Theorie der Gartenkunst . Von C. C. L. Hirschfeld , Koͤnigl. Daͤnischem wuͤrklichen Justizrath und ordentlichem Professor der Philosophie und der schoͤnen Wissenschaften auf der Universitaͤt zu Kiel. Zweyter Band . Leipzig , bey M. G. Weidmanns Erben und Reich . 1780 . Vorbericht. B ey der Ausgabe dieses zweyten Bandes beziehe ich mich auf das, was in dem Vorbericht des ersten sowohl uͤber die Einrichtung, als auch uͤber die Beduͤrfnisse dieses Unternehmens gesagt ist. Nur eine Bemerkung, die zu dem Abschnitt vom Baumwerk ge- hoͤrt, muß ich hier nachholen. Ueber die Cultur der Baͤume und Straͤucher in Deutschland, die außer dem Plan dieser Theorie liegt, haben wir, wie bekannt, die vor- trefflichsten Anweisungen, die sich auf eigene Beobachtungen und Versu- che gruͤnden, von dem seligen Landdrost von Muͤnchhausen in seinem Hausvater, und vom Herrn du Roy in der Beschreibung der Harbkeschen wilden Baumzucht: Anweisungen, die fuͤr uns brauch- barer sind, als die Millerschen, weil sie zugleich bestimmen, was un- ter unserm Himmesstrich fortkommt. Bey der neuen Charakteristik der Baͤume und Straͤucher, die ich nach dem Beduͤrfnisse der schoͤnen Gar- tenkunst entwerfen mußte, habe ich jedoch auf die Bemerkungen dieser beyden Beobachter am meisten Ruͤcksicht genommen. — Auch fehlt es jetzt unter uns nicht an guten Baumschulen, selbst in Absicht auf nordamericanische und andre auslaͤndische Gewaͤchse, woraus Liebhaber Saamen und junge Zoͤglinge kaͤuflich erhalten koͤnnen. Eine vorzuͤg- liche Aufmerksamkeit aber verdient die Plantage des Herrn Johann Ni- colaus Buek, Handelsgaͤrtners in Hamburg, die eine der vollstaͤndigsten ist, die man finden kann, und eine Menge der seltensten und schoͤnsten aus- laͤndischen Baͤume und Straͤucher enthaͤlt. Er hat davon 1779 ein sowohl mit botanischer Genauigkeit, als auch mit der aͤußersten Kuͤrze verfaß- a 2 tes Vorbericht . tes Verzeichniß auf 13 Bogen in 8. herausgegeben, worin gleichwohl noch einige hundert Pflanzen fehlen, die sich in seinem Garten befin- den. Dieses Verzeichniß, worin die Benennungen und Charaktere groͤßtentheils nach dem Linné, zuweilen nach andern beruͤhmten Bota- nikern angegeben sind, ordnet die Baͤume und Straͤucher nach ihrem Wachsthum, ihrer Wartung und der Waͤrme, die sie erfordern, in verschiedene Classen; und der Liebhaber kann aus den Abtheilungen und gebrauchten Zeichen auf einmal uͤbersehen, was bey uns in freyer Luft fortkommt oder nicht, was nur bedeckt oder im Gewaͤchshaus ver- wahrt werden muß, was einen geraden Schaft oder mehrere aͤstige Schuͤsse aus der Wurzel treibt, was sich durch schoͤne Blumen oder an- dre Eigenschaften fuͤr die Lustgaͤrten auszeichnet, u. s. w. Ein Mann, der ohne oͤffentliche Aufmunterung eine so reiche Sammlung aus eignen Kraͤften anlegt, und mit so viel Eifer und botanischer Kenntniß un- terhaͤlt, verdient nicht blos die Achtung, sondern auch die Unterstuͤ- tzung des Publikums. Wenn die benachbarten Provinzen, besonders Holstein, wo der Adel so weite und fruchtbare Laͤndereyen mit den herrlichsten Naturanlagen besitzt, eine solche Pflanzung benutzen woll- ten: so koͤnnten hier bald unter maͤßigen Kosten die schoͤnsten Gaͤrten aufbluͤhen. Das angefuͤhrte Verzeichniß ist weit zuverlaͤßiger und voll- staͤndiger, als die von Meader in eben dem Jahr zu London uͤber diese Materie herausgegebene Schrift: The Planter’s Guide: or Pleasure Gardener’s companion \&c. Theorie Theorie der Gartenkunst . II Band. A Zweyter Theil . Erster Abschnitt. Vom Gartenplatz . Zweyter Abschnitt. Vom Baumwerk . Dritter Abschnitt. Von Blumen . Vierter Abschnitt. Von Rasen . Fuͤnfter Abschnitt. Vom Wasser . Sechster Abschnitt. Von Wegen . Anhang . Beschreibungen von Gaͤrten. D ie Natur liefert dem Gartenkuͤnstler den Platz, auf welchem er bauet; sie giebt ihm ferner Baumwerk, Blumen, Rasen und Wasser als Materialien; zwischen den bepflanzten und offenen Theilen muͤssen Wege seyn, die nach allen Sce- nen des Gartenplatzes zufuͤhren. Es ist demnach zuvoͤrderst zu untersuchen, was der Gartenkuͤnstler in Ansehung der Anlage, Ausbildung, Verbindung und vielfaͤlti- gen Anwendungen dieser natuͤrlichen Gegenstaͤnde zu beobachten hat, da demnaͤchst den kuͤnstlichen Gegenstaͤnden noch eine eigene Betrachtung vorbehalten wird, ehe wir auf die mannichfaltigen Arten von Gaͤrten selbst kommen. Man sieht leicht, daß man bey diesen Dingen vor allen anfangen muß, um auf die Entwickelung der eigenthuͤm- lichen Regeln der Gartenkunst zu kommen, indem sich hier Schritt vor Schritt er- oͤffnet, was fuͤr einzelne Beobachtungen und Verrichtungen der Kuͤnstler unter be- staͤndiger Ruͤcksicht auf die Natur und auf die Bestimmung der Gaͤrten anzu- stellen hat. Betrachtungen dieser Art, die sich in das weite Gebiete der Natur ausbreiten muͤssen, enthalten nicht blos die erste Quelle des Unterrichts fuͤr den Gartenkuͤnstler. Sie dienen auch dem Freunde der Natur (und welcher vernuͤnftige Mensch wird dies zu seyn nicht Adel genug haben?) nicht blos zur angenehmen Unterhaltung und Beschaͤf- A 2 tigung tigung der Einbildungskraft, sondern auch zur Anleitung, der Vernunft von seinen Gefuͤhlen Rechenschaft abzulegen. Sie koͤnnen außerdem die junge Phantasie auf- bluͤhender Dichter beleben, und besonders dem Landschaftmaler Winke und Aussichten geben, die fuͤr sein Studium nuͤtzlich sind. Dies ist nicht sowohl ein Verdienst des Schriftstellers, als vielmehr seiner Materie selbst. Erster Erster Abschnitt. Vom Gartenplatz. 1. D er Gartenplatz ist gleichsam die Leinewand, die der Gartenkuͤnstler bemalt; die erste Untersuchung betrifft also die Beschaffenheit desselben. Daß man zum Garten keine Gegend waͤhlen muͤsse, die eine ungesunde Luft hat; die von benachbarten faulenden Suͤmpfen und Moraͤsten vergiftet ist; die ganz in der Tiefe liegt, oder aus lauter duͤrrer Sanderde besteht; die nur erst durch Huͤlfe vieler Bearbeitung und Kosten zu einiger Verschoͤnerung zu erheben ist; die entweder gar keine freyen Aussichten gewinnen kann, oder mit nichts als elenden Haiden und sterbenden Gestraͤuchen rings umher umschlossen ist — das darf hier nicht erst erin- nert werden. Die Erfordernisse der Gesundheit, der Bequemlichkeit und der gemei- nen Ergoͤtzung sind so auffallend, daß man nur aus Mangel des Menschengefuͤhls gegen sie verstoßen kann. Bey der Wahl des Platzes kommt es auf wenig Vorschriften an, wenn man alles das voraussetzt, was schon nach der gemeinen Gartenoͤkonomie bekannt ist, z. B. daß man zu Pflanzungen einen fruchtbaren Boden, Wasser in der Naͤhe u. s. w. haben muß. 2. Aus mehr als einer Ursache ist uͤberhaupt fuͤr den Garten eine Gegend zu su- chen, die schon natuͤrliche Schoͤnheit hat. Sie begeistert das Genie des Gartenkuͤnst- lers, der gleichsam unter den Augen der reizenden Natur arbeitet, die ihm Vorbild ist, mit der er wetteifern soll. Sie erleichtert die Muͤhe und Kosten der Anlage, in- dem sie durch den Boden, durch Baͤume, Gebuͤsche und Wasser die Materialien reichlicher verschafft. Sie erhoͤhet die Wirkung der innern Einrichtung durch die Eindruͤcke, welche die Aussichten umher machen, die nirgends reizender sind, als wenn sie von einem Platz, der schon an sich angenehm ist, betrachtet werden koͤnnen. Demnach so viel als geschehen kann und als andere Gesetze verstatten, freye, heitre und abwechselnde Aussichten in der Nachbarschaft des Gartens umher. Allein sie muͤssen nicht uͤberall ganz vor Augen liegen, nicht aus allen Theilen des Gartens nach ihrer voͤlligen Groͤße wahrgenommen werden, weil sie sonst die Wirkung der verschiedenen Gartenscenen, wo diese sich ganz beweisen soll, unterbre- chen wuͤrden. Die Aussichten in die Ferne sind also bald zu verschließen, bald wie- der zu eroͤffnen, bald nach diesem, bald nach jenem Gesichtspunkte abzuaͤndern, so daß dadurch nicht allein ihre eigene Einwirkung gehoben und vervielfaͤltigt, sondern daß diese auch in eine Uebereinstimmung mit den mannichfaltigen Auftritten im Gar- A 3 ten Erster Abschnitt. ten selbst gebracht werde. Dies ist eine wesentliche Regel, die der Gartenkuͤnstler nie uͤberschreiten soll. Wo sanfte Melancholie, wo Nachdenken und Ruhe herrschen, wo das Auge mit der Betrachtung einer vorliegenden Scene allein unterhalten werden soll: da wuͤrde die Eroͤffnung einer heitern Aussicht nicht an ihrem Orte seyn. Aber auch bey der Anlegung der Gartenscenen selbst muß man auf den Cha- rakter der benachbarten Gegend, wohin der Prospect gerichtet ist, Ruͤcksicht nehmen; zumal da es leichter ist, daß sich der Garten nach der Landschaft, als daß sich die Landschaft nach dem Garten bequeme, wenn man nicht mit den umherliegenden Ge- genstaͤnden solche gewaltsame Veraͤnderungen, die man zuweilen in den brittischen Parks sieht, vornehmen will. Alles kommt uͤberhaupt darauf an, daß die innern Prospecte des Gartens mit den aͤußern Prospecten der Landschaft in eine solche Ver- bindung gesetzt werden, daß kein Widerspruch entstehe, sondern vielmehr eine so sehr als moͤglich vereinte und verstaͤrkte Wirkung erzeugt werde. 3. Die Groͤße des Gartenplatzes hilft die ganze innere Anlage und Einrichtung aller Scenen bestimmen. Je weiter der Umkreis ist, desto mehr wird, ihn zu nu- tzen, von dem Genie und der Einsicht des Gartenkuͤnstlers erwartet. Ausgedehnt aber muß jedes zu einem guten Garten bestimmtes Revier seyn, damit die verschie- denen Auftritte nicht uͤber einander gehaͤuft werden, sondern sich allmaͤhlig folgen, und die Bewegungen nicht verwirren, sondern sie nach und nach in einer harmonisch fort- schreitenden Reihe hervorbringen. Ein Platz, der gar zu schmal ist, auch wenn er eine weite Strecke gerade fort- laͤuft, hat, um einen schoͤnen Garten aufzunehmen, mancherley Unbequemlichkeit. Er muß, so viel als moͤglich, Ausdehnung von allen Seiten haben. 4. Ein Vom Gartenplatz. 4. Ein Platz, der nur aus einer Ebene S. Theorie der Gartenkunst, 1. B. besteht, ist nicht sehr zu einem guten Garten geschickt, weil er an sich zu viel Einfoͤrmigkeit hat, und die kuͤnstlichen Abaͤn- derungen zu viel Kosten erfordern. Man waͤhle eine Gegend, die zwar nicht ganz ohne Ebenen seyn darf, weil diese immer brauchbar sind, die aber doch auch natuͤrli- che Erhoͤhungen, Vertiefungen und mancherley Abaͤnderungen hat. Eine solche Grundlage enthaͤlt nicht allein schon an sich Abwechselung; sie ist auch uͤberaus be- huͤlflich, den Gartenscenen, die darauf angelegt werden sollen, mehr Abaͤnderung und mehr Eindruck mitzutheilen. Es ist Klugheit, von der Natur alle Vortheile anzunehmen, die sie zur vollkommenern Anlage eines Gartens anbietet. Will man die Einfoͤrmigkeit einer nackten Ebene heben, so sind Blumen, Ge- straͤuche, Baͤume, Wasser und Heerden schickliche Mittel, diese Absicht zu erreichen. Allein eine bergigte oder huͤgeligte Landschaft Ebendas. S. 190. 191. 193. 194. u. s. w. S. 189. 190. ist schon von der Natur mehr der Abaͤnderung und des Lebens faͤhig gemacht. Sie bietet in den bestaͤndigen Ungleich- heiten, Kruͤmmungen und Senkungen des Bodens mehr Abwechselung, in den Aussichten mehr Groͤße und Mannichfaltigkeit, in den Stellungen der Baͤu- me mehr Freyes, Kuͤhnes und Auffallendes, in den Baͤchen und Wasserfaͤllen, die nicht ruhen, mehr Belebung an. Ein Park oder sehr ausgedehnter Garten erfordert vornehmlich eine Land- schaft von mannichfaltig veraͤnderten Gegenden, Thaͤler, Huͤgel, Tiefen, Ber- ge, sanfte Abhaͤnge und ploͤtzliche Senkungen, alles in reicher Abwechselung. Auf einem Boden von einer solchen Abaͤnderung vervielfaͤltigen sich die Aussich- ten von selbst; anders ist es auf der Hoͤhe, anders in der Tiefe; jeder Schritt fuͤhrt auf eine neue Lage, auf ein neues Gemaͤlde, bey aller Unbeweglichkeit der Gegenstaͤnde. Die Scenen verschwinden und kommen wieder hervor; neue ver- huͤllen die alten; die Situationen aͤndern unaufhoͤrlich ab. Man steigt, und der Horizont erweitert sich von allen Seiten; man sieht, je hoͤher man kommt, die Gegenden sinken und sich verlieren; die blaue Decke des Himmels dehnt sich in die Unermeßlichkeit aus, und an ihrem Saum verbleicht das Licht des Tages in den Dunst der Ferne; Erstaunen und Bewunderung fuͤllen die Seele. An ihre Stelle treten bald sanftere Bewegungen, indem man in die Tiefe wieder hinabsteigt. Der Himmel selbst scheint zuruͤckzuweichen, wenigstens ver- birgt Erster Abschnitt. birgt sich ein Theil seines schoͤnen Anblicks hinter den Anhoͤhen; die Abhaͤnge leiten auf Wiesen, auf Waldungen, auf Seen. Alle diese Veraͤnderungen giebt allein die natuͤrliche Beschaffenheit des Bodens, wodurch die Mannichfaltigkeit der Gegenstaͤnde und der Aussichten selbst noch vermehrt wird. Von den Un- gleichheiten des Bodens haͤngt ein großer Theil des Lebens in der Natur ab: ohne sie wuͤrde das Wasser nur in Seen und Teichen ruhen; wir wuͤrden nicht die muthwilligen Spiele des Bachs sehen, nicht den schnellen Wasserfall rau- schen hoͤren. Unendlich abwechselnd ist die Natur in der Manier, die verschiedenen Beschaffenheiten des Bodens zu verbinden; in dieser immer neuen Zusammense- tzung liegt eine unerkannte Quelle ihres unerschoͤpflichen Reizes. Der Garten- kuͤnstler sehe immer auf diese Lehrerinn; und wo er den Boden zu theilen, zu erhoͤhen, zu vertiefen, wo er neue Verbindungen der Theile zu machen hat, da wa- ge er nie einen Schritt, ohne vorher die Natur genau beobachtet zu haben. 5. Man untersuche vornehmlich den natuͤrlichen Charakter einer Gegend, die man zu einem Garten bearbeiten will, um sich nach diesem Charakter zu bequemen und von ihm allen Gebrauch zu machen, der nur verstattet wird. Diese Regel ist nur selten beobachtet. So viele gemeine Gaͤrtner sind gleich mit Planen und Rissen fer- tig, ehe sie noch wissen, wo ein Garten angelegt werden soll. So viele Architektur- lehrer zeichnen Gaͤrten vor, ohne die geringste Ruͤcksicht auf die Verschiedenheiten des Bodens, die man gesehen, die man beurtheilt haben muß, ehe die Hand sich an eine Zeichnung Vom Gartenplatz. Zeichnung wagen darf. Daher immer nur aufs Papier und nie auf das Land gesehen; daher die ewige Einfoͤrmigkeit, die uͤberall ihr trauriges Anse- hen uͤber die europaͤischen Gaͤrten verbreitete, weil man es nie sich einfallen ließ, den zu Rathe zu ziehen, der am besten unterrichten konnte, den Genius des Erd- bodens. Nicht genug kann es eingeschaͤrft werden, daß man der Natur folgen, nicht aber sie mit gemisbrauchter Arbeit und Kosten verderben, nicht, in der Absicht zu verschoͤnern, seltsame Verunstaltungen erzwingen soll; daß man den Plan zur Anle- gung eines Gartens nicht nach einem einzelnen Modell, das gefallen hat, ent- werfen, sondern allemal Ruͤcksicht auf die besondere Beschaffenheit der Gegend nehmen soll, worin man bauet. Bey diesem Verfahren wird man mehr der Natur getreu bleiben; mehrere Gaͤrten werden schoͤn seyn, ohne genaue Copien zu werden. Man kann Plaͤtze bereichern, die arm sind; man kann Theile trennen und sie wieder verbinden; man kann oͤffnen und verschließen, Licht oder Dunkel- heit, Freude oder Trauer in eine Gegend bringen; man kann den Charakter verstaͤrken oder schwaͤchen, die Wirkungen bestimmter, feiner, interessanter und eindringender machen. Allein bey diesen Kraͤften soll die Kunst nie zu ver- wegenen Versuchen sich verirren, die Natur ganz umzukehren; sie soll mehr zur Ausbildung, als zur gaͤnzlichen Umschaffung sie anzuwenden suchen. Der Zwang verdraͤngt oft die eigenthuͤmlichen Vorzuͤge eines Orts; er arbeitet wi- der den Charakter der Gegend Schoͤnheiten hinein, die es hier nicht mehr sind, und zerstoͤrt das Original durch die Bemuͤhung, eine Nachahmung daraus zu machen. — Die Natur hat einige Gegenden, die sich eben so wenig durch die Kunst umbilden, als durch sie hervorbringen lassen, wie die romantische und die feyerliche Gegend. S. Theorie der Gartenkunst, 1. B. S. 214 u. f. 220 u. s. w. Wie will die Kunst alle diese seltsamen, diese großen Gegenstaͤnde und ihre Verbindungen, diese Gebuͤrge, diese Felsen, diese Ge- waͤsser, diese Aussichten schaffen? — Auch in unbedeutenden Gegenden, die keinen Charakter haben, in Gegenden von einer Beschaffenheit, die der Bestim- mung der Gaͤrten gerade entgegen gesetzt ist, darf die Kunst ihre Kraͤfte nicht verschwenden; sie wird nachhelfen, sie wird veraͤndern koͤnnen; aber sie wird nur sel- ten, II Band. B Erster Abschnitt. ten, und mit einem Aufwand, den der Erfolg nicht rechtfertigt, umschaffen, ohne der Natur Eintrag zu thun, ohne Spuren ihrer Gewaltthaͤtigkeit zuruͤckzulassen. Man vermeide Gegenden von einem widerstrebenden und unbezwingbaren Charakter; oder indem man in ihrer Nachbarschaft umher folgsamere Plaͤtze bearbeitet, lasse man sie, wie den Schatten im Gemaͤlde, liegen. Versteht man sich auf den Charakter einer Landschaft oder einer einzelnen Gegend, so wird die erste Aufmerksamkeit auf die Bearbeitung und Verstaͤr- kung dieses Charakters zu richten seyn. Alle Anpflanzungen, Anlagen und Ver- aͤnderungen, alle einzelne Scenen der Natur sowohl als der Kunst sind von die- ser Aufmerksamkeit abhaͤngig. Man baue einen feyer’ichen, einen romantischen, einen melancholischen, einen angenehmen, einen heitern Garten; man baue ei- nen Garten zum Genuß der Ergoͤtzungen der verschiedenen Jahrszeiten; man baue Gaͤrten, fuͤr welche Beduͤrfnisse, fuͤr welche Bestimmung man wolle, so wird man doch immer auf den jedesmaligen Charakter der Gegend, wovon man ausgegangen ist, wieder zuruͤckkommen muͤssen, nie seine lebhafte Vorstellung aus dem Gesichte verlieren duͤrfen. Der natuͤrliche Charakter einer Landschaft kann einfach oder zusammengesetzt seyn. Sie kann entweder ganz einsam, ernsthaft, melancholisch, feyerlich, lebhaft, lachend, romantisch, wild, traurig, fruchtbar, oͤde, frey, versperrt u. s. w. seyn, oder aus einer Vermischung von diesen Eigenschaften bestehen. Fuͤr Gaͤrten von einer weiten Ausdehnung, wo eine laͤngere und mannichfaltige Unterhaltung gesucht wird, hat ein zusammengesetzter Charakter der Landschaft einen sichtbaren Vorzug vor ei- nem einfachen. Man merke sodann auf die natuͤrlichen Abtheilungen dieses Charakters, um darnach die noͤthigen Ausbildungen und die Anlegung der Sce- nen an ihrem Orte so zu treffen, daß eine jede mit dem Charakter des Platzes, wo sie sich befindet, vollkommen uͤbereinstimme. Denn eben aus der Beobach- tung dieser Regel kann erst die schickliche Verbindung der verschiedenen einzelnen Charaktere eines Gartenplatzes, und daher die Vollkommenheit des Ganzen ent- springen. Gaͤrten von einem einfachen Charakter verlangen auch nur eine einzelne Gegend dieser Art, oder wenn die Ausdehnung weiter gehen soll, eine Folge von mehrern sich aͤhnlichen Gegenden, ohne eine merkliche Abweichung. Durch ihre natuͤrliche Beschaffen- heit ist eine Gegend schon zu einer bestimmten Art von Garten vorbereitet. Schon die bloße Gestalt des Bodens kuͤndigt, außer seiner mindern oder mehrern Fruchtbarkeit, aus- ser Vom Gartenplatz. ser seiner natuͤrlichen Bepflanzung, außer der Beschaffenheit seiner benachbarten Ge- genstaͤnde, den Garten an, der hier zu bilden ist. Man vergleiche den 1. B. dieser Theorie S. 210. 211. 214. 220. 6. Es ist Pflicht des Gartenkuͤnstlers, natuͤrliche Fehler seines Platzes, welche die Natur bey ihren groͤßern Bestrebungen immer liegen lassen konnte, zu verbessern oder zu verstecken, doch ohne eine zu weit getriebene aͤngstliche Sorgfaͤltigkeit. Alles auf- putzen und saͤubern wollen, beweiset, daß man Kleinigkeiten schaͤtzt, wie man nur das Wichtige schaͤtzen sollte; beweiset, daß man sich nicht erinnert, wie sehr oft ge- ringe Nachlaͤssigkeiten nicht blos mit der Wirkung der Schoͤnheit bestehen koͤnnen, son- dern auch von ihr abgesondert einen gewissen Theil des Natuͤrlichen, das immer ge- faͤllt, fehlen lassen wuͤrden. 7. Nicht genug kann es erinnert werden, daß man sich vor unnoͤthigen Verwuͤstun- gen der natuͤrlichen Gegenstaͤnde, die man auf seinem Gartenplatz vorfindet, zu huͤ- ten hat. Viele glauben, daß sie erst alles wegraͤumen muͤssen, was die Natur wach- sen ließ, ehe sie ihre Anpflanzungen anfangen koͤnnen; und die Erfahrung zeigt, daß sie weit fruͤher und gluͤcklicher ihre Absicht erreicht haͤtten, wenn sie der Natur mit B 2 maͤßi- Erster Abschnitt. maͤßigern Abaͤnderungen und Zusaͤtzen zu Huͤlfe gekommen waͤren. Unterdessen daß die neuen Anpflanzungen nicht gedeihen, oder nur langsam zu einer gewissen Vollkom- menheit gelangen, wird man uͤber den Entwurf muͤde, oder aͤndert von Zeit zu Zeit, bis so viel geaͤndert ist, daß dem Werke nicht mehr geholfen werden kann. Vieles, das bey dem ersten Anschein Ueberfluß oder selbst Hinderniß scheint, laͤßt sich bey naͤherer Betrachtung geschickt in den Plan einflechten. Ein Baum, der ein halbes Jahrhundert zu seinem schoͤnen Wuchs brauchte, wird oft, nicht ohne eine Art von Verbrechen, einer Kleinigkeit wegen weggehauen. Ich wuͤrde selbst der hun- dertjaͤhrigen Eiche mit ihrem halbverfaulten Stamme, mit ihren unfoͤrmlichen und zum Theil verdorreten Aesten, noch schonen, und, wenn der Ort nicht widerspraͤche, unter ihrem duͤrftigen Schatten eine Einsiedeley anlegen, wo Betrachtungen der Ver- gaͤnglichkeit einladen, unterdessen daß oben aus einer Hoͤhle eine sympathisirende Eule ihre Klage erhebt. Man misdeute diese Bemerkung nicht. Was eine angenehme Aussicht merk- lich stoͤrt, oder gar Widerspruch erregt, das haue man weg; so wie uͤberhaupt der Gartenkuͤnstler, der pflanzt, auch den Beruf hat, alles fortzuschaffen, was zu stoͤr- risch ist, um sich auf irgend eine Weise mit dem Plan seiner hoͤhern Verschoͤnerung vereinigen zu lassen. Nur ohne eine solche Nothwendigkeit verderbe man nichts. — Daß der Herzog von Antin ein ganzes schoͤnes Gehoͤlz auf einmal umfaͤllen ließ, um blos einem augenblicklichen Einfall Ludewigs XIV. aufzuwarten, ist eine bekannte Anekdote, die zur Beschaͤmung aͤhnlicher Hofschmeichler laͤnger bekannt zu bleiben verdient. 8. Ueber die Graͤnzen des Gartenplatzes lassen sich keine bestimmte Vorschriften mittheilen, da sie, theils nach der Beschaffenheit der Gegend, theils nach der Ein- richtung und Bestimmung des Gartens selbst, einer großen Abaͤnderung unterworfen sind; Verhaͤltnisse, die nicht aus der Acht gelassen werden sollten. So viel laͤßt sich indessen allgemein behaupten, daß sie nicht unter eine gewisse abgemessene Form, z. B. von Viereck und dergleichen, zu zwingen sind, daß sie nicht zu merklich abgestochen und genau ins Auge leuchten muͤssen, daß sie angenehmer ausfallen, wenn sie sich all- maͤhlig in die mehr nachlaͤssige Landschaft verlieren, ohne daß durch Mauer oder Gra- ben ein gar zu deutliches Graͤnzzeichen vorgelegt wird. Dadurch gewinnt ein Garten nicht nur ein mehr natuͤrliches Ansehen, sondern auch mehr Schein von Groͤße. Der Anblick des Endes eines uns angenehmen Orts ist verdrießlich, so wie die Vorstel- lung, daß man da wieder umkehren muß. Aber die Ausdehnung der Aussicht und die Vom Gartenplatz. die Entdeckung neuer Gegenstaͤnde in der Ferne befriedigt auf eine fuͤhlbare Art ein Beduͤrfniß unsrer Vorstellungskraft. Gehoͤlze, die sich mit einer zu dreisten Ver- sperrung vorlagern, und besonders durch ihre Finsterniß ein unveraͤnderliches Gefuͤhl des Traurigen und Melancholischen erwecken, koͤnnen nach verschiedenen Gegenden hin durchgehauen werden; die Oeffnungen, die Zwischenraͤume, die gesunder durchstrei- chende Luft, das Hervorschimmern des Himmels oder eines andern Gegenstandes, alles dieses sind Vortheile, die man sich dadurch leicht verschaffen kann. Je mehr uͤberhaupt durch Verhauungen, durch Erhoͤhungen oder Vertiefungen, die Ge- genstaͤnde in der Aussicht vervielfaͤltigt und abgeaͤndert erscheinen, je mehr dadurch der schon an sich erfrischende und die Seele gleichsam ausdehnende Blick in die Ferne unterhalten wird, desto mehr schaͤtzen wir den Gartenkuͤnstler, der uns dies Vergnuͤ- gen zu schenken weiß, das wir von der Freygebigkeit der Natur zu erhalten verwoͤhnt sind. Ein Wald, eine Wiese und vorzuͤglich ein See bleiben immer die angenehm- sten Graͤnzen eines Gartens; denn diese Gegenstaͤnde gefallen nicht allein ihrer Natur nach bestaͤndig, sondern das Auge verweilt auch gerne auf ihnen, weil es Beschaͤfti- gung und Unterhaltung findet. Man flieht im Gegentheil von dem Ende eines Gar- tens zuruͤck, der von einem dunkeln Teich, von einem Torfmoor oder einer duͤrren Hai- de begraͤnzt wird. Zuweilen kann der besondere Charakter und die Bestimmung eines Gartens er- fordern, daß seine Graͤnze versperrt und aller Aussicht in die Ferne beraubt sey. Ein melancholischer Garten, ein Klostergarten z. B. versenke sich in sein ruhiges Thal, um- schlossen von einem hohen Berge oder von einem dunkeln Gehoͤlz. B 3 Zweyter Zweyter Abschnitt. Zweyter Abschnitt. Vom Baumwerk. 1. Charakteristik des Baumwerks. D ie Gartenkunst weicht in der Eintheilung der Baͤume und Straͤucher von den in der Botanik angenommenen Charakteren und Kennzeichen ab. Indem sie die Geschlechter und Arten des Baumwerks nach den aͤußerlichen mehr ins Auge fal- lenden Abaͤnderungen und nach dem verschiedenen Gebrauche, der sich davon in den Revieren der Gaͤrten machen laͤßt, beurtheilt, so bringt sie dieselben in eine neue Rang- ordnung, die von dem innern Verdienste und von den wesentlichen Unterschieden un- abhaͤngig ist. Die Baͤume und Straͤucher, wovon wir hier eine neue gartenmaͤßige Eintheilung versuchen, sind zum Theil bey uns in Deutschland einheimisch, zum Theil aus andern Laͤndern, besonders aus Nordamerica, unter uns verpflanzt. Diese letztern haben nicht allein durch die Dauer unter unserm Himmelsstrich, sondern auch durch den schnellen Wachsthum und durch die Mannichfaltigkeit, die sie unsern Pflanzungen geben, seit ver- schiedenen Jahren eine wohlgegruͤndete Empfehlung erhalten. Sie vor unsern einheimi- schen uͤberschaͤtzen, oder sie ganz verachten, wuͤrde ein gleich seltsames Vorurtheil seyn. Viel- leicht ist die Ueberschreitung bisher mehr auf jene, als auf diese Seite hingefallen. Wie arm wuͤrden wir indessen nicht seyn, wenn wir keine Baͤume und Gewaͤchse mehr haͤt- ten, als das rauhe Germanien in den Tagen des Tacitus besaß, wenn alle Schaͤ- tze des Pflanzenreichs von uns zuruͤckgefordert wuͤrden, womit seit jener Zeit der Orient, Griechenland, Italien und Frankreich unsre Gaͤrten allmaͤhlig berei- chert haben! Demnaͤchst schraͤnken wir uns hier auf solche Geschlechter und Arten ein, die nicht die Waͤrme und Pflege der Gewaͤchshaͤuser fordern, die ihre Unterhaltung kost- bar, weniger allgemein, und selbst weniger ergoͤtzend macht, sondern unsere Winter in freyer Luft vertragen, zuweilen nur eines beschuͤtzenden Standes beduͤrftig. 1. Baͤume . Bey der Eintheilung der Baͤume, welche die Gartenkunst macht, nimmt sie auf die Form der Staͤmme , auf die Beschaffenheit der Zweige sowohl als des Laub- werks, Vom Baumwerk. werks, auf die Bluͤhten und auf die Fruͤchte Ruͤcksicht. Bey einigen Baͤumen ist mehr als eine Art des Vorzugs oder des Unterschiedes vereinigt, und sie gehoͤren daher sowohl zu dieser als zu jener Klasse. a. Die Schoͤnheit der Staͤmme beruhet auf dem geraden, hohen und schlanken Wuchs, wozu bey einigen noch die ebene glatte Rinde kommt. Durch diese Gestalt gewinnen uns Baͤume, schon einzeln da stehend, unsere Aufmerksamkeit ab, und ma- chen mancherley angenehme Eindruͤcke. In diese Klasse gehoͤrt eine ziemliche Anzahl, wovon ein Theil sich noch durch eine vorzuͤgliche Schnelligkeit seines Wachsthums empfiehlt. Die Buche (Fagus sylvatica. Linnaei.) die Linde (Tilia europaea. L.) die Fichte oder Rothtanne (Pinus abies. L.) die Weißtanne, Edeltanne, Silbertanne (Pinus picea. L.) die Balsamtanne (Pinus balsamea. L.) die Ulme, Ruͤster, Iper (Ulmus campestris. L.) die Esche (Fraxinus excelsior. L.) die Lenne (Acer Platanoides. L.) der gemeine weiße Ahorn (Acer Pseudo-Platanus. L.) der nordamericanische rothbluͤhende Ahorn (Acer rubrum. L.) der virginische eschenblaͤttrige Ahorn (Acer Negundo. L.) die schwarze Pappel (Populus nigra. L.) die weiße Pappel (Populus alba. L.) die italienische Pappel (Populus nigra italica. Du Roi.) der Kastanienbaum (Fagus Castanea. L.) die nordamericanische rothe Eiche (Quercus rubra. L.) die kastanienblaͤttrige Eiche (Quercus Prinus. L.) die canadische weiße Fichte (Pinus Canadensis. L.) die Weymouthskiefer (Pinus Strobus. L.) der americanische Platanus (Platanus Occidentalis. L.) und einige andere, die zum Theil hier ausgelassen werden, weil sie zu einer der andern Klassen im vorzuͤglichen Verstande gehoͤren. Baͤume dieser Klasse sind fuͤr Plaͤtze, wo Schoͤnheit der Form, Regelmaͤßig- keit und Wuͤrde ihre Einfluͤsse beweisen sollen. Sie schicken sich besonders fuͤr Zugaͤn- ge, fuͤr Alleen, fuͤr Lustwaͤlder, zur Bekleidung der Anhoͤhen, in der Nachbarschaft edler Wohngebaͤude und Tempel, bey feyerlichen Scenen. Schon der Anblick ge- rader Zweyter Abschnitt. rader und schlanker Staͤmme bringt ein ergoͤtzendes Wohlgefallen, indem er den Be- griff von jugendlichem Wohlseyn, von Staͤrke und Muth mit sich fuͤhrt. Die Schnel- ligkeit und Groͤße des Wachsthums erfreuet und erweitert die Seele, und mit der Hoͤ- he, die das Auge in den Wolken mißt, erhebt der Geist auch seine Aussichten. Bey Erstaunen und Verwunderung, bey jedem Gedanken, der die Seele stark ruͤhrt, bey den freudigen Gefuͤhlen der Andacht, sind wir gewohnt, die Blicke zu erheben. Man empfindet es, daß der Geist an der koͤrperlichen Erhebung gern vertraulichen Antheil nimmt, sich dadurch mit verstaͤrkt und leichter emporschwebt. b. In Ansehung der Beschaffenheit der Zweige lassen einige Baͤume sie in die Hoͤhe schießen, als: der Mandelbaum (Amygdalus communis. L.) viele Weiden, als die Lorbeerweide (Salix pentandra. L.) die Buschweide (Salix triandra. L.) die Bachweide (Salix Helix. L.) Andre sperren die Zweige von einander, als der Lebensbaum (Thuja occidentalis. L.) die schoͤne Ceder vom Libanon (Pinus Cedrus. L.) Noch andre lassen sie herabhaͤngen, als die babylonische Weide (Salix babylonica. L.) die Birke (Betula alba. L.) der Lerchenbaum (Pinus Larix. L.) Bey dieser verschiedenen Beschaffenheit der Zweige sind die letztern besonders merk- wuͤrdig, indem sie in einsamen, zur Melancholie bestimmten Gegenden einen sehr gu- ten Eindruck machen. Das traurige Herabhaͤngen der Zweige von diesen Baͤumen scheint eine Bezeichnung ihres sympathetischen Gefuͤhls zu seyn, und die Wirkung verstaͤrkt sich, wenn sie bey Urnen, bey Grabmaͤlern mit andern Baͤumen von einem sehr dunkeln Laubwerk vermischt werden. c. In Ruͤcksicht auf die Beschaffenheit des Laubwerks der Baͤume bemerken wir zuvoͤrderst den Reichthum und die Groͤße desselben: in unserer Buche (Fagus sylvatica. L.) in der Linde (Tilia europaea. L.), die ihres schnellen Wuchses, ihrer suͤßduftigen Bluͤhte und herrlichen Belaubung wegen einer unserer schoͤnsten einheimischen Baͤume ist; besonders Vom Baumwerk. besonders in der americanischen schwarzen Linde (Tilia Americana. Miller.) in der americanischen rothen Eiche (Quercus rubra. L.), die wegen ihres uͤberaus großen hellgruͤnen Laubes vor allen Arten vorzuͤglich unter uns angezogen zu werden verdient; in der Magnolia (Magnolia grandiflora. L.), die in der Folge noch eine beson- dere Stelle erhalten wird; in dem Tulpenbaum (Liriodendron Tulipifera. L.), einem der schoͤnsten nord- americanischen Baͤume, den die Geschwindigkeit seines Wachsthums em- pfiehlt, die Hoͤhe, die er erreicht, das große herrliche Laub, das ihm ein praͤchtiges Ansehen giebt, und seine gruͤngelbliche mit Orange schattirte Blu- men, die, der Groͤße und Bildung nach den Tulpen aͤhnlich, ihn einige Wochen hindurch bedecken; in dem americanischen Platanus (Platanus occidentalis. L.), der schnell in die Hoͤ- he schießt, und sein Haupt mit dem reichen und ungemein großen Laube um- woͤlbt; in der Roßkastanie (Aesculus Hippocastanum. L.) dem Ulmbaum (Ulmus campestris. L.) und dem virginischen Ahorn (Acer Negundo. L.). Die Natur hat diese Baͤume zur Beschattung, also fuͤr Sommerscenen, kuͤhle Ruhe- plaͤtze, einsame Sitze, Speisesaͤle u. s. w. bestimmt. d. Andere Baͤume unterscheiden sich durch die Duͤnnigkeit, Leichtigkeit und Luͤftigkeit des Laubwerks, als die Birke (Betula alba. L.) die Weißtanne (Pinus picea. L.) die Fichte oder Rothtanne (Pinus abies. L.) die Espe (Populus tremula. L.) der Lerchenbaum (Pinus Larix. L.) die Balsamtanne (Pinus balsamea. L.) die weiße Pappel (Populus alba. L.) der americanische Schotendorn (Robinia pseudoacacia. L.) und der strauchartige Tamariskenbaum (Tamarix germanica. L.). Wo keine Bedeckung noch Beschattung erfordert wird, wo offene und luftige Durch- sichten, unverhinderte Einfaͤlle des Sonnenlichts, Heiterkeit und Freyheit herrschen sollen, da giebt die Natur auf die angezeigten Baͤume einen Wink. II Band. C e. Dun- Zweyter Abscnitt. e. Dunkelheit des Laubes macht eine neue Abaͤnderung in der gemeinen Eller (Betula alnus. L.) dem Taxbaum (Taxus baccata. L.) der schwarzen Eiche (Quercus nigra. L.) der Balsampappel (Populus balsamea. L.) der Blutbuche (Fagus sylvatica, foliis atro · rubentibus. Du Roi.) der schwarzen Maulbeere (Morus nigra. L.) und dem Sumachbaum (Rhus coriaria. L.). Melancholische Scenen, Gaͤnge und Plaͤtze, dem Nachdenken und der Wehmuth ge- widmet, Einsiedeleyen, Urnen und andere Denkmaͤler des Schmerzes und der Trau- rigkeit — rufen Baͤume der angefuͤhrten Art, deren schwarzgruͤne Farbe der Phan- tasie zu Huͤlfe eilt, zur Verzierung, Beschattung und Verstaͤrkung ihrer Eindruͤcke herbey. f. Durch das Heitere und Glaͤnzende ihres Laubes empfehlen sich einige Baͤu- me vorzuͤglich zu mancherley Scenen des Vergnuͤgens; denn Licht und Glanz ist das Ei- genthum der Freude. Dahin gehoͤren unsre Sommerlinde (Tilia europaea. L.) die junge Buche (Fagus sylvatica. L.) die Hainbuche (Carpinus Betulus oder vulgaris. L.) die Birke (Betula alba. L.) die Lenne oder Ruͤster (Acer Platanoides. L.) der gestreifte Ahorn (Acer striatum. Du Roi.) der virginische eschenblaͤttrige Ahorn (Acer Negundo. L.) die schwarze Pappel (Populus nigra. L.) die Lorbeerweide (Salix pentandra. L.) die virginische Cypresse mit Acacienblaͤttern (Cupressus disticha. L.) die weiße Eiche (Quercus alba. L.) die burgundische Eiche (Quercus cerris. L.) und die rothe Eiche (Quercus rubra. L.). Verschiedene Baͤume haben zwar glaͤnzende Blaͤtter, aber dabey eine dunkle Farbe, die diesem Glanze eher etwas Melancholisches, als Heiteres giebt. Dies ist der Fall bey der aͤltern Birke, vorzuͤglich der mit der braunen Rinde, der Eller (Betula alnus. L.) der Vom Baumwerk. der Zwergbirke (Betula nana. L.), weche in den Gaͤrten zu einer ansehnlichen Hoͤ- he erwaͤchst, und dem Lobeerbaum (Laurus nobilis. L.). g. Die malerische Abaͤnderung der Farben in dem Laubwerk einiger Baͤume giebt einen neuen Unterschied. Hieher gehoͤren, außer einer Menge von Baͤumen, die man mit schattirten oder sogenannten vergoldeten Blaͤttern findet, einige Arten von Ahorn, die ein abwechselndes schoͤn geschecktes Laubwerk haben, mit hellen, dunkelgruͤnen, gelblichen und blaͤulichen Schattirungen; besonders der rothbluͤhende virginische Ahorn (Acer rubrum. L.), dunkelgruͤn und glaͤnzend auf der obern Flaͤche, auf der untern meergruͤn-weißlich, woher er ein silberfarbenes Ansehen gewinnt; die scheckige Eiche (Quercus vulgaris foliis ex albo variegatis. L.), bey welcher nicht allein die Blaͤtter ganz scheckig und mit vielen weißen Flecken besetzt, sondern auch die jungen Zweige mit gelblichen und roͤthlichen Streifen ge- ziert sind; der Kastanienbaum mit vergoldeten Blaͤttern (Castanea foliis ex aureo elegan- ter variegatis. L.); die americanische weiße Eller (Alnus incana. L.) hat weiße gleichsam mit Mehl bestreute Blaͤtter; die Caneelkirsche (Cornus mas. L.), eine Varietaͤt mit schoͤn vergoldetem Laube. Bey andern Baͤumen aͤußert sich blos im Herbst eine angenehme Veraͤnderlichkeit des Laubwerks, da sich alsdann gemeiniglich das Gruͤn in ein schoͤnes Roth verwandelt, als bey der americanischen Scharlacheiche (Quercus rubra. L.) dem virginischen Ahorn (Acer rubrum. L.) dem Storarbaum (Liquidambar styracifol. L.) dem Hartriegel (Cornus sanguinea. L.), einem hohen baumartigen Strauch, des- sen Blaͤtter der Herbst mit Blut zu traͤnken scheint; dem Gerberbaum (Rhus coriaria. L.), dessen rothe Fruchtkolben die Farbe der Blaͤtter noch mehr erhoͤhen; der Stechpalme (Ilex aquifolium. L.), die im Herbst vergoldete Blaͤtter bekoͤmmt. Man hat auch Abaͤnderungen, die bestaͤndig vergoldete Blaͤtter haben. Zu einer ganz veraͤnderten Scene giebt auch die weiße Pappel Anlaß, deren Blaͤtter sich gegen den Herbst umkehren und ihre weiße Unterflaͤche zeigen, so daß der ganze Baum beschneit zu seyn scheint. C 2 Alle Zweyter Abschnitt. Alle diese Arten nehmen sich besonders in herbstlichen Scenen aus, und geben ei- ne ergoͤtzende Aussicht, zumal wenn sie mit andern Baͤumen, die alsdann noch ihr gruͤnes Laub haben, geschickt verbunden werden. Uebrigens empfehlen sich Baͤume mit abaͤnderndem Laubwerk zu Pflanzungen, worin man eine sich auszeichnende Verschiedenheit sucht, zu romantischen Revieren, die ein seltsames und wunderbares Ansehen fordern, wo man uͤberraschen oder durch den Contrast einen auffallenden Eindruck machen will. h. Die Bestaͤndigkeit des Laubes, wodurch sich viele Baͤume auszeichnen, macht sie fuͤr Wintergaͤrten sehr geschickt, und die Natur hat durch diese Klasse wohl- thaͤtig fuͤr eine Jahreszeit gesorgt, wo in dem ganzen Pflanzenreich alles welket, da- hinfaͤllt und nicht mehr ist. Als immergruͤnende Baͤume behalten ihr Laubwerk: die Fichte, Rothtanne, Pechtanne (Pinus abies. L.) die Weißtanne oder Silbertanne (Pinus picea. L.) die gemeine Fuhre, Fichte, oder Kiefer (Pinus sylvestris. L.) die Hemlockstanne (Pinus Canadensis. L.) die dreyblaͤttrige Frankincense-Fuhre oder Weihrauchbaum (Pinus taeda. L.) die Zirbelnuß (Pinus cembra. L.) die Weymouthtsfuhre (Pinus Strobus. L.) die Balsamtanne (Pinus balsamea. L.) der gemeine Lebensbaum (Thuja occidentalis. L.) der chinesische Lebensbaum (Thuja orientalis. L.) der wilde Lorbeerbaum (Laurus sylvestris. L.), etwas zaͤrtlich, aber von einem schoͤnen Ansehen mit glaͤnzenden Blaͤttern; die Ceder von Libanon (Pinus Cedrus. L.) die virginische rothe Ceder (Juniperus Virginiana. L.), deren dunkelgruͤne Blaͤtter bey eintretender Kaͤlte purpurfarbig, beynahe violett werden, welche Veraͤnde- rung bis zum Fruͤhjahr dauert; die weiße Ceder (Cupressus Thyoides. L.) die barbadische Ceder (Juniperus Barbadensis. L.) die bermudische Ceder (Juniperus Bermudiana. L.) der große Wacholderbaum mit braͤunlichen Beeren (Juniperus oxycedrus. L.) die phoͤnicische Ceder (Juniperus Phoenicia. L.) der Sadebaum, oder Sevenbaum (Juniperus Sabina. S.) die lycische großbeerichte Ceder (Juniperus Lycia. L.) der hochstaͤmmige Buxbaum (Buxus sempervirens. L.) die Vom Baumwerk. die Stechpalme (Ilex aquifolium. L.), die leicht zu einem Baum waͤchset, mit glattem und schlankem Stamm, mit steifem, rauschenden, glaͤnzenden, aber dunkeln Laubwerk, mit scharlachrothen leuchtenden, oder schoͤnen gelben, auch weißen Beeren; der Kirschlorbeerbaum (Prunus Laurocerasus. L.) mit breiten, dicken, dunkel- gruͤnen, glaͤnzenden Blaͤttern und Wohlgeruch; der Erdbeerbaum (Arbutus Unedo. L.), der buschweise waͤchst, und laͤngliche oben glaͤnzende, umher ausgezackte Blaͤtter hat; er bluͤhet im Herbst, und zu- gleich wird die im vorigen Jahr angesetzte Frucht reif; die scharlachrothen Beeren leuchten unter den weißen in großen Trauben haͤngenden Bluͤhten, und bilden einen sehr schoͤnen Anblick; der Taxbaum, Eibenbaum (Taxus. L.), mit mattem, todten, ins Braune fallenden Gruͤn. i. In Absicht auf die Bluͤhte der Baͤume kommt es hier theils auf die Schoͤn- heit der Farbe, die in dem Hellen, Lebhaften und Mannichfaltigen besteht, theils auf die Anmuthigkeit des Geruchs an; vermoͤge dieser Eigenschaften schicken sie sich uͤberhaupt fuͤr angenehme und heitre Scenen. Die Zeit der Bluͤhte bestimmt, ob eine Baumart fuͤr eine Scene des Fruͤh- lings oder des Sommers gehoͤrt. Doch prangt die Jugend des Jahrs vorzuͤglich mit diesen Schoͤnheiten. Die meisten Obstbaͤume reizen durch die Schoͤnheit und die Suͤssigkeit ihrer Bluͤhte mehr, als die wilden Staͤmme. Die schoͤnbluͤhenden Pfirsichbaͤume, die Apricosenbaͤume, die Mandelbaͤume, eilen voraus; ihnen folgen die mit ihren weißen Bluͤhten uͤberschneiten Kirschbaͤume, die Aepfelbaͤume, und die uͤbrigen Geschlechter in der einem jeden abgemessenen Zeit und Ordnung. Der Anblick ihrer Bluͤhte, de- ren Schoͤnheit bey den Pfirsichbaͤumen und Aepfelbaͤumen schon allein ihre Anpflan- zung empfehlen koͤnnte, erfreut desto mehr, da er die Erwartung so vieler schmackhaf- ten Fruͤchte unterhaͤlt. Außerdem ergoͤtzen verschiedene wilde Baͤume durch ihre Bluͤhten, ohne zugleich mit der Hoffnung angenehmer Fruͤchte zu schmeicheln. Mit unsern bekannten Linden und Roßkastanien sind hierbey zu merken: die große Magnolia (Magnolia grandiflora. L.). Dieser Baum gehoͤrt mit dem Tulpenbaum und der Plumeria, nach meiner Einsicht, zu den herrlichsten ame- ricanischen Baͤumen, die eine Anpflanzung bey uns verdienen. Alle Arten von Magnolia sind schoͤne Baͤume mit großen weißen Blumen. Die caro- C 3 linische Zweyter Abschnitt. linische große Magnolia (Magnolia grandiflora foliis lanceolatis. L. Bie- berbaum, Tulpenlorbeerbaum,) hat die groͤßten Blumen von einem Schuh im Durchschnitt. Die praͤchtigen Blumen dusten den suͤßesten, eine ganze Gegend fuͤllenden Geruch aus, der sich in America auf eine deutsche Vier- telmeile weit verbreitet, und erhalten sich einige Wochen. Die obere Flaͤ- che der Blaͤtter ist grasgruͤn, die untere blauweißlich. Der Baum hat ge- meiniglich eine schoͤne Krone, und so viel Blaͤtter, daß weder Sonnenstral noch Regen durchdringen. Zu beklagen ist es, daß diese Art der Ma- gnolia sich bey uns so schwer ziehen laͤßt. Besser koͤmmt die virginische schmalblaͤttrige Magnolia (Magnolia glauca. L.) bey uns fort, die kleinste, deren Blaͤtter ins Weißblaͤuliche fallen. Die rothe Plumeria (Plumeria rubra. L. Trew Decur. Ehret. Tab. 41.), ein noch wenig bekannter americanischer Baum, dessen praͤchtige, große, ro- senfarbige Blumen mit dem staͤrksten jasminartigen Geruch seine Anpflan- zung empfehlen; die Pavia (Aesculus Pavia. L.), oder die carolinische rothbluͤhende Roßkastanie, mit angenehmen, rothen oder gelblichen straußweise stehenden Blumen; der breitblaͤttrige Bohnenbaum (Cytisus Laburnum. L.) mit schoͤnen hellgelben Blumen in langen herunterhangenden Straͤußen; der spanische Genster (Genista Hispanica. L.), der, fast ganz von Blaͤttern ent- bloͤßt, gelbe schotenfoͤrmige, wohlriechende Blumen hat; der Schusserbaum (Guilandina dioica. L.), ein canadischer schoͤn belaubter Baum mit vortrefflichen blauen Blumen; der Loͤffelbaum (Kalmia latifolia et angustifolia. L.), der breitblaͤttrige und schmalblaͤttrige, mit schoͤnen Blumen, die den groͤßten Theil des Sommers hindurch bluͤhen; der roͤthlich bluͤhende Schotendorn (Robinia hispida. L.) erhaͤlt von seinen pur- purfarbenen Blumen ein herrliches Ansehen, und seine Zweige sind uͤberall mit roͤthlichen weichen Stacheln besetzt; der sibirische Erbsenbaum (Robinia Caraganna. L.), ein kleiner Baum mit licht- gruͤnen Blaͤttern und gelben Blumen, die sich schon zu Ende des Aprils zeigen; der americanische Schotendorn (Robinia pseudoacacia. L.), ein ziemlich hoher, schlanker und geschwind wachsender Baum, dessen große Trauben von Blu- men mit jasminartigem Geruch, und leichtes gefiedertes Laub von einem ange- nehmen Gruͤn, nebst den rothen aufgeblasenen Schoten, welche die Scene auf eine angenehme Art veraͤndern, ihm ein sehr schoͤnes Ansehen geben; der Vom Baumwerk. der Mehlbeerbaum (Crataegus Aria. L.), ein hoher Baum, dessen Blaͤtter gleich- sam mit Mehl bestreut sind, und dessen kleine weiße Blumen in großen Buͤ- schlen haͤngend einen suͤßen Geruch aushauchen; der wilde Oelbaum, oder Paradiesbaum, (Elaeagnus angustifolia et latifolia. L.) hat weiße, silberfarbene, glaͤnzende Blaͤtter, und wird uͤberall mit kleinen gelben Blumen bedeckt, die mit ihrem starken suͤßen Geruch eine ganze Ge- gend einnehmen; der Elsbeerbaum (Crataegus torminalis. L.), der eine Menge weißer Blumen in großen aͤstigen Buͤscheln traͤgt; der Quitschenbaum, oder Vogelbeerenbaum, (Sorbus aucuparia. L.) empfiehlt sich durch große Buͤschel von weißen wohlriechenden Blumen; die Vogelkirsche (Prunus Padus. L.) mit langen Trauben von weißen Blumen; der Schneeballenbaum (Viburnum Opulus roseum. L.), der eine Menge kugel- foͤrmig zusammengedraͤngter Bluͤhten traͤgt. Alle diese Baͤume sind Zierden in Fruͤhlingspflanzungen. Durch die Schoͤnheit ih- rer Farben gefallen sie an Plaͤtzen, wo eine vorzuͤgliche Heiterkeit herrschen soll, die besonders der Ergoͤtzung gewidmet sind. Ihr Wohlgeruch macht sie geliebt bey Scenen der Ruhe, bey Lusthaͤusern, wo man oft verweilt, bey Speisesaͤlen, bey Studierkabinetten, bey Baͤdern. k. Die aͤußerliche Schoͤnheit der Fruͤchte, wodurch sie angenehm ins Auge fallen, wird theils durch die Gestalt oder Form, theils durch die Farbe bestimmt, vornehmlich durch diese letzte. Fruͤchte von einer grasgruͤnen Farbe, wie einige Pflaumarten, von einer dunkeln, braunen oder grauen Farbe, wie einige Arten von Aepfeln und Bir- nen, nehmen sich nicht sonderlich an den Baͤumen aus. Im Gegentheil reizen die hellen, reinen und lebhaften Farben, das Fleischfarbige, Gelbe, Rothe, Roͤth- liche mit ihren mannichfaltigen Schattirungen und Mischungen, z. B. die Apriko- sen, Pfirsiche, Kirschen und verschiedene Arten von Aepfeln und Birnen, die zwi- schen den gruͤnen Blaͤttern glaͤnzen, auf eine anziehende Art das Auge. In Ansehung der Fruͤchte bestimmt es die Zeit der Reife, in welches Re- vier der Jahrszeiten die Baͤume zu verpflanzen sind; die meisten gehoͤren in Sce- nen des Sommers und des Herbstes. Uebrigens Zweyter Abschnitt. Uebrigens hat die Natur selbst durch eine verschwendrische Mannichfaltigkeit von gesunden und koͤstlichen Baumfruͤchten fuͤr das Vergnuͤgen des Menschen ge- sorgt. In dem Verzeichnisse von den ver- kaͤuflichen Obstarten der Carthaͤuser zu Pa- ris (Catalogue des plus excellens fruits, qui se cultivent dans les Pépinieres des Chartreux. Paris. 8. 1767.) finden sich al- lein 39 Aepfelarten, eben so viele Pflaum- arten, 40 Pfirsicharten und 100 Birnar- ten; und doch ist dieses reiche Verzeichniß noch sehr unvollstaͤndig. 2. Straͤucher . Straͤucher sind von Baͤumen vornehmlich dadurch unterschieden, daß sie mehr als einen Stamm aus der Erde und uͤberall Zweige treiben; demnaͤchst ist ihr Wuchs niedriger. Die Natur liefert von ihnen in allen Weltgegenden einen großen Reich- thum, und es laͤßt sich davon in Gaͤrten ein mannichfaltiger Gebrauch machen. Sie empfehlen sich bald durch ihre Blaͤtter, bald durch ihre Bluͤhten, bald durch ihren Wohlgeruch, und andere Eigenschaften mehr. Die Straͤucher dienen zuvoͤrderst, der Abwechselung wegen, zu kleinen Busch- werken und niedrigen Pflanzungen; zur Bekleidung der Gemaͤuer, der Gartenhaͤuser und Vom Baumwerk. und kleinen Cabinette; zur Woͤlbung der Lauben; zur Umschattung und Umduftung der Ruheplaͤtze; zur Ausschmuͤckung der Lustwaͤlder; zur Besetzung der Spaziergaͤn- ge und Einfassung; endlich zur charakteristischen Bezeichnung und Verzierung der ver- schiedenen Scenen des Fruͤhlings, des Sommers und des Herbstes. Einige tragen eßbare Fruͤchte; andere verdienen ihren Platz durch Bluͤhte und Wohlgeruch. Die wilden lassen sich mit den fruchttragenden auf mannichfaltige Weise verbinden; und wenn sie oft an sich selbst keine erhebliche Gegenstaͤnde sind, so sind sie doch treffliche Mittel zur Verschoͤnerung des Ganzen. Hier folgt ein kleines Verzeichniß, das nach seiner Absicht keine Vollstaͤndigkeit verlangt, und nur dem noch unerfahrnen Liebhaber sowohl die Mannichfaltigkeit als auch den Gebrauch der Staͤucher zeigen soll. Zuerst verschiedene Arten von Straͤuchern: die Weinrose (Rosa eglanteria. L.) mit gelben Blumen, die sowohl als die Blaͤt- ter einen suͤßen angenehmen Geruch weit umher verbreiten; die wohlriechende Rose (Rosa rubiginosa. L.) mit fleischfarbenen Blumen und ei- nem angenehmen, wohlriechenden, glaͤnzenden Laube; die Feldrose (Rosa spinosissima. L.), ein niedriger Strauch mit weißen, unten gelblichen, bisweilen aber rothen Blumen von angenehmem Geruch; die gemeine wilde Rose (Rosa canina. L.) hat gemeiniglich weiße, zuweilen hell- fleischfarbene oder roͤthliche Blumen ohne Geruch; die große Hagebuttenrose (Rosa villosa. L.) mit hellrothen Blumen und wolligten Blaͤttern; die niedersaͤchsische stark wuchernde gefuͤllte Rose (Rosa foecundissima. Munchh.): der Strauch waͤchset bis zu vierzehn Fuß hoch; die Blume, die dieser Ro- senstrauch in vorzuͤglich großer Menge traͤgt, erscheint fruͤh, ist hellroth, ge- fuͤllt, und von einem suͤßlichen, nicht starken Geruche; die zweyblumige Rose ohne Stacheln (Rosa inermis. L.) traͤgt einzelne hellrothe Blumen zweymal, naͤmlich im Fruͤhjahr und im August; die immergruͤne Rose (Rosa sempervirens. L.) mit hellgruͤnen Blaͤttern, die im Winter bleiben, und einfachen, weißen, starkduftenden Blumen, die in Buͤ- scheln vom August bis zum October bluͤhen; die gelbe gefuͤllte Rose (Rosa lutea multiplex. Bauh.), eine Abaͤnderung mit klei- nern schoͤn gefuͤllten Blumen, aber ohne Geruch; die tuͤrkische Rose (Rosa punicea. Mill.): die Blumenblaͤtter sind auswaͤrts gelb, inwendig feuerroth und fallen lebhaft in die Augen; II Band. D die Zweyter Abschnitt. die Zimmtrose (Rosa cinnamomea. L.), sowohl mit einfachen, als auch mit ge- fuͤllten Blumen, die pupurroͤthlich und nicht sehr groß sind, aber einen zim- metartigen Geruch haben; die Provinzrose (Rosa provincialis. Mill.) mit einfachen hochrothen und großen Blumen von einem starken und angenehmen Geruch; die Sammetrose (Rosa holosericea. Du Roi.), sowohl einfach als gefuͤllt, mit ei- ner dunkeln Purpurfarbe, die dem Sammet gleicht, und einem angenehmen Geruch; die virginische Rose (Rosa Virginiana. Mill.) mit einfachen blaßrothen Blumen ohne Geruch; die carolinische Rose (Rosa Carolina. L.) mit hellrothen, schoͤn gefuͤllten, wohlrie- chenden Blumen, die spaͤt im August erst erscheinen; die niedrige pimpinellblaͤttrige Rose (Rosa pimpinellifolia. L.): der Strauch er- hebt sich nicht viel uͤber einen Fuß; er bringt einfache und bleichrothe Blu- men in Menge, und hat dichtes Laub; die weiße Rose (Rosa alba. L.), einfach und gefuͤllt; und uͤberall bekannt. die blasse niederlaͤndische Rose (Rosa Belgica. Mill.): die Blumenblaͤtter sind aus- waͤrts weißlich, auf der andern Seite fleischfarbig; sie bedecken den ganzen Strauch, sind mittelmaͤßig gefuͤllt, und streuen einen suͤßlichen Geruch umher; die Bisamrose (Rosa moschata. Mill.) hat eine blaßrothe Farbe, ist schoͤn ge- fuͤllt und von einem angenehmen Geruch; die Centifolienrose (Rosa centifolia. L.) fuͤhrt diesen Namen wegen ihrer haͤufigen hellrothen Blumen; die Damascenerrose (Rosa Damascena. Mill.) hat gefuͤllte Blumen von einem beson- ders starken angenehmen Geruche; die italienische kletternde Rose (Rosa scandens. L.) hat weiße einfache, stark rie- chende Blumen, die einen großen Theil des Sommers hindurch dauern, und hellgruͤne, im Winter nicht abfallende Blaͤtter; die Zuckerrose oder Essigrose (Rosa Gallica. L.) mit Blumen von dunkler erhabe- ner Farbe und vorzuͤglich kraͤftigem Geruch; der weiße Jasmin (Jasminum officinale. L.) mit der weißen suͤßduftigen Blume; der indische Jasmin (Jasminum Azoricum. L.) mit großen roͤthlichen Blumen; der gelbe italienische Jasmin (Jasminum humile. L.), ein niedriger, immergruͤ- ner Strauch; der gelbe wohlriechende Jasmin (Jasminum odoratissimum. L.) waͤchst zu einem kleinen Baum und hat Blumen von einem angenehmen Geruch; der Vom Baumwerk. der beerentragende gelbe Jasmin (Jasminum fruticans. L.) mit kleinen gelben Blumen ohne merklichen Geruch, und mit Blaͤttern von einem schoͤnen glaͤn- zenden dunkeln Gruͤn; der Strauch gehoͤrt zu den immergruͤnenden; der gemeine blaue spanische Hollunder (Syringa vulgaris. L.) mit seinen blauen Blumen in großen Straͤußen und von einem angenehmen Geruch. der weiße spanische Hollunder (Syringa flore albo. Tournef.) mit weißen wohl- riechenden Blumenbuͤscheln; der rothe spanische Hollunder (Syringa flore salutari purpureo. Tournef.) hat Blumen von rother Farbe; der spanische rainweidenblaͤttrige Hollunder (Syringa Persica. Tournef.) hat Blumen von einem angenehmen, aber nicht starken Geruch, und rother oder weißer Farbe; der wohlriechende Himbeerenstrauch (Rubus odoratus. L.) hat sehr große rosenrothe Blumen buͤschelweise neben einander, die vom Junius bis zum September bluͤhen, und einen angenehmen Geruch verbreiten; der wilde Jasmin (Philadelphus coronarius. L.) mit großen weißen Blumen, de- ren Wohlgeruch sich verbreitet; der Trompetenbaum, oder die Catalpa (Bignonia Catalpa. L.), ein americani- scher baumartiger Strauch, der zu einer Hoͤhe von zwanzig Schuhen waͤch- set, mit praͤchtigem hellgruͤnen Laubwerk und weißgelblichen inwendig gefleck- ten Blumen; die americanische erlenblaͤttrige Clethra (Clethra alnifolia. L.) hat schoͤne hellgruͤ- ne glaͤnzende Blaͤtter und weiße Blumenbuͤschel von einem sehr angenehmen Geruch, die im Sommer bluͤhen; der Judasbaum (Cercis siliquastrum. L.), einer der ersten bluͤhenden Straͤucher, den im Anfange des Fruͤhlings, ehe noch sein hellgruͤnes Laub ausbricht, sei- ne schoͤne purpurfarbige Bluͤhre in Menge lange bedeckt; der canadische Judasbaum (Cercis Canadensis. L.), hellgruͤn glaͤnzend auf der obern Flaͤche, blaßgruͤn auf der untern; der Kellerhals (Daphne mezereum. L.) treibt sehr fruͤh mit Ausgang des Win- ters, und ost noch unter dem Schnee, seine purpurfarbigen, starkriechenden Blumen; der immergruͤne Kellerhals (Daphne laureola. L.), dessen sehr fruͤhe gruͤngelbe Bluͤhte zwischen den dunkelgruͤnen glaͤnzenden Blaͤttern erscheint; die weidenblaͤttrige Spierstaude (Spiraea salicifolia. L.) hat laͤngliche dicke Buͤschel mit fleischfarbigen Blumen, die vom Junius bis in den Herbst hinaus bluͤhen; D 2 die Zweyter Abschnitt. die philadelphische Spierstaude (Spiraea tomentosa. L.) hat dicke, lange Aehren von fleischfarbigen Blumen; die canadische Spierstaude (Spiraea hypericifolia. L.), einer der schoͤnsten niedri- gen Straͤucher, der im Fruͤhling mit kleinen weißen Rosen mit schwefelgel- ben Puncten ganz bedeckt ist; die virginische Spierstaude (Spiraea opulifolia. L.) mit ansehnlichen Blaͤttern und einer Menge weißlicher Blumen, die im Fruͤhlinge erscheinen; der gemeine Spindelbaum (Evonymus Europaeus. L.) ist im Herbst ganz mit praͤchtig rothen Fruchtkapseln bedeckt; der breitblaͤttrige Spindelbaum (Evonymus latifolius. L.) mit rothen und gruͤnen Blumen und großen purpurfarbigen Fruͤchten; der americanische Spindelbaum (Evonymus Americanus. L.) ist immergruͤnend mit dicken, hellgruͤnen, glaͤnzenden Blaͤttern; der Faͤrberbaum, oder Peruͤckenbaum, (Rhus Cotinus. L.) hat federartige weiße Fruͤchte, die ihm im Herbst ein eignes Ansehen geben; der stachlichte Genster (Ulex Europaeus. L.) zeichnet sich durch seine gelben Blu- men aus, die fast das ganze Jahr hindurch aufschießen; der syrische Pappelbaum, oder Ketmia, (Hibiscus Syriacus. L.) bringt im Herbste ansehnliche weiße Blumen mit Purpurgrund, auch hellrothe Blumen; der Schlingbaum (Viburnum Lantana. L.): die in großen Dolden wachsenden weis- sen Blumen zeigen sich im Herbste, bleiben im Winter ohne Wachsthum, und entwickeln sich darauf im Fruͤhlinge; der virginische immergruͤnende Hagedorn, auch der feurige Busch genannt, (Mespilus Pyracantha. L.) der mit seinen glatten glaͤnzenden Blaͤttern von dunkelgruͤner Farbe, und seinen vielen Beeren, die im Winter reifen, eine vortreffliche Bekleidung giebt; die Zwergkastanie (Fagus castanea pumila. L.) mit schoͤnen den Kastanien voͤllig aͤhnlichen Blaͤttern; der Blasenbaum (Colutea arborescens. L.) hat duͤnnes lichtgruͤnes Laub, gelbe traubenfoͤrmige Blumen, und aufgeblasene roͤthliche Schoten; der morgenlaͤndische Blasenbaum (Colutea orientalis. L.) mit meergruͤnen Blaͤt- tern und braunroͤthlichen Blumen, die ins Gelbe spielen; die asiatische Zwergmandel (Amygdalus nana. L.) giebt mit vielen tausend rosen- farbigen Blumen eine schoͤne Zierde; die Berberitzenstaude (Berberis vulgaris. L.) verdient wegen ihrer fruͤhen gelben Blumen und rothen Beeren eine Anpflanzung; die Vom Baumwerk. die marylandische Cassia (Cassia Marylandica. L.) ziert mit ihren schoͤnen gelben Blumen, die spaͤt erscheinen und lange dauern, eine herbstliche Pflanzung; der nordamericanische Ceanothus (Ceanothus Americanus. L.), ein baumartiger Strauch mit sehr schoͤnen hellgruͤnen Blaͤttern, mit weißen Blumen in star- ken Buͤscheln, die vom Julius bis zum September bluͤhen; die tartarische Heckenkirsche (Lonicera Tartarica. L.), ein hochwachsender Strauch, mit glatten hellgruͤnen Blaͤttern, fleischfarbigen Blumen und schoͤnen rothen Beeren; die blaubeerichte Heckenkirsche (Lonicera caerulea. L.) hat im Fruͤhjahr eine Men- ge schoͤner weißer Blumen, und hernach blaue Beeren; das nordamericanische Johanniskraut (Hypericum Kalmianum. L.) mit schoͤnen gelben Blumen; die americanische dreyblaͤttrige Klappernuß (Staphylea trifolia. L.) mit weißen Blumen; der gemeine Pimpernußstrauch (Staphylea pinnata. L.) mit hellgruͤnen Blaͤttern und weißen im Fruͤhling bluͤhenden Blumen; der Schneeflockenbaum (Chionanthus Virginica. L.) mit hellgruͤnen Blaͤttern und haͤufigen weißen Bluͤhten, die den Schneeflocken gleichen; der Knopfbaum (Cephalanthus occidentalis. L.) mit lebhaftem Gruͤn und wohl- riechenden Bluͤhten; die dreyblaͤttrige Ptelea (Ptelea trifoliata. L.), ein nordamericanischer ansehnlicher Strauch mit glatten hellgruͤnen Blaͤttern und gelbgruͤnlichen Blumenbuͤscheln von einem vortrefflichen, den Nachtviolen aͤhnlichen Geruch; die Steinweichsel (Prunus Mahaleb. L.) mit glaͤnzenden Blaͤttern und weißen Blumen; die niedrige Traubenkirsche (Prunus nana. Du Roi.) mit schoͤnen Trauben von weißen wohlriechenden Blumen; die Zwergmespel (Mespilus cotoneaster. L.) mit wolligten Blaͤttern, vielen roͤth- lichen Blumen und rothen Beeren; die immergruͤne Rainweide (Ligustrum Italicum. L.) das strauchartige Fuͤnffingerkraut (Potentilla fruticosa. L.) mit schoͤnen gelben Blumen; das Pfriemenkraut (Spartium scoporium. L.) mit langen gruͤnen Zweigen und schoͤnen gelben Blumen; der carolinische Gewuͤrzstrauch (Calycanthus floridus. L.) hat einen starken Wohl- geruch; D 3 verschie- Zweyter Abschnitt. verschiedene Arten von Cisten oder Cistenroͤslein (Cistus) mit rothen, purpurfar- benen, weißen, gelblichen Blumen, die mehrentheils durch den ganzen Som- mer bluͤhen. Zur Bekleidung der Gemaͤuer und Felsen dienen besonders noch der Weinstock, der gemeine Epheu (Hedera helix. L.), der Jungfernwein (Hedera quinquefolia. L.), das Geisblatt (Lonicera caprifolium und periclymenum. L.), verschiedene Arten von Waldreben (Clematis. L.) mit ihren wohlriechenden Blumen, die Rainweide (Ligustrum. L.), und andere mehr. Zu eben dieser Absicht sind, außer den Straͤuchern, auch mancherley kletternde und windende Pflanzen brauchbar. II. Anordnung des Baumwerks. M an hat in der bisher vorgelegten Charakteristik der Baͤume und Straͤucher nicht allein die verschwenderische Mannichfaltigkeit, welche auch hier die Natur zur Verwunderung verbreitet, sondern auch schon zum Theil die verschiedenen Anwen- dungen bemerket, die sich davon machen lassen. Die Natur geht uns noch weiter mit ihren Vorbildungen vor. Sie zeigt uns ihre Baͤume und Straͤucher bald einzeln, bald in mannichfaltigen, hier kleinern, dort groͤßern Vom Baumwerk. groͤßern Zusammenfetzungen. Sie bildet von den Baͤumen Gruppe, Hain, Wald, Waldung (Holzung, Gehoͤlz); von den Straͤuchern Gebuͤsch und Wildniß. Und außer diesen Zusammensetzungen verstattet sie der Kunst noch mannichfaltige Verbindungen und Anlagen mit Baͤumen und Straͤuchern, wozu sie zum Theil selbst das Muster enthaͤlt. 1. Einzelner Baum und Strauch. Ein einzeln dastehender Baum kann schon als ein Gegenstand fuͤr sich, und durch seinen eigenen Charakter, wichtig seyn; er kann bald durch vorzuͤgliche Hoͤ- he und schlanken Wuchs, bald durch die Beschaffenheit seiner Zweige und seines Laubwerks, bald durch seine Bluͤhten Aufmerksamkeit erregen. Je mehr er isolirt ist, desto weniger wird das Auge zerstreut; es ruhet auf ihm, und findet Muße, in seiner Beschauung zu verweilen. Jede seltene Eigenschaft wird genauer be- merkt. Der verstaͤndige Gartenkuͤnstler wird daher nicht leicht einen Baum ein- zeln zeigen, als der durch irgend einen hervorstechenden Charakter den aufmerksamern Blick verdient. Und hier wird auf Form des Stamms und der Zweige, und auf die Beschaffenheit der Belaubung mehr Ruͤcksicht zu nehmen seyn, als auf die weniger dauernde Schoͤnheit der Bluͤhte. Durch seinen Stand kann ein einzelner Baum nicht weniger wichtig werden, als durch seinen eigenthuͤmlichen Charakter. Eine hohe Linde, die mit ihrem Schatten ei- ne Huͤtte bedeckt, eine alte, hohle, den Umsturz drohende Eiche, die ihre sterbenden Aeste uͤber das Dach einer Einsiedeley hinstreckt, eine Zitterespe auf einer spitzigen An- hoͤhe, ein jeder schlanker dickbelaubter Baum, der in einer Stellung gegen einen Huͤ- gel von einem andern Gruͤn, gegen ein helles Wasser, gegen die blaue Luft, gegen eine lichtvolle Wolke, gegen die brennende Abendroͤthe, oder in einem andern zufaͤlligen Contrast gesehen wird — beweisen die Wahrheit jener Bemerkung. Allein auch als ein Mittel zu den verschiedenen Absichten des Gartenkuͤnstlers kann ein einzelner Baum dienen, indem er bald zur Verbindung und zur Zusammen- ziehung der getrennten Theile, bald zur Unterbrechung der geraden Linie, bald zur Schattirung, bald zur gaͤnzlichen Verdeckung eines Prospects behuͤlflich ist. Zuwei- len kann er zur Bezeichnung nuͤtzlich seyn, und das Auge auf einen Punkt hinleiten, wo Zweyter Abschnitt. wo es irgend eine erhebliche Beschaͤftigung finden soll. Zuweilen dient er zwischen Hai- nen und Gruppen zur angenehmen Abwechselung, wobey sodann, außer seinem Stan- de, auch die Verschiedenheit seiner Figur und seines Gruͤns in Betrachtung koͤmmt. Auch auf einer Wiese, auf einem freyen Rasen, ist er ein einfaches und oft mehr gluͤckliches Mittel der Verschoͤnerung, als eine Gruppe. Eben so geben einzelne Baͤume runden Plaͤtzen, Wildbahnen und Wasserstuͤcken eine reizende Umgraͤn- zung; und hier koͤnnen sie außer ihrer Gestalt noch eine neue Wirkung von dem sichtbaren Verhaͤltnisse gewinnen, worin sie unter einander stehen, und wodurch sie auf gewisse Weise ein Ganzes ausmachen. Mehrere einzelne Baͤume koͤnnen in verschiedenen Ordnungen und Richtun- gen gepflanzt immer natuͤrlich erscheinen, wenn nur die genaue Regelmaͤßigkeit vermieden wird. Die Natur lehrt uns, daß in einem Walde die Baͤume mehr regulaͤr zu wachsen scheinen, als wo sie einzeln auf freyem Felde stehen. Indessen ist die gerade Linie an sich selbst auch bey einzelnen Baͤumen nicht ganz verwerflich. Laͤuft sie aber zu weit fort, so giebt sie der Pflanzung ein Ansehen der Kunst, das selbst dadurch noch nicht gehoben wird, daß die Baumlinie mit offenen Plaͤtzen abwechselt. Laͤnger moͤgen einzelne Baͤume in einer schwankenden Linie sich hinziehen; die Natur weigert sich nicht, hier ihr Werk zu erkennen. Immer aber, wo sie die gerade Linie halten, werden doch die Gesichtspunkte so anzuordnen seyn, daß sie, in verschiedenen Richtungen betrachtet, den Begriff von Abwechselung geben. Und diese Wirkung wird besonders durch die Verschiedenheit ihrer Abstaͤnde erreicht. Alle die erwaͤhnten Vortheile, die von einzelnen Baͤumen zu gewinnen sind, lassen sich nicht bey einem einzelnen Strauch antreffen. Ihm fehlt die Empfeh- lung der Hoͤhe, des schlanken Wuchses und der Figur; seine Schoͤnheit ist fast allein auf die Beschaffenheit seiner Blaͤtter, seines Gruͤns und seiner Bluͤthen eingeschraͤnkt. Seine Wirkung in der Ferne ist schwach; sie geht nicht weit uͤber den Standpunkt des Beobachters. Allein in der Naͤhe betrachtet, kann er durch den Reiz seiner Blumen, und durch das Anziehende in der Beschaffen- heit seines Gruͤns und seiner Blaͤtter, oft ein angenehmer Gegenstand seyn; er kann selbst in Bezirken von kleinem Umfange, an einem Bach, auf einem kurzen Rasen, zur Verschoͤnerung etwas beytragen. Allein wichtige Wirkungen sind von einem einzelnen Strauch nicht zu erwarten. Sie werden nur erst von einiger Bedeutung, wo mehrere Straͤucher sich sammlen und zu einer Gruppe vereinigen, Vom Baumwerk. vereinigen, die entweder durch die Eigenschaften ihrer Art oder durch ihre Verbin- dung das Auge des Beobachters an sich lockt. 2. Baumgruppe. Mit der Gruppe faͤngt die Natur die Verbindung der Baͤume an. Sie kann bald mehr, bald weniger zusammengesetzt seyn, von zwey bis etlichen dreyßig Baͤu- men; uͤber diese Anzahl scheint die Gruppe nicht hinaus steigen zu duͤrfen, ohne in den Charakter des Hains uͤberzugehen. Eine Gruppe macht, fuͤr sich betrachtet, einen kleinen Wald oder kleinen Hain; sie ist nur von beyden durch die geringere Anzahl der Staͤmme unterschieden. Sie laͤßt eben die Verschiedenheit und Abwechselung der Baͤume zu, als ein Hain und ein Wald. Doch mit der Einschraͤnkung, daß, nach den Regeln der Schicklichkeit und Schoͤnheit, denen eine solche Pflanzung folgen muß, keine Arten mit einander verbunden werden, deren Zweige, Laub oder Wuchs einander entgegenstreiten, wie z. B. die Tanne und die babylonische Weide, der Taxus und die weiße Pappel, der Platanus und der Sumach. Auch in der Anordnung der Abstaͤnde ist der Gruppe eben die Freyheit eigen, die Hain und Wald haben. Ueber die Bildung der Gruppen, die schon lange einen wichtigen Theil der Schoͤnheit der brittischen Parks ausmachen, hat Whately Betrachtungen uͤber das heutige Gartenwesen ꝛc. S. 64 u. f. verschiedene Bemer- II Band. E kungen Zweyter Abschnitt. kungen und Regeln gegeben, die hier eine Anfuͤhrung verdienen, weil sie schon alles Wahre enthalten, was uͤber diese Sache gesagt werden kann. „Gruppen sind entweder von dem Ganzen unabhaͤngig, oder haben damit ein gewisses Verhaͤltniß. Sind sie unabhaͤngig, so muß man sie als einzelne Gegenstaͤnde betrachten, und blos auf ihre Schoͤnheit fehen; sind sie es aber nicht, so muß die Schoͤnheit einzelner Stuͤcke der Schoͤnheit des Ganzen auf- geopfert werden, die von weit groͤßerer Wirkung ist. Der kleinste Klump besteht aus zween Baͤumen; und die beste Wirkung, die sie haben koͤnnen, ist diese, wenn sie ihre Gipfel vereinigen, so daß sie nur ein großer Baum zu seyn scheinen. Daher koͤnnen zween Baͤume von verschie- dener Gattung, oder sieben bis acht andere von solchen Figuren, die sich nicht leicht verbinden lassen, sehr schwer eine schoͤne Gruppe ausmachen. Solche Klumpen von Tannen sind, obgleich sehr gewoͤhnlich, dennoch selten einneh- mend; sie machen kein Ganzes aus, und sind nur eine unordentliche Menge von Spitzen. Unterdessen wird die Unordnung vermieden, wenn man sie nach der Reihe und nicht in Haufen setzt; folglich ist ein Klump von diesen Baͤu- men weit angenehmer, wenn er sich in die Laͤnge, als wenn er sich in die Breite ausdehnt. Drey Baͤume muͤssen zusammen entweder eine gerade Linie, oder ein Drey- eck ausmachen. Um das Regelmaͤßige zu verbergen, muͤssen die Abstaͤnde sehr verschieden seyn. Der Unterschied ihrer Figuren traͤgt auch etwas zu eben demselben Endzweck bey, und noch weit mehr die Verschiedenheit ihres Wuch- ses. Wenn eine gerade Linie aus zween, beynahe gleich großen Baͤumen, und aus einem dritten besteht, der noch viel niedriger ist, als jene: so ist das Regelmaͤßige der Richtung, in welcher sie stehen, kaum zu bemerken. Wenn niedrigstaͤmmige Baͤume an den aͤußersten Enden die genaueste Re- gelmaͤßigkeit mindern koͤnnen, so empfiehlt sich eben dadurch ihr Gebrauch. Und hierin besteht auch vorzuͤglich die den Klumpen eigene Abwechselung. Ein jeder Anschein der Kunst; der sich an den Gegenstaͤnden der Natur aͤußert, er- weckt Ekel. Baumklumpen aber sind solche in die Augen fallende Gegenstaͤn- de, die dem Verdachte, als ob sie mit Fleiß so eingerichtet oder gepflanzt waͤ- ren, damit sie sich auf diese Weise unterscheiden moͤchten, so sehr unterworfen sind, daß sie, um die Aufmerksamkeit von diesen Merkmalen der Kunst ab- zuziehen, eine unregelmaͤßige Zusammensetzung weit noͤthiger haben, als ein Wald und ein Hain. Da sie einen weit kleinern Umfang haben, so kann auch nicht Vom Baumwerk. nicht so viel Abwechselung im Umzuge angebracht werden. Allein die Ver- schiedenheit des Wuchses faͤllt in einem engen Bezirk am meisten in die Au- gen; und die verschiedenen Grade desselben geben oft die schoͤnsten Figuren an die Hand. Die Ausdehnung und der Umzug eines Waldes oder eines Hains ziehen die Aufmerksamkeit mehr auf sich, als ihre aͤußersten Graͤnzen; allein bey Grup- pen sind diese letztern von der groͤßten Wichtigkeit. Sie bestimmen die Figur des Ganzen; und sie fallen insgemein beyde zu gleicher Zeit in die Augen. Man muß sich also sehr sorgfaͤltig bemuͤhen, sie angenehm und verschieden zu machen. Die Bequemlichkeit, womit sie unter einander verglichen werden koͤnnen, verbietet alle Aehnlichkeit zwischen ihnen. Denn ein jeder Anschein von Gleichheit erweckt den Begriff von Kunst; daher scheint ein Klump, der eben so breit als lang ist, weniger ein Werk der Natur zu seyn, als ein an- drer, der sich nur in die Laͤnge ausdehnt. Die Gelegenheiten, bey welchen unabhaͤngige Gruppen gebraucht werden koͤnnen, sind mancherley. Oft sind sie angenehm als schoͤne Gegenstaͤnde an sich selbst. Bisweilen sind sie auch noͤthig, die Ausdehnung einer Wild- bahn, oder die fortlaufende Linie sowohl des Bodens, als auch einer Pflan- zung, zu unterbrechen. Ob sie sich gleich auf Anhoͤhen sehr vortheilhaft zei- gen, so ist doch ein Huͤgel, dem man es sogleich ansieht, daß er in der Ab- sicht aufgeworfen ist, um mit einer Gruppe gekroͤnt zu werden, so kuͤnstlich, daß er Ekel erweckt. Es muͤssen also einige Baͤume auf den Seiten herum- gepflanzt werden, um diesen Anschein zu bedecken. Eben dieses Mittels kann man sich auch bey Klumpen bedienen, die auf die Hoͤhe eines Berges gesetzt sind, um ihr die Einfachheit zu benehmen; sie werden die gesuchte Ab- sicht weniger verrathen, wenn sie zum Theil an den abhaͤngigen Seiten herun- ter gefuͤhrt werden. Ungeachtet aller Vorzuͤge, welche diese Art von Pflanzung begleiten, muß sie doch oft verworfen werden, wenn man sie von einer benachbarten Hoͤ- he uͤbersehen kann. Klumpe verlieren sehr viel von ihren vorzuͤglichsten Schoͤn- heiten, wenn sie unter dem Auge stehen; und sind sie zahlreich, so verrathen sie die Kunst, machen keine Oberflaͤche eines Gehoͤlzes aus, und alle Wir- kungen, die aus ihrer gegenseitigen Verbindung entstehen, sind gaͤnzlich verlo- loren.“ So weit Whately. E 2 Wenn Zweyter Abschnitt. Wenn mehrere Gruppen auf einem Platz angelegt werden, so muͤssen sie gegen- seitige Beziehungen haben, wodurch sie ein gewisses Ganzes ausmachen. Sie koͤn- nen durch Groͤße und Umfang sowohl, als auch durch die Aussenseiten, sich unter- scheiden; in dem Wuchs der Baͤume und in den Abstaͤnden kann Abwechselung herr- schen; selbst die Beschaffenheit des Laubes kann ein Mittel der Abaͤnderung abgeben; und aller dieser Unterschiede ungeachtet muß doch die ganze Anordnung ein harmoni- sches Verhaͤltniß wirken. Eine Sammlung von Gruppen hat fast nie ein schoͤneres Ansehen, als wenn offene gruͤne Plaͤtze, wogegen ihr Laub contrastirt, zwischen ihnen erscheinen. Doch die heiterste Scene geben sie in Verbindung mit Wasserstuͤcken, die von ihnen die Be- lebung der Widerscheine borgen. Auch koͤnnen sie an den Abhaͤngen der Huͤgel man- che malerische Lage gewinnen. Weil Gruppen sich aus verschiedenen Gesichtspun- cten und in ihren Beziehungen gegen einander betrachten lassen, so enthalten sie eine groͤßere Abwechselung der Ansichten, als ein Hain oder Wald. Sogar ihre Durch- sichtigkeit dient zur Vervielfaͤltigung der Prospecte. Welches reizende Schauspiel, wenn zwischen Baͤumen von einem herrlichen Wuchs und einem lebhaften Gruͤn das Silber eines Flußes durchscheint, wenn jeder schlanke Stamm sich gegen das be- wegliche Licht des Wassers in seiner Schoͤnheit hebt, und in den Zwischenraͤumen die Widerscheine spielen! Selbst der Spaziergang zwischen Gruppen eroͤffnet hier eine groͤßere Ergoͤtzung. Jeder kleine Trupp der Spazierenden macht sich gegenseitig ein Schauspiel; anstatt wie in den langen breiten Alleen einer aufmarschirenden Wache zu gleichen, scheinen sie sich wie Liebende zu zerstreuen; die umher sich schlaͤngelnden Wege lassen sie bald von dieser, bald von jener Seite sehen; verbirgt sie hier das Buschwerk auf einen Augenblick, so macht sie dort eine unerwartete Oeffnung wieder in einer andern Stellung sichtbar. Nach der verschiedenen Beschaffenheit der Staͤmme, der Zweige, und vor- nehmlich des Laubwerks, ist eine Gruppe auch eines verschiedenen Charakters faͤ- hig. Sie kann den Charakter des Edlen, des Erhabenen, des Freyen, des Lu- stigen, des Heitern, des Melancholischen, des Romantischen annehmen. Doch mit der Einschraͤnkung, daß in einer Gruppe immer nur ein einfacher Charakter herr- schen kann, da hingegen ein Hain, noch mehr ein Wald, eines zusammengesetzten Charakters faͤhig ist. Wo demnach sich der Charakter des Froͤhlichen oder des Trau- rigen, des Freyen oder des Verschlossenen, des Zierlichen oder des Wilden ankuͤn- digt, da muß sich auch eben dieser Charakter durch die ganze Anlage unvermischt und ununterbrochen erhalten. Der kleine Umfang des Platzes und die geringe Anzahl der Baͤume, Vom Baumwerk. Baͤume, die eine Gruppe bezeichnen, wuͤrde jeder eiteln Unternehmung, hier eine Mehrheit von Charakteren und Wirkungen einzufuͤhren, widersprechen. 3. Hain . Zwischen Gruppe und Wald steht der Hain in der Mitte. Wenn mehrere Gruppen an einander gefuͤgt werden, so entsteht ein Hain. Der Wald unterschei- det sich durch Groͤße, der Hain durch Schoͤnheit. Die erste Regel bey dieser Pflanzung geht dahin, daß die Baͤume sich nicht zu weit von einander verlieren, wodurch sie nur eine Sammlung von einzelnen Baͤumen, nicht aber, wie sie sollen, eine ganze Pflanzung ausmachen wuͤrden. In ihrer Stel- lung ist, zur Gewinnung angenehmer Wirkungen fuͤr das Auge, Abwechselung bey einer gewissen Ordnung, jedoch ohne Regelmaͤßigkeit, ohne eine augenscheinliche Gleichheit der Abstaͤnde, die gegen die Natur ist, zu beobachten. Die Baͤume muͤssen sich bald enger zusammenziehen, bald sich wieder von einander zerstreuen; durch ihren Stand und Wuchs bald diese, bald eine andre Figur unter einander bilden; und unter sich Plaͤtze von mancherley Gestalten bezeichnen; auch in der Form der aͤußern Seiten muß Freyheit und Abwechselung herrschen. Die Verbindung der Baͤume muß der Absicht folgen, bald einen dicken Schat- ten, bald freye Stralen des Lichts, bald einen gebrochenen Sonnenblick, der mit der Daͤmmerung streitet und auf dem Boden spielt, zu verschaffen. Weil der Spaziergang in Hainen sehr angenehm ist, so muß auch dem Boden die dazu erforderliche Bequemlichkeit nicht fehlen. Es muß Freyheit, uͤberall durch- zugehen, vorhanden seyn. Ein gruͤner Weg ist hier schicklicher, als ein mit Sand ge- fuͤllter und sorgfaͤltig geschmuͤckter Gang. Der Rasen erhaͤlt sich hier gerne in seiner E 3 Schoͤn- Zweyter Abschnitt. Schoͤnheit. Man kann durch die Wendungen der Gaͤnge bald zu heitern Oeffnungen und Aussichten auf entfernte Gegenstaͤnde leiten, bald zu einem schattenvollen Bezirk; man kann den Umherwandelnden bald Ruhe und sanfte Ergoͤtzung athmen lassen, bald ihn mit einer lebhaften Ueberraschung ermuntern. Die Baͤume mit ihren verschiede- nen Figuren, die durchkreuzenden Gestalten und Farben des Laubwerks, die Abwech- selungen des Lichts und des Schattens, die lieblichen Einfaͤlle des Mondschimmers, die sanften Widerscheine, die Gesellschaft gluͤcklicher Geschoͤpfe, die mannichfaltigen Gesaͤnge der Voͤgel, die Duͤste der Pflanzen, und andre Zufaͤlligkeiten, bieten auch dem einsamen Freund der Natur eine Ergoͤtzung an, die ihn ganz an diese Einoͤde fesselt. Die Ungleichheit des Bodens vermehrt die Schoͤnheit des Hains nicht allein fuͤr das Auge des Anschauers, sondern auch fuͤr den Spazierenden. Ein Hain, der an dem runden Fuß eines steilen Berges hinlaͤuft, oder von einem sanften Abhange sich an einen Fluß oder See hinabzieht, oder sich uͤber eine Reihe kleiner wellenfoͤrmi- ger Huͤgel hinschmiegt, ist durch diese Lage, die einen groͤßern Reichthum von Pr o specten enthaͤlt, weit angenehmer, als wenn er auf einer Ebene sich verbreitete. In- dessen kann zuweilen die Ebene, und noch mehr eine gaͤnzliche Vertiefung des Bodens, zur naͤhern Bestimmung des Charakters eines Hains sehr gluͤcklich beytragen. Ein Hain, Scenen der Melancholie gewidmet, verschließe sich im Thal; ein anderer, zur Freude bestimmt, erhebe seine Krone uͤber den Gipfel eines ansehnlichen Huͤgels. Allein das vornehmste Mittel, den Charakter eines Hains zu bestimmen, liegt in der natuͤrlichen Verschiedenheit des Baumwerks. Man kann durch die Wahl der Baͤume ihnen den Charakter des Ernstes, der Melancholie, und selbst der Trauer ge- ben; man kann ihnen Zierlichkeit, Leichtigkeit, Froͤhlichkeit, Heiterkeit, Wuͤrde, und ein romantisches Ansehen mittheilen. Man erinnere sich nur an das, was oben von der Charakteristik des Baumwerks gesagt ist. Ein Hain, der Wuͤrde und Majestaͤt ankuͤndigt, bildet sich durch Baͤume von dem hoͤchsten Wuchs, von starken Staͤmmen und breiten Zweigen, von dicken Woͤl- bungen des Laubwerks. Ein zierlicher und edler Hain zeichnet sich durch feine schlan- ke und wohlgezogene Baͤume von mittelmaͤßiger Hoͤhe und schoͤnem Laube aus. Die Vielheit der Aeste, das Herabhaͤngende der Zweige, das Dunkle und Dichte des Laubwerks, bildet den melancholischen Hain, wo die Liebe weinend an der Urne sitzt. Muthig aufschießende Baͤume, in die Hoͤhe sich verbreitende Zweige, leichtes, lufti- ges, oder heiteres und glaͤnzendes Laub, offene Durchsichten, unverwehrte Blicke des Sonnenlichts, ein reiner, von kriechendem Gestraͤuch befreyter Boden, machen den Charakter des Lusthains. Der romantische Hain entsteht sowohl durch das Seltene und Abweichende in den Figuren der Baͤume, und in den Farben der Blaͤtter und der Bluͤhten, als auch durch die Vermischungen der Arten unter einander. Diese Be- merkun- Vom Baumwerk. merkungen werden hinreichen, dem Gartenfreund auf die Verschiedenheit der Charakte- re, deren Haine faͤhig sind, und auf ihre Entstehung einen Wink zu geben, und ihn zu Anlagen zu veranlassen, woran bisher noch wenig gedacht ist. Ob gleichwohl ein Hain so ausgedehnt seyn kann, daß er einen zusammengesetzten Charakter zuließe: so scheint es doch zur Vermeidung aller Verwirrung besser, ihm bles einen einfachen Charakter zu geben, um dadurch seine Wirkung mehr bestimmt und zutreffend zu erhalten. Will man entweder eine laͤngere Folge von Wirkungen einer Art, oder, welches mehr der Bemuͤhung werth ist, einen Contrast von Wirkun- gen gewinnen: so wird man diese Absicht in einem Walde, der nach seiner groͤßern Ausdehnung eine Verschiedenheit der Anlagen zulaͤßt, zu erreichen suchen. Die Verzierung eines Hains kann nicht willkuͤhrlich seyn, wenn man auf seine Faͤhigkeit, einen bestimmten Charakter anzunehmen, achtet. Sie muß aus der Be- schaffenheit dieses Charakters beurtheilt werden, und auf seine Verstaͤrkung hinwirken. Bluͤhende Straͤucher, hie und da unter den Baͤumen hingepflanzt, hohe glaͤnzende Blu- menarten, feine Gebaͤude, die einen Lusthain zieren, wuͤrden sich schlecht zu einem me- lancholischen Hain schicken, dem Einsiedeleyen, einzelne bemooste Huͤtten, Trauerdenk- maͤler, Ruinen und Graͤber zukommen. 4. Wald. Zweyter Abschnitt. 4. Wald . Außer der Groͤße, wodurch sich, wie schon bemerkt ist, der Wald vom Hain unterscheidet, erfordert er auch nicht nothwendig schoͤne, edle und gewaͤhlte Baͤume, die dieser als sein Eigenthum ansieht. In den Baͤumen des Waldes kann mehr Nach- laͤssigkeit, mehr Verwilderung herrschen; er kann mit Unterholz verwachsen seyn, wo- von der Hain, der mehr Cultur sucht, befreyet ist. Auch begnuͤgt sich der Wald mit gemeinen Baumarten. Der Hain aber, der mehr eine Pflanzung von der Hand des Menschen ist, verlangt Baͤume, die sich durch irgend einen Theil von vorzuͤglicher Schoͤnheit auszeichnen. Allein außer der Groͤße kann auch der Wald einen Charakter von sehr fuͤhlba- ter Anmuthigkeit haben. Die Hoͤhe und Groͤße seiner Baͤume, die Verschiedenheit ihrer Figuren und Abstaͤnde, die Abwechselung der Duͤnnigkeit und Dichtigkeit der Zweige, die Abaͤnderung des Laubes, die Verzierung der Straͤucher, Pflanzen und Blumen, die den Boden schmuͤcken, die offenen und die verschlossenen Plaͤtze, die Durchsichten, die Schauspiele des Lichts und des Schattens, sind die gewoͤhnlichen Puncte, wodurch die Mannichfaltigkeit des Innern eines Waldes bewirkt wird. Außerdem tragen auch die verschiedenen Lagen eines Waldes nicht wenig zur Vermehrung dieser Mannichfaltigkeit bey. Dahin gehoͤren, außer den Ungleichheiten und Kruͤmmungen des Bodens, die anmuthigen, edlen, kuͤhnen, romantischen, feyer- lichen Lagen, die ein Wald haben kann. Anmuthig, wenn er auf sanften, wellen- foͤrmigen Huͤgeln, an Wiesen, an Fluͤssen sich verbreitet; edel, wenn er sich auf Bergen erhebt, deren Aussicht uͤber die Landschaft herrscht; kuͤhn, wenn er von steilen unwegsamen Felsspitzen drohend haͤngt; romantisch, wenn er mitten aus einem See emporzusteigen scheint, oder sich uͤber Felsenwaͤnde herabsenkt, unter welchen ein wil- der Strom dahin tobt; feyerlich, wenn er auf Gebirgen thront und Wolken um seinen Fuß sich waͤlzen sieht. Und wie viele verschwenderische Abaͤnderungen und Verbin- dungen dieser Lagen, zumal mit Wasser und auf Anhoͤhen! Man kann hier zwar einen Wink auf die unendliche Mannichfaltigkeit der Natur geben; aber vergebens waͤre jeder Versuch, sie beschreiben zu wollen. Feyerliche Ruhe und hohe Wonne verbreitet sich, wenn eine weite Land- schaft umher auf allen Seiten mit Waͤldern umschlossen ist. Allein auch in dem en- gern Bezirk eines einzelnen Waldes fehlt es nicht an reizenden Wirkungen. Ein Ge- fuͤhl von laͤndlichem Frieden und von dem Gluͤck einer stillen Eingezogenheit bemaͤchtigt sich unserer, wenn wir in der Einoͤde des Waldes eine Huͤtte antreffen, daneben einige Rinder Vom Baumwerk. Rinder auf einem freyen Platze grasen, die Hirten im Schatten mit kleiner Haͤndearbeit sitzen, und nicht weit von ihr die Henne gluckend ihre junge Brut ausfuͤhren sehen. Allein auch schon die bloßen Naturscenen haben hier einen maͤchtigen Eindruck. Wie- sen sind fast niemals angenehmer, als an der Seite und noch mehr in der Mitte eines Waldes; freye ausgedehnte Grasplaͤtze gefallen hier, wenn sie von hohen Baͤumen um- graͤnzt und mit kurzen Gruppen von Gebuͤsch verziert sind. Nicht weniger anmuthig sind kleine Kornfluren, die glaͤnzend zwischen dem Schatten hervorbrechen. Die sanft aufschwellenden Erhoͤhungen des Bodens, wovon man in niedrige Dickigte herabblickt, und die perspectivischen Durchsichten durch eine weite Reihe von Baͤumen, bis sie sich endlich in die Daͤmmerung des entfernten Laubwerks verlieren, die Amphitheater von buschigten Anhoͤhen, die hinter einander aufsteigenden Huͤgel, bald mit reifendem Ge- treide, bald mit kleinen Baumgruppen, bald wieder mit grasreichen Weiden abwech- selnd, hinter welchen eine hohe dunkle Waldung die Aussicht begraͤnzt — dies alles sind uͤberaus angenehme Erscheinungen in einem Walde. Die Aussichten aus der Ver- schlossenheit in das freye Land, aus der Ruhe des Waldes auf entfernte Scenen voll Bewegung und Geschaͤftigkeit, auf das Meer, auf Staͤdte hin, scheinen hier noch in- teressanter zu seyn. Ein Wald laͤßt, vermoͤge seiner Groͤße und seines Umfanges, eine Mehrheit von Scenen zu, die dem Hain nicht verstattet ist; er besteht sehr oft, schon durch die Anlage der Natur, aus einer Mischung von verschiedenen Gegenden, wovon jede sich durch ihren Charakter auszeichnet. Bey der genauen Aufmerksamkeit auf diese natuͤrliche Verschiedenheiten wird der Gartenkuͤnstler Veranlassung zur Bildung der interessantesten Scenen finden, die sich durch Mannichfaltigkeit und Contrast gegen einander heben. Er wird uͤberraschende Uebergaͤnge vom Verschlossenen zum Freyen, vom Dunkeln zum Hellen, vom Einsamen zum Lebhaften, vom Melancholischen zum Heitern treffen, und dadurch eine Folge von Bewegungen hervorbringen koͤnnen, die das Herz mit einem maͤchtigen Reiz beleben. Nichts scheint zu diesen Wirkungen von der Natur mehr zubereitet zu seyn, als ein Wald, der in einem ausgedehnten Park doch immer als ein fast unentbehrlicher Theil anzusehen ist. Allein auch das Aeußere des Waldes kann vielfaͤltig ein Gegenstand zur Ergoͤ- tzung des Auges seyn. 1. B. S. 198. Geht seine Ausdehnung zu weit, so ist ihr Eindruck ver- loren, und die fortlaufende Einfoͤrmigkeit ermuͤdet das Auge. Sein Umzug muß in der Figur, in den Einziehungen und Vorruͤckungen Abwechselung zeigen. Er muß II Band. F die Zweyter Abschnitt. die Freyheit und angenehme Nachlaͤssigkeit haben, wodurch die Natur so sehr gefaͤllt; er muß mannichfaltig ohne Verwirrung, groß ohne Verschwendung, edel ohne Ver- letzung der Simplicitaͤt seyn. Ein Wald, der eine Anhoͤhe hinaufsteigt, und oben den blauen Horizont zur Graͤnze hat, faͤllt in dieser Lage groͤßer ins Auge. Allein er verliert viel von seiner Wirkung, wenn die nackte Spitze des Berges uͤber ihn emporragt; er muß sie ganz einnehmen. Er kann ihr selbst eine edle Erhoͤhung mittheilen, wenn sie gerade mit solchen Baͤumen, die am meisten aufschießen, bepflanzt wird. Noch mehr hebt sich die Pracht des Waldes, wenn sich zu seinen Fuͤßen ein heller See verbreitet. Und diese Scene wird ungemein durch das aufsteigende Mor- genlicht und die sinkende Abendroͤthe verschoͤnert, indem die Dunkelheit des Waldes zwischen dem geroͤtheten Himmel und dem Wasser, auf dessen Fluth sich der gebroche- ne Abglanz streut, einen herrlichen Contrast bildet, den die milden Widerscheine mit einem neuen Reiz umgeben. Auch zeichnet sich bey einem aufsteigenden Walde die Schoͤnheit seiner Oberflaͤ- che besser aus. Diese kann nicht ohne Mannichfaltigkeit gedacht werden; die Un- gleichheiten des Bodens, und die Verschiedenheiten des Wuchses und der Belaubung der Baͤume, erzeugen sie in der Natur. Eine Sammlung von Baͤumen, die alle oben auf ihren Haͤuptern eine glatte Flaͤche vorstellen, giebt einen unnatuͤrlichen und unan- genehmen Anblick; daher nichts mehr Ekel erweckt, als die Uebersicht von einer An- hoͤhe uͤber einen altfranzoͤsischen Garten mit lauter geschornen Hecken. Indem hie und da Baͤume uͤber die andern emporragen, so wird dadurch fuͤr das Auge eine anmuthi- ge Schattirung hervorgebracht, wozu selbst die Abwechselungen des Gruͤns nicht we- nig beytragen. Die Schoͤnheit einer wellenfoͤrmigen Oberflaͤche eines Waldes wird am gluͤcklichsten durch Baͤume von starken Zweigen und einer reichen Belaubung, wie unsere Eichen und Buchen sind, erreicht, indem Baͤume, die duͤnnes Laub und Aeste oder spitzige Gipfel haben, sich weniger dazu schicken. Sie wird nirgends mehr, als in einer gewissen Entfernung, besonders von einer kleinen gegenuͤberliegenden Anhoͤhe, empfunden. Weil der Wald ein Ganzes ausmachen muß, so muͤssen alle seine Theile, die verschiedenen Klumpen, die ihn bilden, zusammenhaͤngen, und ihre Verbindung auch in der Ansicht deutlich wahrgenommen werden; denn ohne diesen Zusammenhang wuͤr- de er nicht mehr ein Wald, sondern ein unordentlicher Haufe von Gruppen und Pflan- zungen seyn. Auch muß er in der Aussicht sich als ein einfacher Gegenstand auszeich- nen; er muß also abgesondert von den uͤbrigen Theilen der Landschaft vor dem Auge daliegen. Wo Vom Baumwerk. Wo in einer ausgedehnten Landschaft mehrere Waͤlder an einander haͤngen und eine Fortsetzung von Waldung bilden, die in einer langen Strecke umher den Horizont begraͤnzet; da wird die Aussicht vor dem Ueberdruß der Einfoͤrmigkeit durch hellere Zwischenraͤume von Bergen und Saatfeldern gesichert. Vor dem Zugange zu einem Walde, der auf einer Anhoͤhe liegt, geben kleine mit lichterm Gruͤn fanst aufschwellende Huͤgel eine liebliche Verzierung. Eine aͤhnli- che angenehme Wirkung wird durch kleine duͤnne Gruppen oder einzelne Baͤume er- reicht, die, in einem bestimmten Abstande, mit hellern Farben das Dunkle des Wal- des unterbrechen, und, indem der hinter ihnen befindliche leere Raum zwischen ihren Staͤmmen hervorscheint, zugleich eine reizende Perspectiv bilden. Ein Wald verstattet alle Arten von Gebaͤuden, von der verfallenen Einsiedeley bis zu dem praͤchtigsten Tempel, weil er eine Verschiedenheit von Gegenden zulaͤßt. Sie koͤnnen die Charaktere dieser Gegenden mehr bestimmen und verstaͤrken, wenn sie nur mit dem Revier, dem sie jedesmal zukommen, geschickt verbunden werden. Selbst ein reinliches helles Wohnhaus vor dem Eingange eines Waldes unterbricht sein dunkles Ansehen, und kuͤndigt schon aus der Ferne die sanfte Ruhe dieser gluͤcklichen Lage an. F 2 5. Wal- Zweyter Abschnitt. 5. Waldung . Unter dem Namen von Waldung (Holzung, Gehoͤlz,) begreifen wir eine un- ordentliche Sammlung von Wald, Klumpen, einzelnen Baͤumen und Gebuͤsch. Weil sie mehr aus Baͤumen als aus Straͤuchern und Gebuͤschen besteht, so ist sie noch von der Wildniß unterschieden, der sie sonst am naͤchsten tritt. Sie weicht da- durch vom Walde ab, daß dieser mehr aus ordentlichen Gruppen, aus Baͤumen von einem hohen Wuchs und schoͤnen Ansehen zusammengesetzt ist. Bey einer Waldung hingegen sind krumme und verzogene Staͤmme, dicke Gebuͤsche, labyrinthisches Ge- straͤuch, mit Baͤumen von einem guten Wuchs und Ansehen vermischt; wenig ange- nehme Gruppen, desto mehr Verwilderung der hoͤhern Staͤmme unter niedrigem Buschwerk, desto weniger freye und offene Plaͤtze. Auch jaͤhe Tiefen und steile Ab- saͤtze des Bodens scheinen zum Charakter der Waldung zu gehoͤren. Sie ist fuͤr Wild und Voͤgel, welche die Einoͤde lieben, ein sehr gesuchter Auf- enthalt. Und diese mindern den melancholischen Schauer, den die tiefen Senkungen des Laubwerks, die verschlossenen Aussichten und die umherschwebenden Verfinsterun- gen verbreiten. Die mannichfaltigen Mischungen des Laubes sind selbst dem Auge des Umherwandernden Ergoͤtzung. Seine geschaͤftige Phantasie belebt sich bey dem Anblick der einander durchkreuzenden Verwickelung der Baͤume und Gebuͤsche, und der niederhaͤngenden Verdunkelung; sie schafft sich aus den vorschwebenden Gestalten neue abentheuerliche Erscheinungen, die entstehen und beunruhigen, erfreuen und ver- schwinden. Eine Waldung ist, nach dem angezeigten Charakter, an wilden und romanti- schen Revieren fruchtbar, zumal wenn sie jaͤhe Niedrigungen des Bodens, steile, sich uͤber einander aufthuͤrmende und uͤberwachsene Anhoͤhen hat. Durch diese Lage ge- winnt sie auch leicht Waldstroͤme, die jenen Scenen zur Verstaͤrkung dienen. Weil selbst in einer Waldung, die in der Ebene liegt, der Spaziergang nur selten bequem ist, so ist man schon lange auf die Aushauung der Gehoͤlze zur Oeffnung der Wege und Aussichten gefallen. Allein man hat auch bisher bey dieser Gewohn- heit wenig auf die Regeln der Schoͤnheit geachtet. Man legt gemeiniglich die Gaͤnge alle in einer geraden Linie an, in welcher sie auf einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt laufen, von welchem das Auge in die uͤbrigen Gaͤnge nach allen Seiten blickt. Man bemuͤhet sich bey diesem sogenannten Stern, daß die Gaͤnge an Breite, Laͤnge und Aussicht eine vollkommene Gleichheit unter einander haben. So allgemein man den Gebrauch dieser Art von Anlage wahrnimmt, so steif und gezwungen ist sie doch. Es ist Vom Baumwerk. ist schon widersinnig, Regelmaͤßigkeit und Einfoͤrmigkeit in ein Werk der freyen Na- tur hineinzutragen, das diesen Zwang am wenigsten verstattet. Die Symmetrie, die wir in einem Gehoͤlze finden, kann zwar auf einen Augenblick uͤberraschen, weil man sie da nicht erwartete; sie wird aber bald ihre gewoͤhnliche Wirkung bey Gegen- staͤnden dieser Art, Ermuͤdung und Ekel, beweisen. Kennt man einmal die Anlage, so schleicht man nachher gerne in den Gebuͤschen auf den Seiten vorbey; man fliehet eine Anordnung, die auf einmal saͤttigt, und sucht auf den Pfaden der Natur ein Vergnuͤgen, das in der langsamern Fortschreitung sich laͤnger erhaͤlt, und durch im- mer neue Abaͤnderungen schmackhaft bleibt. Ein gerader Weg in einem Gehoͤlz ist zwar an sich nicht verwerflich: allein unnatuͤrlich wird er, sobald er sich in einer sehr weiten Strecke fortzieht; und eine Haͤufung solcher Wege ist der verwegenste Eingriff in die Rechte der Natur. Wo auch dem geraden Gange weder der Boden noch die Abstaͤnde der Baͤume entgegen sind, da muß doch seine Wahl durch irgend eine erheb- liche Absicht gerechtfertiget werden, z. B. das Auge auf ein ansehnliches Gebaͤude, oder auf einen wichtigen Prospect in der Ferne zu leiten, oder es durch eine schoͤne innere Perspective von waldigten Scenen oder kleinen Gehoͤlzen zu ergoͤtzen, die hinter einan- der liegen, mit Oeffnungen in einem jeden, wodurch der Blick zwischen mancherley Schattirungen und Abwechselungen von Tag und Daͤmmerung gelockt wird, bis er in der letzten Dunkelheit ruht. Demnaͤchst muß seine Breite keine voͤllige Gleichheit ha- ben; die Baͤume und Gebuͤsche zu den Seiten muͤssen sich sowohl in einer Verschieden- heit der Hoͤhe, als auch in einer natuͤrlichen Verbreitung ihres Laubwerks zeigen, so weit diese nicht durch die Nothwendigkeit der freyen Aussicht eingeschraͤnkt wird. Gaͤn- ge, die sich bald erheben, bald sich senken, bald diese, bald eine andre Kruͤmmung nehmen, sind nicht allein schon an sich abwechselnd; sie sind auch in einer Waldung durch die Ungleichheiten des Bodens und die Stellungen der Baͤume gleichsam von der Hand der Natur selbst vorgezeichnet. Sie sind auch dadurch wichtiger, daß sie die Wirkung ploͤtzlicher Oeffnungen und Erscheinungen von Gebaͤuden, den Eindruck von je- der einnehmenden Seltenheit, von jedem aufsallenden Contrast lebhafter empfinden lassen. Ueberall aber, wo freye Aussichten gegeben werden, muß auf die Beschaffenheit um- her Ruͤcksicht genommen werden. Zuweilen kann schon die Schoͤnheit des blauen oder mit Wolken bemalten Himmels eine Oeffnung verlangen. Allein Doͤrfer, Staͤdte, Schloͤsser, Seen, große Fluͤsse, ein Kranz von Bergen, Gebirge von einem kuͤhnen und erhabenen Charakter, Waͤlder, die sich in die blaͤuliche Ferne verlieren: alle diese mit ihren mannichfaltigen Gestalten und Lagen liefern doch vorzuͤglich Aussichten, de- ren Genuß die Seele hebt. Der Gartenkuͤnstler soll diese und aͤhnliche Prospecte nicht auf einmal, noch schon erwartet, erscheinen lassen. Er soll sie nach und nach, in einer F 3 allmaͤh- Zweyter Abschnitt. allmaͤhligen Fortschreitung, nach dunkeln Zwischenraͤumen, in welchen die Seele sich mit dem Nachgenuß erfreut, und noch keine neue Scene wieder erwartet, hervorbre- chen lassen, hier in freyer, dort in verschleyerter Schoͤnheit, mit allem Reiz der Ab- wechselung und mit der vollen Staͤrke der Ueberraschung. Er soll dadurch in der Seele eine Folge von Ruhe und Bewegung, von angenehmen, bald sanftern, bald lebhaf- tern Empfindungen, von Behagung, von Freude, von Entzuͤckung, von Bewunderung, von Erstaunen, hervorbringen. Nach diesen Bemerkungen wird man einsehen, daß das Aushauen der Gehoͤlze nicht blos eine Haͤndearbeit gemeiner Gartenknechte ist; und daß selbst ein Mann von Geschmack, der die Anordnung macht, lange uͤberlegt, und sich in die Charaktere der Landschaft und ihre Wirkungen auf die menschliche Seele hineingedacht haben muß. 6. Gebuͤsch . Gebuͤsch ist nach unsrer Eintheilung die erste Art von Zusammensetzung von Straͤuchern, die einzeln von geringer Wirkung sind, wie schon oben bemerkt worden. Allein durch Verbindung werden sie wichtiger. Sie koͤnnen zwar zur Verzierung ein- zelne Baͤume, die zerstreut unter ihnen erscheinen, zulassen, ohne daß dadurch ihr Charakter merklich veraͤndert wird. Indessen macht doch die Zusammensetzung der Straͤucher den wesentlichen Theil bey Gebuͤschen aus. Bey Vom Baumwerk. Bey Gebuͤschen kommt es vornehmlich auf die Beschaffenheit der Figuren und Farben der Blaͤtter sowohl, als auch der Bluͤhten an. Und diese Beschaffenheit lei- tet auf den Gebrauch, der von ihnen zu machen ist, und auf die Reviere, wo sie an- zupflanzen sind. Gebuͤsche geben fuͤr kleine Huͤgel eine uͤberaus angenehme Bekleidung. Sie koͤn- nen sowohl hier als auch auf ebenen Flaͤchen, wo sie zur Unterbrechung der geraden Linie dienen, zuweilen sehr malerische Gruppen bilden, wenn man sie naͤmlich nicht ohne Unterschied durch einander hinwirft, sondern sie nach der Verschiedenheit ihrer aufstei- genden Hoͤhe und nach den mannichfaltigen Schattirungen ihrer Blaͤtter und Bluͤhten ordnet. Sie locken durch ihren dichten Schatten und durch ihre Fruͤchte, mehr als Gruppen von lauter geraden Baͤumen, ganze Familien von Voͤgeln herbey, und wer- den dadurch ein Mittel der Belebung und des heitersten Vergnuͤgens. Auf Wie- sen, auf Rasenplaͤtzen, in Waͤldern, sieht man sie gern als anmuthige Verzierungen, wenn sie sparsam und mit Geschmack hingestreut sind. Der Wohlgeruch der Blumen empfiehlt einige Arten zur Bekleidung der Lusthaͤuser, zur Umkraͤnzung der Ruheplaͤtze, und zur Bildung der Lauben. 7. Wildniß . Von Gebuͤschen unterscheiden sich noch Wildnisse, ob diese gleich wie jene aus Straͤuchern zusammengesetzt sind. Jene stellen zerstreute Gruppen ver, sind mit ei- ner gewissen Auswahl angelegt und geordnet; diese machen unordentliche Haufen von mancherley Gebuͤsch und niedrigem Strauchwerk aus, zuweilen mit einigen Baͤumen unter- Zweyter Abschnitt. untermischt, alles ohne Cultur, der natuͤrlichen Verwilderung und der freyen Unord- nung ganz uͤberlassen. Keine Uebereinstimmung der Straͤucher; selbst Widerspruͤche in der Zusammenhaͤufung finden hier Platz. Wenn gleich Wege durchgebrochen seyn moͤgen, so sind Wildnisse doch eben nicht fuͤr den Spaziergang bestimmt. Sie die- nen vornehmlich als Mittel zur Unterbrechung und zum Contrast. Nach einer Reihe von anmuthigen Auftritten voll Cultur, Geschmack und Feinheit beweisen sie ihre gute Wirkung. Sie muͤssen aber von selbst aus der natuͤrlichen Beschaffenheit der Gegend entspringen, oder doch mehr freywillig entsprungen, als mit irgend einer bedaͤchtigen Wahl angepflanzt zu seyn scheinen. Nicht also an fruchtbaren, sondern an unwirth- baren und abgelegenen Orten, an einem langsam fließenden Wasser, das hin und wie- der durch den versteckten Fall ein dumpfes Gemurmel erregt. Die Wildnisse gehoͤren uͤbrigens zu dem Romantischen. Man muß sie nicht mit der Wuͤste verwechseln. Wo duͤrre unfruchtbare Sand- felder brennen, wo nackte Felsen und Steinhaufen sich uͤber einander draͤngen, wo fau- lendes stinkendes Wasser, der Aufenthalt der Schlangen und Eidexen, schleicht, wo der Wolf in versteckten Hoͤhlen auf den Raub lauert und selbst von dem naͤchtlichen Gebruͤll maͤchtigerer Ungeheuer geschreckt wird, wo ringsumher die oͤde verlassene Na- tur trauert, und keine Stimme des Menschen die ewige Stille unterbricht — da ist die Wuͤste. Aus den bisher angestellten Untersuchungen erkennt man schon eine Menge von mannichfaltigen Verbindungen und Anlagen, welche nach der Anleitung der Natur mit Baͤumen und Straͤuchern gemacht werden koͤnnen. Allein diese weise Lehrerinn geht Vom Baumwerk. geht noch weiter. Sie zeigt nicht blos die angenehmsten Gemaͤlde, die der Garten- kuͤnstler dem Auge durch die Mischung des Laubwerks schaffen kann; sie winkt auch auf mancherley Scenen zur Belustigung und feinern Beschaͤftigung der Seele in Gruppen, Hainen und Waͤldern hin. a. Malerey des Laubwerks. Ich darf es nicht wiederholen, welche Mannichfaltigkeit und wunderbare Mi- schung des Gruͤns die Natur in ihren Baͤumen und Straͤuchern ausgebreitet hat. Die Gestalt, die Groͤße, die Dichtigkeit und Duͤnnigkeit der Zweige, die Staͤrke und Leichtigkeit, die Steifigkeit und Beweglichkeit der Blaͤtter tragen auf verschiedene Weise dazu bey, die Schattirungen des Gruͤns zu vermehren. Außer unsern gewoͤhnlichen Waldbaͤumen bieten auch die Obstbaͤume, die man zuweilen aus den Pflanzungen nicht ohne Beleidigung ihrer Vorrechte ganz verbannt, oder doch an abgesonderten Plaͤtzen zu verbergen pflegt, die Abwechselung ihrer Far- ben an. Warum soll sich ein Kirschbaum nicht eben so frey zeigen duͤrfen, als eine Hagebuche? Außer der Schoͤnheit der Bluͤhte und Fruͤchte gefallen viele Fruchtbaͤu- me auch noch durch ihr Laub, das wenigstens zu Abaͤnderungen Anlaß giebt. Welche schoͤne Mannichfaltigkeit finden wir nicht schon in den gewoͤhnlichen Arten, die in den deutschen Gaͤrten gezogen werden! Und welche Malerey, und welcher liebliche Con- trast, wenn sie mit Ueberlegung und Geschmack unter die wilden Baͤume gemischt wuͤrden! Aber, ohne genaue Ruͤcksicht auf die Zeit und Dauer des ausschlagenden und fortbluͤhenden Laubes der wilden Baͤume, und auf die Zeit und Dauer der Bluͤhte und Fruͤchte der darunter gemischten Obstbaͤume, wuͤrde nur eine seltsame und ekelhaf- te Verwirrung an die Stelle einer harmonischen Verbindung treten. — Außerdem liefern uns die nordamericanischen Baͤume, die seit verschiedenen Jahren und an verschiedenen Orten schon unsere Pflanzungen erweitern, einen neuen Reichthum des Gruͤns im Baumwerk. Man hat lange Zeit hindurch die Baͤume als bloße Mittel der Beschat- tung angesehen, und man begnuͤgte sich, wenn dieses Beduͤrfniß befriedigt war. Auch der kleinste Garten enthaͤlt, ohne Schatten, in sich einen Widerspruch. Allein Be- schattung ist nicht alles, was der Geschmack verlangt. Auch ist der Schatten nicht immer da schicklich, wo seine Kuͤhlung erfreut; die Beschaffenheit des Platzes und der Scene muß die Entscheidung geben. Er wuͤrde z. B. uͤber eine Blumenflur hinge- worfen sehr uͤbel passen. An Grotten aber, an Einsiedeleyen und Baͤdern wird er gesucht. Zu viel und zu wenig Schattenwerk kann sowohl in einzelnen Theilen, als II Band. G im Zweyter Abschnitt. im Ganzen, ein Fehler seyn. Das Uebermaaß des Schattens giebt ein zu einfoͤrmi- ges und trauriges Ansehen. Allein maͤßige Beschattung befoͤrdert Ergoͤtzung, nicht blos fuͤr das Auge, sondern auch fuͤr das Ohr, indem sie einen geliebten Aufenthalt den Voͤgeln anbietet, deren Gesellschaft und Lieder so viel Aufheiterndes haben, daß es nicht zu begreifen ist, wie manche Eigenthuͤmer der Gaͤrten sich dieses Vortheils durch die Entfernung alles Schattigten berauben koͤnnen. Die Grade der Beschat- tung aber, das Mehr und Mindre, lassen sich nur aus dem Charakter eines jeden Gartens und seiner verschiedenen Reviere bestimmen. Und demnaͤchst muß das Auge nicht blos bey dem Gegenwaͤrtigen der Anlage ruhen, sondern auch auf den kuͤnftigen Anwachs hinaus schauen, und die Wirkungen berechnen, die in der Folge entstehen. Allein die Malerey des Laubwerks ist ein hoͤheres Erforderniß der Gartenkunst, als bloße Anlage der Schattenwerke; sie ist ein Erforderniß der Schoͤnheit, da jene mehr ein Beduͤrfniß der Bequemlichkeit ist. Schon durch die bloße Aufstellung mehrerer Arten von Baͤumen kann der Gar- tenkuͤnstler ohne Muͤhe Mannichfaltigkeit hervorbringen. Allein durch eine Verbin- dung mit Geschmack entspringt erst eine Mannichfaltigkeit, die mehr sein Werk ist. Wenn demnach verschiedene Arten von Baͤumen und Straͤuchern auf eine solche Weise vereinigt werden, daß dadurch fuͤr das Auge eine erhoͤhete Ergoͤtzung uͤber die Ver- haͤltnisse der Gestalten und Farben bewirkt wird: so thut der Kuͤnstler einen Schritt weiter, als die bloße rohe Natur; so handelt er als ein Mann von Geschmack. Nach diesem Beruf soll der Gartenkuͤnstler uͤberall, wo er Baumwerk anpflanzt, oder wo er es ausbildet, mit dem Landschaftmaler die mancherley Vortheile des Lichts und des Schattens der Natur ablauschen; nicht blos auf einzelne Gegenstaͤnde und auf einzelne Prospecte, sondern auf die Zusammenstimmung aller Theile, auf den Aus- schlag des Ganzen achten; sowohl die Wirkungen der Farben und Schattirungen in der Naͤhe bey einzelnen Scenen berechnen, als auch in Gesichtspuncten, wo aus der Ferne ganze Massen auf einmal wahrgenommen werden. Wir sehen, daß die Natur weder die Flaͤchen des Bodens, noch den Umfang der Waͤlder mit einerley Gruͤn, ohne Abaͤnderung und ohne Brechung, bekleidet. Wie schwach wuͤrde nicht durch das Gegentheil ihr Eindruck auf das Auge des Men- schen seyn! Nun aber ergoͤtzt sie, und hoͤrt nicht auf zu ergoͤtzen, sowohl durch har- monische Verbindungen als auch durch den Contrast des Gruͤns. In Ansehung einer malerischen Verbindung muß das mit Weiß und Gelb ver- mischte Gruͤn sich zunaͤchst dem Auge zeigen. Sodann das Lichtgruͤn, hierauf das Braungruͤn, und endlich das Dunkelgruͤn und Schwaͤrzliche folgen. Das Dunkel- gruͤn muß also in der Ferne sich verbreiten, und das Hellgruͤn sich am meisten in der Naͤhe Vom Baumwerk. Naͤhe zeigen; und zwischen ihnen koͤnnen alle mittlere Arten des Gruͤns nach ihren verschiedenen Graden liegen, sich bald mehr nach jener, bald mehr nach dieser Seite naͤhern. Zwischen einem Gelbgruͤn und Braungruͤn vertraͤgt sich sehr wohl das Lichtgruͤn in der Mitte; und das Braͤunliche scheint schon eine Vorbereitung zu dem Dunkelgruͤn und Finstern zu enthalten. Whately Betrachtungen uͤber das heutige Gartenwesen ꝛc. S. 39. hat schon bemerkt: „daß sich das gelbe und weiße Gruͤn leicht mit einander verbinde; daß sich aber große Stuͤcke vom lichten, gel- ben, oder weißen Gruͤn nicht wohl mit einem andern großen Stuͤcke von Dunkelgruͤn vermischen lassen; und daß, um in diesem Fall einen reizenden Auftritt zu bilden, ent- weder das Dunkelgruͤn eine bloße Einfassung ausmachen, oder ein Braun, oder eine mittlere Art von Gruͤn dazwischen gesetzt werden muß; daß Roth, Braun und die mittleren Arten von Gruͤn sich wohl zusammen vertragen, und daß sich ein jedes von diesen mit einer jeden andern Mischung verbinden laͤßt; daß aber das Rothe einen groͤßern Theil vom lichten als vom Dunkelgruͤn nahe bey sich vertraͤgt; wie es denn auch nicht eine so gute Mischung mit dem weißen, als mit den uͤbrigen Arten von Gruͤn zu machen scheint.“ Auf solche Beobachtungen muß der Gartenkuͤnstler seine Zusammensetzung gruͤnden. Bey der Verbindung der Farben selbst muß man, nach der richtigen Vorschrift eben dieses scharfsinnigen Beobachters, eine bestaͤndige Aufmerksamkeit auf die Figu- ren haben. „Diese,“ sagt er, „muͤssen nicht in langen Streifen hinter einander lie- gen, sondern entweder gaͤnzlich unter einander gemischt werden; oder, welches gemeini- glich noch weit angenehmer ist, ansehnliche Stuͤcke von verschiedenen Farben, deren jedes eine schoͤne Figur macht, muͤssen nach verschiedenen Verhaͤltnissen der Groͤße na- he an einander gesetzt werden. Man muß keine Genauigkeit in den Gestalten zu be- obachten suchen: denn sie kann nicht erhalten werden; wenn nur der Hauptumzug wohl gezeichnet ist, so werden kleine Veraͤnderungen, die nach und nach durch den Wuchs der Baͤume verursacht werden, sie nicht unkennbar machen.“ Diese Bemerkungen gehen auf Haine und Waͤlder, als ansehnliche Massen des Baumwerks. Und auch bey diesen ist nur der Contrast der Farben, der bey kleinen Gruppen und Gebuͤschen von ungewisser und wenig bedeutender Kraft seyn wuͤrde, zu suchen. Nur in ausgebreiteten Stuͤcken, zumal in einer gewissen Entfernung, kann der Contrast seine Wirkungen mit der gehoͤrigen Staͤrke beweisen, wie die Nacht des Tannenwaldes gegen das Licht der jungen aufsprießenden Saat, oder aufbluͤhende Eichen gegen den Buchenwald, dessen fruͤheres Laub sich schon dunkler faͤrbt. Allein bey Klumpen und kleinen Gebuͤschen herrsche eine sanfte und anmuthige Verbindung von wenig Farben, die sich leicht zu einander gesellen, sich in einander verlieren, wie die Farben im Regenbogen. Eine Gruppe kann oft einen so geringen Umfang und G 2 ein Zweyter Abschnitt. eine solche Stellung haben, daß sie blos eine einfache Farbe vertraͤgt. Will man durch Entgegenstellungen der Farben ergoͤtzen, so mag man die Gruppen als eine Samm- lung unter sich contrastiren lassen, da in einer einzelnen der Contrast zu seiner guten Wirkung nicht Raum genug hat. Man wird sie sodann nach eben den Bemerkun- gen, die oben von den Verbindungen und gegenseitigen Abweichungen des Gruͤns mit- getheilt sind, anpflanzen, und ihnen eine Anordnung und Stellung geben, wodurch das Ganze ein zusammenhaͤngendes und anziehendes Gemaͤlde ausmacht. Die Erfahrung lehrt, daß die Gegenstaͤnde immer unkenntlicher werden, je wei- ter sie sich von dem Auge entfernen. Nach dieser Beobachtung wird von zwo Grup- pen, die in gleichem Abstande liegen, und wovon die eine ein lichtes, die andere ein dunkles Gruͤn hat, jene den Schein einer weitern Entfernung haben als diese. Die Beschaf- fenheit des Hintergrundes veranlaßt eine neue Verschiedenheit. Ein Berg, noch mehr ein kahles Felsengebirge, das sich uͤber das Ende des Waldes oder der Pflanzung hoch emperhebt, vermehrt die Verdunkelung, da hingegen der Schein des blauen Hori- zonts sie mildert. Auch kann man die Entfernung tiefer machen, indem man das Gruͤn von Stufe zu Stufe immer mehr verdunkelt. Endlich ist eine verstaͤndige Mi- schung des Lichts und Schattens auch in der Gartenkunst ein reiches Mittel zur schein- baren Verkuͤrzung und Verlaͤngerung der verschiedenen Theile der Gehoͤlze. Der Gartenkuͤnstler muß so gut, als der Landschaftmaler, die Fertigkeit, uͤber alle Arten von Verhaͤltnissen nachzudenken, ein scharfes Auge und ein sicheres Gefuͤhl fuͤr die mannichfaltigen Wirkungen besitzen, welche Massen, Beziehungen und Entgegenstel- lungen in der Zusammensetzung hervorbringen. Er muß uͤber die Malerey des Laub- werks, als einen feinen und noch wenig ausgeuͤbten Theil seiner Kunst, ein vielfaͤltiges Studium selbst anstellen, da wir hier in einer Sache, die so sehr zusammengesetzt ist und worin fast alles von eigenen Beobachtungen und Versuchen abhaͤngt, nichts mehr, als einige Winke geben koͤnnen. b. Eini- Vom Baumwerk. b. Einige Waldscenen. Schon in Hainen und Waͤldern, die noch kein Geschmack verschoͤnert hat, fin- det der Freund der Natur Unterhaltung und mancherley Ergoͤtzung. Bald wandelt er unter der dunkeln Ueberwoͤlbung dickbelaubter Baͤume, und athmet eine erfrischen- de Kuͤhlung; bald betritt er einen offenen Rasenplatz, sieht mit freyem Blick die em- porsteigenden Gipfel und den Himmel. Bald beschaͤftiget ihn der kraftvolle Wuchs und die Hoͤhe der Baͤume, die glatte Rinde der Staͤmme, der Reichthum und die Gestalt der Zweige, ihr Emporsteigen oder Herabhaͤngen, ihre Verwickelung oder Luf- tigkeit, die Helle oder Dunkelheit, die Groͤße oder Zierlichkeit des Laubwerks, und die wunderbaren Spiele des Lichts und des Schattens. Bald ergoͤtzt ihn die Man- nichfaltigkeit und Lebhaftigkeit der Gebuͤsche, der Pflanzen und Blumen, die den Bo- den zieren. Er lagert sich zu ihnen auf den weichen Rasen, verliert sich in ihre Be- trachtung, und athmet die suͤßen Duͤste, womit sie seine Aufmerksamkeit belohnen. Bald gaukeln junge Schwaͤrme von bunten Insecten um ihn her; bald flattert ein un- bekannter Vogel vor ihm in den Weg hin, begafft den unerwarteten Ankoͤmmling mit aͤhnlicher Neugierde, lockt ihn durch freundliches Umherhuͤpfen und anscheinende Zahm- heit herbey, fliegt ploͤtzlich taͤuschend wieder auf, und beginnt von einem Gipfel, den schnell sein Gefieder ereilt, den ungekuͤnstelten Lobgesang der Freyheit. Andere stim- men in das Concert ein, und ein liebliches Gemisch von frohen Toͤnen unterbricht auf einmal die Stille, die in den Gebuͤschen herrschte, und erweckt weit umher den Wi- derhall. Die Einoͤde verwandelt sich in ein Lustrevier voll gluͤcklicher Geschoͤpfe, die in Freyheit und Liebe frohlocken; und ein hoͤheres Gefuͤhl von Wonne uͤber den allge- meinen Schoͤpfer der Wesen ergreift das Herz des vernuͤnftigen Beobachters. Er wandelt weiter, und sieht vor sich eine feyerliche Daͤmmerung hangen; naͤher wird er nach einer unerwarteten Wendung mit einer heitern Aussicht uͤberrascht. Er sieht das freudige Gewuͤhl der Aerndte in der Ferne, und hoͤrt Lieder der Liebe von ungelehrten Stimmen der Garbenbinderinnen heruͤberschallen. Bald unterhaͤlt ihn eine maleri- sche Durchsicht, und fuͤhrt den Blick von Gruppe zu Gruppe durch tausend spielende Bewegungen des Lichts und Schattens, bis auf einen huͤgeligten Hintergrund. Hier ruhet er, und schaut in eine Vertiefung auf einen finstern Dickigt hinab, worin ein un- gesehener Wasserfall rauscht. Indessen bereitet das untergehende Licht des Tages die herrlichste Verschoͤnerung dieser Scenen. Indem der brennende Abglanz die Gipfel roͤthet, so ergießt sich eine mildere Beleuchtung von Zweig zu Zweig durch die ganze mittlere Belaubung an Baͤumen und Gebuͤschen herab; die aͤußern Blaͤtter freuen sich G 3 stolz Zweyter Abschnitt. stolz ihrer Erheiterung, und die inwendigen scheinen sich eifersuͤchtig hervorzudraͤngen, um auch an der lieblichen Verschoͤnerung Antheil zu haben; ein sanfter Widerschein spielt hie und da auf dem Boden hin, und das kleinste Graͤschen erhebt seine Stirne bey dem Blick, womit die entweichende Koͤniginn des Tages es noch einmal anlaͤchelt. Unterdessen das Auge trunken an der Schoͤnheit dieser Scene haͤngt, so verbreitet sich die maͤchtige Musik der Waldhoͤrner mit ihrem herzerhebenden Widerhall in dieses Re- vier, um die Entzuͤckungen der Seele zu vollenden. Dies sind keine erdichtete Scenen; es ist die wahre, die unverstellte Natur selbst; es ist nicht alles, es ist nur ein kleiner Theil von ihr: und dennoch was sind gegen diese Auftritte alle eure hohe Hecken und lange Alleen, ihr verblendeten An- haͤnger einer eiteln Kunst? Aber laßt, statt dieser, den gesunden Geschmack zur Verschoͤnerung des Wal- des sich bescheiden naͤhern. Er wird nichts verunstalten, noch umwaͤlzen; er wird blos die Scenen, welche die Natur zu verschiedenen Arten der Ergoͤtzung und Unter- haltung bestimmte, auszuwaͤhlen wissen; er wird ihre Anlagen ausbilden, und ihre Wirkungen verstaͤrken. Hier wird er eine Scene voll suͤßer Lieblichkeiten eroͤffnen. Junge schlanke Baͤumchen umkraͤnzen in Gruppen den Fuß eines wellenfoͤrmigen Huͤgels, der durch eine Oeffnung, welche die hoͤhern Baͤume zulassen, uͤber eine reizende Aussicht von Bergen und Waͤldern in der Ferne gebietet, aus deren Mitte ein heller See hervor- glaͤnzt. Die uͤbrigen Seiten des Huͤgels sind mit waldigten Anhoͤhen beschattet. Auf seinem runden Gipfel erhebt sich ein feines Lustkabinet, woran die Haͤnde der Grazien geschaͤftig gewesen. Nahe umher duften die lieblichsten Blumen, die aus dem gruͤ- nen frischen Rasen hervorschimmern, der alle Abhaͤnge des Huͤgels bekleidet. Zwi- schen den Blumen um das Kabinet bis zu den Gruppen von Baͤumchen am Fuße des Huͤgels sind hier und da kleine bluͤhende Gestraͤucher zerstreut, die den Wohlgeruch der ganzen Gegend verstaͤrken, untermischt mit hoͤhern Blumenarten von mannichfal- tigen lebhaften Farben. Von den buschigten Anhoͤhen, die eine Mischung von Tag und Nacht verbreiten, ertoͤnen oft unterbrochen die Seufzer der einsamen Nachtigall herab. Alles schweigt umher bis auf sie, und das kleine Geschwaͤtz eines Baches, der zwischen Kieseln spielt. Alles ist ruhig, sanft und milde; die ganze Natur ath- met Friede. Sie scheint hier in sich selbst versunken, in den wolluͤstigen Genuß ihrer eigenen Reize. Seliger Aufenthalt der Zaͤrtlichen, die hier zuerst, zwischen Blu- mengebuͤschen und den Klagen der Nachtigall, die Suͤssigkeit der Liebe einathmeten! Eine Vom Baumwerk. Eine andere Scene ist besonders der Ruhe und Betrachtung gewidmet. Keine wichtige oder lebhafte Gegenstaͤnde, welche die Aufmerksamkeit der Seele heischen; keine weite Aussichten, die sie zerstreuen. Ein kleiner Platz mit einem dichten Ge- webe von Baͤumen umschlossen, mit einem ruhigen Gewaͤsser, worin sie ihr Haupt spiegeln, mit einem Kabinet, dem Lesen und dem Selbstdenken geheiligt, und mit so viel Oeffnung und Licht, als noͤthig ist, um diese Scene von der melancholischen zu unterscheiden, ist zu ihrer Einrichtung hinreichend. Reviere, wo man das Vergnuͤgen der Musik, oder des Tanzes genießen will, verlangen keine Aussicht; eine ruhige abgesonderte Lage ist ihnen mehr angemessen. Allein, außer dem Gebaͤude fordern sie einen freyen und beque- men Zweyter Abschnitt. men Vorplatz, auf welchem man umherspazieren kann, und einen angenehmen Schatten. Das Vergnuͤgen der Tafel ist in einem Walde doppelt reizend; man kann ei- gene Plaͤtze dazu absondern. Die Lage muß frey seyn, und eine heitre Aussicht haben; der Ausgang eines Waldes auf eine Anhoͤhe, wovon das Auge in die weite Landschaft hinausirren kann, scheint hiezu besonders bequem. Man freuet sich uͤber den Reiz der Prospecte, hat frische Luft, Freyheit und Heiterkeit um- her, und die Musik der Waldsaͤnger. Das Gebaͤude kann die Gestalt eines Tempels Vom Baumwerk. Tempels haben, und dadurch ein schoͤner Gegenstand im Prospecte seyn. Sein freyer Vorplatz dient zur Bewegung nach der Tafel. Allein weit edlere, nicht blos fuͤr die Sinne und die Einbildungskraft, sondern selbst fuͤr das Herz interessante Scenen kann uns der Wald darstellen. Wir kennen die Wirkung sanftmelancholischer Gegenden, worin die Seele von der Stille und Einsamkeit zu sich selbst gleichsam zuruͤckgeleitet wird, wo sie sich geneigter fuͤhlt zu einem sanften Staunen, zu einem angenehmen Versinken in sich selbst, zu einer mit Wehmuth und Behagung vermischten Erinnerung des genossenen Lebens, der Tage, die dahin schwanden und doch wieder gegenwaͤrtig sind, der Begebenheiten, die uns werth waren und uns jetzt ruͤhren, der Vorfaͤlle, uͤber deren Ausgang wir nun ver- wundernd hinschauen, — zum Nachgenuß unserer suͤßesten Lieblingsempfindungen, die sich jedes Herz, auch als wiederkehrende Phantasien, in dem Kreise seines Daseyns im- mer gern auszeichnet, — zu den ernsten und ungewissen Blicken, welche die scheue Hoffnung in die daͤmmernde Zukunft wirft. Man fuͤhlt, was man gewesen ist, und II Band. H ahndet, Zweyter Abschnitt. ahndet, was man seyn wird. Wir wissen, wie viel Kraft schon eine natuͤrliche Ge- gend hat, die Seele in diese Verfassung zu versetzen, und wie gern empfindsame Her- zen sie besuchen. Giebt man ihr eine mit ihrem Charakter uͤbereinstimmende Einrich- tung, die mehr zum Nachdenken veranlaßt, die mehr auf die Erweckung einer gewis- sen Art von Gemuͤthsbewegung hinwirkt: so muß sie unfehlbar einen unwiderstehlichen Eindruck gewinnen. Auf diese Weise kann man alle wichtige und edle Gefuͤhle hervorbringen. Man kann die Seele auf sich selbst zuruͤckfuͤhren; man kann sie durch Erinnerung an ein fremdes Verdienst mit Liebe, Bewunderung, Nacheiferung erfuͤllen. Und diese Wirkung koͤnnen Trauermonumente haben, die fast nirgends einen schicklichern Platz finden, als in einem dunkeln und einsamen Waldrevier. Man kann hier selbst Begraͤbnisse anlegen. Wie lange hat man nicht gegen die barbarische Gewohnheit geeifert, nahe an den Wohnhaͤusern in den Staͤdten, und selbst in den Tempeln der Gottheit, Leichname verfaulen zu lassen? Was der Moͤnch in Italien der weisen Obrigkeit willig zugab, und die Geistlichkeit in Frankreich sich ausdruͤcklich erbat, das Begraͤbniß außer den Staͤdten, das hat der Deutsche , der sich so gern seiner Freyheit ruͤhmt, noch nicht eingefuͤhrt, nur erst gelobt. Was koͤnnte Vom Baumwerk. koͤnnte indessen leichter und anstaͤndiger seyn, als daß ein Gutsbesitzer, wenigstens fuͤr seine Familie, in einem Theil seines Parks, oder in irgend einem Walde, einen Begraͤbnißplatz anlegte, und ihn zur Unterhaltung sittlicher Gefuͤhle einrichtete? Mit inniger Ruͤhrung erblicke ich hier Rousseau’s Grab, das Grab des Mannes, der so viel fuͤr die Menschheit empfand, und so viel von ihr litt. Sein Geist ist uͤber diese Scene erhaben, und wandert in bessern Gefilden; nur das, was er der Erde lassen konnte, ruhet hier im Angesichte der Natur, die er so wahr beschrieb, als er sie fuͤhlte. Ihm, dem Frankreich das erste Licht verdankt, das uͤber seine Gaͤrten aufgieng, S. 1 B. S. 129-132. Er starb den 2 Jul. 1778. ihm war nicht blos ein Denkmal, sondern selbst seine Ruhestelle in einem Park vorbehalten, den sein Freund, der Marquis von Girardin , mit eben dem Geschmack, womit er von der Kunst schrieb, S. 1 B. S. 134. Eine kritische Be- schreibung von Ermenonville findet man in Théorie des Jardins, 8. Paris, 1776. S. 236 u. s. w. zu Ermenonville , zehn Stun- den von Paris , angelegt hat. Hier hatte er unter dem Schutz der edelmuͤthigsten Gastfreundschaft, vor den Verfolgungen der Priester und der Freygeister verborgen, die Ruhe des Weisen, der selbst sich alles ist, wieder gefunden; und hier verlebte er H 2 seine Zweyter Abschnitt. seine letzten Tage in einem kleinen Hause ohnweit des Schlosses, aber doch von diesem durch Baͤume abgesondert, an der Seite eines Waͤldchens, worin er taͤglich spazierte und Pflanzen sammlete. Nun schlummert er hier die lange Nacht, das Gesicht ge- gen den Aufgang der Sonne gerichtet, auf einer kleinen mit Pappeln bepflanzten In- sel, die man seitdem Elysium nennt. Das Wasser, das sie umgiebt, fließt ohne Geraͤusch, und die Luͤfte scheinen sich zu fuͤrchten, die Stille der Scene durch die ge- ringste Bewegung zu unterbrechen. Der kleine See ist mit Huͤgeln umschlossen, die ihn von der uͤbrigen Welt absondern, und die ganze Gegend zu einem geheimnißvollen Heiligthum machen, das nichts Finstres oder Trauriges hat, aber zu einer sanften Melancholie hinreißt. Sie sind mit Waͤldern bedeckt, und endigen sich am Ufer des Wassers mit einsamen Gaͤngen, worin es nicht an empfindsamen Fremden fehlt, die nach dem Elysium hinsehen, und zuweilen hinuͤberfahren. In der Mitte steht uͤber den heiligen Reliquien das Monument in der Hoͤhe von sechs Schuhen, von sehr ein- facher, aber schoͤner Verzierung. Die hohen Pappeln, die von einem Boden empor- steigen, der mit Rasen bedeckt und einigen Rosen geschmuͤckt ist, bilden einen ehrwuͤr- digen Schatten, der sich durch seinen Widerschein in dem ruhigen Wasser verlaͤngert. Und der Gedanke: hier ruhet Rousseau! enthaͤlt alles, was die ruͤhrende Feyerlich- keit dieses Auftritts vollenden kann. Auch ein bloßes Trauerdenkmal kann oft ein Mittel sehr interessanter Erinnerun- gen seyn. Welcher weise Freund des einsamen Spaziergangs muß nicht lebhaft ge- ruͤhrt werden, wenn er in einem waldigten Revier auf ein Monument stoͤßt, das dem Andenken eines Mannes, den er schaͤtzen kann, geheiligt ist! Er wird uͤberrascht, tritt naͤher, und erkennt ihn, dessen Verdienst hier gehuldigt wird. Er sieht das aͤußere Denkmal, das der Seele die Wiedererinnerung erleichtert, sich zwischen schattenrei- chen Baͤumen bescheiden verbergen: ein Bild des Mannes, der alles in sich war, und sich in sich selbst zu verhuͤllen suchen konnte. Ein dichter Vorhang von Waldung be- graͤnzt umher das eingeschlossene Revier. In der Mitte ruhet ein stilles Gewaͤsser, woraus mit leisem Gemurmel ein kleiner Bach abfaͤllt, und am Fuß des Monuments wegschleicht. Der Mond steigt uͤber die Gebuͤsche mit seinem feyerlichen Licht herauf, und scheint am Himmel zu verweilen, um diese heilige Gegend zu beschauen. Sein blasses Antlitz glaͤnzt im Wasser wider; zwischen den Baͤumen und Gebuͤschen schleicht sein Silberschein, und verbreitet uͤber das Ganze eine liebliche Beleuchtung. Selbst das Monument scheint sich seiner sanften Erheiterung zu freuen; das Bild der Un- sterblichkeit, der Schmetterling, wird sichtbar, und der Gedanke des Todes gemil- dert. Kein Laut wird gehoͤrt; ringsumher tiefe Stille und Feyer. Von dem Ein- druck dieser Scene beherrscht, in seine Betrachtungen und in seine Wehmuth versenkt, lehnt Vom Baumwerk. lehnt sich der empfindende Beobachter an eine gegenuͤberstehende Eiche, sieht hin, wo das Mondlicht den Namen seines Sulzers Mein Wunsch am Beschluß des Vorberichts des 1. Bandes ward nicht erhoͤrt. Er starb am 25. Februar 1779. erhellet, sieht wieder weg, und eine Thraͤne faͤllt. — Noch mehr kann man die Bewegungen der Seele erheben, indem sich in Hai- nen und Waͤldern Kapellen, Oerter der Andacht und der Anbetung mit einem gluͤck- lichen Erfolge anlegen lassen. Man kennt die Ehrfurcht, welche die alten Deutschen und einige celtische Voͤlker fuͤr ihre geweiheten Waͤlder hatten. Die grausenvolle Hoͤ- he und das ehrwuͤrdige Alterthum der bemoosten Eichen, die erhabene Stille, die H 3 Dunkel- Zweyter Abschnitt. Dunkelheit, das feyerliche Rauschen der Gipfel in den Wolken, hatten, bey allem Man- gel des Geschmacks, bey aller Rohigkeit der Sitten, doch eine maͤchtige Wirkung, welcher ihre starken Herzen nicht widerstehen konnten. Und diese Wirkung kann noch mit Ueberlegung und Geschmack zu edlen Absichten erhalten werden. Eine waldigte Verdunkelung, wohin wir treten, ist schon Veranlassung zur Ruhe aller Sinne. Un- sre Seele wird auf einmal in eine Lage gesetzt, die ihre Thaͤtigkeit auf sie selbst zuruͤck- zieht; sie faͤngt bald an, sich mit sich selbst zu beschaͤftigen, ihren Phantasien nachzu- haͤngen, alte Ideen zuruͤckzurufen, und neue zu schaffen. Die geheimnißvolle Dun- kelheit, die tiefe Einsamkeit und feyerliche Ruhe, die großen Gegenstaͤnde der Natur unterlassen nicht, die Seele in dieser Verfassung maͤchtig zu ruͤhren, Bewegungen, die der Beschaffenheit der aͤußern Vorwuͤrfe gemaͤß sind, hervorzubringen, und ihre Wirkung selbst bis auf die feinsten Betrachtungen des Geistes auszubreiten. Und diese vorbereitende Empfindungen, diese heilige Schauer schicken sich sehr wohl zu den erhabenen Bewegungen, welche die Vorstellung und Anbetung des hoͤchsten We- sens, die Betrachtung seiner Groͤße und unserer Unterwuͤrfigkeit, das Gefuͤhl seiner Wohlthaten und die triumphvolle Aussicht in eine Welt, die uͤber die gegenwaͤrtige ist, hervorbringen. Die reiche Mannichfaltigkeit der Anlagen mit Baumwerk, die wir bisher auf un- serm Wege wahrgenommen haben, kann noch durch Geschmack und Erfindungsgeist sehr betraͤchtliche Erweiterung gewinnen. Und wie viel Abwechselung von Scenen und Ergoͤ- tzungen haͤtte man nicht dadurch den Gaͤrten geben koͤnnen! Allein die alte Kunst, die an der Vom Baumwerk. der Mannichfaltigkeit der Natur einen Ekel zu haben schien, suchte sie auf Wegen, worauf nichts anders als Einfoͤrmigkeit, unter einem leeren Scheine von Pracht, an- zutreffen war. Wir wollen noch einen Blick auf die Anwendung zuruͤckwerfen, die man vormals von Baͤumen und Straͤuchern in den Gaͤrten machte; nicht sowohl in der Absicht, um alte Misbraͤuche mit einem neuen Tadel zu verfolgen, als vielmehr um zu sehen, wie weit sich daraus noch einige nuͤtzliche Belehrungen herausheben lassen. aa. Baum . Schon bey einzelnen Baͤumen fieng die Verunstaltung der alten Manier an. Man vergaß zu bedenken, daß die Kunst nirgends ekelhafter ist, als wenn sie in Ge- genstaͤnde der laͤndlichen Natur gewaltsame Formen hineinzwingt. Ein schoͤner Baum in der freyen und nachlaͤssigen Ausbreitung seiner Zweige und Blaͤtter muß jedes un- verwoͤhnte Auge reizen; aber er muß misfallen, sobald ihn die freche Hand des Gaͤrt- ners in Kugeln, Pyramiden, Vasen und andere widersinnige Gestalten verkuͤnstelt. Man begnuͤgte sich nicht, einzelne Baͤume zu verunstalten; man legte von Gebuͤschen Kabinette, Speisesaͤle, Kloͤster, Theater, Triumphbogen an; man ließ nichts un- versucht, um diese kindischen Spielwerke so weit zu treiben, als man konnte; und alles dies in der seltsamen Meynung, dadurch gartenmaͤßige Schoͤnheiten hervor- zubringen. bb. Hecke . Dieser Geist der Verkuͤnstelung, der bey dem Einzelnen anfieng, breitete sich auch in der Zusammensetzung aus. Man zog Hecken, die durch die Versperrung et- was Aengstliches, und durch die Umformung in Waͤnde viel Widriges haben. Ihre Menge machte die Gaͤrten dumpfigt und traurig. Die Einfoͤrmigkeit war ihr Eigen- thum. Um ihre verdrießliche Einwirkung zu verbessern, gab man einigen aus den Hecken hervorragenden Baͤumen allerley Umbildungen in menschliche, thierische, oder andere eben so abgeschmackte Gestalten. Hier ist wenig angenehme Unterhaltung, noch weniger Unterricht. Nichts kann uns abhalten, die kuͤnstlich geschornen Hecken zu verwerfen, zumal da selbst in kleinern Gaͤrten Straͤucher und Gebuͤsche, die in ihrer natuͤrlichen Freyheit wachsen, sowohl Zweyter Abschnitt. sowohl zur Besetzung der Spaziergaͤnge, als auch zur Verdeckung widriger Ansichten weit vorzuͤglicher sind. cc. Allee . Wenn Alleen, die aus Baͤumen bestehen, da aus Straͤuchern und Gebuͤschen die Hecken zusammengesetzt sind, gleich wie diese, an den Seiten und auf der Oberflaͤ- che die Merkmale der Gartenscheere zeigen: so gehoͤren sie mit den Hecken in eine Klasse. Allein wenn sie blos eine regelmaͤßige Pflanzung vorstellen, wobey jeder Baum die Freyheit seines Wuchses ohne Verkuͤnstelung behaͤlt: so duͤrfen wir sie nicht ohne Un- terschied verwerfen, sie verdienen noch eine naͤhere Beurtheilung. 1. Es ist gewiß, daß die aͤlteste Kunst schon mit Anpflanzungen der Baͤume nach einer gewissen Ordnung den Anfang gemacht hat. Wenn der Quincunx auch wohl eben nicht die allererste Ordnung gewesen seyn mag, so ward er doch, wie wir zuver- laͤssig wissen, von den Roͤmern geliebt, zu welchen er von den Persern gekommen zu seyn scheint. Nach dieser Ordnung waren die Alleen der Roͤmer gepflanzt; da hingegen die kleinen Hecken, vornehmlich nach ihrer gegenwaͤrtigen Einrichtung, von den Franzosen erfunden, und von ihnen allmaͤhlig weiter verbreitet sind. Der Quin- cunx ist regelmaͤßig, und doch giebt er, wenn er zusammengesetzt wird, eine gewisse Abwechselung und Vermehrung der Aussichten. Indessen ist in den neuern Zeiten die Ordnung, da in zwo langen gerade fort- laufenden Linien Baum gegen Baum gestellt wird, am meisten beobachtet. Es laͤßt sich gegen diese Ordnung allerdings sagen, daß sie nicht natuͤrlich genug ist; daß sie bey einer betraͤchtlichen Laͤnge ermuͤdet; und daß ein Garten, der nichts als lauter ge- rade Alleen hat, dadurch ein steifes und einfoͤrmiges Ansehen gewinnt. Man em- pfand diese Unannehmlichkeit, und fuͤhrte in den neuern Gaͤrten eine oͤftere Abwech- selung der Alleen mit freyen Plaͤtzen, mit Buschwerk und kleinen Gruppen ein; oder man ließ den Garten, nach einer Menge von kuͤnstlichen Anordnungen des Baum- werks, nach und nach sich in das mehr Nachlaͤßige und Wilde verlieren. Dennoch haben Alleen ihre Empfehlung; und sie gefallen noch immer unter ei- ner gewissen Einschraͤnkung. Sie scheinen nicht ganz gegen die Natur, wenn sie nur nicht in einer langen Strecke sich fortziehen. Denn wir finden, daß der Wald seine Staͤmme nicht selten mit einer scheinbaren Ordnung stellt; doch ist die Linie bald wie- der Vom Baumwerk. der gestoͤrt. Alles kommt darauf an, entweder die Strenge der Regelmaͤßigkeit durch irgend eine kleine Veraͤnderung zu mindern, oder Alleen da anzupflanzen, wo selbst der Anschein der Regelmaͤßigkeit keine widrige Wirkung thut. 2. Die Regelmaͤßigkeit kann vornehmlich dadurch unterbrochen werden, daß man die gerade Linie zuweilen mit der schwankenden abwechseln laͤßt. Naͤchstdem kann auch zu dieser Absicht die Verschiedenheit der Abstaͤnde, der Hoͤhe, des Wuchses und des Laubwerks der Baͤume behuͤflich seyn. Die Baͤume moͤgen sich demnach bald naͤhern, bald sich etwas von einander entfernen; bald niedrige, bald hoͤhere seyn, bald mit schwachem Gebuͤsch abwechseln; hier sich die Schattengewoͤlbe zusammendraͤngen, dort eine lichte Oeffnung hervorbrechen; hier ein Einschnitt, ein Winkel, dort ein gerader zierlicher Fortgang erscheinen. Je weiter sich die Laͤnge der Alleen erstreckt, fuͤr desto schoͤner pflegt man sie ge- meiniglich zu halten. Allein eine gar zu ausgedehnte Laͤnge ermuͤdet durch das Leere des unermeßbaren Raums. Das Auge verliert sich in das scheinbare Graͤnzenlose, ohne durch einen aufsteigenden Gegenstand zur Beschaͤftigung aufgehalten zu werden. Man sollte indessen langen Alleen am Ende zuweilen eine kleine Kruͤmmung geben, so daß das Auge nicht den Ausgang durchschauen koͤnnte; die Aussicht verschwaͤnde zwar, aber die Einbildungskraft wuͤrde sich den Ort groͤßer vorstellen, und der Gedanke der Einsamkeit sich verstaͤrken. Eine kurze gerade Allee vor einem Landhause hat an sich nichts unschickliches. Sie mag sich hier in ihrer voͤlligen Regelmaͤßigkeit zeigen, indem sich von dem Ge- baͤude aus der Begriff von Kunst, Ordnung und Regelmaͤßigkeit verbreitet, und sich der Nachbarschaft mittheilt. Unter den Ueberwoͤlbungen zusammengezogener Baͤume findet der Bewohner einen bequemen Spaziergang bey der Hitze und beym Regen, kuͤhle Sitze im Freyen, und, wenn er will, seine Tafel. Indessen ist gewiß, daß auch kleine freye Gruppen um ein Landhaus nicht allein zu eben dieser Absicht dienen, sondern auch noch mehr dazu, das Gebaͤude in malerischen Durchsichten zu zeigen. Nichts ist gemeiner, als gerade Alleen als Zugaͤnge zu Schloͤssern und adelichen Landsitzen zu gebrauchen. Und nicht allein werden sie hier von der Bequemlichkeit empfohlen, sondern auch von der Neigung, nach einem bestimmten Gegenstande, der das Ziel unserer Bewegung und der Punct unserer Ruhe ist, bald und ohne aufhal- tende Umwege zu gelangen. Geht indessen die Allee eine lange Strecke in gerader Linie fort, so entspringt ei- ne gewisse Unannehmlichkeit, sowohl von der Einfoͤrmigkeit des Zuganges, als auch II Band. J von Zweyter Abschnitt. von der ewigen Unbeweglichkeit des Gebaͤudes, das immer auf derselben Stelle ohne die geringste Veraͤnderung vor Augen liegt, und wovon der Prospect in eine schmale und unbedeutende Ansicht verwandelt wird. Noch mehr wird die ekelhafte Einfoͤr- migkeit empfunden, wenn auf den Seiten des Weges alle weitere Aussicht gehemmt ist, und das Auge nicht in angraͤnzenden Gegenstaͤnden Zerstreuung des Verdrusses und der langen Weile suchen kann. Die gerade Linie zerschneidet außerdem den Bo- den in zwey getrennte Stuͤcke, und verunstaltet die schoͤnste Lage. Schon Home Grundsaͤtze der Kritik, in dem Kapi- tel vom Gartenbau und der Architektur. hat daher gerathen, einen schiefen Weg in einer schwankenden Linie vorzuziehen, mit einzelnen Baͤumen und andern zerstreuten Gegenstaͤnden dazwischen. In einem hin und her gehenden Zugange setzen die dazwischen stehenden Gegenstaͤnde das Haus dem Scheine nach in Bewegung; es bewegt sich mit dem Gehenden, und scheint seinen Weg so zu richten, daß es ihn, so zu sagen, gastfreundschaftlich auffaͤngt. Auch wird die Mannichfaltigkeit vermehrt; indem das Gebaͤude immer in verschiedenen Richtungen gesehen wird, so scheint es bey jedem Schritt eine neue Figur anzunehmen. Man sieht, beyde Arten des Zuganges haben ihre Vortheile; der gerade hat Bequemlichkeit, der gekruͤmmte Mannichfaltigkeit. Ist der Zugang kurz, so wird ohne Zweifel die gerade Linie vorzuziehen seyn; die andere erfordert einen laͤngern Raum, wenn sie von einer guten Wirkung seyn soll. Bey Zugaͤngen von einer weiten Stre- cke ist Kruͤmmung und Abwechselung unentbehrlich. 3. Ein schoͤnes Muster dieser Art befindet sich in England , zu Caversham bey Reading, dem Landgut des Lords Cadogan , wovon man die Beschreibung von der Hand eines großen Kenners Whately in den Betrachtungen uͤber das heutige Gartenwesen ꝛc. S. 171 u. f. hier mit Vergnuͤgen lesen wird. Der Zugang ist eine (engl.) Meile lang, und hat nirgends das Wohnhaus im Gesichte, bis er demselben ganz nahe kommt; und dennoch kann er niemals fuͤr irgend einen andern Weg angesehen werden, als er wirklich ist. Man findet nicht einmal einen Durchgang durch einen Park, der mit so vieler Unterscheidung angelegt, so deutlich bezeichnet, oder so uͤbereinstimmend fortgesetzt waͤre. Bey dem Eingang desselben stehen zu beyden Seiten ein paar artige Sommer- haͤuser, die durch einen leichten und offenen Pallisadenzaun von einander abgesondert sind, welcher sich uͤber die ganze Breite eines angenehmen Thals erstreckt. Die Straße ist an der Tiefe desselben laͤngst hingefuͤhret, indem sie bestaͤndig natuͤrliche und ungezwungene Wendungen macht, und bey jeder Kruͤmmung einen neuen Auf- tritt Vom Baumwerk. tritt ins Gesicht bringt. Endlich erhebt sich der Weg ganz allmaͤhlig und schief, an der Seite eines kleinen Huͤgels bis zu dem Wohnhause, wo man findet, daß die An- hoͤhe, welche nicht betraͤchtlich zu seyn schien, eine sehr erhabene Lage hat, zu welcher man auf diesem Zugange nur nach und nach und ganz unmerklich gefuͤhret worden ist, indem er sich nirgends aus dem Thale entfernt. In seinem Fortgange unterbricht er niemals die Scenen, durch welche er seinen Lauf nimmt. Die Gebuͤsche und unter- mengten Oeffnungen folgen ohne Absetzung auf einander, und uͤberkreuzen das ganze Thal. Die gegenuͤberstehenden Seiten haben ein Verhaͤltniß unter einander, indem sie blos mit einander verbunden sind, ohne sich gleich zu seyn, ohne einen Contrast ge- gen einander abzugeben. Kurz die Anlage scheint nirgends mit einiger Ruͤcksicht auf die Straße gemacht zu seyn, sondern die Scenen gehoͤren noch alle einzig und allein zu dem Park; eine jede unter ihnen ist vollkommen fuͤr sich erhalten worden, eine jede unterstuͤtzet sich selbst vermittelst des Raums, den ihr die Gegend vergoͤnnet. Bey dem Anfange des Weges sind die Anhoͤhen ganz allmaͤhlig, und mit eini- gen buschigten Hecken, Buchen und Eichen uͤberstreut; diese werden da vermittelst der Perspectiv dichter, wo sich das Thal kruͤmmet; und gleich bey der Wendung haͤngt ein großer Baumklump an einer steilen Anhoͤhe, von welcher verschiedene Gruppen, die nach und nach kleiner werden, bis sie sich in einzelne Baͤume verduͤnnen, herablau- fen, und sich in einem praͤchtigen Haine wieder vereinigen, welcher den Gipfel des entgegengesetzten Berges kroͤnet. Die Straße geht zwischen den Gruppen unter einem lichten und erhabenen Schwibbogen von Eschen hindurch; alsdenn fuͤhrt sie auf einen freyen Platz, der zur Linken nur mit einem einzelnen Baume, und zur Rechten mit verschiedenen Buchen bezeichnet ist, welche aber so nahe beysammen stehen, daß sie nur eine einzige vorzustellen scheinen. Dieser freye Platz endiget sich bey einem schoͤ- nen Haine, welcher an einem Orte eine vollkommene Finsterniß um sich herum verbrei- tet, an andern aber sich selbst in verschiedene dichte Gebuͤsche vertheilet, welche den Lichtstralen Oeffnungen verstatten, um zwischen ihnen durchzudringen. Darauf naͤ- hert sich der Weg einem Seitenthale, an dessen Rande er eine kleine Strecke hinfuͤh- ret, und welches sich ganz langsam aus dem Gesichte entfernet. Die Hoͤhen und Tiefen sind in demselben weit maͤßiger, und der Boden ist weit flaͤcher, als in dem Hauptthale. Daher sind auch in diesem die Seiten da, wo sie beyde zusammen lau- fen, weit eingezogener als vorher. Auf der entgegengesetzten Seite aber gehen die steilen Anhoͤhen und Gebuͤsche immer fort; und unter denselben ist ein schoͤner Huͤgel, von welchem sich zwey bis drey Gruppen von großen Baͤumen herabneigen, indem sie zugleich den Abhang von oben bis unten bedecken, und ihn gleichsam mit ihren gebo- genen Aesten umarmen. Auf diese folget eine offene Gegend, deren Abwechselung i n J 2 etlichen Zweyter Abschnitt. etlichen zerstreuten Baͤumen besteht; und mitten in derselben draͤngen sich einige praͤch- tige Buchen zusammen, und uͤberschatten den Weg, der an einem schmalen und dun- keln Orte zwischen denselben hindurch fuͤhrt. Bald darauf steiget er unter einem dich- ten Walde in den Garten zum Wohnhause hinauf, wo er auf einmal einen reichen und weit ausgedehnten Prospect eroͤffnet, indem man die Stadt und die Kirchen von Rea- ding deutlich vor sich sieht, und die Berge vom Windsorwalde am Horizonte erblickt. Eine solche Aussicht an dem Ende eines langen Zuganges wuͤrde hoͤchstens die Langweiligkeit des Weges einigermaßen ersetzt haben; hier aber ist der Zugang selbst eben so reizend, als das Ende desselben. Jedoch kann man auch von diesem sagen, daß eine gewisse Aehnlichkeit der Anlage darin hervorleuchte. Allein er hat alle Abwechselung offener Pflanzungen; und diese sind nicht unordentlich unter einander geworfen, sondern in verschiedene Scenen, welche sich alle besonders ausnehmen, abgetheilt. Die eine unterscheidet sich durch einen Hain; die andere durch Klumpe; und die uͤbrigen durch kleine Gruppen, oder einzelne Baͤume. Bald bedecken die Pflanzungen nur den Gi- pfel der Anhoͤhen, und verlieren sich gleich oben aus dem Gesichte; bald scheinen sie von dem obersten Rande, oder an den Seiten derselben herabzuhangen; an einem Orte ist die Tiefe von ihnen gaͤnzlich leer; an einem andern verbreiten sie sich uͤber das ganze Thal. Die Zwischenweiten sind oft nicht viel kleiner als Wildbahnen; an an- dern Orten sind sie nur schmale Luͤcken zwischen den Hainen, oder kleine freye Oeffnun- gen mitten in einer Waldung. Der Boden hat, ohne in kleine Stuͤckchen abgetheilet zu seyn, eine unzaͤhlbare Menge schoͤner Figuren von allen Arten bekommen, von der unmerklichsten Erhoͤhung an bis zu dem steilsten Absturze. Auch die Baͤume sind von verschiedenen Gattungen; und ihr Schatten wird von mancherley Gruͤn erzeugt. Der Schatten der Roßkastanien ist dunkel; die Buchen verbreiten eine groͤßere, aber nicht so melancholische Finsterniß; sie haben bisweilen einen so großen Umfang, sie schwel- len bisweilen in einer Reihe von so ungeheuren Massen auf, daß, ob sie gleich einan- der beruͤhren, sich dennoch ein finstrer Schatten zwischen ihnen herabsenkt, der ein je- des unermeßliche Stuͤck unter ihnen deutlich bezeichnet. Der leere Zwischenraum ist an einigen Orten mit andern Arten ausgefuͤllt. Die Ahornbaͤume haben eine so außer- ordentliche Groͤße, daß sie kein schlechtes Ansehen haben, wenn sie sich nahe bey den hohen Baͤumen des Waldes befinden. Große Hagebuchen, etliche Eichen, verschie- dene und besonders an einem Orte zu haͤufige Linden, diese Ueberbleibsel der ehemali- gen Zugaͤnge, sind hier und da untergemischt; und unter diesen allen erheben sich bis- weilen die laͤngsten Eschen, deren duͤnneres Laub den unten befindlichen Rasen nur gleichsam mit schattigten Flecken besprenget, indem zugleich ihre besondere Farbe dem Gruͤn der Gruppen, zu denen sie gehoͤren, eine angenehme Abwechselung giebt. 4. Inzwi- Vom Baumwerk. 4. Inzwischen sind Alleen, als besondere Zugaͤnge zu den Landsitzen, sehr entbehr- lich. Bey manchen Lagen, deren Eigenthuͤmliches in dem Freyen und Luftigen be- steht, wuͤrden sie sogar von einer nachtheiligen Wirkung seyn. Man hat sie vornehm- lich bey Wohnhaͤusern eingefuͤhrt, die in der Ebene liegen. Nicht selten verbergen sie den Anblick eines schoͤnen Gebaͤudes aus der Ferne; auch versperren sie, von dem Hause aus betrachtet, zuweilen alle erfreuende Aussichten in die Landschaft, und verbreiten uͤber den Sitz des Vergnuͤgens ein dunkles Ansehen. Nach dieser Wirkung, die so wenig heitern Landhaͤusern zustimmt, sehen wir doch hohe und weite Alleen noch jetzt nicht ungern als Zugaͤnge zu alten gothischen Schloͤssern. Sie haben hier nicht blos das Schickliche, sondern auch das Ehrwuͤrdi- ge und Feyerliche, das wir unter den hohen Gewoͤlbern und in den langen dunklen Gaͤn- gen der Domkirchen und alter Kloͤster zu empfinden pflegen. Die Hoͤhe und die Dun- kelheit erheben die Seele. Sie glaubt in die Zeiten der ehrwuͤrdigen Vorwelt versetzt zu seyn. Die Baͤume, die ihr Moos in den Wolken verhuͤllen und seit Jahrhunderten stehen, unterdessen daß ganze Menschengeschlechter untergiengen, die starken und plumpen Massen von Gemaͤuer, die zerstoͤrten Wohnungen alter Helden, die hin und wieder erschei- nenden Spuren von der Gewalt und von der Schwaͤche der Zeit, von Hinfaͤlligkeit und von Dauer, von Rohigkeit des Gefuͤhls und von gesunder Kraft der Vernunft — alles dieses giebt ein Gemisch sehr interessanter Bewegungen von Erstaunen und von Furcht, von Bewunderung und von Bedauern, von Ehrfurcht und von Selbstschaͤtzung. Niedrige und dunkle Alleen, die man oft mit dem Namen philosophischer Gaͤnge zu bezeichnen pflegt, muͤssen mit Scenen von diesem Charakter, z. B. mit Grotten, Ein- siedeleyen, eine Verbindung haben, zu ihnen fuͤhren, oder von ihnen ablaufen. Sie ma- chen ein Zubehoͤr einer einzelnen Parthie aus, und muͤssen daher eine verhaͤltnißmaͤßige Einschraͤnkung haben. In einer gewissen Entfernung von dem Auftritte, dem sie an- gehoͤren, koͤnnen sie selbst zu Mitteln der Ueberraschung dienen, indem sie ploͤtzlich auf heitre Aussichten fallen lassen. Man wird uͤbrigens leicht zugestehen, daß die natuͤrlichen Arten der Anordnung des Baumwerks, die wir bey den Gruppen, Hainen und Waͤldern bemerkt haben, dem reinen Geschmack der Natur und der Bestimmung der Gaͤrten mehr angemessen sind, und daher vor den Zusammensetzungen der Kunst ihre Vorrechte behaupten. Les Arts, ces esclaves serviles De nos Desirs efféminés, Transportent le luxe de villes Au milieu des champs étounés. J 3. No Zweyter Abschnitt. Nos yeux, qu’un vain charme fascine, Sont plus surpris que satisfaits; On quitte les jardins d’Alcine Sie waren doch mehr Gaͤrten der Natur als der Kunst. Der Dichter haͤt- te dagegen irgend einen von den Gaͤrten Ludewigs XIV, als einen mehr treffenden Gegensatz, waͤhlen sollen. Pour ceux que la nature a faits. Pourquoi, dans nos maisons champêtres, Emprisonner ces clairs ruisseaux, Et forcer l’orgueil de ces hêtres A subir le joug des berceaux? Qu’on vente ailleurs l’architecture De ces treillages éclatans: Pourquoi contraindre la nature? Laissons respirer le Printems. Quelle étonnante barbarie D’asservir la varieté Au cordeau de la Symétrie? De polir la rusticité D’un bois fait pour la rêverie, Et d’orner la fimplicité De cette riante prairie? BERNIS . dd. Laube. Vom Baumwerk. dd. Laube . Auch bey den Lauben verschwendete die alte Kunst die Symmetrie der Anord- nung und den Pomp der Verzierung. Sie wurden mit Gitterwerken, mit Bild- hauerey und Vergoldung uͤberladen, und die gruͤnen Blaͤtter konnten kaum Platz vor dem todten Holze finden. Man stellte sie, wie Buden auf dem Marktplatze, mit einer sehr uͤbel angebrachten Genauigkeit gegen einander, und ließ ihren Eingang mit Sphinxen, Drachen und andern widernatuͤrlichen und scheuslichen Bildern be- wachen. Es ist auffallend, wie sehr alles dieses gegen die Natur anspringt. Lauben sind Ruheplaͤtze, dem Genuß der Beschattung und Kuͤhlung, der Einsamkeit und der geselligen Zusammenkunft, der Beschaͤftigung des Geistes und dem Vergnuͤgen der Tafel gewidmet. Sie verlangen eine ruhige Lage, von dem Getoͤse sowohl als von der neugierigen Begaffung entfernet, eine reiche Ueberschattung, und, wenn es die Umstaͤnde zulassen, eine kleine Uebersicht von angenehm unterhaltenden Gegenstaͤnden. Die Natur bildet in waldigten Revieren von den dicken, ausgebreiteten und herabhangen- den Decken des Laubwerks ihre Lauben. Eben die Freyheit und kunstlose Nachlaͤssig- keit, womit sie bauet, soll der Gartenkuͤnstler in seinem Werke nachzuahmen suchen. Eine ungezwungene und edle Anlage der Baͤume und Gebuͤsche, freye Senkungen und Wallungen des Laubes, Ueberwoͤlbungen zum Schatten, kleine Oeffnungen, wodurch liebliche Lichter spielen, ein frischer mit Blumen untermischter Rasen, erquickende Wohlgeruͤche naher Gestraͤuche und Pflanzen, sind die vornehmsten Stuͤcke, auf wel- che die Natur hinweiset. Der Gartenkuͤnstler soll sie mit Geschmack weiter auszubil- den suchen, ohne sie mit unschicklichen Zusaͤtzen und leeren Kuͤnsteleyen zu verunstal- ten. Die natuͤrliche Einfalt ist der hoͤchste Reiz der Lauben. Sie dulden keine Pracht. Auf die Schoͤnheit der Blaͤtter und ihres Gruͤns, auf die Lieblichkeit der Bluͤhten, auf die Anmuthigkeit des Schattens und der kleinen Spiele des durchbre- chenden Lichts schraͤnkt sich ihr Werth mit prunkloser Bescheidenheit ein. In diesem reinen Geschmack der Natur schildert uns Milton Verlornes Paradies, 4. B. nach Zachariaͤs Uebersetzung. die reizende Laube der Eva . Ihr Zweyter Abschnitt. Ihr gewoͤlbetes Dach von dicken verwachsenen Zweigen War ein dichter verflochtener Schatten von Lorbeer und Myrte; Und was hoͤher noch wuchs, von starkem duftenden Laube. Ihre Seiten umschloß in gruͤnenden Waͤnden Acanthus, Und jedwede riechende Stande; die herrlichsten Blumen, Iris von mancherley Farben, Jasmin und Rosen erhuben Ihre Haͤupter darunter empor, und flochten mosaisch In die Waͤnde sich ein; den Boden stickten Violen, Krokus und Hyacinth mit reichem schimmernden Schmelze. Mit eben der gefaͤlligen Nachlaͤssigkeit muͤssen Bogengaͤnge, die eine Fortsetzung oder Verbindung von mehrern Lauben sind, angelegt seyn, entbunden von aller Ueber- ladung von Gitterwerk, der mehr natuͤrlichen Freyheit und kleinen Wildniß des Wachsthums uͤberlassen, nur aufgestuͤtzt, wo es Beduͤrfniß, und gesaͤubert, wo es Bequemlichkeit erfordert. Straͤucher mit breiten und glaͤnzenden Blaͤttern, mit Bluͤh- ten von lebhaften Farben und suͤßen Duͤften, rankende Pflanzen mit wohlriechenden Blumen empfehlen sich hier; und zu einer vorzuͤglichen Verschoͤnerung koͤnnen frucht- tragende Baͤume darunter gemischt werden. Es ist ein nicht geringes Vergnuͤgen, unter einem kuͤhlen Gewoͤlbe von gruͤnen Zweigen zu wandeln, zu sehen, wie hin und wieder zwischen dem Gedraͤnge der Blaͤtter eine reifende Pfirsich, oder eine Traube freundlich hervorlaͤchelt, hier zum suͤßen Genuß einladet, dort die Erwartung auf kom- mende Tage hinhaͤlt. ee. Labyrinth . Home Grundsaͤtze der Kritik. erklaͤrte die Labyrinthe (Irrgaͤrten, Irrgaͤnge) fuͤr ein bloßes Ge- taͤndel, und setzte sie unter den Werth der Raͤthsel herab; wenn auch die Gaͤn- ge und Hecken angenehm seyn moͤchten, so koͤnnten sie doch in Form eines La- byrinths zu nichts dienen, als zu verwirren; die Scharfsinnigkeit gebe keine Huͤl- fe, den Ausgang eines Irrgartens aufzuspuͤren, da sie doch bey der Aufloͤsung eines Raͤthsels fuͤr ein Verdienst gelte. Allerdings Vom Baumwerk. Allerdings war es eine gemeine und widrige Bestimmung der Irrgaͤrten, da auf nichts weiter gesehen ward, als den Spazierenden in eine Verlegenheit zu setzen, worin der Kluge nicht minder als der Einfaͤltige fallen kann. Auch floͤßten die engen Gaͤnge und die hohen Hecken, woraus die alten Labyrinthe be- standen, bey dem einsamen Herumirren leicht eine Bewegung von Furcht ein. Eine durchgaͤngige Leere machte sie verdrießlich; und die Hinstellung scheuslicher Statuen, zumal an Plaͤtzen, wo sie unvermuthet erblickt wurden, mußte durch den ploͤtzlich erregten Schreck, den die Einsamkeit verstaͤrkte, eine Art von Grau- samkeit scheinen, die zum Unwillen berechtigte. Denkt man die gesuchten und gekuͤnstelten Verwickelungen der Anlage hinzu, so sieht man leicht, wie wenig Beyfall die Labyrinthe der alten Kunst bey einem gesunden Geschmack hoffen duͤrfen. Inzwischen ist gewiß, daß waldigte und gebuͤrgigte Gegenden ihre natuͤrliche Irrgaͤrten haben, und daß es uns, frey von der Befuͤrchtung einiger Gefahr oder einer ewigen Umherirrung, zuweilen ein Vergnuͤgen ist, uns in diese Irr- gaͤnge mit einer ruhigen Sorglosigkeit zu verlieren, uns bald dem ernsthaften Denken, bald den zauberischen Spielen der Phantasie zu uͤberlassen. Selbst das Umherirren auf neuen oder weniger bekannten Pfaden giebt der Seele eine ge- wisse Beschaͤftigung, haͤlt die Erwartung rege, indem es sie bald mehr, bald minder taͤuscht, und uͤberrascht mit dem Vergnuͤgen, unvermuthet einen Ausgang zu treffen. Die Natur belebt diese wilden Irrgaͤnge gerne mit Pflanzen und Straͤuchern, die durch ihre Seltenheit oder Schoͤnheit zur Beschauung anhal- ten, mit kleinen Baͤchen und mit Voͤgeln, die hier ungestoͤrt umherflattern und singen. In einem Park, der mannichfaltige Gegenden in seinem Bezirk umfaßt, selbst in eingeschraͤnktern Gaͤrten, die an waldigte Berge und buschigte Wildnisse graͤnzen, lassen sich sehr angenehme Vortheile von solchen natuͤrlichen Irrgaͤngen gewinnen. Aber die Kunst muß es nicht wagen, hier ihre Kraͤfte zeigen zu wol- len. Das Nachlaͤßige und Verwilderte macht den wahren Charakter der Laby- rinthe der Natur. Ihr Eingang muͤßte nicht, nach dem vormaligen Geschmack, mit einem Gitterwerk oder einer Statue, nicht einmal mit einer zierlich gebauten Thuͤre, merklich bezeichnet werden; nichts muͤßte die Scene ankuͤndigen, noch durch die vorlaufende Vorstellung des Herumirrens die Wirkung der Bewegungen schwaͤchen, die in der Folge erweckt werden sollen. Ein kleiner anmuthiger Pfad reizte, ihn zu verfolgen; er lockte in ein Gebuͤsch von einer so einnehmen- den Lieblichkeit, daß man es nicht wieder verlassen koͤnnte. Die naͤchste Sce- ne fesselte noch mehr die Aufmerksamkeit, erregte noch mehr die Erwartung. Man II Band. K verloͤre Zweyter Abschnitt. verloͤre sich hinein, ohne sich dahin verlieren zu wollen, und wuͤrde gleichsam durch eine geheime Zauberey zu der angenehmen Irre verfuͤhrt. ff. Orangerie . Von den Agrumen, wohin nach der Eintheilung der Alten die Orangen, Limo- nen und Citronaten gehoͤren, die der Rit- ter Linné unter einem Geschlechtnamen Ci- trus vereinigt, findet man die zuverlaͤssig- sten Nachrichten in dem 3 Th. des Haus- vaters des sel. von Muͤnchhausen. Er besaß selbst einen Garten, worin man vom Anfang dieses Jahrhunderts an reiche Sammlungen der Agrumen zu machen an- gefangen, und der schon im Jahr 1714 aus 49 Arten Orangen, 133 Limonen und 38 Ci- tronaten bestanden. Die Orangerien, die in unsern Gaͤrten vormals noch mehr gesucht worden, als jetzt, verdienen hier gelegentlich noch ein Wort. Die Agrumen gehoͤren allerdings zu den edelsten und schoͤnsten Baͤumen. Ihr gerader Schaft und ihr herrlicher Wuchs, ihre immergruͤne glaͤnzende Blaͤtter, ihre weiße starkduftende Bluͤhte, ihre Fruͤchte von der schoͤnsten Farbe, vom Weißlichgel- ben bis zum Gold, zum Feuerrothen und zur dunkelsten Schattirung, die lange Zeit ihres Verweilens am Baume, da sie zuweilen funfzehn Monate zu ihrer Reife brau- chen, unterdessen neue Bluͤhten zwischen den goldenen Fruͤchten hervorbrechen, alles dieses vereinigt sich zu ihrem Ruhm. Auch sind sie in ihrem Vaterlande und in Ge- genden, wo sie in freyer Luft fortkommen, in den morgenlaͤndischen, italienischen , spani- Vom Baumwerk. spanischen Gaͤrten unstreitig die angenehmsten Baͤume fuͤr Spaziergaͤnge und Lust- waͤlder, die sie bis zum Entzuͤcken verschoͤnern. Allein man machte aus den Orangerien doch mehr als man sollte, da man glaubte, daß kein deutscher Garten ohne sie schoͤn seyn koͤnnte; ein Wahn, der nicht blos die Fuͤrsten, sondern auch die reichen Buͤrger beherrschte. Die Unterhaltung ei- ner großen Orangerie in Deutschland ist nicht allein deswegen abzurathen, weil sie sehr kostbar ist und viele Wartung erfordert, sondern auch, weil diese Baͤume un- ter uns nur kranke Fremdlinge sind, die, unserer rauhen Luft ungewohnt, sich immer nach den Gewaͤchshaͤusern, ihren Spitaͤlern, sehnen. Wie viele Baͤume und Straͤu- cher haben wir nicht, die unter unserm Klima sich vortrefflich befinden, und die uns durch Mannichfaltigkeit und Schoͤnheit genug ergoͤtzen, ohne daß wir noͤthig haͤtten, mit Kosten und Muͤhe auslaͤndische Gewaͤchse herbeyzuholen, die fast immer siechen und so leicht sterben! Nach der Einfuͤhrung der nordamericanischen Baͤume, die sich durch verschiedene Provinzen von Deutschland und selbst in der Schweiz zu verbreiten angefangen, hat sich die vormals schwaͤrmerische Liebe zu den Orangerien sehr gemindert. K 2 Dritter Dritter Abschnitt. Dritter Abschnitt. Von Blumen. B lumen nehmen nicht blos leeren Plaͤtzen das Oede, sie bezaubern auch rings um sich her durch die Schoͤnheit, Abwechselung und Mannichfaltigkeit der Farben, die der eifersuͤchtigen Kunst unerreichbar sind; sie begeistern durch die Anmuthigkeit des Geruchs, der vielen Geschlechtern eigen ist, und sind an sich so angenehme Gegen- staͤnde auf einem Gartenplatze, daß man lange glaubte, schon ihre bloße Gegenwart ma- che einen Garten, und bey ihrer Abwesenheit verschwinde auch aller Begriff vom Garten. Weil Blumen ein so herrliches Schauspiel fuͤr das Auge geben, und zugleich durch ihre Wohlgeruͤche so erquickend sind: so wuͤrde es unrecht seyn, sie aus der Nachbarschaft und von dem Anblick des Menschen zu entfernen, oder, wie es die alte Mode oft mit sich brachte, hinter Hecken und Gestraͤuchen zu verstecken. Die Wirkung der meisten Blumengeschlechter ist uͤberhaupt in der Ferne sehr schwach; sie verlangen also, dem Auge des Beobachters nahe zu seyn. Obgleich Blumen hie und da in einem Garten an schicklichen Stellen zerstreut werden koͤnnen, so ist doch die Gewohnheit zu billigen, nach welcher sie in der Naͤhe des Wohnhauses, um welches ohnedies etwas mehr Cultur und erhoͤhete Annehmlichkeit herrschen soll, um Lauben und andere Oerter, wo man oͤfter verweilt, angepflanzt werden. Daß der Platz, wo auserlesene Blumen gezogen werden, Einfassung habe, und uͤberhaupt eine mehr sorgfaͤltige Ordnung und Cultur zeige, ist gewoͤhnlich und nicht unrecht. Aber die altvaͤterische Weise, Blumenbeete zu zirkeln, sie in hundert kleine Theile zu zerschneiden und in kuͤnstliche Figuren von nachgeahmtem Laubwerk, in thierische und andere seltsame Gestalten zu formen, ist ein zu kindisches Spielwerk, als daß sie Nachsicht finden sollte. Addison nannte die Verfertiger der franzoͤsischen Blumenbeete Sonnetmacher in der Kunst; ein sehr gerechter Vorwurf. Die Wir- kung, die eine schoͤne Blumenflur hat, gewinnt durch die gezierte Ausbildung der Beete nicht allein nichts, sie wird sogar oft durch die widrigen Kuͤnsteleyen, die sich dem Auge zugleich entgegendraͤngen, geschwaͤcht. Und warum zu so vielen maͤchti- gen Schoͤnheiten der bluͤhenden Natur ein Behaͤltniß von so seltsamem Zierrath? Tragt die liebliche Weintraube auf ihren eigenen reinlichen Blaͤttern auf; reicht sie in einer zierlichen Pastetenform: und merkt, wo sie am meisten anlockt. Eine andre schon sonst bemerkte uͤble Wirkung der gewoͤhnlichen Blumenbeete ist diese, daß die symmetrische Stellung der Blumen ihre natuͤrliche Verschiedenheit verschwin- Von Blumen. verschwinden laͤßt. Und außerdem zerstreut die gehaͤufte Menge das Auge und schwaͤcht den Eindruck, den sie sonst machen wuͤrden. In dem ersten Punkt weicht man am meisten von dem Wege der Natur ab. In welchem Thale, in welchem Ge- hoͤlz, giebt sie ihren Blumen, auch wenn sie ein zahlreiches Geschlecht auf einem Platz hervorbluͤhen laͤßt, eine symmetrische Stellung? Hat sie nicht vielmehr ihre man- nichfaltige Blumen uͤber den ganzen Teppich der Erdflaͤche ausgestreut, daß sie mehr durch einen Zufall, als nach einer bestimmten Absicht, zu wachsen scheinen? Laßt uns den Schritten der Natur folgen. Wenn ausgesuchte Blumen, an- statt auf abgezirkelten Beeten gepflanzt zu seyn, hin und wieder nachlaͤssig in einem Boden von kurzem Grase angebracht, und mit artigen Feldbluͤmchen vermischt wer- den: so muß ein solches Stickwerk auf einem gruͤnen Teppich durch Mannichfaltigkeit und Contrast von einer sehr angenehmen Wirkung seyn. Man freuet sich, sie da zu finden, wo man sie nicht erwartete, und wo sie doch so wohl stehen, weil sie von der Hand der Natur dahin gesaͤet zu seyn scheinen. Ein gesunder Geschmack, der sich von den alltaͤglichen Blumenbeeten entfernt, wird in den Blumen selbst ein vortreffliches Mittel der Verschoͤnerung erkennen, wo- von sich ein mannichfaltiger Gebrauch machen laͤßt. Sie sind zuvoͤrderst ein Zubehoͤr der angenehmen, muntern und heitern Gegend; sie helfen vornehmlich die letzte bilden, und diese ihre natuͤrliche Bestimmung duͤrfen wir nicht uͤbersehen. Sowohl die Schoͤnheit der Farbe, als auch die Anmuth des Geruchs empfiehlt sie den Plaͤtzen, wo das Auge entzuͤckt werden soll, wo der Mensch sich den froͤhlichsten Empfindungen uͤberlassen will. Eben daher gefallen sie auch in Scenen des Fruͤhlings und des Sommers. Fuͤr geschmuͤckte Gegenden sind die edlern Geschlechter, fuͤr einfaͤltig laͤndliche die ge- meinen. Sie sind aber immer so sehr ein Eigenthum der angenehmen Gegend, daß sie eine jede, worin sie sich befinden, dazu erheben und selbst die Wildniß aufheitern. Der Vorplatz einer Grotte, eine melancholische Gegend wuͤrde wenigstens nur einige minder sich auszeichnende Blumenarten vertragen; Reichthum und Lebhaftigkeit der Farben wuͤrde bald eine veraͤnderte Scene hervorbringen. Jedes Lusthaus hingegen auf einer heitern Anhoͤhe, jedes Kabinet von einer freyen Lage, jede schattenreiche Laube liebt am Eingange und in der Nachbarschaft ei- ne Anpflanzung von Blumen. Hier, wo man gerne verweilt, wo das Auge mit Muße betrachtet, moͤgen die Geschlechter bluͤhen, an welchen die Natur am meisten die Schoͤnheit und Mannichfaltigkeit ihrer Farben verschwendet hat. Hier werden die Tulpen, Hyacinthen, Nelken, Anemonen, Aurikeln, Ranunkeln, Primeln, Iris, Balsamine, Mohn, Malven, Rittersporn, peruvianische Wunderviole, im Herbst die Asters u. a. sich freuen, den stolzen Pomp und den wunderbaren Reichthum ihrer Farben zu verbreiten, und in tausend Abwechselungen zu spielen. K 3 Andere Dritter Abschnitt. Andere steigende und rankende Blumen moͤgen hier an Waͤnde und Fenster hin- aufklettern, mit stiller Freundlichkeit hineinschauen, oder vom Hauch des Zephirs be- lebt ein liebliches Spiel des Licht und Schattens beginnen. Da, wo der Mensch ruhet, wo er sich dem Genuß seiner Gedanken und Phan- tasien uͤbergiebt, wo er lieber fuͤhlt als betrachtet, da sollen die wohlriechenden Blu- mengeschlechter den Kelch ihrer suͤßen, gewuͤrzhaften, erquickenden Duͤfte eroͤffnen, und seine Empfindung von der Wollust der Schoͤpfung durch die Befriedigung eines neuen Sinns erhoͤhen. Um Ruheplaͤtze und Schlafgemaͤcher, um Studierkabinette, um Speisesaͤle, um Baͤder, verbreite sich der Wohlgeruch der Maͤrzviole, der Mayblume, der Matronalviole, der Nachtviole, der gelben Viole oder Goldenlack, der Levkoyen, der Monarden, der weißen Narcisse, der weißen Lilie, der Hyacinthe, der Nelke, der Mignotte oder aͤgyptischen Resede, der Tuberose, der Tazette, der Jonquille u. s. w. Der Genuß dieser Wohlgeruͤche breitet auf eine unbeschreibliche Art eine gewisse Erqui- ckung und Milde uͤber das ganze Inwendige des Menschen aus, Ruhe der Seele und sanfterwaͤrmende Behagung. Außerdem sind Blumen ein treffliches Mittel, die Seiten der Lusthaine, der Gebuͤsche, der Wiesen, der Spazierwege einzufassen und zu verschoͤnern. Andre, als die Fritillaria oder Schachblume, die Orchis oder Stendelwurz, die Marienbluͤmchen, die wilde Narcisse, ergoͤtzen, indem sie im Grase und auf den Rasen zerstreut werden. Das schoͤnste Schauspiel geben die Blumen, besonders die sich durch die Helle und Lebhaftigkeit ihrer Farben und durch eine gewisse Hoͤhe des Wuchses auszeichnen, wenn sie mitten unter dem Grase und wilden Kraͤutern die Ufer der Baͤche und anderer Gewaͤsser bekraͤnzen. Der Widerschein im Wasser und die spielende Bewegung, die hier verdoppelt wird, giebt dieser Scene, die schon an sich ganz Natur ist, eine neue Schoͤnheit. Welcher Reiz fuͤr das Auge, wenn wir an den Ufern eines Baches hin- schleichen, und Feuerlilien, Kaiserkronen, Irisse, Schwerdtlilien, orientalischen Was- serpfeffer, Krullien, Narcißlilien, Fingerhut, Wasserhyacinthe, Weiderich, india- nisches Blumenrohr u. a. ihre mannichfaltige Farben durch einander in der hellen Fluth spiegeln sehen! Wenn man doch einigen Aufwand auf Blumen machen kann, so verdient ihn gewiß eine solche Scene; sie belohnt mit einem weit groͤßern Vergnuͤgen, als die Aufbewahrung seltener und kraͤnkelnder Pflanzen in einem kostbaren Gewaͤchshause. Noch ein anderer guter Gebrauch der Blumen ist die Bekleidung kleiner Huͤgel und Anhoͤhen, die oft keine andere Verzierung vertragen. Dies kann Veranlassung zu besondern Blumenscenen geben, zumal wenn man die Lage nach der Morgenseite waͤhlen kann. Nichts erhebt mehr den Glanz und die Pracht der Blumenfarben, als das Morgenlicht. Der milde Stral, der das Auge des Beobachters nicht beschwert, das sanft erwaͤrmende aufschließende Feuer, die Spiele des schraͤgfallenden Lichts, die Tropfen Von Blumen. Tropfen des Thaues, die sich im Glanze spiegeln und abtraͤufeln, die muthwilligen Umher- gaukelungen der erwachten Schmetterlinge und andere liebliche Zufaͤlligkeiten vereinigen sich, diese Scene zu verschoͤnern. Und hier laͤßt sich eine Malerey mit den Farben und Schattirungen der Blumen hervorbringen, die nur ein Werk des verstaͤndigen Garten- kuͤnstlers ist. Lange ist man beschaͤftigt gewesen, die verschiedenen Geschlechter der Blu- men in eine gewisse Symmetrie zu zwingen; aber nur selten hat man noch wohl daran gedacht, daß sich durch Mischung nach Hoͤhe, Groͤße und Farben sowohl der Gewaͤchse, als auch der Blumen selbst, ein schoͤnes Gemaͤlde gewinnen laͤßt, das aber ein feines Auge, genaue Kenntniß des Colorits und Beurtheilung erfordert, ehe es mit einiger Vollkommenheit erscheinen wird. Hier ist ein neues Feld der Beobachtung und des Studiums des Gartenkuͤnstlers. Er kann durch das Lebhafte und Frische den Blu- menmaler weit uͤbertreffen, da ihm die Natur selbst ihre Hand bietet. Allein die be- staͤndigen Veraͤnderungen, die taͤglich auf dem Schauplatze der Blumen vorgehen, ver- langen auch von ihm eine sehr sorgfaͤltige Achtsamkeit und eine fortdauernde Ueberle- gung. Er merke vornehmlich auf die Gewaͤchse, die gleichzeitig hervorkommen; und wenn er fruͤhere oder spaͤtere mit ihnen verbindet, so uͤberlege er vorher, welche Wir- kung der Unterschied der Staudenstaͤmme, der erst emporkeimenden oder ausschlagenden Blaͤtter und Knospen und Bluͤhten mit denen, die alsdann im vollen Flor stehen, her- vorbringen wuͤrde. Was rankig waͤchst, unbedeutende Farben hat, rauh und duͤrf- tig an Blaͤttern ist, schickt sich nicht wohl zur Malerey der Blumenflur. Die feinsten und lieblichsten Farben muͤssen dem Auge am naͤchsten seyn; die staͤrkern und leuchten- den mehr in der Ferne. Man steige von dem Weißen zum Strohgelben, vom Fleisch- farbigen zum Rosenrothen, vom Violetten zum dunkeln Blau, vom Goldgelben zum Purpurrothen, so wie man von ganz niedrigen Stauden von Stufe zu Stufe allmaͤh- lig zu den hoͤchsten steigt. Das Graue oder Braune oder Gruͤne der Staͤmme, die Verschiedenheit des Gruͤns der Blaͤtter, die Formen und Lagen sowohl von diesen, als auch von den Blumen selbst, alles dieses muß in Betrachtung gezogen werden. Die Uebergaͤnge gefallen, wenn sie nicht ploͤtzlich, sondern sanft und fortschreitend sind; die lichtern Farben muͤssen sich mit den dunkeln freundschaftlich zusammengesellen. — Eine Menge von andern kleinen Regeln wird die Pruͤfung eines geuͤbten Auges und anhal- tende Beobachtung von selbst an die Hand geben. Und diese Art der Aufmerksamkeit auf die liebenswuͤrdigen Geschlechter der Blumen, und auf die Verschoͤnerung ihrer Wirkungen, wird den Umgang mit ihnen, der selbst an Veranlassung zu sittlichen Be- trachtungen so reich ist, auch unterhaltender und anziehender machen. Da endlich die Natur von den ersten Tagen des Fruͤhlings an bis spaͤt in den Herbst eine so reiche Mannichfaltigkeit von Blumen hervorbringt, daß immer jeder Mo- nat Dritter Abschnitt. Von Blumen. nat verschiedene neue Geschlechter aufbluͤhen sieht: so giebt diese fortdauernde Folge einen Wink, die Scene, die diesen Schoͤnheiten gewidmet ist, niemals leer werden zu lassen. Da der Unterricht von der Erziehung und Wartung der Blumen nicht in den Plan dieses Werks gehoͤrt: so wird es hinreichen, hier aus der Menge der Schriften, die von diesem Gegenstande handeln, die beste An- leitung fuͤr junge Blumenliebhaber zu em- pfehlen, die mit großer Kenntniß, eigner Erfahrung und botanischer Genauigkeit ge- schrieben ist, naͤmlich des Herrn Superin- tendenten zu Dannenberg im Fuͤrstenthum Luͤneburg, F. H. H. Lueder Briefe uͤber die Anlegung und Wartung eines Blumengar- tens, 8. Hannover, 1777. Blumenhaͤndler finden sich in vielen ansehnlichen Staͤdten. Aus unsern Gegenden koͤnnen sich Liebha- ber besonders an die beruͤhmten Gaͤrtner, Herrn Johann und Matthias Klefeker in Hamburg wenden. Vierter Vierter Abschnitt. Von Rasen . F reye und offene Plaͤtze sind in einem Garten nicht allein der Gesundheit und Bequemlichkeit wegen noͤthig; sie sind auch einer besondern Anmuth und Schoͤnheit fuͤr das Auge faͤhig. Sie erheitern, nach dem Umherwandeln in einer schattigten Gegend, durch Himmel und Luft. Sie erfrischen in den kuͤhlen Stun- den des Morgens und des Abends, oder nach einem Sommerregen, indem die Wol- ken uͤber unserm Haupte umherschweben, und ihre lieblichen Malereyen bilden, ver- aͤndern, ausloͤschen. Sie eroͤffnen den Anblick der laͤngern Stralen und der Spiele des Regenbogens. Sie enthuͤllen auf einmal unvermuthete Prospecte, und lassen in ihrem Raum mancherley Scenen zu, die ihren Reiz ungemein erheben koͤnnen. Sie sind endlich fast von eben den sanften Wirkungen, die wir von den Wiesen 1 B. S. 202. angezeigt haben. Anmuthiger sind solche Plaͤtze, wenn sie gruͤne freye Rasen, als wenn sie so- genannte Parterre vorstellen, die entweder nackte sandigte Ebenen sind, der traurigste Anblick; oder in manche sonderbare Gestalten geschnitten, mit Buxbaum umfaßt, und hie und da mit Muscheln, mit gefaͤrbten Steinchen, und andern kindischen Spiel- werken ausgelegt. Doch franzoͤsische Parterre, zumal mit dem eitlen Pomp der neuern Zusaͤtze beladen, verdienen keine Vergleichung mit den freyen und edlen Ra- sen, die uns die Natur eher, als das Beyspiel des Englaͤnders, Die Lawns der Englaͤnder, die man gemeiniglich durch Wildbahnen uͤber- setzt, sind nichts anders als große Rasen- stuͤcke, freye, ebene, und mit einem schoͤnen Gruͤn bekleidete Plaͤtze, die mit Gebuͤsch, Hainen und Waldung umgeben sind. vorgezeigt hat. Denn wenn man die Rasen fuͤr eine Erfindung des Englaͤnders haͤlt, wie einige sie dafuͤr gehalten: so besinnt man sich nicht, daß sie schon lange vorher selbst in den Gaͤr- ten vorhanden gewesen, aber nur erst in den neuern brittischen Parks unter der Beguͤnstigung eines feuchtern Clima eine schoͤnere Ausbildung gewonnen haben. Bey II Band. L Vierter Abschnitt. Bey Rasen ist das erste Gesetz der Natur, daß sie weder in Quadrate, noch in eine andere kuͤnstliche Figur gebildet seyn sollen. Alles Regelmaͤßige ist hier so anstoͤßig, wie das Eckige, Scharfe, Spitzzulaufende. Die Graͤnzlinien muͤssen sorgfaͤltig bedeckt seyn, und nichts hervorscheinen, was eine kuͤnstliche Anlage von der Hand des Menschen verrathen koͤnnte. Denn ein angelegter Rasen wird erst in- teressant durch den Anschein, von der Natur selbst gebildet zu seyn. Ein vollkommen ebener Rasen, zumal wenn er ganz leer von andern Gegen- staͤnden ist, ermuͤdet bald nach der ersten Erfrischung, die er gegeben. Augenschein- lich kuͤnstliche Verunstaltungen, z. B. in Waͤlle, Festungen u. s. f. sind zu weit von der Bestimmung des Gartens entfernt, als daß sie auch nur geduldet zu werden hoffen koͤnnten. Kleine Ungleichheiten des Bodens vermehren die Schoͤnheit der Rasen, in- dem sie die Einfoͤrmigkeit der geraden Linie unterbrechen und angenehme Schattirun- gen veranlassen. In einigen brittischen Parks laufen sie uͤber kleine Huͤgel, die auf der einen Seite mit Baͤumen bepflanzt sind, breiten sich zwischen Grup- pen und Hainen aus, verlieren sich hier in dem dunkeln Schatten einer Wal- dung, und kommen dort an lichten Stellen wieder hervor; ein sehr malerischer Anblick! Je reiner, lebhafter und glaͤnzender das Gruͤn ist, desto anmuthiger sind uͤberhaupt betrachtet die Rasen. Auch hier lassen sich mannichfaltige Schatti- rungen anbringen, wozu, außer der natuͤrlichen Beschaffenheit des Grases, die Er- hoͤhungen und Vertiefungen des Bodens und ihre verschiedene Mischungen sehr viel beytragen koͤnnen. Wenn in einem sehr ausgedehnten Park sich mehrere Rasen be- finden, so muͤssen sie sich eben sowohl durch die Abwechselung des Gruͤns, als durch die Verschiedenheit ihrer Groͤße unterscheiden. Heiterkeit des Gruͤns ist uͤber- haupt das Eigenthum der Rasen. Nur zu einer melancholischen Scene, zu dem Zugang zu einer Einsiedeley, mag man Grasarten von einem dunkeln Gruͤn waͤhlen. Die Anordnung ausgebreiteter Rasen muß uͤberhaupt frey und ungekuͤnstelt seyn, und sich besonders nach der Lage des Platzes und der Auftritte richten, die ihn umgeben. Sie muͤssen vornehmlich nach verschlossenen Scenen und dunkeln Schattenwerken folgen, weil sie vermoͤge ihrer Natur den Begriff der Freyheit und Heiter- Von Rasen. Heiterkeit geben. Ihre Groͤße muß mit den uͤbrigen Theilen des Gartens, beson- ders mit den angraͤnzenden, in einem schicklichen Verhaͤltniß stehen. Weil sie schon an sich einen ansehnlichen Raum erfordern, wenn sie ihre Wirkung errei- chen sollen: so sind sie auch nur Gaͤrten oder Parks von einem betraͤchtlichen Um- fang angemessen. Allein auch hier duͤrfen sie nicht zu sehr vervielfaͤltigt wer- den. In einigen Parks der Englaͤnder, die zuweilen blos aus einer Samm- lung von Wildbahnen, Baumgruppen und Wasser bestehen, verdraͤngt oft sehr unrecht die Menge der Rasenplaͤtze andere Naturscenen von einer staͤrkern Ein- wirkung, und giebt dem Gemaͤlde ein zwar laͤndliches, aber zugleich einfoͤrmi- ges Ansehen. Ein gar zu weiter Umfang der Rasen schwaͤcht ihre Wirkung, aber durch Unterbrechungen wird sie gestaͤrkt. Auch gewinnen sie durch diese ein mehr na- tuͤrliches Ansehen, als wenn der ausgedehnte leere Raum in seiner ganzen Aus- wickelung da liegt. Zu den Unterbrechungen koͤnnen theils kuͤnstliche Gegenstaͤn- de, als Gebaͤude und Statuen u. a. theils Gruppen von Baͤumen dienen. Da- durch wird das Einfoͤrmige, das sonst ein solcher Platz hat, mehr vermindert und mehr Belebung hervorgebracht. Wir finden, daß Wiesen und gruͤne Plaͤtze fast nirgends angenehmer sind, als wenn sie in Waͤldern unerwartet hervorbrechen, und sich zwischen Gruppen von Baͤumen mit mannichfaltigen Wendungen fortschlaͤn- geln; wenn die Baͤume mit ihren zusammenstoßenden Haͤuptern einen dichten Kranz bilden und indessen zwischen ihren Staͤmmen freye Durchsichten verstatten; wenn hier das Gruͤn des Grases im Glanz der Sonne sich schoͤner faͤrbt, und dort nach Stellen, worauf eine erquickende Dunkelheit schwebt, im mildern Schimmer fort- spielt. Die Anmuth der gruͤnen Rasen kann mit dem Laube der Baͤume in einen Contrast gesetzt werden. Eine uͤberaus angenehme Malerey entspringt, wenn Frucht- baͤume mit ihrer vollen weißen und roͤthlichen Bluͤhte hin und wieder das frische Gruͤn des Bodens beleben. Auch koͤnnen Rasen hin und wieder durch kleine Blumengruppen von leuch- tenden Farben aufgeheitert werden. Nahe um Ruheplaͤtze und Lustkabinette koͤn- nen auch sehr schicklich wohlriechende Pflanzen, die sonst fuͤr das Auge keine Wir- kung haben, auf den kleinen Rasenstuͤcken zerstreut werden. Und hier sowohl, als um Baͤder und Grotten, wuͤrde vom Rosmarin, Lavendel, Majoran, Salvey, Krausemuͤnze, Thymian, gemeiner und tuͤrkischer Melisse, Quendel, L 2 Citronen- Vierter Abschnitt. Von Rasen. Citronenkraut, Ysop u. s. w. ein vortheilhafter Gebrauch zur Ergoͤtzung gemacht werden koͤnnen. Ueberhaupt ist es eine wichtige Pflicht des Gartenkuͤnstlers, nach der Anlei- tung der Natur in dem Bezirk seiner Beschaͤftigung uͤberall die nackte Erdflaͤ- che mit Gras und Kraͤutern zu bekleiden, und ihr das gesunde und muntere An- sehen zu verschaffen, womit sie in den fruchtbaren Landschaften dem Auge ent- gegen lacht. Fuͤnfter Fuͤnfter Abschnitt. Vom Wasser . W ie viel Schoͤnheiten und vortheilhafte Wirkungen das Wasser uͤberhaupt fuͤr die Landschaft hat, davon ist schon ein allgemeiner Begriff mitge- theilt. S. 1 B. S. 200 u. s. w. In Ansehung sowohl der Groͤße, als auch besonders der Ruhe und der Bewe- gung, zeigt uns die Natur das Wasser unter verschiedenen Gestalten und Charakteren. Sie zeigt es uns bald stehend, bald laufend, bald fallend. Zu dem ersten Charakter gehoͤren Meer, Landsee, Teich, Wasserstuͤck; zu dem zweyten, Strom, Fluß, Bach; zu dem dritten, Wasserguß, Wasserfall, Wassersturz (Katarakt). 1. Meer . Das Meer unterwirft sich zwar nicht der Hand des Menschen; es laͤßt sich zu kei- nem Theil seiner Anlage zwingen. Allein es kann doch durch die Aussicht mit seinen Sce- nen verbunden werden, so wie sich nur durch die Aussicht von ihm ein Gebrauch ma- chen laͤßt. Durch Bearbeitung und Bepflanzung des Ufers koͤnnen indessen die Pro- specte auf eine mannichfaltige Weise veraͤndert werden; und dadurch kann die Kunst eine Art von Herrschaft uͤber das ungeheureste Element erlangen. Das Meer ist eine Quelle sehr erhabener Bewegungen; es giebt alle die Em- pfindungen, die aus Tiefe, Ausdehnung und Unermeßlichkeit entspringen. Durch die Zufaͤlligkeit eines Sturms oder Gewitters stellt es die praͤchtigste und feyerlichste Scene vor, die das menschliche Herz ergreift, und es uͤber sich selbst erhebt. Und in den schwimmenden Palaͤsten, die oft blos am Horizont zu haͤngen scheinen, schwebt dem Zuschauer die Kuͤhnheit und Staͤrke des menschlichen Geistes immer vor Augen. L 3 Anhoͤhen Fuͤnfter Abschnitt. Anhoͤhen und Vorgebuͤrge am Meere geben zu Landhaͤusern, vorzuͤglich aber zu Schloͤssern, sehr herrliche Lagen, die durch das Kuͤhne und Außerordentliche sich aus- zeichnen. Gothische Schloͤsser mit vielen Thuͤrmen, und alte Kloͤster mit starken un- foͤrmlichen Massen scheinen sich besonders fuͤr eine solche Lage zu schicken. In einem Garten selbst, den das Meer bespuͤlt, lassen sich nicht allein uͤberaus wichtige und auffallende Prospecte und Oeffnungen zwischen Gehoͤlz, Felsen, und Bergen auf die Wasserflaͤche hin bilden, sondern auch starke Ueberraschungen gewin- nen. Bey einer solchen Lage kann man bequem einen feyerlichen Garten S. 1 B. S. 220-221. 229. schaf- fen, oder doch einem Theil diesen Charakter geben. 2. Landsee . Ein Landsee ist selten ein besonderer Theil eines Gartens, sondern wird die mei- sie Zeit nur durch die Aussicht oder durch die Angraͤnzung genossen. Allein dennoch ist Vom Wasser. ist in einem Garten von einem sehr weiten Umfange, in einem ansehnlichen Park, ein See ein Theil, der fast unentbehrlich scheint. Er belebt alle Scenen umher, reizt in der Ferne und unterhaͤlt in der Naͤhe; sein klares und ruhiges Wasser stralt die wech- selnden Farben des Himmels und die Verzierungen seiner Ufer verschoͤnernd zuruͤck; in seinem Umfange, in der Bildung seiner Einbuchten, in der Form und Beklei- dung seiner Ufer, in den Ungleichheiten ihrer Hoͤhe und Tiefe, in seiner Ver- bindung mit Huͤgeln, mit Gehoͤlz, mit Doͤrfern, ist er einer reichen Abwech- selung faͤhig; endlich giebt er Empfindungen der Ruhe und der sanften laͤndli- chen Ergoͤtzung. Ein See ist daher ein wichtiger Theil in einem Revier, wo diese Empfindungen gesucht werden. Er ist kein Zubehoͤr der melancholischen, noch der feyerlichen Gegend; er kann zwar in einer romantischen durch den Con- trast wirken; aber er bleibt doch immer das schoͤnste Eigenthum einer muntern und heitern Gegend. Der Charakter des Sees ist Ruhe, die er mit jedem stehenden Wasser gemein hat. Ihm fehlt eigene Bewegung. Allein der erste Hauch des Windes kraͤuselt sei- ne Oberflaͤche, und seine Wellen fangen an zu spielen. Durch diese Bewegung wird die Scene frischer, lebendiger und anziehender. Wer verweilt nicht mit Ver- gnuͤgen bey dem leichten Geplaͤtscher, bey dem Spiel der Wellen und der Lichtfun- ken, die auf der Fluth umherflimmern und verloͤschen? Allein diese Bewegung wird selten so stark werden, daß sie, wie das Meer, Empfindungen von einer hoͤ- hern Art zu erwecken faͤhig wuͤrde; sie wird bey dem engern Bezirk des Sees, bey der mehr beschuͤtzten Lage, bey der gewoͤhnlichen Umfassung von Huͤgeln oder Gehoͤlz, sich in einer gewissen Maͤßigkeit erhalten, wodurch die Wirkung dieser Scene, Ruhe und sanfte Belustigung, unveraͤndert bleibt. Ein See von einem sehr weiten Umfange wird vortheilhafter in die Augen fallen, wenn er entweder mit Inseln unterbrochen ist, oder sich hinter Waldun- gen und Huͤgeln verliert. Der See laͤßt Einbuchten zu, die zur Vermehrung der Abwechselung dienen; und seine Ufer koͤnnen bald durch Erhoͤhung, bald durch Niedrigung, bald durch anliegendes Gebuͤsch, bald durch uͤberhaͤngende hohe Baͤu- me eine unterhaltende Verzierung gewinnen. Hier zieht sich ein kleines Vorgebuͤr- ge oder eine Reihe von Huͤgeln, an deren Abhange zerstreute Schafe klettern, tief in den See hinein; dort scheint ein Hain mitten im Wasser zu schwimmen; an dieser Seite schlaͤngelt sich ein schmaler gruͤner Rasen, von Baum und Gebuͤsch entbloͤßt, ins Fuͤnfter Abschnitt. ins Wasser, einige darauf umhergrasende Rinder scheinen sich aus der Fluth zu erheben, und begaffen in stummer Verwunderung ihren Widerschein; an jenem Ufer verschwindet das Wasser in die Oeffnung eines dunkeln Eichenwaldes hinein, und wohin das Auge nicht mehr reicht, fliegt noch die Einbildungskraft nach. Nichts ist so reich an gefaͤlligen Verbindungen und Verschoͤnerungen, als ein See; nur allein mit einer Waldung, in wie vielen abwechselnden Gestalten und Pro- specten kann er nicht erscheinen! Und welch ein Genuß, in allen seinen Schoͤn- heiten, in dem ganzen Reize seiner Widerscheine, von einem Berge betrachtet! Der Gartenkuͤnstler darf hier nur anschauen, und bilden, wie die Natur bildet, im- mer frey und immer mannichfaltig. Wo durch die Kunst Seen angelegt werden, da ist alles sorgfaͤltig zu verber- gen, was diese Schoͤpfung verrathen koͤnnte; und vornehmlich ist in Ansehung der Bildung der Ufer viel Aufmerksamkeit noͤthig, um wenigstens den Anschein der Natur nicht zu verfehlen. Der Umfang des Wassers muß mit der Gegend in einem schicklichen Verhaͤltnisse stehen. So wie ein kleiner Bach in einer ausge- dehnten Ebene sich verliert, und ohne allen Eindruck ist: so kann eine gar zu aus- gebreitete Wasserflaͤche die Wirkungen der uͤbrigen Gegenstaͤnde in der Landschaft vermindern. Durch Erhoͤhungen des jenseitigen Ufers, durch Anpflanzungen ho- her Baͤume von einer starken Beschattung, durch Gebaͤude mit einem lebhaften Anstrich, lassen sich die Graͤnzen enger zusammenziehen, und die Entfernungen verkuͤrzen; so wie im Gegentheil durch Senkungen des Ufers, durch Wegschaf- fung aller emporragenden Gegenstaͤnde, das Auge mit einer scheinbaren Vergroͤs- serung getaͤuscht wird. Faͤllt ein See auf einmal ganz in die Augen, so muͤssen seine Ufer reich und mannichfaltig verziert seyn; denn bey einer oͤftern und laͤn- gern Beschauung bemerkt man doch auf einer solchen Wasserflaͤche eine gewisse Einfoͤrmigkeit, die selten, wie auf dem Meere oder auf schiffbaren Fluͤssen, durch Fahrzeuge unterbrochen wird: das Auge muß also in der Nachbarschaft des Sees Gegenstaͤnde entdecken, die es anziehen und beschaͤftigen. Einbuch- ten und Auslaͤufe duͤrfen nicht zu haͤufig seyn, weil sie sonst nichts von ei- ner bestimmten Form uͤbrig lassen, und den Eindruck des Ganzen zu sehr zer- streuen wuͤrden. Eine Reihe von gleichfoͤrmigen Buchten wuͤrde eben so schwach wirken, als eine Folge von kleinen Beeten im Kuͤchengarten oder von symme- trisch zertheilten Kornfeldern; eine solche Scene ist zerrissen, aber nicht mannich- faltig. Daß uͤbrigens ein angelegter See von keiner vollkommen regulaͤren Fi- gur, Vom Wasser. gur, weder in ganz gerader Linie, noch viereckt noch zirkelrund seyn soll, wird wohl keiner weitern Entwickelung beduͤrfen. Inseln dienen in einem See sowohl zur Unterbrechung der leeren Wasserflaͤche, als auch zur Bereicherung der Scene. Man sieht sie daher fast immer mit Vergnuͤ- gen, zumal da sie der schoͤnsten malerischen Lagen faͤhig sind. Dennoch sind sie nicht immer noͤthig, und man darf in einem von der Kunst angelegten See sie nicht uͤberall anzubringen suchen. Zuweilen koͤnnen sie selbst einen schoͤnen Prospect von Wasser verderben, wenn sie naͤmlich fuͤr den Bezirk zu groß entworfen sind, oder das zwischen ihnen und dem jenseitigen Ufer befindliche Wasser nicht uͤbersehen werden kann, und sie daher mit dem Lande zusammenzuhaͤngen scheinen, oder wenn sie in Ge- straͤuch, in Schilf und Rohr zu sehr verwildern. Wo mehrere Inseln sind, da muͤssen sie sich durch Verschiedenheit der Gestalt und der Ausstassirung unterscheiden. Zwey bis drey Inseln koͤnnen einem See von einigem Umfange schon Abwechselung genug geben. Die Vielheit der Inseln zerstoͤrt den Charakter des Sees, der dadurch in ein II Band. M bloßes Fuͤnfter Abschnitt. bloßes Wasserstuͤck verwandelt wird. Man muß also auch hier den Anlagen nicht durch das Ueberfluͤßige schaden. Eine ganz nackte Insel wuͤrde einen widrigen Eindruck ge- gen die uͤbrigen Schoͤnheiten der Scene machen; eben so wuͤrde eine gar zu verschwen- drische Bepflanzung nichts von der Anmuth kleiner Flaͤchen durchscheinen lassen. Er- hoͤhung und Senkung des Bodens, Abwechselung bepflanzter Stellen mit freyen Plaͤ- tzen ist auch hier zu empfehlen. Gruppen von schoͤnen Baͤumen an dem Rande des Wassers geben mit ihren Widerscheinen einen reizenden Anblick. Spaziergaͤnge auf buschigten Anhoͤhen umher mit Lauben voll heiterer Aussichten, Ruhesitze unter den Kuͤhlungen des Schattens und des Sees, Einsiebeleyen an verborgenen Plaͤtzen, wo das Schilf rauscht und das Wasser plaͤtschert, Fischerhuͤtten zur Belustigung mit dem Fang, einige Kaͤhne oder Boͤte umher zur Lustfahrt oder zum Vergnuͤgen der Enten- jagd — alles dieses scheint zur schicklichen Ausstaffirung einer Insel zu gehoͤren. Wenn man nicht etwa einer Insel den Charakter einer voͤlligen Einoͤde geben, oder sie zur Aufbewahrung eines Trauermonuments einrichten will, wiewohl die freye Lage auf ei- nem hellen See mit einer solchen Bestimmung wenig harmonirt: so kann man ihr alle anmuthige Auszierung geben, alles, was von ferne her Cultur und Beschaͤftigung an- kuͤndigt, und selbst eine Verschoͤnerung mit edlen Gebaͤuden. Beschreibung Vom Wasser. Beschreibung von zween beruͤhmten Seen . a. Der See zu Keswick. Youngs Reise durch die noͤrdlichen Provinzen von England, 2ter Th. 17ter Br. Der See zu Keswick ist in ganz England beruͤhmt. Man schaͤtzt ihn auf zehn (englische) Meilen im Umkreise. Er ist laͤnglich und mit erstaunlichen Bergen ein- gefaßt, die einige Monate im Jahre mit ihren Spitzen in den Wolken stehen. Die beste Art ihn zu besehen ist, mit einem Fahrzeuge laͤngst dem Ufer in der Runde her- um zu fahren und dann und wann auszusteigen, um die schoͤnen Prospecte zu be- trachten. Von der Stadt geht man nach Cockshuthill, einem kleinen Huͤgel in dem Am- phitheater von Bergen, der erst vor einiger Zeit bepflanzt ist. Die Aussicht uͤber den See ist hier praͤchtig. Man hat eine schoͤne Flaͤche Wasser vor sich, darin man fuͤnf Inseln bemerkt, und gleichwohl hoch genug steht, um das Wasser rings um sie zu sehen. Die mittelste hat wohl fuͤnf Morgen Wiese und ein Haus, das unter ei- nem Klumpen von Baͤumen steht. Eine andre ist mit Fichten besetzt, und die drey uͤbri- gen liegen in noch mehrerer Entfernung. Dies ist die Flaͤche des praͤchtigen Amphi- theaters. Die Waͤnde sind in einem eben so erhabenen Stil. Zur Linken bemerkt man zuerst einen felsichten Huͤgel, der mit allerley Gestraͤuche besetzt ist, und weiter hin eine Kette der schrecklichsten Felsen auf vierhundert Ellen hoch. Unten am Fuße stehen Baͤume, uͤber welche das nackte Haupt der Felsen hervorragt; zuletzt scheint sich der See zwischen Bergen und Felsen zu verlieren; einer ist immer hoͤher als der andre, welches dem Ganzen ein wildes Ansehen giebt. Auf der Seite gegenuͤber liegt eine große Menge Huͤgel, und weiter zuruͤck der Skiddow, der hoͤchste von allen umliegenden Bergen, dessen Spitze bis in die Wolken steigt. Von diesem Huͤgel geht man zum Boote hinab. Das Wasser des Sees ist unglaublich klar; auf dem Grunde liegen nichts als Steine, darunter die weißen, durch die zitternde Bewegung des Wassers, wie Diamanten schimmern. Man faͤhrt laͤngst der linken Kuͤste hin, deren Klippen bald in den See hineinragen, bald sich zu- ruͤckziehen, und kommt an Wallow-Cray, einen der vorher erwaͤhnten ungeheuern Felsen, von dessen Fuße man einen artigen Prospect hat. Die Felsen und Gebuͤrge umher stehen praͤchtig da, und sind bis auf ein Drittel ihrer Hoͤhe mit uͤberhaͤngenden Baͤumen besetzt; der See macht einen Meerbusen, und gegenuͤber liegt die Insel M 2 Bramps- Fuͤnfter Abschnitt. Brampsholm; uͤber das Vorgebuͤrge weg sieht man die Lordsinsel, und der gegen- uͤber liegenden Kuͤste geben die Waͤlder und einige Gebaͤude ein artiges Ansehen. Man steigt darauf wieder in das Boot und faͤhrt, bis man der Oeffnung zwi- schen Wallow- und Barrow-Cray gegenuͤber ist, da man das Geraͤusch eines Was- serfalls hoͤrt, ihn aber nicht sieht. Man geht hier nach einer verfallenen Bruͤcke, und sieht eine Hoͤhlung von Felsen und Wald, nebst einem Strom, der zwischen den Kluͤf- ten in Absaͤtzen auf eine malerische Weise herunterstuͤrzt. Von hier rudert man nach Barrow-Cray, wo sich von einer Anhoͤhe ein arti- ger Prospect zeigt. Das Wasser bildet verschiedene Buchten und Inseln; an der an- dern Ecke des Sees sieht man angebaute und mit Einzaͤunungen versehene Huͤgel, die mit einzelnen Haͤusern besetzt und mit hohen Bergen umzingelt sind, welches einen großen Contrast mit dem suͤdlichen Ende des Sees macht, der mit fuͤrchterlichen und den Einfall drohenden Felsen eingefaßt ist. Wenn man weiter laͤngst der Kuͤste fortrudert, so ist sie duͤnne mit Baͤumen besetzt, und zeigt verschiedene eingezaͤunte Felder, bis man an einen dicken Wald kommt, aus welchem ein Strom mit großer Gewalt uͤber Felsen hervorbricht. Darauf ankert man in einer Bay, deren Gegend umher in der That fuͤrchterlich ist. Man befindet sich unter einem ungeheuern hoͤckerigten Felsen, der bis an den Rand mit Gebuͤsche besetzt ist, und mit aͤhnlichen ganz senkrechten Felsenwaͤnden sieht man sich ringsumher umgeben. Man faͤhrt darauf an großen Felsenklumpen hin, die nach und nach von den Bergen abgebrochen und heruntergestuͤrzt sind. Einige sind unterwegs von noch groͤßern aufgehalten und nicht ganz heruntergestuͤrzt; andre haben Baͤume, Gestraͤuch und alles, was sie im Wege gefunden, mit sich fort in den See gerissen. Daher die ganze Gegend einer schrecklichen Verwuͤstung aͤhnlich sieht. Weiter hin wird man einen reizenden Wasserfall gewahr, und um ihn recht zu genießen, steigt man ans Land. Man sieht eine senkrechte Mauer von Felsen, aus welcher hin und wieder Gebuͤsch herauswaͤchst, das gleichsam in der Luft schwebt. Ein breiter Bach bricht oben hervor, und faͤllt in verschiedenen Absaͤtzen etliche hundert Fuß herab. Nach einem Falle von etlichen Ellen bricht er sich durch einen hervorra- genden Felsen in drey Arme, welche sich darauf hinter dem Gebuͤsche verlieren. In mehrerer Tiefe sieht man sie wieder vereinigt, und zwischen den dunkeln Baͤumen her- vorglaͤnzen. Das Wasser verliert sich wieder, und kommt aufs neue in etlichen Stroͤmen zum Vorschein, die man oft nur zwischen den Aesten hervorschimmern sieht. Unten versammeln sich endlich alle kleine Arme wieder, und stuͤrzen in einen mit Ge- buͤsch umgebenen Abgrund hinab. Man kann nichts malerischer sehen, als diesen Wasserfall. Man Vom Wasser. Man segelt darauf um eine kleine Insel, die einem Klumpen Baͤume gleicht, die aus dem See hervorwachsen. Man kommt sodann in den engen Theil des Sees, wo man mit fuͤrchterlichen Felsen umgeben ist, die eine Cascade einschließen. Der Anblick derselben setzt den Zuschauer in Erstaunen. Zwo Felsenspitzen von einer fuͤrchterlichen Hoͤhe haͤngen ihm uͤber dem Kopf, und sind hin und wieder mit Busch- werk bewachsen; zwischen ihnen ist ein Abgrund von abgebrochenen Felsenstuͤcken, uͤber welche der Strom mit Schaͤumen und Brausen herabstuͤrzt. Der ganze Anblick ist schoͤn, edel und recht romanenmaͤßig. Von hier geht man einen Weg mit vielen Kruͤmmungen durch den Wald, uͤber einen reißenden Strom, um einen neuen reizenden Auftritt der Natur zu sehen. Rech- ter Hand entdeckt man den jetzt beschriebenen Wasserfall, von der Seite und aus ei- nem neuen Gesichtspunkte, zwischen Felsen und hangenden Baͤumen. Vor sich sieht man einen neuen Wasserfall, der gleichsam aus einem alten verfaulten Sturz eines Baumes auf eine unregelmaͤßige Felsenflaͤche zu fallen scheint, und sich daher bald in duͤnne, bald in dicke Aeste theilt, bald gleichsam nur heruntertroͤpfelt, und dem Auge die angenehmste Abwechselung darbietet. Zuletzt stuͤrzt er sich in den Strom, und lie- fert eine neue malerische Scene. Bey Fortsetzung des Weges kommt man an ein neues praͤchtiges Amphitheater von Felsen und Bergen, die an der einen Seite unterbrochen und unordentlich sind, auf der andern aber eine Wand, und zusammen einen praͤchtigen Kessel bilden. Faͤhrt man in die Muͤndung des Flußes Grange, so kommt man an eine Bruͤcke, wo sich ein neuer schrecklicher Anblick von Felsen zeigt. Wenn man aus dem Boote nach dem Dorfe geht, trifft man einen kegelfoͤrmigen waldigten Felsenhuͤgel an, der sich mitten aus einem von hohen Bergen umgebenen Kessel erhebt. Man rudert nunmehr mit dem Boote um ein artiges Vorgebuͤrge, und befindet sich in einem kleinen Archipel, der auch einer Person ohne Geschmack gefallen muß. Man hat den praͤchtigen Berg Skiddow vor sich, einen andern fast eben so hohen auf der einen Seite, und auf der andern einen schoͤnen mit Wald besetzten Huͤgel. Indem man an der Kuͤste fortsegelt, kommt man erstlich an einen mit großem Bauholze von der Spitze bis an das Ufer besetzten Huͤgel, darauf in eine kleine Bay, wo man viele eingezaͤunte Felder gewahr wird, die mit den Felsen und Bergen einen artigen Contrast machen. Faͤhrt man um ein kleines Vorgebuͤrge herum, so kommt man in eine ganz vom Lande umgebene Bay, in der man einen schoͤnen Wald uͤbersieht. Die Kuͤste wird nunmehr sehr ungleich; bald schiebt sie sich in den See, bald zieht sie sich zuruͤck. Man faͤhrt aus einer Bay in die andre, und hat eine bestaͤn- M 3 dige Fuͤnfter Abschnitt. dige Abwechselung von Prospecten, bis die Kuͤste unweit der Stadt Keswick flach wird. Um Keswick recht zu uͤbersehen, muß man auf die hohen Felsen steigen, die gleich im Anfange beschrieben sind. Man hat einen sehr jaͤhen Weg von anderthalb (englischen) Meilen zu ersteigen, den man mehr hinaufklettern muß; der Weg gehet uͤber den Strom, der die zuerst angezeigte Cascade macht. Man sieht und hoͤrt in den Abgruͤnden den Fluß unter sich fortrauschen; zuweilen verbirgt er sich unter Baͤumen und Felsen. Von hier kriecht man durch ein dickes Gebuͤsch an den Rand des Felsen, um den praͤchtigen Anblick des ganzen Sees mit den darauf liegenden Inseln zu ge- nießen. Sobald man sich durch das Gebuͤsche gedrungen hat, wird man ploͤtzlich aufs angenehmste uͤberrascht und zugleich in Verwunderung gesetzt. Erreicht man aber die oberste Spitze des Berges, so ist der Anblick in der That praͤchtig. Man ist so hoch uͤber den See erhaben, daß er gleichsam in einer andern Welt zu liegen scheint. Die niedrigen Huͤgel erheben sich auf eine sehr malerische Art; die Stadt steckt zwischen lauter Waͤldern; und hinter ihr erhebt sich der praͤchtige Skiddow. Begiebt man sich in die Stadt hinab, um auf der andern Seite den Skiddow zu ersteigen: so hat man zwar fuͤnf (englische) Meilen bis zum Gipfel, aber die Muͤ- he wird reichlich belohnt. Der See sieht von der erstaunlichen Hoͤhe als ein maͤßi- ges Wasserbassin aus, und die Inseln schwimmen wie kleine Flecken darauf. Die unermeßlichen Felsenhuͤgel und Berge, die man uͤbersieht, zeigen die Natur in ihrer wilden Groͤße; und diese bewundernswuͤrdigen Massen und Klumpen fallen vornehm- lich in die Augen. Man entdeckt uͤberdies die Huͤgel von Schottland, das Meer, die Insel Man, und entfernte hohe Kuͤsten, außer einem Strich von vielen Mei- len in England selbst. Keswick hat so viel Großes, so viel Abwechselung von allem, was die Na- tur praͤchtiges darbietet, Wasser, Berge, Felsen, Cascaden, daß es jeden, der diese Gegend besieht, in Verwunderung setzen muß. Man findet hier den gluͤcklich- sten Contrast von allen Scenen der Natur. Die Kunst kann nichts mehr thun, da die Natur alles selbst verrichtet hat. — Wie viele Muͤhe und Kosten hat man nicht angewendet, um manchen Lustschloͤssern und Landsitzen eine reizende Gestalt zu geben, und allerley laͤndliche Scenen dabey anzubringen! Was sind aber alle diese Unter- nehmungen gegen die Wunder, welche die Natur hier gebildet hat? Was ist alle Pracht Ludewigs des Großen, in Vergleichung der Spielwerke der Natur, die Keswick darbietet? Alle Bemuͤhungen der Kunst sind in Absicht auf die Schoͤn- heiten Vom Wasser. heiten der Natur fuͤr nichts zu achten. Die Betrachtung solcher erstaunlichen Auftritte bemaͤchtigt sich der ganzen Seele; und diese verliert sich in Bewunderung der Allmacht eines Wesens, das seine Groͤße in der unendlichen Abwechselung so praͤchtiger Sce- nen zeigt. b. Der Genfersee . Dieser See ist unstreitig eines der herrlichsten Gewaͤsser, die auf unsrer Erd- flaͤche wallen. Seine Ufer und ihre Bekleidung sind nicht uͤberall von dem majestaͤti- schen Charakter, wie der Keswicker See; er zeigt, da seine Graͤnzen auch Ebenen haben und voll Cultur sind, nicht lauter ernsthafte, einsame und wilde Gegenden, die sich um diesen zusammendraͤngen. Allein er hat dagegen, neben verschiedenen uͤber- aus romantischen und feyerlichen Prospecten, eine unbeschreibliche Mannichfaltigkeit und die hoͤchsten Schoͤnheiten der Verzierung, welche die malerische Natur nur jemals zur Bildung der heitersten Landschaft vereinigt hat. Die Laͤnge des Genfersees ist etwa funfzehn, und seine groͤßte Breite sechs Schweizerstunden. Der Theil gegen Morgen fuͤhrt den Namen des Lausanner- sees von der Stadt Lausanne, die an seiner nordlichen Seite liegt. Seine Gestalt gleicht einem zunehmenden Monde, dessen zwey Enden abgestumpft sind, und von denen eins inwendig einen großen runden Ausschnitt hat. An beyden Enden nimmt die Breite des Sees sehr ab. Eine Menge von Segeln belebt seine stillen und klaren Flaͤchen. Rings umher reizen die fruchtbarsten und schoͤnsten Landschaften, mit Ebenen, Fuͤnfter Abschnitt. Ebenen, Huͤgeln und Gebuͤrgen, mit Staͤdten, Doͤrfern, Landhaͤusern, Schloͤs- sern, Huͤtten, Gaͤrten und Weinbergen; alles lebt hier voll Muth in einem freudigen Wohlstande. Eine Reise in der Nachbarschaft dieses Sees gewaͤhrt eine Folge von den leb- haftesten Empfindungen, die nur jemals das menschliche Herz beseligt haben. Hier sind einige der schoͤnsten Gegenden und Prospecte, wie sie noch neulich ein Kenner der Natur und der Kuͤnste gezeichnet hat. Der sel. Sulzer. S. deutsches Museum, 1778. 10tes St. Im Herunterfahren nach Lausanne, wenn man von Moudon kommt, hat man eine Aussicht von unbeschreiblicher Mannichfaltigkeit und Schoͤnheit. Man uͤber- sieht den großen Genfersee fast ganz, und dabey einen ansehnlichen Theil seines dies- seitigen reichen und mit vielen Staͤdten und Doͤrfern besetzten Ufers. Jenseit des Sees faͤllt der schoͤnste Theil des Herzogthums Chablais mit verschiedenen Staͤdten, Doͤr- fern, abwechselnden Huͤgeln und Ebenen, hinter ihnen die erstaunlich hohen mit Schnee bedeckten savoyischen Alpen, und weiter gegen Morgen die wilden Gebuͤrge von Wallis, nebst den daran stoßenden Berner Alpen, alles auf einmal ins Gesicht. Vielleicht ist an keinem Orte des Erdbodens eine reichere und mannichfaltigere Aussicht anzutref- fen. Man sieht ein Stuͤck Landes von etwa vierzig deutschen Quadratmeilen vor sich, auf dem sich die hoͤchste Fruchtbarkeit und der hoͤchste Grad der Cultur neben den wil- desten Gegenden der Welt zeigen; beyde um einen sehr großen, doch von der Hoͤhe ganz zu uͤbersehenden See herum in der reizendsten Abwechselung. An der Abendseite von Lausanne, außerhalb der Stadt, ist eine von Natur gemachte sehr hohe Terrasse, die reichlich mit Baͤumen besetzt ist, und einen der schoͤn- sten Spaziergaͤnge der Welt macht; denn da sie noch hoch uͤber den See erhaben ist, so hat man von derselben die praͤchtigste Aussicht, die sich erdenken laͤßt. Der Gen- fersee bildet da gerade einen Ellenbogen, und beugt sich von hier aus rechts und links, oder auf der Morgen- und Abendseite, etwas gegen die mittaͤgliche Gegend her- ein, so daß man von hier den ganzen See uͤbersehen kann. Wenn das Wetter zur Aussicht guͤnstig ist, so erblickt man von diesem Platz eine Menge Staͤdte, Schloͤsser und Doͤrfer. An dem gegen Lausanne uͤber liegenden Ufer des Sees sieht man die Staͤdte Evian und Tonon, das schoͤne Kloster Ripaille, und dann von da gegen Genf herunter eine reiche, mit den angenehmsten niedrigen Huͤgeln und abwechseln- den fruchtbaren Ebenen besetzte Kuͤste mit unzaͤhligen Doͤrfern und einzelnen Haͤusern. Ostwaͤrts an derselben Kuͤste erheben sich allmaͤhlig hoͤhere an den See stoßende Ber- ge, die sich oben am See an die Walliser und Berner Alpen anschließen. Oben am See zeigt sich Ville Neuve im Gouvernement Aigle. An dem diesseitigen Ufer Vom Wasser. Ufer uͤbersieht man die ganze sogenannte Cote mit den Staͤdten Morges, Rolle, Ryon, Copet, und den sich hinter diesen allmaͤhlig erhebenden Hoͤhen, die mit den schoͤnsten Weinbergen und unzaͤhligen Landhaͤusern bedeckt sind. Ein sehr angenehmer Weg an dem Fuß eines mit Weinreben besetzten Berges, der sich dicht an dem See von Lausanne nach Vevay erstreckt, fuͤhrt in einigen Stun- den nach dieser kleinen Stadt. Vevay hat eine ganz besondere Lage, wodurch sie zum Wohnsitz stiller, von der Welt abgesonderter und an romantischen Schoͤnheiten der Natur sich ergoͤtzender Menschen bestimmt zu seyn scheint. Der Genfersee ist an seinem obern Ende mit sehr hohen und steilen Bergen umgeben, die ganz an die Ufer desselben stoßen. An dem rechten oder nordlichen Ufer entfernen sich die Berge etwas von dem See, und lassen da, ungefaͤhr eine halbe Stunde Weges laͤngst dem Ufer, ein niedriges Vorland mit diesen Bergen umgeben, und nur an der Suͤdseite, oder gegen den See, offen. Von dem Ufer an erhebt sich dieses niedrige Vorland allmaͤhlig gegen die es umgebenden Berge, und bildet, durch verschiedene Huͤgel, ein gegen den See stehendes Amphitheater, in dessen Grunde das Staͤdtchen Vevay liegt. Die Berge, welche den hintern Grund desselben ausmachen, werden an der Nordseite etwas niedriger. Durch diese Lage ist demnach die Stadt von hohen Ber- gen umgeben; nur gegen Mittag, wo der See liegt, ist eine Oeffnung. Das von der Sadt an gegen die Berge sich allmaͤhlig erhoͤhende Land ist, sowohl auf den verschie- denen Huͤgeln, als in den dazwischen liegenden Tiefen, sehr fruchtbar, in schoͤne Gaͤr- ten, Wiesen, Weinberge und Aecker eingetheilt, und mit einer Menge artiger Lust- haͤuser und andrer Wohngebaͤude besetzt. Hinter diesen aber sieht man an den hoͤhe- ren Bergen ganze Doͤrfer, so daß die Aussicht von dem Ufer des Sees in dieses Am- phitheater eine Menge von Gegenstaͤnden zeigt. Gerade der Stadt gegenuͤber sieht man an dem jenseitigen Ufer die hohen, sehr steilen und wilden Berge, die theils in Savoyen, theils im Gebiete der Republik Wallis liegen; nach der suͤdwestlichen Gegend aber hat man eine freye Aussicht uͤber den See herunter, die so weit geht, als das Auge reichen kann. Gleich von Lausanne geht die Straße nach Genf an das ebene Ufer des Sees herunter, und hernach laͤngst demselben so fort, daß man sich nie mehr als wenige hun- dert Schritte von dem See entfernt. Man kommt durch einige sehr artige an dem See liegende Staͤdte und Doͤrfer; rechter Hand aber hat man die vortrefflichen, mei- stens mit Weinreben besetzten Huͤgel, die eigentlich die Cote genannt werden. Auf und an diesen Huͤgeln sind viele schoͤne Doͤrfer, adeliche Schloͤsser und eine Menge Landhaͤuser gebauet, die groͤßtentheils wohlhabenden Privatpersonen von Bern gehoͤ- ren, die im Herbst sich hier aufhalten und das Land durch ihre Gegenwart um so II Band. N viel Fuͤnfter Abschnitt. viel lebhafter machen. Der ganze Strich Landes zwischen Lausanne und Genf ist zum Entzuͤcken schoͤn und unter die reizendsten Gegenden der Welt zu rechnen. Die Lage des Staͤdtchens Aubonne mit dem uͤber ihm liegenden Schlosse ist so bezaubernd, daß der beruͤhmte Tavernier, der durch so viele Laͤnder des Erdbodens gereiset war, diesen Ort als den schoͤnsten zu seinem Aufenthalt waͤhlte, als er sich zur Ruhe begeben wollte. Die Aussichten uͤbertreffen noch die von Laufanne, und sind uͤber allen Ausdruck schoͤn, weil man hier von einer etwas betraͤchtlichen Hoͤhe den Genfersee, das ganze gegenuͤberliegende Chablais, so wie das diesseitige Ufer des Sees mit allen seinen Staͤdten, Doͤrfern, Schloͤssern und Landhaͤusern uͤbersieht. Um Genf selbst ist das ganze herumliegende Land, so weit sich das Gebiete der kleinen Republik erstreckt, besonders aber sind die beyden Ufer des Sees mit schoͤ- nen und Reichthum ankuͤndigenden Landhaͤusern und Lusthaͤusern besetzt. Ueberalk, wohin man das Auge wendet, sieht man die deutlichsten Anzeigen eines im Ueberfluß lebenden Volks. Diese Landhaͤuser sind zwar nicht Palaͤste, aber meistens ziemlich groß und wohlgebaut, auch so gut unterhalten, daß sie durchgehends wie ganz neue Gebaͤude aussehen. Ueber den Haͤusern sind schoͤne, wohlunterhaltene Gaͤrten, auch sehr oft Weinberge, Wiesen und Aecker. Weil der See gegen die Stadt hin sich merklich verschmaͤlert, so kann man auf diesem Wege das Land an dem jenseitigen Ufer mit den vielen Lusthaͤusern, Gaͤrten und Guͤtern deutlich sehen. Diese reiche Landschaft, dann die Stadt selbst am Ausfluß der Rhone, die man in diesem weiten Umkreis von Lusthaͤusern als den Hauptsitz, dem alles gehoͤrt, erblickt, hinter der Stadt aber ein hoher und sehr breiter Berg, der zum Hintergrund dieser Landschaft dient, macht ein Schauspiel, das man ohne starke Ruͤhrung nicht ansehen kann. Man wird sich leicht vorstellen, wie sehr bey einer Wasserreise auf diesem See die umliegenden Gegenden abaͤndern, und in welchen neuen bezaubernden Prospecten sie erscheinen. So reizende Gegenstaͤnde in veraͤnderten Gesichtspunkten zu genießen, muß dem Freund der Natur eine interessante Ergoͤtzung seyn. Wer nicht selbst das Fahrzeug besteigen kann, der wird sich wenigstens an diesem Theil einer malerischen Be- schreibung Bourret Schilderung feiner Reise nach den Savoyischen Eisgebuͤrgen. Aus dem Franzoͤsischen, 1775. 1 Th. 4. K. von einer der anmuthigsten Wasserfahrten belustigen. Indem wir langfam, in einiger Entsernung vom Ufer, dahintrieben, konnten unsre gierigen Blicke den bezaubernden Huͤgel ganz uͤbersehen, uͤber den wir bis Evian gekommen waren, und der sich bis Millerie erstreckt. Dichte, gruppenweise uͤber einander gepflanzte Waͤlder; lichte, mit gruͤnen Wiesen und goldgelben Getreidefel- dern Vom Wasser. dern untermischte Gebuͤsche; hohe Thuͤrme und alte Schloͤsser stellten sich unsern Augen zugleich dar; nichts gieng von diesem praͤchtigen Amphitheater fuͤr sie verloren. Die Felder stiegen uͤber die Waͤlder empor, die Wiesen blickten uͤber die duͤrren Felsen her- ab, und die Schloͤsser hiengen auf den Gipfeln der Berge. Daruͤber hinaus bildeten die stachlichten Spitzen der Alpen, oder schwarze, von den Jahren angegangene oder vom Blitz verbrannte Felsen, mit der blendenden Weiße des Schnees, der diese Ber- ge vom Anbeginn der Welt her bedeckt, den schoͤnsten Contrast. Diese ungeheure, von den Haͤnden der Natur senkrecht aufgestellte und mit ihren lebhaftesten Farben ausgemalte Schilderey lag ganz vor unsern Blicken da, und fuͤllte alle Kraͤfte unsrer Seele. Unfer langsam fortgehendes Fahrzeug entzog den Augen nach und nach die Gegenstaͤnde, an welchen sie sich gesaͤttigt hatten, um sie immer durch neue, reizen- dere Aussichten zu ersetzen. Die Haine, Felder, Wiesen, Haͤuser verschwanden unmerklich, und andre ruͤckten, in einer ganz veraͤnderten Lage, an ihre Stelle. Wir durchliefen hinter einander la grande Rive, la Tour ronde, und die Schloͤsser Blonay und St. Paul. Als wir nach Millerie gekommen waren, durchschnitten wir den See in gera- der Linie, um Vevay zu erreichen. Hier fanden unsre Blicke ein neues Schauspiel vor sich. Der gesegnete Huͤgel, dem wir gefolgt waren, verwandelte sich in grauer- liche Berge. Eine enge und tiefe Kluft trennt sie senkrecht, und macht einem schnel- len und wilden Strome Platz. Nachdem wir mitten auf den See gekommen waren, lenkte sich unsre Bewun- derung auf andre Gegenstaͤnde. Unsre Blicke durcheilten diese ungeheure Strecke von suͤßem und klarem Wasser, durch dessen durchsichtiges Blau das Auge bis in die groͤß- te Tiefe sehen kann. Wir betrachteten diesen weiten, von den Haͤnden des Allmaͤchti- gen in den Schoos der hoͤchsten Gebuͤrge gegrabenen Behaͤlter, der dreyzehn Staͤdte benetzt und ihre Felder befruchtet. Der Blick verlor sich auf dieser unermeßlichen Wasserebene. Das ruhige Gewaͤsser, hell und glatt wie ein Spiegel, stellte uns die gluͤcklichen Anhoͤhen gedoppelt dar, die wir eben verlassen hatten. Die Schloͤsser, Ge- hoͤlze, Wiesen malten sich mit allen ihren Farben darin ab, und zitterten in den leicht bewegten Fluthen. Wir hatten den Anblick von acht Staͤdten vor uns, die von einer Menge Fle- cken und Doͤrfer umgeben waren, die stufenweise bis an den Gipfel der Berge sich er- hoben. — Alle unsre Seelenkraͤfte lagen in einer suͤßen Traͤumerey versenkt. Das leichte Schuͤttern der Wellen, die Bewegung eines schwachen, kuͤhlen Windes, die Entfernung und der langsame Lauf der Ufer, das allmaͤhlige Verschwinden der Staͤd- te und Felder, der Flug und das Geschrey der Wasservoͤgel, das Springen der Fi- N 2 sche, Fuͤnfter Abschnitt. sche, die verschiedenen Farben der Wasserflaͤche vom Winde eingedruͤckt, hier ein dunkles Violet, dort ein glaͤnzendes Blau, manchmal ein truͤbes Grau oder gar ein dickes Schwarz: alles dieses, bis auf das Geraͤusch der Ruder und die Furchen, die unser kleines Fahrzeug einschnitt, vermehrte die Stille unsrer Seele. 3. Teich . Außer dem Wasser, das zu den Springbrunnen gebraucht ward, schraͤnkte man sich in den aͤltern Gaͤrten gemeiniglich nur auf stehende Teiche ein. Es schien, daß man alles verbannen wollte, was den Begriff des Lebens erregen konnte. Man ent- fernte sich von dem mit stolzer Wonne dahin rauschenden Fluß; den freyen und froͤhli- chen Bach vergrub man zu einem Teich; und um das Wohnhaus ward eine stinken- de Pfuͤtze geleitet. Man kann das Widrige und Ekelhafte nicht weiter treiben, als in Ansehung der Teiche und Canaͤle in den Gaͤrten geschehen ist. War es denn nicht selbst dem groͤbern Sinn begreiflich, daß solche stehende Wasser keine, oder doch nur eine kaum merkbare Ergoͤtzung fuͤr das Auge haben? daß sie sowohl der fuͤr die Gesundheit schaͤdlichen Ausduͤnstungen, als auch der Beschwerlichkeit des Ungeziefers wegen, das in ihnen bruͤtet, mehr zu entfernen, als zu dulden sind? Ein viereckigter, oder ein langer Graben mit unbeweglich stehendem, truͤbem, von gruͤnlichem Schlamm und Un- geziefer uͤberdecktem, faulendem und giftig ausduͤnstendem Wasser, ist ein Auftritt, der nicht Vom Wasser. nicht zuruͤckschreckender seyn kann; ein Auftritt, der zur Wuͤste gehoͤrt, zu Oertern, wo Ungeheuer heulen, nicht zu Plaͤtzen, wo der denkende, der zur Freude berufene Mensch wohnt. Und ward er etwa von der Natur in ein solches Revier verstoßen? O! nein; er baut es sich selbst; er zergraͤbt, zerstuͤckt, verunstaltet einen schoͤnen Platz, um an Suͤmpfen zu schlafen und an Pfuͤtzen zu spazieren. Außerdem hat man manche andre Unschicklichkeiten bey den Teichen began- gen. Man dachte nicht daran, daß man auch in der Figur die edle Freyheit der Na- tur nachahmen koͤnnte, und waͤhlte bald runde Behaͤltnisse, die zu gekuͤnstelt, bald eckigte, die unausstehlich sind. Man reihete oft mehrere Teiche neben einander mit einer unschicklichen Wirkung. Man stellte sie ganz frey dem Auge entgegen, ohne einen Theil mit Gebuͤsch zu verdecken, ihnen dadurch ein mehr natuͤrliches Ansehen und eine anscheinende Vergroͤßerung zu geben. Man legte sie an Stellen an, wo sie in den heißen Monaten des Jahres bis auf den Grund austrockneten, da doch allein der Reichthum des Wassers ihre Fehler verguͤten koͤnnte. Man faßte sie mit Holz und Steinwerk ein, die allen Anschein von Natur verdraͤngten, und das Auge von der Muͤhe uͤberzeugten, die man aufgeopfert, um ein wenig truͤbes, leimigtes und fau- lendes Wasser zusammenzuhalten. Glaubt man, daß man sich nicht ohne einen Teich behelfen koͤnne, oder, daß er fuͤr ein bestimmtes Revier schicklich sey: so wird das erste seyn muͤssen, die ange- fuͤhrten Fehler zu vermeiden. Man grabe nicht auf einer Ebene, wo man selten das Gepraͤge des Kuͤnstlichen ausloͤschen kann, sondern in einem Thale, in einer Vertie- fung, wo ohnedies das Wasser sich gerne sammlet. Man sorge fuͤr Abfluß und Rei- nigkeit. Man bilde mit der ausgegrabenen Erde einen Huͤgel, welcher der anstoßen- den Vertiefung einen Grad von Wahrheit mehr giebt. Man dulde an den Seiten keine leimigten, sandigten und kahlen Erhoͤhungen, sondern bekleide die Ufer mit gruͤ- nem Rasen und mit einer Pflanzung von Waldbaͤumen, die sich eine Strecke fortzie- hen. Man lasse ganz unten am Wasser hie und da ein uͤberhaͤngendes Gebuͤsch ver- wildern, und die Scene noch natuͤrlicher machen. Kurz die ganze Anlage sey von allem Steifen und Gezwungenen entfernt, daß das schaͤrfste Auge hier kein Werk der menschlichen Hand entdecke. Aber auch alsdann wird ein Fluß und ein See noch im- mer ein schoͤneres Ansehen behalten, als ein Teich. Wenn auch dieser blos zu einem Fischbehaͤltnisse dient, so wird er doch noch alle- mal einer mehr natuͤrlichen Anlage und Verzierung faͤhig seyn. Inzwischen lassen sich auch im fließenden Wasser, das mit der Bestimmung der meisten Gartenscenen mehr uͤbereinstimmt, mancherley Arten von Fischen unterhalten, die durch den Anblick ihrer Spiele, und durch die kleinen Beschaͤftigungen ihres Fangs laͤndliche Ergoͤtzung anbieten. N 3 Uebri- Fuͤnfter Abschnitt. Uebrigens scheinen Teiche sich am besten an verborgenen schattigten Orten zu schicken. Selten ist ihr Wasser von der Klarheit, daß es lebhafte Widerscheine giebt; vielmehr wird seine gewoͤhnliche Dunkelheit von umherstehenden Baͤumen noch ver- mehrt. Diese Dunkelheit, verbunden mit der ewigen Unbeweglichkeit, macht einen eigenen Charakter, der auf ihnen ruhet, den Charakter der Melancholie und Trauer. Man kann daher mit Schicklichkeit in solche Reviere Urnen und andere Denkmaͤler der Vergaͤnglichkeit stellen. 4. Wasserstuͤcke . Unter diesem Namen verstehen wir keine gewoͤhnlichen Bassins, sondern eine Sammlung von natuͤrlichen, freyen, ungleichen, mehr oder weniger ansehnlichen Massen von Wasser, die weder einen See noch einen Teich bilden, sondern, ohne ein Ganzes zu machen, in einem niedrigen Grunde zertheilt neben einander ruhen. Sie bilden sich leicht in breiten Thaͤlern bey haͤufigen Regenguͤssen und Baͤchen von den Anhoͤhen, bey Austretungen der Fluͤsse, bey dem Reichthum unterirdischer Quellen; sie Vom Wasser. sie bleiben in den Gruͤnden stehen, naͤhern sich mehr oder minder, und sind durch fe- ste Landtheile von einander abgesondert. Eine solche Flaͤche ist in verschiedene Stri- che von Land und von Wasser zertheilt. Sie hat keinen sichtbaren Zusammenhang, nichts lang’ an einander Fortgehendes; ihr Charakter besteht in dem Getrennten und Zerschnittenen. Dennoch fehlt es einer solchen Scene nicht an Anmuth; ja sie ist in den meisten Faͤllen weit interessanter, als ein Teich. Das Wasser ist zwar in Ruhe. Allein die Unterbrechungen von Rasen und von Wasser, die verschiedenen Gestalten und Wen- dungen, die Abwechselungen von dunkeln und von hellen Stellen, die mannichfaltigen Einfaͤlle des Lichts in den Schatten, die Zwischenraͤume und Durchsichten durch hin und her zerstreute Baͤume und kleine Gruppen, die hier die schoͤnste Verzierung aus- machen, die Spiele der hie und da schwebenden Widerscheine: alles dieses vereinige sich, um ein uͤberaus frisches und anziehendes Gemaͤlde zu liefern. Eine Scene dieser Art gewinnt am meisten, wenn sie von einer Anhoͤhe uͤber- schauet wird. Ihre Wirkung ist ruhige Behagung, und eine sanfte in das Inner- ste Fuͤnfter Abschnitt. ste der Seele sich ergießende Erfrischung. Noch mehr hebt sich diese Wirkung bey der Zufaͤlligkeit des Mondlichts, wenn es mit seinem milden Schimmer diese Scene besucht, und in der tiefen Ruhe zwischen Wasser und Baͤumen ein Schauspiel verbrei- tet, das nicht gemalt, noch weniger beschrieben ward; das dem empfindsamen Freund der Natur nur zuweilen zu sehen, nicht aber wieder nachzuerzaͤhlen, vergoͤnnt war. 5. Strom . Stroͤme, Fluͤsse und Baͤche machen eine neue Abaͤnderung des Wassers, die nicht blos in eigener Bewegung, sondern im Fortlaufe besteht. Dieser Charakter ist allen dreyen gemein; allein sie unterscheiden sich wieder unter einander durch die groͤßere oder geringere Masse des Wassers, durch die mehrere oder mindere Geschwin- digkeit ihres Laufs und durch die Verschiedenheit des Geraͤusches, wodurch sie fuͤr das Ohr ihre Gegenwart empfindbar machen. Der besondere Charakter des Stroms ist Groͤße und reißende Geschwindigkeit seines Fortgangs. Seine ansehnliche Massen waͤlzen und stuͤrzen sich mit Staͤrke und Muth dahin; sie zerstoͤren alles vor sich weg, was sich ihrem Lauf entgegensetzen will; oder sie brechen, wo der Widerstand unbezwingbar ist, auf einer andern Seite durch, und brausen in neuen Umwegen mit tobendem Unwillen dahin. Sein Was- ser ist in einer ewigen Unruhe; immer sich zusammendraͤngend, immer aufbrausend und schaͤumend. Seine Ufer zeugen von Gewaltthaͤtigkeit; sie sind pflanzenleer, duͤrre, Vom Wasser. duͤrre, ungleich, zerrissen; uͤberhaͤngende Baͤume, deren Wurzeln entbloͤßt und heraus- geworfen sind, drohen mit jedem Augenblick den Fall. Abgerissene Blaͤtter und ihrer Heimat entfuͤhrte Pflanzen treiben zerstreut in der wirbelnden Fluth umher. Das Bette traͤgt uͤberall Spuren von der Verwuͤstung des Tyrannen, der in seinem Schoße nicht rasten kann, der, wo sie fehlen, sich neue Gegenstaͤnde seiner Wut sucht, der Sand, Schutt, Steine, Felsenstuͤcke und Baumaͤste zusammentreibt, um dar- an seine Wellen stuͤrmen zu lassen. Von dem wilden Getoͤse bebt die Einoͤde umher; denn das Wild ist verscheucht, und nur mit Schaudern schleicht der einsame Wan- derer durch das Labyrinth schattenreicher Gebuͤsche herbey. Allein außer den gewoͤhnlichen Waldstroͤmen kann ein Wasser in einer freyen Gegend sich befinden, und noch immer den Charakter des Stroms beybehalten. Denn die Gegenwart, oder die Abwesenheit einer waldigten Umschließung kann keine wesentliche Veraͤnderung in seinem Charakter hervorbringen, der in der Menge sei- nes Wassers, in der Schnelligkeit und dem Ungestuͤm seines Laufs besteht. Diese Eigenschaften machen es zum Strom, die Verzierung seiner Gegend mag seyn wie sie will. Stroͤme bilden sich in Gegenden, wo der Boden starke Ungleichheiten, Absaͤ- tze und mannichfaltige Hindernisse hat, die sich dem Lauf des Wassers entgegen stel- len. Sie machen einen Theil der Wildniß aus, aber einer Wildniß, die von der Wuͤste wohl zu unterscheiden ist, die nicht Furcht oder Schrecken wie diese, sondern Verwunderung und Anstaunen hervorbringt. Stroͤme gehoͤren daher weder zur an- genehmen, noch zur melancholischen Gegend; sie sind ein Eigenthum feyerlicher und vornehmlich romantischer Reviere. Wo diese in ausgedehnten Parks eine Stelle erhalten, da werden auch Stroͤme ihre Wirkungen verbreiten koͤnnen. Sie tragen nicht allein sehr viel zur Bestimmung des Charakters des Romantischen bey; sie die- nen auch, nach einer Folge zierlicher, angenehmer und ruhiger Scenen, zur Hervor- bringung eines starken Contrastes. Die Schnelligkeit und das Getoͤse der Stroͤme erregen Empfindungen des Er- habenen; selbst ihre Verwuͤstungen fuͤhren auf die Vorstellung von Staͤrke und Ge- walt zuruͤck. Allein die seltsamen Bewegungen des Wassers, das Vordraͤngen, das Zuruͤckprallen, die Strudel, die Aufschaͤumung der empoͤrten Wellen, die Un- regelmaͤßigkeit des Laufs, das Verschwinden und Wiederhervorkommen, die Gestalten hervorragender Felsen und der Ufer, die Zwischenspiele des Sonnenlichts und andere II Band. O Zufaͤllig- Fuͤnfter Abschnitt. Zufaͤlligkeiten bilden eine Scene, die den Zuschauer mit Staunen und Verwunderung erfuͤllt. 6. Fluß . Mit dem Strom hat der Fluß den Reichthum des Wassers gemein; aber er unterscheidet sich von ihm durch den mehr geraden Lauf in der Laͤnge, und durch die Langsamkeit und Regelmaͤßigkeit seines Fortgangs. Ein Fluß ist zwar abaͤndernder Wendungen faͤhig, selbst ihrer zu seiner Schoͤnheit beduͤrftig; ein bestaͤndiger Fort- gang in einer geraden Linie wuͤrde sogar wider die Natur seyn. Aber dennoch haͤlt ein Fluß mehr einen Fortlauf in der Laͤnge, als ein Strom; denn diesen noͤthigt die Schnel- ligkeit und der Ungestuͤm seines Wassers zu haͤufigen Umwegen und Kruͤmmungen. Ein Fluß findet bey seiner bedaͤchtigen Fortschreitung keine Hindernisse, die ihn auf- halten, wenigstens seltener; da im Gegentheil der Strom durch sein hastiges und un- gestuͤmes Wesen sich immer in neue Schwierigkeiten verwickelt. Inzwi- Vom Wasser. Inzwischen kann ein Fluß in den meisten Faͤllen noch breiter seyn, als ein Strom; denn da sich dieser oft in verschiedene Umwege zerstreut, so vermindert sich die Masse seines Wassers, die jener bey seinem ruhigen Fortgang mehr zusammen- haͤlt. Doch wenn ein Fluß in eine gar zu ansehnliche Breite auslaͤuft, so verliert er seinen Charakter; der Fortgang in der Laͤnge ist, und wird ein Teich, ein stillste- hendes Wasser. Seine Ufer muͤssen, wenn er von einer guten Wirkung seyn soll, von beyden Seiten sichtbar seyn, sich nicht zu weit von einander verlieren, obgleich die Ent- fernung bald groͤßer, bald geringer seyn kann. Jedes Auge unterscheidet einen Fluß von einem andern Gewaͤsser, sobald es ein ansehnliches Wasser, wovon es weder den Anfang noch das Ende bemerkt, in der Laͤnge sich dahin waͤlzen sieht. Eben so sind Buchten bey einem Fluß unangenehm, weil sie seinen Lauf aufhalten, und seinen Charakter veraͤndern, indem sie sein Wasser stillstehend ma- chen. Obgleich Wasser in Ruhe an sich gar nicht unangenehm ist, so wird es doch unter solchen Umstaͤnden misfaͤllig, weil der Begriff von Fortgang, womit wir uns belustigen, auf einmal verschwindet, und wir, anstatt einer sich dahin be- wegenden Wassermasse, ein bloßes Bassin vor Augen bekommen. Alle Einbuch- ten, alle Auslaͤufe auf den Seiten, die bey einem See gefallen, sind bey einem Fluße verwerflich. Obgleich der Fluß, seinem Charakter gemaͤß, in der Laͤnge fortgeht, und lange Strecken seine Schoͤnheit ausmachen, so kann er doch wegen der natuͤrlichen Ungleichheiten des Bodens nicht immer die gerade Linie halten, wodurch er auch dem einfoͤrmigen Ansehen eines gegrabenen Canals sich naͤhern wuͤrde. Vielmehr macht er in der Natur Kruͤmmungen, die ihn mit dem Reiz der Abwechselung verschoͤnern. Allein diese Kruͤmmungen muͤssen sanft gewunden, nicht ploͤtzlich ge- drehet seyn; nichts beleidigt mehr das Auge, als schnelle Uebergaͤnge von der ge- raden Linie zu der gekruͤmmten. Auch duͤrfen die Wendungen nicht gar zu haͤufig seyn, weil sie sonst den Begriff von Fortgang in der Laͤnge zu merklich unterbre- chen wuͤrden. Indessen geben verschiedene Kruͤmmungen eines Flußes, zwischen gruͤnen Flaͤchen und kleinen Gebuͤschen, zwischen einzelnen Huͤtten und Baumgrup- pen, die man von einer Anhoͤhe auf einmal uͤbersehen kann, eins der schoͤnsten Schauspiele des Lichts und der Bewegung, bey dessen Betrachtung man gerne verweilt. O 2 Die Fuͤnfter Abschnitt. Die Ufer eines Flußes sind einer großen Abwechselung, in Ansehung sowohl ihrer Form, als auch ihrer Verzierung, faͤhig. Bald erscheinen sie hoch, bald niedrig, bald steil, bald sanftabhaͤngend oder wellenfoͤrmig hinabsteigend, bald eben, bald ungleich und gebrochen. Ihre natuͤrliche Bekleidung besteht in Gras, Blu- men, Gebuͤsche und Baͤumen. Ein nacktes Ufer bezeichnet zuweilen den Lauf des reißenden Stroms; aber den Fluß ziert ein fruchtbares und anmuthig bekleide- tes Ufer. Bald versammeln sich die Baͤume in schattenreiche Gruppen, und haͤn- gen mit einer lieblichen Daͤmmerung uͤber das Wasser hin; bald zerstreuen sie sich wieder einzeln, oder weichen ein wenig vom Ufer zuruͤck, oder wechseln mit niedri- gen Gebuͤschen und Straͤuchern ab, zwischen welchen der helle Schein der freyen Massen wieder hervorbricht. Ein Fluß ist schon sehr schoͤn, wenn er sich frey zeigt; allein hie und da hingestreute Baumgruppen und Buͤsche koͤnnen so viele malerische Durchsichten auf das lebendige Wasser, das zwischen ihnen spielt, so viel anmu- thige Brechungen der Sonnenstralen bilden, daß diese Verzierung ihn noch schoͤner macht. Nur darf sie ihn nicht uͤberall verfolgen. Er windet sich jenseits mit neuem Reiz aus der Ueberschattung wieder heraus, und waͤlzt sich frey und glaͤnzend im Stolz uͤber seine eigene Schoͤnheit dahin. Auch kuͤnstliche Gegenstaͤnde koͤnnen dem Ufer eines Flußes zu einer schicklichen Verzierung dienen. Fast alle Arten von Gebaͤuden moͤgen hier eine Stelle erhalten, indem sie durch die Vorstellung, daß ein Fluß neben fruchtbaren Wohnplaͤtzen des Menschen sich voruͤberschlaͤngelt, und Fischerey und Schifffahrt veranlaßt, natuͤrlich werden. Lusthaͤuser mit Austritten zu Wasserfahrten, mit Plaͤtzen zum Fischfang, allerley Muͤhlen, Fischerhuͤtten u. a. moͤgen hier alle Mannichfaltigkeit von Anpflan- zungen noch mehr beleben helfen. Außer allen diesen kann ein Fluß, der schon an sich selbst ein so schoͤner Gegenstand ist, auch ein Mittel der Verschoͤnerung in den angraͤnzenden Plaͤtzen werden: man kann Baͤche und Wasserfaͤlle von ihm ableiten; man kann ihn zur Bildung kleiner Inseln sich erweitern lassen. Das rege Wasser und die Ufer eines Flußes ergoͤtzen das Auge; durch seine fortgehende Bewegung wird die Einbildungskraft beschaͤftigt, die mit ihm gleichsam dahin schwebt, ohne zu wissen, wohin sie geleitet wird, noch wo sie ruhen soll. Ein Fluß ist das wichtigste Mittel zur Belebung aller Scenen. Er gehoͤrt nicht fuͤr die einsame und melancholische Gegend; die muntere und reizende betrachtet ihn als ihr Eigenthum. Empfindungen einer hohen Wonne sind seine Wirkungen, wenn er groß, frey, und edel durch einen Wald emporragender Baͤume rauscht, und in ver- schiedenen Vom Wasser. schiedenen Durchschnitten gesehen wird, die auf entfernte Aussichten leiten. Allein durch die Verschiedenheit seines Laufs und seiner Verbindung mit andern Gegen- staͤnden, kann er sowohl in feyerlichen, als besonders in romantischen Gegenden ei- nen Platz behaupten. Brauset er in der Tiefe am Fuße hoher Gebuͤrge, die von Tannenwaͤldern geschwaͤrzt sind, uͤber Klippen dahin; verbirgt er sich bald in wieder- hallenden Abgruͤnden; stuͤrmt er bald mit der schaͤumenden Fluth wieder hervor: so bil- det er in dieser Lage und Verbindung einen Theil der feyerlichen Gegend. Durch seltsame Wendungen und außerordentliche Abaͤnderungen des Schnellen und des Langsamen seines Laufs, durch Verbindungen mit Felsen, an deren schroffen Waͤn- den er still unter heruͤberhaͤngenden Baͤumen dahin schleicht, oder durch deren Kluͤfte er sich mit dumpfem Getoͤse ergießt, geht er in den Charakter des Romantischen uͤber. Seiner eigenen sowohl, als seiner zufaͤlligen Schoͤnheiten wegen, liebt man ei- nen Fluß als einen Theil in großen Gaͤrten; und in kleinern freuet man sich, wenn man ihn nachbarlich vorbeyfließen sieht. Mit vielen Kosten hat man sich oft in England bemuͤhet, einen entfernten Fluß nach einem Park umzuleiten. In seinen Wirkungen uͤbertrifft er weit einen Teich, ja selbst einen schoͤnen See. Die natuͤr- liche Freyheit, womit er dahin fließt, der Reiz der Bewegung, die Ungewißheit sei- nes Anfangs und seines Endes, die Abaͤnderung seines Laufs, der bald gerade, bald kruͤmmend, bald offen, bald verdeckt ist, die Verschiedenheit der Form seiner Ufer und ihrer Verzierungen, alles dieses vereinigt sich, ihn mehr belebend und erfrischend fuͤr das Auge und die Einbildungskraft zu machen. Wo durch die Kunst Fluͤsse in Parks angelegt werden, da wird man vornehm- lich auf die Bemerkungen zu achten haben, die oben bey der Entwickelung ihrer Schoͤnheit angefuͤhrt sind. Allein so angenehm ein natuͤrlicher Fluß ist, so selten pflegt doch ein kuͤnstlich angelegter zu gefallen, weil es oft mit unuͤberwindlichen Schwierigkeiten verknuͤpft ist, ihm das Ansehen eines gegrabenen Canals zu nehmen. Indessen muß doch alle Aufmerksamkeit dahin gerichtet seyn, daß der Anschein der Kunst vermieden werde. Man lege einen Fluß am Fuß eines Berges oder Huͤgels an, wo sich das Was- ser vom Regen, von Baͤchen und unterirdischen Quellen gern zu einem Ueberfluß sammlet; man verberge den Anfang und das Ende mit Baͤumen und Gebuͤschen oder hinter Anhoͤhen; man lasse lange Fortgaͤnge des Wassers erscheinen; man sperre, wo es aufhoͤrt oder sich in unansehnliche Theile zerstreut, die Aussicht mit einer Wildniß; man schaffe durch Ungleichheiten des Bettes, durch versteckte Absaͤtze, oder durch eine Muͤhle, dem Wasser freyen Fortlauf; man uͤberkleide mit freywillig wachsendem Ge- O 3 buͤsch, Fuͤnfter Abschnitt. buͤsch, oder mit Anpflanzungen die Stellen, welche die Hand der Kunst verrathen koͤnn- ten; man gebe den Ufern einen wahren, ungezwungenen und leichten Umriß. 7. Bach . Der Bach hat nicht die Menge und Breite des Wassers, als der Fluß; aber er hat dagegen gemeiniglich mehr Schnelligkeit, als jener. Er macht mehr Umwe- ge, weil er folgt, und sich nur selten eine neue Bahn durchbricht; er giebt bey dem Eigensinn des Bodes willig nach; zu schwach, erhebliche Hindernisse zuruͤckzutreiben, weicht er ihnen aus. Daher die oͤftere Ausschweifung seines Laufs, die Mannich- faltig- Vom Wasser. faltigkeit seiner Kruͤmmungen, die ihm eigen ist, die ihn von dem Fluße unter- scheidet. Lebhaftigkeit ist der eigenthuͤmliche Charakter des Bachs. Er schickt sich daher vorzuͤglich in angenehme, muntere und heitere Reviere, und macht davon eine we- sentliche Verschoͤnerung aus. Man findet ihn haͤufig in huͤgeligten und bergigten Ge- genden, in quellenreichen Thaͤlern; er ist schon nach seinem Ursprung ein Eigenthum der anmuthigen Landschaft. Er ist mehr in der Gewalt des Gartenkuͤnstlers, mehr einer bequemen Leitung und Bildung faͤhig, als der Fluß. Er laͤßt Plaͤtze zum Ba- den und zum Fischen, kleine Wasserfaͤlle und Bruͤcken, eine der anmuthigsten Verzie- rungen in laͤndlichen Scenen, zu. Und in der Bekleidung seiner Ufer ist er eben der reizenden Mannichfaltigkeit faͤhig, als der Fluß. Er belebt und verschoͤnert alles um sich her. Er kann selbst einen sehr einnehmenden Prospect ausmachen, indem man ihn bald hier, bald dorthin seinen Lauf veraͤndern, seine Flaͤche bald frey und als den hellen Spiegel des Sonnenlichts zeigen, bald unter gruͤnem uͤberwoͤlbenden Busch- werk leichtbeschattet hervorschimmern sieht. In der Wendung des Laufs, in der Be- wegung, und in dem Geraͤusch, wie viel Mannichfaltigkeit und Ergoͤtzung! Fusi igitur per mille vias fugientibus undis Undique praecipitent, secto sub gramine, rivi: Pars rapidis passim, loca per praerupta, fluentis Excurrat; qualis multo tumefactus ab imbre Dat sonitum saxis, glomerato vertice, torrens; Pars timido cursu per humum trepidare laboret Obliquam, quaesitus obex cunctetur euntem; Perstrepat ille cavas, arguto murmure, valles; Insultansque solo tenues assurgere in iras Discat et imbelli iam faxa lacessere pulsu; Iam ripae intentare minas, et litora circum Nequicquam obstrepere et spumis aspergere truncos. Rapin, in Hort. lib. III. In der ausgedehnten Landschaft verliert sich ein Bach unter der Menge und Groͤße der uͤbrigen Gegenstaͤnde; um seine Wirkung zu beweisen, muß er sich dem- nach in einem kleinern Bezirk zeigen, wo das Auge seine Schoͤnheiten, und das Ohr sein Geraͤusch oder Gemurmel fassen kann. In einer etwas verschlossenen Gegend, wo nichts die Aufmerksamkeit zerstreut, wo keine sehr auffallende Gegenstaͤnde erschei- nen, Fuͤnfter Abschnitt. nen, wird der Reiz eines Bachs am besten Eindruck machen; er wird nicht blos an- locken, sondern auch unterhalten. Er wird durch sein Gemurmel zum Nachdenken einladen, und ein belebendes Gefuͤhl von laͤndlicher Ergoͤtzung und Ruhe einfloͤßen. Und neben dem Bach ein Bad im Gebuͤsch mit wohlriechenden Bluͤhten; oder ein Rasensitz, eine schattenreiche Laube zum Schlaf, worin das Geraͤusch eines nahen Wasserfalls einwiegt; oder eine Hecke voll Nachtigallen, die durch die ruhige Ein- oͤde hin von dem Gluͤck ungestoͤrter Liebe singen — welche liebliche sanftruͤhrende Scene! Hier ist der Bach in einer gluͤcklichen Verbindung. Denn ob er gleich wegen der Bewegung und des Geraͤusches fast uͤberall gefaͤllt, so wird doch sein Eindruck be- stimmter und fuͤhlbarer, wenn er mit dem Auftritt im Verhaͤltniß steht. In einem hohen Eichenwalde, in einem großen Gebuͤrge wuͤrde er ohne Wirkung seyn. Nicht weniger wuͤrde er den Eindruͤcken der Scene widersprechen, wenn er bey einem Trauer- monumente hell voruͤberrieselte. Das Geraͤusch eines Bachs ist kein unbetraͤchtliches Mittel, eine kleine Gegend zu beleben, zumal da es mancherley Abaͤnderungen in dem Hellen und Dunkeln, in dem Scharfen und Sanften des Tons, faͤhig ist. Der Gartenkuͤnstler hat diese Ab- aͤnderungen in seiner Macht; er kann die Bewegung und den Ton verstaͤrken, vermin- dern und bestimmen wie er will, indem er Abhaͤngigkeit, Vertiefung und Erhoͤhung des Bodens, Abfaͤlle, Unterlagen, Wegnehmung oder Vorwerfung natuͤrlicher Hin- dernisse frey anordnen kann. Durch eben diese Abaͤnderungen in der Bewegung und dem Ton wird ein Bach sehr geschickt, den verschiedenen Charakter der Scenen, womit er in Verbindung ge- setzt wird, mehr zu heben. Bey Grotten sey sein Wasser versteckt, seine Bewegung ein Gemurmel. In einem offenen und heitern Lusthain kruͤmme er seinen Lauf man- nichfaltig, glaͤnze hervor, und verberge sich wieder, mit einem geschwinden Gang und mit lebhafterm Geraͤusch. Um eine hellgruͤne Laube und um ein Blumenrevier sey er lustig forteilend, lautrieselnd uͤber kleine Absaͤtze hin, sich kraͤuselnd und spielend mit einem klaren und durchsichtigen Wasser auf einem reinen Boden, worauf Kies und Steinchen von mannichfaltigen Farben schimmern moͤgen. Baͤche, die entweder sehr klein und schmal, oder in lauter einzelne einander aͤhn- liche Theilchen zerschnitten sind, geben keine wahre Verschoͤnerung; im letztern Fall er- regen sie sogar Verwirrung, besonders wenn eine Menge solcher Theilchen auf einmal in die Augen faͤllt. Ein anderer Uebelstand entspringt, wenn man bey angelegten Baͤchen, in der Absicht die gerade Linie zu vermeiden, auf gar zu gezirkelte Kruͤmmun- gen faͤllt, die ein kuͤnstliches und widriges Ansehen haben. Baͤche Vom Wasser. Baͤche empfehlen sich uͤbrigens mit einem so mannichfaltigen Reiz, daß man sich nicht genug uͤber den seltsamen Geschmack verwundern kann, der ihnen so lange die einfoͤrmigen und ekelhaften Canaͤle mit stehendem faulenden Wasser vorgezogen hat. Indessen daß die Nationen in Europa , die am meisten auf Feinheit der Empfindung Anspruch machen, sich an diesen Pfuͤtzen ergoͤtzten, so empfieng der nach der Natur denkende Schweizer , den sie so oft seiner Rohigkeit wegen verschrien, mit Gefuͤhl die hellen Baͤche, die ihm von seinen Gebuͤrgen zuflossen, um damit seine durch ihre Einfalt reizenden Lustplaͤtze zu beleben. Sie waren bey ihm eher, als bey den Brit- ten , eine Zierde der Gaͤrten; denn bey ihm hatten sie nie ihre Vorrechte verloren. 8. Wasserguß . Lebhaftigkeit ist nach verschiedenen Graden der allgemeine Charakter der fallen- den Wasser. Sie kuͤndigen uͤberall dem Ohre, auch wenn das Auge sie nicht ent- deckt, ihre Gegenwart an, von dem leichten anmuthigen Geplaͤtscher bis zu dem wildbrausenden Getoͤse. Sie beleben die Landschaft nicht blos fuͤr das Auge, son- dern auch zugleich fuͤr das Gehoͤr; und ihre Eindruͤcke draͤngen sich verstaͤrkt der Seele zu. Der erste Begriff bey fallenden Wassern ist der, daß sie von einer Hoͤhe kom- men, von Huͤgeln, von Bergen, von Gebuͤrgen, und von Felsen. Diese dienen II Band. P ihnen Fuͤnfter Abschnitt. ihnen also zu einer Art von Unterlage; und die Beschaffenheit derselben, ihre Hoͤhe oder Niedrigung, ihre Absaͤtze oder glatten Waͤnde, ihre Abhaͤnge oder gerade Sen- kungen, ihre Bekleidung mit Baͤumen, Gebuͤsch, Straͤuchern und Moos, oder ih- re voͤllige Nacktheit — alle diese Verschiedenheiten veranlassen merkliche Veraͤnderun- gen bey fallenden Wassern. Auch der Grund, wohin sie sich ergießen, kann einen Unterschied machen; er kann das Wasser in seinen ebenen, sandigten oder grasigten Schoos aufnehmen und besaͤnftigen; oder er kann es noch mehr durch seine Steine und Felsstuͤcke empoͤren, von welchen es zuruͤckprallt und auffchaͤumend sich umherwaͤlzt. Alle diese Umstaͤnde veraͤndern nicht blos die Bewegung, sondern auch die Gestalt der fallenden Wasser. Ein einzelner kleiner Wasserguß ist fast ohne Wirkung; wenigstens wird seine Anmuthigkeit nur in einem kleinen ruhigen Bezirke empfunden. Mehrere Wasser- guͤsse aber, die neben einander gesehen, oder auf einmal gehoͤrt werden, tragen sehr viel zur Belebung einer Gegend bey. Was dem Wasser an Reichthum abgeht, das ersetzt die Mehrheit der von einander abgesonderten Guͤsse. Macht ihre Ergießung ein unordentliches Geplaͤtscher, so erhalten sie die Phantasie rege. Fallen sie in regel- maͤßigen Guͤssen, so versetzt die Gleichheit des Geraͤusches die Seele in eine ruhige Gleichmuͤthigkeit. Bey solchen Guͤssen, wenn sie gleich eine ziemliche Lebhaftigkeit haben, wird die Seele doch gleichsam eingewiegt. Das Lesen, das Nachdenken, oder der Schlaf ist uns angenehm; allein diese Verfassung verschwindet bey dem Ge- toͤse eines starken Wasserfalls. Nach diesen Beobachtungen sind Wasserguͤsse ein Eigenthum der angenehmen und muntern Gegend; da Lebhaftigkeit ihren Charakter macht, so sind sie melancholi- schen Gegenden nicht wohl angemessen. Sie geben der Phantasie Bewegung und ei- ne liebliche Erfrischung. In kleinen reizenden Gaͤrten machen sie schon einen wichti- gen Theil aus. Auch in einzelnen Gegenden und Scenen geben sie eine anmuthige Verzierung. Bey Grotten und Schattensitzen moͤgen sie vom Felsen oder durchs Ge- straͤuch herabspielen. In einer kleinen Wildniß verbreite sich ihr regelloses Geplaͤt- scher. Bey einem Bade, bey einem Schlafkabinet, hinter einer Laube dem Lesen ge- widmet, sey ihr Guß regelmaͤßig, sich immer gleich. Oft werden sie angenehmer, wenn sie versteckt sind. Die Einbildungskraft wird beschaͤftigt, indem sie blos dem Ohr und nicht dem Auge gegenwaͤrtig sind; sie bildet sie sich an einer andern Stelle, in einer andern Gestalt vor, als sie sind. Ist ihre Anlage und ihr Wasser unbedeutend, so kann selbst die Nothwendigkeit erfordern, sie vor dem Anblick zu verhuͤllen. Fallende Wasser sind uͤberhaupt durch die Kunst sehr schwer anzulegen. Sie verrathen gar zu bald die Hand des Menschen, und haben selten das Gepraͤge des Natuͤr- Vom Wasser. Natuͤrlichen. Das Noͤthigste bey solchen Anlagen ist immer, die Mittel zu verber- gen, wodurch sie entstanden sind. Man wird laͤcherlich, sobald man die Natur verfehlt, da man sie mit Unkosten und Bestrebungen nachahmen wollte. Indessen sind kleine Wasserguͤsse, wo nicht schon die Natur sie hingelegt hat, leichter zu erhal- ten, als ein einzelner vorzuͤglicher Wasserfall. Sie verstatten eine Verdeckung, oder das Auge ist doch in ihrer Beurtheilung nicht strenge. Ein Wasserfall aber verliert, wenn er nicht gesehn wird; er muß sich dem Auge frey zeigen duͤrfen, und das kann er nicht ohne die Empfehlung der Schoͤnheit. 9. Wasserfall . Die Schoͤnheit der Wasserfaͤlle, die von Wasserguͤssen sich durch die Mehrheit und Staͤrke des Wassers unterscheiden, wird vornehmlich durch die Hoͤhe, woher sie sich herabgießen, und durch den Reichthum und die Klarheit des Wassers bestimmt. Wasserfaͤlle in Fluͤssen, an den Ausgaͤngen der Seen, moͤgen immer durch das Ge- raͤusch dem Ohr gefallen; fuͤr das Auge aber haben sie wenig Reiz. Allein sobald das Wasser von einer betraͤchtlichen Hoͤhe, von einem Berge oder Felsenstuͤck herunter P 2 spielt, Fuͤnfter Abschnitt. spielt, so gewinnt die Srene an Eindruck, zumal wenn helle durchsichtige Massen den Anblick beleben. Die Hoͤhe kann sogar den Eindruck bis zur Verwunderung, oder zum Erstaunen heben. In den Alpen ergießen sich Wasserfaͤlle, die aus den Wol- ken herabzuschaͤumen scheinen, indem umherschwebende Nebel ihren Ursprung verhuͤllen. Der Wandrer sieht erstaunt am Himmel Stroͤme fließen, Die aus den Wolken fliehn, und sich in Wolken gießen. von Haller . Dies ist einer der groͤßten und feyerlichsten Auftritte, wodurch die Natur in diesen Gegenden zur lebhaften Bewunderung hinreißt. Auch in andern Revieren wer- den Wasserfaͤlle, wiewohl mit einer geringern Kraft, ihre Wirkung beweisen, wenn sie von ansehnlichen Hoͤhen herabkommen; denn nur die Hoͤhe, nicht die Breite, macht ihre Schoͤnheit. Je klarer das Wasser am Felsen spielt, je deutlicher es seine Unter- lage durchschimmern laͤßt, desto groͤßer ist seine Anmuth. Auch die Mehrheit und Mannichfaltigkeit der Absaͤtze, woruͤber es sich hinwaͤlzt, die Verschiedenheit der han- genden Baͤume und Gestraͤuche, zwischen deren Gruͤn die silberhellen Abguͤsse glaͤnzen, tragen ungemein viel zur Schoͤnheit der Wasserfaͤlle bey. Allein die lebhastefte Ver- schoͤnerung erhalten sie von einfallenden Lichtern der Sonne, zumal wenn sich diese ih- rem Untergange naͤhert, und milde Stralen und sanftroͤthlichen Schimmer verbreitet. Ein Wasserfall, auf welchem das volle Sonnenlicht ruhet, ist schoͤn, aber noch schoͤ- ner, wenn der Abendglanz ihm ein liebliches Schauspiel der Farbenmischung durch die Oeffnungen herumstehender Baͤume zuwirft. Man sey bey kuͤnstlichen Wasser- faͤllen auf diese Lage aufmerksam. Obgleich fallendes Wasser auch ohne Verzierung gefaͤllt, wenn es vom nackten Felsen rinnet, so wird es doch anmuthiger, indem es zwischen Moos, Straͤuchern und Baͤumen herabspielt. Diese Beobachtung muß bey kuͤnstlichen Anlagen leiten. Denn hier wird jeder Wasserfall bald durch den Anschein des Gemachten misfallen, wenn er frey und nackt vor Augen liegt. Auch finden wir in den Gegenden, wo nicht ganz die Wildheit der alles Schmucks beraubten Natur herrscht, Wasserfaͤlle, wo nicht mit Baͤumen, doch mit Moos, Epheu und kleinem Gestraͤuch verziert. Die Zweige eines uͤberhaͤngenden Gebuͤsches moͤgen demnach einen Theil des Wasserfalls verstecken, doch ihn nicht ganz verhuͤllen, damit den zufaͤlligen Einleuchtungen des Sonnenlichts nicht gewehrt werde. Zuweilen gewinnt er selbst durch eine gaͤnzliche Verhuͤllung seiner Unterlage eine romantische Wirkung, indem er aus dickem Gebuͤsch hervorbricht, oder sich durch den Gipfel vorhaͤngender Baͤume herabwaͤlzt. Gewoͤhnlich werden Wasserfaͤlle so angelegt, daß man von unten hinauf sieht. Allein sie beweisen eine viel groͤßere Wirkung, wenn man sie von oben herab betrach- tet. Vom Wasser. tet. Der Anblick des Fallens in eine dunkle Kluft hinab, wo das Wasser sich in un- gesehenen Gaͤngen verbirgt, und des ewigen Fortlaufs, wovon weder Anfang noch Ende erscheint, erregt die Begriffe von Fortdauer und Unerschoͤpflichkeit, die zu den Begriffen von Groͤße gehoͤren. Schon der Fall in eine betraͤchtliche Tiefe hinunter, indem man ihm von der Hoͤhe zusieht, giebt ein Gefuͤhl des Erhabenen. Die Vernunft ruft uns zu, jeder Gegend die Scenen zu lassen, die ihr gehoͤ- ren, und nicht zu verlangen, daß ein Revier alle Gattungen laͤndlicher Schoͤnheiten in sich fasse. Allein wie wenig wird auf diesen Zuruf geachtet! Nichts ist gewoͤhn- licher, als Wasserfaͤlle in der Ebene anzulegen, und sodann das Wasser in einem ge- raden Canal fortlaufen zu lassen. Eine solche Anlage kann nicht anders als misfal- len, weil sie so weit von der Anleitung der Natur abweicht. Was kann unschickli- cher seyn, als ein Wasserfall in einer ganz flachen Gegend? Die Natur zeigt uns nur Wasserfaͤlle in huͤgeligten, bergigten und felsigten Revieren. Wo kein merklicher Abhang des Bodens, oder wo er nur erzwungen ist, da ist ein Wasserfall gegen die Natur. Maͤßige Wasserfaͤlle lassen sich zwar, ihrer Lebhaftigkeit wegen, mit angenehmen Gegenden verbinden. Doch wo der stille Reiz der Laͤndlichkeit und Ruhe zwischen klei- nen Huͤgeln, lustigen Hainen und blumigten Thaͤlern sich verbreitet, da moͤgen sanfte Gewaͤsser ruhen; aber ein starker Wasserfall wuͤrde den Charakter der Scene stoͤren. Er entferne oder zertheile sich in kleine Guͤsse, wo Friede, Ruhe und laͤndliche Anmuth herr- schen soll. Indessen moͤge er in der sanftmelancholischen Gegend erscheinen, und von Ruinen zwischen sparsam zerstreuten und welkenden Gestraͤuchern herabmurmeln; nur darf er weder durch Groͤße, noch am wenigsten durch Lebhaftigkeit des Geraͤusches, dem Eindruck der Scene schaden. Am meisten gehoͤren Wasserfaͤlle, wegen der mannichfal- tigen und sonderbaren Gestalten und Zufaͤlligkeiten, worin sie sich von Felsen ergießen, fuͤr die romantische Gegend. Sie tragen zur Bildung des Contrastes sehr viel bey, indem sie auf den Anhoͤhen ein wildes Getoͤse verbreiten, da inzwischen im nahen Thale Ruhe und laͤndlicher Friede wohnt. Mehrere kleine Faͤlle unterhalten, beleben, belustigen auf eine mannichfaltige Art; ein einzelner betraͤchtlicher Fall aber ist von einer bestimmtern Wirkung. Wo staͤrkere Empfindungen von einer gewissen Gattung erregt werden sollen, da ist ein einfacher Was- ser fall vielen kleinen Guͤssen, die keine Wirkung mehr haben, unstreitig vorzuziehen. Man kann ihn nach der besondern Absicht und nach dem Beduͤrfniß der Scene bilden und ab- aͤndern. Man kann ihn durch rohe Felsen ernsthaft, durch gruͤnes Buschwerk anmu- thig machen u. s. w. Wie viel ein im Geschmack der Natur nachgebildeter Wasserfall zur Belebung ei- ner Scene beytraͤgt, zeigt unter vielen andern Beyspielen, die sich hier anbieten, die An- lage des beruͤhmten Shenstone in den Leasowes , und zwar in dem einsamen Haine, P 3 der Fuͤnfter Abschnitt. der Virgils Andenken gewidmet ist. Der Hain, erzaͤhlt Heely , Briefe uͤber die Schoͤnheiten von den Leasowes ꝛc. Aus dem Engl. 1779. 19. Br. eroͤffnet sich mit al- len seinen Schoͤnheiten; das begierige Auge, das alles mit einmal uͤbersehen moͤchte, weiß nicht, wo es einen Ruhepunkt waͤhlen soll, weil die Wahl des Schoͤnsten schwer wird. Den edelsten Gegenstand in der Entfernung sieht man durch eine natuͤrliche Durchsicht. Es ist ein schoͤner Wasserfall, der von einem Felsen in eine Art von Grotte hinabstuͤrzt, und im Schatten eines Dickigts liegt. Der Fall ist hoch, wasserreich und wohlklingend, und macht unten ein schaͤumendes Wasserbehaͤltniß, vor welchem eine aus dem Bade steigen- de Venus in einer schamhaften Stellung steht. Der Abfluß dieses Wasserraums ver- liert sich etliche Schritte lang, koͤmmt aber hernach wieder zum Vorschein, und fließt sanft fort. Bald darauf rauscht er uͤber große Steine fort, theilt sich, bildet eine Insel, fließt wieder sanft, bis er an einen zweyten Fall koͤmmt; darauf fließt er nach vielen Kruͤmmungen unter einer simpeln Bogenbruͤcke durch, und faͤllt in einen tiefer liegen den See, der durch die Baͤume schimmert. 10. Wasser- Vom Wasser. 10. Wassersturz . Schon der Name unterscheidet den Wassersturz von dem Wasserfall, mit dem Charakter einer groͤßern Schnelligkeit und Heftigkeit. Ungestuͤm und Wildheit in der dahinreißenden Bewegung, ein Ueberfluß von truͤbem und immer empoͤrtem Was- ser, oder große, weiße Massen von Schaum, ein tobendes Brausen, ein gewaltthaͤ- tiges Fortjagen und Zerstoͤren der aufstoßenden Gestaͤnde, umherschwebende Nebel und der Widerhall von den Felsen, alle diese Eigenschaften und Umstaͤnde bezeichnen mehr oder weniger den Wassersturz oder Katarakt. Seine Heimat ist in gebuͤrgigten und ber- gigten Gegenden, in Felsenhoͤhen, in engen Zwischenraͤumen, in Wildnissen, wo oft Stuͤrme, Wolkenbruͤche, Ueberschwemmungen und Vulcane toben. Sein Bett traͤgt die Spuren der Gewaltthaͤtigkeit und der Wut; es ist ungleich, zerrissen, zer- wuͤhlt, mit Steinen und Felsenstuͤcken angefuͤllt; umher trauren Gestraͤuche an ihrer Wurzel entbloͤßt, oder hangende Baͤume, die den nahen Fall ankuͤndigen. Die Wirkung der Katarakten ist Ungewißheit, Unruhe, Staunen, oft eine Art von Schrecken. Sie gehoͤren nicht zur angenehmen Gegend, vielweniger zu sanftmelancholischen; sie machen einen Theil von dem Charakter romantischer, am mei- sten aber feyerlicher Reviere aus. In ausgedehnten Parks, besonders in Scenen, die den Charakter des Feyerli- chen an sich tragen, koͤnnen Wasserstuͤrze sich allerdings in ihrer ganzen Groͤße zeigen, weil theils der mehr ausgebreitete Raum es verstattet, theils die Empfindung des Er- habenen, die sie erregen, mit den uͤbrigen Auftritten sich leichter in Verbindung setzen laͤßt. In einem eingeschraͤnkten Garten aber wuͤrde ein wuͤtend bruͤllender Wasserfall die sanftern Eindruͤcke der andern Gegenstaͤnde zerstoͤren. Die Natur scheint die Bildung der Katarakten allein ihrer schoͤpferischen Macht vorbehalten zu haben; die Kunst wird hier, nach vergebens verschwendeter Muͤhe und Aufwand, zuruͤckweichen und ihre Schwaͤche fuͤhlen. Schon die Umstaͤnde, daß Wasserstuͤrze keine rechte Wirkung haben, wenn sie nicht von felsigten Anhoͤhen herab- fallen, und daß nur eine von der Natur selbst gebildete Wildniß natuͤrlich scheint, las- sen die Schwierigkeiten bald erkennen. Außerdem sind Katarakten mit so mancherley Zufaͤlligkeiten verbunden, die zu ihrem Charakter zu gehoͤren scheinen, daß es uͤber- aus schwer ist, auch nur einen Theil in der Nachahnung zu erreichen. Wasserstuͤrze von der ersten Groͤße sind immer als so merkwuͤrdige Naturscenen auf unserer Erdflaͤche angesehen worden, daß sie die Aufmerksamkeit nicht blos der Geo- graphen, sondern auch der Dichter und Maler erregt haben. Ohne Zweifel wird es nicht Fuͤnfter Abschnitt. nicht unangenehm seyn, hier in der Beschreibung einiger der beruͤhmtesten Katarakten die Mannichfaltigkeit ihrer Verzierungen und Zufaͤlligkeiten zu sehen. Der Fall des Flusses Tees nicht weit von Bernard-Castle ist, nach Youngs Reisen durch die noͤrdlichen Provinzen von England, 1 Th. 9 Br. Erzaͤhlung, eine der groͤßten natuͤrlichen Merkwuͤrdigkeiten in England . Der Weg fuͤhrt bald zwischen reißenden Stroͤmen, bald laͤngst rauhen Felsen, bald uͤber kahle Berge, bald in dem Bette des Flusses selbst fort, das die gewaltigen Stroͤme gemacht haben. Man faͤngt an den Wasserfall zu hoͤren, und sich beynahe dafuͤr zu fuͤrchten. Wenn man in die Gegend kommt, wo die Tees auf Felsen herabstuͤrzt, so verhin- dert der Wald sie zu sehen; aber das Getoͤse ist fuͤrchterlich. Der Anblick selbst aber ist in der That praͤchtig; der ganze Strom, der nicht klein ist, theilt sich oben durch einen in der Mitte liegenden Felsen in zwey Theile, und stuͤrzt auf diese Art achtzig Fuß in einer senkrechten Hoͤhe herab. Der Schaum und Staubregen, darin sich das Wasser aufloͤset, verursacht beym Sonnenschein allemal einen Regenbogen. Der Anblick wird noch grausender, weil zu beyden Seiten hundert Fuß hohe Felsen aufge- thuͤrmt stehen, woruͤber große Baͤume wild verwachsen sich heruͤber haͤngen. Kein Land ist von der Natur mit so vielen kleinen und großen Wasserfaͤllen und Katarakten erfuͤllt, als die Schweiz . In den gebuͤrgigten Gegenden hoͤrt man auf allen Seiten Baͤche und Waldstroͤme rauschen. Wir uͤbergehen den beruͤhmten Rheinfall bey Schafhausen , der oft beschrieben und oft gemalt ward. Einer der sel- tensten Wasserstuͤrze ist unstreitig der, welcher sich auf der Nordseite des Gotthards- bergs am Ende des Urseler Thals befindet. Hier scheint, nach der neuesten Sul- zerschen Beschreibung Deutsches Musaͤum, 1778. 8tes St. , der Ausgang aus dem Thale unmoͤglich, weil uͤberall senkrecht in die Hoͤhe steigende Felsenberge herumstehen. Nur die Reuß hat gegen Norden sich einen engen Durchgang zwischen hohen Felsen durchgegraben. Weil sie aber kei- ne Ufer hat, und zwischen diesen Felsen als durch einen Canal laͤuft, so kann man da nicht herauskommen. Daher hat hier ein Weg mitten durch einen an der Reuß ste- henden Felsen durchgehauen werden muͤssen. Er ist nur achtzig Schritte lang, gerade so weit, daß zwey Pferde vor einander vorbey koͤnnen, und so hoch, daß der reitende Reisende mit dem Kopfe nicht an das Felsengewoͤlbe anstoͤßt. In der Mitte ist eine kleine Seitenoͤffnung gegen den Fluß, um dem Gange etwas Licht zu geben. Ein groͤßerer Contrast ist vielleicht in der Natur nicht zu sehen, als den hier die bey- den Scenen machen, die man diesseits und jenseits dieses nur achtzig Schritte langen Durchgangs sieht. Ehe man durchgeht, befindet man sich in einem ebenen, mit schoͤnen Fluren angefuͤllten, stillen, sehr angenehmen Thal, einem Wohnsitz, der die Empfin- Vom Wasser. Empfindungen der sanftesten Ruhe erweckt. Ist man jenseits durch diesen Gang her- aus, so hat man auf einmal eine Scene vor Augen, die nicht brausender, noch fuͤrch- terlicher erdacht werden koͤnnte: das tobende Geraͤusch eines ziemlich wasserreichen, sich in unzaͤhligen Absaͤtzen tief abstuͤrzenden Flusses; eine sehr enge und fuͤrchterliche tiefe Felsenklust; hundert gespaltene und dem Ansehen nach den Einsturz drohende Felsen; einen in den perpendicular in die Hoͤhe gehenden Felsen eingehauenen, hoch uͤber den Abgrund, wodurch der Fluß sich so wuͤtend herunterstuͤrzt, gleichsam in der Luft schwe- benden Weg; und endlich eine schmale hoch uͤber eben diesen Abgrund gehende Bruͤcke; dieses ist die sogenannte Teufelsbruͤcke , uͤber die man weg muß, um auf den gedach- ten an dem Felsen eingehauenen Weg heruͤber zu kommen. Man wird mitten auf dieser Bruͤcke von dem tobenden Geraͤusch des Wassers betaͤubt, von der Hoͤhe schwin- delnd, und von dem in Staub zerschmetterten und sich in der Luft herumtreibenden Wasser ganz naß. Das Greuliche dieser Scene ist uͤber alle Beschreibung, und man begreift kaum, wie Menschen es haben unternehmen koͤnnen, sich einen Weg hierdurch zu bahnen. Ein anderer zwar weniger bekannter, aber nicht minder merkwuͤrdiger Wasser- sturz der Schweiz ist die Pissevache im Walliserlande . Bourret Schilderung seiner Reise nach den Savoyischen Eisgebuͤrgen. Aus dem Franzoͤsischen, 1775. 2 Th. 3tes K. Ein großer, reißen- der Strom stuͤrzt in einer Hoͤhe von ohngefaͤhr zwey hundert Fuß herab. Der Fels, von welchem er faͤllt, ist senkrecht, und die Gewalt des Wassers hat ihn an seiner Spitze wie einen Trichter ausgehoͤhlt; nachdem er einige Zeit brausend auf diesem stei- len Abhange fortgerollt ist, so giebt sich auf einmal die ganze Masse des Wassers da- von ab, und faͤllt schnurgerade am Fuße des Berges nieder. In dem Bogen, den sein Fall beschreibt, entfernt sich der Wasserstral gaͤnzlich vom Berge; und wenn nichts zur Seite wegspritzte, an die nebenliegenden Felsen anschluͤge, und die Gegend un- ter Wasser setzte: so koͤnnte man trockenen Fußes zwischen dem Felsen und dem Was- serfall durchgehen, und unter einem halben Gewoͤlbe von lebendigem, schnellbewegten Wasser Schutz vor dem Regen finden. Der Anblick dieses haͤngenden Wassers, das unaufhoͤrlich herunter stuͤrzt und erneuert wird, immer faͤllt und hangend bleibt, ist ein Vergnuͤgen, das die Seele hinreißt und in einem Augenblick sie ganz beschaͤftigt. Tausend seltsame Gestalten, von welchen nicht eine einzige der andern gleicht, folgen Blick auf Blick mit einer unglaublichen Geschwindigkeit auf einander. Bald stuͤrzt der Strom majestaͤtisch in einer Masse herunter; und, indem er unten wuͤtend auf den Felsen II Band. Q Fuͤnfter Abschnitt. Felsen faͤllt, von ihm eben so gewaltsam zuruͤckgestoßen wird und auf das Wasser, das ihm nachfolgt, ungetrennt zuruͤckprallt, verbreitet er allenthalben einen dichten Regen, wie bey dem staͤrksten Gewitter. Oder kleine Wasserstralen fahren, mit der Geschwindigkeit des Blitzes, aus der ganzen Masse heraus, und eilen, ihrem Fall zuvor- zukommen. Dort stoßen viele Gruppen des nassen Elements heftig auf einander, wal- len in Wirbeln eine uͤber der andern im Luftraume fort, und erreichen so den Fuß des Berges. Manchmal wird ein Theil des Stroms von der Gewalt des Windes weg- getrieben, und gegen die benachbarten Klippen geworfen; hier bricht sich die Fluth mit entsetzlichem Getoͤse, und uͤberzieht eine große Strecke mit Schaum, das bersten- de Wasser spritzt nach allen Seiten hin, tausend Baͤche stroͤmen uͤberall herab, und die entfernten Gebuͤsche sind mit Wasser bedeckt. Dort hat das hangende Wasser ei- ne schwaͤrzliche Farbe; hier ist es von einer blendenden Weiße; wieder an einem an- dern Orte schmilzt es in Wolken, und verschwindet gaͤnzlich. Tausend verschiedene Bewegungen stellen sich mit einem Blicke dar. Tausend verschiedene Toͤne schallen auf einmal von tausend auf verschiedene Art getroffenen Felsen wider; und die ganze Wassermasse, die unaufhoͤrlich niederstuͤrzt und zuruͤckprallt, und das Gemisch von Wellen, Felsen, Schaum und Wolken, die mit der allerschrecklichsten Gewalt un- ter einander getrieben, geschlagen und bewegt werden, stellt unten ein Bild der Na- tur, die mit großen Schritten in ihr Chaos zuruͤckkehrt, und des Streits der zum Un- tergang der Welt vereinigten Elemente vor. Wir sahen den Wasserfall nicht bey Son- nenaufgang, in dem Augenblicke, da die Stralen dieses am Horizont schief aufgehen- den Gestirns von den Duͤnsten gebrochen werden, in ihre ersten Farben aufgeloͤset sich zuruͤckwerfen, und uͤberall Regenbogen bilden; aber der vom Regen angeschwollene Strom that eine noch weit groͤßere Wirkung. Wir betrachteten ihn stillschweigend, indem wir uns uͤber den Wind und vor dem dicken Gewoͤlke in Sicherheit gestellt hat- ten, das sich allenthalben und bis an die Berge der Gegenseite uͤber die Rhone hin verbreitete. Gruppen mit Stroh gedeckter Huͤtten, die in einiger Entfernung lagen, die Hoͤhe der Berge, die dies Schauspiel umgaben, der Strom, der mit Hef- tigkeit eine kleine Strecke in der Ebene fortlaͤuft und dann den Rest seiner Wut in die Rhone ergießt, das dumpfige Rauschen des Flusses, alles bis auf die kleine Bruͤcke, die uͤber denselben geht, trug etwas zur Verzierung des Gemaͤldes bey. Die Hoͤhe dieses Wasserfalls macht ihn weit ansehnlicher, als den zu Schafhausen ; er ist auch nicht so grauerlich, wie der zu Niagara . Bey den Resten des beruͤhmten Tempels zu Tivoli bildet der Fluß Teverono einen der schoͤnsten Katarakten, die Italien aufzuweisen hat. Oberhalb Tivoli wird, Vom Wasser. wird, nach Volkmanns Nachrichten von Italien ꝛc. 2ter B. S. 838 u. s. w. Beschreibung, sein Lauf durch ein paar Huͤgel geschmaͤ- lert, und darauf stuͤrzt er sich bey diesem Tempel uͤber einen Felsen auf dreyßig Ellen in das darunter liegende Thal mit solchem Getoͤse herab, daß man es in einer großen Entfernung hoͤrt. Der feine umherspritzende Staubregen bildet, wenn man die Son- ne hinter sich hat, einen artigen Regenbogen. Rechter Hand sind vier kleinere Was- serfaͤlle, die sich unter großem Geraͤusch mit dem durch den Hauptfall entstehenden Strudel vereinigen, unter die Felsen fortrauschen, und in einiger Entfernung aufs neue kleine Cascaden bilden, wodurch Papiermuͤhlen und andre Fabriken getrieben werden. Man kann sich keinen mehr malerischen Anblick gedenken. Der Fall selbst mit den wild uͤber einander gethuͤrmten bemoosten Felsen, der daruͤber liegende ehrwuͤr- dige Tempel, die Stadt, die schoͤne Landschaft, die Baͤume, der Fluß, die an den- selben zur Traͤnke gefuͤhrten Heerden, alles, was eine Landschaft an abwechselnden Gegenstaͤnden reich macht, findet sich hier beysammen. Poussin, Vernet und an- dere große Meister haben diese Gegend in ihren Gemaͤlden oft genutzt. Aber einen noch groͤßern und beruͤhmtern Wassersturz hat Italien zu Terni , Ebend. 3ter B. S. 373 u. s. w. vier italienische Meilen von der Stadt dieses Namens entfernt. Er entsteht durch den Velino , der sich, uͤber zweyhundert Fuß hoch, senkrecht in die Nera herabstuͤrzt. Die Gewalt des Wassers hat die Steine des obern Randes, uͤber welchen es herab- faͤllt, so glatt polirt, daß sie einen weißlichten Schein von sich geben. Es stuͤrzt mit einem solchen Getoͤse auf einander herab, daß man nichts anders dafuͤr hoͤren kann und Augen und Ohren gerathen in ein fuͤrchterliches und zugleich angenehmes Erstau- nen. Die Hoͤhe macht, daß das Wasser durch den Widerstand der Luft getheilt und in einen Regen und Schaum verwandelt wird, der, indem er mit der groͤßten Ge- walt auf die untern Felsen abprallet, als ein weißer Rauch in Gestalt einer großen Wolke emporsteigt. Bey hellem Wetter brechen sich die Sonnenstralen darin, und bilden den schoͤnsten Regenbogen. Die ganze Luft wird mit dem feinsten Staubregen angefuͤllt, der sich weit uͤber die Hoͤhe des anliegenden Berges erhebt, die Zuschauer bey herbeytreibendem Winde ganz naß macht und gleichsam in eine feuchte Wolke ein- huͤllt. Die umherstehenden Pflanzen und die Blaͤtter der Baͤume sind mit einem un- gemein zarten weißen Staube uͤberzogen, der sich leicht verwischen laͤßt; er entsteht von den durch den Fall abgewaschenen Theilchen des Marmorfelsen, die mit dem Was- ser in die Hoͤhe getrieben werden, zugleich mit dem feinen Staubregen herabfallen, und trocknen. Alles, was der Strom oben ergreift, ist ohne Rettung verloren, und wird mit in den Abgrund hinabgerissen und zerschmettert. Außer dem Katarakt des Q 2 Niagara Fuͤnfter Abschnitt. Niagara in der Provinz Canada in America weiß man in der itzt bekannten Welt keinen, der mit diesem zu vergleichen waͤre. Wie die Fluͤsse und Gebuͤrge in der neuen Welt uͤberhaupt von einer Groͤße sind, die vor ihrer Entdeckung nicht gesehen ward, so ist auch der Niagarasturz der groͤßte, den bis jetzt die erweiterte Erdbeschreibung kennt. An dem Fall ist der Fluß eine hal- be (englische) Meile breit; der quer durch ihn gehende Felsen stellt einen halben Mond vor. Ehe man an den Fall kommt, liegt eine Insel eine halbe (englische) Meile lang, die kurz vor dem Fall aufhoͤrt. Sie theilt den Fluß in zween Theile. Anfangs fließt er langsam; aber so wie er sich dem Falle naͤhert, geschwinder und mit solcher Heftig- keit, daß er das Wasser in die Hoͤhe wirft und wie lauter Schaum aussieht. Der senkrechte Fall ist hundert und funfzig Fuß hoch, und setzt jeden, der ihn erblickt, in Erstaunen. Man sieht eine ungeheure Menge Wasser mit Gewalt auf die untersten Felsen herabstuͤrzen, und sich wieder in weißen Schaum verwandelt in die Hoͤhe he- ben. Man hoͤrt das Getoͤse oft auf funfzehn (englische) Meilen weit; man sieht die davon aufsteigenden Duͤnste, in einer großen Entfernung, wie eine Wolke oder Saͤule von Dampf; und nachdem sich die Sonnenstralen brechen, stellt sich dem Auge ein Regenbogen dar. Vielen Thieren und Voͤgeln, die uͤber den Strom hinuͤber wol- len, kostet dieser Fall das Leben, und man findet sie unten in Stuͤcken wieder; eine Menge von umherschwebenden Adlern lauert auf die Beute der Verungluͤckten. Vermischte Anmerkungen uͤber das Wasser. Man wird nun uͤberzeugt seyn, welche Mannichfaltigkeit von Wirkungen in den bisher beschriebenen Hauptcharakteren enthalten ist, die uns die Natur von dem Wasser zeigt. In der That bleibt das Wasser einer der herrlichsten Gegenstaͤnde in der Schoͤpfung und die Seele der Landschaft. Es ist keine Scene so klein, wohin es sich Vom Wasser. sich nicht unter irgend einer Gestalt schickte; keine ist so groß, die dadurch nicht noch an Lebhaftigkeit und Staͤrke, keine so glaͤnzend, die nicht an Pracht gewinnen sollte. Das Wasser kann in allen Arten von Gegenden, in den angenehmen, heitern, lebhaften, einsamen, melancholischen, romantischen, feyerlichen, wiewohl unter verschiedenen Charakteren und Bildungen, mit Vortheil erscheinen. Auch ohne auf seine verschie- denen interessanten Wirkungen zu sehen, gefaͤllt es uͤberall; man erfreut sich, wo man es erblickt, wenn es nur rein und frey ist; Leben und Erfrischung fließen mit ihm daher. So widerspenstig und unbaͤndig auch das Wasser in einigen Massen und Cha- rakteren ist, so gehorcht es doch in den uͤbrigen Faͤllen der Macht des Menschen. Er kann es leiten und bilden, wie er will. Er kann ihm Ruhe oder Bewegung geben, Ausdehnung oder Einschraͤnkung, Abaͤnderung und Verzierung seiner Ufer, Helle oder Ueberschattung, jede Abwechselung des Tons von dem sanften Gemurmel eines zum Schlummer einladenden Bachs bis zu dem wilden Getoͤse eines Wasserfalls, der den Wanderer schreckt. Er kann durch Anlage und Verbindung mit andern Gegen- staͤnden seine Wirkungen gewisser, staͤrker und interessanter machen, alle Scenen da- durch veraͤndern, und alle Empfindungen aufbieten. Dennoch hat sich der Mensch mit den mannichfaltigen Charakteren, worin ihn die Natur das Wasser sehen laͤßt, nicht begnuͤgen wollen. Noch nicht zufrieden, daß das Wasser bald stehend, bald laufend, bald fallend, und zwar unter so vielen Ab- wechselungen der Groͤße, der Bewegung, des Geraͤusches und tausend Zufaͤlligkeiten erschien, zwang er es in die Hoͤhe zu springen . Die Springwasser , welche die Kunst noch zu den natuͤrlichen Charakteren des Wassers hinzugefuͤgt hat, waren schon den Alten bekannt, und in den Gaͤrten des roͤ- mischen Italiens nicht selten. Die Liebe zu dem Neuen und Sonderbaren hat wohl an ihrer Erfindung nicht weniger Antheil, als die Absicht, sich auf einem kleinen Platz das Vergnuͤgen der Kuͤhlung und des Geplaͤtschers bequem zu verschaffen. Man darf die Springwasser eben nicht aus dem Grunde, weil sie durch die Kunst hervorgebracht sind, verwerfen. Freylich herrschten sie in der kunstvollen Ma- nier des le Notre uͤberall, und verdraͤngten den anmuthigen Bach und den edlen Was- serfall. Allein dadurch, daß sie in die Hoͤhe getrieben werden, fangen sie noch nicht an, gegen die Natur zu streiten. Denn auch die Natur zeigt springendes Wasser, wie- wohl als eine seltene Erscheinung. Man bemerkt z. B. in Island an verschiedenen Stellen, hin und wieder im Lande, und meistens in der Entfernung von den Vulcanen, sogar auf der Spitze der Eisberge, eine Menge von heißen springenden Wasserquellen. Nirgends in der Q 3 bekann- Fuͤnfter Abschnitt. bekannten Welt wird das Wasser so hoch in die Luft gespielt als hier, hoͤher als die be- ruͤhmten Wasserkuͤnste zu St. Cloud , zu Herrenhausen und die auf dem Winter- kasten bey Cassel steigen. Einige kochende Quellen werfen eine Wassersaͤule, die einige Fuß dick ist, weit uͤber hundert Fuß in die Hoͤhe; einige springen nur zu ge- wissen Zeiten, andere bestaͤndig. Um einen kleinen Landsee sah Troil Briefe, welche eine 1772 nach Island angestellte Reise betreffen. Aus dem Schwe- dischen, 8. 1779. 1 und 21. Br. auf einmal acht verschiedene Quellen, woraus Wasser in die Hoͤhe sprang, und in der klaren Morgenluft einen Dampf verbreitete; eine davon warf bestaͤndig eine Wassersaͤule, die sechs bis acht Fuß dick war, und auf vier und zwanzig Fuß hoch stieg. Bey Gey- ser , nicht weit von Skallholt , einem der bischoͤflichen Sitze auf Island , fand er, in dem Bezirk einer halben Meile, bis auf funfzig siedende Quellen, wovon die groͤß- te eine zirkelrunde Roͤhre von neunzehn Fuß im Durchmesser hatte, die sich oben in ein Becken von neun und funfzig Fuß im Durchmesser endigte, und das Wasser bis zu sechzig Faden in die Hoͤhe warf. Nach dieser Bemerkung glaube ich, daß in einem romantischen Reviere, das sich durch seltsame und beynahe abentheuerliche Scenen und Zufaͤlligkeiten unterscheidet, die Kunst vornehmlich berechtiget ist, hochsteigende Wassersaͤulen nachzubilden. Sie scheinen hier recht an ihrem Orte zu seyn, und helfen die Wirkung sehr verstaͤrken. Man sieht in einigen Gegenden des Canton Bern auf freyem Felde, oft an dem Fuß felsigter Hoͤhen, Springbrunnen, die zur Traͤnkung der Herden angelegt sind, ihren silbernen Stral emporschießen. Sie sind da von einer desto lebhaftern Wirkung, je weniger man sie erwartet. Ich habe sie nie ohne Verwunderung und angenehme Ueberraschung erblickt. In romantischen Gaͤrten verdienen demnach die springenden Wasser eine vorzuͤgli- che Empfehlung. In andern aber scheinen sie mehr eine entbehrliche Kuͤnsteley, zumal wenn sie gehaͤuft werden. In Gegenden von einem einfachen und bescheidenen Reiz, in Anlagen von einer laͤndlichen Einfalt wird der Bach oder Wasserguß sein Vor- recht behaupten; ein praͤchtiges Springwasser wuͤrde hier mit dem Charakter der uͤbri- gen Auftritte unvereinbar seyn. Doch wollen wir es auch ohne Eigensinn an einzel- nen Stellen zulassen, wenn es nur mit so viel Geschmack angebracht wird, daß es nicht beleidigt. So wuͤrde eine maͤßige, mit hellem lebhaften Geplaͤtscher emporspie- lende Fontaine immer eine anmuthige Verzierung in der Mitte eines kleinen mit Blu- men besetzten Platzes seyn. Man sieht mit Vergnuͤgen zwischen hundert leuchtenden Farben den weißen krystallenen Stral sich erheben, fallen, und plaͤtschernd ein leich- tes Vom Wasser. tes Thaugestoͤber umher verspritzen; der sanfte Staubregen gießt Befruchtung und Verschoͤnerung aus, und die am naͤchsten stehenden Geschlechter sehen in dem Spie- gel des bewegten Beckens verwundernd ihr Haupt hin und her zittern. Die Natur und die Kunst stimmen hier sehr wohl in der Bildung eines kleinen reizenden Schau- spiels zusammen, das zuweilen noch mehr von einfallenden Blicken des Sonnenlichts gewinnt, und das nahe vor dem Eingang eines Speisesaals, vor einem Cabinet dem Studieren oder der Ruhe gewidmet, mit einer Art von Wollust genossen wird. Auch in den Staͤdten geben hohe Springbrunnen vor Palaͤsten und auf oͤf- fentlichen Plaͤtzen, mit dem Nutzen des Wassers, zugleich eine gute Zierde. Sie verstaͤrken den Begriff von Pracht und breiten eine Art von Belebung um sich her aus. Und wenn sie hier mit Marmor und Bildhauerwerk verbunden werden, so kann diese Verzierung noch weniger an einer solchen Stelle getadelt werden, wo rings- umher in den emporsteigenden Gebaͤuden die Kunst und Bestrebung des Menschen sichtbar ist. Allein nirgends ist der gute Geschmack mehr beleidigt worden, als durch die Verzierung, die man mit allerley Bildwerk bey Springbrunnen und Wasserkuͤnsten verschwendete. Man hat das Ueppige und Ungereimte, von den beruͤhmten Cascaden von St. Cloud und Fontainebleau an bis zu den Spielwerken in den Gaͤrten der Kraͤmer, nicht weiter treiben koͤnnen. Daß das Wasser nicht mit Schicklichkeit von menschlichen Figuren noch von Thieren geworfen werden koͤnne, die auf dem Lande le- ben, haͤtte doch dem gemeinsten Verstande einleuchten sollen. Gleichwohl wie viele grobe Vergehungen! Der Garten der beruͤhmten Villa Estense bey Rom z. B. hat eine etliche hundert Schritte lange Wasserallee, wo auf beyden Seiten mehr als drey- hundert Adler, und sogar Blumentoͤpfe, Wasserstralen ausspritzen. So darf man auch nur in den Gaͤrten von Versailles die Fontainen der Latone, des Apolls, der Diana, der Ceres, des Bacchus, und der Flora sehen, um von dieser Seite einen sehr elenden Geschmack zu bemerken, den selbst alle Pracht nicht verbergen kann. Was ist abgeschmackter, als Loͤwen und Rehe neben einander, jene in der Raubbegierde, diese in der Flucht vorgestellt, auf einmal wie durch ein Wunderwerk verwandelt. Wasser emporwerfen zu lassen? — Wenn auch gleich der unbearbeitete Stein eine Stuͤtze seyn kann, so tritt doch eine offenbare Unschicklichkeit ein, sobald dieser Stein in die Gestalt eines Fisches, der seiner Natur nach nicht stuͤtzen kann, und durch den Anschein eines unverdienten Leidens eine unangenehme Empfindung erregt, umge- formt wird. Wie sinnreich man in solchen Verzierungen seyn kann, lehrt die Fontai- ne der Pyramide in den Gaͤrten zu Versailles, wo gerade auf der obersten Stufe vier Fuͤnster Abschnitt. vier Krebse zu Stuͤtzen angebracht sind. Man hat sich nicht gescheut, solche scharf- sinnige Erfindungen von Ungereimtheiten selbst in Schriften zu empfehlen. So zeich- net z. B. Decker In seinem Werk: Der fuͤrstliche Baumeister, Fol. Augsburg, 1713. eine Fontaine vor, in deren Bassin ein Hirsch, ein Reh, ein Wolf, ein wildes Schwein, ein Fuchs und ein Hund liegen und Wasserstralen in die Hoͤhe werfen; bey einer andern laͤßt er Schlangen, Stoͤrche, Pfaue, Schwaͤne, Tauben, und mit unter eine Kuh Wasser geben; und noch in einer andern zei- gen sich Loͤwen, Tiger, Kamele, Enten, ein Affe und eine Eselinn in Gesellschaft, und die Hauptfigur dieser feinen Gruppe ist — Apoll! — Und Seethiere in den Gaͤr- ten? Diese Vermengung dessen, was allein dem Meere zugehoͤrt, mit dem, was dem Lande eigen ist, scheint wenigstens sehr sonderbar; und warum denn eben eine solche Vermengung in den Gaͤrten? Rinnt nicht schon ein klares Gewaͤsser von dem Abhange eines gruͤnen Huͤgels anmuthig genug herab? Wird es schoͤner, wenn es von einem Seethiere, dessen Gestalt oft schon fuͤrchterlich ist, oder we- nigstens die fuͤrchterliche Erinnerung an die Geschichte seiner Feindseligkeiten ge- gen den Menschen erneuert, emporgestuͤrmt wird? Oder muß nicht vielmehr der Anblick solcher Geschoͤpfe dazu dienen, die angenehme Bewegung zu stoͤren, die ein lebendiges sanftmurmelndes Wasser erweckt? Koͤnnen sich taͤuschende Ein- druͤcke von dieser Art mit der Bestimmung der Gaͤrten vertragen? Und wenn auch der nachgebildete Wallfisch, der Krokodil, oder ein anderes Seethier in ei- nem weiten Wasserraum nicht ganz unnatuͤrlich scheinen wuͤrde: ist er es denn noch in einem Bassin, dessen kleiner Umfang von allen Seiten beufert auf einmal in die Augen faͤllt, das von hohen Lauben und Hecken beschattet wird? Weg mit den schrecklichen Seeungeheuern aus den Gaͤrten, auch wenn sie le Notre empfiehlt und Ludewig der Große sie billigt! Diese Bemerkungen werden hinreichen, die Vorrecht eder Natur auch von die- ser Seite gegen die Eingriffe eines falschen Geschmacks zu sichern. Springbrun- n en bleiben, besonders in warmen Himmelsstrichen, wo sie ihren Ursprung nah- men, eine angenehme Erfrischung; in noͤrdlichen Gegenden sind sie mehr bloße Nachahmungen und mehr entbehrlich, zuweilen auch durch Verbreitung der Feuch- tigkeit nahen Gebaͤuden schaͤdlich. Doch an schicklichen Stellen angebracht, und frey von den gewoͤhnlichen Verunstaltungen der Behaͤltnisse, moͤgen sie ferner den Liebhaber ergoͤtzen. Aber wer wird nicht lieber dem Lauf und Fall und Geraͤusch eines hellen Bachs den Vorzug goͤnnen? Ce Vom Wasser. Ce ruisseau, l’amour de Zéphire, Qui du voile des cleux refléchissoit l’azur, Et de Flore autrefois embellissoit l’ empire, Captif dans un bassin de marbre ou de porphire, N’ est plus ni si clair, ni si pur. Esclave de l’art qui l’enchaîne, Dans sa prison superbe il serpente avec peine. Libre autrefois, dans ses longues erreurs, Il embrassoit, il arrossoit la plaine, Et donnoit en fuyant la vie à mille fleurs. BERNIS. II Band. R Sechster Sechster Abschnitt. Sechster Abschnitt. Von Wegen und Gaͤngen . 1. U eber den Bau, die Festigkeit und Bequemlichkeit der Gartenwege, wobey man vorzuͤglich auf die Beschaffenheit des Klima und des Erdbodens Ruͤcksicht zu nehmen hat, findet man in den Schriften der Gaͤrtnerey hinlaͤnglichen Unterricht. Wir haben nur hier die Anlage der Gaͤnge zu untersuchen, in so ferne sie dem Ge- schmack unterworfen ist. Ueberfluͤßige Gaͤnge, z. B. bey einer offenen Ebene, wo keine Hindernisse den Gang aufhalten, sind ekelhaft; ihr Mangel an Stellen, wo sie erfordert werden, ist verdruͤßlich. Man schadet dem Eindruck der Gartenscenen, sowohl wenn man zu viel oder zu wenig Wege anlegt, als auch, wenn sie nicht gerade an den Orten, wo sie noͤthig sind, angetroffen werden. Die vornehmste Bestimmung der Gaͤnge ist, daß sie, ohne zum Umkehren zu noͤthigen, zu allen merkwuͤrdigen Scenen herumfuͤhren. Allein mit dieser Be- stimmung vereinigt sich noch eine andere, naͤmlich, daß sie eine solche Wendung nehmen muͤssen, bey welcher nicht allein uͤberhaupt Abwechselung und Mannichfal- tigkeit genossen wird, sondern auch die besten Prospecte bald auf einmal, bald all- maͤhlig, in der vortheilhaftesten Enthuͤllung erscheinen, hingegen der Anblick mis- faͤlliger Auftritte ganz verdeckt bleibt. Die Anlage der Wege erfordert also eine sorgfaͤltige Aufmerksamkeit auf die Gesichtspunkte, aus welchen auf denselben die Gegenstaͤnde in die Augen fallen. Nach der Lage und Beschaffenheit nicht nur des Bodens, sondern auch der Gartenscenen selbst, muͤssen die Wege bald in der Tiefe verweilen, bald mit den An- hoͤhen sich erheben, bald eine gerade Linie fortlaufen, bald sich kruͤmmen, bald von einem schmalern, bald von einem breitern Umfang seyn, und dadurch schon eine ge- wisse Abwechselung in sich enthalten. Hat man ein bestaͤndiges Augenmerk auf den Genuß der Aussichten und der angenehmsten Wirkungen aller Auftritte, so kann es nicht schwer seyn, die Gaͤnge gluͤcklich anzulegen. Durch das Gegentheil wird man in Ansehung dieses Punkts vielfaͤltig fehlen, und gemeinen Gaͤrtnern aͤhn- lich Von Wegen und Gaͤngen. lich bleiben, die ihre Wege hinwerfen, wo es ihnen einfaͤllt, oder wo der Boden und die Schnur die erste beste Bequemlichkeit dazu anbieten. Es ist demnach widersinnig, wenn sich der Garten nach Gaͤngen, die schon vor seiner voͤlligen Einrichtung entworfen sind, bequemen muß. Sie koͤnnen erst alsdann gehoͤrig bestimmt und wohl angelegt werden, wenn alle Theile und Scenen des Gartens ihre vollkommene Anpflanzung und Ausbildung erhalten haben. Weil die Gaͤnge nur ein Huͤlfsmittel, nicht aber ein Hauptwerk in den Gaͤr- ten sind, so ist es eine sehr unschickliche Anlage, wenn viele derselben, anstatt hie und da verdeckt zu seyn, auf einmal hervorbrechend in die Augen fallen und eine Art von Nachahmung der Stadtgassen vorstellen. Außerdem sind die Gaͤnge an sich zu unerhebliche Gegenstaͤnde, als daß sie verdienten, besonders zur Schau ausgestellt zu werden. 2. Die meisten Misverstaͤndnisse in Ansehung der Wege sind bey der Frage ent- standen, ob sie in einer geraden Linie oder mit Kruͤmmungen angelegt werden sollen. Man erinnert sich, daß die alte Manier allein die gerade Linie in den Gaͤngen befolgte. Als der neue Geschmack der Britten sich zu verbreiten anfieng, verwarf man sie ganz gegen die sich kruͤmmende Linie, die man uͤberall anbrachte. Allein die gemei- ne regulaͤre Schlangenlinie enthaͤlt fast eben so viele Einfoͤrmigkeit, als die gerade Linie. Dagegen verdient die sich ohne Regelmaͤßigkeit frey kruͤmmende und mit Abwechselung schlaͤngelnde Manier unstreitig den Vorzug. Wir wollen sie die Na- turlinie nennen, indem sie sowohl in den Vorbildungen der Natur vor Augen liegt, als auch da, wo sie von der Hand des Menschen gezogen wird, sich nach der Be- schaffenheit des Bodens, und nach der Lage der natuͤrlichen Gegenstaͤnde richtet. Fragt man, welche von beyden Linien der Gartenkuͤnstler befolgen soll, so wird die Antwort zum Vortheil beyder ausfallen muͤssen. Die Sache ist diese. Die gerade Linie ist nicht gegen die Natur, und sie wird auch nicht dadurch verwerflich, daß sie in der alten Manier herrschte. Sie fuͤhrt eine gewisse Art von Bequemlichkeit mit sich. Und es giebt Faͤlle, wo sie nicht allein noch immer zu- laͤssig ist, sondern auch mit Vortheil gebraucht werden kann. Sie schickt sich nicht allein in großen oͤffentlichen Spaziergaͤngen des Volks, sondern auch in breiten Alleen, die auf den Seiten mit hohen Baͤumen besetze R 2 sind. Sechster Abschnitt. sind. Da, wo weite Aussichten sich eroͤffnen sollen, wo die Ergoͤtzung der Ausdeh- nung und Groͤße gesucht wird, wo der Blick auf einen vorliegenden interessanten Gegenstand, der die Erwartung unterhalten soll, unverruͤckt zu heften ist, da laufen die Wege am besten in der geraden Linie fort. In einer voͤllig geraden und flachen Ebene wuͤrde ein gekruͤmmter Pfad widersinnig scheinen. Wo man auf den Seiten nichts zu zeigen hat, wo die Ausschweisungen der Gaͤnge auf keine neue Gesichts- punkte und Abwechselungen fuͤhren wuͤrden, wo man keine andere Absicht hat, als bequem und bald nach einer bestimmten Stelle zu kommen, da verdient ohne Zweifel der gerade Weg den Vorzug. Außer allen diesen Faͤllen ist die gerade Linie oft blos des Contrastes und der Unterbrechung wegen noͤthig. In ausgedehnten Gartenrevie- ten wuͤrden lauter gekruͤmmte Gaͤnge eben so, wie lauter gerade laufende, dem Gan- zen ein Gepraͤge von verdruͤßlicher Einfoͤrmigkeit mittheilen. Allein eine verstaͤndi- ge Vermischung beyder Arten wird in einem weitlaͤustigen Raum nicht allein noͤthig, sondern auch der Abwechselung wegen angenehm. Wo Boden und Absicht es erfor- dern, da lasse man die gerade Linie eine Strecke fortlaufen; man unterbreche sie wie- der mit der gekruͤmmten, wo diese sich mit Vortheil anbietet. Der gekruͤmmte Gang wird zuerst von der Nothwendigkeit vorgeschrieben, wo der geraden Linie sich Vertiefungen oder Erhoͤhungen des Bodens, Baͤume, Was- ser und andere Hindernisse der Natur entgegenstellen. Aber er wird auch außerdem mit Vorbedacht und Geschmack gewaͤhlt. Er ist besonders den Scenen und An- pflanzungen angemessen, zwischen welchen man mit Ruhe und Betrachtung, und mit einer allmaͤhlig fortschreitenden Unterhaltung umherwandeln, wo das Auge stu- fenweise von einem Gegenstande zu dem andern, von einem Gesichtspunkte zu dem andern geleitet werden soll. In Lusthainen und Gebuͤschen, in Wildnissen an den Ufern der Gewaͤsser, streift man gerne auf sich kruͤmmenden Pfaden umher; gerne schleicht man auf ihnen in waldigte Tiefen und dunkle Einsiedeleyen hinab; gerne windet man sich auf ihnen zu Anhoͤhen in der Runde hinauf, wodurch allmaͤhlig eine Vervielfaͤltigung und bestaͤndige Abwechselung der Prospecte entsteht. In Gaͤrten von einem kleinern Umfang koͤnnen gewundene Gaͤnge auch dazu dienen, daß sie einen Schein der Vergroͤßerung erregen. Jedoch ist bey den gekruͤmmten Wegen zuvoͤrderst jedes Kennzeichen der Kunst zu vermeiden. Die Wendungen muͤssen uͤberall natuͤrlich seyn; es muß keine Fort- schreitung, keine Einbiegung, kein Auslauf vorkommen, die nicht aus der Beschaf- fenheit des Bodens entsprungen scheinen, und mit der Lage der Gegenstaͤnde, die sich auf ihm befinden, uͤbereinstimmen. Ein einzelner Baum kann oft einen erheblichen Unter- Von Wegen und Gaͤngen. Unterschied machen, der es nicht gleichguͤltig laͤßt, ob der Weg auf dieser oder auf jener Seite dahin laͤuft. Die Wendungen der Gaͤnge muͤssen nicht ploͤtzlich gebrochen seyn, es sey denn an einzelnen Stellen, wo man eine Ueberrafchung des Wandelnden zur Absicht hat, ihn auf eine Scene, auf eine Aussicht fallen lassen will, die er nicht erwarten sollte. Im uͤbrigen muͤssen die Wendungen sich sanft dahin schmiegen, ohne Ziererey und ohne Zwang, und weder scharf abgeschnitten, noch verwirrt noch verflochten seyn. Außer der Abaͤnderung, welche die Kruͤmmung des Weges selbst giebt, kann er noch mehr Abwechselung gewinnen, indem er zuweilen in kleine Grasplaͤtze, zwi- schen den Baͤumen und Gebuͤschen auslaͤuft, bald sich senket, bald sich wieder erhebt, bald breiter, bald enger wird, bald umpflanzt, oder vom uͤberhaͤngenden Gebuͤsch be- bedeckt , bald frey und offen ist. Zu einer Huͤtte oder kunstlosen Einsiedeley mag ein enger Pfad ablaufen; ein gerader, breiter, freyer Gang fuͤhre zu einem Tempel oder einem andern glaͤnzenden Auftritte; und ein von Laub und Schatten uͤberwoͤlbter Weg schlaͤngele sich zur melancholischen Scene im Thale hinab. Die groͤßere oder gerin- gere Bearbeitung der Wege richte sich allemal nach den Auftritten, zwischen welchen sie liegen, oder zu welchen sie hinleiten. 3. Zur Verzierung der Gaͤnge dienen kleine Straͤucher und Blumen; doch ist auch hier Ruͤcksicht auf die Gegend und ihre Scenen zu nehmen. Der Weg in einem ein- faͤltig laͤndlichen Bezirk bedarf keines besondern Schmuckes; Gras und wilde Blu- men sind genug zu seiner Einfassung. Wo man an heitern Abenden unter dem Sil- berschein des freundlich herablaͤchelnden Mondes gerne lustwandelt, da sey der Gang mit Straͤuchern voll duftender Bluͤhten und mit wohlriechenden Kraͤutern besetzt. Auf Wegen, die zu edlen und praͤchtigen Auftritten fuͤhren, moͤgen schoͤne Gebuͤsche und Blumen von schimmernden Farben zur Seite ihre stolzen Haͤupter erheben. Hier hat man besonders auf Mannichfaltigkeit des Gruͤns und auf Lebhaftigkeit der Farben zu sehen; die Naͤhe dieser Gegenstaͤnde locket den Beobachter herbey, haͤlt ihn auf, be- schaͤftigt ihn, und er findet Unterhaltung, wo er nur einen Durchgang suchte. Wenn Gaͤnge nur die noͤthige Bequemlichkeit haben, so duͤrfen sie nicht unter einem so aͤngstlichen Ausputz, der schon durch das kleinste emporsprießende Graͤschen beleidigt wird, gehalten werden. Sie sollen nicht den saubern Boͤden in unsern Pru nkzimmern gleichen, sondern vielmehr einen Theil von dem Sorglosen und Nach- R 3 laͤssigen Sechster Abschnitt. Von Wegen und Gaͤngen. laͤssigen haben, das die laͤndliche Natur nicht blos uͤber ihre eigene Werke, sondern auch uͤber Scenen der Kunst, die mit ihr verbunden sind, auszubreiten gewohnt ist. An den Ausgaͤngen eines Parks und Gartens koͤnnen auch schmale ablaufende Fußpfade ein gutes Mittel werden, um die Idee der Ausdehnung fortzusetzen. Sie duͤrfen, wenn sie nicht zum wirklichen Gebrauch bestimmt sind, nur hie und da eine Strecke hin ins Feld laufen, oder in ein Gebuͤsch sich verlieren. Es kommt hiebey nur darauf an, daß das Auge mit dem Schein einer Erweiterung getaͤuscht werde; doch ohne es zu merken, indem die Wahrnehmung der Taͤuschung selbst eben so mis- faͤllig seyn wuͤrde, als die Vorstellung von der Umgraͤnzung einer angenehmen Gegend. Anhang. Anhang. Beschreibungen von Gaͤrten . I. Beschreibung des Heeschenbergs. II. Beschreibung von Sielbeck. III. Beschreibung der Gaͤrten um Darmstadt. IV. Beschreibung des Parks zu Envil. V. Beschreibung des Parks zu Hackfall. VI. Beschreibung des Parks zu Painshill. VII. Beschreibung des Parks zu Persfield. VIII. Beschreibung des Parks zu Guiscard. R 4 I. Beschreibung des Heeschenbergs . Ein Park in dem adelichen Gute Schirensee in Holstein, dem russisch-kai- serlichen wirklichen Geheimenrath und Staatsminister, vormaligen Ambassadeur und Principalcommissarius, Ritter vom Elephanten- und andern Orden, Herrn- Caspar von Saldern zustaͤndig. Z wo Meilen von Kiel nach der westlichen Seite hin, erhebt sich in dem adelichen Gute Schirensee der ansehnliche Heeschenberg, dem die Natur eine reizende Lage mitten in einer fruchtbaren und bebaueten Landschaft, eine reiche Bekleidung mit Waldung, mannichfaltige Ungleichheiten und Abhaͤnge zur Vervielfaͤltigung der in- nern und aͤußern Prospecte gab. Die Landschaft umher vereinigt alle Annehmlichkeiten der laͤndlichen Natur in be- scheidener Einfalt. Keine praͤchtige, der Bewunderung oder des Erstaunens wuͤrdige Ge- genstaͤnde, keine Gebuͤrge, keine Felsen, keine von ihnen herabhangende Waͤlder, kei- ne Aussichten auf die Unermeßlichkeit des Meers. Aber dagegen alles, was den Charakter der angenehmsten Landschaft bilden, was sanfte Ruhe und reine Naturfreu- den einfloͤßen kann. Ueberall umher bestaͤndige Abwechselung und Unterbrechung von Anhoͤhen und Vertiefungen, einzelnen Baͤumen und Gruppen, Waldungen und Gebuͤschen, eingezaͤunten Wegen und Feldern, Wiesen, Viehtriften, reifenden Saaten, deren Glanz auf den Huͤgeln. zwischen dunklern Einfassungen hervorspielt — alles in einer malerischen Lage und verschwenderischen Verschiedenheit der Ver- bindung. Mit einem noch hoͤhern Reiz hat die Natur die suͤdliche und westliche Gegend ausgezeichnet. Hier wird das Auge durch sanfte Erhebungen des Bodens, durch einige hinter einander aufsteigende Berge, auf deren Abhaͤngen Viehweiden gruͤnen und Kornfluren schimmern, und auf dem Hintergrunde dieser Anhoͤhen durch einen Kranz von schoͤnen Waͤldern ergoͤtzt, die aus verschiedenen einzelnen Massen bestehen, aber dennoch in der Aussicht zusammenhaͤngen, und einen herrlichen Um- zug II Band. S Anhang . zug bilden. In dem ganzen Bezirk ist alles Laͤndlichkeit, Einsamkeit, Ruhe; al- les sanft und milde, in stille Anmuth dahin gegossen, erquickt und erquickend fuͤr jedes empfindsame Herz, das sich diesen Scenen naͤhert. Ihren Eindruck ver- staͤrkt noch die Stille, die hier herrscht, die von nichts unterbrochen wird, als zu- weilen von dem muthigen Gebruͤll umhergrasender Heerden und von den Gesaͤngen der Voͤgel, die in diesen waldigten Revieren frohlocken. Dieser Ort schien nach seinem Charakter und nach seinen Wirkungen vorzuͤg- lich von der Natur zum Ruheplatz eines Geistes bestimmt, der von den großen Ge- schaͤften der Welt zuruͤckkehrt zu der Einsamkeit des geliebten Landes, der seinen Abend im eigenen ruhigen Schatten feyern will, unter dem Nachgenuß seiner oͤffentlichen Verdienste, und unter der stillen Wonne eines wohlthaͤtigen Privatlebens. Wie veraͤndert, und doch wie reizend und belebend! Kein Sturm der Hoͤfe, kein Zwist der Koͤnige mehr; die ganze Welt scheint von hier aus besaͤnftigt und befriedigt. Alle Scenen umher winken Ihm Ruhe und sanfte Erquickung zu. Indem Er hier unter den Empfindungen, womit Ihn Natur und Zuruͤckerinnerung lohnen, umher- wandelt, so steigt der Mond hinter den Waͤldern herauf, und bescheint die selige Scene mit stillem Beyfall; unterdessen noch die westliche Spitze der umliegenden Waldung sich erheitert gegen den Schimmer der Abendroͤthe malt, die am Horizont laͤnger zu verweilen scheint. Der Charakter der Ruhe und der laͤndlichen Erfrischung, den die Natur der Landschaft eingepraͤgt hat, ist auch durch alle Anlagen und Einrichtungen fortgesetzt, die Geschmack und Kunst hinzugefuͤgt haben. Denn sich blos mit Bewohnung und Genuß begnuͤgen, konnte nicht der thaͤtige Geist des Besitzers; gewohnt zu schaffen, breitete er auch hier seine Wirksamkeit in mannichfaltigen Verschoͤnerun- gen aus. Auf der Hoͤhe des waldigten Heeschenberges zeigt sich zuvoͤrderst der große Pavillon, ohne Pomp, aber in einem reinen und edlen Geschmack der Architektur, mit der Vorderseite gegen Abend gerichtet. Beschreibungen von Gaͤrten. S 2 Eine Anhang . Eine goldene Inschrift uͤber dem Eingange kuͤndigt seine Bestimmung an: Tranquil- litati! Unten beym Eintritt ein großer, hoher und schoͤnverzierter Saal in der Mitte, auf beyden Seiten zwey Kabinette; im zweyten Stockwerk die Schlafzimmer. Die- ses Gebaͤude dient blos zur Wohnung des Herrn; es ist zu diesem Gebrauch geraͤu- mig genug, da es in den Wintermonaten nicht bewohnt wird, indem die Lage und Einrichtung dieses Orts ihn blos zu einem Sommersitz machen. Das rothangestri- chene Dach ist mit einem kleinen artigen Thurm geziert, und die aͤußern Waͤnde sind mit einem blaͤulichen Anwurf versehen. Hinter dem Gebaͤude liegt eine Reihe klei- ner wohlausgezierter Gezelte zur Wohnung der Bedienten. Die Kuͤche, die Be- ckerey, der Eiskeller und andere zur Haushaltung gehoͤrige Gebaͤude verbergen sich zur Seite im Gebuͤsch; sie liegen so tief im Schatten, daß der nahe Umhergehende sie nicht bemerkt; keine Sonnenstralen dringen in diesen verschlossenen Platz, und kein Geraͤusch verraͤth die Beschaͤftigung. Auf dem Vorplatz des Pavillon ist ein kleiner Lindengang mit Sitzen angelegt. Er dient sowohl in kuͤhlen Stunden zum Theetrinken, zum Spiel und zur Abendta- fel, als auch zum Prospect, indem man zwischendurch aus dem Saale in gerader Linie eine angenehme Aussicht auf einen Strich von Wiesen und Feld, sodann auf die zu dem adelichen Gute gehoͤrigen Hofgebaͤude in der Tiefe, hinter ihnen auf einen Berg, und endlich auf einen schoͤnen Wald hat, der die Scene schließt. Die kurze Lindenallee hat in der Mitte einen breiten Gang, und auf den beyden Außenseiten zwey schmalere, die von einer Hecke von Hagebuchen zur Einfassung des Waldes begraͤnzt werden. Diese Hecke hat nichts Gekuͤnsteltes; sie ist frey gezogen, und die Wald- baͤume ragen unmittelbar uͤber sie empor. An dem Ende des Lindengangs sieht man vor sich eine in gerader Richtung mit neuen ansehnlichen Absaͤtzen tief sich hinabsenkende Terrasse, auf beyden Seiten hin- unter mit Hecken und Wald eingefaßt, und unten am Fuß ein kleines Wasser, worin sich die Haͤupter umhergepflanzter Baͤume spiegeln. Die Terrasse, die nicht bestimmt ist, bestiegen zu werden, hat kein Treppenwerk. Ueber die Absaͤtze hin laufen von beyden Seiten des Waldes Gaͤnge, auf welchen man in verschiedenen Erhoͤhungen auch verschiedene Aussichten nach dem großen Pavillon oben hinauf, und nach der un- ten liegenden Landgegend hat. Die Absaͤtze haben Ruhebaͤnke zum Genuß dieser Aus- sichten, die sich bald erweitern, bald zusammenziehen; sie sind uͤberdies mit Blu- men, und hie und da mit einigen schoͤnen Lorbeerbaͤumen in malerischen Stellungen verziert. Zur Beschreibungen von Gaͤrten. Zur Linken auf dem Platz vor dem Pavillon hat man unter schattigten Kasta- nienbaͤumen an einem niedrigen Gitterwerk, das den Rand dieser Anhoͤhe einfaßt, und mit wohlriechenden Blumen bepflanzt ist, einen herrlichen Sitz. Man sieht uͤber einen großen dickbuschigten, auf den Seiten mit hohen Baͤumen verschoͤnerten Vorgrund, der sich an diesem mittaͤgigen Abhange des Berges hinunterzieht, und eine schoͤne waldigte Scene bildet, in eine ansehnliche Vertiefung hinab, worin man einen Fischteich, ein angelegtes Wasser, erblickt. Seine Ufer sind ringsumher mit Rosengebuͤschen bekraͤnzt; auf jener Seite ist noch eine junge Pflanzung von Kastanien, die in der Folge zur Verschoͤnerung des Wassers beytragen wird. An dem diesseiti- gen Ufer glaͤnzt ein Blumenbeet mit lebhaften und abwechselnden Farben, die man, Indem man unten wandelt, durch den Widerschein im Wasser ein neues Schauspiel bilden sieht. Man erblickt von oben herab am Teiche einen Sitz zum Vergnuͤgen des Fischfangs, verschiedene Baͤnke, und zur Rechten ein steinernes mit Stroh gedecktes Gebaͤude, das sich in diesem Prospect gut auszeichnet. Ueber das Wasser hin sieht man noch in der Tiefe den groͤßten Theil von einem Lustgebuͤsch, woraus hie und da hohe Baͤume hervorsteigen, das mit schlaͤngelnden Gaͤngen durchschnitten ist, und mit einem kleinen Wasserfall belebt wird. Hinter dieser Scene faͤngt die Landgegend an sich zu erheben. Zwischen den hohen Baͤumen im Gebuͤsch hindurch sieht man eine Reihe von Huͤgeln und Bergen aufsteigen, worauf Viehweiden und Kornfelder durch- schimmern. Weiter nach der Westseite hin schwellen die Berge hoͤher empor; sie zeigen sich alle in ihrer nicht gar betraͤchtlichen Entfernung dem Auge deutlich; ihren Gipfel kroͤnt von der ganzen Mittagsseite an bis uͤber die Abendseite hinaus eine Reihe von Waͤldern, in deren verschiedene Oeffnungen sich hin und wieder Saatfelder mit hellern Farben hineinziehen, und das Gemaͤlde mit einem hoͤhern Contrast des Lichts und des Schattens beleben. In diesen Zwischenraͤumen wird das Auge zuweilen von einer zufaͤlligen Erscheinung zur Verwunderung uͤberrascht. Indem die Hoͤhen der hintern Saatfelder uͤber die sich diesseits herabziehende Waldung hervorragen: so scheint oft der Pflug in den Gipfeln der Baͤume zu irren, oder der Maͤhet mit seiner Sense die Krone des Waldes zu bedrohen. — Die Waͤlder beschließen den Gesichtskreis, und verhuͤllen die Landschaft in ihre Einsamkeit. Geht man zur Linken des großen Pavillon seitwaͤrts in die Vertiefung hinunter, so stoͤßt man bald auf ein kleineres Gebaͤude mit einem rothen Dach und blaͤulichen An- wurf, das ein Wohnzimmer und ein Schlafkabinet enthaͤlt. Man sieht hier in einen Theil des buschigten Abhanges hin; doch ist die Aussicht gesperrt. Von dem Ge- S 3 baͤude Anhang . baͤude laͤuft ein Weg nach der Morgenseite des Berges ab, wo der Blick von umzaͤun- ten Wiesen zu einer Anhoͤhe sich erhebt, und auf einem Stuͤck Waldung ruht; ein andrer Gang, gerade von dem Eingange weg, schlaͤngelt sich zur Vertiefung himm- ter. Ist man hinabgestiegen, so zeigt sich die Spitze des Pavillon auf der Hoͤhe zwischen den Baͤumen sehr malerisch. Eine zum Fischfang bequeme Bruͤcke, die uͤber einen Canal fuͤhrt, aus welchem das Wasser zum Teiche sich sammelt, ist zu- gleich mit einem Sitze versehen; man uͤberschaut hier in der Naͤhe das Wasser, die Blumen und ihren Widerschein, das mit Stroh gedeckte Haus, das mit der In- schrift: Bon-Bon bezeichnet ist, und ringsumher einen waldigten Umzug. Beym Herumirren in dem Lustgebuͤsche sieht man darin kleine Canaͤle, die dem Teich das Wasser zufuͤhren, sich schlaͤngeln, und hohe, glatte, schlanke Ellern in die Luft steigen. Das Gebuͤsch, das aus einem Gemisch von Ellern, Hagebuchen, Quitschern u. a. besteht, ist niedrig, duͤnne, luftig; es zieht sich mit seinen schlaͤn- gelnden Pfaden eine ganze Strecke nach der Morgenseite am Fuß des Berges hin, und hat Baͤnke, die zum Ausruhen einladen. In diesen Gaͤngen hat man fast im- mer den Thurm des großen Pavillon auf der Anhoͤhe im Gesicht. Nach der westlichen Seite hin kommt man, bey dem Ausgang aus dem Ge- buͤsch, zu dem Gebaͤude Bon-Bon, und von da zu einer großen Grotte. Man laͤßt auf dem Wege zur Linken eine kleine Insel liegen, die mit einer weißen Urne und mit Blumen geziert ist; das Wasser hat einen Abfall, und hilft weiter unten Was- serguͤsse bilden. Die Grotte ist ein starkes Werk von Steinen. Sie hat sowohl vor- ne, als auf beyden Seiten, große Oeffnungen ohne Thuͤren. Sie ist geraͤumig, hoch, kuͤhl, und inwendig an den Waͤnden mit Steinchen natuͤrlich ausgelegt. Sie ruhet im Schatten hoher Baͤume. Gerade vor der mittlern Oeffnung liegt ein Felsenwerk, woruͤber sich ein Wasserfall mit drey ziemlich großen Absaͤtzen stuͤrzt, in dessen Getoͤse sich das Rauschen uͤberhaͤngender, schwankender Baͤume mischt. Von dieser Grotte schlaͤngelt sich ein sehr anmuthiger Weg den Berg hinauf; ein andrer fuͤhrt unten an seinem Rande weg, bey einer Reihe von Wasserguͤssen, Bruͤcken, einem Teiche und kleinen Rasenstuͤcken. Auf diesem Wege hat man an der Abendseite allmaͤhlige Erhoͤhungen von Bergen, vorliegende und zuruͤckweichende Waͤlder, den Hof mit seinen Gebaͤuden und dem neuen im reinen Architekturge- schmack Beschreibungen von Gaͤrten. schmack erbaueten herrschaftlichen Wohnhause, In andern Provinzen von Deutschland wuͤrde man es ein Schloß nennen. Man sehe den Aufriß am Ende dieser Beschreibung. und weiter nach Norden hin eine reich ausstaffirte Landschaft in einer freyen Aussicht. Auf den Gaͤngen, die auf dem westlichen Abhange des Berges laufen, erblickt man jene Gegenstaͤnde wieder, aber in einem veraͤnderten Prospect, indem sie sich mehr in die Tiefe zuruͤckziehen, und nur hie und da gebrochen durch die Zwi- schenraͤume der Baͤume schimmern. In dieser Aussicht wird das unten liegen- de Wasser wichtiger, weil es, ohne eine deutliche Bezeichnung seiner Umgraͤnzung, zwischen den kleinen Oeffnungen des Laubwerks groͤßer scheint. Auf einem dieser Wege, die sich nach der nordlichen Seite des Berges ziehen, kommt man bey einem Gebaͤude vorbey, das der Einsamkeit gewidmet ist, wie nicht allein seine Inschrift, sondern auch seine Lage bezeugt. Es entfernt sich zur Linken etwas von dem Wege, und zieht sich in die Daͤmmerung umschattender Baͤume hinein. Die Lage ist, wie sie seyn muß, verborgen, ruhig, umschattet; alle Aus- sicht umher ist gehemmt; doch hat das Gebaͤude, das aus einem Wohnzimmer mit einer Schlafstelle besteht, einen kleinen artigen Vorplatz. Verfolgt man den Weg weiter, so kommt man bald auf einen runden Platz, an welchen ein anderes kleines aus Einem Zimmer bestehendes Gebaͤude stoͤßt, das wegen der ausgebreiteten und herrlichen Aussicht, womit das Auge hier gegen Nor- den uͤberrascht wird, sich mit der Ueberschrift: Bellevue, unterscheidet. Man wird von diesem auf viele Meilen sich verbreitenden, reichen und uͤberaus erfrischenden Prospect um so mehr ergoͤtzt, da man eben aus einer verschlossenen Scene getreten ist. Unmittelbar vor sich hat man eine lange, auf beyden Seiten von Waldung eingefaßte, besteigbare Terrasse, mit vielen Absaͤtzen und bequemen Stufen von Ra- sen, auf welchen man an den Fuß des Berges hinabgehen kann. Im Vorgrun- de erscheinen Wiesen, Viehtriften, Felder und einige Haͤuser. Weiter hin wird das Auge durch einen schoͤnen See erfrischt, mit dessen Klarheit ein dunkler zur Rechten angraͤnzender Wald einen reizenden Contrast macht. Ueber ihn hinaus Kornfelder, Doͤrfer, Waldungen, bey hellem Wetter zwey adeliche Hoͤfe, wovon Kleinnordsee auch ohne Fernglas sichtbar ist, und andre Abwechselungen und wun- derbare Anhang . derbare Mischungen in einer bis in den blauen Dunst am Horizont hin sich verlieren- den Landschaft. Diese Aussicht ist die weiteste, freyeste und heiterste, die man von dem Berge genießt, da sie auf den meisten uͤbrigen Seiten von umliegenden Waͤl- dern begraͤnzt wird. Sie bringt eine liebliche Erfrischung in das Gemaͤlde, ohne den Charakter des Ganzen, Ruhe und laͤndliche Einsamkeit, zu veraͤndern, indem kein Getoͤse in der Naͤhe, keine starke Bewegung umher vorhanden ist, sondern vielmehr uͤber diesen in die Ferne hin sich verbreitenden Scenen die Stille der friedeathmenden Natur schwebt. Wendet man sich von dieser Aussicht ruͤckwaͤrts hin, so erblickt man uͤber einen geraden und breiten Gang hinauf eine Seite des großen Pavillon. Doch wird man sich vorzuͤglich das Vergnuͤgen machen, von der Terrasse weg nach dem nordlichen Abhange des Berges seinen Weg zu waͤhlen. Hier tritt man gleich in ein sehr an- muthiges, einsames und schattenreiches Revier, In der Hoͤhe und in der Tiefe der abhangenden Seite laufen verschiedene Gaͤnge. Kuͤhlung und liebliche Spiele des Lichts und des Schattens schweben hier zwischen den hohen Baͤumen umher. Von oben fal- len zerstreut die Blicke der Sonne durch; von der linken Seite her schimmert die Land- gegend mit nahen Wiesen, wellenfoͤrmigen Erhebungen und Kornfeldern hie und da in gebrochenen Durchsichten. Ein steinernes Gebaͤude bietet unten einen kuͤhlen und einsamen Sitz zur Ruhe und Selbstbetrachtung an, wozu es allein bestimmt ist. Man sieht von diesem Sitze ganz nahe vor sich einen Theil einer großen Wiese und ein Stuͤck von Wald, das Ende von dem Kranze, der sich von der Morgenseite an auf den mittaͤgigen Anhoͤhen herum bis uͤber die Abendgegend hinauszieht; noch zeigen sich zur Rechten eingezaͤunte Felder und einzelne Haͤuser; zur linken Hand aber verbirgt sich das neue herrschaftliche Wohuhaus. Etwas weiter fuͤhrt eine weiße Pforte in eine neue Anlage von einem uͤberaus angenehmen und sanften Charakter. Sie liegt an dem aͤußersten Rande des Berges, zieht sich von der Nordseite nach Morgen herum, und besteht aus einer buschigten Anhoͤhe und einer jungen Pflanzung, zwischen welchen beyden sich in einer fast ganz von der Natur gebildeten Vertiefung ein nicht sehr großes, aber reines Wasser her- umschlaͤngelt. Auf einem mit Hagebuchen, Nußbaͤumchen und Blumen bepflanzten Wege wandelt man an dem Fuß eines kleinen Huͤgels hin, der uͤberall mit einem kur- zen und dicken Gebuͤsch von mannichfaltigen Baͤumchen und Straͤuchen eingehuͤllt ist. Zwey schmale Pfade schlaͤngeln sich in diese kleine zauberische Wildniß hinauf, irren umher Beschreibungen von Gaͤrten. umher, und laufen auf der andern Seite wieder hinab zu einem Theil des Wassers, an welchem sich ein freyer Weg herumwindet. Zwey anmuthige mit Blumen und Rasenstuͤcken umkraͤnzte Sitze unter Baͤumen am Wasser locken hier nicht vergebens; man nimmt mit Vergnuͤgen eine Ruhestelle ein, um eine so liebliche Scene laͤnger zu genießen. Man geht uͤber einen Damm, unter welchem das Wasser zur Waͤsse- rung auf die große Wiese geleitet wird, wovon man vorher aus dem steinernen Ge- baͤude einen Theil sah, die sich aber hier in ihrem ganzen schoͤnen Umriß auswickelt. Von dieser Stelle genießt man wieder eine reizende Aussicht nach dem neuen herr- schaftlichen Wohnhause und den Gutsgebaͤuden, nach der Kette von Bergen, die sich aus verschiedenen Niedrigungen hinter einander erheben, nach den Waͤldern auf den Hoͤhen umher, nach ihren malerischen Zwischenraͤumen hin. Das Wohnhaus senkt sich mit den benachbarten Gebaͤuden in eine kleine Vertiefung zwischen den Bergen; hinter ihm erhebt sich ein Wald, der, wiewohl er entfernt ist, in dieser Richtung ganz na- he daran zu stoßen scheint; zur Rechten breitet sich die mehr flache Landgegend mit sanf- ten Erhoͤhungen, Kornfluren, einzelnen Baͤumen, Gebuͤsch und Einzaͤunungen aus. Ueber den Damm fuͤhrt der Weg in die junge Pflanzung, die aus verschiede- nen wilden Geschlechtern, Hagebuchen, Ipern, Quitschern, Tannen u. a. besteht, und mit der Zeit viel verspricht; sie geht an dem Rande des Wassers hinauf, wen- det sich zur Rechten, und verbreitet sich zu mehr Gaͤngen; ungefaͤhr in der Mitte des Bezirks, den sie auf dieser Morgenseite einnimmt, erhebt sich ein runder mit Ka- stanienbaͤumen umkraͤnzter Platz, wovon man ringsumher eine freye angenehme Aus- sicht genießt, besonders nach der Gegend zuruͤck, woher man kam. Zwey Daͤm- me, bey welchen kleine Wasserguͤsse rauschen, und der Freund des Fischfangs mit der Angelruthe die Spiele der sorglosen Forelle unterbricht, laufen uͤber das Was- ser, und verbinden die Pflanzung mit einem kleinen, zierlichen und anmuthigen Fruchtgarten, der hier den Fuß des Berges schmuͤckt. Vor dem zweyten Damm liegt ein steinernes Gebaͤude, zu Sitzen bestimmt, die eine Aussicht auf einen Theil des Gartens und auf die sich erhebende Waldung des Berges geben. Man er- blickt hier noch drey Gebaͤude, die Gaͤrtnerwohnung am Ende der Pflanzung, im Fruchtgarten ein anderes mit guten Zimmern versehenes Haus, und weiter hinauf, queer uͤber eine mit Quitschern und Tannen besetzte Allee, das Wirthshaus auf ei- nem Huͤgel am Walde, das von dieser Lage und von der Nachbarschaft kleiner Viehweiden umher ein sehr anmuthiges laͤndliches Ansehen gewinnt. Man kann von dieser Seite verschiedene Wege und Terrassen waͤhlen, um in die Spaziergaͤnge des oͤstlichen Abhanges des Berges zu gelangen. Von II Band. T zwo Anhang . zwo Terrassen, die mit steinernen Treppen zwischen der Waldung hinaufsteigen, fuͤhrt eine gerade zu einem Pavillon hinauf. Dieses Beschreibungen von Gaͤrten. Dieses Gebaͤude verdient den naͤchsten Platz nach dem großen Pavillon, wovon es auch weniger als die andern entfernt liegt. Es ist rund, hat ein graues Schie- ferdach von dieser Form, und an den aͤußern Waͤnden einen blaͤulichen Anwurf. In der Mitte ein runder, mit Geschmack verzierter Saal; auf jeder Seite ein Schlafka- binet. Der Saal hat keine Fenster in den Waͤnden; die Erleuchtung faͤllt von oben durch zwey Ochsenaugen im Dach und durch die Glasthuͤre. Die Aussicht von hier ist in einem sehr landmaͤßigen Stil. Man sieht kein Wasser, blos Felder, mit Gebuͤschen, einzelnen Baͤumen, Zaͤunen und Wald unterbrochen, womit die Land- schaft in die Ferne zu verwildern scheint, unterdessen daß in gerader Richtung ein weißer Dorfkirchthurm aus der waldigten Verdunkelung emporsteigt. Kehrt man von diesem kleinen Pavillon zu dem großen zuruͤck, so blickt man bald zur Linken uͤber einen Weg, auf welchem die Auffahrt geschieht, nach einer Senkung des Berges hinab, worauf sich die untere Gegend mit kleinen eingezaͤunten Stuͤcken von Feld und Wiesen wieder zu einem Walde hebt, vor dessen Eingang eine Bauerhuͤtte ruhet. Die Vielheit, die Bequemlichkeit und die Abwechselung der Gaͤnge, die auf allen Seiten in der Waldung des Berges herumlaufen, und nach und nach zu allen merkwuͤrdigen Scenen fuͤhren, macht einen wichtigen Theil von den Annehmlichkei- ten dieses Parks aus. Einige Wege sind so breit, daß sie befahren werden; andre Gaͤnge laufen zuweilen in schmale Fußpfade uͤber. Bey Auffahrten und Zugaͤngen zum Hauptgebaͤude sind sie, wie sie seyn sollen, in gerader Linie; in andern Gegen- den, wo das Umherirren ergoͤtzt, oder der Gehende auf eine Ueberraschung geleitet werden soll, schlaͤngeln sie sich in abwechselnden und ungekuͤnstelten Wendungen. Die Gaͤnge scheinen hier gleichsam in einer bestaͤndigen Bewegung zu seyn, so sehr auch Unbeweglichkeit ihr Eigenthum ist; bald steigen sie, bald senken sie sich wieder, nach den Abhaͤngen und Ungleichheiten des Bodens, die so viel zur Veraͤnderung der Sce- nen und der Prospecte beytragen. Hie und da sind sie mit Hecken eingefaßt, die ein natuͤrliches Ansehen haben, da sie den Waldbaͤumen zu einer Art von Umkraͤn- zung dienen. Zuweilen laufen die Wege frey und offen; zuweilen im Schatten. Wo es die Beschaffenheit des Bodens erfodert, da wechseln sie mit bequemen Trep- pen von Steinen oder Rasen ab. An verschiedenen Stellen breiten sie sich zu runden Plaͤtzen aus, die mit schoͤnen Baͤumen umkraͤnzt und mit Baͤnken verziert sind. Unter den schoͤn gewachsenen Buchen des Waldes sind Eichen, Espen, Quit- schern, Tannen und andre Geschlechter gemischt. Die lichten Stellen wechseln mit dunkeln ab, wo dickes Untergebuͤsch den vielen und mannichfaltigen Waldsaͤngern, die sich hier zu wohnen freuen, eine ungestoͤrte Freystaͤtte anbietet. In einigen Gaͤngen T 2 erhe- Anhang . erheben sich die Baͤume zu einer Hoͤhe, die ein Gefuͤhl von Wuͤrde und Erhabenheit einfloͤßt, zumal wenn ihre Gipfel mit feyerlichem Geraͤusch an einander schlagen. Bald haͤngt eine tiefe Ueberschattung uͤber den Weg; bald lacht die Freundlichkeit des Himmels zwischen den obern Spitzen herab; man schauet hinauf, und erheitert kehrt der Blick zuruͤck. Bald verschließen sich die Aussichten von allen Seiten; bald eroͤff- nen sie sich wieder, hier ganz, dort halb; bald brechen sie auf einmal unerwartet her- vor in gerader Richtung mit lebhafter Ueberraschung; bald enthuͤllen sie sich in all- maͤhligen Wendungen zur laͤngern Unterhaltung. Eine vorzuͤgliche Verschoͤnerung geben die angezeigten verschiedenen Gebaͤude, die in der Waldung hin und wieder zerstreut sind, und die man als eben so viele Tem- pel der Gastfreundschaft ansehen kann. Denn sie dienen nicht blos zur Bezeichnung der Prospecte, oder zur Belebung der Scenen; sie sind zugleich Wohnungen und Schlafkabinette fuͤr Fremde, die das Gluͤck haben, von der Freygebigkeit des Besi- tzers bewirthet, und von seinem Geiste unterhalten zu werden. Alle diese kleinen Ge- baͤude empfehlen sich durch die Schoͤnheit ihrer Lage, durch die Bequemlichkeit ihrer Einrichtung, und durch den reinen prunklosen Geschmack ihrer Auszierung. Die Einrichtung solcher Lusthaͤuser zur Bewohnung ist hier eine ungemein anmuthige und vortheilhafte Erfindung. Sie giebt dem Gemaͤlde eine neue Erfrischung durch die Vorstellung von Gastfreundschaft, von Freyheit und Ungezwungenheit. Auch wird dadurch der Charakter der Ruhe und laͤndlichen Einsamkeit, der durch das Ganze herrscht, gluͤcklich beybehalten; denn er wuͤrde hier unstreitig durch die Gegenwart ei- nes weitlaͤuftigen Wohngebaͤudes zerstoͤrt, das mit dem Geraͤusch zusammengedraͤng- ter Gesellschaften, und mit dem Gewuͤhl von Bedienten erfuͤllt waͤre. Jetzt athmet hier alles Ruhe und Freyheit. Jeder Gast ist Herr seiner Zeit und seiner Bewegun- gen. Er beschwert nicht, und wird nicht beschwert. Er kann einsam seyn, oder sich durch Besuche erheitern. Er darf sich als den Eigenthuͤmer seiner Wohnung an- sehen, seine Thuͤre schließen und oͤffnen, wie es ihm gefaͤllt. In einer Abtheilung ist Raum fuͤr einen Bedienten. Auf seinen fruͤhen Spaziergaͤngen begegnet er einem Bekannten oder einem Freund zu muntern Gespraͤchen; oder er verlaͤßt mit der Mor- genroͤthe sein Schlafkabinet, um laͤnger einsam zu seyn, oder er schleicht in eine Ge- gend hin, wo er auf verschiedenen Wegen ausweichen kann. Zuweilen lockt ihn die schoͤne Lage einer andern Wohnung, die er auf seinem Wege antrifft, hinzuzutreten: er klopft an, und findet sie leer; der Bewohner belustigt sich schon lange auf entfernten Spaziergaͤngen. Oft trifft er einen andern Bewohner an, als den er da vermuthe- te; er sieht sich getaͤuscht und wieder beruhigt. — Beschaͤftigungen, Zeitvertreibe, Gespraͤche, einsame Ergoͤtzungen wechseln hier mit einander ab, bis ein Gelaͤute zur bestimm- Beschreibungen von Gaͤrten. bestimmten Stunde die zerstreuten Gaͤste aus ihren Einsiedeleyen oder von geselligen Spaziergaͤngen in den großen Pavillon auf der Hoͤhe zur Tafel wieder zusammen- ruft. Dies sind, nach dem Lauf der Wege, die ich nahm, und nach meiner Em- pfindung, die Hauptscenen, welche die Schoͤnheit des Heeschenbergs erheben. Andre werden bey einer andern Wahl ihrer Gaͤnge vielleicht noch mehr Ergoͤtzung an- treffen. Man sieht hier Natur und Geschmack im Wetteifer, einen Sommersitz zu bilden, der, nach dem Gestaͤndniß der einheimischen und auswaͤrtigen Kenuer, zu den ersten Merkwuͤrdigkeiten der Gartenkunst nicht blos in Holstein, son- dern in Deutschland gehoͤrt. Aschberg S. 1 B. S. 75 u. f. ist fast alles der Natur schuldig; un- gern sieht man den Ort von einer mit Bescheidenheit nachhelfenden Hand verlassen. Hier im Gegentheil ist nicht blos eine reizende Anlage der gefaͤlligen Natur; hier ist auch Anordnung mit Geschmack, Unterhaltung mit Sorgfalt, und Fortwirkung mit Eifer. Noch ist das Werk nicht vollendet. Daß die Verschoͤnerungslinie von der mit Quitschern und Tannen besetzten Allee zur Linken des Wirthshauses fortlaufen, und den dort gegen Morgen sich erhebenden mit Waldung bekleideten Berg umfassen wird, ist schon fuͤrs erste eine Erweiterung, die einen der herrlichsten Lustplaͤtze er- warten laͤßt. Der Wald ist mit den schoͤnsten Baͤumen geziert; er hat Gebuͤsch und mannichfaltige Ungleichheiten des Bodens; er verstattet auf allen Seiten die anmu- thigsten Aussichten; und was seine Lage vorzuͤglich verschoͤnert, so breitet sich an sei- nem Fuß nach Morgen hin ein See aus. Man sieht hier das Licht des Tages auf- steigen, und die heitersten Morgenscenen in einer reich geschmuͤckten Landschaft bilden; und wenn der Himmel den Besitzer laͤnger seinem Jahrhunderte goͤnnt, so darf man hier und in den angraͤnzenden Gegenden noch Anlagen hoffen, die den Reiz der Na- tur mit Harmonie erheben. Der Sitz eines beruͤhmten Mannes, von dessen Groͤße ich hier nichts sagen darf, weil einst die Geschichte davon reden wird, erweckt schon die Neubegierde eines Fremden. Allein man sieht hier mehr, als was man zu sehen gewohnt ist. Man sieht Erfindungen und Anlagen, alle aus dem Geist des Besitzers selbst ent- sprungen. Man sieht fuͤr Jedermann freyen Eintritt in die Spaziergaͤnge, Auf- nahme des Fremden, und Achtung des Verdienstes. Man kehrt zuruͤck mit Erzaͤh- lungen, die neue Lustreisen nach diesem Sitz beschleunigen. Bey einer solchen Reise nimmt vielleicht einst ein Gartenfreund diese Beschrei- bung in die Hand. Er sieht, er liest, er vergleicht; er findet nichts, das von der T 3 Phan- Anhang . Phantasie hinzugeschmeichelt waͤre; er findet blos eine kleine Topographie, die kein anderes Verdienst haben kann, als Treue. Aber er wird dagegen Unvollstaͤndig- keit sehen und zugleich verzeihen, indem er bedenkt, daß die Natur groͤßer und reicher ist, als die Sprache fassen kann; daß in einer Beschreibung nach der Natur, eben so wie im Landschaftgemaͤlde, manches wegbleiben muß, wovon die Wirklichkeit, nicht aber die Nachschilderung gefaͤllt; daß die feinern Beziehun- gen, Uebergaͤnge und Verbindungen der Natur, selbst unter dem Pinsel des kuͤhnsten Landschaftmalers, kaum einer Darstellung faͤhig sind. Allein er wird nicht blos der Beschreibung verzeihen, sondern auch der Zeit, wenn sie veraͤn- dert hat. II. Beschrei- Beschreibungen von Gaͤrten. II. Beschreibung von Sielbeck . U eber dem Dorfe Sielbeck, eine halbe Meile von der fuͤrstbischoͤflichen Resi- denzstadt Eutin im Herzogthum Holstein, erhebt sich ein Lustort, Er ward 1776 von dem Herrn Legationsrath Willgaard angelegt, und ist ein Denkmal von der Einsicht und dem Geschmack dieses verdienstvollen Mannes. der gleichfalls mit dem Namen Sielbeck bezeichnet wird, in vorzuͤglicher Schoͤnheit. Die ganze Landschaft umher hat einen sich auszeichnenden Charakter der Anmuthig- keit. Sie besteht aus einer reichen und mannichfaltigen Zusammensetzung von Ber- gen, die auf dem Gipfel und an den Seiten herab mit schoͤnen Waldungen beklei- det sind, von Huͤgeln, deren Abhaͤnge mit den lieblichsten Hainen und Gruppen von Buchen glaͤnzen, von grasreichen Thaͤlern, Saatfeldern, Viehweiden und gutbe- wohnten Doͤrfern. Die waldigten Scenen, und die uͤberall auf den Anhoͤhen umher an- muthig hingestreuten Gebuͤsche sind voll von melodischen Voͤgeln, und voll von Wild, das eine reiche Jagd anbietet. Zwischen diesen Gegenstaͤnden und Aussichten eroͤffnen sich einige uͤberaus schoͤne Landseen, deren Ufer hin und wieder mit gruͤnen Hoͤhen bekraͤnzt und mit Waldungen beschattet sind. Die reine Klarheit dieser ansehnlichen Gewaͤsser spielt zwischen der Dunkelheit entfernter Waͤlder dem Auge mit einem bezaubernden Reiz entgegen; in der Naͤhe sieht man die Wellen in ihrer Ruhe sich sanft dahin schmiegen: die Tiefe der Lage und die Berge umher beschuͤtzen sie vor der Empoͤrung des Sturms; man sieht den Fischer sein gesegnetes Netz froͤhlich heraufziehen, und hinter den Gebuͤschen, welche die Ausfluͤsse der Seen umschatten, den Freund der Jagd auf wilde Enten lauschen. Der Kellersee, der ungefaͤhr einen Umkreis von einer Meile hat, bildet in der Landschaft von Sielbeck einen herrlichen Mittelpunkt. Um die Aussicht auf diesen See und seine angraͤnzende Gegenden zu genießen, ist nach der oͤstlichen Seite auf einem Berge ein Pavillon errichtet. Er steht auf einem runden ebenen Platz, der vorne ganz frey ist, und blos in einer Entfernung von etwa zwanzig Schritten durch ein kleines, niedriges, weiß- angestrichenes Gitterwerk von Holz, das aber an seinen beyden Enden mit dem Ge- baͤude nicht verbunden ist, von dem angraͤnzenden Felde abgesondert wird. Von der Anhang . der Vorderseite weg laufen zwo gerade Lindenalleen zur Rechten und zur Linken, an der Einfassung des Waldes, ab. Auf der Hinterseite des Gebaͤudes ist der Platz mit hohen Buchen von einem schoͤnen Wuchs bekraͤnzt. Der Pavillon hat nur ein einziges Stockwerk, das aus einem Saale in der Mitte und aus zwey Kabinetten auf den Seiten besteht. Der Saal ist geraͤu- mig, hoch, helle, weißgegipset, und an den Waͤnden, der Decke und den Thuͤ- ren in einem guten Geschmack verziert; durch die hohen Fenster und Glasthuͤren auf der vordern und hintern Seite erhaͤlt er viel Licht, und die schoͤne Aussicht lockt aus allen Gegenden das Auge. Die zwey Kabinette sind klein und niedriger; doch haben sie ebenfalls aus den Fenstern einen doppelten Prospect. Das ganze Gebaͤude traͤgt das Gepraͤge einer reinen Architektur. Das la- zurblaue Dach und der weiße Anstrich der Außenseiten machen schon in der Ferne auf das Auge einen Eindruck, den die Betrachtung der guten Form in der Naͤhe vollendet. Obgleich das Gebaͤude zur Ergoͤtzung fuͤrstlicher Personen bestimmt ist, so ist es doch nicht mit dem gewoͤhnlichen Pomp der Auszierung beladen. Seine Schoͤn- heit schraͤnkt sich auf wahre Schoͤnheit der Architektur, auf Verhaͤltnisse und Form ein. Es ist nicht zur bestaͤndigen Bewohnung, sondern zur kurzen Erholung, zum Genuß der Ergoͤtzung der Natur bestimmt; und nach diesem Gebrauch ist seine Ein- richtung abgemessen. Dieser Pavillon liegt laͤndlich, edel, frey, uͤbereinstimmend mit der Gegend, die nichts Erhabenes, nichts Feyerliches, nichts Romantisches hat, aber sehr Beschreibungen von Gaͤrten. sehr eindringende Reize des Anmuthigen und Heitern. Seine Lage verstattet ihm die Verschoͤnerung des Abendlichts, das zur Rechten fast in seinem Angesichte niedersin- ket, und seiner ganzen weißen Vorderseite von dem Feuer zuwirft, das in Westen gluͤhet. Aus dem Vordertheil dieses Gebaͤudes wird man durch einen Prospect ent- zuͤckt, der einen ganzen Reichthum von laͤndlichen Annehmlichkeiten enthaͤlt. Gerade unmittelbar vor demselben auf dem Abhange zu dem See hinab, zieht sich in einer ansehnlichen Strecke ein Stuͤck von Feld und Wiesen; auf der linken Seite hinunter sperrt ein schoͤner Kranz von waldigten Huͤgeln die weitere Aussicht, und auf der rech- ten wird das Auge durch eine Mischung von Hoͤhen, Niedrigungen und Buschwerk unterhalten. Ein kleines Dorf, Sielbeck, das zwischen den Umhuͤllungen seiner Obstbaͤume, seiner Weiden und Haselgebuͤsche die strohernen Gipfel emporhebt, bil- det den Vorgrund an dem niedrigen Ufer. Man uͤbersieht von oben die ganze praͤch- tige Wasserscene des hellen Sees, dessen Umfang von allen Seiten ins Auge faͤllt, aus- ser wo Einbuchten von abwechselnden Formen sich zwischen Huͤgeln und Waldungen verlieren. In seiner Verzierung scheint die Natur alle ihre gefaͤlligen Reize ausge- breitet haben. Er ist fast uͤberall mit Bergen, mit Anhoͤhen und Waldungen bekraͤnzt, die sich hin und wieder ins Wasser hinabsenken, und mit ihm zu schwimmen scheinen. An andern Stellen ziehen sich kleine schmale niedrige Erdzungen, mit Gebuͤsch und schoͤnen Baͤumen bekleidet, in den See hinein. Zur linken Seite ragen drey reiche Wal- dungen auf Anhoͤhen neben einander in einer Lage, die jede von der andern deutlich un- terscheidet, mit hoher Schoͤnheit empor, und bilden eine praͤchtige Aussicht. Die mit- telste ruͤckt dem Auge naͤher entgegen, und scheint, als die schoͤnste, am meisten Aufmerk- samkeit zu fordern. Der Umzug und die Woͤlbung dieses Waldes, den auch der Na- me Prinzenholz von den andern unterscheidet, ist ein Meisterstuͤck der Natur; von allen Seiten, da man ihn bey der Herumfahrt um den See erblickt, zeigt er sich uͤberaus malerisch, und in einer vortrefflichen Wirkung auf das Auge. Die Waͤlder bestehen meistens aus Buchen mit Eichen untermischt, die sowohl durch die Hoͤhe ihres Wuch- ses, als auch durch ihr Laub ein schoͤnes Ansehen haben. Bey der Aussicht aus dem Pavillon, wo wir noch immer als auf dem schoͤnsten Standpunkte verweilen, erblickt man gerade uͤber den See hin eine breite niedrige Oeffnung, die das Auge in die blaue Ferne der weiten Landschaft hinauszuschweifen einladet. An diese Oeffnung stoͤßt in der fernern Bekraͤnzung des Sees noch ein hoher Wald, der sich im Prospect auszeichnet; die uͤbrige Seite zur Rechten besteht mehr aus Buschwerk und einer Sammlung klei- ner von einander unterschiedener Haine, als aus einer zusammenhaͤngenden Waldung. Auf dieser Seite beleben noch zwey Doͤrfer, ohne das im Vorgrund, mit ihren anmuthigen Lagen die Landschaft; ein Kirchdorf erscheint vorne fast in gerader Linie uͤber den See hin. II Band. U Diese Anhang . Diese Aussicht auf eine so ausgebreitete und freye Wasserflaͤche zwischen Anhoͤhen und Waldungen macht das Hauptstuͤck dieser Lage aus. Die Klarheit des Wassers, worin sich der halbe Himmel zu spiegeln scheint, und die Schoͤnheit der Waͤlder umher, die sich alle in dem Prospect unterscheiden, verbreiten von allen Seiten eine ungemeine Heiterkeit. Die Aussicht gewinnt selbst durch die Hoͤhe, von welcher sie genossen wird; man sieht alle Gegenstaͤnde, die Haupttheile zur Verschoͤnerung des Ganzen sind, sich deutlich unterscheiden; die kleinern verlieren sich mehr in den Duft der Ferne, nach- dem sie zur Verbindung und Ausfuͤllung, zur Vollendung des Umrisses des Ganzen behuͤlflich gewesen. Vornehmlich findet man hier eine Scene der sanften Betrachtung und laͤndlichen Ergoͤtzung. Denn das Wasser und die Waldungen, die in eine gewisse Entfernung sich hin verlieren, und doch zur Uebersicht nahe genug bleiben, floͤßen um so mehr Ru- he ein, da eine Art von heiliger Stille uͤber ihnen zu schweben scheint. Eine Wasser- scene von einem solchen nicht gar zu weiten Umfang und in einer solchen Verbindung mit Gehoͤlzen hat nichts, das Erstaunen oder Bewunderung erregte; aber sie hat eine vorzuͤgliche Kraft, die Seele uͤber den gewoͤhnlichen Stand ihrer Empfindung hin- auszuheben, und sie mit sanftbelebenden Gefuͤhlen zu fuͤllen. Das Ausgedehnte und Freye eroͤffnet sie gleichsam zum Genuß; und die Empfindung so sanfter und ruhiger Scenen, deren Einwirkung sich hier durch ihre Ausbreitung verstaͤrkt, wird von allen Seiten unterhalten. Noch mehr gewinnt die Aussicht durch die zufaͤlligen Verschoͤne- rungen der Abendsonne, die, indem sie auf den Anhoͤhen zur Rechten uͤber den Hainen und Gebuͤschen dahin sinkt, ihre gruͤnen Haͤupter vergoldet, und dieser Seite des Ge- waͤssers einen milden Glanz zustreut, der lieblich auf der sanftzitternden Fluth spielt. In- dem der Betrachter den Schimmer des Tages von Farbe zu Farbe verloͤschen, und den aufsteigenden Duft allmaͤhlig die Ferne uͤberdaͤmmern sieht, so nimmt auch das Herz Antheil an der beginnenden Ruhe der Natur, kehrt in sich und fuͤhlet sich selbst. Auf der Hinterseite des Pavillon ist die Aussicht durch einen anliegenden Wald gesperrt; nur eine einzige schmale Oeffnung leitet zwischen den Baͤumen den Blick auf ein Gewaͤsser. Dies ist eine veraͤnderte Scene. Man sieht, durch den Zwischenraum in eine jaͤhe Tiefe hinab, einen Strich von einem ganz nahen See, die Ukley genannt, und uͤber ihn hin ruhet das Auge auf einem Gehoͤlz, das in diesem Prospect das Ufer begraͤnzt. Der See ist weder an Groͤße noch an Schoͤnheit mit dem Kellersee zu ver- gleichen; sein Umfang ist klein, und man kann ihn gemaͤchlich in einer Stunde umge- hen. Allein seine Nachbarschaft und die Tiefe, worin er von dieser Anhoͤhe erscheint, machen ihn interessant. Eine steile Terrasse, mit Rasensitzen verziert, laͤßt, indem man sich mehr der Oeffnung naͤhert, den furchtsamen Blick hinabfallen. Unten am Ufer be- merkt Beschreibungen von Gaͤrten. merkt man Baͤnke, und eine zum Vergnuͤgen des Fischfangs sowohl, als zum beque- men Einsteigen in die hiezu bestimmten Boͤte in den See hinein angelegte Bruͤcke. Wandelt man zu den Seiten dieser Oeffnung auf bequemen Gaͤngen zum Ufer hinab, so sieht man den See ganz, wie er von Huͤgeln, Buschwerk und Waldung um- kraͤnzt ist. Das Ganze ist ein schoͤner Umzug. Nirgends findet eine ausgedehnte Aus- sicht statt; sie reicht nicht weiter, als bis an die Bekraͤnzung des nahen Ufers dieses klei- nen Sees. Alles liegt in laͤndlicher einsamer Verschlossenheit. Indessen laufen doch in dieser Gegend, die voͤllig das Ansehen einer ruhigen Einoͤde hat und manches Wild in ihrem Schatten verbirgt, Wege und Gaͤnge zwischen den Holzungen und Gebuͤschen fast ganz um diesen See her. Der Berg, auf welchem der Pavillon steht, ist mit einem Buchenwalde bekleidet, und hat fast uͤberall tiefe Senkungen nach dem kleinen See hinab. Man geht auf ge- wundenen Gaͤngen zwischen den Baͤumen umher, hoͤrt viel singende Voͤgel, und sieht das nahe Wasser lieblich durch das Laubwerk blinken. Einige Gaͤnge laufen unten am Ufer, andre oben an dem Abhange des Berges unter dem Schatten der Baͤume herum, und sind hie und da mit kleinen Straͤuchern und Blumen bepflanzt, an andern Stellen mit Vogelbeeren oder Quitschern besetzt, deren rothe Fruͤchte die Tage des Herbstes zie- ren und den Fang der Krammetsvoͤgel beguͤnstigen. An den Spaziergaͤngen laden Baͤn- ke und Rasensitze zum Ausruhen oder zum Genuß einer Aussicht ein. Zuweilen ist diese blos auf einen innern Prospect oder auf den waldigten Umzug eines kleinen Bezirks ein- geschraͤnkt; man genießt bey dem Ausruhen den Anblick des Gruͤns, den Duft der Kraͤu- ter umher, und die Erquickung der Kuͤhlung. An andern Stellen eroͤffnet sich eine freye Aussicht bald auf den See im Hintergrunde, bald auf seine buschigten Ufer, bald in die Felder der Landgegend hinaus. Zur Rechten an dem Ausgange des Waldes laͤuft in ei- ner Niedrigung ein Bach, der aus dem See abfließt, und bildet einen kleinen Wasser- fall, der an diesem Ort wichtiger seyn wuͤrde, wenn man ihm mehr Verstaͤrkung von Wasser, mehr Absturz und eine mehr natuͤrliche Unterlage gaͤbe. Indessen betrachtet man diese artige Scene mit Vergnuͤgen; man sieht dem Wasserfall auf beyden Seiten von zwo kleinen Rasenerhoͤhungen zu, die Sitze im Schatten umherstehender Baͤume haben. Eine kleine Bruͤcke, die nahe unter dem Wasserfall uͤber den Bach fuͤhrt, dient nicht blos zur Verbindung, sondern auch zur Verzierung. Dieser Lustort ist nach seiner Anlage und nach der Beschaffenheit der Landschaft umher ungemein geschickt, den Genuß der Empfindungen zu geben, die man hier sucht. Er ist kein Park, sondern, was er seyn soll, ein Lustort, ein Aufenthalt der laͤndlichen Ru- he und Ergoͤtzung. Allein diese Landschaft besteht aus so vielen von der Hand der Na- tur charakterisirten Gegenden, daß sie mit dem besten Erfolg in einen ausgedehnten U 2 Park Anhang . Park bearbeitet werden koͤnnte. Die Waͤlder, die Haine und Buschwerke geben so viele besondere Theile und kleinere Gegenden; Grasplaͤtze, Felder, Berge und Thaͤler sind mit dem herrlichsten See da, der im Mittelpunkt ruhet. Alle diese Gegenden und Natur- scenen wuͤrden in Verbindung zu einem Ganzen und in eine harmonische Folge auf ein- ander zu bringen seyn, die eine Reihe sehr starker und interessanter Bewegungen erzeug- te. Fuͤr Mannichfaltigkeit der Gegenstaͤnde und der Aussichten, fuͤr Abwechselung des Hellen mit dem Dunkeln, des Offenen mit dem Verschlossenen hat schon die Natur ge- sorgt; eben sie hat hier Anlagen von der heitersten Gegend bis zur melancholischen zu- bereitet; eben sie hat schon Plaͤtze fuͤr die Belustigungen der Fischerey, der Jagd und des Vogelfangs eingerichtet; eben sie hat schon Wildbahnen in der Tiefe angelegt, und Lust- haine auf den Hoͤhen gepflanzt. Nicht leicht hat sie eine Landschaft fuͤr einen ausgebrei- teten Park reicher ausgestattet, alles trefflicher vorgearbeitet und angeordnet, als hier, wo die Kunst nur mit maͤßigen Kraͤften zu Huͤlfe kommen darf. Unter den Wegen, die bald an dem See hinlaufen, bald sich wieder in die Waldungen hinauf verlieren wuͤrden, koͤnnten Landwege zur Verbindung der benachbarten Doͤrfer und zur mehrern Bele- bung der Scenen verstattet werden. Durch eine Bearbeitung der Waͤlder und durch neue Anpflanzungen koͤnnte die Mannichfaltigkeit noch vermehrt und eine Folge von Gegenden und Auftritten gebildet werden, denen es nie an starken und dauerhaften Ein- druͤcken fehlte. Diese Veraͤnderung wuͤrde das Werk eines nur maͤßigen Aufwandes seyn; sie koͤnnte selbst zwischen mehrern Jahren eine angenehme Beschaͤftigung ver- theilen. Die Kornfelder und Wiesen duͤrften nicht weichen, und die Waͤlder nichts von ihrer Nutzbarkeit verlieren. Die ausgehauenen Wege wuͤrden vielmehr an manchen Stellen den Baͤumen Luft und Freyheit zum Wachsthum verschaffen. Aus dem Ueber- fluß der Waldungen wuͤrde Holz zu Tempeln und andern Lustgebaͤuden geholt; und ei- ne schon vorhandene Ziegelbrennerey lieferte die Steine. Alles waͤre in der Naͤhe. Jetzt haͤngt der Kellersee mit seinen Anhoͤhen, Waͤldern und uͤbrigen Gegenden nicht weiter als durch die Aussicht mit diesem Lustort zusammen; nur daß der kleine See Ukley, der an der Hinterseite des Pavillons sich befindet, seinen ihm von den an- graͤnzenden Bergen zurinnenden Ueberfluß an Wasser wieder dem Kellersee durch den oben angefuͤhrten Bach, worin der Wasserfall veranstaltet ist, mittheilt. Durch die Anlegung eines Parks aber wuͤrden sie als Theile eines Ganzen noch weit mehr mit einander in Verbindung gebracht werden. Dieses macht ein wesentliches Stuͤck des Unterschieds zwischen einem Park und einem bloßen Lustort dieser Art. III. Beschrei- Beschreibungen von Gaͤrten. III. Beschreibung der Gaͤrten um Darmstadt. Die beyden vorhergehenden Beschrei- bungen habe ich im vorigen Sommer ver- fertigt. Diese aber, welche die Gaͤrten um Darmstadt betrifft, ist das Publicum der Guͤte des Hessendarmstaͤdtischen Kriegs- raths, Herrn J. H. Merk zu Darmstadt, ei- nem Mann von bekannten Verdiensten um unsre Litteratur, schuldig. 1. W enn man von Manheim kommt, zeigt sich eine halbe Stunde von Darmstadt, rechter Hand der Straße, der neuangelegte Garten des Herrn Praͤsidenten, Frey- herrn von Moser. Er graͤnzt auf der einen Seite an das nahe gelegene Dorf, und ist mit einem niedrigen Zaun versehen; ein Theil von seiner Anlage ergoͤtzt schon von Fer- ne das Auge des auf der Landstraße ankommenden Beobachters. Der Eintritt ist durch das große Thor linker Hand, wo die Hauptfahrt durch eine Allee italienischer Pappeln zum Hause fuͤhrt. Von da wandelt man durch schlaͤngelnde Gaͤnge von auslaͤndischen Hoͤlzern, deren eine große Verschiedenheit ist, und stoͤßt bald auf einen mit kleinen Baͤ- chen durchschlungenen und mit Kleearten und Sommergewaͤchsen bewachsenen Rasen- platz, in dessen Mitte die Statue des Apollo von geschlagener Arbeit steht. Nicht weit von da erhebt sich eine kleine Anhoͤhe, wo eine Quelle rinnt, uͤber welcher eine Laube mit daruͤber gezogenen Obstbaͤumen angelegt ist. Auf beyden Seiten ist ein kleiner Wein- berg von niedrig gehaltenen Reben, wo die einzelnen hoͤher gehaltenen Pfaͤhle eine freye Aussicht nach den obern Partien erlauben. Steigt man hoͤher, so entdeckt man eine schoͤne Masse Wasser, in deren Mitte sich eine kleine Insel erhebt, worauf ein bedeckter chinesischer Pavillon angelegt ist, in welchem man allezeit eine freye und angenehme Luft einzuathmen rechnen kann. Auf beyden Seiten ist der Boden mit Obstbaͤumen der besten Gattung besetzt. Noch hoͤher liegt das schoͤne Landhaus, das an Niedlichkeit, Simplicitaͤt und Ge- schmack, sowohl in der Architektur als der Auszierung, seines Besitzers und Erfinders vollkommen wuͤrdig ist. Es hat ein und achtzig Fuß in der Laͤnge, und acht und dreys- sig Fuß in der Breite. Das erste Geschoß besteht aus einem sehr wohl proportionirten Saale, zwey Zimmern und drey Kabinetern. Das zweyte hat nur ein großes Zim- mer und zwey Kabinete, dagegen zwey Platteformen mit einer Baluͤstrade, wo man das Vergnuͤgen des Spaziergangs und der freyen Aussicht genießen kann. Auf dem Dach II Band. X Anhang . Dach erhebt sich ein Fußgestell, auf welchem die deutsche Freyheit mit ausgestreck- tem Speer und dem darauf ruhenden Schweizerhut steht. Kurz hinter dem Hause sieht man ein niedliches Kapellchen, so wie man es auf Kirchhoͤfen erwarten koͤnnte, worin aber, statt der Todtenopfer, dem Komus gedient wird. Rechter Hand des Hauses trifft man einen kleinen offenen griechischen Tempel an, der niedlich auf nassem Kalk ausgemalt ist; weiter abwaͤrts rechter Hand einen Teich von unregelmaͤßiger Form, woran eine gerade Allee angelegt ist, die zu einer auf die Wand gemalten Perspective hinfuͤhrt. Hier findet man den Neptun im Schilfe versteckt, ebenfalls von geschlagener Arbeit. Wendet man sich nun mehr abwaͤrts, so stoͤßt man auf die Ruinen einer gothischen Kirche, wovon das Portal eine artige Ni- sche zur Ruhe und Aussicht darbietet; und wenn man sie rund umgeht, zeigt sich von hinten ein Fußsteig, der zu dem schoͤnsten Belvedere fuͤhrt, das als ein Schreibkabi- net in dem mittelsten gothischen Fenster der Kirche angebracht ist. Hier herrscht die freyeste Aussicht sowohl uͤber den Garten, als uͤber die ganze Landschaft auf viele Stun- den Wegs. Von hier aus kann man den Lauf des Rheins auf seinem Silberwege an verschie- Beschreibungen von Gaͤrten. verschiedenen Orten entdecken. Hinter den Ruinen ist eine Pflanzung von allerley Ar- ten feiner Nadelhoͤlzer angelegt. Niedriger liegt ein kleines Eremitenhaͤuschen, das auf russische Art aus ganzen Staͤmmen erbauet, und mit Stroh gedeckt ist. Inwen- dig herrscht die niedlichste Sauberkeit und Einfalt. Von da geht ein Gang zu einem durch Kunst hervorgebrachten Berge, der sich mit einem von hohen Pappeln beschatte- ten runden Platz schließt. An der entgegengesetzten Seite ist der Kuͤchengarten nebst der Wohnung des Gaͤrtners angelegt. Das Ganze der Anlage bildet den pikantesten Anblick, und zeugt von der bluͤ- henden Imagination seines Erfinders. Bey einer gluͤcklichen Beleuchtung entdeckt man die schoͤnsten Massen, und der Zeichner wird uͤberall versucht, sein Portefeuille aufs Knie zu nehmen. Die gluͤcklichsten Einfaͤlle sind uͤberall mit einer solchen Klugheit ausgefuͤhrt, und die Wirkung ist so fein berechnet, daß man nicht weiß, ob man mehr der Beurtheilung oder dem Gefuͤhl das Lob sprechen soll. Man hat weder versucht, eine Wildniß zu erschaffen, noch das Große der Natur auf einen Tisch zu zaubern, wie so viele mit Aengstlichkeit suchen; sondern es ist ein angenehmer Morgentraum rea- lisirt, und ein heitrer Ruheort fuͤr die Seele des empfindungsvollen Beobachters be- reitet worden. 2. Naͤher nach der Stadt zu liegt auf derselben Anhoͤhe der Garten des Herrn Ober- jaͤgermeisters, Baron von Riedesel. Es ist eigentlich eine große Meyerey, die viele Morgen Landes mit den anmuthigsten Abhaͤngen enthaͤlt. Der Eingang ist durch den Hof des Hauses. Hier sieht man die schoͤnste Art Schweizervieh in den reinlichsten Staͤllen. Auf der einen Seite werden die feinsten Sorten von Obst und Wein gezo- gen. Wenn man zu dem Bosquet hinabgeht, zeigt sich rechts ein Vogelhaus, und gegenuͤber eine kleine Fasanerie, woran ein Teich stoͤßt, der mit den schoͤnsten baby- lonischen Weiden umgeben ist, und gegenuͤber einen Salon von Linden hat. Die Hauptallee endigt sich mit einem Springbrunnen. Rechter Hand ist am Ende des Gartens ein chinesisches Haus, das ein mit vielem Geschmack angelegtes Bad enthaͤlt, und die Aussicht auf die Landstraße genießen laͤßt. Geht man auf der andern Seite hinauf, so sieht man rechter Hand ein wohlgebautes weites Feld, woran oben links ein Weinberg stoͤßt, rechts aber sich ein kleines Gebuͤsch zeigt, worin ein Eremiten- haͤuschen neben einer mineralischen Quelle gebauet ist. Von Ferne sieht man ein Belvedere im chinesischen Geschmack. 3. In der Stadt Darmstadt selbst, ist hinter dem Schloß der herrschaftliche Kuͤ- chengarten in einen Garten im neuen Geschmack umgeschaffen. Ein kleines Gehoͤlz II Band. Y von Anhang . von Ruͤstern gab den ersten Einfall dazu. Es liegt rechter Hand, und man wird durch eine gerade Allee neben einem großen Rasenplatz dahin gefuͤhrt. Von da gelangt man in verschiedene krumm laufende Gaͤnge, bis man zum Gra- be der Landgraͤfinn kommt, das aus einem einfachen mit Epheu bewachsenen Grabhuͤ- gel besteht, der auf den Seiten mit Taxusbaͤumen besetzt, rundum aber durch die schoͤnsten babylonischen Weiden und andre dunkle Nadelhoͤlzer zu einem heiligen Hain eingezaͤunt wird. Sie hatte dieses Grab selbst zu ihrem Ruheplatz ausersehen, und auf einer Bank gegenuͤber viele Jahre vorher ihre Betrachtungen genaͤhrt. Nicht weit davon ist ein Eremitenhaus, worin sie den Sommer uͤber ihre meisten Briefe schrieb, und die Einsamkeit suchte. Das Ganze ist ohne Grundriß schwer zu beschreiben, indem man bald auf ge- schmuͤckte Rasenstuͤcke, bald auf freyere Wiesen, auf Plaͤtze mit allerley Rosen besetzt, auf Gruppen von Linden, und wieder auf Alleen stoͤßt. Ueberall aber herrscht Ge- schmack und Gefuͤhl. Auch der Botaniker findet hier seine Rechnung, indem weit uͤber dreyhundert Arten der seltensten nordamericanischen Straͤucher und Gewaͤchse gezogen, und durch den Handel vertrieben werden. IV. Beschrei- Beschreibungen von Gaͤrten. IV. Beschreibung des Parks zu Envil . Ein Landsitz des Grafen von Stamford in Worcestershire. Die Beschreibung ist von Heely in seinen schon angefuͤhrten Briefen uͤber diesen Landsitz. B ey dem ersten Eintritte auf den Boden dieses angenehmen und weitlaͤuftigen Landsitzes fiel mir die Landschaft sehr auf. Ich bekam gleich einen guͤnstigen Begriff davon, und stellete mir das groͤßte Vergnuͤgen von einem Spaziergange durch die vor mir liegenden Huͤgel und Waͤlder vor. Meine Hoffnung ward auch keinesweges betrogen. Bey den Bedienten- und Stallgebaͤuden, die an der Heerstraße liegen, kommt man durch das Thor auf einen Weg, der mit geringen Kruͤmmungen uͤber eine ebe- ne große Wildbahn fuͤhrt. Hier und da stehen einzelne hohe Baͤume, die dem Wege eine Zierde geben. Man kommt darauf an ein uͤberaus artiges und lustiges Sommerhaus. Man nennt es das Schiffhaus. Hier sieht man einen deutlichen Beweis, daß es in der Gartenkunst allemal etwas Vortreffliches ist, zu uͤberra- schen, und daß es weit mehr auf den Zuschauer wirkt, wenn er auf einmal eine Scene vor sich sieht, sie mag nun lebhaft oder schoͤn, oder traurig seyn, als wenn er sie lange vor Augen hat, ehe er an den Ort kommt, von dem sie eigentlich gesehen werden soll. Der Gartenkuͤnstler kann sich hieraus auch die Regel nehmen, in seinen Anlagen nicht zu voreilig zu seyn, sondern seine Aufmerksamkeit auf alles, auch auf die kleinsten Gegenstaͤnde zu richten; thut er dieses nicht, so wird er sich nicht nur Vorwuͤrfe zuziehen, sondern auch die wichtigsten Umstaͤnde fuͤr den ganzen Ort uͤbersehen. Dieser schoͤne Anblick bestaͤtigt meine Anmerkung. Er wird blos dadurch er- reicht, daß der Weg vorher etwas tiefer gefuͤhrt ist, und daß das Gebaͤude auf ei- ner kleinen Anhoͤhe steht. Wie groß ist nicht die Wirkung! Ohne eine Veraͤn- derung zu vermuthen, wird man von der laͤndlichen Einfalt, die einen umgiebt, von den waldigten Huͤgeln, schoͤnen Wildbahnen, und andern unterhaltenden Gegen- staͤnden, indem man die sanfte Anhoͤhe von Rasen hinangeht, auf einmal in eine ent- zuͤckende Abwechselung versetzt. Ein Wasserbassin von sehr großem Umfange verbreitet sich, und ist mit tau- send Annehmlichkeiten, die sich nicht beschreiben lassen, umgeben. Das Auge bleibt Y 2 gemei- Anhang . gemeiniglich bey dem, was am meisten auffaͤllt, stehen. Das ist bey diesem Pro- specte eine wohl gebrochene, hohe, malerische Cascade, die in verschiedenen Saͤtzen herabfaͤllt, und uͤber einen rauhen grottenartigen Bogen von Felsen in einen Theil des Bassins stuͤrzt, welcher durch die Gewalt des Wassers in eine Bucht verwan- delt worden. Ich erinnere mich nie, eine schoͤnere Wirkung von Licht und Schat- ten gesehen zu haben, als hier durch die dunkele Farbe der immergruͤnen und an- deren Baͤume, und den Silberschein des rauschenden Wassers hervorgebracht wird, noch eine natuͤrlichere und besser angeordnete Cascade, die in einem engen Thale her- ablauft, und in einem so praͤchtigen Walde zwischen dickem Gebuͤsche liegt. Ueber der Cascade macht das hochliegende, alte, finstere Gebaͤude eine schoͤne Perspective. Es steht weit zuruͤck, und linker Hand bemerkt man in mehrerer Tiefe ein halb verstecktes, und uͤber die Baͤume hervorragendes Pachterhaus, bey dem eine sich gegen den See herunterziehende Wildbahn anfaͤngt, die theils mit ein- zelnen, theils mit Gruppen von Baͤumen besetzt ist. Diese angenehme Aussicht macht einen sehr lebhaften Contrast mit dem majestaͤtischen Ansehen der andern Seite des Wasserfalls. Hier sind die steilen Huͤgel oben mit Waldung besetzt, welche sich zum Theil auf ihrem lustigen gruͤnen Boden herunter, und wieder zu einem sonderbaren Ge- baͤude, der gothische Thorweg genannt, hinaufzieht, von da die ebene Wildbahn sich bis ans Wasser herab verbreitet, gegen das Haus hingeht, und sich in einem Hain von alten Eichen und Ulmen verliert. Das Schiffhaus ist achteckigt, und inwendig artig mit Medaillons und Frucht- schnuren, oder Festonen, von Stuck, verziert. Das Fenster gegen das Wasser hat mit sonderbaren grotesken Figuren vermalte Fensterscheiben, die zwar eine gute Zier- de geben; allein so unterhaltend dies auch den meisten Personen ist, so wird doch da- durch, wenn das Fenster zu ist, eine weit interessantere Aussicht unterbrochen. Von diesem artigen Gebaͤude gehen Sie durch eine dicke Pflanzung von Kie- fern und allerley Gebuͤschen, die etliche Schritte lang nicht nur den Teich, sondern auch den Damm sehr gluͤcklich verbirgt, so daß man den Uebelstand nicht gewahr wird, der von dieser Methode, Wasser zu gewinnen, herruͤhrt. Ein gerader nacken- der Damm ist allenthalben, wo er sich zeigt, etwas, das die Augen sehr beleidigt, und schlechte Begriffe von des Gartenkuͤnstlers Einsichten giebt, weil nichts in der Welt unnatuͤrlicher ist. Wo der Ort nicht erlaubt, den Boden auszugraben, muß der Damm, um ihn einigermaßen ertraͤglich zu machen, durch dickes Ge- buͤsche gaͤnzlich versteckt werden. Dies letztere hat man vollkommen beobachtet; waͤ- re eben dieses in Ansehung der Figur geschehen, und haͤtte er eine krumme Linie, an- statt Beschreibungen von Gaͤrten. statt einer geraden bekommen, so haͤtte dies Wasserstuͤck keine angenehmere Form haben koͤnnen. Wenn man eine Zeit lang im Dunkeln gegangen ist, so laͤuft der Weg her- nach am Ufer des Sees fort; gegen die Landschaft hat man eine freye Aussicht, und kommt durch eine Thuͤre auf die obgedachte Wildbahn, welche man sowohl als den Hain von einer vortheilhaften Seite sieht. Aus einem andern Gesichtspuncte wird das Wohnhaus, das etwas im gothischen Geschmack ist, ein angenehmer Gegen- stand jenseits des Wassers. Indem Sie auf diese Weise um den Teich gehen, kommen Sie durch eine andere Thuͤre auf ein mit Geschmack angelegtes Blumenstuͤck am Rande der Casca- de. Hier werden Sie sich, bey dem unaufhoͤrlichen Geraͤusch des herabstuͤrzenden Wassers und bey dem ambrosischen Duft von Rosen und Geisblatt, auf eine Bank in der mit Gebuͤsch umgebenen Vertiefung niedersetzen, Ihre Augen auf die Ca- scade richten, und durch deren einstimmiges Getoͤse in ein stilles Nachdenken ver- senkt werden. Sie werden auf nichts weiter achten, als zuweilen einen Blick auf das durch den Busch scheinende Schiffhaus und die gegenuͤber sich oͤffnende Wildbahn werfen. Die Absaͤtze der Cascade erscheinen in einer wohlangelegten Unordnung; sie sind steil und gut unterbrochen, an einigen Orten hohl, und senkrecht, welches vermuthlich von der Gewalt des Wassers, welches von einem Absatz auf den andern stuͤrzt, herruͤhrt. Irre ich mich hierin, so hat die Kunst die Natur nie gluͤcklicher nachgeahmt. — Wenigstens haben alle Versuche, die ich gesehen, um zu verhindern, daß das Wasser keine rauhen Absaͤtze oder Spaltungen mache, keine angenehme Wirkung gethan. Glauben Sie mir, alle Bemuͤhungen der Kunst und des Genies koͤnnen den Absaͤtzen keine so gute Form geben, als die hier durch die unaufhoͤrliche Arbeit des Wassers von selbst entstanden ist. Indem ich die vielen Abwechselungen um mich her betrachtete, machte ich die Anmerkung, daß die Cascaden auf den Seiten buschigter seyn koͤnnten, um ei- nen noch undurchsichtigern Prospect zu haben, welches unstreitig allemal bey einer Cascade seyn soll. Einsame, dunkle Oerter koͤnnen es nie genug seyn, und man muß nichts sehen, als was diesen Anschein noch vermehrt. Das Geraͤusch des Wassers uͤberfuͤhrt mich schon hinlaͤnglich, daß sich dasjenige, was die Kunst hin- zufetzt, auch dazu schicken muͤsse; z. E. ein ununterbrochener finsterer Schatten, ein wildes Ansehen, große Felsenklumpen, mit Epheu umwundene Baͤume, und Ufer mit hohlen Loͤchern. Y 3 In Anhang . In mehrerer Hoͤhe werden Sie zwischen den Absaͤtzen der Cascade alles schick- lich, der Natur und dem Charakter gemaͤß finden. Eine Pfoste z. E. ist queer uͤber den Fall geworfen, und macht, so wenig man auch darauf achtet, einen von den angenehmen Gegenstaͤnden aus, die sich durch ihre Simplicitaͤt empfehlen. Nichts kann reizender seyn, als der Gang von diesem Sitze nach der aͤußern Seite dieses romantischen Orts. Der reißende Strom stuͤrzt zu Ihren Fuͤßen zwi- schen einer Kluft herab; an einer andern Stelle sieht man zwischen den Baͤumen das Wasser uͤber die Felsen hinschaͤumen. Wenn Sie bey der mir so sehr ge- fallenden Pfoste stehen, sehen Sie den herabfallenden Canal hinunter, der an den Seiten mit Lorbeerbaͤumen besetzt ist; die schoͤne, malerische Lage des Schiffhauses werden Sie lange mit Vergnuͤgen betrachten: sehen Sie ruͤckwaͤrts nach der Casca- de, und nach dem unruhigen Wasser unten, so bekommen Sie andere Empfindun- gen. Gewiß, keine Anlage kann besser seyn, um Vergnuͤgen und Erstaunen zu erregen; zugleich fuͤhlt man aber eine Art von Schrecken, wenn man mitten unter diesem unaufhoͤrlichen Getoͤse des Wassers steht, und sieht, mit welcher Gewalt es sich bricht. Ich gestehe, daß ich alle Augenblicke dachte, ich wuͤrde von dem Was- ser fortgerissen, und in den Abgrund geschleudert werden. Wenn man diese unnachahmliche Scene verlaͤßt, fuͤhrt der Weg bey den Wasserbehaͤltnissen, die ich mehr versteckt zu seyn wuͤnschte, vorbey in ein dickes Gebuͤsche, darin ein bequemes kaltes Bad angebracht ist, worauf eine vollkommene Hirtenscene folgt, welche aus einer Pachterwohnung, Schaftriften, und fruchtbaren mit Rindvieh besetzten Grasfeldern, einem frischwachsenden Klump von Ellern, Hasel- straͤuchen und Weiden, und einer gruͤnen, mit Wald umgebenen, abhaͤngigen Wiese besteht. Ehe ich weiter gehe, muß ich anmerken, daß dies der einzige Ort des ganzen Gutes ist, wo man den natuͤrlichen Schoͤnheiten durch Kunst haͤtte koͤnnen zu Huͤl- fe kommen; es ist aber nicht das Geringste geschehen. Um mich deutlicher zu er- klaͤren, so ist rechter Hand, etwas uͤber der letztern Cascade, ein tiefes waldigtes Thal, welches bis an den Huͤgel geht, und eine so gluͤckliche Lage und so viele Vor- theile hat, als ein Gartenkuͤnstler nur wuͤnschen kann; es ließe sich mit weniger Huͤl- fe zu einer von den schoͤnsten arkadischen Gegenden machen. Wenn man diese einsame schattigte Gegend ihrem Charakter gemaͤß einrich- tete; wenn man die hie und da rieselnden Quellen sammlete, bald einen Fall anlegte, bald das Wasser wieder theilte, und Inseln formirte, bald wieder gerade fortschlaͤn- geln ließe; wenn man einen Gang mit vielen Kruͤmmungen, bald auf der Hoͤhe, bald laͤngst dem Bach, oder nach dem Gesichtspuncte, wohin sich am besten Baͤnke schi- cken, Beschreibungen von Gaͤrten. cken, oder zu einer Urne, oder mit Epheu und Glasschlacken gezierten Grotte, und allmaͤhlig um die Vertiefung herumleitete, bis er wieder zu der obgedachten Hir- tenscene fuͤhrte: so behaupte ich, daß sowohl die Gegend und die Grotte von Hagley, als der beruͤhmte Hain der Leasowes die Schoͤnheiten nicht verdunkeln wuͤrden, welche man in diesem herrlichen aber vernachlaͤssigten Thal anbringen koͤnnte. Wenn eine solche Scene anders ein Gegenstand der Gartenkunst ist, wie man sie denn wirklich als einen Hauptgegenstand derselben ansehen muß, so hat Envil den Vortheil, einen der vollkommensten zu liefern. Nunmehr will ich Sie von dem Pachterhause einen steilen Huͤgel hinan, nach der aͤußern Seite des Waldes fuͤhren, wo sich eine beschattete Bank findet, von der man einen freyen, abwechselnden und sehr weiten Prospect hat. Zuerst wird man hier uͤber den romantischen Anblick des Felsen bey Kinfare in Verwunderung gesetzt. Wuͤßten Sie nichts davon, so wuͤrden Sie ihn fuͤr weitlaͤuftige Ruinen eines ehemals praͤchtigen Schlosses ansehen. Die Natur zeigt vielleicht ihre sonderbaren Einfaͤlle nirgends staͤrker, oder hintergeht den Zuschauer nirgends durch eine lebhaftere Illusion. Nennen Sie dies einem Fremden die Ruinen vom Schloß Kinfare, so wird er keinen Augenblick an Ihrem Vorgeben zweifeln. Er steht auf einer steilen Anhoͤhe am Fuße eines Berges, und stellt natuͤrlich ein al- tes verfallnes gothisches Gebaͤude vor, das durch die Laͤnge der Zeit, oder durch die Gewalt der Kanonen halb zusammengefallen ist. Sie werden nunmehr Ihre Aufmerksamkeit auf die uͤbrigen Merkwuͤrdigkei- ten in der Nachbarschaft lenken, die in der That groß sind. Sie sehen die Edge, welche ihre schoͤne Masse empor hebt, den Thurm der Kirche von Kinfare auf ei- nem waldigten Huͤgel, eine wuͤste Flaͤche, eine Reihe von Huͤgeln, Bergen, Hol- zungen und gruͤnen Thaͤlern unter einander: alles ist auffallend. Nicht weniger wird Ihnen der Vorgrund gefallen, der aus einer geraͤumigen Wildbahn und an- gebaueten Laͤndereyen besteht, die mit einer Pflanzung von Kiefern, welche sich bis an das untere wuͤste Land herabziehen, umgeben sind. Von hier lenkt sich der Weg wieder in den dicken schattigten Wald, bis man in einem finstern zum Nachdenken gemachten Orte die Capelle antrifft. Dies Gebaͤude ist dem verstorbenen Besitzer der Leasowes gewidmet; vielleicht wegen der Aehnlichkeit, die der Ort und die Gegend mit verschiedenen Oertern von jenen hat, oder weil der Lord es aus Achtung fuͤr gedachten Besitzer auffuͤhren lassen. Dem sey wie ihm wolle, die Natur der Lage bringt die verlangte Wirkung hervor. Der Ort liegt abgelegen, ist mit Abhaͤngen, und mit einem wilden, un- durch- Anhang . durchdringlichen Dickigt und Baͤumen umgeben, und es herrscht hier eine feyerli- che, todte Stille, welche die Scele zu ernsthaftem Nachdenken einladet. Die Fenster bestehen aus gemalten Scheiben, die ein heiliges Dunkel in der Capelle verbreiten, und dem Charakter der Capelle gemaͤß sind. Unstreitig hat Envil hin und wieder die lieblichsten Scenen in der Natur aufzuweisen; wenn ich darunter die gegenwaͤrtige vornehmlich zaͤhle, so wird man wohl nicht viel dagegen einzuwenden haben. Das Ganze ist so malerisch, so ganz ungekuͤnstelt, und ein solches Gemische einer muntern, großen und lebhaften Scene, daß es unmoͤglich ist, sie mit gehoͤrigen Farben abzuschildern. Das vornehmste Gebaͤude, welches man hier sieht, ist das Schiffhaus am En- de einer Vertiefung mitten in einer waldigten Gegend. Nach demselben sieht man zwischen hohen, schoͤnen Baͤumen durch, die einzeln auf einer buschigten Flaͤche ste- hen; darauf folgen dicht unter einander stehende Ellern, Weiden und Eschen, die gleichsam eine lange ebene Grundlinie formiren, hinter der man einen schlaͤngelnden Bach das Thal hinabrauschen und in einen großen See fallen sieht. Ein Hain scheint diesen See zu theilen, und stoͤßt an eine Kieferpflanzung, die laͤngst dem Ufer fort bis an das Schiffhaus geht, und solches zum Theil umgiebt, und ungemein hebt. Dem Hintergrunde fehlt es auch nicht an unterhaltenden Gegenstaͤnden. Die Land- schaft wechselt mit Huͤgeln und Thaͤlern ab, und strecket sich bis zu einem entfern- ten Horizont fort. Ich suchte das Vergnuͤgen dieser angenehmen Scene ziemlich lange zu ge- nießen, und verließ sie endlich, wiewohl ungerne, um mich tiefer in den Wald zu begeben. Ich traf hier unter dem kuͤhlen Schatten einer sich weit ausbreitenden Eiche eine Bank an. Sie lag vor einer Vertiefung, die mit dickem Gebuͤsche besetzt war, hinter welcher sich auf einem steilen, mit Waldung besetzten Huͤgel eine Rotunde ungemein reizend erhebt. Nichts erfreuet das Auge mehr, als wenn man in einem finstern, weitlaͤuf- tigen Walde zuweilen eine unvermuthete Durchsicht nach einer Wildbahn, oder sonst einem angenehmen Gegenstande hat. Zu beyden haͤtte man hier die schoͤnste Gelegenheit; man duͤrfte nur das Unterholz ausroden, damit man die Ungleichheit des Bodens, und den Gegenstand freyer zum Gesichte braͤchte. Geschaͤhe die- ses auf die gehoͤrige Art, so koͤnnte keine Scene dieser ganzen Herrschaft eine schoͤ- nere Wirkung thun. Ich gieng nunmehr einen Weg, der zu den beyden Seiten so dick mit Baͤu- men und Straͤuchern besetzt ist, daß kein Sonnenstral durchdringen kann, um diese Einsamkeit zu beleben. Auf Beschreibungen von Gaͤrten. Auf dem Wege von der gedachten Bank unter der Eiche fand ich wenig Veraͤnderungen, ausgenommen in der Vertiefung, aus der sich wieder ein steiler Huͤgel erhebt, der stark bewachsen ist, wie zuvor. Hier lenkt sich ein anderer Weg rechts; weil solcher aber blos zu der Rotunde fuͤhrt, so stieg ich auf den Huͤgel, und fand, daß der Wald sich an einer geraͤumigen Ebene endigte, welche eines der schoͤn- sten Stuͤcke von Envil ausmacht. Der Anblick setzt zwar nicht in Erstaunen, verursacht dem Auge aber ein unaussprechliches Vergnuͤgen, weil es auf dem Ruͤ- cken des Huͤgels, der mit unzaͤhlbaren Heerden von Schafen bedeckt ist, gleichsam einen sanften Ruhestand findet. Bey jedem Schritte vermehrte sich meine Erwartung; stufenweise zeigte sich immer mehr von der entfernten Landschaft, bis ich endlich den praͤchtigen Umfang ganz vor mir hatte. Die erhabenen Zeilen Miltons : Dies sind deine herrlichen Werke, du Vater des Guten! Großer, Allmaͤchtiger! dein ist dieser erstaunende Weltbau, Den du so wunderbar schoͤn erschufst; wie wunderbar mußt du Selbst nicht, Unaussprechlicher, seyn! Verlornes Paradies, 5ter Ges. nach Zacharaͤ’s Uebersetzung. u. s. w. fielen mir ein, als ich hier gieng, und die praͤchtige Aussicht meine gan- ze Seele erfuͤllte. Das unfruchtbare wuͤste Land im Thal war durch Waldung abgesondert; aber der Kirchthurm von Kinfare, die Edge und der romantische Felsen zeigten sich in großer Schoͤnheit. Eine solche Menge von auffallenden Gegenstaͤnden belebt die ganze Gegend, daß man nicht weiß, wohin man zuerst, und auf was man vor- nehmlich sehen soll. Auf einer Seite scheinen die hohen Huͤgel von Malvern an die von Aberley zu stoßen, und diese an die von Clee, und letztere wieder an an- dere gekettet; auf der andern erhebt der stolze Wreckin sein Haupt mitten in ei- ner weiten Ebene hoch empor, und ist von der Natur mit allen ihren Geschenken reichlich versehen. Der Rauch entfernter Staͤdte, die Kirchen der umliegenden Doͤrfer, die vielen Huͤgel hinter einander, mit den darunter gemengten Thaͤlern und Feldern, und die weit entlegenen blauen Berge machen diese herrliche Aussicht voll- kommen. Mitten in diesem ansehnlichen Thal, das zum Vergnuͤgen und Nutzen des menschlichen Lebens bestimmt ist, steht ein Gebaͤude vom gothischen Geschmack, welches II Band. Z Anhang . welches die Schaͤferwohnung heißt, und mit hohen Baͤumen umgeben ist. Ein Zimmer darin ist mit Silhouetten von des Lords Familie und Freunden geziert. So sonderbar dieser Anblick ist, so sollen sie doch sehr aͤhnlich seyn. Das andere ist mit Kupferstichen versehen, welche Landschaften und Prospecte der vorzuͤglichsten Landhaͤuser und Gaͤrten vorstellen. Die Treppe ist mit alten Landcharten und Lie- dern beklebt. Dies ist nicht nur unterhaltend, sondern stimmt auch mit dem Cha- rakter eines Hirten uͤberein, den man sich als den Bewohner dieses Hauses vorstel- len muß. Wollten Sie den offenen Gang auf dieser Hoͤhe bis ganz ans Ende fortsetzen, so wuͤrden Sie vielleicht noch vielerley Abwechselungen in der Landschaft finden. Aber ich muß gestehen, daß die Verfuͤhrung fuͤr mich nicht stark genug war, um den reizenden Ort, wo ich mich befand, zu verlassen. Nachdem ich lange genug dar- auf verweilet hatte, war ich nunmehr auch darauf bedacht, die andern Theile des Waldes zu besuchen. Die Ebene, worauf ich mein Augenmerk im Weitergehen richtete, bestand aus einem sehr fruchtbaren Boden mit einem so feinen Rasen, wie in einem Boulingrin, oder wie auf den Huͤgeln in Wilthshire. Sie ist auf beyden Seiten abhaͤngig, und laͤuft wellenfoͤrmig laͤngst dem Fuße der Waldung fort. Hin und wieder ist sie mit Klumpen von Kiefern, Eichen und alten Taxusbaͤumen be- setzt, die den Heerden in den heißen Monaten einen erfrischenden Schatten geben. Auf der Seite eines schoͤnen Amphitheaters, welches der Huͤgel formirt, und wo man eine liebliche Aussicht hat, folgte ich einem Fußsteige, und kam bald an die Rotunde. Dies artige Gebaͤude hat viel aͤhnliches mit der zu Hagley, ist aber, wie mich duͤnkt, nicht so helle. Es liegt auf einer Hoͤhe, von der das Au- ge eine liebliche abwechselnde Landschaft vor sich sieht. Hier unterscheidet man am besten die Haine von Hagley, die Clentischen Huͤgel, den Wald von Wichtberry und den Obelisk, ferner die Stadt Dudley bis zu ihrem verfallenen Schlosse auf dem Gipfel eines steilen Huͤgels und in der Nachbarschaft von andern, die theils angebauet, theils mit Waldung besetzt sind; zwischen diesen und Clent entdeckt man sehr deutlich ein Stuͤck von den Leasowes, und die Capelle auf dem Huͤgel Brierly. Diese Gegenstaͤnde formiren einen an- genehmen Horizont: es giebt aber andere, die man mehr zu seinen Fuͤßen hat; vor- nehmlich die Schulwohnung, die am Rande einer unangebaueten Strecke zwischen allerley Pflanzungen von Kiefern, gruͤnen Wildbahnen, und fruchtbaren Feldern wie eingeschlossen liegt. Das artige Gebaͤude reizt nicht nur das Auge, sondern erregt auch waͤrmere Empfindungen, wenn man weiß, daß hier durch die Freygebigkeit einer Dame, naͤmlich Beschreibungen von Gaͤrten. naͤmlich der Dorothea Grey, zwoͤlf arme Maͤdchen erzogen und unterhalten wer- den. Sie hat dies Haus nicht nur erbauet, sondern auch ein hinlaͤngliches Capi- tal dazu vermacht. Ein edler Beweis ihres wuͤrdigen und gutthaͤtigen Charakters, wodurch sie sich bey der spaͤten Nachwelt im Andenken erhalten wird. Der Grund, welcher am Fuße der Rotunde anfaͤngt, hat etwas Romanti- sches. Eine große Wildbahn sinkt auf einmal in ein tiefes enges Thal hinab, und ist mit Waldung eingefaßt, die auf den verschiedenen Abhaͤngen steht. Dies macht eine sehr sanfte Scene, worauf das Auge ausruhen kann. Sie werden bedau- ren, daß der gegenuͤberliegende hohe Wald, um einer Durchsicht willen, nach der Kirche zu Kinfare durchgehauen ist. So groß dieser Prospect an andern Orten scheinen moͤchte, so ist er doch hier gleichguͤltig. Man hat, meiner Einsicht nach, eine große Schoͤnheit verloren, um eine weit geringere zu erhalten. Man hat die Durchsicht zwar wieder zugepflanzt; aber ich fuͤrchte, der Wald wird seine ehemalige Gestalt nicht so bald wieder erreichen. Vermoͤge einer richtigen Erfahrung gedeihen junge Baͤume selten unter den alten. Geschaͤhe es aber auch, so bleibt doch der Uebelstand noch viele Jahre sichtbar. Zum Gluͤcke ist die Durch- sicht nur schmal; die jungen Baͤume moͤgen also wachsen oder nicht, so werden doch die Zweige der alten mit der Zeit zusammenwachsen, und die Oeffnung wird sich verlieren. Um die Rotunde waren die Haselstraͤuche und das Gebuͤsche nicht so sehr dick als vorher, es bekam aber, bald nachdem ich sie verließ, die vorige Beschaffenheit wieder, und der Gang war so dunkel und einsam, wie vorher; das angenehme Singen der Voͤgel macht aber, daß man sich keine angenehmere Scene wuͤnscht. Ich gieng einen andern Huͤgel hinab, und gelangte, mitten im Schatten und dem begleitenden Gesange der Voͤgel, zu der Halle. Dies Gebaͤude schickt sich sehr wohl fuͤr seinen Platz: denn es steht am Rande eines Waldes, der sich uͤber die hinterwaͤrts liegenden Huͤgel verbreitet, und indem er sich zu beyden Seiten hinunter zieht, eine Wildbahn formirt, die auf eine lange Strecke von einem frey- stehenden Hain eingeschlossen wird, uͤber den man eine sehr angenehme Aussicht in die Landschaft hat, und bey heiterm Himmel am Horizont den Thurm von Sedgley und Lords Dudleys Sitz und Park sehen kann, welche viel zu einem angeneh- men abwechselnden Prospect beytragen. Vorzuͤglich wird der Vorgrund Ihre Auf- merksamkeit auf sich ziehen. Ich glaube nicht, daß Envil etwas schoͤneres auf- weisen kann, und daß sich Holzung und Wildbahn gluͤcklicher verbinden lassen, um sich wechselsweise ein gefaͤlliges Ansehen zu geben. Z 2 Von Anhang . Von dieser Hirtenscene fuͤhrte man mich auf einem mit vielen Kruͤmmungen versehenen Wege wieder mitten in den Wald, wo ich an einem finstern einsamen Platze eine Urne ganz allein auf einem weichen Rasen stehen sah. Ich betrach- tete sie mit vielem Vergnuͤgen. Eine wohlangebrachte Urne ist ein Gegenstand, der dem Auge sehr gefaͤllt; an einem unschicklichen Orte ist es aber auch etwas sehr Unangenehmes. Bey der Fortsetzung des Weges stutzte ich, daß solcher auf einmal anfieng ein Rasenweg zu werden, anstatt daß er bisher von Kies gemacht war. Dies laͤßt sich auf keinerley Weise rechtfertigen. Haͤtte der Kies bey einem Gebaͤude aufgehoͤrt, so waͤre es doch noch einigermaßen schicklich gewesen. Aber auf diese Weise mit einmal abzubrechen, ohne daß man einsieht, warum, das ist ein son- derbarer Einfall des Gartenkuͤnstlers, wovon ich bisher noch nichts gewußt habe. Indem ich auf diesem Rasenwege fortgieng, kam ich auf einmal an einen außerordentlichen steilen Abhang, weswegen der Weg abwaͤrts zur Vermeidung der Gefahr hin und her gefuͤhrt war. Nachdem ich eine Zeit lang auf den schat- tigen Kruͤmmungen gegangen, und mich nach Abwechselung gesehnt hatte, stieß ich unvermuthet auf die Huͤtte. Man mag auf das Wort selbst, oder auf die Simplicitaͤt, die gemeiniglich bey den Wohnungen der Duͤrftigkeit herrscht, oder auf die Beschreibungen der Dichter sehen, vermoͤge deren die wahre Gluͤckselig- keit blos in einem einsamen Landleben zu finden ist, das thut hier nichts zur Sache; genug eine Huͤtte ist in einer weitgausgedehnten Gegend, wie diese, al- lemal ein Gegenstand, der Vergnuͤgen und angenehme Begriffe in der Seele erregt, und man wird, so viel ich urtheilen kann, nicht leicht eine finden, die in Anse- hung ihrer Lage mehr Beyfall verdient. Sie ist mit den schoͤnsten waldigten Huͤgeln und Thaͤlern umgeben; sie liegt ganz einsam, und doch aͤußerst ange- nehm. Glauben Sie mir, dies stroherne Haͤuschen, die vor ihm liegende kleine abhaͤngige Wildbahn, die hohen Baͤume, womit der Platz vor demselben umge- ben ist, und die ein vollkommnes Dach uͤber dasselbe formiren, reizen das Auge eines Mannes von Geschmack mehr, als der praͤchtigste Tempel, daran alle Kunst verschwendet ist. Was halten Sie aber von der hier befindlichen Menagerie auslaͤndischer Voͤgel? Es ist zwar wahr, daß man das bunte Gefieder und die verschie- denen Arten von Geschoͤpfen, die aus fernen Laͤndern hieher gebracht sind, mit Vergnuͤgen ansieht; allein es bleibt doch allemal sonderbar, und scheint noch sehr ungewiß, ob es schicklich sey, daß in einer Huͤtte eine so kostbare Sache, als eine Menagerie, angelegt worden. Sie werden es vielleicht dadurch entschuldi- gen, Beschreibungen von Gaͤrten. gen, daß hier eine arme Familie unterhalten wird, welche fuͤr die Wartung der Voͤgel sorgt. Das ist die Sprache des Mitleidens; es hebt den Einwurf aber nicht, daß die Menagerie sich fuͤr keinen solchen Ort schickt. Diese gehoͤrt fuͤr einen lustigen Garten, wo mehr unterhaltende kuͤnstliche Gegenstaͤnde sind, z. E. bey einem Gewaͤchshause, wo sie gleichsam in einiger Verbindung mit den frem- den Pflanzen stehen, die aus gleichentfernten Gegenden herbeygeschafft worden. Der Weg geht, um den gruͤnen Platz vor dem Hause, durch eine vollkom- men waldigte Gegend, nach einer Bank in einem lichten Hain, auf dem schoͤnsten Rasen, und lenkt sich alsdann linker Hand; doch geht auch einer rechter Hand queer durch das gedachte Thal, wo eben die Halle und daruͤber der Wald die schoͤnste Landschaft darstellen. Er laͤuft alsdann einen steilen Huͤgel in den Wald hinan, worauf Sie ihn verlassen, und einen Gang zwischen Klumpen von Fichten und andern Baͤumen hinabgehen nach dem gothischen Thorwege. Dies ist ein greßes wohlausgefuͤhrtes Gebaͤude, dessen mittler Theil aus einem großen Bogen besteht, und an jeder Seite mit einer Art von Halle versehen ist, wovon man die schoͤnste Aussicht hat. Von der auf der rechten Hand uͤbersieht man einen an- sehnlichen Strich entfernter Laͤndereyen, der mit Huͤgeln, Waͤldern und Thaͤlern angenehm abwechselt; auf dem Vorgrunde bemerkt man ein lebhaftes Gemaͤlde, z. E. Wildbahnen, ein Wasserstuͤck, das Schiffhaus, eine Halle in einem Fich- tenhain, weitlaͤuftige Pflanzungen, welche ein angebauetes Land mit Getraide, Trif- ten und Brachfeld einschließt: alles dieses zusammen macht eine Landschaft aus, die den Zuschauer ungemein unterhaͤlt. Auf der linken Seite hat man zum Theil eben die Gegenstaͤnde, eine weite Aussicht mit verschiedenen Wasserstuͤcken auf der Wildbahn; zwischen feinen Grup- pen von Baͤumen und bluͤhenden Gewaͤchsen zeigt sich auf eine vorzuͤgliche Art ein Billardsaal. Wenn Sie bey Fortsetzung des Wegs von der Huͤtte aus dem Walde kom- men, so werden Sie von einer Bank unter einer Eller Ihr Augenmerk auf ein großes unregelmaͤßiges Wasserstuͤck richten, das zwischen den Baͤumen durchschim- mert. Man hat hier eine artige Scene vor sich, und einen angenehmen Prospect in der Ferne. Ehe man an das Wasser kommt, fuͤhrt eine sehr simple und bey- nahe zu plumpe Bruͤcke uͤber den schaͤumenden Strom einer Cascade, die sehr na- tuͤrlich uͤber Steine und Schlacken herabstuͤrzt, und mit dickem Gebuͤsch und rau- hen Abhaͤngen umgeben ist. Von diesem unterhaltenden Orte strecken sich die Wildbahnen und Waͤlder zu beyden Seiten fort. Der Weg laͤuft am Rande der letztern einen steilen Huͤ- Z 3 gel Anhang . gel hinan, und ist auf der andern Seite gegen die Vertiefungen frey. Meine Augen waren aber mehr auf den Wald und die kuͤhnen Ungleichheiten seines Grun- des gerichtet. Ich zog ihn den andern Dingen, die ich besser kannte, vor, und bedauerte, daß alles von Brombeerstraͤuchern so verwildert war. Koͤnnte man dieses Unkraut vertilgen, und statt dessen Rasen anlegen, so wuͤrde es nicht nur ei- ne große Wirkung, sondern auch die Abwechselung hervorbringen, die bey einer Waldung von großem Umfange allemal erfordert wird. Von einem Sitze am Rande des Huͤgels hat man einen Blick nach der Kir- che von Envil, und eine schoͤne mit Wasser untermengte Wildbahn vor sich; der maͤchtige Wald kruͤmmt sich am steilen Abhange eines tiefen Thals, darin viele Heerden weiden, fort. Nicht weniger Bewunderung verdient der Prospect vom Schlosse zu Dudley, und von etlichen Gegenstaͤnden, die man bereits bey dem gothischen Thorwege gesehen hatte. Wenn Sie diese edle Waldungen vermuthlich ungerne verlassen, so kommen Sie auf einen mit Gestraͤuche versehenen Grund, mit untermengten Klumpen von Fichten und andern Baͤumen von vortrefflichen Kronen und dem schoͤnsten Wuchse. Ein breiter Kiesgang, der allmaͤhlig unter sie hinabfuͤhrt, und mit tausend ver- schiedenen wohlriechenden Gewaͤchsen bepflanzt ist, wird Sie sehr unterhalten, so wie auch die hin und wieder mit kluger Wahl angebrachte Durchsicht auf die Wildbah- nen und waldigten Huͤgel. Vermittelst der einen hat man einen auffallenden Pro- spect des gothischen Thorweges, und durch eine andere sieht man den Wald, und daruͤber die Spitze eines großen Gebaͤudes hervorragen. Wenn man sich diesem Gestraͤuche naͤhert, so zieht der sogenannte Billard- saal die Aufmerksamkeit auf sich. Dies ist ein wohlangegebenes ansehnliches go- thisches Gebaͤude, welches dem Erfinder Ehre macht. Inwendig sieht man al- lenthalben, zumal an der Decke, schoͤne Stuckaturzierrathen. An dem einen En- de steht die Buͤste des Homers, und am andern des Cicero seine in einer Nische. In diesem praͤchtigen Zimmer befindet sich eine Billardtafel, und eine kleine Or- gel. Aus den Festern genießt man eine lebhafte Aussicht nach dem Garten, der Wildbahn und den Waldungen. Duͤnkt es Ihnen nicht Schade, daß man die- ses artige Gebaͤude aus keinem andern Gesichtspuncte, als von dem gothischen Thorwege, sehen kann? Ich schlich nunmehr ganz langsam durch die angenehmen schattigten Gaͤnge dieses weitlaͤuftigen Gebuͤsches, und zog die lieblichen Duͤfte der mich umgebenden Blumen und Pflanzen ein; ich betrat den weichen bemoosten Fußboden, und hoͤrte dem Gesange der Voͤgel zu, die durch ihre suͤßen Toͤne ihr Vergnuͤgen uͤber diesen Auf- Beschreibungen von Gaͤrten. Aufenthalt zu bezeigen schienen. Wo ich mich hinwandte, da laͤchelte mich die Natur an. Mir deuchte, ich saͤhe sie auf jedem Parterre, auf jeder Gruppe von Baͤumen, und auf jeder glatt abgeschornen Wildbahn schweben. Die Verzierun- gen verdienten nicht weniger Beyfall, weil sie dem Orte so angemessen sind. Hier bewunderte ich eine mit vielen Figuren gezierte vortreffliche Vase; dort stand in ei- nem Klumpen niederhaͤngender Lerchenbaͤume die Schutzgoͤttinn dieser Scene, eine Flora, in einer artigen Stellung. Ihr Haar war mit Rosen umflochten, und in der ausgestreckten Hand hielt sie einen Strauß von Jasminen und Geisblaͤttern. Ich naͤherte mich ehrfurchtsvoll dieser Goͤttinn, als der Beschuͤtzerinn alles dessen, wovon ich ein so großer Verehrer bin, und machte ihr, wie ein Enthusiast dem Bilde seines Schutzheiligen, eine tiefe Verbeugung. Was meynen Sie aber, wenn Sie, anstatt dieser leblosen Statue, eine le- bendige Schoͤnheit in diesem elysischen Aufenthalte saͤhen? Glauben Sie nicht, wenn ein junges bluͤhendes Maͤdchen, wie Maria — — in arkadischem Ge- wande, von einem schoͤnen Wuchse, von lebhafter Farbe und einem gefaͤlligen An- stande; wenn sie mit einem bezaubernden Blicke Vergnuͤgen und Liebe um sich her verbreitet, wenn sie die Laute zu ihrer sanften melodischen Stimme spielt, daß die- ses eine weit empfindsamere Wirkung auf Sie hervorbringen wuͤrde, als der unbe- seelte Marmor? — Sie laͤcheln. — Aber ich nehme es auf mich, in Ihrem und meinem Namen zu entscheiden. Ich wette, wenn dies liebenswuͤrdige Maͤd- chen von einem Gange in den andern gienge, wir wuͤrden beyde wie bezaubert und voll Bewunderung da stehen, und fuͤr keinen andern Gegenstand Augen haben. Ich kann die reizenden Gaͤnge von Envil nicht verlassen, ohne zu erinnern, daß sie so weitlaͤuftig und so unterhaltend sind, daß ein Tag zu wenig ist, um alles recht zu genießen. Man kann außen um die ganze Anlage herum reiten; und zum Behuf derer, die fahren wollen, ist auch ein Weg gemacht. Dies mag einigen gefallen, und der edle Besitzer erlaubt es denen, die es thun wollen, sehr gern. Aber fuͤr Personen von Geschmack ist diese Freyheit von geringem Werthe. Sie lassen sich mitten unter so vielen Schoͤnheiten in kein aͤngstliches Fuhrwerk einker- kern, da die Scene sich mit jedem Schritte aͤndert, und jede Abwechselung im Stande ist, ihnen so viel neues Vergnuͤgen zu machen. Man kann in der That Plaͤtzen, daruͤber Natur und Geschmack so viel An- nehmlichkeiten verbreitet haben, nicht Aufmerksamkeit genug schenken. Es giebt im Walde noch viele Nebenstellen, von denen man eben solche schoͤne Aussichten von Landschaften hat, als auf den Baͤnken, wohin der Weg leitet, wie diejeni- gen leicht bemerken werden, die bey Annaͤherung eines steilen Huͤgels nicht seuf- zen, Anhang . zen, und die an der Betrachtung schoͤner Gegenden einen Geschmack zu finden wissen. Envil laͤßt sich keinen Park, aber auch eigentlich keine angebauete Feldge- gend nennen. Es hat von allen Theilen der Gartenkunst etwas, und kann als ein Park, als eine Feldgegend, und als eine Anlage zum Spazierreiten betrach- tet werden. Am meisten hat es von einem Park, und das ist auch eigentlich der Charakter von Envil. Sollte der Plan eines Parks vorzuͤglich ausgefuͤhrt werden, welches der Besitzer, wie man sagt, Willens ist, so wird das itzt schon so reizende Envil es noch weit mehr werden, und dadurch solche Vorzuͤge erhalten, daß man es fuͤr einen der vollkommensten Oerter, die nur anzutreffen sind, halten muß. V. Beschrei- Beschreibungen von Gaͤrten. V. Beschreibung des Parks zu Hackfall Ein Landsitz des Herrn Aislabie in Yorkshire. Die Beschreibung ist aus Youngs Reise durch die noͤrdlichen Provinzen von England ꝛc. 1. Th. 11. Br. H ackfall verdient, daß man viele Meilen darum reiset. Beym Eintritte in den Park von der Seite von Swinton hat man den ersten schoͤnen Ge- sichtspunct von einem vorragenden Huͤgel mit einem kleinen Gebaͤude. Ein rau- schender Strom fließt zwischen einzelnen Baͤumen durch; zur Rechten sieht man durch eine lange Oeffnung von Huͤgeln herabhangender Waͤlder, die sich endlich in eine finstere Vertiefung endigen. Ein Theil der Stadt Masham nebst dem Thurme ragt uͤber die am Wasser stehenden Baͤume hervor; nichts kann maleri- scher seyn. Das Gebaͤude steht im Schatten von Baͤumen, welches mit dem glaͤn- zenden Wasser einen schoͤnen Contrast macht. Die Haͤuser, welche uͤber die am Wasser stehenden Baͤume hervorragen, scheinen gleichsam darauf hervor zu wachsen. Der Weg laͤuft laͤngst dem Ufer des Flusses fort, und erhebt sich zu einem offenen achteckigten Platze, der reizende Aussichten liefert. Zur Rechten entdeckt man einen großen mit Buschwerk besetzten Huͤgel, der ein majestaͤtisches Ansehen hat; auf demselben sind Ruinen angelegt, die uͤber eine Vertiefung von Baͤumen hervorragen. An einer Stelle wird man den Fluß gewahr; das Ohr wird zugleich durch sein Geraͤusch uͤber Felsen ergoͤtzt. Das Gemaͤlde wird unendlich durch das Getoͤse des Flusses verschoͤnert, ob er gleich hinter den Baͤumen versteckt ist; man stellt sich den Fall und den Strom weit praͤchtiger vor, da das Ganze hingegen verlieren wuͤrde, sobald man es saͤhe. Von hier kruͤmmt sich der Weg durch einen hohen Lustwald, und fuͤhrt zu einem Tempel von baͤurischem Werke an einem Wasserbassin, in dessen Mitte sich ein nie- driger Wasserstral empor hebt. Auf der Seite faͤllt ein kleiner Wasserfall in die- ses Bassin; vor sich hin erblickt man durch eine Oeffnung in dem Walde gespaltene Felsen. Weiterhin uͤbersieht man aus einer Grotte eine sehr malerische Scene, naͤm- lich einen von der Natur gemachten Wasserfall; das Wasser faͤllt in verschiedenen Absaͤtzen vierzig Fuß hoch zwischen hohen Baͤumen herunter, und scheint durch ei- ne Zauberkraft hervorgebracht zu seyn. Diese II Band. A a Anhang . Diese Schoͤnheiten haͤufen sich, so wie man weiter kommt. Ein neuer Was- serfall bricht aus einer Hoͤhle in dem Felsen hervor, und stuͤrzt sich von einem Klum- pen auf den andern, bis er sich in das Gebuͤsch verliert. Eine nicht weit von die- sem Platze befindliche Bank zeigt diese Cascade aus einem andern Gesichtspuncte, indem man das Wasser zu seinen Fuͤßen uͤber das Gras wegfließen sieht; und zur Rech- ten wird man den Fluß gewahr, welcher schnell zwischen den Felsen fortrauscht. Folgt man den Kruͤmmungen des Weges, so kommt man an das sogenannte Fischerhaus, welches aus einem kleinen achteckigten Zimmer besteht, und von gewis- sen Versteinerungen gemacht ist. Es steht auf einem kleinen dick mit Baͤumen be- setzten Huͤgel; zu den Fuͤßen bekoͤmmt der Fluß eine Biegung, und ist auf beyden Sei- ten mit uͤberhangenden Baͤumen umgeben; er rauscht uͤber die Klippen weg, und zwischen Waͤnden von Felsen, die oben mit Waldung besetzt sind. Auf der einen Seite sieht man eine angenehme Landschaft mit zween Wasserfaͤllen, welche durch ei- nen vorragenden Hain von einander getrennt werden. Der zur Rechten nimmt die ganze Spaltung des Felsens ein, und die daran stehenden Baͤume verbreiten ihre Ae- ste daruͤber. Der andere faͤllt nicht uͤber solche große Felsenklumpen hin; man sieht ihn zwischen artigen Baͤumen, die einen Huͤgel bekleiden, welcher oben mit einem Ge- baͤude geziert ist. Von dieser schoͤnen Scene geht man an den Fluß hinab, und verfolgt solchen bis an einen reizenden Ort, uͤber dem Felsenwaͤnde stehen, aus deren Kluͤften allerley Gestraͤuche hervorwaͤchst, und auf welchen Ziegen weiden. Ruͤckwaͤrts sieht man die Cascaden in einer Vertiefung des Waldes. Geht man etwas weiter den Huͤgel hinan, so sieht man den in drey Arme getheilten Fluß; am Ufer liegt ein zerstreutes Dorf, und zwischen den Huͤgeln verliert sich das Auge in eine weite Ferne. Auf dem Ruͤckwege waͤhlten wir den Weg, der bey der Fischerwohnung vorbey den Huͤgel linker Hand hinauffuͤhrt. Zuerst erreicht man eine Bank, daruͤber die Baͤu- me haͤngen, und sieht zu seinen Fuͤßen einen Wasserfall, der aus einem Felsen unter dicken Baͤumen hervorbricht, und etwas weiter einen zweyten. Dies ist eine einsa- me Gegend; und man bleibt stehen, um sich hier an den sanften Schoͤnheiten der Na- tur zu ergoͤtzen. Indem man den Huͤgel hinangeht, hat man bestaͤndige Wasserfaͤlle auf der Seite; das Wasser faͤllt in schmalen Absaͤtzen von einem Felsen auf den andern, und ist diesseits mit dicker Waldung und jenseits mit buschigten Felsen eingefaßt. Man kommt endlich an den sogenannten Sitz von Kent, da sich eine Landschaft in einem gezierten kuͤnstlichen Style zeigt. Vor sich hat man eine doppelte Cascade, die aus einem dunkeln Orte, der halb aus Waldung, halb aus Felsen besteht, herabfaͤllt, und unten Beschreibungen von Gaͤrten. unten nach einem kurzen Laufe einen zweyten Fall in den ofterwaͤhnten Fluß bekommt, welcher in seinem steinigten Bette zu den Fuͤßen des Zuschauers fortlaͤuft. Der ein Amphitheater um diesen Wasserfall formirende Wald nimmt sich edel aus, und das Ganze giebt das schoͤnste Gemaͤlde. Linker Hand sieht man, durch eine dem An- scheine nach von der Natur gemachte Oeffnung von Baͤumen, die von den Huͤgeln zu beyden Seiten herabhaͤngenden Waͤlder, und uͤber diese hin einen weiten Prospect. Der Weg fuͤhrt endlich auf die oberste Spitze des Huͤgels, wo kuͤnstliche Rui- nen angelegt sind. Von dem Platze vor demselben hat man einen bwundernswuͤr- digen Prospect. Man sieht unten im Thale den Fluß in vielen Kruͤmmungen, und hoͤrt sein Geraͤusche sehr deutlich, ob er gleich in einer ansehnlichen Tiefe fließt. Das Thal kruͤmmt sich gleichsam um ein hohes Vorgebirge, dessen abhaͤngiger Ruͤcken, wie alle andere Huͤgel, mit dicker Waldung besetzt ist, wodurch der praͤchtigste Kes- sel von Wald entsteht. Jenseits des Wassers in der Tiefe liegt die Fischerwohnung sehr malerisch. In der Ferne hat man die groͤßte Abwechselung: zur Rechten setzt der Horizont dem Auge Graͤnzen; vor sich sieht man zwanzig Meilen weit bis an den Huͤgel von Hambleton. Das ganze Thal ist mit Staͤdten, Doͤrfern, Ritter- guͤtern, und Kirchspitzen gleichsam besaͤet. Den Dom zu Yorck sieht man in ei- ner Entfernung von dreyßig Meilen, und viele andere Orte mehr. A a 2 VI. Be- Anhang . VI. Beschreibung des Parks zu Painshill . Ein Landsitz des Herrn Hamilton bey Cobham in Surry. Diese und die naͤchstfol- gende Beschreibung von Persfield ist von Herrn Whately aus seinen bekannten Betrachtungen uͤber das heutige Gartenwesen. D as Wohnhaus zu Painshill stehet an dem einen aͤußersten Ende des halben Mondes auf einem Berge, dessen Aussicht sich auf der einen Seite gegen das Land oͤffnet, auf der andern aber von dem Park versperret ist. Der Anblick ist reizend; und der ganze Ort ist in einem vortrefflichen Gaͤrtnergeschmack angelegt, indem man blos auf das Vergnuͤgen gesehen hat. Mitten in dem Dickigt, wodurch das Haus von dem Park abgesondert wird, ist ein Parterre, und eine Orangerie. Hier be- finden sich alle auslaͤndische Gewaͤchse waͤhrend des Sommers, mit gemeinen Straͤu- chern und bestaͤndig auf einander folgenden Blumen untermischt. Der Raum vor dem Haufe ist mit Verzierungen angefuͤllt. Der Boden hat eine vortreffliche Ab- wechselung, und verschiedene Arten schoͤner Baͤume sind an den Seiten in kleinen luftigen Pflanzungen gesetzt. Dieser Berg ist von einem andern weit groͤßern durch ein kleines Thal abgeson- dert; und auf dem Gipfel der andern Anhoͤhe erscheint eine ganz verschiedene Sce- ne von einem gleich uͤber einem großen Weinberge, der sich auf der ganzen Sei- te verbreitet, angebrachten Sommerhause. Diese ist zwar schoͤn, aber ein Um- stand, der am wenigsten einnimmt. Die Aufmerksamkeit wird von einer gebaue- ten Ebene unmittelbar auf den Anblick eines in der Ferne, aber dennoch zu der Gegend gehoͤrigen abhaͤngenden Waldes gezogen. Dieser ist nicht nur an sich selbst ein edler Gegenstand, sondern dienet auch einem jeden, der einiges Ver- gnuͤgen am Gartenbaue findet, zu einer reizenden Aufmunterung. Er ist von dem gegenwaͤrtigen Besitzer angelegt worden. Vermittelst seiner Lage, seiner Aus- dehnung und seiner Dicke, hat er schon den Anschein eines großen und erwach- senen Waldes, indem er zugleich alle Lebhaftigkeit einer jungen Pflanzung behaͤlt. Dem auf diese Art bedeckten Berge gegenuͤber stehet ein anderer in der Landge- gend, der jenem in der Figur gleicht, dabey aber kahl und nackend ist. Haͤt- ten alle diese Hoͤhen eben demselben Besitzer zugehoͤrt, und waͤren sie alle auf eben Beschreibungen von Gaͤrten. eben dieselbe Art uͤberpflanzet worden: so wuͤrden sie eine eben so große, eine eben so romanhafte Scene gebildet haben, als irgend eine unter denjenigen seyn kann, die wir selten sehen, aber allezeit als bloße Werke der Natur, die durch den An- wuchs von Jahrhunderten zur Reife gediehen, mit Bewunderung betrachten. Dennoch aber ist ganz Painshill eine neue Schoͤpfung. Eine Verwegenheit in dem Entwurfe, und ein gluͤcklicher Erfolg in der Ausfuͤhrung, begleiten die bewun- dernswuͤrdigen Bemuͤhungen, welche hier die Kunst angewendet hat, es der Natur gleich zu thun. Ein anderer Gesichtspunct von eben derselben Hoͤhe zeiget eine Land- schaft, die sich von der vorigen in allen besondern Umstaͤnden, ausgenommen in An- sehung des Zeitlaufs ihres wirklichen Daseyns, unterscheidet. Sie ist gaͤnzlich in dem Bezirke, und kann von einem offenen gothischen Gebaͤude uͤbersehen werden, welches recht an dem Rande einer steilen Anhoͤhe angebracht ist, die unmittelbar aus der Tiefe uͤber einen schoͤnen kuͤnstlichen See hinaufsteiget. Dieser ganze See kann nirgends auf einmal uͤbersehen werden. Allein vermoͤge seiner Figur, der Anlage verschiedener Inseln, und einiger auf denselben und an den Ufern befindlichen Baͤu- me, scheinet er allezeit groͤßer zu seyn, als er wirklich ist. Zur Linken ist eine fortlaufende Waldung, um nur die Aussicht auf das Land zu verwehren; zur Rech- ten zeigt sich der ganze Park; und vorwaͤrts erscheinet hinter dem Wasser der abhaͤn- gige Wald. Dieser konnte zwar auch vorhin uͤbersehen werden; allein hier verbrei- tet er sich queer uͤber die ganze Aussicht, so daß seine ganze Ausdehnung und alle seine Abwechselungen in die Augen fallen. Ein breiter aus dem See kom- mender Fluß geht unter einer aus fuͤnf Schwibboͤgen bestehenden und nahe bey dem Ausflusse angebrachten Bruͤcke dahin; worauf er seinen Lauf gegen den Wald richtet, und am Fusse desselben fortstroͤmet. An der Seite des Berges ist eine kleine Einsiedlerwohnung errichtet, welche von dichten Gebuͤschen eingeschlossen und gaͤnzlich uͤberschattet wird. Und in einer weiten Entfernung zur Rechten erhebt sich uͤber die oberste Spitze des Berges ein sehr hoher Thurm, der uͤber alle Baͤume hervorragt. In der Gegend der Einsiedlerwohnung verbreitet das dichte Gebuͤsche und das dunkle Gruͤn eine gewisse Melancholie. An andern Orten sind die Schattirungen gemischt; und an dem einen laͤßt ein schwaches schimmerndes Licht eine Oeffnung in dem Walde sehen, und giebt dadurch seiner Einfoͤrmig- keit eine Abwechselung, ohne seine Groͤße zu vermindern. Durch diese ganze praͤchtige Scene ist Uebereinstimmung mitten in der Abwechselung erhalten wor- den. Alle Theile haben eine ungezwungene Verbindung. Die Pflanzungen in der Tiefe vereinigen sich mit dem am Berge haͤngenden Walde; und diejenigen, die sich auf den hoͤhern Theilen des Parks zeigen, vertheilen sich in Haine, die A a 3 sich Anhang . sich weiter in Klumpe zergliedern, und sich endlich in einzelne Baͤume zerstreuen. Der Boden ist sehr abwechselnd: allein von allen Seiten hat er die Aussicht auf den See; je naͤher seine Abhaͤngigkeit demselben kommt, desto allmaͤhliger wird sie, bis sie sich endlich ganz unvermerkt ins Wasser verliert. Die Haine und Fluren an den Abhaͤngen sind schoͤn und fruchtbar. Der ziemlich große See, der von den lustigen Gebuͤschen an seinen Ufern und von der in seiner Oberflache sich spiegeln- den Bruͤcke ein reizendes Ansehen bekommt, belebt die ganze Landschaft, und die Strecke und Hoͤhe des abhaͤngigen Waldes giebt dem Ganzen ein Ansehen von Hoheit. Ein geschlaͤngelter Weg fuͤhret ganz allmaͤhlig von dem gothischen Gebaͤude zu dem See hinunter; worauf ein breiter Spaziergang laͤngst an den Ufern hin, und dann weiter uͤber eine Insel fortgesetzt ist, wo er auf der einen Seite dicht am Wasser hingeht, auf der andern aber mit Gebuͤschen besetzt ist. Diese Gegend ist vollkommen einsam; allein die Einsamkeit selbst ist angenehm. Der See ist ruhig; er ist aber voll bis an den Rand des Ufers, und wird niemals durch Schatten ver- dunkelt. Der Spaziergang ist nicht rauh, sondern beynahe eben, und gehet recht an dem Rande des Wassers weg. Die Waldung, welche alle Aussicht in die Land- gegend verschließt, besteht aus den schoͤnsten Baͤumen von der hoͤchsten lichtgruͤnen Farbe, und hat eine Einfassung von Straͤuchern und Blumen. Obgleich fast der ganze Ort mit Gehoͤlz umringt ist, so ist er dennoch an sich selbst frey und luftig; drey Bruͤcken, ein ruinirter Schwibbogen und eine Grotte unterstuͤtzen sei- ne Schoͤnheit; und das gothische Gebaͤude, welches noch sehr nahe erscheint, und sich senkrecht uͤber den See erhebt, verbindet sich auch mit dieser Scene. Jedoch sind diese Gegenstaͤnde nirgends auf einmal sichtbar; sie kommen nur einer nach dem andern zum Vorschein, so wie sich der Spaziergang veraͤndert, so daß ihre Menge dem Auftritte nicht zur Last wird, sondern ihn nur mit einer oͤftern Erblickung derselben bereichert. Von dieser vortrefflich gezierten Gegend ist der Uebergang in eine andere, wo sich die unbearbeitete Natur im hoͤchsten Grade sehen laͤßt, sehr ploͤtzlich und beynahe unmittelbar. Diese ist nicht schrecklich, nicht romanhaft, sondern nur ranh. Sie besteht aus einem Walde, der einen großen Strich eines gaͤnzlich unebenen Landes bedecket. Die Wege durch denselben sind nur von den Gebuͤschen und Gewaͤchsen gereiniget, welche dem Boden von Natur eigen sind. Bald werden sie auf allen Sei- ten von dichten Gebuͤschen eingeschlossen; bald sind sie nur durch das Farnkraut in den freyern Plaͤtzen gebahnt worden; und selbst die Lerchenbaͤume und Tannen, die sich zur Seite des Hauptweges mit Buchen vermischen, sund in einem solchen Zustande einer Beschreibungen von Gaͤrten. einer scheinbaren Vernachlaͤssigung erhalten worden, daß man sie vielmehr fuͤr ein Werk der Wildniß, als fuͤr eine Verzierung der Spaziergaͤnge, ansieht. Dieses ist der abhaͤngige Wald, der vorhin ein so edler Gegenstand war, und nunmehr in der Ferne ein so stiller Aufenthalt der Einsamkeit wird. Bey dem Thurme ist er duͤnne; aber in der Gegend der Einsiedlerwohnung ist er mit sehr dunkelgruͤnen Baͤumen ver- dicket. Ein schmaler, finsterer Fußsteig, uͤber welchen Tannen weghaͤngen, und auf dem das Farnkraut nur ersticket, nicht aber ausgerottet zu seyn scheint, ja wo kaum ein Blaͤttchen Gras aufwachsen kann, fuͤhret zu der Huͤtte. Sie ist aus Staͤm- men von Baͤumen und Wurzeln zusammengesetzt. Die Anlage und Einrichtung ist so einfach, als die Materialien; und die innere Auskleidung ist alt und roh. Alle zu dem Charakter gehoͤrigen Umstaͤnde, sowohl in dem Zugange, als bey dem Eintritte, find vollkommen rein und unverfaͤlscht beybehalten worden. In dem zwey- ten Raume aber wechseln sie auf einmal mit einer Aussicht auf die Gaͤrten und auf die Landgegend ab, welche hier mit allem Ueberflusse von Einwohnern und Feld- bau erscheint. Von dem Thurme auf dem Gipfel des Berges zeigt sich ein anderer Prospect, der zwar weit ausgedehnter, aber doch nicht reizender, als der vorige ist. Die Gegenstaͤnde sind theils nicht so auserlesen schoͤn; theils erscheinen sie nicht in einer so vortheilhaften Lage. Einige unter ihnen sind zu weit entfernt; andere kom- men zu nahe vor das Auge; und ein großer Theil einer rauhen und unbearbeiteten Ge- gend verbreitet sich zwischen ihnen, und uͤberwoͤlket die ganze Aussicht. Nicht weit von dem Thurme ist eine bis auf den hoͤchsten Grad gezierte und ver- besserte Scene, in der ein großes dorisches Gebaͤude stehet, welches man den Bachus- tempel nennet. An dem Vordertheile zeigt sich ein schoͤner bedeckter Gang, uͤber dem Eingange ein reich verzierter Giebel, und auf jeder Seite eine Reihe von Pfeilern. Inwendig ist er mit vielen antiken Bruststuͤcken, und in der Mitte mit einer anstaͤndi- gen Statue des Gottes verziert. Uebrigens hat der ganze Ort nichts von jenem fest- lichen Glanze, den man so oft auf eine ganz unnatuͤrliche Weise mit einem solchen Cha- rakter verbindet; sondern er ist ohne laͤcherlichen Zwang reichlich mit Licht, Pracht und Verzierungen versehen. Die Lage desselben ist auf einer Anhoͤhe, die eine vor- treffliche Aussicht hat. Der Gipfel des Berges aber ist meistentheils eben, je- doch mit verschiedenen dichten Gebuͤschen besetzt, durch welche sich hier und da brei- te Spaziergaͤnge hindurch winden. Diese laufen so oft in einander, und ihre Ver- bindung ist so angenehm, daß sich die Vorstellung des Ganzen niemals in den da- durch gemachten Abtheilungen verliert. Auch selbst die Theile sind, gleich dem Gan- zen, groß; und stimmen uͤberdies mit einander in der Anlage uͤberein. Folglich koͤn- nen die Unterbrechungen niemals das Ansehen der Groͤße vernichten: sie veraͤndern nur Anhang . nur die aͤußern Graͤnzen derselben, und vervielfaͤltigen die Figuren. Mit der Wich- tigkeit, welche dieser Auftritt von so großen Strecken erhaͤlt, verbindet sich aller Reichthum, dessen Waldungen faͤhig sind. Die dichtern Gebuͤsche bestehen aus Blu- menstraͤuchern; und die freyen Plaͤtze erhalten von luftigen Gruppen der vortrefflichsten Baͤume, welche die Wege einfassen oder uͤberkreuzen, eine sonderbare Verschoͤnerung. Nichts aber ist klein, oder der umliegenden Gegend des Tempels unwuͤrdig. Hier endigen sich die Gegenden, woraus der aͤußerste Theil des halben Monds besteht. Von hier aber bis zu dem Wohnhause fuͤhret ein offener Spaziergang durch den Park. Neben diesem Gange ist auf einer anmuthigen Hoͤhe ein Zelt aufgeschla- gen, und zwar gleich uͤber dem Wasser, welches sich von hier weit vortheilhafter als aus einem jeden andern Gesichtspunkt zeiget. Die breiteste Ausdehnung desselben erscheinet hier am Fuße des Berges. Von da verbreitet es sich nach verschiedenen Richtungen bald bis an die Waldungen, bald mitten in dieselben hinein, bald so, daß es dieselben umringt. Die Hauptbruͤcke von fuͤnf Pfeilern ist gleich vor dem Gesich- te; und in der Ferne, tief im Walde, erscheint eine andere, die aus einem einzelnen Bogen besteht, und uͤber einen Fluß gespannt ist, der sich ein wenig hinter ihr ver- liert. Die Lage der letztern ist der erstern ganz entgegengesetzt, so daß das Auge laͤngst an der einen hin, und unter der andern wegsehen kann. Ueberdies ist die groͤßere aus Steinen, und die kleinere aus Holz gebauet. Niemals koͤnnen zween Gegenstaͤnde von einer Benennung, sowohl in der Gestalt als Lage, so verschieden seyn als diese. Auch die Ufer des Sees haben eine unendliche Abwechselung. An einem Orte sind sie of- fen, und an einem andern mit Waldung bedeckt, welche bisweilen bis an den Rand des Wassers herab laͤuft, bisweilen aber auch einen Zwischenraum fuͤr einen Spazier- gang uͤbrig laͤßt. Die Wege sind entweder laͤngst an den Seiten hingefuͤhrt; oder sie zeigen sich in einer Oeffnung des dichtesten Gehoͤlzes; oder scheinen endlich sich hier und da um dasselbe herum nach der Landgegend zu wenden, welche sich hier in der Fer- ne sehen laͤßt, wie sie hinter einer breiten Oeffnung zwischen dem abhaͤngigen Walde auf der einen Seite, und zwischen der mit dem gothischen Thurme gekroͤnten Anhoͤ- he auf der andern, sich uͤber diese malerische und abwechselnde Scene erhebt. VII. Be- Beschreibungen von Gaͤrten. VII. Beschreibung des Parks zu Persfield . Ein Landsitz des Herrn Morris, bey Chepstowe in Monmouthshire. P ersfield ist kein großer Ort. Der Park besteht ungefaͤhr aus dreyhundert Mor- gen Landes, und das Haus stehet in der Mitte desselben. Auf der einen Seite des Weges zu demselben sind die Ungleichheiten des Bodens ganz allmaͤh- lig, und mit artigen Pflanzungen besetzt. Aber nichts ist hier groß. Auf der andern Seite faͤllt eine uͤberall sehr abhaͤngige Wildbahn in ein tiefes Thal herab, welches in der Mitte eine besondere Anhoͤhe hat. Die Abhaͤnge unterscheiden sich durch Klumpen und Haine; und eine Menge großer Baͤume stehet zerstreut in der Tiefe herum. Diese Wildbahn wird von einem Walde umringt; und durch den Wald sind Alleen angelegt, die sich am Ende desselben gegen die romanhaften Auf- tritte oͤffnen, welche den Park umschließen, und den Ruhm von Persfield ausma- chen. Die Wye fließt unmittelbar unten bey dem Walde vorbey. Der Fluß hat eine schlammigte Farbe; allein die Richtung seines Laufs ist sehr abwechselnd, indem er sich anfangs in der Gestalt eines Hufeisens kruͤmmet, alsdenn in einer gro- ßen Wendung nach dem Staͤdtchen Chepstowe , und darauf nach der Severn zu fließt. Die Ufer sind hohe Berge. Diese sind auf den Seiten an verschiedenen Or- ten steil, oder stehen hervor, oder sind ausgehoͤhlt. Die Gipfel derselben sind rund. Ueberhaupt sind sie mit Waldung bedeckt, oder hier und da mit Felsen vermischt. Bald zeigen sie sich von vorne, bald in der Perspective; bald weichen sie zuruͤck, um nicht den Lauf des Flusses zu hemmen; bald schließen sie sich hinter einer Wendung desselben zusammen; sie scheinen sich zu vereinigen, indem sich einer uͤber den andern erhebt, oder hinter den andern zuruͤckzieht. Die Waldung, welche die Wildbahn einschließt, kroͤnet eine weit gestreckte Reihe von diesen Bergen, von welchen man die auf dem entgegengesetzten Ufer befindlichen, nebst der Landgegend, welche uͤber oder zwischen denselben erscheint, uͤbersehen kann. Indem sie dem gekruͤmmten Laufe des Flusses nachgehen, so kommen ihre Seiten, welche alle bewachsen und schoͤn sind, nach und nach zum Vorschein; und der Gesichtspunct in der einen Gegend wird ein Gegenstand des folgenden. An verschiedenen Orten ist die Hauptfigur, welche vor- zuͤglich in die Augen faͤllt, ein eine Viertelmeile lang fortlaufender, senkrechter, hoher, und II Band. B b Anhang . und auf einem Berge stehender Fels. Ruinen aͤhnlich zu seyn, ist den Felsen gemei- niglich eigen; aber nirgends wird man Truͤmmern von einem einzelnen Baue finden, welche dieser ungeheuren Last gleich waͤren. Sie scheinet die Ueberbleibsel einer Stadt auszumachen; und andere kleinere um dieselbe herum zerstreute Haufen erscheinen als schwaͤchere Spuren des ehemaligen Umfangs, und vergroͤßern die Aehnlichkeit. Dieser Fels laͤuft auf der Anhoͤhe fort, bis diese die Graͤnze des Draner Waldes be- zeichnet. Die Seiten desselben sind aus unermeßlichen Steinbaͤnken zusammenge- setzt, aber nicht hoͤckerigt; der Gipfel ist kahl und uneben, aber nicht zackigt. Von dem Fuße desselben laͤuft ein mit einem dichten Gebuͤsche bedeckter Abhang ganz all- maͤhlig nach der Wye herab; jedoch ist dieser an einem Orte, durch eine Einfassung von kleinern Felsen, die sich alle von jenem in der Farbe und in der Richtung unter- scheiden, ganz steil abgebrochen. Aus der Grotte scheinet er sich unmittelbar uͤber ei- nen dichten Wald zu erheben, welcher sich an einem Berge hinunter, bis unter den Gesichtspunct, und uͤber das Thal, durch welches die Wye fließt, hinuͤber verbrei- tet, und zwar so, daß er den Fluß unsichtbar macht; worauf er an den gegenuͤberste- henden Ufern ununterbrochen bis zu dem Fuße des Felsen hinaufsteigt. Aus einem andern Gebaͤude erscheinet er an sich selbst, ohne den Fuß; wieder aus einem andern zeigt er sich mit allem seinem Zubehoͤr gegenuͤber; und bisweilen wird der Anblick des- selben hier und da durch Baͤume unterbrochen, hinter welchen man seine lange Linie, durch die Oeffnungen zwischen denselben, in einer weiten Entfernung kann fortlaufen sehen. Einen andern Hauptgegenstand machen die sehenswuͤrdigen und weitlaͤuftigen Ruinen des Schlosses von Chepstowe aus. Sie ruͤcken so weit bis an den wirkli- chen Rand eines senkrechten Felsen hervor, und sind mit demselben so unmittelbar ver- bunden, daß von den Spitzen der Thuͤrme auf den Mauren bis herunter zum Fluße nur ein einziger Absturz zu seyn scheinet. Eben derselbe Epheu, welcher die Seiten des einen uͤberzieht, schlaͤngelt und windet sich zwischen den abgebrochenen Stuͤcken des andern in einander. Viele Thuͤrme, verschiedene Mauren und große Ueberbleib- sel von der Capelle stehen noch. Gleich bey dem Schlosse ist eine im hoͤchsten Grade romanhafte hoͤlzerne Bruͤcke; sie ist sehr alt, seltsam, und in einer außerordentlichen Hoͤhe uͤber dem Fluße angelegt, wo sie an der einen Seite nach den Ruinen, und an der andern auf einige felsigte Berge zu fuͤhren scheint. Das Schloß ist dem Sommer- hause zu Persfield so nahe, daß man kleine Dinge in demselben deutlich erkennen kann. Aus andern weit entferntern Gegenden, sogar von der Wildbahn und von einem He- ckengebuͤsche an der Seite derselben, ist es vollkommen zu sehen, und allezeit schoͤn, es mag allein erscheinen, oder mit der Bruͤcke, mit der Stadt, mit mehrern oder weni- gern Beschreibungen von Gaͤrten. gern der fruchtbaren Wiesen, die sich auf den Ufern der Wye zeigen, bis diese drey (eng- lische) Meilen weiter unten in die Severn faͤllt. Eine lange Strecke von diesem letztern Flusse nebst den roͤthlichen Klippen desselben, und die schoͤne erhabene Landgegend in den Grafschaften Somerset und Gloucester machen insgemein die Graͤnzen der Aussicht. Die meisten von den um Persfield herumliegenden Bergen sind voll von Fel- sen. Verschiedene derselben sind mit abhaͤngigen Waldungen untermischt; und sie ruͤcken entweder ein wenig vor diesen hervor, oder ziehen sich unter dieselben zu- ruͤck; Baͤume stehen ihnen entweder im Ruͤcken, oder auf ihren Gipfeln, oder sondern sie von einander ab. Auf dem Wege zu der Hoͤhle erscheinet sehr oft eine lange Reihe derselben in der Perspective, mit einer sehr dunkeln Farbe, und mit Gebuͤschen in ihren Abstaͤnden von einander. An andern Orten sind die Fel- sen weit wilder und seltsamer. Bald stehen sie auf den Gipfeln der hoͤchsten Berge, bald in der Tiefe so niedrig als der Fluß. In einer Gegend scheinen sie innere Gegenstaͤnde zu seyn; und in einer andern zeigen sie sich nur im Hin- tergrunde. Um die Auftritte von Persfield romanhaft zu machen, vereinigen sich mit den Felsen die Waͤlder. Sie sind uͤberall in der ganzen Gegend sehr zahl- reich. Sie bedecken die Gipfel der Berge; sie laufen an den steilen Abhaͤngen herab, oder erfuͤllen die Tiefen der Thaͤler. Bald sind sie dem Gesichtspuncte gegenuͤber; bald erheben sie sich uͤber denselben; bald senken sie sich unter den- selben hinab. An einem Orte scheinen sie sich hinter einander zuruͤckzuzie- hen, und im Zuruͤckgehen dunkler zu werden; und an einem andern wird eine Oeffnung zwischen zween von einem dritten, der weit uͤber jene hinaus entfernt ist, versperrt. Von einer spitzigen Hoͤhe, welche the Lover’s Leap genennt wird, kann man eine zusammenhangende Oberflaͤche vom dicksten Laubwerk uͤber- sehen, welche sich uͤber eine große unmittelbar uͤber dem Standort befindliche Tie- fe verbreitet. Unter dem chinesischen Palaste hat der Lauf der Wye die Ge- stalt eines Hufeisens. Auf der einen Seite wird sie von dem halben Cirkel ei- nes abhaͤngigen Waldes eingeschlossen, auf der andern aber von den steilen Ab- haͤngen eines einen halben Mond vorstellenden Berges eingefaßt; und der große Fels fuͤllet den Abstand derselben aus. Mitten in diesem rauhen Auftritte liegt die von dem Flusse gemachte Halbinsel, die zum wenigsten eine (englische) Meile in die Laͤnge hat, und aufs beste angebauet ist. Nahe bey der Erdenge ist der Boden ansehnlich erhaben; und von da senket er sich in einer abwechselnden Ober- flaͤche herab, bis er an dem andern Ende, am Rande des Wassers, ganz eben B 2 wird. Anhang . wird. Der ganze Ort ist in Saatfelder und Triften abgetheilt; und diese sind durch Hecken, durch lebendiges Gehoͤlz und Dickigte von einander abgesondert. Kleinere Gruppen und einzelne Baͤume stehen auf den Wiesen im Freyen; und Haͤuser und andere zum Feldbau gehoͤrige Gebaͤude sind hier und da unter den- felben herumgestreut. Diese so bearbeitete Natur macht mit einer so wilden, von der sie umringt ist, eine hoͤchst reizende Landschaft aus. Man koͤmmt zu den verschiedenen fuͤr die Aussicht bestimmten Oertern insgemein durch dichte Alleen. Allein bey dem chinesischen Palaste hoͤren die Hecken auf, und von da fuͤhret ein Fußsteig, durch den obern Theil des Parks, zu einem laͤndlichen Tempel, von welchem man auf der einen Seite einige von den bisher beschriebenen ro- manhaften Scenen, und auf der andern die angebaueten Berge und reichen Thaͤler von Monmouthshire uͤbersehen kann. Auf die rauhen und praͤchtigen Auftritte der Natur folget nunmehr eine angenehme, fruchtbare und schoͤne Landgegend, die durch Umzaͤunungen abgetheilt, aber mit keinem Gehoͤlze besetzt, noch durch Felsen und steile Abstuͤrze unterbrochen ist, sondern deren ganze Abwechfelung blos in kleinen Er- hoͤhungen und allmaͤhligen Abhaͤngen bestehet. Dennoch aber ist die Aussicht nicht unbelebt. Die Berge erscheinen in derselben sehr hoch; und ein großes Stuͤck von der Severn , welche hier in einer Strecke von etlichen (englischen) Meilen gesehen wer- den kann, indem sich zugleich die Wye und der Avon mit ihr vereinigen, macht die Graͤnze derselben. Von dem Tempel kommt man auf einer Straße zu der sogenannten Windeliff , ei- ner Hoͤhe, welche alle die uͤbrigen uͤbersteigt, und von der man das Ganze mit einem Blick uͤbersehen kann. Die Wye fließt am Fuße des Berges vorbey; die Halbinsel liegt gleich vor demselben; die tiefe Bucht des halbcirkelfoͤrmigen abhaͤngigen Wal- des faͤllt voͤllig in die Augen; uͤber einem Theile desselben erscheinet der große Fels; sein ganzer Fuß, alle seine Nebentheile sind hier zu sehen; die unmittelbar hinter demsel- ben liegende Landgegend ist mit angenehmen Huͤgeln angefuͤllt; und die hoͤhern Land- schaften in den Grafschaften Somerset und Gloucester erheben sich am Horizont. Die Severn scheinet hinter Chepstowe drey bis vier (englische) Meilen breit zu seyn, wie sie es denn auch wirklich ist. Denn nicht weit von der Stadt erweitert sie sich beyna- he in einen See. Die Grafschaft Monmouth macht da das diesseitige Ufer; und zwischen den schoͤnen Bergen derselben erscheinen in einer weiten Entfernung die Gebir- ge von Brecnock und Glamonganshire . Wenige Prospecte kommen diesem in der Groͤße, Abwechselung und Hoheit gleich. Er schließt alle die edelsten Auftritte von Persfield in sich, die mit einigen der schoͤnsten Landschaften in England umringt sind. VIII. Be- Beschreibungen von Gaͤrten. VIII. Beschreibung des Parks zu Guiscard . Diese Beschreibung, die aus der Théorie des Jardins (8. Paris, 1776. S. 267-306. Man sehe 1. B. S. 134.) ge- nommen ist, und deren aufgeklaͤrter Ver- fasser die Gartenkunst schon laͤnger als zehn Jahre ausgeuͤbt hat, beweiset zugleich, wie gluͤcklich sich zuweilen die alte verkehr- te Manier in neue Anlagen von Geschmack umschaffen laͤßt. D er alte Park war ohngefaͤhr vierhundert Acker groß, und in seiner innern Ein- richtung vollkommen regulaͤr. Vor dem Schlosse sah man eine lange Auf- fahrt, wodurch aber niemand fuhr, und die nicht angelegt war, weil man sie noͤthig hatte, sondern weil es die Mode so mit sich brachte, daß allemal eine gerade Al- lee auf die Mitte des Schlosses zugehen mußte, wenn man ihrer gleich entuͤbrigt seyn konnte. Das Ende derselben stieß an einige Hoͤfe und Vorhoͤfe. Zwischen diesen und dem Gartenparterre lag das Schloß nach einer mehr altfraͤnkischen und gewoͤhn- lichen, als angenehm in die Augen fallenden Einrichtung. Auf der rechten und lin- ken Seite waren nach allen moͤglichen geometrischen Figuren Lustwaͤldchen gepflanzt. Das Gehoͤlz war nach der Laͤnge und der Queere mit geraden Alleen durchhauen; ho- he Hecken umgaben die Dickigte so genau, daß man nur blos in den Alleen gehen, und uͤber fuͤnf Sechstel des Parks nicht genießen konnte. Das Wohnhaus mit den Zubehoͤrungen war mit großen tiefen Graͤben umgeben, die es weder zu einem ange- nehmen noch gefunden Aufenthalt machten. Die zwar großen, aber regelmaͤßigen Bassins des Parks konnte man nicht anders sehen, als wenn man auf ihren hohen und steilen Einfassungen stund. Das Wasser darin war stehend; und hieraus kann man schon schließen, daß sie mit allerhand Wasserpflanzen angefuͤllt waren, die es unge- sund machten, und einen haͤßlichen Anblick gaben. Der Boden stieg allmaͤhlig gegen das Schloß an, von dem man weiter keine Aussicht hatte, als auf ein symmetrisches Parterre, das mit zwo Alleen viereckig geschnittener Baͤume eingefaßt war, und am Ende derselben durch eine breite Oeff- nung in dem Walde. Der hoͤchste Theil des Bodens schnitt den Himmel in gera- der Linie ab, und stellte den Augen einen an Gegenstaͤnden leeren Horizont dar. Der feste thonigte Boden machte das Gehen zu allen Zeiten beschwerlich; Naͤsse verwan- delte ihn gleich in tiefen Koth; und bey trocknem Wetter wurden die geharkten Gaͤn- B b 3 ge, Anhang . ge, die einzigen, wo man gehen konnte, so hart und hoͤckerig, daß die Fuͤße gleich ermuͤdeten. Meine Absicht bey der Beschreibung der ehemaligen Gaͤrten zu Guiscard , die so schoͤn waren, als regelmaͤßig angelegte Gaͤrten nur seyn koͤnnen, Der Herzog von Aumont hatte den Garten bey diesem Park, den man fuͤr den schoͤnsten in der Provinz hielt, vormals selbst anlegen lassen. Allein weder dieser große Ruf, noch die Liebe, die man na- tuͤrlicherweise fuͤr seine eignen Anlagen hat, verblendeten ihn nicht bis auf den Grad, daß er gegen eine Anlage von besserm Ge- schmack haͤtte unempfindlich bleiben sollen. Aus Neigung zu den Kuͤnsten opferte er sei- nen Park auf, und nicht aus Begierde, immer neue Veraͤnderungen zu machen, wodurch sich diejenigen, welche die Mittel in Haͤnden haben, solche zu befriedigen, nur gar zu oft hinreißen lassen. ist nicht, ihre Fehler zu zeigen, sondern dem Kunstverstaͤndigen nur einige Anleitung zu geben, wie er Parks von dieser Art benutzen kann. Seit ohngefaͤhr fuͤnf Jahren, da ich mich damit beschaͤftige, thun die bereits zu Stande gebrachten Theile alle Wirkung, die man sonst nur erst dreyßig Jahre nach der Anlage erhaͤlt. Es ist gegenwaͤrtig nichts mehr von der ehemaligen Gestalt uͤbrig: alle gerade Linien und gezwungene Ein- fassungen sind verschwunden; von allen nach der Schnur angelegten Alleen, wovon das Gehoͤlze voll war, sieht man keine Spur mehr; und der vormals ganz veraͤnderte Boden hat seinen natuͤrlichen Abhang wieder bekommen. Der Park ist nunmehr noch einmal so groß als zuvor: beym ersten Anblick zei- gen sich drey Haupttheile, welche zusammengenommen einen auffallenden Prospect dar- stellen. Vor dem Schlosse liegt ein sehr großer Rasenplatz; daran stoͤßt ein See von einem ansehnlichen Umfange, und hinter demselben zeigt sich ein weitlaͤuftiges Ge- hoͤlz. Die Graͤben um das Schloß sind ausgefuͤllt, so daß es unmittelbar an ge- dachten Rasenplatz stoͤßt, und nun mitten im Garten steht. Anstatt daß es vormals da stand, wo der Boden am tiefsten war, scheint es jetzt vermoͤge der Umschaffung des Bodens auf der Haͤlfte eines Abhanges zu liegen. Gegen Abend hat es die Aussicht uͤber den Park: vor sich hat man den Rasenplatz und das ihn einfassende Gehoͤlz; man sieht einen Theil des Sees, und die jenseits desselben angelegten Pflanzungen oͤff- nen sich vor einem artigen Thale. Das Schloß ist zwar ein neues Gebaͤude, es fehlt ihm aber das der Wohnung eines vornehmen Herrn so anstaͤndige edle Ansehen nicht. Im Ganzen herrscht etwas Großes; weil die eine Ecke gegen den Garten stoͤßt, so uͤbersieht man von den mei- sten Gesichtspuncten zwo Seiten desselben, welches verursacht, daß die Masse de- sto groͤßer scheint. Es hat nach Proportion seines Standorts eine schickliche Groͤße; selbst Beschreibungen von Gaͤrten. selbst die Farbe der Mauerziegel, wovon es zum Theil gebauet ist, harmonirt besser zum Colorit einer Landschaft, als alle mit Kalk beworfne Mauern. Der starke Vorsprung der Fluͤgel, die Abwechselung der Daͤcher von ungleicher Hoͤhe und Form, geben dem Ganzen ein Ansehen, das den Wohnsitz eines Großen verraͤth. Der große Rasenplatz geht um zwo Seiten des Gebaͤudes herum. Auf der Mittagsseite erhebt er sich gegen solches, und auf der Abendseite senkt er sich noch all- maͤhliger gegen den See hinab. Auf eben dieser Seite formirt sich nicht weit vom Schlosse aus einigen reichen unter Felsen hervordringenden Quellen ein Bassin, und aus diesem fließt ein artiger Bach, der mit seinem hellen Wasser uͤber einen sandigen Boden fortrieselt. Laͤngst demselben sind Baͤume, die gern am Wasser stehen, gesetzt; er laͤuft den Rasenplatz gegen Abend hinab, und nachdem er sich mit verschiedenen Kruͤmmungen, die das kleine Thal veranlaßt, durch solches gewunden, faͤllt er jen- seits dem Thale gegenuͤber in den See. An der Ecke von jeder Seite des Schlosses fangen die Pflanzungen und Spazier- gaͤnge im Schatten an. Wenn man von der Terrasse herabgeht, ist das Gebaͤude auf der linken Seite mit einem Gebuͤsche vermittelst eines Ganges verbunden, der durch Klumpen angenehmer Baͤume und bluͤhender Straͤucher fuͤhrt, deren Geruch die kuͤhlen Morgenwinde in jenem verbreiten. Dieses Gebuͤsch schließt den großen, gegen Mittag liegenden Rasenplatz auf der linken Seite nach einer sanft fortlaufenden Linie ein; hin und wieder sieht man durch Oeffnungen die schoͤnsten Blumen, womit es so reichlich versehen ist, und die nach aller- ley Formen angelegten Klumpen Baͤume. Ferner genießt man des Anblicks von dem vornehmsten lichten Platze in demselben, und der Wirkungen des Schattens, den die Baͤume auf den glatten Rasenteppich werfen. Hernach springt gedachte Einfassungslinie vermittelst einer dicken Lindenpflan- zung auf einmal vor, wodurch der dahinterliegende Wald nicht nur eine mehrere Entfernung zu bekommen scheint, sondern man glaubt auch, daß der Rasenplatz sich weit hinter derselben hineinzieht; er stoͤßt hier auch wirklich an eine Straße, die durch einen Theil des Gehoͤlzes geht. Die Einfassungslinie kommt hierauf mit einer gro- ßen Kruͤmmung wieder zuruͤck, und schließt den Rasenplatz gegen Mittag ein. In- dem sie wieder zuruͤcklaͤuft, wird sie durch eine Anhoͤhe sehr natuͤrlich unterbrochen, welche ihren wellenfoͤrmigen Ruͤcken bald zeigt, bald wieder in den Pflanzungen ver- birgt. Die auf dem Vorgrunde angebrachten kleinen Klumpen und einzelnen Baͤume tragen auch das Ihrige dazu bey, diese Linie zu unterbrechen; hin und wieder senkt sie sich herab, um den Eingang in das Holz zu erleichtern, welches durch die verschie- denen Oeffnungen gleichsam dazu einzuladen scheinet. Wenn Anhang . Wenn die Einfassungsline jene Anhoͤhe der Ecke des Schlosses gegenuͤber er- reicht hat, wendet sie sich auf einmal, und begrenzt die linke Seite des Rasenplatzes gegen Abend. Die Anhoͤhe nimmt nunmehr allmaͤhlig ab, und verschwindet zu- letzt auf dem Abhange des Bodens, welcher immer staͤrker wird, und einen sanften Ruͤcken formirt, gegen den der Rasen hinansteigt, und sich zuletzt zwischen Klumpen von Baͤumen verliert, die in gehoͤrigen Entfernungen von einander liegen, und immer dicker werden, je mehr sie an Tiefe zunehmen. Vor diesen stehen bald einzelne Baͤume, bald hier und da ein Busch, wodurch jene Einfassungslinie unter- brochen wird, und desto weniger mit dem Rasen absticht. Diese Pflanzungen stre- cken sich beynahe bis zum Ufer des Sees hinab. Neben der andern Seite des Schlosses liegt ein großer Pavillon: bey demsel- ben faͤngt sich eine Partie einzeln und weitlaͤuftig stehender Baͤume an, die einen gro- ßen Raum einnehmen, und die rechte Seite des westlichen Rasenplatzes einfassen. Mitten durch diese Pflanzung laͤuft ein breiter Weg bis zu dem einen Ende des Sees, wo er in eine Allee von Ulmenbaͤumen faͤllt, wo vormals der Park aufhoͤrte. Man hat solche stehen lassen, weil sie theils eine wenig interessante Gegend verstecken, theils den See auf eine angenehme Weise beschatten; doch sind diejenigen umgeschlagen, welche vor dem obgedachten Thale stunden, und die Aussicht auf eine artige mit Wei- den besetzte Wiese hinderten, die so, wie sie sich weiter fortstreckt, anlaͤuft, und zu- letzt an einen entfernten den Horizont umgebenden Wald stoͤßt. Durch diesen arti- gen Zufall hat man aus dem Schlosse den reizenden Anblick eines lebhaften laͤndlichen Gemaͤldes jenseits des Sees; der Park, welcher auf dieser Seite zu viel Einfoͤrmiges hat, bekoͤmmt dadurch ein neues Leben, und scheint viel groͤßer, weil man gesucht hat, die Pflanzungen so mit dem entfernten Walde zu verbinden, daß ein jeder sich einbildet, sie machen zusammen nur ein einziges Ganzes aus. Durch die ganze Partie der sich beym großen Pavillon anfangenden einzel- nen Baͤume hebt sich das Schloß nicht nur desto besser, sondern sie verbindet es auch besser mit dem Garten, von dem es sonst zu sehr abgesondert scheinen wuͤrde. Hohe Baͤume, die bis nahe an das Gebaͤude gehen, sind ein vortreffliches Mittel, diese Verbindung zu bewirken, und eine genaue Communication zwischen bey- den hervorzubringen. Das Gebaͤude hebt sich dadurch besser, und bekommt eine weit interessantere Lage, als bey Anlagen, wo dieses nicht beobachtet wor- den ist. Eine andre Rasenflaͤche, welche eigentlich nur eine Fortsetzung der Abendseite von der oftgedachten großen ist, die sich rechts unter obigen einzeln stehenden Baͤu- men fortstreckt, nimmt den Platz des ehemaligen Vorhofs ein; und wer noch das Vorur- Beschreibungen von Gaͤrten. Vorurtheil hegt, daß dergleichen bey einem großen Gebaͤude noͤthig ist, mag ihn da- fuͤr ansehen. Er bekommt seine Form durch eine Einfassung von Baͤumen, die in zwey oder drey große Klumpen getheilt sind, und auf der einen Seite an die obi- gen einzeln gepflanzten Baͤume, auf der andern hingegen an die Plantationen stoßen, womit das eine Ende des Sees besetzt ist. Wenn man auf dem gegen Suͤden angelegten Rasenplatze bis uͤber die mehr er- waͤhnte dicke Lindenpflanzung hinausgeht, kommt man linker Hand auf den durch einen Theil des Waldes gehenden Weg, welcher seiner ganzen Laͤnge nach mit Rasen bewachsen ist. Man wird bald eine hoͤlzerne Bruͤcke gewahr, daraus man schließt, daß solcher noch weiter fortlaufe. Sie ist uͤber einen schmalen Bach geschlagen, der hier in einen kleinen laͤnglichrunden mit hohen Baͤumen besetzten See faͤllt. Sein Wasser kommt von einigen Quellen her, die man ehemals mit vielen Kosten weit her geleitet hatte, um in dem großen Parterre drey schwache springende Wasser zu be- kommen. So unbedeutend dieser Bach auch ist, so giebt er doch dem kleinen Thal, welches er mitten im Walde durchlaͤuft, durch die kuͤhle Luft, die er verschafft, durch seinen schnellen Lauf, und durch das Geraͤusch, welches die kleinen Wasserfaͤlle und die ihm im Wege stehenden Baͤume veranlassen, die angenehmste Abwechselung. Ich glaube nicht, daß man bey der jetzigen Wirkung des Wassers Ursache habe, diejeni- ge, wozu er vormals bestimmt war, zu bereuen. Von der Bruͤcke an durchlaͤuft der Rasenweg das linker Hand liegende Gehoͤlz; er wird bald breiter, bald schmaͤler, und fuͤhrt nach vielen Kruͤmmungen, die alle- zeit große Partien darstellen, nach einem alten, aus hohen Baͤumen bestehenden Ge- hoͤlz, welches am Ende des Parks liegt, und mit verschiedenen Wegen durchhauen ist. Der eine, den man vor sich sieht, geht von einer Ecke bis zur andern, und endigt sich auf einer platten, sich ins Freye hinaussireckenden Anhoͤhe, wo das Gehoͤlz einen Winkel macht. Vermoͤge dieser Lage uͤbersieht man eine schoͤne Landschaft, die einen sehr wei- ten Horizont hat. Vor sich sieht man auf eine unregelmaͤßig mit Baͤumen bepflanzte Wiese hinab, die von einem Bache gewaͤssert wird. Doͤrfer und einzeln liegende Haͤu- ser verschoͤnern und beleben die Landschaft; die mit Waldung bedeckten Huͤgel erstrecken sich weit in die Ferne, und ziehen sich in die Laͤnge mit dem Thale fort, bis dieses sich zuletzt zwischen ihnen verliert. Wo die Waldung aufhoͤrt, fangen sich herabwaͤrts aller- ley fruchtbare und auf verschiedene Art angebauete Felder an. Auf der linken Seite veraͤndert sich die Scene: man sieht nur eine Einfassung von Bergen, deren Gipfel beynahe einen halben Cirkel formiren. Sie geben einen finstern Anblick, theils weil sie viel naͤher als jene liegen, und an einander haͤngen, theils weil sie sehr dick mit Wald besetzt sind, und daher keine entfernte Durchsicht darstellen. Auf II Band. C c der Anhang . der rechten Hand sieht man einen Theil des Sees, uͤber welchen eine noch anzulegen- de Pachterey mit ihrer Feldwirthschaft, den Gebaͤuden und Einzaͤunungen zum Ge- sichtspuncte dienen soll. Um dieser herrlichen Aussicht, welche sich uͤber zwey Drittel des Horizonts er- sireckt, und nach einem langen Gange durch den Wald um desto mehr uͤberrascht, mit desto mehrerer Bequemlichkeit genießen zu koͤnnen, soll auf dieser platten Anhoͤ- he ein Pavillon angelegt werden. Die Natur scheint solche hier recht dazu geschaf- fen zu haben, und hat sie noch uͤberdies mit einigen frischen und dickbelaubten Ei- chen besetzt, welche den Prospect gleichsam in verschiedene Gemaͤlde abtheilen. Auf der rechten Seite ziehet sich der Abhang hinum, und wird steiler als alle, die man bisher durchwandert hat. Der Boden zeigt den schoͤnsten Wiese- wachs, und ist hin und wieder mit majestaͤtischen Eichen besetzt. Sie stehen sehr weitlaͤuftig; und weil sie von Zeit zu Zeit ausgeputzt werden, so ist ihr gerader Stamm von unten bis an die Krone nur mit kleinen Zweigen bewachsen. Diese Weide geht bis in ein kuͤhles Thal hinab, welches sich gegen den Wald zu erweitert, und in- dem es sich in diesen hineinstreckt, gleichsam einen Kessel formirt, der sich an einem steilen Abhange endiget. Der gruͤne Rasen, welcher ihn deckt, zieht sich allmaͤhlig hinum, geht unter den Gebaͤuden der projectirten Pachterey weg, und endigt sich end- lich an dem großen See. Um den Gang dieses Rasenweges nicht zu unterbrechen, habe ich bisher noch nichts von den drey Nebenwegen gesagt, auf welche man stoͤßt, indem man jenen verfolgt. Der erste fuͤhrt zu einem großen lichten Platz, der von allerley Arten von Baͤumen umgeben ist, die sowohl durch diese Abwechselung, als durch die Art, wie sie gesetzt sind, einen guten Contrast machen. Man geht zuvor durch ein sehr finstres Gebuͤsche, und bekommt solchen alsdenn auf einmal zu Gesicht. Er thut eine desto groͤßere Wirkung, weil er im Hintergrunde an einen zweyten stoͤßt, den man nur durch etliche Baͤume entdeckt, wodurch es aber scheint, als ob der Platz sehr tief hin- ter gienge. Eine auf der linken Seite anzulegende schlechte Meyerey soll ein Gebaͤude abgeben, das sich zu dieser laͤndlichen Scene vollkommen schickt. Das Haus wird von Leimen und Holz gebauet, mit Stroh gedeckt, und kommt gegen das obige alte Gehoͤlz von hohen Baͤumen zu stehen. Die Einzaͤunungen bestehen aus verwilder- ten Hecken und hoͤlzernen Zaunpfaͤhlen. Das Ganze wird man nicht anders als zwischen verschiednen Klumpen hoher Baͤume hindurch zu Gesicht bekommen. Der Ort dieser Scene, welcher mit keinem andern Gegenstande in Verbindung steht, und nichts als eine große Weide voll Vieh mitten im Holze darstellt, wird dem Ge- maͤlde Beschreibungen von Gaͤrten. maͤlde den wahren laͤndlichen Charakter geben, so wie er sich fuͤr eine Pachterey von dieser Art schickt. Wenn man uͤber diese beyden lichten Plaͤtze geht, kommt man an Gehoͤlz, das aus vielen Klumpen Waldbaͤumen von allerley Art, Groͤße und Umfange zusammen- gesetzt ist. Der gruͤne Rasen, worauf sie stehen, bietet den Spazierenden eine Men- ge von Wegen zum Durchwandern dar. Wenn diese Klumpen gleich nicht dicht zu- sammenhaͤngen, so verbreiten sie doch einen bestaͤndigen Schatten, unter welchem man nach verschiedenen Kruͤmmungen zur obigen landwirthschaftlichen Pachterey auf den Ruͤcken eines Abhangs, der bis zum See geht, gelangt. Von der Hoͤhe die- ses Abhanges uͤbersieht man dieses herrliche Wasserstuͤck in seinem ganzen Um- fange, und kann von seinen Ufern und den Abwechselungen, die es verschoͤnern, urtheilen. Der zweyte Nebenweg faͤngt auf einem Kreuzwege an, der durch die umher- stehenden Baͤume angenehm in die Augen faͤllt. Linker Hand ist er durch den Wald bi s an die Heerstraße durchgehauen. Hier soll ein sehr simples Haus und eine schlech- te Vermachung von Zaunpfaͤhlen den Eingang zum Park und die Auffahrt nach dem Schlosse anzeigen. Auf der andern Seite der Heerstraße ist ein Schlag- baum, weil hier ein Weg durch ein großes Holz angelegt ist, theils um die Ausfuhr des Holzes zu erleichtern, theils um desto bequemer darin jagen zu koͤn- nen; man kann auch noch durch einen andern Weg in dieses Holz, das am wenig- sten unter allen besucht wird, gelangen. Ein dritter Weg faͤngt sich bey der Bruͤcke an; seine Absicht ist nicht nur, den Wald mit dem Park desto genauer zu verbinden, sondern auch einen zum Spazierenfahren oder Reiten bestimmten Weg zu verlaͤngern, von dem ich bald mehr sagen, und zugleich die Regeln, nach wel- chen er entworfen worden, anzeigen werde. Man wuͤrde dieser Menge von Gehoͤlz bald uͤberdruͤßig werden, wenn ich nicht gesucht haͤtte, allenthalben die groͤßte Abwechselung anzubringen, es durch lichte Plaͤtze hier und da zu unterbrechen, und ihm theils durch neue Gemaͤlde und Aussichten, theils durch die Art der Pflanzung und der Formen, welche die Klumpen bekommen, neue Nuͤancen und einen andern Charakter zu geben. Bald sind es große Partien weitlaͤuftig stehender Baͤume, darunter man frey durchwegsehen kann, die nur einen leichten, jedoch nicht unterbrochenen Schatten geben, und daher weder das Wachsen des Grases noch den freyen Durchzug der Luft hindern; bald sind es Gehauigte von verschiedenem Alter und verschiedener Dicke: in einigen stehet hin und wieder nur ein großer Baum; andere haben kleine lichte Plaͤtze und angenehme Fußsteige: bald kommt man an ein altes C c 2 Stuͤck Anhang . Stuͤck Holzung, welches durch seinen bestaͤndigen kuͤhlen und finstern Schatten im heißen Sommer sehr angenehm ist; die Baͤume sind hier, weil sie dichte stehen, desto mehr in die Hoͤhe gefahren, und sowohl die Hoͤhe als die Dunkelheit geben ihnen eine gewisse Feyerlichkeit. Weiterhin verirrt man sich in eine Rei- he von Dickigten von allerley Art: einige sind leichter und duͤnner; die andern de- sto undurchdringlicher. Allenthalben hat man entweder den freyen Himmel, oder einen bestaͤndigen dunkeln Schatten. Mit einem Worte, dieser Wald macht eine Folge von kleinern Gehoͤlzen aller Art aus, welche bey jedem Schritte eine neue unerwartete Wirkung hervorbringen. In etlichen Jahren werden diese noch viel auffallender seyn, weil die Baͤu- me, die sonst dicht bey einander stunden, und in Ermangelung frischer Luft kei- ne Zweige treiben konnten, nunmehr ausgelichtet sind, daß sie sich frey ausbrei- ten, und wieder Aeste und Laub bekommen koͤnnen. Aus dem, was bereits seit der Zeit, da diese heilsame Operation vorgenommen worden, geschehen, laͤßt sich auf d as schließen, was man in der Folge davon zu gewarten hat. Dieses Gehoͤlz wird dadurch noch um ein Großes angenehmer gemacht, daß man nicht nur dafuͤr gesorgt, den Ungleichheiten des Bodens allenthalben einen sanften Abhang zu geben, weswegen man durchgehends leicht und bequem geht, worauf das groͤßte Vergnuͤgen des Spazierengehens beruhet; sondern daß man auch alles mit schoͤnem Rasen bedeckt hat, wie die schon zu Stande gebrachten Par- tien zeigen: ferner, daß man eine Menge fester Gaͤnge angelegt, deren man sich zu allen Jahrszeiten, zu allen Stunden des Tages ungehindert bedienen kann, und welche allenthalben umher und wieder in einander laufen, so daß der Spaziergaͤnger zu allen Stellen des Parks gefuͤhret wird, die seinee Aufmerksamkeit werth sind. Er kann hier also auf eine bequeme und leichte Art herumirren, und alle Plaͤtze dieser großen Flaͤche befuchen, wo er ohne Unterlaß eine abwechselnde Folge von Ge- hoͤlz und Gebuͤsch antrifft, wo er einen bestaͤndigen Schatten genießt, und durch alles, was Scenen dieser Art nur Angenehmes haben, gereizt wird. Ich habe bereits erwaͤhnt, daß das an der Heerstraße liegende Haus mit ei- ner Vermachung von Zaunpfaͤhlen zum Eingang in den Park und zur Auffahrt nach dem Schlosse dient. Man gelangt auch wirklich zu dem letztern vermittelst des Rasenweges, der hoͤlzernen Bruͤcke uͤber den Bach, und des gegen Suͤden lie- genden Rasenplatzes. Diese Auffahrt, welche einen Theil des Gartens ausmacht, und, so wie man sie durchfaͤhrt, dem Auge ein Stuͤck nach dem andern davon darstellt, verdient wegen Beschreibungen von Gaͤrten. wegen der Abwechselung in den Gegenstaͤnden und Lagen ohnstreitig einen großen Vorzug vor jenen geraden Alleen von gleichhohen und sich einander aͤhnlich sehenden Baͤumen, die desto trauriger und langweiliger sind, je mehr eingebildete Schoͤnheit, das heißt Laͤnge, sie haben. Der See verdient wegen der großen Rolle, die er in diesem Garten spielt, noch einige Bemerkungen. Dieses große Wasserbehaͤltniß, welches uͤber sechzig Acker Landes einnimmt, wird bald vollendet seyn. Urspruͤnglich bestand dieser See aus zween Teichen, deren einer hoͤher als der andre, einer in dem Park, und der andre vor demselben lag; zwischen beyden gieng ein breiter Weg durch. Beyde sind jetzt in dem Park eingeschlossen, und werden bald mit einander vereinigt wer- den, um einen einzigen laͤnglichen See von unregelmaͤßiger Form auszumachen. Die Ufer werden sich nach der ungleichen Lage des daranstoßenden Landes richten. Gegen den großen Rasenplatz hat der Boden einen unmerklichen Abhang, zumal dem Schlosse gegenuͤber: daher kann man das Wasser aus demselben bequem uͤber- sehen; und die kleinen Wellen, welche der Wind bestaͤndig gegen das Ufer schlaͤgt, halten das Wasser rein und klar. Hin und wieder dringt er mit ansehnlichen Buch- ten von verschiedener Groͤße in das Ufer; an andern Orten schiebt sich eine Land- zunge hinein, und noͤthigt das Wasser, sich zuruͤckzuziehen. Auf der Seite gegen- uͤber ist das Ufer steiler, gleichfoͤrmiger, und zum Theil mit Pflanzungen besetzt. An einigen Stellen stoßen diese dicht ans Wasser, tauchen so zu sagen hinein, und spiegeln sich darin; an andern sind sie weiter davon entfernt, daß man die abwechselnde Ungleichheit des Ufers deutlich sehen kann. Entweder richten sie sich nach der Form desselben, oder machen einen Contrast damit. Diese bestaͤndi- gen Abwechselungen werden einen nicht geringen Theil ihrer Schoͤnheit aus- machen. Mitten in diesen Plantationen wird man kleine laͤndliche Lustgebuͤsche, mit Weiden besetzte Fußsteige, Schatten von Baͤumen aller Art, und mit Rasen be- legte Plaͤtze antreffen. Hier wird man fuͤr die flach fortschießenden Stralen der nie- dergehenden Sonne des Abends einen kuͤhlen und angenehmen Spaziergang ha- ben. Man sieht von hier aus, außer dem Prospect uͤber den See, einen Theil des Parks, der aus diesem Standpuncte neue Gemaͤlde darstellt, den Rasenplatz mit dem darauf stehenden Schlosse, den großen mit einzelnen Baͤumen besetzten Platz, welcher an selbiges stoͤßt, und was man jenfeits desselben sonst noch zu Gesichte bekommt. Auf dem gegenuͤber liegenden, mit ansehnlichen Baͤumen besetzten, und C c 3 dadurch Anhang . dadurch noch hoͤher scheinenden Ufer wird man die Augen an deren majestaͤtischem Anblick weiden. Wird dieser See nun vollends erst mit einer Menge von allerley Arten Wasservoͤgeln, mit Kaͤhnen und Lustfahrzeugen besetzt seyn, und die Ma- sten und Wimpel sich mit den Baͤumen vermischen, wie belebt wird alsdenn die ganze Scene werden, und was fuͤr Reiz dieses große Wasserbehaͤltniß er- halten! Verfolgt man das Ufer des Sees auf der Mittagsseite, so waͤssert er einen Theil der zur Pachterey gehoͤrigen Laͤndereyen. Diese Scene, welche von ganz andrer Art. als die von der Meyerey ist, hat man mit Fleiß am Ende des Parks an dem schicklichsten Orte fuͤr sie angebracht; und da sie mit ihm verbunden ist, so wird sie eine neue Abwechselung in der ganzen Anlage hervorbringen. Die Gebaͤude und die Zubehoͤrungen werden Gemaͤlde von andrer Art, die aber zum Ganzen nicht unschicklich sind, darstellen. Die Beschaͤftigungen des Landbaues, das dazu erforderliche große und kleine Vieh werden diesem Theil ein Leben verschaf- fen; und der Herr von Guiscard wird zuweilen auf die so nuͤtzlichen Arbeiten des Landmannes einen Blick werfen, und diese Verbindung des Angenehmen mit dem Nuͤtzlichen wird ihm eine neue Quelle des Vergnuͤgens und der Zerstreuung anbie- ten, bey der er nicht unempfindlich bleiben kann. Die Reizungen der Natur, die Ab- wechselungen in den Gemaͤlden, die an- genehmen Aussichten, die anlockenden Spaziergaͤnge, die Gesundheit, mit einem Worte, was einen nach der Natur ange- legten Garten interessant macht, alle die- se Vortheile sind nicht die einzigen, wel- che er verschaffet: es kommt noch einer dazu, der sie angenehmer macht, als man sich vielleicht einbildet, und das ist ihre Nutzung. Es giebt wenig Partien in dem Garten zu Guiscard , die nicht eine Einnahme gewaͤhren. Der große Rasen- platz giebt eine sehr gute Wiese ab; alle Theile des Waldes sind in regelmaͤßige Schlaͤge eingetheilt; die Wasser sind fisch- reich. Im Walde liegen große Weiden fuͤr das Rindvieh, welche Zoͤglinge lie- fern, die zugleich das Amt der Gaͤrtner bey den Rasenplaͤtzen verrichten, und sol- che durch das Abweiden in gutem Stande erhalten. Ueberdies hat man nicht noͤ- thig, viele Kosten auf die Unterhaltung die- ses Parks zu wenden: man braucht weder auszuputzen, noch zu scheeren, noch zu har- ken. Alle Blumen, die eine taͤgliche War- tung erfordern, sind daraus verbannt: es giebt hier keine erzwungne Wasserkuͤn- ste, keine Mauern zu Einfassungen der Terrassen und des Gartens; alle Gaͤnge und Fußsteige sind fest und dauerhaft ange- legt. Ich Beschreibungen von Gaͤrten. Ich habe versprochen, den zum Reiten und Fahren bestimmten Weg anzu- zeigen. Hierzu ist der Park der wahre Ort. Die alten Roͤmer, welche so viel auf Leibesbewegung hielten, und solche theils aus Neigung, theils aus Vorsor- ge fuͤr ihre Gesundheit trieben, hatten einen ausdruͤcklich dazu bestimmten Ort in ihren Gaͤrten; und nannten denjenigen fuͤr die Leibesuͤbung Xystus , und den zum Reiten Hippodromus . Man sehe den 6 Brief des 5 Buchs, und den 17 Brief des 2 Buchs vom juͤn- gern Plinius , darin er die Gaͤrten seines Tusculanischen und Laurentinischen Land- gutes beschreibt. Diese aus dem Griechischen entlehnten Woͤrter zeigen an, daß solche auch in diesem Lande uͤblich waren. Wir haben zwar das Reiten und Fahren beybehalten, aber bisher nie daran gedacht, es auf eine angenehme Art anzustellen. Die Englaͤnder, welche diese Bewegung sehr lieben, sind zuerst darauf gefallen, bey der Anlage ihrer Gaͤrten solche Wege, wobey dieser Endzweck erreicht wird, anzubringen. Zu Guiscard habe ich mich nach folgenden Grund- saͤtzen gerichtet. Mich duͤnkt, daß die vornehmste Annehmlichkeit eines solchen Fahrweges in der Abwechselung der Lagen, der Gemaͤlde, und der Aussichten besteht, die man auf einer solchen Spazierfahrt antrifft; daß die Auf- und Abfahrten bey Anhoͤhen allemal sehr gemach angelegt, und der Boden selbst zu allen Zeiten sowohl zu Pferde als fuͤr die Kutschen brauchbar seyn muß. Wer einen solchen Weg ma- chen will, muß nie wieder auf dieselbe Stelle, wo er schon einmal gewesen, zu- ruͤckkommen; er muß auf der einen Seite abfahren, und auf der andern wieder zu- ruͤckkehren: folglich muß der Weg einen ziemlichen Umfang haben. Weil man aber nicht allemal Lust hat, eine weite Spazierfahrt zu machen, so habe ich fuͤr noͤthig erachtet, ihn so einzurichten, daß man ihn nach Belieben abkuͤrzen kann, ohne umkehren zu duͤrfen. Bey aller dieser Vorsicht wuͤrde ein solcher Weg doch langweilig werden, wenn er so eingeschlossen waͤre, daß man nirgends von ihm abgehen koͤnnte; er muß also zwar so deutlich angelegt seyn, daß man sich nirgends auf demselben verirren kann, aber keinesweges so abgeschnitten, wie z. B. ein Fußsteig zwischen zwo Hecken, oder eine Heerstraße mit einem Graben auf jeder Seite. Man muß, zumal in diesem Falle, einem jeden seinen Willen lassen, und ihm die Freyheit nicht nehmen. Man bemuͤhe sich, den Spaziergaͤnger durch einen wohlgeebneten und harten Boden, durch die Hoffnung zum Vergnuͤ- gen, durch die Reizungen der schoͤnen Wirkungen der Natur, durch allerley unter- weges Anhang . weges angebrachte Abwechselungen und Annehmlichkeiten anzulocken, und suche ihn dadurch zur Fortsetzung seines Ganges zu bewegen; zwinge ihn aber niemals da- zu. Aller Zwang macht verdrießlich, und die Einfoͤrmigkeit Langeweile. Oh- ne Freyheit gefaͤllt eben so wenig etwas, als es ein Vergnuͤgen ohne Abwechselung giebt. Noch eine Regel habe ich fuͤr noͤthig erachtet festzusetzen. Ein solcher Fahrweg muß naͤmlich nicht allezeit ein besondres Stuͤck des Gartens, durch den er laͤuft, ausmachen. Zuweilen wenn die Localumstaͤnde es zulassen, und die Ab- wechselung es erfordert, geht es wohl an, ihn von dem Garten abzusondern; ei- gentlich aber soll er, wenn er einen Theil desselben ausmacht, so darein verwebt seyn, daß man ihn nicht anders bemerkt, als wenn man dadurch faͤhrt. Endlich hat es mir auch noͤthig geschienen, auf den vorzuͤglichsten Stellen Ruheplaͤtze an- zulegen, wo man sich bey dieser so zutraͤglichen Bewegung mit Vergnuͤgen auf- haͤlt und ausruhet. Faͤnde man nun auch hin und wieder Zufluchtsoͤrter, und ei- nen Schutz gegen ein ploͤtzlich uͤbereilendes Ungewitter, so wuͤrde den Vorzuͤgen ei- nes solchen Parks nichts fehlen. Dies sind die Regeln, die ich mir bey der Anlage des Fahrweges zu Guiscard zum Gesetze gemacht habe. Er ist mit dem Garten aufs genaueste verbunden, oder vielmehr eins mit demselben. In allen Lagen, die man unter- weges antrifft, sie moͤgen innerhalb oder außerhalb des Gartens seyn, herrscht viel Abwechselung. Allenthalben laͤuft der Weg allmaͤhlig auf- und abwaͤrts. Er faͤngt sich gleich bey dem Schlosse an, geht uͤber den gegen Mittag liegenden Ra- senplatz nach der hoͤlzernen Bruͤcke uͤber den kleinen Bach, durchschneidet die oͤf- fentliche Heerstraße. Von hier laͤuft er durch den großen Wald. Auf der ei- nen Seite hat man dickes Holz, und auf der linken einzeln stehende Baͤume, um des Prospects zu genießen. Die Fahrt durch diesen weitlaͤuftigen Wald dauert, vermoͤge der vielen Wege, die durchgehauen sind, lange; man kann sie aber auch nach Belieben abkuͤrzen. Wer aber durch alle passiren will, verfolget diejenigen, die in runden Kruͤmmungen fortlaufen, welches das Unterscheidungskennzeichen ist. Die- se fuͤhren zu dem Ausgange, und bringen wieder durch einen Weg, der zur Ver- bindung dienet, nach dem Park zuruͤck. Indessen uͤbersieht man zwischen dem Walde und dem Park eine große Strecke Landes, welche verschiedene sehr artige Landschaften darstellet. Man kommt alsdenn bald an das alte hohe Holz, und verfolgt den Weg bis zu dem am Ende desselbigen liegenden Pavillon. Nicht weit Beschreibungen von Gaͤrten. weit davon fuͤhrt er in das Thal unterhalb den großen See hinab, und laͤuft an den gegenuͤber liegenden Ruͤcken durch angebauete Felder, die auf den Seiten mit Baͤumen bepflanzt sind, wieder hinan. Hier entdeckt man rechts die in der Entfernung gegen Osten liegenden und mit Waldung besetzten Berge; vor sich hat man einen Theil des Sees, und oberhalb desselben das alte hohe kurz zuvor passirte Gehoͤlz, welches am Rande des Abhangs eine schoͤne Linie for- mirt, die sich in das beschriebne tiefe Thal hinabzieht, und darin verliert. Endlich fuͤhrt dieser Weg zu einem Gatterthor, vermittelst dessen man auf die Ulmenallee kommt. Man faͤhrt alsdenn laͤngst dem See hin durch die Pflan- zungen, bis zu der großen Partie einzelner Baͤume, die an das Schloß stoßen, und kommt also auf der Seite zuruͤck, welche der, wo man abgefahren, gerade gegenuͤber liegt. Man wird hin und wieder auf diesem Fahrwege Oerter anlegen, wohin man beym Ungewitter seine Zuflucht nehmen kann, und die Stellen, welche die schoͤnsten Prospecte darstellen, wird man mit Ruheplaͤtzen versehen. Dieser vorgeschriebene Fahrweg betraͤgt eine Laͤnge von mehr als 4000 Klaftern, und hat alle Abwechselungen, welche die Localumstaͤnde der Gegend nur liefern koͤnnen. Er geht durch Waldungen, Felder, Wiesen, Rasenstuͤ- cke; bald laͤuft er gerade fort, bald steigt er, und bald lenkt er sich wieder all- maͤhlig abwaͤrts. Man kann ihn auch auf verschiedene Weise abkuͤrzen, indem man entweder nicht in das große Holz faͤhrt, oder den Weg durch die ange- baueten Felder vermeidet; ja, man kann auch eine Spazierfahrt anstellen, ohne aus dem Park zu kommen. Man folgt in diesem Falle nur den Rasenwegen, faͤhrt durch das alte hohe Gehoͤlz, hernach unterhalb der Pachterey bis an das Ufer des Sees hinab, und von da uͤber den gegen Westen liegenden Rasenplatz nach dem Schlosse zuruͤck. Ich uͤbergehe viele kleine einzelne Stuͤcke, welche diesen Park verschoͤnern, weil es mich zu weit fuͤhren wuͤrde. Das bisher gesagte mag genug seyn, um zu zeigen, wie der Platz, die verschiedenen Lagen, und der alte Park genutzt wor- den, und einen Begriff von dem Plan und seinen Wirkungen zu geben. Man wird hieraus abnehmen koͤnnen, daß ich mich bemuͤht habe, dem Boden seine na- tuͤrliche Lage, und dem Gewaͤsser einen großen Charakter zu geben, und vornehm- II Band. D d lich Anhang. Beschreibungen von Gaͤrten. lich den Waldungen alle die Annehmlichkeiten und Abwechselungen zu verschaffen, deren dieser wichtige Theil des Gartens in Betracht seiner Lage und des Prospects, den er giebt, nur faͤhig ist. Hat dieser Park gleich keine von den auffallenden Scenen in der Natur, dergleichen große Felsen, brausende Wasserfaͤlle, ploͤtzliche Unterbrechungen des Bodens durch steile Gruͤnde u. s. w. sind, so bedauert man diesen Mangel doch nicht, weil er ohnehin so viel Abwechselungen hat, daß man jene nicht einmal verlanget. Verzeich- Verzeichniß der Kupferverzierungen. Nr. 1. Schloß Friedensburg gegen den Garten. S. 4 Nr. 2. Schloß Hirschholm gegen den Haupteingang. S. 6. Nr. 3. Neues Gebaͤude in dem Garten zu Hirschholm. S. 8. Nr. 4. Schloß Sophienberg gegen das Meer. S. 11. Nr. 5. Neues Gebaͤude in dem Friedrichsburger Schloßgarten. S. 13. Aus dem zweyten Theil des Daͤnischen Vitrun. Kopenhagen 1749. Nr. 6. Schloß Carlberg gegen Norden. S. 24. Nr. 7. Schloß Saalstadt gegen Morgen. S. 30. Aus dem ersten Theil der Suecia antiqua et hodierna. Nr. 8. 9. Landhaͤuser, Erfindungen von de Neufforge in seinem Reeueil Elémen- taire d’Architecture \&c. Paris, 1767. S. 33. 37. Nr. 10. 11. Gegenden von Brandt. S. 39. 43. Nr. 12. 13. 14. Landhaͤuser von Halfpenny’s Erfindung in seinem New and com- pleat System of Architecture delineated \&c. London, 1749. S. 46. 47. 48. Nr. 15. Landhaus von Nette, aus seinen Adelichen Land- und Lusthaͤusern. S. 52. Nr. 16. 17. 18. 19. Gegenden von Brandt. S. 55. 56. 57. 58. Nr. 20. Rousseau’s Grab. S. 59. Nr. 21. Gegend von Brandt mit Sulzers Denkmal. S. 61. Nr. 22. Gartenhaus, Erfindung von Nette. S. 64. Nr. 23. 24. 25. Italienische Villen an der Brenta. S. 70. 74. 75. Aus den Delizie della Brenta \&c. Das Werk des Costa, das in dem 1. B. dieser Theorie der Gartenkunst S. 31 angefuͤhrt worden, und das uͤberaus selten anzutreffen ist, habe ich unter einem etwas verschiedenen Titel erhalten. Es ist dieser: Le Delicie della Brenta o sia Raccolta di Perspective de’ più bel Palazzi, Villagi e Casini di Campagna, che si veggono sulle due sponde di detto Fiume da Padoua sino alla Laguna Veneta. Opera divisa in due Volumi in fog. Reale, che contiene 144 Vedute incise in rame col- le loro Iscrizioni, che si vendono dall’ Al- brizzi in Venezia. Ohne Jahrzahl. Das Werk fuͤhrt zugleich diesen franzoͤsischen Titel: Les Délices della Brenta ou Recueil de Per- spectives des plus beaux Palais, Villages \& Maisons de campagne, qui se voient aux deux bords de cette Riviere depuis la ville de Padoue jusqu’à la Lagune de Venife. II Vol. fol. Royal. 144 Planches. Ich kann nun ein Urtheil hinzufuͤgen. Diese Sammlung ist fast in dem Geschmack der von den toscanischen Villen, die an dem erwaͤhnten Ort angezeigt ist. Die wenigsten Gebaͤude sind in einem reinen Ar- chitekturgeschmack, und die unter Nr. 23. 24. 25. nachgebildeten Villen schienen mir noch die besten. Viele sind alt; einige sind unfoͤrmliche Massen von Schloͤssern. Alle aber haben eine reizende Lage an den Ufern der Brenta, die mit artigen Fahrzeugen und geschaͤftigen Menschen belsbt sind. Der Stich zeigt wenig Fleiß. Uebrigens sind die Blaͤtter von keiner Beschreibung oder Erlaͤu- terung begleitet. D d 2 Nr. 26. Nr. 26. Gegend von Brandt. S. 84. Nr. 27. Italienische Ville von Palladio. S. 86. Nr. 28. Gegend von Brandt. S. 89. Nr. 29. 30. 31. 32. Italienische Villen von Palladio. S. 90. 95. 100. 102. Nr. 33. Gegend von Brandt. S. 103. Nr. 34. 35. 36. 37. Italienische Villen von Palladio. S. 104. 106. 110. 113. Nr. 38. Landhaus zu Kew . S. 115. Aus Chambers Plans \&c. of the Gardens and Buildings at Kew. London, 1763. Nr. 39. Gegend von Brandt. S. 118. Nr. 40. Landhaus zu Houghton in Norfolk, von der Westseite. S. 124. Aus The Plans, Elevations and Sections of Houghton in Norfolk; the Seat of the R t . Honourable S r . Robert Walpole \&c. Published by J. Ware. fol. 1735. Nr. 41. Landhaus zu Bernstorf bey Kopenhagen. S. 129. Nr. 42. Landhaus zu Proetzel, einige Stunden von Berlin. S. Bernouilli’s Reisen durch Brandenburg, 1779. 1 B. S. 12. u. s. — S. 134. Nr. 43. 44. Pavillons auf dem Heeschenberg. S. 139. 146. Nr. 45. Neues Wohngebaͤude auf Schirensee. S. 150. Nr. 46. Pavillon zu Sielbeck. S. 152. Nr. 47. Landhaus bey Darmstadt. S. 158. Nr. 48. Gegend von Brandt. S. 160. Nr. 49. Ein Gartenhaus von Goldmann. S. 200.