Ludwig Theoboul Kosegarten's Poesieen . Erster Band . Leipzig , bei Heinrich Gräff . 1798. Subscribenten-Liste . Ihre Majestät, Frau LOUISE FRIDERIKE CAROLINE , geborne Herzogin von Meck- lenburg, regierende Königin von Preussen. Ihre Majestät, Frau FRIDERIKE DORO- THEA WILHELMINE , geborne Mark- gräfin von Baden, regierende Königin von Schweden. Ihre Königl. Hoheit, Frau FRIDERIKE CHAR- LOTTE SOPHIE , geb. Herzogin von Meck- lenburg, verwittwete Prinzessin von Preussen. Ihre Durchl. Frau LOUISE , regierende Herzogin von Mecklenburg. Ihre Durchl. Frau ANNA CHARLOTTE DO- ROTHEA , regierende Herzogin von Curland und Sagan. Ihre Durchl. Frau CHARLOTTE GEORGINE , regierende Herzogin von Sachsen - Hildburg- hausen. Ihre Durchl. die regierende Frau Fürstin von Schaum- burg. Ihre Durchl. Frau PAULINE CHRISTIANE WILHELMINE , regierende Fürstin zur Lippe. Ihre Durchl. Frau CHRISTINE CHARLOTTE FRIDERIKE , verwittwete Fürstin zur Lippe. Ihre Durchl. Frau MARIE LOUISE WIL- HELMINE , regierende Fürstin zu Neuwied. Ihre Durchl. Prinzessin * * * von Holstein Augusten- burg. Seine Durchl Fürst MORITZ von Isenburg. Seine Excellenz Herr HEINRICH XXXXIII. Graf REUSS auf Köstritz etc. Åbo in Finnland . Herr Prof. D. Tengström . — Prof. Franzen , Bibliothekar der Akademie. — Prof. Porthan . Achen . Herr Karl Stille . 2 Ex. — Dan. Adolf Hellmich zu Stollberg bey Achen. 2 Ex. Altona . Herr Dehn . — Pastor Meister . Anclam . Herr Conrector Hagemeister . Annaberg . Herr Buchhändler Freyer . Ansbach . Herr Commissionsrath Haueisen . — D. Eucharius Oertel . Banz bey Coburg . Herr Pater Frank , Professor. Bamberg . Herr Wyttenbach . Barth . Herr D. Henning . — von Stumpfeld zu Satel. Barmen . Demoiselle Lene Huyssen . — Marie Siebel . Herr Abraham Wülfing . — C. W. Eller . — J. G. Heuser . — Abraham Rittershausen . — Joh. Rudger Brüning . — Friedr. Kustohs . — Karl Friedr. Bredt . — H. Krebs . Berlin . Frau Majorin von Schack . Herr Geheimerrath Mönnich . — Oberbergrath Karsten . — Legationsrath von Humboldt . — Buchhändler Lauge . — Candidat Pauli . Im Bergischen . Madame Franziska Aschenberg , geborne Hous- berg zu Kronenberg. Demoiselle Charlotte Besserer zu Kronenberg. Herr Moritz Beckhaus , Pastor zu Gladbach. Madame Christiane Natorp , geborne Heinsmann zu Hückeswagen. Herr Abr. Ehrenbusch , Pastor zu Dhünn. — Christ. Essler , Pastor zu Begay. — Herrmann , Pastor zu Grüten. Herren Gebrüder Göbel , Kaufleute zu Gazweiler. Herr Friedrich Koch , Kaufmann zu Werlinghofen. — Albrecht von Ulrichstein , aus Granbündten. — Benzenberg , Pastor zu Schöller. — J. von Sidow , aus Kölln. — P. Mooss zu Leuscheid. Demoiselle Mariane Schn * * zu Blankenberg. Herr D. B — r zu W * * 2 Ex. Madame Louise M * * zu Bensberg. Demoiselle Marie Aschenberg zu Remscheid. Madame Arnoldine Hasenklever , geb. Honsberg zu Remscheid. Herr Wilhelm Aschenberg zu Kronenberg. 4 Ex. Zwey Ungenannte. Bremen . Herr Burgermeister von dem Busch . — Senator Däncke . Madame Förstner . Herr Altermann Gloistein . — Candidat Hamstede . — Johann Meyerhof . — Friedrich Wilhelm Müller . — Past. Primar. Petri . — Heinrich Stonw . — Syndicus Schöne . — Hauptpastor D. Stolz . 12 Ex. — Johann Stubbemann . 2 Ex. Drey Ungenannte. Bützow . Fräulein Wilhelmine von Mecklenburg . — Sophie von Oertzen . Bückeburg . Herr Consistorialrath Horstig . Coblenz in Pr. Pommern . Frau Gräfin von Eichstedt-Peterswalde . Colmar in Elsass . Herr Pfeffel , Membre de Jury Central d'Instruction du Depart. du Haut-Rhin. Cüstrin . Herr Consistorialrath Dithmarsch . Danzig . Herr Buchhändler Troschel . Demmin . Herr D. Muhrbeck . Dessau . Herr Pfarrer Des Marées . Detmold . Herr General-Superintendent von Cölln . — Regierungsdirector König . — Rector Köhler . Dresden . Herr Professor W. G. Becker . — Baron von Blok . — Husarenrittmeister von Funk . — Appellationsrath D. Chr. Gottfried Körner . Durlach . Herr Stadtvicarius Phil. Jacob Müller . Düsseldorf . Sr. Excellenz Herr dirigirender Staats- und Cabinets-Mi- nister Freyherr C. von Hompesch . Se. Excellenz Herr Geheimerrath Pfeil . Herr Regimentsquartiermeister van Berg . — Hofkammerrath Lenzen . — Pastor Pithan . 2 Ex. Eisleben . Herr Professor Hoepfner . Elberfeld . Madame Antoinette Schuster , geborne Stummel . Herr M. Weissenstein , Director des Handlungsinstituts. Das Handlungsinstitut. 3 Ex. Das Comptoir für Litteratur. 2 — Erlangen . Herr Professor Joh. Heinrich Abicht . Herr Ritterhauptmann Grat Eglofstein . — Professor Mehmel . — Abbé Moser aus München. — D. Friedrich August Müller . Frankfurt am Mayn . Fleischersche Buchhandlung. 3 Ex. Frankfurt an der Oder . Herr Prof. G. Huth . Frauen-Alb . Herr Oberamtmann Wich . Gera . Frau Sophia Antonia von Reidnitz , geborne Greinerin . Herr Joh. Fr. Kreutzenach . — Heinr. Wilh. Hennig . — Fr. Eisenschmidt . Göttingen . Herr Professor Bouterweck . — Professor Buhle . — Doctor Cappel . — Buchhändler Dieterich . 2 Ex. Madame Dieterich , geborne Friedheim . Herr Wilhelm Floret . Frau Doctorin Kosegarten . Herr Assessor D. Karl Reinhard . — Buchhändler Ruprecht . — Buchhändler Schröder . Götheborg in Westgothland . A. M. Ekman . Gust. Heinr. Ekman . Fred. Andersson . L. A. Heilbron . Andr. Leffler . Gust. Rud. Prytz . M. F. Hävel . J. W. Schuer . H. M. Plank . Anna Westerberg . B. He. Santepon . Niclas Malm . A. W. Prytz . Charlotte Janssen . Maria Elisa Freundt . Friedr. Schultz . J. C. Garling . Holterman . Carolina Prytz . Nicol. Alvot . Jan Lamberg . J. Brunjeansson . J. A. Petersen . A. Rosenberg . Chr. Ludw. Widell . Joh. Chr. Bauck . L. R. von Mell . A. Kjellberg . Jacob Munten . C. H. Evert . C. N. Arfvidsson . Chr. Brändström . Joh. Tranberg . Chr. Charlander . Petr. Åberg . C. J. Habicht . C. Herpel . Greifswald . Herr Professor D. Hagemeister . — Camerarius Odebrecht . — Gottfried Quistorp . Herr D. Karl Asmund Rudolphi . — Commercienrath Vahl . — Peter Vahl . — Professor Wallenius . Güstrow . Herr Präsident Baron von Kielmannsegge . — Pastor Vermehren . — Advocat Piper . — Aubergiste Müller . — Subrector Diez . Gützkow . Herr Hans Franz Gering . Haarlem . Herr G. Voorhelm Schneevoigt . Halberstadt . Herr Canonicus Gleim . Grossische Buchhandlung. Halle . Herr Buchhändler Renger . 2 Ex. Hamburg . Herr Senator Amsink . — Paul Amsink . Hülsenbek Runge et Comp. 2 Ex. Herr Christian Kosegarten , Gelehrter. — Gries . — Joh. Georg Palm . — J. A. Schiefer . — Pastor Kosegarten zu Alten Gamme. — Karl Peter Venz zu Eppendorf. Hannover . Gebrüder Hahn . 4 Ex. Hof im Voigtlande . Jean Paul Friedrich Richter . Jena . Herr Hofrath Schiller . — August Wilhelm Schlegel . Karlsruhe . Madame Wilhelmine Seubert . Herr Rink . Kesmark in Ungarn . Herr Johann Asboth , Professor. — Matthias von Badany . — Gregor von Berzeviozy zu Lomniez. — Johann Freyherr von Calisch zu Bitsitz. — Maximilian Freyherr von Calisch . — Johann Genersich , Professor. — Christian Genersich , Pastor. — David Genersich , Kaufmann. — Vioegespann von Gundelfingen . — Cand. Samuel Hauser zu Nehre. — Ludwig Kayser , Prediger zu Menhard. — Nicolaus von Okolitsany zu Hunsdorf. — Joseph Pap von Vasarhely , K. K. Wald- officier. — Graf von Sztaray , Canonicus zu Ollmütz und Stadtpfarrer zu Podolin. — Emerich , Freyherr von Zay . Königsberg in Preussen . Herr Professor Pörschke . — D. Schreyer . Hartungsche Buchhandlung. Königsbrück in der Oberlausitz . Frau Gräfin von Münster Meinhöfel , geborne von Ompteda . Kopenhagen . Herr Kammerherr von Suhm , Königl. Dänischer Hi- storiograph. 10 Ex. Lassahn . Frau Landräthin von Bugenhagen , geb. von Meck- lenburg zu Bugenhagen. Frau Obristin von Horn , geborne von Mecklen- burg zu Rantzin. Herr Hauptmann von Lepel zu Bauer. — von Gloeden , Königl. Preuss. Premierlieutenant zu Griebow. — Burgermeister Crazius . Leipzig . Herr Buchhändler M. Dyk . — Vicefactor Joh. Georg Bauer . — Buchhändler Beygang . — Mag. Eck . — D. Hommel . — Karl Ludwig Müller . Libau . Herr Buchhändler Friedrich . Lippstadt . Herr D. Friedr. Ludw. Lehmann . — Rector Seidensticker . — D. Thulemeyer . Ludwigslust . Herr Baron Schoulz von Ascheraden . — Kammerherr Freyherr von Gersdorf . — Consistorialrath Studemund . — Cand. Prosch . Lübben . Herr Cammercommissar Haynemann . Lübeck . Herr Buchhändler Fr. Bohn . 7 Ex. — J. F. Billroth . Lund in Schonen . Die akademische Bibliothek. Herr Baron Hjerta , Obristlieutenant und Ritter. — L. Tengwall , Professor der Rechte. — J. H. Engelhart , erster Leibmedicus und Pro- fessor der Heilkunde. — Anders Lidbeck , Lehrer der Aesthetik. — L. P. Munthe , Professor der Moral. — Probst Christian W a hlin . — N. H. Sjöborg , Lehrer der Geschichte. — M. Fremling , Professor der Philosophie. Madame Marthe Catharine Beckmark . Herr M. Norberg , Prof. der morgenländischen Sprachen. — C. S. Rönnbeck , Prediger. — Rittmeister Ehrenfried von der Lanken . Magdeburg . Frau Generalin von Kalkstein , geb. von Biedersee . Herr Prediger Junker . — Buchhändler Creuz . Marburg . Herr D. Creutzer . — Consistorialrath Justi . — Professor K. W. Justi . — von Leonhardi , der Rechte Befl. aus Frank- furt am Mayn. — K. von Münchhausen , Hauptmann und Ritter. — Cand. Ohrtwein zu Ebsdorf. — von Savigny , der Rechte Befl. aus Fr. a. M. Im Mecklenburgschen . Se. Excellenz Herr Geheimerrath von Bothmer auf Bothmer. Frau Gräfin Wilhelmine von Bothmer , geborne Gräfin von Schweinitz . Gräfin Wilhelmine von Bothmer , Stiftsdame in Itzehoe. Gräfin Caroline von Schweiniz zu Stephansdorf in Niederschlesien. Gräfin Amalie von Schweiniz , ebendaselbst. Sc. Excellenz Herr Geheimerath von Kampz zu So- phieenhof. Fräulein Florine von Kampz , ebendaselbst. Frau Kammerherrin von Moltke zu Schorssow. Herr Kammerherr Conrad Philipp Baron von Steng- lin auf Plüschow. — Friedr. Otto von Both auf Rastorf und Glas- hagen. Frau Commissionsräthin Wilhelmine Wende , geb Rudow zu Wotenitz. Frau Doctorin Sophie Reinke , geb. Kosegarten zu Grevesmühlen. Frau Oberförsterin Friderike Stender , geb. Bak- berg zu Zikhusen. Herr Amtsverwalter Riesenberg zu Grevesmühlen. — Probst Mauzel zu Crivitz. — Pastor Piper zu Reinshagen. — Schröder zu Alten Garz. — Inspector D. C. Penzlin zu Barnin. — Friedrich Franz Kosegarten zu Sophienhof. — Friedrich Simonis zu Teterow. — Cand. Theol. F. J. Güslof zu Krankow. Meiningen . Herr Georg Carl Friedrich Emmerich . Minden . Herr Ober-Kammerpräsident von Stein . Moers . Frau Räthin von Essen . Montjoye . Herr Günther Julius Friedrich Ohrt . — J. Casper Karte . — Christian Petersen . Mühlheim am Rhein . Herr Candidat Besserer. Neu-Brandenburg . Herr Prediger Brückner . Neu-Strelitz . Herr Canzleyrath von Bassewiz . Norkiöping in Ostgothland . Herr Rector F. D. D. Ullrich . Oldenburg . Herr Collaborator Bardmann . — Candidat Bonath . — Hofmedicus Gramberg . — Regierungsadvokat Gramberg . — Regierungsrath von Halem . — Professor Riklefs . — Legationsrath von Schreeb . Frau Legationsräthin von Schüttdorf . 2 Ex. Herr J. P. Schultze . Pest in Ungarn . Herr Buchhändler Kilian . St. Petersburg . Frau Räthin Schubert , geborne von Cronhelm . Plauen . Herr Enge . — Friedrich Wilhelm Leissner . Potsdam . Frau Kriegsräthin von Werdek , geb. von Klitzing . Prag . Herr Buchhändler Barth . Prenzlau . Herr Capitain und Inspections-Adjutant von Gaudi . Rom . Angelica Kaufmann . Mahler Müller . Fernow . Rostock . Herr J. J. Behn . — Dithmar . — D. Martini , Professor der Theologie. — Hofrath Rönnberg , Prof. der Moral. — D. Ziegler , Prof. der Theologie. Insel Rügen . Herr Moritz Arndt zu Altenkirchen (Wittow). — Bamberg zu Starrewiz (Wittow). Frau Amalia Bamberg , geborne Schindler zu Reiderviz (Wittow). Herr von Bielefeld , Obrister und K. Dänischer Ge- neraladjutant. — Major von Blessingh auf Hagen (Mönchgut). — Bökler zu Lütkeviz (Wittow). — von Bohlen auf Bohlendorf (Wittow). — Diekmann zu Varnkeviz (Wittow). — Karl Droysen , Präpositus zu Bergen. — Johannes Fok zu Schwarbe (Wittow). Frau Charlotte Frank , geborne Bayer zu Bobbin (Jasmund). Herr Grümbke zu Bergen. Herr von Krassow auf Schweikeviz. — Doctor J. P. H. Krüger zu Bergen. Fräul. Sophie von der Lanken zu Lanken (Wittow) — Caroline von der Lanken , ebendaselbst. Herr Capitain von der Lanken auf Boldewiz. — Julius von der Lanken auf Lankensburg (Wittow). — Gustav von der Lanken auf Varnkeviz (Wittow). — Karl Lappe zu Altenkirchen. — Rathsverwandter Christian Last zu Bergen. Demoiselle Mayern zu Putbus. Frau Hauptmannin von Normann auf Helle. Frau Kammerherrin von der Osten auf Dubkeviz. Herr Doctor Pistorius , Präpositus zu Poseriz. Frau Kammerherrin von Platen auf Karzig. Herr J. W. von Platen auf Lipsiz. — von Platen auf Zubsow. — Malthe Wilhelm , Graf und Herr zu Putbus. — Moritz Karl , Graf und Herr zu Putbus. Demoiselle Richter aus Berlin zu Hagen, (Mönch- gut). Herr Secretär Schneider zu Bergen. — Landvoigt von Uesedom auf Gagern. — von Uesedom auf Freesen. — von Uesedom auf Zirmoissel. Frau Charlotte von Willich , geborne von Cron- helm zu Sagard (Jasmund). Herr Assessor und Landphysicus Doctor Moritz von Willich zu Bergen. 2 Ex. Im Schlesischen . Herr Karl Friedrich Graf von Gessler , K. Preussi- scher Kammerherr und Finanzrath. Schwäbisch Halle . Herr Professor Gräter . Schwerin . Herr Canzleyrath von Mecklenburg . Seehausen . Herr Pastor Kläden . Söder . Freyherr von Brabek . Solingen . Herr Dr. J. H. Wisselink , Syndicus. — Peter Emanuel Berg . — Karl Ludwig Göbel . — Cornelius Eykmann . — Emanuel Kirschbaum , Stadtrath. — Peter Wilhelm Knecht . — P. J. A. Schmits , Bürgermeister. — J. Chr. Stahlschmidt , Stadtrath. — Candidat Wiedenfeld . — J. A. Knecht . — J. Chr. Berghaus . — Bernh. Theodor Karte . Sternberg . Herr Consistorialrath und Superintendent Passow . — Collaborator Cleemann . Stockholm . Herr Patrik Freyherr Ahlströmer , Commercienrath und Ritter vom Wasaorden. — Peter Lorenz Bagge , aus Gothenburg. — G. J. Billberg , Inspector des Schlosses zu Carlberg. — Karl Gjörwell , Königl. Bibliothekar. Frau Sophia Dorothea Melusina Hachenburg , geborne Baring . Herr Hermann Wilhelm Hachenburg , Königl. Hofprediger und Pastor der deutschen Gemeine. — Christian Hebbe , Grosshändler. — A. Hedman , Lieutenant beym K. Adelsfahnschen Regiment. Frau Gustava Eleonora Lindahl , geb. Gjörwell . Herr Jonas Karl Linnerhjelm , Königl. Secretair. — Manderström , Freyherr, und Kammerherr bey Ihrer Majestät, der verwitweten Königin. Herr Karl Nernst . — M. A. Nestius . Frau Bergräthin Sophia Henriette Norberg , geb. Wolf . Herr J. U. G. Nymanson , Registrator beym K. Canz- leycollegium. — M. Graf Stenbock , K. Oberster Kammerjunker und Unterkanzler der Königl. Orden. — Gustav , Graf Stenbock , erster Stallmeister bey Ihro Königl. Hoheit der Prinzessin. — M. Sturzenbecher , Capitain bey der Königl. Fortification. — Troili , Notarius beym Königl. Kammercollegio. — F. W. Wadström , Königl. Kammer-Revisions- rath. Zwanzig Ungenannte. Stolzenau . Herr Superintendent Hoppenstedt . Stralsund . Herr Gerichtssecretair Kühl . Stuttgardt . Herr Hofrath Bardili . Tübingen . Herr Buchhändler Cotta . 3 Ex. Ulm . Die Stettinische Buchhandlung. Upsala in Upland . Herr Mag. J. H. Strömberg . Dreyzehn Ungenannte. Wald . Herr Pastor D. Batzenschläger . — D. Köller . — W. Linde . — Pastor Engels . Grossen Wandries . Herr Pastor Wehrhahn . Weimar . Herr Vicepräsident Herder . Das Industrie-Comptoir. 2 Ex. Hofmannsche Buchhandlung. Wien . Herr Reichshofrath Graf Solms . Se. Exe. Herr Franz Graf von Saureau . Frau Gräfin Ernestine Palffy , geborne Gräfin Hoyas . Frau Gräfin von Kuefstein , geb. Gräfin Colloredo . Frau Josepha Baronin von Braun . Herr Graf Wallis , Domherr. — Graf Johann Zierotin . — Graf Johann von Wolkenstein . Frau von Weissenthurm . Herr Baron von Blum , Rittmeister von der K. K. Noble Garde. — Hofrath Joseph von Sonnenfels . — Hofrath Michael Denis . — Joseph von Retzer , Hofsecretär u. Büchercensor. — Aloysius Blumauer . 2 Ex. — Dr. Johann Humzowsky . — Joseph von Schwandten . — Karl von Dier . — Joseph Schreyvogel . — Felix Leicher . — van der Null . — von Schloissing . — von Kronenfels . Frau Fanny Arnstein , geborne Itzig . Herr Benedikt Arnstein . — Müller . — Bergopzoom . — Klingmann . — Stephanie der ältere — Stephanie der jüngere — Schulz . — Vogel . Mitglieder der K. K. Hof- schaubühne. Woldeck . Herr Friedrich Ludwig Reinhold , Pastor. Wolfenbüttel . Herr Consistorialpräsident von Knuth . — Consistorialprobst Ress . — Drost von Rodenberg . — Kammerrath von Schrader . — Hofrath von Blum . — Canzleyadvocat Waeterling . Wolgast . Demoiselle Friderike Droysen . Herr Commercienrath Homeyer . — Friedrich Sonnenschmidt . — Johann Christian Henning . — Johann Ludwig Wendt . — Johann Christian Striebel . — Jacob Friedrich Runge . — David Runge . — Karl Friedrich Odebrecht . — Karl Johann Bartels . Geschlossen mit Ende März 1798. Inhalt des ersten Bandes . Erstes Buch . Seite Hymne an die Schönheit 5 Hymne an die Liebe 7 Hymne an die Tugend 13 Vanini's Hymne 35 Miltons Hymne 39 Thomson's Hymne 44 Frühpsalm 51 Das Wehen des Allliebenden 53 Orpheus Hymne an die Natur 58 Orpheus Hymne an den Mond 61 Orpheus Hymne an den Schlaf 63 Seite Dem Unbekannten 65 Das Blättchen. An Emma 69 Der Blumenstrauss 74 Was bleibet und was schwindet 79 An Christiane von Smiterlöwe 87 Die Unschuld 93 Unsterblichkeit 99 An Ethelinde 107 Ahndung 111 Aussicht 114 Zweytes Buch . Die Ralunken 119 Der Eichbaum 147 Der Nachtsturm 150 Die Drommete 153 Der Aurikelnstrauss 155 Die Narcisse 157 Der Decembermorgen 159 Die Sommernacht 162 Der Rugard, Erstes Lied 168 — — Zweytes Lied 173 — — Drittes Lied 177 Stubnitz und Stubbenkammer 180 Das Hünengrab 184 Seite Elldor an Elldore. Erstes Lied 188 — — — Zweytes Lied 192 Allwill und Allwina 200 Vinval und Vinvela 205 Schön Hedchen 212 Schön Sidselil und Ritter Ingild. Altdänisch 225 Hymenäe 231 Klage um Dellwar den Wellenverschlungenen 241 Die Klage ohne Trost 245 Abschied von Hyldathen 249 Drittes Buch . Das Fräulein von Garmin 255 Elegie 280 Elegie 285 Elegie 289 Elegie 294 Elegie 298 Morgengruss 303 Der Wagen des Himmels 309 An Ida 313 Von Ida 315 Sehnsucht 317 Seufzer 321 Wiedersehn 323 Seite Vergänglichkeit und Treue 327 Idens Schwanenlied 331 Die Zeitlosen 335 Holdy und Hulda 338 Salem und Sulamith. Ein kirchlicher Mythus 345 Luisens Antwort 353 Schutzgedicht 361 Untergang 365 Abschied von Ida 367 Am fünfundzwanzigsten Geburtstage 374 Druckfehler . Erster Band . Seite 15. Zeile 9. Welcher liess Welchen — 23. — 3. Menschengesichts 1. Menschenangesichts — 27. — 14. statt; ein, — 39. — 8. statt dort 1. doch — 54. — 5. entflammet 1. entstammet — 72. — 12. Rollender 1. Rollenden — 86. — 4. zerstiebet 1. zerstiebt — 121. — 6. schauernden 1. schnaubenden — 160. — 10. Ach 1. Sieh — 170. — 5. gartenvollen 1. garbenvollen — 185. — 12. Schlucht 1. Schlacht. — 219. — 11. Liebe 1. Lieber — 236. — 18. Weiberbrust 1. Weibesbrust — 256. — 19. Sulvias 1. Sulvills — 293. — 5. der 1. den — 314. — 5. hinter Ich 1. ach! — 318. — 22. Brach 1. Bruch — 342. — 5. und 1. auf — 348. — 29. Dränens 1. Dräuers — 350. — 20. die 1. der Erstes Buch . A Seinem Freunde Friedrich Schiller zugeeignet . Hymne an die Schönheit. S chönheit, Amme der Kunst, des Dichters traute Gespielin, Selige Tochter der Erd' und des erdumarmenden Himmels, Von dem Gedanken erzeugt, und von der Empfin- dung empfangen, Die du erschienest, ein waltender Dämon, ein segnender Schutzgeist, Frieden zu stiften im hadernden Reiche der Kräft' und der Triebe, Die du Gehorsam lehrtest das Element und den Atom, Die du entlocktest dem starren Chaos der Schöpfun- gen schönste, Die du den Massen Gestalt, dem Todten Leben gewährtest, Die du der Töne wildes Geschrille zu lieblichem Wohllaut, Zu gefälligem Einklang den Schrey der Farben ver- schmelztest; A 2 Die du uns, Mächtige, leiser itzt, itzt wilder ergreifest In der Bewegungen Schwung, im wellenschlagen- den Umriss, In der Accorde frohem Gewühl, im Rythmus der Farben, In Aurorens Erröthen, im schwellenden Kelche der Rose, In der Säule schlankem Gewächs, im Bogen des Domes, In der Nachtigall Schlag, im seeleschmelzenden Liede, In des Weibes Anmuth, und in der Würde des Mannes; Die du den Wilden bezähmst, und den Barbaren vermenschlichst, Die du den Rohen erweichst, und die du straffst den Erschlafften, Die du den Zorn entwaffnest, die schnaubende Rache versöhnest, Und die wiehernde Gier veredelst zu flehender Liebe; Die du schlichtest den herben Kampf im Busen der Menschheit, Jegliche Fehde verträgst, und jegliche Zwietracht vereinest, Jegliche Pflicht verlieblichst, und adelst jegliche Neigung; Die du uns lösest vom Joch des Instincts, aus der Sinne Beschränktheit Uns ins Unendliche hebst, aus der Kräfte gähren- dem Aufruhr In des Gesetzes heiliges Reich die Schwindelnden rettest; Die du verkörperst den Geist, und wieder den Körper vergeistigst, Mit lebendigem Hauch die träge Masse besee- lest, Mit der Linken der Pflicht, und mit der Rechten der Neigung Wechselnd kosest, die Pflicht mit Anmuth kränzest, der Neigung Würd' und Adel gewährst, dass freygesprochen und selig Die vollendete Menschheit aus deiner Umarmung hervorgeh — Schönheit, Schönheit, der Sterblichen Preis, der Unsterblichen Schoosskind, Heitere, Fröhliche, Freye, Anmuthige, Blühende, Frische, Reine, Keusche, Klare, Gefällige, Spielende, Leichte, Zweyen Welten verwandt und beyden hold und gewärtig, Busenfreundin der Wahrheit und Blutsverwandte der Tugend, Günstling des Himmels und Liebling der Erde und Schutzgeist der Menschheit — Sey uns, Hehre, gegrüsst, und sey uns gnädig, du Milde; Öffne, Göttin, das blinzelnde Auge, die wegernden Ohren, Jenes der lieblichen Form, und diese dem zaubern- den Wohllaut; Stimme die Dissonanzen im Busen zu lauterem Ein- klang, Schmelze das störrige Herz in thränenträufelnde Wehmuth, Stähle die Sehne des trägen Betrachters zu freudiger Thatkraft, Löse die Fessel des Stoffs vom wunden Nacken des Rohen, Reiss' aus der Former frostigem Arm den lauen Beschauer, Führ' an des Triebes schwellende Brust den ernsten Gedanken, In die Arme der Pflicht die leicht verlockende Neigung — Löse, Göttin, mit leisem Finger, den Knoten der Menschheit, Steigre zum Menschen das Thier, und adle zum Dämon den Menschen. Hymne an die Liebe. O Liebe, Bund der Herzen, Der Geister Symphonie, Kelch wollustreicher Schmerzen, Quell hoher Energie, Palladium der Tugend, Religion der Jugend, Medeenbad des Alters — Verlass, verlass uns nie. Erleucht' uns, Glanz aus Eden, Der Erde Wüsteneyn! Schlicht' ernst und mild die Fehden, Die unser Ich entzweyn! Wann auf des Lebens Wege Wir schleichen matt und träge, So stärke du die Matten Mit deinem Labewein. Enträthsle uns die Ziffern Der aufgerollten Flur, Des Himmels goldne Chiffern, Das Sanskrit der Natur. In Formen, Farben, Tönen, Im Guten, Wahren, Schönen, Enthüll' uns leis' und liebend Des Demiurgos Spur. Gib Hochsinn, zu verschmähen, Was unsre Würd' entweiht; Gib Weisheit, auszusäen, Was körnerschwer gedeiht; Gib Freudigkeit zu wandeln, Zu dulden und zu handeln, Wie es der Gott im Busen, Wie es die Pflicht gebeut! Und wann Gewitterodem Die bange Brust beklemmt; Wann schwerer Schwefelbrodem Der Wandrer Athem hemmt; Wann rings die Festen wanken, Der Erde Säulen schwanken, So lass uns ruhig lächeln Auf deinen Stab gestemmt. Und wann wir einst vom Gipfel Der Wallfahrt niederschaun Auf abgeblühte Wipfel, Und tiefverschneyte Au'n; Wann rings auf Schutt und Trümmern Geliebte Schatten wimmern, Geheimes Graun uns schüttelt, So banne du das Graun. Und wann wir nun am Rande Des öden Diesseits stehn, Und zu dem stillen Lande Hinüber sehnend sehn; So lächl' uns, Glanz aus Eden, Und durch des Hades Öden Lass sel'ger Ahndung trunken In jene Fern' uns gehn; Wo mit des Stoffes Schranken Die Freyheit nicht mehr ringt; Wo nimmer den Gedanken Das Element bezwingt; Wo Neigung und Vergnügen Die kalte Pflicht umschmiegen, Und brünstig das Entzücken Sich um die Tugend schlingt. — — Nein, Liebe, Gut der Güter, Der Körper Eurythmie, Blutsfreundschaft der Gemüther, Nein, nie versiegst du, nie. Wer ballt die Weltenballe? Wer eint die Geister alle? Du thust es, Quell der Schwere, Und Quell der Sympathie. Es schlägt der Puls der Liebe Im Punkt des Embryo; Es jubelt Liebe! Liebe! Des All Unisono. In immer engern Kreisen, In immer brünstigern, reisen Die Sonnen, Monden, Erden Um Ein unnennbar Wo. Es trägt die Wesen alle, Es herzet zart und warm Die Sonnen-Staub' und Balle Ein grosser Vaterarm — Verhüllter Unbekannter, Erhabner Ungenannter, Es ist das All der Welten Ein Kind in deinem Arm. Mag etwas wohl entfallen Des grossen Vaters Schooss? Mag wohl ins Nichts zerfallen Ein Blatt, ein Gras, ein Moos? Mag, ledig aller Schranke, Der göttliche Gedanke Zerflattern, wie die Leuchtung, Die durch das Dunkel schoss? Lasst dann den Keim verderben; Es bleibt der schönre Flor. Lasst doch die Larve sterben; Die Sylfe schlüpft hervor. Lasst, lasst das Herz verwesen; Gesundet und genesen Schwingt Psyche ihre Flügel, Und steigt verklärt empor! Mag hier ein Veilchen modern, Ein Eden dort verblühn; Mag hier ein Tocht zerlodern, Und dort ein Stern zersprühn; Den Dunst verdampfter Belten, Den Stoff geborstner Welten — Abyssus ewger Liebe, Du kennst, du sammelst ihn! Hymne an die Tugend. D ichten will ich ein Lied der unvergänglichen Tugend. Dichten will ich es heiss und kühn, dass, wer sie verkannte, Schnell aufspringe, die Hohe zu suchen, und wer sie errungen, An die Brust sie drücke mit voller Bräutigams- inbrunst. Tugend, Himmelgeborne, der Gottheit edelste Gabe, Labsal ewiger Geister, des Jünglings Sehnsucht, des Mannes Fernher strahlendes Ziel, des Greises theuer er- rungnes Höchstes Gut — Vergönne du Göttliche, dass ich die Schwelle Deines Heiligthums schauernd beschreite, dass ich des Schleiers, Welcher dein Angesicht deckt, den Zipfel, den äussersten, lüpfe; Dass ich schaue den Reiz, in welchen entbrannt, die Heroen Jeglicher Zeit und jeglichen Volks, in Gefahren und Tode Freudig sich stürzten, und gross und berühmt und unsterblich sich starben, Weil sie starben für dich. Ich sehe die Himmlische. Dämmern Seh' ich die Formen der Göttergestalt im fliessenden Zwielicht. Schauer ergreifen das Herz, und heilige Schrecken den Kühnen. Tugend, Tugend, der Gottheit Schoosskind, Schutzgeist der Menschheit, Tugend, wie bist du schön! Vor allen Töchtern des Himmels Schön und lieb und geschmückt mit herzbesiegenden Reizen! Wie so edel die Stirne gewölbt! Das gebietende Auge Flammen schleudernd! Die Wangen geröthet von Thatenbegierde! Lilienweiss dein Gewand, geschürzt mit dem Gürtel Aurorens. Tugend, kräftige Rebe, gepflanzt vom Schöp- fer, gediehen Durch des Himmels Regen und Thau zum schatten- den Weinstock! Siehe, wie funkeln an ihr, wie glühen die pur- purnen Trauben! Schau, wie perlt im goldenen Becher der duftende Heilsaft! Welcher dürstet, der komm'! und wessen Lippe geweiht ist, Komm' und trinke des köstlichen Weines, und schwöre, von nun an Nimmer zu kosten der Sinnlichkeit Kelch, noch den Becher der Wollust. Tugend, wie bist du süss dem Liebling, dei- nem Erkohrnen! Wie der einsamen Braut das Angedenken des Trau- ten! Wie des heiligen Liedes Besuch der Seele des Dichters! Tugend, wie bist du stark, du Unüberwind- liche Gottes! Bändigst die Lieb' und den Tod, die Bändiger jeg- licher Stärke; Lächelst, goldene Aehre, dem Stahl des Schnitters entgegen; Opferst grossmuthvoll dein Letztes Bestes dem Schicksal. Auf von der Erde, hindurch die Luft, weit über die Sterne Wehet der Duft, erschallt der Ruf der Thaten der Tugend. Melde, mein Lied, damit dich der Spötter des Dünkels nicht zeihe, Melde, was Tugend ist, damit du spottest des Dünkels. Hemme den Flug ein wenig, Begeisterung! Lass uns die Schwester, Lass uns, was Tugend sey, die kühlere Denkerin fragen! — Nannten die Weisen dich nicht das Leben des Geistes, sein wahres Unabhängiges Seyn, des Gemüthes kostenden Gau- men, Sein leishörendes Ohr, sein sorgsam prüfendes Auge, Seinen sicheren Schritt auf graden Pfaden des Rechtes, Seine Monarchengewalt, zu steuern den lüsternen Sinnen, Dass nicht den göttlichen Geist der Wollust Schlaf- trunk entmanne, Dass nicht des Schmerzes Wuth der ewige Heros erliege? Bist du nicht, Hehre, der Saiten der Seele lauterste Stimmung, Ihr harmonischer Einklang in die Akkorde der Schöpfung, Ihr Einfugen im Gliederbau der sittlichen Ord nung, Ihr Behagen an sich, ihr Gernedaheimseyn, ihr Jauchzen, In sich selbst, im Lebensgefühle der vollen Ge- sundheit! Bist du nicht, Holde, die süsse, die selige Liebesempfindung, Welche den Geist hinneigt zur uranfänglichen Schönheit, Ihr Mitwirken zum sicherberechneten Besten des Ganzen, Ihr Hinschaun auf das Eine Nothwend'ge, ihr herz- liches Sehnen, Ihr unermüdsames Streben, zu schaffen in sich, und um sich Höhere Ordnung, lichtere Klarheit, reineren Ein- klang? B Schau, wie quellen, wie rieseln, wie rauschen in mächtigen Fluthen Nie versiegende Ström' aus dem unausschöpflichen Urborn, Und durchwässern das Land, und schwängern es, dass es gebäre Kräftige Keim'; es schossen die Keim' im Antlitz des Himmels, Blühn und wehn weit über die Flur in wogenden Saaten. Reine Jungfrau, wie sind aus deinem züchtigen Schoosse, Wie der Söhne so viel, so viel der Töchter ent- sprossen! Siehe, wie schweben die Schönen dahin, wie stei- gen die zarten Reinen Täublein, die freudigen sonnanfliegenden Adler, Lauschend auf deinen Wink, gerüstet, den Wink zu vollführen! Lass mich singen die stattlichen Söhne, die blühenden Töchter! Der du, ernsten Blicks, gehorsamheischenden Anstands, Hader schlichtend, und Frieden gebietend, und Brüder versöhnend, Jene Schaaren durchwallst; wer bist du, Himmel- geborner? Rede, wer bist du! wer trittst du einher so trotzigen Schrittes? Sey mir gegrüsst in deinem Vermögen! Dich grüssen die Völker, Grader gerechter Sinn ! Des Rechtes ewiger Eckstein! Goldner Pfeiler der himmlischen Ordnung! Schrecken des Drängers! Aber der Leidenden Hort, ein Schild der flüchten- den Unschuld. Siehe, wie birget so blöde sich hinter dem schattenden Mayen, Wie so sittsam verhüllt, umrollt von fliessenden Locken, Feuernd die Wange von Scham, die Brust von Rosen umduftet, Liebenswürdig und allgeliebt die heilige Un- schuld ! Ach, wie senkt sich ihr Blick vor jedem fremderen Anblick! Ach, wie erschrickt ihr Ohr vor jedem leisen Ge- flister! B 2 Ach, wie zittert ihr Herz von ungestandnen Ge- fühlen! Warum fliehst du, wie schüchterne Rehe des Wal- des, Geliebte? Hüte dich! Rein ist dein Kleid; dass der Gasse Staub es nicht schmutze! Zart dein Antliz; dass nicht der sengende Mittag es bräune! Aber geschmiegt an die göttliche Mutter, mit trauerndem Anstand, Mit gesenkterem Blick, mit thränenschimmernden Augen, Seufzergehobner Brust, und mitleidlächelnder Lippe, Redet, wer ist sie, wer sieht sie so trüblich, ein Stern aus des Abends Thauendem Dufte? — Ich kenne dein Antlitz — die segnenden Völker Nennen dich Menschenhuld , dich, theuerste Tochter der Mutter, Dich, den Liebling der Erd' und des Himmels. Reges Erbarmen Schwellet dir ewig die Brust, und ewig nässen die Augen Thränen des Mitleids. Die Plagen des Lebens, der Stachel der Armuth, Und des Schmerzes durchdringender Schrey, der schweigende Jammer, Den nur die Mitternacht hört; der Trennung Herz- leid, der Jammer Brechender Augen und berstender Herzen, der Übriggebliebnen Trostverschmähendes Händeringen, zerfleischet, zu Weiche, Dir das fühlende Herz; doch schweigst du, eilest und rettest. Schau, wie sie schleicht mit schwellendem Schooss in die Hütte der Armuth! Sieh, wie sie träufelt Öl und Wein in die Wunden des Siechthums! Wie sie sich grämt mit dem düsteren Gram! zur stummen Verzweiflung Setzet sie auf den Gräbern sich hin, und waget den stummen Starren Schmerz zu mildern in heilende Wehmuth. — Wie schallt es Hoch um die Göttliche her von Dankgestammel, von lautem Lobgepreise, von Stimmen der segnenden Liebe! Die Stimmen Klingen der Edlen, wie Lispel aus Edens seligen Chören. Sie durchströmet der Götter Gefühl, das nimmer- gesungne, Nimmerzusingende Himmelsgefühl, unsäglich zu lieben, Und unsäglich geliebt zu seyn, wie die selige Gott- heit. Neben der Göttlichen strahlst, in voller Reife der Schönheit, Du, o Lockens und Kants und Sokrates Freundin, o Weisheit ! Schau, wie sie heftet den prüfenden Blick auf das Wahre, das Gute! Wie sie folgt mit geschärftem Auge dem Fluge des Denkers! Wie sie worfelt die Spreu von dem reinen Weizen, die Schlacken Siebenmal abschmelzt, eh sie des lauteren Goldes sich freuet! Sinnend geht sie einher am Rande des Baches, und spähet In der Natur verborgenem Schooss. In die Tiefen des Erdballs Steigt sie hinab, und erfliegt in gestirnten Nächten den Himmel. Jegliche Feder und jegliches Rad des gewaltigen Uhrwerks, Alles Endlichen Maass und Zahl und Inhalt er- forscht sie; Jegliche Falt' im Herzen der Menschen entblättert sie; jede Chiffer im offenen Buch des Menschengesichts liest sie. Jeder leisen Begier und jeder dämmernden Ahn- dung Folgt sie durch labyrinthische Gäng' in das heilige Dunkel Ihrer Geburt. Sie ergründet des Wissens schwin- delnden Abgrund, Misst die Kräfte, und reiht die Geschlechter, und ordnet die Arten, Unermüdsam besorgt, zu fassen die Regel des Ganzen, Einzugreifen mit rüstiger Kraft in der herrlichen Schöpfung Starkes Getrieb', in die Axe des unermesslichen Weltalls — Wachsende Sittlichkeit zu fördern, und steigende Gnüge. Siehe die Zwillingsschwester der Weisheit; die Mutter gebar sie Neben der frühern, und nannte sie Mässigkeit . Frisch ist ihr Ansehn; Schlank ihr Wuchs; behend ihr Bewegen; die Gluth der Gesundheit Färbt ihr den blaugeaderten Arm und die Fülle der Wange. Denn sie leeret nur halb des Weins berauschenden Becher; Sparsam geneusst sie der Frucht des Halms, und des Saftes der Palme; Nimmer verwöhnt ihr den Gaumen die kitzelnde Würze des Auslands. Nimmer ertappt sie die goldene Sonn' in späterem Schlummer. Jede niedre Begier und Gunst erschlaffender Wol- lust Opfert sie willig dem edleren Dienst der Schwester, der Weisheit. Diese die göttlichen Kinder der göttlichen Mutter. Die Bosheit Zürnt' ob ihrer Schöne, verschwor sich, ewige Fehde Ihnen zu bieten. Da ward dem waffenlosen Ge- schwister Ein Beschirmer geboren, ein kriegrischer Bruder. Gewaltig Ist sein Arm, wie der Blitz, sein Schild ein fun- kelnder Demant, Seine Lanze gestählt in Sirius feurigem Ofen. Heldenmuth ist sein Name. Sein Thun ist Schwei- gen und Retten. Mächtig bahnt er die Pfade des Rechts dem richten- ten Bruder; Fürchterlich bäumt er die strahlende Lanze zu schir- men die Unschuld. Jede grelle Gefahr, die, ein Riesengebirg', vor ihm aufsteigt, Überspringt er, wie Maulwurfshügel. Der Tück' und der Bosheit Schleudert er Kling' und Schaft der splitternden Lanz' an die Stirne. Sieh, wie er spottet in seinem Vermögen des Wüthe- richs Ohnmacht! Wie er so ruhig steht dem hämisch grinsenden Tode! Flammen sprühet sein Blick, und Strahlen die Stirne. Gewaltig Schwillt ihm die Sehne, gewaltig der zuckende Muskel. Es strafft sich Jegliche Kraft in ihm, zu retten die leidende Un- schuld, Zu zermalmen den Dränger, zu sühnen jegliche Thräne, Die er entpresste, mit lauen Strömen des schuldi- gen Blutes. Tugend, wie lächelst, wie prangst du in Mit- ten deiner Erzeugten! Wer mag nennen die Kinder, die deiner Wurzel entsprossten, Wer ermessen die Thaten, die ihren Rechten ent- blitzten! Wer erzählen die Namen der Edeln, der Helden und Weisen, Welchen du würdigtest, Hehre, zu zeigen das göttliche Antlitz, Dass sie, von deiner Schöne gerührt, entzündet in Liebe, Schnell an die duftende Brust dir sanken, vom lin- den Gesäusel Deines Athems beseelt, gekräftigt durch deine Um- armung Thaten thäten, darob der staunende Erdkreis auf- stand! Soll ich singen die Namen der Helden, die Preise der Thaten, Welche flammen in Sternenschrift am Bogen des Himmels, Welche verkündigt die Vorwelt der Zukunft, der Äon dem Äon, Welche der späte Enkel, der Jüngling werdender Zeiten, Hört, und entbrennt, auffährt aus schönen Träumen, sich grämet, Dass er nur träumte, ergrimmt ob seiner Dunkel- heit, aufspringt, Strebt, wie die Väter zu seyn, und gleich den Vätern berühmt wird? — Singe sie nicht, mein Gesang! In der Zeiten strö- mendem Jubel Würde doch nur unhörbar dein leises Lispeln ver- hallen, Wie das Säuseln des Blattes im tausendstimmigen Sturmwind. Aber singe die selige Ruhe der Tugend, den Frieden; Singe, welchen die Hohe gewähret dem Sohne des Staubes, Welcher die Himmlische sich erkohr zur Braut und Gespielin. Heil dem Gottgeliebten, dem Freund und Jün- ger der Tugend! Mög' er wohnen in leimerner Hütte am Rauschen des Baches, Mög' er weiden mit Ruthen des Bachs die wollige Heerde, Mög' er wohnen in thürmender Burg, und mit gol- denem Zepter Nationen weiden — Ihm ist das goldene Zep- ter Leicht, wie des Hirten Gerte; dem Hirten die schwanke Gerte Lieb und werth, wie dem Völkergebieter das gol dene Zepter. Heil dem Günstling des Himmels! In abgeschie- dener Stille Fühlt er sich glücklich, und glücklich im Strudel der schwindelnden Menge. Nimmer bewölkt sch sein innerer Mensch. Es er- starret sein Busen Nimmer im öden Frost der Seelenleerheit; und nimmer Senget ihm aus den Röhren das Mark der Leiden- schaft Samum. Heil dem Vielbegabten, dem Nimmerdarbenden! Nimmer Mangelt der Schatz ihm, den Diebe nicht stehlen, und Flammen nicht fressen. Du, o Mässigkeit, bleibst ihm, und du, o Seelen- genüge! Heil dem Gerechten! Wie steht er so freudig, so sicher! Der Schrecken Sträubet ihm nimmer das Haar, noch bleichet die Furcht ihm die Wangen. Seine Thaten lagern sich um ihn, ein schirmendes Kriegsheer. Furchtlos tritt er einher. Statt einer ehernen Mauer Dient ihm, vor keiner Schuld zu erblassen, vor keinem Verbrechen. Selig ist er. Der Eymer der Freuden leeret sich nimmer, Nimmer der Becher lieblicher Kühlungen, welcher ihn labe, Wenn ihn die Schweisse der Tugend ermatteten, weil er die Lasten Seiner Brüder, und eigene Lasten, zu treulich ge- tragen. Hehre Göttin, mein Herz entbrennt dir. Das glänzende Auge Weinet dir nach, o allmitleidige Freundin des Kummers. Schonend beschwichtigest du des Lebens schluch- zende Klagen. Über fliesst von Tröstungen Gottes dein goldener Becher. Süss ist dem Gramerschlafften, an deinem Busen zu athmen, Lieblich dem Jammermüden, in deinen Armen zu schlummern. Tugend, Tugend, der Gottheit Funke, Fackel des Himmels! Wehe mir, heilige Flamme, voran auf nächtlichem Pfade, Dass nicht irre die täuschende Nacht den zweifeln- den Wandrer. Tugend, Tugend, der Menschheit Glorie, Lä- cheln des Geistes, Nieversiegender lauterer Quell der lautersten Freu- den, Einziges, was hienieden nicht Tand, noch Täu- schung, noch Traum ist, Einzige, deren Genuss nicht Reue gebieret, noch Ekel, Einzig unabhängige Seligkeit, immer dir selbst gleich, Nimmer ändernd, und nimmer alternd, und nimmer ermüdend, Unaussingbare Würde des Geistes, Leben des Le- bens, Thätig wie Frühling, gewaltig wie Jugend, süss wie die Liebe, Wollest dich, Heldin, erbarmen des rastlos schwär- menden Jünglings Wollest letzen an deinem Busen sein Dursten und Schmachten, Wollest ihn lullen in deinem Schooss in heilenden Schlummer. Hab' ich dir nicht, wie der Amme der Säugling, entgegengezappelt? Hab' ich dir nicht entgegengedurstet, wie Auen dem Regen? Hab' ich nicht fest an dir gehalten im schütternden Sturme? Wollest nicht von dir stossen, o Gute, den flehen- den Waller! Wollest ihn bergen und retten bey dir, damit ihn der Jugend Leidenschaftliche Gluth nicht entnerve, damit er nicht ewig Nach verwehetem Rausch hinstarr' in grässliche Kälte! Wollst aufhauchen in seinem Innern dein heiliges Feuer, Dass er Flüge des Adlers auf Sonnenbahnen er- fliege! Wollest ihm reichen dein Schwert, ihm gürten die rüstige Lende, Dass er steh' ein freudiger Held in Schlachtenge- tümmel, Dass er trotz' an deinem Busen dem Neide des Schicksals, Dass er vergesse bey deinem Kuss, in deiner Um- armung, Was er an Ida verlor, dem Mägdlein mit Son- nenlocken, Süss wie Lilienduft, und rein wie Lilienblüthe! — Heimische Erde, du bist der Gräber Heimath. Des Wandrers Fusstritt schwindet spurlos dahin. Sein Name ver- hallet, Wie der Gesang des Vogels im Walde. Die Winde des Himmels Kämpfen um seinen Staub. Ach, tröste mich, ewige Tugend, Tröste mich, wenn mich umrauschen des Todes nächtliche Flügel, Wenn mich, ein Meuchelmörder, ergreift der Ge- danke des Tilgens Aus der Lebendigen Land', und aus der Seele der Lieben — Tröste mich, himmlische Tugend, mit deiner ewi- gen Schöne! Ewig ist Tugend. Ihr Strahl erlischt, ihr Leben verwelkt nicht. Werde laut, mein Gesang, wie Erndtegejauchz, wie Siegsruf Nach bestandenem heissen Schlachttag. Stürme die Harfe Mächtig hinab in vollen Griffen, und singe der Tugend Ewige Schöne, dass kaum die bebenden Saiten es tragen. Ewig ist Tugend. Ihr Leuchten erlischt, ihr Leben versiegt nicht. Sieh, es verwelkt, es verweset der Blumen des duftigen Kranzes, Welche die Stirn' ihr schatten, nicht Eine. Der hellen Juwelen Ihres Sterndiadems verblasst in Ewigkeit keine. Sieh, in der Ewigkeit nimmer ermessenem, nimmer beschifftem Ocean treiben die Zeiten und drängen sich Wog' auf Woge. Schau, wie fluthen die Hundert! wie rollen die tausendmal Tausend Brausend dahin, und reissen hinweg in wirbelnden Strudeln Alles, was ist, und war, und seyn wird! — Nur die Gottheit Bleibt, wie sie ist und war, und der Gottheit Tochter, die Tugend. C Horch, wie ächzet, wie stöhnt des Weltalls mächtige Axe! Schau, es brechen die Angel der Erde. Die Sparren des Himmels Krachen. Der Feste lasurene Wölbungen trümmern. Der Himmel Krümmet sich in Gebärerinwehen, ermannet sich, schüttelt Sonnen und Erden und Sterne hinunter. Die tau- melnden Welten Stürzen zusammen in Schutt und Graus. — Die göttliche Tugend Flüchtet die scheiternden Trümmer hindurch, durch die stiebende Asche, Durch der berstenden Balle Geschrey, und die wehenden Flammen Hoch hinauf zum Stuhle des ewig lebenden Vaters. Und der ewig liebende Vater breitet die Rechte Schirmend über sie aus. Sie küsst die Rechte des Milden, Der sie umfängt mit dem waltenden Arm, mit am- brosischem Kusse Sie begrüsst, und sie birgt in seinem sicheren Schoosse. Vanini's Hymne. D urchweht von Dessen Odem, der ewig lebt, Von dessen Gluth gezündet, der nie erlischt, Entbrennt die Seele, schwingt den Fittig, Steiget in nimmererflogne Höhen, Und strebet mühsam aufwärts zum Throne Dess, Den keine Zunge nannte, kein Hymnus sang, Den keine Schranke gränzt noch enget, Nicht des Beginns, noch des Endens Schranke. Er ist der Wesen Urgrund, und ist ihr Ziel, Sein eigner ewger Urgrund, sein eignes Ziel, Beginnt, begränzt, beschränkt sich selber, Gränzenlos zwar, und beginn- und endlos. C 2 Ganz, ungetheilt, untheilbar, und unverrückt, Erfüllt sein Wesen jeglichen Atomus Des ungemessnen Raums und jeden Stiebenden Tropfen des Zeitenstromes. Ihn decken hohe Tempelgewölbe nicht. Ihn fassen nicht die Himmel, die Erden nicht. Frey, unumhüllet, ungefesselt Waltet und herrscht er im grossen Alle. Sein Will' ist That. Wer steuert dem Mächtigen? Wer hemmt den Unrückrufbaren? Gross ist er Und gut; nicht mit der Messkunst Grössen, Nicht mit der Güte der Sittenlehren. Stracks, flugs, im Hui geschiehet, was er gebeut. Das Weltall schlief des eisernen Nichtseyns Schlaf. Er rief: Erwache! Schnellerwachend Rafft' es sich auf, und erstaunt' und kniete. Sein alldurchdringend Auge durchschaut das All, Und hegt und trägt, bewahret und wärmet es. Allmächtig herrscht sein Wink, allmächtig Waltet des Schrecklichen hohe Brane. Dich fleh' ich, Guter! lächel' auf mich herab! Mit Demantketten binde mich fest an dich! Bey dir, bey dir ist volle Gnüge, Einzig bey dir, und bey keinem andern! Wohl dem, der dich ergreifet, an dich sich hängt, An dich sich innig schmieget, dich fest umflicht! Dich habend, Vater, hat er alles, Alles, was sättigt, und was beseligt. Du, du entzeuchst dich keinem, der dein bedarf. Freywillig schenkst du jeglichem jegliches. Dich selbst, der war, und ist, und seyn wird, Ewiger, schenkst du dem frommen Fleher! Du bist dem Müherliegenden Nerv' und Mark, Und bist dem Klippenscheiternden Bucht und Port, Und bist der durstgeborstnen Lippe Lechzender Wanderer Quellenkühle. Du bist der Arbeitseligen süsse Ruh, Bist unsren Busen Frieden und Freudigkeit, Bist jeder Schönheit Urgebilde, Jeglicher Treflichkeit ewge Urform, Bist Zahl und Maass, und Zirkel und Harmonie, Und Pracht und Ordnung, Hoheit und Majestät, Bist unsre Wonne, unsre Wollust, Unsre Ambrosia, unser Nektar. O du, der Wahrheit Richtscheid, des Rechtes Norm, Des Guten Bleyschnur, heiliges Urgesetz, Du unsre Hoffnung, unsre Weisheit, Leuchtende Fackel des irren Geistes, Glanz, Lichtstrahl, Würde, Hoheit, wie sing' ich dich! Licht, Liebe, Leben, Labsal, wie feyr' ich dich! Der Summen Summe! All des Allen! Einziger, Ewiger, Grösster, Bester! Miltons Hymne. D ieses sind deine herrlichen Werke, Vater des Guten! Allgewaltiger, dein ist dieser strahlende Weltbau, Wie so schön geschaffen von dir, o Wunder- schöner! Unaussprechlicher, zwar du wohnst hoch über den Himmeln! Unsre Augen erreichen dich nicht. Dort dämmert der Abglanz Deiner Herrlichkeit uns in deinen niedrigsten Wer- ken — Niedrig, doch preisen die niedrigen auch mit tau- send Stimmen Deine unendliche Kraft und unergründliche Milde. Redet, ihr vermögt es am besten, ihr Söhne des Lichtes, Engel, ihr schauet sein Antlitz! Ihr strömet melo- dische Chöre Rings um seinen umjauchzten Thron! Ihr feyert in Tagen Sonder Nächte sein ewiges Lob! Vereint euch, vereint euch, Himmelbewohner, Erdgeborne, vereint euch und preist ihn, Ihn zuerst! zuletzt! zumittelst! und ewig, ewig! Schönster der Sterne, du letzter des Nächte- durchfunkelnden Reigen, Der du krönest den lächelnden Morgen mit golde- ner Krone, Der du lenkest der Dämmerung nebelhauchende Rosse, Tagesverkünder, preis' ihn in deiner heiligen Sphäre! Preis' ihn im werdenden Tag', in der süssen Stunde der Frühe! Sonne, du Seele, du Auge der Welt, du Hohe, du Grosse, Preis' ihn; denn er ist grösser, als du! Mit tö- nendem Schwunge Preis' ihn in deinem ewigen Lauf, wenn du steigst, wenn du sinkest, Und wenn du strahlst herab vom hohen Bogen des Mittags. Mond, der du itzt der kommenden Sonne be- gegnest, den Heerzug Itzt der Sterne beginnst in ihren rollenden Kreisen; Ihr fünf wandernden Balle, die ihr zum Liede der Sphären Heilige Tänze tanzt: in euren Tänzen und Liedern Feyert Den, der das Licht aus des Dunkels Busen hervorrief! Blaue Lüfte, und ihr, der allgebärenden Mutter Älteste Kinder, ihr uranfänglichen Stoffe, die, rastlos Zirkelnd, in mannigfaltigen Weisen verquickt und verschmolzen, Alle Dinge gestalten und bilden: so oft ihr euch ändert, Ändert des Ewigen Lob in mannigfaltigen Weisen. Nebel und Dünste, die ihr den Hügeln, den Seen entschwebet, Dunkelgelockt, vergoldet die Säume vom Strahle der Sonne, Schwebet empor zu Ehren des grossen Weltenge- bieters! Deckt mit trübem Gewölk den eingeschleyerten Himmel, Tränkt die lechzende Erde mit fallenden Regen- schauern, Steigt oder fällt! Nur fördert des Ewiglebenden Preise! Winde, wehet sein Lob aus allen Strichen des Compass! Rauscht es laut oder leis'! Ihr Tannen, neigt ihm die Wipfel; Neigt ihm die Wipfel, ihr Zedern, und huldigt eurem Ernährer! Brunnen und Quellen und rieselnde Bäch', ihr fliesset und murmelt Melodieen im Fliessen! Dem Ewigen murmelt ein Preislied. Alle ihr lebenden Seelen, vereinet die Stimmen! Ihr Vögel, Die ihr des Himmels Pforten erfliegt mit frohen Ge- sängen, Flügelt sein Lob empor mit euren Schwingen und Stimmen. Die ihr die Wasser durchschwimmet, und die ihr die Erde bewandelt, Die ihr schreitet stattlich daher, die ihr wühlet im Staube, Zeugt mir, ob je ich schweig', ob je des Mor- gens, des Abends, Je die Hügel, die Thale, die Quellen, die säu- selnden Schatten Mein lautschallendes Lied nicht lehre Lobpreisungen Gottes! Heil dir, Herr der Welt! und sey uns gnädig, Gebieter! Gutes wollest du uns bescheren, und so sich was Böses Hat im friedlichen Schoosse der Nacht zusammen- gerottet, So verstreu' es, wie itzt das Licht das Dunkel verstreuet. Thomson's Hymne. S o rollt in nimmermüdem Reihentanz, So ändert sich das Jahr, und mannigfach Verklärt sein Wechsel, grosser Vater, dich. Im holden Frühling webet überall Dein zarter Liebesodem. Weit und breit Ergrünen die Gefilde. Wohlgeruch Durchweht die Luft. Der Berge falbes Moos Wird jung. Das Waldthal lächelt. Freude strömt Und Leben sprüht in jedes offne Herz. Doch voller noch, und noch gewaltiger Verklärt, o Gott, sich deine Glorie In schwüler Pracht des Sommers. Mächtig reift Der Sonne kochend Feuer Obst und Korn. Oft hören wir in lautem Donner dich, In sanftem Lispeln oft, um Mitternacht, Wann sinkt des Abends und der Frühe Thau. Der Herbst erscheint. Nun öffnet mildiglich Sich deine Hand und spendet Segen aus. All Auge harret dein. All Leben speist Und sättigt sich an deinem reichen Tisch. Im Winter, Ewger, wie so feyerlich, Wie furchtbar ist dein Kommen! Sturmesnacht Und Wolkendunkel hüllen deinen Thron. Auf Wetter rasselt Wetter. Hagel rauscht Vor Wirbelwinden her. Gewaltig fährst Du auf der Winde Wagen. Bange knieet Die Welt, und schaut dir stumm und schweigend nach. Geheimnissvoller Reigen, welche Kraft Hat dich geschürzet? Welche Meisterhand Hat dich mit so viel Kunst und Lieblichkeit, Hat mit so sanften Übergängen dich Verschmolzen in einander? Alles stimmt Zu Einem grossen Ganzen. Alles reisst Den Geist mit sich in schnellem Fluge fort. Zwar wandelt oft, des Feldes Thieren gleich, Der Mensch gedankenlos die Wunder durch, Vernimmt sie nicht, verkennt die Meisterhand, Die Welten wägt, und Himmelssphären wälzt, Der Erde nie enthüllte Schooss durchwirkt, Im Frühling Millionen Keime schafft, Die Keime schwellt durch heisse Sommergluth, Mit ihren Früchten uns im Herbste speist, Und stürmend dann das Jahr in Schlummer wiegt. Vernimm es, du Natur! Ihr Leben all, Vernehmts, so weit der Himmel euch umspannt! Vereint euch, anzubeten! Flammend steig', Und lodernd euer Loblied himmelan! Die ihr den Hayn durchflistert, flistert ihm, Ihr Abendlüftchen, leises Lob! Er ists, Dess Geist in eurer frischen Kühle weht. Erzählt von ihm dem ahndungsvollen Hayn! Erzählt dem Fichtenwald, der übern Fels Hochrauschend braune Schauerschatten wirft. Ihr, deren kühnre Stimme ferne tönt, Die ihr die Welt in Schrecken brüllt; empor, Ihr Stürm', empor schwingt euer wildes Lied Zu Dem, der euch die Macht zu toben gab. Preist ihn, ihr Flüsse! Bächlein, bang und scheu, Verschweigt sein Lob dem stillen Wandrer nicht! Ihr Ströme, königlich und stolz und wild, Ihr sanftern Wellen, die ihr durch das Thal Bescheiden rieselt. — Majestätisch Meer, Du Welt verborgner Wunder in dir selbst, Lobsing, lobsing' ihm laut! Er ruft: „Erbrüll!“ Und du erbrüllst! „Erstumm!“ und du erstummst! Ihr Kräuter, Pflanzen, Bäume! Duftgewölk Entwall' euch, süsser Weihrauch vor dem Herrn! Denn seine Sonne kräftigt euch. Sein Hauch Entsäuselt euch. Sein Pinsel mahlet euch! Beugt euch, ihr Wälder! Saaten, neigt euch ihm, Und haucht Entzücken in des Schnitters Herz, Indem er heim zur lieben Hütte wallt, Indem ihn heimgeleitet Gottes Mond. Die ihr am hohen Himmel wacht, dieweil Die Erde sorglos schlummert, funkelt schön Ihr Sterne! Überstrahlt der Sterne Glanz, Und rührt die goldnen Harfen, Seraphim! Quell alles Lichts, des Schöpfers schönstes Bild Hienieden, Born der Leben überall, O Sonne, Buchstab sey dein bleichster Strahl Im grossen Buche der Natur! Es sey Des Buches Thema Eines: Herr, dein Lob! Der Donner rollt. Knie nieder, Welt, und horch! Von Wolk zu Wolke rollt der hohe Psalm. Ertöst in euren Schachten, Berge! Kracht In euren Festen, Felsen! Dumpfes Thal Hall wider seine Stimme. — Nah ist, nah Der grosse Hirte, nah sein selig Reich! Erwacht, ihr Wälder all! Dem Hayn, dem Forst Entströme gränzenloses Lob! Und wann Der laute Tag verstummt, die Wache Welt Müd niederschlummert, süsse Nachtigall, O, so entzücke du die stille Nacht, Und lehr' die Dämmrung deines Meisters Lob. Vor allen ihr, für die die Schöpfung lacht, Ihr, aller Dinge Zunge, Herz und Haupt, Krönt, Menschen, krönt den Psalm! Versammelt euch In euren stolzen Münstern, Städter; schlagt Die feyerliche Orgel; stimmet an Den heil'gen Chorgesang, und jedes Herz Entzünde sich, und jedes Herzens Flamm' Ergreif die Schwesterflamme, lodre hoch Zum Herrn empor ein allgemeiner Brand! Und decket euch ein ländlich Schattendach, Ergreift Anbetung euch im düstern Hayn, So weckt auch dort des Schäfers Flöte, weckt Der Jungfrau Lied, des Dichters Saitenspiel! Ein Seraph flistr' euch zu, und euer Psalm Sey Gott der Herrscher, der die Zeiten misst. O Lob des Herrn, vergess' ich deiner je, Mag blühn des Lenzes Blume, mag der Strahl Des Sommers flammen, mag der milde Herbst Begeisternd schimmern, mag im kalten Ost Der Winter thürmen sein umstöbert Haupt, Vergess' ich deiner je, o so erstumm', Entzückte Zung'! Erlahme, Phantasie! Hör' auf zu schlagen, undankbares Herz! Und bannte mich des Schicksals strenger Schluss An einen fernen unbewohnten Strand, An nie besungne Ufer, wo die Sonn' Hindostans Berge steigend röthet, wo Ihr schräger Abendstrahl auf Inseln streift In unbeschifften Meeren — Immerhin! Allgegenwärtig ist, und allgefühlt, Allsichtbar und allhörbar ist mein Gott In dir, o wilde Wüste, wie in dir, Volkreiche Königsstadt. Sein Odem weht, Und schafft der Freuden Fülle überall. Und wann dereinst die letzte Stunde schlägt, Die meinen Geist zum wunderbaren Flug In jene Welt beschwingt; wie will ich da Mich freuen, will mit neubeschwingter Kraft Die neuen Wunder singen! Kann ich seyn, Wo nicht in ihrem Schooss mich wärmt und wahrt Die ewge Liebe, die die Welten trägt, D Die scheinbar'm Übel ächtes Gut entlockt, Dem Guten Bessres, und dem Besseren Noch einmal Bessres, bis das Beste wird Von Ewigkeit zu Ewigkeit! — Doch ach! Mein Geist erliegt des Unaussprechlichen, Des Unaussingbar'n nie erreichtem Lob. Komm, ausdruckvollres Schweigen, feyr' ihn du! Frühpsalm. H allelujah! Wie schimmert die Morgenwelt! Hallelujah! Wem jubelt ihr Frühgesang? Wem dampfen, Wiese, deine Nebel? Fluren, wem athmet ihr euren Weihrauch? Wem saust der Ostwind Hymnen im Tannenwald? Wem lallst du, fromme Lerche, dein Morgenlied? Wem schwirrst du, grünlichgoldner Käfer? Sonne, wem tanzest du deinen Reigen? Dem Unsichtbaren, welchen kein Aug' erspäht! Dem Unhörbaren, welchen kein Ohr erhorcht, Dem Allgefühlten, Allgeliebten Jubeln die Preise der jungen Schöpfung! D 2 Hallelujah! Erhabner, ich sah dich nie! Hallelujah! Verborgner, du riefst mir nie! Doch klopft dir jeder meiner Pulse, Schüttert dir jegliche meiner Nerven! Einst geht ein andrer Morgen, ein schönerer, Mir auf, ein ew'ger Morgen. — Ach, werd' ich dann, Sprich, Vater, werd' ich dann dich schauen, Welchen zu schauen mein Geist verschmachtet? Das Wehen des Allliebenden. W as stürmst du, meine Seele? Was flammst du, Ewige? Woher dein durstig Sehnen? Woher dein folternd Weh? Die grauen Hügel dämmern, Die Fluren duften Ruh — Doch unauslöschlich schmachtest, Und rastlos schwärmest du! Ist Thatendurst dein Dursten; Durst nach Unsterblichkeit? Auf, gürte dich, und handle! Die Bahn ist gross und weit! Ists Durst nach schnödem Golde? Vergib! Ich wusst' es, nie, Nie beugtest du dem Götzen, Unsterbliche, das Knie. Bist du es, Auserwählte, Die dieses Schmachten meint? Du, die des Nachts dem Träumer, Dem Träumer Tags erscheint? Nein, nicht dem Staub' entflammet, Was diese Leere füllt. O, sagt mir an, o nennt mir, Was dieses Lechzen stillt! — — So rufend, sank ich nieder, Und stiller ward das Still. Es schwieg das Hayngeschmetter; Es schwieg das Sumpfgeschrill. Leishorchend hingegossen Lag ich am Blumenrand Des Bachs. Des Halbmonds Sichel Erblinkt', erblasst', und schwand. Und dunkler ward das Dunkel Ein leises Flistern rann Durch Schilf und Busch und Saaten; Mich wehten Schauer an Es klang in meine Ohren, Süss, süss, wie Lautenklang — Woher, woher, o Stimme, Die mir das Herz durchdrang? — „Nicht ist es Durst nach Schätzen, „Nicht nach dem Lob der Welt, „Nicht nach der Auserwählten, „Was dir den Busen schwellt. „Es ist — Hinweg vom Auge „Die Binde! Weg vom Ohr „Die dicke Haut! — O Blöder, „Schau um dich! schau empor! „Siehst du des Spätroths Gluthen? „Des Waldes Düstergrün? „Die Gräser und die Blumen, „Die duftend um dich blühn? „Hörst du der Wachtel Schmettern? „Siehst du im Gras, im Moos „Das fröhliche Gewimmel „Der Leben klein und gross? „O Blöder, o Betäubter, „Dich formt' aus feinerm Thon „Die Hand, die alles formte; „Und du verkennst sie schon! „Es hängt vor deinen Blicken „Des Stoffes dichter Flor. „Hinweg, hinweg vom Auge „Den Staar, die Haut vom Ohr! „Er, den dein Herz verkennet, „Und doch mit Inbrunst sucht, „Er ist von dir nicht ferne! „Wer treu und redlich sucht, „Mag leichtlich ihn gewahren. „Er schwebet um dich her „Im Frühroth und im Spätroth, „Zu Land' und auf dem Meer! „Ihm, ihm, du Vielbegabter, „Entflammst du, ihm allein! „Ihn meint dein heisses Schmachten! „Ihn ruft dein lautes Schreyn! „Dein Geist, den Ursprung ahnend, „Verachtend Erdenleid, „Verschmähend Erdenwollust, „Heischt reinre Seligkeit. „Bey Ihm, bey Ihm ist Letzung. „Sein Nam' ist Wunderbar, „Sein Wesen Lieb' und Leben, „Sein Wann ist Immerdar, „Sein Wo ist Allenthalben, „Sein Ebenbild bist Du! „Sey stolz auf dich, mein Bruder! „Du bist sein Abglanz, du!“ So sprachs; und Bind' und Decke Entrollten meinem Blick. Ich sah' es um mich schimmern, Und bebte bang' zurück. Nicht wagte der Verzagte Noch einmal aufzusehn; Doch hört' ich seine Stimme Im Abendsäusel wehn. Nun knie't' ich, anzubeten, Ins Gras. Wie feyerlich War mir! wie unaussprechlich! Wie brannt', wie schauert' ich! Ich hab', ich hab' dich funden, Dich, Wunderbarer, dich, Und nie will ich dich lassen — Ach segne, segne mich! Orpheus Hymne an die Natur . O Natur, allwirkende Göttin', allsäugende Mutter, Erste, Älteste, Letzte, Ehrwürdigste, Oberste Aller, Herrscherin, Königin, Weltbezwingerin, Nimmer- bezwungne, Nimmerbezwingbare, Nimmerzerstörbare, Preisliche, Hohe, Heilige, Heimliche, Nächtliche, Freudige, Strah- lende, Hehre, Die du wandelst leisen Schrittes verborgene Pfade, Die du zeichnest den leisesten Schritt mit Thaten und Wundern, Keusche Götterdienerin, nimmerendendes Ende, Die du jeglichem Freude gewährst, und begehrst sie von keinem, Vater- und Mutterlose, doch Aller Vater und Mutter, Starke, Gewaltige, Kühne, Erhabenste, Höchste der Kräfte, Duftige, Liebliche, Labende, Freundliche, Künst- liche, Weise, Zeugerin, Hegerin, Pfleg'rin, Erzieherin, Wär- terin, Amme, Heldin, Huldin, Dichterin, Rednerin, Meisterin, Fürstin, Die du waltest im Himmel, und schaffst auf der Erd' und im Meere, Bitter dem Bösen, und süss dem Guten, und gnä- dig dem Frommen, Die du Alle belehrst, und Alle bedenkst und er- nährest, Die du alles besamest, und alles gestaltest und bildest, Alles entwickelst und alles vollendest, und alles zerstörest, Alle Keime reifest, und die gereiften verstreuest, Mutterbusen schwellst, und kreissende Schöss' ent- bindest, Ewig rastlos kreisest in ewig wirbelnden Strudeln, Allgefällig dich fugst in tausendfache Gebilde, Hoch auf Thronen sitzest, und Recht und Gerech- tigkeit aussprichst, Über Gebieter gebeutst, und über die Mächtigen Macht übst, Alles bändigst und Keinem bebst — Allwaltendes Schicksal, Nieversiegendes Leben, und nimmerschlummernde Vorsicht — Alles ist dein, dieweil du alles gebarst und er- zogest! O, so fleh' ich dich, Göttin, du wollest mir selige Stunden, Frieden gewähren und Ruh, und guten gedeihlichen Wachsthum. Orpheus Hymne an den Mond . H öre mich, Königin, Göttin, du freundliche Schöne des Himmels, Luftdurchwandlerin, Dunkelerleuchterin, Sterne- regentin, Nimmerermüdende Pilgerin, nimmer verlöschende Fackel, Ewig neugeboren, und ewig alternd und sterbend, Männliche, Fräuliche, Glänzende, Herrliche, Schim- mergelockte, Stralenverspenderin, Rossetummlerin, Mutter der Zeiten, Alles belauschende Wächterin, Tänzerin himmli- scher Tänze, Die du wandelst so gern in stillem traulichen Dunkel, Die du leuchtest so gern, so gern erquickest und segnest, Die du führst im Triumph der Sterne jauchzende Reigen, Lichtumgürtet, umwallt vom weiten silbernen Mantel — Komm, Holdselige, komm' in deiner Schöne, du Gute, Und mit mildem Strahl erfreue den flehenden Waller. Orpheus Hymne an den Schlaf . S chlaf, du aller Seligen, aller Sterblichen König, Alles Lebendigen Herr, was die weite Erd' er- nähret, Der du alles besuchst, und alles besiegst und be- zwingest, Alles Leben umspinnst mit leisefesselndem Netze, Alle Sorgen linderst und endest jede Beschwerde, Allen Jammer lullst in stillen heiligen Frieden, Der du stärkest den Geist, und beschwörst das Grauen des Todes, Deines leiblichen Bruders, und deiner Schwester, der Lethe — Höre mich, Seliger, komm' in deiner freundlichen Milde, Komm' und umflügle mit kühlendem Fittig den frommen Fey'rer! Dem Unbekannten. R uhst und rastest du denn nimmer, erhabene Grosse Mutter Natur? Schlummert die Schnell- kraft nie, Die den Schooss dir befruchtet, Die die säugende Brust dir schwellt? Von dem mattesten Strahl, welcher den Morgen färbt, Regt die Rüstige sich, schafft und zerstört und wirkt, Bis die blasseste Rose In den Locken des Abends welkt — Auf thauduftender Flur schlummert die Mitternacht. Seine wolkige Bahn wandelt der müde Mond. Ringsum gähnet die Schöpfung; Rastlos waltet die Schöpferin, E Schwirrt im flisternden Schilf, plätschert im Rohr des Sumpfs, Tränkt die Saaten mit Thau, duftet im Fliederbusch, Gurgelt heiser im Frosche, Flötet gellend im Wachtelschlag; Summt im blühenden Baum aus den Zehntausenden Goldner Käfer, beseelt Völker von gaukelnden Mücken, schrillt in der Grille Flügel, donnert im Wasserfall, Thürmt am Saume des Süd Wolken wie Berg' empor, Wälzt die Berge daher, prasselt aus kämpfenden Wolken, zuckt in der Leuchtung, Stürmt im brausenden Wirbelwind. Die du, heilige Kraft, brünstig das All um- schlingst, Alles Leben gebierst, alles Geborne nährst, Unbekannte, wer bist du? Nieerlauschte, wo wirkest du? Durch die Adern des All spritzest du flammend Blut, Kochst in Schachten das Gold, rüttelst den Ocean, Wölbst Basalte zu Domen, Höhlst kristallene Grotten aus. Aus dem Staube herauf rufst du die Pflanzen- welt. Säuselnd wallet die Saat, säuselnd der Eichenwald. Sonnan rauschet die Zeder, Würzig duftet das Veilchenthal. Stoffen gibst du Gestalt, gibst dem Atom Ge- fühl, Jubel füllen den Busch, Jubel die blaue Luft. Schau, es wimmelt im Tropfen, Schau, das Sandkorn bevölkert sich. Leben, nimmer gezählt, preisen dich, Künst lerin, Leben jeglicher Art, Kondor und Colibri, Strausspolype und Flusspferd, Riesenmuschel und Räderthier. Aber lauter, denn sie, preist dich des Menschen Geist, Dich der Kante Vernunft, dich der Gesang Homers, Dich der Zirkel des Newton, Dich der Pinsel des Raphael. Ahnd' ich Wahrheit? Bist du jenes unendliche, Unergründliche Ding, welches des Denkers Loth Zu ergründen, der Hymne Flug umsonst zu erfliegen strebt? E 2 Bist du Gottheit? bist du's, welchen die Myrias Menschenzunge besingt, den der Mäander Zeus , Den der Jordan Jehovah , Den Isuren der Ganges grüsst? Schwindelnd steh' ich am Saum deiner Unendlich- keit! Eines ahnd' ich: Ich bin deiner Unendlichkeit Mitgenosse, bin Tropfe Deines stiebenden Flammenborns. In des flammenden Borns Silbergeriesel fliesst Einst der Tropfe zurück, freut sich der Einigung, Und verschmilzt in der Welten Allumgürtenden Ocean. Das Blättchen. An Emma . H orch, wie sauset der Wind in deinem vertrau- lichen Garten! Schau, wie schüttelt sein Hauch Von den Bäumen die letzten, die gelblichen Blätter herunter. Siehe, wie treiben sie stumm Auf dem Boden umher, die bebenden schüchternen Blättchen, Weiland die Krone des Baums. — Haben dich oft so sanft in luftigen Schlummer ge- säuselt, Haben dich oft aus der Ruh Aufgerauscht, und wieder in melancholische Stille Freundlich niedergewiegt. Arme Blättchen, ihr werdet nun ferner in Schlum- mer und Wehmuth Emma nicht säuseln. Ihr rollt Hoch in der brausenden Luft, und bald verwes't ihr, und stiebet Staub im Aether umher. Emma, ich irr' hinauf und hinab im schaurigen Garten, Wühl' im raschelnden Laub, Und es hüllet mir Dämmrung die Seele, Dämmrung das Auge. Denn es prediget mir Jedes welkende Blatt und jedes sterbende Gräschen: „Einstens grünt' ich, wie du! „Einstens welkst du, wie ich. Wie Gras auf dem Felde sind Menschen, „Grünen und welken, wie wir.“ Rauschendes Blättchen, du irrst. Du täuschest dich, welkendes Blättchen; Denn ich bin nicht, wie du. Zwar ich werde verwelken in meiner grünenden Jugend. Jünglingsstärke zerschillt; Mädchenschöne verblüht. Wir welken, wie Gras auf dem Felde; Aber wir welken nicht ganz. Freudig entschwingt sich dem Graus der Verwesung die ewige Seele, Schwebet jubelnd empor, Lebet von Äon zu Äon. Die morsche gebrechliche Hülle Welkt und verwes't, wie du! Seufzest du, sterbendes Blättchen? Mich dünkt, du seufzest im Winde Über dein nichtiges Loos. Blättchen, du seufzest mit Recht. Geh, klag' es dem ewigen Vater! Er trägt Stern' und Staub, Seinen herrlichen Cherub und seine verduftende Blume, Und den verschmachtenden Wurm, Und dich, seufzendes Blättchen, er kennt und wärmet euch alle In dem seligen Schooss, Liebt euch und labt euch, und wird sich deines Seufzens erbarmen, Wie er sich aller erbarmt. Rauschendes Blättchen, wo schwebest du hin? Der reissende Ostwind Wirbelt dich hoch in die Luft, Höher und immer höher. Du schwindest dem Blicke; das Auge Sieht dich nicht ferner. — Doch zuckt Mir durch die Seele, wie Blitz, ein lichtes, ein tröstendes Ahnen: Gott trägt Stern' und Staub, Sonnen und Monden und Würmchen an seinem er- quickenden Busen, Wahrt und wärmet sie treu, Und erbarmt sich ihrer Seufzer. Sie seufzen um Leben, Dass der vernichtende Arm Sie nicht ergreife, dass sie der tausend tausendmal tausend Rollender Jahre Reih'n Leben mögen, und klimmen von Sprosse zu Sprosse der Leiter, Die die Geschaffenen trägt, Bis sie die oberste Stuf' erklimmen, des Endlichen Gränze. Freue dich, welkendes Blatt! Kehrest wieder im Lenz als schönste Rose des Gartens, Duftest den Sommer hindurch, Blühst und erblassest, und welkst, und um dich trauert das Mädchen, Der du am Busen verwelkst. Lass sie trauern, und traure nicht mit. Im kehren- den Frühling Hört sie dich einsam im Busch Eine Nachtigall klagen, und weinet dir Thränen der Rührung. — Zwar auch die Nachtigall stirbt; Aber es keimt aus der Nachtigall Asch' ein blühen- des Mägdlein, Edel von Anstand, von Wuchs, Schlank und zierlich, wie unter den Blumen Emma einhergeht. Sey mir, schlanke Gestalt, Sey mir gegrüsst! — Auch du wirst sterben — nicht sterben — nur reifen Wirst du, holdes Gebild, Reifen vom Mädchen zum Engel, vom Engel zum Seraph. — Dem Kühnen Schwindelt — o schone mein! Schon' und hemme die wiehernden Rosse des Wa- gens, Begeistrung, Dass nicht ihr sausender Flug In der Unendlichkeit Strudel mich reisse, die zornigen Strudel Mich erfassen und tief Aus der sonnigen Höh', die strahlenden Sphären hinunter Schleudern ins donnernde Meer. Der Blumenstrauss. B lümchen, die ihr lieblich blühtet, Düfte hauchtet, Strahlen sprühtet, Blümchen, ach, ihr seyd verblüht! Eure Reize sind entwichen, Eure Schönheit ist verblichen, Eure Strahlen sind versprüht. Eures Kelches süsse Düfte, Ausgegossen durch die Lüfte, Schmeicheln keinem Wandrer mehr Eure goldbesprengten Glocken Kränzen keines Mädchens Locken, Schmücken keinen Busen mehr. Erdentöchter, Erdensöhne, Rühmet euch nicht eurer Schöne, Trotzet nicht auf eure Kraft. Jedes Daseyns Quell versieget, Jedes Athems Hauch verflieget, Jeder Stärke Nerv' erschlafft. Jüngling, dein gewaltig Leben, Deiner Kräfte rastlos Streben, Deines Stolzes Herrlichkeit Wird zerflattern. Starrend liegen Wirst du, fühllos für Vergnügen, Fühllos selbst für Lieb' und Leid. Mädchen, deiner Wangen Rosen Welken, und das süsse Kosen Deiner Purpurlippen schweigt. Deines Trittes Rehesschnelle Lähmt die Zeit. Die Frisch' und Helle Deines Angesichts verbleicht. Zeder, rausche nicht so prächtig Durch die Lüfte. Stark und mächtig Kommt der Sturm, der dich zerbricht. Steig', o Sonne! Sinke nieder! Einstens sinkst du, steigst nicht wieder, Kerzen gleich erlosch dein Licht. Mond, du wirst nicht ewig schimmern; Blaue Feste, du wirst trümmern; Sternensaat, du wirst verwehn. Was aus Moder spross, muss modern, Was der Asch' entglomm, verlodern, Was begann, muss untergehn. Untergehn? . . . Nein, untergehen, Gar verflattern, gar verwehen Mag aus Gottes Schoosse nichts. Altern, kränkeln, welken, sterben Mag es wohl; doch gar verderben, Gar verlieren mag sich nichts: Nicht die Asch' erloschner Sonnen, Nicht Gespinnst, vom Wurm gesponnen, Nicht des Baumes fallend Laub, Nicht zerborstner Welten Trümmer, Nicht verblichner Wangen Schimmer, Nicht verflogner Blumenstaub. Unverloren ruhet Alles, Stoff des Blatts, des Sonnenballes, In des Ewgen sicherm Schooss; Windet einstens aus dem Staube — Süsse Hoffnung! schöner Glaube! — Herrlicher sich wieder los. — Blümchen, die ihr hold und lieblich Gestern, blühtet, still und trüblich Heute welket — trauert nicht! Eurer Asch' entspriessen Keime, Himmelsblumen, Lebensbäume, Die kein Herbststurm knickt noch bricht! Edler Jüngling, sey nicht traurig, Wenn so früh, so dumpf und schaurig Dir die ernste Stimme ruft. Edler, kräftiger, verklärter, Liebevoller, liebenswerther, Überstrahlst du einst die Gruft. Mädchen mit der sanften Seele, Zittre nicht, die enge Höhle Langer Ruh' hinab zu sehn. Über Grab und Grabestrümmer Wirst du einst im Sonnenschimmer Himmlischer Verklärung stehn. Englisch wird dein Antlitz glänzen Kränzen wirst du dich mit Kränzen, Deren Rose nie erblasst. In den selgen Myrtenthalen, Horchend ewgen Nachtigalen Wirst du pflegen süsser Rast! Leibesschönheit bleibt dahinden; Seelenschönheit kann nicht schwinden, Grünt und blüht in Ewigkeit. Sanftmuth, Demuth, Unschuld, Tugend Kränzt mit immergrüner Jugend, Lohnt mit Himmelseligkeit. Erdenseligkeit vergehet; Himmelseligkeit bestehet. Hoheit, Schönheit bleibt zurück. Wie der Himmel unvergänglich, Wie die Gottheit überschwänglich, Bleibt der Tugend reines Glück. Was bleibet und was schwindet. E s rinnt der Sand der Stunden; Es rauscht der Jahre Flügel. Der Zukunft heilge Siegel Bricht jeder Augenblick. Wie Schlossen Schlossen jagen, Wie Fluthen Fluthen schlagen, So rollt der Strom der Zeiten; Kein Gott ruft ihn zurück. Es kreisst der Zeiten Strudel, Und reisst des Menschen Freuden Und seine tausend Leiden In seinen Schlund hinab. Hast du verjauchzt Secunden? Hast du verjammert Stunden? — Dein Jauchzen und dein Jammern Verschliesst das stumme Grab. Die Ros' erblüht am Morgen. Wie strömen ihre Düfte! Ihr Hauch durchwürzt die Lüfte; Am Abend welkt sie hin. Es lockt im Mayenschatten Die Nachtigal den Gatten. Der May entflieht, und traurig Erstummt die Sängerin. Hoch klingt des Dichters Harfe; Sie schmelzt die rohe Jugend, Entflammt zu hoher Tugend, Und stärkt zu Edelthat. Der Wandrer kommt im Lenzen, Sein grünend Grab zu kränzen — Umsonst! denn niemand kennet Des Edeln Ruhestatt. Von Durst nach Ruhm und Liebe, Vom Wein der Lebensfreuden, Vom Heldenmuth zu leiden — Wie flammt des Jünglings Blick! Vom Morgen saust ein Lüftchen, Vom Mittag weht ein Düftchen, Umhaucht den Starken — Plötzlich Erlischt sein Flammenblick! In ihrer Myrtenkrone, In lilienweisser Seide, In bräutlichem Geschmeide, Wem blüht die junge Braut? Es flammt die Mittagsschwüle, Es weht die Abendkühle — Und in die kalten Arme Nimmt Tod die holde Braut. Die Zeder trozt den Stürmen; Es trotzt der Fels den Wogen. Es fährt am Himmelsbegen Die Sonn' in stolzer Pracht. Die hohe Zeder splittert; Der stolze Fels verwittert. Einst sinkst du, goldne Sonne, Und kehrst nicht aus der Nacht. F Mit diamantnem Griffel Ward es in Erz geschrieben: „Was Staub ist, soll zerstieben; „Was athmet, soll verwehn; „Die vollste Kraft ermatten; „Der lichte Tag in Schatten, „Die Schönheit und die Jugend „In Moder übergehn!“ Welkt, Lorbeern meines Hauptes! Bekränzt mich, Weid' und Wermuth! Die Seele wölke Schwermuth, Das Auge Thränenfluth! Verblühn wird Idens Blüthe; Dein Blick voll reiner Güte, Ellwina, wird ermatten, Erlöschen meine Gluth! Klagt, Saiten, ächzt, ihr Weiden — Doch nein, erjauchzt in Psalmen! Rauscht, Edens ewge Palmen! Mag seyn, dass Staub zerstiebe! Eins, weiss ich, kann nicht sterben; Eins trotzet dem Verderben, Eins spottet der Verwesung — Ein Geist, der Tugend liebt! Ein Geist voll reiner Tugend, Voll Einfalt und voll Liebe, Bezwungen nie vom Triebe, Bleibt ewig jung und schön; Ist Hauch des Mundes Gottes, Ist Blirz der Flamme Gottes, Ist Abglanz seines Lichtes, Kann ewig nicht vergehn. Er stammt nicht von hienieden; Er wird nicht dir zum Raube, Verwesung, gleich dem Staube, Dran ihn sein Schöpfer band. Er sieht den Staub verfliegen, Den Sturmwind um ihn kriegen, Erhebt sich, mächtig, schwingt sich Hoch in sein Vaterland. Sein Vaterland ist droben. Dort leuchten andre Sonnen; Dort quillt ein Born von Wonnen, Die keine Reue trübt. In unbewölkter Klarheit Glänzt dort der Stern der Wahrheit, Der Schönheit Cynosura, Dem Geist, der sie geliebt. F 2 Dort werd' ich, meine Ida, Dafern du Tugend liebtest Und schöne Thaten übtest, Dich schimmernd wiedersehn, In lilienweisser Seide, In bräutlichem Geschmeide, In Myrten, welche duftig Dein goldnes Haar durchwehn! Da werd' ich wonnetrunken, Im Amaranthenkranze, In hochzeitlichem Glanze, Ellwinen wiedersehn, Fest an mein Herz sie schliessen, Sie Braut und Schwester grüssen, Und zwischen ihr und Iden Durch Edens Auen gehn. Wer sagt mir an: Wo wandelt, In welchen Blumenfeldern, In welchen Lorbeerwäldern Der Dichter selge Schhaar? Wo klingen Assafs Psalmen? Wo rauschen Miltons Palmen? Wo kränzet Cona's Sänger Sein silberweisses Haar? Es führt der Götter einer Auf raschem Zephyrflügel Mich über Thal und Hügel: „Hier wallt die selge Schaar. „Hier klingen Miltons Psalmen; „Dort rauschen Klopstocks Palmen; „Dort kränzt dem Sänger Cona's „Homer das graue Haar!“ Der edlen Sänger einer Entschwebt des Haynes Nächten, Führt mit der Strahlenrechten Mich zu der hellen Schaar. Mit trautem Brudergrusse, Mit heilgem Weihekusse Empfahn sie mich, und kränzen Des Blöden strömend Haar. „Nimm hin! Nimm hin die Harfe!“ „Vernimm der Flamme Prasseln, „Des Sonnenwagens Rasseln, „Der Wieh'rer Adlerschwung. „Nimm hin, nimm hin die Harfe!“ — Wie bebt, wie tönt die Harfe. Es braust von ihren Saiten, Wie Orionenschwung. Nun strömt des Hymnus Fülle Vom Lorbeerhügel nieder. Der Felshang tönt sie wieder; Es tönet: „Staub zerstiebet. „Doch ewig unvergänglich, „Doch selig überschwänglich „Bleibst du, o Gottgeliebter, „O Geist, der Tugend liebt! An Christiane von Smiterlöwe. K omm herab von deiner Klageweide, Meine goldne Harfe, du mein Ruhm, Meine Trösterin im Lebensleide, Meine Lieblingin, mein Heiligthum, Meine Sehnsucht, meine süsse Freude, Mein gewünschtes einzigs Eigenthum, Komm herab, und klinge lind' und leise, Süss, wie Kussgelispel, hold, wie Liebesweise. Dir, o Freundin, sey mein Lied gesungen, Die du liebst der Harfe Zauberklang! Gerne fühlt sich deine Brust durchdrungen Von der Dichter Weh- und Wonnedrang, Gerne deine Seel' emporgeschwungen Von des Psalters heilgem Weihgesang. Solche Seelen sind dem Dichter theuer, Solchen schwillt sein Herz, entbrennt sein schön- stes Feuer. Meines Blumengartens schönste Pflanze Brächt' ich gerne dir zum Opfer dar; Flöchte gern' aus meinem Dichterkranze Einen Lorbeer in dein blondes Haar; Führte gerne dich zum Reihentanze In der Grazien und Musen Schaar; Reichte gerne dir beym Göttermahle Der Unsterblichkeit kristallne Nektarschale. Doch ein Geist, durchglüht von Dichterfeuer, Ist nicht edler, als ein reines Herz. Edel, wie Gefühl für Harf' und Leyer Ist Gefühl für Menschenwohl und Schmerz. Theu'r dem Engel und dem Menschen theuer Ist ein zartes ungefärbtes Herz, Dessen Einfalt noch kein Wahn verschraubte, Dem noch Thorheit nicht die schöne Unschuld raubte. Schöner ist, als Klopstocks schönste Ode, Eine That der reinen Menschlichkeit; Sie beschämt den Putz der schönsten Mode, Lohnt mit himmlischer Zufriedenheit, Lächelt, wie ein Engel, Trost im Tode, Und geleitet in die Ewigkeit. Solcher Thaten viel dir zu erstreben, Freundin, sey dein Preis, dein Kranz, dein Heil im Leben! Sey geadelt mit dem grossen Namen: Menschenfreundin — durch ihn edel g'nug, Trüge gleich dein Schild nicht Helm und Fahnen, Die er schon seit sieben Säkeln trug; Wärst du gleich nicht aus des Helden Samen, Der den Löwen in der Wüste schlug. Menschenadel beugt nur Knie und Rücken, Während, Edle, dir die Seelen selbst sich bücken. Schonend decken seines Bruders Blösse, Sorgsam kühlen rascher Jugend Gluth; Muthig dulden harte Schicksalsstösse, Gross verachten blinde Bubenwuth; Giebet Seelenwerth und Geistesgrösse, Zeugt von Edelsinn und Heldenblut. Solchem Adel huldigt auch der Weise, Huldigen des Dichters auserwähltste Preise. Was ist Leibesschönheit? was ihr Prangen? Was ist Lilienhals und ringelnd Haar? Was sind Purpurlippen, Rosenwangen, Schwanenbrust und schimmernd Augenpaar? Blumen sind sie, gestern aufgegangen, Heut verwelkt, verstoben morgen gar. Unvergänglich sind des Geistes Schimmer; Seine Blüthe welkt, sein Kelch verduftet nimmer Reges Mittleid mit der Menschheit Nöthen Breitet Strahlen übers Angesicht. Eifer, den Bedrängten zu vertreten, Leiht auch matten Augen Glanz und Licht. Leuchtender, als alle Morgenröthen, Leuchtet, Menschlichkeit, dein Angesicht. Solche Schönheit ist die Lust der Geister, Ist des Erdenrunds, ist selbst des Himmels Meister. Soll ich denn dich schön und edel preisen, Holde Freundin, so sey tugendhaft! Willst du ernten Lob und Preis der Weisen, So besiege niedre Leidenschaft! Willst du graden Wegs zum Himmel reisen, Ringe wohlzuthun mit reger Kraft! — Schönern Inhalt kann mein Lied nicht singen, Süssern Klanges nicht die goldne Harfe klingen. Doch noch einmal, meine goldnen Saiten, Klingt und lispelt, süss, wie Brautgesang! Singt des reinen Herzens Seligkeiten, Dass von tiefempfundner Rührung Drang Thränen meiner Freundin Aug' entgleiten, Und sie hang' hinfort mit süssem Hang An der Tugend, wie am theuren Schatten Hangt der Übrigbliebne zwey getrennter Gatten. Gross ist auch schon in des Staubes Hütten, Gross und rein der Tugend Seligkeit. Zwischen Freud' und Weisheit in der Mitten Wandelt sie in lilienweissem Kleid. Überall auf ihren leisen Schritten Spriesst das Blümchen Herzensfröhlichkeit. Reichlich trinket sie des Kelchs der Liebe; Ihrer Freundschaft Wein wird nimmer schal und trübe. Süsses Labsal, reine Seelenweide, Saugt sie aus den Brüsten der Natur. Sieh, wie schmückt sich ihr im Feuerkleide, Sieh, wie lacht ihr die smaragdne Flur! Rosen spriessen ihr auf nackter Heyde; Liebend koset ihr die Kreatur. Nur der reinen Seele, der gesunden, Mag dein Kelch, Natur, dein Becher, Freude, munden. Nie versiegt der Brunnquell ihrer Freude. Ihrem Leben mangelt nie Genuss, Ihrem Herzen nie ein Trost im Leide, Ihren Lippen nie ein Liebeskuss, Ihrem Geiste nie erhabne Weide, Bis der Ruhe holder Genius Mit gesenkter Fackel still und milde Sie hinüberführt in schönere Gefilde; Wo sie weilt in Amaranthengründen; Wo sie ruht an klarer Bächlein Rand, Die sich murmelnd durch Violen winden; Wo sich Alle, die ins stille Land Vor ihr übergingen, zu ihr finden Und sie freundlich leiten Hand in Hand Durch die lotosreichen Sonnenauen, Die Ambrosia und Nektartropfen thauen; Wo sie einst sich mit des Lichtes Schnelle Von Orion zu Orion schwingt, Nicht mehr blinzelt ob der Sonnenhelle, Mit des Stoffes Trägheit nicht mehr ringt, Schöpfet aus der Weisheit reinster Quelle, Und ins Adytum der Schönheit dringt — Schweiget, schweiget, zu verwegne Saiten! Unaussingbar sind der Tugend Seligkeiten! Die Unschuld. I ch ging der Warne schönbeblümten Strand Entlang. Wie duftet' er! Wie funkelte Sein blumiges Gestad' im sanften Strahl Der Abendsonne. Rechts beschattet' ihn Ein Hayn voll Säusel Gottes; links die Kraft Des regen Weizens. Droben wölbte sich, Reinausgeheitert durch des Eurus Hauch, Der ewge Himmel, spiegelte sich treu Mit jeder Purpurlocke, die empor Aus Westen flattert', in der einen Fluth. So spiegelt Gott der Herr sich selbst mit Lust In einer Menschenseele, die noch rein Und unverfälscht und gut und redlich ist. Ich lagerte mich an des Flusses Saum, Von Kalmus rings umduftet. Gottes Hauch Umsauste mich. — Da rudert aus dem Schilf, Voll hohen Anstands, Adels, Majestät, Doch alles Dünkels, alles Wahnes baar, Hervor ein königlicher Schwan. Er war Weiss angethan, so blendend weiss, als sey Sein glänzendes Gefieder aus dem Schaum Des Meers geblasen. Langsam rudert' er Und ernst einher, sein melancholisch Haupt Auf seine reine Brust gesenkt. So fand Ich Iden einst, das Auge thränenvoll, Den Schwanenhals auf ihre Schwanenbrust In stiller Schwermuth einsam hingeneigt. Ich lag und lauschte. Stille war umher: Die Sonne sank; die Lerche senkte sich Tiefkreisend auf ihr Nest im Weizenschlag; Und Gottes Odem hauchte leiser. — Horch! Da weht' es süss, wie Flötenwirbel wehn, Und seeleschmelzend, wie ein Sterbelied, Das Heil'ge singen, über Strom und Flur. Ich schmolz in süsse Wehmuth. Zwar vernahm Ich nicht des Liedes Worte; doch sein Klang Durchschütterte mich mächtig, wiegte mich In tiefe Träumereyen ein. Ich sah, Ich hörte Mütter, die, dem Grabe nah, Die Kinder ihres Herzens segneten, Und Jungfraun, die zu ewger Reinigkeit Sich Gott gelobten; Bräut' und Jünglinge, Die Lipp' auf Lippen ihren Lebensgeist Ins All der Liebe heiss ausathmeten. So däucht' es mir; so klang dem Schwärmenden Des Schwanes melancholischer Gesang. Und stiller ward der Schwärmer, lauschete Und athmete noch leiser, dass ihm nicht Des Liedes schwächster Laut entschlüpfte. — Schau! Da stieg ein Schwarm von Geyern, Kranichen, Von Störchen, Raben, Kibitz, und was sonst Unreinen Viehs im blauen Aether schwimmt, Wildkreischend in die Wolken. Gottes Tag Verdüsterte der Schwarm; sein Zeterschrey, Sein heisres Krächzen überwältigte Des schönen Sängers schmelzenden Gesang. Und ich ergrimmt' im Geist. Mein Herz erschwoll In bitterm Unmuth, dass des Kläffers Hohn Dich, heil'ge Unschuld, vergewaltigte. Ich wälzte mich am blumenvollen Strand, Erquetschte Veilchen und Vergissmeinnicht, Entrauft' erzürnt dem wilden Rosenstrauch Sein grünes Haar, und streut' es in den Wind. Nicht so der Schwan. Gross, schweigend und in Ruh Der Unschuld rudert' er den Fluss entlang. Sein Schneegefieder glänzte durch die Nacht Der Frevler rings um ihn, wie durch die Welt Voll Bosheit eine gute Seele glänzt. Dess grollten ärger noch die Frevelnden, Und neue Bosheit keimte, wuchs und reift', Im Hui! in ihrer neidgeschwollnen Brust. Sie brausten eilig zum verwandten Koth, Sie tauchten unter in den zähen Schlamm, Belasteten Schweif, Schnabel, Schwing' und Krall' Mit ekelhafter Beute, rauschten schwer Beladen auf, umstürmten links und rechts Den silberweissen Schwan, und schüttelten Und klatschten wüsten Schmutz — wie aus der Ess' Ein schwarzer Brodem wirbelt, und die Luft Verdunkelt — nieder auf den reinen Schwan. Da wölkte sich sein blendendes Gewand, Die Lilienweisse der gewölbten Brust. Der klare Spiegel seiner Schwingen ward Verdüstert, wie durch Tück' ein schön Gesicht, Entadelt, wie ein Herz durch Bosheit wird. Und heisser noch ob solcher Ungebühr Ergrimmet, raffet' ich im Zorn mich auf. Ich hob den Arm in die Unendlichkeit, Zum Sitz des Ewigen den Flammenblick Empor, und rief — der Eichwald rief es nach: „O Unschuld, Unschuld, hart fiel dir das Loos! „O Himmel, Himmel, und du kennest sie, „Wie rein, wie aller Fehler baar, und säumst „Sie zu beschirmen, gibst die Reine Preis „Des Neidharts Ränken und der Frevler Wuth.“ Nicht so der Schwan. Gross schweigend und in Ruh Der Unschuld tauchete der Herrliche Hinunter in die Fluth, verzog in ihr Von Athemzug zu Athemzug, und sieh! Noch schimmernder, noch reiner, denn zuvor, Enttauchet' er der Fluth. Hinweggespühlt, Hinweggefegt war jedes Schmutzes Spur. Die dummen Neider sahn ihn, rauschten auf In ihrer Ohnmacht knirschendem Gefühl, Und flohn zum Aas' im nächsten Thal zurück. Der Vogel Gottes aber schwamm getrost Voll hohen Anstands, Adels, Majestät, Doch alles Dünkels, alles Wahnes baar, Hinab die blauen Fluthen. Angeweht Von Gottes Hauch, vom lezten rothen Strahl Des Tags umgoldet, rudert' er dahin In stillem Ernst. Sein melancholisch Lied Durchwallte fey'rlicher den dunklern Forst, Und stillte siegend mein empörtes Herz. Da schämt' ich mich des rohen Ungestüms. Erröthend stand ich, wie der ferne West, Und thränend, wie der nahe Rosenbusch G Im Abendthau. — „O Unschuld,“ rief ich aus, „O Unschuld, selig bist du. Ewig bleibt „Dein Antlitz leuchtend, ewig rein dein Kleid! „Nicht zu beflecken durch des Leumunds Schmutz, „Nicht zu versehren durch der Kläffer Lug.“ „O Unschuld, Unschuld,“ rief ich schwärmerisch Und brünstig aus — „o bleibe, Himmelskind, „Mir ewig hold und treu! Und mögst du nie „Aus meinem Herzen schwinden! Möge nie „Dein morgenröthlich Licht in meinem Aug', „Auf meiner Wang' erblassen! — Klaffen mag „Der Kläffer, zähnefletschen mag der Neid; „Dein Kleid bleibt weiss, dein Antlitz ewig hell!“ „O Unschuld, Unschuld!“ rief ich noch, und brach Die thauende Viole, fügte sie Zum stillen Maaslieb, kränzete mir Brust Und Schläfe mit der Eiche jüngstem Laub, Und ging getröstet und gekräftigt heim. Unsterblichkeit. D u bist unsterblich! Freue dich, Sohn des Staubes; Der du schmachtest nach Ewigkeit, jauchze laut: Du bist unsterblich! Was du ersehnet, erdurstet hast Mit dem Durste des Jünglings nach dem ersten Kusse der Einen; Siehe, das ist dir erschienen, Und Anschaun worden das Ahnen. Was du erflehet, erbetet dir hast, Ergreifet dich, wie den Jüngling die Wonne, Die schmerzliche, süsse, erschütternd ergreift, Dass die Geliebte ihn liebe. G 2 Wie den Wiedergebornen der Gnade Gefühl Erfasst mit Schauerentzücken; So erfasst mich mit Schauern Gottes, Unsterblichkeit, dein grosses Gefühl! Längst ahnet', längst hofft' ichs; itzt glaub' ich, dass ich bin! Ich glaub' und fühle, dass ich ewig bin. — Neige deine Wipfel, Eiche! Ein Unsterblicher wandelt unter dir. Ründe die silberne Scheibe, Mond! Entblinket dem Nachtgedüft, schimmeräugige Sterne! Sirius, wälze dein Flammenrad! Glanzge- gürteter Orion, Wandle stattlich den Riesengang! Wonne! Stolz! Entzücken! Ich bin unsterblich! Mehr als die Eich' und der Mond, mehr als Orion und Sirius Bin ich — ich bin unsterblich! Himmel und Erde vergehn! Ich vergehe nicht. — — Ach, wenn ich verginge — Ewige Liebe, wer wär' ich dann? Staub, Schatten, Traum, Gestern gerufen aus dem Nichts, Heute zurückgeworfen ins öde Nichts — Der wär' ich! Ärmer noch wär' ich, als der Halm und das Gras; Verächtlicher noch, als der Kiesel der Gasse. Des Daseyns Entzücken empfanden sie nicht; Dein Grauen, Vernichtung, empfinden sie nimmer, nimmer. Ach, wenn ich ewig nicht wäre, So ächzt' ich dem kommenden Tag' Entgegen, so ächzt' ich, käme die Nacht, Und verhüllte mich, und schwiege verzweifelnd. So würd' ich unter die Blumen des Frühlings Mich schmiegen, mich krümmen, und die Blume beneiden. Du, o blühende Erde, däuchtest mir ein offenes Grab; Die Menschen zerfliessende Schatten. So würd' ich diese mächtige Kraft, Die du dem Endlichen gewährtest, Unendlicher, Ersticken in der Wollüste Taumel und Rausch, Damit mich nicht träfe der, Donnerge- danke: Vernichtung! Aber er träfe mich doch, Griffe mit der Kralle des Tiegers An die Gurgel dem Jauchzenden, brüllet' ihm zu: Was jauchzest du, Schatten? Zerflattre! Es entsinket der Kelch der zitternden Hand; Es entsprudelt dem blinkenden Schierlingsschaum! Die Rose duftet Verwesung; Die Musik tönt Gräbergeheul! Rühret mich nicht an! Umarmet mich nicht So brünstig, meine Geliebten! Ach, drückt den Vergänglichen nicht so fest an euer Herz; An eurem Herzen dürft' er zerfliessen! Der Vernichtung Fittige sausen daher. Sie sausen, sie rauschen mich an. — Ach rettet, Liebende, rettet! — — Wohin, Verirrte, wohin? Ermanne dich, Seele! Bedenk' es: Du bist unsterblich! Ja wahrlich, wahrlich, ich bins! Ich bin, ich bin unsterblich! Der Himmel zeugt es; es schwört es die Erde. Es schwor der Ewige es bey seinem Leben. Leises Gefühl Lispelt es der Seele des Edlern. Dem Denker dämmert die Lampe Vernunft. Dem Glaubenden strahlet die Sonn': Offenbarung. Ist hienieden auch Tod? Auch Untergang hienieden, und Nichtmehrseyn? Ist, was Tod wir nennen, und Unter- gang, Nicht Enthüllung nur? Entwicklung? Veredlung? Mag auch das edlere Selbst, Das denkende, wollende, hoffende Selbst Versiegen mit dem Öl, das den Nerven schmeidigt, Verstieben mit der Asche, die den Gräbern entstiebt? Löscht auch der Becher der Lust, des Ruhms, der Wollust, der Liebe, Löscht die Fülle des irdischen Glücks der Brust unnennbares Sehnen? Warum seufzest du, Beglückter, dann, wann dämmert der Mond, Wann das Spätroth schimmert, und die Sterne funkeln? Mag auch Gott der Liebe, Gott der ewigen Liebe, Des Bösen Bösestes, was nur die Allmacht vermag, Des Bösen Bösestes wollen: Vernich- tung? Schreitet nicht mächtigen Schritts, und fliegt nicht rastlosen Fluges Das grosse All der Vollkommenheit strahlendem Ziel Näher mit jeglichem Nu, mit jeglichem Pulsschlag? — Und wir — wir taumelten, schwindelten einsam zurück? O Wahrheit! o Schönheit! o Tugend! Heilige Dreyeinigkeit in des Endlichen Herzen, Du zweyte Welt in der ersten, Du zeugest, wer wir sind, und wer wir werden! Ihr Guten und Weisen und Reinen, Ihr Seelen ohne Schuld und ohne Freude, Ihr Erquetschten in der Knospe! ihr Er- stickten in der Blüthe! Ihr zeuget, wer wir sind, und wer wir werden! Ja wahrlich, wahrlich, ich bin! Ich weiss, ich glaube: ich bin! Und werde ewig seyn — Ewig! ewig! Wie ertragen die Wonne? Wie dich fassen, Entzücken? Wie genügen der lastenden, schreckenden Seligkeit? Ich werde ewig seyn! Frohlock', unsterblicher Geist, hinauf zum wölben- den Himmel. Du bist unsterblich! Frohlock' hinab in die Nacht, in das Land der Stummen und Stillen; Sie sind unsterblich! Frohlock' am Saume der offenen Gruft. Du bist unsterblich! Frohlock' in der Schaufel Tosen, in der Schol- len dumpfes Rauschen, In des Sarges hohlen Rückhall. Thaut, Frühling', auf meinen Hügel! Regen, säusl' auf ihn herab! Ich bin unsterblich! Brause Herbststurm um mein blätterbesäetes Haus. Ich bin unsterblich! Die ihr weint an meinem Hügel, jauchzet laut! Ich bin unsterblich! Schwinget, schwinget die Fittig', und eilet mir nach! Wir sind unsterblich! An Ethelinde. W allt der Trennung Nebel endlich nieder? Strahlt des Wiedersehens goldner Tag? Dich, du Langentbehrte, find' ich wieder; Dich, du Langgemisste — aber ach! Ach, von deines Alfred Arm umschlungen, Von des treuen Gatten Kuss durchdrungen, Angesonnt von seines Auges Licht, Find' ich dich, du Frühverlassne, nicht. Heimgewallt zu jenen schönern Fluren, Wo ein ewiggrüner Frühling blüht; Wo das Mark erhabnerer Naturen Ewge Kraft und ewge Gluth durchsprüht, Wo kein Siechender nach Heilung ächzet, Wo kein Traurender nach Tröstung lechzet, Wo kein Gram die schweren Wimper nässt, Und kein Schmerz den Busen engt und presst; Wo kein Blendwerk unsre Augen blendet, Wo kein Nebel unsern Blick umflirrt, Wo kein Jubel sich in Jammer endet, Und den Wanderer kein Irrlicht irrt — Heimgewallt zu Edens selgen Matten Ist der Schatten deines trauten Gatten; In der Überwinder helle Reihn Trat der vielgeprüfte Dulder ein. Schau, wie rauschet der Vollendung Palme In des Schönverklärten Strahlenhand! Horch, wie jubeln des Triumphes Psalme, Höhnen alles Eitle, allen Tand! Selig ist, den deine Seele liebte! Darum tröste dich, du Hochbetrübte! Störe nicht des Himmelbürgers Glück — Wende weg den grambewölkten Blick; Wend' ihn weg von jenen Regionen, Wo der Vorwurf deiner Sehnsucht wallt, Weg von jenen sonnenhellen Zonen, Wo das englische Hosannah schallt — Weg und hin zu den geliebten Deinen, Die für dich zum Himmel flehend weinen. Deine Julie flehet himmelan, Himmelan dein Karl und dein Johann. „Bleib bey uns!“ so rufen sie, und fliegen Blass von Wehmuth an dein Mutterherz. „Bleib bey uns!“ so flehen sie, und schmiegen Immer brünstiger sich dir ans Herz — „Deines Lebens halbgeknickten Stengel „Stärke der Genesung holder Engel, „Dass noch lang' uns deine Lieb' erfreu, „Lang' dein Beyspiel unsre Leuchte sey!“ Weile denn in deiner Trauten Kreise; Weile, Theure, noch ein Weilchen lang. Früh genug noch wagest du die Reise, Die dem Gatten viel zu früh gelang. Neue Kraft durchströme dein Geäder, Spanne deiner Uhr erschlaffte Feder, Schmelze deiner Lebensgeister Fluth, Schüre ihre halbverglommne Gluth. Manche Freude sey dir noch gesparet Auf der Erde mütterlichem Stern! Wo sich Frömmigkeit mit Leiden paaret, Bleibt Beruhigung nicht ewig fern. Wahrlich, von des Glaubens Sternenhügeln Wird der Seraph Ruhe dich umflügeln, Balsam wird er träufeln auf dein Herz, Und in Schlummer lullen Gram und Schmerz Oft umflort sich unsre Erdensonne, Glänzet goldner, wann der Flor verwallt. Reinern Einklang klinget unsre Wonne, Wann die Dissonanz des Grams verhallt. Droben nur in jenen lichten Hallen, Wo die ausgeprüften Dulder wallen, Droben nur wohnt reine Seligkeit, Wohnt Vollendung und Vollkommenheit. Ahndung. O Abendsonn', o Holde, Woher so bleich und blass? Du mahlst mit mattem Golde Der Flur verfalbend Gras. Die gelben Stoppelfelder, Die halbentlaubten Wälder, Das kranke Abendroth Verkünden Grab und Tod. Du weckst mir leise Trauer, O herbstliche Natur. Es wehen Gräberschauer Auf der erstorbnen Flur. Die öden Stoppelräume, Die blätterlosen Bäume, Das Kraut, das Gras, das Moos, Verkünden mir mein Loos. Das Loos der Erdenbürger Ist: blühen und verblühn. Den grimmen Menschenwürger, Wer hemmt, wer bändigt ihn! Wir altern, wir erkranken, Wir taumeln, schwindeln, schwanken Und sinken rettungslos, O Grab, in deinen Schooss. Wer weiss, wer weiss, Elise, Wie bald dein Starker fällt! Wer weiss, wie bald der Riese Auf ihn den Bogen schnellt! Dann hat er ausgelitten, Auf immer ausgestritten, Auf immer ausgeschwärmt, Und satt sich, satt gehärmt. Wer weiss, wer weiss, o Rose, Wie bald der Sturm dich pflückt, Wie bald der Schonunglose Dich, schlanke Lilie, knickt! Dann rollen deine Blätter Verwelkt umher im Wetter. Den Halm zerstört der Wurm; Den Staub verweht der Sturm. Vertraute meiner Schmerzen, Genossin meiner Lust, Noch schlagen unsre Herzen, Noch schwillt uns Brust an Brust. O, lass uns festverschlungen, Umwunden und umrungen, Auf schroffer Felsenbahn Dem Ziele ruhig nahn. Es glänzt, es glänzt den Treuen Ein palmumpflanztes Ziel. Erquickung weht im Freyen; Die Palme rauscht so kühl! Sie sinken, festverschlungen, Umwunden und umrungen, In deinen Schooss hinab, Gesellschaftliches Grab! H Aussicht. U mschatte mich mit deinem Engelflügel, Gedank der Ewigkeit! Ich seh in dir, wie im krystallnen Spiegel, Vergolten alles Leid. Wonach ich rang mit tausend Inbrunstthränen, Wird dort von mir erweint. Wonach ich schmachtete mit leisem Sehnen, Umarmt mich dort, wie Freund. Was mir verborgen blieb im Reich des Wahren, Wird dort mir offenbart. Was ich verlor in hingeschiednen Jahren, Wird dort mir aufgespart. Dort werd' ich euch, ihr Guten, wieder schauen, Die ich mir ausgekiest, Und die ihr mich in dieser Wildniss Grauen Allein zurücke liesst. Da werd' ich dich, Geliebte, wieder küssen, Die mir das Schicksal nahm. Ich werde vor den Engeln „Braut!“ dich grüssen, Und du mich „Bräutigam!“ Ich werde dich, der Welten Urgebilde, Dich, ursprungloses Schön, In aller deiner Lieb' und Treu' und Milde Ganz und gewandlos schn. Mein Saitenspiel, das hier von Erdendingen Nur matt und irdisch klang, Wird psalmenströmend durch die Himmel klingen, Wie Sphären-Hochgesang. Homer und David werden mein sich freuen, Ihr goldnes Harfenspiel Mir reichen, mich zum Himmelsdichter weihen Am palmbekränzten Ziel — Verlass mich nicht, mein Theurer, Süsser, Lieber! Gedank der Ewigkeit! Verwehe du, wird meine Seele trüber, Den trüben Dunst der Zeit. H 2 Wenn mich in finstern, allzufinstern Stunden Mein alter Kummer fasst, So träufle heilend Öl in meine Wunden, Und schaff mir wieder Rast. Und lieg' ich einst — wer weiss, wie bald! — zu sterben, So säusl' auf mich herab. Und ruhig steig' ich, jenes Heil zu erben, Ins jammerlose Grab! Zweytes Buch. Seinem ehrwürdigen Freunde Michael Denis zugeeignet . Die Ralunken. R alow Ralow, am westlichen Ufer der Insel Rügen. Vor Zeiten ein berufener Wikinger oder Seeräubersitz; hernach eine Fürstenburg; heutiges Tags zum blossen Landsitz herab- gesunken. , sey mir gegrüsst im Schimmer der scheidenden Sonne! Lieblich webet der Schleyer des Abends um deine Gefilde. Deine weissen Mauern sind sanft geröthet. Die Dächer Feuern im Golde des sinkenden Tags. Es dämmern so schaurig Deine säuselnden Hayn'. Es spiegeln die Wangen des Himmels Sich in den Fluthen so rosig, die deine Ferse be- spühlen. Burg des hallenden Meers! schön bist du. Deine Gefilde Lächeln in jedem ländlichen Reiz. Die üppigen Wiesen Duften von Quendel und Klee. Es wogt in der Kühle des Weizens Grünliche Fluth. Es glühn in den Gärten die Traub' und der Pfirsich. Funkenstäubend entgaukelt die Schmerle dem klaren Gewässer Deiner Weiher. Es flötet im thauenden Busche die Drossel Zwischen der Nachtigal Schlag. Und horch! vom spriessenden Frühroth Bis zu den Rosen des sinkenden Abends erschallet das Brüllen Weidender Heerden, das Jauchzen der Schnitter, die gellende Lache Fröhlicher Dirnen in dir. — Schön bist du, Tochter des lauten Ufers, vertraulich und lieb. Doch warst du in Tagen der Vorzeit Schöner und wilder. Es war dein Nam' in den Ta- gen der Vorzeit Weitgefeyert. Es pfiffen nicht deine Söhne vor Zeiten Hinter den Heerden so müssig. Es dampften die schauernden Rosse Nicht vor dem knechtischen Pflug. Von der Burg weitschauender Warte Spähte der Thürmer fern in die See, und mahnte den Wiking, Dass er komme mit Schnelle des Blitzes, mit Don- nergeprassel Jedem nahenden Kiel die Rippen zermalm', und die Beute Jauchzend in deinem Schooss, o Tochter des Mee- res, verbürge. Burg der tosenden See, mir weht mit der Kühle, mir rauschet Mit dem Sausen des Hayns der Begeisterung Fittig. Die Wange Flammet mir schon, wie die Scheibe des steigenden Vollmonds. Hoch schwillt Meine Seele, wie Wogen im Sturm, und gesichte- trunken Seh' ich dämmernd und bleich die Schatten schlum- mernder Vorwelt. Fünf Jahrhunderte sind verflossen. Der Urne der Zeiten Waren sie noch nicht entrollt. Da lauschte der freche Ralunke Hier im umgürtenden Ring von sieben Gräben und Wällen. Wild war des Räubers Herz, wie die Ströme Golcha Drey Bäche fallen von der Stubbenkammer, dem nord- östlichen Kreidenufer der Halbinsel Jasmund, herab: die Bis- miz , die Golcha , und der Steinbach . , sein Anblick Finster, wie des nebelverschleierten Rugard Rugard , eine Anhöhe in der Mitte der Insel. Hier stand die Burg der alten Rügenfürsten. , sein Haupthaar Buschicht und rauh, wie die Dornen auf Dubber- worths Dubberworth , das gewaltigste aller Rügischen Heldengräber. Es liegt nahe bey Sagard auf Jasmund. zottiger Scheitel. Sieben Segel empört' er, dem meerdurchwallenden Kaufmann Todespaniere. So oft er von weitumschauender Warte Fern in der friedlichen See ein Segel erspähte, wie flammte Gierig sein Auge! wie tobte sein Herz! wie schwellt' ihm den Busen Blut- und Beutebegier! Rasch spannt' er die Segel. So spannet Seinen Fittig, den Raub zu ereilen, der Adler des Dollen . Dollen , ein waldiges Gestade an der Insel östlicher Seite. Rurich mit röthlichem Haar, und Rawen mit struppiger Braue Folgten freudig dem älteren Bruder, dem Wilden die Wilden. Judith blieb daheim, der Räuber gefürchtete Mutter. Ihr sass düsterer Grimm in jeder Runzel der Stirne, Laurende Tück' in den zwiefach gefärbten Äpfeln des Auges. Auch Agathe blieb willig daheim, die Schwe- ster der Räuber. Wenig ähnlich den Brüdern, und wenig der tücki- schen Mutter, War die sanfte Agathe mitleidigen Herzens. Sie schaute Jammernd hinweg, wenn Blut in Ralow strömte. Sie weinte Auf die Perlen der Schnur, das Geschmeid' ermor- deter Jungfraun, Welche der blutige Bruder — der Blutige liebte die Schwester — Ihr einst umhing. Es däuchten die Perlen ihr blu- tige Thränen. Schön war Agathe, ein freundlicher Stern bey rothen Kometen: Blau ihr Aug'; ihr Haar, wie wehende Fäden zur Herbstzeit; Schlank ihr Wuchs, wie die Birk' in Boldewiz Boldewiz , ein Rittersitz im Herzen der Insel. Hier wurde diese Dichtung gefertiget. Haynen; ihr Busen Wie des hochhalsigen Schwans Gefieder am Busen der Prora Prora , diejenige schmale und gebirgige Landenge, welche die Halbinsel Jasmund mit dem grösseren Lande Rügen verbindet. . Süsses Bangen beklemmt' ihr den Busen, ein Ahnen und Wähnen. Sinnend stand sie am Fenster im Dämmerstrahle des Morgens, Sahe die Sonne den Fluthen enttauchen. Wie brann- ten die Fluthen! Sahe die Thürme der Stadt der Stralen Stralsund , welches um diese Zeit vom Fürsten Jaromar gegründet, wenigstens erweitert und ummauert wurde. . Wie strahlten die Thürme! Sinnend stand sie am Fenster im Dämmerschimmer des Abends, Sahe den Mond in den wühlenden Fluthen, und lauschte des Ostmeers Dumpfem Grollen. Es schwellten ihr Seufzer den Busen. Es wölkten Süsse Thränen ihr Auge. Doch plötzlich stürmte die Mutter Freudig herein, und wenig gewünscht: „Sie kom- men, sie kommen! Träumerin auf, und lass uns die Freudigen freudig empfangen!“ Und der Ralunke war weit gefürchtet. Seit dreyzehn Jahren Hiess er die Geissel der See. Dem Schiffer gefror bey dem Anblick Seiner Flaggen das Blut. Oft streift' er in fliegenden Zügen An den sicheren Küsten umher, und plündert', und führte Jüngling' und Jungfraun heim. Des sandigen Red- dewisch Reddewisch , itzt Mönkguth , eine andere Halb- insel an der südöstlichen Spitze des Landes. Herrscher, Ritogar, welchem die Flamme der Jugend das An- gesicht bräunte, Schlug er in Fesseln, und schenkt' ihn der Mutter. Denn schön war der Jüngling Und hochherzig und kühn und nur erlegen der Menge. Aber dess achtete nicht die Freche. Schönheit und Adel Schnürten nur fester um ihren Gefangnen die Fessel der Knechtschaft. Seufzend sah es Agathe. Des Jünglings heroischer Anstand, Feuriger Trotz, unwilliges Dulden weckten ihr Mitleid. Mit dem Mitleid beschlich ihr die süsse Liebe den Busen. Herbstzeit war es und schwarze Nacht. Da entriss sich Agathe Leise der holden Umarmung des Schlummers, tappte noch leiser Zu des Jünglings Lager sich hin, und wispert' ins Ohr ihm: „Auf! ich bin Agathe! ich rette dich. Folge mir, Jüngling!“ Freudig erschreckt, sprang Ritogar auf. Sie fasst ihm die Rechte, Leitet ihn zitternd die Kammer der Mutter und Brüder vorüber, Führet den Blinden hinab in unterirdische Gänge, Wallet die düstern schaudernd hindurch, erschleusst ihm der Pforte Doppeltes Schloss. Dann spricht sie mit blödem geflügeltem Handdruck: „Flieh und denk' an Agathen!“ Und er, im trau- lichen Dunkel, Reisset die Retterin wild an den schlagenden Busen, und küsst ihr Einen gewaltigen markdurchlodernden Kuss, und — „Agathe,“ Ruft er, „Agathe, ich flieh. Doch bald mit rü- stiger Heerskraft Kehr' ich, erstreite dich, theile mit dir mein Bett und mein Eyland.“ Sprachs, und floh durch die Nacht, durch den Sturm und den eisigen Regen Auf den Flügeln der Freud' und Liebe zum hohen Rugard. Tief im Schoosse des Eylands bäumet die trotzige Scheitel, Bäumet den vielfachgefurcheten Rücken der herrliche Rugard. Seine Stirne graut in ewigen Moose. Die Schlüchte Nähren bey höherer Sonne noch Schnee. Gebiete- risch schaut er Rings um sich her über Länder und Meere. Hier hauset' in fester Wallumgürteter Burg des stürmischen Rügens Ge- bieter, Jaromar. Gross war sein Herz und weich und edel. Er hatte Manche Schlacht geschlagen mit Heeren der Zirzi- paner Und Lutezer Zirzipaner , Lutezer . Alte Slavischa Völker- stämme in Vorpommern. , und manchen bestanden im Rit- tergefechte. „Herrscher der Insel,“ so sprach zu ihm der entronnene Jüngling, Keichend, schütternd von Frost, von Regen träu- felnd. Die Locken Hingen ihm schlicht um die Schläfe. Doch sass ihm Hoheit im Antlitz. „Herrscher der Insel, erkennest du mich? erkennst du des öden „Reddewisch Herrn? Mich schlug der Ralunk' in Fesseln. Die Fesseln „Trug ich sieben schmähliche Tage. Dann brach sie Agathe „Und die Liebe. Sie harrt. Auf, leihe mir Waf- fen und Männer!“ Ihm antwortet die heilige Kraft des Inselge- bieters: „Nimm der Waffen und Männer, so viel du bedarfst, mein Geliebter! „Nimm sie und schlage den frechen Ralunken, ver- tilge des Räubers „Schändliche Brut, zerstöre sein Nest, und er- rette Agathen. „Doch, bevor du dir selber das liebende Mägdlein erstreitest, „Eile, mein Vetter, zur Stadt der Rosen Rostock . , und bringe von dannen „Meine Braut mir, die Tochter des Obotritenher- zogs, „ Heregunden . Schon längst erkohr ich die fürst- liche Jungfrau; „Aber sie heimzuholen, verbot mir die Sorge des Krieges. I „Eile, geleite sie her. Dann geh, und kämpf' um Agathen!“ Freudig vernahm der Jüngling des Fürsten eh- renden Antrag. Freudig stürmt' er den Rugard hinab, und warf sich, wo Puliz Puliz , ein kleines romantisches Eiland, das, gleich einem grünen Amphitheater, am Fusse des Rugard aus einem Meerbusen emporsteigt, den die Krümmung des Landes und der Halbinseln Jasmund und Wittow bilden. Seine waldige Scheitel den Wogen enthebt, in die Schiffe, Welche frohlockten, die Braut des geliebten Ge- bieters zu führen. Zweymal sank die Sonn', und dreymal stieg sie. Da grüssten Jaromars Segel den Hafen der schönumuferten Warne. Warne, dich grüsst mein Gesang. In deinem Wellengeriesel Grüss' ich dich, segne dich, in deinen Schatten- gestaden. Warne, mein Herz ist dir hold. Du durchschlän- gelst, ein silberner Faden, Meines Vaterlands Grevesmühlen , eine kleine Landstadt zwischen Wismar und Lübeck, ist des Dichters Geburtsort. grünendste Fluren. Unzählige Heerden Trinken deines Gewässers. Sein trinkt die durstige Hindin; Sein das Reh und der Keuler des Waldes. Du näh- rest der Wiesen Gelbbeblümtes Grün. Du wässerst die Wurzeln von tausend Rauschenden Forsten. Du säugst die Kraft der Ulme. Des Eichbaums Wurzeln beströmst du, und tränkst die hundert- jährige Tanne — Warne, mein Herz ist dir hold. An deinen Schat- tengestaden Sahst du mich wandeln im Schimmer der Jugend. Die Blume des Milchhaars Spross um mein jugendlich Kinn. Mein funken- stäubendes Auge Thränte Sehnsucht. Es lechzte das Herz nach Lor- beern des Nachruhms Und nach den Myrten der Liebe. Von hohem Stau- nen ergriffen, Sank ich nieder an deine Gestade. Die weinende Birke I 2 Säuselte mir um das Haupt. Mich umdufteten Quen- del und Orant. Schlummer umflügelte mich, und sehnsuchttäuschende Träume. Warne, ich denke dein, und will dein nimmer vergessen, Will dich singen, Gesangeswerthe, in meinen Ge- sängen. Zweymal sank die Sonn', und dreymal stieg sie. Da grüssten Jaromars Flaggen den Hafen der schönumuferten Warne. Bräutlich geschmückt empfing sie der Hafen. Den Masten entwallten Farbige Wimpel. Den Thürmen entstürmte Feyer- geläute. Paukenwirbel, Drommetengeschmetter, unendlicher Jubel Brauste den Strand entlang, dem Fürstenboten ent- gegen. Heinrich , der graue Held, Wandaliens herr- licher Herzog, Schritt hervor, dem Rugen entgegen, im Krieger- geschmeide. Prächtig deckte sein silbernes Haar der flatternde Helmbusch, Prächtig die stählerne Schiene die Schenkel. Der schuppige Panzer Brannt' in der Sonnengluth, wie Erz in der Esse des Schmelzers. Heregunde, die schönste der Fräulein, die Perle des Norden, Schimmert' im bräutlichen Schmuck dem frohen Vater am Arme. Knieend grüsste der Ruge die Züchtigerröthende. Bieder Hiess ihn der Herzog willkommen. Es wurden in Freuden der Tage Drey verlebt, mit Turnieren gefeyert, und fest- lichen Schmäusen. Jammernd erhob sich am vierten die Klage der weinenden Trennung. Heregunde, begabt mit des Landes erlesensten Schätzen, Von zwölf blühenden Mägdlein geleitet, den Töch- tern der Edeln, Bot das bange Lebwohl, das letzte, lange, der Hei- math, Sank verstummend dem Vater in Arm, lautschluch- zend der Mutter, Fasste sich schnell, wand eilend sich los, sprang hurtig ins Fahrzeug. Hurtig enteilte der gleitende Kiel dem hallenden Ufer. Heregunde bestieg den hohen Spiegel des Schiffes, Stand dort, schaute verlangend zurück nach ihren Verlassnen, Breitete sehnend den Arm, und schwang den sil- bernen Schleier, Ob die geliebten Verlass'nen ihn sähen am weichen- den Ufer. Immer ferner entwich das gewünschte Gestade Kaum sichtbar Dämmert' es noch. Es zerfloss auch das dämmernde Grau in die Wolken. Aber sie wähnte noch immer, die Wolke sey heimi- sches Ufer, Bis sich der Himmel verhüllte, und Regen stiebten. Da flossen Ihre Thränen. Sie weinte sich aus. — Die Regen versiegten. Wieder kehrte die Heitre des Himmels. Es kehrte die Heitre Auch auf ihre Stirne zurück. Sie gedachte mit In- brunst Ihres Verlobten, des bräutlichen Tags, und der süssen Vereinung. Aber, o Jammer! die Wonne der süssersehn- ten Umarmung Sollte der Edeln nicht werden. — Der laurende Räuber vernahm es, Dass ein Schiff an der östlichen Küste des Fürsten Verlobte, Ihren Brautschatz führte, und seinen entronnenen Sklaven. Beute dürstend und Blut, empört' er die Segel, und jagte Mit den Brüdern dem Raube nach. In der Enge des Gellen Ein Meerbusen, den das feste Land von Pommern und das südliche Ufer Rügens bilden. Holt' er sie ein. Lautschreiend gen Himmel erhoben die Jungfraun Ihre strömenden Augen. Die Jünglinge stürzten zusammen, Schworen zu sterben, und fochten mit Kraft der Verzweiflung, wehrten Lang' und tapfer den Räubern, erlagen doch end- lich der Menge. Ritogar, wild, wie das Wüthen der Schlacht, wie der Ocean tobend, Mähet', ein Schnitter im Kornfeld, im Dickicht der Räuber. Sein Eisen Spendete Wunden und Tod. Es spaltete Rurich, dem jüngsten Der Ralunken, den Kopf. Der grimmige Rawen ersah es, Schwang die Axt, warf schleudernd die Herbe dem Jüngling ins Antlitz. Röchelnd entstürzt er dem Bord. So stürzt die schönste der Buchen, Ausgewühlt vom schmelzenden Schnee, entwurzelt vom Giessbach, In die Fluthen hinab von der kreidigen Stubben kammer. Ähnlich dem Brüllen der See, wenn sie itzt die Leben von hundert Schiffen verschlang, erscholl das Jauchzen der sie- genden Räuber. Bleich und starr, wie der Marmor, sass Heregunde. Der Räuber Einer fasst' ihr höhnisch das Kinn: „Du Zierlich- gelockte, „Freue dich, Traute. Mein Arm hat eines Weich- linges Bette „Dich entrissen. Nun sollst du das Bette des star- ken Ralunken „Schmücken. Dem Starken gebührt die Schöne.“ — Das zitternde Mädchen Regte die Lippen, und schwieg. So schweigt die Taube dem Falken. Näher stürmten die Räuber dem Ufer, dem Horste die Falken. Hoch am Gestade stand harrend Agathe. Ach harre, du Arme, Harre der schrecklichen Brüder nicht so! Sie kom- men, sie führen Hoch auf dem Maste das Haupt des kühnen Jüng- lings. Sie sieht es. Schwindel ergreift sie. Ihr flirren die Augen. Die Sinne verrieseln Ihr wie rauschende Wogen. Sie stürzt in die Flu- then. Mit Mühe Ward sie, doch nur auf Secunden, zurück ins Leben gerissen. Stürmischer, jauchzender grüssten die Räuber die Heimath. Das Ufer Hallte das schreckliche Jauchzen zurück. In die Näh', in die Ferne Scholl es, verscheuchte den Pflüger vom Pflug, von der Heerde den Hirten. Hin war der blutige Tag. Es folgte die frechste der Nächte. Wer mag nennen die Gräuel der Frevelvollen! Ver- gessen Sey sie auf immer, vertilgt aus der Schwestern Rei- hen, wie jene, Welche Eroberer, Schmeichler, und Freyheitsmör- der gebaren! Frühe mit dämmerndem Tag' — der Rausch des Weins und der Wollust Lag noch bleyern, wie Brodem der See, auf den Wimpern der Schwelger — Rief es durch Hof und Burg: „Agathe! Agathe!“ Die Arme War auf ewig dahin. Von einer seufzenden Pappel Schwankendem Ast hing welk und schlaff die Er- würgte herunter. Winde durchsausten ihr Haar. Vom Krampf des gewaltsamen Todes War des Antlitzes Schöne verstellt. Aus brennender Stirne Quollen die Augen hervor. Ihr Blut gefror, und ihr Herz stand. Da entsprang der Ralunke dem Lager. Die gräss- liche Zeitung Kracht' ihm ins innerste Mark. Er hatte die Schwe- ster geliebet. Fürchterlich brüllend tobt' er umher, und ballte die Fäuste, Schlug sich die eherne Stirn, und zerstampfte den Boden. Ihm rollten Schreckliche Thränen aus stierem Auge die Backen hinunter Bis in den stachlichten Bart. So schleicht durch des schaurigen Krakow Eine Landschaft in der Nähe von Bergen , der Haupt- stadt der Insel, voll Grabhügel und Opfermaale. Dornverwachsene Maal' ein träges, trübes Ge- wässer. Jaromar harrt' indess mit ungeduldiger Sehn- sucht Seiner Verlobten entgegen. Des Rugard stickelsten Gipfel Klomm er stündlich hinan, zu spähen, ob keiner der Wimpel Ihm ihr Kommen verkündigt'. Allein da wehte kein Wimpel. Sieben Nächte verscheucht' ihm den Schlaf von den Wimpern die Sehnsucht. Schrecklicher war ihm die acht'. In ihr vernahm er die Zeitung. Niedergebrochen wär' er von ihr, und zu Boden geworfen, Hätt' ihn der Grimm nicht gestemmt, das lodernde Rachegefühl nicht Ihm die Seel' entflammt. Mit Stimme des Sturmes beschied er Seine Krieger. Sie kamen, wie Hagelgewitter, die Berge Angeklommen. Und hoch auf den Bergen stand Jaromar, rufend, Dass die Berg' und die Schründ' ertönten: „Welchem der Starken Theuer ist Freiheit und Beut', und Braut und Freund, der beflügle Seine Fersen, und komm' und bäume die Lanz', und schwöre, An den Ralunken die Braut und den Fürsten zu rächen.“ — Sie bäumten Jauchzend die Lanzen, und schrieen, wie tausend die Stirnen der Berge Niederbrausende Strudel, und schworen den Räu- bern von Ralow Rache, Vertilgung und Tod. Vier schöngebordete Schiffe Führten vor Abend das Heer vor die Pforten des blutigen Ralow. Und der Tag brach an. Aus drängenden feuri- gen Wolken Hob ihr blutweissagendes Antlitz die rothe Sonne. Donnernd und wild, wie hervor aus Felsenklüften der Strom brüllt, Stürmte das Schlachtgeschrei aus Jaromars Schiffen. Blutroth Wehten die Flammen. Auf den Verdecken blitzten die Krieger, Stahlgepanzert, die Schwerter in Händen, Götter der Rache. Da entbrannte die Kraft des Ralunken. Mit trotzigem Ingrimm Bäumt' er die sieben Segel, und eilte dem Dräuer entgegen. Und die Schlacht begann, und blutete furchtbar. Des Streites Kundig, stritten tapfer die Räuber. Noch tapferer stritten Rach' und Schwur aus den Starken des Rugard. Jaromarn mochte Keiner bestehn. Er traf des Rawen borstige Braue. Sinnlos taumelt' er, schwindelt' hinab in die Wogen. Die Wogen Öfneten ihren schäumenden Schooss, und deckten den Frevler. Wüthiger wüthete nun der Ralunke. Wie Forste die Windsbraut, Lichtet die Schaaren sein Stahl. Wie dem feuer- beschweiften Kometen, Brannt' ihm die Wange. Wie Strahlen das Nord- licht umflattern, so flattert' Ihm das röthliche Haar um die glühende Stirne. Sein Dräuen Glich dem Donner in Alpen. Von seinen Blicken war jeder Feuerflamm'; ein jeder von seinen sausenden Hieben Tod. Es erlagen ihm viele der rüstigsten Krieger des Fürsten. Steuer- und mastlos versanken der schöngebordeten Schiffe Zwey mit Leichen besät. Doch auch der feindlichen Kiele Trieben schon vier zerschellt, den Winden ein Spiel und der Woge. Schwül ward der Mittag, schwüler die Schlacht. Aus dem gährenden Süden Wälzten sich drohende Wetter herauf. Der Streit und die Schwüle Lösten dem wunden Ralunken die Knie. Er schwankte zu Boden. Weit auseinander stoben die Räuber. Wie Blät- ter dem Herbststurm, Fielen sie rauschend vor Jaromars Schwert. Noch lag der Ralunke, Blutet' und schäumt' und knirscht'. Nun stiess der zürnende König Tief den Stahl in den offenen Schlund. In stru- delndem Blute Floss die schuldige Seele dahin. Ein jählinger Donner Stürzte sie ächzend hinab in den Schlund des war- tenden Abgrunds. Flehend ergaben sich jetzt die übrigen Räuber der Fessel. Jaromar eilte zur öden Burg. Verlassen, verloren, Hatte die Alte die Thore verriegelt; der fallenden Brücken Mächtige Dielen empört. Umher in den einsamen Gängen Irrte sie, heulte sie, schlug sich ins Antlitz, zer- raufte verzweifelnd Ihre silberhaarige Scheitel. Ein schneller Gedanke, Von der Hölle geboren, durchblitzt' ihr die Seele. „Dich rächen „Will ich, du Edelgefallner, an deiner Mörderin rächen.“ Riefs, und fliegenden Haars, gezuckten funkelnden Dolches, Rannte sie in die Halle der Mädchen — die zittern- den Mädchen Bebten zurück — und durchstiess dir, Heregunde, den Busen. Näher und näher wälzete sich der Sieger Ge- tümmel. Mauern und Wälle durchbrachen die Stürmenden, sprengten der Pforten Eherne Riegel. Es hört sie, es sieht sie, die Ra- sende kommen, Lacht ein Hohngelächter der Höll', und stürzt in den Dolch sich. Jaromar trat in die blutige Hall'. Ihm raucht' an der Schwelle Blut entgegen, und Blut vom Gesimse, und Blut von dem Estrich, Seiner Erkohrnen Blut. Des Siegers blasses Ver- stummen Sollst du nicht singen, Gesang, nicht singen die Trauer des Helden. Jaromar räumte die Burg den Seinen. Sie raub- ten die Beute Dreyzehnjähriger Fehden, und füllten die Gräben, und schleiften Mauern und Wall', und vertilgten mit fressender Flamme die hohen Drohenden Thürme. So fiel das Schrecken des Mee- res. So stürzte Ralow von seiner trotzenden Höhe. Noch leben die Namen Judith und Agath' in den Haynen Zwey Gehölze der Gegend führen ihre Namen. . Stumm und einsam Wandeln im zweifelnden Lichte des Mondes die Schatten der Helden Zwischen den Tannen. Das Eisen des Pflügers, der Spaten des Gärtners, Prallt oft klingend zurück vom versunkenen hohlen Gemäuer. Also die Sage der Väter — Wie still, wie schauerlich liegst du, Ralow, vor mir! Wie streift der Mond die däm- mernden Hayne, Und die glänzende Fluth! Wie schimmern im Thaue den Abhang Deine schwimmenden Saaten hinab! Ihr Helden der Vorzeit, Schön ist und schaurig die Nacht. Entsteiget den Grüften, entschwebet Euren stillen Gewölben, und wandelt im Krieger- geschmeide Vor mir über. Mein Herz gelüstet, die Starken zu schauen K Mit der kräftigen Faust, der benarbten Stirne, dem Gluthblick, Mit der sonnegebranntem Wang', und dem drallen Einherschritt. Wenig zu fassen vermags der Kunst entmarketer Zögling, Hört es, tröstet sich bald, und lacht der Riesen und Mährlein! Der Eichbaum. D u Starker, du Edler, Es grüsst dich mein Lied. Du König des Haynes, Du Vater der Waldnacht, Im dämmernden Mondschein begrüsst dich mein Lied. Du Stolzer, du Starker, Du thürmest dein Haupt Seit grauenden Altern; Es streute kein Gärtner Den kräftigen Samen, Der einst dich gebar. Es sahe kein Aug', Als Säugling, den Starken; Es hörte kein Ohr Das Pfeifen des Schösslings im sausenden Nord. K 2 Dort steht er, der Starke, Und schweigt und gebeut. Ihn zeugte die Erde; Ihn säugte die Sonne; Ihn wiegten liebkosend Die Winde des Himmels. Ihn kleidet der Lenz in duftendes Saftgrün, In Crocus und Saffran der Herbst. Sein freuten sich schon Die Kinder der Vorwelt. Du Grauer, der Barde besang dich, und kränzte Mit heiligem Laube den heiligen Schlaf. Der sterbende Barde Hing Horn und Harfe Am seufzenden Ast. Den liebenden Jüngling, Das liebende Mägdlein Umfingst du vertraulich, Und hülltest in schützende Schatten sie ein. Dort steht er, der Starke, In üppiger Kraft. Wie schattet die Krone des Wipfels! Wie thürmet die Säule des Stammes! Die tausendzweigigen Wurzeln Durchflechten der Insel verborgenstes Mark. Nachtsturm braust Im Walde der Scheitel. Es schüttelt den Grauen, und heult in den Grotten Des tausendjährigen Stamms. Die Linde verbeugt sich. Es spaltet die Pappel. Die Ulme zerschillt. Die schwankende Tann' entwurzelt der Orkan, Und schleudert sie nieder ins sandige Thal. Baum Gottes, du stehst. Baum Gottes, es grüsst Dein Wipfel die Sterne. Es webte die Wurzeln Dein Schöpfer die Rippen der Erde hindurch. Mag heulen der Orkan! Mag prasseln der Donner! Mag zucken der rothe kreuzende Blitz! Dir bricht sich der Orkan. Dir schweigen die Donner. Es kreuzen die schonenden Blitze vorbey. „So sang ich und schwieg. „Es neigte der Starke „Den Gipfel. Mich dünkte, „Als flistert's im Säuseln des Grauen mir zu:“ „„Sey, Jüngling, dem Starken, „„Dem Festen sey gleich!““ Der Nachtsturm. S turm der geilenden Nacht, fürchterlich tos't und schön Dein Geläut durch die Nacht. Starker, des Jünglings Geist Schwellt dein Schmettern und Prasseln, Wie den Krieger der Pomp der Schlacht. Rabenschwarz ist die Nacht. Durch die Erebische Wälzt der Mächtige sich sausenden Schwungs daher, Beugt die Grossen der Schöpfung, Stäupt die Höhen, und zaus't den Wald. Orkan, Orkan, was raufst du mir mein Halmendach, Trennst der Sparren Geflecht, schmetterst die Schei- ben mir In den Fenstern? — Ich komme, Wogenthürmer, und Trotz sey dir! Dem die Erd' und das Meer zittern, ich biete dir Eine freudige Stirn, spotte der feigen Wuth, Die die Sterne des Himmels, Die die Fackel des Mondes löscht, Zittre nicht ob des Walds lautem Gekrach', und nicht Ob des grollenden Meers dumpfen Gebrüll, und nicht Ob den Riesengebilden, Die dein Hauch in den Lüften ballt. — Doch, ich zürne dir nicht. — Starker, in deiner Kraft Sey mir festlich gegrüsst! Kühner, ich liebe dich, Wenn Allfadern dein Päan Auf der Harfe der Windsbraut singt. Schön und fürchterlich ists, wenn du die Weizensaat Niedermähst, wenn dein Arm geisselt den stolzen Forst, Und mit Pappel und Eiche, Wie ein Knabe mit Disteln, spielt. Schön und fürchterlich ists, wenn du das Meer erwühlst, Sein Vermögen zerstäupst, Schiffe, wie Kräusel drehst, Masten knickest, wie Binsen, Taue reissest, wie mürben Zwirn. Nein, ich zürne dir nicht, Lauter! Ich preise dich, Deiner Fittige Schwung fachet zur Flamm' empor Jeden glimmenden Funken, Straffet jeden erschlafften Nerv. Freund, mir hallt dein Gebrüll fei'rlich, wie Chor- gesang, Hehr, wie Tempelgeläut, prächtig, wie Orgelsturm — Wilder toben die Pulse, Rascher schlägt das empörte Herz. In das Dunkel hinaus stürm' ich, in schwarzer Nacht Klimm' ich felsenhinan, schaue vom stickeln Fels In das gährende Chaos, In die wühlende Nacht hinaus. Erd' und Himmel und Meer zittern dir, Trotziger. Kühn und freudig, wie du, Starker, frohlockt mein Herz. Denn noch bin ich ein Jüngling, Unbezwungen und frey, wie du! Die Drommete. D onnerredendes Erz, Tochter der Wuth, des Sturms Wilde freudige Braut, Schlachtengebieterin, Zunge Gottes — Drommete, Lass mich singen den Ungestüm Deines Odems. Du hast öfter die Seele mir Himmelaufwärts gestürmt, hast, wie der Väter Ruf, Durst nach Thaten und Ruhmgier In mein schlagendes Herz geströmt. Ja, der Töchter des Schalls bist du die Herrlichste. Als der Ewige schuf, schuf er durch dich. Du riefst, Und das Chaos ward Schöpfung, Und die eiserne Nacht ward Licht. Wenn der Ewige einst über die Welt Gericht Donnert, stürmst du voran, seine Verkünderin, Und das Licht und die Schöpfung Werden Chaos und alte Nacht. Oft entflammtest du mich, Heldin. Mit stolzerm Schritt Schritt ich unter den Reih'n herrlicher Jünglinge, Wenn dein schmetternder Wirbel Unsern Gliedern vorangebot. Oft entflammtest du mich, Heldin! Im Saal voll Tanz Flog ich wilder dahin, wenn du das Saitenspiel Überbrülltest, und heisser Schlang ich mich um die Tänzerin. Mein süsslispelnd Clavier bebt im Gemach, es tönt Meine Flöte so süss Abends im Hayn. Doch ha! Dein harmonisch Gewitter Schwingt und schüttert mir jeden Nerv. Heldensängerin, einst, wenn ich mich höhern Flugs Aufschwing', wenn ich ein Lied um die Unsterb- lichkeit Singe, sing' ich durch dich es, Und erring die Unsterblichkeit! Der Aurikelnstrauss. D ie noch gestern an Sophiens Busen, Diesem stolzesten aller Sitze, prächtig blühend, Aus bestäubten Kelchen der süssen Düfte Fülle verströmtet, Blümchen, wie bleich, wie schlaff und eingesunken, Wie vergrünt und vertrauert hangt ihr heute Mit gelähmtem Stengel, verschrumpften Glocken, Mir an dem Arme! Blümchen, ihr welktet, und kein süsses Düften Wird dem silbernen Kelch hinfort entschweben, Kein vorüberwandelndes Mägdlein wird euch, Freundliche, pflücken. Blümchen, ihr welkt, und keines Mägdleins Busen Wird euch heben hinfort mit schwerem Seufzen, Noch der seufzersteigenden Brust ein trunkner Jüngling euch rauben. Klage, Sophie, um des jungen Lenzen Früherblühete, frühgewelkte Kinder. Klag' um sie, um jeglicher Erdenschöne Flüchtigen Schimmer. Blumen verwelken. Und der Herbststurm störet Ab die Blätter. Und Jugendblüthen knicket Frost des Alters. Alles vergeht — Sophie, Ach, auch die Treue? Die Narcisse. H at die Sonne dich doch, duftiges Mayenkind, Deiner Kammer entlockt, wo du so traulich schliefst, Wie im Schoosse der Mutter Leisaufathmend der Säugling schläft? Warum weiltest du nicht, züchtige Dufterin, In dem schirmenden Schooss? Drängtest dich kühn hervor, Und entschleierst den Winden Deine bebende Schwanenbrust? Ach, du lächelst mich an: „Ist mein Gewand nicht weiss? „Blüht mein Mund nicht so roth? Bin ich nicht lieb und hold? „Warum sollt' ich nicht kommen, „Da mir winken der May und Lenz?“ Lächle immer — o weh! kennest, so jung! so zart! Kennest Sitte der Welt, weisst um ihr Elend nicht! Wetter werden dich geisseln, Regen stäupen vor Abendzeit! Warum neigst du dein Haupt? Bist ja so lieb! so hold? Dein jungfräulicher Schooss rosig! die Brust so weiss! Frevler werden dich schänden, Räuber lauern der Unschuld auf. O des perlenden Thau's, der dir im Antlitz bebt! Jammer kündet er an, bebt er im Menschenblick! Diese Perlen sind Thränen — Weine, weine; der Mörder harrt. — — Als der Sänger noch sang, siehe! da streckte sich Eine gierige Hand, raffte die Holde weg, Und zerpflückte die Blätter, Dass sie stoben den Garten durch. Der Decembermorgen. D u wunderherrliche Natur, Wohl mir, dass ich dir Treue schwur! Wohl mir, dass du, so lieb und traut, Mich liebst, als Schwester und als Braut! Bist du doch immer wunderbar, Und immer herzlich, treu und wahr, Und immer gross und schön und hold Im Morgen- und im Abendgold. Bist in der Frühlingswinde Wehn Ein Garten Gottes lieb und schön; Und wirft der Herbst dein Laub herab, So hehr, wie eines Heilgen Grab. Und in des Winters ernster Pracht, In seines Schneees Leichentracht, Gemahnst du mich, o Herrscherin, Wie eine Wittwe-Königin. Gegrüsst, gegrüsst sey mir auch heut In deiner milden Herrlichkeit, Im ersten jungfräulichen Schnee, Der sanft dich hüllet, Traurende. Wie frisch, wie rasch, wie freudig wehn Die Winterdüfte! Ach, wie stehn Die nackten Bäume zart und klar, Gleich Greisen mit bereiftem Haar! Aurorens Rosenkelch erblüht, Und die beschämte Luna flieht. So raubet Idens Strahlenglanz Geringrer Schönheit Preis und Kranz. Den lasurblauen Himmel kränzt Aurorens Rosensaum. Wie glänzt, Wie funkelt die beschneite Flur — O Gottes Dienerin, Natur! O heilige Verkünderin Des Unbekannten, Herz und Sinn, Und Tichten, Trachten weih' ich dir, Und will dich lieben für und für. Mag seyn, dass diese blöde Welt Von mir manch schielend Urtheil fällt. Natur gibt Zeugniss dir, mein Geist, Dass du der Letzten keiner seyst. Mag seyn, dass mich des Schicksals Schluss Betriegt um Braut- und Schwesterkuss. Winkst du mir doch, und sprichst zu mir: Bin ich nicht Braut und Schwester dir! O Herrliche, o Freundliche, Von jedem Jammer, jedem Weh, Von jedem Taumel frecher Lust Geneset sichs an deiner Brust. O Freundliche, o Herrliche, Dich zu umfassen je und je, Dir treu zu seyn in Freud' und Leid, Gewähre morgen mir, wie heut! L Die Sommernacht. Z wölfe schlug es. Es wirft über die müde Welt Ihren Schleier die Nacht dunkler und schattender. Schon ist Spica gesunken, Schon Arkturus , der Schimmernde. Trüb' und röthlich enttaucht Antar dem Duft der Nacht. Aus dem silbernen Duft schauet der Mond hervor, Kos't die schüchterne Dämmrung, Wie ein Jüngling die blöde Braut. Aus dem silbernen Duft flimmre vertraulich, Freund, Durch das schwankende Laub, das um mein Lager schwirrt, Um den duftenden Rasen, Den ich mir für die Nacht erkohr. Wahrlich, schön ist mein Bett. Duftendes weiches Gras Ist mein Polster; mein Pfühl ist der bemooste Stein; Meine Kerze der Glühwurm, Schilfgesäusel und Wachtelshlag Sind mein Wiegengesang. Aber es wieget heut Nicht das Säuseln des Schilfs, nicht das Geläut' im Teich Mich in Schlummer. Es wieget Meine Seel' in erhabnen Ernst. Viel zu hehr ist die Nacht, viel zu gedankenvoll Schaut vom Himmel der Mond. Anger und Trifft und Flur Stehn so magisch im Nebel, Der dem dampfenden Grund entwallt. Du, der Zeiten des Tags herrlichste, heiligste, Ahndungschwangere Nacht, Schwester der Ewigkeit Traute Freundin des Kummers, Süssschwermüthige Schwärmerin, L 2 Nacht, dich liebet mein Geist! Deinen erhabnen Ernst, Deinen schweigenden Gram, deine geweihten Graun Lieb' ich mehr, als des Morgens Aufgang, mehr als das Abendkühl. Nacht und Dunkel umhüllt unsers Erhabnen Thron; Und in Dunkel und Nacht fühl' ich dem Herr- lichen Mich viel näher. Der Gottheit Leise Säusel umschauern mich. Für das Endliche fühlt sich der gehobne Geist Viel zu edel. Ihm schwant höhere Seligkeit, Als der Taumel der Sinne, Als der Becher der Lust gewährt. Nach Genüssen, die nie ekeln, nach Seligkeit, Welche nimmer versiegt, lechzt der Unsterbliche; Ach, im Antlitz der Sterne Lechzet, schmachtet, verschmachtet er. Volle Gnüge, nach dir brannte der Knabe schon. Doch das tappende Herz wähnet', es durstete Bald nach schmeichelnden Ehren, Bald nach lieblicher Mädchen Kuss. Rastlos rang ich nach Ruhm, flocht um den jungen Schlaf Frische Lorbeern; wie bald welkte der frische Kranz! Stürmisch warb ich um Liebe. Liebe ward mir. Ich wähnte mich Nun vollglücklich; wie bald seufzte der Glückliche! In des Edleren Arm, an der Geliebten Brust, In dem Schoss des Entzückens Seufzte, lechzte, verschmachtet' ich! O du, wer du auch seyst, wie du dich nennst, und wo Du auch hausest, vernimm, Hehre, des Lechzers Flehn! Reine volle Genüge, Des Vollkommensten Lieblingin, Überschwenglichen Heils nimmerversiegender, Ewigquellender Born, träufel', o träufele Auf die lechzende Zunge Einen kühlenden Tropfen mir — Blitzt es? Zuckenden Strahls flimmt es das Dun- kel durch! Laute, leiser denn Hauch, lispeln im Kühl der Nacht. Welche Schauer umgrausen, Welches Grauen durchrieselt mich! „Reinen Herzen allein, Jüngling, verklär' ich mich! „Reinen Herzen allein quillet mein Silberquell; „Wandelt Ahnung in Anschaun, „Wandelt Sehnsucht in Sättigung!“ Leise Lispel, woher? Donner entschmettern euch! Ernste Donner, ihr schreckt meinen verzagten Geist! Warum zagen, o Kühner? Warum zittern, Unsterblicher? Reinen Herzen allein lächelt die Selige, Reinen Herzen allein reicht sie den goldnen Kelch; Wandelt Ahnung in Wissen, Wandelt Sehnen in Sättigung. Das so rastlos in mir stürmt, unersättliches, Schier verschmachtendes Herz, bist du noch rein, wie einst, Da der leuchtende Tropfe Dem hellsprudelnden Quell entstob? Wie? du schweigest? du sträubst wegernd dich weg? — O Du, Der du heilig und ernst thronest im Graun der Nacht, Der du prüfest die Geister, Die Verdienst' und die Freuden wägst, Der du Reue mit Schuld paarest, mit Reinigkeit Tiefen Frieden, vernimm, was der Gefallene Dir gelobt in den Schauern, Dir im Grausen der ernsten Nacht. Ja, im Grausen der Nacht, ja vor dem Antlitz Dess, Der in Dunkel und Nacht thront, und die Geister wägt, Schwör' ich ewige Treue Dir, o Unschuld, o Wahrheit, dir! Wonne, Wonne! dann wird mir die Erschmachtete Sich verklären. Mich wird laben ihr goldner Kelch. Dann wird Schauen das Ahnen, Volle Gnüge der heisse Durst! Der Rugard. Erstes Lied . A uf deiner schroffen Felsenscheitel Empfange mich, alter Rugard. Empfange mich, Hehrer! Mich lüstert, zu schauen, Mich lüstert, zu fassen, Mit Einem staunenden Blicke Die Küsten, die Inseln, und das donnernde Meer. Fern dringt, Rings rollt Mein rastlos schwärmendes Auge. Es heult der Sturm; Es tosen die Ufer; Der Riesengräber Grüfte seufzen. Ich aber umfasse vom zackigen Felsen Ufer und Inseln, und Festen und Meer. Rechts blickt, Links späht Mein rastlos rollendes Auge. Dort donnert das Ostmeer; Hier sauset der Raddas-Hayn. Dort thürmet die ländliche Tochter der Berge: Rings zirkelt das wellengeschlagne Gestad'. Wie tobt das Meer! Wie saus't der Hayn! Hörst du den Oceandonner? Hörst du das Sausen im Raddas-Hayn? Schön klingt dein Donner, O Meer, den Ohren des Jünglings. Dein Sausen, o Hayn, Weht lieblich dem Draussenwandler. Und du, o ländliche Tochter der Berge, Ich liebe dich, Traute! Ich fand In dir der Väter Biedermuth, In deinen Töchtern Milde, In deinen Jünglingen Geniusgluth, In deinen wirthlichen Hütten Gastfreyheit winkend und hochgeschürzt. Auch segnet meine Seele, Bergtochter, dich, Sey immer Vom Thau des Himmels trunken! Sey immer satt vom Marke Der gartenvollen Flur. Wie heult der Sturm! Wie tobt das Meer! Tiefer erseufzen die Gräber der Helden; Schauriger saust es in Raddas Hayn. Weit blinkt, Fern dringt Mein rastlosspähendes Auge. — — Wer ist sie, die in Süden, In Mitte blauer Fluren, Im Abendglanz der Sonne, Die Zinnen ihrer Thürme Dem Nebelgedämmer erstreckt? Ist das nicht meine Traute, Nicht meiner Jugend Führerin, Nicht meiner Kräfte Weckerin, Nicht meiner Freuden Pflegerin? — Ist's nicht mein Hyldathen Die Hylde (heut zu Tage der Bik) fliesst bey Greifswalde. ? Es ists, es ists! Diess Brusterschwellen, Diess Wangerglühen, Diess Herzerklopfen, Jeder schwellende Muskel, Jeder raschere Aderschlag Verkündet mir: Es ist, es ist mein Hyldathen! Sey mir gesegnet! Sey mir gesungen! Sey mir mit Dank und Liebe gegrüsst! Tochter der Hylde, du schnalltest Das Schwert veredelnder Freyheit An meine Hüfte. Du flochtest Der Weisheit schattenden Ölzweig Um meine Stirne. Du schenktest Den Becher der Freuden mit lauterem Wein, Hellperlend, Süssduftend, Mir voll bis zum überströmenden Rand. Tochter der Hylde, du letztest Des Jünglings Durst, zu lieben, Sein heisses Schmachten, geliebt zu seyn. Meinen schönschwärmenden Werthing, Meinen tieffühlenden Geltar Meinen biedern Rhysolhall Führtest du mir an die schmachtende Brust Sey mir gesegnet! Sey mir gesungen, Sey mir mit feuriger Liebe gegrüsst! Zurück in deine jauchzenden Mauern, Zurück in deine schattigen Gänge, Zurück in meiner Verlassenen Zirkel Sehnt sich mit traurender Wehmuth mein Geist. Sey mir gesegnet! Sey mir gesungen! Sey mir mit Dank und mit Liebe gegrüsst! Linde Stille Umschmeichelt die Flur. Des Sturmwinds Flügel sinken; Die Wogendonner schweigen; Die Nebel zerflattern. Freundlich strahlt Die Abendsonne durch zerrissne Wolken. Und herrlich blaut Der düstre Wald in der Ferne. Und schimmernd weiss Glänzt deine silberne Scheitel In Titans Abendglanz, du alter Oceanus! Der Rugard. Zweytes Lied . H inan den Fels! Hinan im heulenden Sturm! Was strebst du, Starker, mit mächtiger Schwinge Dem Klimmer entgegen? Ich will, Ich will ihn erklimmen, Will letzten das Auge, Und letzten die Seele In dämmernden Fernen, In wühlenden Wogen, In Räumen der weiten unendlichen Welt. — — Wie düster sieht die See! wie düster der Wald! Auf lautumbrüllte traurende Fluren weint Der Himmel aus zerrissnen Wolken Schwere Thränen herab! Ich schaue fern. Ich spähe links, Ich forsche rechts, Und finde nicht die Tochter der Hylde, Die Heimath der Freyheit und der frohlockenden Lust. Wo bist du geblieben, In deinen strahlenden Zinnen? Wo bist du geblieben, O Zeugin meiner alten Glorie! Deine Glorie hüllt Der Wolken nichtiger Schleyer. Meine Glorie birgt Die Urne der Vergangenheit. Die Nebel verrinnen; die Wolken verflattern; Und strahlend stehst du wieder in deiner alten Kraft. Die Wolken verflattern, die Stürme verdonnern; Doch nimmer kehret meine Glorie. Wann wird es Morgen im Grabe? Wer spricht zur Urne: Gib wieder! Wer ruft den Tagen, die waren: Kehrt wieder, holde Flüchtlinge! Sie kehren nimmer! Der goldnen Freyheit, Des süssen Wähnens, Des hohen Ahnens, Der trunknen Begeistrung Selige, wehende, glänzende Tage; Sie kehren nimmer, nimmer! Donnre, Weltmeer! Brause, Windsbraut! Erwühlet der Insel kreidigen Schooss! Durch die gährenden Lüfte, Auf dem Fittig des Sturmes, Über Abhang und Abgrund lasst mich hinab, Hinab in die düsterste, engste der Schlüchte, Hinab ins Dunkel der Vergessenheit! Dem Sohne der Freyheit, Dem Ungebrochnen, Dem Kraftbegabten, Dem Gottgeliebten, Ihm ziemt es, mit hoher, erhabner Stirne Der Erd' und dem Himmel ins Antlitz zu schaun! Dem Freundenarmen, Dem Hoffnungslosen, Dem Kraftberaubten, Dem Kettenumklirrten — Ihm ziemt es zu schlafen den eisernen Schlummer Im Schooss der ewigen Vergessenheit! Der Rugard. Drittes Lied . S ich, sieh den königlichen Berg Gedeckt mit glimmerndem Kristall. Sieh, der Gewaltige Streckt die beeis'te Felsenstirn, Gleich einem hellgeschliffnen Schild, Gigantisch himmelan. Rings um die graue Scheitel ballt Der Wolken düstre Fülle sich. Auf ihrem Fittig schwebt Des Frostes Genius daher, In Eis gepanzert, Bart und Haar Und Braue schönbereift. M Sein Antlitz ist kometenroth. Der Scheitel kahle Glatze glänzt Im blassen Sonnenstrahl. Es glänzt im blassen Sonnenstrahl Sein Diadem, sein Panzerhemd Aus grünem Gletschereis. O Winter, Winter, Tode schlosst Dein Odem. Deines Mundes Hauch Versteinert Land und Meer. Vor deinem Dräuen stirbt der Wald; Vor deinem Schelten schweigt das Meer, Und seine Donner ruhn. Die Sonne schauet grossgeaugt Und leichenblass aus schwarzer Nacht, Und schauert bang zurück. So blickt noch sterbend aufs Gefild Voll Schlacht und Tod und Graun ein Held, Und schliesst sein Aug' und stirbt. Wie still ist es, wie leichenstill, O hoher Rugard, rings um dich! Im ausgestorbnen Hayn, Am hohlen Ufer schwirrt kein Laut; Kein Vogel streift; es schweift kein Wild; Der Leben Pulsschlag starrt. Doch plötzlich dumpf erdonnernd kracht Das meilenlang gespaltne Meer. In dickem Brodem brau'n Sich schwere Wetter. Horch, wie gährt, Wie saust es in dem schwarzen Schwall! Des Sturmes Kraft erwacht. Das Wetter wälzt sich schwer daher. Wildprasselnd fällt es; prasselnd braust Der Schlossen Schwall herab. Es schwinden Erde, Luft und Meer. Das Weltall schwindet; alte Nacht Und ödes Chaos herrscht. M 2 Stubnitz und Stubbenkammer Wald und Kreidenufer auf Jasmund. In jenem finden sich noch unverkennliche Spuren des alten Herthadienstes. Dieses, dessen äusserste und schroffste Zacke den Namen des Königsstuhles führt, kann als eine der nördlichen Gränz- marken Deutschlands betrachtet werden. . W er bist du, der des Wandrers Herz Mit unbekanntem Graun durchströmt? Sein Haar ihm leise sträubt? — O Hayn der Hertha, Lieblingssitz Der hehren Göttin, Heiligthum Der Vorwelt, sey gegrüsst! Sey mir gegrüsst, geweihter Hayn! Mit heilger Scheu, mit leisem Graun Beschreit' ich deine Nacht. Wie dunkel ist die Nacht! Es flammt Am Himmel hoch die Mittagssonn'. Im Wald' ist Mitternacht. Und tiefer in den tiefen Wald Verloren irr' ich. Rings umher Ist feyerliches Still. Jtzt wimmert es aus hohler Schlucht; Jtzt lispelt es im Buchenlaub; Jtzt flistert's in dem Schilf. — Es öffnet sich des Walles Ring, Den rings die Väter schütteten Zum Schirm des Heiligthums. Des Tempels Thore thun sich auf. Das Allerheiligste empfängt Den bangen Wanderer. Wie brüllt das Meer! Wie saust der Wald! Wie raucht der blut'ge Opferstein! Der schwarze Pfuhl erdampft. Das Messer blinkt. Der Stein erdampft Von lauem Menschenblut. Das Meer Erbrüllt. Es braust der Wald. Mich schauert schauernder. Mein Fuss Entwankt der grauenvollen Nacht, Dem mordgeweihten Hayn. Daher durch Waldes Dunkel glänzt In feyerlicher Majestät Das düsterblaue Meer. Anbetend dich zu schaun, den Fuss, O erdesäugend Meer, in dir Zu nässen, dräng' ich mich Das Dickicht durch. — Des Waldes Nacht Wird Dämmerung — Zurück! zurück Vom Saum der Uferwand! Ha Babelufer! Schwindel fasst Den Staunenden, und lös't sein Knie, Und wirft ihn betend hin! Dich, Obelisk der Ewigkeit, Dich thürmete dem Ewigen Die dankende Natur. Lasst, Freunde, uns den stickeln Pfad Hinunter klimmen! Huldigen Lasst uns dem heiligen Meer! — Wie schwillet seine Kraft! Wie stäupt, Wie geisselt die empörte Fluth Den buntgedämmten Strand! Am hohen Ufer donnernd bricht Die Brandung sich, ermannt sich, kehrt Mit neuem Grimm, und stäupt Die alte Felsenwand. Umsonst! Sie steht und beut der Stürmenden Die schaumbesprützte Brust. So ziemt es dir, o Vaterland! Also des hohen Vaterlands Erhabner Markstein, dir! Steh' ewig, hoher Königsstuhl , Und ewig ruf' es, Herrlicher, Dem Meerdurchschwärmer zu: „Halt still, o Meerdurchschwärmer, halt! „Und neige willig Haupt und Knie „Vor Deutschlands Herrlichkeit! „Denn gross ist Deutschland. Seine Kraft „Ist voll, wie Meeresfluth, und wild, „Wie diese Uferwand!“ Das Hünengrab. D ie Nacht ist heilig und hehr. Dämmernd und schauernd und ahnend ist die Nacht. Im Mondlicht woget die düstere Waldung, Im Mondlicht die Saat den Hügel hinan. Wie die Unken läuten im Teich! Wie die Nachtigallen den Busch durchflöten! Liebliche Kühle durchwehet die Lüfte. Die Maynacht ist duftig und thauig und hehr! Schweigt Nachtigallen! Unken schweigt! Schauererinnerung umflistert mich. Zwischen vier bemooseten Steinen, Unter drey rauschenden Eichen sitz' ich hier. Über die vier moosbewachsnen Steine, Über die drey rauschenden Eichen Fried' und Ruh! Die ihr schlummert drunten, Helden, Herr- liche, Schlummert sanft, die ihr sanket in der blutigen Schlacht! Die Schlucht brüllte, Der Wald brauste, Das Meer tosete dumpf auf, Als die Herrlichen fielen. Sie fielen. Die Feinde frohlockten. Verlassen weinten die Bräute. Die Barden klagten. Die Übrigbliebnen Thürmten das ehrekrönende Mahl. Schlaft sanft, ihr Edelgefallnen. Schlaft sanft im Ringe der Steine. Schlaft sanft — oder steigt herauf Mit der benarbeten Stirn, mit dem blut- beströmeten Busen. Steigt herauf, und reicht mir die Hand Voll Schwielen für die Freyheit, die ich liebe, wie ihr; Ich, eurer Enkel einer, Der Späteren, der Schwächeren einer! Die Heldenzeiten sind vorüber, Vertreten die Spuren der Ahnentugend, Verstürme der Freyheit Donnerrufe, Verbrüllt die Schlachten für das Vater- land. Knechtschaft umklirrt Die Söhne der Freyen Striemen der Despotengeissel Brandmalen den Rücken der Heldensöhne. Wo ist Biedersitte? Wo sind Mädchenblöde und Jünglingsscham? Begraben unter dem tausendjährigen Stein; Begraben, oder Laut eines Mährleins. Reiche mir, Braga, die Harfe! Reiche mir, Wodan, das Schwert! Ich fühle flammen in mir der Ahnen Tugend. Bey den Edelgefallnen, Bey der Eiche und dem Mahlstein, ich schwöre der Ahnentugend. Schwöre dir, Treue der Väter! Schwöre dir, Keuschheit der Ahnen! Schwöre der Thorheit unauslöschlichen Hass, Ewige Liebe der Väter Einfalt und Wahrheit! Wie das Moos duftet! Wie die Eiche rauscht! Wie der Rohrspaz läutet, und die Nachtigallen flöten! Der Mond lächelt aus versilberten Wolken, Und die thautrunkene Saat wogt glän- zend den Hügel hinan. Elldor an Elldore. Erstes Lied . W elch eine Nacht! Wie grauenvoll! wie dunkel! Von Sturm und Schlag wie schauerlich! Ich aber schritt getrost durch ihr erebisch Dunkel; Die starke Liebe schirmte mich. Ich schritt getrost hindurch. Ich hätte nicht gezittert, Und hätten um mich her die Winde Tod geheult. Und hätte Gottes Blitz den Wald um mich zer- splittert — Ich wär' getrost hindurch geeilt. Und hätte Mord auf mich mit jedem Schritt gelauert, Und hätte über mir der Himmel roth gebrannt, Und wäre unter mir der Abgrund aufgeschauert; Getrost wär' ich hindurch, getrost zu dir gerannt. Zu dir! zu dir! Dein erstes Grussgeflister, Dein erster leiser Handdruck, ach! Dein volles feuriges Umfahn im Rabendüster Der Mitternacht tilgt' all mein Ungemach. Zu süsse Nacht! Zu rasch verprasste Stunden! Zu schnell verrauschte Trunkenheit! Herz, Herz, wie dass du nicht vom Staube los- gewunden Mit ihr empor dich schwangst ins All der Seligkeit! Auf ihrem Lager lieblich hingegossen, Wie duftete die junge Rose mir! Wie glühte sie! wie thaute sie! wie flossen Rings um sie Frisch' und Füll' und lechzende Be- gier! Von ihren Armen sanft hinabgezogen, Hinabgesunken an ihr schlagend Herz, Itzt steigend, sinkend itzt mit ihres Busens Wogen, Wie kämpft' ich zwischen Lust und Schmerz! Wie strebten meine Kräfte, ha! wie drängten Die Mächtigen sich hin zu ihr! Und dass sie nicht der Tugend Riegel sprengten, Elldore, das verdanke dir! Das danke dieser hellen Morgenröthe Von Unschuld, die dein Angesicht So rührend schmückt, die mich so flehend flehte: „Mein Elldor, ach zerstöre nicht!“ Das danke deinem leisen Wimmern: „Mein Auserwählter, ich bin dein! „Doch könntest du dein Heiligthum zertrümmern? „Harr' aus! Einst werd' ich ganz und ewig deine seyn.“ Ja, du bist mein. Du bist an mich gebunden, Mit Banden, die kein Arm zerbricht. Komm bald, o seligste der Stunden, Darin Elldore mich mit Gattinarm umflicht. Sie kommt! sie kommt! In deinem Brautge- schmeide, In deinem Myrtenkranz sey mir gegrüsst! In deiner weissen Hochzeitseide Bist du die schönste Braut, die je ein Mann ge- küsst. Was schleichst du heut so langsam, träge Sonne? Hinunter mit dem Lärmer Tag! Dass ich die schöne Braut — o Wonne, Wonne! — In meine Kammer führen mag. Ich bin erhört. Die hochzeitliche Kammer Umfängt uns schon mit süsser Dunkelheit. Und jeder alte Gram, und jeder alte Jammer Taucht unter in Vergessenheit! Elldor an Elldore. Zweytes Lied . N och vier und zwanzig Stunden! So flieh' ich fern von dir; So breitest du die Arme Umsonst, umsonst nach mir! Ich wend' auf jedem Schritte Den trüben Trauerblick. Es schlägt mit jedem Schlage Mein sehnend Herz zurück. Noch vier und zwanzig Stunden, So schmacht' ich fern von dir, Und breit' in leere Lüfte Den Arm umsonst nach dir; Nach dir, mein Eins und Alles, Mein süsses Eigenthum, Mein Gram und mein Entzücken, Mein Preis, mein Lied, mein Ruhm! Verschwunden sind, verschwunden, Gleich einer Sommernacht, Die goldbesäumten Tage, Die ich mit dir vollbracht. Die Stunden, ach! des Habens Gehn raschen Jünglingsgang. Die Stunden des Entbehrens Verschleichen lahm und krank. Lass, lass die Zeit mich klagen, In deren raschen Flug So innig und so selig Mein Herz an deinem schlug; Wo ich so liebemüde An deinen Busen sank, Und ewgen Lebens Wonnen Aus deinen Lippen trank. N Lass, lass mich um sie klagen! Von Liebeswein berauscht, Hätt' ich um Edens Freuden Die Schnellen nicht vertauscht. Sie sind, sie sind verschwunden. Sie flogen Adlerflug — Trau nicht der Erde Schwüren; Ihr Schwur ist Lug und Trug. Ist alles Trug hienieden? Und alles Tand und Traum? Und alles luft'ger Schatten, Und leichter Wasserschaum? Wohl ist es Wein und Wollust, Wohl ist es Gold und Ruhm. Nur du verblühest nimmer, Der Lieb' Elisium. Elisium der Liebe, Du, du betrogst mich nicht. Elldore lächelt. Plötzlich Umströmt mich glänzend Licht. Gelehnt an ihren Busen Verlern' ich Grimm und Gram. Es wird in ihren Armen Der Löwe lämmchenzahm. Ein Nick nur von der Holden, Ein Wink nur, der mich meint; Und keines Schicksals Tücke Schreckt, Huldin, deinen Freund. Ein Augenblick nur Ruhens In deinem sanften Schooss, Und ich werd' alles Rasens Und alles Stürmens los. Wann aber düstre Kälte, Elldore, dich umstarrt, Wann Elldor deines Blickes Und Winks vergebens harrt — Dann möcht' ich jach und grimmig Die Welt zertrümmern sehn, Und selbst, von ihren Trümmern Umgraust, zu Grunde gehn. So wahr der Liebe Odem Rings um mich lebt und webt! Wie du, so ward kein Mädchen Erstürmt, erkämpft, erstrebt; Um keines so gestritten, Um keines so gegrämt, Um keins der Trotz des Herzens So ritterlich gezähmt. N 2 Auch wird, so wahr in Eden Der Liebe Lauben blühn, Hinfort für dich so feurig Kein Mann, noch Jüngling glühn. Und wär' er schön vor tausend, Vor tausend glatt und klug — Sein Glanz ist eitel Gleissen, Sein Liebeln eitel Lug. Ich aber will dich lieben, So lang' in Rührung mir Die Brust erschwillt — und trennten Auch Zonen mich von dir; Und müsst' ich um dich hadern Mit tausend Buhlern frech, Ich haderte, bis ich siegte, Und führte dich jauchzend weg. Denn wie ein Streiter Gottes Ist Liebe kühn und stark, Und nie erschlafft ihr Bogen, Und nie versiegt ihr Mark. Kein Strom kann sie ersäufen, Kein Feu'r so lodernd glühn; Kein Sturm so herrisch brausen, Kein Pfeil so reissend fliehn. Ihr drohen trotzige Dränger; Sie lässt die Trotzer drohn. Ihr winken goldne Kronen; Sie schmähet Kron' und Thron. Ihr lächeln feile Dirnen. Spart andern euren Blick; Sie geisselt euer Lächeln Mit hohem Hohn zurück. Fest, wie in Gottes Schlössern Die Demantpfeiler stehn — Kein Blitz kann sie zerschmettern, Kein Sturm sie niederwehn — Fest, wie des Himmels Axe Soll meine Treue stehn. Wenn jene kracht und splittert, Mag diese untergehn. Auch weiss ich, meine Traute — Und Himmelmelodey Entklingt dem Hochgedanken — Ich weiss, du bleibst mir treu. Wohl koset dir verlockend Der Schmeichler schnöder Mund; Du aber wahrst der Liebe Beschwornen Engelbund. Wohl kriechen Lotterbuben Staubleckend rund um dich, Und gleissen zehnmal glatter Und flimmernder, als ich. Trotz sey den glatten Gecken! Dein Jüngling, stolz und gut, Sein Mädchen, brav und edel, Verschmähn die Raupenbrut. Triumph! mir flammt die Seele, Wie Blitz von Gottes Schwert. Triumph! die heilige Treue Wird nie von dir versehrt. Noch vier und zwanzig Stunden, So flieh' ich fern von dir. Was thuts? mein Kleinod bleibet, Elldore bleibet mir. Triumph! ich kehre wieder, Und treu, und keusch und rein, Schliess' ich in heissen Armen Elldoren wieder ein. Triumph! auf reinen Lippen Versiegeln wir den Bund. Kein Bubenkuss entweihte Den frischen Rosenmund. Was drohst du, Abschiedsstunde, So grass? Dein Dolch ist stumpf. Der Treue goldner Panzer Beschirmet uns. Triumph! Triumph! Ich kehre wieder. Ihr Treuen, trauert nicht! Triumph! die Treue sieget! Elldore, traure nicht! Allwill und Allwina. S chon röthete die Hügel Der Sonne letzter Strahl. Es kühlten Zephyrflügel Das ausgesengte Thal. Auf Blumen, Saaten, Kräuter, Sank Gottes Abendthau. Der Halbmond glänzte heiter Im wolkenlosen Blau. Da ging im Dämmerschatten Der schlummertrunknen Welt Allwina mit dem Gatten, Mit Allwill fern' ins Feld. Zwey schönre Blumen zeugte Noch nie die Blumenflur. Zwey liebevoll're säugte Noch nimmer die Natur. Die schlankste Tann' im Hayne Wich ihm an schlanker Höh. Ihr wich an Duft und Reine Die reinste Lilie. Ihm flammt' auf braunen Wangen Der Jugend Kraft und Muth. Ihr wölkte blödes Bangen Der Augen Glanz und Gluth. Sie gehn, und Kuss und Kosen Täuscht Weg und Stunden hin. Schon schüttet blässre Rosen Auf sie das Spätroth hin. Die Schöpfung schläft; die Auen Umflügelt Mitternacht. Doch darf der Unschuld grauen, Wenn sie im Finstern wacht? Sie gehn. Ein fernes Grollen Erschreckt ihr lauschend Ohr. Sie schauen auf. Da rollen Gewitter hoch empor. Des Spätroths letzte Schimmer Erkranken und verblühn. Der Sterne grüne Flimmer Erblassen, kämpfen, fliehn. Es blitzt aus Ost und Westen; Es kracht aus Nord und Süd. Des Himmels alte Festen Erdonnern. Ängstlich müht Der Mond sich durch die Dunkel, Erlischt in Graus und Nacht. Und dunkler wird das Dunkel, Und nächtlicher die Nacht. Allwina bebt. Ein Schauer, Wie Ahnden, weht sie an. Sie schmiegt in banger Trauer Sich fest an Allwill an. Bey jedem Donnerschlage, Bey jedem Wetterstrahl Wird zager noch die Zage, Noch lauter ihre Qual. Sie tröstet nicht die Liebe, Und nicht ihr reiner Sinn. Ihr Blick sinkt matt und trübe Auf ihren Allwill hin. Von ihrer Angst durchdrungen Haucht Allwill hohe Ruh, Und spricht mit Engelzungen Ihr süsse Tröstung zu. „Was zitterst du, Geliebte, „Was zagt dein klopfend Herz? „Nicht dir, du Tiefbetrübte, „Ist diese Nacht so schwarz. „Dir drohn nicht diese Wetter; „Der Unschuld drohn sie nie. „Den Sünder nur und Spötter, „Den Frevler meinen sie. „Den Bösewicht lass beben; „Ihm donnerts Rache zu. „Uns, die wir schuldlos leben, „Uns lispelts Fried' und Ruh. „Nein, sey nicht bang, nicht bange! „Geliebte, schau mich an! „Ich fürchte nichts, so lange „Ich dich umarmen kann!“ Er umarmt sie. Lauter prasselt Der Donner; röther glimmt Die Leuchtung. Hagel rasselt Und Regen. — Jähling flimmt Im gellenden Getümmel Ein Strahl daher — und ah! Geheimnissvoller Himmel! Entseelt lag Allwill da! Vinval und Vinvela. U nter ging die Sonne Gottes Thaugedüft entstieg der Flur. Auf die Abendlispel Gottes Horchte feyrend die Natur. Grillen zirpten, Mücken summten, Frösche gurgelten im Sumpf; Und aus stillen Dörfern bummten Abendglocken fern und dumpf. Aus der Mauern Eng' und Schwüle, Aus der Städter lautem Schwarm Flüchtet' in die freye Kühle Vinval an Vinvelens Arm. Warmen Herzens, reiner Seele War das liebetrunkne Paar, Sonder Tücke, sonder Fehle, Aller Schuld und Makel baar. Gern vom grünen Hügel schauten Sie der Sonne letzten Strahl; Horchten gern der wonnelauten Wachtel Schlag im Wiesenthal; Schwelgten lüstern in den Düften Der erfrischten Weizenflur; Freuten sich des Rauchs der Triften, Und des Friedens der Natur. Itzt im blüthenweissen Laube, Itzt am blaubeblümten Bach, Itzt im Würmchen, itzt im Staube, Spürten sie dem Ewgen nach; Hörten seiner Stimme Hallen, Fühlten seiner Flügel Wehn, Sahn in jeder Wolke Wallen Seines Wagens Rosse gehn. Harmlos wandelten die Beyden In das volle Ährenfeld, Und mit süssen Seelenfreuden Tränkte sie die Dämmerwelt. Laulich war die Luft und milde, Rein der Aether, klar und blau, Und die athmenden Gefilde Hauchten Frisch' und Füll' und Thau Vinvals und Vinvelens Seelen Schmelzte Rührung und Gefühl. Vinval lispelte Vinvelen: „Köstlich ist das Abendkühl. „Herrlich goldet deine Wange „Jener Wolke rother Schein. „Lass uns, Traute, mit Gesange „Diesen schönen Abend weihn.“ Und Vinvela, leiseschauernd, Sang den holden Klaggesang. Bangeahnend, leisetrauernd Klang des Liedes süsser Klang. Mit den stillen Abendlüften Säuselte der sanfte Hall Über Feld und über Triften. Wandrer lauschten seinem Schall. „Lieblich ist des Abends Milde, „Schön des Himmels Angesicht. „Freundlich dämmern die Gefilde, „Halb in Schatten, halb in Licht. „Lieblich sind des Mädchens Reize, „Wenn die Unschuld sie bekränzt. „Herrlich sind des Jünglings Reize, „Wenn sein Aug' in Liebe glänzt. „Aber, ach, des Abends Schöne „Schwindet, und des Spätroths Pracht „Blasset, und der Wachtel Töne „Schweigen, und es wird so Nacht. „Jüngling, deine Gluth verlodert; „Deiner Kräfte Mark versiegt. „Mädchen, deine Schöne modert; „Deines Kelches Duft verfliegt. „Sterben werd' ich bald. Sie werden „Mich begraben. Auf mein Grab, „Tief im kühlen Schooss der Erden, „Schlosset es und schnei't herab. „Mein Geliebter wird mich missen, „Wird mich suchen, finden nicht. „Jüngling such mein Grab. Da spriessen „Rosen und Vergissmeinnicht.“ Also sang sie, und betrübter Ward ihr Geist. Die Wang' hinab Floss ein Thränchen. Ihr Geliebter Küsst sie ihr vom Busen ab. Dann mit tiefern Athemzügen Sang er ihr den Trostgesang. Wachtel, Grill' und Unke schwiegen, Als des Sängers Stimm' erklang. „Traure nicht, o Vielgeliebte! „Deine Trauer trübt auch mich! „Tröste dich, du Sanftbetrübte; „Ewig liebt dein Trauter dich. „Dämmrung schleyert Wald und Auen, „Raubt den Fluren Farb' und Glanz „Dämmrung wird auch uns umgrauen, „Welken unsrer Jugend Kranz. „Aber schau! der Nächte Dunkel „Ist nicht gänzlich schimmerleer. „Tausendfacher Sternenfunkel „Dämmert durch das Dunkel her. „Freundin, unsre letzte Wohnung „Wird nicht licht- und trostlos seyn. „Hoffnung einer hellern Wohnung „Wird die schwarze Nacht zerstreun. O „Dieser Schatten graue Hülle „Deckt nicht ewig Berg und Thal. „Nacht und Schatten, Schlaf und Stille „Scheucht des nahen Morgens Strahl. „Freundin, unser Grabesschlummer „Währt nicht ewig. Jung und schön „Werden wir, nach kurzem Schlummer, „Aus der kühlen Kammer gehn,“ Also sangen sie, und schwiegen; Wanderten bey Sternenschein, Von des Schicksals starken Zügen Fortgezogen, feldhinein; Ruhten endlich, wandernsmüde, Wang' an Wang' an einem Baum, Und der Unschuld sichrer Friede Wiegte sie in Schlaf und Traum. Mit des Frühroths Strahlergiessen Ward der gute Jüngling wach. Seine Traute wach zu küssen, Wandt' er sich zu ihr. Doch ach! Ach, erblasst war ihre Wange, Giftgeschwellt die zarte Brust; Eine buntgefleckte Schlange Schwelgt' an ihrer reinen Brust. Schreckenschwindelnd, graunumrungen, Krampfhaft von der Lieblingin Halbgelähmten Arm umschlungen, Fiel er jammernd auf sie hin, Sah des Lebens letzten Funken Matt verglimmen; und von Schmerz Umgebrochen, umgesunken, Stürzt' er leblos an ihr Herz. O 2 Schön Hedchen. S chön Hedchen, ein Fräulein aus edelm Ge- blüt, Noch edler durch Schönheit und hohes Gemüth, Schön Hedchen, das lieblichste Blümchen der Au, War züchtig und düftig, wie Röschen im Thau. Auch blüht' im Lande zur selbigen Zeit Ein stattlicher Jüngling, ein Wetter im Streit. Wie flog um die Schultern sein bräunliches Haar! Wie rollte der Augen schwarzfunkelndes Paar! Wild schwärmte der Jüngling manch freudiges Jahr. Da sah er Schön Hedchen mit goldigem Haar. Wie wurde dem Schwärmer im Herzen so warm! Doch wärmer noch ward ihm dem Mädchen im Arm. Beym Blicken und Drücken der Holden im Arm Vergass er der Brüder lautlärmenden Schwarm. Es schmolz vor den Blicken sein eiserner Sinn, Wie Wachs am Strahle der Sonne dahin! Wie, wenn an den Busen Schön Hedchen ihn nahm, Wie wurde der Wildfang so sittig, so zahm! Schön Hedchen, so schüchtern, so zaghaft vorhin, Wie ward sie am Busen des Jünglings so kühn! Bald schworen die Beyden den ewigen Bund; Doch ward er nicht Menschen, ward Engeln nur kund. Da stürmten Gewitter und Wolken herein, Und hüllten den Himmel der Liebenden ein. Es rief den Geliebten sein König ins Heer. Es entzog ihn der Trauten ein donnerndes Meer. Hier klirrten ihm Fesseln; dort glänzt' ihm ein Thron. Der Treue bot Thronen und Fesseln nur Hohn. Es buhlt' um Schön Hedchen manch gleissender Gast. Sie gönnten der Holden nicht Ruhe noch Rast. Sie weinte die blaulichen Augen wohl wund, Und wahrte der Treue beschworenen Bund. Drey Jahre verrollten durchgrämt und durch- stöhnt. Nun schien das Verhängniss den Treuen versöhnt. Denn Treue besieget des Schicksals Gebot; Besieget die Bosheit, besieget den Tod. Der Jüngling kam wieder, erhöht und gerühmt, Mit herrlichen Narben die Stirne beblümt. Auf Flügeln der Liebe, auf Flügeln der Lust, Flog Eins an des Andern hochklopfende Brust. Still Wogen und Winde! Die Sonne ging auf, Ging golden und lieblich den Liebenden auf. Die Freude verwehte den wolkigen Gram, Je höher, je heller und wärmer sie kam. Viel Thränen hat Liebe, doch Freuden noch mehr. Sie streiten ums Herz sich, ein brüderlich Heer. Sie streiten, und fallen sich friedlich in Arm; Dann weinet die Freude, dann lächelt der Harm. Bald flocht man die bräutliche Myrte zum Kranz. Schon übten sich Jüngling' und Mädchen zum Tanz. Bald graute der Abend der kommenden Nacht, Der letzten, vom ahnenden Mädchen durchwacht. Der Abend war lieblich und kühlig, und frisch; Die Nachtigall flötet' im Mayengebüsch. Es wallten die Treuen den Garten entlang, Und horchten der Nachtigall Klagegesang. „Wie ist dir, lieb Hedchen, wie fühlt sich dein Herz? „Ach, schwimmt es noch immer in Wehmuth und Schmerz? „Das Thränchen, das blinkend die Wangen dir nässt, „Ach sprich, ob der Schmerz dir das Thränchen entpresst!“ „Die Thräne, die über die Wange mir rollt, „Wird von dem Entzücken der Liebe gezollt. „Es klingt mit im Herzen so himmlischen Klang; „Es umtönt mir die Seele, wie Harfengesang. „Der Becher der Liebe hält köstlichen Wein; „Ich weinte viel bittere Thränen hinein. „Nun trink' ich des Weins, mit Thränen vermengt. „Das macht, dass die Wonne mir Thränen entdrängt. „Ich ruf der Vergangenheit Tage zurück. „Mir bebet die Seele; mir schwindelt der Blick. „Da war mir so nächtlich der sonnigste Tag. „Wie, dass ich dem lastenden Gram nicht erlag! „Ich wende den Blick aus den Nächten voll Graus, „Und schau' in die selige Zukunft hinaus. „Da seh' ich der mächtigen Freuden so viel. „Wie fass' ich, wie trag' ich dich, Wonnegefühl! „Der Stärke zu stehn in den Stürmen mir gab, „Der stütze mich ferner mit freundlichem Stab. „Doch führe mich, Bester — es wehet so frisch — „Komm, führe mich heim aus dem Mayengebüsch.“ Itzt trat aus der Wolke der Vollmond hervor. Dem Abend entrollte der hüllende Flor. Wie glänzten der Garten, der Busch und der Quell Im flimmernden Monde so silbern, so hell! Still blickte der Jüngling im zweifelnden Licht Des Mondes Schön Hedchen ins Rosengesicht. Sie lächelte Weh, sie lächelte Ruh Aus thränenumdämmerten Augen ihm zu. Er sandt' ihr noch einmal den sorgenden Blick Ins Antlitz, und bebt' — o Schrecken! — zurück. Ihr rosiges Antlitz — die Rose verschwand — War bleich, wie ein linnenes Todtengewand. Es rann ihm, wie Regen, den Rücken ent- lang. Die Nachtigall flötet' ihm Leichengesang. Es hauchten die Blüthen ihm Moder und Graus, Und grauenvoll führt' er Schön Hedchen nach Haus. Und bald, als Schön Hedchen im Lager sich barg, Da rollt' ihr die Krankheit durch Adern und Mark. Wie neigte die Blum' ihr traurendes Haupt, Des lebenden Glanzes und Duftes beraubt! Die Mitternacht kam. Es entschwand ihr die Kraft. Sie lag auf dem Lager erschöpft und erschlafft. Her wehte der Morgen, von Rosen umglüht; Da war ihr die Ros' im Antlitz verblüht. „Wie schmückst du dich, Morgen, in bräutli- cher Pracht! „Mir winkt, mich umhüllt schon die ängstliche Tracht. „Wie schön dir die Rosen im Angesicht glühn! „O weh, dass die meinen so frühe verblühn! „O Jammer, so wird mir mein bräutlicher Kranz „Zur Krone des Sarges, der festliche Tanz „Wird Leichengepräng', und Priester und Gast „Geleiten mich heim zur düsteren Rast „Mein hochzeitlich Bette, wie enge! wie kalt! „Mein Bräutigam — Wehe! weg Schreckengestalt! „Weg Scheusal! Die Knochen durchheult dir der Wind. „Vor Entsetzen das Blut mir in Adern gerinnt.“ — So stöhnt, wie die Hindin vom Jäger gejagt, So jammert die Arme. Fast war sie verzagt. Da wiegt sie ihr Engel in heilende Ruh, Und lispelt im Schlummer ihr Tröstungen zu: „Was trauerst du, Schwester? was klagst du so bang? „Es währt ja hienieden nur Augenblick lang. „Hoch oben ist Wonne, hoch oben ist Licht; „Das dämmert und dunkelt in Ewigkeit nicht. „Die bräutliche Seide, der heilige Kranz, „Der goldene Trauring, der festliche Tanz, „Am Busen des Trauten die selige Ruh, „Das lächelt auch alles hoch oben dir zu. „Es lächelt hoch oben dir schöner, als hier. „Komm, trauliche Schwester, komm freudig mit mir! „Was schauest du rückwärts? — Er folget dir nach. „Komm, folge mir freudig. Ich bring' ihn dir nach.“ — So lispelt, so singt es der Engel ihr zu, Und wiegt ihr die zagende Seele in Ruh. Wie lächelt im Schlummer ihr blasses Gesicht! Wie umstrahlt die Erwachende himmlisches Licht! „O Liebe, was trauerst, was zagst du so sehr? „Der Lauben der Liebe blühn oben noch mehr! „Es durchbohrt mir die Seele dein schneidendes Ach! „Ach sieh nicht so starrend! Du folgest mir nach. „Aus Tausenden hab' ich dich einzig erwählt. „Du bist mir vor Himmel und Engeln vermählt. „Es trennen die Himmel die Liebenden nicht; „Sie finden sich wieder im himmlischen Licht. „Ach, sieh nicht so starr, so düster mich an! „Du folgest, mein Trauter; ich gehe voran. „Erzürne den Himmel mit Hadern nur nicht, „So sehn wir uns wieder im himmlischen Licht. „Ich sehe dich wieder. — Wie wird mir! — wie wohl! „Wie weh' und wie bange! wie dämmernd! — Leb' wohl! „Leb' wohl, mein Vertrauter — wir finden uns — ach!“ — Es stand ihr Herz, und ihr Auge brach. Die Seele, umflossen von Blüthenduft Und schwebend auf strahlender Morgenluft, Entwallte der Erden, und schwebete rein Zur Pforte des Gartens der Seligen ein. Da blühen der duftenden Blumen so viel! Da wehen die Lüfte so linde, so kühl! Da rauscht' es, da glänzt' es so strömend, so hell Von thauenden Myrten am gurgelnden Quell! Ihr Engel umschwebt sie in sonnigem Schein, Und führt sie die stilleste Laube hinein. Die Lüftlein, die Bächlein in leiserem Gang, Vereinen die Töne zum Schlummergesang. „Kind Gottes, so lächelt der Engel ihr zu, „Kind Gottes, verweil' hier drey Stündlein in Ruh. „Bald jauchzet unendliche Freude dich wach — „Ich geh' und bringe den Liebling dir nach.“ Er fand den verlassenen Liebling am Sarg, Der sorgsam Schön Hedchens Ruinen barg. Er wiegte den Dulder in stillende Ruh, Und weht' ihm ambrosische Kühlungen zu. Und als er vom tröstenden Schlummer erwacht, Da war es schon Abend. Es thaute die Nacht. Schön Hedchen lag lächelnd, von Kerzen umglänzt, Die ringelnden Haare mit Myrten bekränzt. Nun tönen die Glocken. Nun wallen beym Schein Von wehenden Fackeln die düsteren Reihn Der Trauerbegleiter die Gassen hinab, Und tragen sanftklagend Schön Hedchen ins Grab. Sie senken sanftweinend Schön Hedchen hinein. Bald hüllet die kühlige Erde sie ein; Bald grünet der Rasen den Hügel empor; Bald sprossen Violen und Maasslieb hervor. Mit jeder aufgrauenden Dämmerung ging Der arme Verlassne zum Hügel, und hing Sich rings um den blühenden Hügel herum, Bald laut, wie die Winde, bald schweigend und stumm. „Was säumst du, Schön Hedchen? was säumst du so lang? „Und machst mich so ängstig und machst mich so bang? „Du wandelst wohl oben im sonnigen Licht, „Und denkst des verlassenen Traurenden nicht. „Wer war es, Schön Hedchen? wer war es? wer sprach: „Sey ruhig, Geliebter, du folgst mir bald nach! „Wo bleibt dein Geloben? Wie säumst du so lang, „Und machst mirs im zagenden Busen so bang? „Ich trag' es nicht länger; ich halt' es nicht aus. „Mir ekelt das Leben, wie Moder und Graus. „Schön Hedchen, du logst mir! Wer wehrt es mir? — Ha! „Ich komme schon selber! du täuschtest mich ja!“ Er riss aus der Scheide sein funkelndes Schwert — Da erbebte der Hügel. Da stand es verklärt Und sonnenhell vor ihm, und lächelt' und sprach: „Acht Tage, mein Trauter, so folgst du mir nach.“ Es verschwand in goldenem Wolkengesäum; Da ging der getröstete Traurende heim. Der Morgen brach an. Da kam ein Gebot; Sein König entbot ihn zu Schlachten und Tod. Das klang dem Müden, wie Lächeln der Braut. Ihm jauchzte die Seele so freudig, so laut! Er flog zu den Streitern. Die siebente Nacht Verwehte, da kam es zur donnernden Schlacht. Wie schnoben die Rosse in schweflichtem Duft! Wie rollten die sausenden Tod' in der Luft! Sie sausten, sie rollten den Helden vorbey. Nach Tausenden traf ihn ein freundliches Bley. „Willkommen! Willkommen!“ so rief er, und sank — „Willkommen! Willkommen!“ und streckte sich lang Auf thürmende Leichen im Felde voll Graus, Und hauchte die Seele, die ringende, aus. Sie eilte dem Garten der Seligen zu. Schön Hedchen ward wach und entjauchzte der Ruh. Sie jauchzt' ihm entgegen — „Mein Trauter, so bald?“ Ihr waren die Monden, wie Stündlein, verwallt. Sie führt' ihn die duftige Laube hinein, Und tränkt ihn vom kühlenden Quell aus dem Hayn. Da schwand aus dem Herzen ihm jeglicher Harm; Da sank er ihr selig, so selig in Arm! Nun schwebten die himmlischen Schaaren herbey Und freuten sich herzlich der glücklichen Zwey. Sie stimmten die Harfen zu freudigem Klang, Und sangen den himmlischen Treuegesang. „Heil, Heil den Getreuen! Wie grünet ihr Kranz! „Heil, Heil den Verklärten! Wie schimmert ihr Glanz! „Die Treue besieget des Schicksals Gebot, „Besieget den eisernen grimmigen Tod. „Triumph! Dahinten sind Unglück und Noth! „Dahinten der eiserne grimmige Tod! „Heil, Heil den Getreuen! Nie welket ihr Kranz, „Und nimmer verlöscht ihr sonniger Glanz.“ Schön Sidselil und Ritter Ingild. Altdänisch . S chön Sidselil schnürte sich so knapp und schlank, Dass ihr die Milch aus den Brüsten sprang. „Was seh ich, herzliebes Töchterlein! „Dir spritzt ja die Milch aus den Brüsten dein!“ „Es ist nicht Milch, was den Busen mir nässt. „Es ist vom Meth, den ich eben gepresst.“ „Lehre du mich kennen Milch und Meth! „Ist braun denn die Milch und weiss der Meth?“ P „Ach Mutter vergebt, Herzmutter verzeiht! „Ritter Ingild, der Wackre, hat um mich gefreyt.“ „Ritter Ingild, der Kecke, thät um dich freyn? „Was gab er dir denn für die Ehre dein?“ „Er gab mir ein rothseidenes Kleid. „Ach, aber ich trug es mit Jammer und Leid. „Er gab mir ein Paar silberspangige Schuh. „Ach aber, sie la'n mir nicht Rast noch Ruh. „Er gab mir eine Harfe von Gold, „Die meinen Jammer beschwichtigen sollt. „Nun, Tochter, ich schwöre beym heiligen Gott! „Ihr beyde müsst sterben den schmählichsten Tod. „Ritter Ingild muss hangen hoch oben auf Gaal, „Und brennen musst du tief unten im Thal.“ Schön Sidselil nahm ihre Harfe gut, Zu schwichtigen ihren traurigen Muth. Sie schlich wohl hin im Mondenschein Vor Ritter Ingilds Kämmerlein. Sie schlug die lispelnden Saiten an, Zu wecken den schlafenden Rittersmann. Sie schlug die Saiten rauschender an; Noch säumte der traurende Rittersmann. Sie lispelte leise zum Schlüsselloch 'nein: „Wach auf, Ritter Ingild, und lass mich ein.“ „Ich bin noch so müde. Ich schlief erst ein. „Ich stehe nicht auf, und lasse nicht ein.“ „Ritter Ingild steh auf, und lass mich ein. „Ich habe gesprochen mit Mutter mein. „Sie hat mir geschworen beym heiligen Gott, „Wir müssten sterben den schmählichsten Tod; „Du müsstest hangen hoch oben auf Gaal, „Und brennen müsst' ich tief unten im Thal!“ „Nein, Liebchen, du sollst nicht brennen für mich; „Und ich, ich will nicht hangen für dich. „Geh eilend, und nimm dein Gold aus dem Schrein, „Derweile ich sattle den Rappen mein.“ P 2 Er warf ihr über den Mantel blau, Und hob sie auf seinen Rappen grau. Sie ritten so rasch, sie ritten so lang; Schön Sidselil ächzte so, schwer und bang. „Schön Sidselil, wird dir der Weg zu lang, „Oder macht mein Sattel dir weh und bang?“ „Ritter Ingild, der Weg wird mir nicht lang; „Doch macht dein Sattel mir angst und bang.“ Er hob sie herunter vom dampfenden Ross Und legte sie sanft ins weiche Moos. „Wie wird mir — hilf Himmel — es würgt mich schier. „Ach hätt' ich nur eine meiner Frauen bey mir!“ „Deine Frauen sind weit, so weit von hier. „Ich aber bin bey dir, und helfe dir.“ „Dir ziemt nicht zu schauen der Kreissenden Noth. „Viel lieber sterb' ich den bittern Tod.“ „Verbinde mir, Traute, die Augen mein, „Und lass mich deine Weisemutter seyn.“ „Wie wird mir — hilf Himmel — verschmacht' ich doch schier! „Ach hätt' ich nur Einen Trunk Wassers hier!“ Ritter Ingild war ihr so hold und treu. Er nahm ihren silberspangigen Schuh. Er rannte weit hin zum klaren Born, Durch Sumpf und Busch, durch Distel und Dorn. Er schöpfte des Wassers, er rannte daher. Eine Nachtigall sang ihm traurige Mähr. „Schön Sidselil liegt todt im seidenen Moos, „Ihr liegen zween holde Knäblein im Schooss.“ Er achtete nicht auf den traurigen Sang; Er rannte den dumpfigen Anger entlang. Und als er kam, wo Schön Sidselil lag, Da ward er gewahr, was die Nachtigall sprach. Schön Sidselil lag todt im seidenen Moos, Ihr lagen zween todte Knäblein im Schooss. Er grub ein Grab so tief, als breit, Und legte seine drey Lieben bey Seit. Und als er stand hoch über dem Grab, Da däucht' ihm, als weinten die Kindlein im Grab. Er stemmte sein Schwert wohl gegen den Stein, Und stiess es sich tief ins Herz hinein. Schön Sidselil war ihm so hold und treu; Nun schlafen beysammen die Liebenden zwey. Hymenäe. E s flammet die Sonne Des Lebens so schwül. Es harren des Wandrers Der Schweisse so viel. Ihm bräunet die Wange, Ihm lähmet die Hand, Ihm spaltet die Lippen Der sengende Brand. Wer mildert des Tages Ermattendes Schwül? Wer fächelt die Wange Des Wanderers kühl? Wer wieget den Müden In Schlummer und Ruh, Und wehet dem Schlummernden Kühlungen zu? Allmächtige Liebe, Du thust es, nur du! Du fächelst dem Schmachtenden Kühlungen zu. Du stärkest den Matten Mit labenden Wein, Und lullest in lieblichen Schlummer ihn ein. Den Traurenden nimmst du Süsstraulich in Arm, Und scheuchest liebkosend Den wolkigen Harm. Den Irrenden führst du Mit leitender Hand Durch tappendes Dunkel Ins hellere Land. „Zur Helle durch Dunkel! „Durch Thaten zur Ruh!“ So denkest, mein Bruder, So handelst auch du. Dich locket vergebens Der Polster der Rast Vom röthlichen Morgen, Bis Hesper erblasst. Itzt lüpfst du den Vorhang Der hohen Natur. Im wimmelnden Tropfen, Im Gräschen der Flur, Im Kies' und im Marmor, Im Moos' und Korall Erspähst du die waltende Seele des All. Itzt schlägst du der Hörer Forschendem Blick Den Zipfel des Schleyers Der Hehren zurück. Itzt spürst du mit ihnen Auf Bergen, am Bach, In Mooren und Sümpfen Der Wandelnden nach. Itzt ruft dich des Siechen Stöhnendes Ach Ans Bette der Schmerzen Ins dumpfe Gemach. Zu helfen dem Gatten, Zu retten den Sohn, Flehn Gatten und Mutter Mit jammerndem Ton. Du strebest zu retten, Und strebest umsonst. Dich fesseln die Gränzen Der engen Kunst. Du schmollest mit Swieten Und Cullen und Stoll , Und bietest Hygäen Ein rasches Fahrwohl! Es dämmert der Abend, Es scheidet der Tag. Du flüchtest ins einsame Öde Gemach. Es flittert der Mondstrahl Ins Fenster hinein. Du breitest die Arme, Und fühlst dich allein. Wer nimmt sich — o Jammer — Des Einsamen an? Wer tröstet den Trostes Bedürftigen Mann? — Allgütige Liebe, Zu trösten ist dein! Süsströstende Feye, Erbarme dich sein! Sie höret. — Wen höret Die Gütige nicht? — Sie eilet und führet Im rosigen Licht Der Jugend, im Reize Der Unschuld und Ruh, Das liebste und beste Der Mädchen dir zu. Das liebste und beste Der Mädchen — o Glück! Ist dein, mein Geliebter! Dich meinet ihr Blick! Dir lächelt ihr Auge Freundlich und klar. Dir duftet die Myrte Im blonden Haar. Sie reicht dir mit fey'rlicher Wehmuth die Hand. Sie schürzet das nimmer Zu lösende Band. Sie gelobt, dir zu folgen Das Leben hinab, Durch Wüsten und Wiesen Ans friedliche Grab; Und an dir zu hangen In Freuden und Leid, Und nie dich zu lassen, Bis Schicksal gebeut; Zu golden die Tage, Die die Parze dir spart. Mit Freuden der bessern, Der edleren Art. Es wohnet nicht Freude In lautem Geschwärm; Sie gastet, sie hauset Nicht draussen im Lärm. Im häuslichen Zirkel Am heimischen Herd Wohnt Freude, die dauert, Und stärket und nährt. In Freundesarmen, An Weiberbrust Sich schmiegen und wiegen, Ist Edenslust. In jauchzender Kleinen Ringelndem Reihn Sich tummeln und wälzen, Heisst menschlich sich freun! Die menschlichsten Freuden, Mein Bruder, sind dein. Nun findet kein Abend Dich ferner allein. Du scheidest und kehrest, Und — Wonne! wie warm Springt Liebchen dem kehrenden Trauten in Arm! Am traulichen Tische, Von Liebchen bekränzt, Wie perlet der Becher, Den Liebchen kredenzt! Wie glühet der Pfirsich, Den Liebchen dir wählt! Wie mundet der Apfel, Den Liebchen dir schält! Nun reichet die Flöte Die Lächelnde dir. Nun setzt sich die Huldin Ans goldne Klavier. Es entlispelt den Saiten Melodischer Klang. Um die lispelnden schwebet Ihr süsser Gesang. Wie schwinden die Stunden Von Liebe verwacht! Schon schlummern die Fluren Im Mantel der Nacht. Nun winkt euch des Lagers Hochschwellender Flaum Zu seidener Ruhe Und seligem Traum. Nun dämmert in Osten Der freundliche Tag. Nun küsset die rosige Eos euch wach. Und fröhlich ersteht ihr Zu jungem Genuss, Zu Thaten und Tugend, Zu Kosen und Kuss. So schwindet der Liebenden Leben dahin, Und jede Sekunde Bringt süssen Gewinn. Auf Ruhe folgt Handeln, Auf Handeln folgt Ruh, Und, weise genossen, Flieht jegliches Nu! — — Wohl rinnen, wohl rollen Die Jahre hinab Zur schlafenden Vorwelt Ins gähnende Grab. Mag rollen, mag rauschen Die flüchtige Schaar — Genossne Sekunden Verrollen nicht gar. Wohl welket noch heute, Was gestern entspross; Und morgen wird welken, Was heut sich erschloss. — Mag welken, mag modern, Was Moder und Graus. Es dauert die Liebe, Die Ewige, aus. Wohl naget der Liebenden Hüllen der Wurm. Wohl stiebt ihre Asche Im fliegenden Sturm. Mag stieben, mag welken Das raschelnde Laub! Mag wirbeln im Winde Der nichtige Staub! Es streifet die Hülsen Der Schmetterling ab. Dem himmlischen Phönix Wird Wiege das Grab. Die Muschel verwittert, Und leuchtend entfällt Den Scherben die Perle Der schöneren Welt! Klage um Dellwar, den Wellenverschlungenen. L uftgebilde, das nebelumgürtet mit triefenden Locken Und mit rettungflehenden Händen vorüber mir wandelt, Rede, wer bist du? — Bist du es, mein wellen- verschlungener Dellwar? Dellwar, Dellwar, du bist es! Mein trauter Dellwar, wie anders! O, wie anders, Geliebter, als in den Tagen, die waren! Stattlich war an der Warne dein Wandeln, erhaben dein Herschritt Unter den Edeln! Nun schwebst du ein Schatten mit nichtigen Schatten! Q Liebend flogen dir sonst die Jünglinge, liebend die Mädchen Dir entgegen. Nun schaudert zurück, wer dem Blassen begegnet. Blasser, du warest mir lieb in deiner rosigen Jugend, Bist mir lieb in deinem Erblassen, mir lieb auf ewig! Bruder, du warest mir werth vor jedem deiner Gespielen! Werth auch dir, mein Bruder, war ich vor deinen Gesellen! Unsre Seelen ahneten, naheten, flogen einander Feurig entgegen. Nun wallst du ein Schatten mit kalten Schatten. Bruder, ich denke der seligen Tage, der seligen Nächte, Wo wir wallten im thauenden Grase des schönen Eylands, Wo wir grüssten in Dämmerschatten die rauschende Eiche, Wo wir, sitzend am flisternden See im schaurigen Mondschein, Mit den Thaten der Väter, und mit den Gesängen der Vorwelt Unsre Seelen erhöhten. — Wie glänzte dein Antlitz im Mondlicht, Wie der Mond in der Thräne, die deinen Wimpern entbebte! Bruder, die Tage sind hin! Verloren die seligen Nächte. Nimmer kehren sie. Nimmer erschau' ich dich! Ein- sam und schweigend Wallst du im dumpfen Todtenreich, ein Schatten mit Schatten. Klagt, ihr Jüngling' am Nebelbach, um eurer Gesellen Edelsten, klagt! Ihn hat die Welle der Warne ver- schlungen Weinet, ihr Töchter der Stadt am Nebel, um eurer Verehrer Holdesten, weint! Er ist erstarrt im Eise der Warne. Lange stand an der Thür der heimlichen Pforte das Mädchen Seines Herzens, und schauert' im nächtlichen Frost', und rufte, Stand und horcht' und schauert', und rufte: „Wo bleibt mein Geliebter, „Dass ich schütter' im Frost der Nacht, dass meine Locken Q 2 „Kalte Winde bereifen. Wo bleibt der Zauderer?“ — Rufe, Rufe dem Zauderer nicht! Sein Ohr ist auf ewig geschlossen! Über die Pfade zu Land' und über die Pfade zu Wasser Harrt die Mutter des Wellenverschlungnen und schmachtet nach Zeitung Von dem Geliebten, dem Erstgebornen. Ach schmachte, Verarmte, Nicht so sehnlich nach ihr! Sie kommt und schmet- tert dich nieder! Tief in des Stroms kristallenem Sarge liegt mein Geliebter Starr und gestaltlos. Es haben die Fröste die strö- mende Fülle Seiner Locken gefesselt, gehemmt des Starken Ver- mögen. Tief in des Stroms gefrorenem Schoosse schlum- mert mein Liebling. — Kehre, Frühling, und löse die Bande des Starren, und hilf ihm Meinen Liebling betten ins Grab des heiligen Welt- meers. Die Klage ohne Trost. W o seyd ihr, meine Lieben? Euch ruft mein Wehgesang. Euch ruft des Herzens Sehnen Mit ungestümen Drang. Wo seyd ihr, meine Trauten? Wie täuscht ihr mich so sehr? Die ihr mich feurig liebtet, Liebt ihr mich itzt nicht mehr? Ich steh' auf stickelm Felsen, Und schaue rings umher. Der Sturmwind schwingt die Flügel, Und geisselt Luft und Meer. Ich schwärme durch die Klippen, Durch struppiges Gesträuch, Durch dichtverwachsne Schründe, Und suche rastlos euch! Der Eichwald heult entblättert; Erstorben starrt die Au. Um öde Stoppeln sauset Der Herbstwind, feucht und rauh. Warum so traurend, Aue? Warum so jammernd, Hayn? Seyd ihr, wie ich, verlassen? Seyd ihr, wie ich, allein? Allein bin ich. In fremdem, In ödem Land' allein. Die lange Dämmrung lichtet Kein Stern — kein Mondenschein. Die heisse Wange fächelt Kein lispelnd Abendkühl, Noch schmelzt des Spätroths Blässe Das Herz in Ruhgefühl. Wie starrt die öde Wildniss, Umbrüllt vom düstern Belt. Es kommt kein freundlicher Wandrer, Der um den Hals mir fällt. Ich rufe durch die Forste, Durch Berg' und Thal — und laut Ruft mir das Echo Antwort, Doch keines Menschen Laut. Es gaukeln Luftgebilde Um mich im Fackelschein Gluthrother Meteore, Und spotten tückisch mein. Ergrimmter tobt die Windsbraut, Erzürnter thürmt die Fluth. Der Feste Pfeiler beben Des Orkans wilder Wuth. Mag rasen Sturm; mag prasseln Die Windsbraut donnerlaut! Mir klingt ihr wildes Kreischen Wie Morgengruss der Braut. Mag mondhoch schwellend wogen Der alte Ocean! Mich spricht sein dumpfes Grollen, Wie Flötenwirbel an. Was frommt mir Frühlingsmilde Und laues Westgeweh? Sie wiegen den Verlassnen Nur in noch heissres Weh! Was frommt mir Lerchenwirbel Und Nachtigallenschlag? Der öden Brust entächzet Nur desto lautres Ach. Fahrt wohl! fahrt wohl, ihr Trauten! Mir winken Nacht und Ruh. Bald drückt die müden Wimper Der letzte Freund mir zu. Fahrt wohl! Im Ring der Steine Ergrünt ein Mahl! Hier wird Mein Schatten euch umschauern, Wenn ihr das Mahl umirrt! Abschied von Hyldathen. G oldne Tag', ihr entfloht, ehe mein lauschend Ohr Eures reissenden Flugs sausenden Schwung vernahm, Eh' die lechzende Zunge Eures Kelches zur Gnüge trank. Goldne Tage, darin jegliches Morgenroth Mir es wehte, darin jegliches Abendkühl Mir es säuselt: „Noch bist du Schuldlos, Jüngling, und fessellos. Klaget, Brüder! Sie flohn. Klaget die Flüchtlinge! Jammernd klagt sie mein Lied. Jeglicher Laut wird Ach, Und verweht in den Herbstwind, Der die Stoppel herüberbläs't. Kalt bläs't, Brüder, der Wind; Nebel entdampft der Flur; Wolken klimmen herauf; Schauer und Stürme drohn. Auf im Schauern und Stürmen, Und geleitet den Scheidenden! Mich entbeut mein Geschick hin, wo des Oceans Wogendonner ein Land furchtbar und schön umbrüllt, Wo die moosige Scheitel Weit umschauend der Rugard hebt. Schickung, warum so rasch? Warum so flüchtig, Zeit? Sehnend ruft dir mein Lied. — Nicht, wie der Thor dir ruft, Der verzweifelnd zum Gestern, Dem verlornen: Sey heute! spricht. Euren strudelnden Sturz staunt' ich nicht müssig an, Schöne Tage! Ich hielt — zeugt es, die ihr mich kennt — Mit der Rechten die Weisheit, Mit der Linken die Freud' umarmt. Nimmer lechzte mein Schwert Hader noch Bruderblut; Nimmer höhnte mein Lied Tugend und Sittlichkeit; Nie umrankte mich, Wollust, Dein entmannender Circenarm. Wonne, Wonne, noch färbt heilige Jünglingsscham Meine Wange! Noch glänzt Unschuld und Reinigkeit Mir im Auge; noch schau' ich Fest dem Edler'n ins Angesicht. Wonne, Wonne, noch straft mich der verjubelten Stunden keine! Mich reut keine der stilleren, Wo dein Schleier mich hüllte, Dichterfreundin, Melancholie! Dämmrung, werde nicht Nacht! Werde nicht starrer Gram, Süsse Wehmuth, wenn nun richtend die Stunde schlägt, Die den Bruder vom Bruder, Die den Liebling vom Liebling trennt. Euch, ihr Trauten, vielleicht nimmer zu sehn, vielleicht Euch vergessen zu seyn, wenn mein Gesang nicht mehr Um euch lispelt — diess fürchtet Meine Seele, diess ängstet mich. Euch vergessen zu seyn — Foltergedanke, dir Bebt der trotzige Geist. Ärger, denn Gräbernacht, Und das Grauen des Nichtseyns Hasst mein Geist die Vergessenheit. Nein, ihr Trauten, ihr müsst mein nicht vergessen, müsst, Wenn ihr Fluren durchwallt, wenn ihr in Zirkeln jauchzt, Wo ich wandelt' und jauchzte, Denken eures Verlassenen. Wenn der kämpfende Geist einstens die Fesseln sprengt, Ins Unendliche fleugt, Leben und Freiheit jauchzt — Müsst ihr „Bruder“ mich klagen, „Fahr wohl, Bruder, du warst uns werth.“ Drittes Buch . Seiner Freundin Wilhelmine von Humboldt zugeeignet . Das Fräulein von Garmin. Sulvina . W elches Dunkel bewölkt des Dichters glän- zende Seele? Warum meidest du, Sohn des Gesanges, den Tag und die Menschen, Seufzest zur Sonn' empor: „Vergib, du Holde, du weissest, Dass ich dich liebe. Doch eil' in deinem strahlen- den Laufe, Eile nur heute hinunter, und rufe dem Abend.“ — Und kommt nun Kühl und schaurig der Abend, so wandelt der Träumende draussen Im vertraulichen Schatten, in duftenden Gärten, auf Hayden, Graugelockt, am schwatzenden Quell, im bethauten Gefilde Zwischen den fluthenden Weizensaaten. Es findet ihn einsam Wallend die heilige Nacht. Arkturus sinken und Gemma; Hyas steigen und Plejas; es steigt die neblichte Mira. Aber er wandelt fort in seiner schweigenden Trauer, Kreuzet die Arm', und senket den Blick — O Sohn des Gesanges, Welche Dämmerung hüllt des Dichters selige Seele? Der Dichter . Selig nanntest du mich? Seit wann, o Tochter Sulvias , Blühet Seligkeit diesseit der Sterne? Die Thräne des Grames — Hat sie nicht oft mir den Blitz der Augen gelöschet, nicht öfter Die erblassende Wange gebadet? Sonne der Freude, Lange schon kenn' ich dich nicht. Es hatten die Wolken der Trauer Dicht und düster dich eingehüllt. Und blickst du mir einmal, Siehe! so ist es ein Blick in langen regnichten Tagen. Höre meinen Gesang, des Gesangs tieffühlende Freundin. Deine Seel' ist sanft und traurig, wie Mondenge- dämmer. Lange gewohnt ist dein Ohr der Klage, der Thrä- nen dein Auge. Dass der verschlossene Gram in deine Brust sich ergiesse, Dass das gebrochene Herz sich an das deinige lehne, Wandelst du, unter Geringern ein höheres Wesen. Vernimm denn Edle, meinen Gesang. Ihn wecken Klagen der Vorzeit. Garmins Felder sind schön in der Insel der Stürme. Vor andern Hab' ich sie reizend und schön erfunden. Die Nebel des Morgens Lagen dämmernd auf ihr. Es enttauchten dem Meere des Nebels R Mählig der Berge grünende Häupter, der stattlichen Eichen Nickende Wipfel. Sie brannten im Feuer des Auf- gangs. Im Frühthau Glänzten die Saaten der bärtigen Gerste, des kräf- tigen Weizens. Auf den kristallnen Bächen, wie tanzte die Rose des Morgens! Auf den silbernen Teichen, wie ruderten prächtig die Schwäne! Aus den duftenden Gärten, wie hauchten die Nelk' und das Geissblatt! Wie ich dich sah, weitblühendes Garmin, vergess' ich dich nimmer! Garmins Gefilde beherrschte vor Zeiten ein grauer Gebieter, Walldron , berühmt in Thaten der Jagd. Den grimmigen Keuler Wusst' er zu finden im hallenden Forst, die Fährte des Sprossers Zu erkunden im Dickicht des Waldes. Sein mäch- tiger Jagdruf, Wenn er auf Dolgemust stand, durchbrüllte den Forst und die Fluren. Walldrons Tochter war schön, so sagt die al- ternde Kunde, Lieblich und schön war Edallwina in zierlichen Locken; Ihre Reize so voll und frisch, wie Rosen im Frühthau; Ihre Blüthe so wonnehauchend, wie Frühling nach Regen; Blau, wie Bläue des Himmels, ihr Auge; wie reifender Weizen Ihr gelbringelndes Haar; wie auf dem Busen des Halbmonds Duftgewölk, der Schleier auf ihrem athmenden Busen. Zärtlich war ihr Herz, und sanft des zärtlichen Mägdleins Knospende Seele. Sie war die Freude des grauen Gebieters, Wenn er, von seinen Doggen umsprungen, zur Halle zurückkam. Ihre Gebärerin, niedergeworfen vom Arme der Krankheit, Schmachtet' im ängstlichen Lager. Kein Strahl er- freuenden Tages Glitt in ihr dumpfes Gemach. Kein Schimmer bes- serer Zukunft Hellte die Seele der Jammerumfangnen. Nur Edall- winens R 2 Nimmer launende Milde vermochte die Sieche zu letzen. Dreyzehn Frühlinge spross im Garten des Vaters die Blume, Und nun öffneten ihr der Thau und die Sonne des Himmels Leise die reifende Brust. Ihr Duft durchwehte den Garten, Dass des Athmenden Herz zerschmolz in ahnende Sehnsucht. Rings aus nahen, aus fernen Gebieten der Insel der Stürme, Drängten sich um sie her die Edeln. Unter den Hufen Ihrer Rosse donnerten Garmins Pflaster. Die Hal- len Toseten von dem Gepränge der Freyer des lieb- lichen Fräuleins. Aber dem Fräulein von Garmin war besser im Dunkel der Laube, Besser am flisternden Bach', als in des Pallastes Getümmel. Süsser war ihr das Kosen des Quells, als das Schwatzen der Freyer, Süsser der Nachtigall Flöten, als aller Tumult der Konzerte, Schöner die sternige Nacht, als der kerzenstrahlende Tanzsaal. Einstens sass sie in ihrer vertraulichsten Laube. Das Geissblatt Duftete rings um sie her. Der Abend mit bräun- lichem Arme Hielt die Schöpfung umfangen, wie seine Braut der Verlobte. Sinnend sass sie und still, in ihrer geheimen Ge- danken Reine Ruhe gehüllt. Da stahlen sich klagende Töne Mit dem Hauche der Nacht zu ihr hin. Aus moo- siger Hütte Jenseit des Gartenwalles wehten sie her. Ihr Ge- lispel Schwebt' auf dem Fittig der Harfenklänge zur Laube des Fräuleins. „Warum bist du so schön in deinen thauenden Locken, Röthlicher Abend? Dein Freund jammert im einsamen Thal. Hier im Thal, am schwatzenden Bache, sitz' ich und sinne, Sinn' und singe von dir, Fräulein mit son- nigem Haar. Ach, wo mag sie wohl itzt den reinen Athem verhauchen? Wo ihr Auge glühn, wo ihr erschwellen die Brust? Schöner ist ihre Brust als die Brust der sich öffnenden Rose, Hell ihr Lilienarm, würzig, wie Nelken, ihr Mund. Edallwina, wo bist du in deinen erröthenden Wangen? Edallwina, für wen röthen die rosigen sich? Edallwina, um dich will ich mein Leben ver- trauern. Kein verrathendes Ohr höre mein nächtli- ches Lied.“ Also sprach es im Lispeln der Harfe. Dem Fräulein von Garmin Schlichen die Töne ins Herz. Sie brannte, sich selbst es verbergend, Zu erschauen das Antlitz des Harfenschlägers. Sie lehnte Leise sich durch das Laubengegitter. Ihr flogen im Mondschein Hainings goldene Locken entgegen. Der zitternde Mondstrahl Glitt hellsilbern zurück von den bebenden Saiten. Das Fräulein Stand und harrte. Dem hochaufklopfenden Busen entschlüpften Ahnende Seufzer. In Sehnsucht zerschmolz ihr thrä- nendes Auge. Haining erhob den strömenden Blick, und drü- ben im Garten Sah er dämmern die Formen der zierlichen Bildung. Das Flattern Ihres Schleyers wähnt' er zu sehn, und den Kranz in den Haaren. Ach, da ward es ihm wohl und bang' im kämpfen- den Herzen. In der süssen Verwirrung ergriff er die Harf', erhob sich — O des Blöden! — und schritt hinunter in tieferes Dunkel. Aber seit diesem Abend, wie ward es dem Fräu- lein von Garmin So gar anders im Herzen! Ein Sehnen und Schmach- ten nach Liebe, Ein leisahnendes Vorgefühl ihrer Freuden und Schmerzen, Ihres trunkenen Blickens, und ihres schüchternen Hinnahns, Ihres schnellen geflügelten, lebendurchschütternden Handdrucks, Ihrer plötzlichen, stürmischen, raschgewagten Um- armung, Ihres mühsam entrissnen, gestammelten ersten Be- kennens, Ihres seelewechselnden, seeleberauschenden Kus ses, Ihres Ruhens Wang' an Wang', und Busen an Busen, Ihres Vergehens im Wonnemoment des süssen Ge- nusses, Ihres Entzückens und ihres Ermattens — o Tochter Sulvills, Alles des Zaubers drängte sich leises gefährliches Ahnen In des Mädchens Herz. Aus ihrem züchtigen Busen War die Ruhe gewichen, aus ihren Gedanken die Stille. Sinnend weilte sie unter den Blumen, der Blumen vergessend. Aus dem Schlummer der Nacht verstörten sie ängst- liche Träume. Haining, Haining, wie dass du der traulichen Stunde nicht wahrnahmst! Hättest dir offen gefunden das Herz des zärtlichen Mädchens, Hättest sie durch das Leben geleitet, ein rettender Schutzgeist. Haining, Haining, wie dass du, zu blöde, nicht wagtest die Hoffnung! Warst ja edlerer Seele, wenn gleich nicht edleren Blutes. Sieben Nächte durchwachte das schwärmende Mädchen. Die achte Träumte sie schwer. Ihr däucht' am Busen des reizendsten Jünglings Lustberauscht zu ruhn. In Schauerentzücken zer- flossen, Fühlte sie sich in seinen umflechtenden Armen — und plötzlich, Plötzlich — o Schrecken! entschlüpft ihr der Buhle, verwandelt, vergrässlicht Sich in ein zähnefletschend Gespenst, erhebet sich, schwingt sich Laut hohnlachend hinweg. So träumte sie. Plötz- lich erwachend Hört sie im Hofe das Rufen des Gäste verkünden- den Herolds, Schürzt ihr Gewand, springt auf vom Lager, und eilet ans Fenster. Siehe, da sprangen die Flügel der Thor' ausein- ander. Ein Reiter Sprengete stattlich herein auf schnaubendem Rosse. Sein Panzer Glänzt' in der Sonne; es glänzten des Schildes Buckeln. Der Helmbusch Brauste gewaltig von oben herunter. Und als er die Spangen Lösete, flammten, wie Sonnen, die Augen, flammten die Wangen Aus dem Visir hervor. Es war des Thales der Rehe Stolzer Gebieter, an Kraft und Wuchs, und Läng' und Geberde Herrlich vor allen Gebietern des Landes. Die Flamme der Jugend Lodert' ihm mächtig durch Nerven und Mark; die strotzenden Adern Schwellte sie, bräunte die Wang', und entblitzte dem Auge. Sein Haupthaar Schwarzgelockt, floss prächtig herab um die her- rische Stirne. Also königlich trat er einher; und wo er einher- trat, Flogen der Mädchen Herzen ihm zu. Die Busen von Morglan Brannten für ihn. Es zuckten die weissen Arme Slimorens Heissverlangend nach ihm. Allein dem Tückischen wohnte Falschheit im Herzen. Schon manche der köstlich- sten Blumen des Landes Hatt' er gepflückt, geknickt, und niedergetreten im Staube Liegen lassen und welken. Ach, hüte dich, Blume von Garmin! Hüte dich, dass dem Frevler dein schlanker Halm nicht falle! Freundlich empfing den Stolzen vom Rehthal Garmins Gebieter. Laut war das tobende Mahl. Es schallten die Hör- ner; es blinkten Voll die Pokale; es stürmte die Freude die lär- mende Burg durch. Seiner Tochter, zu ehren den Fremden, entbot der Gebieter. Und sie erschien in ihrer erröthenden Schönheit, in ihren Ringelnden Locken, gesenkt das Haupt, von den seidenen Wimpern Das gesunkene Auge verschattet. Freche Be- gierde Weckte der Holden Anblick im Busen des Stolzen vom Rehthal. Listig wusst' er den lüsternen Blick im schüchternen Hinschaun, Listig die donnernde Stimme zu dämpfen zu flehen- dem Lispel. Hüte dich, Tochter von Garmin! Es rauschen die Saiten. Im Kelchglas Sprudelt die Lust, und Verrath keimt in der Seele des Frechen. Wirr und betäubt und taumelnd, wie trunken, flüchtet das Fräulein Aus dem Saal in den Garten. In Mittag brannte die Sonne. Einen duftenden Rasen, von Rosen umblüht, von der Linde Säuselndem Laub' umschwirrt, ersahe die Schmach- tende, warf sich Schweraufseufzend nieder ins Gras des sammtenen Rasens. Aber des Laurenden Blicken entging ihr Schei- den vom Mahl nicht. Heimlich macht' er sich weg von den Trunkenen, schlich in den Garten, Harrt' und lauscht' und vernahm die Stimme des Mädchens. Ein Falke Stürmt' er über das girrende Täublein. Die Blume von Garmin Sank vor ihm in den Staub. — O klaget, Töchter der Unschuld! Klaget, dass eurer Schwestern ist Eine weniger worden! Als sie dem Dunkel der Laub' entwankt' — o Fräulein von Garmin — Wie ist verwischt von den brennenden Wangen die züchtige Röthe, Wie erloschen im stieren Auge das Leuchten der Unschuld! Düster däucht' ihr der goldene Tag. Die freundliche Sonne Däucht' ihr ein drohender Rachekomet. Die züch- tige Rose, Wähnte sie, glühe zu ihrer Beschämung so züchtig. Sie riss sie Zürnend vom seufzenden Ast, zerpflückte die Blätter, zerstreute, Stampfte sie in den Boden, entraffte den fliegenden Locken Den jungfräulichen Kranz, zerriss ihn, zerfetzte den Schleyer, Der den entweihten Busen ihr hüllt', und warf sich verzweifelnd Über den Flatternden hin — Das war dem Auge des Räubers Süsse Weide. Noch höhnt' er: „Was quälst du dich, Fräulein von Garmin? — „Quäle dich nicht. Du hast mir geopfert dein Lieb- stes und Bestes, „Und ich opfre dir wieder mein Liebstes und Be- stes, die Freiheit „Meines Herzens und Standes. Schon eil' ich zu deinem Erzeuger.“ Also sprach er, und flog aus dem Garten. Zum grauen Erzeuger Ging er nicht hin; er sprang auf sein Ross, und sprengte von dannen. Edallwina vernahm des Pflasters Prasseln. Die Sinne Flirrten, schwindelten ihr. Hin sank sie, kraft- und gefühllos. Haining irrte vorüber und sah die Erbleichende liegen. Schrecken der Lieb' ergriffen den Harfner, und Schauer des Mitleids. Aus den gartenwässernden Röhren schöpft' er, und sprengte Ihr des erfrischenden Quells in Busen und Antlitz. Sie schlug die Rollenden Augen auf. Des Dichters leuchtende Augen. Ruheten flehend auf ihr. Ein Ahnden edlerer Liebe, Ein Rückahnden der schönen, der früh verblüheten Tage, Ach der Tage des dämmernden Wahns und der seli- gen Unschuld, Ein aufstrebendes Sehnen: „o kämen sie wieder!“ — und plötzlich Schmetternd dazwischen der Donnergedanke: „sie kommen, sie kommen Ewig nicht wieder“ — erwürgend beklemmt' es die Seele der Armen. Finster winkt sie dem Jüngling, zu fliehn. Die Meinung des Winkes Missverstand er, und floh, das Herz voll bitteren Unmuths. Edallwina, erfasst vom kalten Arm der Ver- zweiflung, Raffte sich auf, verlor sich ins Einsamste, Fernste des Gartens, Warf sich nieder im Schatten von schaurig rauschen- den Rüstern, Weint' und jammerte lang' in der Rüstern Rauschen, zerraufte Ihr gelbringelndes Haar, rang wund sich die zier- lichen Hände Und die Lilienarm'. Ermattet sank sie zu Bo- den. Unter ihr krümmete sich der Wermuth; über ihr wiegte Sich die Donnernessel; der todberauschende Schier- ling Schwirrt' ihr um die verwilderten Augen. Der Lebenzerstörer Ward sie gewahr und ahnete Ruh. Sie raffte des Krautes Manche Handvoll aus, und floh ins einsame Zimmer. Als der Abend Ruhe säuselte, kochte sie ruhig Einen Trank aus den Kräutern; und als die Mit- ternacht wehte, Trank sie ihn aus. Der Morgen erschien; da war sie erblichen. Ihre Mutter vernahm im Lager der Schmerzen die Zeitung, Krümmte sich dreymal, und starb. Der graue Ge- bieter erwachte, Rief zusammen die Jäger und Doggen zum freudigen Waidwerk. Wehe! da kracht' ihm, ein plötzlicher Schlag, die Botschaft entgegen. Starrend stand der Mann. Er zerschmiss den Speer. In den Wind auf Heult' er laut; es heulten die Jäger; die schimm- lichten Doggen Heulten empor in die Luft, in die Wind' und Wol- ken, dass ringsum Tos'te das hohe Gewölb', und die Bogen der Hallen erbebten. Als der erste zuckende Krampf des Entsetzens gelöst war, Forschte der gramgebeugte Vater nach seiner Er- zeugten Jählingem Sturz, und erfuhr die That des Stolzen vom Rehthal. Da verdrängte die Rache den Schmerz. In sei- nem Vermögen Rafft' er sich auf, berief die rüstigen Diener. Von dannen s Sprengt' er und jagte dem Frevler nach. Mit der Kühle des Abends Holt' er ihn ein. Er lag an einer Quelle Ge- riesel Langgestreckt, und schlief des unerwachten Ge- wissens Ruhigen Schlaf. Sein Ross, an eine Birke ge- bunden, Frass des Laubes. Sein Helm hing hoch am Baume. Die Lanze Spiesste zu seinen Häupten im Rasen. Die Diener von Walldron Stürmten über ihn her; allein der biedre Ge- bieter Hielt sie, wollte nicht tückisch erwürgen den tückischen Räuber. „Räuber!“ rief er, und hieb mit der Geissel ihm grimmig ins Antlitz. „Räuber, erwache zu Rach' und Tod!“ Der Räuber erwachte Schauert' auf vor dem Anblick des Rächers, er- mannte sich, fasste Mit der Linken den Schild, und mit der Rechten die Klinge. Und der gewaltige Kampf begann. Das feige Ver- brechen Lähmt' ihm die Faust. Auch sagen sie, hab' ihm der Schatten des Fräuleins, Fürchterlich glänzend, die Blicke geblendet. Er stürzte zu Boden Mit gespaltenem Haupt. Den Leichnam liessen die Rächer Liegen und modern, dem Wandrer ein Gräul, und Speise den Raben. Kein ihn liebender Freund ist, ihn zu bestatten, gekommen; Sänger haben um ihn kein Lied der Klage ge- dichtet; Keine mitleidige Thrän' hat ihm ein Auge ge- röthet. Edallwinen, die Holde, begrub man mit trau- render Feyer. Grün ist ihr Grab, zu den Häupten ein Stein; zwo weinende Birken Rauschen Sommers darüber her, und werfen zur Herbstzeit Ihr gelbröthliches Laub hinab. Ein schneeweiss Täubchen, Sagen sie, sitzt oft, kläglich girrend, im Wipfel der Birken. Fragst du mich, Tochter des alternden Sulvill: wie ward es mit Haining? S 2 Sonder Thränen und Klage war Hainings Trauer. Die Harfe Nahm er endlich und wankt' auf das Grab des Fräu- leins, und sang dort Worte des Wehes. Sie singen noch itzt die Töchter des Landes. „ Eine Ros' ist dem Sturme gefallen. Die Schönste des Gartens War sie, so duftig, so lieb! Aber sie sank in den Staub. „Eine Traube haben die Winzer gekeltert. Zu frühe Ward sie gekeltert. Ihr Saft ist in die Erde versiegt. „ Rose, warum so frühe? Warum so frühe, du Traube? Mädchen, weinet um sie! Jünglinge, trauert um sie! „Edallwina, wo bist du geblieben? In welchen Gefilden Schwebet dein luftiger Fuss? wehet dein goldenes Haar? „Edallwina, du schläfst im Grabe. Her um dich heulet Ängstlich der Wind, und bald schlosset der Winter um dich. „Schönste der Bräute, wie ist dein Bräutigam hager und grässlich! Schönste der Bräute, wie kalt ist dein hoch- zeitliches Bett! „Schönste der Mädchen, wie ist dein hoher Busen gesunken! Wie erblindet dein Aug'! Ach, wie erblichen dein Mund! „Edallwina, um dich will ich mein Leben ver- trauern. Bleich, wie die Sonn' im Herbst, stumm wie das einsame Grab.“ Also sang er, und hielt drey traurige Winter dem Grame, Drey umsonst ihm lächelnde Lenze sein finstres Gelübde; Aber im vierten rafft' er sich auf in seinem Ver- mögen. Harf', und Ehre trösteten ihn und machten ihn nahmhaft Unter des Landes Sängern. Er sang viel Kunden der Vorzeit Und viel Thaten entschlummerter Helden. Doch klang ihm von Mädchen Nimmer die Harf', und nimmer entbrannte sein Herz in Liebe. Seine Liebe schlief mit Edallwinen im Grabe. Ihre Gräber hab' ich gesehn; die Töchter des Landes Zeigten die Sinkenden mir. Sie umwucherten Nes- seln und Wermuth. Ausgejätet hab' ich die Nesseln, und trage des Wermuths Noch am Arm; und noch verschleiert Dämmrung die Seele. Warum wird die Rose gepresst, dass den duf- tenden Blättern Ihrer Thränen köstliches Wasser entrieselt? und warum Wiegt die Distel ihr Haupt so stolz und sicher im Winde? Warum, sag' es mir an, des Gesangs tieffüh- lende Freundin, Warum frohlockt der Stolz, und warum jammert die Unschuld? Dass sie in Thränen daurender dufte, presst man die Rose! Dass sie in Thränen rührender siege, leidet die Unschuld! Selig, wen nicht irren die Räthsel des däm- mernden Lebens! Elegie . W elche fremde Gefühle durchschauern mein inner- stes Innres! Welche Bangigkeit ängstet die kämpfende Brust! Welches Ahnen! und welches Sehnen! und welches Verlangen! Welches süsse Weh! welche zerfolternde Lust! Mächte, die mich befehden, ihr Feindlichen, Schreck- lichen, die ihr Sonder Ursach mir zürnt, sonder Verschul- den mich straft, Redet, wer seyd ihr? — Wer bist du? — Bist du es Liebe? — Dein Odem Wehet er so? Wie wild weht er! Wie stürmt er! Es flieht Alle Ruhe vor ihm aus meinem Herzen. In Auf- ruhr Stürmt er diess friedliche Herz. Schone, Zerstörende, mein! Schon', o schone mein! ich mag nicht kosten des Kelches, Dessen sprudelnder Schaum, dessen Gedüft mich berauscht. Hemme den Fittig, und wehre dem Odem! Es weht so ermattend, So erkrankend darin. Schone, Zerstören- de, mein! Nein, du willst nicht schonen! Mit jeglichem sie- genden Reize, Jeder gewinnenden Huld, hast du die Fein- din geschmückt, Ach, die süsse Feindin — dich meine Ida — Ver- gönne, Dass die Seinige dich grüsset das schmach- tende Herz. Ida, Ida, du bist so hold, wie die Schimmer in Osten, Wie die Wies' im Thau blühend und duf- tend und frisch. Blau ist dein Auge; die Locken sind rollende Strahlen; die Blicke Freundlicher Mondenblick. Siehe! so pflegt' ich das Bild Meiner Erkohrnen mir vorzuzaubern. Der Flor der Unschuld Hüllet das thauende Aug', hüllet die be- bende Brust, Röthet röther die Rose der Wangen, und mildert der Lippen Lispelnden Liebeslaut zu noch melodischerm Klang. Meine Ida, so hab' ich dich funden. So siegtest du heimlich In der Unschuld Gewand über mein siche- res Herz. Ach, zu sicheres Herz! wird dich auch Ida wohl lieben? Wird das Ihre, wie du, zärtlich und lie- bevoll seyn? Meine Ida, wirst du mich lieben? Dein schmach- tendes Auge Blicket, dein Busen bebt, dass du zu lieben vermagst. Liebe, liebe mich denn! Mein Herz ist offen und redlich, Geistesweihe mein Werth, Harf' und Be- geistrung mein Ruhm. Liebe, liebe mich, Ida. Es ist der Tugenden schönste, Rein zu lieben, sein Herz einem Verdie- nenden weihn. Liebe mich, meine Erwählte. Es ist die höchste der Wonnen, Edel zu lieben, geliebt von dem Geliebten zu seyn. Ach, dass du mich liebtest! Wie sollt' in süsser Umarmung Unsre Zukunft fliehn, fliehn in elysischer Ruh! Jeden sonnigen Lenztag wollten wir heiter ver- leben, Wandelnd durch Fluren und Hayn, kosend am kosenden Bach! Jede lispelnde Mondnacht wollten wir selig durch- schlummern, Meine Rechte dich gürtend, die deinige mich! Arm in Arm geflochten, und Seele zerschmolzen in Seele, Wollten wir wallen den Pfad, welcher das Leben durchkreuzt. Wollten jede Sekunde mit Küssen beflügeln, und jede Mit Genüssen weihn, wollten umschlungen zuletzt Beyd' in Einem keuschen Kuss, in Einer Umar- mung, Zu den Liebenden über den Sternen ent- fliehn. Elegie . M eine Ida, wie anders seit gestern! Dein leuch- tendes Antlitz Leuchtete gestern, es sah gestern dein Auge so klar. Welche Wolken schatten denn heute dein freundli- ches Antlitz? Welche Dämmerung hüllt seinen erlöschen- den Glanz? Schwerarbeitend athmet dein Busen von lastenden Seufzern; Matter wanket dein Schritt; weinender wimmert dein Laut. Meine Ida, wie ist dir? Umnachten dich Schatten der Schwermuth? Schüttert Fieberwuth deinen zu zärtlichen Bau? Schwermuth mag nicht haften an meiner unsträf- lichen Ida Himmellauterem Sinn. Krankheit, dein feind- licher Arm Schüttert schonungslos die Feste des edelsten Mäd- chens — Meine Ida, du sinkst? Lehne dich, Theure, an mich! Also lehnt an den Stab die wettergegeisselte Nelke. Wilder wüthet der Sturm, wilder der Re- gen. Der Stab Sinkt, und mit ihm sinkt die schönste der Blumen. Gebrochen Liegt sie am Boden. Der Wind streuet die Blätter umher. Also liegt und schmachtet mein herrliches Mädchen. Der Locken Ringelnde Füll' umströmt hüllend die stei- gende Brust. Mit dem Steigen des Schwanenbusens steiget die Decke. Wie das Täubchen im Hayn, girret ihr kuss- licher Mund. Meine Ida, du leidest, und ferne von deinem Ge- treuen. Dennoch zucket dein Ach mir durch das innerste Mark; Dennoch fährt mir dein ungesehener Schmerz durch das Leben. Mich durchschauern, wie dich, wechselnd die Schwül' und der Frost. Unstät wandl' ich im Zimmer, und gebe nicht Ant- wort dem Frager, Fahr' aus Träumen empor, schweig' und bedenke nur dich, Durste nach deinem Anblick und zaubre mich dir in die Arme — Meine Ida, ach, wann wird mich dein Anblick erfreun? Wann wird wieder mein Auge dem deinen begegnen? Dein Lächeln Mich umglänzen, und mich seliges Ahnen umwehn? — Ida, Ida, getrost! Mir lispelt die Liebe: Nicht lange Siehe, so wird sich dein Blick hellen, und rosiger wird Deine Wange sich röthen. Du wirst aus dem Dun- kel der Krankheit, Eine Blum' aus dem Sturm, duftiger, schöner erstehn — Aber ach, meine Ida, wird dann dem sprechenden Auge Auch Erklärung entsprühn? Wird dein Ge- ständniss mir auch Zu Gewissheit die Ahnung der Lieb' erhöhen? — Ach, dieses Sagt die Liebe mir nicht. Liebliche, sagt sie es dir? Elegie . I da, wie weh ist mir, wie trübe deinem Ge- treuen! Sieben Tage flohn; aber ich sahe dich nicht. Sieben Tage verschlichen. Ich habe sie einsam ver- trauert, Denkend und dichtend an dich, sehnend und durstend nach dir. Sieben noch dunklere Nächte verwacht' ich in zärt- lichem Kummer, Traurend, Traute, um dich, rastlos ver- schmachtend nach dir. T Warum verbirgest du dich? Mir ist um die Seele so düster, Und um die Brust so bang. Ida, verbirg dich mir nicht! Siehe die Aue draussen. Ihr ist die freundliche Sonne Untergegangen; ihr birgt Nebel den freund- lichen Strahl. Und nun schmachtet, nun trauert, nun klagt die Verlassne. So klag' ich, Seit ich dein sonnig Gesicht, freundliche Ida, nicht sah. O, so strahle denn wieder hervor aus dem hüllenden Dunkel, Morgenröthliches Licht, kläre die Seele mir auf. Tritt hervor, o siegende Sonn', in schimmernder Schönheit, Blinke mir Leben und Kraft tief in die Seele hinein. Komm du, die ich liebe, in deiner unschuldigen Schöne, Deiner rührenden Huld, deinem gewinnen- den Reiz. Komm, o Inniggeliebte, an meinen klopfenden Busen, Stille das schlagende Herz, letze den lech- zenden Durst. Meine Seele schmachtet nach dir, wie die welkende Blume In der Schwüle des Tags schmachtet nach Abend und Thau. Meine Seele liebet dich mehr als Jugend und Freiheit, Mehr als Harf' und Gesang und der Be- geisterung Kuss. Süsser klingt mir dein Lächeln, als meiner Harfe Gelispel; Hehrer blickt mir dein Aug', als die gestir- nete Nacht. Seliger ruht es sich, Edle, an deinem steigenden Busen, Als in der Mutter Natur weichem und offe- nem Schooss. Glücklicher bin ich, umweht von deinen goldenen Locken, Als von des röthlichen May's schimmernden Blüthen beschneyt. Tausend sind der Blüthen des May's, und tausend mal tausend Würzige Düft' entwehn seinem balsamischen Hauch. Aber du bist die schönste von allen, die frischeste, schönste, Duftendste Blüthe, du! — Und du verhül- lest dich mir? T 2 O, verhülle dich nicht! Dir winken der Lenz und die Liebe, Dir der erlauende Hauch, dir der belebende Strahl. Eil' und brich hervor aus drängenden Knospen, und breite Deine Blätter, und rings würze die schmei- chelnde Luft. Komm hervor aus dunkler Kammer, unschuldige Schöne, Komm' und sinke mir in den umflechtenden Arm. Ach, wenn itzt du kämest, wie wollt' ich liebe- beflügelt Dir entgegenfliehn, wollte die zierliche Hand Freudig fassen, und flehend dir schaun in das schmachtende Auge, Wollte blöd' und bang' um den geschlan- keren Leib Meine zitternden Arme dir schlingen, und tausend- mal Ida, Ida stammeln, dich fest an das verwegene Herz Fest und stark dich drücken, und immer fester und stärker, Bis dein schlagendes Herz nah an dem mei- nigen schlüg, Deine flammende Wang' an meiner flammte, die Lippe Trunken auf deiner ruht', und der berau- schete Geist Ganz in Einem verzuckenden Kuss in der Deinen zerschmölze, Sterbend süssen Tod, Seligkeit erbend in dir! Elegie . M eine Ida, der Lenz, der Lenz beginnet. Ich hab' ihm Eben entgegen gegrüsst, hab' ihn den Hü- gel herab Schweben gesehen. Er sah so freundlich. Ein buh- lendes Lüftchen Haucht' um den rosigen Hals sein hyazin- thenes Haar. Gräschen und Blümchen entsprossen des Schreiten- den schwebendem Tritte, Schnee und Reif zerschmolz seinem erlauen- den Hauch. Silberstiebende Bächlein durchrieseln schon schwat- zend die Fluren, Blitzen im Sonnenstrahl, spiegeln die Sonne zurück. Zwiefach Leben durchströmt mir das Blut. Gleich der Lerch' in den Lüften, Gleich dem Schwan im Teich, fühl' ich mich freudig und frisch; Denn der Lenz beginnt. Wer wollte des kehrenden Lenzes Sich nicht erfreuen, verjüngt mit der ver- jüngten Natur, Nicht die offenen Fluren durchtanzen im luftigen Sprunge, Nicht lautjauchzend dem Lenz Freudebe- grüssungen schrein? Ida, der Lenz beginnt. Komm, Tochter sanfterer Freuden, Komm mit mir aufs Feld. Siehe, der Frost ist dahin, Und der Schnee ist zerschmolzen. Es rötheln die Äste der Haseln, Und das braune Gebirg lichtet das düstere Moos. Neues Leben durchwimmelt die Fluren; den Süm- pfen entgurgeln Frösche; der Erd' entwühlt schwirrend Gewürm; in der Luft Schallt es vom Jubelgesang der triumphirenden Lerche. Mit des werdenden Tags spriessendem blas- sestem Strahl Schwingt sich die Sängerin himmelempor, und singt, bis die Dämmrung Berg' und Thale verhüllt, fröhlich das fröh- liche Lied. Komm denn, mildes Mädchen, du Freundin edler Gefühle, Komm mit mir aufs Feld. Jubelnd, froh- lockend empfahn Wird dich der Frühling, wird „Braut“ dich grüssen, und seinem Gelüste Duftender um dich zu wehn, seinem gefie- derten Chor Schmelzender um dich zu flöten gebieten — Und ach, Geliebte, Eine Ahnung der Wonn' schauert mir sanft durch das Herz — Ach vielleicht, dass auch dich des Schmeichlers kosendes Flistern Neue Empfindungen lehrt, dass dir die ath- mende Brust Ungewöhnlicher schwillt, in süssem verworrenem Trübsinn Dein unschuldiges Herz seufzet, dein rüh- rendes Aug' Rührender noch und schmachtender blickt, die er- blassende Wange Neue Rosen umblühn, klagender noch dein Gesang In den Lerchengesang mit einweht, sinnend und träumend Du den Garten durchirrst, bis dich um- schattet die Nacht — Meine Ida, ach das ist Geist der Liebe. Des Früh- lings Geist ist dem ihren verwandt. Unter den Blumen des Hayns Sah ich das trauliche Paar oft spielen. Dann lehr- ten sie Liebe, Liebe den Bach und die Flur, Liebe den Busch und den Wald. Elegie . S ey mir gegrüsst in deinem Hervorgehn, Tochter der Unschuld! Blumig schwebst du einher, ähnlich dem blumigen May! Reine Jungfrau, wie röthet die Rose der holden Verschämtheit Deine Wange! Wie bebt blöde dein schüch- terner Blick! Bebe nicht, meine Geliebte, und fliehe nicht, meine Erwählte! Fliehe nicht, Ida! Vor wem fliehst du? Ich lasse dich nicht! Tage hab' ich um dich verschmachtet mit rastlosem Schmachten. Nächte hab' ich um dich sinnend und seh- nend verwacht. Hingeschlichen sind nun mit Schneckenträgheit die Öden; Und ich liesse dich schon? Ida, ich lasse dich nicht. Halten will ich dich, Bange, mit kühnumschlin- gendem Arme, Drücken will ich dich fest an das verlan- gende Herz. Laben will ich sein heisses Verlangen mit labenden Strömen, Letzen den lechzenden Durst, letzen mit köstlichem Wein, Mit dem süssen berauschenden Weine des Habens und Haltens, Und Geniessens, bis mir schwinden das Licht und der Schall — Ida, ich habe dich wieder. Ich hab', ich halte dich wieder, Fühle wieder der Hand lebenerschütternden Druck, Schaue wieder dein grosses blaues schmachtendes Auge, Gürte den schlanken Leib wieder mit brün- stigem Arm, Fühle mich wieder von deines Odems Duften um- säuselt, Wieder gehoben mein Haupt von der geho- benen Brust — Meine Ida, wie selig . . . wie träumend . . . wäh- nend und . . . selig! — Meine Ida, warum sträubest du wegernd dich weg? Warum wendest du seitwärts dein Aug'? Und warum entstrebst du Meinem liebenden Arm? — Ida, liebst du mich nicht? — Wehe, sie liebet mich nicht! Verlass mich, Mäd- chen, verlass mich, Wenn du mich nicht liebst! Spotte des Jünglinges nicht, Dem du Liebe versprachst, und den du nicht lie- best — Verläugn' es, Falsche, wenn du es darfst, dass du mir Liebe versprachst! Strafe Lügen dein Auge, die Hände Lügen, und Lügen Jeden ertappten Blick, jeden gestammelten Laut, Jedes Flammenberühren der Wangen und Herzen, und Seelen, Jedes Suchen und Scheun, jegliches Fliehen und Nahn; Straf' es Lügen, vermagst du es, Falsche, und wende dein Antlitz Nicht so heuchlerisch weg, decke den tückischen Blick Nicht so scheu mit den Händen — Mein Herz ist edel und redlich. Offen, wenn du es darfst, schaue den Offenen an. Weg mit der deckenden Hand von dem täuschenden Auge! — — Ida, Meine Ida, du weinst? Ewige Liebe, du weinst? Warum weinest du, Theure, und warum hebst du so flehend Deinen strömenden Blick, warum die rin- gende Hand So herzrührend gen Himmel? — Im Himmel ist Scho- nung, und Mitleid Schwellet der Himmlischen Brust — Ida, ach Ida, vergib! O, vergib der gequälten, der quälenden Liebe! — Ich seh' es, Wonne! dass du mich liebst! Dieses ent- rungene Ach, Dieses Stammeln, und dieses Schweigen, und dieses Erblassen, Dieser flehende Blick, dieses Hinsinken an mich, Dieses Hinsterben an meinem Herzen betheuern mir, schwören Heiligen ewigen Schwur, dass die Geliebte mich liebt — Süsses Entsetzen, wie fass' ich, wie trag' ich dich, Schauerentzücken! Paradiesische Qual, folternder Seligkeit Last? Ida, Ida, dem Trunknen entschwinden die Erd' und der Himmel. Rauschenden Wogen gleich, rieseln die Sinne mir hin. Unter geh' ich im uferlosen Alle der Liebe; Und des Sinkenden Haupt decket die schla- gende Fluth. Morgengruss. G länzend tauchet schon die Sonne Aus kristallner Fluth herauf. Wache zu des Daseyns Freuden, Meine Ida, wieder auf! Wache auf zum Hochgefühle, Dass du bist, und glücklich bist, Glücklich vor den Myriaden, Die der Strahl des Aufgangs küsst! Wache auf zu stiller Rührung! Huldige dem grossen Geist, Den der Kreaturen Jubel, Den der Puls der Leben preist. Aus dem langgeschlafnen Schlummer, Aus dem stummen öden Nichts, Wer hat dich heraufgerufen Zum Genuss des süssen Lichts? Funfzehn Lenze, funfzehn Winter, Wer hat dich geschirmt, gedeckt? Wer von dir die tausend Würger Zarter Kindheit weggeschreckt? Wer gab sein Gedeihn und Segen, Dass dein Halm so muthig schoss, Deine Knosp' in Thau und Regen Tausendblättrig sich erschloss? Wer beschirmt den schlanken Stengel, Dass kein barscher Nord ihn knickt? Wer die kaum entknospte Rose Dass kein frecher West sie pflückt? Wer gab deinen Augen Helle? Deiner Stimme Lautenklang? Deinen Tritten Rehesschnelle? Anmuth deinem Tanz und Gang? Deinen Wangen Farb' und Fülle? Deinen Lippen Purpurgluth? Deinem Busen Fried' und Stille? Deinem Herzen frohen Muth? Und wer blies der Marmorbüste Den lebend'gen Odem ein! Eine Seele, hochbegabet, Engelfroh und engelrein! Die da denket, die da dichtet, Die sich freut und sich betrübt, Hofft und fürchtet, wählt und meidet, Ahndet, wünschet, schmachtet, liebt? Die sich weidet nimmermüde An der Schönheit der Natur, An dem Glühwurm im Gebüsche, An dem Veilchen auf der Flur? Und die von dem goldnen Würmchen, Das auf schlankem Halm sich wiegt, Rastlos weiter, rastlos höher Bis zum grossen Geiste fliegt? — U Lispelt Preise, fliesset Thränen, Huldiget dem grossen Geist, Den der Jubel aller Wesen, Aller Leben Pulsschlag preist! — — Ida, Ida, meine Süsse, Meine Edle, Liebliche, Schöne volle, rothe Rose, Reine weisse Lilie! Dass dein Geist des grossen Geistes Ungefälschter Abglanz sey; Dass das Duften deines Kelches Jeden, der dir naht, erfreu; Dass dich jede Seele liebe, Die das ächte Schöne liebt; Dass dich nie der Trübsinn wölke, Der verlorne Unschuld trübt; Dass auf dich der graue Vater Seiner Zukunft Hoffnung bau'; Dass der Mutter sorgend Auge Liebend auf dich niederschau'; Dass mit jeder trautern Stunde Inniger das schöne Band Sich verschürze, sich verschlinge, Das um uns die Liebe wand — Meine Süsse, meine Theure, O so bleibe, die du bist, Ewig bleibe wahr und einfach, Ewig sonder Krümm' und List; Sonder Firniss, sonder Schminke, Heil'ger Einfalt ewig hold; Mild, wie Täubchen, zahm, wie Lämmchen, Ächt, wie Perlen, treu, wie Gold. Bleib verborgen, wie Konvallen; Bleib gering, wie Wiesenklee; Anspruchlos, wie Nachtviolen, Makellos, wie Glockenschnee. Süss, wie Licht, wie Daseyn theuer, Sey des Herzens Stille dir; Ewig einig mit dir selber, Klar dir selber für und für; U 2 Liebe, dulde, hoffe, glaube, Wanke, schwanke, zittre nicht. Kerzen flackern, Lampen löschen, Nie erlischt des Glaubens Licht. Ida, Ida, meine Süsse, Meine Edle, Liebliche, Schöne duftende Narzisse, Reine, weisse Lilie! Wirst du also still und milde, Wahr und einfach, treu und rein, Klaren Sinnes, freyen Muthes, Thätig, muthig, tapfer seyn — O, so wirst du sichern Schrittes Durch des Lebens Irren gehn, Schweigend dulden, lächelnd sterben, Jauchzend wieder auferstehn! Der Wagen des Himmels. W ie fährst du blitzend, fey'rlich, mit Majestät, O goldner Himmelswagen, in blauer Luft! Ich höre deiner Räder Rasseln, Höre das Wiehern der Flügelrosse. Sieh, wie sie Flammen schnauben, die Wieherer! Sieh, wie sie Funken schlagen, die Schnaubenden! Horch, wie die ehrne Himmelsstrasse Dröhnt von dem Stampfen der Demanthufe. Ich liebe dich, ich habe dich längst geliebt, Du königlicher Wagen. Des Knaben Blick Hat oft in tiefen Mitternächten Ahnend und staunend an dir gehangen. Nun lieb' ich dich noch stärker, du Herrlicher! Ich seh dich oft mit inniger Wehmuth an, Und eine leise Thräne bebet In des entbrannteren Jünglings Wimper. Ein sanftes Thränchen weint' ich an Idens Brust. Ein sanftes Thränchen weinte die Himmlische, Als wir uns in vertrauter Laube, Busen an Busen, umschlungen hielten. Tief Mitternacht war um uns. Der blühende Jasmin der Laube duftete rings um uns. Der Schwan, der Adler und die Leyer Blinkten uns an durch das Grün der Laube. Da zuckte durch die Seele des Staunenden Ein Wehgedanke, dumpf, wie ein Unkenlaut, Und schaurig, wie der Duft des Wermuths, Ach, der Gedanke des nahen Scheidens. Und inniger umschlang ich die Liebliche. Erhaben schwärmend wand ich aus ihrem Arm Mich los, und sah des Himmelswagens Goldne Deichsel das Laub durchfunkeln. Emporgetragen über das Irdische, Ergriff ich Idens Lilienhand, und sprach: „Siehst du des hohen Himmelswagens „Goldene Deichsel? sie sey uns heilig! „Einst werd' ich um dich trauren in öder Fern'. „Einst wirst du nach mir schmachten in öder Fern'. „Dann seyd, ihr Glänzenden, uns Bürgen „Unsrer Vereinung auf schönern Fluren!“ Ich sprachs, und eine Thräne der Wehmuth rann Von Idens blasser Wange. Sie rinnt seitdem Ihr oft die Wang' hinab, wenn Dämmrung Rings um sie wallt und die Sterne funkeln — Der du des Wagens Rosse beflügeltest, Zum Sphärentanz die Lyra besaitetest, Den Diamant der Krone fasstest, Schliffst den kristallenen Freuden becher . Vernimm der Liebe Flehen, Allliebender! Nicht reisse mich aus meiner Erwählten Arm! Nur Sie, nur Sie lass mir! Lass Iden, Iden am Arm mich durchs Leben wandeln! Von ihrem Engellächeln zur That entflammt, Von ihrem keuschen Kusse mit Kraft beseelt, Werd' ich mit Adlerflug der Tugend Sonnigste, schwindelndste Höh' erfliegen. — An Ida . S chwellen nicht Seufzer, meine süsse Ida, Deinen gewölbten Busen, wann das Frühroth Deines Gemaches weisse Wände röthet, Oder das Spätroth? Weht es nicht dann um dich, wie Geistgeflister? Haucht es nicht warm dich an, wie Kussgelispel? Zittern nicht helle Thränen in des Auges Goldenen Wimpern? Dieses Schauern, Geliebte, dieses Zittern, Dieses Wehen und Rauschen lass dich mahnen, Dass dein Treuer dein denkt, dass dein Verlassner Fern um dich trauert. Ja, ich gedenk' an dich, mein süsses Mädchen, Ja, ich trauer' um dich, wann Gottes Frühroth Meine Fenster röthet, und wann die Thauflur Schimmert im Spätroth. Ida, wann werd' ich dich wiedersehen, Wann, um den Schwanenhals dir brünstig fallend, Wann, mit des Busens Fluthen steigend, sinkend, Liebe dir wimmern? Von Ida . D er Morgen blüht; Der Osten glüht; Es lächelt aus dem dünnen Flor Die Sonne matt und krank hervor. Denn ach, mein Liebling flieht! Auf welcher Flur, Auf wessen Spur, So fern von Iden wallst du itzt, O du, der ganz mein Herz besitzt, Du Liebling der Natur? Vernimmst du auch Im Morgenhauch Das Ach, das Idens Brust entächzt, Das Sehnen, drin ihr Herz zerlechzt, Im kühlen Morgenhauch? Was ahnest du, Der Idens Ruh Und Idens Freuden mit sich nahm? Ach, ahnest du wohl Idens Gram, Und flehst für Idens Ruh? O kehre um! Kehr um, kehr um! Zu deiner Einsamtraurenden! Zu deiner Ahnungschaurenden! Mein Einziger, kehr' um! Sehnsucht. I da, Ida, meine Liebe, Meines Grames Trösterin, Trübe sieht der Himmel, trübe, Trüber mein umflorter Sinn. Mancher öde Tag ist schwunden, Manche düstre Nacht verfloss, Seit ich, deinem Arm entwunden, Nach dir lechze, letzelos. Sonst erquickten deine Blicke Mich, wie Mayen-Sonnenschein; Deine Winke, deine Nicke Bebten mir durch Mark und Bein; Deines Athems duftend Wehen Kühlten meiner Inbrunst Gluth; Deiner Stimme rührend Flehen Stillte meine wildste Wuth. Deiner Hand beredtes Drücken, Deiner Lippen Honigkuss, Dein Umfangen, dein Umstricken, Deiner Schöne Vollgenuss, Dein Umflechten, dein Umranken, Arm in Arm, und Brust an Brust, Heilte ganz den Sehnsuchtkranken, Tränkte mich mit Edenslust. Aber itzt erwacht der Morgen; Und die Hoffnung, dich zu sehn, Lindert nicht mein zärtlich Sorgen, Nicht der Trennung heisse Weh'n. Ich durchschwärme trüb' und traurig Brach und Thal, und Wald und Flur, Und die Welt dünkt mir so schaurig, Und ein Grabmahl die Natur. Gottes Sonne steigt und sinket, Gottes Spätroth blüht und blasst, Aus milchweissen Wolken winket Luna mir zu süsser Rast. Aber ach, der Ruhe Fächeln Kühlt nicht meines Busens Gluth; Kühlen mag sie nur dein Lächeln, Nur dein Kosen, hold und gut. — Ida, Ida, meine Liebe, Meines Grames Trösterin, Ist dir auch so nebeltrübe, Auch so dumpf, und schwer zu Sinn? Denkst du auch in deiner Ferne Deines Lieblings? Denkest mein, Liebliche, beym Glanz der Sterne, Bey Aurorens rothem Schein? Möchtest du wohl zu mir fliegen? Möchtest, Theure, matt und krank, Mir am treuen Busen liegen, Nur Ein selig Stündlein lang? Möchtest an mein Herz dich drücken, Und mit Freuden süss, so süss, Mich entzücken, mich entrücken In der Liebe Paradies? — — Schwindet, schwindet, öde Tage, Die ihr mich von Iden trennt! Eil', ach eile, Tag der Tage, Der mir Iden wieder gönnt! Eil', ach eil', und blass von Harme, Zitternd zwischen Wonn' und Schmerz, Stürz' ich Iden in die Arme, Sink' ohnmächtig ihr ans Herz. Seufzer . S ey mir gegrüsst in meinem stillen Grame, Mein mondversilbertes Gemach! In dir belauschet mich kein Ohr, wenn Idens Name Der blöden Lipp' entquillt, und niemand höhnt mein Ach. Von deinen weissen mondbestrahlten Mauern Der Welt und dem Gewühl verhehlt, Will ich in Einsamkeit die öde Zeit vertrauern, Wo Ida meinem Herzen fehlt. X In dir will ich allein mit meinem Sehnen, Allein mit meinem Kummer seyn; Und Iden, Iden soll mein Träumen und mein Wähnen, Mein Denken und mein Dichten heilig seyn. Wiedersehn . T ag der Sehnsucht, Tag der Freuden, Tag des Zieles langer Leiden, Sey gegrüsst, gewünschter Tag! Mit dem Aufgang deiner Sonne Wird die längsterstorbne Wonne Meines Herzens wieder wach. Sie, die Holde, sie, die Eine, Meine Süsse, meine Reine, Die mein Herz unsäglich liebt; Sie ist's, sie, die Langentbehrte, Vielgewünschte, Heissbegehrte, Die dein Strahl mir wiedergiebt. X 2 Hundert Tage sind entwichen, Hundert Nächte hingeschlichen, Seit ich, Edle, dich nicht sah; Endlich, endlich sind sie schwunden, Und der wonnereichsten Stunden Wonnigste ist endlich da. Endlich, endlich, o du Meine, Meine Süsse, meine Reine, Werd' ich, ach! dich wiedersehn. Liebend wird dein Wink mich grüssen, Zärtlich mich dein Arm umschliessen, Würzig mich dein Hauch umwehn. Wie das schmachtende Verlangen, Edle Jungfrau, deine Wangen Mit des Frühroths Tinten mahlt! Wie der Augen reine Bläue, Spiegel deiner Güt' und Treue, Durch den Thau der Rührung strahlt! Reiche mir den Wonnebecher Deiner Lippen, lass den Lecher Schlürfen süssen Labetrank! An des Busens reiner Fülle Lass den Schwärmer sanft und stille Schlummern nach dem langen Drang! Wenn der wache Tag sich neiget, Wenn der Schöpfung Jubel schweiget, Wink' ihn traulich zu dir hin; Lass ihn träumen Eine Stunde, Ihre Dauer ist Sekunde, In dem Arm der Lieblingin. Im Panier der Mitternächte Öffne leise deine Rechte Ihm der Liebe Kämmerlein. Welch' ein Herzen! welch' ein Drucken! Welch' ein Zittern! welch' ein Zucken! Schone, Beste, schone mein! — O der Wonne, dem Getreuen Ganz sich opfern, ganz sich weihen Sonder Sträuben, Furcht und Flucht! Stark ist Liebe, kühn ihr Drängen; Aber ihre Stürme sprengen Nie die Riegel heil'ger Zucht! Ida, Ida, meine Eine, Meine Süsse, meine Reine, Öffne, öffne mir den Arm. Fest umschürzt von deiner Rechten Lass mich fest dich, fest umflechten Nach der Trennung langem Harm. Öffne, öffne mir die Arme Drücke fest mich an die warme Volle, treue, keusche Brust. Aus den Wangen, aus den Augen Aus den Lippen lass mich saugen, Lebenskraft und Lebenslust. Öffne, öffne mir die Schätze Deines Herzens — Seelenletze! Geisterquickenden Genuss! Lass uns, Süsse, lass uns kosen, Bis erblühn Aurorens Rosen, Und herauf strahlt Phosphorus. Vergänglichkeit und Treue. O Ida, unsre schöne Flur Trägt trauernd der Verwesung Spur; O Ida, unser trautes Thal Steht wüst und öde, falb und fahl. Rings saust der Herbstwind hohl und rauh; Zum Reif gefriert der Frühe Thau. Der Sonne blasses Angesicht Beglänzt den Reif, und schmelzt ihn nicht. Des Tages Strahl ist müd' und blass. Es welkt das starrgefrorne Gras. Die Blume, die sich kaum erschloss, Verwelket duft- und farbelos. Entblättert bebt der Espen Haupt. Der Liebe Laube steht entlaubt. Es tummeln gelb und roth und bunt Die Blätter auf dem schwarzen Grund. Ach, alles, was dem Staub' entspriesst, Was blüht und reift, und Samen schiesst, Was einer Mutter Schooss gebar, Das welkt und kränkelt immerdar. Noch steh' ich da in meiner Kraft, Das Herz entflammt von Leidenschaft. Mein Auge blitzt, mein Busen schwillt Von Hochgefühlen mild und wild. Des Geistes rege Fantasie Schafft Welten und zertrümmert sie. Es schüttelt mein unruhig Herz Entzückung itzt, itzt Folterschmerz. Mein schmelzend Lied, mein Hochgesang Weckt leises Weh und heissen Drang. Es klingt mein goldnes Saitenspiel Und um mich girrt und ächzt Gefühl. Wie bald, und meine Kraft versiegt! Der Sänger schweigt. Der Sturmwind kriegt Um seine Asche. Leichenstill Liegt sein entsaitet Saitenspiel. Noch blüht, mit jedem Reiz geschmückt, Der Mädchen Erste. Noch entzückt Mich ihres Wuchses schlanker Bau, Des sanften Auges Lasurblau. Ihr blühend Antlitz roth und weiss Raubt Apfelblüthen ihren Preis, Und ihres Busens hoher Schnee Beschämt die Brust der Lilie. Wie bald, und ihrer Schönheit Pracht Bedeckt des Grabes öde Nacht! An ihrer Fülle schwelgt der Wurm. Um ihre Asche kriegt der Sturm. Ach, alles, was der Mond bescheint, Was lächelt und was Thränen weint, Was einer Mutter Schooss gebar, Das welkt und altert immerdar. Nur Eines, Ida, altre nie! Es ändre und es kränkle nie! Das süsse Band, das uns umflicht, Das fas're und das reisse nicht! Das schöne Band, das uns umschlingt, Der goldne Ring, der uns umringt, Das Zartgefühl, das uns entflammt, Und das aus Edens Garten stammt: Das überwinde Grab und Tod! Es hemme, Schicksal, dein Gebot! Es trotze der Vergänglichkeit, Und dauer' aus in Ewigkeit! Idens Schwanenlied. W ie schaust du aus dem Nebelflor, O Sonne, bleich und müde! Es schwirrt der Heimchen heis'rer Chor Zu meinem Schwanenliede. Es girrt die scheidende Natur Ihr Lebewohl so traurig; Es stehen Busch und Wald und Flur So trostlos und so schaurig. Entblättert steht der Erlenhayn, Entlaubt der traute Garten, Wo Er und ich im Mondenschein Einander bang' erharrten; Wo Er und ich im Mondenblitz, Im Schirm der Linde sassen, Und auf des Rasens weichem Sitz Der öden Welt vergassen; Wo ich, gelehnt an seine Brust, In süsse Träume nickte, Und holder Wahn, und Edens Lust Die Träumende durchzückte. Und schimmerte des Aufgangs Glanz Durch die verschwiegnen Linden, Pflegt' ich den schönsten Rosenkranz Ihm um den Hut zu winden. Doch keine Kränze wird hinfort Dein Mädchen, Freund, dir winden. Denn unsre Blumen sind verdorrt, Entlaubt sind unsre Linden. Ihr Rosen, die der rauhe Ost In ihrem Knospen pflückte; Ihr Nelken, die der frühe Frost, Halbaufgeschlossen, knickte; Ist euer Loos nicht auch mein Loos? Seyd ihr nicht, was ich werde? Entkeimt' ich nicht, wie ihr, dem Schooss Der mütterlichen Erde? Ist nicht mein Halm, so jugendlich, So schlank emporgeschossen? Hat meiner Blüthen Knospe sich Nicht drängend aufgeschlossen? Weckt meiner Augen blaues Licht, Die Rose meiner Wangen, Die Frische meiner Lippen nicht Der Jünglinge Verlangen? Ach klagt um eure Schwester, klagt Ihr Rosen und ihr Nelken! Wie bald, und hin ist meine Pracht, Und meine Blüthen welken! Verstreut ist all mein grünes Laub, Geknickt mein schlanker Stengel, Mein Staub gebettet in den Staub, Mein Geist gereift zum Engel! Der Wandrer, der in meiner Zier, In meiner Schönheit Schimmer Mich schaute, kommt und forscht nach mir, Und sieht mich nimmer, nimmer! Es kommt der Traute, den ich mir Erkohren einzig habe. — Ach fleuch, Geliebter, fleuch von hier; Dein Mädchen schläft im Grabe. Ach traure, Theurer, traure nicht! Des Grabes Dunkel schwindet, Und himmlisch und unsterblich Licht Glänzt dem, der überwindet. Triumph! auf Herbstesdämmerung Folgt milder Frühlingsschimmer. Auf Trennung folgt Vereinigung, Vereinigung auf immer! Die Zeitlosen. N och immer schmückt ihr meine Flur, Ihr Blümchen treuer Art, Ihr Lieblingskinder der Natur, So einfach und so zart. Dahin sind Ros' und Tulipan, Violen und Jasmin; Der himmelblaue Enzian, Die goldne Malv' ist hin. Euch aber, Blümchen, zeugt und säugt Noch immer die Natur. Noch unversehrt und unverbleicht, Bekränzt ihr meine Flur. Euch tilgte nicht des Hundsterns Gluth, Und nicht der Herbstnacht Frost. Euch knickte nicht des Nordes Wuth, Und nicht der Hauch des Ost. Diess Blümchen, Beste, ewig jung Und ewig frisch und neu, Sey Sinnbild unsrer Einigung, Und unsrer Lieb' und Treu. Nicht wetterwendisch sey dein Herz; Unwandelbar, wie Gold, In Freud' und Leid, in Lust und Schmerz Sey es mir treu und hold. Nicht Menschengunst, noch Menschengroll, Kein Lächeln und kein Dräun, Kein Blitz noch Schlag des Schicksals soll Geliebte, uns entzweyn. Noch blühet unsers Lebens May — Und lass, lass ihn verblühn! Bleibt unsre Lieb' und Huld und Treu Nur ewig frisch und grün. Getreu, getreu lass, Liebste, uns Des Lebens Strasse ziehn. Es wird ja hier und da für uns Ein kleines Masslieb blühn. Getreu, getreu und müd' und matt Lass einst uns schlafen gehn. Es blühn um unsre Ruhestatt Masslieb und Tausendschön. Holdy und Hulda. Holdy . H ulda, fühlst du auch diess Beben, Dieses Ahnen, dieses Streben, Dieses Schauern, Schlag auf Schlag? Täuscht mich nur erträumte Wonne, Oder röthet uns die Sonne Wahrlich heut den Bundestag? Hulda . Ja, mein Holdy, unser Sehnen, Unser Harren, unsre Thränen Sind dem hohen Lohne nah. Holdy, Holdy! ach, der lange Hergesehnte, heiss und bange Hergeweinte Tag ist da. Holdy . Wie erbebet, meine Beste, Wie erschüttert meine Feste! Werde leiser, Sturm der Lust! Hulda . Herz, ach Herz, zerschmilz in Thränen! Dieses Schwellen, dieses Sehnen Sprengt mir sonst die wunde Brust. Holdy . Du in deinem Brautgeschmeide, Deiner hochzeitlichen Seide, Sey mir tausendmal gegrüsst. Hulda . Du in deinen Flammenblicken, Deinem Bräutigamsentzücken, Sey mit Brautkuss mir geküsst. Holdy . Hulda, Hulda! meine Eine, Meine Süsse, meine Reine, Bist du wahrlich ewig mein? Y 2 Hulda . Ja, mein Liebling, mein Erwählter, Mein Verlobter, mein Vermählter, Ewig bin ich, ewig dein. Holdy . Komm' in meinem Arm, Geliebte! Lass mich dir ins stillgetrübte, Dunkelbraune Auge sehn. Lass der Liebe heilgen Odem, Warm und lieb, wie Mayenodem, Warm und duftig mich umwehn. Lass mich, dir ins Antlitz blickend, Innig an mein Herz dich drückend, Meiner schönen Wahl mich freun! Lass uns, Hand in Hand geschlossen, Lass uns, Herz in Herz ergossen, Unsern Schwur noch eins ereun. Hulda . Holdy, Holdy, mein Erwählter! Mein vor Gott und Welt Vermählter! Warum unsern Schwur erneun? Darf es, dass ich dir geboren, Dass mein Herz nur dich erkohren, Darf es Schwurs, mein Herz sey dein? Himmel wird durch Sturm geheitert, Gold durch Feuersgluth geläutert, Liebe wird durch Weh bewährt. Holdy, Holdy! unsre Liebe Ward durch Stunden hell und trübe, Ward durch Lust und Schmerz bewährt. Denk zurück an jene Stunden, Wo ich, ach, zuerst empfunden, Dass ich dir geboren sey! Denk an jedes süsse Bangen, Jedes heimliche Verlangen, Jede dunkle Träumerey. Denk an jedes leise Ahnen, Jedes Wähnen, jedes Schwanen, Jedes heissre Wangerglühn, Jedes seelevolle Blicken, Jedes blöde Händedrücken, Jedes Bleiben, jedes Fliehn. Denk, ach, wie ich liebetrunken An dein schlagend Herz gesunken, Schauernd zwischen Wonn' und Weh, Unter deinen durst'gen Küssen, Unter milden Thränengüssen, Dir mein Lieben stammelte. Denk an all die bangen Tage, Die ich in verschwiegner Klage, Fern von dir, um dich durchrang; Denk an all die öden Nächte, Wo mein Haupt und meine Rechte Thränenmüde niedersank. O mein Liebling, mein Erwählter, Mein Verlobter, mein Vermählter, Darf es Schwurs, mein Herz sey dein? Holdy . Nein, du Treue, nein du Eine, Meine Süsse, meine Reine, Nein, dein Herz ist ewig mein. O, wie will ich dir am Arme, Trotz des Lebens Müh' und Harme, Fröhlich durch das Leben gehn! O, wie will ich dir zur Seiten Muthig kämpfen, muthig streiten, Tapfer jeden Sturm bestehn! Hulda . Mit dir jauchzen, mit dir klagen, Mit dir dulden, mit dir tragen Will ich Lebenslast und Harm. Von dir wanken, von dir lassen, Will ich nimmer, will erblassen, Theurer, dir im treuen Arm. Holdy . Mit dir will ich nach der Schwüle Strecken in des Grabes Kühle Pilgerkleid und Pilgerstab. Schlummern will ich sonder Klage, Schlummern bis zum jüngsten Tage Dir zur Seite, Grab an Grab. Wenn der jüngste Tag drommetet, Wenn das ew'ge Licht sich röthet, Will ich mit dir auferstehn; Will, vom Kelch der Seligkeiten Trunken, Theure, dir zur Seiten Durch die Myrten Edens gehn. Hulda . O mein Liebling, mein Erwählter, Mein Verlobter, mein Vermählter, Ewig bin ich, ewig dein. Holdy . O Geliebte, o du Eine, Meine Süsse, meine Reine, Ewig bist du, ewig mein. Chor . Bund der Liebe, Bund der Weihe, Bund der heilgen Ehetreue, Blüh' in Frieden keusch und rein! Väter, Mütter, Schwestern, Brüder, Engel, Himmel, schauet nieder, Segnet unser Bündniss ein! Salem und Sulamith. ( Ein kirchlicher Mythus .) Sulamith . I ch liebe dich, Salem, dich lieb' ich vor allen, Wer möchte, wer dürfte wohl sonst mir gefallen? Dich hab' ich, dich halt' ich; dich will ich um- fassen, Will fest dich umschlingen, will nimmer dich lassen. Salem . Geliebte, du wähnest, mich könne nichts trüben; Drum magst du wohl herzlich, wohl innig mich lieben. Doch, wenn sich der Himmel der Liebe 'mal trübte, Wie ständ' es ums Lieben, du Inniggeliebte? Sulamith . Wohl ewiges Leuchten, wohl ewige Wonne, Ist Salem dein Lieben. Doch hülle die Sonne Der Liebe in Wolken; lass stürmen und wehen; Ich werde — wie leichtlich — die Probe bestehen. Salem . Geliebte, mein Lieben bringt köstliche Gaben. Ach, magst wohl so lieb um die Gaben mich haben. Doch, wenn ich die Gaben dir künftig verhielte, Wer weiss, ob die brünstige Liebe nicht kühlte? Sulamith . Ich liebe den Geber, ich liebe die Gaben. Doch, sollt' ich den Geber nicht lieber noch haben? Lass fahren die Gaben! lass schwinden die Freu- den! Das wird mich von dir, mein Erwählter, nicht scheiden. Salem . Doch, wenn ich ins Dunkel der Armuth dich stiesse, Und darben und zappeln und zagen dich liesse, Nicht hörte dein flehendes Rufen und Schreyen: Dann würdest du wohl dein Lieben bereuen. Sulamith . Mein Salem, mein Trauter, so kannst du nicht wähnen. Bist du nicht mein Seufzen, mein Schmachten und Sehnen? Was frag' ich nach eiteln, vergänglichen Schätzen, Bleibst du mir, mein Reichthum, mein Seelenergötzen! Salem . Doch wenn ich, erwäg' es, beherz' es, o Seele, Sprich, wenn ich der Ehre helle Juwele Dir raubte, dich stürzte in Schmach und Schande: Dann rissen wohl, Freundin, die zärtlichen Bande. Sulamith . Lass drohen Verachtung und Schmähung und Schande! Das reisst nicht die zärtlichen, ewigen Bande. Was acht' ichs, ob Menschen mich schmähen und höhnen, Wenn Myrten der himmlischen Liebe mich krönen! Salem . Ich glaub' es, ich weiss es; ich kenne dein Lieben. Auch werd' ich so schmerzlich dich schwerlich be- trüben. Doch wenn ich, damit sich die Liebe bewährte, Mit Ketten im grausen Verliess dich beschwerte, Wo nimmer das dumpfige Dunkel verwallte, Wo nimmer ein tröstendes Lächeln dir schallte, Wo Schlangen und schwellende Nattern verweilten, Und Eulen aus ängstlichem Schlummer dich heulten! — Sulamith . O Salem, mein Salem, o würd' ich erfunden So würdig, zu tragen in Kerker und Wunden Die Ketten der Liebe: wie würd' ich sie küssen, Und dichter an dich, mein Geliebter, mich schliessen! Salem . Wenn aber die Lieb' auf die Folter dich streckte, Und Tod mit hellfunkelnder Sichel dich schreckte: Wie ständ' es, Geliebte, im Todesverzagen? Dann würdest du wohl dem Geliebten entsagen. Sulamith . O Salem, mein Salem, das kannst du nicht wähnen; Du kennest, du weissest mein inniges Sehnen. Ach, würd' ich gewürdigt, so selig zu sterben, Wie würd' ich die Palme mir jauchzend erwerben! Ich würde mich fest um den Bräutigam schmiegen, Und mächtig die Schrecken des Dräuens besiegen. Ich würde nicht wanken vom Lieben und Glauben. Wer wollte mein Leben, mein Lieben mir rauben? Salem . Ich weiss es, ich glaub' es; ich kenne dein Lieben. Auch werd' ich so schmerzlich dich schwerlich be- trüben. Doch, wenn ich den Becher der Liebe vergällte, Den Rücken dir kehrte, und fremde mich stellte; Dann würden dich höhnen die jauchzenden Rotten, Sie würden mit giftiger Lache dein spotten. Du würdest wohl anfangs dich härmen und grämen, Bald aber des wankenden Liebsten dich schämen. Sulamith . Mein Salem, du kannst nicht von Herzen be- trüben; Das wüsst ich — drum würd' ich nicht müde, zu lieben. Ich würde dir folgen mit Seufzen und Sehnen; Ich würde dich flehen mit blutigen Thränen. Salem . Doch, wenn ich nun wimmern und flehen dich liesse, Und zornig hinab zum Abgrund dich stiesse; Dann würdest du denken: Er hat mich verlassen! Und drunten mit grimmigem Hasse mich hassen. Sulamith . O Salem, mein Salem, das kannst du nicht wollen. O wehe! zum Abgrund mich stossen zu wollen! Wie könnte mein Salem sein theures Versprechen, Den Eid der Verlobung, der Liebenden brechen! Salem . Wer hat dir gelobet? Wer hat dich geliebet, Verworfne, die stündlich mich bitter betrübet! Ich liebe die Reinen, ich segne die Frommen; Doch Bosheit darf nie vor mein Angesicht kom- men. Sulamith . Ists möglich! . . . mein Salem . . . ach, kannst du ergrimmen? . . . Wie beb' ich, wie zittr' ich der zürnenden Stim- men! Sieh her, mein Geliebter! mein Kleid ist ge- waschen; Rein ward es im Thau der Versöhnung gewa- schen. Wess heiliges Blut hat die Liebe gefluthet? Wer hat mir Versöhnung und Frieden erblutet? Wer gab sein Verdienst mir zu bräutlicher Seide? Sein heiliges Leben zum Hochzeitgeschmeide? Mein Salem, mein Retter, du kannst mich nicht hassen. Dich hab' ich, dich halt' ich; dich will ich um- fassen. Ach sieh! wie ich ring' im Glauben und Lieben! Ach kannst du, ach willst du in Ernst mich be- trüben? Salem . Ich kann nicht, ich will nicht. Es ist dir ge- lungen. Unsterbliche Seele, du hast mich bezwungen. Ich liebe dich ewig; ich will dich nicht lassen. Komm, Theuererrungne, komm, lass dich umfassen! Sulamith O Wonne, du Starke! O Liebe, du Süsse! Mich brennen, mich schmelzen die brünstigen Küsse. Wie beb' ich! Wie fühl' ich die schlagenden Wellen Den seligkeitfluthenden Busen mir schwellen! Salem . Sey treu, du Geliebte, sey treu bis ans Ende, Bis dass ich den rufenden Bothen dir sende. Dann eil' und entreiss dich dem irdischen Harme, Und wirf dich in meine heissharrenden Arme. Dann sollst du von Antlitz zu Antlitz mich schauen; Dann will ich mich ganz dir und ewig vertrauen; Dann will ich dich kleiden in bräutliche Seide, Dich schmücken mit festlichem Hochzeitgeschmeide. Dann soll die Myrte des Bundes dich kränzen, Der Ring der Verlobung am Finger dir glänzen; Dann will ich den Kuss der Verlobung dir küssen, Und Braut und Vermählte und Gattin dich grüssen. Sulamith . Ach Retter, ach eil' und entreiss mich dem Harme Der langen Verbannung mit mächtigem Arme. Mich lüstet, dein seliges Antlitz zu schauen, Und ganz mich und ewig dir anzuvertrauen. Ach eil' und entreiss mich dem nichtigen Tande! Mich lasten, mich pressen die ängstenden Bande. Mich dürstet, mich inniger an dich zu schmiegen, Und wonneberauscht dir am Busen zu liegen. Ich liebe dich ewig, ich will dich nicht lassen, Will täglich und stündlich dich dichter umfassen. Ach, eil' und entreiss mich dem schmachtenden Harme, Und nimm mich in deine heissharrenden Arme. Luisens Antwort. W ohl weinen Gottes Engel, Wenn Liebende sich trennen. Wie werd' ich leben können, Geliebter, ohne dich! Gestorben allen Freuden, Leb' ich fortan den Leiden, Und nimmer, Jüngling, nimmer Vergisst Luisa dich. Z Wie könnt' ich dein vergessen! Vergessen deines Blickens Voll feurigen Entzückens, Voll sanften Flehns an mich? In meines Kummers Dunkel Strahlt mirs, wie Sternenfunkel. Geliebter, nimmer, nimmer Vergisst Luisa dich. Wie könnt' ich dein vergessen! Des Schimmers deiner Wangen, Geröthet von Verlangen, Von Inbrunst nass um mich! So nass von heissen Thränen, So heiss von bangem Sehnen — Geliebter, nimmer, nimmer Vergisst Luisa dich. Wie könnt' ich dein vergessen! Vergessen hier und dorten, Wie mit so süssen Worten Dein Zauber mich beschlich. Noch hör' ichs um mich flistern Im Stillen und im Düstern — Geliebter, nimmer, nimmer Vergisst Luisa dich. Wie könnt' ich dein vergessen! Vergessen je des Klanges, So manches Wehgesanges, Von dir geklagt um mich! Ach, unauslöschlich klingt es In meinen Ohren, singt es In meinem Herzen. Nimmer Vergisst Luisa dich. Wie könnt' ich dein vergessen! Vergessen deiner Briefe Voll treuer reiner Liebe, Voll Grämens, ach, um mich! Ich will sie sorgsam wahren, Für meinen Sarg sie sparen. Geliebter, nimmer, nimmer, Vergisst Luisa dich. Wie könnt' ich dein vergessen! Vergessen deiner Küsse! Wie jähe Flammengüsse Durchloderten sie mich. Auf meinen Lippen glühn sie, In meinen Adern sprühn sie. Geliebter, nimmer, nimmer Vergisst Luisa dich. Z 2 Wie könnt' ich dein vergessen! Vergessen jener Stunden, Wo ich von dir umwunden, Geschmiegt so dicht an dich, An deine Brust mich lehnte, Ganz dein zu seyn mich sehnte! — Geliebter, nimmer, nimmer Vergisst Luisa dich. Wie könnt' ich dein vergessen! Vergessen je der Fragen, Die du in schönern Tagen Zu fragen pflegtest: „Sprich, „Luisa, bist du meine?“ Ja, Trauter, ja die Deine Bin ich auf ewig — Nimmer Vergisst Luisa dich. Wie könnt' ich dein vergessen! Vergessen je der Schauer Von Seligkeit und Trauer, Die allgewaltig mich An deiner Brust durchzückten, Aus deinem Arm entrückten Zu höhern Sphären! — Nimmer Vergisst Luisa dich. Wie könnt' ich dein vergessen! Vergessen je der Qualen, Womit aus goldnen Schalen Die Liebe tränkte mich! Was ich um dich gelitten, Was ich um dich gestritten, Sollt' ich vergessen? Nimmer Vergisst Luisa dich. Ich kann dich nicht vergessen. Auf jedem meiner Tritte, In meiner Lieben Mitte, Umschwebt dein Bildniss mich. Auf meiner Leinwand schimmerts, An meinem Vorhang flimmerts. Geliebter, nimmer, nimmer Vergisst Luisa dich. Ich kann dich nicht vergessen. Mit jedem goldnen Morgen Erwacht mein zärtlich Sorgen, Mein Seufzen, ach, um dich! „Wo weilst du itzt, du Einer? „Was denkst du itzt, du Meiner? „Denkst du auch an Luisen? „Luisa denkt an dich!“ Ich kann dich nicht vergessen. Des Nachts auf meinem Bette Gemahnt michs oft, als hätte Dein Arm umschlungen mich. Des Wächters Rufen weckt mich. Ein plötzlich Rauschen schreckt mich. Allein bin ich im Dunkel, Und weine still um dich. Ich kann dich nicht vergessen. Nicht fremde Huldigungen, Nicht Sklavenanbetungen, O Freund, verdrängen dich. Luisa liebt nur Einen, Nur Einen kann sie meinen, Nur Einen nie vergessen, Vergessen nimmer dich. Luisa liebt nur Einen, Verschmäht des Stutzers Schmeicheln, Verhöhnt sein süsslich Heucheln, Gedenkt, du Edler, dein; Denkt deines Geistes Adel, Dein Lieben sonder Tadel, Dein Herz so treu, so bieder — Und brennt für dich allein. Für dich nur mag ich brennen, Für dich, für dich nur fühlen. Diess Feuer in mir kühlen Mag Zeit, mag Ferne nicht. Von dir, von dir mich scheiden Mag Freude nicht, nicht Leiden, Mag nicht die Hand des Todes, Selbst dein Vergessen nicht. Selbst, wenn du falsch und treulos An fremde Brust dich schmiegtest, In fremden Arm dich wiegtest, Vergessend Schwur und Pflicht In fremden Flammen brenntest, Luisen gar verkenntest, Luisen gar vergässest — Ich ach! vergäss dich nicht! Verachtet und vergessen, Verloren und verlassen, Könnt' ich dich doch nicht hassen; Still grämen würd' ich mich, Bis Tod sich mein erbarmte, Das Grab mich kühl umarmte — Doch auch im Grab', im Himmel, Geliebter, liebt' ich dich! In mildem Engelglanze Würd' ich dein Bett umschimmern, Und zärtlich dich umwimmern: „Ich bin Luisa, ich! „Luisa kann nicht hassen, „Luisa dich nicht lassen, „Luisa kommt, zu segnen, „Und liebt auch droben dich.“ Schutzgedicht. I m Liliengewand, in abendrothem Glanze Sitzt hoch auf einem Regenbogenthron Die Unschuld. Ihre Stirn, vom Amaranthenkranze Umschattet, blickt nicht Trotz noch Hohn. Doch blickt sie Würd' und Ruh. Der Spürhund Argwohn wittert, Die Dogge Klatschsucht bellet um sie her. Ihr Schneegewand bleibt weiss. Ihr Stuhl bleibt unerschüttert, Und ihre Stirne wolkenleer. O selig, selig, wer in ihrem sichern Schirme Die Pfade wandelt, die die Pflicht ihm zeigt! Er bleibt im Sonnenschein, und im Gebrüll der Stürme Gleich unverzagt und ungebeugt. Ihm ist ein stählern Bollwerk, eine Demant- mauer Sein Selbstbewustseyn, seines Werths Gefühl. Ihm rauscht der Wolkenbruch wie Mayenregen- schauer, Ihm säuselt Boreas wie Sommerabendkühl. Ihn regt des Gecken Spott, des Lästrers Nattern- geifer, Des Buben Hohngelächter keinen Schmerz. Mit siebenfachem Erz umpanzert schöner Eifer Sein kühnes, kaltes, edles Herz — — Ihr wenigen, die ich in dieses Eylands Mitte Fernahnend sucht', und sorgsam spähend fand, Die unverschrobner Sinn und unverdorbne Sitte, Und Herzenseinfalt mir verband; Die ihr mich kennt und liebt, und die ich kenn' und liebe — Nicht euch zu lehren, singt mein Schutzgedicht. Ihr sahet dieses Herz. Ich barg euch seine Triebe, Sein Dursten und sein Sehnen nicht. Saht ihr ein Laster drin? Vom Strand der freyen Hylde Kam ich zu euch mit ungebrochnem Muth. Noch ungebändigt war des Jünglings Trotz und Wilde, Noch unverlodert seine Gluth. Ich irrt' umher und sucht' und las mir manche Blume In unsrer grossen Mutter mildem Schooss; Und sieh! im Grazienhayn, in Eros Heiligthume Spross mir die Eine hold und gross. Und ich gewann sie lieb. Ich barg sie vor dem Wüthen Des Mittagstrahls, vor Frost und Hagelschlag. Und höher schoss ihr Halm, und tausendblättrig mühten Sich ihre Blüthen an den Tag. Ich hing mein Herz an sie. Doch fort ist meine Blume, Und ich verlasse nun den öden Ort. Vom Hain Uraniens, aus Eros Heiligthume Ist meine schöne Blume fort. Ich mag nun auch nicht weilen. Lebet wohl Gefilde, Ihr Kinder der Natur, so lieb, so voll! Die Nachtigall kommt' itzt zu euch, und Frühlings- milde — Ich aber gehe — Lebet wohl! Du hoher Rugard, dessen sündfluth-alten Rücken Ich täglich fantasieenvoll bestieg, Leb' wohl, und miss das Land und Meer mit fer- nen Blicken, Und klage, dass dein Dichter schwieg. Ihr Guten, welche mir der Schwatzsucht Lug- geträtsche Der Rachsucht Ingrimm nicht entriss; Lebt wohl und trotzt, wie ich, des Neidharts Zähn- gefletsche, Und der Verläumdung Vipernbiss. Du endlich — Harfe, bebe nicht so stark! — du Eine, Um die so kämpfender Gefühle voll Mein Busen überschwillt — du Einzige, du Meine, Leb' ewig, schöne Seele, wohl! Untergang. W olkenvergoldend sinkt die müde Sonne Nieder hinter der hirschdurchbrüllten Graniz. Düster steht die brüllende Graniz, düstrer Dämmert das Waldthal. Untergegangen ist auch meines Lebens Heller, sonniger Lichtstrahl, meine Ida, Welche Gluth und Glanz aus den himmel- blauen Augen mir strömte. Scheidende Sonne, morgen kehrst du wieder, Hellst der brüllenden Graniz düstre Wald- nacht. Aber Ida, meine verlorne Ida, Kehret mir nimmer! Abschied von Ida. D ich verlassen soll ich, dich verlieren, Die ich mir aus einer Welt erkohr? Die mit Blick und Druck und Kuss und Schwüren Frey und willig sich an mich verlor? Deinem Arme soll ich mich entwinden, Der aus Millionen mich umwand? Deines Flammeneides dich entbinden, Der für Zeit und Ewigkeit dich band? Ida, kannst du Demantketten brechen, Wie dein Finger schwache Fäden bricht? Ida, wird sich nicht die Liebe rächen, Der rebellisch sich dein Arm entflicht? Willst du einsam durch das Leben irren, Willst du stablos seinen Sturm bestehn, Ungetröstet deine Klagen girren, Ungeklagt ins Reich der Schatten gehn? Oder kannst du deine Liebschaft ändern, Leicht und luftig, wie ein Sonntagskleid? Spielen Mädchen, wie mit Flor und Bändern, So mit Treu und Schwur und Ewigkeit? Finden magst du in der Freyer Reihe Einen schönern, klügern, reichern leicht; Aber ach, auch einen, der an Treue, Der an Liebe deinem Liebling gleicht? Hab' ich dich nicht mehr, als Licht und Leben, Als die Freundschaft, als den Ruhm geliebt? Hab' ich dir nicht freudig hingegeben, Was die zarte Liebe heischt und giebt? Hab' ich nicht dem Schönen, Guten, Wahren Aufgeschlossen deinen treuen Blick? Hab' ich nicht, um dich nur, dich zu sparen, Aller Ruh entsagt und jedem Glück? Rings und immer, wie der Gottheit Fülle, Heilges Mädchen, so umfingst du mich. Dir nur huldigte der stolze Wille, Dich nur meinte meine Sehnsucht, dich. Spät und früh, Geliebte, nah und ferne Warst die Richtung meiner Kräfte du. Oftmals sank der späteste der Sterne, Und noch flohn das Auge Schlaf und Ruh. Wahrlich, Ida, so mit heissem Schmachten, So mit hochgespannter Schwärmerey, So mit Schicksaltrotz und Weltverachten, Mit Gefühl, Verstand und Fantasey, So verschenkt an dich, an dich vergeben, Ach, auf Gnad' und auf Barmherzigkeit, Liebt in diesem, liebt in jenem Leben, Liebt dich keiner mehr in Ewigkeit. Und, o Seligkeit, von kurzer Dauer! Du auch liebtest mich. Dein knospend Herz Öffneten des Ahnens leise Schauer, Schütterte des Sehnens süsser Schmerz. Schönre Rosen schmückten deine Wangen. Deine Augen hüllt' ein leichter Flor. Namenloses, heimliches Verlangen, Schwellte mächtiger die Brust empor. A a Dein Gesang verrieth des Herzens Wunde. Deine Laute girrte süssen Schmerz — Und in einer trunkenen Sekunde Sankst du liebewimmernd mir ans Herz, Wandest los dich, flohest, und im Fliehen Rief dein strömend Auge: Dein, ach dein! Flammen fühlt' ich durch das Mark mir sprühen. Tieferschüttert rief ich: Mein, ja mein! Und geschlossen war der Bund. Dem Bunde Schworst du, lebend, sterbend, treu zu seyn, Kamst in mancher unbelauschten Stunde Unsers Bundes dich mit mir zu freun. In der Mitternächte heil'gem Grauen Warfst du sorglos dich in meinen Arm. Schöne Unschuld, rührendes Vertrauen, Du durchschauerst mich mit süssem Harm. Aber nun des Argwohns Lauerblicke Unsers Bundes heilge Nacht durchspähn, Nun mich Vorurtheil und Stolz und Tücke Hochverräther, Kirchenräuber schmähn, Soll ich fliehen? Wohl! um dein zu schonen, Will ich fliehen, nicht aus Scheu der Welt. Kann in einem Herzen Feigheit wohnen, Das der Trotz der Unschuld stark erhält? Nein, um deiner würdig mich zu zeigen, Böt' ich aller Bosheit Hohn und Spott, Und verschmähend, mich dem Stolz zu beugen, Trotzt' ich Kerker, Ketten und Schafott; Würde keck um dich mit Tausend hadern, Unverwandten Blicks zum Tode gehn, Und mit Ruh aus allen meinen Adern Mein wegfliehend Leben bluten sehn. Aber Ida jammert, Ida trauert. Deine Feigheit, Weib, entmannet mich, Und den Schritt, drob meiner Menschheit schauert, Thu' ich, und verlass' auf ewig dich. Ja, auf ewig. Ida, kannst du fassen, Wie das Ewig! meine Halme knickt, Wie Verzweiflung mit den kalten, grassen Tiegerkrallen rings mein Herz umstrickt? Ausgelöscht sind meine Flammenkräfte, Meines Geistes Sehnen abgespannt, Ausgedorrt sind meiner Wurzel Säfte, Meiner Röhren Mark ist ausgebrannt. Fahret wohl, ihr schimmernden Entwürfe! Fahre wohl, süssschmeichelnder Betrug! Kelch, aus welchem ich Betäubung schlürfe, Sey geleert mit Einem langen Zug! A a 2 Nimm, Verzagte, denn, nimm alles wieder, Was ich Köstliches von dir besass. Deine Schleifen, Locken, Briefe, Lieder, Auch dein Herz nimm wieder, kannst du das. Lebe glücklich, und damit die Ahnen Dein sich rühmen, o so freye ja Solche Farben nur, und solche Fahnen, Die Arkona noch turnieren sah. Lebe glücklich. Ist ja leicht hienieden, Herzlos, seellos und glückselig seyn. Lebe glücklich; und wenn es dem Frieden Deiner Seele frommt — vergiss auch mein! Dein vergess' ich nie. Auf weiter Erden Gleichet keine dir, und keine ist Künftig werth, von Dem geliebt zu werden, Der der Mädchen Erste Braut gegrüsst! Diesen Hefenrest von meinen Tagen Will ich meinem Gram und Unmuth weihn, Will des Schicksals Eigensinn verklagen, Und das Mitleid und die Tröster scheun. Brechen wird die Schwermuth meiner Jugend Kaum erschlossne Blüthen, mich geschwind Einer Welt entwinken, wo die Tugend Und das Glück in ewgem Kriege sind. O wie ruhig, o wie matt und müde Werd' ich in die enge Wohnung gehn! O wie lieblich wird der tiefe Friede Um den früherhöhten Hügel wehn! Und wer weiss, ob nicht der immerwache Argwohn dann sein Meisterstück bereut, Ob nicht selbst die spätversöhnte Rache Ihrem Opfer dann ein Thränchen weiht. Selig, wessen Flug das Land erflieget, Wo der Seelen Scheidewand zerfällt; Wo sich Herz an Herz vertraulich schmieget, Und gesellig Geist an Geist sich hält; Wo kein Vorurtheil die Treuen tadelt, Und kein Wahn sie auseinander reisst; Wo nur Güte hebt, wo Kraft nur adelt, Und der Trefflichste der Erste heisst! Am fünfundzwanzigsten Geburtstage. Der Jüngling M eine Jugend flieht. Wie soll ich, schwüler Gedanke, Wie ertragen die zuckenden Blitze, die grollenden Donner Deines Gewitters? — Sie flieht mit ihren strahlen- den Rosen, Ihren duftenden Blüthen, und ihren knospenden Kräften, Ihren Freuden und Schmerzen, und heissausbrechen- den Thränen, Ihrem heroischen Muth und ihrer ergreifenden Liebe. Ewig flieht sie. Sie kehret nicht wieder, die Frische des Lebens, Meiner Tage begeisternde Glorie — Ewig ent- flieht sie, Und mich erschüttert nicht mehr der Tumult der kämpfenden Kräfte, Noch des Ahnens seliger Schauer — Ich stürze so trunken Der Natur nicht mehr um den Hals mit köstlichen Zähren, Liebe schon kühler, und dichte schon kälter — Und kannst du nicht weilen, Süsse Geliebte? — Und kannst nicht verschieben die Wehen des Abschieds Wenige Monden lang? — Ich liebe dich innig. Ich ringe, Dich zu halten. Ich fasse den Saum des entschlüp- fenden Kleides! Die Jugend . Warum quälst du mich so, mein Liebling, und warum zerreisst mir Deiner Verzweifelung Schrey die Seel'? Ich liebe dich zärtlich. Wie die Vermählte den Tag nach der heissen berau- schenden Brautnacht Ihren nun ganz Umfangenen leibt, so lieb' ich dich, Trauter. Denn du hast mir, berauscht von Genüssen am Busen gelegen Monden und Jahre lang. Nun ruft das herrische Schicksal. Ach, was haschest, was fassest du flehend den fliegenden Zipfel Meines Gewandes? Mich ruft das unwiderrufliche Schicksal. Wehe! schon fühl' ich die mächtigen Arme mich rings umschlingend. Wehe! Weh! es reisst mich hinweg. Fahr wohl, mein Geliebter! Die Tugend . Warum raufst du dein Haar, und ringest die Hände, Verzagter? Kannst du tilgen die Schrift, geschrieben mit gol- denem Griffel In die demantene Schicksalstafel? Kannst du Orion Hemmen, dass er nicht wasche die Locken im Bade des Meeres? Kannst du dem Gestern gebieten: Sey heute? — Jüngling, sey weise! Sie ist auf ewig dahin mit ihren täuschenden Zau- bern, Lass sie fliehn! Du warst ein Jüngling — Und ward auch ein Jüngling Je berühmt durch That und Wort und Dichtung und Denkkraft? Marathonschlachten, und Deciustode, Cheruskische Siege, Haben Jünglinge die erstritten? Troja und Ta- bor Haben Jünglinge die verewigt? Hat auch ein Jüng- ling Theodiceen gedacht und Messiaden gedichtet? Männer haben's gethan, von meiner Umarmung ge- kräftigt! Wende dich zu mir; ich wärme mit nie verlodern- der Flammine. Wende dich zu mir; ich lohne mit nie versiegenden. Wonnen. Zwecklos Strudeln der Kräfte bedaurst du? Ich ordne die Kräfte. Rausch bedaur'st du? Ich tränke mit reinen stillen Genüssen. Siehe, du warst ein flammender Jüngling; hinfort sey ein kühler Thatenrüstiger Mann! Berlin , gedruckt bey Johann Georg Langhoff .