur sehr seltene Aus- nahmen habende Regel aufstellen, daß ein Insekt vor diesen seinen Erb- feinden aus seiner eigenen Klasse gesichert ist, sobald es einmal in den Fliegenzustand eingetreten ist. Der namentlich bei dem Kiefernspinner und der Nonne mehrmals vorgekommene Fall, daß man auf dem Höhenpunkte der Verbreitung die meisten Raupen, Puppen und Eier von Schlupfwespen bewohnt und daher dem sichern Tode geweiht fand, so daß es den Anschein hatte, daß diese wirklich die Retter des Waldes im Augenblick der höchsten Gefahr gewesen seien, hat dennoch unter den Forstgelehrten eine Meinungsver- schiedenheit aufkommen lassen, welche andererseits das Verdienst der Schlupfwespen in Zweifel stellt. Man glaubt nämlich von einer Seite derselben, daß die Schlupfwespen nur solche Insekten zu ihren Wohnungs- und Ernährungsthieren wählen, welche bereits krank und einem die Fort- pflanzung ausschließenden Tode verfallen seien. Es ist sogar die Meinung ausgesprochen und verfochten worden, daß eine zu unermeßlichen Mengen in wenigen Jahren herangewachsene Insektenvermehrung an sich schon eine allgemeine Seuche derselben im Gefolge habe, welche sich namentlich auch durch einen Verlust des Fortpflanzungsvermögens kund gebe. Ob diese Theorie vollkommen begründet sei, würde sich blos durch einen Fall entscheiden lassen, durch den nachgewiesen werden könnte, daß eine Insektenvermehrung wieder verschwunden sei, ohne daß eine Mitwirkung der Schlupfwespen dabei sichtbarer gewesen war. Bei einigen schäd- lichen Kiefernraupen, welche zu solchen Beobachtungen die beste Gelegen- heit geben, hat man das plötzliche Verschwinden der größten Mengen derselben immer von Schlupfwespen begleitet gefunden, so daß es un- möglich scheint, den Beweis zu führen, daß dieselben auch ohne die Schlupfwespen verschwunden sein würden. So lange diese Meinungs- verschiedenheit nach einer Seite hin noch nicht mit Bestimmtheit ent- schieden worden ist, dürfen wir immerhin an einiges Verdienst der Schlupf- wespen glauben, wobei jedoch nicht verschwiegen werden darf, daß man bei großen Ausbreitungen gewöhnlich viele Raupen sterben sieht, in denen sich keine solche Schmarotzer finden. Unter allen Verhältnissen bleibt ihnen, wie Ratzeburg sagt, das Verdienst, daß wir durch eine Beachtung ihrer Vermehrung während einer Raupen -Vermehrung darauf schließen können, ob der Raupen- fraß länger oder kürzer dauern werde. Letzteres ist um so mehr der Fall, je mehr wir in den Raupen Schlupfwespen finden, mögen nun diese die Mörder der Raupen oder blos das Anzeichen von der überhand nehmenden Seuche der Raupen sein. Diese zum Theil sehr kleinen in einzelnen Arten aber auch mehr als zollgroßen, zierlichen Geschöpfe, sind großentheils sehr bestimmt mit ihrer Wohnung und Ernährung auf gewisse Insektenarten beschränkt, ähnlich wie andere Insekten nur bestimmte Futterpflanzen, viele viele Eingeweidewürmer nur bestimmte Wohnungsthiere haben. Im Allgemeinen haben die Schlupfwespen die bekannte schlanke Wespengestalt und bei vielen ist das Weibchen am Hinterbleibsende mit einem dünnen Legstachel zum Ablegen der Eier versehen. Die Zahl ihrer Arten ist eine sehr große, indem man in Deutschland bereits gegen 5000 aufgefunden hat, eine Abtheilung der Insektenklasse, welche für uns die allergrößte Bedeutung hat, wenn ihre Auffassung als Insektenvertilger und als Bundesgenossen des Försters in der Ausübung des Forstschutzes auch nur einigermaaßen richtig ist; ja wenn letzteres der Fall ist, so müßte die Kiefer, vielleicht unser verbreitetster Waldbaum, ohne sie vom deutschen Boden längst verschwunden sein. Was nun die wichtigsten Kiefernfeinde aus der Insektenwelt betrifft so sind diese wesentlich folgende: 1) der Kiefernspinner , Bombyx Pini; 2) die Nonne , Bombyx monacha; 3) die Kieferneule , Noctua piniperda; 4) der Kiefernspanner , Geometra piniaria; 5) der große Kiefernrüsselkäfer , Curculio Pini; 6) der kleine Kiefernrüsselkäfer , Curculio notatus; 7) die kleine Kiefernblattwespe , Tenthredo Pini; 8) die große Kiefernblattwespe , Lyda pratensis; 9) der Maikäfer , Melolontha vulgaris; 10) der Kiefernmarkkäfer , Hylesinus piniperda; 11) die Maulwurfsgrille oder Werle, Acheta gryllotalpa . Da die meisten von diesen Kiefernfeinden eine starke Vermehrungs- fähigkeit haben und überall in Deutschland verbreitet sind, so möchte man befürchten, daß es unmöglich sei, Kiefernwaldungen zu erhalten und, da einige von jenen Insekten auch den jungen Kiefernpflanzen nachstellen, Kiefernkulturen aufzubringen. Allein wenn auch der Fälle genug vor- liegen, daß ganze Kiefernwaldungen von einer Art dieser Feinde getödtet worden sind, so sind diese Fälle doch immer die Ausnahmen, die wenig- stens zum Theil durch die wachsame Umsicht des Forstmannes verhütet und durch energisches Einschreiten beschränkt werden können. Dazu kommt noch, daß diese Waldverderber, wie sie Ratzeburg sehr bezeichnend nennt, außer den Schlupfwespen auch noch viele andere Feinde haben, die ihnen ohne Unterlaß nachstellen und ihre Vermehrung im Zaume halten. Außer vielen Vögeln thun dies namentlich auch noch einige andere Insekten- arten. Außerdem thun den schädlichen Insekten in ihrer Verbreitung Roßmäßler, der Wald. 18 zuweilen auch jähe Temperatur- und Witterungswechsel Einhalt; ebenso wie letztere auch durch Krankmachen der Bestände schädliche Insekten anlocken können. Wir sehen, daß der Forstschutzbeamte nicht blos Insekten- kenner, sondern auch Kenner des Pflanzenlebens, der Boden- und der Witterungskunde sein muß. XXXIII. Der Kiefernspinner , Bombyx Pini . 1. 2. der weibliche und der männliche Schmetterling; — 3. 4. Puppe und Ge- spinnst; — 5. Raupe. Der furchtbarste Feind der Kiefernforsten ist ohne Widerrede der Kiefernspinner — natürlich blos im Raupenzustande — von dem wir Abbildungen des Raupen-, Puppen- und Fliegenzustandes vor uns haben. Seine große, sehr unbestimmt und verschiedenartig gefärbte und gezeichnete behaarte Raupe (5.) ist von vielen ähnlichen sehr leicht zu unterscheiden durch zwei stahlblaue Flecken, welche sie im Nacken zwischen dem ersten und zweiten und zweiten und dritten Leibesringel hat und welche nament- lich beim Herabbiegen des Kopfes hervortreten (5**.). Sie bestehen aus platten Borstchen, welche bei der Bereitung des schmutzig braungrauen Gespinnstes äußerlich immer mit verwendet werden und daher auch dieses leicht kennbar machen (4.). Die Gefräßigkeit der „großen Kiefernraupe“ ist außerordentlich groß und wenn man ihr bei warmen Sonnenschein zusieht, so scheint sie in großen Bissen die Kiefernnadel gleichsam ins Maul hineinzuschieben und das sehr unvollkommene Verdauungsvermögen der Raupen, welches nur die flüssigen Theile der gefressenen Pflanzennahrung oberflächlich auszieht, erklärt hinlänglich deren großes Nahrungsbedürfniß. Der braun und grau gezeichnete Schmetterling (1. 2.) fliegt um die Mitte des Juli träg in den erwachsenen 60—80jährigen Kiefern- beständen und legt am liebsten in Brusthöhe seine 100 bis 250 hirsekorn- großen anfangs hellgrünen und später silbergrauen Eier in Klumpen von 40 — 50 an die Stämme ab, aus denen je nach der Witterung nach 2 — 4 Wochen die anfangs sehr kleinen Räupchen auskriechen. Diese fressen in den Wipfeln bis zum Eintritt des Winters, verlassen dann kaum halbwüchsig die Bäume, um sich in der Bodendecke gekrümmt zur Winterruhe zu begeben. Mit Eintritt der ersten Frühjahrswärme ver- lassen sie ihr Winterlager, kehren in die Wipfel zurück und sind im Juni ausgewachsen. Das dichte, an dem Kopfende mit einem Seidengewirr verschlossene, pflaumenförmige Gespinnst (4.) findet man meist zwischen den Nadeln an den Trieben. Nach kurzer Puppenruhe kommt aus diesem der Schmetterling hervor. Bei großen Ausbreitungen, welche meist sich bis in das dritte Jahr steigern, findet man zur Sommerszeit meist Raupen von allen Größen, so daß also auch hierin der regelmäßige Lebensverlauf des Thieres gestört erscheint. Da die Raupe des Kiefernspinners die ganzen Nadeln bis auf die Scheide frißt, wodurch das kleine auf S. 260 uns bekannt gewordene Knöspchen mit verletzt wird, so schlagen die entnadelten Triebe nicht wieder aus und völlig entnadelte Bäume sterben sehr schnell und es 18* müssen ziemlich viele Triebe unentnadelt geblieben sein, wenn der Baum sich wieder erholen soll. Man kann sich schwer eine Vorstellung von einer Kiefernspinner- Verwüstung auf ihrem Höhenpunkte machen. Die von Baum zu Baum wandernden Raupen kommen Einem in den am meisten befallenen Be- ständen fast bei jedem Schritte unter die Füße und von dem fallenden Raupenkoth, mit dem man alle Pfade bedeckt findet, glaubt man einen rieselnden Regen zu hören; das Auge irrt schmerzhaft berührt durch die grauen entnadelten Kronen. Ein Beispiel, welches Ratzeburg mittheilt, wird am besten unserer Vorstellungskraft zu Hülfe kommen. Nach den Beobachtungen desselben verzehrt eine Raupe bis zum Augenblicke ihrer Verpuppung zusammen ungefähr 1000 Nadeln und um in einem Walde täglich ein Pfund Nadeln zu verzehren, sind je nach der Wärme, welche die Freßlust der Raupen steigert, 2218 bis 4754 Raupen erforderlich; wie groß muß also die Raupenmenge gewesen sein, in dem von Ratze- burg erzählten Falle, wo nach dreijähriger Dauer eines Raupenfraßes 109,352 Klaftern raupenfräßiges Holz geschlagen werden mußte, wodurch ein Flächenraum von 9372 preußischen Morgen völlig entwaldet wurde. — Wir sehen nach dieser Thatsache, deren selbst die neuesten Annalen unserer Waldgeschichte leider ziemlich viele aufzuweisen haben, die neben- stehend abgebildeten drei Verfolger der großen Kiefernraupe mit um so mehr Interesse an, wenn auch deren Verdienst um die Bändigung des furcht- baren Kiefernfeindes nicht so groß sein sollte, als man lange Zeit ge- glaubt hat. Die nebenstehenden Figuren ( XXXIV. ) stellen uns den unermüd- lichsten Verfolger des Kiefernspinners dar: Anomalon circumflexum (1.). Zunächst ist die im Innern der Spinnerraupe lebende Larve frei (2. 3.), dann befindet sie sich in einer eiförmigen Blase eingeschlossen (4. 5.) und zuletzt nimmt sie die Form und Größe von 6. u. 7. an, aber erst im Puppenzustande des Kiefernspinners, in welchen dieser wunderbarer Weise den in seinem Innern nagenden Wurm mit hinüber nimmt. Zuletzt verwandelt sich die Anomalon-Larve im Innern der dabei steif und unbeweglich werdenden Spinnerpuppe in die Anomalon-Puppe. Wir dürfen diese höchst auffallende Erscheinung nicht ohne besondere Aufmerksamkeit darauf an uns vorübergehen lassen. Denken wir uns eine ausgewachsene Kiefernraupe, welche im Innern die in ihrer Blase eingeschlossene Anomalon-Larve (4. 5.) birgt. Aeußerlich sehen wir ihr davon gar nichts an, sie ist anscheinend gesund und vollendet in derselben Zeit, wie eine wirklich gesunde Raupe ihr pflaumenförmiges Gespinnst und legt sich in demselben verschrumpfend und mißfarbig werdend zu dem Ruhezustande nieder, während welches in ihrem Innern die wunderbare XXXIV. Schlupfwespen des Kiefernspinners . 1. Anomalon circumflexum ; — 2. erstes und 3. drittes Stadium seiner Larve; — 4. 5. fünftes Stadium derselben (4. aus der Blase herausgenommen); — 6. 7. viertes Stadium derselben kurz vor der Verwandlung in die Puppe; — 8. eine todte von Mikrogasterlarven bedeckte Spinnerraupe; — 9. Teleas laeviusculus. — (Die beistehenden Linien und bei Fig. 9. das Kreuzchen zeigen die natürliche Größe an.) Umwandlung der Raupenorganisation in die des Schmetterlings vorgehen würde, wenn sie eben nicht von der Schlupfwespenlarve bewohnt wäre. Die Verwandlung der Raupe in die Puppe geht daher nur unvoll- kommen von statten; die Raupe streift innerhalb des Gespinnstes ihre letzte Raupenhaut ab und erscheint nun äußerlich als eine ganz normale Spinnerpuppe. Aber innerlich findet sich nicht der scheinbar beinahe formlose Brei, aus welchem sich der Schmetterling gestalten soll. In kurzer Zeit wird die Puppe steif und unbeweglich, es geht in ihr eine andere Verwandlung vor: die in ihr, der Schmetterlingspuppe, einge- schlossene Schlupfwespenlarve (6. 7.) verwandelt sich in die Schlupf- wespenpuppe, von dem Kiefernspinner ist fast nichts weiter übrig ge- blieben, als die Puppenschale und das Gespinnst und zu seiner Zeit durchbricht ein vollendetes Insekt beide, es ist dies aber nicht der erwartete Schmetterling, sondern die uns von Fig. 1. bekannte, ansehn- liche Schlupfwespe. Eine andere Lebensweise hat ein zweiter Erbfeind des Kiefern- spinners: Microgaster globatus (sonst M. nemorum genannt). Die ausgewachsene Spinnerraupe birgt Hundert und mehr den Käsemaden ähnliche Larven dieser kleinen Schlupfwespe, so daß dieselben den größten Theil ihres Innern ausfüllen und man es kaum begreifen kann, wie eine solche Raupe kaum ein Mißbehagen erkennen läßt. Sind die Schlupfwespenlarven zur Verpuppung reif, was bei allen zusammen zu derselben Zeit der Fall ist, so bohren sie sich wie auf ein Commando im Verlauf von höchstens einer Stunde alle miteinander durch die Haut der Raupe heraus (8.) und jede spinnt sich ein schneeweißes Seidencocon, um sich darin zu verpuppen, so daß die Raupenleiche nach kurzer Zeit von einer schneeweißen Hülle eiförmiger Bällchen umschlossen erscheint. Wegen der dabei vorkommenden außerordentlich geringen Umfangs- und Massenverhältnisse sind diejenigen Erscheinungen beinahe noch über- raschender, welche eine dritte Schlupfwespe darbietet. Das kaum einen Floh an Größe erreichende Weibchen von Teleas laeviusculus (9.) legt zwölf und mehr seiner unendlich kleinen Eierchen in ein Kiefernspinner-Ei und die daraus auskommenden Lärvchen zehren wochenlang von dem geringen Inhalte des Spinnereies bis zu ihrer vollkommenen Ausbildung, und die im Innern desselben aus der Puppenruhe hervorgehenden kleinen Teleas-Wespen verlassen ihre kleine Welt durch ein in die Eischale gemachtes Loch, welches nicht größer als ein Nadelstich ist. „Um an dem glorreichen Ende auch seinen Theil haben zu wollen“, sagt der schon oft genannte Forscher, gesellt sich als Vierter noch Ptero- malus xanthopus hinzu, welcher sich zu 600 und mehr in je einer Spinner- puppe entwickelt. Indem wir zu den übrigen genannten Kiefernfeinden zurückkehren, so würden wir von jedem andere Lebensverhältnisse zu berichten haben, wenn uns der beschränkte Raum nicht davon zurückhielt. Wir führen daher nur noch einen derselben etwas ausführlicher vor, weil er, obgleich nur ein kleines Käferchen, einen großen Einfluß auf die Gestalt des Kiefernbaumes auszuüben vermag. Es ist dies der Kiefernmarkkäfer, Hylesinus piniperda, dessen anderen deutschen Namen „Waldgärtner“ wir beim Anblick der umstehenden Abbildung einer von ihm beschnittenen jungen Kiefer vollkommen gerechtfertigt finden werden. Solche Kiefern, an welchen wir nach oben hin die der Kiefer eigen- thümliche, so regelmäßige Pyramidengestalt und Quirlstellung der Aeste und Triebe vermissen, finden wir manchmal sehr häufig an sonnigen, trocken und frei gelegenen Rändern jüngerer Bestände. Solche Lage liebt der Waldgärtner, der die Bäume ausästet und ausputzt, bis sie nach und nach die dargestellte abweichende, triebarme Kronengestalt an- nehmen. Der kleine kaum 3 Linien lange ziemlich walzige Käfer ( XXXVI. 1. ) ist braunschwarz und geht, nachdem er unter der Rinde der Kiefernstämme sich entwickelte und als Larve durch Zernagen der Rindenbastschicht schadete, in die Spitze der Triebe, wo er das Mark ausfrißt. Dadurch werden die Triebe trocken und brüchig und werden noch vor dem Ab- welken der Nadeln selbst von nicht sehr starken Winden abgebrochen, so daß man das Dasein des Kiefernmarkkäfers namentlich an den sonnigen Rändern jüngerer Bestände durch die am Boden liegenden grünen Trieb- spitzen leicht erkennt. Durch diese Beraubung zahlreicher Triebe be- kommen die Kiefernwipfel jenes sonderbare, schlank ausgeästete Ansehen, welches selbst dem Unkundigen bei einiger Achtsamkeit auffällt. Die Aus- und Eingangslöcher der abgefallenen Triebe findet man stets von einer hellgelben Harzwolle umgeben. Schädlicher noch als durch diese XXXV. Vom „Waldgärtner“ verunstaltete Kiefer. Ausästung ist dieses Insekt als Larve unter der Rinde, wo es ein ganz ähnliches Leben und Treiben, wie der Fichtenborkenkäfer führt (siehe diesen weiter unten) obgleich dadurch niemals so großen Schaden unter den Kiefern, wie jener unter den Fichten anrichtet. XXXVI. 1. Kiefernmarkkäfer oder Waldgärtner, Hylesinus piniperda, 6fach vergrößert; — 2. dessen Puppe, ebenso; — 3. dessen Larve vergrößert; — 4. dieselbe nat. Größe; — 5. ein von ihm ausgenagter Trieb mit den Eingangslöchern. Was die übrigen Kiefernfeinde aus der Klasse der Insekten anlangt, so gleichen die Nonne, die Kieferneule, der Kiefernspanner und die kleine Kiefernblattwespe durch Abfressen der Nadeln dem Spinner und manche von ihnen, namentlich die Nonne, richten dadurch zuweilen großen Schaden an, obgleich nicht in dem Grade, wie der Spinner. Sie alle zusammen sind Kiefernbestandsverderber. Kiefernculturverderber sind der große und kleine Rüssel- käfer, die große Kiefernblattwespe, der Maikäfer als Larve ( Engerling ) und die Maulwurfsgrille, indem sie theils die Wurzeln der jungen Kiefern (Engerling und Maulwurfsgrille), theils die Rinde und den Splint der jungen Stämmchen (die beiden Rüsselkäfer), theils die Nadeln derselben (die große Kiefernblattwespe) angehen. An dem habitusverändernden Einflusse der Kiefernkrone nehmen außer dem Waldgärtner auch noch einige Wicklerraupen, namentlich Tortrix buoliana, durch Tödtung und Verkrümmung vieler Triebe einigen Antheil. Erinnern wir uns nebenbei noch an das Bedürfniß der Kiefer nach Lichtstellung und Reinigung von den unteren, nicht vom Lichte ge- troffenen Aesten, so finden wir es nun ganz natürlich, daß die Kiefer im höheren Alter so sehr leicht ihre pyramidale Gestalt verläßt und den weit- ästigen Laubholzhabitus annimmt. Die Maßregeln, welche der Forstmann gegen diese lästigen Feinde zu ergreifen hat, und die wir oben schon in drei Klassen eingetheilt haben (S. 270), müssen sich natürlich nach den vorliegenden Verhält- nissen und namentlich nach der Lebensweise und den Zuständen der In- sekten richten. So lange man noch der Ansicht zugethan war, daß die Schlupfwespen allein es seien, welche eine jede ungewöhnliche Insekten- vermehrung zuletzt immer bewältigten, dachte man selbst daran, die Ver- mehrung dieser Thiere in sogenannten Raupenzwingern zu befördern. Man hat sich jedoch in neuerer Zeit mehr und mehr davon überzeugt, daß man dadurch keine Vortheile erzielt. Der Kampf mit den Kiefern- feinden, namentlich mit dem Spinner, hat vorzüglich im nordöstlichen Viertel Deutschlands schon große Summen verschlungen, abgesehen von den Verlusten, welche man am Holze hatte. So sind z. B. in dem preußischen Regierungsbezirk Bromberg vor Kurzem während eines drei- jährigen Spinnerfraßes 80,000 Morgen Kiefernwald in 118,000 Arbeits- tagen abgeraupt und dafür etwas über 23,000 Thlr. verausgabt worden. Die Fälle, in welchen zeitig genug begonnene Vertilgungsmaßregeln das hereinbrechende Uebel im Keime erstickten sind aber weniger zahlreich, als diejenigen, welche trotz Aufwendung vieler Arbeit und Kosten mit einem großen Verlust an Beständen endeten. Außer dem bereits erwähnten Schütten der jungen Kiefern wird die Kiefer noch von manchen andern Krankheiten heimgesucht, wobei namentlich eine zu nasse Bodenbeschaffenheit und ein zu üppiges Wachs- thum viel beitragen. Was die forstliche Behandlung und Bedeutung der Kiefer betrifft, so haben wir von ersterer bereits gehört, daß sie nicht so leicht ist, als man oft glaubt und als man zu glauben berechtigt sein könnte bei der großen Genügsamkeit der Kiefer hinsichtlich ihrer Ansprüche an den Boden. Wir kommen hier zum erstenmale auf die verschiedenen Verfahrungs- arten zu sprechen, die man bei der Wäldererziehung anwendet und wir müssen daher wenigstens Einiges darüber vorläufig einschalten. Man unterscheidet eine natürliche Holzzucht und eine künstliche Holz- zucht. Unter ersterer — sonst schlechthin Holzzucht genannt — ver- steht man, wenn man es den Bäumen selbst überläßt, ihren Samen auf die rings um sie herum frei gemachte und zum Theil auch durch Auf- lockern etwas vorbereitete Waldbodenfläche auszustreuen. Man stellt zu dem Ende einen sogenannten Samenschlag, d. h. man läßt auf einer Fläche nur so viel Bäume stehen, als gerade ausreichen, dieselbe mit Samen zu überstreuen. Zu einer solchen Samenschlagstellung hat man natürlich ein Samenjahr zu wählen, was bei der Kiefer um so leichter ist, als man schon 18 Monate vorher sicher weiß, ob die Kiefer vielen Samen hergeben werde (S. 258). In das Bereich der natürlichen Holzzucht gehören auch diejenigen Verjüngungsarten der Waldungen, bei denen man sich des Ausschlagsvermögens der Holzarten bedient. Die künstliche Holzzucht — sonst auch zum Unterschied von jener Holzanbau genannt — kann man wieder in Saat und Pflanzung eintheilen, indem man entweder die zu kultivirende Fläche mit Samen bestreut oder mit solchen Pflänzchen bepflanzt, welche man in besonderen Pflanzgärten erzogen hat. Die Saat ist entweder Vollsaat, Platz- oder Riefensaat. Bei ersterer wird der Same, wie es der Landmann thut, gleichmäßig über die Kulturfläche ausgestreut, die zu diesem Zwecke entweder einigermaaßen aufgelockert und gereinigt oder ohne weitere Vorbereitung gelassen wird, wenn ihre natürliche Beschaffenheit es zuläßt. Im andern Falle werden entweder etwa 4 Fuß von einander entfernte Riefen aufgehackt und gereinigt oder es geschieht dies blos in regelmäßigen Abständen mit kleinen, etwa einen Quadratfuß großen Plätzen. Zur Pflanzung dürfen die Stämmchen bei der Kiefer höchstens 2½ bis 3 Fuß groß sein und auf ungünstigem Boden dürfen sie nicht über drei bis fünf Jahr alt sein. Es versteht sich von selbst, daß hier nicht blos bei den verschiedenen Waldbäumen, sondern auch je nach der Bodenbeschaffenheit der Kulturfläche verschiedene Regeln gelten. Eine vollendete Kultur heißt nun eine Schonung, was sich leicht von selbst erklärt, und es wird das Betreten derselben und das Eintreiben von Vieh durch aufgesteckte Strohwische verboten und je nach Bedürfniß wird die Kultur auf verschiedene Weise umfriedigt. Wenn der Forstmann es wenig in der Gewalt hat, für das Ge- deihen seiner oft sehr ausgedehnten Kulturen Etwas unmittelbar zu thun, so hat er auf der andern Seite mit mancherlei Hindernissen zu kämpfen, welche dem Gedeihen seiner Kulturen in den Weg treten. Außer den Insekten ist es namentlich das die Pflänzchen „verbeißende“ Wild und das wuchernde, verdämmende Aufschießen der Waldunkräuter, womit er zu kämpfen hat, während er gegen Regenmangel und Sonnenbrand, die zuweilen nicht minder störend einwirken, leider Nichts thun kann. Daß bei dem geringen ja fast gänzlich mangelnden Ausschlagsver- mögen bei der Kiefer und allen echten Nadelhölzern nur Saat und Pflanzung bei der Verjüngung der Bestände angewendet werden kann, versteht sich von selbst. Den Kiefern-, Fichten- und Lärchensamen läßt man, nachdem die Zapfen von nicht zu alten und nicht zu jungen Bäumen gepflückt worden sind, meist in sogenannten Samendarren, auf in geheizten Gemächern aufgestellten Hürden, ausfallen, was man ausklengen nennt und es werden dann die Samen meist noch abgeflügelt. Das Aussäen oder Stecken ganzer Zapfen, Zapfensaat, ist im Allgemeinen als eine Ver- schwendung wenig empfehlenswerth. Daß künstliche Aussaat vor der natürlichen ihre Vortheile habe, liegt auf der Hand, weil sie gleichmäßiger und sicherer auszuführen und man bei der natürlichen Besamung von der Windrichtung und anderen Zufälligkeiten abhängig ist. Der Same geht bei der Frühjahrssaat bei günstigen Verhältnissen nach 5 — 6 Wochen auf und der Unkundige hat sich dann wie auch bei Fichte und Lärche zu hüten, daß er die Keimpflänzchen, nachdem dieselben den Trieb zu entwickeln begonnen haben, nicht für Moospflänzchen (namentlich Widerthon, Polytrichum ) halte. Saaten und Pflanzungen, nachdem letztere die Lebens-Störungen der Verpflanzung überwunden haben, schließen sich, nachdem sie erst 3 — 4 Fuß Höhe erreicht haben, auf gutem Boden sehr dicht und verdämmen das Unkraut zwischen sich, während sie gleichzeitig schon frühzeitig anfangen sich zu reinigen; und dadurch erweist sich gerade am meisten bei der Kiefer die Berechtigung der Benennung Stangenholz, weil etwa 25 — 30 jährige in gutem Schlusse stehende Kiefern hohe meist sehr astreine schlanke stangenartige Stämme mit sehr kurzer Krone sind. Das Lichtbedürfniß der Kiefer ist so groß, daß selbst in kleinen Horsten stehende Kiefern bis in das Alter, wo die Krone, und zwar bei diesem Stande um so mehr, weit ausgreifend ihre Aeste verlängert, die unteren Zweige abwerfen und nur kurze Kronen behalten und daher oft wie auf Stelzen stehende Laubdächer aussehen und durchsichtige Horste bilden, während in solchem Stande die Fichten, tief herab beästet, in dichtem Schluß stehen und kleine dichte Horste bilden. Je mehr entweder durch Heraushauen zurückbleibender Stämme (Durchforstung) oder durch Unterdrücktwerden und Absterben solcher sich die Kiefer räumlich stellt, desto mehr schwindet der pyramidale Wuchs und macht dem weitästigen Habitus mit gewölbter Krone Platz. Dies geschieht je nach der Fruchtbarkeit des Bodens in höherem oder geringerem Alter; desto später, je fruchtbarer der Boden ist. Ueberhaupt übt kaum auf eine andere Baumart hinsichtlich ihres Habitus die Bodenbeschaffenheit einen so großen Einfluß aus als auf die Kiefer. In der ersten Hälfte ihres Lebens wächst die Kiefer viel schneller als in der zweiten und legt daher auch in dieser viel breitere Jahres- ringe an. Vom 50. bis 80. Jahre wächst sie langsamer aber gleichmäßig fort und mit zunehmendem Alter füllt sich das Kernholz mehr und mehr mit Harz und gewinnt dabei als Nutzholz einen höheren Werth durch gesteigerte Dauerhaftigkeit, während dieselben Bäume in dem Stangen- holzalter ein schwammiges, viel harzärmeres Holz hatten, an welchem auch die Kernholzbildung meist noch gar nicht begonnen hatte. Das durchschnittliche Lebensalter der Kiefer ist um so schwerer zu bestimmen, je mehr die Beschaffenheit des Standortes Einfluß auf ihr Gedeihen hat, und wie gewöhnlich findet man auch bei der Kiefer einzelne Beispiele von sehr hohem Alter, welches bis über 300 Jahre steigen kann. Wegen dieser Abhängigkeit der Kiefer in Wuchs und Gedeihen ist es daher auch schwer, eine Umtriebszeit für sie zu bestimmen, worunter der Forstmann denjenigen Zeitraum zwischen Saat und Ernte des Holzes versteht, innerhalb welches eine Baumart die größte Holzmenge bei bester Holzbeschaffenheit erreicht. Der Umtrieb des Kiefernhochwaldes richtet sich daher nach der Beschaffenheit des Bodens und den davon abhängigen Wachsthumsverhältnissen der Bestände und kann zwischen 40, 80 und 120 Jahren schwanken. Weil die Kiefer bei guter Be- wurzelung und günstigen Bodenverhältnissen eine große Freistellung ge- stattet, so werden besonders starke Bäume sehr häufig übergehalten, d. h. auf übrigens abgetriebenen Schlägen allein stehen gelassen, und entweder wenn sie ihre höchste Vollkommenheit erlangt haben aus dem jüngeren Bestande herausgenommen, der inzwischen um sie herum aufgewachsen ist, oder sie bleiben so lange stehen, bis auch dieser in sein Haubarkeitsalter eingetreten ist: sie werden also erst nach doppelter Umtriebszeit gehauen. Dies geschieht namentlich an solchen Orten, wo, wie z. B. zum Schiffs- bau, besonders starke Holzsortimente gesucht sind. Der Betrieb der Kiefernwaldungen ist nur Hochwaldbetrieb in Schlägen, wie das des maugelnden Ausschlagsvermögens wegen, wodurch Mittel- und Niederwaldbetrieb sich von selbst verbietet, bei den Nadel- waldungen nicht anders sein kann. Die bisher allein geltende Gewohnheit, die Kiefer wie alle Nadelhölzer nur in reinen Beständen zu erziehen, wird jetzt an vielen Orten dahin modifizirt, daß man den Kiefernsaaten und Kulturen wie auch denen anderer Nadelhölzer ein gewisses Procent Laubhölzer beimischt, weil man gefunden hat, daß ganz reine Nadelholz- bestände durch Insektenfraß mehr leiden als gemischte. Die Benutzung der Kiefer ist eine außerordentlich manchfaltige und umfangreiche und da sie vielleicht der verbreitetste Baum Deutschlands ist, so trägt sie wahrscheinlich das Meiste zur Befriedigung unseres Holz- bedürfnisses bei. Außer der Benutzung zu Brennholz bietet die Kiefer eine große Manchfaltigkeit von Benutzungsformen dar und da sie be- sonders ihres Lichtbedürfnisses wegen schon sehr frühzeitig durchforstet werden muß, so liefert sie schon eine bedeutende Nutzung zu Bohnen- und Hopfenstangen, bis endlich ihre höchste Nutzung als Mastbaum eintritt, wozu nächst der Lärche Kiefernstämme ihres Harzreichthums wegen am meisten gesucht sind. Weil die Kiefernstämme sich schon in früher Jugend reinigen, so bieten sie im hohen Alter das astreinste Holz, wodurch dessen Werth wesentlich erhöht wird. Eine Aufzählung der verschiedenen Dinge, wozu man das Kiefern- holz verarbeitet, würde eine lange Reihe geben und, wie sich von selbst versteht, doch keine unbedingte Richtigkeit bieten, weil, je nachdem sie oder ein anderes Nadelholz die Gegend beherrscht, verschiedene Nadel- holzarten zu denselben Verwendungen dienen müssen, was jedoch nicht ausschließt, daß der vorzugsweise Harzgehalt des Kiefernholzes es zu manchen Verwendungen unersetzlich macht. Die Benutzungsgüte des Kiefernholzes wird häufiger als bei anderen Nadelhölzern durch Drehwüchsigkeit beeinträchtigt. Wir wissen schon, daß die meisten Stämme in dem Gefüge ihrer Holzzellen mehr oder weniger eine spirale Drehung zeigen, so daß, wenn wir einen etwa 16 Schuh langen Klotz durchspalten würden, wobei wir es demselben überließen wie er dem Verlauf seiner Fasern zu Folge spalten müßte, XXXVII. die Spaltfläche nur selten eine vollkommene Ebene sein würde, wir sie im Gegentheil etwas windschief und gebogen finden würden. Dies ist namentlich bei den Kiefern sehr häufig und in einem so hohen Grade der Fall, wie es kaum bei einer anderen Holzart, am wenigsten einem anderen Nadelholze, vorkommt. Wir sehen dies in auffallendem Grade bei dem abgebildeten, 2 Fuß langen Scheit (Fig. XXXVII. ), an welchem wir sehen, daß das Fasergefüge des Stammes auf 2 Fuß Stammlänge eine halbe Umdrehung macht. Es liegt auf der Hand, daß solches Kiefernholz zu vielen Anwendungen nicht brauchbar ist und fast nur als Brennholz dienen kann. Es finden sich z. B. im südlichen Baiern ganze Bestände von solchen drehwüchsigen Kiefern, wo man auch gefunden hat, daß der Same solcher Kiefern auch wieder Bäume mit Drehwuchs giebt. Dieser spricht sich sogar äußerlich an der Rinde aus und findet sich auch an den jüngsten Trieben, von denen sich ein schmaler Rindenstreif, wenn man ihn abzieht, spiral um den Trieb herum ablöst. Die Erklärung XXXVIII. Ein Theil des Querschnittes einer drehwüchsigen Kiefer. dieser räthselhaften Erscheinung ist ebenso schwierig als die Heilung dreh- wüchsiger Bestände und wenn wir unsere Figur XXXVIII. ansehen, so finden wir diesen Drehwuchs von einem höchst eigenthümlichen Gesetz der Jahresringbildung begleitet. Wir sehen nämlich die Jahresringe nicht parallel-concentrisch, wie dies mehr oder weniger der Fall zu sein pflegt, sondern in einer ungleichmäßigen Anzahl von Jahresringen ab- wechselnd an der einen und der gegenüberliegenden Stammseite sehr schmal oder sehr breit. Auf dem abgebildeten Stück einer Stammober- fläche sehen wir deutlich eine Anzahl Jahresringe sehr schmal und da- zwischen liegende Partieen sehr breit und zwar in viermaliger Wieder- holung (1. 2. 3. 4.). Auf der gegenüber liegenden Stammseite würden wir den schmalen Hälften der Jahresringe die breiten und den breiten die schmalen entsprechend finden. Wenn man diese sonderbare Er- scheinung in einer veranschaulichenden Formel ausdrücken wollte, so könnte man sagen, eine spiral um die Stammachse herum gelegte aber ununterbrochen seitlich fortrückende Ursache nöthigt örtlich zu breiter oder wenn man lieber will, zu schmaler Holzringbildung. Ob die Drehung eine linke oder eine rechte und ob sie überhaupt, was wohl zu vermuthen ist, in dieser Hinsicht regelmäßig sei, ist mir nicht bekannt. Ehe wir zu den folgenden Kiefernarten übergehen, haben wir von der gemeinen noch hinzuzufügen, daß ihre Abhängigkeit vom Standorte sie zuweilen so sehr verändert, daß man sich geneigt fühlen kann, mehrere Abarten derselben zu unterscheiden. Dieser Umstand hat es mit sich ge- bracht, daß man darüber streitet, ob die weiter unten zu betrachtende Knieholzkiefer nicht vielleicht auch noch zu den Standortsvarietäten der gemeinen Kiefer gehöre, was jedoch sicher nicht der Fall ist. Namentlich auf Hochmooren nimmt die Kiefer zuweilen eine so veränderte Beschaffen- heit ihres Wuchses und besonders ihrer Zapfen an, daß man darin den Charakter der Stammform kaum wieder erkennen kann. 2. Die Schwarzkiefer, Schwarzföhre Kiefer und Föhre, auch Forle oder Forche, ist für die Pinus -Arten im engeren Sinne gleichbedeutend. Außerdem werden in manchen Gegenden Deutschlands, namentlich im Nordosten, die Kiefern auch Fichten genannt, so daß man ohne Hinzu- fügung des wissenschaftlichen Namens zuweilen nicht weiß, von welcher Nadelholzart die Rede ist. Außer unsern angeführten Namen haben die Nadel- wie die Laubhölzer eine Menge verschiedene landesübliche, oft auf kleine Landstriche beschränkte, Namen, wie z. B. Metzger von der Kiefer außer den genannten noch 24 weitere anführt. Wir können und müssen uns hier auf die verbreitetsten beschränken. oder östreichische Kiefer, Pinus Laricio Poiret (P. austriaca Höss, P. nigricans Host). Wir halten uns bei der Beschreibung dieser beinahe nur im südöst- lichen Theile Deutschlands als Waldbaum vorkommenden Kiefer ver- gleichend an die vorhergehende. Die Schwarzkiefer ist in allen ihren Theilen kräftiger als die gemeine und gewinnt namentlich durch ihre längeren, dunkleren Nadeln ein starres und düsteres Ansehen. Roßmäßler, der Wald. 19 Die Blüthen sind größer, die weiblichen aufrecht stehend ( XXXIX. 2. ) und die männlichen bilden längere Kätzchen, welche am Grunde des sehr kurz bleibenden Maitriebes zwischen den vorjährigen Nadeln stehen (1.). XXXIX. Schwarzkiefer, Pinus Laricio Poiret. 1. Trieb mit männlichen Blüthenkätzchen; — 2. Triebspitze mit einem weiblichen Blüthenzäpfchen, Nadeln noch kurz und von der Scheide umschlossen; — 3. 4. der ge- schlossene und der aufgesprungene Zapfen; — 5. Außenseite einer Zapfenschuppe, oben das gewölbte Schild mit dem Nabel; — 6. dieselbe von innen mit dem Eindrucke der beiden geflügelten Samen; — 7. 8. 9. Same mit und ohne Flügel und letzterer allein; — 10. Nadelpaar; — 11. Durchschnitt desselben. Am meisten verschieden zeigen sich die ausgewachsenen Zapfen (3. 4.), welche, wenn sie reif sind, eine grünlich-ochergelbe Farbe und stark angeschwollene Schilder mit großem, hell-kaffeebraunem Nabel haben, der eine deutliche kurze Spitze in seiner Mitte hat. Die Zapfen der Schwarz- kiefer sind stets länger und gekrümmter als die der gemeinen. Die Samen sind größer, heller, dunkelbraun marmorirt und haben einen längeren stumpfen, mehr oder weniger stark dunkelbraun gestreiften Flügel (7. 8. 9.). Bei uns sind die meisten Samen dieser Kiefer taub und dann hellgelblich und hohl. Die bei der gemeinen Kiefer gegebene Erklärung des Nadelpaares als ein Kurztrieb ist namentlich bei der Schwarzkiefer deutlich nachzu- weisen, weil bei ihr das eigentliche häutige Blättchen sehr bedeutend entwickelt, rostroth gefärbt ist und meist länger stehen bleibt als an der gemeinen (2.). Da diese Kiefer in allen Theilen kräftiger als die gemeine ist, so hat sie auch kräftigere Keimpflänzchen mit stärkeren Keimnadeln (Samenlappen). Wie schon die eine ihrer Benennungen anzeigt, so ist ihr ursprüng- liches Vaterland das Erzherzogthum Oestreich, von wo aus sie namentlich durch die Empfehlung von Feistmantel in die nördlich gelegenen deutschen Waldungen eingeführt worden ist, ohne jedoch dadurch bereits zum mittel- und norddeutschen Waldbaume geworden zu sein. Durch den starken Nadelfall wirkt die Schwarzföhre außerordentlich boden- verbessernd, und vermag sich dadurch selbst den dolomitischen Felsboden, ihren hauptsächlichsten Standort, gedeihlich zu machen. Sie greift mit tiefgehenden Wurzeln in diesen so fest ein, daß sie trotz ihrer dicht- benadelten, breiten Krone den Stürmen Trotz bieten kann. Unter günstigen Verhältnissen erreicht die Schwarzföhre eine Höhe von 80 bis 90 und in Brusthöhe eine Stärke von 3 bis 4 Fuß und wird in ge- schützten Berglagen 500—600 Jahr alt. Wenn sie auch in der Jugend einen dichten Schluß verträgt, so stellt sie sich dennoch in höherem Alter noch lichter als die gemeine Kiefer. Wessely sagt, daß am niederöstreichischen Alpenfuße, wo sie über- haupt allein in Deutschland wildwachsend und herrschend vorkommt, etwa 20,000 Joch reiner Bestände von ihr gebildet werden, so daß sie der 19* Ausdehnung nach zu den untergeordnetsten deutschen Waldbäumen gehört. Derselbe rühmt von der Schwarzkiefer, daß sie der harzreichste europäische Baum sei. „Ihre Harzung, welche in Niederöstreich ein eigenes Gewerbe begründet, wirft gewöhnlich den hohen Ertrag von 55 bis 90 Procent vom Holzertrage ab. Ja, es sind Fälle vorgekommen, wo der Ertrag aus dem Harze jenen des Holzes gar bedeutend überstiegen hat.“ Das Holz der Schwarzkiefer wird seines großen Harzgehaltes wegen unter allen Verhältnissen 2 Pfund auf den Kubikfuß schwerer als das der gemeinen Kiefer angegeben, es ist darum sehr dauerhaft und besonders zu Brunnenröhren sehr gesucht. Die großen Vorzüge, welche man in seiner Heimath diesem Baume nachrühmt, haben vielfältig dazu Veranlassung gegeben, denselben auch in mehr nördlich gelegenen Theilen Deutschlands in die Waldungen ein- zuführen. Allein der Erfolg scheint die gehegten Erwartungen nicht gerechtfertigt zu haben. Die Schwarzföhre nimmt mit unserm lockeren Kiefernboden nicht fürlieb und scheint durchaus ihren Bergstandort nur auf Kosten ihrer Holzgüte mit tieferen Lagen vertauschen zu können. Nichtsdestoweniger möchten sich doch in Deutschlands gebirgigeren Theilen noch viele Oertlichkeiten ausfindig machen lassen, in denen anzurathen wäre die Einführungsversuche fortzusetzen. Ein unläugbaren Werth aber hat die Schwarzföhre als landschaftlicher Baum für diejenigen Be- sitzer von Waldungen oder wenigstens von Lustgehölzen, denen es um malerische Schönheit ihrer Besitzungen zu thun ist. Sie unterscheidet sich von der gemeinen Kiefer sehr wesentlich und im Spätherbst auch dadurch, daß in Samenjahren die großen hellen Zapfen sehr ins Auge fallen, während man diese bei der gemeinen Kiefer kaum sieht. Was übrigens die Holzbeschaffenheit betrifft, so stehen hierin beide Kiefern einander sehr nahe, so daß Nördlinger in dem Texte zu seinem, uns bereits be- kannten „50 Holzquerschnitten“ (Seite 95) bei der Beschreibung beide zusammenfaßt, also für gleich erklärt. Es scheint jedoch, wie der gerühmte Harzreichthum ohnehin vermuthen läßt, im Schwarzföhrenholze die Harz- porenzahl reicher als im gemeinen zu sein. 3. Die Krummholzkiefer, Pinus Pumilio Haenke (P. Mughus Scopoli). Die Krummholzkiefer ist für die Meisten ein unklarer Gesammtbegriff von einer Menge von Kiefernformen, denen man in höheren Gebirgs- lagen begegnet: für den Pflanzenkundigen hingegen ein Haufen streitiger Formen, über deren Artselbstständigkeit die größten Meinungsverschieden- heiten obwalten. Wenn wir Gebirgsreisen machen und allmälig auf immer höhere Stufen kommen, so nimmt mit der Abnahme der Pflanzenwelt unsere Aufmerksamkeit auf dieselbe zu und um so mehr beachten wir in solchen Lagen baumartige Gewächse, wenn sie ihren Baumcharakter aufgeben und Strauchgestalt annehmen. Es ist daher kein Wunder, wenn man in allen solchen Lagen diesen meist strauchartigen Kiefernformen große Beachtung schenkt und oft ortsübliche Benennungen beilegt. Deshalb haben auch diese Kiefernformen fast mehr wie eine andere Baumart die zahlreichsten Namen: Krummholzkiefer, Knieholzkiefer, Zwergkiefer, Bergkiefer, Sumpf- kiefer, Mooskiefer, Legkiefer, Latsche und viele andere, die wir unerwähnt lassen. Dabei können wir bei allen diesen Namen Kiefer mit Föhre vertauschen, in vielen Theilen Deutschlands die gebräuchliche Bezeichnung für Kiefer. Wenn wir die verschiedenen Krummholzkieferformen in ihren einzelnen Theilen und ihrem ganzen Habitus nach mit der gemeinen Kiefer ver- gleichen, so finden wir zwar zwischen beiden hinlängliche Verschiedenheit, dabei aber auch unbestimmte Mittelformen, bei denen wir zweifelhaft sein können, ob wir sie als Abarten der gemeinen Kiefer oder für eine Form der als Art unterschiedenen Krummholzkiefer halten sollen. Dazu kommt noch, daß unter den Krummholzkiefern selbst eine so große Verschiedenheit stattfindet, daß man sich oft gezwungen sieht, unter ihnen wieder verschiedene Arten anzunehmen. Dies ist denn auch vielfältig geschehen und die neuesten Bearbeiter der Krummholzkiefern, Hartig in Braunschweig und Willkomm in Tharand, unterscheiden mehrere Arten. Da dies jedoch auch schon vor ihnen von anderen Botanikern geschehen ist, die entweder einer von den Arbeiten des anderen keine Kunde hatten, oder wirklich neue Unterscheidungsmerkmale bei der oder jener Form gefunden zu haben XL. Die Krummholzkiefer, Pinus Pumilio Haenke . 1. Zweig mit männlichen Blüthenkätzchen; — 2. Triebspitze mit einem weiblichen Blüthenzäpfchen; — 3. letzteres etwas vergrößert; — 4. 5. 6. eine weibliche Blüthenschuppe von außen, innen und von der Seite mit der ansitzenden Deckschuppe, innen mit den 2 rückwärts geschwänzten Samenknospen; — 7. reifer Zapfen; — 8. Same mit und ohne Flügel und letzterer allein. glaubten, so ist diese Abtheilung der Gattung Pinus leider mit zahl- reichen Artnamen gesegnet und ein wahres Kreuz der Botaniker. Wenn wir vorläufig von dem abweichenden Habitus der Krumm- holzkiefer absehen, so sind folgende, an wichtigeren Theilen und Verhält- nissen sich aussprechende Unterscheidungsmerkmale hervorzuheben, wodurch es ganz unzweifelhaft wird, daß die Krummholzkiefer von der gemeinen als eine besondere Art getrennt werden muß. Das weibliche Blüthenzäpfchen steht immer aufrecht (Fig. XL. 2.), während es bei der gemeinen Kiefer stets abwärts gekrümmt ist (siehe Seite 257 XXX b. 1.); die Spitze der Samenschuppe ist viel länger ausgezogen und die beiden Samenknospen auf derselben zeigen je zwei abwärts gerichtete spitze Anhängsel (5.). An dem immer entschieden braun gefärbten Zapfen ist das Schild (der am geschlossenen Zapfen sichtbare Theil jeder Schuppe) erhabener und aufgetriebener, ja sogar zum Theil bei manchen Formen etwas hakenartig herabgekrümmt; der Nabel ist im Verhältniß zum Schilde stets viel größer und regelmäßiger rautenförmig als bei der gemeinen Kiefer (7.) und der Samenflügel ist stets oben stumpf abgerundet, während er bei der gemeinen Kiefer sehr viel spitzer ist. Was die Form des ganzen Zapfens betrifft, so ist diese weniger kegelförmig als vielmehr eiförmig, ja sogar der runden Gestalt zuweilen sehr nahe kommend. Da der ausgewachsene Zapfen bei manchen Formen abwärts gebogen ist, so entwickelt er sich auch nur an der auswärts ge- kehrten Seite vollkommen und wird dadurch sehr ungleichseitig und die Schilde der äußeren Seite bilden sich anders als an der dem Triebe zugekehrten Seite. Unsere Fig. 7. zeigt dagegen einen sehr gleichmäßig ausgebildeten Zapfen. Dabei ist es aber fast unmöglich, wenn man alle Krummholzkieferformen zu einer einzigen Art zusammenfassen will, eine be- zeichnende und allgemein gültige Zapfengestalt in die Artbeschreibung aufzu- nehmen, und zwar eben deshalb, weil die Krummholzkieferzapfen so höchst abweichende Gestalten haben, unter denen sogar die Kegelgestalt doch auch zuweilen vorkommt. Diejenigen Botaniker, welche die Krummholz- kiefern in mehrere Arten zerfällen, entlehnen daher den wesentlichsten Unterscheidungscharakter von der Zapfengestalt und von der Beschaffenheit des Schildes der Zapfenschuppen. Hinsichtlich der Nadeln und der männlichen Blüthen scheinen sich keine sicheren Unterscheidungsmerkmale darzubieten, wenn auch im Durch- schnitt die Nadeln etwas kürzer sind und gedrängter stehen als bei der gemeinen Kiefer. Das dichtere Beisammenstehen der Nadelpaare ist da- durch begründet, daß überhaupt das Krummholz gedrungener in allen seinen Verhältnissen ist, so daß auch die Triebe durchschnittlich kürzer, dabei aber meist dicker und kräftiger sind. Die Benennungen Krummholz, Knieholz und Legföhre, vielleicht selbst Latsche, deuten schon an, daß der Habitus mehr der eines niedrigen, selbst am Boden hingestreckten Strauches als der eines aufrechten Baumes ist. Eine sehr verbreitete Meinung nimmt an, daß das Niederliegen der bei 6, 8 Fuß Länge oft nur daumendicken Stämmchen nur die Wirkung des lastenden Schnees der Hochgebirge sei. Dagegen läßt sich aber geltend machen, daß z. B. im Oberhaslithale der Schweiz 4—5 Ellen hohe, fast aufrecht stehende Bäumchen vorkommen, welche nach den an- gegebenen charakteristischen Merkmalen unverkennbare Knieholzkiefern sind, und daß andererseits aus dem Samen von Krummholzkiefern der Berg- region auch in der Ebene nieder liegende Abkömmlinge erwachsen, woraus deutlich hervorgeht, daß der gedrückte Habitus eine ursprüngliche Art- eigenthümlichkeit und nicht die Folge mechanischen Schneedruckes sei. Ja es ist mir sogar ein Fall bekannt, daß einzelne Krummholzkiefern, welche durch Unreinheit des Samens in einer Saatkultur der Ebene mitten unter gemeinen Kiefern erwachsen waren und die man durch beigesteckte Pfähle in die Höhe gebunden hatte, dennoch an den fortwachsenden Spitzen sich abwärts zu richten strebten. Das Holz der Krummholzkiefern zeichnet sich durch große Dichtigkeit und Feinheit, fast immer sehr schmale Jahresringe und einen lebhaft braunrothen Kern aus. Seine Verwendung zu Drechslerarbeiten und Schnitzereien, von denen jeder Reisende aus dem Bereiche des Riesen- gebirges einige Andenken mit heim nimmt, ist bekannt genug. Wenn auch die Bewohner der Knieholzregion, wie man bekanntlich nach diesem obersten Vorposten der Baumwelt diese Höhenstufe benennt, mit ihrem Holzbedürfniß zum Theil an dasselbe gewiesen sind, so hat es doch einen noch größeren Werth dadurch, daß es durch sein dichtes Geflecht der niedrigen Stämmchen auf steilen Abhängen das Abrutschen der Schnee- massen verhütet. Die Verbreitung des Knieholzes ist eine sehr große, oder viel- mehr jede rauhe Hochlage bis in die Pyrenäen hat ihre Knieholzform, seien diese nun blos Standortsvarietäten der gemeinen Kiefer oder, wie man glaubt, von dieser und unter sich verschiedene Arten, die wir aber in diesem Buche, welches solche streitige Fragen nicht zu entscheiden hat, als eine Art zusammenfassen. Diese verschiedenen Formen, oder immer- hin Arten, sind gewöhnlich auf kleine Gebiete beschränkt, so daß z. B. die Krummholzkiefer des Riesengebirges von der des Erzgebirges, der Schweiz oder Kärnthens verschieden ist. Unser Kupferstich zeigt uns eine Situation aus der Heimath der verschiedenen Krummholzkieferformen der Schweiz, woselbst jedoch, wie wir schon hörten, auch ziemlich aufrecht stehende Formen vorkommen. Außer dem Hochgebirge finden sich Kiefernformen, welche man in den großen Topf des Knieholzes wirft, auch auf den Hochmooren unserer deutschen Mittelgebirge vor, z. B. auf dem sächsisch-böhmischen Erzgebirge. An manchen solchen Orten scheint das Knieholz nicht Unbedeutendes zur Torfbildung beigetragen zu haben, da man häufig Stöcke in den Torf- stichen findet, welche man als der „Sumpfkiefer“ angehörig ansieht. Eine forstliche Bedeutung und Behandlung hat das Knieholz nicht oder höchstens nur in sofern, als man es seiner Bedeutung als Schutz gegen Abrutschen des Schnees wegen hegt. Zu seiner Anzucht wird wohl kaum irgendwo etwas gethan. Sein Reichthum an Harz und ätherischen Oelen ist durch „das Krummholzöl und Mithridat“ der be- kannten Fabel hinlänglich bekannt. Dagegen verdient es in der Land- schaftsgärtnerei alle Beachtung, weil es auch in der Ebene seinen niedrigen ausgespreizten Wuchs beibehält und daher in manchen Lagen eines Parkes mit Vortheil angewendet werden kann und eine gute Wirkung thut. Durch das Aufspringen der Zapfen, besonders nachdem sie abgefallen sind, wird deren ursprüngliche Gestalt vollkommen unkenntlich. Legt man aber solche Zapfen einige Zeit in Wasser, so saugen sie sich voll und schließen sich vollkommen wieder. Will man sie in diesem geschlossenen Zustande erhalten, so lege man sie anstatt in Wasser in eine mäßig dicke warme Leimlösung. Dadurch werden sie durch das Abtrocknen innerlich fest verklebt und springen dann nicht wieder auf. Zu Unterscheidung der Knieholzzapfen ist die Gestalt des geschlossenen Zapfens unerläßlich nothwendig. 4. Die Zirbelkiefer oder Arve, Pinus Cembra L. XLI. Die Zirbelkiefer oder Arve, Pinus Cembra L. 1. ein zweijähriger Trieb mit einem reifen Zapfen und einem weiblichen Blüthenzäpfchen; 2. Gesammtquerschnitt des Nadelbüschels und 3. Querschnitt einer einzelnen Nadel. So ähnlich auch die Zirbelkiefer der gemeinen und noch mehr der Schwarzkiefer ist, wenn wir sie im Ganzen als Baum im Auge haben, so sehr unterscheidet sie sich doch von Beiden hinsichtlich der Nadeln, der Zapfen und der Samen. Die Nadeln stehen nicht zu zwei, sondern zu fünf beisammen; was nothwendig eine keilförmige Gestalt des Nadelquerschnitts mit sich bringt ( XLII. 2. 3.). Die die Nadelscheide bildenden häutigen Schuppen sind nicht wie bei jenen Arten einander umschließende, vollkommen geschlossene häutige Röhren, sondern wirklich freie, den Nadelbüschel umstehende lanzett- förmige zarte Blättchen, welche nach der Vollendung des Triebes meist schon am Ende des ersten Sommers abfallen, also keine bleibende Scheide bilden, wie das bei jenen Kiefern der Fall ist. Es ist daher die Zirbel- kiefer noch mehr geeignet als die Schwarzkiefer, uns in dem Nadelbüschel einen Kurztrieb erkennen zu lassen. Die jüngeren Triebe sind mit einem feinen, gelblichgrauen Filz bedeckt, der aber schon an den vierjährigen Trieben vollkommen verschwunden ist. Die Zapfen sind bis fast 3 par. Zoll lang und gegen 2 par. Zoll breit, eiförmig, mit ganz abgeplatteter oder selbst etwas eingesenkter Spitze, und da sie ungefähr rechtwinkelig vom Triebe abstehen, fast nicht ungleich- seitig und haben eine große Aehnlichkeit mit einer kleinen Ananasfrucht. Die Farbe ist dunkel, fast chocolatbraun und ganz frisch meist mit einem XLII. Zapfenschuppe der Zirbelkiefer. 1. Außenseite; 2. Innenseite mit den 2 Nüßchen; 3. Schild der Zapfenschuppe; 4. Seitenansicht; 5. ein Nüßchen. bläulichen Reif, der von einer außerordentlich feinen sammetartigen Be- haarung herrührt. An den Schildern der Zapfenschuppen steht der als kurzer Haken zurückgekrümmte Nabel nicht in deren Mitte wie bei den vorigen Kiefern, sondern an der Spitze ( XLII. 1. und XLIII. 3.). Die Dauer der Reifzeit ist so ziemlich dieselbe wie bei der gemeinen Kiefer, wenn aber der Same ausfällt, so fallen die Schuppen des Zapfens zugleich mit ab, so daß sich derselbe bis auf die eine Zeit lang stehen bleibende kurze Spindel ganz auflöst. Es ist dies wesentlich dadurch bedingt, daß die Samen viel zu groß sind, als daß sie zwischen den blos klaffenden Schuppen hervorschlüpfen könnten. Die Samen sind wirkliche, kleinen Haselnüssen an Größe wenig nachstehende hartschalige Nüsse mit süßem, ölreichem Kerne und ohne Spur eines Samenflügels. Wir sehen in Figur XLII. 1. 2. 3. 4. 5. die äußere, innere, obere und Seiten- ansicht einer Zapfenschuppe, ein Nüßchen und die Lage von je zwei der- selben an der Innenseite einer Zapfenschuppe. Die Keimpflanzen der Zirbelkiefer gehen mit 8—12, meist 10, kräftigen lang zugespitzten Keim- nadeln auf, zwischen denen die kleine Stammknospe steht, deren kurze, breite, ebenfalls einzeln stehende Nadeln feine Randzähnchen haben ( XLIII. 1. 2.). XLIII. 1. Keimpflanze der Zirbelkiefer; — 2. Stammknospe derselben. Der Stamm der Zirbelkiefer ist in der ersten Lebenshälfte ein regelmäßiger gerader Schaft mit braungrauer, rissiger Borke. Die Aeste sind in dieser Zeit kurz und in der Länge wenig von einander verschieden, so daß eine dreißig- bis vierzigjährige Zirbelkiefer eine, fast bis zum Boden beästete, fast walzenförmige Krone bildet, welche nach der Spitze hin nur wenig abfällt. Hiervon ist der Habitus einer alten Zirbelkiefer gründlich verschieden, indem sie zahlreiche, starke Aeste ausbildet, von denen meist einige (Willkomm fand deren bis 9) als Seitenwipfel sich aufrichten. Das Arvenholz hat einen rein gelblichweißen Splint und gelbrothes Kernholz und einen angenehmen Harzgeruch, der die Insekten abhält, ob- gleich es wenig Harz enthält, wenigstens im Alter nicht verkient. Den- noch hat es namentlich im Herbstholze der Jahresringe ziemlich zahlreiche Harzporen. Es ist nach dem Zeugniß der Alpenbewohner von außerordent- licher Dauer. Die Wurzel greift mit ihren starken Aesten außerordentlich tief in ihren felsigen Standort ein und die Arve wird daher von den stärksten Stürmen wohl zum Theil ihrer Krone beraubt, aber nur sehr selten entwurzelt. Ihr Standort ist ein mäßig feuchter, tiefgründiger Boden mit felsigem Untergrunde. Wild wachsend findet sich die Zirbelkiefer nur in der Alpenregion und geht in dieser von 4000 Fuß Seehöhe an selbst noch über das Krummholz hinaus bis 7000 Fuß. Ihr Vaterland ist nur dieser hohe Gürtel der Schweizer und Tyroler Alpen, einschließlich des bayrischen und östreichischen Hochlandes und die Karpathen, da die Angabe, daß sie auch auf den Pyrenäen und in Sibirien wachse, wahrscheinlich auf einer Verwechselung mit einer verwandten Kiefernart beruht. Innerhalb der deutschen Alpen, worunter wir namentlich das bayrische Hochland und Tyrol verstehen, bildet die Arve keinen zusammenhängenden Waldgürtel, sondern tritt nur an einzelnen Stellen massenhaft auf, welche durch große Lücken weit von einander getrennt sind. Das Leben der Arve trägt durchaus die Spuren des gefahrvollen und kümmerlichen Hochalpenlebens. Die aus dem Samen aufgehenden Pflänzchen bleiben ziemlich lange Zeit kleine, sich zwischen den Alpenrosen und anderen niedrigern Alpensträuchern duckende Büschchen, die nur sehr allmälig zum schlanken Schaftwuchs übergehen und zu einem rechten Baumwuchs gelangt sie oft erst nach anderthalb Jahrhunderten ihres Lebens. Tschudi nennt die Arve sehr passend Alpen-Ceder, denn in dem ganzen angegebenen Alpengürtel, der schon an der Dauphin è anhebt, bietet sie dasselbe Bild dar, wie auf dem Libanon die Ceder. Selbst an denjenigen Orten, wo die Arve in Menge wächst, steht sie nur selten in hinlänglichem Schluß, um von einem wirklichen Bestande reden zu können. Auf der durch ihre Aussicht auf die Jungfrau weltberühmten Wengernalp, wo ich sie allein auf ihrem Heimathsstandorte gesehen habe, machen die vereinzelt umherstehenden abgewetterten Arven einen eigenthümlichen, traurig stimmenden Eindruck. Was man sieht kann man nicht besser bezeichnen, als mit dem Namen einer Waldruine. Kein einziger Baum zeigt sich noch im Besitz aller seiner Aeste, man sieht keine einzige vollständige Krone; mächtige, oft in Splitter ausgehende Aststummel erzählen, daß jeder Baum schon mehr als einmal dem wüthenden Fön seinen Tribut zu zahlen hatte. Die kurzen stämmigen Schäfte, welche 7—8 Fuß Umfang er- reichen, sind nicht selten großentheils entrindet und das hellaschgraue verwitterte Holz hat etwas leichenhaftes, während die ebenfalls entrindeten, aus dem Boden hervortretenden starken Wurzeln schlangenartig dahin kriechen, nur ihre kräftigen Enden tief in den ewig feuchten Alpenboden einsenkend. Ganz abgestorbene und entrindete Bäume, die kein einziges grünendes Reiß mehr haben, bleiben lange Zeit vom Sturme ungeworfen stehen, als Denkmale einstiger Baumherrlichkeit. Willkomm hat zuerst auf eine eigenthümliche Erscheinung in dem Leben der Arve aufmerksam gemacht, indem dieselben von dem Wipfel an abwärts abzusterben beginnt und in demselben Maaße als dies mit der Hauptachse geschieht, Aeste zu Seitenwipfeln emporrichtet. Willkomm beobachtete solche vielwipfelige Arven namentlich am Wettersteinwalde im bayrischen Hochlande, wo er keine einzige alte Arve ohne dieses auf- fallende Merkmal der mit den Widerwärtigkeiten des Klimas ringenden Verjüngungskraft fand. Diese Seite des Arvenlebens ist ohne Zweifel in der rauhen Hochlage ihrer Heimath bedingt, welche eben nicht im Stande ist, die große Reproduktionskraft dieses äußersten Vorpostens des Baumlebens zu hindern, den Verlust der Hauptachse durch Ueber- tragung ihrer Funktion an eine Seitenachse zu ersetzen. Es geht aus diesen Mittheilungen zum Theil schon von selbst hervor, daß die Arve kein eigentlicher Waldbaum ist und von einer eigentlichen forstlichen Behandlung derselben kaum die Rede sein kann. Letztere wird dadurch ganz besonders erschwert und beinahe unmöglich gemacht, daß sie fast nur noch an solchen Stellen wächst, die nur der Aelpler und sein kletterndes Weidevieh erklimmen kann und von welchen ein Fortschaffen des Holzes eine Unmöglichkeit ist. In dem ganzen Umfang des bayrischen Hochlandes wächst die Arve nur an Orten der oben bezeichneten Art, welche wegen ihrer Unzugänglichkeit nach Willkomms Mittheilung als „unproduktives Terrain“ geradezu aus der Forstbewirthschaftung ausge- schlossen ist, wobei Dieser jedoch die Meinung ausspricht, daß es an manchen dieser Orte doch nicht unmöglich sein würde Arven künstlich zu erziehen und Klötzer herabzuschaffen. Außerhalb ihres ursprünglichen Heimathstandortes kommt die Arve nur sehr vereinzelt, namentlich in Lustwäldern vor. Nach dem guten Gedeihn, welches die Arve hier meistentheils zeigt, ist jedoch zu ver- muthen, daß sie in Deutschland an vielen Orten mit Erfolg anzubauen sein würde. In dem erst 1811 angelegten Forstgarten der Tharander Akademie stehen zahlreiche, schon wieder 12 Schuh hohe Arvenstämmchen, welche aus Samen erzogen worden sind, welchen Arven, die 1811 hier gepflanzt worden, getragen haben. Die Erzeugung keimfähigen Samens ist aber sicher ein Zeichen, daß ein Baum da, wo er dies thut, sich in gedeihlicher Lage befindet. Die Schönheit des Baumes muß sehr zu Anbauversuchen auffordern, um so mehr als er in seiner Alpenheimath mehr und mehr abnimmt. Hierzu wirken mancherlei ungünstige Ver- hältnisse zusammen: das Alpenweidevieh verbeißt und zertritt die auf- gehenden Pflänzchen und der Aelpler selbst theilt sich mit dem Tannen- häher, Corvus Caryocatactes, in die süßen Nüßchen. Wo es nur immer möglich ist das Holz hinwegzuschaffen, benutzt man dasselbe vor allen anderen am liebsten zu Alpenhausgeräthe aller Art und zu Schnitze- reien, zu welchen letzteren es wegen seiner großen Feinheit und Gleich- mäßigkeit sich vortrefflich eignet, da die Jahresringe wegen des fast gänzlich mangelnden Unterschiedes zwischen Frühjahr- und Herbstholz sehr wenig hervortreten. Das schöne gleichmäßige Holz wird namentlich auch von den Pianofortefabrikanten als Resonanzholz sehr gesucht und theuer bezahlt. Als Zierbaum für Parkanlagen ist die Arve nur in rauhen Ge- birgslagen, mit feuchtem fruchtbarem Felsboden zu empfehlen, weil diese ihrer ursprünglichen Heimath am nächsten kommen. Aber auch hier er- reicht sie ihren grotesken Charakter erst in hohem Alter. Bis zu dem Alter, wo ihre weitästige Kronenabwölbung beginnt, gleicht sie der schnell- wüchsigen ebenfalls fünfnadeligen Weymouthskiefer ( P. Strobus ) so sehr, daß sie sich neben dieser kaum geltend machen kann. 5. Die Fichte oder Rothtanne, Picea excelsa Lamarck (Pinus abies L., P. picea Duroi). Hinsichtlich der Blüthen, der männlichen sowohl wie der weib- lichen, besteht zwischen den Kiefern, Fichten, Tannen und Lärchen, also allen Arten der alten Linn é ’schen Gattung Pinus, eine große Aehnlichkeit, so daß wenigstens in den ersteren kein Grund zu einer Gattungsab- trennung gegeben ist. Die männlichen Blüthenkätzchen stehen einzeln an den vor- jährigen Trieben zwischen den Nadeln und sind schon im vorhergehenden Jahre als dickere Knospen zu unterscheiden. Kurz vor der Entfaltung sind die in den zahlreichen Staubbeuteln, aus denen sie bestehen, noch dicht zusammenschließenden ei- oder kugelrunden, scharlachrothen, haselnuß- großen Kätzchen den Erdbeeren außerordentlich ähnlich, werden aber beim Aufspringen der Staubbeutel schwefelgelb. Diese springen in 2 Fächer auf, aus welchen der Blüthenstaub austritt und tragen nach oben einen am Rande gezähnelten Hautkamm ( XLIV. ). Die weiblichen Blüthenzäpfchen stehen an den Spitzen der vorjährigen Triebe (2), sind karminroth, stumpf kegelförmig und etwa 1½—2 Zoll lang, die Samenschuppen sind abwärts geschlagen und vor jeder steht äußerlich eine sehr kurze Deckschuppe; innerlich tragen sie am Grunde die 2 Samenknospen. Nach der Bestäubung biegt sich das Zäpfchen nieder und die reifen Zapfen hängen daher an den Spitzen meist kurzer Triebe abwärts. Die Zapfenschuppen haben nicht das ausgesprochene Schild des Kiefernzapfens, sondern sind von durchaus gleicher Beschaffenheit, derb pergamentartig XLIV. 1. Zweig mit männlichen Blüthenkätzchen; — 2. Triebspitze mit einem weiblichen Blüthenzäpfchen; — 3. reifer Zapfen; — 4. 5. Zapfenschuppe von außen mit der sehr kleinen Deckschuppe am Grunde, und von innen mit dem aufliegenden Samenpaar; — 6. wie 5. mit den Abdrücken des entfernten Samenpaares; — 7. Same mit und ohne Flügel und Flügel allein; — 8. aufgesprungenes Staubgefäß von zwei Seiten; — 9. Nadel und Querschnitt ders.; — 10. Keimpflänzchen mit der noch aufsitzenden Samen- schale; — 11. dasselbe ohne diese; — 12. (an Fig. 1.) eine Galle des Fichtenblattsaugers. Roßmäßler, der Wald. 20 und an der bedeckten untern Hälfte kaum dunkler als an der oberen freien hell lederbräunlich gefärbten. Sie gehen oft in eine kurze ab- gestumpfte Spitze aus und haben meist einen ausgenagten, welligen Rand. Die Deckschuppen des ausgewachsenen Zapfens sind sehr verkümmert und sitzen am Grunde der Samenschuppen. Die Samen sind geflügelt, jedoch so, daß der Flügel an seinem unteren Ende eine löffelartige Aushöhlung hat, in welche das spitzeiförmige schwarzbraune Samenkorn eingedrückt und von einem schmalen Umschlage des inneren Flügelrandes etwas gehalten wird. Der Flügel ist zungen- förmig, stumpf zugerundet, rothgelb und fast symmetrisch (7). Die Samen liegen wie bei allen echten Zapfenbäumen je zu 2 nebeneinander an den Samenschuppen angedrückt. Der Same reift im Oktober und fliegt je nach der Witterung theils sofort, meist aber erst im nächsten Frühjahr ab. Die entleerten Zapfen, deren Schuppen höchst regelmäßig in Schraubenlinien stehen und dann be- deutend klaffen, fallen im Laufe des nächsten Jahres ab. Je nach dem Standorte, dem Alter und Gesundheitszustande der Bäume erreichen die Fichtenzapfen eine Länge von 3—7 Zoll und 1—2½ Zoll Dicke (3). Die Nadeln sind ziemlich gerade, kurz zugespitzt, mehr oder weniger spitzig, deutlich vierseitig und stumpf vierkantig. An jeder der 4 Seiten bemerkt man mit der Lupe 3—4 zierliche weiße Punktlinien. Der Querschnitt der Nadel ist deutlich rautenförmig und oft sogar ziemlich regelmäßig quadratisch (9). An den kräftigen Trieben des Wipfels sind die Nadeln deutlich aufwärts gekrümmt. Sie stehen übrigens wie bei allen Zapfenbäumen in Schraubenlinien rings um den ganzen Trieb herum, sind aber an den dünnen Trieben langer meist hängender Aeste oft deutlich nach 2 entgegengesetzten Seiten gerichtet. Die Keimpflanze der Fichte (10) hat 6—9 Keimnadeln, welche lang zugespitzt und viel länger als die Nadeln der Stammknospe sind. Der Stamm alter im Schlusse erwachsener Bäume ist immer walzenrund, kerzengerade und fällt nach oben langsam und allmälig aber mehr als der der Tanne zu einem langausgezogenen Kegel ab. Die Rinde alter Bäume ist düster graubraun und mit vielen kleinen Borken- täfelchen bedeckt. Sie wird nicht leicht über ½ Zoll dick und enthält eine gerbstoffreiche Bastschicht. Die Aeste bleiben auch an alten Fichten verhältnißmäßig schwach, selten bis 3 Zoll stark und stehen abwärts geneigt und meist mit den Spitzen in einem flachen Bogen aufwärts gekrümmt bis tief herab an dem Stamme, so daß die Krone dem Umrisse nach ein regelmäßiges spitzes, pyramidales Zeltdach und der Wipfel immer dessen bleibende Spitze bildet. Eine eigentliche Kronen- abwölbung findet daher bei der Fichte gar nicht statt, ja sie ist — da diese selbst bei der Tanne in einigem Grade statt hat — mit der Lärche der einzige Baum ohne Kronenabwölbung. Den verlorenen Wipfel kann die Fichte nur in der Jugend durch Aufrichtung eines Seitentriebes aus einer Seitenknospe ersetzen, in höherem Alter weniger. Die Fichtenkrone ist viel dichter als die der Kiefer, was theils durch die dichte Benadelung der bei räumlicher Stellung bis tief herab den Schaft verhüllenden Zweige, theils dadurch bedingt ist, daß sie außer den End- und Quirltrieben auch eine Menge Seitentriebe macht, welche den Kiefern abgehen. Der Habitus der jungen Fichten und das gute Ge- deihen derselben in grasigen Kulturen — dafern nur das Gras die Pflänzchen nicht überwächst — deuten darauf hin, daß die Fichte eine Beschattung ihres Stammes erfordert wie sie überhaupt zu den Schatten- bäumen gehört. Daß der Wurzel der Fichte die Pfahlwurzel gänzlich abgeht, daß sie vielmehr nur in der Oberfläche ihres Standortes bleibende kräftige Wurzeln treibt, haben wir bei Besprechung der Gefahren des Wind- bruches (S. 247) schon erfahren. Durch diese horizontal in sehr geringer Tiefe streichenden Wurzeln bildet sich in geschlossenen Fichtenbeständen ein dichtes Wurzelgeflecht, in welchem die Wurzeläste benachbarter Bäume oft verwachsen und so zu Stocküberwallungen Anlaß geben. In den Gebirgswaldungen findet man zuweilen einzelne alte Fichten, welche wie ein Pfeilertisch auf 3—4 über eine Elle hohen freien Wurzeln wie auf Stelzen stehen, was bei anderen Bäumen viel seltener vorkommt. Diese an die bekannte Erscheinung der Mangrovenwälder der Tropen erinnernde Wurzelbildung ist in folgender Weise bedingt. Ungerodet im Walde stehen bleibende Stöcke Es ist für manche meiner fern vom Walde wohnenden Leser doch vielleicht nicht überflüssig, hier einzuschalten, daß Stock die Wurzel eines Baumes mit dem beim Fällen daran bleibenden längeren oder kürzeren Stammende ist. fallen natürlich, wenn es Nadelholzstöcke sind, 20* die kein Ausschlagsvermögen haben, der Verwesung bald anheim und diese spricht sich zunächst oben am Abhiebe aus, wo durch die eindringende Feuchtigkeit das Holz zunächst in der Mitte verfault und in Moder zer- fällt. In der dadurch entstehenden und sich mit der Zeit immer mehr vertiefenden Einsenkung des Stockes bildet sich mit Hülfe des hinein- geweheten Staubes und des Unrathes der Vögel, die sich gern auf solche Stöcke setzen, eine gedeihliche Holzerde, der Stock wird so zu sagen zu einem Pflanzenkübel. In diesen hineinfallende Fichtensamen keimen und die mit dem Vordringen der Vermoderung des Holzes gleichen Schrittes tiefer dringenden Wurzeln des Bäumchens gelangen endlich in den Boden und so stehen denn endlich, wenn zwischen ihnen der Stock ganz weggefault ist, die oberen Wurzelnden der in dem Stocke geborenen Fichte schräg abwärts frei in der Luft: der Baum steht auf Stelzen. Das Fichtenholz unterscheidet sich von dem Kiefernholz durch größere Weiße und den gänzlichen Mangel eines eigentlichen Kernes; Jahresringe stark bezeichnet mit deutlicher Unterscheidung des Frühjahrs- und Herbstholzes; die ziemlich spärlichen Harzporen fast nur in jenem. Es ist dennoch ziemlich harzreich und das Harzscharren wird fast nur mit der Fichte betrieben. Dem Kiefern- und Lärchenholze steht es an Dauer- haftigkeit weit nach. Der Standort der Fichte muß vor allem frisch, steinig und moder- reich und nicht zu flachgründig sein. Da sie besonders Luftfeuchtigkeit verlangt, durch welche ihr zum Theil die Bodenfeuchtigkeit ersetzt werden kann, und durch Wärme mehr leidet als die Kiefer, so ist sie mehr ein Gebirgs- als ein Ebenen-Baum. Kühle feuchte Hänge, also Abend- und Mitternachtlage, sagen ihr im Gebirge mehr zu, als die entgegengesetzten. Sie kann selbst auf offenbaren Versumpfungen noch gedeihen, wird dann aber bald rothfaul und bleibt mehr strauchartig. Die Fichte scheint am liebsten auf gewissen Urgebirgsarten, namentlich auf Gneis, Granit, Syenit, Prophyr und Thonschiefer zu gedeihen. Neben diesen mineralischen Bodenbestandtheilen hat sie aber stets ein großes Bedürfniß von Moder- stoffen und gedeiht deshalb ganz besonders gut auf einem felsigen Boden, zwischen dessen Blöcken ein reicher Vorrath von verwesenden Pflanzen- theilen eingebettet ist. Daß ihr aber die Fruchtbarkeit des Bodens wenigstens zum Theil durch Luftfeuchtigkeit ersetzt werden kann, ist daraus zu ersehen, daß an einigen Orten der Ostseeküste die Fichte auf den sandigen Dünen gut gedeiht, was nur durch die Feuchtigkeit der See- winde bedingt sein kann. Die Verbreitung ist sowohl in der Höhe wie in der Fläche sehr bestimmt charakerisirt. Die Fichte kommt als Ebenenbaum erst in Nord- ostdeutschland, namentlich in der Niederlausitz, Schlesien, Ostpreußen und jenseit der Weichsel vor, mehr südlich und westlich ist sie Gebirgsbaum und steigt hier, namentlich in den Alpen, bis zur Knieholzregion hinauf. In unseren deutschen Mittelgebirgen, Harz, Erzgebirge, Böhmerwald u. s. w. ist sie der herrschende Baum und bildet daselbst reine Bestände von großer Ausdehnung. In solchen wird, wenn sie einen dichten Schluß haben, der Schaft sehr „vollholzig“, d. h. der Walzenform nahe kommend, nach der Spitze hin weniger abfallend, während freier stehende Fichten mehr „abholzig“ sind, d. h. einen nach oben stärker abfallenden, also mehr kegelförmigen Schaft erhalten. Außerhalb Deutschland ist die Fichte nicht so weit verbreitet wie die Kiefer, da sie weder große Wärme noch eine niedrigere als + 1° betragende mittle Jahrestemperatur ver- tragen kann. Das Leben der Fichte vom Aufkeimen an bis zum höchsten Alter zeigt mancherlei Eigenthümlichkeiten, die bei ihrer forstlichen Behandlung zum Theil sehr maaßgebend sind. Obgleich ein eingeborener deutscher Baum leidet sie doch selbst durch geringe Spätfröste, indem ihre Anfang Mai austretenden jungen gelbgrünen sehr vollsaftigen Triebe oft er- frieren. Die Knospenschuppen fallen, nachdem die Triebe hervorgetreten sind, nicht wie bei der Kiefer ab, sondern bleiben zurückgekrümmt stehen und umfassen als ein zierliches Körbchen den Grund des Triebes. In der ersten Jugend werden die Fichtenpflänzchen leicht durch den Gras- wuchs erdrückt, so daß man aus diesem Grunde wenigstens keine Vollsaat, sondern nur Plätze- und Riefensaat anwenden kann und noch besser, wenn man nicht gar zu große Flächen zu kultiviren hat, Pflanzung vorzieht. Wenn der Boden nicht ungewöhnlich fruchtbar ist, kommen die jungen Fichten vor dem 4.—6. Jahre nach der Pflanzung nicht recht zu einen entschiedenen Längenwachsthum, dann aber tritt meist ein sehr auffallender Längenwuchs ein, so daß der Herztrieb nicht selten das Drei- bis Vier- fache der vorhergehenden Jahre erreicht. Dieses verschiedene Verhalten zeigt auch dem Unkundigen deutlich, wenn er eine Fichtenkultur überblickt, ob sie das Nachkränkeln der Verpflanzung bereits überwunden hat oder nicht. Später im Stangenholzalter tritt eine lange Periode langsamen Wuchses ein, und erst nach dem 20. bis 30. Jahre folgt ein rascheres Wachsthum. Die Eigenschaft der Fichte, welche sie mit der Tanne und Lärche vor der Kiefer voraus hat, außer den Endknospen an den Spitzen der Triebe auch Seitenknospen zu haben, welche aus den Achseln der Nadeln entspringen, bringt es mit sich, daß in gutem Schlusse stehende Fichtenorte sehr dicht sind und selbst im Dickicht- und Stangenholzalter nicht die steife Regelmäßigkeit der Zweigstellung haben wie jene. Ist auch die Fichte sehr abhängig von der Beschaffenheit ihres Standortes, welche Abhängigkeit sich fast immer durch ihr äußeres Aussehen zu er- kennen giebt, so kommen doch auch sehr viele Fälle vor, wo man bei anscheinend gleichen Standortsverhältnissen Leben und Gedeihen der Fichte von ganz entgegengesetztem Verhalten findet. In den Alpen findet man sie auf derselben Höhenstufe an dem einen Orte von ungewöhnlich gutem Gedeihen und von besonders schlankschaftigem Wuchs, während sie an einem anderen krüppelhaft und kümmerlich ist. Ganz besonders scheinen stetige Luftströmungen einen nachtheiligen Einfluß auf sie aus- zuüben und ihr eine besondere bestimmte Richtung ihrer Zweige zu geben, ohne daß jedoch dadurch, wie es bei den Laubhölzern der Fall ist, die senkrechte Haltung des Stammes beeinträchtigt wird. Sendtner erzählt, daß in den bayrischen Gebirgen, ohne Zweifel in Folge der herrschenden westlichen Luftströmung, die Zweige der Fichte alle nach Osten gerichtet sind. Das große Widerstandsvermögen, welches im Ganzen der Fichte dennoch eigen zu sein scheint, spricht sich unter Anderm dadurch aus, daß selbst diejenigen Fichten, die bis hart an die Region des Knieholzes und der Arve herauf reichen, meist noch einen ganz normalen Wuchs zeigen. Nur in sehr zugigen Alpengassen, wie z. B. im Oberhaslithale von der Handeck an aufwärts, zeigen die Fichten durch Verkrüppelung und Verletzung der Wipfel und Astarmuth die Folgen der Alpenstürme. Hier sind die sogenannten „Wettertannen“ zu erwähnen, welche auf höheren Alpenstufen meist einzeln stehende Fichten sind, von einem ähnlichen Bau, wie wir ihn bei der Arve kennen gelernt haben. Ent- gegen der Natur der Fichte, im höheren Alter die Zweige horizontal oder abwärts geneigt zu tragen, richten sich an den Wettertannen einige von diesen als Seitenwipfel rings um den in der Mitte stehenden Haupt- wipfel empor und beschirmen so mit ihrer dichtbenadelten Krone einen großen Platz, ausreichend den Alpenhirten mit sammt seiner Heerde gegen die Unbill des Alpengewitters zu beschirmen. Unter allen Nadelhölzern zeigt auch sonst in jeder Beziehung die Fichte große Schwankungen des Habitus, welche sich freilich mehr in kleinen Verhältnissen ausspricht, da im großen Ganzen die Pyramiden- gestalt von ihr streng festgehalten wird. Man fühlt sich dann oft auf- gefordert, im Boden und sonstigen Standortsbedingungen nach dem Grunde zu forschen, warum die eine Fichte recht eigentlich das Bild des Trübsinns ist, indem an allen ihren weitausgreifenden Aesten alle Zweige als ellenlange kaum bleistiftdicke Ruthen vollkommen senkrecht herab- hängen, während eine andere eben so alte ihr feines Zweigwerk horizontal oder mit den Spitzen sogar aufwärts gerichtet trägt. In den deutschen Gebirgen findet man in den Thalschluchten die Bäche und Mühlgräben entlang sehr oft alte Fichten, welche eine solche Regelmäßigkeit des Höhenwuchses zeigen, daß von Quirl zu Quirl fast bis auf den Zoll derselbe Abstand ist. Es ist dies ohne Zweifel die Folge davon, daß der ewig gleiche Feuchtigkeitsgehalt ihres Standorts hier immer die gleichen Wachsthumsbedingungen darbietet. Nicht selten trifft man, namentlich in horstweise bestandenen Fichtenorten einzelne alte Bäume, deren unterste Aeste auf dem Boden aufliegen und hier zwischen den Waldkräutern in dem moderreichen Boden sogar Adventivwurzeln treiben. Wegen ihrer außerordentlich dichten Benadelung haben alte Fichten- bestände eine dicke „Nadelstreu“ unter sich und tragen daher sehr viel zur Bodenverbesserung bei; denn die nicht sehr harzreichen Fichtennadeln ver- faulen schneller als die der Kiefern. Wegen dieser Bereicherung des Fichtenwaldbodens durch den starken Nadelfall stellen sich dann auf frischem Boden gewöhnlich zahlreiche Moose ein, wodurch oft eine dichte Moosdecke gebildet wird, meist aus Astmoosen ( Hypnum ), Widerthon ( Polytrichum ) und Gabelzahnen ( Dicranum ) bestehend. Nur die Tanne kann an Stammhöhe, aber auch diese nur in einzelnen bevorzugten Stämmen, an Höhe mit der Fichte wetteifern. Sie kann bei 5 Fuß und darüber Durchmesser eine Höhe von 200 Fuß erreichen, und es sind dann, wie leicht erklärlich, die Stämme um so mehr „aus- haltend“, d. h. nach oben hin nur langsam an Dicke abnehmend, je geschlossner sie stehen. Jedoch wird sie hierin von der Tanne übertroffen (siehe diese). Ihr Alter kann die Fichte auf 300 Jahre bringen und sie wird deshalb auf einen „hohen Umtrieb“ gestellt, d. h. man läßt die Bestände 80—140 Jahre alt werden, ehe man sie abtreibt. Samentragend wird sie erst im späteren Alter, selten unter 50 Jahren und dann haben in reichen Samenjahren, die je nach den klimatischen und Bodenverhält- nissen wiederkehren, in vielen Gegenden durchschnittlich je nach 5 Jahren, die zapfentragenden Fichten durch die hellbraunen, nur im oberen Wipfel an den Spitzen der kürzeren Triebe abwärtshängenden, langen Zapfen einen sehr in die Augen fallenden Schmuck. Es kommt zuweilen, wie vor 3 Jahren (1858) vor, daß die Wipfel die Last der Zapfen nicht tragen können, und, wie es in jenem Jahre z. B. in altenburgischen Forsten der Fall war, bedeutender Wipfelbruch eintritt. Um so weniger kann man sich der sonderbaren teleologischen Ansicht anschließen, welche vor kurzem noch unser berühmtester deutscher Forstmann aussprach, „daß die Natur durch die sogenannten Fichtenabsprünge sich des Ueberflusses der männlichen Blüthen entledigen wolle, um mehr Kräfte zur Ausbildung der zahlreichen Zapfen zu haben“. Diese Fichtenabsprünge sind etwa fingerlange ganz frische Triebe, welche man während des Winters, meist bei bevorstehenden Samenjahren, manchmal in großer Menge am Boden unter den Bäumen liegen sieht. Die Ursache derselben ist lange ein Gegenstand des Streites gewesen, bis man sich jetzt ziemlich allgemein dahin geeinigt hat, sie den Vögeln, namentlich Kreuzschnäbeln und den Eichhörnchen zuzuschreiben, welche, den männlichen Blüthenknospen nach- strebend, die Triebe abbeißen. Ob, wie Derselbe behauptet, die Triebe, die stets ganz gesund, frisch und vollsaftig sind, in den Anfügungsstellen auch zuweilen von selbst abbrechen, steht wohl nach dahin. Auf der Eigenschaft der Fichte als Schattenpflanze beruht es, daß gleichaltrige Bestände sich in sehr dichtem Schlusse halten und unter allen Forstbäumen auf einer gegebenen Fläche von keinem so viele als von der Fichte Platz finden. Daher findet in geschlossenen Fichtenbeständen die größte Holzerzeugung statt. Bei den Durchforstungen , die bei der Schattenliebe der Fichte nicht so dringend und vorsorglich wie bei der lichtbedürfenden Kiefer geboten sind, muß man daher auch eine Frei- stellung der einzelnen Bäumchen vermeiden und nur die wirklich unter- drückten Stämmchen herausnehmen. Ihr ganzes Leben hindurch ist die Fichte mancherlei Gefahren aus- gesetzt. Bei ihrer flachen Bewurzelung leidet sie namentlich in der Jugend und bei sehr räumlichen Stande selbst bis in ein höheres Alter sehr durch Dürre des Bodens. Da die Pflanzen der ausgeführten Kulturen anfangs sehr langsam wachsen und ohnehin oft sehr junge kaum über fingerlange Pflänzchen verwendet werden, so leiden sie nicht selten durch den Graswuchs, nicht allein durch Ueberwachsen und Verdämmen der emporschießenden Unkräuter, sondern auch durch den Wurzelfilz derselben, welcher die flachen Fichtenwurzeln an der Ausbreitung hindert. Zur Vermeidung der Gefahren des Graswuchses wendet man mit Nutzen Riefensaat und Büschelpflanzung an. Letztere besteht darin, daß man aus den Saatbeeten des Pflanzgartens nicht einzelne Pflänzchen, sondern ganze Büschel von 6—8 3- bis 4jährigen Pflänzchen mit dem anhangenden Boden in die Mitte kleiner frei gemachter Plätze auspflanzt. Im angehenden Stangenholzalter leiden die Fichtenorte in rauhen Gebirgslagen viel durch Schneedruck , den wir sammt seinen meteorolo- gischen Verwandten dem Duftanhang und dem Windbruch , welcher letztere den flachbewurzelten Fichten besonders verhängnißvoll wird, schon oben (Seite 246 ff.) kennen lernten. Die häufigste Krankheit der Fichte ist die Kern - oder Rothfäule , welche namentlich auf sehr fruchtbarem Boden in warmer Lage entsteht und sich durch eine braunrothe Farbe des von innen heraus feucht und morsch werdenden Holzes ausspricht. Auf Moorboden wird die Fichte wipfeldürr und auf sehr trockenem Boden sterben selbst 30jährige Fichten durch die Bodentrockniß . Unter den mancherlei schädlichen Insekten sind mehrere Arten von Borkenkäfern vor allen zu nennen, von denen namentlich der gemeine oder Fichten - oder Buchdruckerborkenkäfer , Bostrichus typographus, der gefährlichste Feind der Fichte ist und sich unter allen Umständen in den geworfenen Stämmen nach Winterstürmen einstellt. Der kleine schwarzbraune fein behaarte Käfer ( XLV. 1. und 1 a. ) bohrt in die Rinde erwachsener Kiefern ein seinem Leibesumfange angemessenes Loch bis auf den Splint und weitet dann eine kleine Höhle in der Bast- schicht aus von der er auf- und abwärts einen lothrechten Gang, den Muttergang , nagt, zu dessen beiden Seiten das Weibchen sehr kleine milchbläuliche Eier einzeln in Grübchen ablegt. Die auskommenden XLV. Der Fichtenborkenkäfer, Bostrichus typographus. 1. und 1 a. der Käfer vergr. und in nat. Gr.; — 2. ein Bein von der Seite; — 3. das Fußblatt von oben; — 4. ein Fühlhorn (Alles bedeutend vergr.); — 5. die Larve vergr. und in nat. Gr.; — 6. Puppe eben so, der Strich links bezeichnet die nat. Gr.; — 7. eine Brutkolonie (Siehe den Text), oben bei 8 eine solche von B. chalcographus. Lärvchen fressen von dem Hauptgange seitwärts mit ihrem eigenen Wachs- thum immer weiter nöthig werdende Larvengänge , in deren zu einer eiförmigen Höhle ausgenagtem Ende sie sich verpuppen. Die ausge- krochenen Käfer nagen sich dann nachdem sie noch einige Tage lang sich an ihrem Geburtsorte unregelmäßige Gänge wühlten, ein Loch in die Rinde um ins Freie zu kommen. Unsere Fig. 7. zeigt uns eine solche Brutkolonie auf der Bastseite eines Rindenstücks, deren zierliche Gestalt dem Käfer den Namen gegeben hat. Wir sehen am Ende der Gänge die Larven in den Endhöhlen der Verpuppung gewärtig. Im April und Mai fliegen die aus ihren Winterverstecken hervorkommenden Käfer die Fichten an und gewöhnlich schon nach 8—10 Wochen ist die Brut vollendet. Da wir die wichtige Bedeutung der Bastschicht der Rinde für das Baumleben kennen (S. 170), so begreifen wir die Schädlichkeit dieses Käfers und es ist auch eine Fichte, in welcher zahlreiche Bruten desselben in der Bastschicht nagen dem Tode unrettbar verfallen. Wie es bei den Schlupfwespen der Fall war, so ist auch der Borken- käfer der Gegenstand eines heftigen Meinungskampfes gewesen, nämlich darüber, ob derselbe auch gesunde oder nicht vielmehr blos kranke Fichten angehe. Man konnte sich nämlich nicht denken, daß der Käfer sich sollte bis auf die Bastschicht einbohren können, ohne von dem fließenden Harz erstickt zu werden. Zu leugnen ist allerdings nicht, daß der Borkenkäfer am liebsten und zuerst solche Bäume angeht, welche aus irgend einem Grunde kränkeln; aber die Erfahrung hat leider nur zu oft und zu ein- dringlich gelehrt, daß er sich zuletzt auch auf gesunde Bestände stürzt, denn es ist nicht anzunehmen, daß die Tausende von Ackern reiner Fichtenbestände, welche der Borkenkäfer namentlich im vorigen Jahr- hunderte auf dem Harz und in Sachsen getödtet hat, alle krank gewesen sein sollten. Die Natur des kleinen furchtbaren Feindes, welche ihn vorzugsweise auf kränkelnde Fichtenorte anweist, giebt dem Forstmann den Wink, bei der Beschützung seiner Fichtenbestände namentlich die für den Borkenkäfer geeignetsten kränkelnden Orte im Auge zu behalten und außerdem zu- weilen, namentlich im Frühjahr „Fangbäume“, d. h. gefällte und entästete Stämme, zu legen um daraus, ob und wie viel Käfer sich in ihnen ein- finden, zu ermessen, ob überhaupt Borkenkäfer in besorglicher Menge in der Nähe sind. Große Gefahr ist immer im Gefolge eines Windbruchs, weil in den geworfenen Stämmen sich die Borkenkäfer einfinden und deren Nachkommen alsdann sich auf die Bestände werfen. Es ist darum nothwendig, geworfene Stämme sofort vollständig zu schälen, wenn man sie nicht sogleich aufbereiten lassen kann. Das Leiden der Fichtenbestände durch den Borkenkäfer heißt schon von Alters her die Wurmtrockniß . Als ein zweiter Fichtenbestands-Verderber ist ein Schmetterling zu nennen: die Nonne , Bombyx monacha, welcher die Nadeln der Fichte frißt und dadurch unausbleiblich deren Tod herbeiführt. Ein Rüsselkäfer, der Fichtenrüsselkäfer , Curculio Pini, nimmt die Fichtenkulturen oft hart mit, indem er die Rinde der jungen Pflanzen benagt und dadurch dieselben tödtet. Im Allgemeinen leidet die Fichte jedoch durch Insekten weniger als die Kiefer. Hier sei noch einer sonderbaren Mißbildung gedacht, welche namentlich bei der Fichte, Kiefer und Esche nicht gar selten, jedoch auch bei anderen Pflanzen vorkommt. Es ist dies die Verbänderung , fasciatio oder caulis fasciatus, deren Besprechung hier eingeschaltet und durch den beistehenden Holzschnitt ( XLVI. ) veranschaulicht werden soll. Der Erscheinung nach besteht sie einfach darin, daß Stengelgebilde, welche bekanntlich meist einen runden Querschnitt haben, bandartig breit gedrückt sind und scheinbar aus einer Menge, zu einer Fläche verwachsener, gleichartiger Gebilde bestehen; was sich auch zuweilen aber nur selten als wirklich so sich verhaltend nachweisen läßt. An den Verbänderungen findet sich meistentheils eine große Anzahl von Blättern, und da gewöhnlich von der Anheftungsstelle des Blattes eine Kante am Stengel herabläuft, so erscheinen deshalb die meisten Verbänderungen auf ihren beiden Flächen gefurcht und mit erhabenen Streifen versehen. Auf dem Querschnitte kann man oft leichter als äußerlich das Bedingtsein der Verbänderungen, als von einer Ver- wachsung mehrerer gleichartiger Stengelgebilde nicht herrührend nach- weisen, da die anatomische Zusammensetzung aus Mark, Holz und Rinde ihre normalen Verhältnisse zeigt, indem das Mark ein einziger, wenn auch breiter Körper ist und der Holz- und Rindenkörper denselben als platt zusammengedrückter Ring umschließen, an dessen einwärts gerichteten Einschnürungen man allerdings zuweilen die Zahl der verwachsenen Gebilde erkennen zu müssen meint. Die Blätter gehören bekanntlich nicht zu den Axengebilden; es kommen aber doch, obgleich überaus selten, auch an ihnen scheinbare Verbänderungen vor, die aber alsdann wirkliche Verwachsungen sind. XLVI. Die Verbänderung der Fichte . Die eigentlichen Verbänderungen kann man eintheilen in solche, welche blüthenlose Stengel oder Zweige , und in solche, welche blühende Stengel oder Zweige betroffen haben, in welchem letzteren Falle die Blüthen zu einem oft sehr monströsen Gebilde ver- wandelt sind. Bei Celosia cristata, welche wohl ziemlich allgemein in Deutschland Hahnenkamm genannt wird, möchte es fast scheinen, als sei die Ver- bänderung Regel, da man nur selten unverbänderte Exemplare findet. Nicht blos der Stengel der einjährigen Pflanze ist wenigstens an seiner oberen Hälfte breit verbändert, sondern namentlich ist die Spitze desselben in ein breites an seiner oberen Linie wellenförmig hin und her ge- bogenes, an den Kamm eines Hahnes erinnerndes Gebilde verbändert, an welchem dicht gedrängt kurz gestielte Blüthchen stehen, die allmälig nach oben hin verschwinden und wie sie selbst purpurroth gefärbten, linienförmigen Deckblättchen Platz machen, welche wie das Vogelgefieder nach einer Richtung dicht zusammengeschlichtet sind. Die Verbänderung blüthenloser Triebe finden wir natürlich vorzugs- weise bei den Bäumen, und zwar am häufigsten bei der Esche, Fichte und Kiefer, jedoch auch bei andern Bäumen und Sträuchern. Da bei den Nadelhölzern die Blätter bekanntlich in sehr regelmäßigen Schrauben- linien stehen, so kann man namentlich an ihren Verbänderungen deutlich sehen, daß durch die Verbänderung die regelmäßige Anordnung der Blätter gestört wird. Es ist bis jetzt nur ein einziger Fall bekannt, in welchem die Verbänderung eine regelmäßige Blattstellung gezeigt hat. Er wird von B. A. de Jussieu erwähnt und fand sich an einem Exemplare des sichelblättrigen Hasenohres ( Bupleurum falcatum ), einem Doldengewächse. Während bei dieser Pflanze an den normalen Stengeln die Blätter sehr vereinzelt stehen, obgleich in der That in einer weit- läuftigen Spirale, so standen sie an der Verbänderung in regelmäßigen Quirlen. An den Verbänderungen der drei genannten Bäume bemerkt man gewöhnlich einen gewissen hastigen Drang der Bildung, der sich dadurch ausspricht, daß dieselben an der Spitze während des Wachsthums zu- weilen zerreißen und sich in diesem Falle, oft aber auch wenn sie nicht zerreißen, einem Bischofsstabe ähnlich krümmen und zwar nicht nach der Breite, sondern immer nach der schmalen Seite. Wenn die Verbänderung das Erzeugniß einer Stengel- oder Zweig- verwachsung wäre, so könnte sie sich nicht bei solchen Pflanzen finden, welche im normalen unverbänderten Zustande einen einfachen und unver- zweigten Stengel haben, wie dies bekanntlich z. B. bei dem Hahnen- kamm der Fall ist. Es dürften ferner die verbänderten Stengel selbst keine Verzweigung zeigen, während ich selbst an einer Kamillenpflanze an dem drei Zoll breit verbänderten Stengel eine ungewöhnlich große Anzahl von Aesten gefunden habe. Dagegen kommt der Fall vor, daß sich eine Verbänderung an der Spitze in Zweige auflöst. Endlich ist noch das ein Beweis gegen die Entstehung der Verbänderungen aus Stengel- und Zweigverwachsung, daß man bis jetzt noch nicht solche Verbänderungen gefunden hat, die das Ansehen von nur beginnender, noch nicht voll- ständiger Verwachsung haben und die etwa ähnlich würden aussehen müssen, wie die aneinandergedrückten Finger der Hand, wobei man als- dann auf einem Querschnitte die einzelnen Mark- und Holzkörper würde unterscheiden können, die blos von einer gemeinsamen Rinde über- zogen wären. Was man daher an einigen Gartenpflanzen, namentlich an der Georgine zuweilen findet und für eine Verbänderung gehalten werden könnte, ist keine solche, sondern ist eine wirkliche Verwachsung. Man findet nämlich bei der genannten Pflanze zuweilen, daß sich aus dem Blattwinkel ein offenbar aus zwei aneinander gewachsenen Blattstielen zusammengesetzter, breiter auf dem Querschnitt die Figur der Ziffer 8 zeigender Blattstiel erhebt, auf dessen Spitze zwei mehr oder weniger monströse Blüthen stehen, welche mit dem Rücken gegeneinandergekehrt und hier bald mehr bald weniger mit einander verwachsen sind. Um zu den wahren Verbänderungen zurückzugehen, so ist auch bei diesen natürlich anzunehmen, daß der Keim dazu in der Knospe lag, und wenn wir die Ursache der Verbänderung ergründen wollten, so müßten wir sie hier suchen. Wenn aber auch in neuerer Zeit der anatomische Bau des Vege- tationspunktes, d. h. der kleinen Zellengruppe, welche dem neuen Axen- gliede als Grundlage dient, namentlich durch Wilhelm Hofmeisters Verdienste besser bekannt worden ist als früher, so sind wir dadurch jener Ergründung um keinen Schritt näher; denn wenn wir auch bei solchen höchst mühsamen mikroskopischen Untersuchungen Abweichungen von dem normalen Bau des Vegetationspunktes finden würden, so könnten wir doch höchstens vermuthen, daß diese Abweichung die Grundlage zur Ver- bänderung sei; eine Bestätigung dieser Vermuthung durch eine darauf wirklich folgende Verbänderung ist aber natürlich eine Unmöglichkeit, da wir ja durch unsere mikroskopische Untersuchung die muthmaßliche Ver- bänderungsanlage zerstörten. Allein wenn auch diese Unmöglichkeit nicht vorläge, wenn wir diese Abnormität des Vegetationspunktes aufgefunden hätten ohne dessen Weiterentwickelung zu stören, so hätten wir immer noch nichts weiter gefunden als die abnorme Anlage zur Verbänderung, und wir müßten dann weiter fragen, wodurch diese Abnormität bedingt gewesen sei. Da stehen wir aber vor der verschlossenen Pforte, hinter welcher die Geheimnisse des Zellenlebens verborgen sind und wahrscheinlich immer verborgen bleiben werden. Da das Wachsthum der Pflanzen lediglich auf Zellenvermehrung beruht, wobei sich die Zellen bei den verschiedenen Pflanzen und Pflanzen- theilen nun wieder anders nebeneinander gruppiren, so dürfen und müssen wir annehmen, daß die Verbänderung mit einer Abweichung von der normalen Aneinanderlagerung der neugebildeten Zellen beruhe. Es liegt jedoch auf der Hand, daß dies keine Erklärung der Verbänderung ist. Die Wissenschaft muß also ehrlich eingestehen, daß sie Ursache und Entwickelungsgang der Verbänderung nicht kenne. Es wird behauptet, daß die Verbänderung mehr bei kultivirten, namentlich Gartenpflanzen als bei wildwachsenden vorkommt. Wenn dies richtig ist, so wäre zu vermuthen, daß die veränderte Lebens- und namentlich Ernährungsweise der Gewächse die Verbänderung begünstige. Die zwei genannten Nadelhölzer, Fichte und Kiefer, sind geeignet, wenigstens in einer Hinsicht ein mattes Licht auf die Verbänderung zu werfen. Da an den Triebspitzen dieser Bäume die Knospen immer regelmäßig und auch in ziemlich bestimmter Zahl beisammen stehen, nämlich als Quirlknospen um eine Mittelknospe, so fragt es sich, ob bei ihnen die Verbänderung aus einer dieser Knospen auf Kosten der übrigen hervorgehe, oder ob wenigstens die unverbänderten Triebe der übrigen Knospen in der Entwickelung zurückbleiben; oder ob die Ver- bänderung einen solchen Einfluß nicht ausübe. Ob hierüber Be- obachtungen vorliegen ist mir nicht bekannt, und die Verbänderungen, die ich besitze, habe ich nicht selbst gefunden. Von Kiefern und Eschen habe ich Verbänderungen gesehen, welche drei und vier Jahre alt waren und deutlich die dem Zweige eigenthümlich ge- wordene Mißbildung durch 3 und 4 übereinanderstehende Triebe — sämmtlich Langtriebe (S. 74) — nachwiesen. An dem abgebildeten Beispiele sieht man die erwähnte Längszerreißung des verbänderten Triebes und die Krümmung wenigstens des einen Zipfels. Gekrönt sind beide durch große in die Breite gezogene Knospen unter denen mehrere Seiten- knospen stehen. Eine zweite oben nicht eingerissene Fichtenverbänderung, welche ich besitze, ist noch breiter und ganz gerade gerichtet und endet oben in einen schlangenförmig gewundenen, den Krümmungen nach ge- messen, 3 Zoll langen Knospenkörper, woran man eine Verwachsung vieler in einer Reihe nebeneinander liegender Knospen nach dem äußeren Ansehen durchaus nicht annehmen kann. Diese sonderbare Knospen- schlange ähnelt einigermaaßen einer Raupe oder dem kurzgeschorenen Kamme eines Pferdes. Auf den breiten Flächen unserer Verbänderung sehen wir die Nadel- höcker regellos gestellt, doch giebt sich die Spiralstellung derselben auf den Kantenansichten deutlich kund. Die forstliche Behandlung der Fichte ist bei der außerordentlich großen Bedeutung derselben für die manchfaltigste Benutzung eine der wichtigsten Abtheilungen der Forstwissenschaft. Als Baum ohne Ausschlagsvermögen, wie mit äußerst geringen Ausnahmen alle Nadelhölzer, eignet sie sich nur für den Hochwald- betrieb und wurde bis vor kurzer Zeit fast nur in reinen Beständen erzogen. In neuerer Zeit erzieht man sie aber häufig in Vermischung mit andern Holzarten, weil sich mehr und mehr herausgestellt hat, daß Vermischungen das Gedeihen der Bestände meist befördern und dadurch mehr vor den schädlichen Insekten schützen. Welche Holzart zur Vermischung mit der Fichte zu wählen sei, ist von mancherlei Rücksichten abhängig, vorzüglich auf den Boden und die Lage und auf das gegenseitige Verhalten der vereinigten Holzarten zu einander hinsichtlich des Wachsthums, damit keine die andere „über- gipfele“ und unterdrücke. Oft, namentlich an schwer zu kultivirenden Roßmäßler, der Wald. 21 Gebirgsorten, macht sich die Vermischung von selbst, und man findet mit der Fichte die Buche, Kiefer, Tanne, den Bergahorn, Hornbaum, Birke, selbst Eiche und andere Laubholzarten vermischt und solche Orte bieten dann, namentlich im färbenden Herbst, oft die schönsten Waldbilder. Die Nachzucht der Fichte geschieht in sehr umfangreichen Revieren, denen es an kultivirenden Kräften fehlt, oder in ganz besonders dazu geeigneten Lagen wohl zuweilen durch natürliche Besamung (Holz- zucht), meist aber durch künstliche Mittel , Saat oder Pflanzung (Holzanbau) in manchfaltigen Abänderungen, von denen oben die Büschel- pflanzung schon genannt wurde. Je nach den Bodenverhältnissen werden namentlich bei der Fichte — jedoch auch bei andern Holzarten — verschiedene Pflanzmethoden angewendet: Ballenpflanzung , wenn man mehrere Schuh hohe Pflanzen mit dem Ballen aushebt und verpflanzt; Hügelpflanzung , wobei die herausgenommene Pflanze nicht in ein Pflanzloch, sondern auf die neue Pflanzstelle gesetzt und deren Wurzelstock mit Erde umschüttet und auf diese Rasenstücke schräg angelegt werden, jedoch so, daß um das Stämmchen herum noch eine kleine trichterförmige Vertiefung bleibt. Die Saat wird dadurch ungemein erleichtert, daß die Fichte ziemlich häufige Samenjahre und auch eine mehrere Jahre aushaltende Keimkraft des Samens hat, indem drei- und vierjähriger gut aufbewahrter Same noch vollkommen keimfähig zu sein pflegt. Daß die Benutzung der Fichte eine außerordentlich manchfaltige und umfangreiche ist, braucht nicht erst hervorgehoben zu werden und im Bauwesen übertrifft sie die Kiefer, welche nicht so lange Stämme giebt, und die viel seltnere Tanne weit. Einige Nebennutzungen, die die Fichte noch gewährt, und in denen zum Theil die andern Nadelbäume mit ihr im gleichen Falle sind, sind hier noch hervorzuheben. Die eine ist die Schneidelstreu . So nennt man die von den gefällten Stämmen und von Durchforstungsreisig und Stangen abgeschnittenen (geschneidelten) benadelten Zweigspitzen, um sie als Streu für das Rindvieh und so zur Düngerbereitung zu ver- wenden. Diese Benutzung der Fichte verdient um so mehr Beförderung, als sie die andere nun noch zu erwähnende ersetzen kann. Sie ist uns schon bekannt — das heillose Streurechen , der „Zankapfel zwischen Land- und Forstwirth“ (S. 31 und 42). Namentlich in den Lagen, wo die Fichte als bestandbildender Baum herrscht sind die Ansprüche des Landwirthes — welcher hierdurch beinahe die Rolle eines forstschädlichen Insektes spielt — an die Waldstreu oft sehr groß und bei der flachen Lage der Wurzeln der Fichte ist das Streurechen von den nachtheiligsten Folgen. Wo man durch eine Servitut gezwungen ist, Waldstreu abzu- geben, so läßt man sie wenigstens nur aus den ältesten und geschlossensten Beständen nehmen, die ohnehin bald zum Abtrieb kommen, bei denen also an Zuwachs nicht viel mehr verloren wird. Kaum weniger nachtheilig, ja für die Güte des Holzes noch nach- theiliger ist das Harzscharren zur Pechgewinnung, was daher an den Orten so ziemlich allgemein eingestellt ist, wo das Holz einen hohen Werth hat, weil der Werth des Peches den dadurch hervorgebrachten Verlust an Holzwerth nicht deckt. Dagegen ist die Benutzung der Rinde nicht zu alter Bäume zur Gerberlohe in manchen Gegenden Deutschlands, wo Eichenrinde nur zu hohem Preise zu haben ist, eine erhebliche Zugabe zu dem Ertrage der Fichtenreviere. Der Gerbstoff findet sich nur in der Bastschicht der Rinde. Endlich ist die Fichte noch eine gute Heckenpflanze , wenn man die sehr dicht aneinander gepflanzten Stämmchen gut unter dem Schnitt hält. Die vielen Seitenknospen der Triebe sorgen trefflich für eine große Ver- dichtung der Hecke, deren Wurzeln aber gern in die anliegenden Felder oder Gärten ausstreichen, wenn man sie nicht durch Gräben davon abhält. Noch ist einer der Fichte eigenen, zwar allgemein bekannten, aber zur Verwunderung selbst in gebildeten Kreisen hier und da noch falsch verstandenen, krankhaften Bildung an den Fichtentrieben zu gedenken, welche an dem oberen rechten Triebe des abgebildeten Zweiges dargestellt ist. Es sind dies entweder kleine etwa haselnußgroße oder auch bis pflaumengroße ananasähnliche kugelige Anschwellungen der Triebe, über welche hinaus dieser gewöhnlich sich verlängert und selbst ohne Nachtheil für sein Leben ungestört fortwächst. Da gewöhnlich auf jedem der Felder, aus welchen diese Körper zapfenähnlich in spiraler Anordnung zusammen- gesetzt sind, ein verkürzter Nadelstummel steht, so kann man leicht er- rathen, daß sie aus umgewandelten, an ihrer Basis verbreiterten Nadeln 21* entstanden sind. Diese Gebilde sind die Gallen von zwei Blattläusen, dem rothen Fichtenblattsauger , Chermes coccineus (die kleinen) und dem grünen Fichtenblattsauger , Ch. viridis (die großen Gallen). Diese legen ihre Eier im Mai an die sich öffnende Knospe und üben dabei wie die Gallwespen der Eiche den magischen Einfluß auf das Bildungsleben der Fichte aus, daß diese die zapfenähnlichen Gallen anstatt eines gesunden Triebes bilden muß. Unter jedem aus einer Nadelbasis hervorgegangenen Felde der Galle liegt eine kleine Höhle, in welcher sich die jungen Blattwespen entwickeln; und wenn diese erwachsen sind, so öffnen sich diese klappenartigen Fächer, um die Insekten heraustreten zu lassen. Noch vor wenigen Monaten hat — was kaum glaublich ist — ein französischer Botaniker Baillard diese Gallen für Zapfenmißbildungen gehalten und sie als Beispiel der sonst im Pflanzenreiche (z. B. bei den Lärchen) vorkommenden Durchwachsung hingestellt! (s. S. 335 Fig. 1 a. ) 5. Die Tanne, Weißtanne, Edeltanne, Abies pectinata Dec. (Pinus picea L., P. abies du Roi). Da die Tanne und die Fichte sehr häufig mit einander verwechselt und von Solchen, die nicht häufig Nadelwaldung zu sehen Gelegenheit haben, meist sogar nicht unterschieden werden, so wollen wir jetzt die charakteristischen Merkmale der Tanne im vergleichenden Rückblick auf die Fichte hervorheben. Was zunächst die Blüthen betrifft, die männlichen sowohl wie die weiblichen, so stehen sie eben so wie bei der Fichte an den vorjährigen Trieben, jedoch beide fast nur in den obersten Verzweigungen des Wipfels. Die männlichen Blüthenkätzchen sind viel länger und stehen mehr an den Seiten als an der Spitze der Triebe. Die Verschiedenheit in der Form der Staubbeutel, aus denen die männlichen Kätzchen zusammen- gesetzt sind, ist aus Figur 8 zu ersehen. Beim Ausstreuen des Blüthen- staubes reißen sie nicht wie die der Fichte in die Länge, sondern in die Quere auf. XLVII. Die Tanne, Abies pectinata Decandolle. 1. Ein Zweig mit männlichen Blüthenkätzchen; — 2. Trieb mit einem weiblichen Blüthenkätzchen; — 3. 4. Weibliche Deckschuppe mit der noch kleinen Samenschuppe, von der Innen- und Außenseite, an ersterer unten die noch kleine Samenschuppe mit den 2 Samenknospen; — 5. (und die Figur darüber) die Samenschuppe allein in verschie- denen Entwicklungszustande, wie 3. und 4. vergrößert; — 6. 7. Männliche Blüthenkätzchen als Knospe und vollkommen entwickelt, doppelte Größe; — 8. Staubgefäße; — 9. Nadel, doppelte Größe; — 10. Querschnitt derselben ebenso; — 11. Keimpflänzchen; — 12. Stamm- knospe desselben mit abgeschnittenen Nadeln und Keimnadeln, vergrößert. Die weiblichen Blüthenzäpfchen stehen nur selten an der Spitze des Triebes, und zwar oft zu zwei und drei hintereinander senk- recht aufgerichtet in der Längserstreckung horizontaler kräftiger Triebe des Wipfels. Sie sind meist von gelbgrüner Farbe und von den Fichten- blüthenzäpfchen dadurch sehr leicht zu unterscheiden, daß die Deckschuppen als lange Spitzen über die Blüthenschuppen hervorragen und auswärts gebogen sind, während dieselben bei der Fichte gar nicht sichtbar sind (Fig. 2., 3. und 4.). Nach der Bestäubung, welche zu derselben Zeit wie bei der Fichte im Monat Mai stattfindet, bleiben die weiblichen Blüthen- zäpfchen aufrecht gerichtet und die schnell nachwachsenden Blüthenschuppen bleiben dennoch bedeutend kürzer als die immer sichtbar bleibenden spitzen Deckschuppen. Wenn die jungen Zapfen ungefähr die Länge eines Fingers erlangt haben, so fallen sie in einem reichen Samenjahre sehr in das Auge. Der 3 bis 5 Zoll lange reife Zapfen ist fast von walzenförmiger Gestalt, oben abgestumpft und zuletzt in eine kleine stumpfe Spitze sich erhebend ( XLVIII. 1.). Der sichtbare Theil der Zapfen- schuppen ist viel breiter als hoch und seine obere Begrenzungslinie bildet einen flachen Bogen. Die Farbe des reifen Zapfens ist ein düsteres Chocolatbraun, er ist völlig glanzlos und fast immer hängen verhärtete Harztropfen daran. Wie bei allen ächten Nadelhölzern, liegen unter jeder Schuppe zwei geflügelte Samen , welche nebst einer anderen Eigen- thümlichkeit des Zapfens einen sehr wesentlichen Unterschied von der Fichte begründen. Der Umschlag des Flügels, welcher den Samen in der für ihn bestimmten Aushöhlung des Flügels festhält, ist bei der Tanne so breit, daß er fast das ganze Samenkorn bedeckt ( XLVIII. 5. †). Der Same ist größer und unregelmäßiger gestaltet als der Fichtensame, düster dunkelbraun und namentlich durch einige unregelmäßige Buckel unterschieden, welche die Stellen sind, wo unter der Samenschale Drüsen liegen, welche mit einem wohlriechenden ätherischen Oel gefüllt sind, welches dem Fichtensamen gänzlich fehlt. Ein sehr auffallendes Merkmal besitzt der Tannenzapfen darin, daß er nicht die Samen allein abfliegen läßt und erst später entleert vom Baume abfällt, sondern daß er sich nach der Samenreife, oder vielmehr beim Abfliegen des Samens im April des folgenden Jahres ganz auflöst, so daß blos die spindelähnliche aufrecht stehende Achse am Triebe stehen bleibt und also die Zapfen- schuppen mit dem Samen zugleich abfallen ( XLVIII. 8.). Diese sonder- bare Organisation des Tannenzapfens bringt es mit sich, daß man nur sehr schwierig einen Tannenzapfen zu sehen bekommt, da dies nur ge- XLVIII. 1. Reifer Zapfen der Tanne; — 2. Zapfenschuppe von innen mit den aufliegenden Samen; — 3. Derselbe nach Hinwegnahme der letzteren; — 4. Zapfenschuppe von außen mit der langen schmal zugespitzten Deckschuppe; — 5. Same mit dem Flügel, rechts der Flügel allein, † der den Samen haltende Umschlag; — 6. Der abgeflügelte Same, daran bei * die Oelbehälter; — 7. Ein Triebstückchen mit Blattstielnarben; — 8. Die Spindel eines Zapfens. schehen kann, wenn man sich ihn aus dem schwer ersteigbaren obersten Wipfel herunterholen läßt. Die Tanne trägt im Allgemeinen später und seltener Früchte als die Fichte. Die Nadeln sind von den Fichtennadeln so sehr verschieden, daß sie allein ausreichen, beide Bäume leicht von einander zu unterscheiden und es geradehin unbegreiflich ist, wie beide doch so häufig verkannt werden. Die Tannennadel hat eine deutliche Ober- und Unterseite mit entschieden ausgesprochener Mittelrippe, was Beides bei der vierkantigen, auf dem Querschnitt rautenförmigen Fichtennadel nicht der Fall ist (vergl. Figur 9. und 10. mit Figur 9. auf Seite 305). Die Oberseite der Tannennadel ist glänzend und saftig dunkelgrün, die Unterseite zeigt auf jeder Seite der Mittelrippe zwischen dieser und dem etwas abwärts gekrümmten Nadelrande einen silberweißen Streifen, der bei starker Ver- größerung sich in dicht beisammenstehende Längsreihen kleiner weißer Pünktchen auflößt, welche aus Harz bestehen, welches aus der unteren Oberhaut der Nadel herausschwitzt. Jedem dieser Pünktchen entspricht eine Spaltöffnung (S. 126 Fig. XVII b .). Genau ebenso beschaffene weiße Streifen hat auch die Fichtennadel, aber an allen vier Seiten, so daß eben bei ihr von einer Ober- und Unterseite nicht die Rede sein kann. Wie bei allen Nadelhölzern stehen auch bei der Tanne die Nadeln am ganzen Umfang des Triebes in schraubenförmigen Reihen geordnet. Bei oberflächlichem Anschauen kann man jedoch leicht glauben, daß sie, namentlich an den Trieben junger Tannen und in den unteren Kronen- theilen älterer zweizeilig stehen, wie die Fahne am Federkiel; sie sind aber nicht zweizeilig gestellt, sondern nur zweizeilig gerichtet . Ein anderer Unterschied zwischen der Tannen- und Fichtennadel beruht darin, daß die erstere an der Spitze stumpf zweispitzig ist, während wir die Fichtennadel scharf einspitzig fanden. Von dieser Beschaffenheit machen die Tannennadeln des Herztriebes und im obersten Wipfel auch die der Längstriebe der Zweige eine merkwürdige Ausnahme, indem sie wie die Fichtennadeln einspitzig sind, ohne jedoch den Unterschied zwischen Ober- und Unterseite aufzugeben ( XLVII . 2.). Während die Fichtennadeln stets so ziemlich von gleicher Länge sind, so sind die Tannennadeln eines und desselben Triebes von sehr verschiedener Länge. Die Triebe der Tanne sind von den Fichtentrieben dadurch wesentlich verschieden, daß sie grünlich- grau und dicht und kurz behaart sind, daß an ihnen die Nadeln flach aufsitzen und also bei dem Abfallen nur eine flache kreisrunde Blattstiel- narbe hinterlassen ( XLVIII . 7.), während die Fichtentriebe lebhaft rostgelb, kahl und mit deutlichen Höckern versehen sind, auf denen die Nadeln stehen und nach deren Abfall der Rinde des Triebes eine rauhe, scharf höckerige und gefurchte Oberfläche verleihen. An dem den Stamm bildenden Herztriebe stehen die Nadeln fast horizontal ab, während sie hier bei der Fichte emporgerichtet und fast an den Trieb ange- drückt sind. Die Tannennadeln bleiben unter allen Nadelhölzern am längsten sitzen, indem man an jungen Stangenhölzern am acht-, zuweilen selbst noch an den elfjährigen Trieben des Stammes wenigstens zum Theil noch Nadeln findet. Die Keimpflanze der Tanne ( XLVII. 12.) hat gewöhnlich 5—7 den übrigen Nadeln sehr ähnliche, nur bedeutend größere Keimnadeln. Das Stämmchen der Keimpflanze ist sehr saftig und muß bei der Erziehung von Saatpflanzen sorgfältig vor Austrocknen und Sonnenbrand gehütet werden, was einigermaaßen die Erziehung von Tannensaaten erschwert. Der Stamm der Tanne ist in jedem, namentlich im mittleren und höheren Alter der Walzenform viel näher kommend als der Fichtenstamm, er ist also vollholziger und zwar ohngefähr in dem Verhältniß von 5 zu 4, das heißt 4 Tannenstämme enthalten ohngefähr so viel Holz- masse als 5 Fichtenstämme von derselben Länge und demselben Durch- messer auf dem unteren Abschnitt. In gesunden Tannenbeständen zeigt sich die Rinde glatt, hell silbergrau; im Vergleich zu der Fichte, von welcher sich in gemischten Beständen hierdurch die Tanne sehr leicht unterscheidet, fast weiß. Hierdurch und durch die helle Unterseite der Nadeln sind die Volksbenennungen: Weißtanne und Silbertanne veranlaßt worden. Die Tannenrinde ist ohngefähr von gleicher Dicke wie die Fichtenrinde, enthält viele kleine Harzgallen, aber so wenig Gerbstoff, daß sie nicht wie jene zur Gerberei benutzt wird. Eine Borken- schicht ist bei der Tannenrinde sehr wenig entwickelt und diese daher selbst an alten Bäumen sehr wenig rissig. Gewöhnlich ist sie sehr stark mit sogenannten Krustenflechten besetzt, was bei der Fichte sehr wenig der Fall ist. Die Krone der Tanne erleidet während des ganzen Lebensverlaufs des Baumes die erheblichsten Veränderungen. In den ersten 15 bis 20 Jahren gleicht sie hierin der Fichte vollkommen, nur daß die Quirl- triebe in einem größeren Winkel abstehen. Von da an nimmt bis zu immer höherem Alter die Krone, wie man sich ausdrückt, eine stufige Beschaffenheit an, d. h. einzelne Aeste entwickeln sich vorwaltend, so daß der regelmäßige pyramidale Wuchs, den die Fichte hat, immer mehr schwindet und die Krone alter Tannen sehr lückig und aus einzelnen Abtheilungen zusammengesetzt aussieht. Im haubaren Alter ist in der Kronengestalt zwischen Fichte und Tanne so wenig Aehnlichkeit, so daß man sie selbst aus großer Ferne sehr leicht unterscheiden kann. Selbst die älteste Fichte behält ihren spitz ausgezogenen pyramidalen Wipfel, an welchem nur die Zweige der letzten Jahresquirle aufrecht stehen, von wo an abwärts die übrigen immer mehr durch die horizontale in die hängende Zweigrichtung übergehen. An einer alten Tanne hingegen sieht man niemals eine eigentliche Wipfelspitze, sondern die Krone endet in einem breit schirmförmigen Wipfel, welcher dadurch entsteht, daß in dem oberen Theile der Krone sich die Zweige in einem großen Winkel steif aufwärts richten und ununterbrochen in ihren Spitzen verlängern. Man hat daher nicht unpassend gesagt, daß von Weitem eine alte Tanne so aussieht, als trage sie einen kolossalen Adler- horst auf ihrem Wipfel. Der Hauptbaum auf unserem Kupferstiche giebt davon ein anschauliches Bild wie überhaupt von der feineren, fast moos- artigen Benadelung der Tanne, welche davon herrührt, daß sie ganz außer- ordentlich reich an kurzbleibenden Trieben ist. Der Winkel, den die Aeste aufwärts mit dem Stamme bilden ist im Stangenholzalter bei der Tanne größer als bei der Fichte. In Beziehung auf die Verzweigung steht die Tanne gewissermaßen zwischen der Fichte und der Kiefer in der Mitte, indem sich an ihr sehr häufig ein oder einige Aeste zu sehr bedeutender Dicke und Länge entwickeln und selbst zu Nebenwipfeln erheben, wenn der Hauptwipfel abgebrochen ist Diese letztere Eigenschaft kommt in auffallend hohem Grade einer neuen Tannenart zu, welche im vorigen Jahre von meinen ehemaligen Tharandter Zuhörern, den griechischen Forstbeamten Balsamakis und Origonis in Arkadien entdeckt worden und der Königin von Griechenland zu Ehren von Herrn von Heldreich in Athen Abies Reginae Amaliae benannt worden ist. Man fand an vielen dieser Tannen, welche durch . Der Wurzelstock der Tanne hat eine ziemlich tiefgehende Pfahlwurzel und sich in der Oberfläche des Bodens verbreitende zahlreiche Seitenwurzeln. Die Tanne steht also fester als die Fichte. Das Tannenholz ist sehr weiß ohne Unterschied von Kern und Splint, sehr gradspaltig und (mit dem Taxusholze) von den übrigen ächten Nadelholzarten dadurch sehr be- stimmt zu unterscheiden, daß es durchaus keine Harzporen hat. Abarten von der Tanne giebt es nicht, indem selbst nach der Stand- ortsverschiedenheit individuelle Abänderungen kaum vorkommen, die wir bei der Fichte und bei der Kiefer kennen gelernt haben. Wohl aber zeigt die Tanne sehr häufig krüppelhafte Gestalten, namentlich sind die frei- stehenden alten Bäume einander selten sehr ähnlich und überhaupt zeigt die Tanne viel mehr als die Fichte das Bedürfniß der Individualisirung. Unterdrücktstehende jungscheinende, in der That aber oft schon ziemlich alte Tannen zeigen die merkwürdige Erscheinung, daß an den jährlich einander folgenden Quirlen immer bloß ein Trieb, dies aber auch um destomehr sich zu einem Zweige verlängert und daß diese entwickelungsfähigen Triebe der dicht übereinander stehenden Quirle in der Weise abwechseln, daß eine Schraubenlinie fertig wird. Vergleichen wir in ästhetischer Auffassung eine alte Fichte und eine alte Tanne, diese in unbegreiflicher Weise so oft verkannten und verwechselten Bäume, so kann man jene das Bild der feierlichen Würde, diese das der trotzigen Kraft nennen. Was den natürlichen Standort der Tanne betrifft, so scheint sie nicht sehr an bestimmte Gesteinsbeschaffenheit des Bodens gebunden zu sein, doch besonders einen frischen Lehmboden zu lieben. Ihre Ver- breitung ist viel beschränkter als die der Kiefer und Fichte und die Linie Wipfelbruch oder sonst verstümmelt worden waren, bis 60 solcher Nebenwipfel, welche jedoch nicht durch Aufstreben der Aeste sondern dadurch hervorgebracht waren, daß auf den horizontal sich ausstreckenden Aesten sich einzelne Triebe zu förmlichen selbstständigen Bäumen entwickeln. Besonders bemerkenswerth ist es, daß diese Tanne ein außer- ordentliches Ausschlagsvermögen hat, welches, wie wir wissen, den Nadelhölzern sonst beinahe gänzlich abgeht. Da diese Tanne in Arkadien nie unter 2000 F. Seehöhe wächst, so ist zu vermuthen, daß sie in unserem Klima gut gedeihen werde. Die griechische Regierung hat im vorigen Jahre (1861) dieser Tanne wegen eine besondere Expedition in die arkadischen Gebirge geschickt und dieser auch einen Photographen beigegeben, welcher hoffentlich auch uns mit den abenteuerlichen Gestalten dieses Baumes bekannt machen wird. des Thüringer Waldes und Sächsisch-Böhmischen Erzgebirges scheint die nördliche Grenze ihres Verbreitungsgebietes als herrschenden Waldbaumes zu bezeichnen, da sie schon im Harz durchaus nicht vorkommen und auch nie vorgekommen sein soll. Am verbreitetsten ist sie in Deutschland im Schwarzwalde, und im südöstlichen Viertel Mitteleuropas namentlich im Bereich der Karpathen. Nicht leicht geht sie über 2000 Fuß Seehöhe. Reine Tannenbestände von großer Ausdehnung kommen nicht häufig vor und selbst manche von den wenigen die sich finden, scheinen dadurch ent- standen zu sein, daß sie ursprünglich gemischte waren, aus welchen die mit der Tanne vermischten Holzarten herausgehauen worden sind. Jetzt dürften nur noch selten und in beschränkter Ausdehnung reine Tannenbe- stände erzogen werden. Das Leben der Tanne hat mit dem der Fichte allerdings das Meiste gemein, jedoch auch manche Eigenthümlichkeit. Sie ist noch mehr als letztere eine Schattenpflanze und während in der Unterdrückung erwachsene junge Fichten nach der ihnen gewährten Freistellung sich nicht leicht zu einem gedeihlichen Wachsthum aufraffen, so können aus den krüppelhaftesten jungen Tannen noch schöne Bäume werden nachdem sie freigestellt worden sind. In der Jugend wächst die Tanne viel langsamer als die Fichte, weshalb die Krone des jüngeren Stangenholzes buschiger ist und nicht die schlanken, langausgezogenen Wipfel hat wie die Fichte. Vom 25. bis 30. Lebensjahre an beginnt die Tanne ein fördersames Wachsthum und hält darin länger aus als irgend ein anderer Baum mit Ausnahme der Eiche. Daher wird die Tanne immer auf hohe Umtriebszeiten gestellt, da sie bis zu einem Alter von 140 Jahren noch immer einen erheblichen Zuwachs und starke Jahresringe macht. Deshalb erwächst die Tanne auch zu viel stärkeren und höheren Stämmen und nicht selten sieht man hier und da in gleichalterigen Fichtenbeständen die Tannenwipfel hoch über die Fichten hervorragen und sich leicht durch ihre oben beschriebene Gestalt von letzteren unterscheiden. Tannen von einem Massengehalt von 20 Klaftern Holz sind zwar nicht häufig, aber doch auch nicht zu vereinzelte Erscheinungen. Wegen ihrer tiefer eindringenden und daher fester stehenden Wurzeln, sowie wegen ihrer geringeren und mehr unterbrochenen Belaubung, leiden die Tannen weniger als die Fichten durch die Gewalt des Sturmes, wie sie auch überhaupt weder durch besondere Krankheiten noch durch Insekten bedeutend heimgesucht werden, obgleich von letzteren nicht wenige Arten und unter diesen auch einige Borkenkäfer auf ihnen Wohnung und Nahrung finden. Deshalb gelangt die Tanne unter günstigen Umständen auch zu einem noch höheren Alter als dem bei der Fichte angegebenen und auf manchen Revieren findet man einzelne alte Tannen von sehr hohem Alter, welche man über- hält und ihrer abenteuerlichen Schönheit wegen gewissermaßen als Wahr- zeichen des Reviers betrachtet und bewahrt Es verdient dankbare Anerkennung und muß allen öffentlichen und privaten Waldbesitzern zur Nachahnung empfohlen werden, daß seit 1847 die königlich sächsische Staatsregierung angeordnet hat, daß auf den Staatsrevieren einzelne besonders schöne Bäume erhalten werden. Unter diesen sind nach dem Jahrbuche der Tharandter Akademie auch sieben Tannen, von denen eine auf ein Alter von 450—500 Jahren geschätzt wird. . Schon von frühem Alter an reinigt sich die Tanne bis hoch hinauf von den Aesten, welche glatt am Stamme abbrechen, so daß die Wunden vollständig überwachsen und so die Tanne mehr als ein anderes Nadelholz ein reines, astfreies Holz liefert. Daher zeigen freistehende Tannen ge- wöhnlich einen astlosen Schaft, wie z. B. auf Olbernhauer Reviere im Königreich Sachsen eine Tanne steht mit einem 90 bis 95 Fuß hoch ast- freiem Schafte. Was die Bedeutung und forstliche Behandlung der Tanne betrifft, so ist die erstere trotz mancher Vorzüge ihres Holzes dennoch ge- ringer als die der Fichte und in der Behandlung ist insofern ein Unter- schied, daß die Tanne noch weniger als die Fichte in reinen Beständen erzogen wird, sondern immer in der Vermischung mit „Schutzholz“, welches später, wenn die Tanne zu ihrem vollkommenen Wuchse gekommen ist, herausgehauen und so zuletzt doch ein reiner Tannenbestand hergestellt wird. Die Tanne zu erziehen gilt aus demselben Grunde wie bei der Buche als die schwierigste Aufgabe des Waldbaues, weil aus dem schon oben angegebenen Grunde die Saatpflänzchen mehr als die anderer Bäume durch Trockne und Sonnenbrand leiden. Man muß daher die aufge- gangenen jungen Tannen zum Schutz dagegen mit Laub, Nadeln und Moos umstreuen. Die Verpflanzung in Saatkämpen erzogener Tannen- pflanzen gilt für schwierig und muß mit besonderer Sorgfalt bewerkstelligt werden. Die Herbstsaat wird an vielen Orten der Frühlingssaat vorge- zogen, letztere muß wenigstens sobald als möglich bewerkstelligt werden. Die Benutzung der Tanne bietet manche Eigenthümlichkeiten dar, indem ihr Holz wegen seiner großen Gleichmäßigkeit und Spaltbarkeit zu gewissen Verwendungen jedem anderen vorgezogen wird. Es ist besonders hervorzuheben, daß das Tannenholz zur Herstellung der Resonanzböden musikalischer Instrumente und auch der Geigen allein verwendet wird. Dabei herrscht der Glaube, an dessen Begründung freilich sehr zu zweifeln ist, daß das Tannenholz sehr viel von seiner Resonanzkraft verliere, wenn der Stamm beim Fällen hart auf den Boden gefallen ist und man sagt, daß deshalb die Tannen, aus deren Holz die berühmten Cremoneser Geigen gemacht werden, beim Fällen langsam an Seilen niedergelassen werden. 7. Die Lärche, Larix europaea Decandolle (Abies Larix Lamarck, Pinus Larix L. ). Obgleich die Lärche Wir schließen uns dieser Schreibart zur Unterscheidung von der Lerche an, obgleich man, wohl ohne Grund, behauptet hat, daß die Lärche eben deshalb ihren Namen trage, daß sich die Lerche gern auf ihr niederlasse. als Art zu der alten Linn é ’schen Gattung Pinus gehört und mit den vorhergehenden Nadelholzarten nahe verwandt ist, so zeigt sie doch in mehreren Punkten so auffallende Verschiedenheit, daß man sie als eine selbstständige Gattung unterscheiden darf. Die männlichen Kätzchen und die weiblichen Blüthenzäpfchen, welche Ende April und Anfang Mai aufbrechen, stehen nicht so wie bei den vorhergehenden Nadelhölzern getrennt auf verschiedenen Zweigen oder wenigstens an verschiedenen Trieben derselben Zweige, sondern sie finden sich, wie Figur XLIX. 2. zeigt, an denselben Trieben bunt durcheinander gemischt. Die männlichen Blüthenkätzchen sind klein, eiförmig und stehen auf einer verkürzten Triebbasis (2. ♂). Sie bestehen aus nicht sehr zahl- reichen, an der Spitze geschnäbelten, zweifächerigen Staubbeuteln (4. 5. 6.), welche zur Ausstreuung des Blüthenstaubes an ihrer unteren Hälfte in zwei Risse aufspringen (6.). XLIX. Die Lärche, Larix europaea Decandolle . 1. Ein Zweig mit einem Lang- und mehreren Kurztrieben, und mit einer Durch- wachsung eines Zapfens a ; — 2. ein Zweig mit männlichen (♂) und weiblichen Blüthen (♀); — 3. ein männliches Blüthenkätzchen, 3 mal vergr.; — 4. 5. 6. Staub- gefäße, noch geschlossen (4. 5.) und aufgesprungen (6.); — 7. 8. eine Deckschuppe von außen und von innen; — 9. eine Blüthenschuppe; — 10. ein reifer Zapfen; — 11. 12. 13. eine Zapfenschuppe von außen und innen (mit den Samen und (13.) ohne diese); — 14. Same mit und ohne Flügel und letzterer allein (rechts); — 15. Längs- durchschnitt eines Kurztriebes, vergr.; — 16. eine Nadel und deren Querschnitt. Die weiblichen Blüthenzäpfchen sind mehr als doppelt so groß, an den hängenden Zweigen immer aufwärts gerichtet und haben meist eine schöne carminrothe Farbe (2. ♀♀♀). Auch sie stehen auf einem Kurztriebe und geben überhaupt deutlicher als bei einem anderen Nadelholze die Ab- stammung der Blüthen- und Fruchtzapfen von einem umgewandelten Triebe zu erkennen; nicht nur dadurch, daß die Deckschuppen (7. 8.) in der Mitte gewissermaaßen von der Nadel, aus deren Umwandlung sie entstanden, der Länge nach durchzogen sind, sondern auch dadurch, daß man an der Basis des Blüthenzäpfchens deutlich Uebergangsformen aus Nadeln in Schuppen und zu unterst noch einige Schuppen bemerkt, die fast noch wirkliche Nadeln sind. Die Samenschuppe ist sehr klein und trägt wie gewöhnlich an ihrer Innenseite zwei Samenknospen (8. u. 9.). Nach erfolgter Bestäubung fallen die männlichen Blüthen bald ab, das weibliche Blüthenkätzchen behält seine aufrechte Krümmung bei und verwandelt sich in den eiförmigen, selten über anderthalb Zoll langen, hellkaffebraunen Zapfen , an dem man unten die Spitzen der zurückbleibenden Deckschuppen meist noch etwas hervortreten sieht (10.). Die Unterbringung der Samen im Zapfen ist dieselbe wie bei allen ächten Nadelhölzern. Der Same ist ähnlich wie bei der Fichte in einer Ver- tiefung des sehr breiten Flügels eingedrückt; beide sind kaffebraun gefärbt (11. 12. 13. 14.). Er reift zu Ende Oktobers, fliegt aber erst im nächsten Frühjahre ab und es bleiben dann die leeren Zapfen meist noch mehrere Jahre an den Zweigen. Die Gestalt der Nadeln (17.) schwankt gewissermaaßen zwischen denen der Fichte und der Tanne, sie sind aber von beiden durch eine zarte, kraut- artige Beschaffenheit und ein helleres Grün verschieden. Ein größerer Unterschied zwischen der Lärche und den übrigen Nadelhölzern hinsichtlich der Nadeln besteht aber darin, daß die letzteren sommergrün sind, d. h. sich alljährlich erneuern und im Herbste abfallen; daher nennt Plinius die Lärche einen im Winter trauernden Baum, arbor hieme tristis . Die gewöhnliche Bezeichnungsweise, daß die Nadeln der Lärche an den Mai- trieben einzeln und an den älteren Trieben büschelweise stehen, ist nicht so einfach richtig, sondern näher zu untersuchen. Wir haben schon früher (S. 74) erfahren, daß bei der Lärche die Kurztriebe eine besondere Rolle spielen; es hat damit folgende Bewandtniß. Bei keiner anderen Baumart sind Langtriebe und Kurztriebe so bestimmt unterschieden wie bei der Lärche. Wir sehen an Fig. 1. oben nach links einen Langtrieb mit einzelnen, aber weitläufiger als an der Fichte und Tanne stehenden Nadeln und unter diesem 8 sogenannte Nadelbüschel , richtiger also Kurztriebe. Nur wenige einzeln stehende Nadeln der Langtriebe bilden in ihren Blattachseln Knospen, aus welchen meist solche merkwürdige büschelförmige Kurztriebe hervorgehen, welche alljährlich an ihrer stumpfen Spitze eben so viel Nadeln hervortreiben, als an einem ansehnlichen Langtriebe Platz finden würden, und diese kurzen Postamente für die alljährlich wachsenden Nadelbüschel, welche eigentlich mehr dichte Nadel- kränze sind, verlängern sich gerade nur um so viel als zur Anheftung der ganz dicht stehenden Nadeln erforderlich ist. Das Alter solcher Kurztriebe kann man leicht aus den Kreisen der Blattstielnarben an demselben ersehen. Wie bei den Laubhölzern, so kann auch bei der Lärche ein Kurztrieb sich gewissermaaßen zu einem Langtriebe ermannen, wie das der oberste linke Trieb an Fig. 1. deutlich zeigt, der sogar gewissermaaßen Kurztrieb und Langtrieb in einer und derselben Vege- tationsperiode zu gleicher Zeit ist, denn wir sehen an demselben unten einen Nadelbüschel, aus dessen Mitte sich der Langtrieb erhebt. Die eigenthümliche, sehr geringe Höhen- und Dickenzunahme eines solchen Lärchenkurztriebes zeigt uns Fig. 15., die Achse und linke Seite eines solchen längs durchschnitten. Dieser Kurztrieb ergiebt sich als fünf Jahre alt; von einigen der abgeschnittenen diesjährigen Nadeln sehen wir die stehengebliebenen Stummel und unter diesen die nächstjährige Knospe, gebildet aus den übereinandergewölbten jungen Nadeln. Die eiförmigen Grübchen an der linken Seite sind Harzdrüsen. Die abgefallenen Nadeln hinterlassen kleine Höcker auf der leder- gelben Rinde, von denen vertiefte Linien jederseits abwärts laufen. Noch müssen wir den mit a bezeichneten Trieb an Fig. 1. betrachten. Es ist eine Durchwachsung eines nicht vollständig zur Ausbildung gekommenen Fruchtzapfens, welche darin besteht, daß die eben wegen der nicht vollendeten Zapfenbildung nicht zum Abschluß gekommene Zapfen- achse an der Spitze weiter gewachsen ist und sogar einen vollständigen Langtrieb gebildet hat, wodurch wir wiederholt bestätigt finden, daß die Nadelholzzapfen als umgewandelte Triebe zu betrachten sind. Roßmäßler, der Wald. 22 Die Keimpflanze der Lärche ist sehr zart und klein und hat 3—4 Keimnadeln. Ihr Stämmchen hat unter der Knospe meist eine rothe Farbe. Der Stamm der Lärche ist zwar wie bei der Fichte und Tanne ein senkrechter einfacher Schaft, aber an seinem untern Ende macht er von der Wurzel aus oft eine Biegung und steigt erst dann senkrecht empor. Dieser säbelförmige und außerdem auch oft noch knickige Wuchs beeinträchtigt einigermaaßen den Bauholzwerth des Lärchenstammes. Alle freistehende Lärchen haben einen nach oben hin sehr abholzigen sich stark zuspitzenden Stamm, während in dichtem Schluß stehende im Gegentheil einen sehr wenig abfallenden Stamm haben weil der Bildungssaft der dann sehr kleinen Krone vorzugsweise zur Holzbildung des oberen Stamm- theils verbraucht zu werden scheint. Die Rinde ist rauh und rissig und so weit sie nicht, was meist der Fall ist, von Flechten verhüllt wird, braungrau. Die Krone der Lärche ist in allen Altersklassen pyramidal mit dünnen weit ausgreifenden meist fast horizontalen wenig gebogenen Aesten, an welchen die feineren Verzweigungen abwärts hängen. Die lockere Vertheilung der nadelbüscheligen Kurztriebe und die spärliche Be- nadelung der Langtriebe erhält die Lärchenkrone immer locker und durch- sichtig und die eigenthümliche Nadelstellung im Verein mit dem Nieder- hängen der Triebe und dem helleren Grün prägt der Lärche einen von den übrigen Nadelhölzern sehr abweichenden Charakter auf. Die Wurzel hat zwar eine deutliche Pfahlwurzel aber auch zahl- reiche Seitenäste, welche ziemlich tief in den Boden eindringen und so dem Baume einen festen Stand geben, so daß er von den Herbst- und Winterstürmen um so weniger geworfen wird, da dann die laublose Krone wenig Fläche darbietet. Das Holz ist je nach dem Standorte von sehr verschiedener Be- schaffenheit. Auf dem zusagenden Standorte erwachsen ist es dunkel, fast braunroth und außerordentlich fest und dauerhaft, während das in der Ebene erwachsene hell braungelblich und von geringer Güte ist. Der Winterholzring ist wenig ausgesprochen und die Holzzellen sind etwas weiter als bei Fichte, Tanne und Kiefer. Die Harzporen des Holzes sind nicht sehr zahlreich. Standort und Verbreitung sind bei der Lärche enger begrenzt als bei den anderen eben genannten Nadelholzarten. Sie liebt einen steinigen, frischen — jedoch nicht nassen — tiefgründigen Boden und der kalkige Felsboden scheint ihr am meisten zuzusagen. Die Lärche ist recht eigentlich ein Gebirgsbaum und ist erst in neuerer Zeit in die Ebene herab verpflanzt worden, wo sie den von ihr gehegten Erwartungen nicht genügen konnte. Ihre eigentliche Heimath ist die Alpenwelt in einer Höhenlage zwischen 2500 und 4500 bis 5000 Fuß Seehöhe. Am liebsten kommt sie hier an schattigen Stellen vor und steigt nicht selten über die Knieholzregion hinaus. Die ansehnlichsten Lärchenbestände finden sich in solchen Lagen in Graubünden und in den noch mehr östlich liegenden Alpen, wo die Lärche mit der Arve und Fichte die gefeieten „Bannwälder“ zum Schutze vor den Lauinen bildet. Namentlich in Graubünden findet man an besonders geschützten Stellen hoch über der Baumregion einzeln stehende Riesenlärchen oder kleine Horste solcher, die den erstaunten Reisenden darüber ungewiß lassen, ob sie Ueberreste ehemaliger zusammenhängender Bestände oder ob sie hier so vereinzelt erwachsen seien. Wo wir die Lärche jetzt unter 2000 Fuß Seehöhe finden, da ist sie, wenn auch bereits in alten Beständen, immer erst angebaut worden. Bekannt ist es, daß die Lärche selbst in dem frucht- baren Tieflande Deutschlands, namentlich als Zierde der Baumgärten, sehr verbreitet ist. Aber hier erreicht sie selten ein hohes Alter. Die zart aussehende feinbenadelte Lärche zeigt sich in ihrem Leben gleichwohl als hart und widerstandskräftig; denn sie fordert geradehin eine rauhe Lage um ihre vollendete Schönheit und Majestät zu entfalten und verfällt in dem warmen Klima der Ebene einem frühen Tode. Ihr Wuchs ist außerordentlich auf die Längenausdehnung des Stammes und der Aeste gerichtet, was sich daraus erklärt, daß die meisten Triebe Kurztriebe sind und sich die wenigen Längstriebe um so stärker entwickeln können. Die Quirlstellung der Triebe, der Lärche als echtem Nadelbaume auch eigen, ist doch nie so scharf hervortretend als bei den übrigen Nadel- hölzern. Der Gipfeltrieb ist oft außerordentlich lang und hängt, da er meist auch sehr dünn ist, oben meist etwas über. Im Schlusse, den die Lärche als Lichtbaum übrigens nicht dicht verträgt, reinigt sie sich bis hoch hinauf von den Aesten und hat in diesem Stande unter allen Bäumen 22* die kleinste Krone. Unser Bild zeigt an einem freistehenden Baume — er steht in Renthendorf, dem Wohnorte des berühmten Ornithologen Dr. L. Brehm — das Gegentheil, indem die weitausgreifenden bis tief am Stamme herabgehenden Aeste einen weiten Raum beschirmen. Schon vom Keimalter an entwickelt die Lärche einen schnellen Wuchs, indem sich Anfangs das Stämmchen auf Kosten der Aeste sehr verlängert, was bei räumlicher Stellung im höheren Alter umgekehrt ist, wie auch unser Bild zeigt. Zeitiger als irgend ein anderes Nadelholz reinigen sich die jungen Lärchenstämmchen, welche übrigens oft älter aussehen, als sie sind, denn sie durchlaufen in der Ebene die Lebensabschnitte des Baumes schneller als in ihrer Alpenheimath. Die Lärche blüht nicht nur häufiger als eine andere Nadelholzart, indem sie in manchen Lagen jedes Jahr wenigstens einige Blüthen und Früchte trägt, sondern sie thut dies, wenigstens in der Ebene, schon in großer Jugend, da man nicht selten 6—8jährige kaum mannshohe Stämmchen mit den prächtigen weiblichen Blüthenzäpfchen geziert findet, neben denen aber dann die männlichen Blüthen oft beinahe ganz fehlen. Die Zapfen solcher frühreifen Pflanzen enthalten aber fast nur tauben Samen. Mehr als Fichte, Tanne und Kiefer besitzt die Lärche das Ver- mögen, Adventivknospen zu treiben, so daß man nicht selten an dicken Stämmen junge Triebe hervortreten sieht. Vom Vieh oder Wild ver- bissene junge Stämmchen nehmen durch solche Ausschläge oft die Gestalt dichter Büsche an. Den verlorenen Wipfel vermag die Lärche wenigstens bis in das Stangenholzalter leicht durch einen sich aufrichtenden Seiten- trieb zu ersetzen. Von besonderen Krankheiten und von Insekten leidet die Lärche nicht sehr, außer einem sehr kleinen silbergrauen Schmetterling, der Lärchen- Minirmotte, Tinea laricinella, welche in neuerer Zeit mit der Zunahme des Lärchenanbaus sich in bedrohlicher Weise vermehrt hat. Das fadendünne kaum 2 Linien lange Räupchen ist ein sogenannter Sackträger wie die Kleidermotte, d. h. es steckt fortwährend in einem kleinen vorn offenen Gespinnst und schleppt dieses, indem es zum Laufen nur den Vordertheil des Leibes ausstreckt, überall mit sich herum. Das Räupchen bohrt sich durch die Oberhaut etwas unter der Mitte der Nadel in diese hinein um das Fleisch derselben zu fressen. Die eine Zeit lang rein weiß bleibenden leeren Oberhäute der Nadeln geben stark befallenen Lärchen das Aussehen eines mit kleinen weißen Blüthchen bedeckten Baumes oder Strauches. Da die Kurztriebe wieder neue Nadeln treiben, so beschränkt sich der Schaden des Insekts meist auf ein Zurücksetzen des Zuwachses. Thun läßt sich gegen das kleine zu Tausenden auf die Nadelbüschel vertheilten Insekts fast nichts. Es erscheint im Mai bald nach dem Ausbruch der Nadeln. Das Alter und die Größe, welche die Lärche erreichen kann, sind nach den Standorten sehr verschieden. Wessely , der sie in den österreichischen Alpen genau studirt hat, sagt, daß sie mit der Fichte wetteifert und 400jährige Stämme von 150 Fuß Länge und 4 Fuß Stärke keine Seltenheit, und daß schon 600jährige noch bedeutend größere Stämme gefällt worden seien. In tieferen Regionen läßt sie jedoch mit 30—50 Jahren im Wuchs schon nach und ist mit 60—80 Jahren als mäßiger Stamm zum Abhiebe reif. Obgleich die Lärche alljährlich ihre Nadeln abwirft, so trägt sie da- durch dennoch zur Bodenverbesserung fast nichts bei, weil die Nadeln nur sehr wenig Humus geben. Daher stellt sich in Lärchenbeständen ge- wöhnlich sehr bald ein üppiger Gras- und Kräuterwuchs ein. Die forstliche Bedeutung der Lärche ist in früher Zeit von der deutschen Forstwelt sehr überschätzt worden, als man sie ihrer Schnellwüchsig- keit wegen für ein wichtiges Mittel gegen den Holzmangel ansah. Allein man lernte, daß sie in der Ebene und selbst in unseren Vorbergen zwar fast überall gedeiht, aber nur schwaches und nicht sehr dauerhaftes Holz giebt. Dennoch verdient sie es, daß sie in Gebirgsforsten in Vermischung namentlich mit der Birke und selbst mit der Fichte, nicht leicht in reinen Beständen, angebaut wird. In Parkanlagen ist die Lärche mit Recht allgemein beliebt. An ihrem natürlichen Standorte hat sie eine sehr große Bedeutung, obgleich daselbst von einer geregelten Forstwirthschaft größten- theils kaum noch die Rede sein kann. In der forstlichen Behandlung kommt die Lärche in den meisten Punkten mit der Fichte überein. In den Alpenforsten wird sie vorzüglich durch natürliche Besamung der Schläge verjüngt, was um so leichter ge- schieht, da der etwas muschelförmig gebogene Samenflügel das Forttreiben durch den Wind zu begünstigen scheint, dieser auch in den lockeren luftigen Kronen eine größere Gewalt auf die abfliegenden Samen ausüben kann. Die lange Pfahlwurzel macht die Verpflanzung älterer als 2—3jähriger Pflanzen schwierig. Da die Lärche nur einen schwachen Schatten wirft und durch ihre lockere Krone wenig verdämmend wirkt, so empfiehlt sie sich zur Vermischung mit solchen Bäumen, welche Jenes nicht vertragen, und für den Mittelwaldbetrieb. Die Benutzung bietet außer den gewöhnlichen Anwendungen der Holzpflanzen auch noch manche Besonderheiten dar. Alpenlärchholz soll eine außerordentliche Dauer haben, namentlich zu Bauten unter Wasser, wozu ihm Wessely eine unbegrenzte Dauer nachrühmt. Auch in der Tragkraft soll es alle andere Nadelhölzer übertreffen. Besondere Be- deutung hat die Lärche als Harzbaum , indem sie es ist, welche den feinsten, den venetianischen Terpentin liefert. Dieser sammelt sich vor- zugsweise in innern Rissen des Holzes und wird dadurch gewonnen, daß man im Frühjahr mit einem zollstarken Löffelbohrer über dem Stocke hori- zontale Röhren bis ungefähr an das Mark bohrt und dieselben dann mit einem Pfropfen verschließt. Bis zum Herbst füllen sich dann diese Röhren mit Harz, welches mit einem vorn löffelförmigen Eisen herausgeschöpft und worauf dann das Loch wieder zugepfropft wird. Eine solche Röhre giebt bis gegen 30 Jahre hintereinander Harz und eine Lärche giebt jährlich ¼ bis ¾ Seidel davon. Wessely sagt, daß dieses Harzen, sobald man die Löcher immer verschlossen hält, den Bäumen nicht schade . Der Lärche und der Tanne, der Fichte und der Seekiefer ist die auf S. 203 kurz erwähnte Ueberwallung eigen, die lange Zeit die Deutungskunst der Naturforscher und Forstmänner herausgefordert hat, und welche darin besteht, daß ungerodet gebliebene Stöcke der genannten Nadelhölzer auf der Abhiebsfläche zuweilen eine ringförmige oder selbst kuppelförmige gewölbte Holzüberwallung zeigen. Der Erscheinung nach ist dies dasselbe, was wir im Kleinen auf S. 191 an einem Stamm- stück einer jungen im Safte gefällten Silberpappel kennen lernten. Diese Ueberwallung erinnert an die auf S. 195 (oben) erläuterte Adventivknospenbildung der Laubholzstöcke aus einer dort erwähnten „Ueberwallungswulst“, nur mit dem doppelten Unterschiede, daß dort aus dieser Wulst Adventivknospen entspringen und daß diese Wulst ohne fremdes Zuthun von dem Stocke selbst gebildet wird. Letzteres ist nämlich bei den Nadelholzstöcken nicht der Fall, da einige hiergegen geltend gemachte Fälle zu vereinzelt, vielleicht nicht einmal ganz sichergestellt sind. Wenn man solche überwallte Stöcke untersucht, so findet man, daß im Boden eine oder einige ihrer Wurzeln mit denen eines daneben stehenden lebendigen Baumes derselben Art verwachsen sind. Da von Natur den genannten Nadelhölzern das Vermögen des Stockausschlages fehlt, so stirbt der im Boden bleibende Stock nachdem er seines Stammes beraubt ist, in kurzer Zeit vollständig ab, die Fläche des Abhiebes vertrocknet und die zwischen Holz und Rinde eintretende Saftzersetzung veranlaßt, daß sich die Rinde bald abschält. Die beistehenden Figuren, L., veranschaulichen uns den interessanten Vorgang der Stocküberwallung. Figur 1. stellt einen Lärchenstock dar, der oben am Abhiebe, namentlich stark entwickelt auf der linken Seite (*) einen Ueberwallungsring zeigt, der an der Grenzlinie zwischen Rinde und Holz hervortritt. Unten ist mit einer seiner Wurzeln, bb, eine Wurzel a a verwachsen, welche einer an der rechten Seite des Stockes stehenden Lärche angehört. Auf der Durchschnittsfläche der verwachsenen Wurzeln a a b b sehen wir bei a b die Grenzlinie beider. Man sieht die beiden Jahresringsysteme beider Wurzeln zuletzt von gemeinsamen Jahresringen umschlossen. Dies kann nicht anders geschehen sein, als durch ein Resorptionsvermögen, welches den Pflanzen eigen ist. Beide Wurzeln, die Anfangs weit von einander getrennt nebeneinander im Boden lagen, mußten sich indem sie dicker wurden einander immer mehr nähern, bis sie endlich aneinanderstießen. Nun trat eine ziemlich lange Zeit ein, während welcher sich beide Wurzeln an der Berührungsstelle in der Holzbildung hinderten, so daß sie beide an dieser Stelle sich ab- platteten. Die jetzt sichtbare Verschmelzung beider Holzkörper wäre un- möglich, wenn die Rinde an der Berührungsstelle nicht beseitigt worden wäre. An einer Stelle sehen wir allerdings die Rinde noch nicht beseitigt und an dieser Stelle hat auch die Verschmelzung nicht stattgefunden. Weiter unten links aber ist die alte Rinde durch Verflüssigung (Resorption) vollständig beseitigt und beide in Eins verschmolzene Wurzeln umgiebt nun an dieser Stelle eine gemeinsame Rinde. Durch diese Verschmelzung ist der verwaiste, dem Tode geweihte Stock ein Glied des lebendigen neben ihm stehenden Baumes und die Verschmelzungsstelle eine Brücke geblieben, durch welche dieser einen Theil seines Bildungssaftes jenem hinübergeschickt hat. Natürlich fand die Wurzelverwachsung statt, als noch beide Bäume lebendig waren. Der so wie von einer Amme genährte Stock verwerthete die Nahrung nach seiner Weise, d. h. nach der Weise der Nadelhölzer, welche es nicht L. Stocküberwallung. 1. Ein Lärchenstock, der auf der linken Seite oben, *, am Abhieb einen theilweisen Ueberwallungsring zeigt; unten ist die Wurzel a a eines andern nahe stehenden Baumes mit einer Wurzel b b des Stockes verwachsen; — 2. ein Stück von dem Abhieb eines solchen Stocks; — 3. senkrechter Durchschnitt des Kopfes eines ganz überwallten Stockes. weiter als bis zu dieser Ueberwallung bringen kann, welcher natürlich rings um den ganzen Stock unter der Rinde eine alljährliche Neubildung von Holzlagen entspricht. Ein Laubholzstock würde daraus Adventiv- knospen und aus diesen große Stocklohden gebildet haben, was die neue Arkadische Tanne auch vermögen soll (S. 330). Der Stock, von dessen Kopfe uns Fig. 2. ein Bild giebt, ist 11 Jahre lang von einem neben ihm stehenden Baume ernährt worden, denn man kann an dem Längsdurchschnitt deutlich 11 Jahreslagen des Ueberwallungs- holzes zählen, welches sich oben über die Abhiebsfläche, mit junger Rinde überzogen, ergossen hat. Aehnlich wie an Fig. XXVII. (S. 176) ist der Verlauf der Holz- zellen in diesem Ueberwallungsholze ein höchst unregelmäßiger, keineswegs der normale senkrechte und gerade des gesunden Stammholzes. Wir sehen an Fig. 2. unten, durch ein Sternchen bezeichnet, einen Holzsplitter sich von dem Ueberwallungsholze ablösen, der einen horizontalen, also gerade entgegengesetzten, Faserverlauf andeutet. Fig. 3. ist der Kopf eines ganz überwallten Stockes. a ist der Holzkörper desselben in der Stärke, die er bei der Fällung des Stammes hatte, b ist das zwischen diesem und der alten und der hinzugewachsenen neuen Rinde nachgewachsene Ueberwallungsholz. Es kommt zuweilen vor, daß ein solcher Stock noch lange mit der Ueberwallung fortfährt, während sein eigenes Holz bereits in Fäulniß übergegangen ist. Uebrigens versteht sich von selbst, daß oben an der horizontalen Abhiebsfläche keine organische Verbindung zwischen dieser und dem darüber ausgebreiteten Ueberwallungsholze besteht, denn jene war längst abgestorben, als letzteres sich darauf ablagerte. In dieser Weise kann ein stehender Baum die Amme von mehreren Stöcken zugleich sein; ja es kommt vor, daß ein Baum einen Stock unmittelbar, und auch noch einen zweiten, der in den Wurzeln mit dem ersten verwachsen ist, mittelbar ernährt. 8. Der Taxus oder Eibenbaum, Taxus baccata Linné. In die so vieles Eigenthümliche zeigende Abtheilung der Gymno- spermen, der nacktsamigen Blüthen-Pflanzen, gehört mit den echten Nadelhölzern auch der Taxus; ja in einer weiteren Auffassung der Familie der Nadelhölzer oder Zapfenbäume werden auch der Taxus und einige andere verwandte Pflanzen mit zu dieser Familie selbst gezogen. Der Taxus ist zweihäusig, diöcisch, d. h. der eine Baum trägt blos männliche, ein anderer blos weibliche Blüthen. Beide sind auf das be- scheidenste Maaß der Ausbildung beschränkt. Auf der Unterseite der ge- fiedert beblätterten Triebe sitzen in den Blattachseln die kleinen männ- lichen Blüthen ( LI. 1. ), welche von ziemlich regelmäßig gestellten Knospenschuppen umgeben (3.) lediglich aus 4 bis 6 auf einem gemein- schaftlichen Träger verbundenen Staubbeuteln bestehen (4.). Womöglich noch einfacher ist die weibliche Blüthe. Sie steht ebenfalls in den Blattwinkeln und ist, von ähnlichen Knospenschuppen eingehüllt, ohne alle Spur von Blüthendecken eine nackte Samenknospe, welche wir sonst bei den Blüthenpflanzen von einem Fruchtknoten eingeschlossen und diesen dann meist wieder von Kelch- und Blumenblättern umhüllt finden. Wir sehen dies an der schwach vergrößerten Abbildung einer senkrecht durchschnittenen weiblichen Taxusblüthe (7.). In dieser höchst einfachen Organisation der weiblichen Blüthe liegt der Charakter der nacktsamigen Blüthenpflanzen oder Gymnospermen, da das Heiligthum der Samen- bildung, die Samenknospe — die wir in dem wohlverwahrten Innern noch ganz kleiner Gürkchen als Bläschen sehen, aus welchen die Gurken- kerne werden — hier ganz frei liegt. Ein stärker vergrößerter Durch- schnitt einer andern weiblichen Blüthe wird uns diese einfache Bildung noch anschaulicher machen (8.). Wir sehen oben den Keimmund, Mikropyle, der Samenknospe, (8. *) d. i. eine Oeffnung in der einfachen Knospenhülle ( l s ), welche zu dem Innern der Samenknospe, zu dem sogenannten Knospenkern, Nucleus ( n c ) führt, in welchem der Keimsack liegt, eine besonders große Zelle, in welcher sich der Keim ( 10. e ) entwickelt. Unter dem kugeligen Körper, welcher die Samenknospe des Taxus bildet, bemerken wir an Fig. 8 noch drei längsdurchschnittene Schuppen- Paare, von denen das obere mit a bezeichnet ist. Dies ist der Samen- mantel, Arillus, der erst nach der Befruchtung anfängt sich weiter zu entwickeln und zuletzt zu der fleischigen scharlachrothen Hülle wird, welche den tief schwarzen Samenkern umgiebt, diesen aber oben durch eine kraterartige Vertiefung sichtbar sein läßt (Fig. 2.). Diese beerenartige Frucht ist eine falsche Frucht, weil sie nicht aus einem Fruchtknoten, der eben fehlt, hervorgegangen ist. An einer erst halb fertigen Frucht sehen wir den in der Entwickelung vorausgeeilten Samen von dem langsamer wachsenden Samenmantel erst an seiner untern Hälfte um- geben ( 9. a. ) Dieser Charakter der Gymnospermen findet sich, wie oben bereits angedeutet wurde, auch bei den übrigen Nadelhölzern. Dem scheint allerdings zu widersprechen, daß bei diesen die Samenknospen nicht so frei wie hier an Fig. 6. sondern im Innern des weibl. Blüthenzäpfchens eingeschlossen sind. Wir dürfen aber nicht vergessen, daß z. B. das weibliche Zäpfchen der Tanne (S. 325 Fig. 2.) keine einzelne Blüthe, in dem Sinne wie eine Nelke, sondern ein Blüthenstand ist, aus zahlreichen höchst einfachen gymnospermen Blüthchen zusammengesetzt. Jede Samenschuppe mit den 2 daraufsitzenden Samenknospen (a. a. O. Fig. 4.), ist eine weibliche Tannenblüthe. Daß diese an einem Blüthenzäpfchen dicht zusammengedrängt und so die einzelnen Samenknospenpaare nicht frei, sondern geschützt liegen, dies ändert in ihrem Gymnospermen-Charakter nichts. Dieser beruht in dem Fehlen des umhüllenden Fruchtknotens und wird durch die zufällige Zusammendrängung und Umhüllung nicht aufgehoben. . Die männlichen und die weiblichen Taxusbäume blühen sehr zeitig im Frühjahr, oft schon zu Anfang des April. Die Früchte reifen im September, sie sind von der Größe der Heidelbeeren und das prächtig scharlachrothe saftreiche und zuckersüße Fleisch des Samenmantels zeigt oben in einer Vertiefung die Spitze des tiefschwarzen Samenkernes (2.). Die Blätter sind den Tannennadeln ähnlich und eben so zweizeilig wie diese gerichtet und oben dunkelgrün, aber leicht durch ihre einfache ziemlich lang ausgezogene Spitze und die gelbgrüne (nicht weißgrüne) Unterseite zu unterscheiden. An den Seiten und an der Oberseite der Triebe sind wie ebenfalls bei der Tanne die kurzen Nadelstiele so gedreht, daß die Oberseite aller Nadeln nach oben gekehrt wird. Der Quer- schnitt der Nadeln (11) zeigt, daß die Mittelrippe auf der Oberseite stärker als auf der untern hervortritt. Die jungen und die vorjährigen Triebe haben eine grüne Rinde mit von den Nadeln ausgehenden Kanten. An den älteren Trieben wird die LI. Taxus oder Eibenbaum, Taxus baccata L. 1. Zweig mit männlichen Blüthen; — 2. Trieb mit 2 reifen Früchten; — 3. eine noch geschlossene männliche Blüthenknospe; — 4. eine solche aufgeblüht, mit noch geschlossenen und (rechts) mit entlerten Staubbeuteln; — 5. der Staubgefäßkörper derselben, ebenso; — 6. weibliche Blüthe; — 7. diese längs durchschnitten; — 8. dieselbe fünfmal vergr. daran: die Samenknospe oben mit dem Keimmunde * der nur einen Samendecke ( l s ), die später holzig werdende Samenschale x, der Knospenkern n c mit dem Keimsack, aus welchem sich bereits das Sameneiweiß, e d p, gebildet hat und in dessen oberer Hälfte man die Keim- körperchen, c p, sieht; von den 3 Hüllen unten ist a der Samenmantel und b Knospen- schuppen; — 9. eine halbvollendete Frucht mit dem noch unausgewachsenen Samenmantel, a, über welchem die von der Samendecke, i s, bedeckte Frucht emporragt; — 10. eine längs durchschnittene reife Frucht, a der fleischig gewordene Samenmantel, e der Keim, Embryo; — 11. Nadel und deren Querschnitt vom Taxus, 12. dasselbe von der Tanne, und 13. von der Fichte. (Fig. 6.—10. nach Schacht. Nur Fig. 1. u. 2. natürl. Größe). Rinde rothbraun, wobei jedoch unter jeder Nadel ein Fleck noch eine Zeit lang grün bleibt. Die Nadeln stehen in steilen Schraubenlinien. Die Triebstellung ist undeutlich quirlförmig, was jedoch durch zahlreiche unregelmäßig stehende Seitentriebe noch mehr als bei der Tanne und Fichte verhüllt wird. Der Stamm des Taxus wächst selten baumartig sondern theilt sich oft schon kurz über dem Stocke in mehrere Aeste, die dann gleichmäßig wachsen und so oft einen sehr dichten breiten Busch bilden, der außer- ordentlich reich verzweigt ist. Die Rinde des Stammes und der stärkeren Zweige ist der Länge nach blättrig aufgerissen und dunkel rothbraun. Das Taxusholz ist sehr fest und dicht, ohne Harzporen, im Kern schön braunroth, der schmale Splint gelblich weiß. Die sehr engen Holz- zellen sind zwar auch Tüpfelzellen wie die der übrigen Nadelhölzer, jedoch kommen zu den Tüpfeln an der innern Zellenwand noch unregel- mäßige Spiralfasern (Siehe S. 246 XXXVI. namentlich Fig. 4.). Die Jahrringe sind meist sehr schmal. Ein Stück Taxusholz, welches ich der Güte des Herrn Revierförsters Sladeck in Zella bei Dermbach im Eisenachischen verdanke, deutet auf einen Stamm von nur 19 p. Zoll Durchmesser bei einem Alter von 210 Jahren. Es zeigte sich noch voll- kommen gesund und frisch, obgleich der Stamm 9 Jahre lang gefällt unter freiem Himmel im Walde gelegen hatte. Die Krone vereinigt durch die Nadelform der Blätter und den buschigen astreichen Wuchs den Nadel- und den Laubholzcharakter. Die wenigen Taxusbäume, die man im Walde sieht, haben meist ein sehr ungleiches Ansehen, fast ohne einen festgehaltenen Kronenhabitus, da sich meist ein Ast oder einige überwiegend geltend machen und so wohl ein auffallendes aber keineswegs ein schönes Baumbild hervorbringen. Die große Ausschlagsfähigkeit des Taxus hat ihn bekanntlich lange Zeit das Schlachtopfer des Zopfstyls der altfranzösischen Gartenkunst sein lassen, ein Jammer des guten Geschmacks, welcher hoffentlich nicht wiederkehren wird, wenigstens nicht in den Gärten und Parkanlagen, da er in der Ausschmückung vornehmer Gemächer leider bereits wieder da ist. Der Eibenbaum treibt aus den Wurzelknoten mehrere ziemlich tief eindringende mächtige dicke gewundene Wurzeln, deren Holz von großer Festigkeit ist. Der Standort muß für die Eibe steinig und sandreich aber frisch und feucht sein, jedoch beweisen die zahlreichen Exemplare, welche sich in unseren Gärten zerstreut finden, und selbst Waldvorkommnisse, daß sie mit allerlei, selbst mit trockenem Muschelkalkboden fürlieb nimmt, ja der Muschelkalk scheint am liebsten von der Eibe bewohnt zu werden. Die westliche schattigere und feuchtere Lage ist ihr besonders zuträglich. Dabei verträgt der Taxus den Druck des Oberholzes nicht nur sehr gut, sondern scheint ihn geradezu zu fordern. Die Verbreitung ist zwar eine ziemlich umfangreiche, aber nirgends kommt der Taxus anders als ein- gesprengt unter anderen, namentlich Laubhölzern vor, besonders im Mittelwalde. In den Karpathen und in den Voralpenwäldern der österreichischen Gebirgslande, der Schweiz und Süddeutschlands findet sich der Taxus am häufigsten, doch nirgends als bestandbildender Baum. Ein bevorzugter Ort scheint das genannte Drombacher Revier zu sein, wo neben vielen anderen kleineren nach Herrn Sladecks Mittheilung 311 Exemplare von einem Stammdurchmesser von 1 Fuß und darüber vorkommen. Man darf die jetzt noch hier und da in Deutschland vor- kommenden Taxusbäume als Ueberreste der ehemaligen dichten Bewaldung Deutschlands ansehen und im Allgemeinen erscheint der Taxus als eine im Aussterben begriffene Pflanze. Das Leben des Taxus ist durch Schattenbedürfniß und äußerst langsamen Wuchs am meisten charakterisirt. Das Verpflanzen junger Stämmchen an freie Orte mißlingt daher fast immer. „Mehrere Schocke auf nacktem Felsen (aber im Schatten) erwachsener bis 2 F. großer Pflänzchen gingen nach der Verpflanzung sämmtlich ein, obgleich sie mit der größten Sorgfalt ausgehoben worden waren“ (Sladeck). Das Holz ist im Innern des Stammes meist kernschälig, was vielleicht daher rührt, daß bei dem langsamen Wuchs der Taxus im Niederwalde mehre Um- triebsperioden überdauert und nach der jedesmaligen Freistellung einige Jahre sehr starke Jahresringe anlegt, die dann von den vorausgegangenen schmalen sich loslösen, welches ebenso und aus demselben Grunde bei vielen Bäumen vorkommt. In einer Alterseintheilung der Bäume stellt Pfeil den Taxus mit Eiche und Winterlinde in die höchste, 300 Jahr überdauernde Klasse. Man kennt und hegt auch einige Taxusbäume von sehr hohem Alter. Nach einer Durchschnittsberechnung der Dicke der Jahresringe schätzt man einen Taxusbaum auf dem Kirchhof von Braburn in Kent auf 3000 Jahre. Ueber die forstliche Bedeutung und Behandlung des Taxus läßt sich kaum etwas sagen, da er erstere kaum hat und letzterer darum kaum unterzogen wird. Man benutzt ihn, wo man ihn findet, wenn man ihn nicht lieber als Denkmal deutscher Vorzeit schont; eine Nachzucht als Forstbaum findet wahrscheinlich nirgends statt. Was die Benutzung betrifft, so kann diese begreiflicherweise auch nur sehr unbedeutend sein. Das fast immer kernschälige Holz alter Stämme läßt sich zu Fourniren, wozu es seiner schönen geflammten Farbe wegen sich sehr empfehlen würde, nicht verwenden, soll auch seines „Fett- gehaltes“ wegen nicht auf dem Blindholze haften (Sladeck). Als Hecken- baum und für Parkanlagen ist der Taxus immer noch mit Recht ge- schätzt, wobei man ihn zu Ehren des guten Geschmacks nicht mehr zu Mißgestalten stutzt. Mit Unrecht gelten die süßen Beeren des Taxus für giftig, was sie nach den wissenschaftlichen Untersuchungen von Schroff entschieden nicht sind; dagegen sind dies die Blätter. Wessely sagt, daß in den österreichischen Alpenländern das Taxuslaub als sehr milch- erzeugendes Futter dem Rindvieh gefüttert werde, während es den Pferden tödtliches Gift sei. Der Taxus hat in den verschiedenen Theilen Deutschlands ver- schiedene Namen als: Taxbaum, Ibenbaum, Taxboom, Ibenholz, Eien- baum, Eie, Eben, Ebe, Eife, Hagein, Ifenbaum, Ive, If, Isten, Eve, Eisenbaum, Gyenbaum, Esenbaum. 9. Wachholder, Juniperus communis L. Wie die echten Nadelhölzer und der Taxus zweihäusig. Die männ- lichen Blüthen (2. 7.) sind kleine achselständige Kätzchen, aus schild- förmigen Schuppen gebildet, deren jede auf der Untenseite 4—7, meist jedoch 6, Staubbeutel trägt (8. 9.). Die weiblichen, auf kleinen Kurztrieben endständig, von einer fleischigen dreispaltigen aus drei zu- sammengewachsenen Schuppen gebildeten Hülle umgeben, frei, auf- recht (3. 4.). Die kleinen Nüßchen von der vergrößerten fleischigen LII. Gemeiner Wachholder, Juniperus communis L. 1. Weiblicher Zweig mit diesjährigen unreifen und vorjährigen reifen Beeren; — 2. Trieb mit männlichen und 3. Trieb mit weiblichen Blüthen; — 4. vergr. Kurztrieb mit einer endständigen weiblichen Blüthe, daneben derselbe gespalten; — 5. 6. vergr. Beere geöffnet und darüber ein Same; — 7. vergr. männliches Kätzchen; — 8. drei wirtelig stehende Staubbeutelträger desselben von unten; 9. dieselben von oben, stark vergr.; — 10. vergr. Nadel und deren Querschnitt. eine sogenannte falsche Beere (Wachholderbeere) darstellende Hülle um- schlossen (5. 6.). Die Beere ist Anfangs grün, reif aber blauschwarz, hechtblau bereift. Sie reift erst im zweiten Jahre. Die Blätter sind fast rechtwinklich abstehend quirlförmig zu drei an den Trieben geordnet: sie sind lanzettlich-pfriemenförmig, sehr spitz, oberseits seichtrinnig, unten blaugrün, etwas gekielt, mit einer feinen den Kiel durchziehenden Linie (10.). Aus ihren Achseln entspringen die nackten, d. h. schuppenlosen Knospen. Der Stamm ist selten viel über einige Zoll dick und erhebt sich nur selten zu einem regellos mit unzähligen schwachen Zweigen besetzten eiförmig-pyramidalen Bäumchen von 15—20 F. Höhe; meist bleibt der Wachholder ein niedrer aufrechtstehender Busch mit einer eirunden fein verzweigten Krone. Das Holz ist sehr fein, dicht und schwer, mit rothgelbem Kern und weißlichem Splint und meist von rothgelben Adern durchzogen. Es hat den bekannten Geruch der Beeren und ist sehr dauerhaft. Am untern Theile des Stämmchen zeigt es meist beträchtliche Maserknoten. Namentlich das im Mai gehauene soll hellroth und knochenhart werden. Hinsichtlich seines Standorts gehört der Wachholder zu den genüg- samsten Holzpflanzen, da er am häufigsten auf leichtem Sand und selbst auf verangerten öden Plätzen gefunden wird. In Mitteleuropa hat er eine weite Verbreitung und kommt namentlich in den nördlichen Haiden sehr häufig vor. Sein Leben möchte man das eines forstlichen Proletariers nennen, um den sich niemand kümmert. Der Wachholder wächst sehr langsam und da er nur in gutem Schluß auf etwas besserem Boden unter künst- licher Nachhülfe zu der angegebenen höchsten Länge und dann zu 6 bis 10 Z. Durchmesser erwächst, so hat er auch keine eigentliche forstliche Bedeutung und Behandlung. Man benutzt ihn wo und wie man ihn eben findet. Zu feinen Drechslerwaaren und knorrigen Spazierstöcken benutzt man die Stämmchen, und die allbekannten Wachholderbeeren, welche dem Fleische des Krammetsvogels (Wachholderdrossel) Turdus pilaris, seinen Wohlgeschmack verleihen, werden namentlich zu Räucherungen und zur Bereitung des Wachholder-Branntweins, Genever, benutzt. Nach Roßmäßler, der Wald. 23 Metzger wird in Thüringen und Würtemberg, wo der Wachholder häufig vorkommt, mit den Beeren ein bedeutender Handel nach Ost- indien getrieben, wobei jedoch bei der Verpackung zur Vorsicht die Beeren mit Nadeln und Trieben vermischt werden, da sie sich sonst leicht ent- zünden sollen. Da dieser Busch mehr im Munde des Volks — namentlich als Hausmittel — als in der Forstwirthschaft lebt, so fehlt es ihm auch nicht an einer Menge von Volksbenennungen: Knirk oder Knirkbusch, Steckholder, Weckholder, Kranatbaum, Kranwet-, Cronwit-, Kronawett- baum, Kaddiz-, Feuerbaum und viele andere. Auf Hochgebirgen, zum Theil an der Schneegrenze, doch auch zu- weilen auf niedrigeren Stufen kommt der Zwergwachholder, J. nana W., als ein buschiger niederliegender Strauch mit viel größeren aber weniger aromatischen Beeren vor. Nur um einem weit verbreiteten Irrthum entgegen zu treten sei hier noch der aus Nordamerika stammende virginische Wachholder, J. virginiana L., erwähnt, der in unseren Gärten als „Ceder“ sehr verbreitet ist und dessen wohlriechendes braunviolettes „Cedernholz“ all- gemein zur Verfertigung der Bleistifte verwendet wird. 9. Die Laubbäume. Aus tausend Blättern, die am Eichbaum hängen, Und die das Licht der Sonne widerstrahlen, Erklingt uns Kunde, wie von Bardensängen Bei unsrer Ahnen heil’gen Opfermahlen. Und wenn der Sturm die deutsche Eiche schüttelt, Daß sie sich fester in den Boden klammert — Wer fühlt sich da nicht mächtig aufgerüttelt, Wer hat sein Deutschland da noch nicht bejammert? Aus der sinnigen Betrachtung der Nadelhölzer fühlten wir eine erdgeschichtliche Kunde uns entgegenwehen; wir sahen in ihnen die zu Schutz und Trutz fest zusammenhaltenden überlebenden Reste eines vor- mals mächtigen Geschlechts. Der deutsche Laubwald, den wir uns unter dem Zauber herkömmlichen Anschauens zunächst als Eichenwald denken, führt uns blos zurück in die Vorgeschichte unseres Volks. Die Eiche, die in vollster Anerkennung stehende Vertreterin des deutschen Waldes, können wir uns anders als Deutsch gar nicht denken. Sie ist unser Symbolbaum, wie kaum ein anderes Volk einen hat. Darum zieht eben ein alter Laubwald unwiderstehlich unser Sinnen zurück in graue deutsche Vorzeit; nicht weiter. Und fast möchte man sich zur Satyre aufgestachelt fühlen, wenn man bei genauerem Ansehen unseres deutschen Laubwaldes findet, wie er sogar bunt und manchfaltig aus den verschiedensten Baum- arten zusammengesetzt ist. Demnach ist er auch nur ein forstmännischer Begriff, während der Nadelwald ein fester systematischer Begriff ist; jener nur zufällig Verbundenes, dieser verwandtschaftlich Zusammen- gehöriges. Unsere zusammenfassende Betrachtung der Laubbäume kann darum und muß kürzer sein als bei den Nadelbäumen, weil sie nur über weniges Gemeinsame zu berichten hat. 23* Es ist schwer die Zahl der Laubholzarten unseres deutschen Waldes anzugeben, nicht sowohl deshalb, weil wir ihn nach Süden, namentlich nach Südost politisch nicht einmal genau abzugrenzen wissen, als vielmehr deshalb, weil es schwer zu entscheiden ist, welche strauchartigen Gewächse wir noch als Holzpflanzen, mit der Bedeutung für den Waldbestand, ansehen sollen, welche nicht. Begreifen wir dabei alle diejenigen im Walde heimischen Pflanzen, welche einen ausdauernden holzigen Stengel haben, so sind nicht blos die kleinen Heide- und Heidelbeerbüschchen, sondern noch einige andere viel kleinere mit zu zählen. Forstlich auf- gefaßt giebt die gewöhnliche Bezeichnung Forstkulturpflanzen aller- dings einen bestimmteren Anhalt, indem man unter solchen die absichtlich angebaueten oder wenn aus Selbstbesamung hervorgegangen gepflegten Holzgewächse versteht. Dies schließt aber eine Menge selbst als Bäume wachsender Holzpflanzen aus, um die sich der Forstmann nicht weiter kümmert, als daß er sie, wenn er sie bei einem auszuführenden Holz- schlage vorfindet, mit umhaut und benutzt. Unser „Wald“ ist nicht forstlich allein verstanden, er ist uns „Wald und Forst“ zugleich (siehe S. 1); wie dürfen viele Holzpflanzen darum nicht unerwähnt lassen, weil sie uns das Waldbild vervollständigen helfen, gewissermaaßen zu dessen Füllung beitragen; während sie dem Forstmann vielleicht ganz gleichgiltig, ja sogar lästig sind. Uebrigens ist selbst der Begriff der Forstkulturpflanzen — von welchem bei den Nadelhölzern blos der Wachholder und kaum der Taxus ausgeschlossen sind — bei den Laubhölzern doch keineswegs nach unten hin scharf begrenzt. Besonders geeignete Standortsverhältnisse lassen manchmal eine Holzart als Kulturpflanze sich geltend machen, die sonst gar keine Beachtung findet; Strauch- oder Buscharten können dadurch Baumcharakter annehmen. So können solche selbst einen nennenswerthen Nutzungsertrag geben. Sieht man in dieser Richtung die forstlichen Lehrbücher durch, so findet man nur eine kleine Zahl von Laubholzarten als Forstkulturpflanzen aufgeführt. Theodor Hartig zählt in der 10. Aufl. von seines Vaters, G. L. Hartig, Lehrbuch für Förster, nur folgende „wichtigere Forstkultur- pflanzen“ aus der Abtheilung der Laubhölzer auf: 3 Eichenarten, die Buche, 4 Birkenarten (von welchen eigentlich 2 wegzulassen waren), 3 Erlen (von denen ebenfalls eine wegbleiben mußte), die zahme Kastanie (kein deutscher Baum), 2 Hornbäume, 2 Haseln, 4 Pappeln (von denen die italienische wegzulassen war), Weiden (ohne eine bestimmt zu bevor- zugen), die Esche, 3 Rüstern, Weißdorn, Mispel, den wilden Apfel- und Birnbaum, 2 Ebereschen, Elsbeerbirne, 4 Steinfruchtpflanzen (Kirsche etc.), Schotendorn oder Akazie (kein deutscher Baum), 4 Ahorne (von denen der vierte wegfällt), Roßkastanie (kein deutscher Baum), Linde. Alle übrigen Sträucher bezeichnet er als „sich nur zufällig im Walde findend.“ Wenn wir also die angedeuteten Abzüge machen und uns die Haseln und einige andere, von denen seine letzte Bemerkung ebenfalls gilt, ge- fallen lassen, so blieben nur 34 deutsche Laubholzarten, welche den Namen Forstkulturpflanzen verdienten, zu denen wir als 35. wohl noch eine zweite Lindenart hinzufügen können. Eine ominöse Uebereinstimmung mit der staatlichen Gliederung des Landes der deutschen Eiche. Ueberblicken wir die genannten Laubholzarten vom Gesichtspunkte der botanischen Systematik, so erkennt auch der Nichtbotaniker ihre sehr verschiedene Geltung auf der Stufenleiter des Systems. Auf ihr stehen Eichen und Buchen, Weiden und Birken sehr tief, während die Linde zu den vollkommensten Gewächsen gehört; denn nicht die Kraft und stolze Größe gilt hier als Maaßstab, sondern die Vollkommenheit in der Aus- prägung der Blüthentheile. Diese werden wir bei der Eiche sehr unvoll- kommen finden, während Jedermann weiß, daß bei der Linde alle vier Blüthenkreise — Kelch, Blumenkrone, Staubgefäße und Stempel — vollkommen und unabhängig von einander ausgebildet sind. Daß hinsichtlich der Architektur und Ornamentik (S. 217 f.) die Laubhölzer als ästhetische Gruppe sich von den Nadelhölzern unterscheiden, weiß Jedermann, ebenso wie hier auch nochmals an den Unterschied des den Nadelhölzern fast abgehenden Ausschlagsvermögens erinnert werden soll. Durch den Vortheil des Ausschlagsvermögens, welches übrigens den Laubhölzern nicht in gleichem Maaße eigen ist, gewähren diese dem Forstmanne eine größere Manchfaltigkeit in der Walderziehung. Während jene, wenigstens als reine Bestände, sich nur als Hoch - oder Baum- wald erziehen lassen, kommt zu diesem bei den Laubhölzern noch der Mittel - und der Niederwaldbetrieb (S. 193). Abgesehen von der freieren Bauart der Laub-Kronen, welche eine größere Manchfaltigkeit der Waldbilder hervorbringt, wird diese noch wesentlich unterstützt durch die große Abwechslung der Gestalten, welche zwischen einem Busch des Niederwaldes und einem majestätischen Baume des Hochwaldes, als ihren beiden Endpunkten, liegt. Keine Laubholzart verträgt einen so dichten Schluß wie die Nadel- hölzer, keine, vielleicht allein die Buche ausgenommen, unterdrückt den Unterwuchs an Kräutern und Gesträuchen so vollkommen, wie dies die Nadelbäume, namentlich die Fichte und in geringerem Grade auch Tanne und Kiefer thun. Dies übt einen mächtigen Einfluß aus auf das Bild von dem Innern eines alten Laubholz-Hochwaldes. In diesem stehen die Bäume immer sehr räumlich und lassen einer großen Zahl niederen Volkes Raum, wozu nicht blos Gräser und Kräuter, sondern auch vielerlei Sträuche, zum Theil sogar Ausschlag der eigenen Art gehören. Wenn wir mit Decandolle (s. das Motto auf S. 12) und mit Agard (S. 205) eine innerlich bedingte Setzung des Lebensendes eines Baumes kaum annehmen konnten, so erlaubt es das Ausschlagsvermögen der Laubholzbäume, dem Walde eine bedingte Unsterblichkeit zuzusprechen. Ein Niederwaldbestand, den wir meist als „Buschholz“ bezeichnen hören, kann in regelmäßigem, etwa 20 jährigem Umtriebe immer wieder abgeholzt werden, und immer wieder schlagen die Stöcke von neuem aus. Gleich nach erfolgtem Abhiebe der Stocklohden kann man sich leicht überzeugen, wie uralt die oft sehr umfänglichen Stöcke sein mögen, in denen „die schaffende Gewalt“ sich immer aufs Neue bewährt. Ja man möchte es fast ein Spiel nennen, welches sich der Forst- mann mit dem Leben der Laubhölzer, wenigstens der meisten Arten, erlauben kann, wenn er einen Hochwald in einen Mittel- oder Nieder- wald degradirt, oder einen Niederwald zu einem Mittelwalde ja sogar zu einem Hochwalde erhebt. Ein Waldbestand uralter Eichen wird sofort zum Niederwalde, wenn man die Eichen fällt und von den Stöcken, die man ungerodet im Boden läßt, Stockausschlag erwartet, was bei der Eiche nicht leicht vergeblich ist. Läßt dann der Forstmann nach 20 Jahren und später wieder nach 20 Jahren und sofort bei dem Abtriebe hier und da vorzüglich wüchsige Stocklohden stehen, die zuletzt sich gewissermaaßen von ihrer Stockabkunft emancipiren und zum Theil auf Kosten des Stockes, ihrer Nährmutter, selbstständige Bäume werden, so entsteht ein Mittelwald, das heißt eine Vermischung von sehr weitläufig stehenden Bäumen und Buschholz (Stockausschlag). Während die Nadelhölzer, vor allen die Fichte, sich sehr zur Er- ziehung reiner , d. h. nur aus Einer Nadelholzart allein bestehender Bestände von großem Umfange eignen, so sind diese bei den Laubhölzern eine Seltenheit. Am meisten scheinen noch die Buche und Eiche Unver- mischtheit zu vertragen, obgleich es jetzt wohl selbst bei diesen, wenigstens bei der Eiche, nur noch selten vorkommt, sie in reinen Beständen zu erziehen, nachdem man die mancherlei Vortheile erkannt hat, welche gemischte Be- stände vor reinen voraus haben. Aber die größere Anzahl der Laub- hölzer und die daher auch größere Manchfaltigkeit ihres Verhaltens zu der Bodenbeschaffenheit bringt es mit sich, daß einige Laubholzarten in auffallender Weise die Begleiter oder vielmehr Bewohner einer gewissen Bodenbeschaffenheit sind, woraus sich sehr häufig kleine ja sogar zuweilen ausgedehntere reine Bestände eines oder des andern Laubholzes ergeben, die dann freilich meist nicht in den eigentlichen Bereich des Waldes fallen. Wer weiß nicht, daß die Erle der Baum des quelligen Bruch- bodens ist, daß der Weiden zahlloses Heer der Flußniederung große Strecken abgewinnt? Auch die genügsame Birke liebt es, sich in Ge- meinschaft allein anzusiedeln und nur die Kiefer ist anspruchslos genug, um das kärgliche Bodenmahl mit ihr zu theilen. Beide, Birke und Kiefer, lernten wir auch bereits als die obersten Bergvorposten des Baumlebens kennen. Der Mehrzahl nach sind die Laubhölzer aber mehr Bewohner der Ebene und manche Arten machen selbst hier noch ganz ungewöhnliche Ansprüche an die Behaglichkeit des Lebens. Gewisse Laubhölzer aus der Familie der Kernobstbäume sind fast nur das Vorrecht der Waldungen der Ebenen und Vorberge Süd- deutschlands und gehen nur sehr vereinzelt über die trennende Schwelle des Deutschland ungefähr in der Mitte von Ost nach West durchziehenden Gebirgsrückens hinaus. Manche Laubhölzer zeigen aber auch recht ersichtlich, daß eine gewisse Seehöhe ihnen ersetzt werden kann durch ein größeres Vorrücken nach Norden oder vielleicht selbst durch die Meeresnähe. Dies ist ganz be- sonders mit der Buche der Fall, welche eben so in einem gewissen Höhengürtel wie an den Küsten der Ostsee ihre prachtvollsten Wälder aufbaut. Wenn man edle und unedle Holzarten unterscheidet, so hat man die ersteren nur unter den Laubbäumen zu suchen und die Buche ist allgemein als die edelste von allen anerkannt. Da wir schon an einer früheren Stelle diesen Rangunterschied nicht oder höchstens nur sehr bedingt gelten lassen konnten, so ist auch darüber hier noch nachzutragen, daß, wenn man dabei unsere einheimischen Waldbäume allein berücksichtigt, obendrein gewöhnlich ein sehr unedler Maaßstab zum Grunde gelegt wird, nämlich der Brennwerth. Unter den Laubhölzern finden wir auch allein die so- genannten „harten“ Hölzer, welchen gegenüber sehr willkürlich und durchaus nicht bei allen zutreffend das Nadelholz als „weiches“ Holz bezeichnet wird. Wenn wir noch einen Augenblick das Holz der Laubbäume im Auge behalten wollen, so ist diesem noch der Unterschied von dem Holze der Nadelbäume eigen, daß bei ihm das Herbstholz weniger oder wenigstens in anderer Weise als bei diesem vom Frühjahrsholze unterschieden ist. Bei dem gefäßlosen Nadelholze zeichnete sich das Herbstholz vor dem Frühjahrsholze durch engere, plattere und besonders dickwandigere Holz- zellen aus, während bei den Laubhölzern der Unterschied fast nur darin beruht, wenn er überhaupt sehr bemerklich ist, daß das Frühjahrsholz gefäßreicher ist (S. 101 Fig. XIII. und S. 106). Daß und weshalb die Laubholzwaldungen weniger durch Insekten, Sturm und andere Widerwärtigkeiten leiden als die Nadelhölzer haben wir bei diesen schon erfahren; obgleich sie keineswegs sicher davor sind und in anderer Richtung dem Forstmanne die Bewirthschaftung eines Laubholzrevieres besonders erschwert wird. Der überaus regelmäßige Wuchs der Nadelbäume, der es bei den meisten zu keiner eigentlichen Kronen abwölbung kommen läßt, läßt es selbst einem alten Baume aus der Länge seiner Triebe leicht ansehen, ob er noch in gutem Zuwachs stehe oder nicht, was bei einem Laubbaume nicht so leicht ist. Eine Kronenabwölbung finden wir unter unseren deutschen Nadel- hölzern in ausgesprochenem Grade nur bei der gemeinen Kiefer (S. 261); diese Ausprägung gehört daher vorzugsweise den Laubhölzern an. Was wir unter Kronenabwölbung zu verstehen haben, können wir am besten aus einigen Baumbeispielen lernen, wozu sich die Esche und Ahornarten am besten empfehlen. Diese Bäume haben eine regelmäßige kreuzweis gegenständige Knospenstellung mit vollkommen ausgeprägten Endknospen der Triebe (S. 60 Fig. III. 2. 4. und S. 63 Fig. IV. 1.). Diese Stellung und namentlich die vorherrschende Vollkommenheit der End- knospe muß ähnlich wie bei den Nadelbäumen eine pyramidale Kronen- bildung begünstigen, ja müßte diese eigentlich zur nothwendigen Folge haben, wenn nicht hemmende Umstände in den Weg träten, die uns schon bekannt sind (S. 217, 218). Nur bis zu einem gewissen Alter macht sich dieser Einfluß der Knospenstellung in der Kronenbildung geltend; es ist aber dieses Alter oder vielleicht richtiger diese Periode einigermaaßen von den äußeren Verhältnissen abhängig. Auf einem in jeder Hinsicht günstigen Standorte können namentlich Eschen bis zu einem Alter von 50 Jahren noch vollkommen deutlich den der Knospen- stellung entsprechenden pyramidalen Wuchs erkennen lassen. Wenn dieser Einfluß der Knospenstellung auf die Kronengestalt auf- hört, dann fängt die sogenannte Kronenabwölbung an, und wie groß der Unterschied eines Baumes vor und nach der Kronenabwölbung sein könne, das zeigt unser Kiefernbild. Dieser Unterschied ist aber nicht bei allen Arten, die eine deutliche Periode der Kronenabwölbung haben, an die kreuzweise gegenständige Knospenstellung gebunden. Bei Erle und Birke stehen die Knospen anscheinend ganz unregelmäßig und dennoch haben beide Bäume eine sehr bestimmt ausgesprochene Kronenabwölbung. Beide sind, selbst aus Samen erwachsen — als Stockausschlag bekanntlich in noch höherem Grade — bis zu einer ansehnlichen Größe entschieden pyramidal gebaut und wölben erst später ihre Krone ab. Es giebt aber auch Bäume, welche diesen Unterschied niemals zeigen. Ein solcher ist z. B. die Linde, welche gleich von Anfang an ihrer Krone die schöne Kuppelgestalt giebt, die wir an alten Linden kennen und so sehr lieben. Fragen wir nun, was eigentlich der von dem Forstmanne erfundene Ausdruck Kronenabwölbung sagen wolle, so müssen wir, um ihn richtig und im Sinne des Forstmannes zu verstehen, uns noch weiter von diesem hinzufügen lassen, daß mit der vollendeten Kronenabwölbung der Längenwuchs des Stammes meist beendet sei. Demnach ist ihm die Kronen- abwölbung nicht allein eine Gestaltbezeichnung, sondern die Bezeichnung für einen Abschnitt des Baumlebens. Wenn diese Auffassung, wie uns die Linde zeigte, auch nicht unbedingt stichhaltig ist, so ist sie doch jeden- falls in hohem Grade beachtenswerth und eine dankenswerthe Bereicherung der Biologie des Baumes aus der Hand der Forstpraxis. Esche und Ahorn sind insofern jetzt nicht weiter passende Beispiele für das noch zu Erörternde, als es gewissermaaßen für sie keine Kunst ist, das Längenwachsthum vermittelnde Langtriebe zu machen, weil sie die in der Entwicklungsfähigkeit so zu sagen bevorzugten echten Endknospen haben. Wir wählen daher hierzu die Buche und die Rüstern. Besonders die Buche, obgleich bei ihr die an der Spitze der Triebe stehende Knospe keineswegs eine solche bevorzugte eigentliche Endknospe ist (S. 60 Fig. III. 9.), ist bis in ein sehr hohes Alter beflissen, aus dieser, wenigstens an vielen Zweigen, Langtriebe hervorzutreiben. Dadurch treten aus dem Kronenumrisse einer Buche, wenn sie unter gedeihlichen Verhältnissen steht bis in ziemlich hohes Alter, eine Menge Spitzen hervor, die Er- gebnisse der ihr noch ungeschwächt inwohnenden Kraft, Langtriebe zu machen. So lange dies der Fall ist, steht der Baum noch in gutem Höhenzuwachs und er hat sein Haubarkeitsalter noch nicht erreicht. Allmälig aber erlahmt diese Kraft; die Bevorzugung einzelner Zweige Langtriebe zu machen, fällt weg, es tritt gewissermaaßen eine Gleichheit der Entwicklungskraft des Knospenlebens ein, ja es scheint sogar die Kraft der Endknospen jener aus dem Kronenumrisse hervortretenden Spitzen unter das Maaß der übrigen Knospen herabzusinken, denn diese holen jene geradezu ein, die Lücken in dem Kronenumrisse werden all- mälig ausgefüllt — die Kronenabwölbung ist vollendet, es werden in der Hauptsache nur noch Kurztriebe gemacht: die Krone bekommt die der Buche eigene am besten mit einer Haufwolke zu vergleichende Gestalt. Dann hört der Höhenzuwachs auf und nur noch in der Dicke des Stammes und der Aeste findet Zuwachs statt. Dies ist, wie sich von selbst versteht, nicht buchstäblich zu nehmen, denn selbst die kürzesten Kurztriebe fügen dem Umfange der Krone doch noch etwas hinzu. Wie wenig dies freilich sei, sehen wir auf S. 63 an Fig. IV. 9. 8. und 7., wo die Sternchen uns das außerordentlich geringe Maaß der Kurztriebe veranschaulichen. Diese wissenschaftliche Bewandtniß hat es mit der Kronenabwölbung, die bei den verschiedenen Laubholzarten eine große Manchfaltigkeit ihrer Erscheinungen zeigt. Wenn nun auch der Standort und die Verschiedenheit des Schlusses, bis zur völligen Freistellung, einen bedeutenden Einfluß auf dieselbe ausübt, so zeigen dennoch fast alle unsere Laubhölzer darin charakteristische Eigenheiten, die es dem Geübten möglich machen, schon aus der Ferne aus der Kronenabwölbung eine Baumart zu erkennen; wenn schon nicht behauptet werden soll, daß man dabei niemals irren sollte. Hier kommt nun aber das noch hinzu, was wir in dem Abschnitt über die Architektur der Bäume kennen gelernt haben (S. 210). Wollen wir hier die Frage aufwerfen, ob den Laub- oder ob den Nadelbäumen ein höheres Alter zu erreichen vergönnt sei, so ist hier zunächst hervorzuheben, daß man mit einiger Sicherheit keinen Laub- holzbaum nachweisen kann, der das Alter des Braburnschen Taxus (S. 351) hätte. Aber dennoch scheint dies nur eine Ausnahme, und im Ganzen die Lebensdauer der Laubhölzer eine längere zu sein. Meist aber wird das Alter der Laubbäume von Unkundigen überschätzt. Eine alte majestätische Eiche macht einen so gewaltigen Eindruck auf den empfindsamen Beschauer, daß er gleich an ein Jahrtausend denkt, „was über ihren Scheitel dahin gezogen ist“. Die weit und breit berühmte „Königseiche“ auf dem Ehrenberger Stadtrevier bei Leipzig ist bei 4 Ellen Stammdurchmesser schwerlich über 400 Jahre alt, denn sie ist auf fruchtbarem Auenboden erwachsen. Die „schöne Buche“ auf Lange- brücker Revier bei Dresden, 3 Ellen im Durchmesser, bei der Buche schon eine außerordentliche Stärke, wird nur auf 150 Jahre geschätzt. Wie ganz anders müssen die Wachsthumsverhältnisse eines Buchsbaumes sein, von dem mir eine Stammscheibe von nur 9 par. Zoll Durchmesser vorliegt, die aber nicht weniger als 333 Jahrringe zählt! Das höchste Alter unter unseren deutschen Laubbäumen scheint die Linde erreichen zu können wie aus mehreren geschichtlich denkwürdigen Linden hervorgeht, deren es übrigens viel mehr als berühmter Eichen giebt, was jedenfalls dafür spricht, daß die Linde in früherer Zeit viel mehr als die Eiche mit dem Volksgeiste verwachsen gewesen sein mag. Immergrüne Waldbäume, deren der Süden Europas eine ziemliche Anzahl hat, fehlen uns dennoch nicht ganz; denn die sogenannte Stech- palme oder Hülse, Ilex aquifolium, die z. B. im Schwarzwalde bis 12 und 16 Fuß hohe Bäumchen bildet, ist bekanntlich immergrün. Uebrigens entbehren wir durch den Mangel immergrüner Waldbäume nach meinem Geschmack nichts. Von den in Spanien von mir an- getroffenen sind im Winter nur der Johannisbrodbaum, Ceratonia siliqua, die Orangen — keine Waldbäume — und der, nicht eigentlich zu einem Baume erwachsende, Buchsbaum wirklich grün zu nennen, während die vielen immergrünen Eichen und der Oelbaum eine unschöne grüngraue Winterfärbung haben, die nichts weiter leistet, als die gründliche Ver- schiedenheit von Winter und Sommer, welche unserer deutschen Natur ihren Reiz verleiht, zu verwischen, so daß man dort nicht recht weiß, was man aus dem sogenannten Winter machen soll. Hinsichtlich ihrer Lebensenergie, wenn dieser Ausdruck erlaubt ist, kann man die Laubhölzer in schnellwachsende und in langsamwachsende, in solche, welche sehr ausschlagsfähig und in solche, welche dies weniger sind, eintheilen. Diese Verschiedenheit übt natürlich einen Einfluß auf ihre forstliche Behandlung aus. Die wenig ausschlagsfähige Buche wird viel weniger im Niederwalde erzogen als Eiche und Hornbaum. In den nachfolgenden Beschreibungen der einzelnen Laubbäume lassen wir uns bei deren Aufzählung von der systematischen Stufenfolge und von der forstlichen Bedeutung zugleich leiten, jene einigermaaßen durch letztere in der innern Gliederung abändernd. A. Die Familie der Kätzchenbäume, Amentaceae. Von allen Familien, welche zu den Bäumen des Laubwaldes ihr Kontingent stellen, ist die der Kätzchenbäume oder Kätzchenblüthler die wichtigste, denn zu ihr gehören die meisten und wichtigsten Laubbäume, wie sie denn überhaupt nur aus Bäumen und Sträuchern besteht und kein einziges krautartiges Gewächs enthält. Den Namen trägt die Familie nach der bekannten Blüthenform, welchen nicht die Wissenschaft, sondern das Volk gegeben hat, für Kätzchen auch oft Schäfchen sagend, besonders wenn es die mit silberglänzenden Haaren bedeckten, sich eben entwickelnden Blüthen der Weiden zu be- zeichnen gilt. Entweder sind weibliche sowohl wie männliche Blüthen — denn alle Kätzchenbäume sind getrennten Geschlechts — Kätzchen, oder blos die männlichen, welche es immer sind. Die Trennung der Ge- schlechter ist entweder einhäusig (monöcisch) wie bei den Eichen, Buchen und Birken, oder zweihäusig (diöcisch): nur die Pappeln und Weiden. Bei einigen Kätzchenbäumen sind die männlichen und bei den Erlen auch die weiblichen Kätzchen unverhüllt und schon im Herbst vorgebildet den ganzen Winter über deutlich sichtbar, Birke und Hasel, oder sie entwickeln sich wenigstens sehr zeitig im Frühjahre und meist vor dem Laube. Dann stehen sie natürlich an dem „alten Holze“, d. h. an dem vorjährigen Triebe, womit es bei manchen in auffallendem Kontrast steht, daß die weiblichen Kätzchen am „jungen Holze“, d. i. am diesjährigen Triebe stehen, was bei den Eichen und Birken der Fall ist. Nur bei der Buche und Steineiche stehen männliche und weibliche Kätzchen beisammen am jungen Holze. Die Weidenarten, deren es in Deutschland eine große Zahl giebt, haben die Kätzchen theils am alten theils am jungen Holze, blühen also vor oder mit dem Laube. Die Erinnerung an die allbekannten Kätzchen der Weiden sagt uns, daß die Blüthen der Kätzchenbäume unvollständig sind, d. h. es ist in ihnen der Gegensatz von Kelch, Krone, Staubgefäß und Stempel noch nicht zu vollkommener Ausbildung gelangt, noch weniger finden sich diese 4 Organenkreise in einer Blüthe beisammen, wie es bei den höheren Gewächsen der Fall ist. Neben den Staubgefäßen und Stempeln, den fruchtbildenden Haupttheilen einer Blüthe, sind Krone und Kelch meist nur auf einfache Schuppen beschränkt. Dadurch ermangeln die Kätzchen- bäume, wenn wir die leuchtend gelben männlichen Blüthenkätzchen der Weiden abrechnen, alles in die Augen fallenden Blüthenschmuckes. An den Früchten zeigen sich sehr erhebliche Verschiedenheiten und geben Veranlassung zu einer Gliederung der Familie in Unterabtheilungen von denen drei für uns maßgebend sind: 1) die Weidenartigen , Sa- licineen: Weiden und Pappeln; 2) die Birkenartigen , Betulineen: Birken und Erlen, und 3) die Eichelfrüchtigen , Cupuliferen: Buche, Eichen, Hornbaum, Hasel. Wir werden später finden, daß die Früchte dieser Unterfamilien, von denen die Eicheln, Haselnüsse und Bucheckern allgemein bekannt sind, in hohem Grade von einander abweichen, indem z. B. die der Weiden und Pappeln auch zu den winzigsten gehören, die es giebt. Der Laubcharakter der Kätzchenbäume charakterisirt sich am ver- schiedensten durch das Weiden-, Pappel-, Buchen-, Birken- und Eichen- blatt; die übrigen Blattformen schließen sich näher oder entfernter dem Buchenblatte an. Bei allen aber ist das Blatt einfach und nur bei den Eichen tief gelappt. Neben dem Blattstiele stehen immer zwei After- oder Nebenblättchen, welche aber meist hinfällig sind und also nur kurz nach der Entfaltung des Laubes vorhanden sind. Viele Weiden haben aber bleibende und sehr ansehnliche Nebenblättchen. Die Verzweigung und der Kronenbau zeigt große Verschieden- heiten. Weiden und Birken haben große Neigung zur Langtrieb-Bildung, was bei den übrigen meist nur im jugendlichen Alter der Fall ist. Mit Ausnahme der Eichen zeigen die Kätzchenbäume auffallend dünne Triebe, am meisten Birke und Hornbaum. In landschaftlicher Hinsicht sind es vorzüglich die Kätzchenbäume, welche den Charakter unseres Laubwaldes bilden, woran von den übrigen Laub- bäumen in diesem Grade nur noch die Rüstern Theil nehmen. Die Ahornarten und die Esche prägen dem Walde einen ganz abweichenden Laubcharakter auf, worin die ersteren den Eichen sehr nahe kommen würden, wenn sie den mächtigen Astbau hätten. Ueber die Verbreitung der Kätzchenbäume ist nicht viel Besonderes zu sagen, da sie an alle Bodenarten und Höhenlagen vertheilt sind, wenn auch einzelne Arten, von denen in dieser Hinsicht das Nöthige anzugeben sein wird, hierin Besonderheiten zeigen. Die Namen der oben aufgeführten bekannten Bäume sagen selbst, welch große forstliche Bedeutung viele Kätzchenbäume haben. Buche und Eichen sind ja in jeder Auffassung zu unseren wichtigsten Bäumen zu rechnen. Wenn auch nicht eben viele von ihnen in großer Verbreitung bestandbildende Bäume sind, so treten von den übrigen die meisten doch hier und da als solche auf und es ist dann wohl anzunehmen, daß da wo dieses geschieht die eigentliche Heimath derselben sei. Wir haben oben den Nadelbäumen einen größeren Antheil an dem deutschen Waldbestande zugeschrieben und wenn dies, was schwer genau zu sagen ist, richtig sein sollte, so würde hinsichtlich des Massenerzeug- nisses den Nadelbäumen um so mehr der Vorrang zukommen, als die- selben, wie wir ebenfalls bereits hörten, mehr und mehr Flächenraum den Laubhölzern abgewinnen. Hinlänglich bekannt ist es, daß die gewerbliche Benutzung des Holzes der Laubbäume eine viel manchfaltigere ist als die des Nadelholzes, weil die Beschaffenheit der verschiedenen Laubholzarten eine viel größere Manch- faltigkeit zeigt hinsichtlich aller Eigenschaften, welche ein Holz haben kann. Daß die sogenannten harten Holzarten nur von Laubbäumen kommen, ist bekannt, obgleich auch die weichsten Holzarten von Laub- bäumen kommen, z. B. Pappel-, Weiden-, Espenholz. Eine genaue Unterscheidung der Laubholzarten von einander erfordert die Berücksichtigung von weit mehren Merkmalen als bei den Nadel- hölzern. Ich erinnere an die Knospen mit den Blattstielnarben (S. 58 f.) und an die Verschiedenheit der Blätter je nachdem es Stammblätter oder Stockausschlagblätter sind (S. 129). 1. Die Buche, Fagus silvatica L. Die einhäusigen Blüthen erscheinen mit dem Laube an den jungen Trieben, und zwar die weiblichen an den Spitzen derselben, die männ- lichen aus den Blattwinkeln. Die männlichen Blüthen haben einen ziemlich gleichförmigen fünf- bis sechsspaltigen außen behaarten Kelch und 10—15 Staubgefäße mit ziemlich langen sehr dünnen Staubfäden (2.). Sie bilden ungefähr zu 8—10 dicht zusammengedrängt ein fast kugeliges langgestieltes Kätzchen (1.). Die weibliche Blüthe besteht aus einem dreikantigen Fruchtknoten, welcher von einer behaarten viertheiligen Hülle (Perigon) gekrönt ist, zwischen welcher 3 behaarte fadenförmige ge- krümmte Narben stehen (5.). Fruchtknoten dreifächerig, in jedem Fach mit 2 Samenknospen (7.). Solcher höchst einfach ausgebildeten Blüthen stehen stets je 2 in einer mit behaarten, Anfangs weichen Stachelborsten bedeckten viertheiligen gemeinsamen, äußerlich von mehreren schmal lanzett- lichen Deckblättchen umstandenen Hülle (4.), welche bei der Fruchtreife dick und hart wird und in 4 Klappen aufspringt (8.). Die Frucht ist demnach eine falsche vierklappige Klapsel, in der bei dem Aufspringen die 2 kaffebraunen, scharf dreikantigen Samen, die „Bucheckern“ oder „Bucheln“ sichtbar werden (8.), welche mit einer flachen dreieckigen Grundfläche, dem Nabel, im Grunde der Hülle fest sitzen, sich nach erfolgter Reife ablösen und abfallen, meist zugleich mit der weit aufklaffenden, mit einem dicken rauh behaarten Stiele versehenen Hülle. Auf dem Querschnitt des Samens sieht man die großen regel- mäßig in einander gewundenen Samenlappen (10.); der Keim liegt in der Spitze des Samens. Das Blatt der Buche ist breit eiförmig mit wenig ausgezogener Spitze, am Rande sehr unbestimmt, meist den Enden der Seitenrippen entsprechend, seicht und unregelmäßig gezähnt, jedoch nur an der oberen Hälfte, und im Bereiche der Zähnelung etwas welligkraus. Es ist in der Hauptsache auf beiden Seiten kahl, nur der Rand ist fein und seiden- artig gewimpert und die Mittel- so wie die Seitenrippen mit anliegenden Härchen bedeckt. Die Seitenrippen, durchschnittlich 6—9 auf jeder Seite, stehen deutlich abwechselnd und treten nach dem Blattrande hin etwas auseinander, laufen also nicht parallel. Die Blattmasse ist derb und lederartig, die Farbe unten merklich heller als oben. Der 3 bis 4 Linien lange Blattstiel ist behaart und an ihm tritt die eine Seite des Blattes stets etwas tiefer herab als auf der andern, das Blatt ist also etwas ungleichseitig. Neben dem noch jungen Blatte stehen 2 lange zungenförmige röthliche Nebenblättchen, welche aber bald abfallen. LIII. Die Buche, Fagus silvatica. L. 1. Maitrieb, oben mit einem weiblichen und mit männlichen Kätzchen; — 2. einzelne männliche Blüthe; — 3. Staubbeutel von oben und unten und † im Querschnitt; — 4. weibliche Blüthe nat. Größe; — 5. ziemlich ausgewachsener Fruchtknoten; — 6. derselbe, vorn ein Stück senkrecht weggeschnitten, innen * die Samen- knospen; — 7. derselbe quer durchschnitten mit den 3 Fächern; — 8. reife aufgesprungene Kapsel mit 2 Buch- eckern; — 9. dieselbe geschlossen; — 10. Querschnitt des Samens mit den beiden gewundenen Samenlappen; — 11. Triebspitze mit 2 Knospen. — (Mit Ausnahme von 1. 4. 8. 9. 11. mehr oder weniger vergrößert.) Roßmäßler, der Wald. 24 Der Trieb ist Anfangs mit anliegenden seidenartigen Haaren bedeckt, die aber bis zum Hochsommer allmälig abfallen, er ist nur an jungen Bäumen und Buschholz stark, sonst meist auffallend dünn und von Knospe zu Knospe deutlich knieartig hin- und hergebogen. Die Knospen (11.) sind spindelförmig, straff, spitz und an wüchsigen Trieben auffallend groß, die Tragknospen von derselben Gestalt aber dicker und größer, die Schuppen stehen dachziegelartig, sind kaffebraun und gegen die Spitze hin mit einem feinen silbergrauen Filz bedeckt. Die Knospen stehen weit von dem Triebe ab und nicht senkrecht sondern schief über der kleinen stumpf dreieckigen Blattstielnarbe Zur Untersuchung der feinen und doch so charakteristischen Knospenmerkmale wähle man immer laublose Winterreiser oder im Sommer vorjährige Triebe, an welchen die Blattstielnarben noch wenig verändert sind. Durch Abbrechen eines noch gesunden Blattes erhält man nie die reine Blattstielnarbe und die Knospen des künftigen Jahres sind nicht leicht früher als etwa 1 Monat vor dem Laubfall vollkommen ausgebildet. mit drei kleinen Gefäßbündelspuren, von welcher zwei feine Narbenlinien, die Spuren der erwähnten Nebenblättchen, ausgehen. Der Stamm der im Schlusse zu einem hohen Alter erwachsenen Buche kommt unter allen deutschen Laubbäumen der Walzenform am nächsten und reinigt sich unter den angegebenen Verhältnissen bis hoch hinauf von allen Aesten, wodurch ein alter Buchenbestand am meisten an eine Säulenhalle erinnert. Die stärkeren Aeste der Krone sind dann nicht zahlreich und streben mehr aufwärts als seitwärts. Die Rinde ist an ganz gesunden Bäumen sehr rein und glatt, hellsilbergrau und nicht selten mit feinen Hautfalten ähnlichen Querwülsten versehen. Sie ist selbst an den ältesten Stämmen nicht leicht über ¼ Zoll dick und mit zahlreichen Rindenmarkstrahlen durchwebt, welche auf der Innenseite etwas ange- faulter Rinde wie kleine scharfe Schröpfmesserchen hervorstehen. Das Holz der Buche hat im Mittelpunkte ein sehr dünnes, der Kernschicht (S. 87 VIII. m ′.) entbehrendes Mark , welches aus außer- ordentlich kleinen Kreisschichtzellen besteht. Das Holzgewebe besteht aus ziemlich dickwandigen und nicht sehr langen Holzzellen , zwischen denen die Gefäße sehr gleichmäßig und in großer Zahl vertheilt und von über- einstimmender mittler Weite sind (S. 104). Markstrahlen sehr fein bis ziemlich dick und auf dem Spaltschnitt bis 3 Linien breit und glänzend; auf dem Querschnitt sind die Linien der Markstrahlen da wo sie aus einem Jahrringe in den andern übertreten immer etwas verdickt, weil sie hier schwalbenschwanzartig enden und im folgenden Jahresring die Fortsetzung keilförmig in den etwas gespreizten Schwalbenschwanz sich einkeilt. Die Farbe des Buchenholzes ist hell braunröthlich und blos sehr alte Stämme haben einen, gegen den Splint geringen Umfang ein- nehmenden dunkler rothbraunen Kern, so daß an jüngeren Stämmen eine Scheidung in Kern und Splint nicht besteht. Die röthliche Farbe des Holzes hat der Buche zum Unterschied von dem Hornbaum (siehe diesen), den man seines weißen Holzes wegen an vielen Orten Weißbuche nennt, den Namen Rothbuche gegeben. Die Jahresgrenzen sind durch Gefäßlosigkeit eines schmalen äußersten Streifens des Herbstholzes deutlich ausgeprägt. Im Ganzen ist das Buchenholz ziemlich fein und fest, und trotz der sehr ungleichen Markstrahlen und der ziemlich kurzen Zellen und Gefäße sehr spaltbar und wegen der ziemlich engen Zellen und Gefäßröhren im ausgetrockneten Zustande nicht sehr lufthaltig und des- halb ziemlich schwer Ich schalte hier für alle wichtigeren Holzarten die Gewichtsstufenleiter von Th. Hartig ein, in welcher das Apfelbaumholz als das schwerste, und Pappel-, Linden- und Weidenholz als die leichtesten auftreten: Apfelbaum.........9 Pflaumenbaum........8 Kirschbaum.........8 Akazie...........8 Eiche...........7 Buche............7 Hornbaum.........7 Esche...........7 Kastanie..........6 Ahorn...........6 Rüster...........6 Wallnuß..........6 Hasel...........5 Birke...........5 Eberesche..........5 Lärche...........5 Kiefer...........4 Erle............4 Fichte...........3 Tanne...........2 Rostkastanie.........2 Linde...........1 Pappel...........1 Weide...........1 . Festigkeit und Elastizität sind mittelmäßig. Das Buchenholz brennt lebhaft und ruhig und hat eine ziemlich hohe Heiz- kraft. Im Wasser ist es sehr dauerhaft, weniger im Freien und unter Dach. Die Farbe und die breiten Markstrahlen, in welchen es nur dem Eichenholze nachsteht, machen es zu einem der am leichtesten er- kennbaren. 24* Das Holz der jüngeren Zweige hat eine grünweißliche Farbe und erst mit einer etwa zölligen Stärke derselben bekommt es seine normale Farbe. Die Buchenkrone vollendet erst sehr spät ihre Abwölbung (S. 360); selbst bei fußdicken Stämmen treten aus der Krone spießige Aeste heraus, wodurch die Krone zerrissen und lückig erscheint. Nach erfolgter Ab- wölbung zeigen alte in lichtem Schlusse stehende Buchen eine desto schönere wolkenähnlich gestaltete Krone, welche wegen der Ansehnlichkeit der Knospen, besonders wenn sie im April zu schwellen anfangen, selbst im unbelaubten Zustande sich von einander abheben. Die Belaubung der Buchenkrone ist dicht und schattend, da auch in ihrem Innern eine Menge beblätterte Kurztriebe lebendig bleiben. Die an jungen Pflanzen einen wenig verzweigten Strang bildende Wurzel bildet gleichwohl keine tiefgehende Pfahlwurzel sondern mehr und mehr zunehmende weit ausstreichende nicht sehr starke Seiten- wurzeln, weshalb sie auch gleich der Fichte sehr dem Windbruche unter- worfen ist. Kein deutsches Laubholz hat so viele und abweichende Abarten als die Buche. Drei der wichtigsten sind auf Fig. LIV. abgebildet. Am abenteuerlichsten erscheint die krause oder Hahnenkammbuche , F. silvatica var. cristata (1.), die fast mehr in das Gebiet der Miß- bildungen als in das der Abarten gehört. Sie macht, selbst an den Endigungen der Zweige, fast nur Kurztriebe und an diesen stehen so viele Blätter, daß sie gar nicht zur freien Entfaltung kommen können, sondern sich kraus und gebogen zusammendrängen, dabei auch meist am Rande tief und unregelmäßig eingeschnitten sind. Dadurch erscheint die sehr ärmliche Krone aus sehr dunkelgrünen, klumpenförmigen Laubballen zusammengesetzt und es gehört eine ganz genaue Kenntniß dazu, um in dieser abenteuerlichen Abart die Buche zu erkennen. Die eichenblättrige Buche F. s. var. quercifolia, (2.) Deren Blatt ist ziemlich tief eingeschnitten und erinnert dadurch an das Eichen- blatt, obgleich die Zipfel viel weniger breit und stumpf sind als an diesem. Der allgemeine Blatt-Umriß dieser Abart ist fast unverändert und nur in den tiefen Einschnitten des Randes beruht das Kennzeichen der Abart, LIV. Blattspielarten der Buche . welches übrigens allen Blättern einer solchen Buche ohne Ausnahme zukommt. Wenn schon eine eichenblättrige Buche, die man in den Parkanlagen nur selten findet, einen von der normalen Form sehr verschiedenen Eindruck macht, so ist dies in noch viel höherem Grade bei der farren- blättrigen Buche , F. s. var. asplenifolia, (3.) der Fall. Die obersten Blätter der Triebe sind einfach-lanzettlich oder unten mit einem oder einigen spitzen Zipfeln versehen, wodurch sie den Wedeln mancher Farrenkräuter ( Asplenium ) ähnlich werden. Die tiefer am Triebe stehenden haben weniger tiefe Einschnitte und sind der Normalform zu- weilen noch ziemlich nahe. Diese Abart entfernt sich am weitesten von der Stammform und man kann sagen, daß bei ihr hinsichtlich der Blatt- gestaltung eine vollkommene Anarchie herrscht. Im Tharandter Forstgarten steht ein etwa 20 Fuß hohes, buschiges Exemplar dieser sonderbaren Abart, welche Niemand für eine Buche hält. Die langen schmalen Blätter der Triebspitzen geben ihrer Krone ein durchsichtiges, dürftiges, an keinen andern deutschen Baum erinnerndes Ansehen. Endlich kommt wie bei vielen anderen Laubbäumen, sogar bei der Eiche, eine Abart mit trauerweidenartig hängenden Zweigen vor, die Hänge - oder Trauerbuche , F. s. var. pendula, und eine mit rost- braunen Blättern, F. s. var. ferruginea, die rostbraune oder Blut- Buche , vor. Jene hat wie diese normal gestaltete Blätter, nur daß bei jenen an den außerordentlich langen hängenden Langtrieben die oberen Blätter meist etwas länger und schmaler sind. Mit Ausnahme der Blutbuche, welche wenigstens zum Theil aus dem Samen wiederkehrt, werden bisher alle diese Varietäten nur durch Pfropfen vermehrt. Wo sie zuerst gefunden worden seien, mag wohl Einzelnen bekannt sein, ist aber wenigstens nicht zur Kunde der Garten- und Forstbotanik gekommen. Höchst wahrscheinlich war es der Zufall, der im Walde oder einem Forstgarten das erste Exemplar fand, nachdem es durch eine, uns völlig unbekannte Störung des gesunden Lebensvor- gangs hervorgerufen worden war. Die Gartenindustrie beutete den glücklichen Fund durch Verkauf von Pfropfreisern aus, denn die Garten- kunst sucht und liebt ja das Ungewöhnliche und Seltene, und am meisten, je bizarrer es ist. Für den Wald hat keine dieser Abarten Bedeutung. Ihren Standort sucht sich die Buche am liebsten auf einem kräftigen nicht zu feuchten aber auch nicht trocknen Gebirgsboden, der zwischen den Steinen reich mit Lauberde, zu deren Herbeischaffung sie durch ihren reichlichen Laubfall selbst viel beiträgt, vermischt ist. Hier vermeidet sie blos zu sonnige Lagen. Jedoch finden sich auch mächtige Buchenbestände auf dem frischen humosen Sandboden der nordostdeutschen Ebene, wo sie selbst noch an der Meeresküste vortrefflich gedeiht. Auf dem Gebirge erhebt sie sich bis zu 4000 Fuß, auf den bayerschen Alpen sogar bis 4800 Fuß, vorausgesetzt, daß dies nicht der Gipfel des Gebirges ist, sondern dieses noch zu bedeutenderer Höhe ansteigt. Daher kommt sie auf dem unter 4000 Fuß zurückbleibenden Erzgebirgsplateau nicht mehr vor. Entschieden meidet die Buche das Ueberschwemmungsbereich der Ströme in der Ebene. Auf Höhen, wo die Buche nicht mehr in reinen Beständen gedeiht, da findet sie sich in Vermischung, namentlich mit der Fichte, oft noch in gutem Wuchse. Die Verbreitung der Buche ist eine sehr umfangreiche, da sie sich vom Südosten des Kaukasus (bis zum 42. 0 ) und Sicilien bis nach Spanien und ganz Frankreich und östlich bis Südrußland erstreckt. Das eigentliche Vaterland für sie scheint aber Deutschland zu sein, von wo sie sich bis auf die dänischen Inseln, wo sie die ehemals herrschenden Bäume verdrängt hat, mit einem ausgezeichneten Wuchse verbreitet. Nach Norden geht sie in Norwegen bis zum 59. 0 wo sie ausnahmsweise in der Graf- schaft Laurwig vorkommt. Eine mittle Jahreswärme von 5,50 0 R. soll die Nordgrenze für die Buche bezeichnen. Im Leben der Buche ist es ein hervorstechender Zug, daß sie unter unseren wichtigern Waldbäumen der einzige Laubbaum ist, der eine ent- schiedene Neigung zur Geselligkeit hat und daher auch in reinen Beständen gut wächst. Die Keimpflanze (S. 137 Fig. XX. ) ist viel größer und kräftiger als die der meisten übrigen Bäume und wenn wir die Größe einer Buchecker mit den Samenlappen vergleichen (a. a. O. c c. ), so ergiebt sich, daß die letzteren nach dem Keimen noch bedeutend wachsen und sich blattähnlich ausbilden. Das Stämmchen unterhalb der Samen- lappen bis zur Wurzel ist saftig und daher sehr empfindlich gegen den Sonnenbrand. Im ersten Lebensjahr bildet die junge Buche noch keine Zweige, welche erst vom zweiten an in großer Zahl hinzukommen und bis etwa zu 10—12 Fuß Höhe der Buche ein buschiges Ansehen ver- leihen. Dann fängt das Stämmchen an sich seiner unteren Aeste zu entledigen. Wächst alsdann das Bäumchen im ganz freien oder wenigstens sehr räumlichen Stande zum alten Baume heran, so bleibt der Stamm niedrig, indem er sich nicht hoch hinauf reinigt und eine sehr bedeutende reichästige weitausgreifende Krone bekommt. Solche Buchen erreichen selten eine Höhe von mehr als 50—60 Fuß. In angemessenem Schlusse wird die Buche aber viel höher und bekommt einen langen ast- reinen Schaft. Bei dem Ausschlagen des Laubes, was in Deutschland in der ersten Woche des Mai stattfindet, zeigt sich eine auffallende unerklärliche Un- gleichheit, indem immer der eine oder andere Baum, und zwar alljährlich entweder einige Tage früher oder später seine Blätter hervortreibt. Dies geschieht in der Weise, daß die Blätter eines Triebes eine kurze Zeit lang einen zierlichen Trichter bilden (S. 165, XXII. ). In auffallend kurzer Zeit schiebt sich der Trieb in seiner ganzen Länge mit allen seinen Blättern fast möchte man sagen in übereilter Hast hervor, so daß er, was bei keinem andern Laubholzbaume der Fall ist, schlaff und wie ver- welkt überhängt. Aber nach wenig Tagen wird der Trieb straff und gerade oder vielmehr nimmt die oben beschriebenen knieartigen Biegungen von Blatt zu Blatt an. Dabei zeigt sich bei der Buche neben anderen Baumarten eine schon (S. 80 und 169) kurz berührte Wachsthums-Er- scheinung am meisten in das Auge fallend, welche noch einige nähere Hervorhebung verdient. Wir sind von den Weiden und andern Bäumen her gewöhnt, wenigstens die meisten ihrer Triebe das ganze Jahr hin- durch an der Spitze fortwachsen und neue Blätter treiben zu sehen. Dieses Triebwachsthum vollendet die Buche in wenigen, selten in mehr als 8—10 Tagen. Alle in der Knospe an dem Triebkeime ansitzenden Blättchen sind von nahezu gleicher Entwicklung und kommen auch in der angegebenen kurzen Zeit alle zugleich zur vollendeten Ausbildung. Das unterste Blatt des längsten Buchentriebes ist kaum um einige Tage älter als das oberste. In diesem so früh fertigen Zustande der Trieb- und Laubvollendung bleibt die Buche bis zu der Zeit des sogenannten August- oder zweiten Triebes. Dann scheint sich in einzelnen Trieben, namentlich Langtrieben und vorzugsweise in der Endknospe, ein neues Leben zu regen, indem einzelne der eben erst fertig gewordenen und dem regelmäßigen Verlauf nach für das nächste Jahr bestimmten Knospen sich zu einem meist kurz bleibenden gewöhnlich auffallend dicken Triebe ent- falten, dessen wenige Blätter aber immer eine gewisse oft sehr bedeutende Abweichung von den Maiblättern zeigen und, da sie auffallend gelbgrün sind, dem ernsten Buchengrün das schon früher geschilderte hellgesprenkelte Ansehen verleihen bis sie selbst die dunkle Farbe angenommen haben. Dies soll nach Schacht , der es wenigstens bei der Eiche so erklärt, von einem überschüssigen Bildungssafte herrühren und eben deshalb in Samenjahren, wo aller Saft zur Samenreife verwendet werde, nicht stattfinden. Die Herbstfarbe des Laubes ist lebhaft dottergelb. Die Buche erreicht erst spät die Fähigkeit zu blühen und keimfähigen Samen zu tragen, gewöhnlich erst mit 60—70 Jahren, nur in seltnen besonders dafür günstigen warmen und trocknen Lagen — die deshalb aber nicht eben so günstig für das Wachsthum des Baumes sind — kann dies mit 40 bis 50 Jahren eintreten. Besonders reichlich und früh tragen aus Stockausschlag erwachsene Buchen. Ueberhaupt gehört die Buche zu den selten blühenden und Samen tragenden Bäumen und es ist schwer eine Durchschnittszahl des Eintretens der Samenjahre aufzustellen. In guten Lagen kann man von 5 zu 5, in rauhen kaum von 15 zu 15 Jahren auf eine „volle Mast“, d. h. auf ein reichliches Samen- tragen der Buche rechnen. Daß das Gewicht der ansehnlichen Buchen- kapseln in Samenjahren dem Baume sogar ein fremdartiges Ansehen aufprägen, haben wir schon S. 229 erfahren. Die Samen keimen im nächsten Frühjahre nach der Reife, verlieren aber sehr bald ihre Keim- kraft bei längerer Aufbewahrung, die wie bei allen ölhaltigen Samen große Schwierigkeit hat. Hinsichtlich des Stockausschlags steht die Buche fast allen Laub- hölzern nach, und Stöcke von mehr als 40 Jahr alten Bäumen schlagen meist gar nicht mehr aus. Der Ausschlag erfolgt theils am Abhiebe zwischen Splint und Rinde theils an der Seite des Stockes durch die Rinde. Mit 120—150 Jahren vollendet die Buche ihr Wachsthum und kann dann über 100 Fuß hoch sein und 3—4 Fuß Stammdurch- messer haben. Von Krankheiten und Gefahren mancherlei Art wird die Buche nicht selten und wie schon erwähnt bereits im Keimpflanzenalter durch den Sonnenbrand heimgesucht, der auch an älteren Bäumen, die plötzlich durch Anhauen des Bestandes der Mittagsseite preisgegeben werden, sich schädlich zeigt. Besonders nachtheilig sind den eben aufgegangenen Keim- pflanzen und dem jungen Laube die Spätfröste des Mai, welche beide unausbleiblich tödten. Die berüchtigten Heiligen Servatius und Pancratius sind den Buchen und ebenso den Eichen sehr unheilvoll. Die Bäume treiben dann zwar wieder neues Laub, aber es setzt sie doch im Zuwachse zurück. Vor erfolgtem Schluß leiden Pflanzungen und Saaten zuweilen durch den Graswuchs, den sie aber nachher durch ihren so sehr reichlichen Laubfall meist unterdrücken. Von großen Stammwunden aus, die durch Abbrechen der Aeste entstehen, entwickelt sich zuweilen Weiß- und Roth- fäule; welche letztere zu dem „Knips“, dem beliebten Zunder des Forst- mannes Veranlassung giebt. Eichhörnchen und Mäuse stellen, erstere den ausgefallenen oder ausgesäeten Buchnüssen und letztere so wie Engerlinge den Saatpflanzen nach, deren Wurzeln sie abnagen. An alten Buchen- stämmen sieht man oft viele Ellen lange Narbenwülste, welche von Frost- rissen herrühren. Die Erkrankung alter Stämme spricht sich wie auch an anderen Bäumen durch Moos und Flechten aus, die sich auf der Rinde ansiedeln. Da wie schon gesagt wurde die Buche sich zu reinen Beständen von allen Laubhölzern am meisten eignet, so wird sie auch meist zu solchen erzogen und zwar entweder durch Stellung eines Samenschlags vermittelst der freien Besamung des geräumten und etwas wundgemachten Bodens oder durch Saat und Pflanzung, wobei natürlich eine Menge von ver- schiedenen Verfahrungsarten befolgt werden. Von vielen Forstmännern wird die Pflanzung von 3—4 Fuß hohen Pflanzen als am räthlichsten be- zeichnet, welche letztere vorher in Saat- und Pflanzgärten erzogen worden sind. Die Vermischung mit andern Bäumen, namentlich mit der Fichte, die sie zu langschaftigem Wuchs nöthigt, verträgt die Buche sehr gut. Da die Buche ganz besonders eigensinnig in dem rechten Maaße des ihr nöthigen Lichtes ist, so ist die Behandlung der jungen Buchen- orte von dem Durchforstungsalter an mit besonderer Umsicht zu leiten. Außer dem am gewöhnlichsten angewendeten Hochwaldbetrieb wird die Buche auch im Mittel- und Niederwald erzogen. Im Mittelwalde gilt sie für das beste Oberholz; doch müssen dann die Buchen sehr weit- läufig stehen, weil sie mehr als ein anderer Mittelwaldbaum durch ihre dichte Krone auf das Unterholz verdämmend wirken. Wegen des ge- ringen Ausschlagsvermögens hat sie für den Niederwaldbetrieb keinen großen Werth. Die forstliche Bedeutung der Buche ist sehr groß, und vielleicht selbst noch größer als die der Eiche, da sich diese nicht so leicht in reinen Hochwaldsbeständen erziehen läßt wie die Buche. Wenn diese auch in dem ersten, etwa 50 Jahre umfassenden, Lebensabschnitte nur langsam wächst — und daher im Niederwald den geringsten Ertrag giebt, da selbst die Stocklohden langsam wachsen — so wächst sie nachher eine lange Zeit sehr fördersam und ist im Haubarkeitsalter von allen edeln Laub- holzarten diejenige, welche den größten Massenertrag im Hochwalds- betriebe giebt. Neben Fichten-, Kiefern-, Tannen-Wäldern giebt es in Deutschland eigentlich nur noch Buchen- und Eichenwälder, d. h. nur noch Eichen und Buchen sind wie jene Nadelholzarten in Deutschland ohne Vermischung mit andern jede für sich in großem Maaßstabe bestandbildende Bäume. Alle übrigen Laubholzarten kommen entweder nur in Vermischungen oder rein nur in kleinen Beständen hier und da vor, oder bilden, wenn sie größere Flächen allein bedecken, dann wenigstens keine eigentlichen Wälder, wie es z. B. auf Bruchboden mit der Erle der Fall ist, oder in Fluß- niederungen mit den Weiden. Die forstliche Bedeutung der Buche ist auch darin eine größere als die der Eiche, daß sie nicht im Abnehmen, sondern eher im Zunehmen, mindestens im Beharren ist; während die Eiche offenbar jetzt nicht mehr in dem behaglichen und herrschenden Verhältnisse sich zu fühlen scheint wie vor Jahrhunderten. Dem hierüber oben von der Buche auf den dänischen Inseln Gesagten ist noch hinzuzufügen, daß sie in den nieder- österreichischen Alpenwäldern im siegreichen Eroberungskampfe mit der Schwarzföhre liegen soll. Ueberhaupt scheint hier wie in den Alpen- wäldern der illyrischen Provinzen Oesterreichs die Buche eine ganz her- vorragende Bedeutung zu haben und Wessely beschreibt aus den küsten- ländischen Hochgebirgen eine Buchenform, welche das Laubholzseitenstück zu der Legföhre (S. 293) ist. Der Schaft sinkt auf eine Höhe von 4—6 Fuß bei 8—14 Zoll Stärke, also auf einen wahren Baumkegel herab, dessen zahlreiche lange Aeste fast kriechend sich nach der vom Sturme abgewendeten Seite verbreiten. Aehnlich und sogar ganz ohne eigent- lichen Schaft, mithin der Legföhre noch ähnlicher soll die Buche auf den tyroler Alpen vorkommen. Die Benutzung des Buchenholzes ist eine höchst manchfaltige vom Heizgebrauch an bis zu der Verfertigung von Industrieerzeugnissen. Als Beispiel für den hierdurch bedingten außerordentlich verschiedenen Ver- brauchswerth sei hier erwähnt, daß vor etwa 25 Jahren im sächsischen Erzgebirge sehr brauchbare Frauenkämme aus Buchenholz verfertigt wurden, wodurch der Kubikfuß auf das Vierzigfache des gewöhnlichen Preises sich verwerthete. Das Buchenholz ist ein sehr brauchbares Schirr- und Werk- holz für den Wagenbauer und Stellmacher, und ist von den einheimischen Holzarten das brauchbarste zu der Stuhlmacherei. In den armen Ge- birgsdörfern ersetzt es auf kunstvolle Weise in dünne zollbreite Latten zerschlissen die zu theure Oellampe und trägt durch die reichlich entwickelte Verbrennungs-Kohlensäure jedenfalls sehr viel zur Verschlechterung der Luft in den niedrigen Stuben bei. Der Brennwerth des Buchenholzes ist sehr bedeutend und dient bei der Schätzung desselben bei andern Hölzern meist als Maaßstab. Die Meilerkohle aus Buchenholz gehört zu den besten, die unser deutscher Wald liefert. Die Buchen-Asche giebt die beste Pottasche und Lauge zum Waschen und Bleichen und wird auch bei der Aschendüngung am liebsten verwendet. Die Buche ist im Gebirge auch eine gute Heckenpflanze, steht jedoch hierin dem Hornbaume nach, welcher sich durch das Beschneiden mehr verdichtet. Die Bucheckern geben bekanntlich ein gutes und schmackhaftes sich lange haltendes Oel. Nach R. Wagner geben sie bei 100° C. getrocknet 18 bis höchstens 25 Procent davon. Auch von der Buche werden einige besonders bemerkenswerthe durch Alter und Stärke ausgezeichnete Beispiele aufgeführt und gehegt. Der Durchmesser erreicht jedoch nie den der Eiche und ein Umfang von 15—18 Fuß gehört schon zu den größten Seltenheiten. Dagegen hat die Buche vor der Eiche den hohen schlanken astreinen Schaft voraus, welcher durch die glatte silbergraue Rinde nicht wenig dazu beiträgt, die Buche entschieden zu unserem schönsten deutschen Baume zu machen, einen Vorzug, den ihr die Eiche bei ihrem ernsten Charakter nicht streitig machen kann. Man wird gegen beide gerecht, wenn man die Buche das Sinn- bild der weiblichen und die Eiche das der männlichen Schönheit nennt. Was die landesüblichen Benennungen der Buche betrifft, so findet darin beinahe keine Verschiedenheit statt; überall heißt sie Buche und nur durch vorgesetzte Beiwörter machen sich provinzielle Verschiedenheiten geltend, wodurch aber zum Theil besondere Spielarten, die sich meist in der Beschaffenheit des Holzes aussprechen, bezeichnet werden sollen. So nennt man z. B. Steinbuche eine Spielart mit besonders hartem und dunkeln Holze. Zum Schlusse muß unserem der Buche gewidmeten Kupferstiche noch ein begleitendes Wort beigegeben werden. Die vielen Hunderte, welche in dem reizenden Tharand von 1811 bis 1844 unter Heinrich Cotta , oder seit dessen Tode am 30. October 1844 ihre forstliche Bildung später daselbst genossen haben; die vielen Tausende, welche alljährlich dieses liebliche Winkelchen deutscher Erde besuchen, sie alle werden in unserem Bilde eine Partie aus dem linken Thalgehänge des Badethales von Tharand erkennen, welche durch das bekannte Gedicht von Richard Roos als „ Tharands heilige Hallen “ berühmt geworden ist. Um den- jenigen meiner Leser, namentlich den Forstmännern unter ihnen, welche zu jenen vielen Tausenden gehören, diesen Erinnerungsgruß bieten zu können, opferte ich die bei den übrigen dargestellten Bäumen festgehaltene Portrait-Auffassung und wählte die Buche zum Motiv für das Titelbild, welches jedoch nicht weniger Portrait ist und nicht weniger den Charakter eines Buchen-Gebirgswaldes trägt, wenn auch darauf keine einzelne Buche in ihrer ganzen Gestalt sich geltend macht. Solche Einsattelungen in den Thalgehängen schmaler Gebirgsthäler sind so recht eigentlich die Lieblingsplätzchen des schönen Baumes, die er uns zu wahren Tempelhallen der Natur zaubert, in denen ganz von selbst ein heiliger Schauer über uns kommt. Hoch oben blickt der blaue Himmel durch das sonndurchleuchtete Grün des flüsternden Laubes und unser Schauen gleitet an den Säulen andächtig hinauf in den irdischen Himmel und begegnet der helläugigen Spechtmeise und dem kleinen Baum- läufer, welche unhörbar an den glatten Stämmen auf und abgleiten wie die Gedanken des in solcher Schönheit Versunkenen. 2. Die Stiel- oder Sommereiche, Quercus pendunculata L. Die einhäusigen Blüthen erscheinen im Mai mit dem Ausbruch des Laubes, die weiblichen an der Spitze des jungen Triebes, die männlichen aus ausschließlichen Blüthenknospen am vorjährigen Triebe. Die männlichen Blüthen bilden lange hängende lückige Kätzchen mit fadenförmiger Axe, woran die ungestielten Blüthen unregelmäßig zerstreut sitzen. Sie bestehen blos aus einem fünftheiligen flachausge- breiteten Kelche und 5—10 Staubgefäßen mit kurzen Staubfäden (3. 4. 5.). Die weiblichen Blüthen stehen zu 1—3 am Ende eines ziemlich langen Stieles (1.) und bestehen aus einem mit 3 kurzen Narben gekrönten Stempel, welcher von einem dachziegelartig schuppigen verwachsenen Kelche umschlossen ist; außen stehen 2 lanzettliche Deckschuppen (6. 7.). Fast immer kommen alle auf dem gemeinsamen Stiele stehenden Blüthen zur Fruchte ntwicklung. Aus dem dachziegelartig schuppigen Kelche wird das Schüsselchen der Eichelfrucht, in welcher die eirund walzenförmige kurzstachelspitzige Eichel mit einem breiten kreisrunden Nabel festsitzt, sich jedoch nach erfolgter Reife ablöst und aus dem Schüsselchen auslöst, welche später mit dem Stiele ebenfalls abfällt. Die Eichel besteht ganz ähnlich der Mandel aus zwei großen Samenlappen, welche nur an der Spitze der Eichel, wo der Keim liegt, zusammenhängen. Die pergament- artige Samenschale der reifen Eichel hat eine kaffeebraune Farbe. Das Blatt der Eiche ist das bekannteste von allen unseren Laub- hölzern und die nicht minder bekannten kleinen Verschiedenheiten desselben tragen wahrscheinlich nicht wenig dazu bei, der Eichenbelaubung das moosartig Krause zu geben. Der nach dem Stiele hin verschmälerte, verkehrt eiförmige Umriß des Blattes ist durch tiefe Einbuchtungen, die meist bis über die Mitte der Blatthälfte hinein reichen, in unregelmäßige LV. Die Stiel-Eiche, Quercus pendunculata . 1. Blühender Maitrieb; — 2. Triebspitze mit den gestielten Früchten; — 3. Stück eines männlichen Kätzchens; — 4. Staubbeutel von oben und von unten; — 5. Quer- schnitt desselben; — 6. weibliche Blüthe; — 7. dieselbe längsdurchschnitten (von 3. bis 7. vergrößert); — 8. laubloser Trieb mit den Knospen. abgerundete Lappen zerfällt, deren jederseits nicht leicht mehr als 5 vor- handen sind. Der Blattstiel ist sehr kurz und an ihm zieht sich beider- seits die Blattsubstanz etwas in einen gerundeten kleinen Lappen abwärts, so daß die verschmälerte Blattbasis etwas herzförmig und dadurch der Blattstiel fast verhüllt wird und das Blatt fast ein sitzendes (d. h. un- gestieltes) zu sein scheint. Diese an sich schon unregelmäßige Form des Eichenblattes zeigt noch eine große Menge von Verschiedenheiten, die namentlich an frischen Stockausschlägen bis zu den abenteuerlichsten Ge- stalten geht. Die Farbe des Stiel-Eichenblattes ist auf der Oberseite ein sehr tiefes Grün und wird hierin wohl allein von dem auf der Ober- seite noch dunklerem Blatt der Silberpappel übertroffen. Die Unterseite ist merklich heller gefärbt. Das junge noch nicht ausgewachsene zarte Laub zeigt eine hellbräunlichgrüne Farbe und wird beim Trocknen dunkel schwarzbraun, während das reife Laub dann mehr ergraut und sich kräuselt. Die Eiche ist eine von den wenigen Pflanzen, welche beim Keimen die Samenlappen im Boden läßt und blos den Stammkeim emportreibt, während der Wurzelkeim eine tief eindringende Pfahlwurzel bildet, der sich aber bald Adventivwurzeln ansetzen. Das Stämmchen der Keim- pflanze ist mit einigen Niederblättern besetzt und entwickelt erst wenn es etwa 3—4 Zoll lang ist an seiner Spitze einen ebenen Strauß von 4—5 Blättern, welche den alten Stammblättern an Größe kaum nachstehen. Der Stamm der Eiche ist im höheren Alter mit einer mächtigen, tiefrissigen Borkenschicht bekleidet, während er in der ersten Periode, etwa bis 50 Jahr, sich lange glatt und selbst glänzend erhält und eine grüngraue Farbe hat, auf der sich fast immer je nach dem Feuchtigkeitsgehalte der Luft seines Standortes die fast blos wie gemalten Landkarten der Rinden- flechten, namentlich Graphis -Arten, zeigen. Je nach der Beschaffenheit seiner Wurzel zeigt der Eichenstamm eine reine kreisrunde Basis oder er steht wie auf einem Fuße von starken Strebepfeilern, den Abzweigungen der Hauptseitenwurzeln vom Stocke, zwischen denen nicht selten lehnstuhl- artige lauschige Plätzchen sich einbuchten. Letztere Erscheinung deutet darauf, daß die Pfahlwurzel todt ist und dafür desto mehr die Seiten- wurzeln sich entwickelten. In den meisten Fällen mag dann der Stamm kernfaul sein. Es kommt sehr auf den Standort und den Schluß an, in welchem der Stamm erwuchs, ob er sehr gerad- und hochschaftig und LVI. Keimpflanze der Stieleiche . s. die Samenlappen. weit hinauf rein von Aesten ist, oder nicht. Gewöhnlich giebt die Sommer- eiche, mehr aber noch die folgende, mit dem zweiten oder dritten Haupt- aste die Durchführung des Stammes auf und dieser löst sich nach oben in ein imposantes Gewirr von starken borkebedeckten Aesten auf. Die über- haupt schwierige Unterscheidung von Ast und Zweig ist es um so mehr bei der Eiche, bei welcher die Verzweigungen meist sehr schnell schwächer werden und lange Zweige der Eiche geradehin fehlen. Vielmehr sind die Verzweigungen im Verhältniß zu den oft sehr weit ausgreifenden starken Aesten auffallend kurz, was unser Winterbild zeigt. Roßmäßler, der Wald. 25 Die Krone unsrer beiden Eichen, denn die folgende ist hierin der Sommereiche gleich, zeichnet sich namentlich im laublosen Zustande durch eine vielfach wurmartig gekrümmte und geknickte Ast- und Zweigführung aus, wodurch die Eiche der Liebling unserer das Bizarre liebenden Land- schaftsmaler wird. Woher dieser eigenthümliche kräftig-wilde Charakter der Eiche komme, ist schon bei der Besprechung der Ornamentik der Bäume angedeutet worden. Sehen wir einen Trieb im Winter an ( LV. 8.), so finden wir an der Spitze desselben um eine kräftige Endknospe mehrere fast nicht minder kräftige Seitenknospen zusammengedrängt und mit den Spitzen auswärts gerichtet. Diese Richtung der Knospen schreibt natürlich dem daraus hervorgehenden Triebe die seinige vor und da im Verlauf der Jahre zuletzt nur einer oder zwei von diesen sich weiter entwickeln, so muß der allmälig sich aufbauende Ast die gewundene Form erhalten. Da sich an unserer Abbildung die Knospen nach der Triebspitze hin immer dichter genähert und immer vollkommner ausgebildet finden, was eine Regel ist, so deutet dies auf den gleichen Blattstand und wir wissen auch schon, daß jeder Trieb an einer alten Eiche — an den Stockaus- schlägen und jungen Bäumchen sind dies meist anders angeordnete Lang- triebe — ein Blättersträußchen ist, wodurch die Eichenbelaubung das krause moosähnliche Ansehen erhält. Die Belaubung sitzt meist nur auf den äußeren Schichten der Krone und dringt nicht tief in deren Inneres ein, weil die Eiche als lichtbedürftiger Baum, im schattigen Innern der Krone keine kurzen Zweige lebendig erhalten kann. Daher kommt es, daß man am Stamm einer alten Eiche stehend beim Aufwärtsblicken das ganze mächtige Sparrwerk überschaut. Die Gesammtmasse der Krone ist bei solchen Eichen, welche mit andern Bäumen beisammenstehen, immer aus einzelnen Abtheilungen oder Astgruppen zusammengesetzt und hat also immer einen buchtigen Umriß. Dies würde eine Bestätigung der Be- hauptung Derer sein, welche sagen, daß die Kronengestalt eines Baumes immer die Blattgestalt wiedergebe, woran wenigstens so viel Wahres ist, daß es ein willkommenes Spiel für eine schöpferische Einbildungs- kraft bietet. Den Winterhabitus der Stieleiche macht unser zweites Eichenbild ganz anschaulich. Es ist eine treue Abbildung einer bei Leipzig stehenden Eiche, an welcher nichts übertrieben ist und zu welcher auch keineswegs der Baum dazu besonders ausgewählt wurde, um den knickigen Habitus der Aeste darzustellen, durch den die Eiche eben so malerisch wird. Nur selten ist diese bogige Astführung so wenig hervortretend, daß man ohne nähere Untersuchung der feineren Wintermerkmale die Eiche von weitem verkennen und etwa für eine Rüster halten könnte. Sicher aber ist die Sommereiche wie jede andere Eichenart im laublosen Zustande an dem fünfstrahligen Markquerschnitt eines Triebes zu erkennen, und außerdem an den kurzkegelförmigen, stumpfspitzigen, ziegeldachähnlich vielschuppigen Knospen . Namentlich die große Endknospe der Kurztriebe zeigt äußerlich an ihrem Umfange undeutlich ausgesprochen 5 stumpfe Kanten, entsprechend dem fünfstrahligen Mark- und Holzkörper des Vegetationskegels in der Knospe (S. 67), den man an einem Knospenquerschnitte leicht auffindet. Die Blattstielnarbe ist namentlich unter den größeren Knospen der Trieb- spitze sehr ansehnlich, halbkreisförmig mit Neigung zur stumpfen Dreieck- form. An den Langtrieben, in denen aber immer durch das Mark sofort die Eiche zu erkennen ist, sind die Knospen oft ziemlich armschuppig, aber dann ist der Trieb von einem Pappeltrieb, welcher bei allen Arten eben- falls ein leicht fünfstrahliges Mark hat (S. 63, Fig. IV. 3.), leicht da- durch zu unterscheiden, daß alle Pappelknospen lang und sehr spitzig sind (a. a. O. Fig. 3. 5. 7.). Die Wurzel der Eiche ist von allen Laubhölzern die am meisten tiefgehende. Sie hat eine sehr entwickelte, bis 8 Fuß tief eindringende Pfahlwurzel und auch zahlreiche kräftige Seitenwurzeln, so daß der Baum- koloß dennoch fester steht und besser den Stürmen trotzen kann als mancher andere, der Gewalt des Sturmes keine so große Fläche darbietende Baum. Dieser Wurzelbau weist die Eiche, wenn sie bis zu ihrem höchsten Alter gut gedeihen soll, mit Nothwendigkeit auf einen tiefgründigen oder wenig- stens bis in bedeutende Tiefe durchdringbaren Boden. Das Holz der Eiche zeichnet sich vor allen übrigen durch die dicksten und breitesten Markstrahlen und durch die weitesten Gefäße aus. Jene haben, wenn sie bei einem radialen Spalten des Holzes getroffen und blos gelegt worden sind, einen seidenartigen Glanz, was ihnen den Namen Spiegel , oder selbst Spiegelfasern (jenes mehr von Seiten der Holz- arbeiter, dieses von Seiten des Forstmanns) verschafft hat. Auf dem Querschnitt erscheinen die Markstrahlen als hellere bis ½ Millimeter 25* dicke Linien, an denen sich die bei dem Buchenholze beschriebene schwalben- schwanzähnliche Aneinanderfügung der Jahresverlängerungen derselben zeigt. Da wir auf S. 103 das Eichenholz als erläuterndes Beispiel des Holzes der Laubbäume beschrieben haben, so verweise ich jetzt darauf und auf den dazu gehörigen Holzschnitt XIII. 6. auf S. 101, und füge nur noch Folgendes hinzu. Den dort beschriebenen anatomischen Bau zeigt das Eichenholz nur an starken und breiten Jahresringen. An dem Um- fange sehr alter Bäume, welche nur noch sehr schmale, oft kaum 1 Milli- meter breite Jahresringe anlegen, bestehen diese oft nur aus wenigen Holzzellen und an der innern Grenze aus einer Reihe der dem Eichen- holze nie fehlenden weiten Gefäße. An den sehr breiten Jahresringen wüchsiger Eichen bemerkt man im Herbstholze mit den Jahresgrenzen gleichlaufende etwas geschlängelte feine helle Linien, welche von dünn- wandigen Holzparenchymzellen (S. 161) herrühren, während die übrige Grundmasse des Holzes aus sehr dickwandigen Holzzellen besteht. In dieser Grundmasse zeigen sich, freilich auch nur auf einer mit haar- scharfen Messern geglätteten Schnittfläche, neben jenen Linien radial- gestellte etwas flammenförmige helle Flecke, ebenfalls aus Holzparenchym mit eingestreuten engen Gefäßen bestehend. Das Eichenholz hat immer einen an Farbe sehr deutlich unterschiedenen Splint. Das Kernholz hat die bekannte bald hellere bald dunklere röthlich graubraune Farbe, die unter gewissen Standortsbedingungen sich fast bis zu braunschwarz steigern kann, wogegen das bis hellgelblich auftretende, gewöhnlich 8—13 Jahre umfassende, Splintholz auffallend absticht. Die Härte des Eichenholzes ist nur mittelmäßig und seine Dichtigkeit wegen der vielen großen Gefäße ziemlich gering. Sehr groß aber ist seine Dauerhaftigkeit sowohl unter Wasser wie im Boden und im Trocknen unter Dach. Der Splint jedoch wird vom Moder und im Freien von Insekten leicht zerstört. Das Wurzelholz unterscheidet sich wie ge- wöhnlich durch Undeutlichkeit der Jahresgrenzen, durch einen großen Ge- fäßreichthum und durch zahlreiche breite Markstrahlen. Es ist schwammig, weicher und viel weniger brauchbar als das Stammholz. Daß das Mark der Eiche einen fünfstrahligen Querschnitt hat, haben wir schon erfahren (S. 85). Unter der vorhin hervorgehobenen dicken Borkenschicht der Rinde findet sich eine ziemlich starke Bastschicht, welche von Rindenmarkstrahlen durchzogen ist. Außer den durch die vorstehend angegebene Holzbeschaffenheit be- dingten Abarten sind noch einige andere zu nennen, welche sich durch den Habitus aussprechen. Die eine ist die Pyramiden-Eiche , welche einen pappelartigen Pyramidenwuchs hat; die andere ist die Trauer- eiche oder Hängeeiche mit dünnen und langen niederhängenden Zweigen. Letztere ist sehr selten. Die bekannteste Hängeeiche steht oberhalb Wies- baden links am Wege nach der Platte. Durch Blattkennzeichen unter- schieden ist die Spielart mit geschäckten Blättern ( foliis variegatis ) und die zerschlitztblättrige Eiche , deren Blätter tiefer und feiner getheilt sind. Alle diese Spiel- oder Abarten sind nur seltne individuelle Vorkommnisse und können nur durch Pfropfen vermehrt werden. Der Standort der Stieleiche ist hauptsächlich der fruchtbare, lockere, tiefgründige Auenboden der Ebene; sie wächst aber auch noch im lehmigen Sandboden gut, sobald derselbe frisch ist. In höheren Lagen macht sie gewöhnlich der folgenden Platz. Hinsichtlich der Verbreitung der Sommereiche, so ist zunächst zu erwähnen, daß Deutschland ihre eigentliche Heimath ist. Von da aus verbreitet sie sich bis in die südlichen ebneren Provinzen Schwedens, durch Polen nach Rußland. Im Süden bilden die Alpen ihre Grenze und wie weit sie nach Südosten vordringe ist schwer zu sagen, da es noch nicht hinlänglich fest steht, ob die dort vorkommenden sehr schönen Eichenwaldungen mehr dieser oder mehr der folgenden Art angehören. In Deutschland kommen die schönsten, aber niemals ganz reinen Stiel- eichenwälder in der mitteldeutschen fruchtbaren Ebene und am Niederrhein vor. In früherer Zeit scheinen beide Eichenarten, in der Ebene und auf den niedrigen Gebirgen, herrschender gewesen zu sein als jetzt. Vom Leben der Eiche ist zunächst hervorzuheben, daß sie ein Licht- baum ist und durchaus keine Verdämmung zu dichten Standes vertragen kann. Die Eicheln, welche nur in dem Jahre nach der Reife keimfähig bleiben, gehen bei der Frühjahrssaat schon nach wenigen Wochen auf. Im ersten Jahre bildet das junge Pflänzchen fast nur die lange strang- förmige Pfahlwurzel und ein unverzweigtes 6—8 Zoll langes Stämmchen aus. Man hat vorgeschlagen und auch versucht, der Eiche die der Kultur lästige lange Pfahlwurzel gewissermaaßen abzugewöhnen, indem man die Eicheln vor der Aussaat keimen ließ und dann den Wurzelkeim abknipp. So erzogene Eichen bekamen nun zwar keine Pfahlwurzel, sondern nur einen dichten Büschel von Seitenwurzeln, allein sie zeigten einen buschigen Wuchs. Besser ist es daher, zweijährigen jungen Eichen beim Verpflanzen in die Kulturen die Pfahlwurzel etwas zu kürzen. Ueberhaupt besteht bei der Eiche ein auffallendes Gegenseitigkeitsverhältniß zwischen Wurzel und Krone, namentlich zwischen der Pfahlwurzel und dem Stamme. Gemäß der Knospenstellung ist schon in den ersten 4—6 Jahren der Wuchs der jungen Eichen sehr ungerade und knickig und erst bei 15—20 Jahren beginnt der Stamm sich zu strecken, wobei man durch vor- sichtiges Ausästen etwas nachhelfen kann. Bis etwa zum 8. Jahre ist die Rinde grün, dann wird sie silbergrau. So lange sie noch keine Andeutung von Borkenbildung hat, heißt sie Spiegelrinde , wegen ihres Glanzes, und ist dann von den Gerbern am meisten geschätzt. An 8—10 jährigen Eichen ist der Sommertrieb sehr vorherrschend und oft länger und blatt- reicher als der Maitrieb. In ihrem mitteln Lebensalter hat die Eiche den stärksten Zuwachs, weshalb jüngere etwa fußstarke Eichen, die wie verbuttet aussehen es dennoch oft nicht sind und später, namentlich wenn sie etwas freier gestellt werden, noch ein freudiges Wachsthum annehmen. Im hohen Alter setzen sie nur noch sehr dünne Jahresringe an und der Forstmann hat namentlich dann nicht zu lange mit ihrer Benutzung zu zögern, wenn die oben beschriebene Anschwellung der Seitenwurzelansätze zunimmt, was auf ein Absterben der Pfahlwurzel und meist auch auf Kernfäule des Stammes deutet. Ein mit einer bedeutenden Habitusveränderung verbundener Zeit- raum der Kronenabwölbung tritt bei der Eiche deshalb nicht ein, weil dieselbe schon von früher Jugend an die Krone in derjenigen Form gewissermaaßen anlegt, welche sie im Alter, nur vollendeter, zeigt. Fruchtbar wird die Eiche ziemlich früh, da man nicht selten schon kaum fußdicke Stämmchen Eicheln tragen sieht. Besonders am Stockausschlage erscheinen keimfähige Früchte zuweilen schon an zehnjährigen Lohden, wie ich es z. B. an einer frischen Stelle des übrigens Flugsandboden habenden Lenneberges bei Mainz gesehen habe. Die Wiederkehr von Samenjahren tritt bei der Eiche etwas häufiger als bei der Buche ein, ja ganz samenlose Jahre sind sogar selten. Das Ausschlagsvermögen der Eiche ist sehr groß und selbst die Stöcke von sehr alten Eichen schlagen oft noch gut aus. Der Stock- ausschlag erscheint aus den Furchen der Borke. Auch am Stamme treibt die Eiche sehr oft Ausschlag hervor, weshalb sie namentlich in kleinen Bauerhölzern oft geschneidelt wird, d. h. man haut ihr, sobald der Stamm etwa 1 Fuß dick geworden ist, bis auf die verschonte kleine Krone alle Seitenzweige in regelmäßiger Wiederkehr von 3—6 Jahren ab. Die hierdurch entstehenden maserartigen Wülste des Stammes, an welchen die Triebe immer wieder hervorkommen und von denen aus die Stämme leicht kernfaul werden, kann man einigermaaßen durch stummeln vermeiden, welches darin besteht, daß man die 3—6 Jahre alten Triebe nicht glatt am Stamme abhaut, sondern 6—8 Zoll lange Stummel stehen läßt. Nimmt man beim Schneideln oder Stummeln auch die Krone mit weg, so nennt man dies Kopfholzwirthschaft , welche die Eiche auch sehr gut verträgt und die daher auch oft angewendet wird. Besondere Eigenthümlichkeiten zeigt die Eiche bei dem Laubfall . Sie ist einer von denjenigen Bäumen, welche kein buntes Herbstkleid anlegen, indem die Eichen-Herbstfärbung ein schmutziges Braungelb und beim Laubfall selbst düster graubraun ist. Der Laubfall zögert oft sehr lange und andere Bäume sind schon wochenlang entblättert während die Eichen das verfärbte Herbstlaub noch tragen. Einzelne Eichen behalten dabei ihr Laub länger als andere, manche den ganzen Winter hindurch und namentlich junge Bäumchen und der Stockausschlag zeigen diese noch unerklärte Erscheinung. Dieses so fest am Triebe haftende Laub weicht dann in der Regel auch nicht früher als im nächsten Frühjahr kurz vor dem Ausschlagen der Knospen, und da dies etwas später als bei den meisten Waldbäumen geschieht, so sieht man dann oft die Eichen mit dem todten Herbstlaube mitten unter frisch belaubten Bäumen stehen. Dieser späte Laubfall deutet beinahe auf eine Betheiligung des Frühjahrssaft- stromes oder wenigstens auf den plötzlichen Eintritt irgend einer inneren Lebensregung; denn man kann sich leicht überzeugen, daß bis den Tag vor dem plötzlichen Abfall die todten Blätter noch so fest sitzen, daß sie nur mit Gewalt abzulösen sind. Das durchschnittlich erreichbare Lebensalter der Eiche wird oft über- schätzt und es ist um so schwieriger durch Uebung eine Eiche nach dem äußeren Ansehen schätzen zu lernen, da selten zwei neben einander er- wachsene gleich alte Eichen gleiche Stärke zeigen. Auf fruchtbarem Auen- boden, z. B. in der Niederung, die sich von Leipzig bis Merseburg er- streckt, stehen oft imposante Eichen, welche wahrscheinlich kaum mehr als 400 Jahre alt sind, da die Bäume in der außerordentlich zusagenden Lage ohne Zweifel ein sehr fördersames Wachsthum hatten. Da in hohem Alter die Eichen leicht kernfaul werden, so ist es wahrscheinlich nur der günstige Zufall eines geschützten Standortes, wodurch solche alte Denkmäler vom Sturme nicht umgebrochen werden, während in der Regel solchen alten innen ausgefaulten Veteranen, wenn sie nicht in frühern Jahrhunderten gefällt worden sind, durch den Sturm ihr Lebensende gesetzt werden mag. Es ist übrigens an stark ausgefaulten Stämmen nicht mehr sicher die Zahl der Jahresringe zu ermitteln, und man muß sich dann, unter Berücksichtigung des verschiedenen Zuwachsbetrages in den verschiedenen Lebensperioden, damit begnügen, die Zahl der Jahresringe des herausgefaulten Kernes zu schätzen. Es sei hier hinsichtlich der Alterschätzung stehender Bäume auf Grund des Stammdurchmessers ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß man dabei leicht sehr irren kann, wenn man nicht genau die Bedingungen in Anschlag bringt, unter denen ein zu schätzender Baum erwachsen ist. Bei einem Durchmesser von 3 Ellen, also einem Halbmesser, vom Mark bis zur Rinde, von 1½ Elle, macht es für die zu schätzende Zahl der Jahres- ringe einen gar sehr großen Unterschied, ob diese 2 oder 3 oder 4 Milli- meter breit sind; und welche von diesen Breiten sie haben, das hängt eben gar sehr von dem Standorte ab. Von den zahlreichen Beispielen besonders starker Eichen, welche auf- gezählt werden, ist das ungewöhnlichste eine Eiche bei Saintes im De- partement Charente inferieure am Wege nach Cozes. Sie hat bei einer Höhe von 60 par. Fuß einen unteren Durchmesser von 27 par. Fuß 8 Zoll, fünf Fuß höher 21½ Fuß und am ersten Aste noch 6 Fuß. Im dem Stamme befindet sich ein hohler Raum von 10—12 Fuß Weite und 9 Fuß Höhe mit einer halbrunden in das lebendige Holz einge- schnittenen Bank. Das Alter der Eiche wird auf 2000 Jahre geschätzt. In dem schon früher erwähnten Artikel im Tharander Jahrbuche (s. oben S. 333 Anm.) werden auch mehrere alte Eichen aufgeführt, doch keine über 400 — 500 Jahre geschätzt. Von Krankheiten und Feinden wird die Eiche vielfältig heim- gesucht, und namentlich dient kein Baum so vielen Insekten als Wohnung und Nahrung wie die Eiche, obgleich nur wenige derselben ihr merklich schädlich werden. Daß die Spätfröste das junge Laub unfehlbar tödten und daher auch den Saatpflanzen sehr verderblich sind haben wir schon erfahren, ebenso daß zu große Beschattung der Eiche sehr nachtheilig ist. Zu starke Lichteinwirkung kann jedoch auch schädlich werden, indem der Sonnen- brand die Rinde schwächerer Bäume verdorren macht. Die hauptsächlichste Krankheit ist die Stockfäule, welche meist mit der Kernfäule (des Stammes) verbunden ist und welche beide in den meisten Fällen die Folge des Absterbens der Pfahlwurzel sind. Die Wipfeldürre oder Zopftrockniß, die sich durch Absterben der obersten Kronenäste ausspricht, tritt oft nach plötzlicher Freistellung schon älterer Eichen ein, die alsdann in dem austrocknenden Boden nicht mehr die gehörige Nahrung erhalten. Oft aber und vielleicht am häufigsten ist die Wipfeldürre eine Folge davon, daß die Pfahlwurzel in ihrem Abwärts- dringen auf eine undurchlassende unfruchtbare Bodenschicht, Kies oder Felsen, trifft. Diese Erscheinung giebt den deutlichsten Beweis von dem oben erwähnten Gegenseitigkeitsverhältniß zwischen Wurzel und Krone der Eiche. Aus unbekannten Gründen sterben bei der Eiche oft mitten im Stamme einzelne Jahresringe oder ganze Lagen derselben ab und werden zuletzt rothfaul, was man nach dem Augenschein das rothstreifige Holz nennt. Natürlich thut diese Krankheit der Güte des Holzes großen Eintrag. Ein Zeichen von unheilbarer Krankheit, welche unbedingt tödtlich wird, ist der Krebs oder Saftfluß, das Herabträufeln einer dunkeln Jauche aus einer Stammwunde. Die große Ausschlagsfähigkeit der Eiche verursucht sehr häufig, nament- lich an geschneidelten Eichen, große Maserknoten. Nicht selten sind ge- schneidelte Eichen ganz und gar vermasert und erhalten dadurch zuweilen einen großen Werth, welcher aber in der Regel mehr dem Fournierschneide- müller als dem Verkäufer zu Gute kommt, da man erst beim Schneiden die Güte des Masers erkennt. Von Insekten vermag keines einer alten Eiche tödtlichen Schaden zuzufügen, da sie ein so großes Ausschlagsvermögen hat und die ihr schäd- lichen Insekten sämmtlich nur laubfressende sind. Am bemerkenswerthesten sind der Maikäfer, Melolontha vulgaris L., der Processionsspinner, Gastropacha processionea L., und der grüne Eichenblattwickler, Tortrix virdana L. Nur wiederholte Entlaubung junger Pflanzen in mehreren Jahren hintereinander vermag diese zu tödten. Eine bemerkenswerthe Erscheinung bleibt es, daß eine der interessan- testen Insektenfamilien sich gerade die Eichen auserkoren hat, um darauf ihr Wesen zu treiben: die Gallwespen oder Cynipiden. Nur wenige Arten leben auf anderen Pflanzen, z. B. auf wilden Rosen, auf denen eine Gallwespe, Rhodites Rosae L., die bekannten moosartigen Auswüchse (Schlafäpfel oder Badeguare) hervorbringt. Fast 50 kaum fliegengroße Gallwespenarten, Cynips, theilen sich in die Eiche, um ihr durch ihren Stich den Befehl und die Fähigkeit zugleich zu ertheilen, nach jeder Art Belieben eine so oder so geformte und beschaffene Galle zu bereiten. Die eine Gallwespenart legt ihr fast unsichtbar kleines Ei in eine winzig kleine Wunde der Oberseite des Blattes, eine andere an die Unterseite, eine dritte an den Blattstiel, eine vierte an den Kelch, wieder andere an die Knospe, den noch jungen Trieb oder sonst eine bestimmte Stelle der Eiche und immer erwächst an der angestochenen Stelle eine je nach der Art der Gallwespe eigenthümliche Galle, so daß der Kundige aus der Galle einen sichern Schluß auf die Art der Gallwespe machen kann. Diese Werke der echten Gallwespen sind noch weit wunderbarer als die der Fichtenblattsauger (S. 324); denn die zapfenähnlichen Gallen, welche diese an der Fichte verursachen, sind doch im Grunde nichts Anderes als die mißgestalteten Nadeln, also keine Neubildungen. Die Gallen der echten Gallwespen sind aber vollständige Neubildungen, welche an sich der sie hervortreibenden Pflanze, in den meisten Fällen eben die verschiedenen Arten der Eiche, ganz fremd sind. Wir können die Entstehung dieser Gallen uns kaum anders als so bedingt denken, daß das Thier in die Wunde des Pflanzentheiles mit dem Ei zugleich ein allerdings kaum meßbar kleines Wenig eines Stoffes einbringt, welches als chemisches. Agens die Gallenbildung einleitet. Die Gestalt- und Stoffverhältnisse der Gallen sind außerordentlich manchfaltig. Zur Seite der bekannten kleinen apfelförmigen Gallen auf den Blättern stehen ganz absonderliche Gebilde; einerseits eine so stark mit langen Haarzellen bedeckte Galle, daß sie einem Bäuschchen Baumwolle täuschend ähnlich sieht; andererseits kleine flache Gallen, welche man leicht für seideübersponnene Hemdenknöpfchen halten könnte. Bekannt ist, daß einige dieser Eichengallen ganz besonders reich an Gerbstoff, Gallussäure, sind, welcher mit Eisenvitriol (schwefelsaurem Eisen- oxydul) zum Schwarzfärben und zur Tintebereitung oder zum Gerben benutzt wird. Die vorzugsweise sogenannten Galläpfel kommen von der Färber-Gallwespe, Cynips tinctoria L., welche in Kleinasien auf der Gallen-Eiche, Quercus infectoria, lebt. Die Knoppern sind die zackigknolligen Gallen auf den Schüsselchen der gemeinen Eichen und der Zerreiche, Quercus Cerris L., in Ungarn und werden durch den Stich der Knoppern-Gallwespe, Cynips calicis L., hervorgebracht. Ich fand in Ungarn eine auf einem kleinen Hügel im Walde freistehende Steineiche, unter welcher der Boden dicht mit abgefallenen Knoppern bedeckt war. Neben diesem Nutzen üben die Gallwespen einen schädlichen Einfluß auf die Eichen nicht aus. Noch ist ein schädliches Insekt, der Eichen-Werftkäfer, Lymexylon navale L., zu nennen, welcher nicht an stehenden Eichen, sondern an Eichenholz, namentlich auf den Schiffswerften zuweilen großen Schaden anrichtet, in welchem er als Larve Gänge frißt und es dadurch unbrauchbar zum Schiffsbau macht. Ueber die Größe der forstlichen Bedeutung kann kein Zweifel sein, da das Eichenholz zu sehr vielen Benutzungen durch kein anderes Holz ersetzt werden kann. Es wird daher auf die forstliche Behand- lung überall, wo sie erzogen wird, eine ganz besondere Sorgfalt verwendet. Aus dem uns bekannten Leben und Bedürfnissen der Sommereiche geht hervor, daß der forstlichen Behandlung derselben mancherlei Schwierig- keiten dadurch bereitet werden müssen; und wenn gleich uns beinahe auf jeder Bodenart Eichen begegnen, so kann man doch nicht überall Eichen- waldungen erziehen und ist dabei immer mehr auf Frische, Humusgehalt und Tiefgründigkeit, als auf einen gewissen mineralischen Bestandtheil des Bodens zu sehen. Schon bei der Erziehung der Pflanzen im Saatgarten muß darauf Bedacht genommen werden, daß dieser nicht zu tiefgründigen Boden habe und dadurch eine zu lange Pfahlwurzel veranlasse, welche nach- her die Verpflanzung erschwert. In den Kulturen muß nachher für volles Licht gesorgt werden, weil die Eichenpflanzen durch Beschattung verdämmt werden und verkommen. Daß alsdann ganz besonders die Eiche sich für alle drei Betriebsarten eignet versteht sich einerseits nach ihrem großen Ausschlagsvermögen und andererseits nach ihrer Fähigkeit, zum mächtigen Baume zu erwachsen, ganz von selbst. Mehr als es bis jetzt geschieht sollte die Eiche als Niederwald, auf einen kurzen Umtrieb gestellt, er- zogen werden zur Gewinnung der so sehr gesuchten Spiegelrinde für die Gerberei. Es giebt in Deutschland außerordentlich viele Oertlichkeiten, ich meine namentlich die Einhänge von Fluß- und Bachthälern, wo „ Eichenschälwaldungen “ mit Leichtigkeit einzurichten wären, ja welche gewissermaaßen von selbst dazu auffordern, da solche Hänge meist ohnehin mit Buschholz bewachsen sind, in welchem die Eichen, diese und die folgende Art, selten fehlen. Eichenschälwaldungen gelten so ziemlich für die gewinn- bringendste Form des Forstbetriebes. Die meist nicht über 1 — 2 Zoll dicken Schosse werden dann zur Zeit des Safteintritts der größeren Be- quemlichkeit wegen noch auf dem Stocke geschält und erst später abge- hauen, was einem solchen Schälwalde ein abenteuerliches Ansehen von Nacktheit giebt, da solche geschälte Schosse vollkommen fleischfarbig aussehen. Im Mittelwalde ist die Eiche ein sehr beliebter Oberbaum und er- wächst darin auch zu einem ziemlich guten Stamm obgleich nicht so gut wie in einem angemessen geschlossenen Hochwalde. In diesem gedeiht die Eiche, wie bereits erwähnt wurde, entschieden besser in Vermischung mit andern Laubhölzern als in reinem Bestande. Es ist dabei darauf Rücksicht zu nehmen, daß man nicht solche Baumarten zur Vermischung mit der Eiche wählt, welche einen schnelleren Wuchs haben, weil diese die Eiche „übergipfeln“ und allmälig unterdrücken würden. Besonders ist die Buche, mehr allerdings für die folgende Eichenart, ein geeigneter Vermischungs- baum, für die Stieleiche nur an solchen Orten, welche keinen Ueber- schwemmungen ausgesetzt sind, welche die Stieleiche sehr gut aber die Buche durchaus nicht verträgt. Besonders auch mit Ulme und Hornbaum kann die Eiche in dichtem Verband stehen, was die herrlichen Auenwälder der Leipziger Niederung beweisen. Was die Umtriebszeiten betrifft, so wird die Eiche im Hochwalde gewöhnlich auf einen 150 jähr. Umtrieb gestellt. Im Mittelwalde hängt dies davon ab, wie lange man die zu Oberbäumen ausgehaltenen Eichen wachsen lassen will, da hier der Beschattung wegen, welche die Eiche nicht verträgt, sie als Unterholz nicht gut gewählt werden kann. Im Nieder- walde — wo also die Beschattung von oben nicht stattfindet und deshalb die Eiche ein vortreffliches Schlagholz abgiebt — ist ein 15 — 20 jähriger Umtrieb gebräuchlich und zwar auch bei dem Schälwaldbetriebe. Da der Ausschlag unmittelbar über dem Erdboden aus dem Stocke kommt, so müssen die Stöcke sehr tief gehauen werden. Am reichlichsten erfolgt der Ausschlag aus Stöcken 20—40 Jahre alt gewordener Eichen. Daß die Benutzung der Eiche eine höchst vielseitige ist, geht zum Theil schon aus dem Vorhergehenden hervor. Das Eichenholz gehört zu den geschätztesten und unersetzbarsten Bau-, Nutz- und Werkhölzern. Für den Schiffs- und Wasserbau ist das Eichenholz in Deutschland das wich- tigste von allen, nicht minder hat es als Böttcher-, Wagner- und Schreiner- holz einen hohen Werth. Fässer für Flüssigkeiten werden bekanntlich fast nur aus Eichenholz gefertigt und neuerdings soll ein Franzose von Sieben- bürgen, Serbien und Bulgarien aus, bis wohin sich aus dem Schwemm- lande der Moldau und Wallachei Streifen der schönsten Eichenwälder erstrecken, Frankreich mit Faßdauben versehen wollen. Als Brennholz und Kohlholz steht es dem Buchenholze etwas nach und brennt namentlich weniger ruhig als dieses. Die Bedeutung der Eiche für Gerberei und Färberei, ist uns schon bekannt. Im Jahre 1848 bildete sich in Nord- deutschland ein Verein von Lohgerbern, welcher es sich zur Aufgabe machte, die Anlegung von Schälwaldungen immer mehr anzuregen. Es ist keine Frage, daß durch solche noch manche Dorfgemeinde einen großen Gewinn aus jetzt fast ertraglosen Bodenflächen ziehen könnte. Es bleibt nur noch zu sagen übrig, daß das Eichenlaub auch ein geschätztes Futter für Schaafe und Ziegen ist. Man erzieht dazu sogenannte „Laubeichen“ zum Schneideln und schlägt alle 3 Jahre die Zweige ab, bindet sie zu Bündeln, die man um den Stamm herum aufstellt und trocken werden läßt. Die Thiere nagen nachher während des Minters das trockene Laub mit großem Behagen ab. Ueber diese Bedeutung des Baumlaubes als Futter, jedoch wohl nur für Schaafe und Ziegen, sei hier überhaupt bemerkt, daß diese der großen Mehrzahl der Laubhölzer zukommt. Bei der Versammlung der deutschen Land- und Forstwirthe in Altenburg (1843) wurde die Frage erörtert, welches das beste Futterlaub sei. Das Ergebniß der sehr ein- gehenden Debatte war insofern ein überraschendes, als dabei fast für jeden Baum ein Lobredner auftrat und sich dabei auf Erfahrung stützte. 3. Die Steineiche, Wintereiche, Quercus robur L. Was den botanischen Charakter dieser zweiten deutschen Eichenart betrifft, so ist das davon vorzubringende am besten mit vergleichenden Blicken auf die Stieleiche zu erledigen, denn beide sind zwar durch feste und unschwer aufzufindende aber nicht eben sehr in die Augen fallende Merkmale nur wenig verschieden. Zunächst lehrt uns ein Blick auf unsere Abbildung, daß die Eicheln der Steineiche auf ganz kurzen Fruchtstielen sitzen, während die Stiel- eiche gerade wegen ihrer stets langen Fruchtstiele diesen Namen führt. Im Einklange damit stehen die weiblichen Blüthen fast stiellos in den Blattwinkeln der obersten Blätter (1.). Für den fast ganz mangelnden Fruchtstiel ist der Steineiche ein desto deutlicher entwickelter ziemlich langer Blattstiel eigen. Die Eichel ist viel kürzer, mehr eiförmig und wird oft zum größeren Theil von dem Schüsselchen umschlossen. Oft stehen deren eine große Zahl beisammen; ich fand in Ungarn an etwa 15 jährigem Stockausschlage bis 20 Eicheln knäuelartig und dicht gedrängt beisammen stehen. Diese Eiche wird darum auch Traubeneiche genannt, und selbst der Name Klebeiche hängt vielleicht damit zusammen, daß die Eicheln wie angeklebt aussehen. Die männlichen Blüthen zeigen keinen erheblichen Unterschied außer daß sie oft mit am jungen Triebe stehen was mit den 3 obersten Blüthenkätzchen an Fig. 1. der Fall ist, während zwei andere am alten (vorjährigen) Holze ohne an einem Triebe zu stehen, unmittelbar aus einer blos männlichen Blüthenknospe hervorkommen. Außer den langen Stielen zeigen die Blätter auch noch den Unter- schied, daß sie regelmäßigere und zahlreichere (jederseits 6—8, sehr selten blos 5) Einbuchtungen haben, welche auch in der Regel nicht so tief sind; LVII. Die Steineiche, Wintereiche, Quercus robur. 1. Blühender Trieb, in den obersten Blattwinkeln die kleinen sitzenden weiblichen Blüthchen; — 2. Triebspitze mit ausgebildeten Blättern und Früchten; — 3. weibliche Blüthe, vergr.; — 4. Theil eines männlichen Blüthenkätzchens, ebenso. die Blattzipfel sind demzufolge schmäler und auch etwas zugespitzter als bei der Sommereiche. Im Ganzen ist dadurch das Steineichenblatt zier- licher und regelmäßiger und es, nicht das der andern Art, hat den viel- fältigen Eichenkränzen und Trieben auf Münzen, Fahnen und — am Kragen des Forstmanns als Vorbild gedient. Am unteren Ende geht die Blattfläche beiderseits verschmächtigt in den Blattstiel über, während bei der Stieleiche sich hier jederseits ein Blattläppchen herabbiegt. Zufolge dieser Verhältnisse der auch noch dazu etwas kleineren Blätter ist namentlich am Buschholze die Belaubung der Steineiche etwas zierlicher, dabei aber etwas gleichmäßiger, indem die Blätter nicht ganz so büschel- förmig an den Spitzen der Triebe stehen, was übrigens auch bei der Stieleiche nur an den Kurztrieben der Fall ist. Als Baum unterscheidet sich die Steineiche einigermaaßen dadurch, daß sie in der Regel einen niedrigeren gedrungeneren Wuchs hat. Hinsichtlich des Standorts verlangt die Steineiche mehr eine Berg- als eine Ebenenlage und kann hier selbst auf einem felsigen Boden gut gedeihen, jedoch wahrscheinlich eben auf Kosten ihres Höhenwuchses. Schon die geringe Höhe von einigen hundert Fußen über die Ebene reicht hin, um an Stelle der Stieleiche, oder Anfangs in Gesellschaft mit ihr, die Steineiche auftreten zu lassen. Die Verbreitung ist wohl der der Stieleiche ziemlich gleich, jedoch eben mit dem Unterschiede, daß da wo in der Ebene die Stieleiche wächst, auf den Höhen die Steineiche vorkommt. In allen den übrigen Beziehungen, nach welchen wir die vorige Art betrachtet haben, finden sich bei der gegenwärtigen kaum nennenswerthe Verschiedenheiten. Im Leben ist die letztere dadurch etwas abweichend, daß sie stets um etwa 14 Tage später ausschlägt als die andere und wahrscheinlich auch kein so hohes Alter bei vollkommner Gesundheit des Stammes erreicht, weil ihr fast immer felsiger Standort wegen Beein- trächtigung der Wurzel zur Stock- und Kernfäule disponirt. Die Steineiche scheint auch etwas weniger Bodenfrische zu bedürfen. Aus dem Breisgau wird eine Spielart mit fiederspaltigen Blättern angeführt. Ob die im Banat vorkommende Q. lanuginosa Thuillier mit unten sammtartig wolligen Blättern und etwas höckerigen Früchten nicht vielleicht auch hierher oder wohl auch zu der folgenden Art gehöre, vermag ich nicht zu entscheiden. Im Süden von Deutschland finden sich noch drei weitere Eichenarten, von denen jedoch die eine von manchen Pflanzenkundigen blos für eine Abart der Steineiche und die beiden andern blos als zwei zusammenge- hörige Abarten Einer Art gehalten werden. Die erstere ist: 4. Die flaumhaarige Eiche, Quercus pubescens Willdenow. Man darf bei ihrer Beschreibung sehr kurz sein, indem sich dieselbe auf eine Vergleichung mit der ihr sehr ähnlichen Steineiche beschränken kann. Das Blatt (Fig. LVIII. 1.) ist tiefer und stets bis über die Mitte der Blattseite gebuchtet, fast fiederspaltig, so daß die Lappen länger, fast parallelseitig und die längeren oft gegen ihre Spitze hin, noch einmal ein- gebuchtet sind. An dem meist ein wenig kürzeren Blattstiel sind sie ent- weder wie bei der Steineiche verschmälert, oder etwas herzförmig — ein Hauptkennzeichen des Stieleichenblattes — was jedoch, wiewohl selten, auch bei der Steineiche vorkommt. Die Oberseite des Blattes ist ziemlich dünn die Unterseite dagegen dicht und fast sammtartig mit kurzen Stern- haaren (d. h. zu mehreren aus einem gemeinsamen Punkte der Oberhaut ausgehend) bedeckt, welche gegen das Licht gehalten dem Blattrande einen fein gewimperten Saum geben. Dadurch ist das Blatt, namentlich auf der Unterseite sammet- oder flaumartig weich anzufühlen. Besonders dicht sind die Hauptadern der Unterseite und die jungen Triebe behaart. Ueber Blüthen und Früchte kann ich nach Metzger nur sagen, daß an dem Schüsselchen der Letzteren die Schuppen angedrückt sind Die Beschreibung ist nach einem etwa 50 jährigen Baum in dem botan. Garten der Forstakademie zu Tharand, welchen mein Vorgänger, Prof. Reum, als die echte Qu. pubescens betrachtete. . Der einzige mir seit 30 Jahren bekannte Baum gleicht sehr einer gleich alten Steineiche, nur daß die Belaubung wegen der tiefer einge- schnittenen Blätter noch zierlicher und wegen der Behaarung glanzlos ist. Stamm, Rinde und Holz sollen denen der Steineiche fast gleich kommen. Der Standort dieser Eiche ist der der vorigen Art. Ueber ihre Verbreitung sagt Metzger daß sie am Kaiserstuhl auf doolmitischen und Roßmäßler, der Wald. 26 basaltischen Boden vorkommt; L. Reichenbach giebt sie in Oesterreich, Ungarn und Böhmen, in der Schweiz und überhaupt im südlichen Gebiete in Bergwäldern an. LVIII. 1. Blatt der flaumblättrigen Eiche, Qu. pubescens Willd. 2. Blatt der Zerreiche, Qu. cerris L. Die forstliche Bedeutung der flaumhaarigen Eiche ist sehr unter- geordnet und daß sie irgendwo in Süddeutschland als Waldbaum gezogen und gepflegt werde finde ich nirgends erwähnt, da sie im Gegentheil von den meisten Forstbotanischen Schriftstellern mit Stillschweigen übergangen wird. 5. Die Zerreiche, Quercus cerris L. Die männlichen und weiblichen Blüthen haben wenig Abweichendes, nur daß die männlichen Kätzchen sehr lang und lockerblüthig sind und man an den weiblichen Blüthen bei einer feinen Zergliederung die Anlage zu dem hervorstechenden Charakter des Fruchtschüsselchens auffinden kann. Die Frucht ist lang, ei-walzenförmig und ihr Schüsselchen von borsten- förmig verlängerten Schuppen igelartig rauh. Besonders bemerkenswerth ist, daß die Früchte erst im zweiten Jahre reifen und auch dann erst abfallen. Das Blatt (Fig. LVIII. 2.) macht die Zerreiche sehr kenntlich; es ist meist sehr groß im allgemeinen Umrisse verkehrt eiförmig, tief, buchtig- fiederspaltig, jeder Lappen, von denen die größten meist wieder 2 bis 3 Zipfel haben, in eine deutliche kurze Spitze endend; es ist in den deutlich entwickelten Blattstiel verschmächtigt; Oberseite dünn Unterseite dichter mit Sternhaaren bekleidet, ähnlich wie bei voriger Art, nur etwas rauher anzufühlen. Die vorstehend beschriebene Blattform unterliegt zahllosen Abänderungen, unter denen die bemerkenswertheste die ist, bei welcher von einem Blattlappen zum andern eine gerade also mit der Mittelrippe parallele Linie läuft. Ueberhaupt sind die Buchten meist spitzer als bei den vorigen drei Arten. Diese Blattformen begründen aber kaum Spiel- arten, weil oft die verschiedensten nebeneinander an einem Triebe sitzen. Neben jedem Blatte sitzen wie bei allen Eichen zwei schmal lanzett- liche, lange, behaarte Nebenblättchen, welche aber bleibend sind, ja oft noch neben der Blattstielnarbe an vorjährigen Trieben, also länger als das Blatt selbst, stehen, während sie bei den vorigen Eichen sogleich nach der Blattausbildung abfallen. Die Knospen weichen von denen der vorigen Arten dadurch bedeu- tend ab, daß sie sehr klein, kurz und wenigschuppig sind und von einigen Nebenblättchen, denen des Blattes ganz ähnlich, umstanden sind. An den Kurztrieben stehen die Blätter auf einem stark hervortretenden Blattkissen. 26* Im Bau des Stammes und der Krone ist die Zerreiche der Sommereiche am ähnlichsten, nur daß sie niemals zu sehr bedeutenden Stämmen zu erwachsen scheint. Auch den Standort hat sie mit der Sommereiche gemein, verlangt also einen fruchtbaren frischen Boden. Ihre LIX. Blatt der österreichischen Eiche, Qu. austriaca Willd. Verbreitung, soweit sie Deutschland berührt, scheint sich auf Oesterreich und Kärnthen zu beschränken, wo sie meist nur in Vermischung mit andern Bäumen vorkommt, aber forstlich nicht ohne Bedeutung ist, da man ihr Holz sogar anderem Eichenholze vorzieht, und sie eine große Ausschlags- fähigkeit hat. Außerdem kommt sie in Ungarn und anderen südöstlichen Gebieten Europas vor. In nördlicher gelegenen Theilen Deutschlands findet sich die Zerreiche ihrer absonderlichen Blätterformen wegen in Lustgehölzen häufig angepflanzt und würde selbst die Einführung in den Wald rechtfertigen. 6. Die österreichische Eiche, Quercus austriaca Willdenow. Sie ist der Zerreiche so ähnlich, daß sie Manche einfach für gleich- bedeutend mit ihr, also nicht einmal für eine Spielart derselben halten. Namentlich die Frucht, die Nebenblättchen, die Blattbehaarung und vieles Andere ist ganz gleich. Die beide Arten unterscheiden stützen sich dabei fast einzig auf die in Fig. LIX. dargestellte schmale und lange Blattform, die sich durch sehr seichte spitze Einschnitte allerdings sehr unterscheidet. Ihr Vaterland soll namentlich das südliche Litorale sein. Ueberblicken wir nochmals hinsichtlich der Form des „Eichenblattes“ die fünf besprochenen Eichenarten, so wird es uns klar, daß die Blattform wohl in keiner andern Laubholzgattung eine so große Rolle spielt, als bei den Eichen. Wenn man darauf ausgeht, so kann man selbst bei der Stiel- eiche, mehr noch als bei der Steineiche, in kurzer Zeit die verschiedensten Blattgestalten zusammentragen, denen doch immer der Grundcharakter eigen sein wird. Das was wir Deutsche uns unter der Form des Eichenblattes denken, und was an allen fünf aufgeführten Eichen mehr oder weniger rein ausgeprägt ist, paßt übrigens keineswegs auf alle Eichenarten, deren es, namentlich in Kleinasien und dem südlichen Nordamerika, sehr viele Arten giebt; denn es giebt Eichen mit einem vollkommenen ganzrandigen Weidenblatt, z. B. Quercus salicifolia und imbricaria. Von den ameri- kanischen Eichen sind sehr viele (sämmtlich sommergrün, während die klein- asiatischen immergrün sind) in Deutschland eingeführt worden und gedeihen in den meisten Lagen sehr gut. Am bekanntesten von diesen sind Quercus rubra und Qu. coccinea, beide deshalb so genannt und darum in Lustge- hölzen gern angepflanzt, weil ihr Laub eine karminrothe Herbstfärbung annimmt. Sie so wie einige andere ausländische Eichenarten hat man, eine wesentliche Bereicherung davon erwartend, nicht blos zur Aufnahme in Parkanlagen, sondern geradezu in den Wald empfohlen. Allein die gemachten Versuche ergaben, daß sie im günstigsten Falle unseren deutschen Eichen gleich sein könnten und daher eine Verdrängung oder auch nur Beeinträchtigung dieser durch die Fremdlinge nicht gerechtfertigt sein würde. Es ist ein lobens- werther Naturpatriotismus, daß wir ausländische Pflanzen zwar als Gäste in unseren Gärten und Gewächshäusern lieben und verehren, aber es nicht gern sehen, wenn sie sich draußen im Walde ansiedeln wollen und das deutsche Gepräge desselben stören. 7. Der Hornbaum, Carpinus Betulus L. Der Hornbaum gehört in diejenige Abtheilung der Kätzchenbäume, welche Betulineen, Birken-Kätzchenbäume genannt wird. Dieser nächste Systemnachbar, beinahe Ebenbild und Nebenbuhler der Buche, welcher er den Namen geraubt hat, ist ebenfalls einhäusig, also männliche und weib- liche Blüthen nebeneinander auf Einem Stamme tragend; es stehen jedoch nur die weiblichen Blüthenkätzchen am jungen Triebe, die männlichen dagegen am alten Holze, d. h. vorjährigem Triebe. Die hängenden männ- lichen Kätzchen tragen an einer fadendünnen Spindel die zahlreichen Blüthchen, welche höchst einfach aus einer muschel- oder löffelförmigen, am hängenden Kätzchen mit der concaven Seite abwärts gerichteten Schuppe bestehen, unter welcher eine unbestimmte Zahl, meist 8—14 Staubgefäße stehen (3. 4.), deren zwei Staubbeutelfächer so vollständig gesondert sind, daß jedes Staubgefäß ein doppeltes zu sein scheint (5.). Das sehr lockere weibliche Kätzchen ist sehr unansehnlich und will mit aufmerksamen Blick untersucht sein. Je 2 Blüthchen stehen beisammen, von einem breit lanzettförmigen Deckblatt (Braktee) umfaßt (6.); jedes Blüthchen besteht aus einem in 2 lange fädliche Narben ausgehenden, von einem gezähnten Kelche bekleideten Fruchtknoten, welcher von einer am Grunde undeutlich dreilappigen Schuppe umhüllt ist (7.). Die Blüthezeit fällt je nach der dauernd eintretenden Frühjahrswärme zwischen Anfang und Ende des April. Nach der Befruchtung wächst der Fruchtknoten zu einer von den Kelch- zähnen gekrönten längsgerippten sehr hartschaligen platten einsamigen Nuß aus (10. 11.), welche von der zu einer dreilappigen Hülle erwachsenen Blüthenschuppe — mit langem Mittel- und kürzeren Seitenlappen — halb umfaßt wird (9.). Das Blatt ist kurz gestielt, regelmäßiger elliptisch und etwas mehr verlängert als das Buchenblatt, dünner, glatter, fast ohne Behaarung und nur an den Rippen sparsam mit anliegenden sehr feinen Haaren besetzt; LIX. Der Hornbaum, Carpinus Betulus L. 1. Zweigspitze mit 2 männl. u. 1 weibl. Kätzchen u. noch zusammengefalteten Blättern; — 2. Ein Fruchtkätzchen an der Spitze eines Triebes; — 3. 4. Männliche Blüthe von vorn, unten u. von der Seite; — 5. Einzelnes Staubgefäß; — 6. Deckblatt mit 2 umhüllten weiblichen Blüthen; — 7. Ein Blüthenpaar mit den Hüll- schuppen; — 8. Einzelnes Blüthchen ohne diese; — 9. Reife Frucht mit der großen dreilappigen Hüllschuppe; — 10. Dieselbe ohne Hüllschuppe, u. 11. Querdurchschnitt ders.; — 12. Die beiden auseinandergelegten Samen- lappen; — 13. Triebspitze oben mit Laubknospen u. unten (♂) mit männlichen Blüthenknospen; — 14. Keimpflanze. am Rande scharf doppelt sägezähnig und nicht gewimpert. Die Seitenrippen verlaufen fast vollkommen parallel und stehen dichter an- einander, sind daher an einem gleichlangen Blatte zahlreicher (durchschnittlich jederseits 10—12) als bei der Buche, und auffallend geradlinig. Hieraus ergiebt sich, daß das Blatt allein schon ausreicht, um einer Verwechselung des Hornbaums mit der Buche vorzubeugen. Der scharf gezähnte Rand ist das hervorstechendste Unterscheidungsmerkmal. Bei einer ober- flächlichen Vergleichung wäre eher eine Verwechselung mit dem Rüsterblatte möglich; aber abgesehen davon, daß letzteres am Grunde ungleichseitig (schief) ist, so unterscheidet es sich auch leicht durch seine mit sehr kleinen Stachelhärchen bedeckte Ober- und Unterseite, so daß das Rüsterblatt sich beim Aufühlen rauh und scharf zeigt. Die Blätter sind erst vollkommen ausgebildet wenn die männlichen Kätzchen längst abgefallen sind. Bei der Knospenentfaltung stehen neben jedem Blattstiele, wie bei der Buche, zwei sehr bald abfallende zungenförmige, am Rande gewimperte After- oder Nebenblättchen, und die jungen Blättchen sind, wie eben- falls bei der Buche, von beiden Seiten nach der Mittelrippe hin fächer- artig zusammengefaltet (1.) und stark behaart, weil die auswärts gekehrten dicht an einander liegenden Seitenrippen ihre Behaarung dann am meisten geltend machen. Jedoch fällt dann am meisten der Mangel der Wimpern am Blattrande auf, welcher dagegen desto mehr bei dem noch zusammen- gefalteten Buchenblättchen sichtbar ist. (F. XXII. S. 165.) Der junge Trieb ist wie bei der Buche mit anliegenden seidenartigen Haaren sparsam besetzt, welche aber im 2. bis 3. Jahre abfallen. Er ist sehr dünn, und wenn es ein Langtrieb ist, so vollendet er sein Wachsthum viel langsamer als bei der Buche. Die Kurztriebe sind an den meist etwas hängenden Verzweigungen alter Bäume auffallend dünn und durch die Blattkissen (S. 59) knotig. Die Knospen (13.) sind denen der Buche ähnlich, aber etwas kürzer, sparsam behaart und etwas gekrümmt an den Trieb angedrückt, sie sind spiral geordnet und zwar etwas deutlicher als bei den vorhergehenden Laubholzarten; sie stehen senkrecht — nicht schräg, wie bei der Buche — über der kleinen auf einem deutlichen Blattkissen ruhenden Blatt- stielnarbe. Die zahlreichen Knospenschuppen stehen spiral ziegeldach- artig und sind kaffeebraun gefärbt. Die männlichen Blüthenknospen (die 3 untern Knospen der Fig. 13.) fallen leicht durch bedeutendere Größe und durch die zahlreichen Schuppen — die Deckschuppen der Blüthchen — auf, und eben so sind die gemischten Knospen, welche die weiblichen Kätzchen einschließen, und welche stets Endknospen sind, durch etwas bedeutendere Größe zu erkennen. Die Keimpflanze des Hornbaumes (14.) hat dunkel- grüne fleischige ziemlich dicke herzförmig gerundete Samenlappen. Der Stamm des Hornbaumes ist von dem der Buche sehr ver- schieden, indem er unter allen deutschen Bäumen am meisten von der Walzenform abweicht. Er zeigt immer mehr oder weniger deutlich aus- geprägte Längswülste, welche immer etwas spiral den Stamm umziehen, so daß dieser meist seilartig gewunden erscheint, was der Forstmann „spann- rückig“ oder „kluftig“ nennt. Der Stammquerschnitt ist daher nur äußerst selten kreisrund, sondern zeigt die verschiedensten stumpfeckigen Gestalten. Der Hornbaumstamm erhebt sich selbst im Schlusse niemals zu einer be- deutenden astfreien Länge, sondern zertheilt sich schon bei geringer Höhe, die selten über 20 Fuß beträgt, in eine große Zahl schwacher, meist sehr langer, dicht über einander gedrängter, aufwärts gerichteter Aeste mit sehr feiner ruthenartiger Verzweigung. Dadurch bekommt die Krone des Horn- baumes im laublosen Zustande ein besenartiges Ansehen. Die Rinde ist von hellsilbergrauer Farbe — was allein dem Stamme einige Aehnlichkeit mit dem Buchenstamme giebt — meist sehr glatt, aber viel mehr als bei der Buche zur Beherbergung von Krustenflechten und Moosen geneigt. Sie ist auch an den ältesten Stämmen sehr dünn und zeigt auf einem Stammquerschnitte die auffallende Eigenthümlichkeit, daß sie in der Dicke sehr wechselt, so daß die Außen- und Innenseiten der Rinde niemals parallel sind. Das Holz hat einige sehr bestimmte Merkmale. Es ist durch seine helle fast weiße Farbe ausgezeichnet. Die vielfach ausgebogten Jahr- ringe meist durch das porenarme Herbstholz deutlich bezeichnet. Die Markstrahlen sind zum Theil sehr breit, dabei aber äußerst fein und neben zahlreichen vereinzelt stehenden gruppenweise in Menge dicht zusammen- gedrängt, was dem Querschnitt, besonders dünner Zweige, ein strahliges und dem nicht vollkommen senkrechten Spaltschnitt ein gewässertes Ansehen giebt. Der Hornbaum hat seinen Namen ohne Zweifel von dem außer- ordentlich dichten, festen und schweren Holze, welches sehr schwerspaltig und, wenigstens im Trocknen, sehr dauerhaft ist. Das Mark besteht wie bei der Buche nur aus Kreisschichtzellen (S. 87), ist sehr dünn und auf dem Querschnitt eckig. Splint und Kern sind am Hornbaumstamme nicht zu unterscheiden und der Hornbaum ist daher nach Nördlingers Be- zeichnung ein „Splintbaum.“ Die Krone des Hornbaums wölbt sich nie so vollkommen wolken- oder domartig ab wie die der Buche. Im Schlusse nimmt sie eine eirunde Gestalt an und behält fast immer einen erkennbar bleibenden Wipfel bei. Freistehend zeigt sich die Krone sehr in die Breite gezogen, zerrissen und durchsichtig locker. Keiner unserer Laubbäume zeigt überhaupt eine so große Manchfaltigkeit und in der Astbildung und Stellung so abenteuerliche Verhältnisse als der Hornbaum. Die Wurzel verläuft wie bei der Fichte flach im Boden, bildet keine Pfahlwurzel sondern nur schwache ziemlich weitreichende Aeste, deren Ansatz am Stocke oft knorrige Buckel bildet. Vergleicht man den Hornbaum mit der Buche in ästhetischer, gewisser- maßen in einer Auffassung seiner als Person, so unterscheidet er sich von der munteren eleganten Buche mit ihrem schönen glatten walzenrunden Stamme durch eine gewisse Trockenheit, etwas dürr Knochiges, man möchte sagen Abgemagertes, was hauptsächlich durch seinen spannrückigen Stamm- wuchs hervorgebracht wird. Selbst das Blatt unterscheidet sich von den Buchenblatte durch seine dünne, trockne, fast saftlose Beschaffenheit. Dieser Charakter des Hornbaumes ist auf unserem Kupferstiche sehr gut wieder- gegeben. Fig. LXI. 3. zeigt uns das am Rande tiefer eingeschnittene Blatt einer Spielart, welche wohl nur durch künstliche Veredlung fortzupflanzen sein wird. Im Leipziger botanischen Garten steht ein alter Hornbaum an welchem nur einige Aeste solche Blätter tragen. Fig. 1. und 2. stellen das Buchen- und das Hornbaumblatt zu genauerer Vergleichung nebeneinander. Den Standort verlangt der Hornbaum ungefähr eben so wie die Buche, mit welcher er sich daher auch in den Vorbergen sehr häufig in Vermischung findet. Er ist jedoch etwas genügsamer und nimmt auch mit trockenem Boden fürlieb. Die Verbreitung des Hornbaums beschränkt sich in der Hauptsache auf Deutschland und dessen westliche und östliche Nachbargebiete und ist mehr eine vereinzelte als eine Massenverbreitung. Eine Seltenheit ist ein 672 pr. Morgen großer Waldbestand im Labiauer Kreise (Ostpreußen), welcher wesentlich vom Hornbaum gebildet wird. Jenseits der Alpen kommt er nicht mehr vor und schon in der Schweiz selbst ist er selten. LXI. 1. Buchenblatt; — 2. Hornbaumblatt; — 3. Blatt der geschlitztblättrigen Spielart des Hornbaumes. Das Leben des Hornbaums zeichnet sich besonders durch eine große Zähigkeit und Wiedererzeugungskraft aus. In der Jugend wächst er lange Zeit buschig mit einer pyramidalen spitzen Krone und schwachen langen unteren Aesten von denen sich der heranwachsende Baum nur sehr allmälig und nicht hoch hinauf reinigt. Um so mehr muß man, um möglichst hohe Bäume zu erziehen, auf einen dichten Schluß halten, wo dann die Bäumchen dünn und gertenartig aufschießen und eine bedeutende Höhe erreichen. Der Umstand, daß im Längenwachsthum sich eine Baumart oft von einer anderen, mit der sie vermischt ist, in ihrem Wachsthum bestimmen läßt, veranlaßt den Hornbaum in Vermischung mit der schlanken Buche einen höheren und astreineren Schaft zu bilden, während er in den Leipziger Auenwäldern in Gesellschaft der langsam wachsenden Eiche einen kurz- schaftigen weitästigen Wuchs zeigt. Der Hornbaum trägt sehr frühzeitig und reichlich Samen, namentlich an solchen Stämmen, welche aus Stockausschlägen erwachsen sind. In reichen Samenjahren geben die zahlreichen bis 2 Zoll langen männlichen Blüthenkätzchen dem Baum wegen ihrer gelbbraunen Schuppenfarbe ein eigenthümliches Kolorit. Ebenso verleihen später die zahllosen Frucht- trauben der Krone ein krauses Ansehen, indem die Blätter davon fast verdeckt werden. Der Same reift erst Ende Oktober und die wegen der langen dreilappigen Deckschuppen sehr ins Auge fallenden Fruchttrauben lösen sich meist erst sehr spät ab. Der Same geht, wenn er gleich nach der Reife gesäet wird, zwar oft im folgenden Frühjahr auf, meist aber „liegt er über“, d. h. keimt erst im zweiten Frühjahr, daher die sofortige Herbstsaat vorzuziehen ist. Spätfröste scheinen den jungen Trieben kaum etwas anzuhaben, wie auch der Hornbaum überhaupt von Krankheiten und Feinden kaum zu leiden hat. Auf felsigem Boden findet man zuweilen ganz ausgefaulte äußerlich ganz gesund scheinende Stämme. Das verfaulte Holz ist aber aus solchen so vollständig beseitigt, daß sie hohle inwendig geschwärzte Röhren von oft kaum 2 Zoll Wandungsdicke sind. Besonders ausgezeichnet ist der Hornbaum durch sein unverwüstliches Ausschlags- vermögen, sowohl aus dem Stocke wie aus dem Stamme. Da aus der Rinde leicht Adventivwurzeln (S. 120) hervortreten, so läßt sich der Hornbaum auch leicht durch Senker vermehren. In Niederwald bilden sich durch niederliegende Stockausschläge, die mit verfaulendem Laub über- deckt werden, leicht natürliche Senker. An jüngeren noch buschigen ge- deihlich stehenden Bäumen findet man im Sommer sehr häufig die auf S. 81 besprochene Anticipation der Knospen. Sein Lebensalter kann der Hornbaum unter günstigen Verhältnissen wohl auf 300—400 Jahre bringen, während er auf trocknen und heißen Standorten bei 80 bis 100 Jahren zurückgeht und abstirbt. Der Frühjahrssaft-Strom (S. 106) ist im Hornbaum ganz besonders heftig und reichlich, so daß man zur Zeit der lebhaftesten Bewegung des- selben aus noch nicht abgestorbenen Aststummeln einen bis federkieldicken ununterbrochen rinnenden Quell austräufeln sieht und schon von weitem fallen hört. Das schon früher erwähnte lang andauernde Festsitzen des dürren Laubes zeigt sich ganz besonders auch am Hornbaum, namentlich am Stock- ausschlag und an Hecken. Die forstliche Bedeutung des Hornbaumes ist fast nur für den Mittel- und Niederwald erheblich, da er kaum als bestandbildender Baum vorkommt; wogegen ihn sein großes Ausschlagsvermögen für die beiden genannten Betriebsarten sehr empfiehlt. Da aber auch der Stock- und Stammausschlag sehr langsam wächst, so wird er gewöhnlich auf den 25—30 jährigen, den längsten, Umtrieb gestellt. Wegen der Leichtigkeit, mit welcher der Hornbaum im jüngeren Alter den Verlust des Wipfels erträgt, und sich durch Ausschläge verdichtet, eignet er sich ganz vorzüglich zu Hecken. Diese werden nicht nur sehr dicht sondern wegen des zähen Holzes der sich vielfach fest verschränkenden Zweige auch eine fast undurchdringliche Mauer für Thiere und Menschen. Das weiße, dichte und sehr zähe Holz findet vor allen anderen deutschen Holzarten zu vielerlei Zwecken fast ausschließende Verwendung, namentlich zu Trieben und Schrauben, Walzen, Radkämmen, Stielen für Hacken und andere Werkzeuge. Der Hornbaum ist weniger unter diesem als unter vielen andern Namen bekannt, von denen namentlich diejenigen zu verwerfen aber leider nicht auszurotten sind, welche mit Buche zusammengesetzt sind: Hainbuche, Hage-, Weißbuche und welche zu dem Irrthum verleiten, daß Rothb uche und Weißb uche etwa eben so gattungsverwandt seien wie Weiße rle und Schwarz erle (vergl. S. 371). Wo die Buche fehlt, also der Grund zu einem unterscheidenden Beisatz wegfällt, wird sehr oft, wie z. B. in der Leipziger Ebene, der Hornbaum kurzweg Buche genannt. 8. Die Hopfenbuche, Ostrya carpinifolia Scopoli. ( Carpinus Ostrya L. ) Dieser dem vorigen sehr ähnliche und auch sehr nahe verwandte Baum wurde daher von Linn é zu derselben Gattung gerechnet, jedoch schon von Scopoli zur eigenen Gattung erhoben. Das Blatt der Hopfenbuche ist durchschnittlich etwas kleiner als das des Hornbaums und in eine längere und schlankere Spitze ausgezogen; am Grunde ist es ein wenig entschiedener herzförmig und die Sägezähne des Randes etwas tiefer eingeschnitten. Während das Hornbaumblatt ganz kahl ist und nur auf der Unterseite an den Blattrippen feine an- liegende Härchen trägt, ist das Blatt der Hopfenbuche auf beiden Blatt- flächen anliegend und an den Rippen der Unterseite sowie die kurzen Blattstiele zottig behaart. In der weiblichen Blüthe und in der Frucht besteht ein um so größerer Unterschied zwischen beiden Bäumen. An der Stzitze des neuen Triebes stehen die etwa 10—18-blüthigen Kätzchen, deren Blüthchen von höchst einfachem Bau sind. Je zwei und zwei nebeneinander stehende weibliche Blüthchen sind von einer höchst hinfälligen spitz eiförmigen Deck- schuppe gestützt. Das Blüthchen besteht aus einem platten spitz eiförmigen Schlauche, welcher namentlich an der untern Hälfte mit steifen Seiden- borstchen besetzt ist. In diesem ringsum geschlossenen Schlauche steckt der viel kleinere und kürzere mit zwei langen fadenförmigen Narben versehene Stempel. Der geschlossene Schlauch, der an der reifen Frucht die Größe eines kleinen Kürbiskerns erreicht, vertritt das dreilappige Blattgebilde, welches bei dem Hornbaum die harte dreikielige Frucht nur an der einen Seite umschließt. Wenn die Frucht ausgewachsen ist, so sieht das ganze Fruchtkätzchen dem reifen Hopfenzäpfchen gar nicht unähnlich und dies hat dem Baume den nicht unpassenden Namen gegeben. Zur Zeit der Frucht- reife gewährt eine recht reichlich tragende Hopfenbuche wegen dieser Aehnlich- keit einen überraschenden Anblick und verdient deshalb sehr, in unsern Parkanlagen aufgenommen zu werden, wo sie auch sehr gut fortkommt. Wie im ganzen Bau und in der feinen Verzweigung der Krone, so hat auch das Holz hinsichtlich seiner Zähigkeit mit dem „hahnebüchenen“ — dieser Kraftausdruck kommt vielleicht von dem festen Holze der Hagebuche her — große Aehnlichkeit, nur daß jenes sehr weiß, dieses aber bräunlich ist. Die Heimath der Hopfenbuche ist der Südosten Mitteleuropas, Illyrien, Südtirol, die italienische Schweiz und die österreichischen Küsten- lande. Sie verlangt einen tiefgründigen frischen Boden und gedeiht in der Ebene wie in dem niederen Gebirge. Eine forstliche Bedeutung ist dem nicht leicht über 30—40 F. hohen, einen gedrängten Bau zeigenden Baum kaum zuzuschreiben, da er nicht bestandbildend auftritt und in jeder Beziehung dem Hornbaum nachsteht. 9. Die Schwarz-Erle, Alnus glutinosa Gärtner. ( Betula Alnus L. ) Diese treue Begleiterin der Bäche und Flüsse der deutschen Ebene, die auch fast jeden Weiher und Teich beschattend umsäumt, tritt aus dem Walde gern hervor mehr in die Nähe der Menschen und ist nur in be- schränktem Sinne ein Waldbaum zu nennen. Trotz der nahen Verwandtschaft mit der Birke, durch welche sich Linn é täuschen ließ, ist es doch leicht beide von einander zu unterscheiden, schneller freilich durch das Gesammtbild beider, als durch die botanischen Kennzeichen, in welchen sie sich sehr nahe stehen. Unsere Tafel LXII. zeigt uns, daß auch die Erlen einhäusig sind. Schon zeitig im Herbste, wenn die Blätter noch frisch sind, finden wir die männlichen und die weiblichen Blüthenkätzchen sast vollkommen ausgebildet, nur noch beträchtlich kleiner als zur Blüthezeit und geschlossen. Man könnte daher glauben, daß diese Kätzchen noch im Spätherbst zum Blühen kommen könnten. Die männlichen stehen je 4—5 an einem verästelten Blüthenstand und sind walzenförmig, die weiblichen stehen eben so, sind aber viel kleiner und eiförmig (1.). Beide haben einschließlich der Stiele den Winter über eine chocolatbraune Farbe. Schon im März bis Mitte April, je nach dem Eintreten der Früh- jahrswärme von 7—8 Grad strecken und lockern sich die männlichen Kätzchen (2.) um mehr als das Doppelte und es zeigen sich in regel- mäßigen Spiralen gestellt an der fadenförmigen Spindel auf kurzen Stielchen je drei vierblättrige 4 Staubgefäße enthaltende Blüthchen (6.—8.) unter einer von fünf schuppenförmigen Blättchen gebildeten Hülle (3. 13.). Die weiblichen Blüthchen , aus denen das kleine Blüthen- kätzchen (9.) zusammengesetzt ist, bestehen aus einer rundlichen Schuppe, die auf ihrer Innenseite 2 Fruchtknoten mit je 2 dünnen Griffeln trägt. Je 2 dieser Blüthchen werden von einer fünftheiligen Blüthenschuppe getragen. Dieses Blüthenkätzchen wächst bei der Reife zu einem eirunden Zäpfchen aus (17.), in welchem die Blüthenschuppen ähnlich wie bei den Nadelbaum-Zapfen zu holzigen, einigermaßen fächerförmig fünftheiligen (13.) Schuppen geworden sind, deren jede (12.) zwei einsamige, platte LXII. Die Schwarz-Erle, Alnus glutinosa Gärtn. 1. Triebspitze mit den nächstjährigen vorgebildeten männlichen und weiblichen Kätzchen; — 2. Männliches Blüthenkätzchen; — 3. — 6. Eine dreiblüthige Kätzchenschuppe, von vorn, von der Seite (an einem Stück der Spindel ansitzend), von vorn und von hinten gesehen; — 7. 8. Eine vierzipfelige einzelne Blüthe von der Seite und von oben, mit 4 Staubbeuteln; — 9. Weibliches Blüthenkätzchen; — 10. Weibl. Blüthenschuppe mit den 2 zweitheiligen Blüthchen; — 11. Letztere allein; 12. — 14. Zapfenschuppe von innen (mit den zwei Früchten), von außen und von vorn ges.; — 15. Eine Frucht; — 16. Diese querdurchschnitten; — 17. Die reifen Fruchtzäpfchen; — 18. Ein entleertes Fruchtzäpfchen; — 19. Eine Triebspitze mit 3 Knospen; — 20. Quer- durchschnitt des Zweiges. (Nur 1. 2. 17. 18. 19. 20. sind in natürl. Gr. gezeichnet.) am Rande etwas geflügelte, von den stehen gebliebenen Narbenüberresten (15.) gekrönte Früchte (Samen) (15. 16.) deckt. Der Same reift im Oktober, fällt aber erst den Winter über bis zum nächsten Frühjahr aus und wird in dieser Zeit auf den Gewässern in großer Menge schwimmend gefunden, an deren Ufern Erlen wachsen. Bis zur Reife ist das Erlenzäpfchen mit einem goldgelben harzähnlichen Gummi verklebt, welches auch an den jungen Trieben und Blättchen reichlich vorhanden ist und der Art den lateinischen Namen gegeben hat. Die entleerten Zäpfchen bleiben dann noch bis zum April oder Mai neben den neuen Blüthen hängen und fallen dann erst, nicht einzeln, sondern die ganze Gruppe (17.) auf einmal ab. Das Blatt der Schwarzerle ist verkehrt eiförmig bis fast kreisrund, an der Spitze abgestutzt bis eingedrückt und unten in den ziemlich langen Blattstiel keilförmig verschmälert. Es ist namentlich jung klebrig und schwach behaart, später kahl und in den Achseln der Seitenrippen auf der kaum heller gefärbten Unterseite mit bräunlichen Haarbüscheln versehen. Der Blattrand ist unregelmäßig und nicht tief doppelt sägezähnig. Die Blätter stehen an den Langtrieben ziemlich weitläufig und undeutlich spiral- förmig geordnet auf einem hervortretenden Blattkissen. Die Knospen sind streng genommen nackte, d. h. schuppenlose (S. 59.), denn die 2—3 äußerlich sichtbaren scheinbaren Knospenschuppen (19.) sind wahre Nebenblättchen, deren wie immer je 2 zu jedem Blatte gehören. Bei der Knospenentfaltung krümmen sich diese Schuppenstelle vertretenden Nebenblättchen nach außen und sterben sehr bald ab. Ein Haupt-Winterkennzeichen der Erlen liegt in der gestielten Knospe (19.). Die Blattstielnarbe ist fast dreieckig und liegt auf einem stark hervor- tretenden Blattkissen. Ein weiteres Kennzeichen, welches namentlich an dünnen Zweigen die Erlen im Winter erkennen läßt, ist das auf dem Querschnitt dreieckige Mark (20.), durch dessen Einfluß üppige Triebe an Stockausschlägen deutlich dreiseitig werden. Die Keimpflanze geht mit fast kreisrunden etwas fleischigen Samen- lappen und sehr kleinen einfachgezähnten Herzblättern auf. Der Stamm hat in jedem Alter eine große Neigung, sich gerade zu strecken und deshalb ist die Schwarzerle auch derjenige unserer Laubbäume, der am meisten seinen Stamm bis zum Wipfel gerade fortsetzt ohne ihn Roßmäßler, der Wald. 27 in der Krone in Aeste aufzulösen (S. das Bild). Daher hat eine Erle auch immer nur schwache und kurze fast horizontal abstehende Aeste, die sich sehr fein verzweigen, und eine der Pyramidenform oft nahe kommende Krone. Die Rinde der jungen Triebe ist dunkel chocolatbraun und die der starken Aeste und des Stammes mit einer tafelförmig, ohne großes Vorherrschen senkrechter Furchen, zerberstenden dunkeln Borke bedeckt. Das Holz der Schwarzerle erscheint auf dem Querschnitt sehr gefäß- reich und hat nächst der Linde die weitesten Holzzellen , so daß sie mit einer scharfen Lupe zum Theil unterschieden werden können. Die Gefäße (Poren) sind eng, zahlreich, oft perlschnurartig in radialer Richtung bis zu 6 und 8 aneinander gereiht, an der Frühjahrsgrenze etwas zahlreicher als in dem gefäßärmern Herbstholze und daher die Jahresringe ziemlich deutlich bezeichnet. Neben zahlreichen einzeln stehenden äußerst feinen Markstrahlen drängen sich andere gruppenweise wie bei dem Hornbaum- holze zu breiten und fast handhohen Streifen zusammen. Das Erlenholz ist fast immer sehr reich an rostbraun gefärbten Markwiederholungen (S. 107. Markfleckchen Nördlingers), was ihm auf dem Querschnitt ein geflecktes, auf dem Längsschnitt ein streifiges Ansehen giebt. Splint und Kern sind nicht unterschieden; die Farbe des im Saft gefällten Erlen- holzes ist fast rein pommeranzengelb, das trockene hell rostroth. Daher leuchten die Abhiebe der Stöcke und die umherliegenden Späne auf Erlen- schlägen lange Zeit schon von weitem entgegen. Das Erlenholz ist ziemlich grob, im Wasser sehr, im Trocknen wenig dauerhaft, brennt, ebenso wie seine Kohle, gut nur bei gutem Luftzuge. Die Wurzel dringt mit zahlreichen Aesten tief in den Boden ein, streicht jedoch auf sehr nassem Boden auch mit zahlreichen Aesten flach und in weitem Umfange seicht in der Oberfläche; treibt an Ufern auch gern feine Wurzeläste in das Wasser, wo sie alsdann eigenthümliche rost- rothe traubige Auswüchse bildet, welche jedoch der Erlenwurzel eigenthümlich zu sein scheinen, da sie auch im Boden schon an jungen Erlenpflanzen vorkommen. Unter mehreren Spielarten der Erle sind namentlich 2 in den Gartenanlagen durch Veredeln verbreitete zu erwähnen: die zerschlitzt- dornblättrige, A. gl. incisa, und die weißblättrige, A. gl. laciniata. Nur auf Kosten ihres Gedeihens verläßt die Schwarzerle den ihr am meisten zusagenden nassen (jedoch nicht sauren), humusreichen Stand- ort und verkrüppelt zuletzt auf trockenem festen Boden zu einem klein- bleibenden knickig wachsenden Baume. Daher finden wir auch in Deutsch- land und weit über dessen Grenzen hinaus die Schwarzerle überall da, wo quelliger bruchiger Boden eben so sehr sie begünstigt als fast alle übrigen Waldbäume ausschließt. Auf diese Weise entstehen die „Erlen- brüche“, deren namentlich im Nordosten von Deutschland sehr viele und von großer Ausdehnung vorkommen. Hier wechselt sie in der Boden- benutzung an vielen Orten mit ihrem Gegensatz, der genügsamen Kiefer, ab, welche die sandigen trockenen Bodenanschwellungen zwischen den nassen erlenbewachsenen Einsattelungen einnimmt. Eine solcher ausgedehnter Erlen- bruch ist zum Theil nur bei strengem Frost zugänglich und seine forstliche Benutzung auf die kurze Zeit des harten Winters beschränkt. Im Leben der Schwarzerle bildet außer ihrem großen Feuchtigkeitsbe- dürfniß eine lang anhaltende große Ausschlagsfähigkeit einen hervorstechenden Zug, namentlich am Wurzelstocke, weniger am geschneidelten und geköpften Stamm (S. 391.), während ihr der Wurzelausschlag fast gänzlich abgeht. Trotz ihres Feuchtigkeitsbedürfnisses sucht sich die Erle in Brüchen doch immer die kleinen nicht geradezu tropfbares Wasser enthaltenden Stellen aus, weshalb ein Erlenbruch immer licht und weitläufig bestanden zu sein pflegt und man muß darin oft über sumpfige Stellen von einem kleinen Bauminselchen zum andern springen. Auf dem schwimmenden Sumpf- boden bleibt die Schwarzerle klein und buschig. Auf hinlänglich festem Boden beginnt schon mit dem ersten Lebensjahre die Neigung zur geraden Stammbildung sich zu zeigen und beginnt auch schon sehr zeitig ihren Stamm hoch hinauf zu reinigen. Ihre Kronenabwölbung beginnt mit 20—30 Jahren und schon in diesem Alter beginnt sie zu blühen, was meist alle Jahre reichlich und zwar sehr lange vor dem Laubausbruche stattfindet. Dieser erfolgt bei den verschiedenen Bäumen sehr ungleich- zeitig und unter unsern Laubhölzern mit am spätesten. Sie verliert aber auch sehr spät im Herbst das Laub und zwar fast ganz ohne vorgängige Verfärbung, meist in Folge des ersten Frostes. Der abfallende Same fliegt oft erst auf den bereits liegenden Schnee oder auf das Eis der Gewässer und ist dann dem Zeisig, der daher den wissenschaftlich all- 27* gemein angenommenen Namen Erlenzeisig führt, seine Hauptnahrung. Von der Oberfläche fließender Gewässer kann man den Erlensamen durch vor- gelegte Reisigbündel leicht in großer Menge auffangen. Schnell ausgesäet ist dieser gefischte Same ebenso keimfähig als gepflückter und ausgeklengter (S. 284). Als Lichtbaum verkümmert die Schwarzerle im Schatten sehr bald, und sucht daher besonders gern die starkbeleuchteten freien Bachufer in Gebirgsthälern, wo sie ihren kräftigsten Wuchs erreicht. Der rasche Wuchs der Jugendperiode läßt bald nach und dann zeigt die Erle nur einen langsamen Zuwachs, jedoch hat sie auf gutem Standort einen 80—100 Jahr aushaltenden Wuchs und hat dann einen runden vollholzigen Stamm von 2—3 Fuß Durchmesser und bis 80 Fuß Höhe. Von Krankheiten leidet die Schwarzerle beinahe gar nicht, wohl aber im harten Winter wegen ihres spröden Holzes und in der frostfreien Jahreszeit wegen ihres lockern, zuweilen fast schwimmenden Standes durch Windbruch. In der Insektenwelt hat die Schwarzerle ebenso wie die Weißerle einen bösen Feind in einem schwarz und silbergrau gezeichneten 3 bis 4 Linien langen Käfer, dem Erlen-Rüsselkäfer, Curculio (Crypto- rhynchus) Lapathi L. In mäßigen 3—6 Zoll starken Stämmen des Stockausschlages wühlt dessen Larve Gänge im Holze, sowohl im Innern wie unter der Rinde. Man erkennt das Vorhandensein der Larven leicht an dem sägespänartigen Wurmmehl, welches in den Ausgangslöchern hängt. Die durchwühlten Stämmchen werden dann von dem Winde leicht umgebrochen. Seltener wird dieser Käfer nebst dem dunkelstahlblauen Erlen-Blattkäfer, Galeruca (Agelastica) Alni Fabr. den Saaten schädlich, indem er den Pflänzchen die Rinde, die Larve des zweiten die Blätter benagt. Außerdem ist sehr vielen anderen Insekten, namentlich Käfern, die Erle als Wohnungs- und Nahrungsbaum tributpflichtig, ohne jedoch wesentlich darunter zu leiden. Die an sich untergeordnete forstliche Bedeutung der Schwarzerle ist dazu noch sehr von den gegebenen Bodenbedingungen abhängig. In zusammenhängenden ausgedehnten Forsten ist sie daher mehr blos ein Lückenbüßer, wenn auch der Natur des Ortes nach oft von nicht unbe- deutender Erheblichkeit. Dagegen hat sie für den kleineren Waldbesitz, namentlich für Bauernhölzer in Flußniederungen, besonders als Schlag- holz einen beträchtlichen Werth. Sie spielt daher auf dem ländlichen Grundbesitz namentlich als Uferbaum oder Busch die Dorfbäche entlang eine wichtige Rolle. Die forstliche Behandlung widmet der Schwarzerle, wo man etwas für ihre Erziehung thut, den künstlichen Anbau, durch Erziehen in Saatgärten und Auspflanzen der zwei- bis dreijährigen Pflänzchen an passende Standorte, da man sie durch Saatkultur, noch weniger durch Samenbäume, nicht erziehen kann, weil sie sonst, was nicht geschieht, aus den fast überall von selbst anfliegenden Samen freiwillig aufgehen würde, wenn ihr diese Verjüngung zusagte. Stöcke von 30—40 Jahre alten Bäumen geben aus der Rinde einen so reichlichen Stockausschlag, aus dem sich so ansehnliche Stämme entwickeln, daß die Niederwaldwirthschaft mit der Erle den größten Holzertrag giebt bei einem mindestens 15- und höchstens 40jährigen Umtrieb. Solche Erlenstöcke können (S. 202.) ein außer- ordentlich hohes Alter erreichen, wobei sie, indem sie vom Mittelpunkte aus ausfaulen, an Umfange immerfort zunehmen, weil sie von ihren Lohden ernährt werden. Was die Benutzung der Schwarzerle betrifft, so ist zunächst ihr Holz sowohl als Brenn- wie als Nutzholz noch immer zu den besseren zu rechnen. Die zahlreichen dunkleren Markflecken und die helleren großen zusammengesetzten Markstrahlen so wie eine Neigung zu wimmerigem und maserigen Wuchs geben demselben bei seiner ansehnlichen Festigkeit selbst für den Tischler noch immerhin einen bedeuteuden Werth, während dieser zu Wasserbauten und zu Brunnenröhren und Wasserleitungen sogar sehr groß ist. Der Erlenmaser steht denen der Birke und Rüster wenig nach. Auch die Rinde wird zuweilen zum Gerben und Färben benutzt. Wie die meisten allgemein verbreiteten und praktisch beachteten Pflanzen so hat auch die Erle eine Menge ortsübliche Namen: Eller, Else, Aller, Arle, Urle, Elder, Older, Orlenbaum, Olker, Olten, Etter, Elst, Elten, Elfern und, der Holzfarbe wegen, Rotherle, während Schwarzerle mehr auf die Rinde deutet. Erlkönig, der durch Goethe unsterblich gewordene, steht vielleicht zur Erle in Beziehung. Gewisser ist, daß dieser des Lebenselementes des Wassers so sehr bedürftige Baum in der nordischen Götterlehre eine große Rolle spielte; denn wie aus der Esche, Askr, der Mann, so ging nach ihr aus der Erle, Embla, die Frau hervor. Jedoch bezieht sich dies viel- leicht mehr auf die folgende Art. 10. Die nordische oder Weißerle, Alnus incana Decandolle. In Blüthe und Frucht der vorigen Art zum Verwechseln gleich, ist die Weißerle hinsichtlich des Laubes und der Rinde von ihr himmelweit verschieden. LXIII. 1. Nordische oder Weißerle, Alnus incana Dec. — 2. Strauch- oder Alpen- erle, A. viridis Dec. Um beide Arten in der Blüthezeit, wo die Blätter noch lange nicht vorhanden sind, zu unterscheiden, wobei eben die fast gleichen Blüthen nicht dienen können, hat man, nachdem man aus den Blüthen die Gattung mit Leichtigkeit erkannt hat, einfach die Rinde des Stammes und der Aeste zu befragen, welche bei der Weiß-Erle glatt und silbergrau ist und dieser auch ohne Zweifel den farbeunterscheidenden Namen gegeben hat. Vergleichen wir das Blatt der Weißerle ( LXIII. 1. ) mit dem der vorigen, so tritt uns schon in der beiderseits spitz eiförmigen Gestalt und dem regelmäßiger und schärfer doppeltsägezähnigen Rande ein sehr augen- fälliger Unterschied, gegenüber dem mehr gerundeten und abgestumpften Schwarzerlen-Blatte, entgegen; außerdem ist jenes oberseits dünn, unter- seits aber so dicht mit feinen wolligen Härchen bedeckt, daß es unten fast silbergrau aussieht, während bei der Schwarzerle die Behaarung sich auf die beschriebenen Haarbüschelchen beschränkt. Der stets kürzere Blattstiel der Weißerle ist behaart. Einige andere feinere Unterschiede übergehend, haben wir noch an äußeren Unterscheidungsmerkmalen hervorzuheben, daß die Weißerle mehr zu einer breiteren Kronenbildung hinneigt und auch im Verhältniß zu dem Stamme etwas stärkere und etwas mehr aufwärts gerichtete Aeste zeigt. An der Stelle, wo ein Hauptast vom Stamme ab- geht, bemerkt man wie auch bei einigen anderen Laubhölzern, aber niemals an der Schwarzerle, beiderseits eine aus kleinen Querrunzeln zusammen- gesetzte etwa 6—8 Zoll lange Narbe am Stamme schräg herabtreten, was einigermaßen an einen Schnurrbart erinnert. Der Stamm zeigt sich oft etwas spannrückig oder kluftig (siehe hierüber b. d. Hornbaum) jedoch kaum weniger als der der Schwarzerle zur Geradschaftigkeit geneigt. Das Holz ist heller als bei dieser, etwas feiner und dichter, feinzelliger, mit engeren und auch etwas weniger zahlreichen Gefäßen. Markwiederholungen seltner und dünner, daher das Holz weniger fleckig. Frisch gefällt riecht das Holz nach Möhren. Uebrigens steht es dem Schwarzerlen-Holze in jeder Hinsicht sehr nahe. Die Wurzel geht weniger tief und verbreitet sich mit weitaus- streichenden Aesten in der Oberschicht des Bodens. Die Weißerle ist ein Gebirgsbaum und als solcher über das mittlere und südliche Deutschland und die Alpenlande verbreitet , vorzugsweise jedoch im Norden, wo sie schon in Nordostdeutschland in die Ebene herabsteigt. Sie findet sich jedoch seit längerer Zeit im übrigen Deutsch- land auch in der Ebene oder wenigstens auf geringen Höhen angepflanzt und verlangt unter allen Umständen einen weniger nassen Standort als die andere Art, obgleich auch ihr eine gewisse Bodenfrische und Humusreichthum nothwendig ist. Hinsichtlich des Lebens ist die Weißerle der anderen in den Haupt- stücken gleich, nur darin sehr auffallend verschieden, daß sie selbst im dichten Stande, den sie etwas mehr verträgt, zahlreiche Wurzelbrut treibt, ohne welche man einzeln stehende Bäume nicht leicht findet. Im Aus- schlagsvermögen ist sie der Schwarzerle mindestens gleich. Da die Wurzel- brut schon an schwachen Bäumen hervorbricht, so bildet dadurch die Weißerle namentlich auf nicht ganz angemessenem Boden einen buschigen Wuchs, während sie auf höheren Berglagen einen stattlichen Baum bildet. Die Feinde hat sie mit der vorigen gemein. Wegen ihrer großen Massenerzeugung hat die Weißerle eine nicht geringere Bedeutung, namentlich in Gebirgsgegenden für die Niederwald- wirthschaft. Die forstliche Behandlung ist in der Hauptsache dieselbe wie bei voriger, so weit nicht ihr anderes Bodenbedürfniß andere Rück- sichten, namentlich hinsichtlich des ihr zu gebenden Standortes gebietet. Auch in der Benutzung findet kein erheblicher Unterschied statt. Die Weißerle hat durch ihren schönen silbergrauen Stamm und die aus Graugrün und einem saftigen Dunkelgrün, nach den beiden Seiten der Blätter, gemischten Farbe den Vorzug eines freundlicheren Ansehens, vor der düsterfarbigen und auch etwas ärmlicher belaubten Schwarzerle. Sie empfiehlt sich daher auch ganz besonders für Baumgärten, wo bei bewegter Luft die zur Erscheinung kommende Rückseite der Blätter eine angenehme Unterbrechung des gleichmäßigen Grün der Baumgruppe hervor- bringt, wodurch sich die Weißerle einigermaßen der Silberpappel nähert. 11. Die Strauch- oder Alpen-Erle, A. viridis Decandolle. Diese, mehr Strauch als Baum, gehört kaum noch zu den Bestand- theilen des deutschen Waldes, da sie nur auf den höchsten Gebirgskämmen, soweit sie noch Baumwuchs haben, heimisch ist und hier gewissermaßen ein Laubholz-Seitenstück zu der Krummholzkiefer bildet, welche von der Strauch- erle zuweilen noch überholt wird. Indem wir ihrer hier aber kurze Erwähnung thun und sie als letzte der drei deutschen Erlenarten an die Grenze gegen die nun folgenden Birken stellen, so spricht sich hierdurch zugleich ihre systematische Stellung aus. Hiernach ist die Straucherle so sehr ein Mittelding zwischen den Gattungen Alnus und Betula, daß man sogar aus ihr eine Zwischen- gattung: Falschbirke, Betulaster, zwischen diesen beiden hat machen wollen, sie auch Betula Alnobetula genannt hat. Diese Mittelstellung spricht sich theils in der Vereinigung einzelner Merkmale der Birken und Erlen in ihr, theils darin aus, daß manche ihrer Kennzeichen zwischen den entsprechenden der beiden anderen schwanken. Das Mark, die Knospen und die Blüthezeit und Blüthenentwickelung hat die Straucherle mit den Birken, die Blattform ( LXIII. 2. S. 422) da- gegen mehr mit den Erlen gemein, obgleich es außerhalb Deutschland auch Birkenarten giebt, welche nichts weniger als die uns bekannte Birken- blattgestalt haben ( Betula papyracea, carpinifolia u. a. m.). Der ganze Habitus ist entschieden der einer Erle, während wohlerwogen die Einzelheiten der Blüthen entschieden mehr zu den Birken hinneigen, und es ist vielleicht eine zu große Berücksichtigung des allgemeinen Habitus, daß man diesen merkwürdigen Strauch Alnus viridis und nicht vielmehr Betula viridis nennt. Noch naturgemäßer aber dürfte es sein, in ihr als Betulaster eine eigene Gattung anzuerkennen. Aus folgender Beschreibung wird der eigenthümlich schwankende Charakter dieser Pflanze hervorgehen, wobei die eingeklammerten Buch- staben E. und B. andeuten, ob dieselbe in dem betreffenden Kennzeichen mehr an die Erle oder mehr an die Birke erinnert, oder zwischen beiden schwankt (E. × B.). Blüthezeit mit dem Laubausbruch (B.), männliche Kätzchen den Winter über vorgebildet (B. u. E.), an der Spitze der Langtriebe (B.); weibliche Kätzchen nicht vorgebildet, sondern aus gemischten Knospen im April und Mai hervorgehend (B.), zu 3—5 in einem lockeren Büschel vereinigt (E.), ei-walzenförmig (E. × B.), Narben lang (B.); Blatt eiförmig (E.) fein und scharf sägezähnig; Same an den Seiten geflügelt (B.); Triebe steif, aufrecht (E.) von Blatt zu Blatt mit einer stark vor- tretend verlaufenden Kante; Mark auf dem Querschnitt undeutlich schmal dreieckig (B.), oft fast strichförmig breit gedrückt; Knospen spitz von echten Schuppen umschlossen, ungestielt (B.). Diese interessanten Verhältnisse machen diese Pflanze zu einer lehr- reichen Aufgabe für den aufmerksam Unterscheidenden, wie sie sich auch ganz besonders für Felsgruppen in Baumgärten empfiehlt. 12. Die gemeine Birke, Betula verrucosa Ehrhard. ( B. alba auctorum Dies „auctorum“ bedeutet, daß die gemeine Birke seit langer Zeit unter dem Namen B. alba unkritisch mit anderen Arten zusammen vermengt worden ist und zwar von den verschiedensten Verfassern ( auctores ) botanischer Schriften. Eigentlich hat Linn é den Namen B. alba gegeben, aber ebenfalls Verschiedenartiges darunter zusammenfassend, was erst Ehrhard davon ausschied und so eine reine B. alba herstellte. Ehrhard hat also den Linn é’ schen Begriff B. alba verbessert (emendirt) und daher pflegt man in solchen Fällen richtiger zu citiren: ex emendatione mit Beibehaltung des Namens des ersten Namengebers; also hier: B. alba Linné ex emend. Ehrhardi. ). Schon die untenstehende Anmerkung läßt errathen, daß der aller Welt bekannte weißstämmige Baum der Wissenschaft kritische Bedenken verursacht. Gerade die Birke ist ein Jedermann in jedem Alterszustande vollständig bekanntes Gewächs und doch zugleich für die Wissenschaft ein Gegenstand des Zweifels und der Unsicherheit. Unter dem geringsten Maaß botanischen Wissens des Anfängers hatte bisher Betula alba sein unangefochtenes Plätzchen und jetzt beginnt dieser alte ehrwürdige Linn é’ sche Name aus den Büchern zu verschwinden, weil man immer mehr erkennen zu müssen glaubt, daß Linn é unter diesem Namen nicht eine sondern mehrere hin- länglich von einander unterscheidbare Birkenarten zusammenwarf und man nicht weiß, welcher dieser Arten der Linn é’ sche Namen ausschließend zu- zutheilen sei. Die Birken sind durch zahlreiche Arten in der kälteren gemäßigten Zone vertreten, von denen nach der neueren Auffassung höchstens fünf auf Deutschland kommen, von denen 2 niedere Sträucher sind. Um die scharfe Unterscheidung unserer Birkenarten zu erschweren kommt noch hinzu, daß wenigstens die baumartigen Birken außerordentlich veränderlich sind, sowohl nach den einzelnen Individiuen wie nach den verschiedenen Zuständen ihrer Entwicklung und forstlichen Behandlung. Bei der Buche, den Eichen, dem Hornbaum, Hopfenbuche und den Erlen- arten war dies anders; sie bleiben sich immer gleich und sind daher leicht erkannt worden. In Folgendem halten wir B. verrucosa Ehrh., die gemeine Birke als herrschende deutsche Birkenart fest. Die gemeine Birke ist wie die ganze Gattung zweihäusig. Die männlichen Kätzchen stehen für das nächste Jahr vorgebildet schon vom Sommer an meist zu je 2 an den Spitzen der Langtriebe (2. 14.). Sie öffnen sich, um das Doppelte sich vergrößernd, mit dem Ausbruch des Laubes (1. ♂), und bestehen, spiral um eine fadenförmige Spindel geordnet, sehr ähnlich den Theilen des Erlenkätzchens aus kurzgestielten mehr- schuppigen rothbraunen Blüthenhüllen (3. 4. 5. 6.), welche eine Gruppe von 10—12 Staubgefäßen überdachen, deren kurze Staubfäden so wie die Staubbeutel sich spalten (*6.); die gestielten weiblichen Kätzchen treten erst im Frühjahr bei dem Laubausbruch einzeln aus Seitenknospen mit je 2 Blättern hervor (1. ♀) und krümmen sich an den hängenden Trieben meist aufwärts. Das weibl. Kätzchen besteht aus spiral angeordneten Deck- schuppen (7.), welche dreilappig (mit längerem Mittellappen, 10.) sind und je 3 zweinarbige Fruchtknoten decken (8. 9.). An dem reifen Frucht- kätzchen (2.) zeigen sich die Deckschuppen mit mehr vorwaltenden Seiten- lappen (11. 12.) und der Fruchtknoten ist zu einer kleinen breit und zart- häutig geflügelten leicht für ein Samenkorn zu haltenden Flügelfrucht ge- worden (13.), in welcher von den ursprünglich 4 Samenknospen gewöhn- lich nur eine sich zu einem winzigkleinen Samen entwickelt zeigt. Bei der Samenreife im Spätsommer fallen die Schuppen zugleich mit den kleinen Flügelfrüchten ab und es bleibt die fadendünne steife Spindel noch eine Zeit lang am Triebe sitzen Dies Alles erinnert sehr an den Zapfen der Nadelhölzer, besonders der Tanne, und man könnte geneigt sein — wie schon angedeutet — wie die Schuppen der Birke (11. 12.) den Schuppen des Tannenzapfens ( XLVIII. 3. 4. S. 327.) so auch die ge- flügelten Früchte der Birke den geflügelten Samen der Tanne (a. a. O. 5.) für gleichbedeutend zu nehmen. Indem wir diesem Irrthum vorbeugen erinnern wir uns noch einmal des gymnospermen Charakters der Nadelhölzer (S. 347.) und werden uns darüber klar, warum der Flügelsame der Tanne (und der übrigen Abintineen und Nadelhölzer überhaupt) keine Frucht, und die Flügelfrucht der Birken kein Same ist und sein kann. . Ein Same ist immer blos aus einer Samenknospe, auch Ei’chen genannt, entstanden. Solcher Samenknospen finden sich beiden verschiedenen Pflanzenarten entweder blos eine oder einige oder selbst sehr viele in dem Fruchtknoten eines Stempels. Eine weibliche Gurkenblüthe diene uns als LXIIII. Die gemeine Birke, Betula verrucosa Ehr. 1. Triebspitze mit männlichen (♂) und mit weiblichen Kätzchen (♀); — 2. Belaubter Trieb mit einem Frucht- kätzchen u. an d. Spitze den männlichen Blüthenknospen; — 3. — 6. Männl. Blüthenhülle von vorn, von d. Seite, oben u. unten; — 6. Staubgefäß; — 7. Stück eines weiblichen Kätzchens; — 8. 9. Weibliche Blüthen- hülle mit 3 zweinarbigen Blüthchen; — 10. Diese Hülle allein; — 11. 12. Die aus ihr erwachsene Schuppe eines Fruchtkätzchens von oben u. unten; — 13. Geflügelte Frucht; — 14. Triebspitze mit Laub- u. männl. Blüthenknospen; — 15. Querschnitt eines 3jähr. Triebes. (1. 2. 14. natürl. Größe.) Beispiel. Wir wissen, daß diese an der Spitze des Fruchtknotens sitzt, in welchem wir alle die künftige Gurke kennen. Schneiden wir diesen Frucht- knoten quer durch, so finden wir in ihm drei Fächer und in jedem der- selben zahlreiche kugelige Körperchen. Dies sind die Ei’chen oder Samen- knospen, welche sich mit dem Größerwerden, mit dem Erwachsen des Fruchtknotens zur Gurke allmälig in die Gurkenkerne, in die Samen, um- bilden. Dasselbe Verhältniß ist es mit dem Fruchtknoten der Birke, nur LXV. Ein bis zur Flügelbildung entwickelter Fruchtknoten der Birke . 1. f f die Flügel; n n die 2 Narben; m m das ernährende centrale Zellgewebe; t der Fruchtträger; s s die 2 Samenknospen daran; — 2. Querschnitt des Fruchtknotens in der Richtung der Linie ** a; f f die Flügel; t der fruchtbare Samenträger mit den 2 Samen- knospen; u der unfruchtbare Samenträger. daß ihr die Blüthe gebricht. Wie wir in LXIV. 9. die drei noch unver- änderten Fruchtknoten einer Blüthenhülle sehen, so sehen wir in LXV. 1. einen bereits bis zur Flügelausbildung fortgeschrittenen und zwar nachdem durch einen senkrechten Schnitt die vordere Wand hinweggenommen ist. Wir sehen nun im Innern des Fruchtknotens einen durch den Samen- träger , t, getheilten von Zellgewebe erfüllten Raum, m m, und jederseits an dem Samenträger, in dem Zellgewebe m m eingebettet und von ihm ernährt, eine Samenknospe , s s, aus welcher 2 Samen werden können, von denen jedoch die eine fehlschlägt, so daß die Frucht blos einsamig wird. Aus Fig. 2. u. sehen wir aber, daß noch ein zweiter Samenträger in dem Fruchtknoten vorhanden ist, der aber keine Samenknospen trägt und also unfruchtbar ist. Es ist uns nun klar, daß der kleine doppelflüglige Körper kein Same, sondern in demselben Sinne wie die Gurke eine Frucht und zwar eine durch Fehlschlagen einsamige Frucht ist. Das ziemlich langgestielte Blatt der gemeinen Birke ist wie das der übrigen, mit dieser meist zusammengeworfenen, Arten äußerst veränder- lich, je nachdem es ein Stammblatt oder ein Stockausschlagblatt oder das einer jungen Pflanze ist. Die an dem Triebe LXIV. 2. abgebildete Form ist die Grundform, welche zuweilen durch Verkürzung der Spitze sich noch entschiedener der Rautenform nähert. Stammblätter sind in der Regel ganz kahl und meist mehr oder weniger mit kleinen Harzpünktchen bedeckt; Der Rand ist stets doppeltsägezähnig mit etwas einwärts gekrümmten Hauptzähnen. Stockausschlagblätter sind, namentlich an den Lohden des ersten Jahres, wie gewöhnlich viel größer, beiderseits oft dicht und fast wollig behaart und tiefer, fast eingeschnitten, gezähnt, während der Blatt- stiel verkürzt erscheint. Ein Ungeübter erkennt kaum in solchen jungen Stockausschlägen die Birke, bis nach mehreren Jahren die größer werdenden Stocklohden allmälig zu der Grundform der Stammblätter zurückkehren. Fig. LXVI. 1. 2. 3. sind solche Stockausschlagblätter, von denen kaum zu sagen ist, welcher der drei neuerdings gewöhnlich unterschiedenen Arten sie angehören. Das junge erst halb entfaltete Stammblatt zeigt sich immer von einem wohlriechenden glänzenden und klebrigen Gummiharz überzogen, welches auch die wenigschuppigen Knospen überzieht. Die Keimpflanze ist sehr zart und klein mit kleinen runden glän- zenden Samenlappen und gerundeten Herzblättern. Sie sind sehr dauerhaft. Der Stamm der gemeinen Birke, und der der beiden anderen wird dann kaum verschieden sein, erhält seine kreideweiße und auch wie Kreide abfärbende Rinde erst mit einem gewissen Alter. In der Jugend und an den schwächeren Aesten und Zweigen alter Bäume ist sie gelbroth bis roth- braun und zeigt viele quergestellte durch alle zahlreichen Blätterlagen der äußeren sich von selbst abblätternden Rindenhaut hindurchgehende strich- förmige Rindenhöckerchen (S. 114.). Am Stockende alter Bäume und LXVI. Birkenblätter . 1. 2. 3. Stockausschlagblätter; — 4. Blatt, Zapfenschuppe und Frucht von B. gluti- nosa; — 5. Dasselbe von B. pubescens Ehrh. stellenweise bis zu den ersten Aesten reißt die aus sehr zahlreichen dünnen Blätterlagen bestehende weiße Rindenhaut (S. 110.) auf und aus den Rissen entwickeln sich mächtige Korkwucherungen. In dieser knochenharten dicken Rindenmasse findet sich alsdann in der äußeren Hälfte eine räthselhafte Wechsellagerung von vielfach verbogenen und zerrissenen weißen Rindenhautschichten und braunrothem Zellgewebe, in welchem senf- korngroße fettartig halbdurchscheinende dicht aneinandergedrängte elfenbein- harte Knollen liegen, deren Zellen äußerst dickwandig sind, so daß sie gar keinen inneren Zellenraum mehr haben. Der Birkenstamm fällt nach oben zu, außer wenn er in dichtem Schluß steht, meist sehr stark ab (ist abholzig) und kommt selten senkrecht, sondern meist etwas schräg aus der Wurzel hervor. Die Aeste zeigen an ihrer Einfügungsstelle die bei der Weißerle beschriebenen bartähnlichen dunkeln Runzellinien. Die Verzweigung geht aus den stärkeren Aesten sehr schnell in eine sehr feine Theilung über wobei der Gegensatz zwischen Lang- und Kurztrieben fast immer sehr grell hervortritt. (S. 63. IV. 8.) Die Krone der Birken zeigt bekanntlich sehr große Verschiedenheit. Junge Birken haben eine lockere eirund-pyramidale, in einen spitzen Wipfel ausgehende Krone mit aufwärts gerichteten schlanken Aesten, während an alten Bäumen die Krone sich allmälig vollständig abwölbt und durch starke Langtriebbildung den bekannten Thränenweiden-Charakter annimmt. Dabei hat die Krone alter Birken unter allen unsern Laubhölzern die wenigsten starken Aeste und giebt daher von 60jährigen Bäumen auch nur 3—4 Proc. über 3 Zoll starkes Astholz. Das thränenweidenartige An- sehen nehmen Birken, die im dichten Schluß stehen und die dann auch eine sehr kleine Krone haben nicht an, während man anderseits auch frei- stehende alte Birken ohne diesen Charakter findet. Ob alle alte Birken, wo dieser Charakter fehlt, Ruchbirken sind, wie es allerdings meist der Fall ist, und alle hinlänglich frei erwachsende gemeine Birken im Alter Hängebirken ( B. alba v. pendula ) werden, ist wohl noch unentschieden. Die weiße Rinde und die so charakteristische Kronengestalt giebt der Birke einen großen landschaftlichen Werth und hat sie zu einem Lieblings- baum Aller gemacht. Obgleich sie nie sehr groß wird, so macht sie sich dennoch in der Landschaft immer sehr geltend und ist daher für die Land- schaftsgärtnerei von größter Bedeutung. Die Wurzel der gemeinen Birke macht nur wenige schwächliche Aeste ohne eine Pfahlwurzel, ja die Birke hat von allen unseren Waldbäumen die kleinste Wurzelverbreitung. Wenn nicht auf jeder so scheint doch auf manchen Bodenarten die Birkenwurzel den eigenthümlichen Einfluß auf ihren Standort auszuüben, daß sie den Boden, in welchem der Wurzelstock steht, auffallend schwarz färbt. Man hat dies zum Theil als einen be- weisenden Fall von Wurzelausscheidung der Pflanzen angeführt. Das Holz der Birke gehört seinem Brennwerthe nach zu den besten und steht dem buchenen nicht viel nach; es ist hell, gelblich oder röthlich weiß, ohne Kernunterschied (Splintbaum), ziemlich weich aber fest, schwer- spaltig; die Holzzellen sehr fein und ziemlich dickwandig, Gefäße (Poren) zahlreich und fein, verschieden weit, meist zu 2—4 oder 5 aneinander- gereiht; Markstrahlen sehr fein, schmal und zahlreich; Jahresringe durch feine porenlose Herbstholzlinien bezeichnet; nach dem Mittelpunkte des Stammes hin meist mit zahlreichen gelbbraunen Markfleckchen; Mark sehr klein, auf dem Querschnitt undeutlich länglich dreieckig. Wegen der Undurchdringlich- keit der Rinde verstockt das Holz auch im Winter gefällter Stämme sehr schnell, daher dieselben stets sofort wenigstens theilweise entrindet werden müssen. Am Stock, und zuweilen auch am Stamme wo die Aeste aus- gehen, zeigt die Birke oft einen schönen Maser. Daß man mehrere Abarten der gemeinen Birke findet, geht schon aus dem Gesagten hervor, obgleich der so auffallend charakteristische Habitus sie meist übersehen läßt. Hinsichtlich des Standortes kennen wir die Birke bereits als eine es der Kiefer fast gleichthuende genügsame Holzart (S. 244) und können sie wie diese beinahe eine bodenvage Nach Unger theilt man die Pflanzen in bodenvage, bodenholde und bodenstete , je nachdem sie gar nicht oder vorzugsweise oder ausschließend an eine gewisse Bodenbeschaffenheit gebunden sind. Diese Klassifikation hat aber viel Trügerisches. , d. h. auf allen Bodenarten ge- deihende Pflanze nennen; Jedoch verträgt sie weder einen zu trocknen noch einen zu feuchten, namentlich keinen den regelmäßigen Ueberschwemmungen ausgesetzten Auenboden der Ebene. Am besten wächst die Birke in einem frischen nicht zu bindigen Lehm- und feuchten humusreichen Sandboden. Wie allen Baumarten, so sieht man es namentlich der Birke aus ihrem Roßmäßler, der Wald. 28 Wuchs und Gedeihen an, ob sie auf ihr zusagendem Boden stehe. Auf zu trocknen und zu nassen, namentlich torfigen Boden verkrüppelt sie zum niederen Busche. Ihre Verbreitung reicht von Deutschland aus nach West und nach Süd nicht weit, wogegen sie weit nach Ost und Nordost vordringt und auf den scandinavischen Hochmooren sind verkrüppelte Birken der Grenzposten der Baumwelt. In Deutschland selbst kommt sie am häufigsten auf der 1000 bis 1500 F. nicht übersteigenden Gebirgsschicht vor, ist aber seit etwa hundert Jahren durch forstlichen Anbau sehr verbreitet worden, als man in ihr, der schnellwachsenden, ein Ersatzmittel für die von dem Borkenkäfer mit der Vernichtung bedrohten Fichte zu finden glaubte. In ihrem ganzen Leben hat die Birke mit ihrer Standortsgenossin, der Kiefer, sehr Vieles gemeinsam; sie ist wie dieser ein Lichtbaum (S. 268), verträgt darum zu dichten Stand nicht und bildet in licht geschlossenem Bestande wie die Kiefer nur eine kleine Krone auf schlankem, astreinen Stamme. Der schon von 20jährigen Bäumen und noch jüngern Stocklohden reichlich und fast alljährlich erzeugte Same wird wegen seiner von den Flügeln unterstützten Leichtigkeit weithin getragen und keimt auf jeder wunden Bodenstelle sehr leicht, wenn auch die flachbewurzelten Pflänzchen durch Trockenheit oder durch Verdämmung der Waldunkräuter leicht wieder getödtet werden. In der Jugend wächst die Birke sehr rasch, erreicht aber ihre nie bedeutende Höhe von höchstens 80—100 F. und eine Stamm- stärke von selten viel mehr als 1 Fuß erst spät und sehr langsam und erreicht je nach der Gedeihlichkeit ihres Standortes ihr Lebensziel mit 40 bis 140 Jahren. Ausschlagsfähig sind nur Stöcke von jüngeren Bäumen und auch diese nicht eben sehr lange Zeit. Dabei kommen die Ausschlagsknospen aus den untersten Theilen des Stockes und aus den dickeren bloßliegenden Wurzelhälsen hervor, weshalb die Birken sehr tief gehauen werden müssen, wenn man Stockausschlag erzielen will. Am stehenden Stamme treibt die Birke selten Adventivknospen, während im Safte gefällte, am Boden liegen bleibende ihrer großen Saftfülle wegen sich oft sehr reich mit solchen bedecken, welche aus den borkigen Rissen der Rinde hervortreten. Von allen unseren Waldbäumen kommt am häufigsten bei der Birke — nächst ihr wie es scheint bei der Tanne — eine von einer Häufung von Adventivknospen an einem dünnen Zweige herrührende krankhafte Bildung vor, welche unter dem Namen Donnerbesen, Donnerbusch oder Hexenbusch allgemein bekannt ist. Sie besteht in einer klumpenförmigen Zusammendrängung meist nur wenige Zoll langer zahlreicher Kurztriebe, welche namentlich bei der Birke im laublosen Zu- stande fast wie große aus Reisern erbaute Vogelnester in das Auge fallen. Die veranlassende nächste Ursache dieser Donnerbesen ist wohl noch weniger mit Bestimmtheit nachzuweisen als bei der Maserbildung, mit welcher jene im Wesentlichen des Bedingtseins zusammenfallen. Sonst leidet die Birke von Krankheiten wenig außer den durch die Ungunst des Standorts bedingten. Als Feinde , aber ohne beträchtlichen Einfluß, wären viele Insekten, namentlich Käfer zu nennen, von denen wir aber nur einen Schmetterling, die Nonne , Liparis monacha L., hervorheben wollen, dessen Raupe zuweilen die Birke ganz entblättert. Diese von den ver- schiedensten, Laub- wie Nadelhölzern lebende Raupe hat dabei die ver- schwenderische Gewohnheit, daß sie von den Nadeln wie von den Blättern die obere Hälfte abbeißt und fallen läßt und nur die untere Hälfte, von den Laubbäumen fast nur den Blattstiel frißt. Vor dem bei trocknem Wetter oft sehr zeitigen Laubfall färbt sich die Birke in ein sehr reines Citronengelb und macht sich dadurch auf dem dunkeln Hintergrunde der Nadelhölzer landschaftlich sehr geltend. Die forstliche Bedeutung der Birke ist für minder fruchtbaren, namentlich für Sandboden, der freilich nicht zu trocken sein darf, sehr erheblich, obgleich weniger als bestandbildender sondern mehr als Vermischungs- baum. Für den Mittelwald ist sie als schnellwüchsiger und wegen ihrer dünnen durchsichtigen Belaubung wenig verdämmender Oberbaum von großem Werth. Im Hochwaldbetrieb wird sie namentlich mit Kiefer und Fichte untermischt, muß diesen aber zuletzt im höheren Bestandsalter, bis zu welchem sie ihnen als Schutzbaum diente, weichen. Da die Birke wenig Laubstreu giebt, und ihren Boden nur wenig beschattet, so bewirkt sie eher eine Verschlechterung als Bereicherung des Bodens. Unter weniger günstigen Bodenverhältnissen und wenn es sich um schnelle Erzeugung von Brennholz, wenn dieses auch nur Knüppel- und Reißholz ist, handelt, ist die Birke im Niederwaldbetriebe außerordentlich werthvoll. Aus den angegebenen Verhältnissen ergiebt sich nun die forstliche Behandlung der Birke fast von selbst. Sie wird weniger durch Saat, 28* selbst wenig durch natürlichen Aufschlag, der meist vertrocknet und ver- dämmt wird, sondern am allgemeinsten durch Pflanzung 2—5 jähriger Pflänzlinge erzogen, welche gewöhnlich nicht in Saatgärten erzogen, sondern aus den Schlägen genommen werden, wo sie aus Anflug von selbst erwuchsen. Die Benutzung der Birke, vom Besen und der züchtigenden Ruthe bis zum Kleiderschrank und zur Schlittenkufe, ist eine sehr manchfache und es ist an ihr Alles nutzbar. Namentlich das dichte, feine und sehr zähe Holz findet die verschiedenste Verwendung: zu Leiterbäumen, Felgen und Deichseln der Wirthschaftswagen, zu Radzähnen, Drillingen und Getrieben in Mühlen, zu Mulden u. s. w. Als Möbelholz ist namentlich das wimmerig gewachsene Birkenholz und zu Gewehrschäften, Pfeifenköpfen und anderen kleinen Gegenständen der Birkenmaser sehr gesucht. Sowohl das Holz wie die Kohle giebt eine helle, starke und wenig dampfende Flamme. Die Rinde, namentlich die dicke aufgerissene des Stammendes, dient als fast unverweslich an steinarmen Orten als Unterlage für Schwellen im Feuchten. Allein oder mit Porst, Ledum palustre, destillirt giebt die alte Birkenrinde das Rußöl oder den Birkentheer (Dagget), welcher zur Juchtenbereitung dient. Aus der Rindenhaut werden in Rußland Tabaksdosen und selbst große Schachteln und Hohlmaaße gemacht; jedoch scheint es nicht die gemeine Birke zu sein, welche hierzu die auch nicht kreideartig weiße und abfärbende lederartige Rinde liefert. Aus der Birke fließt im Mai ein zuckerhaltiges Wasser, wenn man an der Südseite des Stammes 1—2 Zoll tiefe Löcher bohrt und eine Federkiel oder ein ähnliches Röhrchen hineinsteckt. Aus diesem Saft wird durch verschiedene Behandlung und Zusätze ein honig- oder meth-artiges oder weiniges Getränk bereitet. Nach Beendigung dieses Saftflusses muß man die ganzen Löcher mit Baumwachs wieder zustreichen. Was die beiden anderen deutschen Birkenarten — außer zwei nachher noch zu erwähnenden weiteren strauchartigen — die flaumhaarige oder Ruchbirke , Betula pubescens Ehrh. (B. odorata Bechst.) oder die klebrige B., B. glutinosa Wallroth betrifft, so sind die Meinungen über ihre Artgültigkeit noch sehr getheilt, weil sie gegenüber der gemeinen Birke auf sehr unsicheren und geringfügigen Unterscheidungskennzeichen beruhen. Von dem Blatte, der Deckschuppe des Fruchtzäpfchens und der Frucht beider geben uns Fig. 4. und 5. LXVI. ein Bild, nach Exemplaren des Tharander forstbotanischen Herbariums. Man sieht, daß sich die Blatt- form der Ruchbirke — wegen der dunkeln Rinde der jungen Triebe auch Schwarzbirke genannt — am weitesten von der der gemeinen Birke entfernt. Th. Hartig , einer der gründlichsten Kenner der Waldbäume, sagt von ihr: sie unterscheidet sich von der gemeinen Birke „ferner durch mehr horizontale Verbreitung der starken Aeste alter Bäume und durch ein grobfaseriges Holz, zeigt sonst dieselbe Stammbildung und Stamm- höhe, wie die weiße Birke, mit der sie an feuchten Stellen fast überall in Deutschland in einzelnen Exemplaren gemengt gefunden wird. Sie verträgt größere Bodennässe und findet sich daher nicht selten in Untermengung mit der Erle, wo jene zurückbleibt; dahingegen nimmt sie nicht mit so trockenem Standorte verlieb. Alles Uebrige hat sie mit der Weißbirke gemein.“ Ueberlassen wir es der berufsmäßigen Forschung, in das Dunkel der deutschen Birkenarten entscheidendes Licht zu bringen; für uns verschmelzen sie in den schönen Begriff des eleganten weißschaftigen Baumes, den wir überall wo wir ihm begegnen, mit Wohlgefallen sehen. Wie zur Weih- nachtszeit die Fichte oder einer der beiden anderen unserer drei verbreitetsten Nadelbäume der Gegenstand eines sinnigen Baumkultus ist, so hat „Pfingsten, das liebliche Fest“ sich die Birke, von ihm allgemein, aber auch nur von ihm „ Maie “ genannt, erkoren, um den festlich gesäuberten Wohnräumen durch sie den duftenden Schmuck der nun voll und ganz wiedererwachten Natur zu verleihen, oder, zu beiden Seiten der Hausthür aufgestellt, den Zugang zu den Penaten zu einem einzigen kurzen Schritte aus den Hallen des Waldes zu machen und so die engere Wohnung an die allgemeine und gemeinsame Heimath, die Natur, anzuknüpfen. Wir haben jedoch noch 2 nichtstreitige deutsche Birken wenigstens kurz zu erwähnen, welche aber niemals zu Bäumen erwachsen, sondern niedere Sträucher sind. 13. Die Strauchbirke, B. fruticosa Pallas. Sie verhält sich zu der vorigen ähnlich wie die Straucherle zu den zwei baumartigen Erlen, denn sie wird nur selten als ein buschiges Stämmchen 4—5 Fuß hoch. Wir begegnen ihr meist nur im Norden unseres Vaterlandes auf den ausgedehnten Moorländereien, wo sie, jedoch meist ziemlich vereinzelt, einen Bestandtheil jener eigenthümlichen reizenden Pflanzenwelt bildet, welche großentheils unnahbar die schwarze unheimliche Tiefe des Meerschlammes als eine trügerische Decke überspannt; doch wird sie auch auf den kalten Hochmooren Baierns als heimisch angegeben. Von Mecklenburg an verbreitet sich die Strauchbirke hoch nach Nordosten hinan und ist namentlich auch in Sibirien häufig. Ihre Blüthen sind denen der gemeinen Birke ähnlich, die weiblichen kürzer und die männlichen immer einzeln an den Spitzen der Triebe. Die Blätter sind eiförmig gerundet, fast gleich und ziemlich grob gezähnt, glatt und kurzgestielt. Die reifen Kätzchen sind klein und eiförmig; die Flügel- haut der Frucht schmaler als bei voriger. 14. Die Zwergbirke, Betula nana L. Unter den äußersten Vorposten der Baumvegetation, oder vielmehr der übrigens baumartigen Pflanzengattungen, findet sich wie im hohen Norden so auf den äußersten Höhen unserer Gebirge auf geeignetem d. h. nassen moorigen Boden diese niedliche fast am Boden kriechende Birke, deren selten über fingerdick werdende Stämmchen und fast fadendünne Zweige sich kaum 1 Fuß über den Boden erheben. Die überaus zier- lichen kleinen Blätter sind kreisrund, glatt, kurzgestielt, am Rande regel- mäßig kerbzähnig und auf der Rückseite scharf und fein geadert; sie haben eine sattgrüne Farbe und sind oberseits glänzend. In Deutschland findet sich die Zwergbirke nur auf den höchsten Mooren des Riesengebirges, — wo sie nach Ratzeburg mit dem Zwerg- wachholder , Juniperus nana, als verdämmendes Unkraut auftritt, — des Harzes und der süddeutschen Vorberge der Alpenkette. Weder sie noch die Strauchbirke haben eine forstliche Bedeutung und sind hier eben nur erwähnt, um zu beweisen, daß in ihnen auch der deutsche Wald gleich anderen Pflanzenvölkern seine Vertreter bis hinauf zu den höchsten Höhen sendet, wo den übrigen Waldbäumen das Leben unmöglich fällt. Indem wir von den Birken-Kätzchenbäumen zu einer anderen Ab- theilung der großen Familie übergehen, dürfen wir ein kleines Büschchen nicht ganz mit Stillschweigen übergehen, welches für sich allein eben so eine ähnliche Unterfamilie, die Gagel-Kätzchenblüthler, Myriceen, bildet, wie es auf den Moorbrüchen und Haiden des nördlichen Gebietes aus- gedehnte niedliche Miniaturwaldbestände darstellt. Der Gagelstrauch , Myrica Gale L. wird kaum über 2 Fuß hoch und ist ein straff aufrecht- stehendes, reich verzweigtes zweihäusiges Büschchen mit kleinen lanzett- förmigen Blättern und fast ährenartig an den Spitzen der Triebe an- einander gedrängten kleinen Kätzchen. 15. Die Espe oder Zitterpappel, Populus tremula L. Es bleibt uns nur noch die letzte Unterabtheilung der großen Familie der Kätzchenbäume übrig, die weidenartigen, Salicineen, denen also nicht die Pappelarten, großentheils mächtige Bäume, sondern die meist buschige Weide den Namen giebt. Die weidenartigen Kätzchenblüthler, nur aus den beiden genannten Gattungen bestehend, sind zweihäusig und sind wegen der großen Einfachheit ihrer Blüthen eigentlich an die unterste Stelle der Kätzchenblüthler zu stellen, wogegen wir uns von der hohen forstlichen Bedeutung der Buche verleiten ließen, sie zuerst zu erledigen, während wir eigentlich ihr, vom Unvollkommnen zu dem Höchsten fortschreitend, den höchsten Platz anzuweisen hatten, d. h. hier am Schlusse unserer Betrachtung dieser wichtigen Baumfamilie. Es sei demnach auch hier ausdrücklich hervorgehoben, daß eine rein botanische Schilderung des Waldes sich an den Faden der systematischen Nacheinanderfolge — und diese muß eine aufsteigende, keine absteigende sein, zu halten gehabt hätte. Die Aufgabe dieses Buches ist ja aber eine botanische, forstliche und — Herzenssache zugleich. Die Espe blüht wie alle Pappelarten lange vor dem Ausbruche des Laubes und sowohl auf den männlichen wie auf den weiblichen Bäumen stehen die Kätzchen vorzugsweise in dem Wipfel der Krone. Die Kätzchen sind den Winter über in großen fast kugeligen spitzen, glänzend gelbbraunen Knospen eingeschlossen (S. 63. IV. 5.). Die männlichen Kätzchen sind 3—4 Zoll lang und wegen der fadendünnen weichen Spindel sehr beweglich und biegsam. Die Blüthchen bestehen aus einer trichterförmigen Blüthen- hülle und aus einer handförmig zerschlitzten, am Rande lang gewimperten Deckschuppe (2. 3.) und im Grunde der Blüthenhülle 8—10 festsitzenden scharlachrothen Staubbeuteln. Die weiblichen Kätzchen gleichen den männlichen mit der Ausnahme, daß an Stelle der Staubgefäße ein Stempel steht, welcher an seiner Spitze 2 tiefgespaltene Narben trägt (5. 6.). Die Frucht (7.) ist eine zweiklappig aufspringende Kapsel (9.), welche zahlreiche sehr kleine von einem silberweißen Haarschopf umhüllte Samen einschließt (10.). Dadurch sehen die reifen ihren Samen ausschüttenden Kätzchen wegen der Alles verhüllenden seidenartigen Haarschöpfe ganz weiß und wollig aus (8.). Die Blätter der Espe haben je nach dem Alter der Pflanze, ja sogar nach ihrer Stellung am Zweige eine sehr verschiedene Gestalt. An erwachsenen Bäumen und am Grunde der Langtriebe jüngerer Bäumchen und Sträucher sind sie fast rund (11.) mit kurz zugespitzter oder quer abgestutzter Spitze; Rand unregelmäßig gezahnt, fast wie buchtig ausgenagt, unten heller grau-grün als oben, mit beiderseits nur wenig, gegen die sonstige Regel oben fast noch mehr als unten, hervortretendem Blattgeäder und ganz kahl. Der Blattstiel lang, oft noch länger als das Blatt und breit gedrückt; er hat oben am Eintritt in die Blattfläche wie die meisten Pappelarten oft 2 Drüsen. Diese Eigenschaft des Blattstieles verursacht bei dem gelindesten Lufthauch das flimmernde Erzittern der Espenbelaubung und hat das Espenlaub zum Sprichwort gemacht. An dem obern Theile der Langtriebe junger Pflanzen und Büsche und noch mehr an jungen Wurzelausschlägen sind die Blätter herzförmig, dem Lindenblatt ähnlich, (S. 446 LXVIII. 1. oft an der Basis noch tiefer herzförmig) und zu- weilen, namentlich an letzteren sehr groß und in die Länge gezogen und behaart. Die jungen Blättchen entfalten sich durch von der Mittelrippe aus beiderseitige Aufwicklung (siehe S. 60. III. 7.) und sind Anfangs behaart und davon grüngrau, doch die Behaarung schnell verlierend und dann bis zur völligen Ausbildung bronzeartig braungrün. Die Blätter stehen undeutlich spiral geordnet und ziemlich weitläufig. LXVII. Die Espe oder Zitterpappel, Populus tremula L. 1. Kurztrieb mit 2 Laubknospen und einem blühenden männlichen Kätzchen; — 2. 3. Männliche Blüthe von unten und von der Seite; — 4. Weibliches Kätzchen; — 5. 6. Weibliche Blüthe von unten und von der Seite; — 7. Reife noch geschlossene Frucht; — 8. Ein Stück eines Fruchtkätzchens; — 9. Aufgesprungene Frucht; — 10. Einzelner von einem Haarschopf umhüllter Samen; — 11. Beblätterter Trieb. Die Laubknospen sind kegelförmig, sehr hart und spitz, braun, kahl, armschuppig, senkrecht über der großen, schiefen Blattstielnarbe stehend und an den Trieb angedrückt; Endknospe immer merklich größer. Das Mark der Triebe ist, ähnlich dem der Eichen, mehr oder weniger deutlich fünf- eckig. Keimpflänzchen sehr klein, mit kleinen runden Samenlappen, gegen die Kälte sehr dauerhaft aber im Schatten leicht vergehend. Der Stamm der Espe ist gerade, fast walzenrund bis hochhinauf sich von allen Aesten reinigend, und sich dann, meist mit deutlicher Bei- behaltung der Stammrichtung wenige schwache und sehr lange Aeste treibend. Er ist, da die Espe meist im Schlusse mit anderen Baumarten erwächst, zu seiner Höhe meist verhältnißmäßig schwach. Rinde lange Zeit ganz glatt, grüngrau und erst in höherem Alter im unteren Drittel der Stammhöhe in kleine fast rautenförmige unten dicht zusammengedrängte, nach oben hin mehr einzeln stehende und kleinere wulstige Borkenrisse auf- springend, welche am unteren Stammtheile in feine Längsfurchen mit breiteren flachen Zwischensätteln zusammenfließen. Die Krone ist selbst an ausgewachsenen Bäumen klein, eirund und sehr locker, nur an frei- stehenden Bäumen ist sie etwas dichter und größer, und alsdann gerundet. Die Triebe ziemlich stark und an alten Bäumen vorwaltend Kurztriebe, mit gelblich aschgrauer Rinde. Die Wurzel treibt nur wenig Aeste tief in den Boden, die meisten breiten sich flach und weit in der Oberfläche aus. Das Holz haben wir (S. 371) schon als das leichteste (neben dem der übrigen Pappelarten, der Linden und der Weiden) kennen gelernt; Holzzellen sehr fein, dünnwandig, Gefäße (Poren) klein, sehr zahlreich, als ein dichtes unregelmäßiges Maschennetz in dem Zellgewebe vertheilt, im Herbstholze sehr sparsam und dadurch die meist ziemlich breiten Jahr- ringe deutlich bezeichnend. Holzfarbe gleichmäßig gelbweiß ohne Kernholz- färbung; Markstrahlen sehr fein und sehr zahlreich. Das Espenholz ist sehr weich, spaltet sehr gerade, ist wenig biegsam, im Trocknen sehr dauer- haft und brennt bei gutem Luftzug sehr lebhaft. Nördlinger theilt mit, daß man in Rußland mit Espenholz die Züge der Oefen ausbrennt, da es den Ruß verzehren soll. Abarten sind von der Espe nicht bekannt. Hinsichtlich des Standortes ist keine Holzart weniger wählerisch als die Espe, da sie vom höchsten Norden bis Mitteleuropa in der Höhe und in der Ebene fast auf jeder Bodenart — nur nicht im Sumpfe und zu großer Nässe — gedeiht. Am besten gedeiht sie in Vermischung mit Unterholz auf einem humusreichen frischen Boden in geschützten abhängigen Lagen. Daß ihre Verbreitung sehr groß ist, geht schon aus dem Ge- sagten hervor und ist dafür durch den über weite Strecken fliegenden be- fiederten Samen trefflich gesorgt. Pfeil mag wohl Recht haben, wenn er von allen in Deutschland vorkommenden Pappelarten nur die Espe für eine bei uns ursprünglich einheimische hält, die in Süddeutschland ihre äußerste Südgränze erreicht und von da an südlich von der Silber- pappel ersetzt wird. Im Leben der Espe zeigt sich manches Eigenthümliche. Unter dem Einfluß bestimmter Luftströmungen während ihrer Reifezeit wird sie manch- mal in ihrem leichten Samen plötzlich an weit entlegne Orte übergeführt, wo sie bisher nicht vorkam und nun plötzlich als ein wahres Unkraut auf- keimt. Zur Zeit der Samenreife, Ende Mai und Anfang Juni, sieht man nicht selten große schneeweiße lockere Flocken in der Luft treiben, welche aus an einander haftenden Espensamen bestehen, woran sich jedoch auch die Silber- und Schwarzpappel und die Weiden betheiligen. Die auf frischen Schlägen und Blößen erscheinenden Espenpflanzen sind aber eben so oft wenn nicht öfter Wurzelschößlinge von in der Nähe stehenden alten Bäumen und Stöcken wie Samenpflanzen, da die Espe ein aus- gezeichnetes Ausschlagsvermögen in den flach und weithin im Boden kriechenden Wurzeln besitzt. Daher wird sie auch an Holzrändern und an Wegen lästig durch die Uebergriffe ihrer Wurzelausläufer in die benach- barten Felder und Wiesen. Die flache Bewurzelung läßt die Espe sehr dem Windbruch unterliegen, wenn sie frei steht. Selbst nachdem ein alter Baum geschlagen und sein Stock gerodet worden ist, scheinen sich die zurückbleibenden flach im Boden liegend hinkriechenden Wurzeln lange ausschlagsfähig zu erhalten; denn man sieht oft auf geräumten Schlägen, auf denen gar keine Espen standen, eine Menge Wurzelausschlag erscheinen. Die bereits im März und Anfang April blühende Espe läßt die männlichen Kätzchen sehr bald nach der Bestäubung herabfallen, welche dann als grauwollige Raupen auf dem Boden liegend ins Auge fallen. Die bemerkenswertheste Eigenthümlichkeit der Espe ist die Veränderlichkeit der Blattform, die sich oft noch viel weiter von der Normalform ( LXVII. 13.) entfernt als das auf LXIII. 1. abgebildete Blatt. Auf fettem Lehmboden treiben die Wurzelschößlinge zuweilen Blätter, die in der Länge und Breite einer Seite unseres Buches gleichkommen und sammtartig behaart sind. Aus dem Stocke schlägt die Espe ziemlich gut, aus dem Stamme fast gar nicht aus und steht hierin den beiden folgenden Pappeln nach. Die jungen einen kegelförmigen Busch bildenden Espen gehen schnell in die beschriebene Kronenabwölbung über. Vor dem Laubfall nimmt sie wie die meisten Pappeln eine fahlgelbe Herbstfärbung an, stimmt auch darin mit den andern Pappeln überein, daß sie an den meisten Langtrieben bis zum Spätsommer fortwährend neue Blätter treibt, was jedoch andere noch mehr als sie thun. Die Lebensdauer der Espe übersteigt bei uns nicht leicht 60 bis 80 Jahre und sie wird dabei höchstens 18—24 Zoll stark bei einer Höhe von 60—70 F. Ihre häufigsten Krankheiten sind die Wipfeldürre, die man außerordentlich oft sieht, und die Kern- und Stockfäule. Das Wild verbeißt sie im Winter sehr stark, weil dasselbe die Knospen und Triebe ganz besonders liebt. Zwei schöne Blatt-Käfer mit schwarzeni Brust- schild und lebhaft ziegelrothen Flügeldecken, Chrysomela Populi und tre- mulae, skelettiren als Larven die Blätter des jungen Aufschlags und der Wurzelschößlinge, wodurch diese zuweilen sehr leiden. Die Larve eines Bockkäfers , Saperda populnea L., frißt das Mark der Espentriebe, welche dadurch an der betreffenden Stelle anschwellen und brüchig werden. Die forstliche Bedeutung der Espe ist sehr untergeordnet, ja man findet sie in vielen forstlichen Werken geradezu ein Unkraut genannt, als welches sie allerdings auf solchen Saatkulturen nicht selten erscheint, auf welchen man eine bessere Holzart erziehen will. Gleichwohl ist sie ihres zu vielen Dingen sehr brauchbaren Holzes wegen und wegen ihres schnellen Wuchses nicht nur an sich, sondern auch insbesondere überall da von Werth, wo es gilt wenigstens Reisholz zum Brennen zu erziehen und wo bessere Holzarten nicht gedeihen oder zu langsam Abhülfe gewähren würden. Bestandbildend kommt die Espe in Deutschland nirgends vor, höchstens tritt sie horstweise auf; am gewöhnlichsten aber untermischt, sowohl im Nadel- wie im Laubholzwalde. Für die Landschaftsgärtnerei ist sie von hohem Werthe, da ihr schöner gerader heller Schaft sich sehr geltend macht und ihre immer bebende Be- laubung Bewegung in die Laubmassen bringt. Die forstliche Behand- lung der Espe beschränkt sich in der Hauptsache auf ihre Benutzung wo sie sich darbietet und dann meist ohne forstliches Zuthun gekommen ist. Will man Espen erziehen, so muß man in Saatgärten gezogene Pflanzen oder ausgestochene Wurzelschößlinge verpflanzen. Im Mittelwald ist sie ihrer durchsichtigen nicht verdämmenden Krone wegen ein guter Oberbaum und wegen ihres starken Ausschlagsvermögens ein gutes Schlagholz im Niederwalde. Als grobes Schnitzholz zu Schaufeln, Mulden, Tellern, Kochlöffeln, Holzschuhen findet das Espenholz vielfache Benutzung . Seiner Leichtig- keit wegen eignet es sich auch als Bret zu Kisten und dergl. und zu Dach- bauten, da es im Trocknen dauerhaft ist. Als von jeher vom Volke des zitternden Laubes wegen beachteter Baum — der fromme Aberglaube läßt die Espe zittern, weil das Kreuz Christi aus Espenholz gemacht gewesen sei — hat er auch eine Menge volksthümlicher Benennungen: Aspe, Fuhlesch, Beberesch, Flatteraspe, Ispen, Flitter-, Flatter-, Klapper-, Pappel-, Pattel-, Rattel-, Faulbaber-, Beber-, Loff-, Lauf- und Lohespe, Ratteler, Hesse, Rauschen, Kakfiesten etc. Die Espe hat stärker vom Winde bewegt nicht blos durch das blitzende Flattern der Blätter für das Auge eine angenehme Wirkung, sondern macht sich auch dem Ohr in eigenthümlich anderer Weise bemerkbar als andere Laubhölzer, bei welchen wir das Geräusch, was ihr bewegtes Laub hervorbringt, Rauschen nennen. Dies Wort paßt für die Zitterpappel nicht; im Gegentheil bezeichnet unter den oben angeführten Volksbenennungen Ratteler das Getön der windbewegten Espenkrone ganz ausgezeichnet. Der harte Klang wird bedingt durch die fast saftlose Trockenheit und Derbheit des Espenblattes und die harten knorpeligen Zähne seines Randes, welche auf die benachbarten Blätter wie auf ein Trommelfell aufschlagen. 16. Die Silberpappel, Populus alba L. Sie gehört mit der Espe und der Graupappel ( P. canescens Smith ) in diejenige Abtheilung der Pappelgattung, welche sich durch nur 8 bis 12 Staubgefäße in den Blüthchen und dadurch unterscheidet, daß die jungen Triebe mehr oder minder behaart sind, während bei den übrigen Pappeln sich 12—30 Staubgefäße finden und die jungen Triebe unbehaart und von einem kräftig wohlriechenden Gummiharz überzogen sind; auch sind bei den letzteren die hinfälligen Kätzchenschuppen zwar ebenfalls hand- förmig zerschlitzt, aber nicht gewimpert. Die Blüthenkätzchen beiderlei Geschlechts sind viel kürzer und auch dünner als bei der vorigen, auch hängen sie nicht so schlaff abwärts, sondern tragen sich wegen ihrer etwas dicken Spindel etwas straffer. Die Staubbeutel sind gelb und die, bei jener rothen Narben bei ihr gelbgrün gefärbt. Uebrigens trägt die Silberpappel in den Blüthen die Kennzeichen aller Pappeln. LXVIII. Die Blattstiele sind kürzer, selten — bei der Espe fast immer länger — ebenso lang, nie länger als das Blatt selbst, seilich zusammen- gedrückt. Dieses ist in seinem Umriß etwas dreieckig eiförmig und meist deutlich aber seicht, drei oder fünflappig und außerdem mit unregelmäßig buchtig eingeschnittenen groben, stumpfen Zähnen, oben kahl und dunkel- grün, unten eben so wie die jungen Triebe und die kleinen breitkegel- förmigen Knospen ( LXVIII. 4.) mehr oder weniger dicht weißfilzig (2. 3.). Die Blätter jüngerer und besonders üppig wachsender Bäume sind wie gewöhnlich größer und meist noch tiefer gelappt. Der Stamm alter Bäume ist immer kurzschaftig und theilt sich in geringer Höhe in sehr starke und lange meist ziemlich gestreckte und weit- ausgreifende Aeste, welche mit sehr zahlreichen kleinen Zweigen, meist nur an der Spitze belaubten Kurztrieben, besetzt sind. Die Rinde jüngerer Stämme ist ziemlich glatt, hell grünlichgrau, an alten Stämmen nur an den untersten 8—12 Fuß und am untern Ende der starken Aeste borkig aber nicht tief aufgerissen, nach oben hin glatt bleibend und im Umkreis gestellt schwarzfleckig. Die Krone ist breit, wegen einzelner be- sonders weit ausgreifender und an freistehenden Bäumen in ihrer Richtung dem herrschenden Luftstrom folgender Aeste fast immer von sehr unregel- mäßigem Umriß. Die Wurzel treibt wenige ziemlich tief eindringende Hauptäste und zahlreichere dünne flache im Boden streichende Nebenäste. Das Holz der Silberpappel ist sehr weich und hat einen braun- gelben Kern und weißlichen Splint, während das nur scheinbar sich als solches unterscheidende Kernholz mehr beginnende Kernfäule zu sein scheint. Die Jahresringe durch eine feine dunklere Herbstlinie deutlich unterschieden. Mark wie bei allen Pappeln auf dem Querschnitt fünfeckig. Eigentliche Abarten der Silberpappel lassen sich kaum unterscheiden, wohl aber je nach dem Standorte und vielleicht auch durch individuelle Eigenthümlichkeiten bedingt mehrere Blätterspielarten. Oft scheint, nament- lich in Parkanlagen die Grau-Pappel für die echte Silberpappel genommen zu werden, was freilich auch umgekehrt der Fall ist. Als Standort liebt die Silberpappel einen feuchten Boden, der dann aber auch sandig, nur nicht sauer sein darf; sie steht darum gern in Flußniederungen. Obgleich ihre Verbreitung auch in Deutschland eine sehr umfassende ist, so ist die Silberpappel — wenn auch jetzt voll- kommen eingebürgert — doch wohl ursprünglich kein deutscher Baum sondern mehr im Süden zu Hause. In Spanien, namentlich im Valen- cianischen ist sie ein ausgezeichnet schöner Baum mit viel glattrer, beinahe fleckenloser, bis zu bedeutenderer Stärke fast grüner Rinde. Im Leben hat die Silberpappel das Meiste mit der Espe und den übrigen Pappeln gemein, namentlich den reichen Stock- und Wurzelaus- schlag. Die jungen Blättchen sind Anfangs auf beiden Seiten weißfilzig, und werden erst allmälig auf der Oberseite kahl und glänzend dunkelgrün, während auf der Unterseite der Filz und damit die weiße Farbe bis gegen den Herbst fast noch zuzunehmen scheint; wenigstens tritt der Gegensatz der beiden Farben des Blattes an windbewegten Kronen anfänglich nicht so grell hervor wie im Spätsommer. Vielleicht hat dies seinen Grund aber nur darin, daß die Oberseite erst vom Juni an ihr tiefes Dunkelgrün annimmt, durch welches sich die Silberpappel von ihren Gattungsver- wandten sehr unterscheidet. Unsern Winter verträgt sie vollkommen gut und läßt sich, was von der Espe weniger gilt, leicht durch große Steck- reiser vermehren. Die forstliche Bedeutung ist noch geringer als bei der vorigen, weil sie als sperrig wachsender und dichter belaubter Baum viel Raum in Anspruch nimmt und als Oberbaum im Mittelwalde mehr verdämmt als jene. Desto größer ist ihre Bedeutung für den Waldfreund und für den Landschaftsgärtner durch den von jedem Luftzuge hervorgerufenen Farben- kontrast ihres kaum weniger als bei der Espe zitternden Laubwerks. Schon aus weiter Ferne verräth sich die vom Winde bewegte Silber- pappel durch das Aufblitzen der schneeweißen Laubrückseite, während bei der Graupappel dies viel unbedeutender ist. Die Benutzung des Holzes ist dieselbe wie bei der Espe. Von den zahlreichen Volksbenennungen der Silberpappel sind an- zuführen: Abelen, Abelebaum, Wißalberbaum, Wiß- und Bollbaum, weißer Saarbaum, Weißbelle, Lawele, Heiligen- oder Götzenholz, Belle, Albernbaum. Vor der Schwarzpappel ist hier die schon genannte Graupappel , P. canescens Smith, wenigstens kurz zu erwähnen, deren Vorkommen in Deutschland zwar zweifellos aber hinsichtlich der einzelnen Fundorte noch nicht hinlänglich festgestellt ist, da wahrscheinlich von Manchen Blätter- spielarten der Silberpappel für die echte Graupappel, welche namentlich in Ungarn und Siebenbürgen zu Hause ist, gehalten werden, wie es zuerst gewissermaßen officiell von Willdenow geschehen ist, weshalb P. canes- cens Willd. gleichbedeutend mit P. alba varietas ist. Die echte Grau- pappel unterscheidet sich von der Silberpappel hinsichtlich der vorzugsweise maßgebenden Blüthenmerkmale dadurch, daß bei ihr die beiden Narben nicht blos zweitheilig wie bei der Espe und Silberpappel, sondern drei- bis viertheilig gespalten sind. Die Blätter sind unten nicht so entschieden weißfilzig, sondern nur leicht mit einem graulichen Haarfilz bedeckt. Sie sind von einem im Allgemeinen eirunden Umriß und am Rande buchtig oder eckig gezähnt und weniger eigentlich gelappt, als es die Blätter der Silberpappel sind. Die Rinde des Stammes ist glatter. Ohne Zweifel wird zuweilen die Silberpappel mit der Graupappel verwechselt, da die erstere bis Ende Mai ganz die Blätter der letzteren und erst von da an drei- bis fünflappige unten weißfilzige Blätter treibt. 17. Die Schwarzpappel, Populus nigra L. Um die Ehre ein Baum erster Größe zu sein streitet mit der Silber- pappel die Schwarzpappel nicht ohne Erfolg und hat vor jener noch den Charakter einer schlichten Großartigkeit voraus. Wenn sie wie alle Pappeln lange vor dem Ausbruch des Laubes blüht, so hat der männliche Baum in dem leuchtenden Roth der noch ge- schlossenen Staubbeutel seiner bis 3 Zoll langen Kätzchen einen von den kleinen, wie bei den vorigen strahlig zerschlissenen, Deckschuppen nicht beeinträchtigten Schmuck, welcher sich besonders in den obersten Verzwei- gungen der Krone vertheilt findet. Die männlichen Blüthchen der Schwarz- pappel, die man zur Blüthezeit in Menge, durch ihre Farbe in das Auge fallend, unter dem Baume liegen sieht, sind durch ihre Größe am besten geeignet, den Bau der Pappelblüthe kennen zu lernen. Auf der Fläche eines fast pilz- oder schirmartig gestalteten Trägers stehen die zahlreichen, bis 20 und mehr, Staubbeutel gleichmäßig vertheilt auf ziemlich langen und haarfeinen Staubfäden. Die weiblichen Kätzchen haben eine grüne Farbe und lassen bei der Reife aus den leierförmig aufspringenden Kapseln eine reiche Fülle blendend weißer Samenwolle hervorquellen, welche mit den kleinen Samen, denen sie anhaftet, großentheils noch eingeschlossen in Roßmäßler, der Wald. 29 den Samenkapseln mit den Kätzchen abfällt. Die trichterförmige Blüthen- hülle des weiblichen Blüthchens und die vierspaltigen Narben sind eben- falls besonders groß und deutlich ausgeprägt. LXIX. Blatt der Schwarzpappel, Populus nigra L. Das Blatt der Schwarzpappel (LXIX.) ist von allen deutschen Arten das größte, beiderseits vollkommen kahl, glatt und mattglänzend, und ähnelt sehr dem der italienischen Allee-Pappel. Es ist aber mehr dreieckig, während das der italienischen Pappeln mehr rautenförmig ist. Die Basis bildet die fast ganz gestreckte, selten nach dem Blattstiele in einen schwach angedeuteten Winkel gebrochene Grundlinie des Blattdrei- ecks; ja an üppigen Trieben ist sie hier sogar etwas herzförmig einge- drückt. Die Spitze ist fast immer ziemlich lang und schlank ausgezogen. Der Blattrand ist ziemlich regelmäßig bogig und stumpf gezähnt. Der Blattstiel nach oben hin stark zusammengedrückt, an den Trieben älterer Bäume von der Länge des Blattes, an üppigen Stockausschlägen kürzer. Die beiden Drüsen an der Stelle, wo er in die Blattfläche eintritt, sind bald vorhanden bald fehlend. Da die Schwarzpappel nur wenige Kurz- triebe bildet, dagegen fast immer aus der Endknospe einen ansehnlichen Langtrieb entwickelt, neben welcher die Seitenknospen großentheils ver- kümmern, so erscheinen die langen ruthenförmigen Zweige fast nur an den Enden beblättert. Die entwicklungsfähigen großen Laub-Knospen stehen meist nur an der oberen Hälfte der Triebe; sie sind mit einem goldgelben wohlriechenden Gummiharz überzogen, sind spitzkegelförmig und von den Schuppen derselben sind die äußersten sehr kurz. Die Blattstielnarbe ist mehr oder weniger deutlich dreilappig mit 3 Gefäßbündelspuren. Von den drei Ecken derselben — besonders deutlich an Stocklohden — laufen 3 Kanten am Triebe herab (S. 63. F. IV. 3.). Die Triebe haben ein sehr deutlich fünfeckiges Mark und eine schmutzigockergelbe Rinde. Der Stamm ist anfänglich ziemlich glatt und grau berindet, bekommt jedoch an alten Bäumen eine sehr starke tief- und grobrissige Borkenrinde, welche der alten Eiche sehr nahe kommt, aber etwas heller aussieht. Der nicht selten bis 3 Fuß und darüber starke Stamm schickt, und oft erst in bedeutender Höhe, meist nur wenige mächtige, nur wenig gebogene, oft sogar sehr gerade Aeste aus, welche weit ausgreifen und eine große Fläche beschirmen. Diese Hauptäste zertheilen sich meist nur an ihrer oberen Hälfte in zahlreichere, ebenfalls wenig gekrümmte Zweige, welche sich ebenso in nur leicht gebogenes Gezweig von langen schlanken Trieben auflösen. Die Schwarzpappel ist überhaupt derjenige deutsche Laubholzbaum, welcher die lockerste, weitschweifigste und durchsichtigste Krone hat; letztere Eigen- schaft wenigstens insofern, als man unten am Stamm stehend die innere Gliederung der Krone klar überschaut. Hierin übertrifft sie sogar die Eiche, von der auf S. 386 diese Eigenschaft hervorgehoben wurde. Da- durch, daß die Laubknospen sich vorzugsweise an den Spitzen der Triebe zusammendrängen gewinnt die feine Verästelung etwas Abgestuftes, Quirl- oder Straußförmiges, wodurch es den Krähen außerordentlich leicht gemacht wird, ihr großes aus Reisig ziemlich locker zusammengefügtes Nest da- zwischen anzubringen. In einem Theile der schönen Promenaden Leipzigs stehen kolossale Schwarz- und Silberpappeln in Mehrzahl beisammen, aber ausschließend auf jenen nisten hunderte von Saatkrähen und belästigen mit ihrem ohrenzerreißenden Gekrächz die Bewohner der dicht dabei liegenden Häuser. Trotz dieser lockeren Verzweigung ist die Krone der Schwarzpappel nicht arm, sondern wenigstens in ihrer oberen Hälfte dicht und schattig, wozu die an den Spitzen der Triebe dicht zusammengedrängten großen 29* breiten Blätter beitragen. Dadurch, daß die unteren älteren, selbst die ausgreifendsten Aeste, an ihren Enden in schönem Bogen aufwärts strebend, ununterbrochen mit Endlangtrieben fortwachsen, während bei andern Baum- arten diese sich mehr seitlich ausdehnen, gewinnt im hohen Alter die Schwarzpappel eine breite, oben fast ebene, gewissermaaßen viereckige Kronengestalt. Die Wurzel schickt einen Theil der Aeste tief in den Boden und läßt die übrigen ganz seicht im Boden weithin streichen. Das Holz ist dem der vorhergehenden Arten sehr ähnlich, doch etwas zäher, wenn auch großporiger und daher weniger dicht. Auf gutem Boden macht die Schwarzpappel in der ersten Hälfte ihres Lebens sehr starke, zuweilen ½ Zoll breite Jahreslagen. Abarten sind von der Schwarzpappel nicht bekannt. Man kann aber in ihr zuweilen irre werden, wenn es sich um jüngere etwa fußdicke, geschneidelte und geköpfte Bäume handelt, welche von ebenso behandelten italienischen Pappeln schwer zu unterscheiden sind. Das Leben der Schwarzpappel hat alle Hauptzüge mit der Espe gemein: Blüthe- und Reifzeit, Schnellwüchsigkeit in der Jugend, späte Kronenabwölbung und große Ausschlagsfähigkeit. Letztere ist an der Wurzel etwas geringer als bei der Espe, aber viel größer am Stock, Stamme und in der Krone, daher sie sich ganz vorzüglich zu Kopfholz- und Schneidelwirthschaft eignet (S. 391.). Eine als Kopfholz behandelte Schwarzpappel zeigt namentlich im unbelaubten Zustande eine große Aehnlichkeit mit einer Kopfweide, und dies hat ihr ohne Zweifel den Namen „Pappelweide“ verschafft, der im Volke sehr gebräuchlich ist. Selbst alte Bäume treiben aus dem Stocke auf hinlänglich lockerem Boden eine Menge Schößlinge, welche kräftig wachsen und dem Baume ein schönes grünes Fußgestell geben. Ihre weitausgreifenden mächtigen Aeste machen ihr viel Bodenraum nöthig, weshalb sie immer sehr räumlich steht. Das Leben der Schwarzpappel scheint eine sehr große Dauer zu haben. Mit 40 bis 50 Jahren ist sie schon ein großer Baum, wird aber viel älter und erreicht nicht selten im Freien aber gedeihlichen Stande eine Höhe von 80 und mehr Fuß. Wie die Kopfweiden so werden auch die geköpften und regelmäßig geschneidelten Schwarzpappeln zuletzt hohl, was aber nicht hindert, daß sie sehr alt und stark werden. Sonst hat sie von Krankheiten und Feinden fast nicht zu leiden. Der Standort muß für die Schwarzpappel, wenn sie gut wachsen soll, fruchtbar und frisch und von warmer Lage sein. Als Heimath der Schwarzpappel wird zwar allgemein und ganz unbedenklich Deutschland angegeben und dies mag wohl auch zuletzt richtig sein; allein die Art ihrer Verbreitung und ihres Vorkommens läßt doch einiges Bedenken dagegen aufkommen. Man findet sie nämlich entschieden am häufigsten in der Nähe der menschlichen Wohnungen und des umgestaltenden Einflusses des Menschen auf die Pflanzenwelt, und wenn sie hier und da in Feld- hölzern oder selbst in Waldungen vorkommt, so würde das bei einem so gut gedeihenden Baume mit den befiederten so leicht überall hin verbreiteten Samen noch keineswegs mit Nothwendigkeit für die ursprüngliche Eingeborenheit sprechen. Sie folgt dem Menschen überall hin, dient ihm als Einfriedigung und Befestigerin der Flußläufe und befindet sich selbst auf Triften und Weiden wohl, am besten vielleicht auf zeitweilig überschwemmten Niederungen. In gewissem Sinne ist die forstliche Bedeutung der Schwarz- pappel vielleicht größer als die der Espe und sie kann wenigstens nicht wie diese ein forstliches „Unkraut“ gescholten werden. Wo offenbarer Holzmangel ist, da vermag sie als Kopf- und Schneidelbaum bei ihrem reichen Ausschlag und schnellem Wachsthum entschieden am besten Abhülfe zu schaffen. Zu diesen beiden Bewirthschaftungsarten und zum Niederwald- betriebe, ohne Vermischungen, da sie alles Andere überwächst, ist sie daher unter dieser Voraussetzung sogar sehr werthvoll. Niemals aber im Hoch- walde, weil sie sich zu licht stellt und daher zu viel Bodenfläche in An- spruch nimmt. Die forstliche Behandlung muß sich hiernach ganz so wie bei der Espe und Silberpappel gestalten. Während von Seiten der eigentlichen Forstverwaltung kaum etwas zur Anzucht der Schwarzpappel geschieht, ist dies von Seiten der landwirthschaftlichen Holzzucht vielfach geschehen und läßt sich dabei dieselbe leicht durch Setzstangen von einigen Fuß Länge vermehren, wozu selbst Wurzelschößlinge benutzt werden können. Die Benutzung des Pappelholzes ist wie bei den vorigen Arten, und die der Blätter als Futterlaub für Schafe und Ziegen vielfach empfohlen (siehe S. 398.). Zum Schluß ist noch auf einen habituellen Charakter der Schwarzpappel aufmerksam zu machen, der sie vor allen übrigen Laubbäumen auszeichnet, wenn nicht, was mir wieder zweifelhaft geworden ist, die Silberpappel ihn mit ihr theilt. Wahrscheinlich gleicht jedoch die canadische Pappel, P. canadensis, die auch sonst der Schwarz- pappel sehr nahe verwandt ist, dieser in diesem Charakter. Ich habe in meinen „Reise-Erinnerungen aus Spanien“ ( II. S. 70.) mich hierüber folgender- maßen ausgesprochen. „Ich möchte die genannten Pappelarten Sympathie- bäume nennen. Ueberall, wo sie jede für sich truppweise zusammenge- pflanzt sind, verschmelzen sie ihre Kronen derart zu einem einzigen Ganzen, daß man selbst aus der Ferne die Umrisse der einzelnen nicht unterscheiden kann.“ — „Jene Pappelgruppen leben gewissermaßen ein gemeinsames Leben, von welchem die größte Kraft im Mittelpunkte der Gruppe lebt; während bei anderen Bäumen meist die Randbäume die weitästigsten sind.“ Außer der bereits angeführten Benennung Pappelweide trägt die Schwarzpappel noch die landesüblichen Namen Bell und Böll, Holzbaum, Sarbuche, Sare, Sarbaum, Saarweide, Madenbaum, Wollenbaum, Feld- baum, Rheinweide und andere. 18. Die Sahlweide, Salix caprea L. Aus der Weiden großer Artenzahl und ärgerlich großer Anzahl von Ab- und Spielarten gehören nur wenige für unsere Betrachtung des Waldes, weil nur wenige im Walde heimisch und diese wenigen von keiner forstlichen Bedeutung sind. Insofern aber Sümpfe und Teiche, sumpfige und moorige Waldwiesen, Bäche und Flüsse innerhalb der Gränzen zusammenhängender Waldungen fallen, gehören allerdings sehr viele, ja fast alle Weidenarten in das Bereich des Waldes, denn an allen diesen Standorten kommen Weiden, ja eigentlich an ihnen allein vor. Die Gattung Salix ist die artenreichste deutsche Holzgattung, denn z. B. Reichenbach , indem er die zwergenhaften Alpenweiden mitrechnet, zählt in seiner Flora excursoria nicht weniger als 54 in Deutschland oder vielmehr in Mitteleuropa wachsende Weiden auf. Von diesen sind namentlich 2 Arten vorherrschende Waldbewohnerinnen, sowohl in der Ebene als und zwar noch mehr im Gebirgswalde. Bevor wir die erste in der Ueberschrift genannte näher untersuchen ist der wichtigen und all- gemein bekannten Pflanzengattung eine kurze allgemeine Betrachtung zu widmen. Wir kennen die Gattung Weide schon als die Namengeberin einer Unterfamilie der Kätzchenbäume, oder richtiger einer von den selbstständigen Familien, in welche man die Kätzchenbäume zerfällen muß, und sie ist als solche die nächste Verwandte der Gattung Populus, ja sie bildet mit dieser ganz allein die Familie der Salicineen. Namentlich spricht sich die nahe Verwandtschaft beider in der Frucht und im Samen aus (siehe d. Figuren). Die Weiden sind als Ebenenpflanzen fast ausschließend Bewohne- rinnen der nördlichen gemäßigten Zone, und nur wenige kommen unter dem entsprechenden Wärmemaaß auf den höchsten Bergen der warmen und der heißen Zone vor. Nur eine Art, S. Humboldtiana W. wächst auf der südlichen Halbkugel. Alle Weiden sind zweihäusig, männliche wie weibliche Blüthen, von höchster Einfachheit, stehen in Kätzchen, welche mit einem kurzen mehr oder weniger deutlich beblättertem Stiele versehen sind, zusammen, welche ent- weder vor, mit oder nach dem Laube sich entfalten. An Blüthenhüllen findet sich nichts als ein lanzettliches behaartes zungenförmiges Deckblätt- chen, welches am Grunde innen eine Drüse trägt ( LXX. 3.). Hinter diesen stehen je nach dem Artcharakter 1, 2, 3 oder 5 Staubgefäße in der männlichen (2.) und 1 Pistill mit 2 Narben in der weiblichen Blüthe (5. 6.). Danach kann man die Weiden in 1-, 2-, 3- und 5- männige eintheilen. Aus dem Pistill erwächst eine zweiklappige einfächerige Kapsel, welche eben so wie die beschopften Samen denen der Pappeln sehr ähnlich sind (7. 8. 9.). Die bald kahlen bald behaarten Blätter der Weidenarten schwanken zwischen den beiden Extremen der schmalen, fast linealen Lanzett- form und der eirunden Gestalt, ja eine Alpenweide ( S. reticulata L. ) hat sogar ein kleines Erlenblatt. Merkwürdig schwankend ist das Auftreten der Nebenblättchen, indem es Arten ganz ohne solche und andere mit bleibenden Nebenblättchen giebt (12 ***). Bei den Weiden allein von allen unseren Laubhölzern finden sich einschuppige Knospen (10. 11.); bei der Entfaltung der sich dehnenden Knospen wird die nach innen zu liegende Naht der kapuzenförmigen Schuppe auseinandergedrängt, was namentlich bei den Blüthenknospen deutlich zu sehen ist (11.). LXX. Die Sahlweide, Salix caprea L. 1. Triebspitze mit männlichen Kätzchen; — 2. Männliche Blüthe; — 3. Unterer Theil desselben um das Deck- blättchen und die Schuppe zu zeigen; — 4. Triebspitze mit einem weibl. Kätzchen; — 5. Weibliche Blüthe; — 6. Narbe; — 7. Noch geschlossene Frucht; — 8. Aufgesprungene Frucht; — 9. Same; 10. 11. Geschlossene und im Entfalten begriffene Blüthenknospen; — 12. Beblätterter Trieb, *** Nebenblättchen. (2. 3. 5. 6. 7. 8. 9. vergrößert.) Was den gestaltlichen Umfang der Weidenarten betrifft, so schwankt dieser zwischen zwei weit auseinanderliegenden Extremen. Während einige Arten zu ansehnlichen bis 50 Fuß hohen starken Bäumen erwachsen, kommen im hohen Norden und auf den Alpen Weidenarten vor, welche kaum über 1 Zoll hohe Stämmchen treibend dicht zusammengedrängt einen dichten Rasen bilden, der kaum höher als die Grasnarbe unserer Schaf- triften ist. Indem wir an die hunderterlei groben und feinen Korbflechtereien, an die Faßreifen und an die Faschinen zu schützender Flußufer, an das Anbinden junger Bäume denken, fällt uns die Wichtigkeit der Weiden von selbst ein. Die Zähigkeit des Holzes ihrer dünnen und langen Triebe, deshalb besonders Weiden- Ruthen genannt, macht diese zu einem durch nichts zu ersetzenden vielfach verwendbaren Stoff, während das Stamm- holz der baumartigen Weiden nur einen sehr geringen Werth hat. Indem wir nun die Hauptvertreterin der Weiden im Walde, die Sahlweide , betrachten, so ist diese gleichwohl nicht diejenige Art, welche am meisten einer baumartigen Entwicklung fähig ist. Dies ist weit mehr der Fall bei einigen Weiden, die mehr fern vom Walde an Bachufern und auf Wiesen wachsen, z. B. S. fragilis, alba, triandra und andere. Die männlichen Kätzchen sind eirund (1.) und die Blüthchen tragen 2 Staubgefäße mit sehr langen Staubfäden (2.). Die Kätzchen, was auch von den weiblichen gilt, erscheinen wie bei allen vor dem Laube blühenden Arten in einen silberweißen Pelz gehüllt (11.), gebildet von den Haaren der Deckblättchen (2. 3.). Die weiblichen Blüthenkätzchen sind mehr walzenförmig (4.); die Narbe des anliegend behaarten Stempels (6.) ist zweitheilig. Die Frucht ist der wenig veränderte und vergrößerte Stempel; sie springt in 2 schmal lanzettliche Klappen auf und läßt die vom Grunde aus fein und silberweiß beschopften Samen frei. Das Blatt ist länglicheirund, mit deutlich ausgezogener meist etwas zurückgekrümmter Spitze und stark runzelig ausgeprägtem Adernetz, unten fast filzig behaart, daher graulich und sammet- artig weich, oben fast kahl und lebhaft grün, am Rande wellig kerbzähnig. Die Nebenblättchen (12 ***) sind an langen Trieben, namentlich an Stock- schößlingen, oft nur an den oberen Blättern ausgebildet und fehlen den unteren oft gänzlich. Die Triebe der Sahlweide haben eine grüngraue mit kurzen weichen Flaumhaaren besetzte Rinde und ein großes weißes Mark. Sie sind unter allen baumartig wachsenden Weidenarten am häufigsten Kurztriebe, weniger ruthenförmige Langtriebe. Auch der Stamm ist weniger schlank als bei andern Weiden, sondern meist etwas knickig, mit einer, namentlich im Winter bis zu bedeutender Aststärke und auch noch an etwa 10 Zoll starken Stämmen, grüngrauen bis graugrünen ziemlich glatten Rinde bekleidet, welche nur ganz unten borkenrissig wird. Wegen der nur wenigen und verschieden langen Haupt- äste ist die Krone locker und unregelmäßig. Die Wurzel hat wenige aber ziemlich tief eindringende Aeste. Das Holz ist weiß mit sehr zahl- reichen, nur manchmal paarweise, seltner zu 3 bis 5 verschmolznen kleinen Poren; Markstrahlen sehr zahlreich und fein; Jahresringe meist ziemlich breit, durch porenarmes Herbstholz bezeichnet. Das Holz hat ziemlich häufig braungelbe Markfleckchen. Obgleich das Sahlweidenholz sehr leicht und weich ist, so ist es doch zähe und ziemlich dauerhaft, ist leicht spaltig und brennt prasselnd mit träger Flamme. Der Standort der Sahlweide ist ein frischer lockerer nicht zu felsiger oder, wenn dieses, wenigstens sehr klüftiger und humusreicher Boden des Mittelgebirges, während sie weder in der Ebene gern wächst, noch sehr weit in bedeutendere Höhen geht, wo sie sogar noch gegen die Buche zurückbleibt. Auf solchen Standorten ist sie in Deutschland sehr ver- breitet . Dagegen gedeiht sie in dem Ueberschwemmungsgebiet der Niede- rungen ebenso wenig wie in zu trocknen sonnigen Lagen. Ihr Leben ist von dem der meisten übrigen, eben dadurch allgemein sich auszeichnenden Weiden in vielen Punkten verschieden. Wenn sie auch auf den Stock gestellt, viel weniger aus der Wurzel, ein starkes Aus- schlagsvermögen besitzt, so wächst sie doch, wie bereits angedeutet, als Baum viel weniger rasch und auch viel weniger hoch, als manche andere Weiden und eignet sich auch nicht zum Kopfholzbaum. Unter günstigen Verhältnissen kann sie in einem Sommer bis 6 Fuß lange und 1 Zoll starke Stocklohden mit riesigen Blättern treiben. Durch Stecklinge läßt sie sich leicht vermehren. Von Feinden und Krankheiten der Sahlweide ist um so weniger bekannt, als sie kaum ein Gegenstand forstmännischer Be- handlung ist. Daher ist sie auch ohne eigentliche forstliche Bedeutung , obgleich sie, mit andern Holzarten gemischt, im 8—10 jährigen Niederwald- betrieb in der Holzproduktion für holzarme Gegenden von wenigen Holz- arten übertroffen werden dürfte. Die Benutzung des Sahlweidenholzes außer zur Heizung, ist zwar sehr manchfaltig aber auf Dinge geringerer Maaße beschränkt, weil die Sahlweide keine bedeutende Stamm-Stärke und Langschaftigkeit zeigt. Zu groben Korbgeflechten und zu Reifen sind die Stocklohden brauchbar. 19. Die Ohrweide, Salix aurita L. Ein seltner mehr als 4—5 F. hoher feinästiger sperriger Busch, welcher ebenfalls vor den Blättern blüht und wesentlich kleinere schmal eiförmige Kätzchen hat, von denen die männlichen sich durch sehr lange Staubfäden auszeichnen. Die Blätter sind ziemlich klein, verkehrt ei- förmig, zugespitzt, am Grunde meist deutlich keilförmig verschmälert, mit undeutlich gezähneltem Rande und blaugrüner Rückseite. Die Nebenblätter sind sehr entwickelt, nierenförmig und fast ganzrandig; (sie haben der Art den Namen gegeben und lassen sie leicht von andern Arten unterscheiden). ( LXXI. auf folg. S.) Fast ohne alle forstliche Bedeutung ist die Ohrweide hier nur deshalb aufgenommen, weil sie namentlich in den Waldungen der Vor- berge außerordentlich verbreitet vorkommt , wo sie sich in jungen Be- ständen und etwas erwachsenen Kulturen aller Holzgattungen leicht ein- nistet und wegen ihres ausschlagskräftigen reichbewurzelten Stockes schwer ausrotten läßt. Sie thut jedoch kaum Schaden, da sie nicht verdämmt und nützlicheres Holz nie überwächst. Sie liebt denselben Standort wie die vorige, am meisten strengen Lehmboden, kommt aber auch auf anderen Bodenarten vor, selbst auf Moorboden, wo sie kleinblättrig wird. Wegen der Blattähnlichkeit führt die Ohrweide auch den sehr bezeichnenden Namen Salbei-Weide . Uns mit diesen 2 Weidenarten für unsere genauere Betrachtung be- gnügend, brauche ich kaum zu wiederholen, daß zahlreiche andere Weiden- arten in dem Bereich des Waldes auftreten, sobald in ihm Weiher und Sümpfe, Flußläufe und größere Bäche liegen. Da begegnen wir an den Flußufern selbst den Korbweiden deren nützliche Ruthen an manchen Orten Wieden genannt werden ( Salix viminalis L., S. rubra L., S. purpurea L. u. s. w.); um Walddörfer stehen die baumartigen Weiden ( S. alba L., S. triandra L., S. fragilis, S. vitellina und andere), die entweder als Kopfholz benutzt, oder da die Walddörfer keinen Holz- mangel leiden, als stattliche Bäume von 50—60 Fuß Höhe emporwachsen und allein von allen unseren Laubbäumen die zarte fast haarartige Be- laubung der Krone zeigen und dadurch fast einen fremdländischen Zug in unsere Baumwelt bringen. Unter diesen Baumweiden findet sich auch ein Seitenstück der Silberpappel, denn das unterseits von dicht anliegenden seidenartigen Haaren fast silberweiße Blatt der Weißweide , S. alba L., zeigt eben so wie jene das blitzende Wechselspiel des Farbenkontrastes. Die Bruchweide , S. fragilis L. überrascht uns durch die namengebende Eigenschaft, daß man mit der leisesten Gewalt ihre Triebe und Zweige LXXI. Blättertrieb der Ohrweide. von ihrer Anheftungsstelle leicht abbrechen kann. Es ist als wären diese hier eingelenkt und diese Weide stimmt hierin mit den Pappeln überein, von denen einige Arten, z. B. die Espe, was hier nachgeholt wird, an der Anheftungsstelle der Triebe eine Art Gelenkwulst haben. Manche dieser Weidenarten, namentlich die zuletzt genannten, gehören sicher zu den schönsten Arten, denn die schlanken, goldgelben männlichen Kätzchen neben den gleichzeitig sich entfaltenden schöngrünen glänzenden Blättern ersetzen uns in unserer freien Natur die zarten neuholländischen Acazien unserer Gewächshäuser, da sie diesen außerordentlich ähnlich sehen. Nicht minder erinnert die ebenfalls genannte S. triandra L. an einen Fremd- ling, an die Platane. Sie heißt deshalb Krebsweide , weil sie im Früh- jahr platanenartig große dünne Borkentafeln abwirft und die neue Haut krebsroth aussieht. Auch die vorhin erwähnten Zwergweiden der Alpen finden auf unseren Moorwiesen fast ihres Gleichen in der niedlichen kaum über 1 Fuß hoch werdenden Wiesen - oder Kriechweide , S. repens L., die unser Fuß niedertritt, ohne daß wir merken, daß wir über die Wipfel von Zwergbäumchen hinwegschreiten. Was auf S. 203 von der italienischen Pappel erzählt wurde, daß sie, so viele wir deren haben, doch alle zusammen nur Theilganze eines einzigen großen uralten Gesammtganzen sind, das gilt wahrscheinlich auch von der bekannten Thränen - oder Trauerweide , S. babylonica L., wenn das wahr ist, was man sich über ihre Einführung in Deutschland erzählt. Die Mönche des Sinai schickten, so sagt man, dem Kaiser Joseph Südfrüchte in einem niedlichen, aus sehr feinen und gleichmäßigen Weiden- ruthen geflochtenen Körbchen. Da die Ruthen noch sehr frisch schienen, so pflanzte man sie als Stecklinge, die auch gut anschlugen. Davon sollen alle unsere Thränenweiden abstammen. Thatsache ist, daß wir nur weib- liche Exemplare haben, wie wir nur männliche Allee-Pappeln haben. Noch sei erwähnt, daß die Weiden, namentlich die üppigen Triebe der Weidenheger in großen Flüssen, außerordentlich häufig die S. 81 beschriebene Prolepsis zeigen. Das an sich schon schwierige Studium der Weiden wird dadurch noch wesentlich erschwert, daß man nicht nur zuweilen Mühe hat, zu einer gefundenen männlichen Weide ein weibliches Exemplar zu finden, sondern daß man bei den vor dem Laube blühenden Arten sich den Busch genau merken muß, von dem man die Blüthen nahm, um dann einen Monat später die inzwischen ausgebildeten Blätter von demselben Busche zu holen. Es gehören also stets drei oder (bei den mit dem Laube blühenden Arten) mindestens zwei Exemplare von jeder Weide in das Herbarium: ein männ- licher und ein weiblicher Blüthenzweig und — bei vorblühenden Arten — noch ein männlicher oder weiblicher Blätterzweig, am besten jedoch beide, um sicher zu sein, daß die Blüthenzweige zusammengehören, worüber in den meisten Fällen die Blätter entscheiden. 20. Die Feld-Rüster oder Feld-Ulme, Ulmus campestris L. Wie wir uns von der Buche bis zu den Weiden überzeugen mußten, daß die alte Familie der Kätzchenbäume, Amentaceen, zu einer größeren Abtheilung erhoben und in mehrere eigentliche, schärfer umgrenzte Familien zerfällt werden mußte, so ist es auch mit der ehemaligen Familie der Nesselgewächse, Urticaceen, zu der die Ulmen gehören. Auch sie ist zerfällt worden in 7 Familien, von denen die eine als Ulmengewächse, Ulmeen, die Rüstern wesentlich ausmachen. Schon der urtheilende Blick des Laien sträubt sich die Rüster, Brennnessel, Hopfen, Hanf, Maulbeer- und Feigenbaum, wie es der Fall war, in Einer Familie zu verbinden. Wir begegnen zufolge der beobachteten Reihenfolge unserer Baum- betrachtung in den Ulmen oder Rüstern zum erstenmale Bäumen mit Zwitterblüthen, während wir es bisher immer nur mit getrenntgeschlechtigen — entweder ein- oder zweihäusigen zu thun hatten. Der deutsche Wald birgt mehrere Ulmenarten; wie viel — darüber ist fast eine noch größere Meinungsverschiedenheit unter den Pflanzen- forschern als wir sie wegen der Birken fanden. Wir haben, ehe wir es versuchen wenigstens drei Arten zu unterscheiden, den allen gemeinsamen Gattungscharakter festzustellen. Die lange Zeit vor dem Ausbruch der Blätter erscheinenden Blüth- chen ( LXXII. 3.) sind zwitterig, an der Stelle der fehlenden gegensätzlich ausgeprägten Kelch- und Kronenblätter findet sich nur eine glockige fünf- (oder vier-) spaltige Blüthenhülle (Perigon), welche verwelkend stehen bleibt; Staubgefäße 5 oder 4 oder zahlreicher bis 12 mit bald abfallenden braunrothen Staubbeuteln auf ziemlich langen haarfeinen Staubfäden; der nur eine platt gedrückte Fruchtknoten (4.) hat 2 bebartete auswärts ge- krümmte Narben und bekommt dadurch eine leierförmige Gestalt. Am Stiele jedes Blüthchens steht ein kleines Deckblättchen (3.). Die Blüthen entspringen aus besonderen größeren, kugeligen Knospen (9.) und stehen stets in kleinen Knäueln in Mehrzahl zusammengedrängt (1.). Aus dem Stempel wird eine verkehrt herzförmige Flügelfrucht, deren den Samen ringsumgebender dünnhäutiger Flügel oben bis zum Samen gespalten und von einem vielmaschigen Adernetz durchzogen ist (5.). Der Same ist platt und mandelförmig, etwa 1 Linie groß. An der kegelförmigen Laub- Knospe stehen die Schuppen wechselständig zweizeilig, und die Knospen selbst schräg, abwechselnd nach links und nach rechts gebogen, über der ziemlich großen Blattstielnarbe (S. 60. Fig. III. 1.). Die Blätter stehen sehr deutlich wechselständig zweireihig, und es ist daher ein reich beblätterter Langtrieb einer Feder oder einem gefiederten Palmenblatte zu vergleichen. (Siehe den kleinen Busch im Vordergrunde des Bildes.) In diesen Kennzeichen stimmen alle Rüsternarten überein und wir haben nachher weitere, die einzelnen Arten von einander unterscheidende Merkmale aufzusuchen. Von anderen jedoch wahrscheinlich weniger stichhaltigen Gattungs- merkmalen, welche bei den ziemlich zahlreichen Arten vielleicht nicht immer alle vorhanden sind, ist noch zu erwähnen, daß die kurzgestielten, meist sehr rauhen Blätter schief sind, d. h. an der einen Seite tiefer am Blatt- stiele herablaufen als an der anderen (siehe namentlich später Fig. LXXIV. ) und daß das Holz ungleich große Gefäße hat (S. 104), nämlich im Frühjahrsholze eine Schicht große und im Herbstholze zahlreiche kleine, welche in wurmförmige querstehende, d. h. mit den Jahrringen gleich- laufende Gruppen geordnet sind. Die Rüstern gehören zu unseren Bäumen erster Größe, welche in der Architektur den Eichen am nächsten kommen, jedoch schwächere und weniger hin- und hergekrümmte Aeste und eine sehr rissige Borkenrinde haben. Was nun zunächst die verbreitetste Feldrüster, Ulmus campestris L., betrifft, so hat sie fünfmännige Die gesperrt gedruckten Merkmale sind die am wesentlichsten von andern Arten unterscheidenden. sehr kurzgestielte, in dichten Knäueln zusammengedrängte Blüthen (1.), und eine von der kreis- runden wenig abweichende Form der Früchte. Der Rand der Flügel- haut ist kahl (vergl. die Flatterrüster). Die Blätter sind bald mehr bald weniger schief, beiderseits, namentlich oben, von kleinen steifen, auf einer runden Basis stehenden Borstchen bald mehr bald weniger rauh und scharf anzufühlen und auf der Rückseite in den Winkeln der zahl- reichen fast geraden Seitenrippen mit kleinen weißlichen Bärtchen ver- sehen. Die allgemeine Blattgestalt ist breit elliptisch eiförmig, mit schlank LXXII. Die Feldrüster, Ulmus campestris L. 1. Eine blühende Triebspitze; — 2. Eine vorjährige Triebspitze mit Fruchtbüschel und ansitzendem jungen Laubtrieb; — 3. Eine einzelne Blüthe; — 4. Stempel; — 5. Frucht; — 6. Same mit der Samenschale; — 7. Same ohne diese; — 8. Same längsdurchschnitten; — 9. Trieb mit 2 Blüthen- und drei Laubknospen. (3. 4. 6—7. vergr.) ausgezogener Spitze und schief herzförmiger Basis. Der Rand ist doppelt sägezähnig, die größeren Zähne etwas aber nicht stark einwärts gekrümmt, nicht sehr tief eingeschnitten und oft ziemlich abgestumpft (vergl. die Flatterrüster), der Blattstiel kurz und ziemlich stark; die untersten Blätter der Triebe sind meist um vieles kleiner als die oberen und haben einen meist nur einfach und zwar sehr regelmäßig sägezähnigen Rand. Die neben dem Blattstiel stehenden lineal zungenförmigen Nebenblätter fallen sehr bald ab. Die jungen Triebe mit einzelnen bald verschwindenden steifen Härchen besetzt. Die Knospen sind dunkel chokolatbraun anliegend aschgrau seidenglänzend behaart. Die kleinen Samenpflanzen haben verkehrt eiförmige Samenlappen und nicht ungleiche einfach gezähnte Herzblätter. Der Stamm alter in gutem Schlusse erwachsene Feldrüstern ist ziemlich geradschaftig und theilt sich — freistehende tiefer — erst in ziem- licher Höhe in wenig ausgebreitete, sondern schräg aufsteigende wenig hin und hergebogene, selten eine bedeutende Stärke und eine sehr ungleiche Höhe erreichende Aeste, wobei jedoch meist einer als der den Stamm fort- führende zu erkennen ist. Die Verzweigung der Aeste in Seitenäste und immer dünnere Zweige und letzte Triebe findet unter einem großen Winkel statt, wie dies auch die abstehenden Laubknospen andeuten (9.), wie es aber auch bei den übrigen Arten der Fall ist. Freistehende alte Feld- rüstern haben eine sehr eichenähnliche Verzweigung aber selten so starke Hauptäste wie die Eiche. Die Rinde starker Stämme und der Hauptäste ist sehr aufgerissen und gefurcht, eichenähnlich aber mit einer weicheren Korkschicht; die der dünnen Zweige ziemlich glatt. Die Rüsternrinde hat eine ziemlich starke leicht in Schichten ablösbare Bastschicht. Die Rinde zweijähriger Triebe zeigt schon eine Hinneigung zum Aufreißen durch feine etwas geschlängelte Furchen, und kleine braungelbe runde Rindenhöckerchen. Die Feldrüster wölbt ihre Krone erst in einem Alter von 50 bis 60 Jahren ab und behält lange einen sperrigen Wuchs mit oft sehr merk- lichem Vorherrschen einzelner aus der Krone hervorschießender spitzer Aeste. Je nachdem der Baum im Schlusse oder frei erwachsen ist zeigt sich die Krone mehr lang oder mehr breit angelegt; im ersteren Falle meist regelmäßig nach oben abgestuft und in einen ziemlich breit und quer abgestutzten Wipfel endend; im letzteren Falle ist sie aus einzelnen ungleich hohen Partien zusammengesetzt, die jede für sich meist ebenfalls deutlich flach oder etwas gewölbt abgestutzt sind. Selbst an sehr alten Rüstern treten aus dem Umfang der Krone zahlreiche großblättrige Langtriebe hervor, was der Silhouette des Baumes etwas Lockeres und Krauses giebt. Roßmäßler, der Wald. 30 An jüngeren Bäumen und starken Stockausschlägen macht sich die oben be- schriebene palmenblatt- oder federähnliche Triebstellung als den Habitus bedingend sehr geltend, und namentlich an langen kräftigen zweijährigen Stocklohden sieht man oft zahlreiche überaus regelmäßige beiderseits ab- wechselnd kammförmig gestellte Seitentriebe, welche von unten nach oben am Haupttriebe länger sind. Diese Triebstellung hat ganz das Ansehen der Rippung eines recht spitzausgezogenen Rüsterblattes. Die Wurzel macht sowohl ziemlich tief gehende als seichter im Boden streichende Seitenwurzeln. Das Holz hat einen mehr oder weniger dunkel leber- oder chokolat- braunen Kern und einen ziemlich breiten gelbweißen Splint, ist grob jedoch ziemlich glänzend, nicht sehr spaltbar. Die großen Poren gehen allmälig in die kleinen über, letztere bilden oft zu mehreren Dutzenden aneinander gefügt wellige der Stammperipherie mehr oder weniger gleichlaufende oft sehr lange geschlängelte Linien; Markstrahlen nicht sehr zahlreich, von feiner oder mittler Dicke, ½ Linie breit, ziemlich gleichmäßig. Die Holzzellen sind im Bereiche der großen Gefäße ziemlich dünn und schwammig, die übrigen dickwandig und fest. Jahresringe durch die großen Poren des Frühjahrsholzes sehr stark bezeichnet. Das Holz brennt gut und ist in allen Verhältnissen sehr dauerhaft. Von den Abarten der Feldrüster läßt sich sehr viel oder sehr wenig sagen, jenachdem man gewisse Formen blos für Abarten von ihr hält oder als selbstständige Arten ansieht, wie es Manche thun. Es herrscht darum in der Gattung Ulmus noch sehr viel Unklarheit und Meinungsverschieden- heit über die Feststellung der Arten. Manche deutsche Floristen führen blos zwei Rüsternarten auf — diese und die Flatterrüster — andere drei, noch andere bis zu neun. In Baumgärten findet man eine krausblättrige und eine geflecktblättrige Spielart. Von Vielen wird die Korkrüster für eine Abart der Feldrüster angesehen. Als Standort verlangt die Rüster am liebsten einen fruchtbaren Auenboden und steigt auf die niederen Stufen des Gebirges bis zu 2500 F. nur wenn sie einen frischen humusreichen und geschützten Stand findet, wo sie dann allerdings ihre starken Wurzeln zuweilen tief in die Felsspalten eintreibt. In der Leipziger Ebene ist sie allgemein verbreitet; jedoch ist sie keinesweges ein eigentlicher Feldbaum wie ihr Name andeutet, da sie im Gegentheil durch trocknen sonnigen Stand leidet. Doch trifft man gleich den Linden auf Kirchhöfen und andern öffentlichen Plätzen häufig sehr alte und große Feldrüstern, die zum Theil örtliche Wahrzeichen geworden sind. Bei der Ungewißheit, ob nicht dennoch mehrere ihr sehr nahestehende Arten unterschieden werden müssen, ist es mißlich ihr Ver- breitungsgebiet genau anzugeben. In Deutschland kommen Rüstern mit Ausnahme entschiedener Heidegegenden und des Gebirgs-Nadelwaldes, wenigstens einzeln wahrscheinlich überall vor und in den meisten Fällen werden dies Feldrüstern sein; bestandbildend aber wohl nirgend. In Eng- land, Frankreich und Italien kommt sie vor; war ja doch die Ulme den alten Römern bekannt als tragender Freund für die Schlingen des Wein- stocks, so daß römische Dichter sie ulmus vidua nannten, wenn ihr kein Weinstock „vermählt“ war. Wie schon bei der Verbreitung so ist es auch bei der Betrachtung des Lebens kaum möglich, die drei Arten, welche wir nach äußerlichen Merkmalen unterscheiden wollen, auseinander zu halten; es dürfte auch an hinlänglich genauen unterscheidenden Beobachtungen über die Lebens- erscheinungen dieser drei Arten mangeln, und das Beobachtete sich mehr auf Rüstern überhaupt beziehen. Auch in folgenden Bemerkungen sollen vor- läufig die im Leben ohnehin sehr übereinstimmenden Rüstern zusammen- gefaßt werden. Neben Erlen und Haseln gehören die Rüstern zu den zuerstblühenden Bäumen, da die kleinen, nur bei der Flatterrüster ( LXXIII. 1.) deutlicher ins Auge fallenden, Blüthensträußchen sich schon im März zu öffnen pflegen. Noch ehe die Blätter nachkommen entwickeln sich die Früchte und diese sind gewöhnlich schon ganz ausgewachsen, wenn sich die Laub- knospen erst öffnen, und fallen, Ende Mai oder Anfang Juni, reif ab, wenn die Blätter eben ihr Wachsthum vollendet haben. Der dünne Hautsaum klebt die Frucht fest auf den Boden auf und erleichtert auch ohne Bedeckung das Keimen des Samens. Dies erfolgt unmittelbar nach dem Anfliegen bei hinlänglich feuchtem Boden schon nach 3 — 4 Wochen, während vorher getrockneter und ausgesäeter doppelt so lange liegt. Die Pflänzchen erreichen noch eine Höhe von 4 — 6 Zoll und entwickeln vom 2. Jahre an lange Zeit ein fördersames Wachsthum in der vorher be- schriebenen Aufeinanderfolge der Zustände von Anfangs lockeren und sperrig 30* ästigen Bäumchen bis zu dem mächtigen Baume, wobei zuletzt der Zu- wachs nur ein langsamer und sehr unbedeutender wird. Unter günstigen Bedingungen fängt die Rüster schon mit 25 — 30 Jahren an zu blühen, und in der kräftigsten Altersklasse blüht sie mehr oder weniger reichlich jedes Jahr. In besonders reichen Samenjahren (wie das gegenwärtige 1862) vermögen die dicht zusammengedrängten Fruchtknäuel den Rüstern ein höchst abenteuerliches Ansehen zu geben, indem sie es mindestens 8—10 Tage lang ganz allein sind, was den Baum begrünt, da die Blätter erst später nachkommen. Ist dies alsdann geschehen und sind inzwischen die Früchte abgefallen, so erscheint in Samenjahren die Belaubung sehr dürftig, weil eine Anzahl Triebe, an denen die Früchte saßen, nun kahl erscheinen. Der Unkundige muß dann glauben, daß Insekten den Baum großentheils entlaubt haben. Kein Baum hat eine größere Triebkraft in seinem Innern als die Rüster. Der älteste Baum hört nicht auf, am Umfange seiner Krone eine Menge Langtriebe zu machen, die an ihrer Spitze den ganzen Sommer hindurch Blätter treiben, die meist viel größer als die unteren sind. Das Ausschlagsvermögen ist über alle Theile des Baumes verbreitet; er treibt reichliche Wurzelschößlinge, und einen stehenden Stamm, namentlich wenn er etwas verdämmt steht, sieht man selten ohne zahlreiche Stammaus- schläge. Auf den Stock gestellt, geschneidelt und geköpft treibt die Rüster mit unversiechbarer Kraft üppige Sprosse hervor. Namentlich die jüngeren Stöcke bilden dann wahre Riesenblätter, an denen neben der Spitze noch 1 oder 2 Seitenspitzen heraustreten. Ueberhaupt ist das Rüsterblatt ein wahrer Proteus an Form und Größe und nicht blos an einem Baum, sondern auch an einem Triebe findet man Blätter von der verschiedensten Gestalt und Größe und Ausbildung der Randzähne Gleichwohl kann bei nur einiger Achtsamkeit keine Verwechselung mit dem Blatt eines andern Baumes stattfinden. Das niemals auffallend schiefe und viel feiner ge- zähnelte, regelmäßig elliptische Hornbaumblatt unterscheidet sich immer durch seine sich stets ganz glatt anfühlenden beiden Blattseiten, während bei dem Rüsterblatt wenigstens die eine sich rauh und scharf (namentlich beim Rückwärtsstreichen) oder weichwollig an- fühlt. Das Haselblatt ist zwar beiderseits behaart, aber niemals scharf anzufühlen, ist an seiner Basis immer regelmäßig (nicht schief) herzförmig und oben am breitesten und dann plötzlich in eine Spitze auslaufend, auch feiner und unregelmäßiger gezähnelt. Mit einem dritten Baume ist eine Blattverwechselung nicht möglich. . Besonders im dichten Baumwalde stehende Rüstern zeigen an ihren bis ganz tief am Stamme herabstehenden beschatteten Ausschlägen vollständig abweichende Blätter von kaum einen Sechstel Größe der Stammblätter. Die Rüster kann ein hohes Alter erreichen, obgleich ihre Stamm- stärke wohl oft auf ein höheres Alter deutet, als es wirklich ist, da die Jahrringe selbst im hohen Alter noch ziemlich breit sind. Es giebt Bäume von mehr als 100 Fuß Höhe, die dann wohl 200 — 250 Jahr alt sein können. Einige leider meist wipfeldürre sehr große Rüstern stehen unweit Leipzig bei dem Kuhthurm, von denen die stärkste reichlich 14par. Fuß Umfang, also über 2 Ellen Durchmesser hat. Die stärkste bekannte Rüster ist wohl die von Hampstead in der Grafschaft Middlesex, welche über der Wurzel 28 F. Umfang hat. Von derjenigen, welche 1796 bei dem Bene- dictinerkloster St. Pons im Languedoc noch stand sagte eine Urkunde, daß 1583 unter ihr dem Grafen von Savoyen Amadeus dem Grünen das Gebiet von Nizza geschenkt wurde. Die Urkunde fängt an: sub Ulmo Sancti Pontii etc. Dies deutet auf ein Alter von wenigstens 500 Jahren, da sie doch 1583 schon ein bemerkenswerther Baum gewesen sein muß. Von Krankheiten und Feinden leiden die Rüstern wenig. Unser strengster Winter und starke Spätfröste haben höchstens alten freigestellten Bäumen etwas an. Große Hitze und Trockenheit sind ihnen, da ihre tiefgehenden Wurzeln ihre Nahrung aus der Tiefe holen, kaum merklich nachtheilig. Ganz alte Bäume werden zuletzt wipfeldürr. Am lästigsten, aber doch auch ihrem Leben und Gedeihen nicht eigentlich dauernd nach- theilig, werden namentlich sonnig stehenden Rüstern mehrere Blattsauger: Schizoneura lanuginosa Hartig und Tetraneura Ulmi Hartig und andere, welche auf der Oberseite der Blätter die bekannten bis wallnußgroßen Blasen hervorbringen. Die forstliche Bedeutung der Rüster ist bei der Vorzüglichkeit des Holzes und bei ihrem kräftigen Wuchs und Ausschlagsvermögen sehr groß, namentlich für den gemischten Laubholz-Hochwald. Aber nicht blos für diesen, sondern auch für den Mittel- und Niederwald nimmt die forstliche Behandlung auf sie Rücksicht wiewohl nicht überall nach Verdienst, so daß z. B. Pfeil in seiner hinterlassenen Schrift sagt, daß erst seit neuester Zeit zur Erzielung von Laffettenholz auf die Erziehung der Rüstern, namentlich der Korkrüster mehr Bedacht genommen werden soll. Der unmittelbar nach der Reife gesammelte Same — wobei leicht ein Sturmwind zuvorkommt — auf wundgemachten aber nicht aufgelockerten Boden der Saatgärten gesäet, leicht bedeckt und durch Begießen befestigt keimt leicht; die 5 — 6jährigen Pflanzen werden dann ausgepflanzt. Nach drei Jahren werden die jungen Bäumchen vorsichtig ausgeästet, was aber, wenn es zu stark geschieht, leicht Stammausschlag hervorlockt. Die Wurzelschößlinge geben ausgepflanzt keine schönen, auch leicht kernfaul werdende Stämme, eignen sich aber für den Mittel- und Niederwald zum Unterholze. Im 20—40jährigen Umtrieb giebt die Rüster im Niederwalde selbst schon Nutzholz. Als Oberholz im Mittelwald ist die Rüster zu- lässig, weil ihre ziemlich lockere Belaubung wenig verdämmend wirkt. Im Hochwalde muß man sie, um den höchsten Nutzholzertrag zu erzielen 100 — 120 Jahre alt werden lassen. Rein wird sie niemals erzogen, sondern immer in Vermischung mit andern Laubholzarten, wie z. B. in den schönen Auenwäldern der Leipziger Niederung mit Eiche und Hornbaum. Die Benutzung des Rüsterholzes ist eine sehr manchfaltige und ausgedehnte; zum Schiffsbau, Wagen- und Maschinenbauerei, in der Tischlerei, Büchsenschäfterei, namentlich der berühmte Ulmenmaser (auch zu „Ulmer Pfeifenköpfen“) ist es gleich geschätzt; als Brennholz ist es der Buche wenig nach, der Eiche gleich gestellt. Der Rüsterbast ist feiner und gefügiger als Lindenbast. Künstlerisch aufgefaßt gehört die Rüster zu den schönsten und am meisten malerischen Bäumen des deutschen Waldes, sowohl in der Ver- gesellschaftung mit andern Bäumen, über deren Wipfel sie die ihrigen in charakteristischen Umrissen oft noch hinaushebt, wie einzeln oder in kleinen Gruppen stehend, wo ihr starkästiger Stamm in kühnen Formen der Eiche oft nicht viel nachsteht und zugleich die schwerbelasteten großblättrigen Endtriebe der Zweige lindenartig niederhängt. Dieses der Rüster sehr oft eigene Niederhängen der Zweige ist dadurch bedingt, daß sie zu den Bäumen gehört, welche an der Spitze der Langtriebe den ganzen Sommer hindurch beinahe ohne Unterbrechung Blätter treiben. Die durch den Johannistrieb hervorgetriebenen sind fast immer viel größer und daher schwerer als die vorhergehenden; und da sie auch anfangs viel heller sind, so hat um diese Zeit die Rüster ein hellgesprenkeltes Ansehen. Von besonders eigenthümlicher Wirkung ist die Rüster als buschiges Unterholz, indem sie oft schnurgerade ihre kräftigen Sprossen mit den regelmäßig angefügten Trieben und Blättern emporstreckt, was namentlich an den Waldrändern hervortritt, wo man dann, wenn man diese Trieb- und Blattstellung kennt, die Rüster nicht verkennen kann. Wie viele weitverbreitete Baumarten haben auch die Rüstern, wobei nur der Holzarbeiter zwischen den verschiedenen Arten Namenunterschiede macht, zahlreiche Volksbenennungen. Zunächst sei hier bemerkt, daß ich den Namen Rüster als echt deutschen dem Namen Ulme vorgezogen habe, weil letzterer doch nur eine Germanisirung des lateinischen ulmus ist. Von Volksbenennungen sind anzuführen: Reuster, Röster, Ulm, Ilm oder Ilme, Effe, Rüschen, Ruäschen, Effenbaum, Essern, Ypern, Epenholz, Leinbaum, Rustholz, Fliegenbaum (vielleicht wegen des häufigen Vor- kommens der auch geflügelten Blattläuse), Lindbast. 21. Korkrüster, Ulmus suberosa Ehrhard. Obgleich manche Botaniker das Artenrecht der Korkrüster entschieden verfechten, so wird es doch von anderen bestritten und sie nur als Abart von der Feldrüster gelten gelassen; ja einige übergehen sie ganz mit Still- schweigen und verbinden sie daher ohne weiteres mit voriger. Als Hauptkennzeichen heben ihre Vertheidiger hervor, daß die Blüthen, die übrigens denen der Feldrüster sehr gleichen, blos 4 Staub- gefäße und übereinstimmend damit nur 4 Zipfel der Blüthenhülle haben, und daß ihre Blätter viel weniger schief sein sollen (s. unten Fig. LXXIV. 2.); ja Pfeil macht für sie sogar den technischen Unterschied geltend, daß nur das Korkrüsterholz als das festeste und zäheste zu Laffetten brauch- bar sein soll; Willkomm nennt ihre Knospen fast kahl und kleiner als bei voriger, mit breiten Deckschuppen, und Th. Hartig hebt hervor, daß bei U. s. die Narben der Nebenblättchen an der Rückseite mit steifen silberweißen Borstenhaaren besetzt sind. Alle diese Kennzeichen finde ich nicht so beständig, um sie als sichere Unterscheidungskennzeichen gelten lassen zu können: selbst die Staubgefäßzahl ist in einem und demselben Blüthenknäuel in einzelnen Blüthen fünf. Das namengebende Kennzeichen, welches sich übrigens weniger auf die Stamm- als auf die Zweigrinde, namentlich von Stamm- und Stockausschlägen, beziehen soll, ist ebenfalls nicht stichhaltig, da sich sowohl neben sonst für U. suberosa sprechenden Merkmalen keine Korkwülste (S. 115. XV. a. a.), auch gewöhnlich Kork- flügel genannt, dagegen umgekehrt dergleichen zuweilen an solchen Rüstern finden, welche den übrigen Merkmalen nach U. suberosa nicht sein können. Entschieden viermännige Rüstern (demnach also U. suberosa ) habe ich zuweilen mit vollkommen schiefen Blättern gefunden. Darauf, daß solche zugleich kleinere und kaum erheblich roth gefärbte Blüthenknäuel haben ist wenig Gewicht zu legen, weil Farbe und Größe in der systematischen Botanik überhaupt kaum als Artkennzeichen gelten. Die, der U. effusa stets fehlenden, Bärtchen in den Winkeln der Blattseitenrippen haben die für U. suberosa zu haltenden Rüstern mit U. campestris gemein, sind aber ebenfalls zuweilen fast ganz fehlend und gewissermaßen in eine all- gemeine Behaarung der Mittelrippe aufgelöst. An den Früchteu kann ich namentlich den von Reum angegebenen Unterschied nicht finden, daß der Spalt in dem Fruchtflügel bei U. suberosa auseinanderklaffen, dagegen bei U. campestris durch Uebereinanderlegen der beiden Flügelzipfel verdeckt sein soll. Dieses in den ulmenreichen Waldungen der Leipziger Ebene ge- wonnene Urtheil schließt nicht aus, daß — immer mit Weglassung der auch ohne Blüthen und Früchte gut zu unterscheidenden Flatterrüster — Rüsternformen vorkommen, welche man kaum mit der Feldrüster zusammen- werfen kann ohne jedoch dabei zu vergessen, daß diese Art ein wahrer Proteus ist. Namentlich die Verschiedenheit der Blätter in Form und Größe, selbst an den Kurztrieben großer Bäume, ganz besonders aber an den beschatteten Stammausschlägen solcher, ist außerordentlich groß; man findet oft das unterste von 4—6 Blättern eines Triebes dem Flächenraum nach kaum den 10—15. Theil so groß und ganz anders gestaltet als das oberste oder vorletzte. Trügerisch ist es, nach den Blättern die Art der Wurzel- ausschläge zu bestimmen, da diese besonders abweichende Blattformen zu machen scheinen. In hohen gemischten Laubholzbeständen findet sich — wahrscheinlich Wurzelausschlag — zuweilen eine buschige Form, mit dünnen zarten und sperrig gewachsenen Zweigen und sehr kleinen fast ganz regelmäßig gleich- seitigen Blättern. Während ich diese, für den nach „festen Formen“ Verlangenden wenig tröstliche, Schilderung der Rüstern schreibe, steht gerade die Rüstern- belaubung nach Eintritt des Johannistriebes in der höchsten Vollkommen- heit und zahlreiche Ausflüge, blos zum Zwecke der Enträthfelung der zahl- reichen Rüsternformen gemacht, führten mich in dem Formenlabyrinthe auch zu einem mittlen Baum, an dessen unterstem Aste fußlange Adventiv- sprossen aus dem alten Holze mit noch hellgrünen Blättern auffielen. Die übrigen älteren Blätter waren sehr schief und auf der Oberseite fast ganz kahl, während die neuen Blätter kaum eine Spur von Schiefheit, viel tiefer eingeschnitten gezähnten Rand und eine sehr rauhborstliche Ober- seite zeigten. Verursacht es nun auch allerdings ein gewisses Mißbehagen, solche Wandelformen nicht sicher unter einen Artbegriff bringen zu können, so ist doch am Ende weniger Dieses als vielmehr Das die Aufgabe der Naturforschung, die Formen des Lebens an sich kennen zu lernen; die Natur ist nicht verpflichtet, nur lauter „gute Arten“ zu machen, damit wir es hübsch leicht haben. Die Schwierigkeit der Artbestimmung wird bei den Rüstern noch dadurch wesentlich vermehrt, daß man jeden Baum zu verschiedenen Zeiten dreimal besuchen muß: im Blüthen-, im Frucht- und in dem Zustande der vollkommen ausgebildeten Belaubung, was eine genaue Bezeichnung der Bäume zum Zwecke des Wiederfindens erfordert. Bei nicht blühendem Stockausschlag ist man noch schlimmer daran, weil man mit ihm auf das so außerordentlich vielgestaltige Blatt beschränkt ist. Ueber die Art der Wurzelschößlinge kann nur eine, leider beinahe unaus- führbare, Nachweisung des Wurzelzusammenhangs mit dem Mutterbaume aus der Noth helfen. Dies Alles kann und darf meine Leser nicht abschrecken; es soll und wird ihnen vielmehr Lust machen, in diesem schönen Formenlabyrinthe den leitenden Faden aufzusuchen. Ob an diesem Faden U. glabra Miller, U. montana Smith, U. tortuosa Host, U. tiliaefolia Host, U. coryli- folia Host, U. major Smith wirklich feste Art-Stationen bezeichnen oder nicht, lassen wir dahingestellt und betrachten nur noch die Flatterrüster als eine in allen Zuständen leicht zu unterscheidende Art. 22. Die Flatterrüster, Ulmus ciliata Ehrhard. (U. effusa Willdenow.) Ein Blick auf unseren Holzschnitt LXXIII. zeigt uns eben so die Gattungszusammengehörigkeit der Flatterrüster mit den vorigen, wie die unterscheidenden Artkennzeichen, welche vorzüglich in den achtmännigen langgestielten Blüthen und der am Umkreis gewimperten Flügelhaut der Frucht liegen, in welcher der Spalt an der Spitze deutlich hervortritt. Das Blatt zeichnet sich meist durch eine besonders schlank ausgezogene Spitze und durch dichte fast wollige daher sammetartig anzufühlende graugrüne Unterseite aus; die Randzähne sind besonders scharf ausgebildet und die Spitzen der Hauptzähne etwas hakenförmig einwärts gekrümmt. Auch die untersten nicht minder vielmal kleineren Blätter der Triebe als die oberen sind am Rande deutlich doppeltsägezähnig, während sie bei den vorigen meist einfach gezähnt sind. Die Oberseite der Blätter ist meist ziemlich glatt und kahl, doch auch zuweilen, namentlich am Stockausschlag, von kleinen Borstenhärchen scharf und rauh. Der kurze Blattstiel ist dicht und meist zugleich ziemlich lang behaart, eben so die jüngsten Triebe. Die Blüthenknospen sind kleiner und spitzer als bei der Feldrüster und die Laubknospen schmaler, spitzer, ganz kahl und hell zimmetbraun. Im Bau des Stammes und der Aeste und der Verzweigung findet eine große Aehnlichkeit mit der Feldrüster statt; wie aber hierin beide und die Korkrüster von einander abweichen, darüber finden sich in den Büchern äußerst wenige Mittheilungen. Die große Veränderlichkeit der Kennzeichen der Rüstern scheint sich auch in der Architektur des ganzen Baumes bis zu der feinsten Verzweigung — obgleich letztere im Grunde doch immer die abwechselnd zweizeilige Triebstellung bleibt — auszusprechen; es bedarf daher einer vielfachen und lange fortgesetzten Beobachtung zahlreicher Bäume, um hier Artverschiedenheiten festzustellen. Dies wird aber selbst hinsichtlich der leicht erkennbaren Flatterrüster, deren lockere Blüthen- sträußchen sich selbst im hohen Wipfel von den kleinen kugelrunden Blüthen- knäueln der anderen von einem scharfen Auge leicht unterscheiden lassen, dadurch sehr erschwert, daß man die Aufschluß gebenden Blätter an hoch- stämmigen Bäumen oft nicht erreichen kann. Es scheint, als sei die Flatterrüster mehr als die anderen geneigt, ihre Zweigspitzen niederhängen zu lassen, was dem Baume, wenn er auf gutem Boden und in freier Lage steht, einigermaßen ein trauerweidenähnliches Ansehen giebt. Auch darin finde ich diese Art vor den anderen etwas ausgezeichnet, daß die LXXIII. Die Flatterrüster, U. ciliata Ehrh. 1. Blühende Triebspitze; — 2. Belaubter Kurztrieb, auf der Spitze des vorjährigen Triebes mit einem Fruchtbüschel; — 3. Einzelne Blüthe; — 4. Stempel; — 5. 6. 7. Das nach oben spitze Samenfach mit dem seitlich angehefteten Samen darin und der entschälte Same; — 8. Triebspitze mit 2 Blüthen- und 2 Laubknospen. (3—7. vergr.) Flächen der Blätter an den Trieben alter Bäume nicht so streng in einer Ebene liegen, sondern gegen einander etwas seitlich verwendet stehen und eine Neigung haben, sich etwas muschelartig zu krümmen. Die Wurzel- bildung und das Holz zeigen auch keine erhebliche Artverschiedenheit. Nördlinger findet die Frühjahrsschicht etwas viel- und grobporiger. Eigentliche Abarten sind wohl kaum zu unterscheiden, wenigstens bin ich, selbst ohne die Blüthen und Früchte, nie über eine Flatterrüster in Zweifel gewesen, da die Zähnelung des Blattrandes immer entscheidet. Die Schiefheit des Blattes scheint bei der Flatterrüster am weitesten zu gehen, indem Blätter vorkommen, an denen die eine Seite um 4 Seiten- rippen tiefer an der Mittelrippe herabreicht als die andere. Zuweilen kommen Bäume vor, deren Blätter sehr breit verkehrt eiförmig sind (d. h. das breite Ende des Ei’s oben haben) und die etwas hakenförmig seitwärts gekrümmte Spitze fast unvermittelt aufgesetzt tragen. Selbst an Stockaus- schlägen ist die Art im Blatte leicht zu erkennen, ja meist noch sicherer, weil die großen einwärts gekrümmten Hakenzähne an ihnen besonders groß und tief gespalten sind. Zuweilen findet sich die sammetweiche Behaarung der Blattrückseite sehr vermindert. Standort und Verbreitung theilt die Flatterrüster in der Haupt- sache mit der Feldrüster, scheint aber fruchtbaren Niederungsboden noch mehr als diese vorzuziehen. Auch in dem ganzen Leben weicht sie nicht wesentlich ab, Blüthe- zeit, Laubausbruch und Fruchtreife sind dieselben; eigenthümlich ist ihr, daß bei dem Fruchtfall die langen Stiele noch einige Zeit straußweise am Baume hängen bleiben. Krankheiten und Feinde sind dieselben, obgleich die Flatterrüster viel weniger von den Blattläusen zu leiden scheint. Auch in den anderen Beziehungen, nach welchen wir bisher die Bäume betrachtet haben, stimmt sie mit den andern Rüstern überein. Von volksthümlichen Benennungen ist Rauhrüster, rothe und Wasser- rüster zu erwähnen. In Fig. LXXIV. 1. 2. 3. sind von allen drei Rüster-Arten muster- gültige Blätter zur Vergleichung zusammengestellt, wobei ausdrücklich zu- gestanden wird, daß man viele Blattformen finden wird, die zu keinem dieser drei Blätter vollkommen stimmen. LXXIV. 1. Feldrüster, a. die Stachelhärchen der Oberseite; — 2. Korkrüster; — 3. Flatterrüster, a. die weichen Wollhärchen der Unterseite. 23. Der Zürgelbaum, Celtis australis L. Wer unser Buch in den südlichsten, kaum noch deutsch zu nennenden Gebieten unseres Vaterlandes seinen Waldstudien zum Grunde legt, der darf darin einen kleinen Baum nicht ganz vergeblich suchen, der mit den Rüstern in dieselbe große Abtheilung der Nesselgewächse gehört. Der Zürgelbaum kommt auf fruchtbarem aber trockenen Boden in den Waldungen des österreichischen Litorals, Südtirol, Istrien, der Lombardei und der Südschweiz als ein höchstens 40—50 Fuß hoher Baum vor. Die kleinen kurzgestielten, theils blos 5 — 6 Staubgefäße, theils auch ein Pistill ent- haltenden, also männliche und Zwitter-Blüthen, stehen im Mai meist zu 2 oder 3 in den Achseln der eben ausbrechenden Blätter, so daß ge- wöhnlich eine männliche und eine Zwitterblüthe beisammen stehen. Die Frucht ist erbsengroß, schwarz mit großem harten Stein. Die Blätter sind länglich lanzett-eiförmig, lang zugespitzt, oben scharf anzufühlen, unten weichhaarig, mit scharf sägezähnigem Rande und schiefer Basis; sie stehen wie bei der Rüster abwechselnd zweizeilig. Die Krone des Zürgelbaums ist ziemlich weitschweifig mit sehr feiner Verzweigung; der mäßige Stamm hat eine ziemlich rissige Rinde. Blätter und Triebe stehen in großen, beinahe rechten Winkeln ab. Da der Zürgelbaum, wenn er auch sehr langsam wächst, doch in unseren wärmeren Lagen sehr gut fortkommt, so wäre er des Anbaues um so würdiger, als sein außerordentlich zähes Holz die besten Peitschenstiele (Geißelstecken in Süddeutschland) giebt und bei weitem die meisten Peitschen, welche wir in der Hand der Frachtfuhrleute sehen, von diesem Baume und zwar aus Tirol stammen. In unseren Parkanlagen sehen wir weniger diese als eine andere breitblättrige aus Nordamerika eingeführte Art, C. occidentatis L. 24. Der schwarze Hollunder, Sambucus nigra L. und 25. Der Traubenhollunder, S. racemosa L. Beide sind zwar von keiner forstlichen Bedeutung, aber, der letztere noch mehr als der erstere, Zierden unseres Waldes, namentlich in den untern Gebirgsstufen. Der schwarze Hollunder , eben so häufig auch Flieder genannt, ist allgemein bekannt, denn er überschirmt fast jeden Backofen und steht hinter jeder Scheune in allen deutschen Dörfern, wo er viel heimischer ist als draußen im Walde. Zur Familie der Karden-Gewächse, Dipsaceen, in nahe Nachbarschaft des Baldrians gehörig steht die Gattung Sambucus bei Linn é in dem bunten Sammelsurium seiner fünften Klasse, Pentandria, blos weil die kleinen fünflappigen Sternblumen 5 Staubgefäße zählen, was die Gattung in die doch wahrhaftig unverwandte Nachbarschaft von Vergißmeinnicht, Winde, Bilsenkraut, Tabak, Kartoffel, Königskerze, Veilchen, Primel, Kümmel, Schierling, Weinstock, Lein, Tollkirsche, und zu anderen tollen Allianzen bringt. Die blauschwarzen saftigen Beeren, die wie die Blüth- chen in einer fast ebenflächigen Trugdolde zahlreich beisammen stehen und die ungleichzählig gefiederten kreuzweis gegenüberstehenden Blätter sind uns bekannt, eben so daß die Triebe ein dickes schneeweißes Mark besitzen. Auch von der vielfachen Verwendung der Blüthe und Frucht in Küche und Krankenstube braucht nicht die Rede zu sein. Der bis 20 und 30 Fuß hoch aber nur selten bis fußdick werdende baumartige Busch wächst nur langsam und weniger in der Höhe als zu einem breiten Schirmdach aus und festigt sein gelbweißes, in der Frühjahrsschicht großporiges, Holz zu bedeutender Härte und macht es dadurch zu einer gesuchten Waare für diejenigen Gewerbe, welche dichtes festes Holz zu kleineren Gegenständen bedürfen. Wo er im Walde, wenn wir den schwarzen Flieder dort antreffen wirklich „wild“, d. h. an seiner ursprünglichen Heimathsstätte erwachsen oder nicht vielmehr der lebendige Ueberrest einer verschwundenen mensch- lichen Ansiedelung sei, wo also seine eigentliche Heimath sei und welche Ausdehnung dieselbe habe, darüber ist wohl schwer eine sichere Auskunft zu geben, zumal er leicht durch Vögel, die seine Beeren gern fressen, viel- fach verschleppt und seines Nutzens wegen vielfach gehegt wird; wahr- scheinlich ohne aus Samen erzogen zu werden, da er auf schuttigem Boden, den er besonders liebt, leicht von selbst aus verbreitetem Samen aufgeht, auch durch Stecklinge und Ableger sich leicht vermehren läßt und ein großes Ausschlagsvermögen hat. Der Ruf des Hollunders als Haus- mittel scheint sehr alt zu sein, denn schon Linn é sagt, man solle überall, wo man ihn sehe, den Hut vor ihm abnehmen. In den Gärten begegnet man verschiedenen Ab- und Spielarten des schwarzen Hollunders, namentlich einer solchen mit vielfach zerschlitzten Blättern, so wie einer mit weißen und einer andern mit auch reif grünen Beeren. Die andere Art, der Traubenhollunder unterscheidet sich leicht durch eine gedrängte eirunde Blüthentraube mit grüngelblichen Blüthen und prachtvoll scharlachrothen Beeren, welche saftig aber von fadem Ge- schmack sind. Sein Blatt ist dem des vorigen wesentlich gleich, hat jedoch etwas kleinere und schmälere Fiederblätter und sanft gerieben ähnlich dem dadurch bekannten Cestrum Parqui einen auffallenden Geruch nach Schweinebraten. Sein nicht minder starkes Mark ist gelbraun. Der Traubenhollunder übersteigt selten eine Höhe von 10—12 Fuß und eine Stärke von einigen Zollen; seine Stocklohden sind nicht so steif und pfeifenrohrartig gerade wie bei dem vorigen, sondern gebogen. Da er keinen verwerthbaren Nutzen bringt so ist er in seiner Waldheimath ge- blieben, wo er den steinigen Abhängen und Waldblößen des unteren Ge- birges im Sommer durch seine leuchtend rothen Beeren eine wahre Zierde ist. Als solche wird er mit Recht in neuerer Zeit vielfach in Lustgebüschen angepflanzt, wo er mit jedem Boden fürlieb nimmt. An volksthümlichen Namen ist namentlich die erstere der beiden Hollunderarten überreich, was bei einer so sehr vom Volke beachteten Pflanze ganz natürlich ist. Nach Metzger nenne ich: Fleerboom, Schib- biken, Holler, Holder, Hohler, Stech- und Rechholder, Fleern, Schwarz- beeren (so heißt auch die Heidelbeere, Vaccinium Myrtillus ), Zitscheln, Zibken, Schibchen, Schottsken, Schetschken, Quebecken, Resken, Alhern, Alhorn, Elhorn etc. 26. Der Kornel-Hartriegel, Cornus mascula L. 27. Der gemeine oder rothe Hartriegel, C. sanguinea L. Wie auch nur der zweite Hollunder ein echter Waldbewohner ist, so ist es auch nur der zweite Hartriegel, indem wir den Kornelhartriegel wie den schwarzen Hollunder viel seltner im Walde als in der Nachbar- schaft der menschlichen Wohnungen antreffen. Auch darin stimmen von beiden Gattungen die beiden erstgenannten Arten überein, daß sie eine Menge Volksnamen besitzen, von denen ich für Cornus mascula denjenigen ausgewählt habe, der eine Verschmelzung aus Kornel- oder Kornelius- Kirsche und dem allgemeinen deutschen Gattungsnamen Hartriegel ist. Der sperrig ästige Busch, des Kornel-Hartriegels, der selten eine kleine Baumkrone auf einem einfachen Stämmchen bildet, blüht kurze Zeit nach der Hasel, also mit unter den Ersten des Frühjahrs. Die kleinen goldgelben mit 4 sternförmig gestellten Blumenblättern, 4 Staubgefäßen und 1 Griffel, Alles von einem kleinen vierzähnigen Kelche gestützt, ver- sehenen Blüthchen erscheinen in kleinen Sträußchen lange vor dem Aus- bruch der Blätter, welche regelmäßig elliptisch eirund, spitz und ganzrandig sind, kreuzweise gegenständig und beiderseits mit anliegenden sich leicht ab- lösenden steifen Borstchen versehen sind, so daß sie an den Fingern leicht ein etwas brennendes Jucken hervorbringen. Die bekannten länglich eirunden Anfangs korallrothen später dunkelrothen Früchte nmschließen einen fast walzigen Stein und verlieren erst bei der vollständigsten Reife ihren herben kratzenden Geschmack und werden säuerlich süß. Das Holz ist außerordentlich hart, dicht und schwer, und wird in dieser Hinsicht von keiner unserer Holzarten übertroffen und hat nur den einen Fehler, daß es nur in schwachen etwa höchstens 4—5 Zoll dicken und einige Fuß langen Stücken zu haben ist. Es ist im Kern dunkel braunroth, Splint röthlich oder gelblich weiß. Ob die weiland so renom- mirten „Ziegenhainer“ der Studenten nach Metzger von dieser oder nicht vielmehr von der folgenden viel häufigeren und eben so festes Holz habenden Art stammen ist zu entscheiden. In jedem Falle dienen dazu nur die geraden straffen Stocklohden. Wildwachsend kommt diese Art mehr im Süden Deutschlands in trocknen sonnigen Gebirgslagen vor. Zum Theil possirlich klingende Volksnamen sind: Karnütchen, Herlitze, Herlitzchen, Körnel, Hornske, Judenkirsche, Korneliuskirsche, Dierlitzen, Derlitzen, Kornelle und viele andere. Der gemeine oder rothe Hartriegel gleicht nur in dem etwas größeren Blatte der vorigen Art, und weicht in anderen Merkmalen sehr von ihr ab. Er blüht erst im Mai nachdem das Laub vollkommen aus- Roßmäßler, der Wald. 31 gebildet ist, in ansehnlichen gewölbten Trugdolden von größeren weißen Blüthen. Die Früchte sind denen des Flieders ähnliche, doch etwas größere schwarze Beeren. Vor dem Abfallen wird das Laub blutroth, welche Farbe während des Winters auch den ein- und zweijährigen Trieben zukommt. Nach der Ausbildung des Laubes verschwindet diese Farbe bis zum Herbst wieder und macht einem schmutzigen Grün Platz. Dieser von den Jahreszeiten abhängende Wechsel junger Rinde kommt auch bei vielen Weiden, besonders deutlich an den Ruthen mancher Kopfweiden kurz vor der Oeffnung der Knospen vor, am entschiedensten aber bei einer aus Amerika in unseren Gärten eingeführten buschigen Hartriegelart mit weißen Früchten, Cornus alba, deren Rinde selbst an 5—6jährigen Zweigen während des Winters rein purpurroth wird, im Sommer aber ebenfalls grün ist. Der gemeine Hartriegel zeigt besonders deutlich die kreuzweise gegen- ständige Stellung seiner dünnen weit abstehenden Triebe. Vollkommen ausgewachsen bildet er einen nicht sehr dichten 10—12 Ellen hohen Busch mit höchstens einigen Zoll starken Stämmchen, deren Holz dem des vorigen an Härte wenig nachsteht, einen fleischrothen Kern und grünlichgelben Splint hat. Der gemeine Hartriegel ist in allerlei Bodenarten in der Ebene wie auf niederen Höhen in Deutschland sehr verbreitet, liebt aber besonders einen frischen fruchtbaren Auenboden, wo er in den gemischten Laubwäldern oft einen ziemlich großen Theil des Unterholzes ausmacht und im Nieder- walde wegen seiner bedeutenden Ausschlagsfähigkeit willkommen ist. 28. Der Wasserholder oder gemeine Schneeball, Viburnum Opulus L. und 29. Der Schlingstrauch, Viburnum Lantana L. Zwei von einander sehr verschiedene Arten, die besonders in den gemischten Laubwäldern der Ebenen ersterer fast in ganz Deutschland, letzterer mehr in Süddeutschland vorkommen. Von dem Wasserholder ist uns die Gartenspielart, „der Schneeball“, bekannter als die im Walde wachsende Stammform. Sie beruht darin, daß alle Blüthchen der blüthenreichen Trugdolde geschlechtslos sind, was bei letzterer blos bei den am Umfange des Blüthenstandes der Fall ist. In der Mitte von diesem stehen bei der Stammform kleine fünfblättrige gelbweiße Blüthen mit 5 Staubfäden und 3 sitzenden Narben. Die am Umfange stehenden Blüthchen haben weder Staubfäden noch Narben, sondern nur die fünf sehr vergrößerten, schneeweißen in der Mitte in einen Punkt zusammenstoßenden Blumenblätter. Es entwickeln sich daher auch nur aus den innern Blüthen Früchte (der Gartenschneeball entwickelt natürlich gar keine), welche erbsengroß, eirund und bei der sehr spät erst stattfindenden Reife brennend scharlachroth, weich und saftig sind und einen herzförmigen zusammengedrückten Samen einschließen. Die Blätter stehen kreuzweise gegenständig auf etwa ¾ Zoll langen Stielen, sie sind ziemlich groß, ausgerundeter oder seicht herzförmiger Basis, dreilappig mit zugespitzten und am Rande grobgezähnten Lappen, Unterseite weichhaarig, Oberseite kahl und dunkler grün. Die Knospen von 2 Schuppen dicht umschlossen. Im Walde erscheint der Wasserholder meist nur als ein 10—15 F. hoher ziemlich lockerer Strauch, während die Gartenspielart oft als kleines Bäumchen mit abgewölbter Krone erzogen wird. Das Holz ist ziemlich fein und fest mit gelbbraunem widerlich riechenden Kern und weißem oder röthlichen Splint. Bedeutung hat dieser Strauch nur durch sein großes Ausschlagsvermögen für den Niederwald. Die andere Art, der Schlingstrauch , Vib. Lantana L., seinem deutschen Namen wie es scheint nicht im mindesten entsprechend, ist durch seine größeren regelmäßig eirunden scharf sägezähnigen, unterseits fast graufilzigen Blätter und durch den Mangel der unfruchtbaren Blüthen am Umfange des Blüthenstandes sofort zu unterscheiden. Noch auffallender aber ist der gänzliche Mangel der Schuppen an den im Gegentheil völlig nackten Knospen an denen die vorgebildeten Blättchen aneinandergedrückt ganz frei stehen. (S. 60. Fig. 8.) Die jungen Triebe und Blättchen sind ganz mit grauen Sternhaaren bekleidet. Der Schlingstrauch findet sich wild von Thüringen an in Süddeutsch- land namentlich auf Kalkboden ziemlich verbreitet, anderwärts aber sehr häufig in Parkanlagen als Zierstrauch. 31* 30. Die gemeine Esche, Fraxinus excelsior L. Wir kommen in der Esche wieder zu einem Baum erster Größe, welcher bei uns die Familie der Oelbäume, Oleaceen vertritt, und von allen deutschen Waldbäumen ersten Ranges der einzige mit gefiederten Blättern ist. Die Esche blüht im April vor dem Ausbrechen der Laubknospen; die kleinen unvollständigen Blüthen erscheinen zu ästigen Trauben zahlreich vereinigt aus Seitenknospen des vorjährigen Triebes, der stets ein Kurz- trieb ist ( LXXV. 1. ), ohne alle Blätter. Die verschieden beschaffenen Blüthen ermangeln des Kelches und der Blumenkrone und bestehen blos aus einem herzförmigen plattgedrückten Stempel mit einem Griffel, der eine gabelig gespaltene Narbe trägt (7.) und 2 Staubgefäßen. Diese Theile sind aber nicht immer gleichmäßig vorhanden und ausgebildet. Es kommen Bäume vor mit vollkommen solchen wie beschriebenen also eigent- lichen Zwitterblüthen (1. 3.); andere haben Zwitterblüthen mit verkümmerten Staubbeuteln (2. 5.), noch andere haben blos die beiden Staubbeutel ohne Spur des Stempels (6.); die Bäume der letztern Art tragen also keine Früchte, und ihre sehr gedrängten fast kugeligen Blüthentrauben gleichen wegen der dunkel chocolatbraunen Farbe der Staubbeutel einigermaßen kleinen recht krausen Morcheln. Aus dem Stempel der ersten beiden Baumarten entwickeln sich in einen langen zungenförmigen Flügel endende Früchte , welche in der etwas angeschwollenen unteren Hälfte, an einem langen Samenfaden aufgehängt, den platten länglichen Samen einschließen. (10. 11.). Die Blätter sind kreuzweise gegenständig, unpaarig gefiedert, mit 3—6 Fiederpaaren und einem unpaarigen Spitzfiederblatt; die Fiedern sind elliptisch, spitz, scharfsägezähnig, gegenständig, kahl, nur unterseits am Grunde der Hauptrippen fein behaart; der Blattstiel ist oberseits durch von einem Fiederpaar zum andern daran herablaufende Blattsubstanz etwas rinnig (LXXVI. 2. 3.) . Die kurzkegelförmigen oder auch fast halbkugeligen Knospen , sind wie natürlich auch die Blätter und die Triebe, kreuzweise gegenständig mit eben so gestellten schwarzen, kurzfilzigen Schuppen; die End- knospe den Trieb schließend und größer; sie stehen auf einem Blattkissen über einer großen halbmond- bis halbkreisförmigen Blattstielnarbe mit in Form LXXV. Die gemeine Esche, Fraxinus excelsior L. 1. Ein blühender Kurztrieb mit Zwitterblüthen; — 2. Ein weiblicher Blüthenstrauß; — 3. 4. 5. Zwitter- blüthe von verschiedenen Seiten gesehen; — 6. Männliches Blüthchen, blos aus 2 Staubgefäßen bestehend; — 7. Stempel; — 8. Fruchtknoten mit weggeschnittener Vorderwand um die am Samenträger hängenden Samen- knospen zu zeigen; — 9. Ders. querdurchschnitten; — 10. Zweigspitze im Winter mit anhängenden Früchten; — 11. Geöffnete Frucht mit an dem Samenfaden aufgehängtem Samen; darunter b der querdurchschnittene Same; — 12. Auseinandergelegte Samenlappen, rechts mit dem Keimling; — 13. Keimpflanze. eines Halbkreises geordneten Gefäßbündelspuren ( LXXV. 2, und S. 59. 60. III. 4.). Die Keimpflanze (13.) ist sehr groß, und trägt die 2 zu zungen- förmigen Blättchen auswachsenden Samenlappen, das erste Blattpaar ist einfach, das zweite gedreit, und erst die folgenden werden gefiedert. Der Stamm starker Eschen ist walzenrund, bis zum ersten Aste gerad- und zuweilen ziemlich langschaftig, Rinde hell, rauh und mit dichten Borkenrissen bedeckt, an jüngeren Bäumen nicht rissig, sondern blos etwas rauh. Die stärksten Aeste stehen ziemlich weit ab, an jüngeren Bäumen streben sie mehr leicht gekrümmt aufwärts, was bei den schwächeren Zweigen immer deutlicher der Fall ist. Die Kronenabwölbung findet erst ziemlich spät statt, indem die Krone lange Zeit eiförmig-kegelartig ist und den spitzen Wipfel lange bewahrt. An sehr alten Bäumen streben die Spitzen der herabhängenden Aeste in Bogen aufwärts und tragen nur an dem jüngsten Kurztriebe einen Blätterbüschel. Sehr junge Bäume haben ansehnliche weitläufig beblätterte Langtriebe. Die Rinde junger Triebe und Zweige ist glatt und aschgrau, und jene sind, worin ihnen das starke schneeweiße Mark folgt, blos in der Mitte zwischen zwei Blätterpaaren rund, an der Anheftungsstelle dieser aber plattgedrückt. (S. 60. III. 3.) Die Wurzel ist ziemlich schwachästig, mit nicht tief eindringenden aber weit ausstreichenden Aesten. Das Holz hinsichtlich des Gefüges dem Rüsternholz am verwandtesten aber durch eine gelbweiße, nur an starken Stämmen im Kerne braune Farbe und dadurch verschieden, daß die im Frühjahrsholz zusammengedrängten großen Poren noch etwas weiter sind und die kleinen des Herbstholzes mehr einzeln oder höchstens zu 2—3 radial aneinander liegen (vergl. d. Rüster); Markstrahlen sehr zahlreich, schmal und fein und sich kurz auskeilend. Holzzellen sehr dickwandig, daher das Holz fest und schwer. Jahrringe sehr deutlich bezeichnet. Brennt sehr gut und hell mit wenig Rauch und fast ohne Ruß. Abarten werden von der gemeinen Esche mehrere unterschieden. Die bekannteste ist die beliebte Trauer - oder Hänge-Esche Frax. exc. pendula, mit oft lothrecht herabhängenden ruthenförmigen Zweigen. Die Gold-Esche F. e. aurea hat lebhaft gelbe Triebe, an denen die schwarzen Knospen besonders stark hervortreten; die krause Esche , F. e. crispa hat knäuelförmig zusammengekräuselte Blätterbüschel, was aber zuweilen LXXVI. 1. Blatt der gemeinen Esche, etwas verkleinert; — 2. Einzelnes Fiederblättchen mit einem Stück des gemeinsamen Blattstiels, natürliche Größe; — 3. Blatt der einfach- blättrigen Abart der gem. Esche, Frax. simplicifolia Willd. nur an einzelnen Trieben auftritt, wahrscheinlich in Folge von Blattläusen; die einfachblättrige Esche , F. e. monophylla, welche von Willde- now als eigene Art Fr. simplicifolia genannt wird. Dies ist eine wohl noch überraschendere Varietät als die auf S. 373. LIV. 3. abgebildete Buchenvarietät, denn sie hat anstatt gefiederte vielmehr einfache Blätter ( LXXVI. 3.), so daß dies dem Baume auch ein völlig verändertes An- sehen der Belaubung giebt. Wenn wir die Keimpflanze ansehen (13.), so erscheint uns diese sonderbare Abart als eine Esche, welche auf dem Stadium der ersten Blattbildung stehen geblieben ist. Trotz des gewaltigen Kon- trastes zwischen einem zuweilen fast ellenlangen aus 11—13 Fiedern zu- sammengesetzten und einem viel kleineren ungetheilten Blatte darf man doch aus dieser Varietät keine besondere Art machen wollen, denn aus ihrem Samen geht nicht selten die Stammform wieder hervor und man findet nicht selten Bäume, welche gewissermaßen ein Schwanken zwischen den beiden Blattextremen zeigen, d. h. welche ganz einfache, tief einge- schnittene, unvollständig und vollständig dreizählige Blätter zugleich tragen. In allen übrigen Verhältnissen weicht diese Abart von der Stammart nicht im geringsten ab. Die Esche verlangt einen frischen und fruchtbaren Standort , meidet daher alle zu trocknen und heißen Lagen. In dem Ueberschwemmungs- gebiete der Niederungen, am Ufer des Unterlaufs der Gebirgsbäche, in den gemischten Auenwäldern der Ebene wächst sie besonders gern und ist an solchen Standorten in ganz Deutschland verbreitet, über dessen Grenzen sie weit hinausgeht, weiter jedoch nach Nord und Ost als nach Süd und West. Das Leben der Esche zeichnet sich besonders durch ein schnelles und üppiges Jugendwachsthum aus, wie auch schon gleich die Keimpflanze eine ungewöhnliche Größe und Kräftigkeit zeigt. Der schnell nach der Reife — die man an der veränderten bleichen Farbe der trocken werdenden Samen erkennt — gesäete Same geht zwar zum Theil im folgenden Frühjahr auf, liegt aber doch auch zum Theil über, welches letztere bei den Früh- jahrssorten Regel ist. Die einjährigen Pflänzchen werden im Pflanzgarten noch einmal verpflanzt, wo sie bei gutem Boden dann zuweilen ein außer- ordentliches Wachsthum und im zweiten Jahre nach der Verpflanzung nicht selten 3—4 Fuß hohe fingerdicke Triebe entwickeln. Aus Samen erwachsene Bäume tragen oft erst vom 40. Jahre an Samen, während dies Stock- lohden oft schon mit dem zwanzigsten thun. Weshalb manche alte gesunde Bäume niemals Samen tragen und doch blühen, haben wir vorher bei der Betrachtung der Blüthe erfahren. Die reifen Samen bleiben meist den ganzen Winter über hängen. Unter gedeihlichen Wachsthumsver- hältnissen kann die Esche eine bedeutendere Höhe als unsere meisten übrigen Waldbäume bei einem Stammdurchmesser von 3—4 Fuß und ein sehr hohes Alter erreichen. In England soll es einige Eschen von 32 und 58 englischen Fuß Umfang geben. Solche Eschen mögen natürlich in ihrem Kronenbau keine Andeutung davon mehr behalten haben, daß die überaus LXXVII. Knospenentfaltung der Esche. regelmäßige Knospenstellung der Esche eigentlich alle Anwartschaft auf regelmäßige Kronenbildung giebt (vergl. S. 217). Solche, selbst schon 2 Fuß starke Eschen haben eine überaus malerische Krone, welcher das gefiederte Blatt einen von allen anderen Waldbäumen gleichen Ranges abweichenden fast fremdländischen Charakter giebt. Es ist ohne Zweifel eine Folge des überaus üppigen Längenwuchses junger Eschen, daß die zu einem Paar gehörenden beiden Blätter besonders üppiger Langtriebe nicht selten um einen Zoll und mehr auseinander rücken, so daß das eine um so viel höher steht, als das andere. Natürlich wird dadurch das all- mälige Aufgeben der regelmäßigen Zweigstellung schon von Jugend auf angebahnt. Schon die sich entfaltenden Eschenknospen, die für die großen Blätter unverhältnißmäßig klein zu nennen sind, zeigen, wie wir aus den umstehenden Abbildungen ( LXXVII. ) sehen, eine sehr bedeutende Massen- zunahme an den jungen Blättchen. Wir sehen diese fächerartig zusammen- gefaltet und die linke Figur zeigt den Blattstiel des einen Blättchens breit geflügelt, und dadurch einer Knospenschuppe verähnlicht. — Die Esche hat eine sehr große Ausschlagsfähigkeit und vermag von allen Laubholz- arten Verwundungen am leichtesten auszuheilen, wie sie überhaupt das Beschneiden an Wurzeln und Aesten und andere mit dem Verpflanzen verbundene Mißhandlungen am besten verträgt. Von Krankheiten leidet die Esche wenig, selten befällt sie unten am Stamme die Kernfäule; doch leiden junge Pflänzchen und die treibenden Knospen durch Spätfröste. Feinde sind ihr Wild und Weidvieh, welche sie gern benagen; die spanische Fliege, Lytta vesicatoria L. (bekanntlich keine Fliege, sondern ein schöner metallisch glänzender goldgrüner Käfer) frißt am liebsten Eschenlaub, ohne ihr dadurch sehr schädlich werden zu können. Daß die forstliche Bedeutung der Esche groß ist, ergiebt sich von selbst aus ihrer Holzgüte bei leichtem Anbau. Als bestandbildender Baum kommt die Esche jedoch wohl nirgends vor, sondern nur in Vermischung mit andern Laubhölzern und selbst hier und da mit der Fichte und Tanne; nur zuweilen findet sie sich in umfänglicheren Horsten. Die forstliche Behandlung kann nicht auf Selbstbesamung rechnen, sondern muß aus Samen gezogene Pflanzen auspflanzen, die obendrein große „Heister“ sein müssen, um dem Maule des nach Laub und Knospen lüsternen Weide- viehes entrückt zu sein. Bei ihrer Kultur in der Vermischung mit anderen Baumarten im Hochwalde muß darauf Rücksicht genommen werden, daß sie nicht viel Beschattung verträgt, aber auch ihrerseits wegen ihrer lockeren Belaubung nicht viel Schatten wirft, daher als Oberholz im Mittelwalde zulässig ist. Vor dem Safteintritt abgeholzt zeigt sie für Nieder- und Mittelwald einen reichlichen Stockausschlag, welcher sie auch für Kopfholz- und Schneidelwirthschaft vorzüglich geeignet macht. Besonders ist die Esche der ländlichen Baumzucht zur Anpflanzung an Bachufern und Wiesen- rändern zu empfehlen. Die Benutzung des Eschenholzes als Nutz- und Werkholz spricht ihr einen großen Werth zu und auch als Brenn- und Bauholz gehört es zu den vorzüglichsten, ist nur dafür zu theuer. Seine große Zähigkeit macht es für manche Verwendung vor allen anderen Holzarten tauglich, namentlich zu Wagnerarbeit, zu Geräthestielen und ist z. B. zu Reckstangen und Barren der Turnplätze allein brauchbar. Die starken Stocklohden geben das dauerhafteste Holz zu großen Faßreifen. Das Laub ist ein aus- gezeichnetes Schaaffutter und werden dazu in Steiermark und Kärnthen die Eschen regelmäßig geschneidelt. Ihr Name wird an manchen Orten Aesche geschrieben; andere orts- übliche Benennungen sind Zäh-Espe, Lang-Espe, Gaisbaum, Mund- baum, Gerschen. 31. Die Blumen-Esche, Ornus europaea Persoon. ( Fraxinus Ornus L. ) Wie schon der Name andeutet ist bei der Blumen-Esche die, meist entschieden zwitterliche, Blüthe vollständiger, d. h. mit 4 kleinen zungen- förmigen weißen Blumenblättern und auch sonst entwickelten Blüthentheilen versehen. Die Blüthen bilden eine ansehnliche Traube. Die gezähnten, unten leicht behaarten Fiederblättchen sind entschiedener gestielt und der gemeinsame Blattstiel nicht so steif als bei der gemeinen Esche, sondern zwischen den Fiederpaaren etwas bogig; Früchte denen der gemeinen Esche sehr ähnlich; Knospen graufilzig. Der Stamm ist grau, ziemlich glatt, Aeste schwach. Die Blumen-Esche bildet ein buschiges locker verzweigtes 20—30 Fuß hohes Bäumchen, welches nur im südlichsten Deutschland, Krain, Kärnthen, Südtirol u. s. w. heimisch ist und zuweilen in Parkanlagen im mittlen und nördlichen Deutschland angepflanzt ist, wo sie fast überall gut gedeiht. 32. Der Liguster, Ligustrum vulgare L. Dieser nicht leicht über 10 Fuß hoch werdende Busch gehört in die nächste Familiennachbarschaft des Oelbaumes, dem er auch in jeder Hinsicht sehr ähnlich sieht, denn er hat wie dieser einen kleinen vierzähnigen Kelch, vierspaltige Krone, 2 Staubgefäße, gespaltene Narbe und ganzrandige stumpfspitzige Weidenblätter; auch stehen die kleinen weißen Blüthen in einer endständigen ästigen Traube wie bei dem Oelbaume und haben einen widerlich bitteren Geruch. Die Frucht ist aber eine saftige blauschwarze erbsengroße Beere. Der Liguster blüht im Juni und seine erst im Oktober reifenden Beeren bleiben meist den Winter über hängen, da sie selbst von den Vögeln verschmäht zu werden scheinen. Er wächst fast auf jedem nicht zu trocknen und sandigen Boden, namentlich an Waldrändern, mehr jedoch wie es scheint in der südlichen Hälfte Deutschlands als im Norden, ja es mag bei ihm wie bei dem schwarzen Hollunder die wirkliche ursprüng- liche Heimathsangehörigkeit von der Einwanderung vieler Orten schwer zu unterscheiden sein, da der Liguster — früher entschieden viel mehr als gegenwärtig — theils in Lustgehölzen theils zu Hecken, welche zweimal im Jahre beschnitten und dadurch sehr dicht werden, vielfältig angepflanzt worden ist, was durch Erziehung aus Samen oder durch Wurzelbrut und Stecklinge sehr leicht geschieht. Die Benutzung der Beeren mit ver- schiedeuen Zusätzen zu mancherlei Farben ist wohl nie im Großen betrieben worden und auch die Anwendung der feinen zähen Ruthen zu Flechtwerk und als Bindwieden, wozu diese den Weidenruthen vorzuziehen sind, mag nur sehr beschränkt stattgefunden haben. Die immer nur höchstens einige Zoll starken Stämmchen können durch ihr feines, weißes, außerordentlich dichtes und hartes Holz doch die forstliche Beachtung auf den Nieder- waldschlägen ausgehaltener Ligusterbüsche lohnen, da man daraus die besten Holzstifte macht. Dieser in den Parkanlagen doch zu wenig beachtete Strauch hat vor allen einheimischen Laub-Holzarten — die folgende ausgenommen — den Vorzug, daß man sie in beschränktem Sinne immergrün nennen kann, da immer eine Menge kaum in der Farbe etwas veränderte Blätter ganz frisch an den Trieben den Winter über sitzen bleiben. So wenig der Forstmann den Ligusterstrauch beachtet, so sehr scheint es von jeher das Volk gethan zu haben, denn er hat eine große Zahl örtlicher Benennungen, von denen viele auf der Weidenähnlichkeit seiner Blätter beruhen: Rain- oder Rheinweide, Thunriegel, Zaunriegel, selbst dem unter 27. besprochenen Concurrenz machend: Hartriegel, wilde Weide, Hartröhrle, Dintenbeer, spanische, wilde, Zaun-, Mund- und Schulweide (hat vielleicht wie bei der Birke einen pädagogischen Grund!), Bein-, Zeck-, Kohl-, Greis-, Kahl-, Mund-, Wein- und Weißknieholz, Eisenbeer- strauch, Hartender, Kiengerten, Grünbaum und viele andere. 33. Die Stechpalme oder Hülse, Ilex Aquifolium L. Unser einziger wenn auch nur kleiner wirklich immer grüner Laub- holzbaum, der vielleicht auch blos aus diesem Grunde den stolzen Namen trägt, da er sonst mit den Palmen durchaus nichts gemein hat. Wenn Bernardin St. Pierre (nicht Humboldt, wie man gewöhnlich glaubt, denn dieser führt für diese Bezeichnung jenen ausdrücklich als Urheber an) die hochaufragenden Palmen „einen Wald über dem Walde“ nennt, so kann man die Stechpalme einen Wald unter dem Walde nennen, denn die kleinen immergrünen schattenliebenden Bäumchen bilden, in Deutschland wenigstens in einigen Theilen des Schwarzwaldes, zu den Füßen der ragenden Nadelbäume einen Wald im Kleinen. Die Stechpalme bildet mit einigen andern Gattungen ihre eigene kleine Familie, welche die Einen Ilicineen, Andere Aquifoliaceen nennen, und schon ziemlich hoch in der Rangordnung des Gewächsreiches steht. Die Blüthe hat einen 4—5zähnigen Kelch und eine 4—5theilige zuletzt ziemlich radförmig flach ausgebreitete schneeweiße Blumenkrone, während sie als Knospe rosenroth gefärbt und kugelig, von der Größe einer kleinen Erbse ist; 4 Staubgefäße und 4—5 sitzende Narben. Die im Oktober reifende Frucht ist eine scharlachrothe erbsengroße 4—5 steinige kurzgestielte Beere, welche von den Turteltauben sehr geliebt wird. Die Blätter sind im ganzen von einem eirunden Umriß aber tief einge- schnitten, die Einschnitte wellenförmig abwechselnd ab- und aufwärts gebogen und gehen in einen harten knorpeligen spitzen Stachel aus, wie überhaupt die ganzen Blätter starr und hart und von einer lebhaften sattgrünen unten helleren Farbe und wie lackirt glänzend sind. Sie stehen undeutlich spiral an den steifen ziemlich dicken, lebhaft grün berindeten Trieben; die dickeren Aeste werden allmälig rothbraun und gestreift und der walzenrunde Stamm ist grau und feinrissig. Die Krone ist dicht belaubt, meist von eiförmigen Umriß mit spitzem Gipfel. Die Wurzel geht ziemlich tief. Das Holz ist von allen deutschen Holzarten das festeste und dichteste und daher schwerste; es hat zahlreiche sehr feine meist in Gruppen beisammenstehende Gefäße, zahlreiche schmale aber ziemlich dicke Markstrahlen, im Kern eine graue oder braune, im Splint eine weiße Farbe. Jahrringe deutlich be- zeichnet, kreisrund und daher das Mark meist im wahren Mittelpunkte des Stammquerschnittes. In unseren Gärten, wo man die schöne Stechpalme vielfältig aus dem nach 1½—2 Jahren aufgehenden Samen erzieht, haben sich mehrere Spielarten gebildet. Am abweichendsten ist eine Spielart mit ebenen ganzrandigen dornenlosen Blättern neben solchen von gewöhnlicher Gestalt. Aber es finden sich fast an allen sehr alten Exemplaren solche abweichende Blätter. Neben einigen anderen Spielarten sei nur noch erwähnt die vielstachelige , ferox, mit auch auf der ganzen Oberseite bestachelten und die geschäckte , variegata, mit gelblich- oder weißgefleckten Blättern. Als Standort der Stechpalme wird von Metzger ein steiniger schwerer Boden und ein geschlossener Stand in Buschwaldungen angegeben, während Reum von einem mit Lehm gemischten guten und lockeren Sand- boden spricht. Nach angepflanzten gut wachsenden Gartenexemplaren zu urtheilen ist die Stechpalme mehr auf schattigen Stand als auf eine eng begrenzte Bodenbeschaffenheit angewiesen. Die Verbreitung ist eine sehr umfassende, obgleich großen Gebieten Deutschlands die Stechpalme gänzlich fehlt. Im Norden geht sie bis in die Ebene hart an den Seestrand, während sie im Süden mehr in den Gebirgswaldungen wächst. Ganz vorzüglich sagt ihr das milde Seeklima Englands zu. In südlicheren Ge- bieten soll die Stechpalme zu einem ansehnlichen Baume erwachsen. Das Leben dieses reizenden in Deutschland einzig dastehenden immer- grünen Bäumchens zeigt die schon S. 186 erwähnte Eigenthümlichkeit der Winterverfärbung. Der erst im Oktober reifende Same geht an einen schattigen frischen Orte noch im Herbst gesäet erst nach 1½ bis 2 Jahren auf. Der Wuchs ist außerordentlich langsam, so daß erst mit 80 Jahren ein auch dann noch nur mäßiger Baum ausgewachsen ist. Da die Stechpalme den Schnitt sehr gut verträgt und ein gutes Ausschlags- vermögen hat, so kann sie in ihr zusagenden Lagen mit bestem Erfolg als Heckenpflanze angewendet werden. Hinsichtlich der forstlichen Bedeutung und Behandlung ist kaum etwas zu bemerken, da die Stechpalme für keine der drei forstlichen Betriebsarten geeignet ist, weil sie viel zu langsam wächst und daher keinen nennenswerthen Ertrag giebt. Wäre letzteres nur einigermaßen der Fall, so würde sie wegen ihres von Kunsttischlern und Drechslern hochgeschätzten Holzes sich sehr zur Anzucht empfehlen. So aber bleibt sie, abgesehen von den sich in den Waldungen von selbst darbietenden nie sehr zahlreichen Stämmchen, ein Gegenstand der Landschaftsgärtnerei und allenfalls des Erziehers lebendiger Hecken, die sie dichter und ihrer Be- wehrung wegen undurchdringlicher bildet, als irgend eine andere Hecken- pflanze. Wo die Stechpalme, namentlich wie an vielen Orten im Schwarz- walde, als Unterholz der Fichten- und Tannen-Hochwaldbestände auftritt, da überrascht sie den mit ihr noch nicht Bekannten in hohem Grade durch ihr fremdartiges, fast distelartiges Ansehen und die starre glänzende saftig grüne Belaubung. Von Volksnamen ist anzuführen: Walddistel, Palmdistel, Stecheiche, Palme schlechthin (im Elsaß und Breisgau), Hülscheholz, Hülse, Zwiesel- dorn, Christdorn. 34. Der glatte Wegedorn, Rhamnus Frangula L., und 35. Der Kreuzdorn, Rhamnus cathartica L. Wir fassen diese beiden Sträucher zusammen, obgleich man darüber in neuerer Zeit ziemlich einig ist, beide generisch zu trennen und erstere als selbstständige Gattung Frangula vulgaris zu nennen. Sie geben der kleinen Familie der Wegedornartigen Pflanzen, Rhamnaceen den Namen, welche aus kleinen Sträuchern besteht, und namentlich in südlicheren Ländern sehr vertreten ist. In Blüthe und Frucht waltet allerdings zwischen beiden Arten eine große Aehnlichkeit ob. Die ersteren sind klein und unscheinbar und stehen auf kurzen Stielchen. Bei dem Wegedorn sind sie zwitterig und haben einen kleinen krugförmigen fünfspaltigen Kelch, fünf kleine röthlich weiße Blumenblätter, welche die vor ihnen stehenden 5 Staubgefäße ein- hüllen. Die Narbe des blos einen Stempels ist kopfförmig. Die Frucht ist eine erbsengroße schwarze Beere mit 1—3 bleigrauen Nüßchen. Der Kreuzdorn dagegen hat zweihäusige oder polygamische grünliche Blüthen, 4 frei herausragende Staubgefäße, und bis 4 Nüßchen in der Frucht. Blüthen und Früchte stehen bei beiden in den Blattwinkeln, und zwar bei dem Kreuzdorn zahlreich in kleinen Büscheln zusammen; bei dem andern selten mehr als 1—4. Hat man schon durch die allgemeine Gestalt der Blüthen und Früchte die Gattung, in der wir sie hier noch beide zusammenfassen, so unter- scheidet man beide schon durch ein einziges Merkmal zu allen Jahreszeiten leicht von einander; dies liegt darin, daß alle Triebe bei dem Kreuzdorn anstatt mit einer Endknospe in einen steifen kurzen Dorn endigen, wie der Schleh- oder Schwarzdorn, welcher nichts anderes ist, als das Ende des Triebes selbst (S. 63. IV. Fig. 4.). Aus folgender Beschreibung werden aber auch noch viele andere Unterscheidungsmerkmale hervorgehen. Der Wegedorn , Rhamnus Frangula L., hat ziemlich regelmäßig eirunde vollkommen ganzrandige, d. h. keine Zähnelung am Rande zeigende Blätter , mit zahlreichen, durchschnittlich 9—10 fast geraden Seitenrippen, (hierin ähnlich dem Buchenblatte); die Knospen sind nackt (S. 59 unten). Der Wegedorn bildet einen 10—15 Fuß hohen lockeren Busch, dessen Stämmchen sehr schlank sind, selten über 2—3 Zoll dick werden und sehr dünne ziemlich lange Zweige haben. Die Rinde ist dunkel braungrau von weißen Rindenhöckerchen punktirt. Das Holz ist im Kern ziemlich lebhaft gelbroth, im Splint gelblich weiß, dicht aber leicht. Er liebt einen frischen nahrhaften Boden und findet sich namentlich an Waldrändern in schattiger Lage verbreitet durch ganz Deutschland. Obgleich die Stämmchen immer sehr schwach bleiben, so hat der Wege- dorn doch eine forstliche Bedeutung , weil sein Holz die beste Kohle zur Bereitung des Schießpulvers giebt; daher er nicht blos da wo er im Nieder- und Mittelwalde sich von selbst eingefunden hat, in 10 bis 12jähr. Umtrieb darauf benutzt, sondern in neuerer Zeit hier und da auch besonders erzogen wird, was sehr leicht ist, da die Samen sehr gut aufgehen. Außer dem Namen Pulverholz und Schießbeere heißt der Wegedorn auch Faulbaum, Faulholz, Zweckenholz, Fühlboom, Zapfenholz, Sperber-, Sprötzer-, Grind-, Gelb- und Zinholz, Reckbaum, Luckberste, Purgirbaum, Hühneraugenbaum, Hohl-, Astkirsche, Spill- und Spargelbeere. Der Kreuzdorn, Rh. cathartica L. hat ein ähnliches aber etwas längeres, schlanker zugespitztes und am Rande fein kerbzähniges Blatt , mit jederseits höchstens 3—4 gebogen aufwärts strebenden Seitenrippen; an den Kurztrieben stehen die Blätter deutlich kreuzweise gegenüber, an den Langtrieben mehr unregelmäßig zerstreut, welches letztere bei dem Wegedorn stets der Fall ist. Die an den Trieb angedrückten Knospen sind vollkommen, mit chocolatbraunen silaergrau umrandeten Schuppen. Im Gegensatz zu dem vorigen hat der Kreuzdorn etwas Knorriges und Gespreiztes im Bau seiner auch viel stärker, selbst etwas baumartig werdenden Stämmchen. Die Rinde der Triebe ist silbergrau, die der Stämmchen schwärzlichbraun, und aufgerissen mit einer ganz absonderlichen Bastlage, weil in ihr die mit Krystallen überzogenen Bastbündel regel- mäßig in Quinkunx geschichtet sind. Von besonderer von allen anderen deutschen Holzarten abweichenden Art ist das Holz, indem darin die feinen Gefäße (Poren) und die Holzzellen in größere etwas flammige Gruppen von einander gesondert sind, wodurch das Holz etwas schräg gegen den Spaltschnitt gehobelt ein schönes geflammtes gewässertes Ansehen erhält. Das Kernholz ist gelbroth, der Splint hell grüngelblich. Es ist sehr hart und dauerhaft und ist eigentlich unser schönstes Holz für feine Kunst- tischlerarbeiten. Als Standort verlangt der Kreuzdorn einen guten Boden an Wald- rändern und an Wiesen um seine größte Höhe von 20 bis 25 Fuß als 8—10 Zoll starkes Bäumchen zu erlangen; er findet sich aber krüppel- haft wachsend auch auf ärmeren selbst klippigen Bodenarten durch ganz Deutschland. Forstlich wird er nicht besonders beachtet und daher auch nicht kulturmäßig behandelt , um so weniger als er sehr langsam wächst. Außer seinem Holze, welches vielleicht hier oder dort eine ohne be- sondere Umstände sich ausführbar machende Pflege räthlich machen könnte, werden seine Beeren, Kreuzbeeren, zum Grünfärben benutzt. Roßmäßler, der Wald. 32 Wir kommen nun zu einer Gruppe von 13 zum Theil selbst baum- artigen Laubhölzern, welche den Wald an unsere Obstgärten anknüpfen, indem sie nach unserer gärtnerischen Eintheilungsweise mehr oder weniger den Namen Obstbäume verdienen, und als solche aus dem Walde zum Theil in unsere Gärten eingewandert sind, oder auch umgekehrt. Die Mehrzahl dieser Holzarten gehört der natürlichen Familie der Rosengewächse, Rosaceen , die Minderzahl der der Mandelgewächse, Amygdalaceen , an, welche beide im natürlichen System nahe bei einander stehen und auch in der Blüthenbildung sehr verwandt mit einander sind. Die Blüthen einer wilden Rose, einer Erdbeere, eines Apfelbaums, eines Pflaumen- oder Kirschbaums geben uns ein Bild von der Blüthen- bildung, wie sie in diesen beiden Pflanzenfamilien herrschend ist. Linn é verband in seinem System beide Familien in einer Classe, welche er Zwanzigmännige, Jcosandria, nannte, und von der vorhergehenden Classe: Vielmännige, Polyandria, blos dadurch unterschied, daß die große Anzahl von Staubgefäßen, welche bei den Zwanzigmännigen jedoch oft viel mehr als zwanzig sind, auf dem Kelche aufgewachsen sind, während dieselben bei den Vielmännigen auf dem Fruchtboden stehen. Wenn wir von einer wilden Rose die fünf Blumenblätter hinwegnehmen, so sehen wir deutlich, daß die Staubgefäße in Form eines Kreises auf dem ungebogenen Rande des fünfspaltigen Kelches stehen, was derselbe Fall bei der Apfel-, Birnen-, Quitten- und Weißdornblüthe ist, ja es ist ganz dasselbe bei den Blüthen des Kirschbaums oder Pflaumenbaums. Neben dieser Uebereinstimmung der genannten beiden Pflanzenfamilien ist es sehr leicht, abgesehen von anderen namentlich in der Frucht liegenden Unterscheidungsmerkmalen dieselben von einander zu unterscheiden, nämlich durch das Verhalten des Kelches nach dem Verblühen. Wir wissen daß die Hagebutte, bekannt- lich die Frucht der wilden Rose, an ihrem oberen Ende die fünf Zipfel des stehenbleibenden Kelches trägt; ganz dasselbe ist es bei Birne und Apfel, wo man im gewöhnlichen Leben den stehengebliebenen Kelch unrichtig die Blüthe zu nennen pflegt, da er doch vielmehr nur ein Theil derselben ist. An jeder reifen Frucht einer Rosacee sehen wir also an der Spitze mehr oder weniger deutlich den stehengebliebenen Kelch. Das ist bei den Mandelgewächsen nicht der Fall. Wenn sich die junge Pflaume oder Kirsche zu entwickeln beginnt, so streift sie den trocken gewordenen Kelch mit den aufsitzenden Staubgefäßen ab, und wir sehen dann an der reifen Frucht keinen stehengebliebenen Ueberrest der Blüthe. Die Familie der Rosengewächse zerfällt wieder in Unterfamilien — ähnlich wie es bei den Kätzchenbäumen war — und in die dritte derselben die der Apfelfrüchtler, Pomaceen , gehören die sämmtlichen hier ein- schlagenden Holzgewächse. Die Blüthenbildung derselben ist sehr überein- stimmend gebildet und wir schildern dieselbe hier im Allgemeinen um uns spätere Wiederholungen zu ersparen, indem wir uns dabei an die allgemein bekannten Apfelblüthen erinnern. Der Blüthenstiel erweitert sich in den zuweilen kugeligen oder krugförmigen oben offenen Kelch, an welchem in- wendig die Stempel und auf dessen oberem Saume die fünf Blumenblätter und die Staubgefäße eingefügt sind. Die Zahl der Stempel beträgt nach den Gattungen 1—5. Die Blumenblätter sind rund oder zungenförmig meist weiß bis rosenroth und sind mit einem ganz kurzen Nagel angeheftet. Wir werden sehen daß die Blüthen der Pomaceen entweder einzeln oder zu verschiedenartigen Blüthenständen vereinigt stehen. Sämmtliche Gattungen haben bleibende Nebenblättchen. Mit wenigen Ausnahmen verlangen die Apfelfrüchtler ein mildes Klima und einen nahrhaften Boden und viele von ihnen sind, wie bereits angedeutet, die Stammformen, aus welchen unsere Gartenkunst die edelsten Obstsorten gezogen hat. Wir haben zunächst vier Arten der Gattung Sorbus kennen zu lernen, für welche der deutsche Name Eberesche nicht allgemeine Gültigkeit hat. Die Blüthen bilden eine reich- oder armblüthige Traube oder Trugdolde. Sie haben eine saftige und fleischige Apfelfrucht, welche ein bis fünf kleine harte Samenkörner enthält. Dabei ist zu bemerken, daß manche Arten bald zu dieser bald zu der Gattung Pyrus gestellt werden, da zwischen beiden eine große Aehnlichkeit stattfindet. Die Größe und Gestalt der Früchte und die Art des Blüthen- und Fruchtstandes muß fast allein entscheiden. Die kleinfrüchtigen Arten, deren einzelne Blüthen- und Frucht- stielchen kürzer sind als die gemeinsamen Zweige des doldenartigen Blüthen- standes rechnen wir mit Hartig zu Sorbus. 32* 36. Die Eberesche, Sorbus aucuparia L. Die Blüthen haben meist 3 Stempel und stehen in einer reich- blüthigen gewölbten Trugdolde und haben kleine gelblich weiße Blumen- blätter. Die Früchte sind erbsengroß kugelförmig und scharlachroth, lange hängen bleibend. Die Blätter sind unpaarig gefiedert, in der Jugend graufilzig, später oben kahl. Der gemeinsame Blattstiel ist oben durch zwei herablaufende Linien von Blattsubstanz rinnenartig. Die länglich- lanzettlichen 11—15 Fiedern sägezähnig. Die unregelmäßig gestalteten Knospen sind filzig und stehen über der glänzend schwarzbraunen bleibenden Blattstielbasis. Der Stamm ist meist regelmäßig walzig, bis zur Krone geradschaftig mit silbergrauer ziemlich glatter Rinde, Zweige mit brauner Rinde. Die Krone wölbt sich frühzeitig ab, ist bald mehr bald weniger eirund oder mehr breit, immer etwas unterbrochen und ziemlich locker belaubt. Wurzel tief eindringend mit weitausstreichenden Seitenwurzeln. Das Holz ist ziemlich fein und zähe mit zahlreichen engen, gleichmäßig vertheilten Poren und feinen zahlreichen Markstrahlen. Die Jahresringe sind durch eine feine braune Linie sehr deutlich bezeichnet; Kernholz hell rothbraun, Splint düster röthlich weiß. Der Standort der Eberesche ist vorzüglich in dem frischen humus- reichen zerklüfteten Felsenboden der Gebirgswaldungen, wo sie in allerlei Bestandsarten sich einmengt und in ganz Deutschland und weiter nach Norden überall verbreitet und bei uns auf den für Waldkultur noch ge- eigneten höchsten Gebirgsebenen der aushaltendste Laubholzbaum ist. Das Leben dieses schönen allgemein bekannten und beliebten Baumes ist ein vagabundirendes zu nennen, denn sein leicht aufgehender Same wird durch die beerenfressenden Vögel weit verbreitet, so daß wir jungen vom 2. oder 3. Jahre einen freudigen Wuchs entwickelnden Ebereschen überall begegnen. Sie trägt schon frühzeitig, oft schon vom 10. bis 12. Lebensjahre an und dann fast alle Jahre reichlich Blüthe und Frucht, und hat einen guten Stockausschlag. An ihrem Stamme findet man am häufigsten die S. 199. erwähnten Kugelsprosse, welche, nachdem sie ab- gestoßen sind, eine ringförmige Narbe auf der Rinde hinterlassen. An Stocklohden und selbst an Stammausschlägen sind wie gewöhnlich die Blätter mehr oder weniger verändert, an jenen viel größer und an diesen namentlich die Fiederblättchen reicher, tiefer und schärfer gezahnt. Die forstliche Bedeutung und Behandlung beschränkt sich auf die Benutzung der sich von selbst einfindenden Bäume, entweder als Baum- oder als Schlagholz. Zu ihrem künstlichen Anbau wird kaum etwas gethan, was auch kaum nöthig ist, es sei denn, um sie zur An- pflanzung an Landstraßen zu erziehen, wozu sie sich ganz besonders empfiehlt, da sie beschattet ohne doch das Abtrocknen der Wege zu sehr zu ver- hindern. Unleugbar ist die Eberesche durch ihre namentlich im sonnigen Hochgebirge sich leuchtend scharlachroth färbenden Fruchtbüschel der schönste Waldschmuck, der die düstern Ränder der Fichtenbestände freundlich unter- bricht. Die selbst nach einem tüchtigen Frost immer nur erst herbe süß- sauer werdenden Früchte sind zuletzt das einzige Obst des Obergebirges. Das durch die braunen Jahreslinien einigermaßen dem Nadelholz ähnelnde Holz der Eberesche ist zu allerlei Wagen- und Tischler-, namentlich aber für Drechslerarbeiten sehr geschätzt, so daß in manchen Gegenden des Gebirges der Förster Noth hat, die Bäume vor den ihren Holzbedarf nicht gern theuer kaufenden armen Drehern von Spielwaaren zu beschützen. Dem Jäger sind die „Vogelbeeren“ die unentbehrliche Lockspeise für seine Dohnen. Von ortsüblichen Namen sind zu nennen: Vogelbeeren, Ebsche, Quit- schern, Quickenbeere, Eberasche, Quitzen, Vogelesche, Eischbeere, Erschen- baum, Schneisen-, Dohnen-, Zippen-, Drossel- oder Meischbeere, Aressel u. s. w. 37. Die zahme Eberesche, Sorbus domestica L. Von den auch diesem Baume zukommenden zahlreichen Volksbenennungen wähle ich den von den Forstbotanikern am häufigsten angewendeten, so unnatürlich es erscheint, auf eine Pflanze das Wort „zahm“ anzuwenden. Diese Art ist der vorigen in allen Stücken sehr ähnlich, obgleich durch folgende Kennzeichen leicht zu unterscheiden. Die Blüthenbüschel sind viel kleiner aber Blüthen und Früchte größer; die Blättchen sind mehr abgestumpft, schärfer gezähnt, nicht so flach ausgeebnet, sondern meist etwas aufwärts gewölbt und auf der Rück- seite stärker behaart; der gemeinsame Blattstiel schlaffer, zottig behaart (bei voriger kahl), wodurch die auch viel geringere rinnenartige Linie auf der oberen Seite fast ganz verdeckt wird. Knospen kahl und glänzend. — Im Uebrigen gleicht die zahme der gemeinen Eberesche, erreicht aber in ihrer eigentlichen Heimath eine viel bedeutendere Größe als diese in der ihrigen. Man unterscheidet zwei Abarten , eine mit birnförmiger und eine mit apfelförmiger Frucht, von denen einige Unterspielarten angegeben und in Frankreich erzogen werden. Auf ähnlichen Standorten wie vorige, namentlich in Gebirgs- waldungen, ist die zahme Eberesche in Mitteleuropa von Kärnthen und Krain an ziemlich verbreitet; bei uns kommt sie nur einzeln kultivirt und verwildert vor, da ihr Vorkommen in Thüringen und am Harz wahr- scheinlich auch nur auf Verwilderung beruht. Für die Forstwirthschaft hat sie dieselbe und insofern wohl noch eine höhere Bedeutung als die gemeine Eberesche, als ihr bräunliches Holz als besonders dicht und fest noch höher geschätzt ist. Die Früchte sind nach- dem sie ein Frost getroffen hat eßbar und im Geschmack den Mispeln ähnlich. Weitere Namen der zahmen Eberesche sind: Speierling oder Spierling , Sperberbaum, Matzmasen, Escheichen, Escherrösle, Sperbel, Schmerbirm, Spierapfel, Sporapfel, Adelesche, Ascheritzen, Zarfen u. s. w. Als seltnerer deutscher Baum soll hier die halbgefiederte Eber- esche , S. hybrida L., nur kurz erwähnt werden, welche durch ihre Blatt- bildung gewissermaßen einen Uebergang zu der Mehlbirne, S. Aria, macht. Die Blätter sind nämlich nur an der untern Hälfte gefiedert und gehen nach oben durch unvollständigere Ausbildung der Fiedern allmälig in die nur eingeschnittene und zuletzt ungetheilte Blattform über. Blüthen und Früchte sind denen der zahmen Eberesche sehr ähnlich. 38. Die Mehlbirne, Sorbus Aria Crantz. Blüthenstand eine lockere flachästige Doldentraube, Blumenblätter ab- stehend. Die Früchte , deren immer nur wenige in einem Blüthenstande zur Entwicklung kommen, sind bei der Reife im Oktober schönroth und ihr Fleisch ist etwas mehlig, eßbar. Das sofort über die Art entscheidende Kennzeichen liegt in den großen Blättern , welche ungetheilt, länglich eirund, doppelt sägezähnig, oben glatt, glänzend und dunkelgrün, unten aber mit einem silbergrauen Filz bedeckt sind. Die Blätter haben zahl- reiche fast ganz gerade Seitenrippen, etwa 10—12 auf jeder Seite. Auf dürrem felsigen Boden bleibt die Mehlbirne ein Strauch mit aufrechten straffen Aesten; auf besserem Boden erwächst sie jedoch zu einem bis 40 Fuß hohen Baume mit einer regelmäßigen kegelförmigen Krone. Rinde glatt, graubraun, weißgefleckt. Verbreitet ist sie im mittlen und südlichen Deutschland namentlich in Gebirgswaldungen. Dieser stattliche durch seine immer pappelartig aufwärtsstrebenden Zweige ausgezeichnete Strauch oder Baum ist die Silberpappel unter den Apfelfrüchtlern, obgleich der Filz der Blattrückseite doch niemals so rein weiß wie bei dieser ist. Das Blatt ist bald vorwiegend breit eirund, stumpfspitzig (mit nur 6—8 Seitenrippen jederseits), bald mehr länglich elliptisch, zugespitzt, und am Rande außer der doppelten Zähnelung namentlich an der oberen Hälfte auch noch tiefer eingeschnitten. Die forstliche Bedeutung ist geringer als bei der gemeinen Eber- esche, obgleich das röthlichweiße, sehr harte und dauerhafte Holz der Mehl- beere sehr geschätzt ist Desto mehr Beachtung findet sie aus gleichem Grunde wie die Silberpappel für Parkanlagen und Lustgehölze. Volksbenennungen sind: Mehlbeere, Adlersbeere, Arbutenbeere, Spier- ling, Mehlboom, Silberlaub, Silberbaum, Elzbeere, Adelsbeere, Oxal- baum, Arolsbeere, Frauenbirnle, Fliederbaum. Als nahe verwandte Art unterscheidet man von der Mehlbeere noch S. latifolia Ehrh., welche tiefer und regelmäßiger eingeschnittene Blätter hat, die auf der Unterseite mehr wollig filzig, bei jener mehr glatt an- liegend filzig sind. Dieser vielleicht nur als Abart von S. Aria anzu- sehende Baum kommt in Deutschland nur sehr selten vor. Er vermittelt vollends den Uebergang zu S. hybrida. 39. Die Elsbeere, Sorbus torminalis Crantz. Der traubige Blüthenstand wenigblüthig, Früchte bei der Reife im Oktober länglichrund, etwa haselnußgroß, fest, braungelb, weiß punktirt, herbe, vom Frost getroffen aber teigig und wohlschmeckend säuerlich süß. Blatt groß, langstielig, unterseits locker weichhaarig, tief eingeschnitten gelappt, Lappen unregelmäßig doppeltsägezähnig, die beiden untersten weit abstehend, die oberen bis zur Spitze allmälig kleiner werdend. Der Stamm von unregelmäßigem Umfang, meist bis 15—20 Fuß astrein, dann sich in wenige starke auseinanderstehende Aeste theilend, welche eine lockere, wenig schattige Krone tragen. Das Holz ist im anatomischen Gefüge dem der vorhergehenden Gattungsverwandten sehr ähnlich, doch meist ohne deutlichen Unterschied von Kern und Splint, gelbweiß und nach innen zu mit häufigen Markfleckchen. Die Elsbeere verlangt einen ziemlich nahrhaften Boden , erwächst aber in einem solchen wenn auch sehr langsam zu einem 50—60 Fuß hohen stattlichen Baume. Ihre Verbreitung erstreckt sich von Mittel- deutschland an südöstlich bis in den Kaukasus. Auch sie ist in Deutsch- land ein Gebirgsbaum und mischt sich einzeln in andere Bestände. Das Holz der bis an 2 Fuß stark werdenden Stämme ist zu allen Gegen- ständen, welche dichtes, zähes Holz erfordern und selbst zu Möbeln sehr gesucht, da es von alten Stämmen schön geflammt ist. Die Elsbeere heißt noch Elrize, Zürbelbaum, Eisen- oder Arlsbeere, Adelskirsche, Hüttelbeer- oder Erlivkenbeerboom, Alzbeer, Arlebaum, Elge, Elschbirle, Arlsbaum, Sersch, Darmbeere. 40. Der Weißdorn, Crataegus oxyacantha L. Die ansehnlichen langgestielten Blüthen mit schneeweißen muschel- förmigen Blumenblättern, violetten Staubbeuteln und zwei Stempeln stehen in kleinen Doldenbüscheln und erscheinen im Mai nach den Blättern an der Spitze von Kurztrieben; die Frucht ist ein etwas über erbsengroßes scharlachrothes saftloses mehliges Aepfelchen. Blatt im allgemeinen von verkehrt breit eiförmigem Umrisse, unten in den Blattstiel verschmälert ( LXXVII. 1.) nach oben hin mehr oder weniger tief in 3, 5 oder selbst undeutlich in 7 Lappen eingeschnitten, welche unregelmäßig doppeltsäge- zähnig sind. Neben dem Blattstiel stehen zwei kleine gebogene lanzettliche spitzgezähnte Nebenblättchen . Außerdem steht in der Achsel vieler Blätter noch ein fast rechtwinklig abstehender, steifer, sehr fester Dorn , LXXVII. 1. 2. Blätter des Weißdorns, Crataegus oxyacantha L. ; — 3. Blatt von einer Dorn- hecke; — 4. Blatt des Schwarzdorns, Prunus spinosa L. den wir nicht für gleichbedeutend mit den Stacheln Die Volkssprache verstößt gegen die wissenschaftliche Auffassung, wenn sie den Rosen Dornen zuschreibt. einer Rose zu halten haben, welche blos Oberhautgebilde und daher sowohl leicht abzu- stoßen sind als auch in kurzer Zeit meist von selbst abfallen, während ein Dorn ein bleibendes Axengebilde sind. Physiologisch genommen ist ein Dorn ein vollkommner Kurztrieb, der anstatt wie es diesen sonst eigen ist, an seiner Spitze eine sehr entwicklungsfähige Knospe zu haben, eben sich in eine jeder weiteren Längenentwicklung unfähige Spitze abschließt. Dazu ist dieser zum Dorn gewordene Kurztrieb auch ein Vorgriff , eine Pro- lepsis (S. 81.), denn er tritt stets aus der Achsel des noch stehenden Blattes und mit diesem gleichzeitig hervor. An einem solchen Dorn finden wir deutlich unterschieden Mark, Holz und Rinde. Die Dornen finden sich in der Regel nur an den kräftigen Lang- trieben und zwar meist in dem mittleren Theile derselben und auch an diesem nicht in jeder Blattachsel. Es kann uns auch nicht wundern, in dem Auftreten dieser Dornen keine feste Regel zu finden, da dies ja bei den übrigen Kurztrieben auch nicht der Fall ist. Die Knospe des Weißdorns ist sehr klein, kugelig, meist braun- roth gefärbt. Wild erwächst der Weißdorn zu einem knickigen weitschweifigen Busche mit höchstens einige Zoll starken braungrau berindeten Stämmchen; die schwächeren Zweige haben eine aschgraue Rinde. Gut gewachsene astreiche Büsche haben eine schöne tief herabreichende glänzend grün belaubte Krone, welcher zur Blüthenzeit die an bogenförmig sich herausbiegenden Zweigen oft zu 6—8 nebeneinanderstehenden blühenden Kurztriebe einen großen Schmuck verleihen. Wenn man die folgende Art als eine wirklich zu unterscheidende Art gelten läßt, so giebt es vom gemeinen Weißdorn keine eigentlichen Ab- arten, wohl aber unzählige Wandelformen der Blätter und Nebenblättchen, die sich aber oft an einem und demselben ruhig erwachsenen Busche, noch vielmehr aber an den in der Hecke oft beschnittenen finden. Fig. LXXVII. 1. und 2. geben die normale Blattform des frei erwachsenen Busches, 1. von einem Kurztriebe, 2. von einem üppigen Langtriebe. Fig. 3. ist von einer beschnittenen Hecke, welche blos aus dieser Art zu bestehen schien, obgleich das tief bis auf die Mittelrippe eingeschnittene Blatt mehr auf die folgende Art deutet. Um Johannis, wo die Weißdornhecken be- schnitten werden hat man die beste Gelegenheit sich von der großen Wandelbarkeit der Blatt- und Nebenblattgestalt zu überzeugen. Ueppige Langtriebe, welche nicht selten 30—40. Blätter zählen, werden von den riesig entwickelten Nebenblättchen wie von Manschetten umfaßt. Der angemessenste Standort für den Weißdorn ist eigentlich ein schwerer Lehmboden, er gedeiht aber auch in anderen jedoch am wenigsten wie es scheint im Auenboden des Ueberschwemmungsbereichs der Flüsse. Seine Verbreitung ist eine sehr ausgedehnte, namentlich an Bergab- hängen, an Wegen und in Vorhölzern. Der Weißdorn wächst außerordentlich langsam und hat ein großes Ausschlagsvermögen, indem auch an der Basis der Dornen die fast immer daran deutlich vorgebildeten 1 bis 2 kleinen Knospen zur Entwicklung kommen, und zwar an beschnittenen Hecken selbst im Vorgriff. Obgleich das Holz durch seine große Festigkeit und Zähigkeit zu kleinen Gegen- ständen sehr geschätzt ist, so liegt doch der Hauptwerth des Busches in seiner Eigenschaft als beste deutsche Heckenpflanze. Sehr nahe mit dieser Art verwandt und von Manchen nur für eine Abart davon gehalten ist der einsamige Weißdorn , Cr. monogyna L., aber durch die rosenröthlichen, nur 1 Stempel enthaltenden Blüthen und die schmal und tief geschlitzten, nur an der Spitze der Zipfel gezähnten tiefdunkelgrünen und kleineren Blätter gut unterschieden. Er wird nament- lich in Süddeutschland viel größer und nicht selten ein 30 Fuß hoher und 1 Fuß starker Baum. Von dieser Art kommen mehrere Gartenspielarten mit schönrothen Blüthen vor. 41. Die gemeine Mispel, Mespilus germanica L. Dieser allgemein bekannte bis 15 Fuß hoch werdende Strauch kommt in der wilden Stammform nur in den Wäldern des südlichsten Deutsch- land als ursprünglich heimisch vor. Von da hat er sich, durch die Garten- kunst in seiner Frucht sehr veredelt, über ganz Deutschland und weiter verbreitet und ist, die Gärten verlassend, in der ganzen Südhälfte Deusch- lands verwildert und jetzt daselbst in den Wäldern und Gebüschen heimisch geworden. Die Blüthe der Mispel hat große schneeweiße Blumenblätter und ist einer Apfelblüthe sehr ähnlich. Die bei der Reife immer noch sehr harte und ungenießbar herbe Frucht wird bekanntlich erst durch längeres Liegen, wobei sie in Gährung übergeht, genießbar. Die außerordentlich harten Steinsamen liegen bis zum Keimen 2 Jahr im Boden. Die Blätter gleichen einigermaßen recht großen Blättern der Sahlweide und sind unten schwach behaart. Wo die Mispel wild wächst findet sie sich in schattiger Lage auf einem frischen nahrhaften Boden und theilt im Holze ihrer schwachen Stämmchen die wesentlichen Eigenschaften und Vorzüge mit den meisten ihrer Familienverwandten. Das kleine höchstens 4—5 Fuß hohe Büschchen der Zwergmispel , Cotoneaster vulgaris Lindlay, (Mesp. Cotoneaster L.) sei hier nur kurz erwähnt. Es hat kleine polygamische Blüthen , erbsengroße leuchtend purpurrothe Früchte und eirunde von einer kleinen Spitze gekrönte oben sattgrüne unten graufilzige Blätter . Die Zwergmispel gehört eigentlich nicht hierher, da sie im Waldgebirge sich am liebsten auf den dürren von Wald entblößten Klippen ansiedelt. 42. Der wilde Apfelbaum, Pyrus Malus L. und 43. Der wilde Birnbaum, P. communis L. Diese beiden Stammväter unserer zahllosen Aepfel- und Birnen- Sorten betrachten wir vergleichend neben einander, wie sie sowohl im Garten als draußen in den Waldungen sich zu einander gesellen. Neben den schon früher angegebenen von den Blüthenstielen hergeleiteten Unter- scheidungskennzeichen der Pyrus-Arten ist hier besonders noch das hinzu- zufügen, daß das meist fünffächerige Kernhaus in jedem Fache nicht mit einer harten holzigen, sondern mit der bekannten pergamentartigen Wand ausgekleidet und daß jedes Fach zweisamig ist. Die Blüthen des Apfelbaums stehen auf kurzen Stielen in arm- blüthigen Sträußen oder selbst einzeln, sind größer, die Blumenblätter fast kreisrund, mehr hohl muschelförmig und äußerlich meist rosenroth überlaufen, während die des Birnbaumes auf langen Stielen in mehr- blüthigen Sträußen zusammenstehen und schneeweiße, flachere, mehr läng- liche Blumenblätter haben. Das Blatt ist bei dem Apfelbaum eiförmig, am Rande ziemlich grobsägezähnig, unten eben so wie die jungen Triebe und die abgestumpften rundlichen Knospen graufilzig; Blattstiele halb so lang als das Blatt. Bei der Birne ist es mehr gerundet, beiderseits eben so wie die jungen Triebe und die spitz kegelförmigen dunkelbraunen Knospen kahl, am Rande sehr fein sägezähnig; Blattstiel von Länge des Blattes. Der Unterschied in der Fruchtform ist allgemein bekannt, namentlich halten die beiden wilden Arten die Birn- und Apfelgestalt streng fest, nur daß bei ihnen der Unterschied in der Länge des Frucht- (und Blüthen-) Stiels weniger groß ist, als bei den meisten Kulturvarietäten, unter denen es jedoch bekanntlich auch ganz kurzstielige Birnensorten giebt. Wie die veredelten Birnbäume höher und stärker werden als die Apfelbäume, so ist es auch mit den wilden Stammformen des Waldes und es ist ein alter hundertjähriger wilder Birnbaum fast ein Baum erster Größe mit hochgewölbter Krone, während ein wilder Apfelbaum niedriger bleibt und eine mehr schirmförmige breite Krone zeigt. Beide haben an den Trieben neben den Blättern steife abstehende Dornen, die sich an alten Bäumen eben so wie an sämmtlichen veredelten Spielarten verlieren. Die Astführung ist bei dem wilden Afpelbaum knickiger und sperriger als bei dem Birnbaum, dessen Aeste etwas mehr aufwärts streben. Die Stämme beider sind mit einer rauhen in Borkentafeln auf- springenden Rinde bekleidet, meist nicht hochschaftig, und oft sehr spann- rückig. Auch in der Wurzelb ildung sind sie einander sehr ähnlich, sie ist reichverzweigt und zeigt eine tiefgehende Pfahlwurzel. Das Holz beider ist im Kern düster roth- oder leberbraun mit braungelblichem Splint. Es ist sehr fein und dicht mit zahlreichen aber feinen Poren und dichtstehenden sehr feinen Markstrahlen; jedoch sind im Birnenholz die Poren etwas feiner und weniger zahlreich, daher es dem Apfelholz vorgezogen wird, welches meist auch etwas dunkler und viel weniger dauerhaft ist. Jahres- ringe nicht sehr stark bezeichnet. Beide Holzarten sind schwerspaltig und spalten oder zerspringen vielmehr meist splittrig-muschlig ohne dem Ver- laufe der Holzzellen zu folgen. Vom wilden Apfelbaum unterscheidet man als Art, Andere nur als Abart Pyrus acerba, mit schmäleren zugespitzten Blättern und kahlen Kelchen. Der Standort des wilden Apfel- und Birnbaums ist ein tief- gründiger aber nicht nothwendig sehr nahrungsreicher Boden, mehr in Laub- oder gemischten als in Nadelwaldungen der Vorberge, wo sie durch ganz Deutschland verbreitet sind, aber immer mehr einzeln eingesprengt als horstweise vorkommen. Langsamer Wuchs und guter Wurzelausschlag charakterisiren das Leben beider, das letztere mehr den Birnbaum, während dieser einen etwas schnelleren Wuchs hat. Schon im Walde leiden sie — was dann allerdings für unser Interesse gleichgültiger ist — von verschiedenen Insekten wie in unseren Obstgärten. Da das Birn- und Apfelbaumholz sehr geschätzt ist, so können beide Bäume, wo sie sich im Walde häufig finden, forstliche Bedeutung haben, namentlich im Mittelwalde, und die wüchsigen Stämme als Ober- bäume zu Nutzholz ausgehalten werden. Das Holz beider, namentlich das Birnbaumholz wird zu vielerlei Dingen, welche dichtes festes und zähes Holz erfordern, verwendet, namentlich zu Radkämmen und anderen Maschinentheilen, als Geschirrholz und namentlich zu Druckformen für die Zeugdruckereien, früher selbst zum Holzschnitt, der jetzt nur zu gröberen Arbeiten Birnbaumholz, übrigens aber allgemein das Buchsbaumholz verwendet und zwar stets auf der Hirnfläche (auf dem Querschnitt, S. 88. F. IX. Q. ). Junge aus Samen erzogene Stämmchen von beiden sind als Wildlinge zur Veredlung den aus dem Samen edler Sorten erzogenen vorzuziehen, weil sie einen dauer- hafteren Stamm liefern. 44. Die gemeine Quitte, Cydonia vulgaris Persoon. (Pyrus Cydonia L.) Die Quitte ist durch den eben zuletzt von dem wilden Birn- und Apfelbaum gerühmten Nutzen besonders wichtig, indem zahllose Stämmchen davon aus Samen oder aus Stecklingen und Wurzelschößlingen erzogen werden, um darauf edle Birnensorten zu Zwergbäumen zu veredeln. Blüthe und Frucht sind fast ganz die des Apfels, sie stehen einzeln und an der Blüthe ist es namentlich der in 5 große blattartige Zipfel getheilte Kelchsaum, welcher nachher die Frucht bleibend krönt, und die vielsamigen Kernhausfächer der äußerlich filzigen Früchte, was die Quitte als Gattung von den Aepfeln scheidet. Die Blätter sind spitz eirund mit gerundeter, nicht herzförmiger, Basis, ungezähntem Rande und weich- filziger Unterseite. Sie stehen wie bei den Rüstern an den Trieben deutlich zweiseitig gerichtet. Man unterscheidet nach der Fruchtform zwei Spielarten: die Birnquitte und die Apfelquitte . Die Quitte bildet einen nicht leicht über 12 F. hohen Strauch mit schwarzbrauner warziger Rinde und sehr festem Holze. Ihre Heimath sind die Wälder des südlichsten Deutschland, von wo sie sich nördlich als Kulturpflanze weit verbreitet hat und nun an vielen Orten mit geeig- neten Standortsverhältnissen verwildert ist. Diese bedingen einen tief- gründigen fruchtbaren Boden. Sie kommt beinahe in ganz Deutschland überall zu selten vor, als daß sie eine forstliche Bedeutung haben könnte. Nachdem wir schon vorhin (S. 498) die unterscheidenden Kennzeichen der Familie der Mandelgewächse, den Rosengewächsen und insbesondere den Pomaceen gegenüber kennen gelernt haben, können wir uns nun bei der Artunterscheidung der dem deutschen Walde angehörigen Mandelge- wächse auf wenige am meisten in die Augen fallende Kennzeichen be- schränken. Diese gehören alle der einen Gattung Prunus an, für welche wir kaum einen Mißverständniß ausschließenden deutschen Gattungsnamen angeben können, da dieser entweder Kirsche oder Pflaume lauten müßte, womit doch das Leben sehr verschiedene Artbegriffe verbindet. Der Charakter dieser Gattung liegt in der saftigen nicht aufspringenden Stein- frucht, welche bald eine glatte, bald eine wellig gefurchte, holzige sehr harte Schale hat. 45. Die Vogelkirsche, Prunus avium L. Die Blüthen erscheinen im Mai mit dem Ausbruch des Laubes, sie stehen zu 2—5 in ungestielten Dolden auf sehr langen Blüthenstielen. Die Früchte sind klein, fast kugelrund und entweder roth oder „schwarz“ (was bekanntlich nicht buchstäblich zu nehmen ist). Die elliptischen zu- gespitzten Blätter sind sägezähnig und haben an den dem mäßig langen Blattstiele nächsten Zähnen Drüsen, und namentlich deren 2 am Eintritt des Blattstiels in das Blatt. Neben dem Blattstiele stehen 2 lanzettliche drüsiggezahnte Nebenblättchen. Die Knospen sind eirund, stumpfspitzig und stehen namentlich an den Spitzen der Triebe dichter zusammengedrängt. Tragknospen und Laubknospen kaum verschieden. Der Stamm walzenrund, sehr geradschaftig mit einer anfangs glänzenden aschgrauröthlichen glatten, an alten Stämmen aufspringenden und kreisförmig in sich zurückrollende Periderma-Lappen abschälenden Rinde , welche viel Gummi (nicht Harz!) enthält. Aeste ziemlich gestreckt in etwa ½ rechten Winkel aufwärts strebend; die Zweigstellung daran ist unregelmäßig aber doch auffallend quirlförmig, weil gewöhnlich nur an den Spitzen der Triebe Laubknospen stehen und nur aus diesen sich weitere Triebe entwickeln. Der Stamm löst sich in der Krone gewöhnlich nicht völlig in Aeste auf, sondern wird bis in ein ziemlich hohes Alter in der Axe der Krone fortgeführt, daher diese lange Zeit fast regelmäßig ei-kegelförmig ist und erst an sehr alten Bäumen unregelmäßig weitästig und breit werdend sich abwölbt. Der Wurzelstock hat eine starke tief- gehende Herzwurzel und weitstreichende Seitenwurzeln. Das Holz zeichnet sich vor allen durch sein verschiedenartiges Ansehen aus, indem die Jahresringe partienweise bald heller bald dunkler, bald reiner, bald mit einem grünlichen Ton braungelb sind, was dem Bret ein buntstreifiges Ansehen giebt. Holzzellen ziemlich dickwandig, Gefäße eng, ziemlich gleichmäßig und zwar meist in längliche den zahlreichen ziemlich dicken Markstrahlen folgende Partien geordnet; jedoch beginnt jeder Jahresring mit einer deutlich sich auszeichnenden Schicht, welche fast lediglich aus Gefäßen, nicht größer als die übrigen, besteht. Jahresringe sehr breit; an wüchsigen Bäumen nicht selten ¼ Zoll breit. Das Holz ist in seinem Gefüge feinfaserig, zähe, leichtspaltig, hart. Die Vogelkirsche unserer Waldungen ist die durch Verwilderung wieder erschienene Stammform unserer zahlreichen süßen Kirschensorten, deren Ein- führung bekanntlich dem römischen Feldherrn Lukullus aus dem König- reich Pontus am schwarzen Meer um 680 nach Roms Erbauung zu- geschrieben wird, wie Plinius berichtet. Schon nach 120 Jahren kam die Kirsche durch die Römer nach England und von da nach Deutschland und Frankreich. Neben den aus ihr entstandenen Gartenspielarten (Mai-, Herz-, Glas-, Knorpel- und anderen Kirschen) unterscheidet man nach den Früchten selbst mehrere wilde oder richtiger wieder verwilderte Spielarten: die rothe und die schwarze Wald kirsche, mit kleiner und wenig Fleisch habender Frucht und eine dritte mit größerer fleischigerer Frucht. Der wilde Kirschbaum hat sich allmälig über ganz Deutschland und über andere angrenzende Theile Europa’s verbreitet und sich daselbst in den Wäldern und Gehölzen einheimisch gemacht. Er steigt dabei bis auf ziemlich bedeutende Höhen, in den deutschen Gebirgen (Riesengebirge, Thüringerwald, Erzgebirge, Harz u. s. w.) bis in die obere Fichtenregion, während er in der Schweiz hier und da, z. B. in Grindelwald, noch ober- halb des Gletscherfußes gut gedeiht und seine Früchte reift. Er bedarf für seine tiefgehende Wurzel einen tiefgründigen Boden, dem es an Frische nicht fehlen darf. Obgleich der Forstmann in seinen Mittelwaldbeständen den Vogel- kirschbaum seines schönen sehr gesuchten Holzes wegen gern sieht, so ge- schieht doch wenig mehr als nichts für seine Vermehrung, da sich der Baum sehr leicht selbst ansäet, wozu die Vögel vieles beitragen. Letzterer Umstand macht, daß wir fast überall und in allen Bestandsarten einzelnen Kirschbäumen begegnen. Das Leben der Vogelkirsche zeichnet sich durch einen fördersamen Wuchs und eine unverkennbare Kräftigkeit ihres ganzen Wesens aus, ob- gleich bekanntlich Spätfröste ihre Blüthe, oder streng genommen nur den Stempel darin tödten. Von ihrer nahen Gattungsverwandtin, der Sauer- Roßmäßler, der Wald. 33 kirsche, Prunus Cerasus L., unterscheidet sie sich durch den Mangel des dieser sehr eigenthümlichen Wurzelausschlags. Vor dem Laubfall färben sich die Blätter dunkel purpurroth. Von Krankheiten der wilden wie der zahmen Kirsche ist namentlich der Brand des Stammes und der un- richtig so genannte Harzfluß zu nennen. Um letzteren nicht hervorzurufen dürfen die Kirschbäume auch nur sehr wenig und sehr vorsichtig ausgeästet und beschnitten werden. Die vielfache Verwendung des Kirschbaumholzes ist bekannt und ebenso daß dessen aus Samen erzogene Stämmchen zur Veredelung dienen. Um kräftige Wildlinge sicher zu erziehen muß man die Vogelkirschen un- mittelbar nachdem sie vollkommen reif sind mit dem Fleische säen und nur sehr wenig bedecken. Das berühmte schweizer und schwarzwälder Kirsch- wasser („Kirschengeist“) wird nur aus den kleinen Vogelkirschen, und zwar auf dem Schwarzwalde nur aus der rothfrüchtigen Spielart, bereitet. 46. Die Felsenkirsche, Prunus Mahaleb L. Die kleinen angenehm duftenden weißen Blüthen stehen in lockeren eirunden Doldensträußen zusammen an den Seiten der Langtriebe; die Anfang August reifenden, kaum erbsengroßen, eirunden, blauschwarzen Früchte haben einen länglichen Stein und nur wenig Fleisch von bitter- süßem Geschmack, welcher gewissermaßen die concentrirte Wirkung des Geruches ist, welchen das Gewächs in allen Theilen, namentlich in der Rinde verbreitet; denn nach dem Genuß behält man lange Zeit den diesem Geruch gleichkommenden Hauchgeschmack — wie man wohl ganz richtig sagen darf — im Munde. Dieser Geruch ist der bekannte Geruch der noch immer beliebten „Weichselrohre“ welche von der Felsenkirsche kommen. Die Blätter , viel kleiner als die Kirschblätter, eirund, kurzzugespitzt, am Rande fein und stumpfsägezähnig, mit 2 Drüsen am Blattstiele. Die Felsenkirsche bleibt ein mehrstämmiger Busch, der allerdings eine Höhe von 20—30 Fuß erreichen kann und einen gespreizten sperrigen Wuchs mit lockerer durchsichtiger Krone und langen sehr feinen und daher meist etwas niederhängenden Trieben hat. Die Rinde der ziemlich stark werdenden Stämmchen ist meist von häutigen Peridermfetzen rauh, die der Zweige gelbbraun mit aschgrauem Schimmer, quergestreift und mit zahlreichen quergestellten länglichen Rindenhöckerchen. Das Holz ist feinporig, dicht und fest, mit braunem Kern und hellem Splint, wohlriechend, sehr schwer- spaltig. Der Standort der Mahalebkirsche ist auf zerklüfteten trockenen Felsenklippen und also nicht eigentlich unmittelbar im Walde selbst; sie findet ihre Verbreitung vorzüglich im Süden Deutschlands, in Ungarn und noch weiter südöstlich, kommt jedoch an geeigneten nicht zu rauhen Lagen auch in Mitteldeutschland vor. Die Felsenkirsche hat ein großes Ausschlagsvermögen, besonders am Stocke und liefert in ihren Stocklohden die schon genannten Weichselrohre zu den Tabakpfeifen, welche ihren bekannten angenehmen Geruch sehr lange behalten. Dieser Geruch beruht auf dem Cumarin (Tonka-Campher), einer in den verschiedensten Pflanzen vorkommenden organischen Verbindung. Außer den Tonkabohnen (dem Samen von Dipterix odorata Willd., einem guyanischen Baum mit Schmetterlingsblüthen) findet sich das Cumarin noch im Waldmeister ( Asperula odorata ), in vielen Steinkleearten, im Ruchgrase ( Anthoxanthum odoratum ) und andern Gräsern — daher der ganz dem Weichselgeruch ähnliche Heugeruch. Das Cumarin giebt dem beliebten Maiwein den würzigen Geschmack und dieser kann daher nicht blos mit dem dadurch berühmten Waldmeister allein bereitet werden. Eine große Bedeutung hat die Felsenkirsche dadurch, daß man von ihr in großer Menge Wildlinge zu Veredlung der Süß- und Sauerkirschen erzieht. Die Felsen- oder Mahalebkirsche heißt auch noch Steinkirsche, Stein- weichsel, wohlriechende Kirsche, Ahlkirsche, türkische oder ungarische Weichsel, Mahaleb- oder Parfümeriekirsche. 47. Die Traubenkirsche, Prunus Padus L. Die den Kirschblüthen ähnlichen doch kleineren und schmalbättrigen Blüthen bilden eine bis 4 Zoll lange hängende, Anfang Mai zugleich mit den Blättern sich entfaltende, traubenförmige vielblumige Aehre, welche bald unbeblättert, bald an ihrem Grunde mit einigen Blättern versehen ist. Die Früchte , deren meist nur wenige zur Ausbildung kommen, sind 33* erbsengroß und bei der Ende Juli erfolgenden Reife schwarz, wenig fleischig und von widerlich bitterlichem Geschmack. Blätter elliptisch, dem Kirschblatt sehr ähnlich, aber sehr fein und zwar undeutlich doppelt sägezähnig, kahl; am Blattstiele mit 2 Drüsen. Die Knospe ist sehr ansehnlich, kegel- förmig zugespitzt, düster rauchbraun mit silbergrauen Schuppenrändern. Der Stamm der Traubenkirsche ist mit einer graubraunen wenig aufgerissenen aber warzig rauhen Rinde bekleidet und sendet, bis hochhinauf sich fortsetzend, eine große Menge schwache etwas hängende Aeste aus und bildet so eine tief am Stamme herabgehende gewölbte Krone, die im freien Stande, wo der Stamm oft weitausgreifende Aeste bildet, zuweilen ein breites Schirmdach bildet. Die Wurzel hat eine große Verbreitung und tiefgehende Aeste. Das Holz hat zahlreiche in unregelmäßige Gruppen geordnete kleine Poren, gerade verlaufende zahlreiche mittle Markstrahlen. Die Jahrringe sind durch einen einfachen Kreis nicht größerer Poren be- zeichnet. Kernholz braungelb, der breite Splint gelblich weiß. Es wird seiner Dichtigkeit und Feinheit wegen zu allerlei Drechsler- und Tischler- arbeiten geschätzt, behält aber lange Zeit seinen, besonders frisch sehr auf- fallenden, widerlich bitteren Geruch. In den Gärten kommen 4 Spielarten vor: mit weißen und mit rothen Beeren, eine mit sehr kleinen Blüthen und eine vierte mit sehr langen Deckblättchen neben den einzelnen Blüthenstielen. Die Traubenkirsche liebt einen frischen Boden und kommt daher auch an Bachufern sehr gut fort, zu deren Befestigung sie dient, nimmt jedoch angepflanzt auch mit mageren Standorten fürlieb. Ihre Verbreitung in Deutschland und in den angrenzenden Ländern ist sehr groß, doch geht sie nicht in das Gebirge hinauf, sondern ist eine Ebenenpflanze. Das Leben der Traubenkirsche zeigt sich in jeder Hinsicht besonders energisch, denn sie besitzt nicht nur ein großes Ausschlagsvermögen, und ein kräftiges Wachsthum, sondern sie entfaltet auch unter allen größeren Baumpflanzen — sie kann zu einem bis 50 Fuß hohen Baum erwachsen — am frühesten ihre Blätter mit den großen weißlichen jedoch bald abfallenden Afterblättchen. Der reiche Stockausschlag treibt in fruchtbaren Lagen riesige bis 12 Zoll lange Blätter, neben denen die Afterblättchen zuweilen sich zu großen bleibenden Blättern umbilden. Die mit dem Fleisch im Herbste gesäeten Kerne keimen wie die Kirschen im nächsten Frühjahr sehr leicht und geben kräftig und schnell sich entwickelnde Pflanzen; diese erzieht man jedoch auch durch Ableger und selbst durch Wurzelbrut. Forstliche Bedeutung hat die Traubenkirsche ihres starken Stock- ausschlags wegen nur für den Niederwald der Ebenen, wo sie sich oft von selbst einfindet. Wichtiger ist sie als Zierbaum für Parkanlagen, denen der reichblühende Baum oder Strauch schon zeitig im Frühjahr einen großen Schmuck verleiht. Daselbst findet man auch die mehr strauchartig bleibende ihr sehr ähnliche virginische Traubenkirsche, Pr. virginiana Duroi, welche sich durch weniger runzelige nur einfachgesägte, fast leder- artige Blätter und straffere Blüthenähren unterscheidet. Metzger nennt als Provinzialnamen: Ahlkirsche, Elzbeer, Stinkweide, Stinkbom, Faulbaum, Ahle, Vogeltraubenkirsche, Alp-, Traubel-, Büschel-, Elster- und Ollkirsche, Hühneraugen-, Dirlein-, Mai- und Drachenbaum, Aelex-, Elp-, Esten-, Elzen-, Kreudelweide, Hexenholz, Druthenblüthe und Twiesel. 48. Schlehdorn oder Schwarzdorn, Prunus spinosa L. Wer kennt ihn nicht, den mit seinem Blüthenschnee auf blätterlosen, schwarzbraunen Zweiggewirr den Waldrändern den ersten Blüthenschmuck verleihenden Strauch? Die denen des Pflaumenbaumes sehr ähnlichen Blüthen stehen einzeln oder zu 2 bis 3 an den Seiten der Triebe neben den erst viel später sich öffnenden kleinen Laubknospen, denn nur bei einer zuweilen vorkommenden Abart, dem spätblühenden Schlehdorn Pr. spinosa var. serotina, erscheinen sie erst mit den Blättern, deren Gestalt wir auf S. 505 Fig. 4. sehen. Die Blätter sind denen der Pflaume, Pr. domestica L., sehr ähnlich, wie denn überhaupt beide einander sehr nahe verwandt sind. Nur selten übersteigt der meist vielstämmige, sperrige Busch die Höhe von 10 Fuß und zeichnet sich durch die zahlreichen, fast rechtwinklig ab- stehenden, in einen spitzen Dorn endenden kurzen Seitentriebe aus. Das Holz der meist nur wenige Zoll dick werdenden Stämmchen ist außerordentlich dicht und fest und von feinem Gefüge; es hat einen schwarzbraunen Kern und röthlichen Splint. Der Schwarzdorn wächst auf allerlei Boden, selbst auf sehr steinigem, durch ganz Deutschland, namentlich an Waldrändern, vor deren Inneres er sich fast wie ein Verhau legt. Da er keinen schnellen Zuwachs hat, so hat er selbst als Schlagholz keine Bedeutung und findet seine Benutzung fast nur als Schutzwehr junger Bäume gegen das Verbeißen durch Wild und Weidevieh und zu festen Hecken, besonders aber zu Herstellung der Dornwände der Gradirhäuser in Salinen. Die schwarzblaubereifte kugel- runde Frucht , die bekannte Schlehe , verliert ihren außerordentlich herben zusammenziehenden Geschmack nur erst, wenn sie einige tüchtige Nachtfröste ausgehalten hat, wo sie dann weich und saftig und von säuerlich süßem Geschmack ist. Nach den angegebenen Merkmalen ist der Unterschied zwischen dem Schwarzdorn und dem Weißdorn (S. 504) groß genug; es kommt noch hinzu, daß ersterem die Dornen neben den Blättern fehlen und nur die Spitzen der Kurztriebe in einen Dorn enden. 49. Die Kriechen-Pflaume, Prunus insititia L. Als fremder Einwanderer hat uns dieser kleine, 15—20 Fuß hoch werdende Baum einige allgemein geschätzte (Mirabelle, Reineclaude, Herrenpflaume) neben vielen werthloseren Obstsorten geliefert, welche man in Süddeutschland als Pflaumen von den Zwetschen ( Pr. do- mestica ) unterscheidet, ein Unterschied, der in Norddeutschland weniger gemacht wird, wo man meist Alles Pflaume nennt, was diesen beiden Arten angehört. Die Kriechenpflaume ist der gemeinen Pflaume oder Zwetsche in allen Stücken sehr ähnlich. Ihr Stamm ist, nach Metzger , meist mehr rauh; die Aeste mehr abstehend; Krone ausgebreitet und locker; Holz weicher und heller; Triebe dicker, haarig, violett und selten glatt und grün; Blüthe größer; Früchte meist kugelig, doch auch eiförmig, gelb, roth, blau oder grün (bei den veredelten Abarten). Das Fleisch löst sich meist nicht vom Kern und ist unmittelbar unter der Schale bei den meisten Spielarten sauer. Der Kern weniger zusammengedrückt und kürzer. Die ursprüngliche Heimath der Kriechenpflaume ist das südliche Asien und Syrien, von wo sie über Italien und Frankreich seit langer Zeit schon in Deutschland eingewandert ist; sie verlangt einen guten nahrhaften Boden und sonnigen Standort, wenn die Früchte der veredelten Sorten ihre Vollkommenheit erreichen sollen. Wie die Vogelkirsche so ist auch sie aus unseren Gärten wieder hinaus in die Vorhölzer und gemischten Waldungen entwichen, wo sie namentlich in Süddeutschland häufig so voll- ständig verwildert vorkommt, daß sie längst als ein Glied der deutschen Flora aufgenommen ist. Dasselbe gilt beiläufig gesagt auch von der ge- meinen Pflaume oder Zwetsche, Pr. domestica L., welche im 17. Jahrh. aus dem südlichen Griechenland in den Neckargegenden eingeführt worden sein soll. Da die Kriechenpflaume in einigen ihrer Spielarten namentlich in den Gärten des Landmanns heimisch geworden ist, so fehlt es ihr natür- lich auch nicht an den verschiedensten ortsüblichen Benennungen, die jedoch für unsere Betrachtung des „Waldes“ keine Bedeutung haben. Ueberhaupt bilden die zuletzt betrachteten 14 Holzpflanzen den schon auf S. 498 angedeuteten fremdartigen Zug in dem ernsten Charakter unseres deutschen Waldes, wodurch dieser fast allein einigen Blüthenschmuck gewinnt, der ihm sonst beinahe abgehen würde. Hierdurch macht sich ganz besonders der wilde Apfelbaum, mehr noch als die Vogelkirsche, geltend, der mit seinen rosenroth und weiß gefärbten Blüthensträußchen von der Ebene bis in die Vorberge den Waldbeständen oft einen so überraschenden Schmuck verleiht. Ist auch jeder Baum ein „Fruchtbaum“ so denken wir bei Nennung dieses, nützliches Schaffen versinnbildlichenden, Wortes doch immer nur an den Obstbaum und es gewinnt die eben beendete Abtheilung der Waldbäume für unsere Betrachtung des Waldes noch eine besondere persönliche Bedeutung, persönliche, weil sie in Beziehung tritt zu demjenigen deutschen Forstmanne, welcher, wenn nicht der größte seiner Zeit, doch sicher derjenige war, welcher den größten Einfluß auf die wissenschaftliche Be- gründung der deutschen und somit der gesammten Forstwirthschaft gehabt hat und dessen Gedächtnisse unser Buch gewidmet ist. In der „kleinen Zillbach“, einer kleinen weimarischen Enklave nahe dem meiningischen Wasungen, wo Heinrich Cotta am 30. Okt. 1763 geboren wurde (er starb am 25. Okt. 1844, also fast 81 Jahre alt in Tharand) ist von der Geburtsstätte des großen Forstmannes, einer einsam im Walde gelegenen Försterei, nichts weiter übrig geblieben, als ein alter Apfelbaum, der von dem fruchtbringenden Schaffen Heinrich Cotta’s Zeugniß ablegt. Die bereits ergrauten Leser meines Buches, welche der Forstwelt angehören und somit zum großen Theil unmittelbar, alle aber mittelbar Cotta’s Schüler sind, mögen daher ihres Meisters gedenken, wenn ihnen im Mai auf ihren Reviergängen mitten unter Buchen oder Eichen ein blühender Apfelbaum als ewig sich verjüngendes Denkmal desselben begegnet. 50. Der Sauerdorn, Berberis vulgaris L. Obgleich dieser allgemein bekannte Strauch, welcher einer kleinen natürlichen Pflanzenfamilie seinen Namen giebt, namentlich in der süd- lichen Hälfte Deutschlands in Vorhölzern mit lockerem sandigen Boden häufig anscheinend wild angetroffen wird, so ist er doch vielleicht keine eigentlich deutsche sondern seit alter Zeit aus Südeuropa eingeführte Pflanze, die in unseren Parkanlagen wegen ihrer goldgelben Blüthenträubchen und der rothen essigsauren Früchte häufig angepflanzt wird. Im Nord- osten Europa’s haben jedoch einige nahe verwandte Arten ihre ursprüng- liche Heimath. Die Blüthe hat 6 Kelchblätter, 6 Blumenblätter, welche gegen die sonstige Regel nicht mit einander abwechseln, sondern vor einander gestellt sind, und ebenfalls 6 Staubgefäße und 1 Stempel, aus welchem eine zweisamige länglich eiförmige Beere wird. Die Staubgefäße, welche im gewöhnlichen Zustande gekrümmt ausgebreitet liegen, zeigen ein bemerkens- werthes Beispiel der sogenannten nichtperiodischen Bewegungserscheinungen des Pflanzenlebens, indem sie leise berührt sich mit einem plötzlichen Ruck aufrichten. Die verkehrt eiförmig-spatelförmigen, am Rande borstlich gezähnten Blätter stehen büschelförmig und haben an ihrer Einfügungsstelle einen meist dreitheiligen Dorn, welcher nichts anderes als ein umgewandeltes Blatt ist. Das feine kleinporige Holz ist im Kern bläulichroth im Splint citronengelb. Bei Gutenstein im Wiener Walde soll nach L. Reichenbach eine Spielart mit süßen Früchten vorkommen. Die forstliche Bedeutung beschränkt sich auf die Benutzung bei der Schlagführung des Mittel- und Niederwaldes, während die reine, sehr starke aber angenehme Säure der Früchte hie und da eine hauswirth- schaftliche Verwendung findet. Seinen Hauptwerth hat der Sauerdorn wohl als Zierstrauch, wozu er sich auch durch seinen eleganten in den Aesten bogenförmig geschweiften Bau besonders empfiehlt. Ein bei den Landwirthen sehr verbreiteter Glaube behauptet von ihm, daß am Rande von Feldern stehend er den Roggen in seiner Umgebung unfruchtbar mache. 51. Der gemeine oder Berg-Ahorn, Acer Pseudoplatanus L. Die Gattung Acer bildet mit der erst später von ihr abgetrennten Gattung Negundo (Acer negundo L.) die kleine natürliche Familie der Ahornbäume, Acerineen, welche in Deutschland durch vier Arten vertreten ist und deren Hauptmerkmal darin besteht, daß die Frucht eine Flügel- frucht ( samara ) ist und die Blätter keine Nebenblättchen neben sich haben. Die Blüthen der Ahornarten sind polygamisch, d. h. auf einem und demselben Baume sind sie fruchtbare oder unfruchtbare Zwitter- und getrennt- geschlechtige, nämlich männliche Blüthen. Die Blüthe ist eine vollständige ( LXXVIII. Fig. 2.), d. h. sie hat 5 Kelchzipfel, 5 Kronenblätter und, zum Theil, beiderlei Befruchtungsorgane, nämlich 5 bis 10 Staubgefäße und 1 Stempel mit einem zweifächerigen Fruchtknoten (5. 6.) und einem in 2 zurückgebogenen Narben gespaltenen Griffel (2. 3.). Den Mittelpunkt der Blüthe bildet ein kreisrunder etwas ausgekerbter schwieliger Fruchtboden, der namentlich an den blos männlichen Blüthen (4.) sehr ausgebildet ist. Aus jeder Hälfte des Fruchtknotens wird eine Flügelfrucht, welche den großen zungenförmigen Flügel blos an dem auswärts gekehrten Umfange trägt, während, indem eine Doppelflügelfrucht entsteht, beide Hälften mit der entgegengesetzten Seite mittels eines Fadens mit einander verbunden sind (7.) und sich erst bei der Samenreife trennen. Jede der beiden Früchte enthält durch Fehlschlagen der übrigen Samenknospen (6.) nur 1 Samen (8.), aus welchem sich beim Keimen sehr große zungenförmige oberirdische Samenlappen entwickeln. Die Ahornblätter sind kreuzweise gegenständig. Ebenso stehen natürlich am Triebe die Knospen und an diesen die Schuppen. Das Holz aller Ahornarten ist fest und dicht und daher sehr geschätzt. Zwei unserer einheimischen Arten sind Bäume ersten oder wenigstens zweiten Ranges. Indem wir zu dem Bergahorn übergehen so finden wir an ihm die zahlreichen Blüthen in langen hängenden Trauben vereinigt (1.), an denen wie bei den übrigen Arten immer alle drei Blüthenarten unter- einander gemischt sind. Alle Blüthentheile haben eine hellgelbgrüne Farbe, nur die 10 Staubbeutel sind gelb. Der Fruchtknoten ist fein behaart und hat etwas herzförmig aufsteigende Flügel (5.). Die beiden Flügel der hängenden Flügelfrucht sind in einem spitzen Winkel zusammengeneigt (7.) und das Samenfach dick angeschwollen, innen mit anliegenden Seidenhaaren ausgekleidet (8.). Same schräg kegelförmig, wenig zusammengedrückt, dunkel (8. x ). Der Keim ist sehr groß und im Samen sind dessen Samenlappen mehrfach gefaltet (10. x y ). Das Blatt ist lang gestielt, drei- oder undeutlich fünflappig, d. h. mit drei tief gespaltenen und zwei unteren nur seicht gespaltenen und kurz zugespitzten Lappen, außerdem stumpf- lich sägezähnig; die 3 einspringenden Haupt-Winkel der Blattlappen sind spitz; Oberseite des Blattes sattgrün, Unterseite graugrün und in der Jugend fein behaart; Blattrippen unten sehr stark hervortretend und in den Winkeln braun gebartet. Knospe eirund, spitz, hellgelbgrün mit schwarzbraunen Schuppenrändern, in einem halben rechten Winkel vom Triebe abstehend; Blattstielnarbe spitz bogenförmig, schmal aber sehr lang um den Trieb herumgezogen, so daß das gegenüberliegende Paar fast zusammenstößt, mit 3 deutlichen Gefäßbündelspuren. Keimpflanze mit mehrere Zoll langem Stämmchen, großen zungen- förmigen Samenlappen und zwei einfachgezähnten, ungelappten, herzförmig breit lanzettlichen Herzblättchen (12.). Der Stamm des Bergahorns ist oft nicht walzenrund, sondern von irgend einer Seite etwas gedrückt, aber meist hochschaftig und gerade, da er sich bis hoch hinauf von Aesten reinigt. Die Krone ist nicht dicht, meist schön gewölbt, mit büscheliger Gliederung der Belaubung, sie zeigt zahl- reiche aber in der Regel nicht sehr starke unregelmäßig vertheilte Haupt- äste, welche meist ziemlich knickig sind, denn trotz der höchst regelmäßigen Anlage durch die kreuzweise gegenständige Triebstellung giebt die Krone durch Fehlschlagen vieler Knospen diese Regelmäßigkeit doch vollständig auf. Ich verweise hier auf das, was in dem Abschnitt „Architektur der Waldbäume“ namentlich auf S. 211 und 225 gesagt ist. Die braun- LXXVIII. Der Berg- oder gemeine Ahorn, Acer pseudoplatanus L. 1. Blühender Trieb; — 2. Fruchtbare Zwitterblüthe; — 3. Dieselbe nach Hinwegnahme der Kelch- und Kronenblätter; — 4. Männliche Blüthe, ebenso; — 5. Der Fruchtknoten, links mit geöffnetem linken Samen- fach; — 6. Derselbe querdurchschnitten; — 7. Doppelflügelfrucht; — 8. Einzelne Flügelfrucht mit gespaltenem Samenfach, auf der nach rechts herausgeschlagenen Fruchtwand liegt der Same x. y.: — 9. Querdurchschnittener Same, in der Richtung a b von Fig. 10.; — 10. Der herausgeschälte Keimling; — 11. Triebspitze mit Knospen, von denen sich eine wahre Endknospe durch Größe auszeichnet; — 12. Keimpflanze. graue Rinde bleibt bis zu einer ansehnlichen Stammdicke glatt, reißt aber dann in breite flache Borkentafeln durch kaum ½ Zoll tiefe Furchen auf. Die Wurzel hat zahlreiche weit ausstreichende Seitenäste und eine kurze Pfahlwurzel. Das Holz ziemlich fein, glänzend, hellgelblich oder röthlich weiß; Gefäße mittelmäßig weit, einzeln, selten zu 2 verbunden und weitläufig in der Masse der nicht sehr dickwandigen Zellen zerstreut; Markstrahlen zahlreich, etwa 1 Millim. hoch, ziemlich fein, kurz, d. h. selten durch mehr als 1—2 Jahrringe hindurchreichend, mit sehr feinen Enden; Jahrringe schön gerundet durch eine feine helle Linie bezeichnet. Splint und Kern durch die Farbe nicht unterschieden. Gerade aber schwer und etwas schuppig spaltig. Das Holz brennt sehr gut, lebhaft und still; seine Kohle glüht im Freien fort. Es ist im Trocknen sehr dauerhaft, weniger wenn es der Witterung und der Feuchtigkeit ausgesetzt ist. Es giebt eine Spielart mit geschäckten Blättern , Ac. pseud. fol. variegatis. Außerdem ist zu erwähnen, daß die Blattform in der ange- deuteten Weise sehr abändert, indem dieselbe zuweilen bestimmt blos drei tief gespaltene daher schmal erscheinende, aber eben so oft auch entschieden 5 Lappen zeigt. An jüngeren Pflanzen und am Stockausschlag sind die Blattstiele meist länger als an alten Bäumen. Als Standort verlangt der Bergahorn einen frischen an minera- lischen Nahrungsstoffen reichen, nicht zu festen Boden, mehr im Gebirge in schattigen westlichen Lagen als in der Ebene und steigt dort noch als starker Baum selbst bis in die Region des Nadelholzes empor. Seine Verbreitung ist sehr groß, denn sie erstreckt sich vom 35.—60. Grade. In Deutschland kommt er fast überall vor, mehr jedoch im Süden als im Norden, vorzüglich in der Schweiz, wo er in der Bergregion nach Tschudi’s Urtheil mit der Buche „ein wahres Kleinod“ ist. In Deutschland kommt er nirgends, was nach Tschudi in der Schweiz der Fall ist, als bestand- bildender Baum sondern immer nur eingesprengt in Nadel- und Laubholz- beständen verschiedener Art vor. Wie auch die folgende Art zeigt der Bergahorn in seiner Entwicklung ein sehr kräftiges Leben und das Streben, zu einem mächtigen Baume zu erwachsen. Eine sich entfaltende Endknospe des Bergahorns ist das leibhaftige Bild strotzender Lebensfülle (Fig. XXIII. S. 165.). Als ein Baum mit sehr regelmäßig kreuzweise gegenständigen Knospen und echten Endknospen zeigt der Ahorn in seiner Jugend einen regelmäßigen pyrami- dalen Wuchs, den er aber allmälig verläßt. In fruchtbaren Jahren macht er in der Jugend sehr lange Triebe, was namentlich am Stockausschlage, den er in reicher Fülle treibt, geschieht. Da bei ihm wie bei allen Ahorn- arten die Blüthen stets nur aus der Endknospe hervorkommen, so schließt die Blüthentraube stets den Trieb und es kommen an ihrer Basis 2 gabel- artig weit auseinander tretende Triebe hervor, was der Hauptgrund des Buschigwerdens der Krone ist. Aus Samen erwachsene Bäume blühen meist erst bei ungefähr 40jährigem Alter, Stocklohden oft schon nach 10 Jahren. Im Gebirge tritt reichliches Blühen alle 2—3 Jahre ein, mehr in der Ebene fast alljährlich. Die Blüthe erscheint im Mai nach vollendeter Ausbildung der Blätter; der Same reift im September. Der Bergahorn kann ein hohes Alter und eine bedeutende Stärke und Höhe erreichen. Im Melchthale am Juchlipaß steht ein Baum von 28½ Fuß Umfang und bei Truns steht nach Tschudi noch der alte Ahorn, unter welchem 1424 der graue Bund beschworen wurde, was ein Alter von etwa 500 Jahren vermuthen läßt. Sein Höhenwachsthum vollendet er aber schon in 80—100 Jahren. Gegen die Unbilden unseres Klimas voll- kommen abgehärtet — nur in zugigen feuchten Lagen kann ihm, namentlich den jungen Pflanzen, der Frost schaden — leidet er auch wenig von Krankheiten . Wipfeldürre, Kern- und Stockfäule oder Sonnenbrand können ihn nur auf sehr ungünstigem Standorte befallen. Vom Spät- sommer an findet man namentlich an unterdrückten Exemplaren die Blätter auf der Oberseite von der Mitte aus mit weißen Flecken bedeckt. Auch von Feinden hat er wenig zu leiden, etwa nur von denjenigen Insekten, welche fast keine Laubhölzer verschonen, und von den Rehen, welche die saftigen Triebe und Knospen gern verbeißen. Die forstliche Bedeutung des Bergahorns sollte seines vortreff- lichen Holzes und kräftigen Wuchses wegen höher gehalten werden, als es gewöhnlich der Fall ist. Am meisten noch wird er als Oberbaum im Mittelwalde geschätzt. Da aber der Mittelwald in Staatsforsten mehr und mehr dem Hochwaldbetrieb Platz macht, so verdient der Bergahorn bei Erziehung gemischter Laubholzbestände die höchste Beachtung. Die forstliche Behandlung stößt auf keinerlei Schwierigkeiten. Der Same des Bergahorns keimt, im Herbst oder im nächsten Frühjahr gesäet, leicht und schnell und die ausgepflanzten 2- oder 3 jährigen Pflänzlinge sind blos vor zu starkem Graswuchs, zu festem Boden und Dürre zu schützen. Mit Eiche und Buche vermischt erreicht er mit diesen dieselbe Höhe, wenn auch nicht die Stärke der letzteren. Die Benutzung des Ahornholzes ist eine sehr ausgedehnte, was man namentlich in der Schweiz sehen kann. Da es sich wenig wirft und nicht reißt, so ist es ein vortreffliches Schreinerholz, besonders wenn es maserig oder wimmerig erwachsen ist. In neuerer Zeit wird es viel zu feineren Holzarbeiten, zu Drehereien und Schnitzarbeiten benutzt. Um das Verstocken und den Wurm zu vermeiden muß der Baum vor dem sehr zeitig eintretenden Saft bis Ende Januar gehauen und schnell in Breter geschnitten werden. Der Bergahorn gehört entschieden zu unseren schönsten Bäumen, da er seiner vollen saftigen Belaubung wegen auch in der Landschaftsgärtnerei sehr verwendbar ist. Von Provinzialnamen sind anzuführen: Arl, Ulmenbaum, Ahurn, Fladerbaum, weißer Ahorn, Amhorn, Sycomore, Aole, Ehne, Ohnen, Arle. 52. Der Spitzahorn, Acer platanoides L. Bei der Beschreibung dieser zweiten deutschen Ahornart können wir am besten vergleichend mit der vorigen verfahren, da bei aller Verwandt- schaft zwischen beiden doch sehr in die Augen fallende Unterscheidungsmerk- male vorliegen. Die Blüthe erscheint etwas zeitiger noch ehe die Blätter vollständig entfaltet und erstarkt sind; sie bilden eine verkürzte, fast eben ausgebreitete Traube von gründelber Färbung. Stets stehen beim Erblühen die Knospen- schuppen noch, welche bei dem Bergahorn längst abgefallen sind wenn die Blüthen vollkommen aufgeblüht sind; der Fruchtknoten ist nicht behaart, sondern kahl und die viel breiteren Frucht flügel stehen weiter auseinander gespreizt, (5.) oft sogar fast eine gerade Linie zusammen bildend oder selbst rückwärts gebogen; der Same ist platt (7.) und daher die Stelle der Frucht, wo er liegt, platt zusammengedrückt (5.), das Samenfach inwendig LXXIX. Der Spitz-Ahorn, Acer platanoides L. 1. Blühender Trieb; — 2. Fruchtbare Zwitterblüthe nach Hinwegnahme der Kelch- und Kronenblätter; — 3. Männliche Blüthe ebenso; — 4. Stempel; — 5. Doppelflügel- frucht; — 6. wie 8. bei vor. Art; — 7. Same; — 8. ders. querdurchschnitten; — 9. Blatt; — 10. Triebspitze mit Knospen; — 11. Keimpflanze. nicht mit Seidenhaaren ausgekleidet sondern kahl; wie bei vorigen sind die Staubfäden der fruchtbaren Zwitterblüthen viel kürzer als die der unfrucht- baren (2. und 3.); das Blatt ist entschiedener fünflappig, am Rande nicht sägezähnig, sondern außer den Lappenspitzen nur noch in wenige Zipfel ein- geschnitten, welche wie jene in lange und feine Spitzen ausgezogen sind; die einspringenden Winkel der Lappen sind abgerundete Buchten, nicht spitze Einschnitte wie bei dem Bergahorn; beide Blattseiten ziemlich gleichfarbig, und das Geäder der Rückseiten weniger stark hervortretend; das Blatt enthält einen weißen Milchsaft, der aus dem durchschnittenen Blattstiel sofort reichlich hervortritt; wo dieser in das Blatt eintritt verbreitet er sich erst in eine schwielige Anschwellung, aus welcher die Hauptrippen hervortreten, welche in ihren Winkeln kleine bräunliche Bärtchen haben, sonst aber unbehaart sind. Das Blatt des Spitzahorns ist etwas trockner und saftloser und gewissermaßen pergamentartig, auch ist es im ganzen meist etwas mehr in die Breite gezogen und am Grunde oft viel weniger herzförmig ausgeschnitten als das abgebildete Exemplar. Die Knospen sind viel kürzer und kleiner, fast immer deutlich schmutzig karminroth, Seitenknospen an den Trieb angedrückt (10.); das Blattstielnarben- paar mit den Enden zusammenstoßend. An den Herzblättern der Keim- pflanze treten schon zwei spitze Seitenzipfel hervor. Man hat in den Gärten eine Spielart mit krausen, tiefer und vielfacher eingeschnittenen Blättern, A. plat. fol. laciniatis. Hinsichtlich der Architektur ist der Spitzahorn von dem Bergahorn nicht wesentlich verschieden, nur ist seine Stamm rinde schon zeitig in zahlreiche feine und dichtstehende Borkenfurchen gleichmäßig aufgerissen. Das Holz ist gröber und hat längere durch mehr Jahresringe sich er- streckende Markstrahlen. Auch im Leben und der Verbreitung kommt er jenem gleich, nur liebt er mehr die Ebene und kann einen feuchteren Standort vertragen. Seine Stocklohden treibt er oft außerordentlich lang. Bei der Herbstfärbung nimmt das Laub dieses wie des vorigen eine hellockergelbe Farbe an und im Spätsommer bemerkt man auf vielen noch grün abfallenden Blättern pfenniggroße schwarze gelbeingefaßte Flecke: einen auf dem Spitzahorn förmlich einheimischen Blattpilz Rhytisma acerinum . Die forstliche Bedeutung des Spitzahorns ist geringer, zumal er auch nicht ein so hohes Lebensalter wie voriger erreicht. Als Zierbaum macht er sich durch andere Laubfärbung und größeren Glanz der Blätter neben dem vorigen trotz seiner Aehnlichkeit mit ihm sehr geltend und ist für Parkanlagen ein zeitiger Frühjahrsschmuck, da er fast alle Jahre reich- lich blüht. Wie der Bergahorn empfiehlt er sich zur Einfassung der Landstraßen anstatt der gebräuchlichen Pappeln, welche ein werthloses Holz haben und wahre Erziehungsanstalten für allerlei schädliche Insekten sind. Der Spitzahorn heißt auch noch Lenne, Lähn, Leinbaum, Urle, Milch- baum, Lömme, Leinahr. Die Aehnlichkeit des Blattes hat bei dieser und der vorigen Art den lateinischen Artnamen veranlaßt, doch ist das Blatt der Platanen, Platanus occidentalis L. und Pl. orientalis L., aus Nordamerika bei uns ein- geführt, an der Basis keilförmig in den Blattstiel verschmälert (nie herz- förmig ausgeschnitten wie bei den Ahornen), und außerdem erkennt man die Platanen leicht an dem im Spätherbst stattfindenden Abwerfen großer Borkentafeln, unter denen die neue Rinde grüngelb erscheint. 53. Der Feld-Ahorn oder Maßholder, Acer campestre L. Auch diese dritte deutsche Ahornart ist durch die tief gelappten Blätter leicht als ein Glied der Gattung der Ahorne zu erkennen, da außer ihr von unseren Waldbäumen und Sträuchern nur noch der Schnee- ball (S. 482) und die Elsbeere (S. 504) und allenfalls die Silberpappel (S. 446) ähnliche Blätter haben. Von diesen stehen die Blätter nur bei dem Schneeball ebenfalls kreuzweise gegenständig, sind aber stets nur dreilappig. Die Blüthen des Maßholders — der gebräuchlichste Name dieser Ahornart — stehen in ähnlichen aufwärts gerichteten Blüthenständen wie bei dem Spitzahorn und sind auch sonst ganz ähnlich beschaffen; sie sind aber in allen Theilen deutlich grün gefärbt und wie die Blüthenstiele behaart und die Flügel des Fruchtknotens breit auseinander gespreizt ( LXXX . 5.). Sie erreichen ihre vollkommne Entfaltung zugleich mit den Blättern, kommen aber auch aus Seitenknospen hervor, was bei den vorigen nicht der Fall ist. Das Blatt ist kleiner, langgestielt, in 3 stumpfe Haupt- lappen tief eingeschnitten und außerdem unten noch mit 2 kleinen stumpfen Nebenlappen; jene fast parallelseitig und an der Spitze wiederum seicht Roßmäßler, der Wald. 34 dreilappig, auf der Oberseite nur an den Blattadern, auf der Unterseite auch auf der übrigen Fläche behaart und in den Achseln der Blattrippen mit weißlichen Bärtchen; beiderseits gleichfarbig. Die Frucht der des Spitzahorn ähnlich, beide Flügel in gerader Linie ausgespreizt und die LXXX. Der Feld-Ahorn, Acer campestre L. 1. Blühender Trieb; — 2. Männliche Blüthe; — 3. Stempel und Staubgefäße auf dem schwieligen Fruchtboden; — 4. Stempel; — 5. Doppelflügelfrucht; — 6. Trieb- spitze mit Knospen. Samenstelle an der oberen Kante gewölbt (5. LXXX. ). Die Knospen sind sehr klein, rothbraun, die Schuppen, namentlich die inneren mit silbergrauen anliegenden Härchen bedeckt; eben so sind die jungen Triebe kurz weichhaarig. Hinsichtlich des Stammes , der Aeste und der Rinde ist der Maß- holder dem Spitzahorn sehr ähnlich; nur beginnt die Borkenbildung, vor- zugsweise an buschig erwachsenen älteren Stockausschlägen, schon an kaum fingerdicken Zweigen und es kommt hierin der Maßholder der Korkrüster sehr nahe. Die Korkflügel (S. 115 F. XV. a a a a a.) sind aber weniger hoch hervortretend und schmaler, daher an gleich dicken Zweigen zahlreicher. Es kommen übrigens Maßholderbüsche ohne eine eigentliche Korkwucherung mit nur sehr geringen Korklinien vor, ja man findet zuweilen an dem- selben Busche und selbst an demselben Aste Jahresglieder mit dicken Kork- flügeln neben anderen ohne solche. Baumartig erwachsen bildet der Maßholder einen mäßigen Baum von 30 — 40 F. Höhe und 1 — 2 F. Stammdurchmesser mit breit abgerundeter dicht belaubter Krone von krausem moosartigen Baumschlag. Der Stamm ist meist nicht ganz gerade erwachsen im dichten Schluß aber bis hoch hinauf astrein Es kommen namentlich in den Auenwäldern um Leipzig ansehnliche hochschaftige Maßholder vor. ; die stärkeren Aeste sind sehr knickig und geben dem Baum ein eichenähnliches Ansehen. Das Mark , welches wie bei allen Ahornarten wesentlich aus Kernschicht besteht und nur eine sehr schmale Kreisschicht hat (S. 87 Fig. VIII. m. und m′. ) ist auf dem Querschnitt etwas eckig. Die Wurzel dringt tief in den Boden ein und ist sehr reich verästelt. Das Holz ist dem des Spitzahorns sehr ähnlich doch etwas dunkler und bedeutend fester und dichter, schwerspaltig; es ist als Brennholz aus- gezeichnet und im Trocknen von großer Dauerhaftigkeit. Als Abarten sind zu nennen eine mit geschäckten Blättern, Ac. camp. foliis variegatis und eine mit sehr großen tiefer gelappten Blättern, die jedoch beide nur in Parkanlagen vorkommen. Der Standort des Maßholders ist sehr manchfaltig, indem er ebensowohl auf humusarmem Felsboden wie auf fruchtbarem Auenboden vorkommt. Er ist in Deutschland weit verbreitet , geht jedoch im Ge- birge nicht hoch sondern ist mehr ein Baum der Ebene. Nach Norden hin bleibt er hinter den beiden anderen zurück. Am häufigsten findet man ihn in den Vorhölzern und als Heckenpflanze in der mitteldeutschen Ebene. 34* Das Leben zeigt zwar im Allgemeinen mit dem der vorigen Arten viel Gemeinsames, doch wächst er viel langsamer und trägt seltener Früchte, selbst in blüthenreichen Jahren, weil die meisten Blüthen unfruchtbare (männliche) sind. Der Maßholder hat ein großes Ausschlagsvermögen, sowohl am Stocke als am Stamme und ist deshalb sehr zur Maserbildung geneigt. Von Krankheiten und Feinden hat er nicht zu leiden. Die forstliche Bedeutung würde größer sein als sie ist, wenn sein langsam und nicht sehr hoch wachsender Stamm ihn nicht vom Hochwald- betrieb ausschlösse und seine dichte verdämmende Krone ihn selbst für den Mittelwald wenig empfehlenswerth machte; nur für den Niederwald ist er ganz geeignet, obgleich er auch hier noch zu wenig wenn auch als Brennreisig sehr werthvolles Holz abwirft. Daher ist er auch wenig Gegenstand forstlicher Behandlung , die insofern sehr leicht ist, weil man die sich gut bewurzelnden Saatpflanzen nach 4 — 5 Jahren gleich in’s Freie auspflanzen kann. Das Holz wird zu allen den Verwendungen benutzt , welche ein dichtes und festes Holz erheischen, aber auch zu feinen Drechsler- und Schreinerarbeiten, besonders sein sehr feiner Maser, der sich nament- lich in alten Maßholderhecken oft von ausgezeichneter Güte findet, die sich seiner großen Ausschlagsfähigkeit wegen aus ihm sehr dicht und dauerhaft herstellen lassen. Die schlanken 4 — 5 jährigen sehr festen Stocklohden lieferten die ehemals beliebten korkrindigen Pfeifenrohre. Der Feldahorn heißt auch noch: Maßern, Maßeller, Maßholler, Angeldurn, Epellern, Metle, Amerle, Rappelthän, Weißepern, Appeldören. Neben diesen 3 allgemein verbreiteten deutschen Ahornarten ist als vierte der nur am Dannersberge und an einigen Stellen der Mosel und des linken Mittelrheinufers vorkommende dreilappige Ahorn A. mon- spessulanum L. kurz zu erwähnen, welcher epheuähnliche dreilappige Blätter hat und nur selten zu einem 20 — 30 F. hohen Baum erwächst. 54. Der gemeine Spindelbaum, Evonymus europaeus L. und 55. Der breitblättrige Spindelbaum, E. latifolius L. Die kleine, großentheils außereuropäische, nur Bäume und Sträucher enthaltende Familie der Celastrineen ist bei uns allein durch die genannte Gattung vertreten, welche wegen der abenteuerlichen Fruchtform den Volks- namen Pfaffenhütchen erhalten hat. Die unscheinbaren, in den Blattwinkeln langgestielte Dolden bil- denden Blüthen der Spindelbaumarten haben 4 oder 5 Kelchzipfel und auf einem runden schwieligen Fruchtboden ebenso viele Blumenblätter und Staubgefäße und 1 Stempel, aus welchem die bekannte 3 — 5 fächerige und 3 — 5 kantige, bei der Reife purpurrothe Frucht wird, welche in jedem Fache einen oder mehrere große von einem pomeranzenrothen saftigen Mantel umhüllte Samen enthalten; die elliptisch-eirunden spitzen neben- blattlosen Blätter stehen kreuzweise gegenständig. Der gemeine Spindelbaum unterscheidet sich von dem breit- blättrigen durch Blüthen mit nur 4 Staubgefäßen und weißgrünlichen Blumenblättern und durch kürzer gestielte, meist vierfächerige, Früchte , deren Fächerkanten ziemlich scharf ausgeprägt sind aber nicht flügelartig hervor- springen; die Blätter sind kleiner, weniger schlank an der Spitze aus- gezogen, sie haben zahlreichere Seitenrippen und eine zartere Mittelrippe und die feine Zähnelung des Randes ist etwas unregelmäßiger; die älteren Triebe haben eine lebhaft grüne Rinde mit 4 linienförmigen Korkleisten und sind daher äußerlich deutlich vierseitig; das Mark ist auf dem Quer- schnitt schmal elliptisch und der Holzkörper nur sehr schwach vierseitig, meist fast vollkommen kreisförmig. Die Knospen stehen auf hervor- springenden Blattkissen, sie sind grün, eirund, spitz mit bauchig gekielten Schuppen und stehen vom Triebe ab. Das Holz des gemeinen Spindel- baums ist gelb und hat sehr zahlreiche aber sehr enge Poren und ist daher dennoch sehr dicht, fein und fest. Jahrringe deutlich durch feine poren- arme Herbstholzlinien von einander abgegrenzt. Der gemeine Spindelbaum kommt durch ganz Deutschland in Vor- hölzern und Feldhecken sehr verbreitet vor und bildet meist nur einen breiten, 10 — 12 F. hohen Strauch, selten ein bis 20 F. hohes Bäumchen mit brauner unten weißgrauer und rissiger Rinde. Das schöne dichte Holz wird zu allerlei kleinen Gegenständen, zu Zahnstochern und namentlich von den Schuhmachern zu Schuhstiften sehr gesucht. Der breitblätterige Spindelbaum hat fünfmännige Blüthen mit hellrothen Blumenblättern, die gemeinsamen Blüthen- und Fruchtstiele sind außerordentlich lang und die Blätter viel größer als bei dem andern. Die fünf Frucht abtheilungen verschmälern sich in deutliche Flügel. Knospen sehr lang, fast lanzettlich, spitz, an dem Trieb angedrückt, End- knospen sehr groß. Holz und Mark der Triebe auf dem Querschnitt deutlich vierseitig, aber durch die Rinde dennoch äußerlich vollkommen abgerundet. Diese Art ist viel seltner als die vorige; sie kommt nur in Süd- deutschland und hie und da in Böhmen und Schlesien vor, als Strauch oder Bäumchen von ähnlichem Umfange wie die vorige. Schon die großen, denen der Traubenkirsche sehr ähnlichen Blätter unterscheiden diese Art leicht von der vorigen. Im Walde wie in den Parkanlagen sind beide Arten eine große Zierde, wenn die pfaffenmützenähnlichen purpurrothen Früchte aufspringen und aus ihren Fächern die von der pommeranzengelben Haut umhüllten Samen hervortreten lassen. Wahrscheinlich stellt man auch jetzt der ge- meinen Art nicht mehr so sehr nach, seit die Schuhstifte fabrikmäßig aus anderem Holze gemacht werden und billig zu haben sind. An einigen Orten Deutschlands, z. B. mehrfach in Ostpreußen, kommt in rauhen Berggegenden noch eine dritte Art vor, welche leicht durch schwarze Wärzchen an den Zweigen zu erkennen ist und deshalb der warzige Spindelbaum , E. verrucosus L., heißt. Er bildet ein zartes höchstens 5 — 6 Fuß hohes Büschchen. 56. Die kleinblättrige oder Winterlinde, Tilia parvifolia Ehrhard. Wenn auch die verschiedenen Versuche, das Pflanzenreich in eine verwandschaftlich zusammenhängende, vom Unvollkommneren zum Voll- kommneren aufsteigende Reihenfolge zusammenzustellen — denn mehr sind unsere „natürlichen Systeme des Pflanzenreichs“ nicht — nicht blos in der inneren Aufeinanderfolge der Familien, sondern auch in der Wahl der Schluß- also vollkommensten Familie von einander abweichen, so stimmen sie doch darin überein, derjenigen Familie, welche nach der Linde ihren Namen trägt, eine sehr hohe Rangordnung anzuweisen; ja nach L. Reichen- bachs System, von welchem wir uns die Reihenfolge unserer Baum- schilderung vorschreiben ließen, ist die Familie der Lindengewächse, Tiliaceen, unter denjenigen die am höchsten stehende, die vollkommenste, welche in Deutschland durch Waldbäume vertreten sind. Es geschieht daher aus diesem Grunde, daß wir der Linde zuletzt unsere Betrachtung widmen, und nicht deshalb, weil sie von allen unseren Waldbäumen am meisten mit dem Gemüthsleben unseres Volkes verwachsen und daher am meisten dazu geeignet ist, unseren Baumbetrachtungen die Krone aufzusetzen. Auch dem räumlichen Umfange und der langen Lebensdauer nach wäre die Linde würdig, diesen Abschluß zu bilden, obgleich wir schon früher uns daran erinnern mußten „daß nicht die Kraft und stolze Größe hier als Maaßstab gilt, sondern die Vollkommenheit in der Ausprägung der Blüthen- theile“ (S. 357). Und hinsichtlich dieser Ausprägung gehört die Familie der Lindengewächse zu denjenigen, bei welchen sie am vollendetsten ist. Ein Blick auf eine Lindenblüthe genügt, um uns zu zeigen, daß es dabei nicht auf Glanz der Farbe und Größe und Schönheit der Form ankommen kann. Es kommt vielmehr darauf an, daß an einer Pflanze, welcher wir einen Platz in der höchsten Rangordnung anweisen sollen, die 4 einzelnen Blüthenkreise — Kelch, Krone, Staubgefäße und Stempel — in ihren einzelnen Theilen unabhängig von einander und in klarem Gegensatz zu einander ausgebildet und zur Bildung der Blüthe so vereinigt sind, daß bei dem Verblühen die äußeren drei Kreise unabhängig von einander ver- welkt abfallen und zuletzt der befreiete Stempel allein und unverhüllt stehen bleibt und sich zur Frucht ausbildet. Mit Berücksichtigung dieser Auf- fassung müssen wir manche Blüthen und somit deren Besitzer tiefer stellen, welche sonst unserer ästhetischen Auffassung sehr hoch zu stehen scheinen. An der Rose sind nur die Blumenblätter frei, Kelch, Staubgefäße und Stempel sind so aneinander gebunden, so von einander abhängig, daß sie zu dem unklaren Gebilde der Hagebutte verschmelzen. LXXXI. Die Winterlinde, Tilia parvifolia L. 1. Blühender Sproß; — 2. 3. Blüthe seitwärts von oben und von unten; — 4. 5. Frucht- knoten längs und querdurchschnitten; — 6. Stempel; — 7. Frucht; — 8. Dieselbe längs- durschnitten; — 9. Samen ebenso; — 10. Triebspitze mit Knospen; — 11. Keimpflanze. Das Lindennüßchen ( LXXXI. 7.) ist ganz allein der freigewordene Stempel, der Lebensmittelpunkt der Blüthe, der umstanden war von den mitwirkenden drei freien Genossenkreisen, welche nach Erfüllung ihrer Aufgabe von dem Schauplatze gemeinsamen Wirkens abgetreten sind. Wir sehen diese LXXXI. 2. und 3.: 5 freie, d. h. unter sich und mit den weiter innenstehenden Blüthentheilen unverbundene Kelchblätter, diesen folgen 5 ebenfalls freie Kronenblätter und unmittelbar um das Pistill drängen sich die zahlreichen ebenfalls freien Staubgefäße. Alle diese Blüthentheile stehen dicht zusammengedrängt auf dem kleinen knopfförmigen Endpunkte des Blüthenstiels (7.), einem Fruchtboden (Thalamus) von der kleinsten Ausdehnung, und auf welchem zuletzt nur die Frucht stehen bleibt, ihm nun erst die volle Berechtigung seines Namens gebend. L. Reichenbach nennt daher die Familien der höchsten Rang- ordnung, sie als Klasse zusammenfassend, Thalamanthen, Fruchtboden- blüthige. Alle Lindenarten, deren namentlich in Nordamerika einige weitere Arten zu unseren deutschen hinzukommen, stimmen in folgendem Gattungs- charakter überein. Der Kelch besteht aus kahnförmigen schmalen und die Krone aus 5 fast gleichgestalteten Blättern, welche an ihrem Grunde eine kleine Schuppe tragen oder ohne diese sind; die Staubgefäße sind von einer unbestimmten ansehnlichen Zahl am Grunde des 1 Stempels eingefügt, welcher einen kugeligen fünffächerigen Fruchtknoten hat, in dessen Fächern stets je 2 Samenknospen liegen (4. 5.), aus denen allen aber in der Regel nur 1 oder 2 Samen sich bilden, indem die anderen Fächer mit ihren Samenknospen fehlschlagen und beseitigt werden, so daß das reife Lindennüßchen meist blos 1 Samen enthält; die Narbe ist kurz fünfstrahlig (6.). Die Samenlappen der Keimpflanze (bei keinem andern unserer Bäume vorkommend!) handförmig zerschlitzt (11.). Fügen wir diesen zur systematischen Unterscheidung der Gattung aus- reichenden Merkmalen noch einige andere von den Blattgebilden und Knospen entlehnte hinzu, so ist das zungenförmige Deckblatt (Bractee) zu erwähnen, welches an seiner unteren Hälfte von dem gemeinsamen Blüthenstiele durchzogen ist (1.); daß die Knospe äußerlich immer nur 2 Schuppen sichtbar werden läßt (S. 167 und das. Fig. XXV. ) und daß in ihr die Blättchen in der Mittelrippe aufwärts wie ein Buch zusammen- geschlagen liegen. Fast noch unsicherer als bei den Birken ist die Artunterscheidung bei den Linden, und während viele Botaniker neben der genannten nur noch eine zweite deutsche Art gelten lassen, wollen andere deren sehr viele unterscheiden, ja der verstorbene Wiener Botaniker Host hat neben den bereits bekannten nicht weniger als 9 neue deutsche Lindenarten aufgestellt. Ehe wir der Winterlinde und nachher der Sommerlinde eine ein- gehende Betrachtung widmen, müssen wir das Jedermann auffallende zungenförmige grüngelbliche Blattgebilde deuten, dessen Mittelrippe in der unteren Hälfte der gemeinsame Blüthenstiel bildet, während dieser sich dann frei aus diesem Blattgebilde, einem Deckblatte, abhebt. Gegen die Regel finden wir zur Zeit der Lindenblüthe in den Blatt- winkeln nicht nur den Blüthenstand eingefügt, sondern daneben auch stets noch eine Knospe, also eine (zum Blüthensproß) entwickelte und eine unentwickelte Knospe ( LXXXI. 1.); beiderseits neben dem Blattstiele be- merken wir noch am Triebe die 2 kleinen Narben, welche die abgefallenen Nebenblättchen (S. 167. Fig. XXV. ) hinterlassen haben. Diese unge- wöhnliche aber bei den Linden zur Regel gewordene Erscheinung wird so gedeutet, daß der Blüthenstand ein um 2 Jahr zu früh sich zum Sproß entwickelnder Theil der übrigens ruhend bleibenden Achselknospe und daß das zungenförmige Blatt an dem die Blüthen tragenden Hauptstiele die ausgewachsene Schuppe dieses Achselknospentheils sei. Demnach ist der gemeinsame Stiel, an dem das zungenförmige Blatt sitzt, mehr als ein solcher; er ist vielmehr ein Zweig (ein Achselsproß), welcher an seiner Spitze die einzelnen Blüthen trägt. Die Richtigkeit der Deutung dahin- gestellt lassend müssen wir es jedenfalls ganz gegen die sonstige Regel finden, daß in den Blattwinkeln einer Pflanze gleichzeitig ein entwickelter blühender Sproß und eine unentwickelte Knospe steht. Wir nennen dem hergebrachten Gebrauch nach das zungenförmige Blattgebilde ein Deckblatt, welches bei der Winterlinde sich gegen das untere Ende des Blüthenstieles verschmälert, aber dieses in der Regel nicht erreicht. Was nun die Kennzeichen betrifft, durch welche sich die Winterlinde von der Sommerlinde unterscheidet, so sind zunächst die etwas kleineren Blüthen in größerer Zahl (bis 12) in den trugdoldenförmigen Blüthen- ständen gehäuft; die fünf Lappen der Narbe sind zuletzt flach ausgebreitet (6.); die Blätter sind kleiner, oft sehr klein, beiderseits kahl, oben dunkelgrün, unten entschieden heller und blaugrün und in den Winkeln der Hauptadern mit braunen Bärtchen versehen. Das Blatt ist schief (d. h. am Grunde ungleichseitig) herzförmig, zuweilen jedoch fast ganz gleichseitig; oben in eine schlanke Spitze ausgezogen; Rand scharf sägezähnig (auch bei der folgenden); das Blattgeäder auf der Rückseite weniger stark hervor- tretend; das Blatt zeigt sich im ganzen etwas trockner und starrer als das der Sommerlinde. Früchte und Knospen nur etwas kleiner als bei der folgenden. ( Reum sagt, daß der Same bei der Reife im Oktober rostbraun, der der Sommerlinde schwarzblau sei.) Die Triebe sind meist etwas feiner, die Krone dichter, die Ausschlagszeit etwas später und die Geneigtheit zum Blühen größer als bei folgender. Der Stamm der Winterlinde wächst anfangs fast immer vollkommen walzenrund, nicht sehr hochschaftig sondern schon in geringer Höhe Aeste aus- schickend; Rinde anfangs ziemlich glatt und glänzend, düster rothbraun, später borkig, ziemlich tief in Borkentafeln aufgerissen, in hohem Alter tief furchen- rissig. Die Aeste haben eine Neigung zur flachen schirmförmigen Ausbreitung, wozu die fast zweireihige abwechselnde Stellung der abstehenden Knospen an dem von Knospe zu Knospe meist etwas hin- und hergebogenen Triebe Veranlassung giebt. Daher macht sich auch der Wipfel nicht sehr geltend, obgleich er nicht aufgegeben wird, sondern man meist selbst an sehr alten Linden den Hauptstamm bis in den Wipfel verfolgen kann. Diese Zweig- stellung bringt es mit sich, daß die Krone sich frühzeitig abwölbt und mit dem Alter nur immer dichter und umfangreicher wird. An Bäumen von mittlerem Alter zeigen sich die dünneren Enden der Aeste deutlich bogen- förmig abwärts gerichtet, was namentlich im laublosen Zustande die Linde charakterisirt. Die Rinde haben wir ihrem inneren Bau nach schon S. 97 und 111 kennen gelernt. Das Mark hat deutlich unterschiedene Kreis- und Kernschicht und ist etwas schwächer als bei der Sommerlinde. Die tief eindringende und sich weit verzweigende Wurzel befähigt die Linde den stärksten Stürmen zu trotzen. Das Holz der Linde gehört zu den weichsten und lockersten (siehe die Tabelle auf S. 371.), denn es hat unter allen Hölzern die weitesten und dazu dünnwandige Zellen, die schon mit einfacher Lupe zu unterscheiden sind; die Gefäße sind klein, zwischen den sehr zahlreichen meist sehr feinen Markstrahlen einzeln oder paarweise oder in Längsgruppen vertheilt. Jahr- ringe ziemlich breit und durch einen porenarmen und etwas kleinzelligeren hellen Herbstholzring deutlich bezeichnet. Die Farbe ist hell weißgelblich ohne Unterschied zwischen Kern und Splint; leicht und den Jahrringen folgend rinnenförmig spaltend; brennt lebhaft mit ruhiger Flamme; im Wasser nicht, aber trocken im Freien dauerhaft. Der Standort der Winterlinde ist der mehr frische als trockne Waldboden der niederen Vorberge und der Ebenen. Sie ist über ganz Deutschland bis weit nach Nordosten verbreitet . Das Leben der Winterlinde hat als Grundzug eine große Wider- standskraft gegen allerlei Unbilden ihres Standorts und zeigt auch von Jugend an ein freudiges Wachsthum, was bis in ein höheres Alter als bei irgend einem andern Laubholze aushält. Die Krone verdichtet sich dabei immer mehr und bildet, was unser Baumbild sehr gut wiedergiebt, breitgezogene wolkenähnliche Laubmassen, welche aus der Ferne das Geäst meist ganz verhüllen. Sowohl am Stamm als am Stock hat die Linde ein großes Ausschlagsvermögen und bildet daher am Stamm und am Stocke oft große Maserknoten. Ohne Zweifel ist die große süßduftende Blüthenfülle, welche die Linde fast jedes Jahr spendet, der Grund, daß ihre Astspitzen niedergezogen werden und so der vorhin angegebene archi- tektonische Charakter bleibend wird. Das Ausästen und Beschneiden erträgt die Linde sehr gut und die zuweilen außerordentlich langen und üppigen Stocklohden treiben oft sehr abenteuerlich gestaltete, zuweilen manchen Rebensorten sehr ähnliche dreilappige Blätter. Unter allen unseren deutschen Bäumen kann die Linde das höchste Alter erreichen. Wir werden weiter unten einige Beispiele kennen lernen. Von Krankheiten und Feinden leidet die Linde kaum, außer daß Wild und Weidevieh ihre pflanzenschleimreichen Triebe gern abnagt. Sehr alte Bäume sind allerdings meist kernfaul, obgleich man auch ganz gesunde kennt, die ein Alter von 400 — 500 Jahren haben mögen. Der von aller Welt hochgeschätzte Baum hat für den deutschen Forst- mann dennoch nur eine untergeordnete Bedeutung und ist daher bei uns kaum der Gegenstand einer forstwirthschaftlichen Behandlung . Bestandbildend kommt die Linde in Deutschland wohl nirgends vor, ob- gleich sich Linden, namentlich Winterlinden, überall, selbst bis in den Gebirgswald, bald mehr bald weniger häufig einmischen. Da die Linden sehr reichlich Samen tragen und selbst aus schlecht gewachsenen jungen Wildlingen, bei ihrem kräftigen Jugendleben und bei der Leichtigkeit, mit der sich die Linde verpflanzen läßt, sich noch gerade Stämme erziehen lassen, so geschieht zu ihrem kunstmäßigen Anbau nur wenig. Doch werden die freiwillig aufkeimenden Samenpflänzchen, welche an ihren handförmig zerschlitzten Samenlappen stets sofort zu erkennen sind, meist durch Gras- wuchs verdämmt. Wo man das wenig werthvolle Lindenholz dennoch gut verwerthen kann und sie im gemischten Laubhochwalde mit erziehen will, hat man mit ihrer jugendlichen Schnellwüchsigkeit und ihrer dichten, daher stark beschattenden Laubkrone zu kämpfen, wodurch andere Baumarten leicht übergipfelt und unterdrückt werden. Dieselbe Bewandtniß hat es mit ihr im Mittelwalde als Oberbaum und selbst auch als Unterholz, da sie ihrerseits keine starke Beschattung verträgt. Die Benutzung des Lindenholzes ist seiner Weichheit gemäß auf solche Dinge beschränkt, welche eben Leichtigkeit und Weichheit des Stoffes erfordern, weshalb es vorzugsweise zu Blindholz für die Tischlerei, zu leichten Kisten, Backtrögen, Schuhleisten, Küchengeräthen und zu vielerlei Schnitzereien verwendet wird. Der Lindenbast ist mit dem Rüsterbast der gewöhnlich verwendete; zu den in Unmasse angewendeten Cigarrenbändern nur von der Linde, besonders auch aus Amerika eingeführt. Wenn man ein frisch von der äußeren Borkenschicht befreites zu einer regelmäßigen Tafel geschnittenes Stück frischer Birkenrinde eine Zeit lang im Wasser faulen läßt, so kann man dann die Bastlagen leicht von einander abschälen und den auf S. 112 geschilderten Bau leicht kennen lernen. Wenn man dann die sich leicht von einander ablösen lassenden Bastlagen der Folge nach neben einander legt, so sieht man sehr hübsch das Aufeinanderpassen derselben. Der „Lindenblüthenthee“ braucht nur genannt zu werden, und das Gesumme der honigsuchenden Bienen in der blüthenbeladenen Lindenkrone hat auch schon Jeder gehört. Die Winterlinde heißt auch noch Spätlinde, Wald-, Sand- oder glattblättrige Linde. 57. Die großblättrige oder Sommerlinde, Tilia grandifolia Ehrh. Die unterscheidenden Merkmale ergeben sich fast von selbst aus der Beschreibung der vorigen. Sie beruhen hauptsächlich auf den noch schiefer, oft fast nur halbseitig herzförmigen, unterseits gleichfarbigen fein behaarten und außerdem ebenfalls aber nicht braun, sondern weißlich bebarteten und größeren Blättern, den meist blos 2 — 3blüthigen Blüthensträußen und den aufrechtstehenden Lappen der Narbe. Das Nüßchen ist meist etwas größer und meist deutlich fünfkantig. Die Triebe sind meist etwas dicker, die Knospen voller und der Stamm schlanker mit etwas glatterer Rinde, auch die Krone etwas lockerer. Die Sommerlinde blüht etwas früher, obgleich immer erst 3 — 4 Wochen nach der völligen Ausbildung des Laubes. Das Holz ist noch weicher und lockerer als das der vorigen Art. Im Uebrigen stimmt die Sommerlinde mit der Winterlinde überein und in der Hauptsache gilt auch von ihr alles das, was über das Leben und sonst von der vorigen gesagt wurde. Die Sommerlinde ist jedoch mehr im Süden als im Norden Deutschlands zu Hause. Zu diesen zwei verbreitetsten Lindenarten kommen, theils zwischen beide sich stellend, theils diesseits der einen von beiden stehend, außer den schon erwähnten Host’schen Arten noch andere, namentlich von Alexander Braun unterschieden, über welche wegen ihrer Artgültigkeit unter den Botanikern große Meinungsverschiedenheit obwaltet. Wir lassen sie jetzt auf sich beruhen, werden aber an den in Promenaden und anderwärts angepflanzten Linden vielfältig Gelegenheit haben, uns zu überzeugen, daß unsere angegebenen Unterscheidungsmerkmale auf viele Lindenbäume nicht passen. Namentlich in der Gestalt und Randzähnelung des Blattes, in der Farbe und Behaarung der Blattrückseite, in der Länge des Deckblattes im Vergleich zu dem Blüthenstiel, und in der Gestalt und den mehr oder weniger ausgeprägten oder auch ganz fehlenden Rippen der Frucht werden wir mancherlei Verschiedenheiten auffinden. Der von Manchen behauptete Unterschied im Geruch ist wenigstens sehr fraglich. Ich kann mich wenig- stens nicht besinnen, je eine blühende Linde ohne den eigenthümlichen lieblichen Geruch gefunden zu haben, was von einem berühmten Botaniker sogar der Winterlinde Schuld gegeben wird. Wir können die Linde und mit ihr die botanische Betrachtung der Waldbäume überhaupt nicht verlassen, ohne Einiges über besonders be- merkenswerthe Lindenbäume hinzuzufügen, an welchen Deutschland so reich ist, daß vielleicht die Mehrzahl der Dorfgemeinden deren eine oder mehrere aufzuweisen hat. LXXXII. Die Sommerlinde, Tilia grandifolia Ehrh . 1. Blühende Triebspitze; — 2. 3. wie 4. 5. auf Fig. LXXXI. ; 4. 5. wie 7. 8. das. Ohne auf die undankbare, in doppelter Hinsicht undankbare Erörte- rung der Frage eingehen zu wollen, welcher unserer Waldbäume (von den Nadelhölzern absehend), von welchen dabei neben der Linde wohl nur noch Eiche, Buche, Rüster und Esche als Mitbewerber um unsere Gunst auftreten könnten, der schönste sei, da von allen diesen, ja selbst auch noch vom Hornbaum und dem Bergahorn, Musterbäume vorkommen: so müssen wir der Linde doch wohl unbedenklich vor allen anderen den Vorzug ein- räumen, daß sie seit uralter Zeit vor allen Bäumen der Liebling des deutschen Volkes — aber auch anderer benachbarter Volksstämme — ge- wesen ist. Mag immerhin die Eiche der Symbolbaum deutscher Kraft sein, die Linde ist das Bild, der Ausdruck der deutschen Innigkeit. „Unter der „Kirchhofslinde“ wurde so manchem Dahingeschiedenen der thränenreiche Abschiedsgruß dargebracht; unter der breitästigen „Dorf- linde“ tanzte so manches heranwachsende Geschlecht. Der gewaltige Baum überdauert das Schicksal vieler Geschlechter, so daß das letzte von jenem nichts mehr weiß, welches vor vielen Jahrhunderten, vielleicht bei einer feierlichen Gelegenheit, das junge Bäumchen „zum ewigen Gedächtniß“ setzte. Ja, was der Mensch, was namentlich die in behaglichem Stillleben zufriedene Dorfgemeinde ein ewiges Gedächtniß nennt, das vermag der Lindenbaum mit seinem Leben zu umspannen, wie er Jahrhunderte lang die ganze versammelte Gemeinde mit seinem Schattendach überschirmen konnte. Ist es doch, als ob die vielen tausend Herzen, die unter dem Lindenschatten vor Freude hüpften oder in bitterem Trennungsschmerz schier brechen wollten — ist es doch, als ob sie alle in dem schönen herz- förmigen Lindenblatt alljährlich ein Auferstehungsfest feierten. Es hat ja kein zweiter deutscher Baum diese Gestalt seines Blattes.“ „Das Leben der Linde ist auch dazu angethan, sie zum Liebling und Hausfreund der Menschen, zum lebendigen Zeugen für spätere Geschlechter zu machen. Ihre Jugend ist ein freudiges fördersames Gedeihen; ihr Mannesalter ein rastlos wirkendes urkräftiges Verjüngen, und selbst im höchsten Alter sucht man meist vergeblich nach den Zeichen des Verfalls. An passenden Standort gepflanzt und vor Beschädigungen geschützt sieht der Pflanzer seinen Pflegling fröhlich gedeihen und zum stattlichen Baume erwachsen. Der walzenrunde Schaft mit gesunder nur leicht gefurchter Rinde, der leicht und vollständig die Narben abgestoßener Aeste verwischt, giebt selbst dem fünfzigjährigen und noch älteren Baum ein noch jugend- liches Ansehen, und ist ein um so besserer Maaßstab, daran das hohe Alter jener Riesenbäume zu schätzen, welche sich namentlich im südlichen Deutschland in den Dörfern und Weilern finden, und daselbst schon für viele Geschlechter ein Stück Heimath geworden sind, welches unantastbar und gefeiet steht unter dem Schutz der Ueberlieferung und der jedem reinen Gemüthe eigenen Ehrfurcht vor dem Begriff des Baumes, welche jedes diesem angethane Unrecht mit dem harten Worte Frevel bezeichnet.“ „So kommt es denn, daß bei weitem die meisten unserer geschicht- lichen, wenn auch nur gemeindegeschichtlichen Bäume Linden sind, und es wäre ein kleiner aber interessanter Theil der noch zu schreibenden vater- ländischen naturgeschichtlichen Statistik, alle irgendwie denkwürdigen Linden Deutschlands zu verzeichnen und kurz zu beschreiben.“ „Wenn wir den Bäumen nachrühmen, daß sie uns Schirmer und Schützer sind, so müssen wir die ihre starken knorrigen Aeste emporreckende Eiche den schützenden Vater und die Linde in ihrer oben beschriebenen Haltung die hütende Mutter nennen. Wem die günstige Gelegenheit ge- boten ist, von Eiche und Linde einen Musterbaum in Vergleichung unter- stützender Nähe bei einander zu haben, der wird sicher mit mir finden, daß in jener sich die männliche trotzige Thatkraft ausspricht, in dieser mehr die weiche weibliche Innigkeit. Giebt es einen entzückenderen Anblick, als eine mit süßduftenden Blüthen beladene Linde, so daß ihre eigene Per- sönlichkeit, das belaubte Gezweig, fast verschwindend zurücktritt? Auch darin liegt eben ein sie vor allen unseren übrigen Bäumen bevorzugender Charakter, daß sie erst blüht nachdem sie mindestens einen Monat lang, gewissermaaßen ihr eigenes Selbst geltend machend, blos Blätter zeigte, und erst nachher den sorglich vorbereiteten Segen ihrer Blüthenfülle spendet.“ In Nr. 24. 1862. meines naturwissenschaftlichen Volksblatts „Aus der Heimath“, woraus diese Stelle entlehnt ist, hatte ich zu Mittheilungen über berühmte Linden aufgefordert, worauf mir auch ziemlich zahlreiche Mittheilungen geworden sind, von denen ich neben einigen anderen älteren Beispielen, Einiges mittheile. Ueber folgende denkwürdige Linden liegen mir ausführliche Beschreibungen und zum Theil Abbildungen vor, wofür mich die dabei genannten Herren zu Dank verpflichtet Roßmäßler, der Wald. 35 Es geht aus allen, sich von begeisterter Uebertreibung frei haltenden und auf wirklicher Messung beruhenden Angaben hervor, daß sehr starke Linden meist ein geringeres Alter haben, als man anzunehmen geneigt ist, und daß es oft Linden von kaum 100 Jahre übersteigendem Alter sind, welche den überwältigendsten Eindruck machen, ohne Zweifel durch die ihnen noch eigenen Kennzeichen fast jugendlich zu nennender üppiger Kraft- fülle und unmangelhafter Gesundheit neben imposanter Höhe der Krone, während der Stamm vielleicht kaum einen Durchmesser von 4—5 Fuß hat. Sehr alte verstümmelte Linden machen vielleicht darum mehr als eben solche Eichen einen schmerzlichen Eindruck, weil man sich erstere als Blüthenbaum zu denken pflegt, die Eiche aber nicht. Von alten Bäumen wird am häufigsten die Linde zur Trägerin von Gallerien, zuweilen mehrfach übereinander, benutzt, zu denen Treppen empor- führen, und die schweren oft sehr flach ausgebreiteten Aeste sehen wir oft durch Pfeiler gestützt. Die Sage von umgekehrt in den Erdboden gepflanzten und dann so fortgewachsenen Bäumen, daß sich die Wurzel zu einer reichästigen Krone umwandelte, kommt ebenfalls am häufigsten bei den Linden vor. Aller- dings kennt man mehrere muthmaßlich an ihren Standort mit Absicht gepflanzte Bäume, deren Stamm- und Astbildung diese Deutung sehr unterstützen, und Schacht scheint ein solches umgekehrtes Pflanzen eines Baumes nicht für unmöglich zu halten. Wenn wir nun auch bereits wissen, daß die Wurzel Stammknospen und aus diesen Stammsprosse treiben kann (S. 196), so ist es doch erst durch Versuche zu beweisen, daß sie dieses in dem freien Luftraume könne. Eine der interessantesten derartigen Linden ist die mir aus eigenem Anschauen (im Jahre 1825) bekannte Linde auf dem Friedhofe von Anna- haben. I. Winterlinden . 1. Stargard in Mecklenburg (Hr. W. Klemp). 2. Kittlitz bei Löbau (Hr. Neumann in Löbau.). 3. Oldenburg (Hr. Lübsen das.). 4. Annaberg (Hr. Rülke das.). 5. Leutkirch (Hr. Walser das. in Würtemb. naturw. Jahresh. 1861. 1.) — II. Sommerlinden : 6. Ronnebeck Kreis Ruppin (Hr. Fehse in Dierberg). 7. See- beck Kr. Ruppin (Hr. Unruh). 8. Kittlitz (Hr. Neumann). 9. Pölsfeld (Hr. Vogel). 10. Leutkirch (Hr. Walser a. a. O.). — Außer diesen noch viele andere, deren Art nicht angegeben ist, namentlich in Reinhardtsbrunn (Hr. Röse). berg im sächs. Erzgebirge, worüber mir Herr Rülke daselbst unter Bei- fügung einer sehr guten Zeichnung Folgendes schreibt: „Der Stamm unserer Linde besteht aus 6 knorrigen, bemoosten Hauptästen, welche sich in einer Höhe von 3 bis 5 Ellen horizontal fort- strecken und die sämmtlich keinen Zweifel darüber zulassen, daß man es hier nicht mit einem gewöhnlichen Baum, und nicht mit Aesten, wohl aber mit einem umgekehrten Wurzelstock, mit einem verkehrt eingesetzten Baum zu thun hat. Die Pfahlwurzel, die mit den andern schon erwähnten dicht verwachsen ist, steigt von der Erde aus gerade empor, trennt sich vom Wurzelstock in einer Höhe von ca. 4 Ellen, und ragt nun selbständig bis zu einer Höhe von 50 Ellen empor. Kurz über deren Austritt aus dem Wurzelstamme, ohngefähr 4½ Ellen über der Erde, beträgt deren Umfang 7¾ Ellen. Etwa 6 Ellen höher theilt sich der Hauptstamm in 2 Theile. Die wieder von diesen ausgehenden Nebenäste, haben alle mehr den Charakter von Wurzeln als von Aesten. Aus den 6 horizontel sich hinstreckenden Hauptwurzelästen erhebt sich hin und wieder ein nach der Höhe aufstrebender glatter Stamm. Einer deren, der stärkste, die der Stamm besitzt, bildet mit der schon beschriebenen Pfahlwurzel die Krone des Baumes. Der Hauptstamm hat einen Umfang von 13 Ellen. Das Blätterdach be- deckt eine Fläche von 34 Ellen im Durchmesser. — Am Wurzelstock sind einige Aeste ausgesägt und die Schnittflächen mit Lehm verstrichen; im übrigen ist der Baum ganz gesund. Vom Stamm-Ende in den Boden eintretende Wurzelanfänge sind ganz unbedeutend, was bei der Stärke des Stammes auch für den umgekehrten Stand des Baumes spricht. Darüber daß die Linde ein Alter von über 300 Jahren hat, sind alle Sachverständigen einig. Eine Schätzung des kubischen Inhalts konute ich mir nicht verschaffen. Die Linde ruht gegenwärtig auf Gestänge, welches von 23 Säulen getragen wird, die in Entfernungen von ca. 7 Ellen auseinander stehen.“ In dieser Beschreibung ist etwas hervorzuheben vergessen worden, was ich aus der mir noch lebhaft vorschwebenden Erinnerung und nach der sehr genauen Zeichnung hinzufüge und was allerdings der Linde das täuschende Ansehen eines umgekehrten Baumes giebt: daß nämlich die Hauptäste (also die muthmaßlichen einstigen Wurzeln) mit einer senkrecht breit gedrückten Basis von dem unförmlich kurzen und dicken Stamm ab- 35* gehen, ganz so wie an alten Linden die Wurzelanfänge als platte Strebe- pfeiler vom Stamme ab und in den Boden einzutreten pflegen. Natürlich knüpft sich an diese Linde, welche den Glauben an ihre Umkehrung fast gebieterisch in Anspruch nimmt, eine fromme Sage. Diese berichtet, daß ein Prediger Einem, der nicht an eine Auferstehung glauben konnte, diese damit bewiesen habe, daß er ein auf dem Friedhof stehendes Bäumchen aus dem Boden riß und indem er es umgekehrt mit der Krone wieder in den Boden pflanzte ausrief: so wahr diese Linde wachsen wird, so wahr ist eine Unsterblichkeit! Wahrer als diese Sage ist, daß die Linde — an der ich eine Stunde vorher vorübergegangen war — am 28. Sep- tember 1826 eine furchtbare Feuersgefahr glücklich überstanden hat, denn da brannte die auf dem Friedhofe stehende Hospitalkirche ab, deren Mauern die Linde fast berührt. An viele unserer denkwürdigen Linden mögen sich ähnliche Sagen anknüpfen; andere stehen zu einem hervorragenden geschichtlichen Ereigniß in Beziehung und in solchen Fällen ist man wahrscheinlich manchmal ge- neigt, auf ein außerordentlich hohes Alter der Bäume zu schließen, weil man vielleicht zu vorschnell eine bereits sehr alte ehrwürdige Linde ab- sichtlich gewählt sein läßt, um durch sie das Ereigniß gewissermaßen zu weihen, nach welchem sie später genannt wurde, während in diesen Fällen vielleicht die Linde zur Bezeichnung des Ereignisses erst gepflanzt worden war. Viele alte Linden stehen auch zu Gerichtsverhandlungen (z. B. die „Fehmlinde“ auf dem Bahnhofe in Dortmund), zu Gemeinde- versammlungen, zu Volksfesten, religiösen Feierlichkeiten seit alter Zeit in Beziehung, wovon, wenn auch in veränderter Gestalt, sich Manches bis auf die Gegenwart vererbt hat; und sicher ist keine andere unserer deutschen Baumarten hierzu so häufig benutzt worden wie die Linde. Die berühmteste und vielleicht älteste Linde Deutschlands ist wohl die zu Donndorf bei Bayreuth, von welcher, da sie am 10. Juli 1849 den letzten ihrer Hauptäste verlor, nur noch der hohle Stamm als Ruine übrig ist. Schon in einer Urkunde von 1369 ist ihrer als einer sehr alten Linde gedacht und 1390 soll sie schon 24 Ellen Umfang gehabt haben. Sie wird von Walser (a. a. O.) auf etwa 1235 Jahre geschätzt, wäre also noch älter als die bisher als die älteste geltende von Chaill é bei Melles in Frankreich, deren Alter 1196 Jahre betragen soll. Linden von 300—500 Jahren scheinen in Deutschland nicht eben selten zu sein, obgleich, wie schon bemerkt, große Linden, wie überhaupt auch andere große Bäume im Alter meist überschätzt werden. Die ungewöhnliche Gestalt mancher Lindenbäume mag ihnen — was jedoch jetzt nicht auf die Annaberger bezogen werden soll — von Jugend auf künstlich gegeben worden sein. Dies gilt vielleicht von einer 17½ Fuß Stammumfang zeigenden Winterlinde bei Oldenburg , welche in einer Stammhöhe von 10 Fuß eine ganz horizontal scheibenförmige Krone und darüber eine zweite, bis etwa 65 F. hoch reichende mit starken aufwärts ge- richteten Aesten hat. Die Aeste der unteren Krone werden von 16 hölzernen Säulen getragen. Indem wir mit den Linden die Reihe unserer deutschen Holzpflanzen — um einen umfassenden Begriff zu wählen — beschließen, darf nicht ver- schwiegen werden, daß nicht nur eben diese Fassung des Begriffs uns eigentlich veranlassen müßte, noch andere „Holzpflanzen“ aufzuführen, und daß, was schon im 4. Abschnitt (S. 25) hervorgehoben wurde, der „Waldboden“ noch für eine große Menge anderer Gewächse Raum hat, welche nicht unwesentlich dazu beitragen, uns den Begriff des Waldes ab- zurunden, ihm gewissermaßen als Basis zu dienen. Wir haben in jenem Abschnitte gelernt, daß ein gesundes Gedeihen des Waldes ohne diese „Waldkräuter“ — nach der botanischen Fassung freilich nur zum Theil Kräuter im engeren Sinne — kaum denkbar ist, und ihre zusammenfassende Bezeichnung „Bodendecke“ hat nicht blos eine örtliche, sondern eine wichtige Lebensbedeutung. Indem Moose und Flechten, Gräser und Kräuter mit den Bäumen aus Einer Quelle ihre Nahrung schöpfen, sind sie die Schwächeren zugleich die Beschützer der Starken und zahlen diesen reich- lich ihre Schuld für die Beschirmung heim, deren sie bedürftig sind. Wir verlassen den pflanzenbeschreibenden Theil unserer Waldstudien, denn es würde ein bedeutender Theil der deutschen Pflanzenwelt nun noch geschildert werden müssen, wollten wir alle Pflanzenschätze des Waldes, auch nur von wenigen kennzeichnenden Worten begleitet, aufzählen. Nur Eins sei noch hinzugefügt: achte man bei seinen Waldgängen darauf, daß die Pflanzen, welche zwischen den Bäumen und Büschen den Waldboden bedecken, zum größten Theil ganz andere sind, als welche draußen auf Wiesen und Feldern unter dem unmittelbar auffallenden Sonnenstrahl ge- deihen. Es gewinnt dadurch unsere Auffassung des Waldbegriffs an Klarheit und Schärfe; wir erkennen in ihm ein tausendfach zusammenge- setztes Ganzes, an welchem jedes Glied seine bestimmte Stelle einnimmt. Wir freuen uns dann, wenn wir in bestimmten Waldbestandsarten immer und überall denselben Waldkräutern begegnen. Drittes Buch. Die Waldwirthschaft. 10. Die Formen des Waldes. Die Gunst des Schicksals und der eignen Kräfte Ist uns fürwahr sehr ungleich zugefallen; Der Eine stirbt in niederem Geschäfte, Indeß die Andern zu dem Höchsten wallen. Dem Niederwald ist Jener zu vergleichen, Der unablässig doch nur Kleines leistet; Dem Hochwald Diese, dessen stolze Eichen Bewußtsein höchsten Werths durchgeistet. Das forstlich ungeübte Auge bemerkt es oft nicht, daß der Wald neben den unterscheidenden Merkmalen, welche ihm die verschiedenen Baum- gattungen aufprägen, hinsichtlich seines Gesammtausdrucks sich sehr ver- schieden darstellt; die Gründe dazu sind sehr manchfaltig. Seit wir in Deutschland nur noch geringe Ueberreste von Urwald haben — wir lernten einen solchen nach Wesselys Schilderung kennen (S. 205) — sind fast unsere sämmtlichen Waldungen entweder von Menschenhand erzogen oder wenigstens insofern nicht mehr ursprüngliche, als der in ihnen freischaffenden Natur der Forstmann lichtend, gliedernd, nachbessernd gegenüber getreten ist. Es mag vielleicht in den Gebirgswäldern noch manche Strecken geben, welche niemals einem Kahlhiebe unterworfen gewesen und dann wieder neu in Bestand gebracht worden sind, wie in den süddeutschen und schweize- rischen Alpenwäldern noch ganze Gebiete wegen ihrer Unzugänglichkeit oder wenigstens wegen der fast zur Unmöglichkeit werdenden Schwierigkeit der Holzabfuhre von der „Forsteinrichtung“ noch nicht in ihr Bereich gezogen worden sind, wo mit einem Worte der Wald noch Wald geblieben, noch nicht Forst geworden ist. Wenn wir jetzt die verschiedenen Formen des Waldes kennen lernen wollen, so haben wir dabei zu unterscheiden, ob diese Verschiedenheit von Natur bedingt oder durch menschliches Dazuthun hervorgerufen sei. Von Natur kann eine solche Verschiedenheit bedingt sein durch die Bodenbeschaffenheit, durch klimatische Einflüsse und, was damit zusammen- hängt, durch die Seehöhe, Himmelsrichtung und geographische Lage. Hierzu kommen noch die Lebensgesetze der Baumgattungen selbst, welche auf das Ansehen des von diesen gebildeten Waldes einen bestimmenden Einfluß ausüben können. Wenn man bei Hoch-, Mittel - und Niederwald auch mehr nur an die forstwirthschaftlich erstrebten drei Hauptformen des Waldes zu denken pflegt, so ist es doch denkbar und auch thatsächlich wahr, daß die Natur auch freiwillig diese drei Formen schafft, wenn schon nicht ganz in derselben wirthschaftlichen Bedeutung und scharfen Gegensätzlichkeit. Die uns bekannte Natur der Nadelhölzer, in dichtem Schluß und in inniger Vergesellschaftung unter sich zu erwachsen, bringt es mit sich, daß es von ihnen freiwillig erwachsene Hochwälder giebt, welche künstlich erzogenen an Reinheit und Gleichmäßigkeit des Bestandes nicht nachstehen. Nicht minder kann es wenigstens dem Ansehen nach natürliche Mittel- und Nieder- wälder geben. Jene würden solche sein, wo einem dichten buschigen Unter- holze — aus Holzpflanzen bestehend, welche stets niedrig bleiben — in weitläufiger Vertheilung hohe Bäume beigemengt sind. Fehlten solche Bäume, so würde das niedere Buschholz allein einen natürlichen Nieder- wald bilden. Wir werden bald sehen, daß diese natürlichen Mittel- und Niederwälder von den künstlich hergestellten dennoch in einem nicht un- wesentlichen Punkte verschieden sind. Wir wissen, daß der Forstmann keinen Nadelholzniederwald haben kann (S. 357), und doch kann die Seehöhe mit der Krummholzkiefer das Bild eines solchen auf den Alpen hervorbringen. Aber die freien Walderscheinungen dürfen wir nicht in diese drei forst- mäßigen Formen bannen. Tritt ja doch die Natur in ihren organischen Schöpfungen nirgends freier und zugleich gewaltiger auf, als im Walde. Wie die Natur, wenn sie von menschlicher Einmischung unbehelligt bleibt, ihre Wälder bilde ist freilich in dem gegenwärtigen Deutschland kaum noch zu sehen und wir müssen, von den drei genannten Formen an sich absehend, bei einer natürlichen Unterscheidung der Waldungen sowohl von der forstmännischen Rücksicht als von den äußeren Eigenthümlichkeiten der Baumgattungen als Kriterien absehen. Wenn wir dies thun, so kommen wir zu physischen und zu physiologischen Gesichtspunkten und können danach Auenwald, Heide, Bruchwald, Gebirgswald und Alpen- wald unterscheiden, neben und über welchen selbstverständlich der souveräne Unterschied von Nadel- und Laubwald besteht. In der Tiefebene bilden Auenwald und Heide zwei Gegensätze, welche gleichwohl ziemlich nahe nebeneinander bestehen können. Die Bodenbe- schaffenheit ist es beinahe allein, welche diesen Gegensatz bedingt und damit zeigt, wie groß ihr Einfluß sich auf den Charakter der Vegetation erweist. Unter Auenwald verstehe ich hier die Bewaldung der ebenen, frucht- baren Bewässerungsgebiete kleinerer und größerer Flüsse, welche sich nur stellenweise und in geringem Maaße über die Anschwellungshöhe dieser Gewässer erheben, übrigens aber unter dieser liegen. Die Auenwälder gehören zu unsern schönsten Laubwäldern und sind immer gemischte, mit Vorherrschen der Stieleiche, des Hornbaums, der Rüstern, der Esche und sparsamer auch der Ahorne und Linden. Buchen gehen ihnen meist ganz ab, da diese einen überschwemmten Boden nicht vertragen. Den genüg- samen Nadelhölzern ist es hier zu üppig, oder sie ziehen sich wenigstens auf die höheren Stellen zurück. Die große Fruchtbarkeit des Schwemm- landes, welches die Auenwälder trägt, macht aus ihnen gewöhnlich ein Mittelding zwischen Hochwald und Mittelwald, indem zwischen den selbst nicht sehr räumlich stehenden Bäumen ein oft sehr üppiger Unterwuchs von Buschholz aufsprießt, welcher bei gleichem Baumstande auf höheren Lagen nicht aufkommen würde. Wo in solchen Auenwaldungen die Eiche vor- herrscht, die sich immer selbst im ausgesprochensten Hochwalde licht stellt, da ist eine Mittelwaldwirthschaft geradezu geboten. Man kann solche Wälder fast mit demselben Rechte als Mittelwald wie als Hochwald an- sprechen; denn die Bäume stehen so dicht und haben einen so starken Höhenwuchs, als es ihnen überhaupt im Hochwalde zukommt, und doch steht zwischen ihnen noch Buschholz, welches eine regelmäßige und aus- giebige Schlagführung zuläßt Ein wahres Muster eines solchen Auenwaldes erstreckt sich in einem ziemlich breiten Bande von Leipzig aus mehrere Meilen lang westlich bis gegen Merseburg in dem Flußgebiete der Elster. Die oben genannten Baumarten finden sich hier in muster- gültigen Exemplaren in Menge. . Die Auenwälder bergen in ihrem Schooße gewöhnlich alle landschaft- lichen Reize, die man nur wünschen mag: Abwechselung zwischen Laub- massen und saftigen Wiesengründen, schilfumfangene Weiher und Bäche und in Mitten dieser sonnigen Umrahmung freundliche Dörfer, in denen ein Haus mit dem Geweih am Giebel sich als die Wohnung des Försters auszeichnet, dessen reicher Rehstand mit den rothen Rindern seines Nachbars an demselben Waldrande, wenn auch zu anderer Tageszeit, weidet. Wo an den grünen Rand des ausgedehnten Auenwaldes eine fruchtbare Feld- fläche sich anschmiegt und dicht auf der Grenze sich eine ländliche An- siedelung gebettet hat, da ist für den jungen Städter recht eigentlich der Platz, eine Dorf-Idylle zu leben, da ist ein reizendes Ineinanderfließen der Wald- und Feldwirthschaft, der Freude am Landleben und des Träumens im schattigen Waldesdunkel. Die Nähe eines gepflegten Auen- waldes schützt die große Stadt der Tiefebene vor dem Hereinbrechen der Langweiligkeit, welche dem vordringenden Feldbau auf dem Fuße folgt. Und in solche glücklicher Lage befindet sich Leipzig, welches aus seinem westlichen Thore unmittelbar in einen der schönsten Auenwälder Deutsch- lands tritt. Das Unterholz der Auenwälder besteht meist aus den verschiedensten Strauch-Arten, zum Theil auch aus Wurzelbrut der Oberbäume, namentlich der Rüstern und der Espe, welche zu starken Büschen, ja selbst zu ansehn- lichen Stämmen erwachsen kann. Daher sind fruchtbare Auenwälder besonders in den ersten drei bis vier Jahren nach dem Abhiebe des Unterholzes, die dichtesten und undurchsichtigsten, was durch den üppigen Kräuterwuchs, der sich gewöhnlich einfindet, noch vermehrt wird. In den tiefften Stellen überlassen die übrigen Bäume meist der Schwarzerle allein das Terrain; nur die Esche liebt es noch, ihre Wurzeln in dauernd nassen Boden zu treiben, während die übrigen Holzarten des Auenwaldes wohl oft wiederkehrende und selbst länger anhaltende Ueberfluthungen, aber nicht eigentlich wasserhaltigen Standort vertragen. Gerade diese große Ver- schiedenheit des Feuchtigkeitsgehaltes der Auenwälder, bedingt durch die Niveauverhältnisse des Bodens, verleiht ihnen die große Abwechselung, welche selbst Kiefernhorste nicht ausschließt, die sich auf den höchsten und demnach trockensten Punkten der Aue nicht selten finden. Es wurde oben schon angedeutet, daß der Auenwald auch die blüthen- reichste Form des Waldes ist. Da sich die Laubwälder im Allgemeinen lichter stellen als die Nadelwälder, mithin keine so dunkle Beschattung des Bodens stattfindet, so bleibt kein Fuß breit Boden von dem niederen Völkchen der Kräuter und Gräser unbenutzt. Darunter ist manches stattliche Gewächs, sei es durch bunten Blüthenschmuck, sei es durch saftige Blätterfülle aus dem undurchdringlichen Kräuterdickicht hervortretend. Der Auenwald ist daher auch der Lieblingsaufenthalt für die tief am Boden nistenden Singvögel, voran die Nachtigall, welche in ihrer kurzen Liederzeit ihren Gesang aus dem dichten Gezweig des Unterholzes, oder von einem niedern Baumaste herab erschallen läßt. Ganz andere Gefühle und Gedanken weckt die Heide in uns. Wir schleppen uns in Gedanken im tiefen Sande des Fahrwegs oder schreiten über den sonndurchglühten, von niederen Sandpflanzen kaum verhüllten Heideboden, dessen verkrüppelte Kiefern und Birken uns die unerquickliche Aussicht kaum beeinträchtigen. Ganz so schlimm ist es aber nicht immer. Wenn wir die mit diesem Namen officiell benannten Heiden, die Lüneburger, die Dübener, die Görlitzer, die Dresdener und andere mit einander vergleichen, so finden wir nicht nur eine sehr große Ver- schiedenheit in der Wüchsigkeit ihrer Waldbestände, sondern wir finden auch, daß sie hinsichtlich ihrer Bodenverhältnisse auf zwei ganz ver- schiedenen, einander entgegengesetzten Bedingungen beruhen: auf Sand und auf Moor. Zwei so verschiedene Ursachen rufen dieselbe Wirkung hervor, wenn auch das Zusammenwerfen der Sandheiden und der Moor- heiden in mehr als einer Hinsicht nicht gerechtfertigt ist, da sie nicht nur verschiedene landschaftliche Bilder geben, sondern auch forstlich sich sehr verschieden von einander verhalten. So grell der Unterschied zwischen Heide und Auenwald auch erscheint, so ist doch die erstere, wenn sie Moorheide ist, dem letzteren physisch nahe verwandt, denn sie ist wie dieser durch Wasserreichthum des Bodens bedingt und findet sich eben so vorzugsweise in der Ebene, jedoch eben sowohl auf der Hoch- wie in der Tief-Ebene. Der Unterschied zwischen beiden beruht in dem tiefen Untergrunde, welcher bei der Moorheide das überschüssige Wasser nicht in die Tiefen des Grundes hinabtreten läßt, sondern durch eine Thon- oder eine andere undurchdringliche Schicht in der Oberfläche des Bodens zu bleiben zwingt; während in dem Auenwalde theils die Niveauverhältnisse, theils der durchlässige, meist aus Diluvial- sand bestehende Untergrund das Ueberfluthungswasser theils abfließen, theils in die Tiefe versickern läßt. Das Kapitel der Versumpfung , welches uns jetzt in der Moor- heide praktisch entgegentritt, ist in der Forstwirthschaft eines der am meisten Sorge und Arbeit auferlegenden. Wir haben hier die drei Arten der Versumpfung durch Tagewasser, durch Quell- oder durch Stauwasser nicht zu erörtern, eben so wenig eine Anleitung zur Entwässerung durch Gräben oder unterirdische Abzüge (Drainage), oder durch Senklöcher (Fontanelle) zu geben — wir haben uns blos daran zu erinnern, daß der verhinderte Abzug überflüssigen Wassers immer der Grund zur Ver- sumpfung ist. Das verschiedene Lebensbedürfniß der Gewächse erheischt für eine ganze Gruppe derselben, deshalb Moor- und Torfpflanzen ge- nannt, solches stockendes Wasser; diese Pflanzen sind daher die nie fehlenden Bestandtheile der Pflanzendecke (S. 30) des Moorheidebodens. Sie geben den Moorheiden, abgesehen von den Bäumen, ihren eigenthümlichen ein- tönigen Charakter, denn die Moorpflanzen sind fast ohne Ausnahme niedrige klein- und feinblättrige Gewächse. In der dicht aus Moosen gewebten oder mehr noch verfilzten Grundmasse wurzeln echte und Halb- gräser und unsere zierlichsten Vertreter der Familie der Heidepflanzen (Ericaceen); zwischen den Kiefern, dem wesentlichen Bestandbildner der Moorheiden, drängen sich die dichten Schaaren der Heidebüschchen (Erica vulgaris) und der Heidelbeeren, letztere hier und da vertreten von der Preisel- und der Rauschbeere, während eine vierte Art der alten Linné’schen Gattung, Vaccinium, die Moosbeere, ihre fadendünnen Stämmchen weit hin über die Moospolster spinnt. Fast die einzige höher wachsende Pflanze ist der sich nicht leicht vermissen lassende Adlerfarrn, dessen wunderbare Reichsadler- gestaltung im Gewebe des Wedelstieles wir auf S. 37 gesehen haben. Die Bestände der Moorheide, meist Kiefern mit eingesprengten Birken und Schwarzerlen, denen sich aber oft auch, jedoch ersichtlich als schlecht bewirthete und sich deshalb unbehaglich fühlende Gäste Eichen und Eschen, selbst Buchen beigesellen, verrathen fast immer ein gewisses Beschränktsein ihres Gedeihens durch eine Schranke, über welche sie nicht hinaus können. Das giebt solchen Heiden ein eigenthümliches Ansehen von Eintönigkeit und Mittelmäßigkeit, über welche sich selten einzelne Bäume oder kleine Bestände, bevorzugt durch günstigere Bodenverhältnisse, emporarbeiten. Buschige Weidenarten, von denen die kriechende Weide mit ihren kleinen Lanzettblättern sich kaum einen Fuß über Moorwiesenplätze erhebt, bilden hier und dort truppweise das Unterholz, besonders die Ohrweide und die krüppelhaft bleibende Sahlweide (S. 460 und 456). Die Moorheiden schließen gewöhnlich weite Wiesenflächen ein oder sind von ihnen umgürtet und unter diesen ruht gewöhnlich ein Torflager, dessen Ausbeutung meist einen bessern Ertrag liefert, als das saure Gras darüber. Den Moorheiden Nordostdeutschlands, die aber meist baumlose Moor- brüche sind, verdanken wir die lästige Gabe des Höhenrauchs , auch Haarrauch, Heerrauch, am richtigsten aber Moorrauch genannt, weil er durch das Abbrennen großer Moorflächen entsteht, was in der trockensten Jahreszeit, Juli und August, namentlich in Ostfriesland, vorgenommen wird, um durch die Asche den Boden zu düngen. Es ist unbegreiflich, wie man diese durch den Geruch schon zu deutende Erscheinung in den südöstlich gelegenen Breiten Deutschlands lange Zeit falsch deuten und für meteorischen Ursprungs halten konnte. Wie auch sonst oft die äußersten Gegensätze nahe bei einander liegen, so gränzt oft dicht an die Moorheide die Sandheide Eine ausführliche Schilderung beider Heideformen habe ich in meinen „die vier Jahreszeiten“ (Breslau bei Leuckart) versucht, (S. 186—218). , wo der Wald nur seine beiden anspruchlosesten Kinder, Kiefer und Birke, zu erhalten vermag, freilich zu einem kümmerlichen Dasein. Während wir eben auf der Moorheide eine einförmige Mittelmäßigkeit des Baumwuchses fanden, der doch innerhalb der gezogenen Schranken eine gewisse geschlossene Ge- deihlichkeit zeigt, so ist die Heide des Sandbodens ein Ringen um ein armseliges Sein, welches Leben kaum genannt werden kann, weil ihm die Frucht des Lebens, Wachsen und Gedeihen, kaum anzusehen ist. Oft findet auch ein Schluß der Bäume zu einem eigentlichen Bestande nicht statt, sondern es scheint als ob jeder Baum eine um so größere Fläche bedürfte, je ärmer der Boden ist; und wenn die Mühe des Forstmanns dennoch einigen Schluß herzustellen vermocht hat, so bleibt dieser doch nur in dem Jugendalter der Kulturen, und die Stangenhölzer stellen sich licht und locker, wenn nicht ein verborgener Schatz an Bodenfeuchtigkeit später von den tiefer dringenden Wurzeln gehoben wird. Die Sandheide bietet übrigens eine lange Stufenleiter von ziemlich wüchsiger Bewaldung bis zu den magersten Flächen abwärts, auf welchen Birken und Kiefern niedere Büsche bleiben, denen man an dem knickigen Wuchs und an der Rinde ansieht, daß sie viel älter sind, als ihre Höhe anzeigt. Die Birke zeigt ihre weiße Rindenfarbe schon an ganz schwachen, aber eben unerwartet alten Stämmchen, und die Rinde der kleinen Kiefern ist rauh und rissig und entbehrt der schönen rothgelben Farbe an den Aesten der Krone. Auch bleiben die Nadeln der Kiefer kleiner, die Triebe kürzer, namentlich der Herztrieb, während sich dagegen die Seitentriebe besser entwickeln, wodurch auf recht mageren Sandstellen eine kurze aber breitkegelförmige Strauchgestalt hervorgerufen wird. Während so Kiefer und Birke auf dem Heideboden nur kümmerlich gedeihen, fühlt sich der kleine buschige Wachholder behaglich und überwächst zuweilen sogar jene beiden. Was an andern Baumarten zuweilen noch auf der Sandheide vorkommt, z. B. Fichte, Erle, Eiche, trägt mehr oder weniger den Stempel des Verkommens. Wo aber der Baumwuchs auf das niederste Maaß herabgedrückt ist, und die verkümmerten Strauchbäumchen wie Verirrte auf der Sandebene zerstreut sind, da stellt sich desto reichlicher ein ganzes Heer von Sand- pflanzen ein, welche sich hier in ihrer richtigen Heimath befinden und nicht leicht auf nahrhafterem Boden gefunden werden. Daher sind viele davon untrügliche Wahrzeichen des echten Heidecharakters eines Bodens, deren Vorherrschen im Stande ist, den Förster, der hier gern einen Bestand in die Höhe bringen möchte, muthlos zu machen. Schon die Namen, die deutschen sowohl wie die wissenschaftlichen, solcher Pflanzen und auch vieler Thiere deuten auf Heide und Sand und erkennen dadurch an, daß Heide und Sand dem Thier- und Pflanzenleben nicht immer nur feindlich sind, sondern sich eigene Formen desselben erschaffen haben, welchen Heide und Sand eben so nothwendige Lebensbedingungen sind, wie anderen Sumpf und Wasser, oder die dünne Erdkrume in den Felsenrissen der Alpen, anderen die unerschöpfliche Dammerdeschicht unter der tropischen Sonne. Das Goethesche „Eines schickt sich nicht für Alle“ vermag gleichwohl den Forstmann nicht, verzichtleistend den Sand- und Haideboden den Sand- und Haidepflanzen zu überlassen; er müht sich, ihn für seine Bäume zu erobern, eine Aufgabe, deren Schwierigkeit wir schon auf unsern ersten Seiten dadurch wesentlich vermehrt fanden, daß sehr oft Derjenige die Erfolge nicht erlebt, der die Arbeit gemacht hat, mithin die Zweckmäßig- keit seiner Arbeit nicht prüfen konnte. Vielleicht ist es hier zum erstenmale in unserem Buche nicht blos zu- lässig, sondern geboten, dem deutschen Walde ein fremdes Element bei- zumengen. Sind uns auch Kiefer und Birke sattsam als die zwei genüg- samsten Bäume bekannt, so können wir gleichwohl an hundert Orten Deutschlands sehen, daß auf dürrem Sandboden ihre geduldige Genügsam- keit doch zu Ende geht. Ein nordamerikanischer und ein chinesischer Baum sind „vielleicht, ja ich möchte sagen wahrscheinlich berufen, die norddeutschen Sandwüsten in Laubwälder umzuwandeln.“ Der Götterbaum; ein Artikel mit Abbildungen in Nr. 1. des Jahrg. 1862 von meiner bei der Linde (S. 545.) erwähnten Zeitschrift „Aus der Heimath“. Es sind diese die seit dem Jahre 1600 in Europa aus Canada von Jean Robin eingeführte Akazie oder besser Robinie , Robinia pseudoacacia L. und der Götterbaum , Ailanthus glandulosa Desfont., aus China, zwei Bäume, welche die äußerste Genügsamkeit mit den Vorzügen vortrefflichen Holzes und förder- samer Bodenverbesserung durch reichen Laubfall verbinden. Der Rath, mit diesen beiden schönen Bäumen Versuche anzustellen, die Sandflächen nutzbar zu machen, ist übrigens schon sehr alt, wenigstens hinsichtlich der Robinie, und man hat alle Ursache zu fragen, weshalb die Forstwirthschaft nicht mit dieser beharrliche, aber eben beharrliche Versuche angestellt habe. Es ist wahrhaftig an der Zeit, sich mit aller Kraft der Verminderung des Waldes entgegenzustemmen. Dies muß in der Weise versucht werden, daß bisher unbenutzte oder für ertragsunfähig gehaltene Flächen für den Wald gewonnen werden, da von den Privat- und Gemeindewaldungen jährlich nicht unbedeutende Strecken der Forstwirth- schaft für immer entzogen und dem reichlicher wenigstens schneller ver- zinsenden Feldbau zugewiesen werden. Wir gehen zu einer anderen Form des Waldes über, für welche ich nirgends eine allgemein geltende Bezeichnung finde, vielleicht deshalb, Roßmäßler, der Wald. 36 weil von ihr in Deutschland nur einige wenige Beispiele vorkommen, die jedoch ihrer absonderlichen Erscheinung wegen eine besondere Benennung verdient. Wenn ich als solche Bruchwald vorschlage, so weiß ich recht wohl, daß ich darin der gewöhnlichen Auffassung eines Bruches nicht ganz entspreche, worunter man sich eine fast baumlose, moorige, von Wasserspiegeln durchzogene Fläche denkt. Durch eine Schilderung des Spreewaldes, welcher mir die Veranlassung zu der Hervorhebung dieser besonderen Waldform giebt, wird der Begriff derselben am besten hervor- gehen. Der Spreewald ist ein mehrere Geviertmeilen großes Gebiet zwischen Kottbus und Lübben in der preuß. Provinz Brandenburg, in welchem sich die Spree in ein Netz zahlloser Arme und Wasseradern zerspaltet. Auf der langen Strecke von neun Meilen zeigt sich der träge rinnende Fluß in ersichtlicher Verlegenheit über den einzuschlagenden Weg, indem er bald hier- bald dorthin einen Zweig abschickt. Die dadurch ent- stehenden Inseln von zum Theil fast vollkommener Ebene sind großen- theils reich bewaldet und außerdem mit Wiesen und Feldfluren bedeckt. Der Spreewald ist daher eine Fläche, auf welcher der Gebrauch des Wagens eben so unnöthig, wie unmöglich ist; er bildet ein vielfach sich verzweigendes Kanalsystem, dessen Arme einem Blattadernetz gleich hundert- fältig in einander einmünden. Es ist ein Venedig des Waldes. Der Jäger beschleicht das Wild im Nachen, den er mit lautlosen Ruderschlägen lenkt, wie das Vieh im Nachen zur Weide und das Heu in die Speicher geführt wird. Nur wenn der Winter die flüssigen Wege gefestigt hat, ist die Holzabfuhre auf dem Eise möglich. Auf dem Nachen fahren die Kinder, geborne Matrosen, zur Schule, die Alten zur Kirche. Alle unsere deutschen Laubbäume sind hier in Prachtexemplaren heimisch; auf etwas trockenen Stellen findet sich sogar Nadelholz ein. Auf kleinen natürlichen Er- höhungen liegen im Schatten mächtiger Bäume die ländlichen Güter wie kleine Burgen von einem Wallgraben umflossen. Wer denkt bei dieser Waldform nicht an die Schilderungen Humboldts und Schomburgks von den Reisen durch die Urwälder des nördlichen Süd- amerika, wo die zahlreichen Wasseradern auch die einzigen Straßen bilden. Aehnliche Waldverhältnisse, wenn auch nur in geringem Umfange, kommen in der nordostdeutschen Ebene mehrfältig vor. Sie sind wahr- scheinlich überall, wie es von dem Spreewald nachweisbar ist, die Ueber- reste ehemaliger flacher Seebecken deren lettiger Untergrund ein völliges Versiechen dieses Wassernetzes verhütet, da im Spreewald der Zustrom des Spreewassers allein dies wahrscheinlich nicht würde verhindern können. Indem wir von der Ebene in die Gebirge hinaufsteigen und dort die Formen des Waldes betrachten wollen, muß uns der merkwürdigste, weil nur in wenigen Fußen sich aussprechende Unterschied zwischen Ebene und Höhe einfallen: Marsch und Geest. Das nördliche Deutschland, namentlich an der Küste der Nordsee und weit hinauf in die Mündungen der Elbe und Weser, ist der Schauplatz eines ewigen Kampfes der Menschen mit dem Meere, um diesem neues Land abzugewinnen und das gewonnene vor dem zurück- fordernden Andrängen der Fluthen zu vertheidigen oder älteren Landbesitz vor dem Anheimfallen an das bewegliche Element durch Deiche zu schützen. An die tischgleiche Marsch stößt die oft nur um einige Fuß höhere Geest; jene bekanntlich ein Muster von üppiger Fruchtbarkeit, diese meist sandig und kiesig und daher unfruchtbar. Doch kommen namentlich auf der Ostseite Schleswig-Holsteins auf der Geest die herrlichsten Waldungen, namentlich Buchwaldungen vor, welche auch ein Schmuck vieler dänischen Inseln sind, die sich wenig über den Meeresspiegel erheben. Eine Höhenstufe anzugeben wo der Gebirgswald anfängt ist kaum möglich; es muß sogar die untere Grenze des Gebirgswaldes sehr tief gezogen werden, indem noch unter 500 Fuß Seehöhe der Wald wenigstens den Baum- und Pflanzencharakter des Gebirgswaldes annimmt, ohne noch den ausgesprochenen Bergcharakter zu besitzen. Der Fuß des sächsischen Erzgebirges, der bei Tharand nur einige Hundert Fuß über dem Elbspiegel bei Dresden liegt, hat in seinen Wäldern vollkommen den Charakter des Gebirgswaldes. Eben so schwierig ist es, die Höhengränze gegen den Alpenwald zu bestimmen. Hier wie dort kommt es nicht allein auf die Höhenausdehnung des Gebietes an, sondern gar sehr auch auf die Horizontalausdehnung. Es ist ähnlich wie mit der Schneegränze, welche in umfangreichen Hoch- gebirgen tiefer herabreicht, als auf einzeln auf der Ebene stehenden Bergen von gleicher Höhe. Letztere stehen in ihren klimatischen Verhältnissen sehr unter dem Einflusse der wärmestrahlenden Ebene, während ausgedehnte Hochgebirge unabhängig hiervon sich gewissermaßen ihr Klima selbstständig bilden, desto rauher je umfänglicher sie sind; was jedoch nicht ausschließt, 36* daß in ihrem Schooße Thäler und kleine Kessel-Ebenen von hoher Er- wärmungsfähigkeit liegen. Die Bezeichnung Gebirgswald wäre willkürlich und physisch unbe- rechtigt, wenn wir einen solchen nur aus der Hochlage erkennen könnten. Auch wenn wir nicht daran denken, daß wir uns hoch genug befinden, um einen uns umgebenden Wald einen Gebirgswald nennen zu dürfen, müssen uns dies die Merkmale seiner Pflanzenwelt sagen, nicht nur seine Bäume und Sträucher, sondern auch die Pflanzendecke seines Bodens und die Beschaffenheit der Waldwiesen. Dies setzt allerdings auf unsrer Seite eine gewisse Vertrautheit mit der deutschen Pflanzenwelt voraus, um zu wissen, welche Pflanzenarten im Tieflande, welche auf den Höhen wachsen. Diese Gränzlinie ist übrigens keineswegs so scharf gezogen, daß wir nicht Hochwaldsmerkmale auch zuweilen im Ebnenwalde fänden, und umgekehrt; es gilt hier also mehr einen Mittelwerth dieser Merkmale herauszufinden. Wenn wir das über Standort und Vorkommen der einzelnen Wald- bäume Gesagte überblicken, so finden wir in dem Knieholz und der Schwarzkiefer entschiedene Charakterzüge des Gebirgswaldes, ja sogar Gränzbäume zwischen diesem und dem Alpenwalde; dasselbe gilt unter den Nadelhölzern fast in gleichem Umfange auch von der Lärche, und einiger- maßen auch von dem Taxus. Schwieriger lassen sich unter den Laub- hölzern, wenn wir nicht unbedeutende Sträucher zu Hülfe nehmen wollen, entschiedene Gebirgswaldbäume feststellen. Vielleicht ist die Steineiche ein solcher zu nennen, auch Buche und Weiß-Erle kommen als bestandbildende Bäume entschieden mehr dem Gebirgswalde als der Ebene zu, obgleich in dieser, je höher wir nach dem deutschen Nordosten vorschreiten, prachtvolle Buchenbestände sogar dicht an der Meeresküste vorkommen. Alle übrigen bestandbildenden Nadel- und Laubholzbäume gehören mehr oder weniger vorherrschend der Ebene wie dem Gebirge an, da sie weniger von klima- tischen als von Bodenbedingungen abhängig sind, und daher von dem Forstmann mit Berücksichtigung ihrer Eigenheiten meist ebensowohl auf jener wie in diesem angebaut werden können. Ein erheblicher Charakterzug des Gebirgswaldes, der dem Unter- richteten fast immer maßgebend ist, liegt in der Beschaffenheit der Boden- decke, deren verschiedenartige Zusammensetzung und Benennung wir im 4. Abschnitt kennen gelernt haben. Die im Auenwalde, mit welchem mancher fruchtbare Gebirgswald eine bedeutende Aehnlichkeit haben kann, fast immer auf das geringste Maaß beschränkten Flechten, Moose und Farrenkräuter spielen am Boden des Gebirgswaldes eine so hervorragende Rolle, daß man sich nur selten irren wird, an diesem Vorherrschen den Gebirgswald zu erkennen. Dabei ist allerdings nicht zu übersehen, daß die Beschaffenheit der Pflanzenstreu und überhaupt der Bodendecke zum Theil mit abhängig ist von der den Bestand bildenden Baumart zusammen mit der übrigen Bodenbeschaffenheit. So kann es vorkommen, daß auf besonders für einen Fichtenhochwald geeignetem Boden der Ebene sich die- selbe sammtene Moosdecke oder dieselbe fahle, fast allen Pflanzenwuchses baare Nadelstreu wie im Gebirgswalde findet. Zuverlässiger sind daher einige Waldkräuter und Waldsträucher für die Charakteristik des Gebirgswaldes, wie es andererseits dergleichen auch für den Auenwald giebt und wir auch für die Haide einige genannt haben. Hier wäre vielleicht der passende Ort, die botanische Beschreibung des Waldes durch Hinzufügung der wichtigsten Waldbodenpflanzen zu ergänzen, wenn dies ohne Abbildungen oder in Ermangelung dieser ohne eine eingehende Beschreibung ausführbar wäre. Unser Buch will aber den Wald nicht bis auf dessen letzte Einzelnheiten ausbeuten und sich den Lesern gewissermaßen blos zur Kontrole, ob auch Alles richtig drin stehe, überlassen; ähnlich wie gewisse geistlose „Touristen“ mit dem Reisebuche in der Hand blos soweit auf die Natur blicken, als nöthig ist, um die Richtigkeit oder die Fehler jenes zu konstatiren. Unser Buch will seinen Lesern und Leserinnen noch etwas übrig lassen; und wenn es seinen Zweck erreicht, jene zu einem fleißigen und achtsam Umschau haltenden Besuch der deutschen Waldungen zu veranlassen, so wird eine Vergleichung der Waldblumen der Ebene und des Gebirges diesen Besuchen einen wesent- lichen Schmuck verleihen. Der herrschende Baum unserer deutschen Gebirgswaldungen ist wohl ohne Zweifel die Fichte, überhaupt das Nadelholz; unter den Laubhölzern ist es die Buche, welche unter jener etwas zurückbleibt. Beide kommen aber im Gebirgswalde in großer Ausdehnung neben, sogar untereinander gemischt vor. Jedoch ist der Gebirgswald nie ein so bunt gemischter wie es der Auenwald fast immer ist. Daher hat jener auch mehr einen ernsten, oft sogar einen melancholisch eintönigen Charakter, besonders wenn er aus reinen Fichtenbeständen gebildet ist; das Melancholische nimmt einen imposanten Anstrich im Tannenwalde an, und der reine Buchenhochwald, der gut geschlossen sich meist rein von Unterwuchs hält, ist unstreitig das erhabenste zur Andacht stimmende Waldbild deutschen Bodens. Wenn wir im Walde den Grundzug des deutschen Heimathbodens erkennen müssen, was derjenige am tiefsten empfindet, der den Waldmangel in südeuropäischen Ländern gesehen hat, so ist in diesem Grundzuge wiederum der Gebirgswald der hervorragende Mittelpunkt. Dies zu würdigen, muß man sich auf einen herrschenden Höhenpunkt des Harzes oder des Thüringer- waldes, des Erzgebirges, Böhmerwaldes, Schwarzwaldes stellen und ringsum auf die Rücken und Flanken der überragten Wald-Höhen die Blicke schweifen lassen. Auf solchem Standpunkte überkommt wohl auch dem Achtlosen das Verständniß des Waldes, das Verständniß, was ich so sehnlich als das Ergebniß meiner Waldarbeit hervorgehen sehen möchte. Und in diesem Verständniß möchte ich so gern von meinem Vaterlande, in dessen Diensten dieses Buch geschrieben ist, den überschwenglich vergeltenden Ehrensold für die auf dasselbe verwendete Mühe hinnehmen. Auf eine solche Höhe eines deutschen Gebirgswaldes möchte ich den „internationalen Congreß der Zukunft“ berufen, dessen drittmalige An- regung „Ein internationaler Congreß der Zukunft“, Gartenlaube 1859. Nr. 15., und in des Verf. naturwissenschaftlichem Volksblatte: Aus der Heimath 1859. Nr. 26. Siehe auch in letzterer Zeitschrift „Neue Gefahren für den Wald“ 1859. Nr. 36. und „Der Wald und Louis Napoleon“ 1860. Nr. 6. ich absichtlich für diesen Abschnitt vorbehalten habe, denn dieser sammelt uns aus der Zerstreuung der vorhergehenden Abschnitte, um den Wald als Ganzes anzuschauen, als Ganzes, was in so verschiedenen Formen sich darbietet, am herrlichsten, am erhabensten, zukunftschwanger im Gebirgswalde. Könnte ich sie doch alle um mich versammeln, die Herren vom grünen Tische in den grünen Wald. Ich würde in Gedanken mit ihnen der Reihe nach die deutschen Waldgebirge umkreisen, um ihnen zu zeigen, wie tausend und aber tausend Quellen und Bäche unter den Rändern des grünen Mantels hervorrinnen und sich unten in der Ebene zu immer größer werdenden Flüssen verbinden. Dann würde ich mit ihnen den muntern Quellen aufwärts nachgehen, bis wir oben die kühlen Geburts- stätten derselben fänden, bald auf einer moosigen Wiese, bald am Fuße eines klüftigen Felsens. Dann würde ich den Jupiter Pluvius ersuchen, einen Tag lang die ganze Fülle seiner Urne über uns auszuschütten, und dann würde ich die Herren darauf aufmerksam machen, daß sich der ganze Waldboden über und übervoll gesogen hat von dem strömenden Regen, daß unten die Flüsse aber nur den Ueberschuß bekommen haben, der am Gebirgsrande reichlich wohl, aber nicht mit zerstörender Hast hervortrat. Dann aber schnell hinüber mit den Herren nach den trocknen quellen- und waldlosen Höhen der südöstlichen Provinzen Frankreichs, wo derselbe Regen furchtbare Verheerungen angerichtet hat. Von den nackten, felsenstarrenden Flanken der Berge schoß das Regenwasser in ungehemmter Wuth thal- abwärts, den von früheren Regengüssen noch verschonten Erdboden und gewaltige Schutt- und Steinmassen mit sich fortreißend, um unten blühende Fluren darunter zu begraben. Ich vertraue zu dem Verstande der Herren, welche sonst, wahrlich nicht im Interesse der Völker, mit einander in Hader und Notenstreit liegen, daß sie einsehen würden, wie der deutsche Wald, ja wie für Deutsch- land der Wald ganz Mitteleuropas von internationaler Bedeutung ist, denn bis zu den Mündungen des Rheins, der Donau, der Weser, der Elbe, Oder sind alle Anwohner dabei betheiligt, ob die Quellwaldungen dieser Ströme, die fast sämmtlich auf Gebirgen liegen, pfleglich bewirth- schaftet werden, oder ob man sie schonungslos verwüsten läßt. Ich ver- traue, daß sie begreifen würden, daß nöthiger als ein allgemeines deutsches Wechselrecht ein allgemeines deutsches Forstkulturgesetz ist. Und wenn dies begriffen sein würde, dann wäre mein „internationaler Congreß der Zukunft“ gewiß bald kein zukünftiger mehr. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Waldfläche Deutschlands oder besser Mitteleuropas, wenn nicht bereits unter, so doch gewiß gerade auf dem Maaße steht, welches ständig erhalten werden muß, wenn nicht die klima- tischen und Bewässerungsverhältnisse des bezeichneten Gebietes über lang oder kurz gefährlich gestört werden sollen. Für diesen besorglichen oder wenigstens fürsorglichen Gedanken kann nichts uns mehr empfänglich machen, als der Besuch eines regelrecht bestandenen und bewirthschafteten Gebirgswaldes. Ich habe es freilich schon erlebt, daß man im Anschauen der ragenden Bestände in den behaglichen Ruf ausbrach: „da ist kein Holzmangel zu befürchten!“ Als ob im Holze der Schwerpunkt vom Werthe des Waldes ruhete! Die Zeit wird sicher in nicht mehr zu ferner Zukunft kommen, wo dieser Werth abnehmen wird, weil das befreiete Wasserstoffgas das Brennholz, und Eisen und Stein noch mehr als schon jetzt das Bauholz ersetzen werden. Bis diese Zukunft zur Gegenwart geworden sein wird, muß Jeder, dem auch die kommenden Geschlechter am Herzen liegen, dazu mitwirken, daß der Grundgedanke dieses Buches „ den Wald unter den Schutz des Wissens Aller zu stellen “ eine Wahrheit werde. Dabei aber ist es von höchster Wichtigkeit, die internationale Bedeutung des Waldes im Volke zum Bewußtsein gebracht zu haben, welche zwar jetzt schon im Sinne des Holzaustausches besteht, aber noch viel schwerer wiegt im Sinne der Bewässerung eines Landes, so daß die rechts und links liegenden Rheinuferstaaten bis hinunter nach Holland auf Tod und Leben, oder wenigstens auf Gedeihen oder Verkommen ihres Ackerbaues und ihres Verkehrs dabei betheiligt sind wie die Quellwaldungen des Rheines und seiner Zuflüsse behandelt werden. Der Holländer muß zuletzt durch zu- nehmende Versandung des Rheines dafür büßen, wenn oben die Schweizer und Badener schlechte Waldwirthschaft treiben. „Ein Eingriff in das Gebahren mit dem Eigenthum ist hinsichtlich der Privat- und Gemeindewaldungen mehr als erlaubt, ist geboten ; ja der Waldbesitz des Einzelstaates wird in demselben Sinne verpflichteter Privatbesitz gegenüber der angedeuteten klimatischen Union, ja Solidarität Mitteleuropa’s.“ „Wohl möglich, daß manche, daß viele meiner Leser über „unzeitigen Eifer“ gelächelt haben werden. „Man merkt ja noch nichts!““ „Wenn man es merken wird, nicht nur die Verarmung der Flüsse, denn die merkt man bereits , sondern auch die Veränderung des Klimas, dann wird es zu einem Einschreiten wahrscheinlich zu spät sein. Es wird leichter sein, den großen Waldbesitzer zu zwingen, seine Waldungen zu erhalten, als die einstigen kleinen Besitzer seines urbar gemachten par- cellirten Bodens zu bewegen, ihre Parcellen herzugeben oder wieder in Wald umzuschaffen.“ „Man wird es nicht dahin kommen lassen. Mein „internationaler Congreß der Zukunft“ steht vielleicht nahe bevor. Es wird eine schöne Aufgabe sein, an der Hand der Wissenschaft für das Wohl der kommenden Geschlechter zu sorgen. “ A. a. O. S. 406. Kehren wir noch einmal zu ruhiger Betrachtung in den Gebirgswald zurück. Wie ich ihn schon vorhin nannte: wie ein grüner Mantel breitet er sich über das weite Gebirge aus, sich innig dessen Faltungen anschmiegend. Ja er ist recht eigentlich ein dicker wolliger Mantel, und ich scheue eine gewisse Trivialität des Vergleiches nicht, indem ich hinzufüge, wie auch ein solcher erstaunliche Massen Regenwassers aufsaugt und nur tropfen- weise an seinem Rande wieder abgiebt, etwas reichlicher, wo er sich in eine scharfe Falte bricht. Genau so macht es der Gebirgswald. Er fängt in seiner bis tief hinab aufsaugungsfähigen Bodendecke unermeßliche Mengen von Regenwasser und von schmelzendem Schneewasser auf, um es in die Adern seines felsigen Innern zu leiten und nur sparsam als Quell- wasser wieder herzugeben. Es ist eine der bedeutsamsten, eine durch zahlreiche Beobachtungen festgestellte Wahrheit der physischen Geographie, daß die Quellen durchaus nicht aus einem ursprünglichen Wasservorrath in der Erdtiefe stammen, sondern daß sie immer und überall nur das zurückgegebene Wasser sind, welches die Erdoberfläche als Schnee und Regen von der Atmosphäre bekommen hatte. Man kann an dieser Stelle diese Wahrheit nicht ein- dringlich genug betonen, weil es eben von den allermeisten Menschen nicht so angesehen wird, welche im Gegentheil glauben, unterirdische Wasserbehälter, die von Anfang an da seien, speisten die Quellen. Die Rückkehr von diesem Irrthum, von diesem in Beziehung auf den Wald verhängnißvollem Irrthum, ist daher zugleich die Gewinnung des richtigen Verständnisses für den Gebirgswald. Er ist die sparsame Hand, welche der Ebene das Wasser nach Bedürfniß zumißt und ebenso Mangel wie schädlichen Ueberfluß von ihr abwendet. In allen Erdtheilen hat man Beobachtungen gesammelt, aus denen un- zweifelhaft hervorgeht, daß der Reichthum der beständigen Quellen unmittelbar von der Bewaldung der Höhen abhängig ist. Man sah in zahlreichen Fällen nach dem Abtreiben der Waldung die Quellen ausbleiben, ja in einigen Fällen sah man nach erfolgter Wieder- bewaldung die Quellen aufs neue fließen. Ich habe mich an dieser Stelle, dem punctum saliens meiner Arbeit, vor einer Unterstellung zu sichern, vor der nämlich, als sehe ich überall nur schlechte Waldwirthschaft, und dadurch sicher über Deutschland herein- brechende Nachtheile. So steht es zum Glück nicht. Es ist dankbar anzuerkennen, daß in den meisten deutschen Staaten, voran das Königreich Sachsen, eine musterhafte Bewirthschaftung der Staatsforsten betrieben wird, und daß daher seit einem Menschenalter der Zustand vieler derselben eher besser als schlechter geworden ist, wodurch jedoch das Wort H. Cotta’s, was ich zum Motto des 1. Abschnitts gewählt habe, nicht widerlegt wird. Aber etwa die Hälfte des deutschen Waldgrundes ist in Privat- und Gemeindebesitz, der sich nicht gern in seinem Gebahren beschränken läßt. In Oesterreich finden sich über 35 Millionen niederösterreichische Joch Waldboden, von welchen blos 6,465,700 Joch Reichsforsten sind. Selbst im Königreich Sachsen, wo man sehr bedacht ist, das Staatswaldgebiet durch neue Erwerbungen zu vergrößern, ist das Areal der Privat- und Gemeindewaldungen doppelt so groß als jenes. Die in fortdauernder Steigerung begriffenen Holzpreise deuten auf die in gleichem Maaße stattfindende Zunahme des Holzbedarfs. Das reizt sehr natürlich den Privatbesitzer zum Abtreiben ganzer Bestände, von deren hoher Verwerthung bei halbwegs guter Abfuhre er im voraus über- zeugt sein kann. Um sich hier ein billiges Urtheil über dieses schonungs- lose Gebahren abzugewinnen, muß man sich der ungewöhnlichen Werth- und Nutzungsverhältnisse des Waldbodens gegenüber dem Ackerboden erinnern. Anstatt vieler nur ein Beispiel. Nach Pfeils Berechnung beläuft sich der jährliche Ertrag eines Morgens Staatsforst in Preußen auf — 16 Sgr., natürlich bei nachhaltiger und pfleglicher Bewirthschaftung der Waldungen, welche aus dem Walde jährlich nicht mehr an Holzmasse hinwegnimmt, als jährlich am stehen bleibenden Holze zuwächst. Es liegt auf der Hand, daß ein nach diesem Maaßstabe bewirthschafteter Privatwald von einigen hundert Morgen seinem Besitzer wenig abwirft, während dieser durch den kahlen Abtrieb mit einemmale ein großes Kapital und einen vielleicht sehr guten Feldboden dazu gewinnt, der ihm eine viel höhere Rente bringt. Es ist ein gar sonderbares Ding um den Geldeswerth des Waldes! Hier soll nicht auf die schwierigen Gebiete der Waldwerthberechnung und Forsttaxation eingetreten werden, erinnern müssen wir uns aber mit aller möglichen Klarheit des Bewußtseins, daß wir uns eben inmitten eines Leben und Gedeihen spendenden Gebirgswaldes an einem Platze befinden, wo die verschiedensten Interessen mit einander im Widerstreit liegen: Gewinnsucht selbst der erlaubtesten Art und verzichtleistende Sorge für die kommenden Geschlechter, Freiheit des Eigenthums und gesetzliche Beschränkung im Interesse des öffentlichen Wohles, gebieterisches Begehren des Holzbedürfnisses und Versagen des gleichwohl thatsächlich vorhandenen Befriedigungsmittels. Im Durcheinander so argen Zusammenstoßes — was kann da Klarheit über Recht und Unrecht, über Thun und Lassen, was Ruhe und Frieden schaffen? Was anders als Belehrung und daraus fließendes Wissen? Und es ist ein großer Vortheil, daß zu dem Schutze, der dem Walde aus dem „Wissen Aller“ hervorgehen soll, der Schutz der Liebe sich gesellt, die Alle für den schönen Wald fühlen. Indem wir noch einige Augenblicke uns im Gebirgswalde umsehen, muß uns aus dem auf den letzten Seiten Erwogenen hervorgehen, daß er zu dem Auenwalde in dem Verhältnisse des Ernährers steht. Der Auenwald ist mit jenem verglichen ein sorglos Genießender. Um seine Füße spielen die Wellen des Flusses, der aus dem Schooße des Gebirgs- waldes herunterkommt. Dadurch scheint sich gewissermaßen ein Unterschied in der Bedeutung beider darlegen zu wollen. Die Bedeutung des Gebirgs- waldes ist mehr eine vermittelnde, wie ein Naturgesetz stetig wirkende und darum Verständniß und Anbequemung von uns erheischende; die Bedeu- tung des Auenwaldes, des fast immer mit Leichtigkeit wiederherzustellenden, ist eine unmittelbar durch seine Vorräthe nützende. Daraus ergiebt sich, daß das schreckliche Wort Wald-Devastation gegenüber dem Auenwalde einen geringeren Vorwurf ausdrückt, als in Beziehung auf den Gebirgs- wald, der, wenn in größerer Ausdehnung devastirt, schon nach wenigen Jahren des Unterlassens der Wiederbepflanzung oft nicht mehr herzustellen ist, weil der Waldboden, wenn er unbebaut liegen bleibt, oft in überraschend kurzer Zeit nahezu unfähig wird, wieder in einen gedeihlichen Bestand gebracht zu werden, wenn er namentlich hinlängliche Neigung seiner Ab- hänge zeigte, um dem auffallenden Regen und dem Schmelzwasser des Schnees einen schnellen abschwemmenden Ablauf zu gestatten. Was hier im Vergleich zu dem Gebirgswalde von dem Auenwalde gesagt wurde, gilt natürlich auch von der Waldform, die wir mit dem Namen Bruchwald bezeichneten, und von anderen in der fruchtbaren Ebene, wenn auch nicht gerade im Inundationsgebiete eines Flusses liegenden Waldungen. Die Heide jedoch, namentlich die Sandheide, steht hierbei dem Gebirgswald näher, denn die Wiederaufforstung ist bei der Heide, wenn sie in zu großem Umfang abgetrieben wurde, oft mit unbesiegbaren Schwierigkeiten verbunden. Es ist darum der am 5. Januar 1860 ausgesprochene Befehl des Kaisers Louis Napoleon, „ die kahlen Berge wieder zu bewalden “, sehr leicht ausgesprochen aber — ausgeführt? Die daran geknüpfte zweite Halbschied, „ dagegen die Ebenenwaldungen auszuroden “, möge ja nicht früher ausgeführt werden, als bis Jenes erfolgt sein wird! Wenn man sich dies vornimmt — und wir möchten das Schicksal Frankreichs flehendlich darum bitten — so werden sicher viele Ebenenwaldungen un- ausgerodet bleiben! Der Forstmann soll noch geboren werden, der die kahlen Höhen ganzer Departements, der Provence, der Dauphin é e, der Niederalpen wieder bewaldet. Es würde noch schwerer sein, als die blühenden Gemeinden wie Herkulanum wieder aufzugraben, welche zum Theil unter berghohem Schutt begraben wurden, als die Regenströme niederschossen von den während der ersten Revolutionskriege entwaldeten Höhen der Provence, worüber Blanqui , Professor der Staatswissenschaft in Paris, in einer Denkschrift 1843 sagte: „endlich zieht sich der Mensch aus diesen schauerlichen Einöden zurück und ich habe in diesem Jahre nicht ein einziges lebendes Wesen mehr in Ortschaften angetroffen, wo ich vor dreißig Jahren Gastfreundschaft genossen zu haben mich noch recht gut erinnere.“ Wenn so furchtbare Strafen auf die gedankenlose Entwaldung ein- treten, die sich durch plötzliches Anschwellen und Ueberfluthen der Gebirgs- flüsse bis in weitentlegene Gegenden erstrecken, ist da die Staatsgewalt nicht mehr als berechtigt, ist sie nicht verpflichtet, das Gebahren des Privatwaldbesitzers im Interesse des öffentlichen Wohles zu beschränken? — ist es da nicht rathsam, da diese Strafen sich auch an keine Landesgrenze binden und auch den schuldlosen Grenznachbar treffen, daß sich die Regierungen Mitteleuropas über ein allgemeines Forstkulturgesetz berathen und einigen? Und kommt uns nun das Waldgebirge nicht doppelt ehrwürdig vor, als vorhin? Der stille Tannenbestand, in dessen säulengetragenen Wipfeln wir unten das Flüstern der Abendluft kaum hören, der leuchtende Buchen- wald mit seinen weißen Schäften, der schwermüthige Fichtenbestand, der die kerzengeraden Stämme bis zum Boden hinab verhüllt — sie alle sind die Hochwächter des Lebens und Gedeihens der Ebene. Wir steigen nun noch höher hinauf und wir haben sehr aufzumerken, um die Grenze wahrzunehmen, die uns aus dem Gebirgswalde in den Alpenwald leitet. Jener ist in seinem Reiche ein ruhiger Gebieter, der seine Macht befestigt und sein Hauswesen wohl geordnet hat; der Alpen- wald ist ein rastlos Ringender, dem man es an tausend Wunden ansieht, daß er mit einem starken Gegner im stetem Kampfe liegt. Hier oben herrschen die Naturgewalten, Lauinen und Erdrutsche, Hochgewitter und Runsen, und der Winde zügelloses Heer. Und gegen alle diese Feinde hat der Wald kaum Fläche genug, um festen Fuß zu fassen. Mühsam bohrt er seine Wurzelanker in die Felsenklüfte und streckt seine zerzausten Häupter über gähnende Abgründe oder duckt sich in lauschigen Thalkesselchen, wo der grüne Alpsee sein Bild abspiegelt. Liegt auch dieser wunderreiche Kampfplatz, wo das Leben mit Zer- störung und Vernichtung ringt, großentheils auf schweizerischem Boden, so fällt doch ein gutes Theil auf das deutsche Gebiet; und brauchen wir denn, ja dürfen wir die von Menschen gemachten Grenzen anerkennen, wo es sich um Zusammengehöriges nach dem Gesetz der Natur handelt? Haben wir ja doch nach der uns klar gewordenen Bedeutung des Waldes ein Eigenthumsrecht an dem Walde der Schweizer, und die Bündner sündigen auch an uns, wenn sie ihre Alpenwaldungen verwüsten, denn sie berauben Rhein und Donau, und geben ihnen Steine für Wasser. Alle einsichtsvollen schweizer Schriftsteller, voran Escher von der Linth, Tschudi und der Berner Cantonsforstmeister Marschand führen schwere Anklage gegen die Wirthschaft in den Alpenwäldern. Marschand führt eine Stelle von Lorentz an, welchen die französische Regierung in die südlichen Departements abgeschickt hatte, von wo er ein ähnliches schreckliches Bild von dem Zustande des Landes am Fuße der Alpen und Pyrenäen entwirft, wie es auf unserer S. 581 angedeutet ist, indem dieser hinzu- fügt: „es kann über die einzige Ursache der alljährlichen Unfälle und Katastrophen kein Zweifel obwalten: sie besteht in der Entblößung der Höhen. Kann diese mißbräuchliche Benutzung, die so unglückselige, sich 40 bis 50 Stunden weit in die Ebene erstreckende Folgen nach sich zieht, geduldet werden?“ — und Marschand fügt dann hinzu: „dieselbe Frage läßt sich mit eben so viel Fug und Recht an mehr als die Hälfte der schweizerischen Regierungen stellen.“ Der Alpenwald ist das vorgeschobene Corps, das bis dicht an das Lager des Feindes herantretend ihn bändigt und vom Hereinbrechen in das diesseitige Gebiet abhält. Er thut es im heißen Kampfe, in welchem Tausende fallen, während es der Gebirgswald durch ruhige Okkupation thut und kaum einen Mann dabei verliert. Hierin ist der äußere Unterschied zwischen beiden angedeutet. Wie einem aus dem Gefecht kommenden Heerhaufen sieht man es fast jedem Baum des Alpenwaldes an, daß er immer im Gefecht steht. Abgewettert und zerzaust, ihrer Gliedmaßen beraubt und mit zerfetztem Rindenkleide trotzt die vorderste Reihe dem Andrange der donnernden Felsgeschosse, bis diese zuletzt über Leichen sich auf die dahinterstehenden stürzen, aber die tapfern Kolonnen nicht durchbrechen können. Wenn jeder Alpenwald eine Vorhut gegen die mancherlei Gewalt- thätigkeiten der schneegekrönten Häupter ist, und zwar im allgemeinen Dienst, so ist der Bannwald eine Leibgarde im besonderen Dienst eines unter ihm liegenden Alpengeländes, von dem er den Lauinensturz abzu- halten hat. Es ist dies der unmittelbarste, handgreiflichste, gewissermaßen ein persönlicher Dienst, den Bäume den Menschen leisten, neben welchen sich ein anderer, eben so unmittelbarer und weniger handgreiflicher stellt, nämlich ein gesundheitspolizeilicher, indem viele Fälle bekannt sind, wo Waldungen das Eindringen von Sumpfmiasma in benachbarte Gebiete verhindern. Die Furcht vor Lauinensturz überwindet die gemeine Habsucht, die schon unermeßliche Holzmassen den Alpenwäldern entfremdet hat, und die Bannwälder stehen sicherer unter dem Schutz von Furcht und Schrecken, als unter dem Schutze des weisen Gesetzes, welches die Bannwälder für unantastbar erklärt. Wie überhaupt der Alpenwald, so trägt namentlich der Bannwald das Gepräge des Urzustandes und des freien Naturwaltens, welches jedes Plätzchen mit Werken des Lebens schmückt. Dazu tragen die unaufhörlich wiederkehrenden Angriffe der Alpentrümmer, welche die dort oben besonders geschäftige Verwitterung von den Felsenzinnen ablöst, dadurch sehr viel bei, daß umgestürzte und zerschellte Bäume wenigstens an der Anprall- seite ein wildes Chaos bilden. Der zerfallende Baumleib dient unzähligen Alpenpflanzen aller Klassen und Ordnungen als Entwickelungsstätte; das Feld der Zerstörung verwandelt sich in ein Feld aufkeimenden Lebens. Der Thier- und Pflanzensammler hält seine reichsten Ernten in jenen abgewetterten Alpenwäldern; der Maler findet in ihnen die reichste Be- friedigung für seine oft krankhafte Sucht nach bizarren Baumgestalten; der sinnige Reisende empfindet in ihnen am mächtigsten die Schauer der Natureinsamkeit — aber der Forstmann, wenn ihm nicht schon die von uns gepredigte Rücksicht die Hände bindet, ist hier oft am wenigsten in seinem Reviere, denn die Unzugänglichkeit der reichen Holzvorräthe ent- rückt sie oft für immer seiner Begehrlichkeit. Nur die wohlgerüstete Spekulation übernimmt zuweilen die halsbrechende Arbeit, jene oft kaum zum zehnten Theile des Werthes bezahlten Schätze zu heben. Tschudi erzählt, daß 1853 eine bündnerische Gemeinde an fremde Spekulanten einen Wald für 30,000 Franken verkaufte, den Sachverständige nachher auf mehr als 750,000 Fr. schätzten. Um mehr Weideboden zu gewinnen, wollte die engaddiner Gemeinde Zernez einen großen Theil ihrer unge- heuren Alpenwälder mit der Bedingung, sie im Laufe einer bestimmten Zeit abzutreiben, verschenken , fand aber keine Liebhaber. Die wichtigsten Bäume der Alpenwälder sind namentlich die Arve, die Fichte, die gemeine, die österreichische und die Krummholzkiefer, die Lärche und bis zu einer gewissen Höhe die Buche und der Bergahorn, denen sich Alpensträucher und als einzelne Begleiter noch einige andere Baumarten zugesellen. Neben den mancherlei bereits erwähnten Verunstaltungen, welche die rauhe Alpennatur an diesen Bäumen bewirkt, sind besonders noch die S. 310 beschriebenen Wettertannen , nach Tschudi im Waadtlande „Gogants“ genannt, hervorzuheben. Fichte und Arve, auch zuweilen die Kiefer nehmen diese abenteuerliche vielgipfelige Gestalt an. Es ist schwer zu ermitteln, wodurch diese von dem normalen Habitus so sehr abweichende Vielgipfligkeit bedingt sei, da diese keineswegs ein mehrfacher Ersatz für den verlorenen Gipfel sein soll, denn es kommen an der Spitze ganz un- versehrte Wettertannen vor. Würden wir nun in Deutschland und wo sonst noch meine Leser wohnen mögen, herumwandern und die Wälder nach diesen 5 Hauptformen zu klassificiren suchen, so könnte es wohl sein, daß mancher sich unter keine derselben bringen ließe. Es sind eben nur Hauptformen, zwischen denen sich eine Menge Zwischenformen einschalten, genau so wie es bei den himmlischen Genossinnen des Waldes, den Wolken ist, die ebenfalls die drei Howard’schen Grundgestalten hundertfältig abändern. Indem nun der Forstmann sich des Waldes annimmt und aus ihm den Forst macht, und zwar wesentlich unter den uns schon bekannten drei Formen des Hoch-, Mittel- und Niederwaldes , so haben wir vorhin gesehen, daß er hierbei nicht willkührlich verfährt, sondern den Gesetzen der Natur folgt, welche den Bäumen vorschreiben, in welchen Formen sie sich dem Belieben des Forstmanns fügen sollen. Wer nur zehn alte Fichten nebeneinander stehen sieht, der muß sofort begreifen, daß für sie der Hoch- oder Baumwald die gebotene Betriebsart ist. Und so eignet sich jede Baumart bald mehr bald weniger ausschließlich für die eine oder die andere, manche auch für zwei oder selbst für alle drei Bewirthschaftungs- arten. Bei der Schilderung der einzelnen Baumarten ist schon mit an- gegeben worden, zu welcher dieser drei Bewirthschaftungsmethoden sie sich eignen. Wir haben uns hier wiederholt daran zu erinnern, daß die Wirth- schaftsmaßregeln des Forstmanns sehr weitaussehender Art sind, daß für ihn zwischen Saat und Ernte eine lange Zeit, selten weniger als zwei, ja oft meist mehr als drei Menschenalter liegen, und daß es daher eine außerordentliche Umsicht und eine Erwägung der manchfaltigsten voraus- sichtlichen Ereignisse erfordert, um nach Kräften große Verluste an Mühe, Kosten und an Zeit zu verhüten, welche aus der Wahl einer falschen Be- wirthschaftungsart hervorgehen können. Wenn wir im Waldgebirge ganze weite Flächen von hohen dicht geschlossenen Fichtenbeständen sehen, so sagen wir uns leicht selbst, daß wir einen Hochwald vor uns haben, dessen andere ältere Benennung Baumwald wir eben so schnell als eine gegensätzliche zu den anderen beiden Bestandsarten erkennen, in welchen die Strauch- oder Buschform vorherrscht. Nicht minder sind wir darüber außer Zweifel, daß ein manns- hohes Dickicht junger Fichten ein angehender Hochwald sei. Eben so ist es bei allen übrigen Nadelhölzern, welche sich unvermischt blos für die Hochwaldswirthschaft eignen, weil ihnen die Ausschlagsfähigkeit nahezu ganz abgeht, auf welcher Mittel- und Niederwaldwirthschaft beruhen. Bei den Laubhölzern zeigt sich die Erscheinung des Hochwaldes nicht immer so klar und unzweifelhaft. Dadurch, daß sich die weitästigeren Laubhölzer — denen hierin nur die Kiefer und auch diese nur in den höchsten Altersklassen gleichkommt — viel räumlicher stellen, nimmt der Auenhochwald in sehr fruchtbarem Stande, wie dies schon oben bemerk- lich gemacht wurde, durch einen üppigen Unterwuchs oft das Ansehen eines Mittelwaldes an, und am leichtesten kann sich der Unkundige täuschen, indem er eine etwa mannshohe Eichen- oder Buchenkultur ihres buschigen Ansehens wegen für einen Niederwaldbestand hält, oder gar für einen Mittelwald, wenn die Schutz- und Samenbäume noch darin stehen. Im ersteren Falle belehrt ihn der Mangel der ausschlagenden Stöcke, indem er findet, daß die scheinbaren Büsche nicht Stockausschlag sind sondern junge Bäumchen, deren noch buschiges Aussehen ihn täuschte. Die räumliche Stellung der Laubhölzer und der Umstand, daß manche, z. B. die Eiche, ein großes Lichtbedürfniß haben, und daher leicht unterdrückt werden, bringen es mit sich, daß ein Laubholzhochwald oft einen zu geringen Schluß zeigt, und daher auf der gegebenen Boden- fläche zu wenig Holzmasse trägt. Außer den Nadelhölzern eignen sich für den Hochwaldbetrieb am besten Buchen, Eichen, Erlen, Hornbäume, Espen, Silberpappeln, Ahorne, Rüstern, Eschen, Linden und allenfalls noch Birken. Dem Hochwalde wird vom Sprachgebrauche der Name Wald vor- zugsweise, ja beinahe ausschließlich zuertheilt, während dem Mittelwalde und noch mehr dem Niederwalde die Benennung Busch, Gehölz, Holz gegeben wird, es sei denn, daß diese durch weite Ausdehnung das ersetzen, Roßmäßler, der Wald. 37 was ihnen an Höhe abgeht, um ihnen einen waldmäßigen Ausdruck zu verleihen. Der Mittelwald trägt seinen Namen wegen der Zusammensetzung aus Bäumen und Sträuchern, wobei erstere sehr weitläufig stehen müssen, um letzteren das gesunde Wachsthum möglich zu machen. Deshalb dürfen die Bäume nicht solchen Arten angehören, welche eine zu dichte und umfangreiche also stark beschattende Krone haben. Der Forstmann nennt die Bäume des Mittelwaldes Oberholz, Oberbäume oder kurzweg Bäume . Die zulässigsten sind Eichen, Buchen, Eschen, Rüstern, Ahorne. Bei ihnen so wie auch bei der stärker schattenden Linde und dem Horn- baume ist der Grad ihrer Beschattung maßgebend, wie dicht oder wie weitläufig sie stehen dürfen. Die Büsche, das Unterholz , müssen in einem guten Mittelwalde solche sein, welche ein starkes Ausschlagsvermögen haben: Eiche, Esche, Rüster, Ahorn, Hornbaum, nordische Erle, Birke. Ohne dadurch jetzt schon einer kurzen Besprechung der Arbeiten und Maß- regeln des Forstmannes vorzugreifen, sei doch hier bemerkt, daß bei der Ein- richtung eines Niederwaldes, was zugleich auch von dem Mittelwalde fast in gleichem Maaße gilt, der Boden, das Klima, die Holzart, die in der Gegend sich geltend machenden Bedürfnisse und was damit zusammenhängt die Speku- lation, die Servitute und die Größe des Waldes in Erwägung zu ziehen sind. Weil er sich mehr oder weniger landwirthschaftlich geltend macht sei hier noch der Plänterwald als eine Waldform erwähnt, welche eben so sehr durch forstmännisches Gebahren wie durch Naturereignisse hervor- gerufen werden kann. Ein Plänterwald fällt auch dem Unkundigen, sobald er sich einmal daran gewöhnt hat, in den regelrecht bewirthschafteten Beständen eine gewisse Gleichmäßigkeit zu sehen, dadurch leicht auf, daß er eben dieser Gleichmäßigkeit seiner Zusammensetzung entbehrt, im Gegentheil, auch wenn er ein ungemischter ist, ein zerrissenes Durcheinander von Bäumen aller Altersklassen und in den verschiedensten Abstufungen des Schlusses ist. Diese Beschaffenheit erhält der Plänterwald An manchen Orten ist dafür die Benennung Fehmelwald , Fehmelwirthschaft, gebräuchlich. Sollte dies vielleicht mit dem Femeln des Hanfes in Zusammenhang stehen? So nennt man bekanntlich das Herausziehen der männlichen Hanfpflanzen aus einem Hanffelde. dadurch, daß nicht nach einer gewissen Flächenreihenfolge (Schlagwirthschaft) sondern nach Bedürfniß bald hier bald dort Bäume herausgeschlagen werden, was man pläntern nennt. Der Plänterwald kommt als Waldbild natürlich dem Mittelwalde am nächsten und wenn, was meist der Fall, er ein Nadelwald ist, so drückt er wegen der nachgepflanzten jungen Stämmchen gewissermaßen dem Nadelwalde die Form des diesem an sich fremden Mittelwaldes auf. So unerfreulich dem Auge des an regelmäßige Schlagwirthschaft gewöhnten Forstmannes der Anblick eines Plänterwaldes ist, so hat er für den Waldfreund vor dem düstern Hochwald den Vorzug des Male- rischen und der Abwechselung voraus. Zuletzt müssen noch als besondere Waldformen der reine und der gemischte Bestand um so mehr hervorgehoben werden, als sie dem nach Wohlgefallen urtheilenden Auge zwei ganz verschiedene Bilder malen, jener ein gleichmäßiges, oft eintöniges und düsteres, dieser ein heiteres und abwechselungsvolles. Es ist die Frage, ob selbst der Nadelwald des Mittelgebirges im Urzustande immer ein reiner, etwa nur aus Fichten oder Tannen oder Kiefern bestandener gewesen sei, was bei den Laubwaldungen, besonders denen der Ebene noch viel fraglicher ist. Und wenn es auch hinsichtlich der Nadelhölzer der Fall gewesen ist, deren ausschließenden Geselligkeitsdrang wir schon kennen gelernt haben, so darf dies noch keineswegs berechtigen, auch heute noch auf dem im allgemeinen sehr herabgekommenen Wald- boden ganz reine Bestände erziehen zu wollen. Viele Erfahrungen beweisen, daß namentlich trockener Boden sich schwerer oder nur zu einem mangelhaften Anbau reiner Bestände herbei- läßt, daß dagegen gemischte viel besser auf ihm gedeihen; und vielleicht darf man der Forstwirthschaft vorwerfen, daß sie hierin dem Leistungs- vermögen des Waldbodens zuweilen zu viel zumuthet; wie es denn, um es hier noch einmal beiläufig zu wiederholen, eine der schwierigsten und folgenreichsten Aufgaben des Forstmannes ist, für jede Bodenart immer die richtige Holzart auszuwählen. 37* 11. Die Arbeit des Forstmannes. Es ist nicht schwer und nicht verdienstlich eben. Wenn sicher uns der Lohn und das Gelingen Bereit zu sein zu nützlichem Bestreben; — Verdienst ist nur das unbelohnte Ringen. Solch Ringen ist des grünen Mann’s Gewerbe; Was er gesät, was er gepflegt in Liebe: Des Lohns dafür ist meist ein Andrer Erbe. Was blieb ihm, wenn die Waldlust ihm nicht bliebe? Haben wir schon oftmals den Wald in seiner Bedeutung als Forst aufgefaßt, wozu er durch die pflegliche Behandlung des Försters wird, so soll dieser Abschnitt ganz den Arbeiten dieser Behandlung gewidmet sein. Indem wir den Wald so auffassen, so kann und soll dabei nicht verschwiegen werden, daß ein frei auf frischem Boden aufgeschossener Wald schöner ist, als ein auf demselben Boden von der jene Arbeit ausführenden Hand des Forstmannes erzogener Forst; aber wir wollen doch ja nicht vergessen, daß dieselbe Hand es ist, welche, geleitet von der für die Zukunft sorgenden Staatsverwaltung, den Wald vor den nimmersatten Griffen der Industrie behütet. Ueberhaupt, und hiermit wende ich mich nur an die Freunde des Waldes , dieser Abschnitt soll denselben ein Bild von der Arbeit der Pfleger des Waldes geben und damit versuchen, eine Lücke in dem volkswirthschaftlichen Wissen auszufüllen, welche insofern bedauernswerth genannt werden muß, als es entschieden ein Unrecht ist, wenn großartiges dem gemeinen Wohl gewidmetes Wirken nicht gekannt, also auch nicht anerkannt, nicht verdankt wird. Es bildet in dem vielfach lückenhaften Volkswissen eine der nach- theiligsten Lücken, daß die Schule so wenig beflissen ist, uns wenigstens mit den wichtigsten Triebrädern der Staatsmaschine bekannt zu machen, durch welche diese im Gange erhalten wird. Indem wir diese nicht kennen und verstehen, treten wir ihrem Wirken entweder täppisch und selbst hindernd in den Weg, werden wohl gar zu unserem eigenen Schaden von ihnen erfaßt, unter allen Verhältnissen aber sind wir dadurch unfähig, fördernd in das Getriebe einzugreifen. Glücklicherweise ist es denen, welche dieser Vorwurf trifft, kein Vor- wurf; denn was können sie dafür, daß unsere Volksbildung von oben herab noch nicht auf ein klares sich betheiligt wissendes Erkennen des Staatsorganismus gerichtet wird, in welchem die Forstverwaltung eine so hervorragende Stelle einnimmt? In den ebenen, waldarmen Gebieten Deutschlands, ja beinahe auch ohne diese Beschränkung in allen größeren Städten leben sehr Viele, von denen ich auf S. 4 sagen durfte „leider ist ja Vielen der Förster mehr blos ein Holzverwalter als ein Walderzieher.“ Alle Bemühungen, eine pfleglichere Behandlung der Privat- und Gemeindewaldungen herbeiführen zu helfen, werden so lange nahezu ver- geblich sein, als nicht im Volke ein klares Verständniß der Forstverwaltung neben dem der physischen Waldbedeutung lebendig geworden sein wird. Den gewöhnlichen Anschauungen des bürgerlichen Lebens liegt, wie sich diese eben gebildet haben, ein Verständniß des forstlichen Berufes so fern, daß man sich meist mit der trivialen Auffassung begnügt, der Förster nehme das Holz da weg wo es ist und pflanze da wieder Holz hin wo es fehlt; wenn man nicht gar der Meinung ist, der Wald wachse von selbst. Man hat meist keine Ahnung von dem innen waltenden Geist der Forst- wirthschaft, welcher keinen geringern Namen hat als: Voraussicht . In keinem einzigen Zweige der Verwaltung materieller Interessen ist Voraus- sicht so unerläßlich erforderlich als hier. Ja es könnte geschehen, daß jene mehr als oberflächliche Auffassung der Forstverwaltung in die voreiligste Kritik umschlüge, sobald man an ihre Stelle eine detaillirte Einsicht setzt: der anderwärts verschuldete und verdiente Vorwurf der kleinlichen Büreaukratie könnte dann auch der Forst- verwaltung gemacht werden wollen Ich rede jetzt nicht zu den Revierverwaltern!! . Es mag absurd klingen, ist aber dennoch wahr, daß es leichter sei, in jedem anderen Verwaltungszweig einen klaren Einblick zu gewinnen als in das viele Jahrzehende überspannende Netz des Wirthschaftsplanes eines Forst- reviers, der obendrein wie kein anderer durch mancherlei Zwischenfälle — Windbruch, Insektenschäden, Waldbrand — durchkreuzt werden kann und doch im großen Ganzen aufrecht erhalten werden muß. Wissenschaftliche Vorbildung ist darum einer gedeihlichen Forstwirth- schaft nicht nur in demselben sondern in einem noch höheren Grade nöthig als der Landwirthschaft. Bei letzterer kann der aufmerksame Routinier dem wissenschaftlich Gebildeten in seinen Erfolgen sehr nahe kommen, ohne auf dem Wege zu diesem Ziele allzugroße Verluste zu wagen, weil Uebelstände und Fehler sich oft schon im nächsten Jahre wieder gut machen lassen. Wir wissen, daß sich es in der Forstverwaltung bei verkehrter Oberleitung um ein gut Stück Zukunft eines Volkes handeln kann. Der Mann, dessen Gedächtnisse dieses Buch gewidmet ist, steht der großen Mehrheit seines Volkes, welche ihn nicht kennt, sehr fern und doch stand er sein langes Leben hindurch dem Wohle dieses Volkes treu zur Seite; und wenn auch die Forstwirthschaft, die sich namentlich an seinen Namen und die Namen Pfeil und Hartig knüpft, der neueren Ge- staltung dieser Wissenschaft nicht überall mehr genügt, so sind Die, welche zu diesem Fortschritte führen, von den Schultern Jener ausgegangen und es beweist gerade dieser Fortschritt aus sich selbst schon seine innere Be- rechtigung und Nothwendigkeit. Dieses Aussichselbstbeweisen hat seinen Grund darin, daß dieser Fortschritt nicht das Ergebniß eines eiteln ruhm- süchtigen Experimentirens und eines Prahlens mit günstigen — vielleicht den Geheimnissen des Zufalls geschuldeten — Erfolgen ist; denn wer hierauf ausgeht, der findet in der nur langsam ihren Willen kundgebenden Waldnatur wenig Reiz und wenig Lohn. Der forstwirthschaftliche Fort- schritt ist das Ergebniß geduldvollster, verzichtleistender Erwägung und Berechnung einer dem Unkundigen undenkbaren Menge von Eventualitäten, angestellt im Interesse nicht des eigenen Wohls, nicht des Wohls der Mitlebenden, sondern der Nachlebenden, die also nicht dankbar sein können, von denen kein Ruhm zu ernten ist. Und eben hierin beruht die reine und erhabene Selbstverständlichkeit der Berechtigung des forstlichen Vorwärts. Forstliche Berufsbildung auf breiter wissenschaftlicher Grundlage ist mehr als je eine Forderung unserer Zeit, und neben der ganz natürlichen und darum auch nicht zu tadelnden Neigung der Menge, dem goldenen Baume der Praxis vor der grauen Theorie den Vorrang einzuräumen, schien es mir der drohenden Zukunft gegenüber nicht unverdienstlich, meinem Volke wenigstens einiges Verständniß von der forstlichen Wissenschaft und Wirthschaft verschaffen zu helfen. Wenn nicht die Verminderung des Hochwildes an sich schon von diesem Gedanken abbringen müßte, so würde noch mehr als es dennoch der Fall auch gegenwärtig ist, im Forstmann von Vielen mehr der Waidmann gesehen werden. Folge man dem nicht mit der Büchse, sondern mit dem Zollstocke sein Revier begehenden Förster und man wird oft wahr finden, was ich schon im ersten Anfang unseres geistigen Waldganges von ihm sagte: „begegnet man dem grünen Manne in seinen weiten, vom Morgen- gesang der Vögel durchschmetterten Revieren, so hat man wohl keine Ahnung davon, daß unter dem grünen Rocke vielleicht ein um seinen Pflegling bekümmertes Herz schlägt.“ Ich hielt es nicht blos für meine Pflicht gegen die wichtige grüne Arbeiterklasse im Dienste des Staatslebens, diese ernsten Bemerkungen vorauszuschicken, sondern es schien mir dies nothwendig, weil ich meine Leser und ja auch meine Leserinnen nicht ohne eine gewisse Weihe an die Betrachtung der „Arbeit des Forstmannes“ herantreten lassen wollte. Da wir die Arbeit des Forstmannes nicht so auffassen wollen, wie sie der planlos wirthschaftende oder gar der seinen heruntergekommenen Finanzen aufhelfen wollende Privatwaldbesitzer betreibt oder seinen gallo- nirten Förster betreiben läßt, sondern wie sie in gut eingerichteten Staats- forsten betrieben wird, so will ich es versuchen, an einem solchen Beispiele meinen Lesern ein Bild von der Forstverwaltung, vom Graben des Pflanz- lochs bis zum Ministerialerlaß, zu entwerfen. Wir werden dabei die angehängten beiden Forstkarten oft ansehen müssen, welche möglichst treue Nachbildungen von zwei Originalkarten der königl. sächs. Forstvermessung sind Die Nachbildung hatte die Schwierigkeit, daß sich die Altersklassen, die auf der Originalkarte durch immer dunklere Töne mit chinesischer Tusche gemalt sind, durch die . Werfen wir jetzt schon einen ersten Blick auf sie und erkennen wir in der „Bestandskarte“ ein Bild der Wirklichkeit , in dem „Hauungs- plane“ ein Bild des Ideals . Jenes ist nur einen kurzen Moment eine Wahrheit gewesen und dieses wird nie eine Wahrheit werden. Diese Ungereimtheit werden wir im Verfolg reimen lernen. Reimen helfen wird uns Mancherlei, z. B. der schlechte Finanzminister Graf Bostrichus und der Herr Holzhändler Sturm. Wir denken uns den Fall, daß der Staatsverwaltung ein umfäng- licher Gemeindewald zum Kauf angetragen wird, jene ihn ankauft und ihn nun zum Staatswald erhebt, also damit und darin alle bleibenden und wiederkehrenden Maßregeln vornimmt und vornehmen läßt, wie es in der Staatsforstverwaltung im umfassendsten Sinne geschieht. Wenn auch als selbstverständlich anzunehmen ist, daß der Handel auf Grund einer Taxation und Vermessung abgeschlossen wurde, so ist doch, nachdem das Revier Staatseigenthum und entschieden worden ist, daß dasselbe als selbstständiges Staatsrevier von einem eigenen Forstbeamten verwaltet werden soll, der nächste Schritt, dasselbe zu taxiren, zu vermessen und eine Bestandskarte davon aufnehmen zu lassen. Möglicherweise ist das Revier sehr heruntergebracht und darin herum- gepläntert worden (S. 579), so daß es sich nun sehr ungleich und un- regelmäßig bestanden zeigt. Altes haubares Holz ist nur hie und dort in kleinen unregelmäßig gestalteten Beständen vorhanden; andere eben solche Flächen sind mit Holz der 2. oder 3. oder 4. oder 5. Altersklasse bestanden, viele namentlich mit ganz jungen Hölzern. Dazwischen liegen Blößen d. h. Flächen von Holzboden, auf denen gar kein Holz steht oder Räumden Lithographie in der dabei nicht gut zu umgehenden Strichmanier nicht so klar in ihrer Stufenfolge wiedergeben ließen. Allerdings scheint die Crayonmanier sehr nahe zu liegen; aber wir hätten dann entweder anstatt 5 Altersklassen vielleicht ein wahres Chaos von einander abweichender Töne erhalten, oder es wäre eine Riesenarbeit gewesen, z. B. die auf der Bestandskarte vielfach wiederkehrende Klasse 4 in so vollkommen gleichem Tone auszuführen, daß Verwechselungen mit Klasse 3 oder 5 nicht zu befürchten gewesen wären. Es ist mir zu spät bekannt geworden, daß in Bayern sämmtliche Karten der Staatsreviere lithographirt werden, ich weiß also nicht, wie die Klassenunterschiede darauf dargestellt werden, oder ob sich die Lithographien nicht auf sogenannte Netzkarten be- schränken, auf denen blos das Schneißennetz dargestellt ist, in welches dann die Flächen- eintheilung mit der Hand eingetragen wird. mit weniger als dem Drittel von dem was darauf stehen könnte. Außer- dem finden sich auf dem Reviere Waldwiesen, Säuren (versumpfte Stellen), Teiche, Felsenpartien, Verkehrswege, Steinbrüche, Sand- oder Lehmgruben, selbst fremde Grundstücke oder ganze Dörfer etc. Das Revier liegt in keiner Ebene, sondern auf den Einhängen eines Thales oder auf einem Bergrücken. Dies Alles sammt der Umgrenzung kommt bei der Ein- richtung des Revieres zur regelrechten Bewirthschaftung in Betracht und muß auf der aufzunehmenden Karte zu sehen sein. Auf dieser muß außerdem aber noch als ein Hauptmoment eine sofort vorzunehmende Gliederung des Reviers in kleinere Abtheilungen angegeben sein, denn dasselbe kann nicht als ein einiges großes Ganzes bewirth- schaftet — davon abgeschlagen und wieder neu kultivirt — werden. Dies würde zu große Schläge und zu große Kulturflächen geben, was das Ge- deihen des Reviers wesentlich beeinträchtigen und mancherlei andere Uebel- stände mit sich führen würde. Wie wir selbst einen nicht großen Garten durch breite Wege in Quartiere und durch schmale Wege diese wieder in Beete eintheilen, so theilt man bei der Forsteinrichtung einen Wald durch breite, sogenannte Wirthschaftsstreifen in Revier- oder Wirth- schaftsbezirke und diese wieder durch schmale Schneißen in Ab- theilungen , von welchen auf der Karte die ersteren durch große Buch- staben, die letzteren durch Ziffern bezeichnet werden. Auf unseren Karten sehen wir diese Eintheilung des Revieres am deutlichsten auf dem Hauungs- plane, wo die Wirthschaftsstreifen grün und die Schneißen weiß mit schwarzen Punkten dargestellt sind. Da der Fall selten vorkommt, daß auf bisherigem Feld- oder auch vorher noch gar nie angebaut gewesenem Boden ein Wald erst ganz neu angelegt wird, so wird diese Waldeintheilung natürlich in dem bereits bestehenden Walde vorgenommen, während der Gärtner umgekehrt erst die Eintheilung macht und dann seinen Gartenbau nach den Abtheilungen beginnt. Dies Verhältniß erschwert dem Waldvermesser sein Amt natürlich bedeutend, denn er muß regelmäßige oder wenigstens vorausbedachte von geraden und zwar meist gleichlaufenden Linien eingeschlossene Figuren in den Wald hauen, in welchem er vor Bäumen meist nicht hundert Schritt vor sich sehen kann. Die Schwierigkeit dieser Aufgabe wird noch ver- mehrt, wenn die zu hauende Schneiße ein vielleicht sehr abhängiges und felsiges Terrain zu durchschneiden hat. Mit dem Ende der vielleicht eine Viertelstunde langen Schneiße an dem richtigen Punkte herauszukommen ist keine so leichte Aufgabe, welche übrigens nicht das Amt des Revierver- walters sondern des Forstvermessers, Forstgeometers, ist; in allen deutschen Staaten eine besondere Beamten-Klasse. Es liegt auf der Hand, daß in einem sehr ungleich bestandenen und aus zum Theil sehr kleinen und unregelmäßig gestalteten Beständen zu- sammengesetzen Reviere bei Anlegung des Schneißennetzes auf diese Bestandsverschiedenheit geringe oder keine Rücksicht genommen werden kann. Die zu nehmenden Rücksichten sind meist anderer Art, theils aus dem gegenwärtigen Zustande des Reviers, theils aus demjenigen im Voraus entnommen, den das Revier in Zukunft erhalten soll, was wir schon errathen, wenn wir unsere beiden Karten mit einander vergleichen. Gegen- wärtig sieht das Revier so aus, wie es unsere erste Karte zeigt, wie es werden soll zeigt die zweite. Nächste Berücksichtigung erheischen die Terrain- und Bodenverhältnisse und die herrschende Windrichtung. Durch das Krottendorfer Revier fließt in einem ziemlich tief eingeschnittenen Thale von Süd nach Nord Wir haben hierbei die oben in der linken Ecke der Karten angebrachte Orientirung zu berücksichtigen, und zum Verständniß des Nachfolgenden die Karten so zu legen, daß „Hammerwerk Obermittweida“ oben liegt. ein Bach, die große Mittweide, und theilt das ganze Revier in eine westliche und eine östliche Hälfte. Wir sehen, daß die Anordnung der Wirthschaftsbezirke auf diesen theilenden Bach bezogen ist. Die Schneißen sind zunächst an der westlichen Grenze und dann in der ganzen östlichen Hälfte so geführt, daß der herrschende Westwind nicht in sie hinein kann; auf dem Abhange nach dem Bache hin fallen die Schneißen der Wirthschaftsbezirke L , J , F , E , B ohne Rücksicht hierauf gegen den Bach ein, weil hier die nach Ost ein- hängende Lage vor dem Winde schützt. Die Felsenklippen sind auf beiden Hängen angegeben, roth auf der Bestandskarte, weiß auf dem Hauungs- plane. Die Wirthschaftsstreifen und die Schneißen, erstere in Sachsen jetzt zwei Ruthen ( à 7 Ellen 14 Zoll) breit, die letzteren viel schmaler, sind von allem Holze befreit und können daher, wenn das Terrain es er- laubt, auch als Wege zur Holzabfuhre und anderen Waldgeschäften dienen. Wir sehen nun, daß auf dem Reviere bei der Anlegung der Wirth- schaftsbezirke und der Abtheilungen nicht die mindeste Rücksicht auf die außerordentlich große Bestandsverschiedenheit genommen werden konnte, denn die Linien jener durchschneiden die Bestände wie sie eben liegen. Da das Krottendorfer (2941 sächs. Acker große) Revier bis auf den kleinen im Süden liegenden alten Buchenbestand ein reines Nadelholzrevier ist und es in Zukunft auch bleiben soll, selbst mit einstmaliger Hinzuziehung des Buchenbestandes, und da wir wissen, daß Nadelholz sich nur für Hochwaldwirthschaft eignet, so ist die Bewirthschaftung des Reviers eine sehr gleichmäßige, aber, wie wir nun zu lernen haben, an vielen Orten des Reviers zugleich arbeitende. Nachdem wir oben erfuhren, daß bei der Anlegung und weiteren inneren Gliederung der Wirthschaftsbezirke Terrain- und Bodenverhältnisse und herrschende Windrichtung berücksichtigt werden, so kommen nun zu diesen noch andere Rücksichten hinzu, die mit jenen zum Theil nahe zu- sammenhängen. Die Bodenbeschaffenheit kann z. B. (wir sehen jetzt von unserem Beispiele ab) zur Bildung eines Wirthschaftsbezirkes für Nieder- wald auffordern, oder eines solchen für Kiefernaufforstung wegen sandiger Bodenbeschaffenheit, während übrigens das Revier Fichtenboden hat. In dem einem Bezirke erlaubt die Bodenbeschaffenheit ein höheres Umtriebsalter für die vorhandene Holzart als die übrigen für dieselbe Holzart, was natürlich ebenfalls eine gesonderte Bewirthschaftung erheischt. Abgesehen von allen diesen verschiedenen Rücksichten müssen auch schon deshalb mehrere Wirthschaftsbezirke gebildet werden, um an allen Theilen des Revieres mit Berücksichtigung der anliegenden Ortschaften für die Holzab- fuhre bequem gelegene Schläge zu haben. Aus alledem geht hervor, daß ein Revier eigentlich aus vielen kleinen Revieren, den Wirthschaftsbezirken, zusammengesetzt ist. Wenn nun auch in jedem dieser kleinen Reviere, deren das Krottendorfer also 17 hat, eine selbstständige Bewirthschaftung stattfindet, so müssen doch alle mit der Bewirthschaftungs-Aufgabe des Gesammtreviers unter einen Hut gebracht werden. Es besteht zwischen ihnen den letztern gegenüber eine gewisse Solidarität, wie es auch der Fall ist zwischen den Staatsrevieren eines Landes. Was die eine Abtheilung nicht leisten kann, muß eine andere leisten; was die eine zu viel leistet, wird einer anderen erlassen. Zur Lösung dieser Aufgabe ist es vor allen Dingen nothwendig, daß der Revierverwalter auf seinem Reviere nicht allein vollständig zu Hause, sondern auch im Besitze der Mittel sei, gegen seine vorgesetzte Behörde und mit wem sonst er deshalb zu verkehren hat, jeden wirthschaftlich zu unterscheidenden Punkt jeden Augenblick genau bezeichnen zu können, auch wenn er dabei nicht auf dem Reviere ist. Dies Mittel ist die Bestands- karte, die ihm dasselbe, ja noch mehr ist, als dem Feldherrn die Terrain- karte seines Schlachtfeldes. Suchen wir jetzt einmal den Wirthschaftsbezirk H , welcher oben unter dem Worte „Mittweider“ (Revier) liegt, um uns hiervon zu überzeugen. Als das Revier vermessen, eingerichtet und kartirt wurde, fiel auf diesen Bezirk gar kein Bestand I. Classe, weshalb wir auf ihm die schwarze Farbe vermissen, das älteste Holz gehört der II. Classe an und liegt sehr passend zum Schutz des Inneren gegen die Westwinde am Westrande. Wir finden weiter einen großen sehr unregelmäßig gestalteten Bestand III. Classe, dann 4 Bestände IV. Classe, von denen der eine unten links sich im Bezirk J fortsetzt, was auch mit den 3 Beständen V. Classe der Fall ist, die auch vertreten ist, und zwar nach K , J , L und T; endlich finden wir oben in der rechten Ecke eine kleine Säure, die an die kleine Mittweide ihr Wasser abgiebt und also leicht zu entwässern war. Wir finden nun weiter, an diese Altersclassenverschiedenheit der Bestände sich nicht bindend, die ganze Fläche des Wirthschaftsbezirkes in die 6 Abtheilungen I. II. III. IV. II. und III. getheilt, die durch Schneißen gegen einander abgegrenzt sind. Weshalb kommt nun hier II. und III. zweimal vor? Die beiden überzähligen II. und III. sind die beiden Dreiecke unten links und rechts. In Sachsen, auf welches Land wir uns jetzt beziehen, ist die Fichte auf einen 80jährigen Umtrieb (Turnus) gestellt, d. h. man nimmt als Durchschnittsregel an, daß 80 Jahr dasjenige Alter der Fichte ist, wo sie die größte und angemessenste Menge Holz giebt und keinen weiteren erheblichen Zuwachs hoffen läßt. Würde man nun den ganzen Wirth- schaftsbezirk auf einmal abtreiben und neu kultiviren, so würde das nicht nur den Uebelstand ungeheurer Schläge und Kulturflächen haben, sondern das dabei verfügbar werdende Holz wäre auf Einen Punkt des Revieres zusammengedrängt, da man doch nicht zugleich in allen Bezirken so ver- fahren kann. Dies nöthigt zu der Zerfällung der Wirthschaftsbezirke in die Abtheilungen. Deren erhält jeder Wirthschaftsbezirk der Regel nach in Fichtenrevieren 4, indem man die wirthschaftliche Lebensdauer der Fichte in 4 gleiche, 20 Jahre umfassende Perioden zerlegt. Die Führung der Schneißen wissen wir bereits namentlich von der Lage gegen die Wind- strömungen vorgeschrieben, die Wirthschaftsstreifen (S. 586.) in unserem Falle von dem Terrain. Die möglichste Gleichmäßigkeit im Ertrage und in der Bewirthschaftung verlangt, daß die Abtheilungen einen möglichst gleichen Flächenraum haben. Es würden aber die Abtheilungen III. und IV. zu groß geworden sein, wenn jene beiden anliegenden Bezirke, mit zu ihnen gezogen worden wären. Deshalb sind diese lieber zu selbstständigen Ab- theilungen erhoben worden, welche zugleich — siehe den Hauungsplan — schützend gegen die Kreuzungen der Wirthschaftsstreifen vorspringen. In diesen 4, hier 6, Wirthschaftsabtheilungen wird nun in der Reihenfolge ihrer Bezifferung gewirthschaftet; 20 Jahre lang in Ab- theilung I. , dann 20 Jahre lang in Abtheilung II. und so fort. Es vergehen also über der allmäligen Abnutzung und Wiederbebauung einer jeden Abtheilung 20 Jahre. So oft also die gleiche Abtheilungsnummer im Reviere vorkommt, so viele Orte hat in der Regel der Revierverwalter, um daselbst gleichzeitig zu hauen und zu kultiviren. Dies geschieht stets in der Richtung von Morgen nach Abend aus dem uns schon bekannten Grunde, oder von Mitternacht nach Mittag, um für die jungen Kulturen den be- schattenden Schutz des stehenden Holzes gegen den Sonnenbrandzu haben. Da in unserem als Beispiel gewählten Bezirk H Abtheilung I. zuerst zum Hieb und zur Kultur kommt, so muß nach 80 Jahren diese Abtheilung auf dem ganzen Bezirke das älteste Holz haben und wir sehen sie daher auf dem Hauungsplane schwarz als I. Periode ; die schräg darunter liegende Abtheilung IV. wird erst nach 60 Jahren in Angriff genommen und hat also nach 80 Jahren erst Holz von 1—20jährigem Alter, er- scheint also auf dem Hauungsplan als IV. Periode am hellsten. Auf dem ganzen Bezirke H wie auch auf allen übrigen des Hauungsplanes sehen wir noch (in der I. Periode sind sie natürlich nur durch weiße Linien sichtbar zu machen) die Linien der alten Bestandsgrenzen, wie diese bei der Bewirthschaftungs-Einrichtung beschaffen waren. Der dereinstige Nachfolger des ersten Verwalters des neu „eingerichteten“ Revieres er- sieht daraus, wie vor achtzig Jahre sein Revier aussah. Es braucht wohl kaum erst darauf aufmerksam gemacht zu werden, daß die I. Periode, d. h. alle ganz schwarzen Flächen des Hauungsplanes, 80 Jahre nach 1830, als im Jahre 1910, nicht blos 80jähriges sondern 60 — 80jähriges Holz tragen wird, weil ja zu ihrer Herstellung 20 Jahre erforderlich waren. Die Alles haarscharf verlangenden meiner Leser hätten also einen Grund zu verlangen, daß der Kartenzeichner streng genommen die I. Periode nicht gleichmäßig schwarz , sondern aus dem Ton der II. Periode in Schwarz sich allmälig steigernd hätte malen sollen und so entsprechend die übrigen. Auch dürfen wir uns durch den Namen Hauungsplan für unsere zweite Karte nicht irre machen lassen. Allerdings scheint er nicht recht angemessen, denn die Karte stellt ja keinen Plan, der erst ausgeführt werden soll, dar, sondern sie stellt den bereits aus- geführt gedachten Plan dar. Der eigentliche Hauungsplan ist richtiger die Bestandskarte, auf welcher über die thatsächlich vorliegenden Bestands- verhältnisse das Schneißennetz gezeichnet ist, und dieses schreibt den Hauungs- oder richtiger Bewirthschaftungsplan vor. Ueberblicken wir nun den Hauungsplan, so finden wir einen normalen Zustand des Revieres hergestellt; alle Perioden (Altersclassen) sind über das ganze Revier gleichmäßig vertheilt, so daß dasselbe äußeren Einflüssen gegenüber als ein möglichst geschlossenes Ganzes dasteht und zur Holz- abgabe überall alle Holzsortimente zur Verfügung stehen. Dies sind aber nur die Grundzüge der Revierverwaltung, wie sie sich auf einer Karte ausdrücken lassen, und so einfach ist die Verwaltung keines- wegs, wie man hiernach meinen könnte. Auch muß man nicht glauben, daß auch wirklich nur schlagbare Hölzer geschlagen werden, daß man also in Fichtenrevieren alle Bäume mindestens 80 Jahre alt werden läßt. Hier ist vielmehr dem umsichtigen Forstmanne die Aufgabe gestellt, Wirth- schaftsplan, Holzbedürfniß und eine Menge äußerer Zufälligkeiten so weit in Einklang zu bringen, daß einerseits die Ertragsfähigkeit des Revieres nicht nur erhalten, sondern auch verbessert und das ideale Ziel — wie es unser Hauungsplan in Aussicht nimmt — immer angestrebt werde, und wir werden das vorhin ungereimt Erscheinende jetzt begreifen: daß dies Ideal niemals erreicht, niemals vollständig eine Wahrheit sein werde. Bei diesem fast unausgesetzten Ringen mit in verschiedenster Weise widerstrebenden Verhältnissen bei der Verfolgung des Ideals, zunächst bei der je 20 Jahre umfassenden Bewirthschaftung der einzelnen Abtheilungen (daher auch Periodenflächen genannt), würde die Einheit und Klarheit der gesammten Revierbewirthschaftung eines Landes bald gestört und vielleicht ganz aus dem Auge verloren werden, wenn nicht von Zeit zu Zeit von einer über der Revierverwaltung stehenden Behörde nachgesehen und darüber gewacht würde, daß jene in dem geregelten Gange bleibe, und für Aus- gleichung unvorhergesehener Störungen dieses Ganges Sorge trüge. Das was wir bei der Beschreibung der einzelnen Holzarten über Leben und Krankheiten derselben kennen gelernt haben, macht es selbst- verständlich, daß eine genaue Kenntniß hiervon das erste Erforderniß einer zweckmäßigen Revierbewirthschaftung ist, woran sich unmittelbar Kenntniß des Bodens (in der Landwirthschaft Agronomie genannt) anschließt. Wenn wir hier diese umfassende Aufgabe zergliedern könnten, so würden wir sehen, daß der Forstmann mehr noch als der Landwirth bei der Aus- führung seiner Maßregeln die manchfaltigsten und umsichtigsten Erwägungen zu machen hat. Was eine Holzart in dieser Lage und auf diesem Boden ihren Lebensbedingungen nach zuläßt, läßt sie anderwärts nicht zu, er- heischt vielmehr Veränderung und Anbequemung der Maßnahmen an die gegebenen Verhältnisse. Wenn eine Holzart auf einem Boden und in einer Lage mit Sicherheit und schon von der ersten Jugend an unvermischt zu reinen Beständen erzogen werden kann, verlangt sie in ihrer Jugend anderwärts die Vermischung mit einer schützenden Holzart, welche später, wenn der Schutz nicht mehr nöthig ist, wieder herausgenommen wird. Und so erleiden die nach den Lebensbedürfnissen der Baumarten abzuleitenden Regeln der forstlichen Behandlung hunderterlei Ausnahmen durch äußere Bedingungen. Wenn wir die Lösung der schwierigen Aufgabe, einen klaren Ueber- blick über die Verwaltung eines Revieres zu gewinnen, wenigstens ver- suchen müssen, so kann unsere Betrachtung einen verschiedenen Gang ver- folgen. Wir können dabei entweder die vorkommenden Arbeiten nach der Reihe, wie sie im Verlauf eines Wirthschaftsjahres auf einander folgen, betrachten oder wir befolgen dabei die Ordnung, welche uns der Lebens- verlauf des Baumes und eines von ihm gebildeten Bestandes vorschreibt; oder auch wir betrachten die Reviergeschäfte blos nach ihrem Wesen ohne Berücksichtigung ihrer Beziehung zu einander. Letzteres Verfahren hat für uns den Vortheil des ungestörteren Verständnisses des Einzelnen und wir können alsdann leicht eine Geschäftsübersicht gewinnen. Wir sind, wenigstens in der Staatsforstverwaltung, längst so weit, daß der Unterschied zwischen Forst wissenschaft und Forst wirthschaft theoretisch zwar besteht, aber in der Praxis, Dank unseren forstlichen Bildungsanstalten, von einer bereits sehr großen Anzahl echt wissenschaft- lich verfahrender Revierverwalter nach Kräften ausgeglichen ist. Es wird daher angemessen sein, die Betrachtung der „Waldwirthschaft“ ihren einzelnen Geschäften nach an den Faden einer Gliederung der Forstwissenschaft im engeren Sinne — also die Grundwissenschaften Mathematik und Natur- geschichte unbeachtet lassend — anzureihen. Folgen wir in dieser Gliede- rung, wenn auch in etwas veränderter Reihenfolge Cotta’s „Grundriß der Forstwissenschaft“, 5. Auflage. Berücksichtigen wir dabei theils die Zeitfolge, theils die Höhe der Rangordnung, so zerfällt die Forstwissenschaft im engeren Sinne in 1) Waldbau . 2) Forstschutz . 3) Forsteinrichtung . 4) Waldwerthberechnung . 5) Forstverfassung . 6) Forstbenutzung und Forsttechnologie . Der Waldbau hat es mit der Erziehung und Ernte des Holzes zu thun Einiges von den Arbeiten und Regeln des Waldbaues haben wir bei verschiedenen Gelegenheiten schon früher kennen gelernt — z. B. S. 282. und folg. — muß aber hier des übersichtlichen Zusammenhanges wegen noch einmal kurz wiederholt werden. , und alle praktischen Geschäfte des Waldbaues fallen zwischen die beiden End- punkte der Bodenbearbeitung und der Fällung der Bäume. Voraus geht noch die Wahl der dem zu bebauenden Boden ange- messensten Holzart, denn auf diese kommt es größtentheils an, ob eine vorgängige Bodenbearbeitung nothwendig, nützlich oder selbst zulässig sei. Wenn es neben den unzähligen Ackerwerkzeugen des Landwirths allerdings auch einen Waldpflug giebt, so wird dieser doch nur in wenigen Fällen angewendet und der meist von starken Wurzeln durchflochtene, steinige oder sogar felsige Waldboden erlaubt meist nur der Hacke und dem Spaten den Zugang. Es ist daher eine große Erleichterung des Waldbaues, daß eine ackerähnliche Bearbeitung des Waldbodens überhaupt fast nie noth- wendig ist, man im Gegentheil mit der Auflockerung desselben sehr vor- sichtig sein muß, um die meist lange Zeit zum Keimen brauchenden Wald- sämereien nicht durch Austrocknung oder Graswuchs — die gewöhnlichen Folgen zu starker Bodenlockerung und die ärgsten Feinde der Forstkulturen — leiden zu lassen. Die außerordentlich große Verschiedenheit des Waldbodens hinsichtlich seiner Gesteinsabstammung (ob Granit-, Basalt-, Kalk-Boden etc.), der Menge und Größe der in ihm sich findenden Steine, der Erwärmungs- fähigkeit, des Feuchtigkeitsgehaltes, der Bedeckung (mit Nadeln, Laub oder Waldkräutern und Gräsern), der Lage und Neigung: dies alles ist bei der Bodenbearbeitung in Betracht zu ziehen. Die Wichtigkeit und Verfänglich- keit der Bodenbearbeitungsfrage ergiebt sich leicht, wenn man sich erinnert, daß z. B. der Boden eines Fichtenschlages vielleicht ein halbes Jahrhundert oder länger ruhig und in völliger Beschattung eines alten Bestandes ge- legen hat und nach der Schlagräumung plötzlich allen Einwirkungen von Luft und Licht ausgesetzt wird, daß also eine Auflockerung Processe in ihm hervorrufen muß, welche ihrer Beschaffenheit nach in den meisten Fällen nicht mit Sicherheit voraus zu bestimmen sind. Am reiflichsten zu bedenken ist die Bearbeitung des Sandbodens, um ihn dadurch nicht noch ärmer werden zu lassen Eine geniale Bodenverbesserung mageren über Kies liegenden Sandbodens hat man auf Gröbaer Revier, in der preuß. Niederlausitz, dadurch bewirkt, daß man auf die dürftige Heide- und Nadelstreu desselben einige Hände hoch Sand auffuhr. Die da- durch bedeckte Bodenstreu kam zur Verwesung und diese verbesserte den Boden und das Wachsthum sehr erheblich (s. S. 43). . Auf sumpfigem Boden gehört oft Ent- wässerung zu den nothwendigen Maßregeln der Vorbereitung zur Kultur. Wir wissen schon, daß die Bearbeitung des Waldbodens sich entweder auf einzelne etwa 1 — 4 Quadratschuh große „Plätze“ oder 1 — 2 Schuh breite „Streifen“ oder „Riefen“ beschränkt oder sich auf die ganze Kulturfläche erstreckt, was man „Kurzhacken“ nennt und wobei keine Mengung und große Veränderung in der Lage der Bodenbestandtheile stattfinden darf. Wenn diese Bearbeitung zur Saatkultur vorgenommen wird, so wird zur Roßmäßler, der Wald. 38 Pflanzkultur der Boden entweder mit „Pflanzlöchern“ oder mit „Pflanz- furchen“ oder „Gräben“ zur einzelnen oder reihenweisen Aufnahme der Pflanzen versehen. Zu diesen Bodenarbeiten genügt in den meisten Fällen die Hacke, der Spaten und der Rechen, zum Ausheben schon größerer Pflanzen der Pflanzbohrer. Die Zeit der Bodenbearbeitung — in den meisten Fällen das zeitige Frühjahr und der Herbst — hängt natürlich sehr von der Bodenbeschaffen- heit und dem Klima, zum Theil auch von der zu kultivirenden Holzart ab. Ist nun der Waldboden zur Kultur vorbereitet, über die Wahl der Holzart und ob Saat oder Pflanzung stattfinden soll entschieden, so ist — wenn wir zunächst bei der Saat verweilen wollen — die Verfügbarkeit einer erforderlichen Menge guten keimfähigen Samens vorausgesetzt. Diesen herbeizuschaffen und bis zur Saatzeit in keimfähigem Zustande zu erhalten hat oft seine großen Schwierigkeiten. Oft vergeht eine ziemliche Reihe von Jahren, in denen nur wenig Samen wächst und wenn endlich ein reiches Samenjahr eintritt, dem alsdann wieder unfruchtbare Jahre folgen, so kommt ersteres den letzteren nicht oder wenig zu Gute, weil die meisten Waldsämereien ihre Keimkraft nur kurze Zeit behalten, also Samenvorrath kaum aufzuspeichern ist. Besonders sind Bucheckern und Eicheln kaum länger als ein Jahr aufzubewahren, ohne die Keimkraft zu verlieren. Nicht minder erfordert es eine sorgsame Berücksichtigung der Bodenbeschaffenheit, der Samengüte, der herrschenden Witterung, um die nach Verhältniß der Saatfläche zu verwendende Samenmenge zu beurtheilen. Manche Nadel- hölzer werden zuweilen in sogenannten Fruchtsaaten zugleich mit Ge- treide gesäet, so daß die jungen Pflänzchen von der Getreidesaat geschützt stehen und auch nachher durch die Stoppeln noch einigen Schutz genießen. Wir wissen aber bereits, daß der Forstmann die Bestockung einer Kulturfläche in vielen Fällen auch der Natur anvertrauen kann, indem er es den Bäumen überläßt, ihren Samen darüber auszustreuen. Er stellt zu dem Ende einen Samenschlag oder Besamungsschlag her, wozu freilich mancherlei günstige Umstände zusammentreffen müssen: 1) ein be- vorstehendes Samenjahr, 2) daß die Fläche an der Reihe des Abtriebes ist und 3) eine dem Aufgehen der Pflänzchen günstige Bodenbeschaffenheit. Das aufmerksame Auge des Waldbauers erkennt schon im Spätherbst an den Knospen der meisten Baumarten, ob sie im nächsten Jahre reich- lich Samen tragen werden; unter den bestandbildenden Bäumen ist dies nur bei den Eichen ohne Zergliederung der Knospen nicht möglich. Ist man eines bevorstehenden Samenjahres sicher, so wird der Bestand bis auf gleichmäßig und in angemessener Entfernung von einander vertheilte Samenbäume geschlagen und sogleich geräumt, wodurch meist von selbst schon eine angemessene Wundmachung des Bodens zur Samenaufnahme statt- findet. Es versteht sich von selbst daß z. B. die reichlich tragenden ihren geflügelten Samen weit hin verstreuenden Fichten in einem Samenschlage weitläuftiger stehen dürfen als die Buchen, deren schwerere Samen bei nicht stark bewegter Luft meist senkrecht niederfallen. Mit sorgfältiger Berücksichtigung des Licht- oder Schutzbedürfnisses der aufgegangenen Pflänzchen werden in den folgenden Jahren die Samen- bäume mit möglichster Schonung der Pflänzchen allmälig herausgeschlagen und je nach dem Erfolg der Besamung bei ungleichmäßigem Aufschlag zu lichte Stellen mit aus zu dichten herausgenommenen Pflänzchen aus- gebessert, oder wenn die Besamung ganz mißlang durch Saat oder Pflanzung aufs Neue kultivirt, was bei vorwaltend taubem Samen oder aus anderen Gründen auch vorkommen kann. Indem wir uns auf diese wenigen Andeutungen über die Saat, natür- liche und künstliche, beschränken müssen, haben wir nun die Pflanzung ebenfalls nach ihren Hauptregeln kennen zu lernen, wobei wir nur an- deuten, daß es je nach den verschiedenen Verhältnissen der Kulturfläche und den mancherlei Eigenthümlichkeiten der zu kultivirenden Holzart dem Revierverwalter vielseitige Erwägungen auferlegt, ehe er sich über Saat oder Pflanzung entscheiden kann. Die zu letzterer erforderlichen Pflänzlinge können auf verschiedene Weise beschafft werden. Oft können sie aus zu dick stehenden Besamungs- schlägen oder Saatkulturen oder selbst an den verschiedensten Stellen des Revieres, wo sie zufällig aufgegangen sind, entnommen werden; meist je- doch werden sie in Saatkämpen und Pflanzgärten künstlich aus Samen erzogen. Die Saatkämpe sind auf oder in der Nähe der zu kultivirenden Fläche blos für die Kulturzeit angelegte umzäunte Saatplätze, wo die Pflänz- 38* chen erzogen und von da in dem erforderlichen Alter auf die zu kultivirende Fläche verpflanzt werden. Die Saatkämpe bieten den Vortheil des er- leichterten Transports der Pflänzchen und außerdem noch den, daß sie in derselben Bodenart aus dem Samen erwachsen sind in welche sie nachher ausgepflanzt werden sollen. Ein Pflanz- oder Forstgarten , deren große Reviere oft mehrere haben, ist ein größerer ständiger, mit einem dichten Zaun umfriedigter eigent- licher Garten, in welchem nicht nur kleine Pflanzen aus Samen erzielt, sondern diese — namentlich Laubhölzer — durch ein- oder mehrmaliges Ver- setzen bis zu einer bedeutenderen Größe erzogen werden, ehe sie hinaus auf das Revier gepflanzt werden. Ist auch selbstverständlich der Boden eines Pflanzgartens mehr bearbeitet und daher besser als ein Saatkamp, so darf dies doch nicht in so hohem Grade statthaben, daß dadurch ein zu großer Unterschied zwischen ihm und dem Boden des ganzen Revieres hervorgeht, weil sonst die in gutem Boden erwachsenen Pflanzen auf dem magerern des Revieres kümmern würden. Das Geschäft des Pflanzens, welches sich in die drei Stufen des Aushebens, des Transportes und des Einsetzens der Pflanzen theilt und welchem die Bodenzubereitung voraufgegangen ist, ist auf großen Revieren ein viel Hände und viel Zeit in Anspruch nehmendes und erfordert, da man sich dabei oft ungeübter Handarbeiter bedienen muß, die ganze Um- sicht und Thätigkeit des Revierverwalters. Die gewöhnliche Kulturzeit — das Frühjahr — reicht daher oft nicht aus und man muß vorsorglich oft schon im vorhergehenden Herbst beginnen oder im Frühjahr von ungünstigem Wetter unterbrochene Kulturen im folgenden Herbst vollenden. Der jähr- liche „Kultur-Etat“ des Erottendorfer Revieres beträgt 40 Acker, eine Fläche, welche zusammenhängend ein ansehnliches Landgut repräsentiren würde, die aber wie wir wissen in vielen Wirthschaftsbezirken zerstückelt liegt. Es ist hier vielleicht nicht überflüssig zu bemerken, daß nicht blos im ersten sondern oft auch noch im zweiten Jahre nach gemachter Kultur — Saat oder Pflanzung — das ungeübte Auge des Laien selbst eine gut gerathene Kultur leicht für eine Blöße ansieht. Am leichtesten fallen auf Fichten-Riefensaaten schon im zweiten Jahre die fingerlangen oft dicht aneinander gedrängten noch unverzweigten Fichtchen als grüne Streifen ins Auge. Eine natürliche Fichtenbesamung, auch wenn sie mit Millionen aufgegangener Pflänzchen besetzt ist, muß der Nichtforstmann scharf ansehen, um die Fläche nicht für ein nutzloses verunkrautetes Feld zu halten. Die Freude über eine gelungene Kultur — sicherlich die Hauptfreude des pflicht- treuen Forstmannes — kommt dem Laien manchmal höchst sonderbar vor, denn er sieht ja nichts, worüber sich zu freuen wäre. Aber es kommt auch der umgekehrte Fall vor. Der aus seinen Mauern hinauskommende Städter bewundert eine vielleicht vier Jahre alte Fichtenpflanzung, in der die Pflanzen in Reihe und Glied aufmarschirt stehen. Er sieht nicht, was sein Begleiter sieht, daß die Pflanzen nicht wachsen wollen, daß die Kultur mißrathen ist. Gerade was Jenem gefällt, das Gedrungene, Buschige, die Fülle dichtbei- sammenstehender Triebe, das beweist Letzterem das „Butten“ der Pflanzen; er verlangt, daß der Herztrieb mindestens handlang emporgeschossen sein soll. Die Ausführung der Pflanzkultur ist seit die Forstwirthschaft wissen- schaftlichen Regeln folgt ein Feld des vielfältigsten Experimentirens ge- worden, so daß jetzt je nach Umständen die verschiedensten Verfahrungs- arten befolgt werden. Ueber allen diesen, von denen keine den unbedingten Vorzug vor allen übrigen für sich allein in Anspruch nehmen kann, steht als allgemeine Regel, daß man bei dem Ausheben die Wurzel möglichst wenig verletzt, diese während des Transports auf die Kulturfläche nicht vertrockne und daß an der neuen Pflanzstätte die Wurzel in eine gedeihliche Lage komme. Wahrlich, bei den vielen Tausenden von Pflanzen keine leichte Aufgabe! Wie groß und tief die Pflanzlöcher, wie weit von einander und in welcher Anordnung oder wie dafür gesagt wird: in welchem „Verband“ (ob in Dreieck-, Rechteck- oder Reihenverband) sie gemacht sein müssen, wie groß und alt die Pflanzen sein und ob sie an Wurzeln und Zweigen be- schnitten werden dürfen, ob sie höher oder tiefer in den Pflanzlöchern zu stehen kommen müssen — dies und noch manches Andere ist vor der Ausführung der Kultur je nach den vorliegenden Verhältnissen zu er- wägen, wobei man zu bedenken hat, daß es in vielen Fällen nicht mög- lich ist, die eingesetzten Bäumchen anzugießen sondern diese dem Belieben des Himmels anheim gegeben werden müssen. Von den verschiedenen Pflanzmethoden sind folgende die wichtigsten, neben welchen als die schlichte Regel die zu neunen ist, daß die sorgfältig aber ohne anhaftende Erde ausgehobenen (nicht ausgezogenen) Pflanzen ohne weitere besondere Umstände einzeln an den neuen Standort gepflanzt werden. Bei der Ballenpflanzung wird mit dem Spaten oder mit dem sogenannten Pflanzenbohrer die Pflanze mit einem Ballen am Wurzel- stock haftender Erde ausgehoben und mit diesem in das Pflanzloch einge- setzt. Büschelpflanzung ist diejenige Verfahrungsart, wobei aus den Pflanzreihen des Saatkampes oder des Pflanzgartens nicht einzeln sondern in Büscheln von 4—5 die Pflanzen, welche natürlich dazu noch klein und höchstens 3—4 Jahre alt sein müssen, genommen und in solchen Büscheln verpflanzt werden. Die Büschelpflanzung ist besonders bei den Nadelhölzern in Anwendung. Man rechnet dabei darauf, daß bald eine der Pflanzen eines Büschels sich am kräftigsten entwickelt und die übrigen bald unterdrückt. Die Hügelpflanzung , fast nur bei der flachwurzeligen Fichte angewendet, ist bei dieser beschrieben worden (S. 322). Diese Pflanzmethode ist namentlich auf nassem Boden vortheilhaft. Nach den Er- findern nennt man die Biermanns’sche und die v. Buttlar’sche Pflanzmethode, von denen jene sich durch Einbringen von Asche in die Pflanzlöcher, diese hingegen dadurch auszeichnet, daß sie ganz kleine 1- oder 2jährige Pflanzen in kleine mit Hilfe eines Pflanzeisens ge- stochene Löcher pflanzt. Neben der Saat- und Pflanzkultur hat die Anwendung von Steck- lingen und Setzstangen nur eine sehr untergeordnete Bedeutung, in- dem sich nur wenige Baumarten zu dieser Vervielfältigungsweise eignen (Weiden, Pappeln) und noch seltner angewendet ist das Absenken , wobei man Zweige eines buschigen Stockes ohne sie von diesem zu trennen bis zum Erdboden niederbiegt und hier durch einen Haken und etwas auf- geschüttete Erde sowohl festhält als zum Wurzelschlagen veranlaßt. Bis zu dem andern Endpunkte des Geschäftsbereiches des Waldbaues, der Holzernte, hat der Forstmann zwar eine unausgesetzte Aufmerksamkeit auf das Gedeihen seiner Kulturen zu wenden, kann aber zu dessen Förderung nur wenig thun, und dieses Wenige besteht mehr in Abwehr und Vorbauung als in unmittelbarer Unterstützung des Gedeihens. Wie das Leben eines Baumes vom Aufkeimen an bis zum Haubarkeitsalter eine ununterbrochene Kette ist, in der man keine scharf ausgesprochenen Abschnitte bemerkt, so gehen auch die Arbeiten der Saat, Erziehung und Ernte, die Arbeit des Waldbaues in die des Forstschutzes allmälig über. Lange bevor eine Kultur zur Ernte reif ist, beginnt in den Durchforstungen eine Thätigkeit, welche eben so sehr ein Ernten wie ein Beschützen ist. Nicht allein bei gut gerathenen natürlichen Besamungen und Vollsaaten — bei denen dies selbstverständlich ist — stehen viel mehr Pflänzchen auf der Fläche als sie einst haubare Bäume wird tragen können, sondern auch auf den viel weitläufigeren, „räumlicheren“, Pflanzkulturen ist dies der Fall. Wir haben schon früher die dadurch gebotene Maaßregel der Durch- forstungen kennen gelernt (S. 155), wodurch eben so sehr die stehen bleiben- den Bäumchen in ihrem Gedeihen befördert (beschützt) werden, als das Holz der herausgehauenen eine Holzernte giebt, welche bis zu einem gewissen Alter der durchforsteten, allmälig zum Bestande gewordenen Kultur an Holz- Ertrag immer ergiebiger werden muß. Wir haben schon an der angeführten Stelle (S. 156) erfahren, daß die Durchforstungen zu denjenigen Obliegenheiten der Forstbewirthschaftung gehören, welche die meiste Umsicht erheischen und über die sich am wenigsten feste Regeln aufstellen lassen. Meine Leser werden sich leicht denken können, daß der Fall eintreten kann, daß von der Kultur an bis zum Abhieb des hauhar gewordenen Bestandes — bei der Fichte z. B. 80 — 100 Jahre umfassend — die Durchforstung nie ruht, wenn es sich z. B. darum handelt sehr starkes Holz zu erziehen, welches zuletzt sehr räumlich stehen muß. So ergiebt sich der Begriff der Zwischennutzungen , welche bei der Feststellung und Vorausberechnung der Holzerträge der einzelnen Revier- abtheilungen entweder gar nicht oder nur annähernd bestimmt werden können. Hinsichtlich der Durchforstungserträge läßt sich dies ermöglichen, nicht aber bei denjenigen Zwischennutzungen, welche durch Schneedruck, Windbruch oder Insektenverheerungen etc. völlig unvorhergesehen verfügbar, gewissermassen aufgenöthigt werden. Bei der Ernte des Holzes — absehend von den Zwischennutzungen, welche in dem Zeitraume zwischen Kultur und Abtrieb des Bestandes zu- sammengenommen vielleicht einen sehr großen ja größeren Ertrag gegeben haben können als der zuletzt erfolgende Abtrieb — kommt namentlich das angemessenste Alter, das Hauungsalter , des Holzes und die zweck- mäßigste Jahreszeit der Fällung in Betracht. Die erstere Erwägung, welche, wie wir schon wissen, die Umtriebs- zeit , den Turnus , bestimmt, gründet sich auf mancherlei Umstände, besonders auf die Bodenbeschaffenheit, auf die Natur der Holzart, auf die Bedürfnisse der verschiedenen Holzbenutzungsarten. Hieraus ergiebt sich von selbst, daß allgemein gültige Regeln sich hierüber nicht feststellen lassen, und daß die Bestimmung des auf einem Reviere geltenden Turnus eben- sowenig oder nur in seltenen Fällen eine für das ganze Revier in allen seinen Theilen gleichgeltende sein kann, als diese Bestimmung zu den schwierigsten Aufgaben der Revierbewirthschaftung gehört. Die Ausführung der im großen Ganzen für jedes Revier und für jedes Jahr ihrem Ertrage nach vorausbestimmten Holzernte hat sich über die einzelnen Abtheilungen des Revieres, wie wir diese auf Grund der Bestandskarte kennen gelern haben, zu vertheilen. Wenn nun z. B. auf dem Crottendorfer Revier alljährlich 3872 Nor- malklaftern à 100 Kubikfuß geschlagen werden sollen, so hat der Revierverwalter diese Holzentnahme nicht nur auf die Wirthschaftsbezirke und in diesen auf die einzelnen Wirthschaftsabtheilungen zu ertheilen, sondern er hat dabei auch auf die Beschaffenheit Rücksicht zu nehmen, in welcher er den Holzbetrag zu liefern hat. Jene 3872 Normalklaftern sollen bestehen: aus 3762 N.-K. Nadelholz und 110 N.-K. Laubholz, und diese wieder sollen sich ergeben als 4000 landesübliche Klaftern , à 80 Kubikfuß, Derbholz (und zwar 3880 Nadelholz, 120 Laub- holz), als 2400 Schock Reißig , à 28 K.-F., (und zwar 2350 Schock Nadel- und 50 Schock Laubholzreißig). Außerdem rechnet man neben diesem Ertrage noch auf jährlich 2000 Klaftern Stockholz à 40 K.-F. Um diesen Vorschriften zu genügen hat der Revierverwalter die viel Umsicht erheischende Aufgabe der Auswahl der Schläge zu lösen, wo- bei die verschiedenartigsten Rücksichten zu nehmen sind, indem z. B. dabei selbst nicht immer das relativ älteste Holz zu entnehmen ist, sondern diesem jüngeres deshalb vorangehen kann, weil dieses in schlechtem Zuwachs steht. Daß dabei auch die Bequemlichkeit der Abfuhre und die Bedürfnisse der umliegenden Ortschaften Berücksichtigung erheischen, haben wir oben ge- legentlich schon gesehen. Unter allen Verhältnissen muß bei der Wahl der Schläge auf die möglichste Begünstigung des Wiederwuchses des Holzes alle Rücksicht genommen werden, was je nach den verschiedenen Holzarten und Betriebsarten sehr verschieden sein kann. Es erinnern uns hieran die großen Verschiedenheiten der Bewirthschaftung, welche Laub- und Nadel- hölzer erheischen, welche durch Hoch-, Mittel- und Niederwald-Betrieb bedingt sind. Indem es hier viel zu tief in das Sachliche der Forstverwaltung führen würde, wenn wir in diese Verschiedenheiten eingehen wollten, so beschränken wir uns auf einige allgemeine Regeln der Hochwald-Schlag- führung bei den Nadelhölzern (namentlich Fichten und Kiefern), für welche sich diese leichter als für den Laubwald geben lassen. Hier werden hauptsächlich viererlei Schläge unterschieden. 1) Die Samenschläge haben wir ihrem Wesen nach schon S. 594 kennen ge- lernt. 2) Die Springschläge oder Coulissenhauungen bestehen darin, daß man in der zur Hauung stehenden Abtheilung oder Bestande 10 — 15 Ruthen breite Streifen abtreibt und zwischen je zwei solchen immer einen etwas schmäleren Streifen stehen läßt. Der Vortheil der leichten Besamung wird durch die Gefahr leichten Windbruches in diesen schmalen Waldstreifen aufgehoben. 3) Die Kesselhauungen haben denselben Nachtheil; sie bestehen darin daß man mitten in den haubaren Beständen gerundete Schläge (Kessel) abtreibt und diese in den folgenden Jahren an Umfange allmälig erweitert. 4) Die Kahlschläge bestehen in dem reinen Abtriebe der Schlagflächen ohne Berücksichtigung der natür- lichen Besamung. Sie sind nur da unbedingt zu empfehlen, wo man nicht nöthig hat, auf die Arbeits- und Kostenverminderung durch die letztere zu rechnen. Wenn wir schon vorhin die Bedeutung der Durchforstungen kennen gelernt haben (S. 599) so sind im weiteren Sinne zu ihnen auch noch die Läuterungshiebe zu rechnen, welche darin bestehen, daß man in einem absichtlich oder von Natur nicht reinem Bestande diejenige Holzart heraus- nimmt, welche den künftigen Bestand nicht bilden soll, bisher aber vielleicht als Schutzholz herangezogen worden war, z. B. Kiefern oder Lärchen in Fichtenbeständen. Bei der Holzernte liefert das Stockroden , d. h. das Ausgraben des Wurzelstockes und der dicksten Wurzeläste oft einen nicht unbedeutenden Massenertrag, der gleichwohl der bedeutenden Rodelöhne wegen meist nur einen unbedeutenden Nettoertrag giebt. Mancherlei Umstände, z. B. die Bodenbeschaffenheit, können jedoch daß Stockroden auch ganz verbieten. In solchen Fällen müssen die Bäume dicht am Boden abgehauen werden um nicht zu viel Holz zu verlieren. Die Erwägung, daß ein Baum während seines langen Lebens nur einen kleinen Theil des Bodens, den er einnimmt, eigentlich bedurft hat, führte schon seit länger als 300 Jahren zu einer landwirthschaftlichen Mitbenutzung des den Bäumen selbst unnöthigen Antheils der Bodenfläche. Dies geschah und geschieht zum Theil noch in den sogenannten Hack- waldungen oder Haubergen , welche im Siegen’schen so behandelt werden, daß man in Mittel- und Niederwaldungen, welche in 15- bis 20jährigem Umtriebe stehen, nach erfolgtem Abtriebe und Abfuhr des stärkeren Holzes das schwache Reisig und den Rasen anbrennt und auf dem aschegedüngten Boden zwei Jahre lang Getreide baut. Die Röder- waldungwirthschaft unterscheidet sich hiervon dadurch, daß der Ge- treidebau zwei bis drei Jahre lang stattfindet nachdem jedoch der Schlag vollständig geräumt und auch ganz rein von allen Stöcken und Wurzeln gerodet worden war. Der scheinbare Vortheil letzterer Bewirthschaftung, den die leichte Wiederbewaldung anfangs gewährt, wird dadurch wieder aufgehoben, daß diesem anfänglichen Gedeihen nach einigen Jahren ein längeres Kümmern der Kulturen folgt, welche sich erst dann allmälig wieder erholen, wenn der Boden durch neuen Laubfall sich wieder ge- kräftigt hat. Diese sehr beschränkte Verbindung des Waldbaues mit dem Feldbau dehnte H. Cotta schon 1819 weiter auch auf den Hochwaldbetrieb aus, indem er seine berühmt gewordene und vielbekämpfte Lehre von der „Baumfeldwirthschaft“ vortrug. Der Forstschutz. Gegen welche hauptsächlichsten Gefahren und Feinde der Forstmann seine Bestände zu schützen hat, haben wir schon früher erfahren, als wir die Nadelbäume in ihrem Gesammtcharakter betrachteten, und dabei sahen, daß sie diesen Gefahren und Feinden meist mehr unterworfen seien als die Laubhölzer (S. 247). Es kommen jedoch zu den dort genannten noch manche andere hinzu, so daß in der Forstpraxis sowohl wie in der Forst- wissenschaft der Forstschutz ein besonderes Kapitel bildet und seine be- sonderen Beamten fordert, die gleichwohl nicht im Stande sind, jeden Schaden von dem Walde abzuwehren. Wenn wir die Aufgabe des Forstschutzes nach unterschiedenen Gesichts- punkten gliedern wollen, so ist der Wald vor solchen Angriffen und Ge- fahren zu schützen, welche ihm von den Menschen , von den Thieren , von Naturereignissen drohen, welchen man sogar noch, an die eigent- lichen belästigenden Unkräuter denkend, die Pflanzen hinzufügen kann. Es ist hier nicht der Ort, selbst nur einen Abriß der Forstpolizei- lehre einzuschalten und dabei von den verschiedenen Waldfreveln, Fahr- lässigkeiten und Entwendungen zu sprechen, welche verhütet werden müssen. Erwähnt soll nur nochmals der Hauptfrevel werden, den der Mensch am Walde begeht, und den wir schon auf S. 42 nach einer Betrachtung des Waldbodens mit den Worten bezeichneten: „wir begreifen, daß es eine schwere Sünde am Walde begehen heißt, wenn man ihm seine Bodendecke nimmt.“ Der Kampf gegen das Streurechen ist eben so geboten wie der gegen den Borkenkäfer, und es ist mindestens eine hartherzige Gedanken- losigkeit, die arme Holzleserin aus einem Wald zu verbannen, in welchem man das Streurechen duldet oder vielleicht gar selbst ausübt. Im Gefolge des streubedürftigen Landwirths, der durch dieses Be- dürfniß wenigstens in sehr vielen Fällen beweist, daß er ein schlechter Landwirth ist, bedroht sein Weidevieh den knospenden Wald und giebt den waldgeborenen Hirschen und Rehen eine Indemnitätsbill, wenn es nicht Vergeltung für die Sünden dieser auf den Aeckern seines Herrn übt. Das Weidevieh gehört nicht in den Wald, das Wild gehört nicht auf das Feld. Es ist fast ein Hohn, wenn der gewissenlose Beamte sich herbeiläßt, den geringsten Wildschaden des aus einem Staatsrevier auf die Felder heraus- getretenen Wildes willfährig zu constatiren und so hoch zu schätzen, daß — der Fall kommt vor! — Wildschadenvergütung zu einem stehenden Posten des Einnahme-Budgets eines Gutes wird, während dessen Besitzer sein Vieh im Staatswald weiden läßt, wozu er ein sogenanntes historisches Recht hat, welches das Wild, was in der „guten alten Zeit“ dieses Recht auch hatte, in unserer gesetzlicheren Zeit auf dem Felde der Bauern ver- loren hat. Ablösung aller Streuservitute ist in unserer Zeit, welche sich neben anderer besserer Erkenntniß auch des tieferen Verständnisses des Waldes rühmen sollte, eine allgemein gebotene Aufgabe. Dieses Ver- ständniß, wenn es ein allgemeineres geworden sein wird, muß alsdann der Staatsverwaltung die Berechtigung auf Zwangsabtretung gewähren, in Gebirgswaldungen, wo die Streuservitute am häufigsten und am nach- theiligsten sind, durch Ueberweisung eines Aequivalentes an Schneidel- streu (S. 322). Die Beschützung des Waldes vor schädlichen Thieren hat der Forstwissenschaft als einen wichtigen und nothwendigen Bestandtheil die Thierkunde, vor allen die Insektenkunde hinzugefügt, weil weder Vor- bauungs- noch Vertilgungsmaßregeln ohne Kenntniß vom Leben forstschäd- licher Thiere mit Erfolg angewendet werden können. Die aus uns bekannten Gründen durch Insektenfraß mehr als die Laubhölzer leidenden Nadelhölzer haben ihre Feinde fast lediglich in den drei Ordnungen der Käfer, Falter und Hautflügler oder Immen und bei Kiefer und Fichte haben wir erfahren, welch ungeheure Verwüstungen diese kleinen Thiere in den Waldungen anzurichten im Stande sind (S. 276). Manche von ihnen halten namentlich unter gewissen Zustandsbedingungen der Bestände den Forstmann fortwährend in Wachsamkeit und gegen sie ist nach und nach eine ganze kleine strategische Literatur entstanden. Außer den Insekten sind es Hirsche und Rehe, Hasen und Kaninchen, Eichhörnchen, das Schwarzwild und vor allen die Mäuse, welche in ver- schiedenster Weise bald die Knospen, Zweige, die junge Rinde und die letzten namentlich den noch nicht aufgegangenen Samen oft sehr stark beschädigen. Von den Vögeln gesellen sich besonders wilde Tauben zu den saatvereitelnden Mäusen. Die Vögel, welche den reifen Samen auf den Bäumen fressen sind unschädlich zu nennen, denn in Samenjahren, von denen man allein eine Samenernte oder Selbstbesamung erwartet, vermögen sie die Samen- fülle wenig zu verringern und in samenarmen Jahren erwartet der Forst- mann ohnehin nichts für seine Samenvorräthe oder seine Samenschläge. Die nahe Verwandtschaft des Forstschutzes mit dem Waldbau lernten wir schon oben bei den Durchforstungen kennen (S. 598), wie denn über- haupt Alles was das gesunde und kräftige Gedeihen des Waldes befördert gewissermassen zwischen beiden Berufsthätigkeiten des Forstmannes sich theilt: Alles was dieses Gedeihen unmittelbar unterstützt dem Waldbau, das aber dem Forstschutz anheimfällt, was in der Beseitigung und Abwehr des diesem Gedeihen Hinderlichen beruht. Beides zusammen giebt dem aufmerksamen Revierverwalter sattsam zu denken und zu schaffen. Der Forstschutz gegen Naturereignisse , die sich nur zum Theil voraussehen lassen ist theils eben deshalb, theils weil sie sich wenn vorausgesehen fast nie abwenden lassen auf ein kleines Thätigkeitsbereich ein- geschränkt; ja fast das meiste, was streng genommen Schutzmaßregeln sind und der Lehre von dem Forstschutz zugesellt werden sollte, wird zu anderen Theilen der Forstwissenschaft und zwar ebenfalls zumeist zum Waldbau gezogen. Die zweckmäßige Schlagführung um dem Windbruche und dem Sonnenbrande vorzubeugen haben wir als zu dem Bereich des Wald- baues gehörend kennen gelernt und ist doch recht eigentlich eine Schutz- maßregel. Es ist eben die Forstwissenschaft ein organisch zusammen- hängendes Ganzes, was sich nicht haarscharf zertheilen läßt. Von Natur- ereignissen und klimatischen Einflüssen sind es namentlich die Nachtheile der Hitze und des Frostes, Beschädigungen durch den Wind, Duft, Rohr- reif oder Glatteis, durch Ueberfluthungen, wovor die Waldbestände zu beschützen sind, wozu man auch noch ungünstige Standortsbeschaffenheiten, z. B. Versumpfung, denen abgeholfen werden muß, und Waldbrände zu rechnen hat. Forsteinrichtung. Hierüber sagt H. Cotta in seinem oben erwähnten „Grundriß der Forstwissenschaft“: „Unter Forsteinrichtung werden die Maßregeln ver- standen, welche man anwendet, um die Behandlung und den Ertrag eines Waldes zu regeln, das Ertragsvermögen desselben zu ermitteln und sich dessen, sowie überhaupt des Zustandes eines Forstes bewußt zu werden und zu bleiben. Forsteinrichtung, Forsttaxation, Forstbetriebsregulirung, Forstschätzung, Forstertragsermittelung werden gewöhnlich als gleichbe- deutend betrachtet.“ Jeder Gang durch ein großes Waldrevier zeigt, daß die Lösung dieser Aufgabe in der Art, daß Einheit der Bewirthschaftung und Sicherstellung des Ertrags darin erreicht werde, als eine selbst dem urtheilsfähigsten und umsichtigsten Laien sehr schwierige erscheinen muß. Noch ist vieler Orten eine geregelte Forstbewirthschaftung so jung, daß die Waldungen mehr unserer ersten als der zweiten Karte ähnlich sind und wenn auch in der Behandlung solcher Waldungen diese bereits in der Bedeutung des Forstes aufgefaßt sind, so haben sie doch noch nicht die äußere Form eines solchen, — welche vielmehr die sein wird, welche unsere zweite Karte zeigt, — sondern mehr die eines Waldes, welchen der Alltagsbegriff frei und regellos will. Man kann in der Forstbewirthschaftung zwei wesentlich verschiedene Methoden unterscheiden: Die Fachwerksmethode und die rationelle oder wissenschaftliche . Die erstere, welche sichtbar von unserer ersten Karte dargestellt ist, beruht darauf, daß man das Revier nach der Wirth- schaftsbestimmung , d. h. nach der Art und der Zeitfolge der Bewirth- schaftung in Flächen eintheilt und dabei die Ermittelung des Ertrages als untergeordnet betrachtet. Die andere Methode wirthschaftet weniger nach einer Flächeneintheilung, sondern auf Grund der Ermittelung des Vor- rathes und des Zuwachses. Wenn allerdings auch nicht zu leugnen ist, daß die erstere Methode etwas Schablonenmäßiges hat und dagegen die letztere mit Recht als die rationellere und wissenschaftliche den Vorrang einnimmt, so hat jene doch darin einen Vorzug, daß sie weniger als die letztere von Seiten des Revierverwalters eine Alles erwägende, in jeder Hinsicht geistig und prak- tisch selbstständige Umsicht erfordert und daher mehr vor Mißgriffen in der Bewirthschaftung sicher stellt, welche aus mangelhafter Befähigung des Revierverwalters hervorgehen können. Folgerichtig müßte die rationelle Methode zu der Plänterwirthschaft (S. 578) führen, indem man, un- berücksichtigt lassend, wo dies geschähe, sich bei den Hauungen nur von der Erwägung aller zu beobachtenden Rücksichten bestimmen ließe. In dem Kapitel der Forsteinrichtung ruht der Schwerpunkt aller Forstverwaltung, denn es ist klar, daß sie im Wesen auf Vorausbe- stimmungen beruht, welche nur zu oft von unvorherzusehenden Zufällig- keiten durchkreuzt werden und auf denen doch die nachhaltige Sicherheit des Ertrags gegründet werden muß. Die Aufgabe der Forsteinrichtung haben wir nach der von uns gewählten Folge der Betrachtung zum Theil schon kennen gelernt. Mit kurzen Worten ausgedrückt besteht sie 1) in der Vermessung und Kartirung des Revieres, 2) in der Eintheilung desselben in Wirthschaftsbezirke und Wirthschaftsabtheilungen (Periodenflächen, Schlagpartien), 3) in der Einrichtung des Hauungsplanes, 4) in der Ermittelung der Bestandsverhältnisse, 5) in der Ermittelung des Holz- ertrages, 6) in der allgemeinen Beschreibung, welche gewissermaßen die geschichtliche Grundlage der ganzen künftigen Bewirthschaftung bildet und welche die Größe, Lage, Umgrenzung, das Klima, die Terrainverhältnisse, den Boden, die Rechtsverhältnisse (z. B. Servitute), die bisherige Be- handlung, den Zustand und den Ertrag, die Waldnebennutzungen (z. B. Gerberrinden, Torfstiche etc.), das Jagdwesen und mehreres Andere vom Reviere zu enthalten hat. Ferner fallen auf das Gebiet der Forstein- richtung 7) die Maßregeln zur Aufrechterhaltung der in vorstehenden Punkten aufgezählten Obliegenheiten und Geschäfte der Forsteinrichtung. Diese zerfallen einestheils in die von dem Revierverwalter zu führenden Wirthschaftsbücher und anderntheils in die Taxations-Revisionen, welche von Zeit zu Zeit stattzufinden und zu ermitteln haben ob die Taxation befolgt und ob sie sich bewährt habe. Die Waldwerthberechnung. Wenn wir hier von dem Werthe des Waldes sprechen und von einer Berechnung desselben, so können wir dabei nicht an den Werth denken, wegen welches es sich unser Buch zur Aufgabe gemacht hatte, den Wald unter den Schutz des Wissens Aller zu stellen. Hier haben wir es nur mit dem Geldwerthe des Waldes zu thun; und daß die Berechnung desselben zuweilen große Schwierigkeiten habe und je nach der beabsichtigten Benutzungsweise des zu schätzenden Waldes zu ganz verschiedenen Ergeb- nissen führen könne, ja führen müsse, das haben wir gelegentlich schon früher einmal ahnen gelernt (S. 570). Sehr ausführlich in das Verfahren und die Grundsätze der Waldwerthberechnung einzugehen würde den Grund- gedanken unserer Waldbetrachtung sehr fern liegen; wir beschränken uns daher auf einige Mittheilungen, welche ausreichen, um uns auch nach dieser Seite hin eine Würdigung der „Arbeit des Forstmannes“ zu er- möglichen. Die beiden von einander verschiedensten Gesichtspunkte bei der Werth- schätzung eines Waldes ist die Frage, ob der zu schätzende Wald Wald bleiben und daher jährlich aus ihm nur so viel Holzmasse geschlagen werden solle, als der jährliche Zuwachs beträgt, oder ob diese pflegliche Erhaltung des Waldbestandes nicht beabsichtigt werde, es im Gegentheil die Absicht ist, den Wald als eine Geldeinnahmequelle zu betrachten so lange als sie eben fließen will, wobei es wieder die Frage sein kann, ob der ganze Wald mit einemmale in Geld verwandelt werden soll durch Schlagen und Verkauf seines sämmtlichen Holzbestandes und des alsdann leer zurück- bleibenden Waldbodens, oder ob zu irgend einem Zwecke diese völlige Ab- nutzung auf eine gewisse Reihe von Jahren vertheilt werden soll. Soll der Ankauf, beziehendlich die Waldwerthschätzung, mit Festhaltung des ersteren dieser beiden Gesichtspunkte stattfinden, so müssen eine Menge von Rücksichten in Rechnung gezogen werden, welche auf die Werthbe- stimmung von Einfluß sind. Von der in Geld umgerechneten Holzrente, welche das Waldkapital durch den jährlichen Zuwachs abwirft, und nach welcher sich doch fast allein der Kaufwerth eines Waldes, der pfleglich bewirthschaftet werden soll, bestimmt, ist diejenige Summe in Abzug zu bringen, welche die jährlichen Verwaltungs- und Waldarbeits-Kosten be- tragen. Dieser Abzug fällt bei der sofortigen Umsetzung des ganzen Waldkapitals in Geld weg und dieses Geld kann dann wohl in den meisten Fällen zu einem viel höheren Zinsfuß angelegt werden, als es in der Gestalt eines pfleglich bewirthschafteten Waldes angelegt ist. Hieraus geht hervor, daß der Staat als Waldkäufer gegen den Holz- spekulanten sehr im Nachtheil ist. Er ist verpflichtet, den zu kaufenden Wald, um dessen Fläche er das Staatswaldgebiet vergrößern will, pfleg- lich zu bewirthschaften, also eine kleine Rente daraus zu ziehen; während der Spekulant Holz und Waldboden, günstige Konjunkturen benutzend, zu den höchsten Preisen verkauft. Das auf S. 570 nach Pfeil angeführte Beispiel des Ertrags von 16 Sgr. eines Morgens Staatswald, überhebt uns hier jeder weiteren Ausführung. Wer den ganzen Morgen Wald wiederverkauft, erst das Holz und dann den Waldboden, gewinnt jedenfalls einen höheren Preis als der nach jenem genannten Zinsfuß kapitalisirte Werth des Morgens beträgt, und er konnte daher auch für den Morgen einen höheren Kauf- preis zahlen, als der Staat. Freilich kommt zu jenen 16 Sgr. noch diejenige Summe hinzu, welche an Beamtengehalt und Arbeiterlöhnen durch diesen Morgen ver- dient wird. Aber dies kommt bei der Bestimmung des Ankaufswerthes zunächst nicht in Betracht. Wenn wir hieraus schon die Schwierigkeit der Waldwerthberechnung sehen, so ist diese noch durch andere Rücksichten vermehrt, welche einer solchen Berechnungen zum Grunde liegen können. Bei Zwangsenteignungen (Expropriationen), wenn sie Waldungen betreffen, kann nicht nur das des öffentlichen Nutzens wegen expropriirte Waldstück und dessen Werth in Frage kommen, sondern gar sehr auch der dem Besitzer verbleibende Rest des Waldes, welcher durch die Abtrennung nicht nur um den abgetrennten Theil verkleinert ist, sondern auf ver- schiedene Weise (z. B. dadurch sich ergebende Erschwerung der Bewirth- schaftung und Benutzung, Offenlegung gegen schädliche klimatische Ein- flüsse etc.) verschlechtert werden kann. Besondere Berücksichtigung erheischt ferner die Waldwerthberechnung bei Zusammenlegungen und Vertauschungen , behufs der Ver- pfändung und der Besteuerung . Das Verfahren der Waldwerthberechnung und die dabei in’s Auge zu fassenden Werthobjekte, welche natürlich nicht blos in dem Holzvor- rathe bestehen, können hier eine eingehende Schilderung nicht finden, weil uns dies zu tief in diese sehr ausgebildete besondere Seite der Forstwissen- schaft führen würde. Es genügt die Andeutung, daß dabei Manches von bestimmendem Einfluß ist, was nicht in Geld verwandelt werden wohl aber wesentlich dazu beitragen kann, den Geldeswerth des Waldes zu erhöhen, z. B. die Güte des Bodens, die Lage an Land- oder Wasserstraßen und die Nähe großer Städte. Die Forstverfassung. Sobald wir den Blick über die engen Schranken eines einzelnen Privatwaldes und dessen Pflege erheben und den Begriff Staatsforst als den anderen Endpunkt der langen Größenreihe von Waldbesitzthümern fassen, so entwickelt sich in derselben Stufenfolge immer höher der Begriff der Forstverfassung. Hierdurch werden wir zum erstenmale an die bei der Forstverwaltung betheiligten Arbeiter — dieses Wort in der weitesten Fassung genommen — erinnert, deren Arbeitsleistungen in einer inein- Roßmäßler, der Wald. 39 andergreifenden Ordnung stehen müssen, worin das Wesen der Forstver- fassung in der Hauptsache besteht. Von dem Waldarbeiter, welcher die Saatreihen hackt oder die Bäume fällt, bis zu dem Departementschef im Ministerium besteht eine lange Reihe von Beamten, deren segensreiches Wirken im grünen Walde anhebt und am grünen Tische endet, wobei leider nicht selten unerfreuliche Meinungsverschiedenheiten dieser beiden Wirkungskreise hervortreten, da natürlich am wenigsten, wo die oberste Forstbehörde auf ihren hohen Standpunkt auf dem langen Wege der verschiedenen Stufen der praktischen Forstverwaltung gelangt ist; da am meisten, wo andere bequemere und kürzere, mit allerlei Vorrechten geebnete Wege an die Spitze der Forst- verwaltung eines Staates geführt haben. Sehen wir jetzt von der Bewirthschaftung eines Privatwaldes ab, der gerade nur einen einzigen Revierförster bedarf, und fassen wir vielmehr die Verwaltung der Forsten eines größeren Landes ins Auge, so muß sich natürlich die Lehre von der Forstverfassung als ein so zusammengesetztes, vielgliederiges Ganzes ergeben, daß wir uns hier mit einer kurzen Uebersicht desselben begnügen müssen. Die große Manchfaltigkeit der Geschäfte, welche die Forstverwaltung eines ganzen Landes umfaßt, bedingt von selbst schon eine Gliederung der Forstverfassung in die Forstverwaltung im engeren Sinne und in die Forstdirektion . Jene hat es mit der praktischen Ausführung aller Forst- geschäfte zu thun, während es die Obliegenheit der Forstdirection ist, jene Geschäfte in den leitenden Grundsätzen anzuordnen und deren richtige Ausführung zu überwachen. Wie der Wald selbst ein organisches Ganzes ist, dessen einzelne Glieder und Beziehungen untrennbar zusammenhängen, so ist auch jene Eintheilung der Forstverfassung keine scharf trennende, indem der Forst- verwaltung, als der niederen Halbschied der Forstverfassung, gewissermaßen in einer unteren Instanz ebenfalls direktorielle Geschäfte und somit Aemter zufallen. Ueberblicken wir einmal in aufsteigender Reihe alle die zahlreichen Geschäfte der Forstverwaltung im weiteren Sinne und die Aemter oder Stellen, denen sie überwiesen sind. Wir beginnen mit den insofern frei zu nennenden Waldarbeitern , als sie nur im Tagelohn und nicht in einem festen Amte stehen. Sie be- sorgen die Handarbeiten, welche mit der Bewirthschaftung eines Revieres verbunden sind: Bodenbearbeitung, Saat, Pflanzung, Fällung, Aufbe- reitung, Stockroden, Wegebau, Entwässerung etc. In diese Klasse ge- hören auch die Köhler, Holzflößer, Theerschweler, Pechsieder. Wenn auch alle diese Waldarbeiter, namentlich die ersteren, welche die allgemein er- forderlichen Arbeiten verrichten, freie Arbeiter sind, so liegt es doch im Interesse der Verwaltung, dieselben an ihren Erwerb zu fesseln, wie denn der Natur der Sache nach die letzteren, z. B. die Köhler, so ziemlich feste Gewerbtreibende sind. Ueber den Waldarbeitern stehen Arbeitsaufseher, welche in Sachsen Zeichenschläger heißen und eine feste Dienststelle bekleiden. Wenn alle diese Leute in ihrer Arbeit es nur mit dem Walde, nicht mit dem Forste in der uns geläufigen Auffassung zu thun haben, so er- scheint nun ganz folgerichtig in der Benennung der nun folgenden Arbeiter das Wort Forst benutzt: Unterförster, Revierförster, Oberförster, Forst- meister. Sie alle haben die Charakteristik ihrer Amtsobliegenheiten in der Auffassung des Waldes als eines regelrecht bewirthschafteten Forstes, was bei jenen weniger der Fall ist, da Waldarbeiten auch in dem nicht so aufgefaßtem Walde vorkommen. Man kann diese Geschäftsstufen wieder in drei Abtheilungen bringen: in Schutzbeamte , in ausführende Verwaltungsbeamte , und in leitende Direktorialbeamte . Die Schutzbeamten schließen sich unmittelbar an die vorhin ge- nannten Zeichenschläger an, indem sie nicht nur den Forstschutz auszuüben, sondern auch die Ausführung der Waldgeschäfte zum Theil zu leiten hier und da sogar als Hülfsbeamte selbstständig auszuführen haben. Sie haben in den verschiedenen deutschen Ländern verschiedene Titel. Die eigentlich ausführenden Verwalter , je einem Reviere vor- stehend — gewissermaßen die Einheit in dem Forstverwaltungspersonal — heißen gewöhnlich Förster oder Revierförster. Oberförster führen meist neben der Verwaltung eines Revieres noch die Aufsicht über eine kleinere Zahl zusammenliegender Reviere, verbinden also Verwaltung und Direction. In Sachsen werden sie in neuer Zeit Forstinspectoren ge- nannt, indem der Name Oberförster an die Revierförster vergeben worden ist. Diese drei Klassen der Beamten der Forstverwaltung, von denen die 39* erste, die Waldarbeiter, noch gar keine Beamten sind, haben nun alle Geschäfte der Forstverwaltung auszuführen, welche sich in der Hauptsache in die Geschäfte der Holzzucht und der Holzernte eintheilen lassen: Führung der Holzschläge, Verkauf der Hölzer (wobei die Geldeinnahme getrennt und den Beamten anderer Staatskassen überwiesen ist), das Kulturwesen, Beaufsichtigung des Forstschutzes, die Waldnebennutzungen (Benutzung und Verkauf der Rinde, Theerschwelerei, Waldstreuabgabe etc.), das Holztrans- portwesen, und als Nebengeschäft die Jagd. Es ist selbstverständlich, daß der Forstverwalter auch verschiedene Wirthschaftsbücher zu führen hat. Die Direktorialbeamten , für deren größere oder kleinere Bezirke umfassende Amtsstufen in den verschiedenen Ländern verschiedene Titel be- stehen: Forstinspector, Forstmeister, Oberforstmeister , sind in der Hauptsache Büraubeamte, welche die Uebersicht der gesammten Staatsforstverwaltung für die höchste Stelle, die Forstdirektion, vorbe- reiten, durch Zusammenstellung der Ergebnisse der einzelnen Revierver- waltungen ihres Bezirkes und indem sie an diese wieder die Anordnungen der Forstdirektion herabgeben, zum Theil selbst anordnen. Zwischen dieser reichgegliederten Forstverwaltung, die in ihren oberen Zweigen bereits selbst schon eine Unterleitung der einzelnen Forstsbezirks- verwaltungen ausübt, und der obersten Leitung, welche im Ministerium („der Forsten und Domänen“ oder der Finanzen) ruht, stehen Revisions- beamte , welche zum Theil besondere Forstvermesser, zum Theil Beamte der Verwaltung und der Direktion sind. Wir haben, diese Revisionen andeutend, schon früher bemerkt, daß bei dem fast unausgesetzen Ringen mit in verschiedenster Weise widerstreben- den Verhältnissen bei der Forstverwaltung eines Landes Einheit und Klar- heit bald gestört und vielleicht ganz aus dem Auge verloren werden würden, wenn nicht von Zeit zu Zeit nachgesehen und darüber gewacht würde, daß die Revierverwaltung in dem geregelten Gange bleibe (S. 590). Diese Revisionen, die in den verschiedenen Ländern in ver- schiedenen festgesetzten Zeiträumen stattfinden, sollen zugleich über den in- zwischen eingetretenen Zustand der einzelnen Forstreviere Kunde geben, was z. B. in Sachsen durch zehnjährige Nachträge auf den Revierkarten geschieht. Diese Nachtragskarten entfernen sich daher immer mehr von dem ursprünglichen Ansehen des Revieres bei dessen erstmaliger Vermessung (siehe unsere Bestandskarte) und nähern sich immer mehr dem Hauungs- plane (siehe diesen). Was nun endlich das oberste Glied der Forstverwaltung, die Forst- direktion , betrifft, so liegt diese entweder in der Hand eines forstlich ge- bildeten Departementschefs oder eines Oberforstkollegiums. Von ihr aus erfolgt die Oberleitung der ganzen Staatsforstverwaltung, begreife diese nun das Waldgebiet eines großen Staates oder den Waldkomplex einer großen Herrschaft, in welcher letzteren, wenn das Waldareal umfänglich genug ist, natürlich nicht minder eine Oberleitung der Forstverwaltung erforder- lich ist, als in jenem. So sehen wir denn, daß die Staatsforstverwaltung ein umfängliches Gebäude ist, in dessen einzelnen Gemächern ein sehr wichtiger Theil des Staatswohles überwacht wird. Forstbenutzung und Forsttechnologie. Auch wenn wir jetzt nicht an die klimatische Bedeutung des Waldes denken wollen, so können wir nicht übersehen, daß vom Walde nicht das Holz allein benutzt wird; und wir können daher zwischen Forst-Haupt- nutzungen und Forst-Nebennutzungen unterscheiden. Jene bestehen in dem Holze in dessen verschiedenen Arten und Formen der Gewinnung, welchen letztere zu der Benennung der Holzsortimente geführt haben. Der Holzmarkt des Waldes muß ebenso wie der Laden des Ausschnitters oder Cigarrenhändlers „assortirt“ zu sein trachten. Es ist eigentlich eine sonderbare Auffassung, daß man das nicht als Brennholz dienende Holz als Nutzholz unterscheidet, was doch jenes natürlich nicht minder ist. Das Brennholz zerfällt in Scheitholz, Stockholz, Astholz (bei Nadelhölzern) oder Zackenholz (bei Laub- hölzern), Reißholz , und außerdem bezeichnet man noch das kranke Holz von faulen Stämmen oder Stammtheilen als wandelbar . Das Nutzholz wird in der Regel im Walde als Stämme oder Stangen , als Klötzer (Stammstücke), als Nutzklaftern (besonders glattes und geradspaltiges starkes Scheitholz z. B. für Stellmacher und Böttger) und als Nutzreißig (zu Reifen und Flechtwerk etc.) abgegeben, sofern es nicht zum Theil zu besonderen Gebrauchszwecken vorher auch noch oberflächlich zugerichtet wird. Zu den Hauptnutzungen gehört auch die Köhlerei , wobei das Holz entweder in stehenden oder in liegenden Meilern oder in Gruben verkohlt d. h. bei sehr beschränktem Luftzutritt ohne Flamme in Kohle verwandelt wird. Die Forst-Nebennutzungen begreifen die Benutzung der Rinde und des Saftes (Theer, Pech), der Blüthen, Früchte, Blätter, Nadeln und Zweige (Schneidelstreu) der Bäume und Sträucher, der Waldstreu , denn es kommen Fälle vor, wo diese ohne Nachtheil für den Wald abgegeben werden kann, der Waldhut und Waldgräserei , der Waldbeeren, Schwämme, Flechten, Moose und Kräuter , des Torfes , der Kalk - und Steinbrüche , der Thon-, Lehm-, Mergel - und Sandgruben , wozu streng genommen auch das unent- geltlich armen Leuten überlassene Leseholz und der früher erwähnte im Walde betriebene Getreidebau gehört. An diese Forstbenutzung, welche zum Theil schon nicht mehr dem eigentlichen Forstpersonal zufällt (Köhlerei, Torfstecherei, Steinbrecherei etc.) schließt sich nun eine, in aufsteigender Rangordnung sich emancipirende, Gewerbthätigkeit, welche man gewissermaßen Waldindustrie nennen kann: Schneidemühlen, Korbflechterei, Schachtel - und Sieb- macherei etc. und welche sich gewöhnlich in der Nähe der Waldungen oder in diesem selbst ansiedelt. An die zahllosen Verwendungsweisen des Holzes erinnern wir uns hier unwillkürlich auch ohne Hinweis. Wir stehen am Ende unseres langen Waldganges. Ich darf es sagen — denn es ist ja nicht mein Verdienst, der Wald selbst sprach zu uns — daß es ein genußreicher, daß es ein lehrreicher war. Indem wir uns zur Heimkehr anschicken werfen wir noch einen recht eindringenden, einen recht festhaftenden Abschiedsblick auf den schönen deutschen Wald. Noch umfaßt er uns mit seinen starken Armen, noch schirmt er sein Laubdach über unsere Häupter und es wird uns schwer, aus seinem kühlen Schatten hinaus auf die sonndurchglühte Ebene der Felder und Wiesen treten zu sollen. Wir sind ganz Dank und Freude und wie es beim Scheiden immer ist: von Dem wir scheiden, er macht mehr als sonst, zusammengedrängt in den weihevollen Augenblick des Abschieds alle seine Vorzüge geltend, und unser Inneres ist jetzt für nichts Anderes empfänglich. Die Stellung, das Kleid, das letzte Wort des Freundes von dem wir scheiden bleiben uns in unverlöschlichem Gedächtniß. Sollte es bei meinen Lesern und Leserinnen mit dem Walde, von dem wir jetzt scheiden, nicht vielleicht ähnlich sein? O daß es wäre! Möchte ihnen allen das Bild, in dem uns der Wald zuletzt erschien, unverlöschlich sein! Das Bild, welches uns den Wald als den Schauplatz rastloser Thätigkeit, arbeitend für das Wohl lebender und kommender Geschlechter, gezeigt hat. Dann darf ich Euch auch — und ich thue es — Euren alten Freund von früher, den liederreichen Wald, das Revier des stolzen Hirsches zurückgeben. Be- völkert ihn mit Euren Lieblingen, rufet Eure Dichter und kehret dann so oft Ihr wollt mit ihnen zu heiterem Spiel wieder in den von der Wissen- schaft geweiheten Wald zurück. Sachregister. A bflügeln der Samen 284 . Abhieb, Ausschlag am, 194 . 196 . Abholzig 309 . Abies s. Tanne. A. excelsa s. Fichte. A. pec- tinata De C. s. Tanne. A. Larix Lamarck s. Lärche. A. Reginae Amaliae 330 . Abietineen, Artenzahl 253 . Absprünge, Fichte 312 . Abtheilung 585 . Acer s. Ahorn 521 . A. campestre L. s. Feldahorn. A. monspessulanum 532 . A. platanoides s. Spitzahorn. A. pseudo- platanus s. Bergahorn. Acerineen 521 . Achselknospen 62 , 190 , die der Nadel- hölzer 199 . Aderflügler 270 f. 281 . s. Schlupfwespen, Blattwespen, Gallwespen. Adlerfarrn 36 . Adventivknospen 190 , 434 , Bau 193 , am Abhieb 195 f., aus Wurzeln 195 , 197 , 120 , am Stamm 195 , aus dem Stock 195 , bei Maser 198 , Ursprung des Kugel- sprosses 200 , Birke 434 , Lärche 340 , Nadelhölzer 199 , Linde 193 . Adventivtrieb 129 . Adventivwurzel 119 , 193 . — Fichte 311 . Aesche s. Esche. Afterblätter s. Nebenblätter. Ahorn s. Bergahorn 521 . gemeiner 129 . Architektur 217 . Blatt 226 . Knospen- faltung 67 . Blüthe 183 , 229 . Blüthe- zeit 125 . Holz 104 , 371 . Knospe 60 ff. Krone 222 , 361 . Mark 86 . Markstrahlen 105 . Spielart 129 . Stocklohden 197 . Ailanthus glandulosa 561 . Aira flexuosa 28 . Alburnum 108 . Alnus s. Erle. A. glutinosa Gärtn. s. Schwarz- erle. A. incana De C. s. Weißerle. A. viridis De C. s. Straucherle. Alpenceder 302 . Alpenerle s. Straucherle. Alpenwald 554 . Alpenweide 473 . Alte Bäume 203 . Rüster 460 . Linde 546 . Alter der Bäume 90 , 202 . Erkennung 69 , 392 . Altersklassen der Bäume 156 . Amentaceae s. Kätzchenbäume. Amygdalaceen 498 . Anomalon circumflexum 276 . Anthoxantum 515 . Anticipation s. Prolepsis. Apfelbaum 508 . Holz 371 . Apfelfrüchtler 499 . Blüthe ders. Apfelquitte 511 . Aquifoliaceen 493 . Architektur der Bäume 210 . Laubhölzer 212 , 217 . Arillus 347 . Arve s. Zirbelkiefer. Aschenbestandtheile der Pflanze 151 . Asperula odorata 515 . Aspidium 36 . Asplenium 39 . Ast 78 , 107 , 385 (u. Zweig). Astlöcher 84 . Astmoos 35 , 36 , 311 . Astwinkel, Wimmer im 199 . Athmungsorgane der Pflanze 170 . Atropa belladonna 39 . Auenwald 554 . Augen s. Kuospen. Augusttrieb s. Sommertrieb. Ausästen s. reinigen. Aushaltender Stamm 312 . Ausklengen der Samen 284 . Ausschlagblätter 197 . Ausschlagsstellen 193 . Ausschlagsvermögen 190 , 196 . Ausschlagszeit der Bäume 159 . Axillarknospen s. Achselknospen. B aeomyces roseus 33 . Bärlapppflanzen 240 f., 38 . Ballenpflanzung (Fichte) 322 , 598 . Bannwälder 339 , 574 . Basalt 49 . Bastschicht 85 , 97 , 110 . Buche 113 . Linde 111 . Bastzellen 112 . Saftleitung 111 . im Blatt 128 . Baum. Architektur 210 ff. Begriff 14 , 18 . Kein Individ. 12 f., 18 . Bau 49 . Baum und Strauch 217 . Getrenntgeschlechtige, monöcische, diöcische 183 . Leben 130 , im Winter 189 , 159 . Frühlingserwachen 159 . Altersklassen 156 . Entsteh. aus Samen- korn 132 . Hohle Bäume 16 . Alter von Einfluß auf Krone 223 , auf Triebe 224 f. Langtriebe geköpfter 78 f. Durch Alter u. Umfang berühmte 203 , 546 . Lebensende 200 . Immergrüne 364 . Baumkrone s. Krone. Baumblüthe s. Blüthe. Baumfeldwirthschaft 602 . Baumkultur 24 . Baumreihen, Entstehung natürlicher 207 . Baumwalds - Bestand 157 , 577 . Baumweißling (Raupennester) 188 . Bedeguar s. Schlafapfel. Befruchtung monöcischer Bäume 183 . Belaubung 214 . Berberis vulgaris L. 520 , 230 . Berberitze s. Sauerdorn. Bergahorn 521 . Alter 204 . Bergkiefer s. Krummholzkiefer. Besamungsschlag 594 . Besenpfrieme 230 . Bestand, reiner u. gemischter 231 , 359 , 246 . 579 . Bestandsverderber 269 , 281 . Betula s. Birke. B. alba Auct. 426 . B. Alno- betula s. Straucherle. B. Alnus L. s. Erle. B. fruticosa Pallas s. Strauchbirke. B. glutinosa Wallr. 436 . B. nana L. s. Zwerg- birke. B. odorata Bechst., B. pubescens Ehrh. s. Ruchbirke. B. verrucosa Ehrh. s. gemeine Birke. Betulaster 424 . Betulineen ( 366 ) 406 ff. Bewegung der Staubgefäße 520 . Bildungsgewebe s. Cambium. Bildungssaft 15 , 169 , 170 . Binsen 39 . Birke 426 . Birkenartige Kätzchenbäume 366 , 406 ff. Birnbaum 508 , 498 , 229 , 123 . Birnquitte 511 . Blatt. Anatomie 126 . Bedeutung u. Leben 16 , 169 , 182 . Einheit der Blattgebilde 130 , 167 . Unterschied von den Stengel- gebilden 14 . Entfaltung 164 . Farbe 169 , 226 ff., im Herbst 185 , 228 , 377 , 435 , 444 , 482 . Geschäckte Bl. 129 , 389 , 494 , 524 , 531 . Gestalt 125 ff., 129 , 226 , einfache u. zusammenges. Bl. 125 , ge- fiederte 227 , 484 , an Stocklohden 78 , 197 , 540 [s. auch Blattspielarten]. Blatt als Individuum 20 , 182 . Blatt in der Knospe 66 , 164 [s. Knospe]. Reproduction 181 . Sommergrüne Bl. 125 . Wachs- thum 169 , 181 . Blattachfel 58 . Knospen 160 , 193 , 62 . Blattfall 186 , 30 , 181 , 391 . Blattfleisch 127 . Blattfläche 125 . Blattgeäder 128 . Blattgelb 186 . Blattgrün 128 , 186 . Blattkäfer (Erle) 420 . (Espe) 444 . Blattkissen 60 . Blattläuse 488 . Blattnetz 128 . Blattrippen 128 . Blattroth 186 . Blattsauger. Rüster 469 . Fichte 125 , 324 , 394 . Blattstellung 164 , 225 . Blattstiel 125 f., 128 . Blattstielnarbe 58 ff., 187 . Bergahorn 522 . Buche 370 . Eiche 387 . Esche 484 , Horn- baum 408 . Nadelhölzer 188 . Roßkastanie 59 . Schwarzpappel 451 . Tanne 329 . Blattwespen 273 . 281 . 324 . Blattwinkel 58 . Blitzspuren, vernarbte 159 . Blöße 584 . Blüthe, als Individuum 20 . Baumblüthe 123 . Männlich u. Weiblich 183 . Zwitter- bl. 183 . Blattgebilde ders. 168 . Gefüllte Bl. 168 . Erste Bl. des Baumes 153 . Vor, mit u. nach den Blättern 182 , 228 . Stellung am Baume 184 . Unterdrücken des Blühens bei Kräutern 205 . Voll- kommne 535 . Blüthenknospen 64 ff., 132 , 77 . Blüthenlose Pflanzen 38 . Kryptogamen 143 . Blüthenkreise 123 . Blüthenpflanzen im Walde 38 , 39 . Bl.- Phanerogamen 143 . Blüthenstaub 183 . s. Schwefelregen. Blumenblätter, Umwandlung in 168 . Blumenesche 491 . Blumenkrone 123 . Blutbuche 374 . Bockkäfer auf Espe 444 . Boden (s. Waldboden). Auffaugungsver- mögen für Sauerstoff 47 . Austrocknungs- fähigkeit 47 . Eigenschaften, Einfluß der physikal. u. chemischen 45 . Erwärmungs- fähigkeit 48 . Farbe 48 . Hygroscopicität 47 . Wahl zur Baumzucht 122 . Wasser- haltigkeit 46 . Wasseraufsaugungskraft 47 . Wärmeleitvermögen 47 . Zusammenhangs- kraft 46 . Zusammensetzung (nothwendige) 46 . Zusammenziehung (Sprünge) 47 . Einfluß auf Triebe 224 . Samenbildung 184 . Nadelfall 189 . Bodenbearbeitung 593 . Bodendecke des Waldbodens 341 , 154 . Bodenfeuchtigkeit als Keimbedingung 138 . Bodenhold 433 . Bodennahrung der Pflanze 44 , 153 , 149 . Bodenstet 433 . Bodenvag 433 . Bodenverbesserung 47 . Bodenvorbereitung ( 41 ) 245 . Bohnenkeim 135 . Bombyx Monacha 273 . B. Pini 273 . Borke 113 . Bildung 117 . Borkenkäfer 201 , 313 . Bostrichus 314 . Brombeerstrauch 230 . Bruchwald 554 , 562 . Bruchweide 460 . Buchdruckerborkenkäfer 314 . Buche 367 . Abarten 372 . Buchenwälder 360 , 3 , 379 , 221 , 370 . Buchsbaum 363 , 364 . Holz 104 . Büschelpflanzung 313 , 598 . Buschholz 358 . C alamagrosten 39 . Cambium 174 , 201 , 85 , 88 , 98 . Carpinus Betulus L. s. Hornbaum. C. Ostrya L. s. Hopfeubuche. Ceder 354 . Celastrineen 533 . Celosia cristata 318 . Celtis s. Zürgelbaum. Cerasus avium s. Vogelkirsche. Ceratodon purpureus 35 . Ceratonia siliqua 364 . Cetraria islandica 33 . Chermes s. Fichtenblattsauger. Chlorophyll s. Blattgrün. Chrysomela 444 . Cladonia 32 , 34 . Cohäsion des Bodens 46 . Congreß, internationaler der Zukunft 566 . Coniferen 254 . s. Nadelhölzer. Conus 254 . Cornus s. Hartriegel. Cotoneaster vulgaris 508 . Coulissenhauungen 601 . Crataegus oxycantha s. Weißdorn. C. mono- gyna L. 507 . Cryptorhynchus Lapathi L. 420 . Cumarin 515 . Cupuliferen 366 . Curculio Lapathi L. 420 . C. notatus 273 . C. Pini 273 , 316 (s. Fichtenrüsselkäfer). Cydonia vulgaris Persoon 511 . Cynipiden s. Gallwespen. Cynips 394 . tinctoria L. 395 . calycis L. 395 . Cypreffen, Familie 254 . D ammerde 28 . Deckblätter 130 , 168 . Lindenblüthe 535 . Dickenzunahme des Baumes 15 . Dickicht 155 . Dicranum 311 . Diffunsion 151 . Dikotyledonen 137 , 143 . Diöcie 183 . Diöcische Kätzchenbäume 365 . Dipsaceen 479 . Donnerbesen 435 . Donnerbusch 435 . Dorn 64 , 496 , 505 . Drehwüchsigkeit 287 . Duftanhang (Fichten) 313 . Duftdruck 248 . Duramen 108 . Durchforstung 156 . Durchwachsung (Lärchenzapfen) 337 . E benholz 108 . Ebenmaß 21 . beim Thiere 22 . Eberesche 500 . Blatt ( 125 ) 127 . Blüthe 229 . Holz 371 . Kugelsproß 199 . Edeltanne s. Tanne. Edle Holzarten 245 . Eiben, Familie der 254 . Eibenbaum s. Taxus. Eichen 382 . Eichelfrucht 382 . Eichelfrüchtige Kätzchenbäume 366 ff. Ei’chen s. Samenknospen. Eichenblattwickler 394 . Eichenholz 101 . Eichenschälwaldungen 396 . Eichenwald 3 , 221 , 379 , 389 . Eichen-Werftkäfer 395 . Einhäusige Kätzchenbäume 365 . Einsamenlappige Pflanzen 137 , 143 . Eisanhang 248 . Elektricität als Keimbedingung 138 . Elemente, chemische in der Pflanze 151 . Elsbeere 504 . Elzbeeren s. Mehlbirne. Embryo 132 . Endknospe 51 , 62 ff., (unechte 63 f.), 190 . fehlschlagende 77 , der Nadelhölzer 199 , vorwiegende Entwickelung 76 . Endosmose 151 , 160 . Engerling 281 . Entlaubung, Folgen der 202 . Wiederersatz 181 . Entrindung, Folgen 118 . Folgen ring- förmiger 172 . Entwässerung ( 41 ). Entwaldung, Folgen 8 . Epheu, Verfärbung der Blätter 186 . Epidermis der Rinde 114 , des Blattes 186 . Epilobium angustifolium 28 , 40 . Equisetum 36 . Erdbeere 39 . Erle. Arten (Nordische s. Weißerle 422 , Schwarzerle 415 , Straucherle 424 ). Erlenblattkäfer 420 . Erlenbrüche 419 . Erlenrüsselkäfer 420 . Ernährung der Pflanze 44 , 150 , durch die Samenlappen 149 , Vergleich mit Thier 179 . Erwärmungsfähigkeit des Bodens 48 . Erythrophyll 186 . Esche 484 . Espe 439 . Eule 273 , 281 . Evonymus s. Spindelbaum, E. verrucosus L. 534 . Exosmose 151 , 153 F achwerksmethode 606 . Färbergallwespe 395 . Fagus silvatica s. Buche 317 . var. cristata, var. quercifolia 372 , var. asplenifolia, var. pendula, var. ferruginea 374 . Falschbirke 424 . Farbenwechsel des Laubes 186 , 228 . Farbstoffe 100 , grüner 128 . Farrnkräuter 36 f., 240 . Keimkraft der Sporen 143 . Wiederbelebungsfähigkeit 144 . Fasciatio s. Verbänderungen. Faulbaum s. Traubenkirsche u. Wegedorn. Federchen 134 . Fehmelwald 578 . Fehmlinde 548 . Feldahorn 529 . Feldrüster 462 . Feldulme s. Feldrüster 462 . Felsart 43 . Felsenkirsche 514 . Fettes Holz 266 . Feuerbaum s. Wachholder. Fichte 304 . Fiedern 126 . Flatterrüster 474 ff. Flechten 31 , 33 f., isländische 33 . Flieder s. Hollunder. Fliege, spanische 490 . Fliegenzustand 270 . Flügelfrucht 427 . Flügelsamen 427 . Foliation 67 . Forche 289 . Forle 289 . Forst 1 , 4 , Forstwirthschaft 5 , Forstwissen- schaft 4 f. Forstbenutzung 613 . Forstdirection 610 . Forsteinrichtung 605 . Forstgarten 596 . Forst-Hauptnutzungen 613 . Forstkulturgesetz, allgemeines deutsches 567 . Forst-Nebennutzungen 613 . Forstschutz 602 . Forsttechnologie 613 . Forstverfassung 609 . Forstverwaltung 610 . Fortpflanzung durch Samen 19 . Frangula vulgaris 495 . Fraxinus excelsior L. 484 s. Esche, excelsior var. simplicifolia 129 , 481 . Fraxinus Ornus L. 491 . Frostrisse 159 , 189 . Frostschaden 189 . Frucht, erste eines Baumes 154 . Nothw. der Bl. zur Reifung 182 . Einfluß auf Ornamentik 229 . Fruchtbarkeitsalter des Baumes 183 . Fruchtboden 537 . Fruchtsaat 594 . Frühjahrsholz 101 , 105 , 121 , 360 . Frühjahrssaft 15 , 160 . Verbreitung 161 , 163 . Ende des Stroms 164 , 412 . Um- wandl. des Safts in den Blättern 169 . Frühlingserwachen des Baumes 158 , 159 . Füllung der Blüthen 168 . Futterlaub 397 . G abelzahn 311 . Gagelftrauch 439 . Galeopsis versicolor 39 . Galeruca Alni Fabr. 420 . Galium silvaticum 31 . Galläpfel 395 . Gallen. Bildung 394 f., des Fichtenblatt- saugers 324 , Galleneiche 395 . Gallwespen 394 . Gasaustausch durch die Blätter 170 . Gastropacha Pini s. Kiefernraupe 202 , G. processiona L. 394 . Gebirgsart 43 . Gebirgswald 31 , 33 ff., 554 , 230 , 232 , 563 . Geest 563 . Gefäße 99 f., 262 , im Blatt 128 , 105 , Unterscheid. der Hölzer nach ihnen 163 , Verlauf 178 , Sastleitung 163 , in der Wurzel 108 . Gefäßbündel der Farrn 37 . Gefäßbündelspuren der Blattstielnarbe 59 , 187 . Gefäßporen, große, mittle, kleine 104 . Geisblatt 230 . Geometra piniaria 273 . Gerbstoff 118 . Gerberlohe 323 . Geselligkeit 1 . Gesteinsart 43 . Ginster 230 . Götterbaum 561 . Gogants 596 . Goldafter (Raupennester) 188 . Goldesche 486 . Goldregen s. Bohnenbaum. Graupappel 445 , 447 , 448 . Gröbaer Wald, Bodenverbesserung 43 . Grünschicht 97 , 110 . Grunderde des Ackerbodens 26 . Gymnospermen 346 f. H aarfarrn 241 . Haarrauch 559 . Haarzahnmoos 559 . Habichtskraut 29 . Hackwald 602 . Hängebirke 432 . Hängebuche 374 . Hängeeiche 389 . Hängeesche 486 . Hagebuche s. Hornbaum. Hagebutte 498 . Hahnenkamm 318 . Hahnenkammbuche 372 . Hainbuche s. Hornbaum. Hartriegel 230 , 480 . Knospe 62 . Harz 255 , 287 , 342 , 297 , 292 , 329 . „Harz“ der Vogelkirsche 512 . Harzfluß, Kirschb. 514 . Harzgänge 103 , 266 , 255 . Harzgallen 266 , 269 , der Tannenrinde 329 . Harzporen Lärche 338 . Harzscharren 308 , 323 . Harzung der Schwarzkiefer 292 . Haubarkeitsalter 157 , 184 . Hauberge 602 . Hauptwurzel 119 . Hecken, Beschneiden der 81 . Heerrauch 559 . Heide 231 , 554 , 557 . Heidekraut 29 , 31 . Heidelbeeren 39 , 230 . Heister 490 . Herbstfarbe des Laubes 185 , 228 . Herbstholz 105 , 121 , 360 . Herrenpflaume 518 . Herzblatt 137 , 147 . Hexenbusch 435 . Hieracium 29 . Himmelsgegend v. Einfluß auf den Wald- boden 26 . Hirnholz 88 . Hochblätter 168 . Hochwald 554 , 31 , 157 , 577 . Laubholz 358 , 221 , 379 . Höhenrauch 559 . Höhenzuwachs, Beendigung 362 . Hohlzahn 39 . Hollunder 478 . Holz. Bau 98 , 161 (s. Holzzelle), Haupt- schnitte 87 , Gewicht 371 , Wassergehalt 151 , 158 , Holzgehalt großer Bäume 204 , 206 , Grob- und feinjährig 90 , 94 , hart u. weich 360 , 367 , edel u. unedel 360 , Unterscheid. der Arten 103 , Maser und Wimmer 198 f., Kugelsproß 200 , ge- drehtes Holz 288 . Holzanbau 283 , Schwierigkeiten 6 . Holzauswuchs, zapfenf. 175 . Holzbildung, neue 170 . Holzbündel 99 , 175 . Holzerde 28 . Holzkörper, untergeordn. Bedeut. 16 , als Boden f. Blätter u. Blüthen 20 , Saft- leitung 16 , 163 . Holzkohle 380 . Holzparenchym 161 . Holzring 85 , 88 , Einfluß auf Belaubung 170 , H. des Blattstiels 128 . Holzsortimente 613 . Holzstoff 100 . Holzzellen 161 , Entstehung 175 , Weg des Saftes 15 , H. der Wurzel 108 . Holzzucht, natürl. und künstl. 283 . Holzzuwachs 96 . Hopfenbuche 413 . Hornbaum 406 . Hügelpflanzung (Fichte) 322 . Hülse s. Stechpalme Humus 28 , 46 , Eigenschaften 46 ff. Hutpilze 31 . Hylesinus piniperda s. Waldgärtner. Hypnum 35 , 311 . Hypokotyles Glied 148 . J ahre 90 . Jahresgrenze 90 . Jahresringe 88 , 90 , 106 , gleichmäßige 93 , Bildung 15 , 170 , scheinbare 106 , bei Drehwuchs 288 , im Wurzelholz 108 . Jahresschichten 90 . Jahressproß s. Jahrestrieb. Jahrestrieb 68 , Grenze zwischen zweien 76 . Jahreswachsthum, Maaß desselben 75 . Ichneumoniden s. Schlupfwespe. Ilex Aquifolium s. Stechpalme. Ilicineen 493 . Immergrüne Bäume 189 . Impatiens Nolimetangere 39 . Individuum 13 , 18 , 20 , 96 , 181 . Insecten, schädliche 41 , 247 , 249 . Ein- theilung 269 . Vermehrnng 272 . Orna- mentik d. Bäume beeinflußend 216 . I. auf Birke 435 , Eiche 393 , 394 , Erle 420 , Espe 444 , Fichte 125 , 201 , 313 , 324 , 394 , Kiefer 268 , 281 , 273 , Lärche 340 , Rüster 469 s. Aderflügler, Blattsauger, Falter, Käfer, Werle. Tanne 333 . Intercellularstoff 102 . Johannisbrodbaum 364 . Johannistrieb s. Sommertrieb. Juniperus communis L. s. Wachholder 214 , 351 . J. nana W. 354 , 328 . J. virginiana L. 354 . K äfer, schädliche. Eiche 394 f., Erle 420 , Espe 444 , Fichte 313 , 316 , Kiefer 770 , 279 , 273 . Kälte, Einfluß ders. auf d. Bäume 158 . Kätzchen 365 . Kätzchenbäume, Bedeutung 367 , Familie der 365 ff. Laubcharakter 366 , Verzweig. u. Krone 366 , Eichelfrüchtige 367 , Birken- artige 406 ff., Weidenartige 439 . Kätzchenblüthler s. Kätzchenbaum. Kahlschläge 601 . Kalkkrystalle in der Rinde 111 . Kalkstein 43 , 44 . Kastanienholz, Gewicht 371 . Keim 132 , 346 . Bedingungen zur Keimung 137 , Dauer 138 , s. Keimpflanze, Eiche 384 , Nadelhölzer 254 . Keimfähigkeit des Samens 134 , 139 , 242 . Keimkraft 133 , 140 , Buchensamen 377 , Fichtensamen 322 . Keimlappen f. Samenlappen. Keimmund 346 . Keimnadeln der Fichte 306 , Kiefer 266 , Lärche 338 , Schwarzkiefer 291 , Tanne 329 , Zirbelkiefer 300 . Keimpflanze 135 , erste Nahrung 136 , 149 . Keimsack 340 , Keim im 346 . Kelch 123 , 498 . Kelchblätter, Umwandlung der 168 . Kernfäule 17 , 109 . Kern s. Kernholz. Kernschäligkeit 90 , d. Kiefer 269 , des Taxus 350 . Kernschicht (des Markes) 100 . 87 . Kesselhauungen 601 . Kiefer, gemeine 257 . Kiefernblattwespe 273 , 281 . Kieferneule 273 , 281 . Kiefernkultur 268 . Kiefernkulturverderber 281 . Kiefernmarkkäfer s. Waldgärtner. Kiefernraupe 202 , 274 . Kiefernrüsselkäfer 273 , 281 . Kiefernspauner 273 , 281 . Kiefernspinner 271 , 273 f., Ei 275 , 278 . Kirschbaum 495 s. Vogelkirsche. Klima, Bedeut. des Waldes für dass. 5 . Kluftig 220 . Knieholzkiefer s. Krummholzkiefer. Knips 378 . Knoppern 395 . Knopperngallwespe 393 . Knospe 58 ; Entfaltung 15 , 81 , 131 , 164 , 169 , 489 ; Schlafende 190 , 193 ; der Kiefern 199 ; Sitzengebliebene 75 , 78 ; Stellung in Bez. auf Krone 211 , 217 , 361 . Knospenachse 67 , 163 . Knospenfaltung 66 . Knospenhülle der Samenknospe 346 . Knospenkern der Samenknospe 346 . Knospenlage 67 . Knospennarbe 76 . Knospenschuppen 59 , 61 f., 65 , 166 , 168 , 130 , 309 . Knospenschuppenspur 76 . Knotenschwammflechte 33 . Königseiche 363 . Kohlensäure durch den Humus gebildet 47 , in der Bodenflüssigkeit 161 . Kohlenstoff in der Pflanze 151 . Kopfholzwirthschaft 193 , 194 , 391 . Kopfweiden 78 , 460 , 193 . Korallenflechte 33 , 34 . (Korallen „moos“.) Korbweiden 459 . Kork 114 , an Wurzeln 122 . Korkeiche 116 . Korkflügel 472 , Rüster; Maßholder 531 . Korkrüster 466 , 469 , 471 ; Rinde 113 . Korkzellen 114 , bei der Borkenbildung 117 , beim Blattfall 187 . Kornelkirsche s. Hartriegel. Kotyledonen s. Samenlappen. Kräuter, Lebensdauer der 205 . Krebs (der Eiche) 393 . Krebsweide 461 . Kreisschicht (Mark) 87 . Kreuzbeeren 497 . Kreuzdorn 63 , 64 , 495 , Holz 105 . Kriechenpflaume 518 . Kriechweide 461 . Krone 210 , 221 . Einfluß der Früchte 229 . Verhältniß zur Wurzel 390 , 393 . Zu- wachs 69 . Kronenabwölbung der Laubhölzer 360 , 362 . Krummholzkiefer 289 . Krummholzöl 297 . Krustenflechten an Tannen 329 . Kryptogamen 38 , 143 . Krystalle in der Rinde. Kugel - Akazien 195 . Kugelsproß 199 . Kuhweizen 39 . Kultur 154 . Kulturverderber 269 , 281 . Kurztriebe 74 , 77 , 78 , 224 , 225 . Blüthen an 184 . K. der Birke 432 , 435 , der Kiefer 259 , 299 , Lärche 336 . Kurzzweige 78 . L abkräuter 59 . Lärche 256 , 334 . Lärchenminirmotte 340 . Landschaftsmalerei 52 , 232 . Langtriebe 74 , 77 f., 224 , 366 , 197 . Larix europaea De C. s. Lärche. Larvengänge 315 . Larvenzustand 270 . Latsche s. Krummholzkiefer. Laubblätter 168 s. Blatt. Verfärbung 185 . Charakter der Kätzchenbäume 366 . Laubdecke des Waldbodens 30 . Laubeichen 397 . Laubfall s. Blattfall. Laubhölzer 353 . Alter 363 . Architektur 212 , 217 . Ausschlagsvermögen 357 , 364 . Aeste 83 . Bestandsverderber 269 . Holz 104 , 106 , 107 , 360 , 369 . Jahreszuwachs 73 . Immergrüne 364 . Krone 221 . Kro- nenabwölbung 360 . Kulturverderber 269 . Stamm 83 , 219 . Wachsthum 304 . Wurzelholz 121 . Laubknospen 59 , 64 s. Knospen. Laubstreu 31 . Laubwald 31 , 231 . Charakter 355 f.. Zahl d. Baumarten 356 . Hochwald 358 . Reine Bestände 359 . Läuterungshiebe 601 . Leben, Begriff 140 , des Baumes 131 , des ruhenden Samens 140 , 142 , der Pflanze im Vergl. zum Thiere 179 . Lebensbaum, Verfärbung der Blätter 186 . Lebensdauer des Baumes 202 , 204 , 206 , der Kräuter 205 . Lebensende des Baumes 200 . Lebenskraft 140 , 143 . Legkiefer s. Krummholzkiefer. Legumin in den Samenlappen 138 . Lemna s. Meerlinse. Lenticellen 114 . Licht als Keimbedingung 138 . Lichtbäume 268 . Lichten eines Dickichts 155 . Liguster 491 , 230 . Ligustrum vulgare L. 491 . Linde. Arten 542 , 538 . Alter 204 , 363 , 546 . Lindengewächse, Familie 535 . Liparis chrysorrhoea s. Goldafter 188 . L. monacha L. s. Nonne. Lohden 196 . Loranthus 14 . Luft, als Keimbedingung 138 . Luftlücken 128 . Lycopodium s. Bärlapp. Lyda pratensis 273 . Lymexylon navale L. 395 . Lytta vesicatoria 490 . M aikäfer 273 , 281 , 394 . Maitrieb 80 . Mandelgewächse, Familie der 498 . Mark 85 , 88 , 107 . Bedeut. 86 . Centrales und excentrisches 91 , 220 . Kernschicht u. Kreisschicht 87 , 88 . M. d. Blattstiels 128 , der Knospenaxe 163 , Bezieh. z. Knospe 82 , der Maserknospen 198 . M. alter Bäume 84 . Markfleckchen 107 . Birke 433 . Schwarz- erle 418 . Weißerle 423 . Sahlweide 458 . Markscheide 87 . Markstrahlen 88 , 98 , 101 . Bedeut. 161 . Stärkemehl in 15 . Unterschied d. Hölzer nach ihnen 105 . Wirkung auf Umgeb., Adventivknospenbildung 192 . Metamor- phosirte 191 , 193 f., 196 . M. d. Wurzel 107 , 121 . Markstrahlenzellen 161 , 162 . Markwiederholungen 107 s. Markfleckchen. Marsch 563 . Maserbildung 198 , Birke 433 . Eiche 198 , 323 . Erle 421 . Maßholder 532 , Ulme 470 . Maserknollen 198 . Maserknospen 198 . Maserknoten 193 , 198 . Maßholder s. Feldahorn. Massenzunahme des Baumes 170 . Maulwurfsgrille 273 , 281 . Meereshöhe v. Einfluß auf Waldboden 26 . Meerlinsen, Wurzeln der 147 . Mehlbeerbaum 502 . Blatt 227 . Melampyrum nemorosum 39 . Melolontha vulgaris L. s. Maikäfer. Mespilus Cotoneaster L. 508 . M. germa- nica L. 507 . Microgaster 278 . Mikrogasterlarven 277 . Mikropyle 346 . Milchsaft, Spitzahorn 528 . Milzfarrn 39 . Minirmotte der Lärche 340 . Mirabelle 518 . Mispel 230 , 507 . Mistel 14 , 18 . Misteldrossel 18 . Mittelwald 554 , 31 , 193 . (der Laubhölzer) 357 , 358 . Modererode 28 . Monöcische Bäume 183 , 365 . Monokotyledonen 137 , 143 . Moorheide 557 . Moorpflanzen 558 . Moorrauch 559 . Moos 35 , 207 , 208 , 311 . Isländisches 32 . Mooskiefer s. Krummholzkiefer. Muttergang 314 . Myosotis silvatica 31 . Myrica Gale L. s. Gagelstrauch. N abel (des Samens) 135 . Nadel 125 . Dauer 256 . Verfärbung 189 , 202 . Krankheiten 256 . Nadelverlust der Kiefer 268 . Uebergang in Deckschuppen 336 . Nadelbüschel der Lärche 337 . Nadeldecke des Waldbodens 30 . Nadeldecke 188 . Nadelhölzer 239 . Adventivknospen 199 . Architektur 212 . Arten 253 . Ausgestor- bene 38 . Blätter 128 s. Nadel. Blüthe 123 , 215 , 347 . Familien 254 . Holz 102 , 255 ff., 206 . Knospe 199 , 65 . Orna- mentik 214 , 215 . Samenlappen 137 . Schonung u. Dickicht 155 . Stamm u. Aeste 83 . Temperatureinfl. 189 . Ueber- wallung 342 . Verzweigung 22 . Wurzel 120 . Zuwachs 70 . Nadelholzbestandsverderber 269 . Nadelholzkulturverderber 269 . Nadelstreu 311 . Nadelwald 31 , 231 , 239 . Färbung im Winter 186 . Flechten im N. 34 . Ge- fahren 247 . Einfluß auf d. Menschen 250 . Nahrung, erste der Pflanze 136 . Nahrungssaft, Aufnahme durch d. Wurzel 151 . Vorbereitung des rohen 161 , seine Umwandl. (Assimil.) in den Blättern 169 . Nebenblätter 130 , 168 , in der Knospe 164 . Nebenknospen s. Adventivknospen. Nebenwipfel s. Seitenwipfel. Nebenwurzel 119 . Nesselgewächse 462 . Neuwald 205 . Niederblätter 168 . Niederwald 554 , 31 , 193 , 196 . der Laub- hölzer 357 , 358 (Eiche) 396 . Noctua piniperda 273 . Nonne 271 , 273 , 281 , 316 , 435 . Nucleus der Samenknospe 346 . Nußbaum, Holz 106 . O berbaum 578 . Oberhaut des Blattes 127 , der Rinde 114 . Oberhautzellen 126 . Oberholz 578 . Obstbäume 498 . Veredelung 17 . Ring- schnitt 172 . Oel, ätherisches 100 , in Tannensamen 326 , fettes 100 . Oelbaum 364 . Ohrweide 130 . Oleaceen 484 . Ornamentik 225 , 230 . Fichte 262 . Ornus europaea Pers. 471 . Orotava, Drachenbaum von 204 . Ostrya carpinifolia Scop. s. Hopfenbuche. P appel 439 , 445 . Ausschlagsvermögen 193 . Blatt, Blüthe 439 , 228 ( 123 ). Zeit 125 , 182 , 127 . (Knospenentfalt 67 .) Knospe 61 , 63 , 64 . Holz 367 , 371 . Same 150 . Stecklinge 121 . Stock- u. Wurzelaus- schlag 120 , 448 . Canadische 454 . Ita- lienische 19 , 203 , 450 . s. Espe 439 , Silberpappel 145 , Schwarzpappel 449 , Graupappel 348 . Pappelweide 452 . Periderm 110 , 116 . Periode 589 . Pfaffenhütchen s. Spindelbaum. Pfahlwurzel 119 . Eiche 384 , 387 , 390 . Lärche 342 . Taune 331 . Verhältniß zum Stamm 390 . Pflanze. Bestandtheile 151 . Gesellige 1 . Unterschied vom Thiere 13 , 179 . Tod 200 . Pflanzendecke des Waldbodens 30 . Pflanzengrün d. Flechten 34 , s. Blattgrün. Pflanzenstreu 31 . Pflanzgarten 595 . Pflanzkulturen 155 , 596 . Pflanzung 283 . Pflaumenbaum 498 , 517 ff. Wurzelaus- schlag 120 . Frühjahrsholz 116 . Gewicht des Holzes 671 . Phanerogamen 38 , 143 . Picea excelsa Lamarck s. Fichte. Pilze 31 . Pinus s. Kiefer. P. abies L. s. Fichte. P. abies du Roi s. Tanne. P. austriaca Höss s. Schwarzkiefer. P. Cembra L. s. Zirbel- kiefer. P. Laricio Poiret s. Schwarzkiefer. P. Larix L. s. Lärche. P. Mughus Scop. s. Krumholzkiefer. P. nigricans Host. s. Schwarzkiefer. P. picea L. s. Tanne. P. picea du Roi s. Fichte. P. pumilio Haenke s. Krummholzkiefer. P. silvestris s. gem. Kiefer. P. Strobus s. Weymouths- kiefer. Plänterwald 578 . Platanenborke 117 , 529 . Platzsaat 154 , 283 . Pollen s. Blüthenstaub. Polyandria 498 . Polykotyledonen 137 , 254 . Polytrichum 35 , 311 . Pomaceen 499 . Blüthe. Pontia Crataegi s. Baumweißling 188 . Populus alba L. s. Silberpappel. P. cana- densis 454 . P. canescens Smith s. Grau- pappel. P. dilatata Ait. (fastigiata Poir.) s. ital. Pappel. P. nigra L. s. Schwarz- pappel. P. tremula s. Espe. Poren 101 . Porphyr 43 . Preißelsbeeren 230 . Primordialblätter 147 . Processionsspinner 394 . Prolepsis 81 . Prosenchymzellen 161 . Proteïnstoffe, in der Knospenachse 163 . Prunus 511 . Padus L. s. Traubenkirsche. P. avium L. 512 . P. cerasus L. 514 . P. domestica L. 519 . P. insititia L. 518 . P. Mahaleb L. 514 . P. spinosa L. s. Schwarzdorn. P. virginiana Duroi 517 . Pteris aquilina s. Adlerfarrn. Pteromalus xanthopus 279 . Puppenzustand 270 . Pyramideneiche 389 . Pyrus acerba Merat, P. malus L. 508 , P. communis L. 508 . P. Cydonia L. 511 . Q uarz 44 . Quarzsand. Wasserhaltigkeit 46 . Wärme- leitungsvermögen 48 . Quercus austriaca Willd. 405 . Q. cerris L. s. Zerreiche. Q. coccinea 405 . Q. imbri- caria 405 . Q. infectoria 395 . Q. lanugi- nosa Thuillier 400 . Q. pedunculata L. s. Stieleiche. Q. pubescens Willd. 401 . Q. robur L. s. Steineiche. Q. rubra 405 . Q. salicifolia 405 . Q. suber s. Korkeiche. Querschnitt des Stammes 87 , 91 ff., 219 . Quirlknospen der Nadelhölzer 199 . Quirltrieb der Nadelhölzer 70 . Quitte 511 . R adischen, Wassergehalt 151 . Raupennester 188 . Raupenzwinger zur Vermehr. d. Schlupf- wespen 282 . Räumde 584 . Reidel 196 . Reife des Samens 139 . Reineclaude 518 . Reinigen des Baums 156 , 220 . Rennthierflechte 33 , 34 . Reproduktion 181 . Reservenahrung s. Stärkemehl. Verflüssi- gung 161 . Revision 612 . Rhamnus Frangula L. s. Wegedorn. R. cathartica L. s. Kreuzdorn. Rhodites Rosae L. 394 . Rhytisma acerinum 828 . Riefensaat 283 . Riemenblume 14 . Riesenbäume 254 . Rinde 85 , 109 (Bedeutung) 118 , die des Blattstiels 128 , der Maserknollen 198 , der Wurzel 121 , Verfärbung 482 , Ver- wendung 323 . [s. Bast, Borke, Kork.] Rindenflechten 35 . Rindengewebe 97 , Saftleitung im 171 s. Bast. Rindenhaut 85 , 97 , 112 , 370 . Rindenhöckerchen 114 . Rindenmarkstrahlen 88 , 97 , 112 , 370 . Rindenzellen 175 . Rindenzuwachs 97 . Ringschnitt d. Obstbäume 172 . Robinie 561 . Herzblatt der 148 . Röderwaldwirthschaft 602 . Rosaceen 498 . Rose 230 . ( 394 ). Rosengewächse, Familie der 498 . Roßkastanie, Blattstielnarbe 59 , Knospe 65 , Holz (Gewicht) 371 . Rothfäule (Fichte) 313 , 378 . Rothbuche s. Buche 371 . Rothtanne s. Fichte. Ruchbirke 436 , 431 . Ruchgras 515 . Rühremichnichtan 39 . Rüsselkäfer, der Erle 420 , der Kiefer 273 , 281 , der Fichte 316 . Rüster 462 . Abarten 466 . Alter 204 , 469 . Arten 473 . Feld-R. 462 . Kork-R. 471 . Kork-R. 474 . S aat 283 . Saatkamp 595 . Saatkultur 593 . Sackträger s. Minirmotte. Säfteaustausch zwischen den Zellen 100 . Säulenflechte 32 , 34 Saftfluß der Eiche 393 . Saftstrom 15 , 102 , 159 . Beginn, Gewalt 160 . Absteigender 170 . Organe der Leitung 161 , 163 , 170 . Stauchung 177 . Sahlweide 454 . Salbeiweide 459 . Salicineen 366 , 439 . Salix 454 . S. alba L. 460 . S. aurita L. 130 , 459 . S. babylonica L. 461 . S. caprea L. s. Sahlweide 454 . S. fragilis L. 460 . S. purpurea L. 460 . S. repens L. 461 . S. reticulata L. 455 . S. rubra L. 460 . S. triandra L. 460 , 461 . S. vi- minalis L. 460 . S. vitellina L. 460 . Samara 521 . Sambucus 478 . S. racemosa s. Trauben- holder oder S. nigra s. Hollunder. Same, im Vergleich zum Steckreis 19 . Keimkraft 40 , 137 . Samenanflug 38 . Samenbäume 38 , 221 (Krone ders.) 595 . Samendarren 284 . Samenhaut 132 . Samenjahre 184 . Fichte 312 . Kiefer 283 . Eiche 390 . Buche 377 . Samenknospe 427 , nackte 346 . Samenkorn, Bau 132 . Samenlappen 133 . Bedeutung 136 , 139 , 149 . (Nahrungsstoffe in dens. 138 ). Samenmantel (Taxus) 347 . Samenpflanzen — Phanerogamen 143 . Samenreife 139 , 183 , 182 . Samenschlag 283 , 594 . Samenschlagstellung 283 . Samenträger 429 . Sand. Wasserhaltigkeit 46 , Austrocknungs- fähigkeit 47 . Sandheide 559 . Saperda populnea 444 . Sauerdorn 520 . Sauerkirsche 515 . Sauerstoff in der Pflanze 151 , durch Blätter ausgehaucht 170 , Auffaugungsvermögen des Bodens für denselben 47 . Saugwurzeln 147 , 151 , ( 122 ). Schachtelhalm 36 , 240 . Schäfchen s. Kätzchen. Schaft 218 . Schattenbäume 268 . Schießbeere s. Wegedorn 496 . Schildfarrn 36 , 241 . Schizoneura lanuginosa Hartig 469 . Schlafäpfel 394 . Schlagpflanzen 40 . Schlagräumung 40 . Schlehdorn s. Schwarzdorn. Schlingstrauch 482 . Schlupfwespen 271 , 277 , 282 . Schluß, Bäume im dichten 155 . Schmarotzer 14 , 18 . Schmetterlinge, forstschädliche, s. Falter. Schneeball 482 , 230 . Knospe 59 , 60 . Schneedruck 248 , 313 . Schneideln der Eiche 319 . Schneidelstreu 322 . Schneidelwirthschaft 193 , 194 . Schneiße 585 . Schneißennetz 586 . Schonung 155 , 283 . Schraubenstellung der Blätter 164 . Schraubenwindung der Stämme 219 , 287 . Schütten der Kiefer 268 , 282 . Schutzbeamte 611 . Schwammraupen 188 . Schwarzbirke 437 . Schwarzdorn 505 , 517 , 40 , 60 , 64 , 182 , 230 , 125 , 182 , 228 . Schwarzerle 415 . Schwarzföhre s. Schwarzkiefer. Schwarzkiefer 289 . Schwarzpappel 449 . Schwefelregen 215 , 258 . Seekiefer, Ueberwallung 342 . Seidelbast 230 . Seitenknospen 62 , 190 , 310 . Seitentriebe der Nadelhölzer 71 . Seitenwipfel 301 , 202 , 311 , 330 . Sekantenschnitt des Holzes 88 . Senecio silvaticus 28 , 40 . Sequoia 254 . Setzreiser, Baumerziehung durch 193 . Silberpappel 445 , Adventivknospen 191 . Silbertanne s. Tanne ( 329 ). Sommereiche s. Stieleiche. Sommerlinde 542 . Sommertrieb 80 , der Eiche 390 , Buche 376 . Sonnenlicht als Keimbedingung 138 . Sorbus 499 . S. aucuparia L. s. Eberesche. S. Aria Crantz 502 . S. domestica L. 501 . S. hybrida L. 502 . S. latifolia Ehrh. 503 . S. torminalis Crantz 504 . Spaltöffnungen 127 , 170 . Spaltschnitt des Holzes 88 . Spanner (Kiefer) 273 , 281 . Spannrückigkeit 220 , 409 , 423 Spargel, Wassergehalt 151 . Speierling 502 . Sphagnum 35 . Spiegel, Spiegelfaser 105 , 387 . Spiegelrinde 390 , 396 . Spierstauden 230 . Spindelbaum 583 . Rinde 113 . Holz 104 f. Spinner 183 , 188 , 270 , 271 ff., 273 , 281 , 316 , 340 , 394 , 435 . Spiralfaserzellen 100 . Spiralgefäße 102 , im Blatt 120 . Spitzahorn 526 . Splint 92 , 108 . Saftleitung im 161 . Splintbaum 410 . Spore, Keimkraft 143 . Sporenpflanzen (Kryptogamen) 143 . Spreewald 562 . Springeschläge 601 . Spreite 125 . Sproß 68 s. Trieb. Stachel 506 . Stachys silvatica 31 . Stärkemehl 100 , in den Samenlappen 138 , in den Markstrahlen 15 , Reservenahrung 161 . Stamm. Alter und junger 82 . Alters- schätzung 392 . Architektur 212 . Aus- schlag 169 . Innerer Bau 84 , 91 , 98 . Durchmesser 392 . Flechten am 35 . Ge- stalt 219 . Länge 218 . Querschnitt 219 . Saftleitung 161 , 163 . Verhältniß zur Pfahlwurzel 390 . Wimmer am 199 . Windung 219 . Wunden 378 . Stangenholz 156 , 285 . Staubbeutel, Tanne u. Fichte 324 . Lärche 334 . Staubgefäße 123 , 168 , 406 . 520 . Stauchling 74 , s. Kurztrieb. Stauchung bei Maser 198 , u. Wimmer 199 . Stechpalme 493 , 73 , 186 , 364 . Steckholder s. Wachholder. Stecklinge 16 , 19 , 121 , 152 , 193 . Steinart 43 . Roßmäßler, der Wald. 41 Steinbuche 381 . Steineiche 398 . Steinfrucht 512 . Steinkirsche 515 . Steinkohlenpflanzen 38 . Steinkohlenwälder 239 . Stempel 123 , 168 . Stengelgebilde (Unterschied von den Blatt- gebilden) 14 . Stengelglied, hypokotyles 147 . Sternhaare 401 , 483 . Stickstoffhaltige Verbindungen s. Proteïn- stoffe 163 . Stickstoffhaltige und Stickstofffreie Sub- stanzen in den Samenlappen 138 . Stieleiche 382 . Stock 307 . Stockausschlag 169 , 190 , 195 , 197 , 448 , Blätter am 384 , 430 , 500 . Stockfäule bei Eichen 393 . Espe 444 . Stocklohden 78 , 79 , 129 , 196 , 345 . Stockroden 40 . Stocküberwallungen 307 , 342 . Stoffwechsel 141 , 179 . Stoma 126 . Strauch 217 , 230 . Strauchbirke 438 . Straucherle 422 . 424 . Streifensaat 154 . Streurechen 42 , 322 . Strobilaceen 254 . Strobilus 254 . Stürme 247 , 250 . Stummeln der Eiche 391 . Sumpfkiefer s. Krummholzkiefer. Sumpfmoose 35 . Syenit 44 . T angentialschicht des Holzes 88 . Tanne 256 , 324 . Alter 204 , 206 , 343 . Architektur 213 . Arkadische 345 . Taxus 346 . Alter 21 , 204 , 350 . Archi- tektur 214 . Teleas laeviusculus 277 . Teneriffa, Drachenbaum auf 204 . Tenthredo Pini 273 . Terminalknospe s. Endknospe. Terpentin, venetianischer 342 . Tetraneura Ulmi Hartig 469 . Thalamanthen 537 . Thalamus 539 . Tharand’s heilige Hallen 381 . Thauwurzeln 147 . Theilblätter 126 . Thonerde im Waldboden 46 . Thonschiefer 43 . Thränen der Weinrebe 160 . Thränenweide 461 . Thuja s. Lebensbaum. Tiefgründigkeit des Bodens 46 . Tilia grandifolia Ehrh. s. Sommerlinde 542 . T. parvifolia Ehrh. s. Winterlinde 534 . Tiliaceen 535 . Tinea laricinella 340 . Tod der Pflanze 189 , 200 . Tollkirsche 39 . Torfpflanzen 558 . Tortrix buoliana 281 . T. viridana 394 . Tragbarkeitsalter, durchschnittliches 184 . Tragknospe 64 , der Buche 370 . Traubeneiche s. Steineiche. Traubenhollunder 39 , 61 , 230 , 478 , 408 . Traubenkirsche 515 . Knospe 63 , 67 . Trauerbuche 374 . Trauereiche 389 . Traueresche 486 . Trauerweide 461 . Trieb 78 . Anordnung 224 . Entfaltung 165 ff., 169 . Gliederung 76 , 81 . Vollen- dung 179 . Triebknospen 64 , 65 . Triebwachsthum der Buche 376 . Tüpfel 162 . 266 . Turdus viscivorus 18 . T. pilaris 353 . Turnus 588 , 600 . U eberhalten einzelner Bäume 286 . Ueberwallung 182 , 191 , 203 , 267 , 307 , 342 , 92 . Ulme s. Rüster. Ulmeen 462 . Ulmenmaser 470 . Ulmus s. Rüster. U. ciliata Ehrh. und U. effusa Willd. s. Flatterrüster. U. suberosa Ehrh. s. Korkrüster. U. campestris L. s. Feldrüster. Umtrieb 588 . Umtriebszeit 157 , bei Stockausschlägen 196 , 600 . Unkraut 3 , 41 . Untergrund des Ackerbodens 26 , des Wald- bodens 29 . Unterholz 578 . Urticaceen 462 . Urwald 4 . Deutscher 6 , 205 . V egetationsblätter 168 . Vegetationskegel der Maserknospen 198 . Vegetationsperiode, Dauer der 160 . Verbänderung 316 ff. Verdämmen durch Unkraut 39 . Verdauungsorgane der Pflanzen 170 . Veredelung der Obstbäume 17 . Verfärbung des Laubes 185 . Verjüngung 142 . Verkienung (Kiefer) 266 . Vermehrung durch Stecklinge 19 . Vernarbung 174 . Vernation 66 . Versumpfung 558 . Verwaltungsbeamte 611 . Verwitterung 44 , 46 . Viburnum Opulus L. 482 . s. Schneeball. V. Lantana 59 , 60 , 482 s. Schlingstrauch. Vielsamenlappige Pflanzen 137 , 254 . Viscum 14 , 18 . Vogelbeeren 501 . Vogelkirsche 512 . Vollholzig 309 . Vollsaat 154 , 283 . Vorzeitigkeit der Knospenentfaltung 81 . W achholder 214 , 351 , 353 , 438 . Virgi- nischer 354 . Wachholderdrossel 353 . Wärme. Als Bedingung des Keimens 138 . Leitungsvermögen des Bodens 47 . Wald. Unterschied von Forst 1 . Woraus besteht er? 9 . Forstl. Bedeut. 4 . Gast- freundschaft 3 . Laub- u. Nadelwald 231 , 339 . Herbstlicher Wald 185 . Formen 553 . Waldarbeiter 610 . Waldbau 592 . Schwierigkeiten 7 . Waldboden 3 , 25 , 35 . Verschiedenh. nach Lage 26 . Unterschied vom Ackerboden 26 . Zusammensetzung 27 . Nothw. Zusammen- setzung 46 . Beurtheilung 46 . Mineral. Bestandth. 43 . Felsiger 36 . Flechten 34 . Farrn 36 . Abgetriebener 40 . Boden- decke 30 . Verbesserung 43 , s. Boden. Waldbrände 248 . Walderde 28 . Waldgärtner 373 , 279 ff., 281 . Waldgräser 39 . Waldkirsche 513 . Waldkräuter 28 , 31 , 39 , 549 . Waldkreuzkraut 28 , 40 . Waldlabkraut 31 . Waldmeister 515 . Waldornamentik 230 . Waldpflug 592 . Waldreben 230 . Waldschachtelhalm 37 , 241 . Waldschäden 247 . Waldschlag, Blumenreichthum 39 . Waldschmiele 28 . Waldsträucher 230 . Waldstreu 36 , 38 , 41 . Waldunkräuter 38 , 154 , 284 . Waldverderber 273 , s. Insekten. Waldvergißmeinnicht 31 . Waldveränderung 243 . Waldverwüstung 42 . Waldwerthberechnung 607 . Waldwirthschaft 551 . Waldziest 31 . Wallnußholz, Gewicht 371 . Washingtonia 254 . Wasser, seine chemische Einwirkung 44 . Wassergas, von Blättern aufgesaugt 170 . Wassergehalt der Pflanze 151 . Wasserhaltigkeit des Bodens 46 . Wasserholder 482 . Wasserstoff in der Pflanze 151 . Weckholder s. Wachholder. Wedel der Farrn 37 . Wegedorn 59 , 495 . Weide 454 . Arten 126 , 454 . Benutzung 457 . Blatt 67 . 455 . Blüthe 455 , 182 . ( 123 , 125 ). Holz 367 , dessen Gewicht 371 . Hohle W. 17 . Kätzchen 228 . Knospe 60 , 62 , 66 , 455 . Langtriebe 366 . Neben- blätter 130 , 366 . Prolepsis 461 . Ruthen 77 . Rinde 482 . Same 150 . Stecklinge 121 . s. Sahlweide 454 . Ohrweide 459 . Weidenartige Kätzchenbäume 366 . Weidenröschen 28 , 39 , 40 . Weißbirke 437 , s. Birke. Weißbuche 371 , s. Hornbaum. Weißdorn 504 , 64 , 230 . Blatt 129 . Neben- blätter 130 . Umfärbung 169 . Weißerle 422 . Feinde 420 . Weißfäule 378 . Weißtanne s. Tanne 329 . Weißweide 460 . Weinrebe, Thränen 160 . Wellingtonia 254 . Werle s. Maulwurfsgrille. Wettertanne 214 , 310 . Weymouthskiefer 304 . Wickler 281 , 394 . Wieden 460 . Wiedererzeugung 181 . Wiese 2 . Wiesenweide 461 . Widerthon 35 , 311 . Wildschaden 41 , 284 . Wimmer 198 . Windbruch 119 , 247 , 249 , 307 . Wintereiche s. Steineiche. Winterkälte, Schaden der 189 . Winterlinde 534 . Winterruhe der Bäume 158 , 160 , 189 . Wipfelbruch in Samenjahren (Fichte) 212 . Wipfeldürre, Ursache 45 . Wirthschaftsbezirk 585 . Wirthschaftsstreifen 585 . Wüchfig 69 . Würzelchen 134 . Wundenausheilung 182 . Wurmtrockniß 201 , 316 . Wurzel 119 . Bau 121 . Berbreitung, Be- reich 29 . Verhältniß zur Krone 390 , 393 . Thätigkeit 44 , 122 , 152 , 159 , 161 , 163 . Stellen auf die W. 196 . Wurzelausscheidung 153 , 433 . Wurzelausschlag 120 , 129 , 193 , 194 , 444 , 448 , 542 . Wurzelauswüchse (Erle) 418 . Wasser, seine chemische Einwirkung 44 . Wassergas, von Blättern aufgesaugt 170 . Wassergehalt der Pflanze 151 . Wasserhaltigkeit des Bodens 46 . Wasserholder 482 . Wasserstoff in der Pflanze 151 . Weckholder s. Wachholder. Wedel der Farrn 37 . Wegedorn 59 , 495 . Weide 454 . Arten 126 , 454 . Benutzung 457 . Blatt 67 . 455 . Blüthe 455 , 182 . ( 123 , 125 ). Holz 367 , dessen Gewicht 371 . Hohle W. 17 . Kätzchen 228 . Knospe 60 , 62 , 66 , 455 . Langtriebe 366 . Neben- blätter 130 , 366 . Prolepsis 461 . Ruthen 77 . Rinde 482 . Same 150 . Stecklinge 121 . s. Sahlweide 454 . Ohrweide 459 . Weidenartige Kätzchenbäume 366 . Weidenröschen 28 , 39 , 40 . Weißbirke 437 , s. Birke. Weißbuche 371 , s. Hornbaum. Weißdorn 504 , 64 , 230 . Blatt 129 . Neben- blätter 130 . Umfärbung 169 . Weißerle 422 . Feinde 420 . Weißfäule 378 . Weißtanne s. Tanne 329 . Weißweide 460 . Weinrebe, Thränen 160 . Wellingtonia 254 . Werle s. Maulwurfsgrille. Wettertanne 214 , 310 . Weymouthskiefer 304 . Wickler 281 , 394 . Wieden 460 . Wiedererzeugung 181 . Wiese 2 . Wiesenweide 461 . Widerthon 35 , 311 . Wildschaden 41 , 284 . Wimmer 198 . Windbruch 119 , 247 , 249 , 307 . Wintereiche s. Steineiche. Winterkälte, Schaden der 189 . Winterlinde 534 . Winterruhe der Bäume 158 , 160 , 189 . Wipfelbruch in Samenjahren (Fichte) 212 . Wipfeldürre, Ursache 45 . Wirthschaftsbezirk 585 . Wirthschaftsstreifen 585 . Wüchfig 69 . Würzelchen 134 . Wundenausheilung 182 . Wurmtrockniß 201 , 316 . Wurzel 119 . Bau 121 . Berbreitung, Be- reich 29 . Verhältniß zur Krone 390 , 393 . Thätigkeit 44 , 122 , 152 , 159 , 161 , 163 . Stellen auf die W. 196 . Wurzelausscheidung 153 , 433 . Wurzelausschlag 120 , 129 , 193 , 194 , 444 , 448 , 542 . Wurzelauswüchse (Erle) 418 . Wasser, seine chemische Einwirkung 44 . Wassergas, von Blättern aufgesaugt 170 . Wassergehalt der Pflanze 151 . Wasserhaltigkeit des Bodens 46 . Wasserholder 482 . Wasserstoff in der Pflanze 151 . Weckholder s. Wachholder. Wedel der Farrn 37 . Wegedorn 59 , 495 . Weide 454 . Arten 126 , 454 . Benutzung 457 . Blatt 67 . 455 . Blüthe 455 , 182 . ( 123 , 125 ). Holz 367 , dessen Gewicht 371 . Hohle W. 17 . Kätzchen 228 . Knospe 60 , 62 , 66 , 455 . Langtriebe 366 . Neben- blätter 130 , 366 . Prolepsis 461 . Ruthen 77 . Rinde 482 . Same 150 . Stecklinge 121 . s. Sahlweide 454 . Ohrweide 459 . Weidenartige Kätzchenbäume 366 . Weidenröschen 28 , 39 , 40 . Weißbirke 437 , s. Birke. Weißbuche 371 , s. Hornbaum. Weißdorn 504 , 64 , 230 . Blatt 129 . Neben- blätter 130 . Umfärbung 169 . Weißerle 422 . Feinde 420 . Weißfäule 378 . Weißtanne s. Tanne 329 . Weißweide 460 . Weinrebe, Thränen 160 . Wellingtonia 254 . Werle s. Maulwurfsgrille. Wettertanne 214 , 310 . Weymouthskiefer 304 . Wickler 281 , 394 . Wieden 460 . Wiedererzeugung 181 . Wiese 2 . Wiesenweide 461 . Widerthon 35 , 311 . Wildschaden 41 , 284 . Wimmer 198 . Windbruch 119 , 247 , 249 , 307 . Wintereiche s. Steineiche. Winterkälte, Schaden der 189 . Winterlinde 534 . Winterruhe der Bäume 158 , 160 , 189 . Wipfelbruch in Samenjahren (Fichte) 212 . Wipfeldürre, Ursache 45 . Wirthschaftsbezirk 585 . Wirthschaftsstreifen 585 . Wüchfig 69 . Würzelchen 134 . Wundenausheilung 182 . Wurmtrockniß 201 , 316 . Wurzel 119 . Bau 121 . Berbreitung, Be- reich 29 . Verhältniß zur Krone 390 , 393 . Thätigkeit 44 , 122 , 152 , 159 , 161 , 163 . Stellen auf die W. 196 . Wurzelausscheidung 153 , 433 . Wurzelausschlag 120 , 129 , 193 , 194 , 444 , 448 , 542 . Wurzelauswüchse (Erle) 418 . 41* Wurzelbrut 197 . Wurzelfasern 147 . Wurzelhaare 147 . Wurzelhaube 146 . Wurzelholz 107 , 121 , 349 , 388 . Wurzelknospen 120 . Wurzelschößlinge 120 , 196 . Wurzelspitze 146 . Wurzelstock, Ausschlag am 193 , 195 . Wim- mer am 199 . X anthophyll 186 . Z ähigkeit des Bodens 46 . Zapfen 216 . Zapfenbäume, Familie der 254 . Zapfensaat 284 . Zauberring 172 . Zeichenschläger 611 . Zelle 99 . Zellenbildung 170 . Zellsaft, gefrorner 189 . Zerreiche 395 , 402 , 403 . Zirbelkiefer 298 . Zitterpappel s. Espe. Zopftrockniß bei Eichen 393 . Zucker in den Samenlappen 138 , im Früh- jahrssafte 161 . Zürgelbaum 478 . Blüthe 228 . Holz 104 . Zusammenhangskraft des Bodens 46 . Zuwachs 69 . (Berechnung.) Zweig 78 , 385 . Saftleitung 161 , 163 . Zweihäusige Kätzchenbäume 365 . Zweisamenlappige Pflanzen 137 , 143 . Zwergbäumchen 139 . Zwergbirke 244 , 438 . Zwergkiefer s. Krummholzkiefer. Zwergmispel 508 . Zwergwachholder 354 , 438 . Zwergweiden 461 . Zwetsche 218 f. Zwischennutzungen 599 . Zwitterblüthen 183 . Gedruckt bei E. Polz in Leipzig.