Unterricht vom Blitz und den Blitz- oder Wetter Ableitern zur Belehrung und Beruhigung sonderlich der Ungelehrten und des gemeinen Mannes. Mit einer Kupfertafel von Johann Friederich Luz Ober Caplan zu Gunzenhausen. Frankfurt und Leipzig, bey Weigel und Schneider 1784 . Dem Durchlauchtigsten Fuͤrsten und HERRN, HERRN Christian Friederich Carl Alexander, Marggrafen zu Brandenburg in Preußen, zu Schlesien, Magdeburg, Cleve, Juͤlich, Berg, Stettin, Pommern, der Cassuben und Wenden, zu Mecklenburg und zu Croßen Herzoge; Burggra- fen zu Nuͤrnberg, ober- und unterhalb Gebuͤrgs; Fuͤrsten zu Halberstadt, Minden, Camin, Wenden, Schwerin, Ratzeburg und Moͤrs; Grafen zu Glatz, Hohenzollern, der Mark, Ravensberg und Schwe- rin; Herrn zu Ravenstein, der Lande Rostock und Stargard; Grafen zu Sayn und Wittgenstein; Herrn zu Limburg ꝛc. ꝛc. Des loͤblichen Fraͤnki- schen Craißes Craiß. Obersten und General Feld- Marschall; Ihro Roͤmisch Kaiserl. Koͤnigl. Majestaͤt General-Major; Ihro Koͤnigl. Preußischen Maje- staͤt General-Lieutenant und Obristen uͤber drey Cavallerie Regimenter Meinem gnaͤdigsten Fuͤrsten und Herrn. Durchlauchtigster Marggraf, Gnaͤdigster Fuͤrst und Herr! U nter die vielen preißwuͤrdigen Veranstal- tungen, durch die Euer Hochfuͤrstlich Durchlaucht Hoͤchst Dero Lande zu be- gluͤcken eifrigst und Landesvaͤterlich bemuͤhet sind; ist mit allem Recht auch die Einfuͤhrung der Wetterableiter zu zaͤhlen. Euer Hochfuͤrstlich Durchlaucht haben um Hoͤchst Dero Unterthanen hierinnen mit guten Beyspiel vorzuleuchten, an Hoͤchst Dero eigenen Schloͤssern den Anfang machen lassen. Noch nicht allzuviele Laͤnder Deutsch- lands genießen diese Wohlthat. Um so ruhm- wuͤrdiger ist es, und ein unwidersprechlicher Be- weis von Euer Hochfuͤrstlich Durch- laucht laucht gruͤndlichen Einsichten in die Natur- lehre, daß Hoͤchst Dieselben Sich nicht durch die Widerspruͤche der Unwissenheit, und des Aberglaubens, von diesem guten Werk ha- ben abhalten lassen. Da das Beyspiel eines von seinen Unter- thanen verehrten und geliebten Regentens, je- desmahl bey Unterthanen mehr wuͤrkt, als die uͤberzeugensten Lehren oder geschaͤrftesten Be- fehle; so machen Sich Euer Hochfuͤrst- lich Durchlaucht hierdurch zugleich um Hoͤchst Dero Lande ruͤhmlichst verdient. Denn schon beeifern sich hie und da verschiedene wuͤrdige Maͤnner, nach Hoͤchst Dero Bey- spiel spiel Wetterableiter anrichten zu lassen; und bald hoffe ich, wird dieses Geschaͤft allgemein werden. Doch! wie es mit einer jeden neuen Sa- che gehet! Sie seye noch so gut; es wird ihr von Leuten die sie nicht verstehen oder beurthei- len koͤnnen widersprochen: Und dieses Schicksaal haben auch die Wetterableiter. Da aber dieses der allgemeinen Einfuͤhrung derselben die groͤste Hindernuß machet; so habe in gegenwaͤrtiger Schrift einen Versuch gewagt, ob nicht die in Ansehung des Blitzes und der Wetterableiter, bey einem grosen Haufen der Menschen herr- schende Vorurtheile großentheils ausgerottet werden koͤnnten. Ich Ich erkenne zwar wohl: Es ist in gewisser Betrachtung ein gefaͤhrliches Unternehmen sich dem Geschrey welches von der Unwissenheit und dem Aberglauben wider die Wetterableiter erho- ben wird, zu widersetzen, und ich wuͤrde es daher auch nie gewagt haben, diese Abhandlung, mit welcher ich schon geraume Zeit in meinen Ge- danken umgieng, dem Publicum zu uͤbergeben: wenn nicht der guͤnstige Zeitpunkt erschienen waͤre; da ich hoffen kann, daß sie sich des gnaͤ- digsten Schutzes Euer Hochfuͤrstlichen Durchlaucht werde zu erfreuen haben in- dem sie sich mit Hoͤchst Dero eigenen Sache beschaͤftiget. Da Da nun von demjenigen Gegenstand, wel- chen diese Abhandlung enthaͤlt, Euer Hoch- fuͤrstlich Durchlaucht der preißwuͤrdige Stifter in unserem Vaterland sind; — Da ich ferner mich nie erkuͤhnet haͤtte, diese Sa- che, welcher von dem großen Haufen, als einer schaͤdlichen und suͤndlichen widersprochen wird, zu empfehlen, wenn nicht Hoͤchst Dieselbe sie unternommen haͤtten und unterstuͤtzten: so halte es fuͤr schuldige Pflicht, Euer Hoch- fuͤrstlich Durchlaucht Hoͤchsten Nah- men dieser Schrift vorzusetzen, zugleich aber mich Hoͤchst Dero Huld uud Gnade unter- thaͤ- thaͤnigst zu empfehlen, und unter unaufhoͤrlich bruͤnstigstem Gebet zu Gott um Verlaͤngerung und Begluͤckung Hoͤchst Dero theuersten Le- bens, mit tiefster Ehrfurcht zu ersterben Euer Hochfuͤrstlich Durchlaucht. Meines Gnaͤdigsten Fuͤrsten und Herrn Gunzenhausen den 25. Novemb. 1783. unterthaͤnigster Diener Johann Friederich Luz. Geschichte. E s ist erst dreysig Jahre, daß selbst die Gelehr- ten richtigere Begriffe vom Blitz und Donner bekommen haben. Zuvor dachte man beym Blitz und Donner, immer an eine loßgebrannte Canone. Man glaubte in der Luft seyen viele schweflichte und salpetrich- te Duͤnste, diese wuͤrden durch einen Zufall, den man sich selbst nicht erklaͤren konnte, entzuͤndet; und diese verursachten die Blitzen und Donnern. Der gemeine Mann, der sich noch weniger als der Gelehrte vorstel- len konnte, daß durch ein bloses Feuer, Gebaͤude und Baͤume zerschmettert, und Menschen sollten erschlagen werden koͤnnen, nahm seine Zuflucht zu feurigen Ku- geln und Donnerkeilen, die sich in der Gesellschaft der Blizen befinden muͤßten. Seit 1752. oder vielmehr, seit 1746. hat man angefangen andere Begriffe vom Donner und Blitz zu bekommen. Man hatte schon lange zuvor einen physicalischen Versuch von dem man nicht wuste was man daraus ma- chen sollte. Wenn man nehmlich bey Nacht, einer Ka- ze uͤber dem Ruͤcken mit der Hand etliche mahl hinweg faͤhrt, so entstehen feurige Funken. Die Alten wu- sten schon, daß wenn man ein Stuͤck Bernstein an einem wollenen Tuch, oder an der Hand rieb, dann aber A 2 gegen gegen einen andern Koͤrper hinhielt, er leichte Koͤrper an sich zog, knisterte und in der Dunkelheit, kleine Fuͤnkchen sehen ließ. Weil der Bernstein, electrum heist, so nannte man dieses Feuer, electrisches Feuer. Man bemerkte hernach auch, daß Glas, Pech, Schwe- fel, Siegellac Gilbert ein Engellaͤnder im 16. Jahrhundert, zeigte dieses zu erst in seinem Tractat vom Magnat. u. d. g. das nehmliche Feuer von sich geben, wenn man sie entweder mit der Hand, oder mit einem ledernen Kuͤssen reibt. Daher machte man Maschienen in welche man Ku- geln von Glas, oder Schwefel Otto von Guerike ein Burgermeister in Magdeburg im vorigen Jahrhundert, erfand die Kugeln von Schwefel zu electrischen Gebrauch. einsezte, und durch ein Rad herum trieb; an die Kugel aber ein Kuͤssen anhielt. Um aber das Feuer, welches man durch das Reiben dieser Glas und Schwefelkugeln erhielt, zu sammeln, machte man folgende Einrichtung. Man bemerkte daß dieses Feuer von einer geriebenen Glas- kugel, gerne auf alle Arten von Metallen loß gehet und daran fort lauft. Daß aber das Glas, Pech, Sigellac, alle Arten von Harzen, und die Seide, dieses Feuer nicht weiter laufen lassen. Man nennet daher die Metalle, das Wasser den thieri- schen und menschlichen Koͤrper u. d. g. leitende Koͤrper des electrischen Feuers. Hingegen Glas, Pech, alle Harzen, Schwefel, Sigellac, Seide, gedoͤrrt Holz u. d. g. nicht leitende Koͤrper des electrischen Feuers. Daher stell- te man eine blecherne Roͤhre entweder auf einen Fuß von Glas oder Pech; oder hieng sie an seidenen Schnuͤ- ren auf, und richtete sie gegen eine Glaskugel, die in der erst bemelden Maschiene, die man Electrisirmaschie- ne ne nannte, gerieben wurde. Das Feuer nun welches an der geriebenen Glaskugel entstund, lief an die ble- cherne Roͤhre. Weil aber diese auf glaͤsernen Fuͤsen stund, so konnte das Feuer nicht weiter gehen, und muste an dem Metall bleiben. Beruͤhrte man diese metallerne Roͤhre, so sprang ein kleiner Feuerfunke her- aus, der in den Koͤrper einige Empfindungen verursa- chet ohne jedoch Heiß zu seyn, oder zu brennen. Mit diesen Maschienen trieb man Anfangs gleich- sam nur ein gelehrtes Spielwerk. Denn man wuste da- mahls noch nicht dieses Feuer zu benuzen; und man konnte nichts thun als nur diese Wuͤrkung der Natur zu bewundern. Van Muͤschenbroͤck ein Professor zu Leiden in Hol- land machte darauf an diesem electrischen Feuer eine andere Entdeckung. Er fuͤllte eine glaͤserne Flasche halb mit Wasser an, stellte sie in ein metallenes Gefaͤß mit Wasser, damit das Wasser ausser der Flasche so hoch stund, als das Wasser in der Flasche; und ließ von der blechernen Roͤhre der Electrisirmaschiene einen Drath gehen, um zu sehen ob auch das Wasser, daß electri- sche Feuer annehmen wuͤrde. Als er darauf den Drath der in das Wasser gieng mit der einen Hand beruͤhrte, und mit der andern Hand das mit Wasser angefuͤllte metallene Gefaͤß hielt, in welchem die Glasflasche stund; so bekam er eine sehr heftige Erschuͤtterung, die jener aͤhnlich ist, welche ein Mensch der vom Donner geruͤhrt wird empfinden kan. Winkler ein sehr geschickter Professor der Natur- lehre zu Leipzig, kam durch diesen Versuch zu erst auf den Gedanken; das electrische Feuer seye das nehm- liche welches sich beym Blitz befindet. A 3 Der Der beruͤhmte Franklin , dem die americanischen Staaten grosentheils die Erlangung ihrer Freyheit zu verdanken haben, verfiel etliche Jahre darauf auf die nehmliche Meynung. Um sich aber zu uͤberzeugen ob seine Vermuthung gegruͤndet seye oder nicht, erdachte er ein sehr sonderbahres Mittel. Es ist bekannt daß die Knaben an manchen Orten, zu ihrem Spiel einen sogenannten Drachen in die Luft steigen lassen. Dieser ist nichts anders als ein oval geformter Reif den sie mit Papier uͤberziehen, in dessen Mitte aber eine lange Schnur bevestigen. Wenn man bey einigem Wind diesen Drachen mit Vortheil schwin- get, so wird er von der Luft in die Hoͤhe gefuͤhrt. Mit der an ihm befindlichen Schnur aber kan man ihn nach- Wohlgefallen regieren. Einen solchen Drachen nahm Franklin, flochte aber in die Schnur, mit dem er ihn in die Wolken steigen ließ, einen feinen metallenen Drath die ganze Laͤnge hindurch, ein; An das untere Ende der Schnur, knuͤpfte er eine seidene Schnur, und ließ ihn also zur Zeit eines herannahenden Donnerwetters in die Hoͤhe steigen. Franklin schloß: wenn das Feuer des Bli- tzes eben dasjenige Feuer seyn wuͤrde, welches man von der electrischen Maschiene erhaͤlt; so muͤste es aus den Wolken, in den Drath der in die Schnur einge- flochten war, und an diesem die ganze Laͤnge herab, biß auf die Erde gehen. Weil aber an das untere Ende der Schnur, ein Stuͤck seidener Schnur ange- bracht war, so muͤsse das Feuer dadurch aufgehalten werden, und an der metallenen Schnur bleiben. Es geschahe auch was Franklin vermuthete. Denn als er die metallene Schnur mit dem Finger beruͤhrte, so fuhren Funken heraus, die jenen Funcken vollkommen aͤhn- lich waren die man durch die Electrisirmaschiene be- kommt. Je naͤher aber die Wetterwolken heran ruͤck- ten desto heftiger wurden die Funken; Endlich ver- staͤrkten sie sich so sehr, daß man sie ohne Lebensgefahr nicht mehr aushalten konnte. Kaum war Franklin uͤberzeugt, daß das Feuer des Blitzes und das sogenannte electrische Feuer einer- ley seye; so dachte er daran, wie man der Gewalt die- ses Himmelsfeuers Einhalt thun, und von den Gebaͤu- den moͤgte ableiten koͤnnen. Die electrisir Maschiene muste nun hierinnen den besten Unterricht geben. Die- se belehrte ihn, daß das electrische Feuer dem Metall nachgehe; Daß es ferner seinen Gang im stillen fort- setze, wenn das Metall auf dem es fortwandert, zu- sammenhaͤngend ist; und endlich, daß das electrische Feuer sich in der Erde, besonders im Wasser verliere. Die Erfahrung die man zuvor schon bey unzaͤhli- gen Wetterschlaͤgen hatte, bestaͤttigte dieses alles. Man weiß zur Genuͤge, daß wenn der Blitz in ein Ge- baͤude einschlaͤgt, er von einem Metall auf das an- dere gehet; ferner daß er keinen Schaden oder Verwuͤ- stung anstellet, so lange er unabgesetzt, an einem Me- tall Z. B. an einen Drath fortlaufen kan, und end- lich das ein jeder Blitz den Erdboden suchet, in wel- chem er seine Gewalt endiget und sich verliert. Franklin machte aus diesem den Schluß daß wenn man von dem obersten Gipfel eines Gebaͤudes, einen dicken Drath ununterbrochen biß in den Erdboden fuͤh- ren wuͤrde; der Blitz, wenn er auf das Gebaͤude schla- gen sollte, an dem Drath biß in die Erde laufen muͤ- ße, ohne an dem Gebaͤude Schaden anzurichten. Die- ses war der erste Entwurf zu den Wetterableitern. A 4 Er Er fand aber bald noch einen andern guͤnstigen Um- stand hiezu. Er entdeckte nehmlich daß wenn er an eine geladene electrische Maschiene, schon in einer wei- ten Entfernung, eine metallene Spitze brachte, die Spitze bey Nachtzeiten feurig erschien: ferner, daß diese in der Entfernung schon feurige Spize, das Feuer aus der geladenen Maschiene stillschweigend abfuͤhrte, so daß wenn man mit der Spitze langsam immer naͤher gegen die Maschiene ruͤckte, ihr schon alles Feuer ge- raubt wurde, ehe die Spitze der Maschiene so nahe kam, daß noch ein Funke darauf schlagen koͤnnte. Dann auch: daß wenn man gleich sehr schnell mit der Spitze an die geladene Maschiene fuhr, der Funke den man durch sie auslockte, sehr schwach wurde, weil sich schon, auch waͤhrend dem schnellen hinfahren an die Maschie- ne, sehr viel Feuer stillschweigend durch die Spitze hinweggezogen hatte, und folglich dadurch der Schlag geschwaͤchet werden muste. Und endlich, daß die Spi- tze weit naͤher an eine geladene Maschiene kommen muͤ- ße, als eine Kugel, wenn ein Schlag oder Funke er- folgen sollte. Durch diese Erfahrungen bewogen, schlug Frank- lin vor, auf die Gebaͤude spitzige Stangen zu setzen, und von diesen einen Drath biß in die Erde zu fuͤhren. Denn er schloß mit Recht aus obigen Versuchen. Erstlich , daß eine Spitze eine annaͤherende Wetter- wolke schon in der Entfernung und zwar stillschweigend anfange auszuladen. Anderns, wenn gleich eine Wetterwolke sehr schnell gegen das Gebaͤude getrieben werden sollte, so daß die Spitze in der Geschwindig- keit nicht alles Feuer der Wolcke sollte abfuͤhren koͤn- nen; der Schlag doch wenigstens sehr gemindert wer- de, indem durch die Spitze, vor der Erfolgung des Schlags, Schlags, wenigstens ein sehr groser Theil des Feuers abgeleitet werde. Endlich, daß wenn ein Schlag auf den spitzigen Ableiter erfolgen sollte, die Wolke dem Gebaͤude naͤher kommen muͤße, als sie um in ein Gebaͤude ohne spitzigen Wetterableiter einschlagen zu koͤnnen, noͤthig gehabt haͤtte; daß daher alle jene Wol- ken die schon in einer weitern Entfernung von einem Gebaͤude ohne Ableiter, in dasselbe wuͤrden eingeschla- gen haben, nun nicht mehr einschlagen koͤnnen wenn das Gebaͤude mit einem spitzigen Wetterableiter ver- sehen ist. Voll Vertrauens auf diese Grundsaͤtze uͤberredete Franklin die Einwohner von Philadelphia, an ihre Haͤuser Wetterableiter nach seinen Grundsaͤtzen anzule- gen. Was er vielleicht in keiner Stadt Europens wuͤr- de haben ins Werk richten koͤnnen, bewuͤrkte er bey die- sen seinen Landesleuten. In kurzer Zeit war die ganze Stadt mit Wetterableitern versehen. Die regelmaͤsi- ge Anlage der Stadt, erleichterte dieses Geschaͤft. Denn oͤffters konnte durch einen oder zwey Ableiter, die ganze eine Helfte einer Straße, gesichert werden. Der Erfolg hievon war auch erwuͤnscht, und der Nu- tzen augenscheinlich. Philadelphia war sonsten dem Ein- schlagen des Blitzes ausserordentlich ausgesezt. Kein Jahr vergieng wo nicht der Blitz in dieser Stadt etli- che zwanzigmahl Zerstoͤrung anrichtete. Seit dem sie aber mit Wetterableitern versehen ist, soll, wie versi- chert wird, der Bliz nicht ein einzigesmahl mehr ein- geschlagen haben. Ohnmoͤglich kan ich zwar dieses mir also erklaͤren, als ob gar kein Blitz mehr auf die Stadt geschlagen haͤtte, sondern ich glaube es habe nur diesen Verstand; daß das Wetter theils lange nicht mehr so oft eingeschlagen habe, theils daß wenn es A 5 gesche- geschehen, die Schlaͤge durch die Wetterableiter gluͤck- lich von den Gebaͤuden ab und in die Erde geleitet wor- den seyen. In Europa fieng man zwar auch bald an, diese herrliche Franklinische Erfindung zu benutzen. Aber das Werk wollte doch in diesem Lande, ob es gleich das Land der Wissenschaften genannt zu werden verdient, keinen rechten Fortgang bekommen. Nicht nur der Poͤbel, sondern auch Halbgelehrte widersetzten sich ei- nem so heilsamen Unternehmen, und sahen es entweder als eine gefaͤhrliche Sache, oder als einen Eingrif in die goͤttliche Vorsehung und Strafgerechtigkeit an. Haͤt- ten nicht Koͤnige und Fuͤrsten den Anfang mit Anle- gung der Wetterableiter gemacht, und durch ihr Ansehen und Gewalt dieses gute Werk befoͤrdert; so wuͤrden wir ohne Zweifel in Europa noch keinen oͤffentlich auf- gerichteten Wetterableiter aufweisen koͤnnen. Es wuͤr- de fuͤr ein Staatsverbrechen und fuͤr eine Versuchung Gottes angesehen worden seyn, wenn eine Privatperson den Anfang mit Anlegung eines Wetterableiters haͤtte machen wollen. Die Nachbarn wuͤrden schwere Klagen erhoben, und der Poͤbel mit Tumult gedrohet haben. Die Gerichte, in denen nicht allezeit Naturforscher praͤsidiren, wuͤrden entweder aus Unwissenheit ein der- gleichen Unternehmen als gefaͤhrlich verdammt und un- terdruͤckt haben; oder sie wuͤrden wenigstens der Rase- rey eines aufgebrachten blinden Poͤbels haben nachge- ben muͤssen. Ich erdichte hier nichts zur Schande unsers Va- terlandes. Es sind That Sachen und es waͤre mir ein leichtes, dergleichen wuͤrkliche Auftritte anzufuͤhren. Bloß die Bewegungen, die in der Chur-Pfalz und in Chur-Baiern uͤber die Anlegung der Wetterableiter entstanden sind, darf ich hier oͤffentlich melden, da sie in in den Ephemeridibus societatis Meteorologicae palatinae 1781. umstaͤndlich erzaͤhlet werden. Maxi- milian Theodor, der Pfaͤlzer und Baiern Churfuͤrst, ein eben so groser und gruͤndlich gelehrter Naturfor- scher, als weiser und guter Regent beschloß zuerst unter den Fuͤrsten Deutschlands die Wetterableiter in seinen Landen einzufuͤhren. Auf seinem Lustschloß Schwet- zingen ließ er den ersten Wetterableiter anlegen. Kaum war es geschehen, so wurde er mit Bitten seiner Unter- thanen uͤberhaͤuft, es entweder zu unterlassen, oder wenigstens sich nicht an einem so gefaͤhrlichen Ort auf- zuhalten. Allein er mußte, um die Vorurtheile zu widerlegen, diese Bitte seiner Unterthanen versagen. Er wohnte dem naͤchsten Sommer auf seinem mit Wetterableitern versehenen Lustschloß ruhig, waͤhrend dem sein Volk bey jedem Wetter aͤngstlich um sein Le- ben besorgt war. Das folgende Jahr ließ er auch an seinem Schloß zu Mannheim einen Wetterableiter an- richten; zwar nicht ganz ohne Beaͤngstigung, aber schon mit mehrerer Beruhigung der Einwohner; da sie wusten, daß ihr Churfuͤrst bereits einen Sommer un- ter einem Wetterableiter sicher zugebracht hatte. Im dritten Jahr fiengen schon viele Privatpersonen an, die Wetterstangen aufrichten zu lassen, und bald wur- den sie allgemein. Nun fiel diesem grosem Reichsfuͤrsten auch Chur- Baiern durch Erbschaft zu. Daher dachte er gleich darauf, auch sein Muͤncher Schloß und das Sommer- Schloß zu Nymphenburg, durch Wetterableiter vor dem Blitz zu verwahren. Aber hier geschahe, was man kaum denken sollte. Der Poͤbel wurde von der Geistlichkeit an- gestiftet, sich diesem Unternehmen zu widersetzen. Es entstund also ein Tumult, und die Wetterableiter mu- sten unter dem Schutz der Waffen aufgerichtet werden. Kaum Kaum aber hatte sich die erste Furcht etwas verlohren, so waren die Geistlichen, die sich am meisten wider die Wetterableiter setzten, die ersten, die sie an ihren Cloͤ- stern aufrichteten. Durch die weise Vorsorge unsers Durchlauchtig- sten Herrn Marggrafens ist es dahin kommen, daß jetzt auch in unserm Lande Wetterableiter angelegt werden. Da dieses Werk unter Landesherrschaftlicher Autoritaͤt geschiehet, so wagt es zwar niemand, sich darwieder zu setzen. Allein die Welt ist sich doch uͤberall gleich. Es fehlt daher auch hier nicht an Leuten, die unver- staͤndig genug sind um theils in der Stille, theils oͤffent- lich wider ein so gutes Werk zu murren, und es theils als ein suͤndliches, theils schaͤdliches Unternehmen zu verlaͤstern. Da ich aber uͤberzeugt bin, daß derglei- chen Leuten, so bald sie von der Sache gruͤndlich unter- richtet sind, nicht nur der Mund gestopfet werden kan, sondern daß sie dann vielleicht die ersten seyn werden, welche sich, die Ihrigen, und ihre Guͤtter, vor den schaͤdlichen Wuͤrkungen des Blitzes durch Ableiter ver- wahren werden; so habe ich mich entschlossen, dieser Classe Menschen zu gut, gegenwaͤrtige kleine Abhand- lung drucken zu lassen. Ich finde daß wider die Wetterableiter sonderlich zwey Einwuͤrfe gemacht werden. Der erste ist; Es seye eine gefaͤhrliche Sache in einem Hauße oder auch sogar nur neben einem Hauße zu wohnen, welches mit Wetterableitern versehen ist. Der andere aber; es sey ein Eingriff in die goͤttjiche Regierung und Vorse- hung, wenn man sich und die Seinigen wider Don- ner und Blitzen, welche Gort zu Werkzeugen erschaffen, um seine Rache und Straffen damit uͤber die Welt auszuuͤben, verwahren wollte. Ich gehe nun an die Widerlegung dieser zwey Einwuͤrfe. Er- Erster Einwurf. M an haͤlt demnach die Wetterableiter fuͤr gefaͤhr- lich, und zwar aus dem Grunde; weil selbige die Wettermaterie oder das Blitzfeuer an sich ziehen, und man folglich bey jedem Wetter in Gefahr stehe, daß ein Blitz nach dem andern, der sonsten lange nicht an das Gebaͤude wuͤrde gekommen seyn, an dem Ab- leiter hinfahre, das Haus erschuͤttere, die Einwohner erschroͤcke, oder wohl bey dem geringsten Zufall, oder bey dem geringsten Fehler den der Ableiter haben oder bekommen koͤnnte, oder auch bey einer, durch einen heftigen Schlag erfolgten Zerreisung des Ableiters, in das Hauß fahren, und seine gewoͤhnlichen schroͤckli- chen Verwuͤstungen anrichten koͤnnte. Wenn der Einwurf also lautete: die Wetterableiter seyen nicht im Stande zu verhindern, daß nicht doch auf sie ein Bliz losschlagen koͤnnte; oder auch: sie stel- leten ein Gebaͤude nicht ganz sicher, so muͤßte man ihn zugeben. Es ist nur allzu gewiß, daß auch auf einen Ableiter der Blitz noch schlagen kan. Zwar geschiehet dieses sehr selten, und man kann nur wenige Beyspie- le hievon anfuͤhren. Allein es geschiehet doch. Zu Nierstein, 9 Stunden von Mannheim wurde erst kuͤrz- lich an den Thurm, in welchen das Wetter schon oft einschlug, ein Ableiter angebracht. Etliche Wochen darauf schlug das Wetter auf den Ableiter, der Blitz fuhr aber nicht mehr in den Thurm, sondern an dem Ableiter in die Erde. Das nehmliche geschahe den 30 Junii an dem graͤfl. Arkoischen Schloß Ober-Koͤllen- bach zu Au in Baiern an einer Wetterstange, die 39. Spizen hatte. Ferner zu Duͤsseldorf den 27. Juni an einer einer Wetterstange des Pulvermagazins. An dem St. Marcusthurm zu Venedig den 10. Jul. und den 18. Aug. 1783. zu Nymphenburg wo der Blitz die Wetter- stange krum gebogen. Man denke also von den Wetterab- leitern nicht, als ob sie den Blitz ganz abwendeten. Wenn eine Wolke von einem heftigen Sturm so schnell gegen den Ableiter hingetrieben wird, daß sie ihn erreicht, ehe die Spitze des Ableiters im Stande war, alle electrische Materie aus der Wolke zu rauben, und in die Erde zu fuͤhren; so kan des Ableiters ohngeachtet ein Schlag er- folgen. Der Schlag trift aber nur den Ableiter, und lauft ohne Schaden des Gebaͤudes, an der Kette ruhig in die Erde. Anderns. Wenn ein Gebaͤude oder Thurm so hoch stuͤnde, daß eine gegen ihn anziehende Wetterwol- ke, tiefer gehen sollte als die Spize des Ableiters ist; so koͤnnte der Blitz entweder auf den untern Theil des Ableiters, oder wenn die Wolke vor und der Ableiter hinter dem Gebaͤude stehen sollte, selbst in das Ge- baͤude einschlagen. Allein ein solcher Fall laͤßt sich bey- nahe gar nicht gedenken. Bloß ein Thurm von jener Hoͤhe, wie der St. Stephans Thurm in Wien ist, dessen Hoͤhe nemlich 434½ Wiener Schuhe betraͤgt, koͤnnte vielleicht das erst bemeldete Schicksaal haben. Drittens. Man hat schon verschiedentlich und mit hinlaͤnglicher Gewißheit wahrgenommen, daß man- che Blitze aus dem Erdboden entstehen und in die hoͤhe fahren. Sollte nun der Bliz in einem Gebaͤude selbst entstehen und von der Erde in die Wolken fah- ren, so koͤnnte es freylich geschehen, daß da der Ablei- ter auser dem Gebaͤude ist, er zur Ableitung des Blitzes nichts nuͤzte, und der Blitz auch in einem, mit einem Ablei- Ableiter versehenen Gebaͤude Verheerung anstellete. Aber zum Gluͤck ist auch dieser Fall der allerseltenste. Viertens. Wenn ein Gebaͤude also eingerichtet waͤre, daß von seiner obersten Spitze biß auf den Erd- boden, in demselben eine fortgesezte und beynahe zu- sammenhaͤngende Reihe von Metallen gienge; Z. E. wenn die Ecken des Dachs anstatt der gewoͤhnlichen hohl Ziegel mit Blech bedeckt waͤren! Wenn ferner rings um das Dach eine kupferne Rinne gienge; Wenn end- lich von dem untersten Stockwerk an, biß zu oberst unter das Dach und zwar sehr nahe an die Dachrinne hin, Draͤthe liefen mit welchen die gewoͤhnlichen Hauß- glocken gezogen werden; so koͤnnte, wenn eine von einem heftigen Sturm getriebene Wolke, schnell auf den Ableiter schlagen sollte, der Blitz eben sowohl seinen Gang an den Metallen, durch das Gebaͤude , als ausser demselben an der Ableitungskette in den Erdbo- den nehmen. Allein dieser Umstand, ob er gleich aus Unachtsamkeit uͤbersehen werden koͤnnte, kan doch von einem klugen Bauverstaͤndigen bey Anlegung eines Ab- leiters, groͤstentheils vermieden werden. Auch muß ich noch bemerken daß sowohl in diesem als in dem an- gefuͤhrten zweyten Fall, der Schlag kaum um ein zehn- theil so stark seyn koͤnnte als er seyn wuͤrde, wenn kein Ableiter an dem Gebaͤude waͤre; da die Atmos- phaͤre der Wetterwolken sich sehr weit erstrecket, und daher der Ableiter im Stande ist, vor dem erfolgten Schlag den groͤsten Theil des Feuers stillschweigend abzuleiten. Aus allemdem bisher angefuͤhrten erhellet zur Genuͤge, daß man von den Wetterableitern keineswegs behaup- ten koͤnne, als ob sie das Loßschlagen des Blitzes auf den Ableiter gaͤnzlich verhinderten; ingleichen auch nicht nicht; daß sie das Einschlagen des Blitzes in das Ge- baͤude selbst ganz unmoͤglich machten. Beydes kan ge- schehen, und ist auch schon geschehen. Alles was sich zum Vortheil der Wetter Ableiter sagen laͤßt, kan daher in folgende Saͤtze gebracht wer- den. 1. Die Wetterableiter laden schon von Ferne die Wetterwolken stillschweigend aus, und verhindern vielfaͤltig und meistentheils den wuͤrklichen Ausbruch des Blitzes oder dessen Loßschlagen. Aus diesem Grund waͤren sie schon schaͤtzbar. 2. Wenn ein wuͤrklicher Schlag erfolgen sollte so ist er wenigstens geschwaͤcht, weil die Spitze des Ableiters, schon vor Ausbruch des Schlags, einen grosen Theil des Feuers abgefuͤhrt hat. 3. Wenn ein wuͤrklicher Schlag geschehen sollte, so gehet der Blitz gewoͤhnlich an der Ableitungskette biß in den Erdboden, ohne dem Gebaͤude Schaden zu thun. 4. Nur in den aller seltensten Faͤllen, die sich aber kaum gedenken lassen, koͤnnte des Ableiters ohn- geachtet der Blitz in das Gebaͤude schlagen. Unter diese seltene Faͤlle ist zu rechnen, wenn ein Blitz im Ge- baͤude selbst entstehet und von der Erde in die Wolken schlaͤgt. Oder wenn die Wolken tiefer gehen sollten als der Ableiter stehet. Oder wenn ein Gebaͤude vom Dach an biß auf den Erdboden, eine fortgehende Reihe Metalle Z. B. Draͤthe, Rinnen, Stangen u. d. g. in sich enthalten sollte. Qder endlich auch wenn der Ableiter selbst sehr fehlerhaft angelegt waͤre. Es ist demnach ein Wetterableiter wenigstens bes- ser und sicherer fuͤr ein Gebaͤude, als wenn es keinen hat, da der Ableiter viele Blitze die auf das Ge- baͤude schlagen wuͤrden, stillschweigend ableitet, und nicht ausbrechen laͤßt; andre aber die unvermeidlich sind, an der Ableitungskette, ohne Schaden des Ge- baͤudes, baͤudes, in die Erde leitet. Sollten die Ableiter auch nicht im Stande seyn, in den erst angefuͤhrten ausser- ordentlichen Faͤllen, alle Schlaͤge von den Gebaͤuden abzuhalten, so ist es doch gewiß kluͤger, gesetzt auch man sollte nicht alle abwenden koͤnnen, wenn man die Gebaͤude wenigstens von dem groͤsten Theil der Blitze verwahrt, als wenn man sie ganz ohne Schutz lassen wollte; zumahl da der Ableiter doch wenigstens auch in dem ungluͤcklichsten Fall, die Heftigkeit des Schlags mindert, indem er vor dem erfolgten Schlag, den groͤ- sten Theil des Feuers stillschweigend abgefuͤhret hat. Der Kluge waͤhlt schon unter zwey Ubeln das geringste; und in zweifelhaften Faͤllen gehet er wenigstens denje- nigen Weg, auf welchem er nach aller Wahrschein- lichkeit, die meiste Sicherheit findet. Ich komme nun der Aufloͤsung des oben angefuͤhrten ersten Einwurfs naͤher, und beweise aus Gruͤnden und Erfahrungen die mit der Electrisirmaschine gemacht werden koͤnnen; daß die Wetterableiter wuͤrklich das elec- trische Feuer aus den Wetterwolken abfuͤhren , dabey aber keineswegs die Wetterwolken herfuͤhren , oder ein haͤufigeres Schlagen des Blitzes auf den Ableiter verur- sachen . Ich habe oft schon bemerkt, daß auch Leute die einige, aber nicht vollkommene Erkentnuͤß von der Electricitaͤt haben, in dem Wahn stehen, als ob die Wetterableiter die Wetterwolken, Blitze und Schlaͤ- ge, die sonst nie an das Gebaͤude wuͤrden gekommen seyn, erst herfuͤhren. Es kommt dieser Gedanke, ohne Zweifel von dem Ausdruck, Wetterableiter her; und man schließt daraus; weil die Wetterableiter die Blitze in die Erde leiten; so muͤssen alle Blitze eines ganzen Wetters auf dieselben zugehen. Ich gestehe, daß vie- leicht selbst einige Gelehrte, die allzu vortheilhaft von B Wetter- Wetterableitern gedacht, und geglaubt haben, man wuͤrde durch viele Wetterableiter, ein ganzes Wetter- ableiten und entkraͤften koͤnnen, nicht wenig zu dieser Meynung beygetragen haben. Allein die Wetterab- leiter, leiten nur aus denjenigen Wetterwolken, die nahe ober ihnen vorbey ziehen, die electrische Materie ab. Sie ziehen aber keine Wolken an sich, und wenn eine Wolke nicht ohnehin ober dem Wetterableiter weg- ziehen wuͤrde, so wuͤrde der Wetterableiter keineswegs im Stande seyn sie erst herzufuͤhren. Ja! der Wet- terableiter ist sogar hinderlich, das die Wetterwolke nicht so tief auf die Erde sincken kan, als sie ohne Ab- leiter thun wuͤrde. Es liegt mir nun ob dieses zu beweisen. Da ich aber bereits gezeiget habe, daß man durch die Electrisir- maschine das nehmliche Feuer hervorbringen koͤnne, welches beym Blitz ist; und da man mit der Maschine alle die Erscheinung die man beym Blitz wahrnimmt, im kleinen nach machen kan; so laͤßt sich die Eigen- schafft des Blitzfeuers, durch die Electricitaͤt sehr gut nnd uͤberzeugend erkennen. Ich bitte nur meine Leser, die mit der Electricitaͤt noch nicht bekannt seyn sollten, meine nun folgende Er- klaͤrung mit Aufmerksamkeit zu durchlesen, und die auf der Kupfertafel angebrachte Zeichnungen dabey zu Rath zu ziehen. 1. Erfahrung . Das electrische Feuer entstehet an der Maschine, wenn man die Glaskugel drehet, und ein Kuͤssen von Leder daran anhaͤlt. Folglich ist das Reiben dieser zwey Koͤrper Ursache daß das electri- sche Feuer hervorkommt. Ich entscheide nicht ob das in der Luft befindliche Feuer durch das Reiben erst ent- zuͤndet wird, oder sich nur aus der Luft an den gerie- benen benen Koͤrper hinziehet. Das leztere scheint mir wahr- scheinlicher. Fragt man, wie kommt das electrische Feuer in die Wolken? so kann mans aus obigem erklaͤren Die Luft gehoͤrt zu denjenigen Koͤrpern, welche das electri- sche Feuer an sich nicht fortlaufen lassen, an denen aber, wenn sie mit einem anderen Koͤrper gerieben werden, das electrische Feuer zum Vorschein kommt. Wenn daher die Luft von einem andern Koͤrper gerie- ben wird; so entstehet dadurch sogut als durch das Rei- ben einer Glaskugel, das electrische Feuer. Nun reibt sich die Luft durch ihre bestaͤndige Bewegung nicht nur an sich selbst, sondern auch an den verschiedenen Duͤn- sten, die in der Luft schweben. Daher kan durch das Reiben der Luft, das electrische Feuer in der Atmos- phaͤre entstehen. Vielleicht hat man um das Entstehen des electri- schen Feuers in den Wetterwolken zu erklaͤren, nicht einmahl noͤthig zu dem Reiben der Luft, seine Zu- flucht zu nehmen. Das electrische Feuer befindet sich bestaͤndig im Erdboden, und auf dessen Oberflaͤche; weil man es zu allen Zeiten und an allen Orten der Welt, durch die Electrisirmaschine hervorbringen kan. Ohnezweifel ist dieses Feuer, welches allenthalben aus- gebreitet ist, schon von derjenigen Eigenschaft, wie man es durch die electrische Maschine bekommt, und im Blitz siehet, das heist: Es wird nicht erst durch das Reiben der Glaskugel von einer andern Beschaffenheit, als es von Natur ist, nehmlich nicht erst entzuͤn- det , sondern durch dieses Verfahren nur an einem gewissen Koͤrper, dahin man es leitet, angehaͤuft, und nach seiner Ansammlung, wenn es in Gestalt ei- nes Funkens aus dem Koͤrper wieder springet, sicht- B 2 bahr. bahr. Da nun das electrische Feuer nicht nur den Metallen, sondern auch dem Wasser nachgehet; so kan es mit den Duͤnsten, die von der Erde in die Hoͤhe steigen gleichfals in die Hoͤhe gehen. Sammeln sich diese Duͤn- ste in Wolken, so wird auch zugleich das electrische Feuer in der Wolke angehaͤuft. Zur Bestaͤttigung dieser Hypo- these fuͤhre ich eine Erfahrung des Hr. Geistlichen Rath Hemmers im Mannheim an. Siehe Ephemerides societatis meteorologicae Palatinae 1781. Dieser Gelehrte hat von dem Thurm des Churfuͤrstlichen Schloßes, einem Wet- terobleiter also herabgefuͤhrt, daß alles electrische Feuer, am Ende an einer duͤnnen Stange, durch das Zimmer laufen muß, ehe es in den Erdboden gehet. Die Stange aber kan unterbrochen werden, und hat allda grose metallene Kugeln. Stellet man diese in einiger Entfernung von einander; so siehet man bey Herannaͤ- herung eines Wetters, von einer Kugel auf die ande- re, starke Funken springen. Weil aber dieses bey wuͤrk- lich angekommenen Wetter gefaͤhrlich werden koͤnnte; so ruͤckt man alsdenn die Kugeln beynahe zusammen, damit Hoͤchstens nur ganz kleine Funken springen koͤn- nen. Man leitet aber das vom Wetterableiter herab- laufende Feuer zugleich noch durch eine Maschine, die aus zwey von einander abstehenden metallenen Platten bestehet. An eine jede Platte ist eine metallene Spitze angebracht, die gegen die andere Platte hinsiehet. Die metallenen Spitzen nun stroͤmen in Gestalt feuri- ger Ruthen das electrische Feuer von sich, wenn es aus ihnen heraus gehet , sehen aber nur als feurige Punkte oder Sternchen aus, wenn sie das Feuer von einem andern electrischen Koͤrper annehmen oder in sich ziehen. Durch Huͤlfe dieser Spitzen hat Herr Hem- Hemmer nun gefunden daß waͤhrend eines Donnerwet- lers das electrische Feuer, an dem Ableiter, von den Wolken bald auf die Erde laufe, bald aber von der Erde an dem Ableiter wieder in die Hoͤhe gehe. Lauft nun das electrische Feuer an dem Ableiter von der Erde in die Wolken, so kan und wird es auch an den Duͤnsten, und vielleicht auch Regentropfen das nehmliche thun. 2te Erfahrung . Fig. 1. ist a ein groser Cylin- der. Man kan ihn von weisem Blech machen lassen, ingleichen auch von Holz oder Pappendeckel, in wel- chem Fall aber man ihn mit Stanniol oder Spiegelfo- lie uͤberziehet. Er ist mit seidenen Schnuͤren b b. an die Decke eines Zimmers aufgehaͤngt. An diesen Cylin- der leitet man das electrische Feuer von der Electrisier- maschine, und ladet ihn damit. Es giebt hiebey fol- gende Erscheinungen. Erstlich, naͤhert man ihm einen andern Koͤrper Z. B. eine metallene Kugel c. die von einem Menschen gehal- ten wird, oder von welcher eine Kette biß auf den Erd- boden gehet; so springt alles im Cylinder enthaltene Feuer auf einmahl in Gestalt eines Feuerfunkens auf die Kugel e. und zwar ehe noch die Kugel den Cylinder ganz beruͤhrt. Zweytens. Bringt man gegen den Cylinder a. ei- nen andern gleich grosen Cylinder, der auch an seide- nen Schnuͤren aufgehaͤngt ist; so bekommt der zweyte Cylinder nur die Haͤlfte von dem Feuer das im Cylin- der a. war, und die andere Haͤlfte bleibt in dem er- stern Cylinder. In diesem Fall ist der Funke auch nur halb so groß. B 3 Drit- Drittens. Je groͤser der Cylinder a. ist, desto groͤser und staͤrker wird der Funke der an die gegen ihn gehaltene Kugel e. springt. Viertens. Je groͤser der Cylinder a. und folglich auch sein Funke ist, einen desto weitern Sprung macht der Funke, wenn man eine Kugel e. an den Cylinder a. haͤlt. Herr Nairne in Engelland hat einen Cylin- der, der 10. Schuh lang und 1. Schuh dick war, mit electrischen Feuer geladen, und dadurch. Funken be- kommen, die 17. Zoll weite Spruͤnge machten. 3te Erfahrung . Der Sprung den ein electri- scher Funke, aus dem Cylinder a. Fig. 1. gegen einen andern Koͤrper Z. B. gegen die Kugel e. macht, kan nach Verschiedenheit der Umstaͤnde bald laͤnger bald kuͤr- zer werden. Erstlich. Wenn man an den Cylinder a. ein Stuͤck Metall c. welches sich in einen stumpfen Kegel, oder stumpfen Spitze endiget anbringt, und mit der Hand die Kugel e. dagegen haͤlt; so macht der Funke einen sehr grosen Sprung. Ich habe durch einen Cylinder welcher 6 biß 7. Quadratfuß Oberflaͤche hat, durch dieses Mittel Funken bekommen, die 2½ Zoll weit spran- gen. Sie machen hiebey einen vollkommen so geschlaͤn- gelten Gang, wie man an dem Blitz wahrnimmt. Zweytens. Setzt man auf den Kegel c. eine Me- tallene Kugel d. und haͤlt die Kugel e. dagegen; so wird der Funke mehr als um die Haͤlfte biß zwey drit- theil kuͤrzer. Drittens. Haͤlt man gegen die Kugel d. einen stumpfen metallenen Kegel, wie etwan der Kegel e. ist, so springt der Funke wiederum nicht so weit, als wenn man die Kugel e. angehalten haͤtte. Vier- Viertens. Lockt man, anstatt der Kugel e. sich zu bedienen, den Funken mit einer metallenen Spitze aus; so bekommt man wenn man mit der Spitze lang- sam gegen den geladenen Cylinder faͤhrt, gar keinen Funken, und man hoͤrt nur ein Zischen. Stoͤst man aber die Spitze sehr schnell gegen den Cylinder; so erfolgt zwar ein Funcke, aber er ist so schwach daß man ihn kaum merkt, und sein Sprung ist so kurz, daß man mit der Spitze beynahe ganz an den Cylinder kommen muß. 4te Erfahrung . Fig. 2. ist ein Staͤbchen tro- ckenes Holz. Oben daran befestigt man eine metallene Kugel a. Auf das Staͤbchen aber leimt man die gan- ze Laͤnge herab, ein Striefchen Stanniol b. c. Den Stanniol aber unterbricht man an verschiedenen Orten d d d d d indem man kleine Stuͤckchen davon heraus schneidet. Nimmt man nun das Staͤbchen bey c. in die Hand, und beruͤhrt mit der Kugel a. den gelade- nen Cylinder Fig. 1. so siehet man in der Dunkelheit bey d d d d d. Funken. Es erhellet daraus daß der electrische Funke wenn er aus dem Cylinder in die Er- de springt, so lange er an einem Metall ununterbro- chen fortlaufen kan, unsichtbahrbleibt; daß er aber wenn die Metalle unterbrochen sind, Spruͤnge macht, und dann sichtbahr wird. Dabey aber ist noch zu merken: daß alle diese Spruͤnge zusammen genommen, in Anse- hung der Laͤnge zwar etwas, aber nur etwas weniges mehr betragen, als wenn der Funke vom Cylinder a. Fig. 1. an die Kugel e. nur einen einzigen Sprung ge- macht haͤtte. Z. B. der Funke waͤre wenn er nur ein einzigesmahl springen darf 1½ Zoll lang; so kan er wenn er an statt des einzigen grosen Sprungs, meh- rere kleine macht, zusammen genommen etwan einen B 4 Sprung Sprung von 2. Zollen machen. Wollte man daher mit dem Staab Fig. 2. den Funken auslocken; so duͤrfen die leeren Zwischenraͤume d d d d d. wo das Metall unterbrochen ist, (es moͤgen deren viele oder wenige gemacht werden,) zusammen genommen nicht viel mehr als ohngefaͤhr 1 Zoll betragen; weil fuͤr den Sprung, den der Funke vom Cylinder auf den Knopf a. macht, auch ohngefehr 1 Zoll gerechnet werden muß. Sind die leeren Zwischenraͤume d d d d d. ent- weder zu weit, oder deren zu viel, so kan gar kein Fun- ken aus dem Cylinder gezogen werden. 5te Erfahrung . Fig. 3. ist bey a. eine metalle- ne Kugel, an welche eine metallene Kette, die bey b. durch ein Gelenk zusammen gehaͤngt worden, befestigt ist. Laͤsset man nun an die Kugel a. einen starken elec- trischen Funken, Z. B. von einer geladenen Leidner Flasche springen; so lauft der Funke unsichtbahr bis an das Gelenk b. Hier aber gehet er nicht mehr dem Me- tall nach, neben um die Biegung herum, sondern er erwaͤhlt den graden und kuͤrzsten Weg, und macht von c. biß d. zwey Spruͤnge. Man siehet hieraus, daß der electrische Funke, einen kuͤrzern Weg in die Erde, einem weitern vorzie- het, wenn er gleich im ersten Fall einen kleinen Sprung machen muͤste, und im zweyten Fall, ohne Sprung fortlaufen koͤnnte. 6te Erfahrung . Fig. 4. ist a. eine Kugel vom Metall, an welche zwey metallene Draͤthe c. d. befe- stiget sind. Der Drath c. gehet ununterbrochen bis in den Erdboden, der Drath d. aber beruͤhrt zwar den Erdboden, ist aber bey b. unterbrochen, und des- wegen nur mit einem seidenen Faden zusammen ge- haͤngt. Nimmt man den Drath e. weg, und laͤst auf die die Kugel a. von einer Leidner Flasche einen Funken schlagen; so siehet man ihm auch bey b. einen Sprung machen. Sind aber die zwey Draͤthe c. und d. mit der aͤusern Seite der Flasche verbunden, so lauft der Funke dem Drath c. nach, und vermeidet den Sprung bey b. an dem Drath d. Hieraus fließt nun ein Erfahrungssaz, daß nehm- lich der electrische Funke, in dem Fall wenn sein Weg zur Erde an zwey Draͤthen von gleicher Laͤnge seyn koͤnnte; er den Weg an einem ununterbrochen fortlau- fenden Drath, einem Sprung den er an einem abge- sezten Drath machen muͤste, vorziehe. 7te Erfahrung . Ein Cylinder der stark geladen ist, hat um sich einen Dunstkreiß oder Atmosphaͤre. Das heist, sein Feuer stroͤmt unsichtbar um ihm herum. Je groͤser der Cylinder und je staͤrker er geladen, desto weiter erstreckt sich sein Dunstkreiß. Man darf um sich von dieser Atmosphaͤre eines mit electrischen Feuer ge- ladenen Coͤrpers zu uͤberzeugen, nur sein Gesicht auf 8 — 10. Zolle ihme naͤhern, so wird man einen Wind fuͤhlen, oder vielmehr etwas, welches dem aͤhnlich ist, wenn uns Spinnengewebe in das Gesicht kommen. Die Haare des Hauptes werden gegen den electrischen Coͤrper angezogen. Eine Nadelspitze die man dagegen haͤlt, wird in einer Entfernung von 1 biß 1½ Schuh auch noch weiter, feurig. Streuet man Goldblaͤttchen auf einen metallenen Teller, und haͤlt sie in einiger Entfernung unter dem electrischen Koͤrper, so fliegen sie in die Hoͤhe. Kleine ausgeschnittene Figuren fan- gen an zu tanzen, und der Streusand steigt im Gestalt einer stuͤrmischen Staubwolke in die Hoͤhe. Auch von Wetterwolken stroͤmt eine electrische At- mosphaͤre aus; und weil Wetterwolken die groͤsten, B 5 mit mit electrischer Materie geladene Koͤrper sind; so kan man sich leicht gedenken, daß ihre Atmosphaͤre sehr weit reichen muͤsse. Herr Hemmer hat an seinem oben angefuͤhrten Wetterableiter gefunden, daß er schon Feuer zeigte, wenn eine Wetterwolke auch noch gegen 2000. Schritte entfernet war. Daß Herr Hemmer diese Entfernung mit moͤglichster geometrischer Genauig- keit werde angegeben haben, laͤßt sich nicht zweifeln. Daß sich die Atmosphaͤre einer Wetterwolke biß auf den Erdboden erstrecke, kan auch ohne dieses bewiesen werden. Es ist nehmlich bekannt genug daß zuweilen der Staub von der Erde, in Gestalt groser Wolken, biß an die Wolken gezogen wird. Der gemeine Mann nennet diese Erscheinung Windsbraut . Dieses ge- schiehet sowohl wenn ein ganzes groses Wetter heran ziehet; als auch wenn oͤfters nur eine einzige Wolke uͤber der aufsteigenden Staubwolke stehet. Das diese Erscheinung aber von nichts anders, als von der At- mosphaͤre der Wetterwolken herkomme, ist daraus sicht- bahr; weil diese Erscheinung niemahls, wenigstens nicht mit genugsamer Staͤrke entstehet, als wenn Wet- terwolken am Himmel sind; ferner weil sie oͤfters schon bey vollkommener Windstille sich ereignet, und kein anderer Wind sich gezeiget hat, als nur derjenige der die Staubwolke in die Hoͤhe hob; und endlich weil man schon oͤfters bemerkte, daß wenn diese aufsteigen- de Staubwolke sehr hoch und nahe an die uͤber ihr ste- hende Wetterwolke gekommen war, ein Blitz entstan- den ist. Dieses alles beweißt nun daß eine Wetterwolke sehr weit ausstroͤme, oder eine grose Atmospaͤhre habe. Ich komme jetzt auf die Ver- Versuche mit dem electrischen Thurm. D en electrischen Thurm welcher Fig. 5. abgebildet worden, habe ich aus Pappendeckel zusammen ge- sezt. Seine Laterne aber und Kuppel bestehet aus Dre- her Arbeit. Von seiner Spitze a. an, gehet außen ein Drath herab, welcher einen Wetterableiter vor- stellet. Auch inwendig habe ich vom ganzen Thurm herab, Draͤthe gefuͤhrt. Sie haͤngen aber nicht ganz zusam- men, sondern sind hie und da ein wenig unterbrochen. c. ist ein hoͤlzerner Staab, welcher der Laͤnge nach durchbohrt worden. d. ist ein andres Stuͤck Holz wel- ches in dem Staab c. auf und abgeschoben, und mit der Schraube i. fest gestellt werden kan. In das Holz d. ist eine Glasroͤhre e. eingekuͤttet, und in diese ist ein Meßinger stumpfer Stift befestigt. Auf diesem Stift f. dreher sich ein dicker meßinger 3 biß 4. Schuh langer Drath g. l. in einer Pfanne k. herum, und vertritt die Stelle eines Wagbalkens. Bey g. und l. sind glaͤserne Kugeln angebracht, damit der Waagbal- ken, wenn er mit electrischem Feuer geladen ist, nicht ausstroͤme, und man ihn auch im erforderlichen Fall anfassen koͤnne, ohne ihm sein Feuer zu rauben. Die Kugel g. ist etwas groß und schwer, damit sie das noͤ- thige Gleichgewicht gebe. h. ist eine metallene Kugel, die an einen Drath geloͤthet worden, und an den Wag- balken gehaͤnget wird. Diese Kugel h. soll eine Gewit- terwolke vorstellen. Wenn man sie aber so groß ma- chen wollte, daß man aus ihr einen betraͤchtlichen Fun- ken sollte locken koͤnnen, so wuͤrde sie schwer und die Wage dadurch sehr unempfindlich werden. Ich machte sie demnach nur klein, verband aber mit dem Stift f. durch Haͤlfte des Draths m. einen grosen metallenen Cylin- Cylindet Fig. 1. Ist dieser mit electrischem Feuer angefuͤllt; so ist es eben so viel, als ob die Wolke h. von der Groͤse des Cylinders waͤre, da das electrische Feuer, wegen der Verbindung mit dem Draͤthen, an der Wolke h. eben so stark und kraͤftig ist, als am Cylinder Fig. 1. Es ist dieses eine Erfindung des Herrn Franklin, Siehe dessen Briefe. nur daß dieser anstatt meines Waagbalkens den ich vom Langenbucher Siehe dessen Beschreibung einer Electrisirmaschine Sei- te 138. entlehnt habe, einen gewoͤhnli- chen Waagbalken gebrauchte. Ich weiß daher nicht, warum diese Anrichtung erst neuerlich, als eine neue Erfindung des Herrn Kirchhofs ausgegeben wurde. 8te Erfahrung . Ich nahm den Ableiter b. ab; steckte auf die Thurmspitze a. eine metallene Kugel, und fieng an den Cylinder Fig. 1. zu electrisiren. Die Wolke h. zog sich augenblicklich herab, und gab einen Funken auf die Kugel die ich auf die Thurmspitze ge- steckt hatte. Wenn ich anstatt des Cylinders Fig. 1. eine grose Leidner Flasche nahm, und dem Wagbalken etwas tiefer stellte, so zog sich die Wolke, so bald die Flasche voll- kommen geladen war, auch auf den Thurm herab, schlug ein, zuͤndete, oder schlug einen Laden heraus, oder zersplitterte Holz je nachdem ich die Einrichtung machte. Der Electricitaͤtkundige weiß wie diese Ein- richtungen gemacht werden, ingleichen auch, daß der Boden des Thurms mit der aͤusern Seite der Flasche in Verbindung stehen muͤsse. 9te Erfahrung . Ich machte den vorigen Ver- such, nur blos mit der Abaͤnderung daß ich die Ablei- tungs tungskette b b b b b. an den Thurm anbrachte. Die Wolke zog sich wieder herab und der Schlag er- folgte, gieng aber nicht mehr in den Thurm, sondern verfolgte die Ableitungskette. 10te Erfahrung . Von der Spitze a. nahm ich die metallene Kugel wieder ab, und fieng abermahl an zu electrisiren. Die Ableitungskette war angebracht. Die Wolke h. schwebte zwar uͤber der Spitze a. bestaͤn- dig herum, zog sich aber nicht herab. Ich stellte die Wolke h. ganz niedrig, und nur ein paar Zolle uͤber die Spitze a. Dessen ohngeachtet erfolgte kein Funke oder Schlag, und die Wolke leerte sich an der Spitze still- schweigend aus. Man bemerkt dieses an dem bestaͤn- digen Zischen, und bey Nacht siehet die Spitze feurig aus. 11te Erfahrung . Nachdem alles blieb wie zu- vor, stieß ich die glaͤserne Kugel g. in die Hoͤhe, da- mit die Wolke h. mit groser Geschwindigkeit an die Thurmspitze fahren moͤgte. Es erfolgte nunmehr zwar ein Funke, aber dieser war so schwach, daß er kaum den Zehntentheil von der Staͤrke desjenigen Fun- kens hatte, der bey der 8ten und 9ten Erfahrung er- folgte. 12ter Versuch . Ich richtete neben dem Thurm eine Stange auf; pflanzte allernaͤchst neben der Thurm- spitze, und zwar in gleicher Hoͤhe mit ihr, eine metal- lene Kugel hin, und ließ von ihr eine Kette auf den Boden gehen. Ich gedenke mir hierunter ein neben einem Blitzableiter stehendes Gebaͤude. Die Wolke stellte ich so hoch als sie beym 8ten und 9ten Versuch war, als wobey sie sich auf die Kugel herab gezogen und einen Funken gegeben hatte. Ich fieng an zu electrisiren, konnte es aber nicht dahin bringen, daß sich die die Kugel herab zog. Die Spitze des Thurms raubte alles Feuer aus der Wolke, und verwahrte dadurch auch die neben ihr stehende metallene Kugel, unter der man sich ein benachtbahrtes Gebaͤude gedenken kan, vor dem electrischen Funken. 13ter Bersuch . Ich stieß hierauf die Glaskugel g. in die Hoͤhe, damit die Wolke h. in groͤster Ge- schwindigkeit auf die Thurmspitze und auf die neben ihr stehende metallene Kugel fahren moͤgte. Es erfolgte dadurch ein Funke und Schlag, nicht auf die Spitze, sondern auf die neben ihr stehende metallene Kugel. Al- lein der Schlag war geschwaͤcht, und kaum den vierten Theil so stark, als er wuͤrde gewesen seyn, wenn keine Spitze neben der Kugel gestanden haͤtte. 14ter Versuch . Ich ließ die vorige Einrichtung, stellte aber die Wolke so tief, daß sie nur um ein paar Zoll uͤber der Thurmspitze und der daneben stehenden Kugel stund. Sobald ich anfieng zu electrisiren stellte sich die Wolke zwischendie Thurmspitze und die metal- lene Kugel, und ließ ganz schwache Funken auf die me- tallene Kugel springen, die Spitze aber blieb verschont. Diese Erfahrungen und Versuche werde ich nun- mehr auf den Blitz und die Wetterableiter anwenden. Vom Blitz. E rstlich fragt sich, wie entstehet und entzuͤndet sich der Blitz in den Wolken die doch mit Wasser gefuͤllt sind? Seit dem man die oben angefuͤhrten merkwuͤrdigen Entdeckungen in der Electricitaͤt gemacht hat, ist die Aufloͤsung dieser Frage keiner Schwuͤrigkeit mehr un- terworfen. Man weiß nehmlich nach der ersten Er- fahrung die ich angefuͤhrt; daß sich das electrische Feuer im im Wasser sowohl als an den Metallen anhaͤufet. Daß es aber nach der zweyten Erfahrung auf einmahl gaͤnz- lich in sichtbahrer Gestalt als ein Funke, aus dem Koͤr- per an dem es sich angesetzet hatte herausfuͤhrt, sobald ein anderer nicht electrischer Koͤrper in einiger Entfer- nung ihm nahe kommt. Gesezt nun eine mit electri- schem Feuer angefuͤllte Wolke gehe so tief, daß das in ihr befindliche Feuer wenn es herausspringt die Erde mit seinem Sprung erreichen kan; so schlaͤgt es in die Erde. Es braucht also keiner besondern Entzuͤndung. Anderns , fragt man: Wie kan das Feuer das aus einer Wolke auf die Erde springt, einen so grosen Sprung machen, daß es die Erde er- reichet, da der Sprung eines electrischen Funkens an der besten Maschine, kaum einige Zolle be- traͤgt? Ich habe bey der zweyten Erfahrung angefuͤhrt, daß der Funke der aus einem geladenen grosen Cylinder ausgelocket wird, weiter springt als der Funke aus ei- nem kleinen Cylinder. Nun bedenke man, daß man- che Wetterwolke einen Raum von mehrern tausend qua- drat Ruthen enthaͤlt. Kan nun ein Cylinder des Herrn Nairne von ohngefehr 30. quadrat Schuhen Flaͤche, schon einen Funken von 1½ Schuh Laͤnge geben; welch einen Sprung muß erst ein Funken machen koͤnnen, der aus einer mit electrischen Feuer geladenen viele tausend quadrat Ruthen grosen Wolke kommt! Gelehrte, fuͤr welche ich diese Anmerkung beysetze, wer- den ohne daß ich es sage, aus obigem, meine Gedanken uͤber die Eigenschaft des electrischen Blitz Funkens erken- nen. Es ist nur unmoͤglich ihn mit dem Funcken einer Leidnerflasche zu vergleichen, so sehr sich auch die Gelehr- ten Fer- Ferner habe ich bey der dritten Erfahrung gezeigt daß ein Funke mehr als noch so lang werde, wenn er aus einer stumpfen Spitze springt. Nun sind aber die Wol- ten bemuͤhet haben, von Hrn. Franklin an, biß zum Hrn. Cavallo, auf eine sinnliche Art, die Aehulichkeit des Blitz- funkens mit dem electrischen Funken einer Leidnerflasche, darzuthun. Man vergliche die geladene Wolke mit dem in- nern Beleg der Flasche. Eine andere nicht geladene Wolke oder die Erde, mußte die Stelle des aͤusern Belegs der Fla- sche vorstellen. Und endlich die zwischen den zwey Wolken, oder der geladenen Woicke und der Erde befindliche Luft, mußte die Stelle des Glases bey der Leidnerflasche ersetzen. Um nun durch einen electrischen Versuch zu beweisen, daß die Sache auf diese Art angehe, hieng man eine grose hoͤlzerne mit Zinnfolie uͤberzogene Scheibe, an seidenen Schnuͤren auf. In einiger Entfernung unter ihr stellte man eine gleich grose aͤhnliche Scheibe, die mit dem Erd- boden Communication hatte. Diese zwey Scheiben sahe man als das aͤusere und innere Beleg einer Leidnerflasche, und die dazwischen befindliche Luft, als das Glas der Flasche an. Man electrisirte nun die obere Scheibe und lockte durch einen Drath, der an die untere Scheibe befestigt war, aus der obern einen Funken, der mit dem Funken einer Leid- nerflasche alle Aehnlichkeit hatte nur daß er nicht so stark war. Siehe Cavallo theoretische und practische Electri- citaͤt Seite 183. Ich habe wieder diesen Versuch zwar nichts einzuwenden. Ob er aber das beweist was er beweisen soll, ist noch sehr ungewiß. Man weiß daß der Funke der aus einer Leid- nerflasche springt, sehr kurz ist; und daß dieser immer kuͤr- zer wird, oder weniger weit springt, je groͤser die Fla- sche ist, oder je mehrere Flaschen zusammen gestellet sind. Daher ist der groͤste Funke, den man durch Leidner- Flaschen erhalten kan, kaum ¾ Zoll lang. Nun macht aber der Wolcken keine runde glatte Koͤrper, wie eine metallene Kugel; sondern, der Funke mag aus ihr springen von welchem Ort er will, so ist die Wolke zu betrachten als der Funke der aus einer Wolke springt, und den man fuͤr den groͤstmoͤglichsten ansehen kan, einen Sprung von vie- len Ruthen. Wie schickt sich dieses zum Funken einer Leid- nerflasche? Nimmt man hingegen an: der Funke des Blitzes seye einem electrischen Funken aͤhnlich den man durch die einfache Elec- tricitaͤt, aus einem blosen Leiter bekommt; so ist alles leicht zu erklaͤren. Denn je groͤser der Leiter ist, desto groͤser wird der Funke. Und je groͤser der Funke, desto weiter springt er. Eine Wolke ist der groͤste Leiter den man sich denken kan. Daher kan sie auch, bloß nach der einfachen Electricitaͤt behandelt, einen Funken abgeben, der alle die Wuͤrkung, die man beym Blitz antrift, hervorbringen kan. Dieser grose Funke ist dann im Stande den grosen Sprung zu bewuͤrken, den man am Blitz siehet. Man hat bey dieser Erklaͤrung nicht noͤthig, seine Zuflucht zu der bekannten Franklinischen Hypothese, von der posi- tiven und negativen Seite der Leidnerflasche zu nehmen, welche ob wir gleich noch keine bessere Theorie von der Electricitaͤt haben, doch immer Hypothese bleibt. — Das heist — die immer noch nicht unlaͤugbar erwiesen, die vielmehr mit genug Zweifeln und Schwuͤrigkeiten ver- knuͤpft ist. Ich glaube Herr Nairne in Engelland und die Herren der Koͤniglichen Gesellschaft der Wissenschaften, denken vom Blitzfunken auch nicht anderst als ich. Denn als ersterer durch electrische Versuche entscheiden wollte, ob die stum- pfen oder spitzigen Wetterableiter vorzuͤglicher seyen; so bediente er sich nicht der Leidnerflaschen, sondern eines sehr grossen Cylinders, und die Gelehrten der Grosbrit- tannischen Societaͤt waren damit zufrieden. als ein Koͤrper der aus unzaͤhligen stumpfen Spitzen bestehet. Daher kan der aus ihr springende Funke, einen mehr als noch so weiten Sprung machen, als er wuͤrde gemacht haben, wenn er von einer glatten me- tallenen Kugel abgesprungen waͤre. Drittens fragt man. Warum trift der Blitz gemeiniglich die hoͤchsten Gebaͤude, oder Baͤume, ingleichen Menschen und Thiere . Hiebey ist zu merken daß dieses nicht allgemein richtig seye, als ob der Blitz nur in die hoͤchsten Ge- baͤude einschlage. Man hat Beyspiele auch vom Ge- gentheil. Die Sache verhaͤlt sich also. Wenn eine Wetterwolke gegen mehrere Gebaͤude oder einen Wald anziehet, und die Wolke gehet so tief daß der Funke der aus ihr springet, mit seinem Sprung die Erde erreichen kan, so schlaͤgt die Wolke loß, oͤfters sogar in die Erde, oͤfters aber auch an den ihr am naͤchsten stehenden Gegen- stand, wenn gleich hinter demselben hoͤhere stehen sollten. Denn da die Wolke der Erde nahe genug ist, daß sie in die Erde schlagen kan, ohne daß durch das Auf- springen auf einen Gegenstand ihr Funke erst einer Ver- laͤngerung noͤthig haͤtte; so braucht sie nicht erst weiter fortzuziehen, und ein hoͤheres Gebaͤude oder Baum zu suchen. Sollte aber unter mehreren zu aͤußerst ge- gen eine tief heranziehende Wetterwolke stehenden Baͤumen oder Gebaͤuden, ein besonders hohes seyn; so gehet der Blitz auf dieses vorzuͤglich zu, weil er durch dasselbige am leichtesten seinen Weg in den Erdboden nehmen kann. Sollte die Wetterwolke noch nicht so tief gehen, daß ihr Funke den sie abgeben kan, lang genug waͤre, um durch ein niedriges Gebaͤude oder Baum in die Er- de schlagen zu koͤnnen; so ziehet sie uͤber die niedrigen Ge- Gebaͤude weg, und schlaͤgt erst ein, wenn sie an ein hoͤheres stoͤßt. Ueberhaupt erwaͤhlt der Blitz unter mehreren Ge- baͤuden dasjenige zum Einschlagen, worinnen die Me- talle von oben biß unten, am besten zusammen haͤn- gen; damit er nicht noͤthig habe viele Springe zu machen. Daß aber der Blitz lieber durch Gebaͤude und Baͤu- me einen Weg in den Erdboden suchet, als daß er gerade zu in den Erdboden schlaͤge, kommt daher; weil nach der oben angefuͤhrten dritten Erfahrung, der electrische Funke einen etwas weitern Sprung machen kan, wenn er zuvor ehe er die Erde erreicht, erst noch auf einen andern Gegenstand springen kan. Was die Menschen und Thiere betrift, als welche ebenfals sehr gerne vom Blitz getroffen werden; so muß man bemerken. Erstlich. Den Grund oder die Ursache warum dieses geschiehet. Man weiß aus electrischen Versu- chen, daß das electrische Feuer beynahe eben so gerne auf den menschlichen und thierischen Koͤrper, als auf die Metalle loß gehe. Warum dieses geschehe laͤßt sich wohl zum Theil, aber nicht ganz erklaͤren. Der mensch- liche und thierische Koͤrper bestehet nehmlich meisten- theils aus waͤsserichten Theilen. Nun ist aber das Waßer ein Leiter der electrischen Materie. Allein der thierische Koͤrper ist ein besserer Leiter als das Was- ser: daher muß in dem thierischen Koͤrper noch etwas anderes seyn, welches das electrische Feuer gerne an- nimmt. Dieses Etwas befindet sich aber nur in dem lebendigen, nicht aber toden thierischen Coͤrper Ein Funke von einer Leidnerflasthe der z. E. durch den Kopf einer lebendigen Mauß springt und sie toͤdet, gehet C 2 wenn wenn das Thier tod ist: nicht mehr durch den Kopf , sondern macht uͤber demselben einen Sprung. Ich vermuthe mit vieler Wahrscheinlichkeit, daß die natuͤr- liche Waͤrme des thierischen Leibs, die Ursache hievon seye. Man weiß ja daß Koͤrper, die gar keine leiten- de Koͤrper der electrischen Materie sind, z. B. Glas und Pech, das electrische Feuer an sich fortlaufen las- sen, sobald man sie stark erwaͤrmet. Man weiß fer- ner, daß ein Licht, welches man nahe an eine Elec- trisirmaschine stellet, alles Feuer aus der Maschine raubt, und verhindert daß man einen Cylinder oder Flasche nicht laden kan. Dieses denke ich, beweise zur Genuͤge, daß die natuͤrliche Leibes Waͤrme eine Hauptursache seye, warum der Blitz und uͤberhaupt das electrische Feuer, so gerne auf den thierischen Koͤr- per loß gehe. In einem weit hoͤhern Grad muß die- ses noch geschehen wenn der Leib sehr erhizt ist, und stark ausduͤnstet. Ich habe auch wuͤrklich schon oft be- merkt, daß ein sehr stark erhizter oder von Natur feue- riger Mensch aus einem geladenen Cylinder allezeit staͤr- kere Funken loken konnte, als ein anderer schwaͤchlicher phlegmatischer, oder stark abgekuͤhlter Mensch. Anderns muß man auch die Art und Weise, oder die Umstaͤnde erwaͤgen, unter welchen Thiere und Men- schen, vom Blitz getroffen werden. Wenn der Blitz in ein Gebaͤude schlaͤgt, so nimmt er seinen Weg durch alle die Metalle, die vom obern Theil des Gebaͤudes biß auf den Erdboden, am besten zusammen haͤngen, damit er nicht noͤthig habe allzu viele oder allzugrose Spruͤnge zu machen. Kommt nun ein Mensch in diese Richtung, oder macht er durch seine Stellung die Kette von Metallen, an welchen der Blitz gehen kan, erst noch vollstaͤndiger; so muß er noth- nothwendig vom Blitz getroffen werden; da hingegen ein anderer der gleichwohl nicht weit davon entfernet ist, aber ausser diesen Verbindungskreiß oder Kette von Metallen stehet, verschonet bleibt. Befindet sich ein Mensch oder Thier auf dem freyen Feld, und es kommt eine Wetterwolke die so niedrig geht, daß sie in den Erdboden schlagen kan; so faͤhra t der Blitz auf den Menschen oder das Thier; weil der thierische Koͤrper die electrische Materie am leichtesten annimmt, und durch sich am leichtesten weiter in die Erde fuͤhrt. Wenn das Thier oder der Mensch stehet, so ist er noch uͤberdiß der hoͤchste Gegenstand, und kan daher der Blitz am leichtesten auf ihn fahren. Schlaͤgt ein Blitz in einem Baum, und es befin- den sich unter demselben Menschen oder Thiere, so muͤssen diese nothwendig getroffen werden. Denn der thierische Koͤrper ist ein besserer Leiter der electrischen Materie als ein Baum. Es springt daher der Blitz vom Baum ab, und gehet auf die Thiere oder Men- schen, weil diese ihn lieber annehmen, und weil er von diesen leichter gar in den Erdboden gehen kan. Ein Baum der vielleicht vom Blitz verschont geblieben waͤ- re, wird getroffen, wenn sich, Menschen oder Thiere unter ihm befinden; weil nun mehr auf diese der Blitz lieber zugeht, und von diesen leichter als durch den blo- sen Baum in den Erdboden geleitet werden kan. Sollten sich an einem Ort wo ein Blitz einschlaͤgt, mehrere Thiere oder Menschen in Gesellschaft beysammen befinden, es seye in einem Gebaͤude oder unter freyen Him- mel, oder unter einem Baum; so koͤnnen nach Beschaf- fenheit der Umstaͤnde entweder alle, oder nur einige ge- troffen werden. Z. E. Es stuͤnden unter einem Baum Menschen oder Thiere in einer fortlaufenden Linie nahe C 3 an an einander, die Linie mag gerade oder krum seyn. Ei- ner oder der andere aber waͤre ausser dieser Linie; den andern zur Seite, so werden, wenn der Blitz auf den Baum faͤhrt, alle diejenigen die in der Linie stehen ge- troffen, die andern aber entweder gaͤnzlich verschont, oder wenigstens nur erschuͤttert. Sollten unter einem Baum, in welchen der Blitz trift, viele Menschen oder Thiere, sehr nahe beysam- men stehen oder liegen, wie etwan eine Heerde Schafe; so koͤnnten sie alle getroffen, und wenn der Blitz sehr stark ist, auch alle getoͤdet werden. Die Ursache hie- von ist, weil der Blitz, nachdem er in Gestallt eines Funkens aus einer Wolke gesprungen ist, sich wieder an einem andern Ort, es seye ein Wasser oder Erde, oder thierische Koͤrper oder Steine, auszubreiten trach- tet. Er lauft an diesen Koͤrpern fort, biß er nach und nach immer mehr von seiner Maße verliert, und end- lich gaͤnzlich zertheilet wird. Diejenigen Koͤrper aber die gute Leiter der electrischen Materie sind, nehmen natuͤrlicher Weise mehr electrisches Feuer von dem Funken des Blitzes in sich, als schlechte Leiter. Es verliert sich daher der Blitz leichter in den Metallen, als in den thierischen Koͤrpern: In diesen leichter als im Wasser und marmor Steinen. In harten Stei- nen leichter als in weichen. In Steinen uͤberhaupt leich- ter als im Erdboden, und in einem feuchten Erdboden leichter als in einem trockenen. Wenn daher der Blitz unter einen Haufen nahe an einander stehender Menschen oder Thiere kommt; so sucht er sich in diesen, die bes- sere Leiter sind, als die Erde, lieber auszubreiten und zu verlieren, als im Erdboden, und trift entweder ei- nen großen Theil oder alle dieselben. Doch verliert er am am Ende immer mehr von seiner Kraft; und die letz- ten empfinden ihn am schwaͤchsten. Viertens . Begehrt man zu wissen, warum der Blitz wenn er in ein Gebaͤude schlaͤgt, hier und da herum springet; so wird man bey genauer Untersuchung allezeit finden, daß er die Metalle auf- suche; daß er ruhig fortlaufe so lange er auf einem un- unterbrochen fortgehenden Metall z. E. an Draͤthen, gehen kan; daß er aber einen Sprung mache, wenn sich das Metall endigt, und er wieder ein anderes auf- suchen muß. Alles dieses wird durch die Eigenschaft des electrischen Funkens, welcher ebenfalls dem Metall nachgehet, nach der 4ten Erfahrung deutlich und er- klaͤrbar. Fuͤnftens . Man fragt, warum der Blitz, wenn er in einen Baum schlaͤgt, ihn gemeiniglich spalte. Es ist offenbahr, daß wenn der Blitz einen Baum spaltet, er nicht an ihm ruhig fortlaufen koͤnne, son- dern daß er von den obern Theil des Baums wo er aufgesprungen ist, einen neuen Sprung gar biß in den Erdboden muͤsse gemacht haben. Man hat Beyspiele, daß der Blitz, Baͤume nicht gespaltet, sondern nur ihren Stamm herab, an der Rinde eine ganz kleine Spur seines Gangs zuruͤck gelassen hat. Vermuthlich waren dieses nur schwache Schlaͤge, die nicht mehr im Stande waren, einen zweyten Sprung vorzu- nehmen, und die sich begnuͤgen mußten, an den Baum, als einen schlechten leidenden Koͤrper des electrischen Feuers, nur stillschweigend gar in die Erde zu kommen. Man bemerkt etwas aͤhnliches bey der C 4 oben oben angefuͤhrten 4ten Erfahrung. Ist nehmlich der Funke, den man auf die Kugel a Fig. 2. springen laͤßt, nicht stark und rasch genug, so erfolgt zwar ein Fun- ke an der Kugel: In den Zwischenraͤumen d d d d d aber, wo der Funke noch mahl springen sollte; siehet man nur ein leuchtendes Feuer, welches beweist; daß weil der Funke zu schwach war, das electrische Feuer keinen Funken mehr habe formiren koͤnnen, sondern daß es an dem Holz, so ein schlechter Leiter es auch ist, stillschweigend abgelaufen sey. Ist aber der electrische Schlag, der auf einen Baum gehet, stark, so macht der Funke nochmahl einen Sprung Waͤre der Baum Metall so wuͤrde der Fun- ke ohne Sprung an ihm biß zur Erde gegangen seyn. Weil aber das Holz, wenn es gleich naß ist, das ele- ctrische Feuer doch nicht so gut, als das Metall weiter leitet, so ziehet der Blitz einen Sprung vor. Allein weil ein nasses Holz die electrische Materie doch einiger- massen ableitet, so nimmt der Blitz seinen Sprung durch den Baum selbst, und zerreißt ihn dadurch. Sechtens. Warum schlaͤgt es nicht bey je- dem Blitz und Donner in die Erde? Der Blitz schlaͤgt nicht jedesmahl auf die Erde, sondern meistentheils nur von einer Wolke in die ande- re. Wo er Raum findet sich auszubreiten da gehet er hin; es sey Erde oder Wasser. Stoͤßt nun eine leere, oder nicht mit electrischem Feuer geladene Wolke, an eine geladene, so erfolgt ein Blitz und Donner. Das Feuer springt aus der geladenen in die nicht geladene hinuͤber, weil sich das Feuer in dem Wasser der nicht geladenen Wolke ausbreiten kan. Ist aber die Wolke in in welche das Feuer hinuͤber springt, nicht weit groͤser als diejenige, aus welcher es sprang; so kan kein allzu starker Funke entstehen. Man lade einen Cylinder Fig. 1. und halte einen gleich großen, ebenfalls an sei- denen Schnuͤren aufgehaͤngten Cylinder dagegen. Das Feuer wird zwar aus dem geladenen in den nicht geladenen Cylinder hinuͤberspringen; der Funke aber wird nicht so stark seyn, als wenn man mit einer Kugel, die man in der Hand hielt, den Funken ausgelocket haͤtte. Die Ursache hievon ist, weil im letztern Fall alles im Cylinder befindliche Feuer heraus, und durch den Menschen in die Erde gehen kan; im erstern Fall aber, in dem frey haͤngenden (isolirten) Cylin- der bleiben muß. Daher findet man, nachdem der Funke erfolgt, in beyden Cylindern gleich viel Feu- er. Die Helfte blieb in dem geladenen, und die an- dere Helfte gieng in den leeren uͤber. Es gruͤndet sich dieses auf das Gesetz des Gleichgewichtes, und wird durch die Erfahrung bestaͤttiget. Daher konnte der Funke nur halb so stark seyn. Eben so gehet es, wenn der Blitz von einer Wolke in die andere schlaͤgt. Haͤngt die Wolke in welche der Blitz schlaͤgt, frey in der Luft, und regnet sie noch nicht, daß durch den Regen das Feuer auf die Erde ausfließen kann; so laͤßt die Luft als ein nicht leitender Koͤrper, das Feuer nicht weiter gehen. Das Feuer theilt sich daher in zwey Wolken, und dadurch wird der Schlag nur halb so stark. Diejenigen Wolken also, die so hoch gehen, daß der Funke, der aus ihnen faͤhrt, die Erde nicht errei- chen kan, schlagen nur in andere leere Wolken. Der Schlag der dabey entstehet, ist allezeit schwaͤcher, als wenn der Blitz in die Erde gehet. Dessen ohnge- C 5 achtet achtet hoͤret man ein heftiges Rollen des Donners in den Wolken. Allein die weite Entfernung vermehret den Schall. Ich habe schon von verschiedenen Per- sonen, die in einem Zimmer waren, wo der Blitz ein- schlug, versichern hoͤren; daß der Knall, den sie da- bey gehoͤrt, gar nichts bedeutet habe, und hoͤchstens bloß dem Knallen etlicher angezuͤndeter Schwaͤrmer gleich gekommen sey; da man doch außer dem Hause nur in einiger Entfernung von diesem Blitz, ein entsetz- liches Knallen und Rasseln hoͤrte. Begegnen sich zwey gleich stark geladene Wetter- wolken, so erfolgt gar kein Slag. Man weiß daß zwey gleich stark geladene Cylinder einan- der wegstosen und gar keinen Funken geben. Sie stoßen einan- der von sich, wenn sie alle beyde, entweder mit positi- ven oder negativen Feuer geladen sind; hingegen verei- nigen sie sich stillschweigend, wenn die eine Wolke mit positiven und die andere mit negativen Feuer geladen ist. Nach der Bereinigung bekommt die Wolke jene Art von Electricitaͤt, welche in der groͤsten und am staͤrksten geladenen Wolke gewesen war. Waren aber beyde Wolken gleich stark, die eine mit negativen, die andere mit positiven Feuer geladen; so werden sie nach ihrer Vereinigung ihrer Electricitaͤt gaͤnzlich beraubt. Zur Bestaͤttigung dieses Satzes berufe ich mich auf viele Erfahrungen in der Electricitaͤt. Man weiß nehmlich, daß das positive Feuer das negative, und das negative das positive verschlucket. Man lade z. B. eine Leidnerflasche mit positiven Feuer so stark, daß das Quadranten Electrameter auf 90. und mehrere Gra- de zeige. Man stelle darauf die geladene Flasche an eine Maschine mit der man das negative Feuer hervor- brin- bringen kan, und fange an zu electrisiren. Der Fa- den an dem Electrameter wird augenblicklich sinken, und die Flasche wird gar bald ausgeladen seyn. Nach- her erst, wird sie wieder anfangen, sich mit negativen Feuer zu laden. Eben dieses geschiehet, wenn man eine Flasche mit negativen Feuer anfuͤllet; sie dann an eine Maschine, die positives Feuer gibt stellet, und zu electrisiren anfaͤngt. Ich machte den Versuch noch auf eine andere Art. Ich nahm zwey Flaschen von gleicher Groͤse und fuͤllte jede gleich stark, die eine mit positiven, die andere mit negativen Feuer; dann beruͤhrte ich die eine Fla- sche mit den Knopf der andern. Es erfolgte nur ein kleines zischen, und alle beyde waren beynahe gaͤnz- lich ausgeladen. Hierauf fuͤllte ich die eine Flasche mit negativen Feuer halb, und die andere aber mit posi- tiven, sehr stark an; und beruͤhrte die eine Flasche mit dem Knopf der andern. Es entstund ein kleiner bey- nahe unmerklicher Funke. Nachher untersuchte ich die Electricitaͤt die in beyden Flaschen war, und fand sie in allen beyden positiv. Diese Versuche sind freylich nur denjenigen ver- staͤndlich, die in der Electricitaͤt wohl erfahren sind. Ich konnte sie aber doch aus dieser Abhandlung, die Hauptsaͤchlich fuͤr Ungelehrte bestimmt ist, nicht weg- lassen, damit es nicht das Ansehen haben moͤgte als ob ich etwas sezte, welches ich nicht beweisen koͤnnte. Siebendes. Warum blitzt und donnert es nicht bey jedem Regen der im Sommer oͤfters nach groser Hitze entstehet, und an dessen statt man man sich ein schweres Gewitter vermuthet haͤtte? Wann ein Blitz entstehen soll, so muͤssen die Wol- ken nicht nur zertrennt, oder von einander abgeson- dert, sondern auch gleichsam schoͤn rund geformet und abgeschnitten seyn. Daß die Wetterwolken also gestal- tet sind, kan man mit Augen sehen. Sie fliesen an ihrem aͤusern Ende nicht wie etwan ein Rauch oder Nebel auseinander sondern sind gleichsam scharf abgeschniten. Sie haͤngen nicht zusammen; Es folgt vielmehr eine auf die andere, und stehet immer eine hoͤher als die an- dere. Dieses ist auch noͤthig wenn ein Blitz entstehen soll. Denn ein Blitz entstehet, wenn das Feuer der einen Wolke schnell in eine andere, oder auf die Erde faͤhrt. Waͤren nun die Wolken nicht schoͤn abgerundet, son- dern auseinander fliesend und zerzerret, so waͤren sie zu betrachten als ein Koͤrper, der viele Millionen Spi- tzen haͤtte. Nun weiß man aber daß das electrische Feuer durch die Spitzen gegen andere Koͤrper, die noch sehr weit von ihnen entfernet sind, stillschweigend ausstroͤme, und keinen Funken gebe. Man weiß, daß alsdann nur ein Funke entstehe, wenn das Feuer schnell von einem runden und glatten Koͤrper abspringt. Da- her kan eine Wolke die nicht wohl abgerundet, sondern auseinander geflossen ist, keinen Blitz geben. Haͤngt gar alles Gewoͤlke so zusammen, daß es gleich- sam nur eine einzige Wolke auszumachen scheint, so ist es gar nicht moͤglich daß ein Blitz erfolge; da keiner entstehen kan, wenn nicht zwey von einander abgeson- derte Wolken, schnell an einander stosen, und das Feuer der einen, ploͤtzlich in die andere faͤhrt. Da Da es sich nun oͤfters ereignet, daß auch nach gro- ser Sommerhitze, Wolken aufziehen, die entweder sehr auseinander fliesen oder wohl gar zusammen haͤn- gen; so kan man sich leicht erklaͤren, warum es in die- sen Faͤllen nicht blitze und donnere. Achtens. Warum sind die Schlaͤge nicht mehr so gefaͤhrlich, wenn es stark regnet, als wenn es nicht regnet? Das Wasser ist ein Leiter des electrischen Feuers. Regnet es nun, so lauft das electrische Feuer an den Wassertropfen stillschweigend auf die Erde; Hr. Tibe- rius Cavallo beschreibt in seiner Abhandlung der theore- tischen und practischen Electricitaͤt Seite 255. ein Werk- zeug, mit dem er das waͤhrend einem starken Platzre- gen gefallene Wasser, dergestalt auffangen kan; daß er das im Regenwasser befindliche electrische Feuer zu- gleich damit an einem Drath ansammelt. Nach meh- reren Versuchen fand er, daß bey starken Gewitterre- gen sehr viel electrisches Feuer auf die Erde falle. Weil nun durch den Regen das Feuer stillschweigend auf die Erde koͤmmt, so ist leicht zu begreifen, war- um die Schlaͤge nicht mehr so gefaͤhrlich und stark sind, wenn es regnet, als wenn es nicht regnet. Der Re- gen ist nehmlich ein natuͤrlicher Wetterableiter. Ja dleses ist der gewoͤhnliche Weg, auf welchen das electri- sche Feuer ohne Schaden aus den Wolken auf die Er- de kommt. Wenn der Blitz aus einer Wolke in die andere faͤhrt, so denke man nicht, daß dieses Feuer nunmehr verzehrt seye, wie sich etwann das Schieß- pulver nach erfolgter Entzuͤndung verzehret, und nicht mehr ist. Beym Blitz ist es ganz anders. Er kan von einer Wolke in die andere, und von dieser wieder in eine andere, ja zehn und zwanzig mahl von einer Wol- Wolke in die andere schlagen ohne das etwas von ihm verzehrt wird. Man kan dieses durch die electri- sche Maschine beweisen, wo man einen Funken zehn und mehr mahl kan schlagen lassen, ohne daß er sich verzehrt. Anmerk. der Versuch wird also angestellet. Man stellet eine Leidnerflasche, von dem ersten Leiter einer Electrisier- maschine so weit entfernet, daß ein Funke springen muß. Dieser Funke ist nicht verlohren oder gleichsam ausge- brant; sondern mit mehreren solcher Funken kan man die ganze Flasche laden. Nachdem dieses geschehen hoͤre man auf zu electrisiren, halte den Knopf der geladenen Flasche an den ersten Leiter, entferne die Flasche wiederum, und fahre mit einem stumpfen Koͤrper an den Leiter; so wird man einen Funken bekommen. Man halte die Flasche wie- derum an den Letter, und verfahre weiter wie das erste- mahl; so bekommt man abermahl einen Funken. Durch Fortsetzung dieses Verfahrens kan man wenn die Flasche groß ist, Hundert und mehrere Funken auf den Leiter wie- der zuruͤck bringen. Dieses deweißt zur Genuͤge, daß ein electrischer Funke nicht verzehret werde, oder gleichsam ausbrenne. Was hier im kleinen geschiehet, ereignet sich an den Weterwolken im großen. Wo soll aber endlich dieses Feuer hinkommen? Es schlaͤgt so lange von einer Wolke in die andere, biß sich die Wolken endlich durch die Wuͤrkung des Win- des vereinigen, und es dann entweder gleichsam aus einer gemeinschaftlichen Wolke, oder aus jeder einzel- nen Wolke, durch den Regen stillschweigend auf und in die Erde geleitet wird. Der Regen ist aber auch noch in einem andern Verstand ein Ableiter des electrischen Feuers. Es gibt sehr viele Gebaͤude die mit vielen metallenen Spitzen versehen sind. Ich rechne hierunter hauptsaͤchlich die mit mit vielen Spitzen versehene Sterne der Dach und Thurmfahnen. Diese nehmen von ferne schon das Feuer aus den Wetterwolken auf, koͤnnen es aber nur sehr schlecht durch das Gebaͤude abfuͤhren, so lange es nicht regnet, und dadurch das Dach nebst dem Gebaͤude naß wird. In diesem Fall aber gehet das Ableiten des electri- schen Feuers nach Wunsch von statten; und wird da- durch manches Gebaͤude ein natuͤrlicher Wetterablei- ter, aber freylich nur in dem Fall, wenn das ganze Gebaͤude naß ist. Neuntens. Warum pflegt es oͤfters zu bli- tzen oder Wetter zu leuchten ohne daß es donnert. Der gemeine Mann sagt in diesen Fall der Himmel kuͤhlt sich ab. Oefters siehet man bey Nacht auf dem Horizont Blitzen, ohne Donner zu hoͤren. Dieses Blitzen kommt gemeiniglich von entfernten Donnerwettern, von denen man zwar die Blitzen sehen, den Donner aber nicht hoͤren kan. Allein es blitzet oͤfters auch bey einen wuͤrklich ge- genwaͤrtigen Wetter, ohne daß man donnern hoͤrt. Ich habe bemerkt daß dieses sonderlich bey sehr starken Hagel geschiehet; wobey der Erdbaden gleichsam mit einem Feuerregen bedeckt zu seyn scheint, ohne daß man einen ordentlichen Schlangenfoͤrmigen Blitz siehet, oder einen merklichen Donner hoͤrt. Zwar brauset es un- aufhoͤrlich fuͤrchterlich in der Luft, als wenn man un- unterbrochen fort, viele Donner hoͤrte. Allein es ist dieses nur eine Wuͤrkung des Hagels. Bemeldes Blitzen ohne Donner kan keinen andern Grund haben, als daß die Wolken nicht genug abge- schnitten und rund geformet, sondern zerzert und etwas auseinander fliesend sind. Denn hiedurch entstehet, daß das Feuer nicht auf einmahl und durch einen ra- schen schen Funken, sondern nur stark ausstroͤmend, von einer Wolke in die andere gehet; wobey man dann frey- lich ein fortdaurendes Blitzen sehen, aber keinen Don- ner hoͤren kan. Zehntens. Warum macht der Blitz einen Schlangenfoͤrmigen Gung? Ehe man im Stande war durch Huͤlfe groser Cylin- der und guter Electrisirmaschinen, starke und weit sprin- gende Eelectrischefunken hervorzubringen; verfiel man wegen dem Schlangenfoͤrmigen Gang des Blitzes auf al- lerley Gedanken. Man glaubte der Blitz fahre jedes mahl durch mehrere Wolken zugleich; und weil diese nicht in gleicher Linie stuͤnden; so zeige sich der Blitz in Gestalt eines Ziczacks. Man suchte auch durch die Kunst die Gestalt des Blitzes nach zu machen. Man leimte nemlich auf ein Holz, Glas, oder Pappendeckel, ein Striefchen Stanniol im Gestalt eines Ziczacks oder einer Schlange, durchschnitte es hier und da, wie etwan Fig. 2. bey d d d d geschehen, und ließ dann auf die Kugel a einen starken Funken springen. Weil der Funke nun an jedem Ort wo der Stanniol durch- schnitten war, einen neuen Sprung machte und sicht- bar wurde, so zeigte er sich bald in Gestalt eines Zic- zacks oder einer Schlange, je nachdem die Einrichtung gemacht war. Daß man aber dadurch den rechten Punkt nicht ge- troffen habe, ist offenbar. Jeder Blitz zeigt sichin ei- ner Schlangenfoͤrmigen Gestalt. Es ist aber unmoͤglich, daß jeder Blitz allezeit zugleich durch mehrere Wolken schlage. Ueber dieß; wenn der Blitz auf die Erde in ei- nen Baum oder Gebaͤude schlaͤgt, wo er offenbar nicht erst durch mehrere Wolken gehet; so zeigt er sich auch da biß auf den Erdboden herab, in seiner Schlangen- foͤr- formigen Gestallt. Es bringt es daher die Natur des electrischen Funkens mit sich, daß er keinen graden, sondern einen geschlaͤngelten Gang oder Sprung mache. Ladet man nun einen großen blechernen Cylinder Fig. 1. mit einer guten Maschine, und laͤßt aus dem stumpfen Kegel c gegen die Kugel e Funken springen, so wer- den sie alle, wenn sie auch nur zwey Zoll lang seyn soll- ten, einen geschlaͤngelten Gang machen. Folglich liegt dieser geschlaͤngelte Gang des electrischen Fun- kens schon in seiner Natur. Eilftens. Warum zuͤnden nicht alle Blitz die in ein Gebaͤude einschlagen? Diese Frage habe ich mir selbst noch nicht mit gaͤnzlicher Zufriedenheit beantworten koͤnnen. Als den 28 Junius dieses Jahrs der Blitz in den hiesigen Kir- chenthurm schlug, schmelzte er den Drath, der von dem Hammer der Glocke in die Uhr gehet. Als die- ser ein Ende war, zerschmetterte er eine 6½ Schuhe lange tannene Stange, indem er sie der Laͤnge nach in kleine Stuͤcke spaltete. Man bemerkte aber nicht die ge- ringste Spur, daß er das Helz nur ein wenig ge- schwaͤrzet haͤtte. Hingegen in der Kirche zu Weiden- bach, in welche der Blitz vergangenen Dec. eingeschla- gen, und im Dach gezuͤndet hatte, bemerkte ich, daß alle die Orte, wo er sprang, gesengt waren. Das Holz war schwarz, und die weise Mauer rothbraun ge- faͤrbt. Der gemeine Mann nennet einen Blitz, der nicht angezuͤndet, einen kalten oder auch Wasserstrahl. Oef- ters bildet er sich ein; es folge auf den ersten feurigen Strahl erst ein zweyter oder Wasser Strahl. Allein diese Meinung ist gaͤnzlich ungegruͤndet. D Ich Ich laͤugne nicht, daß mit manchem Blitz ein Stromwasser auf die Erde gerissen werden koͤnne; da man Erfahrungen genug hat, daß eine Wolke gemei- niglich zu regnen anfaͤngt, so bald ein starker Blitz und Donner in ihr entstehet. Die Bewegung die durch den Blitz in der Wolke verursachet wird, macht; daß die Duͤnste zusammen stosen, schwerer werden und in Regentropfen herabfallen. Ein Freund erzaͤhlte mir auch, daß er nicht mehr als etliche 20. Schrittte von ihm entfernet, einen Blitz in einen Fluß habe schlagen sehen, welcher das voͤllige Ansehen gehabt, als ob er in einer dicken Wassersaͤule herabgefahren sey. Doch dieses sey wie ihm wolle. Auf gegenwaͤrtigen Fall laͤßt sichs nicht anwenden. Ein Blitz der durch eine so enge Oefnung, die man oͤfters kaum bemerken kan, in ein Gebaͤude schlaͤgt, und darinnen kreuz und queer herumfaͤhrt; kan ohnmoͤglich einen Wasserstrom an alle die Orte wo er hingehet, mit sich fuͤhren. Beym hiesigen Wetterschlag regnete es nicht einmahl. Daß es ein kalter Schlag gewesen seye, wird auch niemand der gesunde Sinnen hat, glauben koͤnnen; da der geschmolzene Drath das Gegentheil zur Genuͤge be- weißt. Einige Erlaͤuterungen hieruͤber koͤnnen bloß electri- sche Versuche geben. Diese lehren, daß jeder electri- sche Funke, wenn er stark genug ist, und die Neben- umstaͤnde, die zum Anzuͤnden eines Koͤrpers erfordert werden, guͤnstig sind, wirklich zuͤnde, oder wenig- stens senge. Wenn man etwas Vaumwolle an das Ende eines dicken Draths wickelt, die Baumwolle mit zerstoßenen Geigenharz bestreuet, und einen Funken ans einer Leidnerflasche darauf springen laͤßt, so wird die Baumwolle entzuͤndet. Bloße Baumwolle ohne Gei- Geigenharz entzuͤndet sich nicht. Es muß daher eine Materie, die durch den Blitz angezuͤndet werden soll, so beschaffen seyn; daß sie sich sehr leicht entzuͤn- det. Ein Koͤrper, der nicht allzuleicht brennet, erfor- bert einen sehr starken electrischen Schlag, wenn er nur gesenget werden soll. Die brennbare Luft hinge- gen kann durch den allergeringsten electrischen Funken in Brand gesetzt werden. Ferner wenn man zwischen zwey duͤnnen Brettchen Holz, ein Streifchen von einem Goldblaͤttchen legte, es an etlichen Orten unterbricht, die Brettchen dann fest zusammenbindet, und einen starken electrischen Funken aus einer Leidenerflasche durch dieselbe schlagen laͤßt, so werden die Goldblaͤtt- chen geschmolzen, die Brettchen aber, wenn das Gold sehr fest auf ihnen lag, gesprengt. Hingegen bleibt das Holz ohne Flecken, wenn das Gold nur gelind auf ihnen lag. Aus diesen Erfahrungen laͤßt sich, wie ich glaube, einiger massen deutlich machen, warum der Blitz oͤfters zuͤndet, und oͤfters nicht zuͤndet. Er zuͤndet leichter, wenn es ein starker, als wenn es ein schwacher Schlag ist. Es sind aber nicht alle Blitze von gleicher Staͤrke. Eine grosse Wolke giebt natuͤrlich einen groͤßern Funken als eine kleine. Er zuͤndet ferner; wenn er Materien antrift, die sich leicht entzuͤnden. Daher gerathen gewoͤhnlich die Scheunen in Brand, wenn ein Blitz in sie faͤhrt. Denn Stroh und Heu brennen leicht Ueberdieß be- findet sich in Scheunen, in welche neues Getraid, Heu oder Grummet eingelegt ist, viel brennbare Luft. Die Vegatabilien, sonderlich wenn sie etwas feucht zusammen kommen, fangen an zu gaͤhren, und geben Duͤnste, die man, weil sie sich leicht, und sonderlich durch die Electricitaͤt entzuͤnden, brennbare Luft nennet, D 2 Kommt Kommt nun ein Blitz an einen solchen Ort; so stehet alles in einem Augenblick im vollen Brand. Endlich zuͤnden die Blitze, wenn sie auf ein schwa- ches Metall fahren, und dieses entweder schmelzen oder wenigstens gluͤend machen. Denn wenn das Me- tall mit einem Holz verbunden ist; so wird das Holz durch das gluͤende Metall angezuͤndet. Ein Blitz der nicht im Stande ist ein Holz anzubrennen, kan es ent- weder anzuͤnden oder wenigstens sengen, wenn er ein Metall, welches mit dem Holz verbunden ist, schmel- zet oder gluͤend macht. Zwoͤlftens. Ist ein Brand der durch den Blitz entstehet schwerer zu loͤschen als ein ande- rer? Dieses ist ein altes eingewurzeltes Vorurtheil, als ob ein Feuer welches durch den Blitz entzuͤndet wor- den sehr schwer, und nicht anders als mit Milch zu loͤschen sey. Ich weiß aber zuverlaͤßig, daß es schon sehr oft, mit etlichen Maasen Wasser geloͤschet worden. Schwer aber ist es allerdings zu loͤschen, wenn der Blitz, wie es oͤfters geschiehet, in einem Gebaͤude an zehn und mehr Orten zugleich zuͤndet, und dadurch das ganze Gebaͤude in kurzer Zeit in volle Flammen sezet. Dreyzehntens. Was ist der Donner bey dem Blitz? Nichts anders als was der Knall bey einer Kano- ne ist, nehmlich eine blose Erschuͤtterung der Luft. Der Donner schadet daher so wenig als der Knall von einer Kanone. Wer den Blitz noch sehen kan, ohne von ihm getroffen zu seyn, der hat sich vor dem darauf folgenden Donner nicht mehr zu fuͤrchten. Wo der Blitz einschlaͤgt, ist Blitz und Schlag beysammen. Weil Weil der Schall sich in der Luft nach und nach fort- pflanzet, und nach genauer Berechnung der Gelehrten, in einer Secunde (oder dem sechzigsten Theil einer Mi- nute,) 1137. rheinische Schuhe; folglich da man 20000. Schuhe auf eine deutsche Meile rechnet, in ohngefehr 17. Secunden eine Meile fortgehet; so kan man leicht berechnen, wie weit der Blitz von uns ent- fernet war, wenn man bemerkt, wie viele Secunden zwischen dem Blitz und dem darauf folgenden Don- ner, verfliesen. Kan man 2. Secunden zaͤhlen, ehe auf dem Blitz der Donner folgt, so ist der Schlag in einer Entfernung von ¼ Stund geschehen. Man rechnet oͤfters einen Pulsschlag fuͤr eine Secunde. Ob nun gleich der Puls in einer Minute nicht 60. son- dern 70. biß 80mal schlaͤgt, folglich ein Pulsschlag weni- ger als eine Secunde ist; so koͤnnte man doch zuerst be- melder Absicht sich des Pulsschlags bedienen, wenn man nur anstatt 5. Pulsschlaͤge 4. Secunden rechnen will. Vierzehntens . Bey Erklaͤrung der Eigenschaft des Blitzes, kan ich noch zwey Eigenschaften desselben nicht unberuͤhrt lassen. Die erste ist der starke Geruch den man jedesmahl bemerkt, wenn ein Blitz in ein Gebaͤude einschlaͤgt. Er hat viele Aehnlichkeit mit einem angezuͤndeten Schwe- fel; noch mehr aber mit dem Phosphorus. Dieser Geruch mag ohne Zweifel die Alten in ihrer Meynung, daß der Blitz aus schweflichten Duͤnsten bestehe, be- staͤrkt haben. Man findet aber diesen nehmlichen Geruch auch bey dem electrischen Feuer, das man durch die Maschine hervorbringt. Man befestige an den Cylinder Fig. 1. eine stumpfe Spitze, lasse den Cylinder electrisiren, D 3 und und halte in einer Entfernung von ohngefehr 2. Zollen, die Nase gegen die stumpfe Spitze; so wird das Feuer in Gestalt einer feurigen Ruthe gegen die Nase stroͤ- men, und einen Geruch geben, welcher jenem aͤhnlich ist, den man beym Blitz bemerkt. Nur ist letzterer, wie sichs leicht gedencken laͤßt, staͤrker, und ersterer ist feiner. Noch auf eine andere Art kan man einen mit dem Blitz Geruch vollkommen aͤhnlichen hervorbringen, wenn man einen starken Funken von einer Leidnerflasche, durch etliche Kartenblaͤtter schlagen laͤßt. Man legt 8. bis 10. Kartenblaͤtter aufeinander, und haͤlt sie mit der linken Hand an dem einen Ende zusammen. Mit der rechten Hand legt man eine kleine metallene Kugel, an welche ein Drath befestigt ist, und der mit dem aͤu- sern Beleg der geladenen Leidnerflasche, in Verbindung stehet, an das andere Ende der Karten an. In dieser Anrichtung faͤhrt man mit den Karten, und dem hinter ihnen befindlichen metallenen Knopf, schnell an den Knopf der Leidnerflasche so faͤhrt der Funke durch die Kartenblaͤtter. Wenn man darauf geschwind an die Kar- ten Blaͤtter riecht; so wird man vollkommen den nehmli- chen Geruch finden, den man beym Blitz wahrnimmt. Dieser Versuch erklaͤrt aber noch Eine andere Eigenschaft des Blitzes. Die Kar- ten, durch welche auf erst beschriebene Weise, der electrische Funke gefahren, sind durchloͤchert. Das Loch ist aber, obgleich der Funke sehr groß scheint, nur sehr klein. Oefters sind mehrere kleine Loͤcher ne- ben einander. Sind die Kartenblaͤtter zuvor naß ge- macht worden, so wird das Loch etwas groͤser. Ein Funke von mehrern Flaschen oder von einer Batterie, macht auch ein etwas groͤseres Loch. Herr Cavallo be- zeugt, zeugt, daß man mit einer starken Batterie, sogar durch ein duͤnnes Blech schlagen, oder vielmehr es durchschmel- zen koͤnne. Allezeit aber ist, nach Verhaͤltniß des schein- bahren Funkens, das Loch sehr klein. Z. B. das Loch, welches der Funke von einer einzigen, obwohl grosen Leidnerflasche, durch die Kartenblaͤtter schlaͤgt; ist nicht groͤser als wenn es mit einer kleinen Nadel ge- macht worden waͤre. Hieraus laͤst sich nun erklaͤren; warum der Blitz, der doch von zimmlicher Dicke, wenigstens Arms dick zu seyn scheint; durch Mauern und oͤfters auch duͤnne Metalle, z. B. in die metallenen Thurmknoͤpfe, nur gar kleine Loͤcher macht. In der hiesigen Kirche sprang er an die Sanduhr, die auf der Canzel steht. Das Eisenblech war kaum von der Dicke eines schwachen Messerruckens. Er konnte es aber doch nicht mehr durchschlagen, sondern schmelzte nur ein flaches klei- nes Luͤckchen, in der Groͤse eines schwachen Stecknadel- knopfs ein. In die Mauer machte er ein Loͤchgen, in welches man kaum eine Stricknadel bringen konnte. Hingegen machte er in die Mauer der Weidenbacher Kirche, Loͤcher, von der Dicke eines Federkiels. An diesem letztern Ort sengte er aber auch hier und da; allein in hiesiger Kirche nicht. Dieses, glaube ich, bestaͤrtiget meine Vermuthung die ich Seite 51. von dem Anzuͤnden der Koͤrper durch den Blitz ge- geben, daß nehmlich ein sehr starker Blitz erfordert werde wenn Holz angezuͤndet werden soll. D 4 Von Von Wetterableitern. Erstlich. Was ist ein Wetterableiter? D ieienigen, die noch keine Erkenntniß von Wetter- ableitern haben, pflegen sich wunderliche Ge- danken davon zu machen. Sie glauben sie seyen von besonderer Materie, und irgend ein geheimes unerlaub- tes Kunststuͤck darunter verborgen. Aus diesem Grun- de schon halten sie selbtge fuͤr unerlaubt. Sagt man ihnen nun: ihr wisset ja, daß wenn der Blitz in ein Gebaͤude schlaͤgt, er von einem Metall auf das andere springt, daß er an Draͤthen ruhig fortlauft, und end- lich in die Erde faͤhrt. Sagt man ferner: weil der Blitz dem Metall nachgehet; und man nicht gerne sie- het, wenn er durch das Gebaͤude selbst gehen sollte, so macht man ihm lieber einen Weg in die Erde, aus- ser dem Gebaͤude, und laͤst von dem obersten Gipfel eines Gebaͤudes oder eines Thurms, biß in die Erde, außen eine eiserne Stange herabgehen. Sagt man endlich. Weil das electrische und das Blitzfeuer einer- ley ist und man gefunden hat, daß man eine ganze mit electrischen Feuer geladene Flasche, in der Entfernung schon und zwar stillschweigend ohne daß ein Funken springt, ausladen kan, wenn man eine Spitze dagegen haͤlt; so sezt man zu oberst auf das Gebaͤude eine spi- tzige senkrecht stehende Stange damit eine heranziehen- de Wetterwolke sich auslade ehe sie noch an das Gebaͤude kommt, und man daher den Ausbruch des Blitzes viel- faͤltig gar abwende. „Sagt man dieses auch den Un- verstaͤndigsten;“ so bekommt man gemeiniglich die Antwort: Wenn der Wetterableiter nichts ist als die- ses, so lasse ichs mir gefallen. Ob Ob ich nun gleich diese Abhandlung nicht fuͤr Kunsterfahrne, sondern nur fuͤr solche schreibe, die entweder noch gar keine oder wenigstes erst noch weni- ge Erkenntniß von der Sache haben; so muß ich doch von Anlegung der Wetterableiter das noͤthigste anfuͤh- ren, damit auch Laien in der Kunst, die Guͤre oder Fehler eines Ableiters beurtheilen koͤnnen. Ich gebe daher gegenwaͤrtig eine kurze Beschreibung hievon. Die Spitze des Ableiters (Siehe Fig. 5. a ) beste- het aus einer eisernen, unten wenigstens 1 biß 1½ Zoll dicken senkrecht stehenden Stange. Aufwaͤrts muß sie duͤnner zu laufen, damit sie nicht allzuschwer wird. Die Spitze selbst muß von Kupfer seyn, welches man an die eiserne Stange anschrauben oder anloͤthen laͤst. Die Spitze macht man drey oder viereckigt, und so fein als man kan. Weil viele Spitzen mehr Feuer aufnehmen als nur eine einzige; so koͤnnte man auch einen Stern Es ist gut wenn man diesen Stern also einrichtet, daß er an und abgeschraubt werden kan, damit wenn die Spitzen Noth leiden sollten, sie leichtlicher wieder hergestellet wer- den koͤnnen. mit vielen Spitzen aufsetzen, oder Kreuzstaͤbe, die forne spitzig sind durch die Stange gehen lassen. Ist das Gebaͤude groß; so muß man an beyden Enden desselben, eine dergleichen Stan- ge aufrichten. Sie werden aber auf die Spitze zweyer zusammenstosender Dachsparren gesetzt. Um sie gut zu befestigen, werden die eisernen Stangen unten ge- spalten daß man sie bequem auf die Spitze der zusam- menstosenden Sparren setzen kan. Am Ende werden sie mit Schrauben die durch die Sparren gehen, befestiget. Alles dieses ist Fig. 6. deutlich abgebil- det. D 5 Die Die Ableitung b b b b b Fig. 5. bestehet aus eisernen duͤnnen Stangen. Man nahm zwar biswei- len nur einen dicken Drath. Weil aber ein Drath zerrissen werden konnte, wenn ein starker Blitz darauf fahren sollte; so ists sicherer, wenn man halb Zoll, wenigstens ⅓ Zoll dicke runde oder Viereckigte eiserne Stangen nimmt. Damit sie nicht so leicht rosten, bestreicht man sie, wenn sie heiß sind, mit Pech. An einem kleinen Gebaͤude ist eine einzige derglei- chen Ableitung genug. An ein groses Gebaͤude aber kan man zwey machen. Man fuͤhret sie entweder an einem Giebel, oder auch auf dem Dach, und an der Mauer des Haußes herab. Die Zusammensetzung der Ableitungsketten oder vielmehr Stangen, muß also geschehen, daß man glaubte die Stange mache nur eine einzige aus. Man darf da- her keine Gelenken machen, wie bey Ketten gewoͤhnlich sind, oder wie man Fig. 3. b sehen kann; weil bey dieser Einrichtung der Blitz an jedem Gelenke einen Sprung macht. Man sehe die sechste Erfahrung Sei- te 24. Die Stangen muͤssen daher uͤber einander ge- legt und mit Schrauben, wie man Fig. 7. siehet, zu- sammen gesetzt werden. Muͤssen diese Stangen um Ecke herumgefuͤhret werden; so muß man wenigstens alle scharfe Winkel vermeiden, und vielmehr die Stangen in einen etwas weiten Bogen kruͤmmen lassen. Wenn Schloͤte in der Mitte des Gebaͤudes herausgehen, und man uͤber den Gipfel oder den sogenannten First des Daches eine Ab- leitungsstange wegzufuͤhren hat, so darf man diese nicht uͤber dem Schlot gehen lassen, wie Fig. 8. durch a c b angezeigt ist, sondern man muß in den Schlot zwey einander gegenuͤberstehende Loͤcher machen, und durch durch diese die Stange gerade fortlaufen lassen. Denn der electrische Funke macht lieber einen kleinen Sprung, als daß er einen Umweg nehmen, und an dem Ecke eines Winkels herumlaufen sollte. Siehe die ange- fuͤhrte sechste Erfahrung. Die Verbindung der Ableitungsstangen darf auch nicht vergeßen werden. Wenn nehmlich mehrere Ge- baͤude neben einander stehen, so muß die Ableitung von einem Gebaͤude auf das andere gehen. Man fuͤhrt sie sonderlich auf dem First der Daͤcher fort, und ver- hindet sie mit den senkrechten Stangen Bey einer Kir- che muß man nicht nur vom Thurm herab die Ablei- tungsstangen fuͤhren, sondern auch an die beyden En- den des Kirchendachs Stangen mit Spitzen aufrich- ten, von einer Stange zur andern eine Ableitungs- stange laufen lassen, und diese mit der Ableitungsstange des Thurms in Verdindung bringen. Die Befestigung der Ableitungsstangen geschie- het durch eiserne Klammern, wie Fig. 9 eine abgebil- det ist und man Fig. 5. bey b b b b b siehet. Es ist genug, wenn die Ableitungsstange ohngefehr 6 Zoll vom Gebaͤude abstehet. Einige Naturforscher haben vorgeschlagen, anstatt dieser eisernen Klammern hoͤlzerne Arme zu machen, damit der Blitz um so weniger in das Gebaͤude fahren koͤnne. Allein; ausser dem, daß die hoͤlzernen Arme schwer zu befestigen und von keiner guten Dauer sind; so schaden auch die eisernen Klam- mern nichts. Wenn der Blitz zwey Wege in die Er- de hat, und auf dem einen Spruͤnge machen muß, auf den andern aber an einem ununterbrochen fortlau- fenden Metall fort gehen kann, so nimmt er den letztern Weg. (Siehe die 6te Erfahrung S. 24. 25.) Da nun der Blitz wenn er von einer Ableitungsstange in ein Gebaͤude schlagen wollte, hie und da Spruͤnge ma- chen chen mußte; so gehet er lieber an der Ableitungsstange fort. Doch ist es sehr zu rathen, an einem Gebaͤude, woran ein Ableiter angelegt wird, sich wohl umzuse- hen; ob nicht an dem Ort, wo eine Ableitungsstange herabgehet, auch innen im Gebaͤude eine ununterbro- chen-fortgehende Reihe von Metallen sich befinde. In diesem Fall koͤnnte freylich der Blitz sich theilen, und zum Theil innen durchs Gebaͤude in die Erde gehen. Die Klammern dienen nur dazu, daß die Ablei- tungsstangen nicht von dem Gebaͤude wegfallen. Denn tragen koͤnnen sie die schweren Ableitungsstangen nicht; es sey denn, wo dieselben Horizontal laufen. Die senkrecht herabgehende Stangen aber werden, da sie fest zusammengeschraubt sind, und gleichsam nur eine ein- zige ausmachen, von dem Erdboden getragen. Allein damit sie sich nicht durch ihre Schwere in den Erd- boden eindruͤcken, so setzt man sie auf einen Stein, der mit dem Erboden in gleicher Hoͤhe liegt. Will man hie oder da, wo die Ableitungsstangen schraͤge laufen, z. B. beym Ende eines Thurmsdachs, den Ableiter auf einen eisernen Traͤger aufruhen las- sen; so muß der Traͤger erstlich sehr stark und wohl be- festigt seyn: anderns muß er ein weites Loch haben, damit die Stange nicht darinnen gepreßt seye, und bey einem erfolgten Schlag keine allzugroße Erschuͤtterung des Traͤgers entstehe; daher muß drittens die Ableitungs- stange einen an der Seite herausgehenden Stift be- kommen, mit welchem sie auf dem Traͤger aufruhet. Die Ableitungsstangen muͤßen endlich tief in die Erde gefuͤhrt werden. Hat man einen Brunnen oder Fluß, oder sonstiges grosses Wasserbehaͤltniß; so ist es noch besser. Ohne dieses muß man schraͤge vom Ge- Gebaͤude weg, ein 8. biß 12. Schuh tiefes Loch ma- chen Man kan dieses Loch wo keine Felsen sind, auch boh- ren. und den Ableiter hineingehen lassen. Un- ten wo er sich endiget, laͤsset man ihn nach des Hr. Prof. Lichtenbergs Vorschlag, in verschiedene Arme oder wenigstens Spitzen aus einander gehen, damit sich das electrische Feuer leichter in der Erden verlaufe. Weil das Eisen in der Erde stark rostet, so kann man das Ende der Ableitungsstange, soweit sie in der Erde ist, aus einer kupfernen Stange oder Platte machen. Anderns. Die Wetterableiter fuͤhren aus den Wetterwolken die electrische Materie wuͤrk- lich schon stillschweigend ab. Zur Bestaͤttigung dessen berufe ich mich auf die Versuche mit dem electrischen Thurm die Seite 29. in der 10ten Erfahrung angefuͤhrt sind. Nach dieser raubt schon in großer Entfernung die Spitze a Fig. 5. aus der Wolke h so viel Feuer, daß sie sich nicht auf den Thurm herabziehen und einschlagen kan. Das Feuer zischt, und bey Nacht siehet die Spitze feurig. Dieses beweißt, daß die Spitze das Feuer aus der Wetterwolke stillschweigend abfuͤhre. Will man einwenden: Es ist ungewiß, ob das, was hier im Kleinen geschiehet, auch bey den Wetter- wolken und Wetterableitern im Grosen geschehen werde; so verweise ich nur auf die, Seite 35. folg. in der 7ten Erfahrung angefuͤhrte Gruͤnde. Eine Wetterwolke erstreckt sich nehmlich mit ihrer Atmosphaͤre, bis auf die Erde, folglich kann die Spitze eines Wetterablei- ters, das aus einer Wetterwolke bis auf die Erde stroͤ- mende Feuer, leichtlich auffangen. Daß es auch wuͤrk- wuͤrklich geschehe beweißt eine Erfahrung des Hr. Hem- mers, die schon Seite 26. angefuͤhrt ist. Ich glaube aber das nicht nur der insolirte Wetterableiter des Hr. Hemmers, sondern auch jeder andere gewoͤhnli- che nicht insolirte Ableiter, bey Nachtzeiten an seinen Spitzen die Gegenwart des electrischen Feuers beweise. Doch da nicht sowohl in Ansehung dieses Punkts wie- der die Wetterableiter Einwendungen gemacht werden, als vielmehr wegen des Gegentheils, daß sie nehmlich die electrische Materie zu stark ausziehen und verursa- chen, daß mancher Blitz, der nicht auf das Gebaͤude wuͤrde geschlagen haben, nun um des Ableiters willen darauf fahre; so ists noͤthiger, diese Meynung um- staͤndlicher zu widerlegen. Also Drittens. Die Wetterableiter ziehen die Wetterwolken nicht herbey. Ich glaube, daß dieses durch die, Seite 29 ange- fuͤhrte zehnte Erfahrung außer allem Streit gesetzt wer- den koͤnne. Denn wenn ein Ableiter im Stand waͤre, die Wetterwolken herzuziehen, so muͤßte auch die mit electrischen Feuer gefuͤllte Wolke h Fig. 5. von der Thurmspitze a angezogen werden koͤnnen. Weil aber dieses im Kleinen nicht geschiehet, so kan man es auch im Grosen, bey Wetterwolken und Wetterableitern nicht vermuthen. Solte man aber doch Zweifel dawider erregen wol- len, so will ich nur noch dieses zu bedenken geben. Wenn man nach der 8ten Erfahrung Seite 28 auf die Spitze des Wetterableiters eine Kugel sezt, so zie- het sich die Wolke h herab, und schlaͤgt darauf, gesezt auch wenn kein Ableiter an dem Gebaͤude stuͤnde, und der Funke nothwendig in daß Gebaͤude fahren, und darinnen Spruͤnge machen muͤste. Es ist also offen- bar; bar; daß eine Wolke, die von einem spitzigen Wet- terableiter nicht mehr angezogen werden kan, doch von einem stumpfen Metall noch angezogen werde. Nun sind aber an jedem Gebaͤude genug stumpfe Metalle. Gesezt auch ein Gebaͤude haͤtte keine Wetterfahnen, und keine metallene Dachrinnen; so sind doch die Lat- ten auf welchen die Ziegel liegen, mit eisernen Naͤgeln angenagelt. Will man ein Gebaͤude nur ein wenig untersuchen, so wird man von diesen Naͤgeln der Dachlatten, biß auf den Erdboden eine wo nicht gaͤnz- lich zusammenhaͤngende, doch nicht allzu sehr unter- brochene Reihe von Metallen fortlaufen sehen. An diesen kan der Blitz biß auf die Erde fortgehen. Tau- send Wetterschlaͤge haben bewiesen, daß ihm dieses moͤglich seye. Nimmt man nun an, daß jedes Gebaͤude mit ge- nugsamen stumpfen Metallen, auf denen der Blitz biß in die Erde springen kan, versehen ist. Gedenket man ferner, daß eine Wetterwolke von stumpfen Metallen staͤrker angezogen werde, als von einer metallenen Spitze; so ist doch dieses gewiß, daß man von einem spitzigen Ableiter ein nicht so starkes Anziehen der Wetterwolke zu befuͤrchten habe, als von jedem Ge- baͤude bey seiner natuͤrlichen Einrichtung. Verlangt man den physicalischen Grund zu wissen, warum ein spitziger Ableiter eine Wetterwolke, nicht so stark anzieht, als ein stumpfer Coͤrper; so ist es leicht zu zeigen. Es ist mit der Vernunft zu begrei- fen und bestaͤttigt sich durch electrische Versuche, daß eine Wetterwolke die mit electrischem Feuer stark an- gefuͤllet ist, sich staͤrker gegen die Erde ziehe, als eine andere nicht so stark geladene Wolke. Nun wird aber eine Wetterwolke von ferne schon durch einen spitzigen Ablei- Ableiter ausgeleeret. Biß sie daher so nahe kommt daß sie sich auf den Ableiter herabsenken koͤnnte, ist sie be- reits grosentheils ausgeladen, und das in ihr noch be- sindliche wenige Feuer hat nicht mehr so viel Gewalt die Wolke mit sich gegen die Erde zu reisen. Daher gehet sie uͤber einem spitzigen Ableiter hoͤher weg, als uͤber stumpfen Metallen. Ist aber dieses nicht schon großer Vortheil von Wetterableitern, daß sie viele Wolken stillschweigend ihres Feuers entladen, und verhindern; daß die Wol- ke uns nicht so nahe kommen kann, als sie ohne ihm wuͤrde gekommen sein! Ein jedes Gebaͤude ohne Wet- terableiter ziehet, wie ich bewiesen habe, die Wetter- wolken staͤrker an, als ein Gebaͤude mit einem spitzigen Wetterableiter! Ist es denn aber nicht die Pflicht ei- nes Klugen, den sichersten Weg zu waͤhlen? Viertens. Die Wetterableiter sind auch in dem Fall nicht gefaͤhrlich wenn gleich ein Schlag auf sie geschehen sollte. Daß auf den Ableiter ein Blitz fahren und ein Schlag erfolgen koͤnne, habe ich Seite 13 folg gerne eingestanden. Daß aber auch in diesem Fall keine Ge- fahr zu befuͤrchten sey, hat nicht nur eine schon ge- nugsame Erfahrung bestaͤttiget; sondern kan auch durch Gruͤnde aus electrischen Versuchen erwiesen wer- den. Nach der 9ten Erfahrung Seite 38. habe ich an dem electrischen Thurm gezeigt, daß der Funke außen an dem Thurm weggehe, ohne daß von ihm etwas in den Thurm kommt, wenn eine ununterbrochene Ablei- tungskette außen an ihm angebracht ist. Dieses gruͤn- det sich auf die 6te Erfahrung Seite 24. 25. Wenn nehm- nehmlich ein electrischer Funke zwey Wege in die Erde hat, und auf dem einen an einem ununterbrochen fort- gehenden Drath gerade fortlaufen kan, auf dem zwey- ten Weg aber, einen Sprung machen muß; so waͤh- let er den ersten Weg. Nun kan der Blitz an der Ab- leitungskette gerade, und ohne Sprung biß in die Er- de gehen. Wenn er aber in das Gebaͤude fahren woll- te, muͤste er Spruͤnge machen, weil in einem Gebaͤu- de die Metalle nie vollkommen zusammen haͤngen. Da- her gehet er, lieber an der Ableitungskette fort. Fragt man: wie gehet es aber, wenn der Blitz die Ableitungskette zerreisen oder schmelzen sollte? so antworte ich. Wenn die Ableitungskette nicht ein duͤn- ner Drath, sondern wie ich angegeben habe, eine di- cke Stange ist, und noch uͤberdieß keine scharfe Win- kel macht; so ist diese Gefahr nie zu befuͤrchten. Soll- te aber die Ableitungskette nur aus einem duͤnnen Drath bestehen und dieser vom Blitz zerrissen oder geschmol- zen werden: so waͤre von diesem Schlag, der die be- melde Verwuͤstung anstellet, ebenfalls nichts zu besor- gen Denn der Blitz lauft immer dem Schmelzen voran, und der Drath schmelzt erst hinter ihm nach. Daher kan er an dem Drath biß in die Erde fortlau- fen. Bloß von einem schnell darauf folgenden zweiten Blitz, waͤre Gefahr zu erwarten, weil kein Ableiter mehr vorhanden waͤre. Man mache daher die Ablei- tungsketten stark, und befestige sie wohl, so kan man ruhig seyn. Noch fragt man: leidet, wenn ein Blitz an einer Ableitungskette herabfahren sollte, der The des Ge- baͤudes der der Kette nahe ist, keinen Schaden und keine Erschuͤtterung? E Zur Zur Zeit hat man freylich noch wenige Beyspiele, daß der Blitz auf Wetterableiter geschlagen habe. Wo aber dieses geschehen, ist es allezeit ohne Beschaͤ- digung und ohne Erschuͤtterung der Gebaͤude abgegan- gen. Man weiß auch zur Genuͤge, daß wenn der Blitz in ein Gebaͤude geschlagen, und darinnen an ei- nem Drath hat fortlaufen koͤnnen, er die neben dem Drath befindliche Dinge nicht verlezet habe. So weiß man auch aus electrischen Versuchen, daß man den Funken von etlichen großen Leidnerflaschen, der im Stande ist, ein kleines Thier zu toͤden, dennoch an ei- nem Drath durch die Finger, mit denen man ihn haͤlt, laufen lassen kan, ohne das geringste davon zu spuͤh- ren. Indessen huͤten sich doch die Naturforscher selbst, einen Funken von einer großen Batterie (oder sehr vie- len Leidnerflaschen) mit welchem man z. E. einen Ochsen toͤden kan, an einem Drath durch ihre Finger laufen zu lassen; und sie versehen ihre Ausladungsdraͤ- the mit glaͤsernen Handhaben. Eben dieses glaube ich, raͤth die Vorsicht bey Wetterableitern an. Ob es gleich wahrscheinlich ist, daß ein Mensch so wenig als das Gebaͤude, Schaden leiden werden, wenn nahe bey ihm ein Blitz an einer Ableitungskette herabfahren sollte; so waͤre es doch verwegen, wenn man zur Zeit eines Donnerwetters, sich nicht wenigstens auf ein paar Schritte davon entfernet halten wollte. Herr Hem- mer zwar befindet sich bey jedem Donnerwetter, be- staͤndig in einer sehr grosen Annaͤherung bey seinem Wetterableiter, den er so gar durch sein Zimmer ge- fuͤhrt hat. Dieses beweist wenigstens soviel, daß man so lange kein Schlag erfolgt, ganz nahe an dem Wet- terableiter stehen koͤnne. Sollte erst gar einstmahl ein Schlag auf diesen Ableiter geschehen, und alles oh- ne ne Schaden der Umstehenden abgehen, so waͤre es ein unwidersprechlicher Beweis, daß man in keinem Fall etwas von dem Wetterableitern zu befuͤrchten habe. Noch muß ich uͤberhaupt bemerken, daß man sich vor vielen Schlaͤgen auf den Wetterableiter nicht fuͤrchten doͤrfe. Die Spitze leert schon manche Wetterwolken, die auf die Erde geschlagen haben wuͤrden, stillschweigend wo nicht gaͤnzlich, doch so weit aus, daß kein Schlag mehr erfolgen kan. Ferner sollte eine Wetterwolke von ei- nem heftigeu Sturm schnell an einen Ableiter getrie- ben werden, so muͤßte, wenn ein Schlag erfolgte, die Wolke naͤher an den Ableiter kommen, als sie noͤthig gehabt haͤtte an ein anderes Gebaͤude zu stoßen, um in demselben einzuschlagen. Man vergleiche hieben die 3te 10te und 11te Erfahrung, woraus erhellet, daß wenn auf eine Spitze ein electrischer Funke s chlagen soll, die Spitze und der electrische Koͤrper sehr schnell und nahe zusammen stosen muͤssen. Da sich aber dieser Fall selten ereignen kan, so hat man sich nicht vor vie- len Schlaͤgen zu fuͤrchten. Endlich bemerke noch, nach Angab der 11ten Erfahrung, daß ein Schlag der auf einen Wetterableiter gehet, durch die Spitze des Ab- leiters, welche schon vor dem erfolgten Schlag viel Feuer aus der Wolke abgefuͤhret hat, jedesmahl aus- serordentlich geschwaͤchet werde. Von einem schwa- chen Schlag aber hat man ohnehin nicht viel zu befuͤrch- ten. Fuͤnftens. Die Wetterableiter sind auch fuͤr die nahe stehende Gebaͤude nicht schaͤdlich son- dern ehe nuͤtzlich. Nach dem 12ten Versuch Seite 29. kan eine Wet- terwolke, die nicht allzu niedrig, sondern gerade so hoch und nicht hoͤher stehet als daß sie in ein Gebaͤude E 2 noch noch wohl haͤtte einschlagen koͤnnen, nicht mehr in das- selbe schlagen, wenn ein Wetterableiter neben demselben stehet. Es hat also ein Nebengebaͤude wenigstens eini- gen Schutz von einem ihm zur Seite befindlichen Wet- terableiter. Wollte man auch dieses aus dem Grunde wieder- sprechen, weil mein obiger Versuch nur im kleinen angestellt ist; so bleibt doch dieses gewiß, daß ein Wetterableiter einem ihme nahe stehenden Gebaͤude wenigstens keinen Schaden bringe. Ich habe nehm- lich bewiesen, daß die Wetterableiter die Wolken nicht herbey ziehen, sondern vielmehr ausleeren. Da- durch aber wird eine Wolke immer weniger im Stande, auf ein unter ihr stehendes Gebaͤude loszuschlagen. Folglich kann der Wetterableiter einem benachtbarten Gebaͤude keinen Schaden bringen. Ja er nutzt wenig- sten so viel, daß eine hohe Wolke, die zur Noth noch auf das Gebaͤude haͤtte schlagen koͤnnen, es nun nicht mehr kan, nachdem sie von dem nahe stehenden Wetterableiter etwas ausgeleeret worden. Sechstens Setzt aber ein Wetterableiter ein benachtbartes Gebaͤude außer aller Gefahr, so gut als das Gebaͤude selbst, welches den Wet- terableiter hat? Dieses getraue mir nicht zu behaupten. Der 13 und 14te Versuch Seite 30. belehret uns, daß eine sehr niedrig heranziehende, oder eine vom heftigen Sturm sehr schnell hergetriebene Wolke, ei- nen electrischen Schlag abgeben koͤnne; und daß der Schlag dann lieber auf einen stumpfen Koͤrper, als an die Spitze des Wetterableiters fahre. Warum dieses geschehe, wird aus der 8. 9. und 10ten Erfahrung deutlich. Denn daraus siehet man, daß daß ein stumpfer Koͤrper, z. B. eine metallene Kugel die Wetterwolke anziehe, daß aber die Spitze das An- ziehen vermindere. Der physicalische Grund hievon mag seyn, weil ein stumpfer Koͤrper einer Wetterwolke mehrere Beruͤhrungspunkte dargiebt, als eine Spitze; und daher von einem stumpfen Koͤrper staͤrker angezo- gen werden kann. Wendet man die 13te Erfahrung auf zwey neben einander stehende Gebaͤude, unter denen eines mit ei- nem Wetterableiter versehen ist, an; so scheinet es, daß eine Wolke, die so niedrig stehet, oder so schnell getrieben wird, daß sie nothwendig auf eines von bey- den Gebaͤuden einschlagen muͤßte, lieber das benacht- barte Gebaͤude, als das mit dem Ableiter treffe. Nun kan dieses allerdings geschehen, wenn das benachtbarte Gebaͤude auf seinem Dach viele metallene stumpfe Koͤrper haben sollte. Z. B. wenn Wetterfah- nen oder metallene Rinnen angebracht waͤren. Allein es kommen wieder andere Umstaͤnde vor, die das Ein- schlagen des Blitzes auf ein benachtbartes Gebaͤude er- schweren, oder wohl gar unmoͤglich machen. Erstlich ist die Ableitungsstange des benachtbarten Gebaͤudes nicht eine bloße Spitze, sondern zugleich auch ein stumpfer Koͤrper. Die Spitze ist nehmlich an dem aͤußersten obersten Ende der Stange, der untere Theil derselben aber ist ein dicker Koͤrper. (Dieser Umstand war bey meinem kleinen electrischen Thurm nicht, und konnte auch nicht seyn, da der Drath, aus welchem die Spitze bestund, nur duͤnn und kurz war.) Auf den untern dicken Theil der Ableitungs- stange kan daher der Blitz so leicht schlagen, als auf einen andern stumpfen metallenen Koͤrper eines Neben- gebaͤudes. Anderns glaube ich, man koͤnne mit moͤg- E 3 lich- lichster Zuverlaͤßigkeit behaupten, daß der Blitz lieber auf den Ableiter als auf das Nebengebaͤude schlage. Denn faͤhrt der Blitz auf ein Gebaͤude, so muß er in demselbigen verschiedene Spruͤnge machen, weil in keinem Gebaͤude die Metalle so gut zusammen haͤngen, daß der Blitz daran ununterbrochen bis in die Erde laufen koͤnnte. Dieses aber kann er an dem Ableiter des Nebengebaͤudes. Nun weis man aus der 6ten Erfahrung, Seite 24. daß wenn der Blitz zwey We- ge in die Erde hat, und auf den einen ununterbrochen fortlaufen kan, auf dem andern aber Spruͤnge machen muß, er den erstern Weg vorziehet. Fragt sich nun: wenn der Nachbar uͤber das Anlegen eines Wetterableiters einen Streit und gerichtliche Klage erheben wollte, verdient er ge- hoͤrt zu werden? Ich habe bisher gezeigt, daß ein Wetterableiter die Wetterwolken nicht herbey ziehe, sondern vielmehr das Herziehen derselben verhindere; daß folglich aus diesem Grunde schon das benachtbarte Haus von einem Wetterableiter Schuz habe. Ferner habe ich aus sehr wahrscheinlichen Gruͤnden dargethan, daß wenn ein un- vermeidlicher Blitz, der aber auch ohne Wetterableiter, und zwar ohne diesen nur desto heftiger wuͤrde er- folgt seyn, entstehen sollte; er lieber auf den Wetter- ableiter als in das Nebengebaͤude fahren wuͤrde. Es hat daher das Nebengebaͤude in allem Betracht Schutz von dem Wetterableiter. Sollte auch das Nebengebaͤude durch einen Wet- terableiter nicht gaͤnzlich geschuͤtzt werden koͤnnen; so waͤ- re es ja die groͤßte Unbilligkeit, wenn aus diesem Grund der Nachbar verhindert werden sollte, sein ei- genes Gebaͤude zu schuͤtzen. Stehet doch auch dem Nach- barn barn frey, wenn er sich vor Gefahr fuͤrchtet, sein Haus ebenfalls mit einem Wetterableiter zu verse- hen. Doch erfordert es auf der andern Seite auch die Billigkeit, weil das furchtbringende Vorurtheil, als ob die Wetterableiter die Wetter herbey zoͤgen, nie gaͤnz- lich wird benommen werden koͤnnen; daß wenn zwey Gebaͤude neben einander stehen, und an das niedrige ein Wetterableiter angelegt werden sollte; man auf das niedrige Gebaͤude einen hoͤlzernen Baum oder Stange aufrichte, und erst auf diese die eiserne spi- tzige Ableitungsstange setze, damit der Ableiter uͤber die Nebengebaͤude wohl erhaben seye. Siebendens. Ist es vortheilhafter, die Wetterableiter an die Gebaͤude selbst, oder an hohe Baͤume, die neben den Gebaͤuden aufge- richtet werden, anzulegen? Einige Naturforscher haben das letztere behaup- tet und geglaubt, wenn um eine Stadt herum mehre- re hohe Baͤume mit Wetterableitern aufgerichtet wuͤr- den; so koͤnnte eine ganze Stadt gesichert werden. Ingleichen hielten sie es fuͤr sicherer, wenn man neben einem Gebaͤude einen hohen Baum stellte, und an die- sen den Wetterableiter anbraͤchte. Ich habe aber erst gezeigt, daß ein Gebaͤude von einem benachtbarten Wetterableiter nicht vollkommen geschuͤtzt werden koͤnne. Daher ist es allezeit mehr zu rathen, den Ableiter an das Gebaͤude selbst, als an einen aufgerichteten Baum zu setzen. Wollte man indessen die Kosten nicht spa- ren, und doppelte Wetterableiter anlegen, so waͤre die groͤste moͤglichste Sicherheit zu erwarten, wenn man das Gebaͤude mit einem spitzigen, und die neben um das Gebaͤude herum gepflanzte Baͤume mit stumpfen E 4 Wet- Wetterableitern versehen wollte. Denn sollte ein un- vermeidlicher Schlag erfolgen, so wuͤrde er auf den stumpfen Ableiter los gehen, da ich dieses aus der 14. Erfahrung Seite 30 bewiesen habe. Achtens. Koͤnnte nicht, wenn der Wetter- ableiter zu viele wuͤrden, ein Nachtheil fuͤr den Erdboden daraus entstehen? Dieses ist ein neuer Einwurf Siehe die Nuͤrnbergische politische Zeitung Nr. 147 1783. wieder die Wet- terableiter. Man wendet ein: wenn durch viele Wet- terableiter zu viel electrisches Feuer aus den Wolken in die Erde gefuͤhrt werden sollte; so koͤnnten die Gewit- ter vermindert werden: die Pflanzen muͤsten das ele- ctrische Feuer, daß ihnen so unentbehrlich ist, erman- geln: der Erdboden koͤnnte seine Waͤrme verlieren, und sein Clima aͤndern, hingegen koͤnnte das Innere der Erde zu sehr mit electrischen Feuer angefuͤllt wer- den; dieses aber zu Erdbeben Gelegenheit geben. Diese Einwuͤrfe haben indessen wenig zu bedeuten. 1) Die Gewitter koͤnnen nicht durch Wetterableiter ver- mindert werden. Denn die Wetterableiter leiten ja nicht das Wasser und die Wolken, sondern nur das Feuer aus den Wolken ab. Dann sind die Ableiter nur im Stande, diejenigen Wetterwolken, die tief gehen, ihres electrischen Feuers zu entledigen, nicht aber die hohen. Ueberdieß laͤren die Wetterableiter auch die niedern Wolken nicht ganz, sondern nur auf ein ge- wisses Maaß aus. 2) Die Pflanzen so wohl als der Erdboden koͤnnen durch die Wetterableiter ebenfals nicht das benoͤthigte electrische Feuer verlieren, da theils wie Seite 20. 21. gezeigt worden, das electrische Feuer Feuer, an den Wetterableitern sowohl aus den Wol- ken auf die Erde, als aus der Erde in die Wolken wieder zuruͤck gehet; theils der groͤste Theil des electri- schen Feuers, durch den Regen auf den Erdboden faͤllt, und das was durch Wetterableiter abgefuͤhrt wird, in Vergleichung mit dem was durch den Regen auf den Erdboden kommt, sehr wenig ist. 3) Endlich darf man sich wegen der Wetterableiter nicht vor Erd- beben fuͤrchten, da wie ich erst angefuͤhrt habe, das electrische Feuer welches an dem Ableiter aus den Wol- ken in die Erde gelaufen, an dem nehmlichen Ableiter wieder in die Wolken hinauf steigt. Zum Beschluß dieses Artikels von Wetterableitern will ich von den stumpfen Wetterableltern, uͤber welche vor kurzen unter den Gelehrten gestritten wur- de, nur etwas weniges anfuͤhren. Sie sind eine Erfindung des Hn Wilson in En- gelland, und bestehen darinnen, daß man auf die senk- rechte Stange Fig. 5. a und Fig. 6. anstatt der Spitze ei- ne Kugel setzt. Hr. Nairne widersetzte sich ihnen und zeigte durch richtige und sorgfaͤltig angestellte electrische Versuche, den Vorzug der spitzigen Wetterableiter. Um- staͤndliche Nachricht hievon hat Hr. Prof. Lichtenberg im deutschen Musaͤum 1778. im Monat October, und Hr. D. Ingenhouß in seinen vermischten Schriften Seite 124. folg. gegeben. Die koͤnigliche Gesellschaft der Gelehrten zu Londen entschied mit Recht fuͤr die spitzigen Wetterableiter, und verwarf die stumfen. Wenn ich frey hievon urtheilen soll; so sind die stumpfen Wetterableiter nicht gefaͤhrlicher als die spitzi- gen. Denn wenn ein Blitz auf sie fahren sollte; so leiten sie ihn eben sowohl als die spitzigen Ableiter außer dem Gebaͤude, an der Stange in die Erde ab. E 5 Das Das einzige Bedenkliche hiebey aber ist; daß nach aller Wahrscheinlichkeit der Blitz auf einen stumpfen Wetterableiter oͤfters schlagen moͤchte, als auf einen spitzigen. Ja! es ist nach allen Gruͤnden sehr wahr- scheinlich; daß ein Gebaͤude, welches in seinem natuͤr- lichen Zustand vom Blitz verschont geblieben waͤre, ge- troffen wird, sobald man ihm einen stumpfen Ableiter giebt; obgleich der Blitz nicht auf das Gebaͤude selbst, sondern nur auf den Ableiter faͤhrt. Ich beweise dieses aus folgenden Gruͤnden. Erstlich. Weil ein Wetterableiter vorhanden ist, so braucht der Blitz um in den Erdboden zu kommen, keinen so großen Sprung zu machen, als er nothwen- dig haͤtte vornehmen muͤßen, wenn kein Wetterablei- ter da gewesen waͤre. Da der Wetterableiter mit dem Erdboden zusammen haͤngt, und doch weit uͤber dem Erdboden empor stehet: so hat der Blitz um in den Erd- boden zu schlagen, an dem Ableiter keinen so großen Sprung zu machen, als wenn der Ableiter nicht da waͤre. Es kann daher durch den Ableiter schon eine hohe Wolke auf den Erdboden schlagen. Der Blitz kan aber an dem Ableiter auch leichter als durch ein bloßes Gebaͤude in den Erdboden gehen. Denn in keinem Gebaͤude haͤngen die Metallen so gut zusam- men, als an dem Ableiter. Es muͤßte daher der Blitz, wenn er in das Gebaͤude einschlagen wollte, Spruͤnge machen; und dieses erschweret das Einschlagen desselben. Die Wolke muͤßte, wenn dieses geschehen sollte, tiefer sinken. Hingegen kan eine Wolke, die noch so hoch gehet, daß ihr Funke, den sie in sich traͤgt, mit sei- nen verschiedenen durch das Gebaͤude zu machenden Spruͤngen den Erdboden nicht wuͤrde haben erreichen koͤnnen; auf den Wetterabltiter schlagen, weil der Blitz Blitz an diesem keine Spruͤnge zu machen noͤthig hat. Je hoͤher das Gebaͤude und folglich auch der Wetterab- leiter ist, desto leichter und oͤfters kan dieses gesche- hen. Man wird zwar einwenden: alles dieses befindet sich auch bey dem spitzigen Ableitern: und kan daher bey diesen eben sowohl geschehen, daß der Blitz um des Weterableiter willen, oͤfters an einen Ort faͤhrt, als wenn kein Ableiter da gewesen waͤre. Allein man muß Anderns bedenken; daß ein stumpfer Wetterablei- ter eine Wertterwolke staͤrker anziehet, als ein spitziger Ableiter. Man sehe die 8 te und 9 te Erfahrung Sei- te 28. Man bedenke ferner daß ein stumpfer Wetter- ableiter nicht wie ein spitziger, die Wetterwolke von ferne schon ihres Feuers beraubt: so wird man aus diesem doppelten Umstand leicht den Schluß machen koͤn- nen, daß eine Wetterwolke die bey einem stumpfen Wet- terableiter ihre ganze Gewalt behaͤlt, und bey einem spitzigen Ableiter geschwaͤchet wird; leichter und oͤfters auf einen stumpfen Wetterableiter schlagen koͤnne nnd muͤße, als auf einen spitzigen. Um einem Zweifel der hiebey entstehen moͤgte vor- zukommen; muß ich zur Erklaͤrung des erst gesagten, noch etwas bemerken. Es scheint ein Widerspruch zu seyn wenn man behauptet, daß die stumpfen Wetter- ableiter die Wetterwolken staͤrker anziehen, als die spi- tzigen: Und doch im Gegentheil vorgibt, daß die spitzi- gen Wetterableiter von ferne schon das electrische Feuer aus den Wolken aufnehmen und abfuͤhren. Allein man muß nur einen Unterschied machen zwischen dem Anziehen oder Annehmen des electrischen Feuers , und dem Anziehen der Wetterwolke selbst. Ein stumpfer Wet- Wettetableiter ziehet das electrische Feuer von ferne nicht an sich; wohl aber ein spitziger. Hingegen wird die Wetterwolke von dem stumpfen Ableiter staͤrker an- gezogen als von einem spitzigen. Dieses bringt die Natur der Sache mit sich. Ich habe schon Seite 63. und 64. die Gruͤnde hievon angegeben, und will sie nun nochmahl kuͤrzlich wiederhohlen. Weil der spitzige Wetterableiter des electrische Feuer von ferne schon aus der Wetterwolke raubt, annimmt, und abfuͤhret: so wird die Wolke entkraͤftet, kan daher nicht so stark auf den Wetterableiter wuͤrken, kan folglich nicht mehr so stark vom spitzigen Wetterableiter angezogen werden, und deswegen nicht so oft auf ihn schlagen. Der stum- pfe Ableiter aber, raubt von ferne kein Feuer aus der Wolke. Sie behaͤlt daher ihre ganze Kraft: wuͤrkt folglich staͤrker auf den stumpfen Ableiter als auf den spitzigen; wird deßwegen von dem stumpfen Ableiter auch staͤrker angezogen, und schlaͤgt nothwendig viel oͤfters auf den stumpfen Ableiter als auf dem spitzigen, da sie sich ihres Feuers nicht wie bey dem spitzigen Ab- leiter stillscheweigend, sondern bloß durch einen Fun- ken oder Schlag entledigen kan. Zwey- Zweyter Einwurf. E s ist ein Eingriff in die goͤttliche Regierung und Vorsehung; wenn man sich und die Seinigen, wieder Donner und Blitzen, welche Gott zu Werkzeugen erschaffen hat, um seine Rache und Strafe damit uͤber die Welt auszu- uͤben, verwahren wollte. Ob gleich dieser Einwurf nur von solchen Leuten gemacht wird, die gar keine Erkaͤntniß von der Na- tur und dem Nutzen des Blitzes haben; so halte ich es doch fuͤr noͤthig, auch diesen Leuten zu begegnen. Erstlich ist es Pflicht, auch den gemeinen Haufen des Volks aufzuklaͤren, und ihme bessere Begriffe von der Natur beyzubringen; weil durch genauere Erkenntniß derselben, Gottes Allmacht, Weißheit und Guͤte bes- ser erkannt, und eben dadurch der grose Schoͤpfer mehr verehret wird. Anderns muß der Naturforscher den Gemeinen Mann das erst bemeldete Vorurtheil, um sein selbst willen benehmen. So lange der gemei- ne Mann glaubt, Wetterableiter seyen ein Eingriff in die goͤttliche Regierung: so lange siehet er den Na- turforscher fuͤr einen Gotteslaͤsterer, und fuͤr einen Menschen an, der Gottes Arm binden und sich wieder den Allmaͤchtigen auflehnen will. Aus diesem Grund aber entstehet dann; daß der Naturforscher, wenn er in seinen heilsamen Bemuͤhungen, auch durch obrig- keitliche Gewalt geschuͤzt wird, und von dem Poͤbel darinnen nicht gehindert werden kan; er doch die em- pfindlichsten Urtheile und Laͤsterungen uͤber sich muß er- gehen lassen. Der Der Grund nun dieses Vorurtheils, als ob Wet- terableiter ein Eingriff in die goͤttliche Regierung seyen, liegt in dem irrigen Wahn; als ob Gott Donner und Blitze, bloß zur Rache und Strafe erschaffen ha- be. Man beruft sich auf Stellen heil. Schrift, aus denen man dieses beweisen will. Ich werde einige der wichtigsten, und die Beweise die man daraus wieder die Wetterableiter hernimmt, anfuͤhren. Es sind mir wuͤrklich die meisten derselben von gemeinen Leuten, die fleisige Biebelleser, aber keine Naturforscher sind, gemacht worden. Erstlich sagen sie hat Gott in verschiedenen Faͤllen, offenbahr sich des Donners Blitzes und Hagels als eines Werkzeugs bedient, um die Menschen damit zu strafen. Dieses that Gott 2. Mos. 9 bey der siebenden Egypti- schen Landplage. Ferner Josua 10. V. 11. bey dem Streit Josua mit den Amoritern, welche Gott durch einen hef- tigen Hagel erlegte, und dadurch den Israeliten Sieg gab. Ingleichen auch 1. Sam. 7. V. 10. wo die Phi- ster durch einen grossen Donner erschroͤckt wurden. Anderns sagen sie: hat sich Gott 1. Samuel. 12. V. 18. des Donners bedient, um dadurch seinen Un- willen wider Israel, welches einen Koͤnig verlangte, an den Tag zu legen. Drittens werfen sie ein: findet man in der heil. Schrift viele Zeugnuͤsse, daß Gott durch den Donner, den Menschen seine Groͤse, und Allmacht zu Gemuͤthe fuͤhren, und gleichsam vor Augen mahlen, hingegen den Menschen ihr Unvermoͤgen und Nichtigkeit zeigen wolle. Dieses that Gott, als er auf dem Berg Si- nai unter Donner und Blitzen das Gesetz gab. Fer- ner ner lehrt uns die heilige Schrift annoch vielen andern Orten die Groͤse und Allmacht Gottes aus dem Don- ner z. B. Hiob. 26. V. 14. Wer will dem Donner seiner Macht widerstehen? Hiob 37. V. 2. Lieber hoͤre doch, wie sein Donner zuͤrnet, und was fuͤr Gespraͤch aus seinem Munde geht. Hiob 38. V. 34. 35. Kannst du deinen Donner in den Wolken hoch herfuͤhren. Kannst du die Blitze auslassen, daß sie hinfahren und spre- chen, hie sind wir? Hiob 40. V. 4. Hast du einen Arm wie Gott und kannst mit gleicher Stimme donnern, wie er thut? Ps. 104. V. 7. Von deinem Donner fliehen sie, von deinem Schelten fahren sie dahin. Jer. 25. V. 30. Der Herr wird bruͤllen aus der Hoͤhe, und seinen Donner hoͤren lassen aus seiner heiligen Wohnung. Viertens, wenden sie noch ein: die heilige Schrift sage deutlich, daß Gott Donner und Blitze zu Werkzeugen gebrauche, um die Gottlosen damit zu strafen. Psalm 148. V. 8. bezeuget David, daß Feuer Hagel, Schnee und Dampf und Sturmwinde Got- tes Wort ausrichten; und Psam 18. V. 8 ‒ 16. Die Erde bebete und war beweget, und die Grundveste der Berge regten sich und bebeten, da er zornig war. Dampf gieng auf von seiner Nase und verzehrend Feuer von seinem Munde, daß es davon blitzte. Er neigte den Himmel und fuhr herab, und dunkel war unter seinen Fuͤßen. Und er fuhr auf dem Cherub und flog daher: Er schwebete auf den Fittigen des Windes. Sein Gezelt um ihn her war finster, und schwarze dicke Wolken darinn er verborgen war. Vom Glanz vor ihm trenneten sich die Wolken mit Hagel und Bli- tzen, und der Herr donnerte im Himmel, und der Hoͤch Hoͤchste ließ seinen Donner aus mit Hagel und Blitzen. Er schoß seine Strahlen und zerstreuete sie. Er ließ sehr blitzen und schreckte sie. Da sahe man Was- serguͤsse und des Erdhodengrund war aufgedecket. Herr von deinem Schelten. Von dem Odem und Schnau- ben deiner Nasen. Man kan sich nun leicht gedencken, welche Einwuͤr- fe aus dem bereits angefuͤhrten gemacht werden. Man schliest nehmlich also. Da Gott durch den Blitz die Egyptier gestraft hat. Da er den Menschen seinen Zorn dadurch an den Tag legen will, wie den Israeli- ten, die einen Koͤnig verlangten. Da er den Menschen dadurch seine Groͤse und Allmacht vorstellet, nach dem dritten Einwurf. Und da ausdruͤcklich gesagt wird nach dem vierten Einwurf daß Gott den Blitz zur Rache erschaffen habe: so folge daraus; daß derjenige sich wie- der Gottesallmacht setze, der sich durch Wetterableiter dawieder beschuͤtzen will. Allein bey diesem Einwurf kommt es nun darauf an, daß man beweise: Gott habe den Blitz bloß al- lein, und aus keiner andern Ursache erschaffen, als um die Menschen damit zu strafen und zu erschroͤcken. Dieses aber stehet in den obigen vier Eiuwuͤrfen nicht, und kein Mensch wird es beweisen koͤnnen, daß Gott den Blitz bloß in dieser Absicht erschaffen habe. Daß Gott bey Erschaffung des Blitzes diese Nebenabsicht ge- habt, durch denselben den Menschen seine Groͤse zu zei- gen, und sie zuweilen auch damit zu strafen, laͤugnet niemand. Allein es ist nichts in der Welt, es mag so nuͤtzlich seyn als es immer will, das nicht Gott zu einem Werkzeug seiner Strafe sollte gebrauchen koͤnnen, und wirklich gebrauche; oder welches, ich will nicht sagen, zu- zufaͤlliger Weise, aber doch nach einer weisen Zulas- sung Gottes, schaͤdlich werden koͤnnte. Ich will eini- ge der nuͤtzlichsten Dinge, die in diese Classe gehoͤren, anfuͤhren. Wie unentbehrlich der Welt, Feuer, Was- ser und Luft sey, brauche ich nicht zu beweisen; da aus diesen drey Elementen nebst der Erde, alle Dinge bestehen. Und doch gebraucht Gott nach dem Zeug- nuß Davids Ps. 148. V. 8. diese Dinge sowohl als den Bliz zu Werkzeugen, die sein Wort ausrichten, oder zu Werkzeugen seiner Strafe. Ein jeder weiß dieses auch aus der Erfahrung. Hat nicht das Feuer, ohne welches alle lebendige Wesen starr und tod waͤ- ren, und welches man zu tausendfachen Nutzen anwen- den kan, — hat es nicht schon tausend mahl die graͤu- lichsten Verheerungen angerichtet? Hat es nicht schon unzaͤhlige Menschen und die schoͤnsten Staͤdte verzehrt? Die Luft, ohne welche weder der Mensch, noch ein an- deres lebendiges Wesen einen Augenblick leben kan; hat, wenn sie erregt wird und sich in Sturm verwandelt, Haͤuser umgekehrt und unter ihrem Schutt die Men- schen begraben; so auch Schiffe zerscheitert, und mit den Menschen in den Abgrund versenkt. Das Was- ser aus welchem der groͤste Theil des menschlichen und thierischen Koͤrpers, so wie aller Pflanzen, bestehet, nach welchem die Menschen, wenn sie es eine Zeitlang entbehren muͤssen, so sehr als nach Brod schreien; hat, wenn es sich in Fluthen anhaͤuft, schon oͤfters ganze Laͤnder und Staͤdte uͤberschwemmt, zerrissen, und in ein graͤuliches Schauspiel verwandelt. Wie viele tausend Menschen haben schon im Wasser ihren Tod gefunden? F So So koͤnnen die nuͤtzlichsten Dinge schaͤdlich wer- den! Ja diejenigen Dinge die Gott zum groͤsten Nutzen der Welt erschaffen hat, kan er zu Werkzeugen seiner Strafe anwenden. Wer wird aber so unsinnig seyn und behaupten, Gott habe z. E. Feuer Wasser und Luft zur Strafe der Menschen erschaffen, wenn er sie- het daß Gott diese Dinge bißweilen zur Strafe der Menschen gebraucht? Die nehmliche Bewandnuͤß hat es mit dem Blitz. Gott erschuf das Feuer woraus der Blitz bestehet, zum wahren Nutzen der Welt. Es ist allen Geschoͤpfen im Pflanzen und Thierreich unentbehrlich. Aber Gott kan es auch, so wie das Feuer, Wasser und Luft, zum Werkzeug seiner Strafe, machen. Oder es kan durch einen Zufall, den Gott nicht anderst als durch ein Wunderwerk abwenden koͤnnte, welches aber seiner Weißheit nicht gemaͤß ware, schaͤdlich werden, ohne daß man es ein Strafgericht Gottes nennen kan. Jederman siehet nunmehr, daß um den obigen Einwurf. „Gott habe den Blitz zur Strafe der „Menschen erschaffen, und es seye ein Eingriff in die „goͤttliche Regierung wenn man sich wieder diese Waf- „fen Gottes durch Wetterableiter beschuͤtzen wollte,“ daß sage ich um diesen Einwurf zu wiederlegen, vor allem jezt bewiesen werden muͤsse, es seye dieses Feuer von Gott zum Nutzen der Welt bestimmt. Es fol- gen daher jezt. Be- Beweise daß das Feuer des Blitzes nicht zur Strafe bestimmt, sondern der Welt unend- behrlich seye und zum groͤsten Nutzen diene. Erster Beweiß . V on der Weißheit und Guͤte Gottes laͤst sichs nicht ohne Gotteslaͤsterung gedenken, daß Gott ein Eiement, oder auch nur ein einzelnes Geschoͤpf, bloß allein zum Schaden der Welt, und zur Strafe er- schaffen habe. Der Schoͤpfer selbst bezeugt von allen seinen Werken daß sie gut seyen. Der schwache menschliche Verstand kan zwar nicht an allen Werken Gottes, seine Guͤte entdecken. Daraus folgt aber noch nicht, daß gar nichts Gutes an ihnen seye. Seit dem die Naturkunde zur groͤßern Vollkommenheit ge- kommen ist; hat man schon viele Entdeckungen ge- macht, daß viele Geschoͤpfe Gottes, die man zuvor aus Unwissenheit fuͤr schaͤdlich hielt, großen Nutzen brin- gen. Sollte man nicht zur Ehre Gottes auch von jenen Geschoͤpfen, deren Nutzen man noch nicht hat entdecken koͤnnen, das nehmliche denken? Wahrlich! Ich sage es noch einmahl: es ist nicht nur ein Wie- derspruch, sondern eine wirkliche Gotteslaͤsterung; von Gott, dem man nach seiner Vollkommenheit die Guͤte nicht absprechen kan, zu sagen: er habe etwas blos zum Verderben erschaffen. Es ist eine Gotteslaͤste- rung, wenn man Gott, der von seinen Werken ruͤhmt, daß sie gut seyen, widersprechen und behaup- ten will, daß sie nicht nur nicht gut, sondern noch uͤberdiß schaͤdlich und zum Verderben der Welt seyen. F 2 Fer- Ferner: man spricht Gott nicht nur seine Guͤte ab, wenn man behauptet: er habe den Blitz bloß zur Rache erschaffen; sondern man versuͤndiget sich auch an seiner Weisheit. Der Weise erwaͤhlt, seine Absicht zu er- reichen, allezeit die einfachsten und nur wenige Mittel, und es ist gewiß ein Beweiß von einem Mangel der Klugheit, wenn man zu dem was man durch wenige, einfache und geringe Mittel bewuͤrken kan; gro- se, weitlaͤufige und unnoͤthige Vorkehrungen machet. Gott kan nun, wenn er will, die Welt, wie wir ge- sehen haben, auch durch Dinge strafen, die er auf der andern Seite zu einem sehr heilsamen Endzweck ange- wendet. Z. E. durch Feuer, Luft, Wasser u. d. g. Braucht er also ein besonderes Element zu schaffen, daß er bloß zur Strafe bestimmt, und welches sonst keinen Nutzen bringt? Ist es nicht weit mehr Weiß- heit, wenn Gott durch ein und eben dasselbige Element die Welt straft und seegnet? Und hiese dieses nicht die Wesen ohne Noth vervielfaͤltigen, wenn Gott nicht diese Ordnung befolgte? Zweyter Beweiß. Ein hartnaͤckiger Gegner wird einwenden. Gottes Guͤte bleibe unangetastet, wenn man gleich annehme; daß Gott dieses Element nur zur Strafe der Menschen erschaffen habe, da die Strafen Gottes allezeit die Besserung der Menschen zum Grund haben. Daher muß ich dem ersten Be- weiß einen Zweyten beyfuͤgen, der auch diese Einwen- dung zugleich mit entkraͤftet. Er lautet also: Durch den Blitz wird im Ganzen sehr wenig Schaden auf der Welt angerichtet; aber es werden auch die Menschen wenig dadurch gebessert. Daß der Schade den der Blitz anrichtet nicht groß seye, beweist die Erfahrung. Daß der Blitz grossen grossen Schaden anrichten koͤnne, hat er schon viel- faͤltig bewiesen. Durch einen einzigen Blitz ist schon mancher ganze Ort in Asche gelegt worden. Daß er aber im ganzen wenig Schaden bringe ist unlaͤug- bahr, Unter hundert Blitzen, schlaͤgt kaum einer in die Erde. Und unter zehn Blitzen die auf den Erdbo- den fahren, trift kaum einer einen Menschen oder ein Gebaͤude. Die meisten gehen in Baͤume oder gerade zu in das Wasser und den Erdboden. Wenigstens die Helfte von Blitzen die auf Gebaͤude fahren, zuͤn- den nicht. Ich kenne Orte wo bey Menschen Geden- ken der Blitz nicht eingeschlagen hat. Wendet man ein: wenn gleich der Blitz nicht alle- zeit Schaden bringt; so erschreckt er doch, haͤlt die Menschen in Schranken, bewegt auch wohl manchen zur Besserung seines Herzens. Ich gestehe daß auch an den Orten wo der Blitz bey Menschen Gedenken nicht eingeschlagen hat, die Menschen doch durch denselben erschreckt werden. Indessen wird mir jederman zu- geben muͤssen; daß der Nutze der daraus entspringt sehr gering seye. Gute Seelen brauchen nicht erst durch Donnerwetter gebessert zu werden. Diejenigen aber die einer Besserung noͤthig haͤtten, lassen sich nicht bessern. Man siehet, wenn sie nicht ganz ver- haͤrtet sind, sie zwar bey heftigen Donnerwettern zit- tern und hoͤrt sie aͤngstlich beten. Aber die ganze Bes- serung vergehet mit dem Wetter; und kaum eine Stun- de nachher sind sie so schlimm als zuvor. Weil also der Blitz im Ganzen wenig Schaden, und aber eben so wenig moralische Besserung der Men- schen bringt; so kan er von Gott nicht bloß zur Strafe der Welt erschaffen seyn. F 3 Drit - Dritter Beweiß. Die Schlaͤge der Blizen sind auf dem Erdboden nicht also ausgetheilt, daß man sie fuͤr goͤttliche Strafgerichte halten koͤnnte. Der Bliz schlaͤgt gewoͤhnlich in hohe Baͤume, in hohe Gebaͤude und Thuͤrme, in Wasser und unter Heerden Vieh auf dem Feld. Kan man, da der Bliz groͤstentheils so regelmaͤsig einschlaͤgt, ihn noch ein bloses Werkzeug der Strafe Gottes nennen? Verdie- nen hohe Baͤume, hohe Gebaͤude, Kirchen, Thuͤr- me, Wasser, und die Heerden Viehe mit ihrem Hir- ten, vor allem die goͤttliche Strafe? Sind bloß diese Dinge ‒ ‒ und sonst keine andere, ein Jahr wie das andere der Gegenstand der goͤttlichen Rache? der Unverstaͤdigste wird dieses nicht behaupten koͤnnen. Es muß also mit dem Bliz eine andere Beschaffenheit haben. Traͤfe er bloß die Ruchlosesten Menschen und verschonte er die Frommen, so moͤgte man ihn eher fuͤr ein blosses Werkzeug der goͤttlichen Rache ansehen. Aber der beste unter den Menschen kan so leicht als der groͤste Missethaͤter, oder alsein Eichenbaum vom Bliz zerschmettert werden. Vierter Beweis. Wenn Blize und Donner- wetter bloße Werkzeuge der goͤttlichen Rache waͤren; so ist kein Grund einzusehen, warum dieselben sich nur im Sommer, nicht aber im Winter (wenigstens in die- sem nicht gewoͤhnlich) zeigen. Sind denn aber die Menschen im Winter froͤmmer, als im Sommer? Verdienten sie nicht im Winter eben sowohl als im Sommer Zuͤchtigungen? Gewiß wenn Gott ein be- sonderes Element, dergleichen das Blizfeuer ist, blos zur Strafe der Welt erschaffen haͤtte, und dieses nur im Sommer sich kraͤftig sollte erzeigen koͤnnen, so wuͤr- de de es sehr unvollkommen seyn, und seines Endzwecks verfehlen. Fuͤnfter Beweis. Wenn Gott den Bliz bloß zu außerordentlichen Strafen der Welt bestimmet haͤt- te; so muͤßte er den Gang und die Wirkung desselben uͤbernatuͤrlich regieren. Die Erfahrung bestaͤttigt aber daß dieses nicht geschehe; sondern daß vielmehr der Bliz nach festgesezten Natur Gesezen entstehe und ein- schlage. Dieses kan leicht erwiesen werden. Erstlich entstehen Wetter und folglich auch die da- mit verknuͤpften Blitze, nur bey warmen und schwuͤllen Wetter. Zwar findet man das Feuer des Blitzes das ganze Jahr hindurch, in der Tiefe der Erde, auf ihrer Oberflaͤche, und in den Wolken. Die Electrisier Maschine, welche das nehmliche Feuer hervorbringt; gibt es an allen Orten der Erde, und zu allen Zeiten, im Winter wie im Sommer ab. Ferner mag man den electrischen Drachen der Seite 6. und 7. beschrie- ben worden, mitten im Winter, bey heranziehenden schweren Wolken steigen lassen; so wird man an ihm genug electrisches Feuer entdecken. Aber nur im Som- mer bey warmer Witterung, bildet sich dieses bestaͤn- dig in der Natur vorhandene Feuer, zu Blitzen. Dieses beweist daß der Blitz nach fest gesezten Na- turgesesezen entstehe; folglich von Gott nicht uͤberna- tuͤrlich erzeuget werde; sonst koͤnnte Gott das nehmli- che auch im Winter thun. Anderns verfolgt er auch seinen Gang einmahl wie das andere, und folglich wiederum nach fest ge- sezten Naturgesezen. Er kan nur von niedrig gehen- den Wolken auf die Erde schlagen, nicht aber aus den Hohen, sonst wuͤrden alle Blitze auf die Erde fahren. Ferner richtet er seinen Gang jederzeit auf Metalle, F 4 thie- thierische und menschliche Koͤrper, auf Wasser, Baͤu- me und den Erdboden, nie aber auf Glas, Pech und andere nicht leitende Koͤrper. Endlich lauft er an den zusammenhangenden Metallen ruhig fort, springt aber von einem Metall auf das andere, wenn dieselben un- terbrochen oder abgesezt sind. Dieses alles geschiehet bey jedem Blitz, folglich ist es Naturgesez. Eine Sache aber die der Schoͤpfer bloß zur Stra- fe, und nicht noch zu andern heilsamen Absichten be- stimmet haͤtte; wuͤrde er nach menschlichen Ansehen nie an festgesezte Naturgesetze haben binden duͤrfen, wenn sie nicht ein sehr unvollkommenes Werkzeug in den Haͤnden des Allmaͤchtigen werden sollte. Denn in diesem Fall wuͤrde der Schoͤpfer wenn er strafen wollte, allezeit erst erwarten muͤssen, biß die Umstaͤnde so guͤn- stig werden, daß sein Rachewerkzeug nach dem ihm beygelegten Naturgesezen anschlagen, und das was der Schoͤpfer verlangt, ausfuͤhren kan. Waͤre aber dieses nicht die hoͤchste Unvollkommenheit? Nachdem ich glaube bewiesen zu haben, daß der Blitz nicht bloß zur Strafe bestimmt seye; so muß ich nun durch unlaͤugbahre Beweise darthun, daß das Feuer des Blitzes der Welt unentbehrlich seye, und den groͤsten Nutzen bringe. Sechster Beweiß. Das Feuer des Blitzes die- net zum Wachsthum der Pflanzen. Dieses scheinet beynahe keines Beweises zu beduͤr- fen. Man weis schon laͤngst, daß die Wetterregen die fruchtbarsten sind. Der gemeine Mann schreibt die Ursache hievon der Erschuͤtterung des Erdbodens zu, welche durch den Donner bewirket wird. Es gestehet also auch dieser dadurch, daß der Blitz eine nuͤtzliche Sache sey. Nur irrer man sich in der, Art der Wuͤr- kung kung. Die Erschuͤtterung des Erdbodens kan unmoͤg- lich diese Fruchtbarkeit hervorbringen, sonst muͤßte ei- ne staͤrkere Erschuͤtterung, die der Pflug und das Grab- scheid macht, und durch welche der Erboden gar umge- kehrt wird, eine groͤsere Fruchtbarkeit geben. Die Fruchtbarkeit des Erdbodens entstehet durch das elecri- sche oder Blitzfeuer, welches bey Donnerwettern mit dem Regen auf den Erdboden faͤllt. Zum Beweiß dessen haben Naturforscher zwey Blumentoͤpfe mit ei- nerley Erde angefuͤllt; beyde mit einerley Saamen be- saͤet; beyde an einerley Ort gehalten; beyde auf einer- ley Art behandelt; den einen aber bestaͤndig electrisirt, und den andern nicht. Der Saame in dem Topf welcher electrisirt wurde, gieng weit ehender auf, wuchs geschwinder fort, und die Pflanzen waren weit lebhafter und vollkommener. Bey Donnerwettern bekommt der Erdboden aus- serordentlich viel electrisches Feuer. Schon der Wind der von einer Wetterwolke kommt, bringt viel electri- sches Feuer; welches man sehen kan, wenn man einen blechernen Cylinder Fig. 1. der an seidenen Schnuͤren aufgehaͤngt ist, oder auf glaͤsernen Fuͤßen steht; an einen erhabenen Ort gegen ein heranziehendes Wetter stellet. Er wird mit electrischem Feuer geladen, und giebt Funken. Richmann, ein Petersburger Ge- lehrter wurde durch den Funken eines solchen Cylin- ders gar getoͤdet. Diese sonderbare und ungluͤckliche Begebenheit, haͤtte bey- nahe den Wetterableitern einen toͤdlichen Soß gegeben; wenn man nicht bald den Fehler eingesehen haͤtte, den der seel. Richmann machte. Er haͤufte nehmlich das aus der Wetterwolke stroͤmende Feuer, an seinem Cylinder an; F 5 Auch Auch mit dem Regen faͤllt bey Wettern viel electri- sches Feuer auf den Erdboden. Man sehe Seite 45. 46. dieser Abhandlung. End- an; anstatt daß er es haͤtte in den Erdboden leiten sollen. Als er nun dem Cylinder nahe kam, sprang das Feuer in Gestallt eines Funkens auf ihn, und raubte ihm das Leben. Indessen ist es doch immer wunderbahr, daß durch das Feuer, welches sich an einem Cylinder, er seye auch noch so groß, anhaͤufen kan; ein Mensch getoͤdet werden soll. Wenigstens kan dieses nicht zu stande gebracht wer- den, wenn man auch den groͤsten Cylinder, mit der be- sten Electrisiermaschiene laden wuͤrde. Woher mag es also gekommen seyn, daß der Richmaͤnnische Cylinder, der von der Wetterwolke geladen wurde, solche Kraft aͤuserte? In den Cylinder selbst, konnte durch die Wol- ke nicht mehr Feuer gebracht werden, als man ihm mit jeder Maschine geben kan. Da er aber doch mehr Feuer abgab, als er wuͤrklich zu fassen im Stande war: so war kein anderer moͤglicher Fall der dieses hervorbringen konnte; als daß das Feuer in der Wetterwolke mit dem Feuer im Cylinder zusammenhieng, und ein einziges Gan- zes ausmachte. So viel mir bekannt ist, hatte der Reichmaͤnnische Cylinder Spitzen, die gegen die Wolke gerichtet waren. Durch diese konnte das Feuer aus der Wolke in den Cylinder fließen; und das Feuer in der Wolke, ob sie gleich weit entfernet war, konnte mit dem Feuer in dem Cylinder in Verbindung stehen. Als nun Reichmann sich dem Cylinder naͤherte, sprang nicht nur das Feuer das im Cylinder war auf ihn; sondern auch das Feuer aus der Wolke, folgte durch die Spitzen mit nach, und entstund dadurch der grosse starke Funke der ihn toͤdete. Der nehmliche Fall wurde heuer zweymal bey einem Wetter- schlag beobachtet. Von Landshut in Bayern meldeten die Endlich ist dieses electrische Feuer zu allen Zeiten, aber freylich lange nicht so haͤufig als bey Wetter- regen, in der Luft gegenwaͤrtig; welches daraus er- hellet, weil es durch die Electrisiermaschine zu allen Zeiten hervorgebracht werden kan. Daher ermangeln die Pflanzen, die mit der Luft bestaͤndig umgeben sind, die- die Zeitungen, daß bey einem heftigen Donnerwetter der Knopf des Kirchenthurms lange Zeit ganz feurig erschien, und daß darauf ein Knall erfolgte, durch den es in die Kirche einschlug, ohne daß ein sichtbarer Blitz aus der Wolke fuhr. Der andere Fall war hier den 28ten Junius als es in den Kirchenthurm einschlug. Ehe der Schlag erfolgte, war die Thurmfahne in starker Bewegung. Darauf wurde der Stern auf der Fahnenstange feurig. Und kurz nach dem fiehl ein Klumpen Feuer vom Stern auf den Knopf herab, ohne daß ein sichtbarer Blitz aus den Wolken fuhr. Ohne Zweifel hatte der Landshuter Thurm auch Spitzen wie der hiesige. Durch die Spitzen floß das Feuer auf dem obern Theil des Thurms. Als nun die- ser das Feuer nicht mehr genug stillschweigend abfuͤhren konnte, muste ein Funke entstehen. Dieser aber bestund nicht bloß aus dem Feuer, welches sich im obern Theil des Thurms angehaͤufet hatte; sondern es gieng wie bey dem Richmaͤnnischen ungluͤcklichen Versuch: das Feuer in der Wolke, welches mit dem Feuer am Stern zusam- menhieng, folgte durch die Spitzen unsichtbar dem schon an dem Spitzen angehaͤuften Feuer nach. Ich behaupte dieses, was ich gleich Anfangs beym erfolgten Wetter- schlag, aus Gruͤnden der Electricitaͤt vermuthete, jezt um so mehr; da ich seit dem nicht nur den Thurmknopf genau besichtigen ließ, sondern auch den Stern, die Fahne und Stange selbst sorgfaͤltig untersuchte, ohue auf dem einen oder dem andern, eine Spuhr zu finden, daß der Blitz durch einen Schlag oder Sprung von den Worten aus, darauf gefahren seye. dieses zu ihrem Wachsthum so noͤthigen Feuers, zu keiner Zeit gaͤnzlich. Siebender Beweiß. Wann das Feuer uͤber- haupt, wie ein jeder gerne zugibt, fuͤr die Welt unent- behrlich ist; so gilt das nehmliche auch vom electrischen oder Blitzfeuer. Denn die Naturforscher haben es schon biß zum hoͤchsten Grad der Wahrscheinlichkeit erwie- sen, daß es auf der Welt nur ein einziges Feuer, nehmlich das electrische oder Blitzfeuer gebe. Ich kan diese wichtige Materie, welche allein eine grose Abhandlung erforderte, hier um so weniger nach allen Gruͤnden, die man hievon angeben koͤnnte, erweisen, da ich nur fuͤr Leser schreibe die nicht Naturforscher von Profession sind. Ich will daher nur das allernoͤ- thigste und einleuchtenste davon beruͤhren. Erstlich entdecket man in der ganzen Natur be- staͤndig eine Waͤrme die in einem Koͤrper groͤser ist als in dem andern. Die Erde hat, auch mitten im Winter, in einer schon maͤßigen Tiefe, eine immer gleiche Waͤrme. Der menschliche und thierische Koͤrper, ist einmahl so warm als das anderemahl, in der groͤsten Sommerwaͤrme wie im strengsten Winter. Nun kan aber keine Waͤrme ohne Feuer entstehen. Wenn man im Winter ein Zimmer erwaͤrmen will, so muß ein Feuer angezuͤndet werden. Die Feuertheilchen dringen durch den Ofen, und breiten sich unsichtbahr im Zim- mer aus. Man siehet hieraus, daß auch ein unsicht- bahres Feuer, Waͤrme gebe; daß aber ohne Feuer- theilgen keine Waͤrme entstehen koͤnne. Hat nun die Erde, so wie der Koͤrper der Thiere und Menschen, eine bestaͤndige Waͤrme; so muͤssen sie auch bestaͤndig ein unsichtbahres Feuer geniesen, und es muß daher in in der Natur ein bestaͤndig unsichtbahres Feuer ge- ben. Anderns. Wenn wir Feuer anzuͤnden wollen, so brauchen wir zu einer brennbaren Materie, z. B. dem Holz uur einen einzigen Funken lebendiges Feuer zu bringen. Aber aus welchem Grund geraͤth nun Holz u. d. g. in Brand? Muͤßen nicht schon im Holz die Feuertheilchen verborgen liegen? Gewiß, und sie werden nur durch einen lebendigen Funken Feuers in Bewegung gebracht oder entzuͤndet; da sie zuvor in dem Holz gleichsam in Ruhe verborgen lagen. Man kan hieraus auch erklaͤren, warum ein hartes Holz mehr, staͤrkeres und anhaltenderes Feuer giebt, als ein weiches und leichtes; da nehmlich ein fester Koͤrper meh- rere Bestandtheilchen hat: mehrere Theile Holz aber auch mehr unsichtbares Feuer enthalten koͤnnen, als nur wenige Theile. Die Feuertheile, die beym Stand ihrer Ruhe im Holz verborgen liegen, haben urspruͤnglich noch kei- ne Waͤrme; da das Holz so kalt ist als ein anderer Koͤrper. Siehet man nicht hier eine große Aehnlich- keit zwischen dem electrischen Feuer, wie man es im Stande der Ruhe, nehmlich an der Electrisirma- schine antrift; und dem in dem Holz unsichtbar ver- borgen liegenden Feuer? Auch das electrische Feuer ist in diesem Zustand kalt. Sobald aber das im Holz verborgen liegende Feuer, durch die Entzuͤndung in Bewegung kommt, so bald gibt es Waͤrme. Das nehmliche thut das electrische Feuer, denn wenn es in Gestallt eines Funkens aus der Maschine springt, und folglich in Bewegung kommt, so bekommt es eine Waͤrme. Es entzuͤndet ja Weingeist, Geigenharz, u. d. g. Drit- Drittens. Im Sommer vermehret sich die Waͤrme auf den Erdboden. Man schreibt es der Sonne zu, und man muͤste nicht nur alle Empfindung, sondern auch alle Vernunft verlaͤugnen, wenn man die Ursache von der Sommerwaͤrme der Sonne ab- sprechen wollte. Man kan ja mit den Sonnenstrah- len, durch Huͤlfe der Brennglaͤser ein Feuer anzuͤn- den. Daß aber die Sonnenstrahlen nicht an und vor sich, diese Waͤrme besitzen, ist eben so unlaͤug- bahr, und man kan mit Recht sagen; daß die in der Luft sowohl als im Holz befindlichen unsichtbahren, und beym Stand ihrer Ruhe kalten Feuertheilchen, durch die Sonnenstrahlen nur in Bewegung gebracht oder entzuͤndet, und dadurch geschickt werden Waͤrme hervorzubringen. Zum Beweiß dessen will ich nur einige Umstaͤnde anfuͤhren. Sollten die Sonnenstrahlen an und vor sich die Waͤrme, die man von ihnen empfindet, hervorbrin- gen; so koͤnnte es nur so lange auf dem Erdboden warm bleiben, als die Sonne scheinet. Die Waͤr- me dauert aber noch fort, wenn gleich die Sonne von einer Wolke bedeckt wird, oder gar unter den Hori- zont gehet. Daß die Waͤrme hiebey etwas abnimmt, ist noch keine Wiederlegung meines Systems. Denn da die Sonnenstrahlen nicht fortfahren koͤnnen, die in der Luft befindlichen von Natur kalten Feuertheilchen in Bewegung zn bringen und zu entzuͤnden; so muß freylich die Waͤrme etwas nach lassen. Es bleibt aber noch Waͤrme genug, und dieses beweißt: daß die Son- nenstrahlen nicht an und vor sich die Waͤrme geben. Ferner. Waͤren die Sonnenstrahlen an und vor sich von Waͤrme, so muͤßte so oft die Sonne gleich hoch stehet, und der Himmel gleich rein ist, allezeit einer- einerley Waͤrme auf dem Erdboden seyn. Ja! die Sonne muͤste auf den hoͤchsten Bergen eine so grose Waͤrme geben, als in den tiefsten Thaͤlern. Man weiß aber daß die hoͤchsten Berge mit ewigen Eiß be- deckt sind. Der Einwurf gilt hier nicht, daß es an tiefen Orten der Erde deswegen waͤrmer seye als auf hohen Bergen; weil die Sonnenstrahlen hier auffal- len, und sich gleichsam fest setzen. Denn koͤnnten sie das nehmliche nicht auch auf den hohen Bergen thun? Viel wahrscheinlicher ist es daher, daß in den tiefen Lagen der Erde die meisten unsichtbaren Feuertheile be- findlich seyen, welche durch die Sonnenstrahlen in Be- wegung gebracht werden, und die dann die groͤsere Waͤr- me verursachen. Das Meer scheint diese Hypothese zu bestaͤttigen. Man weis, daß das Waßer die meisten Sonnenstrahlen in sich fallen laͤßt, und nicht wie die Erde zuruͤck wirft. Es ist also das Meer in einerley Verhaͤltniß mit hohen Bergen, oder vielmehr mit der hohen Luft. Und doch ist es auf dem Meer auseror- dentlich viel Waͤrmer als in der hohen Luft. Wo kan dieses anders herkommen, als daß auf der Oberflaͤche des Meers sowohl, als auf der Oberflaͤche der Erde, die meisten unsichtbahren Feuertheilchen befindlich seyn muͤßen, welche durch die Sonnenstrahlen in Bewegung gesezet werden, und durch welche die Waͤrme hervor- gebracht wird. Man koͤnnte zwar noch wieder dieses System; daß die Sonnenstrahlen an und vor sich nicht warm seyen, sondern nur die im Ruhe befindlichen Feuertheile des Erdbodens in Bewegung sezen, einwenden: die Son- nenstrahlen seyen feurige Ausfluͤße der Sonne die folg- lich, wenn sich auch die Sonne entfernet habe, ihre Wuͤrkung noch eine Zeitlang fortsezen koͤnnen, Al- lein lein dieser Einwurf ist leicht zu wiederlegen. Waͤren die Sonnenstrahlen Ausfluͤße der Sonne; so muͤste ihre Waͤrme auf hohen Bergen und in der obern Luft so groß seyn als auf der Oberflaͤche der Erde, wenig- stens des Meers. Ferner es muͤste an jedem Tag, wo die Sonne gleich hoch stehet, und der Himmel gleich rein ist, auch gleich warm seyn. Dann muͤste die Erde Jahr fuͤr Jahr mehr mit Feuer angefuͤllt, hingegen die Sonne erschoͤpfet werden. Man merkt aber weder eine Zunahm der Waͤrme des Erd- bodens, noch eine Abnahm der Sonne in ihrer Wuͤrkung. Endlich ist die Sonne zu weit von der Erde entfernet, als daß in dem kurzen Zeitraum von einem Tag, Feuertheile von ihr auf die Erde sollten kommen koͤnnen. Wer auch nicht Naturforscher ist, der weiß; daß zwar die Lichtstrahlen in unbegreiflicher Geschwindigkeit von der Sonne auf die Erde kommen koͤnnen; daß aber die Waͤrme sich sehr langsam fort- pflanze. Wenn aber auch die Waͤrme zehntausend- mahl geschwinder liefe als eine Kanonenkugel, so waͤre sie doch nicht im Stande in eines Tagesraum, von der Sonne auf die Erde zu kommen. Alles dieses beweist nun: daß ein unsichtbahres Feuer, welches von Natur, und in seinem Stand der Ruhe kalt ist, in der Natur, und vorzuͤglich in dem Schoß und auf der Oberflaͤche der Erde seyn muͤsse. Daß aber dieses die Waͤrme hervorbringe, wenn es durch die Sonnenstrahlen, oder durch einen Feuerfunken, oder durch eine andere Wuͤrkung, in Bewegung ge s ezt und entzuͤndet wird. Viertens . Fragt sich nun; ist das electrische Feuer dieses nehmliche unsichtbahre Feuer, weiches wenn es durch irgend eine Wuͤrkung in Bewegung gesezt gesezt wird, entweder zu einem sichtbahren Feuer entbrennet, oder doch wenigstens unsichtbar der Welt Waͤrme gibt? Zur Zeit hat man in der Natur noch kein anderes Wesen, welches man fuͤr dieses Feuer annehmen koͤnnte, entdeckt; als da electrische Feuer und die brenn- bare Luft , welche letztere sich beynahe in allen Koͤr- pern befindet, die in den Moraͤsten, wenn man mit einem Stock hineinstoͤst, in grosen Luftblasen aufsteigt, die auch aus Eisen Feilspaͤhnen Vitrioloͤl und Was- ser bereitet werden kann; und die sich leicht zu einer Flamme entzuͤndet. — bißweilen freywillig, daß man sie unter dem Namen feuriger Maͤnner herumflattern siehet, oder wenigstens, wenn ein Licht oder ein electri- scher Funke ihr nahe kommt. D Pristley behauptet, das electrische Feuer und die brennbare Luft sey von einerley Wesen und Natur. Seine Gruͤnde fuͤr diese Meynung sind mir noch nicht bekannt So viel ist aber gewiß; daß so lange keine beßern Entdeckungen uͤber das unsichtbare Naturfeuer gemacht werden, man das electrische Feuer dafuͤr anneh- men muͤsse. Alles bestaͤttiget diese Hypothese 1. Es ist noch kein anderes unsichtbares Naturfeuer entdecket worden. 2. Das electrische Feuer befindet sich in al- len Koͤrpern. Insbesondere ist der Schooß und die Oberflaͤche der Erde, so wie das Meer damit angefuͤllt. Man kan daher erklaͤren, warum die Sonnenstrahlen auf der Oberflaͤche der Erde und auf dem Meer, Waͤrme hervorbringen, nicht aber in der obern Luft. 3. Die Wolken enthalten auch im Winter electrisches Feuer; und daraus ersiehet man die Ursache, warum es im Winter waͤrmer wird, wenn der Himmel mit Wolken uͤberzogen ist; warum aber die groͤste Kaͤlte bey dem G hei- heitersten Wetter entstehet. Bey hellem Wetter fehlt nehmlich der obern Luft das electrische Feuer: die Wolken aber sind damit angefuͤllt. 4. Hat das electri- sche Feuer alle Eigenschaften des uns bekannten irdi- schen und Sonnenstrahlen Feuers, bloß die Waͤrme ausgenommen. Es gibt Licht. Dieses pflanzt sich eben so geschwind fort, als das Licht von einem andern Feuer. Es gibt auch durch das Prisma die gewoͤhn- lichen Farben. Es hat die geschwinde Bewegung des andern Feuers. Man empfindet von einfachen electri- schen nicht allzustarken Funken, wenn sonderlich deren mehrere nacheinander schnell auf einen Theil unsers Koͤr- pers fahren, das Stechende , welches man vom ge- woͤhnlichen Feuer empfindet; und endlich pflegen wir unser sichtbares Feuer auf eben die Art als das electri- sche hervorzubringen. Die Indianer reiben zwey Hoͤl- zer solange aneinander, bis sie sich entzuͤnden; und wir schlagen mit einem gehaͤrteten Stahl an einen so- genanten Feuerstein. In beyden Faͤllen entstehet das Feuer durch ein Reiben, so wie auch das electrische Feuer durch das Reiben zweyer Koͤrper hervorgebracht wird. Insonderheit ist offenbar; daß durch den Feuerstahl und Feuerstein, ein clectrischer Funke erreget wird, welcher den vom Stahl abgerissenen kleinen, und nur unter dem Vergroͤserungs Glas sichtbaren Theil Stahl schmelzt, welcher schmelzende Stahl aber uns zu wei- terer Anzuͤndung unsers Feuers behuͤlflich ist. Wenn also auch das electrische Feuer nicht wuͤrklich das allge- meine unsichtbare Naturfeuer waͤre, so haͤtten wir doch in so ferne schon Nutzen genug von ihm, daß es unser Feuer anzuͤndet, und daß wir ohne dasselbe alles Feuers beraubt seyn muͤsten. Ich muß aber hiebey noch etlichen Einwuͤrfen be- gegnen. Erstlich sagt man: wenn wir ein Feuer er- regen regen wollen, so muͤssen wir zwey Koͤrper so stark an einander reiben, daß sie heiß werden; das electrische Feuer aber kan man nicht mehr hervorbringen, sobald sich die geriebenen Koͤrper erhitzen. Ist ganz richtig, aber noch nicht wider die bemeldete Theorie! Wenn man auch beym erhitzten Reiben der Koͤrper, noch im- mer das electrische Feuer, wie es im Stand der Ruhe ist, erhielte; so koͤnnte es nicht das allgemeine Natur- feuer seyn. Durch zweyerley Reiben bekommt man zweyerley Feuer Nehmlich durch ein kaltes Reiben der Koͤrper, wird das gewoͤhnliche electrische Feuer oder das Naturfeuer wie es im Stande der Ruhe ist, hervorgebracht. Durch ein erhiztes Reiben kommt das electrische Feuer in Bewegung und wird entzundet. Man siehet hier offenbar, den Uebergang des electri- schen Feuers aus seinem Stand der Ruhe, in den Zu- stand seiner Bewegung. Durch ein gelindes Reiben kommt das electrische Feuer zum Vorschein. Sezt man das Reiben stark fort, so muß dieses Feuer in Bewegung kommen, und die geriebenen Koͤrper wer- den, welches wohl zu merken, nicht durch das Reiben selbst, sondern durch das in Bewegung gesezte electri- Feuer erwaͤrmet Bey heftigem fortsetzen des Reibens, muß daß electrische Feuer immer mehr in Bewegung kommen, und endlich sich der Koͤrper entzuͤnden oder in eine Flamme ausbrechen. Wenn ich das gelinde Reiben, wodurch das electrische Feuer entstehet, ein kaltes Reiben, und das electrische Feuer ein kaltes Feuer nennet; so siehet man leicht ein, daß ich dieses nur Verhaͤltnißmaͤsig verstehe. Auch durch das gelindeste Reiben muß eine Waͤrme entsteben, die aber kaum merklich seyn kan, da das Reiben sehr ge- lind Anderns wirft man G 2 ein ein: das electrische Feuer kan nicht das allgemeine Na- turfeuer seyn, weil letzteres auch durch das Glas drin- get, das electrische Feuer aber nicht. Hierauf ant- worte ich. Wir muͤssen das electrische Feuer in zweyer- ley Verhaͤltniß betrachten: einmahl in Stande der Ru- he, und das anderemahl im Stande seiner Bewegung. Im letztern Fall dringet es offenbar durch das Glas. Wenn es aber auch im erstern Fall dieses nicht thaͤte; so waͤre dieses noch kein Beweiß, daß es ein ganz an- deres Feuer seye. Es ist ja allerdings ein groser Un- terschied zwischen einem Koͤrper, wenn er in Ruhe, und wenn er in Bewegung ist, ob er gleich im Grund immer einerley Koͤrper bleibet. Allein ich denke man koͤnne bey genauerer Betrachtung dieses Gegenstands, zwischen dem entzuͤndeten und dem electrischen Feuer, eine sehr genaue Uebereinstimmung finden. Auf dem Glas lauft das electrische Feuer nicht fort, wie auf den lind ist. Ingleichen hat auch das electrische Feuer im Stande seiner Ruhe, wo es Kalt zu seyn scheinet, doch eine Waͤrme. Denn wir koͤnnen uns kaum einen Koͤrper gedenken, der aller Waͤrme beraubt waͤre. Es ist also beym kalten Reiben, durch welches das electrische Feuer hervorkommt; und in dem electrischen Feuer, so lange man es als im Stande der Ruhe betrachten kan, schon ein ge- wisser Grad der Waͤrme. Sobald dieser uͤberschritten wird, ist das electrische Feuer nicht mehr dasjenige was es im Stande seiner Rube war. Dieser Grad der Waͤr- me laͤst sich zwar noch nicht bestimmen. Niemand aber wird ihn mit Grund laͤugnen koͤnnen. Hat nun das electrische Feuer schon eine Waͤrme; so ist nichts einleuchtenderes, als daß diese Waͤrme auf einen sehr ho- hen Grad vermehret werden koͤnne, wenn durch gewisse Wuͤrkungen, die uns freylich auch noch nicht bekannt ge- nug sind, dieses Feuer in starke Bewegung kommt. den Metallen. Das entzuͤndete Feuer thut das nehm- liche. Wenn man einen metallenen Stab uͤber einem Kohlfeuer, an einem Ende gluͤhend macht; so lauft die Hitze noch einen guten Theil, auch an dem Theil der Stange, die nicht im Feuer lag, fort. Koͤrper also, die gute Leiter der electrischen Materie sind, lassen auch das entzuͤndete Feuer an sich gerne fortlaufen. Hingegen gehet das entzuͤndete Feuer an den nicht lei- tenden Koͤrpern, auch nicht weiter fort. Man mache an einer Lampe das Ende einer Glasroͤhre gluͤend. Die Hitze wird an der Glasroͤhre hinter dem geschmol- zenen Theil, nicht mehr als ohngefehr einen Zoll weiter gehen, und man wird die Glasroͤhre nahe hinter dem gluͤenden Theil mit der Hand halten koͤnnen. Was den Punkt betrift, daß das electrische Feuer nicht durch das Glas dringe, wie das entzuͤndete Feuer; so bin ich der Meynung derjenigen Naturforscher, welche das Gegentheil behaupten. Zum Beweis meiner Mei- nung will ich zwey Versuche anfuͤhren. Man stelle ei- ne Leidnerflasche auf einen Pechkuchen und electrisire ihre innere Seite; so wird man auch ihre aͤusere Seite mit Feuer angefuͤllt finden. Nach der Franklinischen Theorie, ist zwar dieses aͤusere Feuer kein anderes, als welches urspruͤnglich und von Natur auf der aͤusern Seite der Flasche befindlich ist, und welches durch das innere Feuer nur weggestosen wird. Allein dieses aͤus- sere Feuer der Flasche ist allezeit positiv wenn das inne- re Feuer positiv ist; hingegen negativ, wenn die in- nere Seite der Flasche mit negativen Feuer geladet wird. Daher ist nicht einzusehen, wie die Frank- linische Hypothese hiebey bestehen koͤnne; und es ist viel wahrscheinlicher daß das Feuer durch das Glas der Flasche gedrungen seye. Ein anderer Versuch scheint G 3 noch noch einleuchtender zu seyn. Man lade, wie gewoͤhn- lich, eine Leidnerflasche. Dann nehme man eine ungela- dene Flasche, und verbinde durch eine Kette, die zwey aͤusern Seiten der geladenen und ungeladenen Flasche. Mit den Knopf der ungeladenen, fahre man an den Knopf der geladenen Flasche; so wird der gewoͤhn- liche Funke entstehen. Nun ist aber der Funke nicht in der ungeladenen Flasche geblieben; sondern durch die ungeladene Flasche, an der aͤusern Verbindungs- kette, in das aͤusere Beleg der geladenen Flasche zu- ruͤck gegangen. Dieses, glaube ich, beweise augen- scheinlich, daß ein electrischer Funke durch das Glas gehen koͤnne, ohne daß er noͤthig hat dasselbe zu zer- schlagen. Ist nun dieses, wie ich nicht zweifle, so hat das electrische Feuer mit dem entzuͤndeten Feuer auch dieses gemein, daß es durch das Glas drin- get. Wenn nun sowohl das electrische, als auch das sichtbare entzuͤndete Erdenfeuer, ein und eben dassel- be Principium und Element ist, wie es auf den hoͤch- sten Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen worden: so bleibt kein Zweifel uͤbrig, daß nicht das electrische oder Blitz Feuer zum wahren Nutzen der Welt sollte erschaf- fen worden seyn. Der Erdboden, die Pflanzen, alle Thiere und der Mensch haben dieses Feuer noͤthig, um die ihnen unentbehrliche Waͤrme zu bekommen. Brau- chen wir nicht auch das Feuer zum Sehen, zur Be- reitung unserer Speise, zu unzaͤhligen Handthierungen und Kunstwerken? Zu allem diesem Feuer ist das elec- trische oder Blitzfeuer der Urstoff. Es ist deswegen die groͤste Wohlthat fuͤr die Welt. Achtens . Das electrische oder Blitzfeuer ist dem menschlichen und thierischen Koͤrper unentbehrlich. Der Der thierische und menschliche Koͤrper hat bestaͤn- dig eine große Menge von diesem Feuer. Von Ka- tzen ist es bekannt genug, daß sie eine Menge electri- scher Funken geben, wenn man sie mit der Hand reibt, welches bey Nachtszeiten sehr sichtbar wird. Der Hr. Abt Bertholon hat in seiner vortreflichen Abhandlung, die Electricitaͤt aus medicinischen Gesichtspunkten be- trachtet, Seite 55. folg. verschiedene Beyspiele von Menschen angefuͤhrt, die vorzuͤglich viel electrisches Feuer hatten. Ihre Hembden die sie einige Zeit am Leibe trugen, wurden wenn sie ein wenig bewegt oder gerie- ben wurden, leuchtend. Ja selbst auf ihrer Haut sahe man in der Dunkelheit electrisches Feuer, wenn sie sich ein wenig rieben. Es ist, auch ohne weitere unmit- telbahre Erfahrungen zu haben, hieraus der sichere Schluß zu machen; daß da einige Thiere und Men- schen das electrische Feuer in so hohen Grad besitzen, alle andere Menschen und Thiere wenigstens eine hin- laͤngliche Portion von diesem Feuer haben muͤssen. Es kan auch nicht anders seyn, da die ganze Luft mit diesem Feuer angefuͤllet ist, der Mensch aber, der in der Luft lebt, ein guter Leiter des electrischen Feuers ist, folglich eine reichliche Menge davon annimmt. Da Gott nichts ohne Absicht oder umsonst geschaf- fen und angeordnet hat; so kan man aus diesem allge- meinen Grund schon schliesen; daß das electrische Feuer, welches der menschliche Leib anzunehmen faͤhig ist, und wuͤrklich bestaͤndig besizt, ihm unentbehrlich seyn muͤsse. Weil das electrische Feuer, wie ich al- lererst bewiesen habe, das allgemeine Naturfeuer ist; so gibt es ohne Zweifel dem Menschen, die zur Be- wegung seines Bluts und seiner Saͤfte, noͤthige Waͤr- me. Vor allem staͤrkt es die Nerven, als eine der G 4 haupt- hauptsaͤchlichsten Lebenskraͤfte des Menschen und der Thiere. Man kan dieses unwiedersprechlich daraus be- weisen, weil man in Nervenkrankheiten auserordentlich dienlich befunden hat, wenn man den Menschen electri- sirt, und ihm dadurch eine reichlichere Portion von diesem Feuer gibt. Schon vor langen Zeiten verordneten die Aerzte, bey Stockungen des Gebluͤts, in Spannun- gen, Nerven Umstaͤnden, wenn Menschen ertrunken oder erfrohren sind u. d. g. daß man den Menschen mit wollenen Tuͤchern stark reibe. Was wird aber durch das Reiben bewuͤrkt, als daß man electrisches Feuer hervorbringt? Es ist also schon durch langwuͤh- rige Erfahrungen der Nutzen des electrischen Feuers am menschlichen Koͤrper erprobt worden. Zu noch mehrerer Bestaͤttigung dessen will ich ei- nige electrische Versuche anfuhren. Man kan dem Menschen sein natuͤrlich besitzendes electrisches Feuer nehmen, wenn man ihn noch dem gelehrten Ausdruck, negativ electrisirt. Am bequemsten geschiehet dieses, wenn man nach des Hr. Nairne Er- findung, den Menschen auf Glas oder Pech stellet; das Kuͤßen mit der Hand des Menschen an die Kugel der Electrisirmaschine halten laͤst; und von dem ersten Leiter der Maschine, eine Kette auf den Erdboden fuͤhrt. Dadurch lauft wenn man electrisirt, daß Feuer aus dem Menschen an die Glaskugel; von dieser aber in den Leiter, und dann weiter in die Erde. Weil nun der Mensch anf dem Pech stehet; so bekommt er von der Erde kein anderes electrisches Feuer, wenn ihm sein natuͤrliches genommen wird. Allein wer nicht eine grose Menge natuͤrliches electrisches Feuer besi- sitzet, kan dieses Verfahren nicht lange aushalten. Ich habe eigene Erfahrung hievon, und koͤnnte mich auch auch auf verschiedene Gelehrte beruffen. Folglich kan der Mensch das electrische Feuer nicht entbehren. Wenn man einem Menschen positiv electrisirt, das heist; wenn man ihm zu seinem natuͤrlichen electrischen Feuer, durch die Maschine noch mehr gibt; so befindet er sich gemeiniglich wohl dabey. Ich habe selbst viele Personen mehrere Monate lang taͤglich ein biß zwey- mahl electrisiret; Sie waren munter, lebhaft, hatten guten Apetit, und war ihnen, wie man sich aus- druckt, um und um wohl. Dieses beweist wenigstens so viel, daß das electrische Feuer dem menschlichen Koͤrper convenabel angemessen oder anstaͤndig seye. Indessen wollte doch nicht rathen, daß man sich an das Electrisiren gewoͤhne Es moͤgte sonsten gehen wie mit staͤrkenden Getraͤnken oder Arzeneyen, die man taͤglich zu sich nimmt. Das heist: die Natur kan am Ende ohne diese Staͤrkung nicht mehr vor sich beste- hen. Wenn ich sagte, daß das positive Electrisiren den meisten Menschen wohl bekomme, so ist indessen keine Regel ohne Ausnahm Persohnen die von Na- tur viel electrisches Feuer besizen, koͤnnen es nicht wohl ausstehen. Sie bekommen Wallungen im Gebluͤt, es wird ihnen sehr warm, und es faͤngt in ihren Glie- dern an zu laufen, als wenn Ameisen darinnen waͤren. Allein da dieses nur bey Persohnen geschiehet, die ohnehin schon genug electrisches Feuer haben; so ist ihr Exempel noch kein Beweiß, daß das electrische Feuer dem menschlichen Leib unanstaͤndig oder nachtheilig feye. Man weiß ja, daß aller Ueberfluß schaͤdlich wird. Noch muß ich zur Bestaͤttigung des Satzes: das electrische Feuer seye dem menschlichen Koͤrper unent- behrlich; eine allgemeine Erfahrung anfuͤhren. Es gibt im Sommer oͤfters eine Witterung die man schwuͤlle Waͤrme nennet. Die gewoͤhnlichen Folgen G 5 davon davon sind Donnerwetter. Diese schwuͤlle Waͤrme ist oͤfters bey truͤben Himmel; und das Thermometer be- weißt, daß bey dieser Witterung die Hitze nicht so groß seye, als sie nach ihrer Empfindung scheint. Diese schwuͤlle Witterung hat auf den menschlichen Koͤrper einen sehr starken Einfluß. Der Mensch wird matt, traͤg, es liegt ihm, wie man sich ausdruͤckt, in allen Gliedern, und ein jeder prophezeihet hieraus ein baldi- ges Gewitter. Ich habe oͤfters bemerkt, daß wenn zu anderer Zeit das Thermometer gleich eine weit groͤße- re Waͤrme, und das Hygrometer eine viel groͤßere Trockne der Luft anzeigten, der Mensch dennoch nicht die bey der schwuͤllen Witterung gewoͤhnlichen Empfin- dungen hatte. Wo kommt nun dieses her? Ehe ein Wetter entstehet, muß nothwendig mit dem auf der Oberflaͤche des Erdbodens befindlichen electrischen Feuer, eine große Veraͤnderung vorgehen. Denn ein sehr großer Theil desselben gehet von der Erde in die obere Luft, oder vielmehr in die in der obern Luft be- findliche Duͤnste uͤber. Der Erdboden wird also seines electrischen Feuers zu sehr beraubt; und dieser Man- gel des electrischen Feuers, welchen der thierische und menschliche Koͤrper empfindet, ist die Ursache von sei- ner Traͤgheit und Ermattung. Diese Erfahrung also, die ein jeder Mensch an seinem eigenen Koͤrper oft ge- nug hat, beweist genugsam; wie unentbehrlich das elec- trische Feuer dem menschlichen Koͤrper sey. Sollte die schwuͤlle Waͤrme, wie es beynahe wahr- scheinlich ist, nicht bloß einen Mangel des electrischen Feuers zum Grunde haben, sondern auch groͤsten- theils mit daher ruͤhren; daß das electrische Feuer aus seinem Stand der Ruhe, in den Stand der Be- wegung kommt und sich entzuͤndet: so erhellet doch auch auch hieraus so viel, daß der menschliche Koͤrper un- angenehme und nachtheilige Empfindungen bekomme, wenn das electrische Feuer nicht in seinem natuͤrlichen Zustand bleibt. Neuntens . Mit dem electrischen Feuer hat man an dem menschlichen Koͤrper schon die herrlichsten Cu- ren verrichtet. Ich gedenke nicht, um dieses zu beweisen eine gan- ze Reihe von Curen die durch die Electricitaͤt gluͤcklich zustande gebracht worden, her zu erzaͤhlen. Wem darum zu thun ist, diese zu wissen, kan des Hr. Ca- vallo medicinische Electricitaͤt, ferner des Hr. Abt Bertholon Electricitaͤt aus medicinischen Gesichts- puncten betrachtet, und endlich des Hr. Abt Sans Anweisung wie die von einem Schlagfluß gelaͤhmte, durch die Electricitaͤt zu heilen seyen, nachlesen. Bloß will ich einige Curen anfuͤhren, welche ich selbst durch die Electricitaͤt gluͤcklich zustande gebracht habe. In Zahnschmerzen, er mogte von hohlen Zaͤhnen oder von Fluͤssen herkommen, koͤnnte ich mehr als 30. Persohnen anfuͤhren, denen ich augenblickliche Huͤlfe verschaft habe. Ich ließ jedesmahl schnell hinterein- ander, zwey Funken von einer zimlich grosen und voll- geladenen Leidnerfllasche, durch den schmerzhaften Zahn schlagen, und bediente mich um den Funken sicher an den verlangten Ort hinzufuͤhren, eines Werkzeugs welches jenem aͤhnlich ist das Hr. Cavallo beschrieben hat. Nach dem ersten Funken wird der Schmerzen allezeit staͤrker. Bey dem zweyten aber hoͤrt bißweilen das Zahnwehe augenblicklich auf, gemeiniglich aber reißt es noch etliche Minuten lang in dem Kiefer, und dann dann laͤßt aller Schmerzen nach. Das Zahnwehe wird dadurch gruͤndlich geheilt. Mir hat dieses Mittel noch kein einzigesmahl fehlgeschlagen. Man muß aber starke Funken geben: obgleich nicht mehr als zwey. In Catharren fand ich die Electricitaͤt an meiner eigenen Persohn sehr vortheilhaft. Ehehin war ich bestaͤndig zu heftigen Catharren geneigt. Seit zwey Jahren aber, da ich mich wegen verschiedener Pa- tienten taͤglich etliche mahl mit der Electricitaͤt beschaͤf- t igen muß, bin ich gaͤnzlich davon verschont geblieben. Als ich ein einzigesmahl, nach einer starken Erkaͤltung, einen kleinen Anfall davon verspuͤhrte; ließ ich mich electrisiren, und in einem Tag war alles wieder gut. Selbst von der Nordischen Seuche oder Influenza, die im vorigen Jahr bey nahe niemand verschonte, und die auch in meinem Hause alles durchsuchte, hatte ich nicht einmahl eine Ahndung. Hingegen konnte ich in einigen Krankheiten, bey welchen verschiedene Gelehrte die Wuͤrkung der Elec- tricitaͤt hoch ruͤhmten, nichts ausrichten. Vorzuͤglich begegnete mir dieses bey tauben Persohnen. Ich elec- trisirte manche davon sehr lange Zeit, und versuchte alles moͤgliche, ohne jedoch das geringste auszurichten. Indessen hatte eine dergleichen Persohn, die anfaͤng- lich von mir, und dann in ihrem Hause lange Zeit electrisiret wurde, einen andern Nutzen von der Elec- tricitaͤt. Sie hatte bey einer schon 20. jaͤhrigen Taubheit, Schwindel, Verstopfung im Kopf und in der Nase, und einen Fluß der im ganzen Lelb herum zog. Diese Zufaͤlle vergiengen gaͤnzlich, ob sich gleich das Gehoͤr nicht wieder einfand. Meine Meine Haupt Curen verrichtete ich mit der Electri- citaͤt in der Blindheit. Eine Bauern Tochter von einem hier eingepfarr- ten Weyler, 24. Jahr alt, verlohr in einer Zeit von 6. Monaten alles Gesicht, und ihre zwey Augen waren mit dicken ins blaulichte fallenden Fellen ganz uͤber- zogen. Sie mußte zu mir gefuͤhrt werden. Aber nach 3. Tagen konnte sie schon allein zu mir gehen. Nach 4. Monaten waren ihre Augen vollkommen wie- der hergestellt. Sie waren so klar als zuvor, und sie sahe wieder so scharf als ehehin. Jetzt ist es schon uͤber ein Jahr, daß die Cur geendigt ist, und sie hat kei- nen weitern Anfall bekommen. Selbst unter der Cur verrichtete sie ihre Feldarbeiten dabey, und machte taͤg- lich zweymal einen Gang zu mir von ¾ Stunden Wegs. Ein Junge von 9. Jahren, der als ein Wochen- kind ein Fell auf dem einen Auge bekam, und sein Gesicht gaͤnzlich an diesem Aug verloren hatte, wurde in soweit wieder hergestellt, daß er mit dem verdorbe- nen Aug nahe Gegenstaͤnde vollkommen erkennen konn- te. Ich hatte ihn aber nicht laͤnger als 6. Wochen in der Cur, und dann kam er von mir weg. Ein hiesiger Burger, der vor 43. Jahren eines seiner Augen verloren hatte, wurde im vorigen Win- ter auch auf dem andern blind. Er hatte ein Fell, oder vielmehr ein sogenanntes Bluͤmchen auf diesem Auge bekommen. Fuͤnf Wochen lang electrisirte ich ihn, ohne daß man Besserung spuͤhrte. Dann aber war er in drey Wochen gaͤnzlich hergestellt. Gegenwaͤrtig habe ich noch einen Mann in der Cur der auf zwey Augen den schwarzen Staar bekam. Er Er hatte noch soviel Schein, daß er ohne Wegweiser zu mir gehen konnte. Ich electrisire ihn schon ein halb Jahr lang. An dem einem Aug hat er noch gar keine Besserung verspuͤhrt Auch an dem andern stund es uͤber 3. Monat an, ehe er besser sehen konnte. Aber nunmehr ist es so weit gekommen, daß er einen gro- ben Druck wohl lesen kan. Ich electrisirte diese Persohnen auf folgende Art, und zwar meistens taͤglich zweymahl. Sie wurden auf ein Stuͤhlchen mit glaͤsernen Fuͤsen gestellt. Auf diesem Stuͤhlchen stund ein anderes, auf welches sie sich setzen konnten. Ich leitete dann von der Electrisir- maschine das Feuer in sie, und ließ vor einer andern Persohn, eine Zoll dicke metallene Kugel gegen ihr Aug halten. Dadurch sprangen Funken aus dem Au- gendeckel, meistens in der Laͤnge von 1. Zoll. Dieses Verfahren seze ich taͤglich zweymahl, jeder-zeit etwas uͤber ¾ Stunde lang fort. Nachgehens lasse ich gegen das eroͤfnete Aug eine stumpfe metallene Spitze halten, damit das Feuer stillschweigend ausstroͤme. Hiemit aber muß man jedesmahl aufhoͤren, sobald das Aug anfaͤngt trocken und etwas starr zu werden. Damit man nicht noͤthig habe, durch eine besondere Person, die metallene Kugel, und die stumpfe Spitze gegen das Aug des Patienten halten zu lassen; so lasse ich durch eine Glasroͤhre einen Drath biß auf den Erdboden ge- hen; gebe dem Patienten die Glasroͤhre in die Hand, und stecke forne auf den durch die Glasroͤhre hervorse- henden Drath, die metallenene Kugel. Dadurch kan der Patient sich selbst die Funken auslocken, oder wenn die Kugel abgenommen wird, die stumpfe Spitze vor sein Aug halten. Diese Diese angefuͤhrte neun Gruͤnde werden, wie ich glaube, unlaͤugbar beweisen, daß das electrische oder Blitzfeuer, nicht zum Schaden, sondern zum Nutzen der Welt erschaffen worden: — und daß es nicht ein bloses Werkzeug der goͤttlichen Rache, sondern die groͤste Wohlthat fuͤr die Welt seye. Aber! Schon hoͤre ich einen neuen Einwurf: Warum sagt man, richtet denn das Blitzfeuer solche graͤuliche Verwuͤstung, und solch groß Un- gluͤck an, wenn es Gott zur Wohlthat der Welt er- schaffen hat? Diesen Einwurf koͤnnte ich leicht bloß dadurch wi- derlegen, wenn ich sagte; Es seye nichts in der Welt, so nuͤzlich es auch immer heisen moͤge, welches nicht entweder zufaͤlliger Weise, oder nach dem Verhaͤgnuͤß Gottes, Schaden anzurichten im stande waͤre. Luft und Wasser; so nuͤzlich und unentbehrlich sie der Welt sind, haben doch schon unzaͤhligen Schaden gebracht. Stuͤrme und Wasserfluthen, haben schon oft genug Haͤuser umgekehrt, Staͤdte und Laͤnder verwuͤstet, und Menschen getoͤdet. Kan man nun vom Blitzfeuer ver- langen, daß es das was Luft und Wasser thut, nicht auch thun sollte? Wir muͤßten eine ganz andere Welt verlangen, wenn wir in der Natur ein Element oder irgend ein Geschoͤpf begehrten, welches bloß gut — bloß nuͤtzlich, und dabey nicht zufaͤlliger Weise, oder durch ein Verhaͤltnuͤß Gottes, sollte schaͤdlich seyn koͤn- nen. Jedoch es kan auch noch aus der Natur des Blitz- feuers, und aus dem Endzweck, zu dem er vom Schoͤpfer bestimmt worden, gezeigt werden; daß die schaͤdlichen Wuͤrkungen die es hervorbringt, von ihm nicht nicht getrennet werden koͤnnen, wenn es anders seine nuͤtzlichen Wuͤrkungen leisten soll. Vielleicht denkt freylich mancher: wenn es Gott bey Schaffung dieses Feuers mit der Welt so gut gemeint hat: so haͤtte er ihm seinen Aufenthalt nur auf der Oberflaͤche der Erde anweisen, hingegen es aus den Wolken verbannen duͤr- fen. Allein daß dieses nicht angienge, ist leicht zu beweisen. Ich habe bisher gezeigt; daß das Blitzfeuer allen Gewaͤchsen, so wie dem thierischen und menschlichen Koͤrper unentbehrlich seye, und daß uͤberhaupt alle Waͤrme der Erde von demselben herkomme. Soll nun dieses Element alles durchdringen, umgeben, beleben und erwaͤrmen, so muste es. 1. Ein sehr feiner, fluͤchtiger und folglich leichter Koͤrper seyn. Es ist da- her nach den mechanischen Gesetzen nicht anders moͤg- lich, als daß es als ein leichter Koͤrper, in der Luft und den Duͤnsten, welche schwerere Koͤrper sind, in die Hoͤhe steige. Man bemerket auch bey dem entzuͤn- deten Feuer dieses Naturgesetz. Es gehet immer in die Hoͤhe, und in einem eingeheitzten Zimmer ist der obere Theil desselben am waͤrmsten. 2. Wenn es der Erde und ihren Geschoͤpfen die noͤthige Waͤrme geben sollte; so muste dieses Feuer also beschaffen seyn, daß es in die Wolken hinaufsteigen konn- te. Denn haͤtten die Wolken keine Waͤrme oder Feuer, so wuͤrden wir mitten im Sommer nie einen Regen; sondern anstatt der Regentropfen allezeit Schnee oder Hagel bekommen. Wuͤrde aber uns etwas damit gedient seyn, wenn wir in den Wolken nie einen Blitz sehen oder Donner hoͤren sollten, hingegen anstatt des Regens jedesmahl Schnee oder Hagel bekaͤmen? 3. Sollte das Blitzfeuer bestaͤndig in die Koͤrper der Thiere Thiere und der Menschen wuͤrken; so muͤste es seiner Natur nach so beschaffen seyn, daß es sich am liebsten mit denjenigen Koͤrpern vereinigte, welche die haupt- saͤchlichsten Bestandtheile und Nahrung der Pflanzen und des thierischen Koͤrpers ausmachen. Gesetzt, das Blitzfeuer waͤre seiner Natur nach also beschaffen, daß es sich mit dem Wasser gar nicht vereinigen koͤnnte; so waͤre unmoͤglich, daß es in die Pflanzen und in den thierischen Koͤrper wuͤrke. Die Pflanzen so wie die thierischen Koͤrper bestehen, ihrem Wesen nach, groͤ- stentheils aus waͤßerichten Theilen und bekommen auch ihre meiste Nahrung aus waͤßerichten Theilen. Koͤnnte nun das Blitzfeuer nicht in die waͤßerichten Wesen wuͤr- ken; so muͤßten die Pflanzen und der thierische Koͤrper, desselben entbehren. Aber nun wollen wir im Gegen- theit die Sache nehmen, wie sie wirklich ist. Wir wollen fest setzen, daß sich das electrische oder Blitzfeuer sehr gerne mit den waͤßerichten Theilen oder Koͤrpern vermenge; Anmerk. Leuten die keine Naturforscher sind, moͤgte es widersprechend vorkommen; daß Wasser und Feuer sich gerne mit einander vereinigen sollen Gemeiniglich glaubt man, diese zwey Elemente seyen gerade am meisten einan- der zuwider. Ich muß daher eine herrliche Bemerkung eines grossen Naturforscher, des Herrn de Luͤc hieher setzen. Er sagt: Nichts vereiniget sich lieber als Feuer und Wasser. (Er redete von dem entzuͤndeten Feuer.) Um die- ses zu beweisen darf man nur Acht geben, auf das was man thut, wenn man einen Brand loͤschen will. Man gießt Wasser zu. Was geschiehet aber dadurch anders, als daß das Wasser das Feuer in sich schlucket? Folglich muͤssen sich biese zwey Elemente sehr gerne mit einander vereinigen. so wird man einsehen, wie leichtlich das H das electrische Feuer, den Pflanzen und dem thierischen Koͤrper beygebracht werden kan. Denn da die Pflan- zen und thierischen Koͤrper groͤstentheils aus waͤsserich- ten Theilen bestehen, und daraus ihre Nahrung be- kommen; so kan das electrische Feuer in ihren waͤs- serichten Theilen bestaͤndig herumlaufen. Die Pflan- zen bekommen es von ausen durch den Thau und dem Regen, mit welchen es vereinigt ist. Menschen und Thiere werden dessen, durch ihre waͤsserichten Speisen, Getraͤnke, und durch die feuchte Luft, in welchen Din- gen allen das electrische Feuer bestaͤndig befindlich ist, theilhaftig. Konnte also das Pflanzen und Thierreich dieses Feuer in noͤthiger Menge bekommen; wenn es nicht an den Duͤnsten von der Erde in die Wolken hin- aufstiege, und durch die Regentropfen auf dieselben wieder herabfiele? Aber sagt man vielleicht. 4. Die- ses ist alles gut; Allein warum muß sich denn dieses Feuer in den Wolken zu Blitzen und Donner bilden? Warum muß es Schaden anrichten? Warum faͤllt es nicht vielmehr stillschweigend auf die Erde herab? Ich antworte hierauf erstlich: daß Gott auser den andern Ursachen den Menschen auch seine Groͤse durch den Blitz und Donner vorstelle, habe ich oben schon zugestanden. Es mag daher dieses eine Ursache mit gewesen seyn, warum der Schoͤpfer die Einrichtung gemacht, daß das electrische Feuer aus den Wolken nicht immer stillschweigend herabfaͤllt; sondern bißwei- len auch in Blitzen und Donner sich sehen und hoͤren laͤßt. Anderns aber liegt hievon ohne Zweifel noch eine natuͤrliche Ursache zum Grunde. Damit das Blitz- feuer feuer in hinlaͤnglicher Menge aus den Wolken auf die Erde falle, und das Pflanzen- und Thierreich belebe; so muß es sich in den Wolken stark anhaͤufen. Ferner, damit dieses Feuer alle Koͤrper leichtlich durchdringen koͤnne; so mußte es Gott von einer sehr fluͤchtigen Na- tur und Wesen machen. Und — — endlich, damit es denjenigen Koͤrpern, in welche es vorzuͤglich wuͤrken soll, niemals ermangle; so mußte der Schoͤpfer ihm eine solche Natur geben; daß es gerne und schnell auf eben diese Koͤrper los gehe. Fließt nun nicht aus diesen Saͤtzen ein natuͤrlicher Grund, warum sich die- ses Feuer zuweilen in Blitze bilden muß? Ohne Zwei- fel dieser: Eine Wetterwolke ist mit electrischen Feuer ange- haͤuft: Sie wird getrieben, und stoͤßt an eine andere nicht electrische Wolke: oder sie gehet so niedrig daß sie an einen Gegenstand auf dem Erdboden anstosen kan; so muß aus natuͤrlichen Gruͤnden ein Blitz entstehen. Wenn die Wolke keinen Blitz abgeben sollte, so muͤßte sie nicht mit electrischen Feuer angefuͤllt seyn. Es ist aber dieses Feuer fuͤr die Welt unentbehrlich! Oder sie muͤßte nicht vom Wind getrieben werden. Dieses ist ebenfals unmoͤglich, weil sonst der Regen nicht aller Orten wuͤrde gleich ausgetheilt werden! Oder sie muͤste nie so niedrig gehen, daß ihr Feuer auf einmahl durch einen schnellen Sprung auf die Erde fahren koͤnnte. Allein da muͤßte Gott Wunder thun, wenn alle Wol- ken in gleicher Hoͤhe gehen sollten! Oder endlich, wenn eine Wetterwolke unter diesen Umstaͤnden sich nicht durch einen schnellen Blitz entladen sollte; so muͤßte Gott das electrische Feuer entweder von einer traͤgen Natur ge- macht, oder ihm eine Abneigung auf irrdische Koͤrper H 2 los loß zu gehen, beygelegt haben. Dieses aber hiese des rechten Zwecks verfehlen, da dieses Feuer bestimmt ist in den irdischen Koͤrpern eine bestaͤndige und schnelle Wuͤrkung zu unterhalten! Es bringt daher die Natur dieses electrischen Feuers, die wenn es den erwuͤnschten Endzweck hervorbringen soll, nicht anders seyn koͤnnte, es schon mit sich; daß es unter gewissen Umstaͤnden sich zu Blitzen bildet. Da aber bey einem Blitz die ganze Menge des in einer Wolke befindlichen Feuers auf einmal in einen irdischen Koͤrper, es sey ein Baum oder Gebaͤude, oder Mensch, uͤbergehet: so muß er nothwendig Schaden bringen. Aller Ueberfluß ist schaͤdlich. Die koͤstlichste Arzney wird ein Gift, wenn sie im Uebermaaß genommen wird. Ein Regen, so erquickend und belebend er fuͤr das Land, Menschen nnd Vieh ist, verwuͤstet alles, wenn er sich in Fluthen einherstuͤrzt. Unmittelbare Beweise, daß es erlaubt und kein Eingriff in die goͤttliche Vorsehung seye, sich durch Wetterableiter wider die Gefahr des Blitzes zu beschuͤtzen. W uͤrklich ergreife ich mit innerlichem Wider- willen die Feder, um folgende Beweise uͤber die Zulaͤßichkeit der Wetterableiter, nieder zuschreiben. Ich muß besorgen, daß lustige Koͤpfe uͤber mich spo- ten, wenn ich eine Sache beweise, an welcher kein ver- nuͤnftiger Mensch mit Grund je zweifeln kan. An- dere aber die ernsthafter denken, werden wie ich hoffe, einen einen Naturforscher bedauern, der seine Zeit mit Wi- derlegung dergleichen schwachen Vorurtheile verschwen- den muß. Doch man muß sich in die Zeit schicken! nach etlichen Jahren werden hoffentlich auch bey uns derglei- chen Beweise uͤberfluͤßig seyn, so wie sie es schon in manchen Laͤndern sind. Erster Beweiß. Ich habe allererst bewiesen, daß das Blitzfeuer kein besonderes, von Gott bloß zur Strafe bestimmtes Element, sondern das allgemeine wohlthaͤtige Naturfeuer seye. Sollte man aber bey diesem Element nicht das nehmliche thun duͤrfen, was wir bey den andern thun? Wir verwahren unsere Haͤuser und Guͤter bestmoͤglich vor aller Feuersgefahr. Schon bey Aufbauung derselben traͤgt man alle Vorsor- ge, daß die Gebaͤude soviel als moͤglich Feuerfest wer- den. Damit nicht ein heftiger Sturm, oder eine an sie stosende Wasserfluth sie umstuͤrze, so versehen wir sie mit einem dauerhaften Grund, mit tuͤchtigen Mauern u. d. g. Vor einem heftigen oder auch schon geringen Regen suchen wir uns zu beschuͤtzen. Einem vom Dache herabfallenden Stein, so wie einer herrol- lenden Wasserfluth weichen wir aus, damit wir unser Leben retten. In Krankheiten sehen wir uns nach Huͤlfsmitteln um. Niemand ist der dieses tadel- te, oder vor einen Eingrif in die goͤttliche Regierung auszugeben wagte. Vielmehr wuͤrde man einen Men- schen der eines oder das andere von diesen Dingen unterliese, fuͤr einen Thoren erklaͤren. Der Mensch ist von Natur unter allen lebendigen Wesen das aller- schutzloseste. Diesen Mangel hat der Schoͤpfer dem Menschen durch die Vernunft ersetzt. Durch diese muß er Mittel ausdenken, sich wider allen Schaden, H 3 der der ihm durch die Elemente oder andere Dinge zustos- sen koͤnnte, in Sicherheit zu setzen. Es ist dieses der Wille des Schoͤpfers, welcher uns deßwegen außer der Vernunft einen unwiderstehlichen Trieb zur Erhal- tung unsers Lebens eingepflanzet hat. Der Mensch hat auch von jeher, sich die Seinigen, und seine Guͤter wider die Gewalt der Elemente und anderer Unfaͤlle ver- wahret. Es ist dieses nicht fuͤr unrecht erklaͤret wor- den. Wider den Blitz wußte er bisher nicht sich zu schuͤtzen. Jezt hat ers gelernet. Er weiß auch nun- mehr, daß Gott das Blitzfeuer nicht zur Rache, son- dern zur Wohlfart der Welt erschaffen hat. Warum sollte er sich nun nicht ebensowohl wider den Schaden, den ihm der Blitz zufuͤgen koͤnnte, schuͤtzen doͤrfen, als wider den Schaden, welchen die andern Elemente ihm zu bringen faͤhig sind? Etwan deßwegen weil man diese Kunst seit Erschaffung der Menschen nicht gewußt hat? Welcher Vernuͤnftige kan so schliesen? Zweyter Beweiß. Der Christ ist sogar ver- bunden alle die Mittel, die er zu seiner und der Sei- nigen Erhaltung, oder die er zur Befoͤrderung seines Gluͤcks fuͤr dienlich erkennet, anzuwenden. Er soll zwar der goͤttlichen Vorsehung vertrauen. Aber soll er sich blindlings dieser gnaͤdigen Vorsicht uͤberlassen? Soll er nichts, und Gott alles — Soll Gott um seinet willen Wunder thun, er aber die Haͤnde in den Schooß legen? Wo hat die Vernunft oder das Christenthum je eine solche Moral gelehret? Warum hat Gott dem Menschen Vernunft und Wissenschaften. — Warum hat er ihm auch Leibes Kraͤfte gegeben? Lehren ihm nicht diese; daß er sie eben sowohl zu seiner eigenen Er- haltung und Gluͤck, als zum Dienst seines Schoͤpfers anwen- anwenden soll? Gewiß! Gott wuͤrde durch ein blindes Vertrauen auf seine Vorsehung, wenig geehrt werden. So groß man sich auch damit macht, wenn man spricht. Ich lasse Gott wallten, er mag es machen wie er will! so ist dieses, wenn man nicht auch das Seinige dabey thut, allezeit entweder ein Beweiß einer grosen Traͤg- heit, oder eines unverzeihlichen Unverstands, und durch beydes wird Gott nicht geehret. Man braucht wenig Erkentniß von der natuͤrli- chen und christlichen Moral zu haben, um zu wissen; daß die Erhaltung unsers und der unserigen Leben, so wie die Erhaltung unserer Guͤter, eine der ersten Pflichten ist, die wir uns selbst schuldig sind. Ja wir muͤssen diese Pflicht sogar Gott, den Unserigen und dem Staat leisten. Da nun der Blitz uns das Leben und unsere Guͤter rauben kan; da uns Gott die Er- kenntniß gegeben hat, diese Gefahr von uns abzuwen- den; so sind wir verbunden dieselben anzuwenden. Wer es unterlaͤßt der kan ohnmoͤglich sich selbst wahr- haftig lieben, oder er muß sehr sorgenloß — Vieleiche sogar tollkuͤhn seyn, oder er muß in der Sonder- barkeit, oder hartnaͤckigen Widersprechen sein Ver- gnuͤgen finden. Dritter Beweiß. Ehe noch die Wetterableiter erfunden wurden, hat es viele Gebaͤude gegeben wel- che natuͤrliche Wetterableiter waren. Man findet ja genug Gebaͤude, deren Hohlkehlen, oder Ecken des Dachs, mit Blech beschlagen sind; die ferner kuͤpferne Dachrinnen haben; von denen dann, in einer kupfernen weiten Roͤhre, das Wasser gar biß auf den Erdboden geleitet wird. Haben solche Gebaͤude H 4 noch noch uͤberdiß, wie es gemeiniglich ist, Dachfahnen, die mit Sternen oder andern Spitzen genugsam Ver- sehen sind; so ist der Wetterableiter vollstaͤndig. Vor kurzem wuste man dieses noch nicht. Jezt aber ist es bekannt. Allein niemand wird es fuͤr eine Suͤnde oder Versuchung Gottes halten, in einem solchen Gebaͤude ferner fort zu wohnen, nach dem er gelernet hat, daß sein Hauß ein Wetterableiter seye. Wollte jemand so gewissenhaft seyn, und sein Hauß, nachdem er weiß daß es ein Wetterableiter ist, umaͤndern lassen. Woll- te er die zuvor zusammenhaͤngenden Metalle wegreisen, und sein Hauß also einrichten, daß der Blitz hinein- fahren koͤnne, um dadurch zu beweisen daß er kein Miß- trauen in die goͤttliche Vorsehung seze: so wuͤrden Klu- ge ihn verlachen, eben so gut als einen Menschen, der um kein Mißtrauen in die goͤttliche Vorsehung zu verrathen, sein Hauß so gebrechlich aufbauen wollte, daß Sturm und Wasserfluthen es leicht umstuͤrzen koͤnnen. Da man nun mit gutem Gewissen in einem Hause leben kan, welches ein natuͤrlicher Wetterableiter ist; so muß es auch erlaubt seyn ein Gebaͤude durch die Kunst also zuzurichten, daß ihm der Blitz keinen Schaden zu- fuͤgen kan. Vierter Beweiß. Wenn Gott ein Mißfallen an Wetterableitern haͤtte; so wuͤrde er die ersten Er- finder und Anstifter derselben, troz ihrer Wetterablei- ter, vor allem heimgesuchet haben. An Mitteln haͤtte es ihm nicht gefehlt, seine Strafe an ihnen auf eine oder die andere sichtbare Weise auszuuͤben. Allein es ist kein Beyspiel hievon vorhanden. Fuͤnf- Fuͤnfter Beweis. Ich sehe gar nicht ein, war- um man so sehr viel Aufsehen uͤber die Wetterableiter macht, da doch die Menschen von aͤltesten Zeiten her alle moͤgliche Sorgfalt angewendet haben, sich wider den Blitz zu verwahren. Hatte das Laͤuten mit Glo- cken und das Abfeuern der Canonen gegen heranziehen- de Wetter, eine andere Absicht, als das Wetter zu vertreiben? Warnete man nicht jedermann, waͤhrend eines Donnerwetters alle hohe Baͤume zu vermeiden? Verbot man nicht die Zugluft, als eine gefaͤhrliche Sache? Zuͤndeten nicht viele Personen bey Donner- wettern Feuer auf dem Kuͤchenheerd an, um das Ein- schlagen des Blitzes abzuwenden? Alles dieses ist nie fuͤr Suͤnde erklaͤret worden. Warum wehrt man sich dann so sehr wider die Wetterableiter? Ich hoͤre noch einige, weniger bedeutende Einwendung wider die Wet- terableiter machen. Um alle Ausfluͤchte zu benehmen; so will ich auch noch diese kuͤrzlich widerlegen. H 5 Drit- Dritter Einwurf. D a der Blitz nur gar selten einschlaͤgt; so sind die Wetterableiter sehr entbehrlich. Die Welt hat bisher ohne Wetterableiter bestanden, so wird sie es auch noch ferner koͤnnen. Es ist freylich wahr, daß der Blitz der Welt ihren Untergang nicht bringen wird. Aber doch hat er schon genug Menschen getoͤdet, Haͤußer und Staͤdte ange- zuͤndet und verheeret. So selten im uͤbrigen dieses geschiehet, so hat doch keiner vor dem Blitz ein Pri- vilegium. Keiner kan wissen ob sein Hauß nicht un- ter der wenigen Zahl, die vom Blitz getroffen werden koͤnne, sich befinde. Vor allem sollte man erhabene Orte durch Wetterableiter sichern. Da aber der Blitz schon oͤfters hohe Orte verschont und niedrige Gegen- staͤnde getroffen hat; so wird der Kluge, der den sicher- sten Weg gehen will, auch sein niedriges Hauß nicht ohne Schuz lassen. Ferner sollte man freylich vor al- lem diejenigen Orte, wo der Blitz schon oͤfters einge- schlagen hat, mit Wetterableitern versehen. Allein da man viele Beyspiele weiß; daß der Blitz Gebaͤude getroffen, die er zuvor Jahrhunderte verschonte: so ist es gar kein Ueberfluß, sondern ein kluges und Lo- benswuͤrdiges Unternehmen, auch an dergleichen Ge- baͤude Wetterableiter anzubringen. Vier- Vierter Einwurf. D urch Wetterableiter koͤnnten die Menschen vermessen werden. Es gab zu allen Zeiten Ruchlose, die vermessen waren und nichts nach Gott fragten. Diese werden freylich ihr Wesen fortsetzen; sie wuͤrden es aber auch thun, wenn sie gleich durch keinen Wetterableiter ge- schuͤzt wuͤrden. Der Redliche hingegen wird nicht weniger tugend- haft seyn, und nicht weniger Gott verehren; Er mag unter einem Wetterableiter, oder unter freyem Him- mel leben. Denn er weiß daß niemand dem Arm des Allmaͤchtigen entgehen kan; und daß wenn der Mensch gleich von der einen Seite sicher ist, Gott noch Mit- tel und Wege genug hat, ihn zu finden. Er thut nur das Seinige, wie in tausend andern Faͤllen, und be- dient sich zu seiner Sicherheit die Mittel, die ihm die Vernunft an die Hand gibt. Er haͤlt dieses fuͤr eine Pflicht, die er Gott, sich selbst, den Seinigen, und dem Staat schuldig ist. Im uͤbrigen weiß er wohl, daß er bloß nur unter dem Gnadenschutz Gottes sicher seye, und daß er daher sein groͤstes Vertrauen auf die goͤttliche Vorsehung setzen muͤsse. Hieraus aber wird, wie man leicht einsiehet, ein neuer Einwurf erregt. Fuͤnf- Fuͤnfter Einwurf. W as helfen die Wetterableiter wenn uns Gott doch auf andere Art finden kan? Ich antworte hierauf. Wenn dieser Saz in die- sem specielen Fall gelten sollte; so muͤßte er auch im Allgemeinen richtig seyn, und muͤßte also umgeaͤndert werden koͤnnen: Was hilfts daß ich mich fuͤr einer Ge- fahr beschuͤtze, da mir Gott gleich eine andere zusenden kan. Daraus aber wuͤrde fliesen, daß man in der Welt alles muͤste gehen lassen, und daß es uͤberfluͤßig seye, sich fuͤr irgend einer Gefahr zu sichern. Aber welcher Vernuͤnftige wird sich eine solche Moral machen, oder billigen koͤnnen? Allein zur Erleuterung obigen Einwurfs kann noch ein anderer Umstand beygefuͤgt werden. Ich ha- be in dieser Abhandlung zur Genuͤge bewiesen, daß der Blitz nach festgesetzten Naturgesetzen einschlaͤgt. Stehet ein Gebaͤude an einem Ort, wo eine Wetter- wolke an dasselbe stossen kann. Enthaͤlt das Gebaͤude in sich eine Reihe von Metallen, an denen der Blitz seinen Gang biß in die Erde findet; so faͤhrt er dahin, und Gott muͤßte, wenn dieses nicht ge- schehen sollte, entweder ein Wunder thun, das heist die Gesetze der Natur umkehren; oder er muͤste in seinem ewigen Plan die Einrichtung gemacht haben, daß die des Einschlagens faͤhige Wolke, nie an diesen Ort haͤtte ziehen koͤnnen. Letzteres war ohne Zweifel deswegen nicht moͤglich, weil durch eben diese Einrich- tung kein so groser Nutze fuͤr das Ganze erfolgt waͤre. Wir finden ja in der ganzen Einrichtung der Welt, daß daß Gott zur Erreichung eines allgemeinen und grosen Nutzens, kleine dabey unvermeidliche Uebel geschehen laͤßt. Ich glaube daher daß man mit Recht sagen koͤn- ne: der Blitz schlage sehr oft und vieleicht meistentheils ein, ohne daß er ein Strafgericht Gottes seye; sondern bloß deßwegen weil die Naturgesetze, — die Richtung des Wetters — die Lage des Standorts, und die Einrichtung des Gebaͤudes es also mit sich bringen; wel- che Verhaͤltnuͤsse aber Gott entweder aus andern wich- tigern Ursachen, oder weil er Wunder thun und wider seine Natur Geseze handeln muͤste, nicht abaͤndern koͤnne. Tausend Wetterschlaͤge die bloß in unschuldige Baͤume gehen oder unschuldige Kinder treffen, bewei- sen meiner Meinung nach, dieses klar. Schlaͤgt nun der Blitz tausendmahl aus natuͤrli- chen Ursachen ein, ohne daß er ein Strafgericht Got- tes ist; so koͤnnten wir, wenn wir uns an einem sol- chen Ort befinden, getroffen und getoͤdet werden, oh- ne daß es Gottes Wille gewesen, uns zu schaden. Er haͤtte um dieses zu verhindern Wunder thun muͤßen. Da aber dieses seiner Weisheit nicht gemaͤß waͤre, so wuͤr- de er, wenn wir uns nicht dagegen verwahren, es zulassen; eben so als wie er es nicht gewaltsam hindert, daß wir von einem einfallenden Gebaͤude, dem wir uns entwe- der aus Verwegenheit oder Unverstand naͤhern, erschla- gen werden. Die Absichten unsers Gottes sind frey- lich in dergleichen Faͤllen weis und wundersam in ein- ander verwebt. Es geschehen auch diese zufaͤllig schei- nende Ungluͤcksfaͤlle nicht ohne seinen Willen: nicht — ohne daß er sie wieder zu einem heilsamen Endzweck, und zum Besten lenken sollte. Aber daraus fließt noch nicht, daß Gott sie gerade so und nicht anders gewollt habe, habe, sonst muͤßte man annehmen, daß Gott auch alles das moralische Boͤse, das auf der Welt geschie- het, verlange. Kan uns nun ein Blitz treffen, aus der Ursache, weil die natuͤrliche Einrichtung der Dinge es also mit sich bringt, — weil Gott es nicht gewaltsam und wun- derbarer Weise verhindern will, — weil es Gott zur Vermeidung einer groͤsern Unvollkommenheit zu laͤßt, den aber Gott nicht uͤber uns als eine Strafe wuͤrde verhaͤnget haben; so gilt der Einwurf nicht mehr: was helfen Wetterableiter, da uns Gott doch auf an- dere Weise finden kan. Es haͤtte Gott vielleicht nicht begehrt uns heimzusuchen, wenn wir auf unsere Er- haltung weniger unachtsam gewesen waͤren, und die Mittel die uns die Vernunft zu unserer Errettung an- gibt, sorgfaͤltiger angewendet haͤtten. So richtig dieses ist; so gibt es doch zu noch einem Einwurf, der nicht nur wider dieses Fach der Natur- lehre, nehmlich wider die Wetterableiter; sondern uͤberhaupt wider die ganze Naturlehre, von den Nicht Physikern gemacht zu werden pflegt, Gelegenheit. Ich will mit diesem den Beschluß machen. Sechs- Sechster Einwurf. W enn man alles in der Welt aus natuͤrlichen Ursachen erklaͤren will, so faͤllt endlich die goͤttliche Vorsehung gar weg. Von den meisten Dingen, die in der Welt gesche- hen, sehen wir offenbar, daß sie sich nach fest gesetz- ten Regeln oder Naturgesetzen einmal wie das andere ereignen. Die Himmelskoͤrper haben ihren ordentli- chen Lauf, der sich auf viele Zeiten hinaus berechnen laͤßt, und mit der Rechnung genau zutrift. Die vier Jahreszeiten stellen sich alle Jahre richtig, und auf eine im Ganzen sehr regelmaͤßige und gleichfoͤrmi- ge Art ein. Alle Pflanzen, wie sie Namen haben moͤ- gen, kommen nicht auf eine uͤbernatuͤrliche Weise hervor, sondern erhalten und pflanzen sich fort durch ihren Saamen. Das nehmliche geschiehet bey den Men- schen und Thieren. Ihre Zeugung geschiehet nach fe- sten Naturgesetzen. Die Abwechslungen der Witte- rung, des Regens und heitern Wetters, der Waͤrme und Kaͤlte sind allezeit natuͤrlichen Ursachen zuzuschreiben. Ich will nicht weitlaͤufig zeigen, nach welchen Gese- tzen die waͤßerichten Duͤnste aus der Erde in die Luft stei- gen, wie sie sich da zu Wolken und endlich Regentropfen bilden. Ich will nicht untersuchen, durch welche na- tuͤrliche Ursachen bald groͤßere Kaͤlte, bald groͤßere Waͤrme auf dem Erdboden herrschet. Genug, wir wissen, daß alle diese Dinge durch natuͤrliche und zwar gewoͤhnliche Ursachen entstehen. Sogar der gemeine Mann hat von den bevorstehenden nassen oder trockenen Wit- Witterungen mehrere Anzeigen, die im Ganzen ge- nommen so ziemlich zutreffen. Dieses beweißt, daß eine jede Veraͤnderung in der Witterung jedesmal durch einerley Wirkungen der Natur hervorgebracht werden muͤße. Selbst die Gesundheit oder Tod des Menschen haͤngt meistentheils von offenbar natuͤrlichen Ursachen ab. Durch eine regelmaͤßige Lebensart kann der Mensch sein Leben verlaͤngern. Durch angemeßene Arzneyen kann er seine verlorne Gesundheit vielfaͤltig wieder herstellen. Hingegen liegt der Grund zu vielen Krankheiten und dem Tod des Menschen auch in natuͤr- lichen Ursachen. Seuchen, die oͤfters uͤber große Laͤn- der ergehen, werden von sorgfaͤltigen Naturforschern sehr oft als Folgen einer gewißen Witterung, wo nicht vorher gesagt, doch wenn sie sich eingestellet ha- ben, daraus sehr einleuchtend erklaͤret. Es muß auch wohl der Grund hiezu, wenn man ihn gleich nicht soll- te sagen koͤnnen, in der Witterung oder andern allge- meinen natuͤrlichen Ursachen liegen, weil diese Seu- chen allgemein werden. Endlich der Tod des Men- schen, auch sogar, wenn er gewaltsam ist, wird durch natuͤrliche Ursachen bewuͤrkt; indem, wenn der Tod eines Menschen erfolgen soll, zuvor eine Zerstoͤrung des Baus seines Koͤrpers vorgehen muß, diese aber ebenfalls nicht anders als nach mechanischen Gesetzen geschiehet. Mit einem Wort, wir sehen nicht daß Gott jezt mehr auf dieser Welt etwas Ausernatuͤrliches, oder etwas das nicht nach den Naturgesetzen waͤre, wuͤrkte. Auch alle diejenige Huͤlfe oder Errettung die wir von Gott zu genlesen haben, und wobey wir eine sonderbare Vorsehung Gottes erkennen muͤssen, geschiehet dadurch, daß Gott nur die natuͤrlichen Din- ge und ihre Wuͤrkungen, zu unserm Besten anwendet. Ich Ich glaube die Weißheit des Schoͤpfets werde hier- aus vorzuͤglich sichtbar: daß er durch einige wenige unabaͤnderliche Naturgesetze, das Ganze, vom Anfang her biß diese Stunde, gluͤcklich regieret hat. Es ist gewiß ein unwidersprechlicher Beweiß einer grosen Unvollkommenheit und geringen Uberlegung; wenn ein Regent in seinem Lande, oder ein Haußvater in seinem Haußwesen, seine Gesetze, Einrichtungen, und Ver- ordnungen, nicht uͤber etliche Tage, Wochen oder hoͤchstens Jahre, erhalten kann; sondern sie von Zeit zu Zeit wieder abschaffen, und durch neue ersetzen muß. Hingegen je wenigere Gesetze und Verordnun- gen ein Land hat, je besser sie sich auf alle Faͤlle anwen- den lassen, und je laͤnger sie mit dem Wohl des Staats bestehen koͤnnen, desto vollkommener sind sie. Aus diesem Grunde schließe ich, daß es der Ehre Gottes nicht nachtheilig, sondern vertraͤglich sey, wenn man behauptet, Gott regiere die ganze Welt nach Na- turgesetzen. Wunderwerke nennet man Dinge, die nicht nach dem gewoͤhnlichen Lauf der Natur, oder nicht nach den gewoͤhnlichen Naturgesetzen, sondern durch eine uͤber- und widernatuͤrliche Wirkung Gottes geschehen. Wenn dergleichen Dinge sehr selten kom- men, so machen sie großes Aufsehen, und dienen zur Befoͤrderung der Ehre Gottes. Sollten aber die Wunderwerke so allgemein werden, daß Gott dieselben zur allgemeinen Regierung der Welt anwendete; so waͤre dieses allerdings die groͤste Unvollkommenheit, indem es bewiese, daß die allgemeinen Naturgesetze, die Gott bey der Schoͤpfung der Welt gemacht hat, zu unvollstaͤndig und ungeschickt seyen, um damit die Welt regieren zu koͤnnen; und daß daher der Schoͤp- J fer fer zu ausserordentlichen Dingen seine Zuflucht nehmen muͤße, um seinen Endzweck zu erreichen. Da nun auf der einen Seite richtig und erwiesen ist, daß auf der Welt alles nach festgesetzten Naturge- setzen gehet, dieses aber auf der andern Seite die goͤttli- che Regierung aufzuheben scheint, so fragt sich: wie sind diese beyden Dinge mit einander zu vereinigen? Die Lehre von der Regierung Gottes uͤber die Welt ist nicht nur der groͤste Trost eines Menschen; son- dern sie macht uns Gott eben so ehrwuͤrdig, als er uns durch das Werk der Schoͤpfung wird. Daher will ich die Schwierigkeiten, die hiebey vorkommen, so viel als moͤglich zu heben suchen. Man kann, den- ke ich, wohl behaupten, daß in der Welt alles nach Naturgesetzen gehe, und daß nichts desto weniger Gott doch die Welt regiere. Erstlich. Gott muß, wenn die Welt bestehen soll, die Naturgesetze, durch welche alles zu Stande gebracht wird, in ihrem Wesen, Einrichtung und Wuͤrkung, wie sie selbige bey der Schoͤpfung bekom- men haben, erhalten. Denn da die Welt maschinen- artig ist, so wuͤrde sie, wie eine jede andere Maschine, bald Schaden leiden, wenn sie nicht von ihrem Werk- meister erhalten wuͤrde. Anderns. Gott als der Schoͤpfer der Naturge- setze, kannte auch ihre Wirkungen, ehe er sie schuf. Er wußte nach seiner Allwissenheit, was sie in Verbin- dung unter einander, bis an das Ende der Welt hervor- bringen wuͤrden. Da es in seinem Willen stund, Naturgesetze zu machen, wie es ihm beliebte; so hat ohne ohne Zweifel Gott gleich bey der Schoͤpfung eine sol- che Einrichtung gemacht; daß die Naturgesetze bis an das Ende der Welt, im Grosen wie im Kleinen, eine solche Wirkung hervorbringen, und von Zeit zu Zeit fortsetzen mußten, wie es seiner Weisheit, Willen, und dem allgemeinen Besten gemaͤß war. Koͤnnen doch geschickte Astronomen den Lauf der himmlischen Koͤrper auf Jahrhunderte, und wo es noͤthig waͤre, auf Jahrtausende hinaus berechnen; und bestimmen, in welchem Standort sie sich an einem verlangten Tag befinden werden. Wer wird dieses, was eingeschrenk- te Menschen leisten koͤnnen, Gott dem Allwissenden abzusprechen wagen? Wer wird nicht vielmehr mit der Schrift bekennen muͤssen, daß Gott alle seine Wer- ke bekannt seyen; und daß er gleich bey der Schoͤpfung derselben gewußt habe, welche Wirkung sie unter ein- ander, im Großen wie im Kleinen, bis ans Ende der Erde hervorbringen werden? Da aber die Weisheit Gottes es erfordert, daß seine Werke sogleich bey ih- rer ersten Anlage also beschaffen seyen, damit sie jedes- mal die besten, und seiner Weisheit angemessenen Wuͤr- kungen hervorbringen, und er nicht noͤthig habe, in der Folge etwas daran zu aͤndern oder zu bessern; so kann man schon in diesem Betracht sagen: Gott regie- re die Welt dadurch, daß er gleich im Anfang eine solche Einrichtung gemacht, und die Wuͤrkungen der natuͤrlichen Dinge unter sich also geordnet habe, daß alles durch diesen natuͤrlichen Lauf der Dinge, biß an das Ende der Welt seinem weisen Willen gemaͤß ge- hen mußte, und die besten Entzwecke dadurch erhalten werden. J 2 Drit- Drittens. Da aber bey den Schicksalen nicht nur ganzer Laͤnder, sondern auch einzelner Menschen, Faͤlle vorkommen, die zwar durch die ordentlichen Wuͤrkungen der Natur entstehen; die aber nicht ge- woͤhnlich oder alltaͤglich, sondern selten sind; — bey denen man eine sonderbare Absicht Gottes bemerken kann, — und die auch am Ende, wenn sie sich auf- klaͤren, vielfaͤltig eine weise und guͤtige Regierung Gottes verrathen: so muß bey der goͤttlichen Regie- rung uͤber die Welt allerdings noch etwas mehr seyn, als daß Gott nur gleich im Anfang eine solche Einrich- tung gemacht, und die Wuͤrkungen der natuͤrlichen Dinge unter sich also geordnet habe, daß nach diesen alles biß ans Ende der Welt, der Absicht Gottes ge- maͤß gehen muͤße. Allein auch hier haben wir nicht noͤthig zu etwas uͤbernatuͤrlichen unsere Zuflucht zu nehmen. Gott ist der Herr der Natur. So wie ein Kuͤnstler einerley Werkzeug zu verschiedener Entzweck gebraucht; so kann auch Gott die Dinge der Natur zu verschiedenen Ab- sichten anwenden. Oder, so wie durch die geringste Verruͤckung, die man an dem einen oder andern klei- nen Glied einer Maschine vornimmt, durch die nehm- liche Maschine eine ganz andere Wirkung hervorge- bracht wird; so darf auch Gott die Dinge in der Natur nur ein wenig verruͤcken, oder in eine andere Lage und Ordnung bringen, um dadurch etwas ganz anderes zu bewuͤrken. Die Dinge bleiben wie sie sind; — sie bringen noch immer ihre gewoͤhnliche natuͤrliche Wuͤr- kung hervor, aber sie werden nnr in eine andere Lage gebracht und auf andere Gegenstaͤnde gelenket. Strenge Naturforscher werden hierinnen mit mir frey- freylich nicht uͤbereinstimmen, und ich muß selbst ge- stehen, daß Gott dieses im Großen nicht thut. So- lange die Welt stehet, hat Gott z. B. in dem Lauf der Himmelskoͤrper; in der Abwechslung der Jahreszei- ten; und in der Einrichtung, nach welcher die Pflan- zen, Thiere und Menschen fortgeflanzet werden, u. d. g. noch nicht die geringste Aenderung gemacht. Man kann auch wohl annehmrn, daß Gott allwissend und allmaͤchtig genug seye; daß er gleich bey der Schoͤpfung auf den Lauf der Dinge in der Welt auch der allerge- ringsten, wie sie nehmlich nach seiner Absicht bis ans Ende der Welt gehen sollten, Ruͤcksicht nehmen, und seinen Plan darnach habe machen koͤnnen. Von der Allwissenheit Gottes laͤßt sich ohnehin nichts anderes gedenken, und die Schrift scheint damit uͤbereinzustim- men, da sie uns lehret, daß Gott nach seinem ewi- gen Rathschluß alles zuvor geordnet habe. Indessen glaube ich, wird doch nicht gelaͤugnet werden koͤnnen; daß Gott ohne Wunder zu thun, und ohne Kraͤnkung sei- ner Allmacht und Vorherwissenheit, erst in der Folge der Zeit den Naturwuͤrkungen eine andere Lenkung sollte geben koͤnnen, als sie gewoͤhnlich haben. Denn wann Gott gleich von Ewigkeit schon beschlossen hat, wie alles — auch das geringste in der Welt gehen soll; so kan doch in der Folge der Zeit zur Ausfuͤhrung seines grossen Plans hie und da noͤthig seyn; daß die Natur- wuͤrkungen auf etwas anderes, als sonst gewoͤhnlich war, gelenket und angewendet werden. Das bißherige betrift nur die mechanischen Wuͤr- kungen der Elemente und der sinnlosen Geschoͤpfe, de- ren sich Gott zur Regierung der Welt bedienet, z. E. der Winde, des Regens, Sonnenscheins, Frucht- J 3 bar- barkeit des Erdbodens, und allerley anderer zufaͤllig scheinender Begebenheiten wodurch bald gluͤckliche bald ungluͤckliche Schicksaale fuͤr Laͤnder oder wenigstens Fa- milien und einzelne Persohnen, entstehen. Aber Viertens. Eben so viele Veraͤnderungen auf der Welt, bey welchen der Schoͤpfer sein Oberregi- ment beweißt, haͤngen von den Handlungen der leben- digen Wesen ab. Der eine Theil derselben sind die unvernuͤnftigen Thiere. Diese regirt der Schoͤpfer durch Naturtriebe, nach welchen sie in einer unabaͤn- derlichen Ordnung ihr Geschlecht fortpflanzen, ihre Nahrung suchen und finden, ihre Wohnung bereiten, sich Zufluchtsorte aussuchen, und in den bestimmten Jahrszeiten von einem Land ins andere wandern. Hier ist durchgaͤngig nichts uͤbernatuͤrliches; sondern alles gehet in der gemachten Ordnung nach den in sie ge- legten Trieben fort. Ganz anders verhaͤlt es sich mit den Menschen. Diese handeln nach einer freyen Wahl; und von dieser haͤngen tausend Veraͤnderungen ab, die auf das Wohl oder Ungluͤck ganzer Laͤnder, Familien, oder einzelner Menschen den groͤsten Einfluß haben. Z. B. Ein gu- ter oder boͤser Regent, — ein guter oder boͤser Hauß- vater, kan durch sein Betragen viele andere Menschen gluͤcklich oder ungluͤcklich machen. Was thut nun hier die goͤttliche Vorsehung, um alles nach ihrem Plan und Entzweck zu regieren? Gott laͤßt manches, ob es ihm gleich an und vor sich nicht wohlgefaͤllig ist, zu, und verhindert es nicht gewaltsam, weil er es zu ei- nem andern vorgesetzten Endzweck hinleiten kan. Viel- faͤltig aber regiert und lenket er die Gedanken der Men- schen schen also, und auf solche Unternehmungen, wie es seiner Absicht gemaͤß ist. Es ist dieses nicht eine blose Meynung, sondern in der That gegruͤndet. Die goͤttliche Offenbahrung lehrt uns, daß Gott den Men- schen das Herz lenke; und tausend Erfahrung bestaͤt- tigen es taͤglich. Wer nur ein wenig auf die goͤttli- che Regierung in der Welt achten will, wird finden; daß der Mensch oͤfters einen heftigen Trieb, Lust und Zuneigung in sich findet, eines oder das andere zu un- ternehmen; oder daß er zu einer andern Sache, die ihm sogar bisweilen zuvor angenehm war, oder wozu er durch verschiedene Beweggruͤnde aufgemundert zu werden scheint, traͤg, nachlaͤßig und verdrossen ist, und sie unterlaͤßt. Bisweilen kann der Mensch selbst, bald oder spaͤt einsehen, welche Vortheile es ihm ge- bracht hat, daß er eine Sache muthig unternommen, hingegen eine andere vernachlaͤßiget oder unterlassen hat. Da er nun in sich selbst keinen hinlaͤnglichen Grund findet, warum er also gehandelt hat; so kann nichts anders geschlossen werden, als daß er durch die goͤttliche Regierung auf dergleichen Gesinnungen ge- leitet worden. Man koͤnnte dieses noch durch mehre- re Beyspiele zeigen; und zwar wie mancher Mensch oͤfters etwas als eine ihm gleichguͤltig scheinende Sache unterlaͤßt oder thut, welches dann andern zu großem Vortheil gereicht. Oder wie ein Mensch auf eine zu- faͤllig scheinende Weise mit dem andern bekannt wird, und durch diesen sein Gluͤck findet: oder auch, wie durch allerley Ereignisse, Menschen, die zuvor einan- der gehaͤßig wenigstens gleichguͤltig waren, einander guͤnstig werden, und dann einer des andern Gluͤck be- foͤrdert u. d. g. J 4 Will Will Gott das Gegentheil thun, und einen Men- schen strafen, so darf er nur sein und anderer Herz nicht regieren, und ihm die zu seinem Gluͤck guͤnstigen Ge- legenheiten ermangeln lassen. Dieses, glaube ich, sind die gewoͤhnlichsten Mit- tel, deren sich die goͤttliche Vorsehung bedient, um die vernuͤnftigen Wesen zu regieren. Schon durch diese kan sie grose, sowohl gluͤckliche als ungluͤckliche Revo- lutionen, nach ihrer Absicht, in der Welt ausfuͤhren, ohne die Elemente dazu zugebrauchen, oder den natuͤr- lichen Lauf der Dinge abzuaͤndern. Doch ich breche diesen Gegenstand ab, da er nicht eigentlich zu mei- nem Plan gehoͤrt. Ver- Verhalten bey Donnerwettern. A user den Wetterableitern gibt es bisher kein ande- res zuverlaͤßiges Mittel, sich vor dem Blitz in Si- cherhit zu setzen. Seitdem die Electricitaͤt zu groͤse- rer Vollkommenheit gekommen, haben zwar einige Na- turforscher, noch auf einige andere Mittel gedacht, durch die man sich moͤgte vor dem Blitz beschuͤzen koͤn- nen. Bey einiger Untersuchung aber hat sichs ge- zeigt; daß diese Mittel das jenige keineswegs leisten, was man von ihnen hofte. Weil Seide, Glas und Pech, das electrische Feuer nicht an sich fortlaufen lassen; so kamen einige auf den Gedanken, man solle sich in einem Zimmer, entweder auf dergleichen Koͤrper setzen, oder sich damit bedecken. Allein wenn der Blitz gleich auf dergleichen Koͤrpern nicht fortlau- fen kan; so ist er doch im Stande einen Sprung da- hin zu machen, da der Blitzfunke einen sehr weiten Sprung machet. Man hat auch wuͤrkliche Erfahrun- gen, daß er durch seidene Zeuge, und sogar durch Pech und Glas geschlagen, und letztere entweder zer- splittert oder geschmolzen habe. Ein Mensch ist daher keineswegs sicher, wenn er gleich auf Glas oder Pech stehet, oder mit Seidenzeug bedeckt ist. Denn springt der Blitz von einem Metall auf das andere, und ein Mensch befaͤnde sich dazwischen; so wuͤrde doch der Blitz durch ihn seinen Weg nehmen, wenn er gleich auf Glas ste- hen oder mit Seidenzeugen bedeckt seyn sollte. Denn der Mensch ist ein Leiter der electrischen Materie. Das Seidenzeug ist nicht dick genug, daß der Blitz nicht sollte durch schlagen koͤnnen. Und daß der Mensch J 5 auf auf Glas oder Pech stehet, hilft auch nichts, da der Blitz nicht noͤthig hat stillschweigend von dem Men- schen in die Erde zu laufen, sondern durch einen Sprung, von ihm auf andere Gegenstaͤnde fortgehen kan. Dasjenige was ich jetzt noch von dem Verhalten bey Donnerwettern zu erinnern habe, enthaͤlt bloß Warnungen vor Gefahren. 1. Weil der Blitz vorzuͤglich gerne in hohe Orte einschlaͤgt; so vermeide man moͤglichst, die hoͤchsten Gebaͤude und vorzuͤglich Thuͤrme, wenn anderst diese nicht mit Wetterableitern versehen sind. Das Laͤu- ten der Glocken bey Wettern sollte daher schon aus diesem Grunde unterbleiben; weil man die Persoh- nen die es verrichten muͤssen, der Gefahr aussezt vom Blitz getroffen zu werden. Daß das Laͤuten mit Glo- cken nicht im Stande seye das Wetter zu vertreiben ist daraus sichtbar, weil das Wetter schon oft genug in Thuͤrme, in denen gelaͤutet wurde, eingeschlagen hat; ferner, weil die Bewegung, welche das Laͤuten der Glocke in der Luft machen koͤnnte gar nichts bedeu- tet, da eine Pflaumfeder, welche unter das Schallloch gehaͤnget wird, gar keine Empfindung bey dem Laͤuten der Glocken aͤusert. Gesezt also es sollte das Wetter- laͤuten, auch den Blitz nicht herbey ziehen, welches gleichwohl verschiedene Naturforscher aus wahrschein- lichen Gruͤnden behaupten; so beweisen doch die ange- fuͤhrten Erfahrungen wenigstens dieses, daß es nichts nutze. Warum soll man aber ohne Noth Menschen ei- ner Lebensgefahr aussetzen? In vielen Laͤndern ist es daher schon seit geraumer Zeit abgekommen. Ich ken- ne selbst verschiedene kleine Bauerndorfschaften, die so so menschenfreundlich dachten, und es denjenigen Per- sonen, die dazu verbunden waren, erließen, weil das Wetter etlichemal in den Thurm einschlug. Hoffent- lich wird dieses unschickliche Verfahren, welches aus den Zeiten des Aberglaubens herstammt, wo man den geweyhten Glocken viele Kraft zuschrieb, bald allge- mein aufgehoben werden. 2. Wenn der Blitz in ein Gebaͤude faͤhrt, so lauft er gemeiniglich da eine Strecke fort, wo die Me- talle in einer Reihe von oben biß unten fortgehen. Kommt ein Drath in den Weg, der von oben ein Stuͤck herabgehet, so findet er sich gemeiniglich daran ein. Hat man nun keinen Wetterableiter; so vermeide man zur Zeit eines Donnerwetters diejenigen Qrte , wo in einem Hause von oben biß unten, Draͤthe oder eiserne Stiegengelaͤnder u. d. g. herabgehen. Auch die Fen- ster sind wegen des daran befindlichen Blitz und Eisenwerks gefaͤhrlich, wenn nahe bey ihnen eine Reihe von Metallen uͤberwaͤrts in das Dach, und unterwaͤrts in den Boden fortlauft. 3. Gemeiniglich versammeln sich bey einem ent- standenen Wetter, die Persohnen die zu einer Familie gehoͤren, in einem Zimmer. Da es in jeder Familie vie- le Furchtsame gibt, so ist dieses nicht wohl zu aͤndern. Man muß aber hiebey Vorsicht tragen; daß dieses An- haͤufen der Persohnen in einem Zimmer, nicht gefaͤhr- lich werde. Ohnstreitig gehet der Blitz an diejenige Qrte vorzuͤglich gerne hin, wo viele Menschen oder Thiere versammelt sind, weil sich der Blitz in diesen, die gute Leiter sind, leicht ausbreiten, und von ihnen bequem in die Erde laufen kann. Man entferne also von solchen Versammlungsorten, wenigstens alle Thie- re. re. Ueberhaupt halte man sich waͤhrend eines Don- nerwetters, weder auf dem Felde, noch in dem Hau- se in der Gesellschaft der Thiere auf. In einem Zim- mer, wo sich mehrere Personen versammelt haben, halte man wenigstens die Thuͤr immer offen. Es ist dieses von dopelten Nutzen. Wuͤrde ein Blitz in ein verschlossenes Zimmer fahren; so wuͤrden die darinnen befindlichen Personen von dem starken Dampf, der mit dem Blitz begleitet ist, erstickt werden. Dann entstehet in einem verschlossenen Zimmer, von mehre- ren Personen eine allzustarke Ausduͤnstung. Don- nerwetter sind gemeiniglich bey heiser Witterung, wo ohnehin der Koͤrper stark ausduͤnstet. Schließt man sich noch obendrein in ein Zimmer ein, so wird die Aus- duͤnstung noch mehr befoͤrdert. Ich habe aber S. 36. 36. erwiesen, daß der Blitz oder das electrische Feuer, auf einen erhitzten Koͤrper seinen Zug lieber nehme, als auf einen abgekuͤhlten. Dann ist es auch sehr wahr- scheinlich, daß auf die Duͤnste selbst, welche durch den thlerischen und menschlichen Koͤrper entstehen, und die man brennbare Luft nennet, der Blitz lieber zugehe, als auf eine reine Luft. 4. Man verbietet bey Donnerwettern in einem Zimmer alle Zugluft; und glaubt, der Blitz gehe ger- ne darauf zu. Fuͤr die Gesundheit moͤgte sie aller- dings nachtheilig seyn, weil die Luft bey einem Wetter kuͤhl wird, der Koͤrper aber zuvor erhitzt war. Ob aber durch eine kleine Zugluft der Blitz in ein Zimmer geleitet werden koͤnne, zweifle ich sehr. Diese Bewe- gung in der Luft, ist zu gering, als daß sie eine Wuͤr- kung auf eine heranziehende Wetterwolke haben sollte. Gemeiniglich stehen noch uͤberdiß die Wohnzimmer tief, und und wenn eine Zugluft das Einschlagen des Blitzes be- foͤrderte: so waͤre kein Gebaͤude davor sicher, da in dem Dach eines jeden Haußes, Oeffnungen genug sind, durch welche die Luft ziehen kan, diese Zugluft aber in der Hoͤhe der Gebaͤude vorgehet, und folglich weit mehr Wuͤrkung auf eine Wetterwolke haben muͤß- te, als eine geringe Zugluft die in einem niedern Wohn- zimmer entstehen kan. Ich laße daher immer lieber etwas Zugluft in mein Zimmer, als daß ich eine zustar- ke Ausduͤnstung darinnen sollte aufkommen lassen. 5. Viele Leute zuͤnden zur Zeit eines Donnerwet- ters auf dem Kuͤchenheerd Feuer an. Das Feuer ist nun ein vortreflicher Leiter des electrischen oder Blitz- feuers. Daher kan man sich leicht gedenken, was das Anzuͤnden des Feuers unter einem Camin nuͤzet. Da die Feuertheilchen in dem ganzen Schlot hinaufge- hen; so kan die Atmosphaͤre einer Wetterwolke, die ober dem Gebaͤude wegziehet, an den Feuertheilen durch dem Schlot, als an einem Wetterableiter stillschwei- gend biß auf den Heerd herabgefuͤhret werden. Weil nicht nur der Heerd aus Steinen bestehet, sondern auch noch an steinerne Mauern gemeiniglich anstoͤßt; so kan an diesen, das abgeleitete Feuer gar in den Erdboden kommen. Vieleicht wird das Blitz- feuer in dem entzuͤndeten Kuchenfeuer gar aufgeloͤßt, und auser seinem Wesen, wie es im Stande der Ruhe ist, versezt. Allein weil die Feuertheilchen, biß sie an die obere Qefnung des Schlots kommen, wenig Kraft mehr befizen; so ist von diesem Wetterableiter so wenig Nutzen zu erwarten, als Gefahr zu befuͤrch- ten. Ich Ich komme nun noch auf das Verhalten bey Don- nerwettern unter freyem Himmel. 6. Man vermeide, auf dem freyen Felde bey Donnerwettern alle hohe Baͤume; sonderlich die er- sten und groͤßten, die einem heranziehenden Wet- ter entgegen stehen. Will und muß man sich unter einen Baum stellen; so richte man es al- so ein, daß andere Baͤume gegen das Wetter zu, noch vorstehen. Man erwaͤhle lieber einen niedrigen, als einen hohen; lieber einen Fichten- oder Tannen, als einen Eichen, Buchen- Birn oder Apfelbaum. 7. Weil der Blitz auf Wasser vorzuͤglich ger- ne zugehet, so waͤre man in groͤßerer Gefahr, wenn man unter einem Baum sich aufhielte, der neben einem Wasser oder Sumpf stuͤnde. Doch ist die Gefahr weniger groß, wenn das Wetter erst uͤber dem Wasser vorbey ziehen muß, und man hinter dem Wasser stehet. In dieser Richtung haben schon viele den Blitz vor sich in das Wasser fahren sehen; da er sie vermuthlich wuͤrde getroffen haben, wenn sie vor dem Wasser, und zwar nahe an demselben sich wuͤrden aufgehalten haben. 8. Wird man auf dem flachen Felde von ei- nem Wetter uͤberfallen; so huͤte man sich vor allem, daß man nicht schnell laufe, fahre oder reite; beson- ders, wenn man einmal siehet, daß man dem Wetter nicht mehr entgehen kann. Nicht sowohl der Zug, den man dadurch in den Wolken macht, ist gefaͤhrlich, weil dieser wenig betraͤgt; als vielmehr die Erhitzung, wie ich schon bey der dritten Vorsichtsregel angefuͤhrt habe. Fer- Ferner; entferne man sich auf dem Felde, wo moͤglich von der Gesellschaft der Thiere. Da man aber dieses nicht allezeit vermeiden kan; so Sehe man endlich nur hauptsaͤchlich darauf, daß man nicht auf der Plaͤne, auf welcher das Wetter her- ziehet, der hoͤchste Gegenstand werde, an welchen das Wetter leicht anstosen koͤnnte. Da man doch einmal naß wird, so ist es rathsamer, wenn man sich auf den Erdboden leget, oder hinter einem Rein oder Hohl- weg, der aber kein Wasser hat, verbirg. Uberhaupt ist der Mensch auf dem Felde bey entstandenen Don- nerwetter allezeit groͤserer Gefahr ausgesezt, als in den Haͤusern. In diesen kan der Blitz wenn er auch ein- schlaͤgt, oͤfters an den Metallen, ohne Schaden der Menschen in den Erdboden gehen. Aber auf dem Felde ist der Mensch nebst den Thieren der Hauptge- genstand, durch welchem der Blitz am leichtesten in die Erde kommen kan. 9. Man warnet auch noch; daß wenn der Blitz in ein Gebaͤude geschlagen, man nicht alsobald an den Ort, wohin er seinen Gang genommen hat, gehe; weil oͤfters noch ein zweyter Blitz nachfolge. Die Warnung ist gut. Ob sie aber werde befolgt werden koͤnnen, zweifle ich. Entweder erinnert man sich im ersten Schrecken nicht hieran: oder man fuͤhlt in sich eine hoͤhere Pflicht, den Seinigen die man fuͤr verun- gluͤckt glaubt, zu Huͤlfe zu kommen; oder man be- sorgt, der Blitz moͤgte gezuͤndet haben, und haͤlt eine schleunige Huͤlfe mit Recht fuͤr nothwendig. 10. Es hat sich schon oͤfters zugetragen, daß kurz vor dem Einschlagen eines Blitzes in ein Gebaͤu- de oder in einem Baum, die Meuschen die sich nahe dabey dabey befanden, eine ungewoͤhnliche Beaͤngstigung und Beklaͤmmung; um sich herum aber Etwas, das einem warmen Windchen oder vielmehr Dunst aͤhnlich war, verspuͤrten. Ohne Zweifel wuͤrde dieses Phaͤno- men oͤfters schon wahrgenommen worden seyn, wenn die Menschen denen es begegnete, aufmerksamer gewe- sen waͤren. Vieleicht ist auch eine Persohn empfind- samer als die andere. Genug! es geschahe schon oͤfters, und daß diese Erscheinung nicht blose Wuͤr- kung der Furcht gewesen, erhellet daraus; weil wuͤrk- lich ein Blitz schnell darauf erfolgte. Man weiß schon viele Beyspiele, daß Persohnen die zur Zeit eines Wetters unter einem Baum stunden, auf einmahl eine grose Bangigkeit empfanden, nicht mehr unter dem Baum bleiben konnten, kaum aber sich davon entfer- neten als der Blitz sogleich hinter ihnen herabfuhr. Das nehmliche geschahe auch erst vor wenigen Tagen, nehmlich den 24. August, da vier Stunden von hier, der Blitz in den Kirchenthurm und die Kirche zu Hech- lingen, waͤhrend dem Gottesdienst einschlug. Einige Persohnen die theils von dem Blitz getroffen wurden, theils wenigstens nahe an dem Ort waren, wo der Blitz hinfuhr; hatten kurz zuvor ehe der Blitz erfolg- te, eine heftige Beaͤngstigung. Man haͤlt eine der- gleichen Ereignuͤß, fuͤr eine goͤttliche Ahndung. Sie hat aber einen natuͤrlichen Grunde. Wenn eine Wet- terwolke an einen Ort einschlagen soll; so muß sie so nahe kommen, daß der Blitz mit seinem Sprung den Erdboden, oder den Baum, oder das Gebaͤude errei- chen kann. Ehe aber die Wolke so nahe kommt, stroͤmt sie schon von Ferne unsichtbar und stillscheigend Feuer an den Ort hin, an welchen hernach der Blitz schlaͤgt. Folglich kann ein Mensch zuvor schon, ehe der der Blitz erfolgt, hiedurch einige Empfindungen ha- ben. Die wilden Thiere, deren Empfindung in der- gleichen Faͤllen gemeiniglich feiner sind, als die Em- pfindungen der Menschen; werden ohne Zweifel auf dem Felde deswegen nicht so oft getroffen, als die Men- schen, oder als die zahmen Thiere, welche unter dem Zwang der Menschen stehen, weil diese besser noch als der Mensch empfinden, wo und wann ein Blitz loßschie- sen wird, und dann einen solchen Ort fliehen, da alle Thiere vor jeder auch der geringsten electrischen Em- pfindung die groͤste Furcht und Abneigung haben. Empfindet nun der Mensch waͤhrend eines Donnerwet- ters eine Beklemmung, Beaͤngstigung, oder etwas das einem warmen Wind oder Dunst aͤhnlich ist, und ist er uͤberzeugt daß dieses nicht vom bloser Einbil- dung oder Furcht herkomme; so bleibt ihm auch kein besserer Rath uͤbrig, als daß er schnell den Ort ver- lasse. Ohne Zweifel wendet man wieder diese Vorem- pfindung eines Blitzes ein: Wie ist es moͤglich daß man in einem Gebaͤude, in welches das aus der Wet- terwolke stroͤmende Feuer nicht dringen kan, etwas schon vor dem erfolgten Blitz empfinde? Ich laͤugne es nicht. die Sache hat viel Wahrscheinlichkeit. Allein ich will durch einen electrischen Versuch, welcher aber frey- lich die Nollet’sche Hypothese mehr als die Franklin’sche beguͤnstiget, eine Erlaͤuterung hieruͤber geben. Nol- let behauptete: daß bey jedem electrischen Funken zwey gegeneinander wuͤrkende Stroͤme Feuer befindlich seyen. Ich will jetzt nicht entscheiden ob Nollet, wie man groͤstentheils glaubt, unrecht habe. Es geschiehet wenigstens sicher etwas das der Nolletschen Behaup- J tung tung sehr nahe kommt. Ich werde es aus folgendem Versuch beweisen. Der stnmpfe Kegel c. Fig. 1. mit der gegen ihr stehenden Kugel e. ist Fig. 10. be. sonders abgebildet. Wenn man nun den Cylinder an welchen die stumpfe Spitze c. Fig. 1. befestiget ist, electrisiret: dann die metallene Kugel a. Fig. 10. nahe genug an den Kegel c. haͤlt, so entstehet ein elec- trischer Funke. Entfernet man aber die Kugel a. so weit von der stumpfen Spitze c. daß kein Funcke mehr springen kan; so gehet aus der stumpfen Spitze c. eine feurige Ruthe, die dem Schweif eines Cometen gleich siehet. Aus der Kugel a. aber wuͤrket ein anderes Feuer, welches die Gestalt eines haarigten Cometen hat, gegen die Ruthe, die aus der stumpfen Spitze c. kommt. Man kan genau unterscheiden, wo diese zwey Feuer zusammenstossen, oder einander beruͤhren, wie man aus der Zeichnung deutlich sehen kann, wo d. die Ruthe, und b. das aus der Kugel kommende Feuer vorstellet. Daß dieser Versuch bey Nacht angestellet werden muͤsse, ersiehet man leicht ohne mein Errinnern. Nollet nennet dieses Feuer die zwey gegeneinander wuͤrkenden Sroͤme . Franklin aber heißt das Feuer bey d. positiv, und das bey b. negativ. Es seye aber nun diese Erscheinung was sie wolle, so ist doch die- ses gewiß: daß wenn der electrisirte Koͤrper c. von a. so weit entfernet ist, daß noch kein Funke sprin- gen kann, das Feuer aus c. und a. gegen einander stroͤme. Es sey nun aber c. die Wetterwolke. Diese seye von dem Erdboden, den man sich unter der Ku- gel a. vorstellen muß, so weit entfernet; daß noch kein Blitzfunke aus ihr auf den Erdboden springen kan; so stroͤmt aus der Wolke e. das Feuer d. und gegen das- selbe stroͤmt von dem Erdboden a. das Feuer b. Be- findet findet sich nun jemand auf dem Erdboden aus welchem das Feuer b. stroͤmt, so muß nothwendig sein Koͤr- per, wenn er nicht allzu unempfindlich ist, Empfin- dungen davon haben. Ruͤckt die Wolke c. dann nur ein wenig naͤher gegen a , so erfolgt der Schlag, und der Mensch der zuvor von dem Feuer b. bloß Beaͤng- stigung empfand, wird nunmehr da es sich in einen Funken verwandelt, getroffen. Da das electrische Feuer alles durchdringet, so kan auch ein Gebaͤude nicht hindern, weder daß das electrische Feuer aus der Wolke in das Gebaͤude, und gegen die Erde; noch das aus der Erde gegen die Wol- ke hinwuͤrkende Feuer, durch das Gebaͤude gegen die Wolke stroͤme. Daher koͤnnen die Menschen auch in einem Gebaͤude, diese electrischen Wuͤrkungen wohl empfinden. Ich will nun mit einer allgemeinen Anmerkung uͤber die Weterableiter, diese Abhandlung beschließen. Es ist sehr zu wuͤnschen, daß die Blitz oder Wet- terableiter allgemeiner werden. Ich habe in dieser Abhandlung gezeigt, daß etliche wenige Ableiter noch nicht im Stande seyen, einen ganzen Ort zu schuͤtzen. Was nutzt aber viel, wenn etliche Gebaͤude eines Orts vor dem Blitz gesichert sind; es wird aber ein anderes getroffen? Kan nicht doch immer noch, wenn ein ein- ziges Gebaͤude durch den Blitz angezuͤndet wird, ein ganzer Ort im Brand gerathen? Eine Haupt hinderniß, die der allgemeinen Ein- fuͤhrung der Wetterableiter im Wege stehet; und wel- che, wenn auch die andern Einwendungen wider die K 2 Wet- Wetterableiter alle gehoben seyn sollten, unter gegen- waͤrtigen Umstaͤnden bleiben wird, ist diese: daß die Anlage der Wetterableiter viele Kosten und Weitlaͤuf- tigkeit macht. Ich kenne verschiedene Personen, die geneigt waͤren, Wetterableiter an ihre Haͤuser anbrin- gen zu lassen, die aber bloß die Kosten scheuen. Viel- leicht liese sich indessen diese Hinderniß doch zum Theil heben. Ich will einen Versuch wagen! Die Wetterableiter machen zur Zeit deßwegen noch groͤßere Kosten, weil sie von Gelehrten angelegt werden muͤßen, diese aber Kosten verursachen, weil sie theils an den verlangten Ort hinreißen muͤssen, theils man auch ihnen ihre Bemuͤhungen honetter be- lohnen muß als einem Zimmermann oder Mauerer. Ein Burger oder Bauer wird daher wohl schwerlich sich von einem Gelehrten einen Wetterableiter verfertigen lassen. Vieleicht aber waͤre er dazu geneigt, wenn es ihm ein Handwerksmann verrichten koͤnnte. Und soll- te es nicht moͤglich seyn, daß ein Mauerer diese Kunst lernete? Ich glaube es erfordere weniger Ge- schicklichket, einen Wetterableiter anzulegen, als nur das geringste Gebaͤude aufzufuͤhren. Man darf nur einen einzigen gesehen haben, und nur einige wenige Hauptgrundsaͤtze wissen; so kan mon an ein jedes Ge- baͤude einen Wetterableiter gut anlegen. Wenn man daher in jeder Stadt, einem geschickten Mauerer die Kunst Wetterableiter zu bauen lernete; -- wenn dann die Herrschaftliche Bau-Deputation, welche jaͤhr- lich die herrschaftlichen Gebaͤude im Lande beaugen- scheiniget, die von Zeit zu Zeit angelegten Wetterab- leiter besichtigte und untersuchte: so koͤnnte dem Pub- licum die Anlegung der Wetterableiter erleichtert, und dessen ohngeachtet doch gute Arbeit geliefert werden. Die Die uͤbrigen Unkosten bey Anlegung eines Wet- terableiters koͤnnen ebenfals geschmeidig zusammen ge- zogen werden. Die senkrechten Stangen Fig. 6. sind auf Privat Gebaͤuden hoch genug, wenn man sie 4. biß 5. Schuhe hoch macht. Die 8. biß 10. Schuh lange Stange die in den Erdboden kommt, kan anstatt von Kupfer, aus einer Zoll dicken eisernen Stange ge- macht werden. Verschiedene Naturforscher haben uͤberhaupt nur zu diesen Stangen, Eisen vorgeschla- gen; und es ist gewiß, daß eine solche Stange, wenn sie auch rostet, doch wenigstens hundert Jahr lang gut bleibt. Das Ausgraben eines 10. Schuh tiefen Lochs in den Erdboden, koͤnnte wegfallen, wenn man bey den Herrschaftlichen Bauaͤmtern Erdenboh- rer, wie sie in den Salz- und Bergwerken gewoͤhn- lich sind, zu allgemeinen Gebrauch, gegen eine gerin- ge Abgabe, anschafte. In Ermanglung dieser koͤnnte man auch die eisernen Stangen einschlagen, auf eine aͤhnliche Art wie die Pfaͤhle in die Gruͤnde eingeschla- gen werden. Die Kupfernen Spitzen endlich, die an die senk- rechten Stangen angeschraubt werden, sind groß ge- nug, wenn man sie zwey Zoll lang, und da wo sie an- geschraubt werden, ½ Zoll dick macht. Hiezu aber braucht man wenig Kupfer. Dieses ist das hauptsaͤchlichste, was ich vom Blitz und den Wetterableitern zu erinnern fuͤr noͤthig erachtete. Moͤgte doch diese kleine Schrift im Stan- de seyn, einige schaͤdliche Vorurtheile, die bisher bey dem groͤßten Haufen der Menschen, in Ansehung des Blitzes und der Donnerwetter geherrschet haben, zu K 3 ver- verdraͤngen! Moͤgte sie doch im Stande seyn, viele zu uͤberzeugen, daß Gott auch im Donner nicht nur groß, sondern zugleich unendlich weise und guͤtig sey! Ihre Ehrfurcht gegen ihn wuͤrde dadurch unter dem Wetter vergroͤßert, so wie ihr Vertrauen auf den guͤ- tigen Schoͤpfer vermehret werden. Erreiche ich auch nur bey wenigen diese Absicht, welche der Hauptbewe- gungsgrund bey Entwerfung dieser Abhandlung war, so halte ich mich reichlich belohnet. Verbesserung der hauptsaͤchlichsten Fehler. Seite 11. Zeile 2. 3. ist aus Versehen anstatt Carl Theodor, Maximilian Theodor gesetzet wor- den. Seite 72. Zeile 6. von unten, ließ leeren anstatt laͤren. Seite 89. Zeile 2. in der Anmerkung ließ Stoß, an- statt Soß.